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German Pages 942 [971] Year 1968
Alexander Geleji BILDSAME F O R M G E B U N G D E R METALLE Theorie, Experiment und Anwendung
BILDSAME FORMGEBUNG DER METALLE Theorie, Experiment und Anwendung
Von P R O F E S S O R D R . - I N G . D R . - I N G . h. c. A L E X A N D E R
GELEJI
o. Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften Mitglied der Polnischen Akademie der Wissenschaften
Mit 968 Abbildungen
und 58
Tabellen
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1967
Erschienen im Akademie »Verlag G m b H , 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1967 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/439/67 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", 74 Altenburg Bestellnummer: 5628 • E S 20 G 2
Dem Andenken meiner meiner treuen
Frau,
Mitarbeiterin
VORWORT
Dieses Buch ist durch eine durchgreifende Umarbeitung, Ergänzung und Weiterführung meines Buches „Bildsame Formung der Metalle in Rechnung und Versuch" 1 ) entstanden. Vieles, was ich in dessen Vorwort zu sagen hatte, gilt auch für dieses neue Buch. Meine Zielsetzung ist auch hier dieselbe: ich will an einer breiten Skala der Probleme vorführen, wie die auftretenden Kräfte, der Arbeitsbedarf und der Werkstofffluß bei der bildsamen Formgebung der Metalle durch Versuch und durch Rechnung erfaßt werden können. Dabei strebe ich auch danach, die noch nicht genügend aufgeschlossenen Erscheinungen zu klären und der Rechnung zugänglich zu machen. Ein weiteres Ziel meines Buches ist, dem Forscher im Laboratorium und im betrieblichen Versuchsfeld sowie dem Ingenieur im Konstruktionsbüro und im Werk praktisch brauchbare Rechnungsmethoden für die Behandlung der Probleme der bildsamen Formgebung der Metalle zu vermitteln. Dies war und bleibt übrigens das Ziel meiner vier Jahrzehnte langen wissenschaftlichen Tätigkeit, all meiner Publikationen und Bücher. Bei der Abfassung dieses Buches wurden alle meine älteren Ergebnisse überprüft und, wenn nötig, an Hand fremder, hauptsächlich aber eigener Laboratoriums- und Betriebsversuche revidiert und ergänzt; auch ist der von mir bearbeitete Problemkreis stark erweitert. Ferner trachte ich in diesem Buch die mathematische Behandlung der verschiedenen Formgebungsprobleme gegenüber meinen vorherigen Lösungen zu vervollkommnen. Es werden womöglich neben den elementaren Lösungen auch die exakten Lösungen abgeleitet, insbesondere wenn die exakte Lösung ein auch praktisch verwendbares Ergebnis bringt. Die theoretische und experimentelle Klärung der einzelnen Umformungsverfahren und Formänderungsvorgänge werden mit Beispielen aus der Praxis ergänzt, um die richtige Anwendung der ausgearbeiteten Rechnungsverfahren vorzuführen. Im ersten Teil meines Buches sind die allgemeinen Grundlagen besprochen, auf welche die theoretische und experimentelle Forschung auf dem Gebiet der bildsamen Formung aufgebaut wird. In diesem einleitenden Teil sind nicht nur die einschneidenden mechanischen Grundprinzipien behandelt, sondern auch diejenigen physikalischen Erscheinungen (Reibung, Wärmeübergabe zwischen sich berührenden Körpern, Abkühlung usw.), die für das Verständnis und die Aufschließung dieses Problemkreises unbedingt nötig sind. !) Akademie-Verlag, Berlin 1960/61.
VIII
Vorwort
Vom zweiten bis vierten Teil werden die einfachen UmformungsVorgänge, vom f ü n f t e n bis sechzehnten Teil die verschiedenen Formgebungsverfahren vom S t a n d p u n k t der oben angegebenen Zielsetzung aus behandelt und die theoretischen Ergebnisse durch zahlreiche Versuchsergebnisse unterstützt. I n den letzten Jahrzehnten wurde zwar im Zusammenhang mit der bildsamen Formung eine sehr umfangreiche theoretische u n d experimentelle Forschungstätigkeit entfaltet, doch sind manche grundlegenden Fragen immer noch nicht einstimmig geklärt. Darunter ist eine der wichtigsten die Frage, wieweit die Grundgleichungen f ü r die Formänderung der zähen Körper auf die Umformung der Metalle anwendbar sind. Diese Frage halte ich jedoch durch die Versuche von W . LUEG u n d H . G . MÜLLER 1 ) f ü r e n t s c h i e d e n . Sie b e w i e s e n , d a ß d e r m e t a l l i s c h e
Werkstoff sogar im Warmformgebungsbereich nicht wie eine viskose Masse aufgefaßt werden k a n n ; demnach steht die Anwendung der Grundgleichungen der zähen Körper auf die Metalle im Widerspruch zu den durch Versuchsergebnisse bestätigten Tatsachen. Trotz der reichlichen theoretischen u n d experimentellen Forschungsarbeit auf dem Gebiet der bildsamen Formung der Metalle m u ß m a n sich auch heute noch bei der Erfassung und Erklärung der Erscheinungen oft mit einfachen Vorstellungen begnügen, wenn m a n durch Rechnung praktisch brauchbare Resultate erreichen will, die mit der E r f a h r u n g übereinstimmen. Da ich mit diesem Buch auch dem praktischen Ingenieur dienen will, mache ich von den einfachen, aber gut anwendbaren Vorstellungen häufig Gebrauch. E s soll hier noch erwähnt werden, daß die Lösung der überwiegenden Zahl der in diesem Buch vorkommenden Umformungsprobleme von mir u n d teilweise von meinen Mitarbeitern stammt, die an meinem Lehrstuhl bzw. in meinem Laboratorium arbeiteten oder arbeiten. Ihre Forschungsergebnisse sind in diesem Buch angeführt. Selbstverständlich wurden wertvolle fremde Lösungen der Umformungsprobleme der Vollständigkeit halber, oder weil eine Lösung von uns nicht vorlag, in den Text aufgenommen. Die Vorgänger dieses Buches sind in ungarischer (1948), deutscher (1952, 1955, 1960/61), tschechischer (1955), russischer (1958) u n d japanischer (1964) Sprache erschienen. Jedesmal wurde umgearbeitet, ergänzt und verbessert. Ich hoffe, d a ß auch dieses neue Buch, das einen bedeutenden Fortschritt im Inhalt u n d in der Behandlung der Probleme aufweist, von der Fachwelt freundlich aufgenommen wird. Budapest, 1967.
!) Arch. f. d. Eisenhüttenwesen 28 (1957), S. 5 0 5 - 5 1 6 .
Alexander
Geleji
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
VII
Einleitung
XV
I.
II.
Allgemeine Grundlagen 1. Elastische und bleibende Formänderungen 2. Vorgänge im Gefüge 3. Gleichungen des elastischen Spannungszustandes 4. MoHRsche Darstellung der Spannungszustände 5. MoHKsche Darstellung der Verzerrung des Einheitsprismas im ebenen Spannungszustand 6. Infinitesimale Verzerrung 7. Fließbedingung 8. Kleine bildsame Formänderungen 9. Große bildsame Formänderungen 10. Stationärer plastischer Materialfluß 11. Ebener Zerrungs-und Spannungszustand. Gleitliniensystem 12. Viskose Massen (Zähe Körper) 13. Versuchsverfahren zur Ermittlung von Spannungen und Verformungen . . 14. Ermittlung der Fließgeschwindigkeit im Fließgut 15. Einfachste Verformungsvorgänge 16. Arbeitsbedarf der verlustlosen Formgebung bei einachsigem Spannungszustand 17. Formänderungsgeschwindigkeit (Verformungs-, Umformungsgeschwindigkeit 18. Die äußere Umformarbeit 19. Verformungs- oder Umformungswiderstand 20. Formänderungsfestigkeit (Verformungs-, Umformungsfestigkeit) 21. Reibung und Reibungskoeffizient (Reibungszahl,-beiwert) 22. Temperaturänderungen bei der Formgebung Stauchen und Pressen 23. Stauchen 24. Zusammendrücken eines bildsamen Werkstoffes zwischen zwei rauhen Druckflächen 25. Eindruckvorgänge 26. Spannungszustand im eingedrückten Körper 27. Grundgleichungen des Pressens und Schmiedens 28. Änderung der Querschnittsform eines Prismas während des Stauchens . . . 29. Ermittlung des Umformungswiderstandes an den Druckflächen durch Versuch 30. Dauer des Stoßvorganges beim Schmieden
1 1 11 14 29 34 37 39 47 51 53 54 57 59 69 75 79 81 82 83 84 106 110 113 113 115 122 128 130 156 165 171
X III.
IV.
V.
VI.
Inhaltsverzeichnis Biegen 31. Elastisch-plastisches Biegen eines Stabes mit beliebigem Querschnitt . . . 32. Elastisch-plastisches Biegen eines Stabes mit quadratischem Querschnitt 33. Form des elastisch-plastisch gebogenen Stabes 34. Arbeitsbedarf beim elastisch-plastischen Biegen eines Stabes mit quadratischem Querschnitt 35. Biegen eines quadratischen Stabes mit Berücksichtigung der mit wachsender Formänderung ansteigenden Hießgrenze 36. Änderung der quadratischen Form des Stabes während des Biegens . . . . 37. Elastisch-plastisches Biegen von Rundstäben 38. Elastisch-plastisches Biegen von Stäben mit einem Querschnitt in Form eines gleichschenkligem Dreiecks Verdrehung von Stäben 39. Elastisch-plastische Verdrehung von Stäben 40. Bleibende Verdrehung von Stäben mit Ellipsenquerschnitt 41. Bleibende Verdrehung von Stäben mit quadratischem Querschnitt . . . . 42. Bleibende Verdrehung von Stäben, deren Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck ist . . . . " Stangen- und Drahtziehen 43. Stangen- und Drahtziehen 44. Ermittlung der beim Draht- bzw. Stangenziehen auftretenden Kräfte durch Versuch 45. Kraft- und Arbeitsbedarf beim Draht- und Stangenziehen 46. Ermittlung der Stangenziehkräfte unter der Voraussetzung, daß der Umformungswiderstand im Ziehhol konstant ist 47. Stangenziehen bei ortsabhängiger Formänderungsfestigkeit im Ziehhol . . 48. Werkstofffluß beim Ziehen 49. Flächenpressung im Ziehhol 50. Der günstigste Ziehwinkel 51. Spannungsverteilung im Ziehgut 52. Reibung und Schmierung beim Ziehen 53. Wärmeentwicklung beim Kaltziehen 54. Temperaturverteilung im Ziehgut 55. Temperaturmessung beim Ziehen von Draht 56. Drahtziehen auf Mehrfachziehmaschinen Rohrziehen 57. Kraft-und Werkstofffluß beim Rohrziehen 58. Kräfte beim Rohrziehen ohne Stopfen, vorausgesetzt, daß die Formänderungsfestigkeit und der Umformungswiderstand im Ziehhol konstant sind . 59. Kräfte beim Rohrziehen mit Stopfen, vorausgesetzt, daß die Formänderungsfestigkeit und der Umformungswiderstand im Ziehhol konstant sind Fall a) Der Innendurchmesser bleibt unverändert, der Außendurchmesser wird verkleinert Fall b) Sowohl der Innen- wie auch der Außendurchmesser des Rohres werden verkleinert 60. Kräfte beim Rohrziehen mit Stange, vorausgesetzt, daß die Formänderungsfestigkeit und der Umformungswiderstand im Ziehhol konstant sind 61. Kräfte beim Rohrziehen ohne Stopfen, vorausgesetzt, daß die Formänderungsfestigkeit und der Umformungswiderstand im Ziehhol ortsabhängig sind
174 174 177 181 185 190 196 198 204 210 210 215 219 223 226 226 228 231 234 252 255 257 262 267 269 277 279 281 284 296 296 297 300 300 301 302 308
Inhaltsverzeichnis 62. K r ä f t e beim Rohrziehen über Stopfen, vorausgesetzt, daß die Formänderungsfestigkeit und der Umformungswiderstand im Ziehhol ortsabhängig sind Fall a) Der innere Durchmesser des Rohres bleibt während des Ziehens unverändert F a l l b ) Sowohl der innere wie auch der äußere Durchmesser des Rohres wird verkleinert 63. Die K r ä f t e beim Rohrziehen (-drücken) über Stange, vorausgesetzt, daß die Formänderungsfestigkeit und der Umformungswiderstand im Ziehhol ortsabhängig sind Fall a) Der innere Durchmesser des Rohres ändert sich während des Ziehens nicht Fall b) Sowohl der innere wie auch der äußere Durchmesser des Rohres werden verkleinert 64. Aufweiteziehen des Rohres 65. Ermittlung des Kraftbedarfs beim Stahlrohrziehen durch Versuch 66. Spannungen in der Umformzone beim Ziehen von Rundstäben VII.
EHRHARDTsches Rohrstoßverfahren 67. Rohrstoßverfahren 68. Berechnung des Kraftbedarfs beim EmtHABDTschen Rohrstoßverfahren . 69. Ermittlung des Leistungsbedarfs und der Stoßkraft beim EHRHARDTschen Rohrstoßverfahren durch Versuch
XI
311 311 316 318 318 320 321 324 336 345 345 348 360
VIII. Strang- und Rohrpressen 70. Strangpreßvorgang 71. Ermittlung der K r ä f t e beim Strangpressen durch Versuch 72. Kraftbedarf beim Strangpressen 73. Kraftbedarf beim Rohrpressen 74. Fließvorgänge beim Strangpressen
371 371 373 385 391 395
IX.
Preßlochverfahren 75. Lochvorgang 76. Kraftbedarf beim steigenden Lochen 7 7 . Berechnung der K r ä f t e beim Lochen nach E H R H A R D T (beim ausfüllenden Lochen) 78. Ermittlung der K r ä f t e beim Lochen von Blöcken durch Versuch . . . .
398 398 399
Schmieden und Pressen im Gesenk 79. Versuche über Schmieden und Pressen im Gesenk 80. Versuche über Pressen im Gesenk sowie Ermittlung der Preßkraft durch Rechnung und Versuch
417 417
Walzen von stangen- und blechförmigen Körpern 81. Walzvorgang 82. Werkstofffluß beim Walzen 83. Druckverteilung im Walzspalt 84. Grundsätzlicher Walzvorgang und dessen Kinematik 85. Berechnung der gedrückten Länge beim Walzen 86. K r ä f t e beim Walzen von Stücken mit quadratischem Querschnitt . . . . 87. Walzdruckmessungen an quadratischem Stangen- und blechförmigem Walzgut 88. Walzdrehmomentmessungen an quadratischem stangen- und blechförmigem Walzgut
443 443 443 446 454 459 461
X.
XI.
404 410
422
463 479
XII
Inhaltsverzeichnis 89. 90. 91. 92. 93. 94.
95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. XII.
Ermittlung der Größe des Haftgebietes im Walzspalt durch Versuch . . . . Breitung beim Walzen Voreilung beim Walzen Gegenseitige Beeinflussung der einzelnen unter verschiedenem Druck stehenden Profilteile beim Walzen Berechnung der im Walzspalt wirkenden Kräfte Eine Weiterführung und allgemeingültige Lösung der KÄRMANschen Theorie des Walzens Fall a) An den Druckflächen entsteht kein Haftgebiet Fall b) An den Druckflächen entsteht zwischen den Walzen und dem Walzgut ein Haften Berechnung der Breitung beim Walzen Berechnung der Voreilung beim Walzen Richtungen des Werkstoffflusses im Walzspalt Räumliche Verteilung des spezifischen Walzdruckes im Walzspalt . . . . Berechnung des Walzdrehmoments und des Walzdruckes Berechnung des Walzdrehmoments und der Walzleistung unter der Voraussetzung, daß der Umformungswiderstand an den Druckflächen konstant ist Mittlerer Umformungswiderstand beim Walzen Abplattung der Walzen durch den Walzdruck Ermittlung der Walzendurchbiegung Bedingung des Greifens oder Fassens Reibungszahl beim Walzen Wärmeentwicklung beim Kaltwalzen Kombination von Kaltwalzen und Kaltziehen Berechnung des Walzdruckes und des Leistungsbedarfs beim Walzen in Kalibern Leistungsverlust durch Lagerreibung Abkühlung des warmen Walzgutes während des Walzens Leistungsbedarf der Walzenstraßen
485 487 489 497 499 503 503 531 542 557 559 563 566 572 573 587 592 594 595 601 605 617 646 647 656
Rohrwalzverfahren
662
112. MANNESMANNsehes Schrägwalzverfahren 113. Versuche zur Ermittlung der Walzkräfte und des Leistungsbedarfs an einem MANiTESMANN-Schrägwalzwerk 114. Berechnung der Kräfte und des Leistungsbedarfs beim Rohrwalzverfahren
662
nach CALMES
115. Kräfte und Leistungsbedarf beim STiEFELschen Scheiben-Lochwalzwerk . . X I I I . Rohrstreckwalzverfahren 116. MANNESMANNSches Pilgerschrittwalzverfahren 117. Ermittlung der Walz- und Stangenkräfte bei den STiEPEL-Stopfenwalzwerken 118. Berechnung des Leistungsbedarfs der Reduzierwalz werke X I V . Kaltpilgern von Rohren 119. i 20. 121. 122. 123. 124.
Beschreibung des Kaltpilgerverfahrens Bestimmung der Abrollkurve des Streckkalibers Ermittlung der Kräfte beim Kaltpilgern Berechnung der Umformarbeit und des Leistungsbedarfs beim Kaltpilgern Berechnung des Walzdruckes beim Kaltpilgern Kaltpilgerversuche
681 691
722
732 732 746 752 761 761 762 765 774 775 776
Inhaltsverzeichnis XV.
Biegen von Blechen 125. Aufwicklung von Stäben und Blechen auf eine Walze 126. Einrollen von Blechen 127. Biegen von Stäben und Blechen auf einen gegebenen Krümmungshalbmesser 128. Biegen von Winkeln aus Blech 129. Biegen von U-Profilen aus Blech 130. Ziehen von Blechprofilen
XIII 780 780 780 781 784 786 789
XVI. Blechtiefziehen 131. Untersuchungen über Tiefziehen 132. Mechanik des Tiefziehvorganges mit Faltenhaltung 133. Faltenbildung und Faltenhalterdruck beim Tiefziehen 134. Ziehen ohne Faltenhaltung
791 791 795 813 818
Schrifttumsverzeichnis
825
Namenverzeichnis
852
Sachverzeichnis
855
EINLEITUNG
Dieses Buch behandelt die rechnerische Erfassung der Kräfte und des Arbeitsbedarfs bei den verschiedenen technologischen Formgebungsverfahren im bildsamen Zustande der Metalle, wie z. B. Walzen, Pressen, Schmieden usw. Dabei ist der Verfasser bestrebt, auch den Ablauf des Werkstoffflusses in der Umformzone rechnerisch zu verfolgen. Es werden hier die rechnerische Erfassung und Beschreibung dieser Probleme deshalb besonders betont, weil sowohl die Konstrukteure wie auch die Technologen bei ihrer Arbeit die auftretenden Kräfte und den Arbeitsbedarf möglichst genau kennen müssen, wenn sie zeitgemäße Maschinen konstruieren oder zeitgemäße Technologien entwerfen wollen. Ein Abschätzen der auftretenden Kräfte oder des Arbeitsbedarfs genügt heute auch bei der bildsamen Umformung der Metalle keineswegs mehr den technischen Forderungen. Beim Konstruieren eines Bauwerkes oder eines Maschinenteils will der Ingenieur wissen, ob bei einer gewissen Belastung die Spannungen an verschiedenen Stellen der Konstruktion die Elastizitätsgrenze erreichen oder übersteigen. Er muß wissen, ob die Konstruktion in dem sogenannten plastischen Materialbereich nicht versagt oder wie weit noch die Belastung erhöht werden darf, ohne unzulässig große plastische Formänderungen herbeizuführen. Um diese Fragen für den Konstrukteur zu klären, können die durch Belastung auftretenden Spannungen und Formänderungen mit Hilfe der Elastizitäts- und der Plastizitätstheorie zufriedenstellend berechnet werden. Während beim Konstruieren von Bauwerken und Maschinenteilen der Konstrukteur wissen muß, ob bei gegebener Belastung keine unzulässig großen Deformationen auftreten, will der Technologe bei allen technologischen Formgebungsverfahren die Kräfte berechnen können, durch die der Werkstoff der zu bearbeitenden Körper in den plastischen Zustand kommt und fließt; er will die Kräfte berechnen, die bei einer plastischen Umformung auftreten. Die Formänderungen unter Belastung bei Bauwerken und Maschinenbestandteilen müssen, wenn sie auch plastisch sind, in der Größenordnung der elastischen Formänderungen bleiben, sonst verliert die Konstruktion ihre Funktionsfähigkeit; die Formänderungen bei der bildsamen Umformung sind jedoch so groß, daß dabei die elastischen Formänderungen unberücksichtigt bleiben dürfen. Die Plastizitätstheorie, die in den letzten Jahrzehnten entstanden ist, legt ihren Betrachtungen überwiegend die Konklusionen der Elastizitätstheorie zugrunde, wodurch der Beginn des plastischen Fließens als ein Grenzfall der elastischen Formänderung betrachtet wird. Die Plastizitätstheorie läßt sich auf die Berechnung von Bauwerken und Maschinenbestandteilen, wo die Deformationen
XVI
Einleitung
sehr klein sind, hervorragend anwenden. Dagegen stößt die Anwendung der Plastizitätstheorie auf technologische Umformvorgänge meistens auf außergewöhnliche Schwierigkeiten und führt zu praktisch kaum brauchbaren Ergebnissen. Der Grund davon ist teilweise, daß das Verhalten des im bildsamen Zustande sich befindenden Metallkörpers eine sehr komplexe Erscheinung ist, da die Eigenschaften des Werkstoffes, die Form und die Temperatur (Umformtemperatur) des zu formenden sowie des geformten Körpers, der Zustand der arbeitenden Oberflächen der Werkzeuge, das heißt der Reibungskoeffizient zwischen Werkzeug* und Körperoberfläche, die Umformgeschwindigkeit usw. gleichzeitig in Wirkung treten. Dabei kann die Plastizitätstheorie auf die Umformvorgänge nur mit so starken Vereinfachungen angewandt werden, daß das erhaltene Resultat mit den experimentellen Ergebnissen zumeist wenig gemein hat. Es ist also verfehlt, die Probleme der bildsamen Formung der Metalle als rein theoretischmechanische Probleme zu betrachten. Eine Theorie, die auf große Deformationen hervorrufende technologische Umformvorgänge anwendbar ist, muß die Einwirkung aller Werkstoffeigenschaften und aller den Umformvorgang beeinflussenden Komponenten wenigstens näherungsweise richtig wiedergeben. Man darf auch nicht vergessen, daß das beim Beginn des Werkstofffließens auftretende Gleitliniensystem (das mit Hilfe der Elastizitätstheorie als Grenzzustand f ü r sehr kleine Formänderungen ermittelt werden kann) nach Fortschreiten der Umformung sich verzerrt; demzufolge wird nach einer gewissen Deformation das Gleitliniensystem mit dem des Beginnzustandes wenig Ähnlichkeit mehr haben. Aus all dem geht klar hervor, daß bei der Lösung der Probleme der UmformVorgänge dem Experiment eine große Bedeutung zugemessen werden muß. Die Richtigkeit und Brauchbarkeit eines Rechnungsverfahrens, das aus theoretischen Erwägungen abgeleitet wurde, kann nur durch das Experiment, das heißt durch Messungen, bewiesen werden. Wo es zwischen Experiment und Theorie nicht klappt, dort ist etwas mit der Theorie nicht in Ordnung. Bis heute können bei vielen Formgebungsverfahren die auftretenden Kräfte und der Werkstofffluß nur durch Versuche ermittelt werden, doch sind bei einer großen Anzahl die Probleme bereits rechnerisch zugänglich. Bei der mathematischen Behandlung der Probleme der technologischen Umformvorgänge müssen oft Näherungsverfahren angewandt werden, die, mit den Versuchsergebnissen kombiniert, zu praktisch gut verwendbaren Resultaten führen. Da die bildsamen Formgebungsverfahren der Metalle in den großen Kreis der mechanischen Technologie gehören und ihre Probleme nicht als rein mechanische Probleme aufgefaßt werden können, m u ß man aus den obigen Betrachtungen den Schluß ziehen, daß die Theorie der bildsamen Formung der Metalle nicht als ein Abschnitt der Mechanik, sondern als ein Abschnitt der theoretisch-mechanischen Technologie aufzufassen ist. Dabei verwendet die Theorie der bildsamen Formung der Metalle bei der Lösung ihrer Probleme, soweit es möglich ist, auch die Errungenschaften und Ergebnisse der Mechanik sowie der Plastizitätstheorie und lehnt sich an das Experiment als eine feste Stütze an.
I. Allgemeine Grundlagen
1. Elastische und bleibende Formänderungen Jeder feste Körper kann seine Gestalt in stetiger Weise bleibend verändern, wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden. Unter gewissen Voraussetzungen kann also jeder Körper in den bildsamen Zustand gebracht werden, der dadurch gekennzeichnet ist, daß er eine bleibende Verschiebung der Teilchen eines Körpers unter Beibehaltung ihres Zusammenhanges ermöglicht. Für das Eintreten des bildsamen Zustandes sind hoher Druck, erhöhte Temperatur und auch die Dauer der Krafteinwirkung ausschlaggebend. P. L U D W I K [1,1] bezeichnet den Widerstand, der einer Trennung zweier benachbarter Teilchen entgegenwirkt, als Kohäsion, und die Kraft, die einer bleibenden Verschiebung unter Beibehaltung des Zusammenhanges zweier Teilchen entgegenwirkt, als Verschiebungsfestigkeit (innere Reibung). Bei einer bestimmten Temperatur tritt bei den Metallen und Legierungen ein Grenzfall ein, in dem das Eigengewicht des Körpers die innere Verschiebungsfestigkeit überwindet, und ein teigiger Zustand entsteht (viskose Masse, zähe Flüssigkeit). Für diesen Zustand sind weder die Gesetze des festen noch die des flüssigen Zustandes geltend. Die Fortpflanzung des Druckes erfolgt allseitig wie bei den Flüssigkeiten, es besteht jedoch ein Unterschied insofern, als der Druck sich nicht, wie bei den Flüssigkeiten, allseitig unverändert fortpflanzt. Beim teigigen Zustand sind an jeder inneren Stelle des Körpers der Druckunterschied und der Verschiebungswiderstand im Gleichgewicht. Wenn die Kräfte, die einen festen Körper belasten bzw. verformen, in diesem nur solche Schubspannungen hervorrufen, die ein für den Werkstoff des Körpers charakteristisches Maximum nicht erreichen, dann strebt der feste Körper, sobald die Kräfte nicht mehr einwirken, in seine ursprüngliche Form zurückzukehren. Von einer bestimmten Spannung an, der sogenannten Streckgrenze (Quetschgrenze, Fließgrenze), treten die bleibenden Formänderungen verstärkt ein; die von äußeren Kräften hervorgerufenen Schubkräfte überwinden die Verschiebungsfestigkeit, und es treten Gleitungen in einem bestimmten Gleitebenensystem auf. Es soll bemerkt werden, daß alle metallischen Werkstoffe unter hohem Druck kompressibel sind, aber die Volumenänderung, die bei einem technischen Formgebungsverfahren auftritt, kann vernachlässigt, d. h. die Unveränderlichkeit des Rauminhaltes angenommen werden. In einem auf Zug beanspruchten Probestab (Zugversuch) zeigt sich nach Aufhören der Belastung ein wieder verschwindender Teil, die federnde Dehnung, und ein nicht verschwindender Teil, die bleibende Dehnung. Die Belastung kann bis zu einer gewissen Grenze gesteigert werden, ohne daß eine bleibende Dehnung nachweisbar wäre. Diese Belastungsgrenze wird als die technische Elastizitäts2
Geleji
2
I. Allgemeine Grundlagen
grenze bezeichnet. Diese Bezeichnung läßt die Frage offen, ob vom physikalischen Standpunkt aus betrachtet eine Elastizitätsgrenze besteht. Die technische Werkstoffprüfung stellt bei der Ermittlung der Elastizitätsgrenze die Spannung fest, unterhalb der die bleibende Dehnung so gering ist, daß sie praktisch vernachlässigt werden kann. Man nimmt an, daß unter der Elastizitätsgrenze zwischen den Zugspannungen |cr =
und den Dehnungen
=
^ ^ =
eine
Proportionalität besteht. Das HooKEsche Gesetz [1,2], das allen Festigkeitsrechnungen zugrunde liegt, sagt aus, daß die Spannungen den Formänderungen proportional sind: a = s • E. (1.1) In dieser Gleichung ist E ein Proportionalitätsfaktor, also eine vom Material abhängige Erfahrungszahl; da e eine dimensionslose Größe ist, hat E (der Spannungsmodul) die Dimension einer Spannung. Wie die Beobachtungen zeigen, führt die Zugspannung nicht nur eine Dehnung (e) herbei, sondern ruft auch gleichzeitig infolge des allseitigen Zusammenhanges des Werkstoffes senkrecht zur Dehnung Querkontraktionen (e9) hervor, die der Normalspannung a proportional sind: e — = eq
TO
1 bzw. — = v. m
(1.2)
Die PoissoNsche Zahl m (bzw. die Querzahl v) hängt vom Werkstoff ab. Sie nimmt mit zunehmender Temperatur langsam ab und nähert sich gegen die Schmelztemperatur dem unteren Grenzwert 2 für plastische Verformung. Für Stahl setzt man bei Raumtemperatur gewöhnlich m = 10/3. Das HooKEsche Gesetz ist auch auf die Torsion angewandt worden. Bei der Torsion um die Achse des Probestabes entstehen nämlich in den vertikalen Querschnitten Schubspannungen (r), die durch die Winkeländerung y verursacht werden. Hier lautet das Proportionalitätsgesetz r = G-y.
(1.3)
G ist der Schubmodul in ähnlicher Auffassung, wie im ursprünglichen HooKEschen Gesetz der Spannungsmodul E ist. Die drei Stoffwerte E, G und m sind nicht unabhängig voneinander; für isotrope Körper ist G= - — - - E , 2 (m + 1)
und mit
m = ^ 3
ist
G = 0,385 -E.
(1.4)
Das HooKEsche Gesetz, richtiger eine Hypothese des englischen Physikers wurde bis etwa Ende des vorigen Jahrhunderts als ein allgemeingültiges Naturgesetz angesehen. C. B A C H [ 1 , 3 ] hat zuerst experimentell festgestellt, daß diese Annahme nur für wenige Werkstoffe und innerhalb enger Grenzen gültig ist. Beim Kaltzugversuch tritt oberhalb der Elastizitätsgrenze neben dem elastischen ein dauernd stärker werdendes bildsames (plastisches) Verhalten ein. Zuletzt tritt ein Zustand ein, der als Fließen bezeichnet wird. HOOKE,
1. Elastische und bleibende Formänderungen
3
Bei der Kaltformgebung zeigt sich die Vorgeschichte des Werkstoffes in der Verfestigung, die in dem Zugdiagramm (Zerreißdiagramm) eines Metalls deutlich zum Ausdruck kommt (Abb. 1,1). Die Verfestigung besteht darin, daß der Widerstand gegen weitere Verformung wächst. Die Streckgrenze ist annähernd bis auf die vorangegangene Beanspruchung erhöht, während die Formänderungsfähigkeit vermindert ist. 50
40
1
\
eisen mit C 1%C
30
•ö fer
V
Z
10
20
30
Dehnung in °/o (Meßtänge
40
60
50 1=11J-t/F)
Abb. 1,1 Spannungs-Dehnungs-Diagramme verschiedener Werkstoffe
10
20
30
Dehnung
in %
40
Abb. 1,2 Zerreißkurven
Wenn man beim Zugversuch die jeweilige Belastung P auf den ursprünglichen Querschnitt F0 bezieht, so erhält man die sogenannte konventionelle Spannung a
=
P K
(1.5)
Da aber der Querschnitt sich beim Zerreißversuch stetig verkleinert, so ist nach physikalischem Gesichtspunkt allein richtig, wenn man die auf den jeweils betrachteten Querschnitt F bezogene „wahre Spannung" den theoretischen Betrachtungen zugrunde legt (Abb. 1,2): a
—
P T '
(1.6)
Bei einer bestimmten einfachen Verformung, zum Beispiel durch Zug, Druck oder Torsion, ist die Verfestigung, gemessen an der Steigerung der Streckgrenze, durch den Verlauf der Kurve „wahre Spannung—Verformung" gegeben. Die Verfestigung wird demnach eine Funktion der betreffenden Verformung, und zum Beispiel ein Zugversuch würde sich angenähert in eine mathematische Form bringen lassen. Doch hat die Frage, ob und welche Beziehungen zwischen den Werten der durch verschiedene Verformungen herbeigeführten Verfestigung bestehen, eine weit größere Bedeutung. 2*
4
I. Allgemeine Grundlagen
Für die Verfestigungswirkung verschiedenartiger Beanspruchungen hat P. LTJDWIK [1,1 und 1,4] die folgenden allgemeinen Regeln aufgestellt: 1. E s kommt nur auf die absolut größte Hauptverformung an. 2. Eine kleine Dehnung ist in der Verfestigungswirkung einer gleich großen Stauchung gleichwertig. Der Spannungszustand ist also im übrigen auf die Verfestigung ohne Einfluß. Ein um die Länge dl gedehnter Zugstab von der Länge l verfestigt sich somit ebensostark wie ein um die Höhe dh — dl gestauchter Druckkörper von der Höhe h. Die spezifischen Hauptdehnungen sind also dl
(1.7)
T
dSz =
und ds d
=
—
dh
(1.8)
E s gilt demnach für die Verfestigungswirkung dh
dl
(1.9)
T
T
bzw. für endliche Verformungen Abb. 1,3 Unterbrechung und Weiterführung der Zugprobe
e
= In
und
-in
h obere ^Streckgrenze
Abb. 1,4 Obere und untere Streckgrenze des Stahles
(1.11)
h
K = ~