Metallkunde: Band 1 Aufbau der Metalle und Legierungen 9783111376578, 9783111018522


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Inhalt der Bände I, II und III
Inhaltsverzeichnis
1. Aufgaben der Metallkunde
2. Begriff und Bedeutung des Metalls
3. Aufbaustufen des Metalls
4. Einstoffsysteme
5. Zweistoffsysteme
6. Dreistoffsysteme
7. Vielstoffsysteme
8. Phasenregel
9. Schrifttum
Namen- und Sachverzeichnis
Front Matter 2
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Metallkunde: Band 1 Aufbau der Metalle und Legierungen
 9783111376578, 9783111018522

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SAMMLUNG

GÖSCHEN

BAND

432

METALLKUNDE von

P R O F . DR. I N G . H A B I L . H E I N Z

BORCHERS

D i r e k t o r des I n s t i t u t s f ü r M e t a l l u r g i e u n d M e t a l l k u n d e der Technischen Hochschule München

i

AUFBAU

DER METALLE U N D

LEGIERUNGEN

Mit 2 T a b e l l e n u n d 90 A b b i l d u n g e n Vierte Auflage

WALTER D E G R U Y T E R & CO. v o r m a l s G. J. G ö s c h e n ' s c h e V e r l a g s h a n d l u n g • J . G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g • G e o r g R e i m e r • K a r l J . T r ü b n e r • Veit & C o m p .

B E R L I N 195 9

Die Gesamtdarstellung umfaßt folgende Bände: Band I:

Aufbau der Metalle und Legierungen (Slg. Göschen Bd. 432)

Band II:

Eigenschaften. Grundzüge der Form- und Zustandsgebung (Slg. Göschen Bd. 433)

Band III: Die metallkundlichen Untersuchungsmethoden (Slg. Göschen Bd. 434) Die Bände I u. III dienen zugleich als Ersatz für die Bände Nr. 432 und 433 der „Metallographie" von E. H e y n \ u. O. B a u e r f.

Copyright 1959 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35. — Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. — Archiv-Nr. 11 04 32. — Satz u. Druck: T h o r m a n n & Goetsch, Berlin-Neukölln. — Printed in Germany.

Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5.

Aufgaben der Metallkunde Begriff und Bedeutung des Metalls Aufbaustufen des Metalls Einstoffsysteme Zweistoffsysteme

4 5 10 20 25

5.1 Im gastörmigen Zustand 5.2 Im flüssigen Zustand 5.21 Vollkommene Unlöslichkeit 5.22 Vollkommene Löslichkeit 5.23 Teilweise Löslichkeit 5.3 Im festen Zustand 5.31 Vollkommene Löslichkeit 5.32 Vollkommene Unlöslichkeit 5.33 Teilweise Löslichkeit 5.34 Änderung im festen Zustand 5.341 Ausscheidung 5.342 Aufspaltung 5.343 Umwandlung 5.4 Schcmatische Übersicht über die Kapitel 5.2 und 5.3 . . . . 5.5 Ausgewählte, technisch wichtige Zweistoffsysteme 5.51 System Fe—C 5.52 System Cu—Zn 5.53 Cu—Zn-ähnlidie Systeme 5.54 Leichtmetallsysteme und ähnliche 5.55 Nichtmetallische Zweistoffsysteme 5.6 Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand . . . .

25 25 25 29 30 34 34 41 53 61 62 63 64 66 69 70 86 92 93 96 100

6. Dreistoffsysteme 7. Vielstoffsysteme 8. Phasenregel 9. Schrifttum Namen- und Sachverzeichnis

101 112 113 117 119

1. Aufgaben der Metallkunde Die Metallkunde behandelt den Aufbau, die Eigenschaften, die Vorgänge bei Form- und Zustandsänderung bzw. Form- und Zustandsgebung sowie die Untersuchung der Metalle und der Legierungen von Metallen miteinander oder mit Nichtmetallen. Unter Form- und Zustandsgebung verstehen wir Schmelzen, Gießen, Erstarrungslenkung, Spritzen, Sintern, elektrolytisches Niederschlagen, Abscheiden aus der Gasphase, Legieren, bildsame (plastische, spanlose) Verformung, (spanabhebende) Werkstoffabtragung, Verbindearbeiten, Trennarbeiten, Wärmebehandlung und Oberflächenbehandlung auch unter zusätzlicher chemischer Einwirkung. Die Metallkunde dient, wie andere wissenschaftliche Disziplinen, der Erarbeitung von Erkenntnissen. Hierbei hat sie aber auf Schritt und Tritt Berührung mit Fragen der Technik, da sie deren wichtigsten Werkstoff behandelt und dadurch zugleich eine ihrer wichtigsten Dienerinnen geworden ist. Wichtigste Voraussetzung zur Beherrschung und sinnvollsten Anwendung der Metallkunde sind gutes chemisches, physikalisches, physikochemisches und das dazu gehörende mathematische Grundwissen sowie die Kenntnis der Forderungen der Technik. Ein gewisses Verständnis für die Metallkunde kann aber auch schon, wenn die genannten Voraussetzungen nicht voll vorhanden sind, gewonnen werden und wertvolle technische Dienste leisten. D i e vorliegenden Bände sollen eine wissenschaftlich exakte, aber möglichst leicht verständliche E i n f ü h r u n g bringen. Sie sollen mit dem geringsten M a ß an Voraussetzungen ein schnelles Eindringen in das Gebiet der Metallkunde mit praktischer Blickrichtung ermöglichen. Neben der E i n f ü h r u n g soll auch ein ausreichender Überblick über die aus den Grundlagen abzuleitenden technischen M a ß n a h m e n unter Verarbeitung eines

Begriff und Bedeutung des Metalls

5

großen Stoffes auf engem Raum gegeben werden. D i e lebhafte Zustimmung in fast allen ausländischen und inländischen Kritiken läßt erkennen, daß der richtige W e g beschritten zu sein scheint. In der vorliegenden 4. Auflage wurden gegebene Anregungen verarbeitet. Nicht berücksichtigt wurden Wünsche nach Erweiterungen, die ausführlichen Lehrbüchern und umfangreichen Nachschlagewerken vorbehalten bleiben müssen.

2. Begriff und Bedeutung des Metalls Der Begriff des Metalls wird durch mehrere Eigenschaften umrissen, von denen nicht jede allein kennzeichnend ist, wie nachstehende Übersicht in Tabelle 1 zeigt. Die Grenze zwischen Metallen und Nichtmetallen kann je nach der Gruppe der Eigenschaften, der man die größte Bedeutung beimißt, mit mehr oder weniger Berechtigung gezogen werden. So rechnen einzelne Metallurgen, aber wie aus Tabelle 1 hervorgeht mit wenig Berechtigung, den Wasserstoff wegen seines elektrochemischen Verhaltens und seiner überragenden Löslichkeit zu den Metallen. Elemente wie Zinn, Selen und Arsen kann man wegen ausgesprochen metallischer Zustandsformen 1 ) zu den Metallen zählen, in anderen Zustandsformen sind sie Nichtmetalle. Zu den h e r v o r s t e c h e n d s t e n Eigenschaft e n der Metalle gehören die plastische (bildsame) Verformbarkeit und die elektrische Leitfähigkeit durch Elektronen. Was unter der bildsamen Verformbarkeit genauer zu verstehen ist, werden wir in Kapitel 3.7 in Band II kennenlernen. Es sei vorweg erwähnt, daß diese über die elastische Formänderungsmöglichkeit im festen Zustand hinausgehende Eigenschaft maßgebend für die weitgehende Verformbarkeit durch Schmieden, Pressen, Walzen, Ziehen und für das günstige Verhalten bei mechanischer Beanspruchung ist. Ein Gefühl für diese Eigenschaft wird durch den Hinweis gegeben, daß sie allen anderen Werkstoffen wie Holz, Stein, Glas, Gummi und Kunststoffen fehlt. *) Manche Elemente können im festen Zustand in verschiedenen Zustandsformen (Modifikationen) auftreten.

6

Begriff und Bedeutung des Metalls Tabelle 1

Charakteristische Eigenschaften der Metalle Bei 20° fest metallischer Glanz bilden Oxyde bilden Hydroxyde bilden Sulfide bilden Hydride bilden mit Säuren Salze außer in Metall in keinem Mittel ohne chemische Einwirkung löslich, aus dem es wieder auskristallisieren kann bei allotroper Modifikation keine sichtbare Änderung im äußeren Habitus

Ausnahmen bei den als Metalle angesehenen Elementen, soweit untersucht Hg, (H 2 ) keine (fester H 2 ) keine keine keine mehrere keine (außer H 2 )

Zutreffend bei einzelnen nicht als Metalle angesehenen Elementen 1 ) ja ja ja nein ja ja nein

keine (außer H 2 ) mehrere, aber es verliert sich dann auch der metallische Charakter

Produkt aus spezif. W ä r m e und mehrfach unsicher Atomgewicht Konstante 6,4 legieren sich nicht mit Nichtmetallen zu homogenen einzelne Mischkristallen legieren sich nicht mit Metalloiden, mit denen sie Verbin- mehrere dungen bilden keine (außer atomarem in Gasform einatomig Wasserstoff) als Ion elektropositiv geladen (daher H 2 oft zu Metallen ge- keine rechnet) gute elektrische und Wärmeleitkeine (außer H 2 ) fähigkeit Temperaturkoeffizient der elekkeine trischen Leitfähigkeit negativ keine, soweit in geplastische Formänderungsfähig- nügender Reinheit unkeit im festen Zustand tersucht, manche aber schon ziemlich spröde metallische Bindung. I m Raumgitter Abgabe von Valenzelek- es können andere tronen, die frei beweglich nicht (homöopolare oder mehr bestimmten Atomrümpfen heteropolare) Bindunzugeordnet sind. Hohe Bin- gen überlagert sein dungsenergien i) Nicht als Metalle geredinet: He, Nc, Ar, Kr, X , Rn.

nein (Si?) nein, auch bei Graphit viel niedriger als bei Metallen nur bei unreinem Graphit nein, äußerst gering unter normalen Zustandsbedingungen nicht

B, C, Si, N, O, P, S, F , Cl, Br, J,

Begriff und Bedeutung des Metalls

7

Dem günstigen mechanischen Verhalten der metallischen Werkstoffe und weiterhin der elektrischen Leitfähigkeit verdanken wir sehr wesentlich den hohen Stand unserer technischen Entwicklung. Ohne Metalle sind unser Maschinenbau, unsere Elektrotechnik, unsere schnellen Verkehrsmittel, sogar unsere einfachsten Hilfsmittel des täglichen Bedarfs wie Messer und Nadel undenkbar. Welche Rolle das Erscheinen der Metalle als Werkstoffe in der Geschichte der Menschheit gespielt hat und spielt, geht schon daraus hervor, daß die der primitiven Steinzeit folgenden Epochen als Bronze- und Eisenzeit bezeichnet wurden und daß unser heutiger technischer Fortschritt untrennbar von Stahl, Leichtmetall und vielen andern metallischen Werkstoffen ist. In Tabelle 2 sind im periodischen System von den 98 Elementen 18 fettgedruckt, die nicht als Metalle angesehen werden können; in dieser Tabelle ist auch der W a s s e r s t o f f n i c h t a l s M e t a l l gekennzeichnet. Mit Rücksicht auf Vorkommen, Herstellungspreis und Eigenschaften können die restlichen metallischen Elemente nicht alle allein oder legiert als Werkstoffe Verwendung finden. In reiner Form oder als Hauptbestandteil einer Legierung kommen bisher vorzugsweise nur 20 Metalle zur Anwendung: Die Leichtmetalle 1 ) . . . M a g n e s i u m , A l u m i nium, Titan; die niedrigschmelzenden Schwermetalle Z i n k , Kadmium, Z i n n , B l e i , Quecksilber; die hochschmelzenden Schwermetalle . . . E i s e n , Chrom, Kobalt, N i k k e l , K u p f e r , Silber, Gold, Platin, Palladium; die sehr hochschmelzenden Schwermetalle . . . Wolfram, Tantal, Molybdän. ! ) Einteilung der Metalle nach spezifischem Gewidit, Schmelzpunkt u. a. siehe T a b e l l e 2 und bei der Besprechung der Eigenschaften in Band II.

Begriff und Bedeutung des Metalls ^ •s • M

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10

Aufbaustufen des Metalls

Gesperrt (S. 7) gedruckt sind die Metalle, die in Mengen von Zehntausenden bis Millionen Tonnen im Jahr in der Welt hergestellt werden. Als Legierungszusätze zu den einzelnen dieser 20 Metalle können die übrigen dieser 20 Metalle sowie die restlichen 55 Metalle in Frage kommen, außerdem von den Nichtmetallen vor allem Kohlenstoff und Silizium. Berücksichtigt man, daß nicht nur Legierungen aus zwei, drei und mehr Stoffen, sondern diese auch in verschiedensten Konzentrationen und Zuständen hergestellt werden können, so ergibt sich, daß die Legierungsmöglichkeiten unerschöpflich sind und ihre Zahl Milliarden übersteigen kann. Die erfolgreiche Entwicklung der hochwertigen metallischen Werkstoffe ist nicht einem zufälligen oder planlosen Experimentieren zu verdanken, sondern sie ist fast ausschließlich vorgetrieben durch planvolle Arbeit von wissenschaftlich exakt geschulten Menschen in den Forschungsstätten und in den praktischen Betrieben. 3. Aufbaustufen des Metalls Bei der Erstarrung einer Metallschmelze bilden sich an einzelnen Stellen Wachstumszentren aus, von denen Kristalle in Form verschiedenartiger Gebilde mit bestimmter Orientierung 1 ) wachsen, bis sie durch Zusammentreffen ihre Begrenzung finden. Diese Begrenzungen entsprechen nicht den natürlichen Grenzen völlig frei gewachsener Kristalle. Man bezeichnet die durch das Zusammentreffen begrenzten Körper als Kristallite oder Körner und ihre auf Schliffen sichtbar gemachten Begrenzungslinien als Korngrenzen. Die Kornbildung beim Erstarrungsvorgang können wir uns schematisch so veranschaulichen, wie es Abb. 1 zeigt. Die einzelnen Körner weisen je nach der Lage der zuerst gebildeten Kristallkeime auch in ihrem weiteren Aufbau eine bestimmte Orientierung auf. Je nach der Richtung d. h. Lage der Kristall a c h s e n

Aufbaustufen des Metalls

11

7© l•

3-

Beginn: Erste Keime a. T . gewachsen Verschiedene

Ende: Begrenzung nach Zusammenstoßen Schraffur deutet verschiedene Orientierung (Lage der Kristallachsen) der Körner an.

Abb. 1. Schema

Fortschreiten: Wachstum und neue Keime

des Erstarrungsvorgangs und der (stark vergrößert).

Korngrenzenbildung

der Kristallachsen sind die Eigenschaften der einzelnen Körner verschieden (anisotrop). Es handelt sich nicht um einen sich nach allen Richtungen gleichverhaltenden (isotropen) Aufbau, wie ihn Schmelzen oder Gläser zeigen. Die Anisotropie kann leicht nachgewiesen werden. Wenn man einen Schnitt durch ein Metallstück legt und die Schnittflächen zwecks Beobachtung bei hohen Vergrößerungen schleift und poliert, so werden nach einer Anätzung die geschnittenen Körner mit ihren Umgrenzungen sichtbar. Ätzt man nun einen solchen Schliff länger, so kann man feststellen, daß die Körner, auch wenn sie untereinander vollkommen gleiche chemische Zusammensetzungen aufweisen, verschieden schnell angegriffen werden. Die chemische Angreifbarkeit der angeschnittenen Kornflächen ist also je nach der Richtung, die die einzelnen Körner bei ihrer Bildung eingenommen hatten, verschieden. Abb. 2 a zeigt die durch mäßige Ätzung zunächst entwickelten Korngrenzen. Abb. 2 b läßt den infolge andersartiger Ätzung erfolgten verschiedenartigen Angriff der Kornflächen erkennen. Die dunkel erscheinenden Flächen sind durch starken Angriff mehr aufgerauht und haben z. B. senkrecht auffallendes Licht bei der Aufnahme schwächer zurückgeworfen.

12

Aufbaustufen des Metalls

Nicht nur die chemischen, sondern auch die meisten anderen Eigenschaften zeigen je nach der Kornrichtung ein verschiedenartiges Verhalten. Bei großgezüchteten Einkristallen kommt diese Anisotropie sehr stark zum Ausdrude, bei den üblichen metallischen Gegenständen wird

b Abb. 2. Korngrenzen- und Kornflächen-Ätzung.

sie aber äußerlich durch die verschiedene Lage, Vielzahl und Feinheit der Körner, aus denen sie aufgebaut sind, verwischt. Die Korngrößen der gebräuchlichen metallischen Werkstoffe schwanken etwa in der Größenordnung von 0,01 mm bis 10 mm. Das einzelne Korn ist meist mit bloßem Auge nicht zu sehen. Die Vielzahl der an sich verschieden gerichteten Körner verleiht den meisten Metallstücken den Eindruck eines nach allen Richtungen sich gleich verhaltenden Stoffes (quasiisotrop). Wir haben nun gesehen, daß ein Metall aus Körnern aufgebaut ist, deren Begrenzungen durch zufälliges Aneinanderstoßen entstanden sind. Ich wiederhole noch einmal, daß diese Begrenzungen nicht etwa wohl definierten Kristallgrenzen ungestört gewachsener Kristalle entsprechen, wie wir sie bei frei gewachsenen Kristallen aus der Mineralogie oder aus vielen Kristallisationsvorgängen aus Flüssigkeiten kennen. Nur wenn wir während der Erstarrung

Aufbaustufen des Metalls

13

in einem Augenblick, in dem erst eine gewisse Menge von Kristallen frei in die Schmelze hineingewachsen ist, plötzlich die Restschmelze ausgießen, so können wir auch ungestört entwickelte, metallische Kristallgebilde zur Beobachtung bringen. Auch an freien Oberflächen erstarrter Metallstücke ist oft die Ausbildung wenig gestörter Kristallisation zu sehen. Innerhalb der Körner läßt sich auch noch häufig ein bevorzugtes Wachsen von Kristallnadeln mit Seitenästen in verschiedenen Richtungen während ihres Aufbaus an dem Auftreten der sogenannten Tannenbäumchen oder Dendriten erkennen.

Abb. 3. Metall tiefgeätzt. Vergrößerung 6000 mal, elektronenmikroskopische Aufnahme (v. H. Mahl u. F. Pawlek).

Es muß uns interessieren, woraus die einzelnen Körner bestehen. Bei kräftigem Ätzen sieht man, daß jedes Korn aus einer großen Zahl gleich orientierter Kristallbausteine besteht, wie es schon bis zu einem gewissen Grad bei Abb. 1 dargestellt worden war. Eine solche Tiefätzung zeigt Abb. 3.

14

Aufbaustufen des Metalls

Sie läßt deutlich erkennen, daß die Körner aus einer großen Zahl in diesem Fall würfeliger (kubischer) Bauelemente bestehen. Sie sind innerhalb jedes Kornes gleichartig angeordnet (orientiert). Die Richtung ist aber beim Vergleich verschiedener Körner untereinander verschieden. Diese durch die Tiefätzung entwickelten Bauelemente des Kornes lassen schon gewisse Schlüsse auf das Kristallsystem der Bauelemente zu. Die hier sichtbar gemachten Bausteine sind aber wieder aus immer feiner werdenden gleichartigen Bausteinen aufgebaut, die weit unter die Größe heruntergehen, die man mit dem Lichtmikroskop auflösen kann1). Das Elektronenmikroskop hat noch eine Steigerung der Vergrößerung um das 10- bis lOOfache, also eine Auflösung bis fast 1 • 10"6, ermöglicht. Die Bausteine gehen bis zu einer Größenordnung von etwa 1 bis 5 • 10"' mm, d. i. 1 bis 5 Â2) herunter. Sie liegen also noch eine Größenordnung niedriger und können daher nicht direkt betrachtet werden. Ihr Nachweis ist nur indirekt durch Beugungserscheinungen mit kurzwelliger Strahlung, also z. B. mit Unter dem Auflösungsvermögen verstehen wir die Fähigkeit eines Gerätes, zwei benachbarte Teilchen getrennt beobachten lassen oder wiedergeben zu können. Es ist bei d e m Lichtmikroskop abhängig von der Wellenlänge (in sichtbarem Gebiet 0,00065—0,00045 m m , mittlere Wellenlänge im hellen Bereich des Spektrums 0,00055 mm) u n d der numerischen Apertur A eines Objektives nach der Formel Ô = ^ Lichteinfall ô •-- ^

A

oder bei schiefem

In die Formel der Apertur geht der Sinus des

Öffnungswinkels des Objektives u n d der Brechungsindex des Mediums zwischen Objekt u n d Objektiv wie folgt ein: A ^ n • Vz sin". Die günstigste Apertur für Ölimmersionsobjektive liegt bei 1,66. Das Auflösungsvermögen geht daher fast bis = —h: , — 0,00017 m m . W e n n wir 2 • l,ob berücksichtigen, d a ß unser Auge auf die konventionelle Sehlänge von 25 cm noch einen Abstand von ungefähr 1 / 15 m m auflöst, so müssen wir mindestens 0,006 : 0,00017 = 400fach vergrößern, um aus der Photographie das Aufgelöste erkennen zu können. Nach A b b é liegt die „förderliche" Vergrößerung, die die aufgelösten Objekte in Gestalt und Größe richtig wiedergibt, bei der 500—1000fachen Größe der Apertur. Die darüber hinausgehende Vergrößerung bringt keine weiteren Einzelheiten; wir bezeichnen eine über die förderliche oder nutzbare Vergrößerung hinausgehende als „tot". 2 ) 1 A = 1 Angström = 0,000 000 1 mm - 10- 7 m m = 10-8 c m .

Aufbaustufen des Metalls

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Röntgenstrahlen 1 ) zu führen. Dem Nachweis liegt folgende Überlegung zugrunde. Die kleinsten Kristallteile sind aufgebaut aus Atomen, die in Abständen von etwa 10~7 mm in einer bestimmten Stellung zueinander angeordnet sind, wie es etwa die Abb. 4 darstellt. Der Übersichtlichkeit halber sind nur die Mittelpunkte der Atome

Einfache kubische Gitterzelle (Elementarbereidi) Abb. 4. Mehrere kubische Gitterzellen vereinigt

(Gitterbereidi).

angedeutet. Wollte man die Größe der Atome bzw. ihren Einwirkungsbereich wiedergeben, so müßten in das Gitter sich fast berührende Kreise bzw. Kugeln gezeichnet werden. Man spricht von einem gitterförmigen Aufbau und von Gitterebenen, die von Atomen besetzt sind. Läßt man. nun unter einem bestimmten Winkel auf die Gitterebenen Strahlen gleichartiger Wellenlänge auftreffen, so kann man aus der bewirkten Reflexion, nach der Braggschen Reflexionsbeziehung n^. = 2 d • sin d, die wichtigsten Daten über Abstand der Atome und ihre Anordnung herleiten (Abb. 5). Es hat sich ergeben, daß die Materie nach den in Abb. 6 dargestellten Kristallsystemen aufgebaut ist. Die Metalle bevorzugen die kubische und hexagonale Form. ') Die Wellenlänge der Röntgenstrahlen liegt ungefähr in der Größenordnung der Atomabstände im Gitter.

Aufbaustufen des Metalls

16

N

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t 1 |

A b b . 5. Reflexion der R ö n t g e n s t r a h l e n am Kristallgitter

(nach

Bragg).

( 0 = Theta,«> = P h i )

Aus der Physik wissen wir nun weiter, daß die Atome auch nicht mehr kleinste unteilbare Massenteilchen sind, sondern daß sie wieder eine Welt für sich darstellen. Sie sind aufgebaut aus dem Atomkern, bestehend aus elektrisch positiven Protonen und ungeladenen Neutronen1), um den sich negative Elektronen in bestimmten Bahnen Hono/i/wes «ni

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e?. aw •ScA weiten Abb. 11. Vollkommene Unlöslichkeit im flüssigen Zustand und im festen Zustand von zwei und mehr Stoffen.

Besteht vollkommene Unlöslichkeit z. B. der Stoffe A und B ineinander, so zieht sich also auch diese Unlöslichkeit über alle Konzentrationsverhältnisse, die zwischen diesen Stoffen möglich sind, hin. Wenn sich die Stoffe nicht ineinander lösen, so beeinflussen sich auch ihre Eigenschaften nicht. Auch ihre Erstarrungspunkte ändern sich nicht. Wir erhalten also bei Aufnahme von Abkühlungs- und Erhitzungskurven unbeeinflußt die Haltepunkte, die den Schmelzpunkten der Stoffe entsprechen, ganz gleich in welchem Konzentrationsverhältnis wir uns befinden. Wenn wenig A im Verhältnis zu B da ist, wird natürlich die Dauer des Haltepunktes von A auch im Verhältnis geringer sein als bei B (annähernd gleiche Schmelzwärmen von A und B vorausgesetzt). Die Aufnahme der Erhitzungs- oder Abkühlungskurven kann uns helfen, sogenannte Zustandsschaubilder aufzustellen, die uns angeben, was in Abhängigkeit von der Temperatur mit den Legierungen vorgeht. Bei den Ein-

27

Im flüssigen Zustand

stoffsystemen genügte uns eine einfache, in Temperaturgrade unterteilte Linie, auf der wir nur die interessierenden Punkte für den Stoff eintrugen (Abb. 10). Bei Zweistoffsystemen müssen wir außer der Temperatur auch noch die Konzentration der beiden Stoffe angeben. Zu diesem Zweck hat man eine Darstellung gewählt, bei der die Konzentration auf der Abszisse in Gewichts- oder Atomprozenten und die Temperatur auf der Ordinate in Grad Celsius aufgetragen ist. In dieses Koordinatensystem werden nun die interessierenden Punkte eingetragen und durch Linienzüge verbunden. Bei vollkommen ineinander unlöslichen Stoffen werden wir bei allen Konzentrationen immer die gleichen Schmelzpunkte finden, wie Abb. 12 zeigt. Z \SchiehCen cfer ¡Schmelzen ^ 700\ von A und ß. gs{jC 600

2 Schichten,

(Rlj

Konzentrat/'on

Abb. 12. Zustandsschaubild für vollkommene Unlöslichkeit im und festen Zustand.

flüssigen

Bei 100% B und 0 % A haben wir reines B, bei 100% A und 0 % B haben wir reines A vorliegen. Streng genommen finden wir auf der Linie senkrecht über 100% A natürlich nur den Erstarrungspunkt von A und über 100% B nur den von B, da aber bereits bei z. B. 0,01% Zugabe von dem einen Stoff zu dem anderen der zweite Haltepunkt schwach in Erscheinung tritt, zeichnen wir die Schmelzpunktlinie von A nach B und von B nach A durch.

28

Zweistoffsysteme

Diese soeben besprochene Schaubilddarstellung hat den Vorteil, daß sie uns auf einen Blick übersehen läßt, was zwischen zwei Stoffen in Abhängigkeit von der Temperatur und Konzentration geschieht. Im vorliegenden Fall zeigt sie, daß keinerlei gegenseitige Beeinflussung und Löslichkeit besteht. Bei Eintreten von Löslichkeit, die wir anschließend besprechen, werden die Linien stark geändert und der Sinn und die Brauchbarkeit derartiger Schaubilder noch stärker hervortreten. Beispiele für eine Unlöslichkeit zweier Stoffe ineinander. 1) allgemein bekannt: Öl — Wasser; 2) aus der Metallurgie und Metallkunde: Eisen — Blei: Aluminium — Blei, Metall — Stein, Metall •— Schladce, Stein — Schlacke. Unlöslichkeit zwischen zwei Metallen ist ziemlich selten. Metalle sind meist ineinander im flüssigen Zustand löslich, aber meist nicht in Stein (das sind sulfidische Stoffe) und meist nicht in Schlacke (das sind oxydische Stoffe), Sulfide meist ineinander löslich, aber meist nicht in Metallen und Schlacken. Oxyde ineinander löslich. Die Unlöslichkeit zweier oder mehrerer Stoffe wird praktisch oft ausgenutzt: um durch Umschmelzen und Absitzenlassen diese Stoffe zu trennen, wenn sie mechanisch vermengt waren, um z. B. durch Oxydieren aus einer Lösung mehrerer Metalle ineinander eines in Oxyd zu überführen und um es dann, wenn dieses Oxyd nicht in der restlichen Metallschmelze löslich ist, zu trennen. In vereinzelten Fällen versucht man aber auch, zwei an sich unlösliche Stoffe als sogenannte Suspensionslegierung zu verwenden. Zu diesem Zweck wird beispielsweise Aluminium mit einer kleinen Menge von dem in ihm praktisch nicht löslichen Blei im flüssigen Zustand mechanisch außerordentlich innig vermengt, so daß das Blei in Form feiner Tröpfchen im Aluminium verteilt ist. Wenn man nun sehr rasch vergießt und abkühlt, ehe sich die Bleitröpfchen ab-

Im flüssigen Zustand

29

setzen können, so erhält man auch im festen Zustand diese feine Verteilung (also Bleikügelchen in Aluminium eingesprengt, nicht aufgelöst). Derartige Einlagerungen können deshalb günstig sein, weil sie bei der Zerspanung zu schnellem Abbrechen der Späne führen und die Ausbildung langer Späne verhindern, die den Zerspanungsvorgang hindern und die Arbeiter gefährden können. 5.22 Vollkommene Löslichkeit Es kann eine v o l l k o m m e n e L ö s l i c h k e i t zwischen zwei oder mehr Stoffen i m f l ü s s i g e n Z u s t a n d bestehen. Bei vollkommener Löslichkeit im flüssigen Zustand von zwei oder mehreren Stoffen würden wir bei einem gedachten Schnitt durch den Schmelztiegel im flüssigen Zustand oder auch, wenn keine groben Entmischungen bei der Erstarrung auftreten, Abb. 13 erhalten. Wir haben keine Schichtenbildung, sondern eine einheitliche Lösung, die an allen Stellen gleiche Zusammensetzung aufweist und die Einzelbestandteile A und B nicht frei nebeneinander erkennen läßt. Auch wenn der Stoff A, der hier spezifisch sehr schwer sein soll, zuerst geschmolzen oder flüssig eingebracht wird, und dann der Stoff ß, der spezifisch viel leichter sein soll, vorsichtig überschichtet wird, so findet auch in der Ruhe eine gegenseitige Mischung durch das Lösungsbestreben statt. Dieses Lösungsbestreben ist so stark, daß bei vollkommener Löslichkeit im festen und flüssigen Zustand auch der niedriger schmelzende Stoff den unterhalb seines Schmelzpunktes eingebrachten höher schmelzenden Stoff lösen kann. Das gegenseitige Lösen kann sogar im festen Zustand zwischen aneinandergelegten Stoffen durch Diffusion, und zwar bei erhöhten Temperaturen sehr schnell vor sich gehen. Beispiele für vollkommene Löslichkeit im flüssigen Zustand: 1. allgemein bekannt: Wasser-—Alkohol;

30

Zweistoffsysteme

2. aus Metallurgie und Metallkunde: Metalle unter sich meist im flüssigen Zustand löslich. Hierüber sowie über Stein und Schlacken sind Angaben bereits unter Beispielen bei Unlöslichkeit gemacht.

Abb. 13. Vollkommene Löslichkeit im flüssigen und festen Zustand.

Abb. 14. Teilweise Löslichkeit im flüssigen Zustand.

Besteht eine Löslichkeit zwischen zwei Stoffen, so werden viele ihrer Eigenschaften, insbesondere auch die Schmelztemperaturen, gegenseitig beeinflußt. Wenn eine vollkommene Löslichkeit im flüssigen Zustand besteht, so kann sie bei der Erstarrung erhalten bleiben oder ganz oder teilweise verloren gehen. Diese Erscheinungen und die Aufstellung der Zustandsschaubilder wird weiter unten besprochen. 5.23 Teilweise Löslichkeit Es kann eine t e i l w e i s e L ö s l i c h k e i t im f l ü s s i g e n Z u s t a n d auftreten. Bei einer teilweisen Löslichkeit im flüssigen Zustand treten, nach den spezifischen Gewichten abgesetzt, zwei Schichten auf, von denen nicht jede aus den reinen Bestandteilen besteht, sondern von denen die eine aus A mit etwas in ihr gelöstem B, die andere aus B mit etwas in ihr gelöstem A besteht. Im flüssigen Zustand könnte also der in Abb. 14 veranschaulichte Zustand vorliegen, der auch im festen Zustand auftreten kann, aber nicht in der gleichen Weise aufzutreten braucht.

Im flüssigen Zustand

31

Auch nach intensivem Durchrühren setzen sich diese Schichten immer wieder gegeneinander ab. Bei gleichbleibender Gesamtkonzentration des Tiegelinhaltes ändern sich aber in mehr oder weniger großen Grenzen die Konzentrationsverhältnisse in den beiden Schichten. Bei steigender Temperatur können die Konzentrationen sich angleichen, und es kann sogar schließlich eine völlige Löslichkeit der beiden Bestandteile eintreten, also die Schichtenbildung aufhören. Die teilweise Unlöslichkeit erstreckt sich auch nur über bestimmte Konzentrationsbereiche. Liegt z. B. der Fall vor, daß bei 700° A 9 % B löst und B 14% A löst (siehe Abb. 15), so bilden sich, falls wir eine Konzentration von 60% A und 40% B betrachten, eine Schicht von A mit 9 % B sowie eine Schicht von B mit 14% A aus (Wie das Mengenverhältnis der beiden Schichten bestimmt werden kann, wird sogleich besprochen.) Sind im Tiegel 95% A und 5% B bei 700° vorhanden, so tritt nur eine Schicht auf, da ja bei dieser Temperatur eine Löslichkeit von 9% B in A festgestellt wurde. Erst wenn z. B. neben 90 A 10 B eingegeben werden, so haben wir eine große Schicht von 9% B in A und eine sehr kleine Schicht von B mit 14% A. Wir sehen, daß das Auftreten, die Menge und die Konzentration der Schichten von Temperatur und Gesamtkonzentration abhängig sind. Um von vornherein einen Irrtum auszuschließen, sei erwähnt, daß unter Gesamtkonzentration das Verhältnis der beiden Bestandteile A und B im Tiegel (nicht in den einzelnen Schichten) gemeint ist. Die Verhältnisse, die in Abhängigkeit von der Temperatur und Konzentration auftreten, veranschaulicht uns wieder ein Zustandsschaubild (siehe Abb. 15). Da die Wärmetönungen bei der Entmischung der Komponenten meist sehr gering sind, muß hier die Lage der Linien durch Probenahmen aus den Schmelzen bzw. den Schichten bei bestimmten Temperaturen oder durch andere Verfahren bestimmt werden, wie wir sie in Band III kennenlernen.

32

Zweistoffsysteme S07°

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Abb. 15. Teilweise Löslichkeit im

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flüssigen

SooX 3 f-Z».) Zustand.

Betrachten wir eine Schmelze mit 20% B bei ihrer Abkühlung. Bis herunter zu etwa 840° ist sie eine einheitliche Lösung von A und B, eine einzige Schicht. Unterhalb 840° scheidet sich B aus, da hier die Löslichkeit von B in A abnimmt. Es scheidet sich aber nicht reines B aus, da B das Bestreben hat, bei dieser Temperatur bis zu 25% A in Lösung zu halten, es scheidet sich also eine Schicht aus, die aus B mit A besteht. Je weiter die Temperatur sinkt, desto weniger B kann A in Lösung halten, die zweite Schicht nimmt daher zu, aber sie wird auch B-reicher sein als bei höherer Temperatur, da jetzt auch in B nur noch weniger A löslich ist. Bei 418° erstarrt die B-reiche Schicht, die hier nur noch etwa 0,6% A enthalten kann. Die noch flüssige A-reichere Schicht erstarrt bei 318° (nachdem sie an Löslichkeit für B bis 0,5% abgenommen hat und das ausgeschiedene B sich an die zuerst erstarrte Schicht angelagert bzw. sich durch Diffusion mit ihr vereinigt hat). Wollen wir das Verhältnis der zwei Schichten z. B. bei einer Temperatur von 700° und einer Gesamtkonzentration von 40% B in A bestimmen, so legen wir bei 700°

Im flüssigen Zustand

33

eine Parallele zur Abszisse und bezeichnen die Schnittpunkte mit der Grenzlinie der Gebiete der Löslichkeit und Unlöslichkeit im flüssigen Zustand mit N und P, den Punkt auf ihr bei 40% B-Konzentration mit O. Die Abschnitte NO und OP geben das Mengenverhältnis an, und zwar verhält sich die Länge NO zu der Länge OP wie die Menge der B-reichen Schicht zu der der A-reichen Schicht. Die Konzentration der einzelnen Schichten ergibt sich aus den von N und P auf die Abszisse gefällten oder gedachten Senkrechten. Die A-reiche Schicht besteht unter Punkt N aus A mit 9% B, die B-reiche Schicht aus B mit 14% A. Diese Beziehungen werden wir bei der Besprechung der Zustandsschaubilder noch weiter kennen und anwenden lernen. Bezüglich des f l ü s s i g e n Z u s t a n d e s nun drei Möglichkeiten kennengelernt:

haben wir

1. Vollkommene Unlöslichkeit bei jeder Konzentration und Temperatur. 2. Vollkommene Löslichkeit bei jeder Konzentration und Temperatur. 3. Teilweise Löslichkeit bzw. Unlöslichkeit, die sich mit Konzentration und Temperatur ändert. Bei der Erstarrung bleibt Fall 1 erhalten, es liegen dann auch zwei Schichten im festen Zustand vor, wir brauchen hierüber nicht mehr zu sagen, als es bereits geschehen ist. Soweit Fall 3 im Bereich starker Unlöslichkeit liegt, erinnert er an Fall 1 und zeigt bei der Erstarrung das gleiche Ergebnis, abgesehen von kleinen Konzentrationsänderungen. Soweit er im Gebiet der gegenseitigen Löslichkeit liegt, erinnert er an Fall 2. Zu Fall 2 ist zu sagen, daß bei der Erstarrung die vollkommene Löslichkeit nicht im festen Zustand bestehen zu bleiben braucht, es kann auch eine teilweise und sogar sehr häufig eine vollkommene Entmischung auftreten. Wir müssen daher jetzt die Erscheinungsarten der Erstarrung von Fall 2 gründlich untersuchen. 3

Borchers, Metallkunde 1

34

Zweistoffsysteme

5.3 I m f e s t e n Z u s t a n d Im f e s t e n Z u s t a n d und beim Ubergang vom flüssigen in den festen Zustand wird uns also vorwiegend das interessieren, was aus einer vollkommenen Löslichkeit im flüssigen Zustand werden kann.

5.31 Vollkommene Löslichkeit 5.311 Es kann eine v o l l k o m m e n e L ö s l i c h k e i t auch i m f e s t e n Z u s t a n d bei jeder Konzentration erhalten bleiben. Das bedeutet, daß nur eine einzige Kristallart auftritt, die sich an allen Stellen des erstarrten Materials immer wieder in gleicher Zusammensetzung vorfindet. Das Schliffbild entspricht, falls sich dieser Zustand ausbilden konnte, dem eines reinen Stoffes, wie wir es in Abb. 1 u. 2 kennengelernt haben. Wir sehen einem derartigen Mischkristall nicht an, daß er aus zwei verschiedenen Elementen aufgebaut ist. Es ist ein einheitlicher Kristall, bei dem nur 0oOJDJD

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Abb. 16. Schematische Darstellung des Einbaues eines zweiten Elementes im Gitter bei Mischkristallbildung. a) Sogenannter Substitions-Mischkristall. Das zweite Element nimmt willkürlich in ungeordneter Weise Plätze an Stelle des anderen Elementes ein. b) Geordneter Einbau (Überstruktur) des zweiten Elementes an bestimmten Plätzen bei Mischkristallen (ziemlich selten) u n d bei Verbindungen. c) Sogenannter Einlagerungs-Mischkristall. Das zweite Elem e n t l a g e r t sich, wenn es sich um eine kleine Atomart handelt, zwischen den anderen Atomen an Stellen ein, wo es am wenigsten stört, d. h., wo es den größten Abstand von den benachbarten Atomen hat. d) Intermediäre KristaUart.

35

Im festen Zustand

beim Aufbau des Kristallgitters diesmal zwei oder mehrere Atomarten mitgewirkt haben. Der Einbau des zweiten Elementes kann in verschiedenartiger Weise vor sich gehen, wie es in Abb. 16 der Einfachheit halber in ebener und nicht in räumlicher Darstellung veranschaulicht ist. Bei dem Übergang vom flüssigen in den festen Zustand und umgekehrt zeigt ein solcher Mischkristall eine Eigenheit gegenüber dem reinen Stoff. Er erstarrt nicht bei gleichbleibender Temperatur, sondern innerhalb eines Temperaturintervalls. Es gibt eine obere Temperatur, bei der die Erstarrung einsetzt, und eine untere, bei der sie beendet ist. Vergleicht man eine Abkühlungskurve eines Mischkristalles (Abb. 17 b) mit der eines reinen Stoffes (Abb. 17 a), so sieht man, daß kein Haltepunkt bei gleichbleibender Temperatur bemerkbar wird, sondern eine von zwei bei verschiedenen Temperaturen liegenden Knickpunkten begrenzte Verzögerung.

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Abb. 17 a. Erstarrung z. B. eines Elementes oder einer Verbindung bei gleichbleibender Temperatur. Abb. 17b. Erstarrung z . B . eines Mischkristalls in einem Temperaturintervall.

Die Schmelzwärme wird nicht bei gleichbleibender Temperatur frei, sondern zwischen zwei Temperaturen. Untersuchen wir nun ein Zweistoffsystem mit vollkommener Löslichkeit im flüssigen und festen Zustand durch Aufnahme der Temperatur-Zeitkurven und verbinden alle Punkte des Beginns der Erstarrung und des Endes der Erstarrung, so erhalten wir ein Schaubild (Abb. 18), das

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Zweistoffsysteme

uns schnell darüber unterrichtet, oberhalb welcher Temperaturen alles flüssig, unterhalb welcher Temperaturen alles fest und in welchem Temperaturgebiet sich der Übergang von flüssig in fest vollzieht. In diesem Temperaturgebiet sind Schmelze und Kristalle nebeneinander vorzufinden, und zwar, wie wir noch sehen werden, in ganz bestimmter Abhängigkeit voneinander bezüglich ihres Mengenverhältnisses und ihrer Konzentration. Die obere Kurve, die den Beginn der Erstarrung anzeigt, wird Liquiduslinie, die untere, die das Ende der Erstarrung angibt, wird Soliduslinie genannt.

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Abb. 18. Vollkommene Löslichkeit im festen und

0 teo'AB flüssigen

Zustand.

Da bei jeder Legierung dieses Diagramms immer nur im festen Zustand eine Kristallart, nämlich Mischkristalle auftreten, spricht man davon, daß eine ununterbrochene Reihe von Mischkristallen vorliegt. Verfolgen wir nun genauer, was sich bei der Erstarrung einer willkürlich herausgegriffenen Legierung, deren Zusammensetzung senkrecht unter EP abzulesen ist, abspielt, so gilt sinngemäß das gleiche für alle anders zusammengesetzten Legierungen dieses Diagramms, natürlich mit Ausnahme für die reinen Komponenten A und B.

Im festen Zustand

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Bis zum Erreichen des Punktes E auf der Linie des Beginns der Erstarrung CED ist alles flüssig. Die Schmelze hat die Zusammensetzung, die senkrecht unter E auf der Abszisse abzulesen ist, und die hier kurz Konzentration E genannt wird. Aus dieser Schmelze beginnen sich jetzt Kristalle von der Konzentration F, nicht E, abzuscheiden, die also viel reicher an der Komponente A sind als die Schmelze. Der Punkt F entspricht dem Punkt auf der Linie des Endes der Erstarrung, der die gleiche Temperaturlage (i E ) aufweist wie E. Er ist durch das Lot von E zur Temperaturachse zu erhalten. Wenn sich nun aus der Schmelze A-reiche Mischkristalle ausgeschieden haben, so muß sie an A verarmen. Sie wird sich mit fallender Temperatur bezüglich ihrer Konzentration auf der Linie des Beginns der Erstarrung abwärts beispielsweise der Konzentration des Punktes H nähern. Bei dieser Temperatur i H sind Mischkristalle der Konzentration K ausgeschieden. Würde man Proben von Schmelze und Kristallen bei dieser Temperatur nehmen, so würden sich analytisch für die Schmelze die Konzentration H und für die Kristalle die Konzentration K ergeben. Wir können also bei jeder Temperatur während des Erstarrungsvorganges aus dem Erstarrungsschaubild genau ermitteln, welche Zusammensetzung die Kristalle und welche die Schmelze aufweisen. Aber nicht nur hierüber gibt das Schaubild Auskunft, sondern auch über das genaue Mengenverhältnis. Würden wir bei der Temperatur fj{ das Mengenverhältnis von festen Mischkristallen zu flüssiger Schmelze bestimmen, so würden wir ein Verhältnis bekommen, das genau dem des Verhältnisses der Abschnitte g und / auf der Linie HIK (sogenannte Hebelbeziehung oder Gesetz der abgewandten Hebelarme; der Hebel ist in dem jeweiligen Schnittpunkt mit der Linie EP gelagert) entspricht, und zwar können wir uns in diesem Fall extrem dicht unter der Linie des Beginns der Erstarrung sagen, daß der kurze Abschnitt g der Menge der Kristalle und der lange f der Schmelzmenge zuzuordnen ist. Sinngemäß gilt das gleiche für eine Tem-

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Zweistoffsysteme

peratur kurz vor der Linie des Endes der Erstarrung, wo der kurze Abschnitt h dem des nun geringen Restes an Schmelze entspricht. Liegen wir etwa in der Mitte zwischen Beginn und Ende der Erstarrung und erhalten etwa gleich lange Abschnitte nach rechts und links, so können wir uns immer schnell durch Vergegenwärtigen eines Extremfalles ableiten, an welcher Seite der Abschnitt für Schmelze liegt. Er liegt übrigens immer so, daß er die Linie des Beginnes der Erstarrung nicht berührt. — Gehen wir zur Betrachtung der Verhältnisse bei der Temperatur fjj zurück, so können wir folgende Aussagen machen: Menge der ausgeschiedenen Kristalle: Menge der restlichen Schmelze = g : f; Konzentration der Mischkristalle senkrecht unter K abzulesen; Konzentration der Schmelze senkrecht unter II abzulesen. Bei der tieferen Temperatur f L ist die Menge der Schmelze sehr gering im Vergleich zu der der Mischkristalle geworden, die nun mit der Schmelze im Gleichgewicht sind und die Konzentration N angenommen haben. Wir betrachten hier zunächst nur den Fall, daß sich diese Gleichgewichte auch wirklich einstellen konnten und daß sich die zunächst ausgeschiedenen A-reicheren Mischkristalle durch Diffusion ausgleichen konnten, daß also nun nur Mischkristalle der Konzentration N vorhanden sind. Was geschieht, wenn dieser Ausgleich nicht stattfindet, werden wir später besprechen. Gehen wir nun zur Temperatur i P , so finden wir, daß die Schmelze sich dem Punkt O in ihrer Zusammensetzung genähert hatte, daß sie aber bei Erreichen des Punktes O aufhört zu bestehen; der ihrer Menge entsprechende Abschnitt links von EP ist in der Höhe OP gleich Null geworden. Es sind jetzt nur noch Mischkristalle übrig. Diese Mischkristalle weisen die Konzentration P oder, was das-

Im festen Zustand

39

selbe ist, die Konzentration E der ursprünglichen Schmelze auf. Wenn sich diese Verhältnisse bei genügend langsamer Abkühlung einstellen konnten, dann ist es so, als wäre in dem Erstarrungsintervall nichts Besonderes vorgegangen. Da im Erstarrungsintervall laufend durch Kristallisation Wärme frei wurde, ist die Verzögerung auf der Abkühlungskurve zwischen E und P entstanden und somit der Verlauf der Abkühlungskurve in Abb. 17 b und Abb. 18 erklärlich geworden.

a

b

Abb. 19 a. Inhomogene Zonen- oder Schichtkristalle. Abb. 19 b. Durch Glühen homogenisiert. Geätzt, V. = etwa lOOfach.

Geht nun die Abkühlung rascher vor sich, so können die zunächst sich ausscheidenden, an der höher schmelzenden Komponente A reicheren Mischkristalle sich nicht mit den sich später ausscheidenden A-ärmeren Mischkristallen ausgleichen. Wir erhalten dann inhomogene, sogenannte Zonen* oder Schichtkristalle, wie sie Abb. 19 a1) zeigt. Es liegt eine Kupfer-Zink-Legierutig (Messing) mit 67% Cu im gegossenen Zustand vor.

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Zweistoffsysteme

Wenn kein genügender Ausgleich stattfindet, kann die Restschmelze auch noch unter O verarmen, und es können zuletzt Kristalle mit einer unter P liegenden Konzentration auftreten. Falls die inhomogenen Zonenkristalle aufgetreten sind, so ist es allerdings möglich, sie durch genügendes Glühen unterhalb der Linie des Endes der Erstarrung, also im festen Zustand, durch Diffusionsvorgänge auszugleichen und zu homogenen Mischkristallen mit scharfen Korngrenzen zu kommen, wie sie in Abb. 19 b zu sehen sind. Da sich die inhomogenen Mischkristalle anders verhalten als die homogenen, ist man in der Lage, jedes Material, das ein Erstarrungsintervall aufweist, allein auf Grund dieses Umstandes in verschiedenartigen Zuständen zu erhalten. Hiervon macht man technisch vielfach Gebrauch, wie wir in Bd. II sehen werden. Wir wollen uns hier aber noch damit befassen, wie man sich aus der Neigung und Breite des Intervalls über die Größe der möglichen Inhomogenitäten (auch Kristallseigerungen genannt) unterrichten kann. Ein Blick auf Abb. 20 genügt bereits, um darzutun, daß die möglichen Konzentrationsunterschiede um so größer sind, je breiter (Abb. 20 a) und je weniger

Im festen Zustand

41

geneigt (Abb. 20 c) das Erstarrungsintervall verläuft. Bei sehr schmalen und geneigten Erstarrungsintervallen (Abb. 20 b) treten die Inhomogenitäten also kaum auf und könnten auch nur ein ganz geringes Maß annehmen.

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bei Mischkristallreihen. Abb. 21.

5.312 Die Erstarrungsintervalle brauchen nicht immer so zu verlaufen wie die bisher gezeigten. Sie können Minima oder Maxima aufweisen, in denen sich die Kurven des Beginns und Endes der Erstarrung berühren. Derartige Kurven sind in Abb. 20 a und b gezeigt. Praktische Beispiele dafür, daß zwei metallische Komponenten so erstarren, wie es Abb. 21 a zeigt, gibt es viele. Die Existenz von Diagrammen nach Abb. 21 b mit einem Maximum ist hingegen fraglich. 5.32 Vollkommene Unlöslichkeit 5.321 Es kann vollkommene Löslichkeit im flüssigen Zustand vorliegen, aber bei der Erstarrung eine völlige Entmischung, also eine v o l l k o m m e n e Unlöslichk e i t i m f e s t e n Z u s t a n d auftreten. Eine vollkommene Unlöslichkeit im festen Zustand bedeutet, daß nun keine Mischkristalle entstehen, sondern nebeneinander die Kristalle beider Komponenten. Da diese Entmischung während der Erstarrung auftritt, sieht man

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Zweistoffsysteme

nicht wie bei vollkommener Unlöslichkeit im flüssigen Zustand zwei nach spezifischen Gewichten abgesetzte Schichten, sondern ein scheinbar einheitliches Materialstück, das aber an allen Stellen bei mikroskopischer Untersuchung die zwei verschiedenen Kristallarten nebeneinander erkennen läßt. Bei allen derartigen Legierungen tritt nun die Eigenart auf, daß infolge Hinzutretens der einen Komponente zu der anderen ihre Schmelzpunkte gesenkt werden. Wenn man (siehe Abb. 22) die sich von beiden Seiten senkenden

Abb. 22.

Vollkommene Löslichkeit im flüssigen, vollkommene lichkeit im festen Zustand.

Unlös-

Schmelzpunktskurven verfolgt, so schneiden sie sich zwangsläufig bei einer niedrigsten Temperatur. Man spricht hier wegen des relativ niedrigsten Schmelzpunktes der Legierung von einem eutektischen („gut fließend") Punkt oder Eutektikum. Während sich auf Abkühlungskurven die Linien der beginnenden Erstarrung als Knicke ausprägen, erstarrt bei dieser niedrigsten Temperatur die Schmelze bei gleichbleibender Temperatur, also mit einem

Im festen Zustand

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Haltepunkt wie ein reiner Stoff, aber zu einem sehr feinen Gemenge von den zwei ineinander im festen Zustand nicht löslichen Kristallarten. Das Temperatur-KonzentrationsSchaubild Abb. 22 zeigt uns einen derartigen Punkt und daneben den Haltepunkt auf der entsprechenden Temperaturzeit-Kurve. Wenden wir gleich für diesen Fall unsere Hebelbeziehung einmal für den festen Zustand an, so können wir experimentell nachweisen, daß das Mengenverhältnis der beiden Kristallarten (diesmal nicht von Schmelze und einer Kristallart, sondern von zwei Kristallarten ohne Schmelze) sich wieder verhält wie die sidi um den Hebelpunkt bildenden Abschnitte und daß die Konzentration immer nur durch die Berührung mit den Linien A und B angezeigt wird, daß also reines A und reines B nebeneinander auftritt. Die Aussagen für jede Temperatur unter dem eutektischen Punkt lauten demnach: Menge der Kristalle A: Menge der Kristalle B = EG:FE, Konzentration der Kristalle A = 1 0 0 % A = reines A, Konzentration der Kristalle B = 1 0 0 % B = reines B. Auf die Erstarrung von reinem A und reinem B braucher: wir nicht mehr einzugehen, hier gilt das unter Einstoffsystemen Besprochene. Was sich zwischen A und B rechts und links des Eutektikums abspielt, können wir durch Betrachtung der Erstarrungsvorgänge einer willkürlich herausgegriffenen Legierung grundsätzlich für die beiden Gebiete zugleich besprechen. Läßt man die Legierung M (oder N) abkühlen, so erreicht sie im Punkt M (N) die Linie des Beginns der Erstarrung, deren Temperatur sich aus nebenstehenden Abkühlungskurven als Knickpunkte ergeben. Bei dieser Temperatur scheidet sich ein Teil dei reinen Komponente A (ß), den die Schmelze nicht mehr bei dieser Konzentration und Temperatur in Lösung zu halten vermag, aus. Durch Abscheidung eines Teiles von A (ß) in Form fester Kristalle verarmt die Schmelze an A (B), sie erreicht nach einer gewissen Ausscheidung, während der die Temperatur, wie aus den Abkühlungskurven ersichtlich, infolge Abgabe von Kristallisationswärme von

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Zweistoffsysteme

A (B) verlangsamt bis O (P) fällt, den Punkt R (S). Wenden wir hier unsere Hebelbeziehung an, so können wir in Übereinstimmung mit den tatsächlich auftretenden Verhältnissen ermitteln, daß Menge der Schmelze: Menge der Kristalle = QO : OR (=PT: SP), Konzentration der Kristalle = 100% A (B) = reines A ( = reines B), Konzentration der Schmelze = r% B (s% B). Die Ausscheidung einer Kristallart geht nun weiter, bis die Schmelze an ihr so verarmt, daß sie sich dem eutektischen Punkt E nähert. Hier erstarrt sie um die zunächst (primär) ausgeschiedenen Kristalle A (B) als feines Gemenge von A + B bei einer eine gewisse Zeit (je nach Menge des Eutektikums) gleichbleibenden Temperatur, also unter Auftreten eines Haltepunkts, auf der Abkühlungskurve. Wenden wir unter der eutektischen Horizontalen, also unter der Temperaturlage des Eutektikums, wieder unsere Hebelbeziehung an, so erhalten wir für die Legierungen Menge der zuerst ausgeschiedenen festen Kristalle: festem Eutektikum = UE : FU ( = EV : VG), Konzentration der Kristalle A = 100% A (B = 100% B), Konzentration des Eutektikums = e% B, aber wohlgemerkt, dieses Eutektikum ist kein Mischkristall aus A und B, sondern es besteht aus den nebeneinanderliegenden feinverteilten Kriställchen von reinem A und reinem B in dem früher bereits besprochenen Verhältnis A : B = EG : FE. Diese Beziehungen helfen uns nun in hervorragender Weise, Schlüsse zu ziehen, wie das Gefüge der Legierungen bei einem gegebenen Diagramm im festen Zustand aussehen wird: Das Gefüge bei 100% A entspricht dem eines reinen Stoffes (siehe Abb. 23 a). Das Gefüge bei 100% B entspricht dem eines reinen Stoffes, der sich nur in der Korngröße und dem Ätzver-

Im festen Zustand

45

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Abb. 23 a—f. Schema der Gefügebilder zu Abb. 22 a.

halten etwas von A unterscheiden wird. Das Gefüge des Eutektikums hier bei etwa 70% B ist ein feines Gemenge der beiden nebeneinanderliegenden reinen Kristallarten A und B. Es ist in Abb. 23 e angedeutet. Das Gefüge bei 5 % B enthält entsprechend dem Abschnitt HE viel primär ausgeschiedenes A und entsprechend dem Abschnitt FH wenig Eutektikum aus A und B. Das Gefüge bei 50% A enthält eine dem Abschnitt UE entsprechende Menge primäres A und eine dem Abschnitt FU entsprechende Menge Eutektikum aus A und B. Das Gefüge bei 65% B würde noch weniger primär ausgeschiedenes A entsprechend IE und viel Eutektikum aus A und B entsprechend FI enthalten. Die Gefüge rechts des Eutektikums sind ähnlich aufgebaut, nur mit dem Unterschied, daß bei ihnen primär B und nicht A ausgeschieden ist. Das Gefüge bei 90% B würde demnach primär ausgeschiedenes B in einem Mengenverhältnis zum Eutektikum, das dem Längenverhältnis der Abschnitte EV: VG entspricht, zeigen.

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Zweistoffsysteme

Umgekehrt können wir beispielsweise aus der Abb. 23 b gleich entnehmen, daß es nahe bei A und weiter ab von E liegt. Wir können sogar durch Ausplanimetrieren der Flächenanteile die genaue Konzentrationslage ermitteln. Statt des Ausplanimetrierens, das eine Planimetriereinrichtung voraussetzt, kann man auch die Flächen von A und Eutektikum ausschneiden und ihre Gewichte durch Wägen ermitteln und ins Verhältnis setzen, da ja ein Papierabzug überall gleiche Dicke aufweist. Diese Messungen oder auch nur eine einfache Abschätzung der Flächenanteile spielt praktisch eine sehr bedeutende Rolle in der Beurteilung von Metallsorten. Man kann aus dem Schliffbild eine An-

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Abb. 30. Erstarrungsschaubild Mg—Sb

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Sb

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Im festen Zustand

49

dung liegt, die sich in ihrem Bereich als ein Maximum äußert. Ein praktisches Beispiel zeigt Abb. 30. Ein derartiges Schaubild bietet grundsätzlich nichts Neues, wir können jedes der beiden nebeneinanderliegenden V-Diagramme für sich auswerten. 5.323 Das Auftreten einer Verbindung braucht sich nun nicht iitimer in der Weise auszuprägen, daß eine einfache Trennlinie zwischen zwei V-Diagrammen auftritt und daß die Verbindung unzersetzt schmilzt. Die Verbindung kann sich beim Erhitzen in eine Schmelze und in eine andere Kristallart aufspalten. Einen Fall dieser Art stellt das Schaubild 31 dar. Die Zusammensetzung der Verbindung «f 1 J

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5e„. % B Abb. 31. Erstarrungsschaubild mit verdecktem Maximum.

ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Durch die Festlegung der Haltezeiten (wie bereits unter 5.321 besprochen) der horizontalen Erstarrungslinien DF und \GK ist jedoch die Lage der Verbindung zweifach festgelegt. Der Punkt M' ist durch die maximale Haltedauer der zwischen D und F erstarrenden Legierung gegeben, er wird bestätigt durch die in K auf Null herabgesunkene Haltezeit der rechts von E erstarrenden Legierung. 4

Borchers, Metallkunde I

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Zweistoffsysteme

Neu zu besprechen ist hier der Erstarrungsvorgang in den Gebieten bei M, N und O. Bei M beginnt die Erstarrung einer Legierung von der Zusammensetzung der Verbindung A x B y . Sinkt die Temperatur unter den Schnittpunkt mit der Linie DH, so scheiden sich zunächst Kristalle von B aus. Bei einer dem Punkt 0 entsprechenden Temperatur ist das Verhältnis der Menge von Schmelze zu der Menge der ausgeschiedenen BKristalle analog früher Besprochenem wie das der Länge QR zu der Länge LQ. Bei Erreichen des Punktes M' ist das Verhältnis der Menge Schmelze zu der Menge BKristalle wie das Verhältnis der Länge M ' F zu DM'. Bei dieser Temperatur tritt ein Haltepunkt dadurch auf, daß B-Kristalle mit Schmelze unter Bildung der Verbindung AXBV reagieren. Eine solche Reaktion bezeichnet man als peritektische oder Übergangsreaktion, siehe auch Abb. 36 a, 50, 51 und 52 nebst Text. Nach Beendigung dieser Reaktion besteht das Gefüge nur noch aus einem Gefügebestandteil, nämlich dem der chemischen Verbindung. Bei einer Legierung N scheiden sich zuerst wieder BKristalle aus. Bei N' ist zunächst das Verhältnis der Menge von Schmelze zu der Menge der ausgeschiedenen B-Kristalle wie das Verhältnis der Länge FN' zu DN'. Bei N' findet auch eine Reaktion zwischen B-Kristallen und Schmelze unter Bildung der Verbindung A x B y statt. Da die Gesamtkonzentration aber nicht der der Verbindung AXBV entspricht, sondern B-reicher ist, kann sich nicht die ganze Schmelze mit B-Kristallen in AXBV umsetzen, es bleiben daher B-Kristalle übrig. Die erstarrte Legierung besteht also aus zwei Gefügebestandteilen, und es ist das Verhältnis der Menge von B zu der Menge A x B y wie das Verhältnis der Länge M' N' zu der Länge N' F. Die Legierung O scheidet anfänglich auch B-Kristalle aus. Bei O' entspricht das Mengenverhältnis Schmelze zu B-Kristallen dem Längenverhältnis O'F zu DO'. Es setzt jedoch jetzt bei konstanter Temperatur wieder eine Reaktion zwischen Schmelze und B-Kristallen zu der Verbin-

Im festen Zustand

5]

dung AxBy ein. In diesem Falle werden dabei die B-Kristalle aufgezehrt, so daß nur noch Schmelze mit der Zusammensetzung D und A x B y -Kristallen übrig bleiben. Ihr Verhältnis entspricht O'M' zu DO'. Bei weiterer Abkühlung scheiden sich aus dem Schmelzrest nun nur noch AxByKristalle längs dem Kurvenast DE aus, bis er die Konzentration E erreicht hat und nun bei gleichbleibender Temperatur eutektisch zu einem feinen Gemenge von A und AXBy erstarrt. Wenn die Verbindung sich nicht wie im Schaubild 30 als Maximum äußert, sondern in der soeben bei Schaubild 31 behandelten Form auftritt, so spricht man von einem verdeckten Maximum. 5.324 Weiterhin kann der Fall eintreten, daß bei einem V-Diagramm nicht im oberen Feld Schmelze vorhanden ist, sondern eine feste Lösung, also ein Mischkristallgebiet, das wieder aus einer flüssigen Lösung entstanden ist. In Abb. 32 sehen wir ein derartiges Diagramm. Im obersten Feld vollkommene Löslichkeit im flüssigen Zustand, dann ein Erstarrungsintervall, unterhalb dessen wir zunächst vollkommene Löslichkeit von A und B ineinander in Form der schon besprochenen Mischkristalle vorliegen haben. Bei tieferen Temperaturen läßt nun diese Löslichkeit nach. Es treten Ausscheidungen von primärem A bzw. primärem B und Eutektikum genau so aus der festen Lösung, dem Mischkristall, auf wie wir es schon für die Ausscheidung aus der flüssigen Lösung, der Schmelze, kennengelernt haben. Kühlen wir die Schmelze E in Abb. 32 ab, so findet bei Ei die Ausscheidung von Mischkristallen nach gleichen Gesichtspunkten wie die der Schmelze E in Abb. 18 statt. Bei E2 in Abb. 32 ist wie bei P in Abb. 18 alles fest zu Mischkristallen dieser Konzentration erstarrt. Nun geht die Abkühlung weiter, ohne daß sich zunächst etwas ereignet. Könnten wir jetzt schroff genug abschrecken, so daß dieser Zustand erhalten bliebe, wie es praktisch vereinzelt mög-

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Zweistoffsysteme

lieh ist, so würden wir bei der mikroskopischen Untersuchung eines Schliffes ein Bild der Art von Abb. 19 b bekommen und damit gezeigt haben, daß in diesem Gebiet nur eine Kristallart auftritt. Schrecken wir nicht schroff ab, sondern erreichen mit mäßiger Abkühlungsgeschwindigkeit den Punkt Es, so tritt mit dem Mischkristall, in dem A und B ineinander fest gelöst und nicht nebeneinander sichtbar waren, das ein, was wir von der Schmelze Abb. 22 a in Punkt E kennen, es findet bei einer konstanten Temperatur die völlige Aufspaltung in A- und B-Kristalle statt, die sich nicht mehr bei weiterer Abkühlung ändern und die mikroskopisch nebeneinander zu erkennen sind. Links neben dem Eutektikum in Punkt M werden sich aus einem Mischkristall dieser Zusammensetzung, wie wir es auch schon von Abb. 22 für die flüssige Lösung kennengelernt hatten, zunächst A-Kristalle ausscheiden, bis der restliche feste Mischkristall so an A verarmt ist, daß er die Konzentration E erreicht, und nun zerfällt der Rest des Mischkristalles eutektisch zu feinem A und B. Hier ergibt sich aus dem Zerfall des festen Mischkristalls ein gleichartiges Bild, wie es schon in Abb. 22 dargestellt ist. Es lassen sich bezüglich

Im festen Zustand

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aller anderen Konzentrationen auch die gleichen Überlegungen bezüglich der auftretenden Gefüge und ihrer praktischen Auswertung anstellen, wie wir es bei 5.221 getan haben. Zum Unterschied vom Eutektikum, das aus der Schmelze entsteht, nennt man dieses aus dem Mischkristall entstehende Eutektikum Eutektoid. Wie wir später sehen werden, haben wir soeben einen wichtigen Teilabschnitt des technisch überaus bedeutungsvollen Eisen-Kohlenstoff-Diagramms besprochen, der für die Stahlhärtung, die in Bd. II erklärt wird, überragende Bedeutung besitzt. Es sei vorweg darauf hingewiesen, daß der eutektoide Zerfall des Mischkristalls bei Stählen noch über charakteristische Ubergangsstufen läuft. 5.33 Teilweise Löslichkeit 5.331 Soeben war bei Kombinationen von Diagrammen schon der Fall gestreift, daß in einem Diagramm aus einer vollkommenen Löslichkeit im flüssigen Zustand zuerst eine L ö s l i c h k e i t und dann eine U n l ö s l i c h k e i t im festen Zustand hervorgehen kann. Betrachten wir daraufhin in Abb. 33 einen Diagrammtyp, der an den seitlichen Gebieten völlige Löslichkeit im flüssigen und festen Zustand, aber in der Mitte Unlöslichkeit im festen Zustand, eine sogenannte Mischungslücke, aufweist. Zunächst soll gesagt werden, was in den einzelnen Feldern auftritt: Oberhalb CED ist alles flüssig und vollkommene gegenseitige Löslichkeit von A und B vorhanden. Innerhalb CEF sind an A reichere Mischkristalle, die sich ausscheiden, neben restlicher Schmelze vorhanden. Innerhalb DEG sind an B reichere Mischkristalle, die sich ausscheiden, neben restlicher Schmelze vorhanden.

54

Zweistoffsysteme

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——

Abb. 75 a u. b.

verloren gehen. Die Sulfide nach Abb. 75 a bilden einheitliche Mischkristalle, sind also mechanisch nicht trennbar, die nach Abb. 75 b zeigen immer die beiden Kristallarten PbS und Cu 2 S nebeneinander, können also nach genügender Zerkleinerung mechanisch (nach spezif. Gewicht, Flotierbarkeit u. dgl.) getrennt werden, wenn dazu noch die Kohäsion innerhalb der Körner größer ist als an den Korngrenzen, so daß der Bruch bei der Zerkleinerung an den Korngrenzen überwiegt und damit eine weitere Voraussetzung zur mechanischen Scheidung erfüllt wird. Wie die gegenseitige Löslichkeit und Unlöslichkeit im festen und flüssigen Zustand von Metallen, Oxyden, Sulfiden die Metallerzeugungsprozesse entscheidend beeinflussen, ist aus metallurgischen Büchern zu ersehen. Iiier sei nur noch für die Metallkundler erwähnt, daß man z. B. Metalle von Oxyden (Schlacken) deshalb im flüssigen Zustand leicht durdi Absitzen und Abgießen trennen kann, weil meist keine gegenseitige Löslichkeit besteht. Tritt nun bei Cu eine Löslichkeit von Cu a O ein (siehe Abb. 24), so erhalten wir keine zwei Schichten, müssen also chemisch-metallurgisch das Oxyd beseitigen.

Zweistoffsysteme

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Umfassende Angaben über nichtmetallische Systeme sind in den „Physikochemischen Tabellen" von LandoltBörnstein zu finden, die ebenfalls zum Nachschlagen über metallische Systeme neben dem Buch von M. Hansen1) zu empfehlen sind. 5.6

Ü b e r g a n g vom f l ü s s i g e n in gasförmigen Zustand

den

Im gasförmigen Zustand besteht vollkommene Löslichkeit zwischen allen Stoffen. Im flüssigen Zustand kann vollkommene, teilweise oder keine Löslichkeit vorhanden sein. Liegt keine Löslichkeit vor, so beeinflussen sich die Stoffe bei dem Übergang in den gasförmigen Zustand genau so wenig wie zwei flüssige bei der Erstarrung nach 5.32. Sie verhalten sich so, als lägen sie getrennt nebeneinander vor, ihre Siedepunkte erfahren keine Änderungen. Besteht eine Löslichkeit im flüssigen Zustand, so werden die Siedepunkte beeinflußt. Wenn nicht eine unzersetzt verdampfende Verbindung entstanden ist, so haben wir keinen bei konstanter Temperatur liegenden Siedepunkt mehr, da sich ja beim Sieden durch Verringerung einer Komponente die Konzentration ständig ändert. Ich empfehle, sich grundsätzlich über die Vorgänge beim Verdampfen von Flüssigkeiten und Schmelzen in Werken über Theremodynamik und physikalische Chemie zu unterrichten. Dort finden wir Diagrammtypen, die denen der Zustandsänderung fest-flüssig bei Legierungen ähneln und daher auf Grund des hier behandelten Stoffes sofort verständlich sind. Angaben über Siedepunkte einiger Elemente sind aus Abb. 10 zu entnehmen. Die Siedepunkte sind, wie bereits auf S. 23 erläutert wurde, stark drudeabhängig. J e nach Art der Dampfdruckkurven (Druck-Temperatur-Kurven) kann bereits mehr oder weniger starke Verdunstung unterhalb des Siedepunktes einsetzen, die mit der Verdampfung 1) Siehe Schrifttum.

Dreistoffsysteme

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des Wassers vergleichbar ist, die unterhalb des Siedepunktes, ja sogar unterhalb des Gefrierpunktes noch voi sich geht. Die sie beeinflussenden Umstände werden unter Schmelzen und Gießen in Bd. II behandelt. 6. Dreistoffsysteme Zur Darstellung der Zustandsänderungen in Abhängigkeit von der Temperatur genügt bei Einstoffsystemen eine einfache Linie mit markierten Punkten, wie Abb. 10 zeigte. Bei Zweistoffsystemen tritt die Konzentration als weitere veränderliche Größe hinzu. Wir benötigen bei ihnen zur Darstellung der Zustandsänderungen in Abhängigkeit von der Temperatur eine Ebene mit zwei Ordinaten, Temperatur und Konzentration, in die wir Linien eintragen, wie es die bisher besprochenen Diagramme zeigten. Beim Dreistoffsystem benötigen wir zur Darstellung der Zustandsänderungen in Abhängigkeit von der Temperatur und der Konzentration ein Raummodell. Es entsteht, wenn wir die den Dreistoffsystemen zugrunde liegenden drei Zweistoffsysteme, z. B. auf Platten aufgezeichnet oder durch Drahtgestell dargestellt, auf einen gleichseitigen Dreiecksgrundriß aufstellen und nun im Dreistoffraum die interessierenden Punkte experimentell festlegen und die von ihnen gebildeten Flächen z. B. durch viele Drähte andeuten. Man kommt so zur Hanemannschen Glasplatten(Abb. 76) oder zur Drahtmethode (Abb. 77). An den Bildern ist zugleich ersichtlich, daß Unlöslichkeit im festen Zustand der Zweistoffdiagramme im Dreistoffsystem ebenfalls auftritt (siehe Abb. 77) und daß Löslichkeit im festen Zustand sich auch in das Dreistoffsystem (siehe Abb. 76) hineinzieht. Nach Abb. 76 finden wir unterhalb der Drahtflächen, also im festen Gebiet, nur einheitliche Mischkristalle. Nach Abb. 77 finden wir in bzw. senkrecht unter dem temären eutektischen Punkt ein Eutektikum, das aus den drei Stoffen besteht, die in feiner Verteilung nebeneinander (ungelöst) vorliegen. In dem übrigen Gebiet tritt

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Dreistoffsysteme

76. Glasplattenmethode nach H a n e m a n n 77. D r a h t m e t h o d e nach Goerens Abb. 76 u. 77. Räumliche Darstellung von Dreistoffsystemen.

neben dem Eutektikum auch nur eine der drei Kristallarten in Form gröberer Primärkristalle auf. Bei Zimmertemperatur beispielsweise lägen demnach bei allen Konzentrationen nach Abb. 76 nur Mischkristalle (oder eine Kristallart oder eine Phase), nach Abb. 77 dagegen stets drei Kristallarten (drei Phasen) vor. Interessiert uns nun nur der Beginn der Erstarrung aller Legierungen, so können wir ein kompaktes Modell herstellen und nur die Schmelzfläche darstellen, wie es ein metallisches System in Abb. 78 zeigt. Genau wie wir es aus der Kartenkunde gewöhnt sind, Gebirge zu verebnen unter Einzeichnung von Linien gleicher Höhe, so können wir die Raummodelle entsprechend verebnen und Linien gleicher Temperatur eintragen. Abb. 79 zeigt die Verebnung von Abb. 78. Abb. 80 zeigt eine verebnete Darstellung eines oxydischen Systems, das für die Kenntnis von Schlacken wichtig ist. In Ergänzung zu Abb. 79 und 78 wird die Abb. 81 dartun, daß man die Zweistoffsysteme auf die Zeichenebene umklappen, also einfach an die Dreiecksseiten anzeichnen kann. Ist uns Abb. 80 zu unübersichtlich, so können wir mehrere horizontale übersichtlichere Schnitte jeweils für eine

Dreistoffsysteme

aus Oberflächen erkennen

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läßt.

Temperatur legen, wie wir es in Abb. 82 sehen, die nach einer Darstellung von Körber und Oelsen sehr schön die Abnahme der Schmelzgebiete mit sinkender Temperatur zeigt.

Abb. 79 u. 80. Dreistoff-Schmelzdiagramme, eben

dargestellt.

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Dreistoffsysteme

Abb. 81. Dreistoffsysteme mit zugehörigen Zweistoffsystemen (Schmelzdiagramme, fester Zustand nidit berücksichtigt).

Anstatt den Beginn der Erstarrung in das Dreieck einzuzeichnen, können wir natürlich auch die Verhältnisse im festen Zustand durch analoge Darstellungen veranschaulichen oder einen nur für eine Temperatur geltenden Schnitt im festen Zustand legen. Bei einfachen Dreistoffsystemen, wie wir sie bei den Abb. 76 und 77 sahen, würden diese Schnitte sehr einfach sein. Es würden beispielsweise bei Zimmertemperatur keine Linien oder Drähte geschnitten. Wir erhielten also freie Dreiecksflächen, in die wir nach Abb. 76 nur eintragen könnten: homogene Mischkristalle (Einphasengebiet) oder nach Abb. 77: drei Kristallarten (Dreiphasengebiet). Treten verschiedenartig aufgebaute Zweistoffsysteme in Dreistoffsystemen zusammen, so werden die Dreiecksflächen verschiedene Felder mit Löslichkeitsgebieten und Mischungslücken zeigen können. Es können Felder mit einer, zwei oder drei Phasen entstehen.

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Dreistoffsysteme fSOO'

iA'1ör2S;02

Abb. 82. Temperaturschnitte durch Dreistoffsysteme (dunkel = vollkommen flüssig, heller = teilweise flüssig, hell = fest). Nach Körber und Oelsen.

Aus der Vielzahl der Möglichkeiten, die in einschlägigen, umfassenderen Werken entwickelt werden, seien hier nur zwei verschiedene an einem einfachen allgemeinen (Abb. 83) und an einem schon verwickeiteren praktischen Beispiel (Abb. 84) dargestellt. Bemerkungen zu Abb. 84 (nach Fuß): Einphasengebiete, Gebiet mit jeweils nur einer Mischkristallart sind schwarz angelegt: 0 = a = feste Lösung (Mischkristall) von Si und Mg in AI, 1 = ß = feste Lösung von Mg und Si in Al 3 Mg 2 , 2 = y = feste Lösung von Mg und Si in Al 3 Mg 4 , 3 = 8 = feste Lösung von AI und Si in Mg; Zweiphasengebiete, Gebiete mit zwei Kristallarten sind schraffiert: 4 = a + Si, 5 = a + yS, 6 = ß + y, 7 = y +