Betriebswirtschaftslehre: Einführung [12., durchges. Aufl.] 9783486700275, 9783486576856

Das Lehrbuch wendet sich in erster Linie an Studierende der Wirtschaftswissenschaften im Grundstudium, darüber hinaus an

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Betriebswirtschaftslehre: Einführung [12., durchges. Aufl.]
 9783486700275, 9783486576856

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Oldenbourgs Lehr- und Handbücher der

Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Bisher erschienene Werke:

Altrogge, Investition, 4. A. Bamberg Baur, Statistik, 12. A. von Böventer Illing, Einführung in die MikroÖkonomie, 9. A. Bohnet, Finanzwissenschaft: Grund-

lagen staatlicher Verteilungspolitik, 2. A.

Brümmerhoff, Finanzwissenschaft, 8. A. Bühner, Betriebswirtschaftliche

Organisationslehre, 10.A.

Cezanne, Grundzüge der MakroÖkonomik, 7. A. Cezanne Franke, Volkswirtschaftslehre, 7. A. Domschke, Logistik: Transport, 4. A. Domschke, Logistik: Rundreisen und Touren, 4.A. Domschke Drexl, Logistik: Standorte, 4.A.

Frerich, Sozialpolitik, 3. A. Gehreis, Außenwirtschaftstheorie, 2.A. Hammer, Unternehmensplanung, 7. A. Hanssmann, Einführung in die System-

forschung, 4. A.

Hanssmann, Quantitative Betriebswirtschaftslehre, 4. A.

Hauptmann, Mathematik für Betriebsund Volkswirte, 3. A.

Holub Schnabl,

Input-OutputRechnung: Input-Output-Analyse Holub Schnabl, Input-OutputRechnung: lnput-Output-Tabellen,3.A. Krug Nourney Schmidt, Wirtschafts-

und Sozialstatistik, 6. A. May, Ökonomie für Pädagogen, 12. A. Meyer Müller-Siebers Ströbele, Wachstumstheorie, 2.A.

Oberhofen Wahrscheinlichkeitstheorie, 3.A.

Oechsler, Personal und Arbeit Einführung in die Personalwirtschaft, -

7.A. Peters Brühl

Stelling, Betriebswirt-

schaftslehre, 12. A. Schertier, Unternehmensorganisation, 7.A.

Schneider, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. A. 77ede, Beschreiben mit Statistik Verstehen Tiede Voß, Schließen mit Statistik Verstehen -

-

Betriebswirtschaftslehre Einführung

Begründet von

Prof. Dr. Sönke Peters und

fortgeführt von

Prof. Dr. Rolf Brühl Prof. Dr. Johannes N. Stelling

12., durchgesehene Auflage

R.Oldenbourg Verlag München Wien

Bibliografische Information Der Deutschen

Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Internet

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im über abrufbar

© 2005 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089)45051-0

www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbH ISBN 3-486-57685-2

zur

Vorwort elften Auflage

Der Absatz der 10. Auflage ging derart rasch vor sich, daß wir ken konnten, den gesamten Text kritisch durchzusehen.

zur

uns

darauf beschrän-

Vorwort zehnten Auflage

Das Lehrbuch wendet sich in erster Linie an Studierende der Wirtschaftswissenschaften im Grundstudium, darüber hinaus an alle anderen Studierenden, die sich über Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre informieren wollen. Es kann als Lehr- und Lernunterlage an Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien sowie weiterer Bildungseinrichtungen verwendet werden. Daneben kann es von jedem, der an grundlegenden betriebwirtschaftlichen Sachverhalten interessiert ist, gelesen werden, ohne daß dazu Vorkenntnisse erforderlich sind. Die zehnte Auflage wurde gegenüber der neunten Auflage insbesondere im dritten, fünften, sechsten und siebten Teil an die aktuellen gesetzlichen Vorschriften angepaßt. Im ersten Teil erfolgte eine Überarbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen, im fünften Teil wurde ein Fallbeispiel zu den Investitionsrechenverfahren und ein neuer Abschnitt zur Personalwirtschaft hinzugefugt. Für ihre Unterstützung bei der Manuskripterstellung und -Überarbeitung danken wir Frau Gabriele Krautschick. Herrn Dipl.-Volksw. Martin M. Weigert vom Oldenbourg Verlag danken wir für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

zur

Vorwort siebten Auflage

Prof. Dr. Sönke Peters hat die siebte Auflage seiner Betriebswirtschaftlehre leider nicht mehr erlebt. Er verstarb nach kurzer, schwerer Krankheit. Mit ihm ging ein akademischer Lehrer, der es verstand, Generationen von Studenten aller Fachrichtungen der Technischen Universität Berlin fundierte Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre anschaulich nahezubringen. Dieses Buch und die darauf aufbauenden Lehrveranstaltungn lagen ihm daher sehr am Herzen. Wir als seine ehemaligen Assistenten hatten mit ihm jahrelang vertrauensvoll und harmonisch zusammengearbeitet. Dehalb haben wir dem Wunsch des Verlages, dieses Buch fortzuführen, gerne entsprochen. Die siebte Auflage wurde gegenüber der sechsten Auflage insbesondere im dritten, sechsten und siebten Teil an die aktuellen gesetzlichen Vorschriften angepaßt. Im sechsten Teil erfolgte eine gründliche Überarbeitung des intern orientierten

betrieblichen Rechnungswesens, wobei die Teilsysteme Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung erweitert und die Erlösrechnung und die Plankostenrechnung zusätzlich berücksichtigt wurden.

Inhalt Vorwort

.

1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften.

V

1

1

1. Was ist Wissenschaft?. 2. Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften. 21. Güterknappheit und Wirtschaftlichkeitsprinzip. 22. Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre. 23. Der Betrieb als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre. 3. Die Erkenntnisziele der Betriebswirtschaftslehre. 4. Methoden betriebswirtschaftlicher Erkenntnisgewinnung. 5. Gliederungen der Betriebswirtschaftslehre.

10 13

2. Teil: Der Betrieb als

17

1. 2. Das Führungssystem. 21. Differenzierung des Systems Betrieb. 22. Das Zielsystem. 23. Das Planungs- und Kontrollsystem. 24. Das Informationssystem. 25. Das Controllingsystem. 3. Das Ausführungssystem. 4. Modelldarstellung des Systems Betrieb.

17 18 18 20 23 30 31 32 35

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes.

39

1. Vorbemerkungen. 2. Die Rechtsform des Betriebes. 21. Grundlagen und Abgrenzung. 22. Das Einzelunternehmen. 23. Die Offene Handelsgesellschaft. 24. Die Kommanditgesellschaft. 25. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. 26. Die Aktiengesellschaft. 3. Der Zusammenschluß von Unternehmen. 31. Inhalt und Ausgestaltung betrieblicher Zusammenschlüsse.

39 39

System. Betriebes als System. des Kennzeichnung

3 3 5 6 8

39 43 44

45 46 47 49 49

VIII

Inhalt

32. Formen der Kooperation. 33. Formen der Konzentration. 4. Der Standort des Betriebes. 41. Standort und Standortlehre. 42. Standortfaktoren.

51

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes.

61

1. Die Betriebsgröße. 2. Die Organisation des Betriebes. 21. Begriff und Wesen der Organisation. 22. Die Aufbauorganisation. 23. Die Ablauforganisation.

61 65 65

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche.

75

Finanzierung. 11. Begriff und Inhalt der Finanzierung. 12. Der Kapitalbedarf.. 13. Das finanzielle Gleichgewicht. 14. Die Finanzierungsarten. 141. Die Innenfinanzierung. 142. Die Außenfinanzierung. Investition. 21. Der Investitionsbegriff. 22. Investitionsarten.

75 75

1.

2.

23. Ziele des Investors. 24. Die Investitionsentscheidung. 25. Die Investitionsrechnung. 3.

4.

Beschaffung. 31. Abgrenzung zwischen Investition und Beschaffung. 32. Der Beschaffungsbedarf. 33. Beschaffung und Lagerhaltung. 34. Die optimale Bestellmenge. Leistungserstellung. 41. Die Leistung des Betriebes. 42. Die Leistungserstellung als Kombinationsprozeß. 43. Die Bedeutung der elementaren Produktionsfaktoren. 431. Die Bedeutung der Betriebsmittel. 432. Die Bedeutung der Leistungsobjekte.

53 55 55 56

67 71

76 77 79 79 82 88 88 89 92 93

96 106 106 108 111 115 119

119 121 123

123 125

Inhalt

44. Formen der betrieblichen Leistungserstellung. 45. Verfahren der Leistungserstellung. 451. Begriff und Einteilung. 452. Organisationsformen der Leistungserstellung. 453. Leistungserstellungstypen. 46. Leistungserstellung und Leistungsverwertung. 5.

Leistungsverwertung. 51. Kennzeichnung der Leistungsverwertung. 52. Marktforschung. 53. Das absatzpolitische Instrumentarium. 54. Preispolitische Instrumente. 541. Gestaltung der Preisforderung. 542. Gestaltung der Konditionen. 55. Präferenzpolitische Instrumente. 551. Produkt-und Programmgestaltung. 552. Prozeßgestaltung.

553. Gestaltung der Distribution. 554. Gestaltung der Kommunikation. 6. Personal. 61. Menschliche Arbeit als Produktionsfaktor. 62. Personalbeschaffung und -auswahl. 63. Personalentwicklung. 64. Aufbau von Vergütungssystemen. 6. Teil: Das betriebliche Rechnungswesen.

IX

127 129 129 130 131 133 136 136 137 141 143 143 146 147 147 149 151 153 156 156

159 162 165

173

173 173 174 13. Gliederung des betrieblichen Rechnungswesens. 176 2. Das extern orientierte betriebliche Rechnungswesen. 177 21. Inhalt und Aufgabe des externen Rechnungswesens. 177 22. Systematik der Rechnungslegungsvorschriften im Handelsrecht. 178 23. Größenabhängige Vorschriften für Kapitalgesellschaften. 178 24. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung. 180 25. Die Finanzbuchhaltung. lgl 26. Inventur und Inventar. 184 27. Der Jahresabschluß. I85 271. Umfang und Zielsetzung des Jahresabschlusses. 185 1.

Begriff und Gliederung des betrieblichen Rechnungswesens. 11. Inhalt und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens. 12. Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens.

X

Inhalt

272. Aufbau und Inhalt des Jahresabschlusses. 186 2721. Die Bilanz. 186 2722. Die Gewinn- und Verlustrechnung. 200 2723. Der Anhang. 203 2724. Besonderheiten des Konzernabschlusses. 204 28. Der Lagebericht. 206 29. Prüfungs-und Offenlegungspflichten. 206 3. Das intern orientierte betriebliche Rechnungswesen. 209 31. Inhalt und Aufgabe des internen Rechnungswesens. 209 32. Der Kostenbegriff und der Erlösbegriff. 210 33. Kosten-und Erfolgsrechnungssysteme. 213 34. Die Teilsysteme der Kosten-und Erfolgsrechnung. 215 341. 215 342. Kostenartenrechnung. 217

Überblick.

343. Kostenstellenrechnung. 344. Kostenträgerrechnung. 345. Erlösrechnung. 346. Die kurzfristige Erfolgsrechnung. 35. Die Deckungsbeitragsrechnung. 36. Die Plankostenrechnung. 7. Teil: Die

220 222

225 227 229 232

Besteuerung des Unternehmens.

241 1. Vorbemerkung. 241 2. Die wichtigsten deutschen Steuerarten. 241 3. Allgemeine Kennzeichnung der Besteuerung. 243 4. Einzelne Steuerarten. 244 41. Einkommensteuer. 244 42. Kirchensteuer. 246 43. Körperschaftsteuer. 246 44. Gewerbesteuer. 249 45. Vermögensteuer. 250

46.

Umsatzsteuer.

250

Sachwortregister.

255

1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften 1. Was ist Wissenschaft? Zweck der Wissenschaften ist es, die Welt in der wir Menschen leben, besser zu erkennen und sie mit dieser Kenntnis nach unseren Wünschen zu gestalten. Es hat sich im Lauf der Menschheitsgeschichte gezeigt, daß sich gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Fortschritt gegenseitig befruchten. Dies ist sicherlich ein Grund, warum die Förderung von Wissenschaft als wichtige Aufgabe in einer Gesellschaft anerkannt ist. Wie läßt sich jedoch erkennen, ob etwas nichtwissenschaftlich oder wissenschaftlich ist? Eines der wichtigsten Kriterien ist die Überprüfbarkeit von Aussagen. Von einer wissenschaftlichen Aussage wird erwartet, daß sie von anderen Wissenschaftlern nachvollzogen werden kann. Wenn ein Wissenschaftler behauptet, daß in Betrieben, die nur auf Gewinnmaximierung achten, ein schlechtes Betriebsklima herrscht, mit hohem Krankenstand, ständigem Wechsel von Personal usw., dann muß er aufzeigen, an welchen Betrieben er dies untersucht hat, wie er sie ausgewählt hat und mit welchen Methoden er dies untersucht hat. Wissenschaftliche Kenntnisse unterscheiden sich von Alltagswissen also nicht in der inhaltlichen Aussage, sondern durch die Art, wie sie ermittelt und begründet werden. Wenn Sie mit mehreren Bekannten in der Eckkneipe sitzen und diese Behauptung über gewinnmaximierende Betriebe aufstellen und alle zustimmend nicken, kann die Aussage zwar wahr sein, trotzdem ist sie nicht wissenschaftlich. Ohne eine ausreichende Begründung wird aus dieser Stammtischweisheit keine wissenschaftliche Aussage. Sie könnten allerdings versuchen, den ersten Schritt zur Wissenschaft zu gehen, indem Sie diese Aussage als Hypothese aufstellen. Hypothesen sind Aussagen, die unter dem Vorbehalt stehen, daß sie überprüft werden müssen, um als wahr zu gelten. Wie Sie zu einer Aussage kommen, ist folglich streng davon zu trennen, wie Sie diese Aussage begründen. Ob Sie die Hypothese nach einer Diskussion in einer Kneipe oder durch Lektüre wissenschaftlicher Literatur zum Betriebsklima aufgestellt haben, ist für die Begründung, auf die es letztlich ankommt, völlig unerheblich. Aus diesen einleitenden Sätzen zur Wissenschaft folgt allgemein, daß sich jede Wissenschaft in systematischer Weise unter Verwendung geeigneter Methoden mit einem bestimmten abgegrenzten Gegenstandsgebiet befaßt, um Erkenntnisse über dieses Gebiet zu gewinnen. Das bestimmte abgegrenzte Gegenstandsgebiet einer Wissenschaft wird als ihr Erkenntnisobjekt bezeichnet, die damit verfolgten Zwecke bilden ihre Erkenntnisziele. Mit den zur Erkenntnisgewinnung zu verwendenden geeigneten Methoden beschäftigt sich die Methodologie (= Lehre von den Methoden), die ihrem Wesen nach zunächst eine interdisziplinäre metawissenschaftliche Disziplin darstellt. Da aber nicht alle Methoden als Erkenntniswege in allen Wissenschaften gleichermaßen sinnvoll zu verwenden sind, meist aber in einer Wissenschaft auch nicht nur eine Methode zur Erkenntnisgewinnung herangezogen werden kann, haben sich in vielen Fällen Einzelmethodologien als Methodenlehren für einzelne Wissenschaften herausgebildet. In der Darstellung 1-1 werden die drei Elemente der Wissenschaft an einem Beispiel aufgezeigt.

2

1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften

Erkenntnisobjekt

Problem:

Zusammenhang zwischen Gewinnmaximierung und

Was soll untersucht werden?

Betriebsklima

Erkenntnisziele

Erklärung des Zusammenhangs zwischen Gewinnmaximierung Warum soll untersucht werden?

und Betriebsklima

Methodologie Deduktive

Methode,

Hypothesenprüfung Wie soll untersucht werden?

Darstellung In dem

1-1: Elemente der Wissenschaft

Beispiel der Darstellung

1-1 ist ein

spezifisches Problem ausgesucht wor-

den, daß ein betriebswirtschaftlicher Forscher für eine Untersuchung wählen kann. In diesem ersten Teil des Lehrbuchs sollen die drei Elemente verwendet werden, um

die Betriebswirtschaftslehre als

Wissenschaftsdisziplin

näher

zu

charakterisie-

ren.

Die Menge der betriebenen Wissenschaften und wissenschaftlichen Disziplinen ist sehr umfangreich und heterogen. Daher erscheint es nützlich, am Anfang wissenschaftlicher Arbeit gleichsam als Standortbestimmung die Position der eigenen Wissenschaft im Gesamtsystem der Wissenschaften festzulegen. Mit Hilfe der drei Elemente Erkenntnisobjekt, Erkenntnisziel und Methodologie läßt sich jede Wissenschaft beschreiben. Als kennzeichnendes Merkmal fiir eine derartige Festlegung wird im allgemeinen das Erkenntnisobjekt herangezogen, seine Auswahl ist primär eine praktische Frage der Wissenschaftsorganisation. Sie richtet sich in erster Linie nach den Problemen, die untersucht werden sollen, und läßt sich daher nicht wissenschaftlich begründen. Ob die richtige Auswahl getroffen wird, ergibt sich aus der Menge an gehaltvollen Hypothesen, die sich auf Grundlage des Erkenntnisobjektes entwickeln lassen, und kann somit nur im Nachhinein festgestellt werden. Wie kommen wir zu gehaltvollen betriebswirtschaftlichen Hypothesen? Da die Betriebswirtschaftslehre ihre Erkenntnisobjekte in der gesellschaftlichen Realität hat, muß der betriebswirtschaftliche Forscher Probleme von realen Betrieben untersuchen. Gleichgültig, welches Erkennmisziel er verfolgt, d. h., ob er betriebswirtschaftliche Phänomene erklären will oder ob er bei der Lösung von betriebswirtschaftlichen Problemen Entscheidungshilfe leisten will, immer muß er die betriebliche Realität in der Gesellschaft beachten. Diese Betrachtung teilen sich die Wirtschaftswissenschaften mit einer Reihe von weiteren Sozialwissenschaften, die sich

3

Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften

den Naturwissenschaften abgrenzen lassen. (Darstellung 1-2 zeigt nur einen Ausschnitt des Systems der Wissenschaften) Die Naturwissenschaften beschäftigen sich mit der gesamten Natur einschließlich des Menschen, soweit er selbst Bestandteil der Natur ist, ihre Ziele sind die Erforschung der Natur und das Entdecken von Naturgesetzen, um die Vorgänge in der Natur zu erklären und sie für den Menschen nutzbar zu machen. Die Gegenstandsgebiete der Sozialwissenschaften entstehen nicht ohne menschliches Zutun; es handelt sich bei ihnen um Sachverhalte, die vom Menschen und für den Menschen ersonnen, entwickelt, eingeführt, verändert und gegebenenfalls wieder aufgegeben werden. Damit sind diese Gegenstandsgebiete der menschlichen Beeinflussung ausgesetzt, sie sind abhängig von den verfolgten Zielen und von den Verhaltensweisen des denkenden und handelnden Menschen, und sie sind deswegen im Zeitablauf veränderbar. Die Wirtschaftswissenschaften stellen ein Teilgebiet der Sozialwissenschaften dar, weil die Phänomene des Wirtschaftens, die ihr Gegenstandsgebiet ausmachen, sich auf Entscheidungen und Handlungen von Menschen in sozialen Systemen beziehen, wobei die Besonderheiten dieses Verhaltens in den nächsten Abschnitten geklärt wird. von

Wissenschaften

I Naturwissenschaften

Psychologie

Darstellung

1 Sozialwissenschaften

Wirtschaftswissenschaften

1-2: Die Wirtschaftswissenschaften im

Soziologie

System der Wissenschaften

Mit Hilfe der drei Elemente Erkenntnisobjekt, Erkenntnisziele und Methodologie wird in den folgenden Abschnitten aufgezeigt, welche Gegenstände die Wirtschaftswissenschaften und die Betriebswirtschaftslehre untersuchen, welche Ziele bei betriebswirtschaftlicher Forschung verfolgt werden und welches methodische Vorgehen gewählt werden kann.

2. 21.

Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften

Güterknappheit und Wirtschaftlichkeitsprinzip

Die Wirtschaftswissenschaften sind durch ihr gemeinsames Erkenntnisobjekt, das Wirtschaften, gekennzeichnet. Vor einer weiteren Beschäftigung mit den Wirtschaftswissenschaften oder Teilbereichen aus ihnen gilt es daher zu klären, was unter Wirtschaften verstanden werden soll. Die Tatsache, daß der Begriff fester

4

1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften

Bestandteil der täglichen Umgangssprache ist, macht eine solche Klärung nicht einfacher, sondern eher sogar schwieriger. Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Erklärung des Begriffs Wirtschaften ist die Tatsache, daß es einerseits menschliche Bedürfnisse und andererseits Güter gibt, die zur Befriedigung der jeweiligen Bedürfhisse geeignet sind. Diese Bedürfnisbefriedigung ermöglicht zum einen die Existenz des Menschen, zum anderen steigert sie sein Wohlbefinden. Ein Problem des Wirtschaftens gäbe es nicht, wenn alle zur uneingeschränkten Befriedigung aller Bedürfnisse benötigten Güter vorhanden wären. Güter, für welche dies gilt, werden als freie Güter bezeichnet. Diese Eigenschaft der unbeschränkten Verfügbarkeit weisen aber nur sehr wenige Güter auf, bei fast allen zur Befriedigung menschlicher Bedürfhisse geeigneten Gütern handelt es sich um knappe Güter, d. h. um Güter, die im Hinblick auf die zu befriedigenden Bedürfhisse nur in beschränktem Umfang zur Verfügung stehen. In dieser den Regelfall darstellenden Situation ergibt sich die Notwendigkeit zum Wirtschaften, da ein Spannungsverhältnis zwischen den menschlichen Bedürfhissen auf der einen Seite und den zur Befriedigung dieser Bedürfhisse geeigneten Gütern auf der anderen Seite besteht. Dieses Spannungsverhältnis kann sich auf die qualitative, die quantitative, die örtliche oder die zeitliche Komponente der Bedürfnisse und der Güter beziehen. Es ist wegen der unbeschränkten Vielfalt und des unbeschränkten Umfanges der menschlichen Bedürfhisse stets auf die Knappheit der zur Verfügung stehenden Güter zurückzuführen. Diese Knappheit zwingt zu Überlegungen darüber, welche der unbeschränkt vorhandenen Bedürfnisse mit welchen der nur beschränkt zur Verfügung stehenden Güter befriedigt werden sollen. Dabei werden die notwendigen Überlegungen um so komplizierter, je mehr der genannten Komponenten der Bedürfhisse und der Güter berücksichtigt werden. Das aufgezeigte Problem der Zuordnung von knappen Gütern auf zu befriedigende Bedürfnisse stellt ein Entscheidungsproblem dar, welches das Gegenstandsgebiet der Wirtschaftswissenschaften verkörpert. Damit läßt sich Wirtschaften inhaltlich erklären als Entscheiden, und zwar als das Entscheiden oder Disponieren über knappe Güter im Hinblick auf ihre direkte oder indirekte Verwendung zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Die tatsächliche Verwendung der Güter in Form der Produktion (indirekte Verwendung zur Bedürfnisbefriedigung) oder Konsumtion (direkte Verwendung zur Bedürfnisbefriedigung) ist demzufolge nur die Realisation der zuvor getroffenen Entscheidungen und damit im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch nicht Wirtschaften. Wirtschaften ist nur das Entscheiden über Produktion und Konsumtion, Produzieren und Konsumieren sind die dem Wirtschaften zeitlich nachgelagerten Realisationsprozesse. Da nur knappe Güter dem Wirtschaften unterliegen, erscheint es vernünftig, stets entscheiden -, daß die Wirksamkeit der Güterverwendung so zu wirtschaften möglichst hoch ist. Dies ist dann der Fall, wenn entweder ein bestimmter Nutzen im Sinne von Bedürfnisbefriedigung mit einem minimalen Einsatz knapper Güter oder mit einem bestimmten Einsatz knapper Güter ein maximaler Nutzen im Sinne von Bedürfnisbefriedigung realisiert wird. Beide Formulierungen, die als Minimaloder Sparsamkeitsprinzip bzw. als Maximal- oder Ergiebigkeitsprinzip bezeichnet werden, verkörpern das sogenannte ökonomische oder Wirtschaftlichkeitsprinzip, das die wirtschaftliche Version des für das menschliche Handeln allgemeingültigen Rationalprinzips darstellt. Weder das Wirtschaftlichkeitsprinzip noch das allgemeine Rationalprinzip stellen aber Erklärungsmodelle des wirt-

Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften

5

schaftlichen oder des allgemeinen menschlichen Verhaltens dar, sondern beide fordern lediglich ein bestimmtes Verhalten. Bezogen auf das Wirtschaften heißt diese Forderung, knappe Güter sind entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zu verwenden. Wirtschaften als das Entscheiden über die Verwendung knapper Güter zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse auf der normativen Basis des ökonomischen oder Wirtschaftlichkeitsprinzips ist das gemeinsame Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften, wobei diese üblicherweise in die beiden Hauptdisziplinen Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre und in Neben-, Nachbaroder Hilfsdisziplinen wie beispielsweise Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftsgeographie, Wirtschaftsrecht und andere untergliedert werden. Auf letztere wird im folgenden nicht eingegangen werden. 22. Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre

Die Betriebswirtschaftslehre und die Volkswirtschaftslehre (Nationalökonomie) untersuchen als Teildisziplinen der Wirtschaftswissenschaften beide das Erkenntnisobjekt Wirtschaften, allerdings unter verschiedenen Blickwinkeln. esDie Besich in triebswirtschaftslehre sieht ihre Aufgabe darin, das Wirtschaften, wie um zu unter beschreiben und erklären, Zugrundelegung Betrieben vollzieht, zu erkannter Zusammenhänge, Regelmäßigkeiten sowie Gesetzmäßigkeiten Uber die in Betrieben ablaufenden Prozesse Empfehlungen für wirtschaftliches Verhalten zur bestmöglichen Verwirklichung verfolgter betrieblicher Zielsetzungen zu entwickeln. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe geht sie in ihren Untersuchungen Uber den betrachteten Betrieb nur insoweit hinaus, als dies aufgrund der aktuellen oder Wirtschaftpotentiellen wirtschaftlichen Beziehungen des Betriebes zu anderen ist. erforderlich oder UntersuchungsNachfragern, seinheiten, etwa zu Lieferanten gegenstand der Betriebswirtschaftslehre bleibt aber immer der einzelne Betrieb als Wirtschaftseinheit. Eine Betrachtung des übergeordneten gesamtwirtschaftlichen Ganzen oder von dessen Teilen erfolgt nur in einem solchen Ausmaß, wie dem aus der Sicht der einzelnen Wirtschaftseinheit Betrieb eine Bedeutung zugemessen wird. Im Gegensatz zur Betriebswirtschaftslehre untersucht die Volkswirtschaftslehre das Erkenntnisobjekt Wirtschaften auf übergeordneter, auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, wobei diese durch die Wirtschaft eines Volkes, eines Staates oder eines Staatenverbandes (z. B. der Europäischen Union) gegeben sein kann. Die Volkswirtschaftslehre betrachtet dabei die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge der durch regelmäßigen Austausch von Leistungen miteinander verbundenen und aufeinander wegen gegenseitiger Abhängigkeiten über Angebot und Nachfrage das gesamtwirtschaftliche Ganze ist Dabei Wirtschaftseinheiten. angewiesenen mehr als nur die Summe der in ihm enthaltenen Wirtschaftseinheiten. Aus diesem Grunde ergeben sich auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene Probleme, die als solche und in der betreffenden Form in den Einzelwirtschaften nicht auftreten. Zu denken ist in diesem Zusammenhang beispielsweise an die vier zentralen volkswirtschaftlichen Problemstellungen angemessene Beschäftigung, Preisstabilität, angedie als messenes Wirtschaftswachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Deutschland der in und die Bundesrepublik magisches Viereck bezeichnet werden

6

1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften

als Ziele staatlicher Wirtschaftspolitik im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft festgelegt sind. Wenngleich sich Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre mit demselben Erkenntnisobjekt auseinandersetzen, so handelt es sich bei ihnen doch um grundverschiedene Teildisziplinen innerhalb der Wirtschaftswissenschaften. Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, daß sie sich mit in unterschiedlicher Weise spezifizierten Erkenntnisobjekten, d. h. unterschiedlichen Ausprägungen des Phänomens Wirtschaften, beschäftigen. Aus diesem Grunde ist auch der häufig erhobenen Forderung nach einer Vereinigung der beiden Teildisziplinen zu einer einheitlichen Wirtschaftswissenschaft zu widersprechen. Dadurch müßten zwangsläufig die unterschiedlichen Ansatzpunkte wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung aufgegeben werden, und es könnten folglich spezifische Erkennmisse wie im Falle der logischen Trennung der beiden Teildisziplinen aufgrund unterschiedlich spezifizierter Erkenntnisobjekte nicht mehr gewonnen werden. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß es zwischen Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre Veränderungen gibt, also Untersuchungsgebiete, die Gegenstand der Betrachtung in beiden wirtschaftswissenschaftlichen Teildisziplinen sind. Diese Schnittflächen werden besonders deutlich, wenn man die traditionelle Unterteilung der volkswirtschaftlichen Theorie in eine mikroökonomische und eine makroökonomische Theorie betrachtet. Dabei ist aber zu beachten, daß die mikroökonomische Theorie zu einer Zeit entstanden ist, in der es die Betriebswirtschaftslehre als eigenständige wirtschaftswissenschaftliche Teildisziplin noch gar nicht gab. Dementsprechend unterscheiden sich mikroökonomische Theorie und Betriebswirtschaftslehre auch grundlegend in ihren Begriffsinhalten. Die mikroökonomische Theorie geht nämlich bei ihren Untersuchungen im Gegensatz zur Betriebswirtschaftslehre nicht von der Wirtschaftseinheit Betrieb aus, sondern sie betrachtet den einzelnen Betrieb aus der Sicht des Marktes als dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage. Somit betrachtet sie beide Bestandteile des Marktes, das Angebot wie die Nachfrage, und analysiert Bedingungen eines Gleichgewichts zwischen diesen Marktkomponenten. Gegenstand betriebswirtschaftlicher Untersuchungen hingegen ist jeweils nur einer der beiden Bestandteile, also Angebot oder Nachfrage. Darüber hinaus wird nach dem zielgerechten wirtschaftlichen Verhalten des Betriebes gefragt, wenn dieser Teil des Marktes oder sein Verhalten bekannt sind. In der makroökonomischen Theorie werden aggregierte Wirtschaftssubjekte (Sektoren) einer Volkswirtschaft untersucht. 23. Der Betrieb als

Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre

Es ist gesagt worden, daß sich die Betriebswirtschaftslehre mit dem Wirtschaften, wie es sich in Betrieben als Wirtschaftseinheiten vollzieht, beschäftigt. Betriebe sind eine besondere Erscheinungsform von Wirtschaftseinheiten oder Einzelwirtschaften, denen als zweite Erscheinungsform die (privaten und öffentlichen) Haushalte gegenüberstehen. Beide Erscheinungsformen verdanken ihre Existenz der Tatsache, daß die moderne Wirtschaft eine arbeitsteilige Wirtschaft darstellt. Arbeitsteilung bedeutet, daß der einzelne zur Befriedigung seiner Bedürfhisse Güter verwendet, die von anderen hergestellt worden sind, und er seinerseits Güter herstellt, die andere zur Befriedigung ihrer Bedürfhisse verwenden sollen. Mit der

7

Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften

Arbeitsteilung entstehen Tauschbeziehungen, wobei der Tausch von Gütern unmittelbar erfolgen kann, in der modernen Wirtschaft aber in der Regel mittelbar unter Einschaltung eines allgemein anerkannten Tauschmittels, des Geldes, stattfin-

det. Haushalte sind dabei diejenigen aus der Arbeitsteilung hervorgegangenen Wirtschaftseinheiten, in denen sich die Konsumtion vollzieht, in denen also Güter zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse (Konsumgüter) verbraucht werden. Um diese Konsumgüter erwerben zu können, stellen die Haushalte ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Betriebe sind demgegenüber diejenigen Wirtschaftseinheiten, in denen die Produktion erfolgt, von denen also Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter erstellt und am Markt zum Tausch angeboten werden. Die Betriebswirtschaftslehre beschäftigt sich mit diesen produzierenden Einzelwirtschaften und ihrem Wirtschaften, während sie die Haushalte im allgemeinen nicht zum Gegenstand ihrer Betrachtungen macht. Ungeachtet dieser Abgrenzung können eine Reihe von Erkenntnissen der Betriebswirtschaftslehre auch für Haushalte verwendet werden, denn auch in Haushalten wird über knappe Güter entschieden. Die in der Realität vorzufindenden Betriebe weisen aber neben wirtschaftlichen die BeEigenschaften noch eine Vielzahl anderer Eigenschaften auf. Daher sind sondern der nicht nur triebe der Realität Erfahrungsobjekt Betriebswirtschaftslehre, auch anderer wissenschaftlicher Disziplinen, z. B. der Volkswirtschaftslehre, der Rechtswissenschaft, der Soziologie oder der Arbeitswissenschaft. Der Betrieb als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre entsteht aus dem Erfahrungsobjekt Betrieb auf dem Wege der Abstraktion, indem durch isolierende Vernachlässigung alle wirtschaftlich nicht relevanten Eigenschaften von der Betrachtung ausgeschlossen werden. Die Isolation ist notwendig, um die Komplexität des realen Sachverhaltes Betrieb zu reduzieren und ihn dadurch einer einzelwissenschaftlichen Betrachtung zugänglich zu machen. Durch die isolierende Abstraktion wird ein bestimmter Aspekt des zu untersuchenden Gegenstandes hervorgehoben, alle anderen vernachlässigt. Betritt ein betriebswirtschaftlicher Forscher die Werkshallen eines Automobilbetriebs, dann interessieren ihn nicht die technischen Eigenschaften der Maschinen, sondern ob sie wirtschaftlich eingesetzt werden. Auch wird er nicht untersuchen, wie die Raumbedingungen Lufttemperatur, -feuchtigkeit auf die Leistung der Arbeitskräfte wirken. Sind das aber nicht zwei Einflußgrößen, die sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirken? Entscheiden nicht die technischen Eigenschaften von Maschinen oder die Leistungsfähigkeit der Arbeitskräfte über die Wirtschaftlichkeit von Betrieben? Die Antwort auf diese Fragen kann nur ein deutliches Ja sein. Trotzdem interessiert den betriebswirtschaftlichen Forscher nur der wirtschaftliche Aspekt, auch in der Wissenschaft gilt die Arbeitsteilung. Wenn daher ein Forschungsproblem Kenntnisse anderer Fachdisziplinen notwendig sind, so kann dem durch eine interdisziplinäre Forschungsgruppe begegnet werden. Auf dem geschilderten Wege der isolierenden Abstraktion entsteht der Betrieb als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre. Eigentlich müßte dieses unter Beachtung der vorgenommenen Isolation von allen wirtschaftlich nicht relevanten heißen. Eigenschaften des realen Erfahrungsobjektes Betrieb Betriebswirtschaft Diese Bezeichnung hat auch der sich mit ihm beschäftigenden wirtschaftswissenschaftlichen Teildisziplin ihren Namen gegeben. Dennoch ist diese inhaltlich exakte Benennung ihres Erkenntnisobjektes in der Betriebswirtschaftslehre allgemein -

-

8

1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften

nicht üblich, und daher wird sie auch im vorliegenden Lehrbuch nicht vorgenommen. Das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre als ein lediglich gedankliches Gebilde wird im weiteren also Betrieb genannt werden, obwohl damit tatsächlich die Betriebswirtschaft gemeint ist. Der Betrieb stellt eine Wirtschaftseinheit dar, die Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter erstellt und am Markt zum Tausch anbietet. Damit erfüllt der Betrieb eine gesamtwirtschaftliche Aufgabe, indem er in der arbeitsteiligen Wirtschaft zur Befriedigung menschlicher Bedürfhisse direkt oder indirekt beiträgt. Diese Aufgabe des Betriebes wird als Sachziel des Betriebes bezeichnet. Sie ist ein invariantes Merkmal aller in der Realität existierenden Wirtschaftseinheiten, die durch das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre abgebildet werden. Mit dieser Festlegung ihres Erkenntnisobjektes werden die Haushalte als lediglich konsumierende Wirtschaftseinheiten hier von den Betrachtungen der Betriebswirtschaftslehre als Untersuchungsgegenstand ausgeschlossen. Betriebe werden zumindest in einer marktwirtschaftlichen Ordnung nicht um dieser gesamtwirtschaftlichen Aufgabe willen gegründet und unterhalten, sondern ihre Eigentümer setzen sie ein, um damit andere Ziele zu erreichen. Derartige Ziele können im privatwirtschaftlichen Bereich beispielsweise das Streben nach Gewinn, das Erreichen bestimmter Wachstumsraten, die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Gewinnung wirtschaftlichen oder politischen Einflusses und andere mehr sein. Dieser Beweggrund, um dessentwillen ein Betrieb gegründet und unterhalten wird, wird als Formalziel des Betriebes bezeichnet. Das Formalziel kann in einer einzelnen Zielsetzung, aber auch in einer Kombination mehrerer einzelner Zielsetzungen bestehen. Das Sachziel stellt das Mittel zum Erreichen des Formalziels dar, und damit müssen alle betrieblichen Aktivitäten zur Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen und deren Verwertung am Markt am jeweils verfolgten Formalziel ausgerichtet werden. Neben dem bislang stets verwendeten Begriff Betrieb für das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre treten in der Literatur immer wieder die Begriffe Un-

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ternehmen und Unternehmung auf, so daß es notwendig erscheint, auf die möglicherweise unterschiedlichen Begriffsinhalte an dieser Stelle kurz einzugehen. Zuvor sei jedoch festgestellt, daß in diesem Lehrbuch die Begriffe Betrieb und Unternehmen als Synonym für das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre verwendet werden, während die Unternehmung als eine historische Erscheinungsform des Betriebes in marktwirtschaftlichen Systemen verstanden wird, die durch die drei Merkmale Selbstbestimmung des Wirtschaftsplanes (Autonomieprinzip), Streben nach Gewinn (erwerbswirtschaftliches Prinzip) und Prinzip des Privateigentums an den Produktionsmitteln gekennzeichnet ist. Damit sind die Begriffe Betrieb und Unternehmen inhaltlich umfassender als der Begriff Unternehmung: jede Unternehmung ist ein Betrieb, aber nicht jeder Betrieb ist eine Unternehmung

(Gutenberg, Mellerowicz, Wöhe).

3. Die Erkenntnisziele der Betriebswirtschaftslehre Im einleitenden Abschnitt werden die drei Elemente einer Wissenschaft Erkenntnisobjekt, Erkenntnisziel und Methoden vorgestellt. Nachdem festgelegt ist, womit sich die Betriebswirtschaftslehre beschäftigt, ist nun die Frage zu beantworten, -

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Die Erkenntnisziele der Betriebswirtschaftslehre

9

welche Erkenntnisziele sie verfolgt. Ziele der Erkenntnis (Wissenschaftsziele) geben an, warum wir etwas über die Welt wissen wollen. Wissenschaft zu betreiben, ist kein Selbstzweck, vielmehr erwarten wir von neuen Erkenntnissen, daß sie unsere Ziele erfüllen. Es kann zwar beobachtet werden, daß im allgemeinen unter den an der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung Beteiligten eine weitgehende Übereinstimmung über die in der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu erzielenden Erkennmisse besteht. Aus dieser Tatsache darf aber nicht geschlossen werden, daß das betreffende Erkenntnisziel den Wissenschaftlern von außen vorgegeben würde. Sie sind grundsätzlich frei in der Wahl ihres individuellen Erkenntniszieles, und wenn unter den Beteiligten eine weitgehende Übereinstimmung über das in einer wissenschaftlichen Disziplin anzustrebende Erkenntnisziel besteht, dann ist dies nur auf Gründe der Gewohnheit, Einsicht oder Zweckmäßigkeit zurückzuführen.

In der Betriebswirtschaftslehre lassen sich heute drei Erkenntnisziele beobachten, die sich schlagwortartig als Beschreiben, Erklären und Gestalten charakterisieren lassen. Die Beschreibung in der Betriebswirtschaftslehre hat die Aufgabe, die tatsächlichen Gegebenheiten in Betrieben der Realität zu erfassen, es werden Informationen über Betriebe in der Realität gesammelt, geordnet und übersichtlich dargestellt. Die eine über das BeobDeskription besteht in der wirklichkeitsgetreuen Abbildung, diesem Wege nicht möglich. achtete hinausgehende Erkenntnisgewinnung ist auf betriebswirtschaftliche zweiten Erkenntnisziel, Vorstufe zum Sie ist damit eine

zu erarbeiten. Beispielsweise beschreibt ein betriebswirtschaftlicher Forscher alle unterschiedlichen Kostenarten, die in einem Betrieb auftreten wie Materialkosten, Betriebsmittelkosten, Personalkosten. Er ist damit allerdings nicht in der Lage, zu erklären, warum die Kosten in welcher Höhe entstanden sind. Betrieb als Entsprechend der funktionalen Definition ihres Erkenntnisobjektes für den und in Form SachDienstleistungen von einer Wirtschaftseinheit, die Güter theoretische das besteht Tausch und anbietet, zum Markt am Bedarf Dritter erstellt Erkenntnisziel der Betriebswirtschaftslehre darin, die Gegebenheiten und GeschehErkenntnisse in der Wirtschaftseinheit Betrieb zu erklären. Das spezifizierte ablaufenden den ihm in und des Betriebes der in Struktur nisobjekt besteht hierbei den BeProzessen. Die Betriebswirtschaftslehre will hier Erkenntnisse über ablaufenim der Betrieb triebsaufbau und den Betriebsprozeß als die Gesamtheit einer den einzelnen Prozesse gewinnen und diese in einem System von Aussagen,erkläkann die als Erkenntnisziel theoretische Theorie, zusammenfassen. Dieses von Errende Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre bezeichnet werden. Wenn ist es Zwar auf Warum-Fragen. klärung gesprochen wird, erwarten wir Antworten letzten Jahren den in der Fusionen interessant zu erfahren, daß über die Hälfte wird jedoch die Gründe gescheitert sind. Ein betriebswirtschaftlicher Forscher wollen. herausfinden hierfür TatsaDas dritte Erkenntnisziel der Betriebswirtschaftslehre ergibt sich aus der Formalziels gegrünbestimmten eines zur Betrieb Erreichung che, daß jeder reale der Bedet und unterhalten wird. Aus diesem Grunde muß es auch eine Aufgabe

Erklärungen

triebswirtschaftslehre sein, Wege zur zielgerechten Gestaltung des Betriebsgeschehens zu entwickeln und aufzuzeigen. Das Erkenntnisziel in diesem pragmatisch

orientierten Bereich besteht demzufolge in einer Ausrichtung der Erkenntnisgewinund in der Ableitung von zielgerechten nung an Handlungszielen des Betriebes

10 1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften

Handlungsregeln. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, daß die entsprechenden Erkenntnisse für das im Wege der isolierenden Abstraktion gewonnene Erkenntnisobjekt Betrieb der Betriebswirtschaftslehre erzielt werden; es darf daher nicht angenommen und nicht verlangt werden, daß diese Erkenntnisse ohne weiteres auf einen konkreten Betrieb der Realität und dessen Probleme angewendet werden können. Zwar lassen sich aus den umfangreichen Fallzahlen vergangene Fusionen Faktoren für Erfolg und Mißerfolg erkennen, ein garantiertes Erfolgskonzept als Handlungsregel läßt sich daraus jedoch nicht ableiten. Das pragmatische Erkenntnisziel läßt sich im Gegensatz zu den ersten beiden Zielen, die eher als theoretische Aufgaben der Betriebswirtschaftslehre charakterisiert werden können,

als die technologische Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre bezeichnen. Zwischen den drei Erkenntniszielen der Betriebswirtschaftslehre besteht ein Zusammenhang, und zwar dergestalt, daß die Erfüllung der theoretischen Aufgaben Voraussetzung für die Bewältigung der technologischen Aufgabe ist. Diese Aussage darf allerdings nicht dahingehend verstanden werden, daß die theoretischen Aufgaben erst vollständig bearbeitet sein müssen, bevor an die Lösung der technologischen Aufgabe herangegangen werden kann. Es reicht vielmehr aus, die theoretischen Aufgaben nur teilweise zu erfüllen, um anschließend in den betreffenden Teilbereichen bereits die Bewältigung der technologischen Aufgabe in Angriff nehmen zu können. Die geschilderte Vorgehensweise, die letztlich einen ständigen Wechsel zwischen den verschiedenen Erkenntniszielen bedeutet, ist in der allgemein zu beobachtenden Praxis der betriebswirtschaftlichen Forschung häufig anzutreffen. Im vorliegenden Lehrbuch wird seinem Charakter einer Einführung in die Betriebswirtschaftslehre entsprechend nur die ersten beiden Erkenntnisziele der Betriebswirtschaftslehre, also nur ihre theoretischen Aufgaben, Grundlage der Betrachtungen sein. Allenfalls am Rande und dann auch nur in Ansätzen werden Überlegungen hinsichtlich der technologischen Aufgabe angestellt werden. Diese Beschränkung ist sinnvoll durchführbar, während der umgekehrte Weg Lösung der technologische Aufgabe ohne Beachtung der theoretischen Aufgaben im Bereich der Betriebswirtschaftslehre zwangsläufig zu sinnleeren führen Ergebnissen müßte, da Handlungsregeln entworfen würden, ohne daß die ihnen zugrundeliegenden Sachverhalte erklärt wären. -

-

4. Methoden betriebswirtschaftlicher Erkenntnisgewinnung Neben Erkenntnisobjekt und Erkerintnisziel gehören zur Kennzeichnung einer Wissenschaft oder wissenschaftlichen Disziplin die von ihr verwendeten Methoden zur Erkenntnisgewinnung. Unter Methode wird dem griechischen Ursprung „Weg zu etwas" entsprechend ein strukturiertes Verfahren, insbesondere das geregelte Vorgehen der Wissenschaft im Hinblick auf ein Ziel verstanden. Ein solches Vorgehen bei der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung wird einerseits gefordert, um den wissenschaftlichen Arbeitsaufwand durch Vermeidung zufälligen und planlosen Suchens auf ein angemessenes Maß zu beschränken. Andererseits soll durch die Verwendung strukturierter Verfahren sichergestellt werden, daß die gewonnenen Erkenntnisse intersubjektiv nachprüfbar sind, um dadurch ihren wissenschaftlichen Charakter zu gewährleisten.

Methoden betriebswirtschaftlicher Erkenntnisgewinnung

11

Wissenschaftlich bedeutend ist die induktive Methode, sie besteht im Schließen besonderen auf allgemeine Sätze (Induktionsschluß). Ausgehend von tatsächlich beobachteten Sachverhalten wird unter Abstraktion von mehr oder weniger belanglosen Einzelheiten Uber die typischen Erscheinungen auf allgemeingültige Erklärungen der Wirklichkeit, also auch der nicht beobachteten, geschlossen. Ein betriebswirtschaftlicher Forscher beobachtet in vier Betrieben A, B, C und D, daß bei steigenden Produktionsmengen die Kosten steigen. Er formuliert darauf hin eine allgemeine Aussage: Wenn in Betrieben die Produktionsmenge steigt, dann steigen die Kosten. Die induktive und die nachfolgend zu beschreibende deduktive Methode werden meist als alternative Vorgehensweise der Erkenntnisgewinnung beschrieben. Wenn mit Popper in dem Entdeckungs- und Begründungszusammenhang unterschieden wird, können beide Methoden im Forschungsprozeß eingesetzt werden. Die Induktion dient dann dem Forscher als Methode, um Hypothesen zu entwickeln (Entdeckungszusammenhang), die dann mit Hilfe der deduktiven Methode überprüft werden können (Begründungszusammenhang). Eine bekannte induktive Vorgehensweise ist die empirische Statistik mit ihrem Schluß von der beobachteten Stichprobe auf die nicht beobachtete oder gar unbekannte Grundgesamtheit. Die deduktive Methode besteht im Schließen von allgemeinen auf besondere Sätze (Deduktionsschluß). Je nach dem Charakter der als Ausgangspunkt verwendeten hypotheallgemeinen Sätze läßt sich zwischen der axiomatisch-deduktiven und der die axiotisch-deduktiven Methode unterscheiden. Auf den ersten Blick scheidet zur Erkenntals wissenschaftliche Methode Vorgehensweise matisch-deduktive hier vermeintlicherweise nisgewinnung in der Betriebswirtschaftslehre aus, da essind und keines Beweises keine Axiome als Sätze, die eines Beweises nicht fähig der mit Modellbildung verbunden, die bedürfen, gibt; diese Methode ist jedoch eng zum Schluß dieses Abschnitts behandelt wird. Aus diesem Grunde bedeutet deduktives Arbeiten in der Betriebswirtschaftslehre die Verwendung der hypothetischdeduktiven Methode. Ausgangspunkt der vorzunehmenden Deduktionsschlüsse ist hier eine Hypothese oder ein System von Hypothesen, wobei eine Hypothese eine zu erklären, Aussage darstellt, die geeignet erscheint, beobachtete Erscheinungen worden erwiesen und die aber noch nicht als die einzig mögliche gültige Erklärung der unter sind Voraussetzung ist. Deduktiv aus Hypothesen gewonnene Aussagen fehlerfreier Ableitung streng logische, denknotwendige Urteile, deren Wahrheitsvon

Hypothesen gehalt nur an der empirischen Bewährung der zugrundeliegenden aus den Prämisbesteht Deduktionsschluß Ein an ihrer aber Ableitung. nicht hängt, sen (im Beispiel A, und A2) und der Konklusion (im Beispiel B). A, A2 B

Wenn die Produktionsmenge steigt, dann steigen (Prämissen) die Kosten. Die Produktionsmenge steigt._ Die Kosten

steigen._(Konklusion)

Darstellung 1-3: Beispiel zum Deduktionsschluß PräDas Beispiel zeigt einen einfachen Deduktionsschluß, er besteht aus zwei als Wenn-Dann-Aussage missen: Erstens einer Hypothese (Theorie, Gesetz), die eine formuliert ist, zum zweiten eine Beobachtung (sogenannte Randbedingung), wenn immer daß der Prämisse), Aus (1. Hypothese steigende Produktionsmenge.

12 1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften

Produktionsmenge steigt, auch die Kosten steigen, und der Beobachtung (2. Prämisse), daß in einem Betrieb die Produktionsmenge steigt, wird geschlossen,

die

daß die Kosten im Betrieb steigen. Die Hypothese kann nur an der Realität bezüglich ihrer Wahrheit gemessen werden; nur die Empirie kann eine Hypothese vorläufig bestätigen (nicht falsifizieren) oder endgültig widerlegen (falsifizieren), wobei eine Hypothese so lange aufrechterhalten wird, bis sie falsifiziert worden ist. Je länger eine Hypothese nicht falsifiziert wird, desto höher wird der ihr zugeschriebene Wahrheitsgehalt, obwohl sie weiterhin falsifizierbar bleibt. Popper fordert die Falsifizierbarkeit als Merkmal der Wissenschaftlichkeit für alle Sätze auch für den Bereich der Sozialwissenschaften und bezeichnet objektiv nicht widerlegbare Sätze als nicht wissenschaftlich oder metaphysisch. Ein Beispiel hierfür: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist. Diese Aussage ist nicht falsifizierbar. Die Überprüfung von Hypothesen an der Realität stellt nicht einen einmaligen Akt, sondern einen meist sehr zeitraubenden Untersuchungsprozeß dar. So muß die Hypothese des Beispiels operationalisiert werden: welche Betriebe sind zu untersuchen, welche Kostenarten steigen. Soll die Aussage nur für Industriebetriebe überprüft werden, dann werden auch nur sie untersucht. Da aber nicht alle Industriebetriebe aufgesucht werden können, muß eine Auswahl erfolgen (Stichprobe). Es müssen dann adäquate Methoden der Datenerhebung ausgewählt werden, für das Beispiel bietet sich eine Dokumentenanalyse (Unterlagen des Rechnungswesens) in Verbindung mit Interviews an. Nach der Datenerhebung folgt die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse, aus denen sich eventuell die Bestätigung der Hypothese ergibt. Die in den Wirtschaftswissenschaften verwendeten Hypothesen werden häufig in Form von Modellen formuliert. Ein Modell stellt eine vereinfachte Abbildung der Realität dar. Solche vereinfachten Abbildungen sind zur Erkenntnisgewinnung in der Betriebswirtschaftslehre notwendig, da die betriebliche Realität von einem so hohen Komplexitätsgrad ist, daß ihre vollständige Erfassung in allen Bestandteilen und Beziehungen nicht geleistet werden kann. Ein betriebswirtschaftliches Modell als vereinfachter Ausgangspunkt zur Anwendung der deduktiven Methode entsteht allein auf Grund von Denkprozessen. Es stellt daher im Gegensatz zum gegenständlichen Modell des Naturwissenschaftlers lediglich ein gedankliches oder Denkmodell dar. Wenn ein betriebswirtschaftlicher Forscher von Annahmen ausgeht, die zwar für sein Modell geeignet sind, mit der Realität jedoch nichts zu tun haben, dann verwendet er die Modellbildung entsprechend der axiomatischdeduktiven Methode. Dies sollte für betriebswirtschaftliche Forschungen, die sich auf die Realität von Betrieben beziehen, nur ein erster Schritt im Forschungsprozeß sein. Um die Modellanalyse auch im Sinne der hypothetisch-deduktiven Methode nutzen zu können, müssen die im Modell verwendeten Annahmen (Hypothesen) an der Realität überprüft werden. Die wissenschaftliche Problematik der modellanalytischen Vorgehensweise zur betriebswirtschaftlichen Erkenntnisgewinnung besteht außerdem in der bei der Modellkonstruktion zur Anwendung kommenden ceteris-paribus-Klausel. Diese beschreibt das Verfahren, in einem Modell bestimmte funktionale Beziehungen zwischen ausgewählten (unabhängigen und abhängigen) variablen Größen darzustellen, während alle anderen Größen der zugrundeliegenden betrieblichen Realität

Gliederungen der Betriebswirtschaftslehre

13

oder implizit) als konstant angenommen werden. Ohne eine solche Annahme wäre eine Modellbildung kaum möglich, da die Zusammenhänge im Betrieb zu komplex sind. Beispielsweise lassen sich für ein Modell der Unternehmensplanung nicht die Beschaffung, Produktion und der Absatz mit allen ihren Möglichkeiten in einem Modell abbilden. Es wird in der Regel eine oder mehrere Bereiche konstant gehalten. Diese mit der Realität ersichtlich in der Regel nicht Ubereinstimmende Annahme führt zwangsläufig dazu, daß die streng logisch häufig unter Verwendung mathematischer Verfahren gewonnenen Erkennmisse meist nicht unmittelbar in der betrieblichen Praxis Anwendung finden können. Diese Tatsache darf aber nicht dazu führen, die Modellanalyse als wissenschaftliche Vorgehensweise zur Erkenntnisgewinnung in der Betriebswirtschaftslehre generell abzulehnen. Sie verlangt jedoch auf der anderen Seite, so gewonnene betriebswirtschaftliche Erkenntnisse vor ihrer Anwendung auf ihre Relevanz für den jeweiligen konkreten Fall zu überprüfen.

(explizit

-

-

5.

Gliederungen der Betriebswirtschaftslehre

Die Betriebswirtschaftslehre als wirtschaftswissenschaftliche Disziplin ist darauf gerichtet, Erkenntnisse über ihr Erkenntnisobjekt Betrieb inals gedankliches Abbild Form von Sach- und aller real existierenden Wirtschaftseinheiten, die Güter zum Tausch anbieMarkt am und erstellen Bedarf Dritter für den Dienstleistungen auf ten, zu gewinnen. Dabei erstreckt sich diese Erkenntnisgewinnung einerseits von die auf und andererseits Ableitung den den Betriebsaufbau und Betriebsprozeß der Betriebszielgerechten Handlungsregeln. Erkenntnisobjekt und Erkenntnisziel wirtschaftslehre sind in dieser allgemeinen Form so komplex und so heterogen, daß sowohl es aus denkökonomischen Gründen geraten erscheint, Differenzierungen vordes Erkenntniszieles hinsichtlich auch als hinsichtlich des Erkenntnisobjektes damit und besser überschaubare zugänglichere diese werden Weise Auf zunehmen. Problembereiche gewonnen. Die Gliederung in die erklärende und in die technoist in diesem Zusammenhang logische Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre darauf ist es und hingewiesen worden, daß in zuvor schon angesprochen worden, der Betrachtung sein erklärende die Gegenstand nur Lehrbuch Aufgabe diesem wird. Eine zweite

Gliederung unterscheidet auf der einen Seite die Allgemeine

Be-

triebswirtschaftslehre und auf der anderen Seite die Besonderen oder Speziellen Betriebswirtschaftslehren. Dabei befaßt sich die Allgemeine Betriebswirtschaftsvon lehre mit den Sachverhalten und Problemen, die allen Betrieben unabhängig ihren jeweils konkreten Ausprägungen gemeinsam sind, und versucht, so zu einem Lehrbuch ist im generell gültigen Aussagensystem zu gelangen. Das vorliegende bisweilen wobei jedoch Sinne der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre konzipiert, in einem Industrieunternehmen zugrundegelegt Verhältnisse direkt oder indirekt die

werden. Diese Betrachtungsweise ist für die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre der Betriebswirtschaftslehre der Indutypisch, da in ihrer historischeninEntwicklung Realität entsprechend stets als wirtschaftlichen der striebetrieb den Verhältnissen hat. des Betriebes gedient Paradigma im Die Besonderen oder Speziellen Betriebswirtschaftslehren beschäftigen sich Probleden mit spezifischen Betriebswirtschaftslehre zur Allgemeinen

Gegensatz

14 1. Teil: Die Betriebswirtschaftslehre als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften in den Betrieben der einzelnen Wirtschaftszweige. Sie werden deshalb auch in Gliederung nach branchenbezogenen Gesichtspunkten als Wirtschaftszweiglehren bezeichnet. Zu ihnen gehören neben anderen die Industriebetriebslehre, die Handelsbetriebslehre, die Bankbetriebslehre, die Versicherungsbetriebslehre, die Verkehrsbetriebslehre, die Betriebswirtschaftslehre der Genossenschaften und die Wirtschaftslehre der öffentlichen Betriebe. In einem nächsten Schritt kann eine Spezielle Betriebswirtschaftslehre dann durch eine weitere Differenzierung des Wirtschaftszweiges nochmals untergliedert werden, so beispielsweise die Verkehrsbetriebslehre in die Betriebswirtschaftslehren des Luftverkehrs, des Seeverkehrs, der Binnenschiffahrt, des Eisenbahnverkehrs, des Güterkraftverkehrs, des öffentlichen Personennahverkehrs und des Nachrichtenverkehrs. Eine dritte Gliederung der Betriebswirtschaftslehre unterscheidet gegenüber der eben beschriebenen nach branchenbezogenen Gesichtspunkten nach funktionalen Gesichtspunkten, d. h., sie knüpft an den verschiedenen im Betrieb auszuübenden Tätigkeiten oder Funktionen an, wobei üblicherweise nur die betrieblichen Hauptfunktionen oder Haupttätigkeitsgebiete zur Gliederung herangezogen werden. Hierbei handelt es sich vor allem um die Unternehmensfiihrung (Planung, Kontrolle, Organisation), die Finanzwirtschaft (Finanzierung und Investition), die Beschaffung, die Leistungserstellung (Produktion), die Leistungsverwertung (Absatz), die Personalwirtschaft und das Rechnungswesen. Eine besondere Beachtung sollte abschließend noch der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre geschenkt werden, da diese weder durch die Gliederung nach institutionalen noch durch die nach funktionalen Gesichtspunkten erfaßt wird. Gegenstand dieses Teilbereichs der Betriebswirtschaftslehre sind die Auswirkungen der verschiedenen Steuern auf den Betrieb und die darauf basierenden betrieblichen Entscheidungen, die auf eine Minimierung der Steuerbelastung gerichtet sind (Wöhe). Gleiches wie für die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre gilt auch für das Wirtschaftsprüfungs-(Revisions-) und Treuhandwesen, das ebenfalls außerhalb der nach institutionalen und funktionalen Gesichtspunkten vorgenommenen Einteilung der Betriebswirtschaftslehre in besondere oder spezielle Untersuchungsbereiche steht. Sein Gegenstand ist nicht der Prüfüngs- und Beratungsbetrieb, sondern die Überwachung (Kontrolle und Prüfung) und Beratung des Betriebes (Wöhe). Dennoch ist auch das Wirtschaftsprüfungs- und Treuhandwesen wie die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre aufzufassen. men

einer

Fragen zur Lernkontrolle: 1. 2. 3. 4. 5.

Durch welche Elemente läßt sich jede Wissenschaft beschreiben? Kennzeichnen Sie die Stellung der Wirtschaftswissenschaften im System der Wissenschaften. Welches sind die Komponenten, die zu einem Spannungsverhältnis zwischen den menschlichen Bedürfhissen und den zu ihrer Befriedigung geeigneten Gütern führen? Was ist unter dem Begriff Wirtschaften zu verstehen? Erläutern Sie das Wirtschaftlichkeitsprinzip und verdeutlichen Sie seine

Ausprägungsformen.

Gliederungen der Betriebswirtschaftslehre 6. 7.

8. 9.

10. 11.

12. 13.

14. 15.

16.

15

Welche Aufgaben werden der Betriebswirtschaftslehre und der Volkswirtschaftslehre gestellt? Welchen grundlegenden Unterschied bezüglich des Erkenntnisobjektes Betrieb weisen die mikroökonomische Theorie und die Betriebswirtschaftslehre auf? Warum ist die Vorgehensweise der isolierenden Abstraktion zur Gewinnung des Erkenntnisobjektes der Betriebswirtschaftslehre notwendig? Grenzen Sie die Einzelwirtschaften Betrieb und Haushalt gegeneinander ab. Wie werden in der Literatur die Begriffe Betrieb, Unternehmen und Unternehmung inhaltlich gegeneinander abgegrenzt? Worin besteht die gesamtwirtschaftliche Aufgabe des Betriebes, und in welcher Beziehung stehen Sachziel und Formalziel zueinander? Was verstehen Sie unter der erklärenden, was unter der technologischen Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre? Erläutern Sie die Beschreibung als wissenschaftliche Methode. Unterscheiden Sie zwischen der induktiven und deduktiven Methode. Erläutern Sie an einem Beispiel den deduktiven Schluß mit der hypothetischdeduktiven Methode. Was ist nach Popper das wichtigste Merkmal von Aussagen im Bereich der empirischen Wissenschaften? Was ist ein Modell, und welche Bedeutung besitzen Modelle für die Gewinnung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse? Gliedern Sie die Betriebswirtschaftslehre nach verschiedenen Gesichts-

punkten. Literaturhinweise zum 1. Teil: Cezanne,

Wolfgang/Franke, Jürgen, Volkswirtschaftslehre,

Aufl., München,

Eine

Einführung,

7.

Wien 1996

Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin,

Köln, 1992 Kosiol, Erich, Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, Reinbek bei

Hamburg, 1972 Göttingen, 1974 Raffee, Hans, Grundprobleme der Betriebswirtschaftslehre, Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., chen, Wien, 1998

Mün-

in: F. Schweitzer, Marceil, Gegenstand und Methoden der Betriebswirtschaftslehre, BetriebswirtschaftsX. Bea, E. Dichtl und M. Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine lehre, Band 1: Grundfragen, 7. Aufl., Stuttgart, 1997, S. 23-80 Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., München, 1996

2. Teil: Der Betrieb als 1.

System

Kennzeichnung des Betriebes als System

Im Abschnitt 23. des vorangegangenen ersten Teiles dieses Lehrbuches ist der Betrieb als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre als eine Wirtschaftseinheit gekennzeichnet worden, die Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter erstellt und am Markt zum Tausch anbietet. Dieses Sachziel verkörpert die gesamtwirtschaftliche Aufgabe des Betriebes. Die vorgenommene Kennzeichnung des Betriebes stellt eine funktionale Begriffsbestimmung und damit Abgrenzung der Wirtschaftseinheit Betrieb gegenüber anderen Wirtschaftseinheiten dar. Im folgenden wird es darum gehen, aufgrund dieser funktionalen sichtweise die Wirtschaftseinheit Betrieb zu beschreiben. Dies wird unter Zuhilfenahme der in der allgemeinen Systemtheorie verwendeten Denkansätze gesche-

hen.

"Unter einem System verstehen wir eine geordnete Menge von Elementen, zwischen denen irgendwelche Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können." (Ulrich) Demnach ist jeder Betrieb ein System, denn er besteht aus einer Menge von Elementen und einem Netz sie verbindender Beziehungen. Eine erste Typologie geht auf Beer zurück, der zwischen einfachen, komplexen, und äußerstsokomplehohen xen Systemen unterscheidet. Ein äußerst komplexes System weist einen Grad von Kompliziertheit auf, daß es präzise und detailliert nicht mehr vollständig beschrieben werden kann. Zu seiner Beschreibung muß demzufolge ein Modell im Sinne einer vereinfachenden Abbildung herangezogen werden. Jeder Betrieb ist in diesem Sinne ein äußerst komplexes System. Die zweite, ebenfalls von Beer stammende Einteilung unterscheidet zwischen determinierten und probabilistischen es keine Systemen, wobei ein System als probabilistisch bezeichnet wird, wenn Da zuläßt. Verhalten über sein jeder zukünftiges streng detaillierte Voraussage Betrieb diese Eigenschaft ersichtlich aufweist, kann der Betrieb als ein äußerst Diese Tatsache hat komplexes, probabilistisches System gekennzeichnet werden. von Erder und Gewinnung ihre Möglichkeiten für die Betriebswirtschaftslehre kenntnissen über den Betrieb bedeutsame Konsequenzen. Eine weitere Klassifizierung unterscheidet innerhalb der Systeme zwischen natürlichen und künstlichen Systemen, wobei letztere von Menschen geschaffene Systeme. Eine besonSysteme darstellen. Zu ihnen gehören ideelle und materielle soziotechnischen Systeme dere Klasse der materiellen Systeme wird durch die als auch SachgegenMenschen Elemente sowohl als d. die h. Systeme, gebildet, stände aufweisen. In diesem Sinne stellt jeder Betrieb ein soziotechnisches System dar. Weiterhin ist zwischen geschlossenen und offenen Systemen zu unterscheiden, über wobei offene Systeme die Eigenschaft aufweisen, daß sie bzw. ihre Elemente des h. Umwelt mit der des d. Syaußerhalb Systems, Beziehungen mit Elementen ein muß Betrieb des Sachziels zwangsläufig sind. jeder stems, verbunden Aufgrund zwioffenes System sein, da nur vermittels Marktbeziehungen, also Beziehungen schen dem Betrieb und seiner Umwelt, eine Realisierung des Sachziels möglich ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Realisierung des Sachziels immer nur erfolgt, um das Formalziel, um dessentwillen der Betrieb gegründet und unterhalten

18

2. Teil: Der Betrieb als

System

wird,

zu erreichen. Künstliche Systeme, die aufgrund ihrer Konstruktion durch den Menschen immer zweckorientiert sind, werden als zielgerichtete Systeme bezeichnet, wenn sie die soeben herausgestellte Eigenschaft der Betriebe aufweisen. Damit läßt sich nach der oben erfolgten ersten Kennzeichnung des Betriebes als ein äußerst komplexen probabilistischen System der Betrieb als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre weiter als ein zielgerichtetes, offenes und soziotechnisches System beschreiben. Schließlich ist noch auf den von Ulrich verwendeten Begriff Regelsystem im Zusammenhang mit der Betrachtung des Betriebes als System hinzuweisen. Regelsysteme sind Systeme, in denen das Phänomen Regelung zu beobachten ist, das im Mittelpunkt der Befrachtungen in der Kybernetik steht (Wiener). Regelung setzt sich aus den Komponenten Steuerung und Rückkopplung zusammen. Steuerung bedeutet das Treffen von Entscheidungen und das Erteilen von Anweisungen zu ihrer Realisation, mit anderen Worten also Führung. Rückkopplung beinhaltet dagegen, daß die Ergebnisse der Realisation an die Steuerungsinstanz zurückgemeldet werden und dort als Istwerte mit den vorgegebenen Sollwerten verglichen werden (Kontrolle). Systeme, die ihr verfolgtes Ziel über Steuerungs- und Rückkopplungsvorgänge zu erreichen suchen, werden als selbststeuernde Systeme bezeichnet. Da derartige Vorgänge in allen Betrieben beobachtet werden können, läßt sich der Betrieb als Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre abschließend noch als selbststeuerndes System kennzeichnen.

2. Das 21.

Führungssystem

Differenzierung des Systems Betrieb

Wenn anerkannt

wird, daß es sich bei jedem Betrieb um ein äußerst komplexes also ein System, das als solches präzise und detailliert nicht vollständig beschrieben werden kann, dann ist es für den Zweck der Erkenntnisgewinnung über das System Betrieb notwendig, dieses System in Teilsysteme zu zerlegen. Eine derartige Zerlegung eines Systems in Teil- oder Subsysteme wird als Systemdifferenzierung bezeichnet. Die entsprechenden Teil- oder Subsysteme entstehen dadurch, daß zusätzlich zu den konstituierenden Eigenschaften des Gesamtsystems weitere Merkmale in die Befrachtung einbezogen werden, in denen sich die Teil- oder Subsysteme unterscheiden. Der Zweck der Systemdifferenzierung besteht darin, Teil- oder Subsysteme eines Ausgangssystems zu schaffen, die aufgrund eines höheren Grades an Konkretisierung einen geringeren Grad an Komplexität aufweisen als das zugrundegelegte Gesamtsystem. Funktional läßt sich das Gesamtsystem beispielsweise nach den betrieblichen Hauptfunktionen in die Teil-

System handelt,

oder Subsysteme Unternehmensführung, Finanzwirtschaft, Beschaffung, Leistungserstellung, LeistungsVerwertung und Personalwirtschaft sowie betriebliches Rech-

nungswesen differenzieren. Es wird zunächst eine sehr grobe Differenzierung des Systems Betrieb vorgenommen, und zwar die in sein Führungssystem und sein Ausführungssystem. Diese Klassifikation des Systems Betrieb ist vollständig, d. h. jedes Element des Systems gehört entweder dem Führungssystem oder dem Ausführungssystem an.

Das

Führungssystem

19

Bei der Darstellung des Führungsprozesses wird als Grundlage eine Charakterinach Aufgaben (Funktionen) verwendet. Das Führungssystem beinhaltet bei einer prozessualen Betrachtung als Elemente die Menge aller Führungstätigkeiten im Unternehmen; sie werden hier nur kurz charakterisiert, da sie in diesem Teil noch ausführlich behandelt werden. Die Zielbildung umfaßt alle Tätigkeiten, bei denen die gewünschten und anzustrebenden Zukunftszustände ermittelt und festgelegt werden. Planung ist ein systematischer Entscheidungsprozeß, in dem die Handlungsalternativen ermittelt, prognostiziert sowie bewertet werden und abschließend eine Alternative gwwählt wird. Die Organisation ist das integrative Strukturieren des Unternehmens. Den Abschluß dieser Phasenfolge bildet die Kontrolle; sie untersucht das Verhältnis zwischen dem geplanten und dem realisierten Ergebnis. Diese Phasenfolge hat rein sachlogischen Charakter und macht keine Aussagen über in der Realität ablaufende Führungsprozesse. Das Führungssystem wird dann z. B. in die funktionalen Subsysteme Ziel-, Planungs-, Organisationsund Kontrollsystem unterteilt. Die funktionale Betrachtung orientiert sich an den instiAufgaben und deren sachlogischen Zusammenhängen, im Gegensatz zu einerZusamtutionalen Sichtweise, die die Aufgabenträger und deren organisatorische menhänge in den Mittelpunkt stellt. Dieses Führungssystem wird heute auch mit dem Begriff Managementsystem oder kurz Management des Betriebes belegt. Das Informationssystem wird als ein weiteres Teilsystem des Führungssystems betrachtet. Dabei wird insbesondere auf den Zusammenhang mit dem Planungssystem hingewiesen und eine entsprechende Abstimmung zwischen beiden Systemen Prozesse; jede gefordert. Alle Führungsprozess sind informationsverarbeitende ab. Informatiowieder sie und sie gibt Phase benötiget Informationen, verarbeitet also sind Prozeßstufe unabdingeinzelne Prozeß und jede nen als Input für diesen Informades der nach Einordnung Die Aktivitäten. aller Frage bare Voraussetzung beantworten. eines solchen Systems tionssystems läßt sich mit der Zwecksetzung die Bereitstellung der benötigten Das Ziel des Informationssystems ist allgemein und Informationen für alle Entscheidungen und Handlungen im Unternehmen, zwar sowohl Ausführungs- als auch Führungshandlungen. Entscheidens Diesem Führungssystem, in dem sich das Wirtschaften in Form des das gegenAusführungssystem oder TeilSubsystem zweites als vollzieht, steht in Handlungen Entscheidungen im getroffenen in die Führungssystem dem über, das Ausführungssystem des Betriebes umgesetzt werden. Dementsprechend besteht der im die Führungssystem getroffenen Entscheidungen umsetaus der Gesamtheit der zugehörigen Aufgabenträzenden Realisationsprozesse sowie der Gesamtheit einmal darauf hingewiesen, daß es sich bei den im ger. Es sei an dieser Stelle noch handelt, sondern Ausführungssystem ablaufenden Prozessen nicht um Wirtschaften zeitlich nachWirtschaften im erfolgten Führungssystem daß hier lediglich die dem Entscheidungen der getroffenen als Umsetzungen

sierung

gelagerten Realisationsprozesse stattfinden.

die durch SyDarstellung 2-1 sind die Teilsysteme im Betrieb aufgezeigt, von diesem Schaubild wird in wurden. Ausgehend stemdifferenzierung gewonnen sei schon hier diesem Teil jedes einzelne Teil- bzw. Subsystem erläutert. Dabei dieses Lehrbu4. Teil im der Organisation darauf hingewiesen, daß die Aufgabe In der

ches behandelt wird.

2. Teil: Der Betrieb als

20

System

Managementsystem (Führungssystem)

Zielsystem

Planungssystem Informationssystem

Organisationssystem Kontrollsystem

Ausführungssystem

güterliche Prozesse geldliche Prozesse

Darstellung 2-1: Teilsysteme des Führungssystems 22. Das

Zielsystem

Das Zielsystem des Betriebes verkörpert wie jedes System eine Menge von Elementen, zwischen denen Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können. Die Elemente des Zielsystems sind die einzelnen verfolgten Ziele, die Beziehungen zwischen diesen Elementen bringen die Wirkungen bzw. Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Zielen zum Ausdruck. Das oberste vom Betrieb verfolgte Ziel, um dessen Erreichung willen er von seinen Eigentümern gegründet und unterhalten wird, kann grundsätzlich in drei Komponenten zerlegt werden, nämlich in die leistungswirtschaftliche, die finanzwirtschaftliche und die soziale Zielsetzung {Ulrich). Aus dieser Tatsache folgt, daß es in jedem Unternehmen leistungswirtschaftliche, finanzwirtschaftliche und soziale Ziele gibt, wobei jedoch in jedem realen Betrieb der leistungswirtschaftlichen oder der finanzwirtschaftlichen Zielsetzung ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Primat eingeräumt wird. Es sei an dieser Stelle im Zusammenhang mit der Betrachtung des Betriebes als eines zielgerichteten Systems darauf hingewiesen, daß die in der Betriebswirtschaftslehre vielfach unterstellte monistische Zielsetzung der ausschließlichen Gewinnerzielung in der Regel eine zu stark vereinfachte Abbildung der betrieblichen Realität darstellt. Die leistungswirtschaftliche Zielsetzung des Betriebes steht in einem engen Zusammenhang zu seinem Sachziel, der Erstellung und Verwertung von Leistungen für den Bedarf Dritter. Sie beinhaltet in erster Linie die Markt und Produktziele des Betriebes. Dabei geht es bei der Festlegung der Marktziele • „um die Bestimmung der Märkte und Marktsegmente, die bearbeitet werden

sollen,

Das •



Bestimmung der Marktstellung,

um

die

den

soll,

um

die

21

Führungssystem die in diesen

Segmenten erreicht wer-

Bestimmung des anzustrebenden Umsatzvolumens." {Ulrich)

Demgegenüber handelt es sich bei der Festlegung der Produktziele „um die Bestimmung der Art der Produkte, die erzeugt und/oder bereitgestellt



werden sollen, um die Festlegung der Qualitätsniveaus für diese Produkte, • um die Bestimmung der Produktmengen, die erstellt werden sollen." {Ulrich) Die leistungswirtschaftliche Zielsetzung weist immer dann eine besondere Bedeutung auf, wenn dem Betrieb von seinen Eigentümern oder auch in Fällen der Konzessionierung bestimmter Wirtschaftsbereiche vom Konzessionsgeber die Erstellung bestimmter Leistungen, gegebenenfalls in einem Umfang, der sich an einem erwarteten Bedarf oder an einer auftretenden Nachfrage ausrichtet, vorgegeben wird. Die leistungswirtschaftliche Zielsetzung dominiert die anderen betrieblichen Zielsetzungen vor allem in öffentlichen Betrieben, die einen öffentlichrechtlichen Grundauftrag zu erfüllen haben. Als Beispiele für derartige Betriebe können Versorgungsunternehmen genannt werden, beispielsweise im Energiebereich (Elektrizitätswerke, Gaswerke) oder im Verkehrsbereich (Betriebe des öffentlichen Personennahverkehrs), aber auch im Gesundheitswesen (Krankenhausbetriebe) oder im öffentlich-rechtlichen Kreditgewerbe (Landesbanken, Sparkas•

sen). Die finanzwirtschaftliche Zielsetzung des Betriebes berücksichtigt die Tatsache, daß ein Betrieb sein Sachziel und damit auch seine leistungswirtschaftliche Grundstücke, Aufgabe nur erfüllen kann, wenn er im Betriebsprozeß Faktoren wie Gebäude, Maschinen, Materialien und Stoffe sowie menschliche Arbeit einsetzt.. Diese Faktoren müssen im allgemeinen am Markt gegen Entgelt erworben werden, und jeder Betrieb wird bemüht sein, den entsprechenden finanziellen Einsatz durch die Verwertung der von ihm erstellten Leistungen am Markt auszugleichen (Kostendeckung). Dabei werden sich privatwirtschaftliche Unternehmen bzw. Unternehmer in der Regel nicht mit einem bloßen Ausgleich ihres Einsatzes zufriedengeben, sondern sie werden darüber hinaus einen Gewinn erwarten, dessen Notwenverwendbarer Zahlungsmittel, aus der digkeit aus der Bereitstellung anderweitig von Arbeitsleistungen als Unternehmer Risikoübernahme und aus der Erbringung des Die Erfolges gehört daher zu einer der wichtigsten Messung abgeleitet wird. 6. Teil dieses Lehrbuchs behandelt. Aufgaben des Rechnungswesens und wird imauch den jederzeit in der Lage sein, eine Neben der Erfolgsmessung muß ein Betrieb Grund diesem aus ist die nachzukommen, Liquidität Zahlungsverpflichtungen weiter wichtige finanzwirtschaftliche Zielsetzung. Eine Zielsetzung, die von nordamerikanischen Unternehmen zuerst eingeführt wurde und jetzt auch in Europa den Erfolg zunehmend Anhänger findet, ist der Shareholder-Value. Auch er soll mehr das nicht Weise: eine auf neuartige des Unternehmens messen, allerdings die insbesondere Rechnungswesen ist der Gradmesser, sondern die Finanzmärkte aus wird Der werden. Erfolg Börse an der die Aktien des Unternehmens gehandelt der der Sicht der Aktionäre (shareholder) bewertet, für diese Gruppe muß sichAktiihrer letztlich in der Gewinnausschüttung oder in einer Wertsteigerung

Erfolg en niederschlagen.

22

2. Teil: Der Betrieb als

System

Die soziale Zielsetzung des Betriebes schließlich resultiert aus der Tatsache, daß jeder Betrieb einerseits Bestandteil der menschlichen Gesellschaft ist und andererseits selbst eine "Gesellschaft" im Sinne einer Gruppierung von Menschen darstellt. Aus dieser Umschreibung ergibt sich, daß der Betrieb zum einen eine nach außen gerichtete (externe) soziale Zielsetzung und zum anderen eine nach innen gerichtete (interne) soziale Zielsetzung verfolgen muß. Die externe soziale Zielsetzung beinhaltet, daß der Betrieb als offenes System in seinen Zwecken, Verhaltensweisen und gegebenenfalls auch Zielsetzungen die Bedürfnisse und Anliegen der ihm umgebenden Gesellschaft berücksichtigen muß. Beispielhaft sind hier die Probleme des Umweltschutzes und der sorgsamen Verwendung natürlicher Ressourcen zu nennen. Die interne soziale Zielsetzung dagegen stellt darauf ab, daß der Betrieb als soziales System bei der Bildung seiner Zweck- und Zielsetzungen auch die Wünsche und Erwartungshaltungen der ihm als Elemente angehörenden Menschen in angemessener Weise zu berücksichtigen hat. Hier können als Beispiele die Fragen der Mitbestimmung bzw. Mitwirkung der Arbeitnehmer, der Arbeitsplatzsicherung, der Arbeitsgestaltung sowie der betrieblichen Altersversorgung genannt werden. Nachdem auf die drei Komponenten eines jeden betrieblichen Zielsystems eingegangen worden ist, ohne daß dabei allerdings auf die verschiedenen Elemente innerhalb jeder einzelnen Komponente ausführlicher Bezug genommen werden konnte, ist es nun erforderlich, im Sinne der Systemdefinition die Beziehungen zwischen Zielen als Elementen eines Zielsystems zu betrachten, die bestehen oder hergestellt werden können. Dabei wird zwischen komplementären, konkurrierenden und indifferenten Zielen einerseits sowie zwischen Ober-, Zwischen- und Unterzielen andererseits unterschieden. Zwei Zielsetzungen innerhalb eines Zielsystems stehen in komplementärer Beziehung zueinander, wenn ein höherer Zielerreichungsgrad bezüglich des einen Ziels mit einem höheren Ausmaß an Erreichung des anderen Ziels verbunden ist. Dagegen liegt Konkurrenz zwischen zwei Zielsetzungen eines Zielsystems vor, wenn ein höherer Zielerreichungsgrad bezüglich des einen Ziels zur Folge hat, daß eine Minderung des Ausmaßes an Erreichung des anderen Ziels eintritt. (Ein Sonderfall der Zielkonkurrenz ist mit der Zielantinomie gegeben; hier schließt die Verwirklichung des einen Ziels mit welchem Ausmaß an Zielerreichung auch immer jegliche Realisation des anderen Ziels aus.) Schließlich besteht zwischen zwei Zielsetzungen eines Zielsystems eine indifferente oder neutrale Beziehung, wenn das Ausmaß der Erreichung des einen Ziels keinerlei Einfluß auf den Zielerreichungsgrad bezüglich des anderen Ziels nimmt. Die Unterscheidung von Ober-, Zwischen- und Unterzielen stellt auf die hierarchischen Beziehungen zwischen Zielen ab. In diesem Falle werden die verschiedenen Zielsetzungen eines Zielsystems aufgrund zwischen ihnen bestehender MittelZweck-Beziehungen miteinander verknüpft. Wenn eine Zielsetzung ein Oberziel bezüglich einer anderen Zielsetzung darstellt, dann besteht offensichtlich eine Mittel-Zweck-Beziehung zwischen beiden dergestalt, daß das Erreichen des untergeordneten Ziels ein Mittel zum Zweck des Erreichens des übergeordneten Ziels verkörpert. Derartige Mittel-Zweck-Beziehungen können in realen Zielsystemen über eine Mehrzahl von Stufen in der Weise bestehen, daß eine zunächst übergeordnete Zielsetzung in der nächsten Stufe selbst wieder einer nachfolgenden Ziel-

Das

Führungssystem

23

setzung untergeordnet ist und diese Kette sich fortsetzt, bis das letzte oberste Ziel erreicht ist. Im Hinblick auf dieses letzte oberste Ziel eines Unternehmens bestehen in der Betriebswirtschaftslehre nach wie vor Unklarheiten. Es erscheint ersichtlich, daß die drei aufgezeigten Zielkomponenten in Form der leistungswirtschaftlichen, der finanzwirtschaftlichen und der sozialen Zielsetzung im Hinblick auf dieses letzte oberste Ziel nur Mittelcharakter aufweisen. Damit ist aber über seinen Inhalt noch nichts ausgesagt. Ohne in die Diskussion um das oberste Unternehmensziel einzutreten, sei an dieser Stelle in vereinfachter Weise angenommen, daß als oberstes Ziel vom Betrieb ein Streben nach Nutzen aller direkt und indirekt am Zielbildungsprozeß Beteiligten verfolgt wird. Dieses Streben nach Nutzen stellt gewiß eine sehr abstrakte Zielformulierung dar, bildet aber in zahlreichen Ansätzen einen logisch zu begründenden Versuch, zu einer einheitlichen Grundlage des betrieblichen Zielsystems zu gelangen {Ulrich). 23. Das

Planungs- und Kontrollsystem

Ein Entscheidungsprozeß bzw. Planungsprozeß ist als ein informationsverarbeitender Prozeß bezeichnet worden, an dessen Ende die Auswahl einer Möglichkeit des Verhaltens in einer Situation steht, die mehrere (mindestens zwei) Möglichkeiten des Verhaltens zuläßt. Wird eine Situation, die mehrere Möglichkeiten des Verhaltens zuläßt und die Notwendigkeit der Auswahl einer dieser Möglichkeiten beinhaltet, als Entscheidungssituation bezeichnet und werden die verschiedenen genannt, dann stellt ein Möglichkeiten des Verhaltens Entscheidungsalternativen den einer der unter den Auswahl Prozeß EntscheidungsalterEntscheidungsprozeß nativen einer Entscheidungssituation dar. Jeder Entscheidungsprozeß läuft in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen ab. Die Analyse dieser einzelnen Phasen verfolgt den Zweck, alle im Ablauf eines Entscheidungsprozesses auftretenden Teilaufgaben nach logischen Gesichtspunkten wichtizu ordnen, um so zu einer für die Qualität der zu treffenden Entscheidung zu gelangen {Heineri). Dabei gen Organisierbarkeit des Entscheidungsprozesses die in drei Stufen oder Phasen des eine wird Entscheidungsprozesses Unterteilung der Anregung, der Suche und der Optimierung für ausreichend gehalten. In der Anregungsphase, dem Beginn des Entscheidungsprozesses, geht es zunächst darum festzulegen, daß überhaupt ein zu lösendes Entscheidungsproblem ist sehr vorliegt. Die Bedeutung der Anregungsphase im Entscheidungsprozeß einmalieinen es um sich wenn unterschiedlich. Sie wird erheblich wichtiger sein, den im Zusammenhang gen Entscheidungsprozeß von großer Tragweite wie etwa wiederkehrender Entein wenn als häufig einer handelt, Standortentscheidung mit im Zusammenhang der scheidungsprozeß mit Routinecharakter wie beispielsweise vorliegt. Produktionsablaufes eines bestimmten mit der Festlegung In der sich an die Anregungsphase anschließenden Suchphase gilt es, die einzelEs handelt sich dabei in nen Bestandteile der Entscheidungssituation zu bestimmen. um der die Entscheidungsalternativen, daneben aberaller erster Linie um Ermittlung die um Bestimmung die genaue Festlegung der verfolgten Zielsetzung sowie die die zu Entscheidungsparameter der betreffenden Entscheidungssituation, daß sie aber wird, denen von angenommen beeinflussen, treffende Entscheidung

24

2. Teil: Der Betrieb als

System

der

Entscheidung unabhängig sind. Der Suchphase kommt im Entscheidungsprozeß überragende Bedeutung zu, da sich Fehler oder Versäumnisse, die hier werden, später kaum korrigieren lassen; sie wirken sich unmittelbar auf begangen die Qualität der zu treffenden Entscheidung aus. Der Entscheidungsprozeß findet seinen Abschluß in der Optimierungsphase. In ihr geht es darum, die in der Suchphase ermittelten Entscheidungsalternativen unter Berücksichtigung der als relevant erkannten Entscheidungsparameter im Hinblick auf die verfolgte betriebliche Zielsetzung zu bewerten, um dann diejenige Entscheidungsalternative auszuwählen, die als zielwirksamste das höchste Maß an Zielerfüllung verspricht. Die Entscheidungstheorie stellt eine Vielzahl von Entscheidungsverfahren zur Verfügung, die in Abhängigkeit von der Struktur der jeweiligen konkreten Entscheidungssituation herangezogen werden können, um die optimale Entscheidungsalternative zu bestimmen. Betriebliche EntScheidungsprozesse können sich in zweifacher Weise vollziehen. Zum einen kann ein Entscheidungsprozeß unvorbereitet, aufbauend im wesentlichen auf Erfahrung (Routine) und Intuition oder Emotion durchgeführt werden. In diesen Fällen wird vor allem auf eine sorgfältige Analyse der zugrundeliegenden Entscheidungssituation verzichtet. Die Entscheidung wird in Anlehnung an frühere ähnlich gelagerte Entscheidungssituationen getroffen. Ein Entscheidungsprozeß, der auf diese Weise abläuft, wird als Improvisation bezeichnet (Peters). Obgleich das Gesagte geeignet sein könnte, eine negative Einstellung gegenüber der Improvisation zu erzeugen, darf die Bedeutung der Improvisation für die betriebliche von

eine

Entscheidungsfindung nicht unterschätzt werden. Insbesondere der Zeitdruck, unter dem manche Entscheidungen getroffen werden müssen, zwingt zu improvisierendem Entscheidungsverhalten. Zum anderen aber gibt es im Betrieb EntScheidungsprozesse, die sich dadurch auszeichnen, daß in ihnen im Gegensatz zur Improvisation eine sehr sorgfältige und genaue Analyse der Entscheidungssituation vorgenommen wird und der Prozeß der Auswahl der optimalen Entscheidungsalternative unter Verwendung geeigneter exakter Lösungsmethoden erfolgt, wie sie etwa vom Operations Research zur Verfügung gestellt werden. Solche EntScheidungsprozesse, die methodisch, also systematisch und rational im Hinblick auf ein verfolgtes Ziel ablaufen, werden als Planung bezeichnet. Damit wird die Systematik des Vorgehens bei der Entscheidungsfindung als Wesensmerkmal der Planung angesehen. Planung ist demzufolge ein systematisch durchgeführter Entscheidungsprozeß. Diese Kennzeichnung dürfte dem Sprachgebrauch der Unternehmenspraxis weitgehend entsprechen, denn als Planung wird dort im allgemeinen nur diejenige Art der Entscheidungsfindung verstanden, die relativ aufwendig, formalisiert und institutionalisiert ist. Da die Betriebswirtschaftslehre rationales oder intendiert rationales Verhalten der Entscheidungsträger im Unternehmen unterstellt, kommt hier der Planung eine erheblich höhere Bedeutung zu als der Improvisation. Es soll allerdings nicht geleugnet werden, daß die Improvisation in manchen Entscheidungssituationen als Ergänzung oder gar als Ersatz der betrieblichen Planung im hier verstandenen Sinne notwendig und nützlich sein kann. Die vorgenommene Kennzeichnung der betrieblichen Planung nimmt nur auf ihren formalen Charakter in Form des zugrundeliegenden EntScheidungsprozesses Bezug; dies erscheint jedoch nicht ausreichend, vielmehr ist auch der materielle

Das

25

Führungssystem

Charakter der betrieblichen Planung zu berücksichtigen. In diesem Sinne kann Planung als ein systematisches zukunttsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur zukünftigen Zielerreichung verstanden werden (Wild). So verstanden ist die betriebliche Planung ein unentbehrliches Instrument der Unternehmensführung, ohne dessen Einsatz eine langfristige Existenzsicherung des Betriebes nicht gewährleistet werden kann. Die hieraus folgende Bedeutung der Planung für die betriebliche Zielerreichung ist vor allem auf zwei Ursachen zurück20jführen, den Zwang zur Planung einerseits und die Möglichkeiten der Planung andererseits. Der Zwang zur Planung ergibt sich vor allem aus der zunehmenden Dynamik und Komplexität der Unternehmensumwelt, darüber hinaus aus der steigenden Differenziertheit der Unternehmen. Die beispielhaft genannten Gründe zwingen die Unternehmensleitung, die immer komplizierter werdenden Entscheidungsprobleme in systematischer und rationaler Weise zu behandeln, da Fehlentscheidungen unter den genannten Aspekten für das Unternehmen verheerende Folgen haben können, die kaum wieder zu beheben sind. Neben dem aufgezeigten Zwang zur Planung sind aber bezüglich der Bedeutung der betrieblichen Planung auch die gegebenen Möglichkeiten der Planung in die Betrachtung einzubeziehen. Die Entwicklung sowie eine immer leigeeigneter Planungsverfahren bzw. Planungsinstrumente dazu haben geführt, daß heute auch stungsfähigere elektronische Datenverarbeitung analysiert werden betriebliche systematisch Entscheidungsprobleme komplexe die den auszuwählen, um rational dann Entscheidungsalternative diejenige können, das im verfolgte Zielsystem zu erhöchstmöglichen Erfüllungsgrad Hinblick auf

bringen verspricht.

Die betriebliche Planung vollzieht sich wegen der Komplexität der zugrundelievon Modellen als vereinfachten genden Realität im Regelfall unter Verwendung müssen zwangsläufig EntModelle verwendeten Die Abbildungen der Realität. der optimalen Entscheischeidungsmodelle sein, da sie andernfalls das Aufsuchen Der der betrieblichen Ablauf dung über die Lösung des Modells nicht zuließen. in seiner typisich läßt Planung unter Verwendung von Entscheidungsmodellen beschreiben: die schen Struktur durch folgende Abbildung

(reales)

Entscheidungs-

Planungsproblem

modell

Entscheidung

Lösung des

(Plan)

Modells

Darstellung 2-2: Der Ablauf der betrieblichen Planung des realen PlaDemnach beginnt die betriebliche Planung mit dem Erkennen abgebildet, einem in Entscheidungsmodell nungsproblems. Dieses wird vereinfacht

nicht zuläßt. da die Komplexität des realen Problems seine vollständige Erfassung Bestandteile Die Vereinfachung besteht darin, daß alle für unwesentlich gehaltenen

26

2. Teil: Der Betrieb als

System

des realen Problems aus der Betrachtung herausgelassen werden. Es werden also damit im Entscheidungsmodell ausschließlich die für wesentlich gehaltenen Bestandteile des realen Planungsproblems abgebildet. Das Entscheidungsmodell kann grundsätzlich verbal oder formal, insbesondere mathematisch formuliert sein. Auf die Formulierung des Entscheidungsmodells folgt seine Lösung. Je nach Art der Modellformulierung kann die Lösung des Modells auf verbal-logischem Wege oder unter Verwendung formaler, insbesondere mathematischer Lösungsverfahren (Algorithmen) erfolgen. Die gewonnene Modellösung ist dann schließlich Grundlage der zu treffenden Entscheidung, des zu verabschiedenden Planes. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß das Entscheidungsmodell lediglich eine vereinfachte Abbildung des zugrundeliegenden realen Planungsproblems darstellt. Bei der Übertragung der Modellösung in die Realität sind also insbesondere die nicht für wesentlich gehaltenen Bestandteile des realen Problems kritisch im Hinblick auf ihre Beeinflussung der gefundenen Lösung des Entscheidungsmodells zu überprüfen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur ist es üblich, die betriebliche Planung nach verschiedenen Kriterien einzuteilen, um so zu besser überschaubaren und zu durchdringenden Teilbereichen der betrieblichen Planung zu gelangen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Einteilung nach Planungsstufen, die Einteilung nach betrieblichen Funktionsbereichen und die Einteilung nach der Fristigkeit der Planung. Die Einteilung nach Planungsstufen unterscheidet zwischen strategischer, taktischer und operativer Planung (Ackoff) oder Strategieplanung, Rahmenplanung und Detailplanung (Diederich). In der Strategieplanung sind Probleme zu lösen, die das Unternehmen als Ganzes betreffen und die daher von der obersten Führungsinstanz nicht delegiert werden können. Unterhalb der ist die taktiStrategieplanung sche oder Rahmenplanung anzusiedeln, in der die strategischen bereits als Entscheidungsparameter oder Rahmenbedingungen Entscheidungen Beachtung finden müssen. Gegenstand der Rahmenplanung ist sehr die betriebliche Struktur; häufig ein Teil dieser Entscheidungen liegt im Bereich der Organisation. Die dritte Planungsstufe wird durch die operative oder Detailplanung gebildet. Sie fuhrt zu Entscheidungen, die die Durchführung bzw. Ausführung betreffen, wobei die Entscheidungen der Strategie- und Rahmenplanung als Entscheidungsparameter zu berücksichtigen sind. „Durchführungsentscheidungen nehmen in der Regel den größten Teil der Energie und der Aufmerksamkeit eines Unternehmens in Anspruch. Diese Art von Entscheidungen dient dem Zweck, die Wirksamkeit des Umwandlungsprozesses des Unternehmens maximal zu gestalten oder die Wirtschaftlichkeit im Rahmen des gegenwärtigen Tätigkeitsbereiches zu maximieren." {Ansoff) In den Bereich der Detailplanung gehören Kalkulation der Preisforderungen, die konkrete Ausarbeitung von Produktionsplänen und ähnlich gelagerte be-

triebliche

Entscheidungsprobleme.

Die Einteilung nach betrieblichen Funktionsbereichen unterscheidet üblicherweise im Bereich der Realisationsprozesse nach den Hauptfunktionen Finanzierung, Investition, Beschaffung, Leistungserstellung (Produktion), und Leistungsverwertung (Absatz). Jede derartige betriebliche Teilbereichsplanung erfolgt zwangsläufig auf der Ebene der operativen oder Detailplanung, da sich Entscheidungen aus der Rahmenplanung oder insbesondere aus der Strategieplanung nicht auf betriebliche Funktionsbereiche beschränken lassen, d. h., eine betriebliche Teilbereichsplanung der oben genannten Art muß sich innerhalbjede übergreifender

Das

27

Führungssystem

Strategie und gegebenenfalls Rahmenplanungen vollziehen (Diederich). Bezüglich des Inhaltes der genannten Hauptfunktionsbereiche, dessen Kenntnis notwendige Voraussetzung für das Erkennen von dort auftretenden Planungsproblemen und für deren Lösung ist, sei auf die Ausführungen im fünften Teil und koordinierender

des

vorliegenden Lehrbuches verwiesen.

Die Einteilung nach der Fristigkeit der Planung stellt auf den zeitlichen Bezugsrahmen der betrieblichen Planung ab, der als Planungshorizont bezeichnet wird. Es wird üblicherweise zwischen langfristiger, mittelfristiger und kurzfristiger Planung unterschieden. Zu den Aufgaben der kurzfristigen Planung, die einen Planungshorizont von bis zu einem Jahr aufweist, gehört es, die Erreichung der konkreten Periodenziele durch optimalen Einsatz von Menschen und Sachmitteln sowie durch rechtzeitige und zweckmäßige Dispositionen sicherzustellen. Dazu zählt einmal die Aufstellung von Budgets und Kostenplänen, zum anderen fallen beispielsweise die Produktionsplanung, die Werbeplanung oder die Einkaufsplanung in den Bereich der kurzfristigen Planung. Die mittelfristige Planung stellt den verbindenden Übergang von der kurz- zur langfristigen Planung dar. Sie beinhaltet die Festlegung konkreter Unternehmensziele, aber auch von Zielen für betriebliche Teilbereiche sowie die Aufstellung von Maßnahmenplänen (AktionsproPlanung grammen) mitsamt der zugehörigen Budgetierung. Die langfristige schließlich mit einem Planungshorizont von mehr als drei, häufig mehr als fünf Jahren hat drei Teilaufgaben zum Gegenstand: die Aufstellung konkreter langfristilangfristiger ger Ziele und Strategien für den Gesamtbetrieb, die Aufstellung aller Teilbereiche denen Entwicklung eine mit ausgeglichene Strukturbudgets, und Budgets die Auslöangestrebt wird, und abgeleitet aus Zielen, Strategien oder Projektplänen (Hilf). sung und Entwicklung von Maßnahmenplänen Prozesse bezeichnet worden, informationsverarbeitende als sind Kontrollprozesse die auf die Prüfung der Übereinstimmung zwischen in der Planung gesetzten SollDabei wird Werten und in der Realisation erzielten Ist-Werten gerichtet sind. diesem auf festgestellten von Wege die auch üblicherweise der Kontrolle Analyse von Soll-Ist-Abweichungen zugerechnet. Die Notwendigkeit der Durchführung die bzw. Zukunft auf immer Kontrollen ergibt sich aus der Tatsache, daß Planung Gegenwart lassen sich zukünftiges Verhalten gerichtet ist, denn Vergangenheit und nicht mehr planen. Aus diesem Grunde ist jede Planung mit Unsicherheit belastet, ist. Daher muß da die Zukunft für den Menschen niemals vollständig vorhersehbar -

-

grundsätzlich mit Annahmen Geschehen gearbeitet werden. zukünftiges in der Planung

über

zukünftige Gegebenheiten bzw.

AnstrenObwohl durch eine Verbesserung der Informationsverarbeitungdergroße betrieblichen

in die Ansätze gungen unternommen werden, die Unsicherheit erkannt werden, daß derartige doch muß Planung immer stärker einzubeziehen, verbessern vermögen, Ansätze die Qualität der Planungsentscheidungen zwar zu den in der daß sie aber nicht verhindern können, daß Abweichungen zwischen in der Planden und Soll-Werten Planung gesetzten und demzufolge angestrebten dieser niemals auszuschließenden realisation erzielten Ist-Werten auftreten. Wegen Soll-Ist-Abweichungen und deren Bedeutung für Möglichkeit des Auftretens vonsowie für nachfolgende EntScheidungsprozesse ist die betriebliche Zielerreichung von Kontrollen notwenihre Feststellung und Analyse in Form der Durchführung für die Informationsquelle einer Damit besitzt die Kontrolle den Charakter

dig. Unternehmensführung (Frese).

28

2. Teil: Der Betrieb als

System

Wesentlicher Bestandteil der Kontrolle ist die Abweichungsanalyse. Ihr Gegenstand ist eine genaue Eingrenzung der (internen oder externen) Störfaktoren, die die Erreichung der in der Planung gesetzten und daher angestrebten Soll-Werte verhindert haben. Diese Störfaktoren sind auch als Abweichungsursachen zu bezeichnen. Sie können unterschieden werden in

Allgemeine Abweichungsursachen

1

nicht kontrollierbare

kontrollierbare

Ausführungs-

Planungsfehler

1

fehlerhafte Situations-

fehlerhafte

Prognosefehler

beschreibung

Ausführungshandlungen

fehler_ I fehlerhafte Ist-WertAufnahmen

Darstellung 2-3: Systematik allgemeiner Abweichungsursachen Im Hinblick auf den Gegenstand der Kontrolle ist zwischen Ergebnis und Prozeßkontrolle zu unterscheiden. In der Ergebniskontrolle werden angestrebte und tatsächlich erzielte Ergebnisse bereits abgelaufener Realisationsprozesse einander gegenübergestellt. Hierbei handelt es sich zunächst um die herkömmliche Form der Kontrolle (feed back control). Diese Form der Kontrolle ist allerdings nur in solchen Fällen sinnvoll als alleinige Vorgehensweise zu verwenden, in denen in relativ rascher Folge annähernd gleichartige Prozesse mit geringem Risiko ablaufen, da dann die Kontrollergebnisse zu einer unmittelbaren Verbesserung nachfolgender Realisationsprozesse beitragen können und überdies aufgetretene Abweichungen im allgemeinen keine schwerwiegenden Konsequenzen beinhalten. Eine moderne Form der Ergebniskontrolle besteht darin, der Kontrolle anstelle der tatsächlich erzielten Ist-Werte zeitlich vorgelagert prognostizierte Ergebniswerte, d. h.

Wird-Werte, zugrundezulegen.

satz zum

herkömmlichen

Ein derartiger Soll-Wird-Vergleich wird im GegenSoll-Ist-Vergleich als feed forward control bezeichnet.

Diese Form der Kontrolle, die darauf gerichtet ist, Störfaktoren schon vor ihrem zu Beginn dieses Einwirkens auf den zu erkenRealisationsprozeß nen und die von ihnen ausgehende Beeinflussung des Prozeßergebnisses zu prognostizieren, besitzt den Vorteil, daß auf erkannte Störfaktoren werden kann, bevor ein nicht erwünschtes Prozeßergebnis eingetreten ist. reagiert Als Reaktionsmöglichkeiten bieten sich die rechtzeitige Beseitigung des Störfaktors, die Neutralisierung des Störfaktors durch seiner Wirkung entgegengesetzte Maßnahmen oder schließlich die Anpassung des Soll-Wertes oder der Verzicht auf die Planrealisation an, wenn weder eine Beseitigung noch eine Neutralisierung des Störfaktors möglich oder wirtschaftlich vertretbar erscheint Der Soll-Wird-Vergleich als feed (Neuhof). forward control spielt eine besondere Rolle im Rahmen der Planfortschrittskon-

Einwirken oder

Das

Führungssystem

29

trolle, wobei allerdings vorausgesetzt werden muß, daß der zugrundeliegende Plan

in einzelne Planabschnitte auflösbar ist. In der Prozeßkontrolle werden im Gegensatz zur Ergebniskontrolle Soll-IstInformationen über einen noch laufenden Realisationsprozeß ermittelt und verarbeitet. Prozeßkontrollen können in zweifacher Weise durchgeführt werden. Zum einen kann der zu kontrollierende Realisationsprozeß in eine Menge von Teilprozessen zerlegt und für jeden Teilprozeß ein zugehöriger Soll-Wert als angestrebtes Teilergebnis bestimmt werden. Die Prozeßkontrolle stellt sich dann als eine Abfolge von (Teil-)Ergebniskontrollen dar. Stellen sich dabei nicht gewünschte SoliIst-Abweichungen heraus, so besteht unter Umständen die Möglichkeit, im verbleibenden Teilprozeß korrigierend so einzuwirken, daß an dessen Ende der in der Planung festgelegte Soll-Wert für den gesamten Realisationsprozeß doch noch erreicht wird. Zum anderen kann eine Prozeßkontrolle als permanente Kontrolle (real time control) durchgeführt werden, indem während des Ablaufes eines Realisationsprozesses faktisch in jedem Augenblick eine Soli-Ist-Gegenüberstellung vorgenommen wird. In der betrieblichen Praxis kann eine solche permanente Kontrolle entweder in Form menschlicher Kontrolle durch den Einsatz ständigen Aufsichtspersonals oder in der Form maschineller Datenverarbeitung erfolgen. Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß die Aufgabe der Kontrolle in erster Linie darin besteht festzustellen, ob die betriebliche Tätigkeit im Hinblick auf das Erreichen von in der Planung festgelegten und anzustrebenden Soll-Werten erfolgreich war. Darüber hinaus hat sie im Falle des Auseinanderfallens von Sollund Ist-Werten die Aufgabe, im Wege der Abweichungsanalyse die Ursachen für aufgetretene Soll-Ist-Abweichungen aufzudecken. Die Bereitstellung von Informationen der genannten Art durch die Kontrolle hat aber für den Betrieb nur dann einen Wert, wenn diese Informationen Lernprozesse auszulösen in der Lage sind, die sich positiv auf die Ergebnisqualität nachfolgender betrieblicher Betätigungen auswirken. Zu Beginn dieses zweiten Teils des vorliegenden Lehrbuches ist bereits kurz auf die Betrachtung des Systems Betrieb als Regelsystem hingewiesen worden. Regelsysteme sind Systeme, die durch Regelungsprozesse beherrscht werden, wobei ein Regelungsprozeß die Bestandteile Planung, Realisation und Kontrolle aufweist. Die Kontrolle als derjenige Bestandteil des Regelungsprozesses, der die Ergebnisse von Planung (Soll-Werte) und Realisation (Ist-Werte) miteinander vergleicht und festgestellte Abweichungen analysiert, meldet die entsprechenden Informationen an die für Planung und Realisation zuständigen betrieblichen Instanzen zurück und stellt auf diese Weise durch Rückkopplung die Anpassungsfähigkeit des Betriebes an veränderte externe oder interne Gegebenheiten sicher. Nur über eine entsprechende Anpassung besitzt der Betrieb die Möglichkeit, sein verfolgtes Ziel dauerhaft bestmöglich zu verwirklichen. Im Zusammenhang mit der Kontrolle ist abschließend noch auf eine Abgrenzung einzugehen, und zwar auf die zwischen Kontrolle und Revision. Kontrolle und Revision (Prüfung) bilden zusammengenommen die betriebliche Führungsfunktion heute Überwachung. Die Abgrenzung zwischen den beiden Teilfünktionen wird durch die Kontrolle daß bei der Überwachung vorgenommen, dergestalt allgemein die mit der Realisation der Planungsentscheidung unmittelbar oder mittelbar befaßten Personen vorgenommen wird. Eine Revision oder Prüfung liegt dagegen dann vor, wenn eine Überwachungsmaßnahme von einer Person durchgeführt wird,

30

2. Teil: Der Betrieb als

System

die vom zu überwachenden Realisationsprozeß oder Verantwortungsbereich weder direkt noch indirekt abhängig ist (Wöhe), oder mit anderen Worten wenn der SollIst-Vergleich und die Abweichungsanalyse von Personen durchgeführt werden, die weder an der Vorgabe der Soll-Werte noch an der Realisation der Ist-Werte betei-

ligt waren (Neuhof). 24. Das

Informationssystem

Das Informationssystem als ein weiteres Subsystem des Führungsssystems hat die Aufgabe, das Planungs- und Kontrollsystem mit den Informationen auszustatten, die dieses für die Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Darüber hinaus ist eine wichtige Aufgabe des betrieblichen Informationssystem auch damit gegeben, die

Umwelt des Betriebes bzw. Teile dieser Umwelt mit Informationen über den Betrieb zu beliefern, die für die verschiedenartigen Austauschbeziehungen zwischen dem Betrieb und dieser Umwelt von Bedeutung sind. Das Informationssystem des Betriebes muß im Hinblick auf seine Analyse differenziert werden, d. h. in Teil- oder Subsysteme zerlegt werden, weil es ohne eine derartige Systemdifferenzierung einer detaillierteren Erkenntnisgewinnung nicht

zugänglich wäre. Eine erste Unterscheidung betrifft dabei die im betrieblichen Informationssystem beschafften, bearbeiteten und gegebenenfalls gespeicherten Informationen. Bei ihnen kann es sich um qualitative oder um quantitative bzw. quantifizierbare Informationen handeln. Sofern es sich um quantitative und quantifizierbare Informationen handelt, sind diese Informationen Gegenstand eines Teil- oder Subsystems des betrieblichen Informationssystems, das als Unternehmensrechnung bezeichnet wird. Unter Unternehmensrechnung wird dementsprechend ein quantitatives Modell des Wirtschaftsgeschehens verstanden, das sich zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt sowie innerhalb des Betriebes vollzieht. Die besondere Bedeutung der Unternehmensrechnung als Subsystem des betrieblichen Informationssystems

resultiert in erster Linie aus der Tatsache, daß nur die Unternehmensrechnung diejenigen Informationen aufbereiten und bereitstellen kann, die für eine Verarbeitung mit Hilfe des technischen Instrumentariums der elektronischen Datenverarbeitung geeignet sind. Mit dieser Aussage soll die Relevanz qualitativer oder nicht quantifizierbarer Informationen für die Untemehmensführung keinesfalls geleugnet werden; es ist lediglich darauf hinzuweisen, daß sich Planung und Kontrolle als die wesentlichen Prozesse im Planungs- und Kontrollsystem heute in der betrieblichen Praxis in zunehmendem Maße des Hilfsmittels elektronische Datenverarbeitung bedienen und damit auf Informationen aus der Unternehmensrechnung angewiesen

sind. Die

Unternehmensrechnung als quantitatives Modell des Wirtschaftsgeschehens innerhalb des Betriebes sowie zwischen ihm und seiner Umwelt weist zwar insofern eine Homogenität auf, als alle in ihr enthaltenen Informationen quantitativer, also zahlenmäßiger Natur sind, aber es besteht bezüglich dieser Informationen dennoch eine beträchtliche Heterogenität, da die betreffenden Zahlengrößen in einer Vielzahl unterschiedlicher Dimensionen gemessen werden. Diese Tatsache hat zur Folge, daß die Vergleichbarkeit sowie die Verdichtungsmöglichkeit im Sinne einer Zusammenfassung von Informationen nur stark eingeschränkt gegeben sind. Da diese Möglichkeiten aber für die Informationsverwendung im Rahmen der Un-

Das

Führungssystem

31

ternehmensführung von erheblicher Bedeutung sind, ist innerhalb der Unternehmensrechnung ein Subsystem gebildet worden, das als betriebliches Rechnungs-

bezeichnet wird. Das betriebliche Rechnungswesen ist als Subsystem der Unternehmensrechnung zunächst naturgemäß auch ein quantitatives Modell des Wirtschaftsgeschehens innerhalb des Betriebes sowie zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt, aber es ist darüber hinaus dadurch gekennzeichnet, daß in ihm auch Homogenität bezüglich der berücksichtigten Informationen in der Weise besteht, daß die betreffenden Zahlengrößen in einer einheitlichen Dimension, nämlich in Geld gemessen werden. Damit kann das betriebliche Rechnungswesen als Subsystem der Unternehmensrechnung verstanden werden als ein monetäres Modell des Wirtschaftsgeschehens innerhalb des Betriebes sowie zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt. Der hervorragenden Bedeutung des betrieblichen Rechnungswesens als Informationsquelle für die Unternehmensführung wird im vorliegenden Lehrbuch dadurch Rechnung getragen, daß ihm der 6. Teil der Ausführungen gewidmet ist. wesen

25. Das

Controllingsystem

In den beiden vorangegangenen Abschnitten sind das Zielsystem, Planungs- und Kontrollsystem sowie das Informationssystem als Subsysteme des betrieblichen

Führungssystems dargestellt worden. Diese Subsysteme entstehen auf dem Wege der Systemdifferenzierung. Diese Systemdifferenzierung bringt wie jede Zerlegung eines Systems in Teilsysteme das Erfordernis der Abstimmung zwischen den entstehenden Subsystemen mit sich, wenn eine bestmögliche Aufgabenerfüllung bzw. Zielerreichung des Ausgangssystems sichergestellt werden soll. Alle zur Bewältigung dieser Abstimmungsaufgabe zwischen Zielsystem, Planungs- und Kontrollsystem sowie Informationssystem erforderlichen Stellen, Prozesse und Instrumente sind zwar Elemente des betrieblichen Führungssystems, aber sie gehören weder dem Ziel-, Planungs- und Kontrollsystem noch dem Informationssystem an, sondern sie bilden vielmehr ein viertes Subsystem innerhalb des betrieblichen Führungssystems.

Dieses dritte Subsystem unterscheidet sich allerdings von den beiden zuvor behandelten Subsystemen in der Hinsicht, daß es nicht wie das Planungs- und Kontrollsystem und das Informationssystem ein isoliertes Subsystem innerhalb des betrieblichen Informationssystems verkörpert, sondern daß es diese beiden Subsysteme überlappend zum Teil mit umfaßt. Diese Tatsache läßt sich darauf zurückführen, daß eine Abstimmung zwischen Systemen durch ein von diesen Systemen isoliertes System stets nur in unvollkommener Weise vorgenommen werden kann. Abstimmung bzw. Koordination muß immer als interaktiver Prozeß ablaufen, wenn sie erfolgreich sein soll; sie kann nicht allein im Wege einseitiger Berichte oder Anordnungen vollzogen werden, es ist vielmehr Kommunikation im Sinne wechselseitigen Informationstransfers notwendig. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, daß ein Abstimmungs- oder Koordinationssystem die Systeme, die aufeinander abgestimmt bzw. die koordiniert werden sollen, wenigstens teilweise als Bestandteile enthält. Das angesprochene Subsystem des betrieblichen Informationssystems, dessen Aufgabe in der Abstimmung oder Koordination von Planungs- und Kontrollsy-

32

2. Teil: Der Betrieb als

System

Informationssystem bzw. innerhalb dieser beiden Systeme besteht, wird Controllingsystem oder auch kurz als Controlling bezeichnet. Das Controllingsystem verkörpert nach dem Gesagten zunächst ein Subsystem des betrieblichen Führungssystems. Insofern stellt Controlling im Betrieb eine Führungs- oder Managementaufgabe dar. Wenn das Controllingsystem als ein Kommunikationssystem mit der Aufgabe der Abstimmung oder Koordination von Planungs- und Kontrollsystem und Informationssystem innerhalb des betrieblichen Führungssystems gekennzeichnet wird, dann ist es notwendig, diese Aufgabe des Controllings näher zu beschreiben. Dazu ist es zunächst erforderlich, auf die Tatsache hinzuweisen, daß die Aufgabe der Abstimmung oder Koordination von Planungs- und Kontrollsystem und Informationssystem unter Berücksichtigung des betrieblichen Zielsystems, d. h. zielorienstem

und

als

tiert,

zu

erfüllen ist.

Die

Abstimmungsaufgabe des Controllings ist die systembildende und die systemkoppelnde Koordination von Planungs- und Kontrollsystem mit dem Informationssystem. Unter systembildender Koordination wird dabei die abgestimmte Bildung zusammenhängender oder verknüpfter Teilsysteme verstanden, während systemkoppelnde Koordination die wechselseitige Abstimmung bestehender Teilsysteme bedeutet. Im Hinblick auf das Controlling geht es also einerseits um den Entwurf und die Implementierung des Planungs- und Kontrollsystems und des Informationssystems in abgestimmter Weise (systembildende Koordination) sowie andererseits um die laufende Abstimmung und Anpassung der informationellen Prozesse innerhalb und zwischen diesen beiden Subsystemen des betrieblichen Informationssystems (systemkoppelnde Koordination). Damit kann Controlling abschließend wie folgt beschrieben werden: Controlling bildet als Kommunikationssystem ein Subsystem des betrieblichen Führungssystems, dessen Funktion in der systembildenden und systemkoppelnden Koordination von Planungs- und Kontrollsystem und Informationssystem im Hinblick auf eine bestmögliche Realisation des unternehmerischen Zielsystems besteht. 3. Das

Ausführungssystem

Im Abschnitt 21 dieses Teils wurde das System Betrieb in das Führungssystem und das Ausführungssystem differenziert. Die im Ausführungssystem ablaufenden Realisationsprozesse setzen im Führungssystem getroffene wirtschaftliche Entscheidungen als Ergebnis informationsverarbeitender Prozesse in beobachtbares Handeln um. Die Beschäftigung mit diesen Realisationsprozessen, die einerseits geldlicher und andererseits güterlicher Natur sind, ist aus folgendem Grund notwendig: es sind die Realisationsprozesse, auf die sich das Wirtschaften als das Entscheiden über die Verwendung knapper Mittel richtet, so daß also zielgerechtes Wirtschaften die Kenntnis dieser Prozesse voraussetzt. Die Unterscheidung zwischen geldlichen und güterlichen Prozessen im Bereich der Realisationsprozesse erfolgt, weil in der modernen Wirtschaft der aufgrund der allgemeinen Arbeitsteilung notwendige Austausch von Wirtschaftsgütern regelmäßig nur mittelbar unter Einschaltung eines allgemein anerkannten Tauschmittels, des Geldes, stattfindet. Der Betrieb bezahlt also für die zur Erstellung von Leistun-

Das

Ausführangssystem

33

benötigten Güter in Geld, und er gibt die von ihm erstellten Leistungen für den Bedarf Dritter nur im Tausch gegen Geld ab. Aus diesen Gründen verkörpern die im Betrieb und die zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt ablaufenden Realisationsprozesse regelmäßig eine Abfolge wechselnder geldlicher und güterlicher Prozesse. Im folgenden sollen diese geldlichen und güterlichen Prozesse und der Zusammenhang zwischen ihnen in kurzer Form beschrieben und modellhaft dargestellt werden. Als konkretes Bezugsobjekt der Realität wird dabei aus Gründen der Anschaulichkeit der generellen Vorgehensweise in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre folgend ein Industriebetrieb zugrundegelegt, der seine Leistungen für den anonymen Markt erstellt. Ein Betrieb vermag seinen Zweck, Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter zu erstellen und am Markt zum Tausch anzubieten, nur zu realisieren, wenn er seinerseits über Güter verfügt, die er zur Erfüllung des Sachziels einsetzen kann. Diese Güter wird er im Regelfall von außen, d. h. von anderen Wirtschaftseinheiten, die diese Güter zum Tausch anbieten, in den Betrieb hereinholen müssen. Dafür wird er in der modernen Wirtschaft Zahlungsmittel hinzugeben haben. Diese Zahlungsmittel sind bei der Gründung eines Unternehmens, aber auch bei anderen Anlässen wie etwa einer Erweiterung des Betriebes dem Unternehmen von außen zuzuführen. Das geschieht, indem Eigentümer oder Kreditgeber dem Betrieb Zahlungsmittel zur Verfügung stellen. Die Beschaffung und Bereitstellung dieser Zahlungsmittel wird als Außenfinanzierung bezeichnet. Sie bildet den ersten der hier zu betrachtenden Prozesse, und zwar einen geldlichen Prozeß in Form des Zuflusses von Zahlungsmitteln. Die nun im Betrieb vorhandenen Zahlungsmittel können am Markt in Güter, die zur Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen benötigt werden, umgewandelt werden. Dieser Umwandlungsprozeß wird Investition genannt. Er ist einerseits mit dem Abfluß von Zahlungsmitteln aus dem Betrieb als einem geldlichen Prozeß, andererseits mit dem Zufluß von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen, den Investitionsobjekten, in den Betrieb hinein als einem güterlichen Prozeß verbunden. Dieser güterliche Zufluß in den Betrieb wird als Beschaffung bezeichnet. Der nach der Hereinnahme der beschafften Güter in den Betrieb einsetzende Prozeß ist auf die Realisation des ersten Teiles des Sachziels, nämlich auf die Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter gerichtet. Dieser güterliche Prozeß wird Leistungserstellung oder in der am Industriebetrieb orientierten Terminologie Produktion genannt. Die Leistungserstellung verkörpert wie die Investition einen Umwandlungsprozeß, und zwar die Umwandlung von Gütern niederer Ordnung in solche höherer Ordnung (Menger). Die Ordnung von Gütern wird dabei durch ihre Konsumnähe bestimmt, so daß ausschließlich für die Konsumtion bestimmte Güter (Konsumgüter), die also nicht für den Einsatz in nachfolgenden Leistungserstellungsprozessen vorgesehen sind, Gü-

gen

Ordnung darstellen. Nachdem die Leistungserstellung abgeschlossen ist, kann der Prozeß des Tausches der erstellten Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen am Markt einter höchster

Dieser Prozeß bildet erneut einen Umwandlungsprozeß, und zwar werden Unternehmen erstellten Leistungen in Zahlungsmittel umgewandelt. Dieser Umwandlungsprozeß heißt Leistungsverwertung, er wird häufig auch Absatz setzen.

die

vom

34

2. Teil: Der Betrieb als

System

von Leistungen aus dem Betrieb als eigüterlichen Prozeß, der als Vertrieb oder Distribution bezeichnet wird, andererseits mit dem Zufluß von Zahlungsmitteln in den Betrieb als einem geldlichen Prozeß aus dem Verkauf der betrieblichen Leistungen am Markt verbunden. Diese dem Betrieb zufließenden Zahlungsmittel finden in zweifacher Richtung Verwendung. Erstens fließen sie wieder aus dem Betrieb heraus, und zwar als Gegenleistungen für die zuvor erfolgte Außenfinanzierung in Form von Gewinnausschüttungen an die Eigentümer sowie von Zins- und Tilgungszahlungen an die Kreditgeber. Zweitens verbleiben sie im Unternehmen und übernehmen dort die Funktion, die oben den auf dem Wege der Außenfinanzierung zugeflossenen Zahlungsmitteln zugeschrieben worden ist, d. h., sie stehen zur Verfügung, um erneut zur Erfüllung des Sachziels benötigte Güter in den Betrieb hereinzuholen. Diese Art der Bereitstellung von Zahlungsmitteln für betriebliche Zwecke wird im Gegensatz zur Außenfinanzierung als Innenfinanzierung bezeichnet.

genannt. Er ist einerseits mit dem Abfluß nem

Umwelt

Beschaffung Außen-

finanzierung

Innen-

finanzierung

Gewinn- \ ausschüttung

\ Tilgungszahlungen Zins- und

Betrieb

Leistungserstellung (Produktion)

LeistungsVerwertung

(Absatz)

Güterlicher Bereich

Geldlicher Bereich

Darstellung 2-4: Die geldlichen und güterlichen Prozesse des Betriebes Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen aufgezeigten geldlichen und

güterlichen

Prozessen sind in der

Darstellung

2-4 in übersichtlicher Form

darge-

Modelldarstellung des Systems Betrieb

35

stellt, wobei deutlich wird, daß sich das gesamte betriebliche Geschehen in einem geldlichen und einem güterlichen Bereich vollzieht. Die beiden Bereiche werden ersichtlich durch die Umwandlungsprozesse der Investition einerseits und der Leistungsverwertung andererseits miteinander verknüpft.

4.

Modelldarstellung des Systems Betrieb

Ausführungen dieses zweiten Teils zum Betrieb als System soll eine modellhafte Darstellung dieses Systems entwickelt werden. Dazu wird zunächst von der gröbsten Differenzierung des Betriebes in sein Führungssystem und sein Ausführungssystem ausgegangen, wobei letzteres die güterlichen und geldlichen Prozesse als Realisationsprozesse enthält. Das Führungssystem stellt dagegen dasjenige Subsystem des Betriebes dar, in dem sich das Wirtschaften vollzieht. Es beinhaltet seinerseits mehrere Teilsysteme, nämlich das Zielsystem, das Organisationssystem, das Planungs- und Kontrollsystem sowie das Informationssystem, wobei in der Darstellung 2-5 auf die Darstellung des Organisationssystem

Zum Abschluß der nun

(Betrieb) Managementsystem (Führungssystem)

Unternehmen

Zielsystem finanzwirtschaftlich

leistungswirtschaftlich

Informationssystem Unternehmenrechnung

Planungs- und Kontrollsystem strategische Planung und Kontrolle taktische Planung und Kontrolle

sozial

Betriebliches

Rechnungswesen

Controlling

operative Planung und Kontrolle

Ausführungssystem

güterliche Prozesse geldliche Prozesse

Darstellung 2-5: Modelldarstellung des Systems Betrieb verzichtet wurde. Das Zielsystem weist dabei für alle Teilsysteme eine Steuerungsfunktion auf. Des weiteren wird das Planungssystem mit dem Kontrollsystem

36

2. Teil: Der Betrieb als

System

verbunden, um ihre besondere inhaltliche Nähe zu betonen. Dem Planungs- und Kontrollsystem steht ein Informationssystem gegenüber, daß es mit entsprechenden

Informationen versorgen soll. Diese beiden Teilsysteme sind sodann weiter untergliedert worden, und zwar das Planungs- und Kontrollsystem mit den Stufen strategische Planung und Kontrolle, taktische Planung und Kontrolle, operative Planung und Kontrolle sowie das Informationssystem in die Unternehmensrechnung und das betriebliche Rechnungswesen, wobei dieses als für die Untemehmensführung besonders wichtiges Teilsystem die Kosten- und Erfolgsrechnung enthält. Weiterhin ist das Controllingsystem als ein weiteres Subsystem des Führungssystems dargestellt worden, dessen Aufgabe in der systembildenden und koppelnden Koordination von Planungs- und Kontrollsystem und Informationssystem besteht. Es ist darauf hingewiesen worden, daß dieses Subsystem kein isoliertes Teilsystem des Informationssystems verkörpert, sondern daß das Controllingsystem als Kommunikationssystem die beiden anderen Subsysteme überlappend zum Teil mit umfaßt.

Fragen zur Lernkontrolle: 1. 2. 3.

4. 5.

Was verstehen Sie unter einem System? Erläutern Sie die verschiedenen Eigenschatten des Systems Betrieb. Nennen Sie in einer groben Differenzierung des Systems Betrieb seine beiden hauptsächlichen Teilsysteme, und beschreiben Sie die in diesen ablaufenden Prozesse. Durch welche Bestandteile und Beziehungen läßt sich das betriebliche

Zielsystem kennzeichnen? Welche

Beziehungen

bestehen Ihrer

Meinung

nach zwischen den drei

Komponenten eines jeden betrieblichen Zielsystems? 6. Stellen Sie die Teilsysteme des betrieblichen Führungssystems und die in ihnen ablaufenden Prozesse dar, erläutern Sie die Beziehungen dieser Teilsysteme zueinander.

7.

Verdeutlichen Sie die strukturelle Verbindung von Entscheidungs-, Realisations- und Kontrollprozessen. Welche Aufgaben haben Kommunikationsprozesse in diesem Zusammenbang? 8. In welche Phasen unterteilt Heinen den EntScheidungsprozeß? 9. Was ist eine Entscheidungssituation, was sind Entscheidungsalternativen, und wie ist der Entscheidungsprozeß charakterisiert? 10. Welche grundlegenden Merkmale kennzeichnen die Entscheidungsprozesse Improvisation und Planung? 11. Nennen Sie die üblichen Einteilungen der betrieblichen Planungsprozesse nach

-

Planungsstufen,

betrieblichen Funktionsbereichen und

Fristigkeit der Planung. Wodurch unterscheiden sich Überwachung, Kontrolle und Prüfung? Was ist ein Kontrollprozeß, und was sind Ergebnis und Prozeßkontrollen? Erklären Sie den Begriff Abweichungsanalyse. Geben Sie eine Systematik von Abweichungsursachen.

-

12. 13. 14. 15.

-

Modelldarstellung des Systems

Betrieb

37

16. Wodurch unterscheiden sich die herkömmliche Form der Kontrolle (feed back control) und die moderne Form der Kontrolle (feed forward con-

trol)?

17. Charakterisieren Sie die Teilsysteme des Informationssystems. 18. Erläutern Sie den Begriff Controlling, und kennzeichnen Sie das Controllingsystem als Teilsystem des betrieblichen Informationssystems.

Literaturhinweise

zum

2. Teil:

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Köln, 1992

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Stuttgart, 1970

Wild, Jürgen, Grundlagen der Unternehmungsplanung, Reinbek bei Hamburg, 1974

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes 1.

Vorbemerkungen

Jeder Betrieb als eine Wirtschaftseinheit, die Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter erstellt und am Markt zum Tausch anbietet, bedarf eines bestimmten Rahmens, innerhalb dessen sich die betrieblichen Aktivitäten zur Realisierung des Sachziels und damit zur bestmöglichen Erreichung des Formalziels vollziehen können. Dieser Rahmen wird durch grundlegende Entscheidungen, die auch als konstitutive Entscheidungen (Steiner) bezeichnet werden, festgelegt. Eine solche Festlegung hat zwangsläufig im Zusammenhang mit der Gründung eines Unternehmens zu erfolgen. In den verschiedenen Entwicklungsphasen des Betriebes können aber ebenfalls konstitutive Entscheidungen zur Veränderung seines konstitutionellen Rahmens notwendig werden, um durch Anpassung formalzielgerechte Bedingungen für die betriebliche Tätigkeit zu schaffen. Auch die Entscheidung über die Beendigung der Unternehmenstätigkeit, d. h. die Auflösung des Betriebes mit anschließender Liquidation, gehört in den Bereich der konstitutiven

Entscheidungen.

Die wesentlichen Merkmale des konstitutionellen Rahmens sind die Rechtsform des Betriebes, ein möglicher Unternehmenszusammenschluß und der Standort des Betriebes. Auf diese drei Merkmale wird im folgenden ausführlicher eingegangen werden.

2. Die Rechtsform des Betriebes 21.

Grundlagen

und

Abgrenzung

Jeder Betrieb als Wirtschaftseinheit zur Erstellung von Gütern in Form von Sachund Dienstleistungen stellt eine Organisations- und Koordinationseinheit einer Mehrzahl von am Wirtschaftsprozeß beteiligten Individuen dar. Zu ihnen zählen in erster Linie die Eigentümer, die Manager und die Arbeitnehmer. Daneben ist jeder Betrieb in einer Marktwirtschaft mit anderen Wirtschaftseinheiten über mannigfache Austauschbeziehungen geldlicher, güterlicher und informationeller Art verbunden. Zur Regelung der Beziehungen zwischen den Individuen innerhalb der Wirtschaftseinheit Betrieb und derer zwischen den durch Austauschbeziehungen miteinander verbundenen Wirtschaftseinheiten werden vom Gesetzgeber im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung verschiedene Grundtypen möglicher Rechtsformen angeboten, aus denen der Betrieb im Einzelfall die seinem Formalziel entsprechende mittels einer konstitutiven Entscheidung auszuwählen hat. Im folgenden werden nur die Rechtsformen unbegrenzter Anwendbarkeit eingehender behandelt werden. Damit fallen solche Rechtsformen aus der Betrachtung heraus, die im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit von vornherein nur für bestimmte betriebliche Betätigungen konzipiert worden sind; hierzu zählen beispielsweise die nur begrenzt anwendbaren Rechtsformen Bergrechtliche Gewerkschaft, Partenreederei und Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG).

40

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

Jede Rechtsform weist eine Reihe von Merkmalen auf, die bei der Wahl der Rechtsform des Betriebes zu beachten sind und deren wichtigste durch die folgenden gegeben sind:

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8)

Rechtsgestaltung, insbesondere Haftung, Leitungsbefugnis, Gewinn- und Verlustbeteiligung, Finanzierungsmöglichkeiten, Steuerbelastung, Aufwendungen in Verbindung mit der Rechtsform, Publizitätsverpflichtung, Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Bei der notwendigen Berücksichtigung aller dieser Faktoren bei der Rechtsformenwahl ist die Tatsache von Bedeutung, daß sie überwiegend nicht oder nur

schwer zu quantifizieren sind. Aus diesem Grunde bietet sich als Verfahren zur Auswahl der zu realisierenden Rechtsform die Nutzwertanalyse an. Diese ist immer dann besonders angebracht, wenn bei den Entscheidungsträgern multidimensionale Zielsetzungen bestehen und nicht alle Entscheidungskonsequenzen monetär quantifizierbar sind (Steiner). Die Rechtsformen lassen sich einteilen in solche des privaten Rechts und solche des öffentlichen Rechts, wobei eine Voraussetzung der letzteren darin besteht, daß sich in ihnen geführte Betriebe im Eigentum der öffentlichen Hand befinden müssen. Innerhalb der privatrechtlichen Formen kann wiederum unterschieden werden nach Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften sowie Mischformen. Innerhalb der öffentlich-rechtlichen Formen ist dagegen die Unterscheidung zwischen solchen ohne eigene Rechtspersönlichkeit und solchen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu treffen. Eine zusammenfassende Darstellung der genannten Klassen von Rechtsfonnen mitsamt ihren konkreten Ausprägungen vermittelt die nachfolgende Darstellung 3-1. Im folgenden werden die fünf betriebswirtschaftlich besonders bedeutenden Rechtsformen ausführlicher behandelt, zuvor soll jedoch eine kurze Darstellung der übrigen in der Übersicht genannten Rechtsformen in ihren charakteristischen Merkmalen gegeben werden. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Geseilschaft) ist nach § 705 BGB ein Zusammenschluß von natürlichen oder juristischen Personen zur Förderung der Erreichung eines gemeinsamen Zweckes. Die BGB-Gesellschaft wird durch einen formlosen Gesellschaftsvertrag begründet, sie kann nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Die Gesellschafter haften persönlich mit ihrem gesamten Privatvermögen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird häufig als Rechtsform für Gelegenheitsgesellschaften zur Durchführung gewisser wirtschaftlicher Betätigungen für beschränkte Zeit erwählt, beispielsweise für das Konsortium, die Arbeits-

gemeinschaft, das Kartell oder die Interessen- bzw. Gewinngemeinschaft.

Die Rechtsform des Betriebes

4!

Rechtsformen

Privatrechtliche Formen

Einzelunternehmen

Personen-

gesellschaften

Gesellschaft

bürgerlichen

Öffentlich-rechtliche Formen

Kapitalgesellschaften

beschränkter

(Haftung (GmbH),

Sülle Gesellschaft

Aktiengesell-

(KG)

Darstellung 3-1:

Rechtspersönlichkeit

rechtliche

Öffentlich-

Eigenbetrieb Kommandtt-

GmbH & Co KGaA

|—|

Körperschan

Aklicn

(OHG)

mit

Öffentlich-

GmbH & Co KG

gescllschaft auf (KGaA)

gesellschaft

gesellschaft

lichkeit

schaft (AG)

Offene Handels-

Kommandit-

Rechtspersön-

Gesellsch mit

Rechts (GbR)

1

ohne

Mis^h formen

rechtliche Anstalt

Öffentlichrechtliche

Stiftung

Doppel-

gescllschan

Die Rechtsformen der Betriebe

Die Stille Gesellschaft besteht nur als Innengesellschaft, d. h., die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des anderen Gesellschafters oder der anderen Gesellschafter über, und Außenstehenden bleibt die Existenz des stillen Gesellschafters verborgen. Dieser muß stets am Gewinn des Unternehmens beteiligt werden, eine Beteiligung an entstehenden Verlusten kann vertraglich ausgeschlossen werden. Unter den Mischformen zwischen Personen und Kapitalgesellschaften ist wegen ihrer weiten Verbreitung vor allem die GmbH & Co KG zu erwähnen. Sie ist ihrer rechtlichen Konstruktion nach eine Personengesellschaft in der Form einer Kommanditgesellschaft, an der allerdings eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Rolle des Komplementärs übernimmt. Bei der GmbH & Co KG im engeren Sinne sind die Gesellschafter der GmbH gleichzeitig die Kommanditisten der KG, und es gibt keine weiterendieGesellschafter. Haftung aller Durch die Konstruktion einer GmbH & Co KG wird erreicht, daß am Unternehmen beteiligten natürlichen Personen auf ihre Kapitaleinlage beschränkt bleibt. Weiterhin kann diese Rechtsform aus steuerlichen Erwägungen vorteilhaft sein, da die Gewinnanteile der Kommanditisten, wenn sie in der Gesellschaft zurückbehalten werden, nur deren individueller Einkommensteuerbelastung unterliegen, nicht aber wie in der reinen GmbH zur Körperschaftsteuer herangezoin der gen werden. Die AG & Co KG unterscheidet sich von der GmbH & Co KG des Rolle die hier eine Komplenur daß Aktiengesellschaft dadurch, Hauptsache mentärs übernimmt. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) stellt eine Kombination aus Kommandit- und Aktiengesellschaft dar, wobei sie als juristische Person jedoch der Aktiengesellschaft nähersteht als der Kommanditgesellschaft. Mindestens einer der

42

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

Gesellschafter muß allerdings den Gesellschaftsgläubigem gegenüber unbeschränkt Kommandit-Aktionäre ist persönlich haften. Die Haftung der Kommanditisten, derbeschränkt. Die GeschäftsAktien verbrieften Kapitaleinlagen dagegen auf ihre in Kommanditder das den KG wie zu, in der Organ Komplementären führung steht Aktionäre ist die Hauptversammlung. Eine jüngere Entwicklung unter den Mischformen stellt die GmbH & Co KGaA dar. Hier wird die Rolle des Komplementärs der KGaA von einer juristischen Person, der GmbH, übernommen. Diese Rechtsform hat gegenüber den Personengesellschaften den Vorteil, daß die Haftung aller am Unternehmen beteiligten natürlichen Personen auf ihre Kapitaleinlage beschränkt bleibt. Außerdem bestehen bessere Finanzierungsmöglichkeiten durch die Verbriefüng der Kapitaleinlagen in Aktien. Da die Leitung von der Komplementärs-GmbH übernommen wird, gilt diese Führung als durchsetzungsstärker als ein vom Aufsichtsrat kontrollierter Vorstand einer AG. Somit könnte sich die GmbH & Co KGaA als praktikable Rechtsform für

die mittelständische Wirtschaft etablieren. Die Doppelgesellschaft besteht aus zwei rechtlich selbständigen Gesellschaften, an denen in der Regel dieselben Gesellschafter beteiligt sind. In einigen Fällen handelt es sich bei dem einen Teil des Unternehmens um eine Personengesellschaft, bei dem anderen dagegen um eine Kapitalgesellschaft. Aber auch die Aufteilung in zwei Kapitalgesellschaften kommt in der Praxis vor. Sehr oft entsteht eine Doppelgesellschaft aus einem zuvor in einer einheitlichen Rechtsform geführten Betrieb unter Aufrechterhaltung seiner wirtschaftlichen Einheit auf dem Wege der Betriebsaufspaltung. Doppelgesellschaften werden häufig zum Zwecke des Erreichens einer geringeren Steuerbelastung gegründet, daneben spielen aber auch Gesichtspunkte wie Haftungsbeschränkung, Risikobegrenzung und Vermögenssicherung eine Rolle. Gerade unter diesen Aspekten sind auch eine Aufspaltung in mehrere Gesellschaften sinnvoll, so beispielsweise in eine Verwaltungs-GmbH, Produktions-GmbH und Vertriebs-GmbH. Die im folgenden zu behandelnden öffentlich-rechtlichen Formen sind im Eigentum der öffentlichen Hand befindlichen Betrieben vorbehalten und insofern von begrenzter Anwendbarkeit; andererseits gilt aber nicht, daß alle im Eigentum der öffentlichen Hand befindlichen Betriebe zwingend in einer dieser Rechtsformen geführt werden müssen, sie können durchaus auch in Rechtsformen des privaten Rechts geführt werden. Unter den öffentlich-rechtlichen Formen ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist zunächst der Regiebetrieb (Verwaltungsbetrieb) als administrativ und wirtschaftlich unselbständiger Betrieb zu erwähnen. Er ist Bestandteil der Verwaltung seiner Trägerkörperschaft und eng an deren Haushaltsplan gebunden. Reine Regiebetriebe sind außerhalb kleiner Gemeinden kaum anzutreffen. Sie sind nur für solche wirtschaftlichen Betätigungen geeignet, die keine schnellen Anpassungen an häufige Veränderungen innerhalb des Betriebes oder seiner Umwelt erfordern und meist auch mit einem Rechnungswesen auskommen, das sich auf die einfache Kameralistik beschränkt (Diederich). Der Eigenbetrieb als verselbständigter Regiebetrieb besitzt ebenfalls keine eigene Rechtspersönlichkeit, d. h., er kann als solcher nicht am Rechtsverkehr teilnehaber er weist im Gegensatz zum Regiebetrieb administrative und wirtschaftlimen, che Selbständigkeit auf. Dadurch besitzt er den Vorteil einer größeren Flexibilität,

Die Rechtsform des Betriebes

43

Trägerkörperschaft herausgelöst. Damit entfällt die strenge BinHaushaltsplan. Das Rechnungswesen kann in kaufmännischer Form oder als gehobene Kameralistik durchgeführt werden. Eigenbetriebe finden sich in der Realität insbesondere als kommunale Eigenbetriebe, und zwar vor allem im Bereich der Verkehrs und der Versorgungswirtschaft. Die zweite Gruppe der öffentlich-rechtlichen Unternehmensformen bilden diejenigen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie werden als juristische Personen des öffentlichen Rechts geführt und weisen unter den Betrieben, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, das höchste Maß an Selbständigkeit gegenüber der öffentlichen Verwaltung auf. Die Körperschaft oder Anstalt des Öffentlichen Rechts stellt keine allgemeine Rechtsform dar, sondern jede einzelne derartige Körperschaft oder Anstalt wird durch Gesetz mit besonderen Satzungsbestimmunfür öffentlichgen für ein konkretes öffentliches Sachziel errichtet. Beispiele er ist aus seiner

dung

an

deren

Körperschaften sind etwa die Ortskrankenkassen und die BundesversiAnstalten die Landesbancherungsanstalt für Angestellte, für öffentlich-rechtliche ken und öffentlichen Bausparkassen auf kommunaler Ebene. Neben Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts steht als dritte Unternehmensform dieser des Gruppe die öffentlich-rechtliche Stiftung. Sie entsteht alsfürjuristische Person öffentlich-rechtliche einen durch Rechts Beispiele Stiftungsakt. öffentlichen Stiftungen werden durch die Stiftung Volkswagenwerk zur Förderung von Wissenrechtliche

schaft und Technik in Forschung und Lehre und durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin gegeben. Art und Zusammensetzung der Organe von Körpersowie die Rechte des schaft, Anstalt und Stiftung (Leitungsorgan, Aufsichtsorgan) der öffentlichen Einflußnahme jeweiligen Trägers hängen von der gewünschten Diederich). Hand ab und sind dementsprechend geregelt (Wöhe, 22. Das Einzelunternehmen

Eigen-

als alleiniger Beim Einzelunternehmen ist der Einzelunternehmer ist die in der BundesEinzelunternehmens des Rechtsform Die Betriebes. tümer des verbreitete, nach der letzten in der Bundesrepurepublik Deutschland am weitesten und vom ausgewerteten Arbeitsstättenzählung blik Deutschland durchgeführten in dieser 25.5.1987 wurden 83,9% aller Betriebe mit 31,5% aller Beschäftigtenallein und Rechtsform geführt. Der Einzelunternehmer haftet seinen Gläubigern ist eine Unterscheiunbeschränkt mit seinem Gesamtvermögen. Für die Haftung juristisch belanglos. Auf der anderen dung zwischen Privat und Geschäftsvermögen und LeitungsbeSeite besitzt der Einzelunternehmer auch allein alle Entscheidungs in die Abhängigwirtschaftliche Schwierigkeiten Einfugnisse, es sei denn, er ist durch der seinen Kredit nur gegen die zeitweilige keit eines Kreditgebers geraten, der Inhaber Da zu gewähren bereit ist {Wöhe). räumung gewisser Mitspracherechte insbesondere aus der betrieblichen Tätigkeit, Risiken alle des Einzelunternehmens uneinGewinn der ihm auch gesamte steht alle entstehenden Verluste allein trägt, Einzelundes ist durch das Vermögen zu. Die Höhe des Eigenkapitals Inhaber

geschränkt

kann

über einbehaltene

ternehmers begrenzt; eine Erhöhung des Eigenkapitals auf dem Wege der KreditGewinne vorgenommen werden. Die Kapitalbeschaffung Darlehen oftmals mit Schwierigfinanzierung ist vor allem bezüglich langfristiger untrennbar mit dem keiten verbunden, da das Schicksal des Einzelunternehmens die Auflösung des Betriebes zur seines Inhabers verbunden ist. Sein Tod kann nur

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

44

Folge haben. Die Fremdkapitalgeber verknüpfen u.a. daher die Gewährung langfristiger Kredite häufig mit der Einräumung gewisser Mitsprache und Kontrollrechte

für die Dauer der Kreditlaufzeit. Damit wird aber ein wesentliches Charakteristikum des Einzelunternehmens, die Wahrnehmung aller Entscheidungs und Leitungsbefugnisse allein und ausschließlich durch den Inhaberunternehmer, in einschränkender Weise unmittelbar berührt. Der erwirtschaftete Gewinn des Einzelunternehmens unterlag im Jahr 1999 (2000) der Einkommensteuer mit einem Steuersatz von 0 bis 45% (43%) je nach Höhe des persönlichen zu versteuernden Einkommens des Einzelunternehmers. Dabei ist es gleichgültig, ob der erwirtschaftete Gewinn entnommen oder für Finanzierungszwecke im Betrieb zurückbehalten wird. Aufwendungen in Verbindung mit der Rechtsform Einzelunternehmen entstehen nicht, da ihre Gründung formlos erfolgt und in der Regel als Einzelkaufmann lediglich eine Eintragung im Handelsregister notwendig ist. Die Firma als der Name des Einzelunternehmens muß entsprechend § 18 HGB zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein. Als Firma sind Personen-, Sach- und Phantasiefirmen zulässig. Eine Publizitätsverpflichtung (Veröffentlichungszwang für Jahresabschluß und Lagebericht) gilt nach dem sogenannten Publizitätsgesetz von 1969 (berichtigt 1970) nur für solche Einzelunternehmen, auf die an mindestens drei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen jeweils wenigstens zwei der drei folgenden Merkmale zutreffen: Bilanzsumme über 125 Mio. DM, Umsatzerlöse über 250

Mio. DM, Beschäftigtenzahl jährlich durchschnittlich über 5000. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Einzelunternehmen ist durch das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 in der Fassung vom 23. Dezember 1988 geregelt, das für alle Betriebe mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern die Bildung eines Betriebsrates vorsieht, dem auf betrieblicher Ebene gewisse Anhörungs-, Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte eingeräumt sind. 23. Die Offene

Handelsgesellschaft

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) stellt eine Gesellschaft in Form des Zusammenschlusses von mindestens zwei natürlichen Personen dar, deren Zweck nach § 105 HGB auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist. Sie entsteht durch Abschluß eines und EintraGesellschaftsvertrages gung ins Handelsregister. Die Gesellschafter einer OHG haften den Gesellschaftsgläubigern jeder für sich wie Einzelunternehmer, d. h. unbeschränkt mit ihrem Gesamtvermögen. Die OHG besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit, aber eine relative Rechtsfähigkeit; diese versetzt sie in die Firma am Rechtsverkehr teilzunehmen. Die Firma mußLage, selbständig unter ihrer aus dem Namen mindestens eines Gesellschafters und einem Zusatz der das Gesellschaftsverhältnis bestehen, zum Ausdruck bringt. Die Gesellschafter einer OHG sind nach § 114 HGB allesamt zur Leitung des Unternehmens berechtigt und verpflichtet, wobei im vertrag jedoch einzelne Gesellschafter von der Geschäftsführung Gesellschaftsausgeschlossen oder entbunden werden können. Die Verteilung eines erwirtschafteten Gewinns nach 121 HGB in erfolgt § der Weise, daß zunächst Gesellschafter eine Verzinsung seiner Kapitaleinlage in Höhe von 4% erhält,jeder ein verbleibender Rest wird nach Köpfen aufgeteilt. Im Gesellschaftsvertrag kann eine andere Art der Gewinn-

verteilung vorgesehen werden;

an

der

dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es und unbeteiligte Gesellschafter gibt. Die

Unternehmensleitung beteiligte

Die Rechtsform des Betriebes

45

Höhe des Eigenkapitals ist wie beim Einzelunternehmen durch das Vermögen der Gesellschafter begrenzt; eine über einbehaltene Gewinne hinausgehende Erhöhung ist nur durch die im allgemeinen wegen der damit verbundenen Mitspracherechte nicht erwünschte Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter möglich. Die Beschaffung langfristigen Fremdkapitals ist in der Regel mit geringeren Schwierigkeiten als im Einzelunternehmen verbunden, da das Schicksal der OHG nicht an das eines einzelnen, sondern mehrerer Gesellschafter geknüpft ist. Aus diesem Grunde ist hier die Kreditwürdigkeit wegen des Vorhandenseins mehrerer unbeschränkt haftender Gesellschafter vergleichsweise hoch. Die Besteuerung erwirtschafteter Gewinne entspricht der beim Einzelunternehmen, d. h., die zugewiesenen Gewinnanteile ob entnommen oder einbehalten unterliegen der Einkommensteuer mit einem Steuersatz, der wiederum von den persönlichen Einkünften des einzelnen Gesellschafters abhängig ist. Aufwendungen in Verbindung mit der Rechtsform OHG entstehen im allgemeinen nur im Zusammenhang mit der Gründung, weil hier notarielle Beurkundungen, etwa des Gesellschaftsvertrages, notwendig sind. Bezüglich Publizitätsverpflichtung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer gilt das bei der Rechtsform Einzelunternehmen Gesagte analog. -

24. Die

Kommanditgesellschaft

Wie die OHG stellt auch die Kommanditgesellschaft (KG) eine Gesellschaft in Form des Zusammenschlusses von mehreren natürlichen Personen dar, deren Zweck mit dem der OHG übereinstimmt. In den Rechtsformen OHG, KG und GmbH & Co KG wurden in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1987 4,9% aller Betriebe mit 20,6% aller Beschäftigten geführt. Der wesentliche Unterschied der KG gegenüber der OHG besteht in der Tatsache, daß sie zwei Arten von Gesellschaftern aufweist, und zwar einerseits die Komplementäre, die wie Einzelunternehmer den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt mit ihrem Gesamtvermögen haften, und andererseits die Kommanditisten, deren Haftung sich auf die Höhe ihrer eingezahlten oder einzuzahlenden Kapitaleinlage beschränkt. Eine KG besitzt mindestens einen Komplementär und einen Kommanditisten. Gleich der OHG also selbständig unter ihrer verfügt die KG Uber relative Rechtsfähigkeit, sie kannwiederum den Namen mindeDie muß Firma Firma am Rechtsverkehr teilnehmen. und einen Zusatz enteines zwar und eines Komplementärs, stens Gesellschafters, Kommanditider Name eines KG die Rechtsform gibt; Auskunft über der halten, wird im des Unternehmens sten darf nicht Bestandteil der Firma sein. Die Leitung jedoch HGB den zugewiesen, allein Falle der KG nach § 164 Komplementären werden. eine andere vorgesehen im hier Regelung kann auch Gesellschaftsvertrag bei der Wenn die KG Gewinn erwirtschaftet, so wird dieser nach § 168 HGB wie ihrer eine Gesellschafter Verzinsung OHG in der Weise verteilt, daß zunächst alle ist Rest verbleibender ein angemessen 4% von Höhe erhalten, Kapitaleinlagen in aufzuteilen. Hier ist eine Regelung über den Gesellschaftsvertrag unbedingt notfür Komplementäre wendig, da die vorgesehene Gewinnverteilung die aufgrund der und Risikoübernahme und Kommanditisten unterschiedlichen Haftung ungleiche berücksichtigen der an Unternehmensleitung bzw. die Beteiligung Nichtbeteiligung Versollte. Die Höhe des Eigenkapitals ist einerseits wie bei der OHG durch das andererseits der mögen der persönlich haftenden Gesellschafter, EineKomplementäre, über einbehaltene Gewinne durch die Höhe der Kommanditeinlagen begrenzt.

46

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

hinausgehende Erhöhung des Eigenkapitals ist durch die mit denselben Problemen wie bei der OHG verbundene Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter als Komplementäre möglich; daneben kann eine Erhöhung der bestehenden Kommanditeinlagen oder eine Aufnahme neuer Kommanditisten vorgenommen werden. Die Haftungsbeschränkung führt in diesem Fall zu einer gewissen Erleichterung der Eigenkapitalbeschaffung. Die Beschaffung von langfristigem Fremdkapital ist hier ähnlich gelagert wie bei der OHG, also im wesentlichen abhängig vom Privatvermögen der Komplementäre; dennoch wird der KG eine relativ geringere Kreditwürdigkeit zugesprochen, und zwar wegen der nur beschränkten Haftung auf der Seite der Kommanditisten (Schierenbeck). Die Besteuerung erwirtschafteter Gewinne unterliegt derselben Regelung wie beim Einzelunternehmen und bei der OHG. Auch die Aufwendungen in Verbindung mit der Rechtsform KG entsprechen denen, die bei der OHG entstehen, abgesehen von möglichen Aufwendungen für die Verbriefung von Kommanditanteilen. Bezüglich Publizitätsverpflichtung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer bestehen bei der KG keine Unterschiede zu den Rechtsformen OHG und Einzelunternehmen. 25. Die Gesellschaft mit beschränkter

Haftung

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) stellt im Gegensatz zu den bisher ausführlicher behandelten Rechtsformen in Form von Zusammenschlüssen natürlicher Personen mit relativer Rechtsfähigkeit als Kapitalgesellschaft eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit dar. In der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahre 1987 10,5% aller Betriebe mit 25,9% aller Beschäftigten in der Rechtsform GmbH geführt. Die Firma einer GmbH kann Personenoder Sachfirma sein, sie muß aber den Zusatz "mit beschränkter Haftung" beinhalten. Die Beteiligung der Gesellschafter an der GmbH erfolgt durch Einlagen auf das Stammkapital. Zur Gründung einer GmbH ist wenigstens ein Gesellschafter erforderlich, das Stammkapital beträgt mindestens 25.000,- EUR (50.000,DM), und seine kleinste Stückelung ist auf 100 EUR,- (500,- DM) festgelegt. Eine unbeschränkte persönliche Haftung von Gesellschaftern gibt es bei der GmbH nicht, die Haftung der GmbH gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ist immer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Die GmbH ist als Rechtsform vorwiegend für kleine und mittlere Betriebe geeignet, deren Eigentümer ihre Haftung auf ihre Kapitaleinlagen beschränken wollen. Ihrem Wesen nach weist die GmbH als Kapitalgesellschaft deutliche Züge einer Personengesellschaft auf, so wie eine KG bis zu einem gewissen Grade Wesenszüge einer Kapitalgesellschaft trägt. Das äußert sich vor allem im Hinblick auf die Leitung der GmbH. Da ihr als einer juristischen Person die natürliche Handlungsfähigkeit fehlt, müssen ihr durch die Rechtsordnung natürliche Personen zur Verfügung gestellt werden, die in ihrem Namen handeln und sie nach außen vertreten. Diese Aufgabe fällt bei der GmbH den Geschäftsführern zu, die von der Gesellschafterversammlung bestellt, entlastet und abberufen und vom Aufsichtsrat, sofern ein solcher in der Satzung oder nach der Rechtsordnung vorgesehen ist, kontrolliert werden. Die Geschäftsführer der GmbH können gleichzeitig Gesellschafter sein hierin wird die enge Beziehung der GmbH zu (Gesellschafter-Geschäftsführer); den Personengesellschaften besonders deutlich. Geschäftsführer, Gesellschafterversammlung und gegebenenfalls Aufsichtsrat bilden die Organe der GmbH. Die Verteilung erwirtschafteter Gewinne

Die Rechtsforrn des Betriebes

47

erfolgt bei der GmbH auf Beschluß der Gesellschafterversammlung grundsätzlich nach Kapitalanteilen. Die Höhe des Eigenkapitals ist bei der GmbH durch die Höhe des Stammkapitals zuzüglich der Kapitalrücklage und der Gewinnrücklagen begrenzt, eine Erhöhung des Stammkapitals ist entweder aufgrund einer beschränkten oder unbeschränkten Nachschußpflicht der Gesellschafter, die in der Satzung festgeschrieben sein muß, oder durch eine Erhöhung der Stammeinlagen der Gesellschafter bzw. die Aufnahme neuer Gesellschafter möglich. Für den zweiten Fall gilt das bezüglich OHG und KG Gesagte in ähnlicher Weise. Bezüglich der Beschaffung langfristigen Fremdkapitals ist wie bei der KG und stärker noch wegen der ausnahmslos beschränkten Haftung der Gesellschafter von einer geringeren Kreditwürdigkeit auszugehen (Schierenbeck). Die Besteuerung von in der GmbH entstandenen Gewinnen erfolgt in unterschiedlicher Weise bei einbehaltenen und ausgeschütteten Gewinnen. Einbehaltene Gewinne unterlagen im Jahr 1999 (2000) der Körperschaftsteuer mit einem Steuersatz von 40% (40%). AusSteuersatz geschüttete Gewinne werden zunächst zur Körperschaftsteuer mit einem sie an die sodann ausgevon 30% herangezogen, die Gesellschafter versteuern

schütteten Gewinnanteile mit ihrem persönlichen Einkommensteuersatz, wobei die zuvor durch die GmbH abgeführte Körperschaftsteuer ebenso wie die gezahlte Kapitalertragsteuer zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei der Ermittlung der Zahlschuld in Anrechnung gebracht wird (Anrechnungsverfahren). Zur Publizität ist eine GmbH als Kapitalgesellschaft grundsätzlich verpflichtet, der nach §§ Umfang der Publizitätsverpflichtung ist entsprechend ihrer Größenklasse Arbeitnehmer der gilt zu325ff. HGB bestimmt. Bezüglich der Mitbestimmung einer die das Arbeitnehmer von das 1972, nächst wieder Betriebsverfassungsgesetz dazu des der ein Drittel Mitglieder Mitarbeitern 500 mehr als GmbH mit berechtigt, aber noch hinaus darüber notwendigerweise zu bildenden Aufsichtsrates zu stellen, das Mitbestimmungsgesetz von 1976, das auf ein in der Rechtsform GmbH geArbeitnehmer führtes Unternehmen anzuwenden ist, wenn dieses mehr als 2.000 ist die Gesetzes dieses ist. Kernpunkt Montanunternehmen kein beschäftigt und diesen bilden und paritätisch zu Verpflichtung für die GmbH, einen Aufsichtsrat zu besetzen, und zwar je mit Vertretern der Gesellschafter und der Arbeitnehmer nach Zahl der durchschnittlich Beschäftigten mit 12, 16 oder 20 Mitgliedern. 26. Die

Aktiengesellschaft

eine Aktiengesellschaft (AG) verkörpert wie die GmbHSiealsistKapitalgesellschaft und gedie geeignete juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. wur1987 Im Jahre Unternehmen. und

Die

bräuchliche Rechtsform für große

größte

Betriebe mit allerBundesrepublik Deutschland deshalb nurAG0,1% allerDie Firma einer AG geführt. dings 14,5% aller Beschäftigten ind.der Rechtsform des Unternehmens gibt Auskunft Name der h., ist in der Regel eine Sachfirma,

den in der

den Zusatz "Aktiengesellüber die Art der betrieblichen Tätigkeit, er muß zudem der Aktionäre, erfolgt der AG, der Eigentümer schaft" enthalten. Die Beteiligung Zur Gründung des Grundkapitals. von Aktien, durch den Erwerb von Anteilen, muß das erforderlich, Grundkapital einer AG ist mindestens ein Gründungsaktionär Die Aktien aufweisen. EUR DM) (100.000,einen Mindestnennbetrag von 50.000,werden. Der Minkönnen als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien ausgegebenStückaktien sind am Nennbetragsaktie lautet auf 1,- EUR (5,- DM);

destbetrag je

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3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

im gleichen Umfang beteiligt, deren Anteil am Grundkapital muß je Stück mindestens 1,- EUR (5,- DM) betragen. Wie bei der GmbH gibt es auch bei der AG keine unbeschränkte persönliche Haftung, vielmehr haftet gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nur die AG mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Es sind drei Organe der AG zu unterscheiden: der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Der Vorstand führt die Geschäfte der AG, dabei ist er nicht an Weisungen des Aufsichtsrates oder der Hauptversammlung gebunden. Es findet also eine strenge Trennung zwischen den Eigentümern des Unternehmens und der Untemelimensleitung statt. Der Aufsichtsrat bestellt den Vorstand für höchstens fünf Jahre, wobei Wiederbestellung zulässig ist, und kontrolliert die Tätigkeit des Vorstandes. Entsprechend den aktienrechtlichen Vorschriften hat der Aufsichtsrat mindestens drei, höchstens 21 Mitglieder, wobei nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 1972 ein Drittel der Mitglieder von den Arbeitnehmern zu wählen ist. In Aktiengesellschaften, die dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 unterliegen, besteht der Aufsichtsrat je nach Zahl der durchschnittlich Beschäftigten aus 12, 16 oder 20 Mitgliedern, er ist paritätisch mit Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zu besetzen. Die Hauptversammlung der AG beschließt die Bestellung des Aufsichtsrates für die Dauer von maximal vier Jahren, soweit dessen Mitglieder nicht entsandt oder von den Arbeitnehmern als deren Vertreter gewählt werden, beschließt über die Verwendung des Bilanzgewinns, entlastet Vorstand und Aufsichtsrat, bestellt die Abschlußprüfer, beschließt Satzungsänderungen, entscheidet über Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen und über die Auflösung der Gesellschaft. Die Verteilung erwirtschafteter und auszuschüttender Gewinne erfolgt auf Beschluß der Hauptversammlung grundsätzlich nach Kapitalanteilen. Das Eigenkapital einer AG wird aus dem in seiner Höhe festgelegten Grundkapital und den Kapital sowie Gewinnrücklagen gebildet. Die AG besitzt aufgrund der Stückelung des Grundkapitals in kleine Einheiten, die Aktien, im Vergleich zu den anderen Rechtsformen die besten der Eigenkapitalbeschaffung. Möglichkeiten Aus der Tatsache, daß die Zahl der Aktionäre praktisch nicht begrenzt ist und der Nennbetrag der einzelnen Aktie im allgemeinen relativ niedrig ist, können größte Kapitalbeträge aufgebracht werden. Dieser Vorteil ergibt sich darüber hinaus insbesondere durch die Fungibilität der Aktien, d. h., ein Aktionär kann in der Regel im Gegensatz zu den Gesellschaftern anderer Rechtsformen sein Beteiligungsverhältnis jederzeit durch Verkauf seiner Aktien beenden, wobei ein solcher Verkauf an den Börsen oder über die Banken Eine Kapitalerhöhung erfolgt auf erfolgt. Beschluß der Hauptversammlung im Wege der ordentlichen durch die Ausgabe junger Aktien. Diese jungen Aktien werden Kapitalerhöhung zunächst den bisherigen Aktionären zum Kauf angeboten, damit diese eine der Beteiligungsverhältnisse verhindern können. Wenn sie sich nichtVeränderung zum Kauf entschließen, können sie ihr Bezugsrecht veräußern. Der Wert des Bezugsrechtes stellt den Vermögensverlust dar, den die bisherigen Aktionäre dadurch erleiden, daß die jungen Aktien im allgemeinen zu einem Kurs ausgegeben werden, der unterhalb dessen der alten Aktien liegt, und sich nach der durchgeführten Kapitalerhöhung ein einheitlicher Kurs zwischen dem der jungen und dem der alten Aktien bildet. Bezüglich der Beschaffung langfristigen Fremdkapitals liegt zwar wie bei der GmbH der Fall ausnahmslos beschränkter Haftung der Gesellschafter (Aktionäre) vor, es ist aber von einer größeren Kreditwürdigkeit der AG auszugehen, dies insbesondere wegen

Grundkapital

Der Zusammenschluß

von

Unternehmen

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des aufgrund strenger rechtlicher Vorschriften beträchtlich verbesserten Gläubigerschutzes (Schierenbeck). Die steuerliche Behandlung des von der AG erwirtschafteten Gewinns entspricht derjenigen bei der GmbH. Die AG wird als juristische Person zur Körperschaftsteuer herangezogen, und zwar mit dem Satz von 40% auf die einbehaltenen Gewinne. Die ausgeschütteten Gewinne unterliegen bei den Aktionären der Einkommensteuer, wobei auf die zu zahlende Einkommensteuer die von der AG einbehaltene Körperschaftsteuer in Höhe von 30% und die Kapitalertragsteuer angerechnet werden. Die Aufwendungen in Verbindung mit der Rechtsform AG sind zunächst einmal artgleich mit denen bei der GmbH, hinzu kommen bei der Gründung die Aufwendungen für Druck und Ausgabe der Aktien, für Prospekte und für die Gründungsprüfung. Die Verpflichtung zur Publizität, d. h. zur Veröffentlichung von Jahresabschluß und gegebenenfalls Lagebericht, besteht ausnahmslos für alle Aktiengesellschaften; der Umfang der Publizitätsverpflichtung ist wiederum wie bei allen Kapitalgesellschaften in Abhängigkeit von der jeweiligen Größenklasse geregelt. Diese Veröffentlichung erfolgt zum Schutze der Gläubiger und der Aktionäre, darüber hinaus aber auch vor allem bei großen und größten Aktiengesellschaften im Interesse der Allgemeinheit. Bezüglich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer gilt das bei der GmbH Gesagte für die AG entsprechend, wobei hier naturgemäß die von der Zahl der Mitarbeiter abhängige Bildung eines Aufsichtsrates entfällt, da der Aufsichtsrat ein rechtsformimmanentes Organ der AG ist. Im übrigen sind die wesentlichen Aspekte der Mitbestimmung in der AG bereits im Zusammenhang mit der Kennzeichnung des Organs Aufsichtsrat dargestellt worden. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf betrieblicher Ebene nach dem Betriebsverfassungsgein anderen setz von 1972 unterscheidet sich in der AG grundsätzlich nicht von der -

-

Gesellschaftsformen.

3. Der Zusammenschluß 31. Inhalt und

von

Unternehmen

Ausgestaltung betrieblicher Zusammenschlüsse

beDie Bildung von Unternehmenszusammenschlüssen in einer MarktwirtschaftWirtdaß jede Prinzip, dort grundsätzlich gültigen deutet ein Abweichen von dem den schaftseinheit auf sich allein gestellt sein soll und die Beziehungen zwischen Der sollen. werden Wirtschaftseinheiten hauptsächlich durch den Markt geregelt welcher Zusammenschluß von Einzelbetrieben zu größeren Wirtschaftseinheiten inzwischen bestimmte daß Beziehungen nämlich stets, Form auch immer bedeutet andeihnen einerseits und zwischen ihnen und allen anderen Wirtschaftseinheiten Vornahme Für die werden. rerseits auf andere Weise als durch den Markt geregelt Diese lassen solcher Zusammenschlüsse gibt es unterschiedliche Beweggründe. von den sich jedoch im allgemeinen unter der Absicht subsumieren, die insgesamt einzelnen Betrieben verfolgten Ziele mittels des Unternehmenszusammenschlusses Erhöbesser zu verwirklichen. Als Beweggründe werden im einzelnen genannt: in der damit Kostensenkung und durch Rationalisierung hung der Produktivität gegenüber Abnehgrößeren Wirtschaftseinheit, Verbesserung der Marktposition für den einzelnen Risikos des mern, Lieferanten oder Kreditgebern, Minderung

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3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

Betrieb durch Risikoverteilung auf alle beteiligten Betriebe und schließlich Erringung einer wirtschaftlichen Machtposition durch Einschränkung des Wettbewerbs (Wöhe). Nicht zusammengeschlossene Unternehmen sind rechtlich und wirtschaftlich selbständig. Jede Form des Zusammenschlusses von Betrieben führt dazu, daß diese Selbständigkeit in einem bestimmten Umfang eingeschränkt oder aufgehoben wird. Nach dem Grad der Aufgabe der betrieblichen Selbständigkeit lassen sich zwei grundlegende Formen des Zusammenschlusses von Unternehmen unterscheiden, die Kooperation und die Konzentration. Unter Kooperation werden die Formen von Unternehmenszusammenschlüssen verstanden, bei denen die beteiligten Betriebe rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleiben, wirtschaftlich allerdings nur in denjenigen Bereichen, die nicht Gegenstand der durch Vertrag oder Absprache geregelten Zusammenarbeit sind. Eine gewisse Aufgabe der wirtschaftlichen Selbständigkeit ist damit also Wesensmerkmal der Kooperation, da ohne sie eine abgestimmte Zusammenarbeit nicht möglich ist. Dagegen beinhaltet der Begriff Konzentration diejenigen Formen von betrieblichen Zusammenschlüssen, bei denen die beteiligten Betriebe ihre wirtschaftliche Selbständigkeit uneingeschränkt aufgeben. Im Extremfall, der Verschmelzung oder Fusion von Unternehmen, erfolgt sogar auch eine Aufgabe der rechtlichen Selbständigkeit. Hauptmerkmal der Konzentration von Betrieben ist damit das Vorliegen einer einheitlichen wirtschaftlichen Leitung, unter der die zusammengeschlossenen Unternehmen stehen. Zusammenschlüsse von Unternehmen können in horizontaler oder in vertikaler Form erfolgen. Von einem horizontalen Zusammenschluß wird gesprochen, wenn die sich zusammenschließenden Betriebe derselben Produktions- oder Handelsstufe angehören. Ein vertikaler Zusammenschluß dagegen ist dann gegeben, wenn die sich zusammenschließenden Betriebe Bestandteile hintereinander gelagerter Produktions- oder Handelsstufen sind. Horizontale oder vertikale Zusammenschlüsse von Unternehmen in reiner Form können organische oder homogene Zusammenschlüsse genannt werden, während die in der Realität weit häufiger anzutreffenden Mischformen als anorganische oder heterogene Unternehmenszusammenschlüsse bezeichnet werden. Die Funktionsbereiche, in denen sich Betriebe zur besseren Verwirklichung der verfolgten Ziele zusammenschließen, können relativ eng begrenzt sein, es kann sich dabei aber auch um die Gesamtheit der betrieblichen Tätigkeiten handeln. Ein übliches Ordnungsmerkmal für diese Bereiche sind die betrieblichen Hauptfunktionen Finanzierung, Investition und Beschaffung, Leistungserstellung sowie Leistungsverwertung. Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Zielerreichung in diesen Bereichen durch den Zusammenschluß von Unternehmen können sein: Erhöhung der Eigenkapitalbasis, Erweiterung der Fremdfinanzierungsmöglichkeiten durch Stärkung der Kreditwürdigkeit, gemeinsame Nutzung großer und kapitalintensiver Investitionsobjekte in kleinen und mittleren Betrieben (Wöhe), Verbesserung der Einkaufsbedingungen durch Bedarfszusammenfassung, Ausschaltung des Nachfragerwettbewerbs bei der Beschaffung, Aufteilung der Leistungsarten auf die zusammengeschlossenen Unternehmen und damit Produktivitätssteigerung durch Spezialisierung, Normung, und Typung der Erzeugnisse, gemeinsame Ent-

Der Zusammenschluß

von

Unternehmen

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Wicklung neuer Produkte und neuer Produktionsverfahren, Zusammenarbeit in der Grundlagenforschung, Stärkung der Position der zusammengeschlossenen Betriebe auf ihren Absatzmärkten durch Ausschaltung der Angebotskonkurrenz, Marktaufteilung, Verabredung gemeinsamer Konditionen, gemeinsamer Kundendienst (Diederich). 32. Formen der

Kooperation

Betriebliche Zusammenschlüsse in Form der Kooperation entstehen im Wege der Vereinbarung durch Vertrag oder Absprache über den Gegenstandsbereich der Zusammenarbeit. Es wird zwischen den lockeren Formen der Kooperation und dem Kartell unterschieden. Als lockere Formen der Kooperation sind in erster Linie die Interessengemeinschaft, die Arbeitsgemeinschaft und das Konsortium zu nennen. Unter einer Interessengemeinschaft wird im weitesten Sinne "eine vertragliche Verbindung der Interessen zweier oder mehrerer Personen zu einem gemeinsamen Ziel" verstanden (Wöhe). Wesentliches Kennzeichen ist es, daß es sich um die Zusammenfassung gemeinschaftlicher Interessen selbständig bleibender Unternehmen handelt. Als eine Interessengemeinschaft im engeren Sinne wird eine solche angesehen, die auf die Vergemeinschaftung von Gewinnen und Verlusten der beteiligten Betriebe gerichtet ist (Gewinnpoolung, Gewinngemeinschaft). Interessengemeinschaften entstehen in der Regel als horizontale Unternehmenszusammenschlüsse. Eine Arbeitsgemeinschaft bildet wie das nachfolgend zu behandelnde Konsortium eine Gelegenheitsgesellschaft. Sie stellt den Zusammenschluß von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Betrieben zur gemeinschaftlichen Lösung einer bestimmten Aufgabe oder zur gemeinschaftlichen Erfüllung eines einzigen Werkvertrages oder Werklieferungsvertrages oder einer begrenzten Zahl solcher Verträge dar. Arbeitsgemeinschaften sind in erster Linie im Baugewerbe anzutreffen. Sie werden gebildet, wenn die Anforderungen eines Großauftrages die produktionstechnischen oder finanziellen Möglichkeiten eines einzelnen Unternehmens übersteigen oder wenn ein einzelnes Unternehmen allein nicht zur Übernahme des mit einem derartigen Auftrag verbundenen Risikos bereit ist. Arbeitsgemeinschaften werden im allgemeinen wie Interessengemeinschaften als horizontale Unternehmenszusammenschlüsse gebildet. Das Konsortium verkörpert als Gelegenheitsgesellschaft wie die Arbeitsgemeinschaft einen Unternehmenszusammenschluß zur Erfüllung einer bestimmten, genau abgegrenzten Aufgabe, der nach Erfüllung der Aufgabe wieder aufgelöst wird. In der Praxis am häufigsten anzutreffen sind Bankenkonsortien, deren Aufgaben in erster Linie in der Übernahme und Veräußerung von Aktien oder Schuldverschreibungen bei Gründungs- oder Erweiterungsfinanzierungen bestehen. Eine strengere Form der Kooperation bildet der Zusammenschluß von Unternehmen zu einem Kartell. Das Kartell ist eine Zusammenarbeit mehrerer Betriebe, im allgemeinen auf horizontaler Basis, die rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleiben, auf vertraglicher Grundlage, wobei der Kartellvertrag die Verpflichtung zu bestimmtem Tun oder Unterlassen enthält. Es hat im allgemeinen die rechtliche Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit keine eigene Rechtspersönlichkeit. Kartelle werden in erster Linie zum Zwecke der Marktbeherrschung durch

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3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

Beseitigung oder Einschränkung des Wettbewerbs gebildet, um nicht erwünschte Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, ist das Tätigwerden von Kartellen in der Bundesrepublik Deutschland staatlich geregelt, und zwar durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Nach § 1 GWB gilt: "Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten." Kartelle sind also in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich verboten. Es gibt allerdings Ausnahmen von diesem generellen Kartellverbot, für die das Bundeskartellamt in Berlin bzw. der Bundesminister für Wirtschaft zuständig sind. Die ausgenommenen Kartellarten zerfallen in die Gruppe der anmeldepflichtigen Kartelle und in die Gruppe der erlaubnispflichtigen Kartelle. Die anmeldepflichtigen Kartelle werden durch die folgenden Kartellarten gebildet: • Konditionenkartelle, die gemeinsame Bedingungen hinsichtlich der Zahlungsfristen, der Lieferungsart, der Garantieleistungen und dergleichen zum

Gegenstand haben;









Rabattkartelle, die Vereinbarungen über Mengen oder Gesamtumsatzrabatte oder Preisnachlässe für die Übernahme bestimmter Funktionen im Rahmen der Leistungsverwertung als echte Leistungsentgelte beinhalten;

Spezialisierungskartelle, die auf eine Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge durch Spezialisierung gerichtet sind; Normen- und Typenkartelle, mit denen eine Vereinheitlichung von Einzelheiten bezüglich Abmessungen, Formen und Qualitäten sowie von Endprodukten in ihren Ausführungsformen angestrebt wird; Kooperationserleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen (Mittelstandskartelle), wenn durch deren zwischenbetriebliche Zusammenarbeit der Markt nicht wesentlich beeinträchtigt, ihre Leistungsfähigkeit aber gefördert

wird. Die genannten Kartellarten sind grundsätzlich zulässig, sie müssen aber beim Bundeskartellamt angemeldet werden und unterliegen dessen Aufsicht für die Zeitdauer ihres Bestehens. Die erlaubnispflichtigen Kartelle setzen sich aus den folgenden Kartellarten zusammen: •

Strukturkrisenkartelle, die eine planmäßige Anpassung der Kapazitäten der Unternehmen an eine veränderte Marktsituation zum Gegenstand soweit diese Änderung auf eine nachhaltige Verringerung der Nachfrahaben, ge zurückzuführen ist und die Interessen der Gesamtwirtschaft angemessen berücksichtigt wird. Rationalisierungskartelle, sofern diese über Spezialisierungs-, Normungsund Typungskartelle inhaltlich hinausgehen und die angestrebte Rationalisierung geeignet ist, die Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit der beteiligten Unternehmen in technischer, betriebswirtschaftlicher oder organisatorischer Beziehung wesentlich zu heben und dadurch die Befriedigung des Bedarfs zu verbessern, ohne daß der Rationalisierungserfolg jedoch in einem unangemessenen Verhältnis zu der damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkung steht.

beteiligten



Der Zusammenschluß

von

Unternehmen

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Für diese Kartellarten gilt, daß die entsprechenden Kooperationsvereinbarungen dann realisiert werden dürfen, wenn dem Antrag auf Zulassung des Kartells

erst

Bundeskartellamt oder vom Bundesminister für Wirtschaft entsprochen worden ist. Es gibt Betriebe, die hinsichtlich der Kooperation in Form eines Kartellvertrages nicht dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen, und zwar handelt es sich dabei um solche, auf die aufgrund ihrer Eigenart die marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht oder nicht in vollem Umfang zutreffen (Bereichsausnahmen). Zu diesen Betrieben zählen beispielsweise die land- und forstwirtschaftlichen vom

Erzeugervereinigungen.

33. Formen der Konzentration

Betriebliche Zusammenschlüsse in Form der Konzentration entstehen im Gegensatz zu denen der Kooperation dadurch, daß die beteiligten Unternehmen ihre wirtschaftliche Selbständigkeit aufgeben und sich einer einheitlichen wirtschaftlichen Leitung unterstellen. Dies kann durch Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an einem untergeordneten Betrieb oder durch Abschluß eines Beherrschungsvertrages erfolgen. Bleibt dabei die rechtliche Selbständigkeit des untergeordneten Betriebes erhalten, so wird die entsprechende Konzentrationsform als Konzern bezeichnet, wird dagegen auch die rechtliche Selbständigkeit aufgegeben, so liegt die Konzentrationsform der Verschmelzung oder Fusion vor. Ein Konzern ist der Zusammenschluß von Konzernunternehmen. Ein Konzernunternehmen stellt nach dem Aktiengesetz (§ 15 AktG) eine der fünf Arten von verbundenen Unternehmen dar; neben dem Konzern sind dies im Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen, abhängige und herrschende Unternehmen, wechselseitig beteiligte Unternehmen sowie Vertragsteile eines Unternehmensvertrages. Innerhalb einer Konzerntypologie kann zwischen Unterordnungskonzern (Zusammenschluß als herrschendes und abhängiges oder beherrschtes Unternehmen) und Gleichordnungskonzern (Unabhängigkeit der zusammengeschlossenen Unternehmen untereinander) unterschieden werden. Eine dritte Form ist die Holding-Gesellschaft. Die Holding ist ein ausgelagertes kein eigenes ProLeitungsorgan mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie hat selbstbesteht in der Leiihr Unternehmenszweck sondern dukt- und Absatzprogramm, tung und Verwaltung der von ihr beherrschten Unternehmen. Die Bildung von Konzernen ist in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich zulässig. Der Abschluß eines Konzernvertrages gilt allerdings als Zusammenschluß im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Demzufolge kann das Bundeskartellamt die Konzernbildung im Wege der Zusammenschlußkontrolle unter bestimmten Umständen untersagen. Derartige Zusammenschlüsse sind unverwenn weltzüglich anzuzeigen. Die Zusammenschlußkontrolle findet Anwendung, 1 Milliarde als mehr von Umsatzerlöse weit die beteiligten Unternehmen insgesamt von mehr Umsatzerlöse im Inland ein Unternehmen DM und mindestens beteiligtes als 50 Millionen DM erzielt haben. Insbesondere sind bei der Zusammenschlußandes Gesetzes oder in zeige die Marktanteile anzugeben, die im Geltungsbereich daß durch den zu Ist erwarten, 20% erreichen. mindestens einem wesentlichen Teil Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung erreicht oder verstärkt wird,

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3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

und weisen die beteiligten Unternehmen nicht nach, daß durch den Zusammenschluß auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und diese die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen, so verbietet das Bundeskartellamt den Zusammenschluß. Ein bereits vollzogener Zusammenschluß, den das Bundeskartellamt untersagt hat, ist aufzulösen. Die Auflösung kann allerdings auch darin bestehen, die Wettbewerbsbeschränkung auf andere Weise als durch Wiederherstellung des früheren Zustandes zu beseitigen. Wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen, der Zusammenschluß durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt und die marktwirtschaftliche Ordnung durch das Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkung nicht gefährdet wird, so kann der Bundesminister für Wirtschaft auf Antrag die Erlaubnis zu dem Zusammenschluß erteilen (Ministererlaubnis), auch wenn dieser vom Bundeskartellamt untersagt worden ist. Die Erlaubnis kann dabei mit Beschränkungen und Auflagen verbunden werden. Die Ausgestaltung der einheitlichen wirtschaftlichen Leitung hängt davon ab, um welche Art von Konzern es sich handelt. Liegt ein Unterordnungskonzern vor, so wird das herrschende Unternehmen die Leitung des Konzerns übernehmen. Handelt es sich dagegen um einen Gleichordnungskonzern, so wird die Leitung des Konzerns entweder von einem der zusammengeschlossenen Betriebe wahrgenommen oder von einem ausgegliederten Führungsorgan ausgeübt; im zweiten Falle wird als Leitungseinrichtung aus Haftüngsgründen meistens eine Kapitalgesellschaft gebildet. Eine andere Möglichkeit zur Realisierung der einheitlichen wirtschaftlichen Leitung besteht darin, die einzelnen Unternehmensleitungen personell miteinander zu verflechten, im Grenzfall in Form einer völligen Identität der Personen (Diede-

rich).

Unter Voraussetzungen, die im Aktiengesetz und seinem Einführungsgesetz angegeben sind, wird der Konzern in der Bundesrepublik Deutschland besonderen

Pflichten unterworfen, und zwar in erster Linie, um die in ihm bestehenden Zusammenhänge für die Anteilseigner (Aktionäre), die Gläubiger und die Öffentlichkeit transparent zu machen. Das Instrument dazu sind die Vorschriften über die Konzernrechnungslegung in Form des Konzernabschlusses (Konzernbilanz, Konzern-Gewinn und -Verlustrechnung, Konzernanhang) und des Konzernlageberichtes. Dabei ersetzen Konzernabschluß und -lagebericht nicht die Einzelabschlüsse und die einzelnen Lageberichte der im Konzern zusammengeschlossenen Unternehmen, sondern sie sind zusätzlich zu diesen zu erstellen. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei vor allem, daß die Konzernbilanz nicht durch Addition der jeweils einzelnen Positionen der Einzelbilanzen der Konzernunternehmen entsteht, sondern daß Aufrechnungen vorzunehmen sind, um Doppelzählungen zu verhindern, z. B. Aufrechnung von bei der Obergesellschaft ausgewiesenen Beteiligungen gegen die entsprechenden Teile des Eigenkapitals der Untergesellschaften oder Aufrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten unter den Konzernunternehmen

(Bilanzkonsolidierung).

Die Fusion oder Verschmelzung stellt diejenige Zusammenschlußform dar, bei der die zusammengeschlossenen Betriebe unter Aufgabe ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit zu einem einzigen, seinerseits naturgemäß rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen vereinigt werden. Bei diesem Vorgang sind zwei unterschiedliche Erscheinungsformen zu betrachten, die im Aktien-

Der Standort des Betriebes

55

gesetz als Verschmelzung durch Neubildung und Verschmelzung durch Auf-

nahme bezeichnet werden. Der erste Fall ist gegeben, wenn die fusionierenden Unternehmen nach der Verschmelzung alle nicht mehr existieren, sondern in einem neu gebildeten Betrieb aufgehen. Handelt es sich bei den bisherigen Unternehmen und dem neu gebildeten Betrieb um Aktiengesellschaften, so verläuft der Prozeß der Fusion in der Weise, daß die Aktionäre der bisherigen Gesellschaften ihre Aktien gegen Aktien der neuen Gesellschaft eintauschen. Die Verschmelzung durch Neubildung ist nur zulässig, wenn alle sich vereinigenden Unternehmen mindestens zwei Jahre im Handelsregister eingetragen waren. Handelt es sich bei ihnen um Aktiengesellschaften, muß die Fusion in den jeweiligen Hauptversammlungen mit Dreiviertelmehrheit beschlossen werden. Der zweite Fall der Fusion besteht darin, daß ein Unternehmen sein Vermögen als Ganzes auf ein anderes, bereits bestehendes Unternehmen überträgt. Handelt es sich bei den beteiligten Unternehmen um Aktiengesellschaften, dann werden die Aktionäre der aufgenommenen und damit untergegangenen Gesellschaft mit Aktien der aufnehmenden Gesellschaft entschädigt, da ihre bisherigen Aktien durch die Fusion gegenstands- und damit wertlos geworden sind. Das Aktiengesetz regelt lediglich die Fusion von Kapitalgesellschaften, betriebswirtschaftlich bezieht sich der Begriff Fusion oder Verschmelzung aber auf alle Unternehmen, unabhängig von der Rechtsform, in der sie gefuhrt werden. Bei der Erweiterung der Betrachtung auf Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist aber zu beachten, daß es hier das Institut der Gesamtrechtsnachfolge nicht gibt. Die beteiligten Betriebe müssen einzeln liquidiert und ihr Vermögen und ihre Schulden müssen einzeln übertragen werden. Auch die Fusion oder Verschmelzung gilt als Zusammenschluß von Unternehmen im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Daher sind auch bei einer Fusion wie bei der Konzernbildung die Vorschriften dieses Gesetzes zu beachten. Diese entsprechen aber bezüglich der Fusion denen, die im Zusammenhang mit der Bildung von Konzernen dargestellt worden sind, so daß hier auf die dort gemachten Ausführungen verwiesen werden kann.

4. Der Standort des Betriebes 41. Standort und Standortlehre Der Standort des Betriebes ist ebenso wie seine Rechtsform oder eine bestimmte Form des Zusammenschlusses Bestandteil des konstitutionellen Rahmens eines Betriebes. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Entscheidung für den betrieblichen Standort wegen ihrer dauerhaften Wirkung eindeutig konstitutiven Charakbei der Unterter aufweist. Das Problem der Standortwahl stellt sich naturgemäß oder bei Unternehmensverlagerung aber einer auch sodann nehmensgründung, Fivon bei einer Standortspaltung durch Errichtung von Zweigniederlassungen, daß die im Extremfall Erscheinung, Es lialen bzw. von anderen Betriebsstätten. gibt eine einmal getroffene Standortentscheidung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überhaupt nicht mehr revidiert werden kann.

56

3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

Unter dem Standort des Betriebes wird derjenige Ort innerhalb eines Wirtschaftsverstanden, an dem sich seine Verwaltungs- und Fertigungsstätten, seine

raumes

Lager und anderen Baulichkeiten befinden. Dabei können Teile des Betriebes unterschiedliche Standorte aufweisen, wenn beispielsweise Werke oder Auslieferungslager an verschiedenen Orten untergebracht sind. Daneben besitzen die einzelnen Gegenstände des Betriebes noch je für sich einen eigenen Standort innerhalb des Betriebes oder eines Teiles davon (innerbetrieblicher Standort). Aus diesem Grunde ist bei einer genaueren Analyse zwischen dem Betriebsstandort, den Betriebsstätten-Standorten und den Standorten, der einzelnen betrieblichen Faktoren zu unterscheiden (Diederich). Die betriebswirtschaftliche Standortlehre beschäftigt sich mit den Fragen der Standortwahl aus der Sicht des einzelnen Betriebes. Volkswirtschaftliche Fragestellungen wie die Verteilung von Unternehmen im Raum und Faktorallokation unter gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen sowie die Schaffung regionaler Gleichgewichte bleiben dabei außer Ansatz. Im Rahmen der in diesem Lehrbuch behandelten erklärenden Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre beschränkt sich die Darstellung der Standortlehre auf die Standortfaktorenlehre, in der alle potentiellen Standortfaktoren erfaßt, systematisiert und in ihrer Bedeutung analysiert werden. Die gestaltenden Ansätze der Standortplanung demgegenüber bauen auf der Standortfaktorenlehre auf und wollen Handlungsanweisungen für eine der Zielsetzung des jeweiligen Betriebes optimal entsprechende Standortwahl zur Verfügung stellen. 42. Standortfaktoren Der

Begriff Standortfaktor geht auf Alfred Weber (1909) zurück, der unter einem Standortfaktor „einen seiner Art nach scharf abgegrenzten Vorteil, der für eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eintritt, wenn sie sich an einem bestimmten Ort oder auch generell an Plätzen bestimmter Art vollzieht" versteht, wobei der Vorteil eines Ortes als die Möglichkeit angesehen wird, „den als Ganzes betrachteten Produktions- und Absatzprozeß eines bestimmten industriellen Produkts nach irgend einer Richtung billiger durchzuführen als anderswo." Im Gegensatz zur Begriffsbildung Webers erscheint es jedoch sinnvoller, anstelle eines Vorteils, der ja nur durch den Vergleich zweier Größen bestimmt werden kann, allgemeiner die mögliche Einflußnahme auf die Standortentscheidung als kennzeichnendes Merkmal des Standortfaktors heranzuziehen. Damit ist dann als Standortfaktor eine Einflußgröße zu bezeichnen, die von Ort zu Ort unterschiedlich auf die verschiedenen Komponenten der betrieblichen Zielsetzung, z. B. auf die Kosten und die Erlöse, einwirken kann und deshalb gegebenenfalls von Relevanz für die betriebliche Standortwahl ist. Die Standortfaktoren lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen; eine mögliche Klassifikation, die alle wesentlichen Standortfaktoren enthält, unterscheidet Einflußgrößen der Beschaffungsmärkte und der Absatzmärkte, Einflußgrößen der staatlichen Rahmenbedingungen sowie natürliche Einflußgrößen (Stei-

ner). Einflußgrößen

der Beschaffungsmärkte beziehen sich auf die Beschaffbarkeit Grundstücken und Gebäuden, Anlagegütern, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Arbeitskräften, Energie sowie Transportmöglichkeiten. Bei Grundstücken und von

Der Standort des Betriebes

57

Gebäuden geht es darum, ob diese in der verlangten Qualität vorhanden sind, auf welchem Niveau sich Kaufpreise und Mieten bewegen, welche Ausdehnungsmöglichkeiten für spätere Betriebserweiterungen gegeben sind und ob zukünftige Rechtseingriffe in zu schaffende Eigentums oder Besitzverhältnisse zu erwarten sind. Die Beschaffbarkeit von Anlagegütern wie beispielsweise Maschinen oder maschinellen Anlagen beinhaltet die Frage nach deren Angebot, Lieferung und Unterhaltung (Service, Wartung, Pflege). Bezüglich der immer wieder neu einzusetzenden Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ist deren örtliche Verfügbarkeit einschließlich der Einkaufspreise von besonderer Bedeutung, während bei den Arbeitskräften die Frage ihrer Verfügbarkeit nach Qualität und Quantität sowie die Höhe des zu zahlenden Arbeitsentgeltes eine vorrangige Rolle spielt. Die Energiebeschaffung hat heute keine wesentliche Bedeutung mehr, da die allgemein verwendete Elektrizität praktisch überall zu fast gleichen Kosten bezogen werden kann. Eine Ausnahme bilden Unternehmen, die auf Kohle als Energieträger angewiesen sind und daher die Kosten des Transports der Kohle berücksichtigen müssen. Transportmöglichkeiten bilden einen wichtigen Standortfaktor bei solchen Betrieben, die verkehrsorientiert sind und aus diesem Grunde Standorte bevorzugen, die die gewünschten oder benötigten Verkehrsverbindungen aufweisen (Seeoder Flughäfen, Verkehrsknotenpunkte, Umschlagplätze zwischen Land und Bin-

nenschiffverkehr). Einflußgrößen der Absatzmärkte nehmen Bezug auf das Absatzpotential des Standortes, auf die Absatztransportkosten und -zeit sowie auf die Absatzkontakte. Beim Absatzpotential geht es um die Fragen nach Bedarf und Kaufkraft, die aus

Abnehmerdichte, -struktur und -verhalten zu ermitteln sind, aber auch um das aktuelle oder potentielle Vorhandensein konkurrierender Anbieter. Absatztransportkosten und -zeit, die oftmals eng miteinander korreliert sind, sprechen trotz starker

der Geschäftsbeziehungen auch heute noch vielfach gegen starke räumliche Trennung des Betriebsstandortes von den Absatzmärkten eine des Unternehmens, wenn es sich bei den abzusetzenden Leistungen des Betriebes nicht um besonders hochwertige oder konkurrenzlose Güter handelt oder sehr gute Verkehrsverbindungen bestehen. Absatzkontakte als Standortfaktor beinhalten die Frage nach der Verfügbarkeit von Absatzmittlern wie Agenten, Maklern oder Ver-

Internationalisierung zu

tretern.

Einflußgrößen der staatlichen Rahmenbedingungen werden in erster Linie Abhängigkeit vom gewählten Standort unterschiedliche steuerliche Belastungen des Betriebes gebildet. Derartige Unterschiede gibt es aufgrund der verschiedenartigen Steuersysteme naturgemäß in erster Linie im internationalen

durch in

treten aber durchaus auch im nationalen Bereich auf. Für die BundesDeutschland lassen sich nach Wöhe drei Gruppen von standortbedingten republik Steuerdifferenzierungen unterscheiden: • Steuerdifferenzierungen, die durch das Steuersystem bedingt sind; • Steuerdifferenzierungen, die eine Folge dezentraler Finanzverwaltung sind; • Steuerdifferenzierungen, die durch die Steuerpolitik geschaffen werden. Ein Beispiel für die erste Gruppe wird durch die Realsteuern (Gewerbesteuer, Grundsteuer) gegeben. Diese sind zwar bundeseinheitlich geregelt, den Gemeinden, für die sie die wichtigste Quelle zur Deckung ihrer Ausgaben bilden, ist aber das Recht eingeräumt worden, die Hebesätze der Realsteuern entsprechend ihrem Finanzbedarf jährlich neu festzusetzen. In die zweite Gruppe fallen die Ermessens-

Bereich, sie

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3. Teil: Der konstitutionelle Rahmen des Betriebes

Spielräume, die es den Finanzverwaltungen der Länder gestatten, die Steuergesetze unterschiedlich auszulegen und anzuwenden. Als Beispiel für die dritte Gruppe können die Steuervergünstigungen für Investitionen in den neuen Bundesländern herangezogen werden. Neben die steuerliche Belastung können als weitere Einflußgrößen der staatlichen Rahmenbedingungen standortabhängige Gebühren treten, des weiteren die Rechts- und Wirtschaftsordnung, die aber bezüglich beispielsweise der Ausgestaltung der Unternehmensverfassung, der Eigentümerrechte und der Mitbestimmung mehr im internationalen als im nationalen Bereich der Bundesrepublik Deutschland als Standortfaktor eine Rolle spielt. Schließlich sind hier Auflagen und Beschränkungen etwa in Form von Umweltschutzvorschriften, Gewerbeaufsichtsvorschriften oder Einschränkungen im Kapitaltransfer und in der Konvertierung von Währungen sowie staatliche Förderungsmaßnahmen in Form von Subventionen zu nennen (Steiner). Natürliche Einflußgrößen werden einerseits durch geologische Bedingungen (Vorkommen von Bodenschätzen oder Bebaubarkeit von Grund und Boden) und andererseits durch Umweltbedingungen (Klimaverhältnisse oder Verfügbarkeit und Qualität von Wasser) dargestellt. Es kann nicht allgemein gesagt werden, welchen der genannten Standortfaktoren welche Bedeutung zuzumessen ist. Diese Frage wird vielmehr von Betrieb zu Be-

trieb unterschiedlich zu beantworten sein. Je nachdem, welchem Standortfaktor oder welcher Gruppe von gleichartigen Standortfaktoren die überragende Bedeutung zugeordnet wird, kann von Material- oder Rohstofforientierung, Arbeitsorientierung, Abgabenorientierung, Kraft- oder Energieorientierung, Verkehrsorientierung, Umweltorientierung und Absatzorientierung gesprochen werden. In den meisten Fällen der Realität wird aber nicht eine einseitige Orientierung an einem Standortfaktor oder an einer Gruppe gleichartiger Standortfaktoren zu beobachten sein, d. h., es wird z. B. kaum rein arbeitsorientierte Standorte von Betrieben geben, sondern die Betriebe werden sich bezüglich ihres Standortes an allen von ihnen für wesentlich gehaltenen Standortfaktoren oder Gruppen gleichartiger Standortfaktoren orientieren, während die für unwesentlich erachteten in entsprechenden Überlegungen vernachlässigt werden.

Fragen zur Lernkontrolle: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Was sind konstitutive Entscheidungen? Worin erblicken Sie die wesentlichen Merkmale einer jeden Rechtsform? Nennen Sie die privatrechtlichen Formen des Betriebes. Was wird unter den Begriffen Gelegenheitsgesellschaft, Innengesellschaft und Doppelgesellschaft verstanden? Beschreiben Sie Einzelunternehmen, OHG und KG hinsichtlich Haftung, Leitungsbefugnis, Finanzierungsmöglichkeiten, Steuerbelastung des Gewinns und Aufwendungen in Verbindung mit der Rechtsform. Durch welche Rechtsmerkmale sind alle Kapitalgesellschaften gekennzeichnet? Nennen Sie die gesetzlichen und satzungsmäßigen Organe der GmbH.

Der Standort des Betriebes 8. 9. 10. 11. 12.

59

Erläutern Sie im Hinblick auf die GmbH die Begriffe Stammkapital, Stammeinlage sowie beschränkte und unbeschränkte Nachschußpflicht. Welche Aufgaben haben die einzelnen Organe der AG? Was ist unter der Fungibilität der Aktien zu verstehen, und worin liegt ihre Bedeutung? Nach welchem Verfahren erfolgt bei der AG eine ordentliche Kapitalerhöhung? Erläutern Sie das steuerliche Anrechnungsverfahren, mit dem die Doppelbesteuerung des von Kapitalgesellschaften ausgeschütteten Gewinns ver-

mieden wird. 13. Wodurch sind

horizontale, vertikale, homogene und heterogene Unter-

nehmenszusammenschlüsse gekennzeichnet?

Kartell, und welche Kartellarten kennen Sie? Umständen hat das Bundeskartellamt eine Konzernbildung welchen Unter im Zuge der Fusionskontrolle zu untersagen? Durch welche Möglichkeiten läßt sich die einheitliche wirtschaftliche Leitung im Unterordnungs- bzw. im Gleichordnungskonzern realisieren? Nach welchen Kriterien lassen sich die Standortfaktoren klassifizieren? Systematisieren und erläutern Sie die standortbedingten Steuerdifferenzierungen.

14. Was ist ein

15. 16. 17.

18.

Literaturhinweise zum 3. Teil:

Bea, Franz Xaver, Entscheidungen des Unternehmens, in: F. X. Bea, E. Dichtl und M. Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 7. Aufl., Stuttgart, 1997, S. 376-507 Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin,

Köln, 1992 Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Be-

Steiner, Manfred, Konstitutive Entscheidungen, in: Vahlens Kompendium der triebswirtschaftslehre, Band 1,4. Aufl., München, 1999, S. 57-105 Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., München, 1996

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes 1. Die Ein

Betriebsgröße

Merkmal zur Kennzeichnung eines Systems neben den bisher geist seine Größe. Dies rührt insbesondere daher, daß im allgemeinen ein direkter Zusammenhang zwischen der Größe eines Systems und seiner Beherrschbarkeit besteht, d. h., je größer ein System ist, desto schwerer wird es in der Regel zu beherrschen sein. Problematisch ist allerdings in vielen Fällen die Messung der Größe, da es sich bei ihr oftmals nicht um ein eindimensionales Merkmal wie die menschliche Körperlänge in cm oder die flächenhafte Ausdehnung eines Gebietes in qkm, sondern um ein mehrdimensionales Merkmal handelt. In solchen Fällen entsteht die Aufgabe, entweder die verschiedenen zu messenden Dimensionen in einem einheitlichen Maß zusammenzufassen oder wenn dies nicht möglich erscheint eine Dimension allein oder einige Dimensionen nebeneinander zur Messung der Größe heranzuziehen. In einem vorigen Abschnitt ist der Betrieb als System gekennzeichnet worden. Die dort herangezogenen verschiedenen Merkmale zur genaueren Spezifikation des Systems Betrieb lassen es schwierig erscheinen, die Betriebsgröße mittels eines einheitlichen eindimensionalen Maßes in eindeutiger und objektiver Weise zu bestimmen. Dennoch ist es in Theorie und Praxis allgemein üblich, die Menge aller Betriebe in die Gruppen Groß-, Mittel- und Kleinunternehmen, gegebenenfalls sogar noch Kleinstunternehmen, einzuteilen. Die Schwierigkeiten, eine solche Einteilung mittels objektiv begründbarer Kriterien in eindeutiger Weise vorzunehmen, dürfen aber nicht dazu führen, auf eine derartige Klassifikation gänzlich zu verzichten. Es gibt nämlich durchaus grundlegende betriebswirtschaftliche Besonderheiten, die betriebsgrößenspezifisch sind. In diesem Zusammenhang sei auf das im zweiten Teil dieses Lehrbuches angesprochene Publizitätsgesetz von 1969 verwiesen, das die drei Kriterien Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Beschäftigtenzahl heranzieht, um eine Gruppierung aller Unternehmen, die nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gefuhrt werden, in nicht-publizitätspflichtige und Publizitätspflichtige (= große) Betriebe vorzunehmen. In der Literatur wird zwischen quantitativen und qualitativen Kriterien zur Kennzeichnung der Betriebsgröße unterschieden. Als gebräuchlichste quantitative Abgrenzungskriterien werden dabei etwa genannt:

wichtiges

nannten

Potentialgrößen: Anzahl der Beschäftigten bzw. Anzahl der verfugbaren Arbeitsstunden pro Periode, • • •

• • • • •

Anzahl der Aggregate verschiedener Art bzw. Anzahl der Aggregatstunden pro Periode,

Anlagevermögen, Umlaufvermögen,

Bilanzsumme, Raum oder Fläche,

62

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

Güter- und • • •

Wertestromgrößen: Ausstoßmenge pro Periode, Faktoreinsatzmenge pro Periode, Kosten oder Aufwendungen pro Periode,

Erlöse oder Erträge pro Periode, Gewinn pro Periode (Bloech). Es erscheint einsichtig, daß die Heranziehung des vollständigen Kriterienkatalogs zur Klassifizierung der Menge aller Unternehmen nach der Betriebsgröße nicht nur mit Schwierigkeiten verbunden wäre, sondern auch zu unerwünschten Ergebnissen führen könnte. So erscheint es durchaus möglich, daß ein Betrieb, der bezüglich der überwiegenden Zahl der Kriterien zur Gruppe der mittleren oder gar der kleinen • •

Unternehmen gehörte, dieser nicht schlüssig zugewiesen werden könnte, weil er bezüglich eines Kriteriums zur Gruppe der Großunternehmen zu zählen wäre. Die aufgezeigte Problematik hat dazu geführt, daß aus der Menge der möglichen quantitativen Abgrenzungskriterien meist nur die Beschäftigtenzahl und die Umsatzerlöse, bisweilen noch wie auch im Publizitätsgesetz ergänzt um die Bilanzsumme, als Kriterien zur Klassifikation nach der Betriebsgröße herangezogen werden. Die nächste Aufgabe, die sich stellt, ist die Bestimmung der Schwellenwerte zwischen Klein- und Mittel- sowie Mittel- und Großbetrieben bezüglich der heranzuziehenden Abgrenzungskriterien. Die Lösung dieser Aufgabe ist ungleich schwieriger als die erste, da hier einerseits erhebliche subjektive Einflüsse wirksam werden, die einer objektiven Begründbarkeit der gewählten Werte hinderlich entgegenstehen. Andererseits ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß derartige Schwellenwerte in starkem Maße wirtschaftszweigabhängig sind. Betriebe, die aufgrund bestimmter quantitativer Kriterien in einem Wirtschaftszweig bereits als Großunternehmen anzusehen sind, können unter Anwendung derselben Kriterien in einem anderen Wirtschaftszweig durchaus nur die Bedeutung von Mittelbetrieben aufweisen. Die zuletzt genannte Schwierigkeit läßt es nicht sinnvoll erscheinen, unter Verwendung der beiden quantitativen Kriterien Beschäftigtenzahl und Umsatzerlöse Schwellenwerte zur Abgrenzung zwischen Klein- und Mittel- sowie Mittel- und Großbetrieben für die Gesamtheit der Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland vorzuschlagen. Es wird vielmehr dem Vorschlag von Pfahl und Kellerwessel gefolgt, die eine Differenzierung nach sechs Wirtschaftszweigen (Branchen) vornehmen und innerhalb dieser wirtschaftszweigspezifische Schwellenwerte zur Kategorisierung in Klein-, Mittel- und Großbetriebe angeben. Im Gegensatz zu der hier verfolgten Vorgehensweise unternimmt Schierenbeck den Versuch, mit Hilfe der drei quantitativen Kriterien Beschäftigtenzahl, Bilanzsumme und Umsatzerlöse eine allgemeine Klassifikation aller Unternehmen in Klein-, Mittel- und Großbetriebe zu erstellen. Die Abgrenzung von Großunternehmen gegenüber Klein- und Mittelbetrieben ist hier aufgrund der im Publizitätsgesetz genannten Schwellenwerte vorgenommen worden. Die oben aufgezeigte Abgrenzungsproblematik wird in dieser Vorgehensweise sehr deutlich, wenn beispielhaft ein Handelsbetrieb mit 800 Beschäftigten, einer Bilanzsumme von 50 Mio. DM und Umsatzerlösen in Höhe von 200 Mio. DM betrachtet wird. Dieses Unternehmen wäre nach der vorstehenden Klassifikati-

Die

Betriebsgröße

63

Wirtschaftszweig

Schwellenwerte

Kategorie

bezüglich Beschäftigtenzahl

bezüglich

Industrie Kleinbetrieb Mittelbetrieb Großbetrieb

bis 49 50 bis 499 500 und mehr

bis 2 Mio. DM 2 bis 25 Mio. DM über 25 Mio. DM

Handwerk Kleinbetrieb Mittelbetrieb Großbetrieb

bis 2 3 bis 49 50 und mehr

bis 100.000 DM 100.000 bis 2 Mio. DM über 2 Mio. DM

Großhandel Kleinbetrieb Mittelbetrieb Großbetrieb

bis 9 10 bis 199 200 und mehr

bis 1 Mio. DM 1 bis 50 Mio. DM über 50 Mio. DM

Einzelhandel Kleinbetrieb Mittelbetrieb Großbetrieb

bis 2 3 bis 99 100 und mehr

bis 500.000 DM 500.000 bis 10 Mio. DM über 10 Mio. DM

bis 2 3 bis 49 50 und mehr

bis 100.000 DM 100.000 bis 2 Mio. DM über 2 Mio. DM

bis 2 3 bis 49 50 und mehr

bis 100.000 DM 100.000 bis 2 Mio. DM über 2 Mio. DM

und

Verkehr Kleinbetrieb

Mittelbetrieb Großbetrieb

Umsatzerlöse

Dienstleistungen Kleinbetrieb Mittelbetrieb Großbetrieb

Darstellung 4-1: Beispiel einer wirtschaftszweigspezifischen Festlegung von SchwellenAbgrenzung zwischen Klein-, Mittel- und Großbetrieben nach den quantitativen Kriterien Beschäftigtenzahl und Umsatzerlöse

werten zur

Schwellen-

bezüglich Beschäftigtenzahl

Bilanzsumme

Umsatzerlöse

Kleinbetrieb

bis 19

bis 0,5 Mio. DM

bis 1 Mio. DM

Mittelbetrieb

20 bis 5000

0,5 bis 125 Mio. DM

1 bis 250 Mio. DM

Großbetrieb

über 5000

über 125 Mio. DM

über 250 Mio. DM

werte

Größenklasse

bezüglich

bezüglich

Darstellung 4-2: Bildung von Unternehmensgrößenklassen nach Schierenbeck

64

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

als ein Mittelbetrieb zu bezeichnen, obwohl es in der Wirtschaftspraxis der Bundesrepublik Deutschland eines der größten in der Handelsbranche (Branchendurchschnitt 1970: 5,6 Beschäftigte) darstellte. Eine Übersicht zu den verschiedenen Größenklassen am Kriterium des Umsatzes zeigt die Darstellung 4-3. on

Unternehmen

Deutschland

mit... DM

Unternehmen

Umsatz

abs.

in %

in Mill. DM

in%

356.903

0,2 0,5 4,1 3,7

25.000 bis 50.000

Umsatz

50.000 bis 100.000

461.851

100.000 bis 500.000

1.109.352

500.000 bis 1 Mill.

340.691

1 Mill, bis 5 Mill.

395.647

12,8 16,6 39,8 12,2 14,2

5 Mill, bis 25 Mill.

96.987

3.5

25 Mill, bis 100 Mill.

19.570

0,7

100 Mill, und mehr

6.073

0,2

13.171,7 33.612,0 267.363,0 241.161,4 829.126,8 991.585,1 903.062,9 3.265.660,6

2.787.074

100,0

6.544.743,6

INSGESAMT

Darstellung 4-3:

Unternehmens- und

Umsatzgrößenstruktur in Deutschland

12,7 15,2 13,8 49,9 100,0 1994

(Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft)

Neben quantitativen können auch qualitative Abgrenzungskriterien zur Klassifikation der Betriebe nach ihrer Größe herangezogen werden. In der Literatur werden in diesem Bereich vorwiegend zwei Merkmale herangezogen, um Klein- und Mittelbetriebe von Großunternehmen zu unterscheiden. Es handelt sich bei ihnen einerseits um das Merkmal Eigentümerunternehmer und andererseits um das Merkmal Nichtemissionsfähigkeit. Das Merkmal Eigentümerunternehmer besagt, daß sich die Kapitalanteile des Unternehmens unabhängig von seiner Rechtsform ganz oder zum größten Teil im Eigentum des Unternehmers oder mehrerer weniger Unternehmer befinden und daß das Unternehmen vom Eigentümer oder den Eigentümern mit Hilfe weniger leitender Mitarbeiter voll überschaut und in allen Unternehmensfunktionen maßgeblich mitgeleitet werden kann. Das Merkmal Nichtemissionsfähigkeit beinhaltet hingegen, daß das Unternehmen aufgrund seiner Rechtsform und seiner quantitativ geringen Größe nicht in der Lage ist, seinen Kapitalbedarf durch die Begebung (Emission) von Eigen- oder Fremdkapitaltiteln, insbesondere also von Aktien oder Industrieobligationen, zu decken. Mit diesen beiden qualitativen Kriterien lassen sich bis zu einem gewissen Grade Klein- und Mittelbetriebe von Großunternehmen abgrenzen, eine weitergehende Differenzierung zwischen Klein- und Mittelbetrieben läßt sich auf diesem Wege dagegen nur schwer vornehmen. Bezüglich des Merkmals Nichtemissionsfähigkeit werden Klein- und Mittelbetriebe in der Regel gleichzusetzen sein. Hinsichtlich des Merkmals Eigentümerunternehmer lassen sich allerdings graduelle Unterschiede dergestalt feststellen, daß das Eigentümerunternehmertum um so ausgeprägter ist,

Die

Organisation des Betriebes

65

je kleiner der Betrieb ist. Eine Grenzziehung zwischen Klein- und Mittelbetrieb mit Hilfe dieses qualitativen Kriteriums allein erscheint jedoch nicht möglich. Zusammenfassend sei bemerkt, daß eine Klassifikation der Menge aller Betriebe in Klein-, Mittel- und Großbetriebe in allgemeiner Form eine kaum lösbare Aufgabe darstellt. Diese Tatsache ist darauf zurückzufuhren, daß die Betriebsgröße nur mehrdimensional gemessen werden kann und daß Schwellenwerte nur wirtschaftszweigspezifisch sinnvoll angegeben werden können. Dennoch muß festgestellt werden, daß betriebsgrößenabhängige Problemstellungen eine Klassifikation verlangen. Hilfsmittel zur Vornahme einer derartigen Klassifikation können im konkreten Untersuchungsfall die angeführten quantitativen und qualitativen Abgrenzungskriterien sein.

2. Die 21.

Organisation des Betriebes

Begriff und Wesen der Organisation

Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist als System gekennzeichnet worden, also als eine Menge von Elementen mit einem Netz sie verbindender Beziehungen, Dieses System ist zielgerichtet, sein Ziel wurde als das Formalziel bezeichnet. Das Erreichen des Formalziels wird über die Realisierung des Sachziels, die Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter und deren Angebot am Markt zum Tausch, angestrebt. Damit das Formalziel bestmöglich erreicht wird, ist es notwendig, daß die Elemente des Systems Betrieb nicht unverbunden nebeneinander oder nur in ungeregelten Beziehungen zueinander stehen, sondern in einer dem verfolgten Ziel entsprechenden einer Weise zusammengefügt sind. Kosiol spricht in diesem Zusammenhang von Betriebes. gefügehaften Ordnung des Der Betrieb als

Organisation

I

funktional

instrumental

institutional

Organisation als

Organisation als gefügehafte

Organisation als zielgerichtetes

Tätigkeit:

Der Betrieb wird

organisiert

|

eine

soziales System: Der Betrieb ist eine

Organisation

Organisation

Ordnung:

Der Betrieb hat

Darstellung 4-4: Die verschiedenen Inhalte des Organisationsbegriffs

66

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

Herstellung dieser gefügehaften Ordnung als eine strukturierende Gestaldes Betriebes wird als Organisieren oder als Organisation im Sinne von tung Tätigkeit bezeichnet. Das Ergebnis dieser Tätigkeit, also die gefügehafte Ordnung des Betriebes als bewußte Anordnung der Elemente des Systems Betrieb und Festlegung der Beziehungen der Elemente untereinander, wird als die Organisation des Betriebes gekennzeichnet (Diederich). Bisweilen wird auch der Betrieb selbst als ein zielgerichtetes soziales System eine Organisation genannt. Es ist demnach zwischen dem funktionalen, dem instrumentalen und dem institutionalen Organisationsbegriff zu unterscheiden. Wenn die Organisation hier als Bestandteil des institutionellen Rahmens des Betriebes betrachtet wird, dann soll der Organisationsbegriff im instrumentalen Sinne einer gefügehaften Ordnung des Betriebes verstanden werden. In diesem Sinne ist die Organisation das Ergebnis von betrieblichen Regelungen (Anordnungen), die von genereller Art sind und eine dauerhafte, zumindest für einen längeren Zeitraum gültige strukturierende Wirkung aufweisen. Dagegen werden betriebliche Regelungen, die provisorischer Natur sind und nur eine vorläufige, d. h. auf kurze Sicht gültige strukturierende Wirkung haben, als Improvisation bezeichnet und solche, die nur fallweise getroffen werden und damit keine strukturiende Wirkung beinhalten, als Disposition. Die betriebswirtschaftliche Organisationslehre unterscheidet aus methodischen Gründen in der Regel zwischen Aufbauorganisation und Ablauforganisation. Die Aufbauorganisation hat die Elemente des Systems und ihre Beziehungen untereinander zum Gegenstand; sie geht von der Gesamtaufgabe des Unternehmens aus, zerlegt diese und ordnet einzelne Aufgaben Aufgabenträgern zu. Weiterhin befaßt sie sich mit den Aufgaben, Kompetenz und Verantwortungsbereichen von Personen und Personengruppen sowie mit der Organisationsform des Gesamtunternehmens. Sie kann deshalb auch als Gebildestruktur bezeichnet werden. Gegenstand der Ablauforganisation sind dagegen die materiellen und immateriellen Arbeitsprozesse im Betrieb in ihrem räumlichen und zeitlichen Verlauf. Sie wird aus diesem Grunde auch Prozeßstruktur genannt. Damit bezieht sich die Aufbauorganisation also in erster Linie auf die institutionelle Gliederung des Unternehmens in aufgabenteilige Einheiten und deren Abstimmung aufeinander, die Ablauforganisation demgegenüber auf die strukturelle Ordnung der Prozesse des Aufgabenvollzuges Die

(Diederich). Organisation

im Sinne einer dauerhaften, strukturierten Ordnung führt zu einer in der betrieblichen Aufgabenerfüllung. Sie bewirkt damit Stabilität, weil gleiche Fälle im Ergebnis wie im Verfahren immer gleich behandelt werden. Andererseits kann Organisation aber auch negative Wirkungen haben, dazu zählt insbesondere die Einschränkung der Flexibilität (Anpassungsfähigkeit) durch zu weit getriebene generelle Regelungen, die keinen Raum mehr für die individuelle Behandlung von Einzelfällen lassen. Es geht also um die Herstellung eines organisatorischen Gleichgewichts, bei dem sowohl eine Überorganisation als auch eine Unterorganisation vermieden wird (Schierenbeck).

Vereinheitlichung

Die 22. Die

Organisation des Betriebes

67

Aufbauorganisation

Die Aufbauorganisation verkörpert die Gebildestruktur des Betriebes. Sie stellt damit das Ergebnis eines Strukturierungsprozesses dar, der sich aus den beiden Teilprozessen Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese zusammensetzt. Ausgangspunkt der Aufgabenanalyse ist die Gesamtaufgabe des Unternehmens, d. h. das jeweilige Sachziel. Diese Aufgabe wird in der Regel so global formuliert sein, daß sie sich einer unmittelbaren Erfüllung entzieht. Aus diesem Grunde wird sie in Teilaufgaben bis hinunter zu Elementaraufgaben zerlegt (analysiert), um den zu organisierenden Sachverhalt vollständig und exakt übersehen zu können. Die Darstellung der in Teilaufgaben zerlegten Gesamtaufgabe mitsamt der zwischen ihnen bestehenden Zusammenhänge wird als Aufgabengliederungsplan bezeichnet. Im Anschluß

an die Aufgabenanalyse erfolgt die Aufgabensynthese. Sie besteht Teil oder Elementaraufgaben zu Aufgabenkomplexen zusammenzudarin, einzelne fassen. Die Aufgabensynthese ist einerseits darauf gerichtet, alle Teilaufgaben im Rahmen der zu erfüllenden Gesamtaufgabe so aufeinander abzustimmen, daß sich ein sachlogischer Zusammenhang aller zu bewältigenden Aufgaben im Gesamtsystem Betrieb ergibt. Dieser Beziehungszusammenhang wird als Aufgabengefüge bezeichnet. Andererseits verfolgt die Aufgabensynthese das Ziel-, Teil- oder Eleentstehen, die auf mentaraufgaben so zusammenzufassen, daß Aufgabenkomplexe von diesen unter um werden können, Personen oder Personengruppen übertragen werden. zu erfüllt Informationen von und Sachmitteln Einsatz Das Ergebnis der Zusammenfassung von im Wege der Aufgabenanalyse gewonkleinste organinenen Aufgabenkomplexen wird Stelle genannt. Die Stelle ist die sollen grundStelle zur Die Einzelaufgaben Einheit. satorische zusammengefaßten sätzlich Dauercharakter haben, und die Stellenaufgaben sollen klar abgrenzbar sowie mit anderen Stellen koordinierbar sein. Die Stellenbildung erfolgt zunächst im Hinblick auf einen objektivierten, lediglich gedachten Aufgabenträger, erst unter später erfolgt die Besetzung der Stelle mit einem bestimmten Stelleninhaber, Umständen auch mit mehreren Stelleninhabern (Schwarz). Die Gesamtheit der Stellen innerhalb des Betriebes kann in Stellen auf Leiwerden. Für die Aufbauortungsebene und Stellen auf Ausführungsebene eingeteilt auf Leitungsebene von Stellen Linie die ganisation des Betriebes sind in erster Instanzen und Leitungshilfsstellen zu unterBedeutung. Bei ihnen gilt es, zwischen bestimmter mit Entscheidungs- und eine Eine Instanz ist scheiden. Leitungsstelle ihr untergebenen die für sowie Verantwortung Anweisungsbefugnis (Kompetenz) auf Stelle eine Leitungsebene Stellen. Eine Leitungshilfsstelle verkörpert dagegen als Unterstützungs- und Entlastungsorgan der Instanzen, die grundsätzlich über keine Fremdentscheidungs- und Anweisungsbefugnisse aufgrund eigener Leitungskompetenz verfügt (Schwarz). Es lassen sich vier Gruppen von Leitungshilfsstellen unterscheiden: Stäbe (Stabsstellen und Stabsabteilungen), Assistenten, Stellen mit Ausbegrenzter funktionaler Autorität (z. B. die Organisationsabteilung) und schüsse (Kollegien). Die Verbindung der Stellen, insbesondere der auf Leitungsebene, der Instanzen, Diese Verhältnisse erfolgt in Form von Über- und Unterordnungsverhältnissen. die mehrstufige wobei im begründen eine hierarchische Ordnung System Betrieb,

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

68

Hierarchie den

betrieblichen Praxis darstellt

(Beispiel: GeschäftsleiAbteilungsleiter Gruppenleiter Meister). Eine Ausnahme wird durch das Team gebildet, das hinsichtlich der Regelung der Zusammenarbeit bei der Aufgabenerfüllung auf eine hierarchische Ordnung zu verzichten sucht. Das Team hat sich in der Praxis bisher nur für wenige Aufgaben durchgesetzt, es wird meist nur für eine begrenzte Zeit und für eine genau umschriebene abgegrenzte Aufgabe gebildet (Grochla). Die hierarchische Ordnung der Stellen kann in zwei Grundformen erfolgen, dem Einlinien- und dem Mehrliniensystem. Das Einliniensystem geht auf Fayol zurück, der das Prinzip der Einheit der Auftragserteilung in den Vordergrund seiner Überlegungen stellte. Dieses Prinzip besagt, daß jede untergebene Stelle, jeder Untergebene, immer nur von einer vorgesetzten Instanz, dem Vorgesetzten, Anweisungen erhalten darf. Damit ergeben sich im Einliniensystem stets eindeutige Anweisungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten. Das Einliniensytem zeichnet sich aufgrund des seiner Konstruktion zugrundeliegenden Prinzips einerseits durch eine beträchtliche Schwerfälligkeit aus, es weist

tung

-

Regelfall der Hauptabteilungsleiter

-

andererseits aber ein hohes Maß

-

-

an

Sicherheit auf. In der betrieblichen Praxis ist

es

häufig in abgewandelter Form anzutreffen, und zwar unter Ergänzung durch Leitungshilfsstellen, insbesondere Stäbe und Assistenten. Diese werden bestimmten Instanzen ihrem Wesen entsprechend als Unterstützungs- und Entlastungsstellen beigeordnet. Sie verfügen nur über einen Dienstweg zu ihrer jeweiligen Instanz, darüber hinaus sind sie in das System der hierarchischen Ordnung formal nicht eingebunden. In dieser abgewandelten Form wird das Einliniensystem in der Literatur als Stab-Linien-System bezeichnet.

Darstellung 4-5:

Das

Die zweite Grundform der hierarchischen

Einliniensystem Ordnung der Stellen wird durch das auf

Taylor zurückgehende Mehrliniensystem gebildet. Taylor ging

Funktionsmeistersystem

aus, nach dem ein Arbeiter

vom

sogenannten

mehreren Meistern, die sich auf verschiedene Aufgabenbereiche spezialisiert haben, Anweisungen erhalten kann. Das wesentliche Kennzeichen des hieraus entwickelten allgemeinen Mehrliniensystems ist die Mehrfachunterstellung der nachgeordneten Einheiten. von

Die

Organisation des Betriebes

69

Das Mehrliniensystem ist zwar nicht so schwerfällig wie das Einliniensystem, dafür birgt es aber aufgrund der Mehrfachunterstellungen die Gefahr von Konflikten in sich. Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, daß eine untergeordnete Stelle von mehreren vorgesetzten Instanzen Anweisungen erhalten kann, die inhaltlich miteinander konkurrieren. Der Vorteil des Mehrliniensystems liegt einerseits in den kurzen Anweisungswegen, andererseits aber insbesondere in der Spezialisierung der einzelnen vorgesetzten Instanzen bezüglich der von ihnen zu erfüllenden Auf-

gaben.

Darstellung 4-6: Das Mehrliniensystem Die Organisationsformen Einliniensystem einschließlich des daraus abgewandelten Stab-Linien-Systems einerseits und Mehrliniensystem andererseits bilden die klassischen Formen der Leitungssysteme. Neben diese sind dann als neuere Ent-

die Matrix-Organisation, das Produkt-Management, das ProjektManagement und das System der überlappenden Gruppen getreten. Die Matrix-Organisation wurde entwickelt, um in der Aufbauorganisation verkönschiedene Aspekte der zu lösenden Probleme gleichzeitig berücksichtigen zu nebeneinanHierarchie der betrieblichen nen. Dazu werden auf der zweiten Ebene der funktionsorientierte und objektorientierte Instanzen geschaffen. Funktionsorientierte Instanzen können etwa die Hauptabteilungen Produktion, Absatz, FiInstanzen werden beinanzierung und Rechnungswesen sein. Objektorientierte Absatzmärkten oder gebildet. Es soll spielsweise nach Produktgruppen, Sparten Instanzenarten beide daß erreicht werden, dann durch die Matrix-Organisation B. Lösung eines Finanzie(z. zur und Problemlösung gleichberechtigt gleichzeitig Q herangezogen werden. In einer rungsproblems im Bereich der Produktgruppeder einen Art als Elemente der VorInstanzen die graphischen Darstellung können Elemente der Kopfzeile einer Matrix abspalte, die Instanzen der anderen Art als der sind dann jeweils durch eine gebildet werden. Die Stellen innerhalb zum Matrix eine funktionsorientierte einen unter Zweifachunterstellung gekennzeichnet, und zum anderen unter eine objektorientierte Instanz.

wicklungen

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

70

Dem Vorteil der Berücksichtigung verschiedener Aspekte, nämlich funktionsund objektorientierter, steht der Nachteil der schon beim Mehrliniensystem aufgezeigten Mehrfachunterstellung gegenüber. Die Tatsache, daß es hier zu Konflikten zwischen den Anweisungen einer funktionsorientierten und denen einer objektorientierten Instanz kommen kann, dürfte in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen (Schwarz). Unternehmens-

leitung

I Prod -gruppe A

I Prod.-gruppe C

Beschaffung

Produktion

Absatz

Verwaltung

Darstellung 4-7: Beispiel einer Matrix-Organisation Wird auf eine funktionsorientierte Gliederung der Instanzen weitgehend verzichtet, handelt es sich also um ein dominant objektorientiertes Leitungssystem, dann wird von einer divisionalen Organisation gesprochen. Divisionale Organisationsformen ergeben sich, wenn die Objektorientierung als Gliederungsprinzip auf der zweiten Ebene der betrieblichen Hierarchie Anwendung findet (Neuhof). Dabei kommen als Objekte Produkte oder Produktgruppen, abgrenzbare Käuferschichten oder regionale Märkte in Betracht, die zu Sparten zusammengefaßt werden. Jede derartige Sparte wird dann der einheitlichen Leitung eines Divisions-Managers unterstellt. In Darstellung 4-8 ist das Grundschema einer divisionalen Organisation in Anlehnung an Grochla dargestellt. In der betrieblichen Praxis finden sich verschiedene Varianten der divisionalen oder Spartenorganisation. Die bekanntesten und am weitesten verbreiteten dieser Unterformen sind die Profit-Center-Organisation und die Investment-Center-

Organisation (Neuhof). Das

der

Produkt-Management

Matrix-Organisation,

und das die dadurch

Projekt-Management

sind Sonderformen

gekennzeichnet werden können, daß eine

grundsätzlich funktionsorientierte Aufbauorganisation

unter

zusätzlicher Berück-

sichtigung objektorientierter Gesichtspunkte partiell erweitert wird. Dabei soll sich der Produkt-Manager im Rahmen der funktionsorientierten Aufbauorganisation alle

Die Organisation des Betriebes

71

Probleme annehmen, die sich auf ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Produktgruppe beziehen, und dies ohne Beachtung, welchen Funktionsbereich diese Probleme betreffen. Auf diese Weise soll eine Zersplitterung der Verantwortung für ein Produkt oder ein Produktgruppe, die in einer ausschließlich funktionsorientierten Aufbauorganisation leicht eintreten kann, verhindert werden. Der Projekt-Manager unterscheidet sich vom Produkt-Manager zunächst nur dadurch, daß ihm statt Produkten oder Produktgruppen Projekte anvertraut werden. Ein weiterer Unterschied ist aber in der Tatsache zu sehen, daß die Betreuung eines Produktes oder einer Produktgruppe in der Regel eine zeitlich unbefristete Aufgabe darstellt, während die Betreuung eines Projektes mit der Erfüllung der das Projekt bildenden Aufgabe beendet ist (Diederich). Unternehmens-

leitung^^ Zentralbereich 1

Sparte A

Sparte B

Sparte C

Funktion

Funktion 2

Zentral-

I bereich 2 I

Funktion 3

Darstellung 4-8: Grundschema einer divisionalen Organisation Das System der überlappenden Gruppen geht auf Likert zurück. Der Grundgedanke dieser empirisch begründeten Form der Aufbauorganisation besteht darin, daß die Fähigkeiten der Mitarbeiter eines Unternehmens dann am besten genutzt werden können, wenn sie gleichzeitig Mitglieder einer oder mehrerer betriebsinterdes Systems der ner Gruppen sind. Daher entwickelte Likert seine Konzeption

ein System von Gruppen überlappenden Gruppen, in der die Organisation durch und horizontal untervertikal durch pins) die (linking Bindeglieder gebildet wird, einander verbunden sind. Jede Gruppe strebt die Realisierung eines ihr vorgegebeüben als nen Ziels durch gemeinsame Aktivitäten an. Die vertikalen Bindeglieder der als Mitglieder aus, Leitungsbefugnis Mitglieder der untergeordneten Gruppe untergeordneten Gruppe übergeordneten Gruppe sollen sie dort die Interessen der die Kommunikation zwivertreten. Die horizontalen Bindeglieder sollen dagegen der Ent-

Gruppen auf derselben Hierarchiestufe und die Koordination scheidungen auf dieser Stufe erleichtern (Schwarz). schen den

23. Die

Ablauforganisation

Während sich die Aufbauorganisation als Gebildestruktur des Betriebes bzw. auf die institutionelle Gliederung des Unternehmens in funktions-

vor

allem

objektori-

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

72

entierte Einheiten und deren Abstimmung untereinander bezieht, ist der Gegenstand der Ablauforganisation wie bereits angedeutet die strukturelle Ordnung der Prozesse des Aufgabenvollzuges. Diese Ordnung stellt das Ergebnis eines Strukturierungsprozesses dar, der wie im Bereich der Aufbauorganisation in die beiden Teilprozesse Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese zerlegt werden kann. Dabei steht hier allerdings der Aufgabenvollzug, also der prozessuale Charakter der Aufgaben, im Mittelpunkt der Betrachtung. Der Prozeß des Aufgabenvollzuges muß in verschiedener Hinsicht strukturierend geordnet werden. Witte unterscheidet in diesem Zusammenhang die inhaltlich, zeitliche und räumliche Ordnung sowie die Zuordnung von Teilprozessen auf Stellen. Bei der inhaltlichen Ordnung besteht eine enge Beziehung zur Aufbauorganisation, da dort durch die Aufgabenanalyse und -synthese bereits die einzelnen zu erfüllenden Teilaufgaben festgelegt worden sind. In der Ablauforganisation geht es nun um die Verkettung der einzelnen Teilaufgaben und der zu ihrer Erfüllung notwendigen Teilprozesse des Aufgabenvollzuges in der Weise, die ein bestmögliches Erreichen des verfolgten Formalziels verspricht. Die zeitliche und räumliche Ordnung regelt die zeitlichen und räumlichen Bedingungen, unter denen die Prozesse des Aufgabenvollzuges abzulaufen haben. Die Herstellung dieser Ordnung ist von zentraler Bedeutung für die Ablauforganisation, da sich alle betrieblichen Prozesse des Aufgabenvollzuges zwangsläufig in Zeit und Raum abspielen und demzufolge auch zwingend einer Ordnung in diesen beiden Komponenten bedürfen. In der Ablauforganisation von Arbeitsprozessen geht es beispielsweise um die Bestimmung von Arbeitsgängen, Maßnahmen der Takt- und Rhythmenabstimmung von Arbeitsabläufen sowie Reihenfolge-, Terminierungsund (innerbetriebliche) Standortprobleme (Schierenbeck). Schließlich ist es notwendig, im Rahmen der Strukturierung des Prozesses des Aufgabenvollzuges eine Zuordnung von Teilprozessen auf Stellen vorzunehmen. Diese Notwendigkeit ergibt sich, weil die einzelnen Teilprozesse stets nur unter Einsatz von Menschen oder Menschen und Sachmitteln ablaufen können. In diesem Bereich ergeben sich besonders enge Beziehungen zwischen Aufbauorganisation und Ablauforganisation. Einerseits werden die Stellen als kleinste organisatorische Einheiten im Rahmen der Aufbauorganisation geschaffen, so daß von hier aus Beschränkungen für die Zuordnung von Teilprozessen auf Stellen gegeben sind. Andererseits zwingt eine isolierte Strukturierung innerhalb der Ablauforganisation möglicherweise dazu, im Bereich der Aufbauorganisation Veränderungen vorzunehmen, da andernfalls die vorgesehene Ordnung im Prozeß des Aufgabenvollzuges nicht verwirklicht werden kann. Die Annäherung an eine insgesamt bestmögliche Problemlösung wird im konkreten Einzelfall meist nur über einen Lernprozeß erreicht werden können, in dem sich iterativ in einer Mehrzahl von Schritten die Gebildestruktur und die Prozeßstruktur in Form eines Abgleiches von Aufbauorganisation und Ablauforganisation einander anpassen (Diederich, Wöhe). -

-

Fragen zur Lernkontrolle: 1.

Warum ist die Größe eines

sehen?

Systems

als

wichtiges Systemmerkmal

anzu-

Die 2. 3.

4.

Organisation des Betriebes

73

In welche drei bzw. vier Größenklassen werden Betriebe üblicherweise

eingeteilt? Welche quantitativen Abgrenzungskriterien zur Kennzeichnung der Betriebsgröße gibt es? Nennen Sie die zwei wichtigsten qualitativen Abgrenzungskriterien zur Kennzeichnung der Betriebsgröße. Erläutern Sie die drei Organisationsbegriffe der Betriebswirtschaftslehre. Was sind die Gegenstände der Aufbau und der Ablauforganisation? Erklären Sie die Begriffe Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese. Was bedeuten die Begriffe Stelle und Stelleninhaber? Erläutern Sie die Begriffe Instanz und Leitungshilfsstelle.

5. 6. 7. 8. 9. 10. Welche Vor und Nachteile haben das Ein und das Mehrliniensystem in der Aufbauorganisation? 11. Aus welchen Gründen wurde das Stab-Linien-System entwickelt? 12. Was ist eine Matrix-Organisation? Nennen und erläutern Sie auch die Sonderformen der Matrix-Organisation. 13. Welche Vorteile bietet das System der überlappenden Gruppen? 14. Nach welchen Gesichtspunkten muß der Arbeitsablauf im Rahmen der Ablauforganisation gestaltet werden? 15. Sollte nach Ihrer Meinung von einer geplanten Aufbauorganisation ausgegangen werden, an die die Ablauforganisation angepaßt wird, oder würden Sie die umgekehrte Vorgehensweise vorziehen?

Literaturhinweise zum 4. Teil:

Beer, Stafford, Kybernetik und Management, 4. Aufl., Frankfurt am Main, 1970 Bloech, Jürgen, Betriebs und Unternehmensgröße, in: W. Albers u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften, Band 1, Stuttgart, New York,

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Grochla, Erwin, Unternehmungsorganisation, Reinbek bei Hamburg, 1972 Müller-Merbach, Heiner, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl. München 1976

in: E. Krabbe (Hrsg.), Leitfaden zum Grundstudium der Betriebswirtschaftslehre, 6. Aufl., Gernsbach, 1998, S. 55-193 von GroßbetriePfohl, Hans-Christian, Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe und Kleinbeder MittelBetriebswirtschaftslehre in: Pfohl H.-Chr. (Hrsg.), ben, S. 1-25 3. 1997, Aufl., Berlin, triebe, Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Schwarz, Horst, Betriebsorganisation als FUhrungsaufgabe, 9. Aufl., Landsberg am Lech, 1981 Ulrich, Hans, Die Unternehmung als produktives soziales System, 2. Aufl., Bern, Stuttgart, 1970 Wiener, Norbert, Kybernetik, 2. Aufl., Düsseldorf, Wien, 1963 Witte, Eberhard, Ablauforganisation, in: E. Grochla (Hrsg.), Handwörterbuch der Organisation, Stuttgart, 1969, Sp. 20-30

Neuhof, Bodo, Unternehmensführung,

74

4. Teil: Der institutionelle Rahmen des Betriebes

Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl.,

München, 1996

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche 1. 11.

Finanzierung

Begriff und Inhalt der Finanzierung

Im vorangegangenen Teil dieses Lehrbuches ist bereits daraufhingewiesen worden, daß der Betrieb in der modernen Wirtschaft Zahlungsmittel benötigt, um zur Erfüllung seines Zweckes, der Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen für den Bedarf Dritter und deren Angebot zum Tausch am Markt, von ihm benötigten Güter von außen in den Betrieb hereinholen zu können. Aus diesem Grunde muß der Betrieb dafür sorgen, daß ihm die benötigten Zahlungsmittel im richtigen Umfang zur richtigen Zeit zur Verfügung stehen. Alle Maßnahmen des Betriebes, die auf diese Beschaffung und Bereitstellung von Zahlungsmitteln gerichtet sind, sollen als Finanzierung bezeichnet werden. Zuvor sind bereits die Begriffe Innenfinanzierung und Außenfinanzierung verwendet worden. Diese Unterscheidung innerhalb der Finanzierung stellt auf die Quellen ab, aus denen die zu beschaffenden und bereitzustellenden Zahlungsmittel stammen. Innenfinanzierung meint in diesem Zusammenhang, daß die betreffenden Zahlungsmittel dem Betrieb aus dem betrieblichen Prozeß heraus, also aus der Verwertung der vom Unternehmen erstellten Leistungen am Markt, zur Verfügung stehen oder gestellt werden. Außenfinanzierung beinhaltet demgegenüber, daß die benötigten Zahlungsmittel dem Unternehmen losgelöst vom betrieblichen Prozeß der Leistungserstellung und -Verwertung von außerhalb des Betriebes zugeführt werden. Neben den Finanzierungsquellen kann innerhalb der Finanzierung nach der Rechtsstellung der dem Betrieb zur Verfügung gestellten Zahlungsmittel unterschieden werden. Dies führt zur Unterteilung in Finanzierung mit Eigenkapital (Eigenfinanzierung) und in Finanzierung mit Fremdkapital (Fremdfinanzierung). Eigenfinanzierung bedeutet, daß die benötigten Zahlungsmittel dem Betrieb d.von seinen Eigentümern überlassen werden. Diese Überlassung erfolgt unbefristet, h. ohne RückZahlungsanspruch, gegen Beteiligung, am Unternehmenserfolg und an der Unternehmensleitung. Weiterhin ist Eigenkapital Haftungskapital gegenüber den Gläubigern des Betriebes. Fremdfinanzierung besteht dagegen darin, daß die zur Verfügung gestellt benötigten Zahlungsmittel dem Unternehmen von DrittenZeitraum gegen ein vom werden. Dies geschieht in der Regel für einen befristeten ohne rechtliche Beteiligung an (Zinsen) Entgelt unabhängiges Unternehmenserfolg kein der Unternehmensleitung. Fremdkapital ist Haftungskapital gegenüber anderen des Betriebes. Gläubigern Die Einteilungskriterien Finanzierungsquelle und Rechtsstellung der zur Verfügung gestellten Zahlungsmittel können gemeinsam zur Bildung der sogenannten Finanzierungsmatrix (Darstellung 5-1, S. 76) angewendet werden. In den vier Feldern der Finanzierungsmatrix sind bereits an dieser Stelle die Begriffe für die dieser Begriffe und jeweilige Finanzierungsart verwendet worden. Die Erklärung die Beschreibung der einzelnen Finanzierungsarten erfolgt im Abschnitt 14., nachdem in den folgenden Abschnitten zunächst der Kapitalbedarf als auslösendes

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

76

Moment für Maßnahmen zur Beschaffung und Bereitstellung von Zahlungsmitteln und das finanzielle Gleichgewicht als notwendige Voraussetzung der betrieblichen Tätigkeit behandelt worden sind.

IRechts-

Finanzierungsquelle

Innenfinanzierung

Außenfinanzierung

Überschußfinanzierung

Rückflußfinanzierung

Beteiligungsfinanzierung

Finanzierung aus

Kreditfinanzierung

stelluna

Eigenfinanzierung Fremdfinanzierung

Rückste 1 lungsgegen werten

Darstellung 5-1: 12. Der

Die

Finanzierungsmatrix

Kapitalbedarf

Im vorangegangenen Teil dieses Lehrbuches ist im Abschnitt 1. ein Modell der geldlicher und güterlichen Prozesse des Betriebes entwickelt und dargestellt worden. Die geldlichen und güterlichen Prozesse lassen sich nach den betrieblichen Hauptfunktionen Beschaffung, Leistungserstellung und Leistungsverwertung jeweils in Teilprozesse zerlegen. Dies fuhrt in Anlehnung an Krabbe zu der folgenden Darstellung: betriebliche

lauptfunktion

Beschaffung

Leistungserstellung

Leistungsverwertung

Prozeßart Kombination von Gütern niederer

güterlich

Zufluß von Gütern

Ordnung zur Erstellung von

Abfluß von Gütern

Gütern höherer

Ordnung geldlich

Abfluß

von

Zahlungsmitteln

Kapitalbindung

Zufluß

von

Zahlungsmitteln

Darstellung 5-2: Die güterlichen und geldlichen Teilprozesse Die Darstellung 5-2 zeigt, daß die abgeflossenen Zahlungsmittel für in den Betrieb hereingeholte (beschaffte) Güter zunächst in den betreffenden Gütern gebunden sind. Diese gebundenen Zahlungsmittel werden erst nach einem mehr oder weniger langen Zeitraum über die Verwertung von Leistungen am Markt wieder freigesetzt. Für diesen Zeitraum zwischen Zahlungsmittelabfluß und Zahlungsmittelzufluß besteht also ein Bedarf an überlassenen Zahlungsmitteln, der allgemein als Kapitalbedarf bezeichnet wird. „Dieser so definierte Kapitalbedarf wird demzufolge durch die jeweils geplante Menge investierter, noch nicht wieder freige-

Finanzierung

77

Zahlungsmittel zuzüglich der Kassenhaltung bestimmt." (Diederich) Im Falle einer unendlich hohen Kapitalumschlaggeschwindigkeit, also einer Kapitalbindung über einen Zeitraum der Länge Null, und von Zahlungsmittelabflüssen, deren Höhe die der Zahlungsmittelzuflüsse nicht übersteigt, ergibt sich kein Kapitalbedarf und damit auch kein Finanzierungsproblem (Krabbe). Der Kapitalbedarf für einen einzelnen betrieblichen Prozeß ergibt sich aus der Höhe des damit verbundenen Zahlungsmittelabflusses, aus der Dauer der Kapitalbindung und der vorgesehenen Kassenhaltung. Der gesamte Kapitalbedarf eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt ergibt sich als der Kapitalbedarf für alle die betrieblichen Prozesse, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind, zuzüglich der insgesamt vorgesehenen Kassenhaltung. Somit ist der Kapitalbedarf eines Unternehmens im Zeitablauf veränderlich. Er hängt von der Fortführung laufender Prozesse, von der Beendigung auslaufender Prozesse und von der Aufnahme neuer Prozesse einschließlich ihrer Zuordnung zueinander ab, daneben aber auch noch von der zeitlichen Entwicklung des Kapitalbedarfes innerhalb der einzelnen betrieblichen Prozesse (Diederich). In der Literatur finden sich verschiedene Kennzeichnungen der Einflußgrößen des Kapitalbedarfes. Im Rahmen der vorliegenden Darstellung sei nur die auf Gutenberg zurückgehende Systematik der wichtigsten Größen, die die Höhe des Zahlungsmittelabflusses und die Dauer der Kapitalbindung beeinflussen, beispielhaft herangezogen. Gutenberg unterscheidet die folgenden fünf Hauptdeterminanten des setzter

Kapitalbedarfes: • •

• • •

Prozeßanordnung,

Prozeßgeschwindigkeit,

Beschäftigung (Auslastung der Kapazität), Produktionsprogramm, Betriebsgröße.

13. Das finanzielle

Gleichgewicht

Die Notwendigkeit zur Deckung des Kapitalbedarfes eines Unternehmens ergibt sich aus der Tatsache, daß von jedem Betrieb verlangt wird, seinen ZahlungsverDiese Forderung wird als das Prinzip pflichtungen termingerecht nachzukommen. Die Fähigkeit, dem Prinzip des finanbezeichnet. des finanziellen Gleichgewichtes seine Zahlungsverpflichtungen der also zu werden, ziellen Gleichgewichtes gerecht Wenn Höhe und dem Zeitpunkt nach zu erfüllen, wird als Liquidität bezeichnet. entdann also ist, befindet, liquide sich ein Betrieb im finanziellen Gleichgewicht dem Zahlungsmittelbedarf (Kaspricht das Zahlungsmittelpotential mindestens und Bereitstellung von als Beschaffung der Finanzierung pitalbedarf). Aufgabe in Betriebes jedem Zeitpunkt sicherzuZahlungsmitteln ist es, die Liquidität des Woche) Monat, gilt es zu gewährleisten, stellen. Für eine Planungsperiode (Jahr, der Zahlungsmittelzuflüsse zuzüglich an Zahlungsmitteln daß der Anfangsbestand Wert zu keinem Zeitpunkt einen negativen der Zahlungsmittelabflüsse abzüglich aufweist. nicht nachkommen Wenn ein Betrieb seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen von einer Unterliquiwird Es kann, so ist sein finanzielles Gleichgewicht gestört. vordität (Zahlungsstockung) gesprochen, wenn die Zahlungsschwierigkeiten nurkurzBankkrediten von Natur sind, wenn sie beispielsweise mit Hilfe

übergehender

78

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Ist das finanzielle Gleichgewicht dagegen dauerhaft gestört, d. h. kann der Betrieb seinen Zahlungsverpflichtungen auf Dauer nicht nachkommen, dann wird von Illiquidität (Zahlungsunfähigkeit) gesprochen. Zahlungsunfähigkeit ist sowohl bei Personengesellschaften als auch bei Kapitalgesellschaften ein Eröffhungsgrund für das Insolvenzverfahren. Wenn der Betrieb voraussichtlich nicht seine Zahlungspflichten erfüllen kann, so ist er berechtigt ein Insolvenzverfahren zu eröffnen (drohende Zahlungsunfähigkeit). Bei Kapitalgesellschaften bildet die Überschuldung einen weiteren Eröffhungsgrund für das Insol-

fristig überwunden werden können.

venzverfahren. Überschuldung liegt vor, wenn das Gesellschaftsvermögen zur Deckung des Fremdkapitals nicht mehr ausreicht. Bei Personengesellschaften ist eine Überschuldung wegen der unbeschränkten Haftung wenigstens eines der Gesellschafter im Hinblick auf die Zahlungsunfähigkeit im allgemeinen nicht exakt feststellbar. Im neuen Insolvenzrecht wird der Vergleich der Vergleichsordnung durch den Insolvenzplan ersetzt. Ziel eines Insolvenzplans ist eine einvernehmliche Regelung zwischen Schuldner und Gläubigern, um das Unternehmen fortführen zu können. Der Insolvenzplan kann durch den Insolvenzverwalter oder den Schuldner vorgelegt werden. Er muß keine bestimmte Mindestquote zur Befriedigung der Gläubiger enthalten, stimmen alle Beteiligten mit den erforderlichen Mehrheiten dem Insolvenzplan zu, dann wird das Insolvenzverfahren aufgehoben und der Plan, soweit dies geregelt wurde, überwacht. Auf Antrag eines bzw. mehrerer Gläubiger im Falle der Illiquidität oder bei Kapitalgesellschaften auch der Überschuldung kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Wenn das Vermögen des Betriebes nicht ausreicht die Kosten des Verfahrens zu decken, kann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Seiten des Gerichts „mangels Masse" abgelehnt werden. Wird das Insolvenzverfahren jedoch eröffnet, so verliert mit dem Eröffhungsbeschluß der Schuldner die Verfugungsmacht über sein zur Insolvenzmasse gehöriges Vermögen an den Insolvenzverwalter. Nach Ermittlung der Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter zuerst festzustellen, ob aufgrund eines persönlichen oder dinglichen Rechts auf im Besitz des Schuldners befindliche Gegenstände diese dem Gläubiger zurückzugeben sind (Aussonderungsrecht). Wurde zwischen Gläubiger und Schuldner zur Absicherung der sich aus dem Schuldverhältnis ergebenden Pflichten darüber hinaus ein Pfandrecht vereinbart, so kann der Gläubiger eine gesonderte Befriedigung seiner Forderung aus der Veräußerung des Pfandgegenstandes verlangen (Absonderungsrecht). Nach den durch Aus- und Absonderungsrechte gesicherten Gläubigern sind aus der Insolvenzmasse die Massegläubiger zu befriedigen. Bei den Forderungen der Massegläubiger handelt es sich ausschließlich um Ansprüche, die durch das Insolvenzverfahren und während des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Stellt der Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung einen Sozialplan auf, zählen diese Forderungen zu den Masseverbindlichkeiten. Der nach Befriedigung der Massegläubiger und nach Aus- bzw. Absonderung verbleibende Teil der Insolvenzmasse wird vom Insolvenzverwalter verwertet. Der Erlös aus dieser Verwertung wird sodann an die restlichen Gläubiger (Insolvenzgläubiger) entsprechend der Höhe ihrer Forderungen verteilt. Zahlungsunfähigkeit oder bei Kapitalgesellschaften auch Überschuldung haben für die Gläubiger einen Verlust in Höhe ihrer Forderungen (Insolvenz „mangels Masse") oder den anteiligen Erlös aus der verwerteten Insolvenzmasse überstei-

79

Finanzierung

genden Betrages zur Folge. Nach teilweisem Schuldenerlaß im Falle des Insolvenzplans besteht die Möglichkeit der Weiterführung des Unternehmens; im Falle der Insolvenz wird das Unternehmen aufgelöst und liquidiert. Ein Neubeginn kann durch die Tatsache blockiert sein, daß die im Insolvenzverfahren nicht befriedigten Forderungen im Falle von Einzelunternehmen und Personengesellschaften gegen die betroffenen Schuldner fortbestehen, eine solche Nachhaftung kann jedoch durch den Insolvenzplan oder durch die Restschuldbefreiung ausgeschlossen werden. 14. Die

Finanzierungsarten

141. Die

Innenfinanzierung

Innenfinanzierung ist im Abschnitt 11. diejenige Finanzierung genannt worden, bei der die Zahlungsmittel zur Deckung des Kapitalbedarfes dem Betrieb aus dem betrieblichen Prozeß heraus, also aus der Verwertung der vom Unternehmen erstellten Leistungen am Markt, zur Verfügung stehen oder gestellt werden. Die Innenfinanzierung kann in Innenfinanzierung mit Eigenkapital und Innenfinanzierung mit Fremdkapital unterteilt werden. Die Innenfinanzierung mit Eigenkapital wird auch als Selbstfinanzierung bezeichnet. Mit diesem Begriff soll erklärt werden, daß die Beschaffung und Bereitfindet stellung der betreffenden Zahlungsmittel durch den Betrieb selbst erfolgt. Es Unterin diesem Falle also keine zusätzliche Beanspruchung der Eigentümer des nehmens und keine Inanspruchnahme von außenstehenden Dritten (Fremden) statt. Wie in der Finanzierungsmatrix aufgezeigt kann die Selbstfinanzierung in Rückflußfinanzierung und Überschußfinanzierung untergliedert werden. Die Rückflußfinanzierung ist im allgemeinen abgesehen von besonderen Fivom Umfang her benanzierungsanlässen wie Gründung oder Erweiterung die und Bereitstellung von deutendste Finanzierungsart. Sie besteht in der Beschaffung betrieblichen Leistungen auf den AbsatzZahlungsmitteln aus dem Verkauf der für die Erstellung und Verdes Höhe zur bis nur märkten des Betriebes, allerdings Gütereinsatzes. Insofern bewerteten betreffenden erfolgten der Leistungen wertung den in Betrieb hineingelangten können die auf dem Wege der Rückflußfinanzierung bezeichnet als werden, da sie als finanzieller Wiedergeld Zahlungsmittel auch In dem zuvor dafür Gütereinsatzes abgeflossenen Geld entsprechen.ihre Gegenwert des um durch der Regel werden diese Zahlungsmittel sofort wieder verwendet, Umwandlung die zuvor verbrauchten Güter zu ersetzen. Eine besondere Bedeutung kommt innerhalb der Rückflußfinanzierung der Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten zu. Diese spezielle Finanzierungsart Prozeß der Leistungserstellung ergibt sich aus der Tatsache, daß im betrieblichen Einsatz nicht zu einem Verderen werden, und -Verwertung auch Güter eingesetzt brauch der betreffenden Güter führt, sondern lediglich ihren Gebrauch bedeutet. Ein solcher Gebrauch führt zwar zu einer Wertminderung des betreffenden Gutes, nicht aber zu der Notwendigkeit, das betreffende Gut nach jedem Gebrauch soGut zu ersetzen. Die Erfassung der Wertgleich durch ein neues, zu beschaffendes von Abschreibungen. Wenn es dem Betrieb minderung erfolgt durch die Bildung die den für eingetretene Wertminderung über den Verkauf nun gelingt, Gegenwert betrieblicher Leistungen, die durch den Einsatz des betreffenden Gutes entstanden -

-

80

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

sind, wieder in den Betrieb hereinzuholen, d. h. die Abschreibungen

zu

verdienen,

werden diese Zahlungsmittel nicht sofort wieder benötigt. Sie werden erst dann in kumulierter Form zur Beschaffung eines Ersatzgutes gebraucht, wenn das betreffende Gut am Ende seiner Nutzungsdauer oder seines Nutzungspotentials verbraucht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt können die entsprechenden Zahlungsmittel in anderen Verwendungsrichtungen eingesetzt werden, wobei lediglich sicherzustellen ist, daß im Ersatzzeitpunkt die benötigten Zahlungsmittel wieder zur Verfugung stehen. Die anderen Verwendungsrichtungen können zum einen darin bestehen, die betreffenden Zahlungsmittel dem Betrieb vorübergehend zu entziehen (Kapitalfreisetzung), ohne damit die bisherige Leistungsfähigkeit durch einen geringeren Einsatz finanzieller Mittel zu beeinträchtigen. Zum anderen können die betreffenden Zahlungsmittel verwendet werden, um durch ihre Umwandlung in andere Wirtschaftsgüter die Leistungsfähigkeit des Betriebes vorübergehend zu erhöhen (Kapazitätserweiterung), ohne daß dafür die Zuführung zusätzlicher Zahlungsmittel erforderlich ist. Die Überschußfinanzierung besteht wie die Rückflußfinanzierung in der Beschaffung und Bereitstellung von Zahlungsmitteln auf dem Verkauf der betrieblichen Leistungen auf den Absatzmärkten des Betriebes. Allerdings geht es hier nur um denjenigen Teil der zufließenden Zahlungsmittel, der den Gegenwert des für die der und betreffenden Erstellung Verwertung Leistungen erfolgten Gütereinsatzes übersteigt, soweit er nicht in Form von Gewinnausschüttungen der weiteren Verwendung im Betrieb entzogen wird. Es handelt sich also um einbehaltene Gewinne; aus diesem Grunde wird diese Finanzierungsart auch als Gewinnthesaurierung bezeichnet. Die Regelungen über die Gewinnthesaurierung sind unterschiedlich für Personen- und für Kapitalgesellschaften. Bei Personengesellschaften sieht der Gesetzgeber grundsätzlich Gewinnausschüttung vor; die Gesellschafter können aber Gewinne, die sie nicht entnehmen, als Darlehen im Unternehmen belassen. Derartige Darlehen weisen wirtschaftlich betrachtet allerdings den Charakter von Eigenkapital auf, vor allem weil sie im Regelfall dem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung stehen. In Kapitalgesellschaften, hier vertreten durch die AG, werden einbehaltene Gewinne in Form von Gewinnrücklagen dem Eigenkapital zugeführt. Bei diesen gilt es, zwischen gesetzlichen Rücklagen, Rücklagen für eigene Anteile, satzungsmäßigen Rücklagen und anderen Rücklagen zu unterscheiden. Die gesetzlichen Rücklagen entstehen vor allem, weil nach § 150 Abs. 2 AktG 5% des Jahresüberschusses (abzüglich eines Verlustvortrages) solange einbehalten werden müssen, bis unter Berücksichtigung der gebildeten Kapitalrücklage 10% des Grundkapitals (oder ein in der Satzung festgelegter höherer Anteil) erreicht sind. Stellt die Hauptversammlung den Jahresabschluß fest, kann in der Satzung bestimmt werden, daß höchstens bis zu 50% des um den Verlustvortrag und der Zuführung zur gesetzlichen Rücklage gekürzten Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden. Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluß fest, können sie höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einstellen. Allerdings kann die Satzung Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung eines größeren Teils des Jahresüberschusses in "andere Gewinnrücklagen" ermächtigen, und zwar solange, bis diese 50% des Grundkapitals erreicht haben. Die Hauptversammlung kann darüber hinaus durch ihren Beschluß über die Gewinnverwendung weitere Beträge in die Gewinnrücklagen einstellen. so

Finanzierung

81

im Betrieb gebildet, um im Bedarfsfall aufgetretene Verluste können. Dazu dürfen die gesetzlichen Rücklagen jedoch nur dann herangezogen werden, wenn keine anderen Gewinnrücklagen vorhanden sind. Weiterhin dürfen andere Gewinnrücklagen verwendet werden, um im Falle eines geringen Jahresüberschusses dennoch einen für angemessen gehaltenen Gewinn auszuschütten. Wenn die genannten Gründe nicht zu einer Verwendung von Rücklagen führen, stehen die in ihnen gebundenen Zahlungsmittel dem Unternehmen für andere Verwendungsrichtungen, etwa zur Umwandlung in weitere für die Leistungserstellung und -Verwertung benötigte Wirtschaftsgüter, zur Verfügung. Dabei ist jedoch stets zu beachten, daß es notwendig ist, die entsprechenden gebundenen Zahlungsmittelbeträge in einem der obengenannten Bedarfsfälle unverzüglich bereitstellen zu können. Andere Gewinnrücklagen und gesetzliche Rücklagen, sofern diese 10% des Grundkapitals übersteigen, können außerdem benutzt werden, um durch ihre Auflösung eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durch Ausgabe von „Gratisaktien" vorzunehmen, d. h. faktisches in nominelles Eigenkapital zu überführen. Die Innenfinanzierung mit Fremdkapital entspricht der Innenfinanzierung mit Bereitstellung Eigenkapital insoweit, als es sich auch hier um die Beschaffung und auf den Märkvon Zahlungsmitteln aus dem Verkauf der betrieblichen Leistungen eine um Selbstnicht es sich handelt ten des Betriebes handelt. Andererseits jedoch Teiles des betreffenden da hinsichtlich oben im verwendeten Sinne, finanzierung des Rückflusses ein Rechtsanspruch Dritter besteht, die entsprechende FinanzieDritten vorgenommen rung demzufolge vom Betrieb nur unter Beteiligung dieser die Bezeichnung Finanzierung aus werden kann. Diese Finanzierungsart trägt im Gegensatz zu Rücklagen sind Rückstellungsgegenwerten. Rückstellungen wirtschaftlich Teile des Fremdkapitals und überdies stets zweckgebunden. Sie werden zum Zeitpunkt des Entstehens ihres wirtschaftlichen Grundes gebildet, die mit dem wirtschaftlichen Grund verbundenen Zahlungsmittelabflüsse erfolgen zukünftigen Zeitpunkten. jedoch in ungewisser Höhe oder zu nicht bestimmten bis Daher stehen die in Rückstellungen gebundenen finanziellen Mittel dem Betrieb zur Verfügung. zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit für andere Verwendungsrichtungen Aus Finanzierungsgesichtspunkten sind vor allem die langfristigen Rückstellungen von Pensionsvon Bedeutung, und daher spielt die Finanzierung aus Gegenwerten werden gebildet, rückstellungen eine besondere Rolle. Pensionsrückstellungen mit seinen wenn ein Unternehmen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Arbeitnehmern Verträge in Form einseitiger Zusagen über spätere PensionszahlunEintritt des Versorgungsfalles nach gen schließt. Der Betrieb muß dann bereits vor zwar bis versicherungsmathematischen Grundsätzen Rückstellungen bilden, und der Ende am leistenden Pensionszahlungen zu der zur Gesamthöhe des Barwertes in den PensionsrückstelDie Arbeitnehmers. des einzelnen Betriebszugehörigkeit sie über die Verwertung belungen gebundenen Zahlungsmittel können, sofernUnternehmen zur Finanzierung trieblicher Leistungen verdient worden sind, vom nur beachtet wird, daß die wenn verwendet werden, anderer betrieblicher Vorhaben erforderlichen Zahlungsmittel der Pensionszahlungen zur Leistung zugesagten haben insofern termingerecht zur Verfügung stehen. Die Pensionsrückstellungen der Wegfall als ihnen bei noch einen besonderen positiven Finanzierungseffekt, Ausscheiden (vertragsentsprechendes eines Grundes zur Rückstellungsbildung Grundes zur eines Arbeitnehmers) regelmäßig mit dem Entstehen eines neuen eines neuen anspruchsberechtigten Arbeitneh-

Rücklagen werden

aus

ihnen decken

zu

Rückstellungsbildung (Einstellung

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

82

mers) verbunden ist. Insofern kann bei den Pensionsrückstellungen in vielen Fällen

Verfügbarkeit von Zahlungsmitteln für andere betriebliche Verwendungsrichtungen gesprochen werden. Im Zusammenhang mit der Rückstellungsbildung ist noch auf die Besteuerung hinzuweisen: die Beträge, die den Rückstellungen zugeführt werden, werden dem Zugriff der Eigentümer des Unternehmens entzogen und mindern den Betriebserfolg als Bemessungsgrundlage der erfolgsabhängigen Steuern. Damit ergibt sich eine Steuerentlastung in der Periode der Rückstellungsbildung. Die Höhe dieser Steuerentlastung hängt vom Steuersatz des Unternehmens ab; daher ist die Höhe der Steuerentlastung und damit der Finanzierungseffekt von der Rechtsform des Unternehmens abhängig. Insbesondere nimmt die Ausschüttungsregelung bei Kapitalgesellschaften Einfluß auf den Finanzierungseffekt, da einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne mit unterschiedlichen Steuersätzen belegt sind. Im Ausgleich zur Steuerentlastung wirkt sich aber die zukünftige Auszahlung in Höhe des Rückstellungsbetrages auf den Erfolg und damit auf die Bemessungsgrundlage der erfolgsabhängigen Steuern in der Zahlungsperiode nicht mehr aus. von

einer dauerhaften

142. Die

Außenfinanzierung

Außenfinanzierung

bedeutet im Gegensatz zur Innenfinanzierung nach dem im Abschnitt 11. Gesagten, daß die Zahlungsmittel zur Deckung des Kapitalbedarfes dem Unternehmen losgelöst vom betrieblichen Prozeß der Leistungserstellung und -Verwertung von außerhalb des Betriebes zur Verfügung gestellt werden. Wie bei der Innenfinanzierung kann innerhalb der Außenfinanzierung zwischen Außenfinanzierung mit Eigenkapital und Außenfinanzierung mit Fremdkapital unterschieden werden. Die Außenfinanzierung mit Eigenkapital trägt auch die Bezeichnung Beteiligungsfinanzierung. Abgesehen vom besprochenen Fall der Gründung eines Unternehmens, wo die Gründer in der Regel zunächst einmal Eigenkapital zur Verfügung stellen müssen, umfaßt die Beteiligungsfinanzierung alle Formen der Beschaffung und Bereitstellung zusätzlichen Eigenkapitals durch entweder eine Erhöhung der Kapitaleinlagen von bereits vorhandenen Eigentümern (Anteilseignern) oder eine Aufnahme zusätzlicher Eigentümer (Anteilseigner) gegen Einlage von Zahlungs- oder Sachmitteln. Im Hinblick auf die Möglichkeiten der Beteiligungsfinanzierung ist zwischen emissionsfähigen und nicht-emissionsfähigen Unternehmen zu unterscheiden. Den emissionsfähigen Unternehmen wird hinsichtlich der Beteiligungsfinanzierung eine Vorzugsstellung zugesprochen, die in erster Linie mit dem Zugang zur Börse begründet wird. Dies gilt vor allem für die an der Börse zugelassene AG, darüber hinaus aber auch für die weniger bedeutende Rechtsform KGaA, die aus der Sicht der Vollhafter die Vorteile einer Personengesellschaft mit den Vorteilen einer Aktiengesellschaft verbindet. Auf die Vorteile der AG hinsichtlich der Eigenkapitalbeschaffüng ist im 2. Teil des vorliegenden Lehrbuches im Zusammenhang mit der Kennzeichnung dieser Rechtsform bereits hingewiesen worden. Aus diesem Grunde soll an dieser Stelle nur auf die verschiedenen Formen der Kapitalerhöhung bei einer AG eingegangen werden. Nach den Vorschriften des Aktiengesetzes kann zwischen ordentlicher, bedingter und genehmigter Kapitalerhöhung sowie

83

Finanzierung

aus Gesellschaftsmitteln unterschieden werden. Die zuletzt gebesteht in der im vorigen Abschnitt dargestellten Umwandlung von Rücklagen in Grundkapital, sie erfolgt durch die Ausgabe von Berichtigungs- oder Gratisaktien an die bisherigen Aktionäre. Die anderen drei Formen der Kapitalerhöhung sind mit dem Verkauf neuer Aktien verbunden, sie führen der AG also tatsächlich und nicht nur buchmäßig wie bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln neues Grundkapital zu. Die ordentliche Kapitalerhöhung oder Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§§ 182-191 AktG) erfolgt durch die Ausgabe neuer ("junger") Aktien aufgrund eines mit mindestens '/.-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals von der Hauptversammlung gefaßten Beschlusses. Die bisherigen Aktionäre besitzen ein gesetzliches Bezugsrecht auf die neuen Aktien, wenn dieses nicht mit der genannten qualifizierten Mehrheit von der Hauptversammlung ausgeschlossen wird. Das Bezugsrecht wird eingeräumt, um den bisherigen Aktionären die Möglichkeit zu geben, ihren bisherigen relativen Anteil an der Gesellschaft zu erhalten, und um einen Kurses Vermögensverlust für die bisherigen Aktionäre durch die Angleichung des zu verAktien neue alte und für Mittelkurs der alten Aktien an einen zukünftigen Formel nach der sich bestimmt Wert Der des hindern. Bezugsrechtes (rechnerische)

Kapitalerhöhung nannte Form

Bezugsrecht

=

^"

wobei die verwendeten

Symbole folgende Bedeutungen haben:

Ka Börsenkurs der alten Aktien, Kn Ausgabekurs der neuen Aktien, =

=

a/n

=

Bezugsverhältnis (altes Grundkapital: zusätzliches Grundkapital).

den oben Kapitalerhöhung (§§ 192-201 AktG) erfordert ebenfalls Sie ist nach der Mehrheitsbeschluß Hauptversammlung. genannten qualifizierten in Aktien dem Aktiengesetz vorgesehen für die Gewährung von Umtauschrechten von Wandelschuldverschreioder von Bezugsrechten auf Aktien bei der Ausgabe von Unterbungen (Wandelanleihen und Optionsanleihen), bei der Vorbereitung Arbeitnehmer der der Gewinnbeteiligung bei und nehmenszusammenschlüssen durch die Ausgabe von Belegschaftsaktien. Nur im Falle der bedingten Kapitaler-

Die bedingte

bishewird Vorbereitung eines Unternehmenszusammenschlusses dieses besteht Fällen anderen in den ein rigen Aktionären Bezugsrecht eingeräumt; einer bedingten Kapitalerhöhung Bezugsrecht nicht. Der Nennbetrag der mittels des Schutzes der bisherigen Aktionäre neu geschaffenen Aktien darf aus Gründen 50% des bisherigen Grundkapitals nicht übersteigen. der Die genehmigte Kapitalerhöhung (§§ 202-206 AktG) besteht darin, daß der Mehrheitsbeschluß Vorstand einer AG durch einen wie oben qualifizierten das wird, Jahren fünf ermächtigt höchstens Dauer von Hauptversammlung auf die Grundkades 50% der bisherigen einen bestimmten Nennbetrag, Grundkapital um neuer Aktien gegen Einlagen zu pitals nicht übersteigen darf, durch die Ausgabe zu sehen, dem Vorstand die darin ist erhöhen. Der Zweck des genehmigten Kapitals Möglichkeit zu geben, die Ausgabe neuer Aktien zum bestmöglichen Zeitpunkt

höhung

zur

den

84

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

vorzunehmen oder Investitionsprojekte, deren Realisation einer Geheimhaltung bedarf, mit Eigenkapital zu finanzieren (Schierenbeck). Bei nicht-emissionsfähigen Unternehmen, die Eigenkapital nicht in Effektenform (z. B. Aktien) aufnehmen können, findet die Beteiligungsfinanzierung in der Weise statt, daß die bisherigen Gesellschafter Zahlungs- oder Sachmittel aus ihrem Privatvermögen in das Unternehmen einbringen oder daß neue Gesellschafter gegen Einlagen aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Personengesellschaften ist bereits ausführlich auf die Schwierigkeiten der Beteiligungsfinanzierung hingewiesen worden, ihre Grenzen findet sie in der Höhe des Privatvermögens der bisherigen Gesellschafter und in deren Bereitschaft, zusätzliche Miteigentümer zu tolerieren (Krabbe). Eine gewisse Problematik ergibt sich hinsichtlich der Beteiligungsfinanzierung bei Aktiengesellschaften, die nicht an der Börse zugelassen sind. Hier fehlt die breite Fungibilität der an der Börse gehandelten Aktien, und es besteht die Schwierigkeit, das individuelle Anlagerisiko zu beurteilen, da hier der organisierte Kapitalmarkt mit seinen entsprechenden Funktionen fehlt. Die Außenfinanzierung mit Fremdkapital wird auch als Kreditfinanzierung bezeichnet. Sie bedeutet die in der Regel zeitlich befristete Aufnahme von Zahlungsmitteln gegen Entgelt (Zinsen) von Personen oder Institutionen, die sich mit den betreffenden Einlagen nicht am Unternehmen beteiligen, sondern sie lediglich als Darlehen geben wollen. Ausnahmsweise kann es sich bei den Kapitalgebern auch um Eigentümer des Betriebes handeln; die entsprechenden Darlehen werden dann als Gesellschafterdarlehen bezeichnet. Die Kreditfinanzierung wird auch Beleihungsfinanzierung oder etwas ungenau nur Fremdfinanzierung genannt (Diederich). Innerhalb der Kreditfinanzierung wird zwischen den kurzfristigen und den langfristigen Formen unterschieden. Zu den kurzfristigen Formen gehören der Lieferantenkredit, die Kundenanzahlung und die kurzfristigen Bankkredite. Die langfristigen Formen werden dagegen durch die Schuldverschreibung (Industrieschuldverschreibung, Industrieanleihe, Obligation) mit den Sonderformen der Gewinnschuldverschreibung und der Wandelschuldverschreibung (Wandelanleihe und Optionsanleihe), das Schuldscheindarlehen und den langfristigen Bankkredit ver-

körpert.

Der Lieferantenkredit als kurzfristige Form der Kreditfinanzierung ist dadurch gekennzeichnet, daß der Lieferant von Wirtschaftsgütern dem belieferten Unternehmen ein Zahlungsziel einräumt, d. h. darauf verzichtet, sofortige Bezahlung bei Lieferung zu verlangen. Wenn der Betrieb als Empfänger der Lieferung auf die Inanspruchnahme des eingeräumten Kredites verzichtet, darf er den Rechnungsbetrag um einen bestimmten Betrag, den Skonto, kürzen. Der Skonto verkörpert das Zinselement des Lieferantenkredits. Der Lieferantenkredit ist in der Regel zu den teuersten Kreditformen zu zählen. Die Kundenanzahlung verkörpert eine Kreditform, bei der der Abnehmer der betrieblichen Leistung die Rolle des Kreditgebers übernimmt. Sie kann analog zum Lieferantenkredit also auch Abnehmerkredit genannt werden. Der Betrieb als Kreditnehmer erhält vom Abnehmer Zahlungsmittel, um den durch dessen Auftrag hervorgerufenen Kapitalbedarf decken zu können. Die Kreditgewährung erfolgt im allgemeinen für den Betrieb unentgeltlich, also zinslos, die Tilgung wird durch die Lieferung der vereinbarten betrieblichen Leistung vorgenommen. Eine besondere Bedeutung besitzt die Kundenanzahlung als Finanzierungsart vor allem bei Groß-

85

Finanzierung

Projekten wie etwa im Hoch- und Tiefbau, im Anlagenbau sowie im Schiffbau. Zu nennen sind aber auch die Betriebe im Konsumgüterbereich, die ihre Leistungen nur gegen „Vorkasse" zu erbringen bereit sind. Die Haupterscheinungsformen des kurzfristigen Bankkredites sind der Kontokorrent-, der Diskont- und der Lombardkredit. Beim Kontokorrentkredit wird dem Kreditnehmer von seiner Bank das Recht eingeräumt, sein bei ihr geführtes Kontokorrentkonto (Girokonto) bis zu einem Höchstbetrag (Kreditlinie, Verschul-

dungsgrenze) zu überziehen. Die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredites ändert sich mit jeder auf dem Konto gebuchten Ein- und Auszahlung. Im allgemeinen ist beim Kontokorrentkredit keine vollständige Kredittilgung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgesehen, und daher kann von Ausnahmefällen abgesehen die eingeräumte Kreditlinie vom Kreditnehmer als dauerhaft überlassenes Fremdkapital sie angesehen werden. Der Diskontkredit wird von einer Bank gewährt, indem des zum bis der Wechsel unter Fälligkeitstermin einen noch nicht fälligen Abzug Wechsels auf den Kreditbetrag anfallenden Zinsen kauft und dafür Zahlungsmittel in Höhe des Wechselbetrages abzüglich des Diskontes (Zinsbetrages) zur Verfü-

-

der Diskontkredit gung stellt. Aus der Sicht des Betriebes als Kreditnehmer stellt einen Forderungsverkauf dar, also eine Umwandlung von Gütern (Forderungen) in zeitliZahlungsmittel. Der Finanzierungseffekt des Diskontkreditsderbesteht in einerbetriebVerwertung chen Vorverlegung des Zuflusses von Zahlungsmitteln aus licher Leistungen. Unter einem Lombardkredit wird die Gewährung eines Kredites durch eine Bank gegen die Verpfändung von Wertpapieren oder Waren verstanden. Der Kredit lautet auf einen bestimmten Betrag, die Verzinsung erfolgt oder Waren müssen entsprechend dem Lombardsatz, die verpfändeten Wertpapiere im aber verbleiben dem Kreditgeber übergeben werden, Eigentum des Kreditnehmers.

langfristigen Formen der Kreditfinanzierung ist zunächst die Schuldverschreibung (Industrieschuldverschreibung, Industrieanleihe, Obligatiam on) zu nennen. Sie ist eine typische Form der langfristigen Kreditfinanzierung Unter den

den Kreditnehmern zählen hier Bund, Länder und Kommunen, Realkreditanstalten sowie private Unternehmen, vor allem große und bekannte Aktiengesellschaften. Der Gesamtbetrag einer Schuldverschreibung oder Anleihe wird gestückelt. Die Teilschuldverschreibungen werden verbrieft und als Wertpaeines über eine Schuldverschreipiere an der Börse gehandelt. Die Rückzahlung unterschiedlicher Weise, üblich sind sehr in bung aufgenommenen Kredites erfolgt ohne Freijahre oder mit von in Teilbeträgen Rückzahlung einer Summe, Auslosung sowie Rückkauf. Die effektive Verzinsung ist abhängig vom Nominalzinssatz, der Ausgabe- und dem RückzahZinszahlungsmodalität (jährlich, unterjährlich), dem Gewinnschuldverschreibung Die lungskurs sowie dem Termin der Rückzahlung. als Sonderform der Schuldverschreibung ist dadurch gekennzeichnet, daß hier neben die üblichen Gläubigeransprüche noch ein Zusatzanspruch auf Gewinnbeteieines dividendengeligung tritt. Es kann entweder eine Festverzinsung zuzüglichvereinbart werden, in Gewinnanteil ein koppelten Gewinnanteils oder lediglich einer Gewinnschuldverschreibung vom jedem Falle ist die effektive Verzinsung der zweite Sonderform Die Erfolg des kreditnehmenden Unternehmens abhängig. Sie ist der Wandelschuldverschreibung von wird gebildet. Schuldverschreibung dadurch gekennzeichnet, daß dem Kreditgeber ein Umtauschrecht (Wandelanleihe) oder ein Bezugsrecht (Optionsanleihe) auf Aktien des Kreditnehmers einge-

Kapitalmarkt,

zu

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

86

räumt wird. Die Wandelanleihe beinhaltet also neben der normalen

Ausstattung das

Recht, sie in Aktien umzutauschen. Nach der Wahrnehmung dieses Rechtes geht

die Wandelanleihe unter; aus dem Fremdkapitalgeber wird ein Eigenkapitalgeber, dem Gläubiger ein Eigentümer. Im Unterschied zur Wandelanleihe ist mit der Optionsanleihe das Recht verbunden, Aktien des Kreditnehmers zu kaufen. Auch wenn dieses Recht vom Kreditgeber ausgeübt wird, bleibt die Optionsanleihe bis zu ihrer Tilgung durch den Kreditnehmer bestehen. Trotz seiner Beteiligung am Unternehmen durch den Erwerb von Aktien bleibt der Gläubiger bis zur Rückzahlung des von ihm gewährten Kredites Fremdkapitalgeber. Das Schuldscheindarlehen unterscheidet sich von der Schuldverschreibung, die am anonymen Kapitalmarkt gehandelt wird, dadurch, daß hier die Kreditverhandlungen individuell zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer stattfinden. Dazu kann allerdings die Hilfe einer Bank oder eines Finanzmaklers in Anspruch genommen werden. Die Ausstellung eines Schuldscheines ist trotz dieser Bezeichnung beim Schuldscheindarlehen nicht zwingend erforderlich, aus Gründen einer möglicherweise notwendigen Beweisführung allerdings empfehlenswert. Als Kreditgeber treten in erster Linie Kapitalsammelstellen auf, vor allem Lebensversicherungsgesellschaften. Wenn Unternehmen Zugang zum Markt für Schuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen haben, spielt für sie der langfristige Bankkredit in der Regel keine bedeutende Rolle. Zu diesen Unternehmen gehören aber im allgemeinen die kleinen und mittleren Betriebe nicht. Für sie stellt der langfristige Bankkredit die praktisch einzige nutzbare Form der langfristigen Kreditfinanzierung dar, dies allerdings häufig auch nur mit Einschränkungen, da diese Betriebe oftmals den Bonitätsanforderungen der Banken nicht entsprechen. Als Ausweg bleibt ihnen dann nur die kurzfristige Kreditaufnahme mit der Zusage auf Prolongation nach erneuter Prüfung oder die Inanspruchnahme langfristiger staatlicher Finanzierungshilfen. Die Darstellung 5-3 aus einer Statistik der Deutschen Bundesbank zeigt, welchen Stellenwert die einzelnen Finanzierungsquellen haben. Die zugrundeliegenden Zahlen beruhen auf der umfangreichsten Sekundärstatistik über Unternehmen, die derzeit in Deutschland zu erhalten ist. aus

Fragen zur Lernkontrolle: 1.

2. 3. 4. 5. 6.

Erläutern Sie die Begriffe Innen und Außenfinanzierung einerseits und Eigen und Fremdfinanzierung andererseits. Was ist der Kapitalbedarf eines Unternehmens, und wie läßt er sich er-

mitteln? Nennen Sie die Haupteinflußgrößen des Kapitalbedarfs nach Gutenberg. Was ist unter dem finanziellen Gleichgewicht eines Betriebes zu verste-

hen? Welche Folgen kann eine Störung des finanziellen Gleichgewichtes auslösen? Unterscheiden Sie die Begriffe Aussonderung und Absonderung.

Finanzierung

87

Mrd DM

Position

1996

1997

Veränderung 1996/97

Innenfinanzierung Kapitalerhöhung aus Gewinnen Nichtkapitalge-

sowie Einlagen bei sellschaften

Abschreibungen (insgesamt) Zurückzuführen Zusammen

zu

Rückstellungen

5,3 190,6 -2,2 193,7

2,5 189,5 11 203

-3 -1 13

9,5

Außenfinanzierung Kapitalzuführung bei Kapitalgesellschatten

Veränderung der Verbindlichkeiten kurzfristige

_langfristige_ Zusammen Mittelaufkommen

insgesamt

15

1,5 25,8 19,3 6,4 27,3 221,0

50,5 43

65,5 268,5

13,5 24,5 23,5 1,5 38

47,5

Darstellung 5-3: Finanzierung westdeutscher Unternehmen (Quelle: Deutsche Bundesbank)

7.

8. 9. 10. 11. 12. 13.

Erläutern Sie die Rückfluß und die Überschußfinanzierung als Formen der Innenfinanzierung mit Eigenkapital. Beschreiben Sie die Möglichkeiten der Gewinnthesaurierung bei Personengesellschaften und bei der AG. Was bedeutet der Begriff Rücklagen, und was sind Rückstellungen? Wie erfolgt eine Beteiligungsfinanzierung? Nennen Sie die verschiedenen Formen der Kapitalerhöhung bei einer AG. Was verstehen Sie unter Kreditfinanzierung? Erläutern Sie die Haupterscheinungsformen des kurzfristigen Bankkredits. Kennzeichnen Sie die langfristigen Formen der Außenfinanzierung mit

Fremdkapital. Außenfinanzierungsmöglichkeiten nicht-emissionsfähiges Unternehmen?

14. Welche

Literaturhinweise

zu

mit

Fremdkapital

besitzt ein

Finanzierung:

Diedehch, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin, Köln, 1992 Drukarczyk, Jochen, Finanzierung, in: F. X. Bea, E. Dichtl und M. Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 3: Leistungsprozeß, 7. Aufl.,

Stuttgart, 1997, S. 283-399

88

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Dritter Band, Die Finanzen, 8. Aufl., Berlin, Heidelberg, New York, 1980 Krabbe, Elisa, Die Finanzierung, in: E. Krabbe (Hrsg.), Leitfaden zum Grundstudium der Betriebswirtschaftslehre, 6. Aufl., Gernsbach, 1998, S. 195-286 Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Vormbaum, Herbert, Finanzierung der Betriebe, 9. Aufl., Wiesbaden, 1995 2. Investition 21. Der

Investitionsbegriff

Nachdem die vom Unternehmen zur Erfüllung des Betriebszweckes, Leistungen für den Bedarf Dritter zu erstellen und am Markt zum Tausch anzubieten, benötigten Zahlungsmittel auf dem Wege der Finanzierung beschafft und bereitgestellt worden sind, können sie verwendet werden, um die für den Betriebsprozeß notwendigen Güter in den Betrieb hereinzuholen. In diesem Falle erfolgt eine Umwandlung von Zahlungsmitteln in Güter, die zur Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen und deren Verwertung am Markt erforderlich sind. Dieser Umwandlungsprozeß ist zuvor als Investition bezeichnet worden. Investition ist demnach der Vorgang der Verwendung von Zahlungsmitteln, durch den freie Zahlungsmittel in gebundene Zahlungsmittel umgewandelt werden (Schierenbeck), wobei diese Bindung in Gütern (Investitionsobjekten) erfolgt, die für die Leistungserstellung und -Verwertung benötigt werden. Diese Begriffsbestimmung stellt damit auf Sachinvestitionen ab. Finanzinvestitionen als die Umwandlung freier Zahlungsmittel des Betriebes in Finanzanlagen wie beispielsweise Beteiligungen an anderen Unternehmen haben vielfach lediglich ergänzenden Charakter und werden im folgenden nicht betrachtet. Freie Zahlungsmittel dürfen in diesem Zusammenhang nicht ausschließlich als frei im Betrieb vorhandene Zahlungsmittel verstanden werden. Es kann sich bei ihnen durchaus um nicht vorhandene Zahlungsmittel handeln, sie müssen aber frei im Sinne von beschaffbar und im Umwandlungsprozeß einsetzbar sein. An dieser Stelle wird die enge Beziehung zwischen Finanzierung als der Beschaffung und Bereitstellung von Zahlungsmitteln und Investition als der Verwendung von Zahlungsmitteln in Form ihrer Umwandlung in Güter zur Leistungserstellung und -Verwertung ersichtlich. Die hier allein betrachteten Sachinvestitionen fallen in den Bereich der Realinvestitionen. Diese umfassen alle Umwandlungen von Zahlungsmitteln in Güter zur Leistungserstellung und -Verwertung, und zwar sowohl in materielle Güter wie Grundstücke und Gebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen sowie Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe als auch in immaterielle Güter wie Patente, Lizenzen und Rechte aus Miet- oder Pachtverträgen, aber auch Rechte auf Nutzung menschlicher Arbeitskraft. An dieser Stelle ist daraufhinzuweisen, daß in der Literatur im allgemeinen nur solche Umwandlungsprozesse von Zahlungsmitteln in Güter zur Leistungserstellung und -Verwertung als Investitionen behandelt werden, bei denen eine langfristige Bindung der Zahlungsmittel in den Investitionsobjekten erfolgt. Es handelt

Investition

89

sich bei den Investitionsobjekten demnach in erster Linie um solche Güter, die im einzelnen Prozeß der Leistungserstellung und -Verwertung nicht verbraucht, sondern gebraucht werden. Weiterhin sind Investitionen in der Regel mit einer hohen Bindung von Zahlungsmitteln verbunden, und schließlich haben Investitionsentscheidungen meist Auswirkungen auf andere betriebliche Bereiche, wobei neben der Finanzierung vor allem die Bereiche Leistungserstellung (Produktion, Fertigung), Leistungsverwertung (Absatz) und Personal zu nennen sind (Interdependenz). Die genannten Merkmale hohe und langfristige Bindung von Zahlungsmitteln sowie Interdependenzen zwischen dem Investitionsbereich und anderen betrieblichen Teilbereichen machen die besondere Bedeutung von Investitionsmaßnahmen für das Unternehmen aus (Kruschwitz). 22. Investitionsarten

Im vorigen Abschnitt ist bereits eine Unterscheidung innerhalb der Menge aller Investitionen getroffen worden, und zwar die nach der Art der Investitionsobjekte in Sach- oder Realinvestitionen und Finanzinvestitionen. Es wurde darauf hingewiesen, daß im folgenden nur noch die Sach- oder Realinvestitionen den Gegenstand der Betrachtung bilden. Innerhalb dieser Investitionen läßt sich zunächst eine Einteilung nach dem Zeitpunkt der Investition vornehmen. Dieser Zeitpunkt kann zum einen der Zeitpunkt praxisgerechter der Zeitraum der Unternehmensgründung und zumDieanderen sein. zugeirgendein Zeitpunkt innerhalb der Lebensdauer des Unternehmens im ihrer Durchführung genetischen werden entsprechend hörigen Investitionen Unternehmensprozeß als Gründungs- oder Erstinvestitionen und als Folgeinvestitionen bezeichnet. Gründungsinvestitionen sind deswegen besonders bedeutan die das sam, weil durch sie unter Umständen Gegebenheiten geschaffen werden, Vornach die ist es oder für Lebensdauer seine Unternehmen gebunden gesamte nahme der Investition nur unter größten Schwierigkeiten wieder aufzuheben verdie Erstinvestitiomag. Zu denken ist in diesem Zusammenhang beispielsweise an bei der Unternehmaschinelle und Anlagen nen in Grundstücke, Gebäude gewisse Zukunft des Betriebes die für dieser Bedeutung großen mensgründung. Aufgrund ist es notwendig, besondere Sorgfalt auf die Durchführung der Entscheidungsprozesse im Zusammenhang mit Gründungsinvestitionen zu verwenden. Andererseits ist zu bemerken, daß Gründungs oder Erstinvestitionen dadurch bis zu einem gewissen Grade erleichtert werden, daß bei sie betreffenden Entscheidungen keine Rahmenbedingungen zu beachten sind, die aus zuvor getroffenen und danach realisierten Investitionsentscheidungen herrühren. Unter Folgeinvestitionen werden sämtliche Investitionen verstanden, die während der Lebensdauer des Betriebes nach der Unternehmensgründung getätigt werden. Bei ihnen handelt es sich um den Regelfall der Investition, da im allgemeinen sein bei Investitionsüberlegungen von einem bestehenden Unternehmen auszugehen wird. Bei Folgeinvestitionen liegt nun im Unterschied zu Gründungsinvestitionen die Situation vor, daß hier die durch zeitlich vorgelagerte Investitionen, insbesondere also auch durch die Gründungsinvestitionen geschaffenen Rahmenbedingundie für sich gen beachtet werden müssen. Das kann dazu führen, daß Investitionen, erlohnend Formalziels des verfolgten betrachtet dem Unternehmen hinsichtlich -

-

90

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

scheinen, nicht vorgenommen werden können, da sie mit den aufgrund vorange-

gangener Investitionen bestehenden Gegebenheiten nicht verträglich sind. Zu denken ist hier beispielhaft an die Investition einer Maschine, die eine Messeneuheit darstellt und der entsprechenden im Betrieb vorhandenen Maschine in allen relevanten Belangen weit überlegen ist. Sie muß aber als Investitionsobjekt aus weiteren Überlegungen ausgeschlossen werden, da die betreffende Maschine mit den anderen vorhandenen Maschinen und maschinellen Anlagen nicht zu einem produktionstechnischen Gesamt vereint werden kann. Innerhalb der Folgeinvestitionen kann zwischen Ersatzinvestitionen, Rationalisierungsinvestitionen und Erweiterungsinvestitionen unterschieden werden. Es muß aber daraufhingewiesen werden, daß es sich bei dieser gebräuchlichen Einteilung der Folgeinvestitionen in erster Linie um eine gedankliche handelt. Im konkreten Fall wird eine Ersatzinvestition sehr häufig gleichzeitig auch zu einer Verbesserung der Input-Output-Relation im betrieblichen Prozeß führen und damit eine Rationalisierungsinvestition verkörpern und weiterhin auch eine Erhöhung des betrieblichen Leistungsvermögens beinhalten und somit eine Erweiterungsinvestition darstellen. Trotz dieser Vorbehalte wird im Interesse einer theoretischen Klarstellung die genannte Einteilung den folgenden Ausführungen zugrundegelegt. Unter einer Ersatzinvestition wird eine Investition verstanden, die den Ersatz eines im Betrieb befindlichen Investitionsobjektes durch ein gleichartiges beinhaltet. Der Grund für die Vornahme einer Ersatzinvestition kann darin bestehen, daß das vorhandene Investitionsobjekt technisch verbraucht ist oder daß es einem anderen Investitionsobjekt kostenwirtschaftlich unterlegen ist, wenngleich es in der Lage ist, bei einem Verbleib im Betrieb noch weiterhin Nutzen zu stiften. Im ersten Falle weist das Investitionsproblem einen geringeren Schwierigkeitsgrad auf, da sich die Frage, ob und wann eine Ersatzinvestition vorgenommen werden soll, in der Regel nicht stellt. Es ist lediglich darüber zu entscheiden, durch welches neue Investitionsobjekt das technisch verbrauchte alte Investitionsobjekt ersetzt werden soll. Im zweiten Falle ergeben sich zusätzliche Schwierigkeiten, da hier zunächst zu entscheiden ist, ob ein Ersatz überhaupt erfolgen soll, daran anschließend gegebenenfalls, zu welchem Zeitpunkt der Ersatz entsprechend der verfolgten Zielsetzung vorzunehmen ist, und schließlich wieder, durch welches neue Investitionsobjekt das vorhandene alte Investitionsobjekt ersetzt werden soll. Dabei ist zu beachten, daß die vorgenommene Zerlegung des EntScheidungsprozesses in die drei aufgezeigten Teilprozesse nur theoretisch für Analysezwecke sinnvoll ist; eine zielgerechte Lösung des Ersatzproblems im konkreten praktischen Fall kann im allgemeinen nur über die simultane Lösung der drei Teilprobleme gefunden werden. Eine Rationalisierungsinvestition stellt eine Investition dar, deren Vornahme zu einer Verbesserung der Input-Output-Relation (Produktivitätserhöhung) im betrieblichen Prozeß führt. Sie kann darin bestehen, daß Güter in den Betrieb hereingenommen werden, durch deren Einsatz das bisherige Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit weiterhin mit einem insgesamt geringeren Güterverzehr, d. h. insbesondere kostengünstiger, hervorgebracht werden kann. Sie kann aber auch dadurch gegeben sein, daß durch ihre Vornahme unter Beibehaltung des bisherigen Güterverzehrs, insbesondere also bei gleichbleibenden Kosten, die betriebliche Tätigkeit ein höheres Ergebnis als bisher zu erbringen imstande ist. Eine aktuelle Form von Rationalisierungsinvestitionen sind solche, durch deren Vornahme der Einsatz

91

Investition

menschlicher Arbeitskraft durch den Einsatz von Maschinen in allen in Frage kommenden betrieblichen Bereichen substituiert wird. Als eine Erweiterungsinvestition wird eine Investition bezeichnet, durch die der Umfang des betrieblichen Leistungsvermögens (Leistungspotentials) vergrößert wird. Eine derartige Erweiterung kann in zweifacher Weise vorgenommen werden. Zum einen kann das betriebliche Leistungsvermögen durch die Hereinnahme zusätzlicher Investitionsobjekte erhöht werden. Zum anderen ist es möglich, im Falle einer Ersatzinvestition das zu ersetzende Investitionsobjekt gegen ein neues auszutauschen, das das alte Investitionsobjekt im Hinblick auf den Umfang seines Leistungsvermögens übertrifft.

Bruttoinvestitionen

Nettoinvestition

Reinvestition

(Gründungsinvestition,

(Ersatzinvestition)

Erweiterungsinvestition)

Rationalisierungsinvestition

Darstellung 5-4: Investitionsartenschema Der Zusammenhang zwischen Gründungsinvestitionen und Folgeinvestitionen in Form von Ersatz-, Rationalisierungs- und Erweiterungsinvestitionen läßt sich auch in einer anderen Form darstellen. Ausgangspunkt der Überlegung ist dabei das Investitionsvolumen einer Periode als die Summe der in dieser Periode in Güter für die betriebliche Leistungserstellung und -Verwertung umzuwandelnden Zahwird als Bruttoinvestition der lungsmittel. Diese Summe von ZahlungsmittelnPeriode läßt sich in zwei BestandPeriode bezeichnet. Die Bruttoinvestition einer Die NettoinReinvestition. und die die in Nettoinvestition teile zerlegen, nämlich einer der zu der Vergrößerung Gesamtinvestition, Teil ist dabei vestition derjenige des betrieblichen Leistungsvermögens führt; zu ihr gehören die Gründungs- oder Erstinvestitionen und die Erweiterungsinvestitionen. Dagegen verkörpert die Reinvestition denjenigen Teil der Bruttoinvestition, der in Form von Ersatzinvestitionen gerichtet ist. Problemalediglich auf den Ersatz verbrauchter Investitionsobjekte der Rationalisierungsinvestition. Eine tisch ist in dieser Einteilung die Zuordnung zuvor wie dargestellt worden ist, sowohl Rationalisierungsinvestition kann nämlich, als auch eine ReinveForm einer Erweiterungsinvestition in eine Nettoinvestition stition in Form einer Ersatzinvestition bedeuten. Im allgemeinen wird eine Ratioeiner Periode zugleich Teil der nalisierungsinvestition als Teil der Bruttoinvestition der Darstellung 5-4 wird der In sein. der Teil Reinvestition und Nettoinvestition an fVöhe Zusammenhang zwischen den genannten Investitionsarten in Anlehnung

dargestellt.

92

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

23. Ziele des Investors

Die Investition als die Umwandlung von freien Zahlungsmitteln in gebundene Zahlungsmittel in Form von Gütern als Investitionsobjekten, die für die Leistungserstellung und -Verwertung benötigt werden, stellt einen der betrieblichen Hauptfunktionsbereiche dar. Wie in allen anderen betrieblichen Funktionsbereichen müssen sich auch die Maßnahmen in diesem Bereich an der globalen betrieblichen Zielsetzung orientieren. Die reale Ausprägung dieser betrieblichen Zielsetzung in einer marktwirtschaftlichen Ordnung darf für die überwiegende Menge von Unternehmen an erster Stelle im Streben nach Gewinn gesehen werden. Daher kann davon ausgegangen werden, daß auch die Maßnahmen im Investitionsbereich in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Zielsetzung Gewinnstreben getroffen werden. Investition bedeutet die Umwandlung von Zahlungsmitteln in Güter. Die Zielsetzung Gewinnstreben verlangt, daß eine solche Umwandlung nur dann vorgenommen wird, wenn der Betrieb als Investor erwarten kann, daß die Rückflüsse an Zahlungsmitteln aus der Verwertung betrieblicher Leistungen, die mit Hilfe der erstellt werden, in ihrer Höhe die der umgewandelten ZahInvestitionsobjekte lungsmittel übersteigen. Andernfalls wäre die Vornahme einer Investition mit der Zielsetzung des Strebens nach Gewinn nicht verträglich. Sollte sie dennoch realisiert werden, wie dies in der betrieblichen Praxis durchaus bisweilen beobachtet werden kann, liegen der betreffenden Investitionsentscheidung auch andere Zielsetzungen als das Gewinnstreben zugrunde. Im Bereich der Investitionen ergeben sich hinsichtlich der zugrunde zulegenden Zielsetzungen gegenüber anderen betrieblichen Bereichen nämlich gewisse Modifikationen. Es ist eingangs dieses Abschnitts darauf hingewiesen worden, daß die besondere Bedeutung von Investitionsmaßnahmen auf die Merkmale hohe und langfristige Bindung von Zahlungsmitteln sowie Interdependenzen zwischen dem Investitionsbereich und anderen betrieblichen Teilbereichen zurückzuführen ist. Die langfristige Bindung der umgewandelten Zahlungsmittel und die bestehenden Interdependenzen lassen es geraten erscheinen, Investitionsmaßnahmen nicht ausschließlich anhand ihres Beitrages zur Zielsetzung Gewinnstreben zu beurteilen. Die langfristige Bindung der umgewandelten Zahlungsmittel bedeutet, daß Investitionsmaßnahmen weit in die Zukunft hinein wirksam sind. Die Zukunft des betrieblichen Geschehens ist jedoch mit Unsicherheit belastet, und diese Unsicherheit nimmt mit wachsender Ferne vom Betrachtungs- oder Handlungszeitpunkt zu. Eine Folge dieser Unsicherheit besteht im Risiko, wobei unter Risiko ganz allgemein die Gefahr des Mißlingens oder etwas konkreter die Gefahr des Nichterreichens des erwarteten Ausmaßes an Zielerfüllung verstanden werden soll. (Die Möglichkeit des Überschreitens des erwarteten Ausmaßes an Zielerfüllung als Folge der Unsicherheit wird Chance genannt.) Ein Risiko von Investitionsmaßnahmen besteht bei Zugrundeliegen der Zielsetzung Gewinnstreben darin, daß zukünftige Rückflüsse von Zahlungsmitteln aus der Verwertung betrieblicher Leistungen, die mit Hilfe der Investitionsobjekte erstellt werden, nicht in dem Umfang erfolgen, wie das im Zeitpunkt der Investition angenommen worden ist. Dieses Risiko wird um so höher, je weiter die Zeitpunkte der erwarteten Rückflüsse in der Zukunft liegen. Um dieses Risiko bei Überlegungen hinsichtlich durchzuführender Investitionsmaßnahmen berücksichtigen zu können, wird die globale betriebliche Zielsetzung Gewinnstreben häufig durch eine zusätzliche Zielkomponente Risiko-

Investition

93

begrenzung ergänzt. Solche Risikobegrenzung kann beispielsweise zur Folge haben, daß von zwei alternativen Investitionsmaßnahmen diejenige realisiert wird, die die gebundenen Zahlungsmittel schneller in den Betrieb zurückfließen läßt, obwohl

insgesamt über den ganzen Zeitraum der Bindung der umgewandelten Zahlungsmittel einen höheren Gewinn erwarten läßt. Die langfristige Bindung der umgewandelten Zahlungsmittel kann aufgrund der Unsicherheit der Zukunft einerseits die Erreichung des erwarteten Gewinns als Zielgröße gefährden, andererseits kann sie auch in Verbindung mit den Interdependie andere

denzen zwischen dem Investitionsbereich und anderen betrieblichen Teilbereichen das Ausmaß der Erfüllung des Gewinnziels beeinträchtigen. Investitionsobjekte werden aus Gründen der Realisation bestimmter Zwecke in den Betrieb hereingenommen, wobei die konkrete Ausgestaltung dieser Zwecke im allgemeinen von einer Vielzahl von Einflußfaktoren aus den verschiedensten Bereichen abhängig ist. Sofern sich die Zwecksetzungen im Zeitablauf ändern, ist es notwendig, sich derart veränderten Gegebenheiten anzupassen. Wenn nun im Unternehmen Investitionsobjekte vorhanden sind, die eine solche Anpassungsfähigkeit bezüglich ihrer Verwendungsrichtungen nicht aufweisen, kann dies dazu führen, daß sie bei veränderten Zwecksetzungen keine positiven Beiträge zum globalen Unternehmensziel mehr zu leisten in der Lage sind. Um solche Situationen nicht eintreten zu lassen, kann es angebracht sein, die globale betriebliche Zielsetzung Gewinnstreben durch eine zusätzliche Zielkomponente Flexibilität zu ergänzen. Flexibilität in diesem Sinne bedeutet, daß ein Investitionsobjekt in einer Mehrzahl von Verwendungseine Universalmarichtungen eingesetzt werden kann, wie dies beispielsweise für schine gilt. Eine Spezialmaschine ist dagegen ein Beispiel für ein Investitionsobstark eingejekt, das bezüglich seiner Verwendungsrichtung mehr oder weniger Ein Inveaufweist. Flexibilität schränkt ist, das also eine vergleichsweise geringe in seiner wird Flexibilität nur spezifischen Verwengeringer stitionsobjekt mit wirksamer hinsichtlich der damit und in der Regel kostengünstiger dungsrichtung als Zielsetzung Gewinnstreben eingesetzt werden können ein Investitionsobjekt mit hoher Flexibilität, für das diese Verwendungsrichtung nur eine unter vielen anderen darstellt. Dennoch wird sich der Betrieb als Investor oftmals für ein InvestitiVerändeonsobjekt mit höherer Flexibilität entscheiden, um dadurch notwendigen beirungen in dessen Verwendungsrichtung gerecht werden zu können, wenn sich Funktionsbereich aufgrund Leistungsverwertung spielsweise vom betrieblichen und in der Leistungserstellung verändernder Marktanforderungen Veränderungen daraus resultierend in der Verwendungsrichtung des betreffenden Investitionsobjektes als zukünftig möglich erachtet werden. 24. Die

Investitionsentscheidung

von Investitionsentscheidung ist die Entscheidung über die Umwandlung zu einer hohen diese wobei Umwandlung in Zahlungsmitteln Investitionsobjekte, und langfristigen Bindung der umgewandelten Zahlungsmittel in den Investitiwährend der gesamten Leonsobjekten führt. Investitionsentscheidungen müssen Dabei handelt es sich um werden. des Unternehmens ständig bensdauer getroffen Investitionsentscheidiese da alle eine Daueraufgabe von sehr hoher Komplexität, beeinflussen sich und sind (Kraschwitz). gegenseitig dungen voneinander abhängig

Eine

94

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

In Anlehnung an Kraschwitz kann eine Klassifikation der außerordentlich großen und heterogenen Vielfalt der Investitionsentscheidungen vorgenommen werden, die in der nachfolgenden Übersicht dargestellt ist. Einzelentscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, daß sich die betrachteten Investitionen als Entscheidungsalternativen gegenseitig ausschließen. Die zugehörige Fragestellung lautet im einfachsten Falle „entweder Investition in Investitionsobjekt A oder Nicht-Investition", in komplizierteren Fällen „Investition entweder in Investitionsobjekt A, oder in Investitionsobjekt A2 oder in Investitionsobjekt A3 oder... oder in Investitionsobjekt An oder Nicht-Investition".

Ja

Einzelentscheidungen

Ja

Wahlentscheidungen Darstellung 5-5: Klassifikation der Investitionsentscheidungen

Demgegenüber werden Programmentscheidungen immer durch Fragestellungen der Struktur „Investition entweder in die Investitionsobjekte A und B gemeinsam oder in die Investitionsobjekte C, D und E gemeinsam" gekennzeichnet. Dabei schließen sich die Investitionsobjekte A und B bzw. C, D und E gegenseitig nicht aus, sondern sie fügen sich im Gegenteil jeweils zu einem Investitionsprogramm zusammen. Die Entscheidung für ein Investitionsprogramm bedeutet dann, daß die in ihm enthaltenen Investitionsobjekte gemeinsam in den Betrieb hereingenommen werden. Die einzelnen zur Wahl stehenden Investitionsprogramme bilden allerdings wieder sich gegenseitig ausschließende Alternativen der Investitionsentscheidung.

Investition Innerhalb der

Einzelentscheidungen

95

wird danach unterschieden, ob die zeitliche

Nutzungsdauer der in Frage stehenden Investitionsobjekte fest vorgegeben ist oder nicht. Im ersten Falle wird von Wahlentscheidungen gesprochen, wobei die Wahl unter mindestens zwei alternativen

Investitionsobjekten

zu

treffen ist. Im zweiten

Investitionsdauerentscheidungen, wobei beispielsweise die Frage zu beantworten ist, ob ein bestimmtes Investitionsobjekt n,, n2, oder n3 Zeitperioden im Unternehmen genutzt werden soll. Derartige Investitionsdauerentscheidungen gehören zu den Einzelentscheidungen, da sich die verschiedenen zur Diskussion stehenden Nutzungsdauern als Entscheidungsalternativen gegenseitig Falle

geht

es um

ausschließen. Eine andere Klassifikation der Investitionsentscheidungen wird von Diederich vorgeschlagen. Er unterscheidet zwischen Vorteilhaftigkeitsproblem, Wahlproblem und Ersatzproblem. Das Vorteilhaftigkeitsproblem beinhaltet die Aufgabe zu entscheiden ob ein einzelnes Investitionsobjekt im Hinblick auf die verfolgte betriebliche Zielsetzung gegenüber der Alternative des Unterlassens der betreffenden Investition vorteilhaft ist oder nicht. Das Wahlproblem ist dagegen dadurch gekennzeichnet, daß hier der Gegenstand der Entscheidung von einem Investitionsobjekt auf eine Mehrzahl von Investitionsobjekten ausgedehnt wird. Jedes dieser Investitionsobjekte istzuauf seine Vorteilüberprüfen, und haftigkeit im Hinblick auf die verfolgte betriebliche Zielsetzung das das höchste die Entscheidung fällt zugunsten desjenigen Investitionsobjektes, daß die kann durchaus sich herausstellen, es Maß an Zielerfüllung verspricht. Dabei wenn wird, Nicht-Investition die durch gegeben beste Entscheidungsalternative nämlich alle in Frage stehenden Investitionsobjekte keinen positiven Beitrag zur betrieblichen Zielerreichung zu leisten vermögen. Das Ersatzproblem ist für den Investor mit der Aufgabe verbunden zu entscheiseiner den, ob ein bereits im Betrieb befindliches Investitionsobjekt vor Ablauf werden ersetzt soll, anderes Investitionsobjekt geplanten Nutzungsdauer durch ein Bedem ist, vorhandenen geeignet Leistungsfähigkeit obwohl es aufgrund seiner Wahlkann als ebenfalls Das stiften. Nutzen zu Ersatzproblem weiterhin trieb noch und dem Weiternutproblem interpretiert werden, da hier zwischen indemdenErsetzen Betrieb hereingenommenen zen eines bereits zu einem früheren Zeitpunkt im ZusamEine besondere ist. Schwierigkeit zu entscheiden Investitionsobjektes im allgehier daß der Tatsache, aus sich dem mit Ersatzproblem ergibt menhang sonwerden soll, meinen nicht nur zu entscheiden ist, ob ein Ersatz vorgenommen nur nicht also hat. stellt sich Es dern auch, wann der betreffende Ersatz zu erfolgen zieldem nach die auch sondern Frage des Ersatzes, der Tatsache die Frage nach

entsprechenden Ersatzzeitpunkt.

Diese zweite Klassifikation der Investitionsentscheidungen kann in die zuerst geder ersten Klassifikation nannte eingefügt werden. Bei den Wahlentscheidungen in eine Investitiläßt sich unterscheiden, ob neben der Alternative Nicht-Investition Im ersten stehen. Auswahl zur onsalternative oder mehrere Investitionsalternativen vor. Bei das zweiten Wahlproblem im Falle liegt das Vorteilhaftigkeitsproblem, unkann danach den Investitionsdauerentscheidungen in der ersten Klassifikation ist vorhanden im Betrieb terschieden werden, ob das betreffende Investitionsobjekt Erist das Unternehmen befindet, im bereits es sich daß oder nicht. Für den Fall, satzproblem zu lösen, andernfalls liegt ein Nutzungsdauerproblem (KruschwUz) vor.

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

96

25. Die

Investitionsrechnung

Es ist schon mehrfach auf die besondere Bedeutung von Investitionsentscheidungen für den Betrieb und seine Zielerreichung hingewiesen worden. Um dieser Bedeutung gerecht werden zu können, ist es notwendig, daß auf die Entscheidungsprozesse, die zu Investitionsentscheidungen führen, besondere Sorgfalt verwandt wird. Im vierten Teil des vorliegenden Lehrbuches ist dargestellt worden, daß die auf Heinen zurückgehende Unterteilung des EntScheidungsprozesses in die drei Komponenten Anregungsphase, Suchphase und Optimierungsphase im Regelfall für ausreichend gehalten wird. Für den Investitionsbereich wird jedoch aufgrund seiner besonderen Bedeutung für das Unternehmensganze eine differenziertere Betrachtung der durchzuführenden EntScheidungsprozesse vorgeschlagen. Der Beginn kann auch hier wieder als Anregungsphase bezeichnet werden, da ohne sie kein Entscheidungsprozeß in Gang gesetzt werden kann. In der anschließenden Suchphase geht es um die Ermittlung von Entscheidungsalternativen in Form von Investitionsobjekten und um die Erarbeitung der relevanten Informationen über jede einzelne Entscheidungsalternative. Nachfolgend können in einer Vorauswahl diejenigen Investitionsobjekte eliminiert werden, die für eine Realisation nicht in Frage kommen, da sie bestimmten grob formulierten Anforderungen nicht gerecht werden. Unter den verbleibenden Entscheidungsalternativen ist dann die endgültige Auswahl zu treffen. Als Instrument zur Bewältigung dieser Aufgabe sind die verschiedenen Arten der Investitionsrechnung entwickelt worden, die in ihrer Anwendung den zentralen Bestandteil des investitionspolitischen Entscheidungsprozesses verkörpern. Wegen der damit verbundenen großen Wichtigkeit der Investitionsrechnung für die Investitionsentscheidung wird auf ihre verschiedenen Arten nachfolgend noch ausführlicher einzugehen sein. Durch die Anwendung der Investitionsrechnung wird es nicht nur ermöglicht, die im Hinblick auf die verfolgte betriebliche Zielsetzung beste Entscheidungsalternative zu bestimmen, sondern es können darüber hinaus alle in die engere Wahl gezogenen Investitionsobjekte in eine Rangfolge bezüglich ihrer erwarteten Zielwirksamkeit gebracht werden. Anschließend gilt es, das geplante Investitionsvorhaben mit allen anderen betrieblichen Teilbereichen, zu denen aufgrund vorhandener Interdependenzen Verbindungen bestehen, abzustimmen. Diese Abstimmung ist erforderlich, damit die Investitionsentscheidung nicht zugunsten eines Investitionsobjektes ausfällt, das mit bestehenden oder geplanten Gegebenheiten in anderen betrieblichen Teilbereichen unverträglich ist. Für diese Abstimmung ist die als mögliches Ergebnis der Investitionsrechnung genannte Rangfolge der Investitionsobjekte von Bedeutung, da die Prüfung der Investitionsobjekte auf Kompatibilität mit den anderen betrieblichen

Teilbereichen zweckmäßigerweise entsprechend dieser Rangfolge vorgenommen erfolgter Abstimmung kann dann schließlich die endgültige Investitionsentscheidung getroffen werden, die zugunsten des Investitionsobjektes ausfällt, wird. Nach das eine

höchstmögliche Erfüllung der betrieblichen Zielsetzung verspricht und gleichzeitig in höchstmöglichem Maße mit allen anderen betrieblichen Teilberei-

chen

verträglich ist.

„Die Investitionsrechnung soll eine rationale Beurteilung von Investitionsvorhaben ermöglichen, damit zieladäquate Investitionsentscheidungen gewährleistet sind." (Strutz) Dabei beschränkt sich die Investitionsrechnung als informationsverarbeitender Prozeß darauf, nur einen Teil der verfügbaren Informationen, nämlich

Investition

97

quantifizierbaren Daten, adäquat auszuwerten, da Rechnen nur mit Zahlen möglich ist (Kruschwitz). Wenn ausschließlich Einzelentscheidungen im Investitionsbereich betrachtet werden, dann lassen sich die zur Lösung der entsprechenden Entscheidungsprobleme geeigneten Verfahren der Investitionsrechnung, die auch als „klassische Methoden der Investitionsrechnung" bezeichnet werden, grob in zwei Gruppen unterteilen, die als statische oder kalkulatorische Verfahren und als dynamische oder finanzmathematische Verfahren bezeichnet werden. die

Die statischen (kalkulatorischen) Verfahren der Investitionsrechnung sind dadurch gekennzeichnet, daß zeitliche Unterschiede im Anfall von Zahlungen in Verbindung mit einer Investition in der Investitionsrechnung unberücksichtigt bleiben (Eine Ausnahme bildet teilweise die statische Amortisationsrechnung). Innerhalb der statischen Verfahren der Investitionsrechnung werden einperiodige und mehrperiodige Verfahren unterschieden. In die Gruppe der einperiodigen Verfahren gehören die Kostenvergleichsrechnung, die Gewinnvergleichsrechnung und die Rentabilitätsvergleichsrechnung. Diese Verfahren lassen sich gemeinsam dadurch kennzeichnen, daß bei ihnen als Bezugszeitraum eine fiktive Abrechnungsperiode, in der Regel eine einjährige Abrechnungsperiode wie in der Finanzbuchhaltung, zugrundegelegt wird und anstelle der tatsächlichen Zahlungen periodisierte Erfolgsgrößen in Form kalkulatorischer Erlöse und Kosten verwendet werden.

Die unterschiedlichen Verfahren der Investitionsrechnung werden an dem nachfolgenden Beispiel einer Sachinvestitionsentscheidung mit zwei alternativ realisierbaren Produktionsanlagen dargestellt. 1

Anlage 2

150.000,00

240.000,00

Anlage

Beispiel Kapitaleinsatz Nutzungsdauer Liquidationserlös Produktionskapazität Abschreibungsmethode

e

kalkulatorischer Zinssatz variable Stückkosten sonstige Fixkosten pro Jahr

Stück-Verkaufspreis_

5

6

0,00

0,00 150.000

%

120.000 linear 10%

6 € e

0,80 2.500,00 1,30

0,70 4.000,00 1,25

Jahre € Stück

linear

10%

Darstellung 5-6: Beispiel zur Investitionsrechnung Bei der Kostenvergleichsrechnung wird auf die Betrachtung der Erlöse als der positiven Erfolgsgröße verzichtet, da angenommen wird, daß alle in Frage stehenden Investitionsobjekte zu Erlösen in derselben Höhe führen. Es wird dann dasjenige

Investitionsobjekt gesucht,

dessen

Realisierung

mit den

geringsten

Kosten

verbunden ist. Wenn alle betrachteten Investitionsobjekte über dieselbe Kapazität verfügen, kann sich der Vergleich auf die Periodenkosten beziehen. Sämtliche entscheidungsrelevante Kosten werden auf eine durchschnittliche Periode bezogen.

Abschreibungen ergeben sich unter Verwendung der linearen Abschreibungsmethode und unter Beachtung eines eventuellen Liquidationserlöses am Ende des Nutzungszeitraumes wie folgt: Die

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

98

Abschreibung: Kapitaleinsatz Liquidationserlös Nutzungsdauer -

Die kalkulatorischen Zinsen ergeben sich im Falle statischer, periodisierender Investitionsrechenverfahren unter Verwendung des durchschnittlich gebundenes Kapitals. Dieses beträgt bei Verwendung der linearen Abschreibungsmethode und unter Beachtung eines eventuellen Liquidationserlöses am Ende des Nutzungszeitraumes entsprechend der Hälfte des Kapitaleinsatzes bezüglich des nicht abzuschreibenden Liquidationserlöses zusätzlich der Kapitalbindung des über den gesamten

Nutzungszeitraumes vollständig gebundenen Liquidationserlöses:

kalkulatorische Zinsen

durchschnittlich gebundenes

=

Zinssatz durchschnittlich •

gebundenes Kapital

+ Kapital Kapitaleinsatz Liquidationserlös =

Kostenvergleich anhand der Durchschnittskosten pro Periode

variable Periodenkosten

Abschreibung Zinsen

sonstige Fixkosten gesamte Fixkosten Durchschnittskosten pro Jahr

1

Anlage 2

96.000,00

105.000,00

30.000,00 7.500,00 2.500,00

40.000,00 12.000,00 4.000,00

40.000,00

56.000,00

136.000,00

161.000,00

Anlage

Vergleich:

e e e

Darstellung 5-7: Kostenvergleich anhand der Durchschnittskosten pro Periode Wenn sich die Kapazitäten der einzelnen Investitionsobjekte nicht entsprechen, muß an die Stelle des Periodenkostenvergleiches ein Vergleich der Stückkosten, d. h. der auf die Leismngseinheit bezogenen Periodenkosten, treten (Wöhe). Es sei darauf hingewiesen, daß in den Kostenvergleich nicht alle Kosten einbezogen werden müssen, sondern nur die entscheidungsrelevanten Kosten, d. h. diejenigen Kosten, die bei mindestens einem der betrachteten Investitionsobjekte in anderer Höhe anfallen als bei den anderen. Abschließend ist zu bemerken, daß die Kostenvergleichsrechnung ein Investitionsobjekt als bestes, d. h., kostenminimales ermitteln kann, welches dennoch keinen positiven Erfolgsbeitrag liefert, da auf die Einbeziehung der zweiten Erfolgskomponente, der Erlöse, in die Vergleichsrechnung verzichtet wird (Kraschwitz).

Investition

99

Kostenvergleich anhand der durchschnittlichen Kosten pro Leistungseinheit Vergleich: Durchschnittskosten pro Jahr

Produktionskapazität

Anlage € Stück

volle Stückkosten

1

Anlage 2

136.000,00 120.000,00

161.000,00 150.000,00

1,13

1,07

Darstellung 5-8: Kostenvergleich anhand der durchschnittlichen Kosten pro Leistungseinheit

Die Gewinnvergleichsrechnung löst sich von der in der Kostenvergleichsrechnung verwendeten Prämisse identischer Erlöse für alle Investitionsobjekte. Hier werden demnach in die Vergleichsrechnung beide Erfolgskomponenten (Kosten und Erlöse) in saldierter Form als Gewinn einbezogen. Entsprechend dem Vorgehen bei der Kostenvergleichsrechnung wird der Vergleich am Periodengewinn in Falle gleicher Kapazitäten durchgeführt.

Gewinnvergleich anhand des durchschnittlichen Periodengewinns

Vergleich: durchschnittliche Erlöse pro Jahr Durchschnittskosten pro Jahr

durchschnittlicher Periodengewinn

1

Anlage 2

156.000,00 136.000,00

187.500,00 161.000,00

20.000,00

26.500,00

Anlage

Darstellung 5-9: Gewinnvergleich anhand des durchschnittlichen Periodengewinns Im Falle unterschiedlicher Kapazitäten wird der Gewinnvergleich am Stückge-

winn als dem auf die Leistungseinheit bezogenen Periodengewinn vollzogen. Auszuwählen ist bei Anwendung der Gewinnvergleichsrechnung diejenige Investitionsder zu berücksichalternative, die den höchsten Gewinn erwarten läßt. Bezüglich alle entscheisind es Gesagte analog: tigenden Erlöse und Kosten gilt das oben in die Vergleichsrechnung einzubeziehen, Kosten und Erlöse dungsrelevanten der betrachund das sind diejenigen Erlöse und Kosten, die bei mindestens einem Zur Anwenanderen. als den bei teten Investitionsobjekte in anderer Höhe anfallen dann brauchsie nur daß zu ist kritisch sagen, dung der Gewinnvergleichsrechnung stehenden in Investitionsobjekte die wenn zu Frage liefern bare Ergebnisse vermag, alle dieselbe Nutzungsdauer aufweisen und mit demselben Zahlungsmitteleinsatz verbunden sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, führt die Gewinnvergleichsrechnung zu Ergebnissen, deren Verwendung mit hoher Wahrscheinlichkeit Fehlentscheidungen zur Folge hat (Kruschwitz).

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

100

Gewinnvergleich anhand durchschnittlicher Gewinne pro Leistungseinheit Vergleich:

Periodengewinn Produktionskapazität

durchschnittlicher

durchschnittlicher

€ Stück

Anlage 1

Anlage 2

20.000,00 120.000,00

26.500,00 150.000,00

0,17

0,18

Stückgewinn

Darstellung 5-10: Gewinnvergleich anhand durchschnittlicher Gewinne pro Leistungseinheit

Rentabilitätsvergleichsrechnung wird im Gegensatz zur Kosten und zur Gewinnvergleichsrechnung die Tatsache berücksichtigt, daß verschiedene Investitionsobjekte im allgemeinen verschieden hohe Beträge an Zahlungsmitteln binden, d. h., mit unterschiedlichem Kapitaleinsatz verbunden sind. Es wird für jedes Investitionsobjekt die Kenngröße In der

Rentabilität

Gewinn

=

Kapitaleinsatz

gebildet, die durch zusätzliche Einbeziehung des mit dem Investitionsobjekt bundenen Umsatzerlöses zu der aufschlußreicheren Kenngröße Return

on

Investment

=

Gewinn Umsatz

ver-

Umsatz

Kapitaleinsatz

als dem Produkt aus Umsatzrentabilität und Kapitalumschlag umgeformt werden kann (Wöhe). Da im Rahmen der statischen Verfahren der Investitionsrechnung mit durchschnittlichen Größen gearbeitet wird, kommt beim Rentabilitätsvergleich neben dem durchschnittlichen Periodengewinn das pro Periode durchschnittlich gebundene Kapital zur Anwendung. Das pro Periode durchschnittlich gebundene Kapital ergibt sich im Falle der Verwendung der linearen Abschreibungsmethode und unter Beachtung eines eventuellen Liquidationserlöses am Ende des Nutzungszeitraumes wie bereits bei der Kostenvergleichsrechnung erläutert, als:

durchschnittlich gebundenes

+ Kapital Kapitaleinsatz Liquidationserlös =

Unter der Voraussetzung, daß der Kapitaleinsatz bei allen Investitionsobjekten gleich hoch ist, führt die Rentabilitätsvergleichsrechnung zu denselben Ergebnissen wie die Gewinnvergleichsrechnung, so daß sie in diesen Fällen nicht herangezogen zu werden braucht. Im Falle ungleichen Kapitaleinsatzes vermeidet die Rentabilitätsvergleichsrechnung jedoch die aufgezeigten Fehlermöglichkeiten der Gewinn-

vergleichsrechnung,

da sie die Gewinne aller

Investitionsobjekte

auf eine Einheit

Kapitaleinsatz bezieht und damit vergleichbar macht. Ausgewählt wird dann dieje-

nige Entscheidungsalternative,

die die höchste Rentabilität erwarten läßt. Aller-

Investition

101

Rentabilitätsvergleich Vergleich: durchschnittlicher Periodengewinn durchschnittlicher Kapitaleinsatz durchschnittliche Erlöse pro Jahr

fc € €

Umsatzrentabilität

%

Kapitalumschlag durchschnittliche Rentabilität

1

Anlage 2

20.000,00 75.000,00 156.000,00

26.500,00 120.000,00 187.500,00

12,82% 2,08 26,67%

14,13% 1,56 22,08%

Anlage

(ROI)

%

Darstellung 5-11: Rentabilitätsvergleich durchschnittlicher Periodengrößen

dings stellt sich im Falle des ungleichen Kapitaleinsatzes die Frage, was mit dem Differenzkapital der Alternative mit dem geringeren Kapitaleinsatz geschieht, falls diese Alternative gewählt werden würde. Dieses Differenzkapital könnte zumindest über den Zeitraum der Nutzungsdauer als Finanzinvestition angelegt werden, was zu zusätzlichen Zinsgewinnen dieser Alternative führen würde. Kritisch ist allerdings des weiteren auch bezüglich der Rentabilitätsvergleichsrechnung zu sagen, daß ihre Anwendung wie die der Gewinnvergleichsrechnung zu für die Investitionsentscheidung fehlerhaften Ergebnissen führen kann, wenn sich die befrachteten Investitionsobjekte hinsichtlich ihrer Nutzungdauern voneinander unterscheiden. Als mehrperiodiges Verfahren der statischen Investitionsrechnungsverfahren ist die Amortisationsrechnung (Kapitalrückflußrechnung, pay-back-Rechnung, payoff-Rechnung, pay-out-Rechnung) zu nennen. Amortisationsrechnungen erfreuen sich in der betrieblichen Praxis sehr großer Beliebtheit. Die Amortisationsrechnung geht von der Überlegung aus, wie lange es dauert, bis die für die Vornahme einer Investition aus dem Betrieb abgeflossenen Zahlungsmittel aufgrund des Einsatzes des betreffenden Investitionsobjektes im Betriebsprozeß wieder in das Unternehmen zurückgeflossen sind. Der entsprechende Zeitraum wird als Amortisationsdauer oder pay-off-Periode bezeichnet, und unter mehreren in Frage kommenden Investitionsobjekten wird dasjenige ausgewählt, das nach den Erwartungen des Investors mit der kürzesten Amortisationsdauer verbunden ist. Die Durchführung der Amortisationsrechnung kann in zweifacher Weise erfolgen. Beim Kumulationsverfahren wird die Amortisationsdauer eines Investitionsobjektes in einem sukzessiven Rechenprozeß ermittelt. Mit dem Investitionszeitpunkt beginnend werden die Überschüsse der laufenden Einnahmen über die laufenden Ausgaben solange schrittweise addiert, bis die kumulierten Überschüsse den Kapitaleinsatz für das Investitionsobjekt erreicht haben. Wenn die Überschüsse der laufenden Einnahmen über die laufenden Ausgaben in jeder Abrechnungsperiode annähernd gleich hoch sind, wenn also ohne wesentliche Verzerrungen ein durchschnittlicher Rückfluß als Einnahmenüberschuß für eine fiktive Abrechnungsperiode gebildet werden kann, dann läßt sich die Amortisationsdauer nach dem Durchschnittsverfahren wie folgt berechnen:

Amortisationsdauer

=

Kapitaleinsatz durchschnittlicher Rückfluß pro Zeiteinheit

102

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Amortisationsberechnung Vergleich: Kapitaleinsatz Rückflüsse Amortisationsdauer

1

Anlage 2

150.000,00 57.500,00 2,61

240.000,00 78.500,00 3,06

Anlage € € Jahre

Darstellung 5-12: Amortisationsberechnung mit dem Durchschnittsverfahren Es ist zu beachten, daß die Amortisationsrechnung im Gegensatz zur Gewinnvergleichsrechnung nicht mit Erlösen und Kosten, sondern mit Einnahmen und Ausga-

ben arbeitet. Daher ist der durchschnittliche Rückfluß nicht mit dem durchschnittlichen Gewinn identisch, sondern der durchschnittliche Rückfluß ergibt sich in einer vereinfachenden Betrachtung aus dem durchschnittlichen Gewinn durch Hinzufügen der kalkulatorischen Abschreibung und der kalkulatorischen Zinsen. Die Amortisationsrechnung ermittelt für ein Investitionsobjekt dessen kritische Nutzungsdauer, also diejenige Nutzungsdauer, die mindestens erreicht werden muß, damit das ursprünglich eingesetzte Kapital wieder in das Unternehmen zurückfließen kann, also ein Überschuß in Höhe von Null erreicht als dem Produkt aus Umsatzerfolg und Kapitalumschlag umgeformt werden kann, also ein Überschuß in Höhe von Null erreicht wird. Amortisationsüberlegungen können eine Investitionsrechnung, die die Zielsetzung des Betriebes explizit in die Überlegungen einbezieht, nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen, da sie durch alleinige Betrachtung der Amortisationszeit nur dem Aspekt der Risikobegrenzung Rechnung tragen

(Kraschwitz).

Die dynamischen (finanzmathematischen) Verfahren der Investitionsrechnung sind im Gegensatz zu den statischen Verfahren dadurch gekennzeichnet, daß zeitliche Unterschiede im Anfall von Zahlungen in Verbindung mit einer Investition in der Investitionsrechnung explizit berücksichtigt werden. Diese Berücksichtigung des Zeitfaktors findet in den dynamischen Verfahren in erster Linie durch die Verwendung der Zinseszinsrechnung statt. „Zeitliche Unterschiede im Anfall der Erfolgsgrößen von Investitionsvorhaben werden nicht wie bei statischen Investitionsrechnungen vernachlässigt oder in einer Durchschnittsbetrachtung nivelliert, sondern gehen explizit und entsprechend bewertet in das Ergebnis der Investitionsrechnung ein." (Schierenbeck) Als wichtigste dynamische Verfahren der Investitionsrechnung sind die Kapitalwertmethode, die Annuitätenmethode und die Methode der internen Zinsfüße zu bezeichnen. Bei der Kapitalwertmethode wird zur Beurteilung eines Investitionsobjektes dessen Kapitalwert herangezogen. Dabei ergibt sich der Kapitalwert einer Investition als die Summe aller auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogenen ab- oder aufgezinsten positiven und negativen Zahlungen, die dieser Investition in eindeutiger Weise zugerechnet werden. Im allgemeinen wird als Bezugszeitpunkt der Zeitpunkt unmittelbar vor der Investition, also in der Regel der Zeitpunkt des Abflusses der Zahlungsmittel für das Investitionsobjekt, gewählt, und es werden dann alle Einzahlungen und Auszahlungen mit einem Abzinsungsfaktor auf diesen Bezugszeitpunkt abgezinst (diskontiert). Der Zinssatz, der für diese Diskontierung herangezogen wird, wird als Kalkulationszinsfuß bezeichnet.

103

Investition

Abzinsungsfaktor der Periode

= —-—

(l + Kalkulationszinsfuß)Penode

Seine Bestimmung ist das zentrale Problem bei der Anwendung der Kapitalwertmethode wie auch der beiden anderen genannten dynamischen Verfahren. Der wie angegeben ermittelte Kapitalwert einer Investition wird als Kriterium zu ihrer Beurteilung herangezogen. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition ist gegeben, wenn sie einen Kapitalwert aufweist, der größer als Null ist. Daraus folgt die Maxime, daß ein Investitionsvorhaben mit negativem Kapitalwert bei ausschließlicher Verfolgung der Zielsetzung Gewinnstreben niemals realisiert werden darf. Liegt ein Wahlproblem mit mindestens zwei sich gegenseitig ausschließenden Investitionsalternativen vor, so wird mit Hilfe der Kapitalwertmethode unter ihnen diejenige gesucht, die den höchsten Kapitalwert aufweist, der nicht negativ ist. Null als kritischer Schwellenwert der Kapitalwertmethode ergibt sich aus der Tatsache, daß die stets in die Überlegungen mit einzubeziehende Entscheidungsalternative der Nicht-Investition den Kapitalwert Null aufweist und damit immer als bessere Möglichkeit gegenüber einer Investitionsmöglichkeit mit negativem Kapitalwert zur Verfügung steht.

Kapitalwertmethode Anlage

Vergleich: Kalkulationszins

%

1

Anlage 2

10%

10%

-240.000,00 78.500,00

Investitionsausgabe

e e

-150.000,00 57.500,00

Barwert t=0 Barwert t=l Barwert t=2 Barwert t=3 Barwert t=4 Barwert t=5

e e e e €

-92.500,00 52.272,73



0,00

-161.500,00 71.363,64 64.876,03 58.978,21 53.616,56 48.742,32

89.767,26

136.076,76

Rückfluß pro Periode

Kapitalwert_

47.520,66 43.200,60 39.273,27

Darstellung 5-13: Kapitalwertmethode Die Annuitätenmethode stellt lediglich eine Abwandlung der Kapitalwertmethode dar. Es wird zunächst für ein Investitionsvorhaben aus den erwarteten Zahgelegten Nutlungen zu den verschiedenen Zeitpunkten innerhalb der zugrunde wird wieder in sodann Dieser ermittelt. der Kapitalwert Kapitalwert zungsdauer der Reihe diese wobei ursprünglichen von Reihe eine Zahlungen zurückgerechnet, Reihe äquivalent ist aufgrund übereinstimmender Kapitalwerte, darüber hinaus aber auch noch äquidistant (die Zahlungen erfolgen in gleichen zeitlichen Abstän-

in derselben Höden) und uniform (die Zahlungen erfolgen zu allen Zeitpunkten uniformen und Zahlungen, he). Die Berechnung der Annuitäten, der äquidistanten des oben geerfolgt wie die Berechnung des Kapitalwertes unter Verwendung nannten Kalkulationszinsfußes. Die Berechnung erfolgt über Wiedergewinnungs-

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

104

faktoren (Annuitätenfaktoren), die Reziprokwerte der Rentenbarwertfaktoren darstellen. Ein Rentenbarwertfaktor (Barwertsummenfaktor) diskontiert eine Reihe gleichhoher Beträge (Renten) über mehrere Perioden auf den Betrachtungs-

zeitpunkt.

Penoden -1 (l + Rentenbarwertfaktor =-p^^.n Penoden Kalkulationszinsfuß +

Kalkulationszinsfuß)Anzah' (l Kalkulationszinsfuß)Anzahl •

Wiedergewinnungsfaktor

1

Rentenbarwertfaktor

Vorteilhaftigkeit einer Investition liegt vor, wenn die ermittelte Annuität, die auch als Gewinnannuität bezeichnet wird, weil sie sich als Differenz der Annuitäten der Einzahlungs- und der Auszahlungsreihen darstellen läßt, einen Wert annimmt, der größer als Null ist. Ist zwischen mehreren alternativen Investitionsobjekten auszuwählen, so wird mit Hilfe der Annuitätenmethode diejenige Entscheidungsalternative rechnerisch ermittelt, die die höchste Gewinnannuität aufweist. Da eine positive Gewinnannuität stets einen positiven Kapitalwert voraussetzt, andererseits aber auch eine Reihe positiver Gewinnannuitäten immer einen positiven Kapitalwert aufweist und überdies eine direkte Abhängigkeit zwischen der Höhe des Kapitalwertes und der Höhe der korrespondierenden Gewinnannuität besteht, gilt die Aussage, daß die Annuitätenmethode mit der Kapitalwertmethode vollkommen äquivalent ist (Kraschwitz). Annuitätenmethode

Vergleich:

Anlage

1

Anlage 2

89.767,26

136.076,76

10% 5

10% 5

Wiedergewinnungsfaktor

3,790787 0,263797

0,263797

Annuität

23.680,38

35.896,71

Kapitalwert

e

Kalkulationszins Perioden (t =0,l,2...n) Rentenbarwertfaktor

%

Jahre

3,790787

Darstellung 5-14: Annuitätenmethode Die Methode der internen Zinsfüße stellt formal die Kapitalwertmethode mit einer veränderten Fragestellung dar. Während bei der Kapitalwertmethode bei gegebenem Kalkulationszinsfuß nach dem Kapitalwert eines Investitionsvorhabens gefragt wird, geht die Methode der internen Zinsfüße vom Kapitalwert Null aus und fragt, unter Verwendung welchen Rechnungszinsfußes ein Investitionsvorhaben diesen Kapitalwert aufweist. Der ermittelte interne Zinsfuß gibt dann die erwartete Effektivverzinsung für das betreffende Investitionsobjekt an. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition ist gegeben, wenn ihr interner Zinsfuß, also ihre Effektivverzinsung, größer ist als der vom Investor zugrundegelegte Kalkulationszinsfuß. Bei Vorliegen mehrerer alternativer Investitionsobjekte wird mit Hilfe der Methode der

105

Investition

internen Zinsfüße dasjenige unter ihnen errechnet, das die höchste interne Verzinsung aufweist. Die Methode der internen Zinsfüße zur Ermittlung der Effektivverzinsung eines Investitionsvorhabens ist in der betrieblichen Praxis sehr beliebt. Dennoch muß auf die Fragwürdigkeit dieses Verfahrens der dynamischen Investitionsrechnung aufmerksam gemacht werden, da nur unter relativ einschränkenden Voraussetzungen eine eindeutige und ökonomisch sinnvoll interpretierbare Lösung des Problems erzielt werden kann. Die Begründung für diese Tatsache ist in erster Linie darin zu suchen, daß die Bestimmungsgleichung für den internen Zinsfuß im Falle einer Nutzungsdauer des in Frage stehenden Investitionsobjektes von n Abrechnungsperioden ein Polynom n-ten Grades darstellt. Ein solches Polynom weist nach dem Fundamentalsatz der Algebra n Lösungen auf. Befinden sich unter diesen n Lösungen zwei oder mehr reelle Lösungen, so ist eine eindeutige Lösbarkeit des Investitionsproblems nicht mehr gegeben. Enthält die Lösungsmenge dagegen auch komplexe Lösungen, so können diese ökonomisch sinnvoll nicht interpretiert werden. Die folgende Abbildung zeigt die Diskontierung der Kapitalwerte der beiden Alternativen aus dem Beispiel unter Verwendung der exakten internen Zinsfüße auf Null auf. Methode der internen Zinsfüße 1

Anlage 2

%

49,826114%

39,359539%

€ €

-150.000,00 57.500,00

-240.000,00 78.500,00



-92.500,00 38.377,82 25.614,91 17.096,42 11.410,84 0,00

-161.500,00 56.329,12 40.419,99 29.004,11 20.812,43 14.934,34

0,00

0,00

Anlage

Vergleich: interner Zins

Kapitalwert bei internem Zins Investitionsausgabe Rückfluß pro Periode Barwert t=0 Barwert t=T Barwert t=2 Barwert t=3 Barwert t=4 Barwert t=5

€ € € € €

Kapital wert bei internem Zins_€_

Darstellung 5-15: Methode der internen Zinsfüße

Fragen zur Lernkontrolle: 1. 2.

Grenzen Sie die Begriffe Investition und Finanzierung gegeneinander ab. Was verstehen Sie inhaltlich unter Sachinvestitionen, Finanzinvestitionen und Realinvestitionen?

106

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

3. 4.

5. 6. 7.

8. 9.

Nach welchen Kriterien werden

rungsinvestitionen differenziert?

Ersatz-, Erweiterungs- und Rationalisie-

In welche Bestandteile läßt sich die Bruttoinvestition zerlegen, und welche Beziehung besteht zwischen Bruttoinvestition und Rationalisierungsinvestition? Welche betrieblichen Zielsetzungen sind in der Regel Grundlage bei Inve-

stitionsentscheidungen?

Was bedeutet Flexibilität als

Zielkomponente für den Investor? Erläutern Sie den Begriff Unsicherheit, und beschreiben Sie seine Bedeutung für die Entscheidung über Investitionsmaßnahmen. Kennzeichnen Sie den Unterschied zwischen Investitionseinzelentscheidungen und -programmentscheidungen. In welcher Phase des Investitionsentscheidungsprozesses werden Investi-

tionsrechnungen eingesetzt?

10. Wodurch sind die statischen Verfahren der Investitionsrechnung einerseits und die dynamischen Verfahren andererseits gekennzeichnet? 11. Welche Erlöse und welche Kosten sind im Zuge der Gewinnvergleichs-

rechnung zu berücksichtigen?

12. Wie ist die Kennzahl Return on Investment definiert? 13. Welche beiden Formen der Amortisationsrechnung gibt es? Welche generelle Bedeutung hat die Berechnung der Amortisationsdauer im Rahmen der Investitionsrechenverfahren? 14. Welche kritischen Schwachstellen haben die statischen Verfahren der In-

vestitionsrechnung?

15. Erläutern und beurteilen Sie die Kapitalwertmethode, die Annuitätenmethode und die Methode der internen Zinsfüße als wichtigste Verfahren der

dynamischen Investitionsrechnung.

Literaturhinweise

zu

Investition:

Bitz, Michael, Investition, in: M. Bitz u.a. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1,4. Aufl., München, 1998, S. 107-173 Blohm, Hans /Lüder, Klaus, Investition, 8. Aufl., München, 1995

Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin, Köln, 1992 Kruschwitz, Lutz, Investitionsrechnung, 7. Aufl., Berlin, New York, 1998 Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Strutz, Harald, Die Investition, in: E. Krabbe (Hrsg.), Leitfaden zum Grundstudium der Betriebswirtschaftslehre, 6. Aufl., Gernsbach, 1998, S. 287-361 Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., München, 1996

Beschaffung 3.

107

Beschaffung

31. Abgrenzung zwischen Investition und Beschaffung Im vierten Teil des

vorliegenden Lehrbuches ist Investition als der Umwandlungsprozeß Zahlungsmitteln in Güter, die zur Erstellung von Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen und deren Verwertung am Markt erforderlich sind, bezeichnet worden. Dieser Umwandlungsprozeß ist einerseits mit dem Abfluß von Zahlungsmitteln aus dem Betrieb heraus, andererseits mit dem Zufluß von Gütern in den Betrieb hinein als einem güterlichen Prozeß verbunden, wobei dieser güterliche Zufluß als Beschaffung bezeichnet wurde. Im vorigen Abschnitt ist dann aber darauf hingewiesen worden, daß in der Literatur im allgemeinen nur eine besondere Klasse der Umwandlungsprozesse von Zahlungsmitteln in Güter zur Leistungserstellung und -Verwertung als Investition bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um solche, die die Merkmale langfristige und hohe Bindung der Zahlungsmittel sowie Interdependenz der Investitionsentscheidung aufweisen. Bei diesen Umwandlungsprozessen steht der geldliche Aspekt gegenüber dem güterlichen stark im Vordergrund; die Möglichkeit der von

realen Hereinnahme der betreffenden Güter einschließlich der damit verbundenen Modalitäten wird als gegeben angesehen. Aus diesem Grunde wird der Beschaffung von Investitionsgütern in der Literatur keine oder allenfalls geringe Auf-

merksamkeit geschenkt.

Die Investitionsgüter bilden aber nur einen Teil all der Güter, die von einem Betrieb für seine Leistungserstellung und -Verwertung benötigt werden. Ein weiterer wesentlicher Teil wird von denjenigen Gütern gebildet, die in den Prozessen der verbraucht werden. Leistungserstellung und -Verwertung nicht gebraucht, sondern weder eine im weisen auf eine allgemeinen Güter Mengeneinheit Diese bezogen hohe noch eine langfristige Kapitalbindung auf, wenn sie in den Betrieb hereingeum Roh- oder nommen worden sind. Es handelt sich bei ihnen hauptsächlich

um Einzelteile und Baugruppen Handelswaren. Die Umwandlung von Zahlungsmitteln und sowie um Werkzeuge in derartige Güter wird üblicherweise nicht zum Gegenstand von Investitionsentin den scheidungen gemacht, dafür wird aber dem realen Prozeß ihrer Hereinnahme TatsaDiese Aufmerksamkeit gewidmet. Betrieb, ihrer Beschaffung, beträchtliche che ist damit zu begründen, daß sich für diese ständig wiederholt notwendigen Möglichkeiten mitsamt den dazuBeschaffüngsvorgänge regelmäßig verschiedene der Betrieb die seinem Ziel entspredenen gehörigen Modalitäten anbieten, unter hat. chende auszuwählen UnIn diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die Versorgung des Funktionsbebetrieblichen dem nicht Arbeitskräften ternehmens mit den benötigten als eine reich Beschaffung im hier verwendeten Sinne zugeordnet wird, sondern dieser Innerhalb Aufgabe der betrieblichen Personalwirtschaft angesehen wird. es dann neben Personalwirtschaft, meist als Personalabteilung konkretisiert, gibt des anderen die Teilaufgabe der Personalbeschaffung. Ebenso ist die Ausstattung der hier Betriebes mit den von ihm benötigten Zahlungsmitteln nicht Gegenstand betrachteten Beschaffung, sondern wie im ersten Abschnitt dieses fünften Teiles bereits dargestellt Aufgabe des betrieblichen Funktionsbereiches Finanzierung.

Grundstoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe,

108

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Entsprechend stellt auch Wöhe fest, daß es in jedem Betrieb mindestens drei Beschaffungsstellen gibt, nämlich die Personalabteilung, die Finanzabteilung und die Einkaufsabteilung. Letzterer fällt dabei die Aufgabe der Beschaffung im hier verstandenen Sinne zu, während die Probleme der Beschaffung der hier so bezeichneten Investitionsgüter auch von Wöhe ausgegliedert und dem betrieblichen Funktionsbereich Investition zugeordnet werden. 32. Der

Beschaffungsbedarf

Wenn die

Beschaffung der genannten Güter für die Leistungserstellung und -Verwertung in einer zielgerechten Weise erfolgen soll, dann setzt dies die Ermittlung des zu

deckenden Bedarfes in allen seinen

Komponenten voraus. Hierbei

ist

berücksichtigen, daß die Beschaffung nicht um ihrer selbst willen vorgenommen werden darf, sondern daß sie stets in ihrer Verbindung zu den anderen betrieblichen Teilbereichen gesehen, geplant und durchgeführt werden muß. Der Bedarf an zu beschaffenden Gütern ergibt sich nämlich aus dem im gesamten Betriebsprozeß geplanten oder erwarteten Verbrauch an den betreffenden Gütern. Dieser Verbrauch ist wiederum abhängig von der Menge an Leistungen, die der Betrieb zu erstellen beabsichtigt; und diese Leistungsmenge wird letztlich bestimmt durch die erwarteten oder bekannten Wünsche bzw. Anforderungen des Marktes, der die erstellten oder zu erstellenden Leistungen des Betriebes diesem abnehmen soll. Dabei ist allerdings zu beachten, daß nur jene benötigten Güter zu beschaffen sind, die sich nicht schon im Betrieb befinden, die dem Betrieb nicht anderweitig verfügbar sind und die nicht vom Betrieb im Wege der Eigenfertigung selbst erstellt werden sollen. Diese aufgezeigten Zusammenhänge zwischen den verschiedenen betrieblichen Teilbereichen gilt es bei der Bestimmung des Beschaffungsbedarfes zu

in die

Überlegungen einzubeziehen.

Hinsichtlich der

Menge

und Art der

Bestimmungsgrößen des Beschaffungsbedarfes ist zwischen benötigten Güter und deren örtlicher und zeitlicher Verfügbar-

keit zu unterscheiden. Dabei ist zu beachten, daß zwischen den einzelnen Bestimmungsgrößen vielfaltige Abhängigkeiten bestehen können, die zu berücksichtigen sind, wenn die Beschaffung insgesamt optimal im Sinne des angestrebten Formalziels erfolgen soll. Grochla weist in diesem Zusammenhang im Hinblick auf ein materialwirtschaftliches Optimum (Schierenbeck) auf eine Zerlegung des Gesamtproblems in eine Vielzahl von Teilproblemen hin, unter denen die folgenden als die wichtigsten angesehen werden dürfen. Das Mengenproblem: Um einen reibungslosen Ablauf der Leistungserstellung zu gewährleisten, ist es notwendig, daß jederzeit die benötigten Gütermengen zur Verfügung stehen. Der quantitative Beschaffungsbedarf ergibt sich demzufolge in erster Linie aufgrund der Anforderungen aus der Leistungserstellung, diese Anforderungen müssen allerdings die Gegebenheiten auf den Beschaffungsmärkten berücksichtigen. Das Sortimentsproblem: Im allgemeinen sind die benötigten Güter artmäßig nicht bis ins Detail festgelegt, so daß sich für Maßnahmen im Beschaffungsbereich hinsichtlich des qualitativen Beschaffungsbedarfes ein Spielraum ergibt. Das Sortimentsproblem besteht darin, anforderungsgerechte Mindestqualitäten für die

Beschaffung benötigten Güter festzulegen

109

starke Ausdehnung des Sortiments zu verhindern. Das Raumüberbrückungsproblem: Hier wird die Tatsache der örtlichen Verfügbarkeit der benötigten Güter berührt. Wegen der häufig bestehenden räumlichen Diskrepanz zwischen Beschaffüngs- und Verwendungsort ergeben sich Transportaufgaben, die zwar aufgrund des heutigen Standes der Verkehrstechnik weitgehend als ohne Probleme lösbar angesehen werden dürfen. Dennoch verbleiben in diesem Bereich Beschaffungsrisiken, beispielsweise durch Verzögerungen im Transportprozeß oder durch Qualitätseinbußen der Beschaffungsobjekte während der Beför-

und eine beschaffender Güter in Breite und Tiefe

zu

zu

derung. Das Zeitproblem: Dieses Teilproblem bezieht sich auf die zeitliche Verfügbarkeit der benötigten Güter und ist eng mit dem soeben behandelten Raumüberbrükkungsproblem verbunden. Es berührt aber nicht allein die Tatsache, daß die zu bewältigenden Transportaufgaben Zeit in Anspruch nehmen, die in der Planung der Beschaffungsmaßnahmen berücksichtigt werden muß. Daneben geht es beim Zeitproblem um die Bestimmung des zielgerechten Beschaffungszeitpunktes bei schwankenden Preisen auf den Beschaffungsmärkten und um den Ausgleich von unterschiedlichen Beschaffüngs- und Produktionsrhythmen (Schierenbeck). Das Kapitalproblem: Durch die Beschaffung von Gütern für die Leistungserstellung und -Verwertung werden Zahlungsmittel gebunden. Um das Maß der Kapitalbindung unter der Nebenbedingung einer hinreichend sicheren Vorratswirtschaft so gering wie möglich zu halten, ist es erforderlich, die Bewegungen und Bestände der Beschaffungsgüter sorgfältig in Abstimmung mit den anderen betrieblichen Teilbereichen zu planen und zu überwachen. Das Kostenproblem: Alle bislang genannten Teilprobleme berühren direkt oder indirekt und in unterschiedlichem Maße die entstehenden Kosten des UnternehAus diesem Grunde muß neben die Forderung nach reibungslosem Vollzug der Leistungserstellung und -Verwertung unbedingt auch die Beachtung von Kostenaspekten im Sinne einer Kostenoptimierung bei allen Maßnahmen im Beschafmens.

fungsbereich treten. Von vorrangiger Bedeutung für die Ermittlung des Beschaffungsbedarfes sind im allgemeinen das Mengenproblem und das Sortimentsproblem, d. h. die Frage nach

der Menge und der Art der zu beschaffenden Güter. Die Menge zu beschaffender Güter wird wie schon erwähnt durch die vorgesehene Leistungserstellung bestimmt, ihre Festlegung erfolgt durch die Angabe von Mengeneinheiten wie beispielsweise Stückzahlen, Gewichts oder Volumeneinheiten. Die Bestimmung der entsprechenden Mengen kann vornehmlich in zwei unterschiedlichen Vorgehensweisen erfolgen: Die programmgebundenen Verfahren verwenden als Grundlage ein nach Art und Menge festgelegtes Programm der Leistungserstellung, aus dem dann mit Hilfe von Stücklisten (Struktur, Baukasten, Mengenübersichts-, Variantenstücklisten) unter Einsatz geeigneter Rechenverfahren, z. B. von Gozinto-Graphen, die zu beschaffenden Mengen ermittelt werden. Die verbrauchsgebundenen Verfahren gehen vom bisherigen zeitlichen Verlauf des Beschaffungsbedarfes der einzelnen einzusetzenden Güterarten aus und bestimmen dann mit Hilfe geeigneter Prognoseverfahren wie etwa der Trendextrapolation, der gleitenden Mittelwerte oder der exponentiellen Glättung die zu beschaffenden Mengen. Als weitere Vorgehensweise zur Vorherbestimmung des Beschaffungsbedarfes können mit entspre-

-

110

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

chendem Vorbehalt noch subjektive Schätzungen durch eine oder mehrere Persoangesehen werden. Die Art der zu beschaffenden Güter wird hauptsächlich durch das qualitative Leistungsprogramm, d. h. die Art der zu erstellenden und verwertenden Leistungen, und die technologischen Anforderungen im Bereich der Leistungserstellungsprozesse bestimmt. Die am Markt zu verwertenden Leistungen nehmen insbesondere insoweit Einfluß auf die Art der zu beschaffenden Güter, wie diese wesensbestimmende Bestandteile der zu erstellenden Leistungen in Form von Fertigerzeugnissen werden und so die Wertvorstellungen der Nachfrager gegenüber den betreffenden Leistungen unmittelbar beeinflussen (Diederich). Die technologischen Anforderungen an die zu beschaffenden Güter sind insofern oftmals von Bedeutung für die Bestimmung des Beschaffungsbedarfes, als zwar wie zuvor dargestellt die Art der einzusetzenden Güter vielfach nicht bis ins Detail festgelegt ist, jede Abweichung von der optimalen qualitativen Ausprägung aber zu einer Erhöhung des mengenmäßigen Beschaffungsbedarfes führt. Gerade die Untersuchung der zu beschaffenden Güter nach den Kriterien MengeWert-Relation und Vorhersagegenauigkeit des Verbrauchs führt zu wertvollen Informationen hinsichtlich der Lösung des Beschaffungsproblems.

nen

Wert

100% 95% 80%

l-1-1-1-^ 10% 30% 100% Menge Darstellung 5-16: ABC-Analyse Die ABC-Analyse basiert auf der Annahme, daß in der Regel ein geringer Anteil Materialarten einen hohen Wert als Produkt aus Einstandspreis und Verbrauchsmenge aufweist. Die Beschaffung und Bereitstellung dieser A-Güter ist aufgrund ihres hohen Wertanteils genau zu planen und mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Modelle zu optimieren. Im Rahmen der ABC-Analyse ist die Einteilung der Güter in drei Klassen üblich. Diese Klassenbildung ist willkürlich, jedoch hat sich eine Unterteilung bei 80% und 95% des Gesamtverbrauchswertes für Abzw. A- und B-Teile durchgesetzt (ßchierenbeck). In der folgenden Darstellung haben beispielsweise 10% A-Teile einen Gesamtverbrauchswert von 80%, 20% BTeile einen Gesamtverbrauchswert von 15% und 70% C-Teile einen Gesamtvervon

Beschaffung

111

brauchswert von 5%. Somit umfassen B-Güter die Güter mittlerer Menge-WertRelation, während unter C-Güter beispielsweise die vielen Kleinmaterialien geringen Wertes fallen. Nach der Vorhersagegenauigkeit des Verbrauchs kann man schließlich die zu beschaffenden Güter ebenfalls in drei Gruppen einteilen und gelangt zur XYZ-

Analyse (RSU-Analyse): Güter mit relativ konstantem Verbrauch pro Periode (X-Güter, R-Material), Güter mit saisonal und/oder konjunkturell schwankendem Verbrauch pro Periode (Y-Güter, S-Material), Güter mit unregelmäßigem, nicht vorhersehbarem Verbrauch pro Periode (Z-

• •



Güter, U-Material). liegt auf der Hand, daß bei X-Gütern eine weitgehend exakte Beschaffungsplanung möglich ist, während z. B. bei Z-Gütern in der Regel ein höherer SicherEs

heitsbestand aufgrund der Planungsunsicherheit bezüglich des Verbrauchs eingehalten werden muß. Durch die Kombination von ABC-Analyse und XYZAnalyse läßt sich eine noch differenziertere Analyse und Planung der Beschaffungsprozesse durchführen.

MengeWertRelation

Vorhersage-

A-Güter

B-Güter

C-Güter

.

genauigkeit X-Güter Y-Güter

exakte

Beschaffüngsplanung

i

t Beschaffungs_überschlägige(Vorratshaltung)

Z-Güter

planung

Darstellung 5-17: Kombination von ABC- und XYZ-Analyse 33.

Beschaffung und Lagerhaltung und

Beschaffung von Gütern, die in den Prozessen derdreiLeistungserstellungunterMöglichkeiten -Verwertung benötigt werden, lassen sich grundsätzlich

Für die

scheiden: • •



Einzelbeschaffung im Bedarfsfall, einsatzsynchrone Beschaffung, Vorratsbeschaffung.

gekennzeichnet, daß das bebeschafft wird, in dem der entspredem Zeitpunkt nötigte Gut einzeln und erst zu für eine SonderanfertiEinzelteile werden So ist. sicher und aktuell chende Bedarf betreffende der Auftrag vom Abwenn gung beispielsweise erst dann beschafft, Die

Einzelbeschaffung

im Bedarfsfall ist dadurch

1 12

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

nehmer erteilt worden ist. Diese Art der Beschaffung ist mit dem Nachteil verbunden, daß erhebliche zeitliche Verzögerungen in der Leistungserstellung eintreten können und die betriebliche Terminplanung beträchtlich erschwert werden kann. Dem steht der Vorteil gegenüber, daß nur tatsächlich benötigte Güter beschafft werden und demzufolge allenfalls geringe Kosten für eine Lagerung entstehen und die Gefahr einer Veralterung der beschafften Güter nahezu ausgeschlossen ist. Die Tatsache der Einzelbeschaffung führt oftmals aufgrund geringer Beschaffungsmengen allerdings zu erhöhten Einstandspreisen und Transportkosten. Im Falle der einsatzsynchronen Beschaffung wird der Versuch unternommen, eine Lagerung der beschafften Güter dadurch möglichst zu vermeiden, daß die benötigten Güter erst unmittelbar vor ihrem Einsatz in der Leistungserstellung in den Betrieb hereingenommen werden. Die einsatzsynchrone Beschaffung ist auch als Just in Time-Beschaffung (JIT) bekannt. Die Vermeidung von Kosten der Kapitalbindung und Lagerung führt allerdings zu einer Abhängigkeit des Betriebes von der Zuverlässigkeit der Lieferanten hinsichtlich einer auftragsentsprechenden Lieferung. Vielfach wird vom Unternehmen versucht, die Einhaltung der Lieferbedingungen durch vertraglich vereinbarte Konventionalstrafen abzusichern. Die einsatzsynchrone Beschaffung ist für den Fall des Ausbleibens von Lieferungen mit der Gefahr kostenintensiver Unterbrechungen der Leistungserstellung verbunden. Zur Vermeidung dieser Gefahr werden oftmals kleine Sicherheitsläger unterhalten. Die Verwirklichung einer einsatzsynchronen Beschaffung erfordert eine exakte Planung der Leistungserstellung in allen ihren Komponenten und daraus abgeleitet des Bedarfes an benötigten und damit zu beschaffenden Gütern in all deren Merkmalen. Die beiden Möglichkeiten Einzelbeschaffung im Bedarfsfalle und einsatzsynchrone Beschaffung können zusammengefaßt auch als verbrauchsorientierte Beschaffung bezeichnet werden. Bei der dritten Möglichkeit, der Vorratsbeschaffung, erfolgt eine Loslösung der Beschaffung von ihrer unmittelbaren Bindung an den Verbrauch der zu beschaffenden Güter. Wird vom Betrieb Vorratsbeschaffung betrieben, so bedeutet dies, daß für die in der Leistungserstellung und -Verwertung laufend benötigten Güter Läger eingerichtet werden. Eine solche Lagerung hat für das Unternehmen den Vorteil, daß die benötigten Güter zum Zeitpunkt ihres vorgesehenen Einsatzes sehr schnell verfügbar sind, da sie lediglich dem betriebseigenen Lager entnommen werden müssen. Durch die mögliche Emanzipation von Beschaffung und Leistungserstellung lassen sich über eine autonome Steuerung der Beschaffung Kostenvorteile durch die Verringerung von Bestellund Transportkosten und die Wahrnehmung von Mengenrabatten bei den Einstandspreisen erzielen. Dem steht der Nachteil vom Betrieb zu tragender Lagerkosten für die Kapitalbindung und die Lagerung und der Gefahr der Veralterung und des Verlustes (Schwund, Verderb) der eingelagerten Güter gegenüber. Eine Verringerung der Lagerkosten läßt sich durch die Vorgehensweise der Beschaffung auf Abruf erreichen, bei der Lieferverträge über große Gütermengen mit den entsprechenden Vorteilen abgeschlossen werden, die reale Beschaffung aber in sukzessive abzurufenden Teilmengen unter Vermeidung einer allzu großen Lagerhaltung und der damit verbundenen Nachteile erfolgt. Die Lagerhaltung wird im Unternehmen in der Regel deswegen betrieben, weil eine völlige mengenmäßige und zeitliche Abstimmung zwischen Beschaffung und Leistungserstellung bzw. im Handelsbetrieb zwischen Einkauf und Absatz von

Beschaffung

113

Waren meist ökonomisch nicht sinnvoll und organisatorisch nicht möglich ist (WöEs gibt nur wenige Fälle, in denen die beschafften Güter sofort nach ihrer Beschaffung im Leistungserstellungsprozeß verbraucht bzw. eingesetzt werden. Beispiele für eine derartige Beschaffung mit sofortigem Verbrauch finden sich bei Gütern wie Wasser, Elektrizität oder Gas, die über Leitungs- oder Röhrensysteme, die fest installiert sind, jederzeit an den Verbrauchsort geliefert werden können. Hier ist eine Lagerhaltung zur Wahrnehmung der Ausgleichsfunktion in mengenmäßiger und zeitlicher Hinsicht nicht erforderlich. Neben dieser Ausgleichsfunktion besitzt die Lagerhaltung aber auch eine Sicherungsfunktion. Die Bestimmung des Beschaffungsbedarfes erfolgt unter Annahmen über die zukünftig im Betrieb benötigten Güter, wobei diese Annahmen grundsätzlich mit Unsicherheit belastet sind. Es kann durchaus geschehen, daß im Prozeß der Leistungserstellung und -Verwertung mehr Güter als ursprünglich erwartet benötigt wurden. In solchen Fällen sichert ein vorhandenes Lager den reibungslosen Fortgang des Betriebsprozesses in mengenmäßiger und zeitlicher Hinsicht. Gleiches gilt für den Fall, daß sich Störungen im Beschaffungsprozeß in Form von Ausfällen oder Verzögerungen ergeben, die eine mengenmäßige und zeitliche Überbrückung unter Einschaltung des Lagers erforderlich machen. Damit ein Lager den genannten Funktionen gerecht werden kann, ist es notwenZudig, stets für einen ausreichenden Lagerbestand Sorge zu tragen. In diesemUnter Meldebestand es den ist festzulegen. sammenhang sogenannten wichtig, dem Meldebestand wird derjenige Lagerbestand verstanden, bei dessen Erreichen eine Auffüllung des Lagers durch Neubeschaffung vorgenommen werden muß. Seine Höhe hängt in erster Linie von dem Beschaffungszeitraum, also der ZeitGüter im Lager ab. Nespanne zwischen Bestellung und Eingang der beschafften ben dem Meldebestand ist im Bereich der Lagerhaltung weiterhin der sogenannte eiserne Bestand (Mindestbestand) von Bedeutung. Der eiserne Bestand bildet unterschritten denjenigen Lagerbestand, der unter normalen Umständen niemals werden darf. Ein Abbau des eisernen Bestandes erfolgt nur, um den Fortgang des Verbrauch Betriebsprozesses zu sichern, wenn aus unvorhersehbaren Gründen der Weiin einer der Beschaffüngsprozeß an Gütern das erwartete Maß übersteigt oder nicht des die vorgenommen Lagers se gestört wird, daß vorgesehene Auffüllung werden kann. Den Zusammenhang zwischen Beschaffung, Lagerhaltung, Meldebestand und eidie folgende sernem Bestand vermittelt unter stark vereinfachenden Annahmen haben Bedeutungen: 5-18. verwendeten Die folgende Symbole Darstellung

he).

T

tb

Länge der Planungsperiode

Beschaffungszeitraum

Be eiserner Bestand Bm Meldebestand V, Verbrauch pro Zeiteinheit im Darstellung 5-18 zeigt den störungsfreien Abbau und Aufbau des Lagers Intensität der konstanten Zeitablauf, d. h. der Abbau des Lagers erfolgt ständig mit eines Verbrauches von V, Mengeneinheiten pro Zeiteinheit. Der BeschaffungszeitEnde der Planungsperiode raum beträgt tb Zeiteinheiten, so daß tb Zeiteinheiten vor eine Bestellung in Höhe des Bedarfes der Planungsperiode (V,. T) aufzugeben ist.

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

114

Lagerbestand

'-1-1

i-11

i

-11

2T

T

i

i

Zeit

Darstellung 5-18: Beschaffung und Lagerhaltung In diesem

Zeitpunkt hat der Lagerbestand

den Meldebestand

trägt unter Berücksichtigung des eisernen Bestandes: Bm V,. tb + Be

erreicht; dieser be-

=

getroffenen Annahmen ist der Lagerbestand im Zeitpunkt seiner Auffüllung gerade bis auf den eisernen Bestand abgesunken. Wie aus der Darstellung 5-18 ersehen werden kann, erfolgt bei planmäßigem Verbrauch zu keinem Zeitpunkt eine Inanspruchnahme des eisernen Bestandes. Dies würde nur dann geschehen, wenn die Intensität des Lagerabbaus zeitweilig über V, hinausgehen würde, ohne daß in derselben Planungsperiode eine entsprechende Kompensation durch eine zeitweilig geringere Intensität des Lagerabbaus erfolgte, oder wenn der planmäßige Beschaffungszeitraum tb, überschritten würde. In Zeiten steigender Einstandspreise auf den Beschaffungsmärkten oder erwarteter Verknappungen der zu beschaffenden Güter können neben die Ausgleichs und die Sicherungsfünktion des Lagers auch spekulative Gründe für eine Lagerhaltung treten. In derartigen Fällen wird die Beschaffungsmenge nicht am durch die kurzfristig vorgesehene Leistungserstellung und -Verwertung bestimmten Bedarf orientiert, sondern häufig an der Lagerkapazität (z. B. Öltanks) und an den Finanzierungsmöglichkeiten (Wöhe). Zwischen Beschaffung und Lagerhaltung und den notwendigen Transportvorgängen besteht nach dem Gesagten der folgende Zusammenhang: die in den betrieblichen Prozessen der Leistungserstellung und -Verwertung benötigten Güter müssen auf den entsprechenden Märkten beschafft werden, anschließend in das Unternehmen transportiert werden und dort vorübergehend gelagert werden, sofern die Beschaffung nicht fallweise oder einsatzsynchron erfolgt oder die ständige Verfügbarkeit der benötigten Güter eine Lagerung nicht erforderlich macht. Die Lagerung der beschafften Güter erfolgt im Eingangslager, wo sie zur Abgabe für ihren Einsatz im Betriebsprozeß bereitgehalten werden. Unter einem Zwischenlager wird ein Lager zwischen verschiedenen Stufen des Leistungserstellungsprozesses verstanUnter den

Beschaffung

115

den. Ein solches Zwischenlager kann erforderlich werden, wenn die Leistungserstellung auf den verschiedenen Stufen aus Gründen der verwendeten Technologie nicht in genauer mengenmäßiger und zeitlicher Abstimmung erfolgen kann. Zwischenlager können aus Beschaffungsgesichtspunkten auch Eingangsläger sein, dann nämlich wenn die auf bestimmten Prozeßstufen benötigten Güter nur zu einem Teil im Betrieb erstellt werden, zum anderen Teil aber wegen nicht vorhandener Kapazitäten oder aus anderen Gründen auf dem Markt beschafft werden müssen. Zwischenlager können auch zur Wahrnehmung der oben genannten Sicherungsfunktion gebildet werden, wenn beispielsweise die vorgelagerten Stufen des Leistungserstellungsprozesses besonders störanfällig sind, so daß ohne Zwischenlager die sein Erstellung der vom Absatzmarkt geforderten Leistungen in Frage gestellt könnte. Am Ende des Leistungserstellungsprozesses steht schließlich das Ausgangslager. Im Ausgangslager werden die erstellten Leistungen aufgenommen, die für die Leismngsverwertung vorgesehen sind. Das Entstehen von Ausgangslägern ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß eine Synchronisation von Leistungseraber von stellung und Leistungsverwertung in vielen Fällen nicht möglich oder die Einüber letzteren ist. Falle Im erwünscht nicht erfolgt Betriebes Seiten des und eine von eines Leistungserstellung Emanzipation richtung Ausgangslagers einer die Betrieb Leistungserstellung die dem Möglichkeit Leistungsverwertung, mit konstanter Intensität im Zeitablauf und damit gleichmäßiger Beanspruchung der vorhandenen Kapazitäten wie auch des Beschaffungsmarktes bietet. In Zeiten einer dann im Ausgangslager geringeren Nachfrage werden die erstellten Leistungen Intensität der Nachfrage die gespeichert, um von dort verwertet zu werden, wenn diejenige der Leistungserstellung übersteigt. 34. Die

optimale Bestellmenge

LaZusammenhang mit dem betrieblichen Funktionsbereich Beschaffung und Gesehr schon frühzeitig gerhaltung ist das Problem der optimalen BestellmengeEs genstand von Untersuchungen gewesen (Andler 1929). geht bei diesem Problem Im

an einem beFragestellung, inwieweit der gesamte Bedarf den entspreund in stimmten für den Betriebsprozeß benötigten Gut aufgespalten soll. Im werden folgenden soll chenden Teilmengen bestellt und damit beschafft das von einer werden, das Grundmodell der optimalen Bestellmenge dargestellt nur eine einzige zu beEs wird Annahmen stark vereinfachender ausgeht. Reihe in der

grundsätzlich

um

die

schaffende Güterart betrachtet. Der mengenmäßige Bedarf an dieser Güterart mit derselPlanungsperiode ist bekannt, und der Verbrauch erfolgt kontinuierlich Gutes des betreffenden Die im Zeitablauf. Beschaffung ben Verbrauchsintensität von kann jederzeit in jeder gewünschten Menge erfolgen, da keinerlei Restriktionen wird geschlossen seiten des Beschaffungsmarktes vorliegen. Jede bestellte Menge h. alle zur in einem Zeitpunkt geliefert. Es besteht vollkommene Information, d. bekannt. sind Informationen erforderlichen Ermittlung der optimalen Bestellmenge im Zeitablauf konstant und von der getrofüberdies Daten sind Die entsprechenden

fenen Entscheidung über die Bestellmenge unabhängig. Die verfolgte Zielsetzung für die wird darin gesehen, die gesamten Kosten aus Beschaffung und Lagerhaltung betreffende Güterart in der Planungsperiode zu minimieren. Die geDas Problem der optimalen Bestellmenge läßt sich wie folgt beschreiben: nur aus sich setzen samten entscheidungsrelevanten Kosten in der Planungsperiode

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

116

Bestellkosten und Lagerkosten zusammen, da die Bestellmenge weitere Kostenbestandteile wie den Einstandspreis und die Transportkosten für den Periodenbedarf nicht berührt. Je höher die Bestellmenge ist, desto niedriger ist die Zahl der Bestellungen in der Planungsperiode und desto niedriger sind die Bestellkosten in der Planungsperiode unter der Annahme konstanter Bestellkosten pro Bestellung (bestellfixe Kosten). Je niedriger die Bestellmenge ist, desto niedriger ist der durchschnittliche Lagerbestand in der Planungsperiode und desto niedriger sind die Lagerkosten in der Planungsperiode unter der Annahme eines konstanten Lagerkostensatzes pro Mengeneinheit und Zeiteinheit. Mit der optimalen Bestellmenge soll ein Kompromiß zwischen diesen beiden gegenläufigen Kostentendenzen in Form des Minimums der Summe aus beiden Kostenteilen gefunden werden. Zur formalen mathematischen Bestimmung der optimalen Bestellmenge finden

folgende Symbole Verwendung:

T

Länge der Planungsperiode

V, Verbrauch pro Zeiteinheit kb von der Bestellmenge unabhängige Kosten einer Bestellung (bestellfixe Kosten) ki Lagerkostensatz pro Mengen und Zeiteinheit

Bestellmenge

x

x^ 2 V T —!—

Es ergeben sich die folgenden abgeleiteten Größen: durchschnittlicher Lagerbestand (ohne Berücksichtigung eines eisernen BeStandes) bei der Bestellmenge x Zahl der Bestellungen in der

Planungsperiode bei der Bestellmenge x

Für die Summe aus Bestellkosten und der Bestellmenge x ergibt sich:

Lagerkosten

in der

Planungsperiode

bei

^•kb+f Tk, 2

x

Zur Bestimmung der nach der Bestellmenge

gleich Null zu setzen:

optimalen Bestellmenge

x zu

V, T

T

-kb" + z2 ki —

2 x

Aus dieser

ist

es

notwendig, diesen Ausdruck ergebende erste Ableitung

differenzieren und die sich =0

Gleichung ergibt sich für die optimale Bestellmenge:

Beschaffung

117

|2-Vt-kb

x°pt~V^r~ Diese

Lösung läßt sich auch auf graphischem Wege ermitteln:

X

Bestellmenge

Darstellung 5-19: Die optimale Bestellmenge Das dargestellte Grundmodell der optimalen Bestellmenge ist in vielfacher Hinsicht erweitert worden. Küpper hat eine Übersicht (Darstellung 5-20, S. 118) über die bedeutendsten Erweiterungen des Grundmodells nach den einbezogenen Handlungsalternativen und nach den Hypothesen Uber die vorgegebenen Bestimmungsgrößen entwickelt, die im folgenden vereinfacht wiedergegeben wird.

Fragen zur Lernkontrolle: 1. 2.

3. 4.

Durch welche Merkmale lassen sich die Funktionsbereiche Investition und Beschaffung gegeneinander abgrenzen? Nennen Sie einige Argumente, die für die allgemein übliche Ausgliederung der Finanz- und Personalwirtschaft aus dem Funktionsbereich Be-

schaffung sprechen.

Nach welchen zwei grundsätzlichen Verfahren läßt sich die Menge der zu beschaffenden Güter ermitteln? Welche drei Beschaffungsmöglichkeiten lassen sich hinsichtlich des Zeitbezuges der Güterbereitstellung zum Leistungserstellungsprozeß unterscheiden?

5. Teil: Betriebliche

118

Funktionsbereiche

Handlungsvariablen Art der Variablen

eine Güterart

Beschränkungen der Variablen

mehrere Güterar-

Fehlmengen Verzugsmen-

ten

gen

Bestellmengen

Ganzzahligkeitsbedingungen

Lagerraumbeschränkungen

Verlustmen-

gen_ Finanzierungsbeschränkun-

gen_

Bestimmungsgrößen Güterbedarf

(Lagerabgang) Sicherheits-

grad

Veränderlichkeit

Lieferung (Lagerzugang)

Einstands-

preise^

Stochastischer

Deterministische Lieferzeit -Lieferzeit Null -Lieferzeit endlich Stochastische

Bedarf

Lieferzeit

Konstanter Bedarf

Vorgegebene Lieferzeitpunkte

Konstante

im Zeitablauf

Beliebige Lieferzeitpunkte

Veränderliche Preise

Deterministischer Bedarf

veränderlicher Bedarf

Preise

-mengenabhängig -periodenabhän-

gig -Sonderangebote

Zeitliche VerteiStetiger lung innerhalb der Lagerabgang Periode (n) Diskreter

Lagerabgang

Stetiger

Lagerzugang Diskreter

Lagerzugang

Darstellung 5-20: Erweiterungen des Grundmodells der optimalen Bestellmenge 5. 6. 7.

8.

Nennen Sie die Arten und Funktionen der für den Leistungserstellungsund -Verwertungsprozeß in der Regel notwendigen güterlichen Läger. Was wird im Rahmen der Lagerhaltung unter den Begriffen Meldebestand und eiserner Bestand verstanden? Welche spekulativen Gründe können für eine von den Erfordernissen des Leistungserstellungsprozesses abweichende Lagerhaltung sprechen? Erläutern Sie die Bestimmungsfaktoren der beiden sich gegenläufig zueinander verhaltenden Kostenarten bei der Bestimmung der optimalen Be-

stellmenge.

Leistungserstellung

119

9.

Zählen Sie die der sogenannten Andlerschen Bestellmengenformel zuAnnahmen auf, und beurteilen Sie die praktische Anwendbarkeit dieses Modells der optimalen Bestellmenge. 10. Welche Auswirkung hat die Berücksichtigung eines eisernen Bestandes bei der Bestimmung der optimalen Bestellmenge?

grundeliegenden

Literaturhinweise

zu

Beschaffung:

Troßmann, Ernst, Beschaffung und Logistik, in: F. X. Bea, E. Dichtl und M. Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 3: Leistungsprozeß, 7. Aufl., Stuttgart, 1997, S. 9-76 Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

Grochla, Erwin, Grundlagen der Materialwirtschaft, 3. Aufl., Wiesbaden, 1978 Tempelmeier, Horst, Beschaffung und Logistik, in: M. Bitz (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 4. Aufl., München, 1998, S. 235274

Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl.,

München, 1996

4. 41. Die

Leistungserstellung

Leistung des Betriebes

eiIm ersten Teil des vorliegenden Lehrbuches ist gesagt worden, daß es sich bei und von in SachForm die Güter nem Betrieb um eine Wirtschaftseinheit handelt, anbietet. Dienstleistungen für den Bedarf Dritter erstellt und am Markt zum Tausch oder Diese gesamtwirtschaftliche Aufgabe, in der arbeitsteiligen Wirtschaft direkt Sachziel ist als indirekt zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse beizutragen, in des Unternehmens bezeichnet worden. Sie stellt ein invariantes Merkmal aller das die durch Erkenntnisobjekt Wirtschaftseinheiten dar, existierenden der Realität Beder Betriebswirtschaftslehre abgebildet werden. Daher steht die Leistung des Betrachtungen, aller betriebswirtschaftlichen triebes zwangsläufig im Mittelpunkt des Beda nur über die Erstellung und Verwertung von Leistungen eine Erfüllung Formalziels des möglich verfolgten eine Verwirklichung damit und triebszweckes ist. Die Leistung des Betriebes verkörpert das Ergebnis des Prozesses der betriebDie Leistungen der Betriebe sind Güter, da sie geeiglichen

Leistungserstellung.

net

sind, direkt oder indirekt

zur

Befriedigung menschlicher Bedürfnisse beizutraTauschbeziehungen zwischen unterschiedlichen Güter

demzufolge Objekte Wirtschaftssubjekten (Betrieben, Haushalten)

gen, und

von

sein können. Innerhalb dieser ist zwischen Sachleistungen und Dienstleistungen unterschieden worden. Sachleiwelcher Art erbracht stungen sind Leistungen, die an Sachgegenständen gleich und deren von Sachleistungen der in Sachziel Erstellung deren werden. Betriebe, als Sachleistungsbetriebe Verwertung am Markt besteht, werden dementsprechend

120

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

bezeichnet. Zu ihnen gehören beispielsweise Unternehmen, deren Leistungserstellung in der Gewinnung von Rohstoffen (Gewinnungsbetriebe), in der Herstellung von Erzeugnissen (Fertigungsbetriebe) oder in der Bearbeitung von Rohstoffen und Fabrikaten (Veredelungsbetriebe) besteht (Wöhe). Im Gegensatz zu Sachleistungen handelt es sich bei Dienstleistungen um Leistungen, die unmittelbar am Menschen oder seinen Objekten erbracht werden. Demzufolge werden als Dienstleistungsbetriebe solche Unternehmen bezeichnet, deren Sachziel in der Erstellung von Dienstleistungen und deren Verwertung am Markt besteht. Beispiele für Dienstleistungsbetriebe werden etwa gegeben durch

Bankbetriebe, Versicherungsbetriebe, Personenverkehrsbetriebe, Beratungsunternehmen, Betriebe des Gesundheitswesens (Arztpraxen, Krankenhäuser) und des Bildungswesens (Schulen, Hochschulen, Theater) sowie im Bereich der Freizeitgestaltung, aber auch Betriebe, die den Aufenthaltsort von Sachgegenstän-

den verändern (Güterverkehrsbetriebe) oder deren betriebliche Tätigkeit in der Vornahme zeitüberbrückender Operationen an Sachgegenständen besteht (Lagereibetriebe), sowie solche Unternehmen, deren Leistungserstellung auf die Ver-

teilung (im allgemeinsten Sinne) triebe).

von

Sachgegenständen gerichtet ist (Handelsbe-

Neben der Unterscheidung von Sachleistungen und Dienstleistungen ist weiterhin die auf Walther zurückgehende Einteilung der Leistungen des Betriebes in Marktleistungen und Betriebsleistungen von Bedeutung. Die betriebliche Tätigkeit ist auf die Erstellung und Verwertung von Leistungen gerichtet. Eine Leistung des Betriebes, die von ihm erstellt und verwertet, d. h. vom Markt abgenommen worden ist, wird als Marktleistung bezeichnet. Demgegenüber wird unter einer Betriebsleistung eine Leistung verstanden, die zwar vom Betrieb erstellt worden ist, die aber noch nicht verwertet, d. h. vom Markt noch nicht abgenommen worden ist. Marktleistungen bilden den Inhalt des Betriebszweckes, nur über Marktleistungen ist es möglich, das verfolgte Formalziel zu verwirklichen; Betriebsleistungen bilden lediglich eine Zwischenstufe auf dem Wege zu Marktleistungen. Ihre Entstehung ist auf die im vorigen Abschnitt beschriebene Tatsache zurückzuführen, daß eine Synchronisation von Leistungserstellung und Leistungsverwertung in vielen Fällen nicht möglich oder aber von seiten des Betriebes nicht erwünscht ist. Das führt dazu, daß in einer Periode mehr Leistungen erstellt werden (Betriebsleistungen) als verwertet werden können (Marktleistungen). Der überschießende Teil an Betriebsleistungen muß dann im Betrieb verbleiben, er wird im Ausgangs- oder Fertiglager gespeichert, um in einer späteren Periode verwertet zu werden. Betriebsleistungen, deren Verwertung am Markt nicht gelingt, vermögen keinen positiven Beitrag zur betrieblichen Zielerreichung zu leisten. In Dienstleistungsbetrieben ist die Unterscheidung zwischen Marktleistungen und Betriebsleistungen nicht durchführbar, da hier alle vom Betrieb erstellten Leistungen immer sogleich Marktleistungen sind. Diese Tatsache findet ihre Begründung darin, daß diese Betriebe ihre unmittelbar am Menschen oder seinen Objekten erbringen und daherLeistungen ihre Leistungserstellung erst beginnen kann, wenn sich die betreffenden Menschen als Objekte der betrieblichen Leistungserstellung zur Verfügung stellen. Dazu sind diese aber nur bereit, wenn zuvor Einigung über Leistung und Gegenleistung erzielt worden ist, und diese Einigung bedeutet, daß die zu erstellende Dienstleistung vor ihrer Erstellung bereits verwertet worden ist. Daher entsteht sie nach ihrer Erstel-

121

Leistungserstellung lung sogleich

als

Marktleistung. Betriebsleistungen

kann

trieben nicht geben. 42. Die

es

in

Dienstleistungsbe-

Leistungserstellung als Kombinationsprozeß

Ausführungen des vierten Teiles dieses Lehrbuches ist die Leistungserstelinnerhalb der betrieblichen Prozesse als derjenige Prozeß bezeichnet worden, in dem die Umwandlung von Gütern niederer Ordnung in solche höherer Ordnung erfolgt. Dieser Umwandlungsprozeß läßt sich graphisch einfach veranschaulichen: In den

lung

Input /

Leistungserstellung

Güter niederer'

Ordnung Darstellung 5-21:

Die

Output / Güter höherer Ordnung

Leistungserstellung als Input-Output-Transformation

Output der betrieblichen Leistungserstellung wird durch die erstellten Leistungen (im allgemeinen Betriebsleistungen, im Falle zuvor erfolgter Leistungsverwertung Marktleistungen) gebildet. Den Input der betrieblichen Leistungserum durch stellung verkörpern alle diejenigen Güter, die der Betrieb einsetzen muß, Güter werden können. Diese zu erzielen Kombination den Output ihre gewünschten Der

bezeichnet, Leistungserstellung oder als Produktionsfaktoren der Literatur in und Produktion Begriffe Leistungserstellung zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre in der Regel synonym verwendet werden, obwohl der Begriff Produktion in stärkerem Maße auf die Leistungserstellung im Industriebetrieb Bezug nimmt. Der Prozeß der betrieblichen Leistungserstellung kann also als Prozeß der Kombination von Faktoren der Leistungserstellung oder Produktionsfaktoren aufgefaßt werden. Wegen der überragenden Bedeutung der auch Leistungserstellung im Betriebsprozeß wird der Betrieb dementsprechend bezeichFaktoren bisweilen als Faktorkombination oder Kombination produktiver

als Faktoren der letzteres weil die

net.

sinnvoll, die Produktionsfaktoren in Klassen einzuteilen. In der miVolkswirtschaftslehre und in der klassischen, aus der volkswirtschaftlichen Einteieine wird Betriebswirtschaftslehre kroökonomischen Theorie abgeleiteten Es ist üblich und

oder geistiger Tätiglung der Produktionsfaktoren in Arbeit (jede Art manueller Boden (als Standort und Gütervorrat) der Produktion beteiligter keit), Kapital (an Die heutige (Cezanne/Franke). oder Anbau- sowie Abbaufläche) vorgenommen von Produktionseinem von System Betriebswirtschaftslehre geht demgegenüber ist. faktoren aus, das in seiner Grundstruktur von Gutenberg entwickelt worden Dieses System enthält die Produktionsfaktorgruppen Betriebsmittel, Leistungsobim Industriebetrieb Werkjekte (bei Gutenberg in Anlehnung an die Verhältnisse wird in objektbeweiter unterteilt wobei letztere Arbeit, stoffe) und menschliche

in dispositive menschliche Arbeit. Die zogene oder ausführende Arbeit und auch als dispositiver Faktor bezeichnet, wähdispositive menschliche Arbeit wird menschliche die Leistungsobjekte und die ausführende des rend die Betriebsmittel, dispositiArbeit die elementaren Produktionsfaktoren bilden. Die Aufgabe

122

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Faktors besteht darin, die elementaren Produktionsfaktoren zusammenzuführen und ihrer Kombination eine aus dem verfolgten Formalziel abgeleitete Richtung zu ven

geben (Diederich). Das System der Produktionsfaktoren läßt sich übersichtlich wie folgt darstellen: dispositiver Faktor (dispositive menschliche Arbeit)

elementare Produktionsfaktoren Betriebsmittel

Darstellung 5-22:

Leistungsobjekte Das

ausführende menschliche Arbeit

System der Produktionsfaktoren

Der dispositive Faktor im Sinne der dispositiven menschlichen Arbeit im Betrieb entspricht dem im zweiten Teil des vorliegenden Lehrbuches dargestellten Führungssystem des Unternehmens, er wird heute auch als Management des Betriebes bezeichnet. Der Begriff Management umfaßt einerseits die Führungskräfte als die Gruppe von Personen im Betrieb, die anderen Personen Weisungen erteilen darf, andererseits aber auch gleichzeitig die Funktionen, die von diesen Personen

wahrgenommen werden (Wöhe).

Gutenberg unterscheidet innerhalb des dispositiven Faktors einen originären und einen derivativen Teil. Dabei wird unter dem originären Teil die Geschäfts- oder Unternehmensleitung verstanden, deren Funktion in der Erfüllung der obersten, nicht delegierbaren Aufgaben der Unternehmensführung besteht. Neben diesen obersten Aufgaben umfaßt der dispositive Faktor die weiteren Aufgaben Planung, Organisation (im funktionalen Sinne) und Kontrolle. Diese Funktionen des Managements werden als der derivative Teil des dispositiven Faktors bezeichnet, da die entsprechenden Aufgaben in vielen Fällen von der Unternehmensleitung auf nachgeordnete Instanzen im Führungssystem delegiert werden. Die elementaren Produktionsfaktoren können weiter danach unterschieden werden, ob sie bei ihrem Einsatz im Kombinationsprozeß der Leistungserstellung unmittelbar verbraucht werden, also nur einmal in einem Leistungserstellungsprozeß verwendet werden können, oder ob sie mehrmals in aufeinanderfolgenden Kombinationsprozessen zum Einsatz gelangen können, also im einzelnen Leistungserstellungsprozeß lediglich gebraucht oder mittelbar verbraucht werden (Kloock). Die erste Gruppe von elementaren Produktionsfaktoren wird als die Gruppe der Repetierfaktoren (Verbrauchsfaktoren), die zweite Gruppe als die der Potentialfaktoren (Bestandsfaktoren) bezeichnet. Zu den Repetierfaktoren zählen in erster Linie die Leistungsobjekte, im Industriebetrieb also die Werkstoffe in Form der Roh- und Hilfsstoffe; daneben aber auch Teile der Betriebsmittel (Betriebsmittel-Repetierfaktoren), vor allem die Betriebsstoffe wie beispielsweise Energie, Treib- und Brennstoffe, außerdem Stoffe wie Kühl-, Schmier-, Putz- und Scheuermittel. In die Gruppe der Potentialfaktoren fallen von den elementaren

Leistungserstellung

123

Produktionsfaktoren damit die ausführende menschliche Arbeit (Humanfaktoren) und aus der Gruppe der Betriebsmittel die Betriebsmittel-Potentialfaktoren. Letztere werden vor allem gebildet von den materiellen BetriebsmittelPotentialfaktoren wie zum Beispiel Grundstücke, Gebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen sowie Werkzeuge, daneben aber auch von immateriellen Betriebsmittel-Potentialfaktoren wie Rechte, Patente, Konzessionen oder Lizenzen. Die ausführende menschlichen Arbeit wird im Abschnitt 6 dieses Teils betrachtet. 43. Die Bedeutung der elementaren Produktionsfaktoren 431. Die

Bedeutung der Betriebsmittel

Begriff Betriebsmittel werden diejenigen elementaren Produktionsfakbeim zusammengefaßt, die von den Menschen im Betrieb zur Unterstützung Betriebsmitdie Auf werden. Vollzug ihrer betrieblichen Aufgaben herangezogen an dieser Stelle

Unter dem toren

soll tel-Repetierfaktoren, also insbesondere auf die Betriebsstoffe, nicht weiter eingegangen werden, da deren Bedeutung für den Prozeß der betrieblichen Leistungserstellung weitgehend derjenigen der anderen Repetierfaktoren entmit den Leistungsobjekten einzugehen spricht, auf die später im Zusammenhang sich demzufolge auf die Bebeschränken sein wird. Die folgenden Ausführungen deutung der Betriebsmittel-Potentialfaktoren.

Betriebsmittel-Potentialfaktoren sind als Bestandsfaktoren dadurch gekennzeichnet, daß sie nicht bei einmaligem Einsatz in einem Prozeß der LeistungsDie

also nicht untergehen und daher vor einem erneuten daß sie oder bereitgestellt werden müssen, sondern Einsatz nicht neu beschafft sie im einzelnen da können, werden im mehrfach Kombinationsprozeß eingesetzt gebraucht werden. Ein BetriebsmittelLeistungserstellungsprozeß lediglich das Potentialfaktor verfügt demnach über ein Bündel von Nutzungsmöglichkeiten, Proeines solchen der Beschaffung Mit wird. als Leistungspotential bezeichnet das er dann duktionsfaktors erwirbt der Betrieb dessen gesamtes Leistungspotential, in Betriebsmittels betreffenden des aufgrund eigener Entscheidungen durch Einsatz verbrauchen kann. Ein wichtiges den verschiedenen Leistungserstellungsprozessen PotentialfaktorverProblem bildet in diesem Zusammenhang die Erfassung des durch die im betrieblichen Rechnungswesen erfolgt brauches. Diese Erfassung

erstellung verbraucht werden,

Bildung von Abschreibungen. gebildet Abschreibungen können entweder zeitabhängig oder leistungsabhängig davon wird ausgeganAbschreibungen zeitabhängiger der Bildung werden. Bei bestimmte Nut-

über eine gen, daß der betreffende Betriebsmittel-Potentialfaktor werden kann oder verwendet im Kombinationsprozeß zungs- oder Einsatzzeit wird dann Einsatzzeit oder soll. Einzelnen Teilperioden der gesamten NutzungsForm bewerteter in ein anteiliger Verbrauch am gesamten Leistungspotential ergibt Potentialfaktorverbrauches des zugerechnet. Bei dieser Form der Erfassung und damit ein Wertesich das Problem, daß den einzelnen Perioden ein Verbrauch Produktionsfakbetreffenden verzehr unabhängig vom tatsächlichen Einsatz des in einer Maschine jährlich gleichtors zugerechnet wird. (Beispiel: Abschreibung von n Jahren) Die andere über eine Nutzungszeit bleibenden Abschreibungsraten von der Möglichkeit, die Bildung leistungsabhängiger Abschreibungen geht

124

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Vorstellung aus, daß ein einzelner Betriebsmittel-Potentialfaktor ein bestimmtes meßbares Gesamtpotential an Nutzungsmöglichkeiten besitzt. Dem einzelnen Leistungserstellungsprozeß und damit der einzelnen erstellten Leistung wird dann anteilig derjenige Teil des Gesamtpotentials in bewerteter Form zugerechnet, der im betreffenden Leistungserstellungsprozeß und damit für die einzelne erstellte Leistung als verbraucht gemessen worden ist. (Beispiel: Abschreibung eines Lastkraftwagens nach erbrachter kilometrischer Laufleistung bei Annahme eines Laufleistungspotentials von n Kilometern) Es ist allerdings zu beachten, daß es für den Werteverzehr unter Umständen überhaupt nicht auf den tatsächlich verbrauchten Teil des gesamten Leistungspotentials eines Betriebsmittels ankommt. Dieser Fall liegt dann vor, wenn zu erwarten ist, daß infolge der technologischen Entwicklung im Unternehmen vorhandene Betriebsmittel-Potentialfaktoren zukünftig wirtschaftlich nicht mehr eingesetzt werden können, obwohl sie physisch aufgrund ihres noch vorhandenen Leistungspotentials durchaus imstande wären, ihren gestellten Aufgaben weiterhin gerecht zu werden (Diederich). Das Leistungspotential eines Betriebsmittel-Potentialfaktors kann in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht Gegenstand der Betrachtung sein. Das quantitative Leistungsvermögen eines Betriebsmittel-Potentialfaktors wird als dessen Kapazität bezeichnet, wobei die Kapazität die erstellbare Leistungsmenge (Ausbringungsmenge) je Zeiteinheit angibt. Es wird zwischen maximaler, minimaler und wirtschaftlicher (optimaler) Kapazität unterschieden. Bei der maximalen und der minimalen Kapazität handelt es sich um technisch bedingte Größen, Während es sich bei der Optimalkapazität, die im Intervall zwischen der minimalen und der maximalen Kapazität einschließlich dessen Grenzen liegt, um eine Größe handelt, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen ist. In erster Linie geht es hierbei um die Bestimmung derjenigen Kapazität, bei deren Realisierung das betreffende Betriebsmittel im Kombinationsprozeß kostengünstigst eingesetzt werden kann. Unter dem

qualitativen Leistungsvermögen eines Betriebsmittel-Poten-

tialfaktors, das als dessen Leistungsfächer oder bisweilen auch qualitative Kapazität bezeichnet wird, werden sein Vermögen, nach Eigenart und Güte unterschiedliche Leistungen abzugeben ([Diederich), bzw. seine Einsatzvielfalt und die Skala realisierbarer Qualitätsnormen (Czeranowsky) verstanden. In diesem Zusammenbang ist

auf die bereits im Abschnitt über Investition vorgenommene Unterscheidung zwischen Universalmaschinen und Spezialmaschinen hinzuweisen. Universalmaschinen weisen in der Regel ein sehr breites qualitatives Leistungsvermögen auf, sind damit also in einer Vielzahl von Verwendungsrichtungen in unterschiedlichen betrieblichen Leistungserstellungsprozessen einsetzbar. Spezialmaschinen können dagegen häufig nur eine einzige Art von Leistung abgeben, dies bisweilen auch noch nur mit einer festgelegten Produktionsintensität, so daß hier jegliche Anpassungsfähigkeit (Elastizität) an veränderte Bedingungen der betrieblichen Leistungserstellung fehlt. Eine kardinale Messung des qualitativen Leistungsvermögens erscheint allerdings in keinem Falle möglich, so daß in diesem Bereich eine Beschränkung auf ordinale Messungen notwendig ist. Neben dem quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen eines Betriebsmittel-Potentialfaktors spielt auch seine Leistungsfähigkeit eine Rolle hinsichtlich der Effizienz seines Einsatzes im betrieblichen Leistungserstellungsprozeß. Nach Gutenberg wird die (technische) Leistungsfähigkeit eines Betriebsmittelerneut

Leistungserstellung

125

Potentialfaktors durch den Grad der Modernität, den Abnutzungsgrad und den Zustand der Betriebsbereitschaft bestimmt. Unter Modernität wird dabei verstanden, inwieweit ein Betriebsmittelbestand den neuesten technischen Erkenntnissen entspricht, und es wird unterstellt, daß ein höherer Grad an Modernität tendenziell mit einer höheren Leistungsfähigkeit einhergeht. Der Abnutzungsgrad eines Betriebsmittel-Potentialfaktors gibt an, wieviele Nutzungsmöglichkeiten aus dem gesamten Leistungspotential bereits in Anspruch genommen worden sind. Es wird angenommen, daß ein Betriebsmittel, welches bereits ein fortgeschrittenes Stadium der Abnutzung erreicht hat, einem weniger genutzten Betriebsmittel bei sonst gleichen Voraussetzungen grundsätzlich leistungsmäßig unterlegen ist. Schließlich nimmt neben dem Grad der Modernität und dem Abnutzungsgrad die Betriebsbereitschaft eines Betriebsmittel-Potentialfaktors wesentlichen Einfluß auf seine Leistungsfähigkeit. Diese Betriebsbereitschaft ist vor allem von regelmäßig durchgeführten Überwachungs-, Warnings- und Instandhaltungsmaßnahmen abhängig. Fehlende Betriebsbereitschaft eines Betriebsmittels kann in modernen Kombinationsprozessen aufgrund deren komplizierter Zusammensetzung zu bedeutsamen Ausfällen und damit zu hohen Kosten für den Betrieb führen (Czeranowsky). 432. Die

Bedeutung der Leistungsobjekte

Leistungserstellung Leistungsobjekte verkörpern im Prozeß der betrieblichen die unmittelbar leistungssich auf die elementaren Produktionsfaktoren, diejenigen erstellende Tätigkeit bezieht (Diederich). In Dienstleistungsbetrieben werden die Leistungsobjekte z. B. von den Personen verkörpert, an denen sich die betriebliche dargestellt worden Leistungserstellung in einer Form, wie dies zuvor beispielhaft im ist Zusammenhang ist, vollzieht. Aus der Sicht dieser Dienstleistungsbetriebe diese daß naturgemäß von Tatsache Bedeutung, mit seinen Leistungsobjekten die sich sondern in Besitz seinen nur auch oder in gelangen, sein niemals Eigentum unter Aufgabe eines des Dauer für die Leistungserstellungsprozesses lediglich hier Teiles ihrer Handlungsfreiheit dem Betrieb zur Verfügung stellen. Daher sind inswas der betrieblichen entzogen, Disposition die Leistungsobjekte weitgehend Konweitreichende der für betriebliche Leistungserstellung die Planung besondere daß in Dienstleistungsbesequenzen hat. Es ist bereits daraufhingewiesen worden, von Leistungserstellung und Leistungstrieben insbesondere keine Emanzipation oder die von über Fertiglägern vorgenommen werAusgangsBildung verwertung ist den kann, da jede erstellte Leistung z. B. an Personen sogleich Marktleistung können. Die Bedeutung werden und somit Betriebsleistungen hier nicht erbracht der Leistungsobjekte in Dienstleistungsbetrieben ergibt sich also vor allem daraus, ihr daß die Personen, an denen sich die Leistungserstellung vollziehen soll, durch zu nehmen vermögen. Verhalten selbst aktiv auf den Kombinationsprozeß Einfluß die LeistungsobSachgegenstände bilden In Sachleistungsbetrieben diejenigen der anderen elementaren Produktionsfaktoren Veränjekte, an denen unter Einsatz bedeutsamen ihrer Eigenschaften vorgenommen werderungen von wirtschaftlich sind zwei grundsätzlich verschiedene Fälle zu unterscheiden, den (Diederich). Es dem sich die betriebliche Leistungserstellung an

Die

und

zwar

einerseits der Fall, in

des Betriebes vollzieht, und andererseits der Fall, in dem es sich um Leistungsobjekte Dritter handelt. Der zweite Fall weist eine enge Verwandtschaft mit der Leistungserstellung in Dienstleistungsbetrieben auf, denn

eigenen Leistungsobjekten

126

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

wie dort sind die Dritten gehörenden Leistungsobjekte auch hier weitgehend der betrieblichen Disposition entzogen. Ihre Eigentümer überlassen die betreffenden Sachgegenstände dem Betrieb nur für einen befristeten Zeitraum und ausschließlich zu dem Zweck, an ihnen die vorher vereinbarten Leistungen zu erbringen. Aufgrund dieser Tatsache liegt auch hier wieder die Situation vor, daß jede erstellte Leistung sogleich eine Marktleistung darstellt, also eine Emanzipation von Leistungserstellung und Leistungsverwertung über die Bildung von Ausgangs- und Fertiglägern nicht möglich ist, da es in diesen Sachleistungsbetrieben ebenfalls keine Betriebsleistungen gibt. Die in der Realität bei solchen Betrieben oftmals zu beobachtenden Läger erstellter Leistungen sind demzufolge Läger bereits verwerteter Leistungen (Marktleistungen), die sich als Warte- oder Abholläger bezeichnen lassen. Die entscheidende Bedeutung der Leistungsobjekte in Sachleistungsbetrieben der beschriebenen Art liegt darin, daß die Eigentümer dieser Leistungsobjekte durch ihr Verhalten und mit ihren Wünschen bzw. Forderungen ebenfalls aktiv auf den Kombinationsprozeß einwirken können. Der Fall, in dem ein Sachleistungsbetrieb seine Leistungen an eigenen Leistungsobjekten erstellt, ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur am eingehendsten behandelt worden. Er wird vor allem vom Industriebetrieb in seiner traditionellen Erscheinungsform repräsentiert. Hier werden die Leistungsobjekte als elementare Produktionsfaktoren Werkstoffe genannt. Sie sollen im folgenden ausschließlich betrachtet werden. „Unter dem Begriff Werkstoff faßt man alle Güter zusammen, aus denen durch Umformung, Substanzänderung oder Einbau neue Produkte hergestellt werden. Fast alle diese Güter sind bereits von anderen Betrieben gewonnen, bearbeitet oder erzeugt worden. Was für den einen Betrieb Ausgangsstoff ist, stellt für einen anderen Betrieb Endfabrikat dar." (Wöhe) Die Werkstoffe werden üblicherweise in Rohstoffe und Hilfsstoffe eingeteilt, bisweilen werden ihnen auch noch die Betriebsstoffe zugerechnet, die in diesem Lehrbuch jedoch als Betriebsmittel-Repetierfaktoren dem elementaren Produktionsfaktor Betriebsmittel zugeordnet worden sind. Rohstoffe sind diejenigen Leistungsobjekte, die als Hauptbestandteile in die zu erstellende Leistung eingehen und damit in erster Linie ihren materiellen Grundcharakter prägen. Als Beispiel sei der in der Werkzeugproduktion verwendete Stahl genannt. Hilfsstoffe werden ebenfalls Bestandteile der zu erstellenden Leistung, sie nehmen jedoch keinen oder kaum Einfluß auf deren Charakter und sind meist auch mengen- und wertmäßig nur von untergeordneter Bedeutung. Als Beispiel mögen die Anstrichmittel von Maschinen dienen. (Betriebsstoffe unterscheiden sich von den Leistungsobjekten dadurch grundlegend, daß sie zwar auch bei der Leistungserstellung verbraucht werden, daß sie aber nicht als Bestandteile in die zu erstellende Leistung eingehen. Sie wurden deshalb einerseits den Repetierfaktoren, andererseits den Betriebsmitteln zugerechnet.) Im Zusammenhang mit dem Einsatz der Werkstoffe im Prozeß der betrieblichen Leistungserstellung ergeben sich aus wirtschaftlicher Sicht zwei wesentliche Problembereiche, nämlich einerseits die Werkstoffzeit und andererseits die Ausnutzung der Werkstoffe im Kombinationsprozeß. Die Werkstoffzeit beinhaltet das Zeitproblem, d. h. die Frage nach der Zeitspanne zwischen Beschaffung der Werkstoffe und Verkauf der erstellten Leistungen. Diese Zeitspanne setzt sich zusammen aus der Zeitdauer, während der sich der Werkstoff im eigentlichen Leistungserstellungsprozeß befindet, und der Zeitspannen, während der er im Eingangslager, in

Leistungserstellung

127

Ausgangslager gespeichert wird. Es gilt zunächst, die gegering wie möglich zu halten, da die in den Werkstoffen erfolgte Kapitalbindung für den Betrieb von der Werkstoffzeit abhängige Kosten in Form von Zinsen entstehen läßt. Daneben ist jedes Lagern mit Lagerhaltungskosten verbunden. Da sich die Zeitdauer der eigentlichen Leistungserstellung im allgemeinen nicht verkürzen läßt, gilt es, die insgesamt entstehenden Lagerzeiten zu minimieren. Hierbei ist allerdings zu bedenken, daß eine zu geringe Lagerhaltung den reibungslosen Ablauf der betrieblichen Leistungserstellung gefährden kann. Daher ist bei der Minimierung der Werkstoffzeit stets die Sicherung der Betriebsbereitschaft und die Vermeidung von Betriebsunterbrechungen aufgrund fehlender

Zwischenlagern und

im

samte

so

Werkstoffzeit

Werkstoffe zu beachten. Die Ausnutzung der Werkstoffe im

blem

von

Werkstoffverlusten, die

Kombinationsprozeß beinhaltet das Proentsprechend dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit

möglichst gering zu halten sind. Werkstoffverluste können zum einen dadurch entstehen, daß aufgrund von Material- oder Bearbeitungsfehlern Ausschuß in Form wird. Ausschuß ist von den Anforderungen nicht genügenden Leistungen erzeugt den besonders Betrieb für ungünstig, weil im aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten Falle von Ausschuß nicht nur der eingesetzte Werkstoff verloren ist, sondern auch die aufgewendete Arbeitszeit und die Nutzung der betroffenen Betriebsmittel für den Betrieb ohne Gegenleistung bleibt. Der Betrieb wird dementsprechend bemüht den Aussein, durch entsprechende Maßnahmen, vor allem im Personalbereich, Mindestmaß zu beschränauf

ein schußanteil an der Menge erstellter Leistungen ken. Zum anderen können Werkstoffverluste dadurch entstehen, daß sich beim Materialeinsatz Abfälle ergeben. Abfälle lassen sich im allgemeinen nicht vollständig vermeiden; der Betrieb kann sich aber bemühen, durch verbrauchsorientierte Leistungserstellung (etwa Beschaffung und Verwendung rationeller Verfahren der den Werkstoffen entstebei Ausmaß des Beachtung des Verschnittproblems) das zu halten. Werte der erreichbaren Grenze der unteren henden Abfalls an 44. Formen der betrieblichen

Leistungserstellung

In der betrieblichen Praxis kann die

Leistungserstellung in den unterschiedlichsten

die verschiedensten Erscheinungsformen beobachtet werden. Daher können auch um über klassifizierende werden, Merkmale der Leistungserstellung herangezogen zu Ansätze zu systematischen Gliederungen der betrieblichen Leistungserstellung der Verfahren Leistungserdie die sich auf gelangen. Zwei dieser Gliederungen, Abschnitten dargestellt. In diesem in werden nachfolgenden beziehen, stellung die verschiedenen Formen der über Überblick ein Abschnitt wird zuvor jedoch betrieblichen Leistungserstellung vermittelt. Dabei wird allerdings kein eindeutiges so aufgebaut, Klassifikationsmerkmai herangezogen, sondern die Gliederung wirdund in der Prarelevanten für Belange praktische daß vor allem die verschiedenen kommen. Die in xis gebräuchlichen Unterscheidungen deutlich zum Ausdruck Dieder von wesentlichen Darstellung 5-23 dargestellte Gliederung entspricht im

derich entwickelten Übersicht über die Formen der

Leistungserstellung.

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

128

Formen der

Leistungserstellung

eine

einzige

Leistung

mehrere

Leistungen

heterogene Leistungen

homogene Leistungen

gleichzeitig auf

zeitlich hintereinander

verschiedenen

Aggregaten

alle

Gruppen homogener

Leistungen sind verschieden

gleichzeitig auf verschiedenen

Aggregaten

Leistungen

zeitlich hintereinander

zwangsläufig

Darstellung 5-23:

zeitlich hintereinander

gleichzeitig

auf denselben

auf verschiedenen

Aggregaten

Aggregaten

nicht zwangsläufig

Leistungserstellung In der Darstellung 5-23 wird zunächst nach der Menge der in der betrachteten Periode erstellten Leistungen unterschieden. Dies führt einerseits zu Betrieben, die in der Periode nur eine einzige Leistung erstellen, wie das beispielsweise im Anlagenbau, im Schiffbau und bei der Erstellung großer Verkehrsbauten beobachtet werden kann. Andererseits ergeben sich hier die häufiger anzutreffenden Unternehmen, die Formen der betrieblichen

pro Periode eine Mehrzahl von Leistungen erstellen. Diese Leistungen können alle von derselben Art, also homogen sein, sie können aber auch Leistungen verschiedener Art, also heterogen sein. Im letzteren Falle ist zu unterscheiden, ob von jeder

129

Leistungserstellung

Leistung nur eine einzige Einheit (Einzelfertigung) oder mehrere Einheiten (Mehrfachfertigung) erstellt werden. Im nächsten Schritt gilt es zu unterscheiden, ob die verschiedenen Leistungen gleichzeitig oder zeitlich nacheinander erstellt werden, wobei im Falle der gleichzeitigen Mehrfachfertigung weiter danach zu differenzieren ist, ob die Leistungserstellung auf denselben oder auf verschiedenen Aggrega-

ten, d. h. unter Einsatz derselben oder verschiedener Betriebsmittel-Potentialfaktoren erfolgt. Im Falle der gleichzeitigen Leistungserstellung auf denselben Aggregaten kann schließlich noch danach unterschieden werden, ob dies zwangsläufig (Kuppelproduktion) oder nicht zwangsläufig vor sich geht. 45. Verfahren der 451.

Leistungserstellung

Begriff und Einteilung

Der Begriff Verfahren der Leistungserstellung oder bezogen auf den Industriebetrieb Fertigungsverfahren wird mit unterschiedlichen Inhalten belegt, und die Verfahren der Leistungserstellung werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt. Daher erscheint zunächst eine begriffliche Klarstellung erforderlich, sodann eine Herausarbeitung derjenigen Kriterien, nach denen in diesem Lehrbuch eine Einteilung dieser Verfahren erfolgen soll. Ein Verfahren der Leistungserstellung beantwortet die Frage nach dem Wie des über die verVollzuges der betrieblichen Leistungserstellung. Es gibt Auskunft insbesondere also schiedenen Komponenten des Leistungserstellungsprozesses, Zusammensetüber die dieses Prozesses, über die räumliche und zeitliche Abfolge und zung der in diesem Kombinationsprozeß eingesetzten Produktionsfaktoren über die Zerlegung des Gesamtprozesses in Teilprozesse und deren Zusammenfashinsichtlich sung. Ausgangspunkt und damit nicht Gegenstand von Überlegungen Leizu die erstellende ist der des anzuwendenden Verfahrens Leistungserstellung zu erstellender das bzw. Leistungen. Programm stung Die gebräuchlichsten Kriterien zur Einteilung der Verfahren der LeistungserstelLeilung sind einerseits die organisatorische Gestaltung des Ablaufes der Bevon Verteilung stungserstellung durch räumliche Zusammenfassung undEinheiten und (Wöhe) triebsmitteln und Arbeitsplätzen zu fertigungstechnischen andererseits die Wiederholungshäufigkeit des Prozesses der Leistungserstelbilden die Organisalung. Das Ergebnis der Einteilung nach dem ersten Kriterium führt tionsformen der Leistungserstellung, die Anwendung des zweiten Kriteriums in Leistungserstellungstypen, zur Einteilung der Verfahren der Leistungserstellung die angeben, wieviele Leistungen der gleichen Art im Unternehmen gleichzeitig der oder unmittelbar nacheinander erstellt werden {Wöhe). Die zweite Einteilung im den mit Verwandtschaft Verfahren der Leistungserstellung weist eine gewisse auf, wobei die Leivorigen Abschnitt behandelten Formen der Leistungserstellung als dies bei den darstellen Klassenbildung eine gröbere stungserstellungstypen Formen der Leistungserstellung der Fall ist. -

-

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

130 452.

Organisationsformen der Leistungserstellung

verfugt über verschiedene Möglichkeiten, den Ablauf der Leistungserräumliche Verteilung oder Zusammenfassung von Betriebsmitteln durch stellung oder Gruppen von Betriebsmitteln und Arbeitsplätzen organisatorisch zu gestalten und die Verrichtungen in den einzelnen fertigungstechnischen Einheiten zeitlich aufeinander abzustimmen. Als wichtigste Organisationsformen der Leistungserstellung oder in der üblichen industriebetrieblichen Betrachtung Fertigung werden gemeinhin in der Literatur die handwerkliche Fertigung, die Werkstattfertigung und die Reihen sowie Fließfertigung genannt. Die handwerkliche Leistungserstellung ist dadurch gekennzeichnet, daß alle Arbeitsgänge, die zur Erstellung der betrieblichen Leistung notwendig sind, von einer Person oder einer kleinen Personengruppe innerhalb, aber auch außerhalb einer Werkstatt an einem Arbeitsplatz, verrichtet werden. Es gibt kaum Arbeitsteilung oder Spezialisierung innerhalb des Gesamtprozesses der Leistungserstellung, gleichwohl werden durchaus nicht nur manuelle Arbeitsverfahren angewendet. Diese Organisationsform der Leistungserstellung findet sich heute noch in vielen kleinen Handwerksbetrieben; in der Industrie ist handwerkliche Fertigung meist nur noch bei Hilfsfünktionen wie etwa dem Modellbau anzutreffen (CzeraDer Betrieb

-

-

nowsky).

Bei der Werkstattfertigung erfolgt eine räumliche Zusammenfassung von Betriebsmitteln und Arbeitsplätzen mit gleichartigen Funktionen im Leistungserstellungsprozeß in einer „Werkstatt". Beispiele fur derartige Werkstätten bilden Dreherei, Fräserei, Bohrerei, Schleiferei und Schlosserei. Der Gesamtprozeß der Leistungserstellung wird entsprechend den gebildeten Werkstätten in Teilprozesse zerlegt. Diese Zerlegung hat zur Folge, daß die Leistungsobjekte entsprechend einem Arbeitsablaufplan die einzelnen Werkstätten durchlaufen müssen, was zur Notwendigkeit der Durchführung innerbetrieblicher Transporte fuhrt. Die Werkstattfertigung besitzt die Vorteile einer hohen Elastizität gegenüber Nachfrageänderungen quantitativer und vor allem qualitativer Art, da in der Regel Universalmaschinen Verwendung finden, geringer Umstell- und Ausfallkosten und der Möglichkeit punktueller Kapazitätserweiterungen oder -einschränkungen. Diesen Vorteilen stehen jedoch eine Reihe von Nachteilen gegenüber, so vor allem die Notwendigkeit einer aufwendigen Ablaufplanung mit umfangreicher Terminplanung und -kontrolle, ein häufig unübersichtlicher Ablauf der Leistungserstellung und das Auftreten von Wartezeiten der Leistungsobjekte aufgrund der schwierigen Dimensionierung und Zuordnung der Werkstätten. Die Reihenfertigung besteht in einer örtlich fortschreitenden, lückenlosen Anordnung von Betriebsmitteln und Arbeitsplätzen entsprechend der Reihenfolge der Arbeitsverrichtungen im Gesamtprozeß der Leistungserstellung. Dabei wird eine weitestgehende Zerlegung dieses Gesamtprozesses in einzelne Arbeitsoperationen vorgenommen. Eine zeitliche Abstimmung des Leistungserstellungsprozesses ist bei der Reihenfertigung zunächst nicht gegeben. Wird eine solche zeitliche Abstimmung, die auch als Austaktung bezeichnet wird, vorgenommen, so ergibt sich eine Reihenfertigung mit Taktzwang, die allgemein Fließfertigung genannt wird. Die Vorteile der Reihenfertigung und insbesondere der Fließfertigung liegen vor allem in der Verkürzung der Durchlaufzeiten der Leistungsobjekte, wobei die Gesamtdurchlaufzeit im günstigsten Falle auf die Summe der Bearbeitungszeiten

131

Leistungserstellung

reduziert werden kann. Weiterhin ist die Übersichtlichkeit des Ablaufes der Leistungserstellung mitsamt der daraus resultierenden Vereinfachung der Ablaufplanung positiv zu bewerten. Darüber hinaus sind die Transportwege und -zeiten im Vergleich zur Werkstattfertigung erheblich kürzer. Nachteile der Reihenfertigung sind in ihrer geringen Elastizität gegenüber Nachfrageschwankungen und in der mit ihr verbundenen Monotonie des Arbeitsablaufes für den einzelnen Arbeitnehmer zu erblicken. Bei der Fließfertigung in der Erscheinungsform der Fließbandfertigung ist aufgrund ihres sehr hohen Mechanisierungsgrades als weiterer Nachteil die sehr hohe Kapitalbindung in Betriebsmittel-Potentialfaktoren zu erwähnen, die eine dauerhaft hohe Auslastung der Fertigungskapazität verlangt.

Organisationsformen Leistungserstellung

der

handwerkliche

Reihenfertigung

Leistungserstellung

reine

Werkstattfertigung Gruppen- oder

Gemischtfertigung

Fließfertigung (mit Taktzwang) Straßen- oder

Linienfertigung

(ohne Taktzwang)

Darstellung 5-24: Organisationsformen der Leistungserstellung Nach der Behandlung dieser Organisationsformen der Leistungserstellung ist abschließend noch auf die Gruppen- oder Gemischtfertigung hinzuweisen, die eine Kombination aus diesen behandelten Formen darstellt. Bestimmte Bereiche sind

nach dem Prinzip der Fließfertigung, mit oder ohne Austaktung, gestaltet, andere Fertigung. dagegen in Form der Werkstattfertigung oder gar der handwerklichen den zwischen Mischform als oder Gemischtfertigung Damit steht die Gruppenanderen Organisationsformen der Leistungserstellung (Czeranowsky). 453.

Leistungserstellungstypen

oder bezogen auf den Industriebetrieb Fertides Prozesses der Leistungsauf stellen die Wiederholungshäufigkeit gungstypen der gleichen Art im Unternehmen erstellung ab. Sie geben an, wieviele Leistungen Als Haupttypen, die werden. erstellt nacheinander gleichzeitig oder unmittelbar Die

Leistungserstellungstypen

-

-

132

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

üblicherweise unterschieden werden, sollen im folgenden die Einzelfertigung und die Mehrfachfertigung, letztere wiederum unterteilt in Serienfertigung, Sortenfertigung und Massenfertigung, behandelt werden. Die Einzelfertigung ist dadurch gekennzeichnet, daß der Betrieb seine Leistungen jeweils nur in einer Einheit derselben Art erstellt. Dies schließt jedoch nicht aus, daß gleichzeitig mehrere Leistungen erstellt werden, die sich dann allerdings voneinander je für sich unterscheiden. Ein vielfach zu beobachtendes Merkmal der Einzelfertigung besteht darin, daß der Betrieb seine Leistungen auf Bestellung den Wünschen bzw. Anforderungen seiner Abnehmer entsprechend erstellt. Typische Beispiele für die Einzelfertigung sind zuvor im Zusammenhang mit den Formen der Leistungserstellung genannt worden. Für den Betrieb stellt sich bei Einzelfertigung vor allem das Problem der Vorbereitung des Ablaufes der Leistungserstellung, da der Leistungserstellungsprozeß für jede einzelne Leistung einer gesonderten Vorbereitung bedarf. Eine gewisse Erleichterung kann sich dadurch ergeben, daß bisweilen eine Wiederholung des Leistungserstellungsprozesses aufgrund von Nachbestellungen vorgenommen werden kann. Das Gegenstück zur Einzelfertigung als Leistungserstellungstyp verkörpert die Mehrfachfertigung, bei der das Unternehmen eine oder mehrere Leistungsarten regelmäßig in vielen Einheiten gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander erstellt (Wöhe). Die Mehrfachfertigung wird als Serienfertigung bezeichnet, wenn die Menge der zu erstellenden Einheiten einer bestimmten Leistungsart begrenzt ist und nach Erstellung dieser Menge die betreffende Leistungsart aus dem Leistungsprogramm des Betriebes eliminiert wird. Typische Beispiele für die Serienfertigung finden sich in der Automobil- und Haushaltsgeräteindustrie. Demgegenüber liegt eine Mehrfachfertigung in Form der Sortenfertigung vor, wenn die Erstellung mehrerer Leistungsarten ständig, d. h. in unbegrenzten Mengen erfolgt, diese Leistungserstellung aber diskontinuierlich durchgeführt wird. Die im Wege der Sortenfertigung erstellten Leistungsarten sind hinsichtlich der technologischen Weise ihrer Erstellung und der Art der dabei verwendeten Leistungsobjekte bzw. Werkstoffe eng miteinander verwandt. Typische Beispiele für die Sortenfertigung finden sich in Brauereien mit ihren verschiedenen Biersorten und in Walzwerken mit der Erstellung von Blechen verschiedener Stärken. Ein besonderes Problem bei der Sortenfertigung ergibt sich bei der Bestimmung der Leistungsmengen der verschiedenen Leistungsarten (Sorten), die ohne Unterbrechung erstellt werden sollen (Losgrößen). Erfolgt die Mehrfachfertigung ständig und überdies kontinuierlich, so wird von Massenfertigung gesprochen. Einfache Massenfertigung liegt vor, wenn in einem Unternehmen wie beispielsweise in einem Elektrizitätswerk nur eine einzelne Leistungsart erstellt wird. Werden dagegen mehrere Leistungsarten in unbegrenzten Mengen und kontinuierlich erstellt, so liegt der Fall paralleler Massen-

fertigung vor.

Sonderformen der

Leistungserstellungstypen kommen insbesondere bei der Sortenfertigung vor. Die Baustellenfertigung ist eine Sonderform der Einzelfertigung, bei der die Produktionsfaktoren zum Standort der zukünftigen Einzel- und

Leistung transportiert

werden müssen. Bei der Partie- und Chargenfertigung hansich meist um Sonderformen der Sortenfertigung, es gibt aber auch Beispiele der Partie- und Chargenfertigung als Sonderformen der Serienfertigung. Bei der Partiefertigung ergeben sich zwangsläufig Abweichungen der Partien aus delt

es

Leistungserstellung

133

Leistungserstel lungstypen

Einzelfertigung

Mehrfachfertigung

Sonderformen

Sorten-

fertigung

Massen-

fertigung

Kuppelproduktion

Baustellen-

fertigung Darstellung 5-25: Leistungserstellungstypen unterschiedlichem Material bzw. Rohstoffen (Wein, Wolle), bei der ChargenferUnterschiede der Chargen aus nicht völlig beherrschbaren und damit unterschiedlichen Leistungserstellungsprozessen (Lackherstellung). Die Sonderform der Kuppelproduktion liegt vor, wenn mit der Erstellung einer Leistungsart naturgesetzlich oder technisch zwangsläufig bedingt mindestens eine weitere Leistungsart erstellt wird (Benzin und Heizöl in einer Raffinerie, Koks und Teer in einer Kokerei).

tigung ergeben sich die

46.

Leistungserstellung und Leistungsverwertung

Lehrbuches sind die Leistungserstellung und die ablaufende Prozesse innerhalb des nacheinander als zeitlich Leistungsverwertung gesamten Betriebsprozesses dargestellt worden. Diese Abfolge ist zwingend, solange ausschließlich die zugehörigen Realisationsprozesse betrachtet werden. Eine betriebliche Leistung kann nämlich erst dann im Sinne einer Übergabe an ihren Im vierten Teil des

vorliegenden

134

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Abnehmer verwertet werden, wenn sie zuvor auf dem Wege der Kombination von Produktionsfaktoren erstellt worden ist. Für den dispositiven Bereich ist die genannte Abfolge von Leistungserstellung und Leistungsverwertung aber, wie zuvor in den Abschnitten 41. und 432. bereits angedeutet, keineswegs zwingend. Die Leistungsverwertung in Form von Einigung über Leistung und Gegenleistung zwischen Anbieter und Nachfrager kann durchaus bereits erfolgen, bevor der Prozeß der Leistungserstellung einsetzt. Daher ist es wichtig, diesen Fall von dem anderen, in dem die Leistungserstellung einsetzt, ohne daß zuvor eine Leistungsverwertung im dispositiven Bereich im Sinne einer Vermarktung der zu erstellenden Leistung erfolgt ist, zu unterscheiden. Im Falle, daß bei Einsetzen der Leistungserstellung noch keine Leistungsverwertung im dispositiven Bereich stattgefunden hat, wird von einer Leistungserstellung für den anonymen Markt oder von Marktproduktion (Kloock) gesprochen. Voraussetzung für diese Art der Leistungserstellung ist es, daß der Betrieb über alle für die Leistungserstellung erforderlichen Produktionsfaktoren, damit insbesondere auch über die Leistungsobjekte, in seinem Eigentum verfügt. Er kann dann Betriebsleistungen als für den Markt bestimmte, aber noch nicht verwertete Leistungen erstellen, die er nach erfolgter Leistungserstellung bis zu ihrer Verwertung auf Lager nehmen muß. Aus diesem Grunde wird diese Art der Leistungserstellung, die eine Lagerhaltung umfaßt, auch als Vorratsproduktion bezeichnet. Betriebswirtschaftlich ist an dieser Art der Leistungserstellung am bedeutsamsten, daß das Unternehmen kein Beschäftigungsrisiko läuft, sofern nur die Beschaffung der Produktionsfaktoren gesichert ist, dafür aber in vollem Umfange das Absatzrisiko hinsichtlich der erstellten Betriebsleistungen trägt. Im Falle, daß bei Einsetzen der Leistungserstellung die zu erstellende Leistung dispositiv bereits verwertet ist, wird von Auftragsproduktion bzw. Kunden- oder Bestellproduktion (Kloock) geredet. Bei dieser Art der Leistungserstellung kann danach unterschieden werden, ob die Leistungserstellung an eigenen Leistungsobjekten oder an Leistungsobjekten Dritter oder an diesen Dritten selbst vorgenommen wird. Nur im Falle eigener Leistungsobjekte sind beide behandelten Arten der Leistungserstellung möglich, während im Falle der Leistungserstellung an Leistungsobjekten Dritter oder an diesen Dritten selbst (Leistungserstellung in Dienstleistungsbetrieben) zwangsläufig immer Auftragsproduktion vorliegt. Diese Art der Leistungserstellung ist betriebswirtschaftlich dadurch in besonderer Weise gekennzeichnet, daß das Unternehmen hier kein Absatzrisiko läuft, da ausschließlich bereits zuvor verwertete Leistungen, also Marktleistungen erstellt werden, dafür allerdings in vollem Umfange das Beschäftigungsrisiko trägt. Im Falle der Auftragsproduktion an eigenen Leistungsobjekten bis zu einem gewissen Grade auch in den beiden anderen Fällen der Leistungserstellung an Leistungsobjekten Dritter oder an diesen Dritten selbst kann das Beschäftigungsrisiko dadurch gemildert werden, daß sich der Betrieb bemüht, durch die Vereinbarung von Lieferterminen Aufträge auf Vorrat hereinzunehmen und so die zukünftige Beschäftigung längerfristig sicherzustellen. -

-

Leistungserstellung

135

Fragen zur Lernkontrolle: 1. 2.

Unterscheiden Sie die Begriffe Sachleistung und Dienstleistung, und geben Sie verschiedenartige Beispiele für Sachleistungsbetriebe und für

Dienstleistungsbetriebe.

Worin besteht der Unterschied zwischen

stungen?

Betriebsleistungen und Marktlei-

warum eine erstellte Dienstleistung immer zugleich eine darstellt. Marktleistung 4. Beschreiben Sie das von Gutenberg entwickelte System der Produktionsfaktoren. 5. Was wird unter dem dispositiven Faktor im Gegensatz zu den elementaren Produktionsfaktoren verstanden? 6. Was beinhaltet der Begriff Potentialfaktor, und welche Gruppen von Potentialfaktoren lassen sich bilden? 7. Kennzeichnen Sie das quantitative und das qualitative Leistungsvermögen eines Betriebsmittel-Potentialfaktors. 8. Welche Zeitspanne umfaßt die Werkstoffzeit? 9. Weiche Besonderheit weisen die Leistungsobjekte in Dienstleistungsbetrieben auf? 10. Welche drei grundsätzlichen Forderungen werden an die Entlohnung des elementaren Produktionsfaktors menschliche Arbeit durch den Betrieb gestellt? 11. Welche Komponenten des Leistungserstellungsprozesses determinieren die unterschiedlichen Verfahren der Leistungserstellung? 12. Erläutern Sie die verschiedenen Organisationsformen der Leistungser-

3.

Erläutern Sie,

stellung.

13. Kennzeichnen Sie die Begriffe Mehrfachfertigung sowie Serienfertigung, Sortenfertigung und Massenfertigung. 14. Erläutern Sie den Zeitbezug zwischen dem Leistungserstellungs- und dem Leistungsverwertungsprozeß bei der Markt und bei der Auftragsproduktion.

Literaturhinweise

zu

Leistungserstellung:

E. Dichtl Fertigungswirtschaft, in: F. X. Bea, 3: LeiBand und M. Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 77-131 stungsprozeß, 7. Aufl., Stuttgart, 1997, in: E. Krabbe (Hrsg.), Leitfaden zum

Bloech, Jürgen / Lücke, Wolfgang,

Czeranowsky, Günter, Leistungserstellung,

Grundstudium der Betriebswirtschaftslehre. 6. Aufl., Gernsbach, 1998, S. 363-

445

Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin, Köln, 1992 Erster Band, Die ProGutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1979 New York, duktion, 23. Aufl., Berlin, Heidelberg, der BeKloock, Josef, Produktion, in: M. Bitz u.a. (Hrsg.), Vahlens Kompendium S. 275-328 triebswirtschaftslehre, Band 1., 4. Aufl., München, 1998,

136

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., München, 1996 5. 51.

Leistungsverwertung

Kennzeichnung der Leistungsverwertung

Im vierten Teil des vorliegenden Lehrbuches ist die Leistungsverwertung als der letzte Teilprozeß innerhalb des gesamten Betriebsprozesses dargestellt worden, wobei im vorigen Abschnitt festgestellt wurde, daß diese Aussage zwingend lediglich für den Realisationsprozeß der Leistungsverwertung Gültigkeit besitzt. Es ist einsichtig, daß eine betriebliche Leistung erst dann im Sinne einer Übergabe an ihren Abnehmer verwertet werden kann, wenn sie zuvor auf dem Wege der Kombination von elementaren Produktionsfaktoren erstellt worden ist. Andererseits ist aber bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, daß die genannte zeitliche Abfolge zwischen Leistungserstellung und Leistungsverwertung im dispositiven Bereich keineswegs zwingend ist. Die Leistungsverwertung im Sinne einer Einigung über Leistung und Gegenleistung zwischen Anbieter und Nachfrager kann nämlich durchaus schon erfolgen, wenn es sich noch nicht um eine erstellte, sondern erst um eine zu erstellende Leistung handelt. Die Leistungsverwertung, die in der betriebswirtschaftlichen Literatur auch als Absatz bzw. Marketing bezeichnet wird, umfaßt zwangsläufig beide genannten Aspekte, d. h. sowohl die Einigung über die zu erstellende oder erstellte Leistung und die Gegenleistung zwischen Anbieter und Nachfrager als auch die Übergabe der erstellten Leistung durch den Betrieb an den Abnehmer. Somit ist unter Leistungsverwertung oder Absatz die Gesamtheit aller betrieblichen Maßnahmen zu verstehen, die darauf gerichtet sind, zu einem Austausch der zu erstellenden oder erstellten Leistungen des Unternehmens mit Elementen der Umwelt des Betriebes, seinen Abnehmern, gegen Entgelt oder andere Gegenleistungen zu gelangen. Wie alle anderen betrieblichen Aktivitäten auch werden die Maßnahmen im Bereich der Leistungsverwertung durch das verfolgte Formalziel gesteuert. Der Betrieb kann dieses Ziel nur unter Beteiligung seiner Umwelt erreichen, da diese Beteiligung Voraussetzung für die Verwertung von zu erstellenden oder erstellten Leistungen des Betriebes ist. Es ist daher notwendig, eine permanente Abstimmung zwischen dem Zustand des Systems Betrieb und dem Zustand seiner Umwelt vorzunehmen, um auf diese Weise zu einem Gleichgewicht zwischen Betrieb und Umwelt zu gelangen. Von einem solchen Gleichgewicht soll gesprochen werden, wenn alle an den Austauschbeziehungen Beteiligten mit ihrem jeweils realisierten Ausmaß an Zielerreichung zufrieden sind (Diederich), wenn also auf der einen Seite der Betrieb ein befriedigendes Maß der Erreichung des Formalziels realisiert und auf der anderen Seite die Elemente der Umwelt ebenso ihre individuell verfolgten Zielsetzungen in einem sie zufriedenstellenden Umfang verwirklichen. Der Betrieb besitzt zwei grundsätzliche Möglichkeiten, um das angestrebte Gleichgewicht zwischen ihm und seiner Umwelt herzustellen und zu erhalten. Er kann sich zum einen der vorgefundenen Umweltsituation anpassen und insofern auf die Gegebenheiten der Umwelt wie auf deren Veränderungen reagieren. Zum

Leistungsverwertung

137

anderen vermag der Betrieb zu agieren, indem er sich bemüht, die vorgefundene Umweltsituation im Sinne der von ihm verfolgten Zielsetzung zu gestalten. Gestalten bedeutet in diesem Zusammenhang für den Betrieb, ein Verhalten zu zeigen, das vom Betrieb gewünschte Reaktionen seiner Umwelt in deren Handeln oder Verhalten zur Folge hat. Die beiden genannten Möglichkeiten der Anpassung und der Gestaltung sind in reiner Form die extremen Verhaltensweisen des Betriebes zur Herstellung und Erhaltung des erwünschten Gleichgewichtes zwischen Betrieb und Umwelt; in der betrieblichen Praxis wird der Regelfall darin bestehen, daß sich das Unternehmen beider Möglichkeiten gleichzeitig bedient, also zugleich Maßnahmen der Anpassung und der Gestaltung ergreift, um so zu einem höchstmöglichen Maß an Zielerreichung zu gelangen (Diederich). Im Zusammenhang mit der Leistungsverwertung oder dem Absatz ist der Begriff Absatzpolitik von wesentlicher Bedeutung. Unter Absatzpolitik soll die Gesamtheit von Entscheidungen des Betriebes verstanden werden, die auf Maßnahmen zur Gestaltung der Beziehungen zwischen Betrieb und Umwelt zur Herstellung und Erhaltung eines Gleichgewichtes zwischen diesen beiden gerichtet sind. Mit dieser Begriffsbestimmung sind alle diejenigen Maßnahmen des Betriebes, die Betriebes an eine vorgefundene lediglich Reaktionen in Form der Anpassung des der Leistungsverwertung ausgeUmweltsituation verkörpern, aus dem Bereich werden nicht der über Maßnahmen alle Entscheidungen derartige klammert, und betrieblichen Absatzpolitik zugerechnet (Ringle). Die Absatzpolitik umfaßt allein die Gesamtheit von Entscheidungen über Maßnahmen im Bereich der Leistungsder getrofverwertung, nicht dagegen die Realisationsprozesse, die die Umsetzung der Sinne Im haben. Aussage, Inhalt getroffenen zum fenen Absatzentscheidungen daß Wirtschaften sich inhaltlich als Entscheiden erklären läßt, ist die Absatzpolitik das eigentlich Wirtschaftliche im Bereich der Leistungsverwertung (Diederich). Die Absatzpolitik als ein Teil der gestaltende Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre der ist aber nicht Gegenstand der Betrachtung in diesem Lehrbuch. Entsprechend Betriebswirtder vorgenommenen Beschränkung auf die erklärende Aufgabe Absatzschaftslehre sind es die möglichen Maßnahmen, über die im Rahmen der der den hier die Gegenstand entscheiden zu ist, politik oder von ihren Teilpolitiken Betrachtung im Bereich der Leistungsverwertung bilden. 52.

Marktforschung

des Betriebes erfolgt Die Verwertung der zu erstellenden oder erstellten Leistungen Betriebes wird die eines Absatzmarkt Als am Markt, genauer am Absatzmarkt. den Leistungen dieses Menge aller aktuellen und potentiellen Nachfrager nach Konkurrenten als die Betriebes und die Menge aller aktuellen und potentiellen die wobei bezeichnet, anbieten, ebenfalls Menge der Betriebe, die diese Leistungen sind. beachten zu Konkurrenten und Beziehungen zwischen Betrieb, Nachfragern im Sinne des von Für den Betrieb ist die Durchführung der Leistungsverwertung verbunden, die ihm verfolgten Formalziels mit unterschiedlichen Schwierigkeiten vom Abbetrieblichen Bemühungen den der von dem Widerstand abhängig sind, lassen sich der Unternehmen satzmarkt entgegengebracht wird. Die Absatzmärkte Verkäufermarkt unterscheiden. „Mit in Verkäufermärkte und Käufermärkte in einer verhandkennzeichnet man eine Marktsituation, in der sich die Verkäufer ist Situation umdie lungstaktisch günstigen Position befinden; beim Käufermarkt

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

138

gekehrt." (Böcker/Dichtl) Für den Betrieb, der seine Leistungen zu verwerten beabsichtigt, ist es von erheblicher Bedeutung zu wissen, ob es sich bei seinem Absatz-

markt um einen Verkäufermarkt oder um einen Käufermarkt handelt. Auf Verkäufermärkten ist es für den anbietenden Betrieb erheblich einfacher, seine Leistungen zielgerecht zu verwerten, als auf Käufermärkten. Auf letzteren müssen die Bemühungen des Betriebes in der Regel sehr viel intensiver sein, da ihnen hier von seiten der Nachfrager aufgrund deren günstiger Marktposition erheblicher Widerstand entgegengesetzt wird. Der Käufermarkt ist typisch für hochentwickelte Volkswirtschaften (Überflußgesellschaften), in denen das Angebot die Nachfrage übersteigt, so daß der Absatz zum Engpaßbereich des Unternehmens wird und dessen primäre Anstrengungen in der Weckung von Nachfrage und Schaffung von Präferenzen für das eigene Angebot bestehen müssen (Bidlingmaier). Die Darstellung 5-26 nach Böcker und Dicht! faßt die Ausprägungen einiger typischer Merkmale von Verkäufermärkten und Käufermärkten zusammen. Merkmal

Verkäufermarkt

Käufermarkt

Wirtschaftliches Entwick-

Knappheitswirtschaft

Überflußgesel lschaft

Nachfrage > Angebot (Nachfrageüberhang) Nachfrager aktiver

Nachfrage < Angebot (Angebotsüberhang)

lungsstadium Verhältnis Angebot zu Nachfrage

Anbieter aktiver als Nachfra-

als Anbieter

Engpaßbereich des Unter-

nehmens

Primäre Anstrengungen des Unternehmens

Langfristige Gewichtung der betrieblichen Grundfunktio-

ger_

Beschaffung und/oder Pro- Absatz duktion (Leistungserstellung) (Leistungsverwertung) Rationelle Erweiterung der Weckung von Nachfrage und Beschaffungs- und Produkti- Schaffung von Präferenzen

onskapazität

für ein eigenes Angebot

Primat der Beschaffung/ Produktion

Primat des Absatzes

nen

Darstellung 5-26: Kennzeichen von Verkäufermarkt und Käufermarkt So wie der Betrieb Kenntnisse darüber

den

benötigt,

ob

er

die

von

ihm

zu

erstellen-

Leistungen auf einem Verkäufermarkt oder auf einem Käufermarkt zum Tausch

anbietet, braucht

er eine Vielzahl weiterer Informationen über seinen Absatzseine Maßnahmen im Bereich der Leistungsverwertung zielgerecht ergreifen können und sich geigen das Risiko absatzpolitischer Fehlentscheidungen möglichst weitgehend abzusichern. Die Beschaffung all dieser benötigten Informationen über den Absatzmarkt eines Betriebes, und zwar sowohl über den Zustand dieses Marktes als auch über dessen eingetretene oder erwartete Veränderungen, wird als Marktforschung bezeichnet. Dabei ist es unerheblich, ob die betreffende Informationsbeschaffung vom Betrieb selbst oder durch von ihm be-

markt,

um zu

auftragte Dritte, beispielsweise selbstständige Marktforschungsinstitute, durchgeführt wird.

Leistungsverwertung

139

Da die vom Unternehmen für seine Entscheidungen über Maßnahmen im Bereich der Leistungsverwertung benötigten Informationen in aller Regel von seinem Absatzmarkt in der gewünschten Form nicht unmittelbar erhältlich sind, ist innerhalb der Marktforschung zwischen Informationsgewinnung und Informationsauswertung zu unterscheiden. Bei der Informationsgewinnung geht es darum, die erhältlichen Informationen über den Absatzmarkt zu bestimmen und zu sammeln, die Informationsauswertung besteht darin, aus den gewonnenen Informationen im Wege der Ordnung, Aggregation und Transformation diejenigen Informationen zu erzeugen, die für das Treffen zielgerechter absatzpolitischer Entscheidungen erforderlich sind. Innerhalb der Informationsgewinnung in der Marktforschung sind zunächst die Objektbereiche, sodann die Vorgehensweisen festzulegen. Als wichtige Objektbe-

Informationsgewinnung werden von Ringle genannt: die Absatzregion und ihre Eigenart, Bedarf und Nachfrage im Markt,

reiche der

• • •

Konkurrenzverhältnisse auf dem Markt,

Produkt und Programmpolitik für den Markt, Distribution zum und auf dem Markt, • Kontrahierungspolitik für das anzubietende Produkt, • Kommunikation in Richtung auf den Markt. Hinsichtlich der Vorgehensweisen bei der Informationsgewinnung wird zwischen zwei Begriffspaaren unterschieden, nämlich Marktanalyse und Marktbeobachtung einerseits und Primärforschung und Sekundärforschung andererseits. Es wird von Marktanalyse gesprochen, wenn der Absatzmarkt des Betriebes oder ein darin enthaltener Teilmarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt untersucht wird, um die Struktur des betreffenden Marktes zu eben diesem Zeitpunkt zu erforschen. Die Marktanalyse kann dementsprechend auch als Erforschung des Marktzustandes bezeichnet werden. Demgegenüber beinhaltet die Marktbeobachund damit der tung das laufende Verfolgen aller marktbestimmenden Faktoren Ziel der Absatzmarktes. betreffenden des der und Veränderungen Entwicklung des Bedarfes und über über Verschiebungen vor ist es allem, Marktbeobachtung Veränderungen der Konkurrenzbeziehungen sowie des Konkurrenten und Nachfrademnach auch als Erforgerverhaltens zu informieren. Die Marktbeobachtung kann um so notwendiger, je Sie ist werden. bezeichnet der Marktveränderungen schung mehr Dynamik der betrachtete Markt aufweist, d. h. je häufiger und je stärker die





Marktverhältnisse Veränderungen unterliegen.

Die Vorgehensweise bei der Informationsgewinnung in der Marktforschung wird dann als Primärforschung (Feldforschung, field research, direkte Methode) bezeichnet, wenn die benötigten Informationen im Wege empirischer Marktuntersu(Experten-, chungen gewonnen werden Als Erhebungsmethoden sind Befragungen telefonische Händler- und Käufer- oder Verbraucherbefragungen bzw. schriftliche, und mündliche Befragungen), Beobachtungen (z. B. Panelforschung) und experimentelle Verfahren (z. B. Testmarkt, Werbetest) zu unterscheiden. Primärforwird daher nur in schung ist in der Regel sehr kostspielig und zeitaufwendig und mit der Einfühim Zusammenhang besonderen Fällen durchgeführt, beispielsweise für das neue rung eines neuen Produktes, da Informationen über den Absatzmarkt

140

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Produkt

nur

auf dem

sind.

Wege einer empirischen Marktuntersuchung

zu

gewinnen

Im Gegensatz zur Primärforschung steht die Sekundärforschung (Schreibtischforschung, desk research, indirekte Methode) als Vorgehensweise bei der Informationsgewinnung in der Marktforschung, die in der betrieblichen Praxis aus Kostenund Zeitgründen im allgemeinen bevorzugt wird. In der Sekundärforschung werden die benötigten Informationen aus bereits vorliegendem Material gewonnen. Bei

diesem Material kann es sich um solches aus betriebsinternen und aus betriebsexternen Quellen handeln. Betriebsinterne Quellen der Sekundärforschung können beispielhaft die Kostenrechnung, insbesondere die kurzfristige Erfolgsrechnung, Betriebsstatistiken, vor allem Absatzstatistiken, Kunden- und Auftragskarteien sowie Erfahrungsberichte des Außendienstes sein. Als betriebsexterne Quellen der Sekundärforschung sind in erster Linie amtliche Statistiken, Veröffentlichungen von Wirtschaftsverbänden und wissenschaftlichen Instituten, Fachliteratur und -Zeitschriften, Messe- und Ausstellungskataloge, Firmenveröffentlichungen sowie Veröffentlichungen in der Wirtschafts- und Tagespresse zu nennen. Wenngleich die Sekundärforschung der genannten Gründe wegen in der Praxis der betrieblichen Marktforschung im Vordergrund steht, ist ihre Ergänzung durch die Primärforschung bisweilen unabdingbar; dann nämlich wenn die Sekundärforschung aufgrund fehlenden Materials nicht in der Lage ist, den gesamten Informationsbedarf für zielgerechte absatzpolitische Entscheidungen zu decken. An die Informationsgewinnung in der Marktforschung schließt sich die Auswertung der gewonnenen Informationen an. Hierbei geht es um die systematische Aufbereitung und entscheidungsbezogene Auswertung des gewonnenen Informationsmaterials, die in der Regel eine Beurteilung des Marktes und seiner zukünftigen Entwicklung, Absatzprognosen für die anzubietenden Leistungen und Empfehlungen für eine zweckmäßige Marktbearbeitung umfaßt (Ringle). Hinsichtlich der Vorgehensweise bei der Informationsauswertung ist in erster Linie auf die verschiedenen Verfahren der Statistik wie beispielsweise die Stichprobentheorie sowie die Regressions- und die Korrelationsanalyse, vor allem aber auf die unterschiedlichen Prognosetechniken hinzuweisen. Prognosen sind im Rahmen der Informationsauswertung in der Marktforschung von besonderer Bedeutung, weil die von der

Marktforschung gelieferten Informationen für absatzpolitische Entscheidungen benötigt werden und diese Entscheidungen zwangsläufig auf die Zukunft gerichtet sind, da über Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr entschieden werden kann. Deswegen müssen die absatzpolitischen Entscheidungen zugrundezulegenden Informationen zukunftsbezogen sein und daher aus den gewonnenen Informationen,

die stets

vergangenheits- oder gegenwartsbezogen sind, durch Anwendung geeigPrognosetechniken erzeugt werden. Derartige Prognosetechniken stehen beispielsweise mit den verschiedenen Verfahren der Trendextrapolation und der exponentiellen Glättung (exponential smoothing) zur Verfügung. Es ist bei der Prognose zukunftsbezogener Absatzmarktinformationen aber stets zu beachten, daß die zu prognostizierenden Sachverhalte in erster Linie durch menschliches Verhalten bestimmt werden und daß alle Voraussagen über derartige Sachverhalte aus diesem Grunde immer mit einem sehr hohen Maß an Unsicherheit belastet sind; eine Tatsache, die unabhängig von der Subtilität des herangezogenen Prognoseverfahrens für neter

die

zu

treffenden

deutung ist.

absatzpolitischen Entscheidungen

von

außerordentlicher Be-

Leistungsverwertung 53. Das

141

absatzpolitische Instrumentarium

Absatzpolitik ist zuvor als die Gesamtheit von Entscheidungen des Betriebes definiert worden, die auf die Herstellung und Erhaltung eines Gleichgewichtes zwischen Betrieb und Umwelt über Maßnahmen zur Gestaltung der Beziehungen

zwischen Betrieb und Umwelt gerichtet sind. Die dem Betrieb für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Maßnahmen werden als seine absatzpolitischen Instrumente bezeichnet. Die Gesamtheit dieser absatzpolitischen Instrumente bildet das absatzpolitische Instrumentarium des Betriebes. Da es aus einer Vielzahl von Gründen nicht möglich erscheint, alle denkbaren absatzpolitischen Instrumente, die stehen können, im einzelnen darzustellen, ist es in der einem Betrieb zur

Verfügung

allgemein üblich, die möglichen Maßnahmen zur Betrieb und Umwelt zu Gruppen absatzpozwischen Gestaltung Beziehungen litischer Instrumente zusammenzufassen, die sich aufgrund gruppenspezifischer Merkmale eindeutig gegeneinander abgrenzen lassen. Zunächst lassen sich die absatzpolitischen Instrumente grundlegend in zwei AbsatzHauptgruppen unterteilen, wobei von einem umfangmäßig gegebenen alle hier daß Diese bedeutet, wird. Einschränkung markt des Betriebes ausgegangen des Absatzmarktumfanges eine auf des die Veränderung Maßnahmen Betriebes, insbesondere in räumlicher Hinsicht in Form einer Markterweiterung oder Markteinengung gerichtet sind, außerhalb der Betrachtung bleiben. Damit müssen alle betrachteten Maßnahmen zur Gestaltung der Beziehungen zwischen Betrieb und Umwelt auf die Veränderung der Struktur des Absatzmarktes gerichtet Absein. Darunter wird ein verändertes Verhalten der aktuellen und potentiellen ihre auf Hinblick Ausgabendispositionen nehmer der betrieblichen Leistungen im verstanden (Diederich). Die erste Hauptgruppe wird von all denjenigen betrieblichen Maßnahmen gebilder det, „die ausschließlich darauf gerichtet sind, auf die Ausgabendispositionen und Preisforderung bestimmten Setzens einer des mittels potentiellen Abnehmer damit mittels des Herstellens einer bestimmten Preisrelation zu anderen Leistungen Die in einer dem anbietenden Betrieb genehmen Weise einzuwirken." (Diederich) Maßnahmen betrieblichen Gesamtheit der zu dieser ersten Hauptgruppe gehörigen Instruwird unter dem Begriff preispolitische Maßnahmen oder preispolitische und die Erhaltung Herstellung mente zusammengefaßt. Entscheidungen, die auf über preispolitische eines Gleichgewichtes zwischen Betrieb und Umwelt allein die folglich der den Preispolitik, bilden Gegenstand Maßnahmen gerichtet sind, sind darein Teilgebiet der Absatzpolitik darstellt. Preispolitische Entscheidungen eine gegebene auf gerichtet, mit Hilfe des Setzens geeigneter Preisforderungen auszuAbsatzmarktsituation hinsichtlich des verfolgten Formalziels bestmöglich

betriebswirtschaftlichen Literatur der

nutzen.

Hauptgruppe der absatzpolitischen Instrumente enthaltenen weiter in zwei Untergruppen eingeteilt werpreispolitischen Maßnahmen könnenzwischen Gestaltung der Preisforderungen den. Diese Einteilung differenziert Die diesen Untergruppen andererseits. einerseits und Gestaltung der Konditionen Abschnitt im Die in der ersten

zuzuordnenden

preispolitischen

54. eingehender behandelt.

Instrumente werden

nachfolgenden

142

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

absatzpolitische Instrumente

präferenzpolitische

preispolitische

Instrumente

Intrumente

Gestaltung der Preisforderungen Gestaltung der Konditionen

Produkt- und

Programm-

gestaltung Prozeßgestaltung

Gestaltung der Distribution

Gestaltung der Kommunikation Darstellung 5-27:

Das

absatzpolitische Instrumentarium

In der zweiten Hauptgruppe werden alle diejenigen betrieblichen Maßnahmen zusammengefaßt, „deren Aufgabe es ist, die Bereitschaft der unmittelbaren potentiellen Abnehmer wie auch der potentiellen Abnehmer eingeschalteter Handelsbetriebe zu erhöhen, Leistungen des Betriebes abzunehmen. Sie sollen, mit anderen Worten, die Wertschätzungen für die Leistungen des Betriebes erhöhen und damit die Stellung des Betriebes auf seinem Absatzmarkt verbessern." (Diederich) Mit Hilfe der betrieblichen Maßnahmen der zweiten Hauptgruppe wird beabsichtigt, die

Absatzmarktsituation des Betriebes zu seinen Gunsten zu verändern. Eine solche Veränderung kann darin bestehen, daß bei gleichbleibender Preisforderung eine größere Leistungsmenge abgesetzt oder daß eine gleichbleibende Leistungsmenge zu einem höheren Preis am Markt verwertet werden kann. Derartige Veränderungen der Absatzmarktsituation können nur dann eintreten, wenn bei den Nachfragern Präferenzen (Bevorzugungen) dem Betrieb oder den von ihm angebotenen Lei-

Leistungsverwertung

143

stungen gegenüber erzeugt werden. Dementsprechend wird die Gesamtheit der in

Hauptgruppe zusammengefaßten betrieblichen Maßnahmen mit dem Begriff präferenzpolitische Maßnahmen oder präferenzpolitische Instrumente bezeichnet. Damit umfaßt die Präferenzpolitik neben der Preispolitik als zweites Teilgebiet der Absatzpolitik alle Entscheidungen, die darauf gerichtet sind, mit dieser zweiten

Hilfe entsprechender Maßnahmen die vorgefundene Absatzmarktsituation hinsichtlich des verfolgten Formalziels bestmöglich zu verändern. Die in der zweiten Hauptgruppe der absatzpolitischen Instrumente enthaltenen präferenzpolitischen Maßnahmen werden aufgrund ihrer Heterogenität in einem nächsten Schritt in Untergruppen eingeteilt. Im vorliegenden Lehrbuch wird eine und ProEinteilung in vier Untergruppen vorgenommen, und zwar in Produkt- sowie Geder Distribution grammgestaltung, Prozeßgestaltung, Gestaltung diesen Unterder staltung der Kommunikation. Eine eingehendere Behandlung Instrumente wird nachgruppen im einzelnen zuzuordnenden präferenzpolitischen folgend im Abschnitt 55. erfolgen. 54.

Preispolitische Instrumente

541. Gestaltung der Preisforderung

Betrieb ist

Festlegung der Preisforderungen durch den Leistungen anbietenden diesem Wege, eine absatzpolitische Maßnahme. Das Unternehmen versucht auf Die

Sie sollen Einfluß auf das Verhalten seiner potentiellen Abnehmer auszuüben. deren Beund Preisforderung bestimmten einer nämlich durch die Festlegung Weigewünschten kanntmachung dazu veranlaßt werden, sich in einer vom Betrieb in dieser Weise zu trefihre insbesondere Ausgabendispositionen zu se verhalten, Betrieb fen oder, mit anderen Worten, die von ihm angebotenen Leistungen dem abzunehmen. gegen das geforderte Entgelt durch

geldlichen GegenwertesFormen notwendige Festlegung eines geforderten haben sich vielfältige ihm Leistung den Betrieb für die von angebotene herausgebildet (Böcker/Dichtl): Die einfachste Form besteht darin, daß ein bestimmter Listenpreis gefordert Nachfrager Zug um Zug gegen wird, der bei Einigung zwischen Anbieter und Abnehmer an das leistende UnterFür die



der betreffenden Leistung vom nehmen entrichtet wird. ein Referenzpreis, der In vielen Fällen ist der festgelegte Listenpreis lediglich in manim Rahmen der im nächsten Abschnitt zu behandelnden Konditionen oft es vernünftige da auch erhöht wird, nigfacher Weise gekürzt, bisweilenAbnehmern der gleichen Leistung untervon verschiedenen Gründe

Übergabe



gibt,

schiedliche Entgelte zu verlangen.



nicht wie Wird das zwischen Anbieter und Nachfrager vereinbarte Entgelt der Leistung betreffenden oben angenommen Zug um Zug gegen Übergabe behander Finanzierung mit im Zusammenhang entrichtet, so sind die bereits das vereinbarte der Abnehmer entweder daß unterscheiden, delten Fälle zu ganz oder teilweise entrichtet (Vorkasse, Entgelt vor Übergabe der Leistung des vereinbarten EntKundenanzahlung) oder der Lieferant die Entrichtung

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

144

gelts erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Übergabe der Leistung verlangt (Lieferantenkredit). Die Preisforderung kann nicht losgelöst davon gesehen werden, welche Zusatzleistungen der Anbieter dem Nachfrager unentgeltlich zu gewähren bereit ist. In diesem Zusammenhang ist in erster Linie auf den Kundendienst zu verweisen, der sowohl technischer Natur (z. B. Aufstellung und Anschluß von Geräten) als auch kommerzieller Art (z. B. Anwendungsberatung) sein kann. Die Gestaltung der Preisforderungen wird für den Leistungen anbietenden Betrieb nur dann zu einem Problem, wenn er über einen gewissen preispolitischen Entscheidungsspielraum bezüglich seiner Preisforderungen verfügt, wenn ihm also nicht durch Auflagen seiner Lieferanten (Preisbindung, Preisempfehlungen) oder durch die Preisforderungen der Konkurrenten das zu fordernde Entgelt für seine Leistungen als Datum vorgegeben ist. Die Möglichkeiten zur Gestaltung der Preisforderungen werden entscheidend von der Marktstruktur bestimmt, wobei die



Struktur eines Marktes durch das Kriterium Anzahl und Größe der Marktteilnehmer wird. Unter Zugrundelegung der Einteilung ein großer, wenige mittlere und viele kleine Anbieter bzw. Nachfrager ergibt sich die Unterscheidung zwischen monopolistischer, oligopolistischer und polypolistischer Angebots- bzw. Nachfragestruktur (Ringle). Werden diese Strukturen auf der Angebotsseite und auf der Nachfragerseite miteinander kombiniert, dann ergibt sich das in Darstellung 5-28 dargestellte Marktformenschema, das in seinem Ursprung auf von Stackel-

festgelegt

berg zurückgeht.

Nachfrager

ein

großer

wenige mittlere

Anbieter ein

großer

wenige mittlere viele kleine

bilaterales

Monopol

beschränktes

Nachfragemonopol Nachfragemonopol

beschränktes

viele kleine

Angebotsmonopol

Angebotsmonopol

bilaterales Oligopol

Angebotsoligopol

Nachfrageoligopol

vollständige

Konkurrenz (Polypol)

Darstellung 5-28: Marktformenschema In der volkswirtschaftlichen Preistheorie und in der betriebswirtschaftlichen Theorie der Preispolitik sind eine Vielzahl von Modellen zur der Preis-

Gestaltung forderung entwickelt worden, die sich jedoch als wenig hilfreich erwiesen haben, in der Praxis preispolitische Probleme zu lösen (Schierenbeck). Aus diesem Grunde werden Wegen

diese Ansätze hier nicht behandelt. Bei den in der Praxis gebräuchlichen Gestaltung und Festlegung der betrieblichen Preisforderungen lassen

zur

sich drei

grundsätzliche Ansatzpunkte unterscheiden (Meffert):

kostenorientierte

Preisbestimmung, nachfrageorientierte Preisbestimmung, konkurrenzorientierte Preisbestimmung. Bei der kostenorientierten Preisbestimmung geht der Betrieb bei der Festlegung der Preisforderung für die zu verwertenden Leistungen von den entstehenden oder • • •

entstandenen Kosten für diese

Leistungen

aus.

Es lassen sich zwei

grundsätzliche

Leistungsverwertung

145

Vorgehensweisen unterscheiden: zum einen können auf Vollkostenbasis die Selbstkosten der betreffenden Leistung ermittelt werden, die dann erhöht um einen Gewinnzuschlag die zu erhebende Preisforderung bestimmen; zum anderen können

auf Teilkostenbasis beispielsweise die variablen Kosten oder die Einzelkosten der betreffenden Leistung ermittelt werden, die dann erhöht um einen vom Betrieb festzulegenden Beitrag zur Deckung, des nicht verrechneten Teiles der Gesamtkosten (fixe Kosten, Gemeinkosten) zuzüglich eines Gewinnzuschlages wiederum die zu erhebende Preisforderung bestimmen. Im Zusammenhang mit der kostenorientierten Preisbestimmung geht es vor allem um die Ermittlung der Preisuntergrenze, also der niedrigsten Preisforderung, zu der der Betrieb noch bereit ist, seine Leistungen am Markt zum Tausch gegen Entgelt anzubieten. Die langfristige Preisuntergrenze wird immer durch die Selbstkosten auf Vollkostenbasis mit einem Gewinnzuschlag von Null bestimmt. Die kurzfristige Preisuntergrenze dagegen kann auch unterhalb der Selbstkosten auf Vollkostenbasis liegen, da der Betrieb kurzfristig darauf verzichten kann und wird, diejenigen Kosten zu decken, die ihm ohnehin entstehen, unabhängig davon, ob er die betreffende Leistung erstellt und verwertet oder nicht. Das Wesen der nachfrageorientierten Preisbestimmung liegt darin, daß sich der Betrieb bei der Festlegung seiner Preisforderung in erster Linie nach der ZahAblungsbereitschaft oder -Willigkeit bzw. Zahlungsfähigkeit der potentiellen vom welche Er seiner richtet. Preisforderung zunächst, nehmer Leistungen fragt Markt gerade noch akzeptiert wird, wenn eine bestimmte Leistungsmenge abgesetzt werden soll, und erst anschließend, ob ein entsprechender Preis für das Unternehbetrieblichen men unter Kostengesichtspunkten und unter Berücksichtigung der ist. annehmbar bzw. langfristig Zielsetzung kurzfristig Bei der konkurrenzorientierten Preisbestimmung geht der Betrieb bei der von konkurrieFestlegung seiner Preisforderung von den Preisforderungen aus, dieoder dem Branrenden Anbietern dem Marktführer, bedeutenden Konkurrenten die wie von ihm die chendurchschnitt auf dem Markt für gleichen Leistungen Preisforderung Seine werden. eigene erhoben angebotenen oder anzubietenden braucht dann jedoch nicht genau mit der Preisforderung der Konkurrenz übereinzuoder stimmen, sie kann vielmehr entsprechend der betrieblichen Kostensituation den der angebotenen Nachfrager gegenüber auch aufgrund bestehender Präferenzen Leistungen des Betriebes niedriger oder höher festgelegt werden. Abschließend ist im Zusammenhang mit der Gestaltung der Preisforderung noch als Preisdifferenauf eine mögliche Vorgehensweise des Betriebes einzugehen, die der Betrieb für gleidaß bedeutet, wird. Preisdifferenzierung zierung bezeichnet statt dessen sondern che Leistungen nicht eine einheitliche Preisforderung erhebt, Preisforderungen differenzierte (gespaltene) nach verschiedenen Gesichtspunkten Preisdifferenziefür die gleichen Leistungen stellt. Voraussetzung einer derartigen voneinander in abgegrenzte Absatzmarkt der betreffende eindeutig ist es, daß rung AbsatzTeilmärkte aufgespalten werden kann, d. h. der Betrieb bezüglich seines in der vorzunehmen marktes eine Marktaufspaltung oder Marktsegmentierung dann unterschiedliche PreisLage ist. In den entstehenden Marktsegmenteninkönnen Regel mit dem Ziel, die unterforderungen erhoben werden. Dies geschieht der bzw. oder Zahlungsfähigkeit der Nach-Willigkeit schiedliche Zahlungsbereitschaft des Betriebes auszunutzen. zugunsten frager in den verschiedenen Marktsegmenten und abnehAls Differenzierungskriterien kommen räumliche, zeitliche, sachliche -

-

-

-

146

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

merorientierte Gesichtspunkte in Betracht; entsprechend wird von räumlicher, zeitlicher, sachlicher und abnehmerorientierter Preisdifferenzierung gesprochen (Zentes). Bei räumlicher Preisdifferenzierung werden für die gleichen Leistungen auf geographisch unterschiedlichen Märkten (Gebietsmärkten, Inlands und Auslandsmärkten) unterschiedliche Preisforderungen erhoben. Zeitliche Preisdifferenzierung liegt vor, wenn für gleiche Leistungen zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedliche Preise gefordert werden (Tag- und Nachttarife, Haupt- und Nebensaisonpreise). Die sachliche Preisdifferenzierung orientiert sich an dem Verwendungszweck der Leistungen beim Abnehmer (unterschiedliche Energietarife für Haushalte und gewerbliche Abnehmer). Die abnehmerorientierte Preisdifferenzierung schließlich richtet die verschiedenen Preisforderungen an der Funktion des Abnehmers, so der Handelsstufe, oder am Abnehmer selbst aus (personenbezogene Preisdifferenzierung wie Kinder-, Schüler-, Studenten-, Erwachsenen- und Rentnertarife im öffentlichen Personennahverkehr). 542.

Gestaltung der Konditionen

Die Gestaltung der Konditionen wird neben der Gestaltung der Preisforderung als zweite Untergruppe der preispolitischen Instrumente angesehen. Sie gehört zu den preispolitischen Instrumenten, aber nicht in den Bereich Gestaltung der Preisforderungen, da sich hier zu ergreifende Maßnahmen nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar in der betrieblichen Preisforderung niederschlagen. Wichtigster Aspekt bei der Gestaltung der Konditionen ist die Gestaltung von Rabatten, daneben die Gestaltung von Lieferantenkrediten sowie die Gestaltung von Lieferungs- und

Zahlungsbedingungen (Meffert).

Unter einem Rabatt ist ein Preisnachlaß zu verstehen, der dem Abnehmer der betrieblichen Leistung für bestimmte von ihm zu erbringende Leistungen gewährt wird. Sie können als ein indirektes Mittel angesehen werden, um selektive Preisdifferenzierung zu betreiben (Schierenbeck). Meffert nennt als Ziele der Einräumung von Rabatten:

Umsatzerhöhung, Verstärkung' der Kundenbindung, Weitergabe von Rationalisierungsvorteilen an den Kunden, Steuerung der zeitlichen Verteilung des Auftragseingangs, Erhaltung des Exklusivitätsimages für bestimmte Produkte

• • •

• •

Möglichkeit, dieselben preiswert anzubieten.

bei

gleichzeitiger

Im

Zusammenhang mit der Gewährung von Rabatten ergeben sich zwei gende Probleme. Zum einen ist die optimale Rabatthöhe zu bestimmen,grundleda die

Einräumung von Rabatten einerseits zu Erlöseinbußen, andererseits aber zu Nutzen über die Erreichung der obengenannten Ziele führt. Zum anderen gilt es, das zielgerechte Rabattsystem zu bestimmen, da Rabatte nach verschiedenen Gesichtspunkten wie beispielsweise in Form von Funktionsrabatten, ZeitrabatMengenrabatten, ten oder Treuerabatten gewährt werden können. Die Gestaltung von Lieferantenkrediten wird an dieser Stelle nicht weiter behandelt, da dies bereits im Abschnitt über die Finanzierung geschehen ist. Es sei lediglich darauf hingewiesen, daß die beiden wesentlichen Merkmale des Lieferanten-

Leistungsverwertung

147

Kredites durch die Kreditlaufzeit und den Skonto als Entgelt für die Nichtinanspruchnahme des Lieferantenkredites verkörpert werden. Die Gestaltung der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen stellt einerseits auf die Modalitäten der Lieferung von Leistungen wie Übergabe bzw. Zustellung, Umtauschrecht, Konventionalstrafen bei verspäteter Lieferung, Berechnung von Porti. Frachten und Versicherungskosten sowie Mindestmengen- und Mindermengenzuschläge ab. Andererseits werden durch sie die Modalitäten der Zahlung wie beispielsweise Zahlungsweise, Zahlungsabwicklung, Zahlungssicherungen, Kompensationsgeschäfte sowie Inzahlungnahme gebrauchter Güter berührt (Meffert). 55.

Präferenzpolitische Instrumente

551. Produkt- und

Programmgestaltung

Die Produkt- und Programmgestaltung als präferenzpolitisches Instrument umfaßt die Gesamtheit der Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die einzelnen Leistungen des Betriebes oder Leistungsbündel oder das ganze Leistungsprogramm in einer Weise am Markt anzubieten, daß den Wünschen möglichst vieler potentieller AbPronehmer möglichst weitgehend entsprochen wird. Das Ziel der Produkt- und zu einer ihren Gestaltungsobjekten jeweiligen grammgestaltung besteht darin, Abnehmern zu verhelfen, die deren Verhalten Wertschätzung bei den potentiellen hinsichtlich des Kaufes der Leistungen des Betriebes positiv im Sinne des verfolg-

Formalziels beeinflußt. Die wichtigsten Maßnahmen im Bereich der Produkt- und Programmgestaltung bestehen in der Programmvariation durch Produktinnovation und Produktelimination sowie in der Produktvariation. Produktinnovation bedeutet eine Erweiterung des betrieblichen Leistungsprowährend entsprechend Programmes durch Aufnahme einer neuen Leistungsart, durch des Leistungsprogrammes betrieblichen duktelimination eine Einschränkung einen bildet Produktinnovation Die beinhaltet. Herausnahme einer Leistungsart deren Produktideen, von die Gewinnung mehrphasigen Prozeß, der im wesentlichen und die Einführung der neuen Produktes des neuen die Entwicklung Bewertung, Die Produktinnovation umfaßt Märkte (Ringle). Leistungsart in aufnahmebereite bestehenden dem Leistungsproindem der Produktdifferenzierung, in Form kann ohne die bisherige Anzahl der werden, hinzugefügt neue Leistungsarten gramm auf betrieblichen Produktgruppen oder -linien zu erhöhen und ohne die anzubieten, Leistungen Proals oder anderen als den bisherigen Märkten des Unternehmens die Aufnahme neuer duktdiversifikation auftreten. Produktdiversifikation bedeutetden bisher bearbeiteals anderen auf Produktgruppen, die vom Unternehmen auch

ten

der

Diversifikation (Erweiterung angeboten werden. Bei horizontaler neuer Leistungsarten, die Aufnahme durch die Leistungsbreite) erfolgt Erweiterung stein einem sachlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Leistungsprogramm die wird der Leistungstiefe) hen. Im Falle vertikaler Diversifikation (Ausdehnung Produktionsstufen Erweiterung durch die Einbeziehung vor- oder nachgelagerter Diversifikation des bisherigen Leistungsprogrammes vorgenommen. Laterale von Leistungsarten Aufnahme durch schließlich bedeutet, daß die Erweiterung Leistungsprogramm bisherigen dem mit Zusammenhang erfolgt, die in keinerlei

ten

Märkten

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

148

stehen und deren Verwertung vom Unternehmen die Bearbeitung von neuen Absatzmärkten erfordert. Produktelimination bedeutet wie bereits gesagt eine Einschränkung des betrieblichen Leistungsprogrammes durch Herausnahme einer Leistungsart. Eine solche Produktelimination kann für den Betrieb aus verschiedenen Gründen eine zielgerechte Maßnahme sein: die Entwicklung des Umsatzes oder des Marktanteiles kann sich in starkem Maße negativ darstellen, der Deckungsbeitrag der betreffenden Leistungsart kann unbefriedigend geworden sein, die Leistungsart kann aus Altersgründen im gesamten Leistungsprogramm des Betriebes störend erscheinen -

-

(Ringle).

Zwischen Produktinnovation und Produktelimination liegt die Zeitspanne, innerhalb derer der Markt bereit ist, die betreffende Leistungsart in einer der betrieblichen Zielsetzung entsprechenden Weise aufzunehmen. Innerhalb dieser Zeitspanne, der Lebensdauer des betreffenden Produktes, durchläuft es im Regelfall mehrere charakteristische Phasen, die im allgemeinen in Einführungs-, Wachstums-, Reife-, Sättigungs- und Degenerationsphase eingeteilt werden. Diese Phasen werden in der Literatur meistens in Form eines Modells dargestellt, das als Produktlebenszyklus bezeichnet wird. Abgebildet wird in diesem Modell der Umsatz der betreffenden Leistungsart im Zeitablauf.

Einführungs

Degenerationsphase

phase

Gesamtumsatz

des Markts

Zeit

Darstellung 5-29: Produktlebenszyklus Zwischen Produktinnovation und Produktelimination können die verschiedenen Maßnahmen der Produktvariation erfolgen. Ein Produkt läßt sich als ein Bündel von Merkmalen definieren, die Nutzen zu stiften vermögen, und daher können Gegenstand der Produktgestaltung und damit auch der Produktvariation alle Fakto-

sein, die zur Ausformung von Nutzenvorstellungen bei den potentiellen Nachfragern beizutragen geeignet sind (Böcker/Dichtl). Als die wesentlichen Dimensionen der Produktgestaltung werden von Böcker und Dicht! die Produktqualität im ren

engeren Sinne (Produktkern und Produktfunktion), das Produktäußere (Produktform und Produktfarbe) sowie der Name des Produktes bzw. seine Marke angeführt. Die Produktvariation als Maßnahme der bei bereits im Produktgestaltung Markt eingeführten Leistungsarten ist in vielen Fällen deswegen notwendig, weil sich die Bedürfhisse und Präferenzen der potentiellen Abnehmer im Zeitablauf ändern. Absatzerfolge lassen sich auf Dauer nur erzielen, wenn das Leistungsprogramm des Unternehmens eine Ausgestaltung durch ständige Produktvariationen -

149

Leistungsverwertung

neben Produktinnovationen und Produkteliminationen erfährt, die dem bei den potentiellen Abnehmern bestehenden Bedarf gerecht wird (Ringle). Durch Produktvariation kann es insbesondere möglich sein, die Degeneration, d. h. den umsatzmäßigen Abstieg einer Leistungsart aufzuhalten bzw. hinauszuschieben oder sogar in eine neue Wachstums bzw. Reifephase zu gelangen. In der Darstellung 5-30 ist der entsprechend modifizierte Produktlebenszyklus für den Fall zweier vom Markt positiv aufgenommenen Produktvariationen beispielhaft -

dargestellt (Bidlingmaier).

Umsatz

Zeit

Darstellung 5-30: Produktlebenszyklus mit zweimaliger Produktvariation 552.

Prozeßgestaltung

Maßnahmen der Prozeßgestaltung als Instrumente der betrieblichen Präferenzpolitik bestehen darin, eine den Wünschen der Nachfrager entsprechende Ausgestaltung der Leistungserstellungsprozesse des Unternehmens zu bewirken. Derartige Maßnahmen werden in der Literatur zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre des Bereiches Leiregelmäßig nicht zum Gegenstand der Betrachtungen innerhalb Tatsache mag diese für stungsverwertung oder Absatz erhoben. Eine Begründung üblicherBetriebswirtschaftslehre darin gesehen werden, daß sich die Allgemeine an den Verihrer bei betont mehrfach Erkenntnisgewinnung bereits weise wie eine hältnissen in einem Industrieunternehmen orientiert. Dabei erfolgt in der Regel Betriebe oder Industriebetriebe solche weitere Einschränkung dergestalt, daß nur einbetrachtet werden, die im Rahmen ihrer Leistungserstellung Leistungsobjekte es tatist setzen, die sich in ihrem Eigentum befinden. In derartigen Unternehmen heraus Sicht sächlich aus präferenzpolitischer oder allgemein absatzpolitischer geunerheblich, was mit den Leistungsobjekten im Leistungserstellungsprozeß Art und die und zeitliche ihre auf Inanspruchnahme Hinblick schieht, vor allem im Weise ihrer Behandlung. Im vorangegangenen Abschnitt über die Leistungserstellung ist aber aufgezeigt an eigenen Leistungsobworden, daß es neben den Betrieben, die ihre Leistungen die ihre Leistungen an LeistungsUnternehmen auch gibt, solche erstellen, jekten In derartigen Betrieben objekten Dritter oder an diesen Dritten selbst erstellen. bereit sind, die als Nachfrager einsetzen, eher nicht die kann Leistungserstellung für den der LeiZweck sich selbst dem Unternehmen ihre Leistungsobjekte oder -

-

150

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

stungserstellung zur Verfügung zu stellen. Dies wird aber erst geschehen, wenn die Absatzbemühungen des Betriebes erfolgreich waren in dem Sinne, daß Einigung über Leistung und Gegenleistung zwischen Anbieter und Nachfrager erzielt wurde. Die Nachfrager werden ihre Entscheidung über eine Annahme des betrieblichen Leistungsangebotes neben anderen Determinanten auch von ihren Erwartungen darüber abhängig machen, in welcher Art und Weise sich der Leistungserstellungsprozeß an den von ihnen zur Verfügung gestellten Leistungsobjekten oder an ihnen selbst vollzieht. Hier liegt die Tatsache begründet, daß in derartigen Betrieben Maßnahmen der Gestaltung des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses durchaus ein präferenzpolitisches Instrument darzustellen vermögen, da sie geeignet sein können, die Wertschätzungen der Nachfrager für den Betrieb und dessen Leistungen zu erhöhen (Diederich). Hinsichtlich möglicher Maßnahmen der Prozeßgestaltung ist zu unterscheiden, ob die betriebliche Leistungserstellung an Leistungsobjekten Dritter oder an diesen Dritten selbst vorgenommen wird. Zur erstgenannten Gruppe von Unternehmen gehören beispielsweise Fabrikationsbetriebe, die ihre Leistungen im Wege der Auftragsfertigung an Objekten Dritter erstellen, Reparaturbetriebe und Güterverkehrsbetriebe. Die Maßnahmen der Prozeßgestaltung in diesen Unternehmen

können sich zum einen auf die Zeitdauer des Leistungserstellungsprozesses, seine Schnelligkeit, richten, da die Wirtschaftseinheiten, die ihre Objekte zum Zwecke der Leistungserstellung zur Verfügung stellen, in der daran interesRegel siert sein werden, möglichst schnell wieder nach vollzogener Leistungserstellung die uneingeschränkte Verfügungsmacht über die betreffenden Objekte zurückzuerlangen. Zum anderen können sich Maßnahmen der Prozeßgestaltung in diesen Betrieben auf die Art und Weise der Behandlung der vorübergehend zur Verfügung gestellten Leistungsobjekte richten. Der Abnehmer der betrieblichen Leistung wird im allgemeinen daran interessiert sein, daß an seinen Objekten die vereinbarte Leistung in Form der Veränderung bestimmter wirtschaftlicher Eigenschaften dieser Objekte vorgenommen wird, aber ebenso daran, daß daneben keine anderen Eigenschaften der betreffenden Objekte verändert werden. Dieser Bereich, auf den sich Maßnahmen der Prozeßgestaltung beziehen können, läßt sich als Pfleglichkeit bezeichnen. Dazu gehört insbesondere die Vermeidung von Beschädigungen der dem Betrieb zum Zwecke der Leistungserstellung vorübergehend überlassenen Objekte vor, während oder nach dem eigentlichen Leistungserstellungsprozeß. In den Betrieben, in denen die Leistungserstellung unmittelbar an Personen als den Abnehmern der betrieblichen Leistungen erfolgt, kommt Maßnahmen der Prozeßgestaltung im Hinblick auf die Schaffung von Präferenzen gegenüber dem die Leistung anbietenden Unternehmen vielfach eine noch beträchtlich größere Bedeutung zu als in den eben behandelten Betrieben. Beispielhaft seien hier Krankenhäuser, Körperpflegebetriebe wie Friseurbetriebe, Beratungsunternehmen und Personenverkehrsbetriebe genannt. Auch in diesen Unternehmen kann wieder die Zweiteilung der Maßnahmen der Prozeßgestaltung in solche vorgenommen werden, die die zeitliche Inanspruchnahme der betreffenden Personen im Leistungserstellungsprozeß, und solche, die die Art und Weise der Behandlung der Personen in diesem Prozeß betreffen. Die Schnelligkeit spielt hier insofern eine besondere Rolle, als die Personen ihre uneingeschränkte Handlungsfreiheit, die sie zum Zwecke der Leistungserstellung wenigstens teilweise aufgeben müssen, möglichst rasch zurückgewinnen möchten. Hinsichtlich der Art und Weise der Behandlung

Leistungsverwertung

151

der Personen im Leistungserstellungsprozeß können sich Maßnahmen der Prozeßgestaltung in erster Linie auf die Bequemlichkeit, den Komfort, die Annehmlichkeit und die Sicherheit des Leistungserstellungsprozesses richten. Es soll nicht verkannt werden, daß Maßnahmen der Prozeßgestaltung für den Betrieb, der sie ergreift, in der Regel mit Kosten verbunden sein werden. Dagegen steht aber auf der anderen Seite die erhöhte Wertschätzung, derer er sich bei seinen potentiellen Nachfragern erfreut. Diese äußert sich einerseits in einer Mehrnachfrage, die ihm aktuell gegenübertritt und die somit zu Mehrerlösen führt, andererseits darin, daß die Nachfrager oftmals auch bereit sind, für eine Leistung, die in einem Prozeß höherer Qualität erstellt wird, ein höheres Entgelt zu gewähren und somit die Kosten der höheren Prozeßqualität ganz oder teilweise zu kompensieren. 553.

Gestaltung der Distribution

In einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise umfaßt der Begriff Distributialle Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf gerichtet sind, die Leistungen des Betriebes in der jeweils verlangten Menge und Qualität, zum richtigen Zeit(Ringle). punkt und am gewünschten Ort den Abnehmern verfügbar zu machen der Distribution Bidlingmaier unterscheidet im Zusammenhang mit der Gestaltung Wahl der Distrizwei gegenseitig abgrenzbare Teilbereiche, nämlich einerseits die die physiandererseits butionskanäle und der jeweiligen Distributionsorgane und Ketten betriebsder aus die Der der erste Teilbereich, Produkte. sche Distribution aus sowie des Betriebes anbietenden und betriebsfremden Absatzorganen eigenen den eingeschalteten Handelsstufen und die Gestaltung der Kontakte zwischen den

on

umfaßt, wird Nachfragern und dem anbietenden Betrieb über seine Absatzorgane Distribution bezeichnet als auch im Gegensatz zur physischen akquisitorische wird den VerDistribution das der Durch akquisitorischen System (Bidlingmaier). kaufsstellen und damit letztlich den Abnehmern die rechtliche Verfügbarkeit über die Leistungen verschafft, was rechtstechnisch in Form des Abschlusses von Kauf bzw. Mietverträgen geschieht; die Aufgabe des Systems der physischen Distribution besteht demgegenüber darin, den Fluß der materiellen Leistungen vom Hersteller bis zum Letztverbraucher bzw. zu dem ihm vorgelagerten Handelsbetrieb zu bewerkstelligen (Böcker/Dichtl). Die physische Distribution, auch als Marketing-Logistik bezeichnet, umfaßt die Gesamtheit der mit der Verteilung erstellter Leistungen vom Hersteller an die Abnehmer verbundenen Verpackungs-, Lager-, Versand-, Transport- und Umschlagsvorgänge sowie Lieferserviceprobleme. Eine wichtige Grundsatzfrage hinsichtlich der physischen Distribution besteht darin, ob die Auslieferung der Leistungen an die Abnehmer durch diejenigen vorgenommen werden soll, die mit der Aufgabe der Frage läßt akquisitorischen Distribution betraut sind, oder nicht (Diederich). Diese sich allgemein nicht eindeutig beantworten. Es gibt einerseits Fälle, in denen akquisitorische und physische Distribution vollständig miteinander verbunden sind; ein gibt es ebenso Fälle, Beispiel wird durch den Ladenverkauf gegeben. Andererseits in denen eine völlige Trennung von akquisitorischer und physischer Distribution vorliegt; zu denken ist etwa an den Handelsvertreter, dem allein die akquisitorische Distribution obliegt, während die physische Distribution nach seiner erfolgreichen Tätigkeit getrennt von ihm anderweitig vollzogen wird.

152

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Die akquisitorische Distribution beinhaltet wie zuvor gesagt die Bestandteile Distributionskanäle und Distributionsorgane. Die Distributionskanäle geben an, auf welchen Wegen die erstellten Leistungen vom Unternehmen an den Letztverbraucher gelangen; sie werden auch als Absatzwege bezeichnet. Es bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten für den Betrieb, seine Leistungen zu verwerten. Diese werden als direkter und indirekter Absatz bezeichnet. Der direkte Absatz ist mit dem kürzesten Absatzweg verbunden; er besteht darin, daß die Leistungsverwertung vom Betrieb unmittelbar an die Letztverbraucher (Verbraucher, Gebraucher, Weiterverarbeiter) erfolgt. Der indirekte Absatz dagegen beinhaltet die Einschaltung mindestens einer Zwischenstufe in den Distributionskanal zwischen Hersteller und Letztverbraucher der betrieblichen Leistung. Die betreffenden Zwischenstufen werden durch den Handel gebildet; es sind also Handelsbetriebe, die beim indirekten Absatz in die Leistungsverwertung zwischen das die Leistung erstellende Unternehmen und die die Leistung verbrauchende, gebrauchende oder weiterverarbeitende Wirtschaftseinheit geschaltet werden. Ein Handelsbetrieb kauft die Leistungen des Unternehmens in eigenem Namen und für eigene Rechnung und Gefahr, jedoch nicht, um aus den erworbenen Leistungen andere Erzeugnisse zu erstellen, sondern um sie weiterzuverkaufen. Die Stationen, die eine betriebliche Leistung auf ihrem Wege, dem Distributionskanal, vom Hersteller bis zum Letztverbraucher durchläuft, werden mit dem Begriff Absatzkette bezeichnet. Eine derartige Absatzkette kann beispielsweise die folgenden fünf Kettenglieder umfassen: Hersteller Spezialgroßhandelsbetrieb Sortimentsgroßhandelsbetrieb Einzelhandelsbetrieb Letztverbraucher (Diederich). Die Erscheinung des indirekten Absatzes kann es nur bei Sachleistungsbetrieben geben, da nur hier der Kauf und Weiterverkauf der betrieblichen Leistungen durch Handelsbetriebe möglich ist. Im Bereich der Dienstleistungsbetriebe ist die Einschaltung von Handelsbetrieben nicht durchführbar, hier muß die Leistungsverwertung immer auf direktem Wege -

-

-

-

erfolgen.

Mit den

Distributionsorganen wird die Menge der Möglichkeiten berührt, die Verbindung zu den potentiellen Abnehmern der betrieblichen Leistungen, die Absatzverhandlungen und die kaufmännische Abwicklung der Leistungsverwertung zu gestalten. Zunächst ist zu unterscheiden, ob die genannten Aufgaben von betriebseigenen oder betriebsfremden Organen wahrgenommen werden. Im Falle des ausschließlichen Einsatzes betriebseigener Organe erfolgt die Leistungsverwertung im Sinne der akquisitorischen Distribution in Abhängigkeit von der anzubietenden Leistung, der Häufigkeit entstehenden Bedarfes, der Größe des Kundenkreises und der räumlichen Verteilung der Abnehmer durch Mitglieder der Geschäftsleitung, durch Reisende, aufgrund von Direktanfragen der Kundschaft und/oder in betriebseigenen Läden, wobei die Leistungsverwertung in betriebseigenen Läden als typisch für Einzelhandelsbetriebe anzusehen ist (Ringle). Weiterhin sind hier Ver-

als rechtlich und wirtschaftlich unselbständige Teile des Betriebes und Verkaufsgesellschaften als rechtlich selbständige Wirtschaftseinheiten, die aber wirtschaftlich ebenfalls unselbständig sind, zu nennen; derartiger Distributionsorgane bedient sich ein Unternehmen vor allem dann, wenn es sich um einen geographisch weit ausgedehnten Absatzmarkt handelt, und zwar auch dann, wenn die Kunden regelmäßig von betriebseigenen oder auch von betriebsfremden Organen aufgesucht werden (Diederich).

kaufsniederlassungen

Leistungsverwertung

153

Wenn sich das Unternehmen zur Verwertung seiner Leistungen im Sinne der akbetriebsfremder Organe bedient, so stehen ihm hierzu in erster Linie Handelsvertreter, Handelsmakler und Kommissionäre zur Verfügung. Der Handelsvertreter ist ein selbständiger Gewerbetreibender (§ 84 HGB),

quisitorischen Distribution

ständig damit betraut ist, Geschäfte für das Unternehmen zu vermitteln (Vermittlungsvertreter) oder auch im Namen des von ihm vertretenen Betriebes abzuschließen (Abschlußvertreter). Im Falle einer erfolgreichen Geschäftsvermittlung oder eines getätigten Geschäftsabschlusses steht dem Handelsvertreter ein vom vertretenen Unternehmen zu zahlendes Entgelt zu, die Vertreterprovision. Der

der

Handelsmakler unterscheidet sich vom Handelsvertreter dadurch, daß er nicht stänbetraut ist, sondig mit der Vermittlung von Geschäften für seinen Auftraggeber dern nur von Fall zu Fall tätig wird. Für seine Tätigkeit erhält der Handelsvertreter im Erfolgsfalle ein Entgelt, das als Maklercourtage, -lohn, -gebühr oder -provision bezeichnet wird und im Regelfall von beiden Parteien, dem Auftraggeber und dem Abnehmer der Leistung, je zur Hälfte zu tragen ist. Schließlich zählt der Kommissionär zu den betriebsfremden Distributionsorganen. Er ist mit seinem Auftraggeber in der Weise vertraglich verbunden, daß er es gewerbsmäßig übernimmt, Leinämlich stungen des Auftraggebers in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung, für seine zu verkaufen. Als erfolgreiche für Rechnung des Auftraggebers, Entgelt entrichten, das als Tätigkeit hat der Auftraggeber dem Kommissionär ein Entgelt zuund Kommissionär Provision bezeichnet wird. Handelsvertreter, Handelsmakler weitesten im im Handelsverkehr Sinne; sie gehören rechtlich zu den Vermittlern Kaufmannes des genannt. werden auch genauer selbständige Hilfspersonen 554.

Gestaltung der Kommunikation

„Kommunikationspolitische

Maßnahmen sind alle

diejenigen marktorientierten

an Verlautbarungen eines Unternehmens, die primär dazu dienen, Informationen schlechthin die Öffentlichkeit und Abnehmer bzw. die tatsächlichen potentiellen von Informationen kann im heranzutragen." (Böcker/Dichtl) Eine derartige AbgabeUnter Interzession wird ein Wege der Interzession oder Intervention erfolgen. über dessen Wahrnehin Adressaten beabsichtigter informationeller Eingriff einen der bezüglich Wahlmöglichkeiten mung verstanden, sofern er der Vermehrung solchen einen Intervention stellt oder dient. Verhaltens seines Handelns Dagegen Wahrüber dessen Adressaten beabsichtigten informationellen Eingriff in einen seines nehmung dar, der auf eine Verringerung der Wahlmöglichkeiten bezüglich in Sindiesem Dicht! ist. und Böcker sprechen Handelns oder Verhaltens gerichtet Informane von „informativer Kommunikation" als der Abgabe sachdienlicher tionen und von „beeinflussender Kommunikation" als der Abgabe von der Beeinflussung der Adressaten dienenden Informationen. alle Es sollen fernerhin unter Interzession oder informativer Kommunikation verstanden werden, eines Unternehmens diejenigen informationellen Aktivitäten die darauf gerichtet sind, bei seinen aktuellen und potentiellen Abnehmern in sachdienlicher Weise Kenntnisse über den Betrieb und dessen Leistungsangebot zu vermitteln. Üblicherweise werden die entsprechenden betrieblichen Maßnahmen unter dem Begriff Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations zusammengefaßt. Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet ein zielorientiertes Bemühen von Unternehmen, das Verständnis für die eigenen Anliegen und eine Vertrauensbasis zwischen Betrieb

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

154

und Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen. Die Öffentlichkeitsarbeit hat damit gleichermaßen eine gesellschaftliche, kulturelle, politische und wirtschaftliche Komponente (Zentes). Maßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit sind nach Zentes: • Public Relations-Inserate und Public Relations-Spots, • • • • • • •

Durchführung publizistischer Aktionen, Herausgabe von Dokumentationen,

Vorträge, Schulung der Mitarbeiter im Sinne der Public Relations-Ziele, Teilnahme an Ausstellungen,

aktive

Beteiligung an gemeinnützigen Einrichtungen oder Aktionen, Mitwirkung in lokalen und regionalen politischen Gremien.

Unter Intervention oder beeinflussender Kommunikation sollen im Gegensatz zur Interzession alle diejenigen informationellen Aktivitäten eines Unternehmens verstanden werden, mit deren Hilfe unmittelbar absatzbezogene Wirkungen im Sinne einer positiven Beeinflussung der aktuellen und potentiellen Abnehmer der betrieblichen Leistungen zugunsten des Unternehmens und seines Leistungsangebots erzielt werden sollen. Derartige Maßnahmen werden üblicherweise unter dem Begriff Werbung oder genauer Absatzwerbung zusammengefaßt. Bei der vorgenommenen Unterscheidung zwischen Interzession und Intervention in Form von Öffentlichkeitsarbeit und Absatzwerbung handelt es sich in erster Linie um einen theoretischen Denkansatz. Im konkreten Falle der betrieblichen Praxis wird es in der Regel schwerfallen, getroffene Maßnahmen in allen ihren Bestandteilen eindeutig der einen oder der anderen Kategorie kommunikationspolitischer Maßnahmen zuzuordnen. Jede Maßnahme der Absatzwerbung enthält sechs typische Elemente, die im folgenden in Anlehnung an Böcker und Dicht! dargestellt werden: • Werbeobjekt, die Leistung oder das Leistungsbündel, über das vom Betrieb eine Werbeaussage getroffen wird; • Werbesubjekt, das einzelne Element der Zielgruppe einer Werbemaßnahme oder auch die tatsächlich durch eine Werbemaßnahme erreichte Person; • Werbungtreibender, die Person und das Unternehmen, in deren Auftrag eine Werbemaßnahme durchgeführt wird; • Werbebotschaft, die Aussage, die an die Adressaten der Werbung herangetra-

wird; Werbemittel, die objektivierte Form der Werbebotschaft, d. h. die Ausfor-

gen •

mung der Werbebotschaft in einer ganz bestimmten Weise, z. B. in einer Anzeige, einer Rundfunkdurchsage oder einem Fernsehspot; Werbeträger, die Person, die Sache (Zeitung, Zeitschrift, Plakatwand) oder das Programm (Kino, Radio, Fernsehen), über die oder das Werbemittel an die Werbesubjekte herangetragen wird. Die Aufgaben oder Ziele der Absatzwerbung können inhaltlich verschieden sein, je nachdem in welchem Bereich des Produktlebenszyklus für eine betriebliche •

Leistung als Werbeobjekt Absatzwerbung betrieben wird. Wenn das Unternehmen beabsichtigt, eine neue Leistung am Markt einzuführen, ist es zunächst notwendig, die Aufmerksamkeit der potentiellen Abnehmer auf diese Leistung zu lenken. Es wird in diesem Zusammenhang von Einführungswerbung gesprochen. Ist die

155

Leistungsverwertung

Leistung, die zum Werbeobjekt gemacht werden soll, in ihrem Lebenszyklus über die Phase der Einführung hinausgelangt, dann geht es dem Betrieb darum, den Umsatz aus der Verwertung der betreffenden Leistung durch entsprechende absatzwerbliche Maßnahmen zu erhöhen. Dies kann geschehen, indem aktuelle Abnehmer zu einer Mehrabnahme und potentielle Abnehmer überhaupt zu einer Abnahme dieser Leistungsart veranlaßt werden. Maßnahmen, die zur Erfüllung dieser Teilaufgabe der Absatzwerbung herangezogen werden können, werden unter dem Begriff Erweiterungs- oder Expansionswerbung zusammengefaßt. Schließlich ist noch der Fall zu betrachten, daß eine Leistung in ihrem Lebenszyklus den Umsatzhöhepunkt überschritten hat, sie sich also im Bereich rückläufiger Umsätze befindet. Hier geht es für den Betrieb darum, die Entwicklung aufzuhalten. Er muß bemüht sein, durch den Einsatz geeigneter Werbemaßnahmen die Abwanderung seiner Abnehmer zu anderen Anbietern der gleichen Leistung oder zu anderen Leistungen zu verhindern. Die Gesamtheit der Maßnahmen, die ergriffen werden können, um diesen Zweck der Absatzwerbung zu verwirklichen, wird als Erhaltungsoder Stabilisierungswerbung bezeichnet. Abschließend ist im Zusammenhang mit der betrieblichen Gestaltung der Kommunikation noch auf die Maßnahmen der Verkaufsförderung oder Sales Promotion einzugehen. Verkaufsförderung ist nicht leicht zu definieren und überdies nur schwer von den übrigen absatzpolitischen Instrumenten abzugrenzen (Diederich). Sie wird aber im allgemeinen den kommunikationspolitischen Maßnahmen zugerechnet und dort als ein ergänzendes Instrument der Absatzwerbung verstanden. Zentes rechnet zur Verkaufsförderung die folgenden Maßnahmen: • direkte Verkaufshilfen, so Verkaufshandbücher, Prospekte, Kataloge, InforDia- und Viso Schulung und Verkaufstraining, Fachliteratur, mationshilfen,

• •

deovorführungen; persönliche Anreizsysteme wie Verkaufswettbewerbe; Kontaktbesuche oder individuelle Kontaktpflege wie Produktvorführungen, Geschenke.

Diese Maßnahmen der

Verkaufsförderung können nach ihrem Adressatenkreis in

konsumentenorientierte, handelsorientierte und

verkaufspersonalorientierte

unter-

teilt werden.

Fragen zur Lernkontrolle:

3. 4.

Was verstehen Sie unter den Begriffen Absatz und Absatzpolitik? Beschreiben Sie die Vor- und Nachteile von Käufermärkten und Verkäufermärkten jeweils für Käufer und Verkäufer. Warum und über welche Objektbereiche wird Marktforschung betrieben? Nennen Sie die Unterscheidungsmerkmale hinsichtlich Marktanalyse und

5.

Marktbeobachtung. Welche Gefahren liegen

1. 2.

6.

in der

Sekundärforschung als einem

Informationsgewinnungsverfahren der Marktforschung? der Nennen und erläutern Sie die beiden Instrumente.

Hauptgruppen

der beiden

absatzpolitischen

156

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

7. 8.

Weiche grundsätzlichen Möglichkeiten Preisforderungen sind Ihnen bekannt?

zur

Gestaltung

der betrieblichen

Warum kann bei der kostenorientierten Preisbestimmung bei kurzfristigen gegenüber langfristigen Preisfestlegungen von einer niedrigeren Preisun-

tergrenze ausgegangen werden?

Welche Maßnahmen im Bereich der Produkt- und Programmgestaltung kennen Sie? Erläutern Sie diese. 10. Nennen und beschreiben Sie die charakteristischen Phasen eines Pro-

9.

duktlebenszyklus.

11. Grenzen Sie die Begriffe physische und akquisitorische Distribution gegeneinander ab. 12. Nennen Sie die wichtigsten Formen der Distributionskanäle und Distributionsorgane, und wägen Sie deren Vor- und Nachteile für ein Konsumgüter-Mehrproduktunternehmen gegeneinander ab. 13. Bei den kommunikationspolitischen Maßnahmen innerhalb der Präferenzpolitik wird zwischen Interzession und Intervention unterschieden; stellen Sie Gemeinsamkeiten und Gegensätze dieser Maßnahmen heraus. 14. Erläutern Sie die Begriffe Einführungs-, Expansions- und Stabilisie-

rungswerbung.

15. Was verstehen Sie unter

Literaturhinweise

zu

Verkaufsförderung oder Sales Promotion?

Leistungsverwertung:

Bidlingmaier, Johannes, Marketing, Zwei Bände, Reinbek bei Hamburg, 1973 Dicht!, Erwin, Marketing, in: F. X. Bea, E. Dichtl und M. Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 3: Leistungsprozeß, 7. Aufl., Stuttgart, 1997, S. 133-204 Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Zweiter Band, Der Absatz, 16. Aufl., Berlin, Heidelberg, New York, 1979 Meffert, Heribert, Marketing. Grundlagen der Absatzpolitik, 8. Aufl., Wiesbaden, 1998 Ringle, Günter, Marketing, in: E. Krabbe (Hrsg.), Leitfaden zum Grundstudium der Betriebswirtschaftslehre, 6. Aufl., Gernsbach, 1998, S. 447-559 Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Zentes, Joachim, Marketing, in: M. Bitz u.a. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 4. Aufl., München, 1998, S. 329-409 6. Personal 61. Menschliche Arbeit als Produktionsfaktor Im vierten von

Kapitel zur Leistungserstellung ist das System der Produktionsfaktoren Gutenberg dargestellt worden, wobei die menschliche Arbeit in die objektbe-

Personal

157

zogene oder ausführende und die dispositive menschliche Arbeit unterteilt wurde. Im Prozeß der Leistungserstellung werden die Betriebsmittel, die Leistungsobjekte und die menschliche Arbeit kombiniert, so daß aus Gütern niederer Ordnung Güter höherer Ordnung entstehen. Zwar werden diese Kombinationsprozesse grundsätzlich mit Hilfe des Wirtschaftlichkeitsprinzips beurteilt, es sind aber die Besonderheiten der menschlichen Arbeit, die eine ausschließliche Bewertung aufgrund des Wirtschaftlichkeitsprinzips verhindern. Der Mensch als Person läßt sich nicht von seiner Arbeitsleistung trennen, daher spielen in der Personalwirtschaft neben den finanzwirtschaftlichen und leistungswirtschaftlichen Zielen soziale Ziele eine herausragende Rolle. Interne soziale Ziele beziehen sich auf die Interaktionen zwischen den Menschen Mitarbeiter oder Führungskräfte in einem Unternehmen. Interaktionen sind deswegen im Unternehmen notwendig, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, daß Unternehmen arbeitsteilig organisiert sind. Wie sich die Interaktionen im Unternehmen vollziehen sollen, wird in der Unternehmens- bzw. Personalpolitik festgelegt; sie spiegeln grundlegende Werte wieder, die meist von der Unternehmensleitung formuliert werden. Solche personalpolitischen Festlegungen basieren meist unausgesprochen auf bestimmten Vorstellungen vom Menschen. Idealtypisch sollen vier Menschenbilder unterschieden werden: der rationale, der soziale, der sich selbstverwirklichende und der komplexe Mensch (Schein). Der rationale Mensch entspricht weitgehend dem Bild des homo oeconomicus, der als oberstes Ziel anstrebt, seinen Nutzen zu maximieren. Monetäre Anreize gelten der daher als Hauptinstrument der Motivation, erst durch monetäre Anreize ist der daß Mitarbeiter bereit zu handeln. Eng damit verbunden sind die Annahmen, er daß sowie muß werden Mensch von Natur aus faul ist und von außen angetrieben Motivation Die zentrale vorzieht. des Unternehmens den Zielen seine eigenen Ziele den Wunsch hat, des sozialen Menschen ist sein soziales Bedürfnis, d. h., daß er der mit anderen Menschen im Unternehmen Beziehungen einzugehen. Da der Sinn eher auf auch Mitarbeiter die Arbeit in sozialen Beziehungen besteht, reagieren B. z. Anerkennung sozialen Beziehungen entsprechen: solche Anreize, die diesen und Zugehörigkeit. Die Motive des sich selbstverwirklichenden Menschen sind hierarchisch geordnet, wobei er nach Autonomie strebt; er zieht es vor, sich selbst Menschen zu motivieren und zu kontrollieren. Kennzeichnend für den komplexen vorliegen, hierarchischen Ordnung einer in zwar die ist die Vielzahl an Motiven, dies auch dadurch, daß er durch seine der können; mit ändern sich Zeit jedoch EinzelArbeit im Unternehmen neue Motive kennenlernt. Die Zielerreichung des der wie Faktoren von Reihe von einer nen und des Unternehmens sind abhängig Es wird Mitarbeiter. anderer der und des Mitarbeiters den Fähigkeiten Aufgabe, eine damit die starke Situationsabhängigkeit betont, die bei der Erfüllung der Ziele wesentliche Rolle spielt. Diese vereinfachenden Annahmen über die Eigenschaften von Menschen im UnOrienternehmen sind, wohlgemerkt, nicht empirisch ermittelt, sie stellen vielmehr Menschenbildern von idealtymöglichen tierungsmuster dar, die aus einer Vielzahl häufig unbewußt als Leitbild pisch gebildet werden. Sie dienen den Spitzenakteuren die Vergütung als Wenn beispielsweise Entscheidungen. für personalwirtschaftliche von eiwahrscheinlich man geht einziges Motivationsinstrument eingesetzt wird, weiteren Inwelche zu Um erkennen, aus. als Leitbild nem rationalen Menschen effizient eingestrumente in der Personalwirtschaft zur Führung von Mitarbeitern -

-

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

158

können, ist es notwendig, die Einflußgrößen zu bestimmen, die auf die menschliche Arbeitsleistung im Unternehmen wirken. Diese Einflußgrößen oder Bestimmungsfaktoren der Arbeitsleistung lassen sich zunächst grob in drei Kategorien unterteilen, nämlich die Bestimmungsfaktoren des Leistungsvermögens, der Arbeitsgestaltung und der Leistungsbereitschaft. Innerhalb der drei Kategorien können wiederum jeweils mehrere Bestimmungsfaktoren unterschieden werden, die in Anlehnung an Czeranowsky in der Darstellung 5-31 dargestellt sind. setzt werden

Bestimmungsfaktoren der Arbeitsleistung

Bestimmungsfaktoren des Leistungsvermögens

Bestimmungsfaktoren der Arbeitsgestaltung

körperliche Verfassung

Verfahren der

Bestimmungsfaktoren der Leistungsbereitschaft

Leistungserstellung

materielle Faktoren

Begabung

Arbeitsplatzgestaltung

immaterielle Faktoren

Ausbildung

Arbeitsraum-

Berufserfahrung

Arbeitszeit-

gestaltung gestaltung

Fertigkeiten

Darstellung 5-31:

Die

Bestimmungsfaktoren der Arbeitsleistung

Die Bestimmungsfaktoren des Leistungsvermögens können von seiten des Betriebes abgesehen von Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung in der Regel nur in sehr begrenzten Maße beeinflußt werden. Die Bestimmungsfaktoren der Arbeitsgestaltung sind dagegen Parameter, die dem Betrieb die Möglichkeit bieten, durch entsprechende Maßnahmen entscheidend Einfluß auf die Arbeitsleistung im Prozeß der betrieblichen Leistungserstellung zu nehmen. Die wichtigsten Zwecke der Personalwirtschaft leiten sich aus den Anforderungen ab, die sich aus den Aufgaben der Mitarbeiter im Unternehmen ergeben. Ein Zweck der Personalwirtschaft ist es daher, die richtigen Mitarbeiter im Unternehmen bereitzustellen; richtig bedeutet: mit der benötigten Qualität, in der erforderlichen Quantität, zum erwünschten Zeitpunkt und am geforderten Ort. Dieser Zweck -

-

Personal

159

mit einer Personalplanung erfüllen, die in die Unternehmensplanung ist. integriert Aus der Personalplanung ergibt sich der Personalbedarf in quantitativer, qualitativer, zeitlicher und räumlicher Hinsicht. Kann der Bedarf nicht durch die Mitarbeiter im Unternehmen gedeckt werden, so muß die Personalbeschaffung Arbeitskräfte vom Arbeitsmarkt rekrutieren. Bestehen qualitative Defizite der Mitarbeiter im Unternehmen, müssen diese durch entsprechende Maßnahmen der Personalentwicklung beseitigt werden. Als nach wie vor zentrale Aufgabe der Personalwirtschaft gilt der Aufbau von Vergütungssystemen im Unternehmen, denn die Vergütung ist einer der wichtigsten Bestimmungsfaktoren der Arbeitsleistung. Aus all diesen Aufgaben ergibt sich ergänzend die Personalverwaltung, die alle die Mitarbeiter betreffenden Verwaltungstätigkeiten erledigt. In diesem einführenden Lehrbuch werden als wichtige Teilgebiete der Personalwirtschaft die Personalbeschaffung, die Personalentwicklung und der Aufbau von Vergütungssystemen betrachtet.

läßt sich

62.

nur

Personalbeschaffung und -auswahl

Die Personalbeschaffung erhält als Informationsinput den Personalnettobedarf von der Personalplanung. Ihre Aufgabe ist es, diesen Personalbedarf zu decken und bis und mit der zu dem geplanten Zeitpunkt die Mitarbeiter in der gewünschten Anzahl Anfordem von erforderlichen Qualifikation zur Verfügung zu stellen. Ausgehend zu ist als enterstes erfüllen ein Mitarbeiter soll, potentieller derungsprofil, das oder dem Beschaffung) Unternehmen der aus Mitarbeiter (interne ob scheiden, Je nachdem, für vom Arbeitsmarkt (externe Beschaffung) rekrutiert werden soll. eine Entscheidanach muß welche Variante sich das Unternehmen entschieden hat, in der Regel Da werden. Mittel der die Personalbeschaffung getroffen dung über mehr als ein potentieller Bewerber für das Unternehmen in Frage kommt, findet eine Bewerberauswahl statt, die zu einer Entscheidung über die einzustellenden Kandidaten führen soll. Wenn das Unternehmen versucht, das benötigte Personal im Unternehmen zu der zu finden, spricht man von interner Beschaffung. Da das Anforderungsprofil entim Unternehmen ob besetzenden Stelle bekannt ist, kann überprüft werden, auch die besteht Vielleicht sind. vorhanden Mitarbeiter sprechend qualifizierte Möglichkeit, Mitarbeiter durch geeignete Schulungen für die Stellen zu qualifizievon ren. In der Personaldatei sollten Informationen Uber das Entwicklungspotential 93 Nach zu erkennen. § Kandidaten um Mitarbeitern vorhanden sein, geeignete intern Stellen freie daß ausgeschrieben der kann Betriebsrat verlangen, BetrVG werden; er kann dies allerdings nicht für Positionen leitender Angestellter fordern. In der Regel gibt es ein entsprechendes Anschlagbrett im Unternehmen, an der die publiziert. Ein großer Ausschreibung veröffentlicht wird, oder sie wird per Intranet das Vorteil gegenüber der externen Beschaffung ist es, daß Mitarbeiter dadurch an weiterzusich Unternehmen gebunden werden, daß sie die Möglichkeit erhalten, Hierarchie aufzusteigen. Demgequalifizieren und eventuell in der betrieblichen der in weniger der daß potentielle Kandidaten zur steht Regel Nachteil, genüber Verfügung stehen, die Auswahl also geringer ist. Anzahl Wichtigstes Ziel der externen Beschaffung ist es, eine genügendEsgroße eine stehen erhalten. Bewerber auf die ausgeschriebene Stelle zu

geeigneter

160

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, um diese Aufgabe zu erfüllen. Einen nach wie vor hohen Stellenwert hat die Anzeige in regionalen und überregionalen Zeitungen. Bei der Suche nach Fach- und Führungspersonal bietet es sich darüberhinaus an, Zeitschriften auszuwählen, die auf die entsprechenden Zielgruppen ausgerichtet sind. Ein weiteres, wichtiges Mittel der externen Beschaffung ist die Arbeitsvermittlung durch die Arbeitsämter, Landesarbeitsämter sowie die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, deren gesetzlicher Auftrag es ist, Personen, die Arbeit suchen, mit Arbeitgebern zusammenzubringen. Für Fach- und Führungspersonal ist es möglich, ein Personalberatungsunternehmen zu engagieren, das die Abwicklung der Personalbeschaffung übernimmt und meist auch an der Personalauswahl beteiligt wird. Insbesondere für den Führungskräftenachwuchs, der sich aus den Reihen der Hochschulabsolventen rekrutiert, hat sich das sogenannte Campus Recruiting entwickelt. Das Unternehmen stellt sich in Veranstaltungen an den Hochschulen vor, und es zeigt die Laufbahn- und Karrieremöglichkeiten auf, die Absolventen im Unternehmen wahrnehmen können. Meist wird versucht, schon vor dem Examen den Kontakt zu intensivieren, indem beispielsweise Praktikantenplätze angeboten oder praxisbezogene Diplomarbeiten vergeben werden. Häufig bewerben sich Personen unaufgefordert, da sie an einem Unternehmen, das sich mit Personalimageanzeigen profiliert hat, als Arbeitgeber interessiert sind. Untersuchungen zeigen, daß auch auf diesem Weg geeignete Kandidaten gefunden werden. Aus diesem Grund nutzen die meisten Unternehmen ihren Auftritt im Internet nicht nur für aktuelle Stellenanzeigen, sondern auch um auf die Karrieremöglichkeiten bei ihnen aufmerksam zu machen. Wenn die Personalwerbung eine Reihe von Bewerbern für eine vakante Stelle mobilisiert hat, ist es die Aufgabe der Personalauswahl, den geeigneten Kandidaten zu bestimmen. Bei einer zu hohen Zahl von Bewerbern ist es meist nicht möglich, eine differenzierte Analyse aller Bewerber vorzunehmen, es entscheiden dann formale Kriterien wie z. B. die Zeugnisnoten oder das Alter. Hauptgefahr dieses Vorgehens ist das Ablehnen eines eigentlich geeigneten Bewerbers, der aber den geforderten formalen Kriterien nicht entspricht. Als wichtigste Instrumente der Personalauswahl gelten die Analyse der Bewerbungsunterlagen, der Personalfragebogen, verschiedene psychologische Tests zur Persönlichkeit und Intelligenz, die Interviews (Gespräche) und das Assessment Center. Die Analyse der Bewerbungsunterlagen ist in der Regel der erste Schritt der Personalauswahl. Häufig läßt sich aus dem Bewerbungsschreiben beurteilen, wie der Bewerber für die Stelle motiviert ist. Weitere Aufschlüsse ergeben sich aus dem Lebenslauf, den Zeugnissen und eventuellen Referenzen. Insbesondere aus dem Lebenslauf wird in Verbindung mit den Zeugnissen versucht, die bisherigen Erfahrungen und Positionen zu beleuchten, um auf die zukünftige Entwicklung des Kandidaten zu schließen. Allgemeine Aussagen über Lebensläufe sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: Ein häufiger Wechsel des Unternehmens kann sowohl mangelnde Anpassungsfähigkeit als auch besondere Dynamik des Kandidaten bedeuten. Wenn man den systematischen Vergleich der Bewerber verbessern und Bewerberinformationen adäquat dokumentieren will, bietet es sich an, von jedem Aspiranten zusätzlich einen Personalfragebogen ausfüllen zu lassen. Er enthält auf zwei bis vier DIN A4-Seiten vielfältige Fragen zur Person, zum bisherigen Aus-, Weiterbildungs- und Berufsverlauf, häufig auch zu Interessen und Hobbies. -

-

Personal

161

Psychologische Tests haben die Aufgabe, die Eigenschaften und Einstellungen, die für die Stelle als relevant angesehen werden, festzustellen und alle Bewerber im Hinblick auf diese Eigenschaften und Einstellungen in eine Rangfolge zu bringen. Die Objektivität der Auswahl soll durch die Standardisierung der Testdurchführung gewährleistet werden, in der Regel müssen solche Testverfahren bestimmten Gütekriterien wie insbesondere Validität und Reliabilität genügen. Die Validität (Gültigkeit) gibt an, ob mit dem Test tatsächlich das gemessen wird, was gemessen werden soll, ob also mit den Fragen und Aufgaben in einem Intelligenztest tatsächlich die Intelligenz gemessen wird. Als zweites Gütekriterium gilt die Reliabilität (Zuverlässigkeit), die Aussagen darüber erlaubt, ob der Test auch bei Wiederholung zu den gleichen Ergebnissen führt. Psychologische Tests werden insbesondere eingesetzt zur Messung der Intelligenz (allgemein und speziell), der Leistung (motorisch und sensorisch) und der Persönlichkeit (Eigenschaft, Einstellungen etc.). Das Interview (Gespräch) zwischen Bewerber und Unternehmensvertretern ist das Instrument, welches am meisten verbreitet ist. Auch das Interview kann durch die Art der Durchführung mehr oder weniger objektiviert werden, dabei werden unterschieden: das strukturierte, das teilstrukturierte und das unstrukturierte (freie) Interview. Beim strukturierten Interview sind die Fragen und deren Reihenfolge fest vorgegeben, so daß kaum Freiheitsgrade bei der Interviewgestaltung bestehen. Meist wird daher zur Bewerberauswahl das teilstrukturierte Interview, bei dem Internur eine Reihe von Fragen vorgegeben werden, oder das unstrukturierte den Gesprächsteilnehmern ein view gewählt. Das unstrukturierte Interview räumt es die sich Durchführungsobjektivität, damit an hohes Maß Flexibilität, verringert die in Interviewer der Gesprächsführung werden vermehrt Eigenschaften einfließen.

subjektive

Das Assessment Center ist ein systematisches Verfahren der Personalauswahl, in dem mehrere Kandidaten durch mehrere Beobachter bei der Bearbeitung verschiedener Aufgaben beurteilt werden. Es wird meist ein- oder mehrtägig abgehalten und in seinem Verlauf müssen die Kandidaten an den verschiedensten Einzelund Gruppenaufgaben teilnehmen, dabei kann es sich z. B. um Rollenspiele, Planu.v.m. handeln. Es soll mit spiele, Fallstudien mit anschließenden Präsentationen Situationen aus dem realitätsnahe diesen Übungen versucht werden, möglichst von mehreren, vorher werden Kandidaten Alle zu simulieren. Unternehmensalltag und bewertet, die abgeschulten Mitarbeitern aus dem inUnternehmen beobachtet einer gemeinsamen Sitzung, in der über die schließende Beurteilung erfolgt Kandidaten beraten und eine Entscheidung getroffen wird (siehe die Darstellung für ausge5-32). Assessment Center werden nicht nur zur Auswahl von Bewerbern schriebene Stellen durchgeführt, sondern ebenfalls als Instrument der Personalentdie hohe Prognosequalität wicklung. Besonderer Vorteil des Assessment Centers istwas u.a. an dem Spektrum Personalauswahl, der gegenüber den anderen Verfahren der eingesetzten Simulationen und der Mehrzahl der geschulten Beobachter liegt, die die Entscheidung fällen. Als besonderer Nachteil gelten die hohen damit verbundenen Kosten, was dazu führt, daß dieses Verfahren insbesondere von großen wird, und zwar primär dann, wenn es um die Selektion von Unternehmen

eingesetzt

Führungs(nachwuchs)kräften geht.

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

162

Vorbereitung

Durchführung

Festlegen der Ziele und der Zielgruppe

Training der Beobachter

Auswahl der Beobachter

Empfang der Teilnehmer. Ziel und Ablauf des Programms erläutern

Definition des

Anforderungsprofils ggf. mit Beobachtern

Zusammenstellen der

Übungen mit Bezug auf Anforderungen

Information der Teilnehmer

Organisatorische Vorbereitung

Bearbeitung der Übungen und| Unterlagen durch Teilnehmer

Beobachten der Leistungen durch Beobachter

Abschluß und Feedback

Abstimmen der

Auswertungen

Anfertigen der Gutachten. Empfehlung von Fördermaßnahmen

Endabstimmung.

Endauswahl

Teilnehmer über Ergebnisse informieren

Auswerten der

Vereinbaren

Beobachtungen

Entwicklungsmaßnahmen

von

Förder-/

Darstellung 5-32: Ablauf eines Assessment Centers (nach Jeserich) 63.

Personalentwicklung

In Zeiten wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Wandels ist es für die Mitarbeiter im Unternehmen notwendig, sich an die Veränderungen anzupassen. Neue Anforderungen können sich beispielsweise dadurch ergeben, daß die Arbeitskräfte in der Produktion auf computergesteuerte Fertigungsanlagen eingestellt werden müssen, oder Führungskräfte im Unternehmen haben z. B. den Wertewandel zu berücksichtigen, weil ihre Mitarbeiter eine größere Partizipation in ihrem Arbeitsgebiet erwarten. Auf welchen Faktoren dieser Wandel auch beruht, das Ergebnis ist i.d.R. ein anderes Anforderungsprofil als vorher. Meistens ist daher der Ausgangspunkt von Maßnahmen der Personalentwicklung, daß sich die Anforderungen an eine Stelle im Unternehmen verändert haben. Diese stellenorientierte Sichtweise wird heute durch eine auf den Mitarbeiter bezogene Sichtweise ergänzt. Leitbild der Personalentwicklung sind Mitarbeiter, die sich durch gezielte Weiter-

Personal

163

bildung auf geänderte Arbeitsinhalte und soziale Beziehungen einstellen. Maßnahder Personalentwicklung betreffen zusätzlich auch die Ausbildung im Unternehmen. Im folgenden soll daher auf die Aus- und Weiterbildung sowie die Karriereplanung eingegangen werden, zuvor allerdings noch ein Überblick über die Personalentwicklung geliefert werden. Aus der Sicht des Unternehmens ist die Entwicklung der Mitarbeiter ein notwendiges Instrument, um sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Eine

men

des Personalmanagements kann ergänzt werden um eine Einstellung, die den Mitarbeiter nicht nur als Produktionsfaktor betrachtet. Wird die Personalpolitik stärker auf die individuellen Wünsche der Mitarbeiter ausgerichtet, dann kann auch die Personalentwicklung über die rein des aufgabenorientierten Fähigkeiten hinausgehen. Zwar decken sich die Interessen Unternehmens und der Mitarbeiter weitgehend, es sollte jedoch nicht übersehen werden, daß die Mitarbeiter von Entwicklungsmaßnahmen erwarten, nicht nur im Unternehmen, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt verbesserte Chancen zu erreichen. Um den künftigen Bedarf an Entwicklungsmaßnahmen zu kennen, ist eine umfassende Personalplanung notwendig, welche operative, taktische und strategische Pläne umfaßt. Wenn beispielsweise eine Auslandsniederlassung in Frankreich geAnforderungsprofile angefertigt plant ist, müssen für die zu besetzenden Stellen werden, die dann mit den im Unternehmen vorhandenen Mitarbeitern abgeglichen lassen sich werden. Aus der Karriereplanung für die Mitarbeiter im Unternehmen Mitarbeiter durch eigene Informationen entnehmen, inwieweit sich der Bedarf decken läßt, die zu einem Auslandsaufenthalt bereit sind. Sind geeignete MitarbeiSo kann z. B. eine neue ter vorhanden, müssen die Maßnahmen geplant werden. die auf Tätigkeit vorgenommen künftige zur Vorbereitung Aufgabenzuordnung in einer Weiwerden oder es wird auf die kulturellen Besonderheiten Frankreichs terbildung aufmerksam gemacht. Ein wichtiges Instrument der Personalentwicklung ist die berufliche AusbilAls wichtigste Ziele der Ausdung, die eine Erstausbildung von Mitarbeitern ist. an Fach- und FührungsBedarfs bildung können gelten: die Deckung zukünftigen In DeutschFähigkeiten. von unternehmensspezifischen Aufbau kräften sowie der die daß Ausbildung von land ist die berufliche Ausbildung dual organisiert, d. h., zum anderen dem Unternehmen, einen zwei Organisationen durchgeführt wird, zum damit das und die Tätigkeit im Unternehmen praktische der Berufsschule. Während in der Besoll steht, im Kenntnissen Vordergrund und Einüben von Fertigkeiten rufsschule das theoretische Wissen vermittelt werden, allerdings ergänzt um AllDie berufliche Ausbilgemeinwissen wie z. B. Deutsch oder eine Fremdsprache. können nur eine Ünternehmen und dung ist in Deutschland gesetzlich geregelt entAusbildungsberufe der einem zulässigen die gesetzlich Ausbildung anbieten, Traistellen sogenannte von beruflicher Ausbildung spricht. Eine spezielle Form Hochschulen mit den praktinee-Programme dar, in denen Berufsanfänger aus werden. Meist bestehen diese schen Anforderungen im Unternehmen konfrontiert und speziellen UnterProgramme aus einer Mischung von praktischen Tätigkeiten werden. das Unternehmen angeboten richtseinheiten, die durch Wissens- oder VerWird bei der Personalplanung festgestellt, daß Mitarbeiter der Weiterbildung an. haltensdefizite haben, dann bieten sich spezielle Angebote die einmal geveralten ändern, des Wandels Zeiten in Da sich die Anforderungen

solche, rein instrumenteile Auffassung

164

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

lernten Kenntnisse und Fähigkeiten zunehmend. Die Maßnahmen der Weiterbildung sollen die durch den Wandel auftretenden Lücken schließen, man spricht heute vom lebenslangen Lernen. Dies bedeutet, daß das obsolete Wissen in einer fortgeschrittenen Industriegesellschaft innerhalb einiger Jahre durch neues Wissen

wird. Unternehmen, die die Produktivitätsvorteile neuer Technologien nutwollen, benötigen Mitarbeiter, die solche Technologien beherrschen. Dies gilt ähnlich für die sozialen Beziehungen im Unternehmen, denn in Zukunft werden temporäre, projektbezogene und teamorientierte Aufgaben zunehmen, die Anfordeersetzt zen

die soziale Kompetenz der Mitarbeiter wird sich verändern. Bei der Feststellung des Weiterbildungsbedarfs sind Befragungen der Mitarbeiter ein geeignetes Hilfsmittel, da sie insbesondere im Bereich der Fach- und Methodenkompetenz eigene Defizite schnell erkennen. Die Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen wird meist von speziellen Weiterbildungsträgern erfolgen, die die Vermittlung von Kenntnissen oder Fähigkeiten am Markt anbieten. Eines der wichtigsten Instrumente der Personalentwicklung ist die Karriereplanung für Mitarbeiter. Darunter wird verstanden, daß für einen Mitarbeiter die potentielle Abfolge einzelner Positionen im Unternehmen festgelegt wird. Die Abfolge ist nur potentiell, weil weder klar ist, ob der Mitarbeiter allen Anforderungen tatsächlich gewachsen sein wird, noch vorhersehbar ist, inwieweit sich nicht andere Positionen für den Mitarbeiter ergeben. Der Begriff Karriere wird meist so aufgefaßt, daß er mit dem Aufstieg in der Hierarchie eines Unternehmens verbunden ist. Zwar ist diese sogenannte Führungslaufbahn weiterhin noch von großer Bedeutung, zunehmend werden Karrieren jedoch auch als Fachlaufbahnen geplant. Sie sind dann in der Regel auf Stabsbereiche wie Organisation, Personal sowie Forschung und Entwicklung beschränkt, also nicht mit Linienverantwortung verbunden. Wie bereits im Kapitel zur Personalbeschaffung angedeutet, ist die Karriereplanung ein wichtiges Instrument, um Mitarbeiter, die motiviert sind, sich im Unternehmen zu entwickeln, langfristig zu binden. Würden attraktive Stellen im Unternehmen immer wieder durch Kräfte von außen besetzt, träte bei diesen Mitarbeitern eine Demotivation ein, die sich auch im Arbeitsergebnis niederschlagen würde. Daher ist es wichtig, daß das Unternehmen die Wünsche und Fähigkeiten seiner Mitarbeiter kennt, nur dies gewährleistet, daß sich die Interessen von Unternehmen und Mitarbeiter ausgleichen. Es kann trotz dieses Interessenausgleichs zu Konflikten dadurch kommen, daß bei internen Bewerbungen mehrere Kandidaten versuchen, eine Stelle zu bekommen, jedoch nur ein Kandidat berücksichtigt werden kann. Für diese Fälle müssen die Kriterien für die Entscheidung allen Kandidaten transparent sein, insbesondere muß es vermieden werden, daß durch Einflußnahme von beteiligten Führungskräften die Entscheidungen nicht mehr glaubwürdig sind. Wenn sich ein Vorgesetzter, der einen herausragenden Mitarbeiter hat, gegen eine Beförderung dieses Mitarbeiters ausspricht und hierbei sogar Erfolg hat, wird sich die Motivation nicht nur dieses Mitarbeiters verringern. Die Akzeptanz der Karriereplanung in einem solchen Unternehmen wird darunter langfristig leiden, insbesondere die Mitarbeiter, die höhere Positionen oder erweiterte Fachgebiete anstreben, werden dem Unternehmen den Rücken kehren. Eine Karriereplanung hat als Voraussetzung eine umfassende Personalplanung, denn nur aus ihr kann abgeleitet werden, welche Positionen zu bestimmten Zeitpunkten freiwerden bzw. besetzt werden müssen. Karriereplanung ist aus diesem rungen

an

Personal

165

langfristig orientierte Planung, die als Ziel eine möglichst optimale Ausschöpfung des Potentials für das Unternehmen hat. Ziele der Mitarbeiter sind umfangreichere Kompetenz und Verantwortung und dadurch eine größere Selbständigkeit. Eines der wichtigsten Ziele ist allerdings, ein höheres Einkommen zu erzielen. Der Gestaltung eines Vergütungssystems kommt daher ein

Grund eine mittel- bis

hoher Stellenwert zu. 64. Aufbau

von

Vergütungssystemen

Betriebswirtschaftlich ist die Vergütung des Personals als Hauptbestimmungsfaktor der Leistungsbereitschaft von größter Bedeutung. Die Vergütung kann einerseits als Beschaffungspreis für den Produktionfaktor Arbeit oder andererseits als Beteiligung der Arbeitnehmer am erzielten Ergebnis angesehen werden (Czeranowsky). Vergütung ist das, was dem Mitarbeiter an gegenwärtigen und zukünftigen Einkommen zufließt; synonyme Begriffe sind Entgelt und Entlohnung. In diesem KaAnreize wie pitel sollen nur monetäre Anreize behandelt werden, nicht-monetäre betrachtet. nicht Büro werden überdimensioniertes ein Firmenwagen oder ein Aus betrieblicher Sicht hat die Vergütung ihrer Eigenschaft als Faktorpreis zwei des Personals quantitativ Aufgaben zu erfüllen helfen: erstens soll die Beschaffungzweitens sollen durch eine sein; Weise ausreichender sichergestellt und qualitativ in

die

geschaffen werden, entsprechende Gestaltung der Vergütung Leistungsanreize Prozeß der betrieblichen Lei-

einer höheren Effizienz des Arbeitseinsatzes im führen. Die Vergütung der Mitarbeiter soll so ausgerichtet sein, sie Anreize bietet für eine optimale Arbeitsleistung. Um diesen Aufgaben daß bestmöglich entsprechen zu können, muß die betriebliche Vergütung drei grundsätzlichen Forderungen gerecht werden: die Vergütung soll 1. Die Vergütung soll anforderungsäquivalent sein, d. h., an den Anforderungen den mit der Arbeitsaufgabe verbundenen vielfältigen Arbeitnehmer entsprechen. dem 2. Die Vergütung soll leistungsäquivalent sein, d. h., die Vergütung soll und Hinsicht individuellen Arbeitsergebnis in quantitativer und qualitativer einzelnen entsprechen. damit der Effizienz des Arbeitseinsatzes des 3. Die Vergütung soll eine Sozialkomponente enthalten, d. h., es sollen persönliche Momente des Arbeitnehmers wie beispielsweise Lebensalter, Familienstand und Familiengröße bei der Festlegung des Arbeitsentgeltes, der Lohnhöhe, Berücksichtigung finden.

zu

stungserstellung

Die in der Praxis

aufgeführt.

angewendeten Vergütungsformen

sind in der Darstellung 5-33

in drei verschiedene Die verschiedenen Vergütungsformen lassen sich grob Lohn oder Gehalt, die Bein Form von direkte Vergütung Gruppen einteilen: die teiligung entweder am Erfolg oder am Kapital sowie die Sozialleistungen. Status der Lohn und Gehalt zeigten in der Vergangenheit den unterschiedlichen Mitarbeiter im Unternehmen an, Arbeiter bezogen Lohn, Angestellte bekamen Gehalt. Diese Unterscheidung wird in Zukunft weiter an Bedeutung verlieren.

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

166

Zeitlohn bedeutet eine Entlohnung, deren Höhe lediglich von den Anforderungen der Arbeitsaufgabe und von der Zeitdauer des Arbeitseinsatzes bestimmt wird. Das Ergebnis des Arbeitseinsatzes, die Arbeitsleistung, nimmt keinen Einfluß auf die Höhe des Arbeitsentgeltes, es wird von einer zu erbringenden Normalleistung ausgegangen. Wenn diese Normalleistung nicht erbracht wird, trägt der Betrieb das damit verbundene Risiko. Ein direkter Leistungsanreiz ist mit der Zeitentlohnung nicht verbunden. Aus diesem Grunde wird der Zeitlohn als Form der Entlohnung bei Arbeiten gewählt, die mit besonderen Qualitätsansprüchen oder mit Gefahren verbunden sind, bei denen die Arbeitsgeschwindigkeit durch Betriebsmittel bestimmt wird, die an empfindlichen Maschinen und mit wertvollen Werkstoffen auszuführen sind und die eine Feststellung von Leistungsdifferenzen nicht mit hinreichender Genauigkeit zulassen (Czeranowsky). Der Zeitlohn hat in Form des Gehaltes bei Verwaltungstätigkeiten die größte Bedeutung, die zunehmende Automatisierung im Fertigungsbereich führt allerdings auch in diesem Sektor zu einer

steigenden Bedeutung.

Vergütung

Lohn/Gehalt

Zeitlohn/Gehalt

Beteiligung

Leistungslohn

Erfolgsbeteiligung Kapital-

Akkordlohn

beteiligung

Sozialleistungen Gesetzlich

Tariflich

Freiwillig Prämienlohn

Darstellung 5-33: Vergütungsformen Der Leistungslohn als Alternative zum Zeitlohn zieht das Ergebnis des Arbeitseinsatzes in Form der Arbeitsleistung im Prozeß der betrieblichen Leistungserstellung als direkte Bemessungsgrundlage für die Höhe der Entlohnung heran. Damit ist der Leistungslohn in besonderer Weise geeignet, um bei den Arbeitnehmern Leistungsanreize zu schaffen, sie zum vollen Einsatz ihres Leistungsvermögens zu veranlassen. Andererseits birgt der Leistungslohn auch Gefahren in sich. Eine überhöhte Arbeitsgeschwindigkeit aufgrund der Lohnanreize kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Arbeitnehmer, zu überplanmäßiger Abnutzung der Betriebsmittel, zu erhöhtem Ausschuß und Abfall bei den Leistungsobjekten sowie zu einer Minderung der Qualität bei den erstellten Leistungen führen. In der Praxis gebräuchliche Formen des Leistungslohnes sind der Akkordlohn und der Prämienlohn.

Personal

167

Der Akkordlohn ist eine Lohnform, bei der die Höhe der Entlohnung ausschließlich von der Menge der erbrachten Arbeitsleistungen bestimmt wird. Dies bedeutet, daß das Arbeitsentgelt pro Zeiteinheit proportional zur Leistungsmenge sinkt oder steigt. Voraussetzung für eine Entlohnung in Form des Akkordlohnes ist, daß die zu verrichtende Arbeit akkordfähig ist. Der Arbeitnehmer muß in der Lage sein, die Arbeitsgeschwindigkeit zu bestimmen, das Arbeitsergebnis muß quantitativ meßbar sein und die Arbeitsaufgabe muß in ständiger Wiederholung zu erfüllen sein. Vorteile des Akkordlohnes liegen in seinem hohen Leistungsanreiz und in der Tatsache, daß die dem Betrieb entstehenden Lohnkosten pro Leistungseinheit konstant sind. Als Nachteile des Akkordlohnes werden in erster Linie Qualitätseinbußen bei den erstellten Leistungen, erhöhte Abnutzung der Betriebsmittel, überhöhter Verbrauch an Werkstoffen und schnellerer Kräfteverschleiß der Arbeitnehmer genannt. Der Akkordlohn tritt in den beiden Erscheinungsformen des Stuckzeitakkordlohnes und des Stückgeldakkordlohnes auf. Im Falle des Stückzeitakkordes wird für die Erstellung einer bestimmten Arbeitsleistung eine bestimmte Stückzeit (Vorgabezeit) t, festgelegt. Pro Einheit der Vorgabezeit wird ein bestimmter Geldfaktor fg vergütet. Bei einersichbestimmten das dem erbrachten Menge m von Arbeitsleistungen in einer Stunde ergibt das Proals E Arbeitnehmer für diese Stundenleistung zu zahlende Arbeitsentgelt dem und GeldStück dukt aus der Leistungsmenge in Stück, der Vorgabezeit pro faktor pro Einheit der Vorgabezeit. E

=

m



te



fg

Stückgeldakkordes wird dem Arbeitnehmer für die Erstellung einer bestimmten Arbeitsleistung ein festgelegter Geldbetrag g als Vergütung gewährt, und zwar unabhängig davon, wieviel Zeit er für die Erstellung der Arbeitsleistung in einer Stunde eine bestimmte Menge m von benötigt. Wenn der Arbeitnehmer sich das ihm für diese Stundenleistung zu zahArbeitsleistungen erbringt, bemißt der Leistungsmenge in Stück und dem das aus Produkt E als lende Arbeitsentgelt pro Stück zu zahlenden Geldbetrag. Im Falle des

E

=

m-

ge

in der Praxis die völlige Leistungsabhängigkeit des Akund statt dessen auf jeden Fall unabhängig von der erbrachten Arbeitsleistung ein zumeist tariflich garantierter Mindestlohn gezahlt. eine Erst bei Überschreiten einer bestimmten festgelegten Normalleistung erfolgt Akkordform der vereinbarten Entlohnung entsprechend

allgemeinen wird kordlohnes aufgehoben Im

leistungsproportionale

.

Der Prämienlohn ist eine Lohnform, die sich aus zwei Bestandteilen zusammenund einer zusätzlich setzt, einem meist in Form des Zeitlohnes gezahlten Grundlohn besondere Leistungezahlten Prämie für über die Normalleistung hinausgehende neben werden quantitativen dieser besonderen Leistungen gen. Bei der Ermittlung Beverwendeten den Je nach herangezogen. auch qualitative Leistungsmerkmale Prämienarten lassen sich unterschiedliche zugsgrößen der Prämienberechnung wie bei bilden. Mengenprämien treten an die Stelle des Akkordlohnes, wenn sich, lassen. nicht ermitteln Qualitätspräletzterem notwendig, genaue Vorgabezeiten z. B. mien werden für eine Steigerung der Arbeitsleistung in qualitativer Hinsicht, Ersparfür eine Unterschreitung der vorgegebenen Ausschußquote, gezahlt. Produktionsfaktoren, z. B. nisprämien werden für Einsparungen an den benötigten

168

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

in Form einer besseren Ausnutzung der Werkstoffe oder eines verringerten Energieverbrauches, gewährt. Nutzungsgradprämien schließlich werden zum Zwecke einer zielgerechten Ausnutzung der Betriebsmittel-Potentialfaktoren im Prozeß der Leistungserstellung beispielsweise durch Verringerung von Wartezeiten, Leerlaufzeiten oder Reparaturzeiten versprochen (Wöhe). Wenn die Mitarbeiter an finanziellen Ergebnissen oder am Wachstum des Unter-

nehmens teilhaben sollen, dann bieten sich verschiedene Formen der Beteiligung insbesondere die Erfolgsbeteiligung und die Kapitalbeteiligung. Unter einer Erfolgsbeteiligung ist eine Vergütung zu verstehen, die auf Grundlage einer vorher festgelegten Basisgröße ermittelt wird, indem ein bestimmter Prozentsatz dieser Basisgröße ausbezahlt wird. Als Basisgrößen werden finanzwirtschaftliche Ziele wie z. B. Gewinn, Umsatz und Kosten oder leistungswirtschaftliche Ziele wie z. B. Produktivität, Produktqualität oder Marktanteile verwendet. Es handelt sich um eine variable Vergütung, die den Zeitlohn um eine leistungsorientierte Komponente ergänzen kann. Bei der Vergütung von Führungskräften wird zunehmend ein Teil der Gesamtvergütung variabel gestaltet, insbesondere Führungskräfte der oberen Hierarchie erhalten eine Vergütung, die einen Bezug zur Gewinnsituation hat. Ein großer Nachteil des Gewinns als Basis der Vergütung ist seine kurzfristige Orientierung, so führt z. B. die Weiterbildung von Mitarbeitern zu Kosten und schmälert den Gewinn. Will eine Führungskraft ihr Einkommen erhöhen, dann unterbleiben Maßnahmen, die zwar langfristig von Nutzen für das Unternehmen, kurzfristig jedoch nur finanzielle Nachteile für die Führungskraft haben. Daher werden solche variablen Vergütungen um Basisgrößen ergänzt, die sich auf strategische Größen beziehen. Führungskräften von börsennotierten Aktiengesellschaften wird bei einigen Gesellschaften die Möglichkeit eingeräumt, zu einem bestimmten vorher festgelegten Preis Aktien der Gesellschaft zu beziehen (Aktienoptionsplan). Ihren Ursprung hat diese Variante im ShareholderValue-Prinzip, in dessen Mittelpunkt steht, daß das Management den Wert des Eigenkapitals steigern soll. Durch eine solche Erfolgsbeteiligung wird die Zielsetzung der Aktionäre mit dem Interesse der Führungskraft verknüpft. Alle Formen der Erfolgsbeteiligung sollen der Anforderung der Leistungsäquivalenz entsprechen, d. h., um die gewünschte Anreizwirkung zu entfalten, müssen die Mitarbeiter erkennen, daß zwischen ihrer Arbeitsleistung und der gewählten Basisgröße ein Zusammenhang besteht. Bei sozialpolitisch motivierten Erfolgsbeteiligungen trifft dies in der Regel nicht zu, die Mitarbeiter sollen allgemein am an,

Unternehmenserfolg beteiligt werden. Zwischen der

Erfolgsbeteiligung

und der Kapitalbeteiligung besteht dann eine die Beträge aus der Erfolgsbeteiligung nicht ausgeschüttet werden, sondern im Unternehmen verbleiben und zur Kapitalbeteiligung am Unternehmen verwendet werden. Dies wird i.d.R. zu einer Beteiligung am Fremdkapital führen, indem die Erfolgsanteile z. B. in ein Mitarbeiterdarlehen oder eine stille Beteiligung am arbeitgebenden Unternehmen umgewandelt werden. Beteiligungen am Eigenkapital sind seltener, die bekannteste Form ist die Belegschaftsaktie, bei der die Mitarbeiter zu Aktionären werden. Sozialleistungen lassen sich nach ihrer rechtlichen Herkunft unterscheiden in die gesetzlichen, tariflichen und freiwilligen Sozialleistungen. Sie sind als dritte Gruppe des Vergütungssystems bezeichnet worden, die sich dadurch auszeichnet, daß enge

Verbindung,

wenn

Personal

169

sie in keinem direkten Zusammenhang mit dem Arbeitsergebnis der Mitarbeiter stehen. Die Einteilung macht deutlich, daß die rechtlichen Grundlagen für Sozialleistungen sehr unterschiedlich sind. Zwingend sind die gesetzlichen Leistungen, die insbesondere die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung betreffen, daneben Westdeutschland 1998 1992 Gesetzliche Lohnzusatzkosten Sozial Versicherungsbeiträge der Arbeit-

Ostdeutschland 1992

1998

35,5

38,3

34,6

38,4

25,4

29,3

26,2

29,6

Bezahlte Feiertage

4,5

5,0

3,7

4,6

Entgeltfortzahlung

5.1

3.6

3,9

3.1

Sonstige

0.4

0,4

0,8

1.1

45,0

43,5

31,7

29,7

19,3 9,2

18,6 8,4

13,6 3.9

15,4 3,8

Betriebliche Altersversorgung

7,4

7,6

0,7

1.3

Vermögensbildung

1.3 7,8

1.1 7.8

0.1

0.3

13,4 66,3

8^

geber

im Krankheitsfall

Tarifliche und

freiwillige Lohnzusatzkosten

Urlaub, Urlaubsgeld

Sonderzahlungen

Sonstige Insgesamt

80,4

.1

Darstellung 5-34: Personalzusatzkosten im produzierenden Gewerbe (in Prozent des Direktentgelts) (Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft) 13. Gestehen die durch einen Tarifvertrag geregelten Leistungen wie z. B. das Betriebsvereinbarungen durch gerehalt und die betrieblichen (freiwilligen), meist Provon Kauf bis zum Kantinenzuschüssen die verbilligten von gelten Leistungen, Prozent wieviel 5-34 an, Die reichen. Darstellung zeigt des Unternehmens dukten die Unternehmen zusätzlich zum direkten Arbeitsentgelt für ihre Arbeitnehmer Allerdings bezahlen, daher nennt man diese Beträge auch Personalzusatzkosten. für die gesetzlichen hat beispielsweise der zu beachten, Gesetzgeber ist folgendes Solche Feiertage bestimmt, daß die Arbeitnehmer diese Tage bezahlt bekommen.trotzdem zählen sie allerdings Beträge sind Bestandteile des Bruttolohns/-gehalts, zu den Personalzusatzkosten.

Fragen 1.

zur

Lernkontrolle:

Welche Zielkomponenten sind für das Personalmanagement besonders relevant?

170

5. Teil: Betriebliche Funktionsbereiche

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

10.

11. 12. 13. 14. 15.

16.

Beschreiben Sie verschiedene Menschenbilder, die dem Personalmana-

gement zugrunde liegen.

Welche Methoden der Personalbeschaffung kennen Sie? Nennen Sie die Bestimmungsfaktoren der Arbeitsleistung. Erläutern Sie die Aufgabe der Personalbeschaffung. Grenzen Sie die interne Beschaffung von Personal von der externen Beschaffung ab. Beschreiben Sie die verschiedenen Instrumente der externen Personalbe-

schaffung.

Welche Instrumente der Personalauswahl kennen Sie? Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem Personalfragebogen und einem Lebenslauf. Zu welchem Zweck werden psychologische Tests bei der Bewerberauswahl eingesetzt? Nennen und erläutern Sie die Gütekriterien, die für psychologische Tests angegeben werden. Worin unterscheiden sich die unterschiedlichen Formen des Interviews? In welchen Phasen läuft ein Assessment-Center ab? Wie beurteilen Sie das Assessment-Center? Warum wird die Personalentwicklung eine zunehmend wichtige Aufgabe im Personalmanagement? Welche Ziele verfolgen die Unternehmen mit der Ausbildung von Mitar-

beitern?

17. Wodurch unterscheidet sich die Ausbildung von der 18. Was verstehen Sie unter Karriereplanung? 19. Welche Probleme können auftreten, wenn Stellen

Weiterbildung?

durchgängig intern bewerden? Was ist unter einer Vergütung zu verstehen? Welche drei grundsätzlichen Forderungen werden an die Vergütung gestellt? Beschreiben Sie die verschiedenen Formen des Leistungslohnes. Welche Voraussetzungen müssen bei den verschiedenen Lohnformen erfüllt sein, und welche Gefahren beinhalten diese? Welche Formen der Erfolgsbeteiligung kennen Sie? Kennzeichnen Sie die damit verbundenen Gefahren. Nennen Sie die verschiedenen Möglichkeiten der Sozialleistungen. setzt

20. 21. 22.

23. 24.

Literaturhinweise zu Personal:

Berthe! Jürgen, Personal-Management, 5. Aufl., Stuttgart, 1997 Bühner, Rolf, Personalmanagement, 2. Aufl., Landsberg a.L., 1997 Czeranowsky, Günter, Leistungserstellung, in: E. Krabbe (Hrsg.), Leitfaden zum Grundstudium der Betriebswirtschaftslehre. 6. Aufl., Gernsbach, 1998, S. 363445

Gaugier, Eduard, Personalwesen, in: W. Wittmann u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, Teilband 2, 5. Aufl., Stuttgart, 1993, Sp. 13401358

Hentze, Joachim, Personalwirtschaftslehre 1, 6. Aufl., Bern, Stuttgart, 1994

Personal

171

Hentze, Joachim, Personalwirtschaftslehre 2, 6. Aufl., Bern, Stuttgart, 1995 Jeserich, Wolfgang, Mitarbeiter auswählen und fördern. Assessment-CenterVerfahren, München, Wien, 1981 Oechsler, Walter A., Personal und Arbeit, 6. Aufl., München, Wien, 1997 Pullig, Karl-Klaus, Personalmanagement, München, Wien, 1993 Schein, Edgar H., Das Bild des Menschen aus der Sicht des Management, in: E. Grochla, Management, Düsseldorf, Wien, 1974, S. 69-91 Scholz, Christian, Personalmanagement, 4. Aufl., München, 1994

6. Teil: Das betriebliche Rechnungswesen 1.

Begriff und Gliederung des betrieblichen Rechnungswesens

11. Inhalt und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens Im dritten Abschnitt des zweiten Teils wurde die

Unternehmensrechnung als

quantitatives Modell des Wirtschaftsgeschehens gekennzeichnet, das sich zwischen

dem Betrieb und seiner Umwelt sowie innerhalb des Betriebes vollzieht. Das betriebliche Rechnungswesen wurde als Subsystem der Unternehmensrechnung bezeichnet, in dem monetäre Rechnungsgrößen Verwendung finden. Die Bedeutung des betrieblichen Rechnungswesens ergibt sich aus der Tatsache, daß der Zweck eines Unternehmens, die Erstellung von Leistungen und deren Verwertung am Markt, nur über Austauschbeziehungen zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt unter Einschaltung eines allgemein anerkannten Tauschmittels, des Geldes, verwirklicht werden kann. Der Betrieb bezahlt für die zur Erstellung und Verwertung von Leistungen benötigten Güter mit Geld, und er gibt die von ihm erstellten Leistungen für den Bedarf Dritter im Tausch gegen Geld ab. Die hieraus resultierende güterlicher Prozesse als den beiregelmäßige Abfolge wechselnder geldlicher und der dem Unternehmen und zwischen den Arten von Teilprozessen der Gesamtheit vierten ist im Teil des vorliegenseiner Umwelt ablaufenden Realisationsprozesse Das betriebliche Rechnungswesen worden. beschrieben ausführlich Lehrbuches den stellt nun eine Abbildung dieser geldlichen und güterlichen Prozesse zwischen Betrieb und Umwelt dar, wobei die Abbildung mit Hilfe monetärer Rechnungsgrößen erfolgt. Insofern kann das betriebliche Rechnungswesen als ein Modell des Wirtschaftsgeschehens zwischen Betrieb und Umwelt auf der Grundlage monetärer Rechnungsgrößen bezeichnet werden. Die Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens lassen sich in zwei Grupist ein Informationssypen einteilen. Das Rechnungswesen eines Unternehmens des entstem; in ihm werden wirtschaftliche Sachverhalte abgebildet. Die Träger des Adressaten Informationssyals die werden sprechenden Informationsbedarfes bezeichnet. Somit läßt sich die Aufgabe des stems betriebliches Rechnungswesen betrieblichen Rechnungswesens global als die Versorgung aller seiner Adressaten kennmit den von diesen benötigten und von ihm bereitzustellenden Informationen Betrieb dem sie ob angeunterschieden wird, Adressaten zeichnen, wobei bei den hören (intern) oder nicht (extern). Nach diesen beiden Adressatenkreisen können die Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens in Aufgaben der Informationsder Infomationsverin versorgung unternehmensexterner Adressaten und Aufgaben werden. Entsprechend unterschieden Adressaten unternehmensinterner sorgung wird von unternehmensexternen Aufgaben und unternehmensinternen Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens gesprochen. Die zugehörigen Teilsysteme ihren Aufgaben des Informationssystems betriebliches Rechnungswesen tragen betriebliches orientiertes externes) (oder extern die Bezeichnungen gemäß Rechbetriebliches Rechnungswesen und intern orientiertes (oder internes)

nungswesen.

174

ö.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Zu den unternehmensexternen Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens zählen vor allem die bereits genannten Dokumentationsaufgaben. Diese Dokumentationsaufgaben bestehen in erster Linie in Aufgaben der Rechenschaftslegung des Betriebes gegenüber Dritten wie beispielsweise dem Staat als Steuergläubiger (Fiskus), den Kapitalgebern, den Lieferanten und Abnehmern sowie der interessierten Öffentlichkeit. Historisch hat sich die Entwicklung des betrieblichen Rechnungswesens vor allem an den Aufgaben der Rechenschaftslegung vollzogen, dies hauptsächlich deswegen, weil die Rechtsvorschriften, die zur Durchsetzung der Rechenschaftspflicht des Unternehmens erlassen wurden, die Gestaltung des betrieblichen Rechnungswesens maßgeblich beeinflußt haben und beeinflussen. Aus diesem Grunde nimmt die Rechenschaftslegung zumindest in der Auffassung Außenstehender häufig auch den ersten Platz in der Rangfolge der Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens ein (Diederich). Die unternehmensinternen Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens ergeben sich aus der Notwendigkeit der Deckung des Informationsbedarfes in allen betrieblichen Planungs- und Kontrollprozessen. Wirtschaften ist im ersten Teil dieses Lehrbuches als Entscheiden oder Disponieren über knappe Güter im Hinblick auf ihre direkte oder indirekte Verwendung zur Befriedigung menschlicher Bedürfhisse gekennzeichnet worden. Um in Betrieben wirtschaften zu können, sind demzufolge EntScheidungsprozesse notwendig. Für seinen zielgerechten Ablauf ist es notwendig, daß die benötigten Informationen zur Verfügung stehen. Soweit es sich bei diesen Informationen um monetäre Rechnungsgrößen handelt, ist es Aufgabe der Unternehmensrechnung, in erster Linie des betrieblichen Rechnungswesens, diese Informationen bereitzustellen. Dieser Aufgabe des betrieblichen Rechnungswesens kommt heute in den meisten Unternehmen wegen der Uberragenden Bedeutung der betrieblichen Entscheidungen für den Unternehmenserfolg auf schwieriger zu bearbeitenden Märkten eine gegenüber der Dokumentationsaufgabe -

-

vergleichsweise höhere Bedeutung zu. 12.

Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens

In der Betriebswirtschaftslehre ist zur Bezeichnung der im betrieblichen Rechnungswesen abgebildeten geldlichen und güterlichen Vorgänge eine eigene Terminologie entwickelt worden. In ihr finden vier Begriffspaare Verwendung, die allerdings nicht nur hier, sondern auch in der täglichen Umgangssprache gebraucht werden, dort allerdings häufig nicht in einer scharfen begrifflichen Abgrenzung wie in einer wissenschaftlichen Disziplin notwendig. Es handelt sich um die folgenden vier Begriffspaare:

(1) Auszahlung Einzahlung (2) Ausgabe Einnahme (3) Aufwand Ertrag (4) Kosten Erlös -

-

-

-

Diese acht wichtigsten Grundbegriffe des betrieblichen der nachfolgenden Abbildung dargestellt:

Rechnungswesens sind in

Begriff und Gliederung des betrieblichen Rechnungswesens Auszahlung

Kasse

Ausgabe Aufwand Kosten

175

Einzahlung

Geldvermögen Gesamtvermögen betriebsnotwendiges Vermögen

Einnahme -

|_Ertrag

Erlös

Darstellung 6-1: Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens Bei den acht Grundbegriffen handelt es sich um Stromgrößen, die in monetärer Form geldliche und güterliche Prozesse innerhalb eines bestimmten Zeitraumes abbilden. Die Begriffe, die in der Darstellung 6-1 jeweils zwischen den beiden Bestandteilen eines der vier Begriffspaare angeordnet sind, verkörpern demgegenüber Bestandsgrößen. Eine Bestandsgröße ist die Ausprägung eines bestimmten Phänomens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der Zusammenhang zwischen den dargestellten Bestandsgrößen und Stromgrößen des betrieblichen Rechnungswesens besteht darin, daß die "negativen" Stromgrößen (Auszahlung, Ausgabe, Aufwand, Kosten) zu einer Verminderung, die "positiven" Stromgrößen (Einzahlung, Einnahme, Ertrag, Erlös/Leistung) dagegen zu einer Erhöhung des jeweils zugehörigen Bestandes fuhren. Die Differenz zwischen der "positiven" und der zugehörigen "negativen" Stromgröße eines Zeitraumes ergibt die Veränderung (Erhöhung oder Verminderung) des jeweiligen Bestandes am Ende gegenüber dem Bestand zu Beginn des betreffenden Zeitraumes. Die in der Darstellung 6-1 enthaltenen Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens haben inhaltlich die folgenden Bedeutungen (Haberstock):

Stromgrößen Auszahlung: Abfluß liquider Mittel (Bargeld und Sichtguthaben) innerhalb

eines

Zeitraumes

Einzahlung: Zufluß liquider Mittel (Bargeld und Sichtguthaben) innerhalb eines Zeitraumes

Ausgabe: Wert aller dem Betrieb zugegangenen Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen innerhalb eines Zeitraumes (= Beschaffungswert) Einnahme: Wert aller vom Betrieb verwerteten Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen innerhalb eines Zeitraumes (= Umsatz) Aufwand: Wert aller verzehrten Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen (genauer: der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und bewertungsrechtlicher Konventionen in der Finanzbuchhaltung verrechnet wird) innerhalb eines Zeitraumes Ertrag: Wert aller erbrachten Güter in Form von Sach- und Dienstleistungen (geder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und bewertungsrechtlicher nauer: Konventionen in der Finanzbuchhaltung verrechnet wird) innerhalb eines Zeitraumes

Kosten: Wert des Verzehrs an Gütern in Form von Sach- und Dienstleistungen zum Zwecke der betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung innerhalb eines

Zeitraumes

Erlös/Leistung: Wert der aufgrund der betrieblichen Leistungserstellung undinVerwertung entstandenen Güter in Form nerhalb eines Zeitraumes

von

Sach- und

Dienstleistungen

-

ö.Teil: Das betriebliche

176

Rechnungswesen

Bestandsgrößen Kasse: Vorrat an liquiden Mitteln (Bargeld und Sichtguthaben) zu einem Zeitpunkt Geldvermögen: Kasse zuzüglich Forderungen abzüglich Verbindlichkeiten zu einem Zeitpunkt Gesamtvermögen: Geldvermögen zuzüglich Sachvermögen (entsprechend den Ansätzen in der Bilanz) zu einem Zeitpunkt betriebsnotwendiges Gesamtvermögen: Gesamtvermögen (in kostenrechnerischen Ansätzen) abzüglich des ebenso angesetzten nicht betriebsnotwendigen ("neutralen") Vermögens zu einem Zeitpunkt Mit diesen Grundbegriffen wird in den verschiedenen Bereichen des betrieblichen Rechnungswesens gearbeitet, die im nächsten Abschnitt im einzelnen dargestellt werden. Die saubere terminologische Abgrenzung dieser Begriffe gegeneinander und untereinander ist von wesentlicher Bedeutung, damit bei der Beschäftigung mit den verschiedenartigen Problemen des betrieblichen Rechnungswesens das Entstehen von Mißverständnissen vermieden und im Zusammenhang mit der Beschaffung und Verarbeitung der entsprechenden Informationen in den verschiedenen Teilgebieten des betrieblichen Rechnungswesens die Bewältigung der auftretenden Probleme sichergestellt und erleichtert wird.

13.

Gliederung des betrieblichen Rechnungswesens

Auf eine Untergliederung des betrieblichen Rechnungswesens ist im vorangegangenen Abschnitt 11. bereits hingewiesen worden. Es handelt sich um die Unterscheidung zwischen extern orientiertem betrieblichen Rechnungswesen und intern

orientiertem betrieblichen Rechnungswesen nach den Adressaten der vom jeweiligen Teilsystem des Informationssystems betriebliches Rechnungswesen bereitgestellten oder bereitzustellenden Informationen. Diese Unterscheidung liegt die auf Schmalenbach zurückgehende Einteilung des betrieblichen Rechnungswesens in die (extern orientierte) Finanzbuchhaltung und die (intern orientierte) Betriebsbuchhaltung zugrunde, wobei die Betriebsbuchhaltung von Schmalenbach noch weiter untergliedert wird in Lohnrechnung, Materialrechnung, Anlagenrechnung, Kalkulation und Betriebsabrechnung. Eine andere Gliederung des betrieblichen Rechnungswesens knüpft an die im vorigen Abschnitt dargestellten Stromgrößen an. Es können dann als Bewegungsrechnungen einschließlich der zugehörigen Bestandsrechnungen unterschieden werden: (1) Rechnungen auf der Basis von Ein- und Auszahlungen (einschließlich Geldbestandsrechnungen) zur Abbildung der Zahlungsströme des Unternehmens und deren Ergebnissen in Form von Beständen an liquiden Mitteln; (2) Einnahmen- und Ausgabenrechnungen (einschließlich Geld- und Kreditbe-

standsrechnungen);

(3) Rechnungen auf der Basis

von Erträgen und Aufwendungen (einschließlich bilanzieller Vermögens- und Kapitalrechnungen); (4) Rechnungen auf der Basis von Erlösen/Leistungen und Kosten (einschließlich kalkulatorischer Bewegungs- und Bestandsrechnungen).

Das extern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

177

Die Teilgebiete (1) und (2) liefern Informationen, die im Bereich der betrieblichen Investitions-, Finanz- und Liquiditätsplanung benötigt werden; sie werden im folgenden nicht weiter betrachtet. Das Teilgebiet (3) verkörpert die Finanzbuchhaltung einschließlich Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung; dieses Teilgebiet des betrieblichen Rechnungswesens ist Gegenstand der Betrachtung im nachfolgenden Abschnitt 2. dieses sechsten Teiles. Dabei geht es vornehmlich um die Fragen im Zusammenhang mit dem Jahresabschluß, der sich bei Nichtkapitalgesellschaften aus den Bestandteilen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zusammensetzt und von Kapitalgesellschaften darüber hinaus um einen Anhang zu erweitern ist. Zusätzlich zum Jahresabschluß haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften einen Lagebericht zu erstellen. Die zur Erstellung des Jahresabschlusses notwendigen Informationen werden von der Buchhaltung bereitgestellt. Die Buchhaltung als wesentliches Teilgebiet des betrieblichen Rechnungswesens wird hier allerdings nur kurz angesprochen, insbesondere wird die Buchungstechnik aus der Betrachtung ausgeklammert. Das Teilgebiet (4) schließlich bildet die Kosten- und Erfolgsrechnung, die grundsätzlich der Betriebsbuchhaltung in der oben genannten Einteilung entspricht; die Kosten- und Erfolgsrechnung wird im Abschnitt 3. dieses sechsten Teiles des vorliegenden Lehrbuches behandelt. Auch hier muß aus Platzgründen wieder eine Beschränkung der Ausführungen die Lohn- und Gevorgenommen werden. So können insbesondere die Material-, Finanzbuchzwischen in einer die Systematik halts- sowie die Anlagenabrechnung, Lehrbuch nicht betrachtet diesem in einzuordnen sind, und Kostenrechnung haltung werden.

2. Das extern orientierte betriebliche Rechnungswesen 21. Inhalt und

Aufgabe des externen Rechnungswesens

RechIm vorangegangenen Abschnitt 11. ist das extern orientierte betriebliche des betrieblichen Teil als derjenige nungswesen oder kurz externe Rechnungswesen in der InformationsverRechnungswesens abgegrenzt worden, dessen AufgabeBei den bereitzustellenden besteht. Adressaten unternehmensexterner sorgung

sich um zahlenmäßige Abbildungen des Wirtschaftsgedes Betriebes. schehens zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt sowie innerhalb einer DokuLinie in in erster besteht des externen Rechnungswesens Die Aufgabe Rechender mentationsfunktion, wobei diese wiederum vor allem der Aufgabe

Informationen handelt

es

schaftslegung dient.

Als Hauptbestandteile des extern orientierten betrieblichen Rechnungswesens sind zuvor die Finanzbuchhaltung oder kurz Buchhaltung und der Jahresabschluß, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie ggf. Anhang und bei genannt worden. mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften derumLagebericht In eine Zeitraumrechnung. Finanzbuchhaltung bei der sich handelt es Dabei wirtin Zahlenwerten festgestellten ihr werden für einen bestimmten Zeitraum alle und Umwelt schaftlichen Vorgänge (Geschäftsvorfälle), die sich zwischen Betrieb unter Verin Reihenfolge des chronologischer Betriebes innerhalb ereignen, oder der Die Durchführung wendung geeigneter Buchungstechniken aufgezeichnet. mit der Gründung des Betriebes und endet mit seiner

Finanzbuchhaltung beginnt

178

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Liquidation. Die Festlegung bestimmter Zeiträume aus der gesamten Lebensdauer des Unternehmens, meist in Form von Geschäftsjahren, erfolgt aus pragmatischen Gründen und aufgrund von Anforderungen externer Adressaten des betrieblichen

Rechnungswesens.

Der Jahresabschluß verkörpert in seinen Komponenten Bilanz sowie Gewinnund Verlustrechnung eine Zeitpunktrechnung und eine Zeitraumrechnung. In der Jahresbilanz werden zu einem bestimmten Zeitpunkt, zum Ende eines Geschäftsjahres, dem Bilanzstichtag, die in der Buchhaltung erfaßten Bestände an Vermögen Kapital einander gegenübergestellt. In der zugehörigen Gewinn- und Verlustrechnung werden für einen Zeitraum das Geschäftsjahr die kumulierten in der Buchhaltung erfaßten Aufwendungen und Erträge einander gegenübergestellt, um durch ihre Saldierung den erzielten Erfolg festzustellen. Dieser Erfolg stimmt mit dem in der Jahresbilanz ausgewiesenen überein. -

-

22.

Systematik der Rechnungslegungsvorschriften

im Handelsrecht

Im Dritten Buch des Handelsgesetzbuches (HGB) sind mit Wirkung ab 1. Januar 1986 allgemeine sowie rechtsform- und größenspezifische Rechnungslegungsvorschriften mit zugehörigen Regelungen über Prüfung, Offenlegung, Formblätter, Strafen, Zwangs- und Bußgelder zusammengefaßt worden (Darstellung 6-2). Im I. Abschnitt des Dritten Buches des HGB sind die wesentlichen für alle Kaufleute gültigen Vorschriften enthalten, die zusätzlichen Regelungen für Kapitalgesellschaften finden sich im II. Abschnitt dieses Buches des HGB. In den Gesetzen für bestimmte Rechtsformen wie z. B. GmbHG und AktG sind zusätzlich noch rechtsformspezifische Vorschriften enthalten. Durch diese Systematisierung der Rechnungslegungsvorschriften, die weitgehend inhaltliche Mehrfachregelungen vermeiden soll, wird deutlich, daß sich die Anforderungen an die Rechnungslegung eines Unternehmens vorwiegend an den Schutz- und Informationsbedürfnissen der an diesem Unternehmen berechtigt Interessierten ausrichten sollen. So werden neben detaillierteren und umfassenderen Vorschriften für Kapitalgesellschaften generell im Gegensatz zu allgemeineren Vorschriften für alle Kaufleute die Aufstellungs-, Prüfungs- und Publizitätspflichten für Kapitalgesellschaften zusätzlich zunehmend umfangreicher in Abhängigkeit von ihrer Größe. Grundsätzlich ist also neben der Rechtsform eines Unternehmens auch die Größe eines Unternehmens maßgebend. -

-

23.

Größenabhängige Vorschriften für Kapitalgesellschaften

Es ist bereits darauf hingewiesen

ren, detaillierteren und auch

worden, daß Kapitalgesellschaften umfassende-

strengeren Rechnungslegungsvorschriften unterliegen

als Nichtkapitalgesellschaften. Darüber hinaus sind zusätzlich aus Erleichterungsgründen bezüglich mittelständischer Kapitalgesellschaften die Rechnungslegungspflichten für Kapitalgesellschaften größenabhängig geregelt. Als Größenkriterien dienen nach § 267 HGB die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse und die Anzahl der Beschäftigten. Die Zuordnung einer Kapitalgesellschaft in eine der drei Größenklassen entsprechend der folgenden Übersicht 6-2 erfolgt, wenn zwei der drei

Das extern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

179

Abschnitt Vorschriften für alle Kaufleute §§ 238-241 Buchführungspflicht, Inventur/Inventar §§ 242-256 Eröffnungsbilanz, Jahresabschluß • Allgemeine Vorschriften

I.

-

-



Ansatzvorschriften

Bewertungsvorschriften Aufbewahrung und Vorlage •

§§ 257-261 §§ 262-263 II.

Landesrecht

Abschnitt Kapitalgesellschaften Jahresabschluß und Lagebericht §§ 264-289 • Allgemeine Vorschriften • Bilanz • Gewinn- und Verlustrechnung -

-



§§ 290-315 §§ 316-324 §§ 325-329 § 330 §§ 331-335

Bewertungsvorschriften



Anhang



Lagebericht

Konzernabschluß und

Prüfung Offenlegung

Konzernlagebericht

Formblätter Straf- und

Bußgeldvorschriften, Zwangsgelder

Abschnitt Eingetragene Genossenschaften Pflicht zur Aufstellung, Vorschriften §§ 336-339

III.

-

-

zur

Bilanz, Vorschriften

zum

Anhang, Offenlegung

IV.

Abschnitt Unternehmen bestimmter Geschäftszweige Kreditinstitute §§ 340 -

§§ 341_Versicherungsunternehmen_

Darstellung 6-2:

Drittes Buch HGB Handelsbücher -

Kriterien an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen erfüllt sind. Generell jedoch gilt eine Kapitalgesellschaft als große Kapitalgesellschaft nach § 267 Abs. 3 HGB, "wenn Aktien oder andere von ihr ausgegebene Wertpapiere an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zum amtlichen Handel zugelassen oder in den geregelten Freiverkehr einbezogen sind oder die Zulassung zum amtlichen Handel beantragt ist".

Größenkategorie Kleine

Kapitalgesellschaft Mittelgroße KapitalgesellGroße

Beschäftigten-

Bilanzsumme

Umsatzerlöse

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21,24 Mio. DM

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Darstellung 6-15: Umfang und Form der Veröffentlichungspflichtigen Unterlagen von Kapitalgesellschaften nach §§ 325, 326, 327 HOB

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

3. Das intern orientierte betriebliche 31. Inhalt und

209

Rechnungswesen

Aufgabe des internen Rechnungswesens

Im vorangegangenen Abschnitt 11. dieses sechsten Teiles ist das intern orientierte betriebliche Rechnungswesen oder kurz interne Rechnungswesen als derjenige Teil des betrieblichen Rechnungswesens abgegrenzt worden, dessen Aufgabe in der Informationsversorgung unternehmensinterner Adressaten besteht. Wie im Bereich des externen Rechnungswesens handelt es sich bei den bereitzustellenden Informationen um zahlenmäßige Abbildungen des Wirtschaftsgeschehens zwischen dem Betrieb und seiner Umwelt sowie innerhalb des Betriebes. Im Falle des internen Rechnungswesens besteht die Aufgabe aber weit weniger in einer Dokumentationsaufgabe oder gar einer Aufgabe der Rechenschaftslegung, sondern vielmehr in der Aufgabe der Deckung des Informationsbedarfes in betrieblichen Entscheidungs- oder Planungs- und Kontrollprozessen. Demzufolge werden die Adressaten des internen Rechnungswesens in erster Linie durch denjenigen Personenkreis im Unternehmen gebildet, der mit der Durchführung der betrieblichen Entscheidungs- oder Planungsprozesse sowie Kontrollprozesse betraut ist. In einem früheren Abschnitt dieses Lehrbuches ist dieser Personenkreis als dispositiver Faktor oder auch als Management bezeichnet worden. Damit kann gesagt werden, daß die Aufgabe des internen Rechnungswesens in erster Linie darin besteht, den dispositiven Faktor oder das Management auf allen seinen Ebenen im Unternehmen mit denjenigen Informationen aus dem betrieblichen Rechnungswesen zu versorgen, die von ihm benötigt werden, um seine Aufgaben der Unternehmensführung im weitesten Sinne entsprechend dem verfolgten Formalziel bestmöglich erfüllen zu können. Als Hauptbestandteil des intern orientierten betrieblichen Rechnungswesens ist zuvor die Kosten- und Erfolgsrechnung genannt worden. Der Begriff Kostenund Erfolgsrechnung faßt drei Teilgebiete des internen Rechnungswesens zusammen, nämlich die Kostenrechnung, die Erlösrechnung und die kurzfristige Erfolgsrechnung andererseits. Die Aufgabe der Kostenrechnung besteht in erster Linie darin, Kosteninformationen für dispositive Zwecke zur Verfügung zu stellen, in zweiter Linie hat sie die Aufgabe, Informationen für die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des betrieblichen Geschehens bereitzustellen. Die Wirtschaftlichkeit ist ein Maß für die Einhaltung des zu Beginn des vorliegenden Lehrbuches gekennzeichneten ökonomischen oder Wirtschaftlichkeitsprinzips. In dessen Formulierung als Sparsamkeitsprinzip kann die Wirtschaftlichkeit beispielsweise als der Quotient Sollkosten Istkosten bestimmt werden, der Werte aus dem Intervall von 0 (totale Unwirtschaftlichkeif) bis 1 (höchstmögliche Wirtschaftlichkeit) annehmen kann. Die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit ist im Hinblick auf die Verwirklichung der verfolgten betrieblichen Zielsetzung von beträchtlicher Bedeutung, da eine niedrige Wirtschaftlichkeit in der Regel mit einem verminderten Zielerreichungsgrad verbunden ist. Aus diesem Grunde gilt es, vorhandene UnWirtschaftlichkeit in Teilbereichen des Unternehmens mit Hilfe der Kostenrechnung aufzudecken, um über das Erkennen der Ursachen ihres Entstehens und deren Beseitigung für eine höhere Wirtschaftlichkeit des

210

6.Teil: Das betriebliche Rechnungswesen

betrieblichen Geschehens und damit gewöhnlich auch für eine höhere Zielerreichung sorgen zu können. Die Aufgaben der Erlösrechnung entsprechen denen der Kostenrechnung. Sie soll Erlösinformationen für dispositive Zwecke bereitstellen. Die Erlösrechnung dient darüber hinaus der Planung und Kontrolle der Absatztätigkeit, indem sie beispielsweise Erlösinformationen über Kundengruppen und Marktsegmente liefert. Die kurzfristige Erfolgsrechnung unterscheidet sich grundlegend von der Erfolgsrechnung im externen Rechnungswesen, wo der Jahreserfolg des Unternehmens in der Bilanz bzw. in der Gewinn- und Verlustrechnung unter Beachtung der einzuhaltenden Grundsätze und rechtlichen Vorschriften ermittelt wird. Die kurzfristige Erfolgsrechnung wird als Ergänzung der gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Abschlußrechnung auf der Grundlage von Aufwendungen und Erträgen unterjährlich (vierteljährlich, monatlich oder noch kurzfristiger) auf der Basis von Kosten und Erlösen für die Zwecke der Unternehmenssteuerung durchgeführt. Dies geschieht, weil • die Ermittlung des Jahreserfolges in der Bilanz bzw. in der Gewinn- und Verlustrechnung aufgrund gesetzlicher Vorschriften sowie zu beachtender Grundsätze und in erster Linie im Interesse externer Adressaten, nicht aber der Un-

ternehmensleitung erfolgt;

die Information über den ermittelten Jahreserfolg für viele Informationsbedürfhisse der Unternehmensleitung im Kontrollbereich zu spät kommt; • die Erfolgsquellen im einzelnen nicht erkennbar sind, da nur ein Bezug auf das Gesamtunternehmen, nicht aber auf Unternehmensbereiche, Produktgruppen oder einzelne Produkte vorgenommen wird; • der Jahreserfolg im allgemeinen in Form einer Ist-Rechnung aufgestellt wird und deshalb aufgrund fehlender Soll-Werte keine echte Kontrolle des betrieblichen Erfolges in Form eines Soll-Ist-Vergleiches gestattet. Nach dem Gesagten kann die Aufgabe der kurzfristigen Erfolgsrechnung daim hingehend beschrieben werden, daß sie den Erfolg der betrieblichen Tätigkeit Hinblick auf das angestrebte Ziel in kürzeren als jährlichen Abständen auf der Basis von Kosten und Erlösen differenziert nach einzelnen Erfolgsquellen, beispielsweise nach Erzeugnisarten, Erzeugnisgruppen oder betrieblichen Teilbereichen, festzustellen hat. •

32. Der

Kostenbegriff und der Erlösbegriff

Die Kosten bilden einen zentralen Begriff in der Betriebswirtschaftslehre, der dementsprechend in der Literatur Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen gewesen ist, die auch heute noch keineswegs abgeschlossen sind. In diesem Lehrbuch entspreerfolgt seinem Charakter als Einführung in die Betriebswirtschaftslehre vorherrchend eine Beschränkung auf den heute in Theorie und Praxis weitgehend schenden wertmäßigen Kostenbegriff. Danach sind Kosten der bewertete Güterverzehr zur Erstellung und Verwertung von Leistungen, wobei unter Gütern Sachund Dienstleistungen im allgemeinsten Sinne verstanden werden. Dieser Kostenbegriff geht historisch auf Schmalenbach zurück, der ihn vor dem Hintergrund der Bedingungen wirtschaftlicher Tätigkeit in den zwanziger Jahren entwickelte.

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

211

Der eben definierte wertmäßige Kostenbegriff ist durch drei Merkmale gekennzeichnet: (1) Es muß ein Verzehr von Gütern vorliegen; die betreffenden Güter müssen im betrieblichen Prozeß der Leistungserstellung und -Verwertung verbraucht oder gebraucht werden. (2) Nur ein solcher Güterverzehr im Betrieb führt zu Kosten, der in einer Zweckverbindung mit der betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung steht. Ein nicht leistungsbezogener Güterverzehr wie beispielsweise ein Kursverlust bei spekulativ gehaltenen Aktien in einem Maschinenbauunternehmen läßt keine Kosten für diesen Betrieb entstehen. Der Güterverzehr zum Zwecke der Leistungserstellung und -Verwertung muß (3) bewertet werden. Diese Bewertung des Güterverzehrs stellt ein beträchtliches theoretisches und praktisches Problem dar. Ohne an dieser Stelle auf die theoretische Problematik der Bewertung einzugehen, lassen sich drei gebräuchliche Wertansätze im Bereich der Kosten unterscheiden: Anschaffungspreise als tatsächlich gezahlte bzw. als durchschnittlich an-

-

-

-

-

gesetzte Preise,

Tagespreise als Preise im Verzehrs- oder Umsatzzeitpunkt bzw. als Wiederbeschaffungspreise, Festpreise als standardisierte, über einen längeren Zeitraum als konstant angesetzte Preise.

Die inhaltliche Bestimmung der Kosten entsprechend dem wertmäßigen Kostenbegriff ist insbesondere hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Kosten und Aufwand wichtig. Der Aufwand, der in der Finanzbuchhaltung zur Erfassung des Werteverzehrs Verwendung findet, ist an gesetzlichen und anderen Vorschriften bzw. Grundsätzen orientiert und bezieht sich in diesem Rahmen insbesondere auf den gesamten Güterverzehr im Betrieb, nicht allein auf den leistungsbezogenen. Zur Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten im Sinne des wertmäßigen Kostenbegriffes sei auf die Darstellung 6-1 aus dem vorangegangenen Abschnitt 12. verwiesen, aus der nun die beiden Elemente Aufwand und Kosten herausgenommen und im Hinblick auf ihre Verschiedenartigkeit eingehender untersucht werden. Aufwand neutraler Aufwand

Zweckaufwand Grundkosten

kalkulatorische Kosten Kosten

Darstellung 6-16: Gegenüberstellung von Aufwand und Kosten Die Darstellung 6-16 zeigt, daß es einen Teil des Aufwandes, den Zweckaufwand gibt, der mit den entsprechenden Kosten, den Grundkosten, übereinstimmt. Darüber hinaus gibt es aber einen Teil des Aufwandes, den neutralen Aufwand, der keinen Eingang in die Kostenrechnung findet, da keine ihm entsprechenden Kosten existieren. Andererseits gibt es einen Teil der Kosten, die kalkulatorischen Kosten, denen in der Finanzbuchhaltung kein Aufwand gegenübersteht. Beim neutralen Aufwand werden

folgende Arten unterschieden (Haberstock):

212

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

(1) betriebsfremder Aufwand als Aufwand, der in keinerlei Beziehung zur betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung steht wie beispielsweise Spenden für karitative Zwecke oder der oben erwähnte Kursverlust bei nicht

betriebsnotwendigen Wertpapieranlagen;

(2) periodenfremder Aufwand als Aufwand, der zwar durch die betriebliche Leistungserstellung und -Verwertung veranlaßt wird, der aber in einer anderen Periode entsteht als in der, in welcher der betreffende Güterverzehr erfolgt ist wie beispielsweise im Falle einer Gewerbesteuernachzahlung; (3) außerordentlicher Aufwand als Aufwand, der zwar ebenfalls durch die betriebliche Leistungserstellung und -Verwertung veranlaßt wird, der aber so außergewöhnlich ist, daß er nicht in die Kostenrechnung einbezogen wird, um das Rechnungsergebnis nicht grundlegend zu verfälschen, wie das etwa im Falle eines Großfeuerschadens gegeben wäre. Im Bereich der kalkulatorischen Kosten lassen sich zwei

Kategorien

unterschei-

den, nämlich Zusatzkosten und Anderskosten. Zusatzkosten sind solche Kosten, die ausschließlich in der Kostenrechnung Berücksichtigung finden, denen in der

Finanzbuchhaltung also überhaupt kein Aufwand gegenübersteht. Beispiele für Zusatzkosten sind kalkulatorische Unternehmerlöhne, Eigenkapitalzinsen, kalkulatorische Mieten und kalkulatorische Wagnisse. Anderskosten sind dagegen Kosten, denen zwar ein Aufwand in der Finanzbuchhaltung gegenübersteht, der aber in der Regel geringer ist als die in der Kostenrechnung in Ansatz gebrachten Kosten. Als Beispiel seien hier Abschreibungen genannt, die in der Finanzbuchhaltung entsprechend gesetzlichen Vorschriften berücksichtigt werden, die aber in der Kostenrechnung aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen höher angesetzt werden, um den tatsächlichen Güterverzehr wertmäßig richtig zu erfassen. Der Erlösbegriff soll entsprechend dem Kostenbegriff in seiner wertmäßigen Interpretation definiert werden. Danach ist der Erlös die bewertete leistungsbezogene Güterentstehung. Der wertmäßige Erlösbegriff ist somit durch drei Merkmale

gekennzeichnet:

(1) Güterentstehung erfolgt durch den Umwandlungsprozeß der eingesetzten (2)

Güter in die erstellten Leistungen; hierbei kann es sich um Markt-, Betriebsleistungen und innerbetriebliche Leistungen handeln. Erlöse im Betrieb entstehen nur für Güterentstehungen, die dem Sachziel dienen. Ein Kursgewinn bei spekulativ gehaltenen Aktien in einem Maschinenbauunternehmen ist nicht leistungsbezogen und wird nicht in der Erlös-

rechnung berücksichtigt. (3) Die Güterentstehung, die in einer Beziehung

zum

Sachziel steht, muß bewer-

tet werden. Für die Wahl des Wertansatzes bestehen wie bei den Kosten keine

Vorschriften, der wertmäßige Erlösbegriff zeichnet sich durch die Offenheit der Wertkomponente aus. Es lassen sich drei gebräuchliche Wertansätze im Bereich der Erlöse unterscheiden: Absatzpreise als tatsächlich bezahlte Preise, -

-

-

Der

Absatzpreise zum zukünftig, erwarteten Umsatzzeitpunkt, Festpreise als standardisierte, über einen längeren Zeitraum als

konstant

angesetzte Preise.

wertmäßige Erlösbegriff ist gegenüber dem Ertragsbegriff abzugrenzen.

Ertrag, der in der Finanzbuchhaltung

zur

Erfassung der Güterentstehung

Der

Verwen-

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

213

ist an gesetzlichen und anderen Vorschriften bzw. Grundsätzen orientiert und bezieht sich auf die gesamte Güterentstehung im Betrieb, nicht allein auf die leistungsbezogene.

dung findet,

Ertrag neutraler

Ertrag

Zweckertrag kalkulatorischer Erlös

Grunderlös Erlös

Darstellung 6-17: Gegenüberstellung von Ertrag und Erlös Ein Teil der Erträge, die neutralen Erträge, werden nicht in die Erlösrechnung einbezogen und ein Teil der Erlöse, die kalkulatorischen Erlöse, werden nicht in der Finanzbuchhaltung erfaßt. Neutrale Erträge treten in mehreren Arten auf: (1) betriebsfremder Ertrag, der in keinerlei Beziehung zum Sachzie! steht wie beispielsweise Erträge aus Mietshäusern oder der oben erwähnte Kursgewinn bei nicht betriebsnotwendigen Wertpapieranlagen; (2) periodenfremder Ertrag, der in einer anderen Periode entsteht als in der, in welcher die betreffende Güterentstehung erfolgt ist wie beispielsweise im Falle einer

Steuerrückvergütung;

(3) außerordentlicher Ertrag, der so außergewöhnlich ist, daß er nicht in die Erlösrechnung einbezogen wird, um den Periodenerfolg nicht grundlegend zu verfälschen, wie das beim Verkauf einer Maschine über den Restbuchwert ge-

geben wäre. Im Bereich der kalkulatorischen Erlöse lassen sich zwei

Kategorien

unterschei-

den, nämlich Zusatzerlöse und Anderserlöse. Zusatzerlöse sind solche Erlöse, die ausschließlich in der Erlösrechnung Berücksichtigung finden, denen in der Finanz-

also überhaupt kein Ertrag gegenübersteht. Anderserlöse sind dagezwar ein Ertrag in der Finanzbuchhaltung gegenübersteht, der denen gen Erlöse, aber in der Regel geringer ist als die in der Erlösrechnung in Ansatz gebrachten Erlöse. Werden z. B. die bewerteten Bestandserhöhungen von Halb- und Fertigerzeugnissen als kalkulatorische Erlöse bezeichnet, handelt es sich um Anderserlöse. Bewertet man nämlich die auf Lager produzierten Leistungen, die im externen Rechnungswesen mit ihren Herstellungskosten angesetzt werden, mit zu erwartenden Absatzpreisen, so erbringen diese Leistungen Anderserlöse. Zusatzerlöse stehen überhaupt keine Erträge gegenüber, wie z. B. selbsterstellte Patente, die im Unternehmen eingesetzt werden, in der Finanzbuchhaltung aber nicht berücksichtigt werden.

buchhaltung

33. Kosten- und Um die

Erfolgsrechnungssysteme

verschiedenartigen Aufgaben der Kosten- und Erfolgsrechnung (im folgenden vereinfachend: Kostenrechnung) erfüllen zu können, sind Angaben darüber notwendig, welche Kosten (Erlöse) und in welcher Weise diese erfaßt und weiterverrechnet werden sollen. Das Ergebnis einer systematischen Festlegung solcher

214

ö.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Erfassungs- und Weiterverarbeitungsvorschritten für die rechnungssystem oder Kostenrechnungssystem bezeichnet. zwei Merkmale beschrieben werden, nämlich (1) den Zeitbezug der Kosten oder den Grad der (2) den Sachumfang der Kosten.

Kosten wird als AbSie können stets durch

Kostennormierung und

Nach dem

Zeitbezug der Kosten werden vergangenheitsbezogene oder Istkosten, gegenwartsorientierte oder Normalkosten und zukunttsbezogene oder Plankosten unterschieden. Dementsprechend werden die zugehörigen Kostenrechnungen als Istkostenrechnung. Normalkostenrechnung und Plankostenrechnung bezeichnet. Es erscheint jedoch sachgerechter, hier das Unterscheidungsmerkmal im Grad der Kostennormierung zu erblicken, da auch schon in der Istkostenrechnung manche Kostenarten Durchschnittscharakter (z. B. verrechnete kalkulatorische Wagnisse) oder Plancharakter (z. B. planmäßige Abschreibungen bei unbekannter Nutzungsdauer der Abschreibungsobjekte) haben. Demnach weist die Istkostenrechnung den geringsten und die Plankostenrechnung den höchsten Grad der Kostennormierung auf. Zeitbezug Istkostenrechnung

rechnung

Plankostenrechnung

Rechnung mit durch-

starre PKR

Normalkosten-

Sachumfang Vollkostenrechnung

traditionelle Kosten-

Teilkostenrechnung

Direct Costing stufenweise Fixko-

flexible PKR auf Vollkostenbasis flexible PKR auf Teilkostenbasis

stendeckungsrech-

Grenzplankosten-

rechnung

nung Riebeis

schnittlichen Kosten

rechnung

Rechnung

mit relativen Einzelkosten und Dek-

kungsbeiträgen Darstellung 6-18: Kostenrechnungssysteme Nach dem Sachumfang der Kosten wird unterschieden, ob alle oder nur Teile der in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten auf die Produkteinheiten zugerechnet werden. Die zugehörigen Kostenrechnungen werden Vollkostenrechnung und Teilkostenrechnung genannt. Das Kennzeichen der Vollkostenrechnung besteht darin, daß sämtliche Kosten einer Periode erfaßt und den einzelnen Leistungen des Unternehmens zugerechnet werden. Demgegenüber zeichnen sich Teilkostenrechnungen dadurch aus, daß zwar auch alle Kosten einer Periode erfaßt werden, nicht aber alle, sondern diese Kosten nur teilweise auf Produkteinheiten weiterverrechnet werden. Bei diesem Teil handelt es sich um die für den jeweiligen Zweck, der mit der Kostenrechnung verfolgt wird, relevanten Kosten. Die Bezeichnung Teilkostenrechnung darf aber nicht zu der Annahme verleiten, daß eine solche Kostenrechnung zu einer Reduktion der insgesamt in einer Abrechnungsperiode zu berücksichtigenden Kosten führt oder führen könnte. Es werden lediglich aus der Weiterverrechnung der Kosten diejenigen herausgelassen, die für den jeweils verfolgten Kostenrechnungszweck nicht relevant sind. Um die Vorteile beider

Das intern orientierte betriebliche

Vorgehensweisen

auszunutzen

und

gleichzeitig

Rechnungswesen die mit ihnen

jeweils

215 verbundenen

vermeiden, ist vorgeschlagen worden, die Kostenrechnung als kombinierte Voll- und Teilkostenrechnung durchzufuhren.

Nachteile

zu

Ein Kostenrechnungssystem wird durch Angabe der in ihm verwendeten Kostenrechnung nach den beiden Merkmalen Zeitbezug der Kosten oder Grad der Kostennormierung und Sachumfang determiniert. In der nachfolgenden Abbildung sind die sechs denkbaren Kostenrechnungssysteme dargestellt, wobei für fünf dieser Kostenrechnungssysteme in Theorie und Praxis entwickelte konkrete Ausprägungsformen angegeben sind. Das sechste Feld der Matrix ist unbesetzt, da eine Normalkostenrechnung als Teilkostenrechnung zwar theoretisch denkbar, für die betriebliche Praxis aber weitestgehend ohne Bedeutung ist. 34. Die 341.

Teilsysteme der Kosten- und Erfolgsrechnung

Überblick

Die Grundstruktur der verschiedenen Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung ist weitgehend identisch. Die Durchführung der Kostenrechnung vollzieht sich in der Regel in den drei aufeinanderfolgenden Stufen Kostenartenrechnung, Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung, und es wird, um die kurzfristige Erfolgsrechnung aufstellen zu können, zusätzlich die Erlösrechnung benötigt. In den folgenden Kapiteln wird diese Vorgehensweise überwiegend anhand der traditionellen

Kostenrechnung dargestellt Bei der traditionellen Kostenrechnung handelt es sich um eine Vollkostenrechnung auf Istkostenbasis, also um ein Kostenrechnungssystem, in dem sämtliche Kosten einer Abrechnungsperiode erfaßt und auf die Leistungseinheiten weiterverrechnet werden und in dem es sich bei den erfaßten Kosten um vergangenheitsbezogene oder hinsichtlich des Grades der Kostennormierung nur in Ausnahmefällen um normierte, d. h. geplante handelt. In der Kostenartenrechnung geht es zunächst um die Beantwortung der Frage: "Welche Kosten sind in welcher Höhe angefallen?" In der Kostenartenrechnung geht es demzufolge in erster Linie um die systematische Erfassung sämtlicher Kosten der Abrechnungsperiode, die zum Zwecke der betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung entstanden sind. Diese Erfassung erfolgt einerseits durch die Übernahme der Grundkosten aus der Finanzbuchhaltung unter Zuhilfenahme der Lohn- und Gehalts-, Material- sowie Anlagenabrechnung und andererseits durch die Ermittlung der zu berücksichtigenden kalkulatorischen Kosten. Die Kostenstellenrechnung gibt Auskunft hinsichtlich der Frage: "Wo sind welche Kosten in welcher Höhe angefallen?" Damit erfolgt in der Kostenstellenrechnung eine Verrechnung der Kosten zu den betrieblichen Bereichen, wo sie entstanden sind. Dies gilt allerdings nur für solche Kosten, die sich den Kostenträgern in Form der einzelnen Leistungen des Unternehmens nicht direkt zurechnen lassen.

Die den Kostenträgern direkt zurechenbaren Kosten werden als KostenträgerEinzelkosten bezeichnet; die in der Kostenstellenrechnung verarbeiteten Kosten heißen dementsprechend Kostenträger-Gemeinkosten. Unter einer Kostenstelle wird ein kostenrechnerisch selbständig abzurechnender betrieblicher Teilbereich verstanden. Die Verrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen erfolgt aus

216

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

zwei Gründen: erstens soll so die Möglichkeit geschaffen werden, sie in geeigneter Weise von den Kostenstellen auf die Kostenträger weiterzuverrechnen; zweitens sind die Kostenstellen abrechnungstechnische Einheiten im Hinblick auf die Durchführung von Kostenkontrollen zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Tätigkeit. Die die traditionelle Kostenrechnung abschließende Kostenträgerrechnung beantwortet die Frage: "Wofür sind die Kosten in welcher Höhe angefallen?" In dieser Erscheinungsform wird die Kostenträgerrechnung als Kostenträgerstückrechnung bezeichnet, da ihre Aufgabe hier darin besteht, den einzelnen Kostenträgern in Form der einzelnen Leistungen des Unternehmens diejenigen Kosten zuzurechnen, die durch ihre Erstellung und gegebenenfalls Verwertung veranlaßt worden sind. Die Kostenträgerstückrechnung trägt auch die Bezeichnung Kalkulation, und dementsprechend werden die Verfahren der Kostenträgerstückrechnung oft Kalkulationsverfahren genannt. Kostenarten-

rechnung Gemeinkosten

Kostenstellen-

rechnung

Kostenträ-

gerrechnung

Darstellung 6-19:

Kurzfristige Erfolgsrechnung

Ablauf der Kosten- und

Erlösrechnuns

Erfolgsrechnung

Das Prinzip der traditionellen Kostenrechnung besteht darin, sämtliche Kosten einer Abrechnungsperiode den einzelnen Leistungen des Betriebes in dieser Periode zuzurechnen. Dies geschieht, indem diesen Leistungen zunächst die Kostenträger-Einzelkosten direkt zugerechnet und anschließend die KostenträgerGemeinkosten über sogenannte Kalkulationszuschlagssätze indirekt angelastet werden. Entsprechend dieser Vorgehensweise wird die traditionelle Kostenrechnung auch als eine "Durchrechnung" aller Kosten einer Abrechnungsperiode auf die Kostenträger in Form der betrieblichen Leistungen dieser Periode bezeichnet; gelegentlich wird in diesem Zusammenhang auch von "Kostenüberwälzung" ge-

sprochen.

Das intern orientierte betriebliche

217

Rechnungswesen

Die Erlösrechnung dient vornehmlich der Erfassung und Zurechnung der Erlöse auf die Leistungseinheiten. Sie stellt zwar das Pendant zur Kostenrechnung dar, ihre Durchführung erfolgt jedoch nicht in gleicher Weise. Die Erlöserfassung erfolgt nämlich erlösträgerbezogen und nicht wie in der Kostenrechnung zuerst kostenartenbezogen, bevor die Kosten auf Kostenstellen und Kostenträger weiterverrechnet werden. Eine Unterscheidung in Erlösarten-, Erlösstellen- und Erlösträgerrechnung hat sich daher weder in der Theorie noch in der Praxis durchgesetzt. Allerdings ist zu beachten, daß zwischen den Erlösträgern Verbundheitsbeziehungen bestehen können, die eine direkte erlösträgerbezogene Zurechnung erschweren. Die kurzfristige Erfolgsrechnung soll Aufschluß geben, inwieweit die betrieblichen Leistungen zum Erfolg des Unternehmens beigetragen haben. Für eine differenzierte Analyse der Erfolgsquellen werden die Informationen über die Produkte aus der Kostenrechnung und der Erlösrechnung benötigt. 342.

Kostenartenrechnung

Kostenartenrechnung soll sämtliche Güterverzehre, die bei der Erstellung und Verwertung der betrieblichen Leistungen (Kostenträger) anfallen, systematisch und Die

lückenlos erfassen und nach verschiedenen Kriterien einteilen. Ausgehend von der wertmäßigen Definition der Kosten wird unter einer Kostenart der unter einem gleichen Merkmal untergeordnete leistungsbezogene bewertete Verzehr von Gütern verstanden. Die Erfassung der Kosten eines Betriebes während einer Abrechnungsperiode erfolgt unter Zuhilfenahme der Daten aus der Finanzbuchhaltung, insbesondere der Lohn- und Gehalts- sowie der Material- und Anlagenabrechnung. Die Gliederung der Kosten richtet sich nach den Aufgaben der Kosten- und Erfolgsrechnung und kann in unterschiedlicher Weise vorgenommen werden; die Darstellung 6-20 zeigt die wichtigsten Möglichkeiten auf.

Gliederungskriterium

Beispiele

Erläuterungen

Art der verzehrten

Personalkosten, Betriebsmittelkosten, Materi-

Die konkreten Kostenarten hängen von der Branche ab.

Güter Art der Verrechnung auf Kostenträger

Verhalten bei Be-

alkosten Einzel- und Gemeinkosten

Fixe Kosten, variable Kosten

schäftigungsänderungen Herkunft der verzehrten Güter

Primär- und Sekundärkosten

Einzelkosten lassen sich direkt den Kostenträgern zurechnen, für Gemeinkosten gilt dies nicht. Variable Kosten verändern sich mit der Beschäftigung, fixe Kosten hingegen nicht. Primäre Kosten entstehen für von außen bezogene Güter, sekundäre Kosten für innerbetriebliche

Darstellung 6-20: Gliederung der Kosten

Leistungen.

218

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Die Einteilungskriterien können auch kombiniert verwendet werden. So läßt sich beispielsweise das Gehalt eines Angestellten der Finanzbuchhaltung nach den einzelnen Kriterien den folgenden Kostenarten zuordnen: Personalkosten, Gemeinkosten, fixe Kosten und primäre Kosten. Beim Einsatz von kostenstellenorientierten Gliederungskriterien ist das Gebot

der Reinheit der Kostenart meist verletzt. So werden z. B. in einer Kostenart Schlossereikosten Material- und Personalkosten miteinander vermischt, und eine getrennte Verrechnung oder Analyse ist dann nicht mehr möglich. Als ein bedeutendes Kriterium hat sich die Art der verzehrten Güter durchgesetzt, da z. B. für den Zweck der Wirtschaftslichkeitskontrolle eine genaue Kenntnis der verzehrten Einsatzgüter notwendig ist. Die Gliederung der Kostenarten findet ihren Niederschlag im Kontenrahmen. Der Kontenrahmen enthält die systematische Einteilung aller Konten des betrieblichen Rechnungswesens; er gilt überbetrieblich für einen Wirtschaftszweig. Auf der Grundlage eines Kontenrahmens wird im Unternehmen der Kontenplan entwickelt; er stellt die individuelle Gestaltung des

Kontenrahmens für das Unternehmen dar, um so die speziellen Gegebenheiten im Unternehmen berücksichtigen zu können. Die Einteilung nach den verzehrten Gütern läßt sich beispielhaft an der Systematik der Kostenarten des Gemeinschafts-

kontenrahmens für die Industrie zeigen: Kontenklasse 4: Stoffkosten (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) 40-42 Löhne und Gehälter 43 44 Sozialkosten 45 Instandhaltung, Dienstleistungen 46 Steuern, Gebühren, Beiträge, Versicherungsprämien 47 Mieten, Verkehrs-, Büro-, Werbekosten 48 Kalkulatorische Kosten Die Erfassung der einzelnen Kostenarten erfolgt entweder getrennt nach der Mengen- und Preiskomponente oder in einem Betrag, wie z. B. bei Steuern und Gebühren. Da im Rahmen dieses Buches nicht auf alle Kostenarten eingegangen werden kann, sollen an zwei ausgewählten Kostenarten die grundsätzlichen Erfassungsprobleme der Kostenartenrechnung aufgezeigt werden. Zu den Materialkosten zählen die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie die fremdbezogenen Fertigteile. Die verbrauchten Güter werden durch unterschiedliche Methoden gemessen. In der Praxis weit verbreitet ist die direkte Erfassung des Materialverbrauchs durch einen Materialentnahmeschein, d. h., bei jedem Materialausgang vom Lager wird ein entsprechender Beleg ausgestellt. Die Inventurmethode ermittelt den Verbrauch aus den Bestandsveränderungen und den Zugängen nach der allgemeinen Lagergleichung: Anfangsbestand + Zugänge Endbestand Verbrauch Eine weitere Möglichkeit ist die Rückrechnung (retrograde Methode), bei der auf der Grundlage der erstellten Leistungsmengen die verbrauchten Mengen ermittelt werden. Dies stellt eine indirekte Form des Messens dar, da vom Soll (geplante Mengen an Material pro Leistungseinheit) auf die tatsächliche Menge geschlossen wird. =

-

Das intern orientierte betriebliche

219

Rechnungswesen

Die

Bewertung des Güterverbrauchs kann beispielsweise mit Anschaffungs-, Wiederbeschaffungs- oder Festpreisen erfolgen. Die Anschaffungspreise sind die tatsächlich auf dem Beschaffungsmarkt bezahlten Preise, sie lassen sich leicht den Rechnungen entnehmen. Schwanken die Beschaffungspreise, so setzt sich der Lagerbestand

aus Materialien zusammen, die zu unterschiedlichen Preisen beschafft wurden. Bei einem Verbrauchsvorgang stellt sich dann die Frage, welchen Preis man ansetzen soll. Bei der Bewertung mit Istpreisdurchschnitten werden durchschnittliche Anschaffungspreise zugrunde gelegt, bei der selektiven Istpreisbewertung werden Annahmen über die Verbrauchsfolge getroffen. So werden z. B. beim LIFO-Verfahren (last in, first out) die zuletzt beschafften Materialien als zuerst verbraucht angesehen. Im Zentrum der kalkulatorischen Kostenarten stehen die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen. Kalkulatorische Abschreibungen sind Kosten für den Güterverzehr von langfristig nutzbaren Produktionsfaktoren, insbesondere Betriebsmitteln. Sie sollen den Verschleiß von Betriebsmitteln wie maschinellen Anlagen und Fahrzeugen in der Kostenrechnung abbilden. Ihre Ermittlung setzt verschiedene Informationen voraus: 1. Anschaffungsbetrag:

2. 3.

a) Anschaffungswert; b) Wiederbeschaffungswert; c) Tageswert; Liquidationserlös: a) Verkaufswert; b) Schrottwert; Nutzungsdauer bzw. -potential: a) Gesamtnutzungsdauer; b) Gesamtnut-

zungspotential; Abschreibungsmethode: a) nutzungsabhängig; b) linear; c) degressiv; d) progressiv. Die jährliche Abschreibung im folgenden Zahlenbeispiel ergibt sich aus der Differenz von Anschaffungsbetrag und Liquidationserlös, diese Abschreibungssumme ist auf die Gesamtnutzungszeit zu verteilen. Die Art der Verteilung und damit die Höhe der jährlichen Abschreibungsraten richtet sich nach dem ausgewählten Verfahren, die Tabelle zeigt beispielhaft die Ermittlung der zeitabhängigen Abschreibungsbeträge nach der linearen und der degressiven Methode.

4.

Jahr

Lineare Abschreibung Restbuchwert

Abschreibung 40.000,-40.000,-40.000,-40.000,40.000,--

180.000,-140.000,-100.000,60.000,20.000,--

Degressive Abschreibung Restbuchwert Abschreibung 50.000,45.000-

40.000,35.000,-30.000,-

170.000,125.000,85.000,-50.000,-20.000,--

Anschaffungsbetrag 220.000,- DM 20.000,- DM Liquidationserlös Jahre 5 Nutzungsdauer

Darstellung 6-21: Beispiel zur Ermittlung von Abschreibungen

220

343.

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Kostenstellenrechnung

In der

Kostenartenrechnung werden sämtliche Kosten des Unternehmens erfaßt und gegliedert, im zweiten Schritt werden in der Kostenstellenrechnung die Gemeinkosten den Orten ihrer Entstehung zugeordnet. Die Kostenstellenrechnung soll drei Aufgaben dienen: 1. Kostenplanung,

2. 3.

Kostenkontrolle und Kalkulation der betrieblichen

Leistungen.

In den Kostenstellen entstehen die Kosten für den Leistungserstellungs- und Leistungsverwertungsprozeß; es ist daher zweckmäßig, die Kostenplanung und -kontrolle dort durchzufuhren, wo sie beeinflußt werden können. Kostenstellen werden für die Kalkulation benötigt, weil ein Teil der Kosten sich nicht direkt den Kostenträgern zurechnen läßt. Unter einer Kostenstelle wird ein kostenrechnerisch selbständig abzurechnender betrieblicher Teilbereich verstanden, der nicht unbedingt mit einer Einheit entsprechend der räumlichen, organisatorischen oder funktionalen Gliederung des Unternehmens übereinzustimmen braucht (Haberstock). Die Kostenstellen in einem Unternehmen lassen sich in unterschiedlicher Weise einteilen, dabei sind die folgenden Prinzipien der Kostenstelleneinteilung zu beachten: (1) für den Zweck der Kalkulation müssen sich Maßgrößen der Kostenverursa-

chung (Bezugsgrößen) ermitteln lassen; (2) die Kostenstelle soll ein eigenständiger Verantwortungsbereich sein; (3) die Kostenstellen sollen klar voneinander abgegrenzt sein und damit die

Er-

fassung und Buchung der Kosten einfach und genau sein kann. Die Kostenstelleneinteilung sollte nur so differenziert vorgenommen werden daß es wirtschaftlich gerechtfertigt ist, und die Übersichtlichkeit gewahrt bleibt. Wie die konkrete Einteilung des Unternehmens in Kostenstellen vorgenommen wird, hängt von den unternehmensindividuellen Gegebenheiten ab, so z. B. von der Unternehmensgröße, dem Leistungsprogramm und dem organisatorischen Aufbau. Die Kostenstelleneinteilung knüpft in der Regel am organisatorischen Aufbau des Unternehmens an, da in ihm Aufgaben- und Verantwortungsbereiche gebildet werden.

Für die Zwecke der Kostenrechnung, insbesondere die Kalkulation, hat sich darüber hinaus eine weitere Einteilung der Kostenstellen in Vor- und Endkostenstellen entwickelt. Sie wird nach abrechnungstechnischen Gesichtspunkten vorgenommen; so werden die Kosten der Vorkostenstellen auf Vor- oder Endkostenstellen verrechnet, die Kosten der Endkostenstellen werden hingegen direkt den Kostenträgern zugerechnet. Das in der betrieblichen Praxis gebräuchlichste Instrument der Kostenstellenrechnung bildet der Betriebsabrechnungsbogen, obwohl gegenüber dieser tabellarischen Form mit zunehmendem Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung die Vornahme der Kostenstellenrechnung in Kontoform stark an Bedeutung gewinnt. Die Aufgaben des Betriebsabrechnungsbogens sind: 1. die verursachungsgerechte Zurechnung der primären Gemeinkosten auf die

Kostenstellen;

Das intern orientierte betriebliche

2.

3.

die Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung, sekundären Gemeinkosten auf die Kostenstellen zu verteilen; die Bildung der Kalkulationssätze. Der

221

Rechnungswesen um

die

horizontal die verschiedenen Gemeinkodie Kostenstellen auf.

Betriebsabrechnungsbogen zeigt

stenarten und vertikal

Kostenstelle

Vorkostenstellen

Endkostenstellen

Kostenarten primäre Gemeinkosten

sekundäre Gemeinkosten

Darstellung 6-22:

Schema des

Betriebsabrechnungsbogens

Die Verteilung der primären Gemeinkosten auf Vor- und Endkostenstellen wird auf der Grundlage von Bezugsgrößen vorgenommen. Bezugsgrößen sind Maßgrößen der Kostenverursachung, die eine funktionale Beziehung zwischen der Leistung in der Kostenstelle, den Kostenträgern und den Kosten aufzeigen. Direkte Bezugsgrößen werden entweder aus den erzeugten Leistungseinheiten abgeleitet oder während der Leistungserstellung erfaßt. Sie stellen einen Maßstab der Kostenstellenleistung dar, mit dessen Hilfe die Gemeinkostenplanung und -kontrolle durchgeführt werden kann. Es sei daran erinnert, daß der wesentliche Unterschied zwischen Teil- und Vollkostenrechnungen die Anpassung an Beschäftigungsänderungen ist. Bezugsgrößen, die einen funktionalen möglichst proportionalen Zusammenhang zwischen Kostenstellenleistung und den Kosten herstellen sollen, benötigen hierzu eine Aufteilung der Kostenstellenkosten in fixe und variable Kosten. Während für variable Kosten häufig ein proportionaler Zusammenhang zu einer Bezugsgröße zu finden ist, wird dies für fixe Kosten nicht möglich sein. Die innerbetriebliche Leistungsverrechnung hat die Aufgabe die Gemeinkosten der Vorkostenstellen auf diejenigen Vor- und Endkostenstellen zu verteilen, die von ihnen Leistungen empfangen haben. Sekundäre Gemeinkosten setzen sich aus den primären Gemeinkosten der Vorkostenstellen zusammen. Vorkostenstellen erbringen Leistungen, die ausschließlich im betrieblichen Leistungserstellungsprozeß verwendet werden. Solche Leistungen können auch Gebrauchsgüter, wie z.B. selbsterstellte Anlagen, sein. Im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung werden nur solche Leistungen berücksichtigt, für die die Erzeugung und der Verbrauch in der gleichen Periode liegen. Ein großes Problem bei der Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsver-

ist die Leistungsverflechtung zwischen einzelnen Vorkostenstellen. Wenn eine Vorkostenstellen mit einer anderen Vorkostenstelle im gegenseitigen Leistungsaustausch steht, dann ist es nicht möglich, einen Kostensatz für ihre Leistungen zu ermitteln, solange sie nicht den Kostensatz der anderen Vorkostenstelle

rechnung

222

ö.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

kennt. Dieses Problem läßt sich exakt nur simultan, beispielsweise mit Hilfe eines linearen Gleichungssystems (Gleichungsverfahren) lösen. In Theorie und Praxis haben sich zwei Näherungsverfahren entwickelt: 1. Anbauverfahren und 2. Stufenverfahren Das Anbauverfahren vernachlässigt die wechselseitigen Leistungsbeziehungen vollständig. Der Kostensatz wird berechnet, indem die primären Kosten der Vorkostenstelle durch die an die Endkostenstellen abgegebenen Leistungen dividiert werden. Beim Stufenverfahren werden für die Vorkostenstellen sukzessiv die Kostensätze ermittelt, wobei möglichst mit einer Vorkostenstelle begonnen werden sollte, die keine oder nur geringe Leistungen von anderen Vorkostenstellen empfängt. Die Kosten werden bei diesem Verfahren auf die Endkostenstellen und alle noch nicht abgerechneten Vorkostenstellen umgelegt. Mit Hilfe der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung werden die sekundären Gemeinkosten auf die Endkostenstellen verteilt. Den Abschluß der Kostenstellenrechnung bildet die Aufgabe der Ermittlung von Kalkulationssätzen, denn die Gemeinkosten sollen auf Kostenträger verteilt werden. Die Kosten aller Endkostenstellen werden auf die Kostenträger weiterverrechnet, indem die Beanspruchung der Kostenstelle durch eine einzelne Leistungseinheit gemessen wird. Hierzu sind die Bezugsgrößen notwendig, die, wie bereits gefordert, ein Maßstab der Kostenstellenleistung sein sollen. Diese Eigenschaft ist für die Kalkulation allerdings nicht ausreichend, hinzukommen muß die eindeutige Beziehung zum Kostenträger. So läßt sich in einem zentralen Schreibbüro die Bezugsgröße Anzahl der geschriebenen Seiten zur Leistungsmessung verwenden, eine Beziehung zu einer einzelnen Produkteinheit wird jedoch nicht herzustellen sein. Eine für Fertigungskostenstellen typische Bezugsgröße, die beide Aufgaben erfüllt, ist die Maschinenstunde. Als Bezugsgrößen der Kostenzurechnung werden neben Mengen- auch Wertgrößen verwendet. Typische Mengengrößen sind Maschinenzeiten, Rüstzeiten, Materialgewicht und Stückzahlen, als Wertgrößen werden Einzelmaterialkosten oder Umsatz verwendet. Für eine Bezugsgröße lautet der Kalkulationssatz allgemein: Gemeinkosten

Bezugsgröße Dieser Kalkulationssatz kann im Rahmen der Kostenträgerrechnung bei den Verfahren der Zuschlagskalkulation genutzt werden. 344.

Kostenträgerrechnung

Kosteninformationen über die betrieblichen Leistungen haben für die Unternehmensführung einen hohen Stellenwert, da Produkte zu den wichtigsten Entscheidungsobjekten im Unternehmen gehören. Die Kostenträgerrechnung soll Informationen über alle im Unternehmen erstellten Leistungen liefern. Sie gibt Antwort auf die Frage, für welche Produkte die Kosten angefallen sind. Die Kostenträgerrechnung teilt sich in zwei Bereiche 1. 2.

die die

Kostenträgerzeitrechnung und Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation).

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

223

Die Kostenträgerzeitrechnung ist eine periodische Rechnung, die wöchentlich, monatlich oder vierteljährlich aufgestellt wird. Sie ist eine Zusammenstellung aller in der Abrechnungsperiode für die betrieblichen Leistungen angefallenen Kosten, wobei ein getrennter Ausweis nach einzelnen Leistungsarten erfolgt. Die Kostenträgerzeitrechnung ist damit die Vorstufe zur kurzfristigen Erfolgsrechnung. Die Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation) hat als Betrachtungsobjekt die Leistungseinheit, es werden stückbezogene Kosten geliefert: Selbstkosten je Leistungseinheit. Gegenstand der Kalkulation sind neben den Marktleistungen, die noch nicht abgesetzten Leistungen und die innerbetrieblichen Leistungen. Informationen über die Stückkosten werden z. B. zur Preisbeurteilung benötigt und sie sind für die Bewertung der Lagerbestände sowie der aktivierbaren eigenerstellten Lei-

stungen notwendig.

Divisionskalkulation Zuschlagskalkulation Divisionskalkulation im engeren Sinne summarische Zuschlagskalkulation kumulative Betriebszuschlagskalkulation einstufig elektive Betriebszuschlagskalkulation zweistufig -

-

-

mehrstufig

-

-

Äquivalenzziffernkalkulation

differenzierende Zuschlagskalkulation kumulative Kostenstellenzuschlagskalkulati-

-

-

-

-

einstufig zweistufig mehrstufig

on

elektive

Kostenstellenzuschlagskalkulation

-

Darstellung 6-23: Systematik der Kalkulationsverfahren Die bekanntesten und gebräuchlichsten Kalkulationsverfahren sind die Divisionskalkulation, die Äquivalenzziffernkalkulation und die Zuschlagskalkulation, jeweils in einer Mehrzahl von Erscheinungsformen. Für die Kuppelproduktion, wie sie z. B. in der chemischen Industrie auftritt, werden besondere Kalkulationsverfahren eingesetzt, die im folgenden vernachlässigt werden. Die verschiedenen Verfahren der Divisionskalkulation teilen, die in der Periode erstellten bzw. am Markt abgesetzten Leistungen, durch die Kosten, die in dieser Abrechnungsperiode angefallen sind. Werden die in einer Periode gefertigten Produkte durch die gesamten Kosten der Periode geteilt, dann handelt es sich um die einstufige Divisionskalkulation. Diese sehr einfache Form der Kalkulation setzt ein Einproduktunternehmen voraus, wie die Produktion von Strom in einem Elektrizitätswerk, und es dürfen weder Veränderungen der Lagerbestände bei unfertigen Erzeugnissen, einschließlich der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, noch bei fertigen Erzeugnissen auftreten. Bei der zweistufigen Divisionskalkulation wird die Voraussetzung aufgehoben, daß keine Veränderungen im Lagerbestand der fertigen Erzeugnisse auftreten: Absatzmenge und Produktionsmenge sind also unterschiedlich hoch. Es werden den produzierten Mengen die Herstellkosten und den abgesetzten Mengen die Verwaltungs- und Vertriebskosten gegenübergestellt. Für die auf dem Lager liegenden, fertigen Erzeugnisse sind die Herstellkosten anzusetzen. Die mehrstufige Divisonskalkulation wird eingesetzt, wenn der Leistungserstellungsprozeß in einem Einproduktunternehmen mehrstufig abläuft und Veränderungen im Lagerbestand der unfertigen Erzeugnisse auftreten. Zum Problem werden in dieser Ferti-

224

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

gungsstruktur die unterschiedlich hohen Produktionsmengen der einzelnen Stufen. Es gibt zwei Möglichkeiten, Stückkosten zu ermitteln. Die eine Möglichkeit ist eine für jede Stufe getrennte Berechnung der Kosten je Leistungseinheit mit der abschließenden Addition aller Stufen, zum zweiten erfolgt in jeder Fertigungsstufe die Berücksichtigung der eingesetzten Vorprodukte. Zu beachten ist für die mehrstufige Divisionskalkulation, daß für ihre Durchführung eine Kostenstellenrechnung notwendig ist.

Mit Hilfe der Äquivalenzziffernkalkulation läßt sich die Technik der Divisionskalkulation auch für die Mehrproduktfertigung anwenden. An die Beziehung zwischen den Produkten ist jedoch die Bedingung geknüpft, daß die Kosten für die einzelnen Produkte in einem festen Verhältnis zueinander stehen. In der Regel trifft dies auf Sortenprodukte wie Bier, Ziegel oder Zement zu. Für die Ermittlung der Äqivalenzziffer werden Bezugsgrößen gesucht, die als Verteilungsgrundlage dienen können. Verhalten sich die Kosten der Leistungen beispielsweise proportional zur beanspruchten Maschinenzeit oder zum Einsatzgewicht, lassen sich auf dieser Basis Äquivalenzziffern ermitteln. Die Stückkosten werden analog zu den Verfahren der Divisionskalkulation durch Division der Produktmengen durch die Kosten errechnet, anstatt der Produktmengen werden die mit den Äquivalenzziffern gewichteten Produktmengen angesetzt. Die Verfahren der Zuschlagskalkulation werden immer dann eingesetzt, wenn die Leistungserstellung im Unternehmen so heterogen ist, daß eine verursachungsgerechte Zurechnung der Kosten mit den Verfahren der Divisionskalkulation nicht mehr möglich ist. In der Regel sind dies Unternehmen die mehrere Produkte in Serien- oder Einzelfertigung herstellen. Die Grundidee der Zuschlagskalkulation ist es, neben den direkt zurechenbaren Kosten (Einzelkosten) die Gemeinkosten auf der Basis von Kalkulationssätzen den Kostenträgern zuzurechnen. Die Ermittlung von Kalkulationssätzen wurde bereits bei der Behandlung der Kostenstellenrechnung erläutert. Die Verfahren der Zuschlagskalkulation lassen sich in die summarische und die differenzierende Zuschlagskalkulation einteilen. Die summarischen Zuschlagskalkulationen (Betriebszuschlagskalkulationen) zeichnen sich dadurch aus, daß für die Ermittlung der Kalkulationssätze keine Kostenstellenrechnung notwendig ist. Im Falle der kumulativen Betriebszuschlagskalkulation wird nur ein Kalkulationssatz ermittelt, indem die Summe aller Gemeinkosten auf die Einzellöhne oder die Summe der Einzelkosten bezogen wird. In der elektiven Betriebszuschlagskalkulation wird hingegen die Summe der Gemeinkosten aufgeteilt, z. B. in Material-, Fertigungs-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten, so daß mehrere Kalkulationssätze aufgestellt werden. Die summarischen Zuschlagskalkulationen sind grobe Verfahren, da der vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der Zuschlagsgrundlage und den Gemeinkosten meist nicht gegeben ist. Die differenzierenden Zuschlagskalkulationen (Kostenstellenzuschlagskalkulation) versuchen diesen Mangel zu beseitigen, indem sie auf der Grundlage der Kostenstellenstruktur im Unternehmen für die einzelnen Kostenstellen Kalkulationssätze ermittelt. Bei der kumulativen Kostenstellenzuschlagskalkulation wird die Zurechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger durch genau einen Kalkulationssatz für jede Kostenstelle erreicht. Wenn es nicht gelingt eine einzige Bezugsgröße für eine Kostenstelle zu finden, da eine Reihe von Kostenarten sich nicht proportional zur Bezugsgröße verhalten, dann müssen zwei oder mehrere Bezugs-

Das intern orientierte betriebliche

225

Rechnungswesen

verwendet werden. Die elektive Kostenstellenzuschlagskalkulation (Beist dadurch charakterisiert, daß für eine Kostenstelle mehrere Kalkulationssätze berechnet werden. Die folgende Abbildung zeigt das Grundschema der differenzierenden Zuschlagskalkulation ohne die Aufteilung in einzelne Kostenstellen.

großen

zugsgrößenkalkulation)

Materialeinzelkosten

Materialgemeinkosten Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten

Materialkosten Herstellkosten

Fertigungskosten

Sondereinzelkosten der

Selbstkosten

Fertigung Verwaltungsgemeinkosten Vertriebsgemeinkosten Sondereinzelkosten des Vertriebs

Darstellung 6-24: Grundschema einer differenzierenden Zuschlagskalkulation Die dargestellten Verfahren der Kalkulation zeigen, daß sich für die speziellen Bedingungen in den Unternehmen jeweils unterschiedliche Verfahren anbieten. Die Kalkulation in der traditionellen Kostenrechnung leidet allerdings an dem grundsätzlichen Mangel, keine Trennung in fixe und variable Kosten vorzunehmen. Da zwischen den Bezugsgrößen und den Kosten ein proportionaler Zusammenhang bestehen soll, ist eine solche Aufteilung der Kosten jedoch erforderlich. 345.

Erlösrechnung

In der Erlösrechnung sind analog zur Kostenrechnung, Erlöse zu erfassen, zu gliedern und auf Betrachtungsobjekte zuzurechnen. Die Aufgaben der Kostenrechnung, nämlich Zahlenmaterial für dispositive Zwecke und für die Wirtschaftlichkeitskontrolle bereitzustellen, gelten auch für die Erlösrechnung. Sie muß aus diesem Grund Informationen für die Erlösplanung und -kontrolle liefern. Als Besonderheit gegenüber den Kosten ist jedoch zu beachten, daß die Möglichkeiten eines Unternehmens, die Erlöse zu beeinflussen, wesentlich geringer sind. Die Unternehmensführung benötigt Informationen über die Erlöse, da in vielen industriellen Unternehmen einem steigenden Fixkostenblock, der kurzfristig nicht abgebaut werden kann, Erlöse gegenüberstehen, die auf Veränderungen der Absatzmärkte relativ schnell reagieren. Die Teilsysteme der Erlösrechnung dienen der Erfassung der durch die Leistungserstellung und Leistungsverwertung entstehenden Güter und der Zurechnung auf Leistungseinheiten. Die Erfassung und Zurechnung von Erlösen entspricht jedoch nicht dem Vorgehen in der Kostenrechnung, da die Erlösarten- und die Erlösträgerrechnung eng miteinander verbunden sind. Die Einteilungsmöglichkeiten in der Erlösartenrechnung lassen erkennen, daß es nicht wie bei der Kostenrechnung eine der Kostenartenrechnung entsprechende

226

ö.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

die neben der Erlösstellen- und Erlösträgerrechnung gesondert stehen kann. Der Grund liegt darin, daß eine Gliederung der Erlösarten nach dem Kriterium Art der entstehenden Leistung dem Kriterium zur Bildung der Erlösträger entspricht. Als Erlösarten bieten sich daher die verschiedenen Komponenten des Erlöses an, wie z. B. Basiserlös, Erlösminderungen und Erlösberichtigungen. Da die Erlöserfassung fur den einzelnen Erlösträger erfolgt, ist der in der Kostenrechnung vorgenommene progressive Rechengang nicht möglich. Die Erlösträgerrechnung dient der Zuordnung der Erlöse auf die Leistungseinheiten; so werden beispielsweise, um den Erfolg eines Produkts zu berechnen, neben den Stückkosten auch die Stückerlöse benötigt. Dies erfordert ein retrogrades Vorgehen, indem die Erlöse auf Erlösträger zugerechnet werden. Erlösträger können auf dem Absatzmarkt verwertete Leistungen, noch nicht abgesetzte, für den Verkauf bestimmte Leistungen und innerbetriebliche Leistungen sein. Das schwierigste Problem ist die Zurechnung der Erlöse auf einzelne Leistungsarten. Es gilt eine Unterscheidung wie in der Kostenrechnung, nämlich die in Einzel- und Gemeinerlöse. Einzelerlöse sind einem Erlösträger direkt zurechenbar, Gemeinerlöse sind nur einem übergeordneten Kalkulationsobjekt zuzuordnen. So werden oft für Teilleistungen Einzelpreise ausgewiesen, die Teilleistungen aber nur gemeinsam abgesetzt. So werden z. B. für Bildschirm, Tastatur und Festplatteneinheit eines PC jeweils Preise angegeben, die Mehrzahl der Kunden kauft die Teilleistungen jedoch zusammen. Der Erlös in diesem Beispiel fällt für alle Teilleistungen gemeinsam an, Entscheidungen müssen daher über das Leistungsbündel getroffen werden. Die Probleme der Zurechenbarkeit lassen sich auf Angebots- und Nachfrageverbundenheiten zurückführen, die in vielen Formen in der Erlösrechnung auftreten. Angebotsverbundenheiten beruhen auf der Produkt- und Preispolitik des Unternehmens, so z. B. die Preisspaltung auf viele Teilleistungen in der Bauwirtschaft, bei Kreditinstituten oder in der Eisen- und Stahlindustrie. Die Nachfrageverbundenheiten beruhen auf den Präferenzen der Kunden, die z. B. bestimmte Kombinationen von Teilleistungen bevorzugen. Die Nachfrageverbundenheiten veursachen größere Probleme als der Angebotsverbund, da das Verhalten der Nachfrager nicht im direkten Einflußbereich des Unternehmens liegt. Wenn Erlösverbundenheiten in Form von Angebots- und Nachfrageverbundenheiten auftreten, müssen die einzelnen Teilleistungen zu einem Erlösträger zusammengefaßt werden. Eine Erlösstellenrechnung soll die organisatorischen Bereiche im Unternehmen aufzeigen, denen die Erlöse zuzurechnen sind. Solche Informationen werden benötigt, um für Teilbereiche einen Erfolg zu ermitteln, wie dies z. B. im Rahmen einer Profit-Center-Organisation notwendig ist. An dieser Stelle wird nochmals der unterschiedliche Rechengang von Kostenrechnung und Erlösrechnung deutlich: die Erlösstellenrechnung benötigt für die Zurechnung auf Bereiche im Unternehmen die Informationen aus der Erlösträgerrechnung. Erlöse können jedoch nur Organisationseinheiten zugerechnet werden, die für den gesamten Prozeß der Güterentstehung verantwortlich sind. Es ist aus diesem Grund nicht möglich, eine isolierte Zurechnung in einer funktionalen Organisationsstruktur, z. B. nur auf den Absatzbereich, vorzunehmen.

Erlösartenrechrtung gibt,

Das intern orientierte betriebliche

346. Die

227

Rechnungswesen

kurzfristige Erfolgsrechnung

Als weiteres wichtiges Teilgebiet des intern orientierten betrieblichen Rechnungswesens ist neben der Kostenrechnung und Erlösrechnung die kurzfristige Erfolgsrechnung genannt worden. Sie stellt ein Instrument zur Planung und Kontrolle des Erfolges dar, das aufgrund der im Abschnitt 31 genannten Unzulänglichkeiten der gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Abschlußrechnung auf der Basis von Aufwendungen und Erträgen entwickelt worden ist. Die Aufgaben der kurzfristigen Erfolgsrechnung bestehen vor allem in einer laufenden Kontrolle des betrieblichen Erfolges im Hinblick auf das verfolgte Unternehmensziel und darin, dem Management Informationen für seine dispositiven Zwecke, insbesondere für seine Entscheidungen in den Bereichen Leistungserstellung und Leistungsverwertung zur Verfügung zu stellen (Haberstock). Im Gegensatz zur jährlichen Abschlußrechnung wird in der kurzfristigen Erfolgsrechnung nicht der Unternehmenserfolg insgesamt, sondern auf der Grundlage von Kosten und Erlösen der sogenannte Betriebserfolg ermittelt, "der das Ergebnis der 'eigentlichen' (typischen) betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung wiedergibt." (Haberstock) Daher wird dem im gesamten Unternehmenserfolg enthaltenen neutralen Ergebnis in der kurzfristigen Erfolgsrechnung oder auch Betriebsergebnisrechnung keine Beachtung geschenkt. Zudem wird die kurzfristige Erfolgsrechnung aus Gründen der Aktualität der bereitzustellenden Informationen nicht jährlich, sondern unterjährlich, meistens monatlich, gelegentlich aber auch noch kurzfristiger erstellt. In der Literatur erfolgt häufig eine Gleichsetzung der Begriffe kurzfristige Erfolgsrechnung und Kostenträgerzeitrechnung, dem Gegenstück zur Kostenträgerstückrechnung innerhalb der Kostenträgerrechnung. Dabei wird allerdings nicht beachtet, daß die Kostenträgerzeitrechnung ihrer Aufgabe als Teilgebiet der Kostenrechnung entsprechend lediglich getrennt nach verschiedenen den jeweils verfolgten Recnnungszwecken entsprechenden Gesichtspunkten die insgesamt in der zugrundeliegenden Abrechnungsperiode angefallenen Kosten ermittelt. Sie kann insofern nicht der Bestimmung des Betriebserfolges dienen, da sie nur die eine der beiden Erfolgskomponenten, die Kosten, in die Rechnung einbezieht. Erst die kurzfristige Erfolgsrechnung gestattet dies, da sie neben den Kosten auch die zweite Erfolgskomponente, die Erlöse, berücksichtigt und somit Uber die Saldierung der beiden Erfolgskomponenten die Ermittlung eines Gewinnes oder Verlustes zuläßt. Im Hinblick auf die Vorgehensweise der kurzfristigen Erfolgsrechnung können zwei grundlegende Verfahren unterschieden werden: das Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren. Das Gesamtkostenverfahren ermittelt den Betriebserfolg für eine Abrechnungsperiode, indem von den jeweiligen Umsatzerlösen die zugehörigen Gesamtkosten abgezogen werden und dieses Ergebnis sodann um die entsprechenden (positiven oder negativen) Bestandsänderungen korrigiert wird. In Kontoform geschrieben stellt sich diese Vorgehensweise folgendermaßen dar: -

-

228

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Betriebserfolg

_(nach dem Gesamtkostenverfahren)_ Gesamtkosten (nach Kostenarten

gegliedert) Bestandsverringerungen

Gewinn

(als Saldo)

Umsatzerlöse

(nach Leistungsarten gegliedert) Bestandserhöhungen Verlust (als Saldo)

Die Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung sollen den Absatzerfolg des Unternehmens ermitteln, d. h., es soll aufgezeigt werden, wie erfolgreich die Leistungen des Unternehmens auf dem Markt sind. Für die Zurechnung der Kosten und der Erlöse auf die Periode ist daher ausschließlich die Absatzmenge heranzuziehen. Auf der Erlösseite ist dies problemlos, da nur für die abgesetzten Leistungen Erlöse anzusetzen sind. Es entstehen in der Periode aber auch Kosten für auf Lager produzierte Leistungen, so daß den Erlösen der abgesetzten Leistungen die Kosten der produzierten Leistungen gegenüberstehen. Um den Absatzerfolg ermitteln zu können, werden diese auf Lager produzierten Leistungen mit Herstellkosten bewertet. Produzierte, noch nicht abgesetzte Leistungen werden also erfolgsneutral berücksichtigt. Dem Gesamtkostenverfahren werden abrechnungstechnische Vorteile zugeschrieben, da es in seinem Aufbau der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahresabschlusses entspricht. Werden bei monatlicher Durchführung der kurzfristigen Erfolgsrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren die zwölf Monatsergebnisse eines Geschäftsjahres zusammengefaßt und wird diesem Ergebnis das neutrale Ergebnis hinzugefügt, so ergibt sich der Jahreserfolg der Gewinn- und Verlustrechnung. Diesem Vorteil steht jedoch ein entscheidender Nachteil in der Aussagefähigkeit gegenüber. Das Gesamtkostenverfahren gestattet nur eine Aussage über den kurzfristigen Erfolg der "eigentlichen" betrieblichen Tätigkeit insgesamt, eine Feststellung des Beitrages einzelner Leistungsarten oder Gruppen von Leistungsarten zu diesem Erfolg ist nicht möglich. Es wird zwar auf der Erlösseite nach Leistungsarten gegliedert, auf der Kostenseite wird jedoch nach der Art der verzehrten Güter aufgeteilt. Insoweit ist eine kurzfristige Erfolgsrechnung auf der Grundlage des Gesamtkostenverfahrens unbefriedigend, da sie zwar durch die Ermittlung unterjährlicher Betriebserfolge bestimmten dispositiven Zwecken gerecht zu werden vermag, aber aufgrund ihres Aufbaus ebenso wie die Jahreserfolgsrechnung keine Informationen über die Quellen des Betriebserfolges zu liefern in der Lage ist. Das Umsatzkostenverfahren als das zweite grundlegende Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung besteht darin, daß den Umsatzerlösen der jeweiligen Abrechnungsperiode die Kosten der umgesetzten Leistungen dieser Periode gegenübergestellt werden. Dieses Vorgehen gewährleistet, daß nur der Absatzerfolg berechnet wird. In der zunächst zu behandelnden Ausprägungsform des Umsatzkostenverfahrens werden diese Kosten durch die auf Vollkostenbasis ermittelten Selbstkosten der umgesetzten, d. h. verkauften betrieblichen Leistungen gebildet. Unter Verwendung der Kontoform stellt sich die Vorgehensweise des Umsatzkostenverfahrens folgendermaßen dar:

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

229

Betriebserfolg (nach dem Umsatzkostenverfahren)

volle Selbstkosten der umgesetzten

Umsatzerlöse

Leistungen (nach Kostenträgern gegliedert)

(nach Leistungsart gegliedert)

Gewinn

(als Saldo)

Im Unterschied

zum

Verlust

(als Saldo)

Gesamtkostenverfahren beinhaltet das Umsatzkostenverfah-

abrechnungstechnischen Nachteil: bei monatlicher Durchführung der kurzfristigen Erfolgsrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren müssen die zusammengefaßten zwölf Monatsergebnisse eines Geschäftsjahres korrigiert um das neutrale Ergebnis nicht den Jahreserfolg der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben. Diese Tatsache liegt darin begründet, daß die Lagerbestände bzw. Lagerbestandsveränderungen in der Jahresabschlußrechnung und im Umsatzkostenverfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung unter Umständen mit unterschiedlichen Wertansätzen berücksichtigt werden. Nur wenn die Bestandsveränderungen erfolgsneutral zu Herstellkosten bewertet werden, fuhrt das Umsatzkostenverfahren auf Vollkostenbasis zum selben Ergebnis wie das Gesamtkostenverfahren und damit letztlich auch zum Betriebsergebnis der Jahresabschlußrechnung. Dem abrechnungstechnischen Nachteil des Umsatzkostenverfahrens steht aber sein entscheidender Vorteil einer höheren Aussagefähigkeit im Vergleich zum Gesamtkostenverfahren gegenüber. Mit Hilfe des Umsatzkostenverfahrens läßt sich nämlich feststellen, in welchem Ausmaß einzelne Leistungsarten oder Gruppen von Leistungsarten zum Betriebserfolg in der Abrechnungsperiode beigetragen haben. Damit vermag die kurzfristige Erfolgsrechnung auf Basis des Umsatzkostenverfahrens dem Management wertvolle Informationen zur sachlichen Begründung von Entscheidungen in den Bereichen Leistungserstellung und Leistungsverwertung zu liefern, da die Quellen des Betriebserfolges aufgezeigt werden.

ren

einen

35. Die

Deckungsbeitragsrechnung

Im vorangegangenen Abschnitt ist das Umsatzkostenverfahren auf Vollkostenbasis als mögliche Vorgehensweise bei der kurzfristigen Erfolgsrechnung dargestellt worden. Sein entscheidender Vorteil wurde in der Tatsache gesehen, daß es mit Hilfe dieses Verfahrens möglich ist, die Beiträge der einzelnen Leistungsarten oder Gruppen von Leistungsarten zum Betriebserfolg zu ermitteln. Aus Sicht der Theorie der Kostenrechnung weist dieses Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung aber noch einen schwerwiegenden Nachteil auf. Dieser besteht darin, daß die gesamten Kosten der Abrechnungsperiode nach bestimmten, in der Regel logisch nicht einwandfrei begründbaren Kriterien auf die jeweiligen Bezugsobjekte in Form von beispielsweise einzelnen Leistungsarten oder Gruppen von Leistungsarten verteilt werden. Ein Verteilung der fixen Kosten auf die Leistungseinheiten führt zu Zeiten, in denen die Beschäftigung des Unternehmens zurückgeht, zu höheren Stückkosten. Orientiert sich ein Unternehmen in seiner Preispolitik an den vollen Selbstkosten, so besteht die Gefahr, sich aus dem Markt zu kalkulieren. Die fixen Kosten werden für kurzfristige Entscheidungen als irrelevant angesehen, weil

230

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

sie in den für solche Entscheidungen typischen Zeiträumen nicht zu beeinflussen sind. Um diesem Mangel abzuhelfen, sind die Teilkostenrechnungen, entwickelt worden. Wird die kurzfristige Erfolgsrechnung auf Basis von Teilkosten durchgeführt, dann spricht man vom Umsatzkostenverfahren auf Teilkostenbasis oder von der Deckungsbeitragsrechnung. (Meist werden darüber hinaus auch die Begriffe Deckungsbeitragsrechnung und Teilkostenrechnung synonym verwendet; eine solche Gleichsetzung ist allerdings nur solange zutreffend, wie der Rechnungszweck der Teilkostenrechnung in einer Erfolgsermittlung besteht; hat sie dagegen die weiter zu fassende Aufgabe der Bereitstellung von Informationen für dispositive Zwecke, kann es sich bei einer Teilkostenrechnung auch um eine reine Kosten-

rechnung handeln.)

Die verschiedenen Verfahren der Deckungsbeitragsrechnung lassen sich einteilen solche, die durch die Unterscheidung von variablen und fixen Kosten begründet werden, und solche, die die Kosten in Einzel- und Gemeinkosten differenzieren, die zum Schluß dieses Kapitels dargestellt werden. Variable Kosten sind solche Kosten, die in ihrer Höhe von der Beschäftigung als der erstellten Leistungsmenge in einer Periode abhängen. Fixe Kosten sind dagegen beschäftigungsunabhängige Kosten, und ihre Höhe ist damit für eine bestimmte Periode unabhängig von der erstellten Leistungsmenge fest gegeben. Deckungsbeitragsrechnungen unterscheiden sich von den Systemen, die auf vollen Kosten beruhen, durch die konsequente Trennung der variablen von den fixen Kosten. Die in den vorherigen Kapiteln behandelte Kostenarten-, Kostenstellen-, Kostenträgerrechnung, Erlösrechnung und kurzfristige Erfolgsrechnung sind auch Teilsysteme in einer Deckungsbeitragsrechnung, nur die getrennte Verrechnung von fixen und variablen Kosten führt zu einer anderen Vorgehensweise. Die Aufspaltung der Kosten in ihre variablen und fixen Teile wird als Kostenauflösung bezeichnet, sie wird für jede Kostenart in einer Kostenstelle durchgeführt. In der Kostenstellenrechnung werden die fixen Kosten nicht bei der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung berücksichtigt, ebenso erfolgt die Bestimmung der Kalkulationssätze ausschließlich auf Basis der variablen Kosten, was daraufhinweist, daß nur mit den variablen Kosten kalkuliert wird. Bei den Deckungsbeitragsrechnungen auf der Basis von variablen und fixen Kosten sind nach der Art der Behandlung der fixen Kosten zwei grundsätzliche Varianten zu unterscheiden. Bei der ersten handelt es sich um die Deckungsbeitragsrechnung auf Basis von variablen Kosten mit globaler Fixkostenbehandlung, die gewöhnlich als (einfaches) Direct Costing bezeichnet wird. Die Vorgehensweise des Direct Costing als Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung besteht darin, daß den Umsatzerlösen eines Bezugsobjektes, beispielsweise einer Leistungsart, die variablen Kosten dieses Bezugsobjektes gegenübergestellt werden; die Differenz aus beiden Größen liefert den Deckungsbeitrag dieses Bezugsobjektes, der bisweilen auch als sein Bruttoerfolg bezeichnet wird. Der Deckungsbeitrag eines Produktes zeigt an, inwieweit dieses Produkt dazu beiträgt die fixen Kosten des Unternehmens zu decken und einen Beitrag zum Gewinn des Unternehmens zu leisten. Den zusammengefaßten Deckungsbeiträgen aller Bezugsobjekte werden dann die Fixkosten in einem Block gegenübergestellt; die Differenz liefert den Betriebserfolg der Abrechnungsperiode. Die Beurteilung der einzelnen Bezugsobjekte im Hinblick auf ihren Beitrag zum Betriebserfolg wird aufgrund ihrer jeweiligen Deckungsbeiträge vorgenommen; auf eine Verrechnung der Fixkosten auf in

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

231

die einzelnen Bezugsobjekte wird verzichtet, da sie als negative Erfolgskomponente des gesamten Unternehmens angesehen werden. Umsatzerlöse variable Selbstkosten der umgesetzten Leistungen -

=

Deckungsbeitrag fixe Kosten

Betriebserfolg Deckungsbeiträge von Produkten werden z. B. für Entscheidungen über die Förderung einzelner Produkte in einem Produktionsprogramm oder bei der Entscheidung über einen Zusatzauftrag verwendet. Eine Grundregel für ein Unternehmen, das nicht ausgelastete Kapazitäten zur Verfügung hat, lautet: jeder Auftrag, der einen positiven Deckungsbeitrag aufweist, ist anzunehmen. Dies beruht auf der Überlegung, daß es bei Unterbeschäftigung besser ist, einen Teil der Fixkosten zu decken, anstatt auf den Auftrag völlig zu verzichten. Bei der zweiten Variante der Deckungsbeitragsrechnung auf Basis von variablen und fixen Kosten handelt es sich um diejenige mit differenzierender Fixkostenbehandlung, die als stufenweise Fixkostendeckungsrechnung bezeichnet wird und entsprechend dem Grad der Fixkostendifferenzierung in verschiedenen Erscheinungsformen auftritt. Die Vorgehensweise der stufenweisen Fixkostendekkungsrechnung ist zunächst identisch mit der des Direct Costing, d. h., es werden Deckungsbeiträge als Differenzen zwischen Umsatzerlösen und variablen Kosten gebildet. Sodann werden die Fixkosten jedoch nicht als Block diesen Deckungsbeiträgen gegenübergestellt, sondern die gesamten Fixkosten werden nach ihrer Zurechenbarkeit aufgespalten. Von Agthe wurde 1959 beispielsweise eine Aufspaltung in Erzeugnisfixkosten, Erzeugnisgruppenfixkosten, Bereichsfixkosten und Unternehmensfixkosten vorgeschlagen; diese Aufspaltung wurde von Mellerowicz erweitert durch die zusätzliche Ausgrenzung von Kostenstellenfixkosten innerhalb der Bereichsfixkosten. Die weitere Vorgehensweise besteht dann darin, die zuvor ermittelten Deckungsbeiträge stufenweise zu aggregieren, um die der Stufe zugehörigen anteiligen Fixkosten abzuziehen und so neue Deckungsbeiträge -

=

bilden. Diese werden anschließend auf der nächsten Stufe in derselben Weise Verwendung der anteiligen Fixkosten dieser Stufe weiterverarbeitet, bis auf der letzten Stufe von den dort aggregierten Deckungsbeiträgen die Unternehmensfixkosten abgezogen werden und damit der Betriebserfolg der Abrechnungsperiode ermittelt ist. Der Vorteil der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung besteht darin, daß nicht nur die Erfolgsbeiträge der verschiedenen Leistungsarten bestimmt werden können, sondern darüber hinaus die Erfolgsbeiträge von Gruppen von Leistungsarten, von Kostenstellen sowie von betrieblichen Teilbereichen. Die Gewinnung dieser Informationen ist allerdings mit einem erhöhten Aufwand für die Durchführung der kurzfristigen Erfolgsrechnung verbunden. Die Deckungsbeitragsrechnung auf der Grundlage von Einzel- und Gemeinkosten ist verfahrenstechnisch grundsätzlich identisch mit der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung. Nach dem Begründer dieser Vorgehensweise in der kurzfristigen Erfolgsrechnung wird sie auch als Riebeische Rechnung mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen bezeichnet. Einzelkosten sind solche Kosten, die einzelnen Bezugsobjekten wie beispielsweise Leistungsarten oder Gruppen von Leistungsarten oder auch betrieblichen Teilbereichen wie etwa Kostenstellen eindeutig und zweifelsfrei zugerechnet werden können. Für Gemeinkosten eines Bezu

unter

232

6.Teil: Das betriebliche Rechnungswesen

zugsobjektes ist diese eindeutige und zweifelsfreie Zurechenbarkeit nicht gegeben, was allerdings nicht ausschließt, daß Gemeinkosten eines Bezugsobjektes einem anderen Bezugsobjekt als Einzelkosten eindeutig und zweifelsfrei zuzurechnen sind. Der Begriff relative Einzelkosten spiegelt Riebeis grundlegende Idee wieder, daß alle Kosten letztlich als Einzelkosten aufgefaßt werden können, da sie sich dem Unternehmen als Ganzen stets eindeutig und zweifelsfrei zurechnen lassen. Werden aber andere Bezugsobjekte etwa Leistungsarten oder Gruppen von Leistungsarten für die Kostenzurechnung gewählt, dann lassen sich diesen Bezugsobjekten im-

Teile der Kosten als Einzelkosten zurechnen, während die restlichen Konicht zurechenbare Gemeinkosten darstellen. Die Menge der als Einzelkosten zurechenbaren Kosten wird in der Regel um so umfangreicher, je weiter die Bezugsobjekte der Kostenzurechnung an das Bezugsobjekt Unternehmen als Ganzes heranrücken, dem wie gesagt alle Kosten als Einzelkosten zugerechnet werden können. Der Vorteil dieser Form der kurzfristigen Erfolgsrechnung besteht aus theoretischer Sicht darin, daß an keiner Stelle der Rechnung eine willkürliche und damit nicht eindeutige und zweifelsfreie Zurechnung von Kosten auf Bezugsobjekte vorgenommen wird. Diesem Vorteil steht allerdings der Nachteil eines erheblichen Aufwandes für die Durchführung der Rechnung entgegen; diese Tatsache hat dazu geführt, daß die Riebeische Rechnung mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen in der betrieblichen Praxis bis heute nicht die ihr aufgrund ihrer theoretischen Bedeutung zukommende Beachtung und Verbreitung gefunden hat. -

mer nur

sten

36. Die

Plankostenrechnung

zeichnen sich dadurch aus, daß die in ihnen verwendeten Kosten auf Basis von Planmengen und Planpreisen ermittelt werden, ihre Ermittlung soll ohne Berücksichtigung der Vergangenheit mit Hilfe betriebswirtschaftlicher und ingenieurwissenschaftlicher Methoden erfolgen. Sie erfüllen damit eine wesentliche Anforderung an entscheidungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnungen, indem sie zukunftsorientiert sind. Plankostenrechnungen sind auf Basis von Vollkosten oder Teilkosten möglich, als wesentliche Systeme lassen sich unterscheiden:

Plankostenrechnungen

1. 2. 3.

die starre Plankostenrechnung (auf Vollkostenbasis); die flexible Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis; die flexible Plankostenrechnung auf Grenzkostenbasis.

Die Kostenplanung läuft in allen Systemen ähnlich ab, so daß zuerst ein grober Überblick gegeben werden soll. Die Einzelkosten werden je Kostenträger geplant;

multipliziert man diese stückbezogenen Einzelkosten mit den geplanten Stückzahlen, ergibt sich die Summe der Einzelkosten. Die Gemeinkosten werden in den Kostenstellen geplant, die Ausführungen zur Kostenstellenrechnung haben gezeigt, daß hierzu Bezugsgrößen, als Maßstab der Kostenstellenleistung, herangezogen werden müssen. Mit ihrer Hilfe wird die Planbeschäftigung festgelegt, die benötigt

wird, um die gesamten Plankosten in der Kostenstelle zu ermitteln. Die Bezugsgröße dient, wie bereits ausgeführt, auch als Grundlage der Kalkulation. Das Ergebnis

ist ein Kostenplan, aus dem die Plankalkulationssätze werden Den Abschluß bildet die Plankalkulation, die die gekönnen. entnommen der

Kostenstellenplanung

Das intern orientierte betriebliche

Selbstkosten

planten

Rechnungswesen

aufgrund der geplanten Einzelkosten

233

sowie den Plankalkulati-

onssätzen für die Gemeinkosten berechnet.

Ein wichtiger Zweck der Plankostenrechnung ist die Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen. Im Rahmen des Soll-Ist-Vergleichs werden den geplanten die tatsächlich realisierten Kosten gegenübergestellt, um UnWirtschaftlichkeiten im Betriebsprozeß aufzudecken. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn nicht nur eine Abweichung festgestellt wird, sondern die Ursachen für das Auftreten der Abweichung erkannt werden. Da sich die Möglichkeiten der Kostenkontrolle bei den starren gegenüber den flexiblen Plankostenrechnungen sehr unterscheiden, wird die Kostenkontrolle erst bei der Darstellung der einzelnen Systeme erläutert.

Kosten

Kverr) verrechnete Plankosten =

=

h(P) Starre

=

Plankalkulationssatz auf Vollkosten

Plar.kostenrechnung

Bei der starren Plankostenrechnung werden die Kostenvorgaben für die Kostenstellen nur für die Planbeschäftigung ermittelt. Da keine Anpassung an Beschäftigungsänderungen vorgesehen ist, werden die Kosten auch nicht in ihre variablen und fixen Bestandteile getrennt. In der Kostenstellenplanung werden Kalkulationssätze auf Basis von Vollkosten ermittelt, indem die gesamten Plankosten durch die Planbeschäftigung geteilt wird. Mit diesem Plankalkulationsatz werden

234

ö.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

die Produkte, die während der Abrechnungsperiode in der Kostenstelle bearbeitet werden, belastet. Für die Kostenkontrolle werden diese verrechneten Plankosten den realisierten Kosten gegenübergestellt, wobei die realisierten Kosten preisbereinigt sind. Wenn in den folgenden Abschnitten Istkosten erwähnt werden, sind damit die mit Planpreisen bewerteten Istmengen gemeint. Die Abbildung zeigt die mangelnde Aussagefähigkeit der Kostenkontrolle der starren Plankostenrechnung. Da eine Anpassung der Plankosten an Beschäftigungsänderungen nicht möglich ist, können keine Aussagen über die Kostenabweichung AK gemacht werden. Insbesondere ist nicht bekannt, wie sich die Kosten aufgrund der Beschäftigungsabnahme hätten entwickeln müssen. Die starre Plankostenrechnung liefert nur im Falle, daß die Plan- mit der Istbeschäftigung übereinstimmt, eine aussagefähige Gesamtabweichung. Ein weiterer Nachteil ist die Verwendung von Vollkosten für die Kalkulation und für die Unterstützung betrieblicher Entscheidungen mit ihren bekannten Gefahren. Als wichtigster Vorteil dieses Systems wird häufig darauf hingewiesen, daß überhaupt geplant und die Orientierung an der Vergangenheit aufgegeben wird. Die flexiblen Plankostenrechnungen lassen eine Anpassung an Beschäftigungsänderungen zu, da in den Kostenstellen eine Aufspaltung in fixe und variable Kosten erfolgt. Für jede Kostenstelle können die Sollkosten ermittelt werden, dies sind die Plankosten für die verschiedenen Istbeschäftigungen. Sollkosten und Plankosten entsprechen sich nur, wenn Ist- und Planbeschäftigung übereinstimmen. Wird in einer Plankostenrechnung nur eine Einflußgröße als flexibel betrachtet, dann spricht man von einer einfach flexiblen Rechnung. Die Flexibilität der Plankostenrechnung kann sich auch auf andere Einflußgrößen als die Beschäftigung beziehen, es handelt sich dann um mehrfach flexible Plankostenrechnungen; im folgenden wird nur die Einflußgröße Beschäftigung betrachtet. In der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis wird in der Kostenstelle eine Trennung in fixe und variable Kosten vorgenommen, um die Sollkosten für diese Kostenstelle zu bestimmen. Für die Kalkulation der Gemeinkosten wird jedoch ein Kalkulationssatz auf Basis der gesamten Kosten der Kostenstelle ermittelt. Die Kostenplanung in der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis entspricht bis auf die Kostenauflösung dem Vorgehen in der starren Plankostenrechnung. In der Kostenkontrolle bestehen jedoch bedeutsame Unterschiede. Für jede Kostenstelle müssen zuerst die Istkosten und die Istbeschäftigung erfaßt werden, so daß sich für jede Kostenart die Istkosten den Sollkosten gegenüberstellen lassen. Die Sollkosten einer Kostenstelle

B(0/B(P) Kv(P) Kf(P) den den Fixkosten variablen Kosten K(s)

+

=

zusammen. Der setzt sich aus und gesamten letzte Term zeigt, daß sich bei Beschäftigungsänderung die Sollkosten automatisch anpassen. Da es sich um eine Vollkostenrechnung handelt, werden die Produkte wie in der starren Plankostenrechnung während der Abrechnungsperiode mit den vollen Kosten belastet. Die verrechneten Plankosten

K(verr) h(p) ß(i) =

beruhen auf dem Plankalkulationssatz auf Vollkostenbasis. Es entsteht eine Differenz zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung, die in der Literatur als Beschäftigungsabweichung AB bezeichnet wird. Sie tritt immer dann auf, wenn Plan- und Istbeschäftigung nicht übereinstimmen, und sie zeigt an,

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

235

wieviel fixe Kosten bei Unterbeschäftigung (Überbeschäftigung) zuwenig (zuviel) auf die Kostenträger verrechnet werden. Die für die Wirtschaftlichkeitskontrolle wichtigere Abweichung ist jedoch die globale Verbrauchsabweichung av kW die aufzeigt, wie hoch die Mengenabweichung der Güterverbräuche bewertet mit Planpreisen ist. Sie kann Ausgangspunkt für weiterführende Analysen sein, um die Ursachen für die Abweichung zu ermitteln. Solche Spezialabweichungen setzen voraus, daß weitere Einflußgrößen in der Plankostenrechnung berücksichtigt werden, wie z. B. die Intensität in einer Fertigungskostenstelle. Die folgende Abbildung zeigt die dargestellten Zusammenhänge noch einmal graphisch auf. =

-

K ß(P) Ky' K^

=

Ist-Beschäftigung Plan-Beschäftigung

=

= =

Istkosten Sollkosten

Kf(P)

=

fixe Plankosten

K(P) Plankosten j^(verr) verrecnnete Plankosten h(P) Plankalkulationssatz auf Vollkosten =

_

=

Darstellung 6-26: Flexible Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis Die Beurteilung der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeitskontrolle fällt positiv aus. Es ist mit Hilfe dieser Rechnung möglich, Abweichungen zu ermitteln und auf ihre Ursachen zurückzuführen. Ein schwerwiegender Nachteil ist jedoch die Verwendung von Vollkosteninformationen für die Kalkulation und als Grundlage von Entscheidungen; insofern ist kein Fortschritt gegenüber der starren Plankostenrechnung gegeben.

236

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

Die flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis (Grenzplankostenrechnung) behebt diesen Mangel, indem sie die Kalkulationssätze in den Kostenstellen auf Basis nur der variablen Plankosten ermittelt. In der Kostenplanung besteht daher bis auf die unterschiedlichen Kalkulationssätze kein Unterschied zur flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis. Auch die Kostenkontrolle wird analog zu diesem System durchgeführt. Da in der flexiblen Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis die Produkte, die die Kostenstellen durchlaufen, nur mit den variablen Kosten belastet werden, sind die verrechneten Kosten gleich den variablen Sollkosten. Eine Beschäftigungsabweichung fällt aus diesem Grund nicht an. Bis auf diesen eher verrechnungstechnischen Unterschied bietet die flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis keine weiteren Vorteile im Rahmen der Kostenkontrolle.

Kosten

0

ßW Ist-Beschäftigung ß(P) Plan-Beschäftigung kW Istkosten k(s) Sollkosten =

=

=

=

B(i)

B(p)

Kf(P) kGO d(P)

=

=

=

Beschäftigung

fixe Plankosten

plankosten Plankalkulationssatz auf Teilkosten

Darstellung 6-27: Flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis In einer flexiblen Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis wird auf eine Propor-

der Fixkosten verzichtet, um die Fehler der Vollkostenrechnung zu vermeiden. Sie realisiert innerhalb der Systeme der Plankostenrechnungen am konsequentesten den Gedanken der Entscheidungsorientierung. Sie hat in der industri-

tionalisierung

Das intern orientierte betriebliche

eilen Praxis insbesondere in der Form der

Verbreitung gefunden.

Rechnungswesen

Grenzplankostenrechnung

237

eine weite

Fragen zur Lernkontrolle: 1.

2. 3. 4.

5. 6. 7.

8. 9. 10. 11.

12. 13. 14.

Erklären Sie die Begriffe Unternehmensrechnung und betriebliches Rechnungswesen. Nennen Sie die unternehmensinternen und unternehmensexternen Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens. Welche Interessen haben die unterschiedlichen Adressaten des betrieblichen Rechnungswesens? Grenzen Sie die Begriffe Bestandsgröße und Stromgröße gegeneinander ab, und geben Sie für beide Beispiele aus dem Bereich des betrieblichen

Rechnungswesens.

Kennzeichnen Sie die Bestandteile der externen Rechnungslegung. Was verstehen Sie unter dem Begriff Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung? Stellen Sie das zeitliche und sachliche Beziehungsgefüge zwischen der Finanzbuchhaltung, der Inventur, dem Inventar und dem Jahresabschluß dar. Erläutern Sie die Unterschiede zwischen der einfachen und der doppelten

Buchhaltung.

Worin besteht die praktische Bedeutung eines normierten Kontenrahmens? Wie sieht die Grobstruktur einer Bilanz aus? Erklären Sie die Notwendigkeit der Rechnungsabgrenzungsposten anhand eines einfachen Beispiels. Geben Sie Beispiele für unterschiedliche Bilanzarten nach den Kriterien Häufigkeit, Initiative und Bezugszeitraum der Bilanzaufstellung. Welche sieben Hauptaufgaben weist der Gesetzgeber der Handels- sowie der Steuerbilanz zu? Gliedern Sie die Ihnen bekannten Bilanzierungsgrundsätze in formelle und materielle Grundsätze, und diskutieren Sie die Zweckmäßigkeit dieser

Einteilung.

15. Erläutern Sie die Begriffe Bilanzierungspflicht, Bilanzierungswahlrecht und Bilanzierungsverbot. 16. Was besagen Realisations-, Niederstwert-, Höchstwert- und Impari-

tätsprinzip? Vergleichen Sie den Informationsgehalt von Bilanz einerseits und Gewinn- und Verlustrechnung andererseits. 18. Wozu dienen der Anhang und der Lagebericht als Bestandteil bzw. als Ergänzung des Jahresabschlusses? 19. Nennen Sie die Aufgaben der Kostenrechnung, der Erlösrechnung und der kurzfristigen Erfolgsrechnung als den drei Hauptkomponenten des internen betrieblichen Rechnungswesens. 20. Definieren Sie den Begriff Wirtschaftlichkeit. 21. Verdeutlichen Sie die unterschiedliche Zielsetzung der kurzfristigen Erfolgsrechnung im Vergleich zur Gewinn- und Verlustrechnung. 17.

238

6.Teil: Das betriebliche

Rechnungswesen

22. Erläutern Sie die drei Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs, und grenzen Sie die Begriffe Aufwand und Kosten gegeneinander ab. 23. Was ist hinsichtlich ihrer Erfassung der Unterschied zwischen Grundkosten und kalkulatorischen Kosten? 24. Definieren Sie die Begriffe betriebsfremder Aufwand, periodenfremder Aufwand und außerordentlicher Aufwand als die drei Arten des neutralen Aufwandes. 25. Grenzen Sie den Ertrag vom Erlös ab, und erläutern Sie den Begriff der kalkulatorischen Erlöse. 26. Was verstehen Sie unter einem Kostenrechnungsystem? 27. Nennen und erläutern Sie kurz die drei Stufen der traditionellen Kostenrechnung. Wie lauten die Fragestellungen in den einzelnen Stufen? 28. Welche Möglichkeiten kennen Sie, die Kosten einzuteilen? 29. Welche Informationen benötigt man, um die Abschreibungsraten zu ermitteln? 30. Erläutern Sie die Begriffe Haupt- und Hilfskostenstelle. 31. Welche Aufgaben hat der Betriebsabrechnungsbogen zu erfüllen? 32. Kennzeichnen sie die verschiedenen Verfahren der innerbetrieblichen

Leistungsverrechnung.

33. Welche Aufgaben werden mit der Kalkulation verfolgt, und welche Verfahren sind hierfür entwickelt worden? 34. Beschreiben sie das Grundschema einer differenzierenden Zuschlagskalkulation. 35. Erläutern Sie an selbstgewählten Beispielen das Zurechnungsproblem in der Erlösträgerrechnung. 36. Kennzeichnen Sie die Vor- und Nachteile des Umsatz- und des Gesamtkostenverfahrens auf Vollkostenbasis als Erfolgsanalyseverfahren. 37. Wie errechnet sich der Periodengewinn beim einfachen Direct Costing? 38. Erläutern Sie die Vorgehensweise bei der mehrstufigen Fixkostendek-

kungsrechnung.

39. Beschreiben Sie die grundlegende Idee der Riebeischen relativen Einzelkosten und Deckungssbeiträgen. 40. Nennen sie die drei Formen der Plankostenrechnung, und ren wesentliche Unterschiede bei der Kostenkontrolle auf?

Rechnung zeigen

mit

Sie de-

Literaturhinweise zum 6. Teil:

Coenenberg, Adolf G., Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 15. Aufl., Landsberg a. L., 1994 Dellmann, Klaus, Kosten- und Leistungsrechnungen, in: M. Bitz u.a. (Hrsg.), Vahlens

Kompendium

der

Betriebswirtschaftslehre, Band 1,

4.

Aufl., München,

1998, S. 587-676

Diederich, Helmut, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart, Berlin,

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Haberstock, Lothar, Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, 3. Aufl., Mün-

chen, 1982

Kilger, Wolfgang, Einführung in die Kostenrechnung, 3. Aufl., Wiesbaden,

1987

Das intern orientierte betriebliche

Rechnungswesen

239

Kloock, Josef/Sieben, Günter/Schildbach, Thomas, Kosten- und Leistungsrechnung, 8. Aufl., Düsseldorf, 1999 Leffson, Ulrich, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl., Düssel-

dorf, 1987

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Schierenbeck, Henner, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 13. Aufl., München, Wien, 1998 Weber, Helmut Kurt, Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen: Band 1: Bilanz und Erfolgsrechnung, 4. Aufl., München, 1993 Wilkens, Klaus, Kosten- und Leistungsrechnung, 8. Aufl., München, Wien, 1997 Wöhe, Günter, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., München, 1996

7. Teil: Die Besteuerung des Unternehmens 1.

Vorbemerkung

Jedes Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland hat von einigen Ausnahmen aufgrund besonderer Tatbestände abgesehen Steuern an den Staat zu entrichten. Die Höhe der zu zahlenden Steuern hängt von der steuerlichen Leistungsfähigkeit ab, wobei als wichtigste Indikatoren steuerlicher Leistungsfähigkeit Einkommen, Konsum und Vermögen des Steuerpflichtigen gelten (Wagner). Für den Betrieb bedeutet die Verpflichtung zur Steuerzahlung den Abfluß von Zahlungsmitteln, die deswegen nicht für andere betriebliche oder private Zwecke verwendet werden können und die auch den Eigentümern des Betriebes nicht zur Verfügung stehen. Es läßt sich nicht von vornherein ausschließen, daß betriebliche Entscheidungen die Höhe der vom Betrieb zu zahlenden Steuern beeinflussen, und diese zentrale Problematik läßt die Frage entstehen, inwieweit die Besteuerung des Unternehmens in eine Darstellung der Betriebswirtschaftslehre einbezogen werden sollte (Wagner). Ein Blick in die einschlägige Literatur zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zeigt, daß diese Frage von Ausnahmen abgesehen verneint wird, zumindest was eine geschlossene betriebswirtschaftliche Theorie der Elemente der Besteuerung des Unternehmens angeht. Andererseits werden Fragen der Besteuerung durchweg

angesprochen, wenn es um die Behandlung spezieller Teilfragen im Rahmen der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, beispielsweise solche im Zusammenhang mit der Wahl der Rechtsform des Betriebes oder der betrieblichen Standortwahl geht. In diesem Lehrbuch wird die oben schon angedeutete Auffassung vertreten, daß die Tatsache der Verpflichtung zur Zahlung von Steuern betriebswirtschaftlich die Konsequenz des Abflusses von Zahlungsmitteln hat, die dadurch anderen Verwendungsrichtungen des Betriebes und seiner Eigentümer entzogen werden, und Steuerzahlungen daher wie alle anderen Auszahlungen auch Gegenstand allgemeiner betriebswirtschaftlicher Betrachtungen sein sollten. Die Betriebe der heutigen Zeit leben nicht in einem steuerlosen System, und eine Vernachlässigung der Besteuerung des Unternehmens würde eine Betriebswirtschaftslehre entstehen

einen wesentlichen Betracht läßt.

praktischen Aspekt

dieser wissenschaftlichen

lassen, die

Disziplin

außer

2. Die wichtigsten deutschen Steuerarten Die etwa 50 Einzel-Steuerarten des gegenwärtigen Steuerrechts der Bundesrepublik Deutschland können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. Zunächst lassen sich direkte von indirekten Steuern unterscheiden. Direkte Steuern sind solche Steuern, die vom jeweiligen Steuerpflichtigen bei Vorliegen des entsprechenden Steuertatbestandes direkt an die zuständige Finanzverwaltung als den Steuergläubiger zu entrichten sind. Bei indirekten Steuern handelt es sich dagegen um solche, die vom Steuerpflichtigen nur indirekt in Verbindung mit anderen wirt-

242

7. Teil: Die

Besteuerung des Unternehmens

schaftlichen Handlungen über Zahlungen an andere Wirtschaftseinheiten, nicht aber in Form direkter Zahlungen an den Fiskus als Steuergläubiger entrichtet werden. Weiterhin kann zwischen Personensteuern (Subjektsteuern) und Sachsteuern (Objektsteuern, Realsteuern) unterschieden werden. Innerhalb der Personensteuern sind insbesondere die Einkommensteuer, die einschließlich der Kirchensteuer von natürlichen Personen erhoben wird, die von juristischen Personen zu zahlende Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer von Bedeutung. (Die Lohnsteuer, die grundsätzlich auf alle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erhoben wird, bildet keine eigene Steuerart, sondern lediglich eine besondere Erhebungsform den Einkommensteuer, die Lohnsteuer wird vom Arbeitgeber von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einbehalten und an die Finanzverwaltung als den Gläubiger der Lohnsteuerschuld abgeführt.) Die in erster Linie zu erwähnenden Steuerarten im Bereich der Sachsteuern werden von der Gewerbesteuer, der Kfz-Steuer und der Grundsteuer gebildet. Diese Steuerarten tragen die Bezeichnung Sachsteuern, weil die Verpflichtung zur Steuerzahlung nicht an eine Person, sondern an den stehenden Gewerbebetrieb, das zugelassene Kraftfahrzeug bzw. an den Grundbesitz, also an Sachen geknüpft ist. Steueraufkommen 1997 davon direkte Steuern Lohnsteuer E inkommensteuer

Körperschaftsteuer Gewerbesteuer

Kapitalertragsteuer Kfz-Steuer Grundsteuer Zölle Grunderwerbsteuer Erbschaftsteuer

Solidaritätszuschlag sonstige ca._

in Mrd. DM

in % der direkten Steuern

in % des gesamten Steueraufkommens

298,4 6,5 35,6 48,6 29,1 14,4 15,2 6,9

61,2 1,3 7,3 10,0 6,0 3,0

35,3 0,8 4,2

1,4

1,7 1,8 0,8

0.3

0.1

0.0

4,1 25,9 2,9 487,9

0,8

0,5 3,1 0,3 57,8

Darstellung 7-1: Aufkommen an direkten Steuern

5,8 3,4

3,1

5.3

0,6 100,0 in der

Bundesrepublik Deutschland

Eine weitere mögliche Unterscheidung innerhalb der Steuern ist die in Verkehrsteuern und Verbrauchsteuern, je nachdem ob die Verpflichtung zur Steuerzahlung aus einem bestimmten Wirtschaftsverkehr oder aus dem Verbrauch bestimmter Wirtschaftsgüter entsteht. Innerhalb der Verkehrsteuern kommt der Umsatzsteuer als „genereller Verkehrsteuer" die größte Bedeutung zu, die allerdings den Verbrauchsteuern nahesteht. Als weitere wichtige Verkehrsteuern sind die Grunderwerbsteuer, die Versicherungsteuer, die Feuerschutzsteuer und die Rennwett- und Lotteriesteuer zu nennen. Die Verbrauchsteuern nehmen Bezug auf die steuerliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung von Einkommen für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt. Unter den Verbrauchsteuern sind vor

243

Allgemeine Kennzeichnung der Besteuerung

allem die Mineralölsteuer, die Tabaksteuer, die Branntweinsteuer, die Kaffeezu erwähnen.

steuer und die Biersteuer Steueraufkommen 1997 davon indirekte Steuern Umsatzsteuer

Mineralölsteuer Tabaksteuer

Versicherungsteuer Branntweinsteuer Rennwett- und Lotteriesteuer Kaffeesteuer Biersteuer Schaumweinsteuer Feuerschutzsteuer

sonstige ca.

in Mrd. DM

in % der indirekten Steuern

in % des gesamten Steueraufkommens

240,9 66,0 21,2 14,1 4,6

67,6 18,5 5,9 4,0

28,5 7,8

2.9 2.2 1.7 1.1 0.7

0.8 0.6 0.5

1,0

0.3

0.1 0.1

356,4

100,0

42,2

Darstellung 7-2: Aufkommen an indirekten Steuern

3.

1.3

0.3

0,2

in der

2,5 1.7 0.5 0.3 0.3

0,2 0,1

Bundesrepublik Deutschland

Allgemeine Kennzeichnung der Besteuerung

Jede Steuer beruht auf Rechtsgrundlagen, so beispielsweise die Einkommensteuer auf dem Einkommensteuergesetz, die Körperschaftsteuer auf dem Körperschaftsteuergesetz usw. Zu den Rechtsgrundlagen einer Steuer gehören also einerseits Steuergesetze, andererseits die entsprechenden Durchführungsverordnungen. Durchführungsverordnungen sind Erlasse der Bundesregierung, die die Steuergesetze ergänzen. Sie sind für die Rechtsprechung der Finanzgerichte ebenso verbindlich wie die Steuergesetze selbst. Dagegen verkörpern Steuerrichtlinien Verwaltungsanweisungen des Bundesministers der Finanzen an untergeordnete Finanzbehörden, sie stellen für Steuerpflichtige und Finanzgerichte keine verbindlichen Rechtsnormen dar. In jedem Steuergesetz müssen Bestimmungen enthalten sein über 1. das Steuersubjekt, d. h. über den Steuerschuldner; 2. das Steuerobjekt, d. h. über die Gegebenheit, die als Voraussetzung für das Entstehen der Verpflichtung zur Steuerzahlung erfüllt sein muß, beispielsweise das Betreiben eines Gewerbebetriebes als Steuerobjekt der Gewerbeertrag und der Gewerbekapitalsteuer, das Halten eines Kraftfahrzeuges als Steuerobjekt der Kraftfahrzeugsteuer usw.; 3. die Bemessungsgrundlage, d. h. über die Quantifizierung des Steuerob-

jektes;

den Steuertarif, d. h. über den Steuersatz, der auf die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Steuer anzuwenden ist. Mit den Rechtsgrundlagen in Form von Steuergesetzen und den zugehörigen Durchführungsverordnungen sowie Steuerrichtlinien und den vier genannten in den 4.

244

7. Teil: Die

Besteuerung des Unternehmens

Steuergesetzen enthaltenen Bestimmungen kann die Besteuerung bezüglich jeder einzelnen Steuerart gekennzeichnet werden. Neben den genannten Bestimmungen enthalten Steuergesetze noch weitere Regelungen wie etwa hinsichtlich des Zeitpunktes der Steuerzahlung oder den konkreten Empfänger der jeweiligen Steuerzahlung. Auf die damit in Verbindung stehenden betriebswirtschaftlichen Probleme wird jedoch im Rahmen des vorliegenden Lehrbuches nicht eingegangen. 4. Einzelne Steuerarten 41. Einkommensteuer

der Einkommensteuer (ESt) sind das Einkommensteuergesetz (EStG 1990) in der Fassung vom 7. September 1990 sowie die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in der Fassung vom 28. Juli 1992

Rechtsgrundlagen 1990

und die Einkommensteuer-Richtlinien. Der Einkommensteuer unterliegen als Steuersubjekte alle natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit ihrem gesamten zu versteuernden Einkommen (§ 1 EStG). Gegenüber dieser unbeschränkten Einkommensteuerpflicht besteht eine beschränkte Einkommensteuerpflicht für solche natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, und zwar bezüglich ihrer inländischen Einkünfte, soweit nicht ein von der Bundesrepublik Deutschland geschlossenes Doppelbesteuerungsabkommen eine andere Regelung vorsieht. Steuerobjekt, also Gegenstand der Einkommensteuer ist das Einkommen der natürlichen Personen. Dieses setzt sich aus sieben Einkunftsarten zusammen. Bei diesen handelt es sich um 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft, Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte.

Die Einkunftsarten 1. bis 3. werden als Gewinneinkunftsarten bezeichnet, während es sich bei den Einkunftsarten 4. bis 7. um Überschußeinkunftsarten handelt. Im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre sind vor allem die Gewinneinkunftsarten von Bedeutung. Zur Ermittlung der Gewinneinkünfte sind im Einkommensteuergesetz verschiedene Vorgehensweisen zugelassen. Unter ihnen ist der Betriebsvermögensvergleich, der im allgemeinen in Gewerbebetrieben Anwendung findet, besonders wichtig. Die Ermittlung der Gewinneinkünfte mit Hilfe eines Betriebsvermögensvergleiches setzt voraus, daß der Steuerpflichtige jährlich eine Steuerbilanz aufstellt, um so die jährlichen Veränderungen des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Reinvermögens zu ermitteln.

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Einzelne Steuerarten

Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen. Dieses zu versteuernde Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes ergibt sich zunächst als die Summe aus den sieben Einkunftsarten. Davon sind eine Vielzahl von Posten abzuziehen und einige wenige Posten hinzuzufügen. Diese Posten werden hier nicht im einzelnen angegeben, da ständige Gesetzesänderungen dafür sorgen, daß das Berechnungsschema für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens kaum jemals länger als ein Jahr unverändert bleibt. Auf das zu versteuernde Einkommen ist ein progressiver Einkommensteuertarif anzuwenden, der von einer bestimmten Höhe des zu versteuernden Einkommens an durch einen konstant bleibenden Höchststeuersatz, davor durch einen steigenden Grenzsteuersatz gekennzeichnet ist. Der Eingangsteuersatz betrug im Jahr 1999

%

53,0-

33,5-

25,9-

T-1

12096 zu

120042 55728 versteuerndes Einkommen (Grundtarif)

DM

Darstellung 7-3: Grenzsteuerbelastung der Einkommensteuer nach dem Grundtarif (Stand 1998)

246

7. Teil: Die

Besteuerung des Unternehmens

(2000) 23,9% (22,9%). Ab dem Jahr 2002 beträgt er 19,9% (Stand 1999). Der betrug im Jahr 1999 (2000) 53% (51%). Ab dem Jahr 2002 beträgt er 48,5% (Stand 1999). Der Grundfreibetrag stellt das steuerfreie Existenzminimum jeder einkommensteuerpflichtigen Person dar. Dieser Grundfreibetrag betrug im Jahr 1999 (2000) 12.095,- DM (13.499,- DM). Ab dem Jahr 2002 beträgt er 14.093,- DM (Stand 1999). Nach dem deutschen Einkommensteuergesetz können vier Tarifzonen in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen unterschieHöchststeuersatz

den werden: Nullzone: Einkommen

Grundfreibetrag Progressionszone: Grundfreibetrag < Einkommen < Ende der unteren Progressionszone obere Progressionszone: Ende der unteren Progressionszone < Einkommen < Ende der oberen Progres