Das Bayerische Aufenthaltsgesetz vom 21. August 1914 und das Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867: Mit den Vollzugsvorschriften und den übrigen einschlägigen Bestimmungen [2., durchgeseh. Aufl. Reprint 2020] 9783112370285, 9783112370278


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German Pages 158 [161] Year 1921

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Das Bayerische Aufenthaltsgesetz vom 21. August 1914 und das Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867: Mit den Vollzugsvorschriften und den übrigen einschlägigen Bestimmungen [2., durchgeseh. Aufl. Reprint 2020]
 9783112370285, 9783112370278

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Das

Bayerische Ausenlhaltsgejetz vom 21. August 1914 und das

zreiziigigkeitsgejetz vom 1. November 1S6Z

mit den Vollzugsvorfchristen und den übrigen einschlägigen Bestimmungen.

(Erläutert von

Dr. Georg Ziegler (bberamtmann in München.

Zweite, durchgesehene und ergänzte Auflage.

1921 München, Berlin und Leipzig

j. Schweitzer Verlag (Arthur Seilte r).

Druck Dr. F. P. Datterer & Cie., Freising-München.

Vorwort zur 1. Auflage. Die vorliegende Handausgabe des Aufenthalts- und des Frei­ zügigkeitsgesetzes ist in den kargen Pausen, die der militärische Dienst gestattete, geschrieben worden. Sie berücksichtigt vornehmlich das in Bayern geltende Recht, dieses aber unter tunlichst erschöp­ fender Verwertung der Rechtslehre und Rechtsprechung. Der Stoffgliederung wurde besonders Augenmerk zugewandt, in den Er­ läuterungen wurde Klarheit und Bestimmtheit angestrebt. Bei Durchsicht der Korrekturbogen und bei Anfertigung des Sachverzeichniffes hat mir Rechtspraktikant H. Hendinger in Würzburg wertvolle Hilfe geleistet; ihm sage ich auch an dieser Stelle herzlichen Dank. Würzburg, im November 1916.

Der Verfasser.

Vorwort zur 2. Auflage. Die neue Auflage ist auf den Stand des nunmehr geltenden Rechtes gebracht worden unter besonderer Berücksichtigung der neuen verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die Rechtsprechung und Literatur der letzten fünf Jahre hat manchen Nachtrag notwendig gemacht, die wissenschaftlichen Ergebnisse find im wesentlichen die gleichen geblieben. Regierungsasseffor vr. G.Böhm in München, der mir manche wertvolle Handreichung geboten hat, sei dafür auch hier herzlichst bedankt.

München, im Mai 1921.

Der Verfasser.

Vorwort zur 1. Auflage. Die vorliegende Handausgabe des Aufenthalts- und des Frei­ zügigkeitsgesetzes ist in den kargen Pausen, die der militärische Dienst gestattete, geschrieben worden. Sie berücksichtigt vornehmlich das in Bayern geltende Recht, dieses aber unter tunlichst erschöp­ fender Verwertung der Rechtslehre und Rechtsprechung. Der Stoffgliederung wurde besonders Augenmerk zugewandt, in den Er­ läuterungen wurde Klarheit und Bestimmtheit angestrebt. Bei Durchsicht der Korrekturbogen und bei Anfertigung des Sachverzeichniffes hat mir Rechtspraktikant H. Hendinger in Würzburg wertvolle Hilfe geleistet; ihm sage ich auch an dieser Stelle herzlichen Dank. Würzburg, im November 1916.

Der Verfasser.

Vorwort zur 2. Auflage. Die neue Auflage ist auf den Stand des nunmehr geltenden Rechtes gebracht worden unter besonderer Berücksichtigung der neuen verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die Rechtsprechung und Literatur der letzten fünf Jahre hat manchen Nachtrag notwendig gemacht, die wissenschaftlichen Ergebnisse find im wesentlichen die gleichen geblieben. Regierungsasseffor vr. G.Böhm in München, der mir manche wertvolle Handreichung geboten hat, sei dafür auch hier herzlichst bedankt.

München, im Mai 1921.

Der Verfasser.

Inhaltsübersicht. ------------

Sette

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis ............................... 7 Einleitung........................................................................................................ 11

I. Gesetzestexte..............................................

16

n. DaS Aufenthaltsgesetz vom 21. August 1914 (GBBl. 1915 S. 590) Art.1 (37). Aufenthaltsrecht...................................................... 25 Art. 2 (38). Fremdenpolizei,Meldewesen.............................. 28

Art.

Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.

Ausweisung aus einer Gemeinde: 3 (39). a) Austveisungsgründe...................................................... 32 b) Umfang der Ausweisung: 4 (40). ff) in persönlicher Beziehung...................................... 46 5 (41). ß) in territorialer Beziehung.......................................47 6 (42). c) Unzulässigkeit der Ausweisung................................. 49 7 (43). d) Ausweisung auf Antrag oder von Amts wegen. 54 8(44). Landesverweisung..................................................... 55 9(45). Zuständigkeit in erster Instanz .... 63 10 (46). Beschwerderecht.......................................................... 63

III. Das Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867 (Bayer. GBl. 1870/71 Beil. S. 13) § 1. § 2. § 3. § 4. § 5.

§ 6.

§ 7. § 8. §9. § 10. § 11.

I. Das Recht der Freizügigkeit 1. Sein Inhalt........................................................................... 69 2. Die Voraussetzungen seiner Geltendmachung ... 74 H. Aufenthaltsbeschränkungen 1. aus sicherheits polizeilichen Gründen............................ 76 2. aus armen polizeilichen Gründen a) Abweisung........................................................................... 82 b) Wegweisung............................................................................. 87

m. Verfahren 1. bei Beteiligung mehrerer Gemeinden desselben Bundes­ staates .................................................................... 93 2. bei Beteiligung mehrerer Bundesstaaten...........................95 IV. Belastung Neuanziehender ....................... 96 V. Armenverbände........................................................ 97 VI. Anmeldung Neuanziehender.............................. 98 VH. Begrenzung der Rechtswirkung der Frei­ zügigkeit ....................................................... 98

6

Inhaltsverzeichnis. Sette

§ 12. Vm. 1. Beschränkung der Ausweisung Reichs­ angehöriger. 2. Fremdenpolizei........................................................... 99 § 13. IX. Inkrafttreten .............................................................. 100 IV. Anhang Nr. 1. Übereinkunft deutscher Bundesstaaten d. d. Gotha, den 15. Juli 1851, wegen gegenseitiger Übernahme der Ausgewiesenen und Heimatlosen.........................................................................................101 Nr. 2. Das Reichsgesetz betr. das Paßwesen vom 12. Oktober 1867 106 Nr. 3. Ministerial-Entschließung vom 4. Mai 1871 Nr. 3974, den Vollzug des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 betr..................................................................................................... 108 Nr. 4. Ministerial-Entschließung vom 27. Juli 1894, die Auslegung und Anwendung des § 3 Abs. 2 des Freizügigkeitsgesetzes betr. 109 Nr. 5. Ministerial-Entschließung vom 9. März 1895, die Auslegung und Anwendung des § 3 Abs. 2 des Freizügigkeitsgesetzes betr. 110 Nr. 6. Auszug aus der Ministerial-Entschließung vom 30. Mai 1896, die Berschubung des N. N. betr............................................... . 112 Nr. 7. Auszug aus dem bayerischen Gesetze über Heimat, Verehe­ lichung und Aufenthalt vom 16. April 1868 in der Fassung vom 30. Juli 1899 ............................................................................... 112 Nr. 8. Auszug aus der Ministerial-Entschließung vom 28. De­ zember 1899, den Vollzug des Gesetzes über Heimat, Verehe­ lichung und Aufenthalt betr............................................................... 116 Nr. 9. Ministerial-Entschließung vom 21. Mai 1901, den Vollzug des Freizügigkeitsgesetzes betr............................................................. 119 Nr. 10. Ministerial-Entschließung vom ^7. Januar 1908, den Auf­ enthalt bestrafter Personen betr.......................................................... 119 Nr. 11. Ministerin!. Entschließun g vom 6. April 1910, den diplo­ matischen Übernahmeverkehr betr....................................................... 121 Nr. 12. Auszug aus dem Armengesetz vom 21. August 1914 . . 122 Nr. 13. Ministerial-Bekanntmachung vom 5. Oktober 1915 zum Voll­ züge des Aufenthaltsgesetzes ............................................................... 123 Nr. 14. Ministerial-Bekanntmachung vom 12. November 1915 zur Einführung der neuen Armengesetzgebung......................................... 126 Nr. 15. Auszug aus der Ministerial-Bekanntmachung vom 3. März 1916 zum Vollzüge des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes 127 Nr. 16. Ministerial-Entschließung vom 23. Dezember 1916 Nr. 5703 a 86 über Wegweisung von Ausländern.............................................. 136 Nr. 17. Ministerial-Bekanntmachung vom 3. Januar 1917, Über­ nahmeerklärungen betr......................................................................... 136 Nr. 18. Einführung des bayerischen Rechtes in Coburg .... 137 V. Alphabetisches Nachschlagsverzeichnis............................. 138

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis. A. A. a. A. Ws. a. G. AGStPO.

a. M. Ann. ArmG.

Arnoldt Art. AufG. Bayer. Bürgerm.

BayGemZ. BayGemVZ.

Bd. Begründung

betr. BGB. BGBl. Bl.

--anderer Ansicht. — am Anfang. --Absatz. — am Ende. — bayerisches Ausführungsgesetz zur Strafprozeßord­ nung (GVBl. 1879 S. 781). -- anderer Meinung. ---Annalen des Teutschen Reichs. Herausgegeben von Dr. K. Th. von Eheberg uno Dr. A.Tyro fs. -- Armengesetz, ohne Beisatz: bayer. ArmG. vom 21. August 1914 (GVBl. S. 551). ---Arnoldt, Tie Freizügigkeit und der Unter­ stützungswohnsitz. 1872. ---Artikel, ohne Zusatz: Art. des AufG. — bayerisches Aufenthaltsgesetz vom 21. August 1914 (GVBl. 1915 S. 590). = Der Bayerische Bürgermeister, Berwaltungsblatt f. die bayer. Bezirks-, Stadt- u. Landgemeinden. Herausgegeben von Dr. Hermann S t e n g e r. --- Bayerische Gemeindezeitung. Herausgegeben von Dr. G. Ziegler. = Bayerische Gemeinde- und Berwaltungszeitung. Herausgegeben von Dr. G. Ziegle r. = Band. --- Begründung des Entwurfs eines Armengesetzes (Verh. d. Abg.-Kammer 1913/14 Beil.-Bd. V Beil. 800 S. 673). = betreffend. -- Bürgerliches Gesetzbuch. = Bundesgesetzblatt. --- Blätter für administrative Praxis. Herausgegeben von K. v. K r az e i sen.

8 BlfApfl.

BAH. Dambitsch

Dames Dernburg

DIZ. Dyroff

EGBGB. Einl. FEG. Fischer

FMinEntschl. FormVO. ForstG. FrG. oder FreizG.

GBG. GBl. Gem. rechtsrh. GemO. Pf. GemO. GemBerw. Glock-Schiedermair

Grlll

HeimG.

JagdG. JMABl.

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis. = Blätter für Armenpflege und soziale Versicherung. Herausgegeben von Dr. H. Stenger und Dr. H. Jaeger. ---- Entscheidungen des Bundesamts für Heimattoesen. --Dambitsch, Die Verfassung des Deutschen Reiches mit Erläuterungen. Berlin 1910. --Dames K. W., Freizügigkeit und Aufenthalt, Erlanger Dissertation 1893. --Dernburg, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens, 3. Aufl. 1906. (Tie röm. Ziffern bedeuten die Bände.) — Teutsche Juristenzeitung. Herausgegeben von Dr. O. Liebmann. = Dr. Dyroff Anton, Bayerisches Verwaltungsge­ richtsgesetz. 5. Aufl. 1917. — Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch. -- Einleitung. = bayerisches Fürsorgeerziehungsgesetz in der Fasisung vom 21. Juli 1915 (GVBl. S. 595). — Fischer Karl H., Lexikon des in Bayern gelten­ den Verwaltungs-, Staats-, Polizei- und Po­ lizeistrafrechts. 1910. --Finanzministerialentschließung. - -- Formationsverordnung vom 17. Dezember 1825 (RBl. S. 1049, Weber II, 279). — bayerisches Forstgesetz in der Fassung vom 4. Juli 1896 (GVBl. S. 325). — Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 1867 (GBl. 1870/71 Beil. S. 13, RGBl. 1896 S. 613). - - bayerisches Gemeindebeamtengesetz vom 15. Juli 1916, (GVBl. S. 113). --Gesetzblatt. - - Gemeinde. - -- rechtsrheinische Gemeindeordnung. - - pfälzische Gemeindeordnung. — Gemeindeverwaltung. --Glock A. und I. Schiedermair, Tas im Königreich Bayern geltende Reichs- und Landes­ recht samt den Vollz.Best., 1909. — Grill L. A., Die Reichsgesetze über die Bundes­ und Staatsangehörigkeit und über die Frei­ zügigkeit, 3. Aufl. 1906. — bayerisches Gesetz über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt (GVBl. 1899 S. 470). — bayer. Jagdgesetz vom 30. Marz 1850 (GBl. S. 118).

— Justizministerialamtsblatt.

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis.

Keidel KO. Kollmann Kutzer MABl. Meyer

MinBek. MinEntschl. NotG. ObLGSlr.

9

----Keidel I., Die Handhabung der Bagantenpolizei, 2. Aufl. 1911. = Konkursordnung. -7-Ko llrn ann O., Borschriftensammlung für die Gemeindeverwaltungen. 2. Aufl. 1920. ---Kutzer Th., Das bayerische Heimatrecht. 1904. = Ministerialamtsblatt. ---Meher Georg, Lehrbuch des Deutschen Berwaltungsrechts, 4. Aufl. 1913. = Ministerialbekanntmachung. --- Ministerialentschließung. = bayerisches Notariatsgesetz vom 9. Juni 1899 (GBB. Beil, zu Nr. 28 S. 137). = Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen.

OBG.

= Obervertvaltungsgericht.

8

--- Paragraph, ohne Zusatz: § des FreizG. -- Paßgesetz vom 12. Oktober 1867 (GBl. 1870/71 Beil. S. 5). --Pöll W., Unterstützungswohnsitzgesetz und baye­ risches Armengesetz. 2. Aufl. 1921. -- bayerisches Polizeistrafgesetzbuch vom 26. Dezember 1871 (GBl. 1871/72 S. 9). --- Regierungsblatt. — Reger, Das bayerische Aufenthaltsgesetz. 1916. --Reger-Dyroff, Bayer. Berwaltungsgerichtsgesetz, 4. Aufl. 1908. ---Reger, Handausgabe des bayerischen Gesetzes über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt, 8. Aufl. 1911. --Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbe­ hörden, Hrsg, von A. Reger, Bd. 1—39 nebst 1—4. Erg.-Bd. = Reichsgericht. = Reichsgesetzblatt. — Reichsgesetz. - - Reichsgewerbeordnung in der Fassung vom 26. Juli 1900 (RGBl. S. 871). - - Reichsverfassung vom 11. August 1919. - -Ried el E., Die Reichsverfassungsurkunde. 1871. - -v. Riedel-Pröbst, Kommentar zum Heimat­ gesetze, 7. Aufl. 1898. - -V. Riedel-V. Sutner, Kommentar zum Polizei­ strafgesetzbuch für Bayern, 7. Aufl. 1907. — Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz v. 22. Juli 1913 (RGBl. S. 583).

PaßG.

Pöll

PStGB. RBl. Reger AufG. Reger-Dyroff Reger HeimG.

Regers Entsch.

RG. RGBl. RGes. RGewO. Reichsverf. Medel Riedel-Pröbst

Riedel-Sutner RStAngG.

10 RStGB.

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis. ---- Reichsstrafgesetzbuch in der Fassung des Reichsgesetzes vom 23. Dezember 1919.

RStPO.

— Reichsstrafprozeßordnung.

RBO.

---- ReichSversicherungsordnung. — Reichsverfassung v. 11. August 1919.

Reichsverf. S.

= Seite.

s. Schmidt

= siehe. — Schmidt H. v., Die bayerische Kosten- und Stempelgesetzgebung. 1916. SchulbedG. ---bayerisches Schulbedarfgesetz vom 14. August 1919 (GBBl. S. 489). Seydel-Graßmann --Seydel-Graßmann, Bayerisches Verwaltungs­ recht. 1913. (3. Aufl. des Bayer. Staatsrechts von Max von Seydel, 2. Bd.). Sörgel JahrbVerwR.---S ö r g e l Hs. Th., Jahrbuch der Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht. * Sp. = Spalte. Staudinger ---Staudinger, Kommentar zum bürgerlichen Gesetzbuche und dem Einführungsgesetze, 7. bis 8. Aufl. 1912/14. StMin. — Staatsministerium. UmlG. = bayerisches Umlagengesetz vom 14. August 1910 (GVBl. S. 581). Urt. = Urteil. UW. --- Unterstützungswohnsitz. UWG. = Unterstützungswohnsitzgesetz vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 381). Berf. -- bayerische Verfassung vom 14. August 1919. VGG. -- bayerisches Verwaltungsgerichtshofgesetz v. 8. Aug. 1878 (GVBl. S. 369). ^Sammlung von Entscheidungen des Verwaltungs­ BGH. gerichtshofes. — ungedruckte Entscheidung des Verwaltungsgerichts­ BGHE. hofes. VO. --- Verordnung. Weber Weinberger

Wörterbuch

= 2B e6 er, Sammlung von bayerischen Gesetzen und Verordnungen, bis jetzt 42 Bände. ---Weinberger A., Freizügigkeitsgesetz. 1905.

---Stengel K. v., Wörterbuch des deutschen Staats­ und Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Hrsg. v. Max Fleischmann.

Z. oder Ziff.

= Ziffer. ZentrBl. f. d. D. R. = Zentralblatt für das Deutsche Reich. ----- Zuständigkeitsverordnung vom 4. Januar ZustVO. (RBl. S. 25).

1872

Einleitung, i. Das Reichsgesetz vom 30. Juni 1913 (RGBl. S. 495) bestimmte: „§ 1. Das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 381) wird im Königreiche Bayern eingeführt; die §§ 37, 56 Abs. II Satz 2 können im Verhältnis zum Königreiche Bayenr nur mit dessen Zustimmung geändert werden. § 2. Für Bayern treten an Stelle der im § 65 des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz getroffenen Zeitbestimmungen des 1. Juli und des 30. Juni 1871 der Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes und der unmittelbar vorhergehende Tag; an Stelle der dort vorgeschriebenen zweijährigen Frist tritt die einjährige. § 3. Der Tag, an dem das Gesetz über den Unterstützungs­ wohnsitz im Königreiche Bayern in Kraft tritt, wird durch Kaiser­ liche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats bestimmt." In Ausführung dieses § 3 bestimmte die Kaiserliche Verordnung vom 4. April 1915 (RGBl. S. 221): „Das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 381) tritt im Königreiche Bayern am 1. Januar 1916 in Kraft." Das UWG. trifft im wesentlichen nur Bestimmungen über die öffentlicherl Verbände, denen die Leistung der öffentlichen Armenunter^ stützung obliegt, und ihre Beziehungen zueinander, dagegen befaßt es sich mit dem Aufenthaltsrechte nicht weiter, als daß es (in Er­ gänzung der §§ 5 und 6 des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. November 1867) das Verhältnis zwischen den Armenverbänden hinsichtlich der Übernahme und armenrechtlichen Wegweisung dauernd hilfsbedürftiger Personen regelt. Es blieben sohin am 1. Januar 1916 die Bestim­ mungen des Freizügigkeitsgesetzes und der Landesgesetze über Aufenthaltund Aufenthaltsbeschränkungen, insbesondere hie Vorschriften in Art. 37 mit 46 (Titel III) des bayerischen Heimatgesetzes vom 16. April 1868/30. Juli 1899 (GVBl. 1899 S. 469), an sich in Kraft. Immerhin empfahl sich eine Änderung dieser Artikel und zwar nicht nur, soweit in ihnen das durch die Einführung des UWG. auf­ gehobene Heimatrecht berührt wurde, sondern auch in bezug auf Ver­ besserungen der formellen Rechtsnormen über den Aufenthalt (Ab­ zugsbescheinigungen usw.). Die erforderlichen Änderungen sind in Art. 90 des bayerischen Armengesetzes vom 21. August 1914 (GVBl. S. 551) enthalten und Art. 91 des gleichen Gesetzes ermächtigt die Staatsregivrung, den Titel III des Heimatgesetzes, wie er sich aus den Änderungen des Art. 90 ergibt, mit der Überschrift „Aufenthaltsgesetz" und mit dem Datum des Armengesetzes bekannt zu machen und dabei die Artikel mit

12

Einleitung.

fortlaufenden Zahlen zu versehen sowie die Verweisungen richtigzu­ stellen. Auf Grund dieser Ermächtigung veröffentlichte die MinBe^k. vom 19. Juli 1915 (GVBl. S. 589) den bezeichneten Titel III samt den Änderungen des Art. 90 ArmG. als Aufenthaltsgesetz vom 21. August 1914, das im Umfange von 10 Artikeln am 1. Januar 1916 in Kraft getreten ist.

II.

1. Formales Aufenthaltsrecht. Art. 2 AusG. enthält auf Grrcnd der Vorbehalte in §JL2 Abs. II und § 10 FrG. die gesetzlichen Bestimmungen über das Meldewesen. In dieser Richtung bestehen die wichtigsten Änderungen gegenüber dem alten Heimatgesetz darin, baß nunmehr die Pflicht zur polizeilichen Anmeldung kraft Gesetzes besteht und der ober- oder ortspolizeilichen Vorschrift nicht mehr die Einführung der Meldepflicht, sondern nur ihre nähere Ausge­ staltung überlassen ist. Während ferner Art. 38 HeimG. nur von der Anmeldepflicht handelte, begründet Art. 2 AufG. auch eine gesetz­ liche A b Meldepflicht (vgl. BayGemZ. 1915 Sp. 557). 2. Das materielle Aufenthaltsrecht hat nur eine wesentliche Änderung erfahren, die in Art. 6 Abs. II AufG. ihren gesetzlichen Ausdruck gefunden hat. Aus Raumgründen muß in dieser Richtung hier auf die Erläuterungen zu dieser Vorschrift verwiesen werden. Vgl. im übrigen Ziffer III.

III.

A. Aus dem allgemeinen Teile der Motive zum Freizügigkeits­ gesetz vom 1. November 1867 ist folgendes hier wiederzugeben: „Nachdem durch den Artikel 3 der Verfassung des Norddeutschen Bundes ein gemeinsames Jndigenat für den ganzen Umfang des Bundes­ gebietes festgestellt ist und die aus diesem Institut unmittelbar fol­ genden praktischen Konsequenzen gezogen sind, erscheint es notwendig, dem Erlasse derjenigen, gemäß Art. 4 Nr. 1 der Verfassung der Bundes­ gesetzgebung unterliegenden organischen Vorschriften näher zu treten, welche geeignet sind, dem gemeinsamen Jndigenat die wünschenswerte erweiterte Bedeutung und Geltung zu verschaffen. In erster Reihe hierbei steht der Erlaß eines Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in dem Sinne, daß dadurch die in einzelnen Teilen des Bundesgebietes in ^mehr oder minder erheblichem Maße noch bestehenden Beschränkungen in der freien Wahl des Aufenthaltsortes aufgehoben werden. Erst mit der Herstellung voller Freizügigkeit innerhalb des ge­ samten Bundesgebietes wird eine feste und gesicherte Grundlage für die fortschreitende Pflege der wirtschaftlichen Interessen der Nation nach allen Richtungen hin gewonnen werden. In einem großen Teile des Bundesgebiets herrscht bereits die Freizügigkeit. Namentlich in den älteren Provinzen Preußens ist sie seit dem Jahre 1842 als ein selb­ ständiges staatsbürgerliches Grundrecht anerkannt. In Preußen darf keinem selbständigen Inländer an dem Orte, wo er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich selbst zu verschaffen

imstande ist, der Aufenthalt verweigert oder durch lästige Bedingungen erschwert werden. Dieser Grundsatz ist nur insoweit eingeschränkt, als es im Interesse der öffentlichen Sicherheit und einer geregelten Armen­ pflege geboten erscheint. Ähnlich ist in dem Königreich Sachsen das Recht der Niederlassung seit dem Jahre 1834 gesetzlich geregelt. In Preußen, wie in Sachsen, hat sich die Freizügigkeit seit ihrer Einführung vollkommen bewährt. Der Aufschzwung, den die Verkehrs­ und Erwerbsverhältnisse dieser beiden Staaten in den letzten Jahr­ zehnten genommen haben, ist der durch die Gesetzgebung sanktionierten Freiheit für jeden Staatsangehörigen, sich die örtliche Sphäre seines Lebens und Wirkens selbständig zu wählen, wesentlich mit zu verdanken. Es dürfte nicht zu bezweifeln sein, daß die Einführung gleich­ mäßiger, von dem Geiste der möglichst freien Entwickelung der nationalen Kräfte getragener Grundsätze über die Freizügigkeit in dem gesamten Bundesgebiete von den wiohltätigsten Folgen begleitet und ohne Vevletzung wirklich berechtigte-r Interessen einzelner Klassen und Korpo^rationen möglich sein wird. Tas vorliegende Gesetz beschränkt sich auf die gleichmäßige Ein­ führung der persönlichen Freizügigkeit für dgs ganze Bundesgebiet. Es läßt andere Verhältnisse, welche mit der Freizügigkeit in nahem Zusammenhänge stehen, namentlich das Heimatsrecht, das Gemeindeund Staatsbürgerrecht, sowie den Gewerbebetrieb unberührt." B . Das objektive in Bayern geltende Aufenthaltsrecht ergibt sich aus dem Freizügigkeitsgesetz und dem Aufenth a l t s g e s e tz *), die beide von dem Grundsätze der Aufenthaltsfreiheit beherrscht sind. Der reichsrechtlich ausgesprochene Grundsatz des freien Zuges im Reichsgebiete für alle Reichsangehörigen hat einen doppelten Inhalt: Er greift nicht nur in das engere Landesstaatsrecht ein, indem er jedem Teutschen gegen den eigenen H e i m a t st a a t ein Recht auf Freiheit des Aufenthalts und der Nieder­ lassung an allen Orten desselben gibt und dadurch dem Staatsange­ hörigen eine gegen früher in vielen Beziehungen günstigere rechtlich« Stellung gewährt (in Hinsicht auf die Beschränkungen der freien Be­ wegung), sondern er statuiert auch im Einklang mit dem nunmehr in Art. 110 Abs. II Reichsverf. niedergelegten Grundsätze, daß ein Teutscher außerhalb seines Heimatstaates in anderen Bundesstaaten nicht mehr als Ausländer, sondern gleich den eigenen Staatsangehörigen, d. i. als Inländer zu behandeln ist, das Recht völliger Freiheitin der Wahl des Aufenthaltsortes auch außerhalb des Heimatstaates im ganzen Gebiete des Deutschen Reichst) Dementsprechend genießen nach

9 Die Tatsache, daß gemäß Art. 6 Ziff. 3 Reichsverf. das Reich die ausschließliche Gesetzgebung über die Freizügigkeit hat, ändert nichts daran, daß das bayerische Aufenthaltsgesetz auch weiterhin OZeltung zu beanspruchen hat (s. Anm. 7 zu § 3 FrG.). Vgl. Dames S. 20.

14

Einleitung.

Art. 111 Reichsvers, alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Reiche. Jeder hat das Recht, sich an beliebigem Orte des Reichs aufzuhulten und niederzulassen, Grundstücke zu ermerben und jeden Nahrungszweig zu betreiben. Einschränkungen bedürfen eines Reichsgesetzes. In analoger Weise bestimmt § 14 Vers, für Bayern: Jeder Bayer hat das Recht sich innerhalb des bayerischen Staatsgebietes an jedem Ort auszuhalten und niederzulassen. Ausnahmen können nur auf Grund Gesetzes ange­ ordnet werden. Tie Niederlassung darf bayerischen Staatsangehörigen an keinem Orte durch besondere Lasten erschwert werden. Auf eine systematische Darstellung der einzelnen Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes sowie des Aufenthaltsgesetzes soll hier dem Planei der Arbeit entsprechend verzichtet werdend) Lediglich die für Inländer und Ausländer geltenden Aufenthaltsbeschränkungen sollen, da sie den schwierigsten und zugleich wichtigsten Teil des öffentlichen Aufenthaltsrechtes bilden, im folgenden übersichtlich zusammen gestellt werden. Dabei darf bezüglich des Beginnes, der Dauer, des Endes der Aufenthaltsverbote sowie bezüglich ihres persönlichen Umfanges auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen und die aus­ führlichen Erläuterungen hiezu verwiesen werden (vgl. insbesondere Annl. 7 zu Art. 3 AufG., ferner die Anmerkungen zu Art. 4 AufG., sodann die Anmerkungen zu §§ 3 bis 5 FreizG.). 1. Aufenthaltsbeschränkungen gegenüber N i ch t d e u 1 s ch e n. a) Reichsverweisung. (Näheres in Anm. 19 zu Art. 8 AufG ). Sie ist in folgenden Fällen zulässig: a) § 89 Nr. 2 RStGB. (Stellung unter Polizeiaufsicht); ß) § 285 a Abs. II RStGB. (gewerbsmäßiges Glücksspiel); T) §1362 Abs. IV RStGB. (Überweisung an die Landespolizeibehörde). d) § 14 Abs. II Reichsges. gegen den Verrat militärischer Geheim­ nisse v. 3. Juni 1914 (RGBl. S. 195). e) § 24 des Reichsges. gegen die Steuerflucht vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 951). b) Landesverweisung. a) Aus sicherheitspolizeilichen Gründen: aa) Art. 8 Abs. I AufG. in Verbindg. mit Art. 3 Ziff. 1, 4 bis 10 AufG. (vgl. Anm. 1 bis 8 zu Art. 8); ßß) Art. 8 Abs. II AufG. (vgl. Anm. 9 bis 16 zu Art. 8); rr) Art. 8 Abs. III AufG. (vgl. Anm. 17 zu Art. 8). ß) Aus armenpolizeilichen Gründen: Art. 8 Abs. I AufG. in Verbindung mit Art. 3 Ziff. 2 und 3 AufG- (vgl. die einschlägigen Anmerkungen zu Art. 3 und Art. 8 AufG.). c) OrtSverweisung. a) Aus sicherheitspolizeilichen Gründen: aa) § 39 Nr. 1 RStGB. (Stellung unter Poüzeiaussicht, vgl. Anm. 9 a zu Art. 1 AufG.). ßß) Art. 3 Ziff. 1, 4 bis 10 AufG. (vgl. die einschlägigen Anmer­ kungen zu Art. 3 AufG.). ’)

S. die Darstellung in den „BlfApfl." 1917 S. 89 ff.

15

Einleitung.

ß) Aus armenpolizeilichen Gründen: Art. 3 Zifs. 2 und 3 AufG. (s. Anm. 11 bis 32 zu Art. 3 AufG.). 2. Aufenthaltsbeschränkungen Deutschen. ä)

b)

gegenüber

n i ch t b a y e r i s ch e n

Reichsverweisung ist ausgeschlossen (vgl. Anm. 19 a zu Art. 8). Landesverweisung.*)

a) Aus sicherheitspolizeilichen Gründen: § 3 Abs. II FrG. (s. Anm. lb und 8 bis 12 zu § 3 FrG.). ß) Aus armenpolizeilichen Gründen: nicht zulässig (vgl. aber Anm. 2 zu § 7 FrG.). c)

Ortsverweifung.

a) Aus sicherheitspolizeilichen Gründen (Ausweisung i. e. S.) : aa) § 39 Nr. 1 RStGB. (Stellung unter Polizeiaufsicht). ßß) Art. 3 Ziff. 5 u. 6 AufG. in Verbindung mit § 3 Abs. I FrG. (s. die Anm. zu diesen Bestimmungen). p) Aus armenpolizeilichen Gründen: aa) § 4 FrG, (A b Weisung); ßß) § 5 FrG, (W e g Weisung). 3. a) b)

AufenthaltSbeschrLnkungen gegenüber B a y e r n. Reichsverweisung ist ausgeschlossen (s. o^en 2 a).

Landesverweisung.

a) Aus (s. Anm. 6 a ß) Aus aber Anm. 2 c)

siche^h eitsp o liz eili ch e n Gründen: nicht zulässig zu Art. 8); vgl. auch § 13 Bers. armenpolizeilichen Gründen: nicht zulässig (vgl. zu § 7 FrG.).

Ortsverweisung.

a) Aus sicherheitspolizeilichen Gründen (Ausweisung i. e. S.): aa) § 39 Nr. 1 RStGB. (Stellung unter Polizeiaufsicht). ßß) Art. 3 Ziff. 5 ii. 6 AufG. in Verbindung mit § 3 Abs. I FrG. (s. die Anm. zu diesen Bestimmungen). ß) Aus armenpolizeilichen Gründen: aa) § 4 FrG. (A b Weisung). ßß) § 5 FrG. (Weg Weisung).

IV. Bezüglich des Verfahrens, das bei den einzelnen Aufenthalts­ beschränkungen von Deutschen und Ausländern Platz zu greifen hat, insbesondere hinsichtlich des Berw altungsrechtsschutzes muß wiederum auf die Erläuterungen zu den einzelnen Gesetzesbestimmungen hingewiesen werden (vgl. vor allem Anm. 1 bis 4 zu Art. 10 AufG. sowie Anm. 2 zu § 4 FrG. und Anm. 7 zu 8 5 FrG.). '

Wegen der Landesverweisung unmittelbarer Reichs angehöriger s. Anm. 1 o zu 8 3 FrG.

I. Gesetzestexte. 1. Bayerisches Aufenthattsgesetz. Vom 21. August 1914.

(GVBl. 1915 S. 590).

Aufenthaltsrecht.*) Art. 1. 1 Gegen Angehörige des bayerischen oder eines anderen deutschen Bundesstaats sind Aufenthaltsbeschränkungen auf Grund des § 3 Abs. 1 des Reichsgesetzes über die Freizügigkeit vom 1. No­ vember 1867 nur nach Maßgabe des Art. 3 Ziff. 5, 6, dann Art. 4—7 zulässig. 11 Auch Ausländern ist vorbehaltlich der in den nachfolgenden Artikeln zugelaffenen Beschränkungen der Aufenthalt in jeder Ge­ meinde des Königreichs gestattet, wenn sie sich über ihre Staats­ angehörigkeit und Heimat genügend ausweisen und ihrem Aufenthalt ein sonstiges gesetzliches Hindernis nicht im Wege steht. Fremdenpolizei. Meldewesen. Art. 2. 1 Wer in einer Gemeinde Wohnsitz oder nicht nur vorübergehend Aufenthalt nimmt oder diesen Wohnsitz oder Aufent­ halt aufgibt, hat binnen einer Woche der Ortspolizeibehörde, in München der Polizeidirektion, Anzeige zu erstatten. "Die Anzeigeerstattung ist von der Behörde gebührenfrei zu bescheinigen. "'Personen, die aus einer Gemeinde des Deutschen Reiches neu zuziehen, haben der zuständigen Behörde (Abs. I) innerhalb der von ihr bestimmten Frist eine Bescheinigung der Polizeibehörde des letzten Aufenthalts über den erfolgten Wegzug (Abzugsbescheini­ gung) vorzulegen. In Bayern sind die Abzugsbescheinigungen gebührenfrei. Durch ober- oder ortspolizeiliche Vorschrift können weitere Einzelheiten bestimmt werden. ^Zuwiderhandlungen werden an Geld bis zu 15 bestraft. *) Diese Überschriften sind im Gesetzestexte nicht enthalten.

vi Jn München gibt die Polizeidirektion dem Stadtmagistrate von den Anzeigen (Abs. I) und den Abzugsbescheinigungen (Abs. III) alsbald Kenntnis. Das Nähere bestimmt die Staatsregierung. Ausweisung aus einer Gemeinde (Art. 3—7).

Art. 3. Unter Vorbehalt der Vorschrift des Art. 6 Abs. II kann durch die zuständige Polizeibehörde der Aufenthalt in einer Gemeinde nach Maßgabe folgender Bestimmungen verboten werden: 1. Personen, welche nicht binnen 4 Wochen nach ergangener Auf­ forderung genügenden Nachweis über ihre Heimatberechtigung liefern, kann der Aufenthalt für so lange untersagt werden, als jener Nachweis nicht geliefert wird. 2. Personen, welche von der Gemeinde Armenunterstützung be­ anspruchen oder erhalten, können auf Antrag der Gemeinde­ verwaltung für die Dauer von drei Jahren aus der Gemeinde weggewiesen werden, wenn sie nicht während der zwei un­ mittelbar vorhergehenden Jahre in der Gemeinde Abgaben für Armenzwecke bezahlt oder Gemeindedienste geleistet haben und wenn seit dem Tage, an welchem sie zuletzt Armen­ unterstützung beansprucht, oder erhalten haben, noch nicht volle 6 Monate verflossen sind. Will die ausgewiesene Person vor Ablauf von 3 Jahren ihren Aufenlthalt wieder in der Gemeinde nehmen, so hat sie den Besitz Aureichender Unterhaltsmittel darzutun. Die gesetzliche Verbindlichkeit der Aufenthaltsgemeinde, in Krankheitsfällen oder in sonstigen Fällen dringender Not die unentbehrliche Hilfe zu leisten, wird durch gegenwärtige Bestimmung nicht aufgehoben. 3. Personen, welche mit ihren der Aufenthaltsgemeinde schuldigen Abgaben länger als ein Jahr, vom Verfalltermin an gerechnet, im Rückstände bleiben, können auf Antrag der Gemeindever­ waltung ausgewiesen werden, sind jedoch nach erfolgter Zahlung des schuldigen Betrags zur Rückkehr befugt. 4. Personen, welche sich in einer Gemeinde aufhalten, um da­ selbst Dienst oder Arbeit zu suchen, können aus der Gemeinde, wenn sie innerhalb der ihnen gewährten angemessenen Frist weder ein ständiges Unterkommen oder eine ihren. Unterhalt sichernde Beschäftigung finden noch den Besitz hinreichender Unterhaltsmittel darzutun vermögen, für die Dauer von drei Monaten weggewiesen werden, sind jedoch schon früher zur Rückkehr befugt, wenn für sie ein solches Unterkommen oder eine solche Beschäftigung gefunden ist. Ziegler, Aufeathaltr-und FretzüglgkettSgesetz. 2. Aufl.

2

18

I. Gesetzestexte.

5.

x

6.

7.

8.

Auf Personen, welche in der Gemeinde einen selbständigen Gewerbsbetrieb angemeldet und innerhalb der ihnen gewährten angemessenen Frist wirklich begonnen haben, ist vorstehende Bestimmung nicht anwendbar. Personen, welche wegen Raubes, Diebstahls, Unterschlagung, Betrugs, Hehlerei, Fälschung oder einer Zuwiderhandlung gegen die Sittlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen oder wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer Zuchthausstrafe von mehr als fünf Jahren, desgleichen Personen, welche innerhalb Jahresfrist wiederholt wegen Ent­ wendung von Feldfrüchten oder wegen Feld- oder Forstfrevels oder unberechtigten Jagens, endlich Personen, welche wegen Arbeitsscheue, Landstreicherei, Bettels, Gaukelei oder gewerbs­ mäßiger Unzucht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, können in der Zeit von der Rechtskraft des Urteils bis zum Ablaufe zweier Jahre nach Beendigung des Strafvollzugs für die Dauer von zwei Jahren, in welche jedoch die Zeit der Einsperrung nicht eingerechnet wird, ausgewiesen werden. Personen, welche wegen einer im Gemeindebezirke verübten strafbaren Handlung nach § 148 Abs. 1 Nr. 5 oder 7 oder § 149 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 5 der Gewerbeordnung oder nach § 284 bis 286 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich oder als Veranstalter eines verbotenen Spieles nach § 360 Ziff. 14 dieses Strafgesetzbuchs, desgleichen Personen, welche binnen Jahresfrist wiederholt wegen einer im Gemeindebezirke verübten Zuwiderhandlung gegen die Art. 106 oder 155 des Polizeistrafgesetzbuchs oder § 153 der Gewerbeordnung ver­ urteilt worden sind, können in der Zeit von der Rechtskraft des Urteils bis zum Ablauf eines Jahres nach Beendigung des Strafvollzugs für die Dauer von zwei Jahren, in welche jedoch die Zeit der Einsperrung nicht eingerechnet wird, aus­ gewiesen werden. Weibspersonen, welche offenkundig mit ihrem Körper ein un­ züchtiges Gewerbe treiben und die Gelegenheit hiezu auf öffentlicher Straße aufsuchen, dann jene Personen, welche offen­ kundig an dem Erträgnisse des unzüchtigen Gewerbes Anteil haben, können für die Dauer von zwei Jahren aus der Ge­ meinde weggewiesen werden. Ist im Gemeindebezirke die öffentliche Sicherheit durch eine Handlung gestört worden, zu deren Unterdrückung das Auf­ gebot der bewaffneten Macht erfolgte oder gesetzlich zulässig

war, so können Personen, welche an der Sicherheitsstörung oder an den Vorbereitungen hierzu Teil genommen oder hierzu aufgefordert haben, — unbeschadet der Strafverfolgung — für die Dauer eines Jahres aus der Gemeinde weggewiesen werden. Die Erlassung eines solchen Aufenthaltsverbots ist aber nur statthaft, so lange die Ruhestörung dauert oder deren Wiederholung zu befürchten ist. Ebenso können Personen, welche einer Beteiligung an den Ruhestörungen dringend verdächtig find, innerhalb desselben Zeitraums und für die gleiche Zeitdauer ausgewiesen werden, wenn sie weder ständigen Arbeitsverdienst noch ausreichende Unterhaltsmittel haben. 9. Studierende oder Zöglinge einer Unterrichtsanstalt, welche zur Strafe entlasten worden oder ohne Borwiffen ihrer Eltern oder Vormünder ausgetreten sind, dann entwichene oder ent« lassens Lehrlinge können binnen drei Monaten nach der Ent­ fernung von der Anstalt oder Lehre für die Dauer eines Jahres aus der Gemeinde weggewiesen werden, wenn die Familie, welcher sie angehören, nicht in dieser Gemeinde ihren Wohnsitz hat. 10. Minderjährige Personen, welche sich ohne Bewilligung ihrer Eltern oder Vormünder in einer Gemeinde aufhalten, können auf Antrag des Inhabers der elterlichen oder vormundschaft­ lichen Gewalt ausgewiesen werden. Blödsinnige oder Geistes­ kranke, welcher sich der Obhut jener Personen, welchen ihre Bewachung obliegt, entzogen haben, können diesen Personen oder deren Bevollmächtigten übergeben oder an die Gemeinde­ behörde des Wohnsitzes der gedachten Personen abgeliefert werden.

Art. 4. Die Ausweisung erstreckt sich — vorbehaltlich ihrer zilvilrechtlichen Folgen — nur auf diejenigen Personen, gegen welche ein gesetzlicher Ausweisungsgrund vorliegt. Art. 5. ' Das Aufenthaltsverbot kann auch auf benachbarte Gemeindebezirke erstreckt werden, wenn ohne solche Ausdehnung eine Vereitelung des Zweckes der Ausweisung zu befürchten wäre. "Ist in einem Bezirke das Standrecht verkündigt oder der Kriegszustand verhängt (Gesetz über den Kriegszustand vom 5. No­ vember 1912), so kann die nach Art. 3 verfügte Ausweisung auf den ganzen Bezirk ausgedehnt werden. Dies gilt nicht, wenn der Ausgewiesene in einer Gemeinde des Bezirkes das Bürgerrecht besitzt oder wenn die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. II vorliegen. 2*

20

I. Gesetzestexte.

Art. 6. 1 Angehörige des bayerischen Staates, welche auf Grund ihrer Anstellung im Dienste des Staates, der Kirche, der Gemeinde, einer öffentlichen Körperschaft oder Stiftung oder zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht in einer Gemeinde sich aufzuhalten genötigt sind oder welche in der Gemeinde das Bürgerrecht besitzen, können aus dieser Gemeinde nicht weggewiesen werdm. "Ferner darf Reichsangehörigen der Aufenthalt in der Ge­ meinde, in der sie sich nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs zuletzt länger als ein Jahr freiwillig und ununterbrochen aufgehalten haben, dann Reichsangehörigen, die öffentliche Armenunterstützung empfangen, der Aufenthalt am Orte der Unterstützung für deren Dauer polizeilich nicht versagt werden. Art. 7. 1 In den Fällen des Art. 3 Ziff. 2 und 3 kann eine Ausweisung nur auf Antrag der Gemeindeverwaltung erfolgen und muß dieselbe von der Polizeibehörde verfügt werden, wenn jener Antrag vorliegt. 11 In allen übrigen Fällen kann das Aufenthaltsverbot auf An­ trag der Gemeindeverwaltung oder von Amts wegen erlaffen werden, jedoch nur dann, wenn besondere Berhältniffe die Annahme be­ gründen, daß die öffentliche Sicherheit oder Sittlichkeit durch die An­ wesenheit der betreffenden Personen in der Gemeinde gefährdet wird. Landesverweisung.

Art.«. 'Die zuständige Polizeibehörde ist befugt, gegen jeden Ausländer, dem auf Grund des Art. 3 der Aufenthalt in einer Gemeinde untersagt wird, für die Dauer des Aufenthalts­ verbots auch die Wegweisung aus dem Königreiche zu verfügen, wenn es im öffentlichen Interesse geboten erscheint. 11 Außerdem ist das Staatsministerium des Innern berechtigt, Ausländern aus Rücksicht auf die öffentliche Wohlfahrt den Eintritt in das Königreich zu versagen oder dieselben aus dem Staats­ gebiete zu verweisen. 1,1 Endlich hat die Staatsregierung das Recht, die Aufenthalts­ befugnis von Ausländern in Bayern durch Verordnung denselben weitergehenden Beschränkungen zu unterwerfen, welchen bayerische Staatsangehörige rücksichtlich ihres Aufenthalts im Heimatlande jener Ausländer unterworfen sind. Zuständigkeit in erster Instanz.

Ari. 9. Zuständig zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots auf Grund des Art. 3 und zur Wegweisung aus dem Königreich auf Grund des Art. 8 Abs. I ist in erster Instanz die Distrikts-

2.

Keichsgesetz über die Freizügigkeit. § 1.

21

Polizeibehörde jener Gemeinde, aus welcher^ zunächst eine Person ausgewiesen werden soll, in München die K. Polizeidirettion. Beschwerderecht.

Art. 10. 'Beschwerden gegen die Beschlüsse erster Instanz werden von der Kreisregierung, Kammer des Innern, nach kollegialer Beratung in zweiter und vom Staatsministerium des Innern in letzter Instanz entschieden, unbeschadet dessen, was das Gesetz vom 8. August 1878, betreffend die Errichtung eines Berwaltungsgerichtshofs und das Verfahren in Berwaltungsrechtssachen, bestimmt. "Zur Beschwerdeführung find berechtigt: 1. die Personen, deren Aufenthalt in Frage ist; 2. die Gemeindeverwaltungen, deren Antrag auf Ausweisung einer Persvn abgelehnt wurde. 111 Die Beschwerden sind an eine Notfrist von 14 Tagen ge­ bunden und haßen, wenn ein sofortiger Vollzug des Ausweisungs­ beschlusses im öffentlichen Interesse geboten erscheint, keine auf­ schiebende Wirkung. Iv Die Beschwerden können bei der ersten Instanz schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. v Alle durch Erlassung eines Aufenthaltsverbots hervor­ gerufenen Verhandlungen find gebührenfrei.

2.

Reichsgesetz über die Freizügigkeit. Bom 1. November 1867.

(BGBl. S. 55, Beilage zum bayer. GBl. 1870/71 S. 13.)

Das Recht der Freizügigkeit (§§ 1—2).')

K 1. Jeder Bundesangehörige hat das Recht, innerhalb des Bundesgebietes: 1. an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen imstande ist; 2. an jedem Orte Grundeigentum aller Art zu erwerben; 3. umherziehend oder an dem Orte des Aufenthalts, beziehungs­ weise der Niederlassung, Gewerbe aller Art zu betreiben, unter den für Einheimische geltenden gesetzlichen Bestimmungen. In der Ausübung dieser Befugnisse darf der Bundesangehörige, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz Ausnahmen zuläßt, weder *) Diese Überschriften sind im Gesetzestexte nicht enthalten.

22

I. Gesetzestexte.

durch die Obrigkeit seiner Heimat, noch durch die Obrigkeit des Ortes, in welchem er sich aufhalten oder niederlaffen will, gehindert oder durch lästige Bedingungen beschränkt werden. Keinem Bundesangehörigen darf um des Glauvensbekenntniffes willen oder wegen fehlender Landes- oder Gemeindeangehörigkeit der Aufenthalt, die Niederlaffung, der Gewerbebetrieb oder der Erwerb von Grundeigentum verweigert werden.

8 2.*) Wer die aus der Reichsangehörigkeit folgenden Befug­ nisse in Anspruch nimmt, hat auf Verlangeu den Nachweis seiner Reichsangehörigkeit und, sofern er unter elterlicher Gewalt oderunter Vormundschaft steht, den Nachweis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu erbringen. Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemanns. Aufenthaltsbeschränkungen (§§ 8—5). a) Sicherheitspolizeiliche (§ 3).

§ 3. Insoweit bestrafte Personen nach den Landesgesetzen Aufenthaltsbeschränkungen durch die Polizeibehörde unterworfen werden können, behält es dabei sein Bewenden. Solchen Personen, welche derartigen Aufenthaltsbeschränkungen in einem Bundesstaate unterliegen, oder welche in einem Bundes­ staate innerhalb der letzten zwölf Monate wegen wiederholten Bettelns oder wegen wiederholter Landstreicherei bestraft worden sind, kann der Aufenthalt in jedem anderen Bundesstaate von der Landespolizeibehörde verweigert werden. Die besonderen Gesetze und Privilegien einzelner Ortschaften und Bezirke, welche Aufenthaltsbeschränkungen gestatten, werden hiermit aufgehoben. b) Armenpolizeiliche (§§ 4, 5).

§4. Die Gemeinde ist zur Abweisung eines neu Anziehenden nur dann befugt, wenn sie nachweisen kann, daß derselbe nicht hinreichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeitsfähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu verschaffen, und wenn er solchen weder aus eigenem Vermögen bestreiten kann, noch von einem dazu verpflichteten Verwandten erhält. Den Landes­ gesetzen bleibt Vorbehalten, diese Befugnis der Gemeinden zu be­ schränken. Die Besorgnis vor künftiger Verarmung berechtigt den Ge­ meindevorstand nicht zur Zurückweisung. *) Nach Art. 87 des EG. zum BGB. vom 18. Aug. 1896 (RGBl. S. 613).

2. Reichsgesetz über die Freizügigkeit. §§ 2—9.

23

§ 5. Offenbart sich nach dem Anzuge die Notwendigkeit einer öffentlichen Unterstützung, bevor der neu Anziehende an dem Aufent­ haltsorte einen Unterstützungswohnsitz (Heimatsrecht) erworben hat, und weist die Gemeinde nach, daß die Unterstützung aus anderen Gründen, als wegen einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit notwendig geworden ist, so kann die Fortsetzung des Aufenthalts versagt werden. »erfahren (§§ 6-7).

8 6. Ist in den Fällen, wo die Aufnahme oder die Fort­ setzung des Aufenthalts versagt werden darf, die Pflicht zur Ubernähme der Fürsorge zwischen verschiedenen Gemeinden eines und desselben Bundesstaates streitig, so erfolgt die Entscheidung nach den Landesgesetzen. Die tatsächliche Ausweisung aus einem Orte darf niemals er­ folgen, bevor nicht entweder die Annahmeerklärung der in Anspruch genommenen Gemeinde oder eine wenigstens einstweilen vollstreckbare Entscheidung über die Fürsorgepflicht erfolgt ist. § 7. Sind in den in § 5 bezeichneten Fällen verschiedene Bundesstaaten beteiligt, so regelt sich das Verfahren nach dem Vertrage wegen gegenseitiger Verpflichtung zur Übernahme der Auszuweisenden d. d. Gotha, den 15. Juli 1851, sowie nach den späteren, zur Ausführung dieses Vertrages getroffenen Verab­ redungen. Bis zur Übernahme seitens des verpflichteten Staates ist der Aufenthaltsstaat zur Fürsorge für den Auszuweisenden am Aufent­ haltsorte nach den für die öffentliche Armenpflege in seinem Gebiete gesetzlich bestehenden Grundsätzen verpflichtet. Ein Anspruch auf Ersatz der für diesen Zweck verwendeten Kosten findet gegen Staats-, Gemeinde- oder andere öffentliche Kaffen desjenigen Staates, welchem der Hilfsbedürftige angehört, sofern nicht anderweitige Verab­ redungen bestehen, nur insoweit statt, als die Fürsorge für den Auszuweisenden länger als drei Monate gedauert hat. Belastung Neuanziehender.

§ 8. Die Gemeinde ist nicht befugt, von neu Anziehenden wegen des Anzugs eine Abgabe zu erheben. Sie kann dieselben, gleich den übrigen Gemeindeeinwohnern, zu den Gemeindelasten heranziehen. Übersteigt die Dauer des Aufenthalts nicht den Zeitraum von drei Monaten, so find die neu Anziehenden diesen Lasten nicht unterworfen.

24

I. Gesetzestexte.

Armenverbände.

K9. Was vorstehend von den Gemeinden bestimmt ist, gilt an denjenigen Orten, wo die Last der öffentlichen Armenpflege ver­ fassungsmäßig nicht der örtlichen Gemeinde, sondern anderen gesetzlich anerkannten Verbänden (Armenkommunen) obliegt, auch von diesen, sowie von denjenigen Gutsherrschasten, deren Gutsbezirk sich nicht in einem Gemeindeverbande befindet. A«meld««g Neuanziehender.

§10 . Die Vorschriften über die Anmeldung der neu An­ ziehenden bleiben den Landesgesetzen mit der Maßgabe Vorbehalten, daß die unterlassene Meldung nur mit einer Polizeistrafe, niemals aber mit dem Verluste des Aufenthaltsrechts (§ 1) geahndet werden darf. Begrenzung der Rechtswirkung der Freizügigkeit.

§ 11. Durch den bloßen Aufenthalt oder die bloße Nieder­ lassung, wie sie das gegenwärtige Gesetz gestattet, werden andere Rechtsverhältnisse, namentlich die Gemeindeangehörigkeit, das Orts­ bürgerrecht, die Teilnahme an den Gemeindenutzungen und der Armenpflege, nicht begründet. Wenn jedoch nach den Landesgesetzen durch den Aufenthalt oder die Niederlassung, wenn solche eine bestimmte Zeit hindurch ununterbrochen fortgesetzt worden, das Heimatsrecht (Gemeinde­ angehörigkeit, Unterstützungswohnfitz) erworben wird, behält es dabei sein Bewenden. Beschränkung der Ausweisung Reichsangehöriger.

Fremdenpolizei.

§12 .

Die polizeiliche Ausweisung Bundesangehöriger aus dem Orte ihres dauernden oder vorübergehenden Aufenthalts in anderen, als in den durch dieses Gesetz vorgesehenen Fällen, ist unzulässig. Im übrigen werden die Bestimmungen über die Fremdenpolizei durch dieses Gesetz, nicht berührt. Inkrafttreten.

§

13.

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1868 in Kraft.

II. Aufenchaltsgesetz vom 21. August 1914 (GVBl. 1915 S. 590).

A«fe«thaltSrecht.

1 (37).*) > Gegen Angehörige des bayerischen oder eines anderen deutschen Bundesstaats1 sind Aufenthaltsbeschränkungen2-8 auf Grund des § 3 Abs. 1 des Reichsgesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 nur nach Maßgabe des Art. 3 Ziff. 5, 6, dann Art. 4—7 zulässig 11 Auch Ausländern8 ist vorbehaltlich der in den nachfolgenden Artikeln8 zugelassenen Beschränkungen der Aufenthalt in jeder Gemeinde des Königreichs gestattet', wenn fie sich über ihre Staatsangehörigkeit und Heimat genügend ausweisen8 und ihrem Aufenthalt ein sonstiges gesetzliches Hindernis8 nicht im Wege steht"-"-".

«bs. I. 1. a)

Nach der Reichsverfassung vom 11. August 1919 gliedert sich das Reich in „Länder", bisher Bundesstaaten; es besteht aus dem Gebiete -er deutschen Länder, s. Art. 2 und 18 Reichsverf. b) Der erste Absatz dieses Artikels befaßt sich mit der grundsätzlichen Zulässigkeit von staats- oder sicherheitspolizeilichen Aufenthalts­ beschränkungen gegen Deutsche im Gegensatz zu den Ausländern (Abs. II). Ausländer im Sinne des AufG. ist a) der einem fremden Staate angehörige Nichtdeutsche, ß) der Staatlose (vgl. VGH. 19, 174). Alle anderen Personen sind Deutsche (vgl. §§ 1 und 2 RStAngG.); insbesondere muß trotz des Gesetzeswortlauts der unmittelbare Reichsangehörige (§§ 33 ff. RStAngG.) - anders wie nach §H1 Abs. 11,60 UWG. und Art. 62 ArmG. (vgl. Pöll S.3u.18) — zu den Teutschen nach Abs. I gerechnet werden; denn auch er hat die Befugnisse des 8 1 in Verbindung mit Z12FrG. (s. Anm. 1 zu § 1 FrG.), vgl. auch Art. 110 und 111 Reichsverf. A. A. anscheinend Reger, AufG. Anm. 3 zu Art. 1. — S. übrigens auch Anm. 14 zu Art. 6. *) Tie den Artikelzahlen in Klammern beigesetzten Ziffern bezeichnen die entsprechenden Artikel des alten Heimatgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 1899 (GVBl. S. 469), dessen Abschnitt III (Vom Aufenthalte) im Anhänge (Nr. 7) abgedruckt ist.

26

n. Aufenthaltsgesetz.

2. Das Gesetz unterscheidet weder bezüglich der Aufenthaltsfreiheit noch hinsichtlich der Aufenthaltsbeschränkung zwischen dauerndem und vorübergehendem Aufenthalte, vgl. Ziff. 17 der MinEntschL. vom 28. De­ zember 1899, Anhang Nr. 8. über den Begriff des Aufenthalts s. Anm. 5 zu Art. 2. 3. Aufenthaltsbeschränkungen: Sie bestehen, soweit nicht Landes- oder Reichsverweisung (vgl. Einl. Ziff. III B) in Frage steht, regelmäßig in dem Verbote des Aufenthaltes in einer bestimmten Gememde, nämlich derjenigen, in der sich der Auszuweisende aufhält (vgl. Seydel-Graßmann, S. 232). über die Erstreckung des Verbots auf an­ grenzende Gemeindebezirke s. Art. 5 AufG. und die Anmerkungen dazu. Art. 1 Abs. I AufG. trifft nur die Aufenthaltsbeschränkungen als Selbstzweck (ebenso Reger, AufG. Anm. 1 zu Art. 1), nicht dagegen die Fälle, in denen die Beschränkung des Aufenthalts die Folge von richterlichen, polizeilichen oder disziplinären Maßregeln ist, also nicht z. B. die aus der Verbüßung von Untersuchungshaft oder von Frei­ heitsstrafen, der Einschaffung ins Arbeitshaus, der Unterbringung in einer Fürsorgeerziehungsanstalt usw. sich ergebenden Einschränkungen des Aufenthaltsrechles, s. auch Ziff. 17 der MinEntschl. vom 28. Dezember 1899, Anhang Nr. 8, wonach die in einzelnen Gesetzen, namentlich in der Strafgesetzgebung begründeten Aufenthaltsbeschränkungen durch die Be­ stimmungen des vorliegenden Gesetzes nicht berührt werden, vgl. hierher § 39 Nr. 1 RStGB.: Den unter Polizeiaufsicht Gestellten kann der Aufertthalt an bestimmten Orten (z. B. in einzelnen Straßen, Stadtvierteln, bestimmten Wirtshäusern) untersagt werden (s. Anm. 9 a zu Art. 1). — Nicht hierher gehört auch die aus § 101 KO. sich ergebende Beschränkung, wonach der Gemeinschuldner sich nur mit Erlaubnis des Gerichts von seinem Wohnsitz entfernen darf (vgl. Dames S. 38). 4. Abs. I legt für Deutsche (s. oben Anm. 1) ein sicher heitsHolizeiliches A u f e n t h a l t s r e ch t fest, d. h. er gewährt ihnen einen (mit verwaltungsrechtlichen Garantien ^VGH. 25, 49] um­ gebenen) Schutz gegen s i ch e r h e i t s polizeiliche Ausweisung, indem er auf der reichsrechtlichen Grundlage des § 3 Abs. I FrG. die Ausweisung Deutscher nur gestattet nach Art. 3 Ziff. 5 und 6 (in Verbindung mit Art. 4 bis 7) AufG., d. h. auf Grund erlittener Bestrafung (s. das Nähere bei Art. 3): vgl. auck Ziff. 4 der MinEntschl. vom 4. Mai 1871, Anhang Nr. 3. Mit der Weg Weisung*) Deutscher aus armenpolizeilichen Gründen dagegen befaßt sich das AufG. nicht; hiefür sind maßgebend §§ 4, 5 FrG. (vgl. die Anmerkungen hiezu und Ziff. 19 Abs. I der MinEntschl. vom 28. Dezember 1899, Anhang Nr. 8). Eine wesentliche Einschränkung der sicherheitspolizeilichen Ausweisung Teut­ scher nach Art. 3 Ziff. 5 und 6 enthält Art. 6 (s. diesen); über den Rechtsschutz: Art. 8 Ziff. 3 VGG. sowie VGH. 25, 47 und 49 (vgl. die Anmerkungen zu Art. 10 AufG.).

Abs. II. ö

Ausländer: über den Begriff s. Anm. 1.

*) Nach dem Borbilde des bayerischen BGH. soll bei sicherheits­ polizeilichen Ausweisungen stets der Ausdruck „Ausweisung", bei armenrechtlichen Ausweisungen der Ausdruck „Wogweisung" gebraucht werden.

Aufenthaltsrecht. Art. 1.

27

H. Auf Ausländer sind sämtliche im AufG. enthaltenen Auf­ enthaltsbeschränkungen anwendbar, insbesondere sämtliche Ziffern des Art. 3 (vgl. Anm. 1 zu Art. 3). 7. gestattet: Ein verwaltungsrechtlich durchzusetzender RechtsMlspruch auf Aufenthalt steht den Ausländern nicht zu (BGH. 14, 333), vgl. Anm. 1 zu § 1 FrG. Tie Vorschriften, nach denen Ausländer in ihrer Aufenthaltsfreiheit beschränkt werden können, sind lediglich Berwaltungsvorschriften, die zwar den Verwaltungsbehörden bin­ dende, die Willkür ausschließende Normen geben, dagegen dem Aus­ länder — bei Nicht Vorhandensein der Ausweisungsvoraussetzungen — kein subjektives öffentliches Recht des Aufenthalts verleihen (vgl. BGH. 21, 28), das durch eine Ausweisung verletzt werden könnte (s. auch Dames S. 95). Aber auch die Aufenthaltsgemeinde ihrerseits hat keinen Rechtsanspruch auf Ausweisung des Ausländers im Falle des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen (vgl. insbes. Art. 3); denn was vom Aufenthalte selbst gilt, muß auch von seiner Kehrseite, d. i. der Befugnis der Gemeinde die Ausweisung zu verlangen gelten (BGH. 21, 27). Behauptet jedoch der Auszuweisende, er sei Inländer, so ist stets eine Verwaltungs r e cht s fache gegeben (BGH. 23, 137), für deren Entscheidung im letzten Rechtszuge der BGH. zuständig ist, vgl. Anm. Iba zu Art. 10 AufG. 8. Tie Handhabe, hier die nötigen Polizeivorschriften 511 erlassen, bietet Art. 2 Abs. IV AufG., vgl. Anm. 13 zu Art. 2. — S. auch Art. 3 Ziff. 1 und die Anm. hiezu, ferner Anm. 13 zu Art. 8. 9» Sonstige gesetzliche Hindernisse, die dem Aufent­ halte des Ausländers entgegenstehen, können außer einer Ausweisung auf Grund des Art. 3 (sämtliche Ziffern!) oder des Art. 8 die übrigen Fälle der sich aus r e i ch s - oder l a n d e s rechtlichen Vor­ schriften ergebenden Aufenthaltsbeschränkungen sein, nämlich: a) Ausweisung auf Grund von § 39 Nr. 1 RStGB. (Ortsver­ weisung auf Grund der Stellung unter Polizeiaufsicht); vgl. hiezu § 1 der ZustVO. vom 4. Januar 1872 in der Fassung der VO. vom 26. November 1915 (GVBl. S. 723), MinBek. vom 9. August 1872 (RBl. S. 1967) und MinBek. vom 13. August 1908 (GVBl. S. 561) betr. die Stellung unter Polizeiaufsicht; b) Reichsverweisung auf Grund der §§ 39 Nr. 2 (Polizeiaufsicht), 285 a Abs. II (gewerbsmäßiges Glücksspiel), 362 Abs. IV RStGB. (Über­ weisung an die Landespolizeibehörde), § 14 Abs. II Reichsges. gegen den Verrat militärischer Geheimnisse, § 24 Reichsges. gegen die Steuerflucht; vgl. Anm. 19c zu Art. 8; c) ferner gehören hierher die Fälle, in denen ein Schübling durch Bayern transportiert wird (vgl. Riedel-Pröbst S. 279) oder wenn für Bayern nach bestehenden Staatsverträgen mit nichtderltschen Staaten (s. Anm. 18 zu Art. 8) die Pflicht besteht, den Ausländer wegen be­ stimmter strafbarer Handlungen auszuliefern. 19. Z u st ä n d i g k e i t zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach Abs. I und II s. Art. 9. Wegen des Beschwerdeverfah­ rens vgl. Art. 10 und die Anmerkungen hiezu. 11. über den persönlichen Umfang der Ausweisung s. Art. 4.

28

n. Aufenthaltsgesetz.

12. Der Bruch des örtlichen Aufenthaltsverbotes ist nach Art. 28 PStGB. strafbar; ist das Aufenthaltsverbot eine Folge der Stellung unter Polizeiaufsicht (§ 39 RStGB ), so ergibt sich die Strafbarkeit der Durchbrechung des Verbots aus § 361 Nr. 1 RStGB. Indes ist die Bestrafung aus Art. 28 PStGB. nicht davon abhängig, daß der zu Bestrafende nicht unter Polizeiaufsicht steht (ObLGStr. 7, 103). — Wer lohne unter Polizeiaufsicht zu stehen) des Reiches oder eines Landes verwiesen ist und ohne Erlaubnis zurückkehrt, ist nach § 361 Nr. 2 RStGB. strafbar; vgl. hierüber auch Anm. 9d zu §3 FrG. Tie Gerichte haben nur zu prüfen, ob sich eine Ausweisung im Einzelfalle auf ein Gesetz stützt, das die bezeichneten Ausenthaltsbeschränkungen zuläßt, dagegen sind sie nicht befugt zu untersuchen, ob die besonderen Vorschriften des Gesetzes über die tatsächlichen Vorausset­ zungen des Aufenthaltsverbotes richtig angewendet sind, ob die AusIveisung zweckmäßig war und ob bei Erlassung des Verbotes das richtige Verfahren beobachtet wurde (vgl. Fischer Nr. 6320 und Riedel-Sutner S. 108 nebst der d.ort angeführten Rechtsprechung). Zu prüfen ist jedoch voni Richter, ob nicht etwa die Zeitdauer des Ausenthaltsverbotes abgelaufen ist bzw. ob das Aufenthaltsverbot nicht ipso iure unwirksam geworden ist (vgl. hierüber Anm. 7e zu Art. 3).

Fremdcnpolizet; Meldeweseu. Art. z (38).

1 J2Sera in einer Gemeinde Wohnsitz3 oder nicht nur vor­ übergehend 4 Aufenthalt6 nimmt oder diesen Wohnsitz oder Auf­ enthalt aufgibt, hat6 binnen einer Woche7 der Ortspolizeibehörde8, in München der Polizeidirektion9, Anzeige zu erstatten. "Die Anzeigeerstattung ist von der Behörde gebührenfrei zu bescheinigen10. 111 Personen, die aus einer Gemeinde des Deutschen Reiches neu" zuziehen, haben der zuständigen Behörde (Abs. I) innerhalb der von ihr bestimmten Frist eine Bescheinigung der Polizei­ behörde des letzten Aufenthalts über den erfolgten Wegzug (Abzugsbescheinigung) vorzulegen71. In Bayern sind die Ab­ zugsbescheinigungen gebührenfrei". Durch ober- oder ortspolizeiliche Vorschrift könneu weitere Einzelheiten bestimmt werdenl3. vZu widerhandlungen werden an Geld bis zu 15 fC bestraftu. v>Jn München gibt die Polizeidirektion dem Stadtmagistrate von den Anzeigen (Abs. I) und den Abzugsbescheinigungen (Abs. III) alsbald Kenntnis. Das Nähere bestimmt die Staats­ regierung 15. • 1. Die Fassung dieses Artikels gründet sich aus Art. 90 Ziff. II ArmG. vom 21. August 1914 (GBBl. S. 551), vgl. Anhang Nr. 12. — Aus der Begründung: „Während Art. 38 des HeimatG. lediglich die

Fremdenpolizei; Meldewesen. Art. 2.

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Meldepflicht bei der Ankunft nach Maßgabe der polizeilichen Vorschriften und die Ausstellung einer behördlichen Bescheinigung hierüber vor­ schreibt, regelt die neue Vorschrift namentlich auch mit Rücksicht auf die große Bedeutung eines geordneten Meldewesens, für die Feststellung des Unterstützungswohnsitzes (vgl. BahGemZ. 1913 Sp. 198) die Anzeigepslicht beim Anzug und beim Wegzuge durch grundlegende Vor­ schriften und gibt insbesondere die gesetzliche Möglichkeit, bei längerem Aufenthalt eine Abzugsbescheinigung der Polizeibehörde des früheren Aufenthaltsortes zu verlangen (vgl. hiezu UWG. §§ 13 und 25). Die weitere Ausgestaltung des Meldewesens soll wie bisher den ober- und ortspolizeilichen Vorschriften Vorbehalten bleiben."' über den Vollzug des Art. 2 im allgemeinen vgl. den Aufsatz in BayGVZ. 1920 Sp. 312. Abs. I.

2. Wer: Gleichviel, ob Deutscher oder Nichtdeutscher. Auch der Besitz des Bürgerrechts in der betreffenden Gemeinde (§ 11 Vers.) ent­ bindet nicht von der Erfüllung der Pflichten des Art. 2; ebenso besteht für die übrigen in Art. 6 Abs. I AufG. bezeichneten Personen keine Aus­ nahme. — In Frage kommen nur natürliche Personen. 3. Wohnsitz: Vgl. §§ 7 bis 11 BGB. Wohnsitz ist der dauernde Mittelpunkt des gesamten Lebens einer Person (Dernburg I S. 155). 4 Nicht nur vorübergehend: vgl. Anm. 7 a. A. S. Aufenthalt: Er unterscheidet sich bürgerlich-rechtlich vom Wohnsitze dadurch, daß er nur ein zeitweiliges Verweilen in sich begreift. Vgl. hiezu Anm. 7, ferner Anm. 4b zu § 1 FrG. Wie übri­ gens aus dem Wortlaute des § 12 FrG. hervorgeht, wird häufig im Bereiche des öffentlichen Aufenthaltsrechtes auch ein längeres Verweilen als Aufenthalt bezeichnet. 6. Die Pflicht Mr polizeilichen Meldung — und zwar zur Anwie zur Abmeldung — ist nicht mehr der Einführung durch Polizeivorschrift überlassen, sondern durch das AufG. selbst vorgeschrieben (Ziff. 1 der Min Bek. vom 5. Okt. 1915, Anhang Nr. 13). Über die Zulässigkeit der landesgesetzlich^n Regelung vgl. § 10 FrG. und Ziff. 8 der MinEntschl. vom 4. Mai 1871, Anhang Nr. 3, ferner § 12 Abs. II FrG. Ter Meldepflicht ist bei jeder Verlegung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes (soweit nicht nur vorübergehend) zu genügen; Aufent­ haltsanmeldung ist insbesondere auch dann zu erstatten, wenn nach Wegzug aus der Gemeinde des UW. in ihr noch vor Verlust des UW. neuerlich Aufenthalt genommen wird. (Reger, AufG. S. 14). Bei Wohnungswechsel innerhalb einer (politischen) Gemeinde besteht keine Meldepflicht nach Art. 2 Abs. I AufG., dagegen kann den Ver­ mietern durch ortspol. Vorschrift Anzeige über Ein- und Auszug ihrer Mieter aufgegeben werden (Art. 50 PStGB.), s. Anm. 7 b. 7» Binnen einer Woche: a) Der Aufenthalt (vgl. Anm. 5) muß mindestens eine Woche gedauert haben, um anzeigepflichtig zu werden. Die Frist berechnet sich nach 187, 188 BGB.; fällt der letzte Tag auf einen Sonn- oder allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle des Sonn- oder Feiertags der nächstfolgende Werktag (§ 193 BGB. und Kormann, Grundzüge eines allg. Teils des öffentlichen Rechtes in „Ann." 1912 S. 121; ferner Regers Entsch. 27, 304).

30

II. Aufenthaltsgesetz.

b) Kürzere Fristen als eine Woche können für bestimmte Personen­ klassen polizeilich vorgeschrieben werden, s. über die Ausgestaltung der Anzeigepflicht in dieser Richtung die Sonderbestimmungen des PStGB.: Art. 46, 47: Anzeigepflicherlischt (vgl. z. B. Anm. 32 u. Anm. 39), durch späteren Wegfall einer Voraussetzung des Aufenthaltsverbotes (z. B. Beseitigung des Strafur-

38

II. Aufenthaltsgesetz.

teils infolge Wiederaufnahme des Verfahrens), endlich früher durch Erwerb des (altrechtlichen, vgl. BayGBZ. 1921, Sp. 145 ff. und Anm. 10 zu Art. 6) Bürgerrechts in der Gemeinde, in welcher der Aufenthalt verboten ist (Kutzer S. 509). S. a. Anm. 92, ferner Anm. 10 zu Art. 6.

n. Die einzelnen Ausweisungsgründe. Biff- 18. Es kommen nur Nichtdeutsche (Ausländer, Riedel-Pröbst S. 287) in Betracht, vgl. Anm. 1. Anmerkungen hiezu).

Für Deutsche gilt § 2 FrG. (s. die

S. F r i st e n l a u f; vgl. §§ 187, 188 BGB.; vgl. Anm. 7 zu Art. 2. Tie vierwöchige Frist ist nicht im Sinne eines den Ausländern eröff­ neten Rechtes aufzufassen, vielmehr können legitimationslose Fremde sofort an der Grenze zurückgewiesen werden (ebenso Riedel-Pröbst S. 276); vgl. a. Anm. 13 zu Art. 8. 10* Ist der geforderte Nachweis zur Genüge erbracht, so wird die Ausweisung gegenstandslos. Wird der Heimatnachweis geradezu ver­ weigert, so ist die Ausweisung zu verfügen, ohne daß die vier­ wöchige Frist einzuhalten wäre, vgl. Ziff. 22 der MinEntschl. vom 28. Dezember 1899, Anhang Nr. 8. — Vgl. übrigens auch Anm. 4 zu Art. 7.

Biff- 2. 11« Auch hier kommen nur Ausländer in Frage, für Deutsche gelten die §§ 4, 5 FrG. Wenn Familienangehörige, zu deren Unter­ halt der Wegzuweisende verpflichtet ist, Armenunterstützung erhalten haben, so kann diese angerechnet werden (vgl. auch Art. 2 Abs. III ArmG. in Verbindung mit Art. 62 ArmG.). Andererseits sind Familienglieder als unterstützt anzusehen, wenn das Familienhaupt, auf dessen Unter­ halt sie angewiesen sind, ganz ober teilweise von der öffentlichen Armen­ pflege unterhalten werden muß (vgl. über die Einheit des Familien­ bandes Pöll S. 222 und Anm. 2c ß zu § 4 FrG.). 12. d. i. der Aufenthaltsgemeinde (BayGemZ. 1913 Sp. 53). 13. d. i. öffentliche Armenunterstützung (Art. 3 ArmG.); dazu zahlen nicht die Kosten für die Fürsorgeerziehung Minderjähriger (Art. 11 FEG.), Leistungen nach der RVO. (§ 118), Unterstützungen aus Stiftungsmitteln, Kreisfonds usw., Zuwendungen der freiwil­ ligen Armenpflege (vgl. Pöll S. 15), Erwerbslosenunterstützung (§ 2 der Reichsverordnung über Erwerbslosenfürsorge v. 26. Jan. 1920, RGBl. S. 98), früher auch die Befreiung von Entrichtung des Schulgeldes (Art. 15 m SchulBedG. v. 28. Juli 1902, nunmehr gegen­ standslos durch Art. 78 SchulBedG. v. 14. Aug. 1919, GBBl. S. 489).

14. Auch die Erhebung eines erfolglosen Anspruchs auf öffentliche Armenunterstützung ist ein genügender Wegweisungsgrund (ebenso Riedel-Pröbst S. 288), vorausgesetzt, daß ein ernstliches Nach­ suchen und nicht nur eine vorläufige Anfrage über die Aussichten eines etwa beabsichtigten Gesuches vorliegt; unter Umständen wird auch ein sofortiger Widerruf des Gesuches belangreich sein (vgl. hierüber aus­ führlich Reger HeimG. S. 28 und S. 120).

Ausweisungsgründe. Art. 3.

39

15. können: s. Anm. 3. Die Ziffer hat — ebenso tote die folgende — a r m e n polizeilichen Charakter, weshalb in beiden Fällen ein Antrag der Gemeinde Voraussetzung der Wegtoeisung ist (Art. 7 Abs. I AufG.). 1-. Antrag der Gemeindeverwaltung: vgl. auch die Anmerkungen zu Art. 7 AufG. 17. Dauer von 3Jahren: In bezug auf die Dauer ist die wegweisende Behörde nicht an den Antrag der Gemeindeverwaltung ge­ bunden ; die Wegweisung wird stets auf mindestens 6 Monate zu ver­ fügen sein von dem Tage ab, an dem Armenunterstützung beansprucht oder empfangen worden ist, da die Gemeindeverwaltung berechtigt wäre, vor Ablauf dieser Frist erneuten Antrag zu stellen (Riedel-Pröbst S. 288). — über den Fristenlauf s. Anm. 7 c. Wegen des etwaigen Unwirksamwerdens der Wegtoeisung vgl. Anm. 7e. 18 Vgl. Anm. 6. 19. Wenn ein Ehemann während der letzten zwei Jahre in der Aufenthaltsgemeinde Abgaben für Armenzwecke entrichtet oder Gemerndedienste geleistet hat- wird auch die Ehefrau oder Witwe, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt oder gelebt hat, nicht weggewiesen werden können (Riedel-Pröbst S. 288). Vgl. a. Anm. 11. 20. während zweier Jahre: Ter Wegzuweisende muß in jedem der beiden Jahre Abgaben für Armenzwecke (s. Anm. 21) oder Gemeindedienste (Anm. 22) geleistet haben; er kann natürlich auch in einem Jahre Abgaben gezahlt, im anderen Gemeindedienste geleistet haben (Riedel-Pröbst S. 288). Tie Frist berechnet sich rückwärts vom Tage der Beanspruchung oder des Empfangs der Armenunterstützung. 21. Abgaben für Armenzwecke sind nicht nur Gemeinde­ umlagen — für Armenzwecke werden eigene Umlagen nicht mehr er­ hoben —, sondern auch (dem Gesetzeswortlaut entsprechend) all das, was gemäß Art. 39 Abs. II rechtsrh. GemO. (Art. 30 Abs. II pf. GemO.) auf Grund des Gemeindeverbandes (im losesten Sinne) an die Gemeinde zu zahlen ist, beispielsweise die der Armenkasse von per Ge­ meinde zugewiesenen örtlichen Abgaben nach Art. 40 rechtsrh. GemO. (A. A. Reger AufG. S. 21). 22. Gemeindedienste: Art. 49ff. rechtsrh. GemO., Art. 39 Pf. GemO. 23. Ta eine derartige Leistung die Gewährung der Armenunter­ stützung aufwiegen soll, ist die Wegtoeisung zulässig, wenn solche Leistungen in den letzten Jahren in der Gemeinde überhaupt nicht erhoben worden sind (ebenso Kutzer S. 502, Reger AufG. S. 21). 24. Vgl. Anm. 13 und 14. Wenn Armenunterstützung für einen längeren Zeitraum im voraus empfangen wird, so zählen die 6 Mo­ nate erst vom Ablaufe dieser Frist an. 25. 6 Monate: Fristberechnung: vgl. §§ 187, 188 BGB. (s. auch Anm. 7 zu Art. 2). Die Berechnung der Frist hat immer von neuem zu beginnen, so oft ein neuer Wegweisungsgrund auftritt. Die Frist von 6 Monaten gilt schon dann als gewahrt, wenn innerhalb derselben der Wegweisungsbeschluß lediglich erlassen ist, da eine Rechtskraft des Be­ schlusses nicht erforderlich ist (vgl. VGH. 25, 49).

40

DE. Aufenthaltsgesetz.

26. Wegen vorheriger Gestattung des Aufenthalts in der verwie­ senen Gemeinde vgl. oben Anm. 7 c. Da die Wegweisung unwirksam wird, wenn der Besitz zureichender Unterhaltsmittel dargetan ist, so kann sie gar nicht in Wirkung treten, wenn der Ausländer trotz bean­ spruchter Armenunterstützung in der Lage ist, für sich und seine Familie zu sorgen (Kutzer S. 503). 27. Ob zureichende Unterhaltsmittel vorhanden sind, dies zu be­ urteilen steht im Verwaltungsermessen der Wegweisungsbehörde; die beteiligte Gemeinde ist zu hören. — Ist der Aufenthalt auf weniger als 3 Jahre, untersagt und diese Frist bereits abgelaufen, so bedarf es keines Nachweises. 28. Vgl. § 60 UWG., wonach Ausländer (vgl. Anm. 11) vorläufig von demjenigen Ortsarmenverband unterstützt werden müssen, in dessen Bezirke sie sich beim Eintritte der Hilfsbedürftigkeit befinden; s. ferner Art. 62 ArmG. Hiezu ist einschlägig die MinEntschl. vom 23. Dezember 1916 (Anhang Nr. 16), vgl. Anm. 2 zu Art. 7 AufG. Ziff. 3. 29. Auch diese Ziffer gilt nur für Ausländer; im FrG. ist eine ähnliche Bestimmung nicht enthalten. Wegen der Einheit des Familienbandes vgl. die entsprechenden Bemerkungen oben in Anm. 11 (a. M. Kutzer S. 504).

30. d. s. die aus dem Gemeindeverband (im losesten Sinne s. Anm. 21) fließenden Abgaben.

31. Antrag der Gemeindeverwaltung: merkungen zu Art. 7 Abs. I AufG.

s.

die

An­

32. Die Beisetzung einer bestimmten Zeitdauer erübrigt sich, da das Aufenthaltsverbot mit der Zahlung der Rückstände ipso iure unwirksam wird; aus diesem Grunde wird übrigens der die Wegweisung veranlassende Rückstand im Beschlilsse zu bezeichnen sein (Kutzer S. 503). Ziff- 4.

38. Ebenfalls nur für Ausländer einschlägig und zwar für Ausländer beiderlei Geschlechts. 34. Hierunter fallen nicht nur Dienstboten, Handwerksgehilfen und Lohnarbeiter, sondern alle Personen, die sich in der Gemeinde auf­ halten um einen erlaubten V e r d i e n st zu suchen (vgl. Riedel-Pröbst S. 290). Beruht der Aufenthalt auf anderen Gründen, dient er z. B. Studienzwecken oder lebt der Ausländer von einer Rente oder Pension, so ist Ziff. 4 nicht anwendbar; insbesondere darf auf Ziff. 4 nicht eine Ausweisung aus rein politischen Gründen gestützt werden (RiedelPröbst a. a. O.). 35. Eine solche Ftist soll nur gesetzt werden, wenn eine Gefähr­ dung der öffentlichen Sicherheit oder Sittlichkeit vorliegt, vgl. Ziff. 19 der MinEntschl. vom 28. Dezember 1899, Anhang Nr. 8. Grundlos soll niemand mit einer derartigen Untersuchung behelligt werden (RiedekPröbst S. 290).

Ausweisungsgründe. Art. 3.

41

86. „Ständiges Unterkommen" bezeichnet im Gegensatz zur „den Unterhalt sichernden Beschäftigung" das dauernde Ar­ beitsverhältnis. 87. Die Unterhaltsmittel brauchen nicht auf längere Zeit (z. B. Monate) zu reichen, sondern es genügt, daß die öffentliche Ordnung und Sicherheit für die nächste Zeit nicht bedroht ist. 88. über den Fristenlauf s. Anm. 7 c. — 3 Monate sind die Höchstgrenze, die Ausweisung kann auch auf kürzere Zeit erfolgen. 89. Das Aufenthaltsverbot wird bereits vor Ablauf der drei Monate ipso iure unwirksam, wenn für die Person Unterkommen oder Beschäftigung gefunden ist und zwar auch in einer anderen Gemeinde als in der Ausweisungsgemeinde (Kutzer S. 502). Die Frage, ob in solchem Falle die Rückkehr berechtigt ist, hat die Verwaltungsbehörde allein zu entscheiden, ohne daß die Gemeinde zu hören wäre. 40. Vgl. § 1 RGewO. 41. S. oben Anm. 35. 42. Die Anmeldung darf nicht nur zum Scheine erfolgt sein, sondern es muß aus den getroffenen Vorrichtungen die Ernstlichkeit der Absicht zu ersehen sein. 48. Die Ausweisung kann hier (wie bei den folgenden Ziffern) auch von Amts wegen verfügt werden, vgl. Art. 7 Abs. II AufG., irrsbesondere Anm. 4 zu Art. 7 AufG. Ziff. 5.

44. Diese Ziffer ist — wie Ziffer 6 — sowohl aus Deutsche (vgl. Anm. 1 zu Art. 1) als auf Ausländer anwendbar. 45. Es sind vier Teliktsgruppen zu lmterscheiden: Die erste Gnrppe umfaßt: Raub: §§ 249-252, 255 RStGB., Diebstahl: §§ 242 ff. RStGB. (nicht hierher dürfte gehören die Notentwendung nach § 248 a RStGB.), Unterschlagung: §§ 246 f., 350 RStGB., Betrug: §§ 263ff. RStGB. und §§ 239, 242 KO., Hehlerei: §§ 258ff. RStGB., Fälschung: §§ 92, 108, 146ff., 267ff., 348f., 355 RStGB.- Zuwiderhandlung gegen die Sittlichkeit: §§ 171 ff. RStGB. — Bestrafungen wegen Versuchs stehen den Bestrafungen wegen Vollendung gleich (VGH. 26, 326). Tas gleiche hat für eine Bestrafung wegen Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe zu gelten (vgl. VGH. 19, 21). 46. Ta die Freiheitsstrafe mehr als 6 Wochen betragen muß, so scheiden Haft strafen (deren Höchstgrenze nach §18 RStGB. 6 Wochen ist) hier aus. — Wegen mindestens eines der bezeichneten Reate muß eine Strafe von mehr als 6 Wochen verhängt.sein (VGH. 14, 338). Kommt eine wegen sachlichen Zusammentreffens mehrerer strafbarer Hand­ lungen verhängte Gesamtstrafe (§ 74 RStGB.) in Betracht, so hat als Strafe für jede einzelne strafbare Handlung diejenige zu gelten, die im Urteile als durch diese verwirkt erklärt ist (VGH. 15, 42). Im Falle des rechtlichen Zusammentreffens (§ 73 RStGB.) kommt die aus­ gesprochene Strafe nach ihrem vollen Zeitausmaße für jede der rechtlich zusammentreffenden Verfehlungen in Betracht (Regers Entsch. 31, 244).

42

II. Aufenthaltsgesetz.

47. Dies ist die zweite Deliktsgruppe (s. oben Anm. 45); hierher gehören § 153 RStGB., § 212 RStGB. usw. 48. Wiederholt d. i. mindestens zweimal (zu vgl. MinEntschl. vom 11. Mai 1880, MABl. S. 246). 49. Tritte Deliktsgruppe (s. Anm. 45); Entwendung von Felbfrüchten: Art. 112 Ziff. 1 PStGB. Feldfrevel: Art. 112 Ziff. 2 u. 113ff., PStGB. Forstfrevel: Art. 79ff. ForstG. Un­ berechtigtes Jagen: §§ 292ff., 368 Nr. 10 und 11 RStGB., Art. 23 JagdG. Hier ist die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht erforderlich (ebenso Seydel-Graßmann S. 233, Kutzer S. 496 und Bl. 48, 257; a. M. Reger, AufG. S. 24, Niedel-Pröbst S. 292). Vgl. auch Anm. 51. 50. Vierte Teliktsgruppe (s. Anm. 45): Arbeitsscheue: § 361 Nr. 5, 7 und 8 RStGB. (VGH. 14, 330); Landstreicherei: § 361 Nr. 3 RStGB.; Bettel: §361 Nr. 4 RStGB.; Verurteilung wegen Anleitens oder Ausschickens von Kindern zum Betteln oder wegen Nichtabhaltens der in elterlicher Gewalt stehenden Kinder vom Betteln steht der Verurteilung wegen eigenen Bettels gleich (VGH. 4, 477; 8, 288); dagegen kann die Bestrafung einer Ehefrau wegen Bettels nicht gegen deren Ehemann als Ausweisungsgrund geltend ge­ macht werden (VGH. 2, 70). Gaukelei: Art. 54 PStGB.; da die Frage der Verurteilung wegen einer der in Ziff. 5 (u. 6) aufgeführten strafbaren Handlungen im Sinne dieser Ziffern zu beantworten ist, so wird bei Verurteilung durch ein außerbayerisches Gericht ge­ gebenenfalls auch eine andere Bestrafung, z. B. wegen groben Unfugs, einer solchen wegen Gaukelei gleichzustellen sein (vgl. Reger, AufG. S. 24). Gewerbsmäßige Unzucht: § 361 Nr. 6 RStGB.; als solche ist auch die Zuwiderhandlung gegen die zur Sicherheit der Ge­ sundheit, der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Anstandes er­ lassenen polizeilichen Vorschriften durch der Unzuchtsaufsicht unterstellte Weibsperson zu erachten (VGH. 24, 245). 51. Freiheits st rafe: Tie Verurteilung muß hier stets — anders als bei der dritten Deliktsgruppe (s. Anm. 49) — prrmär auf Freiheitsstrafe gelautet haben. Freiheitsentziehung im Strafumwand­ lungsverfahren (§§ 28 f. RStGB.) genügt nicht (vgl. a. VGH. 6, 53); dagegen wird hier wiederholte Verurteilung (s. Anm. 48) nicht gefordert. 52. verurteilt d. h. rechtskräftig verurteilt und zwar steht der Strafbefehl dem Urteil gleich (§ 450 RStPO.). Bezüglich der Verurteilung wegen Versuchs, Beihilfe usw. s. Anm. 45. Ob die Bevurteilung gerechtfertigt war, ist natürlich von den Verwaltungsbehörden nicht nachzuprüfen (vgl. die bei Reger, AufG. angeführte BGHE. vom 9. Juni 1905). Die im Ausland ergangenen Strafurteile bilden nach herrschender Ansicht regelmäßig ebenfalls einen Ausweisungsgrund (vgl. VGH. 6, 204); a. M, Dames S. 53 und beistimmend: Bl. 45, 317; ferner (mit guten Gründen) Goldscheider in BahGemZ. 1916 S. 430 ff. über die im Deutschen Reich erfolgten Verurteilungen gibt das Strafregister derjenigen Strafregisterbehörde (aufgezählt in Bekannt­ machung der Strafregisterbehörden vom 6. August 1920 sZentralbl.

Ausweisungsgründe. Art. 3.

43

f. d. Deutsche Reich S. 1360], abgedrmkt auch in MtnBek. vom 2. Dez. 1920, MABl. S. 432) Aufschluß, in deren Amtsbezirke die Person ge­ boren ist; handelt es sich um außerhalb Deutschlands geborene Personen oder um solche, deren Geburtsort nicht zu ermitteln ist, so kommerr die Register des Reichsjustizministeriums in Frage (Strafregisterverordnung der Reichsregierung vom 12. Juni 1920, abgedruckt MABl. S. 221 ff., erlassen auf Grund Art. 77 Reichsverf. zum RGef. vom 9. April 1920, RGBl S. 507; vgl. auch die MinBek. vom 27. Oktober 1920, Min.ABl. S. 405 und vom 15. Nov. 1920 MinABl. S. 412). Die zuständige Registerbehörde ist zur kostenfreien Aufschlußerteilung Gerichten, Straf­ verfolgungsbehörden, höheren Verwaltungsbehörden und Polizeibehörden (dagegen nicht mehr Gemeindebehörden) gegenüber verpflichtet (§ 26 bez. BO. und MinBek. vom 2. Dezember 1920, MABl. S. 432). Gleichgültig ist, w o das Delikt begangen wurde (BGH. 25, 47) und wann es geschah; deshalb kann jemand wegen ein- und derselben Verurteilung (z. B. ein Dieb, der nur in einer Gemeinde gestohlen hat) aus verschiedenen Gemeinden ausgewiesen werden (Riedel-Pröbst S. 292). 53» Da die Ausweisung sofort nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils oder Strafbefehls verfügt werden kann, ist sie vom Beginn des Strafvollzugs unabhängig; auch ist eine Begnadigung für die Zulässigkeit der Ausweisung ohne Belang (VGHE. v. 27. Okt. 1920 Nr. 109/1/20). 54. Innerhalb der zwei Jahre d. h. spätestens am letzten Tage der zweijährigen Frist (vgl. §§ 187, 188 BGB.) muß der Aus­ weisungsbeschluß gefaßt und dem Auszuweisenden eröffnet sein, dagegen ist die zeitliche Begrenzung nicht dahin zu verstehen, daß innerhalb dieser Frist auch etwaige gegen den Beschluß erhobene Beschwerden verbeschieden sein müßten (BGH. 25, 47). Wegen Wiederholung der Ausweisung s. Anm. 56. 55. Strafvollzug: Erlaß der Strafe steht dem Vollzüge gleich (VGH. 19, 21; die gesetzliche Unterlage für die Ausweisung wird nicht durch eine Amnestie der erkannten Strafe beseitigt. Denn schon die Tatsache der Verurteilung rechtfertigt das Aufenthaltsverbot: VGHE. v. 5. Nov. 1919 in BayGemBZ. 1920 Sp. 725. Dabei ist das Ende hes Strafvollzugs als mit der ausgesprochenen Begnadigung erfolgt DNzusehen (VGHE. v. 27. Okt. 1920 Nr. 109 1/20); bei vorläufHl Strafentlassung im Falle der Zubilligung einer Bewährungsfrist — bedingte Begnadigung (vgl. hierüber Bek. d. Staatsmin. d. Justiz vom 11. Juli 1919, Bay. Staatsanz. Nr. 172) — gilt die Strafe bereits mit der vorläufigen Entlassung, jedenfalls dann als verbüßt, wenn der Strafrest endgültig erlassen ist (vgl. BGH. 35, 42). Der Verbüßung ist ferner gleichzustellen die Verjährung der Strafvollstreckung (§§ 70 ff. RStGB.). Wird eine nach § 74 RStGB. verhängte Gesamtstrafe verbüßt, so beginnt die zweijährige Frist in jedem Falle erst dann, wenn die Gesamtstrafe ihrem vollen Umfange nach vollzogen ist (BGH. 15, 44). 56. Dauer von zwei Jahren: Dies ist die Höchst­ grenze, Ausweisung für kürzere Zeit ist zulässig und steht im reinen Berwaltungsermessen (VGH. 2, 374); Wiederholung der (kür-

44

n. Aufenthaltsgesetz.

zeren) Ausweisung innerhalb des zweijährigen Zeitraumes (f. Anm. 54) ist gegebenenfalls nicht ausgeschlossen, über den Beginn der Frist s. Anm. 7 c. 57. Wird die Ausweisung bereits vor Ende des Strafvollzugs verfügt (Dgl Anm. 53), so wird die Freiheitsentziehung nicht einge­ rechnet; wird eine Gesamtstrafe (§ 74 RStGB.) verbüßt, so bleibt sie selbst dann außer Anrechnung, wenn sie sich auf Berfehlungen be­ zieht, die nicht jn Art. 3 Ziff. 5 genannt sind, ginbet die Ausweisung nicht sofort nach Schluß des Strafvollzugs, sondern erst später statt, so wirkt das Aufenthaltsverbot naturgemäß über die zweijährige Frist der Anm. 54 hinaus, z. B. wenn jemand erst 1 Jahr nach Ende der Einsperrung auf 2 Jahre ausgewiesen wird, so darf er erst nach Ab­ lauf von 3 Jahren seit Entlassung aus der Strafhaft zuriickkehren. s Nicht gehemmt wird die Ausweisungsdauer durch ^eine erst wäh­ rend ihres Laufes verhängte und zu verbüßende Freiheitsstrafe (Roger, AufG. S. 25).

Ziff. 6.

58. d. h. Deutsche sowohl (vgl. Anm. 1 zu Art. 1) wie Aus­ länder (s. Anm. 44).

59. Während es bei Ziff. 5 auf den Ort der Tat nicht ankommt (vgl. Anm. 52), ist eine Ausweisung nach Ziff. 6 nur zulässig, wenn die strafbare Handlung im Bezirke der Aufenthaltsgemeinde begangen ist. Gleichgültig ist jedoch auch hier, ob die Person als Täter, Anstifter oder Gehilfe (vgl. Anm. 45) verurteilt ist, ferner wann das Delikt begangen ist und (nach der herrschenden Ansicht) ob d-as Urteil von einem in- oder ausländischen Gericht gefällt ist (vgl. Anm. 52). Aus Art und Dauer der Strafe kommt es hier (anders wie bei Ziff. 5, wo Verurteilung zu einer gewissen Mindeststrafe gefordert ist) nicht an. 60. d. s. Übertretungen der Reichsgewerbeordnung und zwar im wesentlichen auf dem Gebiete des Gewerbebetriebs im Umherziehen sowie des stehenden Gewerbebetriebs, soweit das Erfordernis der Legiti­ mationskarte oder des Erlaubnisscheines in Frage steht.

61. 88 284, 285 RStGB. (Fassung nach RGes. v. 23. Dez. 1919 RGBl. S. 2145): gewerbsmäßiges Glücksspiel (vgl. auch Aym. 9 b zu Art. 1), Verfehlungen gegen d-as RGes. vom 4. Juli 1905 (RGBl. S. 595) über Wetten bei öffentlichen Pferderennen (vgl. auch GVBl. 1906 S. 178) fallen nicht hierunter (Seydel-Graßmann S. 233); § 286 RStGB.: unerlaubte Veranstaltung öffentlicher Lotte­ rien oder Ausspielungen; § 360 Nr. 14 RStGB.: unbefugtes Halten von Glücksspielen auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder in öffentlichen Versammlungsorten. 62. Wiederholt: s. Anm. 48. 63. s. Anm. 59. 64. Art. 106 PStGB.: Übertretungen von Dienstboten; diese Bestimmung ist durch § 1 der Anordnung d-s Staatskommissars für Demobilmachung vom 13. Dez. 1918, Bay. Staatsanz. Nr. 295, außer Kraft gesetzt; Art. 155 PStGB.: Blaumontagmachen; § 153 RGO.: Mißbrauch des gewerblichen Koalitionsrechtes.

Ausweisungsgründe. Art. 3.

45

HS. d. h. rechtskräftig verurteilt (s. Anm. 52); dortselbst auch das Nähere wegen tztrafbefehls usw. 66. Vgl. Anm. 53. 67. Hier ist die Frist ein Jahr; vgl. das Nähere bei Anm. 54. 68. Strafvollzug; s. Anm. 55. 69. Dauer von zwei Jahren: s. Anm. 56. 70. Vgl. Anm. 57.

Ziff. 7. 71. Gilt nur für Ausländer (vgl. Art. 1 Abs. I AufG.). 72. Verurteilung ist hier nicht erforderlich; Inländerinnen können nur ausgewiesen werden, wenn ein rechtskräftiges Strafurteil vorliegt (vgl. Ziff. 5). 73. und: es müssen also die beiden Voraussetzungen gegeben sein. 74. Dazu gehören nicht nur Zuhälter und Beherberger, sondern gegebenenfalls auch Eltern, Kinder, Ehegatten. 75. Vgl. Anm. 56. 76. Daß die Gerneinde, aus der ausgewiesen werden soll, diejenige ist, in der die Frauensperson Unzucht getrieben hat, ist nicht erforder­ lich (Kutzer S. 501). Ziff. 8. 77. Gleichfalls nur auf Ausländer anwendbar (s. Anm. 71). 78. d. h. bei gem-eingefährlichen Sicherheitsstörungen. Vgl. hier­ her daS (auch für die Pfalz geltende) Gesetz vom 4. Mai 1851 (GBl. S. 9) über das Einschreiten der bewaffneten Macht zur Erhaltung der gesetzlichen Ordnung; die sachliche Voraussetzung für das Einschreiten der bewaffneten Macht zu sicherheitspolizeilichen Zwecken ist, daß die gewöhnlichen polizeilichen Zwangsmittel zur Erhaltung der inneren Sicherheit oder der gesetzlichen Ordnung uicht zureichen (vgl. SeydelGraßmann S. 248). 79. Bestr afung ist hier nicht Voraussetzung der Ausweisung. 80. d. i. die Höchstgrenze (vgl. Anm. 38). 81. Das Aufenthaltsverbot hat zu unterbleiben, wenn die Ruhe­ störungen aufgehört haben und Wiederholung nicht zu befürchten ist; bereits verhängte Ausweisungen bleiben indes in Kraft. 82. Ständiger Arbeitsverdienst: s. oben Anm. 36 und 37; ausreichende Unterhaltsmittel: s. oben Anm. 27 und Anm. 9 zu § 4 FrG. Ziff. 9. 83. d. h. ausländische Studierende (s. Anm. 71). Wegen der inländischen (richterlich nicht verurteilten) Zöglinge einer Unter­ richtsanstalt vgl. Anm. 91. 84. Fristenlauf: §§ 187, 188 BGB. 85. s. Anm. 80. 86. d. i. die Gemeinde, in welcher der Ausländer in der Unter­ richtsanstalt oder in der Lehre sich befand. Nimmt die Familie später ihren Wohnsitz in der Ausweisungsgemeinde, so ist das Aufenthalts­ verbot aufzuheben (ebenso Riedel-Pröbst S. 294).

46

II. Aufenthaltsgesetz.

87. Bei Ausweisung einer unter Vormundschaft ffrehenden Person ist der Vormund zur Beschwerdeführung berechtigt (VG)H. 3, 360). Vgl. auch Anm. 7 zu Art. 10. Ziff. 10.

88. Gilt ebenfalls nur für Ausländer (f. Anm. 71); wegen der minderjährigen Inländer s. Anm. 6 bis 10 zu § 2 FrG. und nach­ stehend Anm. 91. — Minderjährigkeit: vgl. Art. 7 EGBGB. 89. in einer Gemeinde: Tie Ausweisung des Minderjäh­ rigen kann im Gegensatze zu Ziff. 9 (vgl. Anm. 86) auS jeder Gemeinde erfolgen, in der sich dieser ohne Genehmigung aufhält, sohin gegebenen­ falls auch aus der Aufenthaltsgemeinde der Eltern (Regier, AufG? S. 26).

90. Antrag des Erziehungsberechtigten ist stets Voraussetzung der Ausweisung. Der gesetzliche Vertreter wird vor der Airsweisung zu hören und ihm der Beschluß zu eröffnen sein (vgl. Fischer Nr. 6322 und VGH. 15, 79). — Wegen unehelicher Kinder vgl. Dyroff S. 277. 91. Bezüglich, der Zurückführung entlaufener Minderjähriger vgl. Hendinger in BayGemZ. 1916 Sp. 525 ff. 92. Mit Erreichung der Volljährigkeit tritt der Ausweisungsbe­ schluß ipso iure außer Wirksamkeit (ebenso Reger, AufG. S. 26). 93. Hier handelt es sich nicht um ein eigentliches Aufenthalts­ verbot, so PStG.

daß Art. 28 PStGB.

nicht anwendbar ist. Vgl.

Art. 80

94. Die Ablieferung des Geisteskranken unmittelbar an die Gerneindebehörde des Wohnsitzes ist zulässig; hievon wird Ausländern gegenüber kein Gebrauch gemacht, vielmehr erfolgt die Übergabe durch den Heimatstaat der Person (Kutzer S. 501). b) Umfang der Ausweisung. a) in persönlichier Beziehung. Art. 4 (40).

Die Ausweisung1 2erstreckt sich — vorbehaltlich ihrer zivil­ rechtlichen Folgen^ — nur auf diejenigen Personen, gegen welche ein gesetzlicher Ausweisungsgrund3 *vorliegt 5. 1. Art. 4 grenzt den Umfang der nach Art. 3 (oder auch § 39 Nr. 1 RStGB.) ausgesprochenen Ausweisung in persönlicher Beziehung ab: gegenüber Deutschen kommt er hiernach nur insoweit zur Anwendung, als die Ausweisung auf Grund der Ziff. 5 und 6 des Art. 3 (s. Anm. 1 hiezu) ge­ schehen ist; vgl. Anm. 2ca und ß ju § 4 FrG. (Einheit des Familienbandes).

2. Einschlägig sind hier vor allem §§ 10, 11, 1354, 1617 BGB. S. Näheres Anm. 3b. 3 a) Die (sich^rheitspolizeiliche) Ausweisung darf nur gegen die­ jenigen Personen ausgesprochen werden, gegen die ein Ausweisungsgründ (vgl. Art. 3) vorliegt; soweit es sich also um Ausweisung auf Grund einer Bestrafung (Art. 3 Ziff. 5 und 6) handelt, kann nur die be­ strafte Person ausgewiesen werden, nicht ihre Familie (Kutzer S. 503).

Umfang der Ausweisung. Art. 4.

47

Im Falle des Art- 3 Ziff. 1 trifft die Ausweisung regelmäßig die sämtlichen in Familiengemeinschaft lebenden Personen; im Falle des Art. 3 Ziff. 2 werden die Familienglieder, die auf den Unterhalt des FamilienhaupteS angewiesen sind, von der Ausweisung mitbetroffen werden; hinsichtlich des persönlichen Umfanges der Ausweisung nach Art. 3 Ziff. 3 s. Anm. 29 zu Art. 3. Die Ausweisung nach, Art. 3 Ziff. 4 wird auch die Familienglieder treffen, die auf den Unterhalt des Auszuweisenderu angewiesen sind. In den übrigen Fällen des Art. 3 wird ein Zweifel über den persönlichen Umfang der Ausweisung kaum auftreten. Grrundsätzlich ist jedenfalls die Trennung der Fami­ lienglieder vom Farmilienhaupte zulässig. b) Von der iöffentlichrechtlichen Ausweisung und ihrem persön­ lichen Umfang ist zm scheiden das zivilrechtliche Verhältnis (s. Anm. 2) zwischen dem Ausgewiesenen und seinen Familienangehörigen; dieses familienrechtliche Beerhältnis wird von der Ausweisung nicht berührt und hat gegebenenfoalls gegenüber dieser zurückzutreten. Ist also eine Ehefrau oder ein urnter elterlicher Gewalt stehendes Kind ausgewiesen^ so kann der Üljgnifflnn oder der Vater nicht verlangen, daß jene auf Grund der §§ 10, 11t BGB. bei ihm zu belassen sind (vgl. Regers Entsch. 19, 374); das Bestürnmungsrecht des Ehemannes bezüglich des Aufent­ haltes der Frau ist .aufgehoben, wenn es sich um die Verweigerung des Aufenthalts ails sicherheits- oder reinen polizeilichen Gründen handelt (DGHE. vonl 8. Movember 1907 bei Sörgel JahrbBerwR. I, 111). Wird andererseits eiin Ehemann oder der Inhaber der elterlichen Ge­ walt mtsgewiesen, sw bleibt an sich die Verpflichtung per Ehefrau nach § 1364 Abs. I (vgl. aber Abs. III) bestehen, ebenso wie die Kinder bür­ gerlichrechtlich verpflichtet sind, dem Inhaber der elterlichen Gewalt zp folgen.

c) Wieweit die Ausweisung von Familiengliedern unzulässig wird, wenn die Voraussetzungen des Art. 6 AufG. beim Familienhaupt ge­ geben sind, darüber Dgl. Anm. 12 und 24 zu Art. 6. d) über die Zulässigkeit der Ausweisung von Eltern, die ihre Kinder zum Bettel arusschicken, s. Anm. 50 zu Art. 3. 4. Soll sich dne Ausweisung auf mehrere Personen erstrecken, so sind diese im Beschlmsse namentlich zu bezeichnen. S. auch Arrm. 7 zu Art. 10. Wegen etwaiger Streitgenossenschaft s. Dyrosf S. 616. Anders bei der reichsrechtlichen Aufenthaltsbeschränkung nach 88 4,5FrG.; vgl. Anm. 2 e a zu K 4 FrG.

5. Art. 4 AufG. kann nidjjt geltend gemacht werden von urrselbständigen Familiengliedern, wenn die Aufenthaltsbeschränkung gemäß den reichsrechtlichen Bestimmungen der 88 4, 5 FrG. erfolgt (f~ Annl. 2c a zu 8 4 FrG. und Anm. 7 b zu 8 5 FrG.). ß) in territorialer Beziehung.Art. 5 (41).

1 Das Aufenthaltsverbot1 kann2 auch auf benachbarte3 Ge­ meindebezirke erstreckt werden, wenn ohne solche Ausdehnung eine Vereitelung des Zweckes der Ausweisung zu befürchten wäre^. »Jstin einem Bezirke das Standrecht6 verkündigt oder der Krieg zustande verhängt (Gesetz über den Kriegszustand

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n. Aufenthaltsgesetz.

Vom 5. November 1912), so kann die nach Art. 3 verfügte Ausweisung auf den ganzen Bezirk ausgedehnt werden. Dies gilt nichts wenn der Ausgewiesene in einer Gemeinde des Bezirkes das Bürgerrechtb besitzt oder wenn die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. II vorliegen?"

Abs. I. 1» gemäß Art. 3 AufG. (ober auch § 39 Nr. 1 RStGB.). — Die Zuständigkeit bemißt sich nach Art. 9 AusG. 2. kann: Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Erstreckung aus Nachbargemeinden ist dem Ermessen der aktiven Verwaltung an­ heimgestellt und daher der Zuständigkeit des BGH. entzogen (BGH. 1, 105 und 2, 722), s. auch Anm. 5.

3. benachbart: d. s. solche Gemeindebezirke, von Denen aus das Ausenthaltsverbot unschwer umgangen werden könnte, ein un­ mittelbares Angrenzen ist nicht Bedingung der Nachbarschaft (BGH. 20, 1). Die Frage, ob der betreffende Gemeindebezirk „benachbart" ist, ist eine Rechtsfrage und im Streitfälle letztinstanziell vom BGH. zu entscheiden (BGH. 2, 718); s. auch Anm. Iba zu Art. 10. 4. Die benachbarte Gemeinde, auf die das Aufenthaltsverbot er­ streckt wird, kann auch in einem anderen Bezirke als dem der aus­ weisenden Bezirkspolizeibehörde liegen; alsdann ist diese von der zu­ ständigen Behörde (s. Anm. 1) nach Ziff. 20 der MinEntschl. vom 28. De­ zember 1899 (Anhang Nr. 8) vom Ausweisungsbeschlusse, sobald er rechtskräftig ist, zu benachrichtigen. — Auf einen ganzen Bezirk er­ streckt sich die Ausweisung (abgesehen von Art. 511 AufG ) nur, wenn der Betreffende aus einer unmittelbaren Stadt ausgewiesen wird. ö. Dies zu beurteilen steht dem Ermessen der aktiven Verwaltung zu (vgl. Anm. 2). Es bedarf jedoch einer bezüglichen Feststellung im Ausweisungsbeschlusse (vgl. VGHE. vom 21. April 1915 M. 20, zi­ tiert bei Reger, AufG. S. 28), — In den Fällen der Ziff. 2 und 3 des Art. 3 wird eine Ausdehnung des Verbots auf benachbarte Be­ zirke kaum in Frage kommen.

Abs. n. 6. Standr echt: vgl. Art. 5 ff. KriegsZustG. vom 5. November 1912 in der Fassung vom 6. August 1914 (GVBl. S. 349) sowie Min.Bek. vom 13. März 1913 (GVBl. S. 97) und MinEntschl. vom 2. April 1913 (MABl. S. 280). 7. Kriegszustand: Das Gesetz vom 5. November 1912 (s. Anm. 6) ist geändert durch Gesetz vom 4. Dezember 1915 (GVBl. S. 728). 8. Wegen der Ausnahmen vgl. die Anm. 10 bis 24 zu Art. 6. 9* Wegen des Begriffs „Bürgerrecht" s. Anm. 10 zu Art. 6. 10. Wegen reichsgesetzlicher Aufenthaltsbeschränkungen auf Grund des Kriegszustandes und des Belagerungszustalides vgl. Reichs­ gesetz vom 4. Dezember 1916 (RGBl. S. 1329) und Reichskanzlerbek. vom 8. Februar 1917 (RGBl. S. 116).

Unzulässigkeit der Ausweisung.

c) UizulSsslgkeit der rusweisung.

49

Art. 6.

Aki. 6 (42).

11 Angehörige des bayerischen Staates2, welche auf Grund ihrer Anstellung3 im Dienste des Staates4, der Kirche6, der Gemeinde3, einer öffentlichen Körperschaft oder Stiftung2 oder zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht3 in einer Gemeinde sich aufzilhalten genötigt3 find oder welche in der Gemeinde das Bürgerrecht10 besitzen, können aus dieser Gemeinde nicht weggewüsen11 werden ". 11 Ferner13 darf Reichsangehörigen14 der Aufenthalt in der Gemeinde, in der sie fich nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs43 zuletzt43 länger als ein Jahr44 freiwillig43 und ununterbrochen19 aufgehalten93 haben, dann Reichsangehörigen44, die öffentliche Armenunterstützung34 empfangen, der Aufenthalt am Orte der Unterstützung12 für deren Dauer polizeilich33 nicht versagt34 werden33. 1. Art 6, dessen Fassung sich auf Art. 90 Ziff. V ArmG. (Anhang Nr. 12) gründet, gewährt auf Grund besonderer Tatbestände eine unent­ ziehbare und unverzichtbare Aufenthaltsbefugnis und zwar a) in Absatz I für Bayern, b) in Absatz II für Reichs an gehörige. Diese verwaltungsrechtlich geschützte Aufenthättsbefugnis schließt nicht nur die Verfügung l a n d e s gesetzlicher Aufenthaltsbeschränkungen auf Grund von Art. 3 Ziff. 5 und 6 AufG. aus, sondern auch die Verfügung reichsgesetzlicher sicherheitspolizeilicher örtlicher Aufenthalts­ beschränkungen, auf Grund verhängter Polizeiaufsicht, § 39 Nr. 1 RStGB. (vgl. BayGemZ. 1915 Sp. 540), s. auch Anm. 13. Wegen des Verhält­ nisses des Art. 6 zu §§ 4, 5 FrG. (armenpolizeiliche Wegweisung) und zu § 3 Abs. II FrG. (Landesverweisung) vgl. Anm. 23 und 25. Abs. I.

2. Dieser Absatz gilt nur für Bayern (s. Anm. 1), vgl. §§ 3ff. RStAngG. 3 Die Anstellung muß nicht unwiderruflich sein (VGH. 2, 423), immerhin muß es sich, um ein öffentlichrechtliches Dienstverhältnis von einer gewisser Dauer handeln. Es fallen sohin nicht lrur sämtliche etatsmäßigen und nicht etatsmäßigen Beamten (Art. 2 ff. des bayer. Boamtengesetzes vom 16. August 1908) unter diesen Artikel, sondern auch die als Beamte im Sinne des Beamtengesetzes erklärten Personen (vgl. Art. 1 Beamtengesetz). Ein nur privatrechtliches Dienstverhältnis fällt selbst dann nicht unter Art. 6, wenn es mit dem Staate bzw. der öffent­ lichen Körperschaft eingegangen ist (ebenso Reger AufG. S. 29).

4. Staat: Rechtsanwälte fallen nicht unter die Staatsangestellten im' Sinne dieser Vorschrift, dagegen sind die Notare hierher zu rechnen (vgl. Art. 8 NotG. vom 9. Juni 1899). Ziegler, Aufenthalts-und FreizügigkeitSgesetz.

Das Lehrpersonal gehört zu 2. Aufl.

4

50

n. Aufenthaltsgesetz.

ben Staatsbeamten (Art. 1 Volksschulehrergesetz vom 14. Augirst 1919); wegen der Volksschulfachlehrer s. Anm. 6. ’

Beamte und Diener des K. Hofes waren nicht Staatsangestellte im Sinne unserer Vorschrift.

5. Kirche: Hierunter waren unter der Geltung der alten Ver­ fassung nur die nach Abschnitt II Kap. 1 der II. BerfBeil. vom Sttttrte anerkannten öffentlichen Kirchengesellschaften zu verstehen (Riedel-Pröbst S. 95). Ob die Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (vgl. Art. 137 Reichsverf. und Art. 18 Abs. II und III bayer. Verf.), nunmehr unter diesen Begrif) fallen, ist sehr zweifelhaft. Vgl. hiezu Anm. 10 und den dort angeführten Aufsatz von Ziegler. H. Gemeinde: Vgl. GBG. vom 15. Juli 1916 (GBBl. S. 113) sowie BayGemZ. 1916 Sp. 394 ff. — Die Volksschulfachlehrer (Art. 144 Volksschullehrergesetz) sind im Dienste der Gemeinde angestetlt (Art. 144 Abs. III dieses Gesetzes). 7. Öffentliche Körperschaft oder Stiftung: Hierher gehören insbesondere die unter staatlicher Mitwirkung angestellte'n Be­ amten der Bezirke und Kreise, dann die Beamten der öffentlichen Stif­ tungen usw. Dagegen fallen nicht unter Abs. I die Angestellten privater Körperschaften, auch wenn ihr Dienstverhältnis dem der Staatsdiener angeglichen ist, z. B. Lehrer an Privatunterrichtsanstalteir, ehemals standesherrliche Beamte und dergl. 8» Als gesetzliche Pflichten kommen nur öffentlich rechtliche (ebenso Seydel-Graßmann S. 233, Reger AufG. S. 29) in Betracht, z. B Tätigkeit als Abgeordneter, Kreisvertreter, Bezirksvertreter, Ge­ schworener, Schöffe, Zeuge, Mitglied der Handels-, Handwerks-, Bauern­ kammer uff. 9. d. h. das Anstellungsverhältnis bzw. die Erfüllung der gesetz­ lichen Pflicht mrlß die zwingende Ursache des Aufenthalts in der Ge­ meinde sein. 19. Bürgerrecht: ©. § 11 Verf. vom 14. August 1919. Der Gemeindebürger neuer Ordnung — im Gegensatz zum Bürger nach Art. 10 ff. rrh. GemO. und Art. 9 ff. pf. GemO. — kann sich auf die Schutz­ vorschrift des Art. 6 Abs. I nicht berufen (Ziegler in BayGVZ. 1921 Sp. 145; zustimmend Dyroff in BayGVZ. 1921 Ap. 149). 11. Der in,Abs. I festgelegte Schutz gegen Ausweisung dauert nur so lange, als die gesetzlichen Voraussetzungen bestehen; ist also beispiels­ weise die zum Aufenthalt nötigende öffentliche Pflicht erfüllt, jo steht der Ausweisung nach Maßgabe des Art. 3 Ziff. 5 oder 6 bzw. § 39 Nr. 1 RStGB. nichts im Wege. 12. Die Unzulässigkeit der Ausweisung erstreckt sich auf Fami­ lienglieder, die im Unterhalte des Familienhauptes stehen, lediglich dann, wenn es sich um einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt des Familienhauptes handelt; hält sich der Auszuweisende dagegen nur a u g e n b l i ck l i ch in der Gemeinde auf, so ist kein Grund ersichtlich, die Ausnahme des Art. 6 Abs. I auch auf die Familienangefhörigerr auszudehnen (ebenso Riedel-Pröbst S. 297, Seydel-GraßMann S. 233, Kutzer S. 514); bestehen gegen die Angehörigen selbständige Ausweisungsgründe, so kommt ihnen die Ausnahmevorschrift

Unzulässigkeit der Ausweisung.

Art. 6.

51

des Abs. I natürlich nur dann zugute, wenn deren Voraussetzungen irr ihren eigenen Verhältnissen gegeben sind.

Abs. II. 1L. Abs. II ist neu eingeschaltet; vgl. Anm. 1. Die Begründung (S. 732) bemerkt über den Zweck dieses Absatzes: „Dadurch soll für Deutsche ein Ort geschaffen werden, aus dem sie im Falle polizeilicher Aufenthaltsbeschränkungen (insbes. FrG. § 3 Abs. I, HeimG. Art. 39 Ziffer 5 und 6) nicht ausgewiesen werden können. Diese Wirkung soll einmal eintreten hinsichtlich der Gemeinde, in der sich jemand nach Vollendung des 16. Lebensjahres zuletzt länger als ein Jahr freiwillig und ununterbrochen aufgehalten hat. Der Entwurf verbietet ferner die Ausweisung aus dem Orte, wo jemand öffentliche Unterstützung empfängt, für die Dauer dieser Unterstützung. Soweit es sich dabei um Personen handelt, denen die Unterstützung vom Ortsarmellverbande des Unterstützungswohnsitzes gewährt wird, ergibt sich die Un­ zulässigkeit der polizeilichen Ausweisung schon aus § 31 UWG., wonach der endgültig untststützungspflichtige Armenverband, von einer nur vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit abgesehen, zur Übernahme des Hilfs­ bedürftigen verpflichtet ist. Die Ausweisung aus dem Orte des Unter­ stützungswohnsitzes würde daher mit dieser reich-sgesetzlichen Vorschrift in Widerspruch treten. Im übrigen entspricht es der BMgkeit und den Zielen der öffentlichen Armenpflege, daß die von dieser angestrebte WiederherstelMtzg der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Unterstiitzten nicht durch polizecliche Ausweisungen gefährdet wird. Da das baye­ rische Sonderrecht über die Heimat- und Niederlassungsverhttltnisse nur soweit aufgegeben wird, als dies durch die Einführung des UWG. ver­ anlaßt ist, dieses Reichsgesetz sich aber mit dem sicherheitspolizeilichen Aufenthaltsrecht überhaupt nicht befaßt, so wird die getroffene Regelung wie bei denc bisherigen Rechtszustand auch gegenüber reichsrechtlichen Ausenthalsbeschräilkungen wirken". Vgl. auch Ziffer 3 letzter Satz der Min Bei. vom 5. Oktober 1915, Anhang Nr. 13.

14. Reichsangehörige = Deutsche und zwar bayerische und nichtbayerische Teutsche (f. Anm. 1 zu Art. 1); hienach genießen auch un­ mittelbare Reichsangehörige den Schutz des Art. 6 Abs. II (vgl. Anm. 1 zu § 1 FrG.). Nichtdeutsche haben keinen Rechtsanspruch auf Auf­ enthalt in Bayern (unrichtig — wohl infolge Truckversehens — Reger AufG. S. 30); vgl. Anm. Id« zu Art. 10 AufG.

15. Vollendung des 16. Lebensjahrs; vgl. § 10 UWG. und §§ 187 Abs. II, 188 Abs. II BGB. 16. zuletzt: nur der letzte Aufenthalt von einjähriger Dauer gibt den in Abs. II bezeichneten Anspruch; dabei ist zu beachten, daß die Aufenthalts gemeinde t. S. des Abs. II nicht notwendig die des UW. zu sein braucht; darauf, wann der Aufenthalt stattfand und ob er noch fortgesetzt wird, kommt es nicht an (VGH. 37, 100). Der Anjpruch geht nicht schon mit Verlust der bayerischen Staatsangehörigkeit oder mit Verlust des UW. in dem Orte des letzten Aufenthalts (§ 22 UWG.), sondern nur mit Verlust der R e i ch s angehörigkeit verloren. Einem Reichsangehörigen (nicht etwa nur einem Bayern) kann sohin auch die Rückkehr in dieser Gemeinde, selbst wenn er sie — nach Erfüllung der

52

n. Aufenthaltsgesetz.

Aufenthaltsdauer — bereits seit langem verlassen hat, nicht verwehrt werden, vorausgesetzt, daß er nicht mittlerweile in einer anderen bayerischerr Gemeinde einen den Erfordernissen des Abs. II entsprechenden Aufenthalt zurückgelegt hat (Reger AufG. S. 31). Wegen des Über­ gang s r e ch t e s s. Anm. 20.

17. a) Die gesetzliche Mindestdauer des Aufenthalts beträgt 1 Jahr und einen angefangenen Tag. Die einjährige Frist berechnet sich nicht wie nach § 11 Abs. I UWG. von dem Tage des Aufenthaltsbeginnes, also unter Einrechnung dieses Tages; vielmehr läuft nach Maßgabe des — nach allgemeinen Rechtsrogeln zur Ergänzung des öffentlichen Rechts heranzuziehenden (s. Anm. 7 zu Art. 2) — bürgerlichen Rechts (§ 188 BGB.) die Frist erst mit jenem Tage des nächsten Jahres ab, der durch seine Bezeichnung dem Tage des Aufenthaltsbeginnes entspricht. Ist jedoch der Aufenthalt vor Vollendung des 16. Lebensjahres begonnen, so bildet der 16. Geburtstag den ersten Tag der Erwerbsfrist; diese endet also gemäß §§ 187 Abs. II Satz 2, 188 Abs. II BGB. mit dem Tage vor dem 17. Geburtstage (BayGemZ. 1915 Sp. 554).

b) Wird die Frist erst im Laufe des Verwaltungsstreitverfahrens erfüllt, so kann die Aufenthaltsversagung nicht aufrecht erhalten werden (BGH. 26, 54) VGHE. vom 8. März 1916 Nr. 1271/15. Vgl. hiezu BGH. 40, 101, wonach bei der Berechnung der Dauer des einjährigen Aufenthalts auch die nach dem Erlasse des angefochtenen Allsweisungs­ beschlusses zurückgelegte Aufenthaltszeit zu berücksichtigen ist, wenll nicht oer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Art. 10 Abs. III) ver­ sagt wurde. Wegen des Ruhens der Aufenthaltsfrist vgl. §§ 12 Abs. II, 14 UWG. und Anm. 19 Abs. II, über Unterbrechung s. Anm. 19 Abs. I — Wegen Zulässigkeit der sicherheitspoliz. Ausweisung aus dem Orte des UW. s. Anm. 19. — Wegen des übergangsrechtes s. Anm. 20.

18. freiwillig: vgl. § 12 UWG., wonach bei Freiheits­ entziehung keine Unterbrechung, sondern ein Ruhen des Fristonlauses eintritt; nach § 13 UWG. kann nur eine freiwillige Entfernung vom Aufenthaltsort eine Unterbrechung des Aufenthaltes herbei­ führen, die eine Entwertung des bis dahin zurückgelegten Aufenthalts be­ wirkt (VGHE. vom 26. November 1919 in BayGemBZ. 1920 Sp. 793 = BGH. 40, 101). Nach Pöll S. 39 hat die Freiwilligkeit des Aufent­ halts zur Voraussetzung persönliche Fähigkeit zur Selbstbestimmung in bezug auf die Wahl oder Fortsetzung des Aufenthaltes und dre Willensfreiheit (s. § 24 UWG.). Die hauptsächlichsten Fälle des Mangels freier Selbstbestimmung sind folgende: a) Willensunfähigkeit infolge Geisteskrankheit, b) Geschäftsunfähigkeit infolge jugendlichen Alters, c) Freiheitsentziehung durch Untersuchungs- oder Strafhaft,

d) sonstiger Aufenthaltszwang. Als Geisteskranke werden auch h o ch g r a d i g schwachsinnige und ent­ mündigte Personen zu betrachten sein (Sörgel JahrbBerwR. I, 451). Vgl. a. Anm. 19 a Abs. DI (s. nachstehend) und VGHE. vom 13. Dezember 1920 in BayGVZ. 1921 Sp. 283.

Unzulässigkeit der Ausweisung.

Art. 6.

53

Die freie Selbstbestimmung ist nicht schon dann ausgeschlossen, wenn infolge Mttel- oder Hilflosigkeit, insbesondere schwerer Erkrankung eine Auf­ enthaltsänderung nicht erfolgt, VGH. 41, 46.

19. a) Ter Aufenthalt muß auch ein sein, um die Wirkung des Art. 6 Abs. II insbesondere nicht im Gegensatze zu einem BGHE. vom 27. Oktober 1920 Nr. 1091/20.

gesetzlich zulässiger herbeizu führen; er darf Aufenthaltsverbot stehen, S. aber oben Anm. 17 b.

ununterbrochen: vgl. § 13 UWG. Nach Pöll (S. 42) erfolgt eine Unterbrechung des Aufenthalts durch Wegzug, durch Stellung eines Übernahmeantrags nach § 14 Abs. II und § 27" Abs. II UWG., endlich durch Wiedervereinigung der infolge befugten Getrenntlebens armenrechtlich selbständig gewordenen Ehefrau mit dem Manne.

Sowohl der Begriff „ununterbrochen" als der Begriff „freiwiNig" sind nicht im Sinne des alten Heimatgesetzes (so Wäsch In BayGemZ. 1915 Sp. 555) aufzufassen, sondern im engen Anschlilß an das UWG. auszulegen (ebenso Pöll S. 574; Reger ÄufG. S. 31, s. Anm. 18 und BGH. 40, M.

b) übrigens sei hier darauf hingewiesen, daß die sicherheits­ polizeiliche Ausweisung unter Umständen auch aus dem Orte des Unterstützungswohnsitzes möglich ist (vgl. Pöll S. 16), wenn nämlich die eben erläuterten Voraussetzungen nicht gegeben sind. 20. übergaingsrecht: Falls der einjährige Aufenthalt ganz oder teilweise vor dem Inkrafttreten des AufG. — 1. Januar 1916 (vgl. Einleitung Ziff. I) — zurückgelegt ist, so kann er trotzdem das Recht des Ausenthattes im Gemeindebezirke verleihen, wenn ihm kein den Anforderungen des Art. 6 Abs. II entsprechender Aufenthalt (s. Anm. 15 ff.) in einer anderen Gemeinde mehr gefolgt ist (BGH. 37, 99; ebenso BayGemZ. 1915 Sp. 554. Teilweise abweichend Reger AufG. S. 31).

21. Öffentliche Armenunter stützung: Vgl. § 31 UWG., ferner Art. 3 ArmG. über die Abgrenzung des Begriffs s. Anm. 13 zu Art. 3. — Wegen der Familieneinheit vgl. Art. 2 Abs. III ArmG. und Anm. 2 c ß zu § 4 FrG. 22.

Vgl. Anm. 13.

23. S. Anm. 1, wo schon angedeutet ist, daß Art. 6 die armen­ polizeiliche Wegweisung nach §§ 4, 5 FrG. nicht berührt (vgl. Anm. 4 zu 8 5 FrG.). S. auch Anm. 25.

24. Für die Frage, wieweit sich die in Art. 6 Abs. II festgelegte Unzulässigkeit der Ausweisung auch auf die Familienglieder be­ zieht, gilt das in Anm. 12 Gesagte entsprechend. 25. über den Einfluß des Art. 6 Abs. II ÄufG. auf die (sicheoheitspolizeiliche) Landes Verweisung s. Anm. 9 c y zu § 3 FrG. — Wegen der Anwendbarkeit des Art. 6 AufG. bei der a r m e n p o l i z e i lichenAb - bzw. Wegweisung s. Anm'. 4 zu § 4 FrG. und Anm. 4 zu tz 5 FrG. — Wegen Wirkung des Art. 6 bei Verbindung von Ausweisung und Wegweisung s. Anm. 11 zn § 5 FrG.

64

n. Aufenthaltsgesetz.

d) Ausweisung auf Antrag oder von Amts wegen.

Art. 7 (43). 'In den Fällen des Art. 3 Ziff. 2 und 31 kann eine Aus­ weisung nur auf Antrag der Gemeindeverwaltung' erfolgen und muß3 dieselbe von der Polizeibehörde verfügt werden, wenn jener Antrag vorliegt. "In allen übrigen Fällen * kann ° das Aufenthaltsverbot auf Antrag der Gemeindeverwaltung oder von Amtswegen3 erlassen werden, jedoch nur dann", wenn besondere Verhältnisse3 die Annahme begründen, daß die öffentliche Sicherheit oder Sittlichkeit durch die Anwesenheit der betreffenden Personen in der Gemeinde gefährdet wird. «bs. I. 1. d s. die Fälle der auf Landesrecht beruhenden (nur für Aus­ länder geltenden) Wegweisung aus a r m e n polizeilichen Gründen, vgl. Anm. 15 zu Art .3. 2. d. s. die Stadträte und die Gemeinderäte. Der vorläufig für­ sorgepflichtige Ortsarmenverband des Aufenthaltsortes (§ 60 UWG.) hat selbst kein Antragsrecht, er kann indes bei der Gemeindeverwaltung die Ausübung ihres Antragsrechtes anregen (s. a. Anm. 3 zu § 7 FrG.); auch der Landarmenverband (Art. 62 ArmrG.) kann die Wegweisung bei der Gemeindeverwaltrmg anregen, jedoch bleibt diese in ihren Ent­ scheidungen frei, BlfApfl. 1917 S. 115. S. a. die MinEntschl. vom 23. Dezember 1916 (Anhang Nr. 16), wonach die Ortsarmenverbände den zuständigen Landarmenverband von der Unterstützung von Aus­ ländern beschleunigt zu benachrichtigen und ihm mitzuteilen haben, ob die Wegweisung von der Gemeindeverwaltung etwa bereits bean­ antrag t oder ein Antrag beabsichtigt ist. Bei unmittelbaren Städten bedarf es eines Antrags nicht, da der Stadtrat in seiner doppelten Eigenschaft als Vertreter der Gemeinde und als Bezirkspolizeibehörde handelt (vgl. Ziff. 21 der MinEntschl. vom 28. Dezember 1899, Anhang Nr. 8). Ein Zwang zur Antragstellung darf von der vorgesetzten Be­ zirkspolizeibehörde nicht ausgeübt werden (s. auch Anm. 2 a zu § 4 FrG. und Anm. 3 zu § 7 FrG.). — Der gegen eine bestimmte Person gerichtete Antrag kann von der Gemeinde nicht im Berschwerdeweg auf andere Personen ausgedehnt werden (VGH. 2, 71). 3. muß: Gibt eine zwingende Verwaltungsvo^schrist für die Polizeibehörden aller Instanzen. Darüber, daß auch hier oen (Gemeinden ein im Verwaltungsrechtswege verfolgbarer Anspruch auf Weg^weifung nicht zusteht, vgl. Anm. 1 b ss zu Art. 10 (VGH. 21, 27). Im Gegensatze zu Z 5 FrG., der ein Recht der Gemeinde statuiert, spricht VGH. 26, 53 hier von einer „Anregung". — An den Antrag der Ge­ meinde hinsichtlich der Dauer der Wegweisung ist die Polizeibehörde nicht gebunden (Kutzer S. 506).

Abs. II. 4 In allen übrigen Fällen: dazu gehören zweifelsfrei die Ziff. 4 bis 10 des Art. 3; ob auch die Ziff. 1, ist strittig (vgl. über

Landesverweisung.

Art. 8.

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die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung Riedel-Pröbst S. 298, der sich gegen Seydel und BlAdmPr. 18, 377 ausspricht). Mit Rücksicht auf den Wortlaut der Ziff. 19 Abs. II der MinEntschl. vom 28. Dezember 1899 (Anhang Nr. 8) wird die Ausweisung nach Art. 3 Ziff. 1 AufG. ent­ weder auf Antrag oder von Amts wegen auszusprechen, von dem Er­ fordernis der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Sittlichkeit durch den Aufenthalt des Auszuweisenden indes abzusehen sein. S. kann: Im Gegensatz zur Mußvorschrift des Abs. I d. h. in den Fällen des Abs. II ist das Ermessen der aktiven Verwaltung reicht gebunden wie bei gemeindlichen Wegweisungsanträgen nach Ziff. 2 u. 3 des Art. 3. 6» Auf Antrag oder von Amts wegen: im Gegensatz zu den (armenpolizeilichen) Ziff. 2 u. 3 des Art. 3, wo stets Antrag der Ge­ meindeverwaltung erforderlich ist. S. auch Anm. 2. Zil beachten ist, daß im Falle des Art. 3 Ziff. 10 die Ausweisung in erster Reihe vom Anträge des Erziehungsberechtigten ab hängt (vgl. Anm. 90 zu Art. 3). Der Antrag auf Ausweisung wird in dem Augenblicke gegen­ standslos, in dem der in Art. 6 Abs. II AufG. enthaltene Tatbestand erfüllt wird. 7. Keineswegs in allen Fällen, wo die Ausweisung gesetzlich zulässig ist, soll sie auch verfügt werden; vielmehr ist stets zu erwägen, „ob mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse des Aufenthaltsortes und auf die besonderen Beziehungen der Person zu diesem Aufenthaltsorte eine Ausweisung als geboten erscheint" (so der Ausschußreferent der AbgeordnetenkammM, vgl. Riedel-Pröbst S. 299); vgl. auch Ziff. 19 der MinEntschl. vöin 28. Dezember 1899, Anhang Nr. 8 und Anm. 8. 8. Besondere Verhältnisse müssen die Annahme begründen, daß dve öffentliche Sicherheit oder Sittlichkeit durch die Anwesenheit der betreffenden Personen gerade in der Aufenthaltsgemeinde gefährdet wird (MinEntschl. vom 27. Januar 1908, Anhang Nr. 10). Dte gleiche Erwägung muß auch maßgebend sein für die Dauer des Aufenthalts­ verbotes, ferner dafür, ob die Ausweisung wiederholt zu verhängen ist usw. Immer aber handelt es sich um Ermessensfragen der aktiven Verwaltung, die der letztinstanziellen Würdigung durch den BGH. ent­ rückt sind (BGH. 2, 374; 3, 360). S. auch Anw. Iba zu Art. 10.

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