Clinical Reasoning in der Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie: Fallbeispiel Aufmerksamkeit [1. Aufl.] 9783658311230, 9783658311247

Anhand eines Fallbeispiels soll in diesem Buch aufgezeigt werden, wann und in welcher Reihenfolge verschiedene Modelle i

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German Pages VII, 45 [46] Year 2020

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Front Matter ....Pages I-VII
Einleitung (Andreas Leschnik)....Pages 1-1
Clinical Reasoning bei Kindern unter Einbezug von Modellen anhand eines Fallbeispiels (Andreas Leschnik)....Pages 3-23
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Clinical Reasoning in der Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie: Fallbeispiel Aufmerksamkeit [1. Aufl.]
 9783658311230, 9783658311247

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Andreas Leschnik

Clinical Reasoning in der Pädiatrie, Kinderund Jugendpsychiatrie Fallbeispiel Aufmerksamkeit

essentials

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Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13088

Andreas Leschnik

Clinical Reasoning in der Pädiatrie, Kinderund Jugendpsychiatrie Fallbeispiel Aufmerksamkeit

Andreas Leschnik Großrosseln, Deutschland

ISSN 2197-6708 ISSN 2197-6716  (electronic) essentials ISBN 978-3-658-31123-0 ISBN 978-3-658-31124-7  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31124-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Eva-Maria Kania Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Was Sie in diesem essential finden können

• Ein Fallbeispiel zum Thema Aufmerksamkeitsstörungen im Kindes- und Jugendalter • Der praktische Einsatz von Modellen und Formularen zum Erstellen einer therapeutischen Diagnose anhand des Fallbeispiels • Kritische Beobachtungshinweise beim Erstellen einer therapeutischen Diagnose

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Clinical Reasoning bei Kindern unter Einbezug von Modellen anhand eines Fallbeispiels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Formular 1: Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritte 1-6. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Formular 2: Adaptierter COPM-Bogen für die Fachbereiche Pädiatrie, sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Formular 3: Fragebogen Aufmerksamkeit, Überaktivität und Impulsivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

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Einleitung

In Deutschland haben wir zwei Klassifikationsmodelle, um Kinder und Jugendliche mit Problemen und Resourcen ganzheitlich zu erfassen. Zum einen die ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases an Related Health Problems 10. Revision) und zum anderen die ICF-CY (International Classification of Functioning, Disability and Health. Children and Youth Version). Zur ICD-10 wird häufig das Multiaxiale Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters benutzt. In der Vergangenheit hat sich aber gezeigt, dass die ICD-10 und die ICF-CY nicht in Kombination miteinander benutzt werden. Somit entsteht automatisch eine nicht vollständige Diagnostik. Beide Klassifikationsmodelle wurden aber so entwickelt, dass sie aufeinander abgestimmt sind und sich somit ergänzen. Zudem fehlt oftmals ein roter Leitfaden in einer Diagnostik, wann und wo welche Modelle in der richtigen Reihenfolge eingesetzt werden. Anhand eines Fallbeispiels soll in diesem Buch aufgezeigt werden, wann und in welcher Reihenfolge verschiedene Modelle im Prozess der therapeutischen Diagnosestellung eingesetzt werden können.

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Leschnik, Clinical Reasoning in der Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31124-7_1

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Clinical Reasoning bei Kindern unter Einbezug von Modellen anhand eines Fallbeispiels

Eine Theorie ist immer gut, wenn sie auch praktikabel anwendbar ist. Aufgrund dessen soll nun die Theorie aus dem Buch „Grundlagen und Modelle“ in einem Fallbeispiel anschaulich dargelegt werden. Dafür wurde das Störungsbild: „Aufmerksamkeitsstörung bei Kindern“ gewählt. Welches in seinen Grundlagen schon gut erforscht wurde. Das Fallbeispiel soll verdeutlichen, wann und wo, welche Modelle in der richtigen Reihenfolge eingesetzt werden. Fallbeispiel „…Frau S., die Mutter des achtjährigen Ben, wird von der Lehrerin in die Schule gebeten, weil sie dringend ein Gespräch über Ben führen möchte. In diesem Gespräch fallen immer wieder die Worte Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung. Zudem wird Frau S. aufgezeigt, dass Ben den Unterrichtsverlauf erheblich stört…“ Solche oder ähnliche Kritikgespräche sind alltäglich an Schulen oder Kindergärten. Pädagogen mit ihrem fachlichen Blick für kindliche Fähigkeiten machen sich in der Regel viel Mühe mit der Beobachtung der Kinder. Dies bringt beiden Parteien oft neue Erkenntnisse. „…Nachdem Frau S. ein konstruktives Erstgespräch mit der Lehrerin hatte und ihr eröffnet wurde, dass ihr Sohn schwankende Konzentrationsleistungen zeigt, beobachtet die Mutter für 14 Tage Ben in verschiedenen Situationen zu Hause und macht sich hierzu Notizen. Nach 2 Wochen treffen sich Frau S. und die Lehrerin zu einem ausführlichen Gespräch. Hier bestätigt die Mutter die schwankenden Konzentrationsleistungen und die Situationen, in denen Ben zu Hause nur max. 5–10 min aufmerksam bleiben kann. Beide überlegen nun gemeinsam, was der nächste Schritt sein könnte. Sie kommen zu dem Schluss, dass Frau S. einen „Fachmann“ konsultierten sollte, der sich auf dieses Gebiet © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Leschnik, Clinical Reasoning in der Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31124-7_2

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spezialisiert hat. Die Mutter kontaktiert einen Therapeuten der sich auf neuropsychologische Störungen spezialisiert hat und seine Diagnostik über das Clinical Reasoning aufbaut. Dieser Clinical Reasoning Practitioner (CRP) nimmt folgende Daten auf…“: Pre-Assessment-Image • Ben S. • 8 Jahre • Auffällige Konzentration Der CRP überlegt folgende Arbeitshypothese: Nach der ICD-10 könnte es sich um eine Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (F98.80) handeln. In der ICD-10 wird die Gruppe F90-F98 den Verhaltens- und emotionalen Störungen zugeordnet. Das wäre richtig, wenn die Aufmerksamkeitsstörung aufgrund eines gestörten Verhaltens oder einer emotionalen Störung entsteht. Die klassische Aufmerksamkeitsstörung ist eine neuropsychologische Störung und aufgrund dieser Störung können sich Verhaltens- und/oder emotionale Symptome bilden. Dies sollte der CRP in seiner Arbeitshypothese berücksichtigen. Hinzu kommt noch, dass eine gestörte Aufmerksamkeit natürlich auch ganz andere Ursachen haben könnte. Eine Beziehungsstörung, eine Transmitterinbalance, eine kognitive Minderbegabung, eine Lese- Rechtschreibstörung und viele andere Entwicklungsstörungen. Diese könnten die Aufmerksamkeitsleistungen verzerren oder schwächen. Dann würde es sich hier um eine sekundäre Aufmerksamkeitsstörung handeln. Die ICD-10 hat hier keine weiteren diagnostischen Kriterien. Hier werden die Weichen gestellt wie die Diagnostik nun weiter gehen soll. Nach den Richtlinien der ICD-10 könnte hier schon die Diagnostik beendet sein. Das Multiaxiale Klassifikationsschema hat hierzu klare diagnostische Kriterien festgelegt. Allerdings hat es eine psychiatrische Sichtweise was die Klassifizierung der F98.80 anbelangt. Die ICF-CY hat dazu ergänzend, die Aufmerksamkeit unter mentale Funktionen verschlüsselt. Hier sieht man die gute Kombination der zwei Modelle. Dies wird bei den diagnostischen Leitlinien und der Differenzialdiagnostik sichtbar. Hinzu kommt, dass das multiaxiale Klassifikationsschema mit seinen sechs Achsen die neurophysiologischen und neuropsychologischen Diagnosen mit klassifiziert. Diagnostische Kriterien des Multiaxialen Klassifikationsschema für F90-F98 G1. Unaufmerksamkeit. Mindestens sechs Monate lang mindestens sechs der folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit in einem mit dem Entwicklungs-

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alter des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß (Auswahl an Indikatoren): 1. Unaufmerksam gegenüber Details oder Sorgfaltsfehler. 2. Aufmerksamkeit kann bei Aufgaben oder bei Spielen häufig nicht aufrechterhalten werden. 3. Hören scheinbar nicht was ihnen gesagt wird. 4. Können oft Erklärungen nicht folgen. 5. Können häufig Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren. 6. Vermeiden ungeliebte Arbeiten. 7. Verlieren häufig Gegenstände. 8. Werden häufig von externen Reizen abgelenkt. 9. Sind im Verlauf alltäglicher Verrichtungen oft vergesslich. G2. Überaktivität. Mindestens sechs Monate lang mindestens drei der folgenden Symptome von Überaktivität in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß (Auswahl der Indikatoren): 10. Herumfuchteln mit Händen und Füßen. 11. Platz im Klassenraum verlassen. 12. In unpassenden Situationen herumlaufen oder extensiv klettern. 13. Beim Spielen unnötig laut sein. 14. Trotz sozialer Einflussnahme ein anhaltendes Muster extensiver motorischer Unruhe an den Tag legen. G3. Impulsivität. Mindestens sechs Monate lang mindestens eines der folgenden Symptome von Impulsivität in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß (Auswahl an Indikatoren): 15. Häufig mit der Antwort herausplatzen. 16. Nicht warten können, bis sie an der Reihe sind. 17. Andere häufig unterbrechen und stören. 18. Reden häufig exzessiv. G4. Beginn vor dem siebten Lebensjahr. G5. Symptomausprägung. Die Kriterien sollten in mehr als einer Situation erfüllt sein (der Nachweis situationsübergreifender Symptome erfordert normalerweise Informationen von verschiedenen Bezugspersonen und Datenquellen wie Eltern, Lehrer, Schule).

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G6. Die Symptome in G1- G3 verursachen ein deutliches Leiden oder Beeinträchtigungen der sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsfähigkeit. G7. Die Störung erfüllt nicht die Kriterien für eine tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84), auch diejenigen für eine manische Störung (F30), eine depressive Störung (F32) oder eine Angststörung (F41) sind nicht erfüllt. Die diagnostischen Kriterien sind in den Punkten G1-G7 gut dargelegt. Im Pre-Assessment-Image sind die diagnostischen Kriterien G1-G3 und G5-G7 noch nicht erfassbar. Allerdings gibt es unter Punkt G4 einen Hinweis auf unsere Arbeitshypothese, hier wird wie folgt hingewiesen, dass der „Beginn der Störung vor dem siebten Lebensjahr“ anfängt. Folgende Arbeitshypothese könnte man aufstellen Warum fällt der achtjährige Ben erst jetzt auf? War er vorher unauffällig, kann es sich nach den diagnostischen Kriterien des Multiaxialen Klassifikationsschema (G4) nicht um eine F98.80 handeln! Die Kriterien der ICF-CY sollte man aufgrund der vagen Informationen und der gestellten Arbeitshypothesen noch nicht ins Auge fassen. In diesem Fall wird das klinische Denken des CRPs nicht nur in eine Richtung gelenkt. D. h. das der CRP seine Gedanken offen hält für weitere Informationen und legt sich in diesem Schritt nicht fest. Trotzdem wird er den Focus auf die F98.80 nicht aus den Augen verlieren. Allerdings könnte es sein, dass er beim zweiten Schritt des Clinical Reasoning Prozesses diese Arbeitshypothese wieder revidiert. Kein Clinical Reasoning kommt ohne Formulare aus. Zum einen gehört dies zu einem guten Qualitätsmanagement, zum anderen werden damit Prozesse standardisiert. Das heißt nicht, dass alles standardisiert werden soll, aber die diagnostischen Leitlinien werden damit objektiviert und es besteht dadurch weniger Gefahr von diesen abzuweichen. Formular 1 dient dazu, um noch einmal alle 6 Schritte des hypothetisch deduktiven Clinical Reasoning stichwortartig zu erfassen. Dies dient der eigenen Selbstkontrolle, um entstandene Fehler sofort aufzudecken. Dieses Formular begleitet uns jetzt im Clinical Reasoning Prozess und in jedem Schritt werden neue Informationen eingetragen.

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Formular 1: Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritt 1 (Siehe Abb. 2.1).

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8 Jahre ♂ Auffällige Konzentration Arbeitshypothese: Warum fällt der achtjährige Ben erst jetzt auf?

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Abb. 2.1   Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritt 1

Cue Acquisition Das Herzstück des gesamten hypothetisch-deduktiven Clinical Reasonings ist die Anamnese und das persönliche Gespräch mit dem Patienten. In diesem Fall mit Frau S. Die gewonnen Informationen prägen den gesamten diagnostischen Verlauf. Da Ben noch keine 15 Jahre alt ist und er somit das narrative Interview nicht

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ohne Unterbrechung führen könnte, übernimmt seine Mutter als Sorgeberechtigte das Erstgespräch. Frau S. wurde zu einem 45–60 minütigen Termin ohne ihren Sohn eingeladen. Der CRP sollte eine positive Beziehung zur Mutter aufbauen. Deshalb ist dieses Erstgespräch geprägt aus wahrnehmen und beobachten von Gefühlen der Mutter (Interaktives Reasoning). Sobald eine entspannte und gelöste Atmosphäre geschaffen ist, lässt der CRP Frau S. frei erzählen. Er sollte es vermeiden die Mutter mit permanenten Fragen über Funktionen und Störungen im Redefluss zu unterbrechen. Notizen gehören zu jedem Patientenkontakt dazu, verunsichert dies die Mutter hilft ein einfacher Satz wie: „Ich kann Ihre Unsicherheit verstehen, aber ich kann mir leider nicht alles merken und mir sind Ihre Informationen sehr wichtig“! Für einen CRP ist es hilfreich, wenn er die Gesprächsführung, Kommunikationstechniken und das narrative Interview beherrscht und verinnerlicht hat. Dies wird den Patientenkontakt in seiner Qualität verbessern. Zu dem Interaktiven Reasoning lässt der CRP ein Ethisches Reasoning miteinfließen. Der CRP sollte einfühlend hinterfragen wie die Mutter mit den vorgegebenen Normen und Werten umgeht, in denen sich Ben bewegt und welchen Druck das in ihr auslöst. Natürlich wird die Mutter auch die Probleme ihres Kindes schildern, diese Daten nimmt der CRP als Scientific Reasoning auf. Am Ende des Gesprächs zieht der CRP noch einmal Bilanz mit dem Konditionalen Reasoning, auch um einen Blick in die Zukunft zu werfen, was nun als nächster Schritt ansteht. Wie z. B. die nächsten Therapieeinheiten aussehen könnten. Durchaus ist es möglich, dass ein Pragmatisches Reasoning einsetzt werden kann. Kurze Interventionen können hilfreich für zu Hause oder für die Schule sein. Evtl. müssen sachliche Aspekte in den Mittelpunkt gestellt werden wie: Organisationsabläufe. Kehren wir nun zum Fallbeispiel zurück. Frau S. berichtet wie folgt beim narrativen Interview über Ben: „…Seit einem dreiviertel Jahr häufen sich die Probleme mit ihrem Sohn. Ben mache viele Fehler bei den Hausaufgaben und in der Schule. Sie habe schon seit längerem das Gefühl, er sei nicht bei der Sache, wenn sie ihm Aufgaben gebe, habe dies aber irgendwie verdrängt. Erst nach dem Gespräch mit der Lehrerin sei Frau S. dies noch einmal bewusst geworden. Es sei so als ob Ben nicht richtig zuhörte. Oftmals müsse sie ihm die Aufgaben mehrfach erklären und auch dann habe sie das Gefühl er verstehe diese nicht. Alleine lassen bei den Hausaufgaben oder wenn er sein Zimmer aufräumen solle, könne sie ihn nicht. Sobald er etwas alleine machen solle, sähe alles noch chaotischer aus als vorher. Abgesehen davon habe Frau S. den Eindruck er vermeide sowieso an ihn herangetragene Arbeiten und versuche sich vor jeder Verantwortung zu drücken. Oftmals säße er an seinen Hausaufgaben und träume in der Gegend herum. Er ließe sich lieber

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von der Fliege an der Wand ablenken, als seine Aufgaben zu erledigen. Erinnere man ihn dann daran, scheine er dies in kürzester Zeit wieder zu vergessen. Mit seiner Schultasche sähe das ähnlich aus. Häufig vergesse er sie zu packen oder nehme nicht alle Bücher mit die er für den Unterricht brauche. Mittlerweile will er alle Bücher und Hefte mitnehmen. Oft sei es so, dass er auch in der Schule oder wenn er bei Freunden sei, seine Sachen liegen ließe. Wie oft Ben schon seinen Haustürschlüssel verloren habe, könne an einer Hand nicht mehr abgezählt werden. Er wisse dann auch nicht mehr wo er seine Dinge verloren oder liegen gelassen habe. Ähnliche Auffälligkeiten, zeigen sich auch während des Unterrichts…“ Nach dem Anamnesegespräch verhärtet sich der Verdacht, dass es sich hier um eine Aufmerksamkeitsstörung handeln könnte. Trotzdem erfragt der CRP hier die Arbeitshypothese, weshalb Ben erst jetzt zur Untersuchung käme: „…Frau Smid antwortet, das sie mit Ben als er 6 Jahre alt war für ein halbes Jahr lang in ergotherapeutischer Behandlung gewesen sei. Damals sei bei der Schuleingangsuntersuchung festgestellt worden, dass seine Konzentration nicht altersgerecht sei. Als er dann mit sieben eingeschult wurde, habe sie die Ergotherapie aufgehört, weil sie keine wirkliche Verbesserung erkennen konnte…“ Wenden wir uns jetzt wieder den diagnostischen Kriterien des Multiaxialen Klassifikationsschema zu. Von folgenden Symptomen berichtet die Mutter: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Probleme seit einem dreiviertel Jahr. Die Konzentration hält nur für 5–10 min. Häufig Fehler bei den Hausaufgaben und in der Schule. Er sei nicht bei der Sache, wenn sie ihm Aufgaben stelle. Als ob er nicht richtig zuhören würde. Oftmals müsse sie ihm die Aufgaben mehrmals erklären und auch dann habe sie das Gefühl er verstehe diese nicht. 7. Sobald er etwas alleine machen solle, sieht alles noch chaotischer als zuvor. 8. Er vermeide an ihn herangetragene Arbeiten und versuche sich vor jeder Verantwortung zu drücken. 9. Oftmals säße er an seinen Hausaufgaben und träume in der Gegend herum. 10. Er ließe sich lieber von der Fliege an der Wand ablenken. 11. Erinnere man ihn an die Arbeit, scheine er dies in kürzester Zeit wieder zu vergessen. 12. Mit seiner Schultasche sähe das ähnlich aus: Häufig vergesse er sie zu packen oder nehme nicht alle Bücher mit die er für den Unterricht brauche. 13. Oft ließe er die Sachen in der Schule oder bei Freunden liegen. 14. Er wisse noch nicht einmal mehr wo er diese Dinge liegen gelassen habe.

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Durch exmanentes Nachfragen lassen sich andere Störungen ausschließen. Der CRP hinterfragt Punkt 3: Ob Ben fächerübergreifend Fehler mache. Da Frau S. dies bestätigt, deutet dies auf eine Aufmerksamkeitsstörung und so brauchen andere Arbeitshypothesen wie eine Rechen- bzw. Lese- Rechtschreibstörung nicht weiter verfolgt werden, als wenn nur ein Fach betroffen wäre. Punkt 5 könnte ein Hinweis auf das Hören sein oder die auditive Wahrnehmung. Die Mutter äußert hierzu, dass es keine Auffälligkeiten in diesen Bereichen gibt. Punkt 6 könnte ein Hinweis auf Gedächtnisfunktionen oder evtl. eine Intelligenzminderung sein. Diese Arbeitshypothese sollte aber nicht sofort geäußert werde. Das ist ein sehr heikles Thema und Bedarf sehr viel Fingerspitzengefühl. Da bei Ben allerdings die Rechen-, Lese und Rechtschreibleistungen in Ordnung sind, kann man die Arbeitshypothese der Intelligenzminderung erst einmal verwerfen. Die diagnostischen Kriterien unter G1 sind erfüllt. Das Ausmaß der Störung ist situationsübergreifend, hält mittlerweile schon mindestens ein dreiviertel Jahr an und es sind mehr als 6 Symptome. G2 und G3 weisen keine Symptome auf. G4 wurde aufgrund der Arbeitshypothese nochmals hinterfragt und wurde bestätigt. G5 und G6 sind erfüllt. Der Verdacht einer Aufmerksamkeitsstörung ist laut Aussage der Mutter bestätigt, es wäre nun ratsam wie folgt vorzugehen. Befragung Zur Befragung der Punkte G1, G5 und G6 sollten Fragebögen eingesetzt werden. Die Symptome die die Eltern schildern sind natürlich nicht immer so klar wie in unserem Fallbeispiel. Deshalb ist es wichtig, die objektiven diagnostischen Kriterien als Fragebogen an die Eltern herauszugeben. Sehr gut ist, wenn beide Elternteile unabhängig voneinander jeder einen Bogen erhält. Zudem muss immer auch noch eine andere Institution diese Symptome bestätigen. In unserem Fall die Schule. D. h. die Lehrerin erhält auch einen Bogen (siehe Anhang: Formular 3). Wenn man die Anamnese mit einem Fragebogen kombinieren möchte ist der Explorations- und Zielsetzungsbogen für Kinder (Anhang: Formular 2) angelehnt an das COPM-Model (Canadian Occupational Performance Measure) sehr hilfreich. Dieser Bogen erfasst ein narratives Interview und deckt die s.g. Lebensbereiche ab. Er hinterfragt in einfacher Form die Klassifikation der ICF-CY in den Bereichen der Aktivitäten, Partizipationen und der Umweltfaktoren. Mit diesem Bogen können störungsauffällige (Barrieren) oder störungsunauffällige (Förderfaktoren) Bereiche erfasst werden. Die Eltern müssen hier angeben, wie stark ein Lebensbereich betroffen ist oder wie gut er funktioniert. 1 wäre ein störungsfreier Lebensbereich und 10 ein störungsauffälliger Lebensbereich. Am Ende des Bogens müssen die Eltern Ziele definieren. Hier geht es um die Überprüfung, ob die Eltern eine realistische Vorstellung haben, wie diese Ziele

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umgesetzt werden können und wie wichtig es ihnen ist in einem Ranking von 1 (nicht wichtig) bis 10 (sehr wichtig). Frau S. hat geäußert, dass sich ihr Junge nur 5–10 min konzentrieren kann, dann wäre es unrealistisch, dass sie folgende Zielsetzung hätte: „Ihr Kind soll sich eine komplette Schulstunde konzentrieren können!“ Primär gilt hier erst einmal wieder die fachliche Überprüfung. Ein achtjähriger Junge sollte sich max. 20 min auf eine nicht lustbetonte Aufgabe konzentrieren. Ein Kind welches an einer Störung der Daueraufmerksamkeit leidet, hat eine noch kürzere Spanne der Daueraufmerksamkeit. Dies muss der Mutter deutlich gemacht werden. Ein realistisches Ziel, wäre hier z. B. die 10 min zu festigen, eine Pause von 5 min einzulegen und dann wieder 10 min sich mit nicht lustbetonten Aufgaben zu beschäftigen. Dies evtl. über eine Zeitspanne von 14 Tagen zu beobachten, um dann die Aufmerksamkeit auf 15 min zu erhöhen. Das muss von Fall zu Fall angepasst werden. Es kann sein, dass man die Konzentrationsphase kürzer oder die Pausen länger angesetzt werden müssen. Letztendlich kann das über ein standardisiertes Testverfahren festgestellt werden. Dazu kommen wir aber noch im Schritt 4 des Clinical-Reasoning-Prozesses der Cue Interpretation. Nun können wir die Symptome auf unserem Formular 1 hinzufügen. Wichtig ist hier auf diesem Bogen, dass wir nicht die Symptome der Mutter aus dem narrativen Interview eintragen sondern, die des Multiaxialen Klassifikationsschema aus den Fragebögen der Eltern und Institutionen. Damit wir einen objektive Aussage haben.

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Formular 1: Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritt 2 (Siehe Abb. 2.2).

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8 Jahre ♂ Auffällige Konzentration Arbeitshypothese: Warum fällt der achtjährige Ben erst jetzt auf?

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G1 1. Unaufmerksam gegenüber Details oder Sorgfaltsfehler. 2. Aufmerksamkeit kann bei Aufgaben oder bei Spielen häufig nicht aufrechterhalten werden. 3. Hören scheinbar nicht was ihnen gesagt wird. 4. Können oft Erklärungen nicht folgen. 5. Können häufig Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren. 6. Vermeiden ungeliebte Arbeiten. 7. Verlieren häufig Gegenstände. 8. Werden häufig von externen Reizen abgelenkt. 9. Sind im Verlauf alltäglicher Verrichtungen oft vergesslich. G2/G3: keine Symptome G4: Beginn mit dem sechsten Lebensjahr G5 : Zu Hau se und in der Schule G6: Beeinträchtigung sozial und schulisch

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Abb. 2.2   Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritt 2

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Beobachtung Der zweite Kontakt ist so aufgebaut, dass der CRP nun Ben in seiner Praxis sieht. Es wird dem Kind überlassen ob es möchte, dass die Eltern mit dabei sind oder nicht. In erster Linie hat der CRP wieder nur eine angenehme Atmosphäre aufzubauen. Die Beobachtung des Kindes in seinem sozialen Umfeld, ist ein weiteres unerlässliches Kriterium in der Diagnostik. Dies gewährleistet ein objektives Betrachtungsfeld und lässt Interpretationen subjektiver Wahrnehmung wenig Raum. Die Wahrnehmungen der Eltern aber auch Pädagogen können aufgrund eines erhöhten Stressfaktors getrübt sein. Es kann sein, dass es den Eltern oder Pädagogen unangenehm ist, wenn sie beobachtet werden oder sich sogar beurteilt fühlen. Wenn man den Eltern und den Pädagogen klar macht, dass es in erster Linie um das Kind geht und nicht um deren Fehler, dann wird der Besuch entspannter. Man sollte nicht vergessen das Kind fühlt sich mit der Situation auch nicht wohl, es kann dies nur noch nicht in geeigneter Form zeigen. Die Beobachtung im Elternhaus und in Institutionen versucht den eingeengten Blickwinkel reduziert auf Symptome zu erweitern. Nämlich die Kinder in ihrer vollkommenden Schönheit und Einzigartigkeit zu betrachten. Die Beobachtung unterteilt sich in zwei Elemente. Die eine ist die objektive Beobachtung, wie sich das Kind in seiner Umgebung verhält, also welche Barrieren und welche Förderfaktoren sich zeigen. Zum anderen liegt die Beobachtung auf den Personen, die mit dem Kind in interagieren. Wie laufen diese Interaktionen ab? Wer einen natürlichen und gesunden Bezug zu sich und Kindern hat, wird schnell merken, dass man ein auffälliges Kind mit herkömmlichen Reaktionen nicht vollständig erreichen kann. Damit stößt der „Laie“ schnell an seine Grenzen. Diese permanenten Grenzüberschreitungen, können ein Gefühl der Ohnmacht in der jeweiligen Bezugsperson auslösen. Um die Situation unter Kontrolle zu bekommen, lassen sich verschiedene bisweilen auch destruktive Verhaltensweisen beobachten. Den meisten Menschen ist leider nicht bewusst, dass das Verhalten des Kindes ein Kompensationsversuch darstellt, um sich auszuregulieren. Ein Kind welches an einer Störung leidet, egal welcher Art sie ist, wird immer bestrebt sein, das Beste zu geben. Stößt es zu oft an seine Grenzen und wird überfordert, hat es nur die Möglichkeit mit auffälligem Verhalten zu reagieren, um zu signalisieren, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Diese Überforderung wird von den meisten Bezugspersonen nicht bewusst wahrgenommen, hat aber dennoch eine starke Wirkung. Das permanent gestresste Kind reagiert mit überdrehten Verhaltensauffälligkeiten und stresst damit die Bezugspersonen. Diese reagieren wiederum ebenfalls gestresst und setzen dem Kind mit Sanktionen, Belehrungen oder sonstiges unter Druck. Der Stress erhöht sich weiter und ein Teufelskreis entsteht. Der Weg aus dieser Spirale ist die Analyse der Verhaltensweisen, um an den entsprechenden Punkten

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z. T. lange eingeschliffenen Muster zu durchbrechen. Wenn ein Kind gestresst ist und wütend reagiert, reagieren die meisten Bezugspersonen auch mit Wut. Aber die Frage die dahinter stecken könnte ist, welches Primärgefühl läuft gerade ab, was macht dem Kind z. B. Angst. Oft ist es hilfreich die Verhaltensauffälligkeit ins Gegenteil zu wenden. Bei einem angespannten Kind wäre hier die Frage, wie viel Entspannung es erlebt. Bei einem Kind was immer schlecht dargestellt wird, stellt sich die Frage wie viel Gutes hat das Kind. Früher hat man von Ressourcen gesprochen, heute spricht man von Förderfaktoren. Dies ist ein wichtiger Bestandteil in der Beobachtung im Elternhaus und der Instituten. Manchmal ergibt sich die Möglichkeit sofort zu intervenieren, natürlich nur mit vorheriger Absprache. Es muss jedem CRP klar sein, wenn die Eltern oder die Institution es nicht wünschen, dass das Kind und sie beobachtet werden, sollte der ­Clinical-Reasoning-Prozess hier sein Ende finden. Die Beobachtung des CRP in der Praxis reicht nicht aus, um eine adäquate Diagnose stellen zu können und man entfernt sich von den diagnostischen Kriterien. Erst nachdem der CRP, dass Kind in der freien „Wildbahn“ beobachtet hat schafft er eine ähnliche Situation in seinen Praxisräumen. Nehmen wir z. B. Punkt 8 der auffälligen Symptome: „…werden häufig von externen Reizen abgelenkt…!“ Es entspricht nicht der alltäglichen Realität, dass der CRP dem Kind in einer Einzelsituation gegenüber sitzt und er ihm seine volle Aufmerksamkeit widmet. In dieser Situation ist fast jedes Kind unauffällig. Hier muss der CRP eine ähnliche Situation schaffen wie im Alltag. Sollte sich zeigen dass ein Kind in einer Einzelsituation mit dem CRP vor die gleichen Probleme gestellt wie z. B. bei den Hausaufgaben unauffällig ist, zeigt das vor allem, dass das Kind aufmerksam sein kann. Das wäre ein Hinweis auf ein Problem in der Interaktion mit der Bezugsperson, aber wäre dann keine primäre Aufmerksamkeitsstörung, sondern eher eine Beziehungsstörung. Diese Sichtweisen sollte jeder CRP bei der Beobachtung von Kindern immer im Hinterkopf behalten, da allzu oft die s.g. „Störung“ des Kindes eigentlich ein Symptom für ein nicht intaktes Beziehungssystem sein könnte. Wie baut nun der CRP eine reale Alltagssituation in der Praxis auf? Er schafft ein fast identisches Umfeld wie es bei dem Kind üblicherweise vorkommt? Ist das überhaupt möglich? Nein, ist es nicht. Man kann nicht Vater oder Mutter ersetzen oder spielen. Es ist auch nicht möglich eine Situation mit 10–30 Kindern aufzubauen, wie in der Schule. Fast alle Kinder zeigen sich anderen Erwachsenen gegenüber von ihrer besten Seite. Sie wollen zeigen, was in ihnen steckt. Außer die negativen Aufmerksamkeitsmuster, sind schon so verinnerlicht, dass das Kind diese in jeder Situation automatisiert abruft. Dafür braucht es aber ein paar Jahre an hartnäckigen Fehlinterpretationen des Umfelds und tritt häufig erst in der Pubertät

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auf. Die kritische Frage wäre dann hier, warum sollte man dann noch das Kind in der Praxis beobachten? Zum einen um zu beobachten welche Beziehung das Kind zum CRP und zu anderen Mitmenschen aufbauen kann und wie diese Beziehungen aussehen. Zum anderen um den Umgang des Kindes mit Schwächen jeglicher Art zu analysieren. Sprich, welche positiven Verhaltensweisen hat es erlernt um ein Defizit zu kompensieren, sei es auf der teilleistungs-, kognitiven- oder motorischen Ebene. Außerdem welche Förderfaktoren hat es für sich entwickelt und wie weit sind diese ausgeprägt bzw. wo braucht es noch Unterstützung? Es muss klar sein, dass eine Funktionsstörung nie ganz beseitigt werden kann. Aus einem aufmerksamkeitsgestörten Kind, kann eine Menge an Potenzial gefördert werden, aber es wird immer diese Schwachstelle haben, in bestimmten Situationen unaufmerksam zu sein und das ein Leben lang! Deshalb sind Kompensationen und der Blick auf andere Ressourcen des Kindes wichtig, damit diese nicht verloren gehen, wenn die destruktiven Symptome zu stark in den Focus geraten. Man kann die Möglichkeit in Betracht ziehen, mehrere Kinder in der Praxis zusammenzustellen und dann das eine Kind, welches evtl. Auffälligkeiten in Gruppensituationen zeigt beobachten. Doch wo nimmt man all die Kinder her? Der Punkt hier ist, wir schaffen wieder eine neue künstliche Situation, durch neue Kinder, neue Räume, neues Material, neue Bezugspersonen etc.. Entweder das Kind fällt völlig aus der Rolle und zeigt sich extrem auffällig oder es ist so verschüchtert und angepasst, dass es nichts zeigt. Es unterliegt dann wieder der eigenen Subjektivität des CRP wie er dieses Verhalten interpretiert. Die Gefahr bei Interpretation ist, dass sie zu viel Raum lassen. Deshalb ist davon abzuraten, Kinder in künstliche Situationen zu stecken um Symptome zu provozieren. Das non plus Ultra bleiben die Beobachtungen im Elternhaus und in den Institutionen. Wenn es irgendwie möglich ist, sollte man von dem künstlichen Beobachten in der Praxis Abstand nehmen und darauf verzichten. Daher ist die Aufgabe des CRP sich in der Praxis nur auf eine zwischenmenschliche Ebene mit dem Kind zu begeben und es solange in einer Einzelsituation bei sich zu haben bis es vertrauten gefasst hat und eine positive Beziehung entstanden ist. Erst dann sollte man zum nächsten Schritt übergehen. Untersuchungen Nachdem eine gute Beziehung zu den Eltern und dem Kind geschaffen wurde, ist man dazu verpflichtet die Eltern darauf vorzubereiten, dass es für jede Krankheit s.g. bio-medizinische Standarduntersuchungen gibt. Es ist sehr wichtig die Eltern umfassend zu informieren, damit sie wissen was auf sie zukommt. Es kann bei manchen Krankheiten durchaus vorkommen, dass mehrere ärztliche Untersuchungen gemacht werden. Wenn wir dieses Fallbeispiel betrachten, gibt die

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ICD-10 keinen Anweisungen, welche Untersuchungen bei einer F98.80 durchgeführt werden sollen. Im Multiaxialen Klassifikationsschema haben wir einige vage Hinweise unter G7, dass z. B. die Aufmerksamkeitsstörung nicht von einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung (F84.-), eine manische Episode (F30.-), eine depressive Episode (F32.-) oder einer Angststörung verursacht sein dürfen. In einer Untersuchung geht es immer um zwei Dinge: Entweder den Verdacht einer Diagnose bestätigt zu bekommen oder eine andere Ursache dafür zu finden. Zum größten Teil läuft dies über s.g. Einschlusskriterien. Zeigen sich bestimmte Symptome, muss es die Krankheit sein. Das birgt abermals die Gefahr der Fehlinterpretation, denn viele Krankheiten gerade in der Psychiatrie, Neurologie und der Neuropsychologie weisen ähnliche Symptome auf. Darum gilt es bei einer Untersuchung immer im Auge zu behalten, ob es sich wie in unserem Fall um eine primäre oder sekundäre Aufmerksamkeitsstörung handeln könnte. Dabei ist es hilfreicher s.g. Ausschlusskriterien dazu zunehmen. Im ersten Schritt werden die Krankheiten oder Störungen nebeneinander gestellt, die die Ursache für Aufmerksamkeitsstörungen sein könnten. Anschließend zieht man dann seine Anamnese und Beobachtungsdaten dazu und überprüft welche Untersuchungen dazu eingeleitet werden müssen. Deshalb sollten bei jeder Untersuchung die exklusiven als auch die inklusiven Kriterien beachtet werden. Auch die I­CF-CY hat hier ein paar exklusive Funktionen für die Aufmerksamkeit aufgelistet. Allerdings zu wenige und nicht alle Komponenten der Aufmerksamkeit. Fast alle Teilleistungsstörungen im neuropsychologischen Bereich haben eine mangelhafte Aufmerksamkeit als Symptom. Wenn man sich nur auf die Einschlusskriterien focussiert, kann beispielsweise eine verdeckte Lese-Rechtschreibschwäche zu spät entdeckt werden. Deshalb werden ärztliche Untersuchungen nicht zuletzt hinsichtlich des Kindeswohl, wohl überdacht eingesetzt. Wenn der CRP eine ärztliche Untersuchung einleitet, dann sollte er wissen, welche Ein- und Ausschlusskriterien es für dieses Krankheitsbild gibt. Bei einer Aufmerksamkeitsstörung könnte der CRP alle 6 Achsen des Multiaxialen Klassifikationsschema durchlaufen lassen. Nach einem ausgiebigen Anamnesegespräch als auch mehrere Sitzungen im Elternhaus und der Institution dürfte allerdings erkenntlich werden, um welche Kernproblematik es sich handelt. Wenn dann auf ärztliche Untersuchungen zurückgegriffen wird, ist die primäre Frage, warum das Kind an Aufmerksamkeitsstörungen leidet. Die routinemäßige Untersuchung des Blutbildes könnte eine Transmitterinbalance bestätigen, bildgebende Verfahren über die Strukturen des Gehirns wären sinnvoll um zu zeigen, ob das Gehirn gesamt um 4 % kleiner als die Norm bzw. die rechte Hirnhälfte 8 % kleiner als der Durchschnitt ist. Damit wäre dann die Aufmerksamkeits-

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störung über die Untersuchung bestätigt. Es könnte aber auch sein, dass über das Blutbild eine Hypothyreose oder das bildgebende Verfahren ein Tumor im Frontalhirn festgestellt wird, womit es dann „lediglich“ eine sekundäre Aufmerksamkeitsstörung wäre. Kein CRP möchte gerne in diesem Fall die Verantwortung übernehmen auf ärztliche Untersuchungen zu verzichten. Den Eltern sollten klare Aufträge an die Hand geben werden, zu welchen Untersuchungen man sie schickt. Wenn die Diagnosekriterien allerdings unklar sind, ist es besser auf das sechs Achsen-Modell des Multiaxialen Klassifikationsschema zurückzugreifen und alle 6 Achsen diagnostisch durchlaufenzulassen. Die Kunst eines CRP besteht in dem exakten ermessen aufgrund der Daten die er in der Anamnese und der Beobachtung erhoben hat, welche Untersuchungen er einleitet. Es braucht sicherlich einige Routine die entsprechenden Untersuchungen aufgrund der Daten einzuleiten. Hypothesenproduktion Nach den Anamnesegesprächen, den Beobachtungen im Elternhaus und in der Institution und den Untersuchungen, stellt der CRP seine Hypothesen auf. Je differenzierter im Vorfeld die Anamnese, die Beobachtung und die Untersuchung durchgeführt wurden, desto wahrscheinlicher ist es, dass die hier gestellten Hypothesen sehr nahe an der therapeutischen Diagnose liegen. In unserem Fall stellen wir die F98.80 als Hypothese auf. Allerdings wissen wir nicht genau welche Komponente der Aufmerksamkeit in unserem Fall auffällig ist. Es gibt ein paar vage Hinweise in der Anamnese, dass es Bens Daueraufmerksamkeit sein könnte. Um hier die einzelnen Komponenten zu verschlüsseln, muss die ICF-CY betrachtet werden. Hier sind unter b140: Funktionen der Aufmerksamkeit, vier verschieden Komponenten verschlüsselt: b1400 Daueraufmerksamkeit. b1401 Wechsel der Aufmerksamkeit. b1402 Geteilte Aufmerksamkeit. b1493 Mit anderen geteilte Aufmerksamkeit. Die fünfte Aufmerksamkeitskomponente: Selektive Aufmerksamkeit, ist in der ICF-CY nicht explizit mitverschlüsselt. Diese kann lediglich unter der b1408 (Funktionen der Aufmerksamkeit, anders bezeichnet) klassifiziert werden. Die selektive Aufmerksamkeit ist allerdings sehr wichtig, denn sie zeigt, ob ein Kind auf irrelevante Cues reagiert oder nicht und ist ein Hauptmerkmal um eine Aufmerksamkeitsstörung zu diagnostizieren. Bei Ben gibt es keinen Hinweis auf eine mangelnde Impulskontrolle und/oder Hyperaktivität, trotzdem sollte wir Hypothesen mit aufgestellt werden, da sich alle Aufmerksamkeitskomponenten gegenseitig bedingen.

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Beispiele für Hypothesen Hypothese 1: Institution 1 zu Hause Immer wenn Ben bei den Hausaufgaben sitzt, dann kann er sich nur fünf Minuten konzentrieren. These: Ben hat eine Störung der Daueraufmerksamkeit (b1400). Antithese: Ben hat keine Störung der Daueraufmerksamkeit. Hypothese 2: Institution 2 Schule Immer Ben in der Schule bei Aufgaben sitzt, dann kann er sich nur fünf Minuten konzentrieren. These: Ben hat eine Störung der Daueraufmerksamkeit (b1400). Antithese: Ben hat keine Störung der Daueraufmerksamkeit.

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Formular 1: Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritt 3 (Siehe Abb. 2.3).

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8 Jahre ♂ Auffällige Konzentration Arbeitshypothese: Warum fällt der achtjährige Ben erst jetzt auf?

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1. Unaufmerksam gegenüber Details oder Sorgfaltsfehler. 2. Aufmerksamkeit kann bei Aufgaben oder bei Spielen häufig nicht aufrechterhalten werden. 3. Hören scheinbar nicht was ihnen gesagt wird. 4. Können oft Erklärungen nicht folgen. 5. Können häufig Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren. 6. Vermeiden ungeliebte Arbeiten. 7. Verlieren häufig Gegenstände. 8. Werden häufig von externen Reizen abgelenkt. 9. Sind im Verlauf alltäglicher Verrichtungen oft vergesslich. G2/G3: keine Symptome G4: Beginn mit dem sechsten Lebensjahr G5: Zu Hause und in der Schule G6: Beeinträchtigung sozial und schulisch Konkrete Hypothesen F98.80 b1400

Mögliche Hypothesen b1401, b1402, b1403, b1408

4

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6

Abb. 2.3   Hypothetisch-deduktives Clinical Reasoning Schritt 3

Vage Hypothesen F90.0 b1470

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Cue Interpretation In diesem Schritt greift der CRP auf standardisierte Testverfahren zurück. In dem Fallbeispiel müssen bei Ben die Aufmerksamkeitskomponenten überprüft werden. Die Aufmerksamkeit ist eine kognitive Stützfunktion, deshalb sollte nicht auf Papier- und Bleistiftteste zurückgegriffen werden, da die Motorik das Testergebnis verfälschen könnte! Hierzu bedient sich der CRP s.g. computerunterstützter Testverfahren. Grundsätzlich sollten Testverfahren nicht älter als 10 Jahre alt sein und auf entsprechende wesentliche Veränderungen geachtet werden, wie z. b. bei einer neuen Lese-/Rechtschreibreform. Hier müssen dann standardisierte Testverfahren angepasst und neu normiert werden. Auf keinen Fall, sollten Testverfahren gewählt werden, die einen zu alten Wissenstand in ihrer theoretischen Grundlage haben. Die Frage stellt sich weshalb auf standardisierte Testverfahren zurückgegriffen wird. Normalerweise könnte Ben in seiner Daueraufmerksamkeit ganz leicht überprüft werden, indem seine Tätigkeiten beobachtet und zeitlich festgehalten werden. Dabei werden einerseits Tätigkeiten die das Kind mag und andererseits welche die er nicht mag und die auch von Frau S. und der Lehrerin als problematisch bezeichnet wurde festgehalten. Zeigt sich bei allen Tätigkeiten die Tendenz, dass Ben nach max. 10 min die Daueraufmerksamkeit verliert, besteht eine eindeutige Aussage was die Daueraufmerksamkeit anbelangt. Da es bis dato nach den Untersuchungen keinen Hinweis darauf gab, dass es sich um eine sekundäre Aufmerksamkeitsstörung handeln könnte, wird Ben der vierte Schritt des Scientific Reasonings erspart und sofort die therapeutische Diagnose gestellt. Man kann ein Kind nicht genauer messen und erfassen, als individuell und persönlich. Daher sind an dieser Stelle ein paar kritische Gedanken zu standardisierten Testverfahren angemerkt. Warum also auf standardisierte Testverfahren zurückgreifen? Damit man das Kind mit einer Gruppe von anderen Kindern vergleicht und somit eine Aussage treffen kann, ob es in der Norm liegt oder nicht? Kinder mit künstlich erzeugten Normen und Stichproben zu vergleichen ist nicht unproblematisch, da die wenigsten Testverfahren selten einen 1a Level of Evidence mit einem RCT (randomized controlled trials), also einen s.g. Goldstandard haben. Die meisten standardisierten Testverfahren sind in ihrer Validität fraglich, da sie einem BIAS (Verzerrung) unterliegen. Verzerrungen entstehen durch die Tester als auch die Testentwickler. Wie viele „Drop Outs“, inhomogene Stichproben, soziale Erwünschtheit, Akquieszenz, Tendenz zur Mitte, Schweigeverzerrung, Reihenfolgen- und Haloeffekte wurden berücksichtigt und auch vermerkt? Um dem entgegenzuwirken können die Testverfahren mit Skalen (AMCL, PEDRO, ­Jadad-Score) einem bestimmten Rating unterzogen werden, um den RCT und den

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Level of Evidence zu überprüfen. Wenn man also ein Testverfahren anwendet, ist es hilfreich auch diese Skalen zu kennen, um zu wissen ob dieser auch das misst, was er messen soll. Entweder man hat das Glück, dass der oder die Autoren selber den Level of Evidenz ermittelt haben lassen und dieser wird im Manual angeben oder man nimmt sich seine Skalen und überprüft diese selber. Hier vertieft auf die EBM (Evidenz-based Medicine) einzugehen würden den Rahmen sprengen, deshalb ein Zitat von Anna Donald und Trisha Greenhalgh (2003, S. 23):…“Durch die systematische Formulierung relevanter Fragen und die Anwendung mathematischer Prinzipien zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten und Risiken stellt die evidenzbasierte Medizin eine Bereicherung der herkömmlichen ärztlichen Fertigkeiten im Bereich Diagnostik, Therapie, Prävention u. ä. dar…“ Anbei eine Checkliste von Trisha Greenhalgh (2003, S. 248), die diagnos­ tische oder Screeninguntersuchungen validieren. 1. Ist der Test für meine Praxis potenziell relevant? 2. Wurde der Test mit dem Goldstandard verglichen? 3. Umfasst die Validierungsstudie ein angemessenes Teilnehmerspektrum? 4. Wurde Verifikationsbias (workup bias) vermieden? 5. Wurde Beobachtungsbias vermieden? 6. War der Test auch bei verschiedenen Beobachtern und Auswertern reproduzierbar? 7. Welche Eigenschaften hat der Test laut Validierungsstudie? 8. Wurde für die Sensitivität, Spezifität und andere Testeigenschaften Konfidenzintervalle angegeben? 9. Wurde ein vernünftiger „Normalbereich“ aus den Ergebnissen abgeleitet? 10. Wurde der Test im Kontext anderer potenzieller Testverfahren oder diagnostischer Untersuchungen beurteilt? Wenn man dann nun das Testverfahren mit dem Goldstandard gefunden hat, kann man damit bestimmen wie stark eine Störung ausgeprägt ist. Die Tab. 2.1 zeigt das Ausmaß der Störung zu den Perzentilen der ICF-CY. Somit hat man einen direkten Bezugspunkt, in welchem Ausmaß das Kind betroffen ist. Hypothesen Evaluation In diesem Schritt werden noch einmal alle Hypothesen und die dazu gesammelten Daten aus Befragung, Beobachtung, Untersuchung und Testung analysiert, verglichen und ausgewertet. Die Hypothese die durch die gesammelten Daten als gesichert gilt, wird ausgewählt und führt zum Erstellen der therapeutischen Diagnose.

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Tab. 2.1   Transformierung der Beurteilungsmerkmale 0–4 der ICF-CY in T-Werte und Prozentränge (n. Leschnik 2020) Beurteilungsmerkmal

T-Werte

Prozentränge

0–4

 > 50

 > 50

1

5–25