Böse Macht Musik: Zur Ästhetik des Bösen in der Musik [1. Aufl.] 9783839413586

Heavy Metal und martialische Fangesänge - aber auch Musik als Folterinstrument: Kann Musik böse sein? Ist sie als Inbegr

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German Pages 226 Year 2014

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Böse Macht Musik: Zur Ästhetik des Bösen in der Musik [1. Aufl.]
 9783839413586

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Katharina Wisotzki, Sara R. Falke {Hg.) Böse Macht Musik

KATHARINA WrsoTZKr, SARA

R.

FALKE

Böse Macht Musik Zur Ästhetik des Bösen in der Musik

[ transcript]

(HG.)

Das dieser Publikaton zugrundeliegende Symposium wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PMnsso8 gefördert. GEFÖRDERT VOM

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:/ jdnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 transcript Verlag, Bleiefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfaltigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: The Listen-To-It Network j photocase.com Lektorat & Satz: Katharina Wisotzki Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-r358-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http:jjwww.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

INHALT

Vorwort 7 Grußwort S U SANNE BINAS-PREISENDÖRFER

9 Versuch über das Anorganische in der Musik: Der MephistoKomplex und das 19. Jahrhundert NINANOESKE

13 " ...denn sicher kommt der Tod!" Der Tod als das Böse in György ligetis le Grand Macabre WOLFGANG M ARX

33 Schritt für Schritt der Hölle entgegen - mittelalterliche Tänze im Fokus der kirchlichen Kritik S ARA F ALKE

49 Ein Instrument im Kontext des Bösen Warum Graf Zahl die Orgel spielt DANIEL F ROMME

61 Die Heimorgel ist ein Tabu - sie muss zerstört werden! KAI HOFFM ANN

79 Rock 'n' Roll Werewolves- literarische, mytho- und ikonografische Aspekte der Werwölfe in Popsongs UWE SCHWAGM EIE R

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What is Teutonic? -An Update on the German Question SEAN NYE

113 "The Blood of my Ancestors" - Nostalgia in White-Supremacist Hate Rock KIRSTEN DYCK

131 0 God, the Aftermath- Can Christian Metal Redeern the Heavy Metal Genre in America? MATTHEW STE INBRON

141 Turbo-folk as "Bad Music"- Politics of Musical Valuing SRDAN ATANASOVSKI

157 The Perception of "Evilness" in East German Music in the United States AMYM. PUETT

173 Fan-Gesänge als Ausdruck von Macht? CHRISTOPH GREGER

181 "like the wind drives dead leaves" Music in Concentration Camps SLAWOMIR W IECZOREK

191 Imagines "böser" Musik B E ATE K UT SCHKE

201 Autorinnen und Autoren

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Vorwort

"Wo man singt, da lass dich ruhig nieder" lautet es in einem Kinderlied, denn "böse Menschen" haben ja bekanntlich keine Lieder. Sind wir ehrlich zu uns selbst, so ist dieses Bild der Musik als "weiße Kunst" auch im wissenschaftlichen Diskurs weit verbreitet. Doch kann Musik nicht auch zur "Kraft, die Gutes will und Böses schafft" werden? Sind die Konzepte von "gut" und "böse" überhaupt auf Musik anwendbar? Gibt es musikalische Parameter, die dies definieren oder sind doch die Kontexte bestimmend? Das Verhältnis Böse - Macht- Musik erweist sich als ein Vielfältiges und Schwieriges. Ist die Verbindung der Macht zum Bösen und umgekehrt noch recht klar umrissen, so bringt die Musik als dritte Variable augenscheinlich einiges durcheinander: Macht Musik Böse? Musik: Böse Macht? Macht böse Musik! Dieser Band versucht anhand verschiedener Sujets das Chaos zu entwirren und Ansätze für eine Ästhetik des Bösen in der Musik zu beschreiben. Selbstverständlich lassen sich keine abschließe nden, statischen Antworten finden, aber die Analyseinstrumente werden definiert, verfeinert und diskutiert und so eine Annäherung an die Ästhetik des Bösen in der Musik ermöglicht. Die Herausgeberinnen des Bandes haben verschiedene Überlegungen zur gendergerechten Sprache in diesem Band angestellt und haben sich dennoch entschieden, durchgängig die männlichen Formen zu verwenden. Neben den sprachlichen und orthografischen Schwierigkeiten, die sich unweigerlich ergeben, scheiterte der Versuch gendergerecht zu schreiben sprachlich in den englischsprachigen Beiträgen und inhaltlich, da an vielen Stellen Frauen explizit nicht gemeint sind (der Virtuose im 19. Jh. war mit Sicherheit männlich, auch wenn der Begriff zunächst eine Funktionsbezeichnung ist). Diese Entscheidung bedeutet nicht, dass wir die in der deutschen Sprache eingeschriebenen Diskriminierungen und Einschränkungen akzeptieren, sondern nur, dass an dieser Stelle keine geeignete Lösung gefunden wurde, diesen entgegenzutreten. Die Datumsangabe der Internetquellen bezeichnet jeweils das Datum des letzten Zugriffs und nicht das Datum, an dem die Seite

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Böse Macht Musik

zuletzt geändert wurde. Literaturangaben, die nicht im jeweiligen Artikel zitiert wurden, jedoch ins Literaturverzeichnis aufgenommen wurden, sind mit "*" markiert (hier insbesondere der Artikel von Matthew Steinbron, der zahlreiche Studien zur Thematik angibt). Diese Publikation wurde durch eine Vielzahl von Menschen und Institutionen unterstützt und ermöglicht: Zuallererst gebührt unser Dank dem gesamten Organisationsteam des 22. Internationalen studentischen Symposiums des DVSM e.V., welches vom 09.-12. Oktober 2008 in Oldenburg mit dem Titel Böse.Macht.Musik stattfand. Sie ermöglichten ein breitgefächertes Programm, dessen Früchte in diesem Band zum Tragen kommen: Leif Brodersen, Jannis Wichmann, Dr. Markus Gärtner, Jan Blum, Sören Koselitz, Roberto Reale und Bianca Dettke. Großen Anteil an den Vorbereitungen des Symposiums nahmen zudem die Wissenschaftlichen Mitarbeiter des Instituts für Musik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, die das Symposium mit initiierten und zu jeder Zeit unterstützten: Lydia Grün, Till Knipper, Julia Wieneke und Jörg Siepermann. Dem derzeitigen Vorstand des DVSM e.V. sowie allen Autoren möchten wir für die reibungslose Zusammenarbeit danken sowie Mia Kukuk, Katrin Windheuser, Jannis Wichmann, Friederike Grabner und Jenifer Sindair für ihre Unterstützung bei der Herausgabe dieses Bandes. Finanziell ermöglicht wurde diese Publikation durch die Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Instituts für Musik der Universität Oldenburg (hier besond er er Dank an die derzeitige Institutsdirektorin Prof. Dr. Susanne Binas-Preisendörfer), der Fakultät III der Universität Oldenburg sowie dem Präsidium der Universität Oldenburg. Herzlichen Dank! Katharina Wisotzki und Sara Falke

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Grußwort SUSANNE BINAS-PREISENDÖRFER

Fast auf den Tag genau vor sieb en Jahren stand ich vor de n Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 16. Internationalen Studentischen Symposiums des DVSM e.V. musik-netz-werke in Berlin. Unter dem Titel Studieren und Forschen in offenen Sys te men thematisierte ich das Spannungsfeld von dynamischem Musikleben und weitestgehend hermetischer Musikwissenschaft, arbeitsmarktpolitischen Herausforderunge n der Gegenwart und kulturpolitischer Bunkermentalität sowie d en Verflüssigungen von Kunst und Wissenschaft. Es waren nicht die technologischen Voraussetzungen allein- Stichwort: Internet-, die damals das Interesse der Studierenden auf ein Thema gelenkt hatten, das in Nachfolge dieser Tagung insbesondere in musiksoziologischen Zusammenhä ngen Furore machen sollte, sondern vor allem die sozialen, kulturellen, ökonomischen, historischen und systematischen Aspekte, die es innerhalb und außerhalb musikwissenschaftlicher Diskussionen einnehmen sollte. Dieser Weitblick findet sich bisher in nahezu allen Themen der Symposien des DVSM e.V.; neben der unmittelbaren Reflektion des Faches aus studentischer Sicht waren es immer wieder Themen, die zum Zeitpunkt ihrer Behandlung Desiderate musikwissenschaftlicher Forschung darstellten, zumindest wa s den Mainstream musikwissenchaftlicher Forschung anging . Ich denke da z.B. a n Themen wie Musikgeschichte als Kulturgeschichte (1992), popmusicyesterday-today-tommorrow (1993 ), Genderstudies und Musik (1996), Musik und Spiel (2004) oder Musik und Krieg (2005). Aus den meisten Tagungen gingen Publikationen hervor, deren Beiträge mittlerweile Eingang in die Literaturlisten von universitären Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekten weitergehender Art gefunden h a b en, wie z.B. d er Tagungsband popmusic-y esterday-todaytomorrow. Die Themen der Symposien stellen jedoch nicht nur Desiderate musikwissenschaftlicher Forschung dar, sie sind gleichsam Beleg für die intellektuelle Rechtschaffenheit angehender Musikwissen-

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Böse Macht Musik

schaftleiinnen und Musikwissenschaftler, weil sie sich an gesellschaftspolitischen und aktuellen Fragen und Problemen des Musiklebens orientieren. Böse.Macht.Musik, Macht.Musik.Böse?, Macht.Böse.Musik: Je nachdem wie man es dreht und betont, zielt das Thema mitten hinein in aktuelle und historische Diskussionen, Zuweisungen, Missverständnisse, Überzeichnungen, Ängste, künstlerische Praktiken, ästhetische Paradigmen, Wertbegriffe, Tabuzonen, Aufmerksamkeitsstrategien. Das Design der Symposiumsmaterialien (Plakat, Website, Katalog) trägt deutliche Zeichen: schwarze dicke Balken, grobe, brüchige Schrift, eine düster dreinschauende Hexe, die dann aber irgendwie auch verspielt, hölzern und kess wirkt. Eben Kasperletheater, da wo Rollen präzise zugeordnet sind und gleichsam jede Figur in die Haut der anderen schlüpfen kann. Diese Hexe fährt nicht wirklich mit uns in die Hölle? Die Raster von gut und böse, weiß und schwarz, Tugendhaftigkeit und Sittenverfall, Kopf und Bauch, Geist und Körper, Kunst und Geld, links und rechts, rechts und links scheinen als diskursive Konstruktionen im Kampf um Macht und den Hinweis auf das Zerfließen dualer Ideologien heute entlarvt und dennoch haben sie weder in politischen Sanntagsreden noch im Gestaltbildungsprozess von Werbung oder Distinktionsstrategien kultureller Praktiken ihre Wirkmächtigkeit verloren. Warum das offensichtlich nicht nur in diesen aber vor allem in diesen Bereichen so ist, sollte uns zu denken geben; nicht als eine moralische Frage, sondern als eine Frage an Wertbildungsprozesse in menschlichen Gemeinschaften überhaupt. Ich habe mich bisher mit der Kategorie d es "Bösen" in d er Musik explizit nicht befasst, allerdings begegnen auch mir entsprechende Fragen auf Schritt und Tritt: in der Ästhetik von Musikvideos, in Zensurpraktiken gegenüber Musik bzw. Texten von Musik in Geschichte und Gegenwart, in Deklassierungen jugendkulturellen Verhaltens im 20. Jh., in Images von Popstars oder der Bewertung bestimmter Akteure im Musikprozess. Bilder und Texte - keineswegs nur diejenigen in populären Zusammenhängen - zelebrieren das "Böse", um uns anzulocken, Lesehilfen zu geben, um uns zu erschüttern, zu verunsichern, abzustoßen und Verweigerung anzuzeigen. Das Klanggeschehen selbst trägt das "Böse" nicht in sich, es gibt kein akustisches Substrat, was an sich "böse" wäre, auch wenn uns eine massive Überlagerung hoher Frequenzen weh tut oder ein phonstarker Bassklang mitten in die Magengrube schlägt. Manch einer findet es abscheulich, a ndere freut es. Die Me hrheitsgesellschaft jedoch glaubt fest daran, dass Computerspiele, Meta! und Amokläufe etwas miteinander zu tun hätten.

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Binas-Preisendörfer: Grußwort

Todesfurcht und Todessehnsucht spielen in Ritualen, den Künsten als auch den populären Genres immer wieder eine bemerkenswerte Rolle. Sie sind Gestaltungsräume und Projektionsflächen des Umgangs mit dem Bösen und ich wage zu meinen, mehr sogar als ein Eldorado des Guten, Schönen, Erbaulichen oder Liebenswerten. Die Künste standen deshalb immer auch unter besonderer Beobachtung derjenigen, die durch Künstler und ihre gezeigten Abscheulichkeiten in ihrer Herrschaft angezweifelt wurden. Kirche und staatliche Diktaturen wollten definieren, was sittlich und was im Sinne ihrer Machtsicherung als Kunst Geltung erhalten sollte, also immer auch was als richtig bzw. gut und was als falsch bzw. böse galt. Entsprechende Regulierungspraktiken stehen in engem Zusammenhang mit der medialen Verbreitung von Kunst, Schriften, Büchern, Bildern, Fotos, Filmen, Videos und Internet. Die andere Dimension des "Bösen" bildet immer wieder der in bzw. mittels Musik dominant gemachte Körper bzw. Leib. Ihm galt über Jahrhunderte hinweg die Zuweisung des Bösen und ihn galt es aus der Musik zu vertreiben. Die Etikette des Hoftanzes, das Verbot von Walzer und Rock 'n' Roll gehören in diese Traditionslinie. Verbote erzeugen Neugier und das "Böse" gehörtangesichtsdes Kampfes um unsere Aufmerksamkeit fest ins gegenwärtige Gestaltungs- und Diskursrepertoire. Damit ist vielleicht angedeutet, welch schwieriges und komplexes Thema dieses Mal zur Debatte steht. Das bisher Gesagte soll Sie jedoch nicht entmutigen, ganz im Gegenteil, nehmen Sie es bitte als Herausforderung. Ich wünsche dem Symposium Böse.Macht.Musik hervorragende Redebeiträge, angeregte Diskussionen und einen für alle Beteiligten reibungslosen organisatorischen Ablauf. Prof. Dr. Susanne Binas-Preisendörfer

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Versuch über das Anorganische in der Musik: Der Mephisto-Komplex und das 19. Jahrhundert NINANOESKE

"[D]ie Dämonisierung des Sinnlichen ist der Preis für die Mythologisierung des Geistigen." 1

Da ss Tod und Teufel viel miteinander zu scha ffen haben und einem bestimmten Assoziationskomplex zugehörig sind, ist bekannt. Wenn es also im Folgenden sowohl um die Figur des Mephisto als auch stellvertretend für das "Tote" - um das "Anorganische" in der Musik geht, so findet damit gleichsam eine Annäherung an die Schattenseite des Lebens aus zwei verschiedenen Richtungen statt. Der Schwerpunkt der Überlegungen liegt dabei auf dem Musikleben des 19. Jh. , in welchem die Instanz des Teufels in m ehrfacher Hins ich t eine wesentliche Rolle spielte. Zunächst seien einige Aspekte angeführt, die im 19. Jh. mit der Vorstellung vom Teufel eng verbunden waren und unterschwellig häufig mit-thematisiert bzw. mit-gedacht wurden, wenn dieser ins Spiel kam. Hieraus lässt sich die Skizze einer Art diskursiven Landkarte erstellen, aus der ersichtlich wird, d a ss d er Teufel ein ganzes Feld von zusammengehör igen Vorstellungen abdeckt_und d a mit eine bestimmte Funktion innerhalb der Musikkultur einnimmt. Anschließend sei das Anorganische als Kontrastbild zum Organischen knapp fokussiert: Organizität war (und ist) ein wesentliches Kriterium, dem ein Werk genügen musste , wenn es in den Kanon der großen Kunstwerke aufgenommen werden wollte. Umgekehrt bedeutete es für eine Komposition eine Art Todesurteil, we nn ihr die Eige n1

Bernd Sponheuer: Musik als Kunst und Nicht-l