Der Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes: Rechtliche Vorgaben und Verwaltungspraxis anhand einer empirischen Umfrage bei Behörden und Umweltschutzverbänden in Deutschland [1 ed.] 9783428491537, 9783428091539

Das EG-Umweltrecht enthält zahlreiche Vorgaben nicht nur für den nationalen Gesetzgeber, sondern auch für die mitgliedst

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German Pages 362 Year 1998

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Der Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes: Rechtliche Vorgaben und Verwaltungspraxis anhand einer empirischen Umfrage bei Behörden und Umweltschutzverbänden in Deutschland [1 ed.]
 9783428491537, 9783428091539

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CHRISTIAN ENGELSBERGER

Der Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes

Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von

Siegfried Magiera und Detlef Merten

Band 49

Der Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes Rechtliche Vorgaben und Verwaltungspraxis anhand einer empirischen Umfrage bei Behörden und Umweltschutzverbänden in Deutschland

Von

Christian Engelsberger

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Engelsberger, Christian: Der Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes: rechtliche Vorgaben und Verwaltungspraxis anband einer empirischen Umfrage bei Behörden und Umweltschutzverbänden in Deutschland / von Christian Engelsberger. Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum europäischen Recht; Bd. 49) Zug!.: Bayreuth, Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-428-09153-1

D703 Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany

© 1998 Duncker &

ISSN 0937-6305 ISBN 3-428-09153-1 Gedruckt auf aIterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1996/97 von der Juristischen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung. die bis Februar 1997 erschienen sind, wurden berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Rudolf Streinz für die hervorragende Betreuung der Arbeit sowie seine vielfältigen Anregungen und die Unterstützung beim empirischen Teil. Für die Zweitbegutachtung danke ich Herrn Prof. Dr. Wilfried Berg. Danken möchte ich ferner Herrn Prof. Dr. Dr. Detief Merten und Herrn Prof. Dr. Siegfried Magiera für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Besonders bedanken möchte ich mich auch bei den zahlreichen Verwaltungsstellen und den Umweltschutzverbänden, die sich an der Umfrage beteiligten und den umfangreichen Fragebogen durchweg sehr sorgfältig ausfüllten. Dadurch trugen sie maßgeblich zum Gelingen der Arbeit bei. All denjenigen sei gedankt, die mich während der Anfertigung der Arbeit auf vielfältige Weise unterstützten. sei es bei der Erstellung und Auswertung der Fragebögen, dem Endausdruck oder bei zahlreichen Gesprächen. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle Frau Dr. Martina Ahrendt. die mit viel Geduld und unermüdlichem Einsatz bei der Überarbeitung des Manuskripts half. Meine Eltern ermöglichten diese Arbeit durch ihre finanzielle Unterstützung. vor allem aber durch ihren menschlichen Rückhalt. Ich danke ihnen dafür.

Berlin. im März 1997

Christi an Engelsberger

Inhaltsveneichnis Einleitung

I.

Problemdarstellung. ............................................................................... ............ 25

II. Gang der Untersuchung..... ....... .. ............... ........ ... .. ... ... ... ... ... ...... .. ........... .. ....... 26

1. Kapitel

Grundlagen und Durchführung der Untersuchung

1.

Der Begriff des Vollzugs im Gemeinschaftsrecht .................... ........................... 28

II. Methodisches Vorgehen ..................................................................................... 31 1. Implementationsforschung.................. .......................................................... 31 2. Methodischer Ansatz .................................................................................... 32 3. Fragestellung und Untersuchungstechniken ........................................... ........ 33 III. Durchftlhrung der Behördenumfrage .... .......... .. ...... .. ..... ......... ........... ................. 34 1. Vorgehen im Vorfeld der Fragebogenaktion .................................................. 34 2. Entwicklung des Fragenkatalogs ..... ... ....................... ......... .......... ....... .... ...... 35 a) Zusammenstellung eines Themenkatalogs ................................................ 36 b) Formulierung der Fragen ...................................................... .................... 36 3. Versendung der Fragebögen. .................... .............. ... .......... ... ...... ........ ......... 38 a) Bestimmung des Adressatenkreises .......................................................... 39 b) Versendungsphase im einzelnen ............................................................... 40 4. Rücklauf... ............................................................................................... ..... 40 5. Reaktionen ..................... ......... .......... ........ ............... ......... .......... ........ ... ...... 44 IV. Durchfilhrung der Umfrage bei Umweltschutzverbänden ..................................... 45 1. Ausarbeitung des Fragenkatalogs ........... ..... .... .. ......... ..... ...... .. ........ ...... .. .. ..... 46

8

Inhaltsverzeichnis 2. Bestimmung des Adressatenkreises ............................................................... 46 3. Versendung und Rücklauf der Fragebögen .................................................... 46

V. Auswertung und Aufbereitung der Daten........................................................... 48

2. Kapitel Die rechtlichen Voraussetzungen für den Vollzug von EG-Umweltrecht I.

Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union............................................... 50 1. Kurzer historischer Überblick.... ............ .. .... ... .. ........... ...... .............. ......... ... . 50 2. Primäres Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des Umweltschutzes ("Europäisches Umweltverfassungsrecht") .................................................... 52 3. Sekundäres Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des Umweltschutzes ........... 55 a) Wahl der Rechtsform ......................................... ...................................... aa) Festlegung von Rahmenprogrammen .................................................. bb) Rechtsverbindliches Handeln der Gemeinschaft. .. .......... ..... .............. . b ) Wahl der Kompetenzgrundlage .......................................... .. .. ........ .......... 4. Europäisches Umweltverwaltungsrecht ..... ...................... .......... ............. .......

55 56 56 S9 63

a) Primärrechtliche Regelungen............................. ...... .................. .... ........... 63 b) Sekundärrechtliche Regelungen................................................................ 66 c) Allgemeine Rechtsgrundsätze ..................... .............................................. 67 II. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft .. ........................ 68 1. Aufgaben und Organisationsstruktur der Kommission................................... 69

2. Kontrolltätigkeit ........................................................................................... 71 a) Aufsichtsklage als wichtigstes Kontrollinstrument... ................................. 72 b) Hilfsinstrumentarien zur Informationsgewinnung ..................................... 76 aa) Umweltbeschwerde bei der Kommission ............................................ 76 bb) Petition beim Europäischen Parlament............................................... cc) Die Umweltinformationsrichtlinie als Instrument der mittelbaren Informationsgewinnlmg ...................................................................... dd) Berichtspflichten der Mitgliedstaaten. ....................... ......... ......... ....... ee) Recht zur Einholung von Auskünften nach Art. 213 EGV ................... ff) Eigene Recherchen der Kommission...................................................

77 78 79 82 83

c) Kürzungen bei EG-Fördennitteln als faktisches Kontrollinstrument der Kommission ............................................................................................. 83

Inhaltsverzeichnis

9

aa) Das Rechnungsabschlußverfahren .................. ....................... ............. bb) Sonstige Mittelkürzungen .................................................................. d) Das Initiativrecht als Instrument der "vorbeugenden Kontrolle"? .............. 3. Fondsverwaltung ...........................................................................................

84 85 86 87

a) Umweltfonds LIFE ............................... .................................................... 88 b) Strukturfonds und Kohäsionsfonds ........................................................... 89 4. Die Europäische Umweltagentur ..... ............. .............. ........ ................. .......... 90 5. Sonstige Verwaltungstätigkeit der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes ............................................................................................ 91

m.

Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten ......................... 92 I. Verwaltungsorganisation ............................................................................... 94 a) Überblick................. ...... ..... ... ...... ........... ... ... ........... .... ......... ....... ............ 94 b) Behördenaufbau beim Vollzug von EG-Umweltrecht in Deutschland ........ 95 2. Verwaltungsverfahren....... .... ............. .... ... .... ................ ........... ...... ......... ...... 99 3. Mittelbarer mitgliedstaatlicher Vollzug........................................................ 10 I a) Überblick ................................................................................................ 101 b) Erlaß nationaler Vorschriften zur Umsetzung von EG-Umweltrichtlinien. 102 aa) Umsetzungspflicht. ............. ,........................... , ............ " ...... ...... ... ..... 102 bb) Umsetzungstechniken ....................................................................... 102 cc) Umsetzungsfehler .............................................................................. 105 c) Beachtung von Richtlinienwirkungen beim Erlaß behördlicher Einzelakte 109 aa) Inhaltliche Überprüfung und Verwerfung nationaler Vorschriften...... 110 bb) Richtlinienkonforme Auslegung.......... .. .. .......... .... ................ ....... ..... 112 ce) Unmittelbare Wirkung von Richtlinienbestimmungen ........................ 117 dd) Richtlinienwirkungen und tatsächliche Verwaltungspraxis ........ .. ...... 126 d) Der Staatshaftungsanspruch als Korrektiv bei Vollzugsmängeln? ............. 126 e) Abgrenzung und Verhältnis von richtlinienkonformer Auslegung, Direktwirkung und Staatshaftung ............................................ " ... ... ........ 135 4. Unmittelbarer mitgliedstaatlicher Vollzug ........ .. .......................................... 138 a) Überblick .............................................................. .................................. 138 b) Die "Öko-Audit"-Verordnung .................................................................. 140 5. Nationale Selbstkontrolle der Verwaltung .................................................... 142

IV. Fazit ................................................................................................................. 142

10

Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Die tatsächlichen Voraussetzungen für den Vollzug von EG-Umweltrecht aus der Sicht von Behörden und Umweltverbänden in Deutschland

I.

Einschätzung des rechtlichen Instrumentariums hinsichtlich seiner Vollzugstauglichkeit ...................................................................................................... 145 I. Allgemeine Einschätzung ............................................................................. 145 2. Einschätzung der Umweltinfonnationsrichtlinie ........... , .. ..... .............. .......... 146 3. Einschätzung der UVP-Richtlinie ................................................................. 148 4. Bewertung wuweltpolitischer Maßnahmen auf nationaler wld europäischer Ebene .......................................................................................................... 150

n.

Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handeins .......................................... 152 1. Die Merkmale des räwulichen Zuständigkeitsbereichs einer Behörde.......... 152

a) Die flächeruuäßige Ausdehnung.............................................................. 153 b) Die Bevölkenmgszahl ............................................................................. 153 c) Die Bevölkerungsdichte.......................................................................... d) Städtische oder ländliche Prägung ........................................................... e) Art der wirtschaftlichen Nutzung ............................................... .......... .... t) Stellenwert der Umweltbeeinträchtigungen ............................................. 2. Personelle und materielle Ausstattwlg der Behörden.............. ............ .. ........

154 155 156 158 161

a) Anzahl der Behördenbediensteten .. .... .. ...... .. ........................... ....... ......... b) Ausbildungsstand der Behördenbediensteten ........................................... c) Weiterbildungsmöglichkeiten von Behördenbediensteten ........................ d) Materielle Ausstattung der Behörden ...................................................... 3. Allgemeines Tätigkeitsprofil wnweltbezogener Behördenarbeit ...................

162 164 165 167 171

a) Arbeitsschwerpunkte in bezug auf einzelne Umweltschutzmaterien ......... 171 b) Aufteilung der Arbeitszeit auf einzelne Arbeitsfelder .............................. 172 4. EG-Umweltrecht in der behördlichen Tätigkeit ............................................ 173 a) Allgemeine Schwierigkeiten beim Vollzug europarechtlicher Vorschriften 174 b) Die Qualität des Vollzugs von EG-Umweltrecht in Deutschland im Vergleich zu anderen EG-Mitgliedstaaten aus der Sicht deutscher Behörden................................................................................................ 176 c) Das Verhältnis des Vollzugs rein nationalen Umweltrechts zu solchem mit europarechtlichem Ursprung............................................................. 177 d) Vollzug der Umweltinformationsrichtlinie (RL 90/313IEWG) ................. 178 aa) Anzahl der bisher geltend gemachten Umweltinformationsanspruche 179

Inhaltsverzeiclmis

11

bb) Anspmchsteller von Umweltinformationsansprüchen ........................ 184 cc) Bearbeitungszeit für geltend gemachte Umweltinformationsansprüche 186 dd) Behördeninterne Organisation bei der Bearbeitwlg von Umweltinformationsansprüchen .................................................................... 188 ee) Beeinträchtigwlg der übrigen umweltbezogenen Behördenarbeit ....... 189 11) Anteil der ablehnend beschiedenen Ansprüche und Begründung der AblehnlUlg ........................................................................................ 191 gg) Bearbeitungsgebühren ....................................................................... 193 hh) Eingelegte Rechtsmittel .................................................................... 197 ii) Vorbereitung der Bediensteten auf die Arbeit mit der Umwe1tinfor-

mationsrichtlinie und dem UlG ......................................................... 197

e) Vollzug der UVP-Richtlinie .................................................................... 199 aa) Anzahl der durchgeführten Umwe1tverträglichkeitsprüfungen ............ 200 bb) BeeinträchtiglUlg der übrigen lunweltbezogenen Behördenarbeit ....... 201 cc) Die BeibringlUlgspflicht der Prüfunterlagen durch die Anlagenbetreiber ............................................................................................... 203 dd) Die ÖtTentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der UVP ......................... 205 ee) Zusanunenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen und Gesamtbewertung ............................................................................. 208 ff) Kreis der UVP-pflichtigen Vorhaben ...... ................ ........................... 210

gg) Die federführende Behörde .......................... ..................................... 213 hh) Eingelegte Rechtsmittel .................................................................... 214 Ill. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter.............................. 215 1. Die KOl1lll1ission als "Wächterin" über die Einhaltung des EG-Umwe1trechts 215 2. Kontaktaufnahmen deutscher Umwe1tschutzbehörden mit anderen nationalen oder internationalen Stellen.................................................................... 217 3. (Versuchte) Eint1ußnalunen auf die behördliche Tätigkeit.. .......................... 219 a) Allgemeine Einschätzung der außerbehördlichen Eint1ußnahmen ............ 219 b) Die Quellen der Eint1ußnahmen .............................................................. 221 4. Die Rolle der von Umweltmaßnalunen der Behörden betrotTenen Betreiber. 223 a) Bereitschatl der Unterne1unen, Umwe1tschutzauflagen nachzuko111111en ... 223 b) Krä11everhältnis Behörde - Unternehmen ................................................ 225 c) Bedeutung von Umwe1tabsprachen .......................................................... 226 5. Die Rolle der ÖtTentlichkeitlUmweltschutzverbände .............. ...................... 230 a) Einschätzung der ÖtTentlichkeit aus Behördensicht ................................. 230 aa) Hinweise aufUmwe1tbeeinträchtigungen von seiten der Öffentlichkeit ................................................................................................... 230 bb) Erhebwlg von Widersprüchen gegen behördliche Entscheidungen ..... 235

12

Inhaltsverzeichnis b) Einschätzung der Behördenarbeit aus der Sicht von Umweltverbänden .... 237 aa) Kontaktautnalmlen der Umweltverbände mit Behörden ..................... 237 bb) Einschätzung der EtTektivität behördlicher Überwachungstätigkeit .... 240 cc) Einschätzung der Kooperationsbereitschaft von Behörden in bezug auf Umweltverbände ........................................................................ 241 dd) Eint1ußnahmen auf die behördliche Tätigkeit... ...................... .... ....... 242 ee) Das Verhältnis der Behörden zu Betreibern aus Sicht der Umweltverbände ........................... ................ ............ ...... .......... ........ 244 fl) Von den Verbänden eingelegte Rechtsmittel gegen behördliche Entscheidungen ................................................................................. 247

gg) Erfahrungen der Umweltverbände mit der Umweltinfornlationsrichtlinie .................................................................................................. 249 hh) Erfahrungen der Umweltverbände mit der UVP-Richtlinie ................ 253 c) Einschätzung der eigenen Verbandsarbeit ............................................... 256 aa) Allgemeines Tätigkeitsprotil ............................................................. 256 bb) Eint1ußmöglichkeiten der Verbände bei Gesetz- oder Verordnungsentwürfen .......................................................................................... 258 cc) Bedeutung des Europarechts für die Arbeit der Verbände .................. 259 dd) Kontakte von Umweltverbänden zu europäischen Institutionen .......... 261 ee) Personelle und materielle Ausstattlmg der Verbände ......................... 262 fl) (Versuchte) Eint1ußnahmen oder Pressionen ..................................... 264

gg) Verhältnis der Verbände zu Betreibem. ........................... .................. 266 6. Bedeutung der Rechtsprechung für die Vollzugspraxis ................................. 267 7. ZUsallUuenarbeit im nationalen / internationalen Rahmen in Fragen des Umweltschutzes ........................................................................................... 268

4. Kapitel Zusammenfassung und Ausblick I.

Problembereiche beim Vollzug von EG-Umweltrecht... ..................................... 271 1. Die von EG-Umweltrichtlinien ausgehenden Wirkungen werden in der behördlichen Praxis kaum beachtet .............................................................. 271 2. EG-Umweltrecht wird sowohl im Verhältnis der ümerstaatlichen Behörden als auch zwischen den Mitgliedstaaten uneinheitlich vollzogen .................... 273 3. Europarechtliche Vorschritten auf dem Gebiet des Umweltschutzes sind teilweise praxisfern ..................................................................................... 274 4. Umweltverbände und Bürger sind am behördlichen Entscheidungsprozeß nicht inuner ausreichend beteiligt ................................................................ 275

Inhaltsverzeiclmis

13

5. Zugeständnisse an Betreiber erschweren die konsequente Durchsetzung europäischer Umwe1tstandards ..................................................................... 276 6. Kooperation und Konsultation zwischen Behörden und Behördenteilen sind teilweise mange1hatl .................................................................................... 278 7. Die Rechtsprechung des EuGH überfordert die nationalen Vollzugsorgane und ist daher praxisfern ............................................................................... 278 8. Vollzugsmänge1 werden aufgmnd unzureichender Kontroll-lmd Sanktionsinstmmente nur lückenhaft aufgedeckt und geahndet.. .................................. 279 11. Lösungsansätze ................................................................... ............................. 280 I. Verbessemngsvorschläge im tatsächlichen Bereich ..................................... 280 2. Altmistische Verbandsklage ....................................................................... 281 3. Rechtsschutz einzelner .................................................................. .............. 284 4. Refonn des gemeinschat1lichen Gerichtswesens .......................... .. .... .. .. .. .... 287 5. Vollzugshinweise und Weisungen ........................ ....................................... 288 6. Vergabe von Fondsgeldern .......................................................................... 289 7. Einrichtung nationaler Beschwerdestellen ................................................... 290 8. Bedeutung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente im Rahmen der Vollzugskontrolle ............................................................... 291 9. Bedeutung und Stellung der Bundesländer beim Vollzug von EG-Recht... ... 293 10. Ökonomische Instmmente ....................................................... ... ................. 294

m.

Schlußbemerkung ............................................................................................. 295 Anhang

I.

Fragebogen an Behörden zwn Vollzug von EG-Umweltrecht ............................ 297

11. Fragebogen an die Umwelt verbände Zlmt EG-Umweltrecht.. ............................. 314

m.

Graphiken ........................................................................................................ 326

Veneichnis der zitierten Rechtsprechung ........................................................... 337 Literaturveneichnis............................................................................................. 340

Sachregister .......................................................................................................... 359

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Behördenfragebogen, Adressaten ........... ..... .................. ..... ...... ...... .... ... 40 Tabelle 2: Behördentragebogen, Rück1auf...................................................... ....... 42 Tabelle 3: Behördenfragebogen, tatsächliche Repräsentierung der Betragtengruppen ................................................................................

43

Tabelle 4: Verbandsfragebogen, Adressaten ................................................. .... ....

47

Tabelle 5: Verbandstragebogen, Rück1auf................... ........... .......... .............. .. ....

48

Tabelle 6: Art. 169, Ein1eitlmg des Verfahrens bis Klageerhebung ...... .................

73

Tabelle 7: Art. 169, gerichtliches Verfahren.........................................................

74

Tabelle 8: Malmschreiben, Gründe.......... .................................................... .. .......

74

Tabelle 9: Frage C. 11. (Beh.) .............................................................................. 147 Tabelle 10: Frage D.9. (Bch.) ...... ......... .. ............ .. .................................................. 149 Tabelle 11:FrageD.1O. (Beh.) ......................... .. ............................. ........ .. .... ......... 150 Tabelle 12: Fragen A4.1., A4.2. (Beh.)............................................................. .... 151 Tabelle 13: Räumlicher Zuständigkeitsbereich, flächenmäßige Ausdehnung.. ... ..... . 153 Tabelle 14: Räumlicher Zuständigkeitsbereich, Bevö1kenmgszah1... ....................... 154 Tabelle 15: Räumlicher Zuständigkeitsbereich, Bevölkerungsdichte................ .. ..... 154 Tabelle 16:FrageA1.1. (Beh.) ........... ....................................... ............................ 155 Tabelle 17:FrageA1.2. (Beh.) .......................................... .................................... 156 Tabelle 18:FrageB.6.1. (Beh.) ........ .. .................................................................... 157 Tabelle 19:FrageA1.3. (Beh.) .............................................................................. 158 Tabelle20:FrageA1.4. (Beh.) ............................................ .................................. 160 Tabelle 21: Frage Al. (Verb.) ..................................................... ...... .................... 161 Tabelle 22:FragenA2.1., A2.2. (Beh.) ......................................... ............ ............ 162 Tabelle 23: Frage A2.5. (Beh.) ............................................ ........ .... ........ .... ..... .. ... 166 Tabelle 24: Frage A2.6. (Beh.) .............................................................................. 167 Tabelle 25: Frage A3.1. (Beh.) ................... ...... ..................................................... 168

Tabellenverzeichnis

15

Tabelle 26:FrageA.3.2. (Beh.) ................................................... .. ......................... 169 Tabelle 27: Frage A.3.3. (Beh.) .............................................................................. 170 Tabelle 28: Frage B.l.2. (Beh.).............................................................................. 173 Tabelle 29:FrageA.5. (Beh.) ...... .... .. .... .... ........................................ ...... ............... 174 Tabelle 30: Frage E.l. (Beh.)................................................................................. 177 Tabelle 31: Frage C.l. -1.1.93 bis 16.7.94 - (Beh.) ................................................ 180 Tabelle 32: Frage C.l. - seit dem 16.7.94 - (Beh.) .................................................. 181 Tabelle 33: Fragen C.3.1., C.3.2. (Beh.) ...................................................... .. ......... 183 Tabelle 34: Frage CA. (Beh.) ................................................................................. 184 Tabelle 35: Frage C.2. (Beh.) ................................................................................. 185 Tabelle 36: Fragen C.7. und C.8. (Beh.) ................................................................. 187 Tabelle 37: Frage C.6. (Beh.) ............................................................... .. ................ 188 Tabelle 38: Frage C.lO. (Beh.) ............................................................................... 190 Tabelle 39: Frage C.5.1. (Beh.) .............................................................................. 191 Tabelle40:FrageC.5.2. (Beh.) .............................................................................. 192 Tabelle41:FragenC.12.1. undC.12.2. (Beh.) ................................................ .. ..... 195 Tabelle 42: Frage C.13. (Beh.) ............................................ .... .. .... .................. .. .. ... 198 Tabelle 43: Fragen D.1.1. undD.1.2. (Beh.) ........................................................... 201 Tabelle 44: Frage D.3.2. (Beh.) .............................................................................. 202 Tabelle 45: Frage D.3.1. (Beh.) .............................................................................. 203 Tabelle 46: Frage D.6.1. (Beh.) .................. ............................................................ 204 Tabelle 47: Frage D.6.2. (Beh.) ............. ................................................................. 205 Tabelle 48: Frage D.7.2. (Beh.) ......................................................... :.................... 208 Tabelle 49: Frage D.8.1. (Beh.) .............................................................................. 209 Tabelle 50: Frage D.8.2. (Beh.) .............................................................................. 209 Tabelle 51: Fragen D.8.3. und D.8.4. (Beh.) ........................................................... 210 Tabelle 52: Frage E.6. (Beh.) ................................................................................. 216 Tabelle 53: Frage BA.l. (Beh.)......... .................... ...................... ........... ......... ....... 217 Tabelle 54: Frage B.3.1. (Beh.)...... ............ ................................ ............ ............ .... 220 Tabelle 55: Frage B.3.2. (Beh.) .............................................................................. 222 Tabelle 56: Frage B.6.2. (Beh.) .............................................................................. 224 Tabelle 57: Frage B.2. (Beh.) ......................................................... .. ...................... 225

16

Tabellenverzeichnis

Tabelle 58:FrageB.l.3. (Beh.) .............................................................................. 228 Tabelle 59:FrageB.l.4. (Beh.) ......... .. ................................................................... 229 Tabelle 60: Frage B.7.7. (Beh.) .............................................................................. 231 Tabelle 61: Fragen B.7.3., B.7.4. illld B.7.5. (Beh.) ................................................ 232 Tabelle 62: Frage B.7.6. (Beh.) .............................................................................. 234 Tabelle 63: Fragen B.7.1. illldB.7.2. (Beh.) ........................................................... 236 Tabelle 64: Fragen B.5.1., B.5.2., B.5.3. illld B.5.4. (Verb.).. ........................ ......... 238 Tabelle 65: Frage B.5.5. (Verb.) ...................... ....................................................... 239 Tabelle 66:FrageB.4.1. (Verb.) ............................................................................. 240 Tabelle 67: Frage B.4.2. (Verb.)................ ................................... .......................... 241 Tabelle 68: Frage B.3.5. (Verb.) ............................................................................. 242 Tabelle 69: Frage B.3.6. (Verb.) ............................................................................. 243 Tabelle 70: Frage B.3.1. (Verb.) ............................................................................. 244 Tabelle7I:FrageB.2.1. (Verb.)............................................................................. 245 Tabelle 72: Frage B.2.2. (Verb. )........... ........................................ ..................... ..... 246 Tabelle 73: Fragen B.6.1., B.6.2., B.6.3. illld B.6.4. (Verb.) .......................... ......... 248 Tabelle 74: Frage E.l.lO. (Verb.) ........................................................................... 252 Tabelle 75: Frage E.2.5. (Verb.) ............................ .. ............................................... 255 Tabelle 76: Frage B.I.l. (Verb. )............. ................................................................ 256 Tabelle 77: Frage B.I.2. (Verb. )... ........ .......... .............. .................................... ...... 257 Tabelle 78: Frage B.l.4. (Verb.) ............................................................................. 259 Tabelle 79: Frage C.1. (Verb.) ................................ .. .... .. .... .. ...... ......... .......... ........ 260 Tabelle 80: Frage A.3. (Verb.) ...................................... .. .......... .. ........................... 261 Tabelle 81: Frage A.2.1. (Verb.) ............................................................................ 263 Tabelle 82: Frage A.2.2. (Verb.) ............................................................................ 264 Tabelle 83: Frage B.3.3. (Verb.) ............................................................................. 265 Tabelle 84: Frage B.3.4. (Verb.) ............................................................................. 265 Tabelle 85: Frage B.3.1. (Verb.) ............................................................................. 266 Tabelle 86: Frage B.8. (Beh.) ...................................................... .. ......................... 267 Tabelle 87: Frage B.5. (Beh.) ................................................................................. 269

Schaubilderverzeichnis Schaubild 1: Vollzugsbegriff ... ......... ......... ..... .... .. ........ ......... ............. ........ ..... .. ... 30 Schaubild 2: Themenkatalog. .............. ..... ............ ..... ... .. ....... .......... ...... ..... ... . ... ... 36 Schaubild 3: Behördenfragebogen, Rücklaufphase...... ... .. ..................................... 41 Schaubild 4: Kompetenzgrundlagen, EGV. ....... ............ ........... ...... ..... ...... ............ 60 Schaubild 5: Generaldirektion XI, Organisation.................................................... 71 Schaubild 6: Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Organisation................ ......... ... .......... ...... .. ....... ...... ....... .... ..... ... .. ... . 97 Schaubild 7: Aufbau der Umweltverwaltung in Deutschland, Überblick............... 99

2 Engelsberger

Abkürzungsverzeichnis AA

Anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

ABLEG

Amtsblatt der EG

Abs.

Absatz

a.F.

alter Fassung

AGKU

Arbeitsgemeinschaft kommunaler Umweltschutz

AGU

Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen

allg.

allgemein

Anm.

Anmerkung

Art.

Artikel

ASU

Arbeitsgruppe Sonderordnungsbehörde Umwelt

Aufl.

Auflage

Bay.

Bayern

BayVBI.

Bayerische Verwaltungsblätter

Bd.

Band

BDI

Bundesverband der Deutschen Industrie

Beh.

Behörde(n)

BGBL

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BImSchG

Bundesimmissionsschutzgesetz

BNatSchG

Bundesnaturschutzgesetz

Bsp.

Beispiel

Bull. EG

Bulletin der Europäischen Gemeinschaften

BUND

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.v.

Ab~gsverzeichnis

19

BVerfU

Bundesverfassungsgericht

BVerfUE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

CEE

Comunaute Economique Europeenne

DAU

Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft ft1r Umweltgutachter mbH

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

DlliT

Deutscher Industrie- und Handelstag

DNR

Deutscher Naturschutzring

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

durchschnittl.

durchschnittlich

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

DVP

Deutsche Verwaltungspraxis

EC

European Comunity

EEB

European Environmental Bureau

EG

Europäische Gemeinschaft

ELR

European Law Review

endg.

endgültig

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EUA

Europäische Umweltagentur

EuG

Europäisches Gericht erster Instanz

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuGRZ

Europäische Grundrechte - Zeitschrift

EuR

Europarecht

europ. / Europ.

europäische(s) / Europäische(s)

EuZW

Europäische Zeitschrift ft1r Wirtschaftsrecht

e.V.

eingetragener Verein



Ab~gsverzeichrris

20

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWS

Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht

f

folgende

ff

fortfolgende

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

GD

Genera1direktion

gern.

gemäß

ges.

gesamt

GewArch

Gewerbearchiv

GG

Grundgesetz

Graph.

Graphik( en)

GS

Gedächtnisschrift

HdUR

Handwörterbuch des Umweltrechts

HdUVP

Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung

Hess.

Hessen

Hrsg.

Herausgeber

hrsg.

herausgegeben

Hs.

Halbsatz

i.d.R.

in der Regel

i.e.S.

im engeren Sinn

i.S.d.

im Sinne des (der)

IUR

Informationsdienst Umweltrecht / Institut fiIr Urnwe1trecht

i.V.rn.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

Kap.

Kapitel

Kripo

Kriminalpolizei

j\b~gsverzeichrris

21

krit.

kritisch

LG

Landgericht

LRÄ

Landratsämter

max.

maximal

min.

minimal

mind.

mindestens

MLR

Modern Law Review

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NABU

Naturschutzbund Deutschland e.Y.

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NRW

Nordrhein-Westfalen

NuR

Natur und Recht

NVwZ

Neue Zeitschrift fi1r Verwaltungsrecht

OLG

Oberlandesgericht

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

RL

Richtlinie

Rn.

Randnummer

Rs.

Rechtssache

Rspr.

Rechtsprechung

S.

Seite

SenatsveIW.

SenatsveIWaltung( en)

Slg.

Sammlung der Rechtsprechung des EuGH

sog.

sogenannte(r)

sonst.

sonstige(r)

Spstr.

Spiegelstrich

StÄIS

Staatliche Ämter fi1r Immissions- und Strahlenschutz (Hessen)

st. Rspr.

ständige Rechtsprechung

StUÄ

Staatliche Umweltämter (NRW)

Tab.

Tabelle

22

Abkürzungsverzeichnis

TA-Luft

Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft

ThürVBl.

Thilringer Verwaltungsblätter

u.a.

Wlter anderem I und andere

UAbs.

Unterabsatz

UAG

Umweltauditgesetz

UEP

Umwelterheblichkeitsprüfung

UIG

Umweltinformationsgesetz

illGGebV

Umwe1tinformationsgebührenverordnung

illRL

Umweltinformationsrichtlinie

UPR

Umwelt- und Planungsrecht

UTR

Umwelt- und Technikrecht

u.U.

unter Umständen

UVP

Umweltverträglichkeitsprüfung

UVPG

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung

v.

von

v.a.

vor allem

verb. Rs.

verbundene Rechtssachen

Verb.

Verbände

VerfD

Verfahrensordnung

VerwArch

Verwaltungs - Archiv

VG

Verwaltungsgericht

Vgl. I vgl.

Vergleiche I vergleiche

VO

Verordnung

Vol.

Volume

VR

Verwaltungsrundschau

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WiVerw

Wirtschaft und Verwaltung

WWÄ

Wasserwirtschaftsämter (Hessen)

WWF

World Wide Fund for Nature (Umweltstiftung)

j\b~gsverzeic~s

z.B.

zwn Beispiel

ZDH

Zentralverband des Deutschen Handwerks

ZG

Zeitschrift fiIr Gesetzgebung

zit.

zitiert

ZLR

Zeitschrift fiIr das gesamte Lebensmittelrecht

ZUR

Zeitschrift fiIr Umweltrecht

23

Einleitung I. Problem darstellung Die umweltpolitischen Ziele der Gemeinschaft sind hochgesteckt. 1 Die Förderung eines umweltverträglichen Wachstums - in Art. 2 EGV als "Aufgabe der Gemeinschaft" genannt - kann jedoch nur gelingen, wenn die zahlreichen, auf dem Gebiet des Umweltschutzes erlassenen Vorschriften in der Praxis angewandt werden. Da nicht zuletzt die Vollzugspraxis über den tatsächlichen Erfolg umweltrechtlicher Maßnahmen entscheidet, erscheint eine eingehendere Befassung mit den rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen behördlichen Handeins lohnenswert. Die in jüngerer Zeit - mehr oder weniger substantiiert - beklagten Vollzugsdefizite2 sowie einige Beispiele3 fiir zum Teil ekla1 Vgl. Art. l30r Abs. 1 EGY.

2 Vgl insoweit am deutlichsten Krämer, ZUR 1994, S. 1fT; vgl. auch Ruffert, Sub-

jektive Rechte im Umweltrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 5ff; LindemannlDelfs, ZUR 1993, S. 256ff; Pernice, NVwZ 1990, S. 414ff; Krämer, in: GündlinglWeber, S. 20 1ff. Im übrigen wird der tatsächlichen Vollzugspraxis zunehmend Augenmerk gewidmet; vgl. hierzu nur die aufwendige Untersuchung von SiedentopflZiller, Making European Policies Work. 3 Solche Beispiele werden von der Stiftung Europäisches Naturerbe (SEN), die in Brussel ein EG-Verbindungsbüro unterhält, gesammelt und veröffentlicht. Im Greenpeace-Magazin 1993, S. 50ff, wurden unter dem Titel "Umweltkiller EG" einige der dort genannten Fälle aufgezählt: So durchquert an der Algarve eine Autobahntrasse das Naturschutzgebiet Castro Marin. Einer der Zubringer durchschneidet ein Feuchtgebiet mit der größten Stelzenläufer-Brutkolonie Portugals. Die durch die zuständigen nationalen Behörden durchgeführten Umweltverträglichkeitsprufungen erschienen der Kommission derart unbefriedigend, daß sie Mittel aus dem Strukturfonds sperrte. Wertvolle Schutzgebiete im Nordosten Griechenlands werden durch Ausbaggern von Flußbetten und Dammbauten am Kompsatos und Nestos zerstört. Der größte Nationalpark der EU, die Coto de Donana im Schwemmland des Guadalquivir, ist durch intensive Landwirtschaft und große Hotelprojekte bedroht. Eukalyptus-Monokulturen auf der gesamten Iberischen Halbinsel führen zu Bodenerosion und zur Zerstörung des Bodenlebens. Im Naturschutzgebiet La Crau bedrohen Pfirsich-Monokulturen und riesige Gewächshauskomplexe die einzigartige Landschaft. Auf weitere Beispiele weisen Presseartikel hin: Die Zeit berichtete am 13. Januar 1995 auf S. 7 unter dem Titel "Das ist eine Schande für Europa" aus der portugiesischen Provinz Alentejo, in der unter anderem durch EG-geförderten Monokulturanbau Umweltschäden von gewaltigen Ausmaßen zu verzeichnen sind. Für zahlreiche Straßenbauvorhaben in Deutschland wird gefordert, eine Umweltverträglichkeitsprufung nachzuholen (vgl. die tageszeitung v. 5.1.1995, S. 6). Die Ostseeautobahn (A 20) zer-

26

Einleitung

tante Verstöße gegen geltendes EG-Recht geben dazu Anlaß, der Frage nachzugehen, wie - gegebenenfalls ob überhaupt - EG-Umweltrecht vollzogen wird. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem der Sonderbericht 3/92 des Europäischen Rechnungshofes über die Umwelt,4 in dem Vollzugsmängel im Bereich der Vergabe von Fondsmitteln offengelegt wurden, die in krassem Widerspruch zu den Zielen der EG-Umweltpolitik standen. 5 Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich daher nicht auf eine Darstellung der Rechtsdogmatik, sondern versucht, einen praxisnahen Eindruck über die Erfahrungen im Umgang mit EG-Umweltrecht anband einer Umfrage bei Behörden und Umweltschutzverbänden in Deutschland zu vermitteln. Die dabei auftretenden Vollzugsprobleme sowie deren Ursachen werden herausgearbeitet und bewertet. Ferner sollen Lösungswege aufgezeigt werden. Der Politikbereich 'Umweltschutz' wurde insbesondere deshalb für eine nähere Untersuchung ausgewählt, da hier besonders eklatante Widerspruche zwischen rechtlicher Zielvorstellung und tatsächlicher Wirkung vermutet werden. 6 Gleichwohl können Vollzugsprobleme auch in anderen gemeinschaftlichen Politikbereichen auftreten. Einige grundsätzliche Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit dem EG-Umweltrecht vorgebracht wurden, könnten daher auch im Rahmen anderer Rechtsmaterien festzustellen sein. 7

11. Gang der Untersuchung Im einleitenden Kapitel werden zunächst die theoretischen Grundlagen der Untersuchung erörtert. Im Mittelpunkt stehen dabei neben dem Vollzugsbegriff vor allem die methodischen Grundlagen sowie die konkrete Durchfiihrung der empirischen Umfragen bei Behörden und Umweltverbänden in Deutschland.

schneidet zwei als besonders wichtig ausgewiesene Naturschutzgebiete. Nach einer Entscheidung der Kommission darf das umstrittene Projekt dennoch gebaut werden (vgL die tageszeitung v. 15.3.1995, S. 6, sowie v. 29.130.4. 1995, S. 7). Weitere Beispiele werden im Rahmen der Untersuchung genannt; vgL unten S. 85f, 89f. 4 ABI. EG 1992 C 245/1. 5 VgL zu den dort genannten Fällen im einzelnen unten S. 85ff. 6 VgL Ruffert, Subjektive Rechte im Umweltrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 7ff, der in diesem Zusammenhang vom doppelt begründeten VollzugsdefIzit spricht: Der Vollzug kranke nämlich nicht nur an den Schwierigkeiten, die der Vollzug umweltrechtlicher Normen erfahrungsgemäß mit sich bringe, sondern es kämen darüber hinaus die Probleme der Umsetzung und des Vollzugs von Gemeinschaftsrecht hinzu. 7 Trotz der vielfach zu vernehmenden Klagen über VollzugsdefIzite des Gerneinschaftsrechts mangelt es gleichwohl an empirischen Forschungen zur Frage der Implementation des Gemeinschaftsrechts in den einzelnen Mitgliedstaaten. Eine auch nur annähernde Beurteilung der einheitlichen Wirksamkeit von EG-Rechtsvorschriften ist daher kaum möglich; vgL Nettesheim, in: GS Grabitz, S. 447 (452ft).

ll. Gang der Untersuchung

27

Es folgt eine Darstellung der rechtlichen Anforderungen an die Vollzugsorgane. Insbesondere werden die europarechtlichen Vorgaben an die nationalen Verwaltungen eingehend untersucht. Im einzelnen folgen der Betrachtung des rechtlichen Instrumentariums die konkreten Vollzugsformen einschließlich deren Voraussetzungen. Dabei wird nach den Vollzugsorganen unterschieden, je nachdem, ob es sich um Organe der Gemeinschaft oder solche der Mitgliedstaaten handelt. Den rechtlichen Vorgaben für den Vollzug werden anschließend - im 3. Kapitel - die tatsächlichen Voraussetzungen für die Vollzugspraxis gegenübergestellt, wie sie sich anband der Umfrageergebnisse darstellen. Dabei wird nach den drei grundlegenden Faktoren unterschieden, die die Qualität des Vollzugs nach den Erkenntnissen der Implementationsforschung maßgeblich beeinflussen, nämlich dem zu vollziehenden rechtlichen Programm, den Vollzugsinstanzen (also den zuständigen nationalen Behörden) sowie den übrigen am Vollzug Beteiligten (insbesondere den Adressaten, betroffenen Bürgern, Interessenvertretungen, Gerichten, Politikern). Abschließend werden die wesentlichen Problembereiche, wie sie sich aufgrund der Befragungen darstellen, thesenartig zusammengefaßt und bewertet. Ferner werden - teilweise in der Literatur besprochene - Vorschläge dahingehend untersucht, inwieweit sie zur Lösung von Vollzugsproblemen geeignet sind. Im Anhang sind die beiden versandten Fragebögen sowie Graphiken zu den für besonders aussagekräftig erachteten Ergebnissen abgedruckt.

J. Kapitel

Grundlagen und Durchmhrung der Untersuchung I. Der Begriff des Vollzugs im Gemeinschaftsrecht Das Gemeinschaftsrecht, obwohl selbst vollzugsbedürftig, erwähnt den Begriff des Vollzugs nicht, enthält jedoch - vor allem durch die Rechtsprechung des EuGH konkretisierte - rechtliche Vorgaben im Hinblick auf die den Vollzug europarechtlicher Vorschriften betreffenden Mindestanforderungen. 1 Vollzugsaufgaben werden dabei sowohl von Organen der Mitgliedstaaten als auch von Gemeinschaftsorganen wahrgenommen. Anders als etwa im nationalen Recht2 sind jedoch nicht nur Exekutivorgane, sondern auch Organe der Legislative und der Judikative mit der Erfüllung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben und damit letztlich auch mit dem Vollzug von Gemeinschaftsrecht betraut. 3 In der europarechtlichen Literatur wird zur Typisierung der verschiedenen Vollzugsakte eine uneinheitliche Terminologie verwendet. Zuleeg4 unterscheidet zwischen nationalen Einzelakten, bei denen er von "Anwendung" spricht, und normativen Akten der Mitgliedstaaten, bei denen er den Begriff "Ausführung" verwendet; beides faßt er als "Durchführung" des Gemeinschaftsrechts zusammen. Demgegenüber unterscheidet Bünten5 zwischen "normativen und administrativen Ausfiihrungsmaßnahmen". Streinz6 differenziert ebenfalls zwischen normativen Akten, die er entsprechend der Terminologie Zuleegs als Ausführungsgesetze bezeichnet, und administrativen Maßnahmen, für die er -

1 Vgl. hierzu im einzelnen unten S. 50ff. 2 Vgl. hierzu etwa die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 83 GG in BVerfGE 11,6 (15): "Unter Ausftlhrung von Bundesgesetzen ist die verwaltungsmäßige Ausfiihrung zu verstehen." 3 So überläßt etwa die Richtlinie hinsichtlich ihrer Zielverwirklichung den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Fonn und Mittel, vgl. Art. 189 Abs. 3 EGY. 4 Vgl. Zu1eeg, Das Recht der europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, S. 47f. 5 Vgl. Bünten, Staatsgewalt und Gemeinschaftshoheit bei der innerstaatlichen Durchführung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften durch die Mitgliedstaaten, S. 20,29. 6 Vgl. Streinz, in: IsenseelKirchhof, § 182, Rn. 2.

I. Der Begriff des Vollzugs im Gemeinschaftsrecht

29

entsprechend der Terminologie des Bundesverfassungsgerichts7 - den Begriff Vollzugsakt verwendet. Den "Vollzug des Gemeinschaftsrechts" sieht er als Oberbegrifffiir beide Vollzugsformen an. Ausgehend von dem eben erwähnten umfassenden Vollzugsverständnis wird vorliegend lediglich ein Teilbereich des Vollzugs von Gemeinschaftrecht untersucht, nämlich - in Anlehnung an Bünten - alle normativen und administrativen Maßnahmen, die in Erfüllung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften ergehen. 8 Je nach den handelnden Vollzugsinstanzen kann dabei folgendermaßen differenziert werden: Soweit ein Handeln von Gemeinschaftsorganen zu beurteilen ist, kann immer dann von Vollzug gesprochen werden, wenn durch eine konkrete Maßnahme europarechtliche Vorgaben ausgeführt werden. Einen Anhaltspunkt kann die Erwägung liefern, ob ein entsprechendes Handeln, würde man den Sachverhalt auf den nationalen Bereich übertragen, typischerweise der Verwaltung zugerechnet würde. Wichtigstes Vollzugsorgan der Gemeinschaft ist die Kommission, deren Tätigkeiten bei der unmittelbaren Ausführung von Gemeinschaftsrecht (gemeinschaftsunmittelbarer Vollzug) sowie bei der gerade im Umweltbereich sehr umfangreichen Überwachung und Kontrolle der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts von besonderer Bedeutung sind. 9 Letztere Handlungsform kann nach Umsetzungs- und Anwendungskontrolle weiter unterschieden werden. IO Während die reine Anwendungskontrolle im Prinzip der nationalen Selbstkontrolle der Verwaltung ähnelt,11 werden im Falle der Umsetzungskontrolle Normativakte der Mitgliedstaaten, die diese zur Umsetzung einer EG-Richtlinie erlassen haben, auf ihre Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht überprüft. Auch in diesem Fall ist es gerechtfertigt, von Vollzug zu sprechen, da das Handeln der Kommission sich lediglich auf die Überprüfung der nationalen Maßnahmen und die Einleitung bestimmter Verfahren (wichtigster Fall: Aufsichtsklage nach Art. 169 EGV) beschränkt. Von sich aus ist die Kommission nicht befugt, gemeinschaftsrechtswidrige Akte der Mitgliedstaaten aufzuheben oder zu ändern.

7 Vgl. BVerfGE 37,271 (283). 8 Es wird also insbesondere der Aspekt ausgeklammert, daß auch nationale Gerichte

Gemeinschaftsrecht anzuwenden und zu wahren haben; vgl. hierzu auch Streinz, in: IsenseelKirchhof, Rn. 1. 9 Vgl. hierzu im einzelnen unten S. 71ff. 10 Die Kommission veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Kontrolltätigkeit in den jährlichen Berichten an das europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts. 11 Auch wenn der Kommission im Umwe1tbereich kein Weisungsrecht gegenüber nationalen Behörden zusteht; vgl. hierzu genauer unten S. 83, 288ff.

30

I. Kapitel: Gnmdlagen und Durchftlhrung der Untersuchung

Beim Handeln mitgliedstaatlicher Organe kann danach differenziert werden, ob diese unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht vollziehen oder nationales Recht heranziehen, welches in Ausführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften erlassen wurde. Im ersten Fall stellt sich jeder behördliche Einzelakt als unmittelbarer Vollzug von Gemeinschaftsrecht dar. Beim mittelbaren mitgliedstaatlichen Vollzug wird demgegenüber unmittelbar nur das nationale Ausführungsgesetz, sei es als Umsetzung einer Richtlinie oder Ergänzung einer Verordnung, vollzogen. Die zugrundeliegende europarechtliche Vorschrift wirkt sich allerdings mittelbar auf den Vollzug aus. 12 Da jedoch auch der Erlaß des nationalen Ausführungsrechts selbst Teil des Gemeinschaftsrechtsvollzugs ist, kann von einem zweiaktigen Vollzug gesprochen werden. 13 Als weitere wichtige Ausprägung mitgliedstaatlichen Verwaltungshandelns kann schließlich noch die Selbstkontrolle der Verwaltung angesehen werden, die sowohl beim mittelbaren wie auch beim unmittelbaren Gemeinschaftsrechtsvollzug auftritt. Schaubild 1

VolIzugsbegritT Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes durch Organe der Gemeinschaft

+

Kontrolle der mitgliedstaatlichen

+

gemeinschaftsunmittelbarer Vollzug

.,r

l Anwendung I l Umsetzung I

Organe der Mitgliedstaaten

I

+

mittelbarer Vollzug

\.

+

I unmittelbarer Vollzug

I

Erlaß normativer Akte sowie behördlicher Einzelakte

"

Selbstkontrolle der nationalen Verwaltung

I

12 Vgl. hierzu unten S.109ff. 13 Wenig überzeugend ist daher die Terminologie bei SiedentopflHauschild, DÖV 1990, S. 445 (446f), die zwischen "Vollzug" und "Umsetzung" differenzieren, als Oberbegriff sodann von der "Anwendung des Gemeinschaftsrechts" sprechen. In einem ähnlichen Sinne äußern sich LindemannlDelfs, ZUR 1993, S. 256 (257), die immer dann von "Anwendung" oder "Durchführung" des Gemeinschaftsrechts sprechen, wenn sowohl die "Umsetzung" als auch der "Vollzug" gemeint sind.

II.

Methodi~hes

Vorgehen

31

11. Methodisches Vorgehen Eine Untersuchung des Vollzugs europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes sollte sich nicht auf die Darstellung der Rechtsdogmatik beschränken, sondern sich auch mit der Frage der Diskrepanz von Norm und Wirklichkeit auseinandersetzen und damit den Blick auf die Faktizität des Rechts richten. 14 Zunächst sind einige methodische Grundfragen zu klären.

1. Implementationsforschung Ausgangspunkt der Implementationsforschung 15 ist die unbestreitbare Feststellung, daß zwischen Norm und Wirklichkeit bzw. zwischen Programmziel und tatsächlich erzeugter Wirkung erhebliche Diskrepanzen liegen können. 16 Die Ursachen dieser Defizite können äußerst vielschichtig sein und reichen von einem mangelhaften Verwaltungsapparat über die Einflußmöglichkeiten von Interessenvertretern bis hin zur Mangelhaftigkeit des gesetzlichen Instrumentariums. Ausgehend von dieser Erkenntnis beschreiben van Meter und van Horn die Implementationsforschung, in Abgrenzung zur reinen Rechtstatsa~ chenforschung, wie folgt: Letztere frage: "What happened?", während erstere

14 Vgl. Rehbinder, Rechtssoziologie, S. 11.

15 Der Begriff der Implementation tauchte erstmals 1973 in den USA in einer empirischen Fallstudie von Pressman und Wildavsky auf (vgl. Pressman/Wildavsky: Implementation. How Great Expectations in Washington are Dashed in Oakland). In Deutschland wurde er als neuer Forschungsansatz zunächst vorwiegend von Sozial-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftlem aufgegriffen, bis er zuletzt auch in der juristischen, insbesondere der europarechtlichen Literatur vereinzelt verwendet wurde. Vor allem in der sozialwissenschaftlichen Verwaltungsforschung hat sich die Implementationsforschung mittlerweile als eigenständiges Forschungsgebiet etabliert (vgl. hierzu insbesondere Mayntz, Die Verwaltung 1977, S. 51ff; dies., Vollzugsprobleme der Umweltpolitik; Wollmann (Hrsg.), Politik im Dickicht der Bürokratie; Knoepfel, Öffentliches Recht und Vollzugsforschung, Beiträge der sog. Implementationsforschung zur staats- und verwaltungsrechtlichen Parlamentsdiskussion, in: Staat und Politik, Heft 24, 1979; SchwarzelBeckerlPollak, Die Implementation von Gemeinschaftsrecht; vgl. kritisch zur Implementationsforschung Bruder, VerwArch 75 (1984), S. 129 (133ft). Zu unterscheiden ist die Implementationsforschung von der Wirkungsforschung, die sich mit den konkreten Auswirkungen einer Norm auf die tatsächliche Umweltsituation beschäftigt, also den tatsächlichen Erfolg (sog. impact) einer umweltpolitischen Maßnahme in den Mittelpunkt ruckt (vgl. dazu Wollmann, in: Lenk (Hrsg.), Programmforschung der Europäischen Gemeinschaft, S. 155; Jass, Erfolgskontrolle des Abwasserabgabengesetzes - ein Konzept zur Erfassung der Gesetzeswirkungen mit einer empirischen Untersuchung in der Papierindustrie, S. 75ft). 16 Vgl. dazu grundsätzlich Mayntz, Die Verwaltung 1977, S. 51f.

32

1. Kapitel: Gnmdlagen Wld Durchführung der UntersuchWlg

ergänze: "Why did it happen in this way?".17 Wenn dieser Differenzierung auch in ihrer Allgemeinheit nicht zugestimmt werden kann, so deutet sich bereits an, worum es der Implementationsforschung geht. Gesetzesvollzug wird als Prozeß verstanden, der von verschiedenen Faktoren beeinflußt und von unterschiedlichen Akteuren gestaltet wird. 18 Abweichungen zwischen Normziel und tatsächlicher Wirkung einer Norm beruhen im wesentlichen auf dem Verhalten folgender Akteure: Gesetzgeber, Durchführungs- oder Vollzugsinstanzen sowie Normadressaten oder sonstige gesellschaftliche Gruppen. 19 Dabei ist zu beachten, daß sich die verschiedenen, mittelbar oder unmittelbar am Gesetzesvollzug beteiligten Akteure häufig auf verschiedenen Handlungsebenen und zeitlich versetzt wechselseitig beeinflussen. 20 Durch den implementationstheoretischen Ansatz ist es möglich, unterschiedliche Interessenkonflikte, die den Vollzug von EG-Umweltrecht erschweren, zu erfassen. Gleichzeitig lassen sich durch die ursachenorientierte Herangehensweise diejenigen Faktoren herausarbeiten, die in besonderem Maße zu einem Vollzugsdefizit21 beitragen. Für die Durchführung vorliegender Untersuchung, insbesondere die Ausarbeitung der Fragebögen, wurde daher dieser Ansatz zugrundegelegt, der es ermöglichte, auch außerhalb des reinen Gesetzesvollzugs liegende Aspekte, etwa aus dem gesellschaftlichen oder politischen Bereich, in die Befragung zu integrieren.

2. Methodischer Ansatz Seit Arthur Nußbaum22 zu Beginn des 20. Jahrhunderts als erster in konsequenter und umfassender Weise die Forderung erhob, die zum Verständnis des Rechts notwendigen politischen, gesellschaftlichen und psychologischen Tatsachen in Forschung und Lehre zu berücksichtigen, gingen von der im Entstehen begriffenen Rechtssoziologie zunehmend Impulse aus, rechtlich relevante Tat-

17 Vgl. van Meter/van Horn, The Policy Implementation Process. A Conceptual Framework, in: Administration and Society, Vol. 6, Nr. 4, 1975, S. 445ff, Zitat nach Knoepfel, Staat Wld Politik, Heft 24, S. 40. 18 Röhl, Rechtssoziologie, S. 300ff, siedelt die ImplementationsforschWlg neben der EvaluationsforschWlg daher in einer Gemengelage zwischen Rechtssoziologie, PolitikWld VerwaltWlgswissenschaften an. 19 Vgl. dazu ausführlich Mayntz, Die VerwaltWlg 1977, S. 51 (59). 20 Vgl. SchwarzelBeckerlPollak, S. 13; Mayntz, Die VerwaltWlg 1977, S. 51ff. 21 Terminologisch kann daher auch von einem Implementationsdeflzit gesprochen werden; vgl. zu den Begriffen "Vollzugsdeflzit" Wld "Implementationsdeflzit" Wlten S. 144f. 22 Vgl. hierzu die Schriften von Arthur Nußbaum zur RechtstatsachenforschWlg: Die Rechtstatsachenforschung - ihre BedeutWlg fiIr Wissenschaft Wld Unterricht; Ziele der RechtstatsachenforschWlg; Die RechtstatsachenforschWlg, neu herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Rehbinder, Bd. 12 der Schriftenreihe zur Rechtssoziologie Wld Rechtstatsachenforschung, S. 18ff.

II. Methodisches Vorgehen

33

sachen zu untersuchen. 23 Die sich danach entwickelnde Rechtstatsachenforschung war demzufolge darauf gerichtet, "gesellschaftliche, wirtschaftliche, technische, rechtliche oder anderweitig wirksame Gegebenheiten in ihrer Bedeutung für die Schaffung und Anwendung von Recht zu erforschen".24 In erster Linie waren es daher auch Vertreter der Rechtssoziologie, die sich mit der Methodenfrage eingehender auseinandersetzten. Im wesentlichen sind dabei zwei methodische Ansatzpunkte zu unterscheiden: In einem engeren, juristischen Verständnis von Rechtstatsachenforschung dient die empirische Ermittlung von Tatsachen dazu, in einer im übrigen unveränderten, von einer juristischen Fragestellung beherrschten Untersuchung bestimmte Teilaspekte empirisch abzusichern bzw. zu ergänzen. Der umfassendere soziologische Ansatz zielt demgegenüber darauf ab, die Wechselwirkungen des Rechts und seiner Institutionen mit der Gesellschaft hervorzuheben, die Funktion des bestehenden Rechts also als einen der Faktoren zu bestimmen, die das Sozialleben mitprägen. 25 Wegen der in erster Linie juristischen Zielsetzung wurde vorliegend ersterer Ansatz zugrundegelegt, wobei allerdings - dies ergibt sich aus dem Implementationsbegriff - durchaus auch gesellschaftliche und politische Aspekte eine Rolle spielten. 26 3. Fragestellung und Untersuchungstechniken Fragestellung und Untersuchungstechniken orientierten sich an der empirisch-analytischen Methode. Die hier relevanten Fragestellungen zielten auf Deskription, d.h. es ging um eine Darstellung der praktischen Relevanz des Untersuchungsgegenstands und um einen Vergleich von Soll- und Ist-Zustand. Soweit Kausalzusammenhänge aus einem Vergleich verschiedener Ergebnisse herzustellen waren, wurden sie berücksichtigt. Als Untersuchungstechniken wurden die Befragung mittels Fragebögen und Interviews sowie die Inhaltsanalyse angewandt. Die Fragebögen richteten sich an deutsche Behörden, die mit dem Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes befaßt sind. Desweiteren wurden einige Umweltschutzverbände sowie deren Unterorganisationen in die Befragung einbezogen, um die Einflußmöglichkeiten von Interessengruppierungen auf den Vollzug einschätzen zu können. Eine Inhaltsanalyse kam für die Auswertung von schriftlichen oder 23 Vgl. zur Geschichte der Rechtstatsachenforschung Hartwieg, Rechtstatsachenforschung im Übergang, S. 21tT. 24 Vgl. Falckenstein, in: ChiotellislFikentscher, S. 80. 25 Vgl. Falckenstein, in: ChiotellislFikentscher, S. 80tT. 26 Die Grenzen zwischen dem vornehmlich juristischen Verständnis von Rechtstatsachenforschung und dem soziologischen Ansatz sind ohnehin fließend; vgl. Falckenstein, in: ChiotellislFikentscher, S. 81. 3 Engelsberger

34

1. Kapitel: Gnmdlagen Wld Durchführung der UntersuchWlg

mündlichen Aussagen in Betracht, die im Zusammenhang mit den Fragebögen gemacht wurden (primäre Analyse). Als Sekundäranalyse bot sich vor allem der Vergleich mit Daten früherer Untersuchungen an. Desweiteren war eine Dokumentenanalyse des veröffentlichten Zahlenmaterials offizieller Stellen, vor allem der Kommission, in die Untersuchung einzubeziehen. Daneben wurden auch Presseberichte oder Berichte von Umweltschutzorganisationen über Einzelfälle, die im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand erschienen sind, berücksichtigt. Mit Hilfe dieser Untersuchungsmethoden sollte versucht werden, zu einer rechtlichen Bewertung des Vollzugs europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu gelangen. Ziel dieser Arbeit war es, die wesentlichen Ursachen herauszuarbeiten, die den Vollzug erschweren, um daraus Lösungsansätze sowie rechtspolitische Forderungen abzuleiten.

111. Durchführung der Behördenumfrage 1. Vorgehen im Vorfeld der Fragebogenaktion Vor der Erstellung der Fragebögen an die Behörden war es hilfreich, mit Praktikern Gespräche zu führen, um so die für den Vollzug von EGUmweltrecht besonders interessanten Punkte herauszuarbeiten. Bei diesen Gesprächen wurde besonderer Wert auf die spezifisch mit dem Europarecht zusammenhängenden Vollzugsprobleme der Verwaltung gelegt, aber auch Fragen der materiellen und personellen Ausstattung, die Kooperation mit anderen Verwaltungsstellen, insbesondere die Kontakte mit der Kommission, kamen zur Sprache. Insgesamt wurden drei längere Gespräche mit Vertretern einer Stadtverwaltung sowie eines Ministeriums geführt. Daneben wurden die von Mayntz27 und Rüther28 durchgeführten Untersuchungen ausgewertet und verglichen, um so - vor allem im Hinblick auf die Studie von Mayntz aus dem Jahre 1978 - durch den Vergleich möglicherweise Entwicklungen im Bereich des Umweltrechtsvollzugs aufzeigen zu können.Da die beiden eben genannten Untersuchungen sich allerdings nicht mit dem 27 Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, befragte zu den Vollzugsproblemen im Bereich des deutschen Umweltrechts im Jahre 1978 insgesamt 178 Behörden in sieben BWldesländern im Bereich "Luftreinhaltllilg", wobei 139 einen ausgefi1llten Fragebogen zurücksandten (= 78,1 %), sowie 297 Behörden aus acht Bundesländern im Bereich "Gewässerschutz", von denen insgesamt 219 (= 73,7 %) antworteten. 28 Rüther, Die behördliche Praxis bei der EntdeckWlg Wld Defmition von Umweltstrafsachen, befragte 1989/90 während eines ForschWlgsprojektes in NRW insgesamt 2003 Bedienstete in den Bereichen "Gewässerschutz" Wld "hnmissionsschutz" (Rücklauf 1023 = 51,1 %) sowie 94 Behörden, von denen insgesamt 72 antworteten (= 76,6 %). Thema der BefragWlg war zwar in erster Linie die Praxis im Bereich des Umweltstrafrechts, aber auch allgemeine Fragen zum behördlichen Vollzug des deutschen Umweltrechts spielten dabei eine Rolle.

1lI. Durchführung der Behördenumfrage

35

Vollzug von europäischem Umweltrecht auseinandersetzten, lag der Schwerpunkt der Fragen darin, die Bedeutung der auf europäischer Ebene erlassenen Umweltrichtlinien und Verordnungen fiir den nationalen Vollzug näher zu durchleuchten. 2. Entwicklung des Fragenkatalogs Vor der Erstellung des Fragenkatalogs waren die Relevanz der zu erfragenden Daten für die wissenschaftliche Arbeit und ihr praktischer Nutzen kritisch zu hinterfragen. Sowohl in den Vorgesprnchen als auch in einigen Antwortschreiben29 wurde bestätigt, daß gerade die Umweltverwaltung mit Umfragen dieser oder ähnlicher Art relativ häufig konfrontiert wird und angesichts einer zunehmend angespannten Personalsituation kaum in der Lage ist, den Anfragen nachzukommen. Angesichts dieser Situation war es notwendig, den Behördenfragebogen vom Umfang her möglichst knapp zu halten. Andererseits mußte eine sinnvolle Auswertung des Datenmaterials gewährleistet sein. Hier einen Mittelweg zu finden, war nicht immer leicht, zumal sich der Vollzug von EG-Umweltrecht in der Praxis als äußerst komplex darstellt. Es wurde daher versucht, den Schwerpunkt des Fragebogens auf die europarechtliche Komponente des Vollzugs zu legen. Dennoch waren auch Fragen allgemeiner Natur zu stellen, um die Bedeutung des Europarechts für die Vollzugspraxis einschätzen zu können. Beispielhaft wurden die Umweltinformationsrichtlinie und die UVP-Richtlinie für eine genauere Untersuchung ausgewählt. Beide Richtlinien riefen nicht nur ein größeres öffentliches Interesse hervor, sondern stellten vor allem Deutschland bei der Umsetzung vor nicht unerhebliche Probleme. 30 Zudem eignen sich beide Richtlinien schon deshalb für eine breiter angelegte Umfrage, da sie nicht auf ein bestimmtes Umweltmedium zugeschnitten sind und sich somit auf die Vollzugspraxis unterschiedlicher Behördentypen auswirken. Außerdem sind jeweils beträchtliche verfahrensrechtliche Regelungen getroffen worden. Somit waren Rückschlüsse auf grundsätzliche

29 Dazu Auszüge aus den Antwortschreiben zweier angeschriebener Behörden:

"Mir liegen eine Vielzahl derartiger Anfragen von Universitäten für Diplom- Wld Doktorarbeiten oder andere UntersuchWlgen vor. Aufgrwtd des damit verbWldenen erheblichen ArbeitsaufWandes ist es mir grundsätzlich nicht möglich, diese Anfragen zu beantworten. " "Beim derzeitigen Stande der HaushaltsberatWlgen ( ... ) für 1995 muß ich TImen leider mitteilen, daß ( ... ) die personelle BesetzWlg ( ... ) im Jahre 1995 noch knapper gehalten werden muß als in den vorangegangenen Jahren. Aus diesem Gnmde können meine Mitarbeiter keine über den Gesetzesvollzug hinausgehenden Arbeiten für die ZusammenstellWlg Wld AufbereitWlg sonstiger Materialien für UntersuchWlgen Dritter vornehmen, " 30 Die Umweltinformationsrichtlinie konnte erst mit über 18 Monaten (vgl. BGBL 1994 I, S. 1490ft), die UVP-Richtlinie mit rwtd zwei Jahren VerspätWlg umgesetzt werden (vgl. BGBL 1990 I, S. 205ft). 3"

36

1. Kapitel: Grundlagen und Durchführung der Untersuchung

Probleme der behördlichen Praxis mit europarechtlichen Vorschriften zu erwarten. a) Zusammenstellung eines Themenkatalogs

Um die einzelnen Fragen später in eine logische Anordnung bringen zu können, war zunächst ein Themenkatalog zu erstellen: Schaubild 2 Themenkatalog

A) Fragen zum UnI/eid behördlichen Handeins: - Merkmale des Bezirks31 - personelle und materielle Ressourcen - politische und rechtliche Vorgaben

B) Allgemeine Fragen zum behördlichen Handeln: - Art und Schwerpunkte der eigenen behördlichen Tätigkeit

- Zusanunenarbeit im nationalen/internationalen Ralunen - Bedeutung des Europarechts für die eigene behördliche Tätigkeit - Verhältnis der Behörde zu den Normadressaten - Bedeutung der Öffentlichkeit für das behördliche Handeln - Bedeutung der Gerichte für das behördliche Handeln C) Fragen zum Vollzug bestimmter EG-Richtlinien

- Richtlinie 9013131EWG vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsrichtlinie)32 - Richtlinie 85/337fEWG vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten ötTentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie)33 - Der Vollzug sonstiger EG-Umweltrichtlinien

b) Formulierung der Fragen

Um eine schnellere Beantwortung zu ermöglichen und die Bereitschaft zum Ausfüllen zu erhöhen, wurde weitgehend auf sog. offene Fragen verzichtet.

31 Zur Vereinfachung wurde der BegritT 'Bezirk' gewählt, um den räumlichen Zuständigkeitsbereich einer Behörde zu bezeichnen. 32 ABI. EG 1990 L 158/56. 33 ABI. EG 1985 L 175/40.

ill. Durchfilhrung der Behördenwnfrage

37

Lediglich in sieben von insgesamt 80 Fragen34 war eine offene Beantwortung vorgesehen. Dennoch zeigte sich, daß auch die anderen Fragen zum Teil mit aufschlußreichen Kommentierungen am Rand versehen wurden. Daneben wurde mehrfach die Möglichkeit zusätzlicher Anmerkungen am Ende des Fragebogens genutzt. Insgesamt 28 Fragen erforderten Zahlen- oder Prozentangaben, wobei grundsätzlich auch Schätzwerte genügten. Die Beantwortung dieser Fragen war teilweise mit einigen Schwierigkeiten verbunden, da nicht immer behördeninterne Statistiken geführt werden, etwa über die Anzahl der 1994 erhobenen Widersprüche. Dennoch war das Bemühen vieler Behörden um eine möglichst gewissenhafte Beantwortung erkennbar, indem der Fragebogen durch mehrere betroffene Abteilungen oder Dezernate in Umlauf geschickt wurde. Bei den übrigen Fragen wurden entweder mehrere anzukreuzende Antwortmöglichkeiten vorgegeben, oder in einer aufsteigenden Fünferskala mußte ein für zutreffend erachteter Wert eingekreist werden. Dabei wurden regelmäßig die Extremwerte '1' und '5' benannt; der Wert '3' war als Mittelwert zu verstehen. Es wurde sowohl nach Fakten als auch nach Meinungen oder Einschätzungen gefragt. In diesem Zusammenhang erwies sich die Fünferskala in der Regel als genügend differenziert für eine adäquate Beantwortung. 35 Soweit mehrere Antwortvarianten vorgegeben wurden, mußte darauf geachtet werden, daß die zur Auswahl gestellten Antworten ausgewogen und einigermaßen typisch waren. Bei der Frage, welche Einschätzung hinsichtlich der Umweltinformationsrichtlinie am ehesten geteilt wird, wurden beispielsweise die fünf zur Auswahl gestellten Antworten zum einen den Erwägungsgründen, die der Richtlinie vorangestellt sind, zum anderen der einschlägigen Literatur entnommen. Zum Teil ergaben sich die Antworten auch aus den im Vorfeld geführten Gesprächen mit Praktikern. Bei Fragen nach Meinungen und Einschätzungen stellte sich häufig das Problem, daß die Beantwortung, je nach der persönlichen Einstellung des Bearbeiters, in einem gewissen Maße von Zufalligkeiten abhing und nicht unbedingt die überwiegende Meinung der Bediensteten der betreffenden Behörde widerspiegelte. Dieses Problem wurde jedoch dadurch relativiert, daß durch die verhältnismäßig hohe Anzahl von Antworten sogenannte Ausreißer nicht stärker ins Gewicht fielen. Zudem wurden viele der versandten Fragebögen nicht von einer Person, sondern von mehreren Bediensteten aus verschiedenen Abteilungen ausgefüllt, so daß die Antwort einer Behörde sich oft als Mittelwert verschiedener Meinungen darstellte. Dies wurde zum Teil aus den Fragebögen selbst ersichtlich, indem sie von mehreren Bearbeitern gezeichnet wurden, zum Teil wurde im Anschreiben ausdrücklich dar34 Der gesamte Fragebogen ist

hinten im Anhang abgedruckt. Lediglich in seltenen Ausnahmefällen wurde der Raum zwischen zwei Werten gekennzeichnet, weil die vorgegebenen Werte die gewählte Antwortalternative nicht enthielten. 35

38

1. Kapitel: Gnmdlagen und Durchführung der Untersuchung

auf hingewiesen. 36 Schließlich mußte darauf geachtet werden, daß unklare oder mißverständliche Formulierungen vermieden werden. Da ein bestimmtes Antwortverhalten durch die Art der Fragestellung beeinflußt sein kann, z.B. durch Suggestivfragen, war zudem eine möglichst neutrale Formulierung zu wählen. Die mehrfache Überarbeitung des Fragebogens erwies sich als äußerst arbeits- und zeitaufwendig, wobei immer zu berücksichtigen war, daß es sich bei dem befragten Personenkreis um Fachleute handelte. Soweit Fragen nicht beantwortet werden konnten, hatte dies meist andere Gründe, etwa ein Informationsdefizit. Zum Teil waren einige wenige Fragen jedoch offensichtlich nicht klar genug formuliert. Auf die Frage etwa, wie viele Bedienstete in der jeweiligen Behörde Aufgaben wahrnehmen, die auch dem Umweltschutz dienten, wurde die entsprechende Antwort in einem Fall mit folgender Bemerkung versehen: "Viel zu weit gefaßt. Umweltschutz bald an allen Arbeitsplätzen. Kernbereiche: geschätzt 100." Als problematisch erwiesen sich auch zu spezielle Fragestellungen, da diese sich in der behördlichen Praxis oft nicht stellten. So konnten auf die Frage, wie oft von der in § 14 Abs. 1 S. 2 UVPG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, der federführenden Behörde weitere Zuständigkeiten nach den §§ 6 - 9 UVPG zu übertragen, lediglich in acht Fällen Angaben gemacht werden, da es insgesamt erst sehr selten zur Bestimmung einer federführenden Behörde kam. Da die Fragen jedoch meist allgemeiner gehalten waren, war dieser Extremfall eine Ausnahme. 3. Versendung der Fragebögen Um eine gewisse Akzeptanz des Fragebogens bei den Adressaten zu erreichen. wurde in einem Anschreiben der Hintergrund der Fragebogenaktion kurz erläutert. Daneben wurde der wissenschaftliche Verwendungszweck garantiert. Wie vor allem in den Vorgesprächen immer wieder bestätigt wurde, sind es zunehmend Großunternehmen. die unter dem Deckmantel einer wissenschaftlichen Umfrage Details über die behördliche Vollzugspraxis zu eigenen Zwekken ermitteln wollen,37 was ein gewisses Mißtrauen der Behörden gegenüber derartigen Fragebögen hervorrief. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Wahrung der behördlichen Anonymität bei der Auswertung der übermittelten Da36 So schreibt beispielsweise eine Behörde: "Den Fragebogen, den Sie uns mit Schreiben vom 05.12.1994 mit der Bitte um Beantwortung zugeschickt hatten, haben wir an die verschiedenen Fachabteilungen unseres Hauses weitergeleitet. Soweit uns bisher die gewünschten Antworten aus den Abteilungen vorliegen, erhalten Sie diese als Anlagen." Eine andere äußert sich so: "Natürlich unterstützen wir Thre Studie zu oben genanntem Thema. Die hlhalte des Fragebogens beziehen sich auf das Tätigkeitsfeid verschiedener Ämter ( ... ) , deshalb kann ich nur um Verständnis bitten, falls der Fragebogen etwas später als gewünscht bei TImen eingeht." 37 Deshalb wurde dem Anschreiben ein Begleitschreiben von Prof. Dr. Streinz beigelegt sO\vie auf ein Schreiben des Deutschen Städtetags, in dem die Fragebogenaktion ausdrücklich gebilligt wurde, verwiesen.

ill. Durchfilhrung der Behördenumfrage

39

ten. Bei der hier durchgefiihrten Befragung galt insofern das Vertrauensprinzip, als lediglich im Anschreiben die vollständig anonymisierte Verarbeitung der Daten zugesichert werden konnte. Wie viele der angeschriebenen Stellen wegen des Risikos einer Namensnennung nicht antworteten, läßt sich nicht abschätzen. Allerdings betonten mehrere Behörden ausdrücklich in den Antwortschreiben, den Fragebogen im Vertrauen auf die Wahrung der Anonymität ausgefüllt zu haben. Eher selten war festzustellen, daß die Fragen zwar grundsätzlich beantwortet wurden, bei bestimmten, etwas heiklere Punkte betreffenden, allerdings eine Antwort fehlte. a) Bestimmung des Adressatenkreises

Die Bestimmung des Adressatenkreises stellte sich angesichts der Vielzahl der potentiell anzuschreibenden Behörden als relativ schwierig dar. Da sich das EG-Umweltrecht auch auf die Arbeit von nicht primär mit Umweltschutzaufgaben betrauten Behörden, etwa Baugenehmigungsbehörden, auswirken kann, war eine Totalerhebung schon aus diesem Grund nicht möglich. Doch selbst bei einer Beschränkung auf Umweltschutzbehörden im engeren Sinne war es erforderlich, sich auf eine Stichprobe zu beschränken, da sonst der Rahmen einer Dissertation gesprengt worden wäre. Die Auswahl erfolgte zunächst nach Bundesländern, wobei als Kriterien vor allem Größe, Bevölkerungsdichte und Behördenstruktur dienten. Die neuen Bundesländer wurden dabei noch nicht berücksichtigt, da diese wegen der Sondersituation nach der deutschen Einigung und den damit verbundenen Aufgaben ohnehin stärker belastet schienen. Allerdings konnte durch die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR liegenden Bezirke Ostberlins, von denen erfreulicherweise vier einen ausgefüllten Bogen zurückschickten, ein gewisser Eindruck über die Arbeit in den dort neu organisierten Behörden gewonnen werden. Durchgefiihrt wurde die Umfrage in den Ländern Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin. Auf diese Weise konnten ganz unterschiedliche Verwaltungs- und Bevölkerungsstrukturen erfaßt werden. Während in Bayern weitgehend ein dezentral organisiertes System der allgemeinen Verwaltung mit weitreichenden Zuständigkeiten für die Kreise und die kreisfreien Städte eingerichtet wurde, setzte sich in Hessen und NordrheinWestfalen ein eher zentral organisiertes System der Sonderverwaltung durch. 38 Es wurden keine modifizierten Versionen des Fragebogens versandt, abgestimmt auf die jeweiligen Aufgabengebiete und die regionalen Besonderheiten der angeschriebenen Behörden. Da es primär um die Frage ging, inwiefern die europarechtlichen Anforderungen den Vollzug beeinflussen, erschien ein einheitlicher Fragebogen für alle Behörden sinnvoll. Eine Ausdehnung der Frage-

38 Grund filr die unterschiedliche Verwaltungsstruktur in den einzelnen Ländern ist die Organisationshoheit im Bereich der Umweltverwaltung. Vgl. hierzu S. 94ff.

40

1. Kapitel: Grundlagen und Durchführung der Untersuchung

bogenaktion auf andere Mitgliedstaaten war im Rahmen einer Dissertation nicht möglich, könnte jedoch Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. 39 b) Versendungsphase im einzelnen

Vom 19.11.1994 bis zum 17.12.1994 wurden die Behördenfragebögen an folgende Stellen verschickt: Tabelle 1 Behördenfragebogen, Adressaten - 25 kreisfreie Städte - 71 Landratsämter Berlin: - 2 Senatsverwaltungen - 23 Bezirksverwaltungen Bremen: - 6 Senatsverwaltungen (bzw. nachgeordnete Behörden) Hessen: - 5 kreisfreie Städte - 7 Wasserwirtschaftsämter - 5 Staatliche Ämter fi1r hnmissions- und Strahlenschutz Nordrhein-Westfalen: - 23 kreisfreie Städte - 12 Staatl. Umweltämter Regierungsbezirke: - 7 Bayern - 3 Hessen -5NRW Bayern:

insgesamt:

- 194

4. Rücklauf Obwohl ein Antwortschreiben bis spätestens Ende Januar erbeten wurde, zog sich die Rücklaufphase bis Ende Februar 1995 hin. 40 Dabei zeigte sich, daß vor allem kurz vor und nach den Weihnachtsfeiertagen die Zahl der Antwortschreiben besonders hoch lag. Insgesamt gingen 85 ausgefiillte Fragebögen ein, was einer Quote von 43,8% entspricht (s. zum Rücklauf genauer Tab.2). Drei Behörden fügten dem Schreiben mehrere Kopien des Fragebogens bei, die von verschiedenen Abteilungen bzw. Dezernaten innerhalb der Behörde bearbeitet worden waren. Bei der Auswertung wurden diese allerdings zu einem Bogen zusammengefaßt und auch als eine Behördenstimme gewertet. 29 Behörden teilten mit, daß eine Beantwortung des Fragebogens nicht möglich sei, was einer Quote von 14,9% entspricht. Als Gründe hierfür wurden am häufigsten der Umfang des Fragebogens, der behördeninterne Aufwand für das Aus-

39 Obgleich sich dadurch interessante Vergleichsmöglichkeiten in der Vollzugspraxis ergeben könnten. 40 Ein Fragebogen, der jedoch in der Auswertung mitberucksichtigt werden konnte, wurde erst am 5.4.1995 ausgefllllt zurückgesandt.

m. Durchfühnmg der Behördenwnfrage

41

füllen sowie die knappe Personalsituation einiger Behörden genannt. Überhaupt keine Reaktion zeigten 80 Behörden, also 41,2% aller Befragten. Schaubild 3

Behördenfragebogen. Rücklaufphase Die Rücklaufphase im einzelnen: 01. 02. 03. 04. 05. 06. 07. 08. 09. 10. 11. 12.

Woche: bis Samstag, 10.12.1994: Woche: bis Samstag, 17.12.1994: Woche: bis Samstag, 24.12.1994: Woche: bis Samstag, 31.12.1994: Woche: bis Samstag, 07.01.1995: Woche: bis Samstag, 14.01.1995: Woche: bis Samstag, 21.01.1995: Woche: bis Samstag, 28.01.1995: Woche: bis Samstag, 04.02.1995: Woche: bis Samstag, 11.02.1995: Woche: bis Samstag, 18.02.1995: Woche: bis Samstag, 25.02.1995: 05.04.1995:

insgesamt

10 ausgefilllte Fragebögen, 1 Absage 15 ausgefilllte Fragebögen, 7 Absagen 10 ausgefilllte Fragebögen, 3 Absagen 10 ausgefilllte Fragebögen, 4 Absagen 9 ausgefilllte Fragebögen, 3 Absagen 6 ausgefilllte Fragebögen, 4 Absagen 6 ausgefilllte Fragebögen 8 ausgefilllte Fragebögen, 3 Absagen 1 ausgefilliter Fragebogen, 2 Absagen 3 ausgefilllte Fragebögen, 2 Absagen 3 ausgefilllte Fragebögen 3 ausgefilllte Fragebögen 1 ausgefilllter Fragebogen 85 ausgefilllte Fragebögen

Lediglich in Nordrhein-Westfalen betrug die Rücklaufquote unter 30%. Läßt man außerdem Berlin außer Betracht, so lag die Rücklaufquote in allen Bundesländern bei 40% oder darüber und ließ somit verwertbare Daten zu. Da der Fragebogen insgesamt relativ umfangreich war und letztlich kein renommiertes Institut hinter der Befragung stand, fiel das Rücklaufergebnis unerwartet hoch aus und ließ auf ein gewisses Interesse am Untersuchungsgegenstand von seiten der Behörden schließen. Besonders auffällig waren die Unterschiede bei den kreisfreien Städten. Dort lag die Rücklaufquote zwischen 21,7% (NRW) und 72% (Bayern). Hier dürften wohl die schwierigere Personalsituation in Nordrhein-Westfalen - darauf lassen die verhältnismäßig vielen negativen Antwortschreiben schließen - und eine aufgeschlossenere Haltung der bayerischen Verwaltung gegenüber dieser Untersuchung eine Rolle gespielt haben. Insgesamt lag die Rücklaufquote bei den kreisfreien Städten mit 47,2% knapp über dem Durchschnitt.

42

1. Kapitel: Grundlagen und Durchführung der Untersuchung

Tabelle 2 Behördenfragebogen, Rücklauf Bundesland

Behördentyp

Grundgesamtheit (n= versandte Fragebögen gesamt)

zurück am 25.2.1995 absolut

in %

==============================================================

Bayern

Kreise Städte

71 25

28 18

39,4 72

gesamt

96

46

47,9

Bezirke Senatsverw.

23

7

1

30,4 50

gesamt

25

8

32

6

4

66,7

5 7

5 6 2

85,7 40

gesamt

17

13

76,5

Städte

23

5

21,7

12

3

25

gesamt

35

8

22,9

Regierungen Bayern, Hessen,NRW

15

6

40

Summe

194

85

43,8

==============================================================

Berlin

Bremen Hessen

StÄIs41

WWÄ42 Städte

2

5

100

==============================================================

NRW

StUÄ43

----------- --_.

Vergleicht man den Anteil einer Befragtengruppe an der Grundgesamtheit (Gesamtheit aller Befragten) mit dem Anteil der zurückgesandten Fragebögen einer Befragtengruppe an den insgesamt zurückgesandten Fragebögen, läßt sich erkennen, wie stark eine Befragtengruppe tatsächlich repräsentiert ist.

41 Staatliche Ämter für hrunissions- und Strahlenschutz. 42 Wasserwirtschaftsämter. 43 Staatliche Umweltämter.

ID. Durchfilhrung der Behördenwnfrage

43

Danach ergab sich folgendes Bild: Tabelle 3 Behördenfragebogen, tatsächliche Repräsentierung der Befragtengruppen

BillldeslandBehördentyp

Anteil an der Gnmdgesamtheit

Anteil am Rücklauf

Bayern

Kreise

36,6%

32,9%

Städte

12,9%

21,2 %

gesamt

49,5%

54,1 %

-------------------- ,----,

============================================================

12,9%

Berlin

9,4%

============================================================

3,1 %

Bremen

4,7%

============================================================

Hessen

stÄIs

2,6%

5.9%

WWÄ

3,6%

7,1 %

Städte

2,6%

2,3%

gesamt

8,8%

15,3 %

------------------------,

============================================================

NRW

Städte

11,9%

5,9%

StUÄ

6,2%

3,5%

gesamt

18%

9,4%

============================================================

Regierungen

7,7%

7,1 %

Summe

100%

100%

44

1. Kapitel: Grundlagen und Durchfiihrung der Untersuchung

Verhältnismäßig stark unterrepräsentiert waren die Behörden aus Nordrhein-Westfalen. Teilweise ließ sich das dadurch ausgleichen, daß die kreisfreien Städte insgesamt mit einem Anteil von 27,3% an der Grundgesamtheit und 29,8% am Rücklauf leicht überrepräsentiert waren. Die Behörden Bayerns waren mit einem Anteil von fast 50% an der Grundgesamtheit insgesamt sehr stark vertreten. Dadurch spiegelte sich nicht nur die flächenmäßige Größe wider, sondern auch die dezentral ausgerichtete Behördenstruktur. 44 Im übrigen lagen die Abweichungen in einem Bereich, der eine in etwa gleichmäßige Verteilung nach Bundesländern und Behördentypen zuließ. Eine besonders hohe Rücklaufquote, verglichen mit dem Anteil an der Grundgesamtheit, wurde allerdings bei den bayerischen Städten sowie den Staatlichen Ämtern für Immissions- und Strahlenschutz und den Wasserwirtschaftsämtern in Hessen erreicht. Worauf die Kooperationsbereitschaft in diesen Behörden im einzelnen zurückzuführen ist, läßt sich schwer beurteilen; in jedem Fall ist sie Zeichen einer bürgerfreundlichen Informationspolitik. 5. Reaktionen

Sowohl in den Fragebögen als auch in den Begleitschreiben wurden einige allgemeine Anmerkungen gemacht. Aus diesen ließen sich Rückschlüsse auf die Akzeptanz der Fragebogenaktion sowie auf das Interesse am Untersuchungsgegenstand ziehen. Eine ablehnende Haltung zum gesamten Fragebogen wurde - abgesehen von Anmerkungen zu einzelnen Fragen - lediglich in drei Fällen vorgebracht. Die Kritik ging dabei im wesentlichen in zwei Richtungen: Zunächst wurden generell Zweifel an der Praktikabilität von Umfragen für eine solche Untersuchung geäußert: "(. .. ) Die Beantwortung Ihrer Fragen würde jedoch nicht nur diverse Bereiche meines Ressorts einschließlich nachgeordneter Dienststellen in Anspruch nehmen. Sie würde hier auch umfangreiche Recherchen erforderlich machen, da gerade Umweltprobleme aufgrund ihrer Komplexität nicht unbedingt in handliche Statistiken verpackt und publik gemacht werden können." Diese grundsätzliche Skepsis gegenüber statistischen Erhebungen wurde zwar lediglich einmal explizit geäußert. Allerdings dürfte sie auch bei einigen der Behörden, die auf den Fragebogen keine Reaktion zeigten, vorhanden gewesen sein. Sicherlich ist es richtig, keine allzu großen Erwartungen an Umfragen dieser Art zu stellen. Andererseits können sie hilfreiche Belege für Hypothesen liefern, die zum Teil in der europarechtlichen Literatur aufgestellt wurden. Könnten derartige Hypothesen statistisch bestätigt werden, würde dies die Forderungen nach effizienterem Vollzug des EG-Umweltrechts bestärken und Lösungswege aufzeigen. Mehr kann und will vorliegende Untersuchung auch

44 hn Gegensatz etwa zwn bevölkerungsreicheren Nordrhein-Westfalen mit einer zentraler ausgerichteten Umweltverwaltung.

IV. Durchführung der Umfrage bei Umweltschutzverbänden

45

nicht leisten. Eine andere, zweimal in ähnlicher Weise geäußerte Kritik bezog sich auf die konkrete inhaltliche Gestaltung des Fragebogens. Die Fragen seien danach zu allgemein gestellt und daher praxisfern. Eine differenziertere Fragestellung hätte der Komplexität des praktischen Vollzugs von EG-Umweltrecht zwar unter Umständen besser Rechnung getragen. Sie hätte den Umfang des Fragenkatalogs jedoch wesentlich erweitert oder bei gleichem Umfang das Spektrum der Umfrage entsprechend reduziert. Außerdem zeigte sich bei der Auswertung, daß einige wenige Fragestellungen selbst in dem vorliegenden, allgemeiner gehaltenen Fragebogen offenbar zu speziell waren und daher nur in seltenen Fällen praktisch relevant wurden. Der Untersuchung lag zudem ein Vollzugsverständnis zugrunde, welches angesichts der Ergebnisse der Implementationsforschung vom Ansatz her einer allgemeineren Fragestellung zugänglich war. Auf diese Weise konnten insbesondere die Wechselwirkungen der verschiedenen am Vollzug beteiligten Akteure stärker berücksichtigt werden. Im großen und ganzen wurde der Fragebogen allerdings von seiten der Behörden positiv aufgenommen. Dafür spricht nicht nur die verhältnismäßig hohe Rücklaufquote, sondern auch die Tatsache, daß die Bögen überwiegend sehr sorgfältig und - bei dem Umfang nicht unbedingt selbstverständlich - vollständig ausgefiillt wurden. Zudem zeigten sich insgesamt 29 Behörden an den Ergebnissen der Auswertung interessiert. 45

IV. Durchführung der Umfrage bei Umweltschutzverbänden Umweltschutzverbände spielen als Repräsentanten der Öffentlichkeit im Rahmen des Implementationsprozesses eine erhebliche Rolle. Sie haben meist zahlreiche Kontakte mit Behörden, die von der Weiterleitung von Bürgerbeschwerden bis zur Beteiligung im Rahmen bestimmter Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren reichen. Daher versprachen deren Aussagen Rückschlüsse nicht nur in bezug auf ihre eigene Tätigkeit, sondern auch auf die Verwaltungspraxis beim Vollzug von EG-Umweltrecht. Im wesentlichen kann hinsichtlich des organisatorischen Ablaufs der Befragung auf das oben zum Behördenfragebogen Gesagte verwiesen werden. Einige Besonderheiten waren allerdings zu beachten.

45 Beispielhaft dazu Auszüge aus einem Begleitschreiben: "( ... ) begrüße ich Thr Vorhaben, zumal es nicht nur zur Entwicklung von Lösungsansätzen für einen praxisgerechteren Vollzug von EG-Umweltrecht beiträgt, sondern darüber hinaus auch eine effIzientere Verwaltungsarbeit verspricht. Für das Gelingen Threr Dissertation wünsche ich Thnen alles Gute und verbleibe mit gespanntem Erwarten auf Thre Ergebnisse."

46

1. Kapitel: Grundlagen und DurchfUhrung der Untersuchung

1. Ausarbeitung des Fragenkatalogs Bei der Fonnulierung der einzelnen Fragen mußte zunächst berucksichtigt werden, daß es sich bei dem Adressatenkreis nicht immer um Fachleute in Fragen des Verwaltungs- bzw. Europarechts handelte. Zwar wurde versucht, die einzelnen Fragen weitgehend aufeinander abzustimmen, um so die von Behörden und Verbänden mitgeteilten Angaben und Einschätzungen bei der Auswertung vergleichen zu können. Es ergaben sich jedoch auch eine Reihe spezifisch auf die Umweltverbände zugeschnittener Fragestellungen. Soweit dies möglich war, wurde auf eine auch für juristische Laien verständliche Sprache geachtet. Desweiteren wurde versucht, den Fragebogen so knapp wie möglich zu halten und weitgehend auf offene Fragen zu verzichten. 46 2. Bestimmung des Adressatenkreises Nicht alle Umweltschutzverbände beschäftigen sich mit rechtlichen Fragen, insbesondere auch Fragen des Vollzugs. Eine Auswahl nach den jeweiligen Tätigkeitsfeldern mußte daher vorab getroffen werden. Außerdem mußte festgelegt werden, inwieweit regionale Kontaktstellen, wie etwa Landesstellen oder Ortsgruppen, neben der jeweiligen Bundesstelle in die Befragung einzubeziehen waren. 47 Die Befragung mußte auf in Deutschland ansässige bzw. deutsche Außenstellen internationaler Umweltschutzverbände beschränkt werden, da sonst der Rahmen dieser Untersuchung gesprengt worden wäre. Folgende zehn Verbände wurden an der Befragung beteiligt: der BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., die Umweltstiftung WWFDeutschland, der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Naturschutzbund . Deutschland e.v. (NABU), Greenpeace Deutschland e.v., die GIiine Liga, der Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein, die Schutzgemeinschaft deutscher Wald, der Verein Naturschutzpark e.v. sowie die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e. V.

3. Versendung und Rücklauf der Fragebögen

Am 18. März 1995 wurden insgesamt 75 Fragebögen an die jeweiligen Bundesstellen und teilweise an die Landesstellen oder Ortsgruppen verschickt. Berucksichtigt wurden dabei Mitgliederzahl, Organisationsdichte und Bekanntheitsgrad der jeweiligen Verbände. Im einzelnen verteilten sich die versandten Fragebögen wie folgt:

46 Die Anzahl der Fragen konnte auf insgesamt 55 beschränkt werden; darunter war lediglich eine offene Frage. 47 Vor allem größere Verbände verfugen über zahlreiche Untergruppierungen, vgl. etwa die Kontaktstellen von Greenpeace in vielen deutschen Städten.

IV. Durchfilhrung der Umfrage bei Umweltschutzverbänden

47

Tabelle 4

Verbandsfragebogen, Adressaten Umweltverband

Anzahl n der versandten Fragebögen an folgende Stellen Bundesstelle Landesstellenl Ortsgruppen

gesamt

============================================================

17

BUND

WWF -Deutschland

DNR

15

Greenpeace NABU Grüne Liga Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein Schutzgemeinschaft deutscher Wald Verein Naturschutzpark Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz

13

5

15

18 1 1 16 14 6

16 1

.1

============================================================

Summe

8

67

75

Bis Ende Mai 1995 kamen insgesamt 28 der 75 versandten Fragebögen ausgefüllt zurück, was einer Quote von 37,3% entspricht (s. zum Rücklauf genauer Tab. 5). Während zwei angeschriebene Verbände mitteilten, eine Beantwortung sei aus Zeitgründen nicht möglich, zeigten die übrigen 45 angeschriebenen Stellen keine Reaktion (= 60%). Insgesamt lag die Rücklaufquote bei den Umweltschutzverbänden also nur unwesentlich niedriger als bei den Behörden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß vor allem die Landesstellen und Ortsgruppen meist nur über sehr wenig Personal verfügen, davon überwiegend ehrenamtliche Mitarbeiter. Von den acht angeschriebenen Bundesstellen antworteten immerhin sieben. Außerdem verteilten sich die zurückgesandten Fragebögen relativ gleichmäßig auf fast alle angeschriebenen Verbände, so daß ein einigermaßen aussagekräftiger Querschnitt zu erwarten war. 48

48 Dadurch konnten die Ergebnisse der Behördenumfrage abgerundet und ergänzt werden; vgl. im einzelnen unten S. 237ff.

48

1. Kapitel: Grundlagen Wld Durchfilhrung der UntersuchWlg

Tabelle 5 Verbandsfragebogen, Rücklauf Umweltverband

Anzahl n der versandten Fragebögen

Anzahl n der aus-

gefilllten Fragebögen

in%

============================================================ BUND WWF -Deutschland

DNR

18 1 1 16

Greenpeace e.V. 6 Grüne Liga NABU 14 Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein Schutzgemeinschaft deutscher Wald 16 Verein Naturschutzpark e.V. Berliner Landesarbeitsgemein1 schaft Naturschutz e. V. Summe

75

9 1 1 4 2

5

50

100 100 25 33

36

100 4

25 100

o

o

28

37,3

V. Auswertung und Aufbereitung der Daten Um ein möglichst differenziertes Aussagebild zu gewinnen, wurden bei der Auswertung die an der Umfrage beteiligten Behörden nach Bundesland und Behördentyp unterschieden. Bei den Urnweltschutzverbänden schien eine solche Differenzierung wegen der geringen Anzahl von Antworten allerdings wenig sinnvoll. Bei offenen Fragen wurden Zitate besonders typischer Antworten oder eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Kemaussagen mehrerer Antworten wiedergegeben, um einen möglichst realistischen Eindruck hinsichtlich des gesamten Meinungsspektrums zu vermitteln. 49 Zusätzliche Anmerkungen arn Rand wurden, falls sie eine markante Einzelmeinung oder eine typische Einschätzung darstellten, durch wörtliche Zitate oder eine zusammenfassende Wiedergabe in den Text eingearbeitet. Bei Fragen nach Zah49 Um der Tatsache RechnWlg zu tragen, daß viele Fragebögen von Behördenmitarbeiterinnen ausgefilllt wurden, gleichzeitg aber zu versuchen, den Text durch eine umständliche, geschlechtsneutrale FassWlg (z.B. der/die Mitarbeiter/in) nicht unnötig zu belasten, wurde bei der Wiedergabe markanter Einzelaussagen abwechselnd der weibliche sowie der männliche Terminus verwendet. Ein solches Vorgehen schien angesichts der ohnehin anonymisierten Auswertung am vorteilhaftesten, da bei mehreren Fragebögen nicht ersichtlich ist, ob sie tatsächlich von Frauen oder/Wld Männem ausgefüllt wurden.

V. Auswertung und Aufbereitung der Daten

49

len- oder Prozentangaben wurden bei der Auswertung zunächst immer der durchschnittlich angegebene Wert, anschließend in der Regel der maximal bzw. minimal angegebene Wert genannt. Soweit sich aus den Zahlenangaben mehrerer Fragen Vergleichsmöglichkeiten ergaben, wurden die jeweiligen Werte optisch in einer Tabelle nebeneinander aufgeführt. Im kommentierenden Begleittext wurden lediglich die für besonders markant und aussagekräftig erachteten Werte aufgegriffen; weitere Schlußfolgerungen, die aus den Tabellen gezogen werden könnten, sind dem Leser überlassen. Die Mehrheit der Fragen konnte durch Angabe eines Wertes in einer aufsteigenden Fünferskala beantwortet werden. Die Werte 'I' und '5' waren als Extremwerte immer mit bestimmten, vorgegebenen Aussagen verknüpft, der Wert '3' war als Mittelwert zu verstehen. Bei der Auswertung dieser Fragen schien zum einen das arithmetische Mittel, zum anderen die Anzahl der Antworten, die nicht den Mittelwert kennzeichneten, besonders interessant. Bei der Kommentierung dieser Fragen wurde daher besonders auf diese Aspekte eingegangen, soweit sich hieraus Schlußfolgerungen für die behördliche Praxis beim Vollzug von EGUmweltrecht gewinnen ließen.

4 Engelsberger

2. Kapitel

Die rechtlichen Voraussetzungen itir den Vollzug von EG-Umweltrecht I. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union Vorgaben für den Vollzug können sich aus der zu vollziehenden Rechtsmaterie ergeben. Die Tatsache, daß es sich um Vorschriften des Europarechts handelt, sowie die sich daraus ergebenden Fragen der Rechtsfonn, der Kompetenzgrundlage oder der rechtlichen Verbindlichkeit haben nicht zuletzt auch erhebliche Auswirkungen auf den Verwaltungsvollzug. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, inwiefern sich die gesetzgeberischen Aktivitäten auf Gemeinschaftsebene auch faktisch auf die nationale Umweltpolitik und -verwaltung von nunmehr 15 Mitgliedstaaten auswirken.

1. Kurzer historischer Überblick Entscheidende Impulse für den Beginn einer umfassenden gemeinschaftlichen Umweltpolitik gingen von den Konferenzen in Stockholm (5.6. 15.6.1972)1 und Paris (19.10. - 20.10.1972)2 aus. Die dort fonnulierten Forderungen und Grundsätze fanden im ersten Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft ihren Niederschlag. Dieses wurde am 22.11.1973 vom Rat und den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten verabschiedet und legte einen Rahmen für die künftigen Ziele, Grundsätze und Aktionen der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes fest. 3 Doch bereits fiiiher hatte der Umweltschutz, wenn auch nicht als allgemein festgelegtes Gemeinschaftsziel, in anderen Materien eine gewisse Rolle ge-

1 Konferenz der Vereinten Nationen über die menschliche Umwelt; vgI. hierzu die Deklaration umweltrechtlicher Prinzipien der Stockholmer Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen 1972. Vgl. dazu Der parlamentarische Standpunkt zur Stockholmer Konferenz, in: Beiträge zur Umweltgestaltung, Heft A 9, 1973, S. 105ff. 2 Regierungskonferenz der Staats- und Regierungschefs der Gemeinschaft in Paris; vgI. dazu die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EG auf der Pariser Gipfelkonferenz 1972, BuH. EG 10/1972, S. 9ff. 3 Vgl. ABI. EG 1973 C 112/1.

I. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

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spielt. 4 Bereits 1959 waren, gestützt auf Art. 30ffEAGV, erste Grundnormen fiir den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen Gefahren ionisierender Strahlungen festgesetztS sowie seit 1965 auf der Grundlage von Art. 55 EGKSV mehrere Forschungsprogramme durch die Gemeinschaft gefördert worden, die die technische Bekämpfung der Luftverunreinigung zum Schutze der Arbeitskräfte gegen die Gefahren von Staubemissionen in Berg- und Stahlwerken und Gasemissionen in der Stahlindustrie zum Gegenstand hatten. 6 Auch im Rahmen des EWG-Vertrags hatten umweltrelevante Sachverhalte bereits sehr früh eine Rolle gespielt. Dabei war es jedoch weniger um umweltschutzpolitische Überlegungen als vielmehr darum gegangen, die sich aus den Unterschieden zwischen den Rechts- und VerwaltungsvorschrifteIi der Mitgliedstaaten auch auf dem Gebiet des Umweltschutzes ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen zu beseitigen.? Die Verabschiedung des ersten Umweltaktionsprogramms, das mangels expliziter Erwähnung des Umweltschutzes im EWGV a.F. auf die allgemeinen Ziele der Gemeinschaft in Art. 2 EWGV a.F. 8 gestützt wurde, kann somit als Beginn einer eigenständigen gemeinschaftlichen Umweltpolitik angesehen werden. Durch die zahlreichen Vorschriften, die seit dieser Zeit erlassen wurden, erreichte die EG-Umweltpolitik in der Tat eine neue Qualität. Den inzwischen fünf Umweltaktionsprogrammen9 kam im Hinblick auf die Koordinierung des Handelns der Gemeinschaftsorgane eine jedenfalls faktisch nicht unerhebliche Bedeutung zu. Da diese Programme (seit dem dritten Programm) nunmehr als Entschließung des Rates ergehen, wird man ihnen, zumindest als Auslegungsmaßstab, auch eine gewisse rechtliche Bedeutung zusprechen können. 10 Es dauerte bis zum Jahr 1987, ehe durch die Einheitliche Europäische Akte die EG-Umweltpolitik auf eine eigene rechtliche Grundlage im EGV gestellt werden konnte. 11 Dennoch hatte die Gemeinschaft auch zuvor zahlreiche Rechtsakte (meist Richtlinien) mit umweltschützendem Charakter erlassen, die 4 VgI. dazu auch die Übersicht bei Behrens, Rechtsgrundlagen der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften, S. 25ff. S VgI. ABI. Nr. 11 vom 20.2.1959, S. 221. 6 VgI. dazu Anlage A zur 1. Mitteilung der Kommission über die Politik der Gemeinschaft auf dem Gebiete des Umweltschutzes, BR-Drucks. 463/71, S. l6ff. 7 VgI. BR-Drucks. 463/71, S. 16ff. 8 Mittlerweile wurde durch Art. 130s Abs. 3 EGV eine Kompetenzgrundlage ftlr die Umweltaktionsprogramme geschaffen. 9 VgI. ABI. EG 1973 C 112/1 (Erstes Umweltaktionsprogramm); ABI. EG 1977 C 139/1 (Zweites Umweltaktionsprogramm); ABI. EG 1983 C 46/1 (Drittes Umweltaktionsprogramm); ABI. EG 1987 C 328/1 (Viertes Umweltaktionsprogramm); ABI. EG 1993 C 138/1 (Fünftes Umweltaktionsprogramm). 10 VgI. Streinz, Europarecht, Rn. 902. 11 Titel VII, Art. BOr - t EWGV a.F., nunmehr Titel XVI, Art. BOr - t EGY. 4*

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

häufig auf Art. 100 EGV und/oder Art. 235 EGV gestützt worden waren. Im Hinblick auf Art. 235 EGV und dessen AufIang- und Ausnahmecharakter war dieses Vorgehen in der Literatur zu Recht kritisiert worden. 12 Neu geschaffene Kompetenzgrundlage für den Erlaß von Sekundärrecht auf dem Gebiet des Umweltschutzes ist seit 1987 Art. 130s EGV Die Abgrenzung zu anderen Vorschriften des EG-Vertrags, insbesondere Art. 100a EGV, auf die ebenfalls Rechtsakte der Gemeinschaft mit umweltschützendem Charakter gestützt werden, fällt allerdings nicht immer leicht. Aufgrund ihres Querschnittscharakters erstreckt sich die Umweltpolitik zudem naturgemäß auch auf andere Politikfelder der Gemeinschaft. Durch den Unionsvertrag von Maastricht wurde die europäische Umweltpolitik vor allem durch die Ergänzung von Art. 2 EGV ("umweltverträgliches Wachstum") sowie die Nennung der "Politik auf dem Gebiet des Umweltschutzes" im Tätigkeitskataiog von Art. 3 EGV (ZifI. k) aufgewertet. 13 Zuvor hatte der EuGH in der Entscheidung "ADBHU"14 den Umweltschutz bereits als wesentliches Ziel der Gemeinschaft anerkannt. Im institutionellen Bereich erlangte der Umweltschutz vor allem durch die Errichtung der Generaldirektion XI innerhalb der Kommission sowie durch die Schaffung einer europäischen Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen 15 eigenständiges Gewicht. Im Europäischen Parlament beschäftigt sich der Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz mit den Belangen des Umweltschutzes auf Gemeinschaftsebene. 16 Ein wachsender Lobbyismus in Brüssel, die nach wie vor in wichtigen Bereichen noch sehr beschränkten Befugnisse des Europäischen Parlaments sowie die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts stellen, um nur drei Problemfelder anzureißen, die europäische Umweltpolitik in Zukunft allerdings vor die Frage nach ihrer grundsätzlichen Reformbedürftigkeit. 2. Primäres Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des Umweltschutzes (" Europäisches Umweltverfassungsrecht") Im EG-Vertrag sind neben den Kompetenznormen zum Erlaß von Sekundärrecht insbesondere die Ziele und Grundsätze festgelegt, an denen sich die eu12 Ansatzpunkt für den (zu) großzügigen Gebrauch von Art. 235 EGV war zum einen die Präambel, in der die "stetige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen" angestrebt wird, zum anderen die Notwendigkeit grenzüberschreitenden Handelns bei grenzüberschreitenden Umweltschäden; vgI. Streinz, Europarecht, Rn. 891. 13 VgI. zum Europäischen Umweltschutzrecht nach Maastricht EpineylFurrer, EuR 1992, S. 369ff. 14 EuGH, Urteil v. 7.2.85 CRs. 240/83) - "ADBHU" - Sig. 1985, S. 531ff. 15 VgI. VO 121O/90IEWG, ABI. EG 1990 C 12011. 16 VgI. dazu Kamp, ZUR 1994, S. 244ff.

1. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

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ropäische Umweltpolitik zu orientieren hat. Diese haben nicht nur Auswirkungen auf die inhaltliche Gestaltung von europäischen Umweltvorschriften, sondern auch - etwa bei der gemeinschaftskonformen Auslegung - auf den Vollzug. 17 In Art. BOr Abs. 1 EGV werden die Ziele benannt, die im Rahmen der europäischen Umweltpolitik zu verfolgen sind. Oberstes Ziel ist es, den Zustand der vorhandenen Umweltmedien nicht nur zu erhalten, sondern deren Qualität langfristig zu verbessern. Mit versiegenden Ressourcen soll durch umsichtige und rationelle Verwendung sparsam umgegangen werden. Erneuerbare Rohstoffe sollen so genutzt werden, daß ihre Regenerationskraft nicht überfordert wird. Schädliche, Auswirkungen auf andere Umweltmedien sind dabei zu vermeiden. Durch den Unionsvertrag wurde ausdrücklich die Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene in den EGV aufgenommen, so daß auch dem globalen Charakter gegenwärtiger und künftiger Umweltprobleme Rechnung getragen wird. 18 Durch Art. BOr Abs. 2 S. I EGV wird die gemeinschaftliche Umweltpolitik auf ein hohes Schutzniveau festgelegt, das seine Entsprechung in Art. 100a Abs. 3 EGV findet. Durch die Berücksichtigung unterschiedlicher natürlicher Gegebenheiten in den einzelnen Regionen wird eine flexiblere Gestaltung des Umweltschutzes, beispielsweise bei Vorbelastungen bestimmter Gebiete, ermöglicht. 19 Ferner hat die Gemeinschaft bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik die verfiigbaren wissenschaftlichen und technischen Daten und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gemeinschaft insgesamt sowie die ausgewogene Entwicklung ihrer Regionen zu berücksichtigen. 20 Grundsätzlich sind die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens bzw. eines Nichttätigwerdens gegeneinander abzuwägen. 21 In Art. BOr Abs. 2 S. 2 EGV werden die Grundsätze der Vorbeugung und Vorsorge, der Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie das Verursacherprinzip genannt. Methodisch handelt es sich dabei um sogenannte Rechtsprinzipien, die - anders als eine Rechtsnorm - keine bestimmte Rechtsfolge anordnen, sondern konkretisie-

17 Sowohl im Rahmen der Interpretation von EG-Richtlinien und -Verordnungen als auch bei der Anwendung nationalen Ausführungsrechts sind die im EGV festgelegten Ziele und Grundsätze der gemeinschaftlichen Umweltpolitik heranzuziehen. 18 Vgl. dazu auch Art. BOr Abs. 4 EGV, welcher die Zusammenarbeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse regelt. 19 . Vgl. Art. BOr Abs. 3, 2. Spstr. EGV. 20 Vgl. Art. 130r Abs. 3, 1. und 4. Spstr. EGV. 21 Vgl. Art. BOr Abs. 3,3. Spstr. EGV.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

rungsbedürftig sind. 22 Sie sind daher nicht unmittelbar Gegenstand des Vollzugs, sondern spielen erst im Rahmen des Erlasses und der Interpretation sekundärrechtlicher Umweltvorschriften eine Rolle. 23 Praktische Relevanz für den Vollzug könnte den Umweltprinzipien durch die Entscheidung des EuGH zu dem Verbot Walloniens (Belgien) zukommen, u.a. nicht-gefährliche Abfälle aus anderen Mitgliedstaaten einzuführen und abzulagern. Dieser sah die Maßnahme nämlich trotz ihres diskriminierenden Charakters als durch ein zwingendes Erfordernis i.S.d. Cassis-Formel24 gerechtfertigt an, da wegen der knappen Entsorgungskapazitäten Walloniens der auswärtige Abfall primär an seinem Ursprung zu entsorgen sei. 25 Die sogenannte Querschnittsklausel, nach der Umweltschutzgesichtspunkte in allen gemeinschaftlichen Politikbereichen einbezogen werden müssen, ist nunmehr in Art. 130r Abs. 2 S. 3 EGV geregelt. 26 Im einzelnen sind hinsichtlich der Reichweite und der tatsächlichen Verwirklichung des Querschnittsgedankens allerdings noch viele Fragen offen. 27

22 Vgl. Alexy, Rechtstheorie 1979, Beiheft 1, S. 59 (63ft): Regeln lassen sich danach von Prinzipien in logischer Hinsicht unterscheiden. Erstere sind in einer "Alles-oderNichts-Weise" anwendbar, d.h. wenn die Merkmale eines Tatbestandes vorliegen, gibt es nur zwei Möglichkeiten, nämlich entweder die Gültigkeit der Regel mit der dann zwingend zu akzeptierenden Rechtsfolge oder deren Ungültigkeit. Letztere legen demgegenüber, selbst wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind, die Rechtsfolge nicht zwingend fest, sondern enthalten lediglich Gründe, die ftlr die eine oder andere Entscheidung sprechen. 23 So wurde beispielsweise der Vorsorgegrundsatz durch den Erlaß der UVPRichtlinie konkretisiert. Das prinzip der Beseitigung von Umweltbeeinträchtigungen an ihrer Quelle hat eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung des EuGH zur Festlegung von Verbringungsverboten im Abfallrecht erfahren; vgl. EuGH, Urt. v. 9.7.1992 (Rs. C-2/90) - "KommissionlBelgien" - Slg. 1992 I, S. 4431 (4471ft) mit Anmerkung Tostmann, EuZW 1992, S. 579f, wobei sich der EuGH in seiner Begründung ausdrücklich auf diesen Grundsatz des Art. 130r Abs. 2 S. 2 EGV bezieht. 24 Bereits in der Entscheidung in der Rs. 302/86 - "KommissionIDänemark" - Slg. 1988, S. 4607, hatte der EuGH die Belange des Umweltschutzes unter die CassisFormel gefaßt. Dabei ging es allerdings lediglich um nicht diskriminierende Maßnahmen. 25 EuGH, Urt. v. 9.7.1992 (Rs. C-2/90) - "KommissionlBelgien" - Slg. 1992 I, S. 4431 (4471ft); vgl. im einzelnen zu dieser Entscheidung Nettesheim, Jura 1994, S. 337 (343) und Lueder, ZUR 1994, S. 165fT. 26 Vor dem Unions vertrag war die Querschnittsklausel in Art. l30r Abs. 2 S. 2 EWGV a.F. verankert, wobei die geänderte Formulierung (früher: "ist Bestandteil") lediglich klarstellende Funktion hat. Vgl. allgemein zur Querschnittsklausel Nettesheim, in: GrabitzlHilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 130r, Rn. 58fT. 27 Vgl. dazu Zils, Die Wertigkeit des Umweltschutzes in Beziehung zu anderen Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft, mit einer Untersuchung der Frage, inwieweit

I. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

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Das nunmehr in Art. 3b EGy28 allgemein geregelte Subsidiaritätsprinzip 29 legt schließlich die Aufgabenverteilung in der europäischen Umweltpolitik zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten nach Effektivitätsgesichtspunkten fest. Danach ist vor Erlaß eines Rechtsakts im Bereich des Umweltschutzes zu prüfen, auf weIcher Aktionsebene (gemeinschaftlich oder national) dasjeweilige Umweltschutzziel bestmöglich verwirklicht werden kann. 30 Soweit die Gemeinschaft jedoch tätig wird, haben die Mitgliedstaaten die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Als für den Vollzug abträglich könnten sich insbesondere umweltrechtliche Maßnahmen der Gemeinschaft erweisen, die besser und effektiver durch die Mitgliedstaaten selbst geregelt würden. 31

3. Sekundires Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des Umweltschutzes Durch zahlreiche umweltschutzbezogene Rechtshandlungen, die als Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen, Stellungnahmen oder als (unverbindliche) Programme ergingen, wurde inzwischen ein in bestimmten Bereichen sehr weitgehendes und detailliertes europäisches Umweltrecht geschaffen, welches zur Anpassung und Ergänzung des nationalen Umweltrechts sowie zu entsprechenden Maßnahmen der Verwaltung führte. a) Wahl der Rechtsform

Ein Handeln der Gemeinschaft setzt eine ausdrückliche Befugnis im EGV voraus. 32 Dabei lassen sich rechtsverbindliche und unverbindliche Handlungen unterscheiden, die von den Gemeinschaftsorganen vorgenommen werden.

der Quersclmittsgedanke im primären und sekundären Umweltschutzrecht der Gemeinschaft tatsächlich verwirklicht wurde. 28 Vor dem Unionsvertrag war der Subsidiaritätsgedanke filr die gemeinschaftliche Umweltpolitik ausdrücklich in Art. l30r Abs. 4 S. 1 EWGVa. F. geregelt. 29 VgI. dazu allgemein Hrbek (Hrsg.), Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union - Bedeutung und Wirkung filr ausgewählte Politikbereiche; Lecheier, Subsidiaritätsprinzip - Strukturprinzip einer europäischen Union. 30 VgI. hierzu die Darstellung von Reritier, in: Hrbek (Hrsg.), Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union, S. 87 (89ft), wonach im Bereich der Luftreinhaltepolitik im Zeitraum von 1982 bis. 1994 vor allem von Deutschland zentrale Steuerungsmechanismen forciert wurden, während Großbritannien versuchte, den deutschen Regelungsstil auf europäischer Ebene abzuwehren. 31 So z.B. die Richtlinie des Rates 761160 vom 8.12.1975 über die Qualität der Badegewässer, ABI. EG 1976 L 31/1 sowie die Richtlinie des Rates 79/409 vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABI. EG 1979 L 10311, bei denen angesichts der aufgetretenen Umsetzungs- und Vollzugsprobleme zu fragen ist, ob diese im Zusammenhang mit einer Mißachtung des Subsidiaritätsprinzips stehen. 32 Das Prinzip der begrenzten Ermächtigung, wonach die Gemeinschaft nur dann tätig werden darf, wenn die Gründungsverträge die Verbandskompetenz begründen, er-

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

aa) Festlegung von Rahmenprogrammen In den Umweltaktionsprogrammen, die eine begrenzte Laufzeit (in der Regel fünf Jahre) haben, wird der Rahmen für die künftige Umweltpolitik abgesteckt. Obwohl sie mangels rechtlicher Verbindlichkeit selbst nicht vollzugsfähig sind, können sie im Rahmen der Auslegung umweltrechtlicher Bestimmungen herangezogen werden und damit auch rechtliche Bedeutung erlangen. 33 Seit 1993 läuft das fünfte Aktionsprogramm "Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung", in dem unter anderem eine klarere Aufteilung der Verantwortung für die Umweltpolitik zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten angestrebt wird. Durch den Unionsvertrag wurde außerdem eine eigene Kompetenzgrundlage für den Erlaß von Umweltaktionsprogrammen geschaffen. 34 Ergänzt werden diese durch sogenannte Jahresprogramme, die zu Beginn eines Kalendetjahres von der Kommission veröffentlicht werden und die Funktion von Leitlinien für die Tätigkeit der Kommission im Umweltschutzbereich erfüllen sollen. Neben diesen allgemeinen Programmen ergehen in unregelmäßigen Abständen Festlegungen für bestimmte Umweltsektoren, so z.B. die Entschließung des Rates über Schwerpunkte für die Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich des Gewässerschutzes35 , die auf der Grundlage eines gemeinschaftsweiten Seminars auf Ministerebene ausgearbeitet wurde. 36 bb) Rechtsverbindliches Handeln der Gemeinschaft Als rechtsverbindliche Handlungsformen sieht Art. 189 EGV Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen vor. 37 Welches dieser Instrumentarien zur Regelung einer bestimmten Materie heranzuziehen ist, hängt von der Kompetenzgrundlage ab, auf die der jeweilige Rechtsakt gestützt wurde. Vor den im Zuge der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) vorgenommenen Änderungen im EGV wurden Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes häufig auf der Grundlage von Art. 100 EGV erlassen. Dieser sah lediglich die Rechtsform der Richtlinie als Instrument vor, während Art. 235 EGV als zweite wichtige Rechtsgrundlage im EGV auch den Erlaß von Verordnungen ermög-

gibt sich bereits aus Art. 189 Abs. 1 EGV, wonach die Gemeinschaftsorgane gemeinsam "nach Maßgabe dieses Vertrages" Rechtsakte erlassen; in Art. E EUV sowie in Art. 3b Abs. 1 EGV wurde es nunmehr ausdrücklich verankert. 33 Vgl. zu den Umweltaktionsprogrammen auch oben S. 50. 34 Vgl. Art. 130s Abs. 3 EGY. 35 ABI. EG 1988 C 32811. 36 Vgl. zu den Jahresprogrammen und den sektoriellen Festlegungen Krämer, in: Calliess/Wegener, S. 35. 37 hn Gegensatz dazu kommt den Empfehlungen und Stellungnahmen, die ebenfalls in Art. 189 EGV geregelt sind, keine Rechtsverbindlichkeit zu.

I. Das Umwe1tschutzrecht der Europäischen Union

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lichte. 38 Seit 1987 können umweltrechtliche Vorschriften, soweit sie auf Art. 100a EGV oder Art. nos EGV gestützt werden,39 als Richtlinie, Verordnung oder Entscheidung ergehen. Allerdings wurde diese Wahlfreiheit bei Art. 100a EGV insofern eingeschränkt, als die Kommission in der Schlußakte zur EEA40 angehalten wurde, immer dann einen Richtlinienvorschlag zu unterbreiten, wenn die jeweilige Harmonisierungsmaßnahme eine Änderung nationaler Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erfordert. Zudem besteht auch der Rat über diese Verpflichtung hinaus auf einem restriktiven Gebrauch der Verordnung. 41 Obwohl es aufgrund der engen Verknüpfung der Umweltpolitik mit anderen gemeinschaftlichen Politikbereichen, beispielsweise aus dem Agrar-, Energieoder Verkehrssektor, schwierig ist, die Zahl der Gemeinschaftsvorschriften zum Umweltschutz abzuschätzen, sind nach den Angaben des Europäischen Parlaments (Stand: Okt. 1993) ca. 445 Rechtsakte - darunter 196 Richtlinien, 40 Verordnungen, 150 Entscheidungen sowie 14 Empfehlungen und Entschließungen - auf dem Gebiet des Umweltschutzes von der Gemeinschaft erlassen worden. 42 Die Richtlinie stellt sich also quantitativ als wichtigstes gemeinschaftsrechtliches Instrument der EG-Umweltpolitik dar. Während Verordnungen vereinzelt zur Herbeiführung institutioneller Veränderungen,43 zur Ratifizierung internationaler Verträge, zur Festlegung vereinzelter Grenzwerte wie im Bereich des Klima-44 und Waldschutzes45 oder jüngst im Rahmen der Vergabe eines Umweltzeichens46 und bei der Einführung eines europaweiten 38 Vor Erlaß der EEA wurden Rechtsakte der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes überwiegend auf Art. 100 und/oder Art. 235 EGV gestützt; vgI. oben S. 51f. 39 Seit der EEA werden als Kompetenzgrundlagen filr den Erlaß umweltrechtlicher Vorschriften meist Art. 100a oder Art. 130s EGV herangezogen; vgl. oben S. 52. 40 Schlußakte zur EEA, Erklärung zu Art. 100a EWGV, in: GroebenfThiesing/ Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, S. 6190. 41 VgI. SiedentopflHauschild, DÖV 1990, S. 445ff; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vierter Bericht von der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Durchftlhrung des Weißbuchs der Kommission zur Vollendung des Binnenmarkts, KOM (89), 311endg., S. 11. 42 VgI. X. Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, ABI. EG 1993 C 233/40. 43 Z.B. die Schaffung der Europäischen Umweltagentur durch die VO 121O/901EWG vom 7.5.1990, ABI. EG 1990 L 120/1; vgI. dazu genauer unten S. 90f. 44 VgI. VO 594/911EWG des Rates vom 4. März 1991 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht filhren, ABI. EG 1991 L 67/1. 45 VgI. VO 3528/861EWG des Rates vom 17. November 1986 über den Schutz des Waldes in der Gemeinschaft gegen Luftverschmutzung, ABI. EG 1986 L 326/3. 46 VgI. VO 880/921EWG des Rates vom 23. März 1992 betreffend ein gemeinschaftliches System zur Vergabe eines Umweltzeichens, ABI. EG 1992 L 99/1.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

IÖko-Audit" 47 gewählt wurden, finden sich die wichtigsten materiell- und verfahrensrechtlichen Regelungen des EG-Umweltrechts in Richtlinien. 48 Wenn sich pauschale Aussagen über die Auswahlkriterien für eine bestimmte Rechtsform schwer treffen lassen, so flUlt dennoch auf, daß die Verordnung vor allem dann gewählt wird, wenn es um grenzüberschreitende Umweltprobleme oder institutionelle Fragen geht, ferner bei umweltrechtlichen Materien, die bislang von den Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht noch nicht oder lediglich ansatzweise geregelt wurden. Der häufige Gebrauch der Richtlinie in der EG-Umweltpolitik wird vor folgendem Hintergrund verständlich: Während das Umweltschutzrecht schon vor den Aktivitäten der Gemeinschaft in einigen Mitgliedstaaten, etwa in Deutschland oder Frankreich, eine langjährige nationale Rechtstradition besaß,49 spielte es andernorts, so beispielsweise in Griechenland, Portugal, Spanien oder Irland, kaum eine Rolle, so daß in diesen Staaten nennenswerter nationaler Umweltschutz erst mit deren Beitritt zur Gemeinschaft betrieben wurde, der sich bis heute weitgehend darauf beschränkte, die europarechtlichen Vorgaben zu erfüllen. 50 Daher bestehen zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Aufbau und die Regelungsintensität des nationalen Umweltrechts sowie hinsichtlich der materiellen und personellen Ausstattung der Umweltverwaltung erhebliche Unterschiede. Um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, europäische Vorgaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes in ihr nationales Rechtssystem bestmöglich einzugliedern, greift die Gemeinschaft deshalb gerade in diesem Politikbereich besonders häufig zur Rechtsform der Richtlinie. Die Richtlinienumsetzung soll sich insbesondere auch an den jeweiligen Bedürfnissen der nationalen Verwaltungspraxis orientieren. Aufgrund der den Mitgliedstaaten dabei zukommenden Entscheidungsfreiheit besteht jedoch die Gefahr eines uneinheitlichen Vollzugs. Dieser nachteilige Effekt von Richtlinien wird dann verstärkt, wenn die Umsetzungsfristen nicht eingehalten werden. Die gesamte gemeinschaftliche Umweltpolitik steht jedoch auf dem Spiel, wenn einzelne 47 Vgl. VO 1836/931EWG des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige BeteiligWlg gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement Wld die Umweltbetriebsprüfimg, ABI. EG 1993 L 16811. 48 Neben der UVP- Wld der Umweltinformationsrichtlinie (vgl. dazu Wlten S. 178fT, 199ft) seien beispielhaft RL 75/4421EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfhlle ("Abfallrichtlinie"), ABI. EG 1975 L 194/47, zuletzt geändert durch RL 9l/692IEWG, ABI. EG 1991 L 377/48; RL 75/4401EWG vom 16. Juni 1975 über die Qualitätsanforderwtgen an Oberflächenwasser für die TrinkwassergewinnWlg in den Mitgliedstaaten ("Trinkwasserrichtlinie"), ABI. EG 1975 L 194/34, zuletzt geändert durch RL 9116921EWG, ABI. EG 1991 L 377/48; RL 92/431EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur ErhaltWlg der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere Wld Pflanzen ("FFH-Richtlinie"), ABI. EG 1992 L 20617 genannt. 49 VgI. Woehrling, DVBI. 1992, S. 884fT; Fromont, UPR 1983, S. 186 (187). 50 VgI. Seidel, DVBI. 1989, S. 441 (443).

I. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

59

Staaten versuchen, sich durch zögerliches oder unkorrektes Verhalten bei der Umsetzung europäischer Umweltstandards Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. 51 Daher sind zwei Tendenzen in der europäischen Umweltpolitik erkennbar, die beide darauf abzielen, die mit der Wahl der Richtlinie als Rechtsform verbundenen Nachteile durch eine Annäherung der Richtlinie an die Verordnung zu kompensieren. Durch zunehmend detailliertere Vorschriften soll der den Mitgliedstaaten zukommende Umsetzungsspielraum einerseits eingeengt werden, so daß häufig kaum mehr als die Entscheidung darüber verbleibt, welche nationale Rechtsform für die Umsetzung gewählt wird. 52 Die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelte Doktrin von der unmittelbaren Richtlinienwirkung, auf die noch im einzelnen ZUliickzukommen sein wird, 53 soll andererseits ermöglichen, daß umweltrechtliche Bestimmungen auch dann durchgesetzt werden können, wenn sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist umgesetzt wurden. Das säumige Verhalten eines Mitgliedstaates soll also nicht dazu führen, daß dieser sich seiner Verpflichtungen aus der jeweiligen Richtlinie entziehen kann. b) Wahl der Kompetenzgrundlage

Die Kompetenzgrundlage im EGV, auf die eine umweltschutzrechtliche Vorschrift gestützt wird, legt nicht nur die möglichen Rechtsformen fest, sondern bestimmt auch das erforderliche Gesetzgebungsverfahren und damit die Zuständigkeiten der beteiligten Gemeinschaftsorgane. Von besonderem Interesse sind die jeweils vorgeschriebenen Mehrheitsverhältnisse im Rat sowie die Art der Beteiligung des Europäischen Parlaments. Soweit der Erlaß einer Richtlinie beispielsweise Einstimmigkeit im Rat voraussetzt, können oft nur interpretationsbedürftige und mangels eindeutiger Vorgaben schwer vollziehbare Kompromißformeln erwartet werden. Vor allem diejenigen Staaten, die dem Gesetzesvorhaben ablehnend gegenüber standen, werden nicht selten ihre Zustimmung von gewissen Zugeständnissen abhängig machen. Ein starkes Mitspracherecht des Europäischen Parlaments, welches in seinen Entscheidungen in geringerem Maße als der Rat von nationalen Interessen beeinflußt wird, könnte sich ebenfalls auf den Vollzug und die Durchsetzbarkeit umweltrechtlicher Bestimmungen auswirken. Durch die parlamentarische Debatte findet nicht nur eine öffentliche Diskussion der Gesetzesvorhaben statt, sondern es wird zugleich auch ein Forum geschaffen, durch das besonders strittige Vorhaben von der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden.

51 Vgl. zur einheitlichen Wirkung und Tragweite gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Nettesheim, in: GS Grabitz, S. 447 (450f). 52 Vgl. zu den verschiedenen Umsetzungstechniken unten S. 102ff. 53 Vgl. im einzelnen unten S. 117ff.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Der folgende Vergleich der für den Umweltschutz wichtigsten Kompetenzgrundlagen zeigt die komplizierte und unübersichtliche Ausgestaltung der Gesetzgebungsverfahren im EGV: Schaubild 4 Kompetenzgrundlagen, EGV

Politikbereich

Kompetenzgrundlage EGV

Mehrheitsverhältnis im Rat

Beteiligung des Parlaments

Landwirtschaft

Art. 43 Abs. 2 S. 3

qualifIzierte Mehrh.

Anhörung

Verkehr

Art. 75 Abs. I S. I

Art. 189c (q.M. od. einstimmig)54

Art. 189c (Verf. der Zus.-arbeit)

einstimmig Art. 189b (q.M.)

Anhörung Art. 189b (Verf. der Mitentsch. )

Art. 129d S. I (Leitlinien) Art. 129d S. 3 (sonst. Maßn.)

Art. 189b

Art. 189b

Art. 189c

Art. 189c

Strukturfonds Kohäsionsfonds

Art. 130d S. I Art. 130d S. 3

einstimmig einstimmig

Zustimmung Zustimmung

Umwelt

Art. 130s Abs. 1 Art. 130s Abs. 2

Art. 189c einstimmig odq.M. Art. 189b

Art. 189c Anhörung

============================================================

--------------------------------------

Rechtsangleichung Art. 100 Art. 100a Abs. 1 S. 2 Transeuro~sche

Netze

----------------------------------_._--

Art. 130s Abs. 3

Art. 189b

Aus Gründen der Rechtssicherheit bedarf es klarer Abgrenzungskriterien zwischen den verschiedenen in Betracht kommenden Kompetenzgrundlagen. Vom Regelungsumfang von Art. 130s EGV werden grundsätzlich Vorschriften erfaßt, die die natürliche Umwelt zum Gegenstand haben. 55 Zwar wird der Begriff der Umwelt im EGV selbst nicht definiert, jedoch ergeben sich Anhaltspunkte für das europarechtliche Verständnis von Umwelt und Umweltschutz aus Art. 118a und Art. 100a Abs. 4 EGV, die die Arbeitsumwelt zum Gegenstand haben. Ferner lassen sowohl die Zielbestimmungen in Art. 54 Vgl. zum Verfahren der Zusammenarbeit (Kooperationsverfahren, Art. 189c EGV) sowie zum Verfahren der Mitentscheidung (Kodezisionsverfahren, Art. 189b EGV) im einzelnen die Schaubilder bei Streinz, Europarecht, Rn. 452a und b. 55 Vgl. Nettesheim, Jura 1994, S. 337 (338).

1. Das Umwe1tschutzrecht der Europäischen Union

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BOr Abs. 1 EGV als auch die gemeinschaftliche Praxis bei der Wahrnehmung der Kompetenz aus Art. 130s EGV erkennen, daß Umwelt im gemeinschaftsrechtlichen Sinne nicht die Sozialbindungen der Menschen untereinander umfaßt, 56 sondern lediglich die klassischen Umweltmedien Boden, Wasser, Luft sowie ihre Wechselwirkungen und Interdependenzen. 57 Seit den Änderungen durch den Unionsvertrag werden in Art. 130s Abs. 2 EGV bestimmte, enumerativ aufgeführte Maßnahmen dem herkönunlichen Verfahren (Einstimmigkeit im Rat, Anhörung des Europäischen Parlaments) des EWGV a.F. weiterhin unterstellt. Ebenso sind die Umweltaktionsprogramme künftig auf eine eigene Kompetenzgrundlage zu stützen. 58 Im übrigen ist Art. 130s Abs. 1 EGV heranzuziehen, welcher das Verfahren der Zusammenarbeit nach Art. 189c EGV vorschreibt. 59 Dadurch gewinnt das Europäische Parlament erheblichen Einfluß auf die Rechtsetzung, da der Rat bei einer Ablehnung oder Abänderung seines gemeinsamen Standpunktes lediglich einstimmig einen Rechtsakt beschließen kann. Die Einflußmöglichkeiten werden jedoch dadurch relativiert, daß gerade besonders wichtige und einschneidende Rechtsakte aus dem Anwendungsbereich von Art. 130s Abs. I EGV ausgeklammert wurden. 60 Die Abgrenzung von Art. 130s EGV zu anderen Kompetenzgrundlagen, die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben können, hat sich an klaren Kriterien zu orientieren. Deshalb lehnte der EuGH eine Unterscheidung nach dem Schwerpunkt einer Maßnahme immer ab. 61 Statt dessen wird zwischen sachlich-gegenständlich und final umschriebenen Kompetenzvorschriften unterschieden. Eine Kompetenzgrundlage läßt sich dann als final charakterisie-

56 Vgl. dazu Nettesheim, in: GrabitzlHilf (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union, Art. BOr, Rn. 5 m.w.N. 57 Das gemeinschaftsrechtliche Verständnis von Umwelt entspricht somit im wesentlichen dem herrschenden Verständnis in der deutschen Umweltrechtsliteratur, vgl. Kloepfer, Umwe1trecht, S. 3f; Stern, Staatsrecht, Bd. 1, S. 908; Storm, Umweltrecht, S. 17. 58 Gern. Art. 130s Abs. 3 EGY. 59 Das durch die EEA eingefllgte Verfahren der Zusammenarbeit ermöglicht Mehrheitsentscheidungen im Rat, wenn dessen gemeinsamer Standpunkt vom Europäischen Parlament entweder ausdrücklich oder durch Nichtäußerung angenommen wurde. 60 Art. 130s EGV stellt aufgrund der komplizierten und unübersichtlichen Beschlußverfahren ein "Musterbeispiel" fllr politische Kompromisse und die zögerliche Einbeziehung des Europäischen Parlaments in den Rechtsetzungsprozeß dar. Problematisch erscheint insbesondere die Beteiligung des Parlaments im Rahmen der Aufstellung der Umweltaktionsprogramme, bei deren Durchfillirung - je nach Regelungsmaterie Abs. I oder Abs. 2 - das Parlament mitunter lediglich ein Anhörungsrecht besitzt. Vgl. hierzu Streinz, Europarecht, Rn. 899. 61 So Schröer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Umweltschutzes, S. 128ff; Jarass, EuZW 1991, S. 531; Battis, NuR 1989, S. 366.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

ren, wenn sie die Gemeinschaft zu bestimmten Rechtshandlungen ermächtigt, um ein genauer definiertes Ziel zu erreichen. Zu dieser Kategorie von Kompetenznormen zählen Art. nos und Art. 100a EGv. 62 Demgegenüber hängt die Anwendbarkeit sachlich-gegenständlich zu umschreibender Normen allein davon ab, ob deren Regelungsmaterie betroffen ist. Dies läßt sich beispielsweise für Art. 38ff EGV bejahen. 63 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine umweltrechtliche Vorschrift im Zweifel auf diejenige Kompetenzgrundlage zu stellen, der sie sachlich-gegenständlich zuzuordnen ist. Der Anwendungsbereich von Art. nos und Art. 100a EGV kommt somit subsidiär nur für solche Vorschriften zum Zuge, die keiner bestimmten Regelungsmaterie unterfallen. 64 Teilweise umstritten ist die Abgrenzung von Art. nos und Art. 100a EGV. Nach folgenden Kriterien ist dabei zu differenzieren: Werden in einer Vorschrift Umweltstandards festgelegt, so ist als Ermächtigungsgrundlage Art. nos EGV heranzuziehen. 65 Geht es allerdings um Produktnormen, sind also die technischen Eigenschaften einer Ware Regelungsgegenstand. so kommt wegen des Binnenmarktbezugs nach herrschender Auffassung66 Art. 100a EGV selbst dann in Betracht, wenn - wie z.B. bei Regelungen über den Bleigehalt von Benzin - Umweltschutzgesichtspunkte im Vordergrund stehen. Bei Produktionsnormen, die die Ausgestaltung des Produktionsprozesses zum Gegenstand haben, stellte der Gerichtshof in der ITitandioxid-Entscheidung" 67 fest, daß diese sowohl mit Art. 100a EGV als auch mit Art. nos EGV gleichermaßen in Verbindung stehen. Unter Berufung auf Art. 100a Abs. 3 EGV, der auch bei Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt ein hohes Umweltschutzniveau vorschreibt, entschied der EuGH diesen Kompetenzkonflikt zugunsten von Art. 100a EGV. Hintergrund der Entscheidung dürfte je62 Vgl. hierzu Art. l30r: "Die Umweltpolitik der Gemeinschaft hat zum Ziel, ... " sowie Art. 100a Abs. l: "gilt ( ... ) fur die Verwirklichung der Ziele des Artikels 8a nachstehende Regelung." 63 Vgl. Art. 38 Abs. I: "Der Gemeinsame Markt umfaßt auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. " 64 Vgl. EuGH, Urt. v. 23.2.1988 (Rs. 68/86) - "Vereinigtes KönigreichlRat" - Slg. 1988, S. 855 ("Hormone"); EuGH, Urt. v. 23.2.1988 (Rs. 131186) - "Vereinigtes KönigreichIRat" - Sig. 1988, S. 905 ("Legehennen"); EuGH, Urt. v. 22.5.1990 (Rs. C-70/88)"Europäisches ParlamentIRat" -, Slg. 1990 I, S. 2041 ("Tschernobyl"). 65 Vgl. Scheuing, EuR 1989, S. 186; Krämer, in: GroebenlThiesinglEhlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. l30r, Rn. 95. 66 Vgl. GrabitzlZacker, NVwZ 1989, S. 301; Hailbronner, EuGRZ 1989, S. 105; Krämer, in: GroebenlThiesinglEhlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, vor Art. l30r, Rn. 85; Seidel, DVBl. 1989, S. 446. 67 Vgl. EuGH, Urt. v. 11.6.1991 (Rs. C-300/89) - "KommissionIRat" - Sig. 1991 I, S. 2867 ("Titandioxid"); vgl. dazu Everling, EuR 1991, S. 179fT; Schröer, EuR 1991, S. 356fT; Epiney, JZ 1992, S. 564fT.

I. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

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doch die Überlegung gewesen sein, daß wegen der Verfahrensregelungen im EWGVa. F.68 sowohl das Mehrheitsprinzip im Rat einen breiteren Anwendungsbereich erfahren als auch das Mitspracherecht des Parlaments gestärkt werden sollte. Durch die Neufassungen im Unionsvertrag69 dürfte die verfahrensrechtliche Komponente der Entscheidung an Gewicht verloren haben, wenn auch durch Art. 130s Abs. 2 EGV in wichtigen Bereichen nach wie vor sowohl die Einstimmigkeit im Rat wie auch die schwache Beteiligung des Parlaments nicht verändert wurden. Problematisch ist die "TitandioxidEntscheidung" vor allem deshalb, weil sie den Anwendungsbereich von Art. 130s EGV stark einschränkt, wenn nicht sogar weitgehend obsolet macht. 70 4. Europäisches Umweltverwaltungsrecht Ein allgemeines europäisches Umweltverwaltungsrecht existiert nicht. Statt dessen sind Teilbereiche, vor allem hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens, gemeinschaftsrechtlich geregelt worden. Als Rechtsgrundlagen kommen dabei Vorschriften aus dem Primär- und Sekundärrecht in Frage. Desweiteren enthalten die vom EuGH durch seine Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze Grundprinzipien zum Verwaltungsverfahren, die auch für den Vollzug von EG-Umweltrecht von Bedeutung sind. a) Primärrechtliche Regelungen

Soweit der EG-Vertrag der Gemeinschaft bzw. den Gerneinschaftsorganen keine ausdrückliche Verwaltungskompetenz im Umweltbereich zuweist, obliegt die Durchführung den Mitgliedstaaten (alternativ-konkurrierende Verwaltungszuständigkeit).71 Der Gemeinschaft ist es daher verwehrt, beispielsweise einen mehrstufigen unmittelbaren Verwaltungsaufbau in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Damit unterscheidet sich der Umweltbereich von anderen gemeinschaftlichen Politikbereichen, etwa der Beihilfenaufsicht72 und dem

68 Vor den Änderungen durch den Unionsvertrag sah der EWGV a.F. folgende Verfahrensregelungen vor: Mehrheitsentscheidung im Rat bei Art. 100a, Einstimmigkeit bei Art. 130s; Verfahren der Zusammenarbeit mit dem europäischen Parlament bei Art. 100a, bloße Anhörung des Europäischen Parlaments bei Art. 130s. 69 Folgende Änderungen der Verfahrensregelungen wurden durch den Unionsvertrag vorgenommen: Verfahren der Mitentscheidung nach Art. 189b bei Art. 100a Abs. 1, Verfahren der Zusammenarbeit nach Art. 189c bei Art. 130s Abs. 1. 70 Vgl. Nettesheim, Jura 1994, S. 337 (339). 71 Vgl. allgemein zum Europäischen Verwaltungsrecht Schwarze (Hrsg.), Europäisches Verwaltungsrecht im Werden; ders.: Europäisches Verwaltungsrecht; Schweitzer (Hrsg.), Europäisches Verwaltungsrecht; Weber, Rechtsfragen der Durchfilhrung des Gemeinschaftsrechts in der Bundesrepublik. 72 Vgl. Art. 93 EGV.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Wettbewerbsrecht73 , in denen Gemeinschaftsorgane zum Teil selbst unmittelbar und ausschließlich Verwaltungskompetenzen wahrnehmen.14 In Art. 130s Abs. 4 EGV wird sogar ausdrücklich festgelegt, daß fiir die Finanzierung und Durchfiihrung der Umweltpolitik die Mitgliedstaaten Sorge tragen. 75 Allerdings werden den Mitgliedstaaten Vollzugsvorgaben gemacht. Gemäß Art. 5 EGV haben sie nämlich alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um ihre Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben, zu erfiillen. Ferner erleichtern sie der Gemeinschaft die Erfiillung ihrer Aufgaben und unterlassen alle Maßnahmen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrags gefährden könnten. 76 Der EuGH leitet daraus den allgemeinen Grundsatz der Mitwirkungspflicht ab,77 den er durch eine umfangreiche Rechtsprechung auch im Hinblick auf den Gemeinschaftsrechtsvollzug präzisiert. 78 So sind die Mitgliedstaaten beispielsweise verpflichtet, durch eine geeignete Verwaltungsorganisation sowie entsprechende Verwaltungsverfahren einen wirksamen Vollzug des Gemeinschaftsrechts sicherzu-

73 Vgl. Art. 87 EGY. 74 Zum Teil allerdings unter Zuhilfenahme nationaler Stellen, die im Rahmen der mitgliedstaatlichen Kooperationspflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission angehalten sind; vgl. zu Inspektionsbefugnissen der Gemeinschaft Priebe, ZLR 1990, S. 266ff; vgl. hierzu ausfilhrlicher unten S. 82ff. 75 Letztlich ist darin eine Konkretisierung der ohnehin in Art. 5 EGV allgemein festgelegten Pflicht der Mitgliedstaaten zur Gemeinschaftstreue zu sehen; vgl. Lindemannl Delfs, ZUR 1993, S. 256 (259). 76 Vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 EGV: Zu unterscheiden ist zwischen der "aktiven" Mitwirkungspflicht nach Abs. 1 und der "passiven" Unterlassungspflicht nach Abs. 2; vgl. GroebenfThiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 5, Rn. 1ff. 77 Der EuGH zieht hierbei Art. 5 EGV als Ganzes heran, ohne nach Sätzen und Absätzen zu unterscheiden. Da eine Mitwirkung jedoch ein Tätigwerden impliziert, wird man zutreffend Abs. 1 als Rechtsgrundlage ansehen können; vgl. hierzu Zuleeg, in: GroebenfThiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 5, Rn. 6. 78 So beispielsweise hinsichtlich des Grundsatzes gemeinschaftsfreundlicher Auslegung nationalen Rechts, vgl. nur EuGH (Rs. 14/83) - "von Colson und Kamannl Nordrhein-Westfalen" - Slg. 1984, S. 1891 (1909); EuGH (Rs. 79/83) - "HarzlTradax" - Slg. 1984, S. 1921 (1942), hinsichtlich der Ausgestaltung des nationalen Verwaltungsverfahrens, vgl. EuGH (Rs. 33/76) - "Rewel Landwirtschaftskammer für das Saarland" Slg. 1976, S. 1989 (1998); EuGH (Rs. 54/81) - "FrommelBundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung" - Slg. 1982, S. 1449 (1463f); EuGH (verb. Rs. 205-215/82) - "Deutsche Milchkontor u.a./Bundesrepublik Deutschland" - Slg. 1983, S. 2633 (2665fl); EuGH (Rs. 94/87) - "KomrnissionlDeutschland" - Slg. 1989, S. 175 (192), hinsichtlich der Pflicht zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, vgl. EuGH (Rs. 14/83) - "von Colson und KamannlNordrhein-Westfalen" - Slg. 1984, S. 1891 (1908); vgl. die Nachweise zur umfangreichen Rechtsprechung im einzelnen bei Zuleeg, in: GroebenfThiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 5, Rn. 5ff.

1. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

65

stellen. 79 Hierzu zählen auch eine angemessene materielle und personelle Behördenausstattung sowie verfahrensrechtliche Bestimmungen, die eine effektive Durchsetzung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen sowie darin festgelegter subjektiver Rechte ermöglichen. Unverhältnismäßig kurze Fristen oder überhöhte Verwaltungsgebühren würden diesen Anforderungen beispielsweise nicht genügen. 80 Um einen möglichst gleichmäßigen und einheitlichen Vollzug des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, werden die Mitgliedstaaten in ihrer Autonomie bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts ferner in zweifacher Hinsicht beschränkt: 81 Das Effizienzgebot82 verbietet nationale Regelungen, die die Verwirklichung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen in ihrer praktischen Konsequenz unmöglich machen. Ferner untersagt das Diskriminierungsverbot, nationales Verfahrensrecht auf gemeinschaftsrechtliche Sachverhalte gegenüber rein nationalen Fällen diskriminierend anzuwenden. 83 Da sich das Verbot jedoch lediglich im Verhältnis zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht auswirkt, werden Unterschiede beim Vollzug, die auf Abweichungen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen untereinander zurückzuführen sind, letztlich nicht verhindert. Im Umweltbereich könnten dadurch Unterschiede im Verwaltungsstil und bei der Interpretation von Umweltstandards, etwa aufgrund unterschiedlich langer Verwaltungserfahrung oder eines verschieden stark ausgeprägten Umweltbewußtseins innerhalb der mitgliedstaatlichen Verwaltungen, sogar noch untermauert werden. 84

79 Vgl. dazu grundlegend EuGH (verb. Rs. 205-215/82) - "Deutsche Michkontor u.a./Bundesrepublik Deutschland" - Slg. 1983, S. 2633 (2665). 80 So etwa, wenn das nationale Verwaltungsverfahrensrecht der Durchilihrung einer UmweltverträglichkeitspTÜfung einen so engen Zeitrahmen setzen WÜrde, daß sachgerechte Ergebnisse nicht zu erwarten wären; vgl. hierzu Nettesheim, Jura 1994, S. 337 (343); zu denken wäre etwa auch an überhöhte Gebühren filr die Bearbeitung geltend gemachter Umweltinformationsansprüche; vgl. hierzu genauer unten S. 193ff. 81 Insbesondere vor dem Hintergrund der beschränkten Möglichkeiten der Gemeinschaft, auf die innerstaatlichen Verwaltungssysteme Einfluß zu nehmen; vgl. hierzu insbesondere Scherer, EuR 1986, S. 52 (54). 82 Vgl. grundlegend zum Effizienzgebot und zum Diskriminierungsverbot EuGH, Urteil vom 21. September 1983 (verb. Rs. 205-215/82) - "Deutsche Milchkontor u.a./Bundesrepublik Deutschland" - Slg. 1983, S. 2633ff; BVerwGE 74, 357; vgl. hierzu auch Streinz, in: FS filr Everling, S. 1491 (1500ff). 83 Die Argumentationsfigur hat der EuGH nicht nur auf die Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben in der Anwendung rein nationalen Rechts erstreckt, sondern er verwendet sie auch im Zusammenhang mit der Begründung eines Staatshaftungsanspruchs bei Verstößen der Mitgliedstaaten gegen Gemeinschaftsrecht. Vgl. hierzu Streinz, in: FS filr Everling, S. 1491 (1501) sowie unten S. 115ff,133ff. 84 Vgl. Streinz, in: Schweitzer (Hrsg.), Europäisches Verwaltungsrecht, S. 268. Im übrigen nimmt der EuGH Unterschiede in den nationalen Verwaltungsrechten hin und 5 Engelsberger

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

b) Sekundärrechtliche Regelungen Neben den primärrechtlichen Vorgaben sind auch im Bereich des Sekundärrechts vereinzelt verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen von der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes getroffen worden. Hintergrund dieser Regelungen dürfte wiederum85 die Überlegung sein, daß die bei der Ausführung von europäischem Umweltrecht den Mitgliedstaaten zukommende institutionelle und verfahrensmäßige Autonomie zu einer Gefährdung der unmittelbaren, gleichzeitigen und gleichmäßigen Anwendung des Gemeinschaftsrechts führen kann. 86 Unterschiede in der nationalen Verwaltungspraxis haben nicht zuletzt Einfluß auf die Wettbewerbschancen der heimischen Industrie. 87 Da Mitgliedstaaten mit einem strengeren Umweltschutzverständnis die sich daraus ergebenden Wettbewerbsnachteile nicht dauerhaft und widerspruchslos hinnehmen würden,88 wäre langfristig die gesamte gemeinschaftliche Umweltpolitik in Frage gestellt. Die wichtigsten umweltspezifischen Regelungen finden sich in der UVPRichtlinie89 und der Umweltinformationsrichtlinie. 90 Am Beispiel von Art. 3 Abs. 1 der Umweltinformationsrichtlinie wird deutlich, mit welchen Eingriffen in gewachsene verwaltungsrechtliche Strukturen eines Mitgliedstaates eine solche gemeinschaftsrechtliche Regelung verbunden sein kann. Unabhängig von einer unmittelbaren Betroffenheit kann jeder Gemeinschaftsbürger einen Umweltinformationsanspruch vor einer nationalen Behörde geltend machen. Dieser Anspruch, der von der jeweils zuständigen Behörde zu bescheiden ist, steht selbständig neben dem nationalen Verwaltungsverfahren91 , auf das sich die begehrte Information bezieht. Folglich finden in Deutschland die §§ 29 VwVfG, 44a VwGO keine Anwendung. Vor Erlaß der Umweltinformationsrichtlinie konnten Informations- und Akteneinsichtsbegehren zwar auf § 29

überläßt es den gemeinschaftlichen Rechtsetzungsorganen, durch die Schaffung entsprechender sekundärrechtlicher Regelungen auf einen einheitlichen Verwaltungsvollzug zwischen den Mitgliedstaaten hinzuwirken; vgl. hierzu Streinz, in: FS fi1r Everling, S. 1491 (1501). Vgl. zu den einzelnen Ausprägungen von Effizienzgebot und Diskriminierungsverbot unten S. 109fT. 85 Wie schon im Zusammenhang mit der Begründung von EtTlZienzgebot und Diskriminierungsverbot; vgl. dazu oben S. 65. 86 Vgl. Nicolaysen, Europarecht I, S. 76. 87 Vgl. Krämer, EuGRZ 1989, S. 353 (358); Pernice, NVwZ 1990, S. 414 (423). 88 Vgl. Nicolaysen, Europarecht I, S. 76; BeutlerlBieberlPipkomlStreil, Die Europäische Union, S. 224f. 89 Vgl. Art. 5 und 6 der UVP-Richtlinie: Verfahren hinsichtlich der vom Projektträger vorzulegenden Unterlagen sowie der ÖfTentlichkeitsbeteiligung. 90 Vgl. Art. 3 Abs. 1 der Umweltinformationsrichtlinie: Voraussetzungen fi1r die Geltendmachung eines Umweltinformationsanspruches vor einer nationalen Behörde. 91 Etwa einem Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren.

I. Das Umweltschutzrecht der Europäischen Union

67

VwVfG gestützt werden; dies setzte jedoch eine Beteiligung des Anspruchstellers am zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren voraus. Rechtsmittel gegen die daraufhin ergangene Entscheidung konnten, da es lediglich um eine behördliche Verfahrenshandlung ging, nur gleichzeitig mit den gegen die Entscheidung im zugrundeliegenden Verfahren gerichteten Rechtsbehelfen erhoben werden. Darüber hinaus war § 42 Abs. 2 VwGO zu beachten, wonach der Kläger geltend zu machen hat, durch die Entscheidung in seinen Rechten verletzt worden zu sein. An diesem Beispiel zeigt sich im übrigen auch der Einfluß einzelner Mitgliedstaaten auf die inhaltliche Gestaltung von Richtlinien. Während zahlreiche umweltrechtliche Bestimmungen maßgeblich auf eine Initiative Deutschlands zurückzuführen sind,92 wurde die Umweltinfonnationsrichtlinie vor allem auf Betreiben Frankreichs durchgesetzt. Es überrascht daher kaum, daß die konkrete Ausgestaltung dieser Richtlinie dem in Frankreich seit 1978 im Gesetz No. 78 - 753 verankerten Zugangsrecht zu Akten der (Umwelt)verwaltung weitgehend entspricht. 93 c) Allgemeine Rechtsgrundsatze

Neben den Regelungen im Primär- und Sekundärrecht hat der Gerichtshof eine umfangreiche Rechtsprechung zu den rechtsstaatlichen Garantien des Verwaltungsverfahrens entwickelt, die auch fiir den Vollzug von EGUmweltrecht von Bedeutung sind. 94 Als wichtigste Grundsätze sind die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der Schutz des berechtigten Vertrauens, der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, das Gebot der Rechtssicherheit, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel, die Pflicht zur Begründung von Einzelfallentscheidungen sowie das Gebot der Gleichbehandlung zu nennen. 9S Die für den Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Behörden der Mitgliedstaaten maßgeblichen Grundsätze hat der EuGH in der "Milchkontor" Entscheidung96 zusammengefaßt. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ging es um die Rückforderung zu Unrecht ausbezahlter Beihilfen durch deutsche Behörden. Der EuGH stellte klar, daß sich die Rückforderung 92 Vgl. für den Bereich der Luftreinhaltepolitik die Nachweise bei Jahns-Böhm, Umweltschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht am Beispiel der Luftreinhaltung. 93 Vgl. zum Aktenzugangsrecht in Frankreich im einzelnen Winter, UPR 1989, S. 81tT. 94 Nachweise bei SchweitzerlHummer, Europarecht, S. 198f; Pernice, in: Grabitz (Hrsg.), Kommentar zum EWGV, Art. 164, Rn. 63tT. 9S Vgl. hierzu auch die umfassende Darstellung bei Schwarze (Hrsg.), Europäisches Verwaltungsrecht. 96 EuGH (verb. Rs. 205-215/82) - "Deutsche Mi1chkontor u.a./Bundesrepub1ik Deutschland" - Slg. 1983, S. 2633tT. 5"

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

der rechtswidrig ausbezahlten Beträge nach den Vorschriften und Modalitäten des nationalen Rechts richte, vorbehaltlich der Grenzen, die das Gemeinschaftsrecht einer solchen Anwendung des nationalen Rechts setze. Die Voraussetzungen der Rückforderung unterschieden sich jedoch unvermeidlich von einern Mitgliedstaat zum anderen. 97 Um eine daraus resultierende Ungleichbehandlung VOn Wirtschaftsteilnehmern oder Verzerrungen des Binnenmarktes zu verhindern, müsse das Ausmaß solcher Unterschiede durch die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts in Grenzen gehalten werden. Die Ausübung eines Ermessens wäre damit unvereinbar, soweit die nationalen Behörden gemeinschaftsrechtlich verpflichtet seien, zu Unrecht ausbezahlte Beträge wiedereinzuziehen. 98 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes99 könne einer Wiedereinziehung allerdings insoweit entgegenstehen, als er im Gemeinschaftsrecht selbst verankert sei. 100 Somit wird deutlich, daß der EuGH die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts nicht als vorrangig gegenüber den nationalen Vorschriften im Sinne eines Anwendungsvorrangs ansieht, sondern sie als Mindeststandards betrachtet, die zu Modifikationen bei der Anwendung des nationalen Rechts führen können. 101

11. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft Gemeinschaftsorgane vollziehen nur in sehr beschränktem Umfang EGUmweltrecht. 102 Soweit das Europarecht der Gemeinschaft Vollzugskompetenzen zuweist, werden diese vor allem von der Kommission wahrgenommen.

97 Zu unterscheiden ist zwischen der Rückforderung der Beihilfe und der Rücknahme des zugrundeliegenden begünstigenden Bescheides, welche zwingend vorausgesetzt wird. Es handelt sich dabei um zwei selbständige Verwaltungsakte, vgl. §§ 48 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 8 VwVfG. 98 Vgl. hierzu § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG. 99 Vgl. § 48 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 - 4 VwVfG. 100 Daher sind vollzugshemmende Vorschriften des nationalen Rechts jedenfalls dann anwendbar, wenn sie im Gemeinschaftsrecht eine Entsprechung haben, etwa beim Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2, 3 VwVfG; vgl. Streinz, in: IsenseelKirchhof, § 182, Rn. 26. 101 Daher ist, soweit es um die Beseitigung gemeinschaftsrechtswidriger Zustände geht, ein Ermessen, welches durch § 48 Abs. 1 VwVfG eingeräumt wird, ausgeschlossen. Vgl. insoweit Streinz, in: Schweitzer (Hrsg.), Europäisches Verwaltungsrecht, S. 271f. Vgl. zur Einschränkung der Rücknalune rechtswidriger Verwaltungsakte durch die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG Streinz, in: IsenseelKirchhof, § 182, Rn. 26. 102 Vgl. auch Art. 130s Abs. 4 EGV. Für den externen, über den Binnenbereich ihrer Organisation hinausgehenden Vollzug fehlt es insoweit an einer Kompetenz der Gemeinschaft sowie an einem eigenen Verwaltungsunterbau. Im übrigen entspricht der mitgliedstaatliche, dezentrale Vollzug durch die Mitgliedstaaten eher den Anforderungen an eine möglichst bürgernahe Verwaltung. Vgl. hierzu Streinz, in: Isensee/ Kirchhof, § 182, Rn. 4.

ll. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

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Von besonderer Bedeutung sind dabei die Kontrollaufgaben sowie die Mittelvergabe im Rahmen der Fondsverwaltung, die sich auch an Umweltschutzgesichtspunkten zu orientieren hat. Wegen des Querschnittsgedankens kann der Umweltschutz allerdings auch in anderen Politikbereichen, etwa der Landwirtschaft, eine Rolle spielen. Neben der Kommission ist im Rahmen der Umweltverwaltung vor allem die seit kurzem in Kopenhagen eingerichtete europäische Umweitagentur 103 zu nennen. Dieser obliegen zwar nicht eigentliche Vollzugsaufgaben; sie könnte jedoch bei der Errichtung eines europaweiten Informationsnetzes über die Umwelt die Kommission insbesondere in ihrer Kontrolltätigkeit entlasten.

1. Aufgaben und Organisationsstruktur der Kommission Die Kommission hat fiir die Anwendung des Vertrags sowie der von den Organen auf Grund des Vertrags getroffenen Bestimmungen Sorge zu tragen. 104 Ferner übt sie die Befugnisse aus, die ihr vom Rat zur Durchführung der von ihm erlassenen Vorschriften übertragen wurden. 105 Sie ist damit das entscheidende Organ der Gemeinschaft im Rahmen des Vollzugs von EGUmweltrecht. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem EGV sind 20 Kommissare l06 zuständig,107 die von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen ernannt werden, I 08 allerdings bei der Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsunabhängig sind. 109 Vor seiner Ernennung bedarf das Kollegium des zustimmenden Votums durch das Parlament. 11 0 Dieses kann der Kommission als Ganzer mit doppelt qualifizierter Mehrheit das Mißtrauen aussprechen. III Den Kommissaren sind insgesamt 23 Generaldirektionen zugeteilt, wobei die

103 VgL VO 121O/90/EWG des Rates vom 7. Mai 1990 zur Errichtung einer Europäischen Umweltagentur und eines Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes, ABI. EG 1990 L 120/1; vgL hierzu im einzelnen unten S. 90f. 104 VgL Art. 155, l. Spstr. EGV. 105 VgL Art. 155,4. Spstr. iV.m. Art. 145,3. Spstr. EGV. 106 Seit dem Beitritt von Österreich, Finnland und Schweden zur EU. 107 VgL Art. 157 Abs. 1 EGV. 108 Mit der Möglichkeit der Wiederemennung nach 5-jähriger Amtszeit, Art. 158 Abs. 1 EGV. 109 VgL Art. 157 Abs. 2 UAbs. 1 u. 2 EGV. 110 Seit.den Änderungen durch den Unionsvertrag, vgL Art. 158 Abs. 2 UAbs. 3 EGV. III VgL Art. 144 EGV. Daraufhin hat die Kommission geschlossen ihr Amt niederzulegen.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Zuständigkeitsverteilung ressortmäßig erfolgt.112 Desweiteren sind bei der Kommission besondere Dienststellen eingerichtet, von denen insbesondere dem Juristischen Dienst und dem Generalsekretariat große Bedeutung zukommt. Die Generaldirektion XI (Umwelt, Verbraucherschutz und nukleare Sicherheit) ist seit Januar 1995 der dänischen Kommissarin Ritt Bjerregaard unterstellt. 113 Zu beachten ist, daß die Generaldirektion XI innerhalb der Kommission nicht für alle umweltrelevanten Verwaltungstätigkeiten federführend ist, da auch in anderen Politikbereichen, etwa im Agrarbereich (Generaldirektion VI), in der Wettbewerbs- (Generaldirektion IV), Regional- (Generaldirektion XVI) oder Fischereipolitik (Generaldirektion XIV) Umweltgesichtspunkte eine wichtige Rolle spielen können.1 14 Zum Teil wird die Generaldirektion XI allerdings bei umweltrelevanten Entscheidungen beteiligt.115 Es kommt jedoch auch vor, daß sie weder informiert noch gehört wird. 116 Insgesamt gehören der Kommission ca. 15000 Bedienstete an, von denen lediglich 400 Personen der Generaldirektion XI unterstellt sind. Darunter befinden sich etwa zur Hälfte Zeitangestellte oder abgeordnete Beamte. 117 Die Arbeitsaufteilung und Organisation ist im einzelnen in der Geschäftsordnung der Kommission vom 17.2.1993 geregelt. 118 Bei ihrer Tätigkeit stehen der Kommission häufig beratende Ausschüsse von Sachverständigen oder Bediensteten der Mitgliedstaaten zur Seite. 119 So wurden zur Vorbereitung von Kommissionsentscheidungen der wissenschaftliche Lebensmitteiausschuß 120 und der Ausschuß für Abfallwirtschaft l21 geschaffen. 112 Ferner bestehen nach einem hierarchischen Prinzip Direktionen und Abteilungen. Jeder Kommissar verfügt darüber hinaus über ein eigenes Kabinett persönlicher Mitarbeiter. VgI. Krämer, in: CalliesslWegener, S. 33. 113 Deren Berufung war nach der Anhörung vor dem Europäischen Parlament umstritten; vgI. zur Berufung der Kommissare die tageszeitung vom 29. November 1994, S.9. 114 Grundsätzlich ist die Beschlußfassung innerhalb der Kommission kollegial organisiert. Nach Art. 11 der Geschäftsordnung der Kommission ist die Delegation an einzelne Kommissare oder Beamte möglich, um den enormen Arbeitsanfall bewältigen zu können; vgI. Streinz, Europarecht, Rn. 303. 115 VgI. Krämer, in: CalliesslWegener, S. 36f. 116 VgI. den Sonderbericht des Europäischen Reclmungshofes 3/92 über die Umwelt, ABI. EG 1992 C 245/6f; vgI. dazu auch unten S. 89f,278. 117 VgI. Krämer, in: CalliesslWegener, S. 34. 118 ABI. EG L 230/15. VgI. auch Art. 162 Abs. 2 EGV, wonach die Kommission sich eine Geschäftsordnung gibt, um ihr ordnungsgemäßes Arbeiten und das ihrer Dienststellen zu gewährleisten. 119 VgI. allgemein zu den Beratenden Ausschüssen Schmitt v. Sydow, EuR 1974, S. 62ff; Oppermann, Europarecht, Rn. 305ff. 120 Beschluß 74/234 vom 16.4.1974, ABI. EG 1974 L 136/1.

ll. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

71

Vor allem die vermehrte Einbeziehung nationaler Verwaltungserfahrung könnte die Kommissionsarbeit gerade im Umweltbereich künftig erleichtern. Die Generaldirektion XI ist wie folgt organisatorisch gegliedert: 122 Schaubild 5

Generaldirektion XI, Organisation Generaldirektor Berater

Assistent

XII. Rechtsfragen und Anwendung des Gemeinschaftsrechts XI.2. Beziehungen zu anderen Institutionen XI.3. Finanzielle Fragen DirektionA XIAI Nukleare Sicherheit XIA2 Chemie XIA3 Industrielle Anlagen XIA4 Abfall XIA5 Zivilschutz

Direktion B

Direktion C

XI.B.I Gewässerschutz XI.B.2 Naturschutz

XI.C.I Internat. Fragen XI.C.2 Finanzierungsinstrument XI.B.3 Städtische Umwelt XI.C.3 Wirtschaftliche Fragen XI.B.4 Globale UmweltXI.C.4 Information, probleme ErziehlUlg, Verbände

2. Kontrolltlitigkeit

Die Kontrolltätigkeit der Kommission umfaßt die Einhaltung primären und sekundären Gemeinschaftsrechts sowie der Urteile des EuGH durch die Mitgliedstaaten. Grundsätzlich lassen sich zwei Typen möglicher Vertragsverstöße unterscheiden: die nicht fristgerechte oder inhaltlich nicht korrekte Richtlinienumsetzung und die fehlerhafte Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften. Die Aufdeckung und Verfolgung von Vertragsverstößen durch die Kommission ist dabei als Teil des Vollzugs von Gemeinschaftsrecht zu begreifen. 123 Aufgrund des Zusammenwirkens von EG-Organen und nationalen 121 Beschluß 76/431 vom 21.4.1976, ABI. EG 1976L 115n3. 122 Quelle: Krämer, in: Calliess/Wegener, S. 34. 123 Vgl. zum Vollzugsbegriff oben S. 28ff: Im Gegensatz zum EuGH ist die Kommission nicht befugt, normative Akte der Mitgliedstaaten filr gemeinschaftsrechtswidrig zu erklären, so daß sich die Kontrolltätigkeit lediglich auf eine inhaltliche Überprüfung beschränkt, die dann zur Einleitung bestimmter Maßnahmen fuhren kann. Diese Tätigkeit entspricht jedoch weitgehend typischem Verwaltungshandeln.

72

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Verwaltungsbehörden kann daher auch von einer Verzahnung 124 gemeinschaftlicher und mitgliedstaatlicher Kompetenzen gesprochen werden. Soweit die Kommission von einem Vertragsverstoß Kenntnis erhält, ist sie zum Einschreiten verpflichtet. Dies ergibt sich bereits aus der Stellung, die ihr durch Art. 155 EGV zugeteilt wird. 125 Ferner stellt Art. 169 Abs. 1 EGV die Abgabe einer mit Gründen versehenen Stellungnahme - im Gegensatz zur Anrufung des Gerichtshofs - gerade nicht in das pflichtgemäße Ermessen der Kommission. 126 Daraus läßt sich folgern, daß jeder Vertragsverstoß von der Kommission zu verfolgen ist; hinsichtlich des konkreten Vorgehens wird ihr allerdings ein gewisser Ermessensspielraum zuzubilligen sein. 127 Man könnte die Funktion der Kommission also als oberste Aufsichtsbehörde charakterisieren, die Verstöße bei der Anwendung von EG-Umweltrecht aufdeckt, ihnen nachzugehen hat und gegebenenfalls eine Entscheidung des Gerichtshofs durch Einleitung eines Verfahrens nach Art. 169 EGV herbeifiihren kann. Weisungsbefugt ist die Kommission gegenüber nationalen Behörden gleichwohl nicht. 128 Hierin liegt der wesentliche Unterschied zur nationalen Selbstkontrolle der Verwaltung, etwa durch das deutsche Widerspruchsverfahren. a) Aufsichtsklage als wichtigstes Kontrollinstrument

Das Verfahren nach Art. 169 EGV gliedert sich in drei Verfahrensabschnitte: das Mahnschreiben, die mit Gründen versehene Stellungnahme und die Klageerhebung. Als verwaltungsverfahrensrechtlicher Teil lassen sich dabei die beiden ersten Abschnitte zusammenfassen, während die Klage vor dem EuGH das anschließende gerichtliche Verfahren einleitet. 129 Ohne ausdrücklich dazu verpflichtet zu sein, versendet die Kommission in bestimmten Fällen vor dem Mahnschreiben Erinnerungsschreiben 130 an die Mitgliedstaaten. Regelmäßig geschieht dies etwa drei Monate vor Ablauf der Frist zur Umsetzung

124 Vgl. zwn Begriff der Verzahnung Pescatore, EuR 1970, S. 307 (308); Streinz, in: Isenseel Kirchhof, § 182, Rn. 6ff. 125 Zu beachten ist hierbei auch die privilegierte Stellung der Kommission vor dem EuGH. Diese kann - im Gegensatz zu Individuen - gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten der Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen von Art. 169 EGV zur Entscheidung vor den Gerichtshof bringen. 126 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 296; Ortlepp, Das Vertragsverletzungsverfahren als Instrwnent zur Sicherung der Legalität im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 77. 127 Gerügt werden kann also lediglich ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen. 128 Vgl. dazu unten S. 288f. 129 Vgl. Krämer, in : GÜlldlinglWeber, S. 205. 130 Während der Umsetzungsfrist werden die Mitgliedstaaten zweimal förmlich an ihre Verpflichtung aus der Richtlinie erinnert; vgl. Krämer, in: GÜlldlinglWeber, S. 206.

ll. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

73

einer EG-Richtlinie. Die Mitgliedstaaten sollen dadurch nochmals an ihre Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft erinnert werden. Darüber hinaus ist es Ziel des mehrgliedrigen Verfahrens, möglichst viele Fälle vor der eigentlichen Klageerhebung abzuschließen. Finanziell und zeitlich aufwendige Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof sollen also vermieden werden. Folgende Zahlen aus dem XI. Jahresbericht l3l der Kommission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts machen deutlich, wie wenige mutmaßliche Vertragsverstöße der Mitgliedstaaten beim Verfahren nach Art. 169 EGV tatsächlich zu einer Klage vor dem EuGH fiihrten: Tabelle 6 Art. 169, Einleitung des Verfahrens bis Klageerhebung MGvS I32 nach MGvS lauf laufende eingeleitete nach MahnKlagen Verf. Verfahren eingestellt Verfahren schreiben insgesamt eingestellt ============================================================

Jahr

1989

691

368

12

311

190

36

85

1990

964

589

48

327

226

55

46

1991

853

489

54

310

183

85

42

1992

1216

678

241

297

88

206

3

1993

1209

333

870

6

3

2

,---,------------------------

Anhand dieser Zahlen läßt sich die Effizienz des Verfahrens nach Art. 169 EGV relativ gut beurteilen. Soweit es einmal zur Einleitung des Verfahrens gekommen ist, waren in der Regel alle Beteiligten um einen raschen Verfahrensabschluß bemüht. Sofern dies nicht erreicht wurde, zeigte sich, daß im nachhinein die von der Kommission gerügten Vertragsverletzungen fast immer vom Gerichtshof als begründet angesehen wurden (vgl. Tab. 7).

131 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, XI. Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, KOM (94),500 endg., S. 112ff. 132 Mit Gründen versehene Stellungnahme.

74

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Die gerichtlichen Verfahren wurden wie folgt abgeschlossen: Tabelle 7

Art. 169, gerichtliches Verfahren Jahr

Klagen

laufende Verfahren

Klagerucknahmen

Urteile

zugunsten Kommission

zugunsten MS

1989

85

II

41

33

31

2

1990

46

19

18

9

9

o

1991

42

18

12

12

12

o

1992

3

3

o

o

o

1993

2

2

o

Tabelle 8

Mahnschreiben, Gründe

Anzahl im Bereich der GD XI

Anzahl

Jahr

Gnmd für das Mahnschreiben

1988

mangelhafte Anwendung 25 mangelhafte Richtlinienumsetzung 50 (Nichtmitteilung oder Nichtübereinstimmung)

118 318

mangelhafte Anwendung mangelhafte Richlinienumsetzung

35 41

166 381

1990

mangelhafte Anwendung mangelhafte Richlinienumsetzung

62 103

167 654

1991

mangelhafte Anwendung mangelhafte Richlinienumsetzung

33 59

128 574

1992

mangelhafte Anwendung mangelhafte Richlinienumsetzung

37 105

140 968

550

3614

1989

gesamt

-----------------------------------------

----------------------- --_.

============================================================

gesamt

Wichtigste Gründe fiir die Versendung von Mahnschreiben sind die mangelhafte Richtlinienumsetzung sowie die mangelhafte Anwendung von Gemeinschaftsrecht durch die nationalen Verwaltungen. Die Anzahl der Mahn-

II. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

75

schreiben läßt sich daher weiter differenzieren nach dem zugrundeliegenden Gemeinschaftsrechtsverstoß (vgl. Tab. 8).133 Es fallt auf, daß die Anzahl der Mahnschreiben kontinuierlich zunahm. Insgesamt 2895 Mahnschreiben wurden während des Bezugszeitraums aufgrund einer mangelhaften Richtlinienumsetzung versandt. Davon betrafen 358 (=12,4%) den Zuständigkeitsbereich der Generaldirektion XI. Deutlich weniger (719) befaßten sich mit Fällen der mangelhaften Anwendung von Gemeinschaftsrecht. 134 Allerdings kamen allein 192 (=26,7%) aus dem Bereich der Generaldirektion XI, die damit in dieser Fallgruppe von allen Generaldirektionen den höchsten Anteil an Mahnschreiben stellte. Zahlenmäßig spiegelt sich damit die große Bedeutung des Verfahrens nach Art. 169 EGV in bezug auf die Kontrolltätigkeit der Gemeinschaft wider. Desweiteren lassen sich die enormen Umsetzungs- und Anwendungsprobleme im Bereich der EGUmweltpolitik auch im Vergleich zu anderen Politikfeldem der Gemeinschaft erkennen. Die Effektivität der Kontrolle hängt maßgeblich vom Kontrollgegenstand ab. Deutlich wird dies, wenn man die tatsächlichen Voraussetzungen berücksichtigt, die die Arbeit der Kommission bestimmen. Dabei macht es einen erheblichen Unterschied, ob lediglich eine begrenzte Anzahl von Richtlinien hinsichtlich deren Umsetzung in das nationale Recht von 15 Staaten oder eine unüberschaubare Menge von behördlichen Einzelakten der mitgliedstaatlichen Verwaltungen zu überwachen sind. Weiterhin setzt eine effektive Kontrolle umfassende Informationen voraus, die sich sowohl auf den jeweils zugrundeliegenden Sachverhalt als auch auf die konkret getroffene Entscheidung beziehen müssen. Die der Umsetzungskontrolle unterliegenden nationalen Vorschriften sind innerhalb einer festgesetzten Frist der Kommission mitzuteilen,135 so daß insoweit die Voraussetzungen für eine erschöpfende Kontrolle 133 Quelle: X. Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, ABI. EG 1993 C 233/69. 134 Beispiel: Die Anwendung einer EG-Richtlinienbestimmung aus dem Bereich des Umweltrechts war Gegenstand des "Leybucht"- Urteils, EuGH (Rs. C-57/89) - "KommissionlDeutschland" - Sig. 1991 I, S. 883 (924ft): Konkret ging es um Eindeichungsmaßnahmen in der Leybucht. Da diese den besonderen Schutzbestimmungen der Vogelschutzrichtlinie (RL 79/409IEWG, ABI. EG 1979 L 10311) unterliegt, rügte die Kommission in ihrer Klageschrift einen Verstoß der Bundesrepublik gegen diese Richtlinie. Der EuGH stützte seine Klageabweisung in erster Linie auf das Argument, die Baumaßnahmen seien, sofern sie auf das allernotwendigste beschränkt blieben, wegen der Überschwemmungsgefahr und der Küstensicherheit in diesem Gebiet gerechtfertigt. 135 In der Regel werden die Mitgliedstaaten in den jeweiligen Schlußbestimmungen der Richtlinien verpflichtet, der Kommission innerhalb einer bestimmten Umsetzungsfrist die Maßnahmen zur Durchftihrung der Richtlinie mitzuteilen, vgl. etwa Art. 12 Abs. 2 der UVP-Richtlinie, Art. 9 Abs. 2 der Umweltinformationsrichtlinie. Unter-

76

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzwlgen

gegeben sind. Demgegenüber erlangt die Kommission lediglich ausschnittweise Kenntnis über die tatsächliche Anwendung europarechtlicher Vorschriften. Daher werden Normanwendungsfehler der nationalen Behörden oft nicht aufgedeckt. 136 Ferner ergeben sich Beschränkungen aus der Personalsituation. Während die Generaldirektion XI lediglich mit 2,7% an der Gesamtzahl aller Kommissionsbediensteten vertreten ist, stammen immerhin 15,2% aller Mahnschreiben sowie 26,7% deIjenigen Mahnschreiben, die auf eine mangelhafte Anwendung gestützt wurden, aus dem Bereich der Generaldirektion XI. Daraus wird deutlich, daß die Kommission bei ihrer Kontrolltätigkeit auf die Unterstützung anderer Institutionen und der Öffentlichkeit als Informationszuträgern angewiesen ist. Das gerichtliche Verfahren vor dem EuGH ist ferner mit einem erheblichen zeitlichen und materiellen Aufwand verbunden. Daher könnten sich andere Instrumentarien zur Aufdeckung und Verfolgung von Normanwendungsfehlern als weitaus effektiver erweisen. b) Hi/fsinstrumentarien zur Injormationsgewinnung

aa) Umweltbeschwerde bei der Kommission Um Einzelpersonen oder Umweltverbänden die Möglichkeit zu geben, mitgliedstaatliche Verstöße gegen europarechtliche Vorschriften zu rügen, wurde das Umweltbeschwerdeverfahren bei der Kommission eingerichtet. 137 Zwar stellt die Umweltbeschwerde keine Klageart im eigentlichen Sinne dar; sie kann jedoch zur Einleitung eines Verfahrens nach Art. 169 EGV führen. So kam es beispielsweise aufgrund einer Umweltbeschwerde des WWF 1988 zu einer Verurteilung Italiens durch den EuGH.138 Die Umweltbeschwerde kann von jedem Bürger form- und fristlos bei der Kommission eingereicht werden. 139 Gebühren werden dabei nicht erhoben. Die Vertraulichkeit hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers ist zu wahren. Einzige Voraussetzung ist die hinreichend konkrete Darlegung des Beschwerdegegenstands. Dadurch soll eine Nachprüfung von seiten der Kommission ermöglicht werden. Allen substantiierten Beschwerden hat die Kommissibleibt eine solche Mitteilung oder erfolgt sie verspätet, liegt ein Fall der nicht fristgerechten Umsetzung vor; vgI. im einzelnen unten S. 79f, 105ff. 136 VgI. zu den möglichen Informationsquellen der Kommission im folgenden S. 76ff. 137 VgI. zu den Einzelheiten des Umweltbeschwerdeverfahrens Krämer, in: GÜlldlinglWeber, S. 201 (211ft); Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 107; Henke, EuGH und Umweltschutz, S. 21fT. 138 VgI. EuGH, Urteil vom 12.7.1988 (Rs. 322/86) - "Kommissionlltalien" - Slg. 1988, S. 3995 (4005ft). 139 VgI. hierzu den Formularvordruck für Beschwerden, ABI. EG 1989 C 26/6.

11. Vollzug von EG-Umwe1trecht durch Organe der Gemeinschaft

77

on nachzugehen, wobei sie den Beschwerdeführer über den weiteren Verfahrensgang unterrichtet. Die einzelnen Beschwerden werden bei der Kommission in ein Beschwerderegister eingetragen und geprüft. Dabei werden gegebenenfalls Auskünfte und Stellungnahmen des betreffenden Mitgliedstaats eingeholt; 140 in Einzelfalien werden sogar Sachverständigengutachten angefordert. Die Anzahl der geltend gemachten Beschwerden hat sich in den letzten Jahren vervielfacht,141 was die wachsende Bedeutung der Umweltbeschwerde für die Kontrolltätigkeit der Kommission unterstreicht. Von den insgesamt an die Kommission gerichteten Beschwerden (1274 im Jahre 1990) stellte sich die Umweltbeschwerde mit einem Anteil von 37,7% auch im Vergleich zu anderen Politikbereichen als sehr beliebter Rechtsbehelf dar. 142 Vor allem im Hinblick auf die Überwachung des mitgliedstaatlichen Vollzugs von EG-Umweltrecht bietet sie daher eine für die Kommission nicht zu unterschätzende Informationsquelle, da gerade die Bürger vor Ort von behördlichen Maßnahmen unmittelbar betroffen sind und die Sachlage in der Regel besser beurteilen können als die Kommission. Andererseits ist nicht zu übersehen, daß das gewonnene Informationsbild nicht notwendigerweise repräsentativ ist. Grund dafür ist das unterschiedlich stark ausgeprägte Umweltbewußtsein in der Bevölkerung sowie der Bekanntheitsgrad dieses Rechtsbehelfs in den Mitgliedstaaten. Insofern kommt vor allem den überregional tätigen Umweltverbänden eine große Bedeutung zu, da sie durch ihre Öffentlichkeitsarbeit ein Bindeglied zwischen Kommission und Gemeinschaftsbürgern sein können. In diesem Zusammenhang sollte ferner die Schaffung nationaler Beschwerdestellen erwogen werden. 143 Dadurch würde nicht nur dem Subsidiaritätsprinzip entsprochen, sondern daneben auch der Eigenverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten beim Vollzug Rechnung getragen. Nicht zuletzt verspricht eine Dezentralisierung größere Sachnähe und effizientere Arbeit. 144 bb) Petition beim Europäischen Parlament Auch das Petitionsrecht, das nach Art. 8d i. V.m. Art. 138d EGV jedem Unionsbürger zusteht, kann zur Aufdeckung von Fehlern bei der Anwendung von EG-Umweltrecht beitragen. Das Europäische Parlament kann im Wege einer parlamentarischen Anfrage den betreffenden Vorfall dann vor die Kommission bringen. 145 Bezogen auf alle gemeinschaftlichen Politikbereiche wurden bei140 Die Mitgliedstaaten sind hierbei nach Art. 5 EGV zur Kooperation verpflichtet. 141 VgL 1983: 8 Beschwerden, 1990: 480 Beschwerden; Quelle: VIll. Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, ABI. EG 1991 C 338/43ff. 142 VgL hierzu auch Krämer, in: GÜlldling/Weber, S. 201 (213). 143 VgL dazu im einzelnen Pernice, NVwZ 1990, S. 414 (424). 144 VgL dazu auch unten S. 290. 145 VgL Art. 140 S. 3 EGY.

78

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugs voraussetzungen

spielsweise im Jahre 1993 23 Petitionen an das Europäische Parlament gerichtet; daraufhin kam es zu 30 parlamentarischen Anfragen an die Kommission. 146 Im Vergleich zur Umweltbeschwerde besitzt das Petitionsrecht somit zahlenmäßig ein weit geringeres Gewicht. Neben der Petition können auch Beschwerden an den vom Europäischen Parlament ernannten Bürgerbeauftragten 147 gerichtet werden, der weisungsunabhängig und selbständig Untersuchungen zu den bei ihm vorgebrachten Sachverhalten durchfuhrt und, falls er einen Mißstand feststellt, das betreffende Organ mit dem Fall befaßt. Dieses ist innerhalb einer Frist von drei Monaten zu einer Stellungnahme verpflichtet. 148 Zum ersten Bürgerbeauftragten wurde am 13. Juli 1995 der Finne Jacob Söderman gewählt. 149 Hinzuweisen ist ferner auf das Recht des Europäischen Parlaments, Untersuchungsausschüsse einzurichten. 150 Dabei könnten unter anderem behauptete Verstöße beim Vollzug von EG-Umweltrecht geprüft und aufgeklärt werden. 151 Die Grenzen des Untersuchungsrechtes, das sich als effektives faktisches Kontrollinstrumentarium herausstellen könnte, sind jedoch bislang weithin ungeklärt. 152 ce) Die Umweltinformationsrichtlinie als Instrument der mittelbaren Informationsgewinnung Ziel der auf Art. 130s EGV gestützten Umweltinformationsrichtlinie 153 ist es, den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige

146 VgL XI. Jahresbericht der Konunission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, KOM (94), 500endg., S. 113. 147 VgL Art. 8d i.Y.m. Art. 138e EGY. 148 VgL Art. 138e Abs. 1 Uabs. 2, Abs. 3 EGY. 149 VgL hierzu und zu den Aufgaben des Bürgerbeauftragten im einzelnen Strempel, DÖV 1996, S. 241ff. 150 VgL Art. 138c EGV; vgL dazu auch Ohler, ZG 1995, S. 223 (230f). 151 Inunerhin war Ausgangspunkt zur verstärkten Kontrolle der Anwendung des gemeinschaftlichen Umweltrechts der Bericht eines Untersuchungsausschusses, den das Europäische Parlament 1983 im Zusanunenhang mit dem Seveso-Unglück einsetzte. VgL hierzu Krämer, in: GÜlldlinglWeber, S. 201 (202f). 152 VgL zur Möglichkeit, durch Untersuchungsausschüsse Mißstände beim Vollzug von EG-Umweltrecht zu prüfen, unten S. 291f. 153 Richtlinie des Rates 90/313IEWG vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABI. EG 1990 L 158/56; vgL ausfilhrlich zu den Zielen und Voraussetzungen des Umweltinformationszugangs Theuer, NVwZ 1996, S. 326ff; vgL hierzu auch S. 178ff,249ff.

II. Vollzug von EG-Umwe1trecht durch Organe der Gemeinschaft

79

Infonnationen zugänglich gemacht werden sollen. 154 Ohne Nachweis eines Interesses sind allen natürlichen und juristischen Personen der Gemeinschaft auf Antrag die bei den nationalen Behörden vorhandenen Umweltinformationen zugänglich zu machen,155 sofern kein Ablehnungsgrund vorliegt.156 Damit entspricht die Richlinie einer Forderung des vierten Umweltaktionsprogramms 1S7 , in dem eine Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit zu Infonnationen, über die die Umweltbehörden verfugen, befürwortet wird. Dadurch soll der Umweltschutz innerhalb der Gemeinschaft verbessert werden. 1S8 Aus Sicht der Kommission könnte die Umweltinfonnationsrichtlinie zu einer Effektivierung ihrer Kontrolltätigkeit fuhren. Die verbesserten Infonnationsmöglichkeiten von Umweltverbänden und einzelnen Bürgern könnten dazu fuhren, daß künftig häufiger und vor allem substantiierter Sachverhalte vorgetragen werden, denen ein mangelhafter Umweltrechtsvollzug zugrundeliegt. Die Arbeit der Kommission könnte erleichtert werden, wenn etwa die Bearbeitung von Umweltbeschwerden weniger aufwendige Ermittlungen erforderlich machen würde. 1S9 Desweiteren besteht langfristig die Möglichkeit, durch die Instrumentalisierung des Umweltbewußtseins in der Öffenlichkeit flächendeckend eine weitere Kontrollinstanz zu schaffen. Fraglich ist jedoch, wie sich die Umweltinfonnationsrichtlinie auf die Praxis der Verwaltung und der Umweltverbände auswirkt. Insbesondere wird deren Effektivität maßgeblich davon abhängen, ob die Möglichkeit, UmweltinformationsanspTÜche bei Behörden geltend zu machen, überhaupt genutzt wird. 160 dd) Berichtspflichten der Mitgliedstaaten In den Schlußartikeln von EG-Richtlinien werden die Mitgliedstaaten regelmäßig verpflichtet, der Kommission innerhalb einer bestimmten Frist die zur Umsetzung der Richtlinie ergangenen legislativen Maßnalunen zu über-

154 VgI. Art. I der Umweltinformationsrichtlinie. 155 VgI. Art. 3 Abs. I der Umwe1tinformationsrichtlinie. 156 VgI. Art. 3 Abs. 2 der Umweltinformationsrichtlinie. 157 ABI. EG 1987 C 70/1 (3). 158 VgI. die Erwägungsgründe zur Umweltinformationsrichtlinie, ABI. EG 1990 L

158/56.

159 Wegen der geringen Anforderungen an die Geltendmachung einer Umweltbeschwerde kommt es nicht selten vor, daß lediglich unpräzise und unvollständige Sachverhalte vorgetragen werden, die einer eingehenderen Nachprüfung bedürfen. VgI. Krämer, in: GUndling/Weber, S. 201 (211ft). 160 In Frankreich gibt es im übrigen schon seit längerem ein Akteneinsichtsrecht gegenüber der Verwaltung, welches durch das Gesetz No. 78-753 vom 17. Juli 1978 eingefiihrt wurde. VgI. hierzu genauerWinter, UPR 1989, S. 81tT.

80

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

mitteln. 161 Die Kommission überprüft diese nicht nur hinsichtlich ihrer Gemeinschaftsrechtskonformität, sondern sammelt sie in einer Datenbank, deren Gesetzgebungsteil der Öffentlichkeit zugänglich ist. 162 Diese Daten sind Grundlage . einer rechtlichen Prüfung anband der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Werden Umsetzungsfehler festgestellt, kommt es in aller Regel zur Einleitung eines Verfahrens nach Art. 169 EGv. 163 Vergleichbare Unterrichtungspflichten hinsichtlich der Normanwendung finden sich lediglich in vereinzelten Bestimmungen. Diese sehen Durchfiihrungsberichte 164 der Mitgliedstaaten über die tatsächliche Anwendung EG-

161 VgI. zu den Berichtspflichten der Mitgliedstaaten Krämer, in: Calliess/Wegener, S. 33 (40f); Neßler, Europäisches Richtlinienrecht wandelt deutsches Verwaltungsrecht. 162 Allerdings beschränkt auf Titel und Fundstelle der jeweiligen nationalen Maßnahmen; vgI. Krämer, in: Calliess/Wegener, S. 40. 163 VgI. hierzu auch oben S. 72ff. 164 VgI. hierzu Art. 9a der Richtlinie 75/440lEWG vom 16. Juni 1975 über die Qualitätsanforderungen an Oberflächenwasser ft1r die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten, ABI. EG 1975 L 194/34, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/692IEWG, ABI. EG 1991 L 377/48. Darin ist vorgesehen, daß die Mitgliedstaaten alle drei Jahre, beginnend mit dem Zeitraum von 1993 bis 1995, der Kommission einen sektoralen Bericht hinsichtlich der Durchfilhrung der Richtlinie übermitteln, der innerhalb von 9 Monaten nach Ablauf des Bezugszeitraums fertigzustellen ist. Die Erstellung von Durchfilhrungsberichten ist ferner vorgesehen in: Art. 13 der Richtlinie 76/160lEWG vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer, ABI. EG 1976 L 31/1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/692IEWG, ABI. EG 1991 L 377148, Art. 16 der Richtlinie 78/659IEWG vom 18. Juli 1978 über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten, ABI. EG 1978 L 222/1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/6921EWG, ABI. EG 1991 L 377148, Art. 17a der Richtlinie 801778IEWG vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser ft1r den menschlichen Gebrauch, ABI. EG 1980 L 229/11, zuletzt geändert durch die Richtlinie 9116921EWG, ABI. EG 1991 L 377148, Art. 14 der Richtlinie 79/923IEWG vom 30. Oktober 1979 über die Qualitätsanforderungen an Muschelgewässer, ABI. EG 1979 L 281147, zuletzt geändert durch die Richtlinie 9116921EWG, ABI. EG 1991 L 377148, Art. 13 der Richtlinie 76/464IEWG vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter geflilirlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft, ABI. EG 1976 L 129/23, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/692IEWG, ABI. EG 1991 L 377148, Art. 8 der Richtlinie 801779IEWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität ft1r Schwefeldioxid und Schwebestaub, ABI. EG 1980 L 229/30, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/692IEWG, ABI. EG 1991 L 377/48,

II. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

81

rechtlicher Vorschriften durch nationale Behörden für einen bestimmten Bezugszeitraum vor. Der Kommission obliegt dann die Aufgabe, diese Einzelberichte in einern zusammenfassenden Gemeinschaftsbericht zusammenzustellen und auf mögliche Gemeinschaftsrechtsverstöße hin zu überprüfen. Allerdings erwies sich die Erfüllung dieser Pflichten durch die Mitgliedstaaten aus Sicht der Kommission in den letzten Jahren als wenig zufriedenstellend, so daß sie nunmehr anhand eines standardisierten Fragenkatalogs, der von der Kommission an die Mitgliedstaaten versandt wird, erfolgt.165 Die Effizienz dieser Berichte hinsichtlich der Kontrolltätigkeit der Kommission sollte dennoch nicht überschätzt werden. Zum einen sehen bei weitem nicht alle Umweltrichtlinien derartige Berichtspflichten vor; 166 zum anderen dürften die Mitgliedstaaten, die deren Erstellung eigenverantwortlich vornehmen, wenig Interesse daran haben, daß auf diese Weise Vollzugsmängel 167 in größerem Umfang publik werden. Daher werden kaum realistische Ergebnisse im Hinblick auf die tatsächliche Vollzugssituation eines Mitgliedstaates zu erwarten sein. Außerdem bestehen auch auf nationaler Ebene erhebliche Informationsdefizite zur Vollzugspraxis, die letztlich nur auf die europäische Ebene verlagert werden. Da den Mitgliedstaaten in der Regel keine Sanktionen durch die Kommission drohen, überrascht es kaum, daß bislang lediglich in einern Bruchteil aller Fälle derartige Berichte erstellt wurden. 168 Soweit es zu einer Übermittlung an die Kommission kam, stellte sich nicht selten heraus, daß hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen erhebliche Diskrepanzen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen. So ist häufig nicht klar, wie die Messung bestimmter Qualitätsziele im einzelnen technisch durchzuführen ist. 169 Für die Kommission ist es daher unmöglich, aufgrund dieser Berichte ein einigermaßen aussaArt. 6 der Richtlinie 82/884IEWG vom 3. Dezember 1982 betreffend einen Grenzwert für den Bleigehalt in der Luft, ABI. EG 1982 L 378/15, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/6921EWG, ABI. EG 1991 L 377/48, Art. 8 der Richtlinie 851203IEWG vom 7. März 1985 über Luftqualitätsnormen für Stickstoffdioxid, ABI. EG 1985 L 87/1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 9116921EWG, ABI. EG 1991 L 377/48, Art. 15a der Richtlinie 84/360lEWG vom 28. Juni 1984 zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch Industrieanlagen, ABI. EG 1984 L 188120, zuletzt geändert durch die Richtlinie 9116921EWG, ABI. EG 1991 L 377/48. 165 Der Fragebogen wurde von der Kommission gern. Art. 6 der Richtlinie 9116921EWG, ABI. EG 1991 L 377/48, ausgearbeitet; vgI. dazu im einzelnen Krämer, in: CalliesslWegener, S. 40f. 166 So beispielsweise die für den Umweltbereich bedeutsame UVP-Richtlinie. 167 Einzelne Vollzugsmängel rechtfertigen im übrigen nicht ohne weiteres, von einem Vollzugsdefizit zu sprechen; vgI. hierzu unten S. 144f. 168 VgI. Krämer, ZUR 1994, S. 172 (175), der das Beispiel der Richtlinie 76/464IEWG nennt, für die bislang noch kein einziges Sanierungsprograrnm für die weniger schädlichen Stoffe aufgestellt wurde. 169 VgI. dazu Krämer, ZUR 1994, S. 172 (174fT) mit instruktiven Beispielen. 6 Engelsberger

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2. Kapitel: Die rechtlichen VollzugsvoraussetzwJ.gen

gekräftiges Bild über die Vollzugssituation in den Mitgliedstaaten zu gewinnen. ee) Recht zur Einholung von Auskünften nach Art. 213 EGV Art. 213 EGV gibt der Kommission die Befugnis, im Rahmen einer ihr durch den Rat erteilten Ermächtigung erforderliche Auskünfte einzuholen und Nachprüfungen vorzunehmen. 170 Die Auskunftspflicht besteht, da Art. 213 EGV insoweit keine Beschränkungen enthält, sowohl für Mitgliedstaaten als auch für Private, insbesondere Unternehmen. l71 Die einzuholenden Auskünfte müssen der Erfüllung der der Kommission übertragenen Aufgaben dienen und dazu erforderlich sein. 172 Ferner wird eine ausdrückliche Ermächtigung durch den Rat vorausgesetzt. 173 Bislang wurden der Kommission vereinzelt Auskunftsrechte eingeräumt, insbesondere auf den Gebieten des Wettbewerbs, des Verkehrs und der Landwirtschaft. 174 Auf dem Gebiet des Umweltschutzes fehlt es bislang an einer derartigen Ennächtigung, so daß insoweit allein auf die allgemeine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Auskunftserteilung im Rahmen von Art. 5 EGV zurückgegriffen werden kann. 175 Ein Recht zur Nachprüfung wurde der Kommission bislang lediglich in einzelnen Fällen übertragen. 176 Dabei sind die betroffenen Unternehmen zur rechtlichen Duldung der Nachprüfung, etwa bei der Durchsuchung von Geschäftsräumen, verpflichtet. 177 Auf dem Gebiet des Umweltschutzes sind der Kommission allerdings noch keine derartigen Befugnisse eingeräumt worden, 170 VgL Art. 188c Abs. 3 UAbs. 2 EGV zum Recht des Europäischen Rechnungshofes, jede ftir die Erfi1l1ung seiner Aufgabe erforderliche Unterlage oder Information auf seinen Antrag bei den anderen Organen der Gemeinschaft, den einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorganen oder den zustandigen nationalen Dienststellen einzuholen; vgL hierzu auch Schmidt-Gerritzen, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag (Kommentar), Art. 188c, S. 121OtT. 171 VgL Hummer, in: Grabitz, Kommentar zum EWGV, Art. 213, Rn. 15. 172 VgL zu den Voraussetzungen des Auskunftsrechts im einzelnen Hummer, in: Grabitz, Kommentar zum EWGV, Art. 213, Rn. 9fI 173 Eine generelle Ermächtigung zur Einholung von Auskünften kann aus Art. 213 EGV nicht abgeleitet werden. VgL Hummer, in: Grabitz, Kommentar zum EWGV, Art. 213, Rn. 13. 174 Dabei kann zwischen statistischen und inquisitorischen Auskunftsrechten unterschieden werden; vgL, jeweils mit Beispielen, Hummer, in: Grabitz, Kommentar zum EWGV, Art. 213, Rn. 20tT. 175 VgL dazu bereits oben S. 63tT. 176 VgL Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchfilhrungsverordnung zu den Art. 85 und 86 des Vertrages, ABI. EG 1962, S. 204. 177 VgL hierzu EuGH (verb. Rs. 46/87 u. 227/88) - "HoechstIKommission" - Slg. 1989, S. 2859.

11. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

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so daß sie bei der Aufklärung umweltrelevanter Sachverhalte vollständig auf die Mithilfe der einzelnen Mitgliedstaaten angewiesen ist. 178 Angesichts der Schwierigkeiten, die Anwendung europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu kontrollieren, wäre die Übertragung von Auskunfts- und Nachprüfungsrechten der Kommission auch im Umweltbereich wünschenswert. 179 ft) Eigene Recherchen der Kommission

Bei mutmaßlichen Vertragsverletzungen der Mitgliedstaaten ermittelt die Kommission auch von Amts wegen, z.B. aufgrund von Medienberichten. Hierbei ist sie jedoch, wie schon bei der Überprüfung von Umweltbeschwerden, auf die Mitarbeit der betreffenden Mitgliedstaaten weitgehend angewiesen, da sie im Umweltbereich über keine Auskunfts- und Nachprüfungsbefugnisse verfugt, etwa zur Durchsuchung von Geschäftsräumen, zu eigenen Messungen von Luft- oder Gewässerverschmutzungen usw. 180 Die Mitgliedstaaten sind jedoch gern. Art. 5 EGV der Gemeinschaft gegenüber verpflichtet, selbst die erforderlichen Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung einzuleiten. Soweit eine Zustimmung des Mitgliedstaats vorliegt, können auch Kommissionsbeamte vor Ort die notwendigen Maßnahmen durchfuhren. In einzelnen Fällen ist dies auch ohne Zustimmung möglich. So vergewisserten sich Kommissionsbeamte in mehreren Fällen durch Augenscheinnahme, ob bestimmte Gewässer, die von den Mitgliedstaaten nicht als Badegewässer eingestuft wurden (da sie einen Beurteilungsspielraum annahmen), wegen ihrer objektiven Nutzung als Badegewässer i.S.d. Badegewässerrichtlinie l81 anzusehen seien. 182 c) Karzungen bei EG-F6rdermitteln als faktisches Kontrollinstrument der Kommission

Soweit EG-Fördermittel 183 zweckwidrig verwendet werden, besteht die Möglichkeit der Mittelkürzung, die sich als effektives faktisches Kontrollinstrumentarium herausstellen könnte. Die meisten Fördergelder dienen zwar 178 Vgl. zur Praxis der Kommission bei der Sachverhaltsaufklärung Krämer, in: GÜlldlinglWeber, S. 212f. 179 Vgl. zu den Schwierigkeiten der Kommission bei der Aufdeckung und Verfolgung von Verstößen gegen umweltrechtliche Bestimmungen der Gemeinschaft oben S. 76. 180 Derartige Inspektionsbefugnisse sind der Kommission vom Rat etwa im Bereich der Veterinärkontrolle, der Fischereipolitik oder im Wettbewerbsrecht übertragen worden. Vgl. hierzu Krämer, in: CalliesslWegener, S. 44. 181 Richtlinie des Rates vom 8. Dez. 1975 über die Qualität der Badegewässer (RL. 761160IEWG), ABI. EG 1976 L 31/1. 182 Vgl. Krämer, in: GÜlldlinglWeber, S. 201 (210). 183 Beispiele: Strukturfonds, Umweltfonds LlFE. 6*

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

nicht primär dem Umweltschutz; 184 allerdings sind Umweltschutzgesichtspunkte gemäß Art. 130r Abs. 2 S. 3 EGV18S auch in diesen Fällen einzubeziehen. Eine Kompetenz, direkt gegen die begünstigten Unternehmen vorzugehen, besitzt die Kommission im Umweltbereich zwar nicht; allerdings kann sie die Mitgliedstaaten durch Mittelkürzungen zu einem entschiedeneren Vorgehen, etwa bei der Rückforderung gewährter Fördennittel, 186 zwingen. aa) Das Rechnungsabschlußverfahren Das Rechnungsabschlußverfahren richtet sich im wesentlichen nach der Verordnung 729170IEWGI87 und hat im Rahmen der EG-Landwirtschaftspolitik große Bedeutung. 188 Die aus dem in Art. 1 der VO 729170IEWG genauer umschriebenen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL)189 rechtswidrig ausbezahlten Beträge müssen gern. Art. 8 Abs. 1 der VO 729170IEWG von den Mitgliedstaaten wiedereingezogen werden. Soweit die Wiedereinziehung nicht vollständig erfolgt, werden die finanziellen Folgen nur dann von der Gemeinschaft übernommen, wenn die mit der Auszahlung verbundenen Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse (z.B. bei zweckwidriger Verwendung der Gelder) nicht den Mitgliedstaaten anzulasten sind. 190 Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, der Kommission die Höhe des nicht wiedereingezogenen Betrags sowie die Gründe mitzuteilen, aus denen nach Auffassung des Mitgliedstaats der Betrag zu Lasten der Gemeinschaft oder der Mitgliedstaaten geht. 191 Die Kommission entscheidet sodann auf der Grundlage dieser Berichte über die Höhe der anzulastenden Beträge. In der Praxis werden die so ennittelten Beträge anschließend von den Vorschüssen abgezogen, die an den betreffenden Mitgliedstaat zu überweisen sind. 192

184 VgI. zu den Strukturfonds Art. BOa EGV 185 VgI. zur sogenarmten Querschnittsklausel auch oben S. 54. 186 VgI. zur Rückforderung von Subventionen bei Zweckverfehlung Berg, GewAreh 1987, S. I (2ft). 187 Verordnung 729170fEWG vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik, ABI. EG 1970 L 94/13. 188 VgI. hierzu Scherer, EuR 1986, S. 52ff. 189 Da der EAGFL selbst weder Rechtspersönlichkeit besitzt noch über ein eigenes Fondsvermögen verftlgt, wird er als unselbständiger Teil des Gemeinschaftshaushalts gefllhrt; vgI. Streinz, Europarecht, Rn. 785. 190 VgI. Art. 8 Abs. 2 der va 729170fEWG. 191 Verordnung 595/91fEWG des Rates vom 4. März 1991 betreffend Unregelmäßigkeiten und die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie die Einrichtung eines einschlägigen Informationssystems und zur Aufhebung der va 283172/EWG, ABI. EG 1991 L 67/11, gestützt auf Art. 8 Abs. 3 der va 729170fEWG. 192 VgI. dazu Köpfer, DVBI. 1995, S. 449; Scherer, EuR 1986, S. 52 (57ft).

11. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

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Soweit Maßnahmen gefordert wurden, die gerade wegen ihrer schädlichen Umweltauswirkungen nicht förderungswürdig gewesen wären, könnte dieses Verfahren auch für den Umweltbereich nicht zu unterschätzende Auswirkungen haben 193 und zu einer Disziplinierung der Mitgliedstaaten im Umgang mit EG-Haushaltsmitteln beitragen. Gerade im Zusammenhang mit der EGLandwirtschaftspolitik sind in den letzten Jahren immer häufiger Fälle bekannt geworden, in denen Großbetriebe durch umweltschädigenden Monokulturanbau aufgrund der Absatzgarantien letztlich nicht mehr für den Markt produzierten. 194 Da die Erfordernisse des Umweltschutzes auch im Rahmen des Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft einzubeziehen sind, hat sich bereits die Mittelvergabe an Umweltschutzgesichtspunkten zu orientieren. Werden entsprechende Auflagen nicht erfüllt, sind die jeweiligen Beträge von den Mitgliedstaaten zurückzufordern. Bei einem Scheitern der Wiedereinziehung ausbezahlter Beträge können, soweit die Versäumnisse den Mitgliedstaaten anzulasten sind, Abzüge bei den Vorschüssen vorgenommen werden. Nicht zuletzt wegen der erheblichen Kostenrisiken dürften die Mitgliedstaaten spätestens dann um eine verstärkte Kontrolle geförderter Projekte bemüht sein. Bislang fehlt es jedoch an einer konsequenten Umsetzung dieses Verfahrens. 195 bb) Sonstige Mittelkürzungen Auch im Rahmen der anderen 196 Strukturfonds 197 werden zum Teil Projekte mit umweltschädigenden Nebenwirkungen gefördert. Auch hier wären wegen des Querschnittsgedankens Umweltgesichtspunkte einzubeziehen, was jedoch praktisch noch viel zu wenig geschieht. Gerade der Europäische Regionalfonds 198 erweist sich in diesem Zusammenhang als besonders gefahriich, da oftmals ehrgeizige nationale Projekte gefördert werden, deren Ausführung im Widerspruch zur konkreten EG-Umweltpolitik stehen kann. So sollte die teil193 Die Förderung bezieht sich auf so umweltrelevante Bereiche wie beispielsweise Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und zur Erhaltung des ländlichen Raums (einschließlich des Erhalts der natürlichen Ressourcen der Landwirtschaft). Insbesondere ist in diesem Zusammenhang an die Abteilung Ausrichtung zu denken. 194 Vgl. nur den Bericht der ARD-Sendung Monitor vom 30.3.1995, in dem gezeigt wurde, wie auf Kreta tonnenweise frisch geerntete Orangen auf riesigen "Orangenbergen" direkt neben der Straße abgeladen werden und dort verfaulen. 195 In Zukunft beabsichtigt die Kommission allerdings, bei Mängeln am Kontrollsystem bis zu 10% der kofmanzierten Ausgaben anzulasten; vgl. Köpfer, DVBl. 1995, S. 449; vgl. zu den bürokratischen Grenzen der Rechtsdurchsetzung im Rahmen des Rechnungsabschlußverfahrens Scherer, EuR 1986, S. 52 (62ft). 196 Der EAGFL-Abteilung Ausrichtung ist gern. Art. 130b Abs. 1 S. 3 EGV einer der insgesamt vier Strukturfonds. 197 Vgl. zu den Strukturfonds genauer unten S. 89f. 198 Vgl. Art. 130c EGV.

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

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weise Umleitung des Acheloos in Griechenland mit Mitteln des Regionalfonds kofinanziert werden. Bei Durchführung des Projekts wäre dem Acheloos-Delta, einem unter dem Schutz der EG-Vogelschutzrichtlinie l99 stehenden Gebiet, die Süßwasserzufuhr abgeschnitten worden. Das gesamte Gebiet wäre damit von Austrocknung und Versalzung bedroht gewesen. 200 Der seit kurzem bestehende europäische Umweltfonds (LIFE) sieht eine ausdrückliche Möglichkeit der Kürzung oder gänzlichen Streichung der Zuwendungen vor, falls diese im Widerspruch zur europäischen Umweltschutzpolitik verwendet werden. 201

d) Das Initiativrecht als Instrument der "vorbeugenden Kontrolle"? Die Kommission besitzt das alleinige Recht, Gesetzesinitiativen zu beschließen und den übrigen Organen der Gemeinschaft vorzulegen. 202 Was hat dieses Initiativrecht allerdings mit der Kontrolltätigkeit im Umweltbereich zu tun? Zunächst liegt jedenfalls nicht Kontrolle im herkömmlichen Sinne vor, da es nicht um einen Vergleich von Ist- und Sollzustand geht. Vielmehr muß der Sollzustand in Form des rechtlichen Programms erst geschaffen werden. Die Wahl der rechtlichen Handlungsform kann den Ist-Zustand allerdings beeinflussen. Daß dies nicht der Fall sein muß, zeigt der Fall des Nichthandelns, also eines gesetzgeberischen Unterlassens, welches aus unterschiedlichen Gründen geboten sein kann. Hieraus wird bereits der Zusammenhang zwischen Gesetzgebung, Gesetzesanwendung und Gesetzeswirkung deutlich. 203 Dies heißt aber auch, daß der Gesetzesinitiator, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen, sich mit der Gesetzesanwendung auseinanderzusetzen hat. Übertragen auf die europäische Umweltpolitik läßt sich deshalb sagen, daß die Kommission die Entscheidung, ob sie überhaupt initiativ werden will, welche konkreten inhaltlichen Vorgaben zu treffen sind, in welcher Rechtsform und gestützt auf welche Kompetenzgrundlage dies zu erfolgen hat, letztlich von Erwägungen dahingehend abhängig machen wird, wie ein bestimmtes politisches Ziel am effektivsten verwirklicht werden kann. Dazu gehört auch der Vollzug. Beschließt die Kommission, um nur ein Beispiel zu nennen, einen Richtlinienvorschlag, obwohl die entsprechende Materie wirkungsvoller durch

VgI. weitere Beispiele in diesem Zusammenhang lUlten S. 89f. Nachdem u.a. der Europäische RechnlUlgshof sowie die Umweltschutzorganisation Greenpeace gegen die Durchführung des Projekts protestiert hatten, zog sich die Gemeinschaft aus dem Projekt zurück. 201 VgI. Art. 11 der VerordnlUlg 1973/92/EWG vom 2l. Mai 1992 zur Schaffimg eines FinanzieflUlgsinstrwnents ftlr die Umwelt (LIFE), ABI. EG 1992 L 206/1. 202 Sogenanntes Initiativrnonopol der Kommission, vgI. etwa Art. 189b, 189c, 130s Abs.2EGV. 203 VgI. dazu lUld zur ImplementationsforschlUlg oben S. 31f. 199

200

n. Vollzug von EG-Umwe1trecht durch Organe der Gemeinschaft

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die Mitgliedstaaten selbst zu regeln wäre,204 so riskiert sie damit, falls der Vorschlag gebilligt wird, daß die entsprechenden Vorschriften gemeinschaftsweit wenig praktikabel sind und folglich schlecht vollzogen werden. Andererseits besteht für sie auch die Möglichkeit, eine solche Entwicklung zu venneiden oder, falls sie bereits eingetreten ist, gesetzgeberische Korrekturen auszuarbeiten. Wegen der Verknüpfungen von Gesetzgebung und Vollzug wird daher bereits vom "programmierten Vollzugsdefizit" gesprochen. 20S Gemeint sind damit Fehleinschätzungen jeglicher Art während der Gesetzgebungsphase, die fast zwangsläufig zu einzelnen Vollzugsfehlern oder sogar einem Vollzugsdefizit führen. 206 Diese sind also insofern "programmiert", als sie während der Phase der Nonnanwendung (teilweise) unvenneidbar sind.

3. Fondsverwaltung Die Verwaltung der europäischen Fonds durch die Kommission, die zum sogenannten externen gemeinschaftsunmittelbaren Vollzug207 gerechnet wird, wurde bereits im Rahmen der Kontrolltätigkeit erörtert. Dabei interessierte insbesondere die Kürzung bei Fördergeldern als Möglichkeit der Sanktionierung ihrer zweckwidrigen und damit gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden Verwendung. Im Rahmen der Fondsverwaltung geht es jedoch auch um die Frage der Verteilung des Fondsvennögens, wenn kein derartiger Verstoß vorliegt. Die Kommission, unter deren Regie Mittelzuweisungen erfolgen, wird dabei in der Regel assistiert von einem aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehenden Ausschuß. 208 Grundsätzlich sind auch hier Umweltschutzgesichtspunkte einzubeziehen. Soweit es um eine direkte Förderung von Umweltschutzprojekten geht, sind die zu treffenden Entscheidungen in Einklang mit der Umweltpolitik der Gemeinschaft zu bringen.

204 Zu denken wäre etwa an Umweltstandards, die aufgrund der unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen an difTerenzierten Lösungen orientiert sein müßten. 20S VgI. zum programmierten Vollzugsdefizit auf nationaler Ebene Lahl, ZUR 1993, S. 249fT; Resolution der Arbeitsgruppe Sonderordnungsbehörde Umwelt (ASU) beim Städtetag NW, IUR 1991, S. 219fT; Schink, ZUR 1993, S. 1 (5m. 206 Bisweilen wird beim Zurückbleiben der tatsächlichen Wirkungen einer Norm hinter ihren erklärten Zielen sogar Methode vermutet; vgI. Lahl, ZUR 1993, S. 249. VgI. zum Zusammenhang von Vollzugsfehlern und Vollzugsdefizit unten S. 144f. 207 Im Gegensatz dazu betriffi der interne gemeinschaftsunmittelbare Vollzug die interne Organisation der Gemeinschaft, Personalangelegenheiten oder etwa den Haushalt; vgI. Streinz, Europarecht, Rn. 465f. 208 Vgl. Krämer, in: Calliess/Wegener, S. 42. VgI. hinsichtlich des Finanzierungsinstrumentes LIFE Art. 13 der VO I 973/92/EWG, ABI. EG 1992 L 206ll.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

a) Umweltfonds LlFE Mit dem Umweltfonds LIFE209 wurde ein Finanzierungsinstrument geschaffen, durch das nunmehr spezifisch dem Umweltschutz dienende Maßnahmen gefördert werden. Konkretisiert werden diese, aufgeteilt nach Maßnahmenbereichen und vorläufiger Mittelaufteilung, im Anhang der Verordnung 1973/92/EWG.210 Danach sind beispielsweise 5% der Mittel für Maßnahmen im Bereich der Verwaltungsstrukturen und Dienste für die Umwelt vorgesehen, so etwa die Förderung einer intensiveren Zusammenarbeit der Verwaltungen der Mitgliedstaaten. Insgesamt wurden für die erste Phase bis zum 31. Dezember 1995 400 Millionen ECU bereitgestellt. Die Mittelzuweisung erfolgt durch die Kommission anband eines im einzelnen festgelegten Verfahrens, in welchem die Kommission von einem Ausschuß unterstützt wird. 211 Die Mitgliedstaaten besitzen ein eigenes Vorschlagsrecht für Projekte, die aus ihrer Sicht förderungswürdig sind. 212 Aber auch ohne einen solchen Vorschlag kann die Kommission von sich aus an natürliche oder juristische Personen mit der Maßgabe herantreten, Zuschußanträge für Projekte einzureichen, die für die Gemeinschaft von besonderer Bedeutung sind. 213 Die Kommission hat für die Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung der von der Gemeinschaft (mit)finanzierten Maßnahmen Sorge zu tragen. 214 Wird ein Mißbrauch festgestellt, etwa aufgrund zweckwidriger Verwendung der Zuschüsse, kann die finanzielle Unterstützung gekürzt, ausgesetzt oder zurück-

209 VgI. Verordnung 1973/92/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Schaffimg eines Finanzierungsinstruments filr die Umwelt (LIFE), ABI. EG 1992 L 20611. 210 Insgesamt sind 40% aller Fördergelder filr Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung sowie der Umweltqualität innerhalb der Gemeinschaft vorgesehen, beispielsweise die Ausarbeitung von Meß- und Überwachungstechniken, die Entwicklung neuer sauberer Technologien oder die Verbesserung der Umweltqualität im städtischen Bereich. Weitere 45% entfallen auf Projekte zum Schutz der Lebensräume der Natur, so vor allem die Erhaltung und Wiederherstellung von Biotopen, die gefährdeten Arten Schutz bieten, die Erhaltung oder Wiederherstellung der natürlichen Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse und der Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse sowie die Förderung der Erhaltung des marinen Ökosystems. Je 5% der Mittel werden schließlich filr Verwaltungsstrukturen und Dienste für die Umwelt, filr Bildung, Ausbildung und Information sowie filr Maßnahmen außerhalb des Gemeinschaftsgebiets bereitgestellt. 211 VgI. Art. 13 sowie den Anhang der VO 1973/92/EWG. 212 VgI. Art. 9 Abs. 1 der VO 1973/92/EWG. Anträge auf Zuschußbewilligung sind in Deutschland an die jeweiligen Landesumweltrninisterien zu richten, die diese dann an die Kommission weiterleiten. Das gesamte Bewilligungsverfahren dauert ca. sechs Monate; vgI. Blottnitz, EU-Fördermittel für die Umwelt. 213 VgI. Art. 9 Abs. 2 der VO 1973/92/EWG. 214 VgI. Art. 12 der VO 1973/92/EWG.

II. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

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gefordert werden. 215 Werden Beträge nicht rechtzeitig zurückgezahlt, können Verzugszinsen erhoben werden. 216 Mit Einführung von LIFE wurden ferner die Finanzierungsinstrumente MEDSPA217, GANAT218 und NORSPA219 aufgehoben. 220 b) Strukturfonds und Kohäsionsfonds Als europäische Strukturfonds werden Sozialfonds221 , Regionalfonds222 sowie Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung (EAGFL-A)223 bezeichnet. 224 Durch den Kohäsionsfonds soll zu Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell beigetragen werden. 225 Ausdrücklich können dabei Kosten ausgeglichen werden, die den nationalen Behörden im Zusammenhang mit umweltpolitischen Maßnahmen der Gemeinschaft erwachsen, sofern diese sich als unverhältnismäßig hoch herausstellen. 226 Insgesamt wurden für Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds allein im Jahre 1994 44 Milliarden Mark und damit fast ein Drittel des gesamten EU-Haushalts zur Verfügung gestellt. 227 Bis 1999 sollen weitere knapp 270 Milliarden Mark hinzukommen. 228 Es handelt sich somit um die Verwaltung beträchtlicher Summen, deren Verteilung zu den wichtigsten Vollzugsaufgaben der Kommission gerechnet werden kann. Wegen der rechtlich geforderten Einbeziehung von Umweltschutzaspekten in sämtliche Zuschußbewilligungen handelt es sich um einen für den Vollzug von EGUmweltrecht auch faktisch eminent bedeutsamen Tätigkeitsbereich. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Verwaltung der Fonds in den Zuständigkeitsbereich mehrerer Generaldirektionen innerhalb der Kommission fiUlt. Die Generaldirektion XI wird teilweise auch dann nicht am Verfahren beteiligt, wenn es 215 VgI. Art. 11 Abs. I der VO 1973/92fEWG. 216 VgI. Art. 11 Abs. 3 S. 2 der VO 1973/92/EWG. 217 VO 563/91fEWG vom 9.3.1991, ABI. EG 1991 L 63/1. 218 VO 3907/91fEWG vom 31.12.1991, ABI. EG 1991 L 370/17. 219 VO 3908/91fEWG vom 31.12.1991, AbI. EG 1991 L 370/28. 220 VgI. Art. 16 der VO 1973/92/EWG. 221 VgI. Art. 123-125 EGV. 222 VgI. Art. 130c Wld e EGY. 223 VO 729170fEWG, ABI. EG 1970 L 94/13. 224 VgI. Art. 130b Abs. 1 S. 3 EGV. 225 VgI. Art. 130d Abs. 2, Art. 130s Abs. 5,2. Spstr. EGY. 226 VgI. Art. 130s Abs. 5 EGY. 227 Nach dem Agrarhaushalt stellten die Fonds damit den zweitgrößten Haushaltsposten dar; vgI. ABI. EG 1994 L 34. 228 VgI. Die Zeit v. 13. Januar 1995, S. 7.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

um die Förderung von Maßnahmen geht, die wegen der erhöhten Umweltrelevanz deren Kompetenzbereich zumindest berühren. Bei der Vergabe von Fondsmitteln ist es daher bereits zu eklatanten Fehlern und Gemeinschaftsrechtsverstößen gekommen. 229 In einem Fall wurden beispielsweise von der Generaldirektion IX (Fischerei) Mittel zur extensiven Fischereibewirtschaftung einer Lagunenlandschaft in Südfrankreich zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig gewährte die Generaldirektion XI verschiedenen Umweltschutzorganisationen eine finanzielle Unterstützung zum Erwerb dieser Lagunen mit dem Ziel, diese Art der Bewirtschaftung aus Umweltschutzgründen zu verhindem. 230 Vor allem bei der Regionalförderung werden teilweise großzügig Gelder an strukturschwächere Regionen weitergeleitet, ohne vorher die Umweltverträglichkeit der finanziell unterstützten Vorhaben ausreichend zu prüfen. Häufig wird auch allzu leichtgläubig auf Zusagen vertraut, die sich bei der Projektverwirklichung dann als haltlos herausstellen. In der portugiesischen Provinz Alentejo nordwestlich von Odemira wurde, um ein gravierendes Beispiel zu nennen, die systematische Eukalyptusaufforstung mit EU-Geldern gefOrdert. In der Folge versiegten die meisten Bäche, so daß die dort ansässigen Bergbauern ihre Existenzgrundlage verloren. Der Verelendung der Natur folgte die soziale. Profiteure waren einige wenige Unternehmer, denen gute Beziehungen zur regionalen Verwaltung nachgesagt wurden. Ein Vertreter der Umweltschutzorganisation WWF gelangt daher zu dem ernüchternden Fazit: "Die EUProgramme fiir Portugal haben vor allem Mammutprojekte gefOrdert und damit enorme Umweltprobleme geschaffen."231 Die Kommission steht diesen Entwicklungen meist machtlos gegenüber, da sie über die genaue Entwicklung der gefOrderten Projekte oft nur unzureichend informiert ist. Zudem verbeten sich die nationalen Regierungen in der Regel eine weitere Einmischung mit dem Hinweis auf ihre Vollzugshoheit und den Subsidiaritätsgedanken. Nicht zuletzt verfügt die Kommission über unzureichende personelle und sächliche Mittel, um die weitere Entwicklung aller gefOrderter Projekte im einzelnen zu beobachten und bei Fehlentwicklungen - auch aufgrund kommissionsinterner Fehleinschätzungen - zu reagieren. 4. Die Europäische Umweltagentur Neben der Kommission könnte die Europäische Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen künftig eine wichtige Rolle im Rahmen des Vollzugs von EG-

229 Vgl. den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes 3/92 über die Umwelt, ABI. EG 1992 C 245/6f; vgl. zur Kontrolle durch den EurOpäischen Rechnungshof Art. 188cEGV. 230 Beispiel aus dem Sonderbericht des EurOpäischen Rechnungshofes 3/92 über die Umwelt, ABI. EG 1992 C 245/6f. 231 Beispiel aus einem Artikel der Zeit v. 13. Januar 1995, S. 7.

II. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Gemeinschaft

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Umweltrecht spielen. 232 Vor allem kann sie durch Sammlung und Austausch von Umweltdaten die Arbeit der Kommission entscheidend erleichtern. Angesichts der Fülle von Informationen, die für die Kontrolltätigkeit der Kommission benötigt werden und möglichst schnell verfügbar sein müssen, ist ein Umweltinformationsnetz, welches von der Europäischen Umweltagentur koordiniert wird,233 auch langfristig von großer praktischer Bedeutung. Ferner kann durch eine bessere Verbreitung von Umweltinformationen, insbesondere über die Folgen umweltschädigenden Verhaltens, auf das Bewußtsein der Öffentlichkeit eingewirkt werden. 234 Inspektionsbefugnisse wurden der Agentur zunächst nicht übertragen. Allerdings beschließt der Rat spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung 121O/90/EWG nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments und anhand eines Berichts der Kommission über weitere, der Agentur zu übertragende Aufgaben. Eine dieser Aufgaben ist die Beteiligung an der Überwachung der Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Bereich der Umwelt in Zusammenarbeit mit der Kommission und den zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten. 23S

5. Sonstige Verwaltungstätigkeit der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes In einigen EG-Umweltrichtlinien ist ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch von Kommission und Mitgliedstaaten vorgesehen. 236 Dabei werden von der Kommission in regelmäßigen Abständen Sitzungen mit Vertretern der mit-

232 Vgl. die Verordnung 1210/90lEWG des Rates vom 7. Mai 1990 zur Errichtung einer Europäischen Umweltagentur und eines Europäischen Umwe1tinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes, ABl. EG 1990 L 12011. Die Verordnung ist durch die Entscheidung des Rates vom 29. Oktober 1993 in Kraft getreten; vgl. ABl. EG 1993 L 294/29. 233 Die Einrichtung und Koordinierung eines Umweltinformationsnetzes ist zentrale Aufgabe der Europäischen Umwe1tagentur, vgl. Art. 2 i und Art. 4 der VO 1210/901 EWG. 234 Die Europäische Umweltagentur ist zuständig fi1r die Verbreitung von zuverlässigen Umweltinformationen (Art. 2 vi der va 1210/90IEWG), fi1r die Förderung des Informationsaustausches (Art. 2 ix der VO 121O/90IEWG) sowie fi1r die Bereitstellung - gegenüber Gemeinschaft und Mitgliedstaaten - der erforderlichen objektiven Informationen fi1r die Ausarbeitung und Durchführung von zweckmäßigen und wirksamen Umweltmaßnahmen (Art. 2 ii der VO 1210/90IEWG). 235 Vgl. Art. 20, 1. Spstr. der VO 121O/90IEWG. 236 So beispielsweise durch Art. 11 der Richtlinie 801779IEWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität fi1r Schwefeldioxid und Schwebestaub, ABl. EG 1980 L 229/30, zuletzt geändert durch die Richtlinie 91/692IEWG, ABl. EG 1991 L 377/48: Vorgesehen ist eine Konsultation der Mitgliedstaaten, an der die Kommission teilnehmen kann, bevor die Werte gern. Art. 4 Abs. I und 2 der Richtlinie festgesetzt werden.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetztmgen

gliedstaatlichen Verwaltungen organisiert, um so den Vollzug von EGUmweltrecht besser abstimmen zu können. In diesem Zusammenhang ist auch der Informations- und Datenaustausch zu nennen, den einige gemeinschaftliche Entscheidungen vorschreiben. 237 Daneben veröffentlichte die Kommission seit 1977 in unregelmäßigen Abständen einen Bericht über den Zustand der Umwelt in der Gemeinschaft, ohne dazu ausdrücklich verpflichtet zu sein. 238 Künftig werden die beiden letzteren Tätigkeiten von der neu geschaffenen Europäischen Umweltagentur allerdings weitgehend übernommen. 239

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten Ganz überwiegend wird EG-Umweltrecht ausschließlich durch Organe der Mitgliedstaaten vollzogen. Lediglich bei der Vollzugskontrolle kommt es zu einer Verzahnung von gemeinschaftlichem und mitgliedstaatlichem Vollzug. Die Mitgliedstaaten sind dabei zur Loyalität mit den Organen der Gemeinschaft, insbesondere der Kommission, verpflichtet (Art. 5 EGV).240 Weitergehende Mitwirkungspflichten bestehen im Umweltbereich jedoch nicht. 241 Ein Vergleich mit anderen gemeinschaftlichen Politikfeldern zeigt, daß die Übertragung von Vollzugs-, insbesondere weitreichenden Überwachungskompetenzen an die Gemeinschaft durchaus nicht unüblich ist. 242 Dabei ist die Gemeinschaft häufig auf die Hilfe mitgliedstaatlicher Stellen angewiesen, deren Mitwirkungspflichten vereinzelt ausdrücklich geregelt sind und über deren allgemeine Kooperationspflicht hinausgehen. 243 Ferner besteht die Möglichkeit, daß die Kommission in bestimmten Fällen selbst hoheitlich tätig wird,

237 Vgl. etwa Entscheidung 82/459, ABI. EG 1982 L 210/1 (Luft); Entscheidung 77/795, ABI. EG 1977 L 334/29 (Gewässer). 238 Vgl. Krämer, in: Calliess/Wegener, S. 42. 239 Vgl. dazu oben S. 90f. 240 Vgl. oben S. 63fT. 241 Vgl. hierzu im einzelnen oben S. 82fT. 242 Vgl. beispielsweise die Aufsicht über öfTentliche Monopole (Art. 90 EGV) und die Kontrolle der staatlichen Beihilfen (Art. 92 - 94 EGV) durch die Kommission. Vgl. im Bereich des Lebensmittelrechts die Verwaltungsbefugnisse der Kommission beim Schutz geographischer Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen (Art. 6 der VO 2081192/EWG, ABI. EG 1982 L 20811); vgl. allgemein zu Inspektionsbefugnissen der Kommission Priebe, ZLR 1990, S. 266fT; vgl. zum Lebensmittelrecht auch Streinz, Europäisches Lebensmittelrecht unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf Österreich, S. 64, 161f, 168fT. 243 Vgl. beispielsweise Art. ll Abs. I, Art. 13 der VO Nr. 17 (KartellVO), ABI. EG 1962,204.

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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indem sie beispielsweise Inspektionsbefugnisse wahrnimmt. 244 Durch den Unionsvertrag wurden die Kompetenzen - insbesondere der Kommission - bei der Kontrolle der Einhaltung des EG-Umweltrechts nicht erweitert, obwohl die Möglichkeit dazu offengestanden hätte und Forderungen in diese Richtung aufgestellt wurden. 245 Diese politische Wertentscheidung läßt sich vor dem Hintergrund der Ziele der jeweiligen Gemeinschaftspolitiken und deren Relevanz für das Selbstverständnis der Gemeinschaft erklären. Ihre binnenmarktorientierte, marktwirtschaftliche Festlegung gebietet es nämlich als grundlegendes Vertragsziel, das Wirtschaftsleben innerhalb der Gemeinschaft zu harmonisieren und insbesondere bestehende Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen. 246 Ausgehend von dieser Grundkonzeption wird verständlich, daß Kontroll- und Sanktionsmechanismen in erster Linie bei denjenigen Materien auf die Gemeinschaftsebene verlagert wurden, deren Verwirklichung in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem zentralen Anliegen der Gemeinschaft steht. 247 Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Wettbewerbspolitik. Demgegenüber dient der Umweltschutz vornehmlich der Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen der Gemeinschaft sowie dem Schutz der Tier- und Pflanzenwelt. Die Verfolgung dieser - eher allgemeinen Zielbestimmungen steht jedenfalls vordergründig in weniger direktem Zusammenhang mit dem Binnenmarktkonzept. 248 Gleichwohl können sich insbesondere Produkt- und Produktionsstandards als Reflex erheblich auf die Wettbewerbschancen bestimmter Industriezweige auswirken. 249 Die Frage nach der

244 VgI. beispielsweise die Befugnisse der Kommission nach Art. 11 - 14 der KartellVO, die nach der Rechtsprechllllg des EuGH auch überraschende Einzelkontrollen bei Unternehmen wnfassen; vgI. dazu EuGH, Urteil v. 23.9.1986 (Rs. 5/85) "AKZOlKommission" - Slg. 1986, S. 2585ff. 245 Bereits im vierten Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft kommt zum Ausdruck, daß die Effektiviertmg der Kontrolle der Anwendung des EG-Umweltrechts eines der grtmdlegenden Ziele der gemeinschaftlichen Umweltpolitik ist. VgI. ABI. EG 1987 C 32811. 246 Immerhin sind derzeit rtmd 80% aller Regelllllgen im Bereich des Wirtschaftsrechts durch die Gemeinschaft festgelegt; vgI. BVerfDE 89, S. 155 (173). 247 So stand insbesondere Frankreich vor Einfilhrung der Art. 130r - t in den EGV einer EG-Umweltpolitik sehr reserviert gegenüber. Vielmehr wurde eine völkerrechtliche Zusammenarbeit befilrwortet; vgI. dazu Krämer, ZUR 1994, S. 172 (173). 248 Teilweise wird sogar von einem Zielkonflikt zwischen dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes lllld einem hohen Umweltschutzniveau gesprochen. Am Beispiel der Abfallwirtschaftspolitik zeigt Lueder, ZUR 1994, S. 165ff, daß Binnenmarkt lllld Umweltschutz durchaus in Einklang zu bringen sind, etwa bei der grenzüberschreitenden, arbeitsteiligen Abfallverwertllllg; vgI. hierzu auch von Wilmovsky, EuR 1992, S. 414 (424ff). 249 In vielen Bereichen wird mittlerweile auch Produktwerbllllg mit Umweltschutz betrieben. In diesem Zusammenhang spielt auch die Vergabe von Umweltzeichen eine

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Durchsetzbarkeit umweltrechtlicher Bestimmungen und damit einhergehend die Frage nach einer effektiveren Aufsicht durch die Gemeinschaft muß daher langfristig auch unter diesem Gesichtspunkt beantwortet werden. Gegenwärtig handeln die Mitgliedstaaten beim Vollzug von EG-Umweltrecht allerdings noch weitgehend autonom, das heißt die Entscheidung über Organisation, Durchfiihrung und Aufsicht250 liegt größtenteils in ihren Händen.

1. Verwaltungsorganisation a) Überblick Die Verwaltungsorganisation obliegt in vollem Umfang den Mitgliedstaaten. Der Gemeinschaft ist es daher verwehrt, in den innerstaatlichen Verwaltungsaufbau, insbesondere die Behördenorganisation, einzugreifen. Der institutionellen Eigenständigkeit251 der Mitgliedstaaten werden jedoch durch Vorgaben des Primär- und Sekundärrechts Grenzen gesetzt. 252 Aus Art. 5 EGV wird die Pflicht der Mitgliedstaaten abgeleitet, die Verwaltungsorganisation, insbesondere den Behördenaufbau, so zu gestalten, daß eine wirksame Vollziehung des Gemeinschaftsrechts gewährleistet ist. 253 Dazu zählen nicht nur eine angemessene personelle und materielle Ausstattung der Behörden, sondern auch klare Regelungen über die Zuständigkeit. Soweit umweltrechtliche Vorschriften der Gemeinschaft einen nicht oder anders geregelten Bereich der nationalen Rechtsordnung betreffen, muß gewährleistet sein, daß die neu entstehenden Verwaltungsaufgaben entweder durch neu geschaffene oder bereits bestehende Behörden erfüllt werden. 254 In Deutschland wurden beispielsweise die durch den Erlaß der Umweltinformationsrichtlinie entstandenen Aufgaben ohne wesentliche verwaltungsorganisatorische Veränderungen von den jeweiligen Behörden übernommen. 255 Dabei treten nicht selten Koordinations- und Vollzunehmende Rolle. Deren tatsächliche Aussagekraft sollte jedoch kritisch gesehen werden. Vgl. dazu Lambsdorff, Werbung mit Umweltschutz. 250 Im Hinblick auf die Vollzugskontrolle wohl eher in faktischer Hinsicht, da rein rechtlich die Kommission allen ihr bekanntgewordenen Verstößen nachzugehen hätte. 251 Vgl. zum Begriff der insititutionellen Eigenständigkeit Oppermann, Europarecht, Rn. 547. 252 Vgl. dazu oben S. 63ff. 253 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 20; Hilf, Möglichkeiten und Grenzen des Rückgriffes auf nationale verwaltungsrechtliche Regeln bei der Durchfilhrung von Gemeinschaftsrecht, in: Schwarze (Hrsg.), Europäisches Verwaltungsrecht im Werden, S. 67 (71f); vgl. auch EuGH (Rs. 42/82) - "KommissionlFrankreich" - Slg. 1983, S. 1013. 254 In der Regel wird versucht, die Verwaltungsaufgaben in die bestehende nationale Behördenorganisation zu integrieren. Die materielle und personelle Ausstattung der Behörden wird - jedenfalls in Deutschland - kaum verbessert; vgl. dazu die Umfrageergebnisse aufS. 190,203. 255 Vgl. dazu unten S. 188f.

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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zugsprobleme auf. Neben Art. 5 EGV ergeben sich Vorgaben für die mitgliedstaatliche Verwaltungsorganisation zum Teil auch aus Vorschriften des Sekundärrechts. 256 Verstößt ein Mitgliedstaat gegen die Verpflichtung, europarechtliche Vorschriften durch eine entsprechende Verwaltungsorganisation effektiv zu vollziehen, kommt die Einleitung eines Verfahrens nach Art. 169 EGV in Betracht. Allerdings ist hierbei der Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer institutionellen Eigenständigkeit zu berücksichtigen, so daß ein derartiges Verfahren wohl nur bei einer offensichtlichen Verweigerungshaltung des Mitgliedstaates praktisch relevant wird. 257 Die Wirksamkeit der Vorschriften hängt damit in gewisser Weise auch vom politischen Willen zu ihrer Durchsetzung in den jeweiligen Mitgliedstaaten ab. b) BeMrdenaujbau beim Vollzug von EG-Umweltrecht in Deutschland

Beispielhaft soll der Aufbau der für den Kernbereich des Umweltschutzes in Deutschland zuständigen Behörden kurz skizziert werden. 258 Die Kompetenzen für den Vollzug von EG-Umweltrecht bestimmen sich nach den Art. 83ff GG. Soweit EG-Umweltrecht unmittelbar vollzogen wird, kommt allerdings nur eine analoge Anwendung in Betracht, da Art. 83ff GG die Ausführung von Bundesrecht voraussetzen. Die analoge Anwendung ist jedoch geboten, weil ansonsten die verfassungsrechtlich begründete Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern aus dem Gleichgewicht gebracht würde. Insbesondere wäre ein Verwaltungsvollzug durch den Bund wenig praktikabel, da ein entsprechender Verwaltungsunterbau nicht besteht. 259 Beim mittelbaren mitgliedstaatlichen Vollzug stellt sich diese Problematik nicht, da die Behörden hier ohnehin nationales Ausfiihrungsrecht vollziehen. Nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung fallt die Verwaltungsorganisation weitgehend in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Länder. 260 Der Landesvollzug von umweltbezogenem Bundesrecht geschieht

256 So wurde die Bearbeitung geltend gemachter UmweltinformationsanspfÜChe in einigen deutschen Behörden zentral organisiert; vgl. hierzu die Umfrageergebnisse auf S. 188f. 257 Teilweise wird auf die faktischen Einflußmöglichkeiten der Kommission durch das Rechnungsabschlußverfahren hingewiesen. Deren Effizienz wird jedoch sehr unterschiedlich eingeschätzt. Vgl. hierzu Scherer, EuR 1986, 52 (57ft); vgl. zum Rechnungsabschlußverfahren auch oben S. 84f. 258 Die im 1. u. 3. Kapitel ausfilhrlich beschriebene Fragebogenaktion richtete sich an eine stichprobenartig vorgenommene Auswahl dieser Behörden. 259 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 59f. 260 Vgl. hierzu Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 60.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

regelmäßig nach Art. 84 GG unter Bundesaufsicht. 261 Eher selten wird Umweltrecht in Form der Auftragsverwaltung rur den Bund vollzogen, wobei die Länder hierbei nach Art. 85 GG umfassenden Weisungsbefugnissen des Bundes unterliegen. 262 Nur ausnahmsweise vollzieht der Bund umweltrelevante Gesetze in Form der bundeseigenen Verwaltung selbst. 263 Im institutionellen Bereich wurden mittlerweile in allen Bundesländern Umweltministerien geschaffen, die teilweise mit anderen Ressorts vereinigt sind. 264 Auf Bundesebene wurde Mitte 1986 ein Bundesministerium rur Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet. 265 Umweltrelevante Sachverhalte spielen jedoch auch im Tätigkeitsbereich anderer Bundesministerien eine wichtige Rolle. 266 Das Bundesministerium fiir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist im einzelnen wie folgt organisatorisch gegliedert: 267

261 Vgl. insbesondere Art. 84 Abs. 3 00: "Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen." Vgl. zur Bundesaufsicht im einzelnen Lerche, in: MaunzlDüriglHerzog/Scholz, Grundgesetz (Kommentar), Art. 84, Rn. 124ff, insbesondere zu den Begriffen der Bundesaufsicht im weiteren und engeren Sinne; Rn. 126f. 262 Vgl. Art. 85 Abs. 3 und 400; vgl. hierzu im einzelnen Lerche, in: MaunzlDürig/ Herzog/Scholz, Grundgesetz (Kommentar), Art. 85, Rn. 35ff, 70ff. Die Form der Auftragsverwaltung ist beispielsweise im Kernenergie-, Luftverkehrs- und Bundeswasserstraßenrecht vorgesehen; vgl. Art. 87c, 87d, 89 Abs. 2 S. 2 00. 263 Vgl. etwa Art. 89 Abs. 2 S. 1 00 für die Verwaltung der Bundeswasserstraßen; wichtig im umweltrelevanten Bereich sind vor allem die nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 00 geschaffenen selbständigen Bundesoberbehörden, die sich mit Fragen des Umweltschutzes befassen, so beispielsweise das Umweltbundesamt, die Bundesanstalt für Gewässerkunde oder die Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökol0gie; vgl. hierzu im einzelnen Kloepfer, Umwe1trecht, Rn. 60, 68. 264 Vgl. hierzu Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 63. 265 Vgl. zu den institutionellen Entwicklungen in Deutschland Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 63f. Vgl. zur Errichtung des Bundesumweltministeriums den Erlaß des Bundeskanzlers vom 5.6.1986, BGBL I, S. 864. 266 Vgl. hierzu die Übersicht in: Commission of the European Communities, Directorate-General XI, Administrative Structures for Environmental Management in the European Community, S. 53. 267 Quelle: Commission of the European Communities, Directorate-General XI, Administrative Structures for Environmental Management in the European Community, S. 51; Kloepfer, Umweltrecht, Anhang.

!II. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

97

Schaubild 6

Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Organisation Ministerbüro Persönlicher Referent

Parlamentarischer Staatssekretär

Minister

Staatssekretär

Abteilung Z Abteilung GAbteilung W A Zentralabt. : Grundsätzliche Wasserwirtschaft, Verwaltung, und wirtschaft- Abfallwirtschaft, Planung, Ka- liche Fragen der Bodenschutz, binett und Umweltpolitik, Altlasten Parlamentsan- internationale gelegenheiten, ZusammenarÖffentlichkeits- beit arbeit, Bürgerbeteiligung

Pressereferat Referat Öffentlichkeitsarbeit Kabinett- Ufld Parlamentreferat

Parlamentarischer Staatssekretär

Abteilung N Abteilung IG Umwelt und Ge- Naturschutz sundheit, Immis- und Ökologie sionsschutz, Anlagensicherheit und Verkehr, Chemikaliensicherheit

Abteilung RS Sicherheit, kerntechnische Anlagen, Strahlenschutz, nukleare Verund Entsorgung

Bei der Wahrnehmung ihrer Organisationshoheit steht den Bundesländern ein gewisser Entscheidungsspielraum zur Verfügung. 268 Daher haben sich zum Teil sehr unterschiedliche Strukturen der Umweltverwaltung etabliert. 269 Oberste Umweltschutzbehörde sind die jeweiligen Ministerien. 270 In den Bundesländern mit einem dreistufigen Verwaltungsaufbau bilden die Mittelstufe der Umweltverwaltung im wesentlichen die Regierungspräsidenten oder die Bezirksregierungen, bei denen alle Umweltaufgaben der Landesverwaltung, die nicht ausdrücklich anderen Behörden übertragen sind, gebündelt wer268 Vgl. hierzu BVertGE 55,274 (318): Danach sind die Länder "von VerfassUflgs wegen gehalten, ihre Verwaltung nach Art, Umfang Ufld Leistungsvermögen entsprechend den AnfordefUflgen sachgerechter ErledigUflg des sich aus der BUfldesgesetzgebUflg ergebenden Aufgabenbestandes einzurichten." Hieraus läßt sich keine bestimmte Verwaltungsstruktur als allein verfassUflgsgeboten herleiten; vgl. hierzu Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 71. 269 Vgl. dazu ausfilhrlich Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 89ff, 517ff. Aufgrund der Aufgaben- und Organisationsvielfalt muß hier auf eine detaillierte DarstellUflg der UmweltverwaltUflg in den einzelnen Bundesländern verzichtet werden. Vgl. insoweit die Übersicht bei Bothe, Verwaltungsorganisation im Umweltschutz. 270 Teilweise bestehen in deren Geschäftsbereich obere Landesbehörden mit Umweltschutzaufträgen, so beispielsweise die Landesämter für Umweltschutz; vgl. im einzelnen Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 71. 7 Engelsberger

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

den. 271 Auf der unteren Verwaltungsebene sind die Vollzugsaufgaben teilweise der Sonderverwaltung, teilweise der allgemeinen Verwaltung übertragen worden. 272 In diesem Bereich bestehen erhebliche organisatorische Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Beispielsweise werden in Bayern die Vollzugsaufgaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes weitgehend von Behörden der allgemeinen Verwaltung (Landratsämter, kreisfreie Städte) wahrgenommen, während in den meisten übrigen Bundesländern - etwa in Hessen273 und Nordrhein-Westfalen274 - vielfach Behörden der Sonderverwaltung mit Umweltschutzaufgaben eingerichtet wurden. Teilweise ergab sich im Rahmen der Behördenumfrage ein unterschiedliches Antwortverhalten, je nachdem, um welchen Behördentyp es sich konkret handelte. Eine klare Präferenz für ein bestimmtes Modell konnte daraus jedoch nicht abgeleitet werden. Während das System der allgemeinen Verwaltung in der Regel der Forderung nach einer bürgernahen Verwaltung besser nachkommt, erfüllt das System der Sonderverwaltung häufig besser die Anforderungen an eine möglichst hohe fachliche Kompetenz sowie an eine möglichst einheitliche Verwaltungspraxis. 275 Es bleibt jedoch festzuhalten, daß diese Erwägungen im VollzugsalItag nicht immer bestätigt werden. Daß letztlich auch die Qualität des Vollzugs nur in relativ geringem Ausmaß von der gewählten Organisationsfonn abhängt, zeigte nicht zuletzt die Tatsache, daß Vollzugsmängel mit vielschichtigen Ursachen im Grunde bei allen Behördentypen festzustellen waren. 276 Zuletzt unterliegen einige wichtige Umweltschutzaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung. 277 Die Erfüllung dieser Aufgaben obliegt den Kreisen und kreisfreien Städten, die somit teils als untere Behörden der allgemeinen Landesverwaltung, teils als Träger kommunaler Selbstverwaltung in Erscheinung treten. 278

271 Mittelbehörden der Sonderverwaltung spielen demgegenüber im Umweltbereich eine deutlich geringere Rolle; vgl. Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 71. 272 Dabei spielen die unterschiedlichen Verwaltungstraditionen in den einzelnen Bundesländern eine nicht unerhebliche Rolle. 273 Vgl. dort nur die Staatlichen Ämter fllr Immissions- und Strahlenschutz. 274 In Nordrhein-Westfalen wurden weitreichende Zuständigkeiten den Staatlichen Umweltämtem übertragen. 275 Vgl. Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 89ff, 489ff; Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 71. 276 Vgl. dazu ausfiIhrIich die Ergebnisse der Umfrage im 3. Kapitel. 277 Auf die Bedeutung der Kommunen für den Vollzug von Gemeinschaftsrecht weist Streinz, in: Isensee/Kirchhof, § 182, Rn. 62, hin. 278 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, Rn. 72.

m. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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Schaubild 7 Aufbau der Umweltverwaltung in Deutschland, Überblick Bundesverwaltung

Landesverwaltung

bundeseigene Verwaltung Art. 86 GG (Ausnahme)

Auftragsverwaltung landeseigene Verwaltung Art. 85 GG (Ausnahme) Art. 83fGG (Regelfall)

(Bsp.: Art. 89 Abs. 2 S. 1 GO)

oberste Bundesbehörden

(Bsp.: Art. 87c GO)

(Bundesministerium filr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit; andere Bundesministerien, z.B. Bundesministerium filr Verkehr)

Bundesoberbehörden

Vollzug von Bundesges. Landesges.

oberste Landesbehörden

(Landesumweltministerien Bsp: Bayerisches Staatsministerium filr Landesentwicklung und Umweltfragen)

Landesoberbehörden

(Bsp.: Umweltbundesamt)

(Bsp.: Bayerisches Landesamt filr Umweltschutz)

Bundesmittelbehörden

Landesmittelbehörden

(Bsp.: Wasser- und Schiffahrtsdirektionen)

Unterbehörden des Bundes

(Bsp.: Wasser- und Schiffahrtsämter)

(Bsp.: Regierungsbezirke als Mittelbehörden der allgemeinen Landesverwaltung, Mittelbehörden der Sonderverwaltung)

untere Landesbehörden

(Landkreise, kreisfreie Städte als untere Behörden der allgemeinen Landesverwaltung, Behörden der Sonderverwaltung, Z.8. Gewerbeaufsichtsämter)

kommunale Selbstverwaltung

2. Verwaltungsverfahren Ebenso wie die Verwaltungsorganisation wird auch das Verwaltungsverfahren beim Vollzug von EG-Umweltrecht grundsätzlich durch die Mitgliedstaaten festgelegt. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht gemäß Art. 5 EGV sind die Verfahren so auszugestalten, daß ein effektiver Vollzug gewährleistet ist. Soweit auf Gemeinschaftsebene verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen279 getroffen wurden, gehen diese dem nationalen Recht vor. 280 Mit seiner "So-

279 Die wichtigsten verfahrensrechtlichen Regelungen fmden sich in der UVPRichtlinie sowie in der Umweltinformationsrichtlinie; vgl. hierzu im einzelnen unten S. 178ff, 199([. 280 Jedenfalls fiIr die Fälle des unmittelbaren Gemeinschaftsrechtsvollzugs. Wird EG-Umweltrecht nur mittelbar vollzogen, gelten - da hier nationales Ausführungsrecht angewandt wird - im Prinzip die nationalen Regelungen. Allerdings muß gewährleistet 7'

100

2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

weit"-Formel faßt der EuGH281 die Anforderungen an das nationale Verwaltungsverfahren wie folgt zusammen: Sowohl für den unmittelbaren als auch für den mittelbaren Gemeinschaftsrechtsvollzug durch die Mitgliedstaaten gelte allein das nationale Verwaltungsverfahrensrecht, soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich der allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthalte. Der aufgrund der unterschiedlichen nationalen Verfahren bestehenden Gefahr des uneinheitlichen Vollzugs soll durch die vom Effizienzgebot und dem Diskriminierungsverbot gezogenen Schranken begegnet werden. 282 Allerdings bestätigt das Diskriminierungsverbot gerade nationale Unterschiede beim Verwaltungsverfahren, indem gefordert wird, daß nationales Verfahrensrecht beim Gemeinschaftsrechtsvollzug nicht diskriminierend im Vergleich zu rein nationalen Fällen angewandt werden dürfe. Auf einen Vergleich mit dem Verwaltungsvollzug anderer Mitgliedstaaten wird dagegen gerade nicht abgestellt. 283 Beim Vollzug von EG-Umweltrecht in Deutschland gelten die vom Bund und den Ländern erlassenen allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze. Zum Teil wurde jedoch aufgrund einzelner Bestimmungen in EG-Umweltrichtlinien der Erlaß spezieller nationaler Vorschriften erforderlich. Beispielsweise wurden in die zur Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie und der UVPRichtlinie erlassenen deutschen Gesetze weitreichende Verfahrensregelungen aufgenommen. 284 Da eine Verwaltungserfahrung im praktischen Umgang mit diesen Bestimmungen nicht vorhanden ist, dürften diese in besonderem Maße Vollzugsprobleme nach sich ziehen. 285

sein, daß gemeinschaftliche Garantien, etwa die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, als Mindeststandards beachtet werden; vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 489ff. 281 Vgl. EuGH (verb. Rs. 205-215/82) - "Deutsche Milchkontor u.a./Bundesrepub1ik Deutschland" - Slg. 1983, S. 2633 (2665). 282 Vgl. zu Begriff, Herleitung und Problematik von Efflzienzgebot und Diskriminierungsverbot oben S. 65. 283 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 486. 284 So legt Art. 6 Abs. 2 u. 3 der UVP-Richtlinie die Grundzüge der Öffentlichkeitsbeteiligung im UVP-Verfahren fest. Art. 3 Abs. 1 der Umweltinformationsrichtlinie bestimmt, daß allen natürlichen oder juristischen Personen von den jeweiligen nationalen Behörden auf Antrag ohne Nachweis eines htteresses htformationen über die Umwelt zur Verfllgung zu stellen sind. 285 Vgl. zu dieser Problematik die Ergebnisse der Umfrage im 3. Kapitel.

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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3. Mittelbarer mitgliedstaatlicher Vollzug a) Überblick

Der mittelbare Gemeinschaftsrechtsvollzug durch die Mitgliedstaaten stellt sich genau genommen als zweiaktiger Prozeß dar. Sieht man einmal von zwischengeschalteten Kontrolltätigkeiten286 ab, so lassen sich der Erlaß nationalen Ausführungsrechts und der konkrete behördliche Einzelakt als zwei gesonderte Vollzugsschritte erfassen. 287 Im Idealfall vollzieht die den Einzelakt erlassende staatliche Behörde also unmittelbar die nationale Ausführungsvorschrift und gleichzeitig mittelbar die zugrundeliegende europarechtliche Bestimmung. 288 Komplikationen treten vor allem dann auf, wenn einer der Vollzugsschritte oder beide fehlerbehaftet sind. Möglicherweise ziehen Fehler beim Erlaß nationalen Ausführungsrechts weitere Folgefehler nach sich. Ferner stellt sich das Problem, wie Behörden zu verfahren haben, wenn nationales Recht, 'etwa zur Umsetzung einer EG-Umweltrichtlinie, gar nicht oder verspätet erlassen wurde. Um von mittelbarem Vollzug sprechen zu können, bedarf es also einer Norm des Gemeinschaftsrechts, die eine weitere (legislative) Konkretisierung erforderlich macht. Im Falle der Richtlinie läßt sich dies bereits aus ihrer im EGV festgelegten Rechtsnatur ableiten. 289 Ferner ergibt sich die Konkretisierungsbedürftigkeit aus den jeweiligen Richtlinien selbst, indem den Mitgliedstaaten regelmäßig eine bestimmte Frist zur Umsetzung gesetzt wird. Die Ergänzungsbedürftigkeit von Verordnungen läßt sich demgegenüber nicht aus ihrer Rechtsnatur herleiten. 290 Vielmehr muß sie sich aus deren Bestimmungen selbst ergeben. 291

286 So beispielsweise die nationale Selbstkontrolle der Verwaltung. 287 Vgl. hierzu die Ausfilhrungen zum Vollzugsbegriff oben S. 28ffund Schaubild 1.

288 Zum Teil wird auch der Begriff des "indirekten Vollzugs" verwendet, um deutlich zu machen , daß primär die nationale Norm, die etwa zur Umsetzung einer EGRichtlinie erlassen wurde, von den nationalen Behörden vollzogen wird; vgl. Rengeling, Rechtsgrundsätze beim Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 9ff; Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 33f. 289 Vgl. Art. 189 Abs. 3 EGV. 290 Im Gegenteil legt der Wortlaut von Art. 189 Abs. 2 EGV sogar den Schluß nahe, Verordnungen seien nicht konkretisierungs- oder ergänzungsbedürftig. 291 Insoweit besteht eine gewisse Parallele zur im deutschen Recht anerkannten Rahmengesetzgebung. Der EGV selbst läßt die Frage nach der Zulässigkeit des Erlasses ergänzungsbedürftiger Verordnungen offen; sie sind mittlerweile allerdings allgemein anerkannt; vgl. hierzu Pescatore, ELR 8 (1983), S. 164; Bleckmann, Europarecht, S.261f.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

b) Erlaß nationaler Vorschriften zur Umsetzung von EG-Umweltrichtlinien aa) Umsetzungspflicht Die Mitgliedstaaten als ausschließliche Richtlinienadressaten292 trifft die Pflicht zu deren vollständiger und fristgemäßer Umsetzung in nationales Recht. Diese Pflicht ist weder ersetzbar noch verzichtbar. 293 Sie läßt sich aus Art. 189 Abs. 3, Art. 5 Abs. I EGV sowie den jeweiligen Richtlinienartikeln zur Umsetzungsfrist ableiten. Grundsätzlich sind die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wahl der Formen und Mittel frei. Es muß jedoch gewährleistet sein, daß die Ziele der Richtlinie auch praktisch wirksam werden können. 294 Daher sind solche innerstaatlichen Vorschriften zu wählen, die den Erfordernissen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit genügen. Einzelne müssen von ihren Rechten Kenntnis erlangen und diese vor nationalen Gerichten geltend machen können. 295 Die Richtlinienbestimmungen müssen dabei nicht notwendigerweise in einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift wiedergegeben werden. Allerdings sind die in der Richtlinie selbst festgelegten Rechte und Pflichten einzelner in hinreichend klarer und bestimmter Weise zu formulieren. Damit diese Rechte und Pflichten notfalls gerichtlich durchgesetzt werden können, bedarf es einer allgemein verbindlichen Norm des innerstaatlichen Rechts, d.h. einer Norm mit Außenwirkung. 296 bb) Umsetzungstechniken Um ihren Umsetzungspflichten zu genügen, stehen den Mitgliedstaaten eine Reihe von Umsetzungstechniken zur Verfügung. Generelle Aussagen über deren Auswahl lassen sich kaum treffen. Allerdings spielen innenpolitische Besonderheiten eines Mitgliedstaates, die betroffene Rechtsmaterie sowie die innerhalb der nationalen Rechtsordnung bereits vorhandenen Regelungen eine erhebliche Rolle. Die gewählten Formen und Mittel der Umsetzung im inner292 Vgl. Art. 189 Abs. 3 EGV: "Die Richtlinie ist fUr jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, ( ... )." 293 Vgl. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von EurOpäischem Gemeinschaftsrecht, S. 12. 294 Der EuGH faßt die fonnellen und materiellen Anforderungen an die ordnungsgemäße Umsetzung zusammen, indem er für die Umsetzung Maßnahmen der Mitgliedstaaten fordert, "die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter BeIilcksichtigung der mit ihnen verfolgten Ziele am besten eignen"; vgl. EuGH, Urteil v. 8.4.1976 (Rs. 48/75) - "RoyerlBelgien" - Slg. 1976, S. 497 (517). 295 Vgl. EuGH (Rs. C-361188) - "KommissionlDeutschland" - Sig. 1991 I, S. 2567ff; EuGH (Rs. C-59/89) - "KommissionlDeutschland" - Sig. 1991 I, S. 2607ff. 296 Ohne es ausdIilcklich auszusprechen, gelangt der EuGH im Rahmen der Überprüfung nationaler Umsetzungsakte daher zu einem Rechtsnonnvorbehalt; vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 391.

!TI. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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staatlichen Recht sind aus Vollzugsgesichtspunkten bereits deshalb von großem Interesse, da sie für die Praxis der Verwaltung maßgeblich sind. Folgendes Beispiel soll dies veranschaulichen: Wird eine EG-Umweltrichtlinie umgesetzt, indem ein wortgleiches nationales Gesetz erlassen wird, dann mag dies zwar den Gesetzgebungsprozeß beschleunigen; es darf jedoch bezweifelt werden, ob diese Nonn überhaupt anwendungsfähig ist. Da eine Abstimmung mit der vorhandenen nationalen Rechtsordnung nicht stattfindet, dürfte ein solches Vorgehen - das von einigen Mitgliedstaaten teilweise so praktiziert wird297 in der Regel zu großen Unsicherheiten und Vollzugsmängeln innerhalb der Verwaltungspraxis fiihren. 298 Wird jedoch, um den umgekehrten Extremfall aufzugreifen, die entsprechende Richtlinie durch Ergänzung und Modifizierung bestehender nationaler Vorschriften umgesetzt, dann werden oben genannte Schwierigkeiten weit weniger häufig auftreten, da die den Behördenbediensteten vertrauten Kategorien des nationalen Rechts so wenig wie möglich verändert wurden. Allerdings können Probleme ganz anderer Art entstehen: Finden sich die inhaltlichen Vorgaben der Richtlinie nämlich nicht vollständig im "modifizierten" nationalen Recht wieder, so ist die Verwirklichung der in der Richtlinie aufgestellten Ziele möglicherweise stärker als sonst gefährdet. Der europarechtliche Gehalt läßt sich aus den jeweiligen Bestimmungen oft nur schwer herausfiltem, so daß es den Behörden nur unter großem Aufwand möglich sein wird, deren Gemeinschaftsrechtskonformität beim Vollzug nachzuprüfen. In Deutschland werden EG-Umweltrichtlinien auf sehr unterschiedliche Weise umgesetzt. Dabei stehen grundsätzlich drei Verfahrensweisen zur Verfügung: Der Erlaß neuer, die Änderung sowie die Beibehaltung bestehender Vorschriften. Nicht selten werden diese drei Umsetzungstechniken kombiniert. Die Diskussion hinsichtlich einer adäquaten Regelungstechnik wurde insbesondere im Vorfeld der Umsetzung der UVP-Richtlinie in Deutschland lebhaft geführt. 299 Letztlich wurde durch den Erlaß des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Richtlinie300 eine Mischfonn gewählt. In Art. I wurde ein eigenständi-

297 Siedentopf und Hauschild nennen ein Beispiel, in dem Griechenland eine EGUmweltrichtlinie durch ein wortgleiches Gesetz - inklusive der darin enthaltenen Übersetzungsfehler - in die nationale Rechtsordnung übernorrnnen hatte; vgl. DÖV 1990, S. 445 (450). 298 Ausnahmsweise kann ein solches Vorgehen allerdings gerechtfertigt sein, wenn eine gänzlich neue Rechtsmaterie aufEG-Ebene in Form einer Richtlinie geregelt wird. 299 Eingehend dazu Cupei, UmweItverträglichkeitspTÜfung, S. 238ff, der insgesamt sechs Grundkonzeptionen für eine Umsetzung vorstellt. 300 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die UmweltverträglichkeitspTÜfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom 12. Februar 1990, BGBI1990 I, S. 205ff.

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2. Kapitel: Die rechtlichen VollzugsvoraussetzWlgen

ges UVP-Gesetz301 ("Stammgesetz") normiert, während in Art. 2 - 14 richtlinienbetroffene Fachgesetze302 geändert wurden (" Artikelgesetz"). Ob durch die Kombination eigenständiger Regelungen mit der Anpassung der erfaßten Fachgesetze auch in materiell- und verfahrensrechtlicher Hinsicht eine "optimale" Umsetzung gelang, wird in der Literatur3°3 teilweise kritisch beurteilt. Aufgrund der Unübersichtlichkeit der Umsetzung könnte es ferner zu Problemen in der Verwaltungspraxis kommen. Vom Grundprinzip her wurde bei der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie ebenso vorgegangen. In dem diesbezüglich erlassenen Gesetz304 wurde in Art. 1 das Umweltinformationsgesetz ("Stammgesetz") normiert, in Art. 2 wurde eine Änderung der Gewerbeordnung vorgenommen ("Artikelgesetz"). Im Unterschied zur UVPRichtlinie wurden fast ausschließlich neue Vorschriften geschaffen, deren Vollzug mangels Verwaltungserfahrung möglicherweise praktische Anwendungsprobleme nach sich zieht. Im Bereich der Umsetzung von EG-Umweltrichtlinien stellt dieses Vorgehen - jedenfalls in Deutschland - allerdings eine absolute Ausnahme dar. In der Regel griff der Bundesgesetzgeber weitgehend auf bestehendes deutsches Recht zuTÜCk. 305 Soweit gemeinschaftsrechtliche Vorgaben bereits erfüllt wurden, 301 Art. 1 des Gesetzes zur UmsetzWlg der UVP-Richtlinie: Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüftmg. In diesem Gesetz wurden weitgehend eigenständige Wld neue Vorschriften insbesondere hinsichtlich des VerwaltWlgsverfahrens normiert. Allerdings wird teilweise auch auf bestehende Vorschriften verwiesen, so durch § 9 UVPG auf § 73 Abs. 3 - 7 VwVfG im Rahmen der ÖffentlichkeitsbeteiligWlg. 302 Die wichtigsten ÄndeTWlgen erfolgten im Bereich des Abfallrechts, des Atomgesetzes, des BWldesimmissionsschutzgesetzes, des Wasserhaushaltsgesetzes sowie des BWldesnaturschutzgesetzes. In einem eigenen Gesetz zur ÄndeTWlg des Bundesberggesetzes (BGBL I, S. 215fT) vom 12. Februar 1990 wurden ebenfalls aufgTWld der UVPRichtlinie notwendige ÄndeTWlgen vorgenorrunen. 303 VgL SoelllDirnberger, NVwZ 1990, S. 705 (707); Dohle, NVwZ 1989, S. 697 (698); Steinberg, DVBL 1988, S. 995 (1001). 304 Gesetz zur UmsetzWlg der Richtlinie 90/313IEWG des Rates vom 7. JWli 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt vom 8. Juli 1994, BGBL 1994 I, S. 1490ff. 305 Beispiele fiIr den Bereich der Irrunissionsrichtlinien: Die Richtlinien 8017791EWG vom 15.7.1980 über Grenzwerte Wld Leitwerte der Luftqualität fll.r Schwefeldioxid Wld Schwebestaub (ABI. EG 1980 L 229/30), 82/8841EWG betreffend einen Grenzwert fur den Bleigehalt in der Luft (ABI. EG 1982 L 378/15), 85/2031EWG über Luftqualitätsnormen fiIr Stickstoffdioxid (ABI. EG 1985 L 87/1) sollten ZWlächst durch die RegelWlgen der Technischen AnleitWlg zur ReinhaItWlg der Luft - TA-Luft und der Smog-VerordnWlgen der BWldesländer in VerbindWlg mit dem BWldesimmissionsschutzgesetz umgesetzt werden. Durch die ÄndeTWlg der TA-Luft 1983 sowie deren NeufassWlg im Jahre 1986 sollte den in den Richtlinien festgelegten Standards entsprochen werden. Mittlerweile ist eine BWldesirrunissionsschutzverordnWlg in VorbereitWlg (vgL dazu den Entwurf der VerordnWlg zur innerstaatlichen UmsetzWlg der

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reichte die Mitteilung der einschlägigen Nonnen an die Konunission. 306 Allerdings kann auch dann, wenn ein Mitgliedstaat sein rechtliches Instrumentarium nicht ändert, eine Änderung der Verwaltungspraxis im Wege der richtlinienkonfonnen Auslegung geboten sein. 307 cc) Umsetzungsfehler Je nach Art des Verstoßes lassen sich fonnelle und materielle Umsetzungsfehler unterscheiden: Fonnell sind diese dann, wenn ein Mitgliedstaat gegen Bestinunungen verstößt, die das Umsetzungsverfahren betreffen. Als wichtigster Fall konunt hier die fehlende oder nicht hinreichend klare Mitteilung der erlassenen Umsetzungsakte an die Kommission innerhalb der dafür vorgesehenen Frist in Betracht. 308 Demgegenüber betreffen materielle Verstöße die fehlende inhaltliche Übereinstinunung von Richtlinie und nationalem Recht. Beide Pflichtverstöße müssen nicht notwendigerweise zusanunentreffen. Es ist nämlich durchaus denkbar, daß ein Mitgliedstaat die Richtlinie zwar inhaltlich korrekt umsetzt, eine Mitteilung der erlassenen Maßnahmen an die Kommission dann aber unterbleibt oder nicht hinreichend deutlich erfolgt. 309 Wenig Schwierigkeiten bereiten die nicht fristgerechte Mitteilung von Umsetzungsmaßnahmen sowie deren nicht fristgerechter Erlaß. 31O Demgegenüber

Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften über Luftqualitätsnormen fiIr Schwefeldioxid und Schwebestaub, Blei und Stickstoffdioxid, in: Jost, Die neue TALuft, Band 2, Teil 8, Kapitel 22.2), durch die dem Erfordernis entsprochen werden soll, Rechtsvorschriften mit Außenwirkung zu erlassen. Vgl. ausflihrlich zur Umsetzung von EG-Richtlinien im Bereich des Inunissionsschutzrechts durch die Bundesrepublik Deutschland Jahns-Böhm, Umweltschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht am Beispiel der Luftreinhaltung, S. 51ff. 306 Da gerade im Umweltbereich viele Initiativen zum Erlaß von Richtlinien von Deutschland ausgehen, entsprechen diese bei ihrem Erlaß häufig dem in Deutschland bislang ohnehin geltenden Recht. 307 Vgl. dazu genauer unten S. 112ff. 308 Die Mitteilungspflicht ist in der Regel bereits in der jeweiligen Richtlinie formuliert. Ferner ergibt sie sich aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht nach Art. 5 EGV (Arg.: Der Kommission muß die Möglichkeit gegeben werden, ihre Kontrolltätigkeit wirksam auszuüben.). 309 Es ist denkbar, daß von der Kommission zunächst ein Verfahren nach Art. 169 EGV wegen Nichtmitteilung der Umsetzungsmaßnahme eingeleitet wird, nach erfolgter Mitteilung - die zur Einstellung des ursprünglichen Verfahrens führt - sich jedoch auch ein materieller Fehler herausstellt. In diesem Fall ist erneut ein Verfahren einzuleiten, diesmal bezogen auf den neuen Verstoß; vgl. hierzu Krämer, in: Gündling/Weber, S. 207. 310 Es handelt sich dabei um zwei unterschiedliche Verstöße, die nicht notwendigerweise zusammentreffen müssen. Während die Nichtmitteilung einen formellen Fehler darstellt, handelt es sich beim nicht fristgerechten Erlaß von Umsetzungsmaß-

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzwlgen

erfordern Mängel wegen zwar erfolgter, aber inhaltlich nicht korrekter oder unvollständiger Umsetzung eine genaue Prüfung jeder einzelnen Vorschrift. Für den Bereich des Umweltschutzes liegt mittlerweile eine reichhaltige Judikatur des EuGH vor: 311 In einem FaU312 ging es um die Umsetzung der Richtlinie 801778/EWG über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch313 in Deutschland. In der Richtlinie ist vorgesehen, daß nationale Behörden in Notfällen und unter ganz bestimmten Voraussetzungen Abweichungen von den in Anhang I aufgeführten Höchstkonzentrationen zulassen können. 314 Der Gerichtshof beanstandete an der ursprünglichen Fassung der zur Umsetzung erlassenen Trinkwasserverordnung315 unter anderem, daß diese Abweichungen unter weitreichenderen Voraussetzungen als den in der Richtlinie genannten zulasse. So sei eine Notstandssituation nicht erforderlich; ferner könne eine Zulassung bereits dann ausgesprochen werden, wenn keine Gefahr für die menschliche Gesundheit bestünde und eine Versorgung, wenn auch nicht mit vertretbarem Aufwand, möglich sei. Der EuGH führte weiterhin aus, eine derart weitreichende Zulassung von Überschreitungen der Höchstkonzentrationen liefe dem Ziel der Richtlinie zuwider, "in der Gemeinschaft eine einheitliche Mindestnorm für die hygienischen Anforderungen an Trinkwasser aufzustellen". Im Bereich des Abfallrechts rügte der EuGH316 teilweise die Umsetzung der Richtlinien 75/442/EWQ317, 78/319/EWQ318 und 86/279/EWQ319 durch nahmen um einen materiellen Verstoß. VgI. Henke, EuGH und Umweltschutz, 8. 20lfI 311 VgI. umfassende Nachweise bei Henke, EuGH und Umweltschutz, 8. 204ff. 312 VgI. EuGH, Urteil vom 24.1l.l992 (Rs. C-237/90) - "KommissionlDeutschland" - 81g. 1992 I, 8. 5973ff. 313 VgI. ABI. EG L 229111. Die Frist zur Umsetzwlg der Richtlinie lief am 18.7.1982 ab (vgI. Art. 18 Abs. I der RL 801778IEWG). 314 VgI. Art. 10 Abs. I der RL 8017781EWG: "In Notfällen können die zuständigen nationalen Behörden ft1r einen begrenzten Zeitraum zulassen, daß die in Anhang I festgelegten zulässigen Höchstkonzentrationen überschritten werden, soweit die Volksgesundheit dadurch nicht in unzumutbarer Weise gefährdet wird und die Trinkwasserversorgung nicht anders sichergestellt werden kann; sie legen dabei fest, um welchen Wert die betreffenden Grenzwerte überschritten werden dürfen. " 315 VgI. § 4 Abs. I der ursprünglichen Fassung der TrinkwasserVO vom 22.5.1986 (BGBL I 1986, 8. 760): "Die zuständige Behörde kann im Einzelfall zulassen, daß von den in der Anlage 2 festzusetzenden Höhen ft1r einen befristeten Zeitraum abgewichen werden kann, wenn dadurch die menschliche Gesundheit nicht gefährdet wird und die Trinkwasserversorgung nicht auf andere Weise mit vertretbarem Aufwand sichergestellt werden kann." Noch während des Verfahrens wurde durch die Fassung der Verordnung vom 5.12.1990 (BGB!. I 1990, S. 2600) der Umsetzungsmangel beseitigt. 316 EuGH, Urteil v. 10.5.1995 (Rs. C-422/92) - "KommissionlDeutschland" - 81g. 1995 I, 8. 1097ff.

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Deutschland. Der Bundesgesetzgeber hatte unter anderem gewerbliche Sanunlungen von Stoffen zum Zwecke der Verwertung ausdrücklich von der Anwendung des Abfallrechts befreit. 320 Demgegenüber sah die Richtlinie dahingehende Ausnahmeregelungen nicht vor. 321 Insbesondere wurde der Einwand Deutschlands nicht zugelassen, der Abfallbegriff sei vom Zweck der Entledigung her zu bestimmen. 322 Ein anderes aktuelles Urteil 323 betraf die Umsetzung der UVP-Richtlinie in Deutschland. Da die Umsetzung erst zwei Jahre nach Fristablauf erfolgte,324 sah eine Übergangsregelung 325 vor, daß bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes - also mit UVP - zu Ende zu führen seien, wenn das Vorhaben. bei Inkrafttreten des UVP-Gesetzes noch nicht öffentlich bekanntgemacht worden sei. Umgekehrt hieß das, daß nach Ablauf der Umsetzungsfrist (3.7.1988) dann keine UVP durchzuführen war, wenn vor Inkrafttreten des UVP-Gesetzes (1.8.1990) die Öffentlichkeitsbeteiligung bereits erfolgt war. Genau diese Konstellation trat im Falle der Planung und Genehmigung zweier Streckenabschnitte der B 15 neu ein. Da Ende 1989 im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattfand, wurde keine UVP durchgeführt. Auf entsprechende Vorlagefragen des Bayer. Verwaltungsgerichtshofes stellte der EuGH in seinem Urteil lapidar fest, daß eine derartige Übergangsregelung faktisch die eigenmächtige Verschiebung der Umsetzungsfrist durch einen Mitgliedstaat bedeute. 326 Hierzu sei dieser nicht befugt.

317 Richtlinie 75/442/EWG vom 15.7.1975 über Abfalle, ABI. EG L 194/47. 318 Richtlinie 78/319/EWG vom 20.3.1978 über giftige und geflihrliche Abfalle, ABI. EG L 84/43. 319 Richtlinie 861279/EWG vom 12.6.1986 zur Änderung der Richtlinie 84/631/ EWG, ABI. EG L 181/13. 320 VgI. § 1 Abs. 3 Nr. 7 Abm. 321 Vg1. Art. 2 der Richtlinie 75/442/EWG. 322 VgI. hierzu auch die Urteilsbesprechung von Krieger, EuZW 1995, S. 618f. 323 VgI. EuGH, Urteil vom 9.8.1994 (Rs. C-396/92) - "Bund Naturschutz u.a./ Freistaat Bayern" - Slg. 1994 I, S. 3717ff. 324 Die Umsetzung erfolgte durch das am 1.8.1990 in Kraft getretene UVP-Gesetz (BGBI. 1990 I, S. 205). 325 VgI. § 22 Abs. 1 des UVP-Gesetzes: "Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes und den auf dieses Gesetz gestützten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu Ende zu fUhren, wenn das Vorhaben bei Inkrafttreten dieses Gesetzes oder im Zeitpunkt der erstmaligen Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf Vorhaben der Nummern 1 und 2 der Anlage zu § 3 noch nicht öffentlich bekanntgemacht worden ist; ( ... ). " 326 VgI. zu den praktischen Auswirkungen des Urteils StormlBunge (Hrsg.), Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung (HdUVP), § 22, Rn. 14ff.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Eine weitere Fallgruppe betrifft schließlich die Fonnen und Mittel der Umsetzung: In einem jüngeren Urteil 327 setzte sich der EuGH mit der Umsetzung der Richtlinien 80/779/EWG328 und 82/884/EWG329 durch die deutsche T ALuft330 auseinander. Die Bundesrepublik hatte zur Umsetzung der Richtlinien keine (weiteren) Maßnahmen erlassen. Es wurde geltend gemacht, durch das BImSchG und die zu dessen Durchführung ergangene TA-Luft seien die in der Richtlinie festgelegten Bestimmungen ausreichend umgesetzt. Streitpunkt waren hier nicht die konkreten Grenzwertfestlegungen, sondern unter anderem331 die Frage, ob es sich bei der TA-Luft um zwingendes Recht, d.h. Vorschriften mit Außenwirkung, handelt. In seinen Gründen stellte der EuGH darauf ab, daß aufgrund der Rechtsnatur von Verwaltungsvorschriften nicht gewährleistet sei, daß der einzelne über den Umfang seiner Rechte Gewißheit haben kann, um sie gegebenenfalls vor nationalen Gerichten geltend machen zu können. 332 Dies ergebe sich daraus, daß eine rechtliche Verbindlichkeit der TA-Luft lediglich fiir die Verwaltung festgestellt werden könne. 333 Von seiten der Mitgliedstaaten wurde teilweise versucht, Defizite bei der Umsetzung zu rechtfertigen. Es wurde darauf verwiesen, daß Fristüberschreitungen auf innerstaatlichen Problemen politischer oder verfassungsrechtlicher Art basierten. Ferner kam der Einwand, auch andere Mitgliedstaaten hätten sich gemeinschaftsrechtswidrig verhalten. 334 Diese und andere Rechtfertigungsversuche wurden vom EuGH jedoch regelmäßig verworfen. 335 Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sei es unerläßlich, daß die in Richtlinien festge327 VgL EuGH, Urteil vom 30. Mai 1991 (Rs. C-361188) - "KommissionlDeutschland" - Slg. 1991 I, S. 2567ff. 328 Richtlinie 8017791EWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität fi1r Schwefeldioxid und Schwebestaub, ABI. EG 1980 L 229/30. 329 Richtlinie 82/8841EWG vom 3. Dezember 1982 betreffend einen Grenzwert für den Bleigehalt in der Luft, ABI. EG 1982 L 378/15. 330 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz, Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - in der Fassung vom 27.2.1986, GMBL 1986, S. 95ff. 331 Desweiteren wurde gerügt, der Anwendungsbereich der TA-Luft sei beschrankter als deIjenige der Richtlinie. 332 VgL Tz. 20. 333 Dies sei bereits daran ersichtlich, daß die Frage der Außenwirkung der Verwaltungsvorschrift in der deutschen Verwaltungsrechtsdogmatik sehr umstritten sei; vgL Streinz, Europarecht, Rn. 392, m.w.N. So kann die TA-Luft durch wissenschaftlichtechnische Erkenntnisfortschritte überholt sein; im Streitfall sind dann diese maßgeblich. 334 Sogenannter tu-quoque-Einwand. VgL hierzu Karpenstein, in: GrabitzlHilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 169, Rn. 3; vgL auch Art. 219 EGV. 335 VgL hierzu die umfangreichen Nachweise bei Henke, EuGH und Umweltschutz, S.231ff.

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legten Rechte und Pflichten gleichmäßig und effektiv durchgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten seien als Richtlinienadressaten insoweit zur Mitwirkung verpflichtet. Können sie ihren Verpflichtungen aus den vorgebrachten Gründen nicht nachkommen, besteht allenfalls die Möglichkeit, auf politischem Wege Fristverlängerungen oder sonstige Änderungen zu erreichen. c) Beachtung von Richtlinienwirkungen beim Erlaß behördlicher Einzelakte

Die vollständige Verwirklichung der in Richtlinien festgelegten Rechte und Pflichten erfordert nicht nur eine fehlerfreie Umsetzung, sondern auch entsprechende behördliche Einzelakte. Dabei stellen sich mehrere Fragen: Haben nationale Behörden von Richtlinien ausgehende Wirkungen zu beachten? Welche Wirkungen können von EG-Umweltrichtlinien ausgehen? Inwieweit werden Richtlinienwirkungen in der Verwaltungspraxis tatsächlich beachtet? Zunächst können an der Geltung und Anwendbarkeit von Richtlinien nach Ablauf der vorgesehenen Umsetzungsfrist keine Zweifel bestehen. 336 Insoweit unterscheiden sich Richtlinien nicht von allen anderen Gemeinschaftsrechtsakten. Unterschiede gibt es allerdings hinsichtlich der rechtlichen Wirkungsweise. Im Vergleich zu Verordnungen sind vor allem zwei Einschränkungen vorzunehmen: Richtlinien sind lediglich rur die Mitgliedstaaten und nur hinsichtlich der in ihnen aufgestellten Ziele rechtlich verbindlich. Im Umkehrschluß bedeutet dies: Richtlinien können unabhängig von ihrer Umsetzung rechtliche Wirkungen entfalten;337 desweiteren sind staatliche Behörden als Organe der Mitgliedstaaten Richtlinienadressaten und als solche zur Beachtung dieser Wirkungen verpflichtet. 338 Im übrigen verlangt auch die allgemeine Mitwirkungspflicht der Mitgliedstaaten beim Vollzug, dem Gemein-

336 Dies ergibt sich aus den fundamentalen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, worauf der EuGH insbesondere in der "Francovich" - Entscheidung (Slg. 1991 I, S. 5357 (5413), Tz. 31) ausdrücklich hinweist: "Der EWG-Vertrag hat eine eigene Rechtsordnung geschaffen, die in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten aufgenommen worden und von den nationalen Gerichten anzuwenden ist." Vgl. dazu grundlegend EuGH CRs. 106/77) - "Simmenthal II" - Slg. 1978, S. 629ff. 337 ln der Literatur wird zum Teil zwischen subjektiven und objektiven Richtlinienwirkungen unterschieden; dabei könne dann von subjektiven Wirkungen gesprochen werden, wenn Richtlinienbestimmungen unbedingt und hinreichend genau bestimmt sind und Rechte einzelner begründen, die von diesen vor nationalen Gerichten geltend gemacht werden können. Vgl. hierzu Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht; Henke, EuGH und Umweltschutz, S. 246ff. 338 Vgl. hierzu instruktiv und mit ausfllhrlicher Begründung die Schlußanträge von Generalanwalt Lenz in der Rechtssache 103/88 - "FratelIi Costanzo/Stadt Mailand" Slg. 1989, S. 1839 (1857f).

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

schaftsrecht, soweit es anwendbar und rechtlich verbindlich ist, zur Durchsetzung zu verhelfen. 339 In folgenden Konstellationen können sich Richtlinien auf die behördliche Verwaltungspraxis auswirken: aa) Inhaltliche Überprüfung und Verwerfung nationaler Vorschriften Nationales Recht, das den in Richtlinien festgelegten Zielbestimmungen widerspricht, darf von den Behörden der Mitgliedstaaten nicht angewandt werden. 340 Es ist daher eine inhaltliche Überprüfung der jeweiligen Vorschriften hinsichtlich ihrer Gemeinschaftsrechtskonfonnität vorzunehmen (prüfungspflicht)341. Dabei hat eine umfassende Kontrolle anhand des gesamten Gemeinschaftsrechts stattzufinden. 342 Nationales Recht, das im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht, darf von den nationalen Behörden nicht angewandt werden (Verwerfungskompetenz und Verwerfungspflicht). Dies ergibt sich bereits aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht. 343 Nur so ist die gleichmäßige und einheitliche Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten gewährleistet. 344 Auf mögliche Wertungswidersprüche, die sich aus der vom EuGH geforderten Normverwerfung durch nationale Behörden ergeben, wird teilweise in der

339 Vgl. dazu bereits oben S. 63ff. 340 Vgl. hierzu Jamrath, Normenkontrolle der Verwaltung und Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 77ff; Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EGRechts, S. 100ff; Streinz, in: lsenseelKirchhof, § 182, Rn. 64; Lenz, Sig. 1989, S. 1839 (1856f1). Praktisch könnte die Frage der Normverwerfung durch nationale Regelungen oder Weisungen an die einzelnen Vollzugsbeamten umgesetzt werden; vgl. hierzu auch unten S. 288f. 341 Es wird daher auch von "Legal Review" gesprochen; vgl. Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 100; Scherzberg, Jura 1993, S. 229. 342 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 63ff. 343 Vgl. hierzu die ständige Rspr. des EuGH, die vom BVerfG ausdrücklich bestätigt wurde: grundlegend hierzu EuGH (Rs. 106n7) - "Simmenthal 11" - Slg. 1978, S. 629 (6441); zuletzt EuGH, Urteil v. 14.12.1995 (Rs. C-312/93) - "KG Peterbroeck, Van Campenhout & Cie" - Slg. 1995 I, S. 4599 (4615f1); BVerfGE 31,145 (1741); BVerfGE 73, 339ff. 344 Der EuGH verweist in diesem Zusanunenhang auf den Gedanken des "effet utile": Danach WÜfden die Grundlagen der Gemeinschaft in Frage gestellt, wenn staatlichen Gesetzgebungsakten, die mit Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts unvereinbar sind, irgendeine rechtliche Wirksamkeit zuerkannt WÜfde; vgl. EuGH (Rs. 106n7) "Simmenthal 11" - Slg. 1978, S. 629 (644). In der Literatur wird teilweise auch von objektiven Richtlinienwirkungen gesprochen; vgl. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 16; Henke, EuGH und Umweltschutz, S. 246ff.

ill. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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Literatur hingewiesen. 345 Umstritten ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, ob Richtlinienbestimmungen, die keine unmittelbare Wirkung entfalten, als Prüfungsmaßstab herangezogen werden können. Von den Befürwortern eines umfassenden Prüfungsrechtes wird insbesondere ins Feld geführt, auch nicht unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht habe am Vorrang des Gemeinschaftsrechts tei1. 346 Außerdem könnten auf diese Weise die Mitgliedstaaten zur korrekten Richtlinienumsetzung angehalten werden. 347 Dieser Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß gerade in diesen Fällen eine Normverwerfung zu Ergebnissen führen kann, die im Hinblick auf die Richtlinienziele kontraproduktiv sind. Wird beispielsweise eine nationale Vorschrift, die den Grenzwertbestimmungen einer EG-Umweltrichtlinie nicht (ganz) entspricht, nicht angewandt, so würde der Wegfall der innerstaatlichen Regelung letztlich zu dem widersinnigen Ergebnis führen, daß überhaupt keine Regelung bestünde, wenn die Richtlinienhestimmung selbst nicht unmittelbar herangezogen werden kann. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts, aus dem sich das Normverwerfungsrecht ableiten läßt, kann im Ergebnis nur so weit reichen, wie das Gemeinschaftsrecht selbst anwendbare Vorgaben für das nationale Recht setzt. 348 Die praktischen Auswirkungen dieser Frage dürften gleichwohl eher gering sein. In der Regel wird im Wege der richtlinienkonformen Auslegung, sofern überhaupt nationale Regelungen vorhanden sind, ein den Zielen der Richtlinie entsprechendes Ergebnis zu erzielen sein.

345 So werde der Vorrang von primärem gegenüber sekundärem Gemeinschaftsrecht anders behandelt als der Vorrang von Gemeinschaftsrecht gegenüber nationalem Recht. Nationale Behörden haben nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. nur EuGH (Rs. 314/85) - "Foto-FrostIHZA Lübeck-Ost" - Slg. 1987, S. 4199 (4231f), Tz. 15) Sekundärrecht nämlich auch dann anzuwenden, wenn sie der Auffassung sind, dieses verstoße gegen Primärrecht, solange der Gerichtshof die betreffenden Bestimmungen nicht fiI.r ungültig erklärt. Da Behörden selbst zu einer Einschaltung des Gerichtshofs nicht befugt sind, besteht fiI.r sie in solchen Fällen lediglich die Möglichkeit, die Verfahrensbeteiligten auf die rechtlichen Bedenken hinzuweisen, um die Frage gerichtlich klären zu lassen. Besonders bei evidenten Verstößen müsse daher auch nationalen Behörden ein Recht zur Verwerfung gemeinschaftlichen Sekundärrechts eingeräumt werden. Vgl. hierzu Rengeling, RechtsgrundSätze beim Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 22f; Zuleeg, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, S. 215ff; Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 103; Jamrath, Normenkontrolle der Verwaltung und EurOpäisches Gemeinschaftsrecht, S. 93ff. 346 Vgl. Dendrinos, Rechtsprobleme der Direktwirkung der EWG-Richtlinien unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Griechenland, S. 291; Langenfeld, in: Siedentopf(Hrsg.), Europäische Integration und national staatliche Verwaltung, S. 181. 347 Vgl. Weber, Rechtsfragen der Durchführung des Gemeinschaftsrechts in der Bundesrepublik, S. l04ff. 348 Vgl. hierzu Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 104f.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Ferner ist zu beachten, daß Richtlinien häufig zumindest partiell unmittelbare Wirkung entfalten. 349 bb) Richtlinienkonforme Auslegung Nationales Recht ist von den staatlichen Normanwendungsorganen europarechtskonform auszulegen. 35o Insbesondere darf eine Auslegung nicht herangezogen werden, die den Zielen einer Richtlinie zuwiderläuft, auch wenn diese der (bislang) gängigen Verwaltungspraxis eines Mitgliedstaates entspricht. 351 Dies folgt bereits aus der allgemeinen Pflicht der Mitgliedstaaten, den auf Gemeinschaftsebene erlassenen Vorschriften zur Durchsetzung zu verhelfen. 352 Das Verhältnis der richtlinienkonformen Auslegung zu anderen (nationalen) Auslegungsprinzipien läßt sich anhand der Stellung des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht bestimmen. 353 Hinsichtlich der Methodik kommt ihr die verfassungskonforme Interpretation nationalen Rechts am nächsten. Im Gegensatz zu den klassischen Methoden (Wortlaut, Systematik, bisto-

349 Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 105, weist in diesem Zusammenhang auf in den Richtlinien enthaltene Mindestaussagen hin. 350 Ständige Rechtsprechung: Vgl. hierzu EuGH, Urteil v. 10.4.1984 (Rs. 14/83) "von Colson und KamannlNordrhein-Westfalen" - Slg. 1984, S. 1891ff; EuGH, Urteil v. 10.4.1984 (Rs. 79/83) - "Harzffradax" - Slg. 1984, S. 1921ff; EuGH (Rs. 31/87)"BeentjeslNiederlande" - Slg. 1988, S. 4635ff; EuGH, Urteil v. 8.10.1987 (Rs. 80/86) "Kolpinghuis Nijmegen" - Slg. 1987, S. 3969ff; EuGH (Rs. C-l06/89) - "MarleasinglLa Comercial Internacional de Alimentaci6n" - Slg. 1990 I, S. 4135ff; vgl. dazu auch Ress, DÖV 1994, S. 489ff; Jarass, EuR 1991, S. 211ff; Haneklaus, DVBl. 1993, S. 129ff; Di Fabio, NJW 1990, S. 947ff. 351 Daher verhält sich ein Mitgliedstaat auch dann gemeinschaftskonform, wenn er sich bei seiner Richtlinieninterpretation innerhalb des Spielraums bewegt, der ihm durch die Richtlinie eingeräumt wird; vgl. Classen, EuZW 1993, S. 83 (86). 352 Teilweise wird bereits von einer Überstrapazierung von Art. 5 EGV zur Herleitung und Begründung mitgliedstaatlicher Pflichten gesprochen. Vgl. Bleckmann, Die Bindungswirkung der Praxis der Organe und der Mitgliedstaaten der EG bei der Auslegung und Lückenfitllung des Europäischen Gemeinschaftsrechts: Die Rolle des Art. 5 EWG-Vertrag; Dauses, Que1ques reflexions sur la signification et la portee de l'artic1e 5 du traite CEE, beide in: BieberlRess (Hrsg.), Die Dynamik des Europäischen GemeinschaftsrechtslThe dynamics ofEC-law, S. 161ffbzw. 229ff. 353 Vgl. zum Verhältnis der richtlinienkonformen Auslegung zu anderen Auslegungsmethoden Di Fabio, NJW 1990, S. 947ff; vgl. zur verfassungskonformen Auslegung Zippelius, Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe Bundesverfassungsgericht, Bd. TI (Verfassungsauslegung), S. 108ff; Burmeister, Die Verfassungsorientierung der Gesetzesauslegung, Verfassungskonforme Auslegung oder vertikale Normendurchdringung?; Simon, EuGRZ 1974, S. 85ff; Starck, Die Verfassungsauslegung, in: IsenseelKirchhof, § 164, Rn. 3lf.

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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rische und teleologische Auslegung) handelt es sich nämlich nicht um eine autonome Gesetzesinterpretation. Vielmehr wird die jeweilige Vorschrift im Kontext der Normenhierarchie verstanden, indem ein hypothetisches Element unterstellt wird: Die Norm habe nämlich im Einklang mit Verfassungsrecht zu stehen, und dies sei vom Gesetzgeber auch so gewollt. 354 Deshalb finden sowohl die verfassungskonforme als auch die richtlinienkonforme Auslegung ihre Schranken im ausdrücklich kundgemachten Willen des Gesetzgebers. Räumt man der gemeinschaftskonformen Interpretation einen Vorrang ein, so hätte dies mögliche Pflichtenkollisionen der nationalen, an die jeweiligen Verfassungen gebundenen Organe der Mitgliedstaaten zur Folge. 355 Di Fabi0356 lehnt einen solchen Vorrang ab, weil Inhalt und Zielsetzungen einer Richtlinie nicht als imperatives, andere Auslegungsregeln überspielendes Interpretationsgebot verstanden werden könnten. 357 Er begründet seine Auffassung mit der Rechtsnatur der Richtlinie, die - anders als unmittelbar geltende Verordnungen - lediglich beschränkte Wirkungen entfalte. Daher würde eine Bevorzugung der richtlinienkonformen Auslegung zu einer "Durchdringung der nationalen Rechtsordnung von oben her" fuhren und somit den von Art. 24 Abs. 1 GG a.F. (jetzt: Art. 23 GG) gezogenen Rahmen überschreiten. 358 Dieser Auffassung kann jedoch vor allem aus zwei Gründen nicht gefolgt werden: Erstens kommt es zu einer umfassenden Durchdringung der nationalen Rechtsordnung schon deshalb nicht, da nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung eine gemeinschaftsrechtlich regelbare und tatsächlich geregelte Materie betroffen sein muß. Trotz der zunehmenden Bedeutung von EG-Umweltrichtlinien ist der Umweltbereich beispielsweise vielfach nicht ver-

354 Ausdrücklich erwähnt wird dieser Aspekt vom EuGH in seinem Urteil vom 16.12.1993 CRs. C-334/92) - "Teodoro Wagner MiretIFondo de Garantia Salarial" - Slg. 1993 I, S. 6911fT, Tz. 20: "Drittens hat jedes nationale Gericht bei der Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts davon auszugehen, daß der Staat die Absicht hatte, den sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen." 355 Eine ähnliche Konfliktlage besteht im Völkerrecht bei der Auslegung völkerrechtlicher Verträge. Das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem "Saar-Urteil" fest, daß bei der verfassungsrechtlichen Prüfung des Vertragsgesetzes unter mehreren Auslegungsmethoden deIjenigen der Vorzug gegeben werden muß, bei der der Vertrag vor dem Grundgesetz bestehen kann, solange die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages noch ofTen ist; vgl. BVerfGE 4, 157; vgl. hierzu auch Ress, Wechselwirkungen zwischen Völkerrecht und Verfassung bei der Auslegung völkerrechtlicher Verträge, in: Berichte der deutschen Gesellschaft fUr Völkerrecht, Heft 23, 1982, S. 7fT; Bernhardt, Verfassungsrecht und völkerrechtliche Verträge, in: IsenseeIKirchhof, § 174, S. 571ff. 356 Di Fabio, NJW 1990, S. 947fT. 357 Di Fabio, NJW 1990, S. 947 (953). 358 Di Fabio, NJW 1990, S. 947 (950). 8 Engelsberger

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

gemeinschaftet worden. 359 Zweitens werden die von Richtlinien ausgehenden Wirkungen verkannt. Insbesondere müssen ihre Ziele durch eine richtlinienkonforme Auslegung praktisch wirksam werden können. In der nationalen Rechtsordnung begründete Pflichten, die der Verwirklichung der Richtlinienziele entgegenstehen, müssen in diesem Falle weichen, um die gleichmäßige Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts nicht zu gefährden; 360 letztlich ergibt sich dies aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber nationalem Recht. Obwohl Richtlinien ausschließlich die Mitgliedstaaten verpflichten, können sie sich bei der richtlinienkonformen Auslegung auf Rechtsverhältnisse zwischen Privatpersonen auswirken. 361 Problematisch sind vor allem diejenigen Konstellationen, in denen dies zu Belastungen einzelner fUhrt. Das kann der Fall sein, wenn eine bislang gängige Verwaltungspraxis aufgrund einer EGRichtlinie geändert werden muß. Es stellt sich dann die Frage, ob es ein schützenswertes Vertrauen362 einzelner darin gibt, daß eine solche Auslegung nicht stattfindet. Immerhin sind diese nicht Richtlinienadressaten und können folglich für Umsetzungsdefizite eines Mitgliedstaates nicht verantwortlich gemacht werden. Um zu einer Lösung der Problematik zu gelangen, ist es sinnvoll, sich zunächst über die Grenzen richtlinienkonformer Auslegung Klarheit zu verschaffen. Diese setzt das Vorhandensein auslegungsfähiger Vorschriften in der nationalen Rechtsordnung voraus. 363 Daran kann es beispielsweise fehlen, wenn ein Mitgliedstaat keine Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie erläßt und die betroffene Materie in seiner Rechtsordnung auch sonst nicht geregelt ist. Ferner kann es sein, daß zwar Umsetzungsmaßnahmen erlassen wur-

359 Vgl. hierzu oben S. 56ff. 360 Salzwedel, UPR 1989, S. 41f, verweist auf die Möglichkeit, Umsetzungsdeflzite durch richtlinienkonformes Verwaltungshandeln zu kompensieren. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß nach der Rechtsprechung des EuGH gerade in diesen Fällen eine richtlinienkonforme Auslegung ausscheidet; lassen sich allerdings die Richtlinienziele im Wege der Auslegung verwirklichen, so liegt regelmäßig kein (materieller) Umsetzungsfehler vor; vgl. hierzu im einzelnen unten S. 136. 361 Insofern besteht eine gewisse Parallele zur mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten der deutschen Verfassung. Diese führt nämlich dazu, daß sich über die Generalklauseln grundrechtliche Wertungen auf das deutsche Privatrecht auswirken können. Vgl. Ress, DÖV 1994, S. 489 (491). 362 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist, da er auch gemeinschaftsrechtlich anerkannt ist, in jedem Fall zu beachten. 363 So ausdrücklich Generalanwalt van Gerven in seinen Schlußanträgen zur Rs. C106/89, Sig. 1990 I, S. 4135 (4146).

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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den, diese jedoch in eindeutigem Widerspruch zur Richtlinie stehen. 364 In diesen Fällen darf es grundsätzlich nicht zu einer inhaltlichen Umgestaltung der nationalen Vorschrift kommen. Insbesondere dürfen ungeregelte Sachverhalte nicht in eine nationale Vorschrift hineininterpretiert werden. 365 Wann diese Grenzen erreicht und überschritten sind, läßt sich exakt nur im konkreten Fall beantworten. Die Praxis des EuGH deutet darauf hin, daß die Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung eher weit zu ziehen sind. In einem Fall366 ging es um die Auslegung von Bestimmungen der Richtlinie 68/151/EWü367 . Darin ist unter anderem festgelegt, unter welchen Voraussetzungen Gesellschaften für nichtig erklärt werden können. Nach spanischem Recht war dies unter weitergehenden Voraussetzungen als denjenigen der Richtlinie vorgesehen. 368 Daher hätte La Comercial Internacional de Alimentaci6n SA, eine Gesellschaft spanischen Rechts, unter Heranziehung der nationalen Vorschriften für nichtig erklärt werden müssen, während die Richtlinie unter den gegebenen Voraussetzungen eine Nichtigerklärung nicht vorsah. In seinen Gründen führte der Gerichtshof aus, daß es den Mitgliedstaaten durch die Richtlinie untersagt sei, in ihren Rechtsvorschriften eine gerichtliche Nichtigerklärung in anderen als den in der Richtlinie abschließend aufgezählten Fällen vorzusehen. 369 Im Einzelfall kann also die richtlinienkonforme Auslegung dazu führen, daß nationale Bestimmungen kassiert werden. Ähnlich entschied der EuGH370 in einem arbeitsrechtlichen Fall, in dem es um die Auslegung von

364 In diesem Fall darf das nationale Gesetz nicht angewandt werden. Es darf jedoch auch nicht zugleich durch die Richtlinienbestimmung quasi ersetzt werden, da sonst ein Fall unmittelbarer Richtlinienwirkung vorliegen würde. Für Rechtsverhältnisse zwischen Privaten hat der EuGH eine solche Wirkung gerade verneint; vgl. dazu unten S. l22f. 365 Ausdrücklich wurde dies vom EuGH im Falle der BegIiindung einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit bestätigt; vgl. EuGH, Urteil v. 8.10.1987 (Rs. 80/86) - "Kolpinghuis Nijmegen" - Slg. 1987, S. 3969ff. 366 EuGH, Urteil v. 13.11.1990 (Rs. C-106/89) - "MarleasinglLa Comercial Internacional de Alimentacion" - Slg. 1990 I, S. 4135ff. 367 Konkret ging es um die Auslegung von Art. 11 der Ersten Richtlinie (68/151/ EWG) vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABI. EG 1968 L 65/8. 368 Dies ergibt sich aus Art. 1261 und 1275 des spanischen Bürgerlichen Gesetzbuches. Problematisch war hier die Bestimmung, die eine Nichtigerklärung auch dann für zulässig erklärt, wenn der Gegenstand der Gesellschaft rechtswidrig ist oder gegen die öffentliche Ordnung verstößt. . 369 Tz. 1'0. 370 EuGH, Urteil v. 8.1l.l990 (Rs. C-177/88) - "Dekker/Stichting Vormingscentrurn voor Jong Volwassenen" - Slg. 1990 I, S. 394 1ff. 8'

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Bestimmungen der Richtlinie 7612071EW(ß71 ging. Ein holländischer Arbeitgeber hatte die Ablehnung einer Bewerberin für eine Stelle als Erzieherin ausdrücklich mit deren Schwangerschaft begründet und damit gegen die Richtlinie verstoßen. 372 Nach holländischem Recht hätte er sich jedoch nur dann haftbar gemacht, wenn ihm ein Verschulden nachzuweisen gewesen wäre. 373 Hierzu führte der EuGH aus, daß die praktische Wirksamkeit der Richtlinie in Frage gestellt werde, wenn nicht jeder Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot eine Sanktion auslösen würde, sondern dies von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht werde. 374 Auch in diesem Fall führte die richtlinienkonforme Auslegung somit zur Nichtanwendung einer nationalen Vorschrift. Im Ergebnis scheint sich der EuGH somit auf eine kassierende Funktion der Auslegung festzulegen. Dies mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen,375 ist jedoch insofern konsequent, als auch sonst nationales Recht auf seine Vereinbarkeit mit EG-Recht zu überprüfen ist und bei Feststellung eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes von den nationalen Organen nicht angewandt werden darf. 376 Offen ist jedoch, inwieweit Teile eines Regelungssystems einfach kassiert werden können, während andere als Grundlage für eine richtlinienkonforme Interpretation bestehen bleiben. Werden in funktionalem Zusammenhang stehende nationale Bestimmungen getrennt, indem der richtlinienkonforme Teil einfach herausgegriffen wird, könnten nicht nur WeTtungswidersprüche innerhalb der nationalen Rechtsordnung, sondern auch im Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht auftreten. Der auch gemeinschaftsrechtlich anerkannte Grundsatz der Rechtssicherheit könnte nämlich einem solchen Vorgehen im Einzelfall möglicherweise entgegenstehen. 377 In den beiden geschilderten Fallgestaltungen stellte sich dieses Problem für den EuGH deshalb nicht, da die nationalen Vorschriften problemlos vom übrigen Normbestand getrennt werden konnten. Eine weitere Klarstellung für andere Fallgestaltungen wird daher durch den EuGH noch zu treffen sein. 371 Konkret ging es wn die Auslegung der Art. 2 u. 3 der Richtlinie 76/207fEWG vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABI. EG L 39/40ff. 372 hn übrigen bejahte der EuGH den Verstoß, obwohl sich fi1r die ausgeschriebene Stelle ausschließlich Frauen beworben hatten; vgl. Tz. 17f. 373 Daher wurde die Schadensersatzklage von den beiden vorinstanzlichen Gerichten jeweils abgewiesen. 374 Tz. 25f. 375 Das Vorgehen des EuGH wird in der Literatur teilweise als Überschreitung der Grenzen zulässiger Auslegung betrachtet. Vgl. Everling, RiW 1992, S. 380; Jarass, EuR 1991, S. 211 (217); Classen, EuZW 1993, S. 83 (86); Lutter, JZ 1992, S. 593 (597). 376 Vgl. hierzu oben S. 110f. 377 Auf diesen Gesichtspunkt verweist Classen, EuZW 1993, S. 83 (87).

Ill. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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Stehen die Grenzen richtlinienkonformer Auslegung allerdings fest und werden diese auch beachtet, dann kann es kein schützenswertes Vertrauen hinsichtlich einer bestimmten Norminterpretation geben. Die betreffende Norm war nämlich von Anfang an innerhalb dieser Grenzen interpretationsfähig. 378 Die herangezogenen Auslegungskriterien mochten eine bestimmte nationale Verwaltungspraxis in der Vergangenheit durchaus rechtfertigen. Mit Ablauf der Umsetzungsfrist trat jedenfalls ein weiteres, die anderen Auslegungsmethoden überspielendes Kriterium hinzu, nämlich die inhaltlichen Vorgaben der jeweiligen EG-Richtlinie. ce) Unmittelbare Wirkung von Richtlinienbestimmungen Von unmittelbarer Wirkung bzw. Direktwirkung wird dann gesprochen, wenn Richtlinienvorschriften von den staatlichen Organen direkt herarizuziehen sind. 379 Die mitgliedstaatlichen Behörden haben diese Wirkung in der Verwaltungspraxis zu beachten. 380 Im Gegensatz zur richtlinienkonformen Auslegung ergeht der konkrete Einzelakt somit nicht auf der Grundlage - gegebenenfalls modifizierten - nationalen Rechts. Als Quelle der Rechtserkenntnis wird vielmehr allein die jeweilige europarechtliche Vorschrift zugrundegelegt, so daß von der Sache her ein Fall des unmittelbaren mitgliedstaatlichen Vollzugs vorliegt.381 Praktisch bedeutsam wird die unmittelbare Wirkung von EG-Richtlinien insbesondere dann, wenn eine auslegungsfähige Vorschrift im nationalen Recht fehlt. Selbst wenn man die Grenzen der Auslegung weit faßt, können Rechte und Pflichten nicht im Wege der Rechtsschöpfung in die natio-

378 Im Grundsatz handelt es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit, die letztlich auf der Unterscheidung von Rechtserkenntnis und Rechtsschöpfung beruht. Vgl. dazu Classen, EuZW 1993, S. 83 (86). Vor dem Hintergrund der Grenzen richtlinienkonformer Auslegung gestaltet sich diese Frage jedoch als äußerst problematisch und weitgehend ungeklärt. 379 Der Begriff der unmittelbaren Wirkung hat sich mittlerweile durchgesetzt und wird daher auch in vorliegender Arbeit verwendet. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß es sich hierbei lediglich um eine spezifische Fallgruppe unterschiedlicher Wirkungen handelt, die letztlich alle darauf beruhen, daß es sich bei Richtlinien um Gemeinschaftsrechtsakte handelt, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist in den Mitgliedstaaten gelten und Anwendung fmden. Vgl. oben S. 109. 380 So ausdrücklich EuGH, Urteil v. 22.6.1989 (Rs. 103/88) - "Fratelli Costanzo/Stadt Mailand" - Slg. 1989, S. 1839ff; vgl. insbesondere die Schlußanträge von Generalanwalt Lenz, Slg. 1989, S. 1851 (1856). 381 Wegen des inneren Zusammenhangs mit den übrigen Richtlinienwirkungen insbesondere der richtlinienkonformen Auslegung - wird die Thematik der unmittelbaren Richtlinienwirkung gleichwohl an dieser Stelle besprochen. Vgl. zum unmittelbaren mitgliedstaatlichen Vollzug unten S. 138f.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugs voraussetzungen

nale Rechtsordnung aufgenommen werden,382 sofern diese keine Anhaltspunkte dafür liefert. Die praktische Wirksamkeit von Richtlinien wäre jedoch fundamental in Frage gestellt, wenn sich ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtungen dadurch entziehen könnte, daß er es unterläßt, die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen in seine Rechtsordnung umzusetzen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß den Richtlinien als in den Mitgliedstaaten geltendes und anwendbares Recht rechtliche Verbindlichkeit hinsichtlich der in ihnen aufgestellten Ziele zukommt. Die Mitgliedstaaten und deren Organe sind darüber hinaus verpflichtet, an deren konkreter Durchsetzung mitzuwirken. Zwar sieht der EGV rur den Fall mitgliedstaatlicher Pflichtverletzungen das Verfahren nach Art. 169 EGV vor. Dieses allein reicht jedoch zur Sicherung und Gewährleistung insbesondere der in Richtlinien festgelegten Rechte Dritter nicht aus, da beispielsweise zeitliche Verzögerungen nicht zu verhindern sind. Ein weiteres Instrument mit Sanktionscharakter ist daher erforderlich, um die Mitgliedstaaten zur ordnungsgemäßen Umsetzung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts anzuhalten. Gerade im Umweltbereich zeigte sich in den zurückliegenden Jahren, daß Richtlinien häufig nur sehr mangelhaft, insbesondere teilweise erheblich verspätet umgesetzt wurden. 383 Eine unmittelbare Wirkung kommt nach Ablauf der Umsetzungsfrist nur denjenigen Richtlinienbestimmungen zu, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen. 384 Den staatlichen Normanwendungsorganen muß es möglich sein, allein aufgrund der europarechtlichen Vorschriften zu bestimmen, welche konkreten Einzelentscheidungen zu treffen sind. 385 Einzelne können sich gegenüber Behörden und Gerichten unmittelbar auf Rechte berufen, welche ihnen durch Richtlinien verliehen werden. 386 Nach der Rechtspre-

382 Den Richtlinien kommt insoweit lediglich eine negative bzw. kassierende Wirkung zu, als den Zielen der Richtlinie widersprechendes nationales Recht außer Anwendung zu bleiben hat. 383 Vgl. oben S. 105fT 384 Ständige Rechtsprechung: grundlegend EuGH, Urteil v. 6.10.1970 (Rs. 9/70) "GradIFA Traunstein" - Slg. 1970, S. 825ff (allerdings bezogen auf gemeinschaftliche Entscheidungen); EuGH, Urteil v. 4.12.1974 (Rs. 41174) - "van DuynlHome Office" Slg. 1974, S. 1337ff; vgl. zuletzt EuGH, Urteil v. 14.7.1994 (Rs. C-91/92) - "DarilRecreb" - Slg. 1994 I, S. 3325ff; zuletzt EuGH, Urteil v. 7.3.1996 (Rs. C-192/94)"EI Corte Inglt~s/Bläzquez Rivero" - Slg. 1996 I, S. 1281 (1296ft) zur unmittelbaren Wirkung in horizontalen Beziehungen; vgl. im übrigen - mit speziellem Bezug zum Umweltrecht - die Nachweise bei Henke, EuGH und Umweltschutz, S. 238. 385 Dies folgt bereits aus den europarechtlich anerkannten Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. 386 Ständige Rechtsprechung: vgl. etwa EuGH, Urteil v. 19.1.1982 (Rs. 8/81) "BeckerlFA Münster" - Slg. 1982, S. 53ff: Teilweise wird in diesem Zusammenhang auch von subjektiven Richtlinienwirkungen gesprochen; vgl. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 16. Vgl.

!TI. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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chung des EuGH ist letztere jedoch keine notwendige Voraussetzung der unmittelbaren Richtlinienwirkung, da etwa nationale Behörden von Amts wegen jede Richtlinienvorschrift - also auch solche, die keine subjektiven Rechte verleihen - zu beachten und anzuwenden haben (objektive unmittelbare Wirkung).387 Es ist durchaus denkbar, daß lediglich Teile einer Richtlinie unmittelbar wirken. Dabei stellt sich jedoch - wie schon bei der richtlinienkonfonnen Auslegung - die noch ungeklärte Frage der Trennbarkeit von Vorschriften innerhalb eines abgeschlossenen Regelungssystems. 388 Im Bereich des Umweltrechts entschied der EuGH389 unter anderem über die unmittelbare Wirkung von Vorschriften der Abfallrichtlinie. 390 Wesentliches Ziel der Richtlinie ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen der Abfallbeseitigung. 391 Zur Erreichung des Ziels haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen392 und hierzu insbesondere die jeweils zuständigen Behörden einzusetzen. 393 Weiterhin ist geregelt, daß alle Anlagen oder Unternehmen, in denen Abfälle für andere aufbereitet, gelagert oder abgelagert werden, einer Genehmigung durch die von den Mitgliedstaaten zu bestimmende Behörde bedürfen. 394 Ferner ist vorgesehen, daß die Mitgliedstaaten der Kommission alle drei Jahre einen Bericht über die Abfallbeseitigung übennitteln. 395 In der konkreten Vorlagefrage eines belgischen Gerichts ging es darum, ob unmittelbar aus der Richtlinie Pflichten für Abfallbeseitigungsunternehmen abgeleitet werhierzu auch EuGH, Urteil v. 14.7.1994 (Rs. C-91/92) - "DorilRecreb" - Slg. 1994 I, S. 3325tT; darin werden subjektive Richtlinienwirkungen für horizontale Verhältnisse ausdrücklich verneint. VgI. hierzu auch EuGH (Rs. C-192/94) - "EI Corte Ingles/ Blazquez Rivero" - Slg. 1996 I, S. 1296tT, Tz. 15tT. 387 Darauf wies der EuGH jüngst in einem Urteil zur Durchführung einer UVP (Wärmekraftwerk Großkrotzenburg) ausdrücklich hin; vgI. EuGH, Urteil v. 11.8.1995 (Rs. C-431192) - "KommissionlDeutschland" - Slg. 1995 I, S. 2189 (2224), Tz. 40; vgl. auch Streinz, Europarecht, Rn. 403. 388 Letztlich muß hier von Fall zu Fall entschieden werden. Der EuGH war bislang noch nicht mit einer derartigen Konstellation befaßt. Sollte sich jedoch herausstellen, daß die Ziele der Richtlinie nicht praktisch wirksam werden können, indem nur einzelnen Teilen wunittelbare Wirkung zugesprochen wird, so wird wohl eine unmittelbare Wirkung der als Einheit zu betrachtenden Regelungen insgesamt zu verneinen sein. 389 EuGH, Urteil v. 12.5.1987 (verb. Rs. 372-374/85) - "Traen u.a." - Slg. 1987, S. 2141tT. 390 Konkret ging es um die Frage der wunittelbaren Wirkung von Art. 8 und 12 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle vom 15. Juli 1975, ABI. EG L 194/39. 391 VgI. die dritte BegrÜI1dungserwägung der Richtlinie 75/442/EWG. 392 VgI. Art. 4 der Richtlinie 75/442/EWG. 393 VgI. Art. 5 der Richtlinie 75/442/EWG. 394 VgI. Art. 8 der Richtlinie 75/442/EWG. 395 Vgl. Art. 12 der Richtlinie 75/442/EWG.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

den können. Der EuGH verneinte die Frage zunächst mit dem Hinweis, daß Richtlinien selbst nicht Verpflichtungen für einzelne begründen könnten. Im übrigen verwies das Gericht darauf, daß die in Rede stehenden Bestimmungen nicht hinreichend genau und inhaltlich unbedingt seien. 396 So sei die Durchführung der Genehmigung noch von der Einsetzung der zuständigen Behörden durch die Mitgliedstaaten abhängig. Ferner enthielten die jeweiligen Artikel keine "Bestimmungen, die die form1ichen und sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der in Art. 8 genannten Genehmigung und den Inhalt der nach Artikel 12 vorgesehenen Informationen näher angeben".397 In einer weiteren Entscheidung398 ging es um die unmittelbare Wirkung von Vorschriften der UVP-Richtlinie. 399 In einem Vertragsverletzungsverfahren rügte die Kommission, daß vom Regierungspräsidium Darmstadt vor der Genehmigung des Wärmekraftwerks Großkrotzenburg am 31.8.1989 keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. Die Umsetzungsfrist der UVP-Richtlinie war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen. In seinen Gründen stellte der EuGH fest, daß zumindest in Art. 2, 3 und 8 der UVP-Richtlinie unmißverständliche Verpflichtungen für die in den einzelnen Mitgliedstaaten für die Genehmigung der Projekte zuständigen Behörden bestimmt sind. 400 Insbesondere werde der Inhalt der Prüfung festgelegt (einschließlich der Faktoren, die dabei zu berücksichtigen sind). Hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung werde den betreffenden Behörden ein gewisses Ermessen eingeräumt. 40 1 Die dabei gewonnenen Erkenntnisse seien von der entscheidenden

396 Zu diesem Hinweis war das Gericht nicht verpflichtet, da eine unmittelbare Wirkung bereits aufgrund der ersten Begründung ausschied. Da jedoch die Frage, inwieweit Richtlinien unmittelbar Verpflichtungen einzelner begründen können, erst kurze Zeit vor diesem Urteil erstmals eingehend erörtert wurde (vgI. EuGH (Rs. 152/84) "MarshalllHealth Authority" - Slg. 1986, S. 723ft), schien es opportun, in diesem Fall zusätzlich auf die Erwägung abzustellen, die Bestimmungen seien nicht hinreichend genau und inhaltlich unbedingt. Insoweit folgte der Gerichtshof auch den Schlußanträgen des Generalanwalts Mancini, vgI. Slg. 1987, S. 2148 (2151 ). 397 Tz. 25. 398 VgI. EuGH, Urteil v. 11.8.1995 (Rs. C-431192) - "KommissionfDeutschland" Slg. 1995 I, S. 21 89ff. VgI. zu diesem Urteil Calliess, NVwZ 1996, S. 339ff. VgI. in diesem Zusammenhang auch den Beschluß des VG München vom 21.2.1989 (NVwZ 1990, S. 287; kritisch dazu Beckmann, DVBI. 1991, S. 364): In dem zugrundeliegenden Fall ging es um die Zulassung des vorzeitigen Beginns einer Abfallbeseitigungsanlage nach § 7a Abtu. Das VG München lehnte in seiner Entscheidung eine unmittelbare Wirkung von Bestimmungen der UVP-Richtlinie ab, da angesichts der verschiedenen, in der Literatur vertretenen Meinungen zur Auslegung der UVPRichtlinie nicht von einer hinreichenden Bestimmtheit gesprochen werden könne. 399 Richtlinie 85/337/EWG, ABI. EG L 175/40. 400 Tz. 39. 401 VgI. Art. 3 der UVP-Richtlinie.

m. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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Behörde in jedem Fall bei der Genehmigung zu beTÜcksichtigen. 402 Ausdrücklich wies der EuGH ferner darauf hin, daß eine unmittelbare Wirkung nicht davon abhängig sei, daß die betreffenden Bestimmungen dem einzelnen Rechte verleihen. Vielmehr sei allein entscheidend, daß der Mitgliedstaat seinen Pflichten nicht nachkomme, und diese Pflichten hinreichend genau und inhaltlich unbedingt festgelegt seien. 403 Eine Einschränkung nahm der EuGH im Hinblick auf Richtlinienbestimmungen vor, die dem einzelnen Pflichten auferlegen. 404 Dabei können vertikale von horizontalen Verhältnissen unterschieden werden. Bei ersteren handelt es sich um Verpflichtungen des Bürgers gegenüber dem Staat,405 während letztere Rechtsverhältnisse der Bürger untereinander festlegen. 406 Schließlich kommen auch Konstellationen in Betracht, bei denen einzelnen Bürgern Rechte verliehen werden, diese jedoch mit Verpflichtungen anderer verknüpft sind (sogenannte Richtlinien mit Doppelwirkung).407 Seinen Ausgang nahm die Rechtsprechung des EuGH in der Entscheidung "Marshall".408 In dem zugrundeliegenden Fall ging es unter anderem um die Frage, ob sich eine Arbeitnehmerin unmittelbar auf Rechte (gegen ihre erfolgte

402 Vgl. Art. 8 der UVP-Richtlinie. 403 Tz. 26. 404 Vgl. EuGH (Rs. 152/84) - "Marshall1Health Authority" - Slg. 1986, S. 723 (748); EuGH (verb. Rs. 372-374/85) - "Traen u.a." - Slg. 1987, S. 2141 (2159); EuGH (Rs. 80/86) - "Kolpinghuis Nijmegen" - Slg. 1987, S. 3969 (3985); EuGH (Rs. C-106/89) "MarleasingILa Comercial Internacional de Alimentacion" - Slg. 1990 I, S. 4135 (4158); EuGH (Rs. C-221/88) - "EGKS/ Busseni" - Slg 1990 I, 495 (525); EuGH (Rs. C-91/92) - "DorilRecreb" - Slg. 1994 I, S. 3325 (3355); EuGH (Rs. C-192/94) - "EI Corte Ingles/Blazquez Rivero" - Slg. 1996 I, S. 1296 (1303). An der sachlichen Berechtigung dieser Rechtsprechung wurden teilweise in der Literatur Zweifel geäußert, da die effektive Durchsetzung europarechtlicher Verpflichtungen generell eine unmittelbare Wirkung verlange und andernfalls die Gefahr von Wertungswiderspruchen bestehe; vgl. hierzu Nicolaysen, EuR 1984, S. 387; Richter, EuR 1988, S. 394 (399f); Winter, DVBl. 1991, S. 657 (665). 405 In diesen Fällen wird auch von umgekehrten vertikalen Verhältnissen gesprochen, um eine sprachliche Abgrenzung zu denjenigen Konstellationen vorzunehmen, in denen Richtlinien dem Bürger Rechte gegenüber dem Staat verleihen. Vgl. dazu Langenfe1d, DÖV 1992, S. 955 (958f). 406 Vgl. zum Begriff der horizontalen und vertikalen Richtlinienwirkung Papier, DVBl. 1993, S. 809 (810). 407 Vgl. zum Problem der Doppelwirkung von EG-Richtlinien Papier, DVBl. 1993, S. 809 (810ft); Classen, EuZW 1993, S. 83 (84ft); Langenfeld, DÖV 1992, S. 955 (960f); Jarass, NJW 1991, S. 2665 (2667f); Pernice, NVwZ 1990, S. 414 (425f); Breuer WiVerw 1990, S. 79 (96f); Albin, NuR 1997, S. 29ff. 408 Vgl. EuGH, Urteil v. 26.2.1986 (Rs. 152/84) - "MarshalllHealth Authority" - Slg. 1986, S. 723ff.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Entlassung aus einem Arbeitsverhältnis) gegenüber dem Arbeitgeber berufen kann, die ihr durch die Richtlinie 76/207fEWG verliehen werden. Zunächst stellte der Gerichtshof fest, daß im Wege der richtlinienkonformen Auslegung ein den Zielen der Richtlinie entsprechendes Ergebnis nicht zu erreichen sei. Allerdings erfüllten die einschlägigen Richtlinienbestimmungen die an eine unmittelbare Wirkung gestellten Anforderungen. Daraus könnten jedoch keine Verpflichtungen für Private begründet werden. Dies ergebe sich aus der Rechtsnatur der Richtlinie, deren verbindlicher Charakter sich auf Mitgliedstaaten, an die sie gerichtet sind, beschränkt. Entscheidend kam es somit darauf an, ob der Arbeitgeber als staatliche Stelle oder als Privater anzusehen war. 409 Nachdem in der Folgezeit die Reichweite unmittelbarer Richtlinienwirkungen gerade im Hinblick auf horizontale Verhältnisse kontrovers diskutiert wurde,410 verneinte der EuGH in der Entscheidung "Dori"411 erneut ausdrücklich eine horizontale Direktwirkung nicht umgesetzter Richtlinienbestimmungen. In einem italienischen Rechtsstreit ging es darum, ob sich einzelne aufRechte aus der Richtlinie 85/577fEWG412 berufen können. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hatte einen außerhalb eines Geschäftsraumes mit einem privaten Unternehmen geschlossenen Vertrag widerrufen. Da die Möglichkeit des Widerrufs auch nach Ablauf der Umsetzungsfrist im italienischen Recht nicht vorgesehen war, stellte sich die Frage, ob den Bestimmungen der Richtlinie 85/577fEWG unmittelbare Wirkung zukommt. Zunächst stellte der EuGH in seinen Gründen fest, daß die betreffenden Artikel hinreichend genau und inhaltlich unbedingt seien. Weiter führte er aus, daß eine unmittelbare Wirkung gleichwohl ausscheide, da durch den Erlaß von Richtlinien keine Pflichten Privater angeordnet werden könnten. Diese Befugnis stehe

409 Im Ergebnis wurde die unmittelbare Wirkung bejaht, da es sich um eine staatliche Stelle handelte. Der EuGH wies den Einwand, der Staat habe wie ein privater Arbeitgeber gehandelt, mit dem Hinweis zurück, es käme im Hinblick auf die Geltendmachung subjektiver Rechte nicht darauf an, in welcher Funktion - als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger - der Staat im konkreten Fall gehandelt habe. In beiden Fällen müsse nämlich verhindert werden, daß der Staat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen ziehen könne; vgl. Tz. 48f. Vgl. kritisch zu diesem Aspekt des Urteils Richter, EuR 1988, S. 394 (4001). 410 Vgl. Richter, EuR 1988, S. 394 (398); Langenfeld, Döv 1992, S. 955 (958); 01denbourg, Die unmittelbare Wirkung von EG-Richtlinien im innerstaatlichen Bereich; Nicolaysen, EuR 1984, S. 380 (385ft); Papier, DVBI. 1993, S. 809ff; Classen, EuZW 1993, S. 83ff; Ukrow, NJW 1994, S. 2469ff. 411 EuGH, Urteil v. 14.7.1994 (Rs. C-91/92) - "DorilRecreb" - Slg. 1994 I, S. 3325ff; vgl. auch die Besprechung von Ukrow, NJW 1994, S. 2469ff. 412 Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABI. EG 1985 L 372/31.

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der Gemeinschaft lediglich beim Erlaß einer Verordnung zu. Im folgenden weist der EuGH allerdings auch darauf hin, daß die Möglichkeiten einer richtlinienkonfonnen Auslegung des nationalen Rechts ausgeschöpft werden müßten. 413 Ferner käme ein Schadensersatzanspruch gegen den Mitgliedstaat wegen des Verstoßes gegen die Umsetzungspflicht in Betracht. 414 Spätestens seit dieser Entscheidung dürfte somit die horizontale Direktwirkung von Richtlinien auch in allen anderen Rechtsgebieten der Gemeinschaft ausgeschlossen sein. 415 Im Grundsatz ist der Gerichtshof somit konsequent geblieben, indem er allein auf die Rechtsnatur der Richtlinie, wie sie im EGV zum Ausdruck kommt, abstellt. Ferner würde eine Anerkennung auch der horizontalen unmittelbaren Wirkung mit dem gemeinschaftlichen Gesetzesvorbehalt kollidieren, wonach in Grundrechte einzelner nur in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren eingegriffen werden darf. 416 Schwierigkeiten könnte jedoch die Tatsache bereiten, im Einzelfall feststellen zu müssen, ob tatsächlich ein Handeln des Staates oder eines Privaten vOrliegt.417 Nicht immer dürften die Fälle so eindeutig liegen wie in der zuletzt angesprochenen Entscheidung. Bei den - für den Umweltbereich im übrigen relevanteren - Fällen vertikaler Verhältnisse stellte der EuGH in der Entscheidung "Kolpinghuis"418 fest, daß "eine Richtlinie nicht ( ... ) für sich allein und unabhängig von zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften die Wirkung haben kann, die strafrechtliche Verantwortlichkeit derjenigen, die gegen die Vorschriften der Richtlinie verstoßen, festzulegen oder zu verschärfen".419 Dies ergebe sich bereits aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Grundsatz der Rechtssicherheit sowie dem RückwirkungsverbOt. 420 Somit gilt auch im Verhältnis des Bürgers zum Staat, daß Verpflichtungen des einzelnen nicht unmittelbar aus der Richtlinie abgeleitet werden können. 421

413 Tz. 26. 414 Tz. 27ff. 415 Aktuell bestätigt wird dies durch EuGH, Urteil v. 7.3.1996 (Rs. C-192/94) - "EI Corte Ingh!sI Blazquez Rivero" - Slg. 1996 I, S. 1296 (1303). 416 Vgl. hierzu Ukrow, NJW 1994, S. 2469, der in diesem Zusammenhang auch auf Art. 191 EGV verweist, wonach nicht bei allen Richtlinien eine konstitutive Publikation vorgesehen sei (vgl. Art. 191 Abs. 3). 417 Vgl. dazu bereits Richter, EuR 1994, S. 394 (400f). 418 EuGH, Urteil v. 8.10.1987 (Rs. 80/86) - "Kolpinghuis Nijmegen" - Slg. 1987, S. 3969ff. Vgl. zu diesem Urteil Richter, EuR 1988, S. 394ff. 419 Tz. 14. 420 Tz. 13. 421 Freilich handelte es sich in dem zugnmdeliegenden Fall um die stärkste Form der Belastung, nämlich die Auferlegung strafrechtlicher Sanktionen.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

In der Entscheidung "Costanzo,,422 ging der Gerichtshof auf die Frage der belastenden Wirkung von Richtlinienbestimmungen für einzelne dagegen nicht ein, obwohl Anlaß dazu bestanden hätte. 423 In dem Rechtsstreit ging es unter anderem um die Frage der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie 7113051 EWG.424 Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Zuge der Organisation der Fußballweltmeisterschaft 1990 in Italien fand am 3. August 1987 eine Ausschreibung für Arbeiten zur Erweiterung, Modernisierung und Überdachung des "G. Meazza" - Stadions in Mailand statt. Den Zuschlag erhielt schließlich das Unternehmen mit dem zweitgünstigsten Angebot. Der günstigste Anbieter wurde demgegenüber vom Rat der Stadt Mailand nicht berücksichtigt, weil sein Angebot nach italienischem Recht als ungewöhnlich niedrig anzusehen und daher automatisch auszuschließen war. Der EuGH stellte in seiner Entscheidung fest, daß das Vergabeverfahren im Widerspruch zu den Zielen der Richtlinie 71/305IEWG stehe. Weiterhin lägen die Voraussetzungen für eine unmittelbare Wirkung von Art. 29 Abs. 5 der Richtlinie 711305IEWG425 vor, so daß sich der ausgeschlossene Bewerber unmittelbar darauf berufen könne mit der Folge, daß ihm - unterstellt, die Voraussetzungen der Richtlinienbestimmung sind erfüllt - der Zuschlag zu erteilen wäre. Logischerweise ist der bereits vergebene Auftrag dann zu widerrufen. Somit ereilt den zweitgünstigsten Anbieter - sozusagen als Rechtsreflex der unmittelbaren Wirkung von Art. 29 Abs. 5 der Richtlinie 711305IEWG - eine spürbare Beeinträchtigung. Die Anwendung der Vorschrift führt somit zu einer Art Doppelwirkung: Die Begünstigung des einen Bewerbers geht zwangsläufig einher mit der Belastung des anderen. Der Gerichtshof nimmt hierzu allerdings nicht Stellung. Offenbar geht er davon aus, daß derartige - faktische oder mittelbare - Belastungen vom einzelnen hinzunehmen sind, solange sie sich als bloßer 422 EuGH, Urteil v. 22.6.1989 (Rs. 103/88) - "Fratelli Costanzo/Stadt Mailand" Slg. 1989, S. 1839ff. 423 Dies wird bestätigt durch die teilweise kritischen Reaktionen in der Literatur zu diesem Urteil; vgI. Krämer, WiVerw 1990, S. 140 (152); Henke, EuGH und Umweltschutz, S. 260. 424 Konkret betroffen war Art. 29 Abs. 5 der Richtlinie 71/3051EWG vom 26.7.1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, ABI. EG L 185/5. 425 Art. 29 Abs. 5 der Richtlinie 711305IEWG lautet: "Sind im Falle eines bestimmten Auftrags Angebote im Verhältnis zur Leistung offensichtlich ungewöhnlich niedrig, so überprüft der öffentliche Auftraggeber vor der Vergabe des Auftrags die Einzelposten des Angebots. Er berücksichtigt das Ergebnis dieser Überprüfung. Zu diesem Zweck fordert er den Bieter auf, die erforderlichen Belege beizubringen, und teilt ihm gegebenenfalls mit, welche Belege als unannehmbar erachtet werden. Sehen die Unterlagen für einen Auftrag die Vergabe zum niedrigsten Preis vor, so muß der öffentliche Auftraggeber die Ablehnung der für zu niedrig erachteten Angebote vor dem Beratenden Ausschuß, der durch den Beschluß des Rates vom 26. Juli 1-971 eingesetzt wurde, begründen."

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Rechtsreflex darstellen und sich nicht unmittelbar aus den Gemeinschaftsvorschriften selbst ergeben. EG-Umweltrichtlinien können ebenfalls solche Doppelwirkungen entfalten. 426 Im Falle der Zulassung eines Projekts, welches Auswirkungen auf die Umwelt hat, wird der Betreiber begünstigt, Nachbarn werden jedoch gleichzeitig durch die zu erwartenden Umweltbeeinträchtigungen belastet. Eine unmittelbare Berufung auf die Bestimmungen der Umweltinformationsrichtlinie wirkt sich für den Anspruchsteller günstig, für den Unternehmer, dessen betriebliche Unterlagen möglicherweise eingesehen werden können, belastend aus. Inwieweit solche Belastungen dazu führen können, daß eine Direktwirkung ausgeschlossen wird, ist vom EuGH noch nicht abschließend geklärt. Gewisse Rückschlüsse ergeben sich jedoch aus einer Entscheidung427 im Rahmen des EGKS-Vertrags: Dort setzte sich der EuGH mit den Wirkungen von EGKS-Empfehlungen auseinander, die von ihrer Rechtsnatur her den EGRichtlinien gleichzusetzen sind. 428 In einem italienischen Konkursverfahren beantragte die EGKS auf der Grundlage der Empfehlung 86/198/EGKS die Feststellung eines Anspruchs auf bevorzugte Befriedigung. Eine Direktwirkung hätte hier nicht nur den Mitgliedstaat, sondern auch andere private Gläubiger belastet, da sich deren Chancen auf Befriedigung verringert hätten. Der EuGH stellte in seinen Gründen darauf ab, daß ein Vorrecht der EGKS gegenüber den privaten Gläubigem zwangsläufig dazu führen würde, daß diese unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt würden. 429 Die EGKS könne sich auf ihr Vorrecht daher nur gegenüber einem Mitgliedstaat berufen, "sofern die Anerkennung des Vorrechts ihrer Forderungen nur gegenüber diesem Staat wirkt".430 Die Besonderheit des Falles lag allerdings auch darin, daß hier vertikale431 und horizontale432 Verhältnisse aufeinandertrafen. Zusammenfassend gilt auch für vertikale Verhältnisse, daß Richtlinien nicht selbst Verpflichtungen für einzelne begründen und daher als solche ihnen ge426 Vgl. zur Problematik von Richtlinien mit Doppelwirkungen Classen, EuZW 1993, S. 83 (84f); Jarass, NJW 1991, S. 2665 (2667f); Langenfeld, DÖV 1992, S. 955 (960f); Papier, DVBl. 1993, S. 809 (810ft); Krämer, WiVerw 1990, S. 138 (152f); AIbin, NuR 1997, S. 29fT. 427 EuGH, Urteil v. 22.2.1990 (Rs. C-221188) - "EGKSlBusseni" - Slg. 1990 I, S. 495fT. 428 Vgl. Art. 14 Abs. 3 EGKSV: "Die Empfehlungen sind hinsichtlich der von ihnen bestimmten Ziele verbindlich, lassen jedoch denen, an die sie gerichtet sind, die Wahl der für die Erreichung der Ziele geeigneten Mittel. " 429 Tz. 25. 430 Tz. 30. 431 Im Verhältnis des Mitgliedstaates zur EGKS, die im Konkursverfahren wie ein privater Gläubiger zu behandeln ist. 432 Im Verhältnis der EGKS zu den übrigen privaten Gläubigern.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

genüber nicht in Anspruch genommen werden können. Wann eine Richtlinie Private verpflichtet, kann nur aus den Richtlinienbestimmungen selbst ennittelt werden. Wirken sich Richtlinienbestimmungen lediglich faktisch oder mittelbar, sozusagen als Rechtsreflex, belastend aus, ist dies von den Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen. Ob auch in diesen Fällen ausnahmsweise eine Direktwirkung zu verneinen sein wird, etwa weil die Belastung sehr eng mit der gewährten Begünstigung verknüpft ist, bleibt abzuwarten. Der EuGH hat sich hierzu endgültig noch nicht festgelegt. Die EGKS-Entscheidung deutet jedoch darauf hin, daß in extrem gelagerten Einzelfällen eine Direktwirkung ausscheiden kann. dd) Richtlinienwirkungen und tatsächliche Verwaltungspraxis Die von Richtlinien ausgehenden und von den nationalen Behörden zu beachtenden Wirkungen wurden soeben erläutert. Eine ganz andere Frage ist die tatsächliche Beachtung dieser Wirkungen in der Verwaltungspraxis der Mitgliedstaaten. Zu berücksichtigen ist dabei, daß die an den einzelnen Behördenmitarbeiter gestellten Anforderungen sehr hoch sind. Fehlerfreie Normanwendung setzt danach nicht nur die Kenntnis und das Verständnis der Rechtsprechung des EuGH voraus, sondern daneben das Vorhandensein entsprechender Primär- und Sekundärliteratur in den einzelnen Behörden. Bei umfassender rechtlicher Prüfung muß unter Umständen mit einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand gerechnet werden. Ferner werden durch EG-Umweltrichtlinien nicht selten neue Bestimmungen materiell- oder verfahrensrechtlicher Art in die nationale Rechtsordnung übernommen, für die es weder eine einheitliche Verwaltungspraxis noch eine längere Verwaltungserfahrung gibt. Nicht zuletzt bestehen hinsichtlich der Behördenorganisation und ausstattung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten teilweise erhebliche qualitative Unterschiede. Während rechtlich betrachtet die Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Union gleichermaßen gelten, könnte sich faktisch aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den Verwaltungen eine Mehrklassengesellschaft herausbilden. Inwieweit deutsche Behörden die von EG-Umweltrichtlinien ausgehenden Wirkungen tatsächlich beachten, wird anband der empirischen Analyse im 3. Kapitel noch zu zeigen sein. d) Der Staatshaftungsanspruch als Korrektiv bei Vollzugsmangeln?

Die praktische Wirksamkeit von Richtlinien ist durch Fehler beim Vollzug gefährdet. Umsetzungsdefizite der Mitgliedstaaten können allerdings nicht immer dadurch kompensiert werden, daß beim Erlaß behördlicher Einzelakte Richtlinienwirkungen beachtet werden. Insbesondere die unmittelbare Wirkung ist an Voraussetzungen geknüpft, die bei vielen Bestimmungen nicht erfüllt sein werden. Ferner setzt die richtlinienkonforme Auslegung immer auch eine auslegungsfähige Vorschrift im nationalen Recht voraus. Vielfach wird es

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jedoch so sein, daß es zu Vollzugsmängeln kommt, weil die von Richtlinien ausgehenden Wirkungen nicht beachtet werden. Das kann auch dann der Fall sein, wenn der nationale Umsetzungsakt nicht zu beanstanden ist. 433 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit der einzelne Bürger den Staat für Schäden haftbar machen kann, die auf Mängeln beim Vollzug beruhen. Der Gerichtshof stellte in der "Francovich" - Entscheidung434 die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Ersatz des durch eine Vertragsverletzung entstandenen Schadens fest. 435 Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: In mehreren Fällen klagten italienische Arbeitnehmer, deren Firmen in Konkurs geraten waren, auf Zahlung rückständigen Lohns. Den Klagen wurde von seiten der nationalen Gerichte stattgegeben. Allerdings erhielten die Kläger kein Geld, weil in einem Fall die Zwangsvollstreckung erfolglos blieb, in den übrigen Fällen im Rahmen eines Konkursverfahrens eine quotenmäßige Verteilung mangels Masse sehr unwahrscheinlich war. Die Richtlinie 80/9871EWG436 sieht jedoch spezielle Mindestgarantien für die Befriedigung nichterfüllter Lohnansprüche vor. Italien setzte die Richtlinie auch nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht in nationales Recht um. 437 Die Kläger verlangten daher unter Berufung auf die Bestimmungen der Richtlinie 80/987/EWG, die Italienische Republik zur Zahlung des rückständigen Arbeitsentgelts - zumindest in Höhe der drei letzten Monatsgehälter - zu verurteilen, hilfsweise Schadensersatz zu leisten. Nachdem entsprechende Vorlagefragen an den EuGH gerichtet wurden, stellte dieser zunächst fest, daß eine Direktwirkung der Richtlinienbestimmungen ausscheide. Er begründete dies

433 Die im konkreten Fall entscheidende Behörde hat den jeweiligen Umsetzungsakt nämlich anhand der Ziele der zugrundeliegenden Richtlinie auszulegen. Werden diese mißachtet, liegt ebenfalls ein Vollzugsfehler vor. Vgl. dazu oben S. 112ff. 434 EuGH, Urteil v. 19.11.1991 (verb. Rs. C-6 und 9/90) - "Francovich u.a./ltalien" Slg. 1991 I, S. 5357ff; vgl. zur mittlerweile umfangreichen Literatur zu diesem Urteil Streinz, Jura 1995, S. 6ff; Geiger, DVBl. 1993, S. 465ff; Ossenbühl, DVBl. 1992, S. 993ff; Nettesheim, DÖV 1992, S. 999ff; Henrichs, Haftung der EG-Mitgliedstaaten fiIr Verletzung von Gemeinschaftsrecht, jeweils mit umfangreichen Nachweisen. 435 Bereits zuvor äußerte sich der Gerichtshof zur Frage staatshaftungsrechtlicher Anspruche einzelner; vgl. hierzu die Nachweise bei Schockweiler, EuR 1993, S. 107 (110f).

436 Richtlinie 80/9871EWG vom 20.10.1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, ABI. EG 1980 L 283/23. 437 Der EuGH stellte bereits im Jahre 1989 in einem Urteil fest, daß Italien dadurch gegen den EGV verstieß, daß es seinen Umsetzungsverpflichtungen aus der Richtlinie 80/9871EWG nicht nachkam; vgI. Slg. 1989, S. 143ff.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

damit, daß Art. 5 der Richtlinie 438 als nicht hinreichend genau und inhaltlich unbedingt anzusehen sei, um allein aus dieser Bestimmung staatliche Zahlungspflichten abzuleiten. Dort sei zwar geregelt, daß die Mitgliedstaaten Garantieeinrichtungen festzulegen hätten. Hinsichtlich deren Aufbau, Mittelaufbringung und Arbeitsweise komme ihnen allerdings ein sehr großer Gestaltungsspielraum zu. Die Pflicht zur Erstattung der nichterfullten Ansprüche treffe daher die Garantieeinrichtungen und nicht den betreffenden Mitgliedstaat. Seien diese noch nicht festgelegt, so könne der Staat nicht automatisch als Schuldner angesehen werden, da auch die Verpflichtung aus der Richtlinie nicht so weit reiche. Allerdings habe der Mitgliedstaat dadurch, daß er die Richtlinie nicht umsetzte und insbesondere keine Garantieeinrichtungen schuf, gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Dieser Verstoß führte zu den bei den Klägern entstandenen Schäden. Die Untätigkeit des Staates dürfe jedoch nicht dazu führen, daß die durch die Richtlinie den einzelnen verliehenen Rechte von diesen nicht geltend gemacht werden könnten. Sonst wäre die volle Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen in Frage gestellt. 439 Der EuGH formulierte die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch einzelner gegen den Staat folgendermaßen: "Erstens muß das durch die Richtlinie vorgeschriebene Ziel die Verleihung von Rechten an einzelne beinhalten. Zweitens muß der Inhalt dieser Rechte auf der Grundlage der Richtlinie bestimmt werden können. Drittens muß ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat auferlegte Verpflichtung und dem den Geschädigten entstandenen Schaden bestehen. "440 Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei der Schaden im Rahmen des jeweiligen nationalen Haftungsrechts zu beheben. 441 Die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze, insbe438 Art. 5 der Richtlinie 80/9871EWG lautet: "Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten des Aufbaus, der Mittelaufbringung und der Arbeitsweise der Garantieeinrichtungen fest, wobei sie insbesondere folgende Grundsätze beachten: a) Das Vennögen der Einrichtungen muß vom Betriebsvennögen der Arbeitgeber unabhängig und so angelegt sein, daß es einem Verfahren bei Zahlungsunfähigkeit nicht zugänglich ist. b) Die Arbeitgeber müssen zur Mitte1aufbringung beitragen, es sei denn, daß diese in vollem Umfang durch die öffentliche Hand gewährleistet ist. c) Die Zahlungspflicht der Einrichtungen besteht unabhängig von der Erfüllung der Verpflichtungen, zur Mitte1aufbringung beizutragen." 439 Der Amtshaftungsanspruch folge somit aus dem Wesen der mit dem Vertrag geschaffenen Rechtsordnung; vgl. Tz. 35. Vgl. zu dem Streit über die Kompetenz des EuGH zu derart weitreichender Rechtsfortbildung anläßlich des Francovich-Urteils Ossenbühl, DVBl. 1992, S. 993ff.; Streinz, Jura 1995, S. 6 (9); Vgl. hierzu auch EuGH, Urt. v. 5.3.1996 (verb. Rs. C-46 u. 48/93) - "Brasserie du PecheurlBundesrepublik Deutschland" - Slg. I 1996, S. 1029 (1141). 440 Tz. 40. 441 Nettesheim, DÖV 1992, S. 999 (1000), und Streinz, EuZW 1993, S. 599, interpretieren die "Francovich"-Entscheidung deshalb dahingehend, daß nicht ein gemein-

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sondere das Diskriminierungsverbot sowie das Effizienzgebot, müßten dabei allerdings beachtet werden. 442 Der EuGH fiihrte seine Rechtsprechung zu den von Richtlinien ausgehenden Wirkungen somit konsequent fort. Dieser Rechtsprechung liegt die Überlegung zugrunde, daß der Staat sein eigenes gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten dem einzelnen nicht entgegenhalten können soll, wenn dieser sich auf ihm verliehene Rechte beruft. Ob die Durchsetzung dieser Rechte von einem weiteren Tätigwerden des Staates abhängt, spielt lediglich fiir die Frage der Direktwirkung eine Rolle. Im übrigen läßt sich nur so die einheitliche Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten gewährleisten. Die Rechtsordnung wäre nämlich in Frage gestellt, wenn sich Unionsbürger gegenüber einem Mitgliedstaat, der seinen Umsetzungspflichten nachgekommen ist, auf gemeinschaftsrechtlich verliehene Rechte berufen könnten, gleiches jedoch einem anderen Staat gegenüber nicht möglich wäre. In einer weiteren Entscheidung,443 in der es ebenfalls um die Richtlinie 80/987IEWG ging, bestätigte der EuGH die Grundsätze aus dem "Francovich" - Urteil. 444 In den eben genannten Urteilen sprach der EuGH den Klägern staatshaftungsrechtliche Ansprüche wegen Verstößen der Mitgliedstaaten gegen ihre Umsetzungspflichten zu. Es stellt sich allerdings die Frage, ob auch andere Pflichtverstöße, beispielsweise ein Verstoß gegen primäres Gemeinschaftsrecht oder eine Nichtbeachtung der von Richtlinien ausgehenden Wirkungen durch nationale Vollzugsorgane, derartige Ansprüche begründen können, und von

schaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, sondern eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Schaffung eines nationalen Staatshaftungsanspruchs nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben begründet werde. 442 Tz. 42. 443 VgI. EuGH, Urteil v. 16.12.1993 (Rs. C-334/92) - "Teodoro Wagner MiretIFondo de Garantia Salarial" - Slg. 1993 I, S. 6911ff. 444 VgI. hierzu auch den Vorlagebeschluß des LG Bonn, Beschluß v. 6.6.1994 - 1 0 310/93 - EuZW 1994, S. 442ffund das hierzu ergangene Urteil des EuGH v. 8.10.1996 (Verb. Rs. C-178/94, C-179/94, C-188/94, C-189/94 und C-190/94) - "Erich Dillenkofer u.a./Bundesrepublik Deutschland" - Tätigkeitsberichte Nr. 26/96, S. Iff, betreffend die Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der nicht rechtzeitigen Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (Richtlinie 90/3131EWG vom 13.6.1990 über Pauschalreisen, ABI. EG L 1990 158/59). In den meisten Fällen hatten Reisende im ersten Halbjahr 1993 Pauschalreisen gebucht und sofort eine Anzahlung oder den gesamten Reisepreis geleistet, ohne von den Reiseveranstaltern irgendwelche Sicherheiten zu erhalten. Als die Reiseveranstalter kurz vor Reiseantritt in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, traten viele von der Reise zurück, zum Teil wurde den Reisenden der Rückflug verweigert. Die dabei entstandenen Schäden machten diese dann geltend. 9 Engelsberger

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

welchen Voraussetzungen deren Geltendmachung abhängt. 445 Der EuGH legt sich insoweit in der Francovich-Entscheidung nicht endgültig fest, sondern spricht lediglich allgemein davon, daß der Grundsatz einer Haftung des Staates für Schäden, die dem einzelnen durch dem Staat zurechenbare Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstünden, untrennbar zu der durch den EWGVertrag geschaffenen Rechtsordnung gehöre. 446 Die Voraussetzungen, unter denen ein Entschädigungsanspruch gewährt werden könne, hingen jedoch von der Art des Verstoßes ab, der dem verursachten Schaden zugrundeliege. 447 Eine Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erfolgte jüngst in der Entscheidung "Brasserie du Pecheur" und "Factortame".448 Gegenstand des Urteils waren ein deutsches449 und ein britisches Vorabentscheidungsersuchen, in denen es um Schadensersatzansprüche privater Unternehmen gegen die Staatskasse ging. Dem deutschen Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, eine französische Brauerei mit Sitz im Elsaß, verlangt von der Bundesrepublik Deutschland Ersatz des ihr durch Einfuhrbeschränkungen in den Jahren 1981 bis 1987 entstandenen Schadens in Höhe eines Teilbetrages von 1,8 Mio. DM. Sie habe ihre Bierexporte Ende 1981 einstellen müssen, weil es dem in §§ 9, 10 BiersteuerG450 festgelegten Reinheitsgebot nicht entsprach. In einem Urteil 451 aus dem Jahre 1987 entschied der EuGH, daß das Verbot des Inverkehrbringens von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführtem Bier, das nicht den deutschen Rechtsvorschriften entsprach, gegen Art. 30 EGV verstieß. Für das vorlegende Gericht stellten sich in diesem Zusammenhang mehrere Fragen zur Reichweite der Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung: Zunächst ging es um die Frage, ob der Staat auch dann haftet, wenn der Gemeinschaftsrechtsverstoß darin besteht, daß nationales Recht nicht den Vor-

445 Für den einzelnen wird es im übrigen keinen relevanten Unterschied machen, ob sein Schaden auf einem legislativen oder exekutiven Fehlverhalten des Mitgliedstaates beruht; vgl. dazu Jarass, NJW 1994, S. 881 (884). 446 Vgl. EuGH (verb. Rs. C-6 u. 9/90) - "Francovich u.a./ltalien" - Slg. 1991 I, S. 5357 (5414), Tz. 35. 447 Tz. 38. 448 Vgl. EuGH, Urteil v. 5.3.1996 (verb. Rs. C-46 u. 48/93) - "Brasserie du Pecheur lBundesrepublik Deutschland u. The QueeniSecretary of State for Transport" - Sig. 1996 I, S. 1029ff; vgl. die Arunerkung zu diesem Urteil von Streinz, EuZW 1996, S. 201ff.

449 BGH, Beschluß vom 28.1.1993 - III ZR 127/91 - EuZW 1993, S. 226ff; vgl. auch das auf die Vorlageentscheidung des EuGH hin ergangene - abweisende - Urteil des BGH, Urteil vom 24.10.1996 - III ZR 127/91 - NJW 1997, S. 123ff. 450 Gesetz v. 14.3.1952 i.d.F. v. 14.12.1976, BGB!. I, S. 3341 (3357). 451 EuGH, Urteil v. 12.3.1987 (Rs. 178/84) - "KommissionlDeutschland" - Sig. 1987, S. I 227ff.

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schriften des primären Gemeinschaftsrechts angepaßt wurde. 452 Der EuGH bejahte diese Frage mit dem Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung, insbesondere die Grundsätze aus dem "Francovich"-Urteil. Es folge aus dem Wesen der mit dem Vertrag geschaffenen Rechtsordnung, daß der Staat für Schäden hafte, die dem einzelnen durch dem Staat zurechenbare Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstünden. 453 Dieser Grundsatz gelte unabhängig davon, welches mitgliedstaatliche Organ durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß begangen habe. 454 Ausführlich geht der EuGH in diesem Zusammenhang auf den Einwand Deutschlands ein, er überschreite mit der Anerkennung eines Staatshaftungsanspruchs seine Kompetenzen. 455 Zunächst verweist er auf Art. 164 EGV und die ihm dadurch übertragene Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrages zu sichern. 456 Im übrigen verweise auch Art. 215 Abs. 2 EGV für den Bereich der außervertraglicl}en Haftung der Gemeinschaft auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Dieser Grundsatz sei lediglich eine Ausprägung des in allen Mitgliedstaaten geltenden Prinzips, daß eine rechtswidrige Handlung oder Unterlassung zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens führe. 457 Im folgenden werden die an die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs zu stellenden Voraussetzungen präzisiert. An dieser Stelle wird zunächst auf die Grundlagen der Staatshaftung verwiesen: Diese folge nämlich aus dem Gebot, dem einzelnen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, sowie aus der Mitwirkungspflicht der Mitgliedstaaten nach Art. 5 EGV.458 Neu ist die dann folgende Heranziehung der EuGH-Rechtsprechung zur außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft gemäß Art. 215 Abs. 2 EGV. Die Vor452 Im Gegensatz zur Francovich-Entscheidung ging es hier nicht um Schäden aufgrund der Nichtumsetzung einer EG-Richtlinie, sondern wegen der Nichtanpassung der seinerzeitigen §§ 9 und 10 BStG an die höherrangigen Normen des Gemeinschaftsrechts. Im übrigen wurde vom BGH - NJW 1997, S. 123 - eine Haftung der Bundesrepublik wegen der einzelnen, aufgrund der gemeinschaftsrechtswidrigen nationalen Bestimmungen getroffenen behördlichen Maßnahmen hier deshalb verneint, da die klagende Brauerei niemals selbst Adressat entsprechender belastender Verwaltungsakte war. Vgl. hierzu auch Streinz, EuZW 1996, S. 201 (202); Nettesheim, DÖV 1992, S. 999 (1002). Vgl. zur Normverwerfungspflicht nationaler Behörden auch oben S. l1Of. 453 Tz. 3l. 454 Tz. 32. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Bezugnahme auf das Völkerrecht und den dort geltenden Grundsatz, der Staat hafte wegen Verstoßes gegen völkerrechtliche Verpflichtungen als Einheit; Tz. 34; vgl. auch Streinz, EuZW 1996, S. 201 (202). 455 Tz. 24.

456 Tz. 27. 457 Tz. 28f. 458 Tz. 39.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

aussetzungen für die Begründung eines staatshaftungsrechtlichen Anspruchs dürften sich nicht ohne besonderen Grund unterscheiden. Der Rechtsschutz könne nämlich nicht unterschiedlich sein, je nachdem, ob der Pflichtverstoß auf ein Handeln eines Gemeinschaftsorgans oder eines mitgliedstaatlichen Organs zurückgehe. 459 Insofern folgt der EuGH den Schlußanträgen des Generalanwalts, der Art. 215 Abs. 2 EGV zwar nicht analog anwendet,jedoch darin "einen zweckmäßigen Bezugsrahmen" sieht. 460 Auch aus Vollzugsgesichtspunkten erscheint diese Argumentation interessant; offenbar ist der EuGH bemüht, den Vollzug von Gemeinschaftsrecht wertungsmäßig gleichzustellen, unabhängig davon, ob es sich bei den Vollzugsinstanzen um Organe der Gemeinschaft oder der Mitgliedstaaten handelt. In der Tat erscheint eine solche Gleichstellung geboten, zumal die Entscheidung darüber, in welchem Ausmaß Vollzugskompetenzen auf die Gemeinschaft übertragen werden oder bei den Mitgliedstaaten verbleiben, meist von politischen Erwägungen geleitet ist. 461 Ferner ist es aus Sicht des geschädigten Bürgers in der Regel unerheblich, auf wessen Handlung der eingetretene Schaden rückfiihrbar ist. Aus den genannten Erwägungen leitet der Gerichtshof sodann die konkreten Anspruchsvoraussetzungen ab: Eine Erweiterung zu den im Francovich-Urteil genannten (Mindest-) Voraussetzungen - Verletzung einer Norm, die dem einzelnen Rechte verleiht, Kausalitätserfordernis - erfolgte insofern, als ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht gefordert wird. Soweit dem handelnden Organ von der Gemeinschaft nämlich ein weites Ermessen eingeräumt werde, könne die Haftung - wie bei Art. 215 Abs. 2 EGV - nur dann ausgelöst werden, wenn es die Grenzen seiner Befugnisse "offenkundig und erheblich überschritten hat". 462 Offensichtlich ist der EuGH bemüht, eine Ausuferung der finanziellen Folgen seiner Rechtsprechung für die Mitgliedstaaten zu verhindern. Wann ein Verstoß offenkundig qualifiziert ist, muß im Einzelfall durch das jeweilige nationale Gericht entschieden werden. In seinem Urteil zur Pauschalreiserichtlinie stellt der EuGH auch unter Bezugnahme auf das Francovich-Urteil klar, daß ein Mitgliedstaat, der unter Verstoß gegen Art. 189 Abs. 3 EGV innerhalb der in einer Richtlinie festgesetzten Frist keinerlei Maßnahmen trifft, obwohl dies zur Erreichung des durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Zieles erforderlich wäre, jedenfalls offenkundig und erheblich die Grenzen überschreitet, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind,463 so daß bei Schadensersatzansprüchen wegen verspäteter Richtlinienumsetzung regelmäßig ein hinreichend qualifizierter Verstoß zu bejahen ist. Im Urteil

459 Tz. 4lf. 460 Vgl. Tz. 62 der Schlußanträge sowie Streinz, EuZW 1996, S. 201 (203). 461 Vgl. dazu im einzelnen oben S. 92f. 462 Tz. 45. 463 Vgl. EuGH, Urteil v. 8.10.1996 - "Erich Dillenkofer u.a./Bundesrepublik Deutschland" - Tätigkeitsberichte Nr. 26/96, S. I (2).

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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"Brasserie du Pecheur" werden vom EuGH ferner Gesichtspunkte genannt, die bei der Feststellung eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht zu berücksichtigen sind: Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschriften, Umfang des Ennessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen oder Gemeinschaftsbehörden beläßt, die Frage des Vorsatzes hinsichtlich des Verstoßes sowie hinsichtlich des eingetretenen Schadens, die Entschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums sowie der Umstand, daß die Verhaltensweisen eines Gemeinschaftsorgans möglicherweise dazu beigetragen haben, daß nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise unterlassen, eingeführt oder aufrechterhalten wurden. 464 Ein darüber hinausgehendes Verschuldenserfordernis wird ausdrücklich abgelehnt. 46S Ferner kann ein Urteil, in dem ein bestimmter Verstoß zuvor festgestellt wurde, als entscheidendes Indiz für das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes herangezogen werden, ohne daß dies jedoch ein notweridiges Kriterium wäre. 466 Unter den genannten Voraussetzungen hat der Staat alle Folgen eines ihm zuzurechnenden Gemeinschaftsrechtsverstoßes im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben. Insbesondere dürfen die im nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein. Die Erlangung der Entschädigung darf ferner nicht praktisch unmöglich oder übennäßig erschwert sein (Effizienzgebot). Daneben dürfen an die Haftung wegen Gemeinschaftsrechtsverstößen nicht strengere Voraussetzungen geknüpft werden als in entsprechenden nationalen Konstellationen (Diskriminierungsverbot). 467 Zum materiellen Umfang der Entschädigung merkte der EuGH schließlich an, daß sich der Geschädigte grundsätzlich in angemessener Fonn um die Begrenzung des Schadensumfangs zu bemühen habe und von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen habe. 468 Insoweit deckt sich diese Forderung mit dem Effizienzgebot, als es sich auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht als effektiv darstellt, zunächst gegen die konkrete behördliche Maßnahme direkt vorzugehen, um so den Verstoß quasi "an der Quelle" zu beseitigen. 469 Es sei jedoch unzulässig, den entgangenen Gewinn generell von der Ersatzfähigkeit auszunehmen. 47o Im übrigen sei es, soweit es keine Gemeinschaftsvorschriften gebe, grundsätzlich Sache der na464 Tz. 56.

46S Tz. 79. 466 Tz. 93. 467 Werden im Ralunen des nationalen Haftungsrechts Entschädigungen unter geringeren als den vom EuGH postulierten Voraussetzungen gewährt, so hat dies auch fil.r die Fälle mit Gemeinschaftsrechtsbezug zu gelten; vgl. Tz. 74. 468 Tz. 84f. 469 Vgl. hierzu Streinz, EuZW 1993, S. 599 (603). 470 Tz. 87.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

tionalen Rechtsordnungen, "die Kriterien festzulegen, anband deren der Umfang der Entschädigung bestimmt werden kann".471 Zuletzt lehnte der EuGH eine von seiten Deutschlands geforderte zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils ab. 472 Offenbar erschienen die einschränkenden, an einen Staatshaftungsanspruch zu stellenden Voraussetzungen als hinreichend, ein mögliches Ausufern der Staatshaftung zu verhindem. 473 Insgesamt kann das Urteil in seiner Bedeutung nicht hoch genug bewertet werden. 474 Von den Ergebnissen her wurde im wesentlichen das bestätigt, was bereits im Vorfeld der Entscheidung in der Literatur geäußert wurde. 475 Auffällig ist der Begriindungsaufwand, mit dem der Gerichtshof die Grundsätze aus dem "Francovich"-Urteil klarstellt und fortentwickelt. Ferner ist das Bemühen erkennbar, einheitliche Voraussetzungen zu schaffen, unter denen ein Staatshaftungsanspruch bestehen soll. Danach kommt es nicht darauf an, welches Organ (der Mitgliedstaaten) gemeinschaftsrechtswidrig handelt; durch den Vergleich mit der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaftsorgane soll desweiteren eine Angleichung der nationalen Staatshaftungssysteme an die Haftung der Gemeinschaft erfolgen. Der Ausuferung der Folgen seiner Rechtsprechung versucht der EuGH im wesentlichen durch zwei Forderungen zu begegnen: Zum einen wird ein hinreichend qualifizierter Verstoß verlangt, zum anderen ist das Bemühen der Geschädigten zu berücksichtigen, den eingetretenen Schaden abzuwenden. Insbesondere letztere Erwägung dürfte dazu beitragen, daß Schäden, die auf fehlerhaften Verwaltungsentscheidungen basieren, häufig nicht ersatzfähig sind, wenn der Geschädigte den Primärrechtsschutz nicht in Anspruch genommen hatte. Allerdings kann es auch dann, wenn zunächst gegen die behördliche Maßnahme vorgegangen wurde, zu beträchtlichen Schäden kommen, etwa weil der Primärrechtsschutz versagt oder der Schaden wegen der Verfahrensdauer nicht abgewendet werden kann. Auch nach diesem Urteil bleiben einige Fragen offen. Insbesondere wird zu klären sein, welche Anforderungen an das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes zu stellen sind. Kann, um nur ein Beispiel zu nennen, von einem 471 Tz. 83. 472 Tz. 97ff. 473 Vgl. Streinz, EuZW 1996, S. 201 (203). 474 Dafm spricht, daß nicht nur die in den Ausgangsverfahren unmittelbar involvierten Staaten Deutschland und Vereinigtes Königreich, sondern auch Dänemark, Spanien, Frankreich, Irland und die Niederlande an dem Rechtsstreit beteiligt wurden; vgl. Streinz, EuZW 1996, S. 201 (202). 475 Vgl. Streinz, EuZW 1993, S. 599ff; ders., Jura 1995, S. 6 (lIft); Nettesheim, DÖV 1992, S. 999ff; Henrichs, Haftung der EG-Mitgliedstaaten filr Verletzung von Gemeinschaftsrecht; Ukrow, Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH; Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. l13ffm.w.N.

III. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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Vollzugsbeamten ohne weiteres erwartet werden, die Rechtsprechung des EuGH umfassend zu kennen und sie auf den konkret zu beurteilenden Fall zu übertragen? Hier muß sich zeigen, inwieweit die Grundsätze der EuGHRechtsprechung praktisch umgesetzt werden können. Die nationalen Behörden müssen sich beim Erlaß von Einzelakten, die eine durch EG-Richtlinien geregelte Materie betreffen, über mögliche staatshaftungsrechtliche Folgen klar sein. Insbesondere haben sie die von Richtlinien ausgehenden Wirkungen zu beachten. Dazu zählt im übrigen auch die Nichtanwendung eines gemeinschaftswidrigen nationalen Gesetzes. 476 e) Abgrenzung und Verhältnis von richtlinienkon!ormer Auslegung, Direktwirkung und Staatshaftung

Die praktische Wirksamkeit der in EG-Umweltrichtlinien festgelegten Bestimmungen läßt sich somit sowohl durch die Beachtung der von diesen ausgehenden Wirkungen als auch durch die Geltendmachung staatshaftungsrechtlicher Ansprüche gewährleisten. 477 Es stellt sich daher die Frage, ob es zu Kollisionslagen zwischen den skizzierten Instrumentarien kommen kann. Vor diesem Hintergrund muß die Frage des Verhältnisses von richtlinienkonfonner Auslegung, Direktwirkung und Staatshaftung beantwortet werden. Eine Abgrenzung läßt sich zunächst anhand der jeweils geforderten Voraussetzungen vornehmen. Die richtlinienkonfonne Auslegung bedarf zunächst einer auslegungsfähigen Vorschrift im nationalen Recht. In Betracht kommen nicht nur diejenigen Bestimmungen, die nach Ansicht des jeweiligen Mitgliedstaates für die Umsetzung einer Richtlinie vorgesehen sind, sondern die gesamte nationale Rechtsordnung. 478 Somit stellt dies den einzigen Weg dar, der zur innerstaatlichen Beachtlichkeit von nicht unmittelbar wirksamen Richtlinienbestimmungen

ftihrt. 479

476 So hätte beispielsweise die zuständige Übetwachungsbehörde im Fall "Brasserie du Pecheur" der betreffenden Brauerei den Import von nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebrauten Bier nicht auf der Grundlage des - gemeinschaftswidrigen und daher nicht anzuwendenden - Biersteuergesetzes verbieten dürfen; vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, NJW 1997, S. 123 mit dem Hinweis, daß die in dem zugrundeliegende Verfahren klagende Brauerei niemals Adressat entsprechender belastender Verwaltungsakte gewesen ist. 477 In der Entscheidung "Brasserie du Pecheur" bezeichnete der EuGH den Staatshaftungsanspruch ausdrt1cklich als "notwendige Ergänzung zur unmittelbaren Wirkung". Vgl. EuGH, Slg. 1996 I, S. 1131ff, Tz. 22. 478 Vgl. dazu bereits oben S. 112ff. 479 Vgl. dazu Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 91.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

Demgegenüber kommt eine unmittelbare Wirkung nur dann in Betracht, wenn eine formell und materiell korrekte, insbesondere fristgemäße Richtlinienumsetzung fehlt. 480 Desweiteren müssen die konkreten Bestimmungen als hinreichend genau und inhaltlich unbedingt anzusehen sein. Eine Direktwirkung scheidet ferner in denjenigen Fällen aus, in denen Richtlinien Verpflichtungen einzelner festlegen. 481 Zu Überschneidungen zwischen richtlinienkonformer Auslegung und Direktwirkung kann es also nur dann kommen, wenn eine auslegungsfahige Vorschrift482 im nationalen Recht vorhanden ist, gleichzeitig jedoch eine korrekte Umsetzung durch den jeweiligen Mitgliedstaat (noch) nicht erfolgte. Zu beachten ist hierbei, daß die Umsetzung keinesfalls durch ein eigenständiges Gesetz vorgenommen werden muß, sondern weitgehend in die bestehende nationale Rechtsordnung integriert werden kann. 483 Vor diesem Hintergrund sind Kollisionslagen allenfalls dann vorstellbar, wenn ein Verstoß gegen die Pflicht zur Übermittlung der jeweiligen Umsetzungsmaßnahmen an die Kommission vorliegt. Wird demgegenüber eine Umsetzungsmaßnahme mitgeteilt, die materiell gegen die Vorgaben der Richtlinie verstößt, so wird diese - unter Beachtung der Grenzen richtlinienkonformer Auslegung - in der Regel nicht auslegungsfahig sein,484 so daß allein eine Direktwirkung in Frage kommt. Umgekehrt scheidet die Direktwirkung aus, wenn unter verschiedenen Auslegungsvarianten eine den inhaltlichen Anforderungen der Richtlinie entspricht, da dann eine inhaltlich korrekte Umsetzung gegeben ist. 485 Aber auch in den Fällen eines nur formellen Umsetzungsfehlers (Verstoß gegen die Mitteilungspflicht)486 wird eine Direktwirkung regelmäßig nicht in Frage kommen. Die nationalen Vollzugsorgane sind an das nationale Recht nämlich insoweit gebunden, als es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Ein Normverwerfungsrecht 487 steht ihnen in den Fällen einer inhaltlichen Übereinstimmung von Richtlinie und nationalem Umsetzungsgesetz gerade nicht zu. Die Frage

480 Vgl. zu Umsetzungspflichten und Umsetzungsfehlem oben S. 102, 105ff. 481 Vgl. Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 89ff, der in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß die richtlinienkonforme Auslegung in ihrem Anwendungsbereich über die unmittelbare Wirkung hinausgeht. 482 Vgl. zu den Grenzen der Auslegung oben S. 112ff. 483 Vgl. zu den Umsetzungstechniken oben S. 102ff. 484 Salzwedel, UPR 1989, S. 41f, zieht in Erwägung, Umsetzungsdefizite durch richtlinienkonformes Verwaltungshandeln zu kompensieren. Diesem Ansatz ist der EuGH allerdings entgegengetreten; vgl. dazu oben S. 112ff. 485 Vgl. hierzu bereits oben S. 112ff. 486 Vgl. zu den materiellen und formellen Umsetzungsfehlem oben S. 105ff. 487 Vgl. zum Normverwerfungsrecht im einzelnen oben S. llOff.

ill. Vollzug von EG-Umwe1trecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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nach dem Verhältnis der beiden Instrumentarien stellt sich daher auch in diesen Fällen nicht. 488 Eine Haftung des Staates kommt demgegenüber immer dann in Betracht, wenn dem einzelnen Schäden aufgrund gemeinschaftswidrigen Verhaltens eines Mitgliedstaates entstanden sind. 489 Ähnlich wie bei der Direktwirkung soll ein staatliches Fehlverhalten sanktioniert werden. 49o Dieses kann in einem Verstoß gegen die Pflicht zur fristgemäßen und inhaltlich korrekten Richtlinienumsetzung liegen. Allerdings kommen auch andere Gemeinschaftsrechtsverstöße in Betracht, etwa die Nichtanpassung nationaler Vorschriften an primäres Gemeinschaftsrecht. 491 Mögliche Kollisionen kann es sowohl im Verhältnis zur richtlinienkonformen Auslegung als auch zur Direktwirkung geben. Denkbar sind Fälle, in denen es zu Schäden kam, weil eine Direktwirkung mißachtet oder die richtlinienkonforme Auslegung verkannt wurde. Einen Hinweis zum Verhältnis von Staatshaftung und Auslegung enthält die Entscheidung "Teodoro Wagner MiretJFondo de Garantia Salarial".492 Ohne speziell danach gefragt worden zu sein, zog der Gerichtshof gleichwohl eine richtlinienkonforme Auslegung in Betracht. Diese sei vor allem dann heranzuziehen, wenn ein Mitgliedstaat zuvor der Ansicht gewesen sei, daß die bereits geltenden Vorschriften des nationalen Rechts den Anforderungen der betreffenden Richtlinie genügten. 493 Weiter führte er aus, dem Vorlagebeschluß scheine sich entnehmen zu lassen, daß die nationalen Vorschriften nicht in einem der Richtlinie konformen Sinn ausgelegt werden könnten. 494 Die Staatshaftung wird also zumindest in diesem Fall als nachrangig behandelt. 495 Auch

488 Der EuGH äußerte sich bislang nicht zum Verhältnis von richtlinienkonformer Auslegung und Direktwirkung: In der Entscheidung "Dori" wies er lediglich, ohne speziell danach gefragt worden zu sein, auf die Möglichkeit richtlinienkonformer Auslegung sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten zum Ersatz der dem Bürger durch Nichturnsetzung entstandenen Schäden hin, nachdem er zuvor eine Direktwirkung verneinte; vgl. EuGH, Slg. 1994 I, S. 3325 (3357). Im Fall "Kolpinghuis" lehnte der EuGH zunächst eine unmittelbare Wirkung ab. Im Anschluß daran ging er auf die Frage einer möglichen richtlinienkonformen Auslegung ein und verneinte diese ebenfalls; vgl. EuGH, Slg. 1987, S. 3969 (3985fl), Tz. 6ff. 489 Vgl. dazu ausführlich oben S. I 26ff. 490 Vgl. zur sanktionierenden Wirkung Streinz, Europarecht, Rn. 398. 491 Vgl. EuGH (Rs. C-46 u. 48/93) - "Brasserie du PecheurlBundesrepublik Deutschland" - Slg. 1996 I, S. 1029 (l131fl). 492 EuGH, Urteil v. 16.12.1993 (Rs. C-334/92) - "Teodoro Wagner MiretIFondo de Garantia Salarial" - Slg. 1993 I, S. 6911ff. 493 Tz. 21. 494 Tz. 22. 495 Vgl. auch Goebel, UPR 1994, S. 361.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

die Entscheidung "Brasserie du Pecheur"496 deutet darauf hin, daß der Gerichtshof eine eventuell in Betracht zu ziehende Staatshaftung als subsidiäres Instrument ansieht. Bei der Berechnung des Schadensumfangs sei nämlich ausdrücklich das Bemühen des Geschädigten zu berücksichtigen, den Schaden abzuwenden. 497 Dies kann dadurch geschehen, daß der Primärrechtsschutz zunächst in Anspruch genommen wird. Dem einzelnen wird also die Pflicht auferlegt, seine gemeinschaftsrechtlich verliehenen Rechte zunächst auf direktem Wege durchzusetzen, etwa durch eine Klage gegen die konkrete behördliche Maßnahme. In diesem Rahmen sind gegebenenfalls eine richtlinienkonforme Auslegung oder eine Direktwirkung zu erörtern. Für die Subsidiarität der Staatshaftung spricht im übrigen auch das gemeinschaftsrechtlich anerkannte Effizienzgebot. Danach stellt es sich nämlich auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht als effektiver dar, einen eventuell eintretenden Schaden durch Einlegung eines Rechtsmittels gegen die konkrete behördliche Maßnahme quasi "an der Quelle"498 zu beseitigen. 499

4. Unmittelbarer mitgliedstaatlicher Vollzug a) Überblick Beim unmittelbaren mitgliedstaatlichen Vollzug werden europarechtliche Vorschriften von den nationalen Behörden herangezogen, ohne daß es eines (weiteren) legislativen Vollzugsakts bedarf. 500 Im Gegensatz zum mittelbaren stellt sich der unmittelbare Vollzug somit als einaktig dar. An die nationalen Vollzugsorgane werden daher auch weit weniger hohe Anforderungen gestellt als im Falle des mittelbaren Vollzugs. Es bedarf hier also einer Norm des Gemeinschaftsrechts mit umfassender verbindlicher Wirkung in den Mitgliedstaaten. Verordnungen werden mit ihrem Inkrafttreten nicht nur Teil der in den Mitgliedstaaten geltenden und anwendbaren Rechtsordnung, sondern sie entfalten auch in allen ihren Teilen Rechtswirkungen sowohl gegenüber den Mitgliedstaaten als auch gegenüber

496 EuGH, Slg. 1996 I, S. 1131 ff. 497 Tz. 84. 498 Vgl. Streinz, EuZW 1993, S. 599 (603). 499 Vgl. in diesem Sinne auch von Danwitz, JZ 1994, S. 335 (339), Jarass, NJW 1994, S. 881 (885t) und Langenfeld, DÖV 1992, S. 955 (962). 500 Insofern kann auch die Direktwirkung hierunter gefaßt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß in den Fällen einer tuunittelbaren Wirkung die betreffenden Vorschriften zwar tuunittelbar heranzuziehen sind; die Mitgliedstaaten werden dadurch gleichwohl nicht von ihrer Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie befreit. Aus systematischen Erwägungen wurde die Problematik der Direktwirkung im Kontext des mittelbaren Vollzugs abgehandelt. Vgl. oben S. 117ff.

Ill. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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einzelnen. Dies läßt sich bereits aus ihrer Rechtsnatur ableiten. SOl Daher stellen sich die Probleme der Direktwirkung hier nicht. Gleichwohl pIiifte der EuGH in einer Art Falsifikationsverfahren bisweilen, ob Verordnungsbestimmungen unmittelbare Wirkungen für den einzelnen erzeugen. S02 Bei ergänzungsbedürftigen Verordnungen könnte, soweit sich aus deren Inhalt nicht klar und eindeutig Rechte und Pflichten einzelner ableiten lassen, eine solche unmittelbare Wirkung ausgeschlossen sein. S03 Weiter ist zu beachten, daß einer EG-Verordnung widersprechendes nationales Recht nicht anzuwenden ist. Insofern sind die mitgliedstaatlichen Vollzugsorgane zu einer umfassenden Prüfung anhand des gesamten Gemeinschaftsrechts verpflichtet. Ferner dürfen nationale Bestimmungen, die den Regelungsbereich einer Verordnung berühren, nicht in einer Weise ausgelegt werden, die im Widerspruch zu dieser steht. Bei der Auslegung der Verordnungsbestimmungen ist der gemeinschaftsrechtliche Kontext zugrundezulegen. Konkret bedeutet dies, daß ein Rechtsbegriff - etwa der Abfallbegriff - so zu interpretieren ist, wie er vom Gemeinschaftsrecht definiert wird. Eine davon abweichende nationale Verwaltungspraxis muß geändert werden, da nur so die gleichmäßige und einheitliche Durchsetzung des Europarechts in allen Mitgliedstaaten gewährleistet ist. Soweit Unklarheiten hinsichtlich der Auslegung des Gemeinschaftsrechts bestehen, kommt eine Vorlage durch ein nationales Gericht an den EuGH in Betracht. Ferner können von vorgesetzten Behörden in Absprache mit der Kommission bereits im Vorfeld Vollzugshinweise gegeben werden, jedoch keine Auslegungsregeln mit bindender Wirkung. S04 Im Vergleich zum mittelbaren Vollzug spielt der unmittelbare mitgliedstaatliche Vollzug in der behördlichen Praxis der nationalen Umweltverwaltungen kaum eine Rolle. Zahlenmäßig wurden von der Gemeinschaft bislang deutlich weniger Umweltverordnungen als Umweltrichtlinien erlassen. sos Die im Umweltbereich erlassenen Verordnungen sind zudem häufig nicht vollzugsbedürftig, da sie beispielsweise institutionelle Veränderungen auf Gemeinschafts-

SOl Vgl. Art. 189 Abs. 2 EGV: "Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat." Vgl. hierzu auch die ständige Rechtsprechung; EuGH (Rs. 8/81) - "BeckerlFA Münster" - Slg. 1982, S. 53 (70); EuGH (Rs. 9/70) - "GradIFA Traunstein" - Slg. 1970, S. 825 (838). S02 Vgl. EuGH, Urteil v. 24.10.1973 (Rs. 9/73) - "SchlüterlHZA Lörrach" - Slg. 1973, S. 1135 (1158). S03 Letztlich ist dies eine Frage der Normauslegung. Vg1. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 18f. S04 Vg1. EuGH, Urteil v. 31.1.1978 (Rs. 94/77) - "Fratelli Zerbone" - Slg. 1978, S. 99 (lISt), Tz. 22/27. SOS Vgl. hierzu auch oben S. 57f.

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzilllgen

ebene herbeifuhren506 oder internationale Verträge ratifizieren507 . In jüngster Zeit sind jedoch vereinzelt umweltrelevante Regelungen in Fonn von Verordnungen erlassen worden, die sich auch auf die Vollzugspraxis der Mitgliedstaaten auswirken können. 508 Zum Teil sind in Verordnungen Regelungen enthalten, die nationale Durchführungsakte erforderlich machen. So schreibt die "Öko-Audit"-Verordnung beispielsweise vor, daß in jedem Mitgliedstaat voll funktionsfähige Zulassungssysteme für unabhängige Umweltgutachter einzurichten sind. 509 Die Mitgliedstaaten sind gern. Art. 5 EGV verpflichtet, die jeweils erforderlichen Durchführungsakte zu erlassen, insbesondere keine Maßnahmen zu ergreifen, die eine Änderung der Tragweite einer Verordnung oder eine Ergänzung ihrer Vorschriften zum Gegenstand haben. 510

b) Die "Oko-Audit"-Verordnung Durch die am 29. Juni 1993 verabschiedete "Öko-Audit"-Verordnung511 sollen vor allem private Unternehmen als umweltpolitische Akteure angesprochen werden. 512 Auf freiwilliger Basis können diese standortbezogen Umweltmanagementsysteme einrichten, betriebsinterne Umweltprüfungen durchführen 506 So z.B. die Verordnilllg 1210/90lEWG zur Errichtilllg einer europäischen Umweltagentur, ABI. EG 1990 L 120/1. 507 So z.B. das Washingtoner Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere illld Pflanzen vom 3.3.1973, ABI. EG 1982 L 384/1. 508 Hier sind vor allem die "Öko-Audit"-Verordnilllg (Verordnilllg 1836/93IEWG des Rates vom 29.6.1993 über die freiwillige Beteiligilllg gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement illld die Umweltbetriebsprüfung, ABI. EG 1993 L 168/1) sowie die Verordnilllg 880/92IEWG des Rates vom 23.3.1992 betreffend ein gemeinschaftliches System zur Vergabe eines Umweltzeichens, ABI. EG 1992 L 99/1, zu nennen. 509 VgI. Art. 6 Abs. I der VO 1836/931EWG: "Die Mitgliedstaaten regeln die ZulasSilllg unabhängiger Umweltgutachter illld die Aufsicht über ihre Tätigkeit. Hierfür können die Mitgliedstaaten entweder bestehende Zulassilllgsstellen oder die in Artikel 18 genannten zuständigen Stellen heranziehen oder aber andere Stellen mit einer geeigneten Rechtsstellilllg benennen oder schaffen." VgI. hierzu im einzelnen SellnerlSchnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928 (933); vgI. hierzu das Umweltauditgesetz vom 7.12.1995, BGBl.I, S. 1591. 510 VgI. Streinz, Europarecht, Rn. 382. 511 Verordnilllg I 836/93IEWG des Rates vom 29.6.1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement illld die Umweltbetriebsprüfung, ABI. EG L 168/1. 512 Hinsichtlich der Einzelheiten der Öko-Audit-Verordnilllg wird auf die zahlreichen Veröffentlichilllgen dazu verwiesen; vgI. nur Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928ff; Lübbe-Wolff, DVBI. 1994, S. 361ff; Koenig, NVwZ 1994, S. 937ff; MannlMüller, Öko-Audit im Umweltrecht; Falke, ZUR 1995, S. 4ff; Köck, ZUR 1995, S.lff.

ill. Vollzug von EG-Umweltrecht durch Organe der Mitgliedstaaten

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und für jeden Standort eine Umwelterklärung, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machen ist, erstellen. 513 Ein zugelassener, unabhängiger Umweltgutachter soll sicherstellen, daß das jeweilige Unternehmen ordnungsgemäß Umweltdaten ermittelt und eine korrekte Umwelterklärung abgibt. 514 Entscheidende Bedeutung hinsichtlich Auswahl und Überwachung der Umweltgutachter besitzen hierbei die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden nationalen Zulassungsstellen. Daneben sollen diese Stellen die jeweils von den Gutachtern überprüften ('auditierten') Standorte in ein Verzeichnis eintragen und dieses jährlich der Kommission übermitteln. 515 Eine zentrale Frage beim Vollzug der Öko-Audit-Verordnung liegt darin, welche nationalen Stellen als Zulassungsstellen vorgesehen werden, da die Wahl der Zulassungsstellen zwangsläufig Konsequenzen für die spätere Unternehmensüberprüfung hat. Je 'wirtschaftsnäher' eine solche Stelle orientiert ist, desto eher werden Institutionen mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Umweltgutachters betraut, die ebenfalls der Unternehmensseite nicht völlig fern stehen. 516 Die Zulassungsstelle hat jedoch unparteiisch zu sein und über ausreichende Mittel, fachliche Qualifikationen sowie über geeignete förmliche Verfahren zu verfügen. 517 Es verwundert vor diesem Hintergrund daher kaum, daß in Deutschland eine heftige Kontroverse um deren Einrichtung geführt wurde. 518 Mit den Aufgaben einer Zulassungsstelle wurde schließlich die Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbR (DAU)519 betraut. 520 Insgesamt kam es bis Januar 1996 zu 51 Zulassungen von Umweltgutachtern sowie 57 Registrierungen von Unternehmen. 521 Der langfristige Erfolg des Umweltauditsystems in Deutschland wird jedoch maßgeblich davon abhängen, inwieweit die (freiwillige) Beteiligung für die einzelnen Betriebe wirtschaftlich vorteilhaft ist

513 Art. 3,4,5 der Verordnung; vgl. hierzu SellnerlSchnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928 (929ft). 514 Vgl. Schnutenhaus, ZUR 1995, S. 9fund FalklFrey, UPR 1996, S. 58ff, mit einer genauen Darstellung des Aufgabenbereichs und Prüfungsumfangs des Umweltgutachters. 515 Art. 18 Abs. I i.V.m. Art. 8 u. 9 der Verordnung. 516 Vgl. zu diesem Problembereich ausfiihrIich Schnutenhaus, ZUR 1995, S. 9 (11ft). 517 Vgl. Art. 2n der Verordnung. 518 Vgl. hierzu Lütkes, NVwZ 1996, S. 230 (231). 519 Vgl. hierzu die entsprechende Verleihungsverordnung, BGBI. I, S. 2013, vom 29.12.1995 mit der Option, daneben eine weitere Zulassungsstelle zu beleihen. 520 Deren Gesellschafter sind BDI, DllIT, ZDH und BfB; vgl. hierzu und zum Umweltauditgesetz (UAG) im einzelnen Lütkes, NVwZ 1996, S. 230fI 521 Vgl. Lütkes, NVwZ 1996, S. 230 (235).

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2. Kapitel: Die rechtlichen Vollzugsvoraussetzungen

5. Nationale Selbstkontrolle der Verwaltung

Die nationale Selbstkontrolle der Verwaltung als Teil des Gemeinschaftsrechtsvollzugs ist zu unterscheiden von der Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die Kommission. 522 Hinsichtlich der Ausgestaltung und Durchfiihrung steht den Mitgliedstaaten ein weiter Spielraum zur Verfiigung. Insoweit können sie auf die vorhandenen Instrumentarien ihrer nationalen Rechtsordnung zurückgreifen. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben ergeben sich insbesondere aus dem Grundsatz, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Ferner gebietet das Erfordernis des gesetzmäßigen Handeins, der Verwaltung die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Entscheidungen zu überprüfen. Dabei kann zwischen interner und externer Verwaltungskontrolle unterschieden werden. 523 Von den zahlreichen Ausprägungen nationaler Selbstkontrolle der Verwaltung524 soll hier beispielhaft das deutsche Widerspruchsverfahren herausgegriffen werden, um die Problematik effektiver Vollzugskontrolle zu verdeutlichen. Ziel des Widerspruchsverfahrens ist die Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit. 525 Im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stellt sich insbesondere die Frage nach der Qualität der verwaltungsinternen Überprüfung behördlicher Entscheidungen, die auf EG-rechtlichen Vorschriften basieren. In der Regel dürften die im Zusammenhang mit dem Ausgangsverfahren stehenden Vollzugsprobleme von EG-Umweltrecht - z.B. Informationsdefizite - auch im Widerspruchsverfahren auftreten. Allenfalls könnte eine bessere materielle und personelle Ausstattung der Widerspruchsbehörde dazu führen, daß Fehler beim Vollzug von EG-Umweltrecht korrigiert werden.

IV. Fazit Im Vergleich zum Vollzug rein innerstaatlichen Rechts ist der Vollzug von EG-Umweltrecht geprägt durch ein deutlich höheres Maß an Komplexität. Im wesentlichen obliegt die Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes den 15 Mitgliedstaaten. Deren 522 Vgl. zu letzterem oben S. 71ff. 523 Vgl. zu den Begriffen im einzelnen Püttner, Verwaltungslehre, S. 343ff: "Zur internen Kontrolle gehören alle Kontrollen innerhalb einer Verwaltungseinheit (Behörde, Einrichtung) unter einheitlicher Leitung." Im übrigen liege externe Kontrolle vor. Diese Abgrenzung orientiert sich im wesentlichen an praktischen Gesichtspunkten. Aus Sicht der entscheidenden Behörde stellt sich die Kontrolle durch eine außerhalb der Behörde liegende Instanz nämlich immer als extern dar, egal ob es sich um vorgesetzte Behörden, Gerichte, Parlamente oder Rechnungshöfe handelt. 524 Vgl. hierzu Püttner, Verwaltungslehre, S. 335ff. 525 Vgl. zu den Einzelheiten des Widerspruchsverfahrens Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung (Kommentar), §§ 68ff.

N. Fazit

143

Verwaltungen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich Aufbau und Organisation, sondern sie verfügen auch über eine unterschiedlich stark ausgeprägte Erfahrung im Umgang mit umweltrechtlichen Vorschriften. Hieraus ergeben sich mögliche Konflikte in bezug auf die gleichmäßige und einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Soweit Organe der Gemeinschaft selbst Vollzugsaufgaben wahrnehmen, greifen mitgliedstaatliche und gemeinschaftliche Kompetenzen teilweise ineinander, so etwa bei der Vollzugskontrolle. In diesen Fällen wird es daher auf eine effektive Koordination und Kommunikation zwischen Kommission und den jeweiligen nationalen Organen ankommen. EG-Umweltrecht bedarf zudem meist einer Umsetzung in nationales Recht. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die zuständigen Vollzugsbeamten im Hinblick auf Kenntnis und Verständnis der Judikatur des Gerichtshofs. Inwieweit die nationalen Verwaltungen diesen Herausforderungen gewachsen sind, welche Probleme beim Vollzug von EG-Umweltrecht in besonderem Maße auftreten und auf welchen Ursachen diese Probleme basieren, wird im folgenden anhand der Auswertung einer Umfrage bei Behörden und Umweltverbänden in Deutschland näher untersucht.

3. Kapitel

Die tatsächlichen Voraussetzungen für den Vollzug von EG-Umweltrecht aus der Sicht von Behörden und Umweltverbänden in Deutschland Besteht zwischen dem rechtlich geforderten 'Sollen' und der tatsächlichen Ausführung einer Norm in der Praxis, dem 'Sein', eine Diskrepanz, so könnte man von einem Vollzugsdefizit sprechen. Da jedoch der in einer Rechtsnorm angestrebte Zielzustand in der Rechtswirklichkeit nur in seltenen Ausnahmekonstellationen tatsächlich vollständig (oder zumindest annähernd vollständig) verwirklicht werden kann, bedarf es, um im Rechtssinne von einem Vollzugsdefizit sprechen zu können, einer gewissen Erheblichkeit in der Abweichung von normativem Sollzustand und faktischem Istzustand. 1 Ein nicht ganz 'perfekter' Vollzug hat seine Ursachen nicht zuletzt im 'Risikofaktor' Mensch selbst, der sowohl als Normanwender als auch als Normadressat fehlerbehaftet sein kann. Dennoch kann wegen dieser generellen Unsicherheiten beim Gesetzesvollzug nicht automatisch von Vollzugsdefizit gesprochen werden, solange das Normziel selbst nicht durch den unzureichenden Vollzug in Frage gestellt wird. Zumindest in Deutschland stellt sich, um nur ein Beispiel zu nennen, die Korruption von Vollzugsorganen, wenn sie in der Praxis auch vorkommen mag, als seltener Ausnahmefall dar, der nicht geeignet ist, das Rechtssystem in Frage zu stellen. Einzelne Vollzugsfehler oder -mängel führen somit erst dann zu einem Vollzugsdefizit, wenn sie von einer solchen Erheblichkeit sind, daß die normativen Zielvorgaben verfehlt werden. 2 Im deutschen Umweltrecht wird bereits seit längerem ein beträchtliches Vollzugsdefizit bemängelt, das zunehmend auch im europäischen Rahmen als Problem erkannt und diskutiert wird. 3 Sein Nachweis erweist sich indes als problematisch, will man sich nicht auf eine spezielle EG-Umweltrichtlinie und deren Anwendung konzentrieren, sondern den Vollzug des EG-Umweltrechts als Ganzes zum Gegenstand einer Untersuchung machen. Entscheidend wird es auf die den Vollzug negativ oder positiv beeinflussenden Wirkungsbedin1 Einzelne Vollzugsfehler oder -mängel fuhren also nicht zwangsläufig zu einem Vollzugsdefizit. 2 Vgl. dazu oben S. 25f. 3 Vgl. nur Krämer, ZUR 1994, S. 172 (177); SchwarzelBeckerlPollak, Die hnplementation von Gemeinschaftsrecht; LindemannlDelfs, ZUR 1993, S. 256fT; Meininger, NVwZ 1994, S. 150fT.

I. Einschätzung des rechtlichen Instrumentariwns

145

gungen ankommen, aus denen Rückschlüsse auf die Vollzugsqualität gezogen werden können. Es müßte dann im einzelnen nicht nachgeprüft werden - was im Rahmen einer Dissertation gar nicht zu leisten wäre - , welche EGGrenzwerte wie stark eingehalten und überwacht werden. Auf die theoretischen Grundlagen der Untersuchung mittels einer Umfrageaktion wurde bereits im I. Kapitel eingegangen. Im folgenden werden die Ergebnisse der Befragung in einem systematischen Zusammenhang dargestellt und kommentiert. Zugrundegelegt werden dabei die Erkenntnisse der Implementationsforschung. 4 Ausgangspunkt sind demnach die drei Ursachenkomplexe, die die Qualität des Gesetzesvollzugs maßgeblich beeinflussen: die Merkmale des zu vollziehenden rechtlichen Programms, die Merkmale des Normanwenders sowie die Merkmale der Normadressaten bzw. sonstiger am Vollzug beteiligter Interessenvertreter. 5

I. Einschätzung des rechtlichen Instrumentariums hinsichtlich seiner Vollzugstauglichkeit Bei insgesamt fiinf Fragen spielte die Einschätzung der Behörden gegenüber dem rechtlichen Instrumentarium, um dessen Vollzug es in dieser Untersuchung geht, eine maßgebliche Rolle. Die Beantwortung dieser Fragen läßt bereits erkennen, welche GrundeinsteIlungen den Vollzug europarechtlicher Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes prägen. Daneben werden erste Anhaltspunkte fiir die Praxisnähe und die Vollzugstauglichkeit bestimmter Vorschriften im Bereich des EG-Umweltrechts deutlich. Vielfach wurden Anmerkungen zu einzelnen Fragen bzw. am Ende des Fragebogens gemacht; auf diese wird im einzelnen an der gegebenen Stelle genauer einzugehen sein. 1. Allgemeine Einschätzung Eine allgemeine Einschätzung hinsichtlich der Praxisrelevanz und Praxisnähe des EG-Umweltrechts ergibt sich aus einigen, zum Teil sehr aufschlußreichen Anmerkungen einzelner Behörden, ohne daß speziell danach gefragt worden wäre.

4 Um die durch die Implementationsforschung entwickelten, den Gesetzesvollzug negativ beeinflussenden Faktoren terminologisch zum Ausdruck zu bringen, wird auch vom ImplementationsdefIzit gesprochen; vgl. nur Krämer, ZUR 1994, S. 172 (177). In vorliegender Arbeit wird der in der Literatur (noch) gebräuchlichere Begriff des VollzugsdefIzits verwendet; dieser wird insoweit wnfassend verstanden, als er nicht auf das Handeln der Vollzugsorgane beschränkt bleibt. Vgl. zur Kritik am Begriff des VollzugsdefIzits Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik. 5 Vgl. dazu auch oben S. 31f. 10 Engelsberger

146

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

So äußern sich einige Behörden relativ allgemein: "Die EG-Regelungen sind praxisfremd" , "Richtlinien sind wenig durchdacht, wenig praktikabel" oder "Die Richtlinien sind teilweise wirklichkeitsfremd und wenig durchdacht". In einem Fall wird die "hohe Zahl der zu bearbeitenden Regelungen" als vollzugserschwerend genannt. Insgesamt ist durchweg eine gewisse Skepsis gegenüber den europäischen Umweltaktivitäten und deren Effizienz zu erkennen. Immerhin fehlt es gänzlich an positiven Reaktionen. An den ausgewählten Beispielen der Umweltinformationsrichtlinie und der UVP-Richtlinie läßt sich jedoch auch ein durchaus differenziertes Antwortverhalten der Behörden erkennen. 2. Einschätzung der Umweltinformationsrichtlinie Zunächst wurde nach einer allgemeinen Bewertung der Umweltinformationsrichtlinie gefragt, insbesondere nach den Auswirkungen auf die Vollzugstätigkeit der angeschriebenen Behörden. 6 Dabei konnten unter folgenden Antwortvarianten entweder keine, eine oder mehrere angekreuzt werden: (1) Durch die Beteiligung von Bürgern und Umweltverbänden wird die Ver-

waltung, vor allem was die Überwachungstätigkeit betrifft, mehr ent- als belastet.

(2) Das Verhältnis des Bürgers zur Behörde wird verbessert. (3) Das Informationszugangsrecht wurde im Grunde genommen nicht entscheidend verbessert. (4) Durch den zusätzlichen Arbeitsaufwand wird die übrige Arbeit der Behörden beeinträchtigt und damit der Umwelt eher geschadet als genutzt. (5) Das Umweltbewußtsein der Bevölkerung wird dadurch verbessert. Insgesamt kreuzten 67 (von insgesamt 85 Behörden) eine oder mehrere der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten an. Eine gewisse subjektive Komponente läßt sich bei der Beantwortung einer solchen Frage zwar nicht ganz ausschließen. Die Einzelergebnisse geben jedoch in ihrer Gesamtheit zumindest einen gewissen Trend im Hinblick auf die Akzeptanz der Umweltinformationsrichtlinie bei den angeschriebenen Behörden wieder. 7

6 Vgl. im einzelnen zum Vollzug der Umweltinformationsrichtlinie die Ergebnisse der AuswertWlg Wlten S. 178ff. 7 Vgl. Graphik 2.

147

I. Einschätzung des rechtlichen Instrumentariums

Tabelle 9 Frage C. 11. (Beb.) Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der angekreuzten Antwortalternativen (in %)

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

Bayern / Städte Bayern/LRÄ

0(0%) 1 (3%)

6 (28,5%) 7 (22%)

6(28,5%) 11 (34%)

4 (19%) 9 (28%)

5 (24%) 4 (13%)

Bayern gesamt

1 (2%)

Berlin

1 (8%)

---------------------------------------------------------

Bremen 0(0%)

NRW

0(0%)

Regierungen

0(0%)

Swnme

2 (2%)

-------

17 (32%)

13 (24,5%)

9 (17%)

6 (46,5%)

2 (15,5%)

2 (15,5%)

2 (15,5%)

7 (50%)

3 (21,5%)

3 (21,5%)

1 (7%)

4 (50%)

3 (37,5%)

1 (12,5%)

0(0%)

1 (33,3%)

2 (66,6%)

0(0%)

0(0%)

31(34%)

27 (30%)

19 (21%)

12(13%)

keine Angaben

Hessen'

------------_...-

13 (24,5%)

-----------------------------

------_.. _-_..... __ ......._---------------------------------------------------------------------------------------

Mit einem Anteil von 34% wurde die Einschätzung, durch die Umweltinfonnationsrichtlinie werde das Verhältnis zwischen Bürgern und Behörde verbessert, am häufigsten geteilt. Immerhin 46mal (= 51%) wurden die Varianten (3) und (4) angekreuzt, die beide kritische Aussagen zur Umweltinfonnationsrichtlinie treffen. Während 12mal die Auffassung geäußert wurde, durch die Umweltinfonnationsrichtlinie werde das Umweltbewußtsein in der Bevölkerung verbessert, mochten lediglich zwei Bearbeiter der Einschätzung zustimmen, durch die Beteiligung von Bürgern und Umweltverbänden werde die Verwaltung vor allem hinsichtich ihrer Überwachungstätigkeit entlastet. Letzteres Ergebnis überrascht insofern, als gerade die Erwägung, das Umweltbewußtsein in der Öffentlichkeit für die Verwaltung zu instrumentalisieren, zum Teil in der Literatur hervorgehoben wird,s Insgesamt 18mal wurde auf eine Antwort verzichtet, wobei schwer zu entscheiden ist, wo im einzelnen die Gründe für die fehlende Stellungnahme lagen. Auch diese Frage wurde mit einigen sehr aufschlußreichen Randkommentierungen versehen. So differenziert eine Behörde: "Bei Altlastenanfragen Verbesserung BürgerIBehörde, bei Immissionsanfragen zusätzlicher Arbeitsaufwand wegen fehlender Datenbasis der Behörde." Zwei weitere äußern sich zur Frage, ob das Infonnationszugangsrecht tatsächlich entscheidend verbes8 Vgl. etwa Nettesheim, Jura 1994, S. 337 (342). 10*

148

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

sert wurde: "Bei vorhandener Umweltberatung (Bürgerberatung) hat sich das Informationszugangsrecht nicht entscheidend verbessert", "Das Informationszugangsrecht wurde im Grunde genommen nicht entscheidend verbessert, da schon bisher so weit wie möglich informiert wurde." Andere Behörden wiesen darauf hin, daß sie mangels praktischer Erfahrung noch keine Aussagen treffen könnten. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß sich Skepsis und verhaltener Optimismus hinsichtlich der Auswirkungen der Umweltinformationsrichtlinie und ihres praktischen Nutzens in etwa die Waage halten. Da in einigen deutschen Behörden bereits eine offensive Informationspolitik betrieben wird (grunes Telefon, Umweltbroschüren usw.), führte die Umweltinformationsrichtlinie dort nicht zu entscheidenden Verbesserungen. Deren Erfolgschancen werden wohl maßgeblich von der Kooperationsbereitschaft der einzelnen Behörden und deren personeller und materieller Ausstattung abhängen. 9 3. Einschätzung der UVP-Richtlinie Eine vergleichbare Frage wurde auch zur UVP-Richtlinie bzw. zum UVPGesetz gestellt, wobei folgende vier Antwortmöglichkeiten vorgegeben wurden: (1) Das UVPG hat an der ohnehin schon bestehenden Verwaltungspraxis

nichts wesentliches verändert.

(2) Der Gedanke der Umweltvorsorge ist im UVPG umgesetzt worden, so daß früher als bisher die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt erkannt und in die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens einbezogen werden können. (3) Durch den Gedanken der Gesamtbewertung werden die Wechselwirkungen der verschiedenen Umweltmedien besser als früher berücksichtigt. (4) Der große Aufwand der Umweltverträglichkeitsprüfung steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Erfolg in der Praxis. Insgesamt 25 Behörden machten zu dieser Frage keine Angaben. Dies lag jedoch meist daran, daß die betreffenden Behörden entweder unzuständig lO oder lediglich am Verfahren beteiligt sind 11 und daher keine bzw. kaum Erfahrung mit der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung haben.

9 Vgl. im einzelnen zur Umweltinformationsrichtlinie Wlten S. 178ff mit weiteren Ergebnissen. 10 So beispielsweise die Bezirksämter in Berlin Wld die Ämter für Immissions- Wld Strahlenschutz in Hessen. 11 So beispielsweise die Wasserwirtschaftsämter in Hessen Wld die kreisfreien Städte in NRW Wld Hessen.

I. Einschätzung des rechtlichen Instrumentariwns

149

Dennoch konnten 60 Antworten in die Auswertung dieser Frage einbezogen werden: 12 Tabelle 10

Frage D.9. (Beh.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der angekreuzten Antwortalternativen (in %) I

234

Bayern / Städte Bayern/LRÄ

6 (25%) 18 (43%)

2 (5%)

5 (21%)

7 (29%) 2 (5%)

6 (25%) 20 (47%)

Bayern gesamt

24 (36%)

7 (11%)

9 (14%)

26 (39%)

============================================================

._---------------------------------------------

Berlin / Bezirksämter

keine Angaben

------------------------------------

Bremen

0(0%)

0(0%)

1(100%)

0(0%)

Hessen,NRW Berlin Senatsverw

7 (33%)

5 (24%)

6 (29%)

3 (14%)

Regierungen

5 (45%)

0(0%)

2 (18%)

4 (37 %)

Swnme

36 (37%)

12 (12%).

18 (18%)

33 (33%)

Zu 70% wurden die Ansichten (1) und (4) geteilt. Dies deutet darauf hin, daß anders als bei der Umweltinformationsrichtlinie im Fall der UVPRichtlinie eine deutlich spürbare Skepsis hinsichtlich des praktischen Erfolgs dieser Richtlinie in den befragten Behörden vorhanden ist. Ein Bearbeiter äußerte sich ausführlich zur Problematik der UVP in der praktischen Verwaltungstätigkeit: "( ... ) Die Bedeutung und Notwendigkeit dieser UVP-Richtlinie wird vollkommen überschätzt. Sie ist ein weiterer Höhepunkt des Gesetzgebungsdilettantismus auf europäischer Ebene. Das UVPG trägt zur größeren Verfahrensdauer in zeitlicher und formeller Hinsicht bei." In einigen Randbemerkungen wurde die praktische Relevanz und Effizienz der UVP thematisiert: "Das UVPG hat an der ohnehin schon bestehenden Verwaltungspraxis nichts wesentliches verändert, da sie in den Kommunen kaum Anwendungsmöglichkeiten bietet", "Viel Lärm um nichts". Bei der Antwortaltemative (4) wurde einmal das Wort 'keinem' zweimal unterstrichen, um so den Widerspruch zwischen Aufwand und Nutzen der UVP herauszustreichen.

12 Vg1. Graphik 5.

150

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Diese skeptische bis kritische Grundeinstellung in bezug auf die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde durch eine weitere Frage bestätigt, in der es darum ging, die Anwendungsfreundlichkeit des UVP-Gesetzes zu beurteilen. In einer aufsteigenden Fünferskala war ein Wert zwischen 'I' und '5' anzukreuzen. Die Extremwerte wurden mit folgenden Aussagen verknüpft: Wert 'I': Das UVPG wird als 'gar nicht' anwendungsfreundlich eingeschätzt. Wert '5': Das UVPG wird als 'sehr' anwendungsfreundlich eingeschätzt. Tabelle 11 Frage D.I0. (Beb.) Anzahl gesamt Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 234 (gar nicht)

5

(sehr)

Durchschnitt

============================================================

62

12 (19%)

28 (45%)

22 (36%)

0(0%)

0(0%)

2,2

Keine einzige der antwortenden Behörden gab einen Wert von '4' oder '5' an. Dieses in seiner Eindeutigkeit bemerkenswerte Ergebnis unterstreicht die im Rahmen der vorherigen Frage bereits angeklungene Skepsis fast aller Behörden im Hinblick auf die Durchführung der UVP in der Verwaltungspraxis. Da speziell nach dem UVPG gefragt wurde, ist zudem nicht nur der europäische, sondern auch der nationale Gesetzgeber aufgerufen, das gesetzliche Instrumentarium besser auf die Bedürfnisse eines effektiven Vollzugs abzustellen. Gerade die Qualität der Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht entscheidet häufig über die tatsächliche Anwendung der in diesen Richtlinien aufgestellten Umweltstandards. Hintergrund der von den meisten Behörden geäußerten Mängel im Bereich der EG-Umweltgesetzgebung könnte die Doppelzüngigkeit sein, mit der auf europäischer Ebene oft Umweltpolitik betrieben wird. Einerseits wird versucht, den deutlich vernehmbaren Forderungen von Umweltschützern und Betroffenen aus der Bevölkerung durch Aktionismus im Bereich der Gesetzgebung nachzukommen, andererseits soll die heimische Wirtschaft möglichst wenig geschwächt werden. Bei schwer vollziehbaren Gesetzen gelingt letzteres zumindest in der praktischen Konsequenz. I3 4. Bewertung umweltpolitischer Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene In diesem Zusammenhang schien es interessant zu erfahren, welcher umweltpolitische Weg aus Sicht deutscher Behörden am geeignetsten ist, die 13 Vgl. zu der unter dem Stichwort 'programmiertes VollzugsdefIzit' geftlhrten Diskussion insbesondere Lahl, ZUR 1993, S. 249fT; siehe auch oben S. 87.

I. Einschätzung des rechtlichen Instrumentariums

151

Umweltprobleme der Zukunft zu bewältigen. Vorgegeben wurden jeweils drei umweltpolitische Instrumente, nach deren Eignung zur Lösung von Umweltproblemen gefragt wurde, und zwar zum einen hinsichtlich des räumlichen Zuständigkeitsbereichs der jeweils befragten Behörde, zum anderen im Hinblick auf das Gebiet der Europäischen Union: 14 (1) bewußtseinsbildende Maßnahmen, (2) ordnungsrechtliche Instrumente, (3) ökonomische Maßnahmen. Soweit es um die Lösung regionaler Umweltprobleme ging, machten 83 Behörden Angaben, hinsichtlich der Lösung von Umweltproblemen auf EUEbene äußerten sich 82 von insgesamt 85 Behörden. Tabelle 12 Fragen A.4.1., A.4.2. (Beb.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der angekreuzten Alternativen regionale/ EU-Ebene (in %) (I)

(2)

(3)

Bayern / Städte 13 (42%)/13 (36%) Bayern / LRÄ 19 (44%)/17 (42%)

12 (39%)/ 10 (28%) 12 (28%)/ 10 (24%)

6 (19%)/13 (36%) 12 (28%)/14 (34%)

Bayern gesamt 32 (43%)/30 (39%)

24 (32%)/20 (26%)

18(25%)/27 (35%)

Berlin

6 (40%)/4(24%)

6 (40%)/6 (35%)

3 (20%)/7 (41%)

Bremen

0(0%)/ I (50%)

2 (66,6%)/ 1 (50%)

I (33,3%)/0(0%)

Hessen

9 (36%)/ 9 (41%)

9 (36%)/ 5(23%)

7 (28%)/ 8 (36%)

NRW

5 (36%)/5 (31%)

6 (43%)/ 5 (31%)

3 (21%)/6 (38%)

Regierungen

5 (42%)/ 5 (46%)

4 (33%)/ 3 (27%)

3 (25%)/ 3 (27%)

Sunmle

57 (40%)/ 64 (41%)

51 (36%)/40 (26%)

35(24%)/51(33%)

Als absolute Größen kommt den Ergebnissen nur ein sehr begrenzter Aussagewert zu, da die Beantwortung stark abhing von der jeweiligen persönlichen Einschätzung. Aus dem Vergleich der Zahlen, die sich lediglich auf die Lösung regionaler Umweltprobleme beziehen. mit denjenigen. die die Lösung von Umweltproblemen in der Europäischen Union betreffen. können jedoch 14 Es kOlmten dabei auch mehrere Instrumente genrumt werden, soweit diese für gleichennaßen geeignet gehalten wurden.

152

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

einige Schlüsse gezogen werden. So wird sowohl im regionalen als auch im internationalen Rahmen die Förderung bewußtseinsbildender Maßnahmen fiir sinnvoll zur Lösung von Umweltproblemen erachtet. Die Entwicklung bei den ordnungsrechtlichen und den ökonomischen Maßnahmen verläuft dagegen konträr. Während erstere im regionalen Bereich fiir deutlich geeigneter als im europäischen gehalten werden, verhält es sich bei letzteren genau umgekehrt. 15 Aus diesem Antwortverhalten läßt sich eine gewisse Skepsis gegenüber ordnungsrechtlichen Regelungen im Rahmen der EU ableiten, die bereits bei der Einschätzung der UVP-Richtlinie angeklungen ist. Vor allem die äußerst positive Einstellung gegenüber ökonomischen Maßnahmen auf EU-Ebene könnte ein Fingerzeig fiir einen möglichen Ausweg aus der Vollzugskrise des Europäischen Umweltrechts sein. Letztlich wird nur eine Kombination dieser politischen Maßnahmen zum Erfolg fiihren, wie eine Bearbeiterin zutreffend anmerkte. Allerdings zeigen die Ergebnisse, daß hinsichtlich der Gewichtung der einzelnen Maßnahmen differenzierte Lösungen erforderlich sind. 16 11. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handeins Neben dem rechtlichen Instrumentarium beeinflußt vor allem das Handeln der Normanwendungsorgane die Qualität des Vollzugs von EG-Umweltrecht. Eine Reihe von Fragen befaßte sich daher mit dem behördlichen Handeln und den dieses Handeln beeinflussenden Faktoren. Da die Beantwortung in der Regel auch eine Selbsteinschätzung der Behörden voraussetzte, war es nicht unbedingt selbstverständlich, daß zu diesen Fragen weitgehend vollständig und durchaus kritisch Stellung genommen wurde. 1. Die Merkmale des räumlichen Zuständigkeitsbereichs einer Behörde Um einen ersten Eindruck über die Voraussetzungen behördlichen Handeins zu gewinnen, war es erforderlich, die unterschiedlichen räumlichen Gegebenheiten zu untersuchen, mit denen eine Umweltschutzbehörde bei ihrer Arbeit konfrontiert ist. Vor allem die Bevölkerungsstruktur, die räumliche Ausdehnung und die Umweltsituation im jeweiligen Zuständigkeitsbereich prägen in erheblichem Maße die Arbeit der angeschriebenen Behörden. Soweit anband dieser Merkmale unterschiedliche Ausgangsbedingungen fiir die behördliche

15 Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Ergebnis der Studie von Rüther, Die behördliche Praxis bei der Entdeckung und Definition von Umweltstrafsachen, S. 44f, in der von den Behördenbediensteten ordnungsrechtliche Regelungen allgemein filr am wenigsten geeignet zur Durchsetzung ökologischer Zielsetzungen gehalten wurden, und zwar hinter bewußtseinsbildenden und ökonomischen Maßnahmen. Eine Differenzierung nach regionalen oder globalen ökologischen Problemen wurde dabei allerdings nicht vorgenommen. 16 Vgl. dazu die Ausführungen im 4. Kapitel, S. 271ff.

11. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

153

Arbeit auszumachen sind, lassen sich unter Umständen Behördengruppen zusammenfassen, die in etwa vergleichbare Bedingungen aufweisen. a) Die flächenmäßige Ausdehnung

Hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung des räumlichen Zuständigkeitsbereichs deIjenigen Behörden, die einen ausgefüllten Fragebogen zurückschickten und daher in die Auswertung einbezogen werden konnten, ergibt sich folgendes BildP Tabelle 13

Räumlicher Zuständigkeitsbereich, flächenmäßige Ausdehnung Bundesland / Behördentyp

(Anzahl n)

durchschnittliche max. Fläche min. Fläche in qkm in qkm Fläche in qkm

============================================================

Bayern / Städte Bayern/LRÄ Berlin / BezirksÄ Hessen / Städte NRW /Städte Regierungen

(18) (28)

Summe

(2) (5) (6)

81 974 36 227 258 7221

310 1530 89 249 729 9993

36 308 11 204 101 5288

(66)

1122

9993

11

(7)

============================================================

Insgesamt sind bei den einzelnen Behördentypen zum Teil eklatante Unterschiede festzustellen. So ergibt die gesamte Fläche der 18 kreisfreien Städte in Bayern, die sich an der Fragebogenaktion beteiligten, mit 1458 qkm zusammengenommen einen geringeren Wert als der flächenmäßig größte bayerische Landkreis innerhalb der Umfrage mit 1530 qkm. Die Fläche des Berliner Bezirks Mitte beträgt mit 11 qkm lediglich 1% der durchschnittlichen Fläche eines bayerischen Landkreises. b) Die Bevölkerungszahl

Neben der flächenmäßigen Ausdehnung spielt vor allem die Bevölkerungszahl eine wichtige Rolle für die behördliche Tätigkeit 18

17 Quelle: Die Bundesrepublik Deutschland (Staatshandbuch), Landesausgaben Freistaat Bayern, Hessen, Berlin, Nordrhein-Westfalen. 18 Quelle: Die Bundesrepublik Deutschland (Staatshandbuch), Landesausgaben Freistaat Bayern, Hessen, Berlin, Nordrhein-Westfalen.

154

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 14

Räumlicher Zuständigkeitsbereich. Bevölkerungszahl Bundesland / (Anzahl n) Durchschnittliche max. min. Bevölkerungszahl (in 1000) Behördentyp ============================================================ Bayern / Städte (18) 1321 39 146 Bayern / LRÄ (28) 117 213 77 Berlin / BezirksÄ (7) 235 124 52 Hessen / Städte (2) 623 445 267 NRW / Städte (5) 625 322 120 Regierungen (6) 2156 1037 5291 ============================================================ (66) Swnme 336 5291 39

Bei der Bevölkerungszahl hält sich die Schwankungsbreite, abgesehen von den Regierungen, die gesondert zu betrachten sind, in deutlich engeren Grenzen als bei der Fläche. So ergibt sich im Falle der kreisfreien Städte Bayerns eine durchschnittliche Bevölkerungszahl von ca. 77000 Einwohnern, wenn man einmal die Einwohnerzahl Münchens außer acht läßt. Im Vergleich zu den bayerischen Landkreisen ist danach die Zahl der Einwohner im Durchschnitt sogar etwas geringer. c) Die Bevölkerungsdichte

Besonders interessant ist das Verhältnis der Einwohnerzahl zur Fläche, da sich aus der Dichte der Besiedelung unter Umständen Umweltprobleme ergeben, die Auswirkungen auf die behördliche Tätigkeit haben. Tabelle 15

Räumlicher Zuständigkeitsbereich. Bevölkerungsdichte Bundesland / (Anzahl n) Durchschnittliche max. min. Behördentyp Bevölkerungsdichte (in Einw./qkm) ============================================================ Bayern / Städte (18) 1300 4261 390 Bayern ILRÄ (28) 134 328 74 Berlin / Bez.Ä. (7) 4001 7273 1733 Hessen / Städte (2) 1906 2502 1309 NRW /Städte (5) 2001 2976 221 (6) Regierungen 1001 151 339 Swnme

(66)

1076

7273

74

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

155

Betrachtet man die jeweilige Bevölkerungsdichte, so' werden die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen, unter denen die behördliche Tätigkeit der angeschriebenen Umweltbehörden steht, besonders deutlich. Soweit sich bei der Auswertung des Fragebogens Unterschiede in der Beantwortung der verschiedenen Behördengruppen ergaben, wird deshalb gesondert darauf hingewiesen. d) Städtische oder ländliche Prägung

In fünf Fragen wurden weitere Merkmale des räumlichen Zuständigkeitsbereichs der jeweiligen Behörden thematisiert. Zunächst ging es darum, ob das Gebiet, für das die jeweilige Behörde zuständig ist, städtisch geprägt ist. Vorgegeben wurde dabei eine aufsteigende Fünferskala, deren Extremwerte folgendermaßen festgelegt wurden: Wert '1': Der räumliche Zuständigkeitsbereich der Behörde ist 'kaum' städtisch geprägt. Wert '5': Der räumliche Zuständigkeitsbereich der Behörde ist 'sehr' städtisch geprägt. Zu dieser Frage machten alle 85 Behörden, die einen ausgefüllten Fragebogen zurücksandten, Angaben: Tabelle 16 Frage A.1.1. (Beh.) Bundesland I Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

1

(kaum)

2

3

4

5

Durch-

(sehr stark)

schnitt

============================================================ Bay I Städte Bay/LRÄ Berlin Bremen Hess I stÄls Hess I WWÄ Hess I Städte NRW I Städte NRW IStUÄ Regierungen

0(0%) 1(5%) 3 (17%) 10 (56%)4 (22%) 12 (43%)8 (29%) 7 (25%) 1 (3%) 0 (0%) 0(0%) 1 (12,5%)0 (0%) 4 (50%) 3 (37,5%) 0(0%) 0 (0%) 0 (0%) 0 (0%) 4 (100%) 0(0%) 1(20%) 2 (40%) 2 (40%) 0 (0%) 1 (16,6%)3 (50%) 1 (16,6%)0 (0%) 1 (16,6%) 0(0%) 0 (0%) 1 (50%) 0 (0%) 1 (50%) 0(0%) 0 (0%) 0 (0%) 3 (60%) 2 (40%) 0(0%) 1 (33,3%)0 (0%) 2 (66,6%)0 (0%) 0(0%) 2 (33,3%)3 (50%) 1 (16,6%)0 (0%)

3,9 1,9 4,1 5,0 3,2 2,5 4,0 4,4 3,3 2,8

Summe

13 (15%)17 (20%)17 (20%)23 (27%)15 (18%)

3,1

============================================================

Nach den mitgeteilten Einschätzungen ergibt sich eine in etwa gleichmäßige Verteilung auf 'kaum' städtisch bis 'sehr stark' städtisch geprägte Gebiete, so

156

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzwtgen

daß Besonderheiten bei der behördlichen Arbeit, die im Zusammenhang mit der Bevölkerungsstruktur und der städtischen Prägung eines Gebietes stehen, in der Auswertung herausgearbeitet werden konnten und insgesamt ein relativ realistisches Bild hinsichtlich der umweltbezogenen Behördenarbeit versprachen. e) Art der wirtschaftlichen Nutzung

Desweiteren wurde nach der wirtschaftlichen Nutzung gefragt, die den räumlichen Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Behörde in besonderem Maße prägt. Dabei standen folgende Möglichkeiten zur Auswahl, von denen keine, eine oder mehrere angekreuzt werden konnten: (1) industrielle Nutzung (2) Land-, Forstwirtschaft (3) Tourismus (4) Handwerksbetriebe (5) Sonstiges: _ _ _ _ _ __ Die Auswertung von insgesamt 84 Antworten zu dieser Frage ergab folgendes Bild: Tabelle 17 Frage A1.2. (Beh.) Bwtdesland I Behördentyp

(I)

Anzahl n der angekreuzten Antwortaltemativen (in %)

(2)

(3)

(4)

(5)

Bayern I Städte 12 (29%) Bayern I LRÄ 16 (23%)

3 (7,5%) 26 (38%)

3 (7,5%) 11 (16%)

12 (29%) 15 (22%)

II (27%) 1(1%)

Bayem gesamt 28 (25%)

29 (26%)

14 (13%)

27 (25%)

12 (ll%)

============================================================

Berlin

4 (27%)

0(0%)

2 (13%)

7 (47%)

2 (13%)

Bremen

3 (37,5%)

I (12,5%)

0 (0%)

1 (12,5%)

3 (37,5%)

Hessen

11 (35%)

8 (26%)

1(3%)

8 (26%)

3 (10%)

NRW

8 (44%)

4 (22%)

0(0%)

3 (17%)

3 (17%)

Regierwtgen

6 (33%)

5 (28%)

3 (17%)

4 (22%)

0(0%)

Summe

60 (30%)

47 (23,5%)

20 (10%)

50 (25%)

23(12,5%)

============================================================

ll. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

157

Insgesamt überwiegt die industrielle Nutzung, wobei allerdings in den ländlichen Gebieten Bayerns und Hessens auch die Land- und Forstwirtschaft eine große Rolle spielt. Gleichmäßig stark vertreten sind kleinere Handwerksbetriebe, während der Tourismus lediglich die Urlaubsregionen Bayerns sowie einzelne Städte in besonderem Maße prägt. Als sonstige Nutzungen wurden der Dienstleistungssektor (insbesondere Schulen, Universitäten, Banken, Versicherungen) sowie der Groß- und Einzelhandel genannt, zum Teil sind jedoch auch regionale Besonderheiten wie etwa Schiffahrt, Hafenumschlagbetriebe und Weinbau an dieser Stelle aufgeführt worden. Da vor allem Großbetriebe zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Umweltsituation eines bestimmten Gebietes haben können, wurde desweiteren nach der Anzahl der Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten gefragt. 70 Behörden konnten hierzu eine Auskunft geben, was zu folgendem Ergebnis führte: 19 Tabelle 18 Frage B.6.1. (Beh.) Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der Antworten

durchschnittliche Anzahl der Großbetriebe

Bayern / Städte Bayern/LRÄ Berlin Bremen Hessen NRW Regierungen

17 26

5

47

Summe

70

13

5 3

II

5

5

3

39

21

max.

Anzahl

min.

der Großbetriebe 13

20

5 117

80

100

2 1 2 5

o

2 2 45 80 10 ============================================================

117

o

Anband der Vergleichszahlen in den beiden rechten Spalten lassen sich regionale Unterschiede hinsichtlich der Umweltsituation erahnen. Diese bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die behördliche Arbeit, selbst wenn man berücksichtigt, daß die Zahlen in der Regel nur Schätzwerte wiedergeben.

19 Grundsätzlich waren auch Schätzwerte ausreichend, so daß die angegebenen Zahlen nicht unbedingt die exakte Anzahl der Großbetriebe eines Gebietes wiedergeben.

158

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzilllgen

j) Stellenwert der Umweltbeeinträchtigungen Der allgemeine Stellenwert von Umweltbeeinträchtigungen im räumlichen Zuständigkeitsbereich der angeschriebenen Behörden war Gegenstand zweier Fragen. Zunächst wurde nach den besonders stark zu verzeichnenden Quellen von Umweltbeeinträchtigungen gefragt, wobei fünf Antworten zur Auswahl standen. Von diesen waren entweder keine, eine oder mehrere anzukreuzen: (1) Luftverunreinigungen (2) Lärmbelästigungen (3) Wasser-, Grundwasserverschmutzungen (4) Verseuchung des Bodens (5) Sonstiges: _ _ _ _ _ __ Die Auswertung von 82 Antworten ergab folgendes Bild: Tabelle 19 Frage A 1.3. (Beb.) Billldesland I Behördentyp

keine Anzahl der bes. starken Umweltbeeinträchtigilllgen (in%) (2) (3) (4) (5) Angabe (1)

==========================~=================================

Bay / Städte BaylLRÄ

2 10

9 (25%) 14 (39%)7 (19%) 5 (14%) 1 (3%) 10 (35%)9 (31%) 6 (21%) 1 (3%) 3 (10%)

Bay gesamt

12

19 (30%)23 (35%)13 (20%)6 (9%)

Berlin

4 (6%)

4 (31 %) 7 (54%) 0 (0%)

2 (15%) 0 (0%) 1 (50%) 0 (0%)

Bremen

o

0(0%)

Hess / StÄIS Hess/WWÄ Hess / Städte

0 0 0

5 (45%) 5 (45%) 1 (10%) 0 (0%) 0 (0%) 2 (15%) 2 (15%) 5 (39%) 4 (31%) 0 (0%) 2(28,6%) 1 (14%) 2(28,6%)2(28,6%)0 (0%)

Hess ges.

o

9 (29%) 8 (26%) 8 (26%) 6 (19%) 0 (0%)

NRW / Städte NRW /StUÄ

0 0

3 (20%) 4 (27%) 3 (20%) 4 (27%) 1 (6%) 2 (25%) 2 (25%) 3 (37,5%)1 (12,5%)0 (0%)

o

5 (22%) 6 (26%) 6 (26%) 5 (22%) 1 (4%)

NRWges.

1 (50%) 0 (0%)

----_._--------------------------4 (36%) 2 (18%) 3 (28%) 2 (18%) 0 (0%)

RegieTilllgen

============================================================

Summe

14

II. EinschätzWlg des (eigenen) behördlichen Handelns

159

Insgesamt 14 Behörden (= 17%) gaben keine besonders stark zu verzeichnenden Quellen von Umweltbeeinträchtigungen an, wobei zum Teil das Wort 'besonders' unterstrichen wurde, um deutlich zu machen, daß es durchaus zu geringfügigeren Umweltbeeinträchtigungen kommt. Unter diesen Behörden waren allein zehn bayerische Landratsämter; dies dürfte auch auf die wesentlich geringere Bevölkerungsdichte und die meist geringere Anzahl von Großbetrieben zurückzufiihren sein. Bei allen anderen 68 (= 83%) sich zu dieser Frage äußernden Behörden ist mindestens eine besonders starke Quelle von Umweltbeeinträchtigungen zu verzeichnen. Vor allem Behörden aus dicht besiedelten Gebieten oder Gebieten mit relativ vielen Großbetrieben kreuzten meist mehrere Varianten an. Eine erhöhte Umweltbelastung wirkt sich dort häufig negativ auf verschiedene Umweltmedien aus. Insgesamt wurden Lärmbelästigungen als arn zahlreichsten zu verzeichnende Quellen von Umweltbeeinträchtigungen genannt, gefolgt von Luftverunreinigungen, Wasser-, Grundwasserverschmutzungen und Bodenkontarninationen. Als sonstige Umweltbeeinträchtigungen wurden Flächenverbrauch, Geruchsbelästigungen, Altlasten und Lebensmittelkontarninationen durch UmweltschadstofIe angeführt. Ein Bearbeiter wies' darauf hin, daß die Beeinträchtigungen nach Art und Intensität je nach Stadtteil sehr unterschiedlich seien; ein weiterer begründete die Luft- und Lärmbelästigungen mit der starken Zunahme des Indivudualverkehrs. Gegenstand einer weiteren Frage war die behördliche Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung der Umweltbeeinträchtigungen in den vergangenen zehn Jahren. In einer aufsteigenden Fünferskala wurden dabei alle 5 zur Auswahl gestellten Werte vorgegeben: (1) Die Umweltbelastung hat sich gegenüber früher erheblich vermindert. (2) Die Umweltbelastung hat sich gegenüber früher leicht vermindert. (3) Der Zustand hat sich nicht geändert. (4) Die Umweltbelastung hat sich gegenüber früher leicht erhöht. (5) Die Umweltbelastung hat sich gegenüber früher erheblich erhöht.

160

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

80 Antworten konnten hier ausgewertet werden: Tabelle 20

Frage A1.4. (Beb.) BWldesland I Behördentyp

( 1)

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %) (2) (3) (4) (5)

============================================================ Bayern I Städte 2 (11 %) Bayern ILRÄ 8 (29%)

12 (67%) 10 (36%)

2(11%) 2 (7%)

2 (11%) 6 (21%)

0(0%) 2(7%)

Bayern gesamt 0 (22%)

22 (48%)

4 (9%)

8 (17%)

2 (4%)

Berlin

I (14%)

2 (29%)

1 (14%)

3 (43%)

0(0%)

Bremen

1 (33,3%)

0(0%)

0(0%)

2 (66,6%)

0(0%)

Hessen/WWÄ 1 (25%) Hessen I Städte 0 (0%)

2 (50%) 1 (50%)

0(0%) 0(0%)

1 (25%) 0(0%)

0(0%) 1 (50%)

Hessen gesamt 4 (36%)

5 (46%)

0(0%)

1 (9%)

1 (9%)

2 (40%) 1 (33,3%)

0(0%) 0(0%)

0(0%) 0(0%)

0(0%) 0(0%)

------------------------------------------------------------------2 (40%) 0(0%) Hessen I stÄrs 3 (60%) 0(0%) 0(0%)

----------_..--..-....- ...-..._----NRW I Städte NRW IStUÄ

3 (60%) 2 (66,6%)

NRWgesamt

5 (62,5%)

Regienmgen

3 (60%)

Swnme

24 (30%)

---------

-----------------------3 (37,5%) 0(0%) 0(0%) -----------------

0(0%)

1 (20%)

0(0%)

0(0%)

1 (20%)

33 (41%)

5 (6%)

14 (18%)

4 (5%)

============================================================

Die Entwicklung der Umweltsituation, bezogen auf den räumlichen Zuständigkeitsbereich der angeschriebenen Behörden, wird mit einem durchschnittlichen Wert von '2,3' insgesamt weitgehend positiv eingeschätzt. Allerdings weichen im Rahmen dieser Frage einige Antworten deutlich vom Durchschnittswert ab. Immerhin 18mal (= 23%) wurde ein Wert von '4' oder '5' angekreuzt, so daß sich in einigen Gebieten die Umweltsituation in den letzten zehn Jahren - jedenfalls nach Ansicht der jeweiligen Behörden - verschlechtert hat. Einige Behörden wiesen darauf hin, daß eine generelle Aussage bzgl. der Entwicklung aller Umweltbeeinträchtigungen nur sehr schwer zu treffen sei und nahmen daher Differenzierungen vor: "Es kommt darauf an, welche Umweltbeeinträchtigungen" , "Bsp.: S02-Problematik (1), Ozonproblematik (4),

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

161

Verkehrslänn an Autobahn (5)", "Kann nicht für alle Schadstoffe einheitlich beantwortet werden", "Va. Verkehr hat sich erhöht". Um dieses Ergebnis von anderer Seite zu beleuchten, wurde dieselbe Frage im Rahmen der Umfrageaktion den Umweltverbänden gestellt, die die Entwicklung der Umweltsituation in den letzten zehn Jahren - bezogen auf ihren Tätigkeitsbereich - folgendermaßen beurteilten: 2o Tabelle 21 Frage Al. (Verb.)

Anzahl n der Verbände

Anzahl n der angegebenen Antwortaltemativen (in %) (1) (2) (3) (4) (5)

26

1 (4%)

Durchschnitt

============================================================ 5 (19,5%)5 (19,5%)4 (15%) 11 (42%)

3,7

Mit einem Durchschnittswert von '3,7' fällt die Einschätzung der Umweltverbände hinsichtlich dieser Frage im Vergleich zu den Behörden deutlich pessimistischer aus. Die Ursachen fiir dieses stark abweichende Antwortverhalten dürften in der jeweils unterschiedlichen Interessenlage liegen. Desweiteren spielt eine Rolle, welche maßgeblichen Kriterien fiir die Beurteilung der Gesamtumweltsituation herangezogen werden. Offenbar bestehen vor allem in diesem Punkt stark abweichende Ansichten zwischen Behörden und Umweltverbänden, insbesondere was die Bewertung der Immissionsbelastung durch den steigenden Autoverkehr betrifft. 21 Ein angeschriebener Verband differenzierte schließlich in seiner Antwort zwischen allgemeiner Umweltbelastung (Wert '4') und der spezifischen Immissionsbelastung (Wert '5'). 2. Personelle und materielle Ausstattung der Behörden Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ihre Behörden angemessen auszustat ten, um einen ordnungsgemäßen, gleichmäßigen und effektiven Vollzug von EG-Umweltrecht zu gewährleisten. 22 Deutschlands Behörden gelten dabei als

20 Vgl. im übrigen zur Auswertung der Verbandsfragebögen unten S. 237tT. 21 Nach einer in der tageszeitung ("taz") verötTentlichten Statistik sind in der Bundesrepublik Deutschland je 1000 Einwohner zur Zeit 469,6 Pkw angemeldet (zum Vergleich: USA 579,8; China 0,3 sowie Frankreich 419,6); im Juni 1995 wurde die Schallmauer von 40 000 000 angemeldeten Pkw's in der Bundesrepublik überschritten, vgl. die tageszeitung vom 3.14. Juni 1995, S. 1 u. 3. 22 Vgl. Art. 5 EGV. 11 Engel.berger

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

162

materiell und personell relativ gut ausgestattet, zieht man einmal den internationalen Vergleich heran. 23 Weil Aussagen über die behördlichen Ressourcen unter Umständen Rückschlüsse auf die Qualität des Vollzugs von EG-Umweltrecht zulassen, befaßten sich neun Fragen mit diesem Themenbereich.

a) Anzahl der Behärdenbediensteten Zunächst wurde nach der Anzahl der Beschäftigten in den angeschriebenen Behörden gefragt. Durch den Vergleich der aktuellen Personalsituation mit derjenigen von vor fünf Jahren sollten eventuelle Entwicklungen bei der personellen Ausstattung der Behörden aufgezeigt werden. Tabelle 22 Fragen A.2.1., A.2.2. (Beh.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der Antworten

Anzahl der Bediensteten Differenz vor 5 Jahren (in/%) heute

============================================================ 157 (+39%) 27 556 399 Bayern/LRÄ Bayern / Städte 228 104 (+46%) 16 332

Bayern gesamt

43

888

627

261 (+42%)

Berlin

5

74

27

47 (+174%)

Bremen

3

1313

1135

178 (+16%)

Hessen / StÄIs Hessen/WWÄ Hessen / Städte

4

4

2

173 209 160

113 177 175

60 (+53%) 32 (+18%) 15 (-8%)

Hessen gesamt

10

542

465

77 (+17%)

NRW /StUÄ NRW / Städte

1 4

180 157

125

150

30 (+20%) 32 (+26%)

NRWgesamt

5

337

275

62 (+23%)

-------------------------------------------------------------

Bezirksregierungen 6

513 120 (+23%) 633 ============================================================ Swnme 72 3787 745 (+24%) 3042

23

Dies wurde auch in den Vorgesprächen zur Umfrageaktion bestätigt.

II. EinschätzWlg des (eigenen) behördlichen Handelns

163

72 von insgesamt 85 ausgefüllten Fragebögen enthielten hierzu - teilweise geschätzte - Zahlenwerte. Bei den 13 Behörden, die keine oder nur unvollständige Angaben machen konnten, erwies sich vor allem die Bestimmung des früheren Personalstandes als schwierig. Außerdem wurden beispielsweise in NRW und Hessen im Wege einer Organisationsreform in den letzten Jahren neue Ämter geschaffen, die nur sehr bedingt mit den bisher zuständigen Behörden vergleichbar sind. 24 Während die absoluten Zahlenwerte kaum Aussagekraft haben, ergibt sich durch die Vergleichsmöglichkeit mit den angegebenen Zahlen von vor fünf Jahren ein äußerst aufschlußreiches Bild, was die Entwicklung der personellen Behördenausstattung im Umweltbereich betrifft. Lediglich viermal blieb die Anzahl der Bediensteten unverändert; dreimal verringerte sie sich, davon einmal lediglich ganz geringfügig. Insgesamt gaben 65 Behörden an, daß sich die Anzahl der Bediensteten mit Umweltschutzaufgaben erhöhte, davon in 31 Fällen um fünf oder weniger. Durchschnittlich erhöhte sich die Anzahl um etwas mehr als zehn Beschäftigte. Dies entspricht einer Erhöhung der Personaldecke von etwa einem Viertel gegenüber dem Stand von vor fünf Jahren. 25 Es kann somit grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß die personelle Ausstattung im Bereich der Umweltschutzbehörden in den letzten Jahren erheblich verbessert wurde, was allerdings angesichts des enormen Aufgabenzuwachses auch geboten war. 26 Ob diese personellen Verbesserungen von seiten der Behörden als hinreichend erachtet werden, war Gegenstand folgender Frage: Werden zur ausreichenden Erfüllung von Aufgaben des Umweltschutzes aus Ihrer Sicht noch weitere Bedienstete (wenn ja, wieviele?) benötigt? 76 Fragebögen enthielten zu dieser Frage verwertbare Antworten. In 27 Fällen wurde mitgeteilt, daß keine weiteren Bediensteten mehr erforderlich seien. Die übrigen 49 Behörden benötigen im Durchschnitt noch fünf Mitarbeiter; davon wurden 19mal höchstens zwei, elfmal zehn Bedienstete oder mehr gefordert, wobei der höchste Wert mit 20 (bei einer zahlenmäßig allerdings großen Behörde) veranschlagt wurde. Am auffälligsten war die Forderung nach stärkerer personeller Besetzung in Berlin. Dort wären nach Auffassung von 24 Vgl. in Hessen die NeuschatTWlg der Staatlichen Ämter fur Inunissions- Wld Strahlenschutz, die wesentliche Aufgaben der Gewerbeaufsichtsämter zugewiesen bekamen; in NRW wurde die UmweltverwaltWlg insbesondere durch die Schaffimg der Staatlichen Umweltämter neu organisiert. 25 Bei einer durchschnittlichen Anzahl von ca. 42 Bediensteten je Behörde vor filnf Jahren gegenüber gegenwärtig knapp 53. 26 Vgl. hierzu auch die Ergebnisse der Studie von Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. l65f, 529f, aus der hervorgeht, daß sich die Anzahl der Bediensteten - aufgeteilt nach Immissionsschutz Wld Gewässerschutz - in den Jahren 1973 bis 1978 ebenfalls erhöht hat, allerdings weniger deutlich als nach dieser UntersuchWlg. 11'

164

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

sieben Behörden insgesamt weitere 58 Bedienstete erforderlich, um den Aufgaben des Umweltschutzes in ausreichendem Maße nachkommen zu können, so daß bei einem gegenwärtigen Personalstand von 204 Bediensteten diese Behörden zu mehr als einem Viertel unterbesetzt wären. Betrachtet man alle 76 Behörden, die zu dieser Frage Stellung nahmen, so ließe sich eine personelle Unterbesetzung von ca. 6% festmachen. 27 Bei der Bewertung der Ergebnisse muß allerdings berücksichtigt werden, daß die Beantwortung dieser Frage sehr stark von subjektiven Kriterien abhing. Gerade angesichts der im Vorfeld der Fragebogenaktion häufig beklagten Arbeitsüberlastung schienen Forderungen nach Verbesserungen im Bereich der personellen Behördenausstattung vorprogrammiert. Eine Behörde meinte dann auch, es könnten im Bereich des präventiven Umweltschutzes, wie etwa der Öffentlichkeitsarbeit, nicht genug Bedienstete tätig sein. Dennoch zeigt das Ergebnis, daß nahezu alle Behörden um eine möglichst realistische Beantwortung bemüht waren. Überzogene Forderungen wurden von keiner Behörde aufgestellt; immerhin 36% der antwortenden Behörden gaben sich mit der gegenwärtigen Personalsituation zufrieden. Im übrigen wäre das Ergebnis möglicherweise anders ausgefallen, hätten alle angeschriebenen Behörden tatsächlich geantwortet. Eine angespannte Personalsituation fUhrt ja häufig gerade dazu, daß Tätigkeiten, wie etwa das freiwillige Ausfiillen eines Fragebogens, nicht mehr durchfiihrbar sind. Geht man davon aus, daß Deutschland hinsichtlich der personellen Ausstattung seiner Behörden im Umweltbereich im Vergleich zu einigen anderen Mitgliedstaaten quantitativ wesentlich besser bestückt sein dürfte, läßt sich erahnen, mit welchen Schwierigkeiten die Durchsetzung einer Richtlinienbestimmung im Einzelfall verbunden sein kann. b) Ausbildungsstand der Behördenbediensteten

Um Aussagen über die qualitativen Anforderungen an Behördenbedienstete im Umweltbereich treffen zu können, bezogen sich drei Fragen auf den Ausbildungsstand sowie eventuelle Weiterbildungsmöglichkeiten. Zunächst wurde danach gefragt, ob von den Bediensteten eine zusätzliche Qualifikation im Hinblick auf die umweltbezogene Behördenarbeit vorausgesetzt wird. In 27 von insgesamt 81 verwertbaren Antworten wurde diese Frage verneint. Alle übrigen 54 Behörden gaben eine differenzierte Antwort. Danach läßt sich das Qualifikationsprofil der Bediensteten in deutschen Umweltschutz-

27 Im Prinzip werden dadurch auch die Ergebnisse der Studie von Rüther, Die behördliche Praxis bei der Entdeckung und DefInition von Umweltstrafsachen, S. 61ff, bestätigt, wonach mit Ausnahme der Staatsanwaltschaften und Kommunalen Spitzenbeamten die in NRW befragten Umweltschutzbehörden ihre personelle Ausstattung als mangelhaft kritisierten.

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

165

behörden im wesentlichen auf folgenden Nenner bringen: Beim technischen Fachpersonal, also beispielsweise Umweltschutzingenieuren oder Umwelt- und Abfallberatern, wird ein umweltspezifisches Fachstudium (meist FR-Studium: Umwelttechnik, Landschaftsschutz) in aller Regel vorausgesetzt. Für Verwaltungskräfte gilt gleiches jedoch nicht. Zum Teil wurde allerdings darauf hingewiesen, im Anschluß an die behördeninterne Einweisungszeit sei eine freiwillige Vertiefung der Fachkenntnisse durch Lehrgänge, einschlägige Fachliteratur USW. erwünscht. Es kann zudem bei der Einstellung eine gewisse Rolle spielen, ob ein Bewerber bereits praktische Erfahrung in Umweltschutzfragen sammeln konnte. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Europarechts werden von den Bediensteten, jedenfalls nach den hier gemachten Angaben, keinerlei Vorkenntnisse vorausgesetzt. 28 Eine freiwillige Weiterbildung, sofern sie in ausreichendem Maße angeboten wird, gewinnt damit für den Vollzug des EGUmweltrechts an Bedeutung. c) Weiterbildungsmöglichkeiten von Behördenbediensteten

Auf die Frage, ob für die Bediensteten Möglichkeiten zur Fortbildung im europäischen (Umweltschutz-) Recht zur Verfügung stehen, konnte in einer aufsteigenden Fünferskala ein für angemessen empfundener Wert eingekreist werden, wobei die Extremwerte wie folgt vorgegeben wurden: 'I': Möglichkeiten zur Fortbildung im europäischen (Umweltschutz-) Recht stehen für die Bediensteten 'gar nicht' zur Verfügung. '5': Möglichkeiten zur Fortbildung im europäischen (Umweltschutz-) Recht stehen für die Bediensteten 'ausreichend' zur Verfügung. Insgesamt wurde diese Frage in 82 Bögen beantwortet; lediglich in drei Fällen unterblieb eine Antwort.

28 Nach den JustizprüfWlgsordnWlgen in Deutschland ist das Europarecht, jedenfalls in seinen Grundzügen, mittlerweile PtlichtstotI für die Juristischen Staatsexarnina; vgl. auch § 5a Abs. 2 S. 2 DRiG.

166

3. Kapitel: Die tatsächlichen Volizugsvoraussetzungen Tabelle 23 Frage A2.5. (Beb.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

1 (gar nicht)

234

5 (ausreichend)

Durchschnitt

============================================================

Bayern / Städte Bayern/LRÄ

8 (44%) 4 (22%) 2 (11%) 3 (17%) 1 (6%) 11 (39 %)11 (39%)4 (14%) 1 (4%) 1 (4%)

2,2 1,9

Bayern gesamt

19 (41%)15 (33%)6 (13%) 4 (9%)

2 (4%)

2,0

Berlin

3 (43%) 2 (29%) 1 (14%) 0 (0%)

1 (14%)

2,1

Bremen

I (25%) 1 (25%) 2 (50%) 0 (0%)

0 (0%)

2,3

Hessen gesamt

I (8%)

4 (33%) 7 (59%) 0 (0%)

0 (0%)

2.5

NRWgesamt

0(0%)

5 (72%) I (14%) 1 (14%) 0 (0%)

2,4

Regierungen

0(0%)

2 (33%) 2 (33%) 1 (17%) 1(17%)

3,2

Summe

24 (29%)29 (36%)19 (23%)6 (7%)

============================================================

4 (5%)

2,2

53 von 82 Behörden und damit 64,6 % gaben einen Wert von '2' oder 'I' an. Fortbildungangebote zum europäischen (Umwelt-) Recht bestehen für die Mehrzahl der in diesen Behörden Beschäftigten also entweder gar nicht oder nur in sehr unzureichendem Maße. Lediglich bei den Bezirksregierungen29 fällt das Ergebnis mit einem Durchschnittswert von '3,2' einigermaßen zufriedenstellend aus. Dieses Ergebnis kann darauf zurückzuführen sein, daß es sich hierbei um vorgesetzte Behörden mit einem größeren Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich handelt. Bei den unteren Verwaltungsbehörden, vor allem den Landratsämtem und kreisfreien Städten, ist demgegenüber ein deutliches Defizit an Weiterbildungsangeboten zu beklagen. Dies kann zu negativen Auswirkungen beim Vollzug führen, vor allem angesichts des immer größer werdenden Einflusses, den das Europarecht im Hinblick auf die Arbeit dieser Behörden besitzt. Die etwas günstigere Situation bei den vorgesetzten Behörden schafft hier nur bedingt einen Ausgleich, da gerade die Besonderheiten des Europarechts, die beim Vollzug zu beachten sind, insbesondere die Entwicklungen durch die EuGH-Rechtsprechung,30 gute Vorkenntnisse des Normanwenders verlangen.

29lnsgesamt lagen hierzu sechs Antworten aus NRW, Hessen und Bayern vor.

30 Vgl. dazu oben S. IlOff.

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

167

Die Bereitschaft der Bediensteten, eventuelle Fortbildungsmaßnahmen, so sie angeboten würden, auch zu nutzen, war Gegenstand einer anschließenden Frage. Wiederum wurde eine Fünferskala vorgegeben. Mit den Extremwerten wurden folgende Aussagen verknüpft: '1': Derartige Fortbildungsmaßnahmen werden 'nie' genutzt. '5': Derartige Fortbildungsmaßnahmen werden 'immer' genutzt. Insgesamt antworteten hier lediglich 75 Behörden, da diese Frage, falls zuvor der Wert '1' (Fortbildungsmaßnahmen werden gar nicht angeboten.) angegeben wurde, teilweise für überflüssig, weil rein hypothetisch, gehalten wurde. Die Summe aller Antworten ergab folgendes Bild: Tabelle 24 Frage A.2.6. (Beb.) Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 234 5 (nie) (immer)

Durchschnitt

5 (7%)

3,3

============================================================

75

14 (18%)21 (28%)23 (31%)12 (16%)

Die Bereitschaft der Bediensteten, Fortbildungsmöglichkeiten zu nutzen, wird also deutlich positiver eingestuft als das tatsächliche Angebot. Selbst wenn man einräumt, die Zahlen seien in einem gewissen Grade geschönt, da es letztlich auch um die Einstufung der eigenen Bereitschaft ging, ist der Vergleich der Ergebnisse beider Fragen deshalb bemerkenswert, weil die Zahlen darauf hindeuten, daß vorhandenes Potential zur Verbesserung der Vollzugssituation von EG-Umweltreeht nicht oder noch nicht ausreichend aktiviert wurde. d) Materielle Ausstattung der Behörden

Neben der personellen spielt auch die materielle Ausstattung im Hinblick auf die Qualität des Vollzugs von EG-Umweltrecht eine erhebliche Rolle. Zunächst wurde nach einer allgemeinen Einschätzung hinsichtlich der materiellen Behördenausstattung gefragt. In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte folgendermaßen vorgegeben: '1': Die materielle Ausstattung wird als 'schlecht' eingestuft. '5': Die materielle Ausstattung wird als 'gut' eingestuft.

168

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Da wiederum dreimal keine Angaben zu dieser Frage gemacht wurden, konnten insgesamt 82 Antworten in die Auswertung einbezogen werden: 31 Tabelle 25

Frage A.3.1. (Beb.) Bundesland

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 234 5

(schlecht)

(gut)

Durchschnitt

============================================================

Bayern

2 (4%)

10 (22%)13 (28%)13 (28%)8 (18%)

3,3

Berlin

0(0%)

0 (0%)

3 (37,5%)3 (37,5%)2 (25%)

3,9

Bremen

0(0%)

0 (0%)

1 (33,3%)1 (33,3%)1 (33,3%)

4,0

Hessen

0(0%)

3 (25%) 5 (42%) 4 (33%) 0 (0%)

3,1

NRW

0(0%)

3 (43%) 2 (28,5%)2 (28,5%)0 (0%)

2,9

Regierungen

0(0%)

2 (33%) 1 (17%) 2 (33%) 1 (17%)

3,3

Summe

2 (3%)

18 (22%)25 (30%)25 (30%)12 (15%)

3,3

============================================================

Lediglich zwölfmal wurde die eigene Behörde uneingeschränkt für materiell gut ausgestattet gehalten; immerhin 20mal wurden die Werte '1' oder '2' angekreuzt. Anhand dieser Zahlen lassen sich somit gewisse Defizite bei der materiellen Behördenausstattung erkennen, die durch zwei weitere Fragen spezifiziert werden sollten. Zunächst ging es darum, ob die jeweilige Behörde über die Texte der für die Behördenarbeit relevanten EG-Umweltrichtlinien verfügt. Den Extremwerten wurden in einer Fünferskala folgende Aussagen zugewiesen: '1': Die rur die Behördenarbeit relevanten Richtlinientexte sind 'gar nicht' vorhanden. '5': Die rur die Behördenarbeit relevanten Richtlinientexte sind 'vollständig' vorhanden. Die Antworten von 84 Behörden ergaben folgendes Ergebnis: 32

31 Vgl. Graphik 1. 32 Vgl. Graphik 1.

Ir. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

169

Tabelle 26

Frage A.3.2. (Beh.)

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) I 234 5

Durchschnitt

Bayern

0(0%)

9 (20%) 11 (24%)13 (28%)13 (28%)

3,7

Berlin

0(0%)

1 (12,5%)4 (50%) 1 (12,5%)2 (25%)

3,5

Bremen

0(0%)

1 (25%) 0 (0%)

3,75

Hessen

0(0%)

2 (17%) 1(8%) 6 (50%) 3 (25%)

NRW

I (12,5%)0 (0%) 2 (25%) 2 (25%) 3 (37,5%)

3,75

Regierungen

0(0%)

0 (0%)

4,5

Swnme

1(1%)

13 (16%)18 (21%)27 (32%)25 (30%)

3,7

LRÄ gesamt

0(0%)

3 (11%) 8 (28,5%)9 (32%) 8 (28,5%)

3,8

Städte gesamt

0(0%)

6 (24%) 4 (16%) 6 (24%) 9 (36%)

3,7

Bundesland / Behördentyp

(gar nicht)

----------,---,

(vollständig)

2 (50%) 1 (25%)

3,8

-----------------------------------------

---------------------------------------------------0 (0%)

3 (50%) 3 (50%)

============================================================

Auffällig ist der mit knapp einem Drittel sehr niedrige Anteil derjenigen Behörden, bei denen die fiir die Behördenarbeit relevanten EG-Umweltrichtlinien vollständig vorhanden sind. Immerhin 14mal wurde ein Wert von 'I' oder '2' angekreuzt. Somit verfUgt fast ein Fünftel der antwortenden Behörden entweder gar nicht oder nur sehr unvollständig über die einschlägigen Richtlinientexte. Auch wenn EG-Umweltrichtlinien häufig keine unmittelbare Wirkung entfalten, so gewinnt der Richtlinientext zumindest im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts an Bedeutung. Angesichts beträchtlicher Umsetzungsdefizite im Bereich des EG-Umweltrechts spielt aber auch die unmittelbare Richtlinienanwendung durch nationale Behörden eine immer größere Rolle. Sofern noch nicht einmal die fiir die behördliche Arbeit relevanten Richtlinientexte schnell verfUgbar sind, lassen sich diese Vollzugsvorgaben in der Praxis allerdings kaum verwirklichen. Neben den Richtlinientexten interessierte das Vorhandensein von Sekundärliteratur, vor allem von Kommentaren und Lehrbüchern. Die entsprechenden Extremwerte lauteten hier so: 'I': Kommentare und/oder Lehrbücher zum EG-(Umwelt-)Recht sind in der Behörde 'gar nicht' vorhanden.

170

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

'5': Kommentare und/oder Lehrbücher zum EG-(Umwelt-)Recht sind in der Behörde 'ausreichend' vorhanden. Die Auswertung von 84 Antworten ergab folgendes Ergebnis: 33 Tabelle 27

Frage A3.3. (Beb.) Bundesland

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 345 (gar nicht) (ausreichend)

Durchschnitt

============================================================ Bayern

18 (39%)12 (26%)7 (15%) 8 (18%) 1 (2%)

2,2

Berlin

3 (37,5%)3 (37,5%)0 (0%) 1 (12,5%)1 (12,5%)

2,25

Bremen

1 (25%) 2 (50%) 1 (25%) 0 (0%)

0 (0%)

2,0

Hessen

3 (25%) 6 (50%) 2 (17%) 1 (8%) 0 (0%)

2,1

NRW

3 (37,5%)4 (50%) 0 (0%)

1,9

Regierungen

1 (16,6%)1 (16,6%)1 (16,6%)2 (33,3%)1 (16,6%)

3,2

Sunune

29 (35%)28 (33%)11 (13%)13 (15%)3 (4%)

2,2

1 (12,5%)0 (0%)

============================================================

Die Zahlen belegen, daß es gerade an Sekundärliteratur zum Europarecht mangelt. Angesichts der oftmals schwierigen und stark von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geprägten europarechtlichen Dogmatik wären gerade Kommentare und Lehrbücher hilfreich, da gemeinschaftsrechtliche Gesetzgebung und Rechtsprechung von zum Teil sehr unterschiedlichen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten beeinflußt werden und daher nicht immer ohne weiteres aus sich heraus verständlich sind. Bezeichnend war daher die Randbemerkung eines Bearbeiters: "Problem bei Antwort: was gibt es überhaupt 1". Insgesamt fällt das Ergebnis ernüchternd aus: Lediglich drei von 84 Behörden stuften das in der Behörde vorhandene Material an Sekundärliteratur als 'ausreichend' ein; der Durchschnittswert betrug '2,2'. Somit sind die erforderlichen Arbeitsmaterialien, vor allem einschlägige Richtlinientexte und Sekundärliteratur, offenbar nur in sehr wenigen Behörden in zufriedenstellendem Maße vorhanden. Dieser Mißstand wird insbesondere vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des europäischen Umweltrechts für die tägliche Verwaltungsarbeit der an der Umfrage beteiligten Be-

33 Vgl. Graphik l.

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

171

hörden deutlich. Trotz der immer wieder postulierten Spannaßnahmen im öffentlichen Dienst sollte sich jedoch gerade diese Investition als sinnvoll und langfristig rentabel erweisen, da Vollzugsmängel, die auf eine unzureichende Behördenausstattung zurückzuführen sind, enonne Folgekosten verursachen können, die bei angemessener Ausstattung venneidbar wären. 34 3. Allgemeines Tätigkeitsprofil umweltbezogener Behördenarbeit Um einen allgemeinen Eindruck über die Schwerpunkte der behördlichen Arbeit im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht zu gewinnen, wurde nach den Umweltschutzmaterien, mit denen die jeweils befragte Behörde zu tun hat, sowie nach der inhaltlichen Aufteilung der Arbeitszeit gefragt. a) Arbeitsschwerpunkte in bezug auf einzelne Umweltschutzmaterien

Insgesamt wurden fünf Antwortmöglichkeiten zur Auswahl gestellt, von denen auch mehrere angekreuzt werden konnten, soweit die betreffenden Materien bei der behördlichen Arbeit eine Rolle spielen: (1) Immissionsschutz (2) Gewässerschutz (3) Naturschutz (4) Abfallwirtschaft (5) Sonstiges: _ _ _ _ __ Da die Zuständigkeitsverteilung je nach Bundesland zum Teil stark divergiert, konnte anhand dieser Frage festgestellt werden, inwieweit die Modelle der allgemeinen Verwaltung bis hin zur Sonderverwaltung in den einzelnen Bundesländern verwirklicht sind. 35 Während in Bayern sowohl die Landratsämter als auch die kreisfreien Städte mit allen wichtigen Umweltschutzmaterien konfrontiert werden, haben sich vor allem in NRW mit den Staatlichen Umweltämtern und in Hessen mit den Staatlichen Ämtern für Immissions- und Strahlenschutz für bestimmte Bereiche Behörden der Sonderverwaltung etabliert, die zentraler organisiert und stärker spezialisiert sind. 36 Dadurch kön-

34 Man denke nur an eventuell erforderliche Mehrarbeit von Verwaltungskräften s0wie die Folgekosten (z.B. Schadensersatzforderungen), die sich aus einem fehlerhaften Verwaltungsvollzug ergeben können. 35 Vgl. dazu insbesondere Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 89ff; 517ff, die die behördliche Organisationsstruktur für die Bereiche Gewässerschutz und Luftreinhaltung sehr detailliert beschreibt und bewertet. 36 So sind für ganz NRW zwölf Staatliche Umweltämter als untere Verwaltungsbehörden für bestimmte Bereiche zuständig, während in Bayern 76 Landratsämter und 25

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

172

nen die kreisfreien Städte und die Landratsämter in rechtlich und technisch oftmals schwierigen Bereichen entlastet werden; andererseits entsteht durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten nicht nur ein größerer behördeninterner Aufwand, sondern auch eine gewisse Bürgerfeme. 37 Soweit aus der unterschiedlichen Aufgabenverteilung in den einzelnen Bundesländern auf ein möglicherweise abweichendes Antwortverhalten geschlossen werden konnte, wurde bei der Auswertung besonders darauf hingewiesen. b) Aufteilung der Arbeitszeit auf einzelne Arbeitsfelder

Den fünf zur Auswahl gestellten Tätigkeitsfeldern waren jeweils geschätzte Prozentangaben - im Hinblick auf die Gesamtarbeitszeit - zuzuordnen: (1) Planung

(2) Genehmigung (3) Überwachung (4) Sanierung (5) Sanktionierung In die Auswertung konnten insgesamt 66 Antworten einbezogen werden, so daß sich ein relativ aufschlußreiches Bild über die Tätigkeitsschwerpunkte in den einzelnen Behörden ergab (s. Tab. 28). Bei der Bewertung der ErgebnisSe ist zwar zu berücksichtigen, daß sie sich aus vorsichtigen Schätzwerten zusammensetzen; dennoch lassen sich zumindest gewisse Tendenzen ablesen. Bei einem Vergleich der Werte bei den kreisfreien Städten in Bayern, NRW und Hessen fällt beispielsweise auf, daß bei letzteren die Überwachungstätigkeit die meiste Arbeitszeit beansprucht, während bei den Städten in Bayern, denen insgesamt wesentlich weitreichendere Kompetenzen im Umweltbereich zukommen, die Genehmigungstätigkeit einen deutlich breiteren Raum einnimmt. Hier macht sich offensichtlich die Tätigkeit der Staatlichen Umweltämter in NRW sowie der Staatlichen Ämter für Immissions- und Strahlenschutz in Hessen bemerkbar.

kreisfreie Städte fil.r allgemeine Umweltschutzaufgaben, auch solche mit europarechtlichem Ursprung, zuständig sind. 37 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 117f.

II. EinschätzWlg des (eigenen) behördlichen Handelns

173

Tabelle 28

Frage D.1.2. (Beb.) BWldesland / Behördentyp

durchschnittliche Prozentangaben bei den jeweiligen Tätigkeiten (1) (2) (3) (4) (5) (PlanWlg) (Genehmigg) (Überwachg) (SanierWlgXSanktionrg.)

============================================================ Bay / Städte Bay/LRÄ

14% 8%

34% 47%

30% 26%

12% 11%

10% 8%

Bay ges.

10%

42%

28%

11%

9%

Berlin

21%

21%

42%

2%

14%

Bremen

10%

40%

40%

5%

5%

Hess / StÄIS Hess/WWÄ Hess / Städte

7% 5% 22%

8% 28% 20%

72% 39% 33%

11% 26% 15%

2% 2% 10%

Hess ges.

9%

17%

53%

17%

4%

NRW / Städte NRW I StUÄ

7% 10%

15% 30%

60% 38%

13% 12%

5% 10%

NRWges.

8,5%

22,5%

49%

12,5%

7,5%

RegiefWlgen

7%

38%

36%

13%

6%

Summe

11%

34%

36%

11%

8%

-------------------------------------

============================================================

Betrachtet man den Gesamtdurchschnitt, so läßt sich feststellen, daß die Genehmigungs- und Überwachungstätigkeit etwa gleich stark mit deutlichem Abstand an der Spitze stehen, während Planung, Sanierung und Sanktionierung mit jeweils ca. 10% der gesamten Arbeitszeit vertreten sind.

4. EG-Umweltrecht in der behördlichen Tätigkeit Um die praktischen Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die Verwaltungstätigkeit der an der Umfrage beteiligten Behörden beurteilen zu können, bezogen sich eine Reihe von Fragen allgemein auf Besonderheiten beim Vollzug europarechtlicher Vorschriften.

174

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugs voraussetzungen

a) Allgemeine Schwierigkeiten beim Vollzug europarecht/icher Vorschriften

Zunächst wurde nach allgemeinen Schwierigkeiten gefragt, die bei der behördlichen Arbeit im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht besonders häufig auftreten. Dabei wurden folgende Antwortmöglichkeiten vorgegeben, von denen außer bei (1) grundsätzlich auch mehrere Varianten angekreuzt werden konnten: 38 (1) Keine

(2) Häufig ist einem gar nicht bewußt, daß das anzuwendende nationale Gesetz auf eine EG-Richtlinie zurückgeht. (3) Die Richtlinientexte sind schwer zugänglich. (4) Die Richtlinientexte sind schwer verständlich, weil sie zu wenig den deutsehen Verwaltungsstrukturen angepaßt sind. (5) Sonstige Schwierigkeiten: _ _ _ _ _ _ _ __ Tabelle 29 Frage A.5. (Beb.) Bundesland / Behördentyp

(1)

Anzahl n der angekreuzten Antwortaltemativen (in %)

(2)

(3)

(4)

(5)

Bayern / Städte 2 (8%) Bayern / LRÄ 9 (21%)

10 (38%) 16 (37%)

4 (15%) 7 (16%)

9 (35%) 9 (21%)

1 (4%) 2 (5%)

Bayern gesamt 11 (16%)

26 (38%)

11 (16%)

18 (26%)

3 (4%)

============================================================

Berlin

2 (20%)

5 (50%)

2 (20%)

1 (10%)

0(0%)

Bremen

1 (16,5%)

2 (34%)

1 (16,5%)

1 (16,5%)

1 (16,5%)

Hessen / stÄIs 0 (0%) Hessen / WWÄ 1 (14%) Hessen / Städte 2 (100%)

5 (72%) 3 (44%) 0(0%)

0(0%) 1 (14%) 0(0%) .

1 (14%) 1 (14%) 0(0%)

1 (14%) 1 (14%) 0(0%)

Hessen gesamt 3 (19%)

8 (50%)

1 (6%)

2 (12,5%)

2 (12,5%)

NRW / Städte NRW / StUÄ

3 (50%) 0 (0%)

1 (16,6%) 2 (33,3%)

0(0%) 2 (33,3%)

1 (16,6%) 2 (33,3%)

1 (16,6%) 0(0%)

NRW gesamt

3 (25%)

3 (25%)

2 (17%)

3 (25%)

1 (8%)

Regierungen

0 (0%)

1 (10%)

3 (30%)

4 (40%)

2 (20%)

----------------------------------------------

-------------------------------- --_._---

============================================================

Summe

38 Vgl. Tab. 29 und Graphik 10.

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handeins

175

Etwa ein Viertel der 84 antwortenden Behörden sieht im Zusammenhang mit europarechtlichen Vorschriften keine besonderen Schwierigkeiten für die Vollzugspraxis, während alle anderen mindestens ein besonders häufig auftretendes Problem benannten. Insgesamt wurde mit 37% am meisten die Aussage geteilt, häufig sei einem gar nicht bewußt, daß das anzuwendende nationale Gesetz auf eine EGRichtlinie zurückgehe. Es fällt jedoch auf, daß sowohl die Regierungen (10%) als auch die kreisfreien Städte in Hessen und NRW (zusammen 12,5%) hier sehr geringe Prozentwerte erzielten. Vor allem bei den Regierungen dürften mögliche Ursachen in der deutlich besseren materiellen Behördenausstattung liegen. 39 Daß gerade diese Antwortaltemative so häufig angekreuzt wurde, muß im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH zur richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts allerdings zu denken geben. Soweit dem Normanwender noch nicht einmal der europarechtliche Ursprung einer nationalen Rechtsnorm bewußt ist, kann er sie nicht im Lichte dieser Richtlinie auslegen. Gerade dies ist jedoch Voraussetzung für die gleichmäßige und inhaltlich vollständige Durchsetzung von EG-Umweltrichtlinien. 4O 20mal wurde angekreuzt, die Richtlinientexte seien schwer zugänglich. Damit werden im wesentlichen die Ergebnisse bestätigt, die im Zusammenhang mit der materiellen Behördenausstattung gewonnen wurden. Insgesamt 24mal wurde die Aussage geteilt, die Richtlinientexte seien schwer verständlich, weil sie zu wenig den deutschen Verwaltungsstrukturen angepaßt seien. Am häufigsten wurde von den Regierungen auf diese Problematik hingewiesen, deren Ursache nicht zuletzt in den unterschiedlichen Rechtssystemen der einzelnen Mitgliedstaaten liegt. Soweit der Erlaß einer europarechtlichen Vorschrift auf die Initiative eines oder mehrerer Mitgliedstaaten zurückzuführen ist, sind diese häufig geprägt von der jeweiligen nationalen Rechtstradition. 41 Die Umsetzung gelingt dann nicht immer reibungslos, so daß zum Teil erhebliche Rechtsanwendungsprobleme auftreten können. Neun Behörden machten von der Möglichkeit Gebrauch, sonstige Schwierigkeiten zu benennen, die im Zusammenhang mit dem Europarecht bei der Vollzugspraxis auftreten. Im einzelnen wurden hierbei folgende typische Äußerungen gemacht: "Häufige Änderungen bzw. Anpassungen an EG-Richtlinien 39 Vgl. dazu oben S. 167ff, Tabellen 25, 26 und 27. 40 Daher ist nicht nur eine Verbesserung der materiellen Behördenausstattung erforderlich, sondern auch die Kenntnis europarechtlicher Vorgaben fi1r die Auslegung nationalen Rechts. 41 Beispielsweise sind zahlreiche Vorschriften im Bereich des Gewässer- und Immissionsschutzes unter deutscher Federfiihrung zustandegekommen. Der Erlaß der Umweltinformationsrichtlinie war demgegenüber stark von französischer Seite forciert worden. Vgl. hierzu auch oben S. 67f.

176

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzllllgen

(Bsp.: 12. BlmSchV, Störfallverordnung)", "Einflußnahme der Politik", "EGVorschriften sind zu wenig bekannt", "( ... ) Problem gennanisch-romanischer Vollzug", "Die EG-Regelungen sind praxisfremd". Einmal wurde auf die Vollzugsprobleme, die sich aus der bundesstaatlichen Struktur ("föderal eigenständige Länder") ergeben, hingewiesen. Am Beispiel der RL 91/271IEWG über die Behandlung kommunaler Abwasser weist eine Bearbeiterin darauf hin, daß die unterschiedliche Durchsetzungsmoral in den einzelnen Mitgliedstaaten vor allem bei den deutschen Behörden wenig eingesehen werde. Diese Anmerkung verdeutlicht bereits, welch entscheidenden Einfluß ein gleichmäßiger Vollzug des EG-Rechts in allen Mitgliedstaaten auf die Vollzugsmoral haben kann. b) Die Qualität des Vol/zugs von EG-Umweltrecht in Deutschland im Vergleich zu anderen EG-Mitgliedstaaten .aus der Sicht deutscher Behörden Obwohl eine Einschätzung der Frage, ob die in EG-Umweltrichtlinien festgelegten Umweltstandards in Deutschland strikter als in anderen EGMitgliedstaaten eingehalten werden, von den angeschriebenen Behörden in Deutschland wegen des fehlenden Einblicks in die Vollzugssituation anderer Mitgliedstaaten nur sehr schwierig zu treffen schien, beantworteten diese Frage immerhin 69 von 85 Behörden. Soweit eine Antwort unterblieb, wurde dies in der Regel mit dem Mangel an Erfahrungswerten begründet. Allerdings existieren bei vielen Bediensteten klare Vorstellungen zu diesem Problembereich, sei es aufgrund persönlicher Erfahrungen oder eher vager Vennutungen. Die Ergebnisse sind daher nicht nur deshalb interessant, weil sie eine Einschätzung aus Sicht der Umweltbehörden wiedergeben, sondern weil sie auch eine bestimmte Haltung der Bediensteten gegenüber dem EG-Umweltrecht zum Ausdruck bringen. Die Extremwerte wurden in der vorgegebenen Fünferskala wie folgt benannt: 'I': Die Einschätzung, die in EG-Umweltrichtlinien festgelegten Grenzwerte würden in Deutschland strikter eingehalten und überwacht als in anderen EG-Mitgliedstaaten, wird 'gar nicht' geteilt. '5': Die o.g. Einschätzung wird 'sehr stark' geteilt. Die Auswertung von 69 Antworten ergab folgendes Bild:

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

177

Tabelle 30

Frage E.1. (Beb.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 234 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durchschnitt

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

0(0%) 0(0%)

0 (0%) 0 (0%)

4 (24%) 7 (41%) 6 (35%) 6 (23%) 9 (35%) 11 (42%)

4,1 4,2

0(0%)

0 (0%)

10 (23%)16 (37%)17 (40%)

4,2

Berlin

0(0%)

1 (20%) 1 (20%) 1 (20%) 2 (40%)

3,8

Bremen

0(0%)

0 (0%)

0 (0%)

0 (0%)

5,0

Hessen

0(0%)

0 (0%)

0 (0%)

8 (67%) 4 (33%)

4,3

NRW

0(0%)

0 (0%)

0 (0%)

2 (67%) 1 (33%)

4,3

Regierungen

0(0%)

0 (0%)

2 (40%) 1 (20%) 2 (40%)

4,0

Swnme

0(0%)

1 (1%)

13 (19%)28 (41%)27 (39%)

4,2

Bay ges.

,----------------------

1 (100%)

Auch wenn das Ergebnis von der Tendenz her nicht völlig überrascht, so ist der Anteil von 80% der Antworten mit einem Wert von '4' oder '5' durchaus bemerkenswert. Daraus wird ersichtlich, wie groß die nationalen Unterschiede bei der Durchsetzung europarechtlicher Umweltstandards aus Sicht der angeschriebenen Behörden sind. Langfristig könnte diese Haltung dazu fUhren, daß die Vollzugsmoral im Hinblick auf das europäische Umweltrecht in Deutschland nachläßt. In letzter Konsequenz bedeutete dies eine In-Frage-Stellung des EG-Umweltrechts insgesamt, wenn seine Durchsetzung letztlich vom guten Willen oder - ein wenig provokativ formuliert - von der Gesetzestreue der nationalen Verwaltungen abhinge. In verstärktem Maße könnten Vertreter von Interessengruppen versuchen, durch Lobbyismus Einfluß auf die behördliche Entscheidungsfindung zu nehmen. 42 c) Das Verhältnis des Vollzugs rein nationalen Umweltrechts

zu solchem mit europarecht/ichem Ursprung

Im folgenden ging es um die Frage, ob Umweltstandards, die auf EG-Recht zurückgehen, von den nationalen Behörden im Vergleich zu rein nationalen

42

Zu den Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit vgl. unten S. 219fT, 242fT.

12 Engel.berger

178

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Umweltstandards strenger (1), gleich streng (2) oder weniger streng (3) überwacht werden. Bei insgesamt 78 Antworten wurde allein 74mal (= 95%) angegeben, daß bei der Überwachung von Umweltstandards keine Unterschiede festzustellen seien. Während viermal (= 5%) eine 'weniger strenge' Überwachung von europäischen Umweltstandards im Vergleich zu rein nationalen als zutreffende Einschätzung geteilt wurde, gab keine einzige Behörde an, daß das EGUmweltrecht 'strenger' überwacht werde. Das Ergebnis bestätigt somit die bisher gewonnenen Eindrücke aus den arn häufigsten genannten Schwierigkeiten beim Vollzug von EG-Umweltrecht. Danach bleibt der europarechtliche Ursprung einer nationalen Vorschrift in der Vollzugspraxis häufig verborgen, so daß bereits aus diesem Grund eine unterschiedlich strenge Handhabung im Falle europäischen Umweltrechts nur selten vorkommen wird. d) Vollzug der Umweltinformationsrichtlinie (RL 90/313/EWG)

Anband zweier ausgewählter Umweltrichtlinien soll nun die Vollzugspraxis weiter konkretisiert werden. Die Umweltinformationsrichtlinie43 wurde fiir eine nähere Betrachtung ausgewählt, da sie wegen ihres breiten Anwendungsbereichs in den meisten Behörden bereits praktisch relevant wurde und somit eine gewisse Dichte an verwertbaren Ergebnissen versprach. Desweiteren steht sie fiir eine neue Richtung europäischer Umweltpolitik, die seit dem vierten Umweltaktionsprograrnrn eingeleitet wurde. Durch den erleichterten Zugang zu Umweltinformationen soll unter anderem die Kontrolle der Implementation von EG-Umweltrecht in den Mitgliedstaaten effektiviert werden. 44 In Art. I wird als Ziel der Umweltinformationsrichtlinie die Gewährleistung des freien Zugangs zu den bei den nationalen Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen festgelegt.45 Die mitgliedstaatlichen Behörden haben allen natürlichen oder juri-

43 Richtlinie des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (90/3 13fEWG), ABI. EG 1990 L 158/56. 44 Nicht zuletzt aus diesem Grund findet diese Richtlinie in der Literatur eine beachtliche Aufmerksamkeit; vgI. etwa FluckfTheuer, Umwe1tinformationsrecht, UIG (Konunentar), Loseblattsanunlung; Röger, Umweltinformationsgesetz (Konunentar), S. 15tT; Denunke, Die EG-Informationsrichtlinie und die Vollzugsdefizite in der EGUmweltpolitik, in: HegelelRöger (Hrsg.), Umweltschutz durch Umweltinformation Chancen und Grenzen des neuen Informationsanspruchs, S. 33tT; Theuer, NVwZ 1996, S.326tT. 45 Beachte: Für den Zugang zu Umweltinformationen bei Organen der EU gilt der Verhaltenskodex vom 6. Dez. 1993 fllr den Zugang der ÖtTentlichkeit zu Rats- und Konunissionsdokumenten 93/730fEG, ABI. EG L 340/41 vom 31.12.1993, gestützt auf die Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen in der Schlußakte des Vertrages über die Europäische Union. Dabei handelt es sich um einen sog. Inter-Organ-Akt, der

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

179

stischen Personen auf Antrag ohne Nachweis eines Interesses Infonnationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen. 46 Die Begriffe 'Informationen über die Umwelt' sowie 'Behörden' werden in Art. 2 näher definiert. 47 In Deutschland wurde die Umweltinfonnationsrichtlinie durch das am 16.7.1994 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 90/313IEWG vom 8. Juli 199448 umgesetzt, durch dessen Art. 1 das Umweltinfonnationsgesetz (UIG) nonniert wurde. 49 Gemäß § 4 Abs. 1 UIG hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, wobei die Behörde auf Antrag, der nach § 5 Abs. I UIG hinreichend bestimmt sein muß, Auskunft zu erteilen, Akteneinsicht zu gewähren oder Infonnationsträger in sonstiger Weise zur Verfügung zu stellen hat. 50 aa) Anzahl der bisher geltend gemachten Umweltinfonnationsansprüche Da die Frist zur Umsetzung der Umweltinfonnationsrichtlinie in nationales Recht am 31.12.1992 ablief, das zu seiner Umsetzung erlassene Umweltinformationsgesetz (VIG) jedoch erst am 16.7.1994 in Kraft trat, wurde bei der Befragung nach der Anzahl der zwischen dem 1.1.1993 und dem 16.7.1994 sowie den danach geltend gemachten Ansprüchen differenziert. Vor dem Inkrafttreten des UIG fehlte in Deutschland eine den Anforderungen der Umweltinformationsrichtlinie entsprechende Regelung. 51 Daher ergab sich in diesem Zusammenhang auch das Problem einer unmittelbaren Wirkung der Voreine gemeinsame Absprache des Rates Wld der Kommission über deren Verhalten nach außen enthält Wld im Rahmen der Kompetenzen der Organe zwn Erlaß von Organisationsrecht zulässig ist. Obwohl als Beschluß - Wld nicht etwa als VerordnWlg - erlassen, kann dieser RegelWlg im Einzelfall RechtswirkWlg nach außen zukommen, d.h. der einzelne Bürger kann sich auf den Verhaltenskodex berufen; vgl. dazu im einzelnen FluckfTheuer, Kommentar zum UIR, D m2, Rn. 113ff. 46 Art. 3 Abs. 1 RL 90/313IEWG. 47 Eine ausfllhrliche ErläutefWlg der GfWldbegriffe der UIRL findet sich bei ErichsenlScherzberg, Zur UmsetzWlg der Richtlinie des Rates über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt; Berichte des UmweltbWldesamtes 921l, S. 7ff. 48 BGBL 1994 I, S. 1490ff; vgl. zur Umsetzung der UIRL in Deutschland Hegele, Der lange Weg der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie in das deutsche Recht - Defizite Wld Chancen, in: HegelelRöger (Hrsg.), Umweltschutz durch Umweltinformation, S. 10 I ff. 49 Vgl. zur Situation in anderen EG-Mitgliedstaaten ausführlich Engel, Akteneinsicht Wld Recht auf Information über wnweltbezogene Daten - Die Informationsrichtlinie der EG im Vergleich zur bWldesdeutschen Rechtslage, S. 132ff. 50 Vgl. im einzelnen die KommentiefWlg bei Röger, Umweltinformationsgesetz (Kommentar), S. 27ff. 51 Insbesondere erfilllt § 29 VwVfD die AnfordefWlgen der Umweltinformationsrichtlinie nicht, da lediglich das Akteneinsichtsrecht von Verfahrensbeteiligten geregelt wird. 12"

180

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vo1lzugsvoraussetzwlgen

schriften der Umweltinformationsrichtlinie, auf das später noch genauer zuruckzukommen sein wird. 52 Insgesamt gaben hinsichtlich der vor dem 16.7.94 geltend gemachten Auskunftsbegehren 78 Behörden Zahlenwerte an. Die Auswertung führte zu folgendem Ergebnis: Tabelle 31

Frage C.1. - 1.1.93 bis 16.7.94 - (Beh.)

Anzahl der Ansprüche Bundesl.! Anzahl n der davon bei n Behörden keine 1 bis 4 5 oder mehr ges. durchschn. max. Beh.-typ Antworten geltend gemachte Ansprüche ============================================================

Bay I Städte Bay/LRÄ

18 27

5 9

8

5 5

71 92

3,9 3,3

21 30

Bay ges.

45

14

21

10

163

3,6

30

7

2

2

3

43

6,1

25

0

0

0

0

0

2 0 0

3 3 1

28 125 10

5,6 25 5

10 100 10

Berlin Bremen

13

---------------------------------------------------

Hessl stÄls

Hess/WWÄ Hess I Städte Hess ges.

NRW I Städte NRW I StUÄ

-----------..--------------------_.. _--

5 5 2

0 2 1

12

3

2

7

163

13,6

100

5 2

1 0

1 0

3 2

38 26

7,6 13

20 20

64

9,1

-------------

------------..-----------7 5 -----------... -----

NRWges.

----20

Regierungen

6

0

4

2

32

5,3

20

Sunune

78

21

30

27

465

5,96

100

============================================================

An mehr als ein Viertel aller Behörden wurde noch kein Auskunftsersuchen gerichtet. In Hessen wurden mit einer durchschnittlichen Anzahl von 13,6 die meisten Anspruche gestellt. 53 In den übrigen Bundesländern liegt der Durch-

52 Vgl. unten S. 192, Tabelle 40. 53 Allein in einer einzigen Behörde kam es zu 100 Auskunftsbegehren.

181

ll. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Hande1ns

schnitt bei drei bis neun Informationsansprüchen pro Behörde. 54 Zum Teil wurde in Randbemerkungen darauf verwiesen, daß viele Auskunftsersuchen nicht ausdrücklich auf die Umweltinformationsrichtlinie gestützt wurden, etwa bei Auskünften wegen Altlasten. Soweit einfache Auskünfte erteilt wurden, beispielsweise bei einer telefonischen Nachfrage zum Ozonwert, wurden diese zum Teil nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der nach dem Inkrafttreten des UIG geltend gemachten Ansprüche konnten 79 Antworten in die Auswertung einbezogen werden. Dabei ergab sich folgendes Bild: Tabelle 32 Frage C.1. - seit dem 16.7.94 - (Beh.) Bundesl. / Anzahl n der davon bei n Behörden Anzahl der Ansprüche Beh.-typ Antworten keine 1 bis 4 5 oder mehr ges. durchschn. max. geltend gemachte Ansprüche

============================================================ Bay / Städte Bay/LRÄ

18 27

9 13

6 11

3 3

34 38

1,9 1,4

10 10

Bay ges.

45

22

17

6

72

1,6

10

Berlin

7

4

2

42

6

25

Bremen

2

Hess / StÄIS Hess/WWÄ Hess / Städte

5 5 2

4

o

2 1

Hess ges.

12

6

3

3

NRW / Städte NRW /StUÄ

5 2

1

3

NRWges.

7

2

Regierungen

6

4

Sunillle

79

39

o 2

o

o

24

0,5

10 56 13

2

11,2 6,5

10 50 10

79

6,6

50

1

5

18

3,6 2,5

5 5

4

23

3,3

5

13

2,2

10

230

2,9

50

16

Nach Inkrafttreten des UIG wurden durchschnittlich 2,9 Informationsbegehren je Behörde geltend gemacht. Wegen des wesentlich geringeren Bezugszeit54 In einzelnen Behörden wurden bis zu 30 Inlonnationsansprüche gestellt.

182

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

raums - zum Zeitpunkt der Befragung war das UIG erst ca. sechs Monate in Kraft - ist daher im Durchschnitt ein Anstieg der Anzahl von Infonnationsbegehren im Vergleich zum Zeitraum davor von etwa einem Drittel zu verzeichnen. Bei immerhin 39 von 79 Behörden (= 49%) wurde allerdings bislang noch kein einziger Umweltinfonnationsanspruch, gestützt auf das UIG, geltend gemacht. Eine mögliche Ursache könnte der mangelnde Bekanntheitsgrad des UIG bei Bürgern und Verbänden sein, wie eine Bearbeiterin meint: "Das Umweltinfonnationsgesetz ist in der Bevölkerung und bei den Verbänden noch weithin unbekannt, so daß davon jedenfalls hier kaum Gebrauch gemacht wird." Eine andere Behörde weist darauf hin, daß die geltend gemachten Ansprüche nicht immer ausdrücklich auf das UIG gestützt wurden. Eine weitere Erklärung fiir die relativ geringe Anzahl ergibt sich aus folgender Randbemerkung: "Darüber hinaus (gibt es) zahlreiche Fälle, die nicht nach UIG behandelt wurden (z.B. 'grünes Telefon'), um unnötigen Verwaltungsaufwand zu venneiden." Auch die Kosten fiir die Bearbeitung von Umweltinformationsbegehren spielen in diesem Zusammenhang eine große Rolle. 5S Insgesamt wurden bei insgesamt 14 Behörden (= 18%) noch überhaupt keine Umweltinfonnationsansprüche geltend gemacht, weder vor noch nach Inkrafttreten des UIG; in weiteren 15 Fällen (= 19%) war es lediglich ein zu bearbeitender Anspruch. S6 In zwei weiteren Fragen ging es darum, ob sich die Anzahl der geltend gemachten Umweltinfonnationsansprüche erhöht hat, und ob nach Einschätzung der Behörden eine Erhöhung in Zukunft zu erwarten ist. Folgende Antwortmöglichkeiten wurden vorgegeben: (la) Die Anzahl hat sich verringert. (2a) Die Anzahl ist etwa gleich geblieben. (3a) Die Anzahl hat sich erhöht. (1 b) Die Anzahl wird sich in Zukunft nicht erhöhen. (2b) Die Anzahl wird sich in Zukunft erhöhen. Auf die erste Frage (la; 2a; 3a) antworteten 65 Behörden, auf die zweite (lb; 2b) insgesamt 76. Daraus ergab sich folgendes Ergebnis:

SS Vgl. zu den Bearbeit\U1gsgebühren Wlten S. 193ff. 56 Diese Zahlen bestätigen weitgehend die Ergebnisse einer - allerdings nicht repräsentativen - UntersuchWlg von Meininger, NVwZ 1994, S. 150 (151), wonach die insgesamt 15 befragten KommWlen relativ selten mit Auskunfts- oder Akteneinsichtsanträgen aufgrund der UIRL bzw. des UlG konfrontiert wurden (bis zu 30 Anträge im Jahr, jedoch in drei Großstädten noch kein einziger Antrag). Die behördliche MehrbelastWlg aufgrund des UlG hält sich demnach bislang in den meisten Fällen in Grenzen.

II. Einschätzw1g des (eigenen) behördlichen Handelns

183

Tabelle 33 Fragen C.3.1., C.3.2. (Beh.) BWldesland / Behördentyp

(la)

Bay / Städte Bay/LRÄ

0(0%) 1 (4,5%)

Anzahl n der angegebenen Antwortaltemativen (in %) (2a) (3a) (lb) (2b)

============================================================

11 (92%) 20 (91%)

1 (8%) 1 (4,5%)

3 (18%) 9 (36%)

--------------..._----------1 (3%) Bay ges. 31 (91%) 2 (6%) 12 (27%) ----------------------------------

17 (82%) 16 (64%)

33 (73%)

Berlin 1(17%) 2 (33%) 3 (50%) 3 (50%) ---------------------------------Bremen keine Angaben 0(0%) -----------------------------------------1 (8%) 7 (59%) 6 (50%) Hessen 4 (33%)

3 (50%)

6 (50%)

NRW

I (12,5%)

6 (75%)

1 (12,5%)

5 (71%)

2 (29%)

RegierWlgen

I (20%)

4 (80%)

0(0%)

3 (60%)

2 (40%)

Summe

5 (8%)

50 (77%)

10 (15%)

29 (38%)

47 (62%)

1 (100%)

============================================================

Mit einer Quote von 77% wurde überwiegend angegeben, daß die Anzahl der geltend gemachten Umweltinformationsansprüche bisher in etwa gleich geblieben ist. Für die Zukunft werden jedoch mit einem Anteil von 62% vermehrt Auskunftsersuchen erwartet, so daß mit einem Arbeitszuwachs bei den betreffenden Behörden gerechnet wird. 57 Da hinsichtlich der Anzahl der zu bearbeitenden Informationsbegehren zwischen den einzelnen Behörden zum Teil sehr große Unterschiede bestehen, wird jedoch schon jetzt in einigen Stellen ein beträchtlicher Arbeitsanfall aufgrund des UIG beklagt. Zuletzt wurde nach der Art der begehrten Information gefragt. Interessant war es vor allem zu erfahren, wie hoch der Anteil von Informationsbegehren ist, bei denen Akteneinsicht verlangt wurde,58 da es sich hierbei um einen relativ sensiblen, häufig mit einigem Arbeitsaufwand verbundenen Bereich handelt. 59

57 Vgl. hierzu die Ergebnisse von Meininger, NVwZ 1994, S. 150 (151); danach habe sich die Anzahl der Anfragen mit umweltrelevantem Bezug nur unwesentlich erhöht. 58 Vgl. § 4 Abs. I S. 2 UIG. 59 Nach § 4 Abs. I S. 2 UIG steht die Wahl des Informationsträgers grWldsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde; ein Vorrang des Akteneinsichtsrechts ist, im Gegensatz zum 'Verhaltenskodex von Rat Wld Kommission', nicht gegeben; vgl. dazu FluckfTheuer, Kommentar zum UIR, A § 4, Rn. 83.

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

184

Insgesamt 59 Behörden machten zu der Frage, wie hoch der Anteil derjenigen Informationsansprüche ist, bei denen Akteneinsicht begehrt wird, verwertbare Prozentangaben. Tabelle 34 Frage C.4. (Beb.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der Anzahl n der BehörAntworten den mit Akteneinsichtsbegehren

durchschnittlicher Anteil der Akteneinsichtsbegehren

Bayern / Städte 14 Bayern / LRÄ 20

10 14

27,5% 39,5%

Bayern ges.

34

24

35%

Berlin

6

3

ll%

Bremen

keine Angaben

Hessen

9

7

21 %

NRW

7

5

36%

Regierungen

3

3

45%

Sunune

59

42

31 %

============================================================

In 42 von 59 Behörden (= 71 %) wurden bereits Ansprüche auf Akteneinsicht, gestützt auf das UIG, gestellt. Etwa ein Drittel aller Informationsbegehren zielten somit (auch) auf eine Akteneinsicht. In vier Behörden begehrten alle bisherigen Anspruchsteller Einsicht in die bei der Behörde vorhandenen Akten. Die Behörden hatten dabei in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Akten nicht herausgegeben werden dürfen. 60 Insgesamt zeigt das Ergebnis, daß das durch die Umweltinformationsrichtlinie geschaffene Akteneinsichtsrecht immer häufiger in Anspruch genommen wird. bb) Anspruchsteller von Umweltinformationsansprüchen Um nähere Auskünfte über die Personen zu erhalten, die bei den Behörden Umweltinformationsansprüche geltend machten, bezog sich eine Frage auf die 60 Vgl. zur Problematik der Akteneinsicht, insbesondere die Frage schützenswerter Unternehmensinteressen, unten S. 250, mit einer Einschätzung der Verbände.

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

185

Zugehörigkeit der Anspruchsteller zu einer der folgenden vorgegebenen Gruppen: (1) Unternehmen

(2) Umweltverbände (3) Einzelne Bürger (4) Sonstige: _ _ _ _ _ __ Die vorgegebenen Varianten sollten jeweils durch geschätzte Prozentangaben ergänzt werden. Insgesamt liegen der Auswertung 63 Antworten61 zugrunde, die zu folgendem Ergebnis führten: 62 Tabelle 35

Frage C.2. (Beb.)

Bundesland / Behördentyp

Anzahl n der Antworten

Den Antwortalternativen zugeordnete Prozentangaben

(1)

(2)

(3)

(4)

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

14 21

5% 0%

37% 53%

46% 40%

12% 7%

Bay ges.

35

2%

47%

42%

9%

Berlin

6

40%

2%

56%

2%

0%

0%

0%

100%

Bremen Hessen

9

21%

38%

38%

3%

NRW

6

16%

26%

58%

0%

Regienmgen

6

7%

60%

33%

0%

Swrune

63

10%

40%

43%

7%

============================================================

Mit einem Anteil von insgesamt 83% waren es in erster Linie Umweltverbände und einzelne Bürger, die bislang Umweltinformationsansprüche geltend machten. Zumindest quantitativ fallen die Unternehmen mit 10% der geltend gemachten Ansprüche kaum ins Gewicht. Zu beachten ist allerdings, daß aus 61 Die Quote von 74% bei der Beantwortung dieser Frage ist erstaunlich hoch ausgefallen, zumal teilweise behördeninterne Recherchen durchgeführt werden mußten. 62 Vgl. Graphik 4.

186

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

der Tabelle nicht hervorgeht, wie umfangreich die einzelnen Informationsbegehren waren. Als sonstige Anspruchsteller wurden je einmal "Stadtratsmitglieder", "Presse", "Interessengemeinschaften auf Vereinsebene", "Sachverständigenorganisation", "Behörden" sowie "Parteien und Kommunen" genannt. Auf seiten einzelner Bürger wurden oftmals Rechtsanwälte tätig, worauf in Randbemerkungen hingewiesen wurde. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Zahlen aufgrund der insgesamt noch relativ geringen Anzahl von geltend gemachten Umweltinformationsansprüchen begrenzt. In der Tendenz läßt sich jedoch bereits erkennen, daß es vor allem Umweltverbände und Bürger sein werden, die von der neu geschaffenen Möglichkeit der Beschaffung von Umweltinformationen Gebrauch machen. Vor allem für Umweltverbände in Deutschland dürfte die Umweltinformationsrichtlinie zu einer Aufwertung ihrer bislang verfahrensmäßig relativ schwachen Stellung führen. 63 cc) Bearbeitungszeit für geltend gemachte Umweltinformationsansprüche Um die behördliche Arbeitsbelastung für die Bearbeitung von Informationsbegehren besser einschätzen zu können, waren sowohl die durchschnittliche Bearbeitungszeit für ein Ersuchen als auch die durchschnittliche Dauer von der Geltendmachung eines Anspruchs bis zur behördlichen Entscheidung von Interesse. In zwei Fragen wurden die Behörden deshalb um entsprechende Angaben gebeten, wobei es sich dabei naturgemäß nur um grobe Schätzwerte handeln konnte. Beide Fragen wurden von jeweils 49 Behörden beantwortet. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Angabe eines Durchschnittswertes vor allem deshalb oftmals schwer zu treffen war, da die jeweilige Bearbeitungszeit individuell sehr unterschiedlich ausfallen kann. Die folgende Auswertung der Antworten läßt jedoch zumindest bestimmte Größenordnungen erahnen: (I) Durchschnittliche Bearbeitungszeit. (2) Durchschnittliche Dauer von der Geltendmachung des Anspruchs bis zur Bescheidung des Anspruchs durch die Behörde.

63 Vgl. nur die engen Voraussetzungen von § 29 Vwvro i.V.m. § 29 BNatSchG, welche ein Akteneinsichtsrecht in bestimmten Verfahren ft1r anerkannte Naturschutzverbände vorsehen.

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

187

Tabelle 36 Fragen C.7. und C.8. (Beb.) Bundesl. / Anzahl n der Antworten Beh.-typ zu (l) zu (2)

durchschnittl./max./min. angegebene Dauer bei (1) - in Stunden - bei (2) - in Wochen-

Bay / Städte Bay/LRÄ

10 20

8 19

3,2/12/0,5 2,2/10 /0,5

3,4 / 10 / 1 Tag 2,0/4/0,5

Bay ges.

30

27

2,5/12/0,5

2,7/10/1 Tag

Ber1in

4

5

2,8/4/2

1,6/2/1

Bremen

keine Angaben

Hessen

7

8

3/6/1,5

3,7/6/2

NRW

4

6

8/20/ 1

4,8/10 / 2,5

Regierungen

4

3

2,8/4/2

3,3/4/2

Swrune

49

49

3,1/20/0,5

3,0/ 10 / 1 Tag

============================================================

--------------------------------------------_._---

============================================================

Im Durchschnitt wurden für die Bearbeitung eines Auskunftsersuchens ca. drei Stunden Arbeitszeit aufgewendet. Da in vielen Behörden insgesamt erst weniger als fünf Ansprüche geltend gemacht wurden, fallen die angegebenen Durchschnittswerte allerdings sehr unterschiedlich aus, je nachdem, ob ein oder mehrere umfangreichere Informationsbegehren bereits vorlagen. 64 Obwohl nicht speziell danach gefragt wurde, gaben mehrere Behörden an, in welcher Bandbreite sich die Bearbeitungszeit von Umweltinformationsansprüchen in konkreten Fällen bereits bewegte: "( ... ) Kleinere Anfragen sind in 1 - 2 Stunden abzuarbeiten; es gab jedoch auch einen Antrag, der, wäre er vollständig erfüllt worden, meine Behörde für 2 - 3 Monate und 7 Sachbearbeiter eingeengt hätte", "2 Stunden bis 10 Stunden", "1 Stunde bis 8 Stunden", "Eine halbe Stunde bis 40 Stunden". Eine Behörde wies darauf hin, daß die meisten Anfragen bisher mündlich erledigt werden konnten, so daß sich eine Bearbeitungszeit von etwa einer halben Stunde ergab. Auch die Dauer bis zur behördlichen Entscheidung hängt maßgeblich vom Umfang der begehrten Umweltinformation ab. Daher machten einige Behörden auf zum Teil sehr stark einzelfallabhängige Werte aufmerksam: "1 Woche

64 Vgl. den höchsten angegebenen Wert von 20 Stunden mit dem niedrigsten von durchschnittlich einer halben Stunde.

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

188

bis 6 Monate" und "1 bis 10 Wochen". Insgesamt ist die durchschnittlich angegebene Dauer von 3 Wochen als verhältnismäßig kurz einzustufen. Damit kommen die Behörden der Verpflichtung, dem Antragsteller so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von 2 Monaten, eine Antwort zu erteilen,65 nach den hier gewonnenen Ergebnissen in der Regel nach. 66 dd) Behördeninterne Organisation bei der Bearbeitung von Umweltinformationsansprüchen Eine weitere Frage bezog sich auf die behördeninterne Organisation bei der Bearbeitung von Informationsbegehren. Folgende zwei Antwortaltemativen wurden für die Beantwortung zur Auswahl gestellt: (I) Ansprüche werden von einer zentralen Stelle bearbeitet.

(2) Ansprüche werden von den jeweils mit dem betroffenen Vorgang betrau-

ten Bediensteten bearbeitet.

Tabelle 37 Frage C.6. (Beh.) Bundes!. / Anzahl n der Anzahl n der angekreuzten Antwortalternativen (in %) Beh. -typ Antworten (I) (2) ============================================================ 17 7 (41%) 10 (59%) Bay / Städte 2 (8%) 24 (92%) Bay/LRÄ 26

---------------------------------------------

Bay ges.

43

9 (21%)

34 (79%)

Berlin

7

0(0 %)

7 (100%)

1(100%)

0(0%)

Bremen

----------_._---------------------------------------------------

Hessen

12

6 (50%)

6 (50%)

NRW

8

4 (50%)

4 (50%)

Regierungen

4

0(0%)

4 (100%)

Summe

75

20 (27%)

55 (73%)

65 Vgl. Art. 3 Abs. 4 S. 1 RL 90/313IEWG sowie § 5 Abs. 2 UIG. 66 Nach einer Auffassung in der Literatur soll die 2-Monatsfrist lediglich Binnen-

wirkung entfalten, so daß die 3-Monatsfrist der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) unberührt bliebe; vgl. Engel, Akteneinsicht und Recht auf Infonnationen über wnweltbezogene Daten, S. 249; Blwnenberg, NuR 1992, S. 14 (15).

ll. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

189

Es fällt auf, daß es keine einheitliche Behördenpraxis gibt. Lediglich bei den bayerischen Landratsämtern, den Berliner Bezirksverwaltungen bzw. der Senatsverwaltung und den Bezirksregierungen wurde nahezu einhellig angegeben, daß Informationsansprüche dezentral bearbeitet werden, also von den Bediensteten, die mit dem Vorgang, auf den sich die begehrte Information bezieht, betraut sind. Eine solche Regelung scheint vor allem deshalb sinnvoll, weil die größere Sachnähe eine unter Umständen schnellere und ökonomischere Bearbeitung gewährleistet. Dennoch gaben 27% der Behörden an, daß die Bearbeitung der Ansprüche durch eine zentrale Stelle erfolgt. Dabei handelt es sich in der Regel um ein bestimmtes Referat innerhalb der entsprechenden Behörde oder um die Rechtsabteilung. 67 Vor allem dann, wenn die Anzahl der Ansprüche relativ hoch ist, hat diese Organisationsform den Vorteil, daß zentral diejenigen Ansprüche 'aussortiert' werden können, die - versehen mit einer entsprechenden Begründung - ablehnend zu bescheiden sind. Zwei Behörden machten zu diesem Aspekt aufschlußreiche Anmerkungen am Rand: "In organisatorischen Fragen Zuständigkeit einer zentralen Stelle, fachlich entscheidet jeweils der Bedienstete, der mit dem jeweiligen Fall betraut ist", "Werden von zentraler Stelle bearbeitet und dann an den betrauten Bediensteten weitergeleitet". Die zuletzt genannte Form der Aufgabenteilung verspricht eine möglichst ökonomische und damit kostengünstige Bearbeitung. So können, bevor es zu einer fachlichen Entscheidung kommt, zentral Auskunftsersuchen zusammengefaßt werden, soweit sie sich inhaltlich überschneiden. Es könnte beispielsweise auch vorab geklärt werden, ob ein geltend gemachter Informationsanspruch überhaupt nach dem UIG behandelt wird. ee) Beeinträchtigung der übrigen umweltbezogenen Behördenarbeit Interessant war es weiterhin zu erfahren, wie sehr die Bearbeitung von Umweltinformationsansprüchen aus Sicht der Behörden die übrige umweltbezogene Behördenarbeit wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwandes beeinträchtigt. Damit wurde der Konflikt zwischen dem Informationszugangsrecht des Bürgers und der Verwaltungseffizienz angesprochen, welcher schon bei der parlamentarischen Erörterung des Gesetzesentwurfs einen breiten Raum eingenommen hatte. 68 In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte mit folgenden Aussagen verknüpft: 'I': Die Bearbeitung von geltend gemachten UmweltinformationsanspTÜchen beeinträchtigt die übrige umweltbezogene Behördenarbeit 'gar nicht'. '5': Die Bearbeitung von geltend gemachten Umweltinformationsansprüchen beeinträchtigt die übrige umweltbezogene Behördenarbeit 'sehr stark'. Die Angaben von 67 Behörden ergaben folgendes Ergebnis: 67 Zwei Behörden wiesen

in einer RandbemerklUlg ausdrücklich daraufhin. 68 Vgl. dazu die BegrüRdlUlg des RegieTlUlgsentwurfes, BI-Drucks. 12/7138, S. 7.

190

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugs voraussetzungen

Tabelle 38 Frage C.I0. (Beb.) Anzahl n der angegebenen Werte (in %) I 234 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durchschnitt

Bay / Städte Bay/LRÄ

4 (29%) 6 (43%) 3 (21%) 1 (7%) 7 (32%) 11 (50%)4 (18%) 0 (0%)

0 (0%) 0 (0%)

2,1 1,9

Bay ges.

11 (31%)17 (47%)7 (19%) 1 (3%)

0 (0%)

1,9

Berlin

I (14%) 4 (58%) 1 (14%) 1 (14%) 0 (0%)

2,3

Bremen

keine Angaben

Hessen

3 (25%) 5 (42%) 3 (25%) 1 (8%)

NRW

2 (25%) 2 (25%) 3 (37,5%)0 (0%) 1 (12,5%)

2,5

Regierungen

2 (50%) 2 (50%) 0 (0%)

0 (0%)

0 (0%)

1,5

Swnme

19 (28%)30 (45%)14 (21%)3 (4%)

1 (2%)

2,1

Bundesland / Behördentyp

============================================================

-----------------_._--

0 (0%)

2,2

============================================================

Mit einem Durchschnittswert von '2, I' wird die zusätzliche Arbeitsbelastung als weitgehend gering, aber immerhin spürbar empfunden. Angesichts der noch relativ geringen Anzahl von geltend gemachten Umweltinformationsansprüchen überrascht dieses Ergebnis kaum und zeugt von dem Bemühen um eine möglichst realistische Beantwortung. So läßt sich etwa der geringe Wert bei den bayerischen Landratsämtern damit erklären, daß dort mit durchschnittlich 4,8 die geringste Anzahl von Informationsbegehren zu verzeichnen war. 69 Die Behörden aus NRW hatten hingegen im Durchschnitt 12,4 Ansprüche zu bearbeiten, was den mit '2,5' deutlich höheren Wert bei dieser Frage erklärt. Stellt man allerdings in Rechnung, daß immerhin 62% der Behörden künftig eine steigende Anzahl von Informationsbegehren erwarten,70 so dürfte dies langfristig auch negative Konsequenzen fiir die gesamte behördliche Umweltarbeit nach sich ziehen, sofern die Personalsituation nicht verbessert wird.

69 So wurde beispielsweise bei 14 von 27 Landratsämtem erst maximal ein Auskunftsersuchen geltend gemacht. 70 Vgl. oben S. 183, Tabelle 33.

II. Einschätzwlg des (eigenen) behördlichen Handelns

191

ff) Anteil der ablehnend beschiedenen Ansprüche

und Begründung der Ablehnung

Umweltinformationsansprüche können bei Vorliegen eines der in §§ 7 und 8 UlG aufgezählten Gründe ablehnend beschieden werden.1 1 In jedem Falle hat die Behörde einen ablehnenden Bescheid zu begründen. Den der Umweltinformationsrichtlinie vorangestellten Erwägungsgründen läßt sich entnelunen, daß eine genaue Bezeichnung derjenigen Fallgruppen zu erfolgen hat, bei denen es gerechtfertigt sein kann, eine erbetene Information zu verweigern. Daraus kann jedoch nicht auf enge Auslegung der Ausschlußtatbestände geschlossen werden, da durch §§ 7, 8 UlG grundrechtlich geschützte Positionen72 betroffen sind (Art. 2 Abs. 1; Art. 12; Art. 14 GG), die bei Güterabwägung dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Einzelfall vorgehen können. 73 Zur Frage nach dem Anteil ablehnend beschiedener Informationsansprüche machten insgesamt 60 Behörden verwertbare Angaben: Tabelle 39

Frage C.5.1. (Be!).)

Bundesland I Behördentyp

Anzahl n der Antworten

davon n Behörden mit keinem I mind. einem ablehnenden Bescheid

durchschnitt!. Anteil der ablehnenden Bescheide (in %)

Bay I Städte Bay/LRÄ

14 20

14

11

3 6

8% 12 %

Bay ges.

35

26

9

10%

Berlin

5

4

Bremen

keine Angaben

Hessen

11

9

NRW

7

6

Regierungen

3

o

3

45%

Summe

60

44

16

9,4%

1%

2

4%

7%

============================================================

Vgl. Art. 3 Abs. 2 und 3 der Umweltinformationsrichtlinie. Vor allem ist hier an das Geheimhaltungsinteresse von Unternehmen zu denken. 73 Vgl. FluckfTheuer, Kommentar zum DIR, A vor § 7, Rn. Ilffmit weiteren Nachweisen; a.A. Scherzberg, DVBl. 1994, S. 737. 71

72

192

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Auffällig ist der mit 9,4 % äußerst geringe Anteil ablehnend beschiedener Anträge, der maßgeblich darauf zurückzufiihren ist, daß in 44 von 60 Behörden (= 73 %) noch kein einziger Antrag ablehnend beschieden wurde. Lediglich bei etwas mehr als einem Viertel der Behörden kam es bereits zu mindestens einer Ablehnung. In 16 der 44 Behörden, die noch keinen Anspruch ablehnend beschieden, wurde allerdings ohnehin erst ein Anspruch gestellt. Weitere 14 Behörden gaben an, daß noch überhaupt keine Infonnationsbegehren eingegangen seien, so daß diese daher von vornherein nicht in die Auswertung einbezogen wurden. Möglicherweise hat die bislang relativ geringe Anzahl von Infonnationsansprüchen die betreffenden Behörden zu einer etwas großzügigeren Handhabung bei der Bescheidung von Umweltinformationsbegehren veranlaßt. Anschließend wurde nach den Ablehnungsgründen gefragt, wobei zwischen folgenden vier Kategorien unterschieden wurde: (1) Art. 3 Nr. 2, Spstr. 1, 2, 3 UIRL; § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 UIG (internationale

Beziehungen, erhebliche Gefahr fiir die öffentliche Sicherheit, während eines Gerichts-, Ermittlungs- oder Verwaltungsverfahrens, Beeinträchtigung von Umweltgütern usw.)

(2) Art. 3 Nr. 3 UIRL; § 7 Abs. 2, 3 UIG (Verwaltungsinterne Mitteilungen,

offensichtlich mißbräuchlich gestellte Anträge usw.)

(3) Art. 3 Nr. 2, Spstr. 4, 5, 6, 7 UIRL; § 7 Abs. 4, § 8 Abs. 1 UIG (freiwillige Mitteilungen Dritter, Schutz personenbezogener Daten, Schutz des Betriebsgeheimnisses usw.) (4) Vor dem Inkrafttreten des UIG wurde die unmittelbare Anwendbarkeit der Umweltinfonnationsrichtlinie verneint. Bei den 16 Behörden, die bislang abschlägige Bescheide erteilten, verteilten sich die Ablehnungsgründe prozentual wie folgt: Tabelle 40

Frage C.5.2. (Beh.)

Anzahl n der Antworten 16

durchschnittliche prozentuale Verteilung der AblehnungsgrüI1de bei (1) (2) (3) (4) (5 = sonst.) 34%

13%

37%

10%

6%

Die relativ hohe Quote bei (1) ist nach den Anmerkungen am Rand in erster Linie darauf zurückzufiihren, daß wegen eines laufenden Verwaltungsverfahrens bestimmte Infonnationen verwehrt wurden; bei (2) sind es vor allem die offensichtlich mißbräuchlich gestellten Anträge, die bislang praktisch relevant wurden. Von den 16 Behörden, die bereits ablehnende Bescheide er-

ll. Einschätzwlg des (eigenen) behördlichen Handelns

193

ließen, gaben immerhin zwei an, in je einem Fall einen Umweltinformationsanspruch, der vor dem 16.7.1994 unmittelbar auf die Umweltinformationsrichtlinie gestützt wurde, deshalb abgelehnt zu haben, weil eine unmittelbare Anwendbarkeit der Umweltinformationsrichtlinie verneint wurde.14 Eine Behörde begründete die Ablehnung zweier Auskunftsersuchen damit, daß ein verlangter Kostenvorschuß vom Antragsteller nicht geleistet wurde. gg) Bearbeitungsgebühren

§ 10 Abs. 1 UlG sieht für Amtshandlungen nach diesem Gesetz Gebühren und Auslagen vor.1 5 Das im deutschen Gebührenrecht geltende Äquivalenzprinzip, das als gebührenrechtliche Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angesehen werden kann, soll sicherstellen, daß keine überhöhten Gebühren berechnet werden. 76 Durch den Erlaß der am 14.12.1994 in Kraft getretenen Verordnung über Gebühren für Amtshandlungen der Behörden des Bundes beim Vollzug des Umweltinformationsgesetzes (Umweltinformationsgebührenverordnung UlGGebVf7 hat die Bundesregierung von der Ermächtigung in § 10 Abs. 2 UlG mittlerweile Gebrauch gemacht. Dort werden in einem Gebührenverzeichnis Gebührentatbestand und Gebührenbetrag im einzelnen aufgelistet, 78 wobei Gebührenermäßigungen im Einzelfall möglich sind. 79 Soweit ein An74 Entgegen der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur; vgl. Scherzberg, UPR 1992, S. 48 (55); Beckmann, DVBl. 1991, S. 358 (363); Drescher, VR 1991, S. 18 (21); Pernice, NVwZ 1990, S. 414 (425); im übrigen hat der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in einem Rundschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß seit dem 1. Januar 1993 die Richtlinie 90/313IEWG von den Behörden unmittelbar anzuwenden sei, abgedruckt in NVwZ 1993, S. 657; vgl. dazu auch die Entscheidungen des VG Minden, ZUR 1993, S. 284 - darin wird die unmittelbare Richtlinienwirkung bejaht - sowie des VG Stade, ZUR 1993, S. 225, das eine unmittelbare Wirkung der UlRL mit fraglicher Begründung verneint. 75 Vgl. Art. 5 der Umweltinformationsrichtlinie, der für die Übermittlung von Umweltinformationen Gebühren vorsieht, die eine angemessene Höhe nicht überschreiten dürfen. 76 Vgl.die Begründung zumRegierungsentwurf, BI-Drucks. 12/7138, S. 15. 77 BGBl. 1994 I, S. 3732f. 78 Danach sind mündliche und einfache schriftliche Auskünfte gebührenfrei, für die Erteilung einer umfassenden schriftlichen Auskunft sind 50 - 1000 DM, für das Zurverfilgungstellen von Akten oder sonstigen Informationsträgern in einfachen Fällen 20 200 DM, bei umfangreichen Maßnahmen zur Zusammenstellung der Unterlagen 200 2000 DM, bei im Einzelfall außergewöhnlich aufwendigen Maßnahmen zur Zusammenstellung von Unterlagen, insbesondere wenn zum Schutz öffentlicher und privater Belange in zahlreichen Fällen Daten ausgesondert werden müssen, 2000 - 10000 DM vorgesehen. 79 Vgl. § 2 UIGGebVO. 13 Engelsberger

194

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

trag aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit abgelehnt wird, ein Antrag vor Beendigung einer Amtshandlung zurückgenommen oder eine Amtshandlung zurückgenommen oder widerrufen wird, ennäßigt sich die Gebühr um ein Viertel (§ 3 UIGGebV).80 Auf Länderebene wurde in Runderlassen überwiegend auf die allgemeinen Gebührenordnungen und Kostengesetze Bezug genommen. 81 Die Frage nach der Höhe der für die Bearbeitung von Umweltinformationsansprüchen erhobenen Gebühren schien für die Umfrage geboten, zumal überhöhte Gebühren, so sie sich herausstellen sollten, nicht nur als richtlinienwidrig anzusehen wären ("angemessene Höhe"), sondern de facto das Informationszugangsrecht beschneiden würden. In der Regel sind es Umweltverbände oder Bürger, die als Anspruchsteller auftreten,82 so daß sich eine eventuelle "Kostenkeule" der Verwaltung als besonders abschreckend erweisen würde. Bei der Fragestellung wurde zwischen den durchschnittlichen Gebühren für positiv und ablehnend beschiedene Ansprüche differenziert. Insgesamt machten 44 (bei positiver Bescheidung) bzw. 43 (bei ablehnender Bescheidung) Behörden verwertbare Angaben. Da es lediglich in 16 Behörden überhaupt zu mindestens einer ablehnenden Bescheidung gekommen ist, sind die Angaben der übrigen 27 Behörden allerdings unter dem Vorbehalt zu sehen, daß die Kostenfrage für ablehnende Bescheide noch nicht praktisch relevant wurde. Die Auswertung erbrachte folgendes Ergebnis: (1) Höhe der Gebühren im Falle einer positiven Bescheidung

(2) Höhe der Gebühren im Falle einer ablehnenden Bescheidung

80 Dabei ist die Erhebung von Gebühren auch ft1r ablehnende Bescheide in der Literatur sehr wnstritten, da die UIRL in Art. 5 ein Recht auf Gebührenerhebung lediglich flir "die Übennittlung der Infonnationen" einräwne, wovon bei einer Ablehnung gerade nicht gesprochen werden könne; vgl. Fluckffheuer, Kommentar zwn UIR, A § 10, Rn. 14; a.A. Erichsenl Scherzberg, Zur Umsetzung der Richtlinie des Rates über den freien Zugang zu Infonnationen über die Umwelt, UBA-Berichte 1/92. 81 Vgl. aber die aufgrund des Art. 25 Abs. I S. I Nr. I des Kostengesetzes (KG) erlassene Verordnung über die Erhebung von Gebühren und Auslagen ft1r die Inanspruchnahme des Bayerischen Geologischen Landesamts, des Bayerischen Landesamtes ft1r Umweltschutz und von Behörden auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft (GUWGebO) vom 15. Februar 1995, in Kraft getreten am 1.4.1995 (§ 10 Abs. I), BayGVBl. Nr. 411995, S. 103ff. Die Höhe der Gebühr bemißt sich Z.B. fllr das Ausarbeiten von Untersuchungsergebnissen, das Abfassen von Gutachten u. dgl. gern. § 3 Abs. 3 nach dem Zeitaufwand, wobei differenziert wird, ob es sich wn Beamte des höheren (144 DM je Stunde), gehobenen (108 DMje Stunde), mittleren (78 DMje Stunde) oder des einfachen Dienstes (57 DMje Stunde) handelt. 82 Vgl. oben S. 185, Tabelle 35.

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

195

Tabelle 41

Fragen C.12.1. und C.12.2. (Beb.)

BWldesl. / Anzahl n der Beh.-typ Antworten

durchschnittl. / max. / min. Höhe der Gebühren

(1)

(2)

Bay / Städte BaylLRÄ

9

16

9 43 DM/IOO DM/ 0 DM 14 DM/ 50 DM/ 0 DM 19 114DM/1000DM/ODM 17DM/IOODM/ODM

Bay ges.

25

28 88 DM/I000 DM/ 0 DM

(1)

(2)

16 DM/IOO DM/ 0 DM

--------------------------------------------------,--- - - Berlin 4 o 73 DM/IOO DM/ 50 DM keine Angaben über die Höhe der Gebühren

Bremen

keine Angaben

Hessen

5

7

226 DM/ 500 DM/ 20 DM 21 DM/ 150 DM/ 0 DM

NRW

7

5

70 DM/200 DM/ 0 DM

8 DM/20 DM/ 0 DM

RegiefWlgen

3

3

47 DM/70 DM/20 DM

30 DM/ 50 DM/20 DM

Smnme

44

43 97 DM/I 000 DM/O DM

============================================================

17 DM/ISO DM/O DM

Insgesamt 11 Behörden gaben an, daß sie bislang noch keine Gebühren für die Erteilung einer Umweltinfonnation in Rechnung stellten. Für den Fall einer ablehnenden Bescheidung erhoben 27 von 43 Behörden noch keine Gebühren. Zum Teil lag dies jedoch daran, daß eine Gebühr fiir eine Ablehnung bislang nicht festgelegt wurde, weil dieser Fall noch nicht praktisch relevant wurde. Insgesamt liegt die Durchschnittsgebühr bei erteilter Infonnation bei knapp 100,- DM, bei abschlägigen Bescheiden bei 17,- DM. Betrachtet man allerdings diejenigen 16 Behörden, bei denen es bislang zu mindestens einer Ablehnung kam, dann liegt die durchschnittliche Gebühr mit 26,- DM deutlich höher. Der niedrigere Gesamtdurchschnittswert ist also vor allem darauf zurückzufiihren, daß sich die Frage einer ablehnenden Bescheidung vielfach noch nicht stellte. Wegen der geringen Anzahl der insgesamt geltend gemachten Umweltinfonnationsansprüche sind die Werte allerdings nur bedingt aussagekräftig. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Gebührenhöhe vom tatsächlichen Umfang des Auskunftsbegehrens und der tatsächlich aufgewendeten Arbeitszeit abhängt und daher im Einzelfall stark divergieren kann. Einige Behörden gaben die ungefähre Bandbreite an, in der sich die bisher erhobenen Gebühren bewegten: "40,- bis 300,- DM, je nach Anfrage", "nach Aufwand durchschnittlich bis mehrere Tausend Mark", "50,- DM bis mehrere 1000,- DM". 13'

196

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Zwei Behörden gaben zusätzlich Infonnationen über den konkreten Ursprung entstandener Kosten, und zwar in einem Fall 100,- DM für Kopierkosten, in einem anderen 50,- DM als Gebühr im Widerspruchsverfahren. Auffällig ist der bislang zurückhaltende Gebrauch der Gebührenerhebung für die Erteilung von Umweltinfonnationen. Dies spricht dafür, daß viele Behörden um eine möglichst unbürokratische Behandlung derartiger Infonnationsbegehren von seiten der Öffentlichkeit bemüht sind. Sollten künftig allerdings vennehrt Infonnationsansprüche erhoben werden, so steht zu erwarten, daß dieses bürgerfreundliche Verhalten von den Behörden nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Am Beispiel der Gebühren für Umweltinfonnationen läßt sich zeigen, wie unterschiedlich der Vollzug von EG-Umweltrecht in der Praxis ablaufen kann. 83 Einige Behörden schrecken offenbar nicht davor zurück, überhöhte und damit richtlinienwidrige Gebühren zu erheben. 84 Dies scheint eine Möglichkeit zu sein, sich vor einer befürchteten Flut von Infonnationsbegehren zu schützen. Auch die zum Teil beträchtlichen Gebühren (bis 150,DM) für ablehnende Bescheide stellen wegen ihrer abschreckenden Wirkung die Ziele der Richtlinie, nämlich einen möglichst freien und ungehinderten Zugang zu Infonnationen über die Umwelt zu gewährleisten, in bedenklicher Weise in Frage. Außerdem sind in der Richtlinie lediglich für die Übermittlung von Infonnationen angemessene Gebühren vorgesehen. Da bei einer Ablehnung jedoch eine Infonnationsübermittlung nicht stattfindet, werden solche Gebühren überwiegend als richtlinienwidrig angesehen. 85 Zuletzt besteht für 83 Vgl. dazu auch die Umfrage von Meininger, NVwZ 1994, S. 150 (151). Im übrigen wurde dies auch während der Umfrageaktion bestätigt. So wollte beispielsweise eine Behörde fi1r das Ausfüllen des Fragebogens eine Gebühr von 2926,- DM - unter Zugrunde1egung einer Bearbeitungszeit von 28 (!) Stunden - in Rechnung stellen. Hätten alle angeschriebenen Stellen so abkassieren wollen, wären Kosten - allein fi1r die Durchführung der Umfrage - in Höhe von ca. 600.000 DM entstanden. Im Vergleich zu dem unbürokratischen und kooperativen Verhalten vieler anderer Behörden stellt sich dieser Fall zwar als krasses Einze1beispiel dar; gleichwohl läßt sich erkennen, welche Unterschiede im Vollzugsalltag bestehen können. 84 Nach Art. 5 der RL 90/313IEWG dürfen Gebühren nur fi1r die Übermittlung von Umweltinformationen erhoben werden, die zudem eine angemessene Höhe nicht überschreiten dürfen. Fraglich erscheint angesichts der englischen ('reasonable cost') und der französischen (,montant raisonable') Übersetzungen, ob das dem deutschen Kostenrecht zugrundeliegende Kostendeckungsprinzip im Sinne der UIRL immer als 'angemessen' betrachtet werden kann; vgl. Schrader, ZUR 1994, S. 221 (222); Fluckffheuer, Kommentar zum UIR, D I 2 und D 13, mit den Fassungen der UIRL in englischer und französischer Sprache. 85 Vgl. dazu Schrader, ZUR 1994, S. 221 tT; Scherzberg, DVBl. 1994, S. 733tT; Erichsen, Berichte 1/92 des Umwe1tbundesarntes, S. 100tT; im übrigen hat die EGKommission in einer noch nicht abschließenden Stellungnahme vorn 30.3.1994 an den EU-Botschafter der Bundesrepublik Deutschland anläßlich einer Umweltbeschwerde, Az.: XIl006631, S. 4 in der Beschwerdesache 94/4062, die RechtsautTassung mitgeteilt,

II. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

197

den Bürger die Gefahr, daß er für den Arbeitsaufwand aufgrund behördeninterner Mängel bei der Akten- und Informationsverwaltung im Wege der Gebührenberechnung finanziell aufkommen muß. 86 Sofern es nicht gelingt, dieses Problem zufriedenstellend zu lösen, also vor allem einen angemessenen Kostensatz europaweit zu gewährleisten, werden die mit dem Erlaß der Umweltinformationsrichtlinie verfolgten umweltpolitischen Ziele weiter auf der Strecke bleiben. hh) Eingelegte Rechtsmittel Lediglich in fünf Behörden wurde bislang gegen einen ablehnenden Bescheid Widerspruch eingelegt. Angesichts der relativ kurzen Zeit seit Inkrafttreten des UIG verwundert dieses Ergebnis allerdings kaum. Zu einer verwaltungsgerichtlichen Klage kam es im Bereich der antwortenden Behörden nicht, so daß .Aussagen zu den eingelegten Rechtsmitteln zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen werden können. ii) Vorbereitung der Bediensteten auf die Arbeit mit der

Umweltinformationsrichtlinie und dem UIG

Desweiteren wurde danach gefragt, ob die Bediensteten auf die Arbeit mit der Umweltinformationsrichtlinie bzw. dem UIG speziell vorbereitet wurden, z.B. durch Besprechungen, Schulungen, Rundschreiben etc. Thematisch gehört diese Frage zwar in den Kontext der personellen Behördenausstattung; sie soll jedoch wegen des speziellen Bezugs zur Umweltinformationsrichtlinie an dieser Stelle behandelt werden. Die Auswertung von 78 Antworten ergab folgendes Ergebnis:

die Richtlinie räwne den Mitgliedstaaten "die Möglichkeit ein, fiIr die Übennittlung selbst, also nicht fiIr die Ablehnung eines Antrags, eine Gebühr zu erheben ( ... ). Aus dieser Regelung folgt auch, daß die Gebühr nicht den erforderlichen Arbeitsaufwand abgelten darf, da auch dies nicht die Übennittlung von lnfonnationen betriffi." 86 Vgl. auch Wegener, Stellungnahme zur Anhörung des Ausschusses fiIr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages, Ausschuß-Drucks. 12/533, S. 12.

198

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 42 Frage C.13. (Beh.)

Bundesl. / Anzahl n der Beh.-typ Antworten

Anzahl n der Behörden, bei denen eine Vorbereitung stattgefunden hat nicht stattgefunden hat

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

17 27

8 (47%) 10 (37%)

9 (53%) 17 (63%)

Bay ges.

44

18 (41%)

26 (59%)

Berlin

8

7 (87,5%)

1 (12,5%)

Bremen

2

2 (100%)

0(0%)

Hessen

12

9 (75%)

3 (25%)

NRW

8

8 (100%)

0(0%)

Regierungen

4

4 (100%)

0(0%)

Swnrne

78

48 (62%)

30 (38%)

--------------

============================================================

30 Behörden gaben an, nicht speziell auf die Arbeit mit dem UIG vorbereitet worden zu sein, darunter allein 26 bayerische Behörden. Vermutlich dürfte hier die eher dezentral ausgerichtete Umweltverwaltung in Bayern gewisse Auswirkungen haben. Von den übrigen 48 Behörden wurden in 35 Fällen Rundschreiben oder Erlasse der jeweiligen Landesministerien bzw. Senatsverwaltungen verteilt; elfmal wurden behördeninterne Besprechungen durchgeführt. In einzelnen Behörden kam es darüber hinaus zu schriftlichen Erläuterungen durch die eigene bzw. eine vorgesetzte Behörde; zweimal wurden Kurzvorträge gehalten. Die Bediensteten einer anderen Behörde wurden durch einen Rechtsanwalt in die Materie eingewiesen. Lediglich dreimal wurde die Möglichkeit angegeben, sich durch die Lektüre von Sekundärliteratur vorzubereiten. Angesichts der bescheidenen Behördenausstattung im Hinblick auf europarechtliche Literatur ist dies wenig überraschend. 87 In einem Fall gab es als Vorbereitung schließlich ein externes Seminar mit Ergebnisprotokoll. Im Hinblick auf den Umfang und die Intensität der Vorbereitung sind somit große Unterschiede zwischen den einzelnen Behörden zu verzeichnen.

87 Vgl. oben S. 169fT, Tabellen 26 und 27.

11. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

199

e) Vol/zug der UVP-Richtlinie

Die UVP-Richtlinie wurde für die Befragung in erster Linie deshalb ausgewählt, weil sie wegen ihres breiten Anwendungsfeldes eine gewisse Dichte an Infonnationen versprach. Allerdings stellt sich der Vollzug im Gegensatz zur Umweltinfonnationsrichtlinie wesentlich komplexer dar. 88 Sichtbar wird dies etwa an den unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Durchführung der UVP. Während die Bezirksämter in Berlin sowie die Ämter für Immissions- und Strahlenschutz in Hessen wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit zu diesem Fragenkomplex keine Angaben machen konnten,89 sind die Landratsämter und die kreisfreien Städte Bayerns in vielen Bereichen für die Durchführung der UVP allein verantwortlich. Gleiches gilt für die Regierungsprnsidien und die angeschriebenen Senatsverwaltungen in Berlin und Bremen. Die kreisfreien Städte in Hessen und NRW sowie die Wasserwirtschaftsämter (Hessen) und die Staatlichen Umweltämter (NRW) sind als technische Fachbehörden am Verfahren beteiligt und konnten zumindest teilweise Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Vollzug der UVP-Richtlinie sammeln. Aufgrund dieser Problematik waren die Fragestellungen in der Regel allgemeiner gehalten. Lediglich in bestimmten Bereichen, etwa bei der Öffentlichkeitsbeteiligung während des Verfahrens, wurde detaillierter gefragt. Hinsichtlich der nationalen Umsetzung der Richtlinie in Deutschland wurde lediglich das UVPG und dessen Vollzug in den Mittelpunkt der Befragung gestellt. Die einzelnen Fachgesetze, auf die sich die UVP-Richtlinie ebenfalls auswirkte, blieben unberücksichtigt. Die UVP-Richtlinie90 wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Umsetzung der RL 85/337IEWG vom 12. Februar 199091 umgesetzt; durch dessen Art. 1 wurde das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (uvpG) normiert. In elf weiteren Artikeln wurden Änderungen bestehender nationaler Gesetze vorgenommen. Das UVPG trat mehr als zwei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist am 1.8.1990 in Kraft. 92

88 Vgl. hierzu Mayen, NVwZ 1996, S. 319ff. 89 Die Anzahl verwertbarer Antworten zu diesem Fragenkomplex war daher im Durchschnitt geringer. Im Gegensatz zur übrigen Auswertung der Behördenumfrage wurde daher auf eine differenzierte Auswertung, aufgeschlüsselt nach Bundesland und Behördentyp, verzichtet. 90 Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprufung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG), ABI. EG 1985 L 175/40. 91 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprufung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom 12. Februar 1990, BGB!. I, S. 205. 92 Die Umsetzungsfrist lief nach Art. 12 Abs. 1 der UVP-Richtlinie am 3. Juli 1988 ab.

200

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Gegenstand des Verfahrens ist nach Art. 1 Abs. 1 der UVP-Richtlinie eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die in den folgenden Artikeln konkretisiert wird. Entsprechend den der Richtlinie vorangestellten Erwägungsgründen ist die UVP weniger als Gutachten oder Studie zu verstehen, sondern vielmehr als Verfahren zur Sicherung und Konkretisierung umweltrechtlicher Prinzipien, so vor allem des Vorsorgeprinzips.93 Im wesentlichen gliedert sich die UVP in drei Verfahrensabschnitte, die auch bei der Zusammenstellung des Fragenkatalogs sowie für die Auswertung zugrundegelegt wurden. In einer ersten Phase geht es um die - durch den Projektträger zu erfolgende - Identifizierung, Beschreibung und Bewertung der möglichen erheblichen Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt. 94 Es folgen ein Informations- und Konsultationsprozeß, an dem die Öffentlichkeit, andere (Fach-) Behörden desselben oder eines anderen EG-Mitgliedstaates beteiligt sein können. Die während der ersten beiden Verfahrensabschnitte gewonnenen Daten und Eindrücke werden zunächst in einer zusammenfassenden Darstellung95 aufbereitet und führen schließlich zur abschließenden Bewertung96 des Vorhabens durch die entscheidende Behörde. 97 aa) Anzahl der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfungen Zunächst wurde nach der Anzahl der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfungen gefragt. Dabei wurde differenziert nach der Gesamtzahl seit Inkrafttreten des UVP-Gesetzes sowie der Anzahl im Jahre 1994. Obwohl zur Beantwortung nicht selten aufwendigere Behördenrecherchen durchgeführt werden mußten,98 konnten immerhin 58 Angaben ausgewertet werden. Hierbei ergab sich folgendes Bild: (1) Anzahl der durchgeführten UVP's seit dem l.8.1990 insgesamt

(2) Anzahl der 1994 durchgeführten UVP's

93 Vgl. zu den Zielen des UVP-Gesetzes auch Hoppe/Appold, DVBl. 1991, S. 122lfT. 94 Dieser Phase ist ein sog. Scoping-Verfahren vorgeschaltet, in dem Vorhabensträger und Behörde, die nicht identisch sein dürfen, Gegenstand, Umfang und Methoden der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie sonstige Fragen erörtern; vgl. dazu im einzelnen WeberlHellmann, NJW 1990, S. 1625 (1627). 95 Vgl. § 11 UVPG. 96 Vgl. § 12 UVPG. 97 Vgl. dazu ausfilhrlich Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), S. 103ff; Weber, Die Umweltverträglichkeitsrichtlinie im deutschen Recht, S. 9ff; zur Bewertung der Umweltauswirkungen vgl. besonders Hoppe/Appold, DVBl. 1991, S. 1221 ff. 98 In einigen Anmerkungen wurde mitgeteilt, daß zu dieser Frage in der Regel keine behördlichen Statistiken geführt werden.

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

201

Tabelle 43 Fragen D. 1. 1. und D.1.2. (Beh.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der Behörden, bei denen keine mindestens eine UVP durchgeftlhrt wurde

(1)

(2)

(1)

(2)

18

25

40

33

durchschnittliche / max. Anzahl der durchgeftlhrten UVPs (l) (2)

============================================================

58

8,3/70

2,6/20

Im Durchschnitt wurden in den angeschriebenen Behörden 8,3 UVP's durchgeführt. In einer einzigen Behörde wurden seit Inkrafttreten des UVPGesetzes allein schon 70 Verfahren abgeschlossen. In den unteren Verwaltungsbehörden, etwa den bayerischen Landratsämtern, wurden bereits bis zu 50 Verfahren durchgeführt, die allerdings hauptsächlich kleinere Gewässerausbaumaßnahmen betrafen. 99 Fast ein Drittel aller UVP's fand im Jahre 1994 statt, was auf einen leichten Anstieg der Anzahl von Verfahren schließen läßt. Im Anschluß daran wurde gefragt, in wieviel Prozent der Fälle die Bewertung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG dazu geführt hat, daß ein Vorhaben nicht genehmigt wurde. Von den insgesamt 57 Behörden, die diese Frage beantworteten, gaben allein 42 einen Wert von 0% an. In den übrigen 15 Behörden kam es immerhin schon mindestens einmal dazu, daß ein Vorhaben wegen der Bewertung der Umweltauswirkungen nicht genehmigt worden ist. Dieses Ergebnis bestätigt die Vorbehalte vieler Behördenbediensteten hinsichtlich der Effektivität der UVP, deren zum Teil großer Aufwand nach Ansicht vieler in keinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen steht. 100 Eine Bearbeiterin wies auf einen weiteren Aspekt für die relativ geringe Auswirkung der Gesamtbewertung nach § 12 UVPG in der behördlichen Praxis hin: "Es gibt einzelne Fälle, in denen die Einschätzung der Umweltauswirkungen im Vorfeld zur Aufgabe des Vorhabens führte." bb) Beeinträchtigung der übrigen umweltbezogenen Behördenarbeit Desweiteren schien es interessant zu erfahren, ob der im Zuge der UVP-RL einhergehende Aufgabenzuwachs zur Vernachlässigung anderer umweltbezogener Behördenaufgaben führte. Für die Beantwortung vorgegeben war eine aufsteigende Fünferskala mit folgenden Extremwerten:

99 Vgl. dazu allerdings den Beschluß des Bundesrates vom 21. Dez. 1989, BRDrucks. 687/7/89, in dem ausdrücklich bedauert wird, daß der Bundestag die Empfehlungen des Bundesrates nicht aufgegriffen hat, geringfilgige Gewässerausbauten aus der Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht auszunehmen. 100 Vgl. dazu oben S. 149, Tabelle 10.

202

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugs voraussetzungen

'I': Andere umweltbezogene Aufgaben mußten wegen der zusätzlichen Aufgaben nach dem UVPG 'gar nicht' vernachlässigt werden.

'5': Andere umweltbezogene Aufgaben mußten wegen der zusätzlichen Aufgaben nach dem UVPG 'sehr stark' vernachlässigt werden. Die Antworten von insgesamt 56 Behörden führten zu folgendem Ergebnis: Tabelle 44

Frage D.3.2. (Beb.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenenWerte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durchschnitt

34 (61%)10 (18%)7 (12%) 5 (9%)

1,7

============================================================

56

0 (0%)

Während im Zusammenhang mit der Befragung zur Umweltinformationsrichtlinie mit einem Durchschnittswert von '2, I' eine Beeinträchtigung der anderen umweltbezogenen Verwaltungsarbeit spürbar wurde, wurde von der großen Mehrheit der antwortenden Behörden im Fall der UVP-Richtlinie eine Vernachlässigung anderer umweltbezogener Behördenarbeit in geringerem Maße angenommen. In einzelnen Fällen kam es jedoch bereits zu einer erheblichen Beeinträchtigung anderer Umweltaufgaben. Der mit '1,7' insgesamt sehr niedrige Durchschnittswert läßt sich vor dem Hintergrund erklären, daß die meisten der in der Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehenen Anforderungen schon vor Inkrafttreten der UVP-Richtlinie im Rahmen der nationalen Genehmigungsverfahren vorgeschrieben waren. Ein Bearbeiter meint sogar, daß im Genehmigungsverfahren nach BImSchG ca. 90% der UVP-Belange bisher schon abgedeckt waren, und lediglich 10% durch die UVP-Richtlinie neu eingeführt wurden. Desweiteren wurde gefragt, ob zur Bewältigung der Aufgaben nach dem UVPG die personellen und/oder materiellen Ressourcen der Behörde verbessert wurden. Den Extremwerten in einer Fünferskala wurden folgende Bedeutungen zugeordnet:

'I': Die personellen und/oder materiellen Ressourcen wurden aufgrund der Aufgaben nach dem UVPG 'gar nicht' verbessert.

'5': Die personellen und/oder materiellen Ressourcen wurden aufgrund der Aufgaben nach dem UVPG 'angemessen' verbessert. Die Auswertung von 59 Antworten ergab folgendes Bild:

ll. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

203

Tabelle 45 Frage D.3.1. (Beh.) Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (angemessen)

Durchschnitt

55 (93%)1 (2%)

1,2

============================================================

59

1 (2%)

2 (5%)

0 (0%)

Nahezu einstimmig zeigte sich, daß die personellen und/oder materiellen Ressourcen wegen der zusätzlichen Aufgaben nach dem UVPG nicht verbessert wurden. Eine Bearbeiterin bemerkte am Rand, daß dies in ihrer Behörde auch nicht erforderlich gewesen sei, da die Umweltverträglichkeitsprüfung schon immer Gegenstand der Verfahren gewesen sei. Dennoch kam es durch die UVP-Richtlinie zu einem - wenn auch im Einzelfall nur relativ geringfügigen - Aufgabenzuwachs mit einer entsprechenden Arbeitsbelastung der Behörden. Ob diese Mehrbelastung in der behördlichen Praxis kompensiert werden kann, soll anband der folgenden Fragen zur Durchführung bestimmter Verfahrensabschnitte innerhalb der UVP gezeigt werden. cc) Die Beibringungspflicht der Prüfunterlagen durch die Anlagenbetreiber In einem ersten Verfahrensschritt sind die Anlagenbetreiber, deren (geplantes) Vorhaben UVP-pflichtig ist, u.a. zur Beibringung der erforderlichen Prüfungsunterlagen verpflichtet. 101 Deshalb wurde zunächst danach gefragt, wie die Kooperationsbereitschaft der Anlagenbetreiber von den Behörden diesbezüglich eingeschätzt wird. In einer Fünferskala wurden die Extremwerte folgendermaßen vorgegeben: 'I': Die Kooperationsbereitschaft bei der Beibringung der Prüfungsunterlagen wird als 'schlecht' eingestuft. '5': Die Kooperationsbereitschaft bei der Beibringung der Prüfungsunterlagen wird als 'gut' eingestuft. Die Auswertung von 51 Antworten ergab folgendes Bild:

101

Vgl. § 6 UVPG.

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

204

Tabelle 46

Frage D.6.1. (Beh.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 (schlecht)

3

4

5 (gut)

Durchschnitt

============================================================ 51

1 (2%)

16 (31%)16 (31%)10 (20%)8 (16%)

3,2

Den Anlagenbetreibern wurde von seiten der Behörden auf den ersten Blick ein überraschend gutes Zeugnis ausgestellt. Dieses Ergebnis wird jedoch vor dem Hintergrund verständlich, daß am Anfang des Verfahrens die Anlagenbetreiber in der Regel ein vitales Eigeninteresse besitzen, das Verfahren voranzubringen. 102 Erhält die Behörde die Prüfungsunterlagen, so hat sie diese aufzubewahren und eine allgemein verständliche Zusammenfassung beizufügen. 103 Von einigen Stimmen in der Literatur wird zusätzlich gefordert, die Behörden sollten bereits in diesem frühen Verfahrensstadium die Prüfungsunterlagen in einem systematischen Bericht zusammenstellen, der eine erste Einschätzung der Behörde hinsichtlich der Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens enthält. 104 Dadurch soll der interessierten und von dem Vorhaben möglicherweise betroffenen Öffentlichkeit im weiteren Verfahren der Zugang zu den Verfahrensunterlagen erleichtert werden, da diese wegen ihres Umfangs und der technischen Details für Laien oftmals schwer verständlich sind. Auf diese Weise könnten die rur den behördlichen Entscheidungsprozeß wesentlichen Punkte schneller erfaßt werden. Daher wurde danach gefragt, wie die Behörde im weiteren mit den von den Anlagenbetreibern beigebrachten Prüfungsunterlagen verfährt. Folgende zwei Antwortaltemativen standen rur die Beantwortung zur Auswahl: (1) Es wird eine allgemein verständliche Zusammenfassung LS.v. § 6 Abs. 3

S. 2 UVPG beigerugt.

(2) Sie werden in einem systematischen Bericht zusammengestellt, der auch eine erste Einschätzung der Behörde wiedergibt. Insgesamt 37 Behörden machten hierzu verwertbare Angaben:

102 Auf diesen Aspekt wurde in einer Randnotiz ausdrücklich hingewiesen. 103 Vgl. § 6 Abs. 3 S. 2 UVPG.

104 Vgl. Jarass, NuR 1991, S. 201 (204).

ll. Einschätzilllg des (eigenen) behördlichen Handelns

205

Tabelle 47 Frage D.6.2. (Beb.) Anzahl n der Antworten

37

Anzahl n der angegebenen Antwortaltemativen (in %) (1 ) (2) 26 (70%)

11 (30%)

Immerhin elf von 37 Behörden gaben an, über die nach dem Gesetzeswortlaut geforderte allgemein verständliche Zusammenfassung hinaus einen systematischen Bericht mit einer ersten Einschätzung der Behörde zu erstellen. Diese Praxis könnte sich im späteren Verfahren als günstig erweisen, da bereits zu Beginn die Weichen für den weiteren Ablauf, insbesondere die Öffentlichkeitsbeteiligung, gestellt werden. Zeitraubendes Nachfragen von seiten betroffener Bürger kann unter Umständen vermieden und das Verfahren auf die wesentlichen Punkte konzentriert werden. Eine später abweichende Entscheidung der Behörde ist in jedem Fall möglich, da eine rechtliche Bindungswirkung von dieser ersten Einschätzung nicht ausgeht. dd) Die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der UVP Der zweite Verfahrensabschnitt der UVP ist durch das Hinzutreten anderer Verfahrensbeteiligter gekennzeichnet. Die Beteiligung der Öffentlichkeit wurde, da sie für die Vollzugspraxis besonders wichtig ist, bei der Umfrage genauer untersucht. 105 Zunächst wurde allgemein um eine kurze Beschreibung des Verfahrensablaufs gebeten. 39 Behörden gaben hierzu teilweise sehr ausführliche und aufschlußreiche Hinweise. Danach gliedert sich das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung im wesentlichen in vier Verfahrensabschnitte, die beispielsweise im Falle eines bayerischen Landratsamtes praktisch wie folgt umgesetzt werden: "1. rechtzeitige Bekanntmachung der Auslegung (mind. eine Woche vorher in Gemeinde und Amtsblatt des Landkreises); 2. Auslegung (1 Monat); 3. Festlegung und Bekanntgabe Erörterungstermin; 4. Erörterung der eingegangenen Einwendungen." Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird dabei wie das UVP-Verfahren insgesamt - in das jeweils laufende Genehmigungsverfahren integriert, das sich im übrigen nach den Vorschriften der jeweiligen Fachgesetze richtet. I06 Allerdings wird teilweise im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung auf die UVP gesondert hingewiesen. Nach Einschätzung einer Bearbeiterin werde von seiten der Öffentlichkeit davon jedoch kaum Notiz genommen, da es sich meist nur um kleinere Vorhaben im Bereich des Was105 Vgl. dazu § 9UVPG i.V.m. § 73 Abs. 3 -7 VwVfG. 106 Vgl. hierzu oben S. 202.

206

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

serrechts handele. Vor der öffentlichen Bekanntmachung werden gelegentlich Fachbehörden, Betroffene und anerkannte Umweltverbände gehört. Bekannte Betroffene werden bisweilen ausdrücklich benachrichtigt. Einzelne Behörden gaben an, die UVP-Unterlagen mit den Antragsunterlagen in der Gemeinde öffentlich auszulegen. In seltenen Fällen werde darüber hinaus eine von der Behörde erstellte Studie über die Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens beigefügt. Nach den Angaben einer Behörde werden die Unterlagen anerkannten Verbänden zugeleitet. Deren Stellungnahmen werden sodann unter fachtechnischen Gesichtspunkten 107 bewertet und der naturschutzrechtlichen Bewertung gegenübergestellt. 108 Es zeigt sich somit, daß der Erlaß der UVP-Richtlinie zu keinen einschneidenden Veränderungen der behördlichen Praxis bei der Öffentlichkeitsbeteiligung führte. Zwar wird in einzelnen Fällen im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung auf das UVP-Verfahren speziell hingewiesen. Oftmals unterbleibt ein solcher Hinweis jedoch ebenso wie eine Aufbereitung der meist umfangreichen und technisch komplizierten Antragsunterlagen. Für die Öffentlichkeit ist somit in der Praxis der Zugang zu den Verfahrensunterlagen häufig erschwert. Eine weitere Frage beschäftigte sich mit dem Kreis der Verfahrensbeteiligten. Das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung ist in zwei Abschnitte gegliedert, wobei ein "Trichtereffekt"109 festzustellen ist. 110 Während die allgemeine Öffentlichkeit über das Vorhaben zu informieren ist,111 steht das Anhörungsrecht lediglich der betroffenen Öffentlichkeit zu. 112 Umstritten ist in diesem Zusammenhang insbesondere der Begriff der Betroffenheit. 113 Die Umsetzung dieser Bestimmung in Deutschland durch den Verweis in § 9 UVPG auf § 73 Abs. 3 und 4 VwVfG deutet auf ein restriktives Verständnis hin. 1l4 Indes ist bei der Norminterpretation der europarechtliche Ursprung der Vorschrift zu beachten, so daß möglicherweise ein weiteres Verständnis im Wege 107 hn konkreten Fall ging es um wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte. 108 Soweit eine Behörde als technische Fachbehörde am UVP-Verfahren lediglich beteiligt ist, konnten keine Angaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung gemacht werden. In einigen Randbemerkungen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen. 109 Diesen Begriff verwendet Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), S. 161. 110 Vgl. Art. 6 Abs. 2 UVP-Richtlinie. 111 Vgl. Art. 6 Abs. 2, 1. Spiegelstrich der UVP-Richtlinie. 112 Vgl. Art. 6 Abs. 2, 2. Spiegelstrich der UVP-Richtlinie. 113 Vgl. ausführlich zu diesem Problem Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), S. 161ff. 114 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes, welcher anerkannten Naturschutzverbänden Beteiligungsrechte in Planfeststellungsverfahren über Vorhaben einräumt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind.

11. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

207

der richtlinienkonformen Auslegung geboten ist. Während der Verhandlungsphase vor Erlaß der UVP-Richtlinie wurde die Frage einer direkten oder indirekten Öffentlichkeitsbeteiligung sehr kontrovers diskutiert. 115 Letztlich setzte sich am Ende mehrheitlich die Auffassung durch, daß ein Anhörungsrecht Verbänden nicht zustehen solle, die die Verletzung ihrer satzungsmäßigen Ziele geltend machen können. 116 Eine aus der Richtlinie herzuleitende Pflicht zur Einführung einer indirekten Öffentlichkeitsbeteiligung kann danach nicht festgestellt werden. 117 Eine andere Ansicht vertritt allerdings Winter, 118 der in erster Linie auf den sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie verweist, in dem neben der betroffenen Öffentlichkeit von den betroffenen Behörden die Rede ist. Dies deute darauf hin, daß die "Betroffenheit" auch den Aufgabenbereich umfasse, der auch bei Verbänden tangiert sein könne. Daneben werde die sogenannte altruistische Verbandsklage in einigen Mitgliedstaaten seit Jahren erfolgreich praktiziert. 119 Unabhängig davon, ob in dem Verweis auf § 73 VwVfG ein Verstoß Deutschlands gegen seine Umsetzungspflicht aus der UVP-Richtlinie gesehen werden kann, war die Verwaltungspraxis in deutschen Behörden hinsichtlich dieser Problematik von Interesse. Konkret ging es um das Verständnis des Betroffenenbegriffs bei der Anwendung von § 9 UVPG i.V.m. § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG. Folgende zwei Antwortaltemativen standen zur Auswahl: (1) Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird auf Betroffene i.S.v. § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG beschränkt. (2) Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird nicht auf Betroffene i.S.v. § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG beschränkt. Insgesamt antworteten auf diese Frage 42 Behörden. Dabei ergab sich folgendes Ergebnis:

115 Vgl. hierzu vor allem den Vorschlag der dänischen Delegation, die auf ein breiteres Anhörungsrecht durch die Formulierung "betrotTene Kreise der ÖtTentlichkeit" drängte; Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), S. 164f. 116 Somit setzten sich die Vertreter einer (nur) direkten ÖtTentlichkeitsbeteiligung durch, was vor allem mit der Einfügung des Art. 1 Abs. 5 in die UVP-Richtlinie, insbesondere den Hinweis auf die "Bereitstellung von Informationen", die gerade von der ÖtTentlichkeit erwartet werden, zu erklären ist. Vgl. eingehend dazu Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), S. 160tT. 117 Vgl. WeberlHellmann, NJW 1990, S. 1625 (1630). 118 Vgl. Winter, NuR 1989, S. 197 (201). 119 Vgl. insbesondere Fromont, Rechtsschutz gegenüber der Verwaltung in Deutschland, Frankreich und den Europäischen Gemeinschaften, S. 191; ders., UPR 1983, S. 186 (187!) m.w.N.

208

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen Tabelle 48

Frage D.7.2. (Beh.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %) bei (1) bei (2)

============================================================

42

15 (36%)

27 (64%)

Immerhin zwei Drittel der antwortenden Behörden gehen offenbar von einem extensiven Verständnis des Betroffenenbegriffs in § 73 Abs. 4 VwVfG aus. Dieses Ergebnis deutete sich bereits bei der Beschreibung des Verfahrensablaufs an. Einige Behörden gaben hierbei an, anerkannten Naturschutzverbänden neben anderen Fachbehörden ein Recht zur Äußerung 120 einzuräumen. Diese Vollzugspraxis gibt letztlich denjenigen Stimmen Recht, die eine solche Beteiligung schon während der Verhandlungen zur UVP-Richtlinie gefordert haben, um eine Erhöhung der Akzeptanz behördlicher Entscheidungen in der Bevölkerung zu erreichen. 121 Erläuternd wiesen einige Bearbeiter durch Vermerke am Rand darauf hin, daß neben Anwohnern insbesondere Umweltschutzverbände beteiligt werden. Einschränkend wurde in einem Fall hinzugefügt, daß dies lediglich für gewichtige Verfahren gelte. Die Beteiligung von Umweltschutzverbänden während der Anhörung scheint sich also - vor allem bei umstrittenen Großprojekten - in einigen Behörden zu bewähren. ee) Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen und Gesamtbewertung Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen 122 durch die Behörde bereitet die Gesamtbewertung 123 vor und beschließt zusammen mit dieser das UVP-Verfahren. Im Zusammenhang mit diesem Verfahrensabschnitt wurde gefragt, ob der in § 11 S. 3 UVPG als Sollwert vorgegebene Zeitrahmen von einem Monat zwischen dem Abschluß der Erörterung im Anhörungsverfahren und der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen in der Regel eingehalten wird. Folgende Alternativen wurden für die Beantwortung vorgegeben: '1': Der Zeitrahmen von einem Monat wird in der Regel eingehalten. '2': Der Zeitrahmen von einem Monat wird in der Regel nicht eingehalten.

120 Zwn Teil in Fonn von Gutachten.

121 Vgl. Cupei, UmweltverträglichkeitspTÜfWlg (UVP), S. 163. 122 Vgl. § 11 UVPG. 123 Vgl. § 12 UVPG.

11 Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

209

Die Antworten von 44 Behörden führten zu folgendem Ergebnis: Tabelle 49

Frage D.8.1. (Beh.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %) bei (1) bei (2)

============================================================

21 (48%)

44

23 (52%)

Lediglich knapp die Hälfte der Behörden kann den vorgegebenen Zeitrahmen in der Regel einhalten. Dies zeigt deutlich den Widerspruch zwischen gesetzlicher Wunschvorstellung und Praxis. Aussagen über die Qualität der UVP, insbesondere die Intensität der Prüfung, lassen sich daraus allerdings nicht ableiten. In einer weiteren Frage ging es darum, ob die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen in der Regel zusammen mit der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens ergeht. Insgesamt 43 Behörden gaben eine der beiden Antwortaltemativen an. (1) Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen ergeht zu-

sammen mit der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens.

(2) Die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen ergeht gesondert. Die Auswertung ergab folgendes Ergebnis: Tabelle 50

Frage D.8.2. (Beh.)

Anzahl n der Antworten 43

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %) ja

nein

40 (93%)

3 (7%)

Fast alle Behörden, die sich an der Umfrage beteiligten, gaben an, daß in aller Regel die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen zusammen mit der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens ergeht. Hieraus wird wiederum deutlich, daß die UVP in der Praxis nahezu vollständig in die laufenden Genehmigungsverfahren integriert wird. Aus verfabrensökonomischen Gründen scheint dieses Vorgehen auch sinnvoll zu sein. 14 Engelsberger

210

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzwlgen

Zwei weitere Fragen beschäftigten sich mit der Prüfung möglicher Vorhabensalternativen im Rahmen der UVP. Eine solche Prüfung könnte den behördlichen Entscheidungsspielraum gerade bei umweltpolitisch umstrittenen Vorhaben erweitern. Zwischen folgenden Antwortmöglichkeiten war zu entscheiden: (la) Eine Alternativenprüfung im Rahmen der UVP wird in der Regel durchgeführt. (lb)Eine Alternativenprüfung im Rahmen der UVP wird in der Regel nicht durchgeführt. (2) Die Alternativenprüfung führte in (00.)% der Fälle zu einer vom Genehmigungsantrag abweichenden Entscheidung. Beide Fragen wurden von jeweils 46 Behörden beantwortet. Die Auswertung erbrachte folgendes Ergebnis: Tabelle 51 Fragen D.8.3. und D.8.4. (Beb.)

Anzahl n der Antworten

Alternativenprufung in der Regel durchgefllhrt nicht durchgefllhrt (la) (lb)

Alternativenprüfung fIlhrte in ( ... )% der Fälle zu einer anderen Entscheidung (2)

============================================================

46

27(59%)

19 (41%)

10% / max. 80%

Eine Prüfung möglicher Vorhabensalternativen wird von 41% der antwortenden Behörden in der Regel nicht durchgeführt, obwohl sich daraus unter Umständen eine umweltverträglichere Realisierung des Projekts ergeben kann. Immerhin zeigte sich in durchschnittlich 10% derjenigen Fälle, bei denen eine Alternativenprüfung vorgenommen wurde, daß die jeweilige Behörde dadurch zu einer anderen Entscheidung gelangte. 124 Die Prüfung mehrerer in Betracht kommender Pläne zur Realisierung eines Vorhabens spielt in der Praxis somit eine nicht unerhebliche Rolle. Dabei kann den Betreibern unter Umständen in bestimmten Punkten eine Pflicht zur Ergänzung oder Nachbesserung ihrer Pläne und sonstiger Prüfungsunterlagen auferlegt werden. fl) Kreis der UVP-pflichtigen Vorhaben

Die Frage, wann ein bestimmtes Vorhaben einer UVP zu unterziehen ist, wann also der Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie eröffnet ist, wird im wesentlichen in Art. 4 geregelt, der auf Anhang I und 11 der Richtlinie ver124 In einer Behörde waren es sogar 80% der Fälle.

n. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

211

weist. Für die in Anhang I aufgeführten Anlagen wird grundsätzlich 125 eine UVP zwingend vorgeschrieben. 126 Die Mitgliedstaaten sind aus der Richtlinie also insoweit gebunden, als es ihnen verwehrt ist, Projekte dieser Art aus dem UVP-Verfahren herauszunehmen. 127 Die Vorhaben aus Anhang 11 werden nur dann einer UVP unterzogen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern. 128 Das ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund ihrer Art, Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. 129 Dadurch wird die Einführung der UVP-Pflichtigkeit allerdings nicht in das Belieben der Mitgliedstaaten gestellt. 130 Zwar wird den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Frage, wann bei einem Projekt erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind, ein gewisser Beurteilungsspielraum einzuräumen sein. Dieser darf jedoch nicht so weit gehen, daß er die Entscheidung über die Einführung der UVP-Pflichtigkeit bei diesen Projekten gänzlich freistellt. 131 Sonst würden die Ziele der UVP-Richtlinie nämlich weitgehend ins Leere laufen. Vielmehr zeigt der Katalog des Anhang 11 auf, bei welchen Projekten in der Regel von erheblichen Umweltauswirkungen auszugehen ist. 132 Weicht ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung erheblich von diesem Katalog ab,133 so stellt sich das Problem, inwieweit im Einzelfall nationale Behörden zur Durchführung einer UVP berechtigt oder sogar verpflichtet 134 sind, wenn sie der Auffassung sind, von dem geplanten Projekt seien erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten. Obwohl in Deutschland die meisten der Anhang-lI-Projekte in den Anhang zu § 3 UVPG aufgenommen wurden, spielt diese Frage in der behördlichen Praxis dennoch eine gewisse Rolle, da einige

125 Soweit kein Fall des Art. 2 Abs. 3 der UVP-Richtlinie vorliegt, der fi1r bestimmte Projekte Ausnaluneregelungen vorsieht. 126 Vgl. Art. 4 Abs. 1 der UVP-Richtlinie. 127 Vgl. dazu Beclanann, DVBl. 1991,8. 358 (364). 128 Vgl. Art. 4 Abs. 2 der UVP-Richtlinie. 129 Vgl. Art. 2 Abs. I der UVP-Richtlinie. 130 Auch wenn in diesen Fällen teilweise von einer sog. freiwilligen UVP gesprochen wird. 131 Vgl. Beclanann, DVBl. 1991, S. 358 (364). 132 Die Aufstellung des Katalogs wäre sonst weitgehend überflüssiges Beiwerk; so Winter, NuR 1989,8.197(198). 133 Extremfall: Ein Mitgliedstaat übernimmt kein einziges Projekt aus Anhang 11 der Richtlinie, weil er der Auffassung ist, daß von den dort aufgezählten Projekten keine erheblichel} Umweltauswirkungen zu erwarten sind. 134 Beckmann, DVBl. 1991, S. 358 (364) geht offenbar von einer Verpflichtung der Behörden aus, bei Nichtumsetzung der UVP-Richtlinie eine Entscheidung über die erheblichen Umweltauswirkungen eines Vorhabens zu treffen. 14'

212

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Projekte 135 in nicht ganz unbedenklicher Weise der UVP-Pflichtigkeit entzogen wurden. 136 Deshalb beschäftigte sich eine Frage mit diesem Problembereich. Konkret ging es darum, ob auch unterhalb der Schwelle der gesetzlichen UVPPflichtigkeit137 bei bestimmten Vorhaben eine (freiwillige) UVP durchgefiihrt wird, und wie diese Frage in der Behörde praktisch geregelt ist. Insgesamt antworteten 68 Behörden auf diese Frage, von denen 40% angaben, daß für die Frage der UVP-Pflichtigkeit ausschließlich der Katalog zu § 3 UVPG herangezogen wird. Allerdings stellte sich bei der Durchsicht der übrigen Antworten anband der zusätzlichen Erläuterungen heraus, daß nur in wenigen Ausnahmefällen tatsächlich die Umweltauswirkungen eines Vorhabens geprüft werden und gegebenenfalls ein Verfahren nach dem UVPG eingeleitet wird. Eine Behörde gab beispielsweise an, daß eine Dienstanweisung bestehe, wonach fiir bestimmte Vorhaben eine 2-stufige UVP vorgesehen sei, die mit einer Umwelterheblichkeitsprüfung (UEP) einschließlich Prüfliste beginne und anschließend in die eigentliche UVP übergehe. Zwei andere Behörden gaben an, daß in bestimmten Sonderfällen eine freiwillige UVP durchgefiihrt werde. 13 weitere Behörden meinten, eine solche UVP werde letztlich bei der Prüfung jedes Genehmigungsantrags im Rahmen der Abwägung unter Beachtung des Vorsorgegrundsatzes durchgefiihrt. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß in diesen Fällen keine UVP nach dem UVPG durchgefiihrt wird, auch wenn sich im Einzelfall beispielsweise ein normales Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG von den Anforderungen her in vielen Punkten mit denjenigen des UVP-Gesetzes decken mag. Zwei Behörden wiesen schließlich darauf hin, daß eine behördliche Prüfung der Umwelterheblichkeit geplant sei, bzw. entsprechende Vorbesprechungen stattfinden würden. Eine weitere Behörde nahm zum Katalog im Anhang zu § 3 UVPG selbst Stellung, indem die UVP-Pflichtigkeit bei kleineren Gewässerausbaumaßnahmen kritisiert wurde. Die Antworten auf diese Frage zeigen, daß in einigen Behörden zum Teil erhebliche Unsicherheiten bestehen. Nicht zuletzt liegen die Ursachen dafür an der hinsichtlich ihrer Vollzugstauglichkeit wenig geglückten Vorschrift des Art. 4 Abs. 2, die durch ihre interpretationsbedürftigen Fonnulierungen einen gemeinschaftsweit gleichmäßigen und einheitlichen Vollzug der UVPRichtlinie erschwert. In welchen Fällen die in Anhang 11 aufgefiihrten oder darüber hinaus weitere Projekte, bei denen negative Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind, tatsächlich einer UVP zu unterziehen sind, bleibt 135 So etwa ErstautTorstungen und Rodungen, Seilbahnen und andere Bergbahnen, die Zementherstellung oder etwa die gesamte Nahrungs- und Genußmittelindustrie. 136 Vgl. WeberlHellmann, NJW 1990, S. 1625 (1629) und zur Frage, ob Deutschland dadurch unter Umständen gegen die Pflicht zur inhaltlich korrekten Umsetzung der UVP-Richtlinie in nationales Recht verstoßen hat. 137 Also bei Projekten, die im Anhang zu § 3 UVPG aufgefilhrt sind.

ll. Einschätzung des (eigenen) behördlichen Handelns

213

unklar. Vollzugsprobleme bei der Anwendung dieser Vorschrift sind also quasi vorprogrammiert. Da jeder Mitgliedstaat aufgrund bestimmter wirtschaftlicher Prioritäten unterschiedliche Anhang 11 - Projekte in seine nationale Gesetzgebung übernimmt, hängt es gleichwohl entscheidend vom nationalen Verwaltungsvollzug ab, inwieweit die Vorschriften der UVP-Richtlinie tatsächlich zur Anwendung gelangen. gg) Die federführende Behörde Soweit ein Vorhaben der Zulassung durch mehrere Behörden bedarf, sieht § 14 UVPG ein spezielles Verfahren vor, an dessen Beginn die Bestimmung einer federführenden Behörde steht. Durch landesrechtliche Vorschriften wurde die Frage der Bestimmung der federftihrenden Behörde mittlerweile in allen Bundesländern speziell geregelt. 138 In eitler offenen Frage ging es darum, durch welches Verfahren die federführende Behörde in der Praxis bestimmt wird, und welche Erfahrungen dabei gewonnen werden konnten. Lediglich 33 Behörden machten zu dieser Frage überhaupt Anmerkungen. Allein in 19 Fällen wurde mitgeteilt, die Frage nach der federftihrenden Behörde habe sich bislang nicht gestellt, so daß keine Erfahrungen vorlägen. Vier Behörden äußerten darüber hinaus. eine spezielle Regelung zur Bestimmung der federführenden Behörde gebe es nicht. Die übrigen 14 Behörden machten zum Teil sehr unterschiedliche Angaben. So sei das Verfahren einmal nach einem Geschäftsverteilungsplan geregelt. Mehrere Behörden verwiesen auf einschlägige Landesverordnungen. Eine andere äußerte sich zu diesem Problem wie folgt: "Federführung liegt beim Regierungspräsidium; die Suche nach den für den zu untersuchenden Fall 'relevanten Unterlagen' ist Hauptproblern und führt zu langen Zeiten, bis Entscheidungen getroffen werden." In einem weiteren Fall wurde darauf hingewiesen, daß die fachliche Betreuung beim Umweltamt liege, die Berücksichtigung der Prüfergebnisse allerdings im Rahmen des Gesamtverfahrens bei der federführenden Behörde (z.B. Regie-

138 VgI. hierzu die in den einzelnen Bundesländern getroffenen Regelungen, etwa Berliner Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 2) vom 21.Juli 1992, GVBI. 1992, S. 234; Verordnung zur Bestimmung der federftihrenden Behörde und ihrer Aufgaben gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Bayern) vom 24. Juli 1990, GVBI. 1990, S. 254; Bekanntmachung über die federführende Behörde nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Bremen) vom 7. April 1992, Brem. ABI. 1992, S. 219; Anordnung über die Zuständigkeit zur Durchfilhrung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden (Hessen) vom 20. Juli 1990, GVBI. 1990 I, S. 421; Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Lande Nordrhein-Westfalen vom 29. April 1992, GVNW 1992, S. 175, § 3.

214

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

rungspräsidium) erfolge. Nach einer anderen Anmerkung sei die jeweilige Fachbehörde federführend und beteilige andere Behörden am Verfahren. Soweit bereits Erfahrungen mit dieser Regelung gemacht wurden, gehen die Meinungen weit auseinander. So wird die Bestimmung der federführenden Behörde teilweise als "zeitraubend" kritisiert. Eine andere Behörde äußert sich so: "( ... ) Die Behörden des Landes setzen sich häufig über die städtischen Interessen hinweg. Gilt vor allem für BImSchG-Verfahren." Andere Behörden teilten mit, es lägen noch keine negativen Erfahrungen vor, die Zusammenarbeit sei sehr gut, oder einfach nur: "Es funktioniert. " Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Problematik einer Vorhabenszulassung durch mehrere Behörden bislang nur in seltenen Fällen praktisch relevant wurde. 139 Soweit überhaupt Erfahrungen mit dieser Regelung gemacht wurden, fielen diese sehr unterschiedlich aus, so daß generelle Tendenzen hinsichtlich des Vollzugs kaum abgeleitet werden können. hh) Eingelegte Rechtsmittel In drei Fragen ging es um Rechtsmittel, die gegen Entscheidungen nach erfolgter UVP eingelegt wurden. Lediglich sieben Behörden gaben dabei an, daß es überhaupt zur Einlegung mindestens eines Rechtsmittels gegen eine Entscheidung der Behörde gekommen ist, das auch mit der Verletzung von Vorschriften des UVP-Gesetzes begründet wurde. Die Rechtsmittel verteilen sich auf insgesamt 13 Widersprüche und sechs Klagen vor dem Verwaltungsgericht. In allen Fällen waren es Dritte, die die Rechtsmittel einlegten. 140 Schließlich hatten die eingelegten Rechtsmittel lediglich in drei Fällen Erfolg. Insgesamt lassen diese Angaben keine Schlußfolgerungen im Hinblick auf den Vollzug zu. Immerhin wird daraus deutlich, daß Rechtsmittel - bislang jedenfalls - kaum eingelegt wurden. Ob die Anzahl künftig steigen wird, bleibt abzuwarten. Im übrigen werden hier auch die Grenzen derartiger Umfragen aufgezeigt, wenn nämlich eine bestimmte Fragestellung in der Praxis noch zu selten aufgetreten ist, um bereits Schlußfolgerungen aus den Ergebnissen ziehen zu können.

139 Die Anschlußfrage, wie oft bereits von der in § 14 Abs. 1 S. 2 UVPG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, der federführenden Behörde weitere Zuständigkeiten nach den §§ 6 - 9 UVPG zu übertragen, wurde daher nur von zehn Behörden beantwortet. Dabei kam es lediglich in drei Fällen zu einer derartigen Übertragung weiterer Kompetenzen an die federführende Behörde. 140 Also vor allem betroffene Nachbarn und gegebenenfalls am Verfahren beteiligte Verbände.

ill. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

215

III. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter Um einen möglichst umfassenden Eindruck über den Verwaltungsvollzug von EG-Umweltrecht zu gewinnen, wurde in einem weiteren Fragenkomplex das Handeln anderer am Implementationsprozeß beteiligter Akteure thematisiert. 141 Mehrere wichtige Umweltverbände in Deutschland wurden in diesem Zusammenhang ebenfalls befragt. Ziel dieser Befragung war es, die von den Behörden gemachten Aussagen und Einschätzungen von einer anderen Seite her zu hinterfragen. Da gerade Umweltverbände bei der Durchsetzung von Umweltstandards eine zunehmend wichtigere Rolle einnehmen, war es außerdem interessant zu erfahren, wie diese selbst ihre tatsächlichen Möglichkeiten einschätzen, den Vollzug von EG-Umweltrecht zu beeinflussen. 142 Bei der Auswertung wurden die Aussagen der Umweltverbände bewußt den Behördenaussagen gegenübergestellt, soweit dieselben Fragen - unter Berücksichtigung gewisser Modifikationen 143 - wie bei den Behörden gestellt wurden.

1. Die Kommission als "Wichterin" über die Einhaltung des EG-Umweltrechts Zunächst ging es um die Rolle der Kommission bei der Überwachung des nationalen Vollzugs von EG-Umweltrecht. 144 Die Behörden sollten eine Einschätzung zu der Frage abgeben, wie sehr die Kommission ihrer Aufgabe als "Wächterin" über die Einhaltung des EG-Umweltrechts nachkommt. Folgende Extrempositionen wurden in einer Fünferskala vorgegeben:

'I': Die Kommission kommt ihrer Aufgabe als "Wächterin" über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts 'gar nicht' nach.

'5': Die Kommission kommt ihrer Aufgabe als "Wächterin" über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts 'sehr stark' nach.

Die Antworten von 65 Behörden ergaben folgendes Bild:

141 Vgl. dazu und zu den Erkenntnissen der Implementationsforschung genauer oben S. 32f. 142 Vgl. zum theoretischen Hintergrund der Befragung oben S. 28ff. 143 Vgl. dazu oben S. 25,46. 144 Vgl. im einzelnen zu den Aufgaben der Kommission, insbesondere der GD XI, oben S. 69ff.

216

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 52 Frage E.6. (Beh.)

Bundesl. / Beh.-typ

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

Durch-

schnitt

1 234 (gar nicht)

5 (sehr stark)

Bay / Städte Bay/LRÄ

2 (13%) 5 (31%) 7 (44%) 1 (6%) 8 (31%) 10 (38%)6 (23%) 2 (8%)

1 (6%) 0 (0%)

2,6 2,1

Bay ges.

10 (24%)15 (36%)13 (31%)3 (7%)

1 (2%)

2,3

Berlin

1(33,3%)0 (0%)

2(66,6%)0 (0%)

0 (0%)

0(0%)

0 (0%)

1 (100%)0 (0%)

0 (0%)

0(0%)

5 (100%)0 (0%)

=============================================================

Bremen Hessen

2,3

------3,0

._------------------------- --_. 3 (34%) 2 (22%) 4 (44%) 0 (0%) 0 (0%) 2,1 -------------------------------------0 (0%)

0 (0%)

2,0

Regierungen

2 (40%) 1 (20%) 2 (40%) 0 (0%)

0 (0%)

2,0

Summe

16 (25%)23 (35%)22 (34%)3 (5%)

1 (1%)

2,2

NRW

=============================================================

Lediglich vier Behörden schätzten die Arbeit der Kommission bei der Überwachung der Einhaltung des EG-Umweltrechts positiv ein. Mit einem Durchschnittswert von '2,2', der sich etwa gleichmäßig auf fast alle Bundesländer verteilt, ist die Grundhaltung der antwortenden Behörden gegenüber der Überwachungstätigkeit der Kommission als skeptisch einzustufen. Bemerkenswert ist weiterhin, daß lediglich 20 Behörden keine Angaben machten. 14S Dies zeigt, daß es zumindest in der überwiegenden Anzahl der angeschriebenen Behörden ein Meinungsbild zur Kommissionstätigkeit gibt, welches möglicherweise von einem allgemeinen "Euroskeptizismus" herrührt. Das Antwortverhalten auf diese Frage bestätigt jedoch auch die sich aus anderen Fragen bereits abzeichnende Tendenz einer gewissen "Europafeme" beim Vollzug, welche sich unter anderem auch in dem kaum vorhandenen Bewußtsein vieler Behördenbediensteter widerspiegelte, Europarecht zu vollziehen.

14S Teilweise mit dem Hinweis, daß sie die Arbeit der Kommission mangels Einblicks nicht beurteilen könnten.

m. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

217

2. Kontaktaufnahmen deutscher Umweltschutzbehörden mit anderen nationalen oder internationalen Stellen Kontakte mit nationalen oder internationalen Stellen sind für den Verwaltungsvollzug mitunter unerläßlich. Da diese Kontaktaufnahmen gewisse Rückschlüsse auf den Vollzug selbst zulassen, wurde danach gefragt, wie oft die betreffende Behörde schätzungsweise Kontakt mit folgenden Stellen aufnimmt: ( 1) vorgesetzte Stellen (2) andere Umweltbehörden desselben Bundeslandes (3) Umweltbehörden anderer Bundesländer (4) europäische Stellen Jeder der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten war ein Wert zwischen '1' und '5' zuzuordnen, wobei die Extremwerte folgendermaßen benannt wurden: '1': Eine Kontaktaufnahme findet 'nie' statt. '5': Eine Kontaktaufnahme findet 'oft' statt. Die Angaben von 84 Behörden ergaben folgendes Bild: Tabelle 53

Frage B.4.1. (Beh.)

BlUldesl. I angegebene Durchschnittswerte bzgl. Anzahl der Kontaktaufnahmen mit Beh.-typ (1) (2) (3) (4)

============================================================ Bayern I Städte 3,4 Bayern ILRÄ 3,1

3,0 3,0

1,7 1,4

1,1 1,1

Bayern ges.

3,2

3,0

1,5

1,1

Berlin

3,8

3,8

1,6

1,1

Bremen

3,7

4,0

3,0

1,3

Hessen

3,8

3,2

1,8

1,0

NRW

4,4

3,3

1,9

1,4

Regienmgen

4,0

4,0

2,2

1,2

Summe

3,5

3,2

1,7

1,1

----------------------------------------------------------

============================================================

Kontaktaufnahmen innerhalb des jeweiligen Bundeslandes, also mit vorgesetzten Behörden und sonstigen Umweltbehörden desselben Bundeslandes,

218

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzlmgen

kommen bei allen Behörden relativ häufig vor. Dagegen werden Behörden anderer Bundesländer eher selten kontaktiert, wobei die Regierungen mit einem durchschnittlichen Wert von '2,2' eine gewisse Ausnahme darstellen. Mit europäischen Stellen, also auch der Kommission, hatten nach den vorliegenden Angaben 76 Behörden (= 90%) noch 'nie' Kontakt; die übrigen acht Behörden gaben einen Wert von '2' an. Dieses Ergebnis verdeutlicht die praktischen Auswirkungen der bundesstaatlichen Organisationsstruktur mit den überwiegenden Verwaltungskompetenzen der Länder für den Vollzug von Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes. 146 Insgesamt bestätigt dieses Ergebnis die in etwa vermutete Situation 147 in der Vollzugspraxis, wenn auch die sehr niedrigen Werte bei der Anzahl der Kontakte mit Stellen außerhalb des jeweiligen Bundeslandes, vor allem mit europäischen Stellen, doch ein wenig überraschen. In einer weiteren Frage ging es speziell um die Kontaktaufnahmen mit der Kommission. Lediglich drei Behörden gaben an, schon einmal Kontakt wegen der Überwachung bestimmter EG-Grenzwerte gehabt zu haben. Zwei Behörden nannten weiterhin den Grund der Kontaktaufnahme. In einem Fall ging es um einen Förderungsantrag für die Einrichtung eines flächendeckenden Grundwasserüberwachungssystems,148 in einem anderen um eine Berichterstattung, wobei keine näheren Angaben dazu gemacht wurden. Da in der Regel die Mitgliedstaaten, vertreten durch die zuständigen Ministerien, Ansprechpartner der Kommission bei der Überwachung der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts sind, kommt es in Deutschland in erster Linie zu Kontakten der Kommission mit den jeweiligen Bundesministerien 149, die dann gegebenenfalls an die zuständigen Landesministerien bis hin zu den Vollzugsbehörden vor Ort weiterleiten. Dennoch sind Kontakte auch unmittelbar zwischen Kommission und nationaler Vollzugsbehörde denkbar, etwa im Falle einer Umweltbeschwerde, in der auf das Verhalten einer bestimmten Behörde Bezug genommen wird, oder bei einer Kontaktaufnahme, die von der Vollzugsbehörde selbst ausgeht, sei es zur Förderung bestimmter kommunaler Projekte oder etwa bei einem Auskunftsersuchen. 146 Lediglich die Behörden aus Bremen sowie die Regierungen haben als 'vorgesetzte' Behörden häufiger Kontakt zu Behörden anderer Bundesländer. 147 Vgl. dazu auch die Ergebnisse der Untersuchung von Mayntz, Vollzugsprobleme der Umweltpolitik, S. 246ff, 594ff; darin zeigte sich ebenfalls, daß eine Kooperation über die eigenen Landesgrenzen hinaus - wenn überhaupt - nur gelegentlich stattfmdet, vor allem mit denjenigen Bundesländern, zu denen eine gemeinsame Landesgrenze besteht. 148 Dieser wurde nach einem Vermerk am Rand mittlerweile bewilligt. 149 In Deutschland meist das Bundeswirtschaftsministerium, in Fragen des Umweltschutzes jedoch auch das Bundesumweltministerium. Darauf wurde in einigen Anmerkungen ausdrücklich hingewiesen.

m. Einschätzung des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

219

Im Vergleich zu den Kontakten auf nationaler Ebene spielen diejenigen zwischen Kommission und nationalen Vollzugsbehörden praktisch fast keine Rolle, obwohl gerade durch eine verstärkte Kooperation spätere Vollzugsmängel unter Umständen schon im Vorfeld verhindert werden könnten. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß es nicht Aufgabe der Kommission sein kann, den Vollzug im einzelnen durch Kontaktaufnahmen mit den zuständigen Behörden vor Ort zu kontrollieren. Dazu wäre sie bereits von ihrer Ausstattung und Funktion her nicht in der Lage. Dennoch bleibt zu bemängeln, daß die Möglichkeit, sich in Fragen des EG-Umweltrechts an die Kommission zu wenden, etwa auch bei Projektforderungen, von den angeschriebenen Behörden fast nie genutzt wurde.

3. (Versuchte) Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit Der Vollzug von EG-Umweltrecht spielt sich nicht selten in einem Spannungsfeld konträrer Interessenlagen ab. Während vor allem für die Industrie hohe Umweltstandards in der Regel mit hohen Kosten und damit Wettbewerbsnachteilen verbunden sind, fürchten Anwohner von Großbetrieben Gefahren für die Gesundheit und eine Verminderung der Lebensqualität. Bei regional nicht begrenzten Umweltbedrohungen, etwa durch Atomreaktoren oder den dramatisch wachsenden Individualverkehr, stehen den wirtschaftlichen Interessen in zunehmendem Maße Allgemeininteressen am Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen gegenüber. Die jeweiligen Interessen werden zum Teil von den Betroffenen selbst wahrgenommen; häufig wird jedoch auch versucht, durch Interessenvertreter wie Umwelt- oder Industrieverbände mehr Einfluß auf die Gestaltung und den Vollzug des EG-Umweltrechts auszuüben. Die Behörden als Normanwender stehen dabei im Mittelpunkt möglicher Auseinandersetzungen. a) Allgemeine Einschätzung der außerbehärdlichen Einflußnahmen

Zunächst wurden die Behörden um eine allgemeine Einschätzung der von ihnen empfundenen (versuchten) Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit gebeten. Konkret wurde danach gefragt, wie sehr die Behörden bei ihrer Tätigkeit außerbehördlichen Einflüssen ausgesetzt sind. In einer aufsteigenden Fünferskala war ein Wert anzugeben, wobei die Extremwerte wie folgt vorgegeben waren: '1': Die Behörde ist außerbehördlichen Einflüssen 'gar nicht' ausgesetzt. '5': Die Behörde ist außerbehördlichen Einflüssen 'sehr stark' ausgesetzt. Die Antworten von 84 Behörden ergaben folgendes Bild: 150

150 Vgl. Graphik 7.

220

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 54

Frage B.3.I. (Beh.) Bundesl. / Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durchschnitt

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

0(0%) 4 (22%) 11 (61%)2 (11%) 1 (6%) 2 (7%) 10 (36%)9 (32%) 6 (21%) 1(4%)

3,0 2,8

Bay ges.

2 (4%)

14 (31%)20 (44%)8 (17%) 2 (4%)

2,9

Berlin

1 (12,5%)2 (25%) 3 (37,5%)2 (25%) 0 (0%)

2,9

Bremen

0(0%)

4,3

Hess / StÄIS Hess/WWA Hess I Städte

1 (20%) 0 (0%) 4 (80%) 0 (0%) 0 (0%) 2(33,3%)2(33,3%)2(33,3%)0 (0%) 0 (0%) 0(0%) 0 (0%) I (50%) 1 (50%) 0 (0%)

2,6 2,0 3,5

Hess ges.

3 (23%) 2 (15%) 7 (54%) 1 (8%) 0 (0%)

2,5

NRW I Städte NRW IStUA

0(0%) 0(0%)

0 (0%) I (25%) 2 (50%) I (25%) 2(66,6%)0 (0%) 1(33,3%)0 (0%)

4,0 2,7

NRWges.

0(0%) 2 (29%) 1 (14%) 3 (43%) 1 (14%)

3,4

Regierungen

1 (17%) 0 (0%)

4 (66%) 1 (17%) 0 (0%)

2,8

Swrune

7 (8%) 20 (24%)35 (42%)18 (21%)4 (5%)

2,9

0 (0%)

0 (0%)

3 (75%) 1 (25%)

============================================================

Mit einem Durchschnittswert von '2,9' werden zwar spürbare, aber insgesamt nicht übermäßig starke Einflußnahmen von den Behörden wahrgenommen. Allerdings sind zum Teil starke Abweichungen im Antwortverhalten festzustellen. Vor allem in den größeren Städten sowie in Gegenden mit höheren Umweltbelastungen 151 scheint die Verwaltung einem erheblichen öffentlichen Druck ausgesetzt zu sein. Eine große Rolle dürften in diesem Zusammenhang auch geplante Großprojekte spielen, die meist größeres Aufsehen erregen. Zu beachten ist allerdings, daß die Beantwortung stark von der subjektiven Sichtweise der Bearbeiter abhing. 152 Möglicherweise fiel die Antwort in einigen Fällen deshalb etwas zurückhaltender aus, da in der Frage nicht ausdrücklich

151 Vgl. zu den Umweltbelastungen oben S. 158ff, Tabellen 19 und 20. 152 Dies wird jedoch zum Teil dadurch relativiert, daß an der Beantwortung häufig

mehrere Personen mitwirkten.

m. Einschätzung des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

221

auch versuchte Einflußnahmen angesprochen wurden. Die nahezu vollständige Beantwortung 153 zeigt jedoch, daß es ein weitgehend gefestigtes Meinungsbild zu dieser Problematik gibt. Die vielfach sehr kritischen Einschätzungen lassen erahnen, unter welchen Schwierigkeiten die behördliche Entscheidungsfindung mitunter zu leiden hat, vor allem dann, wenn schwerwiegende Interessen Beteiligter auf dem Spiel stehen. 154 b) Die Quellen der Einflußnahmen

In einer weiteren Frage ging es um die Quellen der Einflußnahmen, wobei folgende Antwortmöglichkeiten vorgegeben wurden: (1) Betreiber (2) Industrieverbände (3) Umweltschutzverbändel Bürgerinitiativen

(4) Politiker (5) Sonstige: _ _ _ _ _ __ (6) Von keiner Seite werden besonders starke Einflußnahmen verspürt. Verzichtet wurde bewußt auf die Einflüsse von Vorgesetzten oder vorgesetzten Behörden, da mögliche Interessenkollisionen die Beantwortung unter Umständen verzerrt hätten. 81 von 85 Behörden äußerten sich zu den Quellen der Einflußnahmen, wobei die Auswertung zu folgendem Ergebnis führte: 155

153 Lediglich eine Behörde machte keine Angaben. 154 Vgl. dazu die Ergebnisse der Untersuchung von Rüther, Die behördliche Praxis bei der Entdeckung und Definition von Umweltstrafsachen, S. 73ff, der nach den Einflüssen von Landwirtschaftskammern bzw. landwirtschaftlichen Verbänden, Industrieund Handelskammern bzw. Wirtschaftsverbänden, Bürgerinitiativen bzw. Umweltschutzgruppen sowie Kommunalpolitikerinnen- und politikern fragte. 155 Vgl. Graphik 8.

222

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzwlgen

Tabelle 55 Frage B.3.2. (Beh.) Bundesl. / Beh.-typ

Anzahl n der angegebenen Alternativen, bei denen besonders starke Einflußnahmen verspürt werden (in %)

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

11 (30%)1 (3%) 17 (31%)3 (6%)

7 (19%) 13 (36%)2 (6%) 17 (31%)15 (28%)0 (0%)

2 (6%) 2 (4%)

Bay ges.

28 (31%)4 (4%) 24 (27%)28 (31%)2 (2%) 4 (4%)

------------------------------------------Berlin

I (7%)

1 (7%) 4 (29%) 5 (36%) 1 (7%)

._-- --------------------

2 (14%)

3 (25%) 2 (17%) 3 (25%) 3 (25%) 1 (8%)

0 (0%)

Hessen

7 (30%) 3 (13%) 5 (22%) 5 (22%) 2 (9%)

1 (4%)

NRW

2 (20%) 1 (10%) 1 (10%) 4 (40%) 1 (10%) 1 (10%)

Regierungen

2 (20%) 0 (0%)

5 (50%) 3 (30%) 0 (0%)

0 (0%)

Summe

43 (27%)11 (7%) 42 (26%)48 (30%)7 (5%)

8 (5%)

Bremen

-------------------------,------------

Weitgehend übereinstimmend sehen die meisten Behörden sich besonders starken Einflüssen von Betreibern, UmweltschutzverbändenlBürgerinitiativen und Politikern ausgesetzt. Industrieverbände spielen offenbar eine weitaus geringere Rolle. Als sonstige Quellen von Einflußnahmen wurden je einmal genannt: "Referat für Arbeit und Wirtschaft", "Bürger", "Medien", "Stadtteilbeiräte", "rechtliche Vorgaben", "Senatsverwaltungen" sowie "vorgesetzte Dienstbehörde". Die mit einem Gesamtanteil von 30% am stärksten verspürte Einmischung von Politikern - in der Regel Kommunalpolitiker - macht die zumindest regionalpolitische Bedeutung von umweltrelevanten Entscheidungen der Verwaltung deutlich. 156 Die überraschend hohen Werte bei den Umweltverbänden lassen auf deren wachsende Bedeutung im Rahmen umweltrelevanter Verfahren schließen. Insgesamt läßt sich festhalten, daß der behördliche Entscheidungsprozeß keinesfalls isoliert betrachtet werden kann. Auf das Verhältnis der Behörden zu den unterschiedlichen Gesellschaftsgrup-

156 Vgl. dazu die Ergebnisse von Rüther, S. 73ff: Die Verwaltung ist danach starken Einflüssen von Politikern ausgesetzt. Diese Einmischung wird von vielen Behördenmitarbeitern als ftlr die Verwaltungsarbeit wenig llirderlich angesehen.

ill. EinschätzwJ.g des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

223

pen, die während des Implementationsprozesses in Erscheinung treten, wird daher genauer einzugehen sein. 157 4. Die Rolle der von Umweltmaßnahmen der Behörden betroffenen Betreiber Zentrale Bedeutung für die Vollzugsqualität besitzt das Verhältnis der Behörde zu Unternehmen, denen gegenüber Umweltschutzstandards durchzusetzen sind. In der Regel werden die Betreiber ein Interesse daran haben, daß sich Umweltauflagen möglichst wenig kostenintensiv auswirken. Dazu ist es in der Regel von Vorteil, die von der Behörde geforderten Maßnahmen entweder abzumildern, hinauszuzögern oder ganz abzuwenden. 158 Vor allem in denjenigen Fällen, in denen bei den Betreibern ein bestimmtes Verhalten durchzusetzen ist, etwa das Anbringen eines Rußfilters, vergehen zum Teil Jahre, bis ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Zustand hergestellt ist. 159 Nicht selten werden Unternehmen von Kommunalpolitikern unterstützt, 160 insbesondere dann, wenn der Verlust von Arbeitsplätzen droht. 161 Aus diesen Gründen war die behördliche Einschätzung des Verhaltens der von Umweltschutzmaßnahmen betroffenen Betreiber von Interesse. a) Bereitschaft der Unternehmen, Umweltschutzauj1agen nachzukommen

Zunächst sollte die Bereitschaft von Unternehmen, behördlichen Auflagen nachzukommen, eingeschätzt werden. Zwischen folgenden Betreibern sollte differenziert werden: (1) Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten (2) Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten

(3) Gemeinden (4) Sonstige öffentliche Träger, z.B. Krankenhäuser, Universitäten etc. Jeder dieser Bezugsgruppen sollte ein Wert zwischen 'I' und '5' zugeordnet werden. Die einzelnen Werte wurden mit folgenden vorgegebenen Aussagen verknüpft: 157 Vgl. hierzu insbesondere die Ausführungen aufS. 237fT. 158 Hierzu bestehen eine Reihe rechtlicher und tatsächlicher Möglichkeiten. Das Unternehmen kann beispielsweise behaupten, ein bestimmter Umweltstandard sei technisch oder finanziell nicht realisierbar~ auch durch die Einlegung von Rechtsmitteln lassen sich behördliche Entscheidungen hinauszögern. 159 Vgl. Lübbe-Wolf, NuR 1993, S. 217 (226f). 160 Vgl. oben S. 222, Tabelle 55. 161 Das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes wird von seiten der Unternehmen wohl auch als taktisches Mittel eingesetzt.

224

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Die Bereitschaft, Umweltschutzmaßnahmen nachzukommen, wird als

'I': 'sehr gering', '2': 'gering',

'3': 'mittel', '4': 'groß', '5': 'sehr groß' eingestuft. Im Durchschnitt wurden folgende Werte angegeben: Tabelle 56 Frage B.6.2. (Beb.)

Bundesl. / Beh.-typ

(1)

durchschnittlich angegebene Werte bei folgenden Betreibern: (2)

(3)

(4)

Bayern / Städte Bayern/LRÄ

4,0 3,6

3,2 3,2

2,8

3,2

3,3 3,6

Bayern gesamt

3,8

3,2

2,9

3,5

Berlin

3,8

3,5

3,6

3,7

Bremen

4,3

3,3

3,7

3,3

Hessen

3,6

3,0

3,5

3,0

NRW

3,5

2,7

3,0

3,0

Regierungen

3,3

3,3

3,5

3,3

Summe

3,7

3,2

3,1

3,4

============================================================

============================================================

Fast alle Behörden schätzten die Bereitschaft, Umweltschutzmaßnahmen nachzukommen, bei den Großbetrieben am höchsten ein. Aber auch den anderen Betreibem wurde ein durchaus positives Zeugnis hinsichtlich ihrer Mitwirkungsbereitschaft ausgestellt. 162 Tatsächlich scheinen vor allem Großbetriebe durchaus Kooperationsbereitschaft zu zeigen, wenn es um die Durchsetzung gesetzlich geforderter Umweltstandards geht. Mitunter mag dabei auch ein

162 Vgl. hierzu die Ergebnisse der Studie von Mayntz, Vollzugsprobleme der Umwe1tpolitik, S. 149ff, die fi1r den Bereich des lmmissionsschutzes zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt.

m. Einschätzung des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

225

gewisser Imagegewinn in der Öffentlichkeit eine Rolle spielen. 163 Die ausschlaggebende Ursache hierfür dürfte jedoch in den sog. Umweltabsprachen liegen, die häufig vor der behördlichen Entscheidung zwischen Behörden und Großunternehmen getroffen werden. Auf diese wird im folgenden noch genauer einzugehen sein. 164 b) Kräfteverhältnis Behorde - Unternehmen

Eine weitere Frage zielte auf das möglicherweise problematische Kräfteverhältnis zwischen Behörden und (Groß-)Unternehmen ab. Konkret wurde um eine Einschätzung hinsichtlich der Frage gebeten, ob vor allem bei rechtlichen und technischen Fragen eine Überlegenheit der Unternehmen gegenüber den Behörden bestehe. Die Extremwerte einer aufsteigenden Fünferskala wurden folgendermaßen benannt: 'I': Der Eindruck einer Überlegenheit der Unternehmen gegenüber Behörden in rechtlichen und/oder technischen Fragen besteht 'gar nicht'. '5': Ein solcher Eindruck besteht 'sehr stark'. Tabelle 57 Frage B.2. (Beh.) Bundesl. / Beh.-typ

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 234 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durch-

Bay / Städte Bay/LRÄ

2 (11%) 7 (39%) 6 (33%) 3 (17%) 0 (0%) 6 (22%) 11 (39%)2 (7%) 9 (32%) 0 (0%)

2,6 2,5

Bay ges.

8(17,5%)18(39%) 8(17,5%)12(26%) 0 (0%)

2,5

Berlin

2 (25%) 2 (25%) 4 (50%) 0 (0%)

0 (0%)

2,25

Bremen

1 (25%) 2 (50%) 1 (25%) 0 (0%)

0 (0%)

2,0

Hessen

0(0%)

5 (42%) 4 (33%) 3 (25%) 0 (0%)

2,8

NRW

0(0%)

2 (29%) 4 (57%) 1 (14%) 0 (0%)

2,9

Regierungen

5 (83%) 1 (17%) 0 (0%)

0 (0%)

1,2

Summe

16(19%) 30(36%) 21(25%) 16(19%) 0 (0%)

2,4

schnitt

============================================================

0 (0%)

163 Ein Indiz dafm mag die Einbeziehung ökologischer Aspekte in die Produktwerbung sein. 164 Vgl. zu den Umweltabsprachen im einzelnen unten S. 226ff. 15 Engelsberger

226

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Mit einem Durchschnittswert von '2,4' (bei einer Anzahl von 83 Antworten) wird von Behördenseite ein zwar nicht besonders starkes, aber immerhin spürbares Geruhl der Unterlegenheit in rechtlichen und/oder technischen Fragen gegenüber den Betreibern ausgedrückt. Bei den Regierungen, die über eine deutlich bessere personelle und materielle Ausstattung 165 verfUgen, besteht ein solcher Eindruck am wenigsten. Betrachtet man jedoch alle übrigen Behörden, so fällt auf, daß lediglich elf Behörden (= 14%) die Einschätzung teilten, sie fiihlten sich Betreibern gegenüber 'gar nicht' unterlegen. Diese durchaus kritische Selbsteinschätzung der Behörden überrascht vor allem deshalb, da bei dieser Frage ein etwas 'geschöntes' Ergebnis einzukalkulieren war, zumal es ja letztlich auch um die Effizienz des eigenen Handeins ging. 166

c) Bedeutung von Umwe/tabsprachen Hinter dem Begriff der Umweltabsprachen 167 verbirgt sich eine Vielzahl von Handlungsformen, denen der Verzicht auf einseitigen staatlichen Zwang zur Durchsetzung umweltrechtlicher Vorgaben gemeinsam ist. Statt dessen wird entsprechend dem Kooperationsprinzip eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten angestrebt. 168 Die Berurworter verweisen insbesondere auf die damit einhergehenden Vollzugserleichterungen sowie die Nutzbarmachung von Sachverstand aus dem gesellschaftlich-privaten Bereich fiir staatliche Zwecke. 169 Andererseits wird von einigen Kritikern bemängelt, es bestehe die Gefahr eines "Verkaufes von Hoheitsakten".170 Bedenklich könnte außerdem die mangelnde Transparenz eines solchen Vorgehens sein, welches die "wahren" Gründe einer behördlichen Entscheidung verschleiert und ftir die Öffentlichkeit undurchschaubar macht. Die gesetzlich als solche nicht normierten Umweltabsprachen lassen sich grob danach einteilen, ob von ihnen Rechtswirkungen ausgehen oder lediglich 165 Vgl. dazu oben S. 167ff. 166 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse der Studie von Rüther, S. 69ff, in der ebenfalls Überforderungsgefilhle in technischen und rechtlichen Fragen von den befragten Behördenbediensteten geäußert wurden, wobei diese vor allem bei den unteren Wasserbehörden und den Gewerbeaufsichtsämtern stärker ausgeprägt waren, während sich diese bei Kripo und Staatsanwaltschaft auf technische Fragen beschränkten. 167 Vgl. dazu Bohne, VerwArch. 75 (1984), S. 343fT; Kloepfer, JZ 1980, S. 78lff; Beyer, Der öffentlich-rechtliche Vertrag, informales Handeln der Behörden und Selbstverpflichtungen Privater als Instrumente des Umweltschutzes. 168 Vgl. zum Kooperationsprinzip und zu den Umweltabsprachen ausfilhrlich Kloepfer, Umweltrecht, S. 9lff, 198ff; HilI, DÖV 1994, S. 279ff; zu Umweltverträgen in Dänemark und den Niederlanden vgl. auch Rest, NuR 1994, S. 271 (2741). 169 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, S. 92, 199f. 170 Vgl. Krüger, DVBl. 1955, S. 518 (520).

III. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

227

infonnelles Verwaltungshandeln vorliegt. Als rechtsverbindliche Absprachen kommen vor allem die öffentlich-rechtlichen und die privatrechtlichen Verträge in Betracht. 171 Die in der Praxis sehr zahlreichen infonnellen Absprachen werden meist in der Abredefonn des "gentlemen's agreement" abgeschlossen, so daß die Beteiligten zwar nicht rechtlich, jedoch in der Regel faktisch gebunden sind. 172 Da die Durchsetzung europarechtlich begründeter Umweltstandards mit Hilfe des Ordnungsrechts in der Praxis zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist,173 war es fiir die Befragung von Interesse, wie die Behörden die Bedeutung von Umweltabsprachen beurteilen. Ohne im einzelnen zwischen rechtsverbindlichem und infonnellem Verwaltungshandeln zu differenzieren, ging es zunächst um eine allgemeine Einschätzung der Bedeutung von Umweltabsprachen: In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte fiir die Beantwortung der entsprechenden Frage folgendennaßen vorgegeben: '1': Umweltabsprachen haben bei der behördlichen Arbeit 'keine Bedeutung'. '5': Umweltabsprachen haben bei der behördlichen Arbeit eine 'sehr große Bedeutung'. Die Auswertung von insgesamt 83 Antworten ergab folgendes Bild: 174

171 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, S. 200ff. 172 Vgl. 'zu den infonnellen Absprachen ausfilhrlich Kloepfer, S. 206ff. 173 Vgl. dazu bereits die Auswertungen oben S. 220ff, Tabellen 54 und 55. 174 Vgl. Graphik 9. 15"

228

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 58 Frage B.1.3. (Beh.)

Bundesl. / Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

1 2 (keine Bedeutung)

3

Durch4 5 schnitt (sehr große Bedeutung)

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

1 (6%) 0(0%)

2 (11%) 4 (22%) 9 (50%) 2 (11%) 4 (14%) 8 (29%) 11 (39%)5 (18%)

3,5 3,6

Bay ges.

1 (2%)

6 (13%) 12 (26%)20 (44%)7 (15%)

3,6

Berlin

0(0%)

0 (0%)

3,9

Bremen

0(0%)

1 (25%) 2 (50%) 0 (0%)

Hessen

1 (8%)

1 (8%)

3 (23%) 8 (61%) 0 (0%)

3,4

NRW

0(0%)

1 (17%) 3 (50%) 2 (33%) 0 (0%)

3,2

Regierungen

0(0%)

1 (17%) 2 (33%) 1 (17%) 2 (33%)

3,7

Sunune

2 (3%)

10 (12%)24 (29%)36 (43%)11 (13%)

3,5

2 (25%) 5 (62,5%)1 (12,5%) 1 (25%)

3,3

============================================================

Lediglich zwei Behörden waren der Auffassung, Umweltabsprachen zwischen Betreibern und Behörde hätten für sie keine Bedeutung. Mit einem Durchschnittswert von '3,5' wird diesen Absprachen insgesamt jedoch ein relativ hoher Stellenwert beigemessen. Dabei lagen die Durchschnittswerte in allen Bundesländern über dem Mittelwert '3', so daß regional bedingte Besonderheiten nicht auszumachen sind. In einer weiteren Frage sollten die Umweltabsprachen von den angeschriebenen Behörden bewertet werden, wobei folgende drei Antwortmöglichkeiten, von denen entweder keine oder mindestens eine anzukreuzen war, vorgegeben wurden: (1) Vor allem bei Großprojekten ist eine "Kooperationsstrategie" häufig effek-

tiver als eine reine "Durchsetzungsstrategie".

(2) Würde unsere Behörde nicht den Kontakt mit Betreibern suchen, dann

würden sich die behördlichen Verfahren stärker verzögern.

(3) Durch Verhandlungen oder Gespräche mit Betreibern wird eine strikte Durchsetzung des Rechts verhindert und damit die Rechtsordnung in Frage gestellt.

m. EinschätzWlg des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

229

Insgesamt drei von 85 Behörden machten von der Möglichkeit Gebrauch, keine Alternative anzukreuzen. Die Auswertung der übrigen 82 Antworten ergab folgendes Bild: Tabelle 59 Frage B.1.4. (Beb.) BWldesland I Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %) (l) (2) (3) Behördentyp ============================================================ Bay I Städte 16 (52%) 15 (48%) 0(0%) Bay/LRÄ 22 (47%) 25 (53%) 0(0%) Bay ges.

41 (53%)

37 (47%)

0(0%)

Berlin

5 (42%)

7 (58%)

0(0%)

Bremen

3 (50%)

2 (33%)

1 (17%)

Hessen

12 (52%)

10 (44%)

1 (4%)

NRW

7 (64%)

4 (36%)

0(0%)

RegiefWlgen

5 (50%)

5 (50%)

0(0%)

Swnme

73 (52%)

65 (46%)

2 (2%)

Der Vollzug von Umweltrecht wird angesichts dieser Zahlen fast ausschließlich von der Einsicht geprägt, daß die Durchsetzung von Umweltstandards nicht gegen, sondern in Kooperation mit den Betreibern zu erfolgen hat. In Vorgesprächen wird in der Regel versucht, mögliche Konfliktpunkte bereits während des Genehmigungsverfahrens auszuräumen. Dies mag auch erklären, warum die Bereitschaft der Betreiber, Umweltschutzmaßnahmen nachzukommen, von seiten der Behörden in der Tendenz durchaus positiv beurteilt wurde. 175 Offenbar werden dabei vor allem bei größeren Projekten im Vorfeld intensivere Gespräche gefUhrt, so daß insbesondere den Großunternehmen bei der Projektverwirklichung eine hohe Kooperationsbereitschaft attestiert wird. 176 Allerdings ist nicht zu übersehen, daß das Kooperationsbestreben zu Kompromißlösungen fUhren kann, die vor allem dann umweltpolitische Zielsetzungen in Frage stellen können, wenn schnelles und entschiedenes Handeln

175 Vgl. dazu oben S. 224, Tabelle 56. 176 Vgl. oben S. 224f.

230

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

geboten ist. 177 Desweiteren besteht die Gefahr, daß gesetzlich verankerte Umweltstandards als Verhandlungsmasse mißbraucht werden. Die Aussicht, durch allzu großzügiges Entgegenkommen gegenüber Betreibern von diesen keine Schwierigkeiten 178 bei der Durchsetzung behördlicher Auflagen erwarten zu müssen, mag rur manche Behörde angesichts eines beträchtlichen Arbeitsanfalls zudem verlockend wirken.

5. Die Rolle der ÖffentlicbkeitlUmweltscbutzverbände Neben den Betreibern spielt die Öffentlichkeit fiir den Vollzug eine außerordentlich wichtige Rolle, da sie häufig als "Anwältin" der Umwelt in Erscheinung tritt. Nicht selten werden Behörden beispielsweise durch Hinweise aus der Öffentlichkeit auf Verstöße gegen Umweltschutzbestimmungen aufmerksam. Die Arbeit von Umweltverbänden, die im regionalen, nationalen oder internationalen Rahmen tätig sind, gewinnt in zunehmendem Maße an Bedeutung, da schädliche Umweltauswirkungen häufig nicht auf den Kreis der unmittelbaren Nachbarschaft eines Unternehmens beschränkbar sind. Auch in zeitlicher Hinsicht sind kaum abschätzbare Folgen rur nachkommende Generationen zu befiirchten. Angesichts der neuen Dimension von Umweltbedrohungen könnte die in den Verbänden erfolgende Interessenbündelung die Einfluß möglichkeiten auf den Vollzug von EG-Umweltrecht verstärken. Eine Reihe von Fragen, die sich sowohl an Behörden als auch an Umweltverbände richteten, bezog sich daher auf die Bewertung des Faktors 'Öffentlichkeit' fiir den behördlichen Entscheidungsprozeß. a) Einschätzung der Öffentlichkeit aus Behördensicht

Bei der Befragung interessierten vor allem zwei Aspekte, nämlich zum einen die Rolle der Öffentlichkeit als Informationsgeberin bei der Aufdeckung von Verstößen gegen Umweltbestimmungen, zum anderen ihre Stellung im Verwaltungsverfahren und -prozeß. aa) Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen von seiten der Öffentlichkeit Zunächst wurde gefragt, wie die Behörden die bei ihnen eingehenden Hinweise aus der Öffentlichkeit allgemein im Hinblick auf die behördliche Arbeit beurteilen. In einer Fünferskala sollte ein rur zutreffend erachteter Wert angekreuzt werden, wobei die Extremwerte folgendermaßen vorgegeben wurden:

177 Allerdings bestehen auch im Bereich des klassischen Ordnungsrechts individuelle Einwirkungsmöglichkeiten auf den Erlaß oder den Inhalt eines Verwaltungsakts, man denke nur an die Rechtsfigur des mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakts; vgl. Kloepfer, Umweltrecht, S. 199. 178 Zu den tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten von Betreibem, das behördliche Verfahren zumindest hinauszuzögern, vgl. oben S. 223.

m. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

231

'1': Hinweise aus der Öffentlichkeit sind im Hinblick auf die behördliche Arbeit 'sehr störend'. '5': Hinweise aus der Öffentlichkeit sind im Hinblick auf die behördliche Arbeit 'sehr hilfreich'. Insgesamt äußerten sich 79 der 85 Behörden zu dieser Frage: Tabelle 60 Frage B.7.7. (Beb.)

Bundes. / Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) Durch1 2 3 4 5 schnitt (sehr störend) (sehr hilfreich)

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

0(0%) 0(0%)

0 (0%) 0 (0%)

6 (33%) 10 (56%)2 (11 %) 15 (54%)10 (36%)3 (10%)

3,8 3,6

Bay ges.

0(0%)

0 (0%)

21 (46%)20 (43%)5 (11%)

3,7

Berlin

0(0%)

0 (0%)

1 (14%) 2 (29%) 4 (57%)

4,4

Bremen

0(0%) ,0 (0%)

0 (0%)

4,5

Hessen

0(0%)

0 (0%)

5 (42%) 6 (50%) 1 (8%)

3,7

Regierungen

0(0%)

0 (0%)

2 (50%) 1 (25%) 1 (25%)

3,8

Sunune

0(0%)

0 (0%)

29 (37%)34 (43%)16 (20%)

3,8

1 (50%) 1 (50%)

-----------------------------------------------------------------------0(0%) 0 (0%) 0 (0%) 4 (50%) 4 (50%) NRW 4,5 --_._--------------------------------------============================================================

Mit einer beeindruckenden Konstanz wurden die Hinweise aus der Öffentlichkeit von den Behörden als kaum störend empfunden. In Berlin, Bremen und NRW liegen die Durchschnittswerte bei deutlich über '4', während der Gesamtdurchschnittswert '3,8' beträgt. Daraus läßt sich zumindest eine insgesamt weitgehend positive Grundhaltung vieler Behörden zur Tätigkeit der Umweltverbände ablesen. Um einen genaueren Eindruck über Anzahl und Qualität der aus der Öffentlichkeit an die Behörden getragenen Hinweise zu erhalten, wurden die folgenden weiteren Fragen gestellt: (1) Wie viele Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen gingen von seiten der Öffentlichkeit 1994 bei Ihrer Behörde ein?

232

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzwlgen

(2) Wieviel Prozent dieser Hinweise bezogen sich auf Fälle, die Ihrer Behörde nicht durch eigene Tätigkeit oder vorangegangene Hinweise bekannt waren? (3) Wieviel Prozent der Hinweise erwiesen sich im nachhinein als unbegründet?

Bei (1) antworteten insgesamt 73, bei (2) 72 sowie bei (3) 69 von 85 Behörden. Obwohl es sich bei den Angaben nur um grobe Schätzwerte handeln konnte, war somit ein einigermaßen aussagekräftiger Querschnitt zu erwarten. Die Auswertung dieser Fragen ergab folgende Werte: Tabelle 61

Fragen B.7.3., B.7.4. und B.7.5. (Beh.)

Bundesland / Behördentyp

durchschnittlicher / maximaler / minimaler Wert bei

(1)

(2)

(3)

============================================================ Bayern / Städte 231 /2100 / 15 Bayern / LRÄ 144/500/3

63% / 90% / 30% 59% /100% / 0%

30% /50% /10% 35% / 80% /10%

Bayern gesamt 180 / 2100 / 3

61% /100% / 0%

33% / 80% /10%

------------------------------------Berlin

762/4000/100

51% /85% /20%

34% /75% /10%

Bremen

45/ SO /40

70% / 90% / 50%

26%/50%/2%

Hessen

200/500/20

63% / 90% / 10%

40%/80%/5%

NRW

376 /1000 /10

74% /90% /30%

40% /80% /10%

Regierungen

148 / 400 / 40

34%/70%/5%

38% /70% /10%

Summe

260/4000/3

60% / 100% / 0%

35%/80%/2%

----------------------------------------------------

============================================================ Hinsichtlich der Anzahl der 1994 eingegangenen Hinweise bestehen zwischen den einzelnen Behörden zum Teil beträchtliche Unterschiede. Vor allem in städtisch geprägten Gebieten wurden auffiUlig hohe Zahlenwerte angegeben. Im Durchschnitt sind es meist über 100 Hinweise, die bei den Behörden jährlich eingehen, wobei - vor allem in den Großstädten - die Zahl auf mehrere Tausend ansteigen kann. Daraus läßt sich erahnen, inwieweit die Arbeitsbelastung in den Behörden divergiert. 179 Zwei Behörden wiesen in Anmerkungen 179 Vgl. dazu die Ausfilhrungen zu den strukturellen Voraussetzwlgen in den einzelnen Zuständigkeitsbereichen der angeschriebenen Behörden auf S. 152ff.

m. Einschätzung des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

233

darauf hin, daß sie die Zahlen der Statistik aus dem in ihrer Behörde eingerichteten "Umwelttelefon" bzw. dem "grünen Telefon" entnommen hätten. Zum Teil wurden Art und Herkunft der eingegangenen Hinweise weiter spezifiziert: "Überwiegend Beschwerden aus der Nachbarschaft von Betrieben", "Hunderte - in Form von Nachbarbeschwerden" . Eine Behörde merkte an, daß Hinweise aus der Öffentlichkeit entweder schriftlich oder telefonisch bei der Behörde eingegangen seien. Neben der Anzahl war vor allem die Qualität solcher Hinweise von Interesse. Während sich knapp zwei Drittel auf Fälle bezogen, die der Behörde noch nicht bekannt waren,180 erwies sich durchschnittlich etwa ein Drittel im nachhinein als unbegründet. Eine Behörde gab weiterhin an, daß ca. einem Drittel aller dortigen Verfahren ein Hinweis aus der Öffentlichkeit vorausging. Obwohl nur vorsichtige Schätzungen, so vermitteln diese Zahlen gleichwohl einen gewissen Eindruck hinsichtlich der Qualität dieser Hinweise. 181 Ohne sie blieben vermutlich viele Verstöße gegen umweltrechtliche Bestimmungen unentdeckt. In jedem Fall wird die behördliche Überwachungstätigkeit dadurch wesentlich erleichtert und beschleunigt. Fraglich ist jedoch, ob die Behörden allen Hinweisen genügend nachgehen können. Daher wurde gefragt, wie hoch der Anteil derjenigen Hinweise liegt, denen die Behörden aus ihrer Sicht nicht genügend nachgehen konnten. 182 Insgesamt 69 Behörden gaben hierzu Prozentwerte an, was zu folgendem Ergebnis führte:

180 Etwa aufgrund anderer Hinweise oder eigener Recherchen. 181 Vgl. dazu unten S. 238, Tabelle 64. 182 Etwa wegen starker Arbeitsbelastungen.

234

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen Tabelle 62 Frage B.7.6. (Beb.)

BWldesl.l Beh.-typ

durchschnittliche / maximale / minimale Werte Anzahl n der Behörden mit 0%

============================================================

Bayern / Städte Bayern/LRÄ

8% 9%

50% 50%

0% 0%

9 (53%) 13 (52%)

Bayern gesamt

9%

50%

0%

22 (52%)

Berlin

16%

50%

0%

1 (17%)

Bremen

0%

Hessen

9%

30%

0%

4 (36%)

NRW

30%

100%

0%

1 (25%)

RegiefWlgen

3%

10%

0%

3 (75%)

Summe

10%

100%

0%

33 (48%)

2 (100%)

============================================================

Bei der Auswertung war zu berücksichtigen, daß es sich lediglich um vorsichtige Schätzungen handeln konnte. Außerdem zielte die Frage letztlich auf ein Selbsteingeständnis der jeweiligen Behörden, so daß den Angaben nur eine beschränkte Aussagekraft beizumessen war, zumal die Beantwortung wiederum stark von subjektiven Komponenten abhing. Knapp die Hälfte der Behörden gab an, allen aus der Öffentlichkeit eingehenden Hinweisen auf Umweltbeeinträchigungen genügend nachzugehen, während alle übrigen mehr oder weniger große Defizite bemängelten. Meist liegen die angegebenen Werte zwar im unteren Prozentbereich. Angesichts der im allgemeinen sehr hohen Qualität der Hinweise kann dieses Ergebnis allerdings wenig befriedigen. Am Rand wurden zum Teil erläuternde Anmerkungen gegeben: "Ernstzunehmenden Hinweisen gehen wir nach", "Wenn keine eigene Zuständigkeit, dann wurde auf zuständige Behörde verwiesen bzw. vermittelt", "50% der Hinweise aus der Öffentlichkeit wird nach Abwägung der Relevanz nicht genügend nachgegangen". Während ansonsten in vielen Behörden eine durchaus bürgerfreundliche und offensive Informationspolitik betrieben wird, wie sich vor allem aus den Ergebnissen der Befragung zum Vollzug der Umweltinformationsrichtlinie ergibt,183 scheinen sich hier insbe-

183 Vgl. dazu oben S. 178fT.

ill. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

235

sondere die Mängel bei der behördlichen Ausstattung 184 sowie die Arbeitsüberlastung 185 einiger Behörden auszuwirken. bb) Erhebung von Widersprüchen gegen behördliche Entscheidungen Die Rolle der Öffentlichkeit im Widerspruchsverfahren war vor dem Hintergrund der Kontrolle behördlicher Entscheidungen von Interesse. In der Regel ist dies die einzige rechtliche Möglichkeit, eine Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen zu erzwingen. Zudem setzt die verwaltungsgerichtliche Überprüfung grundsätzlich ein Vorverfahren voraus, das mit der Erhebung des Widerspruchs beginnt. 186 Um einen Eindruck zu erhalten, wie viele Widersprüche im Jahre 1994 bei den angeschriebenen Behörden eingelegt wurden, wurde um Mitteilung der entsprechenden Anzahl gebeten. Daneben wurde nach dem Anteil detjenigen Widersprüche gefragt, die Dritte 187 erhoben. Letztere Frage war vor allem deshalb von Interesse, weil in der Regel nur die unmittelbar betroffenen Nachbarn einer Anlage dazu befugt sind,188 was sich unter Umständen auf die Anzahl und den Ursprung der Vorverfahren auswirkt. Für die Auswertung wurden beide Fragen einander gegenübergestellt: (1) Anzahl der im Jahre 1994 erhobenen Widersprüche. (2) Anteil der Widersprüche Dritter (in Prozent). Zu (1) machten insgesamt 61, zu (2) 64 Behörden Angaben. Dabei ergab sich folgendes Ergebnis:

184 Vgl. oben S. 161fT. 185 Vgl. oben S. 163f. 186 Vgl. § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO. 187 Also nicht die Adressaten der behördlichen Entscheidung. 188 Vgl. zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen ftlr das Widerspruchs- und Verwaltungsgerichtsverfahren insbesondere §§ 68fT, 40fT VwGO. Wegen der engen Voraussetzungen von § 42 Abs. 2 VwGO ist es Umweltschutzverbänden in der Regel verwehrt, selbst Wiederspruch oder Klage zu erheben.

236

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen Tabelle 63

Fragen B.7.1. und B.7.2. (Beh.) BWldesl./ Behördentyp

durchschnittliche / maximale / minimale Werte bei (1) (2)

============================================================

Bayern / Städte Bayern/LRÄ

11/41/0 21/42/1

9%/50%/0% 18%/50%/0%

Bayern gesamt

16/42/0

14%/50%/0%

Berlin

8/12/1

3%/10%/0%

Bremen

125/150/100

5%

Hessen

24/100/0

11%/50%/0%

NRW

75/150/25

7%/20%/1%

RegieTWlgen

180/300/60

40% / 70% / 10%

Summe

28/300/0

13%/70%/0%

Da oftmals keine behördeninternen Statistiken geführt werden oder zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht erstellt waren, hätten genaue Angaben zum Teil aufwendigere Recherchen erfordert. Deshalb wurde nicht selten ausdrücklich vermerkt, daß die Zahlenangaben geschätzt wurden. Aussagen ließen sich dennoch gewinnen. Der Anteil von Widersprüchen Dritter fiUlt mit durchschnittlich 13% an der Gesamtheit aller bei den Behörden eingelegter Widersprüche relativ gering aus. 189 Viele dieser Widersprüche waren zudem keine Nachbarwidersprüche, sondern, wie einige Behörden anmerkten, Kostenwidersprüche gegen Gebührenbescheide. Eine ,Behörde gab an, daß bei ihr insgesamt 3050 Widersprüche eingegangen seien, davon allerdings etwa 3000 wegen der dort festgesetzten Müllgebührenerhöhung. 190 Die Bereitschaft, sich gegen behördliche Entscheidungen zu wehren, ist bei Bürgern offenbar immer dann besonders groß, wenn die nachteiligen Wirkungen unmittelbar spürbar werden. Durchschnittlich wurden knapp 30 Widersprüche je Behörde einge-

189 Bis auf einen Fall lag der Anteil nie über 50%, 190 Diese Angabe wurde nicht in die AuswertWlg einbezogen, da sie letztlich auf eine regionale Sondersituation zurückzuführen war Wld das Gesamtergebnis verzerrt hätte,

III. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

237

legt, wobei die Anzahl bei den kreisfreien Städten Bayerns und in Berlin deutlich geringer war. 191

b) Einschätzung der Behärdenarbeit aus der Sicht von Umweltverbänden Eindrücke über die behördliche Tätigkeit konnten bislang nur aus den Angaben der Behörden selbst gewonnen werden. Da Umweltverbände nicht selten mit Behörden bzw. behördlichen Entscheidungen konfrontiert werden, waren von ihnen interessante Ergebnisse, insbesondere hinsichtlich Effizienz und Bürgerfreundlichkeit behördlicher Tätigkeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu erwarten. Zudem spielen sie im Rahmen der Verwaltungstätigkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle, wie durch die Behördenurnfrage eindrücklich bestätigt wurde. In Ziel der Befragung war es daher, die aus der Behördenumfrage gewonnenen Ergebnisse abzurunden sowie einen Eindruck über die Verbandsarbeit selbst zu gewinnen. Dabei war die Auswertung stets vor dem Hintergrund der spezifischen Rolle von Umweltverbänden im Implementationsprozeß und der darauf beruhenden Interessenlage zu sehen. aa) Kontaktaufnahmen der Umweltverbände mit Behörden Zunächst wurden die Verbände nach der geschätzten Anzahl der Kontaktaufnahmen mit Umweltschutzbehörden im Jahr 1994 gefragt.193 Dadurch sollte ein erster Eindruck über die Größenordnung und Bedeutung solcher Kontakte gewonnen werden. 20 von 28 Verbänden konnten hierzu konkrete Angaben machen. Durchschnittlich nahm ein Verband knapp 600mal Kontakt mit einer Umweltschutzbehörde auf, bezogen auf das Jahr 1994. Die Einzelangaben divergierten allerdings zum Teil beträchtlich, je nachdem, welche Ziele der jeweilige Verband verfolgt, und ob es sich um die Bundesstelle oder die Landesstelle bzw. Ortsgruppe eines Verbandes handelt. Vor allem die nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes l94 anerkannten Umweltschutzverbände hatten besonders zahlreiche Kontakte mit Behörden, die von etwa 100 Kontaktauf-

191 Insgesamt divergierten die einzelnen Angaben allerdings sehr stark. In NRW lag der niedrigste Wert bei 25, der höchste bei 150 Widersprüchen. 192 Vgl. dazu die Urnfrageergebnisse oben aufS. 23lf, Tabellen 60 und 61. 193 Die Gründe der Kontaktaufnahmen waren vorerst unerheblich. 194 Verbänden ist nach § 29 BNatSchG in bestimmten naturschutzrechtlichen Verfahren Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in einschlägige Sachverständigengutachten zu gewähren, wenn diese gern. § 29 Abs. 2 BNatSchG anerkannt sind. Bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ist eine solche Anerkennung auf Antrag zu erteilen.

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

238

nahmen im Jahr 1994 bis zu 3000 reichten;195 bei anderen Verbänden, wie etwa den Kontaktgruppen von Greenpeace, waren es dagegen weniger als zehn. 196 Einige Verbände wiesen darauf hin, daß eine Schätzung der Kontaktaufnahmen mit Behörden kaum möglich sei, jedoch ein ständiger Kontakt bestehe. Im folgenden ging es um eine spezifische Fallgruppe von Kontaktaufnahmen, nämlich um die Anzahl der von den Umweltverbänden an die Behörden weitergeleiteten Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen bzw. Verstöße gegen Umweltschutzbestimmungen. In den folgenden vier Fragen wurden daher der Ursprung dieser Hinweise sowie das weitere Vorgehen der Verbände thematisiert: (1) Wie viele Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen oder vermutete Ver-

stöße gegen rechtliche Bestimmungen gingen von seiten der Öffentlichkeit 1994 bei Ihrem Verband ein?

(2) Wie viele dieser Hinweise hat Ihr Verband an Umweltschutzbehörden weitergeleitet? (3) Wie viele Hinweise hat Ihr Verband aufgrund eigener Recherchen 1994 an

Umweltschutzbehörden weitergegeben?

(4) Wie viele Hinweise hat Ihr Verband durch eine Anzeige an Polizei oder

Staatsanwaltschaft geleitet?

In die Auswertung einbezogen werden konnten bei (1) und (3) jeweils 21 Antworten, bei (2) 19 und bei (4) 16. Dabei ergaben sich folgende Werte: Tabelle 64

Fragen D.5.1., D.5.2., D.5.3. und D.5.4. (Verb.)

(1)

durchschnittliche I maximale I minimale Werte bei (2) , (3)

(4)

============================================================ 110/1000/4

29/100 10

50/200 I 0

7/50 I 0

Durchschnittlich 110 Hinweise auf mögliche Umweltbeeinträchtigungen oder vermutete Verstöße gegen umweltrechtliche Vorschriften kamen aus der

195 In einem Fall kam es allein im Jahr 1994 zu ca. 2000 Beteiligungen nach § 29 BNatSchG. 196 So konzentriert sich Greenpeace besonders auf überregional organisierte, öffentlichkeitswirksame Aktionen, wie dies beispielsweise an den Aktionen anläßlich der geplanten Versenkung der Bohrinsel Brent Spar in der Nordsee und den Protestfahrten des Greenpeaceschiffes Rainbow Warrior n sichtbar wurde.

239

ill. Einschätzung des HandeIns anderer am Vollzug Beteiligter

Öffentlichkeit, also in der Regel von einzelnen betroffenen Bürgern, die sich an Umweltverbände wandten. Von diesen wurden 29 an Umweltschutzbehörden weitergeleitet. In weiteren 50 Fällen konnten die Verbände selbst recherchierte Hinweise auf vermutete Verstöße gegen umweltrechtliche Bestimmungen an die Behörden geben. In durchschnittlich sieben Fällen kam es zu einer Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft. Soweit eine Weiterleitung nicht erfolgte, läge dies - nach der Randbemerkung eines Verbandes - zum Teil daran, daß der Verband "nur" beratend tätig geworden sei. Wiederum divergierten die Angaben teilweise beträchtlich, wobei jedoch immer zu berücksichtigen ist, daß die Anzahl solcher Hinweise stark abhängt von der Größe, dem Bekanntheitsgrad und der Zielsetzung des jeweiligen Verbandes. Insgesamt wurde der bereits aus der Behördenumfrage gewonnene Eindruck bestätigt, daß gerade für die Aufdeckung möglicher Umweltrechtsverstöße die Arbeit der Umweltverbände äußerst produktiv ist. 197 Indern Umweltverbände zahlreiche Beschwerden und Hinweise von Bürgern an die Behörden weiterleiten, kommt ihnen zudem in der Praxis eine wichtige Mittler- und Beraterfunktion zu. Desweiteren wurde gefragt, ob die Verbände den Eindruck hätten, daß den von ihnen übermittelten Hinweisen von Behördenseite regelmäßig genügend nachgegangen wurde. In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte folgendermaßen vorgegeben: 'I': Ein solcher Eindruck besteht 'gar nicht'. '5': Ein solcher Eindruck besteht 'sehr stark'. Tabelle 65 Frage B.5.5. (Verb.)

Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht)

(sehr stark)

Durch-

schnitt

============================================================

19

0(0%)

10 (53%)7 (37%) 2 (10%) 0 (0%)

2,6

Mit einem Durchschnittswert von '2,6' sahen die Verbände die Tätigkeit der Verwaltung in diesem Punkt deutlich kritischer als die Behörden selbst, von denen immerhin knapp die Hälfte angegeben hatte, den Hinweisen aus der Öffentlichkeit 'immer' genügend nachzugehen. 198 An dieser Frage werden In-

197 Vgl. die Ergebnisse der Behördenwnfrage oben aufS. 231f, Tabellen 60 und 61. 198 Vgl. dazu oben die Ergebnisse aufS. 234, Tabelle 62.

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

240

teressenkonflikte zwischen Behörden und Verbänden deutlich. Während letztere ein engagiertes Vorgehen der Behörden erwarten, sehen sich erstere angesichts knapper Ressourcen dem Problem gegenübergestellt, diese Erwartungen oft nicht erfüllen zu können. Zudem dürften auch Einflußnahmen von anderer Seite eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. vor allem dann, wenn es um politisch brisante Vorhaben geht. 199 bb) Einschätzung der Effektivität behördlicher Überwachungstätigkeit Die Effektivität behördlicher Kontrolle im Hinblick auf die Einhaltung vorgeschriebener Umweltstandards stand im Mittelpunkt einer weiteren Frage, bei der ein für zutreffend erachteter Wert in einer Fünferskala anzugeben war, wobei die Extremwerte wie folgt benannt wurden: '1': Die Effektivität behördlicher Überwachungstätigkeit wird als 'schlecht' eingeschätzt. '5': Die Effektivität behördlicher Überwachungstätigkeit wird als 'gut' eingeschätzt. Die Auswertung von 28 Antworten erbrachte folgendes Ergebnis: Tabelle 66 Frage B.4.L (Verb.) Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 345 (schlecht) (gut)

Durchschnitt

============================================================

28

5 (18%) 13 (46%)7 (25%) 3 (11%) 0 (0%)

2,3

Mit einem Durchschnittswert von '2,3' wurde die Kontrolltätigkeit der Verwaltung von den Umweltverbänden als wenig effektiv angesehen. Bereits bei der vorangegangenen Frage wurde deutlich, daß im Bereich der Umweltverwaltung offensichtlich nicht alle Verwaltungsaufgaben mit gleichmäßiger Gründlichkeit erfüllt werden können. 200 Ein Verband stellte durch Unterstreichen des Wortes 'Überwachung' in der Frage heraus, daß die negative Beur199 Diese Einflußnahmen werden auch von fast allen Behörden wahrgenommen Wld zum Teil als sehr stark empfWlden; vgl. dazu die Ergebnisse oben auf S 221 tT, Tabellen 54 Wld 55. Vgl. zu den Einflußnahmen auf die Tätigkeit der Umweltschutzverbände Wlten S. 265, Tabellen 83 Wld 84. 200 Obwohl nach den Angaben der Behörden die ÜberwachWlgstätigkeit mit 36% an der Gesamtarbeitszeit quantitativ an erster Stelle vor allen anderen Tätigkeiten steht; vgl. oben die Ergebnisse auf S. 173, Tabelle 28.

m. Einschätzung des Handelns anderer arn Vollzug Beteiligter

241

teilung in erster Linie auf Mängel bei der Überwachungstätigkeit zurückzuführen sei. Das Defizit scheint in diesem Bereich besonders hoch zu liegen. 201 cc) Einschätzung der Kooperationsbereitschaft von Behörden in bezug auf Umweltverbände Im folgenden wurden die Verbände gefragt, wie sie allgemein die Bereitschaft von Behörden einschätzen, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Die Werte 'I' und '5' wurden in einer Fünferskala wie folgt benannt: 'I': Die Kooperationsbereitschaft wird als 'schlecht' eingeschätzt. '5': Die Kooperationsbereitschaft wird als 'gut' eingeschätzt. Bei der Auszählung von 28 Antworten ergab sich folgendes Ergebnis: Tabelle 67 Frage B.4.2. (Verb.)

Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 234 5 1 (schlecht) (gut)

Durchschnitt

============================================================

28

0(0%)

5 (18%) 12(43%) 8 (28%) 3 (11%)

3,3

Im Durchschnitt bewerteten die Verbände die Kooperationsbereitschaft von Umweltbehörden deutlich positiver als die Effektivität behördlicher Überwachungstätigkeit. Dieses Ergebnis legt den Schluß nahe, daß bei vielen Behördenbediensteten eine durchaus aufgeschlossene Grundhaltung gegenüber Umweltschutzverbänden und deren Arbeit vorhanden ist. Letztlich wurde dies auch daran ersichtlich, daß die Behörden selbst die Hinweise aus der Öffentlichkeit, die ja häufig von Umweltverbänden stammen, als sehr hilfreich für die behördliche Arbeit angesehen hatten. 202 Zu berücksichtigen ist allerdings, daß zum Teil beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Behörden bestehen, worauf ein Verband ausdrücklich hinwies. Diese Unterschiede traten nicht zuletzt bei den Fragen zur Umweltinformationsrichtlinie zu Tage, bei denen sich zeigte, daß in puncto Bürgerfreundlichkeit zwar einige Behörden

201 Deftzite bei der behördlichen Überwachungstätigkeit im Umweltbereich hat im übrigen auch Rüther, Die behördliche Praxis bei der Entdeckung und Deftnition von Umweltstrafsachen, S. l14f, festgestellt. 202 Vgl. dazu die Ergebnisse oben aufS. 231, Tabelle 60.· 16 Engelsberger

242

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

nahezu vorbildlich arbeiten, bei anderen jedoch deutliche Defizite erkennbar sind. 203 dd) Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit Die Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit spielten bereits bei der Behördenumfrage eine wichtige Rolle. 204 Im folgenden wurden die Umweltverbände danach gefragt, wie sehr die Behörden aus ihrer Sicht außerbehördlichen Einflußnahmen ausgesetzt sind, etwa von Betreibern, Verbänden' oder Politikern. In einer aufsteigenden Fünferskala war ein für zutreffend erachteter Wert anzukreuzen, wobei die Extremwerte mit folgenden Aussagen verknüpft wurden: 'I': Behörden sind bei ihrer Tätigkeit 'gar nicht' außerbehördlichen Einflüssen ausgesetzt. '5': Behörden sind 'sehr stark' solchen Einflüssen ausgesetzt. Die Auswertung erbrachte folgendes Ergebnis: 205 Tabelle 68 Frage B.3.5. (Verb.) Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durch-

0(0%)

4,0

schnitt

============================================================

26

0 (0%)

6 (23%) 15 (58%)5 (19%)

Während die Behörden bei dieser Frage einen Durchschnittswert von '2,9' angegeben hatten,2°6 vermuteten die Umweltverbände mit einem Durchschnittswert von '4,0' insgesamt deutlich stärkere Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit. Auch wenn der Grad von Einflußnahmen - begründet durch die konträre Interessenlage von Behörden und Umweltverbänden - unterschiedlich beurteilt wurde, läßt sich im Grundsatz erkennen, daß in nicht unerheblichem Ausmaß von verschiedenen Seiten versucht wird, Einfluß auf die Verwaltungstätigkeit zu nehmen.

203 Vgl. die Ergebnisse der Befragung zur Umweltinfonnationsrichtlinie oben auf S.

178ff.

204 Vgl. dazu oben S. 219ff. 205 Vgl. Graphik 7. 206 Vgl. oben S. 220, Tabelle 54.

Ill. Einschätzung des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

243

Von welcher Seite diese Einflüsse vennutet werden, war Gegenstand einer weiteren Frage. Bei der Beantwortung konnte zwischen folgenden Varianten ausgewählt werden, von denen entweder keine oder mindestens eine anzugeben war, sofern die Einflußnahmen als besonders stark angesehen wurden: 207 (1) von Betreiberseite (2) von Industrieverbänden (3) von Umweltschutzverbänden oder Bürgerinitiativen (4) von Politikern (5) von Presse, Rundfunk, Fernsehen (6) Sonstige: _ _ _ _ _ __ Tabelle 69

Frage B.3.6. (Verb.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %)

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

============================================================

26

21 (28%)22 (29%)4 (5%)

20 (27%)6 (8%)

2(3%)

Behörden und Umweltverbände sahen die Einflüsse von Betreibern und Politikern übereinstimmend als besonders stark an. 208 Genau gegensätzlich verlief die Einschätzung hinsichtlich der Einflußnahmen von Umwelt- und Industrieverbänden: Während die Behörden die Einflüsse von Umweltverbänden mit einem Anteil von 26% sehr hoch einstuften, schätzten die Umweltverbände ihre eigenen Einflußmöglichkeiten auf die behördliche Tätigkeit mit 5% als sehr gering ein, dafür jedoch diejenigen von Industrieverbänden mit 27% deutlich höher. 209 Dieses Antwortverhalten bei den Umweltverbänden läßt auf ein Gefiihl der eigenen Machtlosigkeit gegenüber Industrie und Politik schließen, wenn es um die Durchsetzung bestimmter Forderungen bei Behörden geht. Die Antworten der Behörden zeigen demgegenüber, daß dem Vorbringen

207 Vgl. Graphik 8. 208 Vgl. dazu auch die Ergebnisse der Behördenumfrage oben auf S. 222, Tabelle

55.

209 Als sonstige Quellen von EinflußnaIunen wurden im übrigen einmal Landwirte bzw. Landwirtschaftsverbände, in einem weiteren die Bevölkerung im allgemeinen genannt. 16'

244

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

von Umweltschutzverbänden von seiten der Verwaltung ein durchaus starkes Gewicht beigemessen wird. 210 ee) Das Verhältnis der Behörden zu Betreibern aus Sicht der Umweltverbände Wie bei der Behördenumfrage wurden auch die Umweltschutzverbände um eine Stellungnahme zum Verhältnis von Behörden zu Betreibern gebeten. Zunächst wurde gefragt, ob die Umweltverbände den Eindruck hätten, daß Behörden, wenn es um die Durchsetzung von umweltrechtlichen Standards geht, vor allem größeren Unternehmen unterlegen sind, z.B. wegen größerer materieller Ressourcen oder eines Wissensvorsprungs der Betreiber. In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte 'I' und '5' so benannt: 'I': Der Eindruck der Unterlegenheit von Behörden gegenüber Betreibern besteht 'gar nicht'. '5': Ein solcher Eindruck besteht 'sehr stark'. Die Auswertung von 27 Antworten führte zu folgendem Ergebnis: Tabelle 70

Frage B.3.1. (Verb.) Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durchschnitt

1 (4%)

3,7

============================================================

27

2 (7%)

7 (26%) 11 (41%)6 (22%)

Mit einem Durchschnittswert von '3,7' wichen die Umweltverbände auch in diesem Bereich mit ihrer Einschätzung von den Behörden ab, die auf dieselbe Frage im Durchschnitt einen mit '2,4' deutlich geringeren Wert angegeben hatten. 211 Offensichtlich vermuten Umweltverbände, daß Behörden bei der Durchsetzung umweltrechtlicher Bestimmungen vielen Unternehmen in rechtlichen und technischen Fragen unterlegen sind. Das deutlich freundlichere Ergebnis bei der Behördenumfrage läßt sich unter anderem dadurch erklären, daß die Frage eine Selbsteinschätzung der Verwaltung implizierte. Selbst wenn man die sich daraus abzuleitenden Unsicherheiten vernachlässigt, wird bei der

210 Die gegenüber der Arbeit von Umweltverbänden zum Teil durchaus positive Grundeinstellung bei Behördenbediensteten nützt den Verbänden im Endeffekt jedoch dann wenig, wenn im konkreten Fall den zuständigen Mitarbeitern "die Hände gebunden sind", etwa weil sie eine Weisung "von oben" erhalten haben, wie in einem Fragebogen angemerkt wurde. 211 Vgl. die Ergebnisse der Behördenumfrage oben aufS. 225, Tabelle 57.

m. EinschätzlUlg des HandeIns anderer am Vollzug Beteiligter

245

Analyse der vorliegenden Ergebnisse von Behörden und Verbänden zumindest deutlich, daß in jedem Fall eine spürbare, in Einzelfällen starke Unterlegenheit von Behörden gegenüber Betreibem die Implementation von EG-Umweltrecht prägt. Einige Verbände wiesen in Randkommentierungen darauf hin, daß "auch aufgrund von Lobbyarbeit und politischem Druck" eine Überlegenheit von Betreibem gegenüber Behörden festzustellen sei. Einmal wurde das Wort "Wissensvorsprung" in der Frage unterstrichen, um so die nach Meinung eines Verbandes hauptsächliche Ursache dieser Unterlegenheit herauszustreichen. In einer weiteren Frage sollten von den Umweltverbänden Umweltabsprachen212 zwischen Behörden und Betreibem beurteilt werden. Konkret ging es in der Frage darum, welche Bedeutung den Umweltabsprachen beigemessen werde, wobei in einer aufsteigenden Fünferskala die Extremwerte '1' und '5' mit folgenden Aussagen versehen wurden: '1': UriJ.weltabsprachen zwischen Betreibern und Behörden haben 'keine Bedeutung'. '5': Umweltabsprachen zwischen Betreibern und Behörden haben eine 'sehr große Bedeutung'. Die Auswertung ergab folgendes Bild: 213 Tabelle 71

Frage B.2.1. (Verb.) Anzahl nder

Antworten 26

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

2

1 (4%)

11(42%) 11(42%) 3 (12%) 0 (0%)

(keine BedeutlUlg)

3

4

Durchschnitt (sehr große BedeutlUlg)

1

5

2,6

Bei dieser Frage maßen die Behörden mit einem Durchschnittswert von '3,5' Umweltabsprachen eine größere Bedeutung bei als die Umweltverbände mit einem Wert von durchschnittlich '2,6'. Da die Einflußmöglichkeiten der Betreiber auf behördliche Entscheidungsprozesse zuvor als sehr groß eingeschätzt wurden,214 überrascht der relativ geringe Wert der Umweltverbände bei dieser Frage ein wenig. In drei Randbemerkungen wurde darauf hingewiesen, daß die

212 Vgl.zwn Begriff lUld zur BedeutlUlg der Umweltabsprachen oben S. 228f, Tabellen 58 lUld 59. 213 Vgl. Graphik 9. 214 Vgl. das Ergebnis oben aufS. 243, Tabelle 69.

246

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Erfahrungen der betreffenden Verbände in bezug auf Umweltabsprachen durchweg schlecht gewesen seien. Anschließend wurde um eine Auskunft darüber gebeten, ob Umweltverbände an Umweltabsprachen beteiligt werden. Wiederum war eine Fünferskala vorgegeben, wobei die Extremwerte folgendermaßen benannt wurden:

'I': Eine Beteiligung an Umweltabsprachen findet 'nie' statt. '5': Eine Beteiligung an Umweltabsprachen findet 'regelmäßig' statt. Die Angaben von 26 Verbänden erbrachten dieses Ergebnis: Tabelle 72

Frage B.2.2. (Verb.)

Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) Durch1 2 3 4 5 schnitt (nie) (regelmäßig)

============================================================ 5(19%) 15(58%) 3(11,5%)3(11,5%)0 (0%) 2,1

26

Eine Beteiligung von Umweltschutzverbänden an Umweltabsprachen zwischen Behörden und Betreibern findet danach, wenn überhaupt,215 nur äußerst selten statt. Bedenklich könnte dieses Ergebnis vor allem deshalb sein, weil den Umweltabsprachen von Behördenseite eine große Bedeutung für den Entscheidungsprozeß beigemessen wurde. 216 Werden Umweltverbände an diesen Absprachen nicht beteiligt, drängt sich die Vermutung auf, daß zumindest die Eckpunkte einer behördlichen Entscheidung bereits feststehen, bevor die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen eines Planfeststellungs- oder Genehrnigungsverfahrens durchgefiihrt wird. Insbesondere bei politisch umstrittenen Projekten besteht die Gefahr, daß es zu einem "Pakt" zwischen Betreibern und Behörden kommt. Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung ist es jedoch gerade, die Anliegen und Vorschläge der unmittelbar BetroffenenINachbam in die Abwägung, die einer behördlichen Entscheidung vorgeschaltet ist, gleichwertig einzubeziehen. Angesichts der durch die Umfrageergebnisse zum Ausdruck kommenden Vollzugspraxis könnte dieses Ziel allzu leicht aus den Augen verloren werden.

215 Immerhin ein Viertel der Verbände gab an, 'nie' an Umweltabsprachen beteiligt zu werden. 216 Vgl. dazu die Ergebnisse der Behördenumfrage oben aufS. 226ff.

m. EinschätzWlg des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

247

ff) Von den Verbänden eingelegte Rechtsmittel

gegen behördliche Entscheidungen

Eine Reihe weiterer, an die Umweltverbände gerichteter Fragen beschäftigte sich mit den Rechtsmitteln, die gegen behördliche Entscheidungen von seiten der Verbände eingelegt wurden. Da Umweltverbände selbst in der Regel nicht klagebefugt sind,217 wurde zunächst danach gefragt, in wie vielen Fällen eine materielle oder immaterielle Unterstützung einzelner betroffener Bürger, die gegen eine behördliche Entscheidung Rechtsmittel einlegten, von seiten des Verbandes stattfand. Anschließend ging es um die Anzahl der von dem Verband in eigenem Namen eingelegten Widersprüche bzw. Klagen vor dem Verwaltungsgericht. 218 Wie oft dabei die Verletzung von Umweltrecht gerügt wurde, das auf EG-Richtlinien oder Verordnungen zurückgeht, war Gegenstand einer weiteren Frage. Durch die anschließende Frage sollte ermittelt werden, in wie vielen Fällen neben den nationalen Rechtsmitteln gleichzeitig eine Umweltbeschwerde an die Kommission gerichtet wurde. Für die Auswertung wurden die Fragen mit folgenden Kennziffern versehen: (1) Anzahl der Fälle, in denen einzelne Betroffene 1994 durch den Verband materiell oder immateriell unterstützt wurden.

(2) Anzahl der von dem Verband 1994 selbst eingelegten Widersprüche oder Klagen. (3) Anzahl der Fälle, bei denen eine Verletzung von EG-Umweltrecht gerügt wurde. (4) Anzahl der Fälle, bei denen gleichzeitig eine Umweltbeschwerde an die

Kommission gerichtet wurde.

Bei (1) machten 23, bei (2) 20, bei (3) 16 und bei (4) 15 Verbände Angaben:

217 Vgl. insoweit die restriktiven VoraussetzWlgen in § 42 Abs. 2 VwGO, wonach der Verband eine individuelle Wld unmittelbare Betroffenheit durch eine behördliche EntscheidWlg nachweisen muß. Vgl. hierzu auch die Situation in Frankreich, wo ein Verband immer dann klagebefugt ist, wenn er ein Interesse an der AufhebWlg eines behördlichen Aktes geltend machen kann. Ein solches Interesse wird bei Verbänden dann bejaht, wenn entweder der angefochtene VerwaltWlgsakt die materielle Lage aller Mitglieder beeinflußt oder wenn er ein immaterielles Interesse betrim, dessen Verteidigoog Zweck des Verbandes ist; vgl. dazu Fromont, UPR 1983, S. 186 (1871). 218 Denkbar vor allem in denjenigen Fällen, in denen ein BeteiligWlgsrecht des Verbandes im GenehmigWlgsverfahren verletzt wurde, z.B. im Rahmen einer UVP oder etwa bei GeltendmachWlg eines Umweltinformationsanspruchs von seiten eines Verbandes. Soweit einzelne Landesnaturschutzgesetze eine sog. altruistische Verbandsklage vorsehen, kommt für deren AnwendWlgsbereich ebenfalls eine verbandseigene Klagemöglichkeit in Betracht.

248

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 73

Fragen B.6.1., B.6.2., B.6.3. und B.6.4. (Verb.) durchschnittlich 1 maximal 1 minimal angegebene Werte bei (1) (2) (3) (4)

============================================================ 5/20/0

3,6/21/0

2/10/0

0,9/4/0

In 15 von 23 Verbänden wurden im Jahre 1994 Widerspruche bzw. Klagen einzelner betroffener Bürger materiell und/oder immateriell unterstützt. Durchschnittlich entfielen somit fiinf solcher Verfahren auf einen angeschriebenen Verband, wobei je nach dessen Größe und Zielsetzung die Zahlen variierten. Ein Verband merkte an, daß es in einigen Fällen auf Anfrage zu einer solchen Unterstützung gekommen sei. Ein anderer spezifizierte diese Unterstützung so: "( ... ) Mit Beratung und Bereitstellung von Infrastruktur." Zwölf Verbände erhoben 1994 in eigenem Namen Widerspruche oder Klagen, von denen einige ausdrticklich darauf hinwiesen, daß ihnen als Verband kein explizites Klagerecht zustünde. Dies trifft mit der Einschränkung zu, daß es sich nicht um die Verletzung verbandseigener Verfahrensrechte handelt, oder ausnahmsweise ein Fall vorliegt, bei dem eine sog. altruistische Verbandsklage vorgesehen ist. 219 Durchschnittlich entfielen hier lediglich 3,6 Verfahren auf einen Verband, so daß sichtbar wird, daß die Ein1egung von Rechtsmitteln in eigenem Namen bei der praktischen Verbandsarbeit nur eine untergeordnete Rolle spielt. Insgesamt 28mal wurde die Ein1egung des Rechtsmittels (auch) mit der Verletzung von Vorschriften im Bereich des EG-Umweltrechts begrtindet. Da insgesamt knapp über 150 Verfahren durchgeführt wurden, die durch ein Rechtsmittel der antwortenden Verbände oder von diesen unterstützter Betroffener eingeleitet wurden, wird durch dieses Ergebnis auch die wachsende Bedeutung des Europarechts auf dem Gebiet des Umweltschutzes deutlich. Zuletzt gaben sechs Verbände an, mindestens einmal neben dem nationalen Rechtsmittel gleichzeitig eine Umweltbeschwerde an die Kommission gerichtet zu haben. Zwei Verbände konkretisierten ihre Antworten in folgender Weise: "Wir entscheiden uns entweder für eine eigene Klage oder für eine Beschwerde (da die Kommission sonst abwartet) je nach Erfolgsaussicht, z.B. können Verstöße gegen Anhang-lI-Projekte der RL 85/337/EWG kaum mit Erfolg vor deutschen Gerichten angefochten werden." Daran wird deutlich, wie wichtig es gerade für Umweltverbände sein kann, nicht nur über ausreichende Rechts-

219 Vgl. hierzu oben S. 247.

m. EinschätzWlg des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

249

kenntnisse zu verfUgen, sondern daneben auch Erfahrungen mit der Praxis von Gerichten und Behörden zu gewinnen. 220 gg) Erfahrungen der Umweltverbände mit der Umweltinformationsrichtlinie Insgesamt elf Fragen bezogen sich auf die Erfahrungen der Umweltverbände mit der Umweltinformationsrichtlinie bzw. dem UIG.221 Lediglich acht Verbände gaben eine konkrete Anzahl geltend gemachter Informationsanspruche an. Weitere vier teilten mit, noch keine derartigen Anspruche erhoben zu haben, während 16 Verbände keine genaueren Angaben machten. 222 Insgesamt wurden dabei 581 Umweltinformationsanspruche von denjenigen Verbänden, die Zahlenangaben machten, erhoben. Dabei entfielen allein 500 auf einen einzigen Verband; die übrigen 63 verteilten sich auf sieben weitere Verbände. 156 dieser Begehren wurden vor Inkrafttreten des UIG ausdIiicklch auf die Umweltinformationsrichtlinie gestützt. Ein Verband merkte an, daß er sich auch nach dem 16.7.1994 ausdrucklich auf die Umweltinformationsrichtlinie berief, da seiner Meinung nach die nationale Umsetzung durch das UIG fehlerhaft sei. Eine andere Stimme wies darauf hin, daß die nötigen Informationen wegen der Gebühren nach dem UIG anderweitig besorgt würden ("kleiner Dienstweg"). Einige Landesstellen gaben an, daß zwar zahlreiche Informationsanspruche von den Kreisverbänden geltend· gemacht wurden, die genaue Anzahl sich jedoch nicht überblicken lasse. Somit setzte sich die Geltendmachung von Umweltinformationsanspruchen bei einigen Verbänden mittlerweile als probates Mittel zur Informationsbeschaffung durch. Bei anderen Verbänden wurde jedoch - zum Teil wegen der Gebührenfrage - davon Abstand genommen. 223 Auf die Frage, ob sich die Anzahl der zu erhebenden Umweltinformationsanspruche nach Ansicht der Verbände in Zukunft verändern wird, gab immerhin die Hälfte an, sie erwarte in Zukunft eine Erhöhung. Lediglich zwei Verbände (von insgesamt 21) meinten, die Anzahl würde sich in Zukunft verrin-

220 Ein regehnäßiger Erfahrungs- Wld lnfonnationsaustausch der Umweltschutzverbände auf nationaler Wld europäischer Ebene gewinnt daher an BedeutWlg. 221 Vgl. dazu die Ausfllhrungen oben S. 178ff. 222 So schreibt beispielsweise ein Verband, es seien bereits einige lnfonnationsansprüche geltend gemacht worden; einen Schätzwert mochte er jedoch nicht nennen. 223 Vgl. dazu die Ergebnisse der Behördenumfrage oben auf S. 179ff; ein weiterer Grund könnte in dem (noch) mangelnden Bekanntheitsgrad der Umweltinfonnationsrichtlinie liegen.

250

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

gern. Dieses Ergebnis entspricht in etwa den Erwartungen, die von seiten der Behörden geäußert wurden. 224 Die Möglichkeit, Akteneinsicht zu begehren, wurde von acht Verbänden insgesamt 53mal genutzt. Zwei Verbände wiesen ausdrücklich darauf hin, daß in allen Fällen, in denen ein Anspruch geltend gemacht wurde, zugleich Akteneinsicht begehrt wurde. Wie schon aus der Behördenumfrage ersichtlich wurde, stellt sich die Möglichkeit der Akteneinsichtnahme als durchaus beliebte und häufig in Anspruch genommene Informationsquelle heraus. Allerdings ist dabei zu beachten, daß die Gebühren bei einer Akteneinsichtnahme sehr hoch sein können, da gerade bei umfangreicheren Akten jeweils genau zu prüfen ist, welche Materialien im einzelnen herausgegeben werden dürfen. Der dafür benötigte, zum Teil erhebliche Zeitaufwand, wird von den Behörden meist auch in Rechnung gestellt. 225 Soweit Umweltverbände bei Behörden Akteneinsicht begehrten, war es weiterhin interessant zu erfahren, wie diese Ansprüche von den Behörden behandelt wurden. Daher wurde danach gefragt, ob den Verbänden die Akteneinsicht auch effektiv ermöglicht wurde, z.B. durch Bereitstellen von Räumlichkeiten zur Einsichtnahme, ausreichende Einsichtszeit usw. Während zwei Verbände nichts zu beanstanden hatten, äußerten fünf weitere Mängel bei der Akteneinsichtnahme: "Behörden oft nicht sicher, was man rausgeben darf'. Außerdem fehlten zum Teil Kenntnisse darüber, wer über welche Informationen überhaupt verfügt. Gerade in "politisch heißen Phasen" werde nach den Erfahrungen eines Verbandes "gemauert und gelogen". Desweiteren wurde bemängelt, daß es keine Möglichkeit zur Anfertigung von Kopien gegeben habe. Ein Verband beklagte sich an dieser Stelle ausdrücklich über die hohen Kosten für die gewährte Akteneinsichtnahme. Teilweise sei schließlich eine Akteneinsichtnahme gänzlich verwehrt worden. Insgesamt 17 Ansprüche wurden bei sechs Verbänden ablehnend beschieden, wobei in sechs Fällen eine Begründung der Ablehnung von den Behörden nicht gegeben wurde. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 S. 2 der Umweltinformationsrichtlinie dar. In einem Fall wurde für den ablehnenden Bescheid eine Rechnung in Höhe von 214.- DM ausgestellt, in einem weiteren waren es 100,- DM. Einem Mitarbeiter wurde für einen ablehnenden Bescheid im Umfang von einer Schreibmaschinenseite von der Behörde eine Gebühr von 156,50 DM berechnet. Dieser Gebührenbescheid wurde später allerdings von der Behörde selbst wieder aufgehoben, nachdem der Klageerfolg ersichtlich war.

224 Danach erwarteten immerhin 62% künftig eine Erhöhung der Anzahl geltend gemachter Umweltinformationsansprüche; vgl. dazu oben S. 183, Tabelle 33. 225 Vgl. zum Akteneinsichtsrecht nach dem UlG oben S. 184, Tabelle 34.

lII. Einschätzung des Handelns anderer am Vollzug Beteiligter

251

Für stattgebende Bescheide wurden bei fünf Verbänden Gebühren erhoben, die in einem Fall sogar 1200.- DM betrugen. Drei Verbände gaben an, daß bislang noch keine Gebühren für erteilte Infonnationen durch die Behörden festgesetzt wurden. 226 Die Dauer von der Geltendmachung des Anspruchs bis zur Bescheidung wurde im Durchschnitt mit etwa fünf Wochen angegeben; in einem Fall betrug sie immerhin 20 Wochen, in einem weiteren sogar sechs Monate. Angesichts der geringen Anzahl von verwertbaren Antworten können diese Zahlen allerdings lediglich einen gewissen Trend wiedergeben, der die Ergebnisse der Behördenumfrage teilweise bestätigt. Der Vollzug der Umweltinformationsrichtlinie stellt sich danach im großen und ganzen als zufriedenstellend heraus. Hinzuzufügen ist allerdings, daß in einigen Behörden noch große Unsicherheiten bestehen, vor allem was die Frage der Gebühren, die Ablehnung von Ansprüchen einschließlich der Begründung sowie die Frage der Akteneinsicht betrifft. 227 In einer weiteren Frage sollte die Umweltinfonnationsrichtlinie allgemein beurteilt werden. Folgende Antwortmöglichkeiten wurden den Verbänden zur Auswahl gestellt: (1) Die Umweltinfonnationsrichtlinie ist bei Bürgern und Verbänden noch zu

wenig bekannt und wirkt sich daher in der Verbandsarbeit noch sehr wenig aus.

(2) Durch die Beteiligung von Bürgern und Umweltverbänden wird die Verwaltung, vor allem was die Überwachungstätigkeit betrifft, stärker entlastet. (3) Das Verhältnis der Bürger bzw. der Verbände zur Behörde wird verbessert. (4) Das Umweltbewußtsein der Bevölkerung wird verbessert. (5) Die hohen Gebühren verhindern, daß Umweltverbände häufiger Umweltinformationsansprüche bei Behörden geltend machen. (6) Keine der Einschätzungen trifft zu. Die Antworten von 19 Verbänden erbrachten folgendes Ergebnis: 228

226 Vgl. zu den Gebühren nach dem illG bzw. der UIRL oben S. 195, Tabelle 41.

227 Vgl. hierzu auch die Ergebnisse der Behördenumfrage zum illG oben auf S.

178ff.

228 Vgl. Graphik 3.

252

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 74

Frage E.1.10. (Verb.) Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %)

19

18(53%) 2 (6%)

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

1 (3%)

1 (3%)

12(35%) 0 (0%)

Alle antwortenden Verbände teilten mindestens eine der vorgegebenen Einschätzungen. Mit einem Anteil von über 50% war die Ansicht mit Abstand am häufigsten vertreten, daß die Umweltinformationsrichtlinie bei Bürgern und Verbänden noch zu wenig bekannt sei und sich daher noch kaum auswirke. Ein Drittel aller Antworten teilte die Einschätzung, die hohen Gebühren verhinderten, daß Umweltverbände häufiger Umweltinformationsansprüche geltend machten. Die übrigen Ansichten wurden insgesamt nur viermal geäußert. Es gibt also zwei entscheidende Ursachen dafür, warum von der Möglichkeit, Umweltinformationsansprüche bei Behörden geltend zu machen, aus Sicht der Verbände nicht häufiger Gebrauch gemacht wird. Dadurch wird das Ziel der Richtlinie in seiner praktischen Durchführung teilweise verfehlt, wonach der freie Zugang zu den bei den nationalen Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen gewährleistet werden soll (vgl. Art. 1 UIRL).229 Zuletzt wurden die Umweltverbände danach gefragt, ob die erteilten Informationen bzw. die Akteneinsicht, soweit sie ihnen gewährt wurden, aus ihrer Sicht zufriedenstellend waren. Insgesamt neun Verbände gaben zu dieser Frage eine kurze Beschreibung ihrer diesbezüglichen Erfahrungen, die im folgenden auszugsweise wiedergegeben werden: "Die über die UIRL eingeholten Informationen waren (erwartungsgemäß) dürftig. Andere Zugänge sind fiir uns in der Regel ergiebiger (... ).", "Akteneinsicht war zufriedenstellend, i.d.R. unproblematisch wegen kurzer Wege im Land Bremen", "Widerstände der Behörden hoch ( ... ), Gebührenfrage unklar, den Behörden ist unklar, was gezeigt werden darf', "Es sind alle von uns geforderten Akten zur Einsicht vorgelegt worden. Ob weitere zum selben Thema vorliegen, ist uns nicht bekannt.", "Man muß schon vorher wissen, welche Informationen, Gutachten usw. es gibt. Die Behörden sind gerade im Umweltbereich überlastet und unterbesetzt, deswegen genervt. In Kommunalverwaltungen sind Umweltbehörden einem starken Druck ( ... ) ausgesetzt. Umweltverbände (... ) kennen oft die zuständigen Leute und auch die eigenen Rechte besser. Manchmal läuft das Ganze eher auf Zusammenarbeit mit den Umweltbehörden hinaus, die versuchen, das zu errei-

229 Vgl. dazu auch die Einschätzung der befragten Behördenbediensteten zur Umweltinformationsrichtlinie oben auf S. 147, Tabelle 9.

Ill. EinschätzlUlg des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

253

ehen, was auf dem Behördenweg aussichtslos ist. ", "Bei laufenden Verfahren erhält man als nach § 29 BNatSchG beteiligter Verband Unterlagen, als Privatperson bekommt man dagegen in genau diesen Fällen kein Einsichtsrecht. ", "In Sachen Autobahn A20 - Ostseeautobahn hat der (... ) Bundesverband an das Brandenburgische Umweltministerium, das Verkehrsministeriurn Mecklenburg-Vorpommern und das Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern auf der Grundlage des Umweltinforrnationsgesetzes die Anfrage gestellt, ob die Naturschutzbehörden in MecklenburgVorpommern zum Autobahnübergabepunkt Mecklenburg-Vorpommem/ Brandenburg eine fachliche Stellungnahme geschrieben haben, und wie diese aussieht. Vorn Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz in MecklenburgVorpommern (ist diese Anfrage) abschlägig beschieden (worden) mit ausfiihrlicher Begründung (Vertraulichkeit der Behörde)", "Größtenteils korrekt, stark schwankend, Behörden müssen vennutlich künftig mehr Zeit für UIG aufwenden", "Zufriedenstellend, was die Infonnation angeht; unzufrieden, weil keine Kopien (... )". hh) Erfahrungen der Umweltverbände mit der UVP-Richtlinie Bei den insgesamt fünf Fragen zu den Erfahrungen der Umweltverbände mit der UVP-Richtlinie stand das Verfahren der ÖfIentlichkeitsbeteiligung im Vordergrund. Da eine Beteiligung in der Regel nur den nach § 29 BNatSch(J230 anerkannten Verbänden gewährt wird, konnten lediglich diese Angaben zur Durchführung des Verfahrens geben. 231 14 Verbände waren bislang mindestens einmal an einern UVP-Verfahren beteiligt. Im Durchschnitt kam es zu ca. 50 Beteiligungen je Verband. 232 Da für zwei Verbände eine aufwendige Recherche für die Beantwortung dieser Frage notwendig gewesen wäre, gaben diese keine Zahlenwerte an. In einer weiteren Frage ging es darum, ob den Verbänden im Rahmen der UVP die UVP-Unterlagen immer zugänglich gemacht wurden. Während elf Verbände diese Frage bejahten, gab ein Verband an, daß dies in 15 (von 50) Verfahren nicht der Fall gewesen sei; ein anderer erhielt in insgesamt drei Fällen keine Einsicht in die UVP-Unterlagen, bei einern dritten war dies einmal der Fall. Ein weiterer Verband merkte an, daß dies zwar zutreffe, allerdings "nicht bzgl. der vorzulegenden Unterlagen, sondern bzgl. der vorgelegten".

230 Vgl. auch oben S. 247. 231 Wegen der dadurch bedingten geringen Anzahl von Aussagen geben die Mittelwerte bei den Fragen zur UVP-Richtlinie allenfalls vorsichtige Trends wieder. 232 Der Durchschnittswert setzt sich wiederum aus sehr lUlterschiedlichen Einzelwerten zusammen. So stehen zwei Verbänden mit 100 bzw. 122 Verfahren zwei andere mit einem bzw. drei Verfahren gegenüber.

254

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Auch am weiteren Verfahren, insbesondere im Anhörungstermin, sind die Umweltverbände nach den hier gemachten Angaben beteiligt worden. Lediglich ein Verband gab an, daß dies noch nicht geschehen sei. Diese Zahlen spiegeln in etwa das Ergebnis der Behördenwnfrage wider, welches auf ein relativ großzügiges Verständnis des Betroffenenbegriffs233 durch die jeweiligen Behörden hindeutete. 234 In der Praxis führt dies dazu, daß zumindest anerkannte Umweltverbände in der Regel zum Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung innerhalb der UVP hinzugezogen werden. Desweiteren wurden die Verbände danach gefragt, ob ihnen Fälle bekannt seien - wenn ja, wieviele? - , in denen eine UVP nicht oder nicht korrekt durchgeführt wurde. Lediglich drei Verbände gaben an, daß ihnen solche Fälle nicht bekannt seien, wobei in einem Fall angemerkt wurde, daß dies nur für die Zeit nach 1990 gelte. Alle übrigen 15 Verbände, die zu dieser Frage Stellung nahmen, wußten von mindestens einem Fall im Tätigkeitsbereich ihres Verbandes zu berichten, in dem eine UVP entweder gar nicht oder unkorrekt durchgeführt worden war. Fünfmal wurde die Anzahl beziffert, wobei diese im Durchschnitt bei zehn Fällen einer nicht oder schlecht durchgeführten UVP je Verband lag. Ein Verband meinte, daß mehr als jedes zweite Straßenbauvorhaben gegen die UVP-Richtlinie verstoße, während ein weiterer als konkreten Fall die A20-0stseeautobahn nannte. Zwar ist auch bei dieser Frage zu berücksichtigen, daß die besondere Interessenlage der Umweltverbände Auswirkungen auf das Antwortverhalten hat, insbesondere hinsichtlich der Bewertung, ob eine UVP schlecht durchgeführt wurde. Dennoch werden Mängel bei der praktischen Durchführung von UVP's deutlich, die auch im Rahmen der Behördenumfrage - etwas gemäßigter - zum Ausdruck kamen. 235 Als besondere Schwachpunkte erwiesen sich die Bestimmung des Kreises der UVPpflichtigen Vorhaben, die Zusammenarbeit bei einer Beteiligung mehrerer Behörden sowie die konkrete Einbindung der Gesamtbewertung in die behördliche Entscheidung. Von Behördenseite wurde insbesondere bemängelt, daß vielfach die Ergebnisse der UVP an der ohnehin zu treffenden Entscheidung nichts änderten. Es seien daher Zweifel angebracht, ob der Aufwand der UVP sich tatsächlich immer - vor allem bei kleineren Vorhaben - lohne, oder ob es nicht sinnvoller wäre, die behördlichen Kapazitäten in anderen Bereichen effektiver einzusetzen. Zuletzt wurden die Verbände um eine Gesamteinschätzung bzgl. der UVPRichtlinie gebeten, wobei folgende Antwortmöglichkeiten vorgegeben wurden: (I) Der Gedanke der Umweltvorsorge ist im UVP-Verfahren umgesetzt worden, so daß früher als bisher die Auswirkungen eines Vorhabens auf die

233 Vgl. § 9 UVPG i.V.m. § 73 Abs. 3 -7 VwVfG. 234 Vgl. dazu oben S. 208, Tabelle 48. 235 Vgl. dazu oben S. 199ff.

Ill. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

255

Umwelt erkannt und in die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens einbezogen werden können. (2) Der große Aufwand der Umweltverträglichkeitsprüfung steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Erfolg in der Praxis. (3) Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Verbandes im Rahmen der UVP sind sehr gering. (4) Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Verbandes im Rahmen der UVP sind im Vergleich zur früheren Situation erheblich gestiegen. (5) Im Vergleich zur bisher schon bestehenden Verwaltungspraxis hat sich

durch die UVP-RL aus Sicht der Verbände nichts wesentliches verändert.

(6) Häufig wird die UVP in der Praxis nur sehr schlampig oder schlecht durchgeführt. (7) Keine der Einschätzungen trifft zu. Insgesamt 19 Antworten konnten ausgewertet werden, wobei sich folgendes Bild ergab: 236 Tabelle 75 Frage E.2.5. (Verb.)

(1)

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

============================================================

5 (11 %) 7 (15%) 14(29%) 3 (6%) 4 (8%)

14(29%) 1 (2%)

Mit deutlichem Abstand wurden am häufigsten die Einschätzungen (3) und (6) geteilt, was die eben angesprochenen Bedenken hinsichtlich der Effektivität der UVP bestärkt. Desweiteren spiegelt sich das oben 237 bereits angesprochene Gefühl der Machtlosigkeit vieler Umweltverbände hinsichtlich der Durchsetzbarkeit ihrer umweltpolitischen Forderungen wider. Selbst im Falle einer Beteiligung am Verfahren werden die Einwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der UVP zu knapp einem Drittel als sehr gering angesehen. Zwei Verbände merkten an, ein Problem läge darin, daß teilweise versucht werde, die UVP zu umgehen, woraus ein Verband schloß, daß die UVP an sich nicht "zahnlos" sein

236 Vgl. Graphik 6. 237 Vgl. oben S. 243, Tabelle 69.

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzlUlgen

256

könne. 138 Ein weiterer Verband meinte, der Aufwand der UVP stehe zwar bislang in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Erfolg in der Praxis, dies könne sich aber künftig ändern. 239 c) Einschätzung der eigenen Verbandsarbeit

Bereits bei den Fragen zur Einschätzung des behördlichen Handeins deutete sich an, daß die Verbände ihre eigenen Möglichkeiten, auf den Vollzug von Umweltrecht einzuwirken, als beschränkt ansehen. Im Rahmen dieser Untersuchung war es deshalb interessant zu erfahren, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen die praktische Arbeit der Umweltschutzverbände abläuft. Ziel der Befragung war es, einen ersten allgemeinen Eindruck über Arbeitsweise und Selbstverständnis von Umweltverbänden zu vermitteln. aa) Allgemeines Tätigkeitsprofil In einer ersten Frage ging es darum, für welche Umweltschutzmaterie sich die jeweiligen Verbände vornehmlich einsetzen. Bei der Beantwortung konnte zwischen folgenden Optionen gewählt werden: (1) Naturschutz (2) Gewässerschutz (3) Luftreinhaltung

(4) Abfallwirtschaft (5) Sonstiges: _ _ _ _ _ __ Alle 28 antwortenden Verbände machten zu dieser Frage Angaben, wobei auch Mehrfachantworten zulässig waren. Dabei ergab sich folgendes Ergebnis: Tabelle 76 Frage B. 1. 1. (Verb.) Anzahl n der Antworten

28

(1)

Anzahl n der angegebenen Antwortalternativen (in %)

23 (27,5%)

(2)

14 (17%)

(3)

12 (14%)

(4)

12 (14%)

(5)

23 (27,5%)

238 Es fehle danach einzig am Willen zur konsequenten DurchsetzlUlg der UVPBestimmlUlgen. 239 Vgl. dazu auch die von den Behörden abgegebenen EinschätzlUlgen oben auf S. 149, Tabelle 10.

m. EinschätzWlg des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

257

Besonders häufig wurde der Naturschutz genannt, während Gewässerschutz, Luftreinhaltung und Abfallwirtschaft jeweils nur von der Hälfte der antwortenden Verbände (auch) als vornehmliches Ziel der eigenen Verbandsarbeit genannt wurden. Das besonders starke Engagement der Verbände im Bereich des Naturschutzes dürfte wohl mit den Beteiligungsrechten nach dem Bundesnaturschutzgesetz240 sowie einiger Landesnaturschutzgesetze241 zusammenhängen. Als sonstige Bereiche wurden Klimapolitik, Öko-Audit, Landschaftspflege, Walderhaltung, Verkehrspolitik, Stadtökologie, Umweltberatung, Energiepolitik, Tourismus, Landwirtschaft, Atomkraft, Arten- und Biotopschutz sowie der Schutz der Meere gesondert genannt; insbesondere der Schutz der Wälder und die Verkehrspolitik wurden dabei mehrfach erwähnt. In einer weiteren Frage sollten die Verbände angeben, wie sich die Verbandsarbeit im einzelnen prozentual auf folgende vorgegebene Tätigkeiten verteilt: (1) Öffentlichkeitsarbeit

(2) Kontakt mit Behörden (außerhalb von Rechtsstreitigkeiten) (3) Kontakt mit Betreibern (außerhalb von Rechtsstreitigkeiten) (4) Kontakt mit anderen Umweltverbänden (5) Beteiligung an Genehmigungs-, Planfeststellungsverfahren (6) Beteiligung an Widerspruchs-, Verwaltungsgerichtsverfahren (7) Kontakt mit europäischen Stellen (8) Sonstiges: _ _ _ _ _ _ __ Insgesamt 24 von 28 Verbänden konnten zu dieser Frage Angaben machen, was im Durchschnitt zu folgender prozentualer Verteilung der Arbeitszeit führte: Tabelle 77

Frage B.1.2. (Verb.) durchschnittlich angegebene Prozentangaben bei

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

(8)

35%

13%

3%

10%

13%

3%

3%

20%

============================================================

240 Vgl. §§ 29, 2a BNatSchG. 241 Vgl. dazu oben S. 247. 17 EngeI.berger

258

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

Die mit Abstand meiste Zeit verwenden danach die Umweltverbände für Öffentlichkeitsarbeit (35%); es folgen die Beteiligung an Genehmigungs-, Planfeststellungsverfahren, der Kontakt mit Behörden außerhalb von Rechtsstreitigkeiten (jeweils 13%) sowie der Kontakt mit anderen Umweltverbänden (10%). Kaum Zeit nehmen der Kontakt mit Betreibern, die Beteiligung an Widerspruchs-, Verwaltungsgerichtsverfahren sowie der Kontakt mit europäischen Stellen in Anspruch. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß diese Arbeitszeitverteilung lediglich den Durchschnitt verschiedener Verbände wiedergibt, wobei je nach Aufgabenstellung (insbesondere bei den anerkannten Verbänden nach § 29 BNatSchG) diese Verteilung im Einzelfall durchaus stark variieren kann. Als sonstige Tätigkeiten wurden dreimal Lobbyarbeit, viermal interne Verbandsverwaltung bzw. Geschäftsfiihrung, zweimal Weiterbildung sowie in den übrigen sechs Fällen praktische Naturschutzarbeit in Form von Projekten, Pflege- und Facharbeiten etc. genannt. 242 bb) Einflußmöglichkeiten der Verbände bei Gesetz- oder Verordnungsentwürfen Da die inhaltliche Gestaltung von Rechtsvorschriften erheblichen Einfluß auf den Vollzug haben kann,243 schien es interessant zu erfahren, inwieweit Verbände im Vorfeld der Verordnungs- und Gesetzgebung beteiligt werden. Immerhin 23 von 28 antwortenden Verbänden gaben an, daß ihnen bereits Mitspracherechte bei der Entstehung von Gesetz- oder Verordnungsentwürfen eingeräumt wurden. Im folgenden sollte eingeschätzt werden, wie hoch der tatsächliche Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung dieser Gesetzesvorhaben nach Ansicht der Verbände war. In einer aufsteigenden Fünferskala waren die Werte 'I' und '5' folgendermaßen vorgegeben: 'I': Der tatsächliche Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung von Gesetzesentwürfen wird als 'gar nicht' hoch eingeschätzt. '5': Ein solcher Einfluß wird als 'sehr stark' eingeschätzt. Die Auswertung von 28 Antworten fiihrte zu folgendem Ergebnis:

242 Insgesamt ergaben die sonstigen Tätigkeiten einen Anteil von 20% an der Gesamtarbeitszeit der Umweltverbände. 243 Vgl. oben S. SOtT.

Ill. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

259

Tabelle 78 Frage B.l.4. (Verb.)

Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht)

(sehr stark)

2 (7%)

0 (0%)

Durchschnitt

============================================================

28

15(54%) 11(39%) 0 (0%)

2,3

Zwar wurden Umweltverbände während des Gesetzgebungsprozesses meist gehört; deren Stellungnahmen fanden jedoch - nach deren Einschätzung kaum Eingang in die inhaltliche Ausgestaltung umweltrechtlicher Vorschriften. 244 . Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, daß insbesondere im Bereich des Umweltrechts regelmäßig Kompromisse zu schließen sind, da auch andere Interessenvertreter, wie etwa Industrieverbände, bei der Entstehung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen mitwirken. Da jedoch mehr als die Hälfte der Verbände einen Wert von '1' oder '2' ankreuzte, steht zu vermuten, daß Verbände sich mit ihren Forderungen gegenüber anderen Interessenvertretem nur sehr selten durchsetzen konnten. Dies entspricht auch dem bislang gewonnenen Eindruck, Umweltverbände hätten das Gefühl, auf die Gestaltung und die Durchsetzung umweltrechtlicher Bestimmungen kaum Einfluß nelunen zu können. 245 cc) Bedeutung des Europarechts für die Arbeit der Verbände In einer weiteren Frage ging es allgemein um die Bedeutung des europäischen Umweltrechts bei der Verbandsarbeit. In einer aufsteigenden Fünferskala war ein fiir zutreffend erachteter Wert zwischen folgenden vorgegebenen Extrempositionen anzugeben: '1': Das europäische Umweltrecht spielt gegenwärtig bei der Verbandsarbeit 'keine Rolle'. '5': Das europäische Umweltrecht spielt gegenwärtig bei der Verbandsarbeit eine 'sehr große Rolle'. Die Auswertung aller 28 Antworten ergab folgendes Bild:

244 Inunerhin wurden von keinem Verband die Werte '4' oder '5' angegeben. 245 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt bereits oben S. 243. 17'

260

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen Tabelle 79

Frage

c.l. (Verb.)

Anzahl nder

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

28

6 (21%) 13(46%) 3 (11%) 5 (18%) 1 (4%)

Antworten

1 2 (keine Rolle)

3

4

Durch5 schnitt (sehr große Rolle) 2,4

Der durchschnittlich angegebene Wert von '2,4' deutet darauf hin, daß das europäische Umweltrecht in der Verbandsarbeit bislang noch eine relativ geringe Rolle spielte. 246 Möglicherweise läßt sich diese Einschätzung darauf zurückführen, daß Umweltverbände bei ihrer Arbeit in erster Linie mit nationalem Umweltrecht konfrontiert sind. Selbst wenn dieses auf EG-Recht zurückgeht, tritt angesichts des nationalen Vollzugs die europarechtliche Komponente, etwa bei der richtlinienkonformen Auslegung, offensichtlich häufig in den Hintergrund. Allerdings bestehen zwischen den einzelnen Verbänden starke Diskrepanzen; so gaben immerhin sechs Verbände - davon vier Bundesverbände - bei dieser Frage einen Wert von '4' oder '5' an. In einer weiteren Frage ging es um die Schwierigkeiten, die bei der Verbandsarbeit im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht am häufigsten auftraten. Mehrere vorgegebene Antwortmöglichkeiten standen zur Wahl. Dabei konnten von den folgenden Optionen auch mehrere angekreuzt werden, wenn einzelne Schwierigkeiten gleich häufig auftraten: (1) Keine

(2) Die EG-Umweltrichtlinien sind zu wenig bekannt. (3) Die Richtlinientexte sind schwer zugänglich. (4) Die Richtlinientexte sind schwer verständlich. (5) Häufig ist einem gar nicht bewußt, daß für einen bestimmten Sachverhalt EG-Recht einschlägig ist. (6) Sonstige Schwierigkeiten: _ _ _ _ _ _ __ Die Antworten von 28 Verbänden führten zu folgendem Ergebnis: 247

246 Vgl. dazu die Ergebnisse der Behördenwnfrage oben aufS. 174, Tabelle 29.

247 Vgl. Graphik 11.

III. Einschätzung des Hande1ns anderer am Vollzug Beteiligter

261

Tabelle 80

Frage A3. (Verb.)

(1)

Anzahl n der angegebenen Antwortaltemativen (in %)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

============================================================ 7 (12%) 9 (15%) 5 (8%) 17 (29%) 2 (3%) 20 (33%)

Als häufigste Schwierigkeit wurde immerhin zu einem Drittel der geringe Bekanntheitsgrad von EG-Umweltrichtlinien genannt. Fast ebenso häufig bereitete den Verbänden bei ihrer Arbeit das Erkennen des europarechtlichen Bezugs eines bestimmten Sachverhalts Probleme. Ähnlich wie bei den Behörden248 läßt sich damit auch bei den Verbänden konstatieren, daß der europarechtliche Ursprung einer bestimmten Regelung kaum wahrgenommen wird. Dies kann dazu führen, daß letzten Endes die Qualität der nationalen Umsetzung einer EG-Umweltrichtlinie über die Durchsetzung der in der Richtlinie festgelegten Standards entscheidet. 249 Unter 'sonstige Schwierigkeiten' wurden folgende Anmerkungen gemacht: "Behörden kennen Richtlinien nicht, wenden sie nicht (richtig) an, Politik will sie nicht umsetzen!!! (wird offen zugegeben)", "Das Verfahren der Erarbeitung von Richtlinien wird von nur wenigen verfolgt und in allen Schritten verstanden.", "Konkrete Umsetzung von Anliegen (z.B. Anträge) oft zu aufwendig", "EG-Mühlen mahlen langsam, es werden erst andere naheliegende re Wege gesucht, Probleme zu lösen.", "Einige Richtlinien kommen sehr spät in die Gesetzblattsammlungen (Bsp.: Öko-Audit-VO)." Desweiteren wurden Sprachschwierigkeiten, die limitierten personellen und materiellen Ressourcen, die Schwierigkeiten bei der frühzeitigen Informationsbeschaffung sowie die oftmals schwer zu erkennenden Umsetzungswege in der Bundesrepublik genannt. An diesen Anmerkungen wird vor allem die mangelnde Transparenz europäischer Umweltpolitik sichtbar. dd) Kontakte von Umweltverbänden zu europäischen Institutionen In einer Reihe weiterer Fragen ging es um die Kontakte deutscher Umweltverbände zu europäischen Institutionen, insbesondere zum Europäischen Parlament, zur Kommission sowie zum Europäischen Umweltbüro. 250

Vgl. dazu die Ergebnisse der Behördenwnfrage oben aufS. 174, Tabelle 29. Vgl. 'zu diesem Gesichtspunkt unten S. 272. 250 Das Europäische Umwe1tbüro (EEB) ist der Zusammenschluß wichtiger europäischer Umwe1torganisationen in Brüssel. 248

249

262

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

Immerhin 13 der 28 antwortenden Verbände wandten sich bereits mindestens einmal wegen Fragen des EG-Umweltrechts an europäische Stellen. Einige Verbände konnten die Anzahl beziffern. wobei die Angaben zwischen einem und fünf Kontakten im Jahr schwankten. 251 15 Verbände wandten sich bislang noch nicht wegen Fragen des EG-Umweltrechts, etwa einem vennuteten Verstoß gegen EG-Grenzwerte, an europäische Stellen. In einem Fall wurde dabei als Grund angegeben, daß der betreffende Verband bei der lokalen Arbeit nicht mit EG-Recht zu tun habe. Vier Verbände unterhalten ein eigenes Büro in Brüssel, während zehn weitere Verbände dem Europäischen Umweltbüro angeschlossen sind. Anzumerken ist hierbei jedoch, daß in der Regel die Bundesstellen der einzelnen Verbände fiir die internationalen Kontakte zuständig sind. Zuletzt gaben einige Verbände an, daß sie auch gelegentlich Kontakte zu Parlamentariern des Europäischen Parlaments unterhalten, wobei sich diese meist auf einzelne Personen beschränken. ee) Personelle und materielle Ausstattung der Verbände Auch bei den Verbänden spielt die personelle und materielle Ausstattung eine erhebliche Rolle im Hinblick auf die Effektivität und Durchschlagskraft der Verbandsarbeit. Daher befaßten sich insgesamt vier Fragen mit diesem Themenkomplex. Auf die Frage nach der Anzahl der Beschäftigten gaben die sieben antwortenden Bundesstellen einen Durchschnittswert von 48 Mitarbeitern252 an, während in den übrigen 20 Landesstellen bzw. Ortsgruppen durchschnittlich fiinf feste Angestellte tätig sind. In einem Fall sind zusätzlich zehn ABMKräfte beschäftigt, in einem weiteren zeitweise zwei bis drei Praktikanten. In den Kontaktgruppen von Greenpeace arbeiten ausschließlich ehrenamtliche Kräfte, deren Bemühungen um die Beantwortung des umfangreichen Fragebogens besonders hervorzuheben sind. Lediglich in sieben der 28 Verbände gibt es speziell Fachkräfte, die fiir europarechtliche Fragen des Umweltrechts zuständig sind. Im Rahmen der materiellen Ausstattung der Verbände wurde desweiteren gefragt, ob der Verband über die Texte der wichtigsten EG-Umweltrichtlinien verfUgt. In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte wie folgt vorgegeben:

251 Teilweise wurde lediglich darauf hingewiesen, daß derartige Kontakte schon öfter vorgekommen seien. 252 Der Maximalwert betrug 120 Mitarbeiter, während die geringste Anzahl mit zehn Beschäftigten angegeben wurde.

m. Einschätzung des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

263

'1': Der Verband verfügt 'gar nicht' über die Texte der wichtigsten EGUmweltrichtlinien. '5': Der Verband verfügt in 'ausreichendem Maße' über die Texte der wichtigsten EG-Umweltrichtlinien. Die Auswertung ergab folgendes Bild: Tabelle 81 Frage A2.1. (Verb.)

Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) Durch1 2 3 4 5 schnitt (gar nicht) (ausreichend)

============================================================

28

3 (11%) 12(43%) 3 (11%) 4 (14%) 6 (21%)

2,9

Während bei den Bundesstellen mit einem Durchschnittswert von '4,2' das vorhandene Material als weitgehend ausreichend angesehen wurde, sind bei den Landesstellen bzw. Ortsgruppen kaum einschlägige Richtlinientexte vorhanden. Diese Situation dürfte die Verbandsarbeit insofern erschweren, als auch im regionalen Bereich EG-Recht eine wichtige Rolle spielt. 253 Andererseits sind selbst bei vielen Behörden die für die Arbeit dieser Behörden einschlägigen Richtlinientexte bei weitem nicht vollständig vorhanden. 254 Zuletzt wurden die Verbände nach Kommentaren und/oder Lehrbüchern zum EG- (Umwelt-) Recht gefragt. Dabei wurde für die Beantwortung wiederum eine Fünferskala mit folgenden Extremaussagen vorgegeben: '1': Unser Verband verfügt 'gar nicht' über Kommentare und/oder Lehrbücher zum EG-(Umwelt-)Recht. '5': Unser Verband verfügt 'ausreichend' über Kommentare und/oder Lehrbücher zum EG-(Umwelt-) Recht.

253 254

Man denke beispielsweise nur an die zahlreichen UVP-Verfahren. Vgl. dazu oben S. 169, Tabelle 26.

264

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

Die Auswertung dieser Frage erbrachte folgendes Resultat: Tabelle 82

Frage A.2.2. (Verb.) Anzahl nder Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) Durch1 2 3 4 5 schnitt (gar nicht) (ausreichend)

============================================================

28

12(43%) 10(36%) 0 (0%)

2 (7%)

4 (14%)

2,1

Erwartungsgemäß lag hier der Durchschnittswert deutlich niedriger als bei den Richtlinientexten. Mehr als zwei Drittel der antwortenden Verbände gaben an, über keine oder nur unzureichende Sekundärliteratur zu verfügen, wobei es sich dabei meist um die Landesstellen bzw. Ortsgruppen größerer Verbände handelte. Auch hier ist wiederum auf das Ergebnis der Behördenumfrage hinzuweisen, welches mit einem Durchschnittswert von '2,2' bei exakt derselben Frage kaum höher lag. 255 fl) (Versuchte) Einflußnahmen oder Pressionen

Da Umweltverbände im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten nicht selten geplante Vorhaben verzögern oder sogar zu Fall bringen können, war es interessant zu erfahren, inwieweit sie sich bei ihrer Arbeit Einflußnahmen oder Pressionen von anderer Seite ausgesetzt fiihlen. In einer aufsteigenden Fünferskala sollte ein Wert innerhalb folgender vorgegebener Extremeinschätzungen angegeben werden: 'I': Der Verband ist bei seiner Arbeit Einflußnahmen oder Pressionen noch 'gar nicht' ausgesetzt gewesen. '5': Der Verband ist bei seiner Arbeit Einflußnahmen oder Pressionen 'sehr stark' ausgesetzt gewesen. Die Auswertung fiihrte zu folgendem Meinungsbild:

255 Vgl. dazu oben S. 170, Tabelle 27.

rn. EinschätzWlg des Hande1ns anderer am Vollzug Beteiligter

265

Tabelle 83 Frage B.3.3. (Verb.) Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (sehr stark)

Anzahl nder Antworten

Durchschnitt

============================================================

27

2 (7%)

13(48%) 8 (30%) 3 (11%) 1 (4%)

2,6

Umweltverbände waren mehrheitlich eher geringen, wenn auch spürbaren Einflußnahmen ausgesetzt. In einzelnen Fällen wurde jedoch offenbar bereits erheblicher Druck auf die Verbände ausgeübt. Dies ist ein Anzeichen dafiir, daß die Verbände und deren Arbeit auch für andere Beteiligte, etwa Betreiber, eine nicht mehr zu vernachlässigende Größe darstellen, wenn es um die Durchsetzung bestimmter Interessen geht. 256 Gegenstand einer weiteren Frage war der Ursprung dieser Einflußnahmen. Dabei wurden folgende Varianten vorgegeben, von denen auch mehrere angekreuzt werden konnten: (l) Betreiberseite

(2) Industrieverbände (3) Politiker (4) Presse, Rundfunk, Fernsehen (5) Sonstige: _ _ _ _ _ __ Die Auswertung von insgesamt 24 Antworten ergab folgendes Bild: Tabelle 84 Frage B.3.4. (Verb.) Anzahl n der Antworten

(1)

Anzahl n der angegebenen Antwortaltemativen (in %) (2) (3) (4) (5)

24

11 (26%)

============================================================ 9 (21%)

15 (36%)

2 (5%)

5 (12%)

256 Vgl. hierzu auch das Ergebnis der Behördenumfrage oben auf S. 222, 231, Tabellen 55 Wld 60.

266

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

Wie bei der Behördenumfrage257 wurden die Einflußnahmen von Politikern auch von den Verbänden als besonders stark empfunden. Fast ebenso stark wurde auch der Einfluß der Betreiber auf die Arbeit der Verbände eingeschätzt. Ein Verband merkte dazu an, daß es häufig deren Gutachter seien, die versuchten, Einfluß auszuüben. Als sonstige Quellen von Einflußnahmen oder Pressionen wurden dreimal Behörden bzw. Kommunalverwaltungen sowie je einmal Landwirtschaftsverbände und die Bevölkerung im allgemeinen genannt. gg) Verhältnis der Verbände zu Betreibern Eine weitere Frage betraf das Verhältnis der Verbände zu Betreibern. Konkret wurde gefragt, ob sich Verbände bei der Durchsetzung umweltrechtlicher Standards vor allem größeren Unternehmen unterlegen fühlen. Bei der Beantwortung sollte ein für zutreffend angesehener Wert zwischen folgenden Extrempositionen angegeben werden: 'I': Unser Verband fühlt sich vor allem größeren Unternehmen 'gar nicht' unterlegen. '5': Ein Gefühl der Unterlegenheit ist 'sehr stark' vorhanden. Die Auswertung erbrachte folgendes Meinungsbild: Tabelle 85

Frage B.3.1. (Verb.) Anzahl n der Antworten

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (gar nicht) (sehr stark)

Durchschnitt

28

0(0%) 2 (7%) 4 (14%) 10(36%)12 (43%)

4,1

Mit einem Durchschnittswert von '4, I' zeigte sich, daß sich Verbände Betreibern gegenüber häufig stark unterlegen fühlen. Als Ursachen wurden insbesondere die besseren materiellen Ressourcen von Großunternehmen sowie politische Einflußnahmen genannt. Das offenbar vielfach vorhandene Gefiihl der Unterlegenheit und Machtlosigkeit von Umweltverbänden gegenüber anderen Interessenvertretern258 ist somit gegenüber Betreibern besonders stark ausgeprägt.

257 Vgl. dazu oben S. 222, Tabelle 55. 258 Vgl. dazu oben S. 243.

m. EinschätzWJ.g des Handeins anderer am Vollzug Beteiligter

267

6. Bedeutung der Rechtsprechung rDr die Vollzugspraxis Neben der Öffentlichkeit und den Betreibem spielt die Rechtsprechung im Rahmen des Implementationsprozesses eine wichtige Rolle. Soweit eine innerhalb der Verwaltung strittige Rechtsfrage gerichtlich geklärt worden ist, kann dies für den künftigen Verwaltungsvollzug eine zumindest faktische Präjudizwirkung entfalten. Daher wurden die Behörden gefragt, welchen Einfluß Verwaltungsgerichtsurteile allgemein auf die behördliche Tätigkeit im Bereich des Umweltschutzes ausüben. Folgende Extremwerte wurden in einer aufsteigenden Fünferskala vorgegeben: 'I': Der Einfluß von Verwaltungsgerichtsurteilen auf die Tätigkeit unserer Behörde ist 'sehr gering'. '5': Der Einfluß von Verwaltungsgerichtsurteilen auf die Tätigkeit unserer Behörde ist 'sehr groß'. Insgesamt gaben zu dieser Frage 80 Behörden eine Einschätzung ab. Folgendes Ergebnis konnte ermittelt werden: Tabelle 86 Frage B.8. (Beh.) Bundes!. I Beh.-typ

Anzahl n der angegebenen Werte (in %) 1 2 3 4 5 (sehr gering) (sehr groß)

Durchschnitt

============================================================

Bay I Städte Bay ILRÄ

2 (11%) 1 (6%) 8 (44%) 5 (28%) 2 (11%) 1 (4%) 5 (18%) 9 (32%) 10 (36%)3 (10%)

3,2 3,3

Bay ges.

3(6%)

6(13%) 17(37%)15(33%)5(11%)

3,3

Bremen

0(0%)

0 (0%)

4,5

Hessen

0(0%)

2(1-5,5%)3 (23%) 6 (46%) 2 (15,5%)

3,6

0(0%)

2 (29%) 3 (43%) 1 (14%) 1 (14%)

3,1

-------------------------------------------------------------------------_. 0(0%) 0 (0%) 1 (17%) 3 (50%) 2 (33%) 4,2 Berlin --_._-------------------- ----------NRW Regierungen

0 (0%)

2 (50%) 2 (50%)

._------------------------------------------1 (25%) 0 (0%)

0 (0%)

3 (75%) 0 (0%)

3,3

============================================================

Summe

4 (5%)

10(12,5%)24(30%)30(37,5%)12 (15%)

3,5

268

3. Kapitel: Die tatsächlichen Vollzugsvoraussetzungen

Mit einem Durchschnittswert von '3,5' zeigte sich, daß der Einfluß, den verwaltungsgerichtliche Entscheidungen auf die behördliche Arbeit ausüben, durchaus beträchtlich ist. Hieraus wird auch ersichtlich, welche Bedeutung gerichtlich entschiedene Präzedenzfälle für die behördliche Arbeit besitzen. Gerade im Bereich des EG-Umweltrechts, in dem viele Vorschriften erst seit wenigen Jahren in Kraft getreten sind, liegen jedoch häufig keine Gerichtsurteile vor,259 so daß den Behörden eine Bezugnahme auf ergangene Entscheidungen in Parallelfällen meist verwehrt ist.

7. Zusammenarbeit im nationalen / internationalen Rahmen in Fragen des Umweltschutzes In zwei abschließenden Fragen ging es um die Zusammenarbeit von Behörden im nationalen und internationalen Rahmen. Wegen des Querschnittscharakters der Rechtsmaterie Umweltschutz spielen Umweltschutzbelange nicht selten auch im Rahmen anderer Politikfelder eine gewisse Rolle. 260 Soweit von anderen Behörden getroffene Entscheidungen wegen ihrer Umweltrelevanz den Zuständigkeitsbereich von Umweltschutzbehörden i.e.S. berühren, war es interessant zu erfahren, ob in diesen Fällen die Umweltschutzbehörden zumindest über das laufende Verfahren informiert wurden. Daher wurden die angeschriebenen Behörden um eine Stellungnahme gebeten, ob in derartigen Fällen zumindest eine informatorische Rücksprache stattfindet. In einer aufsteigenden Fünferskala wurden die Extremwerte wie folgt benannt: 'I': Unsere Behörde wird 'nie' informiert, wenn es um Entscheidungen anderer Behörden geht, die wegen ihrer Umweltrelevanz auch unsere Behörde betreffen könnten. '5': Unsere Behörde wird in solchen Fällen 'regelmäßig' informiert.

84 von 85 Behörden antworteten auf diese Frage, wodurch sich folgendes Meinungsbild ergab:

259 Verschärft wird die Situation dadurch, daß es oft sehr lange dauert, bis eine EGrechtliche Frage durch den EuGH geklärt wird. Vgl. dazu auch unten S. 287f. 260 Vgl. zu diesem Aspekt bereits oben S. 59ff.

III. Einschätzung des HandeIns anderer am Vollzug Beteiligter

269

Tabelle 87

Frage B.5. (Beb.)

Bundes!. / Behördentyp

Anzahl n der angegebenen Werte (in %)

1 (nie)

2

3

4

Durch5 schnitt (regelmäßig)

============================================================

Bay / Städte Bay/LRÄ

2(11%) 6(33%) 2(11%) 5(28%) 3(17%) 1 (4%) 10(36%) 6 (21%) 7 (25%) 4 (14%)

3,1 3,1

Bay ges.

3 (7%)

16(35%) 8 (17%) 12 (26%)7 (15%)

3,1

Berlin

1(12,5%)3(37,5%) 1(12,5%) 1(12,5%)2 (25%)

3,1

Bremen

0(0%)

3,25

Hessen

2(15,3%)1 (8%)

6 (46%) 2(15,3%)2 (15,3%)

3,1

NRW

0(0%)

0 (0%)

2 (29%) 4 (57%) I (14%)

3,9

Regierungen

0(0%)

0 (0%)

2(33,3%)2(33,3%)2 (33,3%)

4,0

Sunune

6 (7%)

21 (25%)20 (24%)23 (27%) 14 (17%)

3,2

I (25%) I (25%) 2 (50%) 0 (0%)

Etwa ein Drittel der Behörden äußerte größere Defizite. Um behördliche Entscheidungen besser abzustimmen und Umweltaspekten ausreichend Rechnung zu tragen, kommt gerade im Bereich dieser Behörden eine verstärkte Kommunikation mit fachfremden Behörden eine große Bedeutung zu. Erwartungsgemäß waren die Werte bei den Regierungen mit durchschnittlich '4,0' am höchsten, da diese in der Regel als vorgesetzte Behörden in umweltrelevanten Fällen informiert werden. Zum Teil informierten auch der Städteoder Landkreistag bzw. die Bezirksregierungen die betreffenden Behörden. Schließlich wurde gefragt, ob Behördenvertreter der angeschriebenen Behörden an Verwaltungskonferenzen oder Besprechungen teilnahmen - falls ja, wie oft? - , in denen es um Fragen des europäischen und/oder nationalen Umweltrechts und dessen Vollzug ging. Von den insgesamt 83 Behörden, die auf diese Frage antworteten, gaben immerhin 55 (= 66 %) an, daß eine Beteiligung an solchen Konferenzen nicht stattfände. Von den übrigen 28 Behörden bezifferten 18 die jährliche Anzahl durchschnittlich mit vier Konferenzen. Einmal wurde am Rande vermerkt, daß es keine Verwaltungskonferenzen in europäischen Fragen gebe, dafür jedoch "ca. 5 - 6mal jährlich Dienstbesprechungen in Umweltschutzfragen bei der Bezirksregierung". Eine weitere Stimme äußerte sich so: "Anzahl nicht genau anzugeben, ständiger Austausch in der Landesverwaltung über Arbeits-, Projektgruppen, Statusgespräche, Amtslei-

270

3. Kapitel: Die tatsächlichen VollzugsvoraussetzWlgen

tertreffen usw. ohne speziellen Bezug zu europäischen Fragen." Speziell im Zusammenhang mit europäischen Umweltschutzfragen wies eine Behörde auf "Euregio egrensis"261 hin; zum Teil wurden auch andere Gremien wie die AGKU262 sowie die AGU263 genannt. Eine Behörde meinte schließlich, daß derartige Besprechungen im wesentlichen auf ministerieller Ebene stattfänden. Gerade im Bereich der nationalen und internationalen Zusammenarbeit in Fragen des europäischen Umweltschutzrechtes stehen noch einige Entwicklungen bevor, sollen die europarechtlichen Vorschriften, die von der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes erlassen wurden, tatsächlich im gesamten Gemeinschaftsgebiet wirksam durchgesetzt werden. Die Befragung der Behörden hat insgesamt gezeigt, daß eine gute Kooperation und Abstimmung der Behörden untereinander sowie ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen der Behördenbediensteten unerläßlich sind rur einen wirksamen Vollzug von EG-Umweltrecht.

261 EUREGIO ist eine grenzüberschreitende Raumzusammenarbeit europäischer Korrununalgemeinschaften. Ziel ist die Förderung von Verkehr, Wirtschaft, Kultur Wld ErholWlgswesen sowie die Koordinierung von EntwicklWlgsüberlegWlgen innerhalb Wld außerhalb der Region. EUREGIO ist in den jeweils zuständigen Behörden Wld Stellen vertreten; vgl. dazu Die BWldesrepublik Deutschland, StaatshandbuchVerbände, S. 704. 262 Arbeitsgemeinschaft korrunWlaler Umweltschutz. 263 Arbeitsgemeinschaft fi1r Umweltfragen e.V.: Ziele des Vereins, der als Träger des im Umweltprogramm der BWldesregierung festgelegten "Umwelt-Forums" fungiert, sind die Förderung der UmweltgestaltWlg Wld des Umweltschutzes durch koordinierende Tätigkeit im außerbehördlichen Raum sowie die MitwirkWlg an der Aufklärung der Bevölkerung durch eigene Maßnalunen oder durch UnterstützWlg Wld Koordinierung von Aktionen anderer Stellen. Vgl. Die BWldesrepublik Deutschland, Staatshandbuch-Verbände, S. 713.

4. Kapitel

Zusammenfassung und Ausblick Anhand der rechtlichen Voraussetzungen fiir den Vollzug von EGUmweltrecht wird die tatsächliche Verwaltungspraxis, wie sie sich angesichts der Ergebnisse der Umfragen bei Behörden und Umweltverbänden in Deutschland darstellt, im folgenden bewertet und thesenartig zusammengefaßt. Kritisch zu würdigen ist dabei der mittlerweile fast schon zum Schlagwort verkommene und zu Pauschalisierungen einladende Begriff des Vollzugsdefizits. 1 Insbesondere die europarechtlichen Besonderheiten stellen an die Vollzugsorgane hohe Anforderungen, die in der Praxis oftmals nur schwer zu erfiillen sind. Eine differenzierte Problemanalyse ist daher unerläßlich. Desweiteren werden Vorschläge tatsächlicher, rechtlicher und politischer Art daraufhin untersucht, inwieweit sie zur Lösung von Vollzugsproblemen geeignet sind.

I. Problembereiche beim Vollzug von EG-Umweltrecht 1. Die von EG-Umweltrichtlinien ausgehenden Wirkungen werden in der behördlichen Praxis kaum beachtet Treffender müßte eigentlich formuliert werden: Die Richtlinienwirkungen2

können angesichts der gegebenen tatsächlichen Voraussetzungen behördlicher

Tätigkeit von den zuständigen Vollzugsbeamten gar nicht beachtet werden. Deutlich wird dies bereits an der materiellen und personellen Ausstattung der Verwaltung: Im Rahmen der Umfrage schätzte ein Viertel der antwortenden Behörden die eigene materielle Behördenausstattung allgemein negativ ein. 3 Lediglich ein Drittel verfugt über alle relevanten Richtlinientexte. 4 Ausreichende Sekundärliteratur ist lediglich in drei (! !) Behörden vorhanden. 5 Ferner werden Fortbildungsmöglichkeiten fiir Behördenmitarbeiter nur in unzureichendem Maße angeboten, obwohl die Bereitschaft, diese zu nutzen, relativ hoch eingeschätzt wird. 6 Aufschlußreich ist auch das Antwortverhalten hinsichtlich der im Zusammenhang mit europarechtlichen Bestimmungen am 1 Vgl. zum Begriff des Vollzugsdefizits oben S. 144f. 2 Vgl. zur Beachtung der Richtlinienwirkungen durch Behörden oben S. 109ff. 3 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 168, Tabelle 25. 4

Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 169, Tabelle 26.

5 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 170, Tabelle 27.

6 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 166f, Tabellen 23 und 24.

272

4. Kapitel: Zusanunenfassung und Ausblick

häufigsten auftretenden Schwierigkeiten. Mit einern Anteil von 37% wurde die Auffassung mehrheitlich geteilt, es sei einern häufig gar nicht bewußt, daß das anzuwendende nationale Gesetz auf eine EG-Richtlinie zurückgehe. 7 Konkret wurde in zwei Fällen eine Direktwirkung der Umweltinformationsrichtlinie zu Unrecht verneint und damit ein ablehnender Bescheid begIiindet. 8 Der Zusammenhang zwischen der Behördenausstattung und der Beachtung von Richtlinienbestirnrnungen wird im übrigen durch das Antwortverhalten der sechs Bezirksregierungen untermauert. Überdurchschnittlich positiv fiel dort nämlich die Beurteilung der eigenen behördlichen Ressourcen aus; andererseits wurde lediglich in einern Fall (= 10%)9 angegeben, es fehle häufig das Bewußtsein, Europarecht zu vollziehen. 10 Eine vollständige Erfiillung der vorn EuGH postulierten Anforderungen an den Gemeinschaftsrechtsvollzug ist unter den genannten Bedingungen nicht annähernd möglich. Es ließe sich zwar einwenden, bei einer optimalen Umsetzung würden die entsprechenden Richtlinienbestimmungen allein durch die Beachtung des nationalen Umsetzungsgesetzes wirksam. Allerdings fehlt es gerade daran relativ häufig. 11 Desweiteren ist zu berücksichtigen, daß die Ziele der Richtlinie auch bei einer fehlerfreien Umsetzung mittels einer richtlinienkonformen Auslegung heranzuziehen sind. Ferner sind nationale Vorschriften, die nicht speziell zur Umsetzung erlassen wurden, dann nicht anzuwenden, wenn sie im Widerspruch zu den Zielen einer Richtlinie stehen. Es darf auch nicht unbedingt darauf vertraut werden, fehlerhafte Verwaltungsentscheidungen würden auf dem Gerichtswege korrigiert werden. Hierzu bedarf es neben der Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage auch einer Entscheidung, die die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts umfassend würdigt, gegebenenfalls unter Vorlage an den EuGH.

7 Vgl.

im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 174, Tabelle 29. im Falle der Umweltinformationsrichtlinie besonders, zurnal per Rundschreiben durch das Bundesministeriurn ft1r Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ausdrücklich empfohlen wurde, deren Bestimmungen nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar anzuwenden; vgl. dazu auch Meininger, NVwZ 1993, S. 657. Vgl. hierzu auch die Urteile des VG Stade, ZUR 1993, S. 225, und des VG Minden, ZUR 1993, S. 284. 9 Der Wert beträgt deshalb weniger als 116, da zur Beantwortung der betreffenden Frage auch mehrere Antwortrnöglichkeiten angekreuzt werden konnten. 10 Vgl. oben S. 174f. 11 Vgl. oben S. 10 5ff. 8 Die Mißachtung der Direktwirkung verwundert

I. Problembereiche beim Vollzug von EG-Umweltrecht

273

2. EG-Umweltrecht wird sowohl im Verhältnis der innerstaatlichen Behörden als auch zwischen den Mitgliedstaaten uneinheitlich vollzogen Die gleichmäßige und einheitliche Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts ist eine der wesentlichen Forderungen, die der EuGH im Hinblick auf die praktische Wirksamkeit europarechtlicher Bestimmungen aufstellt. 12 Die Vollzugspraxis der Umweltverwaltung wird dieser Vorgabe allerdings kaum gerecht. So waren immerhin 80% der Behörden der Meinung, die in EG-Umweltrichtlinien festgelegten Grenzwerte würden in Deutschland strikter eingehalten und überwacht als in anderen EG-Mitgliedstaaten. 13 In erläuternden Randbemerkungen kam deutlich zum Ausdruck, daß vielfach nicht mehr eingesehen werde, warum europäische Umweltschutzvorschriften andernorts wesentlich laxer gehandhabt werden. Es ist hierbei zwar zu berücksichtigen, daß es sich lediglich um die persönliche Einschätzung der an der Umfrage beteiligten Bediensteten handelt. Allerdings scheint die Eindeutigkeit, mit der auf diesen Problembereich hingewiesen wurde, dafür zu sprechen, daß große qualitative Unterschiede in der behördlichen Vollzugspraxis zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. Desweiteren wirkt sich diese negative Grundhaltung langfristig auch auf die Vollzugsmoral in Deutschland aus. Immerhin beeinflußt die Durchsetzung von Umweltstandards klare Wettbewerbsinteressen, da Umweltauflagen sich häufig kostenintensiv auswirken. Eine Rolle dürfte in diesem Kontext auch die Leistungsfähigkeit des nationalen Verwaltungsapparats spielen. Schlampereien und Organisationsmängel innerhalb der Behördenorganisation lassen sich häufig nicht kurzfristig abstellen, vor allem dann nicht, wenn der betreffende Mitgliedstaat vor seinem EU-Beitritt auf nationaler Ebene über keine effektive Umweltverwaltung verfügte. 14 Aber auch innerhalb Deutschlands divergiert der Vollzug zwischen den einzelnen Behörden zum Teil beträchtlich. So wird die Gebührenfrage bei der Übermittlung von Umweltinformationen sehr unterschiedlich gehandhabt. 15 Auch die im Rahmen der UVP geforderten Tätigkeiten werden zum Teil sehr verschieden ausgeführt. Dies betrifft zum einen die Beteiligung von Umweltverbänden, zum anderen aber auch die Information der am Verfahren Beteiligten während der öffentlichen Auslegung der Planunterlagen. 16 Daher kommt es nicht selten dazu, daß parallel gelagerte Sachverhalte entgegengesetzt entschieden werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die

12 Immerhin spricht der EuGH in mehr als 60 Urteilen von der "einheitlichen Anwendbarkeit" des Gemeinschaftsrecht; vgl. hierzu Nettesheim, GS Grabitz, S. 447. 13 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 177, Tabelle 30. 14 Vgl. dazu auch oben S. 58. 15 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 195, Tabelle 41. 16 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 208, Tabelle 48. 18 Engelsberger

274

4. Kapitel: ZusanunenfassWlg Wld Ausblick

spezielle Problematik der bundesstaatlichen Ordnung in Deutschland, durch die die Zuständigkeit rur die Umweltverwaltung im wesentlichen den 16 Ländern übertragen wird. Auf diese Weise sind - je nach Bundesland - unterschiedliche Behördentypen - sei es der Sonder- oder der allgemeinen Verwaltung - rur identische Fallkonstellationen zuständig. 17 3. Europarechtliche Vorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes sind teilweise praxisfern Die Ursachen rur Vollzugsmängelliegen zum Teil im rechtlichen Programm selbst. Während der Umfrage wurde von einzelnen Behörden bemängelt, häufig seien in EG-Umweltrichtlinien festgelegte Vorschriften wenig durchdacht, unüberschaubar und kaum praktikabel. 18 Als konkretes Beispiel ist Art. 4 Abs. 2 i. Y.m. Art. 2 Abs. I UVP-Richtlinie zu nennen. Dort wird die Frage der UVP-Pflichtigkeit davon abhängig gemacht, ob ein Mitgliedstaat bei einem Vorhaben aufgrund seiner Umweltauswirkungen eine UVP fiir erforderlich hält. 19 Insgesamt wurde die UVP-Richtlinie im Vergleich zur Umweltinformationsrichtlinie deutlich weniger anwendungsfreundlich eingeschätzt. 20 Immerhin meinte ein Drittel, der große Aufwand der UVP stehe in keinem Verhältnis zu deren tatsächlichem Erfolg in der Praxis. 21 Bei 15 von 57 Behörden fiihrte die Durchfiihrung der UVP immerhin bereits dazu, daß mindestens ein Vorhaben aufgrund der Gesamtbewertung nicht genehmigt werden konnte. 22 Als aufschlußreich erwies sich in diesem Kontext die Frage, welche umweltpolitischen Instrumente auf regionaler sowie auf Gemeinschaftsebene als am sinnvollsten erachtet werden. Ordnungsrechtliche Maßnahmen wurden im regionalen Bereich rur deutlich effektiver gehalten als auf der Ebene des Europarechts, während das Antwortverhalten im Hinblick auf ökonomische Instrumente genau gegensätzlich ausfiel. Bewußtseinsbildende Maßnahmen wurden demgegenüber in beiden Bereichen als gleichermaßen sinnvoll angesehen. 23 Zwar sollte auf den Einsatz des Ordnungsrechts auch gemeinschaftsrechtlich nicht verzichtet werden, da nur so Mitgliedstaaten mit niedrigeren Umweltschutzstandards zu deren Anhebung langfristig gezwungen werden können. Allerdings ergeben sich Bedenken insbesondere aus dem Gesichtspunkt der Vollzugskontrolle. Wird durch eine Vorschrift einzelnen Unternehmen ein be17 Vgl hierzu bereits oben S. 95ff. 18 Vgl. oben S. 145. 19 Für die Verwaltung ist eine derart allgemein formulierte HandlWlgsanweisWlg kaum zu vollziehen; vgl. auch die Umfrageergebnisse auf S. 210ff. 20 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 146ff. 21 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 149, Tabelle 10. 22 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 201. 23 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 151, Tabelle 12.

I. Problembereiche beim Vollzug von EG-Umweltrecht

275

stimmtes Verhalten auferlegt, dann hängt die Wirksamkeit der Regelung maßgeblich davon ab, inwieweit ein Fehlverhalten oder Untätigsein der betreffenden Betreiber tatsächlich aufgedeckt und geahndet wird. Gerade in diesem Punkt scheint die Kommission angesichts beschränkter Kapazitäten überfordert zu sein. Deshalb ist es häufig vom Zufall abhängig, ob ihr ein solcher Verstoß bekannt wird. Nicht selten sind es einzelne Bürger oder Umweltschutzverbände, die sich - etwa im Wege einer Umweltbeschwerde - als hilfreiche Informationszuträger erweisen. Weniger Kontrollaufwand ist demgegenüber bei denjenigen Bestimmungen zu leisten, deren Erfüllung auch im Interesse der Betreiber steht. So wurde beispielsweise die Beibringungspflicht der Prüfunterlagen durch die Unternehmen im Rahmen der UVP vor allem deshalb so hoch eingeschätzt, weil hier ein Interesse an der zügigen Durchfiihrung des Verfahrens besteht. 24 4. Umweltverblinde und Bürger sind am behördlichen Entscheidungsprozeß nicht immer ausreichend beteiligt Umweltrelevante Verwaltungsverfahren sehen in der Regel eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Nicht selten werden Umweltschutzverbände von den zuständigen Behörden angehört. Vor allem die behördliche Überwachungstätigkeit wird dabei durch Hinweise aus der Bevölkerung unterstützt. So schätzten die antwortenden Stellen im Rahmen der Umfrage die an sie getragenen Informationen von seiten der Öffentlichkeit als überwiegend hilfreich ein. 25 Durchschnittlich gingen pro Behörde im Jahre 1994 etwa 260 Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen ein, von denen 60% Fälle betrafen, die noch nicht durch vorangegangene Hinweise oder in sonstiger Weise bekannt waren. Lediglich 35% der Hinweise stellten sich im nachhinein als unbegründet heraus. 26 Desweiteren wurde angegeben, daß ca. 10% der mitgeteilten Sachverhalte nicht genügend nachgegangen werden konnte, da die behördlichen Kapazitäten ausgelastet waren. 27 Bestätigt wurden diese Angaben durch die Verbände, die durchschnittlich je 29 Hinweise auf vermutete Verstöße gegen rechtliche Bestimmungen im Jahre 1994 an Behörden weiterleiteten. 28 Einzelne Bürger wandten sich jeweils ca. 110mal in dieser Zeit an die betroffenen Verbände, um diese auf entsprechende Sachverhalte aufmerksam zu machen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten. 29 Aus Sicht der Verbände wurde den weitergeleiteten Informationen von behördlicher Seite allerdings nur sehr un-

24 Vgl. oben S. 203ff. 25 Vgl.

im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 231, Tabelle 60.

26 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 232, Tabelle 61.

Vgl. iin einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 234, Tabelle 62. Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 238, Tabelle 64. 29 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 238, Tabelle 64.

27 28

18*

276

4. Kapitel: Zusammenfassung und Ausblick

zureichend nachgegangen. 30 Ferner beurteilten sie allgemein die Effektivität behördlicher Überwachungstätigkeit überwiegend negativ. 31 Trotz der verhältnismäßig starken Präsenz im Verwaltungsverfahren wurden 1994 Widersprüche lediglich mit einem Anteil von 13% von seiten der Öffentlichkeit gegen behördliche Entscheidungen eingelegt.32 Dabei handelte es sich überwiegend um Kostenwidersprüche gegen Gebührenbescheide, also keine klassischen Nachbarwidersprüche. Von den Verbänden wurden 1994 durchschnittlich je fünfmal einzelne Betroffene materiell oder immateriell im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens unterstützt. Die Anzahl der von den Verbänden selbst eingelegten Widersprüche oder Klagen betrug demgegenüber im Durchschnitt lediglich 3,6. Insgesamt wurde dabei je zweimal (auch) die Verletzung europarechtlicher Bestimmungen gerügt. 33 Die Öffentlichkeit, seien es nun einzelne Betroffene oder Umweltschutzverbände, nehmen bei der Durchsetzung umweltrechtlicher Bestimmungen eine nicht zu unterschätzende Funktion wahr. Sie unterstützen die staatlichen Organe bei deren Tätigkeit, insbesondere der Überprüfung, inwieweit Umweltauflagen tatsächlich vor Ort eingehalten werden. Obwohl die korrekte Erfüllung gesetzlicher Vorgaben theoretisch durch den Staat und seine Behörden zu gewährleisten ist, scheitert die vollständige Wahrnehmung dieser Aufgabe in der Praxis nicht zuletzt an tatsächlichen Hindernissen, etwa den begrenzten Ressourcen. Behörden sind daher oft auf zusätzliche Informationen angewiesen. Angesichts dieser Situation findet die Bedeutung, die der Öffentlichkeit im Rahmen behördlicher Entscheidungsprozesse gerade in umweltrelevanten Konstellationen zukommt, keine ausreichende Entsprechung in den rechtli chen Bestimmungen zur Beteiligung an Verwaltungsverfahren. Vor dem oben genannten Hintergrund muß in Deutschland insbesondere die Frage aufgeworfen werden, inwieweit eine altruistische Verbandsklage zugelassen werden sollte. 34 5. Zugeständnisse an Betreiber erschweren die konsequente Durchsetzung europäischer Umweltstandards Zwischen Behörden und den von behördlichen Maßnahmen betroffenen Unternehmen findet nicht selten ein intensiver Austausch während und vor der Durchführung eines umweltrelevanten Verwaltungsverfahrens statt. Die mit dem Begriff der Umweltabsprachen allgemein umschriebenen Kooperationsformen wurden von den Behörden in ihrer Bedeutung sehr hoch einge30 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 239, Tabelle 65. 31 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 240, Tabelle 66. 32 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 248, Tabelle 73. 33 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 248, Tabelle 73. 34 Vgl. zu letzterem Gesichtspunkt die Ausftihrungen unten S. 281fT.

I. Problembereiche beim Vollzug von EG-Umweltrecht

277

schätzt. 35 Fast alle Stellen teilten die Auffassung, dadurch würden behördliche Verfahren verkürzt; der Vollzug sei insgesamt effektiver. 36 Bestätigt wurde dies bei der Frage nach der Bereitschaft von Unternehmen, den erteilten Umweltauflagen auch nachzukommen. Hierbei zeigte sich, daß gerade Großunternehmen, mit denen am häufigsten Umweltabsprachen stattfinden, insoweit als am kooperativsten angesehen werden. 37 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch auch die Einschätzung einiger Behörden, sie fiihlten sich vor allem Großbetrieben gegenüber in technischen und rechtlichen Fragen teilweise stark untedegen. 38 Aus Sicht der Verbände fiel das Ergebnis im Hinblick auf das Kräfteverhältnis zwischen Behörden und Betreibern im übrigen noch deutlicher aus. 39 Behördliches Handeln steht, wenn man es nicht isoliert betrachtet, ferner unter dem Einfluß unterschiedlicher Interessenvertreter. Allgemein wurde die Intensität tatsächlicher und versuchter Einflußnahmen auf das behördliche Handeln sowohl von den Behörden als auch von den Verbänden als erheblich eingestuft. 40 Übereinstimmend wurde auch die Ansicht vertreten, daß die stärksten Einflüsse von Politikern ausgingen. Während jedoch die Behörden sich gleichermaßen stark den Interessenvertretern von Unternehmen und Umweltschutzverbänden gegenübersahen, schätzten die Verbände ihre eigenen Möglichkeiten, das behördliche Handeln zu beeinflussen, deutlich geringer ein. 41 Der allzu großzügige Gebrauch von Umweltabsprachen sollte kritisch hinterfragt werden. Es ließe sich zwar mit dem Stichwort der "Schadensbegrenzung" einwenden, ohne diese Formen der Zusammenarbeit würden Umweltstandards in weit geringerem Maße durchzusetzen sein. Kommt dieses Argument allerdings nicht einer Kapitulation gleich? Immerhin liegt die Vermutung nicht ganz fern, die Eckpunkte behördlicher Entscheidungen würden auf diesem Wege an der Öffentlichkeit vorbei getroffen, wenn Betreiber und Behörden "unter sich" sind. Inwieweit bei solchen Absprachen Zugeständnisse von seiten der Behörden gemacht werden, läßt sich für die Öffentlichkeit kaum durchschauen. Die mangelnde Transparenz des Verfahrens dürfte zudem der Akzeptanz behördlicher Entscheidungen in den betroffenen Kreisen der Bevölkerung nicht unbedingt zuträglich sein.

35 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 228, Tabelle 58. 36 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 229, Tabelle 59. 37 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 224, Tabelle 56. 38 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 225, Tabelle 57. 39 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 244, Tabelle 70. 40 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 220,265, Tabellen 54 und 83. 41 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 222,265, Tabellen 55 und 84.

278

4. Kapitel: Zusammenfasstmg tmd Ausblick

6. Kooperation und Konsultation zwischen Behörden und Behördenteilen sind teilweise mangelhaft Angesichts der Komplexität des Vollzugs von EG-Umweltrecht kommt es auf eine gute Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Behörden und Behördenteilen an. Dies betrifft auch die Organe der Gemeinschaft, insbesondere die Kommission. Bei der Befragung fiel auf, daß zwar zahlreiche Kontakte mit vorgesetzten Behörden und anderen Behörden desselben Bundeslandes stattfinden, jedoch kaum mit Behörden anderer Bundesländer und fast nie mit europäischen Stellen. 42 Dieses Ergebnis ist letztlich die Konsequenz der fOderalen Verwaltungsstruktur in Deutschland. Gravierender erscheinen die Abstimmungsprobleme in den Fällen, in denen Entscheidungen von nicht primär für Umweltschutzaufgaben zuständigen Behörden gefallt werden, die wegen ihres Umweltrechtsbezugs auch die Aufgabenfelder von Umweltschutzbehörden betreffen. Ein Drittel der antwortenden Behörden bemängelte, daß in diesen Konstellationen nur selten eine Rücksprache oder zumindest eine informatorische Unterrichtung erfolgt.43 Desweiteren gaben zwei Drittel der Behörden an, daß sie an Verwaltungskonferenzen zu Fragen des (europäischen) Umweltschutzrechts nicht teilnehmen. 44 Auch auf europäischer Ebene sind bisweilen eklatante Abstimmungsprobleme zu beklagen, insbesondere zwischen den einzelnen Generaldirektionen der Kommission. 45 Ein mangelhafter Informationsfluß auf nationaler und europäischer Ebene erschwert den einheitlichen und gleichmäßigen Vollzug von EG-Umweltrecht. Zwar sind die einzelnen Verwaltungsstellen nicht primärer Ansprechpartner der Kommission. Es verwundert dennoch, daß angesichts der zum Ausdruck gebrachten Vollzugsschwierigkeiten fast nie Kontakt mit nationalen und europäischen Stellen, etwa dem Bundeswirtschaftsministerium oder der Kommission, aufgenommen wurde.

7. Die Rechtsprechung des EuGH überfordert die nationalen Vollzugsorgane und ist daher pransfern Auf die unzureichende Beachtung der Richtlinienwirkungen durch die Vollzugsbeamten der Mitgliedstaaten wurde bereits hingewiesen. Es stellt sich in diesem Kontext jedoch auch die Frage, inwieweit überhaupt eine Erfüllung der vom Gerichtshof aufgestellten Anforderungen erwartet werden kann. Insbesondere die Fragen der Direktwirkung und der richtlinienkonformen Auslegung verlangen Kenntnis und Verständnis der umfangreichen Rechtsprechung des EuGH. Hinzu kommt, daß die Vorschriften des Primärrechts, aus denen 42 Vgl. 43 Vgl. 44 Vgl. 45 Vgl.

im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 217, Tabelle 53. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 269f, Tabelle 87. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 269f oben S. 89f

I. Problembereiche beim Vollzug von EG-Umweltrecht

279

die jeweiligen mitgliedstaatlichen Verpflichtungen abgeleitet werden, kaum konkrete Anhaltspunkte liefern. 46 Aus dem Gedanken der Rechtssicherheit läßt sich zudem die Forderung ableiten, daß für den einzelnen die Rechtslage zumindest in groben Zügen vorhersehbar sein muß. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn selbst die zuständigen Vollzugsbeamten die einer Entscheidung zugrundeliegende Richtlinie nicht kennen, geschweige denn die von dieser ausgehenden Wirkungen. 47 Als besonders problematisch erweist sich die EuGH-Rechtsprechung in denjenigen Fällen, in denen eine Umsetzung nicht oder nicht vollständig erfolgte. Dem rechtskundigen Bürger mag es gelingen, seine Rechte gegebenenfalls auf dem Gerichtswege zu erstreiten. Andernfalls stehen diese nur auf dem Papier. Es wäre verfehlt, die Rechtsprechung des EuGH und die damit verbundenen Errungenschaften deshalb grundlegend in Frage zu stellen. 48 Allerdings bedarf es Überlegungen, wie diese Rechtsprechung praxisgerechter umgesetzt und gehandhabt werden kann. 8. Vollzugsmängel werden aufgrund unzureichender Kontroll- und Sanktionsinstrumente nur lückenhaft aufgedeckt und geahndet Zu einem effektiven Vollzug gehört auch effektive Kontrolle. Diese einfache Erkenntnis läßt sich jedoch oftmals nur schwer in die Tat umsetzen. Am Beispiel des Vollzugs von EG-Umweltrichtlinien läßt sich dies veranschaulichen: Regelmäßig sind hier zwei Vollzugsakte, nämlich die Umsetzung und der Erlaß behördlicher Einzelakte, im Hinblick auf deren Gemeinschaftsrechtskonformität zu überprüfen. Die Zahl der Umsetzungsakte ist zahlenmäßig begrenzt und daher überschaubar. Gleiches gilt jedoch nicht für die aufgrund der Richtlinie ergangenen oder trotz der Richtlinie unterlassenen Entscheidungen der nationalen Behörden. Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage, wie effektive Kontrolle zu organisieren ist. Da der EG-Vertrag diesbezüglich relativ offen ist,49 kommen im wesentlichen zwei grundlegende Positionen in Be-

46 Vgl. insbesondere Art. 5 und Art. 189 Abs. 3 EGV 47 Die Einschätzung von Brandt, JuS 1994, S. 300 (305), bislang seien die Vorstellungen des EuGH auf die Dauer im wesentlichen akzeptiert und auch in die Tat umgesetzt worden, erscheint angesichts der Umfrageergebnisse allzu optimistisch. 48 Dies wird in der neueren Europarechtsliteratur bestätigt. Vgl. insoweit statt vieler Dauses, Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages, Gutachten D, S. D 44ff, der sich insbesondere mit Möglichkeiten der Weiterentwicklung des gemeinschaftlichen Gerichtswesens auseinandersetzt. In der Vergangenheit wurde die durch die EuGHRechtsprechung betriebene Rechtsfortbildung allerdings auch teilweise lebhaft kritisiert: So wurde der EuGH als "gouvernement des Juges" bezeichnet; der französische Premierminister äußerte sogar: ".. .je dirai volontier: La Cour de Justice doit etre detruite ... "; vgl. Kutscher, EuR 1981, S. 392 (411). 49 Vgl. insoweit die allgemeinen Regelungen in Art. 5, 155, 189 Abs. 3 EGV.

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4. Kapitel: Zusammenfassung und Ausblick

tracht: Die zentrale, also durch die Gemeinschaft bestimmte, und die dezentrale Kontrolle, bei der den Mitgliedstaaten die Durchführung obliegt. 50 Beide Optionen sind in Reinform allerdings nicht zu verwirklichen. Würde den Mitgliedstaaten - ohne Rückkopplung an die Gemeinschaft - die alleinige Befugnis zugesprochen, über die Gemeinschaftsrechtskonformität zu entscheiden, wäre die einheitliche und gleichmäßige Durchsetzung des Europarechts gefährdet, da es auf die Auffassungen von 15 Mitgliedstaaten ankäme, die naturgemäß divergieren können. Andererseits wäre die Kommission überfordert, müßte sie das Verwaltungshandeln der Mitgliedstaaten umfassend prüfen. Es kommt daher auf eine optimale Verzahnung gemeinschaftlicher und staatlicher Kontrollaufgaben an. Nur eine effektive Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten garantiert die praktische Wirksamkeit von Richtlinienbestimmungen. Teilweise wird dies bereits erfolgreich praktiziert. Neben dem "judiziellen Dialog,,51 zwischen EuGH und nationalen Gerichten im Rahmen des Vorlageverfahrens ist vor allem die - teilweise formalisierte - Kommunikation zwischen Kommission und Mitgliedstaaten im Vorfeld und während der Richtlinienumsetzung zu nennen. 52 Die Überwachung behördlicher Einzelakte und deren Befolgung durch die Adressaten erfolgt demgegenüber bislang nur sehr lückenhaft. Dies wird durch die Umfrage bestätigt, bei der die befragten Behörden die Kommission als wenig geeignet zur Erfüllung dieser Aufgabe einschätzten. 53 Da sich jedoch erst in der Konkretisierung durch Einzelakte zeigt, inwieweit eine Richtlinienbestimmung tatsächlich wirksam wird, bedarf es neuer oder modifizierter Instrumentarien, die eine effektive Kontrolle europaweit gewährleisten. Auch im tatsächlichen Bereich, etwa bei der Kommunikation und der Datenübermittlung, sind erhebliche Anstrengungen erforderlich.

11. Lösungsansätze

1. Verbessel11ngsvorschläge im tatsächlichen Bereich An erster Stelle muß überlegt werden, wie die Verwaltungsarbeit möglichst kostengünstig effizienter gestaltet werden kann. Dazu ist es dringend erforderlich, daß die relevanten Richtlinientexte den Vollzugsbeamten der Umweltverwaltung vollständig zugänglich sind. 54 Notwendig sind diese nicht nur bei einer Direktwirkung oder richtlinienkonformen Auslegung; vielmehr ergeben

50 Vgl. hierzu Ehlennann, FS fllr Pescatore, S. 205ff; Langenfeld, in: Siedentopf (RIsg.), Europäische Integration und nationalstaatliche Verwaltung, S. 173ff. 51 Vgl. hierzu Streinz, EuZW 1993, S. 599 (605); Dauses, in: FS für Everling, S. 223ff. 52 Vgl. oben S. 72ff. 53 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse aufS. 216, Tabelle 52. 54 M.E. besteht insofern sogar eine Rechtspflicht aus Art. 5 EGV.

TI. Lösungsansätze

281

sich insbesondere aus den Erwägungsgründen Hinweise auf den rechtspolitischen Hintergrund einer Regelung, die zum Verständnis auch der nationalen Umsetzung unerläßlich sind. Ferner ist es vor allem im Hinblick auf europarechtliche Grund- und Verständnisfragen hilfreich, wenn zumindest ein einschlägiger Kommentar zur Verfügung gestellt wird. Neben den materiellen Ressourcen sind auch im.personellen Bereich Verbesserungen möglich. So besteht bei den Bediensteten eine große Nachfrage nach Fortbildungsmöglichkeiten, die jedenfalls noch nicht durch ausreichende Angebote zufriedengestellt wird. In Betracht kommen vielftUtige Formen der Weiterbildung: Innerbehördlich ließen sich Besprechungen organisieren, bei denen nicht nur aufgetretene Probleme erörtert, sondern auch grundsätzliche Fragen zum Vollzug geklärt werden könnten. Einige Behörden teilten beispielsweise im Rahmen der Umfrage mit, es hätte speziell eine Vorbereitung auf die Arbeit mit der Umweltinformationsrichtlinie stattgefunden. Desweiteren sind Seminare, Workshops, Informationsbroschüren usw. denkbar, die den Interessenten die Materie Europarecht nahebringen können. Eine Aufstockung der Personaldecke, so sehr sie gewünscht wird und in einigen Bereichen notwendig wäre, läßt sich in Zeiten knapper Haushaltskassen kaum durchsetzen. Daher wird es darauf ankommen, das vorhandene Personal arbeitsökonomischer einzusetzen. Es könnte etwa eine Abteilung für europarechtliche Fragen eingerichtet werden. 55 Teilweise wird dies im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Umweltinformationsansprüchen bereits praktiziert. Zentral wird entschieden, ob und gegebenenfalls welche Informationen herausgegeben werden. Zugänglich gemacht werden diese dem Bürger sodann durch den zuständigen Sachbearbeiter. 56 Die zentrale Bündelung von Sachverstand spart nicht nur Zeit, sondern verspricht zudem eine qualitative Verbesserung des Vollzugs. Zuletzt bedarf es einer verstärkten Kommunikation. Um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, sind Informationen über die Vollzugspraxis anderer Behörden hilfreich. Auch zu vorgesetzten Behörden, etwa den Ministerien, sollte ein regelmäßiger Kontakt stattfinden. Die modeme Datenkommunikation ermöglicht einen schnellen Zugriff auf Umweltdaten und verspricht daher für die Umweltverwaltung insoweit neue Perspektiven, die genutzt werden sollten. 2. Altruistische Verbandsklage Die unter dem Stichwort "Einführung bzw. Erweiterung der altruistischen Verbandsklage" in Deutschland seit nunmehr fast 30 Jahren geführte Diskus-

55 In der Praxis 56

könnte dies etwa durch die Rechtsabteilung erfolgen. Vgl. hierzu oben S. 188f.

282

4. Kapitel: ZusammenfasslUlg lUld Ausblick

sion soll an dieser Stelle nicht umfassend ausgebreitet werden. 57 Die von ihren Befürwortern und Gegnern ins Feld geführten Argumente bezogen sich in der Regel auf den nationalen Bereich, also auf das deutsche Umweltrecht. 58 Dieses wird jedoch vielfach überlagert von europarechtlichen Bestimmungen. Desweiteren ist zu berücksichtigen, daß nicht selten Gemeinschaftsrecht unmittelbar heranzuziehen ist. Es stellt sich daher die Frage, ob die Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer "Umweltverbandsklage" vor diesem Hintergrund anders zu bewerten ist. Mit der Einführung von Verbandsklagerechten ist gemeint, daß Umweltschutzverbänden unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eingeräumt wird, Verwaltungsentscheidungen gerichtlich zu beanstanden, wenn Verbandsziele oder -interessen beeinträchtigt werden. 59 Anstatt der Verletzung subjektiver Rechte werden in diesen Fällen also satzungsmäßig bestimmte, als schützenswert anzusehende Verbandsinteressen geltend gemacht. Von den Gegnern werden im politischen, rechtlichen und tatsächlichen Bereich angesiedelte Argumente vorgebracht. So könne es zu einer "Interessenparallelität" kommen, d.h. es bestehe die Gefahr, daß Umweltverbände lediglich unter dem Vorwand der Verletzung satzungsmäßiger Ziele in Wirklichkeit für die Durchsetzung anderer Interessen mißbraucht würden. 6o Ferner werden schwerwiegende Konsequenzen für andere Politikbereiche befürchtet, da auch in diesen Bereichen tätige Verbände Klagerechte einfordern würden. 61 Es wird weiter auf die wegen zeitlicher Verzögerungen entstehenden Belastungen für die Betreiber hingewiesen. 62 Auch sei ein enormer Arbeitsanfall für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erwarten, und zwar weniger aufgrund einer zahIenmäßigen Erhöhung, sondern vielmehr wegen der inhaltlichen Ausweitung der

57 Vgl. zur EntwickllUlg der Verbandsklage im Umweltrecht ausführlich Wolf, ZUR 1994, S. Uf. 58 Vgl. insbesondere die Beiträge aus den 70er Jahren, als die Debatte ihren Höhepunkt hatte: Contra lUld Pro Verbandsklage, Anhörung des Arbeitskreises ftlr Umweltrecht; Rehbinderl BurgbacherlKnieper, Bürgerklage im Umweltrecht; Weyreuther, VerwaltlUlgskontrolle durch Verbände? - Argumente gegen die verwaltlUlgsgerichtliche Verbandsklage. 59 Freilich litt die Diskussion teilweise daran, daß mit dem Begriff der Verbandsklage zum TeillUlterschiedliche VorstelllUlgen verblUlden wurden. Vgl. Weyreuther, VerwaltlUlgskontrolle durch Verbände?, S. Iff. 60 Vgl. den Redebeitrag von Weyreuther, in: Contra und Pro Verbandsklage, Anhörung des Arbeitskreises ftlr Umweltrecht, S. 24 (26). 61 Weyreuther, in: Contra und Pro Verbandsklage, S. 24 (26), nennt in diesem Zusammenhang beispielhaft Tierschutzverbände. 62 Vgl. ausführlich Weyreuther, VerwaltlUlgskontrolle durch Verbände?, S. 42ff; ders., in: Contra lUld Pro Verbandsklage, S. 24 (27).

n. Löstulgsansätze

283

Verfahren. 63 Die Einführung einer Verbandsklage widerspräche zudem dem Staatsverständnis, wie es in Art. 19 Abs. 4 GG zum Ausdruck kommt. 64 Nicht zuletzt wird die Geeignetheit der Verbandsklage zur Bekämpfung eines Vollzugsdefizits der Umweltverwaltung generell in Abrede gestellt. 65 Einige dieser Bedenken lassen sich jedoch relativieren. Einer mißbräuchlichen Klageaktivität kann durch ein spezielles Anerkennungsverfahren, wie es beispielsweise in § 29 BNatSchG vorgesehen ist, begegnet werden. 66 Ferner könnte die Erhebung einer Mißbrauchsgebühr eingeführt werden, wie sie beispielsweise § 34 Abs. 5 BVerfGG67 vorsieht. 68 Der Rechtsschutz ließe sich außerdem auf die Umweltaspekte eines Verfahrens beschränken. 69 Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch die beschränkte Zulassung altruistischer Verbandsklagen auf Länderebene bislang nicht zu den befürchteten Konsequenzen

fiihrte. 70

Aus den rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten beim Vollzug von EG-Umweltrecht können weitere Argumente für die Einführung einer Verbandsklage hergeleitet werden. Als besonders gravierend erweist sich insbesondere der Vorwurf, die Verbandsklage sei das untaugliche Instrument zur Vermeidung eines Vollzugsdefizits. Der Hebel setze insofern an der falschen Stelle an, da dieses sich in aller Regel auf Mängel der behördlichen Ressourcen zurückführen ließe. 71 Diese Argumentation greift, zumindest für das EGUmweltrecht, zu kurz. Die Durchsetzung von Richtlinienbestimmungen scheitert oftmals nicht nur an tatsächlichen Voraussetzungen, sondern auch an der rechtlichen Überforderung der einzelnen Vollzugsbeamten. Gemeinschaftsrecht ist - anders als etwa das deutsche Recht - in weit größerem Ausmaß 63 Vgl. ausfUhrlich Weyreuther, Verwalttulgskontrolle durch Verbände?, S. 67fT; vgl. auch den Redebeitrag von Redeker, in: Contra tuld Pro Verbandsklage, Anhörtmg des Arbeitskreises für Umweltrecht, S. 30 (32), der von der Gefahr eines "hemmtulgslosen Prozessierens" spricht. 64 So übereinstimmend Weyreuther tuld Redeker in: Contra tuld Pro Verbandsklage, S. 24 (28); S. 30 (31). 65 Vgl. Rebentisch, in: Contra tuld Pro Verbandsklage, S. 66f. 66 Vgl. Rehbinder, in: Contra tuld Pro Verbandsklage, S. 14 (l6ft). 67 § 34 Abs. 5 BVerfGG lautet: "Wird die Annahme einer Verfasstulgsbeschwerde nach § 93a Abs. 3 abgelehnt oder eine Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grtmdgesetzes (§ 13 Nr. 3) als tulZUlässig oder tulbegründet zurückgewiesen, so kann das Btuldesverfasstulgsgericht dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 20 Deutsche Mark bis zu 1000 Deutsche Mark auferlegen, wenn die Einlegtulg der Beschwerde einen Mißbrauch darstellt. tI 68 Vgl. Rehbinder, in: Contra tuld Pro Verbandsklage, S. 14 (23). 69 Vgl. Rehbinder, in: Contra tuld Pro Verbandsklage, S. 14 (20t). 70 Vgl. hierzu Wolf, ZUR 1994, S. 1 (6ft). 71 Vgl. Rebentisch, in: Contra tuld Pro Verbandsklage, S. 66.

284

4. Kapitel: Zusammenfassung und Ausblick

durch die Rechtsprechung gestaltet worden. Häufig bedarf es, um die Bestimmung einzelner Rechte und Pflichten klären zu können, einer Vorlage an den EuGH. Es besteht also ein essentielles Bedürfnis, Verwaltungsentscheidungen gegebenenfalls gerichtlich klären zu lassen. Die Einbeziehung von Umweltschutzverbänden erscheint in diesem Zusammenhang hilfreich, da insoweit Interessen und Sachverstand gebündelt sind. Es ist auch keineswegs so, daß Umweltschutzverbände - wie es von den Gegnern der Verbandsklage gerne gezeichnet wird - ihre Klagerechte mißbrauchen würden. Etwas mehr Vertrauen kann den Verbänden durchaus entgegengebracht werden. So wurde im Rahmen der Umfrage von seiten der Behörden die Arbeit der Verbände mit einer beeindruckenden Deutlichkeit als hilfreich gelobt. 72 Dies läßt darauf schließen, daß vor allem bei den überregional tätigen Verbänden in der Regel verantwortungsvolle Mitarbeiter entscheiden. Nicht zuletzt bestehen für Umweltschutzverbände in anderen Mitgliedstaaten zum Teil sehr viel weitergehende Zugangsmöglichkeiten zu den nationalen Gerichten,13 ohne daß dies zu den befürchteten Konsequenzen geführt hätte. Vor diesem Hintergrund wäre auch in Deutschland eine Erweiterung von Klagerechten für Umweltschutzverbände politisch sinnvoll.14

3. Rechtsschutz einzelner Die direkten Klagemöglichkeiten einzelner vor dem EuGH sind sehr begrenzt. 75 Für den Bereich des EG-Umweltrechts spielen diese Klagearten zudem kaum eine Rolle, da unmittelbar gegen einzelne wirkende Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane vorausgesetzt werden. Die - vorherrschenden - EGUmweltrichtlinien sind jedoch gerade nicht an Individuen, sondern an die Mitgliedstaaten gerichtet. Einzelne sind daher auf den nationalen Rechtsschutz verwiesen. 76 Lediglich im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens be-

72 Vgl. im einzelnen die Umfrageergebnisse auf S. 230ff. 73 Vgl. hierzu die rechtsvergleichende Zusammenstellung von RehbinderlBurgbacherlKnieper, Bürgerklage im Umweltrecht, S. 49ff. 74 Die Einführung einer "Umweltverbandsklage" im Rahmen der UVP wird teilweise in der Literatur gefordert; vgl. Steinberg, DVBl. 1988, S. 985 (1001); Winter, NuR 1989, S. 197 (204). 75 Der EGV sieht drei direkte Klagemöglichkeiten vor: Nichtigkeitsklage (Art. 173 Abs. 4 EGV), Untätigkeitsklage (Art. 175 Abs. 3 EGV) und Schadensersatzklage (Art. 178 i.V.m. Art. 215 Abs. 2 EGV). 76 Vgl. hierzu die Ergebnisse des sechzigsten Deutschen Juristentages in Münster, bei dem sich die Abteilung Europarecht mit deutlicher Mehrheit dafür aussprach, eine Verfassungsbeschwerde gegen unmittelbar wirkende Rechtssätze der Europäischen Gemeinschaften zu ermöglichen und so dem Marktbürger einen direkten Rechtsschutz zum EuGH zu eröffnen; vgl. Stüer, DVBl. 1994, S. 1283 (1288).

II. LösWlgsansätze

285

steht dann die Möglichkeit, einen umweltrelevanten Sachverhalt vor den EuGH zu bringen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit einzelne das zuständige nationale Gericht zu einer Vorlage an den EuGH zwingen können. Grundsätzlich besteht eine Vorlagepflicht lediglich für das letztinstanzliche Gericht. 77 Den übrigen Gerichten wird hinsichtlich der Vorlage ein Ermessen eingeräumt.7 8 Im Einzelfall kann dieses Ermessen jedoch reduziert sein, wenn bei dessen pflichtgemäßer Ausübung nur eine Vorlage an den EuGH in Betracht kommt. Im Fall "Foto-Frost"79 nahm der EuGH eine Vorlagepflicht in denjenigen Konstellationen an, in denen ein nationales Gericht eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift unangewendet lassen möchte, weil es der Auffassung ist, diese verstoße gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht. Es widerspreche dem Interesse der Einheitlichkeit des Gemeinschaftsrechts, wenn ein nationales Gericht in einem solchen Fall entscheide, ohne vorher dem EuGH eine entsprechende Vorlage zu unterbreiten. 80 Gleichzeitig liegt darin auch ein Verstoß gegen deutsches Verfassungsrecht, wenn dem einzelnen der gesetzliche Richter - als solcher ist der EuGH anerkannt - willkürlich entzogen wird; hierauf kann dann eine entsprechende Rüge vor dem Bundesverfassungsgericht gestützt werden. 81 Es gibt also - neben der unverbindlichen Anregung an das Gericht - auch rechtliche Möglichkeiten für den einzelnen, ein nationales Gericht zur Vorlage zu zwingen. Ein Instanzgericht darf somit nicht ohne Vorlage von sekundärem Gemeinschaftsrecht oder von der Rechtsprechung des EuGH abweichen, da dies im Interesse der Einheitlichkeit des Gemeinschaftsrechts nicht hingenommen

77 Vgl. Art. 177 Abs. 3 EGV: Nach der - herrschenden - konkreten BetrachtWlgsweise ist dasjenige Gericht gemeint, dessen EntscheidWlg im konkreten Verfahren nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann; vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 562. Vgl. zur Reichweite der Vorlagepflicht Everling, Das VorabentscheidWlgsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 47ff. 78 Vgl. Art. 177 Abs. 2 EGV: "Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt Wld hält dieses Gericht eine EntscheidWlg darüber zum Erlaß seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur EntscheidWlg vorlegen." Vgl. hierzu auch Wohlfahrt, in: GrabitzlHilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 177, Rn. 48ff. 79 EuGH (Rs. 314/85) - "Foto-FrostIHZA Lübeck-Ost" - Slg. 1987, S. 41 99ff. Vgl. zum VerwerfWlgsmonopol des EuGH für sekWldäres Gemeinschaftsrecht Wld zu möglichen WertWlgswiderspruchen der EuGH-RechtsprechWlg Jamrath, Normenkontrolle der VerwaltWlg Wld Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 94f. 80 Tz. 15. 81 Vgl. grillldiegend BVerfGE 73, 339 ("Solange II"): VerletzWlg von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG bei willkürlicher VerletzWlg der Vorlagepflicht durch ein nationales Gericht. Vgl. auch Streinz, Europarecht, Rn. 169,224.

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4. Kapitel: ZusammenfassWlg Wld Ausblick

werden kann. 82 Für den Vollzug von Gemeinschaftsrecht hat diese Rechtsprechung im übrigen weitreichende Konsequenzen. Möchte beispielsweise ein nationales Gericht ein den Zielen einer EG-Umweltrichtlinie widersprechendes nationales Gesetz anwenden und würde es dabei die Wirkungen der Richtlinie verkennen, so ist ebenfalls die einheitliche Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in Gefahr. Eine Vorlagepflicht muß also angenommen werden. Gleiches muß gelten, wenn unter Mißachtung der Rechtsprechung des EuGH die richtlinienkonforme Auslegung mißachtet wird, da die Beachtung von Richtlinienwirkungen lediglich Folge der Geltung und Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts in der nationalen Rechtsordnung ist. Daher hat ein nationales Instanzgericht, wenn es eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift unangewendet lassen will, weil es beispielsweise eine unmittelbare Wirkung verneint, dem Gerichtshof eine entsprechende Frage vorzulegen. 83 Denn die Befugnis der letztverbindlichen Auslegung hat zur Wahrung der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts allein der EuGH. 84 Eine Einschränkung ist jedoch für diejenigen Fälle vorzunehmen, in denen die entsprechende Frage durch die Rechtsprechung des EuGH bereits geklärt oder offenkundig ist. 85 Durch eine entsprechend weite Interpretation von Art. 177 Abs. 2 EGV läßt sich somit - auch ohne Änderung des EG-Vertrags - ein adäquater Rechtsschutz einzelner gewährleisten. 86

82 Vgl. in diesem Zusammenhang Dauses, VerhandlWlgen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band I, Gutachten D, S. D 121ff, der auf den mit dem Vorlagerecht von Instanzgerichten einhergehenden Individualschutz verweist Wld sich gegen BestrebWlgen ausspricht, die VorlageberechtigWlg zur EntlastWlg des EuGH auf letztinstanzliehe Gerichte der Mitgliedstaaten zu beschränken; vgl. hierzu auch Streinz, Europarecht, Rn. 575ff. 83 Teilweise wird in der Literatur auch eine Vorlagemöglichkeit von BWld, Ländern (Regionen) Wld Gemeinden entsprechend Art. 177 EGV befürwortet, soweit ihnen VerwaltWlg als eigene Angelegenheit zukommt. Eine VertragsändefWlg in diese RichtWlg ist allerdings nicht absehbar. Vgl. hierzu Winter, DVBl. 1991, S. 657 (666); Jamrath, Normenkontrolle der VerwaltWlg Wld Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 83. 84 Vgl. Pescatore, BayVBl. 1987, S. 33 (34); Hailbronner, JuS 1990, S. 439 (444). 85 Vgl. hierzu EuGH, Urteil v. 6. Oktober 1982 (Rs. 283/81) - "CILFITlMinistero della sanitä" - Slg. 1982, S. 3415; Tz. 16f. Darin betonte der EuGH, daß ein nationales Gericht nicht schon deshalb zur Vorlage verpflichtet sei, weil eine Partei eine Frage aufwirft. Vielmehr entscheidet es selbständig über die EntscheidWlgserheblichkeit der aufgeworfenen Frage. Eine vom EuGH bereits entschiedene Frage müsse nicht nochmals vorgelegt werden. 86 Immerhin gingen fWld 70% der beim EuGH in den letzten Jahren registrierten VorabentscheidWlgsersuchen von Instanzgerichten aus; vgl. hierzu Dauses, VerhandlWlgen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band I, Gutachten D, S. D 121.

II. Lösungsansätze

287

4. Reform des gemeinschaftlichen Gerichtswesens Ein Bedürfnis nach möglichst kurzen Verfahren beim EuGH87 ergibt sich in dem hier behandelten Kontext insbesondere aus folgenden zwei Erwägungen: Die vom EuGH entwickelte Rechtsprechung zu den Richtlinienwirkungen bringt es mit sich, daß - vor allem in rechtlich schwierigen Fällen - letztlich erst durch ein (präzedenz-) Urteil die Rechtslage auch für die nationalen Vollzugsorgane geklärt wird. 88 Zudem wird ein nationaler Rechtsstreit, der zu einer Vorlage an den EuGH führte, für die Zeit bis zu dessen Entscheidung ausgesetzt. 89 Erreichen ließe sich eine Verkürzung der Gesamtverfahren, indem die Möglichkeiten einer Verfahrenskonzentration voll ausgeschöpft werden. 9o Zur Vorbereitung der EuGH-Entscheidungen könnten "prozeßleitende Maßnahmen", wie sie für das Gericht erster Instanz bereits vorgesehen sind,91 einen wichtigen Beitrag leisten und so zu einem sachdienlichen und ökonomischen Verfahrensablauf beitragen. Ferner ist an eine Verkürzung der Verfahrensfristen, den Wegfall der zweiten Schriftsatzrunde sowie Rationalisierungen beim mündlichen Verfahren zu denken. 92 Im institutionellen Bereich besteht die Möglichkeit, das Kammersystem konsequent auszubauen, so daß das Plenum nur noch in Ausnalunefällen - etwa bei Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung - eingeschaltet wird. Die Einrichtung von Spezialkammern, die mit

87 Vgl. hienu die bei Dauses, Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band I, Gutachten D, S. D 72 u. D l75ff, abgedruckten Statistiken, die sowohl eine kontinuierliche Zunahme der Rechtssacheneingänge sowie der durchschnittlichen Verfahrensdauer belegen. 88 Zwar entscheidet der EuGH lediglich im konkreten Verfahren, d.h. im Falle einer Vorabentscheidung werden lediglich das vorlegende Gericht und mögliche Instanzgerichte gebunden; faktisch tritt jedoch eine Bindungswirkung "erga ornnes" ein, vor allem dann, wenn über die Gültigkeit von Sekundärrecht entschieden wird; vgl. Brandt, JuS 1994, S. 300 (304). 89 Hieraus wird die funktionale Eingliederung des EuGH in die nationale Gerichtsbarkeit deutlich; vgl. dazu auch BVerfGE 73, 339ff ("Solange II"); Brandt, JuS 1994; S. 300 (305). 90 Vgl. hieIZU ausführlich Dauses, Verhandlungen des sechzigsten Deutschen Juristentages, Band I, Gutachten D, S. D 147ff. 91 Vgl. Art. 64 § 1 VerfO EuG: "Prozeßleitende Maßnahmen sollen die Vorbereitung der Entscheidungen, den Ablauf der Verfahren und die Beilegung der Rechtsstreitigkeiten unter den bestmöglichen Bedingungen gewährleisten. Sie werden vom Gericht nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen." 92 Vgl. Dauses, S. D 149ff.

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4. Kapitel: Zusammenfassung und Ausblick

spezialisierten Fachkräften besetzt sind, könnte darüber hinaus zu einer weiteren Effektivierung beitragen. 93 Die zweistufige institutionelle Gemeinschaftsgerichtsbarkeit könnte fortentwickelt werden, indem dem Gericht erster Instanz weitere Zuständigkeiten übertragen werden. Der EuGH könnte sich auf verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidungen beschränken und so langfristig zu einem europäischen Verfassungsgericht entwickelt werden. 94

5. Vollzugshinweise und Weisungen Auf den behördlichen Vollzug von EG-Umweltrecht kann auf zweierlei Weise eingewirkt werden: zum einen durch rechtlich unverbindliche Hinweise, etwa in Form informatorischer Mitteilungen, zum anderen durch rechtlich verbindliche Weisungen an die nationalen Vollzugsorgane. Weiter kann nach den jeweiligen Organen unterschieden werden, die derartige Mitteilungen oder Weisungen erlassen. Die Kommission ist nach dem EG-Vertrag nicht befugt, den staatlichen Behörden verbindliche Weisungen beim Vollzug von EG-Umweltrecht zu erteilen. 95 Die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann mangels ausdrücklicher Ermächtigung somit allein durch im Rahmen des Vertrags ergangene förmliche Maßnahmen - insbesondere durch die in Art. 189 EGV vorgesehenen Rechtsakte - gewährleistet werden. 96 Soweit die Kommission dennoch Gemeinschaftsvorschriften in "formlosen Verlautbarungen" konkretisiert, handelt es sich lediglich um "inoffizielle Auslegungen" bzw. "Meinungsäußerungen".97 Diese können durchaus zweckmäßig sein, allerdings keine rechtliche Bindungswirkung für nationale Behörden entfalten. 98

93 Vgl. dazu Dauses, S. D 158ff. Everling wies in diesem Zusammenhang allerdings daraufhin, daß den Bemühungen des EuGH um Straffung der Verfahren schon wegen der einzuhaltenden Fristen und der Sprachenvielfalt Grenzen gesetzt seien; vgl. Stüer, DVBl. 1994, S. 1283 (1287). 94 Die Abteilung Europarecht beim sechzigsten Deutschen Juristentag sprach sich im übrigen mit deutlicher Mehrheit ftlr einen Ausbau der zweistufigen institutionellen Gemeinschaftsgerichtsbarkeit aus; vgl. Stüer, DVBl. 1994, S. 1283 (1288). Vgl. zu weiteren Vorschlägen Dauses, S. D 163ff. 95 Vgl. zur Autonomie der Mitgliedstaaten beim Vollzug von EG-Umweltrecht oben S. 100ff. 96 Vgl. EuGH, Urteil v. 18.6.1970 (Rs. 74/69) - "HZA BremenlKrohn" - Slg. 1970, S. 451 (460), Tz. 9; vgl. auch Scherer, EuR 1986, S. 52 (56f).

Ir. LösWlgsansätze

289

Anders sieht es aus, wenn ein Mitgliedstaat im Rahmen seiner Rechtsordnung Weisungen - gegebenenfalls nach Absprache mit der Kommission - an mit dem Vollzug von EG-Umweltrecht betraute Verwaltungsstellen erteilt. 99 Diese können in rechtlich bindender Form ergehen, soweit eine diesbezügliche Befugnis im nationalen Recht vorhanden ist. 100 Als sinnvoll könnten sich Weisungen vor allem dann herausstellen, wenn die Rechtslage bei der Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften klar ist, also etwa die Voraussetzungen einer Direktwirkung evident vorliegen. Die Vollzugsbeamten, denen der europarechtliche Hintergrund eines zu entscheidenden Sachverhalts nicht bewußt war, werden möglicherweise erst dadurch auf die Problematik eines Falles aufmerksam. Ferner läßt sich auf diese Weise ein einheitlicher Vollzug - jedenfalls innerhalb eines Mitgliedstaates - gewährleisten. In rechtlich schwierigen Fragen sollte jedoch zurückhaltend mit der Erteilung von Weisungen umgegangen werden, solange diese noch nicht gerichtlich geklärt wurden. Desweiteren ist zu berücksichtigen, daß die Behörden vor Ort im Einzelfall über bessere Informationen verfügen können, die durch eine Einbindung in (zu detaillierte) Weisungen übergangen würden. 6. Vergabe von Fondsgeldem Die Mittelvergabe im Rahmen der europäischen Fonds hat sich wegen des Querschnittsgedankens auch an Umweltschutzgesichtspunkten zu orientieren. 101 Zwischen Theorie und Praxis klafft jedoch gerade in diesem Bereich

97 Vgl. hierzu Scherer, EuR 1986, S. 52 (57); vgl. zur MeinWlgsäußerung EuGH, Urteil v. 27.3.1970 (Rs. 133/79) - "Sucrimex u.a./Kommission" - Slg. 1980, S. 1299 (1310), Tz. 16; Urteil v. 10.6.1982 (Rs. 217/81) - "InteragraIKonunission" - Slg. 1982, S. 2233 (2247f), Tz. 8. 98 Allerdings können sie jedenfalls zu einer faktisch großen BedeutWlg gelangen, da letztlich die Kommission eventuelle Vertragsverstöße der Mitgliedstaaten später verfolgt. Vgl. oben S. 71ff. 99 Vgl. hierzu das RWldschreiben des BWldesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, in dem ausdrücklich empfohlen wurde, die BestimmWlgen der Umweltinformationsrichtlinie nach Ablauf der UmsetzWlgsfrist Wlmittelbar anzuwenden; vgl. dazu auch Meininger, NVwZ 1993, S. 657. 100 In Deutschland ist hierbei die bWldesstaatliche OrdnWlg zu beachten. Danach besteht ein WeisWlgsrecht des BWldes an die Länder lediglich im Rahmen der durch Art. 83ff GG gezogenen Schranken. Zu Wlterscheiden ist zwischen VerwaltWlgsvorschriften i.S.v. Art. 84 Abs. 2 Wld Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG, WeisWlgen i.S.v. Art. 85 Abs. 3 GG Wld EinzelweisWlgen i.S.v. Art. 84 Abs. 5 GG. Vgl. im einzelnen Lerche, in: Maunz! Dürig/HerzogiScholz, Art. 84, Rn. 85 - 123; Art. 85, Rn. 35 - 89; WolfflBachoflStober, VerwaltWlgsrecht I, S. 603f. Vgl. auch oben S. 95ff. 101 Vgl. Art. 130r Abs. 2 Satz 3 EGV. 19 Engelsberger

290

4. Kapitel: Zusarnmenfasstulg tuld Ausblick

eine eklatante Lücke. 102 Im wesentlichen sind zwei grundsätzliche Probleme festzustellen: Bei der Mittelvergabe werden Umweltschutzaspekte oftmals nicht ausreichend geprüft; Gelder werden dann teilweise ohne entsprechende Umweltauflagen zugewiesen. Aber auch in den Fällen, in denen Auflagen erteilt werden, bleibt ein entsprechender Verstoß - falls er überhaupt aufgedeckt wird - häufig ungeahndet. Dabei sind rechtliche Sanktionsmöglichkeiten vorhanden: Im Rahmen des Rechnungsabschlußverfahrens können beispielsweise Abzüge bei künftigen Zuwendungen vorgenommen werden. 103 Desweiteren sehen sowohl Strukturfonds als auch der Umweltfonds die Rückforderung der ausbezahlten Gelder bei zweckwidriger Verwendung vor. 104 Fehler bei der Vergabe von EG-Haushaltsmitteln können nicht hingenommen werden, zumal sie offenbar in weit stärkerem Ausmaß zu verzeichnen sind als bislang angenommen. 105 Außerdem belasten nicht selten geförderte nationale Projekte in eklatanter Weise die Umwelt; insoweit besteht ein krasser Widerspruch zu den Umweltschutzzielen der Gemeinschaft, wie sie der EGV festlegt. 106 7. Einrichtung nationaler Beschwerdestellen Die Möglichkeit, sich mit Umweltbeschwerden an die Kommission zu wenden, hat sich als effektives Instrumentarium zur Kontrolle des Vollzugs von EG-Umweltrecht bewährt. 107 Gleichwohl fehlt es noch an entsprechenden Beschwerdestellen in den Mitgliedstaaten. Diese könnten sich als sinnvolle Ergänzung zum Individualrechtsschutz erweisen und zu einer Stärkung der dezentralen Vollzugskontrolle beitragen. 108 Im Zusammenspiel mit dem bereits geschaffenen Umweltinformationszugangsrecht würde dadurch die Stellung der Öffentlichkeit als faktische Kontrollinstanz gestärkt. Für den Dialog zwischen Bürger und Verwaltung würde ein Forum geschaffen, welches der Bedeutung, die der Öffentlichkeit für die behördliche Tätigkeit zukommt, Rechnung trägt. 109

102 Vgl. hierzu die Beispiele oben S. 85f, 89f. 103 Vgl. 104 Vgl.

im einzelnen oben S. 83ff. im einzelnen oben S. 88f.

105 Vgl. hierzu oben S. 25, 89f. 106 Es sollte daher auch mit personellen Konsequenzen reagiert werden, welU1 einzelnen EG-Beamten diesbezügliche Schlampereien nachgewiesen werden kÖlU1en; vgl. hierzu die eindrücklichen Beispiele aus dem Bericht des Europäischen Rechntulgshofes 3/92 über die Umwelt oben S. 85f, 89f. 107 Vgl. hierzu oben S. 76f. 108 Vgl. Pernice, NVwZ 1990, S. 414 (424). 109 Vgl. hierzu auch die Umfrageergebnisse oben S. 230ff.

ll. Lösungsansätze

291

8. Bedeutung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente im Rahmen der Vollzugskontrolle Im Zuge der Neuregelungen durch den Unionsvertrag wurden auch die Legislativkompetenzen des Europäischen Parlaments im Bereich des Umweltschutzes erweitert. 110 Die gewährten Befugnisse reichen jedoch noch bei weitem nicht an diejenigen der nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten heran. Hauptrechtsetzungsorgan der Gemeinschaft ist nach wie vor der sich aus den Regierungen der Mitgliedstaaten zusammensetzende Rat. Neben der grundsätzlichen Frage nach einer ausreichenden demokratischen Legitimation 111 der Gemeinschaft interessieren in diesem Zusammenhang vor allem die Konsequenzen hinsichtlich der praktischen Wirksamkeit der erlassenen Vorschriften. Da der Vollzug in erster Linie den Mitgliedstaaten obliegt, die Gemeinschaft aber aus tatsächlichen Gründen die behördlichen Vollzugsakte nicht Ulofassend piüfen kann, ist fraglich, ob die alleinige Gesetzgebungskompetenz bei einem unitarischen Organ wie dem Europäischen Parlament politisch wünschenswert ist. 112 Als vollzugsfördernd könnte sich vielmehr eine bessere Rückkopplung der Regierungsvertreter im Rat an die nationalen Parlamente erweisen. 113 Dies entspräche im übrigen auch den ineinandergreifenden Vollzugskompetenzen der gemeinschaftlichen und nationalen Organe. Gerade das EG-Umweltrecht bedarf zu seiner praktischen Wirksamkeit in besonders starkem Maße der Mitwirkung staatlicher Organe, die es in Abstimmung mit der nationalen Rechtsordnung anzuwenden haben. 114 Daher sind jedenfalls beim gegenwärtigen Stand der Integration die Mitgliedstaaten am politischen Willensbildungsprozeß in ausreichendem Maße zu beteiligen. Das Europäische Parlament ist ferner befugt, Untersuchungsausschüsse auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einzusetzen, um behauptete Verstöße 110 Insbesondere durch Einfiihrung des Verfahrens der Zusammenarbeit im Rahmen von Art. 130s Abs. 1 EGV; vgl. auch oben S. 60, Schaubild 4. 111 In seiner "Maastricht"-Entscheidung, BVerfGE 89, 155 (l84fl), stellt das Bundesverfassungsgericht die demokratische Legitimation der Gemeinschaft ausdrücklich auf zwei Säulen: Zuvörderst die Staatsvölker der Mitgliedstaaten und deren gewählte Parlamente, hinzutretend das nach Art. 138 Abs. 3 EGV gewählte Europäische Parlament. Solange ein dem Gewicht "von Aufgaben und Befugnissen in der Verantwortung des europäischen Staatenbundes" entsprechender Einflußzuwachs des Europäischen Parlaments auf Politik und Rechtsetzung der Europäischen Gemeinschaften nicht verwirklicht sei, müßten "dem Deutschen Bundestag Aufgaben und Befugnisse von essentiellem Gewicht verbleiben". Vgl. zu dem Urteil Streinz, EuZW 1994, S. 329ff. 112 Vgl. Streinz, Europarecht, Rn. 282f. 113 Vgl.. BeutlerlBieberlPipkomlStreil, Europarecht, S. 130f. Vgl. hierzu auch das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union, BGBl. 1993 I, S. 311. 114 Vgl. oben S. 92ff. 19*

292

4. Kapitel: Zusammenfassung und Ausblick

gegen das Gemeinschaftsrecht oder Mißstände bei der Anwendung zu prüfen. 115 Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Gericht mit den behaupteten Sachverhalten befaßt ist, solange das Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen ist. 116 Der Ausschuß hat die Ergebnisse der Untersuchung in einem Bericht vorzulegen. 117 Im übrigen werden die Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt. 118 Die Wahrnehmung dieses Untersuchungsrechts könnte sich als wirksames Druckmittel herausstellen, gemeinschaftliche und nationale Organe zu einem ordnungsgemäßen Vollzug von EG-Umweltrecht anzuhalten. 119 Allerdings stellt sich hierbei die in der Literatur bislang kaum untersuchte Frage nach der Reichweite des Untersuchungsrechts. 120 Insbesondere bedarf es einer rechtlichen Ausgestaltung, über welche Mittel das Parlament verfügen soll, um seine Rechte wahrzunehmen. 121 Soweit das Parlament beim Erlaß von EGUmweltrecht beteiligt ist,122 wird grundsätzlich das Recht der Untersuchung von Mißständen beim Vollzug zu bejahen sein. Bereits in Art. 138c Abs. 1, 1. HS EGV werden ausdrücklich "Mißstände bei der Anwendung" als mögliche Untersuchungsgegenstände angesprochen. Zumindest gegenüber anderen Gemeinschaftsorganen läßt sich ein Untersuchungsrecht aus dem Prinzip des institutionellen Gleichgewichts herleiten. 123 Gegenüber nationalen Vollzugsorganen ist allerdings die institutionelle und verfahrensmäßige Autonomie der Mitgliedstaaten beim Vollzug von Gemeinschaftsrecht zu beachten. 124 Hieraus

115 Vgl. Art. 138c EGV; vgl. dazu auch Ohler, ZG 1995, S. 223 (230f) sowie oben S. 78. 116 Vgl. Art. 138c Abs. 1,2. HS EGV. 117 Mit dessen Vorlage hört er aufzu bestehen; vgl. Art. 138c Abs. 2 EGV. 118 Vgl. Art. 138c Abs. 3 EGV. hn übrigen sah die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments bereits vor der Einfügung von Art. 138c in den EGV die Möglichkeit der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen vor, obwohl die Geschäftsordnung dem Parlament an sich nicht Rechte verleihen kann, die primärrechtlich nicht vorgesehen sind. So wurde beispielsweise am 28. September 1984 ein Untersuchungsausschuß zum Wiederaufleben von Faschismus und Rassismus in Europa innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft eingesetzt; vgl. dazu EuGH, Beschluß v. 4. Juni 1986 (Rs. 78/85) "Fraktion der Europäischen RechtenlEuropäisches Parlament" - Slg. 1986, S. 1753ff. 119 hnmerhin würde durch die öffentliche Debatte das Fehlverhalten eines Organs möglicherweise stärker als bislang wahrgenommen. 120 Vgl. dazu Ohler, ZG 1995, S. 223 (230). 121 Vgl. Art. 138c Abs. 3 EGV. 122 Vgl. zu den Beteiligungsrechten des Europäischen Parlaments oben S. 60, Schaubild 4. 123 Vgl. Ohler, ZG 1995, S. 223 (230). 124 Vgl. dazu oben S. 94ff.

ll. Lösungsansätze

293

können sich Beschränkungen der Reichweite des Untersuchungsrechtes ergeben. Insofern bedarf es einer (weiteren) rechtlichen Ausgestaltung des (gemeinschaftlichen) Untersuchungsausschußrechts. 125 Darüber hinaus besteht jedoch auch die Möglichkeit der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen auf nationaler Ebene, die sich mit dem Vollzug von EG-Recht befassen können. 126 9. Bedeutung und Stellung der Bundesländer beim Vollzug von EG-Recht Nach der bundesstaatlichen Ordnung in Deutschland obliegt der Vollzug von EG-Umweltrecht in erster Linie den Bundesländern. 127 An der politischen Willensbildung im Rat sind jedoch grundsätzlich Vertreter der Bundesregierung beteiligt. Es wurde daher versucht, das dadurch bestehende Spannungsverhältnis auf innerstaatlicher Ebene zu kompensieren. Verfassungsrechtlich verankert wurden die Mitwirkungsrechte der Länder in Angelegenheiten der Europäischen Union durch Art. 23 Abs. 2 - 7 GG. Das Zusammenarbeitsgesetz Bundesregierung - Bundesrat regelt im einzelnen die umfassende Unterrichtung der Ländervertreter im Bundesrat sowie deren Beteiligung an der Willensbildung des Bundes. 128 Die Stellungnahme des Bundesrates ist von der Bundesregierung zu berücksichtigen; die Beteiligungspflicht ist dabei differenziert ausgestaltet, je nachdem, ob lediglich Interessen oder Gesetzgebungsbzw. Verwaltungsbefugnisse der Länder durch eine Ratsentscheidung betroffen wären. 129 Soweit es um ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder geht, soll die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte Deutschlands als Mitgliedstaat der Europäischen Union vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen werden. 130 Dabei hat eine Abstimmung mit der Bundesregierung stattzufinden. Im übrigen wurde zur effektiveren Wahrnehmung der Beteiligungsrechte der Länder eine Europakammer des Bundes-

125 Vgl. Art. 138c Abs. 3 EGV; vgl. auch ühler, ZG 1995, S. 223 (231). 126 Vgl. ühler, ZG 1995, S. 223 (230). Vgl. zu den Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 390ff:

Vom Gegenstand des Untersuchungsauftrags wird dabei ausdrücklich auch das Handeln der Verwaltung erfaßt. 127 Zu beachten sind nicht nur die Exekutivkompetenzen nach Art. 30,83 GG, sondern - im Falle der Richtlinienumsetzung - auch die durch Art. 70 den Ländern verliehenen Legislativkompetenzen. Vgl. oben S. 95ff. 128 Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union, BGBI. 1993 I, S. 313; vgl. dazu ausführlich Randelzhofer, in: MaunzlDürigIHerzog/ Scholz, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 24, Rn. 200ff. 129 Vgl. ·Art. 23 Abs. 5 GG. 130 Gemeinschaftsrechtlich wird dies durch Art. 146 EG V ermöglicht. Vgl. hierzu Streinz, Europarecht, Rn. 284.

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4. Kapitel: ZusammenfassWlg Wld Ausblick

rates eingerichtet. 131 Auf gesetzgeberischer Ebene wurde damit das Ziel, die Länderinteressen bei der politischen Willensbildung der Union zu beteiligen, weitgehend verwirklicht. Eine andere Frage ist freilich die tatsächliche Umsetzung der Regelungen in der Praxis und die (verfassungs-)gerichtliche Durchsetzbarkeit der einzelnen Rechte. 132 10. Ökonomische Instrumente

Unter ökonomischen Instrumenten sind im weitesten Sinne rechtlich festgelegte Anreize zu verstehen, die die Adressaten zu einem umweltgerechten Verhalten bewegen sollen. 133 Dabei lassen sich von ihrer Wirkungsweise her positive und negative Anreize unterscheiden, je nachdem, ob Vergünstigungen bei umweltfreundlichem Verhalten oder Belastungen bei Nichtbeachtung von Umweltvorgaben in Aussicht gestellt werden. Zu letzterer Kategorie zählen beispielsweise Umweltabgaben oder Öko-Steuern. 134 Auf Gemeinschaftsebene wurden bislang nur vereinzelt ökonomische Instrumente eingesetzt. Beispiele hierfür sind die Regelungen zur Abfallbeseitigung135 sowie die Einfiihrung des europäischen Umweltzeichens 136 und des "Öko-Audits"137. Die Schaffung wirtschaftlicher Anreize zur Durchsetzung von Umweltstandards wurde von den Behördenvertretern im Rahmen der Umfrage positiv eingeschätzt. 138 Erleichterungen für die Verwaltungstätigkeit können sich aus folgenden Gesichtspunkten ergeben: Die Nachprüfung, inwieweit Umweltauflagen von den Betrieben tatsächlich eingehalten werden, stellt sich in der Regel als zeitaufwendig und wenig effektiv dar. Zudem wird nicht selten versucht, ein behördliches Einschreiten zu verhindern oder hinauszuzögern. Daher finden sich 131 Vgl. §§ 45b ffGeschOBR. 132 Vgl. hierzu Streinz, Europarecht, Rn. 285ff. 133 Vgl. hierzu die EntschließWlg des Europäischen Parlaments zu ökonomischen Wld fiskalischen Instrumenten der Umweltpolitik vom 13. Juni 1991, abgedruckt in: Vohrer (Hrsg.), Ökologische Marktwirtschaft in Europa, S. 273ff. 134 Vgl. hierzu ausfilhrlich Kirchhof (Hrsg.), Umweltschutz im Abgaben- Wld Steuerrecht; Wasmeier, Umweltabgaben Wld Europarecht; Rodi, Umweltsteuern - Das Steuerrecht als Instrument der Umweltpolitik; Müller, Möglichkeiten Wld Grenzen der indirekten VerhaltenssteuefWlg durch Abgaben im Umweltrecht; Vohrer (Hrsg.), Ökologische Marktwirtschaft in Europa; Breuer, DVBl. 1992, S. 485ff; Hilf, NVwZ 1992, S.105ff. 135 Vgl. hierzu im einzelnen Wasmeier, Umweltabgaben Wld Europarecht, S. 322ff. 136 Die VergüllstigWlg besteht hier - ähnlich wie beim "Öko-Audit" - vor allem darin, die in einem speziellen Verfahren nachgewiesene Umweltverträglichkeit eines bestimmten Produkts in der WerbWlg einzusetzen. 137 Hinsichtlich der Einzelheiten zur EinfilhrWlg ökonomischer Instrumente auf EUEbene wird auf die mittlerweile relativ umfangreiche Literatur verwiesen. Vgl. oben Fn.134.

138 Vgl. hierzu die Umfrageergebnisse aufS. 151, Tabelle 12.

III. Schlußbemerkung

295

Behörden beim Vollzug häufig in einer strategisch ungünstigen Situation, die zu Frustrationen bei den Mitarbeitern und einem teilweise erheblichen Gefühl der Unterlegenheit führte. 139 Ökonomische Instrumente haben demgegenüber den entscheidenden Vorteil, daß sie die Adressaten - jedenfalls faktisch - dazu zwingen, von sich aus aktiv zu werden, sofern ein entsprechender Anreiz hierzu gegeben wird. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Um in den Genuß einer Vergünstigung - etwa der Auszeichnung eines Produkts mit dem Umweltzeichen - zu kommen, bedarf es von betrieblicher Seite des Nachweises, daß die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Diese sind gegebenenfalls innerhalb bestimmter Zeitabschnitte zu wiederholen, da sonst die Entziehung der Vergünstigung droht. Die zuständigen Behörden könnten sich auf die Überprüfung der vorgelegten Unterlagen beschränken, so daß sich die behördliche Arbeit insgesamt schneller und effektiver gestaltet. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß nicht blind auf ökonomische Instrumente vertraut werden darf. Diese greifen nämlich nur dann, wenn die geschaffenen Anreize tatsächlich hoch genug sind. Bedenken ergeben sich ferner daraus, daß die staatliche Aufgabe Umweltschutz der Verantwortung Privater überlassen wird. Es ist daher zu prüfen, ob sich durch die Schaffung wirtschaftlicher Anreize ein bestimmtes Umweltschutzziel im Einzelfall tatsächlich effektiver durchsetzen läßt als durch entsprechende ordnungsrechtliche Maßnahmen. Ein deutlich weiteres Anwendungsfeld für ökonomische Maßnahmen als bisher wäre jedoch auch im Sinne einer effektiveren Durchsetzung der gemeinschaftlichen Umweltpolitik WÜßSchenswert. 140

III. Schluß bemerkung Die eben aufgezeigten und in der Literatur besprochenen Vorschläge geben lediglich einen Ausschnitt dessen wieder, was zur Lösung der zweifellos vorhandenen, teilweise sogar eklatanten Vollzugsprobleme im Bereich des EGUmweltrechts getan werden könnte. Ferner sollen sie in Verbindung mit den im Rahmen der Umfragen gemachten Einschätzungen Anregungen für Lösungskonzepte liefern. Ein Patentrezept ist freilich nicht in Sicht. Vielmehr wird es darauf ankommen, die gegebenen tatsächlichen, rechtlichen und politi139 Vgl. hierzu die Umfrageergebnisse aufS. 225, Tabelle 57.

140 E.U. v. Weizsäcker, in: Vohrer, Ökologische Marktwirtschaft in Europa, S. 9 (1lf), spricht sich daher mit guten Argwnenten für eine ökologische Steuerrefonn in Europa aus: "Die Umweltpolitik muß zu einer möglichst einfachen Sprache zurückfmden. Die beste und einfachste Sprache ist der Preis. Die Preise sollen die 'ökologische Wahrheit sagen'. Dann wird sich die Kreativität des italienischen Ingenieurs, des griechischen Handelshauses, des portugiesischen Bauunternehmers, des deutschen Chemikers, aber natürlich auch der europäischen Verbraucher wie von selbst auf die Seite der Umwelt stellen. Eine ökologische Transfonnation, die weit über das Einhalten von Grenzwerten hinausgeht, könnte beginnen. Aber wie stellt man das an? Das Herzstück müßten ökonomische Instrwnente der Umweltpolitik sein. "

296

4. Kapitel: Zusanunenfassung und Ausblick

sehen Voraussetzungen sinnvoll zu gestalten. Europäische Umweltschutzpolitik läßt sich allerdings - und dies sollte bei allen Reformüberlegungen bedacht werden - nur dann wirksam durchsetzen, wenn der politische Wille hierzu bei den Mitgliedstaaten vorhanden ist. Gerade daran scheint es jedoch zu fehlen. 141 Insofern werden am Beispiel des Vollzugs von EG-Umweltrecht besonders eindrücklich die Grenzen gemeinschaftlicher Politik aufgezeigt, die in starkem Maße von nationalen Interessen beherrscht ist.

141 Vgl. Pernice, EuZW 1995, S. 385: "Der Umweltschutz hat in der europäischen Union schlechte Konjunktur."

Anhang

Vollzug des EG-Umweltrechts in der öffentlichen Verwaltung Anlage: 1 Schreiben von Herrn Univ.prof. Dr. Streinz, Universität Bayreuth Sehr geehrte Damen und Herren, mit bezug auf das anliegende Schreiben von Herrn Prof. Streinz und mit Billigung des Deutschen Städtetages (Schreiben vom 24.11.1994, Az.. 6121-24/38; 6/21-24/43) bitte ich Sie höflich, beiliegenden Fragenkatalog zu ergänzen und nach Möglichkeit bis Ende Januar 1995 wieder an meine o.a. Adresse zurückzuleiten. Sie unterstützen damit einen wesentlichen Abschnitt meiner Dissertation durch wichtige Informationen aus der Praxis und könnten so zur Entwicklung von Lösungsansätzen für einen praxisgerechteren Vollzug von EG-Umweltrecht beitragen. Die Informationen werden nur vollständig anonyrnisiert verarbeitet und dienen ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken. Über die Ergebnisse meiner Studie werde ich Sie bei Interesse gerne unterrichten. Insgesamt werden dabei ca. 250 Bögen an Stadtund Kreisverwaltungen sowie weitere Umwe1tschutzbehörden in Bayern, Berlin, Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen versandt. Für illre Bemühungen um die Beantwortung des leider sehr umfangreichen Fragenkatalogs darf ich mich jetzt schon herzlich bedanken. Mit freundlichen Grüßen,

L Fragebogen an Behörden zum Vollzug von EG-Umweltrecht Erläuterungen zum Ausfüllen des Fragebogens: Ich bitte Sie, die folgenden Fragen zu beantworten, indem Sie dort, wo Antworten vorgegeben sind, die für illre Behörde zutreffende Antwort durch Einkreisen der entsprechenden Zahl bzw. Ankreuzen eines der vorgegebenen Felder kennzeichnen. Für die Beantwortung einiger Fragen sind Zahlenangaben erforderlich. Sofern Sie keine exakten Zahlen verfügbar haben, tragen Sie bitte Schätzwerte ein.

298

Anhang

Der Ausdruck 'Bezirk' in den Fragen bezieht sich auf den jeweiligen räumlichen Zuständigkeitsbereich Threr Behörde. Soweit sich bestimmte Fragen in Threr Behörde nicht stellen, bitte ich Sie, diese durchzustreichen. Für Anmerkungen zu einzelnen Fragen bzw. weitere Anregungen bin ich llmen sehr dankbar.

A Fragen zum Umfeld behördlichen Handeins 1.1. Ist Thr Bezirk städtisch geprägt? (Bitte kreisen Sie in der Skala von 1 bis 5 einen Threr MeinWlg nach zutreffenden Wert ein, wobei der Wert 3 als Mittelwert zu verstehen ist.)

3

2

4

5 sehr stark

kawn

1.2. Welche Art der wirtschaftlichen Nutzung prägt Thren Bezirk in besonderem Maße? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

0

Industrielle Nutzung

0

Land-, Forstwirtschaft

0

Tourismus

0

Handwerksbetriebe

0

Sonstiges:

1.3. Welche UmweltbeeinträchtigWlgen sind in Threm Bezirk besonders stark zu verzeichnen? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o o o

LuftveTWlTeinigungen Lärmbelästigungen Wasser-,Ct.nlndwasserverschrnutzungen VerseuchWlg des Bodens Sonstiges: _ _ _ _ _ _ _ __

1. Fragebogen an Behörden zum Vollzug von EG-Umweltrecht

299

1.4. Wenn Sie den heutigen Stand der Umwe1tbeeinträchtigungen in Threm Bezirk mit dem Stand von vor etwa 10 Jahren vergleichen, hat sich die Umwe1tbelastung gegenüber früher erheblich vermindert.

2

die Umweltbelastung gegenüber früher leicht vermindert.

3

der Zustand nicht geändert.

4

die Umweltbelastung gegenüber früher leicht erhöht.

5

die Umweltbelastung gegenüber früher erheblich erhöht.

2.1. Wie viele Bedienstete (ausgenommen Schreibkräfte) nehmen in Threr Behörde Aufgaben wahr, die auch dem Umweltschutz dienen? exakte Zahl: Schätzwert (falls exakte Zahl nicht verfügbar): _ _ __ 2.2. Wie viele Bedienstete waren es vor 5 Jahren? exakte Zahl: Schätzwert: 2.3. Wie viele Bedienstete benötigen Sie noch zur ausreichenden Erfüllung von Aufgaben des Umweltschutzes?

o

keine

o

ungetahr noch __ Bedienstete

2.4. Wird von den Bediensteten Threr Behörde eine zusätzliche QualifIkation im Hinblick auf die umweltbezogene Behördenarbeit vorausgesetzt ?

o o

nein ja, und zwar _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

2.5. Stehen fi1r die Bediensteten Threr Behörde Möglichkeiten zur Fortbildung im europäischen (Umweltschutz-) Recht zur Verfügung?

Anhang

300 2

3

4

gar nicht

5 ausreichend

2.6. Werden die Möglichkeiten zur FortbildWlg von den Bediensteten Threr Behörde genutzt? 2

3

4

5 immer

rue

3.1. Halten Sie Thre Behörde für materiell gut ausgestattet?

2

3

4

schlecht

5 gut

3.2. Sind die Texte der für Thre Behörde relevanten EG-Umweltrichtlinien bei Threr Behörde vorhanden ?

2

3

4

gar nicht

5 vollständig

3.3. Sind in Threr Behörde Kommentare Wldloder Lehrbücher zwn EG-(Umwelt-)recht vorhanden?

2

3

gar nicht

4

5 ausreichend

4.1. Welche umweltpolitischen Instrumente halten Sie für am besten geeignet, die Umwe1tprobleme in Threm Bezirk zu bewältigen ?

o o

ordnWlgsrechtliche Instrumente

o

ökonomische Maßnahmen, etwa Abgaben oder Subventionen

bewußtseinsbildende Maßnahmen

I. Fragebogen an Behörden zum Vollzug von EG-Umweltrecht

301

4.2. Welche umweltpolitischen Instrumente halten Sie für am besten geeignet, die Umweltprobleme in der Europäischen Union zu bewältigen?

o

o o 5.

bewußtseinsbildende Maßnahmen ordnungsrechtliche Instrumente ökonomische Maßnahmen

Welche Schwierigkeiten treten bei der Arbeit in Ihrer Behörde im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht besonders häufig auf? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o

o o

o

Keine. Häufig ist einem gar nicht bewußt, daß das anzuwendende nationale Gesetz auf eine EG-Richtlinie zurückgeht. Die Richtlinientexte sind schwer zugänglich. Die Richtlinientexte sind schwer verständlich, weil sie zu wenig den deutschen Verwaltungsstrukturen angepaßt sind. Sonstige Schwierigkeiten: _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

B. Allgemeine Fragen zum behördlichen Handeln

1.1. Mit welcher Materie des Umweltschutzrechts hat Ihre Behörde zu tun ? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden)

o

Immissionsschutz

o o

Naturschutz

o

Abfallrecht

o

Gewässerschutz

Sonstiges:

1.2. Wieviel Prozent der Arbeitszeit der Bediensteten in Ihrer Behörde entfällt auf folgende Tätigkeiten im Umweltschutzbereich ? (Schätzwert)

-_%

Planung

Anhang

302

- -% --%

Genehmigung Überwachung

--% --%

Sanierung Sanktionierung

1.3. Welche Bedeutung haben sog. Umweltabsprachen, d.h. Verhandlungen, Gespräche etc. mit Unternehmen, bei Threr behördlichen Tätigkeit?

2

3

4

5

keine

sehr große

Bedeutung

Bedeutung

1.4. Wie beurteilen Sie Umweltabsprachen im Hinblick auf die behördliche Arbeit? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o

2.

Vor allem bei Großprojekten ist eine "Kooperationsstrategie" häufig effektiver als eine reine "Durchsetzungsstrategie". Wurde unsere Behörde nicht den Kontakt mit Betreibern suchen, dann wurden sich die behördlichen Verfahren stärker verzögern. Durch Verhandlungen oder Gespräche mit Betreibern wird eine strikte Durchsetzung des Rechts verhindert und damit die Rechtsordnung in Frage gestellt.

Haben Sie den Eindruck, daß Thre Behörde vor allem größeren Unternehmen bei rechtlichen bzw. technischen Fragen unterlegen ist (etwa wegen der materiellen Ressourcen oder wegen eines Wissensvorsprungs der Unternehmen)?

2

3

4

gar nicht

5 sehr stark

3.1. Wie sehr sind Sie bei Threr behördlichen Tätigkeit außerbehördlichen Einflüssen ausgesetzt, z.B. von Betreibern, Verbänden, Politikern usw. ?

2 gar nicht

3

4

5 sehr stark

1. Fragebogen an Behörden zmn Vollzug von EG-Umweltrecht

303

3.2. Von welcher Seite verspüren Sie bei Threr behördlichen Tätigkeit besonders starke Einflußnahmen ? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o

von Betreiberseite von Industrieverbänden von Umweltschutzverbänden oder Bürgerinitiativen

o o

von Politikern sonstige: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

4.1. Wie oft nimmt Thre Behörde mit folgenden Stellen Kontakt auf? nie

oft

vorgesetzte Stellen

2

3

4

5

andere Umweltbehörden desselben Bundeslandes

2

3

4

5

Umweltbehörden anderer BundesLänder

2

3

4

5

europäische Stellen

2

3

4

5

4.2. Finden Verwaltungskonferenzen etc. statt, an denen auch Thre Behörde beteiligt ist, um die behördliche Arbeit in (europäischen) Umweltschutzfragen abzustimmen?

o o

nein ja, und zwar etwa __ mal jährlich

Anmerkungen: 5.

Werden Sie von anderen Behörden informiert, wenn es um Entscheidungen dieser Behörden geht, die wegen ihrer Umweltrelevanz auch Thre Behörde betreffen könnten?

2 nie

3

4

5 regelmäßig

Anhang

304

6.1. Wie viele Großbetriebe (mehr als 500 Beschäftigte) gibt es in Threm Bezirk? exakte Zahl: Schätzwert (falls exakte Zahl nicht bekannt): 6.2. Bitte vergleichen Sie die Bereitschaft, Umweltschutzmaßnahmen nachzukommen, bei folgenden Betreibern: gering

mittel

Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten

2

3

4

5

Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten

2

3

4

5

Gemeinden

2

3

4

5

Sonstige öffentliche Träger, z.B. Staatl. Krankenhäuser, Universitäten etc.

2

3

4

5

sehr gering

groß

sehr groß

7.l. Wie viele Widersprüche gegen Bescheide, Verfügungen und Anordnungen Threr Behörde lagen 1994 vor?

7.2. Wie hoch ist der Anteil von Widersprüchen Dritter? (Schätzwert)

---_% 7.3. Wie viele Hinweise auf Umweltbeeinträchtigungen gingen von seiten der Öffentlichkeit 1994 bei Threr Behörde ein ? (Schätzwert)

7.4. Wieviel Prozent dieser Hinweise bezogen sich auf Fälle, die Threr Behörde nicht durch eigene Tätigkeit oder vorangegangene Hinweise bekannt waren ? (Schätzwert)

----_%

I. Fragebogen an Behörden zum Vollzug von EG-Umweltrecht

305

7.5. Wieviel Prozent der Hinweise erwiesen sich im nachhinein als unbegründet?

(Schätzwert)

----_% 7.6. Wie vielen Hinweisen konnten Sie nicht genügend nachgehen, etwa wegen der zusätzlichen Arbeitsbelastung? (Schätzwert)

----_% 7.7. Wie beurteilen Sie die Hinweise aus der Öffentlichkeit im Hinblick auf die behördliche Tätigkeit?

2

3

4

sehr hilfreich

sehr störend

8.

5

Wie groß ist der Einfluß von Verwaltungsgerichtsurteilen auf die Tätigkeit in Ihrer Behörde?

2

3

4

5 sehr groß

sehr gering

C. Fragen zur Umweltinformationsrichtlinie I.

Am 31.12.1992 lief die Frist zur Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie in nationales Recht ab; am 16.7.1994 trat schließlich das Umweltinformationsgesetz (UIG) in Kraft. . Wie viele Umweltinformationsansprüche wurden bei Ihrer Behörde geltend gemacht? 1.1.93 -16.7.94:

exakte Zahl: Schätzwert:

seit dem 16.7.94: exakte Zahl: Schätzwert:

20 Engelsberger

306 2.

Anhang Wie verteilten sich die geltend gemachten Infonnationsansprüche prozentual auf folgende Anspruchsteller? (Schätzwert) %

Unternehmen

%

Umweltverbände

_%

Einzelne Bürger

_ %

Sonstige: _ _ _ _ _ _ _ __

3.1 Hat sich die durchschnittliche Anzahl der geltend gemachten Infonnationsansprüche seit dem 1.1.1993 verändert ?

o o o

Sie hat sich verringert. Sie ist etwa gleichgeblieben. Sie hat sich erhöht.

3.2. Erwarten Sie, daß sich die Anzahl in Zukunft erhöhen wird ?

o o 4.

ja nein

Wie hoch ist der Anteil der Informationsansprüche, bei denen Akteneinsicht begehrt wurde? (Schätzwert)

- - - -% 5.1. Wie viele der geltend gemachten lnformationsansprüche wurden ablehnend beschieden? (Schätzwert)

---_% 5.2. Wie wurden die ablehnenden Bescheide begründet? (Schätzwert) _%

Art. 3 Nr. 2, Spstr. 1, 2, 3 UIRL; § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 UlG (internationale Beziehungen, erhebliche Gefahr fur die öffentliche Sicherheit, während eines Gerichts-, Ermittlungs- oder Verwaltungsverfahrens, Beeinträchtigung von Umweltgütern usw.)

I. Fragebogen an Behörden zum Vollzug von EG-Umweltrecht

6.

_%

Art. 3 Nr. 3 UIRL; § 7 Abs. 2, 3 UIG (verwaltungsinterne MitteilWlgen, offensichtlich mißbräuchlich gestellte Anträge usw.)

%

Art. 3 Nr. 2, Spstr. 4, 5, 6, 7 UIRL; §§ 7 Abs. 4, 8 Abs. 1 UlG (freiwillige MitteilWlgen Dritter, Schutz personenbezogener Daten, Schutz des Betriebsgeheimnisses usw.)

%

Vor dem Inkrafttreten des UlG wurde die Wlffiittelbare Anwendbarkeit der Umweltinformationsrichtlinie verneint.

Wie ist die Bearbeitung von geltend gemachten Umweltinformationsansprüchen in Ihrer Behörde organisatorisch geregelt ?

o o

7.

307

Ansprüche werden von einer zentralen Stelle bearbeitet. Ansprüche werden von den jeweils mit dem betroffenen Vorgang betrauten Bediensteten bearbeitet.

Wie viel Arbeitszeit wird filr die Bearbeitung eines geltend gemachten Anspruchs durchschnittlich benötigt? (Schätzwert) Stunde(n)

8.

Wie lange dauert es durchschnittlich bis zur BescheidWlg eines geltend gemachten Informationsanspruchs ? (Schätzwert) Woche(n)

9.

Gegen wie viele EntscheidWlgen Ihrer Behörde aufgrund des UlG bzw. der UIRL wurden Widerspruch bzw. Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben? Widersprüche Klagen

10. Wie sehr beeinträchtigt die Bearbeitung von geltend gemachten Informationsansprüchen die übrige umweltbezogene Behärdenarbeit ?

2

gar nicht

20·

3

4

5 sehr stark

Anhang

308

11. Welche Einschätzung bzgl. der UIRL teilen Sie am ehesten? (Es können auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o o o

Durch die Beteiligung von Bürgern und Umweltverbänden wird die Verwaltung, vor allem was die Überwachungstätigkeit betriffi, mehr ent- als belastet. Das Verhältnis des Bürgers zur Behörde wird verbessert. Das Informationszugangsrecht wurde im Grunde genommen nicht entscheidend verbessert. Durch den zusätzlichen Arbeitsaufwand wird die übrige Arbeit der Behörden beeinträchtigt und damit der Umwelt eher geschadet als genutzt. Das Umweltbewußtsein der Bevölkerung wird dadurch verbessert.

12.1. Wie hoch sind die durchschnittlichen Gebühren für eine Anfrage? (Schätzwert)

_ _ _ _.DM 12.2. Werden für einen ablehnend beschiedenen Informationsanspruch Gebühren erhoben? Wenn ja, wie hoch sind diese durchschnittlich? (Schätzwert)

o

ja, _ _ __

o

nein

DM

13. Sind die Bediensteten illrer Behörde auf die Arbeit mit der Umweltinformationsrichtlinie bzw. dem Umweltinformationsgesetz vorbereitet worden, etwa durch Besprechungen, Schulungen, Rundschreiben oder dergleichen ?

o

o

nein ja, und zwar durch _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

D. Fragen zur UVP-Richtlinie I zum UVP-Gesetz 1.1. Bei wie vielen Vorhaben, über die illre Behörde zu entscheiden hatte, mußte seit dem 1.8.1990 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden?

I. Fragebogen an Behörden zwn Vollzug von EG-Umweltrecht

309

1.2. Wie viele davon waren es 1994 ?

2.

In wieviel Prozent der Fälle hat die Bewertung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG dazu gefilhrt, daß ein Vorhaben nicht genehmigt wurde? (Schätzwert)

in

% der Fälle

3.l. Sind zur Bewältigung der Aufgaben nach dem UVPG die personellen und/oder materiellen Ressourcen Ihrer Behörde verbessert worden ? 2

3

4

gar nicht

5 angemessen

3.2. Mußten wegen der Aufgaben nach dem UVPG andere wnweltbezogene Aufgaben in Ihrer Behörde vernachlässigt werden ? 2

3

gar nicht

4

5 sehr stark

4.l. Wie viele Widersprüche/Klagen vor dem Verwaltungsgericht gegen Entscheidungen Ihrer Behörde wurden 1994 (auch) auf eine Verletzung von Vorschriften des UVPG gestützt? (Schätzwert) _ _ _ Widersprüche _ _ _ Klagen 4.2. Wie verteilten sich diese etwa prozentual auf folgende Kläger/ Widerspruchsführer? (Schätzwert)

%

Anlagenbetreiber

%

Dritte

%

Sonstige: _ _ _ _ _ _ __

4.3. Wieviel Prozent der WidersprüchelKlagen vor dem VG hatten letztlich Erfolg? (Schätzwert )

310

Anhang

_%

bei den Anlagenbetreibern bei Dritten

%

5.1. Wie ist das Verfahren bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden (vgl. § 14 UVPG), insbesondere die Bestimmung der federfilhrenden Behörde, geregelt? Welche Erfahrungen haben Sie damit bei der behördlichen Arbeit gewonnen?

5.2. Wie oft wurde von der in § 14 Abs. 1 S. 2 UVPG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, der federftlhrenden Behörde weitere Zuständigkeiten nach den §§ 6 - 9 UVPG zu übertragen ? in ca.

% der Fälle

6.1. Wie schätzen Sie die Kooperationsbereitschaft der Anlagenbetreiber bei der Beibringung der Prufungsunterlagen nach § 6 UVPG ein ? 2

3

4

schlecht

5 gut

6.2. Wie verfahrt Thre Behörde mit diesen Prufungsunterlagen ?

o

o

Es wird eine allgemein verständliche Zusammenfassung i.S.v. § 6 Abs. 3 S. 2 UVPG beigefügt. Sie werden in einem systematischen Bericht zusammengestellt, der auch eine erste Einschätzung der Behörde wiedergibt.

7.1. Wie wird in Threr Behörde die Offentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG durchgeführt? (Geben Sie bitte eine kune Beschreibung des Verfahrensablaufs)

I. Fragebogen an Behörden zwn Vollzug von EG-Umweltrecht

311

7.2. Wird das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung auf Betroffene i.S.v. § 73 Abs.3 S.l VwVfG beschränkt ?

o

ja

o

nein

8.1. Hält illre Behörde normalerweise den Zeitralunen in § 11 S. 3 UVPG ein, der vom Abschluß der Erörterung im Anhörungsverfahren bis zur zusammenfassenden Darstellung der Umwe1tauswirkungen einen Monat als Soll-Welt vorsieht?

o o

ja nein

8.2. Ergeht die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG in der Regel zusammen mit der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens?

o o

ja nein, sie ergeht gesondert.

8.3. Wird von illrer Behörde in der Regel auch eine Prüfung möglicher Vorhabensalternativen vorgenommen ?

o

ja

o

nein

8.4. Falls ja: In wieviel Prozent der Fälle fiUute diese Alternativenprüfung dazu, daß das Vorhaben jedenfalls nicht so, wie ursprünglich beantragt, genehmigt wurde? in ca. 9.

% der Fälle

Welche Einschätzung bzgl. des UVPG teilen Sie am ehesten? (Es kölll1en auch mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o Das UVPG hat an der ohnehin schon bestehenden Verwaltungspraxis nichts wesentliches verändert.

312

Anhang

o

o o

Der Gedanke der Umwe1tvorsorge ist im UVPG wngesetzt worden, so daß früher als bisher die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt erkannt und in die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens einbezogen werden können. Durch den Gedanken der Gesamtbewertung werden die Wechselwirkungen der verschiedenen Umweltmedien besser als früher berücksichtigt. Der große Aufwand der Umweltverträglichkeitsprüfung steht in keinem Verhältnis zwn tatsächlichen Erfolg in der Praxis.

10. Wie anwendungsfreundlich schätzen Sie das UVPG im Hinblick auf die behördliche Arbeit ein ? 3

2

5

4

sehr

gar nicht

11. Die UVP-Pflichtigkeit beschränkt sich auf Großvorhaben mit erwartungsgemäß starken Umwe1tauswirkungen. Wird von Ihrer Behörde auch unterhalb dieser Schwelle bei bestimmten Vorhaben eine "kleine" UVP durchgeführt?

o o

nein ja

Wenn ja: Wie sieht die Praxis Ihrer Behörde diesbezüglich aus? Gibt es hierzu eine Rechtsgrundlage, z.B. Dienstanweisung?

E. Fragen zur Anwendung sonstiger EG-UmweItrichtlinien 1.

Haben Sie den Eindruck, daß die in EG-Umwe1trichtlinien festgelegten Grenzwerte, z.B. filr Großfeuerungsanlagen (RL 88/609IEWG) oder Badegewässer (RL 761160IEWG), in Deutschland strikter als in anderen EG-Mitgliedstaaten eingehalten und überwacht werden ?

2 gar nicht

3

4

5 sehr stark

I. Fragebogen an Behörden zum Vollzug von EG-Umwe1trecht

313

2.

(nicht in der Auswertung)

3.

Werden bei der behördlichen Arbeit Grenzwerte, die auf eine EG-Richtlinie zurückgehen, strenger überwacht als rein nationale Grenzwerte?

4.

o o

gleich streng

o

weniger streng

strenger

Hatte Ihre Behörde wegen der Überwachung bestimmter EG-Grenzwerte Kontakt mit europäischen Stellen, z.B. der Kommission ?

o

ja

o

nern

5.

Wenn ja, aus welchen Gründen kam es zu diesem Kontakt? (Schildern Sie bitte kurz den Sachverhalt)

6.

Wie sehr kommt Ihrer Einschätzung nach die Kommission ihrer Aufgabe als "Wächterin" über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet des Umweltschutzes nach?

2 gar nicht

3

4

5 ausreichend

Raum für zusätzliche Amnerkungen:

Sehr geehrte Damen und Herren, wir arbeiten zur Zeit in einem gemeinsamen Forschungsprojekt zu den Problemen der Verwirklichung des europäischen Umweltrechts am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht von Univ.Prof. Dr. Streinz in Bayreuth.

Anhang

314

In weiten Bereichen wird das deutsche Umweltrecht inzwischen überlagert durch EGVorschriften (wichtigstes Beispiel: UVP), deren wachsende Bedeutung leider oft nicht einhergeht mit einem praktisch wirksameren Umweltschutz. Den Ursachen von Fehlentwicklungen in der Europäischen Umweltpolitik nachzugehen, sie statistisch zu belegen und daraus Lösungsansätze zu entwickeln, ist vorrangiges Ziel des Forschungsprojekts. Ein wichtiger Aspekt dabei ist sicherlich, diesen DefIziten durch eine effektivere, insbesondere dezentrale Kontrolle der nationalen Behörden und Betreiber zu begegnen. Aus unserer Sicht besitzen gerade Umweltverbände im Rahmen dieser Vollzugskontrolle eine sehr wesentliche Bedeutung, da die EG-Kommission auf die Unterstützung durch die Öffentlichkeit angewiesen ist, um die Einhaltung des europäischen Umweltrechts zu überwachen. Umweltbeschwerden vor der Kommission und Petitionen vor dem Europäischen Parlament werden daher in zunehmendem Maße von einzelnen Bürgern und vor allem Umweltverbänden genutzt. Aus diesem Grunde möchten wir eine Umfrage bei Umweltverbänden über ihre Erfahrungen mit nationalen Behörden und europäischen Institutionen durchführen. Gerade Einblicke in die tägliche Verbandsarbeit und ihre Schwierigkeiten könnten einen wichtigen Beitrag zu der Untersuchung leisten, da dadurch manche Aussagen von Behördenseite relativiert oder auch bestätigt würden. Wir versuchen, mit der Veröffentlichung dieser Ergebnisse einen praxisnahen Beitrag zur aktuellen Debatte über das EG-Umweltrecht leisten zu können, der auch für die Arbeit der Umweltverbände selbst verwertbar ist. Wir möchten Sie daher herzlich bitten, beiliegenden Fragebogen auszufüllen und wieder an unsere oben angeführte Adresse zurückzuleiten, wenn möglich, bis spätestens Ende April 1995. Die Informationen werden nur vollständig anonymisiert verarbeitet und dienen ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken. Über die Ergebnisse unserer Studie würden wir Sie bei Interesse gerne unterrichten. Für illre Bemühungen um die Beantwortung des leider sehr umfangreichen Fragenkatalogs bedanken wir uns schon jetzt sehr herzlich. Mit freundlichen Grüßen,

II. Fragebogen an die Umweltverbilnde zum EG-Umweltrecht Ich bitte Sie, die folgenden Fragen zu beantworten, indem sie dort, wo Antworten vorgegeben sind, die für illren Verband zutreffende Antwort durch Einkreisen der entsprechenden Zahl bzw. Ankreuzen eines der vorgegebenen Felder kennzeichnen. Für die Beantwortung einiger Fragen sind Zahlenangaben erforderlich. Sofern Sie keine exakten Zahlen verfügbar haben, tragen Sie bitte Schätzwerte ein. Der Ausdruck 'Verband' bezieht sich auf die jeweils angeschriebene LandesstelleI Bundesstelle eines Umweltverbandes.

II. Fragebogen an die Umweltverbände zwn EG-Umweltrecht

315

Soweit sich bestimmte Fragen in Threm Verband nicht stellen, bitte ich Sie, diese durchzustreichen. Für Arunerkungen zu einzelnen Fragen bzw. weitere AnregWlgen bin ich Thnen sehr dankbar.

A Fragen zum Umfeld der Verbandsarbeit

1.

Wenn Sie den heutigen Stand der UmweltbeeinträchtigWlgen im Bereich Thres Verbandes mit dem Stand von vor etwa 10 Jahren vergleichen, hat sich die UmweltbelastWlg gegenüber früher erheblich vermindert. 2

die UmweltbelastWlg gegenüber früher leicht vermindert.

3

der Zustand nicht geändert.

4

die UmweltbelastWlg gegenüber früher leicht erhöht.

5

die UmweltbelastWlg gegenüber früher erheblich erhöht.

2.1. Verfugt Thr Verband über die Texte der wichtigsten EG-Umweltrichtlinien ? (Bitte kreisen Sie in der Skala von 1 bis 5 einen Threr MeinWlg nach zutreffenden Wert ein, wobei der Wert 3 als Mittelwert zu verstehen ist.)

2

3

4

gar nicht

5 ausreichend

2.2. Verfugt Thr Verband über Kommentare Wldloder Lehrbücher zum EG- (Umwelt-) Recht?

2

3

4

gar nicht

5 ausreichend

2.3. Wie viele MitarbeiterInnen sind in Threm LandesverbandIBWldesverband fest angestellt? (Unzutreffendes bitte streichen) Landesverband:

_ _ _ MitarbeiterInnen

BWldesverband:

_ _ _ MitarbeiterInnen

316

Anhang

2.4. Gibt es in Threm Verband Mitarbeiterhmen, die für spezifisch europarechtliche Fragen des Umweltrechts zuständig sind?

3.

o

nein

o

ja

Welche Schwierigkeiten treten bei der Arbeit in Threm Verband im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht besonders häufig auf? (Es können mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o o o o

Keine. Die EG-Umweltrichtlinien sind zu wenig bekannt. Die Richtlinientexte sind schwer zugänglich. Die Richtlinientexte sind schwer verständlich. Häufig ist einem gar nicht bewußt, daß für einen bestimmten Sachverhalt EG-Recht einschlägig ist. Sonstige Schwierigkeiten:

B. Allgemeine Fragen zur Verbandsarbeit 1.1. Für welchen Umweltschutzbereich setzt sich Thr Verband vornehmlich ein ? (Es können mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o o o

Naturschutz Gewässerschutz Luftreinhaltung Abfallrecht Sonstiges: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

1.2. Wieviel Prozent der Arbeitszeit der Mitarbeiterhmen Thres Verbandes entfiillt auf folgende Tätigkeiten? (Schätzwert)

_%

Öffentlichkeitsarbeit

_%

Kontakt mit Behörden (außerhalb von Rechtsstreitigkeiten)

ll. Fragebogen an die Umweltverbände Zillll EG-Umweltrecht

317

%

Kontakt mit Betreibern (außerhalb von Rechtsstreitigkeiten)

%

Kontakt mit anderen Umweltverbänden

%

Beteiligung an Genehmigungs- , Planfeststellungsverfahren

_%

Beteiligung an Widerspruchs-, Verwaltungsgerichtsverfahren

_ %

Kontakt mit europäischen Stellen

%

Sonstiges: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

1.3. Wurden Threm Verband bereits Mitspracherechte bei der Entstehung von Gesetzund Verordnungsentwürfen eröffnet?

o o

nein ja

1.4. Wie hoch schätzen Sie den tatsächlichen Einfluß Thres Verbandes auf die inhaltliche Gestaltung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen ein ?

2

3

4

5 sehr stark

gar nicht

2.1. Welche Bedeutung haben aus Threr Sicht sog. Umweltabsprachen, d.h. Verhandlungen, Gespräche etc. der Behörden mit Betreibern mit dem Ziel, eine einvernehmliche (Kompromiß-)Lösung in Fragen des Umweltschutzes zu erzielen? 2

3

4

5 sehr große Bedeutung

keine Bedeutung 2.2. Werden Umweltverbände an solchen Umweltabsprachen beteiligt?

2 nie

3

4

5 regelmäßig

3.1. Haben Sie den Eindruck, daß Umweltverbände vor allem größeren Unternehmen, etwa wegen der materiellen Ressourcen oder politischer Einflußnalunen, beim Kampfillll die Durchsetzung illllweltrechtlicher Standards unterlegen sind?

Anhang

318 2

3

4

5

sehr stark

gar nicht

3.2. Haben Sie den Eindruck, daß die Behörden, wenn es um die Durchsetzung von umweltrechtlichen Standards geht, vor allem größeren Unternehmen unterlegen sind, etwa wegen der größeren materiellen Ressourcen oder eines Wissensvorsprungs der Unternehmen ? 2

3

4

gar nicht

5 sehr stark

3.3. Sind Sie im Zusammenhang mit der Arbeit in Threm Verband schon Pressionen, z.B. von Betreibern, Politikern etc., ausgesetzt gewesen ? 2

3

4

gar nicht

5 sehr stark

3.4. Von welcher Seite verspürten Sie die stärksten Pressionen? (Es können mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o o o

von Betreiberseite

o

Sonstige: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

von Industrieverbänden von Politikern von Presse, Rundfunk, Fernsehen

3.5. Wie sehr sind Behörden aus Threr Sicht bei der Durchsetzung von umweltrechtliehen Standards außerbehördlichen Einflüssen ausgesetzt ? 2

gar nicht

3

4

5 sehr stark

3.6. Von welcher Seite vermuten Sie die stärksten außerbehördlichen Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit? (Es können mehrere Variablen angekreuzt werden.)

II. Fragebogen an die Umweltverbände zwn EG-Umweltrecht

o

319

von Betreiberseite

o

von Industrieverbänden

o o o o

von Umweltschutzverbänden oder Bürgerinitiativen von Politikern von Presse, Rundfunk, Fernsehen Sonstige: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

4.1. Wie schätzen Sie die Effektivität der behördlichen Arbeit im Hinblick auf die Überwachung wnweltrechtlicher Standards allgemein ein ?

2

3

4

schlecht

5

gut

4.2. Wie schätzen Sie die Kooperationsbereitschaft von Umweltschutzbehörden im Hinblick auf die Tätigkeit Thres Verbandes allgemein ein ?

2 schlecht

3

4

5

gut

4.3. In wie vielen Fällen hatte Thr Verband 1994 Kontakt mit einer Umweltschutzbehörde ? (Schätzwert)

in etwa _ _ _ Fällen 5.1. Wie viele Hinweise aufUmweltbeeinträchtigungen oder vermutete Verstöße gegen rechtliche Bestimmungen gingen von seiten der Öffentlichkeit 1994 bei Threm Verband ein ? (Schätzwert) ungefähr _ _ __ 5.2. Wie viele dieser Hinweise hat Thr Verband 1994 an Umweltschutzbehörden weitergegeben? (Schätzwert) ungefähr _ _ __ 5.3. Wie viele Hinweise hat Thr Verband durch eigene Recherchen an Umweltschutzbehörden geleitet? (Schätzwert)

Anhang

320 ungeflilir _ _ _ __

5.4. Wie viele Hinweise hat Thr Verband durch eine Anzeige an Polizei / Staatsanwaltschaft geleitet? (Schätzwert) ungeflilir _ _ __ 5.5. Hatten Sie den Eindruck, daß diesen Hinweisen von Behördenseite regelmäßig genügend nachgegangen wurde? 3

2

4

5

sehr stark

gar nicht

6.1. In wie vielen Fällen hat Thr Verband 1994 Widersprüche oder Klagen einzelner betroffener Bürger gegen umweltrelevante Vorhaben materiell oder immateriell unterstützt? (Schätzwert) in

Fällen

6.2. Wie oft hat Thr Verband 1994 selbst Widerspruch oder Klage vor dem Verwaltungsgericht eingelegt ? _ _ _ Widerspruch _ _ _ Klage 6.3. Wie oft wurde dabei die Verletzung von Umweltrecht gerügt, das auf EGRichtlinien oder -Verordnungen zurückfllhrt ? in

Fällen

6.4. In wie vielen Fällen haben Sie dabei gleichzeitig auch eine Umweltbeschwerde vor der Kommission eingelegt? in

Fällen

C. Allgemeine Fragen zum europäischen Umweltschutzrecht

1.

Welche Rolle spielt das europäische Umweltrecht gegenwärtig bei Threr Verbandsarbeit ?

II. Fragebogen an die Umwe1tverbände zwn EG-Umwe1trecht 3

2

2.

5

4

keine Rolle

sehr starke Rolle

Haben Sie den Eindruck, daß die in EG-Umweltrichtlinien festgelegten Grenzwerte, z.B. fiIr Großfeuerungsanlagen (RL 88/609/EWG) oder Badegewässer (RL 76/160/EWG), in Deutschland strikter als in anderen EG-Mitgliedstaaten eingehalten und überwacht werden ?

3

2

5

4

gar nicht 3.

sehr stark

Hat sich Thr Verband wegen Fragen des EG-Umweltrechts, etwa einem vermuteten Verstoß gegen EG-Grenzwerte, bereits an europäische Stellen gewandt?

o o 4.

321

nein ja, und zwar _ _ mal

Unterhält Thr Verband ein Büro in Brüssel?

o o

nein

5.1. Ist Thr Verband dem Europäischen Umwe1tbüro (EEB) in Brüsse1 angeschlossen ?

o

nein

o

5.2. Falls nein: Hat Thr Verband Kontakte zum Europäischen Umwe1tbüro?

2

rue 5.3. (nicht in der Auswertung)

21 Engelsberger

3

4

5 regelmäßig

322

Anhang

6.

(nicht in der Auswertung)

7.

Hat Thr Verband Kontakte zu Vertretern des Europäischen Parlaments? 3

2

4

5

regelmäßig

nie

D. Fragen zu den Beschwerdemöglichkeiten vor der EU

(nicht in der Auswertung dieser Arbeit)

E. Fragen zu einzelnen EG-Umweltrichtlinien

(Umweltinfonnationsrichtlinie, UVP-Richtlinie) 1.1. Am 31.12.1992 lief die Frist zur Umsetzung der Umweltinforrnationsrichtlinie (RL 90/313/EWG) in nationales Recht ab; am 16.7.1994 trat schließlich das Umweltinformationsgesetz (BGBl. 1994, Teil I, S. 1490fT.) in Kraft: Wie viele Umweltinformationsansprüche hat Thr Verband bei einer (Umwelt-) Behörde geltend gemacht? 1.1.1993 -16.7.1994: seitdem 16.7.1994: 1.2. Erwarten Sie, daß sich die Anzahl der Umwe1tinfonnationsansprüche, die von Ihrem Verband geltend gemacht werden, in Zukunft verändern wird ?

o o o

Sie wird sich verringern. Sie wird etwa gleich bleiben. Sie wird sich erhöhen.

II. Fragebogen an die Umweltverbande zum EG-Umweltrecht

323

1.3. In wie vielen Fällen haben Sie bei einem geltend gemachten Umweltinformationsanspruch Akteneinsicht begehrt ? in

Fällen

1.4. Wurde TImen, soweit Sie Akteneinsicht begehrten, diese auch effektiv ermöglicht, d.h. durch Bereitstellen von Räumlichkeiten zur Einsichtnahme, ausreichende Einsichtszeit, der Möglichkeit zum Anfertigen von Kopien etc.?

o

o

ja nein, es mangelte vor allem an: _ _ _ _ _ __

1.5. Wie viele der von TImen geltend gemachten Umweltinformationsanspruche wurden von seiten der Behörde ablehnend beschieden ?

1.6. Wurden die ablehnenden Bescheide immer begründet?

o o

nein, in _ _ Fällen fehlte die Begründung.

ja

1.7. Wie lange dauerte es von der Geltendmachung des Anspruchs bis zur Bescheidung durch die Behörde? durchschnittlich etwa _ _ _ _ Wochen Maximaldauer:

_ _ _ _ Wochen

Minimaldauer:

_ _ _ _ Wochen

1.8. Wie hoch waren die von der Behörde festgesetzten Gebühren im Falle eines positiv beschiedenen Anspruchs? durchschnittlich etwa _ _ _ DM Maximalwert:

_ _ _ DM

Minimalwert:

_ _ _ DM

1.9. Wie hoch waren die von der Behörde festgesetzten Gebühren im Falle eines ablehnend beschiedenen Anspruchs? 21*

324

~g

durchschnittlich etwa

DM

Maximalwert:

DM

Minimalwert:

DM

1.10. Welche Einschätzung bzgl. der Umweltinfonnationsrichtlinie teilen Sie am ehesten? (Es können mehrere Variablen angekreuzt werden.)

o o

Die Umweltinfonnationsrichtlinie ist bei Bürgern und Verbänden noch zu wenig bekannt und wirkt sich daher in der Verbandsarbeit noch sehr wenig aus. Durch die Beteiligung von Bürgern und Umweltverbänden wird die Verwaltung, vor allem was die Überwachungstätigkeit betriffi, stärker entlastet.

o

Das Verhältnis des Bürgers bzw. der Verbände zur Behörde wird verbessert.

o o

Das Umweltbewußtsein der Bevölkerung wird verbessert.

o

Die hohen Gebühren verhindern, daß Umwe1tverbände häufiger Umweltinfonnationsanspruche bei Behörden geltend machen. Keine der Einschätzungen triffi zu.

1.11. Sind, soweit Threm Umweltinfonnationsanspruch von seiten der Behörde stattgegeben wurde, die Infonnationen bzw. eine eventuelle Akteneinsicht aus Threr Sicht zufriedenstellend gewesen ? Geben Sie bitte eine kurze Beschreibung Threr diesbezüglichen Erfahrungen:

2.1. Die UVP-Richtlinie (RL 85/337/EWG) sieht in Art. 6 ein spezielles Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung im Falle einer Umweltverträglichkeitsprufung vor. Dieses Verfahren wurde in Deutschland unter anderem durch § 9 Abs. 1 S. 2 UVPG i. v.m. § 73 Abs. 3 - 7 VwVfD in nationales Recht umgesetzt. Wie oft kam es dazu, daß Thr Verband im Ralunen einer Umweltverträglichkeitsprüfung an diesem Verfahren beteiligt wurde?

_ _ _ mal 2.2. Sind Threm Verband im Ralunen einer UVP die UVP-Unterlagen (Genehmigungsantrag und die vom Projektträger vorzulegenden Unterlagen) immer zugänglich gemacht worden ?

ll. Fragebogen an die.Umweltverbände zwn EG-Umweltrecht

o o

325

nein, in _ _ Fällen erfolgte dies nicht. ja

2.3. Ist Ihr Verband im weiteren Verfahren (insbes. der AnhÖfWlg im ErörtefWlgstermin) beteiligt worden ?

o

nein, noch nie.

o

ja, in _ _ Fällen.

2.4. Sind Ihrem Verband Fälle bekannt, in denen eine UVP nicht oder nicht korrekt durchgefiihrt wurde, obwohl es um ein UVP-pflichtiges Vorhaben im Bereich Ihres Verbandes ging?

o o

nein ja, und zwar _ _ Fälle.

2.5. Welche Einschätzung bzgl. der UVP-Richtlinie (bzw. dem UVP-Gesetz) teilen Sie am ehesten ?

o o o o o o

o

Der Gedanke der Umweltvorsorge ist im UVP-Verfahren umgesetzt worden, so daß früher als bisher die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt erkannt und in die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens einbezogen werden können. Der große Aufwand der Umweltverträglichkeitsprüfung steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Erfolg in der Praxis.

Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Verbandes im Rahmen der UVP sind sehr gering. Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Verbandes im Rahmen der UVP sind im Vergleich zur früheren Situation erheblich gestiegen.

Im Vergleich zur bisher schon bestehenden Verwaltungspraxis hat sich durch die UVP-RL aus Sicht der Verbände nichts wesentliches verändert. Häufig wird die UVP in der Praxis nur sehr schlampig oder schlecht durchgefiihrt. Keine der Einschätzungen triffi zu.

Anhang

326

F. Strukturfonds (nicht in der Auswertung dieser Arbeit) Sonstige allgemeine Arunerkungen:

m. Graphiken Fragen A.3.1., A.3.2., A.3.3. (Beh.): Materielle Ausstattung: allgemein (a), Richtlinientexte (b), Sekundärliteratur (c) a:

Halten Sie Thre Behörde ftlr materiell gut ausgestattet?

b:

Sind die Texte der ftlr die Behörde relevanten EG-Umweltrichtlinien bei Threr Behörde vorhanden ?

c:

Sind in Threr Behörde Kommentare und/oder Lehrbücher zwn EG-(Umwelt-) Recht vorhanden?

Graphik 1

1

2

3

4

5

a: schlecht

gut

b: gar nicht

vollständig

c:

ar nicht

ausreichend

III. Graphiken

327

Frage C.II. (Beh.): Umweltinfonnationsrichtlinie, Einschätzung durch Behörden Welche Einschätzung bzgl. der Umweltinformationsrichtlinie teilen Sie am ehesten? 1:

Durch die Beteiligung von Bürgern Wld Umweltverbänden wird die VerwaltWlg, vor allem was die ÜberwachWlgstätigkeit betrim, mehr ent- als belastet.

2:

Das Verhältnis des Bürgers zur Behörde wird verbessert.

3:

Das Informationszugangsrecht wurde im GrWlde genommen nicht entscheidend verbessert.

4:

Durch den zusätzlichen Arbeitsaufwand wird die übrige Arbeit der Behörden beeinträchtigt Wld damit der Umwelt eher geschadet als genutzt.

5:

Das Umweltbewußtsein der Bevölkerung wird verbessert.

Graphik 2

328

Anhang

Frage E.I.I O. (Verb.): UmweltinfonnationsRL, Einschätzung durch Umweltverbände Welche Einschätzung bzgl. der Umweltinfonntionsrichtlinie teilen Sie am ehesten? I:

Die Umweltinfonnationsrichtlinie ist bei Bürgern Wld Verbänden noch zu wenig bekannt Wld wirkt sich daher in der Verbandsarbeit noch sehr wenig aus.

2:

Durch die BeteiligWlg von Bürgern Wld Umweltverbänden wird die Verwaltung, vor allem was die ÜberwachWlgstätigkeit betriffi, stärker entlastet.

3:

Das Verhältnis des Bürgers bzw. der Verbände zur Behörde wird verbessert.

4:

Das Umweltbewußtsein der BevölkerWlg wird verbessert.

5:

Die hohen Gebühren verhindern, daß Umweltverbände häufiger Umwe1tinfonnationsansprüche bei Behörden geltend machen.

6:

Keine der Einschätzungen triffi zu.

Graphik 3

35%

.2 01

3%

1i3

~4

3%

II1II5

1116

Frage C.2. (Beh.): Umweltinfonnationsansprüche, Anspruchsteller Wie verteilen sich die geltend gemachten Infonnationsansprüche prozentual auf folgende Anspruchsteller?

m. Graphiken

329

- Unternehmen - Umweltverbände - Einzelne Bürger - Sonstige

Graphik 4

• Unternehmen

mUmweltverbände

o einzelne Bürger ~Sonstige

40%

Frage D.9. (Beh.): UVP-Richtlinie / UVP-Gesetz, Einschätzung durch Behörden Welche Einschätzung bzgl. des UVPG teilen Sie am ehesten? I:

Das UVPG hat an der ohnehin schon bestehenden VerwaltWlgspraxis nichts wesentliches verändert.

2:

Der Gedanke der Umweltvorsorge ist im UVPG wngesetzt worden, so daß früher als bisher die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt erkannt Wld in die EntscheidWlg über die ZulassWlg des Vorhabens einbezogen werden können.

3:

Durch den Gedanken der Gesamtbewertung werden die Wechselwirkungen der verschiedenen Umweltmedien besser als früher berücksichtigt.

4:

Der große Aufwand der Umweltverträglichkeitsprüfung steht in keinem Verhältnis zwn tatsächlichen Erfolg in der Praxis.

330

Anhang

Graphik 5

33%

12%

Frage E.2.5. (Verb.): UVP-Richtlinie / UVP-Gesetz, Einschätzung durch Umweltverbände Welche Einschätzung bzgl. der UVP-Richtlinie (bzw. des UVP-Gesetzes) teilen Sie am ehesten?

1:

Der Gedanke der Umweltvorsorge ist im UVP-Verfahren wngesetzt worden, so daß früher als bisher die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt erkannt und in die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens einbezogen werden können.

2:

Der große Aufwand der Umweltverträglichkeitsprüfung steht in keinem Verhältnis zwn tatsächlichen Erfolg in der Praxis.

3:

Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Verbandes im Rahmen der UVP sind sehr gering.

4:

Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines Verbandes im Rahmen der UVP sind im Vergleich zur früheren Situation erheblich gestiegen.

5:

hn Vergleich zur bisher schon bestehenden Verwaltungspraxis hat sich durch die

6:

Häufig wird die UVP in der Praxis nur sehr schlampig/schlecht durchgeführt.

7:

Keine der Einschätzungen triffi zu.

UVP-RL aus Sicht der Verbände nichts wesentliches verändert.

331

Ill. Graphiken

Graphik 6

29%

.2 m4 .5 Fml

03

8%

l1li6

6%

l1li7 29%

Fragen B.3.1. (Beh.), B.3.5. (Verb.): Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit aus Sicht von Behörden (a) und Umweltverbänden (b) a:

Wie sehr sind Sie bei Threr behördlichen Tätigkeit außerbehördlichen Einflüssen ausgesetzt, z.B. von Betreibern, Verbänden, Politikern usw. ?

b:

Wie sehr sind Behörden aus Threr Sicht bei der Durchsetzung von umweltrechtlichen Standards außerbehördlichen Einflüssen ausgesetzt?

Anhang

332

Graphik 7

o Einschätzung durch Behörden • Einschätzung durch Umweltverbände 60 50 40

30 20 10

O~----~~--~~1 2 3

4

gar nicht

5

sehr stark

Fragen B 3.2. (Beh.), B 3.6. (Verb.): Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit, Quellen; Einschätzung durch Behörden (a) und Umweltverbände (b) a:

Von welcher Seite verspüren Sie bei Threr behördlichen Tätigkeit besonders starke Einflußnahmen ?

b:

Von welcher Seite vermuten Sie die stärksten außerbehördlichen Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit? I:

Betreiber

2:

Industrieverbände

3:

Umweltschutzverbände oder Bürgerinitiativen

4:

Politiker

5:

Sonstige (Bei den Umweltverbänden wurde gesondert nach den Medieneinflüssen gefragt.)

6:

Von keiner Seite

333

ill. Graphiken

Graphik 8

o Einschätzung durch Behörden • Einschätzung durch UmweItverbände 30 25 20 15 10 5 0

1

2

3

4

5

6

Fragen B l.3. (Beh.), B 2.l. (Verb.): Umweltabsprachen, allgemeine Bedeutung; Einschätzung durch Behörden (a) und Umweltverbände (b) a:

Welche Bedeutung haben sog. Umweltabsprachen, d.h. Verhandlungen, Gespräche etc. mit Unternehmen, bei Threr behördlichen Tätigkeit?

b:

Welche Bedeutung haben aus Threr Sicht sog. Umweltabsprachen, d.h. Verhandlungen, Gespräche etc. der Behörden mit Betreibern mit dem Ziel, eine einvernehmliche (Kompromiß-) Lösung in Fragen des Umweltschutzes zu erzielen?

Anhang

334

Graphik 9

o Einschätzung durch Behörden • Einschätzung durch Umweltverbände 50

1

2

3

keine Bedeutun

4

5

sehr roße Bedeutun

Frage A5. (Beh.): Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht Welche Schwierigkeiten treten bei der Arbeit in Ihrer Behörde im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht besonders häufig auf? 1:

Keine.

2:

Häufig ist einem gar nicht bewußt, daß das anzuwendende nationale Gesetz auf eine EG-Richtlinie zurückgeht.

3:

Die Richtlinientexte sind schwer zugänglich.

4:

Die Richtlinientexte sind schwer verständlich, weil sie zu wenig den deutschen Verwaltungsstrukturen angepaßt sind.

5:

Sonstige Schwierigkeiten.

Ill. Graphiken

335

Graphik 10

16%

37%

Frage A.3. (Verb.): Schwierigkeiten der Verbände im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht Welche Schwierigkeiten treten bei der Arbeit in Threm Verband im Zusammenhang mit dem europäischen Umweltrecht besonders häufig auf? 1:

Keine.

2:

Die EG-Umweltrichtlinien sind zu wenig bekannt.

3:

Die Richtlinientexte sind schwer zugänglich.

4:

Die Richtlinientexte sind schwer verständlich.

5:

Häufig ist einem gar nicht bewußt, daß filr einen bestimmten Sachverhalt EGRecht einschlägig ist.

6:

Sonstige Schwierigkeiten.

336

Anhang

Graphik 11

12%

~l

02 IilB ~4

ml5

.6

Verzeichnis der zitierten Rechtsprechung EuGH Nr. derRs 74/69 9/70 9/73 41/74 48/75 33/76 94/77 106/77 133/79 8/81 54/81 217/81 283/81 42/82 205-215/82 14/83 79/83 240/83 152/84 178/84 5/85 78/85 314/85 372-375/85 68/86 80/86 131/86 302/86 322/86 22 Engelsberger

Name der Parteien HZA BremenlKrohn GradIFA Trallllstein ("LeberpfeIUlig" ) SchlüterlHZA Lörrach van DuynlHome Oflice RoyerlBelgien RewelLandwirtschaftskammer für das Saarland Fratelli Zerbone Simmenthal TI Sucrimex u.a.lKommission BeckerlFA Münster FrommeIBundesanstalt flir Landwirtschaftliche Marktordnllllg InteragraIKommission Cll.,FITlMinistero della sanitä KommissionIFrankreich Deutsche MiJchkontor u.a./ Blllldesrepublik Deutschland von Colson lllld KamaIllllNordrhein Westfalen HarzlTradax ADBHU MarshalllHealth Authority KommissionIDeutschland AKZOlKommission Fraktion der Europäischen Rechten! Europäisches Parlament Foto-FrostlHZA Lübeck-Ost Traen u.a. Vereinigtes KönigreichIRat ("HomlOne") Kolpinghuis Nijmegen Vereinigtes KönigreichIRat ("Legehelmen") Konunission/Dänemark Kommission/ltalien

Flllldstelle Sig. 1970,451 Sig. 1970, 825 Sig. Sig. Sig. Sig.

1973, 1135 1974, 1337 1976, 497 1976, 1989

Sig. Sig. Sig. Sig. Slg.

1978, 99 1978, 629 1980, 1299 1982, 53 1982,1449

Sig. Slg. Sig. Slg.

1982, 2233 1982, 3415 1983, 1013 1983, 2633

Slg. 1984, 1891 Sig. Sig. Sig. Sig. Sig. Sig.

1984, 1921 1985,531 1986, 723 1987, 1227 1986, 2585 1986, 1753

Sig. 1987,4199 Sig. 1987,2141 Sig. 1988, 855 Sig. 1987, 3969 Sig. 1988, 905 Sig. 1988, 4607 Slg. 1988, 3995

338 Nr. derRs 31/87 46/87 u. 227/88 94/87 C-70/88 103/88 C-I77/88 C-221188 C-361188 C-59/89 C-57/89 C-106/89 C-300/89 C-2/90 C-6 u. 9/90 C-237/90 C-91192 C-334/92 C-396/92 C-422/92 C-431192 C-46 u. 48/93 C-312/93 C-192/94 C-178-179, 188-190/94

Verzeichnis der zitierten RechtsprechlUlg Name der Parteien BeentjeslNiederiande HoechstIKommission Kommission/Deutschland Europäisches ParlamentIRat ("Tschemobyl") Fratelli Costanzo/Stadt Mailand Dekker/Stichting Vormingscentrum voor Jong Volwassenen EGKSlBusseni Kommission!Deutschland Kommission!Deutschland Kommission/Deutschland ("Leybucht" ) MarleasingILa Comercial Intemacional de Alimentaci6n KonunissionIRat ("Titandioxid") KommissionIBelgien Francovich u.a./ltalien Konullission/Deutschland DorilRecreb Teodoro Wagner MiretfFondo de Garantia Salarial Bund Naturschutz u.a./Freistaat Bayem Kommission/Deutschland KonunissionlDeutschland Brasserie du PecheurlBlUldesrepublik Deutschland KG Peterbroeck, Van Campenhout & Cie EI Corte IngleslBlazquez Rivero

FlUldstelle Slg. 1988, 4635 Slg. 1989,2859 Slg. 1989, 175 Slg. 1990 I, 2041

Erich Dillenkofer u.a.lBlUldesrepublik Deutschland

Tätigkeitsberichte 26/96 S. 1

Gerichte BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG

BVerfGE 4, 157 BVerfGE 11, 6 BVerfGE 31,145 BVerfGE 37, 271 BVerfGE 55, 274 BVerfGE 73, 339 ("Solange 11") BVerfGE 89, 155 ("Maastricht")

Slg. 1989, 1839 Slg. 1990 I, 3941 Slg. Slg. Slg. Slg.

1990 I, 495 1991 1,2567 1991 I, 2607 1991 I, 883

Slg. 1990 I, 4135 Slg. 1991 1,2867 Slg. Slg. Slg. Slg. Slg.

1992 I, 4431 1991 1,5357 1992 I, 5973 1994 I, 3325 1993 I, 6911

Slg. 1994 I, 3717 Slg. 1995 I, 1097 Slg. 1995 1,2189 Slg. 1996 I, 1029 Slg. 1996 I, 4599 Slg. 1996 I, 1281

Verzeichnis der zitierten Rechtsprechung BGH BGH LGBonn BVerwG VGMünchen VGStade VGMinden

22'

NJW 1993,1244 L NJW 1997, 123 ("Brasserie du Pecheur") EuZW 1994,442 BVerwGE 74, 357 NVwZ 1990, 287 ZUR 1993, 225 ZUR 1993, 284

339

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Sachregister Abfallbegriff 107,139 Abfa1lrichtlinie 58, 106f, 119 Agrarpolitik 57, 60, 62, 89 allgemeine Rechtsgrundsätze 68 AnwendWlgsvorrang 110, 114 AuslegWlg des Gemeinschaftsrechts 112ff Auswertung der Fragebögen 48, 144ff - Durchschnittswert 37, 49 - FÜllferskala 37, 49 - Mittelwert 37, 49

Behörden mit Umweltschutzaufgaben 33, 39f, 95ff - Arbeitsschwerpunkte 171 - Behördenaufbau in Deutschland 95ff - Behördentyp 48, 97f - Bezirksverwaltungen 40 - Einflußnahmen auf die behördliche Tätigkeit 219ff, 242ff - federführende Behörde 213 - Landratsämter 40, 98 - kreisfreie Städte 40, 98 - personelle Wld materielle Ausstattung 161ff - Senats verwaltungen 40 - Sonderordnungsbehörden 98 - Staatliche Ämter ftlr Immissionsund Strahlenschutz 40, 98 - Staatliche Umweltämter 40,98 - Umweltschutzbehörden 95ff - Wasserwirtschaftsämter 40 Behördenbedienstete 135, 142, 161ff - Ausbildungsstand 164f - Weiterbildungsmöglichkeiten 165ff Berichtspflichten der Mitgliedstaaten 79ff

- Durchführungsberichte 80f - RichtlinienumsetzWlg 79f, 102ff

Costanzo 124

DiskriminiefWlgsverbot 65,133 Dori 122

Efflzienzgebot 65, 133 Empirisch-analytische Methode 33 - Dokumentenanalyse 34 - Fragebogen 33, 35ff - Inhaltsanalyse 33 - Interviews 33 - primäre Analyse 34 - Sekundäranalyse 34 EuGH s. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäischer Rechnungshof 26, 85ff - Bericht 3/92 über die Umwelt 26, 85ff Europäisches Parlament 77, 291 - Beteiligung im Gesetzgebungsverfahren 60 - Bürgerbeauftragter 78 - parlamentarische Anfragen 78 - Petition 77 - Untersuchungsausschüsse 78, 291ff Europäische Umweltagentur 90 - Umweltinforrnationsnetz 91 Fondsverwaltung 87ff - Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds ftlr die Landwirtschaft 84, 89

360

Sachregister

- Kohäsionsfonds 89 - Mittelkürzung 85, 88 - Rechnungsabschlußverfahren 84 - Strukturfonds 85 - Umweltfonds (LIFE) 86, 88 Fragebogen 35tT, 46tT - Adressatenkreis 39f, 46 - Antwortvarianten 37 - Befragtengruppe 42, 48 - Ftlnferskala 37, 49 - Grundgesamtheit 42, 44 - otTene Fragen 36 - Rücklauf 40, 47f - Suggestivfragen 38 - Versendung 39, 46

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) 72tT, 287 - judizieller Dialog mit den nationalen Gerichten 280 Großkrotzenburg, Wärmekraftwerk 120 Implementationsforschung 31 Informationsdeftzit 76

Jahresprogramme 56

Klimaschutz 57, 257 Kommission 69tT - Anwendungskontrolle 74f - Aufgaben 69tT - Aufsichtsklage72 - Generaldirektion XI 70 - Initiativrecht 86 - Jahresbericht (der Kommission an das Europäische Parlament über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts) 73tT - Mahnschreiben 72tT - mit Gründen versehene Stellungnahmen 72tT - Organisationsstruktur 69tT - Umsetzungskontrolle 74f - Umweltbeschwerde 76f

Kompetenzen 59tT - Kompetenzgrundlagen, Abgrenzung 60

Mitgliedstaaten 50tT, 92tT - mitgliedstaatlicher Vollzug 92tT

nationale Beschwerdestellen 77, 290

Öko-Audit-Verordnung 140tT - Umweltgutachter 141 - Umweltmanagementsysteme 140 ökonomische Instrumente 294

Querschnittsklausel 54

Rat 50 - Mehrheitsverhältnisse im Rat 60 Rechtssoziologie 32 Rechtstatsachenforschung 31 Richtlinien 102tT - Direktwirkung, unmittelbare Wirkung 117tT - horizontale Wirkung 122 - objektive Wirkung 110 - richtlinienkonforme Auslegung 112tT - Richtlinien mit Doppelwirkung 125 - subjektive Wirkung 118 - Umsetzung 102tT - Umsetzung durch Verwaltungsvorschriften 108 - Umsetzungsfehler 105tT - Umsetzungspflicht 102 - Umsetzungstechniken 102tT - Umweltrichtlinien 57f Rücklaufquote 41, 97 Staatshaftung 126tT - Anspruchsvoraussetzungen 126tT - Brasserie du Pecheur 130 - Francovich 127

Sachregister - bei fehlerhafter RichtliniemunsetZilllg 127ff - bei Vollzugsfehlern 134f Subsidiaritätsprinzip 55 TA-Luft 108 Themenkatalog 36 Titandioxidentscheidilllg 62 Trinkwasserrichtlinie 58 Umweltabsprachen 226ff, 245 Umweltaktionsprogramme 56 Umweltinformationsrichtlinie 58, 146ff, 178ff, 249ff - Einschätzilllg durch Behörden 178ff - Einschätzilllg durch Umweltschutzverbände 249ff - Umweltinformationsanspruch 179ff,249 Umweltinformationsgesetz 179 - Bearbeitilllgsgebühren 193ff, 250f - Bearbeitilllgszeit 186ff, 251 Umweltpolitik 50, 57 - allgemeine Ziele 25, 52ff - Einheitliche Europäische Akte 51 f - Querschnittscharakter 59ff - Verursacherprinzip 53 - Vorsorgegrillldsatz 53 Umweltschutz 25, 50ff Umweltschutzverbände 45, 47, 237ff - altruistische Verbandsklage 281 - Billldesstellen 47 - Landesstellen 47 - materielle illld personelle Ausstattilllg 262 - Mitgliederzahl 262 - Öffentlichkeitsarbeit 257f - Ortsgruppen 47 Umweltverträglichkeitsprufimg 199ff

361

Umweitverwaltilllgsrecht 63ff Umwe1tzeichen 57, 294 UVP-Gesetz 199 - federfilhrende Behörde 213 - UVP-pflichtige Vorhaben 210 UVP-Richtlinie 58, 148, 199ff, 253ff - Einschätzilllg durch Behörden 199ff - Einschätzilllg durch Umweltschutzverbände 253ff - Öffentlichkeitsbeteiligilllg 205, 253ff Verordnilllgen 57, 138ff - Ergänzilllgsbedürftigkeit 101 - Öko-Audit-Verordnung 140 Verwaltilllg 94ff - Selbstkontrolle 142 Verwaltilllgsorganisation 94 ff - institutionelle Eigenständigkeit 94 - Behördenaufbau 99 Verwaltilllgsverfalrren 99f - Verwaltilllgsverfalrrensgesetz 100 Vollzug 28ff, 68ff, 92ff - gemeinschaftsilllffiittelbarer Vollzug 30 - mitgliedstaatlicher Vollzug 30, 92ff - mittelbarer Vollzug 30, 101ff - illleinheitlicher Vollzug 273 - illlmittelbarer Vollzug 138 - Vollzugsbegriff28ff - VollzugsdefIzit 144f - Vollzugshinweise 288 - Vollzugsmänge1244f - Vollzugspraxis 25, 244ff Vorlagepflicht 285 Waldschutz 257 Weisilllgen 288