Bindung durch Versprechen oder Vertrag: Untersuchung der Behandlung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht aus dogmengeschichtlicher und rechtsökonomischer Perspektive [1 ed.] 9783428553730, 9783428153732

Welche Erkenntnismöglichkeiten bietet ein interdisziplinärer Ansatz in der rechtswissenschaftlichen Forschung? Die Arbei

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Bindung durch Versprechen oder Vertrag: Untersuchung der Behandlung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht aus dogmengeschichtlicher und rechtsökonomischer Perspektive [1 ed.]
 9783428553730, 9783428153732

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Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 2

Bindung durch Versprechen oder Vertrag Untersuchung der Behandlung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht aus dogmengeschichtlicher und rechtsökonomischer Perspektive

Von

Henriette Karoline Sigmund

Duncker & Humblot · Berlin

HENRIETTE KAROLINE SIGMUND

Bindung durch Versprechen oder Vertrag

Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 2

Bindung durch Versprechen oder Vertrag Untersuchung der Behandlung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht aus dogmengeschichtlicher und rechtsökonomischer Perspektive

Von

Henriette Karoline Sigmund

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D30 Alle Rechte vorbehalten © 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 2567-5427 ISBN 978-3-428-15373-2 (Print) ISBN 978-3-428-55373-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-85373-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Dissertation angenommen und im Sommersemester 2017 verteidigt. Zu besonderem Dank bin ich meinem Doktorvater und Erstgutachter, Prof. Dr. Tobias Tröger, LL.M. (Harvard), verpflichtet, der mich in vielfältiger Weise unterstützt und dem Gelingen der Arbeit stets großes Vertrauen entgegengebracht hat. Als Doktorvater hat er mir bei der Anfertigung und inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl viel Freiraum gelassen, Türen zu vielfältigen Fortbildungen und wissenschaftlichem Austausch geöffnet und stand zugleich in den entscheidenden Momenten mit wertvollem Rat zur Seite. Hierfür sowie die Ermunterung und Ermutigung zum wissenschaftlichen Diskurs, insbesondere dazu, den Schritt in die Disziplin der Rechtsökonomie zu wagen, bin ich ihm überaus dankbar. Weiterhin danke ich dem Vorsitzenden der Prüfungskommission, Prof. Dr. Andreas Cahn, für die rasche Terminierung der Verteidigung und ganz besonders Prof. Dr. Felix Maultzsch, LL.M. (NYU), für die fundierte Auseinandersetzung im zügig erstellten Zweitgutachten und die hilfreichen inhaltlichen Anregungen. Besonderer Dank gilt überdies der Studienstiftung des deutschen Volkes, die mein Promotionsvorhaben durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums gefördert und maßgeblich dazu beigetragen hat, den tatsächlichen Rahmen für eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung zu schaffen. Von entscheidender Bedeutung für den erfolgreichen Entstehungsprozess der Arbeit ist mein persönliches Umfeld, das mich auf dem Weg begleitet und warmherzig unterstützt hat und dem ich hierfür von Herzen danke. Besonders hervorheben möchte ich Dr. Philipp Scheibenpflug, der als scharfsinniger Gesprächs- und Diskussionspartner für die Entstehung der Arbeit und die Freude an der insbesondere rechtsökonomischen Auseinandersetzung von unschätzbarem Wert war. Ein besonders herzlicher Dank gebührt ebenfalls meinen Eltern, PD Dr. Günther und Gabriele Sigmund, auf deren Rückhalt und volle Unterstützung ich mich während meiner Doktorandenzeit in jeder Hinsicht verlassen konnte. Für vielfältige Bestärkung möchte ich zudem Gerrit Tönningsen, Viviane Opitz, Susanne Fischer sowie meinen Schwestern, Dr. Jessica Euler und Dr. Friederike Ebigbo, aufrichtig Dank sagen.

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Vorwort

Dr. Miquel dels Sants Mirambell Fargas danke ich, dass er mir Mut, Frohsinn und Inspiration gebracht hat. Die Arbeit widme ich meinen Lieben. Frankfurt am Main, im Oktober 2017

Henriette Karoline Sigmund

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als geeigneter Untersuchungsgegenstand eines dreidimensionalen Erkenntnisinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 § 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht . . . . . . . . . . . . 44 A. Deutsches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als Auslobung . . . . . . . . . . . 44 B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract . . . . 95 C. Ausblick auf ein Harmonisierungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 § 3 Rechtsökonomische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 A. Methodische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 § 4 Synthese und Ausblick – Konflikt oder Vereinbarkeit? Potenzial des reflektierten methodischen Eklektizismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 A. Konflikt oder Vereinbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 C. Vorschlag einer realisierbaren Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als geeigneter Untersuchungsgegenstand eines dreidimensionalen Erkenntnisinteresses . . . 24 I. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als aussagekräftiger Sonderfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. Dreidimensionales Erkenntnisinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Harmonisierungspotenzial des deutschen und englischen Rechts hinsichtlich öffentlicher Belohnungsaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Anstöße für die Grundlagenfrage eines einseitigen Verpflichtungsgrundes

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3. Illustration eines reflektiert methodenpluralistischen Vorgehens . . . . . . . . . 35 B. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Rechtsvergleichende, (dogmen-)geschichtlich fundierte Dogmatik . . . . . . . . . 37 II. Rechtsökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 III. Divergierende Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 § 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht . . . . . . . . . . . . 44 A. Deutsches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als Auslobung . . . . . . . . . . . 44 I. Status quo im deutschen Recht: Auslobung als gesetzgeberische Entscheidung 44 1. Auslobung als einseitig Verpflichtung begründendes Versprechen . . . . . . . 45 2. Freie Widerruflichkeit, § 658 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. Kein Kenntniserfordernis, § 657 a.E. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Bewertung der dogmengeschichtlichen Schlüssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. (Dogmen-)Geschichtliche Entwicklung und Fundierung des einseitigen Konzepts der Auslobung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Erlass der §§ 657 ff. BGB als vorläufiger Endpunkt eines lodernden Theorienstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 aa) Grundlegender Theorienstreit im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . 48 (1) Vertrag – Annahme des Angebots ad incertam personam . . . . . 48 (2) Versprechen – Autarkie des einseitigen Verpflichtungsgrundes 49

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Inhaltsverzeichnis bb) Entstehungsgeschichte der §§ 657 ff. BGB – gesetzgeberische Entscheidung zugunsten des einseitigen Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (1) Argumentative Brüchigkeit der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) In der Person des Redaktors angelegte Einflussfaktoren . . . . . . 53 (3) Weitere entstehungsgeschichtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . 55 cc) Resonanz der gesetzgeberischen Entscheidung in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (1) Grundsätzliche Zustimmung bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (2) Moderne Opposition – Aufruf zu einer (modifizierten) Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (a) Schutz des Handelnden vor „aufgedrängter Belohnung“ . . . 60 (b) Schutz des Auslobenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 dd) Fazit zum entstehungsgeschichtlichen Erkenntnispotenzial . . . . . . . 64 b) Dogmengeschichtliche Fundierung oder überzeugende Vorläufer der Versprechenskonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 aa) Ursprung der Auslobung – Fehlen markanter historischer Vorbilder 66 (1) Römisch-rechtliche Herkunft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (2) Germanischer Ursprung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (3) Vorläufer in Gesetzbüchern und -entwürfen . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (4) Auslobung als (erstmalige) rechtliche und terminologische Erfassung eines tatsächlich bekannten Phänomens . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Vorboten des Konzepts einseitiger Versprechen als Verpflichtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (1) Religiös fundierte Bindung an einseitige Versprechen im kanonischen Recht als Orientierungspunkt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (2) Distanzierung vom Gedanken des einseitig bindenden Versprechens im Naturrecht am Beispiel der Versprechenslehre von Hugo Grotius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 c) Wertungshintergründe und Fazit über die dogmengeschichtliche Vorbestimmung und Fundierung des Versprechens als Verpflichtungsgrund . . 76 2. Überzeugungskraft mit Blick auf die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Widerruflichkeit der Auslobung nach § 658 Abs. 1 BGB als zwingende oder kontingente Entscheidung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 aa) Einordnung der Widerruflichkeit als Durchbrechung des Grundsatzes rechtsgeschäftlicher Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 bb) Systematische oder historische Gründe für die Widerruflichkeit . . . 82 cc) Wertungsmäßige Begründung der Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . 84 (1) Konstruktiv angelegte Vorherrschaft des Willens des Auslobenden als alleinigem Schöpfer des Verpflichtungsgrundes . . . . . . . 85

Inhaltsverzeichnis

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(2) Gewichtige berechtigte Interessen des Auslobenden an der Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (a) Konstruktionsbedingte Gefahr unbedacht eingegangener Bindung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (b) Wettbewerbsspezifische Gefahr unabsehbar langfristiger Bindung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (3) Entgegenstehende berechtigte Interessen der Bewerber . . . . . . . 90 (4) Bewertung der Widerruflichkeit als nachvollziehbare, aber nicht zwingende Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Kein Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 III. Spielraum für eine gemeinsame Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract . . . . 95 I. Status quo im englischen Recht: unilateral contract als Ergebnis richterlicher Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Systematische Einordnung und Bedeutungsgehalt des englischen contract 96 2. Definition und Charakteristika des unilateral contract . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Missverständnisse um die Begrifflichkeit des unilateral contract . . . . . . 98 b) Der unilateral contract als „promise for an act“ – Angebot und praktizierte Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Consideration als weitere Anforderung an den Vertragsschluss . . . . . . . 100 3. Behandlung der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Bewertung der dogmengeschichtlichen Schlüssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. (Dogmen-)Geschichtliche Entwicklung und Fundierung des Konzepts des unilateral contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company – Erfassung öffentlich ausgesetzter Belohnungen als Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Englisches Vertragskonzept als Hybrid aus kontinentaleuropäischem Vertragsmodell und consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Originär englischer Ursprung in der Klagbarkeit eines mit consideration bestärkten Versprechens mittels der action of assumpsit . . . . 109 (1) Herausbildung der action of assumpsit zur Schließung politischund zentralisierungsbedingt entstandener Rechtsschutzlücken 111 (a) Entstehung von Rechtsschutzlücken infolge der Fokussierung des Rechtsschutzes bei den kompetenziell begrenzten königlichen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (b) Defizite der verfügbaren Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . 114

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Inhaltsverzeichnis (c) Rückgriff auf die deliktische action of trespass und Hervorgehen der action of assumpsit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Instrumentalisierende inhaltliche Ausweitung der action of assumpsit durch die common law-Gerichte zur Rückeroberung von Streitgegenständen aus der equity-Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . 119 (3) Absenkung der Anforderungen an die action of assumpsit zur Sicherung der eigenen Zuständigkeit durch die King’s Bench im Zuge des internen Konflikts der common law-Gerichte . . . . . . . 121 (4) Einführung des consideration-Erfordernisses als eindämmendes Korrektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Kontinentaleuropäisch inspirierte Erweiterung um das Vertragskonzept von Angebot und Annahme im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . 125 (1) Theoretisches Vakuum des historisch prozessual-pragmatischen Rechtssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (2) Aufbruch zur Theoretisierung und Materialisierung des Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (a) Gesellschaftliche Hintergründe wirtschaftlicher und intellektueller Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (b) Erwachen englischer (Vertrags-)Rechtswissenschaft . . . . . . 131 (3) Einströmen kontinentaleuropäischer Impulse durch die Einbruchstelle des vormaligen theoretischen Vakuums . . . . . . . . . . 132 (a) Kontinentaleuropäische Inspiration als Faktum . . . . . . . . . . . 132 (b) Eindringen des Vertragskonzepts von Angebot und Annahme im Zuge der Strukturierung und Materialisierung des Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (c) Implikationen für die Schlüssigkeit des hybriden englischen Vertragskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Wertungshintergründe und Fazit über die dogmengeschichtliche Vorbestimmung des Vertrags als Verpflichtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Deliktisch basiertes, einseitiges Konzept des mit consideration versehenen promise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 bb) Keine wertungsmäßige Präponderanz eines willensbasierten Vertragskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Überzeugungskraft mit Blick auf die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Lösungsansätze für Unbilligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (1) Vorverlagerung der consideration auf den Leistungsbeginn . . . . 145 (2) Implizierte Widerrufssperre durch Abschluss eines zweiten Vertrags über die Unwiderruflichkeit (implied (unilateral) contract) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Inhaltsverzeichnis

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(3) Konstruktion als bilateral contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 bb) Bewertung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Bestärkung des konstruktionslogischen Kenntniserfordernisses im englischen case law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Gründe für Deviationen aus billigkeitsgetriebenen Erwägungen . . . 153 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 III. Spielraum für eine gemeinsame Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C. Ausblick auf ein Harmonisierungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 § 3 Rechtsökonomische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 A. Methodische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 I. Legitimation des Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1. Daseinsberechtigung der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . 158 2. Erkenntnisgewinn durch einen neuen Blickwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Annahmen der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Positive Annahmen – Ökonomisches Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Ressourcenknappheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Eigennutztheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 c) Rationalverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Normative Annahmen – Effizienz als normativer Maßstab (Kaldor/Hicks) 167 a) Vielfalt möglicher Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Effizienz i.S.v. Kaldor/Hicks als normatives Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Praktische und normative Implikationen des angelegten Maßstabs . . . . 170 aa) Praktisches Problem fehlender Messbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Einbettung in das Gedankengut des Utilitarismus . . . . . . . . . . . . . . . 170 III. Vorhaben einer positiven Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Einführung in die Erfassung öffentlicher Belohnungsaussetzung aus rechtsökonomischer Warte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Komplexität der Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Soziales Optimum und Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Individuelles Verhaltensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung hinsichtlich des Konstruktionsmodells und der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis unter Effizienzgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Konstruktionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Konzeptionelle Senkung von Transaktionskosten durch das einseitige Versprechen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

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Inhaltsverzeichnis b) Auslobung und unilateral contract als transaktionskostensparende Medien unabhängig von konzeptioneller Ein- oder Zweiseitigkeit und consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Widerruflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Einordnung und grundsätzliche Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 aa) Beschreibung und Verortung der Widerruflichkeit als Gegenstand der Effizienzbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) Deutung der Widerruflichkeit als Antwort auf einen möglichen Korrekturbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (1) Ausnahmsweise anerkannter Präferenzwandel . . . . . . . . . . . . . . 187 (2) Nachträgliche Veränderung der Restriktionen . . . . . . . . . . . . . . . 188 (3) Initiale Fehleinschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 cc) Verhaltensanreize für die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Bewertung der Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 aa) Förderung gesamtwohlfahrtssteigernder Austausche durch die flexibilitätsbedingt gesteigerte Attraktivität des Mediums? . . . . . . . 192 bb) Eindämmung gesamtwohlfahrtsgefährdender Einbußen durch Disziplinierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (1) Disziplinierende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (2) Bedeutsamkeit vor dem Hintergrund verhaltensökonomischer Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (3) Bewertung als simultaner Einsatz von „Gas und Bremse“ . . . . . 196 cc) Entwertung des Mediums durch Effektivitätsverlust oder markante Verteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 dd) Effizienzsichernder Ausgleich durch Einführung einer Ersatzpflicht des Widerrufenden als faktischer Effizienzvorbehalt? . . . . . . . . . . . 199 c) Abwägendes Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Kenntniserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Einordnung und grundsätzliche Wirkungsweise eines Kenntniserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Möglichkeit einer prognoseleitenden Typisierung der Bewerber? . . . . . 203 c) Komplexität durch offene Nutzenfunktion und verhaltensökonomisch anerkannte Abweichungen vom Rationalverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Offene Nutzenfunktion: Demotivation altruistischer Bewerber durch einen kenntnisunabhängigen Anspruchserwerb? . . . . . . . . . . . . . . . . 204 bb) Verhaltensökonomische Erkenntnisse: bias-bedingte Demotivation durch Kenntnisab- oder -unabhängigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 (1) Begrenztes Eigeninteresse aus Gerechtigkeitserwägungen . . . . . 207 (2) Crowding out-Phänomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 4. Fazit der rechtsökonomischen Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 III. Fazit für das Harmonisierungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Inhaltsverzeichnis

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§ 4 Synthese und Ausblick – Konflikt oder Vereinbarkeit? Potenzial des reflektierten methodischen Eklektizismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 A. Konflikt oder Vereinbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 I. Analytische Erfassung theoretischer Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 II. Verhältnis der methodischen Ansätze am Beispiel ausgewählter Schlaglichter 214 1. Ausschlusskriterium eines inkompatiblen Menschenbildes? . . . . . . . . . . . . 215 2. Stellenwert gesellschaftlicher Werte – Selbstzweck oder Instrument? . . . . 218 3. Methodenpluralistisches Bewusstsein als Voraussetzung einer produktiven Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 III. Quintessenz unterschiedlicher Denkstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 I. Konsensfähige Konzeption öffentlicher Belohnungsaussetzung . . . . . . . . . . . . 223 II. Fundierung eines einseitigen Verpflichtungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 III. Potenzial einer bei reflektiertem Umgang fruchtbaren Synthese . . . . . . . . . . . 225 C. Vorschlag einer realisierbaren Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. A.C. AcP ACQP a.E. Ala. L. Rev. Am. Econ. Rev. Am. J. Comp. L. Am. Sociol. Rev. Anglo-Am. L. Rev. Ann. Surv. Int’l & Comp. L. ArchBürgR Art. B. & Ad. B. & Ald. BB Bd. Begr. Berlin. J. Soziol. BGB BGH Bing. B.U. L. Rev. Burr. bzw. C.A. Cal. L. Rev. CESL Ch. Chan. Rep. chapt. Ch.D. CISG CJLJ C.L.J. C.L.R. Colum. L. Rev. Co. Rep. C. & P.

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Law Reports, Appeal Cases Archiv für die civilistische Praxis Acquis Principles am Ende Alabama Law Review American Economic Review American Journal of Comparative Law American Sociological Review Anglo-American Law Review Annual Survey of International and Comparative Law Archiv für bürgerliches Recht Artikel Barnewell and Adolphus’ Reports Barnewell and Alderson’s Reports Betriebsberater Band Begründer Berliner Journal für Soziologie Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Bingham’s Reports Boston University Law Review Burrow’s King’s Bench Reports beziehungsweise Court of Appeal California Law Review Common European Sales Law Chancery Law Reports Reports in Chancery chapter(s) Law Reports, Chancery Division United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods Canadian Journal of Law and Jurisprudence Cambridge Law Journal Commonwealth Law Reports Columbia Law Review Coke’s King’s Bench Reports Carrington and Payne’s Reports

Abkürzungsverzeichnis ders./dies. d. h. DJZ dogm. Jb. EBOR Edin. L. Rev. Einl. E.R. ERCL EU EuR EuZW EWCA Civ. EWHC (Comm.) f./ff. Fn. FS German L.J. GG ggf. GPR GS Harv. L. Rev. Hofstra L. Rev. Hrsg. i.Erg. i. e. S./i. w. S. i.F. i.H.v. Integration Int’l & Comp. L.Q. Int’l Rev. L. & Econ. introd. Iowa L. Rev. i.S.v./i.S.d. Jb. SozWiss. J. Consumer Pol’y J. Econ. Lit. J. Fin. J. Fin. Econ. JherJb J.L. & Econ. J.L. Econ. & Org. J. Legal Hist. J. Legal Stud.

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derselbe/dieselbe(n) das heißt Deutsche Juristen-Zeitung Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts European Business Organization Law Review Edinburgh Law Review Einleitung English Reports European Review of Contract Law Europäische Union Zeitschrift Europarecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Court of Appeal of England and Wales Decisions (Civil Division) High Court of England and Wales Decisions (Commercial Court) folgende(n)/fortfolgende(n) Fußnote(n) Festschrift German Law Journal Grundgesetz gegebenenfalls Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Gedächtnisschrift Harvard Law Review Hofstra Law Review Herausgeber im Ergebnis im engeren Sinne/im weiteren Sinne im Folgenden in Höhe von Vierteljahreszeitschrift des Instituts für Europäische Politik in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Europäische Integration International and Comparative Law Quarterly International Review of Law and Economics introduction Iowa Law Review im Sinne von/im Sinne des/der Jahrbuch für Sozialwissenschaft Journal of Consumer Policy Journal of Economic Literature Journal of Finance Journal of Financial Economics Jherings Jahrbücher Journal of Law and Economics Journal of Law, Economics, & Organization Journal of Legal History Journal of Legal Studies

18 J. Personality & Soc. Psychol. J. Pol. Econ. JR Jura JuS JZ Kap. K.B. Konst. Bl. KritVj La. L. Rev. LG L.Q.R. L.R. L.T. Mich. L. Rev. M.L.R. MMR Mot. m.w.N./m.N. Neubearb. NJW N.Z. L. Rev. o. ä. OJLS OLG PECL Phil. Iss. princ. Q.B. RabelsZ Rationality & Soc. rec. RJ Rn. RW S. S. African L.J. sect. sog. Stan. L. Rev. Suffolk U. L. Rev. SZVS Tul. L. Rev.

Abkürzungsverzeichnis Journal of Personality and Social Psychology Journal of Political Economy Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Law Reports, King’s Bench Konstanzer Blätter für Hochschulfragen Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Louisiana Law Review Landgericht Law Quarterly Review Law Reports Law Times Report Michigan Law Review Modern Law Review Multimedia und Recht Motive mit weiteren Nachweisen/mit Nachweisen Neubearbeitung Neue Juristische Wochenschrift New Zealand Law Review oder ähnliche(s) Oxford Journal of Legal Studies Oberlandesgericht Principles of European Contract Law Philosophical Issues – Social, Political, and Legal Philosophy principle(s) Law Reports, Queen’s Bench Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rationality and Society recital Rechtshistorisches Journal Randnummer(n) Rechtswissenschaft – Zeitschrift für rechtswissenschaftliche Forschung Seite(n) South African Law Journal section(s) sogenannte/(s)/(r) Stanford Law Review Suffolk University Law Review Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik Tulane Law Review

Abkürzungsverzeichnis Tz. u. a. U.C. Davis L. Rev. U. Chi. L. Rev. UKHL Unidroit Urt. USA usw. v. v. a. Va. L. Rev. Verf. vol. Vorbem. Wis. L. Rev. W.L.R. Wm. & Mary L. Rev. Württ. Arch. WuW Yale L.J. Y.B. Yel. ZAP z. B. ZEuP ZfRV ZfS ZfWiPo ZRG ZRG RA ZSR ZVglRWiss

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Teilzeichen unter anderem/n University of California Davis Law Review University of Chicago Law Review House of Lords, United Kingdom International Institute for the Unification of Private Law Urteil United States of America und so weiter von/m oder versus vor allem Virginia Law Review Verfasser volume(s) Vorbemerkung(en) Wisconsin Law Review Weekly Law Reports William and Mary Law Review Württembergisches Archiv für Recht und Rechtsverwaltung mit Einschluss der Administrativjustiz Wirtschaft und Wettbewerb Yale Law Journal Year Books Yelverton’s King’s Bench Reports Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zeitschrift für Soziologie Zeitschrift für Wirtschaftspolitik Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Romanistische Abteilung Zeitschrift für schweizerisches Recht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft

§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik „Jede Wissenschaft bedient sich bestimmter Methoden, Arten des Vorgehens, um Antworten auf die von ihr gestellten Fragen zu erlangen. Welcher Methoden bedient sich die Rechtswissenschaft?“1 Die Wirkmacht dieser Frage aus berufenem Munde besteht heute angesichts zunehmender Komplexität und Quantität geschuldeten Herausforderungen an eine moderne Rechtswissenschaft unangefochten. Schon immer wurde und wird (rechts-)wissenschaftliche Erkenntnis auf unterschiedlichen Wegen angestrebt, allerdings oftmals ohne die gegebenenfalls disziplinübergreifende oder -kombinierende Herkunft der sachlich relevanten Gedanken2 offenzulegen. So finden sich Beispiele historischer wie jüngerer Natur von Theoriegebäuden, die aus Bausteinen verschiedener Denkweisen gezimmert sind. In seiner, zu ihrer Zeit bahnbrechenden, fast beiläufig im Zuge der argumentativen Ablehnung kirchlicher Zwangsrechte entwickelten Vertragstheorie bringt Moses Mendelssohn im 18. Jahrhundert, geadelt gerade durch eine, entgegen grundsätzlich großer Anerkennung vorgebrachte Kritik der damals wie heute wirkmächtigen Größe Immanuel Kants,3 ökonomisch anmutende Gedanken der Ressourcenallokation in Verbindung mit einer religiös bestimmten Ordnung vor.4 Ebenso entwirft der heute, 1

Larenz, S. 5. Für einen Zusammenschluss relevanter Disziplinen, da etablierte Kategorien sachlich vielfach fehlleiteten: Kirchgässner, S. 1. 3 Kant, S. 100: „die mühselige und doch immer vergebliche Bestrebung der Rechtsforscher (z. B. Moses Mendelssohn […]“); hierzu Dedek, 32 OJLS (2012), 713, 714 m.N. 4 Mendelssohns Vertragstheorie kombiniert eine religiöse Weltordnung mit (ökonomischen) Auswahlentscheidungen, indem sie auf der Vorstellung aufbaut, dass ein Netz unvollkommener Rechte und korrespondierender Pflichten besteht, innerhalb dessen das Individuum die Freiheit genießt, (Zuweisungs-)Entscheidungen zu treffen und sich auf diesem Wege zu verwirklichen. Angesichts begrenzter Ressourcen können diese nicht allen Bedürftigen zuteilwerden. Das Individuum, dem eine Ressource zur Verfügung steht, kann die Entscheidung über dessen Nutzung sich selbst oder einem anderen zuweisen, wodurch in letzterem Fall dessen vormals unvollkommenes Recht zu einem vollkommenen reift. Ein solches konkretisiertes, als vollkommenes erzwingbares Recht kann der Kirche logisch nicht erwachsen, weil eine, die unvollkommene Rechtestruktur begründende, Bedürftigkeit für sie als Repräsentantin Gottes wegen dessen Allmacht notwendigerweise ausscheidet. Insoweit entwickelt Mendelssohn eine im Wechselspiel ökonomischer Prinzipien wie (optimaler) Ressourcenallokation und Beförderung des Eigenwohls bzw. religiös geprägter Selbstvervollkommnung innerhalb einer religiösen Grundausrichtung stehende Theorie, in der sich privatrechtliche Bindung in Gestalt von Verträgen aus zwei kumulativen Quellen begründet, einer „ökonomisch guten“ bzw. sinnvollen Ressourcenallokation und der über die Selbstvervollkommnung implizierten göttlichen Befürwortung. Siehe Mendelssohn, insbesondere S. 17 ff., 23 ff., 29 ff., 32 ff., 45 ff., 50 ff., u. a. 2

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

primär im englischsprachigen Raum bedeutende Vertragstheoretiker Charles Fried mit seinem promissory principle eine Willenstheorie in funktionaler Ausrichtung5, die jedoch in ihrem letzten, abschließenden Argumentationsschritt eine rechtfertigende moralische Stütze sucht.6 Der Erkenntnismehrwert eines kombinatorischen Vorgehens steht außer Frage, insoweit lebensweltliche Phänomene an der Schnittstelle verschiedener Disziplinen zwangsläufig nur fragmentarisch erfassbar sind. Allerdings könnte er durch eine differenzierte Wahrnehmung und Anwendung verschiedener Blickwinkel gesteigert werden, weil dies zum Vorschein bringt, dass oftmals unbewusst bestimmte Paradigmen als Selbstverständlichkeit zugrunde gelegt werden. Multiperspektivität schafft die Voraussetzung für eine fundierte Auseinandersetzung, indem sie Unzulänglichkeiten eindimensionaler Sichtweisen enttarnt und ein anerkanntermaßen nicht absolutes, der gegenständlichen Verzahnung Rechnung tragendes, theoretisch und methodisch differenziertes Bild zeichnet.7

„Das Recht, die Collisionsfälle zu entscheiden, selbst ist […] ein unkörperliches Gut des unabhängigen Menschen; in so weit es ein Mittel zu seiner Glückseligkeit werden kann.“ (50), „Demnach ist ein Vertrag nichts anders, als von der einen Seite die Ueberlassung, und von der andern Seite, die Annahme des Rechts, in Absicht auf gewisse, dem Versprecher entbehrliche Güter, die Collisionsfälle zu entscheiden. […] Das Entscheidungsrecht […] ist durch diese Abtretung das Gut meines Nächsten, das Seine geworden, und ich kann es ihm […] nicht wieder entziehen. De[r] [unvollkommene] Anspruch, […] [ist] in ein vollkommnes Recht übergegangen, das er sich mit Gewalt zu erzwingen befugt ist.“ (51 f.) sowie zur Ablehnung kirchlicher Zwangsrechte deutlich u. a. S. 57, 61 f.; anschaulich erläuternd Dedek, 32 OJLS (2012), 713, 717 f. 5 Fried, 1981, u. a. S. 13 ff. zur argumentativ dreistufigen Begründung des Verpflichtungsgrundes desVertrags; prägnant dargestellt z. B. bei Unberath, S. 71 ff. Zu funktionalen und deontologischen Theorien vgl. § 4 Rn. 4. 6 Dieser Rückgriff ist erheblicher Kritik ausgesetzt; Unberath, S. 75 führt ihn darauf zurück, dass Fried „seiner eigenen Begründung […] nicht genügend traut“. Kritisch auch Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 1 f.; Smith, S. 49. Weiterführend zu Frieds Theorie als „Kind ihrer Zeit“, die einen Gegenpol zur Aufbruchsstimmung setzt, das Vertragsrecht als eigenständige Kategorie aufzuheben, siehe Kronman, 91 Yale L.J. (1981), 404, 404, 406 f. sowie zur Deutung als eine in Kantischer Tradition stehende Unberath, S. 72 m.w.N. In der Tat klassifiziert der Autor selbst sein Theoriegebäude nachträglich als Reaktion insbesondere auf die Death of Contract-Bewegung: Fried, 2015, S. 1, 3 f.; ders., 45 Suffolk U. L. Rev. (2012), 961, 961 f., 977. Zur, nach dem plastisch betitelten Werk Grant Gilmores „The Death of Contract“ (1974) benannten Bewegung, vertragliche Haftung in eine allgemeine Delikts- oder Restitutionshaftung einzugliedern und das Vertragsrecht als Kategorie aufzulösen, z. B. Unberath, S. 71 f., 211 ff. m.w.N.; vgl. Lomfeld, S. 267 („Totengräber des Vertragsrechts“). Darstellend zu diesen wie entsprechenden Bestrebungen im deutschen Recht, die allerdings, u. a. als mit der deutschen Anspruchsdogmatik unvereinbar, abgelehnt werden: Weller, S. 560 ff.; Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 26 m.w.N. Kritisch darstellend Kimel, S. 86 ff.; befürwortender Downes, S. 43. 7 Vgl. prononciert die These bei Beckert, Berlin. J. Soziol. 22 (2012), 247, insbesondere 248 f., 253, 255 f., 259, 262, dass wirtschaftliche Aktivität in ein Gewebe insbesondere sittlicher (Wert-)Vorstellungen eingebettet ist, die in eine Analyse einbezogen werden müssen. Vgl. hierzu insbesondere § 4, A. II. 2.

§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

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Daher werden im Folgenden Vorgehensweise und Denkstil8 der jeweiligen methodischen Perspektive bzw. nationalen Rechtsordnung bewusst und in der Überzeugung fokussiert, dass ein solches reflektiertes Vorgehen fruchtbar und belebend ist: Wird die gedankliche Herkunft offengelegt, mögen präsentierte Argumente zwar durch getroffene Annahmen oder disziplinimmanente Defizite in ihrer Überzeugungskraft relativiert und absolut geschwächt werden. Darin liegt gleichwohl ein entscheidender Gewinn, als zwar kein schwarz-weißes, aber ein in seinen Graustufen schärferes Bild entsteht. Folglich übt die Arbeit Zurückhaltung in endgültigen, pauschalisierend Gültigkeit beanspruchendenden – allerdings besser handhabbaren – Aussagen. Sie soll dabei nicht destruktiv desillusionierend wirken, sondern verfolgt den Anspruch, dafür zu sensibilisieren, wie stark ein Ergebnis von seinem Auffindungsprozess abhängig ist. So verdeutlicht der weitgehend separierte, insbesondere in zwei methodische, potenziell synthetisierbare Stränge gespaltene Aufbau der Untersuchung, wie stark Erkenntnisse an den eingenommenen Blickwinkel gekoppelt sind.9 Dies soll das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Rechtswissenschaft als Wissenschaft nicht neutral vorgeht: Oftmals wird der Ausgangspunkt getroffener Annahmen und Ziele, anders als in der Ökonomie10, nicht offengelegt und der Eindruck erweckt, die Realität werde neutral und ohne einen Filter oder eine Brille11 erfasst, obwohl bereits zugrunde liegende Wahrnehmungen notwendigerweise selektiv und oftmals gefärbt sind. Die Untersuchung zielt darauf ab, in ihrer Gesamtheit zu illustrieren, dass ein reflektierter methodenpluralistischer Ansatz in der rechtswissenschaftlichen Forschung zu womöglich weniger weitreichenden, aber stichhaltigeren Aussagen führt. Dies geht als Metaebene im dreigliedrigen Erkenntnisinteresse auf, das sich anhand der rechtlichen Behandlung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht hinsichtlich der Konstruktion und zwei anknüpfender Fragestellungen entfaltet (A.). Die zum Einsatz kommende 8

Zur Schwierigkeit interdisziplinären Vorgehens, dass ob fehlenden Verständnisses für die Denkmodelle (anderer) Wissenschaftsdisziplinen oftmals nur eine Auseinandersetzung mit Ergebnissen stattfinde: Kirchgässner, S. 1. Zum zu erkundenden, mitunter gesellschaftlich oder kulturell geprägten Denkstil einer Rechtsordnung oder Disziplin: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1093, 1096, 1102 m.w.N.; Pawlowski, § 11, Rn. 453 ff. 9 Vgl. Klöhn, in: Fleischer/Zimmer, S. 83, 84: „Veränderte die Wissenschaft ihren Denkstil, veränderten sich auch die Bilder, die sie von der Wirklichkeit zeichnete.“. 10 Auch diese erfährt insoweit allerdings – obgleich nur eingeschränkt berechtigte – Kritik. Hierzu mit anekdotischer Einführung Polinsky, S. 2. 11 Zu einem reflektierten Umgang insbesondere mit den angesprochenen systemimmanenten Vorgaben Kirchgässner, S. 4 f. zum Beispiel der – nicht disziplingekoppelten – Prämisse der Wertfreiheit. Vgl. zu entsprechender Kritik fehlender Offenlegung in rechtsökonomischen Untersuchungen: Schmolke, S. 90. Vgl. Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 16, 18 ff., ob des Vorwurfs einer „Unterkomplexität“ ökonomischer Modelle dazu, dass auch Juristen die Realität nur selektiv wahrnähmen. Vgl. abstrakt Smith, S. 51. Vgl. zum Bild der Brille die Systemtheorie Niklas Luhmanns, nach der verschiedene Bereiche der Gesellschaft, obwohl es Überschneidungen gibt, grundsätzlich eigenständig und ausschließlich nach ihren jeweiligen Maßstäben agieren, siehe z. B. Luhmann, S. 165 ff. zu materiell leitenden Programmen wie Rechtsnormen und dem mechanisch agierenden, binären Code von Recht/Unrecht des Rechtssystems.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

Methodik wird als die Untersuchungsergebnisse maßgeblich beeinflussendes Handwerkszeug bewusst gewählt (B.) und der Gang der Untersuchung skizziert (C.).

A. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als geeigneter Untersuchungsgegenstand eines dreidimensionalen Erkenntnisinteresses Der Untersuchungsgegenstand der rechtlichen Behandlung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht bietet, hinsichtlich der Konstruktion und der zwei ausgewählten Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis, gerade als Sonderfall innerhalb beider Rechtsordnungen einen fruchtbaren Ausgangspunkt (I.), anhand dessen sich das Erkenntnisinteresse dreidimensional auffächert (II.).

I. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als aussagekräftiger Sonderfall Öffentliche Belohnungsaussetzungen sind gemeinhin und alt bekannt12 : An die Öffentlichkeit wird die Zusage herangetragen, für die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs oder die Vornahme einer bestimmten Handlung eine Belohnung zu gewähren.13 Durch die erfolgsabhängige, wettbewerbsartige Ausgestaltung und Ansprache der Öffentlichkeit können Erfolge herbeigeführt werden, die ohne ein solches Instrument insbesondere daran scheitern müssten, dass ein befähigter individueller Ansprechpartner dem Belohnungsaussetzenden nicht bekannt ist oder mit angemessenem Aufwand ermittelt werden kann.14 Obgleich sich beim Jurist wie Laie neben einzelnen Aufsehen erregenden Fällen15 als erste Assoziation das Bild eines 12

Mit Beispielen der Präsenz im praktischen und literarischen Alltag, etwa in Märchen und Sagen, z. B. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 11 m.w.N.; Heck, S. 363; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 13 in Fn. 37; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 3; vgl. v. Bülow, S. 271. 13 Zu den Charakteristika statt vieler Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 1; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 2. Vgl. hierzu § 2, A. I. 1., B. I. 1., 2. 14 Zu dieser wirtschaftlichen Bedeutung z. B. Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 6; bereits Fischer, S. 16. 15 Neben historischen Fällen – siehe A. II. 1. a) cc), B. II. 1. a) – gab es in jüngerer Zeit medienwirksame Beispiele, z. B. den i.F. als Masernfall bezeichneten, in dem ein renitenter Impfgegner eine Belohnung für den als unmöglich erachteten wissenschaftlichen Nachweis von Existenz und Größe des Masernvirus aussetzte, siehe OLG Stuttgart, Urt. v. 16. Februar 2016 – 12 U 63/15 (juris), oder die zur Aufklärung des Flugzeugabsturzes über der Ukraine am 17. Juli 2014 ausgesetzte Belohnung für zielführende Hinweise, siehe http://www.wifka.de/wer-hatmh17-abgeschossen-30-000-00000-mio-dollar-belohnung-fuer-hinweise-auf-die-taeter.html (zuletzt abgerufen: 25. 08. 2017).

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Finderlohn versprechenden Aushangs für das Zurückbringen des entlaufenen Haustieres oder des verlorenen Schmuckstücks einstellt, weist das Rechtsinstitut eine Bedeutung auf, die hierüber weit hinwegreicht.16 Zunächst erfasst es vielgestaltige lebensweltliche Geschehen. So kann beispielsweise die Aufklärung einer Straftat befördert17 oder die Lösung eines wissenschaftlichen oder technischen Problems18 ausgelagert werden; gleichermaßen kann ein Start- oder Preisgeld bei Sportwettkämpfen oder eine Prämie für den Gewinner eines Quiz-Spiels mittels einer Auslobung organisiert werden.19 Mit Blick auf die steigende Zahl von Fragestellungen zu Wettbewerben und Unterhaltungssendungen in modernen Medien wird ein Bedeutungszuwachs der in der Rechtspraxis verhältnismäßig20 unterrepräsentierten Auslobung konstatiert.21 Zugleich, und weitaus wichtiger umgibt die 16 Siehe Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 1 zum „mannigfaltig[en]“ Anwendungsbereich; vgl. bereits Blumenthal, S. 1 oder Exner, KritVj 11 (1869), 337, 337. 17 Zu diesem, in der vom US-amerikanischen FBI geführten „Most-Wanted“-Liste sogar verstetigten – vgl. http://www.fbi.gov/wanted (zuletzt abgerufen: 25. 08. 2017) – Beispiel z. B. Welsmann, S. 32 f.; Heck, S. 363; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 8. 18 Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 8. 19 Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 18; vgl. mit Kriterien zur diesbezüglichen Abgrenzung von Auslobung und Preisausschreiben: Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 26 f.; Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 1 m.w.N. Zur entscheidenden praktischen Bedeutung u. a. in Gestalt von (Architekten-)Wettbewerben nach § 661 BGB: Weller, S. 61. Zu weiteren modernen Beispielen wie der im Elektronikhandel teilweise zum Einsatz kommenden Zusage, einen nachgewiesen niedrigeren Kaufpreis eines Produkts bei einem Konkurrenten mit einer Preisreduktion zu prämieren, oder dem bislang nur diskutierten Anwendungsfeld einer entsprechend konzipierten Schadensregulierung bei Kartellrechtsverstößen Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 3 mit Fn. 2. Der Anstoß für eine Anwendung im Kartellrecht findet sich bei Kleinlein/Schubert, WuW 2012, 345, 345 ff., die insbesondere die Unpraktikabilität des bisherigen Systems kritisieren und dafür plädieren, dass eine Auslobungskonstruktion der – bei Kartellrechtsverstößen typischerweise breiten – Schadensstreuung besser gerecht werde. Nach ihrem Vorschlag könne ein wünschenswertes, die Durchsetzbarkeit bestehender Ansprüche sicherstellendes opt-out Modell mithilfe der Auslobung im Einklang mit deutscher Zivilrechtsdogmatik realisiert werden: Der Geschädigte könne gegenüber dem Kartellanten den gesamten entstandenen Schaden des Verstoßes geltend machen und müsse sich im Wege einer Auslobung zur anteiligen Auskehrung des erhaltenen Schadensersatzes verpflichten. Der interessante Ansatz weist allerdings u. a. eine grundlegende dogmatische und auch praktische Hürde auf, als der Auslobende zum Erhalt des gesamten, teilweise auszukehrenden Schadensersatzes ein bestimmtes Verhalten Dritter verspricht oder zumindest impliziert, i. e. das Unterlassen einer Inanspruchnahme der Kartellanten durch die mittelbar Geschädigten. Damit eine solche Lösung für alle Beteiligten akzeptabel ist, müssten also etwa die mittelbar Geschädigten vor einem Insolvenzrisiko des Hauptgeschädigten geschützt werden und der Kartellant den gesamten Schadensersatz mit schuldbefreiender Wirkung an den Geschädigten leisten können. 20 Dies wird u. a. auf die meist ordnungsgemäße Gewährung der öffentlichkeitswirksam ausgesetzten Belohnung zurückgeführt, z. B. aus „natürliche[m] Anstandsgefühl“: C. Kirchner, S. 11 f. 21 So Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 1. Bereits in den Motiven zum BGB wird die gesetzliche Regelung u. a. mit der „erhöhten praktischen Bedeutung“ begründet, „die das Rechtsinstitut in der neueren Zeit gewonnen hat“: Mot. II, § 581 (S. 518). Zum Bedeutungszuwachs im Zuge der eine Ansprache der Öffentlichkeit vereinfachenden Medien, der

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

öffentliche Belohnungsaussetzung auf abstrakter Ebene der Nimbus, das noch immer ungelöste sujet der Ursache und Begründung rechtlicher Selbstverpflichtung und Bindung im privatrechtlichen Bereich zu materialisieren und gerade als Sonderfall die diesbezüglich in den betrachteten Rechtsordnungen begegnenden elementaren Gedanken besonders wirkungsvoll aufzuspüren und zu durchdringen. Die grundlegende Frage nach dem (einseitigen) Verpflichtungsgrund und möglichen Begründungsansätzen wird als noch darzustellende zweite Dimension des Erkenntnisinteresses (A. II. 2.) illustrativ zu Tage gefördert: Im Vergleich zum Modell der Kooperation zwischen spezifizierten (Vertrags-)Parteien stellt die Situation öffentlicher Belohnungen einen Sonderfall dar, der mit Blick auf die Ansprache eines weiten Personenkreises und der erfolgsabhängigen Belohnung einer besonderen Behandlung bedarf und diese im englischen und deutschen Recht in unterschiedlicher Weise erfahren hat: während Ersteres von einem Vertrag (unilateral contract) ausgeht, baut das deutsche Recht auf der Auslobung als einseitigem Versprechen auf (§§ 657 ff. BGB).22 Insofern heben sich die gewählten Rechtsordnungen des deutschen und englischen Rechts, deren Konzeptionen die Modelle des Versprechens oder des Vertrags als Verpflichtungsgrund kontrastieren, als hinsichtlich des sachlichen Untersuchungsgegenstands öffentlicher Belohnungsaussetzung prädestiniert hervor.23 Zugleich eröffnet die Sonderstellung beider Lösungsmodelle innerhalb ihres jeweiligen Systems besondere Erkenntnissphären. Gerade die Begründung einer Ausnahme vom Grundprinzip verlangt, letzteres trotz der als erforderlich erachteten Abweichung in seiner Daseinsberechtigung als allgemeinen Grundsatz zu befestigen, sodass die Grundfeste der jeweiligen Rechtsordnungen deutlich klarer hervortreten müssen als bei der Beleuchtung eines Regelfalls. Die Erfassung öffentlicher Belohnungsaussetzung stellt für beide Rechtsordnungen eine dogmatische Herausforderung dar und erfordert für eine schlüssige Einbettung als jeweiliger Spezialfall in besonderem Maße, Kernelemente der Grundordnung preiszugeben. So ist die Untersuchung der öffentlichen Belohnungsaussetzung besonders aufschlussund lehrreich, weil die grundlegenden Wesenszüge der Rechtsordnungen an der Kante der getroffenen Ausnahmeregelungen zu spiegeln und zu rechtfertigen sind. Schließlich reizt die Einbettung in die unterschiedlichen Traditionen des common law und civil law im Hinblick auf die erste, auf ein Harmonisierungspotenzial a fortiori durch moderne Medien wie das Internet beflügelt werden könnte, bereits mit Blick auf Errungenschaften wie „Druckerschwärze und Litfaßsäule“: Heck, S. 363; Eberdt, S. 6; Blumenthal, S. 10. Zur Bedeutung als einseitiger Verpflichtungsgrund mit Blick auf entsprechende aktuelle Vorstöße: A. II. 2. Zur wissenschaftlichen Behandlung mit zahlreichen Literaturhinweisen Ring, in: NK-BGB, § 657 vor Rn. 1. 22 § 2, A. I. 1. und B. I. 1., 2. 23 Die Unterschiede hinsichtlich öffentlicher Belohnungsaussetzung veranschaulichen, dass europäische Rechtsordnungen keineswegs materiell übereinstimmende Ergebnisse hervorbringen müssen: Herbots, in: FS Fenge, S. 219, 219, 238; allgemeiner Gordley, 2001, S. 1 f. Zu den abweichenden Ergebnissen siehe die Überblicke bei v. Bar/Zimmermann, Art. 2:201, S. 179 (Kenntniserfordernis); v. Bar/Clive, Art. II.-4:202, S. 307 f. (Widerruflichkeit des Belohnungsversprechens bzw. -angebots).

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ausgerichtete Dimension des Erkenntnisinteresses: Obwohl der englische Rechtskreis tendenziell als „separat“ angesehen wird,24 zeigen sich in der Untersuchung insbesondere (dogmen-)geschichtlich interessante Berührungspunkte und zugleich Kontraste in den jeweiligen Argumentations- und Denkstrukturen. Die Wahl der beiden Rechtsordnungen wird mithin nicht nur von der Besonderheit und Brisanz des konkreten Untersuchungsgegenstands getragen, sondern auch als Ausfluss des allgemeinen Votums, dass diese zu einer gewinnbringenden Gegenüberstellung berufen seien, als sie hinreichende Gemeinsamkeiten als Anknüpfungspunkt böten25, sich zugleich aber erheblich unterschieden.26 In der Tat sind die Erkenntnisse eines solchen kontrastreichen und zugleich punktuell unerwartet Nähe27 offenbarenden Vergleichs besonders wertvolle. Wird die oftmals empfundene „Rille“28 zwischen den kontinentaleuropäischen, kodifikationsbasierten Rechtsordnungen und dem insularen, richterrechtlich geprägten englischen common law kritisch analysiert, kann durch aufgedeckte Kontraste wie Gemeinsamkeiten sowohl das gegenseitige Verständnis geschärft, als auch die Überzeugung für die eigene nationale Lösung verstärkt werden. Eine auf fundierter Bestandsaufnahme basierte Ermittlung, welches Potenzial angesichts ermittelter Grenzen besteht, erhöht die Bereitschaft zur Diskussion gemeinsamer oder paralleler Lösungen und kann rechtsvereinheitlichende, -harmonisierende oder nationales Recht reformierende Projekte sowie die Rechtswissenschaft im nationalen und internationalen Diskurs bereichern.29

24 So z. B. Rückert, RJ 11 (1992), 122, 128; zur Aufteilung in „zwei unterschiedliche, typenmäßig eigenständige“ Systeme, kodifikationsbasiertes kontinentaleuropäisches Recht und case law-basiertes angelsächsisches common law statt vieler Schlosser, Kap. 14, Rn. 2; vgl., obgleich dreigeteilt: Marsh, S. 1. 25 Hierzu bereits Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 161; vgl. Großfeld, RabelsZ 55 (1991), 4, 5. Zum hinreichenden Anknüpfungspunkt vgl. Sacco, 39 Am. J. Comp. L. (1991), 1, 7. Zur gemeinsamen kulturellen Geschichte der europäischen Staaten allgemein Luig, ZEuP 5 (1997), 405, 405. 26 Zur besonderen Eignung des deutschen und englischen Rechts zur Gegenüberstellung z. B. bereits Welsmann, S. 45; mit der Begründung eines argumentativen Strukturgegensatzes der jeweiligen Vertragsrechte: Lomfeld, S. 229 f. Vgl. mit Verweis auf „die Kraft der gemeinsamen Wurzeln“ und dem Appell, Unterschiede nicht zu überspitzen und trotz der Trennung durch den Ärmelkanal zum intellektuellen Brückenbau beizutragen: Großfeld, S. 4, 17 f. 27 Zu größerer Akzeptanz durch das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten, allerdings ohne auf die Gleichheit des Rechts zu schließen: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1105 f. 28 Mit der Terminologie von Abgrund und Rille: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1103 m.w.N.; Lomfeld, S. 233 spricht von einer traditionsreichen mythologischen Verklärung und Überzeichnung; Unterschiede bestünden gleichwohl hinsichtlich der Methoden. 29 Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 161 f., 164, 183; Sacco, 39 Am. J. Comp. L. (1991), 1, 7; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 498; vgl. zum starken gegenseitigen Einfluss Schulze, 13 J. Legal Hist. (1992), 270, 285; vgl. konkret zu Fragen des Vertragsrechts Doerfert, JA 1998, 435, 435 sowie Scholz-Fröhling, S. 19. Zu markanter Unterschiedlichkeit u. a. van Caenegem, 1988, S. 85; Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 889. Darstellend zu unterschiedlichen Einschätzungen: Samuel, S. 51.

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II. Dreidimensionales Erkenntnisinteresse Das Erkenntnisinteresse gliedert sich anhand des Untersuchungsgegenstands in drei Dimensionen auf. Praxisnah und konkret wird untersucht, ob und inwieweit mit Blick auf Tendenzen europäischer Rechtsvereinheitlichung und -harmonisierung hinsichtlich öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als hervorstechenden Gegenpolen ein Harmonisierungspotenzial besteht (1.). Unter dieser Oberfläche verbergen sich hilfreiche Anstöße für die anknüpfende, abstrakte und grundlegende Frage nach der Begründung eines einseitigen Verpflichtungsgrundes, der Juristen und Philosophen beständig beschäftigt hat, und in heutiger Zeit in Gestalt entsprechender rechtsvereinheitlichender Vorstöße aktualisiert, aber theoretisch unfundiert auf die Bildfläche tritt (2.). Zuletzt überwölbt die bereits angedeutete methodische Dimension die beiden genannten Interessenfelder, einen reflektierten methodischen Eklektizismus dogmatischer und rechtsökonomischer Vorgehensweise zu exemplifizieren und so einen Impuls für eine interdisziplinäre, moderne Rechtswissenschaft zu setzen (3.). 1. Harmonisierungspotenzial des deutschen und englischen Rechts hinsichtlich öffentlicher Belohnungsaussetzung Die erste, greifbare Dimension des Erkenntnisinteresses zielt darauf ab, zu eruieren, ob und inwieweit ein Harmonisierungspotenzial für das deutsche und englische Recht hinsichtlich der rechtlichen Regelung öffentlicher Belohnungsaussetzung besteht. Diese Frage wird angesichts der bislang aufstrebenden Tendenz30 der Europäisierung des Rechts31 aktualisiert und trotz des bevorstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU („Brexit“)32 nicht obsolet. Zum einen besteht die Verbundenheit ob eines geographischen Europas und der Zugehörigkeit zu einem 30 Zu dieser als unaufhaltsame Bewegung, trotz aktueller Erschütterung durch das „Brexit“Votum (Fn. 32), optimistisch z. B. Brok, Integration 39 (2016), 46, 46, 50 f. – u. a. „In unserer globalisierten Welt kann niemand ernsthaft einen nationalen Weg als Zukunftsmodell in Betracht ziehen.“ (46) – sowie frühzeitig Hübner, in: FS Großfeld, S. 471, 482; vgl. zur entsprechenden umfangreichen literarische Auseinandersetzung als „noch immer anschwellende[r] Strom“: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1089 m.N.; zum Wachsen jüngerer Zeit: Schulze/Zoll, Rn. 3. 31 Zur hier nicht behandelten Rechtssetzungskompetenz der EU zu Angleichung und Vereinheitlichung weiterführend z. B. Riesenhuber, § 3, Rn. 1 ff.; Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 27 ff.; Lippstreu, S. 315 ff., 327. Vgl. knapp zur Sorge um die Verfassungsmäßigkeit eines harmonisierten Privatrechts: Hondius, in: Hartkamp u. a., S. 3, 4. Zur ökonomischen Rechtfertigung differenziert Chirico, 5 ERCL (2010), 399, 405 ff., u. a. zu den Gegenpolen, dass aus verschiedenen Rechtsordnungen resultierende Komplexität zwar transaktionskostensparend verringert wird, aber Regulierungswettbewerb zugleich ausgebremst (zu letzterem vgl. § 2 Fn. 602 m.N.). 32 Zum Austrittsvotum vom 23. Juni 2016 („Brexit“) und rechtlichen Folgen siehe z. B. Basedow, ZEuP 24 (2016), 567; Thiele, EuR 51 (2016), 281; zu vertragsrechtlichen Fragen: Mayer/Manz, BB 2016, 1731, 1735 f.

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gemeinsamen Wirtschafts- und Kulturkreis fort und wird in ihrem Kern nicht ernsthaft bestritten; als Gründe für den Austrittswunsch werden primär monetäre, teilweise in Verbindung mit einem nationalen Selbstverständnis, als maßgebliche angenommen.33 Diese Erwägungen berechtigen die Erwartung, dass keine rechtliche Isolation bevorsteht. Zum anderen ist ein globales Interesse an gemeinsamen (schuldrechtlichen) Vorhaben, beispielsweise durch den Erfolg des CISG, belegt.34 Durch die anstehende formale und institutionelle Trennung dürfte die Verfolgung des, insbesondere als wirtschaftlich sinnvoll erstrebenswerten Ziels fortschreitender rechtlicher Annäherung oder Vereinheitlichung35 zumindest erschwert werden. Dies legt nahe, dass künftig „erst recht“ eine sorgfältige wissenschaftliche Vorarbeit vonnöten sein wird, die ein vertieftes Verständnis nationaler Regelungen und der ihnen inhärenten Kerngedanken schafft, sodass Untersuchungen wie die vorliegende heute womöglich mehr denn je gebraucht werden und eine sinnvolle Aufgabe erfüllen. Darüber hinaus beziehen rechtserkundende und -vergleichende Bemühungen einen wissenschaftlichen Selbstwert und bereichern unabhängig von konkreten grenzüberschreitenden Vorhaben nationales Recht, indem sie ermöglichen, etwaige Reformen nicht rein theoretisch in die Taufe heben zu müssen, sondern auf den positiven oder negativen Erfahrungsschatz ausländischer, real erprobter, womöglich funktionstüchtigerer oder dogmatisch vorzugswürdiger alternativer Lösungen zurückgreifen zu können.36 Bereits auf europäischer Ebene kristallisieren sich vielfältige legislative wie rechtswissenschaftliche Herausforderungen37 für Bestrebungen der Rechtsvereinheitlichung oder -harmonisierung. Trotz der aktuellen Austrittsproblematik und obwohl sie sich (noch) nicht durchsetzen konnten, verdienen bisherige Vorstöße als

33 Siehe ausführlich zu den historischen Hintergründen der britischen Haltung gegenüber der EU Thiele, EuR 51 (2016), 281, 284 ff. sowie Ohr, Ordo 66 (2015), 99, insbesondere 99, 103 ff. zu, neben einer finanziellen Belastung durch einen relativ hohen Beitrag zum EUHaushalt, Faktoren wie einer „überdurchschnittlich skeptische[n] Haltung“ der Bevölkerung und einer „nur unterdurchschnittliche[n] Verbundenheit Großbritanniens mit der EU“ (104), welche aus wirtschaftlichen Gründen wie der Realisierung eines funktionierenden Marktes ob „globale[r] Handelsliberalisierung“ nicht mehr als notwendig angesehen werde (106 f.); vgl. mit wirtschaftlichem Fokus, namentlich monetären Sorgen um eine „Transferunion“, Geipel, ZAP 2016, 717, 717 f. 34 Zum ein solches internationales Interesse an gemeinsamem (materiellen) Recht manifestierenden sog. UN-Kaufrecht (CISG) und seiner Bedeutung: Saenger, in: Ferrari u. a., Einl., Rn. 1 f.; Kröll/Mistelis/Pilar Perales Viscasillas, in: Kröll u. a., introd., Rn. 1 f. 35 Zuversichtlich Brok, Integration 39 (2016), 46, 46, 47 ff. zum steigenden Bedarf europäischer Gesetzgebung. 36 Die für eine solche hilfreiche Inspiration erforderliche Vergleichbarkeit dürfte im europäischen Raum zwischen vielen (Noch-)Mitgliedstaaten der EU bestehen. Zum Aspekt legislativer Inspiration: Augenhofer, in: Krüper, § 10, Rn. 26; Chirico, 5 ERCL (2010), 399, 423. 37 Schulze/Zoll, Rn. 3. Vgl. zum Versuch, akademische und politische Vorstellungen zusammenzubringen, u. a. durch CoPECL: Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 10 ff.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

lehrreich und zukunftsweisend Beachtung. Wesentliche Meilensteine38 auf dem Weg zu einem für die hiesige Fragestellung interessierenden Europäischen Vertragsrecht39 liegen in den Principles of European Contract Law (PECL), die, neben weiteren wichtigen Beiträgen beispielsweise der sog. Acquis-Group über den gemeinsamen europäischen Besitzstand40, eine maßgebliche Rolle41 in der Arbeit des sog. CoPECL-Netzwerks gespielt haben, aus dem im Jahr 2009 der Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens [Draft Common Frame of Reference (DCFR)] als akademische42 Vorarbeit für den zu erarbeitenden politischen Gemeinsamen Referenzrahmen [Common Frame of Reference (CFR)] hervorging.43 Statt der anfänglich avisierten umfassenden vertragsrechtlichen Regelung eines (zwingenden) Europäischen Vertragsrechts44 wurde dieses Vorhaben auf das Gemeinsame Europäische Kaufrecht [Common European Sales Law (CESL)] als optionales Instrument beschränkt45, das allerdings auch in dieser Gestalt scheiterte46 und in dessen Folge nunmehr der gegenständlich weniger weitreichende Entwurf für eine EU-Richtlinie über Online-Warenhandel und andere Formen des Fernabsatzes von Waren zur Diskussion steht.47 Diese Entwicklung offenbart gleichermaßen das beständige 38

Ausführlich zur Entwicklung: Riesenhuber, § 1, Rn. 24 ff.; Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 1 ff.; vgl. Alpa/Andenas, S. 214 f. zur Bandbreite der Bemühungen. 39 Erläuternd zu diesem als „schillernder Begriff“: Riesenhuber, § 1, Rn. 1 m.N. 40 Zur Begrifflichkeit des Acquis communautaire statt vieler Schorkopf, in: Bergmann, Stichwort: Acquis communautaire, S. 28 f. 41 Zur Vorbereitung des DCFR durch die Arbeitsgruppen der Study Group und Acquis Group: Chirico/Larouche, in: Chirico/Larouche, S. 1, 1. 42 Zur akademischen Natur explizit v. Bar/Clive, introd., S. 3 f.; vgl. Schwartze, in: Riesenhuber, § 4, Rn. 19. 43 Siehe z. B. v. Bar/Clive, introd., S. 4; Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 3 ff. 44 Hierzu Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 3 ff.; Schwartze, in: Riesenhuber, § 4, Rn. 18. Zum Verfahrensgang mit Dokumenten siehe den Link der nachfolgenden Fn. 45. 45 Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht vom 11. 10. 2011, COM(2011) 635 final, in verschiedenen Sprachen verfügbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri= CELEX:52011PC0635 (zuletzt abgerufen: 25. 08. 2017). Zum optionalen Charakter und Entstehungsprozess des CESL insbesondere Riesenhuber, § 1, Rn. 45 sowie Rn. 52 zur rechtspolitischen Bewertung; Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 6 ff.; Matusche-Beckmann, in: Staudinger-BGB (2013), § 434 Rn. 287 m.w.N. Vgl. zum optionalen Charakter Schwartze, in: Riesenhuber, § 4, Rn. 12, 44, der diese Arbeitsweise der Union mit der von „Formulierungsagenturen“ wie Unidroit vergleicht, und ein künftiges Gemeinsames Europäisches Vertragsrecht in optionaler Gestalt prognostiziert; vgl. Fleischer, RabelsZ 76 (2012), 235, 242 sowie allgemeiner 237 ff., 251 f. 46 Zum Scheitern z. B. Maultzsch, JZ 71 (2016), 236, 236. Zu Kritikpunkten bereits Matusche-Beckmann, in: Staudinger-BGB (2013), § 434 Rn. 293 m.w.N. oder Stadler, AcP 212 (2012), 473, 494, 498 ff., u. a. Zweifeln, ob das Vorhaben erforderlich und die Zeit reif sei. Ausführlich zum Vorhaben Stürner, in: Reithmann, Rn. 6.187 ff. Allgemein zu Schwierigkeiten harmonisierender Projekte, z. B. der Gefahr von Systembrüchen oder Souveränitätseinbußen: Wendland, GPR 2016, 8, 10. 47 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes

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Harmonisierungsinteresse in Theorie und Praxis sowie bislang unüberwindbare Hürden. Zu deren Bewältigung könnten Untersuchungen wie die vorliegende beitragen, indem sie breit angelegte Bestandsaufnahmen, wie die beeindruckenden Großstudien der PECL oder des DCFR, um in die Tiefe gehende, kleinteilige Erkundungen der (dogmen-)geschichtlichen Fundamente ergänzen. Obwohl ein solches, punktuell fundierendes Unterfangen nur zeitintensiv und sukzessive voranschreiten kann, befördert es ein substanzielles und differenziertes Verständnis, das die theoretische Basis für konsensfähige Lösungen bereitet und Sorgen um eine drohende Einebnung nationaler Besonderheiten begegnet.48 Eine Vereinheitlichung des Rechts bedarf insofern einer grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung, um, nicht zuletzt sprachlich niedergelegte49, Feinheiten nicht durch pragmatische Lösungen unbeabsichtigt einzustampfen.50 Eine solche europäische Rechtswissenschaft51 eröffnet nicht nur die Chance, voneinander zu lernen,52 sondern, wie bereits angedeutet, auch, dass tieferliegende Strukturen und Wertungen des

von Waren vom 9. 12. 2015, COM(2015) 635 final: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/?uri=CELEX:52015PC0635 (zuletzt abgerufen: 25. 08. 2017). Zum Vorhaben als wertvolles „Nachfolgeprojekt“: Maultzsch, JZ 71 (2016), 236, 236 ff., 245; Wendland, GPR 2016, 8, 8 ff., 18, u. a. „vielleicht das „beste GEK“, das wir je hatten“ (18); ders., EuZW 2016, 126, 126, 131. Detailliert zum inhaltlich anknüpfenden, zeitgleich vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte vom 9. 12. 2015, COM(2015) 634 final, siehe http:// eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM:2015:634:FIN (zuletzt abgerufen: 25. 08. 2017); Spindler, MMR 2016, 147, u. a. 147 zum interessanten Charakteristikum, ein abstraktes Pflichtengerüst bereitzustellen, anstatt an Typologien bestimmter Vertragstypen zu verhaften. Eine solche Tendenz harmoniert mit den Anstößen, einen ggf. lebensnäheren einseitigen Verpflichtungsgrund als Handlungsform anzubieten und öffnet die Tür, sachlichen Bezugspunkten gegenüber dogmatischen Restriktionen den Vorrang zu gewähren, vgl. § 3, B. II. 1. b). Konstruktiv zu Defiziten vertragsrechtlicher Europäisierungsbestrebungen, etwa fehlender Verzahnung von Theorie und Praxis, bereits Basedow, in: FS Seiler, 1999, S. 79, 81 f. 48 Vgl. z. B. Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 583 m.w.N. zur Beobachtung, dass Rechtsvergleichung und Rechtsgeschichte in den USA teilweise bagatellisiert würden und Geringschätzung erführen. 49 Zu zu bewältigenden sprachlichen Herausforderungen besorgt Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 368 ff. Vgl. zur Thematik Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1107 sowie (optimistisch) Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 595 f. m.w.N. 50 Zum adäquaten Umgang mit Unterschieden und Kontroversen und dem für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung notwendigen Beitrag der Rechtsvergleichung: Joerges, ZEuP 3 (1995), 181, 197. 51 Zu Vorstößen einer solchen europäischen Rechtswissenschaft als Ausdruck ungebrochener Zustimmung: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1089 ff.; vgl. ferner mit geschichtlichem oder methodischem Fokus: Schulze, 13 J. Legal Hist. (1992), 270, 271, 289; Samuel, in: Schulze, S. 287, 287 f.; Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 10 ff. Zu aufblühenden Europäisierungsbestrebungen als „large academic enterprise“: Chirico/Larouche, in: Chirico/Larouche, S. 1, 1. 52 Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1091, 1108; Schwartze, in: Riesenhuber, § 4, Rn. 1; vgl. Gordley, 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 555, 566 f.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

eigenen nationalen Rechts komparativ aufgedeckt werden.53 Ein solches wissenschaftlich begleitetes54, auch auf eine europäische Methodenlehre55 ausgerichtetes, behutsames Vorgehen ist mithin nicht nur materiell vielversprechend, sondern räumt zugleich Bedenken, dass sich das Gepräge nationaler Rechtsordnungen verlöre, wirksam aus.56 Untersuchungen, die nationale Regelungen nicht nur beschreiben, sondern fundiert nachzuvollziehen versuchen, stellen zweifelsohne einen wichtigen Baustein für das Monument eines etwaigen gemeinsamen (europäischen) Regelungswerks dar. In dieser Hinsicht kann wiederum, auf noch darzustellender methodischer Ebene, die Rechtsökonomie einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie einerseits die Ermittlung einer konsensfähigen Lösung zu fördern, sowie eine bereits gefundene Regelung auf ihre Effizienz zu überprüfen vermag (§ 3, B. II.). 2. Anstöße für die Grundlagenfrage eines einseitigen Verpflichtungsgrundes Die Untersuchung ist weiterhin darauf gerichtet, durch die aus deutschem und englischem Recht extrahierten Wertungen potenziell hilfreiche Erkenntnisse für die Frage nach Berechtigung und Begründung eines einseitigen Verpflichtungsgrundes hervorzubringen. Die Thematik rekurriert auf die Frage, wie private Akteure sich wirksam selbst verpflichten können. Diese elementare Frage nach dem Grund privatrechtlicher Bindungswirkung hat, insbesondere in der Dichotomie von Versprechen oder Vertrag, bereits Generationen von Juristen und Philosophen beschäftigt.57 Eine gemeinhin befriedigende Antwort wurde bislang trotz der beachtlichen Bandbreite der bemühten Ansatzpunkte nicht erzielt, die von religiöser oder mo-

53 Zur Erkundung der Wesensstrukturen durch den Vergleich: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1106; Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 602 f. Vgl. am Beispiel des Vertragsrechts Benson, in: Patterson, S. 29, 29. 54 Mit Aufzählung einer Vielzahl solcher, über die genannten hinausgehenden, Projekte: Schwartze, in: Riesenhuber, § 4, Rn. 36 ff. 55 Zu einer europäischen Methodenlehre z. B. Riesenhuber, in: Riesenhuber, § 1, insbesondere Rn. 1 m.w.N.; vgl. Fikentscher, 1975, S. 142 ff. zur „europäische[n] Herausforderung“ einer „Fallrecht und Kodexrecht übergreifende[n] Methode“; vgl., zur Anwendung des Unionsrechts u. a. durch ein angepasstes Verständnis klassischer Auslegungskanones, Langenbucher, in: Langenbucher, § 1, Rn. 5 ff. 56 Zur anfänglichen Sorge, das nationale Gepräge und so die gesellschaftliche Akzeptanz des Rechts zu verlieren (vgl. Legrand in Fn. 730), die sich allerdings nicht realisiert habe: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1098 sowie 1096 ff. m.N.; Hübner, in: FS Großfeld, S. 471, 483; vgl. wiedergebend Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 10 m.N. Insbesondere wird den nationalen Regelungen Rechnung getragen, was z. B. die rechtsvergleichenden Vorarbeiten zu DCFR und CESL zeigen (siehe z. B. Fn. 23, § 2, Fn. 368) oder, dass Bewahrung kultureller und sprachlicher Diversität als Ziel betont wird: v. Bar/Clive, introd., S. 9. 57 Mit einem (kritischen) Überblick v. Hippel, S. 90 f. Zur grundlegenden Natur der betagten Frage statt vieler: Bailas, S. 77; Weller, S. 59.

A. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht

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ralischer Bindung58, der Vorstellung einer Entäußerung von Freiheit oder (Kausalität der) Willkür59 im Wege eines Transfers60 bis zum Eingeständnis der Unlösbarkeit des Problems61 reichen.62 Prominent begegnen sowohl in historischen Theorien als auch im geltenden Recht die Begründungs- und Konstruktionsmodelle über die Institute von Versprechen oder Vertrag63, die sich beispielhaft im Antagonismus der rechtlichen Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht als einseitige Auslobung oder zweiseitiger unilateral contract widerspiegeln. Der rechtsvergleichende Befund64 der zweifellos verwandten65, aber zugleich entscheidend divergierenden Konzeptionen bietet insoweit einen optimalen Anknüpfungspunkt66 für die nicht nur theoretisch,67 sondern aktuell auch praktisch an Bedeutung gewinnende Frage nach dem (einseitigen) Verpflichtungsgrund. Die Konkurrenz von Versprechen und Vertrag, die in der deutschen Rechtswissenschaft am Vorabend des BGB lebhafte Kontroversen befeuerte,68 tritt in heutiger Zeit im Zuge des wachsenden praktischen Interesses an einem einseitigen Verpflichtungsgrund in Projekten europäischer 58 Zum Ausgangspunkt von Religion und Moral z. B. Kegel, S. 8 f. oder Nanz, S. 46 ff. Als ein Beispiel moralischer Argumentation jüngerer Natur siehe Fried, 1981, vgl. Fn. 5 f. 59 Kant/Ludwig, § 18, Rn. 271 (S. 78 f.). Erläuternd hierzu z. B. G. Schulze, S. 303; Unberath, S. 32 ff., 43 ff. 60 Zur naturrechtlichen Vorstellung der Versprechensübereignung: Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 202; den Transfergedanken aufgreifend Benson, 48 Wm. & Mary L. Rev. (2007), 1673, hierzu Unberath, S. 78. Zu Transfertheorien allgemein: Smith, S. 44 f. 61 Siehe Dedek, 25 CJLJ (2012), 313, 337 zum als vertraglicher Agnostizismus umschriebenen Gegenpol zur Kantischen Argumentation bei Theodor v. Schmalz. Siehe v. Schmalz, § 104 (S. 66 f.) dazu, dass die „wirkliche Leistung“ i.S.d. tatsächlichen Handlung maßgeblich sei und nicht der Vertrag als Annahme eines Versprechens, was durch Aufwurf zahlreicher, erkennbar keiner Antwort zuführbarer Fragen untermauert wird. 62 Zu möglichen Ansatzpunkten siehe G. Schulze, S. 298 sowie Weller, S. 89 f. zu grundlegenden historischen Modellen. 63 G. Schulze, S. 296 ff.; Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 189. 64 Mit einem umfassenden Überblick über die Standpunkte der europäischen Rechtsordnungen siehe v. Bar/Clive, Art. II-1:103, S. 136 ff. (z. B. Versprechen möglich in Deutschland, Österreich, Schottland, Belgien, wohingegen ein Vertrags- oder Annahmeerfordernis in England, Frankreich, Spanien besteht); v. Bar/Zimmermann, Art. 2:107 PECL, S. 171 f.; vgl., didaktisch aufbereitet, Herbots, in: FS Fenge, S. 219, 220 ff. 65 Vgl. § 2, B. II. 1. b) bb) sowie z. B. Jansen, S. 27 m.w.N.; Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 134. 66 Lerner, 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. (2004), 53, 55; vgl. rechtsvergleichend bereits zwischen 1921 und 1932 Schülgen, Blumenthal, Kleinholz sowie später Dreiocker. 67 Interessanterweise werden grundlegende historische Begründungsmodelle – ausdrücklich oder implizit – in neuerer Zeit in rechtswissenschaftlichen Theorien aufgegriffen und als Bausteine oder Grundstruktur genutzt und ausgebaut. Hierzu weiterführend Unberath, S. 75 ff., 71 ff., vgl. z. B. Fn. 60. 68 § 2, A. II. 1. a). Vgl. Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 467; Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 189 f. Zur zwischenzeitlich abgeebbten rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung in europäischen Ländern: Schulze/Zoll, Rn. 88 m.w.N.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

Rechtsvereinheitlichung erneut auf die Bildfläche.69 Trotz eines weitgehenden Siegeszugs des Vertragsprinzips in europäischen Rechtsordnungen70 wurde und wird der Gedanke angeregt, ob allgemein oder zumindest in gewissen Sonderfällen das Versprechen als effizienter und dogmatisch schlüssige Ergebnisse erzielender einseitiger Verpflichtungsgrund etabliert werden sollte.71 So erkennt72 Art. 2:107 PECL das Versprechen als Verpflichtungsgrund an73 sowie sinngemäß und hierauf aufbauend Art. II.-1:103 Abs. 2 DCFR.74 Obwohl beide Vorschriften als Vorreiter das 69 Zur heute steigenden (inter-)nationalen Praxisrelevanz: Schulze/Zoll, Rn. 87 ff. m.w.N.; G. Schulze, S. 302; Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 203; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 48 m.w.N. („Renaissance“); vgl. anerkennend Bergmann, in: StaudingerBGB (2016), § 657 Rn. 9. Für juristische Grundlagenforschung mit Blick auf Europäisierung: Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 216; vgl. zur unzureichenden Beachtung der Frage nach dem Verpflichtungsgrund Stöhr, AcP 214 (2014), 425, 426; Bydlinski, 1967, S. 67; kritisch zum Mehrwert hingegen v. Hippel, S. 89 ff. 70 Thier, in HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 2 zum Vertragsprinzip als „fester Kern der europäischen Rechtskultur“ und Gründen in Rn. 3. Zum Vorherrschen des Angebot/AnnahmeKonzepts in EU-Ländern, CISG und Unidroit: v. Bar/Zimmermann, Art. 2:201, S. 175. 71 Zur Frage, ob weitere Ausnahmen vom Vertragsprinzip zugunsten der Versprechenstheorie geboten sind, u. a. Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 482 f. sowie G. Schulze, S. 329; zum weltweiten Trend zur Versprechenstheorie für den Sonderfall öffentlicher Belohnungsaussetzung: Lerner, 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. (2004), 53, 62 m.w.N.; zur international anerkannten Vorzugswürdigkeit der Versprechenstheorie für bestimmte Rechtsgeschäfte: Weller, S. 62 sowie v. Bar/Clive, Art. II.-1:103, S. 133 und princ. 56, S. 60 zu entsprechender Effizienz. Zu heutigen europäischen Vorstößen zu einem einseitigen Verpflichtungsgrund: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 48; ders., Jura 2007, 249, 251 sowie die historische Forderung bei Siegel, insbesondere S. 5 ff. (vgl. § 2, Fn. 17), vgl. Heck, S. 121 ff. mit dem Aufwurf der Frage auf S. 122, welche Interessen einem solchen entgegenstünden, die eine Einschränkung der Privatautonomie durch einen Vertragszwang rechtfertigen würden (vgl. § 2, C.). Vgl. demgegenüber aus entgegengesetztem Blickwinkel Stampe, AcP 108 (1912), 42, 67 dazu, dass eine einseitige Bindungsmöglichkeit rechtlich nur gewährt werde, wenn auch ein öffentliches Interesse hieran bestehe, was argumentativ der effizienzorientierten rechtsökonomischen Analyse ähnelt: „Ausnahmen von dem Erfordernis der Einigung (des „Vertrages“) setzt die Rechtsordnung nur dann, wenn die Befähigung der an einer Wertbewegung interessierten Partei, diese Wertbewegung durch ihren einseitigen Willensakt ins Leben zu rufen, durch ein öffentliches Interesse postuliert wird.“. Denkbare Anwendungsfälle eines einseitigen Verpflichtungsgrundes könnten solche sein, in denen eine Leistung unter Bedingungen wie der ordnungsgemäßen Entrichtung eines Entgelts, Kapazitätsgrenzen, Funktionsfähigkeit usw., unpersonalisiert angeboten wird, so bei Software, die automatisiert heruntergeladen werden kann oder dem Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln. 72 Siehe ferner Schulze/Zoll, Rn. 87, 89 zu Art. 4:109 ACQP. Anders demgegenüber die Einschätzung bei Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 1 f., 10, dass das Konzept des Versprechens als Verpflichtungsgrund trotz steigender Bedeutung in absehbarer Zukunft keinen Durchbruch erwarten lasse. 73 Art. 2:107 PECL: „ A promise which is intended to be legally binding without acceptance is binding.“ 74 Art. II.-1:103 Abs. 2: „A valid unilateral undertaking is binding on the person giving it if it is intended to be legally binding without acceptance.“ Die Kommentierung weist auf die Herkunft der Norm aus dem entsprechenden PECL-Modell hin und erklärt die keine inhaltliche

A. Öffentliche Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht

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einseitige Konzept als Alternative zum Vertrag konzedieren,75 fehlt den gewichtigen Entscheidungen eine fundierte Begründung. Die nur angestoßenen, primär auf einer pragmatischen Ebene verharrenden Erwägungen76 werden vornehmlich in der rechtsökonomischen Untersuchung aufgegriffen. Diesem Begründungsdefizit77 punktuell und illustrativ anhand des paradigmatischen Falles öffentlicher Belohnungsaussetzung begegnend, leistet die Arbeit einer vertieften Auseinandersetzung Vorschub. 3. Illustration eines reflektiert methodenpluralistischen Vorgehens Eine moderne Rechtswissenschaft muss sich vielfältigen Herausforderungen stellen. Nicht nur vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Entwicklungen und wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der neue Regelungsgebiete eröffnet, sondern auch der mit tatsächlichen Verknüpfungen einhergehenden, zunehmend globalen Dimension rechtlicher Fragestellungen erscheint ein Denken in nationalen Kategorien vielfach nicht mehr zielführend. Mithin muss mit dem anwendbaren Recht auch die Rechtswissenschaft in vielfältiger Weise wachsen, um neuen Bedürfnissen und steigenden Anforderungen gerecht zu werden.78 Eine der Wissenschaft und Praxis verpflichtete Rechtswissenschaft, die ein immer breiteres Spektrum an Gegenständen bedienen soll, stößt ohne eine methodische Reflexion an Grenzen. In der deutschen Rechtswissenschaft verbreitet sich zunehmend die Einsicht, dass sich stellende Probleme nicht zureichend rein dogmatisch erfasst werden können, sondern sie sich verstärkt interdisziplinären und extranationalen Einflüssen zumindest öffnen müsse.79 Die methodische Diskussion wird durch stetig neue Erkenntnisse naturwissenschaftlicher, sozial- und gesellschaftspolitischer sowie geistesgeschichtlicher Art inspiriert und herausgefordert, die gesetzten Impulse Abweichung proklamierende, abweichende Bezeichnung als (unilateral) undertaking gegenüber dem unilateral promise mit dem vorherrschenden europäischen Sprachgebrauch und der entsprechenden Verwendung im gesamten DCFR: v. Bar/Clive, Art. II.-1:103, S. 133 sowie Art. II.-1:101, S. 126. 75 Sinngemäß zur Anerkennung in den PECL Benedict, RabelsZ 72 (2008), 302, 305. Vgl. zu PECL und Acquis Principles Schulze/Zoll, Rn. 87. 76 Siehe v. Bar/Clive, Art. II.-1:103, S. 132 ff., princ. 56, S. 60 dazu, dass in manchen Fällen die einseitige Konstruktion gegenüber der künstlich wirkenden vertraglichen sachdienlich sei und legitimen wirtschaftlichen Interessen diene, ohne besondere Gefahren zu provozieren (S. 133), und Effizienz befördert werde, wenn die erwünschte einseitige Bindungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Zur fehlenden Auseinandersetzung mit der Auslobung in den PECL: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 48 m.N. in Fn. 285; öffentliche Belohnungsaussetzung findet nur am Rande Erwähnung: v. Bar/Zimmermann, Art. 1:107, S. 107 sowie Art. 2:201, S. 179. 77 Zu diesem Klärungsbedarf auf europäischer Ebene siehe etwa Schulze/Zoll, Rn. 88 ff. 78 Siehe z. B. Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 100. 79 Zur notwendigen Öffnung unzureichender Dogmatik angesichts der geäußerten Sorge, dass „die deutsche Dogmatik in Esoterik zu erstarren […] drohe“: Hübner, in: FS Großfeld, S. 471, 471.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

angemessen zu verarbeiten.80 Die klassische Methodik81 könnte durch eine selbstreferentielle sowie interdisziplinäre Reflexion befruchtet eine – möglicherweise verlorene – Dynamik wiedergewinnen82 und insofern einen Paradigmenwandel in der deutschen Rechtswissenschaft bewirken.83 Daher verfolgt die Untersuchung auf der dritten Ebene das Ziel, durch den strukturierten Einsatz bewusst gewählter Disziplinen und das Aufzeigen möglicher Einbruchstellen für wertvolle interdisziplinäre Beiträge84 den Mehrwert eines reflektierten methodischen85 Eklektizismus zu illustrieren und einen praktischen Beitrag zur heutigen Methodendiskussion zu leisten.

B. Methodik Eine methodisch aufgeschlossene, nationalen Grenzen nicht verhaftete Rechtswissenschaft muss sich den Anforderungen der beschriebenen Multidimensionalität stellen. Aus diesem Grund geht die Untersuchung sowohl über nationales Recht als auch klassische Methodenlehre hinaus und wagt sich in verschiedenen Hinsichten in „fremde Territorien“ vor.86 Zum einen dringt sie gegenständlich neben dem deutschen Recht rechtsvergleichend in die englische Rechtsordnung ein87, wobei eine um rechts- und geistesgeschichtliche Elemente angereicherte Dogmatik im weiten Sinne zur Anwendung kommt, die für die hiesigen Zwecke als dogmengeschichtlich bezeichnet wird. Ziel ist, die vorgefundenen Regelungen als Produkt eines (dogmen-) geschichtlichen Entwicklungsprozesses nachzuvollziehen, dessen Verständnis ele80 Zur Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis siehe z. B. den Ansatz zur Verarbeitung neurobiologischer Erkenntnisse für Fragestellungen der Willenserklärung bei Mankowski, AcP 211 (2011), 153. 81 Zu einer solchen siehe insbesondere die in § 2 Fn. 210 Genannten. 82 Vgl. Eidenmüller, in: Hof, S. 486, 486 f. zur ob neuer Herausforderungen und sich wandelnden Charakters von Rechtswissenschaft und -praxis unzureichenden traditionellen Methodenlehre. 83 Mit der Einschätzung eines solchen bezüglich der Europäisierung des (deutschen) Privatrechts: Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 582 sowie 580, 583; Eidenmüller, JZ 54 (1999), 53, 53. Vgl. ferner Kirchner, in: Hoffmann-Riem, S. 63, 74 f. zu einem solchen in der Rechtswissenschaft aufgrund des Einflusses der ökonomischen Theorie; Klöhn, in: Fleischer/ Zimmer, S. 83, 83 f. sowie, in seinem Beitrag zum englischen Zivilprozessrecht, Stürner, ZVglRWiss 103 (2004), 349, 349 ff. zum Paradigmenwechsel als einer tiefgreifenden Veränderung, die nicht nur das positive Recht, sondern die Denk- und Funktionsweise der Rechtsordnung betrifft; Vgl. grundlegend, die Terminologie begründend Kuhn, insbesondere S. 110 ff. 84 Siehe z. B. § 3, B. II. 3. c) bb) zu verhaltensökonomischen (psychologischen) Einsichten. 85 Vgl. Friedman, 13 Wis. L. Rev. (1984), 13, insbesondere 18 zum Wert kombinatorischen Vorgehens, Instrumentarium wie zugrunde liegende Wertungen sachdienlich zu nutzen, vgl. § 4, B. III. 86 Vgl. zum Eindringen des Rechtsvergleichers in fremdes Dickicht Rabel, RabelsZ 16 (1951), 340, 340; hierzu Augenhofer, in: Krüper, § 10, Rn. 1. 87 Mit der Deutung als Diplomatendienst: Eidenmüller, S. 14 f., u. a. S. 15: „Rechtsvergleicher und interdisziplinäre Forscher sind Botschafter.“.

B. Methodik

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mentar durch die zugrunde liegenden und insoweit für das Potenzial und Schicksal etwaiger Vereinheitlichungsprojekte zukunftsweisenden88 Denkstrukturen und -stile geprägt ist.89 Zum anderen wird neben diesen vertrauteren Disziplinen das Instrumentarium der ökonomischen Analyse des Rechts zum Einsatz gebracht, um die gewählten Rechtsfragen aus einem interdisziplinären Blickwinkel zu erschließen. Diesen erkennbar methodenpluralistischen Ansatz90 gliedert die Arbeit illustrativ, ihrem Metaziel eines strukturierten methodischen Eklektizismus entsprechend, nach den zwei Grundlinien der angewandten Methoden. Der Bedeutungsgehalt der methodischen Ansätze wird der Untersuchung vorangehend kurz skizziert, namentlich der rechtsvergleichenden dogmatischen Untersuchung mit (dogmen-)geschichtlichem Einschlag als aus rechtswissenschaftlichen Grunddisziplinen zusammengewirkte klassische Struktur (I.) und der noch weniger fest etablierten, aber wohlverstanden vielversprechenden rechtsökonomischen Analyse (II.). Anschließend wird die dem pluralistischen Ansatz immanente, kritische Frage der Vereinbarkeit anhand der durch die divergierenden Parameter manifestierten Herausforderungen aufgeworfen (III.).

I. Rechtsvergleichende, (dogmen-)geschichtlich fundierte Dogmatik Die erste methodische Perspektive einer klassischen Betrachtung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht ist in die aufblühende Disziplin der Rechtsvergleichung eingefasst.91 Die Lösungen der beiden Rechtsordnungen werden dabei durch eine weit verstandene, um rechts- und geistesge-

88 Zur nach hiesiger Ansicht Vereinheitlichungsbemühungen vorzulagernden Ergründung der Denkweise von Rechtsordnungen z. B. Großfeld, S. 12 f. u. a. zum „Stil des Rechts“; ders., RabelsZ 55 (1991), 4, 6 f., 15; vgl. ferner Triepel, insbesondere S. 67 ff. zum (kulturell bedingten) Rechtsstil und S. 116 ff. zum Stil der Rechtswissenschaft; Erler, in: FS Lentze, S. 153, 153 ff., 167 zum Erkenntnismehrwert einer Stilkunde; Samuel, in: Schulze, S. 287, 296 f. zur für eine Stilkunde hilfreichen rechtsgeschichtlichen Vorgehensweise; Böckenförde, S. 11 ff. zum juristischen Ethos, u. a. von kontinentaleuropäischen (20 ff.) und common law-Juristen (29 ff.); Zweigert/Kötz, z. B. S. 4, 14, 23 f. zum Zusammenbringen von Denkarten; vgl. Holmes, S. 167, 170 zu Recht als Abbild geschichtlich-moralischer Entwicklungen einer Gesellschaft. 89 Dies vermeidet u. a. den zweifelhaften (vgl. etwa § 3 Rn. 139) Vorwurf, dass (rein) rechtsökonomisches Vorgehen verständnisentscheidende Faktoren wie Sprache, Denkstil und Geschichte außer Acht lasse, so mahnend Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 370. Zur für eine Europäisierung des Rechts zentralen „Vermittlung zwischen Rechtskulturen“: Lomfeld, S. 234; vgl. Zweigert/Kötz in der vorherigen Fn. 88. 90 Vgl. den Appell zu Stilforschung, weil klassische (rechtswissenschaftliche) Disziplinen „zum Sanktuarium der Justitia […] nicht die einzigen Pforten“ darstellten: Erler, in: FS Lentze, S. 153, 167. 91 Zur Bedeutung in der EU und weltweit: Großfeld, S. 1.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

schichtliche Einsichten angereicherte Dogmatik erschlossen.92 Durch den Einbezug überpositiver Aspekte und prägender geistesgeschichtlicher Strömungen geht das zugrunde gelegte Verständnis von Dogmatik über das heute gebräuchliche, auf die Kohärenz des geltenden Rechts fokussierte,93 hinaus. Durch das ab dem 20. Jahrhundert zunehmend verfügbare ausgefeilte positive Recht wurde die ausgreifende Methode der Erkenntnisgewinnung in der deutschen Rechtswissenschaft durch den ermöglichten, gesetzesbasiert engeren Maßstab weitgehend als obsolet abgelöst.94 Das Vorgehen dient sich allerdings im Hinblick auf heutige Rechtsvereinheitlichungstendenzen erneut an: Vornehmlich tiefer liegende bzw. überspannende Faktoren wie das dogmengeschichtliche Fundament und traditionsbezogene Firmament der Selbstwahrnehmung einer Rechtsordnung erhellen das Vereinheitlichungspotenzial und schärfen das Verständnis für das Gepräge der Regelungen des nationalen positiven Rechts.95 Besonders aufschlussreich ist hierbei überdies die verknüpfte, rechtsvergleichende und rechtsgeschichtliche Betrachtung, da Besonderheiten und Wertungen des einander gegenübergestellten deutschen und englischen Rechts kontrastiert und vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichten deutlich werden. So, wie der vielfach noch durch kritikwürdige „Scheuklappen“ behinderte96 Blick über die Landesgrenze zur Lösung rechtlicher Probleme helfen kann97, ist auch die transtemporale Sichtweise zu begrüßen.98 Entgegen der kritischen Frage, „was geht sie den Juristen an, der es doch nicht mit Geschichte, sondern mit der Gegenwart zu

92 Vgl. Diederichsen, in: FS Seiler, S. 65, 67: „[…] Jurisprudenz als Rechtsdogmatik zu betreiben bedeutet damit in jedem Fall einen Rückgriff auf geistesgeschichtliche Traditionen“. 93 Hierzu B. III. Zur schwierigen Erfassung von (Rechts-)Dogmatik z. B. Diederichsen, in: FS Seiler, S. 65, 65 f. Zum Ziel eines Systems „zugrunde liegende[r] Wertungen oder Prinzipien“ der Rechtsdogmatik verschiedener Rechtsordnungen: Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 84. 94 Siehe Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 80 zur Verschiebung von historisch-philosophischen zu gesetzespositivistischen Orientierungspunkten, die ein Abklingen der Rechtsgeschichte zur „antiquarischen Wissenschaft“ und die Verengung der vormals europäischeren zu nationaler Rechtswissenschaft zur Folge hatte. Vgl. Bydlinski, 1988, S. 2 ff. zum wünschenswerten komplementären Verhältnis zwischen positivem Recht und „rechtsethischen Hauptprinzipien“ (S. 2). 95 Vgl. Willoweit, JuS 1977, 292, 292 m.w.N. zu privatrechtsgeschichtlichen Untersuchungen sowie Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 84 ff. zum Verhältnis von Dogmatik und Rechtsvergleichung. 96 Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1109; vgl. Coendet, S. 11 zur so bezeichneten Normativitätsthese bzw. normativen Rechtsvergleichung, nach der rechtsvergleichende Argumente den Inhalt des geltenden Rechts mitbestimmen sollen. 97 Gordley, 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 555, 566 f. Für ein Augenmerk, wie Geschichte rechtliche Entwicklung beeinflusst, appelliert Hathaway, 86 Iowa L. Rev. (2001), 601, insbesondere 603 f. 98 Gordley, 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 555, 566 f. Vgl. Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 1 zur zukunftsweisenden Verzahnung von Rechtsvergleichung und -geschichte als „comparative legal historical analysis“.

B. Methodik

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tun hat?“99, kann die rückwärtige Orientierung bei der Bewältigung aktueller und künftiger juristischer Fragestellungen von großem Nutzen sein100: Oftmals kann das positive Recht besser oder sogar ausschließlich vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte in seinem Bedeutungsgehalt verstanden werden.101 Insofern kann die Rechtsgeschichte mit Blick auf rechtsharmonisierende oder -vereinheitlichende Interessen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Kerngedanken einer Rechtsordnung zu extrahieren und das positive Recht zu rationalisieren.102 Nicht zuletzt ermöglicht ein geschichtlich unterfüttertes Verständnis eine tiefer reichende Rechtsvergleichung, der nicht nur der status quo des geltenden Rechts zugänglich ist, sondern auch dessen Nuancen und die durch seine Entstehungsgeschichte greifbar werdende traditions- und systemgeprägte Denkweise. So erlebt die im Folgenden eingeflochtene Rechtsgeschichte gerade im fruchtbaren Zusammenwirken mit der Rechtsvergleichung103, als „Holz vom gleichen Stamm“104, eine Blüte.105 Die methodische Synthese einer wie beschrieben weit verstandenen Dogmatik erscheint vor diesem Hintergrund wegweisend für eine zunehmend benötigte grenzüberschreitende Rechtswissenschaft.106

99 Willoweit, JuS 1977, 292, 293 mit anschließender positiver Beantwortung, u. a. ob aktueller Bedeutsamkeit. 100 Zur verständnisfördernden heutigen Bedeutung statt vieler Hähnchen, § 1, Rn. 1 ff. m.w.N.; vgl. zu Geschichte und (kritischer) Funktion Stolleis, in: Hof, S. 212, 213 ff. sowie allgemeiner Berman, S. v ff. 101 Siehe § 2, B. II. 1. b). Für eine stärkere Verzahnung von Rechtsgeschichte und Dogmatik appelliert Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 598; vgl. Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 80. Vgl. zum teilweise sogar notwendigen Beginn einer Rechtsvergleichung mit der geschichtlichen Entwicklung: Marsh, S. 1; vgl. Hager, S. 165 ff. m.w.N. 102 Hierzu Watson, 37 C.L.J. (1978), 313, 316, 322; vgl. Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 100. Zur Möglichkeit, gemeinsame Linien aufzudecken, vgl. Fn. 88. 103 Für interdisziplinäre Rechtsvergleichung: Samuel, S. 23 f., 50; vgl. mit Fokus auf einer Harmonisierung von common und civil law: Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 602. 104 So zu den „Zwillingsschwestern“: Zweigert/Kötz, S. 8. 105 Zur ersprießlichen Kombination statt vieler bereits Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 198 zum Vertragsrecht; vgl. Berman, S. vii f. Entgegen einer oftmals abgegrenzten Stellung (Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 79 f.) wird Rechtsgeschichte vorliegend bewusst in die dogmatische Untersuchung eingebunden. Die rechtsgeschichtliche Komponente muss dabei in ihrem Anspruch wohlverstanden werden: obwohl ob des pluralistischen Vorgehens eine umfassende Ergründung nicht zu leisten ist, soll verfälschendes „Rosinenpicken“ vermieden werden (insoweit nicht überzeugend die historische Begründung (effizienten) entity shieldings bei Hansmann/Kraakman/Squire, 119 Harv. L. Rev. (2006), 1333, 1356 ff.), indem primär vorgebrachte geschichtliche Argumente falsifiziert oder plausible Fundierungen gesucht werden, anstatt abschließende oder weitreichende, nicht hinreichend fundierte (positive) Aussagen zu treffen. 106 Zur „Renaissance historisch ausgerichteter Rechtswissenschaft“ und ihrer Europäisierung als gemeinsames Projekt von Rechtsgeschichte, Rechtsvergleichung und Rechtstheorie: Samuel, in: Schulze, S. 287, 288, 296; vgl. appellierend Joerges, ZEuP 3 (1995), 181, 197.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

II. Rechtsökonomie Vom Ausgangspunkt des beschriebenen, weiten dogmatischen Ansatzes könnte eine (europäische) Rechtswissenschaft von einem Einbezug interdisziplinärer Erkenntnisse profitieren. Ein solches Vorgehen dient sich in der Rechtswissenschaft an, als diese qua ihres Gegenstands vielfach mit Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Gesellschaftsbereichen und Disziplinen beschwert ist.107 Der Einbezug ökonomischer Erkenntnismethodik stellt dabei einen der vielversprechendsten Ansätze des wünschenswerten, bedürfnisorientiert interdisziplinären Ansatzes108 moderner Rechtswissenschaft dar: Die im deutschsprachigen Raum relativ junge Disziplin der Rechtsökonomie stellt ökonomische Theorie zur Verfügung, die grundsätzlich universell auf rechtliche Fragestellungen anwendbar ist.109 Als rationale, lebensnahe und praxistaugliche Perspektive bringt sie „frischen Wind“ in die Diskussion.110 In der Tat werden in der deutschen Rechtswissenschaft vermehrt konkrete Rechtsfragen ökonomischer Betrachtung unterzogen111 und Europäisierungstendenzen auf solche Erwägungen gefußt.112 Ein Grund hierfür ist, dass die ökonomische Analyse für rechtsvergleichende Untersuchungen besonders hilfreich ist, weil sie mit ihrem Instrumentarium und einer mechanischen Vorgehensweise ein Rechtsordnungen übergreifendes und insoweit verbindendes Medium bietet.113 Von nationaler Prägung weitgehend losgelöst, verspricht sie in neuartige Erkenntnissphären vorzudringen, beispielsweise indem zwischen dem betrachteten deutschen und englischen Recht Verbindungslinien oder Divergenzen funktionaler Natur aufgedeckt werden, die einer reinen Rechtsvergleichung möglicherweise in dieser Klarheit verborgen blieben.114 Das große Potenzial eines kombinierend rechtsvergleichenden und 107

Hierzu Rubin, in: Patterson, S. 548, 548. Mit einem Appell für Interdisziplinarität: Stief, in: Hof, S. 512, 513 f. Zur Chance einer solchen „Klammer zwischen den Disziplinen“ von Rechts- und Wirtschaftswissenschaften durch die ökonomische Analyse des Rechts: Kirchner, S. 5 f. und § 3, A. I. 109 Hierzu § 3, A. Zur Natur der Rechtsökonomie, die „von ihrem konzeptionellen Ansatz her eine ökonomische, keine juristische Theorie“ und Teilgebiet der Ökonomik ist: Eidenmüller, S. 8, 21; vgl. Kirchner, in: Hoffmann-Riem, S. 63, 71. Zu Strukturverschiedenheit und Verhältnis von Recht und Ökonomie: Lieth, S. 22 f. 110 Vgl. Eidenmüller, S. 14 und § 3, A. I. 111 Z. B. Kötz, in: FS Großfeld, S. 583 zur Geschäftsführung ohne Auftrag. 112 Der DCFR weist Effizienz explizit als eines seiner Grundprinzipien bzw. Ziele aus, siehe v. Bar/Clive, princ. 54 ff., S. 37, 59 ff. Vgl. zum steigenden Interesse an ökonomischen Einsichten Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 10 f. 113 Alpa/Andenas, S. 212; Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 81. Opp, in: FS Radnitzky, S. 105, 105; Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 181. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ökonomische Modelle an ein bestimmtes Rechtssystem gebunden sein können: Mattei/Antoniolli/Rossato, in: Bouckaert/De Geest, vol. I, S. 505, 518. 114 Vgl. van Aaken, in: Jud u. a., S. 127, 148 zum Beitrag der Rechtsökonomie, der Rechtsvergleichung „Denkkategorien und Tiefenstrukturen, die außerhalb der verglichenen Rechtsordnungen stehen“, zu liefern, oder Mattei, 14 Int’l Rev. L. & Econ. (1994), 3, 3, 8 zum Beitrag am Beispiel des Eigentumsrechts verschiedener Rechtsordnungen. 108

B. Methodik

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rechtsökonomischen Ansatzes erschöpft sich dabei keinesfalls in einseitigen Zugewinnen, sondern erweist sich als gegenseitig befruchtende Bereicherung.115 Im Gegenzug zum ökonomischen Blickwinkel auf verschiedene Rechtsordnungen liefert die Rechtsvergleichung durch Bestandsaufnahmen geltender Regelungskonzepte die notwendige Substanz für eine ökonomische Analyse.116 So können beide Disziplinen bei der Suche nach einer „beste[n] Lösung“ für ein gemeinsames Projekt117 oder nationale Korrekturen gewinnbringend zum Einsatz gebracht werden.118

III. Divergierende Parameter Die gewählte methodische Konfiguration stößt allerdings die Auseinandersetzung an, in welchem Verhältnis die, auch Rechtstheorie und -philosophie einschließende hiesige Dogmatik und die Rechtsökonomie stehen, die sich aufgrund unterschiedlicher disziplinärer Perspektiven in der Rechtswissenschaft oftmals „wie zwei

115

Mattei, 14 Int’l Rev. L. & Econ. (1994), 3, 3, 18, u. a. „[…] celebrating the methodological wedding between the two most interesting general attempts to understand the law: Comparative Law and Law and Economics.“ (18). Befürwortend ferner Tröger, S. 71; Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 827, 846 ff.; Mattei/Antoniolli/Rossato, in: Bouckaert/De Geest, vol. I, S. 505, 505 f. Zum Mehrwert des ökonomischen Ansatzes für rechtsvergleichende und -harmonisierende Vorhaben: Weigel, 2003, S. XIII; van Aaken, S. 141 ff. sowie dies., in: Jud u. a., S. 127, 127, 148 f. Demgegenüber in entgegengesetzter Richtung: Mattei/Antoniolli/ Rossato, S. 505, 516. 116 Tröger, S. 71 f. m.w.N.; zum produzierten „reichen Lösungsvorrat, der sorgfältig auszuwerten und kritisch zu würdigen ist“: Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 847; vgl. zur einer Rechtsvergleichung voranzustellenden, allgemeinen „empirische[n] Erfassung des Materials“: Zweigert/Kötz, S. 42. Die Bedeutung einer profunden Bestandsaufnahme sollte nicht unterschätzt werden, vgl. insoweit nicht überzeugend La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer/Vishny, 52 J. Fin. (1997), 1131 zu 49 Rechtsordnungen. 117 Zum zunehmenden Einbezug ökonomischer Wirkungsweisen siehe z. B. zur Arbeit der Economic Impact Group im Rahmen der Entstehung des DCFR: Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 10 f., 13 sowie dies./Larouche, in: Chirico/Larouche, S. 1, 2 ff. Zur vorgelagerten Frage der Effizienz rechtsvereinheitlichender Tendenzen in der EU: Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 26 ff. m.w.N., sowie mit methodischem Fokus dies./Larouche, in: Prechal/van Roermund, S. 463, 463, 465 ff. Kritisch zu einer einzuebnen drohenden Rechtsvereinheitlichung auf Basis eines ökonomisch verkürzten Menschenbildes hingegen Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 370 f. 118 Zur Suche nach der „funktional beste[n] Lösung“ durch rechtswissenschaftliche Projekte wie PECL: Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 12; vgl. zu einer solchen ökonomisch besten Lösung als erstrebenswertes Ziel eines europäischen Vertragsrechts Chirico, in: Chirico/ Larouche, S. 9, 19 f. zu verschiedenen Positionen und Gewichtungen. Vgl. zu (funktionaler) Rechtsvergleichung van Aaken, in: Jud u. a., S. 127, 143 f. Nicht außer Acht gelassen werden sollte, dass sich eine solche Veränderung zur „besten“ Lösung nicht kostenfrei in einer Modellwelt vollzieht, sondern von bestehenden Strukturen der jeweiligen Rechtsordnungen beeinflusst wird. Zur Problematik der sog. Pfadabhängigkeit siehe § 3 Rn. 139 sowie zu rechtsvergleichender Rechtsökonomie Mattei/Antoniolli/Rossato, in: Bouckaert/De Geest, vol. I, S. 505, 521 ff.

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§ 1 Einleitung in Untersuchungsgegenstand und Methodik

Schiffe bei Nacht“ begegnen.119 Ziel der Untersuchung ist es, einen praktischen120 Beitrag zur Beantwortung der Fragen nach Realisierbarkeit und Potenzial einer synthetisierenden Betrachtung konkreter rechtlicher Fragestellungen mittels traditionell juristischer Methodik und (rechts-)ökonomischen121 Instrumentariums zu leisten. Der aus Illustrationszwecken gewählte kumulierte, aber separierte Ansatz bedarf bewusst eingesetzter Maßstäbe: Die Bewertung eines Konzepts kann sich anhand verschiedener Parameter vollziehen, beispielsweise seiner praktischen Eignung oder theoretischen Schlüssigkeit.122 Für die vorliegenden Zwecke ist neben zu berücksichtigenden bedürfnisorientierten, praktischen Belangen, wie Brauchbarkeit und Passgenauigkeit, die sich darin äußern, ob und inwiefern auf Basis des Regelungskonzepts in der Rechtspraxis praktikable und gesellschaftlich akzeptierte Lösungen hervorgebracht werden,123 primär die theoretische Dimension entscheidend. Daher wird zum einen das Kriterium logischer und theoretischer Stringenz und Geschlossenheit des betrachteten Regelungskonzeptes angelegt; diese, vielfach konstruktiv-formale Schlüssigkeit wird im Folgenden als Kohärenz124 bezeichnet und steht im Mittelpunkt der dogmatischen Analyse. Daneben stellt der Maßstab der Effizienz (§ 3, A. II. 2.) das Leitkriterium der rechtsökonomischen Betrachtung dar. Das heißt, die Bewertung rechtlicher Regelungen wird daran ausgerichtet, ob und inwieweit sie das gesetzte normative Ziel der Effizienz erreichen.125 Die Fragen, ob und inwieweit die Bewertungskriterien der beiden gewählten methodischen Ansätze unterschiedliche, aber harmonierende Perspektiven zu Tage fördern, sich ausschließen oder aber gegenseitig ergänzen können126, ob es sich um kumulativ einsetzbare Parameter oder vielmehr „Äpfel und Birnen“ handelt, sollen für eine ausstehende methodische Diskussion exemplifiziert angestoßen werden.

119 So Kraus, in: Coleman/Shapiro, S. 687, 687; vgl. Kimel, S. 4 zur Dichotomie von Vertrag und Versprechen. 120 Für einen „aktiven“, sozialwissenschaftliche Instrumente einbeziehenden rechtswissenschaftlichen Ansatz, anstatt ökonomische Erwägungen nur wiederzugeben: Tröger, S. 39 f., 33 m.N. 121 Insofern wird lediglich eine Erkenntnismethode in die rechtswissenschaftliche Untersuchung eingepflegt, vgl. § 3, A. I. und Kirchgässner, S. 152. 122 Vgl. z. B. Benson, in: Patterson, S. 29, 29, der u. a. „completeness and adequacy“ als Kriterium anlegt. Nach hier vertretener Ansicht ist es legitim, hierunter Passgenauigkeit und praktisches Lösungspotenzial sowie theoretische Geschlossenheit und Schlüssigkeit zu fassen. 123 Vgl. Rubin, in: Patterson, S. 548, 550 ff. 124 Kohärenz soll nicht als Selbstwert verstanden werden, sondern als Beurteilungskriterium. Ausführlich hierzu Kress, in: Patterson, S. 521; Eidenmüller, JZ 54 (1999), 53, 59. Vgl. allgemein begriffsbestimmend im Kontext unionsrechtsbezogener Kohärenz mitgliedstaatlicher Rechtsordnungen Lippstreu, S. 17 m.w.N. Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass der Maßstab als Ideal verfolgt wird, d. h. bei realitätsnaher Einschätzung keine vollkommene Umsetzung erfahren wird, vgl. Canaris, 1983, S. 112. 125 Das Effizienzziel liegt – neben anderen – dem DCFR explizit zugrunde, siehe Fn. 112. 126 So nach Benson, in: Patterson, S. 29, 30 die Befürworter „gemischter Theorien“ am Beispiel der Kombination von Autonomie und ökonomischer Effizienz.

C. Gang der Untersuchung

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C. Gang der Untersuchung Die illustrierende Untersuchung dient den verzahnten Facetten des dreidimensionalen Erkenntnisinteresses: Die (dogmen-)geschichtlich fundierte Betrachtung sorgt dafür, ein vertieftes Verständnis zu schaffen und zeigt so Harmonisierungspotenzial und -grenzen im Bereich öffentlicher Belohnungsaussetzung auf; dabei bringt sie potenziell Erkenntnisse für die grundlegende Frage des einseitigen Verpflichtungsgrundes hervor und veranschaulicht durch die strukturierte, reflektiert methodenpluralistische Betrachtung, dass eine moderne Rechtswissenschaft nicht nur nationale Grenzen überwinden, sondern auch Disziplinen übergreifen kann. Diese Ziele werden verfolgt, indem die rechtliche Gestaltung öffentlicher Belohnungsaussetzung im Hinblick auf ihre Konstruktion als Versprechen oder Vertrag, sowie die zwei anschließenden, zentralen127 Fragestellungen ihrer Widerruflichkeit und einer erforderlichen Kenntnis des erfolgreichen Bewerbers für den Erwerb des Anspruchs auf die Belohnung im deutschen und englischen Recht zunächst aus dogmatischer Warte untersucht, und zu Tage geförderte hilfreiche Erkenntnisse für die Frage nach dem einseitigen Verpflichtungsgrund festgehalten werden (§ 2). Anschließend wird die rechtliche Gestaltung im Hinblick auf die Konstruktion und die anschließenden Fragestellungen der rechtsökonomischen Analyse als einer weiteren, erkenntnisreichen Betrachtung unterzogen (§ 3). Abschließend wird als Zusammenfassung und Ausblick die Methodendiskussion angestoßen, ob und inwieweit die Ergebnisse kompatibel sind und die Erkenntnismethoden synthetisiert werden können (§ 4).

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Vgl. z. B. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 23.

§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht Die dogmatische Untersuchung erschließt öffentliche Belohnungsaussetzung, bei einem mitlaufenden Fokus auf Erkenntnisse für die Frage des (einseitigen) Verpflichtungsgrundes, in ihrer Konstruktion und den beiden gewählten Fragestellungen im deutschen (A.) und im englischen Recht (B.), und schließt mit einem wertenden Fazit zu einer denkbaren gemeinsamen Lösung (C.).

A. Deutsches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als Auslobung Obwohl das deutsche Recht für öffentliche Belohnungsaussetzungen eine gesetzliche Regelung in Gestalt der Auslobung nach den §§ 657 f. BGB hinsichtlich der Konstruktion und der Fragestellungen von Widerruf (§ 658 BGB) und Kenntnis (§ 657 a.E. BGB) getroffen hat, hebt sich das einseitige Konzept markant vom Grundsatz des Vertragsprinzips des BGB ab und bedarf genauerer Betrachtung. Dazu wird nach einer kurzen Darstellung des status quo der Auslobungskonstruktion und der zwei Fragestellungen (I.) ermittelt, ob und inwieweit die Regelungen auf einem (dogmen-)geschichtlichen Fundament fußen oder im Geiste einer überwölbenden Tradition stehen, sowie ob implizit durch die Lösung von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis Kerngedanken oder Wertungen vorgegeben werden, die den Spielraum zukünftiger rechtsvereinheitlichender Vorhaben abstecken (II.). Die Ergebnisse werden mit Blick auf ein Harmonisierungspotenzial festgehalten (III.).

I. Status quo im deutschen Recht: Auslobung als gesetzgeberische Entscheidung Die besondere Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung hat im deutschen Recht in den §§ 657 ff. BGB eine gesetzliche Regelung erfahren.1 Sowohl die 1 Zur die Versprechenskonstruktion bestätigenden Klassifizierung der Auslobung durch die amtliche Überschrift: Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 2 f. Sofern keine Sonderregelungen – wie die freie, nur in ihren Modalitäten beschränkte Widerruflichkeit nach § 658 Abs. 1 BGB – getroffen wurden, gelten die allgemeinen Vorschriften. So muss die Auslobung als Willenserklärung gem. §§ 104 ff. BGB wirksam sein, statt vieler: Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), Rn. 5; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 5; Ring, in: NK-BGB, § 657 Rn. 5.

A. Deutsches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als Auslobung

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Konstruktion (1.) als auch die freie Widerruflichkeit (2.) und das Absehen von einem Kenntniserfordernis (3.) sind im Gesetzestext niedergelegt. 1. Auslobung als einseitig Verpflichtung begründendes Versprechen Bereits der amtliche Titel, „§ 657 Bindendes Versprechen“, lässt auf eine einseitige Konstruktion schließen. § 657 BGB sieht vor: „Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.“ Verpflichtet wird also lediglich der Auslobende, während es potenziellen Bewerbern freisteht, ob sie zur Handlung schreiten oder eine solche aufgenommene abbrechen.2 Der maßgebliche Verpflichtungsgrund wird nicht durch Angebot und Annahme erzeugt, sondern ausschließlich und einseitig durch die öffentliche3 Belohnungsaussetzung durch den Auslobenden. Lediglich für den Erwerb des Anspruchs auf die Belohnung4 ist erforderlich, dass der jeweilige Bewerber den belohnungsbewährten Erfolg herbeiführt bzw. die entsprechende Handlung vornimmt.5 Hierbei handelt es sich um ein tatsächliches Geschehen und keine Willenserklärung.6 Die Auslobung stellt nicht nur eine7 der Durchbrechungen des in § 311 Abs. 1 BGB normierten Vertragsprinzips 2 Zur fehlenden Pflicht der Bewerber A. II. 2. a) cc) (4). In Ermangelung einer Leistungspflicht wird i.F. das erfolgreiche Tätigwerden daher nicht als „Erfüllung“ (vgl. § 362 Abs. 2, Abs. 1 BGB in Wortlaut und Bedeutung), sondern als Handlungsvornahme oder Erfolgsherbeiführung bezeichnet. Vgl. auch den terminologischen Hinweis bei Dalwigk zu Lichtenfels, S. 45. Das belohnungsbewährte Moment kann in einem Tun oder Unterlassen liegen: Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 21; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 8. 3 Zur konstitutiven Natur der öffentlichen Bekanntmachung (§ 657 BGB) prägnant die Motive, Mot. II, § 581 (S. 519): „Ohne Publizität keine Auslobung“; hierzu statt vieler Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 20 ff.; Ahlich, S. 24. Zum Adressatenkreis statt vieler Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 7 sowie zu den Anspruchsvoraussetzungen allgemein Sprau, in: Palandt-BGB, § 657 Rn. 2 ff.; Ring, in: NK-BGB, § 657 Rn. 5 ff.; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 5 ff. 4 Zum weiten Begriff der Belohnung als einem materiellen oder immateriellen Vorteil Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 14; vgl. v. Reden, in: Soergel-BGB, § 657 Rn. 10. 5 Der Vorschlag, nur von „Annahmelosigkeit“ statt Einseitigkeit zu sprechen (so z. B. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 46, 51 m.w.N.) ist deshalb abzulehnen. 6 Dalwigk zu Lichtenfels, S. 46 m.w.N.; vgl. Schulze, in: HK-BGB, § 657 Rn. 3; Mot. II, § 581 (S. 520). 7 Zu den anderen existierenden (a.A. Feldmann/Löwisch, in: Staudinger-BGB (2012), § 311 Rn. 18) Ausnahmen der Stiftung (§ 81 BGB), des Vermächtnisses (§§ 1939, 2147 ff. BGB) und den umstrittenen Fällen der Inhaberschuldverschreibung (§ 783 BGB) z. B. Emmerich, in: MüKo-BGB (2016), § 311 Rn. 21; Stadler, in: Jauernig-BGB, § 311 Rn. 1; vgl. ferner Schulze, in: Schulze-BGB, Vorbem. zu §§ 311 – 319 Rn. 5; Olzen, in: Staudinger-BGB (2015), Einl. zum

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

dar8, sondern geradezu das „Musterbeispiel“ einseitig bindender Versprechen im deutschen Recht.9 Sie manifestiert anschaulich, dass der Vertragsgedanke im BGB nur als Grundsatz und nicht als Dogma herrscht10 und dass konzeptionell Raum für und Interesse an einem einseitigen Verpflichtungsgrund besteht. 2. Freie Widerruflichkeit, § 658 Abs. 1 BGB Seit Erlass des BGB herrscht hinsichtlich der vormals intensiv diskutierten11 Frage Klarheit: Die Auslobung kann bis zur Vornahme der Handlung gem. § 658 Abs. 1 S. 1 BGB12 unter Einhaltung der bezeichneten Modalitäten (S. 2) frei widerrufen werden. Eine stichhaltige und überzeugende Begründung der Widerruflichkeit ergibt sich allerdings weder konstruktionslogisch noch aus den Motiven13, sodass unter A. II. 2. a) ein Versuch unternommen wird, die gesetzgeberische Entscheidung im Hinblick auf etwaige elementare, das Harmonisierungspotenzial zwischen deutschem und englischen Recht umreißende Wertungen nachzuvollziehen. 3. Kein Kenntniserfordernis, § 657 a.E. BGB Bereits die Logik der einseitigen Konstruktion verlangt, dass der erfolgreiche Bewerber keine Kenntnis von der Belohnungsaussetzung gehabt haben muss, da der Auslobende den Verpflichtungsgrund gerade autark, d. h. ohne die Mitwirkung eines Gegenübers in die Welt setzt. Allenfalls für den Anspruchserwerb könnte eine Kenntnis erforderlich sein. Dass dies nach der gesetzgeberischen Vorstellung nicht der Fall ist, wird in § 657 a.E. BGB deklariert.14

Schuldrecht Rn. 47 m.w.N.; Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 1; G. Schulze, S. 355 mit Fn. 249. 8 Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 1, 3; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 11 m.w.N.; vgl. ferner Kleinholz, S. 11 f.; Weller, S. 61; Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 3. 9 Mit dieser Bezeichnung Mankowski, S. 68; vgl. Feldmann/Löwisch, in: Staudinger-BGB (2012), § 311 Rn. 18. 10 Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 1; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 46. 11 Hierzu A. II. 2. a). 12 Zu den Modalitäten statt vieler: Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 10 ff. 13 A. II. 2. a), insbesondere bb). 14 § 657 a.E. BGB: „verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.“ (Hervorhebung durch Verf.). Vgl. zu diesem Schluss statt vieler: Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 3.

A. Deutsches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als Auslobung

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II. Bewertung der dogmengeschichtlichen Schlüssigkeit Um das Verständnis des Auslobungskonzeptes und etwaiger inhärenter Wertungen mit Blick auf mögliche (gemeinsame) Vorhaben zu schärfen, wird zunächst die Entstehungsgeschichte skizziert und ein Versuch unternommen, ein dogmengeschichtlich prägendes Fundament des einseitigen Konzepts aufzuspüren (1.). Anschließend wird die konzeptionelle Überzeugungskraft mit Blick auf die Fragestellungen der Widerruflichkeit und des Kenntniserfordernisses untersucht (2.) und schließlich festgehalten, ob und gegebenenfalls welche zwingenden Ergebnisse oder Wertungen in den diesbezüglichen Lösungen der §§ 657 f. BGB verankert sind, die für künftige Projekte berücksichtigt werden müssen oder Einsichten für die Grundlagenfrage eines einseitigen Verpflichtungsgrundes befördern (3.). 1. (Dogmen-)Geschichtliche Entwicklung und Fundierung des einseitigen Konzepts der Auslobung Die für den status quo öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen Recht maßgebliche gesetzgeberische Entscheidung zum Erlass der §§ 657 ff. BGB zu einer einseitig konzipierten Auslobung steht vor dem Hintergrund eines erbitterten Theorienstreits [a)]. Um die gewählte einseitige Konstruktion über den gesetzgeberischen Federstrich hinausgehend zu fundieren, wird in den Blick genommen, woher das Konzept dogmengeschichtlich stammen könnte [b)] und abschließend zusammengefasst, welche Wertungen hervortreten, die sich für etwaige (Harmonisierungs-)Vorhaben oder die Frage eines einseitigen Verpflichtungsgrundes als hilfreich erweisen könnten [c)]. a) Erlass der §§ 657 ff. BGB als vorläufiger Endpunkt eines lodernden Theorienstreits Die heutige Ausgestaltung der Auslobung als einseitig Verbindlichkeit begründendes Versprechen ist keineswegs selbstverständlich – vielmehr gilt „[d]as Rechtsinstitut […] als systemfremd und daher juristisch nur schwer erfaßbar.“15 Die Regelung der Auslobung stellte bis zum Inkrafttreten des BGB den idealen Schauplatz dar, auf dem sich widerstreitende Theorien inszenieren konnten.16 Mit schwang die im 19. Jahrhundert allgemein angestoßene Frage, ob das deutsche Recht das einseitige Versprechen als Verpflichtungsgrund vorsehen sollte.17 Trotz einer 15

Dreiocker, S. 7; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 4, 22, 24. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 13 m.w.N. („Kampfarena“); vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 4 („Grundsatzfrage“). 17 Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 15 zur hinter der Auslobung verborgenen Ewigkeitsfrage des Grundes rechtsgeschäftlicher Bindung. Zur Forderung des Versprechens als einseitiger Verpflichtungsgrund, die allerdings nur relativ vage auf verschiedene Vorläufergedanken gestützt wird, u. a. aus kanonischem Recht und naturrechtlicher 16

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

insofern weitreichenden initialen Vorlage des zuständigen Redaktors im Jahr 1877 für das im Entstehungsprozess befindliche Bürgerliche Gesetzbuch, das Versprechen als Verpflichtungsgrund als „großes Prinzip“ zu etablieren18, setzte sich diese Vorstellung in den §§ 657 ff. BGB in Gestalt der Auslobung nur als Ausnahme durch. Um den status quo verständlich zu machen, werden zunächst die Grundlinien der rivalisierenden Konzepte von Vertrag und Versprechen umrissen [aa)]. Anschließend wird die gewundene Entstehungsgeschichte der §§ 657 ff. BGB beleuchtet [bb)], deren Konstruktionsergebnis heute im Wesentlichen, aber nicht durchgängig akzeptiert wird [cc)]. Das Ergebnis zeugt in Ermangelung einer den Entwicklungsgang begleitenden Argumentation jedenfalls von Kontingenz [dd)]. aa) Grundlegender Theorienstreit im 19. Jahrhundert Im bisweilen lodernden19 Streit um die über die Rechtsnatur mitentscheidende Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung zeichneten sich zwei konfligierenden Grundpositionen ab, diese als zweiseitigen, durch Angebot und Annahme zustande kommenden Vertrag (Vertragstheorie) (1) oder als einseitiges Versprechen (Versprechens- oder Pollizitationstheorie) zu erfassen (2).20 (1) Vertrag – Annahme des Angebots ad incertam personam Im Gegensatz zur heute kodifizierten einseitigen Ausgestaltung der Auslobung wurde vorgeschlagen, die Situation als Vertrag zu erfassen. Bei der öffentlichen Belohnungsaussetzung handele es sich lediglich um ein annahmebedürftiges Angebot ad incertam personam, sodass der Verpflichtungsgrund erst durch die in der Vornahme der bezeichneten Handlung oder Herbeiführung des erwünschten Erfolgs

Literatur: Siegel, u. a. S. 45, 49 m.w.N. Vgl. dazu, dass Siegel einen „überzeugenden rechtshistorischen Beweis“ schuldig bleibt: Dreiocker, S. 136 sowie A. II. 1. b) zum Fehlen valider (dogmen-)geschichtlicher Anknüpfungspunkte. Weitere historische Anstöße finden sich z. B. bei Kuntze, S. 462 (§ 108), der in seinem Versuch, Inhaberpapiere in ihrem zugleich dinglichen und obligationsrechtlichen Wesen zu erfassen, u. a. S. 458 ff. (§ 107), darauf hinweist, dass der „Bau des Obligationenrechts […] gesprengt werden“ müsse und einseitige Rechtsakte eine denkbare Alternative zum Vertrag darstellten („ein Vertrag oder ein einseitiger Rechtsakt […] (beides ist denkbar)“); C. Schmidt, S. 251 ff. (§ 29), nach dem – selbst bei notwendiger Annahme – „der eigentliche Obligationsgrund noch immer […] das Versprechen des Schuldners“ sei (253) sowie in diese Richtung gehend Jacobi, dogm. Jb. 4 (1861), 159, 253 f. 18 v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1172 (S. 2): „Die Vorlage enthält an der Spitze ein großes Prinzip“; siehe sogleich A. II. 1. a) bb). 19 Mit bildhafter Umschreibung z. B. Eberdt, S. 1; Welsmann, S. 13; Ahlich, S. 1; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 341. 20 Zu den beiden Grundlinien prägnant: Mot. II, § 581 (S. 518 f.); Dreiocker, S. 11 f.; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 341; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 4, 15; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 7 ff.; vgl. Fischer, S. 1.

A. Deutsches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als Auslobung

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durch den ersten erfolgreichen Bewerber liegende Annahme entstehe.21 Einen ihrer prominentesten Vertreter findet die Vertragstheorie in Bernhard Windscheid, der in seinem Lehrbuch des Pandektenrechts zwar einige (wenige) einseitig bindende Versprechen als Ausnahme vom Vertragsgrundsatz anerkennt, die Auslobung gleichwohl als Vertrag klassifiziert.22 Problematisch an der denkbaren, in geltenden Rechtsordnungen zu findenden, zweiseitigen Konstruktion ist die plausible Begründung der die Entstehung des vertraglichen Verpflichtungsgrundes und so des Anspruchs auf die Belohnung begründenden Annahme.23 Worin genau diese liege, i. e. erst in der vollständigen Handlungsvornahme bzw. Erfolgsherbeiführung oder einem anderen Moment, spaltete die Befürworter der Vertragstheorie.24 Vertreten wurden primär sechs verschiedene Ansichten, deren Bandbreite von der bloßen Handlungsaufnahme oder ihrer Vervollständigung über eine ausdrückliche Willenserklärung vor Beginn oder nach der Vollbringung bis hin zur bloßen Mitteilung des herbeigeführten Erfolgs reicht.25 Bezweifelt wurde ferner, mitunter im Laufe des Gesetzgebungsprozesses, ob ein Vertragsschluss tatsächlich dem Willen der an ihm beteiligten Parteien entspreche.26 (2) Versprechen – Autarkie des einseitigen Verpflichtungsgrundes Nach der Gegenposition erzeugt der einseitige Versprechensakt des die Belohnung Aussetzenden an die Öffentlichkeit ohne jegliche Mitwirkung potenzieller Bewerber den Verpflichtungsgrund (Versprechens- oder Pollizitationstheorie).27 Die Vornahme der Handlung bzw. Herbeiführung des Erfolgs stellt insofern nur die Voraussetzung dafür dar, dass der Anspruch auf die Belohnungsgewährung entsteht, der in der Auslobung als einseitigem Verpflichtungsgrund bereits wirksam angelegt ist.28 Angesichts dieser dogmatischen Präzision verfängt die entsprechend vorge-

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Zur Vertragstheorie m.N. statt vieler: Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 8; Dreiocker, S. 12; Kleinholz, S. 12; Mot. II, § 581 (S. 519); vgl. Jakubezky, S. 19 sowie 77: „Die Auslobung dürfte als bindende Offerte anzusehen sein“. 22 Windscheid/Kipp, § 304 (S. 239 ff.), §§ 305 f. (S. 243 ff.) sowie zur Auslobung § 308 (S. 257 ff.). Zu Windscheid als Hauptvertreter der Vertragstheorie Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 3. 23 Herbots, in: FS Fenge, S. 219, 229 ff.; vgl. B. I., II. 1. a). 24 Mot II. § 581 (S. 519); Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 8. 25 Darstellend zu den Ansätzen: Kleinholz, S. 13; Dreiocker, S. 12 f.; vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 19 m.N.; vgl. Elster, ArchBürgR 18 (1900), 125, 160 ff. 26 v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 487. 27 Zu Vertretern, Begründungen insbesondere germanischer oder gewohnheitsrechtlicher Natur und begrifflicher Anknüpfung an die römischrechtliche pollicitatio siehe A. II. 1. b) aa) (1) sowie Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 15 m.w.N.; vgl. Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 9. 28 Hierzu deutlich die Motive, Mot II., § 581 (S. 519 f.) sowie § 582 (S. 521).

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brachte Kritik, dass die Einseitigkeit illusorisch sei, als es letztlich doch der Mitwirkung des Anspruchserwerbers bedürfe29, nicht. bb) Entstehungsgeschichte der §§ 657 ff. BGB – gesetzgeberische Entscheidung zugunsten des einseitigen Konzepts Überraschenderweise konnte sich die im Grundsatz herrschende Vertragstheorie30 im Hinblick auf die öffentliche Belohnungsaussetzung im Gesetzgebungsprozess nicht durchsetzen.31 Im Gegenteil sollte nach dem angesprochenen, insoweit inbrünstigen, „revolutionären“32 ersten Entwurf des Redaktors des Obligationenrechts Franz Friedrich Philipp v. Kübel33, der Vorlage No. 11 aus dem Jahre 1877, nicht nur die Auslobung eine einseitige Ausgestaltung erfahren, sondern allgemein das einseitige Versprechen komplementär zum Vertrag und diesem „ebenbürtig“ als Verpflichtungsgrund etabliert werden.34 Demgegenüber vollzog sich mit dem zweiten sog. Theilentwurf von 1882 eine Kehrtwende. Dieser beschränkte sich moderater darauf, die einseitige Bindung nur für bestimmte Sonderfälle vorzusehen.35 Diesem Konzept folgend, schloss sich der Gesetzgeber implizit der Versprechenstheorie an.36 29 Inbrünstig v. Gierke, S. 226: „Mithin kommt die Obligation doch nicht ohne Mitwirkung des Gläubigers zu stande!“. 30 Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 15; Bergmann, in: StaudingerBGB (2016), § 657 Rn. 4; vgl. A. I. 1. Zur Überlegung, ob aus den Regelungen der Art. 681 ff. des Dresdner Entwurfs von 1866, der von v. Kübel mitgestaltet wurde und den Weg zu den heutigen §§ 657 ff. BGB beeinflusste, Rückschlüsse auf eine übernommene (vertragliche) Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung gezogen werden könnten: Dreiocker, S. 137. Obwohl allgemeine Formulierungsähnlichkeiten und kongruente Regelungsgedanken in §§ 659 f. BGB und Art. 683 f. des Dresdner Entwurfs bestehen, zeichnen sich Unterschiede ab, z. B. wird in letzterem die Frage der Widerruflichkeit nur gestreift (Art. 686) und die Kenntnis nicht erwähnt. Zum Einfluss des Dresdner Entwurfs auf das Schuldrecht des BGB: Hedemann, S. 40 ff.; vgl. C. Hattenhauer, S. 138 sowie am Beispiel des Deliktsrechts Benöhr, in: FS Seiler, S. 499, 530 ff. 31 Ausführlich Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 21 ff.; vgl. zum Gesetzgebungsprozess Schlosser, Kap. 12, Rn. 24 ff. 32 So Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 21; vgl. Dreiocker, S. 136 f. 33 v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1711 ff. (S. 1 ff.). Zu Person und Leben v. Kübels (1819 – 1884): F. Kübel, S. 41 f.; Schubert, in: Schubert, Bd. I, Einl., S. XIII ff.; Schubert, S. 75 ff. im Beitrag von Jahnel; Westhoff, in: BAdW, Stichwort: Kübel, Franz von (S. 171 f.); E. v. Kübel, Württ. Arch. 23 (1882), S. IX, IX ff., u. a. XII f. zur in anderen, den Redaktor primär als fachlich fokussiert beschreibenden Berichten – vgl. hierzu A. II. 1. a) bb) (2) –, nicht erwähnten sozialen Ader und wohltätigem Engagement. 34 v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1711 ff. (S. 1 ff.), insbesondere S. 1172 (S. 2): „Die Vorlage enthält an der Spitze ein großes Prinzip“, S. 1174 (S. 4), 1176 (S. 6). 35 v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 483; hierzu z. B. Kleinschmidt, in: HKKBGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 21. 36 Mot. II, § 581 (S. 519); Welsmann, S. 29 f.; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 21. Zur Kritik, dass eine deutliche Abgrenzung von der Vertragstheorie fehle, Dreiocker, S. 138.

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Die Forderung nach einem allgemeinen einseitigen Verpflichtungsgrund realisierte sich insofern in Gestalt der Auslobung nach § 657 BGB nur, aber immerhin als punktuelle Ausnahme.37 Der mäandernde Weg zu diesem Ergebnis lässt sich unter Zuhilfenahme der Materialien zum Gesetzgebungsprozess nur begrenzt erschließen (1). Die veränderte Stellung der Auslobung als Ausnahme anstatt als Unterfall wird verständlicher, wenn ein Augenmerk auf in der Person des Redaktors wurzelnde Besonderheiten38 (2), sowie solche redaktioneller und organisatorischer Natur des Entstehungsprozesses (3) gerichtet wird. (1) Argumentative Brüchigkeit der Entwicklung Im Gegensatz zum vorherigen, weitreichenden Vorstoß des ersten Entwurfs wurde die Vorstellung des Versprechens als allgemein verfügbarer Verpflichtungsgrund im zweiten Entwurf als „bedenklich“ und nach den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs nicht erforderlich abgelehnt.39 Obwohl die einseitige Konstruktion der Auslobung sich nicht veränderte und der Großteil der Begründungen übertragen wurde,40 vollzog sich konzeptionell ein grundlegender Wandel. Während die Auslobung in der ersten Vorlage nur eine Ausprägung eines allgemeinen Konzepts des Versprechens als einseitiger Verpflichtungsgrund darstellen sollte41, musste der 37

Kleinschmidt, Jura 2007, 249, 251; Mot. II, §§ 342, 343 (S. 175). Befürwortend zu einem personenbezogenen Ansatz, der Arbeitsweise und Persönlichkeit der Verfasser des BGB zu ergründen versucht: Schubert, in: Schubert, Bd. I, Einl., S. X. 39 v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 483. Vgl. die letztliche Ablehnung des vorgeschlagenen, den Grundsatz der Unverbindlichkeit einseitiger Versprechen, sofern das Gesetz nicht ein anderes bestimme, niederlegenden § 342 des ersten Entwurfs (vgl. hierzu Mot. II, §§ 342, 343 (S. 175 f.) sowie die einführende Gegenüberstellung, Mot. II, S. XXX), als überflüssig und ggf. als Einengung sogar schädlich nach den gutachterlichen Einschätzungen, wiedergegeben durch das Reichsjustizamt, S. 105 f. m.w.N.; vgl. zur Diskussion Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 21; vgl. Mot. II, §§ 342, 343 (S. 175). 40 Nach Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 22, liege die „einzige nennenswerte Änderung“ im Absehen von der im ersten Entwurf postulierten Ersatzpflicht bei Widerruf. Der Umschwung von der auf die Belohnungshöhe gedeckelten Ersatzpflicht – hierzu zuvor v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1173 f. (S. 3 f.), S. 1186 f. (S. 16 f.) – zur Klarstellung, dass insbesondere ob des Handelns auf eigene Gefahr „von einem Schadensersatzanspruch aus dem Widerrufe keine Rede sein“ könne, der ferner zu „fast unlöslichen Schwierigkeiten führen müßte“, so ders., in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 493 (S. 11), wird nicht als solcher erläutert. Auch die Motive greifen lediglich die primär praktische Begründung des zweiten Entwurfs knapp auf: Mot. II, § 582 (S. 522); vgl. die nachfolgenden Fn. 41 und 42. 41 v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, u. a. S. 1172 (S. 2) zur Einseitigkeit als „großes Prinzip“ von „Bedeutung und Wichtigkeit“, zu dem sich die Vorlage – obgleich man sich „aus den Banden des alten Dogma von der Unverbindlichkeit des nicht angenommenen Versprechens [nur] schwer zu befreien“ vermöge – so S. 1176 (S. 6) – explizit bekennt, etwa S. 1174 (S. 4): „Der Entwurf hat mit dem Dogma von der Unverbindlichkeit des nicht angenommenen Versprechens gebrochen und erkennt […] auch der einseitigen obligatorischen Willenserklärung verpflichtende und rechtserzeugende Kraft zu“. Als wesentliches Argument wird der maßgebliche Wille des Versprechenden angeführt; es sei nicht ersichtlich, warum dieser sich nicht auch ohne das Hinzutreten eines weiteren Willens solle binden können, wenn er 38

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zweite Entwurf begründen, warum diesem grundlegend zwar nicht gefolgt werden könne, gleichwohl aber eine Ausnahme vom folglich exklusiv vertraglichen Verpflichtungsgrund für die Auslobung gerechtfertigt sei. Diese Wendung glückte nur unzureichend: Zwar stellte die weniger weitreichende Lösung, die Auslobung im Einklang mit dem anerkannten Modell (grundsätzlich) vertraglicher Bindung42 nur ausnahmsweise einseitig zu konstruieren, die konsensfähigere, aber in Ermangelung einer überzeugenden theoretischen Begründung zugleich die weniger konsistente dar. Als wesentliches Argument wurde angeführt, dass auch beim Vertrag als Verpflichtungsgrund der Schwerpunkt im Versprechen des Anbietenden liege, sodass „nicht erfindlich [sei], warum dieser Wille nicht auch ohne Hinzutritt eines zweiten Willens eine Verpflichtung zur Erfüllung sollte zu begründen vermögen, wenn der Wille hierauf gerichtet“ sei.43 Dies alleine genüge zwar noch nicht, um ein solches Prinzip gesetzgeberisch niederzulegen, jedoch bestünden die hierfür maßgeblichen „Bedürfnisse des Verkehrs und des Rechtslebens“ nach einer natürlichen und einfachen Lösung in bestimmten Fällen, u. a. denen der Auslobung.44 Dieser Weg, über das Bindeglied einer allgemeinen Übermacht des Willens des Versprechenden den Bogen vom Grundsatz des Vertrags als Verpflichtungsgrund zum explizit nur ausnahmsweise hinreichenden einseitigen Versprechen der Auslobung zu schlagen, erscheint aus heutiger Sicht insbesondere in zwei Hinsichten äußerst gewunden. Zum einen kann der Prämisse eines Begründungsschwerpunktes seitens des Anbietenden beim Vertrag nicht ohne weiteres gefolgt werden. Im Gegenteil hat sich der Gedanke eines Konsenses als durch gleichberechtigte Willenserklärungen herbeigeführte

dies wolle [S. 1175 f. (S. 5 f.)]. Außerdem betont die Vorlage in extensiverem Ausmaß als der zweite Entwurf die „Bedürfnisse des Verkehrs und des Rechtslebens“, die für die positivgesetzliche Normierung maßgeblich seien und welchen die einseitige Konstruktion, die „die fraglichen Erscheinungen in einfacher und befriedigender Weise“ erkläre, entspräche [S. 1176 (S. 6)]. Somit, und in Ermangelung eines Grundes, die einseitige Verpflichtungsmöglichkeit „nur auf einzelne Ausnahmefälle zu beschränken“, müsse „das einseitige Versprechen als Entstehungsgrund eines Schuldverhältnisses dem Vertrage ebenbürtig zur Seite“ gestellt werden und dem Versprechenden die Wahl überlassen, ob er sich durch Versprechen oder Vertrag verpflichte, anstatt auf eine „künstliche Weise einen Vertrag herauszukonstruiren, wo in Wirklichkeit ein Vertrag nicht gewollt“ sei [S. 1176 f. (S. 6 f.)]. Schließlich sei keine beachtliche Rechtsunsicherheit zu erwarten, da „der praktische Erfolg derselbe“ sei und es sich „nur um eine Frage der juristischen Konstruktion“ handele bzw. ohnehin nur lediglich eine Selbstverpflichtung betreffende Anwendungsfälle für die Versprechenskonstruktion in Betracht kämen [hierzu ausführlich S. 1177 (S. 7)]. 42 Explizit hervorgehoben in den Motiven: Mot. II, §§ 342, 343 (S. 175). 43 v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 484. Vgl. die vorherige Fn. 41 zur sinngemäßen, aber weitreichenderen Vorlage, in der z. B. Vertreter der willensbasierten Einseitigkeit namentlich genannt werden, während die identische Textpassage im zweiten Entwurf diese auslässt: v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1176 (S. 6). Die willensbezogene Argumentation findet sich bereits bei Siegel, der das Versprechen im Gegensatz zum Theilentwurf jedoch allgemein als Verpflichtungsgrund fordert: Siegel, S. 48 f. 44 Siehe v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 484.

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Willensübereinstimmung als herrschend kristallisiert.45 Insbesondere beim typischen Fall des gegenseitigen Vertrags liegt fern, dass der – allenfalls initiative – Wille des Anbietenden größeres Gewicht habe. Neben theoretischen Diskrepanzen werden ferner in der Praxis in einem Verhandlungs- und Einigungsprozess Angebot und Annahme vielfach nicht lehrbuchartig identifizierbar hervortreten.46 Zum anderen ist die Argumentation, selbst wenn der Prämisse des übermächtigen Willens gefolgt wird, mit Blick auf ihre Aufgabe, das Ergebnis argumentativ zu unterfüttern, inhärent brüchig: Nach Ablehnung eines allgemeinen, einseitigen Verpflichtungsgrundes müsste die Ausnahme für den Fall der Auslobung systemkonform mit deren Besonderheiten begründet werden. Statt einer spezifisch auf die Auslobungssituation zugeschnittenen Argumentation scheint der nicht differenzierende Rekurs auf den allgemein wirkmächtigen und entscheidenden Willen des Anbietenden47 vielmehr das abgelehnte allgemeine Konzept eines einseitigen Verpflichtungsgrundes zu belegen. Letztlich verbleibt unter der kritikwürdigen theoretischen Einkleidung nur das praktische Argument, dass das einseitige Versprechen für bestimmte Lebenssachverhalte die „natürliche und einfachste Erklärung“ bietet.48 Der zweite Entwurf bietet als Ausgangspunkt für den späteren Erlass der §§ 657 ff. BGB insofern kein geschlossenes Theoriegebäude49, sondern lässt verschiedene Momente aufblitzen, von denen nur das praktisch-pragmatische verfängt. (2) In der Person des Redaktors angelegte Einflussfaktoren Die bislang wenig ausgeleuchtete50 Persönlichkeit v. Kübels weist verschiedene, scheinbar paradoxe Facetten auf. Der der gerichtlichen Praxis entstammende und Zeit seines Lebens verschriebene51, fachlich anerkannte52 Jurist zeichnete sich als

45 Zum Konsens als „unverrückbare[s] Prinzip“: Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 187; Weller, S. 59 f.; vgl. ferner Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 26; allgemein Eckert, in: BeckOK-BGB (2017), § 145 Rn. 3; Dörner, in: Schulze-BGB, Vorbem. zu §§ 145 – 157 Rn. 1. 46 Deutlich Busche, in: MüKo-BGB (2015), § 145 Rn. 4; vgl. Bork, in: Staudinger-BGB (2015), Vorbem. zu §§ 145 – 156 Rn. 36; vgl. Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 1, 62 f. zu dieser Sicht auf Angebot/Annahme als eine formalistische. 47 Vgl. die vorherige Fn. 43. 48 Siehe v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 484, 487; vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 22. 49 Vgl. C. Hattenhauer, S. 138 mit Fn. 249 m.N.; Schubert, in: Schubert, Bd. I, Einl., S. XI, XVII; v. Gierke, S. 227 f. bezüglich Konstruktion und nachfolgender Fragestellungen. 50 Gegen die „stiefmütterliche“ Behandlung des bedeutsamen Redaktors, dessen Einfluss auch von den Kommissionsmitgliedern unterschätzt worden sei: Schubert, S. 11, 43 f.; vgl. ders., in: Schubert, Bd. I, S. XIII. 51 v. Kübel blieb sogar während der zeitintensiven Redaktion der Entwürfe Mitglied des Obertribunals, dessen Vizepräsident er ab 1877 war; zur richterlichen Laufbahn siehe F. Kübel, S. 41 f. 52 F. Kübel, S. 41 f.; Schubert, S. 44, 274 f., 292, 301 f.; Hedemann, S. 41.

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akribischer Redaktor53 aus, der gewissenhaft und ausdauernd die umfangreichen Quellen im Detail durcharbeitete.54 Zugleich offenbarte sich die richterliche Erfahrung in einer praxisnahen, bisweilen pragmatischen Sicht der Dinge. Aus dem Kontext der Zusammenstellung der Hauptkommission, dass alle „irgend geeigneten Kräfte“ herbeigezogen werden sollten, herausgerissen, aber illustrativ, ist seine Bemerkung, dass es zur Erarbeitung des erstrebten Gesetzeswerks dem Beitrag von Theoretikern bedürfe, ihrer zu viele jedoch ein „Uebel“ bedeuteten.55 Die pragmatische Orientierung erklärt in gewisser Weise den innovativen Vorstoß des grundsätzlich konservativen Redaktors56, den für manche Situationen passgerechteren einseitigen Verpflichtungsgrund zu etablieren, ebenso wie sein Einlenken zu einer gemäßigteren Ausnahmelösung im zweiten Entwurf.57 Auch die Positionierung, dass die Beantwortung der Prinzipienfrage, ob es ein einseitiges Versprechen geben solle, bis zum Abschluss der Analyse der relevanten Quellen aufzuschieben sei, indiziert die theoretisch unvoreingenommene Einstellung des Redaktors.58 Die mäandernde Argumentation wird des Weiteren und nicht zuletzt vor dem Hintergrund verständlicher, dass v. Kübel nach langwieriger und seine Arbeitsfähigkeit stark beeinträchtigender Krankheit vor Vollendung des zweiten Entwurfs verstarb, und dieser rein tatsächlich kein abgeschlossenes und abgerundetes Werk darstellt59, sondern eine vom Vorsitzenden der ersten Kommission, Heinrich Eduard v. Pape, angeordnete Behelfslösung: eine durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter („Hülfsarbeiter“) zusammengestellte, möglichst kohärente – aber beispielsweise nicht einheitlich durchnummerierte60 – Sammlung des vorhandenen Materials.61 Insofern wird die theoretisch-argumentative Brüchigkeit vor der Gesamtschau der 53

Zur Erfahrung mit Redaktionsarbeit ob der – mit mehreren Orden ausgezeichneten – Beteiligung v. Kübels an der Ausarbeitung des Dresdener Entwurfs u. a. F. Kübel, S. 41; Schubert, S. 75; C. Hattenhauer, S. 138. Allgemein zum Dresdener Entwurf: Hedemann; C. Hattenhauer, S. 138. 54 Zur gewissenhaften Arbeitsweise siehe Einschätzungen und Belege z. B. bei Schubert, S. 45, 295 sowie v. Sarwey, Württ. Arch. 23 (1882), S. I, II sowie V: „strenge, sich selbst niemals genügende Gewissenhaftigkeit“; vgl. E. v. Kübel, Württ. Arch. 23 (1882), S. IX, XIII. 55 Schubert, S. 35 mit der Wiedergabe eines Briefes v. Kübels zur Debatte um die Zusammensetzung der Hauptkommission. 56 Schubert, S. 45 (u. a. „zutiefst konservativ“). 57 Einschränkend dazu, inwieweit v. Kübel das Endergebnis noch beeinflusste sogleich unter A. II. 1. a) bb) (3). 58 Siehe v. Kübel, ausweislich des 11. Protokolls in der 14. Redaktorenkonferenz vom 6. 2. 1875: Schubert, S. 247 f.: „Andere Prinzipien – z. B. […], ob ein Versprechen ohne Annahme, bezw. inwieweit einen Verpflichtungsgrund abgeben könne, – könnten erst entschieden werden, wenn die Arbeit im Detail vollständig vorliege“. 59 Vgl. Schubert, u. a. S. 43, 307. 60 Hierzu Schubert, in: Schubert, Bd. I, Einl., S. XI. 61 Zur Zusammenstellung: Schubert, S. 49 und S. 302 f. im 11. Bericht v. Papes vom 31. 12. 1881 an den Reichskanzler sowie ders., in: Schubert, Bd. I, Einl., S. XI. Zu den hoch qualifizierten „Hülfsarbeitern“: Schubert, u. a. S. 276 f. im 1. Bericht v. Papes an den Reichskanzler vom 2. 10. 1874.

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pragmatischen Einstellung eines sich seiner Arbeit weitgehend aufopfernden Einzelkämpfers62, der, überfordert unter beständiger, der immensen Stofffülle63 und seiner schweren Erkrankung geschuldeter Zeitnot64 seinen hohen Ansprüchen gerecht zu werden sucht. Bildhaft vervollständigt sich die fast ungetrübte Arbeitsmoral65 im Familienwappen der v. Kübels, das darauf rekurriert, dass der nachhaltige Wert eines Menschen im erarbeiteten Lebenswerk liege.66 (3) Weitere entstehungsgeschichtliche Besonderheiten Neben der Überlastung v. Kübels darf ferner nicht außer Acht gelassen werden, dass die Mitwirkungsbeiträge der den Theilentwurf zusammenstellenden wissenschaftlichen Mitarbeiter oftmals nicht klar als solche zu identifizieren sind und nach anfänglich umfangreicher Bearbeitung der Auslobung weitere noch ausstehende Themenkomplexe des Obligationenrechts zu behandeln waren, die eine erneute vertiefte Auseinandersetzung unter den gegebenen Umständen nicht erlaubt hätten.67 Eine weitere Komponente könnte das übergeordnete Ziel gewesen sein, einen konsensfähigen und umsetzbaren Gesetzesentwurf zu erstellen, dem sich markante Brüche oder innovative Konzepte erwartungsgemäß als hinderlich hätten erweisen

62 Vgl. v. Sarwey, Württ. Arch. 23 (1882), S. I, II ff., VIII f., u. a. zu unnachgiebiger „Willenskraft […], welche kein Hinderniß kannte“ (II) und „Selbstentsagung und Arbeitskraft“ (III) sowie E. v. Kübel, Württ. Arch. 23 (1882), S. XIII zum Redaktor als „buchstäblich Tag und Nacht bei der Arbeit“. 63 Dass Schwierigkeit und Umfang der Materie unterschätzt worden waren, wurde erst relativ spät anerkannt, vgl. v. Pape in seinem 13. Bericht an den Reichskanzler aus dem Jahr 1884: Schubert, S. 306; vgl. zur Überforderung ob des Arbeitsumfangs Schubert, in: Schubert, Bd. I, Einl., S. XVII; zur durch Umfang und Zustand bedingten Überforderung C. Hattenhauer, S. 138. 64 Die langwierige Krankheit behinderte nicht nur die Redaktionsarbeit, sondern auch die Teilnahme an den Beratungen erheblich: Schubert, S. 44. Zum stetigen Verzug v. Kübels siehe hinsichtlich der Arbeit der ersten Kommission die wiederkehrenden Passagen zu dessen krankheitsbedingtem Rückstand: Schubert, S. 227 ff., deutlich insbesondere im 12., 14. und 16. Protokoll auf S. 228 f., 232, 235, 302 f. Zur Zeitersparnissen dienenden hilfsweisen Zusammenstellung des zweiten Entwurfs ders., S. 303 im 11. Bericht v. Papes vom 31. 12. 1881 an den Reichskanzler: „Allein so mißlich auch der Ausweg erscheint, so wird damit hoffentlich wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten und nicht ohne Zeitverlust, zum Ziele zu gelangen sein.“, sowie S. 302 zur im vorangegangenen 10. Bericht vom 30. 12. 1880 geäußerten Bitte um eine nachsichtige Behandlung v. Kübels, dessen „Persönlichkeit“ eines behutsamen Umgangs bedürfe, wobei unklar bleibt, ob auf die Konstitution oder (auch) den Charakter rekurriert wird. 65 Z. B. F. Kübel, S. 42 dazu, dass v. Kübel „inmitten strenger Arbeit“ verstarb. 66 So F. Kübel, S. 11 zu Wappen und Wahlspruch der Familie, den er aus dem Lateinischen frei übersetzt als: „Die Tugend des Mannes, d. h. was er Gutes geschaffen im Leben, wirkt auch nach seinem Tode noch fort“; vgl. E. v. Kübel, Württ. Arch. 23 (1882), S. IX, XV zur mit dem Familienwappen harmonierenden arbeitsamen und pflichtbewussten Haltung v. Kübels. 67 Zur daher auf notwendige Anpassungen beschränkten, revidierenden Redaktionsarbeit und den nicht immer klar zuzuordnenden Beiträgen der Hilfsarbeiter: Schubert, S. 49; vgl. Hedemann, S. 4.

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dürfen.68 Retrospektiv könnte die Ausnahmekonstruktion insofern erfolgsträchtiger gewesen sein, als in der Zweiten Kommission mitunter der als sehr durchsetzungsstark bekannte, erklärte Gegner der Versprechenstheorie und Befürworter der Vertragskonstruktion Karl Jakubezky als Mitglied großes Ansehen und Einfluss genoss,69 während v. Kübel selbst die Verhandlungen nicht mehr erlebte. Markant für das heutige Bild bleibt jedenfalls, dass das praktisch geeignete Ergebnis eines (ausnahmsweise) einseitigen Verpflichtungsgrundes argumentativ nicht vollends schlüssig und überzeugend dargelegt ist. Die, teilweise für das Verständnis der Regelungen des BGB als „unentbehrlich“ ausgewiesenen70 Motive verkürzen die Argumentation um einen weiteren Schritt, indem sie kontroverse Punkte teilweise undifferenziert oder als Selbstverständlichkeit konstatieren. Womöglich sind diese jedoch bewusst kurz gehalten, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, die einer Umsetzung des Großprojekts entgegengestanden hätte.71 Folglich steht das Konzept der Auslobung als Ausnahme von der im Grundsatz abgelehnten Theorie des einseitigen Versprechens als Verpflichtungsgrund auf tönernen Füßen, und kann überzeugend nur als eine bedürfnisorientierte Entscheidung, der lebensweltlichen Erscheinungsform möglichst gerecht zu werden, erklärt werden.72

68 Z. B. zur Debatte um ausstehende besonders streitige Punkte wie Fragen der „Civilehe“ oder des Vereinsrechts: Schubert, S. 384 ff. insbesondere in den Berichten V, VI, X, XI; Schlosser, Kap. 12, Rn. 38 ff. Allerdings ist zu beachten, dass der Entwurf des BGB letztlich ohne erhebliche Kontroversen im Reichstag beschlossen wurde, was mitunter auf die sorgfältige Einarbeitung und Berücksichtigung der zum vorherigen Entwurf vorgebrachten Kritik zurückgeführt wird, siehe Schubert, S. 67 f. 69 Zu Jakubezky (z. T. als Jacubezky zitiert) als enfant terrible, dessen (zahlreiche) Anträge in Anerkennung seines Scharfsinns und zur Zeitersparnis durchgewunken wurden: Schubert, S. 55. Zur Person siehe den ergänzendenBeitrag in Schubert, S. 101 f. von Jahnel. Denkbar ist, dass Windscheid als prominenter Befürworter der Vertragstheorie für die Auslobung – vgl. hierzu A. II. 1. a) aa) (1) – und Mitglied der ersten Kommission das Stimmungsbild mit- bzw. vorprägte, vgl. zu Mitgliedschaft und Einfluss Schubert, S. 37 sowie, im dortigen Beitrag von Jahnel, S. 87. 70 So, trotz des Streits über ihren allgemeinen Wert (Schubert, S. 50), zum jedenfalls „hohen Wert als umfassende Materialsammlung“: ders., in: Schubert, Bd. I, Einl., S. IX, XI. 71 Die antreibende Vorgehensweise wird in der Endphase deutlich, siehe Schubert, S. 318 ff. zur Vorbereitung der zweiten Lesung des BGB-Entwurfs und bewussten personellen Entscheidungen bei der Einsetzung der zweiten Kommission, frei werdende Positionen soweit möglich nicht neu zu besetzen, um das Gesamtprojekt ungehindert voranzubringen. 72 Vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 22, der die Lösung auf den Pragmatismus v. Kübels zurückführt, die künstlich anmutende Konstruktion einer Annahme zu vermeiden und lebensweltlichen Bedürfnissen gerecht zu werden; vgl. Weller, S. 61 m.N. zur Auslobung: „Hier ist die Pollizitationstheorie einem pragmatischen Verkehrsbedürfnis entsprechend Gesetz geworden.“.

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cc) Resonanz der gesetzgeberischen Entscheidung in der Rechtswissenschaft Die gesetzgeberische Entscheidung befriedete den Theorienstreit nur bedingt: Gerade in der Zeit nach Erlass des BGB wurde der Auslobung im rechtswissenschaftlichen Diskurs große Aufmerksamkeit zuteil.73 Ein Auslöser hierfür war die Aufsehen erregende74 sog. Dasbachsche Auslobung75 : Kaplan und Politiker Georg Friedrich Dasbach versprach im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zur Verteidigung der Jesuiten die damals beachtliche Summe von 2.000 Gulden demjenigen zu gewähren, der einen Nachweis für den Grundsatz „der Zweck heiligt die Mittel“ in den Jesuitenschriften erbringe, wobei er der Überzeugung war, dass dies nicht76 gelingen könne. Dieser Erwartung zum Trotz wies der ehemalige Jesuit Graf v. Hoensbroech seine Schriften vor, in denen er den negierten Grundsatz aufgezeigt zu haben erachtete77 und zog wegen der Zahlungsunwilligkeit Dasbachs vor Gericht; seine Klage blieb in beiden beschrittenen Instanzen erfolglos, wobei den historischen Entscheidungen sowohl des LG Trier als auch des OLG Köln eine unrichtige Begründung vorgeworfen wird.78 Der Rechtsstreit stieß die Diskussion um Voraussetzungen und Wesensmerkmale der Auslobung jedenfalls maßgeblich an und löste eine ausführliche literarische Behandlung aus.79 Wie im Zuge des Gesetzgebungsvorhabens wurde die Auseinandersetzung nicht im Geiste einer l’art pour l’art 73 Ahlich, S. 1 f.; Eberdt, S. 1; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 23 in Fn. 105. Es wurden zahlreiche Monographien, insbesondere Dissertationen zur Thematik verfasst, siehe etwa im Zeitraum von 1899 bis 1932 u. a. Fischer, v. Mayr, v. Braumüller, Abigt, Schoder, Dittrich, Braun, Eberdt, Rath, Becker, v. Platen, Statz, Welsmann, Blumenthal, Dalwigk zu Lichtenfels, Kleinholz. 74 Siehe z. B. Kohler, ArchBürgR 25 (1905), 1, 1 oder die Urteilsbesprechung von Hamm, DJZ 10 (1905), 392, 392 zu „diesem die Allgemeinheit viel beschäftigenden Prozesse“. 75 Zu dieser und den (nicht veröffentlichten) Urteilen des LG Trier, Urt. v. 7. Juni 1904 und OLG Köln, Urt. v. 30. März 1905 siehe u. a. Hamm, DJZ 10 (1905), 392, 392 f.; Steffen, in: Dehner-BGB, § 657 Rn. 8; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 28; Henssler, S. 461 mit Fn. 190. 76 Zum erstrebbaren Nichterfolg, z. B. als Beleg für eine entsprechende Überzeugung als „negative Auslobungen“, siehe neben dem Masernfall (OLG Stuttgart, Urt. v. 16. Februar 201612 U 63/15 (juris), Tz. 68) z. B. die Werbezwecken dienende öffentliche Belohnungsaussetzung unter B. II. 1. a). Zur Thematik: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 28 ff.; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 338 f.; vgl. v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 488 f. 77 Hierzu Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 41 m.N.; siehe u. a. „Mein Austritt aus dem Jesuitenorden“ von v. Hoensbroech. 78 Weiterführend z. B. Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 19: unzutreffenderweise habe das LG Trier ein eigenes Interesse am Erfolg für erforderlich gehalten und das OLG Köln trotz Entscheidungsrelevanz die (Streit-)Frage als wissenschaftlich zu beurteilende angesehen; allerdings räumt der Kommentierende ein, dass sich nicht mehr eindeutig aufklären ließe, ob die Klage in der Sache zu Recht abgewiesen wurde, insbesondere mit Blick auf eine womöglich fehlende Ernsthaftigkeit, vgl. § 118 BGB. Knapper Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 6. 79 Kleinholz, S. 2; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 41.

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geführt, sondern als praxisrelevante: einerseits hinsichtlich konkreter, erst gesetzgeberisch beantworteter Fragen wie die der Widerruflichkeit sowie andererseits (mittelbar) hinsichtlich der in heutiger Zeit wieder aufgegriffenen, grundlegenden Frage nach einem einseitigen Verpflichtungsgrund.80 Obwohl die Diskussion um die Konstruktion abebbte und für längere Zeit verstummte, wird die weitgehend anerkannte einseitige Ausgestaltung der Auslobung (1) heute erneut in Frage gestellt (2). Allerdings ist fraglich, ob gerade dieser Vorstoß die Debatte um die Auslobung erneut aufflammen lassen wird, oder nicht vielmehr die grundlegende Frage eines einseitig erzeugbaren Verpflichtungsgrundes im Gewand rechtsvereinheitlichender Projekte auf die Bildfläche treten wird (3). (1) Grundsätzliche Zustimmung bis heute Die Klassifizierung der Auslobung als einseitiges Rechtsgeschäft in Abgrenzung vom Modell des durch Annahme des an einen unbestimmten Personenkreis gerichteten Angebots geschlossenen Vertrags wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestätigt81 und die gesetzgeberische Entscheidung gemeinhin akzeptiert.82 In aktueller Kommentarliteratur ist die Rede von einer Erfolgsgeschichte83 und es wird konstatiert, dass „dem BGB-Gesetzgeber […] offensichtlich keine schlechte Lösung gelungen“ sei84. Bereits historisch erkannten erklärte Verfechter der Vertragstheorie an, dass die einseitige Verpflichtungserzeugung im Falle öffentlicher Belohnungsaussetzung situationsgerecht sei und sachgerechte Lösungen produziere.85 Ein weiteres Indiz für die Überzeugungskraft und Eignung liefert die positive Ausstrahlungs- und Vorbildwirkung des deutschen Auslobungskonzepts im Ausland.86 80

Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 7, 9; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 46, 48; vgl. bereits Mot. II, § 581 (S. 518), § 582 (S. 521); Exner, KritVj 11 (1869), 337, 337 f. 81 Z. B. BGH, Urt. v. 23. September 1982 – III ZR 196/80 – NJW 1983, 442, 443: „einseitige Rechtsgeschäfte – darunter fällt das Preisausschreiben als Unterfall der Auslobung […]“; Mansel, in: Jauernig-BGB, § 657 Rn. 1. 82 Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I, Rn. 26 m.w.N.; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 23 m.w.N. in Fn. 104, Rn. 45; vgl. Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 3 f. sowie zuvor besonders deutlich Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 3b; Dreiocker, S. 139 m.N. 83 Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 45. 84 Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 3b; vgl. schwächer Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 3 f. 85 So z. B. v. Mayr, S. 101 f.; Hofmann, S. 45 („natürlicher und befriedigender“); vgl. Kleinholz, S. 19 m.N.; vgl. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 31 m.N. zur (auch gegnerischen) Anerkennung. 86 Lerner, 10 Ann. Surv. Int’l & Comp. L. (2004), 53, 63; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 45. Diese Vorbildwirkung der einseitigen Konstruktion wird sogar trotz grundlegender dogmatischer Kritik anerkannt: Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 4, 11.

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(2) Moderne Opposition – Aufruf zu einer (modifizierten) Vertragstheorie Entgegen der allgemeinen Meinung, dass der Gesetz gewordenen Auslobung das einseitige Konzept zugrunde liege87, und der dargestellten breiten Zustimmung meldete sich in jüngerer Zeit eine Gegenstimme zu Wort. In der prominenten Kommentierung der relevanten Normen stößt Andreas Bergmann an historische Positionen anknüpfend88 an, die Auslobungssituation über eine modifizierte Form der Vertragstheorie zu konstruieren89 : Neben der Vornahme der Handlung sei erforderlich, dass der Handelnde diese durch einen entsprechenden Willensakt90 mit der Auslobung in Bezug setze91; der Anspruch auf die Belohnung entstehe insofern noch nicht mit der tatsächlichen Vollbringung der verlangten Handlung oder Herbeiführung des Erfolgs, sondern erst mit dem Hinzukommen dieses den Vertragsschluss bewirkenden Willensaktes.92 Begründet wird dies u. a. damit, dass die Sonderkonstruktion über das einseitige Versprechen rechtstechnisch zwar beeindrucken möge, aber „in die Sackgasse“ führe93 ; vorzugswürdig wäre, die einseitige Sicht zugunsten einer Rückbesinnung auf das Vertragsprinzip aufzugeben.94 Neben dem nicht ausräumbaren dogmatischen Einwand, dass die einseitige Konstruktion vom Vertragsgrundsatz abweicht, sollen angesichts der Suche nach einer vorzugswürdigen Lösung für mögliche rechtsvereinheitlichende Projekte zwei markante Argumente aufgegriffen und kritisch überprüft werden, die die Gewährleistung des interessengerechten Schutzes des erfolgreichen Bewerbers (a) sowie des Auslobenden (b) betreffen. 87 Dies erkennen auch erklärte Gegner der einseitigen Konstruktion der Auslobung an, siehe z. B. Windscheid/Kipp, § 304 (S. 243) sowie § 308 (S. 261), sodass der entsprechend anfänglich geäußerte Zweifel an der Einseitigkeit der Auslobung nach § 657 BGB keine weitergehende Beachtung verdient, siehe z. B. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 32 f. m.N. 88 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 12. Zu historischen Befürwortern der Vertragstheorie überblicksartig m.N.: v. Braumüller, S. 26 ff.; Düll, ZRG 61 (1941), 19, 19 f. Zu einzelnen Positionen: Jung, JherJb 69 (1920), 30, 61 ff.; Kohler, ArchBürgR 25 (1905), 1, 4, 5 ff., 9, 10 mit dem Verständnis als Werkvertrag, hierzu darstellend: Welsmann, S. 35; v. Braumüller, S. 17 f., 28; sehr kritisch: Braun, S. 38 ff. 89 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13 f. 90 Das Erfordernis findet sich bereits in wissenschaftlichen Werken vor Erlass des BGB, z. B. bei Jakubezky, S. 140 f. sowie Fischer, S. 23 ff. 91 So sei sichergestellt, dass der Wille des Handelnden nicht übergangen werde, vgl. hierzu Fischer, S. 28 sowie Jakubezky, S. 140 f., nach dem das Erfordernis ferner keine übermäßige Belastung darstelle, da der verknüpfende, anspruchsbegründende Willensakt implizit vorgenommen und auch nicht durch einen Widerruf vereitelt werden könne, der nach Vornahme der verlangten Handlung ausscheide (vgl. heute § 658 Abs. 1 S. 1 BGB). Demgegenüber betonen die Motive jedoch, dass ein über die tatsächliche Handlungsvornahme hinausgehender Akt nicht erforderlich ist, Mot. II, § 582 (S. 522). 92 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 14 sowie Rn. 66, 83 f. dazu, dass zuvor lediglich ein durch Handlungsvornahme bzw. Erfolgsherbeiführung begründetes Anwartschaftsrecht bestehe. 93 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13. 94 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13 f.

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(a) Schutz des Handelnden vor „aufgedrängter Belohnung“ Kritisiert wird die der Einseitigkeit immanente Gefahr einer aufgedrängten Belohnung: Ein etwaiger Wille des erfolgreichen Bewerbers, keinen Anspruch auf die Belohnung zu erwerben, werde ohne ein – Kenntnis voraussetzendes – Annahmeerfordernis übergangen.95 Von diesem Anspruch könne er sich auch nicht eigenständig befreien, sondern nur unter Mitwirkung des Auslobenden durch einen Verzichtsvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB).96 Die unkonsentierte Einräumung einer Rechtsposition stehe im Widerspruch zum deutschen Rechtssystem, das sogar bei einer Schenkung die Annahme des Schenkungsantrages verlange und bei der Verfügung von Todes wegen zumindest die Möglichkeit der Ausschlagung vorsehe.97 Mit der aufgedrängten Position könnten ferner nachteilige Folgen einhergehen, wie eine Inanspruchnahme auf Aufwendungsersatz nach § 304 BGB für die Aufbewahrung der als unerwünscht nicht angenommenen, aber vom Auslobenden geschuldeten Belohnung.98 Hiergegen spricht primär, dass das Szenario einer aufgedrängten Belohnung sehr konstruiert erscheint.99 Bei lebensnaher Betrachtung ist nicht anzu95 Als Beispiel könnte ein Bettelmönch heranzogen werden, der weder die Belohnung noch den Anspruch auf ihre Gewährung erlangen möchte oder das nachfolgende Beispiel von Schuster und Assessor (Fn. 99). Vgl. Häcker, ZVglRWiss 103 (2004), 464, 482 f. dazu, dass ein Verständnis der Gewinnzusage nach § 661a BGB als einseitiges Rechtsgeschäft einen Eingriff in die Privatautonomie des Verbrauchers bedeutete, da „sich niemand etwas schenken zu lassen brauch[e]“, und diesen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch durch Folgeansprüche belasten könne; vgl. Medicus/Lorenz, 2014, Rn. 388 zur Voraussetzung der Einigung bei einer Schenkung („Selbst einen Vorteil soll niemand ohne seinen Willen erhalten (§ 311 I).“) sowie dies., 2015, Rn. 55. Zum – Konsens erfordernden – Gedanken, Meister der eigenen juristischen Sphäre zu sein, mit Bezug auf das französische Recht: Sacco, in: Hartkamp u. a., S. 483, 487 f. zu Art. 1108 Code Civil. 96 Vgl. § 397 Abs. 1, Abs. 2 BGB zum Erlass „durch Vertrag“. Ein einseitiger Verzicht ist gerade nicht möglich, statt vieler: Schlüter, in: MüKo-BGB (2016), § 397 Rn. 1 m.w.N.; Kindl, in: Erman-BGB, § 311 Rn. 8; vgl. Medicus/Lorenz, 2015, Rn. 54 f. Im Kontext der Auslobung Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13 m.w.N. Anschaulich zum Verzichtserfordernis als Folge nicht-vertraglicher Konstruktion: Stampe, AcP 108 (1912), 42, 68: „Ein Verzicht auf die Belohnung würde deshalb nicht Ausschlagung eines angetragenen Erwerbes, sondern Aufgabe eines bereits erworbenen Rechtes sein“ (Hervorhebung durch Verf.). A.A. Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 33: wegen der Einseitigkeit der Auslobung sei ausnahmsweise auch ein einseitiger Verzicht möglich und ein Verzichtsvertrag gerade nicht erforderlich. 97 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13. 98 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13. 99 Vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 24 m.w.N.: „Das Problem wurde freilich nie praktisch“. Zweifelhaft ist insbesondere, dass der befriedigte, typischerweise dankbare Auslobende einen Verzichtsvertrag ablehnt, um dem erfolgreichen Bewerber die Belohnung gegen dessen Willen aufzudrängen. Mit einem solchen Beispiel als unerwünschte Folge der gesetzlichen Regelung jedoch Fischer, S. 27 f.: Dem Regierungsassessor wird die für das Zurückbringen der goldenen Uhr der Tochter des Schusters von diesem ausgesetzte Belohnung unerwünscht wertmäßig zuteil, weil der gewitzte Auslobende nicht nur die Annahme des angetragenen Verzichtsvertrags verweigert, sondern den gegen ihn gerichteten Anspruch auf die Belohnung mit seiner Forderung auf Zahlung von Werklohn gegen den Assessor auf-

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nehmen, dass der Auslobende dem erfolgreichen Bewerber die Belohnung gegen dessen Willen aufdrängen oder ihn mit Folgeansprüchen belasten wird. Insbesondere dürfte der Bewerber sich im Regelfall von dem zwar entstandenen und fälligen100, aber unerwünschten Anspruch zumindest nachträglich im Wege eines erwartungsgemäß vom Auslobenden konsentierten Verzichts befreien können.101 Gegen die Gefahr einer finanziellen Belastung durch eine Inanspruchnahme aus § 304 BGB ist zudem praktisch einzuwenden, dass im typischen Fall einer monetären Belohnung102 keine beachtlichen Mehraufwendungen anfallen dürften.103 Zudem kann nach einhelliger Meinung nur Ersatz der objektiv erforderlichen Mehraufwendungen verlangt werden.104 Hierzu zählt zwar auch ein erfolgloses Angebot an den Gläubiger105 ; die Sorge einer Belastung durch eine erhebliche, die Belohnung überschreitende Ersatzpflicht, beispielsweise infolge von Aufwendungen für die kostenintensive Suche nach dem unbekannten Anspruchsinhaber, ist durch dieses Kriterium jedenfalls ausgeräumt. Auch der Wortlaut von § 657 BGB rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass der Gesetzestext davon spricht, die Belohnung „zu entrichten“ statt beispielsweise „bei Verlangen zu gewähren“ begründet keine – gegebenenfalls kostenintensive und unproduktive106 – Suchtätigkeit, deren Kosten dem Handelnden wiederum auferlegt werden können. Einerseits verlangt der Wortlaut in der gerechnet. Allgemein ablehnend zur Problematik und dem „kuriose[n] Beispiel“ z. B. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 29 f., u. a. auch seitens des Assessors, weil eine derart resolute Ablehnung von Zuwendungen selten sei. 100 Zur Fälligkeit, wenn der belohnungsbewährte Erfolg herbeigeführt bzw. die entsprechende Handlung vorgenommen wurde, siehe statt vieler: Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 12. 101 Ein Verzichtsvertrag kann z. B. konkludent zustande kommen, wenn der den verlorenen Gegenstand Zurückbringende einen entsprechenden Willen zum Ausdruck bringt und der Auslobende die in einem Umschlag bereitgelegten Geldscheine wieder in seine Geldbörse einordnet. Als weitere Lösung wird ein Zurückweisungsrecht insbesondere nach § 333 BGB analog diskutiert, hierzu Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 24 m.w.N.; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13. 102 So Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 59, obwohl „auch jeder andere Vorteil in Betracht“ kommt. Zu immateriellen Vorteilen Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 9, u. a. sozialer Anerkennung; vgl. die vorherige Fn. 4 und v. Mayr, S. 74, 97. 103 Im Regelfall dürften auch Kontoführungsgebühren nicht ins Gewicht fallen, obgleich die Aufbewahrung von Geld (kosten-)aufwändig sein kann, was in jüngerer Zeit die Versuche von Kreditinstituten illustrieren, negative Zinsen für Spareinlagen oder Giralgeld zu erheben. Ablehnend hierzu Tröger, NJW 2015, 657, 658 ff., insbesondere mit dem dogmatischen Argument, dass eine solche Verkehrung der Charakteristika des Vertragsverhältnisses, i. e. von der Darlehensgewährung durch den Kunden gegen die Entrichtung des Zinses durch die Bank zur vergüteten Verwahrung durch diese, nicht ohne eine (konsentierte) Vertragsänderung möglich sei. 104 Unberath, in: BeckOK-BGB (2011), § 304 Rn. 2; Ernst, in: MüKo-BGB (2016), § 304 Rn. 1; Feldmann, in: Staudinger-BGB (2014), § 304 Rn. 2; Geisler, in: jurisPK-BGB (2017), § 304 Rn. 1 u. a. zum Wortlaut („machen musste“). 105 Unberath, in: BeckOK-BGB (2011), § 304 Rn. 2; Hager, in: Erman-BGB, § 304 Rn. 2; Grüneberg, in: Palandt-BGB, § 304 Rn. 1. 106 Hierzu u. a. § 3, B. II. 1.

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wählten Formulierung kein aktives Tätigwerden des Auslobenden; andererseits würde der Gedanke einer Belohnung ad absurdum geführt, wenn ein entstandener Anspruch als Recht, die Gewährung der Belohnung zu verlangen (vgl. § 194 Abs. 1, Hs. 1 BGB), in eine Pflicht zu deren Annahme umgeformt würde. Es erscheint vielmehr selbstverständlich, dass der erfolgreiche Bewerber den erworbenen Anspruch geltend macht und die Belohnungsgewährung fordert.107 Überdies besteht insoweit keine den Auslobenden womöglich belastende, unbegrenzte Vorhaltepflicht, als der Anspruch auf Gewährung der Belohnung der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB von drei Jahren unterliegt.108 Schließlich ist auch der Vergleich zur Schenkung ob einer grundlegend unterschiedlichen Natur der Rechtsgeschäfte nicht stichhaltig: Während der Schenker dem (passiven) Vertragspartner etwas zuwenden möchte, verfolgt der Auslobende das Ziel, einen weiten Personenkreis dazu anzuspornen, den von ihm erwünschten Erfolg herbeizuführen bzw. die entsprechende Handlung vorzunehmen109, sodass dem erfolgreichen Bewerber eine aktive, selbstbestimmte und insofern weniger schutzwürdige Rolle zukommt. (b) Schutz des Auslobenden Zum anderen führt Bergmann an, dass der Schutz des Auslobenden im Falle einer Schlechtleistung oder Schädigung bei einer vertraglichen Konstruktion durch entsprechende vertragliche Folgeansprüche besser gewährleistet werden könne.110 Darüber hinaus werde über die Vertragskonstruktion grundsätzlich auch der Weg zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB eröffnet.111 Der Schutz vertraglicher oder vorvertraglicher Ansprüche stehe dem Auslobenden nach dem einseitigen Konzept demgegenüber nicht offen; die 107 Vgl. Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 20 sowie implizit Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 33 f.; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 12; vgl. implizit mit der Formulierung eines Beanspruchens der Belohnung: Schulze, in: HK-BGB, § 657 Rn. 3 oder KotzianMarggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 13. 108 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 90; Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 39. Nicht zuletzt könnte Extremfällen ggf. über § 242 BGB begegnet werden. 109 Zum Kontrast der auf eine Zuwendung gerichteten Schenkung gegenüber der zur Leistung anspornenden Auslobung: Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 6 m.w.N.; vgl. v. Reden, in: Soergel-BGB, § 657 Rn. 13 dazu, dass es sich bei der Belohnung um ein „Entgelt“, „die Honorierung einer Leistung“ handele, was die Auslobung vom Schenkungsversprechen nach § 516 BGB unterscheide. 110 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13 mit dem Beispiel, dass die entlaufene Kuh, auf deren Zurückbringen eine Belohnung ausgesetzt ist, während des Transports zum Auslobenden mit einer gefährlichen und ansteckenden Krankheit infiziert wird, sodass dessen Hof aufgrund behördlicher Anordnung vorübergehend geschlossen wird, in dem eine Beschränkung auf die §§ 823 ff. BGB unangemessen erschiene. 111 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 81 m.w.N.; vgl. Stampe, AcP 108 (1912) 42, 68 u. a. dazu, dass das Gesetz zwar schweige, es jedoch „rechtspolitisch bedenklich [erscheine], Reaktionswirkungen zu Lasten des Erbringers der Handlung (etwa eine kontraktliche Schadensersatzpflicht […]) eintreten zu lassen, solange jener nicht die Auslobung angenommen“ habe.

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Haftung beschränke sich vielmehr auf die weniger weitreichende112 deliktische nach den §§ 823 ff. BGB. Der Ausschluss einer vertraglichen oder vorvertraglichen Beziehung, aus der für den Auslobenden Ansprüche erwachsen könnten, sei jedoch unbillig; erhielte der erfolgreiche Bewerber die Belohnung für seine Handlung, müsse er sich wie ein Vertragspartner behandeln lassen.113 Nach der wie beschrieben modifizierten Vertragstheorie bestünden ferner keine Bedenken, den Anspruchsinhaber einer vertraglichen Haftung auszusetzen, weil dieser seine Stellung erst durch den auf die Handlung folgenden, bewussten Willensakt begründe.114 Dem ist entgegenzusetzen, dass das behauptete rechtliche und wirtschaftliche Gegenseitigkeitsverhältnis zunächst nicht besteht.115 Die Situation öffentlicher Belohnungen unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von einem typischen synallagmatischen Vertrag, der Leistung und Gegenleistung verknüpft: Nur der Auslobende bindet sich durch sein Belohnungsversprechen gegenüber der Allgemeinheit, während eine spiegelbildliche Leistungspflicht auf Bewerberseite nicht besteht und auch nicht entstehen soll.116 Bis zur Vollbringung der belohnungsbewährten Handlung oder des entsprechenden Erfolgs existiert keine bilaterale rechtliche Beziehung, aus der (vor-)vertragliche Ansprüche entspringen könnten.117 Überdies verpflichtet sich der Auslobende lediglich, die Belohnung erfolgsabhängig zu gewähren und bindet sich nicht an eine bestimmte Person. Es ist insofern nicht ersichtlich, warum er so behandelt werden sollte, als hätte er dies getan, indem ihm ein (vor-)vertraglicher Schutz gegen einen oder sogar mehrere Bewerber in einer Situation zugebilligt wird, die sich durch ihre Offenheit auszeichnet und für den oder die durch diesen Schutz zu belastenden Bewerber bereits mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist.118 Die 112

Zum ggf. unzureichendem Schutz statt vieler: Stadler, in: Jauernig-BGB, § 311 Rn. 35. Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 13, 78: „[…] so muss er sich auch seinerseits behandeln lassen wie ein Vertragspartner“ bzw. „wie der Schuldner eines entgeltlichen Vertrages“. 114 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 78. Vgl. Oertmann, S. 103 f., nach dem nicht grundsätzlich, aber jedenfalls dann eine Haftung des Bewerbers geboten sei, wenn dieser die Belohnung verlange, „[d]enn er kann unmöglich die Vorteile der Auslobung einseitig in Anspruch nehmen, […] wenn er nicht auch seinerseits bereit ist, […] die entsprechenden Rechte einzuräumen.“. 115 A.A. Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 37 mit der Kritik, dass die Pollizitationstheorie das die Auslobungssituation prägende rechtliche und wirtschaftliche Gegenseitigkeitsverhältnis des Austauschs von Handlung gegen Belohnung verkenne, vgl. die vorherige Fn. 113. 116 Vgl. z. B. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 1 sowie A. II. 2. a) cc) (4). 117 Im Konzept des unilateral contract des englischen Rechts wird dies besonders deutlich: nicht Versprechen werden ausgetauscht, sondern ein Versprechen gegen eine Handlung, siehe B. I., u. a. 2. b). 118 Der Handelnde trägt insbesondere die außerhalb seiner Person liegenden Risiken, d. h. eines zuvorkommenden Mitbewerbers oder eines Widerrufs, sodass etwaige Bemühungen und Aufwendungen vergeblich waren. Hierzu bereits Fischer, S. 53, vgl. u. a. § 3, B. I. 3. zu den Risiken für die Bewerber. 113

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lose und unverbindliche Natur ist vielmehr charakteristisch für das Rechtsinstitut und seine Funktionsweise.119 (3) Fazit Obwohl Kritik an der Versprechenstheorie geäußert und für die Vorzugswürdigkeit der Vertragstheorie votiert wurde, sieht das deutsche Recht das Konzept der Auslobung als einseitig Verpflichtungswirkung erzeugendes Versprechen bis heute vor. Der vereinzelte Vorstoß Bergmanns, die Vertragstheorie in modifizierter Form zu etablieren120, hat zwar Gehör, aber keine durchschlagende Zustimmung erfahren.121 dd) Fazit zum entstehungsgeschichtlichen Erkenntnispotenzial Bereits vor Erlass des BGB wurde im Streit um die Konstruktion der Auslobung als Vertrag oder Versprechen das zentrale Dilemma des einseitigen Verpflichtungsgrundes erkannt, dass ein Versprechen alleine den Gläubiger aus dem metaphysischen Akt der Verpflichtungsbegründung ausschließt.122 Ungeklärt ist jedoch, ob ein Individuum eine externe Wirkungen erzeugende Verpflichtung alleine in die Welt setzen kann oder können sollte, oder die Mitwirkung eines (betroffenen) Gegenübers erforderlich ist.123 Eine solche ist bei der Auslobung bezeichnenderweise erst und nur für die Anspruchsentstehung vonnöten, während der einseitige Verpflichtungsgrund – im Gegensatz zum vertraglichen – vom i.S.d. § 657 BGB ordnungsgemäß Versprechenden autark erschaffen wird. Offen bleibt also die Frage, wie ein Verpflichtungsgrund einseitig erzeugt wird: Wie kann intrapersonal eine Verpflichtung zur Entstehung gebracht werden, obwohl es keine Instanz gibt, die das andere Ende des Bandes der Verpflichtung hält?124 Kann es überhaupt ohne einen individualisierbaren, entsprechend Berechtigten eine abstrakte Verpflichtung geben, 119

Vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 1; vgl. A. II. 2. a) cc) (4). Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 14: „Deshalb heißt es: zurück zur Vertragstheorie“. 121 Vgl. Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 3a, 3b sowie Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 3 f. und Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 2. Zur nur vereinzelten Kritik Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 26 m.N.; vgl. Kleinholz, S. 14. 122 Vgl. Fischer, S. 55 f.: „Es ist nun durchaus der Natur der Sache entsprechend, dass der Wille, sich zu verpflichten oder zu berechtigen, für sich allein seine Wirkung nicht über die Rechtssphäre des einzelnen Subjekts hinaus erstrecke, dass vielmehr zu der gewillkürten Begründung eines Schuldverhältnisses beide Teile, der Schuldner und der Gläubiger, beitragen müssen.“ (Hervorhebung durch Verf.). 123 Vgl. zum Gedanken, dass im Vertragsprinzip u. a. ein „Schutzmechanismus gegen Fremdbestimmung“ liege, sowie eine Gewähr für Richtigkeit und materiale Gerechtigkeit: Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 3. Zum Aspekt der Richtigkeitsgewähr auch Weller, S. 282 f. 124 Siehe A. II. 1. b) bb) (1) zum kanonischen Recht und vgl. die jüdische Bezeichnung des Versprechens als „Band“: Grotius/Schätzel, S. 237. 120

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oder handelt es sich bei diesem Gegenpol vielmehr um die notwendige Kehrseite der Medaille der Selbstbindung?125 Das deutsche Recht bleibt, wie die lancierten rechtsvereinheitlichenden Vorstöße126, eine theoretisch fundierte Antwort schuldig, sodass aus der gesetzgeberischen, nur in pragmatischer Hinsicht stichhaltigen Entscheidung nicht umfassend auf Kerngedanken des deutschen Rechts geschlossen werden kann, die den Spielraum künftiger vereinheitlichender Projekte bestimmen oder die Grundlagenfrage des (einseitigen) Verpflichtungsgrundes über die allgemeine Bezugnahme auf die kreative Kraft des individuellen Willens und pragmatische Erwägungen hinausgehend bereichern. b) Dogmengeschichtliche Fundierung oder überzeugende Vorläufer der Versprechenskonstruktion Woher das einseitige Auslobungskonzept stammt und welche Wertungen durch die gesetzgeberische Ausgestaltung womöglich stillschweigend inkorporiert wur125 Gegen eine Einseitigkeit deutlich G. Schulze, S. 355 f. zum notwendigerweise interpersonalen Rechtsverhältnis im Schuldrecht, selbst bei „einseitige[r] Obligationsbegründung“ wie im Falle der Auslobung: „Immer kommt es auf das Individuum in einer Sozialbeziehung und nicht auf eine autark und introspektiv gedachte Person im Selbstverhältnis an. […] Die Pflichtenstruktur wird in diesen Fällen ebenfalls interpersonal in einer Außenweltbeziehung zwischen zwei oder mehreren Personen gedacht. […] Dagegen sind Pflichtbegründungskonzepte, die allein auf intrapersonalen Bindungen aufbauen, mit der Dogmatik der schuldrechtlichen Forderung nicht kompatibel.“; vgl. im Kontext der Widerruflichkeit Fischer, S. 12 f. dazu, dass „Rechte und Verbindlichkeiten nicht ohne Subjekte existieren können“ oder v. Gierke, S. 228 im Kontext der Widerruflichkeit: „[D]as Publikum ist kein Rechtssubjekt: [noch] ist niemand da, der ein Recht hätte, den Auslobenden beim Worte zu nehmen“. Diesen Positionen ist entgegenzusetzen, dass der einseitige Verpflichtungsgrund vor Eintritt des belohnungsbewährten Erfolgs oder Vornahme der entsprechenden Handlung nur insoweit interpersonal besteht, als er abstrakt die Grundlage für einen noch nicht konkretisierten, aber durch den erfolgreichen Bewerber ohne weitere Mitwirkung des Auslobenden zur Entstehung bringbaren Anspruch bereitet. Hiermit unterscheidet er sich markant von Verpflichtungsgründen, die in einem Schuldverhältnis zwischen bestimmten oder individualisierbaren Parteien liegen und zugleich, über die Offenheit des künftig Anspruchsberechtigten hinausgehend, auch insofern von einem Angebot, als dieses alleine gerade noch keinen Verpflichtungsgrund bildet. Zum Gedanken, dass ein Rechtsverhältnis auch auf (noch) nicht an ihm Beteiligte ausstrahlen kann, vgl. Jhering, dogm. Jb. 10 (1871), 245, 245 f. Diese Vorstellung könnte dahingehend fortgedacht und ausgeweitet werden, dass auch der einseitige Verpflichtungsgrund zwar noch kein zwischen bestimmten Personen bestehendes Rechtsverhältnis begründet, aber bereits als „aktivierbare“ Basis für konkrete Ansprüche rechtlich relevant existiert. Dies verdeutlicht der Vergleich mit dem Konzept eines regulären Vertragsschlusses durch Angebot und Annahme, auch wenn diesen Willenserklärungen eine invitatio ad offerendum vorausging; allerdings verzichtet der Auslobende implizit auf die Auswahl des Transaktionspartners, als der Erwerb des Anspruchs auf die Belohnung, soweit keine weiteren Spezifikationen getroffen wurden, einzig durch die Handlungsvornahme bzw. Herbeiführung des gewünschten Erfolgs eintritt (vgl. § 657 BGB). Entschieden befürwortet wird der mögliche, dem Willen des Versprechenden entsprechend einseitige Verpflichtungsgrund, für den die Zeit reif sei, bei Siegel, S. 44 f., 49. 126 Siehe § 1, A. II. 2.

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den, soll nunmehr durch einen Versuch erhellt werden, die Auslobung in eine dogmengeschichtliche Tradition einzubetten. Zunächst werden als mögliche historische Vorläufer diskutierte Institute und Gedanken in den Blick genommen, die der Auslobung eine insbesondere terminologische Geburtsstätte geboten haben könnten [aa)]. Weiter ausgreifend werden gedankliche Verbindungslinien zu potenziellen konzeptionellen Orientierungspunkten für das einseitige Versprechen als Verpflichtungsgrund beispielhaft aufgeworfen und kritisch geprüft [bb)], woran sich ein Fazit schließt [cc)]. aa) Ursprung der Auslobung – Fehlen markanter historischer Vorbilder Um das einseitige Auslobungskonzept dogmengeschichtlich zu fundieren, wird zunächst ein Versuch unternommen, Licht in das Dunkel der unklaren konzeptionellen und terminologischen Geburtsstätte zu bringen. Die Vertreter der Versprechenstheorie begründeten die vorzugswürdige einseitige Konstruktion der Auslobung neben einem entsprechenden, zumindest gewohnheitsrechtlich anerkannten Verkehrsbedürfnis127 mit historischen, insbesondere römischrechtlichen128 Vorläufern. Für die hiesigen Zwecke ist lediglich entscheidend, ob ein klarer Ursprung auszumachen ist, dessen Wertungen auf das Verständnis des status quo, insbesondere hinsichtlich der nachfolgend betrachteten Fragestellungen und etwaige Vereinheitlichungsprojekte, ausstrahlen. In Betracht kommen römischrechtliche (1), germanische (2) oder partikularrechtliche Ursprünge (3), die jedoch im Ergebnis keinen hinreichend manifesten Anhaltspunkt bieten (4). (1) Römisch-rechtliche Herkunft? Obgleich angenommen wird, dass das Phänomen öffentlicher Belohnungsaussetzung dem römischen Alltagsleben bekannt war, finden sich keine Hinweise auf ein diesbezüglich passgenau zugeschnittenes Rechtsinstitut in den juristischen Quellen.129 Entgegen der heute einmütigen Ansicht, dass sich insofern eine Herleitung verbietet130, wurde in der Vergangenheit vereinzelt gewagt, eine Parallele zwischen 127 Hierzu Dreiocker, S. 39; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 338; vgl. zur gewohnheitsrechtlichen Anerkennung: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 15. 128 Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 9. Zum römischen Recht als Orientierungspunkt und „Lehrmeister“ z. B. Blumenthal, S. 3 sowie C. Kirchner, S. 1; vgl. Coing, S. 40. 129 Welsmann, S. 16; Eberdt, S. 5 f.; Heck, S. 363; Blumenthal, S. 4. Mit ausführlicher Auseinandersetzung Dreiocker, S. 25 ff., 38 f. A.A. ist Düll, ZRG 61 (1941), 19, 20 ff., 25, der insbesondere den Alltagsgebrauch als hinreichenden Beleg für rechtliche Wirksamkeit erachtet. 130 Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 1 mit Fn. 1; Dreiocker, S. 10 ff.; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 7 f.; Fischer, S. 1; vgl. Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 2. Dem römischen Recht ist ein Rechtsgeschäft öffentlicher Belohnungsaussetzung als auch die Klagbarkeit einseitiger Versprechen fremd: Dreiocker, S. 147; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 338.

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der Auslobung und den einseitig konzipierten Rechtsinstituten131 der pollicitatio oder des votums zu ziehen.132 Bereits ohne einen vertieften Einstieg in das römische Recht133 zeigt sich, dass diese Rechtsinstitute keine hinreichende Nähe zur Sachlage öffentlicher Belohnungsaussetzung aufweisen, um für das Auslobungskonzept als Urahne Pate134 gestanden haben zu können.135 Beim votum handelt es sich um das Versprechen an eine Gottheit, eine Opfergabe zu stiften.136 Um die Auslobung mit diesem Gelübde auf eine gemeinsame Linie zu bringen, müsste letzteres radikal profaniert, i. e. von der spirituellen auf eine weltliche Ebene herabgesetzt werden.137 Bei der pollicitatio handelt es sich demgegenüber um das Versprechen eines Bürgers an eine Stadtgemeinde, eine Werkleistung zu erbringen, beispielsweise, im Zuge der Bewerbung um ein öffentliches Amt oder eine Priesterschaft ein Bauwerk zu errichten.138 Die Auslobung wurde teilweise mit der Begründung in die Tradition dieses Instituts gestellt, dass lediglich der Adressatenkreis von einer bestimmten Stadt auf die Allgemeinheit ausgedehnt werden müsse.139 Obwohl die Herleitung zumindest etymologisch vielversprechend anmutet, da die Versprechenstheorie der Auslobung auch als „Pollizitationstheorie“ bezeichnet wird140, ist auch diese propagierte Verwandtschaft nicht überzeugend. Die pollicitatio betrifft sachlich eine spezifische

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Zu weiteren, nicht zielführenden Ansatzpunkten, insbesondere der Delatorenprämie z. B. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 11 (Delatorenprämie, bravium); Blumenthal, S. 6 f.; Dreiocker, S. 66 ff. 132 So z. B. v. Mayr, S. 100 f. sowie, i.Erg. aber eine hinreichende Nähe ablehnend, Blumenthal, S. 5 f. Nach Weller, S. 61 soll die Pollizitationstheorie auf die römische pollicitatio und kanonistische Versprechenslehren zurückzuführen sein. 133 Z. B. Kaser/Knütel, Mayer-Maly, Kunkel/Schermaier, Honsell. 134 Soweit nur die Vereinbarkeit eines einseitigen Versprechens als Verpflichtungsgrund mit dem römischen Recht begründet werden soll, kann diesem versöhnlich-verstärkenden Ziel gefolgt werden. So zu finden im Theilentwurf: v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 483. 135 Deutlich in ihrer Ablehnung sind z. B. Elster, ArchBürgR 18 (1900), 125, 140: „votum und pollicitatio […] sind bis vor kurzer Zeit stets als Anknüpfungspunkte für die Auslobung angesehen worden […], weil man mit der „einseitigen“ Auslobung nichts anzufangen wußte“; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 344 zur „rein äußerlichen Zusammenstellung innerlich grundverschiedener Dinge“; C. Kirchner, S. 5, 13: „Mit einer solchen rein äusserlichen Zusammenstellung innerlich grundverschiedener Dinge ist weder theoretisch etwas gewonnen noch praktisch etwas erklärt.“ (13); Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 8 m.w.N. in Fn. 11, 13; Dreiocker, S. 39. 136 v. Savigny/Avenarius, S. 279. 137 Siehe v. Brinz, 1982, S. 556 (§ 307); vgl. v. Mayr, S. 100 f. m.w.N. 138 Kaser/Knütel, § 47, Rn. 12; Mayer-Maly, S. 127; vgl. Windscheid/Kipp, § 304 (S. 239 f.); Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 8 m.w.N. in Fn. 15; Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 3 m.w.N.; Weller, S. 61 m.w.N. 139 v. Brinz, 1879, S. 143 (§ 248) in Fn. 45; vgl. v. Mayr, S. 101 m.w.N. 140 Vgl. A. II. 1. a) aa) (2). Allerdings begegnet der Terminus der pollicitatio nicht einzig im römischen Recht, sondern beispielsweise auch bei Hugo Grotius in seiner Dreistufenlehre, hierzu A. II. 1. b) bb) (2).

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Situation141 und bezieht nicht per se als einseitiges Versprechen Bindungswirkung.142 Zusammenfassend weicht die Auslobung hinsichtlich der Natur und des Regelungsgegenstandes wesentlich von pollicitatio und votum ab. So ist für die Auslobung nicht nur charakteristisch, sondern konstitutiv, dass sie sich an einen unbestimmten Personenkreis richtet, während die beiden römischen Institute jeweils an bestimmte Adressaten gerichtet sind.143 Ferner gehört die Auslobung dem Privatrecht an, während die pollicitatio ein öffentlich-rechtliches und das votum ein sakralrechtliches Rechtsinstitut darstellen.144 Nicht zuletzt wird der Auslobende, der ein bestimmtes Ziel erreichen möchte, primär145 in eigenem Interesse tätig, während jedenfalls die pollicitatio dem öffentlichen Interesse dient.146 Somit liegen erhebliche qualitative Unterschiede vor, die gegen eine Rückführung der Auslobung auf die genannten römischrechtlichen Institute sprechen.147 (2) Germanischer Ursprung? Auch das alte deutsche bzw. germanische Recht weist keine eindeutige oder zumindest überzeugende historische Geburtsstätte für das Auslobungskonzept auf.148 Zwar belegen wiederum nicht-juristische Quellen, dass die öffentliche Belohnungsaussetzung als tatsächliches Phänomen bekannt war,149 eine über gesellschaftliche, moralische oder religiöse Motive hinausgehende Festschreibung von

141 Zu möglichen Gründen für die einseitige Konstruktion, etwa um eine mit einem formalisierenden Vertragsschluss eingeführte Konnotation des Misstrauens zu vermeiden, ausführlich: Exner, KritVj 11 (1869), 337, 343 f. 142 Einen interessanten Anknüpfungspunkt formuliert Hunter, S. 457, der die Wirksamkeit einer pollicitatio erst mit einer Art consideration anerkennt, z. B. bei sozialer Anerkennung des Versprechenden oder finanziellen Aufwendungen seitens der begünstigten Öffentlichkeit (vgl. C. sowie § 4, B. II.). Vgl. Welsmann, S. 20 zum erforderlichen persönlichen Band zwischen Gläubiger und Schuldner, das wahrhaft einseitige Rechtsgeschäfte ausschließe. 143 Dreiocker, S. 17; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 9; Elster, ArchBürgR 18 (1900), 125, 140; vgl. Exner, KritVj 11 (1869), 337, 343. 144 Vgl. Blumenthal, S. 5; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 9; Welsmann, S. 21; Kaser/Knütel, § 47, Rn. 12, § 10, Rn. 2; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 8 m.w.N. 145 Das Ziel des Auslobenden kann eigen- oder fremdnützig sein: Mot. II, § 581 (S. 519). 146 Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 136; Kleinschmidt, Jura 2007, 249, 251 mit Fn. 29; ders., in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 8 m.w.N.; vgl. Fischer, S. 6, 30 sowie differenzierend Dreiocker, S. 18. 147 Trotz der beschriebenen markanten Unterschiede gegenüber der Auslobung dazu, dass votum und pollicitatio zumindest Beispiele für Ausnahmen vom Vertragsgrundsatz und der Unverbindlichkeit einseitiger Willensbekundungen darstellten: Windscheid/Kipp, S. 239 f. (§ 304). 148 Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 1; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 4 m.w.N. zu allgemeinen, aber vagen Anstößen. 149 Zur lebensweltlichen, z. B. durch „Balladen, Epen und Lieder“ belegten Bekanntheit: Welsmann, S. 17; Blumenthal, S. 8 f.; Düll, S. 20.

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Grundsätzen der Versprechenstreue, wie die häufig zitierte Maxime „ein Mann ein Wort“, findet sich jedoch nicht.150 (3) Vorläufer in Gesetzbüchern und -entwürfen Obwohl die öffentliche Belohnungsaussetzung teilweise in partikularrechtlichen Gesetzbüchern und -entwürfen geregelt wird151, kann kein konkretes, richtungsweisendes152 Vorbild für die Regelung des BGB identifiziert werden. Dies erkennt insbesondere der für den Gesetzeserlass maßgebliche Theilentwurf an, der auf einer gründlichen Sondierung des bislang geltenden Rechts fußt.153 (4) Auslobung als (erstmalige) rechtliche und terminologische Erfassung eines tatsächlich bekannten Phänomens Zusammenfassend ist festzuhalten, dass über den insbesondere terminologischen Ursprung der Auslobung nach wie vor Ungewissheit herrscht.154 Hierauf wird teilweise auch die Kuriosität zurückgeführt, dass die praktisch gemeinhin bekannte und gebräuchliche Auslobung in dieser zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgeworfenen Bezeichnung im allgemeinen Sprachgebrauch noch immer nicht etabliert ist.155 Für 150 Siehe z. B. C. Schmidt, S. 251 (§ 29): „Das germanische Vertragsrecht ist ganz einfach auf die Vorschrift des Sittengesetzes gegründet, daß Verträge gehalten werden müssen. Was ein Mensch versprochen hat, das muß er […] erfüllen“; Welsmann, S. 16 f.; Blumenthal, S. 10; vgl. zur Quellenlage als „wenig aussagekräftig“ in germanischem wie römischem Recht: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 13 m.w.N. Vgl. dazu, dass die Auslobung nicht aus altem deutschen Recht hergeleitet werden kann: Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 2 mit Fn. 1. 151 Mit einem Überblick über solche Regelungen, die vielfach auf dem (Vertrags-)Modell eines tatsächlich anzunehmenden Versprechens beruhen: Dreiocker, S. 127 f., 131 ff.; Welsmann, S. 17; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 5; vgl. Eberdt, S. 7 sowie Dalwigk zu Lichtenfels, S. 13. 152 Angesichts der qualitativen Unterschiedlichkeit verfängt auch der Begründungsversuch des ersten Entwurfs nicht, dass in Partikularrechten zumindest die Bindung an den Vertragsantrag anerkannt werde, was eine weitreichende Willensmacht auch hinsichtlich des Verpflichtungsgrundes andeute: v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1175 (S. 5). 153 v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 483 f. 154 v. Braumüller, S. 8; vgl. Dreiocker, S. 143 ff., der verschiedene frühzeitige Verwendungen des Begriffs in literarischen Werken beleuchtet; vgl. Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 3, der auf das erstmalige Erscheinen bei v. Bülow rekurriert, siehe v. Bülow, Kap. XI „Ueber die Verbindlichkeit aus der Auslobung einer Prämie oder Belohnung für einen, von einer noch ungewissen Person erwarteten, Dienst“, S. 271 ff. 155 Dreiocker, S. 143 ff.; Ahlich, S. 1; Eberdt, S. 1; Welsmann, S. 14; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 3; Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 3; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 1, u. a. zur terminologischen Herleitung und einem für die hiesigen Belange nicht weiterführenden Erklärungsversuch, weshalb v. Bülow die Bezeichnung „Auslobung“ verwandt haben könnte. v. Mayr, S. 12 f. verbindet seine entschiedene Kritik an der lebensfernen Bezeichnung mit dem Vorschlag, diese durch eine verständlichere, wie die üblichere der Ausschreibung, zu ersetzen. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 9

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die interessierende Fragestellung ist festzuhalten, dass jedenfalls kein eindeutiger historischer Vorläufer identifiziert werden kann, der zwingend als wegweisender Aszendent in die Überlegungen zu den Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntnis, eines Harmonisierungspotenzials und des einseitigen Verpflichtungsgrundes im Allgemeinen einfließen müsste. bb) Vorboten des Konzepts einseitiger Versprechen als Verpflichtungsgrund In Ermangelung eines konkreten historischen Vorläufers wird nunmehr exemplarisch untersucht, ob das Auslobungskonzept des Versprechens als ausnahmsweise einseitiger Verpflichtungsgrund in einem (dogmen-)geschichtlichen Vorbild Verankerung findet. Einen solchen Gedanken einseitiger Bindung impliziert vermeintlich das kanonische Recht mit der Vorstellung des Versprechensbruchs als Sünde, scheidet jedoch überzeugenderweise jedenfalls ob der religiösen Rückkopplung als Orientierungspunkt aus (1). Gleichermaßen führen auch terminologische Anhaltspunkte im Naturrecht nicht weiter: Mit der Entwicklung zum Vertragsgedanken als Konsens vollzieht sich sogar eine Distanzierung vom Versprechen, was bereits die versprechensbasierte Theorie von Hugo Grotius kristallisiert (2). Mithin stellt sich die Auslobung konzeptionell nicht als Fortdenken oder -bilden bestehender Theoriegerüste dar (3). (1) Religiös fundierte Bindung an einseitige Versprechen im kanonischen Recht als Orientierungspunkt? Indem es Weichen für die Entwicklung des modernen Vertragsrechts stellte, bezieht das kanonische Recht eine nachhaltige intellektuelle Wirkmacht.156 Insbesondere im Mittelalter übte die Kirche nicht nur geistige Macht aus, sondern stellte vor dem Hintergrund einer fehlenden geschlossenen staatlichen Rechtssetzung auch eine der ausgeprägtesten öffentlichen Organisationsstrukturen und Autoritäten dar und beeinflusste so das weltliche Recht und die Entwicklung rechtswissenschaftlicher Methodik.157 Im Gegensatz zum Vertragsgrundsatz des BGB wurde im kanonischen Recht auf religiöser Basis158 das einseitige Versprechen als ausreichender und entscheidender Grund der Verpflichtungserzeugung angesehen.159 Die Argumentation der Kanonisten baut auf dem im Vergleich zum römischen Recht fortbewertet diese Kritik als zu scharf und betont, dass die Auslobung trotz des ungebräuchlichen juristischen Namens ein „weithin verbreitetes und bekanntes Rechtsinstitut“ sei. 156 So bei der Herleitung des modernen Vertragsbegriffs und -rechts z. B. Stöhr, AcP 214 (2014), 425, 439 ff.; C. Hattenhauer, S. 63 ff.; Weller, S. 72 ff. 157 Ausführlich Wieacker, S. 71 ff. Zum Einfluss in der Entstehungsgeschichte des englischen (Vertrags-)Rechts über die equity B. II. 1. b) aa) (2). 158 Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 3; C. Hattenhauer, S. 63. 159 Weller, S. 72 f., 89; Mayer-Maly, in: Jakobs, S. 91, 101; Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 468; Diesselhorst, S. 10; Stöhr, AcP 214 (2014), 425, 440.

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schrittlichen Prinzip auf, dass jeder Art von Versprechen Verbindlichkeit zukommt.160 Die Begründung vollzieht sich vor dem Hintergrund christlicher Moraltheologie161 auf religiöser und moralischer Ebene.162 Nach dem Willen Gottes sei die promissio als simples Versprechen gleichermaßen einzuhalten wie ein durch Eid förmlich bekräftigtes, weil „Gott zwischen Eid und gewöhnlicher Rede nicht unterscheide“163 : In der Nichterfüllung eines individuellen Leistungsversprechens liege eine der Sittlichkeit widersprechende164 Lüge und Sünde.165 Die bei förmlichen wie formlosen Versprechen mithin gleichermaßen bestehende Bindung beruhe auf der moralisch-theologischen Pflicht des Individuums zur Aufrichtigkeit, Ehrbarkeit, Wahrhaftigkeit und Versprechenstreue.166 Hintergrund dieser ist, dass der Mensch sich als Abbild Gottes diesem als Endziel anzunähern suche und eine Lüge als Widerspruch zu sich selbst nicht mit der göttlichen Vollkommenheit zu vereinbaren sei.167 Durch den Fokus auf das Versprechen selbst vollzog sich – auch für den heutigen Grundsatz des Vertrags- und Konsensprinzips168 – ein entscheidender Schritt: Formale Kriterien des römischen Formalismus und Typenzwangs169 mussten dem Versprechen als Ausdruck des Willens zur Selbstverpflichtung weichen.170 Gleichwohl findet der Gedanke des Versprechens als wahrhaft autonomer, einseitiger Verpflichtungsgrund im kanonischen Recht nur eingeschränkt Verankerung, als

160 Kegel, S. 8, u. a. mit Verweis auf die religiöse Prägung; Nanz, S. 52; Thier, in: HKKBGB (2007), § 311 I Rn. 14 m.w.N.; Mayer-Maly, S. 112. Zur nachfolgenden Einschränkung durch eine erforderliche causa z. B. Berman, S. 247; Kegel, in: GS Lüderitz, S. 347, 355; Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 15; vgl. Diesselhorst, S. 9. 161 Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 14. 162 Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 3, 14; Kegel, S. 8 sowie ders., in: GS Lüderitz, S. 347, 354; ausführlich zur Entwicklung Dilcher, ZRG RA 77 (1960), 270, 282 ff. 163 Kegel, in: GS Lüderitz, S. 347, 355; ders., S. 8; Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 14; vgl. Berman, S. 247. 164 Nanz, S. 47. 165 Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 195; Kegel, S. 8; vgl. ferner Mayer-Maly, in: Jakobs, S. 91, 101; Kegel, in: GS Lüderitz, S. 347, 354 m.w.N.; C. Hattenhauer, S. 63. So schreibt Thomas v. Aquin in der Summa Theologica: „Es ist eine Lüge, wenn einer nicht erfüllt, was er versprochen hat.“ – Zitat und Übersetzung nach Weller, S. 73. 166 Weller, S. 73 m.w.N.; Nanz, S. 48; G. Schulze, S. 301. 167 So Berger, S. 102; zum Endziel des menschlichen Handelns siehe v. Aquin/Brachtendorf, Questio 1, Art. 4 (S. 19); vgl. Diesselhorst, S. 41 zur Vorstellung von Hugo Grotius, nach der die Menschheit in ihrer „Selbstgesetzgebung […] dem göttlichen Vorbild zu entsprechen trachtet“. 168 Vom Vertragsschluss durch Konsens im heutigen Sinne ist das (einseitige) kanonische Konzept noch weit entfernt: Weller, S. 72 ff.; vgl. Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 4, 19, 21. 169 Weller, S. 89; vgl. Fn. 545 zur diesbezüglichen Nähe zum englischen writ-System. 170 Nanz, S. 46, 56; Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 188 f. Neben der bedeutenden Öffnung hinsichtlich formloser Vereinbarungen ist allerdings auch die Ausuferungen entgegentretende causa zu beachten (vgl. die vorherige Fn. 160).

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die konzeptionelle Einseitigkeit hinterfragt werden muss171: Die religiös-moralische Argumentation konstruiert die Verpflichtungsbegründung zwar ohne ein menschliches Gegenüber, greift jedoch auf Gott172 als spirituellen Gegenpol als externe Instanz zurück.173 Anstatt des Vertragspartners hält letztlich Gott das andere Ende des Bandes der Verpflichtung bzw. begründet die dieser konkreten Verpflichtung zugrunde liegende allgemeine moralisch-religiöse Pflicht.174 (2) Distanzierung vom Gedanken des einseitig bindenden Versprechens im Naturrecht am Beispiel der Versprechenslehre von Hugo Grotius Über bestehende terminologische Berührungspunkte hinausgehend, findet in naturrechtlichen Theorien eine Auseinandersetzung mit der Rolle des Versprechens bei der Erzeugung privatrechtlicher Verpflichtungswirkung statt, die eine genauere Betrachtung rechtfertigen. In der Tat wirkte die naturrechtliche Diskussion bedeutend auf das heutige deutsche und englische Vertragsrecht ein.175 Zur theoretischen Fundierung der Auslobung oder eines allgemeinen einseitigen Verpflichtungsgrundes erweisen sich die naturrechtlichen Entwicklungen allerdings nicht als fruchtbar, sondern bereiten im Gegenteil den Boden für ein vertragliches Konzept, indem sie für die Begründung rechtsgeschäftlicher Bindung den zunehmend elaborierten Einbezug eines Gegenübers verlangen.176 Dies indiziert bereits frühzeitig die versprechensbasierte Theorie des berühmten, das Naturrecht entscheidend prägenden Staatstheoretikers und Philosophen Hugo Grotius.177 Dieser unterscheidet in 171

Pointiert Weller, S. 62 f. Allerdings differenziert Thomas v. Aquin bezüglich der Sünde eines Versprechensbruchs, gegenüber wem dieser erfolgt: sich selbst, Gott oder anderen, siehe v. Aquin/Bernhart, S. 384, 387 (72. Untersuchung, Art. 4, 9). 173 Siehe Weller, S. 63 m.w.N.: „Jede Verpflichtung setzt denknotwendig einen extrapersonalen Bezugspunkt voraus, sei es eine andere Person, sei es eine höhere Macht (z. B. die staatliche Rechtsordnung), die an die einseitige Willensbekundung eine Pflicht knüpft.“. Da die Rechtsordnung für rechtliche Bindung als Basis stets notwendig ist, wird sie nach hiesiger Ansicht nicht als externer Bezugspunkt angesehen. 174 Vgl. Weller, S. 62 f., u. a.: „Denn ,mit sich selbst‘ kann sich – sofern es nicht um Moral, sondern um Recht geht – niemand verpflichten.“; vgl. G. Schulze, S. 355 f. zum erforderlichen interpersonalen Rechtsverhältnis (vgl. die vorherige Fn. 125) und A. II. 1. a) dd) zum Bild des „Bandes“. 175 Sogleich zum Einfluss auf das deutsche Vertragskonzept, B. II. 1. b) bb) zum mittelbaren auf das englische. 176 Zum Ausbau der Rolle des Gegenübers bis zum Endpunkt eines ausgewogenen, beidseitigen Konsenses als dem zur Übereinstimmung gebrachten, gemeinsamen Willen der Parteien, der dem Vertragsprinzip des BGB zugrunde liegt z. B. Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I Rn. 3, 19; Stöhr, AcP 214 (2014), 425, 441. Für einen Überblick über naturrechtliche Ansätze: Weller, S. 74 f.; Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 191 ff.; G. Schulze, S. 300 ff. 177 Zu Person, Lebenswerk und Bedeutung für das Naturrecht: Wieacker, S. 287 ff.; Schlosser, Kap. 9, Rn. 2 ff.; Miller, in: Zalta, Stichwort: Hugo Grotius; Hoffmann, in: Hoffmann, S. 5, 5; Brandt, S. 31; Nanz, S. 139; ausführlich das Vorwort in Grotius/Schätzel, S. XV ff. 172

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seinem Meisterwerk178 „De Jure Belli Ac Pacis“179 aus dem Jahr 1625180 Vertrag und Versprechen181, erkennt letztere jedoch nicht alleine, sondern nur, wenn sie angenommen wurden, als Verpflichtungsgrund an.182 Gegen die Bindungswirkung einseitiger Versprechen183 führt er an, dass das Vertrauen auf ein ohne causa abgegebenes Versprechen keinen Schutz verdiene und es sogar gefährlich wäre, wenn jedes – auch leichtfertig abgegebene – Versprechen bereits zu seiner Erfüllung verpflichte; manche Dinge blieben vernünftigerweise dem „guten Willen“ des Einzelnen überlassen.184 Diese Position verdeutlicht seine dreistufige Versprechenslehre.185 Auf deren erster Stufe steht die Aussage über Tatsachen als unverbindliche Willensäußerung.186 Die einseitige Bindung des eigenen Willens an ein bestimmtes Ziel als sog. pollicitatio auf zweiter Stufe hingegen begründet bereits eine Verpflichtung, die allerdings nur moralischer Natur und insofern Vorstufe rechtlicher Bindung ist.187 Letztere tritt erst auf der dritten Stufe der Rechtsübertragung ein, die sich dergestalt vollzieht, dass der Versprechende dem Versprechensempfänger willentlich das Recht zur Einforderung des Versprochenen einräumt,188 wofür es in Analogie zur Eigen178 Zur Erfolgsgeschichte und Bedeutung des vielfach übersetzten Werkes: Brandt, S. 31; Schlosser, Kap. 9, Rn. 1, 4; Weller, S. 75; Unberath, S. 53; Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 468; differenziert Hoffmann, in: Hoffmann, S. 5, 5. 179 Die Übersetzungen des lateinischen Originals werden z. T. kritisiert, z. B. Brandt, S. 42, sodass i.F. bewusst verschiedene Übersetzungen verwendet werden. 180 Zu Hintergründen des – völkerrechtlichen – Werks, insbesondere den Eindrücken des Dreißigjährigen Krieges, z. B. Schlosser, Kap. 9, Rn. 1; Diesselhorst, S. 35, 37 f.; Brandt, S. 34 f. 181 Grotius behandelt die Institute in unterschiedlichen Abschnitten, in Kap. 11 und 12 des zweiten Buchs, siehe Grotius/Brown [u. a., S. 241 ff. (chapt. XI „Of Promises.“), 261 ff. (chapt. XII. „Of Contracts.“); Grotius/Schätzel, S. 235 ff. (Kap. 11 „Über die Versprechen“) S. 245 ff. (Kap. 12 „Über die Verträge“). Grotius lässt die Abschnitte zwar unmittelbar aufeinander folgen, ohne aber das systematische Verhältnis zwischen den beiden Instituten entscheidend zu erhellen, vgl. Weller, S. 77 mit Fn. 163. 182 Zu diesem „Annahmepostulat“ u. a. Weller, S. 77; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 657 Rn. 4; Dreiocker, S. 117. 183 Grotius/Brown u. a., S. 242 f. Zum kritischen Aufgreifen der Argumente des französischen Humanisten Franciscus Conannus (1508 – 1551) (vertiefend zu diesem z. B. C. Hattenhauer, S. 62 m.w.N.), siehe Diesselhorst, S. 35, der die Passage als einleitende Polemik beschreibt. 184 Grotius/Schätzel, S. 235; vgl. die englische Übersetzung als „every Man’s Honesty“ bei Grotius/Brown u. a., S. 241; insofern liegt eine Gleichsetzung mit Gewissen, Ehrlichkeit, Tugendhaftigkeit im Sinne einer persönlichen, eigenständigen und selbstverantwortlichen Entscheidung nahe. 185 Grotius/Brown u. a., S. 244 ff. Erläuternd Bailas, S. 79 f.; Hofmann, S. 91; Schmidlin, S. 61, 67 f.; Diesselhorst, S. 34 f., 44. 186 Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 191; Bailas, S. 79 f.; vgl. Diesselhorst, S. 46. 187 Vgl. G. Schulze, S. 300 sowie zu dieser zweiten Stufe: Diesselhorst, S. 48; Bailas, S. 80; Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 191. 188 Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 191 m.w.N.; vgl. Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 468 f.; Diesselhorst, S. 49 f.

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tumsübertragung einer Annahmeerklärung des Gegenübers bedarf.189 Das Grotianische Modell lässt die Notwendigkeit eines extrapersonalen Bezugspunkts, im Vergleich zum kanonischen Recht, mithin konzeptionell deutlich hervortreten.190 Allerdings löst das Element des Rechtsübergangs die elementare Frage nicht, wie eine Verpflichtung erschaffen wird191: Auch wenn ein Recht (nur) übertragen wird, muss es begriffsnotwendig bereits existieren192; das einseitig erschaffene Versprechen der zweiten Stufe alleine bindet aber explizit nur moralisch. Der undurchsichtige Gegenstand des Transfers193 wiederholt die hier interessierende grundlegende Fragestellung, anstatt sie zu beantworten. Dass eine rechtsgeschäftliche (Selbst-)Bindung möglich ist, setzt Grotius als selbstverständlich voraus194 und stößt verschiedene Argumentationslinien an, weshalb die begründete Verpflichtung einzuhalten sei, die vom religiösen Motiv über „natürliche Billigkeit“ und „moralische Notwendigkeit“ bis zur „Natur der unveränderlichen Gerechtigkeit“ reichen.195 189

Grotius/Schätzel, S. 237, sowie 242 zum Annahmeerfordernis: „Damit aber ein Versprechen ein Recht gewähre, ist ebenso wie bei der Eigentumsübertragung die Annahme notwendig.“; vgl. in der englischen Übersetzung Grotius/Brown u. a., S. 255. Erläuternd hierzu z. B. Weller, S. 76; G. Schulze, S. 300; Schmidlin, S. 61, 68 f.; Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 468; Diesselhorst, S. 106 f., 110, 115; vgl. Bailas, S. 80 sowie Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 191 f. 190 Vgl. Diesselhorst, S. 115, der von einem „fremdpersonalen Bindungsakt“ spricht. Vgl. dazu, dass der Versprechensempfänger als Gegenüber, obgleich noch in untergeordneter Rolle, zur Mitwirkung berufen ist: Kegel, S. 14. 191 Vgl. Wieacker, S. 295. Dass ein Transfer von Rechten in personam möglich sein muss, schließt Grotius a maiore ad minus vom Eigentumsrecht: Grotius/Schätzel, S. 236 f. Siehe hierzu z. B. Straumann, S. 176 f.; Diesselhorst, S. 43 f. Als ein Beispiel moderner Transfertheorie siehe Benson, 48 Wm. & Mary L. Rev. (2007), 1673. 192 Eine elegante Lösung bietet Mendelssohns Vertragstheorie (vgl. § 1 mit Fn. 4), nach der ein Pflichtengerüst bereits besteht und Akteure durch Wahlakt unvollkommene Rechte und Pflichten zu vollkommenen aufwerten. 193 Grotius spricht von der „Veräußerung eines Teiles unserer Freiheit“. Das Grotianische Konzept vermischt mithin zwei Gedanken: den des Transfers eines bereits bestehenden (Freiheits-)Rechts und den der Obligationsbegründung erst durch und mit Einbezug des Gegenübers durch die Annahme. In der Synthese wird ein Ausschnitt der Freiheit des Versprechenden („etwas zu leisten“) durch den, beidseitige Mitwirkung verlangenden, Transfer auf den Versprechensempfänger übertragen, wodurch diesem ein positives Forderungsrecht erwächst. Siehe Grotius/Schätzel, S. 237 zur „Veräußerung eines Teiles unserer Freiheit“ und der Gleichsetzung und Parallelisierung von Eigentumsveräußerung als „Versprechen, etwas zu geben“ und Obligationsbegründung als „Versprechen, […] etwas zu leisten“; vgl. allgemein zum schwer fassbaren, nicht gegenständlichen Transferobjekt in Transfertheorien: Smith, S. 44 f. 194 Siehe, neben dem Umkehrschluss aus den nachfolgenden Originalquellen (Fn. 195), hierzu Diesselhorst, S. 52 sowie Unberath, S. 54. 195 So Weller, S. 76. U. a. verweist Grotius auf die verbreitete Auffassung, „daß nichts natürlicher sei, als den Willen des Eigentümers zu beachten, der sein Recht einem anderen übertragen will, und daß nichts der Treue unter den Menschen mehr entspreche, als die gegebenen Versprechen zu halten“ – so unter Verweis auf „die übereinstimmende Meinung der Rechtsgelehrten“ in Fn. 4 f. m.w.N.: Grotius/Schätzel, S. 236; vgl. zu vielfältigen Ansatzpunkten Diesselhorst, S. 40, 42 f.

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Grotius löst die (rechtswissenschaftliche) Theoriebildung damit zumindest insoweit von der moralisch-theologischen Dimension ab196, als er Gott und etwaige Parallelen des menschlichen Wesens zu ihm nur als Begründungsmuster anführt.197 Trotz dieses aus heutiger Sicht wichtigen Vorstoßes198, ist für die vorliegenden Zwecke lediglich entscheidend, dass das Grotianische Modell zwar versprechensbasiert ist, eine eigenständige Bindungsmöglichkeit durch das einseitige Versprechen dennoch gerade nicht anerkennt.199 Obwohl die Konzeption auf der Vorstellung eines annahmebedürftigen Versprechens als Ausdruck eines entsprechenden Willens aufbaut200, legt sie mit der konstitutiven, in den nachfolgenden naturrechtlichen Theorien qualitativ immer anspruchsvoller ausgestalteten Einbeziehung eines Gegenübers in die Erzeugung des Verpflichtungsgrundes den Grundstein für das heute im Grundsatz herrschende Vertragskonzept eines durch gleichwertige Beiträge herbeigeführten Konsenses.201 Deutlich wird, dass der Wille des einseitig Versprechenden alleine zur Begründung rechtlicher Verpflichtung nicht ausreicht202, sodass selbst der verspre-

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Zur wechselseitigen Prägung der sich bei Grotius widerspiegelnden gesellschaftlichen Umbruchsphase: Hoffmann, in: Hoffmann, S. 5, 5; Weller, S. 77; vgl. Schlosser, Kap. 9, Rn. 1, 3, der bei Grotius erst den Beginn dieser Phase sieht. 197 Siehe z. B. Grotius’ Verweise auf biblische Quellen: Grotius/Brown u. a., S. 245. Unberath, S. 53 spricht treffend von einer Orientierung am „göttliche[n] Leitbild“: Die sittlich selbstverantwortliche Person verhielte sich widersprüchlich, wenn sie ihren durch das Versprechen kundgetanen Willen nicht befolgte, was aus einem Vergleich zu Gott folge, an dessen „göttlicher Allvernunft“ der Mensch partizipiere. Vgl. hierzu Weller, S. 76 m.w.N. in Fn. 155; Diesselhorst, S. 40 f.; Wieacker, S. 293; Schmidlin, S. 61, 68 sowie ders., in: FS Seiler, S. 187, 191: „Die innere Vernünftigkeit verlangt eine absolute Treubindung“. Zur gleichwohl im Grunde säkularen Ausrichtung, was auch als Hinwendung zur Vernunft als neue Basis rechtswissenschaftlicher Theorien gedeutet wird: Schlosser, Kap. 9, Rn. 1, 4 f.; vgl. Brandt, S. 31 ff. 198 Zur Bedeutung, das Versprechen in den Fokus zu stellen: Schmidlin, S. 61, 66 ff. Mit einem Exkurs zur Anlehnung des österreichischen Rechts in § 861 AGBGB an die Grotianische Versprechenslehre: Weller, S. 77. 199 Grotius ist gleichwohl noch weit vom Gedanken des Konsenses entfernt: Obwohl das Gegenüber einbezogen wird, kommt ihm nur eine untergeordnete Rolle zu, siehe Kegel, S. 14 m.w.N.; Weller, S. 77 m.w.N.; vgl. G. Schulze, S. 300. 200 Vgl. Straumann, S. 175. 201 Stöhr, AcP 214 (2014), 425, 441; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 12 m.w.N.; Nanz, S. 139; vgl. Wieacker, S. 293; zum Konsens nach der Vertragskonzeption des BGB: Weller, S. 58, 65 ff., 187 m.N. 202 Dies mag auf den ersten Blick überraschen, da Grotius durchaus mit der promissio und der pollicitiatio Begrifflichkeiten verwendet, die einseitige Versprechen insinuieren; entscheidend ist jedoch die Einordnung im Gesamtkonzept der dreistufigen Versprechenslehre, in der das Versprechen nicht den Verpflichtungsgrund, sondern nur den „Ausgangspunkt“ darstellt: Weller, S. 87; Zimmermann, in: FS Heldrich, S. 467, 468. Mit der Einschätzung, dass Grotius (gleichwohl) Willens- und Vertrauensethik vereinbart: Wieacker, S. 293; vgl. Diesselhorst, S. 34.

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chensfokussierte Grotianische Ansatz keine theoretische Basis für einen einseitigen Verpflichtungsgrund allgemein oder im Falle der Auslobung bietet.203 (3) Fazit Obwohl das kanonische Recht das einseitige Versprechen als bindend anerkennt, stellt es aufgrund seines religiösen Fundaments und des göttlichen externen Bezugspunkts keinen Anker für die Auslobung dar. Die Entwicklungen im Naturrecht betonen, wie bereits die Grotianische Versprechenslehre zeigt, die Notwendigkeit eines externen Bezugspunktes einer mitwirkenden Person sogar.204 Deutlich wird, dass hinsichtlich des Versprechens als einseitiger (rechtlicher) Verpflichtungsgrund ein theoretisches Vakuum besteht. Die im geltenden Auslobungskonzept liegende Autarkie steht somit nicht in einer dogmengeschichtlichen Tradition, sondern hebt sich vielmehr kontrastreich hervor. c) Wertungshintergründe und Fazit über die dogmengeschichtliche Vorbestimmung und Fundierung des Versprechens als Verpflichtungsgrund Für die Begründung der Auslobung als ausnahmsweise einseitiger Verpflichtungsgrund zeigen sich zwei Ansatzpunkte, die die gewählte Versprechenskonstruktion tragen könnten: ein situationsbedingt selbstgenügsamer Wille des Auslobenden oder pragmatische Erwägungen eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses. Einerseits könnte aus der speziellen Situation öffentlich ausgesetzter Belohnungen ein vorherrschender Wille des Auslobenden abgeleitet werden, da nur er gebunden wird, während die Öffentlichkeit, der nur eine Erwerbsaussicht als Vorteil eingeräumt wird, weder schutzwürdig ist, noch mitwirkungsbedürftig erscheint.205 An203 Zur Dissonanz zwischen naturrechtlichen Theorien und dem Konzept des einseitigen Verpflichtungsgrundes Dreiocker, S. 122; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 12 u. a. mit dem Hinweis in Fn. 34 auf die fehlende Behandlung der Auslobung bei Grotius. Von den im 19. Jahrhundert diskutierten Positionen findet ob des rechtlich nur bei Annahme wirksamen Versprechens eher die Vertragstheorie Verankerung, vgl. hiermit im Einklang zur Widerruflichkeit bis zu diesem Zeitpunkt: Grotius/Brown, u. a. S. 256; vgl. mit Bezug zum französischen Recht: Schmidlin, in: FS Seiler, S. 187, 204. 204 Z. B. Samuel Pufendorf (1632 – 1694) mit der Konzeption zweier Konsense als jeweiliger Zustimmung zum Willensakt des Gegenübers: Pufendorf, III. Buch, Kap. VI (§§ I ff., S. 668 ff.), u. a. „[…] wie zur Gültigkeit einer Zusage erfordert werde / daß nicht nur der drein willige / welcher sie zu thun hat / sondern auch (1) der andere dem sie geschehen ist“ (§ XV, S. 697), „Pact zweyer Partheyen […][, sodass] gegenseitiges Versprechen […] allererst von des andern Annehmung […] rechte Krafft und Verbindlichkeit empfange.“ (§ VI, S. 698). Zu Bedeutung der, von Hobbes und Grotius beeinflussten, aber noch göttlich verankerten (Rechts-) Theorie Pufendorfs z. B. Weller, S. 78; Wieacker, S. 301; Schlosser, Kap. 9, Rn. 15 ff.; Unberath, S. 55 ff.; Auer, 208 AcP (2008), 584, 602. 205 Der Schwerpunkt beim Auslobenden spiegelt sich in der Entscheidung zur Widerruflichkeit wider und wird durch das Absehen von einem Kenntniserfordernis bestärkt. Vgl. Siegel,

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dererseits könnte in der skizzierten tatsächlichen Konstellation der einseitige Verpflichtungsgrund, wie in den Motiven angedeutet, auf der praktischen Erwägung fußen, eine lebensnahe Lösung zu bieten.206 Gewundene oder fiktive Begründungen einer Annahme werden vermieden, wenn die vor der endgültigen Vollbringung der gewünschten Handlung nicht identifizierbare bzw. sogar nicht existente Gegenseite nicht in die Begründung des Verpflichtungsgrundes einbezogen wird, vgl. B. II. 1. a). Für die Fundamentalfrage ergibt sich also mit Blick auf das Versprechen als Verpflichtungsgrund ein für die künftige Diskussion ernüchterndes Bild. Für die allgemeine Begründung eines einseitigen Verpflichtungsgrundes dient sich lediglich eine praktische Rechtfertigung an. Situationsabhängig könnte ferner ein ausnahmsweise schwerpunktmäßig maßgeblicher Wille des Versprechenden eine rechtstheoretische Fundierung bieten. 2. Überzeugungskraft mit Blick auf die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis Da die gesetzgeberischen Erwägungen kein umfassend begründetes, nachvollziehbares und eindeutiges Bild entwerfen207, wird für die vorliegenden Zwecke die dogmatische Überzeugungskraft anhand der Lösung der zentralen Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis geprüft. Deutlich werden soll, ob und inwieweit die Lösungen der Fragestellungen von Widerruflichkeit [a)] und Kenntniserfordernis [b)] konstruktionsbedingt bestimmt sind oder sich vielmehr als pragmatische oder wertorientierte gesetzgeberische Entscheidung als kontingent darstellen. Die Betrachtung schließt mit einem kurzen Fazit über die Überzeugungskraft und konstruktionelle Stringenz der gefundenen Lösungen [c)]. a) Widerruflichkeit der Auslobung nach § 658 Abs. 1 BGB als zwingende oder kontingente Entscheidung? Obwohl § 658 Abs. 1 S. 1 BGB die Frage der Widerruflichkeit als eine der vor Gesetzeserlass umstrittensten Fragen der Auslobung208 bejahend beantwortet, geschieht dies nur vordergründig. Dass die positivgesetzliche Normierung für notwendig erachtet wurde, deutet darauf hin, dass die Widerruflichkeit nicht unweigerlich durch die Konstruktion der Auslobung als einseitiges Versprechen vorbe-

S. 47 f. mit dem Argument, dass eine Mitwirkung des Anspruchsinhabers für die Entstehung des Verpflichtungsgrundes nicht zwingend nötig sei, wie deliktsrechtliche Ansprüche belegten. 206 So für die gesetzgeberische Entscheidung: Weller, S. 61. 207 So noch Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 658 Rn. 1; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 22. 208 Mot. II, § 582 (S. 521); Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 2; Eberdt, S. 14; Rath, S. 47; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 351.

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stimmt wird.209 In Anlehnung an die klassischen Auslegungsmethoden210 wird über den in seinem Ergebnis klaren Wortlaut hinausgehend ergründet, ob sich die Entscheidung nachträglich rationalisieren lässt211 und Wertungen für etwaige Harmonisierungsvorhaben oder die Frage nach dem einseitigen Verpflichtungsgrund extrahiert werden können. Dazu wird nach einer Einordnung der Widerruflichkeit als Durchbrechung des Grundsatzes rechtsgeschäftlicher Bindung [aa)] untersucht, ob die Lösungsmöglichkeit212 systematisch oder historisch angelegt ist [bb)] oder zumindest als Wertenscheidung nachvollzogen werden kann [cc)]. Schließlich wird festgehalten, inwieweit die Widerruflichkeit für das deutsche Recht eine aus dogmatischen Gründen zwingende oder kontingente Entscheidung ist [dd)]. aa) Einordnung der Widerruflichkeit als Durchbrechung des Grundsatzes rechtsgeschäftlicher Bindung Hinter dem Begriff eines Rechts zum Widerruf verbergen sich verschiedenartige und unterschiedlich schattierte Figuren213, denen jedoch im Zivilrecht zumindest ein gemeinsamer Kern innewohnt: Ein Widerrufsrecht ermöglicht seinem Inhaber, sich einseitig von einer bestehenden rechtsgeschäftlichen Bindung zu befreien.214 Durch die Gewährung eines solchen nachträglichen215 Lösungsrechts wird das Konzept rechtsgeschäftlich wirksam ins Leben gerufener Bindung abstrakt216 durchbro209

So statt vieler Eberdt, S. 91 f. Allerdings wurde und wird teilweise von Konstruktion auf (Un-)Widerruflichkeit geschlossen, so z. B. von Einseitigkeit auf Unwiderruflichkeit: v. Bar/ Zimmermann, Art. 2:107, S. 171: „Da sie ohne Annahme bindend sind, sind einseitige Versprechen im allgemeinen unwiderruflich.“. 210 Zu den vier, als „klassische“ bezeichneten Auslegungskanones (grammatikalisch, systematisch, historisch und teleologisch): Canaris, 2012, S. 581, 583 ff.; ders., in: FS Medicus, S. 25, 33 m.w.N. in Fn. 16, sowie 33 ff., 43 ff., 58 ff. zu deren Rangverhältnis; grundlegend Larenz/Canaris, S. 141 ff.; Larenz, 1991, S. 320 ff. Zu den Kanones als Teil der „traditionellen“ Methodenlehre: Eidenmüller, in: Hof, S. 486, 486; vertiefend auch zu alternativen Positionen Fikentscher, 1976, S. 657 ff. 211 Rath, S. 47 ff., 51 zu einem den status quo erläuternden Ansatz. 212 Unberührt, aber ihrer praktischen Relevanz durch die zu Gebote stehende einfache Lösungsmöglichkeit durch einen Widerruf in der Regel entzogen, bleibt nach allgemeiner Meinung die Anfechtbarkeit: Mot. II, § 581 (S. 521); Rath, S. 58; Ahlich, S. 18 ff.; v. Braumüller, S. 53 ff.; Braun, S. 64 ff.; Statz, S. 40. Die Relevanz wird demgegenüber vereinzelt bejaht: Dalwigk zu Lichtenfels, S. 43 f.; vgl. eingeschränkt Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 24 zur Praxisrelevanz lediglich dann, wenn ein Widerruf ausscheide, weil die Handlung bereits vorgenommen oder auf einen Widerruf verzichtet wurde. 213 Düll, S. 1; vgl. C. Hattenhauer, S. 229. Zur uneinheitlichen Terminologie in EURichtlinien und nationalen Gesetzen: v. Bar/Clive, Art. II.–5:101, S. 346, 348. 214 Düll, S. 2 f.; Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 391; Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 71; v. Bar/Clive, def., S. 82, Art. II.–5:101, S. 346. 215 Vgl. demgegenüber den antizipierenden Widerruf nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB, hierzu insbesondere die nachfolgende Fn. 269. 216 Wenn nur ein Lösungsrecht gewährt wird, ist die Durchbrechung nur konkret ungewiss, die abstrakte jedoch eingetreten, da die Ausübung in der freien Entscheidung des Berechtigten

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chen.217 Letzteres hat Ausdruck im paradigmatischen Grundsatz der Vertragsbindung (pacta sunt servanda) gefunden.218 Obgleich dieser für die Auslobung als nur einseitiges Rechtsgeschäft begrifflich nicht gilt,219 wohnt auch ihr der grundlegende Gedanke verlässlicher Bindung durch das als Verpflichtungsgrund selbstgenügsame, rechtswirksam entäußerte220 Versprechen inne.221 Dass es sich bei der Auslobung um ein solches Versprechen handelt, für das der Bindungsgrundsatz anerkannt wird, belegt das positive Recht mit dem Wortlaut des § 657 BGB („ist verpflichtet“) sowie im Wege eines Umkehrschlusses aus dem in § 658 Abs. 1 S. 1 BGB normierten Widerrufsrecht, das als Lösungsmöglichkeit nur bei einer vorangehenden Bindung Sinn macht. Nicht zuletzt spiegelt sich die Bindungswirkung lebensweltlich darin wider, dass sie als Bindung an das eigene Wort realweltlich anerkannt ist.222 Insofern ist auch beim Widerruf der Auslobung die natürliche Grundspannung unvermeidbar, die zwischen der grundsätzlichen, rechtsgeschäftlich begründeten Bindungswirkung steht und die Bindungswirkung bereits durch die zur Verfügung stehende willkürliche, einseitige Lösungsmöglichkeit relativiert ist. 217 Zur Durchbrechung rechtsgeschäftlicher Bindung durch Abweichung von der Vertragsbindung (pacta sunt servanda) ermöglichende Widerrufsrechte z. B. Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 67, 102; vgl. Riesenhuber, § 8, Rn. 4 zum Unterlaufen von Vertragsbindung und Selbstverantwortung durch (verbraucherschützende) Widerrufsrechte; vgl. Weller, S. 291 m.w.N. 218 Statt vieler zu diesem im europäischen Vertragsrecht zentralen Grundsatz: v. Bar/Clive, Art. II-1:103, S. 132 („one of the most fundamental and general principles of European contract law“), vgl. princ. 20, S. 46 und Art. II-1:103 (S. 136) zu ihm als Selbstverständlichkeit, die keiner nationalen Aufschlüsselung bedürfe. Mit der Umschreibung als „Bindung an das gegebene Wort“: Riesenhuber, § 8, Rn. 4. Zum deutschen Recht vertieft: Weller, u. a. S. 37 f. 219 Mankowski, S. 1 m.w.N. in Fn. 4. 220 Auszugrenzen sind Fälle, in denen eine Bindungswirkung weder rechtlich noch nach gesellschaftlichem Empfinden beigemessen wird, beispielsweise beim Fehlen eines Rechtsbindungswillens, den bereits die Motive als erforderlichen „ernstliche[n] Verpflichtungswille[n]“ hervorstellen: Mot. II, § 581 (S. 520). Hierzu mit Beispielen statt vieler: KotzianMarggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 657 Rn. 7; Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 6; vgl. allgemein Busche, in: MüKo-BGB (2015), § 145 Rn. 7; Armbrüster, in: MüKo-BGB (2015), Vorbem. zu § 116 Rn. 23 ff. Die rechtliche Beurteilung solcher Fälle dürfte vielfach im Wesentlichen mit einer entsprechenden Laieneinschätzung übereinstimmen. 221 Mankowski, S. 1 f. m.w.N.: „Das eigene Wort kann indes auch beim einseitigen Rechtsgeschäft binden.“, u. a. mit Verweis auf Larenz, 1979, S. 60 zum nicht an die Vertragsform gekoppelten Gedanken rechtsgeschäftlicher Bindung, die vielmehr „soviel wie Unverbrüchlichkeit, Unumstößlichkeit“ bedeute; vgl. Düll, S. 31 sowie Riesenhuber, § 8, Rn. 4 zu pacta sunt servanda als „Bindung an das gegebene Wort“ (Hervorhebung durch Verf.). 222 Siehe Mankowski, S. 1 m.w.N. zu volkstümlichen Sprichwörtern zum auf die einseitige Auslobung übertragbaren Bindungsgedanken; Weller, S. 41; Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 327; vgl. allerdings Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 231 gegen die missverständliche Überdehnung solcher Aussprüche. Positiver Bydlinski, 1967, S. 109 ff., 111 f., nach dem Rechtsverbindlichkeit zwar nicht grundsätzlich alleine auf einer „ethischen Pflicht zur Vertragstreue“ basieren könne, u. a. jedoch im Falle der Auslobung, S. 112: „Hier greift allein der Gedanke durch, daß man das frei und bewußt abgegebene Versprechen mangels besonderer Gründe an sich zu halten habe. […]“ (Hervorhebung in Original).

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und ihrer Durchbrechung durch ein einseitiges Lösungsrecht besteht.223 Diese lässt sich angesichts der Natur der Auslobung als lediglich ausnahmsweise einseitig geschaffener, aber vollwertiger Verpflichtungsgrund auch nicht mit dem Argument einer vermeintlich geringwertigeren Verbindlichkeit bagatellisieren.224 Die Brisanz tritt, vorgreifend auf die die Problematik einsichtig erfassende rechtsökonomische Betrachtung, angesichts der funktionalen Bedeutung rechtsgeschäftlicher Bindung markant hervor: Der Möglichkeit einer solchen autonomen (Selbst-)Bindung kommt die gesellschaftlich wichtige Funktion zu225, verlässliche Grundlagen für eigene Dispositionen zu schaffen, indem durch rechtliche Absicherung Vertrauen in künftiges Verhalten des jeweiligen Gegenübers Berechtigung erfährt und Erwartungen stabilisiert werden.226 Dieser Mechanismus wird durch die Bereitstellung eines Widerrufsrechts als nachträgliche, einseitige Lösungsmöglichkeit notwendigerweise geschwächt.227 Um die Funktion der Vertrauenssicherung nicht gänzlich zu untergraben, ist daher ein bedachter Umgang mit Widerrufsrechten geboten. Gesetzliche Widerrufsrechte werden daher typischerweise durch ein zumindest erkennbares, übergeordnetes Interesse motiviert gewährt.228 Verhältnismäßig deutlich offenbart sich ein solches, hinreichend gewichtiges, gesetzgeberisch erstrebtes Ziel im Hinblick auf verbraucherschützende Widerrufsrechte. Gemeinhin wird angenommen, dass diese einer strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers geschuldeten Defizite im Zustandekommen der Bindung begegnen sollen229, obgleich auch 223

Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 326 f., 337 f. Die Durchbrechung der Bindungswirkung durch Widerrufsrechte wird – insbesondere mit Blick auf die wichtige ökonomische Funktion der verlässlichen Bindungsmöglichkeit – als schwerwiegend eingestuft, hierzu z. B. Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 67, 102. 225 Hiermit wird keine Aussage getroffen, ob dies Zweck oder Nebeneffekt ist; nach einer intrinsischen Theorie beispielsweise liegt der Grund, Versprechen bzw. Verträge zu halten, nicht darin, ein anderes Ziel zu fördern, sondern ist Selbstzweck. Zu diesem Kontrast intrinsischer und instrumenteller Rechtfertigungen rechtsgeschäftlicher Bindung anschaulich Smith, S. 74 f.; vgl. § 4, A. I. 226 Zur Ermöglichung zeitlich gestreckter Transaktionen: Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 1, S. 3, 9 f.; Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 67; Shavell, S. 296 f. Zur Funktion der Erwartungsstabilisierung des Vertragsrechts: Weigel, 2003, S. 77 f. sowie § 3 Fn. 116. 227 Andererseits befördert ggf. gerade eine Lösungsmöglichkeit Austausche: Das Wissen, sich einer eingegangenen Verpflichtung notfalls entziehen zu können, bestärkt, das Wagnis der als effizient vermuteten Transaktion einzugehen. Hierzu § 3, B. II. 2. a); vgl. Ben-Shahar/ E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, 127. 228 Zur materiellen Rechtfertigung von Widerrufsrechten als Kompensation bestimmter Funktionsdefizite: Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 330. Zur Flut europäisch initiierter, als allgemeines Reuerecht Fuß fassender verbraucherschützender Widerrufsrechte: Mankowski, S. 3 m.w.N. Vgl. Weller, S. 285 m.w.N. zur erforderlichen besonderen Rechtfertigung, die bei „[…] Störungen, die aus der eigenen Sphäre des Risikoträgers stammen“ grundsätzlich ausscheide; vgl. zur Rechtfertigungsbedürftigkeit allgemein Lorenz, S. 41 sowie Henssler, S. 94 zu gesteigerten Anforderungen, wenn die eigene Risikosphäre des Lösungswilligen betroffen ist. 229 Hierzu Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 331 ff., 339; Herresthal, in: Langenbucher, § 2, Rn. 92 ff.; Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1137, 1151 f. m.w.N.; Rekaiti/van den Bergh, 224

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hier eine fehlende fundierte Begründung der bereits situativ bedingt facettenreichen230 ratio teilweise bemängelt wird.231 Die Brisanz gesetzlicher Widerrufsrechte wirft vor diesem Hintergrund geläufiger Begründungsansätze die für das Verständnis des status quo wichtige Frage auf, welchem übergeordneten Ziel der Auslobungswiderruf dient, d. h. welches Defizit er beheben oder welchem unerwünschten Nachteil er abmildernd begegnen soll232 und ob sich insoweit Wertentscheidungen des deutschen Gesetzgebers ablesen lassen, die Vorgaben oder Orientierungspunkte in der Harmonisierungs- oder der Grundlagenfrage des einseitigen Verpflichtungsgrundes bieten. Nach einem prägnanten, funktionsbezogen dreigliedrigen Systematisierungsvorschlag gibt es neben Widerrufsrechten, die dem Schutz der Willensbildung oder der Beseitigung rechtlicher Schwebezustände zugunsten der Rechtssicherheit dienen, zuletzt auch die zum Schutz der Dispositionsfreiheit des Lösungswilligen.233 Die Zuordnung zu einer solchen ratio wird durch das Anforderungsprofil des jeweiligen Widerrufsrechts erleichtert. Im Gegensatz zu den meisten anderen Widerrufsrechten234 bedarf der Auslobungswiderruf keines besonderen Grundes oder anderer Voraussetzungen, die Rückschlüsse auf die materielle Rechtfertigung des Lösungsrecht zuließen, die beispielsweise in persönlichen Komponenten, wie einer Verbrauchereigenschaft als Anhaltspunkt für eine vermutete Schutzbedürftigkeit ob struktureller Unterlegenheit, oder in einer unfreien Willensbildung, etwa aufgrund einer Täuschung oder Drohung235, liegen kann.236 Nicht zuletzt ist durch die Hervorhebung des Willens des Auslobenden als Kreator in den Motiven naheliegend, dass die freie Widerruflichkeit nach § 658 Abs. 1 S. 1

23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 371, 373 m.w.N.; vgl. ferner Riesenhuber, § 8, Rn. 1 f. zu cooling-off periods sowie Rn. 5 zur rechtspolitisch unterschiedlichen Bewertung; v. Bar/Clive, Art. II.–5:101, S. 346 f., 354; Weller, S. 292. Zu verbraucherschützenden Widerrufsrechten als Beispiel einseitiger privater Rechtsgestaltung C. Hattenhauer, S. 222 f. 230 Siehe hierzu mit Beispielen Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 68. 231 Sehr kritisch Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 68 ff. m.w.N.; van den Bergh, in: Ott/ Schäfer, S. 77, 78, u. a. sei die „These der Schwäche des einzelnen Verbrauchers eine Leerformel“. 232 Vgl. zur notwendigen Betrachtung des maßgeblichen Funktionsdefizits jedes einzelnen Widerrufsrechts: Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 330; vgl. Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 70 ff., 102 f. 233 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 330 f. und die Darstellung der drei Grundarten auf S. 331 ff., 343 f. Mit einer anderen Systematisierung z. B. C. Hattenhauer, S. 408 ff. 234 Ebenfalls ohne einen solchen Grund sind z. B. der Testamentswiderruf (hierzu Mankowski, S. 417 f.), antizipierende Beseitigungsrechte wie § 130 Abs. 1 S. 2 BGB (ders., S. 420) oder § 168 S. 2 BGB und § 183 S. 1 BGB (ders., S. 608 f.) ausgestaltet. 235 Zu solchen Gründen für Widerruflichkeit ausführlich Mankowski, S. 222 ff. 236 Es handelt sich hierbei um einen „seltene[n] Ausnahmefall“: Mankowski, S. 417; vgl. zum Gegensatz des Schutzes formaler Selbstbestimmung (z. B. durch Anfechtungsrechte infolge Täuschung oder Drohung) und materialer Selbstbestimmung (z. B. durch verbraucherschützende Widerrufsrechte): Weller, S. 292.

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BGB zugunsten der Dispositionsfreiheit des Auslobenden besteht,237 der seinen rechtlich wirksam kundgetanen Willen gleichermaßen ändern und die Auslobung als Verpflichtungsgrund – ohne etwaige Ersatzpflichten – aus der Welt schaffen kann. Allein verbleibt die Frage, weshalb ihm die durch ein solches „Recht zum Sinneswandel“ vermittelte Flexibilität gewährt wird.238 bb) Systematische oder historische Gründe für die Widerruflichkeit Eine Herleitung der Widerruflichkeit der Auslobung aus systematischen Gründen verbietet sich, als es sich um einen Ausnahmefall handelt, der weder zu anderen einseitigen Verpflichtungsgründen eine über die konstruktive Ausgestaltung hinausoder hinreichende Ähnlichkeit,239 noch hinsichtlich der Sach- und Interessenlage im Hinblick auf in vertraglichen Konstellationen gewährte Widerrufsrechte beachtenswerte240 Bezugspunkte aufweist,241 die aufschlussreiche Ableitungen zuließen. Auch die Entstehungsgeschichte als historische Erkenntnisquelle ist nur beschränkt ergiebig. Über die angesprochene, die Dispositionsfreiheit indizierende 237 Zum Ergebnis, dass die Vorschrift – im Gegensatz zu § 145 BGB – „typischerweise die Dispositionsfreiheit des Erklärenden überwiegen“ lasse: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 46. Ausführlich zu Widerrufsrechten zum Schutz der Dispositionsfreiheit: Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 337 ff.; vgl. zu diesem Schutzziel in § 130 Abs. 1 S. 2 BGB: Mankowski, S. 90. 238 Zum Begriff des „Sinneswandels“ bezogen auf das Widerrufsrecht aus § 130 Abs. 1 S. 2 BGB: Mankowski, S. 90; zu verbraucherschützenden, der „Durchsetzung schlichter Sinnesänderungen“ dienenden Widerrufsrechten: Roth, JZ 54 (1999), 529, 533; vgl. hierzu Weller, S. 291. 239 Siehe die vorherige Fn. 7 zu anderen einseitigen Verpflichtungsgründen. 240 Auch die teilweise angeführte Parallele zum Maklervertrag angesichts der fehlenden Leistungsverpflichtung des Maklers bzw. der potenziellen Bewerber (insoweit zu einer „recht nahe[n] Verwandtschaft“ Dalwigk zu Lichtenfels, S. 10 f.) ist ob entscheidender struktureller Unterschiedlichkeit der Situationen nicht zu verfolgen: anstatt des (Zweipersonen-)Verhältnisses sich individuell bekannter und konkretisierter Parteien liegt bei der Auslobung eine offene, typischerweise anonyme Wettbewerbssituation vor. Zum abweichenden Wesen des Maklervertrags z. B. Roth, in: MüKo-BGB (2017), § 652 Rn. 87 m.w.N.; Mansel, in: JauernigBGB, § 652 Rn. 7 m.w.N.; vgl. Ebert, in: Schulze-BGB, § 652 Rn. 13. 241 Eine Gleichsetzung beispielsweise mit verbraucherschützenden Widerrufsrechten scheidet angesichts der spezifischen Situation und ratio aus (vgl. Fn. 208 f.). Ein weiterer Anhaltspunkt liegt in der allgemeinen Widerruflichkeit empfangsbedürftiger Willenserklärung bis zu ihrem Zugang nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der dem Willen des Erklärenden dienliche Widerruf unbedenklich, weil noch kein schutzwürdiges Vertrauen des adressierten Gegenübers entstehen konnte (hierzu z. B. Singer, in: Staudinger-BGB (2012), § 130 Rn. 103: „Vertrauensschutz [kann] erst mit Kenntnisnahme in Betracht kommen“; Einsele, in: MüKo-BGB (2015), § 130 Rn. 40); diese ratio wirft für die Auslobungssituation Schwierigkeiten auf: Zwar ist der Zugang an eine bestimmte Person nicht erforderlich (statt vieler: Laukemann, in: jurisPK-BGB (2017), § 657 Rn. 2), konstitutiv ist jedoch die öffentliche Bekanntmachung, die eine Möglichkeit der Kenntnisnahme impliziert. Mithin wird bei der Auslobung potenziell sogar eine Vielzahl von Personen bereits tangiert, sodass kein mit § 130 Abs. 1 S. 2 BGB kompatibler Lebenssachverhalt vorliegt.

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Bezugnahme auf den hervorragenden Willen des Auslobenden erhellen die Motive die hinter der Widerruflichkeit stehenden Wertungen nur spärlich.242 Kurzerhand und unkritisch rekurrieren sie auf den für die Bindung und deren Fortbestand maßgeblichen Willen, dem natürlicherweise ein implizierter Widerrufsvorbehalt unterstellt werden könne.243 Auch der vorangegangene historische Theorienstreit führt nicht weiter, als sich die Antworten auf die Frage der Widerruflichkeit innerhalb der konstruktiven Grundpositionen der Vertrags- oder Versprechenstheorie allenfalls tendenziell, und dabei gerade diametral zur Kombination des BGB eines einseitigen, widerruflichen Versprechens widerspiegeln244 : Während insbesondere die Vertreter der Vertragstheorie die systemkonforme245 Widerruflichkeit postulierten und im Gegensatz dazu die Unwiderruflichkeit als unerwünschte, aber zwangsläufige Folge der gegnerischen Versprechenstheorie anführten,246 folgten die Anhänger letzterer dieser Schlussfolgerung der Unwiderruflichkeit zwar in großer Zahl, aber nicht geschlossen.247 Der BGB-Gesetzgeber jedenfalls sah die Verknüpfung von Versprechen und Widerruflichkeit offenkundig nicht als Hürde an (vgl. §§ 657, 658 Abs. 1 S. 1 BGB).248 Losgelöst von der Konstruktionsfrage wird historisch ferner zwar eine allgemein die Widerruflichkeit befürwortende Tendenz in der gemeinrechtlichen Literatur249 und den vorhandenen Partikularrechten konstatiert.250

242 Zur unzureichenden Begründung statt vieler deutlich noch Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 658 Rn. 1. 243 Mot. II, § 582 (S. 522); hierzu noch Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 658 Rn. 1; Welsmann, S. 55. 244 So zu einer zwar grundsätzlichen Unterteilung hinsichtlich der Position zur Widerruflichkeit nach der Konstruktion als Vertrag oder Versprechen als Grundausrichtungen, innerhalb derer es jedoch abweichende Ansichten gibt, z. B. Becker, S. 45 m.N.; v. Braumüller, S. 43 f.; Dittrich, S. 28; Mot. II, § 582 (S. 521); vgl. Rath, S. 47 f. sowie Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 2. Andere Aufteilungen lösen sich stärker von der Konstruktionsfrage oder lehnen eine Verbindung sogar strikt ab. Gegen eine solche Verknüpfung als „irrtümlich“: Eberdt, S. 14 m.N.; v. Mayr, S. 36; vgl. zu den „quer durch die Lager“ verlaufenden Gräben der Lösungsvorschläge Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 46. 245 Anders als im heutigen deutschen Recht konnten im gemeinen Recht Vertragsofferten grundsätzlich bis zu ihrer Annahme widerrufen werden, vgl. insoweit B. I. 3. a): Becker, S. 45; v. Braumüller, S. 43; Dittrich, S. 28; Rath, S. 47. 246 Zu dieser – nur vermeintlichen – Folge der Unwiderruflichkeit als Defizit der Versprechenstheorie statt vieler Eberdt, S. 91 m.N.; Mot. II, § 582 (S. 521 f.); Seiler, in: MüKoBGB (2012), § 658 Rn. 1 sowie wertend Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 658 Rn. 1; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 20 m.N.; Abigt, S. 91 f. 247 Rath, S. 47 f.; vgl. Welsmann, S. 26; vgl. die vorherige Fn. 244. 248 Vgl. Mot. II, § 582 (S. 522); Becker, S. 50; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 4 mit der Formulierung, dass der Gesetzgeber insoweit einen Knoten durchschlug; vgl. zum nicht zwingenden Schluss v. Platen, S. 17 f. 249 Hierzu Rath, S. 50 m.w.N. Zur heutigen Tendenz grundsätzlicher Widerruflichkeit von Angeboten in europäischen Rechtsordnungen, allerdings mit bedeutenden Ausnahmen, v. a. bei Verzicht oder Fristsetzung (vgl. Art. 2:202 PECL): v. Bar/Zimmermann, Art. 2:202, S. 179 ff.; Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 19 m.N.

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Greifbar oder zwingend wird der weder systematisch vorgegebene noch explizierte Auslobungswiderruf vor diesem Hintergrund gleichwohl nicht.251 cc) Wertungsmäßige Begründung der Widerruflichkeit Die freie Widerruflichkeit nach § 658 Abs. 1 S. 1 BGB zeigt, dass die Interessen des Auslobenden nach der gesetzgeberischen Entscheidung Vorrang gegenüber denen der Bewerber genießen.252 In der Tat eröffnet die Widerruflichkeit dem Auslobenden den Freiraum, den geschaffenen Verpflichtungsgrund zu beseitigen und ohne drohende Vollstreckung oder Schadensersatzpflichten anderweitige Dispositionen zu treffen.253 Um dieses Privileg der Widerruflichkeit, die eigenverantwortliche Beschränkung der Selbstbestimmung und Dispositionsfreiheit wieder aufheben zu können, verständlich zu machen, wird zunächst aufgeworfen, ob es durch eine konstruktiv angelegte Vorherrschaft des Willens des Auslobenden zwingend vorgezeichnet ist (1). Anschließend wird ein Versuch unternommen, die gesetzgeberische Entscheidung als Ergebnis einer Interessenabwägung nachzuvollziehen254 : Die Widerruflichkeit könnte materiell einerseits darauf fußen, dass der Auslobende schutzbedürftig und -würdig ist, beispielsweise, weil er ohne die Lösungsmöglichkeit unerträglich lange oder intensiv gebunden würde (2). Andererseits ist denkbar, dass die Auslobung in geringem Maße erwartungssichernd wirkt und infolgedessen eine dem Flexibilitätsinteresse des Auslobenden zuwiderlaufende endgültige Bindung nicht durch hinreichend gewichtige Interessen seitens der Be-

250 Zu Widerruflichkeit vorsehenden, partikularrechtlichen Vorschriften und Gesetzesentwürfen: Mot. II, § 582 (S. 521) m.N.; Abigt, S. 97 in Fn. 28; vgl. Becker, S. 49 f. Mit der Einschätzung eines divergierenden Meinungsbildes: Dittrich, S. 28. 251 Eine Anbindung insbesondere an römisches und germanisches Recht verbietet sich, wie in der Konstruktionsfrage, vgl. A. II 1. b) aa), auch hinsichtlich der Frage der Widerruflichkeit. Teilweise wird vage ein allgemeiner Rechtsgedanke der Treue des Worthaltens angeführt, vgl. andeutungsweise zu altdeutschen oder germanischen Rechtssprichwörtern und Bräuchen Siegel, S. 20 ff., beispielsweise S. 22 mit Fn. 4. Vgl. mit einem argumentativen Rekurs auf eine „im alten deutschen Recht strenge sittliche Pflicht, ein einmal abgegebenes Versprechen auch zu halten“: Blumenthal, S. 9. Demgegenüber verbietet sich nach Welsmann, S. 53 die Herleitung der Widerruflichkeit aus germanischem und römischem Recht neben der ohnehin dürftigen Quellenlage, als selbst diese eher eine Tendenz zur Unwiderruflichkeit indiziere. Mithin kann mit Düll, S. 1, 31 „die Widerrufsfrage lediglich auf teleologischem Weg einer grundsätzlichen Klärung zugeführt werden“ (1). 252 So Düll, S. 64 f., 67, 58, 72; vgl. Becker, S. 51 f. Allgemein zu ohne Kompensationspflicht gewährten Widerrufsrechten als „bewußte normative Entscheidung“: Mankowski, S. 608 f.; differenzierend Rath, S. 51; vgl. zur zweischneidigen Wirkungsweise des vermeintlichen Privilegs § 3, B. II. 2. b) cc). 253 Vertieft zur Dispositionsfreiheit als Grund gesetzlicher Widerrufsrechte: Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 337 ff. 254 Erschwerend wurden in der wissenschaftlichen Diskussion Argumente der Billigkeit und Zweckmäßigkeit diametral vorgebracht. Zu dieser Ambivalenz: Rath, S. 48; Siegel, S. 97 f.; vgl. Düll, S. 32.

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werber aufgewogen würde (3).255 Abschließend wird ein wertendes Fazit gezogen, ob die gesetzgeberische Entscheidung vor diesem Hintergrund eine zwingende darstellt (4). (1) Konstruktiv angelegte Vorherrschaft des Willens des Auslobenden als alleinigem Schöpfer des Verpflichtungsgrundes Anknüpfend an die vermeintlich natürliche Schlussfolgerung auf einen Widerrufsvorbehalt nach dem maßgeblichen Willen des Auslobenden in den Motiven256, könnte die rechtlich eingeräumte Befähigung, autark einen Verpflichtungsgrund zu erzeugen,257 auch die zu seiner Beseitigung beinhalten.258 Der einseitige Schaffensakt müsste eine dergestalt starke Position des Auslobenden als Kreator begründen, die eine willkürliche Annullierung desselben rechtfertigte.259 Hierfür spricht, dass keine weitere Person bei der Entstehung des Verpflichtungsgrundes mitwirkt und dieser insofern ausschließlich auf den Willen des Auslobenden rückführbar ist. Insofern erscheint plausibel, dass der Auslobende das durch seinen Willen Geschaffene auch nach seinem Willen wieder beseitigen kann260 oder vor Herbeiführung des erwünschten Erfolgs bzw. Vornahme der entsprechenden Handlung nicht gebunden sein will.261 Dagegen spricht, dass aus der bloßen gesetzlichen Gestattung der einseitigen Erschaffung nicht auf eine fortwirkende Befugnis geschlossen werden kann, auch über den Fortbestand der Auslobung zu entscheiden. Der Auslobende entäußert sich vielmehr seines Versprechens zur Belohnungsgewährung und setzt einen Verpflichtungsgrund in die Welt.262 Dieser ist grundsätzlich von seiner Person losgelöst 255 Zu den beiden Ansatzpunkten des Schutzes der Dispositionsfreiheit vor unnötiger oder ungerechtfertigter Bindung, insbesondere, weil keine konfligierenden Interessen anderer (mehr) bestehen oder ein Ausgleich einer (besonderen) Gefährdung der materialen Selbstbestimmung erstrebt wird: Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 391 f. 256 Hierzu Fn. 243, 261. 257 Vgl. Kleinholz, S. 18. 258 Zur Widerruflichkeit als Gegenstück der oder Parallelismus zur einseitigen Begründung: Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 658 Rn. 1; Abigt, S. 89 f. 259 Hierzu Becker, S. 45 f.; Rath, S. 50. Vgl. das aufgeworfene, aber abgelehnte Argument gegen eine (falsch verstandene) Willenstheorie, dass aus ihr eine freie Lösungsmöglichkeit als Kehrseite des erschaffenden Willens folge: Fuller, 41 Colum. L. Rev. (1941), 799, 807. 260 Vgl. Mankowski, S. 68: „Die Bindung beruht auf dem Willen des Erklärenden, sodaß der Erklärende die Autonomie haben könnte, […] die Bindung zu beseitigen.“. 261 Vgl. Schoder, S. 8: „Der Versprechende wolle jedoch nur dem Leistenden verpflichtet sein, vorher aber überhaupt nicht“ sowie Windscheid/Kipp, § 308 in Fn. 6 (S. 259 f.) und Mankowski, S. 68 f.: „Genetisch ist § 658 I 1 BGB als Normativierung eines natürlicherweise zu vermutenden Widerrufsvorbehalts zu verstehen“; vgl. Mot. II, § 582 (S. 522). 262 Vgl. Mankowski, S. 1: „Der Erklärende ist nicht mehr alleiniger Herr seiner Erklärung, wenn diese erst in der Welt ist. Er kann über diese nicht mehr nach seinem Belieben verfügen, wenn er sich ihrer erst entäußert hat“; vgl. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 39 f. mit dem Vergleich der vor Handlungsvornahme bzw. Erfolg „schwebenden“ Auslobung mit einem Vertragsangebot, aus dem alleine zwar nicht der vertragliche Anspruch hervorgeht, aber die Bindung an die

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wirksam und seinem Zugriff entzogen.263 Ferner könnte eine so begründete fortbestehende Zugriffsmöglichkeit des Auslobenden sogar die kontraproduktive Wirkung haben, den Wert der Auslobung als Verlässlichkeit ausstrahlender Verpflichtungsgrund zu unterlaufen: Eine so tiefgreifend der Sphäre und Gewalt des Auslobenden unterstellte Auslobung besäße als Verpflichtungsgrund eine geringere Wirkmacht als eine auf Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung, auf die der Erklärende grundsätzlich nur in sehr eingeschränktem Maße einwirken kann (vgl. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB).264 Dem Argument, dass die einseitige Kreation eine umfassende „Verfügungsgewalt“ über den Fortbestand der Auslobung als Verpflichtungsgrund impliziere, kann somit nicht gefolgt werden.265 (2) Gewichtige berechtigte Interessen des Auslobenden an der Widerruflichkeit Die gesetzgeberische Entscheidung könnte jedoch durch gewichtige und schutzwürdige Interessen des Auslobenden bewogen sein. Die Auslobung könnte konzeptionell die besondere Gefahr für den Auslobenden bergen, dass dieser Opfer266 seiner eigenen, um die einseitige Verpflichtungsmöglichkeit gesteigerten Potenz würde267, sich einseitig übereilt und unbedacht (a) oder durch die Wettbewerbsstruktur auf unabsehbar lange Zeit zu binden (b).

abgegebene Erklärung, weshalb der Entäußernde auf eine Reaktion der Außenwelt warten müsse; vgl. ferner Exner, KritVj 11 (1869), 337, 352. 263 Vgl. Windel, AcP 199 (1999), 421, 437 zum zugunsten der Sicherheit des Rechtsverkehrs und der Privatautonomie etablierten, hinreichenden objektiven Maßstab des Zugangs nach § 130 Abs. 1 BGB als Wirksamkeitsvoraussetzung empfangsbedürftiger Willenserklärungen: „Darf man die Rechtslage (mit-)gestalten, muß man sich auch beim Wort nehmen lassen; einer weiteren Rechtfertigung bedarf die Bindung an den konkret erklärten Willen nicht.“ sowie Mankowski, S. 1 f. 264 Von Ausnahmen abgesehen, etwa Anfechtungs- oder verbraucherschützenden Widerrufsrechten, ist die nachträgliche Lösungsmöglichkeit durch Widerruf nur in engen Grenzen möglich, was die Kombination grundsätzlicher Bindung an einen Antrag gem. § 145 BGB und der Widerruflichkeit (nur) bis Zugang der Willenserklärung gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB zeigt; der Anbietende ist folglich e contrario ab dem Zeitpunkt des Zugangs beim Adressaten an sein Angebot gebunden. Hierzu z. B. Einsele, in: MüKo-BGB (2015), § 130 Rn. 3; Busche, in: MüKo-BGB (2015), § 145 Rn. 11 ff.; Dörner, in: Schulze-BGB, § 145 Rn. 1, 8; Eckert, in: BeckOK-BGB (2017), § 145 Rn. 31 f.; Wendtland, in: BeckOK-BGB (2017), § 130 Rn. 9 ff., 34. 265 Insofern wird, insbesondere von Gegnern der einseitigen Konstruktion, nicht unberechtigt vorgebracht, dass diese Gründe für eine Unwiderruflichkeit in sich trägt; zu vorschnell ist jedoch der Schluss auf eine konzeptionelle Notwendigkeit, statt vieler Abigt, S. 91 f.; vgl. Becker, S. 45 f. 266 Vgl. zur unbilligen Konsequenz: Eberdt, S. 15: „Soll er, durch den erst die Möglichkeit geschaffen wird, den Lohn zu verdienen, dafür so in seiner Willensfreiheit beschränkt werden, daß er gleichsam ein wehrloses Opfer des Bewerbers wird?“. 267 Zu diesem Gedanken Mankowski, S. 68.

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(a) Konstruktionsbedingte Gefahr unbedacht eingegangener Bindung? Der Auslobende begründet den Verpflichtungsgrund einseitig; indes ist fraglich, ob er im Vergleich zu einem Vertragsschließenden aus diesem Grund schutzwürdiger ist. Formal schafft der Auslobende bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung268 den Verpflichtungsgrund, während der Anbietende oder Annehmende in den Grenzen von § 130 Abs. 1 S. 2 BGB269 die Entstehung des vertraglichen Verpflichtungsgrundes durch einen Widerruf bis zum Zugang seiner Willenserklärung beim Empfänger noch einseitig verhindern kann und so zumindest eine juristische Sekunde270 länger ungebunden bleibt. Fraglich ist, ob der Auslobende insoweit konzeptionell einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, Bindung übereilt und unbedacht zu begründen.271 Eine gebräuchliche Antwort auf solche Gefahren stellen Formerfordernisse dar.272 Die diesen innewohnende Schutzfunktion übt im Falle der Auslobung die öffentliche Bekanntmachung aus273, die § 657 BGB nicht nur als ratsame oder zweckmäßige Modalität, sondern als konstitutive Anforderung vorsieht.274 268 Fraglich ist, ob bei der Auslobung ein Widerruf nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB möglich ist; zwar handelt es sich nicht um eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Mankowski, S. 418), gleichwohl kann in bestimmten Fällen ebenfalls noch kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen (ders., S. 418; Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 658 Rn. 1; vgl. zum grundsätzlich geringeren Maß schutzwürdigen Vertrauens im Falle der Auslobung gegenüber einem Vertragsangebot Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 1), etwa wenn der an Litfaßsäule oder schwarzem Brett angebrachte Aushang abgenommen wird, bevor eine Kenntnisnahmemöglichkeit bestand. Die Frage erübrigt sich, wenn diese für die wirksame öffentliche Aussetzung verlangt wird: Dalwigk zu Lichtenfels, S. 16; vgl. Seiler, in: MüKo-BGB (2012), § 657 Rn. 12; Berger, in: Erman-BGB, § 657 Rn. 7. 269 Hierbei handelt es sich qualitativ nicht um die nachträgliche Beseitigung einer entstandenen Bindung, sondern um die Verhinderung der Entstehung einer solchen (sog. antizipierendes Beseitigungsrecht); zu dieser Besonderheit des Widerrufrechts nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB: Mankowski, S. 88 ff.; vgl. Düll, S. 14 ff. („Verhinderungswiderruf“). 270 Selbst eine Einigung unter Anwesenden wird als Angebot und Annahme konstruiert, sodass der Verpflichtungsgrund erst mit der konzeptionell nachfolgenden Annahme zur Entstehung gelangt, obwohl beide Willenserklärungen womöglich zusammenfallen; vgl. die vorherige Fn. 46. 271 Gegen eine erhöhte Gefahr durch einseitige Bindung v. Bar/Clive, Art. II-1:103, S. 133: „The fear that the enforcement of unilateral undertakings will lead to socially undesirable results is not well founded […] Experience shows that the legal systems which enforce […] do not in general encounter problems. People of sound mind do not normally assume obligations without good reason“. 272 Zu Übereilungsschutz als (eine) Funktion von Formerfordernissen: Hertel, in: Staudinger-BGB (2012), § 125 Rn. 36 f.; Einsele, in: MüKo-BGB (2015), § 125 Rn. 8. Demgegenüber zur (primären) Funktion der Bekanntmachung, „im Rechtsverkehr für Transparenz und Publizität zu sorgen“: Schmucker, DNotZ 2005, 897, 910. 273 Vgl. Düll, S. 11 sowie Dalwigk zu Lichtenfels, S. 14 f. Zu den Formanforderungen des Auslobungswiderrufs: Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 658 Rn. 3 ff.; Kotzian-Marggraf, in: BeckOK-BGB (2017), § 658 Rn. 3. 274 Siehe die vorherige Fn. 3. Außerdem muss das Auslobungsversprechen den gewöhnlichen Anforderungen an eine Willenserklärung genügen, vgl. z. B. §§ 104 ff. BGB, siehe die vorherige Fn. 1.

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Unabhängig davon, ob die Voraussetzung aus diesem Grund oder lediglich der Natur der Auslobung als einem öffentlich ausgesetzten Belohnungsversprechen geschuldet gesetzgeberisch vorgesehen wurde275, wohnt ihr jedenfalls faktisch ein Schutzmechanismus inne: Die Ernsthaftigkeit und Endgültigkeit des Versprechens wird dem Auslobenden insofern vor Augen geführt, als er sich mittels eines hierzu geeigneten Mediums an eine Vielzahl von Personen wenden muss.276 Selbst wenn in der Sache Eile geboten sein mag, die sich in einer unbedachten Belohnungsaussetzung niederschlägt277, kann gerade – und gegebenenfalls sogar besser als beispielsweise im Falle eines in Zweisamkeit flüchtig ausgesprochenen und unmittelbar angenommenen Vertragsangebots – durch das Publizitätserfordernis sichergestellt werden, dass der Auslobende die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zumindest in dem Maße an den Tag legt, das auch von einem Vertragsschließenden verlangt wird, der sich ohne ein solches ab Zugang seiner Willenserklärung an diese gebunden sieht.278 Eine erhöhte Schutzbedürftigkeit wegen einer konstruktionsbedingten Gefahr übereilter Bindung besteht mithin nicht. (b) Wettbewerbsspezifische Gefahr unabsehbar langfristiger Bindung? Ohne den Widerruf als Lösungsmöglichkeit könnten der Auslobende oder potenziell seine Erben279 unabhängig davon, ob der belohnungsbewährte Erfolg noch erwünscht ist, zeitlich ungebührlich lange gebunden werden.280 Hieran angelehnt wird die Widerruflichkeit nach § 658 Abs. 1 S. 1 BGB im Einklang mit den Motiven281 teilweise als normativierter, vermuteter Widerrufsvorbehalt erklärt: Bei ver275 Da die Auslobung Bewerber erreichen soll, dient die öffentliche Bekanntgabe nach Dalwigk zu Lichtenfels, S. 10 „Zweckmäßigkeitsgründen“; vgl. Schmucker, DNotZ 2005, 897, 910. 276 Teilweise wird dem Auslobenden sogar die Pflicht auferlegt, alle künftigen Eventualitäten zu bedenken, um gegen einen späteren Lösungswunsch und ein entsprechendes -bedürfnis Vorsorge zu treffen. So Siegel, S. 98 f.: „[D]er Auslobende [hätte] eine solche üble Lage […] nur sich selbst zuzuschreiben. An ihm ist es, nicht leichten Sinnes zu handeln. Er gedenke der Zukunft und der möglichen Wechselfälle, er wende die nöthigen Vorsichten und Cautelen an, indem er eine Frist setzt und zu rechter Zeit für die Deckung sorgt, kurz er prüfe und sehe sich vor, ehe er sich bindet.“. Hierzu darstellend, aber ablehnend: Becker, S. 46 f.; vgl. Welsmann, S. 54. 277 Mit zahlreichen Beispielen Abigt, S. 90; Eberdt, S. 15. 278 Z. B. muss der einen Vertragsschluss Antragende ggf. sogar größere Unsicherheit ertragen, weil das Zustandekommen, abgesehen von bestimmten Grenzen (vgl. § 147 Abs. 2 BGB bei Abwesenden), außerhalb seiner Einflusssphäre liegt. Privatautonome Gestaltungen wie Annahmefrist oder Widerrufsvorbehalt können außer Betracht bleiben, da sie auch dem Auslobenden zustehen, § 658 Abs. 2 BGB e contrario. 279 Zur Erblichkeit z. B. Ring, in: NK-BGB, § 657 Rn. 2; Kotzian-Marggraf, in: BeckOKBGB (2017), § 657 Rn. 6; vgl. Dittrich, S. 31. 280 Zur Veränderung interner oder externer Umstände mit der Folge, dass der Auslobende den verlangten Erfolg nicht mehr erstrebt: § 3, B. II. 2. a) bb) (1), (2). Zu (unbilliger) Härte ob zeitlich unbegrenzter Bindung Becker, S. 46, 48; Mankowski, S. 609 m.N.; Rath, S. 49; Eberdt, S. 14; Dalwigk zu Lichtenfels, S. 34. 281 Siehe die vorherigen Fn. 243, 261.

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nünftiger Auslegung des Willens des Auslobenden solle die Auslobung typischerweise nicht ewigen Bestand genießen, sodass die Widerruflichkeit als „Funktionsaequivalent zu der fehlenden Befristung“ diene.282 Die fehlende Befristung ist insofern nicht in Bezug auf die vom Antragenden gesetzte Annahmefrist i.S.v. § 148 BGB zu verstehen, da eine solche privatautonome Befristung auch bei der Auslobung bestimmt werden kann, wie § 658 Abs. 2 Hs. 2 BGB e contrario verdeutlicht („ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung.“). Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber über die Anerkennung privatautonomer Fristbestimmung Regelungen zur zeitlichen Begrenzung der Bindung an das Angebot getroffen hat. Nicht nur durch die Beschränkung auf eine sofortige Annahme bei Anwesenheit der Vertragsparteien durch § 147 Abs. 1 S. 1 BGB283, sondern auch bei ihrer Abwesenheit hat der Gesetzgeber einer ungebührlich langen Phase der Unsicherheit über den Eintritt einer konkreten Verpflichtung durch das Zustandekommen des Vertrages durch die Regelung in § 147 Abs. 2 BGB Vorschub geleistet, nach welcher die Annahme – von in § 149 BGB gesondert geregelten Verspätungen abgesehen – nur solange erfolgen kann, wie „der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.“ (§ 147 Abs. 2 a.E. BGB). Insofern besteht nach dispositivem Gesetzesrecht bei avisierter vertraglicher Begründung eines Verpflichtungsgrundes eine Schutzvorkehrung gegen eine zeitlich unbegrenzte Bindung des Anbietenden, derer es in den §§ 657 ff. BGB fehlt. Die somit potenziell langfristige, unlösbare Bindung des Auslobenden wird teilweise als unbillige und überflüssige Härte bewertet, insbesondere wenn kein Bewerber aktiv geworden ist oder Aufwendungen getätigt hat.284 Dieses Argument ist zwar im Grundsatz berechtigt, aber hinsichtlich seines Gewichts zu relativieren. Zunächst droht eine unerwünschte langfristige Bindung nur, wenn der ausgelobte Erfolg bzw. die entsprechende Handlung nicht in zeitlicher Nähe herbeigeführt oder vorgenommen wird und die Auslobung nicht ausdrücklich oder konkludent befristet wurde, was praktisch vielfach denkbar ist.285 Neben der unter A. II. 2. a) cc) (2) (a) dargestellten faktischen Schutzwirkung der Voraussetzung öffentlicher Bekanntmachung muss sich der Auslobende situationsbedingt gewahr sein, dass er alleine die Modalitäten des Austauschs von Belohnung gegen Erfolg mit der öffentlichen Belohnungsaussetzung bestimmt, sodass ihm eine sorgfältige Formulierung überlassen ist, die ausdrücklich oder implizit eine zeitliche Begrenzung beinhaltet. Überdies begründet die im Regelfall wohl nicht bedachte286 mögliche, obgleich wohl selten 282

Mankowski, S. 69. § 147 Abs. 1 BGB: „[…] kann nur sofort angenommen werden.“. 284 Schoder, S. 8 f. m.w.N.; vgl. wiedergebend Welsmann, S. 54; Rath, S. 48. 285 Z. B. explizit: „Wer am 31. Dezember diesen Jahres das Hafenbecken durchschwimmt, …“, oder implizit: „Wer den Ringkämpfer [– während seiner Tätigkeit als solcher am Jahrmarkt –] besiegt, …“. Vgl. Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 657 Rn. 10 zum „wesensimmanent[en]“ Charakteristikum der Auslobung, dass der Auslobende alleine ihre Modalitäten bestimmt. 286 Zur möglichen Ausblendung fernliegender Folgen, siehe z. B. § 3 Fn. 181 zur sog. present bias. 283

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relevant werdende Belastung der Erben keine elementaren Bedenken. Nicht nur erfasst der Nachlass auch die allgemeinen Verbindlichkeiten des Erblassers (§ 1967 Abs. 1, Abs. 2 BGB), auch wertungsmäßig macht es keinen Unterschied, ob die bereits getroffene Disposition durch die öffentliche Belohnungsaussetzung sich vor oder beispielsweise unmittelbar nach dem Erbfall realisiert.287 Schließlich darf mit Blick auf ein zweifelhaftes Schutzbedürfnis nicht außer Acht gelassen werden, dass der Auslobende oder seine Erben zwar ohne einen Anspruch auf die Handlungsvornahme bzw. Erfolgsherbeiführung potenziell langfristig gebunden werden, im Gegenzug aber auch nur erfolgsabhängig die Gewährung der Belohnung schulden (§ 657 BGB). Eine konstruktionsspezifische besondere Schutzwürdigkeit besteht ob der eigenverantwortlich eingegangenen Bindung trotz ihrer potenziellen Langfristigkeit somit nicht. (3) Entgegenstehende berechtigte Interessen der Bewerber Seitens der Bewerber besteht grundsätzlich ein Interesse an der Unwiderruflichkeit der Auslobung. Diese einfache und klare Lösung wäre der Rechtssicherheit und dem Verkehrsinteresse zuträglich288, und schlösse für die Bewerber das Risiko eines widerrufsbedingten Scheiterns aus. Ein solches Scheitern mag sich auf den ersten Blick als eine unbillige Härte darstellen, insbesondere wenn ein Bewerber bereits beachtliche Aufwendungen getätigt hat289, kurz vor der Vollendung steht oder eine solche zeitlich überhaupt noch nicht möglich war.290 Besonders einschneidend am Widerrufsrecht nach § 658 Abs. 1 S. 1 BGB ist, dass mit seiner Ausübung allen Bewerbern die Chance auf den Belohnungserwerb ohne Rücksicht auf individuellen Fortschritt und Einsatz willkürlich durch den Auslobenden genommen wird: Während letzterer das Risiko eines entstehenden Widerrufsbedarfs durch sorgfältige Überlegungen vor Aussetzung möglichst gering halten kann, haben die Bewerber keinen Einfluss auf die Ausübung des Rechts zum Widerruf des gegebenenfalls unbedacht entäußerten Belohnungsversprechens.291 Der Eindruck einer womöglich untragbaren Unbilligkeit hält genauerer Betrachtung jedoch nur begrenzt stand. Zwar verdienen Erwägungen des Verkehrs- und Vertrauensschutzes ab der öffentlichen Bekanntmachung grundsätzlich Beachtung.292 Allerdings ist der spezifischen Wettbewerbssituation der Auslobung das Risiko eines individuellen Scheiterns 287

Der Erblasser ist im Rahmen der gesetzlichen Grenzen frei (vgl. z. B. §§ 134, 138 BGB e contrario), von seiner Privatautonomie Gebrauch zu machen. Etwaige, z. B. steuerliche, Unterschiede bleiben außer Betracht. 288 Zum „recht praktischen Vorzug“ der Einfachheit, statt vieler: Eberdt, S. 15. 289 Teilweise wird ein abstrakter Vertrauensschutz unabhängig von eigenen Bemühungen gefordert, hierzu darstellend: v. Platen, S. 17 m.N. 290 Eberdt, S. 14 f.; vgl. darstellend Welsmann, S. 54. 291 Zur Überlegung eines inadäquaten Schutzes der Bewerber: Becker, S. 46. 292 Zum einem Widerruf potenziell entgegenstehenden „Vertrauen des Rechtsverkehrs und eventueller Erklärungsadressaten“ Mankowski, S. 68, i. e. bei der Auslobung auf eine Erwerbsaussicht.

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immanent, sodass bereits konzeptionell nur ein geringes Maß (schutzwürdigen) Vertrauens in Betracht kommt.293 Da die Bewerber Aufwendungen angesichts einer bloßen Chance294 auf eigenes Risiko295 tätigen, fällt die zusätzliche Unsicherheit eines willkürlichen Widerrufs bei lebensnaher Betrachtung nicht erheblich296 ins Gewicht. Möchte ein Bewerber das Widerrufsrisiko nicht in Kauf nehmen, kann er ausschließlich297 bei Auslobungen mit Widerrufsverzicht (§ 658 Abs. 2 BGB) tätig werden oder versuchen, einen solchen mit dem Auslobenden individuell zu vereinbaren298 bzw. diesem einen Vertragsschluss antragen.299 Einfacher noch kann er einer untragbaren Härte vorbeugen, indem er in der Wettbewerbssituation Aufwendungen nur in einem auch bei Scheitern individuell akzeptablen Maß tätigt.300 Schließlich trifft ihn keine Verpflichtung zum Tätigwerden, d. h. die Auslobung wirkt als bloße Erwerbsaussicht lediglich vorteilhaft.301 Insofern bestehen seitens der Bewerber zwar der freien Widerruflichkeit gegenläufige302 Interessen; deren Schutzwürdigkeit ist jedoch zweifelhaft.

293 Mankowski, S. 609, u. a. mit dem Hinweis, dass auch subjektive Rechtsunkenntnis kein anderes Ergebnis rechtfertige; vgl. zu den der Auslobung immanenten Gefahren und Unsicherheiten für die Bewerber: Dalwigk zu Lichtenfels, S. 40 f. Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 1, 21; Becker, S. 49; Dittrich, S. 31. Ein weiteres Argument bringt Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 339 f., 343 vor, der allerdings deutlich weitergehend annimmt, ein Festhalten sei mangels schutzwürdigen Vertrauens deshalb nicht geboten, weil die Erklärung die Sphäre des Erklärenden noch gar nicht „endgültig verlassen“ habe (340) und daher von „unnötiger Bindung“ spricht (343). Dagegen ist einzuwenden, dass der Verpflichtungsgrund gerade autark und abschließend geschaffen wurde. 294 Siehe Becker, S. 47 zur bloßen Erwerbsaussicht. 295 So bereits die Motive vor Erlass des BGB, Mot. II, § 582 (S. 522). 296 Siehe z. B. zur denkbaren erhöhten Hemmschwelle eines Auslobungswiderrufs ob der Ansprache der Öffentlichkeit u. a. § 3 Fn. 198. Gleichwohl liegt in der Willkürlichkeit, die noch unbeherrschbarer als ein kompetenterer Mitbewerber ist, ein qualitativer Unterschied, hierzu § 3, B. II. 2. b) bb) (1). 297 In Ermangelung einer Verpflichtung kann ein potenzieller Bewerber verlustträchtige Aufwendungen vermeiden, indem er vom zu riskanten Versuch Abstand nimmt: Eberdt, S. 14. 298 Zu diesen Selbstschutzmöglichkeiten: Mankowski, S. 609 m.N. 299 C. Kirchner, S. 114 f. 300 Nach Eberdt, S. 14 sind keine oder nur geringe Aufwendungen der Regelfall. 301 Kleinholz, S. 21. Nachteilige Folgen werden erst durch eigenverantwortlich getätigte Aufwendungen gezeitigt, die ob des zu erwartenden wettbewerbs- oder widerrufsbedingt möglichen Scheiterns insoweit (selbst-)schädigenden Charakter annehmen. 302 Das Argument des Vertrauensschutzes kann als kongruentes Interesse des Auslobenden gedeutet werden, der Bewerber zum Tätigwerden motivieren möchte, was bei erheblichen Unsicherheiten wie einer Widerruflichkeit schwerer fällt. Dies wird rechtsökonomisch unter § 3, B. II. 2. b) cc) angeleuchtet, wurde aber bereits historisch, als drohender Leerlauf der Auslobung umschrieben, vereinzelt vorgebracht. Mit einer solchen funktionalen Argumentation z. B. Siegel, S. 97; Becker, S. 46; Rath, S. 48, 51 m.N.; Düll, S. 33 ff.

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(4) Bewertung der Widerruflichkeit als nachvollziehbare, aber nicht zwingende Lösung Obwohl verschiedene Kompromisslösungen wie eine kompensationspflichtige303, einzelfallabhängige oder relativ unwirksame304 Widerruflichkeit diskutiert worden sind, stellt, insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität, keine dieser eine überzeugende, offenkundig vorzugswürdige Lösung dar.305 Die gesetzgeberische Entscheidung zur freien Widerruflichkeit räumt vielmehr den Interessen des Auslobenden den Vorrang ein.306 Als maßgebliches Argument für das

303 Ein schadens- oder aufwendungsersatzbewährtes Widerrufsrecht mag grundsätzlich dazu geeignet sein, sinnvolle Kompromisse zu erzielen – vgl. Locher, AcP 124 (1925), 1, 1 ff., 28 f., 38, 40, 42 zum Konzept eines Lösungsrechtes gegen eine „Abfindung“ als Interessenausgleich bzw. „Eingriff in fremde Rechtssphäre auf eigene Kosten […] [als] Mittelstufe zwischen Interessenschutz auf fremde Kosten und völliger Schutzverweigerung“ (3) –, ist dies im Falle der Auslobung allerdings nicht: Angesichts der charakteristischerweise anonymen Wettbewerbssituation wäre der Umfang der Ersatzpflicht für den Auslobenden vielfach nicht abschätzbar, ein Widerruf daher als potenziell ruinös zu riskant und das Widerrufsrecht liefe leer, hierzu § 3, B. II. 2. b) dd). Vgl. zur Unpraktikabilität: Mot. II, § 582 (S. 522) sowie mit diskutierten Ansatzpunkten einer Ersatzpflicht im gemeinen Recht (z. B. actio doli, culpa in contrahendo oder Garantievertrag): Schoder, S. 9 f. m.w.N.; Becker, S. 47 ff.; Rath, S. 54 ff.; Dalwigk zu Lichtenfels, S. 40; Exner, KritVj 11 (1869), 337, 360. Explizit zur Gefahr des Leerlaufs Abigt, S. 95 f.; vgl. im Kontext der Anfechtung Mankowski, S. 441 sowie Koch, JZ 54 (1999), 922, 926. 304 Gegen eine variable Widerruflichkeit als Einzelfallentscheidung danach, ob und in welchem Umfang Bewerber tätig geworden sind, für die ein Widerruf im konkreten Fall eine untragbare Härte darstellen würde, oder einer relativen Unwirksamkeit des Widerrufs gegenüber den Bewerbern, die die ohne Verzögerung aufgenommene Handlung zumindest potenziell zu Ende führen können sollen, sprechen Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit: Weder für den Auslobenden noch für die Bewerber wäre mangels einer klaren Grenzlinie erkennbar, ob und gegenüber wem ein Widerruf wirksam erfolgen könne. Zu relativer Unwirksamkeit und Begründungsansätzen Schoder, S. 9 m.N. Vgl. zur (Un-)Widerruflichkeit je nach Schutzwürdigkeit Ben-Shahar/E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, 136 zur, der gesetzgeberischen Gewährung (verbraucherschützender) Widerrufsrechte vorgelagerten Erwägung, ob die der Gegenseite erwachsenden Nachteile tragbar sind, z. B. kein erheblicher Wertverlust des Kaufgegenstands innerhalb der Widerrufsfrist zulasten des von einem Widerrufsrecht belasteten Verkäufers zu erwarten ist. 305 Hervorzuheben ist, dass der Widerruf als zulässige Rechtsausübung insbesondere keine treuwidrige Vereitelung des Erfolgs darstellt (vgl. § 162 BGB): Ring, in: NK-BGB, § 658 Rn. 1; vgl. C. Kirchner, S. 42 f. Eine Ersatzpflicht kommt allenfalls in Betracht, wenn Auslobung und Widerruf zum Zweck der Schädigung erfolgen, z. B. nach § 826 BGB: Dittrich, S. 31; Fischer, S. 52; C. Kirchner, S. 116. 306 Zu weitgehend ist das Argument beidseitigen Interesses, weil Bewerber kein Interesse am Fortbestand der Auslobung hätten, wenn deren Erwerbsaussicht, etwa ob zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz des Auslobenden, praktisch wertlos geworden sei (so für den Fall der Verarmung des Auslobenden: Rath, S. 48 f.; Becker, S. 46 f.). Obwohl möglicherweise (weitere) Aufwendungen potenzieller Bewerber vermieden werden, rechtfertigt die bloße Zahlungsunfähigkeit oder -willigkeit kein solches Interesse, insbesondere nicht an willkürlicher Lösungsmöglichkeit. Ferner muss das genannte Risiko als allgemeines auch bei Unwiderruflichkeit abgeschätzt werden, wobei einem rechtlichen Freiwerden von entstandener Ver-

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Überwiegen des Lösungsinteresses307 wird, wie bereits aufgeworfen, angeführt, dass die Bewerber, die sich bewusst in den Wettbewerb um die Belohnung begäben, auf eigenes Risiko handelten.308 Soweit ein berechtigtes Verkehrs- und Vertrauensschutzbedürfnis hinsichtlich des Fortbestands der Auslobung bestehe, werde diesem durch die für einen wirksamen Widerruf einzuhaltenden Modalitäten (§ 658 Abs. 1 S. 2 BGB) hinreichend begegnet.309 Überdies werde die unsichere Situation der Bewerber durch ihre Ungebundenheit kompensiert: Im Gegensatz zum gebundenen Auslobenden steht es den Bewerbern frei, eine aufgenommene Tätigkeit abzubrechen oder von vorneherein gar nicht aufzunehmen.310 Insofern311 läge ohne die Widerruflichkeit eine asymmetrische Bindung vor, als der Auslobende bereits endgültig und potenziell langfristig gebunden würde, während die potenziellen Bewerber lediglich eine Verdienstmöglichkeit ohne jegliche Verpflichtung erhielten.312 Dem kann wiederum entgegengesetzt werden, dass der Auslobende nur begrenzt schutzwürdig erscheint: weder besteht ein signifikant erhöhtes Risiko, noch droht eine über die selbst bestimmten Modalitäten hinausgehende Inanspruchnahme, die für ihn oder seine Erben unbillig sein könnte. Überdies kommt ihm über das allgemeine Instrumentarium der Schutz vor einer unbilligen, unerträglichen Bindung zu, beispielsweise über die Anforderungen an eine wirksame Willenserklärung pflichtung jedenfalls hohe Hürden entgegenstehen, hierzu mit Blick auf Zahlungsschwierigkeiten im Zuge der (Finanz-)Krise: Tröger, in: Tröger/Karampatzos, S. 49. 307 So Mankowski, S. 68 f., u. a. „Mangels schützenswerten Vertrauens einer Gegenseite kann sich daher der Wille des Auslobenden durchsetzen.“ (69); vgl. Eberdt, S. 14. 308 Zum maßgeblichen Argument des Handelns auf eigenes Risiko: Mot. II, § 582 (S. 522): „Wer bei Widerruflichkeit der Auslobung ohne eine Garantie des Fortbestandes der Auslobung thätig geworden ist, nimmt vielmehr die Gefahr auf sich, die aus einem Widerrufe der Auslobung vor vollbrachter That droht.“ sowie aus heutiger Literatur statt vieler: Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 1. A.A. ist demgegenüber z. B. Dalwigk zu Lichtenfels, S. 34. 309 Dies sei z. B. nach Becker, S. 47 auch „zum Schutz des Publikums“ zu fordern; vgl. Kleinholz, S. 21: „Der Verkehr wird durch die anspruchsvolle Form der Auslobung ausreichend geschützt.“ Vgl. zu dieser (bewährten) Modalität der Widerruflichkeit auch in anderen Gesetzen und Entwürfen: Mot. II, § 582 (S. 522). Zu den Anforderungen statt vieler: Schäfer, in: MüKoBGB (2017), § 657 Rn. 3 ff.; Bergmann, in: Staudinger-BGB (2016), § 658 Rn. 12 ff. 310 Hierzu als Fairnesserwägung z. B. Becker, S. 47: „Die Bewerber könnten jederzeit von der Vollführung der Leistung ablassen; nur der Auslobende, der ihnen die Möglichkeit gegeben hat, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, sollte für immer gebunden sein! Ungerecht wäre es, wollte man verlangen, daß der Auslobende bei seinem Worte bleiben müsse.“; vgl. v. Platen, S. 17; Rath, S. 49. 311 Als weiteres Argument für die Widerruflichkeit wird vorgebracht, dass der Auslobende nicht nur unabsehbar lange gebunden würde, sondern auch qualitativ erhebliche Risiken tragen müsse. Die einseitig kreierte Bindung besäße im Vergleich zur vertraglichen Austauschsituation ein größeres Risikopotenzial, weil der Auslobende bereits einen Verpflichtungsgrund setze, ohne einen Anspruch auf eine Gegenleistung zu erhalten, hierzu: Mankowski, S. 68. Hiergegen ist einzuwenden, dass das Risiko des Auslobenden andererseits auch erheblich geringer ist: Im Vergleich zum Vertragsschließenden muss der Auslobende die Belohnung erst gewähren, wenn der gewünschte Erfolg durch die Gegenseite herbeigeführt wurde. 312 Vgl. insbesondere Eberdt, S. 15.

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

(§§ 104 ff., 119 ff. BGB). Insofern rechtfertigt überzeugenderweise nicht eine erhöhte Schutzbedürftigkeit des Auslobenden, der letztlich nicht stärker als ein Anbietender gebunden und belastet wird, sondern die geringere Schutzwürdigkeit der Bewerber die Widerruflichkeit als nachvollziehbares, zugleich aber keineswegs zwingendes Ergebnis. dd) Fazit Die Widerruflichkeit ist weder konstruktionsbedingt noch systematisch eindeutig vorbestimmt. Es handelt sich vielmehr um eine Wertentscheidung als Ergebnis eines zwar nachträglich rationalisierbaren, aber nicht endgültig ergründbaren Abwägungsprozesses, das sich als praktikabel erwiesen hat313 und womöglich auch dem Pragmatismus des Redaktors der Entwürfe geschuldet ist.314 Somit ist die freie Widerruflichkeit der Auslobung im deutschen Recht nicht im Sinne einer absoluten Prämisse abschließend vorbestimmt. b) Kein Kenntniserfordernis Im Gegensatz zum weitgehend ergebnisoffenen Spektrum der Antworten auf die Frage der Widerruflichkeit, zeichnet sich beim Kenntniserfordernis eine klare und konvenierende315 Lösung logisch aus der (autarken) Versprechenskonstruktion der Auslobung ab: Die einseitige Begründung des Verpflichtungsgrundes ist gerade nicht von einem logisch Kenntnis voraussetzenden Mitwirken seitens der Bewerber abhängig.316 Ferner ergibt sich aus den skizzierten potenziell vorbestimmenden (dogmen-)geschichtlichen Gedanken oder Vorläufern keine über die konstruktionsbedingten Erwägungen hinausgehende, zwingende oder wegweisende Wertung.317

313

Vgl. statt vieler: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 23. Vgl. Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 22. 315 Das Kenntniserfordernis wird vielfach als hinderlich und unbillig angesehen, siehe z. B. Exner, KritVj 11 (1869), 337, 346 f. dazu, dass es keinen sinnvollen Zweck erfülle, weil der Auslobende erhalte, was er wolle und die Motivation des erfolgreichen Bewerbers hierfür typischerweise keine Rolle spiele. Zur allgemein begrüßten Lösung: Kleinschmidt, in: HKKBGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 16, 23, 47 m.N. 316 Vgl. zum konstruktionslogischen Schluss v. Kübel, in: Schubert, Bd. I, Theilentwurf, S. 487 („so folgt daraus von selbst […]“); Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 17, 47. Erst die Anspruchsentstehung bedarf des (erfolgreichen) Tätigwerdens. 317 Welche rechtspolitisch erstrebten Nebeneffekte, etwa durch eine kenntnisunabhängige Ausgestaltung eine „sozial erwünschte Kultur des gegenseitigen Helfens“ zu fördern (Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a Rn. 47), eine Rolle spielen, wird in der rechtsökonomischen Betrachtung aufgegriffen, § 3, B. II. 3. c). 314

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

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c) Fazit Die dogmatische Überzeugungskraft des status quo im deutschen Recht spaltet sich: Während das Absehen von einem Kenntniserfordernis sich konzeptionell logisch ergibt, ruft die Entscheidung für die Widerruflichkeit ein erhöhtes Begründungsbedürfnis hervor, dem der Gesetzgeber nur unzureichend nachgekommen ist.

III. Spielraum für eine gemeinsame Lösung Das deutsche Recht offenbart mit seinem status quo ein praktikables und gemeinhin akzeptiertes Konzept, das jedoch eine fundierte theoretische Begründung vermissen lässt und vielmehr pragmatische Momente als entscheidende aufblitzen lässt. Insofern ergibt sich dogmengeschichtlich ein verschwommenes Bild, das allerdings Spielraum für etwaige vereinheitlichende Projekte schafft. Eine klar vorbestimmende Linie kann weder für die Konstruktionsfrage noch für die Frage der Widerruflichkeit identifiziert werden. Lediglich das Absehen von einem Kenntniserfordernis ergibt sich als schlüssige Folge der Entscheidung in der Konstruktionsfrage zugunsten der Auslobung als einseitiges Versprechen. Mit Blick auf das Erkenntnisziel der ersten Dimension soll nunmehr sondiert werden, ob und inwieweit im englischen Recht Raum für eine konsensfähige gemeinsame Lösung mit dem deutschen Recht besteht. Dazu sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet werden und insbesondere letztere daraufhin untersucht, ob sie wertungsmäßig unüberwindbare Hürden begründen. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Frage gerichtet, ob das praxistaugliche, aber theoretisch unzureichend fundierte einseitige Konzept womöglich im englischen Recht Verankerung findet.

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract Während das deutsche Recht öffentliche Belohnungsaussetzung als entscheidende Ausnahme zum Vertrags- und Konsensprinzip einseitig in Gestalt der Auslobung konzipiert, hält das englische318 Recht an der Verpflichtung durch einen als sog. unilateral contract ausgestalteten Vertrag fest (I.). Die Schlüssigkeit und Überzeugungskraft dieses Konzepts werden im Hinblick auf die Konstruktion und 318

Die Untersuchung beschränkt sich auf das englische Recht – zur Abgrenzung von englischem, schottischem und nordirischem Recht im Vereinigten Königreich siehe kurz z. B. Schillig, in: Riesenhuber, § 25, Rn. 1 m.N. Argumentationsförderliche Literatur aus anderen common law-Rechtsordnungen, insbesondere US-rechtlicher Provenienz, wird punktuell verstärkend hinzugezogen.

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

ihre vielfach kritischen Implikationen319 für die beiden evolvierenden Fragestellungen vor dem Hintergrund ihrer (dogmen-)geschichtlichen Genese beleuchtet (II.). Abschließend wird zusammengefasst, ob und inwieweit das englische Recht, gerade in den Details seiner facettenreichen Entstehungsgeschichte, ein Fundament aufweist, das in der Frage öffentlicher Belohnungsaussetzungen ein Harmonisierungspotenzial mit dem deutschen aufweist, oder Erkenntnisse und Ansatzpunkte für die Frage nach dem (einseitigen) Verpflichtungsgrund und seine mögliche Begründung befördert (III.).

I. Status quo im englischen Recht: unilateral contract als Ergebnis richterlicher Rechtsentwicklung Nach einer kurzen systematischen Einordnung des englischen Vertragsbegriffs (1.) wird der richterrechtlich entwickelte320 unilateral contract im Fall öffentlicher Belohnungsaussetzung (reward) in seinen Wesenszügen umrissen (2.) und die Beantwortung der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis skizziert (3.). 1. Systematische Einordnung und Bedeutungsgehalt des englischen contract Im anglo-amerikanischen Rechtskreis des common law321 wird die Situation öffentlich ausgesetzter Belohnungen als unilateral contract behandelt322, der als contract systematisch dem Obligationenrecht angehört.323 Obwohl die Sinnhaftig319

Vgl. deutlich Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 168. Zur historischen (richterrechtlichen) Entstehungsgeschichte B. II. 1. b). Zur Bedeutung des Richterrechts im englischen common law und Hintergründen differenziert Maultzsch, S. 123 ff. 321 Zu den verschiedenen Bedeutungen der Begrifflichkeit des common law, insbesondere als Gegenstück zum kontinentaleuropäischen civil law oder des historischen common lawGerichtszweigs gegenüber dem der equity z. B. Curzon, S. 57 ff.; Richards/Mollica, Kap. 2, Rn. 34; Blumenwitz, S. 3, 12; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Peter, S. 17; Mattila, S. 306 f.; Rheinstein, S. 9; Schillig, in: Riesenhuber, § 25, Rn. 3 in Fn. 7. 322 Peel, Rn. 2-029, 2-051 ff.; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-082; Andrews, Rn. 3.42; McKendrick, S. 56 ff.; Wendel, S. 8 ff., 141; Kleinschmidt, Jura 2007, 249, 250; vgl. Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 248 m.N.; vgl. Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 172 in Fn. 11. 323 Zur traditionellen Dreiteilung der law of obligations in contracts, quasi-contracts und torts z. B. Baker, 2002, S. 317; Downes, S. 43. Der entscheidende und grundlegende Unterschied zwischen den zwei zentralen Zweigen contracts und torts ist, dass erstere auf freiwilliger, privatautonomer (Selbst-)Verpflichtung beruhen, während letztere infolge einer (rechtswidrigen) Verletzung fremder, geschützter Güter oder Interessen als Ausgleich von der Rechtsordnung auferlegt werden. Zur Abgrenzung z. B. Whittaker, in: Beale, Rn. 1-145 ff.; Baker, 2002, S. 317; Beatson/Burrows/Cartwright, S. 25 f.; vgl. Peel, Rn. 1-001. Zur allgemein schwierigen Abgrenzung von Vertrag und Delikt: Cooke/Oughton, S. 6. 320

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

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keit teilweise kritisch beurteilt wird324, ist eine Definition des englischen contract für die vorliegenden Erkenntnisziele in ihren Grundzügen zu umreißen, da dieser trotz der gebräuchlichen Übersetzung nicht vollständig mit dem Vertragsbegriff des deutschen Rechts übereinstimmt (vgl. B. I. 2.).325 Als Orientierungspunkt dienen die wesentlichen, übereinstimmend geforderten Wesensmerkmale einer Einigung durch mit consideration ausgestattete, als rechtlich bindend gewollte Versprechen.326 Diese Charakteristika lassen bereits einen für die Untersuchung wichtigen Aspekt zu Tage treten: den unklaren Anknüpfungspunkt bzw. die Vermischung der Konzepte einer durch Angebot und Annahme vermittelten Willensübereinstimmung und des mit consideration versehenen Versprechens. 2. Definition und Charakteristika des unilateral contract Der unilateral contract genießt – zumindest im Hinblick auf seine Praxisrelevanz zu Unrecht327 – einen kuriosen Ruf.328 Um die notwendige Grundlage für einen Vergleich mit dem deutschen Recht zu schaffen, werden nach einem kurzen Hinweis auf häufige Missverständnisse [a)] die Wirksamkeitsvoraussetzungen und Charakteristika des unilateral contract dargestellt: der Austausch von Versprechen und Handlung [b)] und die zusätzliche Anforderung der consideration [c)].

324

So McKendrick, S. 3 f. So erfasst der englische contract nur schuldrechtliche Beziehungen, ist jedoch zugleich weiter, als er nicht auf mindestens zweiseitig begründete Rechtsgeschäfte beschränkt ist. Siehe z. B. Wendel, S. 7 f.; Welsmann, S. 46 f. Hinter der Begrenzung steht nicht zuletzt, dass das englische Recht kein Trennungsprinzip wie das deutsche Recht kennt, vgl. Pawlowski, in: FS Großfeld, S. 829, 841 f.; Henrich/Huber, S. 74, 101. 326 Statt vieler: Wild/Weinstein, S. 301; vgl. ferner Kiralfy, S. 177; Downes, S. 41 sowie, unter stärkerer Betonung des durchsetzbaren Versprechens, v. Mehren in: Encyclopedia Britannica, Stichwort: contract. 327 Der Vorwurf, der Vertragstyp des unilateral contract beschränke sich auf die typischen, konstruiert erscheinenden Lehrbuchfälle bzw. „,classroom‘ example[s]“ wie die Belohnung für das Erklimmen des Fahnenstangenmastes durch einen Studenten oder der zu beschreitende Weg nach York (hierzu z. B. Andrews, Rn. 3.44) ist heute nicht mehr haltbar. Kritisch gegenüber einer Bagatellisierung oder Trivialisierung: Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 509 in Fn. 30 („sometimes […] obscured by giving trivial or frivolous examples of rewards“). Zu theoretischen und praktischen Anwendungsfällen: Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-082; Owsia, S. 422; vgl. zur (US-rechtlichen) Diskussion um die Praxisrelevanz Tiersma, 26 U.C. Davis L. Rev. (1992), 1, 12 f. Ein Aufleben des Konzepts, insbesondere zur rechtlichen Behandlung neuartiger Lebenssachverhalte, befürwortet deutlich Pettit, 63 B.U. L. Rev. (1983), 551. 328 Vgl. Llwellyn, 48 Yale L.J. (1938), 1, 36 mit entsprechender Zuordnung des instruktiven, aber kuriosen unilateral contract („freaktent“). Vgl. weniger abwertend, aber mit der Beimessung einer nur theoretischen, lebensfernen Bedeutung Clark, N.Z. L. Rev. 2000, 17, 18; ablehnend zur Einordnung in das „vertragsrechtliche Kuriositätenkabinett“ als „[…] schwerer juristischer Schwachsinn“: Wendel, S. 1 m.w.N. 325

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

a) Missverständnisse um die Begrifflichkeit des unilateral contract Insbesondere329 aus Sicht deutscher Juristen kursieren mitunter falsche Vorstellungen über das Wesen des unilateral contract. So insinuiert dieser weder das vermeintliche Oxymoron eines „einseitigen Vertrags“330, noch handelt es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft331 im Sinne des deutschen Rechts.332 Beim unilateral contract wird keineswegs eine Verpflichtungswirkung einseitig erzeugt, sondern ein (schuldrechtlicher) Vertrag zwischen zwei Parteien333 durch Angebot und Annahme geschlossen. Ebenfalls darf nicht der Fehlschluss gezogen werden, dass eine Gegenleistung entbehrlich wäre: Diese wird lediglich nicht versprochen, sondern muss für das Zustandekommen des Vertrags durch die verlangte Handlung tatsächlich erbracht werden, was dem typischerweise erfolgsorientierten Interesse des Anbietenden entspricht.334 Ferner handelt es sich beim unilateral contract zwar um einen Unter-, aber keineswegs um einen Sonderfall des contract. Entgegen der heutigen Einstufung des Versprechensaustauschs als praktischer Regelfall335, stellt diese Bindungsform im englischen Recht gegenüber dem unilateral contract als historischer Urform die zeitlich spätere Errungenschaft dar.336 Die differenzierende Terminologie von unilateral und bilateral contract wird teilweise explizit als ein nachträgliches Produkt des 19. Jahrhunderts erklärt.337

329 Auch im englischen Recht sind Missverständnisse denkbar, so stellt z. B. Whittaker, in: Beale, Rn. 1-107 ausdrücklich klar, dass nicht auf nur eine Partei oder den Verzicht auf eine Annahme oder consideration geschlossen werden dürfe. Vgl. zu insbesondere terminologisch bedingten Missverständnissen Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, 171 f. 330 Mit dieser insoweit irreführenden, der Abgrenzung dienenden Bezeichnung des einseitig verpflichtenden Vertrags jedoch z. B. Stadler, in: Jauernig-BGB, § 311 Rn. 12. 331 Klassische Beispiele für einseitige Rechtsgeschäfte sind Kündigung, Anfechtung oder Rücktritt (hierzu statt vieler: Emmerich, in: MüKo-BGB (2016), § 311 Rn. 21 ff.). Ein Schuldverhältnis begründet ein solches nur ausnahmsweise, so neben der Auslobung (§ 657 BGB) die Stiftung (§ 81 BGB) und das Vermächtnis (§§ 1939, 2147 ff. BGB), siehe z. B. Gehrlein/Sutschet, in: BeckOK-BGB (2017), § 311 Rn. 3; Kindl, in: Erman-BGB, § 311 BGB Rn. 2; Emmerich, in: MüKo-BGB (2016), § 311 Rn. 21. 332 Vgl. zur nur vermeintlichen Nähe der Unterscheidung von unilateral und bilateral contract und kontinentaleuropäischen Vorstellungen von einseitig verpflichtenden und gegenseitigen Verträgen Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, 171 m.w.N. in Fn. 15. 333 Klarstellend Shears/Stephenson, S. 220. 334 Siehe hierzu McKendrick, S. 45; Jewell, S. 31; Wendel, S. 8 f.; vgl. Wormser, 26 Yale L.J. (1916), 136, 136. 335 Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.01; vgl. Andrews, Rn. 1.11. 336 Dazu B. II. 1. b) sowie Preuss, S. 77; Wendel, S. 55; vgl. Fuller, 41 Colum. L. Rev. (1941), 799, 815 f. m.w.N.; vgl. ders./Perdue, 46 Yale L.J. (1936), 52, 67. 337 Wendel, S. 55; vgl. dazu, dass die terminologische und systematische Unterscheidung vor dem historischen Hintergrund nicht überbewertet werden dürfe, z. B. Milsom, 12 C.L.J. (1954), 105, 110 m.w.N.; ders., 74 L.Q.R. (1958), 561, 570 f.

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

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b) Der unilateral contract als „promise for an act“ – Angebot und praktizierte Annahme Die namensgebende Besonderheit des unilateral contract liegt darin, dass ein Versprechen gegen eine Handlung ausgetauscht wird,338 während sich beim bilateral contract zwei (Leistungs-)Versprechen gegenüberstehen.339 Wohingegen also beim bilateral contract eine zukünftige Leistung versprochen wird (promissory act340), liegt die vertragsbegründende Annahme beim unilateral contract in der tatsächlichen Vornahme einer bestimmten Handlung.341 Gegenüber dem praktisch häufigeren Fall des bilateral contract als Austausch gegenseitiger Versprechen (promise for promise) handelt es sich beim unilateral contract somit um den eines promise for an act.342 Insoweit steht dem Versprechen, die Belohnung zu gewähren, als bloßem Angebot keine Leistungs- oder Handlungspflicht einer anderen Person gegenüber; jeder potenzielle Bewerber kann vielmehr frei entscheiden, ob er das unterbreitete Angebot durch die Vornahme der gewünschten Handlung annimmt.343 Nur und erst wenn er dies tut, wird der Vertrag geschlossen und der Anspruch auf die Gewährung der Belohnung begründet; ein Verpflichtungsgrund besteht zuvor nicht, weshalb der unilateral contract häufig als if-contract beschrieben wird.344

338 Statt vieler: Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-082 m.w.N. und Beispielen; Owsia, S. 422; Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, 169. 339 Peel, Rn. 2-051; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-082; Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.01; McKendrick, S. 45; Whittaker, in: Beale, Rn. 1-107; vgl. New Zealand Shipping Co. Ltd. v. A. M. Satterthwaite & Co. Ltd. [1975] A.C. 154. 340 Corbin, 27 Yale L.J. (1918), 382, 382. 341 Wendel, S. 5, 8 f.; Corbin, 27 Yale L.J. (1918), 382, 382; vgl. Wild/Weinstein, S. 306, 308 f.; vgl. Owsia, S. 168 zur Abgrenzung zwischen executory und executed contract. Nach Posner, S. 105 f. gibt es keine „acceptance […] in the conventional sense“, allerdings werde die Erfüllung der Anforderungen des Angebots als solche behandelt, vgl. zur Irrelevanz der Konstruktion § 3, B. II. 1. 342 Wendel, S. 9; Jewell, S. 31; Corbin, 27 Yale L.J. (1918), 382, 382; Cooke/Oughton, S. 32; vgl. ferner Wormser, 26 Yale L.J. (1916), 136, 136; McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 654; Whittaker, in: Beale, Rn. 1-107. Zu den Modalitäten des Vertragsschlusses siehe z. B. Peel, Rn. 2-029; McKendrick, S. 112. 343 Wendel, S. 5, 8 f.; siehe, trotz der irreführenden Beschreibung als geschlossener statt nur angebotener unilateral contract, die instruktiven Ausführungen in der Entscheidung Harvela Investments Ltd. Appellants v. Royal Trust Company of Canada (CI) Ltd. [1986] A.C. 207 (H.L.), 224 (Lord Diplock). 344 So z. B. Downes, S. 80; Cooke/Oughton, S. 125; Wendel, S. 9 m.w.N.; Andrews, Rn. 3.42. Die Bezeichnung findet sich auch in der Rechtsprechung, z. B. spricht Lord Diplock vom „unilateral or ,if‘ contract“ in Harvela Investments Ltd. Appellants v. Royal Trust Company of Canada (CI) Ltd. [1986] A.C. 207 (H.L.), 224. Allerdings wird die Formulierung z. T. als missverständlich kritisiert. So weist etwa Lord Goff zutreffend darauf hin, dass vor Handlungsbeginn kein Vertrag, also auch kein „if“- contract, bestehe, sondern lediglich ein frei widerrufliches Angebot: Daulia Ltd. v. Four Millbank Nominees Ltd. [1978] Ch. 231, 238.

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

c) Consideration als weitere Anforderung an den Vertragsschluss Im Gegensatz zum deutschen lässt das englische Recht eine bloße Einigung für eine durchsetzbare Selbstbindung nicht ausreichen, sondern verlangt zusätzlich345 entweder ausnahmsweise die Einhaltung einer bestimmten Form (specialty)346 oder im Regelfall347 formfreier Verträge das Vorliegen einer consideration für jedes348 der beiden Versprechen (simple contract).349 Für den unilateral contract ist grundsätzlich die consideration relevant.350 Diese zentrale351 Wirksamkeitsvoraussetzung352 kann einerseits in einem Vorteil des Versprechenden (benefit) liegen oder – typischerweise – in einem Nachteil für den Versprechensempfänger (detriment),353 beispielsweise die tatsächliche Erbringung einer (Gegen-)Leistung für das Versprechen beim unilateral contract oder die Verpflichtung hierzu beim bilateral contract. Die consideration-Doktrin354 stellt ein markant von kontinentalen Rechtsordnungen abwei345 Zur Einigung durch Angebot und Annahme als erste Voraussetzung Peel, Rn. 2-001; McKendrick, S. 48; Wild/Weinstein, S. 305 ff. 346 Geläufige Bezeichnungen sind auch promise under seal oder deed, statt vieler: Wild/ Weinstein, S. 303 f. Diese Handlungsform wird z. T. als Fortsetzung des sog. writ of covenant (hierzu die nachfolgende Fn. 442) gesehen: v. Bernstorff, 2011, S. 42, 46 f. 347 Zum Regel-/Ausnahmeverhältnis statt vieler Andrews, Rn. 5.05 f.; Treitel, in: Beale, Rn. 4-001. 348 Consideration wird nicht auf die Einigung der Parteien bezogen, sondern auf die jeweiligen promises, ist also sowohl für Angebot als auch für Annahme erforderlich: Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.31 sowie ders., in: Beale, Rn. 4-004, 4-007; Whittaker, in: Beale, Rn. 1-014; Peel, Rn. 3-001; Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 192 f., 204. 349 Treitel, in: Beale, Rn. 4-001; Henrich/Huber, S. 46; v. Bernstorff, 2011, S. 46 ff.; Kiralfy, S. 177; vgl. Andrews, Rn. 1.14, 5.02; vgl. ferner Shears/Stephenson, S. 219 f.; Wild/ Weinstein, S. 303 f.; Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.29; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 62. 350 Ein formbedürftiger Vertrag, der inhaltlich den Austausch eines unilateral contract vorsieht, ist zwar denkbar, dürfte praktisch allerdings die Ausnahme darstellen. Vgl. Whittaker, in: Beale, Rn. 1-107 in Fn. 738, Rn. 1-136. 351 v. Mehren, 72 Harv. L. Rev. (1959), 1009, 1009; Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 889. 352 Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 166; Henrich/Huber, S. 47; v. Bernstorff, 2011, S. 48; Wild/Weinstein, S. 319; Stathopoulos, AcP 194 (1994), 543, 550; Wendel, S. 22; Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.31; Preuss, S. 70. 353 Zu den beiden Erscheinungsformen, neben der traditionellen Definition in der Entscheidung Currie v. Misa (1875) L.R. 10 Ex. 153, 162 (Lush, J.).: „A valuable consideration, in the sense of the law, may consist either in some right, interest, profit, or benefit accruing to the one party, or some forbearance, detriment, loss, or responsibility, given, suffered, or undertaken by the other“, z. B. Peel, Rn. 3-004 ff.; Treitel, in: Beale, Rn. 4-004 f.; Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 891; Rheinstein, S. 57. Zu Schwierigkeiten der (verschwimmenden) Erscheinungsformen Morgan, 1 Minn. L. Rev. (1917), 383, 383 f. 354 Mit zahlreichen Literaturverweisen zur Entwicklung Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 184; siehe ferner Andrews, Rn. 5.01 ff.; Barbour, S. 65 ff.; Pollock, S. 175; Rheinstein, S. 55 ff.; W. G. Becker, u. a. S. 9 ff., 17 ff., 42 ff.; differenziert zu Besonderheiten und Anpassungsbestrebungen: Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 890 ff.; kritisch zur Bezeichnung als Doktrin: Beatson/Burrows/Cartwright, S. 17. Aus US-Sicht, reduziert auf die detrimentKomponente: Ames, 12 Harv. L. Rev. (1899), 515, 515.

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

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chendes355 Spezifikum des englischen Vertragsrechts dar,356 das nicht nur ausländischen, sondern auch englischen Juristen mitunter Kopfzerbrechen bereitet hat.357 Insbesondere sind die Herkunft358 und die genaue Bedeutung stark umstritten.359 Diese Unklarheiten sowie die Frage nach der fortbestehenden Existenzberechtigung der Anforderung360 oder das viel diskutierte, aber inzwischen mit unterschiedlichen Begründungen als gelöst anerkannte361 oder übergangene Problem eines Zirkelschlusses, wenn beim bilateral contract als Austausch von Versprechen jeweils das eine die für die Wirksamkeit konstitutive consideration für das andere darstellt,362 355

Zum markanten „Wesensunterschied gegenüber den kontinentalen Rechten“ z. B. Henrich/Huber, S. 47; v. Bernstorff, 2006, S. 54; Rheinstein, S. 121; vgl. W. G. Becker, S. 1 sowie Kiralfy, S. 177. Mit abgrenzender Bezugnahme auf die kontinentaleuropäisch verwurzelte Figur der causa: Pollock, S. 181; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 176 ff.; vgl. Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 182. 356 Die Anforderung wird als Besonderheit, Mysterium und schillerndes Gewächs des common law bezeichnet, siehe Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 18; Andrews, Rn. 5.13; vgl. ferner Graziadei, in: Reimann, S. 115, 134 f.; Kiralfy, S. 177; Pound, 33 Tul. L. Rev. (1959), 455, 460. 357 Zur consideration als Rechtswissenschaftler inspirierende „perennial source of controversy“: Pound, 33 Tul. L. Rev. (1959), 455, 460; vgl. sinngemäß Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 18; Bayles, S. 153; Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 198; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 182. 358 Statt vieler: Preuss, S. 67 m.w.N.; Morgan, 1 Minn. L. Rev. (1917), 383, 383. Demgegenüber optimistisch zum wachsenden Verständnis im Allgemeinen: Milsom in der Einleitung von Pollock/Maitland, vol. I, S. xxiii. 359 Die Deutungen reichen von einem die Ernsthaftigkeit des Rechtsbindungswillens gewährleistenden Seriösitätserfordernis über die Klassifizierung als causa bis zur wohl mehrheitlich vertretenen Einstufung als Absicherung von Reziprozität. Zu unterschiedlichem Verständnis u. a. Kiralfy, S. 188 ff.; Preuss, S. 69, 71; vgl. Baker, 2002, S. 340 sowie Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 18. Zum für die hiesige Untersuchung interessanten Reziprozitäts- oder bargain-Gedanken, nach dem die consideration eine gewisse, nicht notwendigerweise gleichwertige Gegenleistung als „Preis“ darstellt, für den das Versprechen gekauft wird, siehe Pollock, S. 175. Diese Beschreibung zitiert das House of Lords in Dunlop Pneumatic Tyre Co. Ltd. v. Selfridge Ltd. [1915] A.C. 847, 855 (Lord Dunedin). Zu dieser Umschreibung siehe Treitel, in: Beale, Rn. 3-007; Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 890; Henrich/Huber, S. 47; Atiyah, 1990, Kap. 8, S. 179, 181; vgl. ferner Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 219; G. Schulze, S. 311 f.; Cohen, 46 Harv. L. Rev. (1933), 553, 581 f.; Bayles, S. 154; vgl. (rechts-)ökonomisch Cooter/Ulen, S. 270. Zu anderen Ansatzpunkten, z. B. der mehrheitlich abgelehnten (Austausch-)Gerechtigkeit: Cohen, 46 Harv. L. Rev. (1933), 553, 581. 360 Zur heutigen Existenzberechtigung der Doktrin siehe z. B. Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936) 1225, u. a. 1227: „If it is neither theoretically necessary nor practically satisfactory, is there any need to preserve the idea other than legal conservatism?“; vgl. Fn. 647. 361 Zur unproblematischen Fallgestaltung des bilateral contract mit consideration in Gestalt des jeweiligen Gegenversprechens z. B. Denning, 15 M.L.R. (1952), 1, 1; Ames, 13 Harv. L. Rev. (1899), 29, 29. 362 Hierzu z. B. Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 8 f.; Wendel, S. 17 ff.; Gordley, 1991, S. 174; Treitel, in: Beale, Rn. 4-008 f.; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1239; Ames, 13 Harv. L. Rev. 29, 31 ff. (1899); vgl. Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 595 f. sowie Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 214 f. Kritisch zur Anerkennung des jeweiligen bloßen Gegenversprechens als unberechtigter Schuss über das Ziel hinaus („overshot“): Fuller, 41 Colum.

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

müssen für die vorliegenden Belange nicht erhellt werden. Eine Auseinandersetzung findet bei unilateral contract-Fällen typischerweise nicht statt363, da die erforderliche consideration in der (vollständigen364) Handlungsvornahme als „Leistung“ des Versprechensempfängers liegt, also dem – in Form eines Tuns oder Unterlassens möglichen365 – act, gegen den das Versprechen ausgetauscht wird.366 Folglich bindet das Belohnungsangebot ohnehin erst mit der Vornahme der gewünschten Handlung durch das Gegenüber, die zugleich den Vertragsschluss bewirkt. Für die vorliegende Untersuchung ist einzig relevant, welche Wertungen die consideration als Wirksamkeitsvoraussetzung hinsichtlich öffentlicher Belohnungsaussetzung oder des (einseitigen) Verpflichtungsgrundes offenbart, was unter B. II. 1. c) nach einer Skizze der historischen Entwicklung des englischen Vertragsprinzips und der Verortung des unilateral contract festgehalten wird. 3. Behandlung der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis Als Ausfluss der Vertragskonstruktion ist die öffentliche Belohnungsaussetzung als Angebot im Einklang mit dem entsprechenden allgemeinen Grundsatz des englischen Rechts grundsätzlich widerruflich [a)] und die Kenntnis des Annehmenden erforderlich [b)]. a) Widerruflichkeit Ob ein Angebot widerruflich ist, hängt davon ab, ob und ab wann ein Rechtssystem ihm eine Bindungswirkung beimisst.367 Im englischen Recht besteht bei formfreien Vereinbarungen auf Basis der consideration-Doktrin, anders als beispielsweise im deutschen Recht,368 eine Bindung an das Angebot vor der den Vertragsschluss bewirkenden Annahme nur, wenn eine consideration vorliegt, beispielsweise in Gestalt der Zahlung eines Geldbetrags als Gegenleistung für das L. Rev. (1941), 799, 816 f. Zum historischen Durchsetzen dieser Art der consideration: Atiyah, 1979, S. 198; Simpson, 46 U. Chi. L. Rev. (1979), 533, 543. 363 So ausdrücklich Gordley, 2001, S. 311. 364 Siehe z. B. Wendel, S. 15. Demgegenüber erkennt z. B. Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.33 auch eine Teilleistung als ausreichend an; vgl. ders., in: Beale, Rn. 4-191. Vgl. hierzu B. II. 2. a). 365 Statt vieler Wendel, S. 15. 366 Wendel, S. 15; vgl. Henrich/Huber, S. 48 mit der Einordnung als executed consideration im Gegensatz zum (Gegen-)Versprechen als eine nur executory consideration; vgl. ferner Wild/ Weinstein, S. 319; Owsia, S. 168 f.; Pollock, S. 176. 367 Owsia, S. 440. 368 A. I. 1. Zum, die Tendenz europäischer Rechtsordnungen der Widerruflichkeit mit Ausnahmen bei Fristsetzung oder Verzicht abbildenden Art. 2:202 PECL mit entsprechendem Überblick: v. Bar/Zimmermann, Art. 2:202, S. 179 ff.

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

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Offenhalten des Angebots.369 Demzufolge kann ein Angebot typischerweise solange widerrufen werden, bis es durch seinen Adressaten durch ein Gegenversprechen angenommen worden ist, was zugleich die consideration konstituiert.370 Nach diesem Grundsatz kann auch die öffentliche Belohnungsaussetzung als Angebot bis zur (erfolgreichen) Vornahme der gewünschten Handlung, zugleich als consideration und Annahme, widerrufen werden.371 Die Rechtsprechungspraxis schränkt diese konstruktionsbedingte, gegebenenfalls unbillig lange Zeitspanne der Widerruflichkeit als Unsicherheit jedoch teilweise und auf unklarer theoretischer Basis ein, wie unter B. II. 2. a) aa) illustriert wird. b) Kenntniserfordernis Auch für die Fragestellung, ob der Bewerber bei erfolgreicher Vornahme der Handlung Kenntnis von der öffentlich offerierten Belohnung gehabt haben muss, um den unilateral contract wirksam zustande zu bringen und den Anspruch auf die Belohnung zu erwerben, gibt das englische Recht konzeptionell eine klare Antwort. Eine wirksame Annahme und Einigung ist logisch nur möglich, wenn der Handelnde von der Existenz des Angebots weiß.372 Das Kenntniserfordernis ergibt sich im 369

Die Widerruflichkeit wird im englischen Recht hochgehalten: Sogar bei Bestimmung der Unwiderruflichkeit (firm offer) oder einer Annahmefrist gilt nicht, dass der Widerruf während dieser Zeitphase (implizit) ausgeschlossen wurde; dem Anbietenden steht es – sofern nicht Formerfordernisse eingehalten wurden oder eine consideration für das Offenhalten des (formfreien) Angebots vorliegt – weiterhin frei, sein Angebot zu widerrufen: Dickinson v. Dodds (1876) 2 Ch.D. 463; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-093; Treitel, in: Beale, Rn. 4-191; Kötz, S. 30 f.; Wendel, S. 30; v. Bernstorff, 2011, S. 55; vgl. Downes, S. 78 f. sowie McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 644. 370 v. Bernstorff, 2011, S. 55; Doerfert, JA 1998, 435, 436; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 62; Rheinstein, S. 99; Owsia, S. 442 m.N.; Henrich/Huber, S. 50. Der Widerruf muss wirksam kommuniziert werden, bevor die Annahme erfolgt. Zum grundsätzlichen Kommunikationserfordernis und Ausnahmen, etwa bei öffentlicher Belohnungsaussetzung: Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-094, 2-096; Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.17; Shears/Stephenson, S. 221; Henrich/Huber, S. 51; Cooke/Oughton, S. 30. 371 McKendrick, S. 112; Wild/Weinstein, S. 315. Teilweise wird die ohne die Handlungsvornahme als consideration fehlende Bindung oder die (koinzidente) Annahme mehr betont. Zu ersterem Peel, Rn. 2-052, 3-158 m.N.; Treitel, in: Beale, Rn. 4-191 f.; Wendel, S. 103; vgl. Lord Goff in Daulia Ltd. v. Four Millbank Nominees Ltd. [1978] Ch. 231, 238 f. Zu zweiterem: Peel, Rn. 2-052; vgl. zum südafrikanischen common law: Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 249. Vgl. weiterführend zum US-Recht: Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 161 f., 163 ff. m.N. aus der Rechtsprechung sowie Hay, Rn. 290 zu Ausnahmen hinsichtlich der Widerruflichkeit des Angebots beim unilateral contract in vielen Bundesstaaten. 372 Cooke/Oughton, S. 32, 125 m.w.N.; McKendrick, S. 113; Shears/Stephenson, S. 222; Wild/Weinstein, S. 308 f.; Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 162 f.; Peel, Rn. 2-048; Wendel, S. 143 f.; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-040 ff.; v. Bar/Zimmermann, Art. 2:201, S. 179. Auf eine entsprechende Motivation kommt es nicht an, statt vieler: Wild/Weinstein, S. 308 f.; McKendrick, S. 114. Demgegenüber einschränkend lediglich für Fälle vollständig anderer Motivation: Peel, Rn. 2-050 m.w.N. in Fn. 299; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-042. Zur Ausnahme im australischen Fall R. v. Clarke (1927) 40 C.L.R. 227, u. a. „unless the petitioner

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englischen Recht folglich aus dem konstruktionskonformen Fortdenken des Vertragskonzepts. In Literatur und Praxis spiegelt sich diese stringente Folge allerdings nicht ebenso klar wider: Teilweise wird argumentiert, dass diese Anforderung beim unilateral contract in Fällen öffentlicher Belohnungsaussetzung anders beurteilt werden müsse, was im Rahmen der Bewertung konzeptioneller Schlüssigkeit und Überzeugungskraft behandelt wird [B. II. 2. b)].373

II. Bewertung der dogmengeschichtlichen Schlüssigkeit Fraglich ist, ob und inwieweit der status quo öffentlicher Belohnungsaussetzung im englischen Recht als Element eines kohärenten Theoriegebäudes zwingend ist oder vielmehr, wie der des deutschen Rechts, in gewissem Maße kontingent auf Zufälligkeiten beruht. Nach einer Ermittlung des (dogmen-)geschichtlichen Fundaments der englischen Konzeption (1.) wird die Überzeugungskraft mit Blick auf die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis geprüft (2.). 1. (Dogmen-)Geschichtliche Entwicklung und Fundierung des Konzepts des unilateral contract Zur Ergründung des (dogmen-)geschichtlichen Fundaments wird zunächst anhand der für die Thematik öffentlicher Belohnungsaussetzung zentralen und legendären Entscheidung Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company374 aus dem 19. Jahrhundert exemplarisch beleuchtet, inwieweit der unilateral contract zur Erfassung der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung geeignet ist [a)]. Anschließend wird geprüft, ob und inwieweit das englische Recht konzeptionell zweiseitig angelegt ist [b)] oder dieses nicht vielmehr, (dogmen-)geschichtlich überzeugender als das deutsche Recht, eine Basis für die einseitige Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung sowie einen allgemeinen einseitigen Verpflichtungsgrund bietet [c)].

had performed […] on the faith of or in reliance upon the offer, there was no acceptance of the offer, and, therefore, no contract“ (227). 373 Vgl. zur uneinheitlichen Linie in englischer und US-amerikanischer Rechtsprechung bereits Rheinstein, S. 100 sowie McKendrick, S. 113; Smith, S. 185. 374 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.). Zu diesem „leading case“ zur Problematik öffentlicher Belohnungsaussetzung (rewards): McKendrick, S. 56; Alces, S. 42; Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, 169 („legendary“); J. Smith, 69 L.Q.R. (1953), 99, 102 („immortal case on unilateral contracts“).

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a) Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company – Erfassung öffentlich ausgesetzter Belohnungen als Vertrag Indem sie die dogmatischen Schwierigkeiten des häufig als entstehungsgeschichtlich fremd kritisierten375 Vertragskonzepts offenbarte, öffentliche Belohnungsaussetzung sachgerecht zu erfassen376, ließ die Entscheidung Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company die obskuren Geheimnisse der Konzeption des unilateral contract hervortreten.377 Zugrunde lag der als amüsant bis abstrus378 bewertete Sachverhalt379, dass die beklagte Carbolic Smoke Ball Company ihr bizarres Produkt, den Carbolic Smoke Ball380, in einer Zeitungsannonce als Wundermittel gegen diverse Krankheiten bewarb und eine Prämie von £ 100 für jeden trotz ordnungsgemäßer, über einen Zeitraum von zwei Wochen drei Mal täglicher Nutzung erkrankten Verwender aussetzte, wofür ein Betrag von £ 1.000 bei einer Bank hinterlegt worden sei.381 Nachdem der Klägerin, Mrs. Carlill, dieses Schicksal nach ordnungsgemäßem Gebrauch des Carbolic Smoke Ball widerfahren war, verlangte sie Zahlung der versprochenen £ 100; die Beklagte wies die Forderung von sich und bestritt, dass ein Vertrag zustande gekommen sei. Sie führte unter anderem an, dass angesichts des bloßen Werbecharakters und des offenen Adressatenkreises kein Angebot vorliege, jedenfalls eine (kommunizierte) Annahme seitens der Klägerin fehle.382 Ferner ergänzte383 sie im Laufe des Prozesses384, dass die bloße Verwendung des karbolischen 375

Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 135; Alces, S. 42. Die Schwachstellen der geltenden englischen Anforderungen werden bei öffentlich ausgesetzten Belohnungen offenbar: Cooke/Oughton, S. 28, 125; Simpson, 91 L.Q.R. (1975), 247, 360; vgl. Furmston, S. 15. 377 Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 375 f. („arcane mysteries surrounding the conception of a unilateral or one-sided contract“). 378 So z. B. Wendel, S. 1; vgl. McKendrick, S. 60. 379 Erläuternd hierzu McKendrick, S. 56; Alces, S. 41; Jewell, S. 27 f. 380 Bei diesem handelt es sich um ein Inhalationsgerät, das als vor einer Flut von Krankheiten schützend beworben wurde und vor dem Hintergrund der Konjunktur quacksalberischer Produkte zu viktorianischer Zeit steht. Mit einer ausführlichen Umschreibung und der Vermutung, dass die Berühmtheit des Falles nicht zuletzt auf den bizarren Gegenstand zurückzuführen ist: Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 345; vgl. Wendel, S. 1. Mit der Übersetzung als karbolischer Rauchball: Kleinschmidt, Jura 2007, 249, 249. 381 Die Annonce ist abgebildet bei Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 357; zum Text der Annonce Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 257 sowie Alces, S. 41. 382 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 257 f. 383 Die Vertreter der Klägerin stellten sich, abgesehen davon, dass die Beklagte mit ihrem (widersprüchlichen) Vorbringen, die Annonce sei ein „empty boast“ gewesen, nicht gehört werden könne, auf den Standpunkt, dass es sich erkennbar um ein Angebot handele, das durch den Gebrauch des Rauchballs angenommen worden sei; insbesondere bestehe hinreichende Klarheit bezüglich der (erfüllten) Konditionen und eine darüber hinausgehende Kommunikation der Annahme sei nicht erforderlich: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 258 f. Hierzu z. B. Shears/Stephenson, S. 222. 376

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Rauchballs im privaten Bereich nicht für eine Annahme ausreiche385 und dass es jedenfalls in Ermangelung einer Einbuße seitens der Klägerin oder eines Vorteils ihrerseits an der für eine wirksame Annahme erforderlichen consideration fehle.386 Die Richterbank folgte dem Vorbringen nicht und wies die Berufungsklage ab.387 Vielmehr stellte sie einen wirksamen Vertragsschluss fest und ordnete die Aussetzung der Prämie als Angebot ein (advertisement of reward).388 Weder der Werbecharakter389 noch die beachtliche Summe der Prämie begründeten Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Angebots bzw. dem Vorliegen eines Rechtsbindungswillens.390 Ebenso wenig sei das Inserat bei vernünftigem Verständnis zu unpräzise oder weitgehend formuliert.391 Auch der Einwand des zu weiten Adressatenkreises greife nicht: Es handele sich gerade nicht um einen „contract made with all the world“, sondern nur „an offer made to all the world“, also ein Angebot, das sich im Falle öffentlicher Belohnungsaussetzung charakteristischerweise an eine unbestimmte Vielzahl von Personen richte.392 Außerdem sei auch die bestrittene Annahme wirksam erfolgt,393 nämlich durch die vorschriftsgemäße Verwendung des Carbolic 384

reply).

Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 260 f. (Finlay, Q.C. in

385 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 260 (Finlay, Q.C. in reply), u. a.: „The use of the ball at home stands on the same level as the writing of a letter which is kept in the writer’s drawer“. 386 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 260 (Finlay, Q.C. in reply). 387 Hierzu McKendrick, S. 57 ff.; Alces, S. 41. 388 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 262 (Lindley, L.J): „[Rewards] are offers to anybody who performs the conditions named in the advertisement, and anybody who does perform the condition accepts the offer.“. Hierzu z. B. Peel, Rn. 2-010. 389 Es handele sich nicht um einen „mere puff“, so der zuerst judizierende Lindley, L.J.: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 261, vgl. zustimmend 268 (Bowen, L.J.), 273 (A.L. Smith, L.J.). 390 Dies indiziere insbesondere der Hinweis der Annonce auf den zur Erfüllung etwaiger Ansprüche hinterlegten Betrag, Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 261 f. (Lindley, L.J.); vgl. Peel, Rn. 2-010. Auch die „Extravaganz“ des ob beträchtlicher Summe großspurigen Angebots stehe der Bindungswirkung nicht entgegen: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 268 (Bowen, L.J.). Zum, u. a. als intention to create legal relations bezeichneten, für die Wirksamkeit von Angebot und Annahme erforderlichen Willen, rechtliche Bindung einzugehen, z. B. Wild/Weinstein, S. 301 f., 306 ff.; Peel, Rn. 4-001 ff.; vgl. Richards/Mollica, Kap. 10, Rn. 13 f. 391 Thematisiert wurde insbesondere die nicht näher konkretisierte Zeitspanne, innerhalb derer der Verwender erkranken musste, wobei die Richter mit unterschiedlichen Schwerpunkten anerkannten, dass die unmittelbar erkrankte Mrs. Carlill die Konditionen jedenfalls erfülle: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 267 f. (Bowen, L.J.), 263 f. (Lindley, L.J.), 274 (A.L. Smith, L.J.). 392 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 268 (Bowen, L.J.); vgl. 262 (Lindley, L.J.) und 274 (A.L. Smith (L.J). 393 Der Vertrag kommt, wie gewöhnlich, erst und nur durch die Annahme zustande: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 262 (Lindley, L.J.), 268 (Bowen, L.J.), 274 (A.L. Smith, L.J.). Siehe z. B. auch Jewell, S. 27. Einen erhöhten Argumentations-

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Smoke Ball. Auch am Erfordernis einer consideration fehle es nicht; mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung stimmten die Richter überein, dass Mrs. Carlill durch den Gebrauch des Geräts einen Nachteil erlitten394 oder jedenfalls die Carbolic Smoke Ball Company einen Vorteil395 in Gestalt eines Werbeeffekts erzielt habe396.397 Die Erfassung öffentlicher Belohnungsaussetzung als unilateral contract, obwohl nur ein Versprechen vorliegt und die Argumentation bisweilen gewunden erscheint, dokumentiert den steten Rekurs des englischen Rechts auf den Vertrag als Veraufwand zog die Frage nach sich, ob die Annahme ordnungsgemäß kommuniziert wurde. Die Richter lehnten den Einwand, dass eine solche notification fehle, übereinstimmend, aber mit leicht variierender Argumentation ab; vom Grundsatz, dass eine Mitteilung an den Anbietenden erfolgen muss (zu diesem Grundsatz z. B. Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-044; Treitel, in: Birks, vol. II, Rn. 8.09), bestehe bei reward- bzw. unilateral contract-Fällen eine Ausnahme: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company, a.a.O., 262 (Lindley, L.J.), 269 f. (Bowen, L.J.), 274 (A.L. Smith, L.J.). Dem Anbietenden stehe es frei, auf das seinem Schutz dienende Erfordernis zu verzichten [Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company, a.a.O., 269 f. (Bowen, L.J); vgl. Air Transworld Ltd. v. Bombardier Inc. [2012] EWHC 243 (Comm.); [2012] 1 C.L.C. 146, 176 (rec. 79)], was bei öffentlicher Belohnungsaussetzung typischerweise impliziert werde, da es dem Anbietenden um den Erfolg und nicht um etwaige Bekundungen des Annehmenden gehe: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company, a.a.O., 270 (Bowen, L.J.). Eine andere Intention hätte im Angebot entsprechend kenntlich gemacht werden können und müssen und sei auch nicht in das Angebot hineinzulesen, so die Ergänzung des seinen Vorgängern zustimmenden A.L. Smith, L.J. (a.a.O., 274). Selbst wenn, sehr zweifelhafterweise, keine Ausnahme vom Kommunikationserfordernis angenommen würde, sei die Mitteilung jedenfalls hilfsweise zeitgleich bzw. konkludent mit der Erfüllung der Bedingung erfolgt, also bei Einforderung der Belohnung: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company, a.a.O., 262 (Lindley, L.J.). Zur Thematik siehe Treitel, Rn. 8.09, 8.16; Chen-Wishart, Rn. 2-046 m.w.N.; Andrews, Rn. 3.20, 3.43; Wild/Weinstein, S. 312; vgl. Cooke/Oughton, S. 30 f., 125. Die Lösung der Problematik über eine Ausnahme vom Kenntniserfordernis, weil der Anbietende typischerweise (konkludent) auf die in diesem Fall weder sachgerechte noch praxistaugliche Mitteilung verzichte oder diese hilfsweise jedenfalls mit der Geltendmachung des Belohnungsanspruchs erfolge, indiziert als Abweichung vom Grundmodell, dass die spezifische Sach- und Interessenlage öffentlicher Belohnungsaussetzung sich nicht nahtlos in das Vertragskonzept einfügt. Die Folgeprobleme eines Kenntniserfordernisses lassen sich erahnen. Kritisch insofern Collins, S. 163. 394 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 271 (Bowen, L.J.), 264 f. (Lindley L.J.), 275 (A.L. Smith, L.J.). Vgl. Simpson, 1996, S. 273 f. zu diese Einschätzung teilenden Pressestimmen, u. a. S. 274 unter Wiedergabe eines Journalisten, der Mrs. Carlills Durchhaltevermögen nach einem Test des Smoke Ball plastisch anerkennt: „[…] in the course of these two weeks, this heroic lady suffered forty-two applications of the ball, and sneezed violently more than a thousand times […] [showing] all that patient determination and persistent importunity of which only a woman is capable“. Vgl. Andrews, Rn. 3.43; Wild/ Weinstein, S. 320. 395 Die Verteidigung bestritt dies: Der Vorteil liege nicht im Gebrauch, sondern nur im Verkauf, Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 260 (Finlay, Q.C. in reply). 396 Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 271 (Bowen, L.J.), 264 (Lindley L.J.), 275 (A.L. Smith, L.J.); vgl. hierzu McKendrick, S. 62 und Andrews, Rn. 3.43. 397 Lyall, S. 239 hebt den Fall insoweit als geeignete Einführung in die considerationDoktrin hervor. Zur eingeschränkten Bedeutung in unilateral contract-Fällen B. I. 2. c).

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pflichtungsgrund. Bemängelt wurde an der Konzeption eines „promise (in return) for an act“398 insbesondere, dass die Deutung der tatsächlichen Vornahme der gewünschten Handlung als die die intellektuelle Einigung herbeiführende Annahme lebensfremd sei und künstlich wirke.399 Das mitunter gewundene, aber rigide Festhalten an den bestehenden Voraussetzungen gewinnt jedoch Farbe, wenn, neben dem noch darzustellenden, systembedingten richterlichen Hang zur Kontinuität400, der historische und gesellschaftliche Kontext der Entscheidung einbezogen wird, die am Ende eines vermutlich auch als Prinzipienfrage betriebenen Verfahrens steht.401 Zu jener Zeit wurde England von drastischen Grippewellen heimgesucht, und der Markt für quacksalberische Medizinprodukte erfuhr erheblichen Aufschwung.402 Als enttäuschte Kunden waren keineswegs nur Leichtgläubige betroffen; auch gebildete Menschen konnten die verschwimmende Grenzlinie zwischen Medizin und Betrug oft nicht mehr ziehen.403 Insofern erschien es nicht zuletzt rechtspolitisch opportun, dem Geschehen mittels des zur Verfügung stehenden, gebräuchlichen vertraglichen Verpflichtungsgrundes rechtliche Verbindlichkeit zuzuschreiben, und so den Vertrieb fragwürdiger Heilmittel mittels aggressiver Werbung zu zügeln.404 Für die Untersuchungszwecke indiziert die Entscheidung, dass das englische Recht mit dem unilateral contract das Vertragskonzept auch für öffentlich ausgesetzte Belohnungen 398 B. I. 2. b). Zur Annahme durch Nutzung des Geräts: Carlill v. Carbolic Smoke Ball Company 1 Q.B. [1892] 256 (C.A.), 268 (Bowen, L.J.), 262 (Lindley, L.J.); vgl. Jewell, S. 31; Collins, S. 163; Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 143. 399 Cooke/Oughton, S. 32; Atiyah/Smith, S. 64 f. („extremely technical and highly artificial“); vgl. ferner Whittaker, in: Beale, Rn. 1-016 f.; Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/ Shavell, S. 3, 62 f.; New Zealand Shipping Co. Ltd. v. A. M. Satterthwaite & Co. Ltd. [1975] A.C. 154, 167 (Lord Wilberforce): „[…] English law, having committed itself to a rather technical and schematic doctrine of contract, in application takes a practical approach, often at the cost of forcing the facts to fit uneasily into the marked slots of offer, acceptance and consideration.“; Sacco, in: Hartkamp u. a., S. 483, 485 f.; v. Kübel, in: Schubert, Bd. III, Vorlage No. 11, S. 1177 (S. 7) „auf […] künstliche Weise einen Vertrag herauszukonstruiren“, wodurch „dem Willen des Versprechenden ein ungerechtfertigter Zwang angethan“ werde. 400 Zur konservativen Tendenz und einem richterlichen Hang zu Kontinuität siehe die nachfolgende Fn. 544. 401 So, angesichts der die strittige Prämie deutlich übersteigenden Kosten des Rechtsstreits, Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 362 sowie 364. 402 Umfassend zum historischen und gesellschaftlichen Hintergrund der Grippewelle und aggressiver Bewerbung paramedizinischer Produkte Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 345 ff., 366. 403 So schien auch die sonderbare Präventionsmethode des Carbolic Smoke Ball nicht „any odder than many of the procedures employed at the time by orthodox medicine“: Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 366; vgl. ders., 1996, S. 273. Zu persönlichen Hintergründen der betroffenen Mrs. Carlill als „literary lady“, während „[…] a fool and his money are easily parted“: ders., 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 358 f., 386 sowie ders., 1996, S. 268 f. 404 Hierzu Simpson, 14 J. Legal Stud. (1985), 345, 379 f., sowie 351 ff., 360 mit Blick auf aggressives und treuwidriges Vorgehen des Unternehmensgründers, z. B. der in der Entscheidung nicht erwähnten, unverfrorenen Antwort an potenzielle Kunden. Demgegenüber lehnt Collins, S. 6 rechtspolitische Erwägungen als maßgeblichen Faktor ab und stellt die Selbstverpflichtung hervor.

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zur Konstruktion privatrechtlicher Bindung heranzieht und situationsbedingte Unstimmigkeiten argumentativ und gegebenenfalls durch einzelne Abweichungen löst. Allerdings kann berechtigterweise bezweifelt werden, ob die vertragliche Konstruktion aus Gründen der Kohärenz geboten und erforderlich ist.405 b) Englisches Vertragskonzept als Hybrid aus kontinentaleuropäischem Vertragsmodell und consideration In der Tat wird kritisiert, dass das englische, richterrechtlich entwickelte Vertragsrecht im 19. Jahrhundert unter dem Eindruck elaborierter kontinentaleuropäischer Konzepte einen unglücklichen Weg eingeschlagen habe, indem es dem vorhandenen Bestand das Modell von Angebot und Annahme als Fremdkörper „übergestülpt“ habe406, woraus sich das heutige hybride Vertragskonzept von Angebot und Annahme sowie jeweiliger consideration ergibt. Bezeichnenderweise weisen die originär englischen Wurzeln des heutigen Vertragsrechts hinsichtlich des unilateral contract ein stimmigeres Konzept auf: Historisch entwickelte sich nicht ein konsensbasierter vertraglicher Verpflichtungsgrund, sondern die deliktisch basierte Klagbarkeit eines gebrochenen, mit consideration versehenen Versprechens [aa)]. Erst im 19. Jahrhundert etablierte sich kumulativ das – zur lebensnahen Erfassung öffentlicher Belohnungsaussetzung ungeeignete – Konzept von Angebot und Annahme [bb)]. aa) Originär englischer Ursprung in der Klagbarkeit eines mit consideration bestärkten Versprechens mittels der action of assumpsit Für das Verständnis des englischen Vertragsrechts ist ein Blick auf die geschichtlichen Grundzüge seiner Entwicklung unverzichtbar.407 Dieses wurde nicht als einheitlicher Körper gesetzt, wie beispielsweise der Gesetzestext des BGB im deutschen Recht, sondern entwickelte sich richterrechtlich und prozessual an die jeweilig einschlägigen Klageformen (forms of action) gekoppelt, sodass es vielfach

405 Deutlich Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 246 f. Allgemein zur praktischen Schwierigkeit, tatsächliche Geschehen durch das Schema von Angebot und Annahme zu erfassen, samt entsprechend vorgebrachter Kritik: McKendrick, S. 121, 45 ff. 406 So Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 134; Cooke/Oughton, S. 28. 407 Henrich/Huber, S. 11 f.; Blumenwitz, S. 11; Wegner, Jura 1987, 444, 444 f.; vgl. ferner Maitland, 1936, S. 2; Radbruch, S. 12; Rheinstein, S. 7; Wightman, S. 48; Postema, in: Coleman/Shapiro, S. 588, 603; vgl. abstrakt Hathaway, 86 Iowa L. Rev. (2001), 601, 602, 622 ff. Auch Vertragsrechtslehrbücher enthalten die notwendige historische Herleitung, siehe z. B. Jewell, S. 48; Furmston, S. 1 f. Ein Beispiel für die erhellende Wirkung ist die für deutsche Juristen oftmals schwer zugängliche consideration-Doktrin, die vor ihrem entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund Farbe und Greifbarkeit erhält: Henrich/Huber, S. 47; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 599.

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erst vor diesem Hintergrund in seinen Besonderheiten zugänglich wird.408 Die wesentlichen Ursprünge des heutigen Vertragsrechts liegen im Mittelalter409 und sind für die kritische Beurteilung des vertragsbasierten Konzepts öffentlicher Belohnungsaussetzung von besonderem Interesse. Diesem Zeitalter war der Gedanke eines Vertrags als formfrei bindende Vereinbarung grundsätzlich noch fremd410 ; ein Vertragsrecht im heutigen Sinne existierte nicht bzw. nur rudimentär.411 Den Grundstein für ein solches legte erst die prozessuale Ausbildung der versprechensbasierten action of assumpsit als Rechtsbehelf aus deliktischen Gefilden, die sich zunehmend zur allgemeinen Vertragsklage herausbildete und schließlich ob drohender Ausuferung durch die Einführung des consideration-Erfordernisses eingedämmt wurde. Die Entwicklung bis zu diesem letzten korrektiven Schritt soll im Lichte dreier weggabelnder, machtgetriebener Impulse nachvollzogen werden.412 Die zeitlich überlappenden Entwicklungsschübe zeichnen sich durch das gemeinsame Element einer rechtsprechungsbezogenen Konkurrenzsituation aus, die sich für die Erweiterung des Rechtsschutzes für vertragsrechtliche Belange förderlich auswirkte,413 und, wie im deutschen Recht, Kontingenzen in der Entwicklung des heutigen Konzepts öffentlicher Belohnungsaussetzung offenbart. Einen wichtigen ersten Anstoß gab das politisch- und zentralisierungsbedingte Aufklaffen von Rechtsschutzlücken für heute als vertragsrechtlich klassifizierte Streitigkeiten aus formfreien Vereinbarungen, der die königliche Gerichtsbarkeit, nachdem sie alternative Anlaufstellen für Rechtsschutzsuchende faktisch verdrängt hatte, durch die Herausbildung der action of assumpsit begegnete (1). Deutlicher noch zeigt sich das Motiv der machtmotivierten Rechtsschutzerweiterung in der Instrumentalisierung des Rechtsbehelfs durch die common law-Gerichte, um ihren Einfluss durch die (Wieder-)Eingliederung dieser wichtigen Streitgegenstände gegenüber der ob dessen bedeutsamer werdenden, konkurrierenden equity-Gerichtsbarkeit zu sichern (2), 408 Kiralfy, S. 152; vgl. die unsterblichen Worte Maitlands: „The forms of action we have buried, but they still rule us from their graves.“: Maitland, 1936, S. 2 sowie S. 4. 409 Henrich/Huber, S. 45; van Caenegem, 1991, S. 165; vgl. Marsh, S. 21. 410 Henrich/Huber, S. 45; v. Bernstorff, 2011, S. 42. Eine Ausnahme bildet die kirchliche Gerichtsbarkeit: Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 21 ff., 26; Scholz-Fröhling, S. 41; Berman, S. 221 ff. 411 Pollock/Maitland, vol. II, S. 184; v. Bernstorff, 2011, S. 42. 412 Die (subjektive) Einteilung anhand markanter Meilensteine ist als Konturierung maßgeblicher Entwicklungen sinnvoll. Zu einem solchen Vorgehen Wightman, S. 51 f. Allgemein zur verfremdenden, aber notwendigen Periodisierung, um (Rechts-)Geschichte handhabbar zu machen: Hattenhauer, 1996, Rn. 1; vgl. Pollock/Maitland, vol. I, S. 1. 413 Zur dominanten Rolle der jeweiligen Gerichtskonkurrenzen siehe z. B. Plucknett, S. 644; Preuss, S. 34; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 14; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 595; Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 348 f.; Rheinstein, S. 30; vgl. Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 585, 588. Allgemein zum Wettstreit der Gerichte als wichtiger Faktor englischer Rechtsentwicklung: Hattenhauer, 2004, Rn. 1346; vgl. Koschaker, S. 218 f. Vgl. explizit zu machtorientiertem Handeln als Beispiel nichtökonomisch motivierten, und insoweit nicht durch eine reine Effizienzanalyse erfassbaren Verhaltens: Beckert, Berlin. J. Soziol. 22 (2012), 247, 249.

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sowie, zeitlich überschneidend, im internen Zuständigkeitsstreit der common lawGerichte des Court of Common Pleas und der King’s Bench, der in einer Absenkung der Anforderungen durch das letztere daran endete, wann der genannte Rechtsbehelf einschlägig sei (3). Um die einhergegangene massive Ausweitung des verfügbaren Rechtsschutzes einzudämmen, wurde das consideration-Erfordernis eingeführt (iv). (1) Herausbildung der action of assumpsit zur Schließung politisch- und zentralisierungsbedingt entstandener Rechtsschutzlücken Im auch chronologisch ersten Entwicklungsschub konzentrierte sich die vormals gestreute Rechtspflegetätigkeit bei den königlichen common law-Gerichten (a), woraus sich für vertragsrechtliche Belange Rechtsschutzlücken ergaben (b), denen die Gerichte durch den Zugriff auf die vormals deliktische Klagemöglichkeit der action of trespass entgegensteuerten, woraus die action of assumpsit hervorging (c). (a) Entstehung von Rechtsschutzlücken infolge der Fokussierung des Rechtsschutzes bei den kompetenziell begrenzten königlichen Gerichten Im mittelalterlichen England war die Rechtspflege zunächst breit gefächert und bot über verschiedene Anlaufstellen und unterschiedliche streitentscheidende Normkomplexe einen zureichenden Rechtsschutz.414 So waren formlose Vereinbarungen zwar vor den königlichen Gerichten nicht allgemein klagbar, aber beispielsweise vor lokalen Gerichten, in deren Entscheidungsmaßstab auch herrschende Bräuche und Gewohnheitsrecht fielen und die solche Vereinbarungen anerkannten.415 Außerdem existierten spezialisierte Institutionen zur Streitbeilegung416, und nicht zuletzt boten die nach kanonischem Recht entscheidenden Kirchengerichte Rechtsschutzsuchenden eine Anlaufstelle.417 Die punktuelle Zuständigkeit der königlichen Gerichte stellte insofern kein Manko dar, sondern eine bewusste Entscheidung, deren Zuständigkeit auf Fälle von staatsrechtlicher Relevanz oder besonderer Schwierigkeit zu beschränken, was sich wiederum im rigiden aktionen-

414 Plucknett, S. 353. Zur diversifizierten Rechtspflege Hatschek/Kienast/Ritter, S. 119 ff., 274 ff.; Rheinstein, S. 11; Wendel, S. 62 ff.; Maitland, 1936, S. 12 ff.; vgl. Peter, S. 15 ff. 415 Scholz-Fröhling, S. 43 m.w.N. in Fn. 159; Rheinstein, S. 11; Wendel, S. 63, 72, 88 f.; vgl. Cooke/Oughton, S. 6. Zum Verhältnis königlicher und lokaler Gerichte ausführlich Plucknett, S. 101 ff.; vgl. Hudson, S. 31 ff. 416 Beispielsweise gab es die sog. Courts of Piewpowder zur zügigen Beilegung von Marktund Handelsstreitigkeiten. Hierzu Wendel, S. 64 ff. 417 Zum Rechtsschutz vor den (katholischen) Kirchengerichten bis zu ihrem reformationsbedingten, endgültigen Rückgang im 16. Jahrhundert siehe z. B. Wendel, S. 70 ff.; ScholzFröhling, S. 44; Rheinstein, S. 39; vgl. ferner Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 21 ff., 26; Kiralfy, S. 178 f.; Berman, S. 225 ff., speziell zum Vertragsrecht S. 245 ff.

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rechtlichen418 System widerspiegelte.419 Dieses war im Zuge der durch vielfältige Faktoren angetriebenen420 Zentralisierung der Gerichtsbarkeit421, die sich in England im Gegensatz zu seinen kontinentalen Nachbarn bereits im Mittelalter vollzog422, als administrative Organisationsstruktur erforderlich geworden.423 Voraussetzung eines Verfahrens vor den königlichen Gerichten war, dass es ein geeignetes unter den zur Verfügung stehenden424, bestimmte Streitfälle typisierenden sog. writs425 gab, und dieses vom Rechtsschutzsuchenden in der königlichen Kanzlei (chancery) beim Kanzler (chancellor)426 beantragt wurde.427 Der writ fungierte insofern als „Eintrittskarte“ zur königlichen Gerichtsbarkeit428 und bestimmte das weitere Verfah418 Scholz-Fröhling, S. 21 f.; Pollock/Maitland, vol. II, S. 558. Das System wird oft mit dem römischen Aktionenrecht verglichen: Peter, S. 14, 43, 51 ff.; van Caenegem, 1988, S. 29; Henrich/Huber, S. 13 f.; Kötz, S. 70; Pollock/Maitland, vol. II, S. 558; Rheinstein, S. 10, 12 f.; vgl. ferner Maitland, 1936, S. 2, 19; v. Bernstorff, 2011, S. 4; Preuss, S. 33; Pringsheim, 5 C.L.J. (1935), 347, S. 357 f. 419 Plucknett, S. 353. 420 Mit einer Vielzahl von Faktoren: Kiralfy, S. 52 ff.; vgl. ferner van Caenegem, 1987, S. 114 ff.; Hattenhauer, 2004, Rn. 1345. 421 Zur Zentralisierung bei den königlichen Gerichten: Scholz-Fröhling, S. 33; Kiralfy, S. 51 ff.; Hudson, S. 231 ff.; vgl. Cooke/Oughton, S. 7. 422 Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 6; Maitland, 1936, S. 10; van Caenegem, 1988, S. 88, 90 ff. in organisationeller und materieller Hinsicht; Pollock/Maitland, vol. I, S. 224. Zur Einrichtung des permanenten Gerichtswesens in Westminster: Hattenhauer, 2004, Rn. 1345. 423 Simpson, 1975, S. 33 ff.; Pollock/Maitland, vol. I, S. 153. Demgegenüber wird die administrative Ordnungsstruktur teilweise als Vorbedingung der Zentralisierung dargestellt, siehe das einleitende Essay des Herausgebers Milsom, in: Pollock/Maitland, vol. I, S. lxvi. Der Formalismus war zweckgerecht, als er mittels Standardisierung eine einfache Handhabung gewährleistete und zugleich durch hohe Anforderungen eine Absicherung gegen etwaige Kompetenzüberschreitungen bot, vgl. Plucknett, S. 353 f. 424 Auskunft hierüber gaben die ab dem 13. Jahrhundert geführten sog. registers of writs, die die verfügbaren writs als eine Art Formularbuch sammelten, hierzu Plucknett, S. 360; van Caenegem, 1988, S. 29 f.; Wendel, S. 57; Milsom, S. 37; Maitland, 1936, S. 41; ScholzFröhling, S. 35; Peter, S. 44 ff. Zur Geschichte des bzw. der register(s): Maitland, 3 Harv. L. Rev. (1889), 97, 103 ff.; Kiralfy, S. 37. 425 Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Samuel, in: Schulze, S. 287, 291; Rheinstein, S. 12, 15. Der Begriff des writ leitet sich etymologisch vom englischen „schreiben“ (to write) ab und steht für das Geschriebene (lateinisch: breve): Plucknett, S. 355; Peter, S. 14, 18 f.; van Caenegem, 1988, S. 30; Mattila, S. 306 f., 310; v. Bernstorff, 2011, S. 4. 426 I.F. bezeichnet „Kanzler“ die Position des englischen Lord Chancellor, „Kanzlei“ die chancery. 427 Beim writ handelte es sich um einen schriftlichen Befehl des Königs, der insbesondere ein Gericht zum Tätigwerden in einem bezeichneten Streitgegenstand bzw. einen Beklagten zum Erscheinen vor besagtem Gericht aufforderte. Zu dieser Bedeutung einer, inhaltlich jeweils vom gewählten writ abhängigen, administrativen Anordnung: Plucknett, S. 355; vgl. ferner Curzon, S. 79; Peter, S. 19 f.; Maitland, 1936, S. 5 f.; v. Bernstorff, 2011, S. 4, 42; Henrich/ Huber, S. 13; Rheinstein, S. 12. Zur historischen Entstehungsgeschichte: Simpson, 1975, S. 34; v. Bernstorff, 2011, S. 4; Scholz-Fröhling, S. 34 f.; Pollock/Maitland, vol. I, S. 150; Peter, S. 19; vgl. Curzon, S. 73 ff. 428 So die Formulierung bei Samuel, ZEuP 3 (1995), 375, 384 m.N.

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ren.429 Ob vertragsrechtlicher Schutz im heutigen Sinne vor den königlichen Gerichten erlangt werden konnte, war somit von der Verfügbarkeit eines geeigneten writ abhängig.430 Erst im 19. Jahrhundert wurde das das englische Vertragsrecht nachhaltig prägende431 writ-System432 endgültig abgeschafft.433 Schmerzhafte Einschnitte im verfügbaren Rechtsschutz ergaben sich durch die writ-basierte königliche Gerichtsbarkeit in Kombination mit der Verdrängung und dem Verfall der alternativen Anlaufstellen434 allerdings erst, als der Erlass neuer writs für bislang fehlende Fallgestaltungen durch die Provisions of Oxford im Jahr 1258 politisch und finanziell motiviert eingeschränkt wurde: Während der Kanzler vormals freie Hand genoss, bei erwachsenem Bedarf neue writs zuzulassen435, handelten die Barone als örtliche Gerichtsherren, zumindest auch, um sich die mit der Rechtspflege verbundenen, durch die schleichende Verlagerung der Gerichtsbarkeit gefährdeten, finanziellen Vorteile zu sichern, mit König Heinrich III. aus, dass dies nur noch im Einverständnis mit der curia regis, dem königlichen Rat,436 geschehen könne.437 Faktisch wurde damit im 13. Jahrhundert das Portfolio verfügbarer writs auf die bis dato existierenden festgeschrieben.438 Folge dieser prozessualen Beschränkung war ein unzu-

429 Zur insoweit folgenschweren Entscheidung für ein writ siehe Maitland, 1936, S. 2 ff. Vgl. bildhaft als Wahl der richtigen Waffe für den Kampf: Pollock/Maitland, vol. I, S. 561 f. sowie ferner Kiralfy, S. 143; Peter, S. 17, 38 f.; van Caenegem, 1988, S. 29, 88; Rheinstein, S. 12. 430 Kötz, S. 70; Henrich/Huber, S. 13; Maitland, 1936, S. 10, 14. Die Befugnis zur Kreation neuer writs stellte insoweit eine Machtquelle dar: Pollock/Maitland, vol. I, S. 196. 431 Hierzu Plucknett, S. 354; Wendel, S. 58; Beatson/Burrows/Cartwright, S. 10 ff.; Samuel, ZEuP 3 (1995), 375, 383 ff.; vgl. Pollock/Maitland, vol. II, S. 58. Zu betonen ist jedoch, dass die Rechtsbehelfe nur die Klagemöglichkeit und Prozedur für den typisierten Sachverhalt bestimmten, nicht das materielle Vertragsrecht begründeten: Plucknett, S. 363; vgl. Rheinstein, S. 12. 432 Ausführlich hierzu v. Bernstorff, 2011, S. 4 f.; Schlosser, Kap. 15, Rn. 7 f.; Maitland, 1936, insbesondere S. 41 ff.; Cooke/Oughton, S. 7 f.; vgl. zum writ-System als „ground-plan of all civil justice“: Pollock/Maitland, vol. I, S. 150. 433 Kiralfy, S. 152; Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 499; vgl. Ranieri, S. 96 sowie Blumenwitz, S. 19. 434 Zur Verdrängung und einem konsekutiven, natürlichen Verfall: Peter, S. 17, 35 f.; Hattenhauer, 2004, Rn. 1345; van Caenegem, 1988, S. 33 sowie ders., 1987, S. 115; Pollock/ Maitland, vol. I, S. 202 f.; Kiralfy, S. 51 ff.; Hudson, S. 231 ff.; Maitland, 1936, S. 11 ff.; Rheinstein, S. 11. Nicht zuletzt konnten Entscheidungen lokaler Gerichte vor den königlichen angegriffen werden (Wendel, S. 65), die vielfach attraktivere, elaboriertere Verfahren boten: Curzon, S. 75. 435 Pollock/Maitland, vol. I, S. 150 f., 195 f.; Maitland, 1936, S. 6, 41; Wendel, S. 57; Plucknett, S. 354. Zur empirischen writ-Entstehung durch entsprechende Nachfrage: Pollock/ Maitland, vol. II, S. 559. 436 Zur curia regis: Kiralfy, S. 51 f.; vgl. Hatschek/Kienast/Ritter, S. 65 ff. 437 Henrich/Huber, S. 13; Kiralfy, S. 12, 146 f.; Wendel, S. 57 m.w.N.; Maitland, 1936, S. 6; vgl. Curzon, S. 74. 438 Wendel, S. 59; Curzon, S. 74 f.

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reichender Schutz in heute als vertraglich klassifizierten, in ihrer Bedeutung zunehmenden, formfrei vereinbarten Austauschsituationen.439 (b) Defizite der verfügbaren Rechtsbehelfe Die für vertragsrechtliche Belange verfügbaren Rechtsbehelfe waren defizitär.440 Insbesondere vermochten weder die action of covenant, noch die action of debt die aufklaffende Rechtsschutzlücke adäquat zu schließen. Die insoweit als vielversprechend angesehene441, aus heutiger Sicht begrifflich nahestehende442 action of covenant war zwar auf die Durchsetzung443 von Vereinbarungen gerichtet,444 allerdings nur, sofern diese formgerecht getroffen worden waren (deed under seal).445 Diese Anforderung disqualifizierte den Rechtsbehelf vom Aufstieg zu einer allgemeinen Vertragsklage, da sie dem alltäglichen Bedürfnis nach – ohne den Hemmschuh anspruchsvoller Formalia – verbindlichen Vereinbarungen nicht gerecht wurde; insbesondere der Handelsverkehr benötigte schnelle und verlässliche Handlungsformen, um Transaktionen effizient abwickeln zu können.446 Überdies wurde der Anwendungsbereich durch die in bestimmten Fällen vorrangige action of debt gekürzt.447 Auch diese448, sowie die teilweise in einem Atemzug genannte action of detinue449, waren ungeeignet. Die action of debt stand dem Kläger zur Eintreibung einer bestimmten (Geld-)Schuld zur Verfügung, wenn er entweder ein gesiegeltes 439

Preuss, S. 33; Kiralfy, S. 178; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Wendel, S. 72. Mit einem prägnanten Überblick: Kiralfy, S. 182; vgl. ferner Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Wendel, S. 73; Furmston, S. 4; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 53, 57 f. 441 Zu dieser temporären Vorstellung siehe Preuss, S. 37 m.w.N. in Fn. 17; vgl. Plucknett, S. 365. 442 Der aus der lateinischen conventio abgeleitete Begriff des covenant steht für eine Übereinkunft (agreement) und ist dem heutigen Vertragsbegriff insofern nahe: Beatson/Burrows/Cartwright, S. 12; vgl. Simpson, 1975, S. 246. 443 Wie auch heute geschah dies grundsätzlich im Wege von Schadensersatz als Kompensation anstatt durch (Natural-)Erfüllung. Statt vieler: Beatson/Burrows/Cartwright, S. 9, 12; Wendel, S. 59 m.w.N. 444 Hierzu Pollock/Maitland, vol. II, S. 216 ff.; Rheinstein, S. 20 f.; Simpson, S. 246. 445 Furmston, S. 3 f. Zur Verfestigung der Siegel zu Formerfordernissen und Anwendungsfeldern: v. Bernstorff, 2011, S. 47 Fn. 12; Scholz-Fröhling, S. 69. Zum Bedeutungsverlust in der Folge: Plucknett, S. 366; vgl. Kiralfy, S. 181. 446 Scholz-Fröhling, S. 69; Kiralfy, S. 181 f.; Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 348; Cooke/Oughton, S. 9; vgl. Curzon, S. 281. 447 Hierzu z. B. v. Bernstorff, 2006, S. 37 m.w.N.; Maitland, 1936, S. 64; Curzon, S. 281. 448 Ausführlich zur action of debt: Pollock/Maitland, vol. II, S. 203 ff.; Preuss, S. 35 ff. m.w.N.; Milsom, S. 262 ff.; Maitland, 1936, S. 63; Curzon, S. 85, 280 f.; Rheinstein, S. 16. 449 Zur detinue z. B. Milsom, S. 262 ff.; Maitland, 1936, S. 61 f.; Curzon, S. 85, 280. Zur umstrittenen Abgrenzung der eng verwandten (Plucknett, S. 364; Kiralfy, S. 180) Rechtsbehelfe, von denen für das hiesige Interesse die eher schuld- als sachenrechtlich ausgerichtete action of debt fokussiert wird: Salmond, S. 320, 321; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 586 f.; Kiralfy, S. 179 f.; Rheinstein, S. 17; Pollock/Maitland, vol. II, S. 206 f.; Simpson, 1975, S. 80; Preuss, S. 36. 440

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Dokument (bond)450 vorweisen konnte oder seinerseits bereits geleistet hatte (quid pro quo451).452 Wie bei der action of covenant standen diese Anforderungen der Eignung als bedürfnisgerechte, allgemeine Vertragsklage für Fälle des heutigen bilateral contract entgegen, wohingegen zumindest für das Konzept des unilateral contract die Alternative des quid pro quo in Gestalt der vollbrachten Handlung keine Hürde dargestellt hätte.453 Eine solche folgte allerdings auch in diesen Fällen454 in Gestalt der, im Zuge der städtischen Anonymität vor den königlichen Gerichten als leerlaufend und archaisch kritisierten455, aber wirkmächtigen Verteidigungsmöglichkeit des Beklagten des sog. wager of law, der im Erfolgsfall zur Klageabweisung führte.456 Hierfür mussten zwölf Eideshelfer die Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit des Beklagten in Hinblick auf dessen Eid bestätigen, dass entgegen der Klägeraussage keine Vereinbarung getroffen oder jedenfalls kein quid pro quo geleistet worden war.457 Überdies trug das anspruchsvolle Verfahren nicht zur Attraktivität des Rechtsbehelfs bei458; insbesondere musste der Klagegegenstand genau beziffert werden, da nur leichte Abweichungen eine vollständige Abweisung zur Folge hat-

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Zum hohen Schutz durch die Urkunde: Beatson/Burrows/Cartwright, S. 12 f. Hierzu z. B. Kiralfy, S. 180; Wendel, S. 61. 452 Preuss, S. 35; Scholz-Fröhling, S. 45 ff., 72. In diesen zwei Möglichkeiten spiegelt sich die heutige Aufspaltung (zuvor Fn. 353) wider, siehe Salmond, S. 320, 322; vgl. ScholzFröhling, S. 46, 64, 71. 453 Simpson, 1975, S. 193; Wendel, S. 61, 78; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 594 in Fn. 73 m.w.N. 454 Bei einer gesiegelten Urkunde galt die Einschränkung nicht: Plucknett, S. 364 Fn. 1. 455 Während die Verteidigungsmöglichkeit in einer eng vernetzten (dörflichen) Gesellschaft eine funktionstüchtige Barriere gegen Rechtsmissbrauch dargestellt hatte, verkam sie mit der zentralisierungsbedingten Verlagerung der Gerichtsverfahren nach Westminster zu einer zeremoniellen Farce, als der Beklagte nunmehr, statt aussagekräftiger, aber schwerlich beizubringender Mitglieder der örtlichen Gemeinschaft, Eideshelfer engagieren konnte, die teilweise sogar von Seiten der Gerichte (entgeltlich) zur Verfügung gestellt wurden: Simpson, 1975, S. 245 f. sowie ders., 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Baker, 2002, S. 74 sowie ders., 29 C.L.J. (1971), 213, 228 ff., 235; Marsh, S. 19; Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 311 ff.; Maitland, 1936, S. 17, 63, 70; vgl. Beatson/Burrows/Cartwright, S. 11. Zu weiteren Unbilligkeiten, z. B. im Falle des Versterbens des Beklagten: Plucknett, S. 377; Simpson, 91 L.Q.R. (1975), 247, 381; Rheinstein, S. 22. 456 Zu dieser, teilweise auch als compurgation bezeichneten Verteidigungsmöglichkeit als wesentlicher Grund für die Vorzugswürdigkeit der action of assumpsit gegenüber der action of debt oder detinue: Salmond, S. 320, 337; Maitland, 1936, S. 69 f.; vgl. Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 311 f.; vgl. zum Anwendungsbereich Kiralfy, S. 182; Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 4. 457 Zum Verfahren: Preuss, S. 36; Maitland, 1936, S. 15 ff.; Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 311; Curzon, S. 76; Peter, S. 42; Powell, S. 130 ff. Teilweise ist abweichend von 11 Eideshelfern die Rede: Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 311; Scholz-Fröhling, S. 53. 458 Plucknett, S. 364; Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 53, 57; Curzon, S. 281. 451

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ten.459 Insofern bestand für Kläger ein starker Anreiz, eine anderweitige Klagemöglichkeit aufzutun.460 (c) Rückgriff auf die deliktische action of trespass und Hervorgehen der action of assumpsit Diesem Bedürfnis begegnete die Judikative durch den unkonventionell erscheinenden Griff ins Arsenal des Deliktsrechts.461 Ob und inwieweit die Ermächtigung des Kanzlers im Statute of Westminster II aus dem Jahre 1285, entgegen der vormaligen Einschränkung462 benötigte neue writs für den bisherigen ähnelnde Fälle zu erlassen (in consimile casu),463 eine Rolle spielte, ist strittig464, aber für die vorliegende Fragestellung nicht entscheidend, als jedenfalls über den deliktischen Ursprung in Analogie oder unter Ausweitung der jedenfalls Pate stehenden action of trespass sowie die evolvierenden Geschehnisse Einigkeit besteht. Der attraktive Rechtsbehelf aus der Sphäre des tort-Rechts465 war im Mittelalter noch untechnisch und weit gefasst und diente verschiedenen Rechtsbehelfen als fruchtbarer Aus-

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Preuss, S. 36 f.; Ranieri, S. 71; vgl. ferner Simpson, 1975, S. 35; Scholz-Fröhling, S. 48 f.; Kiralfy, S. 182; Rheinstein, S. 22. 460 Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Beatson/Burrows/Cartwright, S. 12 f.; Cooke/ Oughton, S. 9; vgl. ferner Plucknett, S. 364; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 4; Jewell, S. 48 f. 461 Preuss, S. 39; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 594; vgl. Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 185; vgl. rechtsordnungsübergreifend Mitteis/Lieberich, S. 124. 462 Siehe Fn. 435, 437. 463 Zu dieser Befugnis: Kiralfy, S. 13; Henrich/Huber, S. 13; Wendel, S. 73; Curzon, S. 75. 464 Zum kontroversen Meinungsbild siehe Landon, 52 L.Q.R. (1936), 68, 68; Wendel, S. 58 m.N.; Plucknett, 31 Colum. L. Rev. (1931), 778, 778 ff. Für die vorliegenden Untersuchungsfragen sollen die zwei wesentlichen Gegenpositionen Erwähnung finden (mit dreigliedriger Auffächerung demgegenüber Landon, 52 L.Q.R. (1936), 68, 68). Eine, teilweise als die ältere deklarierte Sichtweise führt die Entwicklung auf die Ermächtigung des Kanzlers zum Erlass neuer writs des Statute of Westminster II zurück, welcher von seiner Befugnis großzügig Gebrauch machte, indem er an die Voraussetzung einer Ähnlichkeit einen niedrigen Maßstab anlegte. Nach der Gegenansicht habe das Statut keine entscheidende Rolle gespielt, sondern die in der richterlichen Rechtsfortbildung gespiegelten tatsächlich erwachsenen Bedürfnisse; die Annahme eines statutarischen Einflusses entbehre einer historischen Fundierung (hierzu Dix, 46 Yale L.J. (1937), 1142, 1145 mit Fn. 16; Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 589 f.; Plucknett, S. 373). Ob die Ermächtigung des Statuts eine Voraussetzung oder die Geburtsstätte der Erweiterung des Portfolios (vertragsrechtlicher) Rechtsbehelfe darstellt, muss nicht weiter verfolgt werden, als ihm zumindest eine praktisch befördernde Wirkung beigemessen werden kann: Kiralfy, S. 150. Weiterführend zu den Ansichten und ihren Vertretern: Dix, 46 Yale L.J. (1937), 1142, 1142 f., 1145, 1154 m.w.N.; Landon, 52 L.Q.R. (1936), 68, 72; Wendel, S. 73; Rheinstein, S. 13 in Fn. 12; Jewell, S. 49; Henrich/Huber, S. 14, 45; Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 217, 227; Maitland, 1936, S. 6; Milsom, 12 C.L.J. (1954), 105, 105 ff.; vgl. W. G. Becker, S. 164. 465 Hierzu Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 63; W. G. Becker, S. 164; Plucknett, S. 369 ff.; ausführlich zur Herkunft des Rechtsbehelfs siehe den dreiteiligen Aufsatz von Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 195, 407, 561.

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gangspunkt.466 Dem Kläger bot die action of trespass ein effektives und zugleich verfahrensmäßig kommodes Mittel, als er unter anderem467 den Sachverhalt nicht detailliert, sondern nur in Gestalt des formelhaft typisierten writ-Tatbestands vorbringen musste468, wohingegen es dem Beklagten oblag, die standardisierten Vorwürfe zu entkräften, und ihm bei Verhandlungsunwilligkeit empfindliche Sanktionen drohten469.470 Im Gegensatz zu den zuvor erwähnten vertragsartigen Rechtsbehelfen fußte diese Deliktsklage auf einem unerlaubten Verhalten des Beklagten.471 Die, schließlich nur noch als action of assumpsit bezeichnete Klage472 legte dem Beklagten zur Last, dass er dem Kläger Schaden zugefügt habe, indem er ein übernommenes Unterfangen nicht ordnungsgemäß473 erfüllt habe.474 Allerdings war der Eingang der beschriebenen vertragsrechtlichen Streitigkeiten in die königliche Gerichtsbarkeit mittels der action of assumpsit selbst unter diesem deliktischen Deckmantel keineswegs selbstverständlich.475 Auch deliktsrechtliche Belange wurden im Grundsatz vor den lokalen und nur im Ausnahmefall vor den königlichen 466 Maitland, 1936, S. 48 zur „fertile mother of actions“, sowie S. 54, 65 ff. mit einem Stammbaum der assumpsit; Curzon, S. 83; Rheinstein, S. 23; vgl. ferner Samuel, in: Schulze, S. 287, 294; Preuss, S. 40 m.w.N.; Scholz-Fröhling, S. 23. 467 Zum flexibleren Verfahren als Vorteil der trespass-Klage siehe z. B. Rheinstein, S. 23; vgl. Scholz-Fröhling, S. 23. 468 Zu Einschränkungen und diesbezüglichen, strittigen Differenzierungen siehe z. B. Wendel, S. 74; Preuss, S. 41; Plucknett, S. 373; Landon, 52 L.Q.R. (1936), 68, 69 ff.; Kiralfy, S. 149 f.; vgl. Marsh, S. 20 sowie Owsia, S. 125. 469 Der Beklagte musste, dem Fundament strafrechtlicher Prozedur der action of trespass geschuldet, mit scharfen Sanktionen wie einer Inhaftierung (arrest) oder einem gesellschaftlichen Verstoß mittels Ächtung und Vermögensentzug (outlawry) rechnen: Preuss, S. 41; Plucknett, S. 373; Maitland, 1936, S. 48 ff., 54. 470 Statt vieler: Preuss, S. 41. 471 Simpson, 1975, S. 246; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 194. 472 Zur Entwicklung Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 196; vgl. Wendel, S. 75. 473 Zum nachfolgenden Schritt der inhaltlichen Ausweitung von Fällen der bloßen Schlechtleistung (misfeasance) zum insoweit weiterreichenden Fall der Nichtleistung (nonfeasance) siehe B. II. 1. b) aa) (2). 474 Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 25 m.w.N. in Fn. 129. Zur etymologischen Herleitung von assumpsit, die als rechtlicher Fachterminus aus dem Lateinischen das Übernehmen einer Pflicht als das tatsächliche Geschehen wiedergibt, was im Englischen und Deutschen sinngemäß als „having undertaken“/„er hat es übernommen“ (oder auch „unternommen“, „auf sich genommen“, „zugesagt“ oder „versprochen“) übersetzt wird, siehe Henrich/Huber, S. 46; Kötz, S. 70; Ranieri, S. 69 f.; Scholz-Fröhling, S. 21; Rheinstein, S. 24 f.; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 196; Plucknett, S. 374; Maitland, 1936, S. 68; Kiralfy, S. 183; vgl. Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 5. Zur Alternative zur rein privatrechtlichen Übernahme in Gestalt einer zwar freiwilligen Übernahme, jedoch gepaart mit einem öffentlichen Interesse an einer Haftung, etwa bei bestimmten Berufsgruppen (common callings): Cooke/Oughton, S. 8 f.; vgl. ferner Kiralfy, S. 183; Wendel, S. 75 f.; Pollock, S. 179; Rheinstein, S. 26; Owsia, S. 126. Zum Schadenserfordernis: Wendel, S. 73; Plucknett, S. 366 f. 475 Zum steinigen, dreigliedrigen Weg der action of trespass: Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 585, 588 f.

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Gerichten ausgetragen.476 Ein solcher lag vor, wenn ein trespass mit Waffengewalt (vi et armis) oder unter Verletzung oder Gefahr für den königlichen Frieden (contra pacem regis) im Sinne der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begangen worden war.477 Dieser Grundsatz der Zuständigkeitsverteilung sollte durch das Statute of Gloucester aus dem Jahre 1278 mit Hilfe einer erheblichen Streitwertgrenze gefestigt werden, nachdem über die trespass-Klage zunehmend privatrechtliche Streitigkeiten Zugang zu den königlichen Gerichten erhielten und die Zahl der Verfahren bedenklich angestiegen war.478 Ob die Begrenzung der ausufernden Tätigkeit der königlichen Gerichte lediglich der Abmilderung ihrer zunehmenden bürokratischen Schwerfälligkeit diente479, oder vielmehr im finanziellen Interesse der Landesherren den Bestand der lokalen Gerichte als Einnahmequelle sichern sollte und insoweit wiederum als Ergebnis eines (politischen) Machtkampfs anzusehen ist480, kann insoweit offen bleiben, als die Einengung sich im Ergebnis erübrigte. Einerseits verlor die Streitwertgrenze infolge der fehlenden Anpassung an den massiven Wertverfall der Währung ihre Wirkmacht481, andererseits wurde das praktisch zur gehaltlosen Floskel verkommene482 königliche Interesse als Anforderung fallengelassen483, nachdem es Klägern aufgrund der zunehmend großzügigeren Auslegung der Kriterien immer häufiger gelungen war, vertragsrechtliche Streitigkeiten im deliktischen Gewand vor die königlichen Gerichte zu bringen.484 So erhielten im ersten wichtigen Schritt der Entwicklung des englischen Vertragsrechts Fälle der Schlechtleistung (misfeasance) Zugang zu den königlichen Gerichten, obwohl ein entstandener Schaden weder mit Waffengewalt noch unter Verstoß gegen die öffentliche Ordnung erfolgt war.485 Der Gebrauch der action of assumpsit für solche Fälle festigte sich mit der berühmten Humber Ferry-Entscheidung aus dem Jahr

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Preuss, S. 40 m.w.N.; Plucknett, S. 372; Wendel, S. 73; Curzon, S. 169. Plucknett, S. 367, 372; Wendel, S. 73; vgl. Curzon, S. 169; Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 576, 588. 478 Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 195, 224 sowie ders., 74 L.Q.R. (1958), 561, 588 f.; vgl. Kiralfy, S. 53 f. 479 Wendel, S. 57; vgl. Scholz-Fröhling, S. 35 f. 480 Zum möglichen Motiv eines machtgetriebenen oder finanziellen Interesses an der lukrativen Gerichtsbarkeit: Wendel, S. 57, 72; vgl. Hatschek/Kienast/Ritter, S. 275 sowie die vorherige Fn. 413. 481 Wendel, S. 64 f.; Simpson, 1975, S. 244 f.; Scholz-Fröhling, S. 44; vgl. Kiralfy, S. 53 f. sowie Hatschek/Kienast/Ritter, S. 275 f. zu Umdeutung und faktischer Verschärfung der unangepassten Grenze. 482 Deutlich Preuss, S. 41; Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 575, 589 sowie ders., 74 L.Q.R. (1958), 407, 435; vgl. Cooke/Oughton, S. 8. 483 Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 575, 589. 484 Vgl. zuvor Fn. 482 sowie Preuss, S. 42; Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 195, 224; vgl. neutraler Kiralfy, S. 53. 485 Preuss, S. 42; Wendel, S. 73. Mit Rechtsprechungsnachweisen: Rheinstein, S. 24. 477

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1348.486 Deren letztlich erfolgreicher trespass-Klage, die von einer mangels einer formwirksamen Vereinbarung zum Scheitern verurteilten action of covenant abgegrenzt werden musste,487 lag der Sachverhalt zugrunde, dass das zu transportierende Pferd des Klägers im Fluss ertrunken war, weil der beklagte Fährmann das Boot überladen hatte. Das Gericht erkannte die deliktische Klage mit der Begründung an, dass der Beklagte nur im Kontext der als vertraglich zu klassifizierenden Beziehung, aber durch aktives Missverhalten einen Schaden verursacht hatte.488 Teilweise wird die bereits angedeutete, den Wortlaut und ursprünglichen Sinngehalt vernachlässigende Anwendung der Kriterien des königlichen Interesses als missbräuchlich bewertet.489 In der Tat handelte es sich beim Vortrag von vi et armis und contra pacem regis im Laufe der Zeit gewissermaßen um die gewöhnliche Klageformel.490 Dieser Umstand relativiert die Kritik und stellt den bedürfnisorientiert ausdehnenden Umgang ins Licht historisch erwachsener writ-Formen und überkommener Zuständigkeitsverteilungen.491 Diese erste, bedürfnisgeleitete und von der Konkurrenz lokaler und königlicher Gerichte getriebene Entwicklungswelle eröffnete mithin Streitigkeiten vertragsrechtlicher Natur, zunächst unter deliktischem Deckmantel, Zugang zur Sphäre königlicher Gerichtsbarkeit und legte den Grundstein für das heutige Vertragsrecht. (2) Instrumentalisierende inhaltliche Ausweitung der action of assumpsit durch die common law-Gerichte zur Rückeroberung von Streitgegenständen aus der equity-Gerichtsbarkeit Den zweiten Impuls zugunsten der Verfestigung der action of assumpsit als Vertragsklage vor den königlichen Gerichten setzte das Konkurrenzverhältnis zwi486

Bukton v. Townsend (1348) Y.B. 22 Lib. Ass. Pl. 41 (wiedergegeben nach den nachfolgend genannten Quellen, u. a. dem auszugsweisen Abdruck bei Baker/Milsom, S. 358 f. als Bukton v. Tounesende (1348), „The Humber Ferry Case“ benannt). Zur Entscheidung: Beatson/ Burrows/Cartwright, S. 14; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 2; Simpson, 1975, S. 316 f.; Preuss, S. 45 f.; Cooke/Oughton, S. 8 f.; Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 570 f.; Dix, 46 Yale L.J. (1937), 1142, 1160 f.; Wendel, S. 74 f. 487 Der Beklagte verteidigte sich mit dem Einwand, dass für die wesensmäßig vertragsrechtliche Fallgestaltung die action of covenant einschlägig sei, die allerdings am Fehlen einer gesiegelten Urkunde scheitern müsse. Das Gericht folgte diesem – formell fallentscheidenden – Vorbringen nicht, sondern erkannte, wie klägerisch angeführt, ein deliktisches Vorgehen des Beklagten mit der Begründung an, dass Streitgegenstand nicht die (Nicht-)Erbringung der Beförderungsleistung sei, sondern das Ertränken des Pferdes. Nur für den ersten, aber nicht vorliegenden Fall der Nichtleistung sei die action of covenant einschlägig und versperre dem Kläger daher nicht den Weg. Hierzu Wendel, S. 75; vgl. Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 25 f. 488 Bukton v. Townsend (1348) Y.B. 22 Lib. Ass. Pl. 41 (vgl. Fn. 613); siehe Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 2; Kötz, S. 70; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 594; vgl. ferner v. Bernstorff, 2011, S. 42; Maitland, 1936, S. 68 f.; Scholz-Fröhling, S. 3. 489 Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 576 („mischief“); vgl. Fn. 482, 484. 490 Vgl. Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 407, 435 f. Hierzu als Grund für die Konzentration der Gerichtsbarkeit bei den königlichen Gerichten: Kiralfy, S. 53. 491 Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 195, 224.

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schen den zu dieser Zeit institutionell und materiell getrennten Gerichtsbarkeiten von common law und billigkeitsgeprägter equity492,493 die seit dem 19. Jahrhundert aufgehoben ist (Judicature Acts 1873 – 1875).494 Der Rechts- und Gerichtszweig der equity, in der der Kanzler in Vertretung der Krone Recht sprach, und die insoweit durch dessen oftmals klerikale Herkunft oder Bildung geprägt war495, wurde zum Ausgleich unerträglicher Ergebnisse geschaffen, die aus dem nur innerhalb der engen Grenzen des writ-Systems operierenden Rechtsschutzsystem des common law resultierten.496 So konnte Klägern auch im Falle eines nur formlos abgegebenen Versprechens Rechtsschutz gewährt werden, wenn Billigkeitserwägungen dies verlangten.497 Um ein insoweit drohendes faktisches Monopol in Rechtsprechung und -bildung der aufstrebenden equity-Gerichtsbarkeit im wichtigen Feld der heute als vertragsrechtlich klassifizierten Streitigkeiten zu verhindern und die eigene dominante Stellung aufrechtzuerhalten, ließen die common law-Gerichte die action of assumpsit als Rechtsbehelf zu498 und erweiterten ihren Anwendungsbereich bis zum 16. Jahrhundert um die für den heutigen bilateral contract relevanten Fälle der bloßen Nichterfüllung (nonfeasance).499 Mithin konnte über die ursprünglich de492

Zu diesem informellen, billigkeitsgeprägten Rechtsschutz geschichtlich: Plucknett, S. 375 ff.; Wendel, S. 70 ff.; Maitland, 1913, S. 1 ff., 12 ff.; Kiralfy, S. 247 ff.; A. Hudson, S. 4 ff., 13 ff. Allgemein einführend: Henrich/Huber, S. 15 f.; Richards/Mollica, Kap. 9, Rn. 1 ff.; Schlosser, Kap. 15, Rn. 16 f. Curzon, S. 95 ff., 102 ff.; v. Bernstorff, 2011, S. 6 ff.; Scholz-Fröhling, S. 36 ff.; Andrews, Rn. 1.25. 493 Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 14; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 595; Blumenwitz, S. 17; Scholz-Fröhling, S. 38; Curzon, S. 109 ff.; vgl. Rheinstein, S. 46, 48 f. Anerkennend, aber mit einer abweichenden, bürokratischen und personellen Begründung des Siegeszugs der common law-Gerichte: Koschaker, S. 218 f. 494 Hierzu statt vieler: A. Hudson, S. 15 f.; Blumenwitz, S. 18 ff.; Andrews, Rn. 1.25; v. Bernstorff, 2011, S. 8; Rheinstein, S. 233 f.; Plucknett, S. 211 f.; Maitland, S. 81, 8; ScholzFröhling, S. 2, 38 f.; Kiralfy, S. 114 f.; Polden, in: Cornish u. a., S. 757, 760 ff.; Richards/ Mollica, Kap. 9, Rn. 7. 495 Peter, S. 28; Brand, in: Hudson, S. 65, 87; Parry, S. 5 ff.; Wendel, S. 71; Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1104; Radbruch, S. 32; Kiralfy, S. 271, 268 ff.; Koschaker, S. 216 f.; Richards/Mollica, Kap. 9, Rn. 4; Schlosser, Kap. 15, Rn. 16. Zur equity als Einfallstor für Gedanken des römischen bzw. kanonischen Rechts: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1104. Vgl. zu kircheninternen Einschränkungen der königlich rechtsprechenden Tätigkeit des Klerus: Pollock/Maitland, vol. I, S. 205. 496 Statt vieler: A. Hudson, S. 13 ff.; Blumenwitz, S. 14; vgl. Parry, S. 5, 7. 497 Preuss, S. 34, 38. Wertungsmäßig erforderlicher Rechtsschutz sollte nicht am formalen Kriterium eines vorhandenen Rechtsbehelfes scheitern, vgl. der entsprechende Grundsatz equity will not leave a wrong without a remedy. Zu diesem und weiteren Grundsätzen der equity statt vieler: A. Hudson, S. 19 ff.; Blumenwitz, S. 16 ff.; v. Bernstorff, 2011, S. 7 f.; Richards/ Mollica, Kap. 9, Rn. 9 ff. 498 Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 14; Preuss, S. 34, 39; Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 348 f.; Kiralfy, S. 184; Simpson, 1975, S. 248; Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 26; Scholz-Fröhling, S. 94 f.; vgl. Cooke/Oughton, S. 8 f. 499 Zu Ausgangspunkt, Entwicklung und Herausforderungen der erneuten Ausweitung von Fällen der Schlecht- zur Nichtleistung Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 189; Simpson, 1975, S. 252, 320; Cooke/Oughton, S. 8 f.; Maitland, 1936, S. 69; vgl. Kiralfy, S. 183. Teil-

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liktisch fundierte Klage auch für bloße, gewaltfreie Nichterfüllung einer (formlos) übernommenen Pflicht Schadensersatz erlangt werden500 und die vormalig einschlägigen, unattraktiveren Rechtsbehelfe wurden faktisch ersetzt.501 An dieser Reaktion überrascht, dass die deliktisch geprägte action of assumpsit als Rechtsbehelf der bislang prozessual unzureichend erschlossenen Sphäre der Streitigkeiten aus heute als bilateral contracts umschriebenen, unerfüllten, formfreien Vereinbarungen herausgebildet wurde, anstatt einen der bestehenden Rechtsbehelfe zu modifizieren.502 Das Angebot eines passenden Rechtsbehelfs erwies sich im Hinblick auf den schwelenden Konkurrenzkampf jedenfalls als kluger Schachzug. Im Earl of Oxford’s-Fall aus dem Jahr 1615503 wurde in der strittigen Hierarchiefrage ob einer Konkurrenz der konfligierenden Gerichtszweige zwar dem der equity der Vorrang eingeräumt, ihre Zuständigkeit allerdings auf solche Fälle beschränkt, in denen vor den common law-Gerichten kein Rechtsbehelf zur Verfügung stehe.504 Damit hebelten die common law-Gerichte die equity-Rechtsprechung durch die action of assumpsit als für heute als vertragsrechtlich klassifizierte Streitigkeiten erweitertet verfügbarem Rechtsbehelf aus, und gliederten die nämlichen wirksam in ihre Domäne ein. Die Festigung der Klagbarkeit formfreier Vereinbarungen als Grundfeste des heutigen Vertragsrechts stellt sich vor diesem Hintergrund nicht als eine bewusste theoretische oder normative Entscheidung dar. (3) Absenkung der Anforderungen an die action of assumpsit zur Sicherung der eigenen Zuständigkeit durch die King’s Bench im Zuge des internen Konflikts der common law-Gerichte Einen weiteren, wiederum machtgetriebenen Anstoß zum endgültigen Durchbruch der action of assumpsit vom Status eines „Lückenbüßers“505 zur allgemeinen Vertragsklage gab ein dritter, interner Konkurrenzstreit der königlichen Gerichte des Court of Common Pleas und der King’s Bench im 16. Jahrhundert.506 Während ersteres für die potenziell konkurrierende Klage aus debt exklusiv zuständig war, konnte die aus Klägerperspektive präferierte action of assumpsit vor beiden Ge-

weise wird stattdessen eine Verbindung zwischen Vertragsbruch und Betrug hervorgestellt, hierzu weiterführend Preuss, S. 45 ff., 55 ff., 62 f.; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 10, 15; Maitland, 1936, S. 68; Wendel, S. 77; Kiralfy, S. 184; Parry, S. 3; vgl. Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 220. 500 W. G. Becker, S. 165; vgl. Dix, 46 Yale L.J. (1937), 1142, 1164. 501 Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 25 f.; Wendel, S. 76 f.; vgl. Beatson/Burrows/Cartwright, S. 16; vgl. Ames, 8 Harv. L. Rev. (1894), 252, 258. 502 Preuss, S. 34; Scholz-Fröhling, S. 38; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 63; vgl. Owsia, S. 128. 503 Earl of Oxford’s Case (1615) 1 Chan. Rep. 1; 21 E.R. 485. 504 Z. B. A. Hudson, S. 14; Scholz-Fröhling, S. 38. 505 Preuss, S. 75; vgl. (sinngemäß) Wightman, S. 52. 506 Rheinstein, S. 30; Plucknett, S. 173; relativierend Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 215 f.

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richten verfolgt werden.507 Gleichwohl war der Weg vor die King’s Bench der vorzugswürdige, weil der Kläger ein zügigeres, kostengünstigeres508 und insbesondere ohne die Verteidigungsmöglichkeit des wager of law erfolgversprechenderes Verfahren erwarten durfte.509 Grund hierfür war, dass das Court of Common Pleas die rechtlich gebotene510 Trennung zwischen den beiden Rechtsbehelfen hochhielt, und zur Abgrenzung von der debt für das bevorzugte Verfahren der assumpsit eine zusätzliche Bekundung des Schuldners über seine bereits bestehende Verpflichtung hinaus verlangte (indebitatus assumpsit), die der Kläger vortragen musste und über deren Vorliegen das Gericht befand.511 Die King’s Bench hingegen sah vom Beweis eines solchen, typischerweise realitätsfernen zusätzlichen Versprechens ab und vermutete dessen Vorliegen vielmehr.512 Zunächst konnte sich das dies als unverfrorene Fiktion ablehnende513 Court of Common Pleas faktisch durchsetzen, als die Entscheidungen der King’s Bench sich auf höherer Instanz dem Chamber of Exchequer stellen mussten, das die missliebigen Entscheidungen, neben Richtern des Court of Exchequer mit allen Richtern des Court of Common Pleas, aber keinem der King’s Bench besetzt514, regelmäßig aufhob.515 Dieses tatsächliche, blockadeartige Durchsetzungsvermögen516 verlor das Court of Common Pleas allerdings mit dem

507 Preuss, S. 75; Plucknett, S. 644; Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 389; vgl. Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 215. 508 Plucknett, S. 645; Kiralfy, S. 64. 509 Plucknett, S. 645; Preuss, S. 75; Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 228. 510 Vgl. Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 382 m.w.N.; Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 295 f., 311; Baker, 29 C.L.J. (1971), 51, 56. 511 Hierzu Plucknett, S. 644; Milsom, 12 C.L.J. (1954), 105, 111 f.; Simpson, 1975, S. 303, 305 ff.; vgl. ferner Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 219; Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Wendel, S. 78, 80. Die Figur erinnert an ein abstraktes Schuldversprechen oder -anerkenntnis nach §§ 780 f. BGB, bei dem der Wille des Erklärenden darauf gerichtet ist, eine selbstständige Verpflichtung zu begründen (hierzu statt vieler: Habersack, in: MüKo-BGB (2017), § 780 Rn. 3, 16). Eine Basis für den einseitigen Verpflichtungsgrund liegt hierin nicht, als praktisch eine Kopplung an ein den „materiellen“ Rechtsgrund bildendes Schuldverhältnis wie einen Kauf- oder Darlehensvertrag besteht, bei dessen Fehlen der abstrakte Schuldgrund kondizierbar ist: Medicus/Lorenz, 2014, Rn. 1043, 1046 f., sowie 1044, 1047 zur, diesem „Relikt der Rechtsgeschichte“ heute lediglich verbleibenden Funktion einer Beweiserleichterung zugunsten des Gläubigers. 512 Plucknett, S. 644 f.; Preuss, S. 76. 513 Plucknett, S. 645 („audacious manoeuvre“); Milsom, 12 C.L.J. (1954), 105, 11; Wendel, S. 78 mit der Bezeichnung als „Kunstgriff“; Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; vgl. Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 221, 226 f. m.N. aus der Rechtsprechung. 514 Plucknett, S. 645, 171 führt diese Besetzung auf einen Fehler im Statut hinsichtlich der Zuständigkeit zurück; vgl. ferner Simpson, 1975, S. 292 f. sowie ders., 74 L.Q.R. (1958), 381, 381; Wendel, S. 78 f. 515 Plucknett, S. 645; Preuss, S. 76; vgl. ferner Wendel, S. 79; Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 389 f. m.N. insbesondere aus der Rechtsprechung; Rheinstein, S. 31. 516 Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 303.

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wegweisenden Slade’s Case517 im Jahr 1602, der an das nunmehr einberufene, auch mit Richtern der King’s Bench besetzte Exchequer Chamber518 weitergeleitet und im Sinne der großzügigeren Auffassung der King’s Bench entschieden wurde.519 Eine Rolle spielten praktisch-bürokratische Erwägungen520, intellektuell konfligierende Standpunkte des konservativen Court of Common Pleas gegenüber der progressiveren King’s Bench521 und nicht zuletzt originär monetäre Interessen: Während eine Abweisung der gewählten action of assumpsit wegen der vorrangig einschlägigen action of debt bei der King’s Bench zum endgültigen Verlust des Ertrags aus der rechtsprechenden Tätigkeit führte, konnte das Court of Common Pleas den finanziellen Vorteil insofern noch ziehen, als die zu wählende action of debt exklusiv vor ihm zu verfolgen war.522 Für die interessierenden Fragestellungen ist relevant, dass die lang andauernde, kontroverse523 Diskussion im Triumph der klägerfreundlichen Auffassung einer weniger anspruchsvollen assumpsit endete, die sich somit endgültig gegen die action of debt durchsetzte524 und sich damit grundlegend zu einer

517 Slade v. Morley 76 E.R. 1072; 80 E.R. 15; (1602) 4 Co. Rep. 91a, 91 b; (1603) Yel. 21, vgl. die komprimierte Wiedergabe bei Baker/Milsom, S. 420 ff. und in den nachfolgend genannten Quellen. Strittig war, ob der Kläger, der dem nicht zahlenden Beklagten noch ungeerntetes Getreide von einem bestimmten Feld verkauft hatte, im Wege der (indebitatus) assumpsit vorgehen konnte, oder sein Anliegen vielmehr mittels der action of debt mit ihren vielfältigen Defiziten verfolgen musste, was das Gericht klägerfreundlich löste, indem es eine assumpsit als im executory contract liegend annahm („[e]very contract executory imports in itself an assumpsit“). Zu diesem „memorable case“ Plucknett, S. 645 f.; Simpson, 1975, S. 296 ff. sowie ders., 74 L.Q.R. (1958), 381, 381 f., 389; Preuss, S. 75 ff.; zweiteilig Baker, 29 C.L.J. (1971), 51 und 213, 235; Rheinstein, S. 32 f.; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 597 f.; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 53, 55 f. Kritisch zum Ergebnis statt vieler: Milsom, 12 C.L.J. (1954), 105, 111. 518 Zum ab 1585 einberufbaren Exchequer Chamber: Plucknett, S. 170 f., 645; Kiralfy, S. 69 ff.; Henrich/Huber, S. 14; Maitland, 1936, S. 17; Blumenwitz, S. 14 f.; Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 222; Wendel, S. 56; Curzon, S. 171 f. Mit abweichender Schilderung: ScholzFröhling, S. 107 ff. Weiterführend zum grundsätzlich dreigliedrigen Aufbau königlicher Gerichtsbarkeit z. B. Rheinstein, S. 10; Kiralfy, S. 62 ff., 65 ff., 69 ff. 519 Preuss, S. 76; Wendel, S. 79 f. Relativierend hingegen Simpson, 74 L.Q.R. (1958), 381, 395; ausführlich zur schwierigen Entscheidungsfindung: Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 222 ff. 520 So gefährdete ein Wahlrecht zwischen Rechtsbehelfen den bürokratisch nützlichen Bestand der vertypten, exklusiven Rechtsbehelfe und so die Funktionsfähigkeit der bestimmten Klagegegenständen (causes of action) den einschlägigen Rechtsbehelf (form of action) zuweisenden registers of writs, und die Rechtsbehelfe der debt und assumpsit waren auch keineswegs kongruent, z. B. im Hinblick auf die Rechtsfolge. Hierzu Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 219 ff., 225 sowie vgl. ders., 29 C.L.J. (1971), 51, 56. 521 Zu dieser Kontroverse Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 216 f. 522 Siehe Scholz-Fröhling, S. 104 f. m.w.N.; vgl. Kiralfy, S. 63 f. dazu, dass das Court of Common Pleas (zuständigkeitsbedingt) stets beschäftigter und lukrativer war. 523 Ibbetson, 4 OJLS (1984), 295, 302 ff.; Wendel, S. 80. 524 Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 597 f.; Salmond, S. 320, 337 f.; Milsom, 12 C.L.J. (1954), 105, 111; Cooke/Oughton, S. 9; vgl. Plucknett, S. 378; vgl. Maitland, 1936, S. 70; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 53, 53 f.; vgl. ferner ders., 8 Harv. L. Rev. (1894), 252, 264;

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allgemein verfügbaren, attraktiven Vertragsklage zur Durchsetzung formfreier Vereinbarungen gewandelt hatte.525 Nachdem diese ausgreifende Entwicklung bereits im Zuge der zunehmenden nonfeasance-Rechtsprechung auch auf Skepsis und Kritik gestoßen war,526 begegneten die Gerichte der sich realisierenden Gefahr eines Dammbruchs mit der Anforderung der consideration. (4) Einführung des consideration-Erfordernisses als eindämmendes Korrektiv Um die extreme Ausdehnung des vormals engen und rigiden Regimes angesichts der auszuufern drohenden Klagbarkeit formfreier Vereinbarungen einzudämmen527, wurde im 16. Jahrhundert das dem heutigen englischen Vertragskonzept immanente consideration-Erfordernis als Korrektiv eingeführt.528 Dabei lag allerdings noch keine genaue Vorstellung zugrunde, um was genau es sich hierbei handelte.529 Eine präzisierende Ausformung oder Definition des Kriteriums erschien insofern nicht erforderlich, als bei den Gerichten Einigkeit darüber herrschte, welche Versprechen keine Anerkennung und Durchsetzbarkeit genießen sollten.530 Obgleich der Realitätsgehalt der, zur Legitimation der deliktsrechtlich wurzelnden action of assumpsit in Fällen bloßer Nichterfüllung, nur behaupteten consideration zu bezweifeln ist531 Kiralfy, S. 185 f.; Ranieri, S. 73. Zum Ergebnis als mysteriös und überraschend z. B. Baker, 29 C.L.J. (1971), 213, 230 ff. 525 Zu dieser grundlegenden Veränderung siehe z. B. Maitland, 1936, S. 68; Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 25 f.; Preuss, S. 43, 45, 67; Rheinstein, S. 33; vgl. ferner Parry, S. 3; Simpson, 1975, S. 273; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 196; Beatson/Burrows/Cartwright, S. 14 ff.; Ranieri, S. 71 f.; Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 53, 64; W. G. Becker, S. 162, 170. Nicht außer Acht gelassen werden darf allerdings, dass sich die Zeitzeugen der heute als bahnbrechend erkannten Natur der Neuerungen erst Gewahr werden mussten: Maitland, 1936, S. 69; vgl. ferner Preuss, S. 34, 65; Dix, 46 Yale L.J. (1937), 1142, 1176. 526 So prangerte ein Richter im 15. Jahrhundert an, dass die nonfeasance-Rechtsprechung zum absurden Ergebnis führen müsse, dass letztlich jede formfreie Vereinbarung mittels der deliktischen action of trespass durchsetzbar würde, was sich ironischerweise als zutreffende Prognose erwies. Hierzu Beatson/Burrows/Cartwright, S. 14 mit Verweis auf Watkins (or Wyke’s) Case (1425) Y.B. Hil. 3 Hen. VI, fo. 36, pl. 33 (zitiert nach und wiedergegeben bei Baker, 2010, S. 425 ff.); Wendel, S. 76 m.w.N. 527 Siehe Owsia, S. 144 zum Statute of Fraud aus dem Jahr 1677 als ein weiterer Korrekturansatz gegen zu großes Missbrauchspotenzial der nunmehr weiten action of assumpsit. 528 Zu dieser Eingrenzungsfunktion: Preuss, S. 67 ff.; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 595, 598; Kiralfy, S. 188; Ranieri, S. 75 f.; Wild/Weinstein, S. 320; Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 27; Gordley, 1991, S. 137 sowie ders., ZEuP 1 (1993), 498, 502 f.; vgl. ferner Owsia, S. 144; Treitel, in: Beale, Rn. 4-001; Parry, S. 8. Zu Hintergrund und Herausbildung der Doktrin: Simpson, 1975, S. 271 ff.; vgl. Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 171, 179 ff., 184. 529 Deutlich Gordley, 1991, S. 137; Cooke/Oughton, S. 9; vgl. ferner Kiralfy, S. 189; Atiyah, 1990, Kap. 8, S. 179, 181 f.; Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 171, 179 ff.; Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 502 f.; Wightman, S. 52; vgl. Pollock, S. 177, 181 f. 530 Pollock, S. 178. Vgl. hierzu Lomfeld, S. 267, allerdings mit dem Hinweis, dass die mit der Offenheit verbundene Unsicherheit das Einfallstor für Zweifel am Vertragskonzept bot, beispielsweise für die Death of Contract-Schule (§ 1 Fn. 6). 531 Hierzu Baker, 2002, S. 343.

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und die insoweit flexible, von praktischen Bedürfnissen statt theoretischen Überlegungen geleitete Handhabung teilweise bemängelt wird532, ist das Ergebnis wirkmächtig.533 Die Grundvorstellung, dass innerhalb einer Gesellschaft nicht jedes Versprechen binden und verpflichten soll und die rechtliche Durchsetzbarkeit Schranken unterliegen muss, stellt kein Alleinstellungsmerkmal des (historischen) englischen Rechts dar, sondern ist heutigen Rechtsordnungen in unterschiedlichen Ausgestaltungen immanent.534 Der erste, originär englische Abschnitt der Entstehungsgeschichte des hybriden Vertragskonzepts schließt jedenfalls mit dem Ergebnis der action of assumpsit als einer auf Versprechen und consideration basierten, allgemeinen Vertragsklage. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um das Ende der Entwicklung, sondern den Ausgangspunkt für das Vertragsrecht in heutiger Gestalt.535 bb) Kontinentaleuropäisch inspirierte Erweiterung um das Vertragskonzept von Angebot und Annahme im 19. Jahrhundert Im 19. Jahrhundert vollzog sich ein aus heutiger Sicht grundlegender Wandel, als die vertragliche Komponente des heutigen Vertragsmodells von Angebot und Annahme eindrang und sich in der englischen Gerichtspraxis und Rechtswissenschaft als fundamentales Prinzip nachhaltig durchsetzte536; sogar unmittelbar durchgeführte Transaktionen, wie ein simultaner Austausch von Geld gegen Ware, wurden nicht mehr als tatsächlicher, sondern als Austausch von Versprechen im Sinne einer Einigung konstruiert.537 Um diese neue, nicht erwachsene und im Hinblick auf öffentlich ausgesetzte Belohnungen aus den genannten Gründen unpassende Komponente in ihrem Aussagegehalt und ihrer Notwendigkeit adäquat nachzuvollziehen, wird sie kontextualisiert beleuchtet.538 Nachdem der englische, prozessual-pragmatisch geprägte Rechtsschutz in vertraglichen Streitigkeiten lange Zeit ohne ein theoretisches Fundament ausgekommen war (1), beförderten insbesondere die er532 Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 352, 357; van Caenegem, 1991, S. 168 f.; vgl. Kiralfy, S. 13. 533 Beatson/Burrows/Cartwright, S. 18. 534 Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 591, 598: „No legal system devised by man has ever been reckless enough to make all promises enforceable.“ (591); Peel, Rn. 3-001; Treitel, in: Beale, Rn. 4-001; Atiyah, 1990, Kap. 8, S. 179, 181; vgl. ferner Kiralfy, S. 188; McMeel, in: Mitchell/Mitchell, S. 47. Vgl. aus dem Blickwinkel der Effizienz ergebnisgleich: Posner, S. 323 sowie E. Posner, 112 Yale L.J. (2003), 829, 849. 535 Cooke/Oughton, S. 8 f., 11; vgl. Marsh, S. 21. 536 Gordley, 1991, S. 140; Wendel, S. 99; vgl v. Bernstorff, 2006, S. 54. 537 Atiyah, 1979, S. 429. 538 Vgl. zur Aufgabe und Bedeutung von (kritischer) Rechtsgeschichte, die relevanten außerrechtlichen „sozialen, ökonomischen, ideologischen oder ideellen Faktoren“ zu ermitteln: Stolleis, in: Hof, S. 212, 212. Vgl. Willoweit, JuS 1977, 292, 292 zur Bedeutung einer Kontextualisierung bei privatrechtlichen (institutionenbezogenen) Fragestellungen als gesellschaftliche Ordnung anstrebende.

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heblichen gesellschaftlichen Umbrüche ab dem 18. Jahrhundert das Interesse an einer Theoretisierung und Materialisierung des Vertragsrechts (2). Im Zuge dieser Dynamik strömte durch die Einbruchstellen des vormaligen theoretischen Vakuums kontinentaleuropäisches Gedankengut mit weitreichenden Folgen ein (3). Diese Entwicklung offenbart sowohl für die Frage nach einer gemeinsamen oder harmonisierten Konzeption öffentlicher Belohnungsaussetzung als auch die nach einem allgemeinen einseitigen Verpflichtungsgrund aufschlussreiche Erkenntnisse (4). (1) Theoretisches Vakuum des historisch prozessual-pragmatischen Rechtssystems Insbesondere durch die aufgefächerte Gerichtsstruktur des mittelalterlichen englischen Rechtswesens entwickelte sich das Vertragsrecht zunächst nicht gebündelt und allgemein.539 Ein begleitendes oder fundierendes Theoriegebäude fehlte540, was auch der eher dürftige Bestand rechtswissenschaftlicher Literatur zu dieser Zeit manifestiert.541 Die fehlende theoretische Durchbildung erlaubt jedoch keine Rückschlüsse auf die Qualität oder den Entwicklungsstand des englischen Vertragsrechts. Der Befund des systematischen, theoretischen und nicht zuletzt philosophischen Vakuums ist vielmehr in den historischen Kontext einzubetten. So verhinderte die mitunter als Frühreife (precocity) umschriebene, frühzeitige Organisation und Modernisierung des englischen Rechtssystems im Vergleich zu den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen542 die Notwendigkeit einer theoretischen Auseinandersetzung. Die funktionstüchtige Struktur der Rechtspflege sorgte dafür, dass akuten Handlungsbedarf auslösende Defizite nicht erwuchsen und fundamentale Umwälzungen lange Zeit nicht erforderlich wurden.543 Zugleich spiegelt die 539

Siehe B. II. 1. b) aa). Hierzu z. B. Furmston, S. 2 ff.; vgl. Beatson/Burrows/Cartwright, S. 10 ff. 540 Ibbetson, S. 215; Gordley, 1991, S. 134; vgl. Pollock/Maitland, vol. I, S. 184; Atiyah, 1979, S. 398. Vgl. ferner Bell, in: Birks, vol. I, Rn. 1.104; Rheinstein, S. 236; Wendel, S. 95; Marsh, S. 2 in Fn. 8; Cooke/Oughton, S. 11, 26; Jewell, S. 21; Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1104. Auf die historische, deliktsrechtliche Entstehungsgeschichte rückführend: Beatson/Burrows/Cartwright, S. 16 f. Zu einer allgemeinen, der Art der Rechtsfindung und -entwicklung geschuldeten Untertheoretisierung als Charakteristikum des common law: Garoupa/Ulen, 59 Ala. L. Rev. (2008), 1555, 1588; vgl. Sunstein, 108 Harv. L. Rev. (1995), 1733, u. a. 1735. Nicht zu verkennen ist jedoch, dass auch kontinentaleuropäische Rechtsordnungen wie die deutsche nicht originär in einem (philosophischen) Theoriegebäude erwuchsen, hierzu z. B. Hattenhauer, 2004, Rn. 1484 f. 541 Zu diesem validen Anhaltspunkt: Baker, 2002, S. 175; vgl. Gordley, 1991, S. 134. 542 Siehe z. B. Pollock/Maitland, vol. I, S. 224 oder Cooke/Oughton, S. 7, wobei die Gründe für diese unterschiedliche Entwicklung allerdings als weites Feld kaum zu erschließen sind: Pollock/Maitland, vol I., S. 20; vgl. ausführlich van Caenegem, 1988, S. 90 ff. einschließlich möglicher Erklärungsansätze. 543 Der hohe Entwicklungsstand, insbesondere des writ-Systems als „unbewusste Reproduktion“ der römischrechtlichen formalistischen Organisationsstruktur, bildete einen „Schutzwall“ gegen römischrechtliche Einflüsse und beugte einem Rezeptionsbedarf vor: Pollock/Maitland, vol. II, S. 558 sowie dies., vol. I, S. 196, 225. Zur rein methodischen Nähe römischen und englischen Rechts: Samuel, in: Schulze, S. 287, 295.

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bedürfnisgeleitete, tendenziell wenig invasive Fortentwicklung des Vertragsrechts durch Anpassung und Verfeinerung anstatt durch radikale Brüche die (richterliche) Gesinnung eines praxisnahen und traditionell konservativen Strebens nach Kontinuität wider.544 Im Gegensatz zum Anspruch beispielsweise des deutschen Rechts, ein abstraktes System zu entwickeln, das sämtliche denkbaren Konstellationen grundsätzlich erfassen kann545, ist das englische (Vertrags-)Rechtssystem pragmatisch und prozessual geprägt.546 Diese praktische Ausrichtung ist in der vertragsrechtlichen Entstehungsgeschichte und der Mentalität englischer Juristen verankert und bildet einen weiteren, die Theorieferne plausibilisierenden Aspekt. Insbesondere erklärt die judizielle Rechtsgenese547, dass das Vertragsrecht sich nur dort weiterentwickeln konnte, wo es richterlicher Beurteilung zugänglich gemacht wurde.548 Historisch wurde dieser Umstand für das Vertragsrecht im Hinblick auf das consideration-Erfordernis virulent, das zunächst als Tatsachenfrage eingestuft durch die mit Laien besetzte jury549 erfolgte, was den Weg zur bedeutsamen richterlichen Auseinandersetzung als Rechtsgenese zunächst versperrte.550 Abhilfe von dem insoweit defizitären Stand brachte die Einordnung als Rechtsfrage, die den richterli-

544

Atiyah, 1979, S. 235; van Caenegem, 1991, S. 168 f., 173 f., 180 f.; vgl. Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 352, 357; vgl. sprachlich Mattila, S. 321 ff.; differenziert Fikentscher, 1975, S. 145 f. Vgl. zum Umgang mit Präzedenzfällen (precedents) statt vieler: Goodhart, S. 27; Cardozo, S. 66; Watson, 37 C.L.J. (1978), 313, 323 f. 545 Zu diesem Ziel eines schlüssigen Gesamtbilds z. B. Marsh, S. 33. 546 Legrand, 45 Int’l & Comp. L.Q. (1996), 52, 65 ff., 70 f.; Doerfert, JA 1998, 435, 435; Stürner, ZVglRWiss 103 (2004), 349, 350 f.; Radbruch, S. 8 f.; Baker, 2002, S. 176; Postema, in: Coleman/Shapiro, S. 588, 602; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Atiyah, 1979, S. 404, 407; Cooke/Oughton, S. 1, 40 f. m.N.; vgl. Wendel, S. 95 sowie, zum südafrikanischen common law, Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 246. Damit einhergehend wird teilweise eine defizitäre Auseinandersetzung mit Methodik attestiert, hierzu Großfeld, RabelsZ 55 (1991), 4, 10. Zur prozessualen Denkweise Milsom, 74 L.Q.R. (1958), 561, 585, 585, 588; Scholz-Fröhling, S. 21; vgl. ferner Gordley, 1991, S. 134; Parry, S. 3; Baker, 2002, S. 53; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57. Zu sich noch heute abzeichnenden Spuren vgl. zuvor Fn. 408 sowie Kiralfy, S. 139, 152; Wendel, S. 58; Samuel, ZEuP 3 (1995), 375, 384 ff. Mit dem allgemeinen Einwand, dass Prozedur und Formalismus in alten Rechtssystemen eine große Rolle spielten, aber auch im modernen Vertragsrecht nicht zu vernachlässigen seien, Plucknett, S. 379; vgl. ferner ScholzFröhling, S. 36, 21; Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 500; van Caenegem, 1988, S. 88 f. 547 Zur judiziellen Rechtsgenese, dem case law, als „Herzstück“ des common law: Wegner, Jura 1987, 444, 444; van Caenegem, 1988, S. 89; vgl. ferner Whittaker, in: Beale, Rn. 1-003; Atiyah, 1979, S. 235; Schlosser, Kap. 15, Rn. 3 f.; v. Bernstorff, 2011, S. 9; ferner van Caenegem, 1991, S. 166, 169; Kiralfy, S. 13; Ranieri, S. 66 f.; Doerfert, JA 1998, 435, 435; Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Bell, in: Birks vol. I, Rn. 1.104; Fikentscher, 1975, S. 3 ff. sowie S. 58 ff. ausführlich zum „Fallrecht“. 548 Deutlich: Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 246. 549 Allerdings legt auch diese Behandlung einen Grundstein für die Bildung materiellen Rechts, weil die Fakten des Einzelfalls in den Blick genommen wurden, siehe das einführende Essay des Herausgebers Milsom, in: Pollock/Maitland, vol. I, S. lxvii; weiterführend zur historischen jury: Hatschek/Kienast/Ritter, S. 285 ff. 550 Cooke/Oughton, S. 11, 17 f.; Wendel, S. 92 f.

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chen Zugriff ermöglichte.551 Vor dem Hintergrund der Rechtsprechungszentriertheit wird auch die teilweise als handwerklich552 beschriebene Mentalität der englischen Juristen jener Zeit greifbar.553 Diese wurden nicht akademisch ausgebildet, sondern erlernten das common law als métier von Praktikern.554 In der Polarisierung des kontinentaleuropäischen Rechts als theoretisch und systematisch und des englischen als prozessual und pragmatisch liegt insofern durchaus Wahrheit.555 (2) Aufbruch zur Theoretisierung und Materialisierung des Vertragsrechts Ab dem 17. Jahrhundert zeichnete sich die Bestrebung ab, die „skelettartige Struktur“ des formalistischen Systems, in dem jeder Rechtsbehelf sein eigenes prozessuales und auch materielles Eigenleben führte556, im Bereich des Vertragsrechts abzustreifen und aufzufüllen.557 Im 19. Jahrhundert vollzog sich endgültig ein Auf- und Umschwung in wissenschaftlicher Hinsicht, als sich englische Juristen vermehrt dem materiellen Recht in abstrakten Kategorien zuwendeten.558 Die Gründe für diese Hinwendung zu Theorie und Abstraktion sind umstritten. Jedenfalls 551

Wendel, S. 93 f.; Cooke/Oughton, S. 11, 18: „machinery for producing contract law“ (18); Hager, S. 6, 11, 17 f. 552 Hattenhauer, 2004, Rn. 1344 zum handwerklich geprägten Juristenstand; vgl. ferner Koschaker, S. 216; Böckenförde, S. 29 ff., 34. 553 Weder wurde das Ziel eines theoretisch fest verankerten, in sich schlüssigen Gesamtgebildes verfolgt, noch eine philosophische Rechtfertigung, folglich auch keine systematische Aufarbeitung oder (begriffliche) Kategorisierung. Hierzu Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 517; Pollock/Maitland, vol. I, S. 174 f.; van Caenegem, 1988, S. 88 f.; vgl. Mattila, S. 139. 554 Deutlich Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 499; Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1105; Helmholz, in: Hudson, S. 145, 156; Richards/Mollica, Kap. 2, Rn. 38 f.; Schlosser, Kap. 15, Rn. 5 f.; van Caenegem, 1988, S. 88 f.; vgl. ferner Hattenhauer, 2004, Rn. 1344; Atiyah, 1979, S. 667; van Caenegem, 1991, S. 173, 179; v. Mehren, in: Encyclopedia Britannica, Stichwort: contract. Zum Gegensatz zwischen angelsächsischem Praktikerrecht und kontinentaleuropäischem akademischen Recht als „lawyers’ law and professors’ law“ Cooper, 63 Harv. L. Rev. (1950), 468, 468. 555 Stürner, ZVglRWiss 103 (2004), 349, 350 ff.; Legrand, 45 Int’l & Comp. L.Q. (1996), 52, 65 ff. Zu „conceptualism and pragmatism“ als plakativen Gegenpolen: Marsh, S. 33 f.; vgl. implizit zu den charakteristischen Gegensätzen von Theorie und Systematik gegenüber prozessual-formaler Ausprägung Llewellyn, 9 U. Chi. L. Rev. (1941), 224, 225 sowie Lomfeld, S. 233. Dies impliziert jedoch keine wertende Schlussfolgerung. So ermöglicht etwa das englische Recht gegenüber einer gesetzlichen, intellektuellen Antizipation abstrakter Fälle größere Realitätsnähe. Hierzu deutlich Radbruch, S. 10, 35 f.; vgl. Hattenhauer, 2004, Rn. 1794 sowie Marsh, S. 33 f. Zur bedürfnisgeleiteten Entwicklung: Beatson/Burrows/ Cartwright, S. 1, 11, 14 f.; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 599; Rubin, in: Patterson, S. 548, 550 f.; vgl. ferner Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 352, 357; Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 889 in Fn. 1; Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 918, 919 ff., 936 ff., 946 f.; McKendrick, S. 4. 556 Maitland, 1936, S. 4: „Each procedural pigeon-hole contains its own rules of substantive law“; Samuel, ZEuP 3 (1995), 375, 383. 557 So Ibbetson, S. 202 ff., 215; vgl. Ranieri, S. 83 sowie Salmond, S. 320, 320. 558 Heberer, ZfRV 43 (2002), 57, 57; Ranieri, S. 83 f.

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bot der markante gesellschaftliche Auf- und Umschwung den Nährboden für das wachsende Interesse an der Ausbildung eines theoretisch fundierten Vertragsrechts (a), das eine englische (Vertrags-)Rechtswissenschaft hervorbrachte (b). (a) Gesellschaftliche Hintergründe wirtschaftlicher und intellektueller Natur Von Bedeutung war die historische Kulisse eines wirtschaftlichen und intellektuellen Umbruchs in den gesellschaftlichen Verhältnissen.559 Die industrielle Revolution trieb die Abkehr von einer landwirtschaftlich geprägten Wirtschaft und Gesellschaft an560 und die wirtschaftlichen Verhältnisse und Lebensbedingungen der Bevölkerung verbesserten sich erheblich.561 Der exponentielle Anstieg der Produktionsmöglichkeiten erhöhte die Verfügbarkeit von Gütern, die die Nachfrage und Bedürfnisse der rapide wachsenden Bevölkerung562 nach diesen, sowie Dienstleistungen oder einhergehenden Belangen wie Arbeitsorganisation über einen Austausch am Markt befriedigte und nährte; die Verfügbarkeit rechtlich bindender Vereinbarungen nahm einen neuen Stellenwert ein.563 Insbesondere wurden zeitlich gestreckte Transaktionen immer wichtiger; wo vormals ein Austausch zumindest teilweise real vollzogen wurde, stand nunmehr der executory contract als Austausch bloßer Versprechen im Vordergrund, dessen vereinbarter tatsächlicher Austausch sich erst in der Zukunft abspielen sollte.564 Die aufstrebende zukunftsgerichtete Transaktionsart erforderte ein neues Konzept; ein solches bot das des durch Angebot und Annahme metaphysisch geschlossenen Vertrags.565

559 Die Gründe und das Ausmaß beeinflussender Faktoren sind umstritten. Hierzu Cooke/ Oughton, S. 17; Wightman, S. 51 f. Zu verschiedenen Faktoren: Ibbetson, S. 153; Owsia, S. 145; Atiyah, 94 L.Q.R. (1978), 193, 194; vgl. Cohen, 46 Harv. L. Rev. (1933), 553, 562 ff. Die ökonomischen Veränderungen werden in ihrer Bedeutung z. T. gegenüber den intellektuellen als nachrangig angesehen: Gordley, 1991, S. 4. 560 Kelly, S. 303; Wendel, S. 90 ff.; Atiyah, 1979, S. 224 ff.; Cooke/Oughton, S. 17 f. Auch die Landwirtschaft wurde revolutioniert, u. a. ermöglichten modernisierte Produktionsmethoden Exporte. Zur „technisch-wirtschaftliche[n] Vorherrschaft“ Englands in Europa und dem Aufstieg zur Weltmacht: Hattenhauer, 2004, Rn. 1793. 561 Zum radikalen Umbruch dieser Phase statt vieler Atiyah, 1979, S. 219; Goodhart, S. 7 f. 562 Atiyah, 1979, S. 224 f.; Kelly, S. 303. Beim Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert handelt es sich keineswegs um ein rein englisches, sondern ein europäisches Phänomen: Hattenhauer, 1996, Rn. 323 sowie ders., 2004, Rn. 1793. 563 Atiyah, 1979, S. 226 ff.; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 581, 599; vgl. den berühmten Ausspruch zu dieser Entwicklung als der fortschrittlicher Gesellschaften, Maine, S. 165: „[…] the movement of the progressive societies has hitherto been a movement from Status to Contract.“ (Hervorhebung in Original), vgl. S. 163 f. Vgl. ferner v. Mehren, in: Encyclopedia Britannica, Stichwort: contract; Wendel, S. 99 f. 564 Marsh, S. 21; Atiyah, 1979, S. 215, 398, 405 f., 419 ff., 428, 446; vgl. ferner Rheinstein, S. 117 f.; Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 918 f., 936 f.; Parry, S. 14; Weller, S. 86 f. 565 Hierzu insbesondere Atiyah, 1979, S. 198, 420, 446.

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Mit den materiellen gesellschaftlichen Veränderungen ging auch ein intellektueller Umschwung einher.566 Das philosophische Fundament der Entwicklungen bildete der England bis heute prägende Utilitarismus567, den große Denker wie Adam Smith, Jeremy Bentham und John Stuart Mill568 auf dem von berühmten Vorgängern wie Thomas Hobbes, John Locke und David Hume bereiteten Boden aufblühen ließen.569 Aus der landwirtschaftlichen, von feudalen Abhängigkeiten geprägten Gesellschaftsstruktur trat eine neue Gesellschaft sich als solcher wahrnehmender Individuen hervor, die ihr persönliches, wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgten.570 Mit dieser Vorstellung des freien Einzelnen571 rückte auch der Vertrag, zunächst in seinem Verständnis als Gesellschaftsvertrag (social contract), in das Blickfeld der großen Denker.572 Hieran angelehnt bot der privatrechtliche Vertrag ein ebenfalls durch Selbstbeschränkung der Selbstentfaltung dienendes Medium, mit dem Individuen ihre Interessen wirksam verfolgen konnten.573 Er bot ein Instrument für die 566 Siehe zum philosophischen Umdenken ab dem 17. Jahrhundert als Erschütterung und Umorientierung von Aristotelischem Gedankengut eines Pflichtengewebes zum Individuum weiterführend: Gordley, 1991, S. 112 ff.; Cooke/Oughton, S. 18; vgl. zum historischen Einfluss Aristotelischer Philosophie auf das englische Recht über das kanonische Kirchenrecht des Mittelalters: Berman, S. 246. 567 Allgemein zum Utilitarismus als ethische Konzeption statt vieler: Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 107 m.w.N. in Fn. 1; Arnsberger, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 23, 29 ff. Zum utilitaristischen Ideal der Wohlfahrts- oder Glücksmaximierung z. B. Atiyah, 1979, S. 324 ff.; Gierhake, in: Krüper, § 1, Rn. 19 f.; vgl. Parry, S. 13 f. 568 Adam Smith (1723 – 1790) wird mit seinem Werk „The Wealth of Nations“ (1776) als Vater des ökonomischen Liberalismus angesehen, siehe z. B. Cooke/Oughton, S. 22; Coing, S. 72; Atiyah, 1979, S. 294 ff. Zu Bedeutung, Einfluss sowie Menschenbild von Jeremy Bentham (1748 – 1832) z. B. Parry, S. 13 f.; Lieth, S. 37; Mayer-Tasch, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 61, 61; vgl. Schäfer/Ott, S. 26 m.N. sowie zu John Stuart Mill (1806 – 1873): Atiyah, 1979, S. 319 ff.; Lieth, S. 37; vgl. Eidenmüller, S. 358 f. 569 Zur theoretischen Grundlegung des englischen ökonomischen Liberalismus insbesondere durch Thomas Hobbes (1588 – 1679), John Locke (1632 – 1704) und David Hume (1711 – 1776) statt vieler Cooke/Oughton, S. 18 ff. 570 Vgl. Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 576 f. sowie Cooke/Oughton, S. 18 ff. 571 Ausführlich und kritisch zum Bedeutungsgehalt des damaligen Individualismus: Atiyah, 1979, S. 226 ff., 256 ff., 464; vgl. Cooke/Oughton, S. 18 ff. zum philosophischen Hintergrund; vgl. Gordley, 1991, S. 112 f. Zur allgemeinen (europäischen) Tendenz der Verschiebung des Fokus auf das Individuum: Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 111; Mitteis/Lieberich, S. 11. 572 Zu diesem intellektuellen Hintergrund der rechtlichen Entwicklung (so Cooke/Oughton, S. 18), der durch große Denker wie Jean-Jacques Rousseau (1712 – 1778), Thomas Hobbes und John Locke geprägt wurde (vgl. zuvor Fn. 569), z. B. Rousseau mit seinem „Du Contrat Social ou Principes du droit politique“ oder die, etwa in der (englischsprachigen) Aufsatzsammlung Lessnoff passend zusammengestellten klassischen Beiträge von Hobbes (S. 50 ff.), Pufendorf (S. 68 ff.), Locke (S. 85 ff.), Kant (S. 124 ff.) sowie aus der fast unerschöpflichen Literatur statt vieler Kersting, 1996, S. 59 ff., 109 ff., 140 ff., 180 ff. und ders., 2002; Lieberwirth; Ibbetson, S. 215 ff. 573 Gordley, 1991, S. 116: „Contract seemed to transmute self-interest into a limitation on the pursuit of self-interest.“; vgl. allgemein Larenz, 1979, S. 57: „Der Vertragsschluß ist […] ein Akt der Selbstbestimmung durch Selbstbindung.“.

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Ausprägung und Ausübung eines neuen, individuumszentrierten Selbstverständnisses, weil über die wirtschaftlich-privatrechtliche Dimension seiner Funktionsweise die Autonomie des Einzelnen als Bestandteil der Gesellschaft mittelbar Anerkennung fand.574 Die Strömung des wirtschaftlichen und individuellen Liberalismus und die Entwicklung eines allgemeinen Vertragsrechts verliefen insoweit Hand in Hand.575 Hiermit harmonierten wiederum die Gedanken einer Willenstheorie, die zu jener Zeit insbesondere im kontinentaleuropäischen Raum vorherrschte und Ausdruck im Vertragskonzept von Angebot und Annahme fand.576 Auch dieses Umdenken brachte in rechtlicher Hinsicht den executory contract und das Erklärungskonzept von Angebot und Annahme ins Spiel, allerdings mit der Folge einer unklaren Lage, wo und wie sich die consideration-Doktrin in diesem veränderten Szenario positionieren sollte.577 (b) Erwachen englischer (Vertrags-)Rechtswissenschaft Trotz der tendenziell behutsamen Vorgehensweise der englischen judiziellen Rechtsgenese verlangten die raschen Umbrüche eine verhältnismäßig schnelle und sachgerechte rechtliche Reaktion auf die neu erwachsenen Bedürfnisse.578 Zum Ende des 18. Jahrhundert begann, beflügelt durch die aufkommenden treatises, als lehrbuchartige579, literarische Auseinandersetzungen mit (vertrags-)rechtlichen Fragestellungen, die Ära englischer Rechtswissenschaft, die im nachfolgenden Jahrhundert weiter Fahrt aufnahm.580 Neben ausländischen Impulsen und Inspiration581 war dieser Entwicklung auch der (Wieder-)Ausbau einer elaborierten Ausbildung der praktisch geschulten Juristen in den Inns of Court förderlich.582 In literarischer Hinsicht standen die Juristen des 19. Jahrhunderts vor der Aufgabe, aus der un574 Vgl. Wendel, S. 92 sowie zu dieser Sicht Cooke/Oughton, S. 17; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 599 m.w.N.; vgl. Atiyah, 1979, S. 420 f. 575 Atiyah, 1979, S. 400 ff.; Cooke/Oughton, S. 17. Vgl. zu dieser Prägung aus Perspektive des US-Rechts: Posner, S. 32, 300 f.; vgl. Wightman, S. 23. Zum Verständnis des häufig synonym verwandten laissez-faire-Begriffs ausführlich und kritisch: Atiyah, 1979, S. 221, 231 ff. 576 Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 599. Zu Wille und Konsens als Basis des Vertrags, z. B. im deutschen Recht, statt vieler Thier, in: HKK-BGB (2007), § 311 I, Rn. 4 mit historischer Herleitung; Weller, S. 65 ff., 187; allgemeiner: Lomfeld, S. 85 ff. Teilweise wird eine Parallele zwischen philosophischer Willenstheorie und wirtschaftlichem Liberalismus aufgezeigt: Whittaker, in: Beale, Rn. 1-026; vgl. Coote/Carter, S. 10. Zur Kombination von Liberalismus und naturrechtlichen Gedanken wie der Willenstheorie: Hager, S. 6. 577 Atiyah, 1979, S. 420, 448 ff., 453. 578 Zur Entwicklung des Vertragsrechts als Antwort auf zunehmend erwachsende Bedürfnisse z. B. Owsia, S. 145. 579 Zur Didaktik und Methodik: Rubin, in: Patterson, S. 548, 550, 551. 580 Ibbetson, S. 220; Wendel, S. 95 f.; Scholz-Fröhling, S. 42; Atiyah, 1979, S. 399; vgl. ferner Rheinstein, S. 236 f.; Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 48; Marsh, S. 21. 581 Siehe hierzu sogleich B. II. 1. b) bb) (3) sowie pathetisch Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 163 f. 582 Wendel, S. 94 f.; Rheinstein, S. 237; Richards/Mollica, Kap. 2, Rn. 38 f.

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überschaubaren Menge an Rechtsprechung eine Systematik zu extrahieren.583 Einen (ersten) entscheidenden Schritt im Rahmen der Systematisierungsbestrebungen vollbrachte im 18. Jahrhundert der das geltende Recht systematisch zu erfassen versuchende William Blackstone584, der mit seinen Commentaries on the Laws of England ein Denkmal setzte.585 Wie allgemein in dieser Epoche wird auch diesem Werk aus englischer Feder eine markante Note kontinentaleuropäischen Gedankenguts beigemessen.586 Allerdings stellten die Vorstöße erst den Auftakt zur Ausbildung eines allgemeinen Vertragsrechts dar; so widmeten die Blackstone’schen Commentaries diesem nur vierzig Seiten des umfangreichen Werkes und behandelten vertragsrechtliche Materien nicht allgemein, sondern inzident im Rahmen einzelner Transaktionstypen oder Beziehungen.587 (3) Einströmen kontinentaleuropäischer Impulse durch die Einbruchstelle des vormaligen theoretischen Vakuums Durch die auf der praktischen Funktionsweise und -fähigkeit beruhende, geringe theoretische Erschließung boten sich Einbruchstellen, durch die das kontinentaleuropäische Vertragskonzept mit nachhaltiger Wirkung in das englische Recht eindringen konnte: Zu Unrecht wird teilweise bezweifelt, dass kontinentaleuropäisches Gedankengut eine Rolle für die Entwicklung des englischen Vertragsrechts im 18. und 19. Jahrhundert spielte (a). Der Einfluss zeigt sich neben systematischer Inspiration in der partiellen Übernahme materieller Konzepte, namentlich dem Vertragsmodell von Angebot und Annahme (b), was das heutige hybride Konzept mit schwerwiegenden Implikationen zur Folge hatte (c). (a) Kontinentaleuropäische Inspiration als Faktum Ohne in die grundlegende Frage einzusteigen, ob das deutsche und englische Recht historisch in ihren frühesten Wurzeln übereinstimmen588, liegt in Anbetracht der dargestellten originär englischen, prozessualen Ursprünge eines Rechtsbehelfs zum Ersatz des infolge eines Bruchs des, mit consideration abgesicherten, Versprechens entstandenen Schadens nahe, dass das materielle Vertragskonzept von offer and acceptance kontinentaleuropäische Handschrift trägt. Obwohl anerkannt 583

Wendel, S. 95; vgl. Ibbetson, S. 153. Zu Hintergründen z. B. Kiralfy, S. 42; Schlosser, Kap. 15, Rn. 25; Fikentscher, 1975, S. 33 ff. 585 Ranieri, S. 74 („historisches Monument“); Hattenhauer, 2004, Rn. 1509 f.; ScholzFröhling, S. 42; vgl. ferner Cooke/Oughton, S. 26; Gordley, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1815, 1819; Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 932. 586 Ranieri, S. 74; Schlosser, Kap. 15, Rn. 25; Hattenhauer, 2004, Rn. 1510. 587 Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 920; vgl. ferner Ranieri, S. 50; Atiyah, 1979, S. 215 f. 588 Weiterführend van Caenegem, 1987, S. 115 sowie ders., 1988, S. 110; Zimmermann/ Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 134; vgl. Großfeld, RabelsZ 55 (1991), 4, 10 sowie Alpa/ Andenas, S. 208 ff. 584

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wird, dass das Vertragsrecht in seiner heutigen Erscheinungsform ein Produkt des 19. Jahrhunderts ist589, wird der kontinentaleuropäische Einfluss teilweise bestritten; das Vertragsrecht sei originär englischer Natur und habe sich bedürfnisgerecht entwickelt.590 Die These einer Autarkie wird ferner auf einen fehlenden Widerhall römischrechtlicher Spuren im englischen Recht gestützt.591 Teilweise wird betont, dass ein Import fremder Konzepte als ein phänomenologisch radikaler Bruch angesichts der typischerweise graduellen Anpassungen des englischen (Vertrags-) Rechts als inkompatibel ausscheide.592 In der Tat herrschte zeitweise eine intellektuelle Autarkie des frühzeitig entwickelten Rechtswesens, die rezipierende Bewegungen, wie eine solche der deutschen Pandektenwissenschaft, verhinderte.593 Die Entwicklungen des 19. Jahrhunderts legen jedoch in verschiedenen Hinsichten nahe, dass eine Auseinandersetzung mit externem Gedankengut zunehmend stattfand.594 Obwohl für die Behauptung, dass ein Modell übernommen wurde oder eine Verwandtschaft zwischen verschiedenen Konzepten besteht, mehr als eine terminologische oder phänomenologische Ähnlichkeit zu fordern ist595 und sich eine undifferenzierte Gleichschaltung von Einfluss und Zufall verbietet596, können die offenkundigen Übereinstimmungen hinsichtlich des Vertragskonzepts von Angebot und

589

Horwitz, S. 160 und ders., 87 Harv. L. Rev. 1974, 917, 917. Vgl. die These bei Horwitz, dass sich der entscheidende Wandel im Wege eines radikalen Bruchs von der vormaligen Vorstellung materieller Gerechtigkeit, insbesondere einer (vertraglichen) Austauschen zugrunde liegenden Austauschgerechtigkeit, zur diese ablösenden, verpflichtungsschaffenden Kraft der Willensübereinstimmung der Parteien vollzog: Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, insbesondere 918, 919 ff., 936 ff., 946 f. sowie erweitert veröffentlicht in Buchform: Horwitz, S. 160 ff. Da die Arbeit lediglich nachzuweisen sucht, dass ein kontinentaleuropäischer Einfluss eine Rolle spielte, müssen die angeführten, historisch verstreuten Belege nicht individuell auf ihre Stichhaltigkeit geprüft werden. Vgl. überdies kritisch erörternd Simpson, 46 U. Chi. L. Rev. (1979), 533 mit dem Fazit, dass die These vereinfacht sei und auf einer verklärten Sicht des vor dem 19. Jahrhundert existierenden Vertragsrechts beruhe. 591 Zur autarken Entwicklung als Abgrenzung von römischrechtlichen Einflüssen: Salmond, S. 320, 321. Zum Einfluss römischen Rechts auf das englische (vgl. zuvor Fn. 495 zum Einfallstor der equity), über den eine Bandbreite an Meinungen besteht, z. B. gegen einen solchen: Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 591; Helmholz, in: Hudson, S. 145, 148; van Caenegem, 1991, S. 165, 172, 176 und ders., 1988, S. 88 f. sowie gemäßigter: Pollock/ Maitland, vol. II, S. 196, 117 f.; Curzon, S. 59 f.; Marsh, S. 2. Für einen Einfluss: Cooke/ Oughton, S. 6 f.; Samuel, in: Schulze, S. 287, 287 ff. m.w.N.; darstellend Graziadei, in: Reimann, S. 115, 116 ff. sowie gemäßigter: Henrich/Huber, S. 11 f.; Pringsheim, 5 C.L.J. (1935), 347, 349; Koschaker, S. 214 ff., 221; Holdsworth, 27 L.Q.R. (1911), 387, 398; Radbruch, S. 6 f. 592 Zur isolierten Stellung Englands: Lyall, S. 21 f.; vgl. Marsh, S. 2 f. 593 van Caenegem, 1987, S. 123 f.; vgl. Pollock/Maitland, vol. I, S. 188. 594 Vgl. B. II. 1. b) bb) (2), (3) und z. B. Lomfeld, S. 233 m.w.N. zum Mythos der englischen Isolation. 595 Vgl. Pollock/Maitland, vol. II, S. 560 zum Verhältnis von englischem und römischem Recht; zur besonderen Gefährlichkeit bei phänomenologischer bzw. sprachlicher Ähnlichkeit Großfeld, S. 106 f. 596 Vgl. Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 372. 590

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Annahme nicht als (historische) Zufälligkeit abgetan werden.597 Ebenso verfängt zumindest hinsichtlich der markanten Deckungsgleichheit und abrupten Implementierung der Gedanke nicht, dass erkennbare Übereinstimmungen auf eine lediglich parallele evolutive Entwicklung zurückzuführen sind.598 Unzweifelhaft bestanden über zwangsläufige, insbesondere handelsbedingte Vernetzungen hinausgehende Inspirations- und Kontaktpunkte599 intellektuellen Austauschs; englische Juristen kamen mit kontinentaleuropäischer Rechtswissenschaft und ihren Größen durch persönliche Kontakte, Auslandsstudien und nicht zuletzt flächendeckend durch die Verfügbarkeit wichtiger literarischer Werke mit tiefgreifender Wirkung in Berührung.600 Überdies stellt eine Auseinandersetzung und gegebenenfalls Eingliederung externen Gedankenguts einem Rechtssystem weder ein Armutszeugnis aus, noch begründet es im Gegenteil ein Prestige des Urhebers601, das es aus (National-)Stolz abzustreiten gölte; es handelt sich vielmehr um einen natürlichen Vorgang gegenseitiger Bereicherung.602 Solche ersprießlichen Rezeptionen sind auch dem deutschen Recht nicht fremd.603 In jedem Fall verbietet es sich, den 597

Zur nicht rein instrumentellen Funktion, sondern einem inhaltlich prägenden Gehalt von Sprache: Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 369. Vgl. implizit Simpson, 46 U. Chi. L. Rev. (1979), 533, 590. 598 Mit einer solchen grundsätzlich, aber nicht im konkreten Fall Zustimmung verdienenden Anregung: Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 518. 599 Vgl. in diese Richtung gehend Fikentscher, 1975, S. 3. 600 Hierzu z. B. Koschaker, S. 219 f. Rheinstein, S. 71, 238. Zum Einströmen (übersetzter) kontinentaleuropäischer Literatur sogleich Fn. 615. 601 Mattei, 14 Int’l Rev. L. & Econ. (1994), 3, 4, 6 m.w.N. in Fn. 8; vgl. Sacco, 39 Am. J. Comp. L. (1991), 343, 398 f., nach dem Nachahmungen neben Oktroyierung auf Prestige beruhen, wobei es sich jedoch im rechtsvergleichenden Kontext um einen nicht aussagekräftigen, tautologischen Begriff handele. 602 In heutiger Zeit werden solche Einflüsse und legal transplants nicht als ungewöhnlich, sondern als grundsätzlich erwünscht und typische Quelle rechtlicher Entwicklung und Veränderung angesehen: Mattei, 14 Int’l Rev. L. & Econ. (1994), 3, 3; Schwartze, in: Riesenhuber, § 4, Rn. 1 m.w.N. in Fn. 1; Mattei/Antoniolli/Rossato, in: Bouckaert/De Geest, vol. I, S. 505, 509; vgl. befürwortend bereits Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 162 f., 198. Klar zustimmend, jedoch mit der Warnung, „die Dinge [nicht] zu einfach, die Welt als rechtskulturellen Selbstbedienungsladen zu sehen“: Großfeld, S. 1 f., 3. Vgl. Augenhofer, in: Krüper, § 10, Rn. 27 zu Gefahren und Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, 171 dazu, dass fehlende terminologische Originalität nicht zu beanstanden sei, allerdings dieser nachfolgende Unstimmigkeit. Der Wettstreit verschiedener Regelungskonzepte wird als sog. Regulierungswettbewerb diskutiert, siehe die hierzu einschlägige Literatur, statt vieler z. B. im Kontext des Gesellschaftsrechts: Tröger, 6 EBOR (2005), 3; Heine. 603 Hattenhauer, 1996, Rn. 137; vgl. Mitteis/Lieberich, S. 5; mit Beispielen: Großfeld, S. 2; van Caenegem, 1987, S. 123. Zur Annäherung kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen an anglo-amerikanisches Recht (convergence) z. B. Blumenwitz, S. 1 m.w.N.; Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 589 ff. m.w.N.; vgl. Graziadei, in: Reimann, S. 115, 145 sowie Tetley, 60 La. L. Rev. (2000), 677, u. a. 679 zu beidseitiger Annäherung. Entschieden a.A. mit Verweis auf verschiedene Rechtskulturen: Legrand, 45 Int’l & Comp. L.Q. (1996), 52, insbesondere 60 ff., 79 f. u. a. 61 f.: „[European] legal systems […] have not been converging, are not converging and will not be converging. It is a mistake to suggest otherwise“. Zuvor findet sich

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kontinentaleuropäischen Einfluss im Hinblick auf das englische Vertragskonzept pauschal zu negieren. (b) Eindringen des Vertragskonzepts von Angebot und Annahme im Zuge der Strukturierung und Materialisierung des Vertragsrechts Angestoßen durch die dargestellten gesellschaftlichen Bedürfnisse und zumindest animiert durch die Eindrücke kontinentaleuropäischer Rechtswissenschaft, veränderte sich das englische Recht im 19. Jahrhundert in systematischer und materieller Hinsicht entscheidend.604 Vom Vorbild der kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen inspiriert605, fand im Zuge der angestoßenen Bewegungen auch eine Strukturierung des englischen Rechts statt.606 Der neue praktische Fokus auf der bindenden Vereinbarung zukünftiger Transaktionen (executory contracts) lenkte den Blick von einzelnen Austauscharten zu einer strukturell gemeinsamen Basis privatautonomer Bindung durch Versprechen bzw. Vertrag607 und aus der vormaligen prozessualen Ordnung der forms of actions entwickelte sich so zunehmend ein abstrahierendes, generelles Vertragsrecht.608 Dabei fanden mitunter römischrechtlich beeinflusste, naturrechtlich geprägte Systematisierungsideen kontinentaleuropäischer Vorbilder Eingang in die erwachende englische (Vertrags-)Rechtswissenschaft.609 Die Art und Weise der Umsetzung des zunehmenden theoretischen Interesses der englischen allerdings u. a. der interessante Anknüpfungspunkt, dass sich weder konkrete Regeln als spröde und kontingent, noch zugrunde liegende Konzepte als relativ und subjektiv gefärbt als Maßstab für die Bewertung einer Annäherung eigneten, weil diese nur die Oberfläche und nicht „the deep structures of legal systems“ aufdeckten (55 f.), sodass auch ein kulturell-geschichtlicher Ansatz zu fordern sei (56 ff.), was den hiesigen weiten dogmatischen Ansatz bestärkt. Eine Annäherung zeigt sich in den bereits erwähnten, allerdings nicht unbestrittenen legal transplants (Fn. 602). Siehe die mit Beispielen unterfütterte Auseinandersetzung, u. a. mit Bezug auf mögliche effizienzbedingte Beweggründe, bei Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 827, 833 m.w.N. Die Bewertung entsprechender aktueller Tendenzen als imperialistischer oder natürlicher Gang der Dinge bleibt diesbezüglichen Forschungen vorbehalten. 604 Vgl. Ibbetson, S. 153 f. 605 Wendel, S. 95 f.; Cooke/Oughton, S. 11; vgl. Jewell, S. 21. Nach Marsh, S. 21 hingegen handele es sich um eine offene Frage, welcher der beiden Faktoren, das erwachende Interesse an Systematisierung oder die kontinentaleuropäische Inspiration, Ursache oder Folge der Systematisierungsbestrebungen sei. Überdies kann das Systematisierungsinteresse an sich hinterfragt werden, vgl. Legrand, 45 Int’l & Comp. L.Q. (1996), 52, 65: „The common law was never systematised nor has it ever aspired to be.“. 606 Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 498 f. sowie ders., 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 558; Ibbetson, S. 153. 607 Vgl. Atiyah, 1979, S. 215. 608 Wightman, S. 52; Gordley, 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 558; vgl. Salmond, S. 320, 320. 609 Vgl. z. B. Gordley, 1991, S. 134; Cooke/Oughton, S. 11, 26 f.; Wendel, S. 96 f. Abweichend Atiyah, 1979, S. 214, 406 zur Zurückhaltung englischer Juristen gegenüber, ihnen durchaus zur Kenntnis gelangenden, naturrechtlichen Ideen. Zu den hier nicht behandelten, bedeutsamen systematischen Vorstößen des Aufklärers Christian Wolff (1679 – 1754): Hattenhauer, 2004, Rn. 1486, 1488 ff. und ders., 1996, Rn. 50 ff.

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Juristenschaft610 kann jedoch als Ausdruck ihrer traditionell lösungsorientierten Mentalität verstanden werden: Erstrebt wurde nicht eine umfassende, überzeitliche, allgemeine und kohärente Vertragstheorie, sondern eine schlüssige und funktionsfähige Basis, soweit ein entsprechendes praktisches Bedürfnis bestand611, was zum Modell von Angebot und Annahme bzw. offer und acceptance überleitet. Über den letztlichen Grund der Einführung und Verfestigung dieses inzwischen fest etablierten Konzepts besteht keine Einigkeit.612 Vor dem Hintergrund der historisch andersartigen Ursprünge und dem relativ späten und plötzlichen Auftauchen des Vertragskonzepts von Angebot und Annahme in der englischen Rechtsprechung613 erhärtet sich jedenfalls der Verdacht, dass dieses aus kontinentaleuropäischen Vertragsvorstellungen importiert wurde.614 Eine plausible Erklärung hierfür ist, dass die englischen Juristen angesichts des theoretischen Vakuums und der wachsenden Bedürfnisse an einer Weggabelung standen. Da eine unveränderte Fortsetzung der bisherigen Praxis nicht als opportun empfunden wurde, bot sich einerseits die Möglichkeit, mühevoll eigene Konzepte umfassend zu entwickeln oder andererseits, etablierte, zunehmend bekannte und offenbar funktionstüchtige zu übernehmen. Die Bereitschaft, den letzteren Weg einzuschlagen, dürfte nicht zuletzt durch die infolge der bereits angedeuteten, zunehmenden Auseinandersetzung wachsende Vertrautheit mit kontinentaleuropäischen Ideen und Konzepten beflügelt worden sein. Diese beruhte nicht nur auf der Lektüre kontinentaleuropäischer rechtwissenschaftlicher

610 Siehe Postema, in: Coleman/Shapiro, S. 588, 589 f.; Rheinstein, S. 235 f. Zu Ausnahmen akademischer Vorgehensweise: Atiyah, 1979, S. 682. 611 Postema, in: Coleman/Shapiro, S. 588, 589 f., 599; vgl. zur instrumentellen Funktion wissenschaftlicher Theorie: Cardozo, S. 1, 9, 21 ff., 47. 612 Siehe z. B. Atiyah/Smith, S. 64 f. 613 Hierzu Atiyah, 1979, S. 446 m.N.; vgl. Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 7. Kontinentaleuropäische Literatur wurde z. T. explizit als Autorität eingeführt, siehe eindrücklich die Bezugnahme auf Pothier in Cox v. Troy (1822) 5 B. & Ald. 474, 480 f. (Best, J.): „[T]he authority of Pothier is expressly in point. That is as high as can be had, next to the decision of a Court of Justice in this country. […] [H]e is a writer of acknowledged character; his writings have been constantly referred to by the Courts […]. We cannot, therefore, have a better guide […]“, auf seine Vertragsdefinition in Foster v. Wheeler (1887) 36 Ch. D. 695, 698 (Kekewich, J.): „Definitions of ,contract‘ are to be found in the textbooks, and I have consulted several of them […] all founded on, and many of them simply adopt, the definition given by Pothier […].“ (Hervorhebung in Original) oder seine Ausführungen zum Kaufrecht in Couturier v. Hastie (1856) 10 E.R. 1065, UKHL J3 („[T]he principles […] on which all contracts of sale must proceed, as explained and illustrated by Pothier […]“). 614 Gordley, 1991, S. 139 ff. sowie ders., 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 558; Whittaker, in: Beale, Rn. 1-014 m.w.N.; Wendel, S. 97, 99; Atiyah, 1979, S. 399 f., 447; vgl. Cooke/Oughton, S. 26, 28. Zu Gegnern des Vertragsprinzips und dessen Wahrnehmung als „Import“: ScholzFröhling, S. 11 f. m.w.N.; vgl. Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, 171. Zur maßgeblichen Prägung modernen englischen Vertragsrechts durch kontinentaleuropäisches Gedankengut deutlich: Zimmermann, 112 L.Q.R. (1996), 576, 588 f.; Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 7.

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Literatur, die mit der Übersetzung wichtiger Werke weiter Fahrt aufnahm;615 auch ein direkter Austausch durch persönlichen Kontakt zwischen juristischen Koryphäen englischer und kontinentaleuropäischer Provenienz fand statt.616 Die Einflüsse schlugen sich auch in der Praxis nieder, beispielsweise nahmen englische Richter in ihren Entscheidungen teilweise Bezug auf kontinentaleuropäische Denker, um ihre Argumentation zu untermauern.617 So wurde, insbesondere durch das mittelbar eindringende naturrechtliche Gedankengut, das Vorstöße in Richtung eines allgemeinen, materiellen Vertragsbegriffs wagte, der Boden für ein entsprechendes englisches Vertragsrecht bereitet.618 In Anbetracht der Kombination eines als dringend wahrgenommenen Handlungsbedarfs, einer gleichwohl praktisch-pragmatischen Ausrichtung bar eines originär ausgeprägten, theoretischen Interesses, erscheint die Inkorporierung des Vertragsprinzips von Angebot und Annahme naheliegend, das modern, theoretisch fundiert und zugleich zur Behandlung sich stellender Folgefragen bereit und geeignet erschien.619 So griffen insbesondere die Verfasser der treatises auf kontinentaleuropäische Quellen zurück, um vorhandene und nunmehr als solche empfundene Lücken zu füllen.620 Allerdings erfolgte die Umsetzung nicht behutsam im Wege einer sorgfältigen Rezeption auf Basis einer inhaltlichen Aufarbeitung, Durchdringung und Integration; vielmehr wurden Konzepte und Theorien punktuell als intellektueller „Steinbruch“ ausgebeutet, indem einzelne Komponenten herausgegriffen und teilweise oberflächlich oder für die eigenen Belange zurechtgebogen verwendet wurden.621 Der vorhandene vertrags615

Zum sich übersetzungsbedingt ausweitenden Zugang zu zentralen Werken kontinentaleuropäischer Rechtswissenschaft in England: Gordley, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1815, 1821 sowie ders., 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 558; Koschaker, S. 220. Wichtige materielle Spuren hinterließen insbesondere Pothier und Savigny: Atiyah, 1979, S. 407 f., 447; Jewell, S. 21; zu Savigny: Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 163; mit Betonung Pothiers: Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 46 f. m.w.N.; Hattenhauer, 2004, Rn. 1509; Atiyah, 1979, S. 399 f.; Simpson, 46 U. Chi. L. Rev. (1979), 533, 590; Rheinstein, S. 238, 240 m.N.; Wendel, S. 97; vgl. ferner Cooke/Oughton, S. 26, 28; Ranieri, S. 84; Baker, 2002, S. 352. 616 Hierzu z. B. Graziadei, in: Reimann, S. 115, 158. So ließ sich beispielsweise der bedeutende englische Jurist Maitland von deutschem und französischem Recht stimulieren: Helmholz, in: Hudson, S. 145, 149. 617 Hierzu m.N. Gordley, 43 Am. J. Comp. L. (1995), 555, 558; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1241. Angesichts der hohen Bedeutung der Argumentation in (englischen) Gerichtsentscheidungen kann davon ausgegangen werden, dass eine Bezugnahme auf ausländische Autoritäten nicht unreflektiert erfolgte, sodass der diesen Einfluss herunterspielende Einwand, dass der Rückgriff lediglich der Begründungserleichterung gedient habe, nicht überzeugt. So jedoch Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 373. 618 Eine originäre, als „naturrechtlich“ zu klassifizierende Periode hat das englische Recht nicht durchschritten, deutlich Fezer, JZ 41 (1986), 817, 824. Zum Eindringen des Gedankenguts auf sekundärem Weg siehe Gordley, 1991, S. 134 ff.; Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 46 f. 619 Hierzu differenziert Postema, in: Coleman/Shapiro, S. 588, 599, vgl. 589 f. 620 Cooke/Oughton, S. 26; vgl. Gordley, 1991, S. 135. 621 Zu dieser Vorgehensweise eines „selective borrowing“ ausführlich Gordley, 1991, S. 134 ff., 161; vgl. Wendel, S. 96. Zu den Gefahren einer falsch verstandenen, oberflächlichen Rezeption der Lösungen fremder Rechtsordnungen siehe Großfeld, S. 3, 11 f., 15, vgl. Fn. 602.

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rechtliche Bestand wurde weder umfassend ersetzt, noch kritisch dahingehend überprüft, ob und gegebenenfalls welche Elemente als nunmehr obsolet622 „auszurangieren“ seien; das Konzept von offer und acceptance wurde also nicht als Er-, sondern als Zusatz eingebracht623 und ohne den philosophischen Unterbau einer normativen Begründung der Bindungswirkung.624 Insoweit darf trotz der terminologischen Kongruenz von Angebot und Annahme bzw. offer und acceptance nicht auf eine solche des deutschen und englischen Vertragskonzepts und ihres jeweiligen theoretischen und dogmengeschichtlichen Fundaments geschlossen werden. (c) Implikationen für die Schlüssigkeit des hybriden englischen Vertragskonzepts Diese kumulierende Vorgehensweise verursachte (theoretische) Dissonanzen und Spannungen625, die sich allerdings auf die vorliegenden Fragen des unilateral contract nicht entscheidend auswirken. Außer Acht gelassen werden kann insofern insbesondere die kontroverse Debatte um die analytischen626 Folgen des Beibehalts des consideration-Erfordernisses, obwohl dieses durch das Konzept von Angebot und Annahme teilweise funktional ersetzt wurde.627 Wie im Falle des bilateral contract fällt auch beim unilateral contract die consideration, vorbehaltlich etwaiger billigkeitsgetriebener Deviationen, mit der Annahme zusammen; die teilweise kritisch gesehene, erst mit der vollständigen Handlungsvornahme zeitlich relativ spät eintretende Bindungswirkung ist insofern Folge der konzeptionell späten Annahme, nicht (nur) des consideration-Erfordernisses.628 Für den unilateral contract stellte insoweit nicht die kumulative Ausgestaltung, sondern das Hinzutreten des Vertragskonzepts an sich ein Problem dar. Als intellektuelle Einigung lässt sich das typische Geschehen der tatsächlichen Handlung infolge einer öffentlichen Belohnungsaussetzung nur gewunden konstruieren, wie in der Entscheidung zum karbolischen Rauchball deutlich wird.629 Die Deutung der Handlungsvornahme als Annahme erscheint insoweit als Fiktion zu dem Zweck, den tatsächlichen Lebens622 Deutlich z. B. Atiyah, 1979, S. 451 f., 454; Rheinstein, S. 119; vgl. Mitteis/Lieberich, S. 11; vgl. Wendel, S. 101. 623 Wendel, S. 103; Gordley, ZEuP 1 (1993), 498, 498. 624 Deutlich Gordley, 1991, S. 135, 176 sowie zum Beibehalt „große[r] Brocken des alten“ Rechts ders., ZEuP 1 (1993), 498, 498; vgl. Owsia, S. 145 f. 625 Gordley, 1991, S. 162; McKendrick, S. 52; Wendel, S. 103. 626 Relevant für die hiesige Untersuchung ist vielmehr die hiermit implizierte Wertung: B. II. 1. c) bb). 627 Vgl. Atiyah, 1979, S. 447. Teilweise wird sogar angenommen, dass das Konzept nicht nur nicht aufgegeben wurde, sondern aktiv verstärkt und befestigt: Pound, S. 66; vgl. Wendel, S. 101, 103, 105. Zur Schwierigkeit, der consideration gegenüber dem Gedanken einer willensbasierten Verpflichtungswirkung noch eine sinnvolle Rolle beizumessen: Hager, S. 7. Zu den evolvierenden Schwierigkeiten zweier (unharmonisierter) Konzepte: Furmston, S. 15; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1251; vgl. Atiyah, 1979, S. 688. 628 A.A. demgegenüber Wendel, S. 103 zu unterschiedlichen Auswirkungen bei unilateral und bilateral contract. 629 Atiyah, 1979, S. 441; vgl. B. II. 1. a).

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sachverhalt in das neue Vertragsmodell zu pressen.630 Dennoch etablierte sich das – auf den Fall der executory contracts zugeschnittene – Konzept von Angebot und Annahme als fester Bestandteil des englischen Vertragsrechts.631 (4) Fazit Die vielfältig praktisch und nicht theoretisch geleiteten Motive der originär englischen sowie der kontinentaleuropäisch beeinflussten Entwicklung des hybriden Vertragskonzepts indizieren eine Kontingenz, die einigen wichtigen Rückschlüssen jedoch nicht im Wege steht. Erstens zeigt sich, dass der unilateral contract als real halbseitig vollzogener Austausch, dem historisch verankerten quid pro quo-Gedanken genügend, ohne erheblichen Begründungsaufwand als durchsetzbar anerkannt wurde, während gleiches für den heutigen Regelfall des bilateral contract als bloßem Versprechensaustausch eine Errungenschaft darstellt.632 Die (dogmen-)geschichtliche Herleitung wirft insofern Zweifel auf, ob das englische Vertragskonzept ein unumstößliches ist. Zweitens wird deutlich, dass das englische Konzept mit der historischen Komponente eines mittels consideration bekräftigten Versprechens einen einseitigen, Reziprozität sichernden Gedanken enthält, der nicht nur die Frage nach dem Verpflichtungsgrund bereichert, sondern auch eine Wertung andeutet, die wegweisend für etwaige Reformvorhaben oder die Ausgestaltung eines konsensfähigen rechtsvereinheitlichenden oder -harmonisierenden Projekts sein könnte. c) Wertungshintergründe und Fazit über die dogmengeschichtliche Vorbestimmung des Vertrags als Verpflichtungsgrund Die historische Betrachtung lässt einige, mitunter erstaunliche Einblicke auf mögliche Wertungshintergründe633 zu. So beherbergt kontraintuitiverweise gerade das die Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung strikt vertraglich erfassende englische Recht in seinem deliktisch basierten, judiziell entwickelten, originären Konzept von promise und consideration eine (dogmen-)geschichtliche Basis für eine einseitige Konstruktion, die zugleich einen fruchtbaren Ausgangspunkt für die abstrakte Frage der Fundierung eines allgemeinen einseitigen Verpflichtungsgrundes bietet [aa)]. Überdies erweist sich die dem Vertragskonzept von Angebot und Annahme zugeschriebene Wertung, Ausdruck des normativ Verpflichtung begrün630 Deutlich Atiyah/Smith, S. 65 sowie 57, 59; vgl. ferner W. G. Becker, S. 22 f.; Wendel, S. 103 f.; Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 135; Furmston, S. 15; Simpson, 91 L.Q.R. (1975), 247, 260 m.w.N. 631 Statt vieler zu diesem – nur in seinem Entwicklungsgang unklaren – Ergebnis: Atiyah/ Smith, S. 64 m.w.N.; Wendel, S. 104. Allgemein zur fehlenden Eignung des Vertragskonzepts, bestimmte Sachverhalte angemessen zu erfassen, und öffentlicher Belohnungsaussetzung als Paradebeispiel hierfür: Swain, 17 Edin. L. Rev. (2013), 1, 9. 632 Vgl. hierzu Preuss, S. 77. 633 Vgl. Smith, S. 11 f. zur anspruchsvollen Ausprägung eines Kohärenz-Kriteriums, eine überwölbende Leitidee zu finden („single master idea or principle“).

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denden, übereinstimmenden Parteiwillens zu sein, nicht als klar vorherrschend; die zwar praktisch fest verankerte Komponente steht weder alleine, noch wurde sie theoretisch fundiert integriert, sondern von praktischen Bedürfnissen geleitet instrumentell inkorporiert [bb)]. aa) Deliktisch basiertes, einseitiges Konzept des mit consideration versehenen promise Der Ursprung des englischen Vertragsrechts in deliktischen Gefilden ist, trotz verschiedener Unstimmigkeiten über die zeitliche und inhaltliche Präzisierung634, gemeinhin anerkannt635 und in verschiedenen Hinsichten für die vorliegende Fragestellung relevant. Zum einen zeigt er die originär versprechensorientierte Ausrichtung des englischen Rechts: Im Gegensatz zum Triumph des Vertragskonzepts im 19. Jahrhundert liegt der Ursprung rechtsgeschäftlicher Selbstbindung in der action of assumpsit, deren zentraler Ausgangspunkt ein Versprechen war.636 Zum anderen prägte der deliktische Ursprung das englische Vertragskonzept nachhaltig. Insbesondere637 wird das Erfordernis der consideration als notwendige Folge der historischen Geburt der schließlich vertragsrechtlichen Klage aus deliktsrechtlichem Schoß gedeutet: Statt eines vorgreifenden oder zumindest theoretisch und konzeptionell geschlossenen Systems wurde deliktischer Rechtsschutz zunehmend ausgeweitet und modelliert, bis schließlich eine eindämmende Korrektur ob der drohenden Ausuferung notwendig wurde.638 Unabhängig davon, ob diese heute angelehnt an ihre beiden Erscheinungsformen von benefit und detriment beispielsweise als Ausdruck eines Vorbehalts wirtschaftlicher Schutzwürdigkeit einer Vereinbarung

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So ist z. B. umstritten, ob der Siegeszug der action of assumpsit mit dem oftmals als Startpunkt zitierten Slade’s Case (Fn. 517) bereitet wurde, oder zuvor anzusiedeln ist, vgl. Ames, 2 Harv. L. Rev. (1888), 1, 16. 635 Zur deliktsrechtlichen Natur: Zimmermann, ZEuP 1 (1993), 4, 25; Preuss, S. 67 ff.; Beatson/Burrows/Cartwright, S. 16 f.; Kötz, S. 70; Owsia, S. 128, 144, 147; vgl. McMeel, in: Mitchell/Mitchell, S. 43; B. II. 1. b) aa). 636 Zur (historisch bedingten) Versprechensausrichtung siehe Holdsworth, 11 Mich. L. Rev. (1913), 347, 351; Kiralfy, S. 178, 183; Simpson, 1975, S. 199 ff.; Gordley, Cal. L. Rev. (2000), 1815, 1847; vgl. ferner Atiyah, 1979, S. 199; Scholz-Fröhling. Zur Kombination von promise und consideration als wahre Basis englischen Vertragsrechts: Cooke/Oughton, S. 8 f., 11, 62; Bucher, ZVglRWiss 105 (2006), 164, 192, 204; Henrich/Huber, S. 46; vgl. Owsia, S. 147. Vgl. hinsichtlich der englischen Vertragsdefinition, wobei als Indiz insbesondere der Bezugspunkt der consideration des einzelnen promise (Fn. 348) angeführt wird: Whittaker, in: Beale, Rn. 1-014 m.w.N.; vgl. Beatson/Burrows/Cartwright, S. 1 f. sowie v. Mehren in: Encyclopedia Britannica, Stichwort: contract. Eine a.A. vertritt Scholz-Fröhling, insbesondere S. 1, 17, 27, 187, die nachzuweisen versucht, dass in der assumpsit bereits die vertragliche Komponente des agreement angelegt sei. 637 So wird teilweise die theoretische Unterentwicklung auf die deliktsrechtlichen Ursprünge zurückgeführt: vgl. Beatson/Burrows/Cartwright, S. 16 f. 638 So Salmond, S. 320, 327; vgl. Preuss, S. 68.

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gedeutet wird639 oder im Einklang mit dem unilateral contract-Konzept als Schutzwürdigkeit begründender Nachhall des quid pro quo eines real erfolgten Austauschs640, kann dahinstehen.641 Jedenfalls schreibt die consideration als formal zusätzliche und eigenständige Voraussetzung ein konstitutives Austauschmoment fest. bb) Keine wertungsmäßige Präponderanz eines willensbasierten Vertragskonzepts Obwohl der Umschwung von der Vorstellung eines deliktisch geprägten, prozessual ersatzfähigen Schadens infolge eines Versprechensbruchs zu einer privatautonomen, schadensunabhängigen (Selbst-)Bindung im Sinne des Vertragskonzepts den Willen der Parteien verstärkt in den Fokus rückte642, kann weder historisch auf eine Notwendigkeit der vertraglichen Konstruktion des Verpflichtungsgrundes in der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzungen, noch auf eine allgemeine wertungsmäßige Alleinherrschaft des übereinstimmenden Parteiwillens geschlossen werden. Zwar weist das heutige englische Vertragskonzept im Hinblick auf die Einigung durch Angebot und Annahme durchaus ein Element auf, das formal im Geiste der Willenstheorie steht643 und insoweit auf Basis dieses zweiseitigen 639 So könnte die consideration-Anforderung bzw. ihr Beibehalt beispielsweise als rechtspolitisch motivierte Wertentscheidung interpretiert werden, nur wirtschaftlichen Mehrwert versprechenden Transaktionen rechtliche Anerkennung und Durchsetzung zu gewähren, anstatt jedem Parteiwillen zur Geltung zu verhelfen. Vgl. hierzu Trebilcock, S. 164. Siehe ferner zum Gedanken, nur effiziente Transaktionen (staatlich) durchzusetzen, Tröger, S. 223 sowie implizit Posner, S. 131 zu einem Effizienzvorbehalt. 640 Siehe Fn. 451 sowie W. G. Becker, S. 168; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 192; Downes, S. 48 einschließlich alternativer Erklärungsansätze sowie Morgan, 1 Minn. L. Rev. (1917), 383, 383 m.N. 641 Auf die genaue Rückführung der beiden Erscheinungsformen der consideration auf die eigentümliche Kombination der action of assumpsit als Vertragsklage mit deliktischen Wurzeln kommt es für die hiesigen Belange nicht an. Es genügt die Erkenntnis, dass die Elemente in der Entwicklungsgeschichte plausibel gespiegelt werden könnten: So wird teilweise der Vorteil des Versprechensempfängers (benefit) in eine Linie mit dem „vertraglichen“ Gedanken eines quid pro quo der action of debt gesetzt und der für eine action of assumpsit erforderliche Schaden des Klägers mit einem detriment in Verbindung gebracht. Zu diesen Ansatzpunkten Pollock, S. 177 ff., 182; Kiralfy, S. 189 ff.; Denning, 15 M.L.R. (1952), 1, 2; Owsia, S. 144; Jewell, S. 49; vgl. W. G. Becker, S. 168. Abweichend allerdings z. B. Preuss, S. 67. Allgemein zum unklaren und strittigen Ursprung der consideration und möglichen historischen Ansatzpunkten: Kiralfy, S. 188 ff.; Pollock, S. 177; Owsia, S. 144. 642 Atiyah, 1979, S. 405 ff., 420, 429, 443, 214; Cooke/Oughton, S. 27 f.; McMeel, in: Mitchell/Mitchell, S. 50 m.w.N.; relativierend Parry, S. 15 f., nach dem die Willenseinigung der Rechtsprechung nicht neu war, sondern nur einflussreicher wurde. Diesen Einwand entkräftet Atiyah, 1979, S. 199 mit dem Verweis auf den anderen Bedeutungsgehalt zu früherer Zeit; vgl. Furmston, S. 15. Zur Gefahr, dass historische Komponenten des Vertragsrechts durch das (vermeintlich) leichter zugängliche Willenskonzept kaschiert werden: Wightman, S. 48. 643 McKendrick, S. 51. Zur Entwicklung und naturrechtlichen Einflüssen Atiyah, 1979, S. 406. Zur Hegemonie und „Blütezeit“ der Willenstheorie im 19. Jahrhundert z. B. Parry,

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agreement einen materialisierten Vertragsbegriff im Vergleich zum prozessual orientierten, einseitigen promise hervorbrachte.644 Allerdings hat die Untersuchung einerseits gezeigt, dass dieses Element nicht primär theoretisch reflektiert auf einer solchen normativen Basis entwickelt oder als solches umfassend übernommen wurde, sondern vielmehr partiell und instrumentell von praktischen Bedürfnissen getrieben Eingang in das englische Recht fand und insoweit in seiner Wirkmacht relativiert werden muss. Andererseits wurde das Konzept auch nicht als alleinstehende Basis, sondern als Hybrid mit dem vormaligen Bestand etabliert. Bezeichnenderweise wurde dieses, teilweise als Friktion beschriebene, unversöhnte Aufeinanderstoßen645 des in der consideration verankerten Austauschgedankens646 und des der Vertragskomponente innewohnenden Willensmoments auch nicht nachträglich behoben, etwa durch die vielfältig diskutierte Abschaffung der historisch erwachsenen, allenfalls faktisch einen Bedeutungsverlust verzeichnenden consideration.647 Insofern setzte sich die Vorstellung der Bindung und VerpflichtungserS. 16; Farnsworth, 69 Colum. L. Rev. (1969), 576, 599; Atiyah, 1979, S. 443; vgl. Coote/Carter, S. 10. 644 Mit dem Umschwung vom gebrochenen promise zum contract entwickelte sich letzterer zu einer prozessual emanzipierten, materiellrechtlich relevanten Kategorie: Maßgeblich war nicht mehr ein deliktisch basierter Rechtsbehelf zum Schadensausgleich, sondern der Vertrag als Rechte und Pflichten begründendes Moment. Hierzu Preuss, S. 56, 63, 66 f.; Simpson, 91 L.Q.R.(1975), 247, 257; Zimmermann/Hellwege, ZfRV 39 (1998), 133, 135; Cooke/ Oughton, S. 28, 32; Atiyah, 1979, S. 162, 164, 429, 447, 492; Wendel, S. 100 f.; vgl. Gordley, 1991, S. 135; mit Rückführung auf den Einfluss der Willenstheorie: McKendrick, S. 51 f.; vgl., allerdings unter Betonung der (fortbestehenden) Versprechensausrichtung als „eigentliche Basis des englischen Vertragsrechts“, Samuel, in: Schulze, S. 287, 294. 645 Ibbetson, S. 221 begrüßt zwar die intellektuelle Kohärenz der Willenstheorie, die dem englischen Vertragsrecht bis dato fehlte, weist jedoch deutlich auf das unerwünschte praktische Ergebnis einer beachtlichen Spannung („considerable friction“) zum vormaligen Austauschmodell hin; vgl. ferner Whittaker, in: Beale, Rn. 1-014 m.w.N.; Marsh, S. 21 f.; Hager, S. 6. 646 Zu diesem grundlegenden, charakteristischen Austauschelement, das verschiedene Deutungen und Bezeichnungen wie bargain, Reziprozität oder quid pro quo erhalten hat, nicht zuletzt gut mit der handels- und wirtschaftsbewussten Orientierung des englischen Rechts harmoniert (vgl. Fn. 778) und bis heute als Kernkonzept des englischen Vertragsrechts angesehen wird, als Zeichen eines bargain: Preuss, S. 69; Atiyah, 1979, S. 194; Andrews, Rn. 5.14; Marsh, S. 103; Pound, 33 Tul. L. Rev. (1959), 455, 460. Zu Reziprozität oder mutuality: Treitel, in: Beale, Rn. 4-002 sowie ders., in: Birks, vol. II, Rn. 8.20; Whittaker, in: Beale, Rn. 1-014; Atiyah, 1979, S. 447; Hager, S. 6 f.; Richards/Mollica, Kap. 10, Rn. 9; vgl. Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 215. Zum Gedanken des (Leistungs-)Austauschs: Preuss, S. 71; Marsh, S. 103; Andrews, Rn. 5.14; vgl. Doerfert, JA 1998, 435, 436. Den sich abzeichnenden Facettenreichtum hebt Lomfeld, S. 264 mit diesen und weiteren Komponenten, z. B. Fairness, Äquivalenz und Vertrauen, hervor. Zur ökonomischen Funktion der consideration als Nachweis eines „deal of some sort“ zur Verringerung von „phony contract suits“: Posner, S. 102; vgl. Cooter/Ulen, S. 270. 647 Cooke/Oughton, S. 11, 62; W. G. Becker, S. 168 f. In der Tat verliefen verschiedene Vorstöße, die Anforderung der consideration als Reminiszenz abzuschaffen, erfolglos. Besonders prominent war die historische Gegenstimme des im kontinentaleuropäischen Recht bewanderten und der Rationalität verschriebenen (so Rheinstein, S. 71 f. m.w.N.; Parry, S. 9; Hartmann, AcP 77 (1891), 161, 165; McMeel, in: Mitchell/Mitchell, S. 24) Lord Mansfield, der

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zeugung alleine648 durch den zur Übereinstimmung gebrachten Willen der Parteien nicht nachhaltig durch649; vielmehr prägt das englische Vertragskonzept auch und merklich das durch die consideration signalisierte650 Austauschmoment.651 durch eine indirekt propagierte Aufgabe der Anforderung der consideration das englische Vertragsrecht reformieren wollte. Als zentral wird der – selbst unter den seiner persönlich und fachlich begründeten Autorität tendenziell Tribut zollenden Kollegen als zu revolutionär abgelehnte – „dramatische, aber scheiternde“ Versuch in der Entscheidung Pillans and Rose v. Van Mierop and Hopkins (1765) 97 E.R. 1035, 3 Burr. 1663 angesehen (Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 942; Rheinstein, S. 72; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1241; Atiyah, 1979, S. 163), in der er die consideration zum bloßen, substituierbaren Beweismittel für einen (Bindungs-)Willen der Parteien degradierte und ausführte, dass die „Anforderung“ auch durch eine bloß moralische Verpflichtung erfüllt sein könne. Anderenfalls stelle die in ihrer historischen Funktion überholte Doktrin ein Hemmnis für Handel und Verkehr dar. Die bloße Lektüre der Entscheidung lässt den vielfach gezogenen Schluss eines Angriffs auf die consideration als solche allerdings nicht zu. Zunächst wird nicht, wie in manchen literarischen Wiedergaben anheimgestellt, die Abschaffung der consideration als solche ausdrücklich propagiert, sondern lediglich die erheblich bedeutungsschwächere Funktion als Beweismittel für eine intention to be bound (vgl. hierzu zuvor Fn. 309) zugemessen (so z. B. Peel, Rn. 3-001; Jewell, S. 49; Ranieri, S. 80 f.; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1225, 1229, 1251). Ferner betrifft der Fall eine Vereinbarung zwischen Kaufleuten. Die Pauschalisierung der spezifischen Aussagen ist dem Entscheidungstext somit nicht zu entnehmen (vgl. Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 942). Für künftige Projekte sollte jedenfalls ein Augenmerk darauf gerichtet werden, ob und ggf. welche sinnvolle Funktion ein solches zusätzliches Erfordernis für rechtliche Wirksamkeit, Anerkennung oder Durchsetzbarkeit eines Versprechens erfüllen könnte (hierzu § 4, B. II.). Zu den für die vorliegenden Zwecke nicht weiter auszubreitenden Abschaffungsbestrebungen weiterführend zu historischen Versuchen im England des 19. Jahrhunderts: Atiyah, 1979, S. 452 f., 688 f. m.w.N.; Horwitz, 87 Harv. L. Rev. (1974), 917, 942 ff.; spezifisch zum markanten Vorstoß Lord Mansfields und der genannten Entscheidung: Ranieri, S. 80 ff.; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1241 f.; Pound, S. 66; Jewell, S. 49; McMeel, in: Mitchell/Mitchell, S. 23, 28 ff.; Atiyah, 1979, S. 216, 491; Wendel, S. 101 f.; Rheinstein, S. 71 f. sowie 73 ff., 121 zu gemäßigteren Ansätzen in späterer Rechtsprechung; vgl. zur diesbezüglichen – auf moralische Erwägungen der (Gewissens-)Bindung Bezug nehmenden – Rechtsprechung: Parry, S. 9 ff. m.w.N.; Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1242 f. Siehe ferner zu Anstößen jüngerer Natur Peel, Rn. 3-174 f.; knapp Owsia, S. 443, 447; zur Diskussion im US-amerikanischen Recht Rheinstein, S. 121 m.w.N.; Atiyah, 1979, S. 687 f.; zu Stimmen gegen das consideration-Erfordernis aus verschiedenen common lawJurisdiktionen Wright, 49 Harv. L. Rev. (1936), 1225, 1126, 1252 f. m.N.; vgl. zum südafrikanischen Recht Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 250. 648 Siehe, diese Autarkie in naturrechtlichen Konzepten – vgl. bereits die Tendenz bei Grotius, A. II. 1. b) bb) (2) – anerkennend und kontrastierend, Atiyah, 1979, S. 214. 649 Henrich/Huber, S. 47. Zu den praktischen Schwierigkeiten im Umgang mit dem theoretischen, intellektuellen Konstrukt eines meeting of the minds: Ibbetson, S. 221; Atiyah, 1979, S. 407 f.; vgl. Cooke/Oughton, S. 27 f. 650 Zur symbolischen Wirkung des der consideration immanenten Austauschmoments als Kerngedanke englischen Vertragsrechts (vgl. Fn. 359, 647): Prime, in: FS Großfeld, S. 889, 889 f. 651 Zur traditionell handels- und wirtschaftsbewussten Orientierung des englischen Rechts, mit dem der Austauschgedanke gut harmoniert (vgl. Fn. 646), z. B. Kötz, S. 79 m.w.N.; Marsh, S. 323; vgl. Rheinstein, S. 117 f.; vgl. zum US-Recht Posner, S. 32 sowie Binder, in: Patterson, S. 267, 270.

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cc) Fazit Mithin offenbart überraschenderweise gerade das englische Recht (dogmen-) geschichtlich Raum für ein einseitiges Konzept öffentlicher Belohnungsaussetzung, das im Gegensatz zum deutschen Recht in seiner historischen Denkweise verankert ist. Weiterhin bietet diese Basis für die abstrakte, allgemeine Frage nach einem einseitigen Verpflichtungsgrund eine zwar nicht theoretisch ausgearbeitete, aber überzeugende, judiziell entwickelte und insoweit fundierte Basis. Diese könnte als Ausgangspunkt für die theoretische Begründung eines solchen dienen, als sie eine dem Anschein nach ausgewogene Kombination eines, durch das Korrektiv eines Austauschgedankens verbürgt schutzwürdige Interessen berührenden Versprechens andeutet, und so neben dem Parteiwillen auch einen Reziprozitäts- oder Vertrauensgedanken birgt. 2. Überzeugungskraft mit Blick auf die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis Obwohl die beiden Fragestellungen im englischen Recht im Grundsatz im Einklang mit der vertraglichen Konstruktion gelöst werden, finden sich abweichende Tendenzen sowohl hinsichtlich der Widerruflichkeit [a)] als auch des Kenntniserfordernisses [b)]. a) Widerruflichkeit Der kohärente Grundsatz der Widerruflichkeit der öffentlichen Belohnungsaussetzung als Angebot zum Abschluss eines unilateral contract, vgl. B. I. 3. a), wird teilweise im Hinblick auf die bei diesem652 konstruktionsbedingt gegebenenfalls (unbillig) lange Widerrufszeitspanne durchbrochen. Bis zur vollständigen Handlungsvornahme kann der Aussetzende durch Widerruf das Zustandekommen des unilateral contract vereiteln und die bereits getätigten, überdies nicht ersatzfähigen653, Bemühungen auch des potenziell erfolgsträchtigen Bewerbers zunichte machen, ohne dass dieser Einfluss auf das Geschehen nehmen könnte oder eine

652

Auch beim bilateral contract wurde Abhilfe gegen Unsicherheitsphasen geschaffen, so ob zeitlicher Distanz beim Vertragsschluss unter Abwesenden durch die sog. mailbox rule (auch: postal-rule, posting rule), nach der der Vertragsschluss bereits mit Absendung der Annahme erfolgt und nicht erst bei deren Zugang, sodass die Widerruflichkeit des Angebots als Unsicherheitsquelle frühzeitiger erlischt. Hierzu Shears/Stephenson, S. 221, 223; Andrews, Rn. 3.21 ff.; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-047 ff. m.w.N.; vgl. Peel, Rn. 2-030 f.; differenziert kritisch McKendrick, S. 104. Vgl. zur, unabhängig von inhaltlicher Ausgestaltung als ressourcensparend vorteilhaften Einführung einer klaren, Sicherheit gewährenden Regel: Shavell, S. 329 m.w.N.; vgl. Posner, S. 107. 653 Deutlich Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 162; McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 655.

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realistische Chance zur Vornahme oder Vollendung erhielte.654 Um die Zeitspanne der Unsicherheit zu verkürzen, wurden verschiedene Lösungsansätze in Literatur und Rechtsprechung entwickelt [aa)], die allerdings keine allgemeine Abkehr vom Grundsatz der Widerruflichkeit bewirkt haben [bb)]. aa) Lösungsansätze für Unbilligkeiten Zur Verhinderung möglicher Unbilligkeiten, die der zeitlich weitreichenden Widerruflichkeitsphase der hybriden vertraglichen Konzeption öffentlicher Belohnungsaussetzung geschuldet sind, wurden verschiedene abmildernde Ansätze entworfen.655 Insbesondere wird vorgeschlagen, die consideration vorzuverlagern (1), eine implizite Widerrufssperre anzunehmen (2) oder das Geschehen als bilateral contract zu modellieren (3). (1) Vorverlagerung der consideration auf den Leistungsbeginn Eine Möglichkeit, den Handelnden durch eine Unwiderruflichkeit des Angebots nach Aufnahme der Handlung zu schützen, liegt darin, die consideration isoliert von der Annahme bereits im Leistungsbeginn zu sehen. Während die Annahme nach wie vor erst in der vollständigen Leistungserbringung liegt, stellte der Handlungsbeginn bzw. seine Last bereits die für ein bindendes Belohnungsangebot erforderliche consideration in Gestalt eines detriment dar.656 Attraktiv an dieser Lösung ist, dass die Vorstellung der unilateral contract-Parteien einer erfolgsabhängigen Belohnung durch die unveränderte Konzeption der Annahme erst durch vollständige Leistungserbringung gewahrt bleibt; der Anbietende würde ab Handlungsbeginn lediglich an sein Angebot gebunden, während seine Leistungsverpflichtung erst mit deren erfolgreicher Vollendung erwüchse.657 Allerdings geben zwei Gesichtspunkte in der spezifischen Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung, namentlich der oftmals weite Adressatenkreis und die fehlende Erkennbarkeit des Handlungsbeginns, Anlass zum Zweifel, ob die Widerrufssperre ab Handlungsbeginn im Hinblick auf den Anbietenden interessengerecht ist. Im Gegensatz zu einer individualisierten und 654

U. a. zum Lehrbuchfall des Widerrufs, kurz bevor der Weg nach York vollendet wurde (vgl. Fn. 327): McKendrick, S. 112. Vgl. ferner Wild/Weinstein, S. 315; Cooke/Oughton, S. 32, 125 f.; Wendel, S. 55, 103; Andrews, Rn. 3.42. 655 Owsia, S. 442. Mit einem Überblick über verschiedene Ansätze: Wendel, S. 34 ff.; Cooke/Oughton, S. 126 f. Weiterführend zum erstmaligen Vorstoß zu diesem, zum historischen Bestand konträren Gedanken einer Einschränkung der Widerruflichkeit und seiner Verankerung in Kontinentaleuropa, u. a. in grundsätzlicher Bindung an das Angebot im deutschen Recht, und seinem nur zögerlichen Überschwappen nach England: Sacco, in: Hartkamp u. a., S. 483, 490. 656 Peel, Rn. 3-158. Teilweise wird zugleich die Annahme in den „Leistungsbeginn“ gelesen, i. e. die Aufnahme der Handlung, deren vollständige Vornahme oder der durch sie erzielte Erfolg belohnungsbewährt ist. Siehe darstellend Wild/Weinstein, S. 315. Zum Leistungs- bzw. Handlungsbeginn zugleich als consideration und Annahme: Treitel, in: Beale, Rn. 4-191. 657 Zur Bindung lediglich an das Angebot, während die Leistungsverpflichtung weiterhin erst mit Handlungsabschluss bzw. Erfolgseintritt erwächst: Peel, Rn. 3-158 m.N.

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transparenten Situation eines angetragenen unilateral contract, etwa das nur an eine bestimmte Person gerichtete Angebot, eine Belohnung für eine nach außen erkennbare Tätigkeit zu gewähren, richtet sich der die Belohnung öffentlich Aussetzende an einen offenen, typischerweise weiten Personenkreis und je nach Art der erwünschten Handlung658 ist für ihn anschließend nicht erkennbar, ob bereits ein Bewerber tätig geworden und ein Widerruf folglich pauschal ausgeschlossen ist. Ab Ansprache der Öffentlichkeit bestünde somit, neben etwaigen Abgrenzungsschwierigkeiten, ob bereits ein den Widerruf ausschließender Leistungsbeginn oder lediglich eine unbeachtliche Vorbereitungshandlung vorliegt659, für den Anbietenden de facto eine Bindung an das Angebot oder jedenfalls, wenn etwaige Handlungsaufnahmen für den Anbietenden nicht erkennbar sind, eine wesentliche Unsicherheit darüber vor, ob ein wirksamer Widerruf noch möglich ist.660 (2) Implizierte Widerrufssperre durch Abschluss eines zweiten Vertrags über die Unwiderruflichkeit (implied (unilateral) contract) Dogmatisch schlüssiger ist die Deutung des Leistungsbeginns als consideration und Annahme eines Neben- oder Optionsvertrags über das Offenhalten des Angebots der öffentlichen Belohnungsaussetzung als Hauptvertrag, das mit diesem implizit angetragen werde.661 Die Unwiderruflichkeit ergäbe sich aus dem Zusammenspiel zweier unilateral contracts: einerseits dem Hauptvertrag über den Austausch von Belohnung und erwünschtem Erfolg bzw. Handlung, andererseits einem konkludent durch den Handlungsbeginn abgeschlossenen, mit der Belohnungsaussetzung implizit angetragenen Nebenvertrag über das Offenhalten des Angebots zum Abschluss des ersteren.662 Diese Ansicht spiegelt sich in der hilfsweise vorgebrachten rich658 Beispielsweise kann der Anbietende oftmals schwer nachvollziehen, ob der vermisste Hund oder Kriminelle bereits gesucht oder Anstrengungen zur Lösung des Rätsels betrieben wurden. 659 Zu diesen Abgrenzungsschwierigkeiten z. B. Peel, Rn. 3-158, 2-053; Treitel, in: Beale, Rn. 4-191; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-083. Zur evolvierenden Unsicherheit: Wendel, S. 41 f. Allerdings wird teilweise betont, dass etwaige Unsicherheit ob der Abgrenzungsschwierigkeiten keine unbillige, einseitige Benachteiligung des Anbietenden darstellt, da sie jedenfalls auch die Bewerber trifft: Clark, N.Z. L. Rev. 2000, 17, 20 f. 660 Mit einem einschränkenden Anstoß, dass sich nur derjenige auf die Unwirksamkeit eines Widerrufs nach Handlungsbeginn berufen könne, der tätig geworden ist bzw. der Widerruf zulasten noch untätiger, potenzieller Bewerber möglich bleibe: McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 660. Gegen eine unbillige Unsicherheit spricht, dass der Anbietende es in der Hand hat, sein Angebot präziser zu formulieren, vgl. § 3, B. II. 2. b) aa). 661 Befürwortend zur (einzelfallbasierten) Annahme einer solchen implied condition z. B. Andrews, Rn. 3.42, 3.44 m.w.N. insbesondere aus der Rechtsprechung; Wild/Weinstein, S. 315; vgl. Whittaker, in: Beale, Rn. 1-052, 1-104. Interessanterweise finden sich ähnliche Ansätze transtemporal und -national, z. B. im Rahmen des Konstruktionsstreits im deutschen Recht: Exner, KritVj 11 (1869), 337, 354 m.w.N.; vgl. berichtend Siegel, S. 103; sowie zum Gedanken des implied (unilateral) contract als Begründung der Widerruflichkeit von unilateral undertakings nach dem DCFR: v. Bar/Clive, Art. II-1:103, S. 135. 662 Wendel, S. 38 ff. m.w.N.; Downes, S. 83 f.

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terlichen Argumentation in der Entscheidung Daulia Ltd. v. Four Millbank Nominees Ltd.663 wider, nach der der Hauptvertrag des unilateral contract zwar erst mit der Vollendung der gewünschten Handlung zustande komme, der Anbietende ab deren Beginn allerdings implizit dazu verpflichtet gewesen sei, den Abschluss nicht zu verhindern und insofern ab diesem Zeitpunkt nicht mehr wirksam habe widerrufen können.664 Gegenüber der zuvor behandelten Lösung einer Vorverlagerung der consideration findet nach diesem Ansatz keine künstliche Aufspaltung des einheitlichen Lebenssachverhalts der vollständigen Leistungserbringung als Annahme und zugleich consideration für das Angebot der Belohnungsaussetzung statt. Vielmehr kommt ein zusätzlicher unilateral contract durch den Leistungsbeginn zustande, in welchem zugleich die consideration für das implizite Angebot des Offenhaltens und die Annahme desselben liegt.665 Dieser Maßstab gewährleistet im Einklang mit der lebensnahen Erwartung potenziell Handelnder, dass das Angebot zeitlich zumindest so lange Bestand haben wird, dass eine (realistische) Chance zur Vollendung der aufgenommenen Handlung besteht.666 Ungeachtet ihrer größeren dogmatischen Schlüssigkeit begegnet diese Lösung der Kritik, das präsumtiv enthaltene Angebot auf den Nebenvertrag als Mittel zum Zweck künstlich zu konstruieren.667 Die Feststellung, ob ein solches weiteres Angebot impliziert wurde668, müsse vielmehr der Einzelfallgerechtigkeit zu-, aber der Rechtssicherheit abträglich im jeweiligen konkreten Fall durch Auslegung ermittelt werden.669

663

Daulia Ltd. v. Four Millbank Nominees Ltd. [1978] Ch. 231. In erster Linie stellt sich Lord Goff in der Entscheidung (238) auf den Standpunkt, dass der unilateral contract zustande gekommen ist, sodass es auf die Frage der Widerruflichkeit nicht ankomme (vgl. insoweit Errington v. Errington and Woods [1952] 1 K.B. 290 bei Fn. 671 f.). 664 Daulia Ltd. v. Four Millbank Nominees Ltd. [1978] Ch. 231, 239 (Lord Goff), zustimmend 245 (Lord Buckley), 251 (Lord Orr). 665 Vgl. zur beschränkten Bedeutung des Leistungsbeginns nur als consideration und Annahme des Nebenvertrags: McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 660; Downes, S. 83. Vgl. Clark, N.Z. L. Rev. 2000, 17, 31 ff., der von einer Option spricht und die Lösung aus Daulia Ltd. v. Four Millbank Nominees Ltd. [1978] Ch. 231 und Errington v. Errington and Woods [1952] 1 K.B. 290 abliest. 666 Siehe hierzu z. B. Wild/Weinstein, S. 315; McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 660, 663. 667 Wendel, S. 117; Downes, S. 83. 668 Überdies ist entscheidend, dass der zusätzliche unilateral contract tatsächlich zustande kommt, d. h. consideration für das implizite Angebot und eine Annahme desselben vorliegt. Ein Beispiel hierfür ist der Fall Routledge v. Grant, in dem in Ermangelung einer consideration für die Zusage des Beklagten, das Angebot zum Kauf des Hauses des Klägers für eine Dauer von sechs Wochen offenzuhalten, ein Widerruf vor Ablauf dieser Zeit wirksam war, und somit der Gegner mangels eines zur Annahme bereitstehenden Angebots den vormals avisierten Kaufvertrag nicht mehr zur Entstehung bringen konnte: Routledge v. Grant (1828) 4 Bing. 653; erläuternd hierzu z. B. Downes, S. 78 f. 669 Zu diesen Faktoren, sowie erläuternd zur abweichenden Rechtslage im US-amerikanischen Recht siehe Wendel, S. 39 f. m.w.N. in Fn. 119; Tiersma, 26 U.C. Davis L. Rev. (1992), 1, 41 ff.

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Obwohl sich die so konzipierte Widerrufssperre670 ab Handlungsbeginn in der Rechtsprechung bislang nicht eindeutig durchsetzen konnte, hat sie im oftmals angeführten Fall Errington v. Errington and Woods671 zumindest Anklang gefunden. Ein Widerruf des Angebots des verstorbenen Vaters, seinem Sohn und dessen Ehefrau sein Haus zu übertragen, wenn diese die ausstehenden Raten der Hypothek abbezahlen würden, war durch ihn wie auch seine Witwe nach Ansicht der Richter ausgeschlossen, nachdem das Ehepaar die Zahlungen aufgenommen und die Schwiegertochter sie auch nach Trennung und Auszug ihres Ehemannes nicht unteroder abgebrochen hatte.672 Obgleich die Entscheidung die Unwiderruflichkeit ab Handlungsbeginn konstatiert, wird der Abschluss eines zweiten Vertrags nicht explizit673 als Basis hierfür genannt. Insofern kann sie als Autorität für eine Einschränkung der freien Widerruflichkeit vor vollständiger Leistungserbringung angeführt werden, nicht aber für deren dogmatische Begründung. Eine solche kann auch die aktuellere Entscheidung Soulsbury v. Soulsbury674 aus dem Jahr 2007 nicht bieten, in der der vormalige Ehegatte seiner geschiedenen Ehefrau versprach, ihr eine bestimmte Geldsumme zu hinterlassen, wenn sie die gerichtlich angeordneten, periodischen Unterhaltsansprüche nicht gegen ihn geltend machen würde. Obwohl sein diesbezüglicher letzter Wille durch seine Wiederheirat von Gesetzes wegen unwirksam geworden war675, konnte die geschiedene Ehefrau die Summe nach seinem Tod aus der Erbmasse erlangen.676 Durch das Absehen von Unterhaltsforderungen hatte sie die zur Annahme des von ihrem ehemaligen Ehemann offerierten unilateral contract677 erforderliche Handlung bzw. Unterlassung678 vorgenommen, sodass sein 670 Vgl. zu US-amerikanischem Recht McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 644, 653 f., 659: grundsätzlich sei eine Inanspruchnahme auf Schadensersatz zu erwarten und nur in Ausnahmefällen ein Zustandekommen des Hauptvertrags ohne Rücksicht auf den – nebenvertragswidrigen – Widerruf. 671 Errington v. Errington and Woods [1952] 1 K.B. 290. Siehe hierzu Peel, Rn. 2-053; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-084. 672 Errington v. Errington and Woods [1952] 1 K.B. 290, 295, 300 (Denning L.J.). Siehe Peel, Rn. 2-053; McKendrick, S. 112 f. 673 Mit der Deutung als implizites Versprechen z. B. Andrews, Rn. 3.44, demgegenüber als promissory estoppel hingegen Downes, S. 79 f. 674 Soulsbury v. Soulsbury [2007] EWCA Civ. 969; [2008] 2 W.L.R. 834. Zum Fall z. B. Andrews, Rn. 3.44; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-084. 675 Auf ein diesbezügliches Wissen des Ehemannes, der noch am Tag der Wiederheirat im Krankenhaus seiner Krebserkrankung erlag, kommt es nach Ansicht des Gerichts ausdrücklich nicht an: Soulsbury v. Soulsbury [2007] EWCA Civ. 969; [2008] 2 W.L.R. 834, 836 Rn. 8. 676 Genau genommen ging es um einen Schadensersatzanspruch wegen Vertragsbruchs, i. e. die die wirksame testamentarische Verfügung zugunsten der geschiedenen Ehefrau außer Kraft setzende Wiederheirat, Soulsbury v. Soulsbury [2007] EWCA Civ. 969; [2008] 2 W.L.R. 834, 834. 677 Longmore L.J. bezeichnet die Situation als klassischen unilateral contract-Fall: Soulsbury v. Soulsbury [2007] EWCA Civ. 969; [2008] 2 W.L.R. 834, 852, Tz. 49. 678 Zur Schwierigkeit, den Beginn eines Unterlassens zu bestimmen: Andrews, Rn. 3.44; weniger skeptisch Treitel, in: Beale, Rn. 4-191. Eine Schwierigkeit wird jedenfalls nicht re-

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diesbezügliches Angebot nicht mehr widerrufen oder anderweitig zurückgenommen werden konnte.679 Die entscheidende Besonderheit des Falles liegt allerdings darin, dass die gewünschte (Nicht-)Handlung mit dem Absehen von Forderungen bis zum Lebensende einer der beiden Partner bereits vollendet und der unilateral contract zustande gekommen war680 ; insofern kann keine dem Vertragsschluss vorgelagerte Widerrufssperre durch Aufnahme der gewünschten Handlung oder Unterlassung abgeleitet werden. (3) Konstruktion als bilateral contract Neben dem nicht zielführenden Ansatz der Auslegung oder Umdeutung eines unilateral contract als bilateral contract681, wird die Unwiderruflichkeit ab Handlungsbeginn teilweise damit begründet, dass sich durch diesen ein Wandel des ersteren zum zweiteren vollziehe. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass zwar ursprünglich ein unilateral contract, bzw. das Angebot zu einem solchen vorliege, der – dem Angebotsempfänger vollkommen freistehende – Handlungsbeginn jedoch eine Annahme enthalte.682 Der avisierte unilateral contract reife durch den Handlungsbeginn zu einem bilateral contract, weil der Handelnde implizit verspreche, die aufgenommene Handlung auch abzuschließen.683 Für diese Sichtweise wird angeführt, dass die mitunter schwierige Abgrenzung von unilateral und bilateral contract faktisch fortfalle.684 Gleichwohl sprechen überzeugende Argumente gegen diesen Weg. Nicht nur würde die Figur des unilateral contract obsolet, wenn mit jedem Handlungsbeginn ein bilateral contract zustande käme: Das Konzept des unilateral contract beschriebe nur den Zeitraum, in dem das Angebot durch den Angesprochenen nach Belieben angenommen werden kann und damit die Situation, die bei jedem Angebot zum Abschluss eines bilateral contract besteht. Schwerwiegender eignete sich die Konstruktion nicht für die besondere Interessenlage öffentlicher Belohnungsaussetzung: Der Anbietende richtet sich an eine Vielzahl von Personen und möchte erst mit dem vollständigen Erhalt des Erfolgs bzw. Handlungsvollendung, gleichgültig durch welchen Bewerber, gebunden und zur Belohnungsgelevant, wenn – wie vorliegend – der unilateral contract durch das bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderliche Unterlassen mit dessen Eintritt zustande kommt. 679 Soulsbury v. Soulsbury [2007] EWCA Civ. 969; [2008] 2 W.L.R. 834, 852, Tz. 49 (Longmore, L.J.). 680 Deutlich: Soulsbury v. Soulsbury [2007] EWCA Civ. 969; [2008] 2 W.L.R. 834852, Tz. 50 (Longmore, L.J.). 681 Siehe hierzu ablehnend Atiyah, 1979, S. 441; vgl. darstellend Wendel, S. 42 ff. m.w.N. 682 Hierzu Wild/Weinstein, S. 315 sowie Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-090. 683 So Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-090 m.w.N.; Peel, Rn. 2-051, 2-053 m.w.N.; New Zealand Shipping Co. Ltd. v. A. M. Satterthwaite & Co. Ltd. [1975] A.C. 154, 167 f. (Wilberforce, L. J.): „There is possibly more than one way of analysing this business transaction into the necessary components; that which their Lordships would accept is to say that the bill of lading brought into existence a bargain initially unilateral but capable of becoming mutual […]“; vgl. Downes, S. 83. 684 Vgl. Peel, Rn. 2-051.

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währung verpflichtet werden, sodass eine Bindung an den oder die die Handlung aufnehmenden Bewerber erkennbar unerwünscht ist.685 Zugleich ist zweifelhaft, ob eine Verpflichtung zur Vollendung der aufgenommenen Tätigkeit im Interesse der Bewerber liegt, die ohne die bilaterale Konstruktion ungebunden blieben und die aufgenommene, in ihrer Erfolgsaussicht gegebenenfalls ungewisse Tätigkeit jederzeit willkürlich abbrechen könnten, ohne sich einer Schadensersatzpflicht auszusetzen.686 Überdies ist die künstliche Konstruktion eines bilateral contract zur Begründung der Unwiderruflichkeit oftmals nicht erforderlich. So führt Lord Denning in Errington v. Errington and Woods aus, dass eine Unwiderruflichkeit beim unilateral contract bereits mit Handlungsbeginn und absehbarer Vollendung eintreten könne, sodass ein impliziertes (Gegen-)Versprechen nicht notwendig sei.687 Letztlich scheidet der implizite Abschluss eines bilateral contract als Versprechensaustausch bei unilateral contracts ob der klaren Interessenlage im Falle öffentlicher Belohnungsaussetzung aus. Unabhängig von einem etwaigen Wunsch der Bewerber, in ihrer Erfolgsaussicht ungewisse Bemühungen jederzeit ohne nachteilige Konsequenzen abbrechen zu können, ist die Ansprache der Öffentlichkeit durch den die Belohnung Aussetzenden erkennbar nur auf den Abschluss eines Vertrags mit dem nachweislich erfolgreichen, zuvor noch unbestimmten Bewerber gerichtet. bb) Bewertung und Fazit Dass der reiche Schatz dieser und weiterer688 Ansätze nicht zu überzeugen vermag, legt nahe, dass diese womöglich in ihrem Kern nicht uneingeschränkt Zuspruch verdienen und die Korrekturbedürftigkeit zu hinterfragen ist. Die Diskussion der 685

Vgl. differenziert darstellend Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-082 f., 2-090. Downes, S. 83; vgl. Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 162. 687 Errington v. Errington and Woods [1952] 1 K.B. 290, 295 (Denning, L.J.): „The father’s promise was a unilateral contract […]. It could not be revoked by him once the couple entered on performance of the act, but it would cease to bind him if they left it incomplete and unperformed, which they have not done.“. Siehe hierzu McKendrick, S. 113. 688 Ein anderer, dogmatisch höchst fragwürdiger Ansatz schlägt vor, dass ein unilateral contract bereits dann wirksam zustande komme, wenn der Angesprochene das Angebot empfange. Hierzu (ablehnend) Peel, Rn. 3-158 m.N. In Harvela Investments Ltd. Appellants v. Royal Trust Company of Canada (CI) Ltd. [1986] A.C. 207 (H.L.) spricht Lord Diplock (224) in der Tat davon, dass „[s]uch unilateral contracts were made at the time when the invitation was received by the promisee“ (Hervorhebung durch Verf.), allerdings wird aus den nachfolgenden Erläuterungen deutlich, dass eine endgültige Verpflichtung erst und nur gegenüber demjenigen erwachse, der den höheren Preis für die zu verkaufenden Unternehmensanteile biete, was letztlich dem Ergebnis der gebräuchlichen Konstruktion eines Vertragsschlusses erst mit der vollständigen Handlungsvornahme entspricht. Ein anderer Ansatz begründet die Widerrufssperre über die equity-Figur des promissory estoppel aus Billigkeitsgründen: Um das Vertrauen des Handelnden zu schützen, müsse das Angebot so lange offengehalten werden, dass die aufgenommene Handlung vollendet werden könnte. Auch hierfür wird als Autorität teilweise die Entscheidung Errington v. Errington and Woods (Fn. 671 f.) genannt, was deren unklare dogmatische Fundierung verdeutlicht. Mit dieser Lösung z. B. Downes, S. 82 ff. mit der Bewertung als zwar dogmatisch unbefriedigend, aber realitätsnah; vgl. hierzu Wendel, S. 48 ff. 686

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

151

Widerruflichkeit illustriert die allgemeine Gefahr, dass logische Stringenz und Kohärenz des geltenden Rechts der Herstellung als fehlend empfundener Gerechtigkeit geopfert werden.689 Zunächst schließen etwaige Härten nicht notwendigerweise die Richtigkeit einer Entscheidung aus.690 Weiterhin kann die Prämisse bezweifelt werden, dass die Widerruflichkeit des Angebots bis zur Vollendung der gewünschten Handlung, insbesondere nach Handlungsbeginn, notwendigerweise unbillig ist.691 Im Gegenteil liegt vor der vollständigen Handlungsvornahme die erforderliche consideration als Bindung legitimierendes Faktum nicht vor692, sodass eine vorgelagerte Bindung des Anbietenden weder gerechtfertigt noch als die einzig angemessene Lösung zwingend geboten erscheint. Der Anbietende würde bereits gebunden, während es dem Kreis der potenziell Handelnden weiterhin frei stünde, die notwendige Tätigkeit abzubrechen oder überhaupt aufzunehmen; dieses den Anbietenden benachteiligende Szenario illustriert e contrario, dass die reguläre Widerrufsmöglichkeit nicht notwendigerweise gemeinen Billigkeitsvorstellungen zuwiderlaufen muss bzw. das andere Extrem nicht uneingeschränkt begrüßenswert ist.693 Der unilateral contract räumt insoweit beiden Parteien eine weitreichende Freiheit von Bindung ein694 : Der Anbietende kann bis zur vollständigen Handlung bzw. Erfolgsherbeiführung widerrufen und der potenzielle Bewerber seine Tätigkeit jederzeit abbrechen oder untätig bleiben. Insofern erscheint ein einseitig zu Lasten des Anbietenden erfolgender Eingriff zum Schutz des Bewerbers, der die Handlung aus eigenen Stücken aufnimmt, nicht geboten. Die literarische Diskussion und die gerichtliche Praxis zeigen gleichwohl, dass der logisch abzuleitende Grundsatz der Widerruflichkeit nicht in Stein gemeißelt und das Stimmungsbild durchwachsen ist.695 Eine einzelfallbezogene, insoweit flexible Beurteilung wird teilweise explizit begrüßt696; vorherrscht dennoch das dargestellte, dogmatisch-schlüssige Ergebnis

689

Wortgewaltig Cardozo, S. 64 ff.; vgl. Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 249. Vgl. McGovney, 27 Harv. L. Rev. (1914), 644, 657. Anders ist dies zu beurteilen, wenn das Vertragsrecht in den Dienst des übergeordneten Ziels gestellt wird, Gerechtigkeit zu verwirklichen. Siehe mit einem solchen funktionalen Ansatz Arnold, deutlich u. a. S. 5 ff. 691 Siehe hierzu z. B. Gordley, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1815, 1858. Vgl. A. II. 2. a) cc) (3), (4) sowie § 3, B. II. 2. a) aa) zur für die Bewerber konzeptionell risikoreichen öffentlichen Belohnungsaussetzung. 692 Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 161 f.; vgl. B. I. 3. a). 693 Mit diesem Beispiel Gordley, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1815, 1858; vgl. zum Gedankenanstoß (beidseitig) größtmöglicher Willensfreiheit Ashley, 23 Harv. L. Rev. (1910), 159, 161. 694 Vgl. zur Einräumung eines solchen Spiel- und Freiraums als sog. locus poenitentiae, aber kritisch ob eines entsprechenden Willens des Handelnden, sich auf das Widerrufsrisiko einzulassen und daher i.Erg. a.A.: Peel, Rn. 2-053; vgl. Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-083. Mit dieser Begrifflichkeit auch Routledge v. Grant (1828) 4 Bing. 653, 661 (Best, C.J.). 695 Wendel, S. 50, 54; vgl. Downes, S. 82, 84; Smith, S. 185. 696 Z. B. Andrews, Rn. 3.42, 3.44 m.w.N. 690

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der Widerruflichkeit der öffentlichen Belohnungsaussetzung als ein nur bei vorliegender consideration bindendes Angebot.697 b) Kenntniserfordernis Obwohl das konstruktionslogische Kenntniserfordernis698 als Grundsatz in der Rechtsprechung anerkannt ist [aa)], werden aus Billigkeitsgründen teilweise Abweichungen gefordert [bb)] und gewährt, woraus sich ein diffuses Bild ergibt [cc)]. aa) Bestärkung des konstruktionslogischen Kenntniserfordernisses im englischen case law Neben seiner konzeptionellen Begründung wird das Kenntniserfordernis im Falle öffentlich ausgesetzter Belohnungen in der Rechtsprechung festgemacht; als Autorität wird hierfür insbesondere699 die Entscheidung Gibbons v. Proctor700 aus dem 19. Jahrhundert angeführt.701 Unabhängig von allgemeiner Ablehnung und Kritik702 statuiert diese Entscheidung bei verständiger Würdigung jedenfalls keine allgemeingültige Ausnahme vom Kenntniserfordernis. Insbesondere wurde nachträglich herausgearbeitet703, dass der Kläger jedenfalls im relevanten Zeitpunkt der Vollendung, i. e. im Zeitpunkt der Übermittlung der gewünschten Information zur Aufklärung eines Verbrechens durch die zwischengeschalteten Mittelsmänner, Kenntnis von der ausgesetzten Belohnung hatte.704 Die grundsätzlich systemkonforme Linie der Rechtsprechung zeigt sich beispielhaft in der Entscheidung Air Transworld Ltd. v. 697

Zusammenfassend Owsia, S. 447. Siehe B. I. 3. b). 699 Teilweise wird unzutreffenderweise die Entscheidung Williams v. Cawardine (1833) 5 C. & P. 566; 4 B. & Ad. 621 als Autorität für den möglichen Anspruchserwerb trotz Unkenntnis genannt. In dieser wurde die belohnungsbewährte Information zur Aufklärung eines Mordes in Kenntnis der ausgesetzten Belohnung, nur nicht motiviert durch diese preisgegeben; dass die sterbenskranke Frau ihr Wissen über die Person des Mörders offenbarte, um ihr Gewissen zu entlasten und ihr Seelenheil zu befördern, verhinderte den Anspruchserwerb nach Ansicht des Gerichts nicht. Hierzu z. B. Andrews, Rn. 3.08; Peel, Rn. 2-050; Wendel, S. 144 f. 700 Gibbons v. Proctor (1891) 64 L.T. 594; zum Fall Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 504 f.; Peel, Rn. 2-048; Wendel, S. 145. 701 Z. B. Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 504; McKendrick, S. 113. Zur (fragwürdigen) Verwendung als Autorität gegen ein Kenntniserfordernis insbesondere Peel, Rn. 2-048; Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 504 ff.; Wendel, S. 145; Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-040. 702 Wendel, S. 146 m.w.N.; Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 504. 703 Diesen nachträglich aufgedeckten Umstand betont Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 504 in seiner umfassenden Behandlung und Bewertung der Entscheidung. 704 Vgl. die Betonung der Zeitpunkte der Veröffentlichung, Handlungsvornahme und Kenntnis in Gibbons v. Proctor (1891) 64 L.T. 594, 595 (Day, J.), u. a. „The condition was fulfilled after the publication […]“. Insoweit wird der Fall teilweise gar nicht als ein die Unkenntnis betreffender angesehen: Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-040; Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 504; Wendel, S. 145 f. 698

B. Englisches Recht: öffentliche Belohnungsaussetzung als unilateral contract

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Bombardier Inc., die einer Ausnahme vom Kenntniserfordernis beim unilateral contract als einer möglichen Lösung zwar aufgeschlossen, aber zurückhaltend begegnet.705 Angesichts der konstruktionslogisch klaren Lage wird bei einer mangels Kenntnis fehlenden rechtlichen Verpflichtung teilweise auf moralische Antriebsgründe oder Zwänge zur Gewährung der Belohnung verwiesen706, was zur Frage nach möglichen Ansatzpunkten für Deviationen überleitet. bb) Gründe für Deviationen aus billigkeitsgetriebenen Erwägungen Für die maßgebliche rechtlich relevante Ausnahme vom Kenntniserfordernis im Falle öffentlicher Belohnungsaussetzungen werden verschiedene Anknüpfungspunkte ins Feld geführt, insbesondere Erwägungen der Fairness und rechtspolitischer Vorzugswürdigkeit.707 Zunächst erscheint es nicht unbillig, dass der den gewünschten Erfolg erhaltende Anbietende kenntnisunabhängig die hierfür im Gegenzug von ihm selbst vorgesehene Belohnung erbringen muss;708 anderenfalls würde er anlasslos von der Unkenntnis des erfolgreichen Bewerbers profitieren, da für ihn kein qualitativer Unterschied zwischen der Erfolgsherbeiführung oder Handlungsvornahme in Kenntnis oder Unkenntnis besteht.709 Zudem kommt es dem die Belohnung öffentlich Aussetzenden bei lebensnaher Beurteilung nur darauf an, dass der Erfolg herbeigeführt oder die Handlung vorgenommen wird, sodass die hieran anknüpfende, erfolgsabhängige Verpflichtung zur Belohnungsgewährung seiner Vorstellung typischerweise entspricht; anderenfalls könnte ein entsprechender Wille (konkludent) im Angebot verdeutlicht werden.710 Demgegenüber wäre ein kenntnisunabhängiger Anspruchserwerb dem Interesse des in Unkenntnis Handelnden dienlich und könnte eine rechtspolitisch erwünschte Kultur des gegenseitigen Helfens fördern. Zunächst besteht im Kontext öffentlicher Belohnungsaussetzung keine Gefahr, vor der der unwissend Annehmende geschützt werden müsste: Im Gegensatz zum Abschluss eines gegenseitig zu einer zukünftigen Leistung verpflichtenden Vertrags erhielte er lediglich durch die freiwillig und bereits voll-

705 Air Transworld Ltd. v. Bombardier Inc. [2012] EWHC 243 (Comm.); [2012] 1 C.L.C. 146, 175 (rec. 75): „Although in English Law a person who accepts an offer has, it would appear, to be aware of the offer made (although there may be room for an exceptional case in an unilateral contract) […]“ (Hervorhebung durch Verf.); hierzu Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-040 in Fn. 216. 706 Siehe mit dem deutlichen Beispiel des das Hafenbecken in Unkenntnis der entsprechend ausgesetzten Belohnung zum relevanten Zeitpunkt durchschwimmenden über Bord Gegangenen, um nicht zu ertrinken: McKendrick, S. 114 f.; Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 509 in Fn. 30. 707 Vgl. Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 506 (ff.). 708 Chen-Wishart, in: Beale, Rn. 2-040 m.N. aus der Rechtsprechung in Fn. 216 ff. 709 Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 508; Peel, Rn. 2-048; Cooke/Oughton, S. 125; McKendrick, S. 113 ff.; vgl. Wendel, S. 146. 710 Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 508.

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

ständig vorgenommene Tätigkeit einen Anspruch auf die Belohnung.711 Eine allgemein ablehnende Haltung gegenüber einem solchen Vertragsschluss kann ihm insoweit nicht unterstellt werden.712 Schließlich könnte der kenntnisunabhängige Belohnungserwerb bzw. die abstrakte Gewissheit eines solchen, wie bereits angedeutet, eine sozial wünschenswerte Motivation ausüben.713 In der Tat würde der unwissend Handelnde – relativ zu einem eigenen oder fremden Handeln in Kenntnis – trotz Gleichwertigkeit der Erfolgsherbeiführung bei erforderlicher Kenntnis schlechter gestellt. Das berechtigte Vertrauen in eine kenntnisunabhängige Belohnung könnte insoweit hilfreiche Handlungen von Mitmenschen anregen, Spekulationen vermeiden und, beispielsweise in Hinblick auf die Rückgabe des gefundenen, gesuchten Gegenstands durch einen Unwissenden, Ehrlichkeit fördern.714 cc) Fazit Während der häufig unliebsame, aber dogmatisch stimmige Schluss auf das Kenntniserfordernis in manchen common law-Jurisdiktionen hingenommen wird715, gewährt das englische Recht den Anspruch auf die Belohnung tendenziell – auf verschiedenen Wegen von Sachverhaltsanalyse bis rechtlicher Argumentation – auch dem in Unkenntnis Handelnden. Obgleich aus dieser Praxis keine eindeutige und allgemeingültige Ausnahme von der Grundregel abgeleitet werden kann716, kann dem englischen Recht jedenfalls eine Bereitschaft zur faktischen Aufgabe des Kriteriums entnommen werden, was den Rückschluss auf bestehendes Potenzial für eine gemeinsame Lösung mit dem deutschen Recht erlaubt. Dass das Kenntniserfordernis die konstruktionslogisch zwingende Antwort darstellt, aber nicht uneingeschränkte Zustimmung erfährt, schwächt die Überzeugungskraft des Vertragskonzepts.

711

Deutlich Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 510 f. Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 511. Zu Ausnahmen wie Bettelmönch oder ehrenhaftem Assessor, die ein kenntnisunabhängiger Anspruchserwerb abschrecken könnte, siehe Fn. 95, 99 sowie § 3, B. II. 3. c) aa). 713 Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 508 f.; Wendel, S. 146 m.w.N. Die motivierende Wirkungsweise wird hinreichend durch die abstrakte Absicherung, eine etwaig ausgesetzte Belohnung jedenfalls kenntnisunabhängig zu erwerben, gewährleistet: vgl. Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 509 f. m.w.N. 714 Zum Aspekt der Ehrlichkeit siehe Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 509. 715 Siehe Fn. 372 zu R. v. Clarke (1927) 40 C.L.R. 227 sowie Cooke/Oughton, S. 31; ChenWishart, in: Beale, Rn. 2-040; vgl. ferner Posner, S. 106 zum US-Recht sowie Kahn, 72 S. African L.J. (1955), 246, 248, nach dem die – z. B. deutsche und italienische – einseitige, kenntnisunabhängige Konstruktion aus Gerechtigkeitserwägungen zwar vorzugswürdig erscheine, eine Aufgabe des Kenntniserfordernisses im (südafrikanischen) Recht allerdings gleichwohl aussichtlos sei. 716 Hudson, 84 L.Q.R. (1968), 503, 503: „The English reward cases do not provide clear guidance.“ (503). 712

C. Ausblick auf ein Harmonisierungspotenzial

155

III. Spielraum für eine gemeinsame Lösung Das Vertragskonzept des englischen Rechts weist Stärken und Schwächen auf. Neben der Schwierigkeit, das tatsächliche Geschehen öffentlicher Belohnungsaussetzung lebensnah und sachgerecht als Vertrag zu erfassen,717 offenbaren die Antworten auf die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis Vorund Nachteile der gewählten Konstruktion: Dogmatisch schlüssig und natürlich ergibt sich die grundsätzliche Widerrufsmöglichkeit. Allerdings zeigen die Ansätze in Rechtsprechung und Literatur, dass der Grundsatz der Widerruflichkeit des Angebots beim unilateral contract ob der konstruktionsbedingt langen Widerruflichkeitsphase nicht uneingeschränkt befolgt, sondern faktisch vielfach aufgeweicht wird. Ebenso wird das stringente Kenntniserfordernis teilweise praktisch ausweichend vermieden. Insofern hat wie im deutschen Recht ein Konzept Geltung, dessen inhärente Logik die angestrebten Ergebnisse nicht umfassend trifft und den Spielraum für eine gemeinsame Lösung ob vielfältiger Kontingenzen nicht klar umreißt. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Entstehungsgeschichte der zweiseitigen Lösung des englischen Rechts ihren Erkenntnismehrwert nicht im Verständnis des status quo oder zugrundeliegender Wertungen erschöpft, sondern gerade in ihren detailreichen Entwicklungsstufen Ansatzpunkte für eine theoretische oder dogmengeschichtliche Fundierung der einseitigen Konstruktion aufweist, derer die Entwicklung der deutschen Auslobungskonstruktion entbehrt und die für eine etwaige künftige einseitige (europäische) Lösung aufgegriffen und aufgearbeitet werden könnten.

C. Ausblick auf ein Harmonisierungspotenzial Weder dem deutschen noch dem englischen Recht gelingt es, für die Konstruktion und die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis eine Lösung bereitzuhalten, die frei von (logischen) Durchbrechungen dem aufgezeichneten Maßstab der Kohärenz voll gerecht wird.718 Dieses Ergebnis719 erlaubt in Kombination mit den jeweiligen Standpunkten der Rechtsordnungen wichtige Rückschlüsse: Wohingegen die Konstruktionsfrage unterschiedlich beantwortet wird, stimmt das jeweilige praktische Ergebnis, einen Widerruf grundsätzlich zu gestatten,

717 Siehe hierzu die Kritik unter B. II. 1. a), insbesondere mit dem Appell für eine sachgerechtere Lösung über ein einseitiges Versprechen mit consideration und tatsächlicher Handlungsvornahme: Whittaker, in: Beale, Rn. 1-016. 718 Dazu, dass sowohl nach Vertrags- als auch Versprechenstheorie in der deutschrechtlichen Diskussion zumindest eines der gewünschten Ergebnisse erzielt wird: Kleinschmidt, in: HKK-BGB (2013), §§ 657 – 661a, Rn. 20. Zum Maßstab der Kohärenz § 1, B. III. 719 Zum wissenschaftlichen Wert auch eines Nichtbefunds vgl. Watson, 37 C.L.J. (1978), 313, 335.

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§ 2 Dogmengeschichtlicher Stand im deutschen und englischen Recht

überein.720 Das teilweise unerwünschte Kenntniserfordernis besteht im englischen Recht formal als Folge der Konstruktion und genießt keine hervorstechende Bedeutung. Insoweit könnte ein konsensfähiger Kompromiss in einer einseitigen Konstruktion mit einem Austauschmoment, wie der consideration, liegen. Ein solches Konzept ist im englischen Recht zumindest historisch angelegt und wird gegenüber dem Vertragskonzept teilweise explizit als vorzugswürdige Lösung propagiert.721 Zudem könnte über die consideration-Komponente natürlicherweise die in beiden Rechtsordnungen grundsätzlich erwünschte Widerruflichkeit stringent realisiert werden, und über die Einseitigkeit der attraktiv anmutende kenntnisunabhängige Anspruchserwerb. Dieses potenziell konsensfähige Konzept bietet zugleich einen wertvollen Ausgangspunkt für das ausstehende Großprojekt, einen allgemeinen einseitigen Verpflichtungsgrund theoretisch zu fundieren. Die naheliegende aber weitreichende Annahme eines zu dessen einseitiger Begründung hinreichenden Kreatorwillens würde durch eine Austauschkomponente relativiert, als ein, über die privatautonom eingegangene und insoweit nicht unbillig erscheinende einseitige Bindung hinausgehender Nachteil erst mit dem tatsächlichen Austauschmoment und dem Erwachsen eines Anspruchs auf das einseitig Versprochene erwüchse. Allerdings würde damit zugleich ein auf einseitige Bindung gerichteter Wille nicht uneingeschränkt anerkannt, sondern erst, soweit ein seine Präsenz materialisierendes, Vertrauen signalisierendes Austauschmoment hinzukäme. Fraglich ist, ob die hierin liegende Einschränkung der Privatautonomie, dem sich einseitig binden Wollenden ein Instrument hierzu zu verwehren, bzw. dessen Wirksamkeit vom Hinzutritt eines Austauschs oder Vertrauenstatbestandes abhängig zu machen, gerechtfertigt ist.722 Ob und inwieweit eines der beiden nationalen Konzepte oder der vorgeschlagene Kompromiss Zuspruch verdient, soll nach dem dogmatisch kontingenten Hintergrund aus einem weiteren, funktionalen Blickwinkel betrachtet werden.

720

Praktisch ähnliche Ergebnisse mögen angesichts eines kongruenten Anforderungsprofils zu lösender Probleme und vergleichbarer Wertungen in Rechtsordnungen eines Gesellschafts-, Kultur- und Wirtschaftskreises nicht überraschen, erlauben jedoch keinen Rückschluss auf eine Kongruenz des Rechts: Schurig, in: FS Großfeld, S. 1089, 1105 f. m.w.N.; vgl. Weir, ZEuP 3 (1995), 368, insbesondere 372 f. Vgl. mit der These einer historischen Grundausrichtung auf eine Widerruflichkeit in England und Kontinentaleuropa: Sacco, in: Hartkamp u. a., S. 483, 490. 721 Mit der These der Vorzugswürdigkeit einer einseitigen (Versprechens-)Konstruktion vgl. z. B. Whittaker, in: Beale, Rn. 1-014, 1-016; aus US-amerikanischer Sicht: Tiersma, 26 U.C. Davis L. Rev. (1992), 1, u. a. 4: „[W]e should abandon the adage that contracts arise through that familiar duo of offer and acceptance. What is needed to form a legally enforceable agreement is simply commitment.“. Zu einer bereits faktischen Verkürzung des unilateral contract zu einem Versprechen Sacco, in: Hartkamp u. a., S. 483, 485 f.; vgl. zum DCFR: v. Bar/Clive, DCFR Commentary, vol. I, 2009, Art. II-1:103, S. 133. 722 Vgl. § 1 Fn. 71 sowie A. II. 1. a) cc) und § 4, B. II.

§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung Die dogmatische Untersuchung hat gezeigt, dass weder die Konstruktion noch die Beantwortung der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis in den betrachteten Rechtsordnungen zwingend vorbestimmt sind. Um weitere, hilfreiche Einsichten zu erlangen, wird der Untersuchungsgegenstand vor diesem kontingenten Hintergrund aus dem Blickwinkel der Rechtsökonomie betrachtet. Die ökonomische Analyse des Rechts1 wird in diesem Sinne als Anwendung des ökonomischen Instrumentariums auf rechtliche Fragestellungen verstanden.2 Nach einer methodischen Einführung in das Vorhaben (A.) werden die rechtliche Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung und die gewählten Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis analysiert (B.).

A. Methodische Einführung Für die rechtsökonomische Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzungen wird als methodische Grundlegung die teilweise entschieden, aber zu Unrecht in Frage gestellte Legitimation des Ansatzes vorangestellt konstatiert (I.). Anschließend werden die für den Fortgang maßgeblichen Annahmen der ökonomischen Analyse dargestellt (II.) und das konkrete Vorhaben einer positiven Analyse skizziert (III.).

I. Legitimation des Ansatzes Obwohl die ökonomische Analyse des Rechts als Methode in der deutschen Rechtswissenschaft zunächst auf Kritik und Ablehnung stieß (1.), verspricht sie als neuer Blickwinkel bereichernde Erkenntnisse (2.). 1

Die Bezeichnungen für die ökonomische Betrachtung variieren. Gegenüber Rechtsökonomie oder ökonomischer Analyse des Rechts hebt Kirchner, S. 5 f. die der ökonomischen Theorie des Rechts als vorzugswürdig hervor. Zu verschiedenen Begrifflichkeiten für die „ökonomische Sicht der Welt“: Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 76 m.N. 2 Posner, 53 Tex. L. Rev. 19765, 757, 759: „the application of the theories and empirical methods of economics to the central institutions of the legal system“; hierzu Hanson/Hanson/ Hart, in: Patterson, S. 299, 299. Vgl., für den hiesigen erfassten Untersuchungsgegenstand auswirkungslos zu einer engeren Definition: Garoupa/Ulen, 59 Ala. L. Rev. (2008), 1555, 1556, 1567 m.N.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

1. Daseinsberechtigung der ökonomischen Analyse des Rechts Im Gegensatz zur prominenten und fest etablierten Position in Forschung und Lehre im anglo-amerikanischen Rechtskreis als Law and Economics3 führt die4 ökonomische Analyse des Rechts5 in der deutschen Rechtswissenschaft trotz aufstrebender Tendenz6 als Disziplin eher ein Nischendasein.7 Ihre Daseinsberechtigung wurde teilweise resistent in Frage gestellt.8 In der Tat mag die Rechtsökonomie als eigenständige Disziplin insbesondere in ihrer mathematisch gestützten Methodik 3 Zur Erfolgsgeschichte z. B. Unberath, S. 139; Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 299; Cooter/Ulen, S. 1 ff.; Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 83; grundlegend bereits Commons, 34 Yale L.J. (1925), 371. Zu ökonomischer Methodenlehre als Teil der universitären Grundausbildung: Cooter/Ulen, S. 2; Tröger, S. 39 m.w.N. in Fn. 41. Zur Folge, dass es sich hierbei um eine Facette „wissenschaftlicher Revolutionen“ handele, die sich nicht (nur) durch Überzeugung vollziehe, „[…] sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben und dass die heranwachsende Generation von vorneherein mit der Idee vertraut gemacht wird“, Kirchgässner, S. 155. Zur Bedeutung für die Vertragstheorie: Kraus, 11 Phil. Iss. (2001), 420, 420; vgl. Schmidt, S. 219 f. sowie Wightman, S. 31. Zu kritischen Gegenströmungen wie der Critical Legal Studies-Bewegung statt vieler Eidenmüller, S. 78; vgl. Binder, in: Patterson, S. 267, 271, 276. 4 Dazu, dass es nicht „die“ ökonomische Theorie des Rechts, sondern viele solcher gebe, van Aaken, in: Jud u. a., S. 127, 127. Zu Law and Economics als Zusammenfassung zahlreicher ökonomischer Forschungsansätze zur Auseinandersetzung mit Recht: Mathis, S. 17 m.N. Mit einer Abgrenzung von Law and Economics und ökonomischer Analyse des Rechts, insbesondere hinsichtlich ihrer Stoßrichtung im Umgang mit ökonomischer Theorie als unveränderliches Faktum oder Anpassungen zugänglicher und ihrer ggf. bedürftiger Gegenstand: Calabresi, S. 1 ff., besonders deutlich etwa auf S. 2 f., 17. 5 Zu den Ursprüngen insbesondere in den „bahnbrechenden“ Aufsätzen von Ronald Coase („The Problem of Social Cost“: Coase, 3 J.L. & Econ. 1960, 1) und Guido Calabresi („Some Thoughts on Risk Distribution on the Law of Torts“: Calabresi, 70 Yale L.J. (1961), 499), sowie dem prägenden Ausbau durch Richard Posner als „Gründungsvater“ der Disziplin, z. B. Schäfer/Ott, S. XXXIX, 72 ff.; Cooter/Ulen, S. 1; Eidenmüller, S. 58 ff.; Posner, S. 30; Kirchner, S. 21; Weigel, 2003, S. 15; vgl. Schmidt, S. 219. 6 Vermehrt findet sich Rechtsökonomie in dogmatischen (Grundlagen-)Werken, vgl. etwa Tröger; Schmolke, S. 89 ff., 174 ff.; Unberath, insbesondere S. 20, 122 ff. Zur aufsteigenden Tendenz: Schmidt, S. 219 m.w.N.; Lieth, S. 16; Garoupa/Ulen, 59 Ala. L. Rev. (2008), 1555, 1615. Auch der Bestand englisch- und deutschsprachiger Lehrbücher wächst, z. B. die wichtigen Werke von Posner, Shavell, Cooter/Ulen, Polinsky, Schäfer/Ott, Towfigh/Petersen; hierzu Eidenmüller, S. 59 in Fn. 4. 7 Kirchner, S. 29 f. m.N. Weiterführend zum historischen Aufgreifen des ökonomischen Ansatzes in Deutschland in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg Albert, Konst. Bl. 23, 1985, 6, 7 f.; Kirchner, 11 Int’l Rev. L. & Econ. (1991), 277, 277 f. Vielfach werden (rechts-)ökonomische Erwägungen lediglich nicht als solche ausgewiesen: Janson, S. 140; Lieth, S. 27. Zur Diskrepanz der Rezeption Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 83 sowie Garoupa/Ulen, 59 Ala. L. Rev. (2008), 1555, 1557 f., 1568, 1577 mit dem Bild der „kalten Schulter“ und dem Versuch eines empirischen Beweises (1569 ff.), der jedoch nicht überzeugt, soweit fragwürdige Kriterien oder Erhebungen herangezogen werden, z. B. für einen quantitativen Vergleich der Verwendung rechtsökonomischer Begriffe in Fachzeitschriften als proxy für ganz Europa nur das OJLS. 8 Hierzu Kirchner, 11 Int’l Rev. L. & Econ. (1991), 277, 277 ff., 284 ff.; Lieth, S. 16; Eidenmüller, S. 7 ff., 36 ff.; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 8 f.; Kirchner, in: Schäfer/Ott, S. 44, 44: „insbesondere von juristischer Seite [werde] mit Argwohn begegnet“.

A. Methodische Einführung

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und spezifischen Terminologie dem klassisch geschulten deutschen Juristen zunächst fremd und schwer zugänglich erscheinen9 und so die Sorge befördern, dass sie als „Trojanisches Pferd“10 unliebsame Konsequenzen für die deutsche Rechtswissenschaft zeitigen könnte. In seiner Vehemenz „geradezu legendär“11 ist der von Karl-Heinz Fezer geäußerte Vorwurf, unausweichliche Folge eines ökonomischen Ansatzes12 im Recht sei, dass die Vielseitigkeit seiner Aufgaben und Funktionen verkannt, und es infolgedessen beschnitten werde13 ; ferner täusche die „monokausale Betrachtungsweise“14 eine nicht vorhandene Präzision vor.15 Außerdem wird bemängelt, dass sich manche Themenkomplexe qua ihres Inhalts einer ökonomischen Herangehensweise entzögen und eine imperialistische Ökonomisierung aller Lebens- und Rechtsbereiche16 weder wünschenswert noch zielführend sei.17 Nicht 9

Lieth, S. 23; vgl. Eidenmüller, S. 7. Lüdemann, in: Engel u. a., S. 1, 1; Eidenmüller, in: Breidenbach u. a., S. 11, 12; vgl. Fezer, JZ 41 (1986), 817, 819 sowie ders., JZ 46 (1988), 223, 227 („Wolf im Schafspelz“) oder Engelhardt, in: Schäfer/Wehrt, S. 19, 19 zur „heiligen Hetzjagd“ gegen „das Gespenst der Ökonomie“. 11 Mathis, S. 18. Warnend äußert sich auch Rittner, JZ 60 (2005), 668, 669. Mit kritischer Auseinandersetzung: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 14, 18 f. 12 Die Ökonomik versucht, mithilfe von Modellen menschliches Verhalten zu erklären: Kirchgässner, S. 3, 7; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 43; Kötz, in: FS Großfeld, S. 583, 583. Mit drei verschiedenen Definitionen hingegen G. Becker, 1993, S. 3 f.; vgl. bildhaft zur Verhaltensprognose als „Mörtel“ zwischen den Steinen der Kathedrale des Rechts: Cooter/Ulen, S. 3. Mit einem engeren Verständnis Rothschild, Analyse und Kritik 30 (2008), 723, 725. 13 Fezer, JZ 41 (1986), 817, 822, 823; ders., JZ 43 (1988), 223, 224. Zu diesen Vorwürfen z. B. Kirchner, S. 18. 14 Fezer, JZ 41 (1986), 817, 824 sowie 820 zur „Eindimensionalität des ökonomischen Kalküls“ und unzutreffendem Weltbild. Vgl. dazu, „Recht in wirtschaftliche Daten aufzulösen“: Gauch, ZSR 119 (2000), 1, 2; hierzu Mathis, S. 18 f. Zum Fehlverständnis der Ökonomie als thematisch begrenzte, „forbiddingly mathematized study“: Posner, S. 3. 15 So Fezer, JZ 43 (1988), 223, 224 zur Verwendung ökonomischen Fachvokabulars. Vgl. z. B. Kirchner, in: Hoffmann-Riem, S. 63, 73 zur Allokationseffizienz als einem „vor Scheinexaktheit schillernden Begriff“; vgl. Janson, S. 88. 16 Zu dieser, da als möglich erscheinend, greifbaren Gefahr Mathis, S. 22. Zur Frage eines „Imperialismus der Ökonomie“ z. B. Engelhardt, in: Schäfer/Wehrt, S. 19, 46: „Conclusio: Das Gespenst des ökonomischen Imperialismus ist ein Märchen. […]“; Kirchgässner, S. 152 ff. m.w.N. Vgl. ferner Rothschild, Analyse und Kritik 30 (2008), 723, 723 f.; Kirchner, S. 12; Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 174 sowie differenziert ablehnend Tröger, S. 40 mit Fn. 44 m.w.N. oder Schäfer, in: Schäfer/Wehrt, S. 11, 15 zu einer Überbewertung von Expansion als Imperialismus. 17 Zu einer Ökonomisierung in hierfür ungeeigneten Bereichen besorgt ob eines fehlleitenden imperialen Universalitätsanspruches: Fezer, JZ 41 (1986), 817, 819, 824 sowie ders., JZ 43 (1988), 223, 224, 226. Beispiel für eine besonders ausdehnende Vorgehensweise ist der Opus Gary Beckers, vgl. G. Becker, 1993, S. 7: „In der Tat bin ich zu der Auffassung gekommen, daß der ökonomische Ansatz so umfassend ist, daß er auf alles menschliche Verhalten anwendbar ist“ und, dem entsprechend, ders., 1993, insbesondere Teil 6 (Ehe, Fruchtbarkeit und Familie) sowie ders., 1991 und ders./G. N. Becker, 1998. Erörternd zur Tendenz mit zahlreichen Beispielen: Engelhardt, in: Schäfer/Wehrt, S. 19, 22; Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 80 f.; 10

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zuletzt widersprächen ökonomische Modelle des Menschen dem im Recht gebräuchlichen und ihm zugrunde liegenden Menschenbild.18 Dem ist entgegenzusetzen, dass es sich lediglich um eine ökonomische Analysemethode handelt, die das Recht in seiner Komplexität und seinen Grundprinzipien weder zu unterwandern sucht noch ein solches vermag.19 Allenfalls ein „Ausschließlichkeitsanspruch“ zugrunde liegender normativer Prämissen wäre mit Blick auf die gefürchtete Verkürzung der Sichtweise bedenklich.20 Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand öffentlicher Belohnungsaussetzung, der dem klassischerweise und ohne imperialistische Bedenken ökonomischer Untersuchung zugänglichen Privatrecht unterfällt, bestehen mithin auch insofern keine Einwände, Erkenntnisse aus rechtsökonomischer Betrachtung in die Gesamtbeurteilung einfließen zu lassen.21 2. Erkenntnisgewinn durch einen neuen Blickwinkel Berechtigterweise betonen die Anhänger der Disziplin den Mehrwert der ökonomischen Analyse des Rechts als neue Dimension der Interdisziplinarität zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften22 und sehen die neue Methode des Erkenntnisgewinns nicht als „Modeerscheinung“23, sondern als wichtige Chance an, die einen „wesentlichen Baustein einer neuen Rechtstheorie“ bilden könnte24 und die Kirchner, S. 11 m.w.N.; Kirchgässner, S. 153; Tietzel, ZfWiPo 32 (1983), 223, 225 f., 228; Meckling, 112 SZVS (1976), 545, 556 f.; Mathis, S. 22 f. sowie mit verschiedenen Beiträgen Pies/Leschke. Siehe ferner befürwortend zur Ausdehnung als Methode anstatt als Gegenstandsbereich Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 15 f., sowie ablehnend ob der Gefahr u. a. einer „Kommerzialisierung“: Behrens, in: Mastronardi, S. 29, 38. Neutral zur Ausdehnung des ökonomischen Verhaltensmodells auf andere Lebensbereiche als den der Wirtschaft z. B. Eidenmüller, S. 30 f. bzw. nach Eignung differenzierend Rothschild, Analyse und Kritik 30 (2008), 723, 730. 18 Zum angeprangerten – auf einer Fehlvorstellung beruhenden (vgl. A. II. 1. b), c) und § 4, A. II. 1.) – Widerspruch: Fezer, JZ 43 (1988), 223, 224, 227 f. sowie ders., JZ 41 (1986), 817, 822. 19 Zum hilfreichen Beitrag der (positiven) ökonomischen Analyse des Rechts, mehr Rationalität in juristische Argumentation einzuführen, anstatt der Unternehmung eines imperialistischen Feldzugs, z. B. Lieth, S. 22; Kirchner, S. 29 f.; Mathis, S. 19. Zur Abgrenzung positiver und normativer Analyse siehe i.F. Fn. 100. 20 Zu einem solchen, abzulehnenden „Ausschließlichkeitsanspruch“ einer auf Effizienz ausgerichteten ökonomischen Analyse des Rechts statt vieler Eidenmüller, S. 8. Mit der impliziten Anlegung eines realistischen Anforderungsprofils siehe die Darstellung der Aufgaben, die die Rechtsökonomie bewältigen kann und sollte: Schäfer/Ott, S. 5 ff. Zum Effizienzmaßstab siehe A. II. 2. 21 Zur nötigen sorgfältigen Synthese statt unfundierter Einbindung disziplinfremder Ergebnisse: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 49 ff.; vgl. § 2 Fn. 621. Zum erfassten Gegenstand Fn. 99, 116. 22 Janson, S. 88; vgl. Fleischer, S. 232. 23 Eidenmüller, S. 78 f. 24 Kirchner, S. 31: „Richtig verstanden und angewandt kann ökonomische Theorie des Rechts zu einem wesentlichen Baustein einer neuen Rechtstheorie werden.“; vgl. ferner van

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es nicht zu versäumen gelte.25 Unabhängig davon, ob man die Begründungsbedürftigkeit der Anwendung bzw. Nichtanwendung der ökonomischen Analyse des Rechts gleich einer „Beweislast“ bei ihren Befürwortern oder Gegnern sieht,26 sprechen die überzeugenderen Gründe für einen in seiner Aussagekraft wohlverstandenen Beitrag. Insbesondere verspricht die in die Rechtswissenschaft eindringende Rationalisierung27 Erkenntnisgewinne und die konsequentialistische Betrachtung schafft die Voraussetzung, dass das Steuerungspotenzial von Rechtsnormen gezielt eingesetzt werden kann.28 Dies gilt insbesondere für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand, den die dogmatische Betrachtung nicht hinreichend zu erschließen vermag.

II. Annahmen der ökonomischen Analyse Die Untersuchung setzt die Annahmen der ökonomischen Analyse in positiver (1.) und normativer (2.) Hinsicht voraus.

Aaken, S. 13, 17 ff. sowie dies., in: Jud u. a., S. 127, 128; Schäfer, in: Schäfer/Wehrt, S. 11, 11 f.; Engelhardt, in: Schäfer/Wehrt, S. 19, 20. 25 Zur unzureichenden Beachtung ökonomischer Analyse in der deutschen Rechtswissenschaft als Defizit und „schweres Versäumnis“: Bydlinski, AcP 188 (1988), 447, 466; Lieth, S. 16. Zur Chance z. B. Kirchner, S. 31; Schwintowski, JZ 53 (1998), 581 mit Verweis auf verschiedene Felder der Rechtswissenschaft, in denen die Nutzbarkeit und Nützlichkeit unter Beweis gestellt wurde; van Aaken, in: Jud u. a., S. 127, 127; Lieth, S. 21 f.; Cooter/Ulen, S. 9 f.; Schäfer/Ott, S. XLIV zum richtungsweisenden Potenzial; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 43; Eidenmüller, u. a. S. 77 ff.; Bydlinski, 1988, S. 283 ff., u. a. zum Potenzial, Illusionen insbesondere mit Blick auf Knappheitsprobleme auszuräumen (S. 285 f.). 26 Für eine – ernst- und wahrzunehmende – Beweislast spricht sich van Aaken, S. 20 aus; gegen eine Begründungsbedürftigkeit insbesondere Tröger, S. 43 mit Fn. 61. Jedenfalls erscheint ein reflektierter Umgang geboten, der auch die Schwächen der Methode berücksichtigt: Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 322, 324; Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 175 ff., 181; Mahlmann, § 19, Rn. 11 ff. 27 Vgl. zuvor Fn. 19 sowie Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 43 im Zusammenhang mit der Berücksichtigung verhaltensökonomischer Erkenntnisse als „Rationalisierungsschub“; Eidenmüller, S. 77; Lüdemann, in: in: Engel u. a., S. 7, 44, 49; vgl. Tröger, S. 42. 28 Nach Eidenmüller, S. 14 ist die ökonomische Analyse des Rechts sogar „der mit Abstand fruchtbarste neue Ansatz zur Erforschung und Bewertung der Folgen von Rechtsnormen in der Rechtswirklichkeit.“, sowie S. 1 ff. zur Folgenabschätzung und S. 490 zum Steuerungspotenzial des Rechts. Zum Aspekt der Verständnisförderung: Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 324.

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1. Positive Annahmen – Ökonomisches Paradigma Als positive Annahmen werden – neben dem Ausgangspunkt des methodologischen Individualismus (i. e. S.)29 – die des ökonomischen Paradigmas30 gesetzt, d. h. die der Ressourcenknappheit [a)] und die beiden als homo oeconomicus-Modell zusammengefassten31, trotz teilweise harscher Kritik als das zentrale ökonomische Rationalverhaltensmodell nicht mehr hinwegzudenkenden32 des Eigennutzens [b)] und des Rationalverhaltens [c)]. a) Ressourcenknappheit Als grundlegende Rahmenbedingung wird angenommen, dass zur Befriedigung der Bedürfnisse aller Menschen ausreichende Ressourcen33 nicht zur Verfügung stehen (Ressourcenknappheit) und insofern ein „Haushalten“ mit den vorhandenen notwendig ist.34 b) Eigennutztheorem Das Eigennutztheorem beschreibt die Annahme, dass ein Individuum aus den ihm eröffneten Handlungsmöglichkeiten diejenige wählen35 wird, die seinen eigenen

29 Zum Ausgangspunkt des Individuums, statt einer kollektiven Sicht, als sog. methodologischer Individualismus (i. e.S.): Kirchgässner, S. 12, 22 ff. m.w.N. sowie ders., in: SitterLiver/Caroni, S. 105, 111 ff.; Kirchner, S. 18 ff.; Richter/Furubotn, S. 3; Mathis, S. 23; Manstetten, S. 57 f.; Petersen, S. 118; Schwintowski, JZ 53 (1998), 581, 583 f.; Frey, in: SitterLiver/Caroni, S. 165, 166 f.; einschränkend: Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 13 f.; Schäfer/Ott, S. 46, 95. 30 So Kirchner, S. 12 sowie ders., in: Schäfer/Ott, S. 44, 45; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, § 2, Rn. 61 ff. Die Grundannahmen stimmen trotz unterschiedlicher Verständnishorizonte und Bezeichnungen im Wesentlichen überein: Opp, in: Schäfer/Wehrt, S. 103 ff. sowie ders., in: FS Radnitzky, S. 105, 107 f.; Richter/Furubotn, S. 2 ff.; Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 69 ff.; vgl. zu immer noch aktuellen „Grundideen“ bereits Albert, Konst. Bl. 23, 1985, 6, 10. 31 Das Modell wird auch mit der – weitgehend deckungsgleichen (Fleischer/Schmolke/ Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 12 m.w.N.) – REMM-Hypothese (Resourceful, Evaluating, Maximizing Man) umschrieben, hierzu z. B. Schäfer/Ott, S. 95 m.w.N. in Fn. 1; Tröger, S. 41 m.w.N. in Fn. 51; van Aaken, S. 79 m.w.N.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/ Zimmer, S. 9, 12 in Fn. 9; Engelhardt, in: Schäfer/Wehrt, S. 19, 25. 32 Statt vieler zum Rationalansatz als „ohne Zweifel eine der wichtigsten Entwicklungen in den Humanwissenschaften“: Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 181. 33 Zum weiten, über wirtschaftliche Güter hinausgehenden Begriff der Ressource statt vieler Kirchner, S. 12. 34 Kirchner, S. 12 f. Vgl. zu Ressourcenknappheit und dem Umgang mit ihr als Aufgabe der Wirtschaftswissenschaft: Schäfer/Ott, S. 45 f.; Schmolke, S. 90 f.; Posner, S. 3. 35 Zu menschlichem Handeln als Wahl zwischen Optionen: Lieth, S. 23 ff.; Kirchgässner, S. 7, 13 ff.; Kirchner, S. 7.

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Nutzen erwartungsgemäß36 maximiert.37 Diese zugrunde gelegte, auf den eigenen Nutzen bedachte Sichtweise impliziert keine (moralische) Abwertung, sondern zielt vielmehr auf ein realistisches38 Menschenbild ab.39 Insbesondere muss die individuelle Nutzenfunktion keinesfalls rein monetär bestimmt sein, sondern kann auch auf immaterielle Faktoren internen Ursprungs wie persönliche Zufriedenheit oder Stolz gerichtet, oder an extern bedingte wie Reputation oder soziale Anerkennung rückgekoppelt sein.40 Davon abgesehen erscheint die Vorstellung eines grundsätzlich eigeninteressiert agierenden Menschen weder bei lebensnaher Betrachtung tatsächlich fernliegend noch der Rechtsordnung mit Blick auf rechtspolitische Lenkung erstrebende Vorschriften fremd.41 c) Rationalverhalten Weiterhin wird zugrunde gelegt, dass Menschen sich rational verhalten, also die Handlungsoption wählen, die ihren Nutzen unter relativ geringstem Mitteleinsatz erhöht, und sich nicht von irrationalen Beweggründen leiten lassen. Entscheidend ist ein optimales Ergebnis auf Grundlage des Verhältnisses von Mitteleinsatz und Zielerreichung.42 Nach dem heute in der Regel zur Anwendung kommenden Rationalverhaltensmodell liegt ein solches vor, wenn der Entscheidende durch sein Verhalten seinen Nutzen maximiert, d. h. wenn er aus verschiedenen Handlungsoptionen die nach seinen individuellen Präferenzen vorzugswürdige auswählt.43 36 Zum Erwartungsnutzen als unter Berücksichtigung seiner (Eintritts-)Wahrscheinlichkeit berechnetem Nutzen: van Aaken, S. 78 m.w.N.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/ Zimmer, S. 9, 22 f. 37 Zum Eigennutztheorem z. B. Kirchner, S. 13; Schwintowski, JZ 53 (1998), 581, 584. Dabei wird zugrunde gelegt, dass ein Individuum grundsätzlich, vgl. A. II. 1. c), weiß, was das Beste für es ist, statt vieler: Schäfer/Ott, S. 46. 38 Siehe Petersen, S. 18 f. m.N. dazu, dass der Vorstellung des homo oeconomicus eine (naturwissenschaftliche) Grundlage trotz der Kritik aus verschiedenen Disziplinen wie der Philosophie oder Theologie attestiert wird; vgl. § 4, A. II. 1. 39 Zur Wertneutralität des Eigennutztheorems, das gerade nicht mit Egoismus gleichzusetzen ist: Kirchner, S. 13; Kirchgässner, S. 47 ff, 65; Posner, S. 3; Schwintowski, JZ 53 (1998), 581, 584; Schäfer/Ott, S. 96, 99 f.; Rothschild, Analyse und Kritik 30 (2008), 723, 728. Zur Wertneutralität der Ökonomik: Kirchgässner, S. 3; Eidenmüller, S. 28 sowie zur Rechtsökonomie: Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 105. Zum Konflikt zwischen wissenschaftlicher Neutralität und Effizienz als normativem Kriterium siehe z. B. Janson, S. 103 sowie Fn. 62. 40 Statt vieler Kirchgässner, S. 78; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 15; zum monetären Fokus vgl. Posner, S. 7 sowie i.F. Fn. 75. 41 Eidenmüller, S. 37, u. a. zum Beispiel lenkender Vorschriften aus dem Steuerrecht. Demgegenüber kritisch Weir, ZEuP 3 (1995), 368, 371 zur Beförderung einer individuellen Perspektive „nicht der vernünftigen Lebensweise, sondern des Mehrhabenwollens“. 42 Schäfer/Ott, S. 96; Kirchgässner, S. 14 f.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/ Zimmer, S. 9, 12 f. m.w.N. 43 Schäfer/Ott, S. 96, 104; vgl. Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 217. Zur stabilen und transitiven Präferenzordnung Schäfer/Ott, S. 96, 98; Magen, in: Engel u. a., S. 261, 267;

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Diese Annahme basiert ihrerseits auf Axiomen44 und ist insbesondere45 von Seiten der Behavioral (Law and) Economics-Strömung46 als realitätsfern kritisiert worden.47 Einigen48, insbesondere durch experimentell-psychologische Nachweise bestärkten49 Erkenntnissen und Einwänden aus diesen neuen Forschungsgebieten wurde Gewicht beigemessen50 und das Rationalverhaltensmodell in der Folge relativiert.51

Fellner, S. 9 ff.; vgl. Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 12 f. und Kirchgässner, S. 40. Hinsichtlich fehlender Realitätsnähe kritisch, aber ob der empfindlichen Folge variabler Präferenzen, die Prognostizierbarkeit von Verhalten auszuhebeln, zustimmend Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 15 f., 19. Eine Lösung ist, Phänomene in ökonomische Kategorien zu übersetzen: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 41 f. zu emotionalem Unbehagen als psychische Kosten, d. h. als Restriktion anstatt als Präferenz. 44 Allgemein zu den Axiomen – Vollständigkeit, Transitivität, Unabhängigkeit, Konsistenz, Widerspruchsfreiheit – statt vieler: Schäfer/Ott, S. 97 f. 45 Die Annahme des Rationalverhaltens ist die wohl strittigste des ökonomischen Paradigmas, statt vieler: Kirchner, S. 13. Zum erforderlichen reflektierten Umgang z. B. Posner, S. 23 ff.; Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 322 ff. 46 Zur Behavioral (Law and) Economics-Strömung als deren „kleine Schwester“, ihren USamerikanischen Ursprüngen und Grundgedanken: Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/ Zimmer, S. 9, 10 f. m.w.N.; Schäfer/Ott, S. 103 ff.; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 8, 20 ff. Zur Zielsetzung, Abweichungen von Rationalverhalten und Eigennutztheorem aufzuzeigen, erläuternd und mit Beispielen: Altmann/Falk/Marklein, in: Fleischer/Zimmer, S. 63, 63; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 10 sowie die weiteren Beiträge des Sammelbandes. Vgl. zur Anreicherung der Rechtswissenschaft durch Empirie und entsprechenden Einbruch- bzw. „Schnittstellen“ in Rechtsdogmatik und -wissenschaft Hamann, u. a. S. 1, 34 ff., 38. 47 Insbesondere Fezer, JZ 41 (1986), 817, 822 sowie ders., JZ 43 (1988), 223, 228. Zur – unzutreffenden – Sicht eines verabscheuungswürdigen „homunculus oeconomicus“ (vgl. hierzu Tietzel, Jb. SozWisS. 32 (1981), 115, 117): Engelhardt, in: Schäfer/Wehrt, S. 19, 43; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 1 f., 7, 14; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 11, 13 ff.; Kirchner, S. 14 m.N.; van Aaken, S. 29 m.w.N. 48 Maßgeblich ist insbesondere die Recht und Ökonomie nachhaltig beeinflussende Forschung von Daniel Kahneman und Amos Tversky: Gilovich/Griffin, in: Gilovich u. a., S. 1, 1; Shleifer, 50 J. Econ. Lit. (2012), 1080, 1080; Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. (1998), 1471, 1477. 49 Hierzu Eidenmüller, S. 38 mit Fn. 48 m.w.N. Zum Verhältnis zwischen – nicht gleichzusetzender – Verhaltensökonomie und experimentellem Vorgehen: Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 183: „[B]ehavioral Economics is an approach and experimental economics is a method.“ (Hervorhebung in Original). 50 Zum wünschenswerten Beitrag zur Gestaltung eines realitätsnäheren und konsensfähigeren homo oeconomicus-Modells z. B. Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 224; Hanson/Hanson/ Hart, in: Patterson, S. 299, 322 ff.; Altmann/Falk/Marklein, in: Fleischer/Zimmer, S. 63, 63; Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 181 f., 199; Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. (1998), 1471, 1471, 1473 ff. Zur erst zögerlichen, aber zunehmend konstruktiven Aufnahme in der deutschen Rechtswissenschaft: Albert, Konst. Bl. 23, 1985, 6, 16; vgl. Tröger, S. 41 m.w.N.; vgl. Schäfer/Ott, S. 110 m.N. zur Kritik der Strömung u. a. als „übertrieben“. 51 Zu den zwei Grundlinien traditionell neoklassischer, vollkommener und Realitätsnähe suchender, unvollkommener Rationalität z. B. Richter/Furubotn, S. 4 f.

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Mitunter etablierte sich als korrektive Ergänzung52 der gewisse Irrationalitäten anerkennende und berücksichtigende Maßstab beschränkter Rationalität (bounded rationality).53 Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich beim homo oeconomicus nur um ein Modell handelt54 und nicht um eine, anderen Disziplinen vorbehaltene, Beschreibung der Realität.55 Die (Rechts-)Ökonomie entwirft mithin kein Bild des Menschen als „wandelnder Computer“56, sondern nutzt das am Eigennutzen orientiert rational handelnde Individuum als Prognoseinstrument.57 Insofern erscheint es ausreichend, das vereinfachte, aber gut handhabbare Modell nur in den Situationen anzupassen, in denen nachweislich systematische und relevante 52 Nach Schäfer/Ott, S. 104 sowie S. XXXVI ist der Ansatz nicht auf den Ersatz der homo oeconomicus-Theorie gerichtet, sondern bringt „ein Unbehagen zum Ausdruck, dass die Theorie des Rationalverhaltens unzureichend als Verhaltensmodell für die ökonomische Wissenschaft ist“ (104). Entscheidend ist, dass Behavioral Economics-Ansätze jedenfalls primär einzelne Abweichungen identifizieren, die – selbst bei systematischem Auftreten – einzelne Korrekturen und Schärfungen des homo oeconomicus-Modells bewirken können, aber gerade kein selbstständiges Alternativkonzept bieten. Zur komplementären, statt substituierenden Korrekturfunktion: Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 199; Klöhn, in: Fleischer/ Zimmer, S. 83, 98; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 41 f.; vgl. Fn. 65 f. 53 Zum auf Herbert Simon zurückgehenden Konzept der bounded rationality (u. a. Simon, insbesondere S. 241 ff., 261 ff. sowie ders., 69 Am. Econ. Rev. (1979), 493, 497, 499 ff., 503). Erläuternd hierzu Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. (1998), 1471, 1477 ff.; Eidenmüller, S. 38 f.; Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 200; Kirchgässner, S. 32 f.; Mathis, S. 25 f.; Schäfer/Ott, S. 103 ff., XXXVI f.; Gilovich/Griffin, in: Gilovich u. a., S. 1, 2; Magen, in: Engel u. a., S. 261, 263 f.; Richter/Furubotn, S. 192 ff.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/ Zimmer, S. 9, 15. 54 Es dient als Erklärungsmechanismus, der „die Handlungen der Menschen in Abhängigkeit der Rahmenbedingungen verstehbar […] und somit auch bedingt prognostizierbar“ macht: van Aaken, S. 71 f., 74 m.w.N.; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 17 mit Fn. 43. Vgl. zu notwendiger Abstraktion Rothschild, Analyse und Kritik 30 (2008), 723, 728; Polinsky, S. 2 ff. sowie sogleich Fn. 57. 55 Zum richtigen Verständnis des homo oeconomicus als ökonomisches Verhaltensmodell anstatt als Realitätsabbildung z. B. Petersen, S. 16; Mathis, S. 28 f.; Eidenmüller, S. 39 f. sowie ders., JZ 60 (2005), 216, 217 und ders., JZ 60 (2005), 670, 670; Magen, in: Engel u. a., S. 261, 263; Kirchner, S. 18; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 17 f., 41; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 16; Posner, S. 17; Kirchgässner, S. 30. 56 Tietzel, 32 Jb. SozWiss., 1981, S. 115, 117; vgl. zuvor Fn. 47 sowie Kirchgässner, S. 17, 29, 31 m.N. 57 Kirchgässner, S. 17; Mathis, S. 25; van Aaken, S. 78; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 13. Zur instrumentellen Funktion als wissenschaftliches Handwerkszeug Schäfer/Ott, S. XXXV: „genauso wenig, wie man einen Koch nach seinen Töpfen beurteilt, wird man eine Wissenschaft an ihren Instrumenten, sondern vielmehr an ihren Ergebnissen, an der Treffsicherheit ihrer Prognose messen“; vgl. Posner, S. 18; van Aaken, S. 29, 37 u. a. mit dem Bild des Stadtplans, der sinnhafterweise die Realität nicht im Maßstab 1:1 abbildet; vgl. Tröger, S. 41 f. Zum kritischen Einwand, dass „realistischere Verhaltensannahmen zu besseren Vorhersagen und damit zu einer leistungsstärkeren Theorie führen“: Fleischer/ Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 18; Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 182, 206; vgl. Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 217 f. zum Gemeinplatz, dass praxisleitende Erkenntnisse nicht auf völlig lebensfremden Modellen aufbauen können.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

Irregularitäten im Verhalten auftreten.58 Als Erklärungsmodell verlöre es seine Funktionsfähigkeit sogar, wenn es um zu viele59 komplexitätssteigernde Differenzierungen bereichert würde.60 Ein darüber, ein plausible Erklärungen und Prognoseergebnisse erzielendes Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, hinausgehender Anspruch an die (Rechts-)Ökonomie, beispielsweise die Forderung nach einer omnipotenten „Weltformel“, ist als utopisch zum Scheitern verurteilt.61 Angesichts der diametralen Anforderungen kann für die „Gratwanderung“ vernünftigerweise nur eine ausgewogene Bewältigung des Zwiespalts zwischen Handhabbarkeit eines simplifizierenden Modells und Realitätsnähe verlangt werden.62 Für das vorliegende Untersuchungsvorhaben bedeutet dies, dass als Ausgangspunkt das trotz erwiesener Abweichungen gleichwohl aussagekräftige63 Grundmodell des homo oeconomicus dient64 und potenziell bedeutsame Deviationen nach einem „Baukastenprinzip“65 an den einschlägigen Stellen diskutiert werden. Auf diesem Weg bleibt die Funktionsfähigkeit des Modells erhalten und seine Konturen werden geschärft66: Erkannte, 58 Zum integrativen oder ignoranten Umgang mit verhaltensökonomischen Erkenntnissen, der das Fußfassen der Rechtsökonomie als Disziplin beeinflusst: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 23 ff. Allerdings ist auch gegenüber kritischen Einwänden eine kritische Haltung einzunehmen (vgl. Gilovich/Griffin, in: Gilovich u. a., S. 1, 7), sodass kein vorschnelles Verwerfen eines lediglich als partiell korrekturbedürftig erkannten Modells wie dem des homo oeconomicus geboten ist. So mit der Warnung, dass „das Kind auch nicht mit dem Bade ausgeschüttet“ werden sollte: Eidenmüller, JZ 54 (1999), 53, 56. Zur – möglichen – punktuellen Anpassung: Kirchner, S. 14; Tröger, S. 40 f. m.w.N. Zur Frage, welche Art der Anpassung oder Abkehr nötig ist: Schäfer/Ott, S. 110; van Aaken, S. 82 ff.; Kirchgässner, S. 269 ff.; Eidenmüller, S. 358 ff.; O’Donoghue/Rabin, in: Blundell u. a., S. 215, 216, 226 ff.; Posner, S. 324 f. m.N. 59 Zu einem positiven Beitrag der Psychologie und der Kompatibilität von psychologischer und ökonomischer Sicht Kirchgässner, S. 31 m.w.N. 60 Schwintowski, JZ 53 (1998), 581, 584; Mathis, S. 28 f. m.w.N.; Posner, S. 17; Tröger, S. 42 f., 72 m.w.N. in Fn. 205; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 18. Zur Unabdingbarkeit z. B. der Rationalverhaltensannahme: Kirchgässner, S. 18 f.; vgl. Schweizer, S. 4 und Lieth, S. 29. 61 Tröger, S. 43; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 1, 2 zum Missverständnis des ökonomischen Verhaltensmodells als „theoretischer Generalschlüssel, mit dem sich alles menschliche Verhalten erklären ließe“ vgl. Kirchner, in: Hoffmann-Riem, S. 63, 63 („der langgesuchte Stein des Weisen“). 62 Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 19; vgl. zu den diametralen Anforderungen Hanson/ Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 322 ff. sowie sinngemäß Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 221. 63 Eidenmüller, S. 40 f. sowie ders., JZ 60 (2005), 216, 224. 64 Dieses Grundmodell hat seine Vorherrschaft in den jüngeren Zweigen der Ökonomik durchgesetzt, statt vieler: van Aaken, S. 72 m.w.N. 65 Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 40 m.w.N. zum zunehmenden Selbstverständnis der Verhaltensökonomie als „Baukasten, der aus einer Reihe verschiedener theoretischer Bausteine besteht“; vgl. Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 12 in Fn. 21 m.N., 31 f. So illustriert z. B. bei Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 181 am Beispiel verborgener Kosten, vgl. hierzu B. II. 3. c) bb) (2). 66 Zum Bild der Konturschärfung Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 18 f., 40 f. m.w.N. Vgl. mit einer Illustration neuer „frontiers“ Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 196 ff. sowie Rubinstein, in: Blundell u. a., S. 246, 252 f.

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für das konkrete Moment möglicherweise relevante Abweichungen werden für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand daher als solche identifiziert und in ihren Auswirkungen für die rechtliche Ausgestaltung der Rechtslage konstruktiv67 und kritisch68 berücksichtigt.69 2. Normative Annahmen – Effizienz als normativer Maßstab (Kaldor/Hicks) Aus der Vielfalt möglicher Ziele [a)] wird Effizienz i.S.d. Kaldor/Hicks-Kriteriums als normativer Maßstab gesetzt [b)], von dessen Implikationen zwei wichtige Erwähnung finden [c)]. a) Vielfalt möglicher Ziele Oftmals wird ökonomische Analyse des Rechts einzig mit dem Effizienzziel der Reichtumsmaximierung gleichgesetzt, welches maßgeblich von Richard Posner70 geprägt wurde.71 Richtigerweise bedeutet Effizienz als normatives Ziel in der rechtsökonomischen Betrachtung jedoch lediglich Nutzenmaximierung, wobei die inhaltliche Ausgestaltung zunächst offenbleibt. So könnte anstatt des unter A. II. 2. b) bestimmten Ziels der Gesamtwohlfahrtsmaximierung auch möglichst große Gerechtigkeit oder Gleichheit verfolgt werden.72 Hinsichtlich öffentlicher 67 Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9 f.; Altmann/Falk/Marklein, in: Fleischer/Zimmer, S. 63, 76 f., 82; Evan, 28 Am. Sociol. Rev. (1963), 67, 67; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 8. 68 Warnend vor unreflektiertem Übereifer Posner, S. 21 f.; vgl. zuvor Fn. 58. 69 Natürlich ist auch diese Vorgehensweise angreifbar (siehe z. B. Fleischer/Schmolke/ Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 18) und stellt nur einen von verschiedenen denkbaren Ansätzen dar, (verhaltens-)ökonomische in rechtswissenschaftliche Forschung einzubetten. Zu den Herausforderungen: Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 10, 45; Frey, SZVS 133 (1997), 325, 325 ff.; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 22. Zum sinnvollen Festhalten am (defizitären) Rationalverhaltensmodell, solange keine bessere Alternative zur Verfügung steht: Opp, in: FS Radnitzky, S. 105, 111; Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 178; vgl. zur Soziologie Opp, in: Schäfer/Wehrt, S. 103, 116 f. 70 Z. B. Posner, 8 J. Legal Stud. (1979), 103, 119 ff. Zu Posner als „Gallionsfigur“ der Disziplin: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 8; Lieth, S. 30; Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 299; relativierend ob der Zuweisung einer päpstlichen Rolle: Garoupa/Ulen, 59 Ala. L. Rev. (2008), 1555, 1611 ff.; trotz Kritik anerkennend: Veljanovski, 1 Int’l Rev. L. & Econ. (1981), 5, 22. 71 Zu dieser häufig erfolgenden, aber nicht berechtigten Gleichsetzung z. B. Kirchner, S. 6 oder ders., in: Hoffmann-Riem, S. 63, 64; vgl. Eidenmüller, S. 54, 67 sowie Wightman, S. 31. Zur Posnerschen „monistischen“ Auffassung: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 11 in Fn. 13; van Aaken, in: Jud u. a., S. 127, 128; Kronman, 9 J. Legal Stud. (1980), 227, 227 f. Zur ChicagoSchool als Gruppe „stark ökonomisch orientierte[r] Juristen“: Ackerman, in: Schäfer/Wehrt, S. 129, 129, 134 f. sowie weiterführend Emmett. 72 Zur normativen Offenheit und Vielfalt möglicher Ziele: van Aaken, S. 19 sowie dies., in: Jud u. a., S. 127, 128; Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 113 f.; Kirchner, in:

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Belohnungsaussetzung könnte als alternatives Ziel beispielsweise Effektivität bestimmt werden, d. h. ihre rechtliche Ausgestaltung würde dahingehend geprüft, ob sie eine möglichst hohe Zielerreichung bzw. Erfolgsquote hinsichtlich des belohnungsbewährten Erfolgs bzw. der entsprechenden Handlungsvornahme realisiert.73 b) Effizienz i.S.v. Kaldor/Hicks als normatives Ziel Für die hiesige Untersuchung wird als normativer Maßstab der inzwischen in der Regel74 und ohne vertiefte Begründung75 zur Anwendung kommende der Gesamtwohlfahrtsmaximierung im Sinne einer Allokationseffizienz gesetzt. Ziel ist eine Gesamtwohlfahrtsmaximierung durch eine optimale Ressourcenallokation: VorSchäfer/Ott, S. 44, 44 f. Zum „juristischen Effizienzbegriff“ und dessen Vieldeutigkeit: Eidenmüller, S. 55 ff.; Janson, S. 88. 73 So z. B. zur zivilrechtlichen Abschreckung von Schwarzarbeit Scheibenpflug/Sigmund, RW 6 (2015), 253, 263 ff.; zum Maßstab Jost, S. 59 sowie Scheibenpflug, S. 174 m.w.N. in Fn. 15. 74 Zu Effizienz i.S.v. Gesamtwohlfahrtsmaximierung als allgemein anerkannte, typischerweise zur Anwendung kommende normative Basis Kraus, 11 Phil. Iss. (2001), 420, 428 f.; van Aaken, S. 36; Wightman, S. 31. Ausführlich Eidenmüller, u. a. S. 463 ff. zur Frage, ob Effizienz im deutschen Recht als „globales Rechtsprinzip“ verankert sei. 75 Illusionsfrei zur fehlenden philosophischen Begründung bzw. Begründbarkeit des gesetzten Zieles: Eidenmüller, S. 395. Zur Grundsatzfrage, worum es sich bei Effizienz handele und ob diese normativ wünschenswert ist, ferner Levinson, in: Patterson, S. 539, insbesondere 540 f. Die Debatte über die normative Begründung von Effizienz ist im Wesentlichen verstummt. Erwähnt werden sollen daher nur einige der wichtigsten Beiträge, darunter die Fürsprache für die (normative) ökonomische Analyse bei Posner, 8 J. Legal Stud. (1979), 103, insbesondere 119 ff. zur Wohlfahrtsmaximierung als ethisches Konzept, sowie die Opposition Ronald Dworkins, Dworkin, 9 J. Legal Stud. 1980, 191. In dieser Kritik der ökonomischen Analyse als Methode bzw. „political theory about law“ (191) fokussiert Dworkin das Effizienzziel der Wohlfahrtsmaximierung, an dem er u. a. konzeptionelle Schwierigkeiten kritisiert, z. B. die Missverständlichkeit des Begriffs (191) oder die Bemessung des maßgeblichen (aggregierten) Nutzens, wobei er u. a. Phänomene als unzureichend ernst genommene Hindernisse umschreibt, die heute verhaltensökonomisch beachtet und erfasst werden (z. B. 192 mit einer Umschreibung des endowment effect, hierzu Fn. 182). Den Schwerpunkt bildet jedoch die normative Frage, ob und inwiefern die Gesamtwohlfahrt ein erstrebenswertes Ziel darstellt, was er anhand verschiedener möglicher Antworten, in einer Abstufung von dieser als Selbstwert über einen Beitrag bis zum Surrogat für das Gesamtwohl (social value) durchdekliniert (194 ff.), aber entschieden ablehnt, u. a. „considering whether the claim that social wealth is a component of value […] is a defensible idea. […] I think it is plain it is not“ (196). Der im Zuge dessen vorgebrachten Kritik einer rein monetär bemessenen Wohlfahrt als inadäquat (u. a. 200 ff.), begegnet die offene Nutzenfunktion, vgl. A. II. 2. a). Vgl. mit Kritik ferner Kronman, 9 J. Legal Stud. (1980), 227, u. a. 239 zum Vorwurf eines Fokus auf Geld sowie 240 ff. zu Ungerechtigkeiten der anhand einer willingness to pay orientierten, ohnehin begünstigte Individuen übervorteilenden Wohlfahrtsmaximierung; ablehnend zur Posnerschen Sicht, u. a. als unsensible und provokative Überspreizung von Effizienz: Veljanovski, 1 Int’l Rev. L. & Econ. (1981), 5, 5. Überblicksartig zur Debatte z. B. Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 300; Eidenmüller, in: Breidenbach u. a., S. 11, 14. Vgl. zu den (zu trennenden) Fragen von Gesamtwohlfahrtsmaximierung und Verteilungsgerechtigkeit als Größe und Aufteilung des Kuchens: Polinsky, S. 7 ff.; vgl. Fn. 930.

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handene Ressourcen sollen möglichst76 dem Ort ihres größtmöglichen Nutzens zugeführt werden.77 Nach diesem Maßstab ist eine Handlung oder Rechtsnorm also effizient, wenn sie die größtmögliche Allgemeinwohlsteigerung bewirkt oder zumindest fördert (soziales Optimum). Entgegen dem Maßstab der sog. Pareto-Effizienz78, bei der ein Zustand herrscht, in dem eine Besserstellung einer Person nicht zu Lasten einer anderen erzielbar ist, ermöglicht Effizienz nach dem hier angewandten Kaldor/Hicks-Kriterium79 eine solche Schlechterstellung nach dem Maßstab hypothetischer Kompensation: Ausreichend ist, dass die Gesamtwohlfahrt trotz etwaiger individueller Benachteiligungen gesteigert wird, d. h. dass der Vorteil der begünstigten Person oder Personengruppe den Nachteil des oder der anderen übersteigt und die Nutzensteigerung die -einbuße hypothetisch80 kompensieren könnte. Dieser Ansatz eröffnet insbesondere durch den nur hypothetischen Ausgleich Kritik,81 ist aber als praktikabel und realitätsnäher allgemein anerkannt und etabliert.82 76 Die optimale Zuordnung wird durch Transaktionskosten behindert: In seinem Aufsatz „The Problem of Social Cost“ stellt Coase, 3 J.L. & Econ. (1960), 1 dar, dass sich, im Gegensatz zur vormaligen Vorstellung, unabhängig von der initialen Zuordnung von Ressourcen bzw. property rights die effiziente Ressourcenallokation im Sinne einer, distributiv gleichgültigen, Gesamtwohlfahrtsmaximierung durch Parteivereinbarungen einstellt, dieses soziale Optimum jedoch durch Transaktionskosten behindert wird. Zum Gedanken des theoretischen, marktmäßigen Eintretens optimaler Ressourcenallokation: Kronman/Posner, S. 1 f.; Wightman, S. 31. Zum angestoßenen Begriff der Transaktionskosten erläuternd z. B. Richter/Furubotn, S. 55 ff.; Schäfer/Ott, S. 72 ff. 77 Posner, S. 13 ff.; Behrens, in: Mastronardi, S. 29, 35; Janson, S. 88; Kraus, 11 Phil. Iss. (2001), 420, 428 f. Zur Konkretisierung je nach Schule und Phase: Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 11 in Fn. 13. 78 Zum nach dem Ökonomen und Soziologen Vilfredo Pareto benannten Maßstab z. B. Schäfer/Ott, S. 14; Behrens, in: Mastronardi, S. 29, 36 f.; Eidenmüller, S. 48 ff. 79 Weiterführend, m.N. und erläuternd zum Maßstab nach den Ökonomen Nicholas Kaldor und John Hicks z. B. Schäfer/Ott, S. 19 f.; Posner, S. 13 ff.; Eidenmüller, S. 51 ff.; Lieth, S. 45 f. 80 Anderenfalls läge Pareto-Effizienz vor: Schäfer/Ott, S. 22, 20 mit Fn. 11. 81 Die Aussicht einer Gesamtwohlfahrtssteigerung zu Lasten des individuellen Wohls erscheint nicht global zustimmungsfähig. Zur Kritik des Kriteriums der hypothetischen Kompensierbarkeit statt vieler: Schäfer/Ott, S. 19 ff., 22 m.w.N.; Lieth, S. 46 m.N.; Veljanovski, 1 Int’l Rev. L. & Econ. (1981), 5, 11 f. Plastisch zum, insbesondere Fragen der Verteilungsgerechtigkeit außer Betracht lassenden Effizienzmaßstab: Wightman, S. 33: „[P]ut simply, efficiency is about maximizing the size of the cake irrespective of how its slices are cut and distributed.“; vgl. Wacks, S. 256 f. sowie Fn. 75. 82 Posner, S. 14 f.; Lieth, S. 47 m.N. Die hypothetische Kompensation vermeidet die Starrheit eines faktischen Vetos des benachteiligten Individuums, was die Funktionsfähigkeit des Kriteriums gewährleistet. Überdies können Bedenken normativ zumindest abgeschwächt werden, wenn nicht isolierte Entscheidungen, sondern eine Vielfalt unterschiedlicher Situationen in den Blick genommen wird, sodass potenziell unterschiedliche Personen oder -gruppen nachteilig oder vorteilhaft betroffen werden und sich die Ausgleichsbedürftigkeit mittelt. Zu solchen Ansätzen und ihren Grenzen, z. B. dazu, dass realistischerweise keine zufällige, eine Mittelung ermöglichende Betroffenheit zu erwarten ist, weiterführend etwa Schäfer/Ott, S. 22 ff.; Lieth, S. 46; Bebchuk, 8 Hofstra L. Rev. (1980), 671, 671 ff.; kritisch insoweit zur Posnerschen Sicht Veljanovski, 1 Int’l Rev. L. & Econ. (1981), 5, 13 ff., 22 f.

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c) Praktische und normative Implikationen des angelegten Maßstabs Zwei Implikationen des gesetzten Effizienzmaßstabs praktischer [aa)] und normativer Natur [bb)] können im Rahmen der Untersuchung nicht vertieft werden, bedürfen jedoch einer kurzen Klarstellung. aa) Praktisches Problem fehlender Messbarkeit Zum einen drängt sich die grundlegende Frage auf, wie das größtmögliche Allgemein- bzw. Individualwohl gemessen werden kann.83 Nachdem die kardinale Messbarkeit individueller Nutzen und deren interpersonelle Vergleichbarkeit von der Wohlfahrtsökonomik zunächst schlicht angenommen wurden, wandte sie sich im vergangenen Jahrhundert der ordinalen Messung bzw. Reihung zu,84 die insbesondere für die Anwendung des hier gebrauchten Kaldor/Hicks-Kriteriums genügt.85 Theoretisch handhabbar wird das Effizienz-Kriterium nach Kaldor/Hicks, wenn die fragliche Nutzensteigerung durch den Wert bestimmt wird, den das tangierte Individuum ihm beimisst.86 Das Problem der praktischen Bemessung begegnet im Folgenden stets bei der Quantifizierung bestimmter Wohlfahrtseffekte, ohne jedoch den Mehrwert der Analysemethode aufzuzehren.87 bb) Einbettung in das Gedankengut des Utilitarismus Zum anderen ist der gewählte Aufbau der Untersuchung nicht dahingehend misszuverstehen, dass es sich bei der ökonomische Theorie um bloßes Instrumen-

83 Zur Kritik an vorausgesetztem Kardinalismus und interpersonellem Nutzenvergleich, obwohl allenfalls ein ordinaler Nutzenvergleich im Sinne eines persönlichen „Rankings“ denkbar sei, z. B. Schäfer/Ott, S. 28 f. Hierzu als größte Schwierigkeit ökonomischer Analyse: Polinsky, S. 169 ff.; vgl. Schmolke, S. 95 ff. 84 Zur Problematik kardinaler Nutzenmessung und interpersoneller Vergleichbarkeit, die sich bereits den Philosophen des klassischen Utilitarismus stellte, z. B. Eidenmüller, S. 25 f., 42; vgl. Magen, in: Engel u. a., S. 261, 267. 85 Hierzu statt vieler Eidenmüller, S. 51 f.; vgl. zur Umgehung von Messbarkeitsproblemen durch den Rekurs auf Zahlungsbereitschaft: Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 109 f. Zu (verbleibenden) Schwierigkeiten, beispielsweise wenn keine Marktpreise existieren: Lieth, S. 47. 86 Dies kann durch das Gedankenexperiment einer Auktion ermittelt werden: der Meistbietende erhält das in Rede stehende (Recht), weil er es präsumtiv am höchsten bewertet und die Zuordnung folglich den höchsten Nutzen erzielt. Zur Handhabung des Kriteriums als „Auktions-Entscheidungsregel“, insbesondere durch Posner: Posner, S. 12 ff.; Eidenmüller, in: Breidenbach u. a., S. 11, 15 ff.; Schmolke, S. 94; Schäfer/Ott, S. 21 sowie 26 ff. zu Einwänden. 87 Vgl. überdies sinngemäß Bydlinski, 1988, S. 268: In manchen Situationen herrschen trotz schwieriger Nutzenmessung keine Zweifel und hilfreiche Analysen oder Prognosen sind möglich.

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tarium ohne einen philosophisch-intellektuellen Hintergrund handelt.88 Vielmehr steht sie im hiesigen Sinne einer Wohlfahrtstheorie in der Tradition des Utilitarismus,89 was wiederum den originären und stärkeren Zuspruch im anglo-amerikanischen Rechtsraum verständlicher macht.90 So findet sich beispielsweise bereits bei Jeremy Bentham der elementare Gedanke einer, auf methodologischem Individualismus basiert bemessenen Gesamtwohlfahrtssteigerung91, als er auf das summierte92 Wohl aus Freude und Leid aller Beteiligten einer Gemeinschaft abstellt.93 Außerdem scheint das homo oeconomicus-Modell Vorläufer in utilitaristischen Theorien zu finden.94 Nicht zuletzt zeigt sich ferner bereits in utilitaristischen Konzepten, dass die Nutzenfunktion unterschiedlich bestimmt werden kann.95 Diese gewisse philoso-

88 Aus der Kombination wissenschaftlich erstrebter Neutralität und einer normative Annahmen voraussetzenden Methode ergeben sich dennoch Widersprüche: Janson, S. 103. 89 Zur häufigen, aber nicht notwendigen Einkleidung wohlfahrtstheoretischer Ansätze in utilitaristische Ethik: Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 109 f.; Bohnen, S. 3 ff., insbesondere 11 ff.; Lieth, S. 43 f. zur relativ philosophischen Natur und Empfänglichkeit der Wohlfahrtstheorie im Vergleich zu anderen Ansätzen. Zur Einbettung der ökonomischen Analyse des Rechts in Gedankenmuster utilitaristischer Tradition: Eidenmüller, S. 174 ff.; Lieth, S. 35 f. m.w.N.; Schmolke, S. 96 f. Ausführlich zum Verhältnis von Effizienz und Utilitarismus: Schäfer/Ott, S. 25 ff. Die Rechtsökonomie darf allerdings nicht als bloße „Variante des Utilitarismus“ fehlverstanden werden, vgl. die fehlleitende Formulierung bei Wacks, S. 252 („modern form of utilitarianism“); hierzu differenziert: Behrens, in: Mastronardi, S. 29, 29, 38; vgl. Kirchgässner, S. 105, 105 ff.; vgl. kritisch-differenziert Posner, 8 J. Legal Stud. (1979), 103, 104 ff., u. a. 107 zum Verhältnis (normativer) ökonomischer Analyse und Utilitarismus und der Einordnung als Unterfall je nach eingenommenem Standpunkt. 90 Bohnen, S. 3. 91 Vgl. Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 108. 92 Wie im ökonomischen Verhaltensmodell wird nicht der Nutzen eines eigenständigen Kollektivs herangezogen, sondern der summierte der es konstituierenden Individuen (vgl. Fn. 29): Bohnen, S. 4; vgl. Eidenmüller, S. 25. 93 Zum Maßstab der Nützlichkeit für die Gesellschaft als Aggregat der sie bildenden Individuen z. B. Bentham, chapt. 1, sect. I ff., u. a. „An action then may be said to be conformable to the principle of utility […] when the tendency it has to augment the happiness of the community is greater than any it has to diminish it.“ (VI), „By utility is meant that property in any object, whereby it tends to produce benefit, advantage, pleasure, good, or happiness […] or […] to prevent the happening of mischief, pain, evil, or unhappiness to the party whose interest is considered […]“ (III) sowie „The community is a fictious body, composed of the individual persons who are considered as constituting as it were its members. The interest of the community then is […] the sum of the interests of the several members who compose it“ (IV) (Hervorhebung in Original). Erläuternd zur gedanklichen Nähe Eidenmüller, S. 22 ff. 94 Eidenmüller, S. 28 spricht vom homo oeconomicus als Nachfahre des Individuums der Theorie Benthams, verweist in Fn. 19 allerdings auf frühere verwandte Vorstellungen. Vgl. Kirchgässner, S. 66 mit Fn. 1; Posner, S. 4; G. Becker, 1993, S. 7 f. Zur verschieden datierten „Geburtsstunde“ des homo oeconomicus Tietzel, 32 Jb. SozWiss., 1981, S. 115, 115 m.w.N.; vgl. Frey, in: Schäfer/Wehrt, S. 69, 76; Albert, Konst. Bl. 23, 1985, 6, 10 f. 95 Vgl. z. B. Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 108. So wird das größtmögliche „Glück“ etwa bei Bentham rein quantitativ bestimmt, während Mill auch qualitative Unterschiede berücksichtigt – „It is better to be a human being dissatisfied than a pig satisfied; better

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phische Rückankopplung96 darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die normative Komponente der Einsetzung des Effizienzziels den primären Ansatzpunkt für Kritiker der Rechtsökonomie darstellt.97

III. Vorhaben einer positiven Analyse Als ein in Gestalt des Austauschs von Belohnung und Erfolg bzw. Handlung auf eine wohlfahrtssteigernde Transaktion gerichtetes Medium betrifft die öffentliche Belohnungsaussetzung ein klassisches Interessenfeld der (Rechts-)Ökonomie.98 Vorliegend soll nicht das den Maßstab einer Letztbegründung anlegende, unmöglich erscheinende Vorhaben einer normativen Rechtfertigung verfolgt werden,99 sondern eine positive Analyse, die deskriptiver Natur ist.100 Das heißt, dass die rechtliche Regelung öffentlicher Belohnungsaussetzung auf ihre Leistungsfähigkeit, das gesetzte normative Ziel zu erreichen, beurteilt wird.101 Als Instrument hierfür dient das unter A. II. 1. b), c) skizzierte ökonomische Verhaltensmodell, mit dessen Hilfe die Wirkungsweise einer rechtlichen Regelung als Verhaltensanreiz prognostiziert

to be a Sokrates dissatisfied than a fool satisfied.“ (Mill, S. 14), hierzu statt vieler: Lieth, S. 39. Zum Problem der Messbarkeit Eidenmüller, S. 25 ff.; Lieth, S. 39 f.; Bohnen, S. 23 ff. 96 Zu historisch-philosophischen und modernen „Vätern“ der (Rechts-)Ökonomie wie Adam Smith, David Hume oder Ronald Coase und Guido Calabresi z. B. van Aaken, S. 65 f.; Posner, S. 30 f.; Fezer, JZ 41 (1986), 817, 819 sowie ders., JZ 43 (1988), 223, 223. 97 van Aaken, S. 37; Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 322; Wightman, S. 33; vgl. Posner, S. 34 f. mit weiteren Kritikpunkten. 98 Vgl. Eidenmüller, S. 5 zum nicht verwunderlichen Schwerpunkt ökonomischer Analyse des (Zivil-)Rechts im Schuldrecht als „Nukleus aller Austauschprozesse in einer marktwirtschaftlich verfassten Gesellschaft. […]“; vgl. Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 416 f. Vgl. zum multidisziplinären Interesse an Fragestellungen vertraglichen Austauschs Macauley, 28 Am. Sociol. Rev. (1963), 55, 56. 99 Zur erforderlichen realistischen Erwartungshaltung an rechtsökonomische Untersuchungen z. B. Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 44 f.; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 42 ff. Zum Mehrwert effizienzbasierter, vertragsrechtlicher Verhaltenssteuerung als (zwangsläufig) imperfekter Versuch: Smith, S. 39 mit Fn. 49. 100 Die normative Analyse fragt nach einem „Soll“, die positive beschreibt das „Ist“. Hierzu und der strittigen Anwendung auf rechtliche Untersuchungsfelder statt vieler Kirchner, S. 8 f. m.w.N.; vgl. Kirchgässner, S. 8 f. Zur Abgrenzung von positiver und normativer Analyse z. B. Mathis, S. 19; Petersen/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, § 1, Rn. 5 ff.; Eidenmüller, S. 21; Hanson/Hanson/Hart, in: Patterson, S. 299, 300. Zu Überlappungen oder Abhängigkeiten: Lieth, S. 42 f. Zur hier nicht zu behandelnden Frage, inwieweit eine rein normative Analyse überhaupt möglich ist, da Bestand und Wirkungsweise typischerweise als Basis oder Vorstufe benötigt werden, vgl. Rubin, in: Patterson, S. 548, 554 f.; Kirchner, 11 Int’l Rev. L. & Econ. (1991), 277, 286 f. 101 Mit einer Definition der positiven Analyse des Rechts statt vieler: van Aaken, S. 45 sowie dies., in: Jud u. a., S. 127, 127 f.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 43.

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werden kann.102 Hierdurch wird eine hilfreiche Entscheidungsbasis für rechts(fort-) bildende Gewalten103 geschaffen, die Steuerungsfunktion des Rechts zielgerecht einzusetzen104, indem beispielsweise gemeinwohlfördernde Transaktionen unterstützt und Ressourcen vergeudende vermieden werden.105 Eine solche rechtliche106 Einflussnahme und Lenkung kann nach ökonomischer Vorstellung einerseits durch Restriktionen107 bewirkt werden, die Menschen von bestimmten Handlungen Abstand nehmen lassen, etwa strafrechtliche Sanktionen oder zivilrechtliche Haftung, andererseits durch Anreize, die im Gegenteil die Attraktivität eines bestimmten Verhaltens erhöhen.108 Entscheidend ist, dass ein zutreffendes Bild von rechtlichen Regelungen und ihrer Wirkungsweise, gleich aus welchem Rechtsgebiet109, angelegt wird. Diese entfalten keine „absolute“ Bindungswirkung, sondern ein rationaler Nutzenmaximierer wird allenfalls faktisch, d. h. aus seinem Eigeninteresse heraus110, gebunden, wenn eine Normübertretung angesichts der einzupreisenden Konsequenzen wie einer zivilrechtlichen Haftung oder strafrechtlichen Sanktion als Handlungsrestriktionen111 sich für ihn nicht mehr lohnen würde.112 Indem die 102

Zu dieser Vorgehensweise z. B. Eidenmüller, S. 28. Zur Prognose der Wirkung rechtlicher Regelungen, verstanden „als unabhängige Variablen im Sinne von Restriktionen, Sanktionen oder Anreizen“: Tröger, S. 41 f. 103 Zur (umstrittenen) Rolle lediglich als „Gesetzgebungstheorie“ im deutschen Recht Eidenmüller, S. 395, 414 ff., 490 sowie ders., JZ 60 (2005), 670, 670 zum wertvollen Beitrag für Gesetzgebung sowie höchstrichterliche Rechtsfortbildung. 104 van Aaken, S. 24 ff. m.w.N.; Eidenmüller, S. 2, 490 sowie ders., JZ 54 (1999), 53, 54; Averill, in: Frodeman u. a., S. 522 f., 525; Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 43; Koch, JZ 54 (1999), 922, 922 ff. zur Steuerungsfunktion des Zivilrechts. Vgl. demgegenüber Mahlmann, § 19, Rn. 14, nach dem Recht eine „über ein instrumentelles Verhältnis hinausgehende Bindung“ erstrebe, nämlich (auch) eine intrinsische Befolgung von Rechtsnormen aus moralischen Gründen. 105 Vgl. z. B. Behrens, in: Mastronardi, S. 29, 38; Kötz, in: FS Großfeld, S. 583, 583; vgl. Lieth, S. 26. 106 Nicht außer Acht zu lassen sind außerrechtliche, z. T. weitaus wirkmächtigere Anreize, die vorliegend nur punktuell einfließen. Zu solchen z. B. Tröger, S. 42. Vgl. grundlegend zu, dennoch meist unzureichenden, Absicherungsmethoden ohne Recht: Kronman, 1 J.L. Econ. & Org. (1985), 5, insbesondere 9 ff.; vgl. zum Beispiel der Schwarzarbeit Scheibenpflug/Sigmund, RW 6 (2015), 253, 264 ff. 107 Zu verschiedenen Arten von Restriktionen, insbesondere wirtschaftlichen wie verfügbares Einkommen oder Güterpreise, rechtlichen, aber auch informellen: Frey, in: Schäfer/ Wehrt, S. 69, 72 f.; Kirchgässner, S. 13. 108 van Aaken, S. 72, 74 f.; vgl. Kirchner, in: Hoffmann-Riem, S. 63, 71. Zur Verhaltenssteuerung durch Recht: Kirchner, S. 7; Kötz, in: FS Großfeld, S. 583, 583; vgl. Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 124. 109 Zur rechtsgebietsübergreifenden Konzeption Eidenmüller, S. 35, 68 ff. 110 Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 124. 111 Zur Veranlassung von Verhaltensänderungen primär durch Restriktionen nach dem Erklärungsansatz ökonomischer Theorie: Kirchgässner, S. 27, vgl. zugespitzt zu rechtlichen Regeln ausschließlich als Handlungsrestriktionen: Eidenmüller, S. 34 ff. 112 Vgl. Eidenmüller, S. 35: „Rechtsnormen […] sind für den homo oeconomicus nichts ,Sakrosanktes‘.“ (Hervorhebung in Original).

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

Rechtsordnung bestimmte Verhaltensweisen auf diesem Wege verteuert oder verbilligt, fungiert sie als eine „gigantische Preismaschine“113, mittels derer Verhalten systematisch beeinflusst werden kann.114

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung Sofern das Recht es sich zur Aufgabe gemacht hat, zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse beizutragen115 und Gesamtwohlfahrt zu maximieren, liegt auch die Auseinandersetzung mit öffentlicher Belohnungsaussetzung in seinem Interesse: Sowohl in der einseitigen Ausgestaltung als Auslobung gem. § 657 BGB als auch in der des unilateral contract im englischen Recht handelt es sich um ein rechtlich zur Verfügung gestelltes, transaktionsförderndes oder sogar -ermöglichendes Medium, das zur Transferierung eines Gutes an den Ort beiträgt, an dem ihm eine größtmögliche Befriedigung erzielende Wirkung zukommt (optimale Ressourcenallokation), und insofern schutz- und förderungswürdig ist.116 Die Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung unterscheidet sich dabei allerdings in einem wesentlichen Punkt von typischen vertraglichen Austauschsituationen: Im Gegensatz zu diesen, in denen grundsätzlich alle Beteiligten profitieren,117 ist öffentlichen Belohnungsaussetzungen konzeptionell das Risiko immanent, dass sich eine Vielzahl von Bewerbern erfolgslos bemüht und Einbußen erleidet.118 Die rechtsökonomische Analyse 113 Friedman, 13 Wis. L. Rev. (1984), 13, 13 f. („the legal system is a giant pricing machine“); dem folgend: van Aaken, S. 79 sowie dies., in: Jud u. a., S. 127, 140. Ferner: Magen, in: Engel u. a., S. 261, 262, 264; Eidenmüller, S. 4 sowie ders., JZ 54 (1999), 53, 55; Cooter/Ulen, S. 3; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 40; Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 124. Eine rechtliche Regelung ist mithin eine Variable: Schäfer/Ott, S. XLIV; Fn. 951. 114 Zur systematischen Beeinflussung als Ziel der Rechtswissenschaft: van Aaken, S. 78 f., 81; vgl. Behrens, in: Mastronardi, S. 29, 37 f. 115 Zur Aufgabe des Rechts, die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zu sichern, statt vieler: Bydlinski, 1967, S. 138. 116 Zur Schutz- und Förderungswürdigkeit privatrechtlicher Austausche, als diese zur optimalen Ressourcenallokation beitragen: Bydlinski, 1967, S. 138. Zur kooperationsfördernden und -ermöglichenden Funktion von Verträgen und Vertragsrecht: Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 20; Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 3, 13; Tröger, S. 222 f. sowie ders., ZVglRWiss 107 (2008), 383, 417 ff. Zur Notwendigkeit staatlicher Durchsetzungsmaschinerie für ein funktionierendes, vertrauensbasiertes Vertragsrecht vgl. Richter/ Furubotn, S. 148. 117 So wird im Standardfall des Vertrages angenommen, dass die Parteien vom jeweils aus individueller Perspektive vorteilhaften Austausch profitieren. Zu diesem Gemeinplatz: E. Posner, 112 Yale L.J. (2003), 829, 849; Eidenmüller, in: Breidenbach u. a., S. 11, 13 zum „kooperativen Überschuß“; vgl. ferner Posner, 8 J. Legal Stud. (1979), 103, 103, 114 sowie die vorherige Fn. 116. 118 Obgleich auch bei gegenseitigen Verträgen „Nichtbeteiligte“ Nachteile erleiden, z. B. wenn verschiedene Interessenten mit dem Verkäufer eines Gegenstands verhandeln, ist dies bei öffentlicher Belohnungsaussetzung als Wettbewerb konzeptionell angelegt, zumal nicht nur ein attraktives Angebot, sondern die „Leistung“ i.S.d. Handlungsvornahme oder Erfolgsherbei-

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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kann in dieser Hinsicht wertvolle Erkenntnisse für die im deutschen und englischen Recht partiell unterschiedlich behandelte öffentliche Belohnungsaussetzung hervorbringen. Nach einer vorbereitenden, abstrakten Einführung in deren Erfassung aus ökonomischer Warte (I.), werden dazu das Konstruktionsmodell und die Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis am Maßstab der Effizienz untersucht (II.). Hieran schließt sich ein wertendes Fazit über die Lösungen des deutschen und englischen Rechts mit Blick auf eine etwaige gemeinsame, vorzugswürdige Lösung (III.).

I. Einführung in die Erfassung öffentlicher Belohnungsaussetzung aus rechtsökonomischer Warte Öffentliche Belohnungsaussetzung ist als rechtliches Medium effizient ausgestaltet, wenn der aus ihr resultierende aggregierte Nutzenzuwachs aller Individuen die resultierenden, gleichermaßen aggregierten Einbußen in maximalem Ausmaß überschreitet (soziales Optimum). Die Bewertung ist aufgrund der verschiedenen denkbaren Ausgänge und ihren jeweiligen, nicht quantifizierbaren Wahrscheinlichkeiten und Auswirkungen auf die Gesamtwohlfahrt komplex (1.). Gleichwohl kann die nachfolgende Untersuchung des wohlfahrtssteigernden Potenzials der rechtlichen Ausgestaltung hilfreich vorbereitet werden, indem das abstrakte soziale Optimum einschließlich grundsätzlicher Hindernisse in theoretischer Hinsicht konkretisiert wird (2.) und die die Analyse leitenden individuellen (Rational-)Verhaltensweisen der beteiligten Akteure skizziert werden, wobei für einen Korrekturbedarf angesichts verhaltensökonomischer Erkenntnisse sensibilisiert wird (3.). 1. Komplexität der Bewertung Die Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung weist in verschiedenen Hinsichten Herausforderungen für die Effizienzanalyse auf. Neben allgemeinen Schwierigkeiten der Messbarkeit erzielten Nutzens oder erlittener Einbußen einzelner Individuen119, tangiert die öffentliche Belohnungsaussetzung potenziell die Wohlfahrt einer Vielzahl von Akteuren und kann verschiedene Ausgänge nehmen, die weder hinsichtlich ihrer Wahrscheinlichkeit noch ihrer Auswirkungen auf die Gesamtwohlfahrt exakt quantifiziert werden können. Zum einen betrifft die öffentliche Belohnungsaussetzung grundsätzlich drei relevante „Lager“: den die Beführung seitens der Bewerber angeregt wird. Zum Gedanken ausstrahlender Reflexwirkung rechtlich relevanter Tatsachen bereits Jhering, dogm. Jb. 10 (1871), 245, 248 ff.; vgl. § 2 Fn. 125. Die Problematik der Bemühungen einer Vielzahl von Personen begegnet auch in Forschungen zum sog. rent-seeking, etwa im Hinblick auf kostenintensiven Wahlkampf bei der Bewerbung um ein politisches Amt. Siehe zu diesem Forschungszweig weiterführend etwa den Überblick bei Tollison, 152 Public Choice (2012), 73. 119 Vgl. A. II. 2. c) aa) sowie zu fehlender Empirie u. a. Fn. 87, 158 f.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

lohnung Aussetzenden (A), den potenziell erfolgreichen Bewerber (B) und die jedenfalls erfolglosen Mitbewerber (C-X). Neben A und B als den Parteien der Transaktion, i. e. des Austauschs der Belohnung gegen den hierfür verlangten Erfolg bzw. die entsprechend vorgenommene Handlung, spielt auch die Wohlfahrt der erfolglosen Bewerber C-X eine Rolle. Zum anderen kann die öffentliche Belohnungsaussetzung verschiedene Ausgänge nehmen, die erkennbar werden lassen, welche Bedeutung den Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis als Stellschrauben zukommt, und die zur Förderung des analytischen Verständnisses in ihren Grundzügen zu umreißen sind. Die ausgewiesene Transaktion des Austauschs kann zustande kommen oder scheitern.120 Für den Fall des Zustandekommens muss der belohnungsbewährte Erfolg bzw. die entsprechende Handlung von B herbeigeführt bzw. vorgenommen worden sein (a). Im Fall des Scheiterns der Transaktion kann der erwünschte Erfolg bzw. die Handlung fehlen (b) oder aber eingetreten sein (c). Er bzw. sie fehlt, wenn kein Bewerber (erfolgreich) tätig geworden ist oder es objektiv unmöglich ist, das von A erstrebte Ziel zu erreichen. Hierunter fällt auch der Fall, dass ein bestehendes Widerrufsrecht wirksam ausgeübt wurde und mithin das Ziel des vormals belohnungsbewährten Erfolgs bzw. der entsprechenden Handlung als nicht mehr existent nicht erreicht werden kann (b).121 Scheitert die Transaktion hingegen, obwohl das belohnungsbewährte Moment eingetreten ist, ist dies entweder darauf zurückzuführen, dass dies unabhängig von B geschehen ist122 oder ein Kenntniserfordernis besteht, dem der hinsichtlich der Erfolgsherbeiführung bzw. Handlungsvornahme erfolgreiche, aber unkundige B nicht gerecht wird (c). 2. Soziales Optimum und Hindernisse Wie bereits aufgeworfen wurde (B. I.), ist die öffentliche Belohnungsaussetzung als rechtliches Medium effizient ausgestaltet, wenn der resultierende aggregierte Nutzenzuwachs die resultierenden aggregierten Einbußen im maximal möglichen Ausmaß überschreitet. Berücksichtigt werden müssen hierzu die verschiedenen 120

Um das Modell nicht unnötig zu komplizieren, wird im Einklang mit den relevanten Fragestellungen angenommen, dass der belohnungsbewährte Erfolg bzw. die entsprechende Handlung maximal einmal und nur von einer Person (B) herbeigeführt bzw. vorgenommen wird. Die ausgeblendete mehrfache Vornahme oder Mitwirkung mehrerer hat z. B. im deutschen Recht in den §§ 659 f. BGB eine explizite Regelung gefunden. Ferner bleiben Fragen der Durchsetzbarkeit außer Betracht (z. B. eine Insolvenz des A oder Vollstreckungshindernisse gem. §§ 775 f. ZPO) und es wird nicht zwischen dem juristisch maßgeblichen Erwerb des Anspruchs auf die Belohnung und dem potenziell abweichenden faktisch erzielten Mehrwert aus deren Gewährung differenziert (vgl. e contrario das Trennungsprinzip des deutschen Rechts), sondern einheitlich von der Transaktion gesprochen. 121 Es wird angenommen, dass ein Widerruf jedenfalls nur bis zur Herbeiführung des belohnungsbewährten Moments erfolgen kann, vgl. § 658 Abs. 1 S. 1 BGB sowie § 2, B. I. 3. a). 122 Denkbar ist, dass das Haustier, für dessen Zurückbringen eine Belohnung ausgesetzt wurde, von selbst zurückkehrt, der Aussetzende das gestellte Rätsel löst oder sich die fragliche Straftat aufklärt.

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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Ausgänge in ihrer jeweiligen Auswirkung auf die Gesamtwohlfahrt, die in der Differenz aus Ertrag und Einbuße aller Individuen in ihrer jeweiligen relativen Wahrscheinlichkeit liegt.123 Das heißt, für eine Gesamtwohlfahrtsmaximierung muss der Erwartungswert, der sich als Summe der Produkte aus Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert der jeweiligen Ausgänge berechnet124, so weit wie möglich über Null liegen.125 Als homines oeconomici streben A und B die Transaktion grundsätzlich nur an, wenn sie jeweils von ihr profitieren.126 Das soziale Optimum wird daher typischerweise durch die realisierte Transaktion erzielt, wenn A und B als die Transaktionsparteien einen maximalen Nutzenzuwachs erzielen und es keine Einbußen weiterer Bewerber (C-X) gibt, weil diese nicht tätig geworden sind oder keine bzw. möglichst geringe Einbußen erlitten haben, die durch den Nutzenzuwachs von A und B kompensiert werden.127 Diese Beschreibung zeigt bereits das Einfallstor für negative Auswirkungen auf die Gesamtwohlfahrt: Angesichts des wettbewerbsbasiert zustande kommenden Austauschs wohnt dem Medium öffentlicher Belohnungsaussetzung ein spezifisches Risiko der Ineffizienz inne. Diese konzeptionell angelegte, über das allgemeine Risiko eines Scheiterns der Transaktion, beispielsweise weil der belohnungsbewährte Erfolg bzw. die entsprechende Handlung objektiv nicht herbeigeführt oder vorgenommen werden kann, hinausgehende Gefahr erheblicher Wohlfahrtseinbußen ist angesichts der potenziellen Vielzahl scheiternder Bewerber besonders empfindlich.128 Überdies weist die Situation Gefahren auf, die sich für die potenziell beteiligten Akteure auf verschiedene Art und Weise äußern, ihr 123 Die Erwartungswerte der Ausgänge bestimmen sich abstrakt wie folgt: Erwartungswertsa = Ertrag A (Nutzen – Kosten der Belohnungsaussetzung und -gewährung) + Ertrag B (Nutzen – Kosten) – Verlust C-X; Erwartungswertb = (negativer) Ertrag A (Nutzen (0) – Kosten der Belohnungsaussetzung) – Einbußen B-X; Erwartungswertc = Ertrag A (Nutzen – Kosten der Belohnungsaussetzung) – Verluste B-X. Zu den „verstellbaren“ Situationen durch Widerruflichkeit bzw. Kenntniserfordernis B. II. 2., 3. 124 Zu dieser Grundlage der Wahrscheinlichkeitsberechnung Tversky/Kahneman, in: Gilovich u. a., S. 19, 19: „The probability of an event equals the sum of the probabilities of its disjoint outcomes.“. 125 Die Wohlfahrtssteigerung tritt bei einem positiven Erwartungswert ein, d. h. oberhalb der Nullmarke des gemittelten Gesamtergebnisses aller möglichen Ausgänge, unterhalb dieser Schwelle, d. h. bei negativem Erwartungswert, eine Wohlfahrtsminderung. Eine Wohlfahrtsmaximierung wird bei höchstmöglichem Erwartungswert erzielt. 126 Vgl. A. II. 1. b), c) sowie zu ausnahmsweise irrationalem Verhalten z. B. Fn. 136. 127 Außer Acht gelassen werden etwaige Kosten der sich nicht bewerbenden Allgemeinheit, etwa für die Bereitstellung von Rechtssystem und -durchsetzungsapparat. Zu Rechtsdurchsetzung aus ökonomischer Perspektive: Weigel, 2003, S. 162 ff.; Posner, S. 837 ff., 859 ff.; Kirstein, u. a. S. 4 ff. 128 Für den erfolglosen Bewerber realisiert sich die Chance auf den Erhalt der Belohnung als Nutzen nicht und überdies fallen die erfolgsunabhängigen Kosten seiner Bemühungen an. Für B hingegen realisiert sich das Risiko im Szenario ohne ein Widerrufsrecht des A nur, wenn er irrational handelt und die Kosten der Handlung bzw. Erfolgsherbeiführung den Nutzen der geglückten Transaktion (Erhalt der Belohnung) übersteigen. Diese wettbewerbsspezifische Gefahr für die Gesamtwohlfahrt kann durch Abweichungen vom Rationalverhalten verschärft werden, die punktuell Erwähnung finden (vgl. Fn. 65).

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

Verhalten beeinflussen und der Realisierung des sozialen Optimums entgegenstehen können. So besteht unter anderem für A in der anonymen Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung die Herausforderung, die Belohnungshöhe so zu bestimmen, dass die Aussetzung einerseits effektiv, andererseits individuell nutzenmaximierend ist: Die Belohnung darf also weder zu niedrig angesetzt sein, um einen Handlungsanreiz für B zu setzen129, noch höher, als für eine motivierende130 Wirkung auf B erforderlich gewesen wäre, um den eigenen Ertrag nicht unnötig zu schmälern.131 Für B-X besteht das Risiko, das belohnungsbewährte Moment nicht (zuerst) herbeizuführen oder dass, je nach rechtlichen Vorgaben, die Transaktion ob fehlender Kenntnis oder aufgrund eines wirksamen Widerrufs scheitert. Wie die Akteure sich verhalten, lässt sich – bei präsumtiver Modellkonformität – zumindest theoretisch abschätzen.

129 Das ist der Fall, wenn die Belohnungshöhe im Verhältnis zur ungewissen Erwerbsaussicht zu gering ist, d. h. der Erwartungswert des B unter Null liegt. Für A verringert sich die Effektivität der öffentlichen Belohnungsaussetzung, weil die Wahrscheinlichkeit, dass der erstrebte nutzenbringende Erfolg eintritt bzw. die entsprechende Handlung vorgenommen wird, mangels anreizender Wirkung auf B sinkt bzw. erlischt, hierzu B. II. 2. b) cc). 130 Zum äußerst schwer fassbaren Begriff der Motivation, siehe z. B. aus Sicht der Motivationspsychologie Rheinberg/Vollmeyer, S. 13 ff., 16 ff., 128 ff., 149 ff. 131 Die für eine Anreizwirkung notwendige Diskrepanz wird bereits angedeutet bei Dalwigk zu Lichtenfels, S. 9 f., 17 und Ahlich, S. 10. Zum Nachteil der Gesamtwohlfahrt kann die „zu niedrige“ Belohnung erzielbare Wohlfahrtsgewinne vereiteln, weil die an sich nutzensteigernde Transaktion ausbleibt. Eine „zu hoch“ angesetzte Belohnung hingegen birgt keine Gefahr, solange die Belohnungshöhe die Grenzkosten des B, nicht aber den Grenznutzen des A übersteigt: A und B profitieren beide und typischerweise gleicht die höhere Belohnung als höherer Nutzen für B die insoweit höheren Kosten des A aus; problematisch sind allenfalls zu viele erfolglose Mitbewerber, die erhebliche Aufwendungen tätigen. Aus individueller Sicht des A besteht ebenfalls keine Gefahr, da er auch bei einer hohen Belohnung – sofern er sich rational verhält – noch einen Nutzen zieht (vgl. bereits Ahlich, S. 10). Allenfalls kritisch wäre eine Fehleinschätzung des A, wie viel ihm die Belohnung wert ist, vgl. zu möglichen effizienzgefährdenden Fehleinschätzungen B. II. 2. a) bb) (3). Zur Schwierigkeit, einen „Marktpreis“ zu ermitteln und Informations- und Suchkosten im Allgemeinen (Fn. 143) z. B. Stigler, 69 J. Pol. Econ. (1961), 213, insbesondere 219 zum Neueintritt in den Markt, wobei fraglich ist, ob und inwieweit für das jeweilig verfolgte Ziel des die Belohnung Aussetzenden ein „Marktwert“ besteht, insbesondere wenn es sich um außergewöhnliche Einzelfälle handelt (vgl. Stigler, 69 J. Pol. Econ. (1961), 220 e contrario zur Bündelung der Informationssammlung bei entsprechender Größe des Markts), oder ob nicht vielmehr die subjektive Wertschätzung für A als Orientierungspunkt dient. Jedenfalls dürfte für A, der sich typischerweise an eine anonyme Öffentlichkeit wendet, oftmals nicht ersichtlich sein, wie stark die den Erwartungswert der Bewerber senkenden Unsicherheiten, etwa die Wettbewerbssituation oder Widerruflichkeit, wirken, und eine Bestimmung der optimalen Belohnungshöhe allenfalls kostenintensiv möglich sein. Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass A die Belohnungshöhe, an seinem Nutzen orientiert abschätzend, tendenziell zu hoch ansetzt.

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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3. Individuelles Verhaltensmodell Um ermitteln zu können, inwieweit die rechtliche Ausgestaltung öffentlicher Belohnungsaussetzung individuelles Verhalten in gesamtwohlfahrtsmaximierende Richtung steuern kann, muss zunächst in den Blick genommen werden, nach welchem Muster dieses individuelle Verhalten abläuft. Maßgeblich für das individuelle Entscheidungsmodell ist nach dem dargestellten Rationalverhaltensmodell des rationalen (Eigen-)Nutzenmaximierers die Abwägung der individuellen Kosten gegen den erwarteten Nutzen einer Handlungsoption: Liegt der hieraus ermittelte individuelle Erwartungswert einer Tätigkeit über Null, wird der rationale Nutzenmaximierer sie aufnehmen, anderenfalls unterlassen.132 Der individuelle Erwartungswert ergibt sich dabei aus der Summe der Produkte aus der Erfolgswahrscheinlichkeit und dem Ertrag aus dem Nutzen abzüglich der anfallenden Kosten, sowie der Wahrscheinlichkeit des Nichterfolgs und der erlittenen Einbußen.133 Die angedeuteten Risiken und Gefahren prägen das individuelle Verhalten der Akteure. Hier zeigt sich, wie die rechtliche Ausgestaltung das Verhalten beeinflussen kann, beispielsweise indem durch die Einführung eines Widerrufsrechts oder Kenntniserfordernisses die Erfolgswahrscheinlichkeit und insofern der Handlungsanreiz für den individuellen Bewerber grundsätzlich verringert wird.134 Nach dem Grundmodell wird A öffentlich eine Belohnung aussetzen, wenn der Ertrag des erstrebten Erfolgs bzw. der entsprechenden Handlung die Kosten der Transaktion, namentlich der Aussetzung und der Gewährung der Belohnung, übersteigt; B-X werden versuchen, das belohnungsbewährte Moment herbeizuführen, wenn ihr jeweiliger Erwartungswert über Null liegt. Allerdings indizieren verhaltensökonomische Erkenntnisse potenziellen, punktuellen Korrekturbedarf.135 In der Tat wurden bestimmte systematische Abweichungen vom Rationalverhalten (biases)136 ermittelt, die insbesondere angesichts 132

Zu diesem Verhaltensschema anhand der Ausrichtung am Verhältnis von Grenznutzen und Grenzkosten erläuternd: Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 170; vgl. A. II. 1. b), c). Eine für A und B erstrebenswerte Transaktion liegt vor, wenn die Belohnungshöhe – als Kosten für A, als Nutzen für B – über den Kosten des B für die Herbeiführung des belohnungsbewährten Moments liegt, und unter dem Nutzen des A (abzüglich der Kosten für die öffentliche Aussetzung), d. h. Nutzen aus Erfolg/Handlung für A > Belohnungshöhe > Kosten für B. In diesem Fall wird der Nutzen von A und B durch den Austausch gesteigert. 133 WahrscheinlichkeitErfolg x ErtragErfolg (Nutzen – Kosten) + WahrscheinlichkeitNichterfolg x Einbußen (Kosten). 134 Dies kann wiederum ggf. durch andere Mechanismen ausgeglichen werden, z. B. eine von A höher angesetzte Belohnung als der potenziell zu erzielende Nutzen. Hierzu insbesondere B. II. 2. b) cc). 135 Deutlich Jolls/Sunstein/Thaler, in: Sunstein, S. 13, insbesondere 49 f. Zum positiven Beitrag der Verhaltensökonomie Fn. 50 sowie Frey, 6 Rationality & Soc. (1994), 334, 335; Korobkin, in: Sunstein, S. 116, 116. 136 Zu diesem Verständnis und der Anerkennung von biases: Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 15; Posner, S. 19 m.w.N.; Sunstein, in: Sunstein, S. 1, 3. Rationalität ist hier weit zu verstehen: Die Verhaltensökonomie beschäftigt sich mit „limits on rationality, willpower, and selfinterest“, so statt vieler Camerer, in: Blundell u. a., S. 181, 206. Mit breiter Bestandsaufnahme des Forschungsstandes: DellaVigna, 47 J. Econ. Lit. (2009), 315.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

der spezifischen Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung und der ihr immanenten Gefahren virulent werden könnten. Diese Fehlerquellen in der Ermittlung der Abwägungsfaktoren des individuellen Nutzens und der individuellen Kosten sowie im Abwägungsprozess können zu irrationalem, weil nicht individuell nutzensteigerndem Verhalten von A, B und insbesondere der scheiternden Mitbewerber C-X führen, und mithin zu einer gesamtwohlfahrtsmindernden Wirkung der öffentlichen Belohnungsaussetzung beitragen.137 Um für Herausforderungen dieser Art zugunsten einer treffsicheren und hilfreichen Prognose als Basis rechtlicher Ausgestaltung zu sensibilisieren, werden anerkannte Abweichungen in der nachfolgenden Analyse an den Stellen kritisch138 berücksichtigt, an denen sie Bedeutung gewinnen könnten.

II. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung hinsichtlich des Konstruktionsmodells und der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis unter Effizienzgesichtspunkten Im Folgenden wird untersucht, inwiefern nach den gesetzten Rahmenbedingungen die rechtliche Regelung der Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung (1.) und der Fragestellungen von Widerruflichkeit (2.) und Kenntniserfordernis (3.) Ansatzpunkte für eine Steuerungswirkung des Rechts bietet und welche Lösungen sich vor diesen Erkenntnissen als gesamtwohlfahrtsmaximierende Wirkung erzielend hervorheben (4.). 1. Konstruktionsmodell Angesichts der unterschiedlichen Konstruktion öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht verdichtet sich die Frage, welches Modell unter Effizienzgesichtspunkten vorteilhaft ist.139 Obgleich sich die effizienzorientierte Sicht mit konstruktiven Fragen nicht als Selbstzweck auseinandersetzt, ver137 Auch die gegenteilige Wirkung ist systemgeschuldet denkbar, da aus gesamtgesellschaftlicher Sicht eine individuell irrationale Nichtausübung des zur Verfügung stehenden Widerrufsrechtes durch A trotz seiner individuellen Einbuße effizient sein kann. Siehe hierzu u. a. Fn. 219, 144. 138 Anerkannte Abweichungen dürfen nicht vorschnell als eindeutig eingestuft werden. Für den vorliegenden Anspruch genügt die kritische Einbeziehung als relevant identifizierter Faktoren, die vom Standardmodell abweichendes Verhalten nahelegen. Illustrativ zum Aussagegehalt empirischer Studien zu spezifischen Gegenständen zum Nachweis eines allgemeinen crowding out-Effekts: Frey, SZVS 133 (1997), 325, 330. 139 Die Kosten einer solchen Einführung werden ausgeblendet. Weiterführend z. B. Hathaway, 86 Iowa L. Rev. (2001), 601, 606 f., 608 ff. m.w.N. zur Problematik der, begrifflich in verschiedenen Kontexten begegnenden (Hathaway, 86 Iowa L. Rev. (2001), 601, 606) sog. Pfadabhängigkeit (path dependence); vgl. Beyer, ZfS 34 (2005), 5, 5 ff.

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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dienen diese unter funktionalem Aspekt durchaus Beachtung.140 Ein Konstruktionsmodell ist der Gesamtwohlfahrt zuträglich, wenn es diese steigernde Transaktionen fördert, indem es behindernde Transaktionskosten minimiert oder zumindest senkt.141 Obwohl in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen den Instituten von Versprechen oder Vertrag abstrakt denkbar sind, greifen sie in der spezifischen Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung nicht [a)]. Beide Konstruktionen bieten als Medium die Möglichkeit, die Öffentlichkeit rechtlich anerkannt zur Herbeiführung eines Erfolgs oder Vornahme einer Handlung anzusprechen, sodass Transaktionskosten insbesondere in Gestalt von gegebenenfalls erdrückenden Suchkosten vermieden werden können [b)]. a) Konzeptionelle Senkung von Transaktionskosten durch das einseitige Versprechen? Ein Argument für das Versprechensmodell könnte darin liegen, dass es durch die einseitige Festsetzung der Modalitäten des Austauschs Verhandlungskosten vermeidet und insofern einen wohlfahrtssteigernden Austausch mit geringeren Kosten ermöglicht.142 Hiergegen spricht, dass zwar die Kosten einer Ver- oder Aushandlung eingespart werden, jedoch zugleich andere, möglicherweise sogar höhere, anfallen. Um „treffsicher“ einen Austausch mit akzeptablen Konditionen anzutragen, d. h. sowohl individuell nutzenmaximierend als auch für die Gegenseite hinreichend attraktiv, damit diese auf den Vorschlag eingeht, muss der Versprechende gegebenenfalls ausführliche Ermittlungen zur gegenwärtigen Marktlage und Position möglicher Transaktionspartner im Vorfeld des Versprechens anstellen; Informationskosten fallen an.143 Anderenfalls droht dem Versprechenden, dass er bei einer 140

So zum Konzept von Angebot und Annahme als austauschbarer Formalismus zu Analysezwecken: Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 3, 62 f. Vgl. zum funktionalen Umgang mit bestimmten als Werte geläufigen Prämissen wie subjektiven Rechten oder Konsistenz, d. h. nicht als Selbstwert, sondern im Hinblick auf ihre Folgen, z. B. Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 17 mit Fn. 51 zur ökonomischen, konsequentialistischen Methode im Umgang mit dem DCFR; Rock, S. 20 zum Verständnis des Vertrags als durch Willensmacht herbeigeführte Selbstbindung oder ökonomische Vorteilhaftigkeit. 141 Zur Einsparung von Transaktionskosten durch rechtlich angebotene Institute vgl. die entsprechenden, bahnbrechenden Vorstöße im Hinblick auf die unternehmensmäßige Organisation von Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. (1976), 305 sowie Fn. 116 zum Angebot eines kooperationsfördernden Vertragsrechts. 142 Die Verhandlungen über einen Austausch stellen Kosten dar, als sie Zeit, Mühe und Aufwand, ggf. den Einsatz von Ressourcen für Material, Transport oder Kommunikation erfordern, was sich auf die Kosten/Nutzen-Abwägung auswirkt. Zu Verhandlungskosten als Transaktionskosten statt vieler Richter/Furubotn, S. 60. Zur Effizienz der unilateral contractKonstruktion am Beispiel des Finderlohns, weil der beidseitig vorteilhafte Austausch Verhandlungs- und Suchkosten einsparend zustande kommt: Posner, S. 105 f. 143 Zu Such- und Informationskosten erläuternd: Richter/Furubotn, S. 59 f.; vgl. ferner Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 3, 59 f.; Schäfer/Ott, S. 537 ff., 540 ff. m.w.N.; Posner, S. 4 sowie andeutungsweise bereits Fischer, S. 7 f. mit dem Gedanken der Zweckmäßigkeit.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

unangemessen angesetzten Belohnung nicht maximal oder bei Nichtzustandekommen der Transaktion gar nicht profitiert, weil die Gegenseite angesichts der zu weit von den eigenen Vorstellungen abweichenden Konditionen von der an sich beidseitig erwünschten und gewinnbringenden Transaktion Abstand nimmt.144 Ein solches Scheitern ist nicht nur aus der jeweils individuellen Sicht der potenziellen Transaktionspartner, sondern angesichts der ausbleibenden, präsumtiv grundsätzlich gesamtwohlfahrtssteigernden Wirkung des Austauschs als ineffizient zu vermeiden. Darüber hinaus greifen die Erwägungen konzeptionsunabhängig in der besonderen Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung nicht: Sowohl bei der Auslobung als auch beim unilateral contract, bei dem die Annahme durch die tatsächliche Vornahme der im Angebot spezifizierten Handlung bzw. Herbeiführung des Erfolgs liegt, findet keine kostenverursachende, individuelle Aushandlung mit dem Adressatenkreis statt.145 Auch mögliche Schwierigkeiten und Kosten des Auslobenden bzw. Anbietenden, erfolgversprechende, d. h. geeignete Bewerber zum Tätigwerden bewegende Konditionen zu bestimmen, unterscheiden sich in ihrem Ausmaß bei unilateral contract oder Auslobung nicht. Somit stellt der Kostenpunkt vorgelagerter Verhandlungen aus rechtsökonomischer Sicht für die Konstruktionsfrage kein Differenzierungsmerkmal dar. Gleiches gilt für die Kosten der öffentlichen Aussetzung bzw. Bekanntgabe, da diese das Angebot zum „Abschluss“ eines unilateral contract ebenso wie die Auslobung betreffen und daher, zudem als marginal vermutet146, im Folgenden weitgehend ausgeblendet werden. b) Auslobung und unilateral contract als transaktionskostensparende Medien unabhängig von konzeptioneller Ein- oder Zweiseitigkeit und consideration „Wer eine spezifische Markttransaktion in Erwägung zieht muß nach einem geeigneten Verhandlungspartner suchen, und durch diese Suche entstehen unvermeidlich Kosten.“147 Diese Suchkosten148 senken beide Konstruktionsmodelle, indem sie ein Medium zur Verfügung stellen, das die Ansprache der Öffentlichkeit ermöglicht. Entscheidend ist aus Effizienzgesichtspunkten grundsätzlich, wie auch 144 Selbst wenn der Angesprochene einen (marginalen) individuellen Nutzengewinn erzielen könnte, ist denkbar, dass er diesen selbstschädigend deshalb nicht realisiert, weil er sich nicht bewirbt, um A für den als „unfair“ wahrgenommenen Vorschlag durch das Scheitern des Austauschs zu „bestrafen“. Zu diesem Gedanken in der Spieltheorie z. B. Axelrod, u. a. S. 8, 138 f., sowie Vieth, ZfS 32 (2003), 346, 346 f., 360. Zur Schwierigkeit, einen (Markt-)Preis zutreffend zu ermitteln, vgl. Fn. 131. 145 Vgl. Posner, S. 105 f. Die Situation ist im englischen Recht anders zu beurteilen, wenn nur eine bestimmte Person angesprochen wird und eine Aushandlung denkbar und praktikabel erscheint, z. B. bei der erfolgsabhängigen Vergütungszusage an den Maler für das Streichen der Hauswand (hierzu Wendel, S. 26). 146 Beispielsweise bei einer Verbreitung durch moderne, internetbasierte Medien. 147 Richter/Furubotn, S. 59; vgl. Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 3, 58. 148 Vgl. zur Suche nach Vertrags(schluss)möglichkeiten: Shavell, S. 325 f.; zu Suchkosten vgl. Fn. 143.

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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in der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung, dass das Recht mit seinem Instrumentarium insbesondere angebotener Handlungsformen die gewünschte Kooperation zwischen Parteien – von ein- oder zweiseitiger Konstruktion unabhängig – fördert.149 Unterschiede können sich allenfalls durch die consideration-Komponente ergeben, als der Verpflichtungsgrund im englischen Recht erst durch die (vollständige) Vornahme der gewünschten Handlung bzw. Herbeiführung des Erfolgs entsteht, während dies im deutschen diesem tatsächlichen Austausch vorgelagert bereits mit der Aussetzung geschieht. Wird die consideration als Austauschmoment verstanden, kann es aus Effizienzgründen sinnvoll sein, rechtliche Wirksamkeit von ihrem Vorliegen abhängig zu machen: Sie signalisiert, dass es sich bei der Transaktion um einen präsumtiv das Wohl beider Parteien und so die Gesamtwohlfahrt steigernden Austausch handelt.150 Sofern rechtliche Wirksamkeit in einer Rechtsordnung auf gesamtwohlfahrtsförderliche Austausche beschränkt ist oder werden soll, erspart die consideration insoweit als hilfreicher Orientierungspunkt eine kostenintensive Überprüfung im Einzelfall.151 Andererseits könnte jedoch auch gerade eine Ausgestaltung ohne ein solches konstitutives Moment gesamtwohlfahrtssteigernd sein. Denkbar ist dies, wenn A bereits durch die bloße Selbstverpflichtung einen Nutzengewinn zieht, beispielsweise, weil diese der Selbstdarstellung dient oder eine Überzeugung öffentlichkeitswirksam belegt.152 Selbst wenn eine – bei lebensnaher Betrachtung durchaus zweifelhafte – immaterielle, persönliche Erfüllung des Bindungswilligen durch die einseitig erzielbare, metaphysische Selbstbindung oder Bindung an das Angebot nicht als ein hinreichendes, grundsätzlich Gesamtwohlfahrtssteigerung indizierendes Austauschmoment anerkannt wird,153 kann ein solches gleichwohl in anderer Gestalt und unabhängig von consideration und Konstruktion vorliegen. So erzielte etwa die Carbolic Smoke Ball Company trotz der für die Entstehung des Verpflichtungsgrundes notwendigen ordnungsgemäßen Nutzung und Erkrankung des Verwenders einen Werbeeffekt, vgl. 149 Vgl. Cooter/Ulen, S. 275 zur Effizienz, auch Versprechen im Einklang mit dem Parteiwillen kooperationsfördernd durchzusetzen; v. Bar/Clive, princ. 56, S. 60: „making it easier for parties to achieve the legal results they want in the way they want“. 150 Siehe Posner, S. 102 zu einer solchen, allerdings nicht zwingenden Signalwirkung (signaling). Vgl. ferner zur Signalisierung von Durchsetzbarkeit Fuller, 41 Colum. L. Rev. (1941), 799, 801 ff. und Llewellyn, 40 Yale L.J. (1931), 704, 738; zu marktmäßiger Signalisierung (hoher) Qualität Richter/Furubotn, S. 59 f. oder Schmolke, S. 128 f.; von Selbstverpflichtung durch das Versprechen als „conventional device“: Fried, 2015, S. 14 ff. sowie erläuternd Kronman, 91 Yale L.J. (1981), 404, 410 ff. 151 Zu dieser ressourcensparenden Wirkung, bestimmte Überlegungen zu bündeln bzw. kanalisieren als sog. channeling, z. B. Fuller, 41 Colum. L. Rev. (1941), 799, 801 ff., 814 f.; vgl. die vorherige Fn. 150. 152 Vgl. die dargestellten Fälle unter § 2, A. II. 1. a) cc) sowie § 2, B. II. 1. a). 153 Vgl. Posner, 8 J. Legal Stud. (1979), 103, 116, 127, dazu, dass Recht nach utilitaristischer und ökonomischer Sicht nur einen instrumentellen Wert von Rechten und Rechtspositionen anerkennt. Ein consideration-freies Medium ist folglich wünschenswert, wenn Nutzen aus bloßer Selbstbindung gezogen wird, was i.Erg. teilweise über eine sog. moral consideration realisiert wird: Posner, S. 102 f.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

§ 2, B. II. 1. a). Ein Unterschied liegt unter Effizienzgesichtspunkten folglich allenfalls darin, dass die consideration-Komponente im englischen Recht grundsätzlich die Widerruflichkeit begründet, die den Wert des Angebots, potenzielle Bewerber zum Tätigwerden zu motivieren oder auch andere Ziele, wie eine Überzeugung zu bekräftigen, ob geringerer Verlässlichkeit und Verbindlichkeit, wie sogleich unter B. II. 2. b) cc) dargestellt, schwächt. Dem ist entgegenzusetzen, dass demgegenüber der nach deutschem Recht einen Nichterfolg erstrebende Auslobende zwar den Verpflichtungsgrund bereits einseitig und frühzeitiger geschaffen hat, diese „abgeschlossene“ Selbstverpflichtung aber ob der positivrechtlich explizit eingeführten Widerruflichkeit (§ 658 Abs. 1 S. 1 BGB) ebenfalls keine größere Verlässlichkeit ausstrahlt. Die konstruktive Nebenfrage, ob ein consideration-Erfordernis aus Effizienzgründen zu befürworten ist, kann mithin in Ermangelung einer Quantifizierbarkeit der jeweiligen Wirkungen bei Bestehen oder Nichtbestehen nicht abschließend beantwortet werden.154 Die Beurteilung ist von der normativen Ausrichtung eines Rechtssystems abhängig, das etwa dem Ziel verschrieben sein kann, Gesamtwohlfahrt oder größtmögliche Privatautonomie zu verwirklichen (vgl. § 4, B. II.). 2. Widerruflichkeit Fraglich ist, welche Erkenntnisse die rechtsökonomische Analyse für die Fragestellung der Widerruflichkeit hervorbringen kann.155 Eine unabweisbare Schwierigkeit dieser Effizienzbewertung liegt im fehlenden empirischen Erkenntnissen geschuldeten Umstand, dass der Einfluss der jeweiligen Risikoerhöhungen nicht quantifiziert werden kann.156 Gleichwohl liegt ein wissenschaftlicher Mehrwert darin, Einflussfaktoren zu identifizieren und so womöglich unbekannte oder kontraintuitive Wirkungsweisen zu ergründen157, deren über eine vernunftgesteuerte 154 Zu gesamtwohlfahrtsförderlichen Funktionen der consideration-Doktrin, insbesondere missbräuchliche Klagen zu vermeiden, Gerichtstätigkeit auf schützenswerte Austauschsituationen zu beschränken oder vor opportunistischen Verhaltensweisen wie durch hold-up-Situationen erzwungenen Vertragsänderungen abzuschrecken, weiterführend Posner, S. 102 ff. Vorliegend kommt es hierauf insoweit nicht an, als die für einen Belohnungsanspruch erforderliche tatsächliche Erfolgsherbeiführung bzw. Handlungsvornahme diese Funktionen erfüllt. 155 Mit einem Überblick über vorhandene, bislang vereinzelte rechtsökonomische Untersuchungen von Widerrufsrechten: Ben-Shahar/E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, 117 m.w.N. 156 Eidenmüller, JZ 54 (1999), 53, 57 sowie ders., AcP 210 (2010), 67, 71 zum durch Widerruflichkeit indizierten Vertrauensverlust in rechtsgeschäftliche (vertragliche) Bindung. Vgl. Schäfer/Ott, S. 436 zu ob unbekannter Wahrscheinlichkeiten scheiternden Ansätzen der Risikokalkulation. Die notwendige Kleinteiligkeit aussagekräftiger, empirischer Nachweise illustrieren z. B. Klick/Tabarrok, 48 J.L. & Econ. (2005), 267; MacDonald/Klick/Grunwald, Faculty Scholarship Working Paper 430 (2012), S. 1. 157 Für einen trotz empirischer Ungewissheiten insbesondere in quantitativer Hinsicht bestehenden Mehrwert deutlich: Stremitzer, 28 J.L. Econ. & Org. (2010), 381, 404 im Kontext oftmals verkannter positiver Wirkungen opportunistischen, vereinbarungswidrigen Verhaltens;

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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Abschätzung hinausgehende Bemessung hierauf fokussierenden Forschungen überlassen bleiben muss. Nach einer einordnenden Einführung in die Bedeutung und grundsätzliche Wirkungsweise der Widerruflichkeit [a)] wird ihre Effizienz daher anhand theoretisch ermittelbarer, markanter Faktoren bewertet [b)] und ein abschließendes Fazit gezogen [c)]. a) Einordnung und grundsätzliche Wirkungsweise Nach einer einordnenden Einführung in die Widerruflichkeit [aa)] wird diese Korrekturmöglichkeit als Antwort auf ein entsprechendes -bedürfnis gedeutet [bb)] und die durch sie gesetzten Verhaltensanreize für die Beteiligten werden abstrakt umrissen [cc)]. aa) Beschreibung und Verortung der Widerruflichkeit als Gegenstand der Effizienzbewertung Die Effizienz eines Rechts zum Widerruf des öffentlich ausgesetzten Belohnungsversprechens bzw. -angebots muss von der seiner tatsächlichen Ausübung unterschieden werden. Letztere betrifft das Scheitern der Transaktion im Ausgang c: Durch den Widerruf vereitelt A das Zustandekommen der Transaktion des Austauschs der Belohnung gegen den ursprünglich erstrebten Erfolg bzw. die Vornahme der entsprechenden Handlung, woraus er, relativ zum Alternativszenario des Fortbestands der Belohnungsaussetzung mit der Aussicht auf den Eintritt der Transaktion, einen Nutzenzuwachs erzielt.158 Isoliert betrachtet ist die konkrete Ausübung gesamtwohlfahrtsförderlich, wenn die widerrufsbedingt erzielte Nutzensteigerung bei A, abzüglich der mit der Ausübung des Widerrufsrechts verbundenen oder einhergehenden Kosten – beispielsweise der Ausübung selbst oder ihr nachfolgende Reputationsschäden – sowie der versunkenen Kosten der ursprünglichen Aussetzung, die widerrufsbedingte Einbuße insbesondere in Gestalt vergeblicher Aufwendungen des nunmehr, zusätzlich zu den ohnehin erfolglosen Mitbewerbern C-X, notwendigerweise auch scheiternden B überwiegt.159 Die hier maßgebliche Widerruflichkeit hingegen bemisst sich als von einer entsprechenden Ausübungsentscheidung des A unabhängige bloße Lösungsmöglichkeit unter Effizienzgesichtspunkten danach, ob ihr Nutzen in der Aggregation der Auswirkung auf alle Indivgl. Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 371, 397 f. bezüglich effektiver verbraucherschützender Regulierung. 158 Anderenfalls übte A als homo oeconomicus sein Widerrufsrecht – von irrationalen Abweichungen abgesehen (vgl. Fn. 219) – nicht aus. Zur Kosten/Nutzen-Abwägung bei der Entscheidung über die Ausübung eines Lösungsrechts: Mankowski, S. 435, 441 f.; vgl. Schlussas, S. 77 f. zur Anfechtung mit Blick auf die Ersatzpflicht nach § 122 BGB. 159 Vgl. Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1150 mit der Frage, ob die Summe der Zugewinne der widerrufsberechtigten Verbraucher die, insbesondere durch den Wertverfall bedingten, ggf. substanziellen Einbußen des Verkäufers überwiegt, sowie Ben-Shahar/E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, 122.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

viduen160 ihre gleichermaßen bemessenen Kosten (maximal) übersteigt;161 entscheidend ist insbesondere, welchen Preis das Lösungsrecht für A hat, vgl. B. II. 2. b) cc). Die Gewährung des Widerrufsrechts kann, muss aber nicht gesamtwohlfahrtsförderlich sein. Die Natur der Widerruflichkeit als Stellschraube wird deutlich, wenn die skizzierten möglichen Ausgänge in Erinnerung gerufen werden. Wohingegen anderenfalls nur der Erfolgsfall einer Transaktion zwischen A und B (a) oder der eines Scheiterns ohne den Eintritt des belohnungsbewährten Moments eintreten kann, weil dieser unmöglich ist oder kein Bewerber (erfolgreich) tätig geworden ist (b), führt die Widerruflichkeit einen weiteren Unterfall dieses letzteren Ausgangs ein. Dieser schmälert die Gesamtwohlfahrt insofern potenziell, als das beschriebene soziale Optimum (B. I. 2.) aus einem weiteren Grund ausbleiben kann, was für die Bewerber bzw. B unattraktiv ist und insofern auf die Effektivität des Mediums und somit die Wohlfahrt des A ausstrahlt162. Dies beruht darauf, dass die Widerruflichkeit für die Bewerber ein zusätzliches und – im Hinblick auf seine Unberechenbarkeit und seine potenziell schwerwiegende Auswirkung eines widerrufsbedingt zwingenden Scheiterns – bedeutendes Risiko in die ohnehin zu bewältigende, allgemeine Unsicherheit163 aller menschlicher Handlungen und Transaktionen implementiert164: Unabhängig von der individuellen Befähigung, Erfolgsaussicht oder bereits getätigten Aufwendungen kann ihnen die Chance auf den Erwerb der Belohnung durch A willkürlich und kompensationslos genommen werden. Vor dem Hintergrund des Kosten und Nutzen abwägenden Rationalverhaltens der Bewerber wird die Gefahr einer anreizschmälernden Wirkung der Widerruflichkeit greifbar. Da sie nicht nur einen zusätzlichen, sondern besonders empfindlichen Risikofaktor darstellt, erscheint die Widerruflichkeit besonders schwerwiegend und müsste, damit das Lösungsrecht als effiziente Lösung zu bewerten ist, durch das Flexibilitätsinteresse des A aufgewogen werden – B. II. 2. b) –, was zur funktionalen Deutung der Widerruflichkeit und den gesetzten Verhaltensanreizen überleitet.

160 Die Begriffe von Kosten und Nutzen werden nicht nur im Individualverhaltensmodell, sondern auch bezogen auf die positive und negative Wirkung eines Widerrufsrechts auf die Gesamtwohlfahrt verwendet, vgl. die Terminologie bei Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 71. 161 Im Kontext verbraucherschützender Widerrufsrechte mit der Deutung als (Rechts-) Behelf gegen ineffiziente Austausche: Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1147 m.w.N. („remedy for inefficiencies“); Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 71 f., 93, 102; Ben-Shahar/ E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, insbesondere 115 f., 145. 162 Hierzu B. II. 2. b) cc). 163 So zur Omnipräsenz von Unsicherheit als unvermeidbarem Aspekt menschlichen Daseins statt vieler: Tversky/Kahneman, in: Gilovich u. a., S. 19, 19. 164 Zum Gedanken erhöhter risikobedingter Unsicherheit für die Bewerber bereits Exner, KritVj 11 (1869), 337, 353; vgl. im verbraucherschützenden Kontext: Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1149; Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 381, 383.

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bb) Deutung der Widerruflichkeit als Antwort auf einen möglichen Korrekturbedarf Die Widerruflichkeit eröffnet A die Möglichkeit165, sich von der angelegten Verpflichtung, die ausgesetzte Belohnung für einen nicht oder nicht mehr erwünschten Erfolg leisten zu müssen, zu befreien. Dies hat für A den Vorteil der abstrakten Sicherheit, eigene (Fehl-)Entscheidungen korrigieren zu können und so einen größeren Nutzen zu ziehen, beispielsweise durch eine anderweitige Disposition der widerrufsbedingt nicht mehr zu gewährenden Belohnung, und nicht nur diese Kosten, sondern auch etwaige (moralische) Kosten des nunmehr gegebenenfalls sogar unerwünschten, zuvor belohnungsbewährten Erfolgs bzw. der entsprechenden Handlung zu vermeiden.166 Im Hinblick auf das mitlaufende methodische Interesse soll zur Schärfung des analytischen Verständnisses167 in den Blick genommen werden, inwieweit die durch die Widerruflichkeit vermittelte Flexibilität des A, ausnahmsweise seine Meinung ändern zu können, relevant ist und modellgerecht erfasst werden kann. Wie bereits dargestellt, berechtigen Fehlentscheidungen, obwohl sie in der Realität keine Seltenheit sind168, rechtlich nur in Ausnahmefällen zur Korrektur, um den Wert verlässlicher rechtsgeschäftlicher Interaktion nicht zu gefährden.169 Mögliche Ansatzpunkte liegen in der Erklärung des Flexibilitäts- und Lösungsinteresses des A infolge eines ausnahmsweise anerkannten Präferenzwandels (1), der ebenfalls nachträglichen Veränderung relevanter Restriktionen (2) oder einer initialen Fehleinschätzung, die vor dem Hintergrund verhaltensökonomischer Erkenntnisse exemplifiziert Farbe gewinnt (3). (1) Ausnahmsweise anerkannter Präferenzwandel Ein die Gesamtwohlfahrt maßgeblich beeinflussender Nutzenzuwachs des A aus der Flexibilität der Widerruflichkeit könnte darauf zurückzuführen sein, dass in Abweichung von der grundsätzlichen Annahme stabiler Präferenzen anerkannt wird, 165 Es handelt sich nur um ein nach Belieben ausübbares Widerrufsrecht. Zu diesem Gemeinplatz statt vieler Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 391; vgl. Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 71 („Optionscharakter“). 166 Denkbar sind mit dem Widerruf einhergehende Kosten z. B. als eine Einbuße des Reputationskapitals oder moralischen Unwohlseins, beispielsweise, wenn ein Schwimmer im Hafenbecken ertrunken ist und das belohnungsbewährte Durchschwimmen für A nunmehr eine Pein bedeutete (moralische Kosten) oder er einen Reputationsverlust bei Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zu befürchten hätte (Reputationsschäden). Zu Reputationskapital siehe z. B. Macauley, 28 Am. Sociol. Rev. (1963), S. 55, 58, 61, 63 ff.; Scheibenpflug/Sigmund, RW 6 (2015), 253, 264 ff.; vgl. Vieth, ZfS 32 (2003), 346, 351 zu Gefühlen. 167 Vgl. zur Widerruflichkeit dogmatisch als Lösungsmöglichkeit von einem bereits wirksam geschaffenen Verpflichtungsgrund im deutschen, und als grundsätzlich mögliche Rücknahme eines auf Vertragsschluss gerichteten Angebots im englischen Recht § 2, A., II. 2. a) und B., II. 2. a). 168 Farnsworth, S. 18: „Rare is the promisor who has never felt regret“. 169 Siehe § 2, A. II. 2. a) aa).

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dass die Präferenzen eines Individuums sich verändern können.170 Wenn dies nach der Belohnungsaussetzung geschieht, ist es möglich, dass der vormals erwünschte Erfolg bzw. die entsprechende Handlung der veränderten Nutzenfunktion nicht mehr oder nicht in dem vorgesehenen Maße gerecht wird.171 Insofern schafft ein Widerrufsrecht für A die Voraussetzung, die bisherige bzw. avisierte Disposition an eine nachträgliche, interne und somit willkürliche Veränderung seiner Präferenzen anzupassen. Für verbraucherschützende Widerrufsrechte wird so teilweise vorgebracht, dass sie einer zumindest auch auf Präferenzwandel zurückzuführenden Korrekturbedürftigkeit begegnen.172 Problematisch an solchen Ausnahmen ist, dass die Erklärung und Prognostizierung von Verhaltensweisen nicht mehr primär über erkennbare Restriktionen erfolgen könnte173 und das pauschale Erklärungskonzept kaum antizipierbarer Präferenzwandel eine Verhaltenssteuerung erheblich erschwerte.174 (2) Nachträgliche Veränderung der Restriktionen Im Einklang mit dem konventionellen Modell eines primär durch Restriktionen geleiteten und steuerbaren Verhaltens ist die Diskrepanz zwischen der Vorteilhaftigkeit eines öffentlichen Belohnungsversprechens bzw. -angebots für A aus der ex ante- und der ex post-Sicht auf veränderte Restriktionen zurückzuführen, d. h. das veränderte Abwägungsergebnis wird mit einer extern veranlassten Steigerung der Kosten begründet.175 Mit diesem Erklärungsmodell lassen sich zwar einige denkbare 170 Eine solche Präferenzänderung wird z. B. mit Blick auf psychologische Phänomene befürwortet, so zum crowding out-Effekt – vgl. hierzu B. II. 3. c) bb) (2) –: Frey, 6 Rationality & Soc. (1994), 334, 334, 349. 171 Denkbar ist z. B., dass das belohnungsbewährte Rückbringen des vermissten Hundes nicht mehr erwünscht ist, weil der Hundehalter zwischenzeitlich seine Vorliebe für andere oder ein Leben ohne Haustiere entdeckt hat. 172 Schäfer/Ott, S. 138. 173 Statt vieler zur Erklärung menschlichen Verhaltens primär durch (erfassbare) Restriktionen: Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 168 sowie Fn. 238. 174 Siehe hierzu m.N. Eidenmüller, S. 32 f.; Kirchgässner, S. 40 f. 175 Teilweise wird von einer regret contingency gesprochen, wenn eine Partei infolge nachträglich eintretender externer Umstände eine getroffene Vereinbarung brechen würde, wenn dies für sie kostenfrei möglich wäre. Zur Definition des von Goetz/Scott geprägten Begriffes Goetz/Scott, 89 Yale L.J. (1980), 1261, 1273. D. h. durch die veränderten Umstände würde die Einhaltung der getroffenen Vereinbarung für eine der Parteien so verteuert, dass deren Nutzen für sie aufgezehrt bzw. sogar ins Negative zu einer Einbuße verkehrt würde. Die mit dieser nachteiligen Veränderung konfrontierte Partei hat die Wahl, ob sie, sofern Nachverhandlungen scheitern, die für sie nunmehr verlustreiche Vereinbarung einhält oder bricht und die Gegenpartei kompensiert, wobei sie sich als rationaler Nutzenmaximierer für die individuell (kosten-)günstigere Möglichkeit entscheiden wird. Siehe erläuternd Goetz/Scott, 89 Yale L.J. (1980), 1261, 1273 sowie dies., 69 Va. L. Rev. (1983), 967, 972 f. und dies., 77 Colum. L. Rev. (1977), 554, 564; Benson, in: Patterson, S. 29, 57 f.; Mahoney, in: Bouckaert/de Geest, vol. IV, S. 117, 117 ff.; mit Blick auf Widerrufsrechte: Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 375 f.

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Fälle stimmig erfassen, beispielsweise wenn das finderlohnbewährte Zurückbringen des entlaufenen Hundes ob der bedeutend angehobenen Hundesteuer oder einer entwickelten Tierhaarallergie nicht mehr erwünscht ist; das Korrekturbedürfnis des Belohnungsaussetzenden scheint bei lebensnaher Betrachtung jedoch vielfach vielmehr durch eine interne Fehleinschätzung als durch (externe) Zwänge veranlasst zu sein, was zur nächsten möglichen Deutung überleitet. (3) Initiale Fehleinschätzung Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Erklärungen, die die Lösung von einem nicht mehr erwünschten zukünftigen Austausch aufgrund einer nachträglich ins Negative veränderten Kosten/Nutzen-Abwägung bei A betreffen176, könnte die Widerruflichkeit auch eine Korrekturmöglichkeit für eine ex ante fehlerhafte Entscheidung darstellen. Die freie Widerruflichkeit wäre insoweit eine konstruktive Antwort auf die nicht zynische, sondern durchaus berechtigte Frage, wie Menschen überhaupt probate Entscheidungen treffen könnten, wenn sie, teilweise gravierend, Fehleinschätzungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht unterlägen.177 In der Tat sind bereits vielfältige Defizite menschlichen Rationalverhaltens identifiziert worden.178 Diese können dazu führen, dass Individuen eine fehlerhafte Kosten/ Nutzen-Abwägung anstellen und auf dieser Basis unerkannt zu ihrem Nachteil handeln.179 Dieser Gedanke begegnet beispielsweise im Kontext der Legitimation verbraucherschützender Widerrufsrechte.180 Eine fehlerhafte Entscheidung kann insbesondere aus der defizitären Bewertung der Abwägungsfaktoren als Entscheidungsbasis oder einem fehlerhaften Abwägungsprozess resultieren. In der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung ist beispielsweise denkbar, dass ein Korrekturbedarf seitens A daraus erwächst, dass er die Belohnungshöhe in einer seinen eigenen Interessen nicht dienlichen Höhe ansetzt. Oftmals gelingt es Individuen nicht, den Nutzen langfristig richtig einzuschätzen und sie bewerten einen kurzfristigen Nut176 Im Falle eines Präferenzwandels oder einer Restriktionsänderung fällt die Kosten/ Nutzen-Abwägung ex post negativ aus, während die Aussetzung der Belohnung ex ante noch sinnvoll war. Vgl. sinngemäß Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 337 mit dem Bild extern oder intern veranlasster Meinungsänderung. 177 So Armor/Taylor, in: Gilovich u. a., S. 334, 334. Dazu, dass (verbraucherschützende) Widerrufsrechte (auch) der Korrektur fehlerhafter Entscheidungen infolge irrationalen Verhaltens dienen: Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 371, 397; allgemeiner Jolls/Sunstein/Thaler, in: Sunstein, S. 13, 15. 178 Mit einem Überblick z. B. Sunstein, in: Sunstein, S. 1, 3 ff.; Schäfer/Ott, S. 105 ff.; Schmolke, S. 178 ff. 179 Vgl. Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 72, 82 ff. zur Ineffizienz infolge „exogen veranlasste[r] Präferenzstörungen“ als Grund für die Gewährung verbraucherschützender Widerrufsrechte. 180 Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1147 f. m.N.; vgl. hierzu, als einer ratio von unterschiedlichen: Schäfer/Ott, S. 138; kritisch zum „Bruch mit der Privatautonomie“ durch verbraucherschützende Widerrufsrechte, die u. a. die „Korrektur einer Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit“ oder des als nicht benötigt erkannten Erwerbs ermöglichen: Roth, JZ 54 (1999), 529, 533.

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zengewinn gegenüber langzeitigen Folgen über (sog. present bias oder exponential discounting).181 So könnte A den Nutzen aus dem belohnungsbewährten Moment initial überschätzen und durch eine infolgedessen irrational hoch angesetzte Belohnung seinen Ertrag aus der Transaktion schmälern oder sogar ins Negative verkehren. Eine weitere Fehlerquelle speist das Phänomen der Verlustaversion (endowment effect), das die danach variierende Risikobereitschaft umschreibt, ob es sich um die Aussicht auf Gewinne oder Verluste handelt.182 Insofern könnte A irrationalerweise seinen individuellen Nutzen aus dem belohnungsbewährten Erfolg bzw. der Handlung geringer gewichten als den Verlust der in der Folge zu gewährenden Belohnung und infolgedessen eine geringere Belohnung als bei rationalem Verhalten ansetzen, die gegebenenfalls keine hinreichende Anreizwirkung auf die Bewerber ausübt, sodass die objektiv für ihn nutzensteigernde Transaktion in der Folge ausbleibt.183 Entgegengesetzt und überzeugender könnten der belohnungsbewährte Erfolg bzw. die entsprechende Handlung infolge von Besitzeffekten in ihrem Nutzen überschätzt werden, beispielsweise im Fall des „Finderlohns“ für eine verlorene Habseligkeit, wenn A den Wert ihres „Beibehalts“ bzw. der Verhinderung ihres endgültigen Verlusts überbewertet und infolgedessen eine zu hohe Belohnung aussetzt, die den Nutzen aus dem Wiedererhalt aufzehrt oder sogar überschreitet.184 Deutlich wird, dass verschiedene Abweichungen vom Rationalverhalten im Fall öffentlicher Belohnungsaussetzungen zu einer Fehlentscheidung beitragen können, deren Korrektur eine für die Gesamtwohlfahrt beachtliche Nutzensteigerung bei A bewirken könnte. Damit eine realistische Chance besteht, dass dies geschieht, ist allerdings erforderlich, dass eine anfängliche Fehleinschätzung nachträglich als solche erkannt und vor dem neuen Erkenntnishorizont tatsächlich korrigiert wird, 181 Zum Phänomen, dass Nutzen über Zeitspannen falsch eingeschätzt wird, das in unterschiedlicher Schattierung als present bias, exponential oder hyperbolic discounting bezeichnet wird, z. B. bündig Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 219 sowie ders., AcP 210, 67, 88 m.w.N.; anhand des Beispiels verbraucherschützender Widerrufsrechte: Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 378. Z. B. könnte der die Lösung einer wissenschaftlichen Frage Belohnungsbewährende die kurzfristige Befriedigung über den Wissenszuwachs gegenüber der langfristigen, insgesamt größeren Nutzen bescherenden Investition, etwa in ein Forschungszentrum, überbewerten. 182 Zur Verlustaversion (endowment effect), d. h. höherer Bewertung von drohenden Verlusten gegenüber Gewinnen und entsprechend geringerer bzw. höherer Risikobereitschaft, z. B. Schäfer/Ott, S. 107 f.; mit kritischer Auseinandersetzung Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer, S. 9, 20 ff. m.w.N.; Mankowski, AcP 211 (2011), 153, 193; mit empirischen Nachweisen Kahneman/Knetsch/Thaler, in: Sunstein, S. 211, u. a. S. 213, 228 f., dabei eingeordnet als Wesensmerkmal von Präferenzen, nicht als auszumerzender Fehler; Korobkin/ Ulen, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1051, 1107 ff.; Sunstein, 64 U. Chi. L. Rev. (1997), 1175, 1179 ff.; DellaVigna, 47 J. Econ. Lit. (2009), 315, 326 ff. 183 Vgl. hierzu Fn. 131. Zur Anreizwirkung der Belohnung bereits Exner, KritVj 11 (1869), 337, 353. 184 Ein solches irrationales Verhalten liegt vor, wenn A für die Wiedererlangung seiner verlorenen Uhr eine Belohnung aussetzt, von der er eine neue gleicher Art und Güte erwerben könnte, die ihm mangels eines Affektionsinteresses einen mindestens gleich hohen bzw. höheren Nutzen verspricht.

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d. h. es muss sich um eine nur temporäre handeln185 und es muss ein Korrekturwille bestehen. Nicht außer Acht gelassen werden darf insofern, dass Abweichungen vom Rationalverhalten auch die Entscheidung über die Ausübung eines gewährten Widerrufsrechts beeinflussen können, sodass diese gegebenenfalls ebenfalls nicht rational in eigennutzenmaximierender oder zumindest -steigernder Weise getroffen wird.186 Unabhängig davon, ob die im deutschen und englischen Recht gewährte Widerruflichkeit als konstruktive Antwort auf mögliche Fehleinschätzungen infolge imperfekten Rationalverhaltens intendiert ist, kommt ihr jedenfalls faktisch eine solche Funktion zu. cc) Verhaltensanreize für die Beteiligten Bevor ihr die Effizienzbewertung bestimmendes Zusammenspiel untersucht wird, werden die durch die Widerruflichkeit gesetzten Verhaltensanreize abstrakt skizziert. Für A setzt die freie Widerruflichkeit grundsätzlich einen Anreiz zur verstärkten Nutzung des flexiblen Mediums, allerdings auch zu einem unbedachten Einsatz. Während eine absolute Bindung, von der sich A und gegebenenfalls seine Erben187 nicht mehr befreien könnten, zu größerer Sorgfalt anhielte188, bedeutet eine widerrufliche öffentliche Belohnungsaussetzung für A ein geringeres Risiko. Bis zur Vollbringung des gewünschten Erfolgs bzw. der vollständigen Handlungsvornahme kann A seine durch die Belohnungsaussetzung faktisch189 gebundene Dispositionsfreiheit ohne erhebliche Kosten wiedererlangen, d. h. lediglich zum Preis der widerrufsbedingten Kosten der Ausübung des Rechts und etwaiger Folgekosten wie Reputationsschäden.190 Dieses Wissen könnte ein geringeres Sorgfaltsniveau bei der 185

Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 83, 88. Die Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts darf mithin ebenfalls nicht von diesen oder anderen Störungen beeinflusst werden. Zum – in der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung gesamtgesellschaftlich im Hinblick auf drohende massenhafte, nicht durch den Nutzenzuwachs bei A ausgeglichene Einbußen aller scheiternden Bewerber B-X denkbaren – positiven Effekt einer „Hemmschwelle“ oder einer irrationalen Nichtausübung des Lösungsrechts, etwa aufgrund einer fehlenden Bereitschaft, eine Fehleinschätzung als solche anzuerkennen und zu korrigieren, vgl. Schäfer/Ott, S. 107 zur irrationalen Nichtausübung von Widerrufsrechten durch Verbraucher und Fn. 219. 187 Vgl. § 2 Fn. 279. 188 Das Argument eines sorgfaltsfördernden Lerneffekts verfängt hinsichtlich des tendenziell nur in Einzelfällen, bei nicht anderweitig realisierbaren Zielen verwandten Mediums insoweit nicht, als eine Wiederholungsgefahr im Regelfall nicht droht. Zum Lerneffekt im Kontext verbraucherschützender Widerrufsrechte: Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 73; i.Erg. ablehnend Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 377 f. 189 Eine rechtliche Beschränkung (z. B. ein Verfügungsverbot hinsichtlich der bestimmten Belohnung), geht mit der öffentlichen Belohnungsaussetzung nicht einher; die Aussicht auf eine Vollstreckung in natura oder als Schadensersatz bindet die Dispositionsfreiheit des A als homo oeconomicus (nur) faktisch, vgl. Fn. 112 f. 190 A übt das Widerrufsrecht mithin aus, wenn der Nutzen bei einer Lösung, d. h. der Nutzen (erneute Dispositionsmöglichkeit, Vermeidung etwaiger moralischer Kosten der Aufrechter186

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Belohnungsaussetzung anregen, das sich wiederum in einer höheren Widerrufswahrscheinlichkeit niederschlägt. Für B beeinflusst die Widerruflichkeit als empfindliches Risiko den Erwartungswert individuellen Verhaltens negativ, sodass er nicht tätig wird oder jedenfalls ein geringes, risikoangemessenes Investitionsniveau an den Tag legt, sofern die geringere Erfolgswahrscheinlichkeit nicht durch eine entsprechend höher angesetzte Belohnung kompensiert wird. Für C-X gilt gleichermaßen, dass sie nur bei einem positiven, insbesondere ausgleichend erhöhten Erwartungswert (investierend) tätig werden. b) Bewertung der Effizienz Für die Effizienzbewertung heben sich verschiedene Faktoren als potenziell einflussreich hervor. So könnte die Widerruflichkeit der Gesamtwohlfahrt zuträglich sein, als sie A zur Nutzung des als widerruflich ausgestaltetet flexiblen und insoweit attraktiven Mediums animierte und so dazu beitrüge, gesamtwohlfahrtsförderliche Transaktionen auf den Weg zu bringen [aa)], oder aber, indem sie als manifester Risikofaktor die konzeptionell bedingte Gefahr massenhafter Einbußen seitens der Bewerber disziplinierend abmilderte [bb)]. Diese Überlegung leitet zur entscheidenden negativen Wirkung als dem Herzstück der Effizienzbewertung über: Als für die Bewerber schwerwiegender Risikofaktor führt die Widerruflichkeit das Medium insoweit ad absurdum, als sie seine Effektivität zu untergraben oder es über die Gebühr zu verteuern droht [cc)]. Dieser missliche Effekt lässt sich auch nicht praktikabel durch die Einführung einer Ersatzpflicht auffangen [dd)]. aa) Förderung gesamtwohlfahrtssteigernder Austausche durch die flexibilitätsbedingt gesteigerte Attraktivität des Mediums? Ein gesamtwohlfahrtsförderlicher Effekt der Widerruflichkeit könnte sich daraus ergeben, dass die öffentliche Belohnungsaussetzung für A als weniger risikoreich attraktiver würde. Durch die eingeräumte Flexibilität, sich von der Disposition einer bereuten Aussetzung zu lösen, könnten homines oeconomici wie A häufiger und bereitwilliger zu diesem Medium greifen, um anderenfalls nicht oder nur kostenintensiver erreichbare Ziele zu verwirklichen. In der Folge könnte die Zahl der auf diesem Wege realisierbaren Transaktionen steigen, welche wiederum, wie dargestellt, als Ressourcen an den Ort ihres größtmöglichen Nutzens allozierend, grundsätzlich gesamtwohlfahrtssteigernd wirken.191 Allerdings stehen dieser Erwägung überzeugende Einwände entgegen. Insbesondere könnte die flexible und haltung) abzüglich der Kosten des Widerrufs (Ausübung, ggf. Reputationseinbuße), den erwarteten verbleibenden Nutzen bei Fortbestand der Belohnungsaussetzung überwiegt, wobei die – überdies als marginal angenommenen (vgl. bei Fn. 146) – Kosten der Aussetzung als sunk cost außer Betracht bleiben. 191 Fn. 116. Ob der wettbewerbsartigen Situation ist die Effizienz allerdings keinesfalls sichergestellt, B. I. 2.

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kompensationspflichtfreie Lösungsmöglichkeit einen Anreiz zur sorglosen Verwendung des Mediums setzen192, die sich wiederum in einer erwartungsgemäß193 erhöhten Widerrufsquote niederschlägt. Hierdurch könnte nicht nur die Wohlfahrt der womöglich häufiger vergeblich tätig werdenden Bewerber (C-X) und des nunmehr auch widerrufsbedingt potenziell scheiternden B verringert werden, sondern auch die des vorschnell agierenden A, als diesem, im Vergleich zum status quo ante vor der leichtfertigen Belohnungsaussetzung, zumindest die Kosten der vergeblichen Aussetzung und des ausgeübten Widerrufs zur Last fielen.194 Selbst wenn ein Widerruf für A im konkreten Fall wohlfahrtssteigernd wirkt, ergeben sich unter Effizienzgesichtspunkten hinsichtlich der abstrakten Lösungsmöglichkeit durch das Widerrufsrecht Bedenken. Zum einen wird bereits an dieser Stelle, wie unter B. II. 2. b) cc) dargestellt, erkennbar, dass das vermeintlich attraktive Lösungsrecht für A einen potenziell beträchtlichen Preis hat: Die widerrufsbedingt (B) oder grundsätzlich scheiternden (C-X) Bewerber werden als homines oeconomici die durch die Widerruflichkeit geschaffene Anreizstruktur für A, Belohnungen sorglos auszusetzen und im Zweifelsfall zu widerrufen, antizipieren und, die für sie evolvierende Risikosteigerung in ihre Verhaltensentscheidungen einpreisend, weniger investitionsreich oder nur bei einer entsprechend höher angesetzten Belohnung tätig werden, sodass A seine Ziele weniger effektiv oder nur zu einem höheren Preis erreicht. Zum anderen erscheint fragwürdig, ob A den angesichts der Vielzahl der potenziell Einbußen erleidenden Bewerber aus Gesamtwohlfahrtsperspektive grundsätzlich unerwünschten Ausgang einer widerrufenen Belohnungsaussetzung nicht am wirksamsten vermeiden kann und daher nicht den Bewerbern, sondern ihm das Risiko einer bereuten Belohnungsaussetzung zugewiesen werden sollte. Dies steht im Einklang mit dem Prinzip des cheapest cost avoider oder bearer, nach dem ein Risiko von der Transaktionspartei zu tragen ist, die es am kostengünstigsten vermeiden bzw. tragen kann.195 Ein Umschlagen der positiven Wirkung einer Unwiderruflichkeit, dass A zu einem sorgfältigen Verhalten angehalten würde, in die gegenteilige, dass das Medium als zu risikoreich nicht mehr zum Einsatz käme, ist insoweit nicht zu befürchten, als A die Konditionen selbst bestimmt, insbesondere die maximalen Kosten in Gestalt der zu gewährenden Belohnung. Insoweit könnte es unter Effizienzgesichtspunkten günstiger sein, dass A das Risiko einer bereuten, aber 192

Siehe B. I. 3. zu den Verhaltensanreizen für A. Voraussetzung ist, dass A über den Widerruf als homo oeconomicus entscheidet, vgl. Fn. 219, 144 zur irrationalen Nichtausübung (verbraucherschützender) Widerrufsrechte. 194 Gegen die Gefahr massenhafter Einbußen ist einzuwenden, dass, sofern rationales Verhalten angenommen wird, Bewerber nur risikoangemessen, d. h. bei einer den Erwartungswert ins Negative verkehrenden Widerruflichkeit nicht, oder jedenfalls ohne Aufwendungen, tätig werden. Abweichungen vom Rationalverhalten machen die Gefahr jedoch greifbar, hierzu z. B. B. II. 2. b) bb) (2). 195 Zum cheapest cost avoider/bearer siehe z. B. Cooter/Ulen, S. 343: „[…] Efficiency requires allocating risk to the people who can bear it at least cost. […] The concept of ,lowestcost risk-bearer‘ […]“), vgl. S. 189 ff. zum Deliktsrecht; Weigel, 2008, S. 72 ff. (least cost avoider/insurer); Posner, S. 130 ff., 102. Vgl. B. II. 2. c). 193

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unwiderruflichen Belohnungsaussetzung trägt, da die anderenfalls eintretende Risikosteigerung seitens der Bewerber einen größeren Kostenpunkt bildete. Allerdings verdienen die Bedenken Beachtung, ob die nicht um den Unsicherheitsfaktor der Widerruflichkeit eingeschränkte Anreizwirkung der Belohnungsaussetzung auf die Bewerber aus Effizienzgesichtspunkten insbesondere im Hinblick auf erkannte systematische Abweichungen vom Rationalverhalten wünschenswert ist. bb) Eindämmung gesamtwohlfahrtsgefährdender Einbußen durch Disziplinierung? Von der durch die Widerruflichkeit vergegenwärtigten Unsicherheit könnte die positive Wirkung ausgehen, gesamtwohlfahrtsmindernde massenhafte Einbußen durch eine Disziplinierung zu vermeiden (1), die vor dem Hintergrund verhaltensökonomischer Erkenntnisse an Bedeutung gewinnt (2), letztlich aber nicht zu überzeugen vermag (3). (1) Disziplinierende Wirkung Für die Gesamtwohlfahrt könnte ein positiver Effekt der Widerruflichkeit darin liegen, dass insbesondere risikoaverse Akteure durch das für sie kaum quantifizierbare Risiko eines willkürlichen Widerrufs als einer weiteren Quelle individuellen Scheiterns zu einer risikoangepassten oder sogar vorsichtigen Aufwendungs- und Investitionspolitik angehalten würden, sodass die gesamtwohlfahrtsmindernden Einbußen von C-X bzw., im Falle eines Scheiterns der Transaktion, von B-X, allgemein in einem geringeren Umfang anfielen. Die Widerruflichkeit der öffentlichen Belohnungsaussetzung stellt für alle potenziellen Bewerber eine abstrakte und empfindliche Gefahr dar: Während das Risiko des eigenen Scheiterns oder eines zuvorkommenden Mitbewerbers zumindest nicht gänzlich außerhalb des eigenen Einflussbereichs zu stehen scheint196, suggeriert die Widerruflichkeit eine qualitativ bedrohlichere Unsicherheit. A kann jederzeit willkürlich widerrufen, insbesondere ohne einen für die Vornahme oder Vollendung der Handlung realistischen Zeitrahmen zu gewähren. Überdies ist die Wahrscheinlichkeit dieses Falls für einen Bewerber angesichts der typischerweise unpersönlichen Ansprache der Öffentlichkeit, im Vergleich beispielsweise zur Situation einer persönlichen, Vertrauen und Verlässlichkeit ausstrahlenden individuellen Beziehung, kaum abschätzbar und insofern abschreckend,197 obwohl die Ausübung des Rechts aus anderen Gründen, wie einer 196 Durch erhöhte eigene Bemühungen kann B das Zuvorkommen von C-X ggf. verhindern. Ob ein Widerruf des A erfolgt, ist hingegen nicht beeinfluss- oder steuerbar; ein solcher ist insbesondere möglich, bevor eine realistische Möglichkeit bestand, die Handlung vorzunehmen bzw. den Erfolg herbeizuführen. 197 Zur Voraussetzung vertrauenssichernder Faktoren für die Eingehung von Dispositionen, insbesondere im Umgang zwischen Fremden, z. B. Kronman, 1 J.L. Econ. & Org. (1985), 5, 5, 9 ff.; Scheibenpflug/Sigmund, RW 6 (2015), 253, 258 ff., 264 ff.; prägnant zu lediglich primitiveren Austauschmöglichkeiten bei fehlender rechtlicher Absicherung: Tröger, S. 223 f.

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psychologischen Hemmschwelle oder der Sorge um Reputationsschäden198, nicht im Regelfall zu erwarten sein mag. Angesichts dessen könnte die Widerruflichkeit als manifeste Unsicherheitsquelle Bewerber zu einer bedachten Aufwendungspolitik anhalten199 und insoweit gesamtwohlfahrtsförderlich massenhafte Einbußen vermeiden. (2) Bedeutsamkeit vor dem Hintergrund verhaltensökonomischer Erkenntnisse Eine solche disziplinierende Wirkung könnte über die konstruktionsgeschuldete Gefahr erheblicher Einbußen ob einer potenziellen Vielzahl erfolgloser Bewerber durch menschliche Defizite im Rationalverhalten verschärft werden, infolge derer die Bewerber ein irrationales, selbstschädigendes Aktivitäts- und Investitionsniveau an den Tag legen. Obwohl in der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung charakteristischerweise für jeden Bewerber die Erfolgsträchtigkeit seiner Bemühungen im Ungewissen bleibt und er modellgerecht als homo oeconomicus nur bei einem positiven Erwartungswert einen Versuch mit einem diesem angemessenen Aufwendungsniveau unternimmt, können insbesondere psychologische Phänomene die rationale Abwägung stören, indem sie die zutreffende Ermittlung der Abwägungsfaktoren oder den Abwägungsprozess verfälschend beeinflussen. So könnte der aus dem Erhalt der Belohnung resultierende Nutzen deshalb überbewertet werden, weil der Bewerber den kurzfristigen Nutzen der Belohnung, beispielsweise einem hohen Geldbetrag, gegenüber dem im Entscheidungszeitpunkt vermeintlich geringeren, aber langfristig in der Summe höheren Nutzen eines alternativen (Langzeit-)Projekts überschätzt und folglich Zeit, Mühe und finanzielle Mittel in den absolut weniger Nutzen bringenden Wettbewerb, anstatt in die rentablere langfristige Alternative investiert.200 Außerdem ist es möglich, dass Bewerber ihre Erfolgschance auf unzutreffender oder unzureichend ermittelter Basis einschätzen. So werden beispielsweise oft Hintergrundinformationen vernachlässigt, welche gerade in der Wettbewerbssituation elementar sein können.201 Neben allgemeinen Schwächen in der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten202 können Bewerber ferner aus vielfältigen anderen Gründen ihre individuelle Erfolgschance überschätzen: Dies kann insbesondere auf einer Selbstüberschätzung (overconfidence bias) beruhen, die in 198 Von den vielfältigen Faktoren, die bei der Widerrufsentscheidung eine Rolle spielen, erscheint die Sorge um die Reputation als nicht verlässlich oder liquide ob der einbezogenen Öffentlichkeit gewichtig. Hierzu: Blumenthal, S. 3. Vgl. zur Vielzahl zu berücksichtigender Kosten eines Vertragsbruchs: Benson, in: Patterson, S. 29, 58. 199 Hierzu im Kontext verbraucherschützender Widerrufsrechte: Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 376. 200 Beispielsweise, wenn ein Student tagelang die vermisste Katze für den Erwerb der Belohnung sucht, anstatt für seine Abschlussprüfung zu lernen, obgleich ihm dies langfristig größeren Nutzen bescherte. 201 Denkbar ist, dass ein nicht befähigter Bewerber verkennt, dass im zu durchschwimmenden Gewässer mit Strömungen zu rechnen ist, die nur ein professioneller Schwimmer bewältigen kann. Zum Phänomen vgl. Griffin/Tversky, in: Gilovich u. a., S. 230, 236 ff. m.w.N. 202 Hierzu statt vieler: Schäfer/Ott, S. 108; Tversky/Kahneman, in: Gilovich u. a., S. 19, 45.

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vielen Lebensbereichen begegnet,203 nicht zuletzt in unzutreffender Bewertung etwaiger Konkurrenz204 und insoweit relativer eigener Fähigkeiten und Chancen (sog. above-average effect205). Denkbare Folge für die Situation öffentlich ausgesetzter Belohnungen ist, dass Bewerber ihre Erfolgsaussichten systematisch überschätzen und infolgedessen ein im Verhältnis zur tatsächlichen Erfolgschance zu hohes Investitionsniveau an den Tag legen.206 Obwohl von einer optimistischen (Selbst-) Einschätzung auch ein motivierender Effekt ausgehen kann, der gegebenenfalls zu einer besseren Leistung führt, zeigt sich, dass Individuen dem angelegten Optimismus in den seltensten Fällen vollständig gerecht werden.207 Hieraus können wiederum psychische Kosten erwachsen, wenn der sich und seine Erfolgschancen überschätzende Bewerber eines Besseren belehrt wird.208 Eine weitere Gefahr liegt darin, dass Bewerber sich dieser Einsicht versperren und fehlerhafte Investitionen und Bemühungen fortführen, anstatt sie als vergebliche zu akzeptieren (sunk cost).209 (3) Bewertung als simultaner Einsatz von „Gas und Bremse“ Die disziplinierende Wirkung disqualifiziert sich in zwei Hinsichten als für die Effizienz der Widerruflichkeit maßgeblicher Faktor. Zum einen dürfen die ange203 Zum Phänomen mit verschiedenen Beispielen oder empirischen Nachweisen: DellaVigna, 47 J. Econ. Lit. (2009), 315, 341 ff.; Griffin/Tversky, in: Gilovich u. a., S. 230, 230 m.N.; Kahneman, S. 261 ff.; Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1051, 1091 ff.; einführend: Schäfer/Ott, S. 105 f.; Eidenmüller, JZ 60 (2005), 216, 218; Schmolke, S. 185 ff. Vgl. zu übersteigertem Optimismus als sog. optimistic bias als Unterschätzung allgemeiner Risiken für die eigene Person: Sunstein, in: Sunstein, S. 1, 4 sowie ders., 64 U. Chi. L. Rev. (1997), 1175, 1182 ff.; Weinstein, 39 J. Personality & Soc. Psychol. (1980), 806, 806 ff. mit zwei Studien zur relativen Selbstüberschätzung, insbesondere im Hinblick auf den (Nicht-)Eintritt (un-)erwünschter Ereignisse, wobei beide diskutierten Gründe hierfür, i. e. kognitiver Natur oder als (selbstschützende) Motivation, als möglicher Ursprung anerkannt werden. Nicht außer Acht gelassen werden darf der spezielle Zuschnitt der Beispiele und Nachweise, sodass sich eine Verallgemeinerung verbietet und lediglich die Wachsamkeit für mögliche Phänomene geschärft werden soll. 204 Zur Überschätzung des eigenen Einschätzungsvermögens bezüglich der Leistungsfähigkeit anderer, die gerade in der Wettbewerbssituation öffentlicher Belohnungsaussetzung schwer wiegen kann: Griffin/Tversky, in: Gilovich u. a., S. 230 ff. Vgl. die nachfolgende Fn. 205. 205 Zum above average effect siehe z. B. Dunning/Meyerowitz/Holzberg, in: Gilovich u. a., S. 324, 324; vgl. zur positiven und negativen Wirkung eines sog. competetive neglect mit Beispielen Kahneman, S. 259 ff. 206 Hierzu Armor/Taylor, in: Gilovich u. a., S. 334, 345, allerdings mit relativierendem Fazit auf S. 346 f. 207 Zur als motivierend (möglicherweise) leistungssteigernden Wirkung optimistischer Erwartungen differenziert: Armor/Taylor, in: Gilovich u. a., S. 334, 341 ff. m.w.N. 208 Armor/Taylor, in: Gilovich u. a., S. 334, 336 f. zu sozialen und psychologischen Kosten des Versagens (social and psychological costs of failure). 209 Zur irrationalen Fortsetzung nicht lukrativer Aktivitäten, um bereits verlorene (sunk cost), und insofern überbewertete Investitionen zu „retten“, z. B. Schäfer/Ott, S. 108. Zu sunk cost statt vieler: Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. (2000), 1051, 1124 ff.

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sprochenen, als verstärkend denkbaren, verhaltensökonomisch erkannten Effekte nicht als unumstößlich missverstanden werden; insbesondere offenbaren verhaltensökonomische Untersuchungen u. a. auch gegenläufige Effekte, beispielsweise, dass kein größeres Ausmaß an Enttäuschung als psychische Kosten bei den betroffenen Akteuren zu verzeichnen sein muss, wenn dem Scheitern eine (zu) optimistische anstatt einer moderaten Einschätzung zugrunde lag, und aus ersterer zugleich auch nicht uneingeschränkt auf eine potenziell verluststeigernde, erhöhte Risikobereitschaft geschlossen werden kann.210 Zudem könnten gegenläufige Effekte wie eine allgemeine Risikoaversion211 eine ausgleichende Funktion ausüben. Überdies wurde die markante Gefahr der Selbstüberschätzung bislang nicht flächendeckend nachgewiesen. Nichtsdestotrotz ist es ratsam, das – bereits in verschiedenen Situationen und Bereichen konstatierte – Phänomen212 im Hinblick auf die konstruktionsbedingte Gefahr massenhafter Einbußen im Falle öffentlicher Belohnungsaussetzung bei konkreten Anhaltspunkten aus weiterer, insbesondere empirischer Forschung im Blick zu behalten. Zum anderen erscheint es lebensfremd, anzunehmen, dass die Widerruflichkeit treffsicher die gesamtwohlfahrtsförderliche, lediglich disziplinierende Wirkung erzielte und nicht vielmehr angesichts der evolvierenden empfindlichen Gefahr die Grenzlinie überschritte und den negativen Effekt zeitigte, die Effektivität des Mediums zu untergraben bzw. dieses bedeutend zu verteuern. In der Tat enttarnt die Idee einer disziplinierenden Wirkung eine geradezu aberwitzige Verkopplung antagonistischer Anreize: Die öffentliche Belohnungsaussetzung soll als rechtlich zur Verfügung gestelltes Medium potenzielle Bewerber zu einem Tätigwerden anregen, die eingeführte Widerruflichkeit selbige hingegen bremsen. Die Kombination erweckt den Eindruck eines uneleganten Kompromisses: Die öffentliche Belohnungsaussetzung wird trotz der erkannten, konzeptionell angelegten Gefahr, massenhafte Einbußen zu generieren, als Medium zur Verfügung gestellt, im Gegenzug aber durch die Widerruflichkeit erheblich geschwächt. Die Widerruflichkeit kann insoweit nicht überzeugend als disziplinierendes Korrektiv in die Effizienzbeurteilung einfließen. cc) Entwertung des Mediums durch Effektivitätsverlust oder markante Verteuerung Der für die Effizienzanalyse entscheidende Effekt der Widerruflichkeit liegt darin, dass sie als empfindlicher Risikofaktor die Effektivität des Mediums empfindlich schwächt oder dieses erheblich verteuert. Eine unverlässliche und insoweit risikoreiche Erwerbsaussicht setzt keinen wirksamen, sondern allenfalls schwachen

210 Armor/Taylor, in: Gilovich u. a., S. 334, 337 f. m.w.N. sowie 343 zum gleichwohl anerkannten Effekt der Enttäuschung. 211 Zum Umgang mit Risikofreude, -neutralität oder -aversion z. B. Schäfer/Ott, S. 438 f. 212 Siehe insbesondere Fn. 203.

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Handlungsanreiz für den zu motivierenden Bewerber213 ; die widerrufliche öffentliche Belohnungsaussetzung ist als „zahnloser Tiger“ ineffektiv. Wird das empfindliche Risiko als verringerte Erfolgswahrscheinlichkeit demgegenüber durch eine entsprechend höhere Belohnung als Ertrag kompensiert, damit der durch diesen Erwartungswert determinierte Handlungsanreiz gesichert ist, erforderte dies einen erhöhten, erwartungsgemäß nicht tragbaren Mitteleinsatz; das Medium öffentlicher Belohnungsaussetzung dürfte für A als homo oeconomicus in der Regel als im Verhältnis zum erstrebten Nutzen zu teuer ausscheiden, böte also kein probates Mittel. Die Widerruflichkeit entwertet mithin als schwerwiegender Risikofaktor, der die grundsätzliche Anreizwirkung der Belohnungsaussetzung untergräbt, das Medium in seiner Effektivität214 oder Effizienz. Die vermeintlich begünstigende Flexibilität der Widerruflichkeit hat für A insofern einen entscheidenden Preis: Er muss entweder die Effektivitätseinbuße in Kauf nehmen oder das durch die Widerruflichkeit vermittelte Risiko für die Bewerber einpreisen215, d. h. die geschmälerte Anreizwirkung auf die Bewerber durch eine entsprechend höher angesetzte Belohnung neutralisieren.216 Auch ein Verzicht auf das Widerrufsrecht kann die nachteilige Wirkung der gesteigerten Unsicherheit für die Bewerber nicht vollständig ausgleichen, da jedenfalls der Grundsatz der Widerruflichkeit eine abstrakte Unsicherheit schafft, die vom Verzicht konkret unkundige, erfolgversprechende Bewerber wie B potenziell von einem Tätigwerden abhält und das Medium allgemein als ein grundsätzlich mit schwerwiegender Unsicherheit behaftetes schwächt. Auch der Einwand, dass das Risiko weniger gewichtig sei, weil im Regelfall nicht mit einer

213 Diese Wirkung könnte durch die irrationale, verhaltensökonomisch identifizierte Verlustaversion verschärft werden, sodass auch rationale, d. h. erwartungswertkonform risikoangepasste Bemühungen der Bewerber unterbleiben, vgl. Fn. 182 und z. B. Sunstein, in: Sunstein, S. 1, 5 f. 214 Zur Gefahr, dass die Widerruflichkeit als zusätzliches, unberechenbares Risiko die Anreizwirkung auf die Bewerber und so die Effektivität öffentlicher Belohnungsaussetzung als Medium unterläuft, bereits Exner, KritVj 11 (1869), 337, 353; Siegel, S. 97; Becker, S. 46; vgl. Endemann, S. 799 (§ 176). 215 Zur Einpreisung von Risiken oder sonstigen Nachteilen am Beispiel verbraucherschützender Widerrufsrechte, die sich als erhöhtes Unternehmerrisiko in höheren Produktpreisen niederschlagen können: Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 381, 383. Fraglich ist, ob dies von vermeintlich Begünstigten erwünscht und effizient ist: van den Bergh, in: Ott/Schäfer, S. 77, 78 f. m.w.N.; Ben-Shahar/E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, 122, 127. 216 Der Erwartungswert der Bewerber muss positiv sein: Die durch den Risikofaktor der Widerruflichkeit verringerte Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens der Transaktion kann durch eine entsprechend höhere Belohnung ausgeglichen werden. Werden möglicherweise diametral wirkende Faktoren wie Abweichungen vom Rationalverhalten außer Acht gelassen, muss im Grundmodell z. B. die Belohnung i.H.v. 100 E im Szenario ohne ein Widerrufsrecht bei einer – zum Zweck der Illustration als bei allen Bewerbern präsumtiv gleich hohen – individuellen Erfolgschance von 10 %, wenn diese bei Einführung eines Widerrufsrechts auf 1 % fällt, auf 1.000 E angehoben werden, um einen gleich starken Handlungsansporn zu setzen.

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leichtfertigen oder missbräuchlichen217 Rücknahme gerechnet werden müsse, verfängt nicht. Zwar dürften vielfach nichtmonetäre Kosten, wie der Verlust von Ansehen durch die Lossagung vom eigenen Wort, insbesondere angesichts der Einbeziehung der Öffentlichkeit, einen nicht unerheblich ins Gewicht fallenden Faktor darstellen218 und auch verhaltensökonomische Erkenntnisse stützen die Vermutung, dass allgemein eine nicht unbeachtliche Hemmschwelle besteht, getroffene Entscheidungen zu revidieren.219 Gleichwohl müssen diese Faktoren nicht relevant werden, beispielsweise wenn A vollkommen rational handelt, weil er sich etwa in einer Endspielsituation befindet, in der ein Reputationsverlust keine (entscheidenden) Kosten zeitigt. Überdies widerruft A als homo oeconomicus, wenn dies für ihn einen auch nur geringen Vorteil bietet, was für die Bewerber ob der typischerweise anonymen Situation und willkürlichen Ausübbarkeit nicht abschätzbar ist. Mithin handelt es sich um ein empfindliches Risiko, das grundsätzlich weder als marginale Effektivitätseinbuße hingenommen, noch kostengünstig bzw. treffsicher durch eine entsprechend erhöhte Belohnung abgewendet werden kann und den Wert des Mediums empfindlich schwächt. dd) Effizienzsichernder Ausgleich durch Einführung einer Ersatzpflicht des Widerrufenden als faktischer Effizienzvorbehalt? Wenn ein Widerruf des Belohnungsversprechens oder -angebots mit der Pflicht einherginge, die vergeblichen Aufwendungen der notwendigerweise in ihrer Gesamtheit erfolglosen Bewerber B-X zu ersetzen220, würde A als rationaler Nutzenmaximierer sein Widerrufsrecht nur dann ausüben, wenn sein Ertrag aus dem Widerruf die ersatzpflichtigen Einbußen überschritte.221 Auf diesem Wege könnte die Gefahr von Wohlfahrtseinbußen durch ineffiziente Widerrufe durch eine (hypo217 Zum Problem von moral hazard oder ex post-Opportunismus bei verbraucherschützenden Widerrufsrechten: Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1149; Rekaiti/van den Bergh, 23 J. Consumer Pol’y (2000), 371, 381 f. 218 Nach Dalwigk zu Lichtenfels, S. 34 m.w.N. beschränke sich mangels praktisch in Erscheinung tretender Fälle die Frage der Widerruflichkeit der Auslobung „fast ganz auf theoretische Erörterungen“. Eine Praxisrelevanz ist jedoch denkbar, etwa wenn im Fall des karbolischen Rauchballs durch einen Widerruf hätte verhindert werden sollen, dass weitere Nutzer Ansprüche stellen, siehe § 2, B. II. 1. a). 219 Vgl. im Kontext – irrationaler Nichtausübung – verbraucherschützender Widerrufsrechte als „Phänomen der Dissonanzreduktion“: Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 94 f., 103 f.; Schäfer/Ott, S. 107; Haupt, 4 German L.J. (2003), 1137, 1149 m.w.N.; Kirchgässner, S. 60 erklärt kognitive Dissonanz als Quelle psychischer Kosten, die anfallen, wenn ein Individuum von ihm internalisierten Normen bewusst zuwiderhandelt. 220 Die Ausgestaltung der Ersatzpflicht, insbesondere welche Posten erfasst werden, wird nicht weiter ausgeführt, da, unabhängig von konsekutiven Schwierigkeiten bei der Bemessung des kompensationspflichtigen Schadens, grundlegende Einwände gegen eine solche bestehen, dazu i.F. 221 Von einer „zu teuren“, d. h. die Individualwohlfahrt verringernden Lösungsmöglichkeit würde A keinen Gebrauch machen, vgl. hierzu Fn. 158 und prägnant bereits Becker, S. 48.

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thetische) Kompensationspflicht wirksam gebannt werden.222 Praktisch würde ein Effizienzvorbehalt in die eigennutzenmaximierende Entscheidung des A über die Ausübung des Widerrufsrechts implementiert. Diese gesamtwohlfahrtsmaximierende Lösung einer Kompensationspflicht erscheint sowohl in der Modellwelt wie in der Realität für den Regelfall jedoch unpraktikabel223 und kostenintensiv224: Abgesehen von Einzelfällen, in denen die Zahl der Bewerber und der Umfang ihrer ersatzpflichtigen Aufwendungen dem widerrufswilligen A bekannt ist, steht er in Anbetracht der prototypischen Ansprache einer anonymen Vielzahl potenzieller Bewerber für einen als Wettbewerb ausgestalteten Austausch vor der nicht oder nur kostenintensiv zu bewältigenden Aufgabe, die aus der Ersatzpflicht resultierenden Kosten eines Widerrufs für seine Kosten/Nutzen-Abwägung abzuschätzen, und auf dieser Basis die eigennutzenmaximierende Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts zu treffen. Überdies kann die in ihrem Umfang oftmals unabsehbare Belastung durch die Ersatzpflicht225 dazu führen, dass A der Weg einer Lösung durch Widerruf als homo oeconomicus im Zuge seines rationalen Eigeninteresses, gegebenenfalls verstärkt durch eine Risikoaversion oder systematische Abweichungen vom Rationalverhalten, versperrt ist, und das Widerrufsrecht praktisch leerläuft. Überdies könnten Bewerber, selbst bei Deckelung etwaiger Ersatzansprüche auf einen nachweislich objektiv angemessenen Umfang, insbesondere ob der beschriebenen irrationalen Tendenz der Selbstüberschätzung zu einem verlustreichen Investitionsverhalten angeregt werden. Obwohl ein Vorbehalt der Kompensation negativ Betroffener eine sinnvolle Ausgestaltung für ohnehin restriktiv zu handhabende Lösungsrechte darstellen kann226, stellen sich angesichts der halbseitig an222 Dies entspricht dem Konzept des efficient breach of contract: Durch eine (hypothetische) Kompensationspflicht wird sichergestellt, dass der aus dem Vertragsbruch bzw. Widerruf erzielte Nutzenzuwachs des Vertragsbrüchigen bzw. A die – insoweit (hypothetisch) neutralisierten – Einbußen des Vertragspartners bzw. von B-X überwiegt. Hierzu z. B. Schäfer/Ott, S. 495 m.w.N. in Fn. 1; Polinsky, S. 33 ff.; Posner, u. a. S. 96, 131, 990; Smith, S. 115 ff.; kritisch: Weller, S. 355 ff. Einzuwenden ist, dass der Widerruf im englischen Recht dem Vertragsschluss vorgelagert ist und die charaktergebende, effizienzsichernde Kompensationspflicht in keiner der betrachteten Rechtsordnungen besteht. Dem formalen zeitlichen Argument wird teilweise durch den Vergleich des Widerrufs mit einem antizipierenden Vertragsbruch (anticipatory breach) begegnet: Clark, N.Z. L. Rev. 2000, 17, 34; vgl. Carter, 11 Anglo-Am. L. Rev. (1982), 169, u. a. 170, 200. Ferner wird die Verwandtschaft aufgrund analytischer Nähe trotz (fehlender) Ersatzpflicht als deren „Reduktion auf Null“ bejaht: Ben-Shahar/E. Posner, 40 J. Legal Stud. (2011), 115, 118, 122. 223 Vgl. z. B. bereits die Motive, Mot. II, § 582 (S. 522). 224 Voraussetzung für die Steigerung ist, dass der Nutzenzuwachs bei A die Kosten der Kompensation mittels der Ersatzpflicht – einschließlich der Kosten der Durchführung – übersteigt. Grundsätzlich ist eine Kompensation ein Nullsummenspiel und bei (erheblichen) Kosten der Durchführung ggf. ineffizient, hierzu Eidenmüller, in: Breidenbach u. a., S. 11, 14 m.w.N. 225 Zur potenziell unabsehbar hohen Ersatzpflicht in Anbetracht der möglichen Vielzahl an Bewerbern bereits Dalwigk zu Lichtenfels, S. 40 sowie z. B. § 2 Fn. 40, 303. 226 Vgl. Mankowski, S. 2, 541 ff. zur Ersatzpflicht nach § 122 Abs. 1 BGB als „Preis“ der Anfechtung einer Willenserklärung nach den §§ 119 f. BGB.

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onymen Wettbewerbssituation öffentlicher Belohnungsaussetzungen unüberwindbare Schwierigkeiten, die einen mittels Kompensationspflicht etablierten faktischen Effizienzvorbehalt des Widerrufsrechts vereiteln. c) Abwägendes Fazit Vorbehaltlich eines empirischen, quantifizierenden Nachweises der skizzierten Wirkungsweisen und obwohl die theoretisch identifizierten Faktoren verschiedene Rückschlüsse ermöglichen227, ist die Widerruflichkeit aus Effizienzgesichtspunkten, im Gegensatz zum status quo im deutschen und englischen Recht, überzeugenderweise nicht zu befürworten.228 Dies harmoniert mit dem angesprochenen Konzept des cheapest cost avoider oder bearer229 : A kann durch ein bedachtes, überlegtes Handeln im Vorfeld der öffentlichen Belohnungsaussetzung einen Widerrufsbedarf am ehesten vermeiden oder absichernde Vorkehrungen treffen.230 3. Kenntniserfordernis Abgesehen von der praktischen Bedeutung, dass ein Kenntniserfordernis erhöhten Aufwand in der Beweisaufnahme und -führung bewirkt, der aus Effizienzgesichtspunkten als Kosten durch einen mindestens entsprechend hohen Nutzen ausgeglichen werden müsste,231 soll nunmehr untersucht werden, wie ein solches als materielle Anspruchsvoraussetzung unter Effizienzgesichtspunkten zu beurteilen ist. Nach einer Einordnung in das Analyseschema und Ermittlung der grundsätzlichen Wirkungsweise [a)], muss hierfür insbesondere prognostiziert werden, wie die Bewerber B-X auf ein Kenntniserfordernis reagieren würden. In Ermangelung einer Typisierung, die eine Analyse vereinfachen könnte [b)], werden mögliche Wir227 Vgl. Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 96 f. im Kontext verbraucherschützender Widerrufsrechte. 228 Außer Betracht bleiben Faktoren, die die ausgeblendete prozessuale Durchsetzbarkeit betreffen. Zur etwaigen Vorteilhaftigkeit einer ob klarer Rechtslage Rechtssicherheit fördernden und -streite vermeidenden Unwiderruflichkeit etwa Fischer, S. 31 f. 229 B. II. 2. b) aa) m.N. in Fn. 195. 230 So könnte A das belohnungsbewährte Moment hinreichend präzisieren, bedingen oder den Wettbewerb ausdrücklich oder konkludent befristen. Ein Widerrufsvorbehalt wirft wiederum im Grundsatz die beschriebene Problematik einer Effektivitätsverringerung oder Verteuerung des Mediums im konkreten Fall auf, könnte in dieser Hinsicht allerdings z. B. dadurch abgemildert werden, dass das Widerrufsrecht an einen abschätzbaren oder zumindest erkennoder nachvollziehbaren Grund gekoppelt wird. Überdies wird A über Mechanismen wie den erforderlichen Rechtsbindungswillen bzw. eine intention to be bound geschützt, vgl. Mot. II, § 581 (S. 520), § 2 Fn. 390. Einschränkungen ergeben sich jedoch im Hinblick auf Fehleinschätzungen, die sich nicht vermeiden oder vorhersehen lassen, vgl. B. II. 2. a) bb). 231 Zur Frage, ob der Nachweis der geforderten Kenntnis ökonomisch gerechtfertigt ist, mit verschiedenen Erwägungen, u. a. anfallenden Beweisführungs- und Gerichtskosten: Posner, S. 106. Die Überlegungen betreffen gleichermaßen die Frage eines wirksamen Widerrufs, werden allerdings zur Vereinfachung außer Betracht gelassen, vgl. Fn. 120.

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kungsweisen beispielhaft extrapoliert, um dafür zu sensibilisieren, dass sich bei der Bewertung des Kenntniserfordernisses besondere Herausforderungen stellen: Sowohl der Maßstab einer offenen Nutzenfunktion als auch verhaltensökonomisch erkannte Abweichungen vom homo oeconomicus-Modell beeinflussen und erschweren die Effizienzanalyse maßgeblich [c)]. Letztlich vermag die rechtsökonomische Analyse mit ihrem theoretischen Instrumentarium ohne vertiefte, insbesondere empirische Nachweise nicht zu bewerten, ob ein Kenntniserfordernis oder ein Absehen von ihm die effiziente Lösung darstellt, und lässt nur eine Abschätzung zu [d)]. a) Einordnung und grundsätzliche Wirkungsweise eines Kenntniserfordernisses Die Fragestellung eines Kenntniserfordernisses betrifft im allgemeinen Analyseschema zwei Szenarien: Sofern Kenntnis für den Anspruchserwerb gefordert wird und seitens B fehlt, scheitert die Transaktion unabhängig davon, ob der ursprünglich belohnungsbewährte Erfolg eingetreten ist bzw. die entsprechende Handlung vorgenommen wurde (c) oder nicht (b). Wird hingegen keine Kenntnis verlangt, erwirbt auch der erfolgreiche, aber unkundige B einen Anspruch auf die Belohnung (a); die präsumtiv gesamtwohlfahrtsförderliche Transaktion glückt. Die Wirkungsweise eines Kenntniserfordernisses bzw. dem Absehen von ihm lässt sich unter Effizienzgesichtspunkten jedoch nicht dergestalt eindimensional erfassen, sondern ist gespickt von fein ziselierten, schwer abschätzbaren Wechselwirkungen. Auf den ersten Blick verringert ein Kenntniserfordernis die Kosten des A: Obwohl er den Nutzen aus dem belohnungsbewährten Moment bei dessen Herbeiführung durch einen Unwissenden gleichwertig erzielte,232 müsste er keine Belohnung gewähren; mithin profitierte er in stärkerem Maße als vorhergesehen, da er den erstrebten Nutzen zöge und zugleich nur die Kosten der Aussetzung der Belohnung, nicht die ihrer Gewährung anfielen.233 Für die Bewerber B-X hingegen stellte ein Kenntniserfordernis als weitere Anspruchsvoraussetzung eine möglicherweise demotivierende234 Hürde dar, soweit der jeweils erstrebte Nutzen im Erhalt der – als etwaig ausgesetzt erhofften – Belohnung und nicht in anderweitigen Momenten wie persönlicher Erfüllung oder sozialer Anerkennung liegt. Das Kenntniserfordernis steigerte als Voraussetzung für das Zustandekommen der Transaktion für die diese grundsätzlich anstrebenden, aber von der konkreten Belohnungsaussetzung noch 232 Bei lebensnaher Beurteilung kommt es A einzig auf den belohnungsbewährten Erfolg bzw. die Handlung an und wie kostengünstig er diese erhalten kann. Zur Irrelevanz der Motive z. B. Weimar, JR 1962, 175, 175 f. am Beispiel des Finderlohns. 233 Die Kosten der öffentlichen Aussetzung bleiben i.F. im Wesentlichen als präsumtiv marginal außer Betracht, vgl. Fn. 110. 234 Denkbar ist, dass der täglich im Wald spazierende B das am Wegesrand sitzende Tier als Hauskatze erkennt, aber im Wissen, dass er eine etwaig ausgesetzte Belohnung bei Unkenntnis nicht erhielte, untätig bleibt, um die als in dieser Ungleichbehandlung liegend empfundene Ungerechtigkeit zu vermeiden, siehe B. II. 3. c) bb) (1).

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unkundigen Bewerber insoweit die Kosten, als diese in die Kenntniserlangung investieren müssten (Suchkosten). Die Anreizwirkung der öffentlichen Belohnungsaussetzung wäre mithin geringer, als Bewerber grundsätzlich nur bei Kenntnis tätig würden, deren gegebenenfalls kostenintensive Erlangung durch die Belohnungshöhe aufgewogen werden müsste. Diese Effektivitätseinbuße des Mediums müsste durch den größeren Nutzen des A aus der kenntnisabhängigen Verpflichtung zur Belohnungsgewährung überwogen werden, i. e. durch die gegebenenfalls kostengünstigere Erzielung des belohnungsbewährten Erfolgs bzw. der entsprechenden Handlung. Deutlich wird in Anknüpfung an den zur Widerruflichkeit geschilderten Mechanismus235, dass für eine gleich starke Anreizwirkung im Falle eines Kenntniserfordernisses, im Vergleich zum Szenario ohne ein solches, dessen nachteilige Wirkung für die Bewerber, d. h. die Reduktion des Erwartungswerts (unkundiger) Bewerber durch gegebenenfalls erhöhte Kosten, entweder als Effektivitätseinbuße durch A hingenommen oder in der Belohnungshöhe eingepreist werden müsste. Überdies fielen – im Vergleich zur Situation ohne ein Kenntniserfordernis – zusätzlich bzw. in höherem Umfang Suchkosten an, woraus höhere Einbußen durch C-X oder bei einem Scheitern der Transaktion durch B-X resultierten, die sich wiederum nachteilig auf die Gesamtwohlfahrt auswirkten. Allerdings muss hinterfragt werden, ob eine solche Effektivitätseinbuße oder Verteuerung des Mediums für A oder eine erhebliche Schmälerung der Gesamtwohlfahrt durch die um die Suchkosten erhöhten Einbußen der Bewerber durch ein Kenntniserfordernis tatsächlich zu erwarten ist und bestimmt werden kann. Maßgeblich dafür ist die Wirkung eines Kenntniserfordernisses auf die Bewerber. b) Möglichkeit einer prognoseleitenden Typisierung der Bewerber? Ob Bewerber tatsächlich in die Suche nach einer bislang unbekannten Belohnung investieren und hieraus angesichts dieser erhöhten Kosten entweder eine Effektivitätseinbuße oder kompensationsbedingte Verteuerung des Mediums zu Lasten von A oder aber der Gesamtwohlfahrt durch die zusätzlichen Suchkosten resultiert, könnte durch eine Typisierung der zu erwartenden Interessen- und Motivationslage der Bewerber erhellt werden. So differenziert Posner in Hinblick auf die Situation des Finderlohns in zufällige Finder und professionell Suchende, die unterschiedlich, aber in vorhersehbarer Weise auf ein Kenntniserfordernis reagierten.236 Obwohl eine 235 Siehe B. II. 2. a) aa), cc). Im Gegensatz zur Widerruflichkeit, die die Erfolgschance verringert, erhöht das Kenntniserfordernis die Kosten, sofern der Bewerber (nur) zum Erhalt der Belohnung handelt. 236 Posner, S. 106 vermutet, dass professionell Suchende bei einem Kenntniserfordernis besonders angespornt werden, weil keine oder geringere Konkurrenz von zufälligen Findern droht, die durch das abstrakte Wissen, dass diese Anforderung einen Anspruchserwerb vereitelte, demotiviert werden, erkennt jedoch an, dass zu berücksichtigen sei, welche der beiden Gruppen als die erfolgsträchtigere eher motiviert werden sollte. Folgte man z. B. der Einschätzung bei Abigt, S. 96, dass bei öffentlicher Belohnungsaussetzung der Erfolg vielfach „dem blinden Zufalle“ statt einer anspornenden Wirkung zu verdanken sei, müsste zugunsten

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solche Aufspaltung die Analyse durch möglicherweise treffsicherere Verhaltensprognosen erleichtern könnte, sind bereits im konkreten Fall der Aussetzung eines Finderlohns und a fortiori im Überbegriff öffentlicher Belohnungsaussetzungen vielfältige Gestaltungen und Interessenlagen denkbar, die nicht nur die Aussagekraft der Folgerungen, sondern bereits die etwaiger Differenzierung erheblich schwächen.237 Mithin wird keine Typisierung nach Bewerbergruppen angestrebt, sondern der Versuch unternommen, bestimmte Wirkungsweisen vor dem Hintergrund der komplexitätssteigernden offenen Nutzenfunktion und verhaltensökonomischer Erkenntnisse zu extrapolieren. c) Komplexität durch offene Nutzenfunktion und verhaltensökonomisch anerkannte Abweichungen vom Rationalverhalten Obwohl ein Kenntniserfordernis die Anreizwirkung im Vergleich zu einem Absehen von ihm im Grundsatz schmälert, weil der sich in Unkenntnis über die Belohnungsaussetzung befindliche Bewerber die grundsätzlich erstrebte Transaktion nur um den Betrag der Suchkosten gesteigert, also kostenintensiver herbeiführen kann, ist ebenfalls denkbar, dass dieser Effekt ausbleibt oder sogar ein gegenteiliger eintritt. Zum einen ist mit Blick auf die Annahme der offenen Nutzenfunktion in Betracht zu ziehen, dass ein (altruistischer) Bewerber keine Suchkosten auf sich nehmen wird oder durch die abstrakte „Gefahr“ eines kenntnisunabhängigen Anspruchserwerbs abgeschreckt wird, weil er das Zustandekommen der individuell nicht nutzensteigernden, sondern gegebenenfalls sogar -verringernden Transaktion vermeiden möchte, wobei die Praxisrelevanz des Szenarios jedoch zu hinterfragen ist [aa)]. Zum anderen setzen verhaltensökonomisch erkannte Phänomene am Drehund Angelpunkt des Kenntniserfordernisses an, die diametrale Wirkungsweisen nahelegen und das Bewusstsein für mögliche kontraintuitive Wirkungsweisen der funktionalen Stellschraube schärfen [bb)]. aa) Offene Nutzenfunktion: Demotivation altruistischer Bewerber durch einen kenntnisunabhängigen Anspruchserwerb? Zunächst ist es möglich, dass bei Bestehen eines Kenntniserfordernisses aufgrund der offenen Nutzenfunktion der zur Herbeiführung des Erfolgs bzw. der Handlungsvornahme befähigte B die Transaktion bzw. Belohnung nicht erstrebt und infolgedessen entweder tätig wird, ohne Suchkosten auf sich zu nehmen, oder aufgrund der Effektivität und Effizienz des Mediums die Motivation der Gruppe der zufälligen Finder durch ein Absehen von einem Kenntniserfordernis den Vorrang erhalten. 237 Beispielsweise erscheint nicht nur für die Motivationslage, sondern bereits für die Herausbildung eines Bewerberkreises relevant, ob eine Belohnung i.H.v. 10 E für die vermisste, streunernde Hauskatze oder i.H.v. 2.000 E für die Bergung des beim Höhlentauchen verlorenen Diamantrings ausgesetzt wird, wenn letzteres nur durch professionelle Taucher realisiert werden kann.

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des abstrakten Wissens, dass ein Anspruch auf die unerwünschte Belohnung kenntnisunabhängig erworben werden kann, Abstand von potenziell belohnungsbewährten (helfenden) Aktivitäten nimmt und die gesamtwohlfahrtssteigernde Wirkung zustande kommender Transaktionen ausbleibt. Werden die Präferenzen von Individuen nicht auf monetäre reduziert oder als sachlich begrenzt angesehen, ist denkbar, dass das eigennutzenmaximierende Rationalverhalten eines homo oeconomicus ein altruistisches ist. Die Nutzenfunktion wird auf Basis einer solchen individuellen Präferenz geläufig damit erklärt, dass der eigene Nutzen mit dem eines anderen gleichgeschalten wird.238 In der Situation öffentlicher Belohnungsaussetzung erzielte ein altruistisch orientierter Bewerber seine individuelle Wohlfahrtsmaximierung mithin mit der des A parallelisiert, d. h. optimalerweise tritt Szenario c ein, in dem A maximal profitiert, weil er den Nutzen aus dem belohnungsbewährten Erfolg bzw. der entsprechenden Handlung erzielt, ohne die Kosten des Zustandekommens der Transaktion, i. e. die der Belohnungsgewährung, tragen zu müssen.239 Ein Kenntniserfordernis wäre insoweit für altruistische, von der Belohnungsaussetzung unkundige Bewerber, die die Transaktion des Austauschs von belohnungsbewährtem Moment gegen Belohnung nicht wünschen, individuell wohlfahrtssteigernd bzw. für B -maximierend. Das insoweit vom Ergebnis gedacht optimale Kenntniserfordernis wäre allerdings nur dann auch gesamtwohlfahrtsmaximierend, wenn der positive Effekt der individuellen Wohlfahrtsmaximierung von A und altruistischem B die einhergehenden negativen Effekte überwöge, namentlich eine – ob potenziell verstärkt getätigter Suchkosten erhöhten – Einbuße der nichtaltruistischen Bewerber und die geringere Anreizwirkung und infolgedessen Effektivität der öffentlichen Belohnungsaussetzung als Medium. Als Kern der Effizienzbeurteilung kristallisieren sich für eine realitätsnahe Einschätzung mithin zwei Fragen. Zum einen, ob und wie gewichtig das Kenntniserfordernis für den insoweit optimierten Nutzenzuwachs von A und dem altruistischen, unkundigen B ist, und zum anderen, ob die kostensteigernde und insoweit anreizverringernde gegenteilige Wirkung des Kenntniserfordernisses auf nicht-altruistische Bewerber als Regelfall 238

Zur schwierigen Frage, wie Altruismus in ökonomischen Kategorien zu erfassen ist, z. B. als vollkommene oder weitgehende Gleichschaltung des eigenen Nutzens mit dem einer anderen Person oder – letztlich ad absurdum führend – als Eigennutzen bei altruistischer Präferenz. Hierzu ausführlich Eidenmüller, S. 31 ff. sowie ders., JZ 54 (1999), 53, 55 m.w.N.; vgl. Schmolke, S. 110 f. m.N. zum Einbezug des Nutzens anderer Personen als sog. einmischende Präferenzen (meddlesome preferences); vgl. Vieth, ZfS 32 (2003), 346, 351, 362 zu Emotionen und Moral sowie weiterem Forschungsbedarf. Zur fehlenden Auseinandersetzung mit Altruismus aus (rechts-)ökonomischer Warte: Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 178. Erklärt werden könnte dies u. a. damit, dass Präferenzen allgemein eine geringere Behandlung erfahren, weil sie nicht nur schwer ergründbar sind, sondern auch als stabil vorausgesetzt werden und Verhaltensveränderungen primär auf Restriktionen zurückgeführt werden: Kirchgässner, S. 27; allgemein Fellner, S. 12 f. Zur insoweit herrschenden Meinung gegen den Einbezug von Altruismus als interdependente Nutzenfunktion im Regelfall: Eidenmüller, S. 32 ff.; Kirchgässner, S. 16, 47, 62 f.; van Aaken, S. 75. 239 Zum – exotischen – Ausnahmefall, dass A die Belohnung unbedingt, auch gegen den Willen des B, gewähren möchte, siehe das Beispiel von Schuster und Assessor in § 2 Fn. 99.

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nicht vielmehr verstärkte Berücksichtigung als der für Effektivität und Effizienz ausschlaggebende Faktor verdient. In der Tat erübrigt sich bereits hinsichtlich des ersten Punktes bei Anlegung eines lebensnahen Maßstabs an die etwaige altruistische Nutzenfunktion des unkundigen B eine vertiefte Auseinandersetzung mit den genannten Faktoren. Es erscheint fernliegend, dass B im – ohnehin wohl selteneren – Fall einer altruistischen, anstatt eigennützigen Ausrichtung i. e. S. davon Abstand nimmt, die für einen anderen hilfreiche Handlung vorzunehmen, weil er den Erwerb des Anspruchs auf eine etwaig ausgesetzte Belohnung fürchtet.240 Sofern die Belohnung rationalerweise ausgesetzt und in der Höhe adäquat bemessen wurde, profitiert A von der belohnungsbewährten Erfolgsherbeiführung bzw. Handlungsvornahme auch, wenn die Transaktion kenntnisunabhängig zustande kommt, sodass auch B einen entsprechenden Nutzenzuwachs erzielte. Ferner kann B seine altruistische Nutzenfunktion nachträglich maximieren, indem er das von A präferierte Szenario c durch einen Verzicht auf die Belohnung herbeiführt oder diese einem (anderen) Fremd- und somit Eigennutzen steigernden Zweck zuführt. Mithin erscheint es äußerst zweifelhaft, dass das Absehen von einem Kenntniserfordernis eine abstrakt abschreckende Wirkung auf den geeigneten, unkundigen, just altruistischen B ausübt. Überdies ist zweifelhaft, dass der durch ein Kenntniserfordernis initial optimierte Nutzenzuwachs von A und altruistischem, unkundigen B – als überdies wohl seltenere Konstellation – relativ zu dem im Falle ohne ein solches Erfordernis nicht durch die erhöhten (Such-)Kosten bzw. die geringere Anreizwirkung auf die nicht-altruistischen Bewerber und insoweit verminderte Effektivität des Mediums aufgewogen würde. Diese Kehrseiten dürften mithin im Vergleich zu den im Falle eines altruistischen, unkundigen B denkbaren aus Gesamtwohlfahrtsperspektive stärker ins Gewicht fallen; die offene, möglicherweise altruistische Nutzenfunktion bewirkt keinen Ausschlag für die Effizienz eines Kenntniserfordernisses. bb) Verhaltensökonomische Erkenntnisse: bias-bedingte Demotivation durch Kenntnisab- oder -unabhängigkeit? Verhaltensökonomische Erkenntnisse legen nahe, dass für die Fragestellung eines Kenntniserfordernisses nicht im Kosten/Nutzen-Schema erfasste Faktoren insbesondere psychologischer Provenienz in der Entscheidung potenzieller Bewerber über ein Tätigwerden eine Rolle spielen und Rückschlüsse in verschiedene Richtungen ermöglichen. Solche, durch das Grundmodell nicht abgebildeten Wirkungsweisen eines vom Rationalverhalten abweichenden Verhaltens kommen insbesondere in zwei Hinsichten in Betracht. Einerseits könnten Bewerber infolge eines Kenntniserfordernisses, trotz eines positiven Erwartungswerts, aus einem Gefühl von Ungerechtigkeit von einem Tätigwerden Abstand nehmen, da sie als von der Beloh240 Dies ist mangels Quantifizierbarkeit der relevanten Faktoren nicht zu antizipieren. Einen Orientierungspunkt bietet Kirchgässner, S. 63 f. mit der Rückkopplung altruistischen Verhaltens an die Kosten eines solchen, deren Höhe in bestimmten Situationen in der Tendenz abschätzbar sei.

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nungsaussetzung Unkundige die ausgewiesene Transaktion nicht zustande bringen und keinen Anspruch auf die Belohnung erwerben könnten, selbst wenn sie den belohnungsbewährten Erfolg herbeiführten bzw. die entsprechende Handlung vornähmen (1). Andererseits könnte eine tendenziell gesamtwohlfahrtsförderliche intrinsische Motivation, anderen dienliche Zustände belohnungsunabhängig herbeizuführen, im gegenteiligen Szenario eines kenntnisunabhängigen Anspruchserwerbs verdrängt werden (2). (1) Begrenztes Eigeninteresse aus Gerechtigkeitserwägungen Im individuellen Kosten/Nutzen-Abwägungsprozess können Fairness- oder Gerechtigkeitserwägungen ein vom Rationalverhalten abweichendes Verhalten veranlassen (sog. bounded self-interest).241 So könnten potenzielle Bewerber durch ein Kenntniserfordernis aus der Gerechtigkeitserwägung heraus abgeschreckt werden, dass sie gegenüber etwaig in Kenntnis handelnden Personen ungleich, nämlich schlechter, behandelt würden, unabhängig davon, ob sie beispielsweise als Altruisten ohnehin den optimalen Nutzenzuwachs nur aus dem belohnungsbewährten Erfolg bzw. der Handlung auch ohne das Zustandekommen der Transaktion zögen. Das abstrakte Wissen um eine drohende Ungleichbehandlung infolge eines Kenntniserfordernisses könnte so eine abschreckende Wirkung auf unkundige, aber fähige Bewerber bzw. B ausüben, die etwaig belohnungsbewährte (Hilfe-)Leistungen trotz eines gegebenenfalls positiven Erwartungswerts selbstschädigend nicht vornähmen,242 sodass Gesamtwohlfahrtszuwächse ausblieben oder geringer ausfielen. Dieser negative Wohlfahrtseffekt kann, allerdings ohne beachtliche Auswirkungen auf das Ergebnis, in zwei Hinsichten relativiert werden: Zum einen ist die beschriebene Abstandnahme von einem Tätigwerden nur dann selbstschädigend und irrational, wenn die Fairness- oder Gerechtigkeitserwägungen nicht Teil der Nutzenfunktion des jeweiligen Bewerbers sind. Besteht eine solche Präferenz, handelt der abgeschreckte Bewerber rational. Zum anderen könnte sich das Kenntniserfordernis, gleich dem Mechanismus der disziplinierenden Wirkung der Widerruflichkeit, auch positiv auf die Gesamtwohlfahrt auswirken, sofern nur die un- oder weniger geeigneten Bewerber C-X von Bemühungen abgeschreckt würden, vgl. B. II. 3. b); diese Differenzierung findet in Ermangelung einer die Erfolgswahr-

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Zu nicht nutzenmaximierender Irrationalität infolge von Fairness- oder Gerechtigkeitserwägungen als bounded self-interest bzw. bounded selfishness z. B. Schäfer/Ott, S. 104, 109 f.; Jolls/Sunstein/Thaler, in: Sunstein, S. 13, 16, 21 ff.; Sunstein, in: Sunstein, S. 1, 8 f.: „people may sacrifice their economic self-interest to be, or to appear, fair“; Schmolke, S. 188 f. Was unter den Schlagworten von Gerechtigkeit und Fairness zu verstehen ist, eröffnet selbstredend ein weites Feld. 242 Vieth, ZfS 32 (2003), 346, u. a. 347: „Geld mag die Welt regieren, aber Fairnessüberlegungen zwingen dazu, notfalls materielle Einbußen in Kauf zu nehmen.“; vgl. hierzu Diekmann/Voss, in: FS Opp, S. 83, 90 und Fn. 144. Zum spiegelverkehrten Fall einer solchen Bereitschaft zugunsten eines als fair wahrgenommenen (eigenen) Verhaltens: Sunstein, 64 U. Chi. L. Rev. (1997), 1175, 1186.

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scheinlichkeiten stichhaltig widerspiegelnden Typisierung jedoch keine Verankerung. (2) Crowding out-Phänomen Die Weichenstellung eines Kenntniserfordernisses könnte ferner durch den sog. crowding out-Effekt beeinflusst werden, nach dem eine vorhandene intrinsische Motivation durch die abstrakte Möglichkeit einer externen untergraben oder ersetzt werden kann243, beispielsweise durch den externen Anreiz einer – häufig monetären – Belohnung.244 Dieses Phänomen stellt zunächst, aber im Ergebnis nicht durchschlagend, die Sinnhaftigkeit und Effektivität einer Belohnung an sich und insoweit die öffentliche Belohnungsaussetzung als Medium in Frage.245 Zwar könnte der insoweit gesetzte, monetäre externe Anreiz ein anderenfalls intrinsisch motiviert „unentgeltliches“ Tätigwerden kommerzialisierend246 unterlaufen und gegebenenfalls langfristig verdrängen. Allerdings erscheint es lebensfern, anzunehmen, dass die mannigfaltigen, im Wege öffentlicher Belohnungsaussetzung erstrebten Ziele auch bei einer bloßen Bitte des A gleichermaßen effektiv realisiert würden. Jedenfalls könnte ein crowding out-Effekt hinsichtlich des Kenntniserfordernisses bei öffentlich ausgesetzten Belohnungen Wirkungen in verschiedene Richtungen zeitigen. Einerseits könnte ein solches als abstrakt bekannter247 „Kenntnisvorbehalt“ des Anspruchserwerbs dazu führen, dass die vormals gegebenenfalls intrinsische Motivation eines Bewerbers insoweit aufgehoben würde, als er nur noch tätig würde, wenn er eine Chance auf den Erhalt der etwaig ausgesetzten Belohnung erhielte, d. h. nur bei individueller Kenntnis.248 Eine solche Reaktion legt auch das bereits dar243 Das Phänomen wird auch als hidden cost of reward, undermining effect oder overjustification effect erfasst. Mit diesen und weiteren Bezeichnungen statt vieler Frey, SZVS 133 (1997), 325, 328 m.N. sowie ferner ders., in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 178; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 25 f.; Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 124; Reeve, S. 130 ff. 244 Z. B. Frey, SZVS 133 (1997), 325, 328 sowie ders., in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 178 und ders., SZVS 133 (1997), 325, 327, 335 ff. mit zahlreichen theoretischen und praktischen Beispielen; Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 25; Kirchgässner, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 105, 124; vgl. Bénabou/Tirole, 77 Economica (2010), 1, 8 f. Zum ursprünglichen Bedeutungsgehalt als Verdrängung privater Akteure durch staatliche ökonomische Aktivität: Böttger, S. 10 m.w.N. 245 Vgl. zur ambivalenten Einschätzung von Lohnerhöhungen bzw. Belohnungen Frey, SZVS 133 (1997), 325, 330 m.N. zu zwei grundlegenden Ansätzen, die sozialpsychologisch eine anspornende (equity literature) oder eine demotivierende (cognitive evaluation literature) Wirkung annehmen. 246 Vgl. zum Schlagwort – unabhängig von Effizienz, etwa gesellschaftspolitisch unerwünschter – „Kommerzialisierung“ (zwischen-)menschlicher Verhältnisse Frey, SZVS 133 (1997), 325, 334 m.w.N. 247 Dieses abstrakte Wissen wird insofern funktional mit der Erfahrung einer wiederholten externen Anreizsetzung als Auslöser gleichgesetzt, bei der ein solcher verdrängender Effekt angenommen wird. Hierzu z. B. Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 25. 248 Vgl. am Beispiel der vergüteten Blutspende zur Frage, ob eine Bezahlung die Freiwilligkeit ersetze: Titmuss, S. 195 ff.; hierzu auch Frey, 6 Rationality & Soc. (1994), 334, 347.

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gestellte Gerechtigkeitsempfinden nahe, nicht wegen bloßer Unkenntnis „schlechter“ als etwaige Mitbewerber behandelt zu werden. Andererseits ist im gegenteiligen Szenario denkbar, dass ein kenntnisunabhängiger Anspruchserwerb auf altruistisch motivierte Bewerber demotivierend wirkt249, weil er ihre intrinsische Motivation oder die Außenwirkung eines altruistischen Handelns entwertet und sie dieses nur und möglicherweise vermindert nachträglich durch einen Verzicht, eine Spende o. ä. (erneut) unter Beweis stellen müssten.250 Allerdings könnte beispielsweise eine als Geste des Danks251 verstandene Belohnung, auf die der Anspruch kenntnisunabhängig erworben wurde, durchaus auch abstrakt motivierend auf und nutzensteigernd für Bewerber wirken.252 Im konkreten Zuschnitt auf die Frage nach der Effizienz eines Kenntniserfordernisses sind somit verschiedene Schlussfolgerungen über die Wirkungsweise denkbar, sodass allgemein weder ein gesamtwohlfahrtsgefährdender negativer Verdrängungseffekt noch ein motivierender Effekt eindeutig und ausschlaggebend der einen oder anderen Lösung zugeschrieben werden kann.253

249 Allerdings ist zweifelhaft, ob ein Altruist das abstrakte Wissen, dass ein kenntnisunabhängiger Belohnungserwerb möglich ist, als Grund gegen ein Tätigwerden ansieht. Dagegen spricht, dass A auch bei einer von der Kenntnis des erfolgreichen Bewerbers unabhängig bestehenden Pflicht zur Gewährung der Belohnung noch profitierte, da sein Nutzen diese Kosten nach der vorherigen Kosten/Nutzen-Abwägung grundsätzlich übertrifft, siehe zu Ausnahmen B. II. 2. a) bb). Dennoch ist ein Verzicht in der Theorie nicht immer möglich (§ 2 Fn. 99) und überdies könnte die bloße Existenz des Anspruchs intern und extern degradierend wirken, z. B. wenn einem prominenten und wohlsituierten Künstler für seine Darbietung im Rahmen einer Benefizgala ein geringfügiger, beleidigend oder demotivierend wirkender Betrag als Gage gewährt wird. Gleichwohl erscheint im Grundfall die Annahme einer wahrhaft altruistischen Nutzenfunktion unzutreffend, wenn deren Befriedigung von Randbedingungen abhängig gemacht wird, etwa der Abwesenheit potenziell in der Selbst- oder Fremdwahrnehmung herabwertender Faktoren. Naheliegender erscheint es, diese als eigenständige Motivationsquelle anzusehen. Insofern dürfte die demotivierende Wirkung des kenntnisunabhängigen, unerwünschten Belohnungserwerbs an sich einen für die Effizienzwirkung zu vernachlässigenden Ausnahmefall darstellen. 250 Hierzu als „altruistic anger“ Frey, SZVS 133 (1997), 325, 329 anhand des Beispiels des Gastgebers, der von seinen Gästen ein Entgelt erhält und so der Möglichkeit beraubt ist, seine intrinsische Motivation unter Beweis zu stellen und diese als Reaktion abstellen wird. Weitere psychologisch relevante Faktoren sind das Gefühl eines Verlusts an Selbstbestimmung durch die nunmehr extrinsische Steuerung oder des durch fehlende Anerkennung geschwächten Selbstwerts, hierzu Frey, SZVS 133 (1997), 325, 329. 251 Vgl. zur Korrelation von Anerkennung ausdrückender externer Intervention und der Stärkung intrinsischer Motivation: Frey, 6 Rationality & Soc. (1994), 334, 347 sowie ders., SZVS 133 (1997), 325, 330 ff. 252 Vgl. mit der Differenzierung zwischen unterstützender, positiver gegenüber verdrängender, negativer Wirkung: Frey, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 179 f. mit Prognosekriterien; Frey, SZVS 133 (1997), 325, 330 ff. sowie ders., 6 Rationality & Soc. (1994), 334, 337, 340 ff. 253 Zur einzelfallabhängigen, nicht generalisierbaren Wirkung: Frey, SZVS 133 (1997), 325, 330 sowie 326, 328 f. zur unscharfen Trennlinie zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation; Frey, 6 Rationality & Soc. (1994), 334, 335 ff., 349 sowie ders., in: Sitter-Liver/ Caroni, S. 165, 179.

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§ 3 Rechtsökonomische Betrachtung

d) Fazit Ob die Ausgestaltung öffentlicher Belohnungsaussetzung mit oder ohne ein Kenntniserfordernis als effizient zu bevorzugen ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Insbesondere weist die Beurteilung, ob und gegebenenfalls welche der Lösungen eine (de-)motivierende Wirkung auf die Bewerber auslöst, vor dem Hintergrund der beschriebenen Herausforderungen eine besondere Komplexität auf.254 Daher ist es sinnvoll, bei einer etwaigen (rechtsvereinheitlichenden) Regelung öffentlicher Belohnungsaussetzung ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob hinsichtlich der avisierten, tatsächlich zu erfassenden Lebenssachverhalte Indizien bestehen, die einen Ausschlag eher in die eine oder andere Richtung erwarten lassen, und die präparierten Erkenntnisse zu berücksichtigen.255 Ohne ein solches Leitbild liegt, auf Basis der illustrierten Konstellationen des deutschen und englischen Rechts und bei Anlegung eines lebensnahen Maßstabes, näher, dass die Gefahr eines kenntnisunabhängigen Erwerbs einer demotivierenden oder gar abschreckenden Wirkung auf altruistische, unkundige Bewerber in der Sache und ihrer vermutlich geringeren Quantität, sowie einer Verdrängung intrinsischer Motivation gering ist, wohingegen die kostensteigernde und potenziell als ungerecht empfunden demotivierende Wirkung eines solchen Erfordernisses gewichtiger erscheint. Somit kann berechtigterweise eine Vermutung dahingehend aufgestellt werden, dass das Absehen von einem Kenntniserfordernis tendenziell effizienz-, jedenfalls aber effektivitätssteigernd ist.256 4. Fazit der rechtsökonomischen Betrachtung Während sich aus der Konstruktionsfrage keine zu präferierende Lösung hervortut, fällt das rechtsökonomische Votum – bei Anlegung eines vernünftig abschätzenden Maßstabes – sowohl gegen eine Widerruflichkeit als auch ein Kenntniserfordernis aus. Die betrachteten Rechtsordnungen stimmen hiermit nur partiell überein, was für künftige Vorhaben sowohl erhöhte Überzeugungskraft bietet sowie Anlass zur Diskussion gibt.

254 Zur Komplexität der Frage belohnungsbedingt motivierender Wirkung, z. B. aus neurobiologischer Warte: Stellar/Stellar, insbesondere S. 22 ff. m.w.N. Zur Berücksichtigung kontraproduktiver Effekte von Belohnung, die nach dem Preiseffekt grundsätzlich anspornend wirke, welcher als „heilige Kuh“ moderner Ökonomik zwar fortgelte, aber partiell überdacht werden müsse: Frey, SZVS 133 (1997), 325, 327, 331 sowie ders., in: Sitter-Liver/Caroni, S. 165, 178 f. 255 Zur konstruktiven Nutzung: Frey, SZVS 133 (1997), 325, 333; vgl. zur notwendigen Hinterfragung moderner Belohnungssysteme Lüdemann, in: Engel u. a., S. 7, 25. 256 Die Effektivität der Belohnungsaussetzung betrifft den Grad der Erfolgsträchtigkeit mit Blick auf das belohnungsbewährte Moment, d. h. wie wirksam A sein Ziel erreicht, wohingegen Effizienz sich als gesamtwohlfahrtsmaximierende Wirkung anhand evolvierender Kosten und Nutzen aller Beteiligten bemisst.

B. Untersuchung öffentlicher Belohnungsaussetzung

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III. Fazit für das Harmonisierungspotenzial Für eine etwaige Vereinheitlichung steuert die rechtsökonomische Betrachtung wertvolle Erkenntnisse bei. Zunächst trifft sie prägnant, was die Untersuchungen des deutschen und englischen Rechts jeweils nahelegen: dass die konstruktive Entscheidung kontingent ist. Entscheidend ist, dass ein Medium zur Ansprache der Öffentlichkeit für einen erfolgsabhängigen Austausch zur Verfügung gestellt wird. Überdies bestärkt sie das praktische Ergebnis, von einem Kenntniserfordernis Abstand zu nehmen, mit dem das englische Recht zumindest erkennbar sympathisiert. Die Widerruflichkeit hingegen ist aus Effizienzgesichtspunkten abzulehnen und legt eine kritische Prüfung nahe, ob diese Lösung für etwaige vereinheitlichende Projekte oder nationale Reformen, ungeachtet der individuellen Abweichungsmöglichkeiten, die vorzugswürdige darstellt.257 Ein Indiz dagegen könnte in den Bestrebungen der englischen Rechtswissenschaft und Praxis liegen, zumindest in Einzelfällen vom systemkonformen, aber oftmals als unbillig erachteten Widerruflichkeitsgrundsatz abzurücken. Eine ähnliche Grundregel wird faktisch durch § 658 Abs. 2 Hs. 2 BGB etabliert, nach dem in einer Fristsetzung im Zweifel ein Widerrufsverzicht liegt. Aus rechtsökonomischer Warte ist mithin eine unwiderrufliche, kenntnisunabhängige öffentliche Belohnungsaussetzung zu befürworten, die als Angebot zum Vertragsschluss oder Versprechen ausgestaltet werden kann.

257 Vgl. zur schwindenden Bedeutung der gesetzlichen Entscheidung für oder gegen grundsätzliche Widerruflichkeit ob der allgemein anerkannten Möglichkeit individueller Abweichung: Schmidlin, S. 87, 88 am Beispiel von Angebot und Annahme in europäischen Rechtsordnungen.

§ 4 Synthese und Ausblick – Konflikt oder Vereinbarkeit? Potenzial des reflektierten methodischen Eklektizismus Die separierte Untersuchung hat verdeutlicht, welche Bedeutung der als solche wahrgenommenen, methodischen Verankerung einer Sichtweise zukommt. Um das Potenzial eines methodenpluralistischen Vorgehens in der Rechtswissenschaft auszuschöpfen, müssen hinsichtlich der Frage nach Konflikt oder Vereinbarkeit dieser zu verwebenden Stränge nicht die beförderten Ergebnisse, sondern die zugrunde liegenden Argumentationsstrukturen herausgearbeitet werden (A.). Die sachlich begrenzte und kleinteilige Untersuchung ist insoweit in ihrer dreidimensionalen Aussagekraft nicht geringfügig, sondern stimmt in den Weckruf ein, die ausstehende Methodendiskussion erwachen zu lassen (B.). Abschließend wird ein Vorschlag unterbreitet, wie die Metaebene methodischer Pluralität realisiert werden könnte (C.).

A. Konflikt oder Vereinbarkeit? Bereits hinter dem Begriff der Vertragstheorie verbirgt sich eine Vielzahl intellektueller Gebilde, die unterschiedliche methodische Ansatzpunkte wählen. Eine konstruktive Diskussion und produktive Zusammenarbeit ihrer Architekten erfordert, dass diese sich anderen Denkweisen öffnen und ihre Sichtweise relativiert als nur eine unter vielen wahrnehmen, anstatt den Wert ihres jeweiligen Systems gegenüber angeprangerten Schwachstellen anderer hervorzuheben, ohne zu versuchen, diese in ihrem Kontext zu erschließen. Dies erfordert Aufgeschlossenheit und ein methodisches Bewusstsein: Teilweise markante Unterschiedlichkeit der Gedankenkonstrukte führt mitunter dazu, dass der diese übergreifende Diskurs keine Sprache findet und selbst übereinstimmende Begrifflichkeiten einen abweichenden oder völlig anderen Bedeutungsgehalt haben. Oftmals sind solche Verständnisschwierigkeiten darauf zurückzuführen, dass verschiedene methodische oder normative Ebenen unbewusst1 und in unklarem Verhältnis zueinander zur Anwendung kommen. Aus diesem Grund soll das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass vermeintliche Konflikte und Unvereinbarkeiten sich auflösen können, wenn nicht das Gebäude, sondern der auf einem bestimmten Boden stehende Rohbau als das 1 Mit expliziter Einordnung der eigenen Sichtweise z. B. Arnold, S. 5 ff. als funktionale, auf Gerechtigkeitsverwirklichung gerichtete Vertragstheorie.

A. Konflikt oder Vereinbarkeit?

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womöglich nicht mehr sichtbare, strukturgebende Gerüst fokussiert wird. Auf diesem Weg können sich Kontraste beispielsweise als eine lediglich unterschiedliche Verwendung bestimmter Partikel eines konsentierten Argumentes hinsichtlich Gewichtung oder beigemessenem (funktionalen) Stellenwert entpuppen. Aus diesem Grund wird zunächst aufgeworfen, wie durch eine analytische Erfassung das Gerüst als Grundfeste eines elaborierten gedanklichen Bauwerks sichtbar gemacht werden kann (I.). Anschließend wird anhand methodisch übergreifend begegnender Schlaglichter und -wörter der vorangegangenen Untersuchung exemplifiziert, wie und welchen argumentativen Zwecken diese zugeführt werden können, sodass womöglich nicht einmal Raum für oberflächlich als solche anmutende Kollisionen besteht (II.). Schließlich wird das Fazit gezogen, dass teilweise aneinander vorbeilaufende Ansätze einer fruchtbaren Synthese zugänglich sind, wenn nicht als grundlegend missverstandene Unterschiede stilisiert werden, sondern das Verständnis für die analytische und methodische Selbst- und Fremdwahrnehmung geschärft wird (III.).

I. Analytische Erfassung theoretischer Konzepte Rechtliche Austauschsituationen haben seit jeher große Beachtung erfahren. Allerdings wirft die Bandbreite der sie zu erfassen und erklären suchenden Lehren und Konzeptionen viele Fragen auf und stiftet oftmals Verunsicherung statt Klarheit: Wobei handelt es sich um eine Theorie, in welchem Verhältnis stehen scheinbar kollidierende Ansätze zueinander und inwieweit schaffen sie isoliert oder kumulativ einen Erkenntnismehrwert?2 Angesichts ihrer Vielfalt kann ein Schritt auf die Abstraktionsebene eine hilfreiche Orientierung bieten. Neben einem Arsenal an Bewertungskriterien3 finden sich zahlreiche Strukturierungsvorschläge,4 von denen ein 2 Smith, S. 3 fragt provokativ: „What is contract theory? How would we recognize a ,theory of contract‘ if we were to come across one? And if we found a theory of contract, how would we know it was a good theory?“, benennt auf S. 7 ff. mögliche Kriterien (fit, coherence, morality, transparency) und entwirft, insbesondere auf S. 41 ff., eine Matrix, die er nachfolgend detalliert erläutert (S. 54 ff., 106 ff.). Vgl. zu beständig offenen Fragen des Vertragsrechts Rehberg, S. 1: „Dass unser Vertragsrecht mittlerweile verstanden sei, lässt sich leider nicht behaupten.“. 3 Statt vieler, neben Smith, S. 7 ff., z. B. Kraus, in: Coleman/Shapiro, S. 687, 691 ff. 4 Mit abstrahierenden Systematisierungen siehe ferner z. B. Hofmann, S. 85 ff. u. a. mit Vertrauens-, Willens- oder auf gesellschaftlichem Bedürfnis basierten Theorien; Rehberg, S. 9, 27 ff., 138 ff. mit Erwägungen zur Begründung des Vertragsinhalts, u. a. Wille (S. 474 ff.), Erklärung (S. 587 ff.) oder Vertrauen (S. 658 ff.); Lomfeld, S. 4, 9, 73 ff., sowie detailliert S. 80 ff., 108 ff., 177 ff. zu multiplen und kumulativ wirkenden, gruppierten Vertragsgründen – „Vertragsrecht wie Vertrag müssen pluralistisch gedacht werden“ (9) – namentlich Wille und Verantwortung (Freiheit), Stabilität und Vertrauen (Sicherheit), Effizienz und Risiko (Nutzen), Fairness und Äquivalenz (Gerechtigkeit). Vgl. ferner nur zur normativen Basis des Vertrags als in drei monistische Ansätze oder diese kombinierende Theorien kategorisierbar: Benson, in: Patterson, S. 30. Darüber hinaus existieren vielfältige Kategorisierungen, die etwa deontologische von funktionalistischen bzw. konsequentialistischen abgrenzen. Hierzu anschaulich z. B.

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§ 4 Synthese und Ausblick

besonders griffiger als Beispiel für eine verständnisfördernde Matrix vorgestellt werden soll. Diese entwirft der englischsprachige Vertragstheoretiker Stephen Smith als ein zweigliedriges Modell, auf dessen einer Achse die analytische Ebene der konstruktiven Grundidee erfasst wird – Versprechen- bzw. Vertrag, Transfer oder Vertrauen –, auf der anderen die normative, die Theorien als auf individuellen Rechten basierte oder utilitaristische bündelt. Das Schema der beliebig kombinierbaren Antworten5 bringt Untersuchungen entscheidend voran, als es plastisch verdeutlicht, dass konstruktive und wertungsmäßige Dimensionen keine unvereinbaren Gegensätze, sondern die Ausgestaltung gewisser Grundentscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen ausdrücken; im Gegenteil ist einer geschlossenen Vertragstheorie inhärent, beide Stränge zu verzahnen.6

II. Verhältnis der methodischen Ansätze am Beispiel ausgewählter Schlaglichter Neben vermeintlichen theoretischen Unstimmigkeiten können auch methodische vielfach ausgeräumt werden, wenn die Struktur eines Ansatzes bewusst einbezogen wird. Aus der Vielfalt möglicher Ansatzpunkte werden zwei Gedanken angeleuchtet, die in beiden methodischen Strängen begegnen. Geleitet wird die Betrachtung von der zugrunde liegenden Frage, in welchem Verhältnis die Ansätze zueinander stehen, und ob Überlegungen sich von einer in die andere Sichtweise übersetzen lassen. Ein Schlüsselfaktor ist hierbei die Aufgabe, die einem Gedanken innerhalb der jeweiligen Denkstruktur zukommt. Im Folgenden wird daher zunächst das vermeintlich kollidierende und insoweit häufig als Ausschlusskriterium missverstandene, normativ aufgeladene Menschenbild der Ansätze aufgegriffen (1.). Im thematischen Anschluss hieran wird illustriert, ob und inwieweit gesellschaftlich verankerte Werte wie Altruismus in den Sichtweisen zum Ausdruck kommen und zusammenspielen (2.), und schließlich zusammenfasst, welcher Geisteshaltung eine synergetische Synthese bedarf (3.).

Arnold, S. 5; Chirico, in: Chirico/Larouche, S. 9, 16 f. sowie Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 3, 15 f. oder Arnsberger, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 23, 30 f.; vgl. zu ethischen Theorien Wacks, S. 249. Für die hiesigen illustrativen Zwecke dient die Zuordnung nach Smith. 5 Smith, u. a. S. 43, 46, 48, sowie z. B. S. 49 zur Kombination der Friedschen Vertragstheorie als promissory (analytisch) und letztlich auf individuellen Rechten basierte (normativ), vgl. § 1. 6 Smith, S. 49: „[…] the best theory of contract will answer both the analytic and normative questions and it will tie its answers together in such a way that they cannot be separated“.

A. Konflikt oder Vereinbarkeit?

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1. Ausschlusskriterium eines inkompatiblen Menschenbildes? Anknüpfend an die bereits angesprochenen Vorwürfe, der homo oeconomicus stelle ein düsteres und abstoßendes Zerrbild des Menschen dar7, verdient die Frage nach dem oder einem (erstrebenswerten) Menschenbild des Rechts Aufmerksamkeit. In der Tat legt die dogmatische Sicht in ihrem (über-)positiven Einschlag vielfach implizit ein Menschenbild zugrunde, das vom mündigen, selbstverantwortlich und -bestimmt handelnden Individuum ausgeht, etwa wenn erwogen wird, dass durch eine entsprechende Willensausübung (einseitig) Verpflichtung geschaffen werden kann, weil dies der Autonomie des Individuums Ausdruck verleiht, das sich selbstbestimmt in seiner Freiheit beschränken und seine Ziele verwirklichen kann.8 Fraglich ist jedoch, ob diese Konnotationen im Gegensatz zum ökonomischen Modell des rationalen Nutzenmaximierers stehen. Hiergegen heben sich verschiedene Einwände markant hervor. Zunächst handelt es sich beim homo oeconomicus wie beschrieben lediglich um ein Modell, das für seine Funktionsfähigkeit der Abstraktion bedarf.9 Überdies gehört die Vorstellung über Natur und Wesen des Menschen oder des menschlichen Zusammenlebens zum Bestand zugrunde zu legender Annahmen einer Theorie und muss folglich als solche verstanden werden. So verliert beispielsweise die Vertragstheorie Mendelssohns als Erklärungsmodell hinsichtlich des Ob, Wie, und Warum vertraglicher Verpflichtung nicht ihren Wert, wenn der Prämisse eines religiös basierten Gewebes unvollkommener Rechte und Pflichten nicht gefolgt wird.10 Ferner provoziert das pauschale Schlagwort des rechtlichen Menschenbildes: Lässt sich ein solches als eigenständiges Substrat kondensieren und wird es überhaupt benötigt? Bereits der Blick auf das deutsche Recht stellt die Prämisse eines solchen, geschlossenen Menschenbilds in Frage: Dass jeweils relevante Facetten angestrahlt werden, indiziert ein kursorischer Blick auf zivil- und strafrechtliche Regelungen. Beispielsweise werden Intentionen des Individuums rechtlich in verschiedenen Hinsichten fokussiert und bilden insoweit vielfältige Züge des zu regulierenden menschlichen Verhaltens ab. So wird ein rücksichtsloses Gewinnstreben, das mit dem Zerrbild des homo oeconomicus harmoniert, als Mordmerkmal stigmatisiert (§ 211 Abs. 2 StGB) und somit implizit als unerwünschter, aber möglicher menschlicher Wesenszug anerkannt.11 Typischerweise findet die mentale Einstellung des Individuums jedoch nicht im Hinblick darauf Berücksichtigung, ob es seinen Nutzen maximieren möchte, sondern primär beschränkt auf kognitive Fähigkeiten, d. h. ob diese generell oder im konkreten Fall vorliegen oder fehlen. Dies zeigt sich etwa im Strafrecht in Schuld ausschließenden 7

Siehe § 3, A. I. 1., II. 1. b), c). Vgl. § 2 Fn. 271. 9 Siehe § 3 Fn. 54, 57. 10 Hierzu § 1 mit Fn. 4. 11 Vielfältige weiterführende Überlegungen, z. B. welchen Zweck abschreckende Strafe oder Strafmaß erfüllen oder ob strafrechtliche Verantwortlichkeit der Gesamtwohlfahrt dient, weil ein physisch wie finanziell sicheres (Austausch-)Umfeld gefördert wird (vgl. Kirstein, S. 1 f. u. a. zur „Tauschsicherheit“), müssen anderen Untersuchungen vorbehalten bleiben. 8

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§ 4 Synthese und Ausblick

Defiziten (vgl. §§ 19 f. StGB) oder den §§ 104 ff. BGB im Zivilrecht.12 Die mentale Einstellung kommt nur in bestimmten, definierten Grenzen zum Tragen, so im zumeist konstitutiven Vorsatzelement, wohingegen die fahrlässige Begründung einer Strafbarkeit die Ausnahme darstellt,13 oder zivilrechtlich in § 275 Abs. 3 BGB, der einem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht gewährt, wenn ihm diese (moralisch) unzumutbar ist.14 Allgemeine moralische, gesellschaftlich verankerte Wertvorstellungen finden nur punktuell Einzug, etwa über die Generalklausel des § 242 BGB oder ihre Niederschläge15 oder durch Normen, die das rechtliche Schutzniveau verringern, wenn eine bestimmte unerwünschte Verhaltensweise an den Tag gelegt wurde, beispielsweise zulasten des arglistig Täuschenden durch eine längere Anfechtungsfrist des Getäuschten nach § 124 Abs. 1, 2 BGB (vgl. § 121 Abs. 1 BGB e contrario) und keinen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (§ 122 Abs. 2 BGB sowie Abs. 1 e contrario) oder durch eine Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses nach § 444 BGB zulasten des den Mangel arglistig verschweigenden Verkäufers. Dennoch wird kein allgemeiner, über pathologische oder als sozialschädlich unerwünschte Fälle sanktionierend hinausgehender Verhaltensmaßstab durchgesetzt. Es ist etwa grundsätzlich nicht relevant, ob der schlecht- oder nichtleistende Verkäufer menschlich nachvollziehbare Motive außerhalb des rechtlich anerkannten Spektrums aufweist, ob der faktisch zahlungsunfähig gewordene Schuldner in das rechtlich vorgesehene „Auffangnetz“ der Insolvenz getrieben wird, obwohl seine finanzielle Planung durch ein, gesellschaftlich im Wesentlichen als unvorhersehbar bewertetes Phänomen wie eine Finanzkrise erschüttert wurde,16 oder ob ein nach etwaigen außerrechtlichen, aber gesellschaftlich konsentierten moralischen Maßstäben verwerflicher Fehltritt einer Scheidung zugrunde liegt.17 Das Recht involviert sich insoweit nicht und konzipiert allenfalls in allge12 Eine Grenze liegt in der für eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit geforderten körperlich-geistigen Reife i.w.S., die insbesondere Ausdruck in den §§ 104 ff. BGB oder §§ 19 ff. StGB gefunden hat. Hierzu z. B. Wendtland, in: BeckOK-BGB (2017), § 104 Rn. 1 f. („Mindestmaß an Einsichts- und Urteilsfähigkeit“); Kühl, in: Lackner/Kühl-StGB, § 20 Rn. 1 ff.; Streng, in: MüKo-StGB, § 19 Rn. 5 („Reifedefizit“). 13 Vgl. § 15 StGB. Zur ratio u. a. Kudlich, in: BeckOK-StGB, § 15 Rn. 1, zu Fahrlässigkeitstatbeständen als Ausnahme: Duttge, in: MüKo-StGB, § 15 Rn. 13 ff. 14 Statt vieler zu dieser Grenze: Caspers, in: Staudinger-BGB (2014), § 275 Rn. 108 ff. 15 Vgl. zu diesem Einfallstor z. B. Böttcher/Hohloch, in: Erman-BGB, § 242 Rn. 3 (u. a. „Die Gebote des § 242 stützen sich auf rechtsethische Anforderungen, vor allem auf die Rechtstugenden der Verlässlichkeit und Redlichkeit“); zum Einfließen „sozialethischer Anschauungen“, die sich als „rechtsethische Maximen und Standards […] im allgemeinen Rechtsbewusstsein verfestigt haben“: Olzen/Looschelders, in: Staudinger-BGB (2015), § 242 Rn. 150 m.w.N.; vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB (2014), § 242 BGB, insbesondere Rn. 10 zur „Einbruchstelle“ für Grundrechte und Rn. 13 zu den ethischen Bezügen der Norm. Zu Ausprägungen dieses Rechtsgedankens in leges speciales wie §§ 814, 815 BGB: Schubert, in: MüKo-BGB (2016), § 242 Rn. 138. 16 Methodenpluralistisch beleuchtet bei Tröger, in: Tröger/Karampatzos, S. 49. 17 Vgl. §§ 1564 ff. BGB e contrario, insbesondere dass die ausnahmsweise vor Ablauf eines Jahres mögliche Scheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB nicht auf einem „Verschulden“, sondern

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meinen Zügen ein Menschenbild, das bestimmte erwünschte Verhaltensweisen fördert oder ausgrenzungswürdige straf- oder zivilrechtlich sanktioniert, ohne jedoch einen Maßstab der Uneigennützigkeit zu setzen (vgl. auch § 138 BGB e contrario).18 Eine negativ konnotierte Ausblendung oder Ausgrenzung rational eigennützigen Verhaltens als mit dem rechtlichen Menschenbild inkompatibel oder die Inszenierung eines solchen als moralisch hochwertig erhält mithin einen symbolischen Charakter. Vorzugswürdig ist nach hiesiger Auffassung, auch die nicht zu leugnende, eigennützig rationale Motivationsstruktur an den hierfür geeigneten Stellen als hilfreiches Instrument, nicht als moralische Abwertung einzubeziehen. Die Wertneutralität und Systemgebundenheit bestimmter Charakteristika eines zugrunde gelegten Menschenbildes zeigt wiederum die Vertragstheorie Mendelssohns anschaulich: Obgleich das Individuum anderen bedürftigen Gesellschaftsmitgliedern Ressourcen benevolent zukommen lässt, liegt hierin nicht ausschließlich und isoliert ein Akt der Nächstenliebe; vielmehr vervollkommnet es sich selbst, indem es innerhalb des präexistenten Netzes unvollkommener Rechte und Pflichten „gute“ Auswahlentscheidungen trifft.19 Wie bereits dargestellt, verliert die Theorie weder wegen solcher Prämissen ihren Wert als Erklärungsmodell, noch impliziert sie eine (moralische) Abwertung.20 Gleichermaßen muss das ökonomische Modell ein beider Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe aus in der Person des anderen Ehegatten liegenden Gründen beruht, was u. a. bei Anwendung körperlicher Gewalt angenommen wird. Hierzu statt vieler: Hebbeker, in: jurisPK-BGB (2017), § 1565 Rn. 10 ff., dabei 13 f. m.w.N. zur Verletzung ehelicher Treuepflichten, die nicht an sich, sondern nur im Hinblick auf eine aus ihnen resultierende, untragbare psychische Belastung berücksichtigt wird. 18 Eigennützigem Verhalten wird durch § 138 Abs. 1, Abs. 2 BGB erst dann ein Riegel vorgeschoben, wenn es die Schwelle einer gesellschaftlichen oder sozialen Unerträglichkeit überschreitet. Vgl. z. B. Armbrüster, in: MüKo-BGB (2015), § 138 Rn. 1 f. zu „Eliminationszweck [und] Abschreckungszweck“ im Hinblick auf nicht positivierte, mit der Ordnung der Rechtsgemeinschaft unvereinbare Verhaltensweisen; Wendtland, in: BeckOK-BGB (2017), § 138 Rn. 1 f. m.w.N. dazu, dass die Norm „ein im Rechtsverkehr zu wahrendes ethisches Minimum [sichert]. Ihr Zweck ist es, Missbräuchen der Privatautonomie entgegenzuwirken und die Geltung von Rechtsgeschäften zu verhindern, die für die Rechtsgemeinschaft unerträglich sind, weil sie gegen deren ethische Wertvorstellungen – die guten Sitten – verstoßen.“ (2) und so der Aufgabe der Rechtsordnung dient, „soziale Beziehungen nach rechtlichen Maßstäben allgemeinverbindlich zu ordnen“ und dabei „den in der Gesellschaft herrschenden grundlegenden Wertvorstellungen Rechnung zu tragen.“ (1). Auch, dass § 285 BGB einem efficient breach of contract (vgl. § 3 Fn. 222) faktisch entgegensteht (vgl. z. B. Weller, S. 359 m.w.N. in Fn. 359), führt zu keiner anderen Bewertung; wie umschrieben werden statt eines allgemeinen Maßstabs lediglich einzelne (un-)erwünschte Verhaltensweisen mit Restriktionen belegt oder Anreizen versehen. 19 Mendelssohn, S. 50: „Das Recht, die Collisionsfälle zu entscheiden, selbst ist […] ein unkörperliches Gut des unabhängigen Menschen; in so weit es ein Mittel zu seiner Glückseligkeit werden kann.“. 20 Vgl. Dedek, 32 OJLS (2012), 713, 736 f. zur Vereinbarkeit von Wohltätigkeit und (vertraglichem) Austausch, u. a. „Mendelssohn would disagree with the assumption that bargains do not involve benevolence. Exchange is a concept at the heart of Mendelssohn’s anthropological vision […]“ (736). Das zugrunde gelegte Menschenbild tritt an verschiedenen Stellen hervor und ist, trotz eigennütziger Komponenten, keineswegs ein negatives, siehe

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§ 4 Synthese und Ausblick

spielsweise „ethisches“21, Menschenbild nicht einmal berühren und steht bestimmten materiellen Erwägungen neben dem methodischen Verständnis als Modell auch insoweit nicht konfligierend entgegen, was zur nächsten Facette überleitet. 2. Stellenwert gesellschaftlicher Werte – Selbstzweck oder Instrument? Aufmerksamkeit verdient an das Vorgesagte anknüpfend die Überlegung, ob und inwieweit die positive ökonomische Analyse als mechanisch agierend ausschließt oder behindert, dass Wertvorstellungen berücksichtigt werden.22 In der Tat begegnen bestimmte gesellschaftlich anerkannte Werte wie Hilfsbereitschaft als altruistisches Verhalten in beiden Untersuchungssträngen, allerdings an (funktional) unterschiedlichen Orten. Während solche Werte als sozial wünschenswerte, gemeinschaftsfördernde Erscheinungsformen typischerweise rechtlich verschiedentlich implizite Anerkennung genießen23, erscheint die rechtsökonomische, auf Effizienz gerichtete Sicht kalkulierend kühl: Maßgeblich ist allein die gesamtwohlfahrtsförderliche Wirkung, die in einem sozialen oder altruistischen Verhalten liegen kann, aber nicht muss. Dies wirft die Frage auf, ob ein unterschiedlicher Stellenwert in der Argumentationsstruktur ein Problem darstellt oder sogar eine Unvereinbarkeit begründet. Überzeugenderweise ist dies nicht der Fall, da die pluralistische Betrachtungsweise unfundierte Ausschließlichkeitsansprüche gerade auszuschließen sucht. Wenn eine intrinsische, als Selbstwert prämierte, altruistische Motivation zugleich als eigennütziges Verhalten auf Basis einer entsprechenden Präferenz gedeutet wird, liegt hierin keine (Herab-)Wertung. Nicht nur kollidieren die Sichtweisen insoweit nicht, sie lassen sich vielfach auch ineinander verzahnen, etwa, wenn ein als moralisch begrüßenswert eingestuftes Verhalten in das ökonomische Modell über Präferenzen integriert wird.24 Gerade die größere Vorhersehbarkeit schaffende, inMendelssohn, z. B. S. 56: „Die Menschen bedürfen einander […]. Die Vermischung von Ueberfluß und Mangel, Kraft und Bedürfniß, Eigensucht und Wohlwollen, die ihnen die Natur gegeben, treibet sie an, in gesellschaftliche Verbindung zu treten, um ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen weitern Spielraum zu verschaffen, Jedes Individuum ist verbunden, einen Theil seiner Fähigkeiten und der dadurch erworbenen Rechte, zum Besten der verbundenen Gesellschaft anzuwenden […]“ (Hervorhebung durch Verf.). 21 Vgl. weiterführend zur Vereinbarkeit eines psychologischen und ökonomischen Verhaltensmodells: Kirchgässner, S. 31. 22 Zur vorgelagerten Frage, inwieweit eine rein positive Analyse überhaupt möglich ist, als ihre Funktionsfähigkeit von einem gesetzten normativen Ziel abhängt, siehe § 3 Fn. 100. 23 Vgl. im deutschen Recht Gedanken der Haftungsprivilegierung, beispielsweise im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag zugunsten des zur Gefahrenabwehr handelnden Geschäftsführers nach § 680 BGB, zur ratio statt vieler: Schäfer, in: MüKo-BGB (2017), § 680 Rn. 1 zur Ermutigung zu Hilfeleistungen in Notsituationen; Gregor, in: jurisPK-BGB (2017), § 680 Rn. 1. 24 Hierzu z. B. Kirchgässner, S. 16; kritisch, ob eine Eingliederung der „sittlichen Ansprüche der Akteure […] als beliebige Geschmäcker, irrationale Traditionsbestände oder po-

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strumentalisierende Sicht kann das Recht, sofern es als hierzu berufen angesehen wird, dazu befähigen, sozial erwünschtes Verhalten zu fördern. Das rechtliche Steuerungspotenzial dürfte überdies vielfach besser auszuschöpfen sein,25 wenn – wertfrei – die innere Triebfeder des vermeintlich „hochwertigen“ Handelns des selbstlosen Helfers hinterfragt wird: Handelt es sich konkret wirklich um einen Akt der Nächstenliebe oder verfolgt er womöglich, ob bewusst oder unterbewusst, (auch) eigene Ziele wie soziale Anerkennung oder persönliche Befriedigung?26 Inwiefern bieten sich vor diesem Hintergrund alternative oder weitere wirksame Ansatzpunkte oder Mechanismen, Anreize für das rechtspolitisch erwünschte Verhalten zu setzen oder ist für dieses gerade ein Absehen von rechtlicher Intervention förderlich? Die erkenntnisbefördernde, positive Wirkung ist dabei nicht auf eine Richtung beschränkt; ökonomische und moralisch motivierte Verhaltensstrukturen können nicht nur als einer Übersetzung in das jeweilig andere System zugänglich vereinbar sein, sondern synergetisch ineinander aufgehen.27 So können durch den Austausch am Markt, der dazu beiträgt, Ressourcen an den Ort ihres größtmöglichen Nutzens zu bringen, als sozial oder moralisch wünschenswert anerkannte Transaktionen nicht nur realisiert, sondern in ihrem qualitativen oder quantitativen Umfang (eigennutzenmaximierend) ausgeweitet werden, wenn beispielsweise ein der erhöhten Nachfrage entsprechend steigendes Angebot nach „ethischen“ bzw. moralischen Standards, etwa unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen, produzierter Güter oder erbrachter Dienstleistungen ausgelöst wird.28 Diese Wechselwirkung dürfte, von etwaigen Sorgen, allgemein zugängliche, preisgünstigere Produkte vom Markt zu verdrängen, abgesehen, am Maßstab gesellschaftlich konsentierter, grundlegenlitisch zu verantwortende Dysfunktionalitäten“ eine befriedigende theoretische Lösung darstellt, Beckert, Berlin. J. Soziol. 22 (2012), 247, 262. 25 Vgl. demgegenüber noch weitgehender die Forderung bei Beckert, Berlin. J. Soziol. 22 (2012), 247, 253 f., dass „ethische Werthaltungen [als] Teil des Markthandelns und von Marktstrukturen“ von einer geeigneten Theorie – namentlich einer „empirischen Theorie wirtschaftlichen Handelns“ – sogar konzeptionell erfasst werden können müssen. 26 Siehe z. B. zum Faktor sozialer Selbstdarstellung durch wohltätiges Verhalten: Bénabou/ Tirole, 77 Economica (2010), 1, 3 ff. 27 Vgl., die Bedenken aufgreifend, ob ein rein effizienzorientiertes Verständnis dem common law als „incomplete – if not severely impoverished –“ gerecht werde, im Rahmen der Auseinandersetzung, ob Effizienz und Moral unvereinbare Gegenpole darstellen, Posner, S. 322 f. dazu, dass die Befolgung moralischer Standards – trotz möglicher, einzelner Abweichungen – insgesamt eine wohlfahrtssteigernde Wirkung habe, insbesondere durch die Senkung von Transaktionskosten: „Honesty, trustworthiness, and love reduce the costs of transaction.“ (322). Ebenso zum Verhältnis von Preistheorie und moralischen Vorstellungen im Recht Friedman, 13 Wis. L. Rev. (1984), 13, 13 ff., 18. 28 Beckert, Berlin. J. Soziol. 22 (2012), 247, 250 ff. zur marktermöglichenden Funktion mit verschiedenen Beispielen sowie 252 ff. zur marktbegleitenden wie dem „moralischen Konsum“, z. B. durch Fair Trade Produkte, die zur mittlerweile Vielzahl der Produkte gehören, die „ihren Wert aus ihrer symbolischen Verbindung mit moralischen Werten“ erzielen (252 m.w.N.): „Moral kann […] Marktversagen verhindern und dadurch Tauschbeziehungen ermöglichen“ (254).

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§ 4 Synthese und Ausblick

der Wertvorstellungen gemessen, keiner Ablehnung begegnen, sondern Zustimmung erfahren.29 Entscheidend für das Verständnis ist, dass Synergien mangels einer intrinsischen Kopplung der Zielvorstellungen nicht zwingend, aber möglich sind und in vielen Konstellationen auftreten können. Unabhängig voneinander und davon, ob Wohlfahrtsmaximierung oder moralische Zielvorstellungen, und dementsprechend bestimmte Verhaltensweisen lediglich instrumentell oder bereits als Selbstwert verfolgt werden, kann der Weg zu ihrer Realisierung faktisch parallel verlaufen.30 3. Methodenpluralistisches Bewusstsein als Voraussetzung einer produktiven Synthese Eine moderne Rechtswissenschaft profitiert vor diesem Hintergrund davon, normative Forderungen von ihrer praktischen Umsetzung zu trennen, d. h. eine methodenpluralistisch erfasste Realität, Wirkungsanalyse und Folgen prognostizierende Empfehlung nicht aus Sorge um eine Zersetzung erstrebter Ziele anzugreifen, sondern diese in ihrem Aussagegehalt und an ihrem jeweiligen argumentativen Standort wahrzunehmen und zu verstehen. Für die vorliegend gewählte methodische Konfiguration ist festzuhalten, dass der (positiven) rechtsökonomischen Analyse im Vergleich zu etablierten (dogmatischen) Erkenntnismethoden schlicht ein anderer Bedeutungsgehalt zukommt. Mithin kann sie den Vorwurf von sich weisen, bar (zwischen-)menschlicher oder gesellschaftlich anerkannter Werte zu sein. Diese finden Berücksichtigung oder sogar Verstärkung, und ihr Stellenwert wird auch nicht durch die funktionale Einbettung degradiert. Ein solches negatives Verständnis griffe zu kurz und kann durch eine fundierte Auseinandersetzung mit der Denkweise und Methodik der Disziplin vermieden werden. Die Beleuchtung eines Phänomens aus verschiedenen Perspektiven mit ihrem jeweiligen Instrumentarium produziert mithin keine inkompatiblen, sondern schlicht andere Ergebnisse.31 Versucht der Betrachtende, diese in ihrem Bedeutungsgehalt nachzuvollziehen, erhält er ein reichhaltigeres Bild. Die reflektierte pluralistische Betrachtungsweise ermöglicht ihm, aus einem facettenreichen Fundus die für den konkreten Gegenstand relevanten zu identifizieren und begründet zu gewichten.32 Somit impliziert der unterschiedliche argumentative Stellenwert nicht, dass Gedanken von der einen oder 29 Zu möglichen unerwünschten Wirkungen jedoch Bénabou/Tirole, 77 Economica (2010), 1, 5 ff. 30 So werden beispielsweise Versprechen im common law durchgesetzt, soweit dies effizient ist, und nicht, um moralische Prinzipien zu verwirklichen. Siehe so Posner, S. 323 sowie S. 324 dazu, dass dies nicht ausschließe, dass moralische Kosten sinnvollerweise in der Effizienzbewertung berücksichtigt werden. 31 Vgl. Kraus, in: Coleman/Shapiro, S. 687, 689: „the theories are making different kinds of claims about different things“. 32 Der Vorwurf der Willkürlichkeit (vgl. sogleich C.) verfängt insoweit nicht, als die Auseinandersetzung mit verschiedenen, disziplinübergreifend hervorgebrachten Ergebnissen jedenfalls bei einem offenen und wissenschaftlichen Vorgehen verständnisschärfend wirkt und die Beurteilung beeinflusst.

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anderen Sichtweise vergessen oder ausgegrenzt werden. Sich dieser unterschiedlichen, systemimmanent schlüssigen Lokalisierung gewahr zu sein, erlaubt einer aufgeschlossenen Rechtswissenschaft einen methodenpluralistischen Umgang mit sich stellenden Rechtsfragen, der erzielbare synergetische Effekte positiv zu verarbeiten vermag.

III. Quintessenz unterschiedlicher Denkstrukturen Die methodisch separierte Untersuchung hat eine essenzielle Erkenntnis hervorgebracht, deren Vergegenwärtigung ein methodenpluralistisches Vorgehen verständnisfördernd erleichtert: Die angewandten dogmatischen und rechtsökonomischen Stränge weisen unterschiedliche Denkstrukturen auf. Die der dogmatischen Betrachtung sowohl des deutschen als auch des englischen Rechts ist es, Ergebnisse möglichst in eine vorhandene Struktur einzubetten und Lösungen so traditionskonform zu entwickeln.33 Statt eines solchen Einwebens erzielt die rechtsökonomische Analyse ihre Resultate mechanisch, indem sie das ökonomische Instrumentarium einsetzt, um mögliche rechtliche Regelungen am Maßstab ihrer Potenz, das gesetzte normative Ziel zu erreichen, zu messen. Im Gegensatz zum konservativen, systemkonformen Fortbilden der dogmatischen Struktur agiert sie mithin – nachdem ein normatives Ziel gesetzt wurde – ideologisch unverbrämt und bar weiterer (korrektiver) Wertungen, soweit diese keinen funktionalen Wert im Hinblick auf die Beförderung des gesetzten Ziels aufweisen.34 Eine so klare und geradlinige Analyse können dogmatische Betrachtungsweisen regelmäßig nicht bieten, da sie normative Prämissen typischerweise nicht vorgelagert explizit und exklusiv setzen, sondern vielfach nur abstrakt als allgemeine Prinzipien in einem unbestimmten Rangverhältnis voraussetzen und kontextbezogene Abwägungen vornehmen. Mithin können Ergebnisse nicht am Orientierungspunkt und Maßstab eindeutiger Zielvorgaben mit einem sachlich vorbestimmten Instrumentarium erzielt werden. Bildhaft formuliert geschieht vielmehr ein „Abtasten“ der Umgebung, welche Lösung und welche Erwägungen sich in das bisherige System harmonisch einfügen lassen, oder die Struktur des Bestandes aus einem beispielsweise rechtspolitischen Grund bewusst modifizieren sollen. Die unterschiedliche Natur der Ansätze in ihrem Kern provoziert die Folgefrage: Welcher Ansatz wird dem Recht gerechter?35 Die Antwort liegt wiederum in einem

33 Zum systemkonformen Fortdenken siehe z. B. Basedow, in: FS Seiler, S. 79, 90 f. Eine alternative Erklärung für die Fortbildung vorhandener Bestände liefert der Gedanke der Pfadabhängigkeit (§ 3 Fn. 139): Hathaway, 86 Iowa L. Rev. (2001), 601, 628: „[E]ach step taken in one direction increases the likelihood of additional steps in that same direction.“. 34 Vgl. § 3 sowie deutlich Chirico, 5 ERCL (2010), 399, 409. 35 Vgl. mit der bildhaften Beschreibung, dass für die Herstellung eines kohärenten Ganzen einer Rechtsordnung im materiellen Sinne jedenfalls ein Bindemittel erforderlich ist, das in

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bewussten Methodenpluralismus.36 Gerade um der oftmals postulierten Vielfältigkeit des Rechts und seiner Funktionen angemessen zu begegnen, hebt sich die nach Funktions- und Leistungsfähigkeit abgestufte Synthese verschiedener methodischer Ansätze als prädestiniert hervor.37 Beispielsweise zeichnet sich im Hinblick auf die normativen Ziele, die gesetzt oder nur in ihren Grundzügen und unklarem Rangverhältnis durch eine verständige Einbettung in den als ein Gesamtkonzept verstandenen Bestand der jeweiligen Rechtsordnungen aufgespürt werden können, wie in der dogmatischen Untersuchung unter § 2, A. II. 1. c), B. II. 1. c) deutlich wurde, ab, dass die ökonomische Analyse notwendigerweise nur eine Teilfunktion übernehmen kann, d. h. dort zur Anwendung kommt, wo eine Zielvorgabe extrahiert oder bestimmt wurde. Ist dies der Fall, kann ihre Stärke entfaltet werden, i. e. durch ihr instrumentelles, rationales Vorgehen ermittelt, wie das erstrebte Ziel optimal verwirklicht wird.38 Losgelöst von einer solchen Ausrichtung, die ebenso in einem spezifizierten Ziel als auch der Einsetzung des Effizienzkriteriums im umschriebenen Sinne liegen kann, kann die (positive) ökonomische Analyse hingegen nicht operieren. Die Kombination einer konservativ, integrierenden Methode, die umsetzbare Lösungen hervorbringen kann, mit einer auf optimale Umsetzung gesetzter Ziele gerichtete, zeichnet sich mithin, bei einem Bewusstsein über die unterschiedliche Funktions- und Denkweise der Ansätze, als erfolgversprechender Ansatz ab.

B. Ausblick Die methodenpluralistische Betrachtung erlaubt einen Ausblick hinsichtlich aller drei Dimensionen des Erkenntnisinteresses: der praktischen Frage einer konsensfähigen rechtlichen Gestaltung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht (I.), der Grundlagenfrage eines einseitigen Verpflichtungsgrundes (II.) und schließlich der methodischen Metaebene (III.).

(kodifizierten) Prinzipien liegen kann: Cooper, 63 Harv. L. Rev. (1950), 468, 473 f., u. a.: „All legal systems require a cement to bind them into a coherent whole“ (473). 36 Vgl. § 1. Eine a.A. vertritt z. B. Diederichsen, in: FS Seiler, 1999, S. 65, 66 f., nach dem die Entlastungsfunktion der Rechtsdogmatik für den Rechtsanwender, die vorgezeichnete „richtige“ Lösung zu finden, unterlaufen wird und insofern eine Umkehr auf dem „in den letzten Jahren beschrittenen Weg in ,eine mehrdimensionale Disziplin‘“ geboten sei. 37 Vgl. Bydlinski, AcP 188 (1988), 447, 466 zum wünschenswerten, leistungssteigernden Einbezug rechtsökonomischer Erkenntnisse in konventionelles methodisches Rechtsdenken. 38 Vgl. hingegen mit einer inversen Ermittlung möglicher Ziele – im Falle einer nicht eindeutigen gesetzgeberischen Zielbestimmung – durch eine rechtsökonomische Wirkungsanalyse, raffiniert Scheibenpflug, S. 173 f.

B. Ausblick

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I. Konsensfähige Konzeption öffentlicher Belohnungsaussetzung Die sachlich eng begrenzte, aber in die Tiefe ausgreifende Untersuchung hat verdeutlicht, wie sehr deutsches und englisches Recht in ihrer Entstehungsgeschichte, Denkstruktur und zugrunde liegenden Wertungen divergieren. Obgleich die heutigen Erscheinungsformen der rechtlichen Regelung öffentlicher Belohnungsaussetzung durch vielfältige (dogmen-)geschichtliche Kontingenzen geprägt wurden, zeigen insbesondere aktuelle anti-europäische Entwicklungen, dass Unterschiede nicht leichtfertig durch übergeordnete, aufgesetzte Lösungen übergangen werden können, selbst wenn diese nach objektiven Maßstäben vorzugswürdig erscheinen. Vielmehr ist erfolgversprechend, nationale Besonderheiten hinreichend sorgfältig zu präparieren, um sie sowohl für etwaige harmonisierende oder vereinheitlichende Vorhaben, als auch von rechtsvergleichend ermittelten Alternativen inspirierte nationale Reformen, in gebotenem Maße berücksichtigen zu können und diese individuelle Achtsamkeit auch zu signalisieren.39 Dabei ist die dogmengeschichtlich aufgedeckte Erkenntnis zu beachten, dass Gedanken, Argumentationsund Begründungsansätze unabhängig von Grenzen nationaler Rechtsordnungen kursieren und entsprechend übergreifend fruchtbar gemacht werden könnten. Gerade vor diesem Hintergrund kann die Rechtsökonomie, als hinsichtlich nationaler Besonderheiten neutraler Blickwinkel, einen vielversprechenden Beitrag leisten, sofern eine konsensfähige normative Prämisse gefunden wird. Dies erscheint ob der zunehmend zu verzeichnenden Bezugnahme auf Effizienz in nationalen wie übernationalen Regelungswerken und -entwürfen realistisch40, insbesondere, wenn die ökonomische Denkstruktur gezielt nur auf als hierfür geeignet konsentierte Fragestellungen angewandt wird, beispielsweise Regelungen mit ausgeprägtem wirtschaftlichen Bezug. Materiell ergibt sich für die rechtliche Gestaltung öffentlicher Belohnungsaussetzung als Versprechen oder Vertrag aus der Zusammenschau beider methodischer Stränge rechtsökonomisch ein konstruktives Gleichgewicht und dogmatisch, im Hinblick einerseits auf den funktionsfähigen status quo des deutschen Rechts und andererseits die (dogmen-)geschichtliche Herkunft des englischen, eine Attraktivität des einseitigen Konzepts (vgl. § 2, C.). Allenfalls zugunsten größerer Kohärenz der Konzeption öffentlicher Belohnungsaussetzung könnte je nach Ausgestaltung der Fragestellungen von Widerruflichkeit und Kenntniserfordernis der ein- oder zweiseitigen Ausgestaltung der Vorrang einzuräumen sein. Im Einklang mit dem unter Effizienzgesichtspunkten vorzugswürdigen Absehen von einem Kenntniserfordernis 39 Vgl. § 1, A. II. 1. Die „Brexit“-Bewegung legt zumindest nahe, dass der Wunsch, Individualinteressen und nationale Besonderheiten verstärkt zu berücksichtigen, gemeinsamen Lösungen entgegensteht. Deutlich dazu, diese Bedürfnisse der Bürger der Mitgliedstaaten zugunsten eines zukunftsfähigen Europas ernster zu nehmen, Brok, Integration 39 (2016), 46, 46, 51. Zur Frage, welche Aufgabe und Bedeutung „der juristische Faktor im Aufbau der Identität und des europäischen Bewußtseins“ hat, und worin eine solche „juristische Identität Europas“ im Sinne einer Rechtskultur liegt, weiterführend Alpa/Andenas, S. 27 ff., 29 ff. 40 Vgl. § 1 Fn. 112 zu Effizienz als Ziel des DCFR.

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wird dieses Ergebnis vom deutschen einseitigen Konzept schlüssig erzielt. Angesichts seiner Natur als lediglich konstruktionslogische Folge, von der vielfach abgewichen wird, stellt sich die erforderliche Kenntnis im englischen Recht nicht als zu bewahrende nationale Besonderheit dar, sodass eine konsensfähige Lösung ein solches vorzugswürdigerweise nicht verlangt. Die Widerruflichkeit hingegen weist größere Schwierigkeiten auf, als sie nach der rechtsökonomischen Betrachtung abzulehnen ist, nach deutschem und englischem Recht jedoch zugelassen wird. Gleichwohl bestehen erhebliche Ausnahmen, insbesondere durch die im Zweifelsfall einen Verzicht beinhaltende Fristsetzung im deutschen Recht, sowie ab- oder argumentativ ausweichende Lösungsansätze im englischen Recht. Zusammenfassend heben sich zwei Wege hervor, um eine gemeinsame Lösung der rechtlichen Regelung öffentlicher Belohnungsaussetzung im deutschen und englischen Recht zu realisieren. Entweder müsste eruiert werden, welches übergeordnete, normative Ziel exklusiv oder vorrangig verfolgt werden soll, beispielsweise Effizienz, Kohärenz, weitgehende Freiheit von Bindung, größtmögliche Gewährleistung der Privatautonomie im Sinne verpflichtungserzeugender Willensmacht, der Schutz einer potenziell benachteiligten Transaktionspartei oder ihre Gleichstellung im Hinblick auf zustehende Rechte und obliegende Pflichten. Alternativ und lebensnäher könnten relevante Entscheidungsträger oder eine kompromissfähige Lösung vorbereitende Wissenschaftler in der Manier der angedeuteten, noch weitaus weitreichenderen Vielfalt von Argumenten, die jeweils systemkonform in eine Denkstruktur eingebettet sind, ermitteln, welche dieser und der ihnen zugrunde liegenden Theoriegebäude für den konkreten Zweck tragfähige Erwägungen bieten (vgl. C.). So könnte eine sachgerechte, pluralistische Ermittlung oder auch Fundierung (rechtspolitisch) wünschenswerter Ergebnisse gelingen.

II. Fundierung eines einseitigen Verpflichtungsgrundes Neben der konstruktiv irrelevanten (§ 3, B. II. 1.) oder zumindest kontingenten (§ 2, A. II. 1., B. II. 1.) Ausgestaltung profitiert die im Anschluss an die dogmatische Betrachtung angestoßene Frage, ob ein zur Verfügung zu stellender einseitiger Verpflichtungsgrund ein konstitutives, die Privatautonomie des Bindungswilligen einschränkendes Austauschmoment enthalten sollte, von den durch die rechtsökonomische Analyse gewährten Einsichten. Die effizienzorientierte Sichtweise legt nahe, dass nur diesem Ziel förderliche Versprechen oder Vereinbarungen Anerkennung verdienen. Durch ein Austauschmoment würden bei einem engen Verständnis mithin den Parteiinteressen entsprechende Austausche rechtlich abgesichert ermöglicht und gefördert, was dem Grundgedanken des Instituts des Vertrags bzw., insoweit weiter verstanden, des privatautonom geschaffenen Verpflichtungsgrundes entspricht. Würde ein weiterer Maßstab angelegt, nach dem das einen Vorteil des

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Bindungswilligen begründende „Austausch“moment41 bereits in dem angesichts der offenen Nutzenfunktion nicht zu beanstandenden Nutzen einer wirksamen Selbstbindung läge, könnte die erstrebte Wohlfahrtssteigerung auch ohne einen effektuierten Austausch zwischen Akteuren erzielt werden. Allerdings darf insbesondere mit Blick auf diverse Schwächen des Individuums, Kosten/Nutzen-Abwägungen mit rationalem Ergebnis vorzunehmen, in Frage gestellt werden, ob ein einseitiger Verpflichtungsgrund die autarke Erzielung individueller und insoweit gesamtwohlfahrtssteigernder Nutzengewinne ermöglichte, oder vielmehr ein entweder paternalistisch oder effizienzorientiert zu deutendes Interesse besteht, die Selbstbindung von einem eng verstandenen, externe Bezugspunkte einbeziehenden Austauschmoment abhängig zu machen. Ein solches könnte Signalwirkung für einen gesamtwohlfahrtsförderlichen Austausch zwischen Individuen ausüben und so wiederum dazu beitragen, kostenintensive Differenzierungen, welche Versprechen unter Effizienzgesichtspunkten rechtliche Anerkennung genießen sollten, gering zu halten. Nicht außer Acht zu lassen ist schließlich, sowohl im Hinblick auf eine möglichst weitreichende Gewährleistung privatautonomer Selbstbindung als Selbstwert als auch als nutzensteigernd effizient, dass für praktisch wohl seltene Fälle einer erwünschten, einseitigen Bindung, die jedoch keinen unmittelbaren Austausch i. e. S. befördert, andere Handlungsformen zur Verfügung stehen. So kann der benevolente Spender beispielsweise eine Stiftung errichten. Überdies ist in Frage zu stellen, ob es dem Recht obliegt oder obliegen sollte, Individuen das Instrumentarium für eine Selbstbindung zur Verfügung zu stellen, die keine direkte Auswirkung auf andere hat, oder ob die hiermit potenziell zu erzielende persönliche Erfüllung oder erstrebte Selbstdarstellung nicht in außerrechtliche Domänen fällt.42

III. Potenzial einer bei reflektiertem Umgang fruchtbaren Synthese Die Untersuchung hat verdeutlicht, dass keine der Betrachtungsweisen sich als exklusive eignet. Weder hebt sich eine der separiert angewandten Methoden als alle Facetten überzeugend erfassende hervor, noch als theoretisch überlegen. Auf dem Weg eines bewussten Methodenpluralismus hingegen kann eine fruchtbare Synthese erzielt werden, die insbesondere rechtsgebenden Gewalten eine punktuelle, aber wertvolle Erkenntnis bietet. Ein eklektizistisches Vorgehen bereichert die Diskussion, indem es den Argumentationshaushalt um eine Bandbreite an Erwägungen bereichert, die bei reflektiertem Umgang zielgerecht und in einer Weise ausgeschöpft werden können, die variabel je nach Gegenstand die maßgebliche Sichtweise aktiviert. Zugleich gewinnt ein Ergebnis Überzeugungskraft, wenn es in der Kontrastierung zu einer anderen, abweichenden oder befördernden Sichtweise, womöglich 41

Vgl. § 3, B. II. 1. b). Zur instrumentellen Funktion von Rechten siehe Posner, 8 J. Legal Stud. (1979), 103, 116, 127. 42

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relativiert, aber jedenfalls klarer hervortritt: Eine überzeugende Lösung wird durch die Auseinandersetzung mit Gegenargumenten nicht geschwächt, sondern gestärkt. Entscheidend ist der reflektierte Einsatz des ohnehin vielfach, aber unbewusst zur Anwendung kommenden methoden- und wertungspluralistischen Vorgehens43, der die Herkunft und Prägung des Argumentationsmaterials lokalisiert, um dessen Aussagegehalt differenziert und kontextualisiert zu erfassen, und so angemessen bewertet in der Entscheidungsfindung zu verarbeiten vermag. Das hehre Ziel, eine Methodendiskussion zu befördern, wird insofern durch den vorliegenden Versuch bestärkt, nicht nur sachlich relevante Argumente zu akkumulieren, sondern ein profundes Bild dadurch zu entwerfen, dass auch die in ihrem jeweiligen Entstehungsprozess verankerte Denkweise sichtbar gemacht und einbezogen wird. Dies führt zur abstrakten Einsicht, dass eine Verzahnung verschiedener Sichtweisen, die ihrerseits auf oftmals unhinterfragten Paradigmen beruhen, der angemessenen rechtlichen Erfassung eines komplexen lebensweltlichen Phänomens dienlich ist. Konkret wird ferner deutlich, dass vermeintlich übergeordnete, aber vage Prinzipien oder durchschlagende, insbesondere dogmengeschichtliche oder theoretische Argumente in ihren Aussagegehalten kritisch geprüft werden sollten. Abgeleitet werden darf hieraus jedoch keine destruktive Haltung oder ein rechtswissenschaftlicher Nihilismus oder Agnostizismus; vielmehr liegt in der relativierend wirkenden Aufdeckung von Kontingenzen und Divergenzen innerhalb von und zwischen methodischen Ansätzen ein überaus konstruktiver Appell, die Lösungsfindung offener zu gestalten. Anstatt eines Korsetts vermeintlicher Restriktionen durch gesetzte Prämissen steht es dem Recht Entwerfenden nach dem Vorgesagten frei, Argumente unterschiedlicher Provenienz in seine Überlegungen selektiv einzubeziehen und zu gewichten, soweit er sich ihrer Herkunft und Aussagekraft gewahr ist und sie bewusst zum Einsatz bringt.44 Ob des notwendigerweise fragmentarischen Charakters eines rechtlich zu erfassenden lebensweltlichen Sachverhaltes ist eine durch interdisziplinäre Untersuchung erzielte Multiperspektivität überdies sinnvoll, als sie verschiedene Facetten erfasst.45 Obwohl sie keiner endgültigen Antwort zugeführt werden kann, kann die Auseinandersetzung mit der schwierigen Frage, in 43

Siehe § 1 zum Beispiel Mendelssohns oder Frieds. Für einen sachgerecht kombinatorischen Ansatz spricht sich beispielsweise Arnsberger, in: Sitter-Liver/Caroni, S. 23, 38 aus (u. a. „holding to a Kantian view of morality cannot dispense one of acknowledging the necessity of utilitarian reasoning in some contexts“); vgl. Friedman, 13 Wis. L. Rev. (1984), 13, 14 zur ökonomischen Theorie als bewusst oder unbewusst zur Anwendung kommender „part of the legal culture, at least for some aspects of the legal system“. Vgl. zur, als gegenseitiges Verständnis ermöglichend, notwendigen Offenlegung zugrunde gelegter Methodik und normativer Prämissen deutlich Hermalin/Katz/Craswell, in: Polinsky/Shavell, S. 3, 16: „[I]t is generally necessary to lay out one’s methodological assumptions explicitly and at the outset.“. 45 Vgl. das Bild des Elefanten, der von Blinden aus verschiedenen Winkeln abgetastet und anschließend entsprechend ihres Ausschnitts von Rüssel, Bein oder Stoßzahn beschrieben wird; je mehr Blickwinkel zusammengeführt werden, desto eher entsteht eine adäquate Vorstellung. Zu diesem unterschiedlich verwandten Bild z. B. Lindfors, S. 3 als Fabel oder Große Hüttmann, in: Bos/Dieringer, S. 17 zu Integrationsproblemen der EU. 44

C. Vorschlag einer realisierbaren Synthese

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welchem Verhältnis die nach dem Vorgesagten wünschenswerterweise kumulativ zur Anwendung kommende Ansätze zueinanderstehen, zumindest durch Orientierungspunkte erleichtert werden.

C. Vorschlag einer realisierbaren Synthese Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass ein bewusstes methodenpluralistisches Vorgehen eine Vielfalt an Erkenntnissen hervorbringt, die einer eindimensionalen Betrachtung verborgen blieben. Wie die Ergebnisse zusammengeführt werden können, bleibt eine Herausforderung. Ein dem methodenpluralistischen Ansatz die Daseinsberechtigung absprechender Vorwurf der Willkürlichkeit gründet sich hierauf jedoch nicht, als auch monokausale Ansätze vielfach keine klare, vorhersehbare Antwort bieten können.46 Dass der Ansatz praktikabel ist, soll im Folgenden verdeutlicht werden, indem eine mögliche Anwendungsform als Vorschlag abstrakt skizziert wird. Ein abgestuftes Rangverhältnis normativer Vorgaben, das eine umfassende Vorhersehbarkeit schafft, lässt sich bei realitätsnaher Einschätzung theoretisch nicht präzisierend festlegen. Allerdings kann ein hilfreiches abstraktes Muster für ein methodenpluralistisches Vorgehen entworfen werfen, wenn zunächst ein Rahmen dessen abgesteckt wird, was als Grundwerte und Wertvorstellung einer Gesellschaft elementar und unverzichtbar ist. Solche Eckpunkte, die als Selbstwert gelten, geben einen Grundplan vor, was das Recht gewährleisten soll und sogar muss; sie markieren unverrückbare Kerngedanken, die anderen Zielen nicht geopfert werden.47 Innerhalb dieses (Spiel-)Raums geben weitere, positive Leuchttürme Orientierung, beispielsweise, wenn Prämissen wie die Gewährleistung freier Willensbetätigung und -ausübung sich im Gedanken der Privatautonomie niederschlägt. Unter diese Ziele zweiter Ebene innerhalb des abgesteckten Rahmens fällt auch die, wie dargestellt, teilweise explizit als Zielvorgabe anerkannte Effizienz.48 Diese Orientierungspunkte können kollidieren oder auch kumulativ zur Anwendung kommen und stehen typischerweise in einem unklaren Verhältnis zueinander. Falls sich ein abgestuftes Rangverhältnis ob der Vielgestaltigkeit zu erfassender Regelungsgegenstände und Sachverhalte als unmöglich und gegebenenfalls weder als Flexibilität einschränkend 46

Beispielsweise ist für eine dogmatische Bewertung die (subjektiv konnotierte) Ermittlung des Systems erforderlich, in das eine Lösung eingefügt werden soll. Eine Ausnahme können konsequentialistische Ansätze mit einer gesetzten (exklusiven) Zielvorgabe bilden, z. B. die berechenbare und insoweit weitgehend neutrale Bewertung anhand des Effizienzmaßstabs durch eine entsprechend ausgerichtete ökonomische Analyse. 47 Vgl. den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes, Art. 1 ff. GG. Dieser Rahmen gibt beispielsweise vor, dass das Recht einen menschenwürdigen Umgang durch den Staat wie Mitmenschen im Rahmen seiner Möglichkeiten sicherstellt, was sich etwa in grundlegenden Vorgaben des Strafprozesses äußert. 48 Siehe § 1 Fn. 112 zum DCFR.

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wünschenswert noch umsetzbar darstellt, ist eine offene Ausgestaltung zu wählen; eine abstrakte Hierarchisierung wird nicht erstrebt. Nachdem durch einen methodenpluralistischen Ansatz vielfältige Facetten ermittelt wurden, kann der entstandene Argumentationshaushalt für die konkrete Fragestellung ausgeschöpft werden. Das heißt, dass die für die konkrete Fragestellung relevanten oder besonders gewichtigen Aspekte herausgegriffen und hervorgestellt werden, wobei als Maßstab beispielsweise zu erwartende gesellschaftliche Akzeptanz ob des Grundrahmens oder Vereinbarkeit mit dem vorhandenen System dienen kann. Insbesondere die tatsächlich zu erwartende Wirkungsweise einzubeziehen ermöglicht, dass rechtspolitische, moralische Grundvorstellungen widerspiegelnde Zielvorgaben wirksam umgesetzt werden können, anstatt einer fehlgeleiteten Symbolpolitik anheim zu fallen. Durch ein solches, aus verschiedenen, variabel kombinierbaren Bausteinen bestehendes Argumentationsgebäude, das implizit auf einem für die konkreten Bedürfnisse abgestuften Wertesystem fußt, kann ein, am jeweiligen variablen Ziel gemessen, „gutes“ Ergebnis erzielt werden. Notwendigerweise ist nicht mehr als eine Annäherung an ein Optimum zu erwarten, wobei die Multiperspektivität einen hilfreichen Beitrag leistet. Ein hierbei nicht außer Acht zu lassender Faktor ist, dass der Einbezug möglichst vieler Erwägungen kostenintensiv sein kann. Diesem zutreffenden Einwand wird Rechnung getragen, wenn auch die Kosten/Nutzen-Relation als eine ökonomische legislative Entscheidungsfindung oder ihre wissenschaftliche Vorbereitung als Ziel zweiter Ebene berücksichtigt wird. Überdies können auch im Rahmen eines multiperspektiven Vorgehens „Skaleneffekte“ erzielt werden, wenn bereits ermittelte Rangverhältnisse für ähnliche Regelungsgegenstände als Muster oder Schablone dienen oder sogar übertragbar sind. Mithin ist eine abstrakte Klärung des Rangverhältnisses sowohl normativer Maßstäbe als auch der methodischen Verzahnung weder umfassend möglich noch erforderlich und die Zusammenführung kann vielmehr produktiv nach dem skizzierten offenen, nur durch Randvorgaben eingeschränkten Muster geschehen. Somit kann eine moderne Rechtswissenschaft von einem tiefgreifenden und bewusst methodenpluralistischen Ansatz profitieren, auch wenn dieser notwendigerweise nur punktuell agiert und oftmals keine klaren, handhabbaren Aussagen trifft. Stattdessen bringt er einen zwar relativierten, aber facettenreichen Argumentationshaushalt hervor, der Wissenschaftlern und rechtsgebenden Gewalten eine Vielfalt an Erwägungen zur Verfügung stellt, sie zugleich jedoch davor bewahrt, sich durch einzelne dieser, als absolut oder unumstößlich überbewertet, unbegründet einschränken zu lassen.

Literaturverzeichnis Die aufgeführten Quellen werden im Haupttext in gekürzter Form zitiert: Monographien, Sammelwerke und im Internet verfügbare Quellen wie in den eckigen Klammern angegeben und Aufsätze nach Name, der im Abkürzungsverzeichnis bestimmten Kurzbezeichnung der Zeitschrift einschließlich des Erscheinungsjahrs und, der Übersichtlichkeit halber stets soweit vorhanden, unter Angabe des Bandes (vorangestellt bei englischsprachigen, nachgestellt bei deutschsprachigen Beiträgen), anderenfalls nur kenntlich gemacht durch das (nicht in Klammern gesetzte) Erscheinungsjahr. Bei Aufsätzen wird die Seitenzahl des Beginns und getrennt durch ein Komma der zitierten Stelle angegeben, wobei bei letzteren impliziert wird, dass es sich um Seitenzahlen handelt und die Abkürzung „S.“ nicht vorangestellt wird. Neben dem Erscheinungsort wird der publizierende Verlag nur bei ausländischen Erscheinungsorten angegeben. Aaken, Anne van: „Rational choice“ in der Rechtswissenschaft – Zum Stellenwert der ökonomischen Theorie im Recht, Baden-Baden 2003 [zitiert: van Aaken, S.]. – Vom Nutzen der ökonomischen Theorie des Rechts für die Rechtsvergleichung, in: Jud, Brigitta/Bachner, Thomas/Bollenberger, Raimund/Halbwachs, Verena/Kalss, Susanne/ Meissel, Franz-Stefan/Ofner, Helmut/Rabl, Christian (Hrsg.): Prinzipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung, Wiener Tagung 13.–16. September 2000 für die Gesellschaft Junger Zivilrechtswissenschaftler, Stuttgart u. a. 2001, S. 127 – 149 [zitiert: van Aaken, in: Jud u. a., S.]. Abigt, Walter: Die Auslobung nach dem BGB, Leipzig 1906 [zitiert: Abigt, S.]. Ackerman, Bruce A.: Recht, Ökonomie und das Problem der juristischen Kultur, in: Schäfer, Hans-Bernd/Wehrt, Klaus (Hrsg.), Die Ökonomisierung der Sozialwissenschaften: Sechs Wortmeldungen, Frankfurt am Main u. a. 1989, S. 129 – 148 [zitiert: Ackerman, in: Schäfer/ Wehrt, S.]. Ahlich, Gerhard: Die Erfordernisse der Auslobung, Breslau 1932 [zitiert: Ahlich, S.]. Albert, Hans: Anmerkungen zum ökonomischen Denken: Festvortrag, Konst. Bl. 23 (1985), S. 6 – 17. Alces, Peter A.: A theory of contract law: Empirical insights and moral psychology, New York: Oxford University Press, 2011 [zitiert: Alces, S.]. Alpa, Guido/Andenas, Mads: Grundlagen des europäischen Privatrechts, Heidelberg u. a. 2010 [zitiert: Alpa/Andenas, S.]. Altmann, Steffen/Falk, Armin/Marklein, Felix: Eingeschränkt rationales Verhalten: Evidenz und Implikationen, in: Fleischer, Holger/Zimmer, Daniel (Hrsg.), Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht, Frankfurt am Main 2011, S. 63 – 82 [zitiert: Altmann/Falk/Marklein, in: Fleischer/Zimmer, S.]. Ames, James B.: Parol Contracts Prior to Assumpsit, 8 Harv. L. Rev. (1894), S. 252 – 264.

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Sachregister above-average effect 196 Altruismus 204 ff., 209 f., 214, 218 assumpsit/action of assumpsit 109 ff., 140 Auslobung 24 ff., 44 ff., 174, 182 Behavioral (Law and) Economics biases 179 f., 190, 206 ff. bounded rationality 165 ff.

164 f.

cheapest cost avoider/bearer 193, 201 Common European Sales Law/CESL 30, 32 common law 26 f., 95 ff., 110 ff., 154, 202 consideration 97, 100 ff., 124 ff., 140 ff., 182 ff. covenant/action of covenant 100, 114 f., 119 crowding out 188, 208 f. debt/action of debt 114 f., 121 ff., 141 detinue/action of detinue 114 f. Draft Common Frame of Reference/ DCFR 30 ff., 40 ff., 146, 156, 181, 223, 227 efficient breach of contract 200, 217 Effizienz 34 f., 40 ff., 167 ff., 180 ff., 192 ff., 201 ff., 218 ff., 223 ff. Eigennutzen/Eigennutztheorem 162 ff., 177 ff., 191, 200, 205 f., 217 ff. endowment effect 168, 190 equity 119 ff., 133, 150 Erwartungswert 177 ff., 192 ff., 203, 206 f. estoppel/promissory estoppel 148, 150 exponential discounting siehe present bias forms of action

109 f., 135

Grenznutzen

178 f.

Handlungsanreiz 178 f., 197 f. hidden cost of reward siehe crowding out homo oeconomicus 162 ff., 171, 173, 198 ff., 215 ff. Kenntniserfordernis 46, 94, 103 f., 152 ff., 179, 201 ff., 211, 223 f. Law and Economics 158 ff. legal transplants 134 f. ökonomische Analyse des Rechts 32, 40 ff., 157 ff., 167 ff., 184, 218 ff. ökonomisches Paradigma 162 ff. optimistic bias 196 overconfidence bias 195 Pfadabhängigkeit 180, 221 pollicitatio 27, 67 f., 73 Präferenz 163 f., 187 ff., 205 ff., 218 present bias 189 f. Principles of European Contract Law/PECL 30 ff., 41, 83, 102 Privatautonomie 156, 184, 189, 224, 227 promissio 71, 75 Provisions of Oxford 113 Rationalverhalten 163 ff., 177 ff., 186 ff., 204 ff. Rechtsökonomie siehe ökonomische Analyse des Rechts Registers of writs 112, 123 Restriktionen 164, 173, 188 f., 205, 217, 226 soziales Optimum 169, 175 ff. Statute of Westminster II 116 sunk cost 192, 196

Sachregister Transaktionskosten 28, 169, 181 ff., 219 trespass/action of trespass 116 ff. unilateral contract 26, 33, 95 ff., 104 ff., 115, 138 f., 144 ff., 155, 174, 181 ff. Utilitarismus 130, 170 ff. Verpflichtungsgrund 22, 26, 28, 31 ff., 45 ff., 64 ff., 99, 108 f., 139 ff., 156, 183 f., 224 f.

261

Vertragstheorie 21 f., 48 ff., 83, 135 f., 158, 212 ff. votum 67 f. wager of law/compurgation 115, 122 Widerruf/Widerruflichkeit 46, 51, 58, 65, 77 ff., 102 f., 144 ff., 155 f., 179, 184 ff., 210 f., 224 writs 71, 112 f., 116 f., 119 f., 126