Übersetzung und Leser: Untersuchungen zur Übersetzungäquivalenz dargestellt an der Rezeption von Multatulis "Max Havelaar" und seinen deutschen Übersetzungen 9783110853087, 9783110124705


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German Pages 571 [572] Year 1991

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Table of contents :
1. Einleitung
1.1. Wissenschaftliches Interesse für die Übersetzung
1.2. Die Bedeutung der Rezeptionsforschung für übersetzungstheoretische Fragestellungen
1.3. Begründung der Auswahl des Max Havelaar als Grundlage empirischer Untersuchungen
1.4. Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit
2. Die Übersetzung als Forschungsgegenstand
2.1. Übersetzungsbegriffe
2.2. Literaturwissenschaftliche Fragestellungen
2.3. Sprachwissenschaftliche Fragestellungen
2.4. Folgerungen
3. Kommunikative Merkmale der Übersetzung
3.1. Die Forderung nach einer theoretischen Basis
3.2. Die Übersetzung als Kommunikationsprozess
3.3. Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen
3.4. Folgerungen
4. Die vergleichende Beschreibung von ausgangssprachlichen und entsprechenden zielsprachlichen Kommunikatbasen
4.1. Mikro-, Makro- und Meta-Ebene
4.2. Die mikrostrukturelle Beschreibung
4.3. Die makrostrukturelle Beschreibung
4.4. Die metatextuelle Beschreibung
4.5. Folgerungen
5. Übersetzungsäquivalenz und Rezeption
5.1. Der Status des Äquivalenzbegriffes
5.2. Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz
5.3. Folgerungen
6. Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen
6.1. Begründung der Textauswahl
6.2. Mikrostrukturelle Beschreibungen
6.3. Makrostrukturelle Beschreibungen
6.4. Metatextuelle Beschreibungen
6.5. Folgerungen
7. Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption
7.1. Allgemeine Angaben zu den Probanden
7.2. Einführung
7.3. ’Verfremdung’ versus ’Angleichung’ in Übersetzungen
7.4. ’Verfremdung’ versus ’Angleichung’ im Original und seinen Übersetzungen
7.5. ’Veraltet’ versus ’modernisiert’ bei neutraler Typographie
7.6. ’Veraltet’ versus ’modernisiert’ bei nicht-neutraler Typographie
7.7. Folgerungen
8. Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption
8.1. Einführung
8.2. Zielsprachliche Charakterprofile eines Antagonisten
8.3. Ausgangssprachliche versus zielsprachliche Charakterprofile eines Antagonisten
8.4. Sprechende Namen in Original und Übersetzung
8.5. Ausgangssprachliche versus zielsprachliche Charakterprofile eines Protagonisten
8.6. Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen
8.7. Unterschiedliche ästhetische Strukturierungen der Erzählung
8.8. Verschiebungen in der ästhetischen Struktur und Lesererwartungen bzw. -bewertungen
8.9. Folgerungen
9. Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption
9.1. Einführung
9.2. Bezeichnung des Textes als Übersetzung
9.3. Erläuterungen zum Verfasser
9.4. Anmerkungen des Übersetzers
9.5. Folgerungen
10. Schluss
Beilage 1: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1889
Beilage 2: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1952
Beilage 3: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1900
Beilage 4: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1903
Beilage 5: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1927
Beilage 6: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1972
Beilage 7: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Derossis Übersetzung
Beilage 8: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Spohrs Übersetzung
Beilage 9: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Mischkes Übersetzung
Beilage 10: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Seligers Übersetzung
Beilage 11: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Lorebachs Übersetzung
Beilage 12: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Stücks Übersetzung
Beilage 13: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.3. und 7.4
Beilage 14: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.5. und 7.6
Beilage 15: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.2. und 8.3
Beilage 16: Statistische Angaben zu Untersuchung 8.4
Beilage 17: Statistische Angaben zu Untersuchung 8.5
Beilage 18: Statistische Angaben zu Untersuchung 8.6
Beilage 19: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.7. und 8.8
Beilage 20: Statistische Angaben zu Untersuchung 9.2
Beilage 21: Statistische Angaben zu Untersuchung 9.3
Beilage 22: Statistische Angaben zu Untersuchung 9.4
Literaturverzeichnis
1. Primäre Quellen
2. Sekundäre Quellen
Autorenregister
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Übersetzung und Leser: Untersuchungen zur Übersetzungäquivalenz dargestellt an der Rezeption von Multatulis "Max Havelaar" und seinen deutschen Übersetzungen
 9783110853087, 9783110124705

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Jelle Stegeman Übersetzung und Leser

W G DE

Studia Linguistica Germanica

Herausgegeben von

Stefan Sonderegger

30

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1991

Jelle Stegeman

•· _ Ubersetzung und __Leser Untersuchungen zur Ubersetzungsäquivalenz dargestellt an der Rezeption von Multatulis „Max Havelaar" und seinen deutschen Ubersetzungen

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1991

Die Deutsche Bibliothek — CI

Ρ-Einheitsaufnahme

Stegeman, Jelle: Übersetzung und Leser : Untersuchungen zur Übersetzungsäquivalenz, dargestellt an der Rezeption von Multatulis „Max Havelaar" und seinen deutschen Übersetzungen / Jelle Stegeman. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1991 (Studia linguistica Germanica ; 30) Zugl.: Zürich, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-11-012470-X NE: GT

© Copyright 1991 by Walter de Gruyter & Co., 1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Voor hen die mij dierbaar

VORWORT

Die Veröffentlichung der vorliegenden A r b e i t bietet mir Gelegenheit, jenen Freunden, Kollegen und Fachgenossen zu danken, die mir geholfen haben, den Menschen im Übersetzungsprozess zu entdecken. Für seine unermüdliche Unterstützung, f ü r seine vielen Anregungen und wertvollen Hinweise bin ich Prof. Dr. Dr. h.c. et h.c. Stefan Sonderegger von Herzen dankbar. Sein Interesse und seine Anteilnahme am Werden dieser Arbeit haben mir immer wieder gezeigt, wie sehr es zur Grundhaltung eines Forschers zählt, sich f ü r sein Fach zu begeistern und einen offenen Blick f ü r neue Forschungsperspektiven zu besitzen. Prof. Dr. Henri Schoenmakers' Dissertation, welche die Frage beantwortet, wie sich im T h e a t e r der siebte Himmel besuchen lässt, öffnete mir die Augen für die systematische Erforschung kommunikativer Handlungen. Unsere zahllosen gemeinsamen Fachdiskussionen haben meine Untersuchungen zur Rezeption ursprünglicher Texte und ihrer Übersetzungen mitgeprägt. Ihm und drs. M a r j o Leupers sei nochmals gedankt f ü r ihre grosszügige G a s t f r e u n d s c h a f t in den Niederlanden, die meine Arbeit wesentlich erleichterte. Dass die Auswertung der statistischen Daten meiner Untersuchungen nicht nur rasch vor sich ging und mir Vergnügen bereitete, sondern auch zu anregenden Diskussionen f ü h r t e , habe ich dem Arbeitskreis i empirici u n t e r der Leitung von drs. J a n de Vries und unter Mitarbeit von Prof. Dr. Henri Schoenmakers, drs. Rita V e r m e u l e n sowie Marleen Pol zu verdanken. Bei der Durchführung der empirischen Untersuchungen konnte ich regelmässig auf die Mithilfe meiner Kollegen des Deutschen Seminars der Universität Zürich, der Dolmetscher- und Übersetzungsschule Zürich, der Vrije Universiteit van Amsterdam sowie der Rijksuniversiteit Utrecht zählen. Namentlich Dr. Hilke Möller, lie. phil. Hans-Peter Schifferle, Dr. Dirk Hendrik Schräm, Prof. Dr. Alexander Schwarz, DiplomÜbersetzer Kurt Schwöb, Prof. Dr. Dr. h.c. et h.c. Stefan Sonderegger

VIII

Vorwort

und Prof. Dr. Hans Wysling danke ich für ihre Mitarbeit; ihren Studenten gebührt Dank f ü r das Ausfüllen der Fragebogen. Dr. H e r b e r t Sommerlatte und Helga Odermatt-Keinert bin ich verbunden f ü r ihre freundschaftliche Unterstützung und die sprachliche Bereinigung des Manuskriptes. Denen, die mir dierbaar sind, meiner Mutter, meinen weiteren Verwandten und Freunden sowie Jim, bin ich für ihr Verständnis und ihre Geduld während meiner Arbeit an dieser Monographie dankbar. Schliesslich sei erwähnt, dass Ausdrücke wie 'der Leser' oder 'der Übersetzer' - heute gelegentlich missverstanden - im folgenden kategor i a l ' d i e Person, die liest' b z w . ' d i e Person, die übersetzt' bezeichnen. Das Manuskript habe ich Anfang 1989 abgeschlossen. Später erschienene Veröffentlichungen konnte ich somit nicht mehr berücksichtigen. Zürich, im Frühling 1991 Deutsches Seminar der Universität

Jelle Stegeman

INHALT

1. Einleitung 1.1. Wissenschaftliches Interesse für die Übersetzung 1.2. Die Bedeutung der Rezeptionsforschung für übersetzungstheoretische Fragestellungen 1.3. Begründung der Auswahl des Max Havelaar als Grundlage empirischer Untersuchungen 1.4. Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit 2. Die Übersetzung als Forschungsgegenstand 2.1. Übersetzungsbegriffe 2.2. Literaturwissenschaftliche Fragestellungen 2.2.1. Theoretische Fragen 2.2.2. Historische Aspekte 2.3. Sprachwissenschaftliche Fragestellungen 2.3.1. Die Übersetzung als Prozess 2.3.2. Die Übersetzung als Produkt 2.4. Folgerungen 3. Kommunikative Merkmale der Übersetzung 3.1. Die Forderung nach einer theoretischen Basis 3.2. Die Übersetzung als Kommunikationsprozess 3.2.1. Voraussetzungssysteme der Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses 3.2.2 Kommunikationsstrategien der Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses 3.2.3. Kommunikatbasen der Übersetzung 3.2.4. Übersetzungsspezifische Kommunikate 3.2.5. Übersetzungsspezifische Produktionshandlung 3.2.6. Übersetzungsspezifische Verarbeitungshandlung 3.2.7. Übersetzungsspezifische Vermittlungshandlung 3.2.8. Übersetzungsspezifische Rezeptionshandlung

1 1 2 3 5 9 9 15 16 17 19 21 28 29 31 31 34 37 40 43 46 50 51 55 56

χ

Inhalt

3.2.9. Systeme von übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen 3.3. Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen 3.3.1. Übersetzungsspezifische literarische Verarbeitungshandlung 3.3.2. Literarische Kommunikatbasen der Übersetzung 3.3.3. Übersetzungsspezifische literarische Vermittlungshandlung 3.3.4. Übersetzungsspezifische literarische Rezeptionshandlung 3.3.5. Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Kommunikationshandlungen 3.3.6. Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Massenkommunikationshandlungen 3.4. Folgerungen 4. Die vergleichende Beschreibung von ausgangssprachlichen und entsprechenden zielsprachlichen Kommunikatbasen 4.1. Mikro-, Makro- und Meta-Ebene 4.2. Die mikrostrukturelle Beschreibung 4.2.1. Das Transem 4.2.2. Das Architransem 4.2.3. Modulation, Modifikation, Mutation 4.2.4. Die Kategorien 'Verallgemeinerung' und 'Spezifizierung' 4.2.5. Die Subkategorien 'Verfremdung' und 'Angleichung' 4.3. Die makrostrukturelle Beschreibung 4.3.1. Einleitende Texte 4.3.2. Anmerkungen des Verfassers 4.3.3. Elemente, Erzählstruktur, Aspekte 4.4. Die metatextuelle Beschreibung 4.4.1. Anmerkungen und sonstige Texte des Übersetzers 4.4.2. Unterschätzung und Überschätzung des zielsprachlichen Lesers 4.5. Folgerungen

58 59 68 69 70 72 73 74 75 79 79 80 80 86 88 90 92 96 100 101 101 102 102 103 104

Inhalt

5. Übersetzungsäquivalenz und Rezeption 5.1. Der Status des Äquivalenzbegriffes 5.1.1. Auffassungen zum Äquivalenzbegriff 5.1.2. Übersetzungsäquivalenz als kommunikationstheoretischer Begriff 5.2. Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz 5.2.1. Strategien und Rezeption 5.2.2. Voraussetzungssysteme und Rezeption 5.2.3. Kommunikatbasen und Rezeption 5.3. Folgerungen 6. Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen 6.1. Begründung der Textauswahl 6.2. Mikrostrukturelle Beschreibungen 6.2.1. Transeminventar der Ansprache an die Oberhäupter 6.2.2. Verfremdung und Angleichung in den Übersetzungen von Havelaars Ansprache an die Oberhäupter 6.3. Makrostrukturelle Beschreibungen 6.3.1. Titel 6.3.2. Einleitende Texte 6.3.3. Bezeichnung der Kapitel 6.3.4. Anmerkungen des Verfassers 6.3.5. Ästhetische Strukturierung 6.4. Metatextuelle Beschreibungen 6.4.1. Der Vermerk 'Übersetzung' 6.4.2. Texte von Vermittlern und Verarbeitern 6.4.3. Anmerkungen des Übersetzers 6.5. Folgerungen 7. Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption 7.1. Allgemeine Angaben zu den Probanden 7.2. Einführung 7.3. 'Verfremdung' versus 'Angleichung' in Übersetzungen 7.3.1. Fragestellung 7.3.2. Hypothese 7.3.3. Versuchsanordnung 7.3.4. Interpretation der Ergebnisse

XI 105 105 106 112 114 115 120 121 125 127 127 131 131

143 146 147 148 149 150 151 154 154 155 157 157 159 159 161 161 161 162 162 166

XII

Inhalt

7.4. 'Verfremdung' versus 'Angleichung' im Original und seinen Übersetzungen 7.4.1. Fragestellung 7.4.2. Hypothese 7.4.3. Versuchsanordnung 7.4.4. Interpretation der Ergebnisse 7.5. 'Veraltet' versus 'modernisiert' bei neutraler Typographie 7.5.1. Fragestellung 7.5.2. Hypothese 7.5.3. Versuchsanordnung 7.5.4. Interpretation der Ergebnisse 7.6. 'Veraltet'versus 'modernisiert' bei nicht-neutraler Typographie 7.6.1. Fragestellung 7.6.2. Hypothese 7.6.3. Versuchsanordnung 7.6.4. Interpretation der Ergebnisse 7.7. Folgerungen 8. Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption 8.1. Einführung 8.2. Zielsprachliche Charakterprofile eines Antagonisten 8.2.1. Fragestellung 8.2.2. Hypothese 8.2.3. Versuchsanordnung 8.2.4. Interpretation der Ergebnisse 8.3. Ausgangssprachliche versus zielsprachliche Charakterprofile eines Antagonisten 8.3.1. Fragestellung 8.3.2. Versuchsanordnung 8.3.3. Interpretation der Ergebnisse 8.4. Sprechende Namen in Original und Übersetzung 8.4.1. Fragestellung 8.4.2. Hypothese 8.4.3. Versuchsanordnung des ersten Teils der Untersuchung 8.4.4. Interpretation der ersten Ergebnisse

166 166 167 167 169 169 169 171 171 175 176 176 176 177 181 182 185 185 186 186 187 187 206 206 206 206 215 217 217 218 218 224

Inhalt

XIII

8.4.5 Hypothesen 8.4.6. Versuchsanordnung des zweiten Teils der Untersuchung 8.4.7. Interpretation sämtlicher Ergebnisse 8.5. Ausgangssprachliche versus zielsprachliche Charakterprofile eines Protagonisten 8.5.1. Fragestellung 8.5.2. Hypothese 8.5.3. Versuchsanordnung des ersten Teils der Untersuchung 8.5.4. Interpretation der ersten Ergebnisse 8.5.5. Versuchsanordnung des zweiten Teils der Untersuchung 8.5.6. Interpretation sämtlicher Ergebnisse 8.6. Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen 8.6.1. Fragestellung im Hinblick auf Lesererwartungen bezüglich der Gattung 8.6.2. Hypothese 8.6.3. Versuchsanordnung 8.6.4. Interpretation der Ergebnisse 8.6.5. Fragestellung im Hinblick auf Lesererwartungen bezüglich der Textmerkmale 8.6.6. Hypothesen 8.6.7. Versuchsanordnung 8.6.8. Interpretation der Ergebnisse 8.7. Unterschiedliche ästhetische Strukturierungen der Erzählung 8.7.1. Fragestellung im Hinblick auf unterschiedliche Schlussteile 8.7.2. Hypothese zur Bewertung des Schlussteils 8.7.3. Versuchsanordnung 8.7.4. Interpretation der Ergebnisse 8.7.5. Fragestellung im Hinblick auf unterschiedliche Schlussteile und Gesamtbewertung 8.7.6. Hypothese im Hinblick auf 'Überraschung' und Gesamtbewertung 8.7.7. Versuchsanordnung

225 225 225 226 226 227 227 243 244 251 252 252 253 254 257 259 260 260 261 262 262 262 262 271 272 272 272

XIV

Inhalt

8.7.8. Interpretation der Ergebnisse 8.8. Verschiebungen in der ästhetischen Struktur und Lesererwartungen bzw. -bewertungen 8.8.1. Fragestellung 8.8.2. Hypothesen 8.8.3. Versuchsanordnung 8.8.4. Interpretation der Ergebnisse 8.9. Folgerungen 9. Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption 9.1. Einführung 9.2. Bezeichnung des Textes als Übersetzung 9.2.1. Fragestellung 9.2.2. Hypothese 9.2.3. Versuchsanordnung 9.2.4. Interpretation der Ergebnisse 9.3. Erläuterungen zum Verfasser 9.3.1. Fragestellung 9.3.2. Versuchsanordnung der Pilot-Untersuchung 9.3.3. Interpretation der Ergebnisse der Pilot-Untersuchung 9.3.4. Hypothese 9.3.5. Versuchsanordnung 9.3.6. Interpretation der Ergebnisse 9.4. Anmerkungen des Übersetzers 9.4.1. Fragestellung 9.4.2. Hypothesen 9.4.3. Versuchsanordnung 9.4.4. Interpretation der Ergebnisse 9.5. Folgerungen 10. Schluss Beilage 1: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1889 Beilage 2: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1952 Beilage 3: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1900

273 273 273 274 274 279 280 283 283 284 284 284 284 288 289 289 290 294 295 295 296 298 298 298 299 305 308 309 323 347 375

Inhalt

Beilage 4: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1903 Beilage 5: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1927 Beilage 6: Verfremdung und Angleichung in Multatuli 1972 Beilage 7: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Derossis Übersetzung Beilage 8: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Spohrs Übersetzung Beilage 9: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Mischkes Übersetzung Beilage 10: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Seligers Übersetzung Beilage 11: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Lorebachs Übersetzung Beilage 12: Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Stücks Übersetzung Beilage 13: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.3. und 7.4. Beilage 14: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.5. und 7.6. Beilage 15: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.2. und 8.3. Beilage 16: Statistische Angaben zu Untersuchung 8.4. Beilage 17: Statistische Angaben zu Untersuchung 8.5. Beilage 18: Statistische Angaben zu Untersuchung 8.6. Beilage 19: Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.7. und 8.8. Beilage 20: Statistische Angaben zu Untersuchung 9.2. Beilage 21: Statistische Angaben zu Untersuchung 9.3. Beilage 22: Statistische Angaben zu Untersuchung 9.4. Literaturverzeichnis 1. Primäre Quellen 2. Sekundäre Quellen Autorenregister

XV

399 419 441 459 467 473 479 485 495 503 505 509 513 515 521 523 527 529 533 535 538 553

Misschien is niets geheel waar, en zelfs dät niet. Multatuli,

V.W.

dl. 2, p.

311

1. EINLEITUNG

1.1. Wissenschaftliches Interesse für die Übersetzung

In jüngster Zeit zeigt sich ein zunehmendes wissenschaftliches Interesse sowohl für die Übersetzung als auch das Übersetzen, beides Phänomene, welche die Menschheit schon beschäftigten, als sie anfing, die babylonische Sprachverwirrung zu mythologisieren. Noch im vergangenen Jahrhundert beschränkte sich die Diskussion zur Übersetzungsproblematik hauptsächlich auf die normativen Forderungen, die der Übersetzer zu erfüllen hatte. Vor allem die Frage, ob der Übersetzer 'verfremden' oder 'angleichen' sollte, galt, wie schon in der Zeit der grossen antiken Übersetzer, als entscheidend. 1 Sie entbehrte allerdings einer theoretischen Basis. Die Veröffentlichungen zur Übersetzungsproblematik der letzten Jahrzehnte thematisieren mehrheitlich den Übersetzungsprozess. Vor allem in der linguistisch orientierten Literatur finden sich Entwürfe zur Beschreibung der übersetzungsspezifischen 'Kompetenz'. Zumeist handelt es sich dabei um modellhafte Darstellungen, die sich an transformationeil generativen Theorien orientieren. 2 So basiert Eugene A. Nidas Beschreibung des Übersetzungsvorgangs auf Oberflächen- und Tiefenstrukturen sowie auf Rekonstruktionen, die als Transformationen zu verstehen sind. Auch Karl-Heinz Freigang, John B. Walmsley, Jean-Claude Margot und Dieter Stein räumen in ihren Untersuchungen den transformationellen Modellen des Übersetzungsprozesses einen

1 vgl. Koller 1972, S. 24ff 2 vgl. Kapitel 2, Abschnitt 2.3.

2

Einleitung

wichtigen Platz ein. Die Publikationen zur maschinellen Übersetzung haben ebenfalls den Übersetzungsprozess zum Gegenstand. 1 Fasst man Übersetzen als Sonderform der sprachlichen Kommunikation auf, so ist der Übersetzungsprozess als spezifischer Kommunikationsprozess zu verstehen. Tatsächlich lässt sich dieser kommunikative Charakter belegen. Dass er in der Fachliteratur regelmässig hervorgehoben wurde, darf daher nicht erstaunen. 2 Es fällt allerdings auf, dass die Forscher den kommunikativen Aspekten des Übersetzungsvorgangs und -prozesses in den einzelnen Untersuchungen bis anhin wenig Bedeutung zugemessen haben. So findet man nur selten einen eindeutigen Unterschied zwischen dem Text als Kommunikatbasis und dem, was mit Hilfe des Textes kommuniziert wird, nämlich dem Kommunikat. 3 Es war daher nötig, in der vorliegenden Arbeit den Übersetzungsprozess als sprachlichen Kommunikationsvorgang näher zu beschreiben. Es gibt kaum Studien, die eine linguistisch fundierte, vergleichende Beschreibung des Originals und seiner Übersetzung ermöglichen. Deswegen war es notwendig, die Grundzüge einer vergleichenden Beschreibung von Original und Übersetzung darzustellen. Sodann haben Forschungsberichte über die Rezeption von Ausgangs- und entsprechenden Zieltexten Seltenheitswert. 4 Aus diesem Grund mussten entscheidende Fragen zu empirischen Untersuchungen im Bereich der Übersetzungsäquivalenz abgeklärt werden.

1.2. Die Bedeutung der Rezeptionsforschung für übersetzungstheoretische Fragestellungen

Die kommunikationstheoretische Charakterisierung des Übersetzungsprozesses führt in dieser Arbeit zu einem Äquivalenzbegriff, der sich an die realisierten Kommunikate in der Ausgangs- und in der Zielsprache

1 2 3 4

für eine Einführung auf diesem Gebiet siehe Bruderer 1977 vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.1. vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.5. und 3.6. Heuermann/Hühn 1983 ist diesbezüglich als Ausnahme zu betrachten

Max Havelaar

als Grundlage empirischer Untersuchungen

3

richtet. 1 Es wird versucht, die entwickelten Hypothesen zur Übersetzungsäquivalenz empirisch zu überprüfen. Gerade weil die realisierten Kommunikate in der Ausgangs- und in der Zielsprache die Übersetzungsäquivalenz bestimmen, erhält die Rezeptionsforschung für die Entwicklung und Überprüfung von Hypothesen im Rahmen einer Übersetzungstheorie einen hohen Stellenwert. Mit Recht betont Wolfram Wilss die Rolle des Empfängers für das Formulieren wissenschaftlich überprüfbarer Aussagen zur Übersetzungsäquivalenz. Er hält allerdings fest, dass über die Rezeption von Übersetzungen wenig bekannt ist.2 Es wird hier nun versucht, neue Daten über die Rezeption im Hinblick auf Übersetzungsäquivalenz zu ermitteln. In der neuesten Forschung wird immer wieder die empirische Überprüfung übersetzungsrelevanter Hypothesen gefordert. So geht aus Shoshana Blum-Kulkas Ausführungen hervor, dass'(...) translation is an act of communication and hence both its processes, products and effects can and need to be studied empirically within the methodological framework of studies in communication.' 3 Es gibt jedoch kaum empirische Untersuchungen auf dem Gebiet der Übersetzungstheorie. Hans P. Krings stellt in der Forschung gar einen völligen Verzicht auf die Konfrontation von Modellen des Übersetzens mit empirisch ermittelten übersetzungsprozessualen Daten fest. 4 Im Bereich der Äquivalenzuntersuchungen ist die Lage nicht besser. Es kann somit nicht an bestehende Untersuchungen angeknüpft werden.

1.3. Begründung der Auswahl des Max Ηavelaar Grundlage empirischer Untersuchungen

als

Als Stimulusmaterial für die vorliegenden empirischen Untersuchungen wurden Texte aus Multatulis Max Havelaar of De Koffiveilingen der

1 2 3 4

vgl. Kapitel 5, Abschnitt 5.2. Wilss 1977, S. 168,169 Blum-Kulka 1986, S. 32 Krings 1986, S. 10

4

Einleitung

Nederlandsche i / a n d e / m a a f s c A a p p y und seinen deutschen Übersetzungen gewählt. Die Auswahl des Havelaar erfolgte nicht nur, weil es 1 sich um ein bedeutendes literarisches Werk handelt, sondern auch, weil seine spezifischen mikro- und makrostrukturellen Eigenschaften sich für Leseruntersuchungen zu übersetzungstheoretischen Fragen eignen. Das vom ehemaligen Kolonialbeamten Eduard Douwes Dekker unter dem Pseudonym 'Multatuli' veröffentlichte Buch gilt seit seinem Erscheinen im Jahre 1860 in verschiedener Hinsicht als wichtige Publikation. Es stellt einen der ersten Proteste gegen die 'Ausbeutung' 2 der einheimischen Bevölkerung der damaligen Kolonie NederlandsIndie, des heutigen Indonesien, dar. Damit löste Multatuli eine Polemik aus, die bis heute andauert. Die umfangreiche Sekundärliteratur über Multatuli und seinen Havelaar wird von Fragen zur Wirkung und Rezeption dieses Buches geprägt. 3 Sodann sind die sprachlichen Merkmale sowie der A u f b a u des Werkes immer wieder Gegenstand literaturwissenschaftlicher Studien. Dass vom Havelaar mehrere hunderttausend Exemplare in niederländischer Sprache gedruckt wurden, 4 unterstreicht seinen besonderen Stellenwert. Zudem erschienen von Multatulis Buch Dutzende Übersetzungen in mehr als 30 Sprachen. Allein in deutscher Sprache haben sieben Übersetzer 19 Fassungen des Buches veröffentlicht. 5 Diese Tatsache bot die Möglichkeit, in der vorliegenden Arbeit sowohl mikro- als auch makrostrukturelle Unterschiede zwischen den einzelnen deutschen Übersetzungen zu berücksichtigen und ihre Bedeutung f ü r die Übersetzungsäquivalenz näher abzuklären. Übersetzungstheoretisch ist es u.a. von Bedeutung, zu untersuchen, welche Rolle 'Verfremdung' bzw. 'Angleichung' im Hinblick auf die Übersetzungsäquivalenz spielen. Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen eigneten sich dazu in zweierlei Hinsicht. Erstens war es

1 für den Ausdruck 'literarisch' siehe Kapitel 3, Abschnitt 5.2. 2 auf der letzten Seite seines Havelaar fragt sich Multatuli, ob es der Wille des niederländischen Königs sei, dass 'drüben' mehr als dreissig Millionen Untertanen 'misshandelt und ausgesogen' werden 3 vgl. Van der Planck 1987 und Oversteegen 1970 4 vgl. Hermans in der Faksimileausgabe des Havelaar von 1987, S. VIII 5 vgl. Kapitel 6, Abschnitt 6.1.

Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit

5

für die empirischen Untersuchungen von Vorteil, dass es sich beim ursprünglichen Text um eine ältere Veröffentlichung handelt, die im Verlaufe der Zeit immer wieder neu übersetzt wurde; die älteste deutsche Übersetzung datiert aus dem Jahre 1875, die neueste erschien 1972. Dieser Umstand ermöglichte es, die Bedeutung der veralteten bzw. modernisierten Elemente in den Texten näher zu untersuchen. Zweitens erwies es sich f ü r die Untersuchungen bezüglich 'Verfremdung' bzw. 'Angleichung' als vorteilhaft, dass Max Havelaar teilweise in der ehemaligen niederländischen Kolonie Nederlands-Indie spielt. Der ursprüngliche Text besitzt daher 'exotische' Merkmale des entsprechenden sozio-kulturellen Kontexts. Gerade diese Eigenschaften des Havelaar boten die Möglichkeit, die Bedeutung 'exotisierter' bzw. 'naturalisierter' Elemente für die Erreichung von Übersetzungsäquivalenz zu untersuchen. Schliesslich eignet sich die besondere Struktur des Havelaar,1 die in der neuesten Multatuli-Forschung zentral steht, f ü r Untersuchungen zur Übersetzungsäquivalenz. Sie erlaubt es, die Bedeutung von makrostrukturellen Varianten für die Rezeption genauer zu bestimmen.

1.4. Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit

Das folgende Kapitel vermittelt einen Überblick der Forschung auf dem Gebiet der Übersetzungswissenschaft während der letzten Jahrzehnte. Es werden die wichtigsten literaturwissenschaftlichen und linguistischen Beiträge zur Übersetzungsproblematik besprochen. Das 3. Kapitel skizziert die Übersetzung als Kommunikationsprozess. Es enthält die Beschreibung der Kommunikationsteilnehmer eines Übersetzungsprozesses sowie ihre kommunikativen Handlungen. Sodann erfolgt die Darstellung jener literarischen Kommunikationshandlungen, die für die literarischen Übersetzungsprozesse relevant sind.

1 vgl. Kapitel 6, Abschnitt 6.3.5.

6

Einleitung

Im 4. Kapitel wird eine Methode vorgestellt, die es ermöglicht, Original und Übersetzung vergleichend zu beschreiben. Unterschiede werden auf mikro- und makrostruktureller sowie auf metatextueller Ebene als 'Verschiebungen' näher charakterisiert. Die kommunikationstheoretische Darstellung des Übersetzungsprozesses erlaubt es, im 5. Kapitel den Begriff der Übersetzungsäquivalenz genauer zu bestimmen. Spezifische Merkmale der Kommunikationsteilnehmer der unterschiedlichen Sprachgemeinschaften sowie die Unterschiede zwischen Original und Übersetzung werden anschliessend auf die Übersetzungsäquivalenz bezogen. Im 6. Kapitel folgen einige vergleichende Analysen von Havelaar und seinen deutschen Übersetzungen. Die mikrostrukturellen Beschreibungen haben Max Havelaars Ansprache an die Vertreter der einheimischen Bevölkerung anlässlich seines Amtsantritts zum Gegenstand. Die makrostrukturellen Beschreibungen berücksichtigen Elemente und Strukturen der Erzählung. Die metatextuellen Beschreibungen umfassen einführende Texte sowie Anmerkungen des Übersetzers. Die Charakterisierungen der mikro- bzw. makrostrukturellen und metatextuellen Unterschiede zwischen dem Original und seinen Übersetzungen führen im 7., 8. und 9. Kapitel zu Hypothesen in bezug auf Rezeption und Übersetzungsäquivalenz. Diese Kapitel enthalten zudem die Ergebnisse von insgesamt 25 Leserbefragungen, die zur Überprüfung dieser, für die Übersetzungstheorie relevanten, Hypothesen durchgeführt wurden. Das 7. Kapitel behandelt die Bedeutung mikrostrukureller Verschiebungen für die Rezeption von ausgangssprachlichen und zielsprachlichen Texten. Die Untersuchungen dienen dazu, 'Verfremdung' und 'Angleichung', namentlich die 'veralteten' und 'modernisierten' sowie die 'exotisierten' und 'naturalisierten' Textmerkmale in Beziehung zu Übersetzungsäquivalenz zu setzen. Das 8. Kapitel handelt von der Bedeutung makrostruktureller Verschiebungen für die Rezeption. Es stellt sich die Frage, ob Leser der Ausgangs- bzw. der Zielsprache Romanfiguren unterschiedlich rezipieren, wenn zwischen den Texten Verschiebungen festgestellt wurden. Weiter wird untersucht, ob die Übersetzung eines sprechenden Namens Folgen für die Rezeption und damit für die Erreichung von Übersetzungsäquivalenz hat. Danach wird überprüft, welches Gewicht man der

Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit

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Übersetzung eines Buchtitels für die Äquivalenzfrage beizumessen hat. Zudem wird auf die Frage eingegangen, inwiefern Verschiebungen in der ästhetischen Struktur eines übersetzten literarischen Werkes die Rezeption prägen. Im 9. Kapitel stehen die metatextuellen Verschiebungen im Hinblick auf die Rezeption zur Diskussion. Es handelt sich dabei um die Frage, ob die Bezeichnung eines Textes als 'Übersetzung' die Rezeption beeinflusst. Sodann wird versucht abzuklären, ob das Rezeptionsergebnis, das Leser der Zielsprache realisieren, von Informationen über den ursprünglichen Verfasser mitbestimmt wird. Schliesslich wird näher untersucht, in welcher Hinsicht Anmerkungen eines Übersetzers die Rezeption eines übersetzten literarischen Werkes prägen. Es werden somit jene Textmerkmale auf Mikro-, Makro- und Meta-Ebene berücksichtigt, die sich als Verschiebungen in der Übersetzung charakterisieren lassen. Sie werden empirisch auf ihre Bedeutung für die Rezeption und somit auf ihre Relevanz für die Übersetzungsäquivalenz hin untersucht. Damit ist das Rätsel der Kommunikation nach dem Turmbau von Babel noch nicht gelöst. Das Ziel der vorliegenden Arbeit wäre jedoch dann erreicht, wenn sie die Sprachverwirrung auf dem Gebiet der Übersetzungstheorie etwas lichtet und wenn sie gesicherte Daten zur Rezeption der Übersetzung liefert, die zu weiteren übersetzungstheoretischen Erkenntnissen führen.

2. DIE ÜBERSETZUNG ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND

2.1. Übersetzungsbegriffe

Üblicherweise umschreibt man Übersetzen als den Prozess des Wiedergebens eines ausgangssprachlichen Textes in einer Zielsprache. 1 Das Definiens enthält daher in den unterschiedlichen Definitionen der Übersetzung in der Regel die Bezeichnungen eines as Gegenstandes, eines Prozesses und eines zs Gegenstandes. Als as resp. zs Gegenstand erwähnen die Definitionen u.a. Zeichen', 2 'Elemente einer Sprache', 3 'Text in einer Sprache', 4 'Textmaterial in einer Sprache', 5 'Sätze' resp. 'Texte', 6 'Formulierung einer Interpretation eines Segments des uns umringenden Universums', 7 'Mitteilung in einer Sprache', 8 'kommunikativer Wert eines Textes',' 'im Text ausgedrückte Sachverhalte', 10 'Formulierung in einer Sprache'. 11 Der Prozess des Übersetzens wird u.a. mit 'Transformieren', 12 'Ersetzen', 13 'Substituieren', 14 'Übersetzen', 15 'Reproduzieren', 16 'Hinüber 1 im folgenden werden die Abkürzungen As für 'Ausgangssprache' und Zs f ür 'Ziel spräche' verwendet; als Adjektive as resp. zs 2 Oettinger 1960, S. 104 3 Oettinger 1960, S. 110 4 Catford 1965, S. 1 5 Catford 1965, S. 20ff 6 Weinrich 1974, S. 25; Wilss 1977, S. 72; Jäger 1975, S. 28ff 7 Winter 1961, S. 68 8 Nida/Taber 1969, S. 12, S. 51ff 9 Jäger 1975, S. 28ff 10 Koller 1983, S. 112ff 11 Koller 1983, S. 122ff 12 Oettinger 1960, S. 104 13 Oettinger 1960, S. 104; Catford 1965, S. 1; Winter 1961, S. 68 14 Catford 1965, S. 1 15 Weinrich 1974, S. 25 16 Nida/Taber 1969, S. 12, S. 51ff; Wilss 1977, S. 72

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

führen', 'Verarbeiten', 'Reverbalisieren', 'sprachlich Rekonstruieren', 1 'Umkodieren', 2 'Zuordnen' 3 oder 'Neukodieren' 4 charakterisiert. Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Definition der Übersetzung besteht darin, dass sie als Grundlage für einen Vergleich zwischen dem as und zs Gegenstand dienen soll. Da der Gegenstand in der As als Massstab gilt, erhält die Definition der Übersetzung einen normativen Charakter. Die ältere Literatur zur Übersetzungsproblematik weist eine bunte Sammlung an normativen Übersetzungsdefinitionen auf. Wie widersprüchlich sie sind, geht aus Savorys Zusammenstellung hervor: Die Übersetzung solle die Worte des Originals wiedergeben; sie solle die ursprünglichen Gedanken enthalten-, man müsse die Übersetzung wie einen Text der As lesen können; sie solle sich wie eine Übersetzung lesen; die Übersetzung habe den Stil des Originals zu reflektieren; sie müsse den Stil des Übersetzers besitzen; man müsse die Übersetzung als ein zeitgenössisches Werk des as Textes lesen können; man müsse sie als ein Werk aus der Zeit des Übersetzers empfinden; man dürfe in der Übersetzung etwas hinzufügen oder weglassen; man dürfe nie etwas hinzufügen oder weglassen; Gedichte solle man in Prosa übersetzen; man müsse sie in Poesie übersetzen. 5 Koller dokumentiert ausführlich, wie sehr im Laufe der Jahrhunderte die unterschiedlichen Übersetzungsprinzipien unter dem Einfluss der ästhetischen Anschauungen der betreffenden Zeit stehen. 6 Neuere Veröffentlichungen zeigen ebenfalls, wie schwer sich normative Elemente in einer Definition der Übersetzung vermeiden lassen. So kann auch die Charakterisierung von Katharina Reiss nicht befriedigen, wenn sie 'das vornehmste Bestreben' des Definiendums hervorhebt, ohne die Übersetzung unmissverständlich von anderen Textkategorien abzugrenzen:

1 Wilss 1977, S. 72 2 Jäger 1975, S. 28ff; Koller 1983, S. 112ff 3 Jäger 1975, S. 28ff 4 Koller 1983, S. 112ff 5 Savory 1957, S. 49 6 Koller 1972, S. 99ff

Übersetzungsbegriff e

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Unter einer Übersetzung sei hier die zielsprachliche Version eines Ausgangstextes verstanden, deren vornehmstes Bestreben es ist, den Originaltext nach Massgabe des Texttyps, seiner innersprachlichen Determinanten in der Zielsprache wiederzugeben. 1 Wolfram Wilss' Definition, die er selbst als 'problematisch' einstuft, besitzt mit der Forderung nach einem 'möglichst äquivalenten zielsprachlichen (zs) Text' ebenfalls ein teleologisches Merkmal: Übersetzen ist eine Folge von Formulierungsprozessen, die von einem schriftlichen as Text zu einem möglichst äquivalenten zielsprachlichen (zs) Text hinüberführen und - im Sinne der Morris'schen Semiotik - das syntaktische, semantische und pragmatische Verständnis der Textvorlage und eine textadäquate Transferkompetenz des Übersetzers voraussetzen. 2 Auch in anderen Definitionen, beispielsweise von Eugene A. Nida und Ch.R. Taber, 3 Gert Jäger 4 oder E. Scheibe, 5 finden sich Ausdrücke wie 'closest natural equivalent', 'Kommunikation sichern' und 'Richtlinie'. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Definitionen, die hier nicht weiter besprochen werden, lassen sich mehrheitlich auf die einzelnen Forschungsziele zurückführen. So gehen Henry Vernay' und Theoretiker der 'Leipziger Schule' 7 von sprachsystemorientierten oder von kommunikativen Ansätzen aus. K. Richard Bauschs Ausgangspunkt kann als anthropologisch eingestuft werden, 8 während Mario Wandruszka in seinen Definitionen die schöpferische Freiheit des Übersetzers betont.' Da es an Einstimmigkeit über die Umschreibung der Übersetzung fehlt, kann eine deskriptive Definition vom Typus 'Unter Übersetzung versteht man ...' nicht gegeben werden. Charakterisiert man die Übersetzung mit Hilfe einer operationalen Definition, würde diese etwa lauten:

1 Reiss 1971, S. 91 2 Wilss 1980, S. 14 3 Nida/Taber 1969, S. 12 4 Jäger 1975, S. 36 5 vgl. Scheibe 1963 6 Vernay 1974, S. 2 7 vgl. dazu Oettinger 1963, S. 410-441 8 Bausch 1980, S. 797; vgl. dazu Stolze 1982, S. 160 9 Wandruszka 1977, ders. 1979

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

(i) ein zs Text ist eine Übersetzung eines as Textes, falls die Bedingung erfüllt ist, dass der zs Text grammatisch gut funktioniert; (ii) ein zs Text funktioniert grammatisch gut, wenn dieser zs Text als Kommunikationshandlung einen as Text optimal für ein zs Publikum ersetzt; (iii) ein zs Text ersetzt einen as Text für ein zs Publikum optimal, wenn ein zs Text ein Äquivalent eines as Textes ist. Es leuchtet ein, dass mit einer solchen Definition die Schwierigkeiten nur verschoben werden, denn es ist unklar, was unter 'Text' und 'Äquivalent' zu verstehen ist. Gideon Toury umschreibt die Übersetzung als eine Klasse von Phänomenen, zwischen denen Familienähnlichkeiten bestehen, die übergreifen und sich kreuzen. 1 Keine einzelne, spezifische Beziehung zwischen as Text und zs Text erlaubt die Identifizierung einer Übersetzung, sondern erst eine variable Kombination von Eigenschaften kann die Einstufung eines Textes als Übersetzung rechtfertigen. Raymond van den Broeck definiert die Übersetzung aufgrund ähnlicher Überlegungen ebenfalls als ein Objekt, das aus einer Kombination von verschiedenen, fakultativen Merkmalen besteht. 2 Auffällig in dieser Betrachtungsweise, die auf Ludwig Wittgenstein zurückgeht, 3 scheint die Auffassung, dass keines der möglichen Merkmale obligatorisch vorkommt. Sogar wiederkehrende Eigenschaften, z.B. dass die Übersetzung ein Äquivalent eines as Textes ist, werden als beliebig eingestuft. Da diese fakultativen Merkmale nicht weiter benannt werden, ist es problematisch, eine Kategorie Übersetzungen aufgrund der erwähnten Familienähnlichkeiten anzunehmen, die gleichzeitig eindeutig von anderen Textkategorien abgegrenzt werden kann. Wie kann man beispielsweise einen gegebenen Text in der Zs als Übersetzung klassifizieren, wenn nicht einmal feststeht, ob er von einem ursprünglichen Text in der As abgeleitet ist? Eine bessere Möglichkeit, die Übersetzung zu definieren, bietet sich an, wenn man nicht vom Text, sondern von übersetzungsspezifischen, sprachlichen Handlungen ausgeht. 4 Wenn sich die Übersetzung in der einschlägigen Literatur nicht eindeutig als Forschungsgegenstand umreissen lässt, so bleibt die Frage

1 Toury 1980, S. 107 2 Van den Broeck 1979, S. 89ff 3 vgl. Wittgenstein 1967, Sektion 65 und 68 4 vgl. Kapitel 3

Übersetzungsbegriffe

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offen, ob die sog. Übersetzungswissenschaft überhaupt Existenzberechtigung hat. Der Mensch hat sich zwar seit Jahrtausenden oft eingehend mit der Übersetzungsproblematik befasst, dennoch hat dies nach Auffassung von u.a. Wilss '(...) nirgendwann zu einer in sich schlüssigen, kohärenten, intersubjektiv gültigen Thematisierung der Übersetzungswissenschaft (...)' geführt, 1 es bestehe ein seltsamer Widerstand gegen Theoretisieren im Bereich des Übersetzens 2 , es gebe gar ein Missverhältnis zwischen Übersetzungstheorie und Übersetzungspraxis. 3 In der Übersetzungswissenschaft stelle man theoretische Hilflosigkeit fest, 4 eine Theorie der Übersetzung wäre nur 'in begrenztem Umfang' imstande, die Forderung nach Objektivität und Wertfreiheit zu erfüllen. 5 Sodann seien die theoretischen Ansätze widersprüchlich, ein befriedigendes Gesamtkonzept stehe noch aus.® 'Translation theory' sei weder eine Theorie noch eine Wissenschaft, 7 Übersetzungsanalysen erfolgten zumeist philologischintuitiv.8 Anders ausgedrückt: Jede Übersetzungstheorie wäre durch eine andere zu widerlegen, jede Methode gelte gerade für das Exempel, an dem sie sich beweisen will.' Für die Lösung von Übersetzungsproblemen bestehen ebensowenig 'systematische Methoden', wie Wittgenstein pleonastisch darlegt, 10 wie für mathematische Probleme. In einer Situation, die durch mangelhafte Grundlagenforschung 11 und eine qualitativ disparate Fachliteratur gekennzeichnet wird,12 zieht James S. Holmes es vor, den Ausdruck 'science of translation' zu meiden und statt dessen von 'translation studies' zu sprechen." Ebenso sei es nach Norbert Hofmann ein Gebot der Bescheidenheit, auf Ausdrücke wie 'Translat' und 'Translation' zu verzichten. 14

1 Wilss 1977, S. 7 2 Vermeer 1986, S. 30 3 Neubert 1986, S. 85 4 Stein 1980, S. 79 5 Wilss 1980, S. 68, S. 69 6 Snell-Hornby 1986, S. 10 7 Newmark, 1982, S. 19 8 Trost 1976, S. 197 9 Reichert 1967, S. 16 10 Wittgenstein, 1967 11 Hof mann 1980, S. 1 12 Wilss 1977, S. 58 13 Holmes 1972, S. 88 14 Holmes 1972, S. 88

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

Für das angebliche Fehlen einer Übersetzungstheorie werden sehr unterschiedliche Erklärungen angeführt, die jedoch nicht alle zu überzeugen vermögen. Auch wenn der jetzige Stand der Forschung als unbefriedigend gewertet wird und der Bereich der Übersetzungstheorie wenig homogen scheint, 1 so folgt daraus keineswegs logisch die Unmöglichkeit einer Übersetzungswissenschaft. Zweifelsohne haben sich die Fachdiskussionen seit Wilhelm von Humboldts bekanntem Brief an August Wilhelm von Schlegel 2 hauptsächlich um die nicht-wissenschaftliche Frage gedreht, ob man die Übersetzung dem Original 'anpassen' solle oder ob das Umgekehrte vorzuziehen sei. Dennoch muss man ernsthaft bezweifeln, ob eine solche normative, präskriptive Problemdiskussion, die zudem der Vergangenheit angehört, Übersetzungstheoretiker heute daran hindern kann, einen übergreifenden Erklärungsrahmen zu entwickeln. 3 Auch lässt es sich schwer beweisen, dass eine 'Legitimationskrise', 4 die wohl zeit- und personengebunden sein muss, Schuld am 'Theoriendefizit' 5 trägt. Aussagen über 'eine nicht zu unterschätzende Resistenz gegenüber Theoretisierung" oder ein 'Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis' 7 und Annahmen einer 'Theoriefeindlichkeit' 8 , einer 'grösser werdenden Abneigung der Praktiker gegenüber der Theorie" oder 'Entwissenschaftlichung' 10 können in ihrer Allgemeinheit nicht überprüft werden und stehen zudem im Widerspruch zu der Veröffentlichung einer umfangreichen Fachliteratur in den letzten Jahrzehnten. Wilss stellt gar einen übersetzungstheoretischen Durchbruch fest, der sich zu einer 'übersetzungswissenschaftlichen Konzeption mit eigenständigem Objektbereich und eigenständiger Zielsetzung verdichtet hat'. 11 Überschneidungen mit Untersuchungen im Rahmen anderer Disziplinen, wie Linguistik, Textwissenschaft oder Literaturwissenschaft, verursachten

1 Stein 1980, S. 27 2 vgl. dazu z.B. Koller 1972, S. 74ff 3 Wilss 1979 4 Koller 1979, S. 10 5 Stein 1980, S. 12 6 Stein 1980, S. 12 7 Snell-Hornby 1986, S. 10 8 Stein 1980, S. 35 9 Kussmaul 1986, S. 206 10 Stein 1980, S. 12 11 Wilss 1977, S. 43

Literaturwissenschaftliche Fragestellungen

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wohl eher eine gewisse Verwirrung über den Status der Übersetzungswissenschaft. Ob es eine Übersetzungswissenschaft gibt, ob sie Existenzberechtigung hat, scheint somit eher ein organisatorisches als ein theoretisches Problem zu sein. Auch wenn das Bestehen einer Übersetzungswissenschaft an sich zur Debatte steht, so heisst dies keinesfalls, dass wissenschaftliche Analysen von Übersetzungsprozessen und -produkten von vornherein ausgeschlossen wären. Allerdings bedingen sie für die betreffenden Fragestellungen die Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens. Dies bedeutet, dass man z.B. die Problematik der Übersetzungsrezeption mit Modellen der Sprachhandlungstheorie angehen kann. Dabei ist nicht auszuschliessen, dass gerade die Beschreibung der Rezeption auf der Grundlage eines allgemeinen Interaktionsmodells Bestandteil einer im Sinne Hans J. Vermeers 'allgemeinen Translationstheorie' 1 sein könnte. Zuerst wird nun kurz dargelegt, inwiefern andere Disziplinen zu neuen Erkenntnissen auf dem Gebiet der Übersetzungsproblematik beigetragen haben. Anschliessend wird im 3. Kapitel der Übersetzungsvorgang als Kommunikationsprozess näher skizziert.

2.2. Literaturwissenschaftliche Fragestellungen

Wenn die Sprachform eines Textes nicht nur ein Mittel ist, um Sachverhalte zu vermitteln, sondern gleichzeitig durch ihre spezifische Beschaffenheit das Ziel hat, mit dem transponierten Inhalt eine Einheit 'höherer Ordnung' zu bilden, 2 so scheint Rolf Klopfers Ansicht, die literarische Übersetzung brauche ihre eigene Theorie, berechtigt zu sein. 3 Auch Hans-Jürgen Diller geht davon aus, dass Texte der schönen Literatur, die nicht nur eine sachlich mitteilende, sondern auch eine ästhetische Funktion besitzen, textsortenspezifische Bedingungen eigener Art

1 Vermeer 1978 2 vgl. Koller 1979, S. 52 3 vgl. Klopfer 1967

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

aufweisen. 1 Das literarische Übersetzen müsste man somit getrennt vom 'weltlichen Übersetzen' 2 betrachten.

2.2.1. Theoretische Fragen Die Bestimmung von Textsorten stösst jedoch auf prinzipielle Probleme, die bis jetzt nicht gelöst sind. Fasst man den Übersetzungsprozess als Dichtung der Dichtung auf, 3 so liegt es auf der Hand zu verlangen, dass eine Theorie der literarischen Übersetzung sich eng an die Theorie der Dichtkunst anschliesst. 4 Aber welche Literaturtheorie ist damit angesprochen, inwiefern spielt eine Theorie der Hermeneutik 5 eine Rolle und zu welchen übersetzungswissenschaftlichen Hypothesen führen solche Theorien? Fehlen bei Klopfer diesbezüglich nähere Angaben, so verlangt Jiri Levy eine vergleichende historische Poetik als Voraussetzung einer literaturwissenschaftlichen Theorie der Übersetzung. 6 Zwar scheint es durchaus denkbar, dass sich mit Hilfe der Poetik feststellen lässt, inwiefern as und zs Text von literarischen Konventionen abweichen. Es fragt sich jedoch, ob damit eine literaturwissenschaftliche Theorie geliefert wird, die z.B. die Bildung von Thesen zum literarischen Übersetzungsprozess oder zur Rezeption literarischer Übersetzungen zulässt. Wilss, der die literarische Übersetzung als schöpferische Neugestaltung einer künstlerischen Aussage auf Inhalts- und Ausdrucksebene umschreibt, 7 hebt die stilistische Dimension des Textes hervor. Mit Recht stellt er aber fest, dass stilistische Adäquatheit im Prinzip für alle Typen von Übersetzungen Gültigkeit besitzt® und somit kein exklusives Merkmal literarischer Übersetzungen darstellt. Zudem stuft er das methodo-

1 Diller/Kornelius 1978, S. 15 2 Snell-Hornby 1986, S. 11 3 Klopfer 1967, S. 126 4 Koller 1979, S. 70 5 Koller 1979, S. 70 6 Lev? 1963, S. 24 7 Wilss 1977, S. 90 8 Wilss 1977, S. 90

Literaturwissenschaftliche Fragestellungen

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logische Fundament einer literarischen Übersetzungstheorie als schwach ein. Dies darf nicht erstaunen, denn eine Theorie der Literaturübersetzung setzt eine Reihe anderer Theorien voraus, deren Status jedoch bislang noch ungeklärt ist, wie Robert de Beaugrande darlegt. Zum jetzigen Zeitpunkt gilt daher: '(the) necessary foundations for a theory of literary translating are not yet well developed."

2.2.2. Historische Aspekte Auch wenn sich das Desinteresse der Literaturwissenschaft an der Übersetzungsproblematik in den letzten Jahrzehnten verringert hat, so begegnet man in den jüngsten Veröffentlichungen zu übersetzten literarischen Werken doch selten neuen theoretischen Auffassungen. Literaturwissenschaftliche Veröffentlichungen zum Phänomen der Übersetzung setzen sich zumeist mit historisch- orientierten Fragen des folgenden Typus auseinander: (i) welche Werke wurden in einer bestimmten Phase der zs Literatur übersetzt; (ii) welchen Normen folgte der Übersetzer; (iii) gab es 'Schulen'; (iv) welche Rolle spielte die Kulturpolitik; (v) übten die Übersetzer von nicht-literarischen Werken Einfluss auf die zs Literatur aus; (vi) wurden literarische Produktionsmittel in die zs Literatur übernommen; (vii) welchen Einfluss hatten Übersetzungen auf die zs Literatur? 2 Die Beantwortung solcher und ähnlicher Fragen hat in erster Linie Bedeutung für die Literaturgeschichte der As und Zs, und zweitens kann sie aufschlussreich sein für die Problematik der Literaturrezeption. Zu neuen übersetzungstheoretischen Erkenntnissen führt sie jedoch kaum. Die Geschichte und Wirkungsgeschichte der Übersetzung ist somit von Bedeutung für die Literaturforschung. Snell-Hornby versteht die literarische Übersetzung gar als Teilbereich der Literaturwissenschaft.® Dennoch hat sich bislang keine spezifische Forschungsmethode der literarischen Übersetzung entwickelt. Eher droht bei der Interpretation literarischer Übersetzungen eine Zirkularität in der Argumentation,

1 De Beaugrand 1980, S. 23 2 Van den Broeck/Lefevere 1979, S. 155ff 3 Snell-Hornby 1986, S. 11

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

namentlich wenn dabei die Rollen Übersetzer - Rezipient und Forscher - Rezipient verschmelzen 1 : Das Erleben der literarischen Übersetzung kann nicht gleichzeitig als Massstab für die Gültigkeit ihrer Interpretation gelten. Erst wenn man die ästhetischen Sprachhandlungen der übersetzungsspezifischen Kommunikation einzeln beschreibt, bietet sich u.E. die Möglichkeit, dieses Problem auszuschliessen. Obschon Hofmann die literarische Übersetzung im Gegensatz zu Klopfer, Diller und anderen Theoretikern nicht als separate Gattung versteht, 2 macht er doch eine Einschränkung, wenn es sich um den Übersetzungsprozess per se handelt: Die künstlerische Sprachschöpfung scheint sich laut Hofmann einem methodischen Vorgehen zu entziehen. 3 Ähnlich bemerkt Friedmar Apel, dass die 'Komplexionen des dichterischen Vorgangs der literarischen Übersetzung die Darstellungsmittel der modernen Linguistik bei weitem' überfordern. 4 Dieser Auffassung muss man entgegenhalten, dass die 'nicht-künstlerische' Sprachschöpfung ebenfalls schwer zu beschreiben ist; grundsätzlich stellt sich also die Frage, ob sich die Sprachkompetenz des Menschen und damit auch die Übersetzungskompetenz überhaupt nachkonstruieren lässt. Solange eine zuverlässige Beschreibung der Produktion von Texten in der As und Zs fehlt, wird die Übersetzung, auch von nicht-literarischen Texten, zu unvorhersagbaren Ergebnissen führen: lässt man einen 'einfachen' Text von verschiedenen kompetenten Fachleuten übersetzen, erhält man Übersetzungen, die auf nicht vorhersagbare Weise voneinander abweichen. 5 Weiter ist festzuhalten, dass ein Text, der nicht 'methodisch' geschaffen wurde, als Phänomen dennoch methodisch untersucht werden kann, vorausgesetzt, die Fragestellung basiere auf einer adäquaten Theorie. Eine Möglichkeit, eine solche Theorie zu formulieren, ergibt sich, wenn man die Übersetzung als Kommunikationsvorgang beschreibt. Im Hinblick auf die Übersetzung literarischer Texte wären in einem

1 vgl. Hof mann 1980, S. 2, S. 3 2 Hofmann 1980, S. 15 3 Hof mann 1980, S. 58 4 Apel 1982, S. 15 5 vgl. diesbezüglich auch die von Koller erwähnten praktischen Experimente; Koller 1972, S. 74

Sprachwissenschaftliche Fragestellungen

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solchen Rahmen die ästhetischen Handlungen der übersetzungsspezifischen literarischen Kommunikation abzuklären.

2.3. Sprachwissenschaftliche Fragestellungen

Dass die Sprachwissenschaft Bedeutung für die Übersetzungsanalyse hat, ist so unbestritten wie das Umgekehrte. Untersuchungen auf dem Gebiet der Übersetzung haben Sprachtheorien in mancher Hinsicht bereichert. 1 Coseriu betrachtet die Übersetzungswissenschaft als eine Sektion der Textlinguistik, 2 Mel'cuk hält noch ausdrücklicher fest: 'la linguistique EST la science de la traduction'. 3 Eugene A. Nida sieht die Übersetzung als ein ausgezeichnetes Mittel, einige moderne Sprachstrukturtheorien zu testen. 4 Übersetzungsanalysen der kontrastiven Grammatik liefern ausserdem sprachliches Material 5 ; sie seien zudem von Nutzen bei der Überprüfung von linguistischen Hypothesen.' Auch wenn der Linguistik im Prinzip eine wichtige Rolle für die Übersetzungstheorie zugesprochen wird, so bemängelt man vielersorts, dass die Übersetzungswissenschaft bislang wenig von ihr profitiert hat. Wenn eine generative Grammatik in der Lage wäre, alle grammatischen Sätze einer Sprache zu erzeugen, so wäre nach Friedmar Apels Auffassung damit 'nur der erste und primitivste Schritt (...) zu einer entsprechendfunktionierenden poetischen Kompetenz getan'. 7 Weiter wird kritisiert, dass entscheidende Fragen über Sprache, insbesondere über die Sprachverwendung, in der Sprachwissenschaft unbeantwortet bleiben.'Ausserdem existieren keine linguistischen Analysenkategorien

1 Pergnier 1978, S. 199 2 Coseriu 1981, S. 17; nach Soenen ist das Studium der übersetzten Literatur 'von höchster Bedeutung für die vergleichende Literatur- und Sprachwissenschaft in ihren diversen Gliederungen', Soenen 1977, S. 284 3 Mel'cuk 1978, S. 271 4 Nida 1969, S. 495 5 Przybecka/Jankowiak 1980, S. 22 6 Pergnier 1978, S. 199 7 Apel 1982, S. 14 8 Hartmann 1970, S. 17

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

für das Problem der Äquivalenz, 1 und die Datenauswahl der Sprachwissenschaft erfolge nicht im Hinblick auf das Gesamtphänomen sprachlicher Kommunikation. 2 Anders formuliert: 'der Bereich der weiteren, nicht sprachlichpotentiellen, sinnbildungsdeterminierenden Faktoren wird von der linguistischen Theoriebildung (...) ausgeschlossen'. 3 Fielen die linguistischen Kategorien nicht mit denjenigen zusammen, die in 'sich vollziehender Kommunikation tatsächlich funktionieren', 4 dann wäre wohl die Folge, dass nicht 'alle kommunikativrelevanten gesellschaftlichen Faktoren' erfasst würden. 5 Verallgemeinernd bemerkt Pergnier diesbezüglich, dass eine sprachwissenschaftliche Betrachtung des Übersetzens von 'other approaches' zu ergänzen wäre.® Wie problematisch der Beitrag der Linguistik zur Übersetzungswissenschaft auch immer sein mag, es wäre sicherlich zuviel von ihr verlangt, wenn sie 'nicht sprachlichpotentielle, sinnbildungsdeterminierende Faktoren' 7 beschreiben oder bei der Auswahl ihrer Kategorien als Kriterium die effektive Kommunikation anstelle des Sprachsystems wählen würde. 8 Dass die systemorientierte Sprachwissenschaft sich kaum mit der Beschreibung von beliebig hergestellten Texten befasst, wirkt sich bestimmt nachteilig auf die Untersuchung von Übersetzungen aus. Dennoch darf man hieraus nicht wie Stein folgern, dass die Orientierung der linguistischen Theoriebildung die Theoretisierbarkeit angewandter Disziplinen verhindere.' Erstens gehört es nicht zum Aufgabenbereich der Linguistik, die Entwicklung ihrer Theorie auf die Theoretisierbarkeit anderer Disziplinen abzustimmen. Mit Recht stellt Karl-Heinz Freigang fest, dass es nicht der Linguistik bzw. den Linguisten, sondern der Übersetzungswissenschaft selbst vorzuwerfen ist, wenn Verfahren zur Beschreibung natürlicher Sprachen wenig Eingang in die übersetzungswissenschaftliche Forschung gefunden haben. 10 Zweitens hat die Sprach-

1 Stein 1980, S. 25 2 Wunderlich 1976, S. 120; Stein 1980, S. 19 3 Stein 1980, S. 30 4 Stein 1980, S. 21 5 Kade 1971, S. 11 6 Pergnier 1978, S. 202 7 Stein 1980, S. 30 8 vgl. Stein 1980, S. 21 9 Stein 1980, S. 16 10 Freigang 1981, S. 151

Sprachwissenschaf tliche Fragestellungen

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Wissenschaft, insbesondere die generative Grammatik, ihre Theoriebildung zur Performanz vor allem an Muttersprachigen orientiert. Die übersetzerische Performanz setzt sich jedoch wenigstens aus einer L,und einer L 2 -Kompetenz zusammen sowie der Fähigkeit, Verbindungen zwischen diesen herzustellen.

2.3.1. Die Übersetzung als Prozess Die linguistischen Beschreibungen des Übersetzungsprozesses stützen sich hauptsächlich auf Modelle der generativen Grammatik. In seiner generalisierenden Darstellung unterscheidet Vilen N. Komissarov zwei Typen transformationeller Übersetzungstheorien. Der erste Typus basiert auf 'Kern-Einheiten' in der As und Zs; auf dem Niveau dieser Kernstrukturen finden die interlingualen Transformationen statt. 1 Als Beispiel kann man diesbezüglich Nidas Modell nennen, das drei Schritte umfasst: (i) Rückführung von Oberflächenstrukturen der as Sätze auf einfachere as Strukturen, (ii) deren Umsetzung in einfache Strukturen in der Zs, (iii) Rekonstruktion in der Zs.2 Ein ähnliches Modell findet sich bei John B. Walmsley, der Methoden der Transformationsgrammatik als nützlich für die Beschreibung des Übersetzungsprozesses erachtet. 3 Er schlägt vor, den as Text in Basissätze (die jedoch nicht den 'Kernsätzen von Chomskys Syntactic Structures entsprechen', heisst es unklar auf S. 85) zu zerlegen, diese in die Zs zu übersetzen und dann komplexere Konstruktionen zu generieren. Solche linguistische Modelle des Übersetzungsprozesses sind jedoch in verschiedener Hinsicht problematisch: (i) beim Übersetzen von Basissätzen in die Zs lässt Walmsley ausser acht, dass die zu übersetzenden Texte nicht nur eine kohärente Folge von Sätzen, sondern auch eine 'übersummative' Sinneinheit bilden. 4 Ein Text ist eben mehr als die Summe seiner Sätze; (ii) der Status der Rückführung oder die Konstruktion von Basissätzen bleibt unklar: wenn es sich nicht um Transformationen handelt, welche

1 Komissarov 1981, S. 175ff 2 Nida 1981, S. 127ff 3 Walmsley 1979, S. 85ff 4 vgl. Stolze 1982, S. 31

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

Regeln sind dann im Spiel?; (iii) es stellt sich die entscheidende Frage, welche Regeln bei der Übersetzung der Basissätze in die Zs angewandt werden; (iv) da die generative Transformationsgrammatik kein interlinguales Performanzmodell darstellt 1 , wird nicht deutlich, wie die Erzeugung der Oberflächenstrukturen in der Zs vor sich geht. In einer Transformationsgrammatik beschreiben die Regeln, welche wohlgeformten Sätze generiert werden können, für die Beschreibung des Ubersetzungsprozesses braucht es jedoch Regeln, welche die Auswahl solcher wohlgeformten Sätze bestimmen. Falls man dazu Daten verarbeiten müsste, die aussersprachliche Sachverhalte betreffen, so ginge die Beschreibung des Auswahlverfahrens über die Möglichkeiten der linguistischen Modellbildung hinaus; (v) welchen Status besitzt die Intuition des Übersetzers in Transformationsmodellen? Dient sie als Kriterium für das Überprüfen von Hypothesen, den Übersetzungsprozess betreffend? Stellt sie den Erklärungsgegenstand einer Übersetzungstheorie dar? Oder hat sie gar heuristische Bedeutung für Übersetzungsanalysen? Ein zweites transformationelles Übersetzungsmodell basiert auf der Annahme, dass die As und die Zs ein Potential an Mitteln besitzen, die es ermöglichen, eine Reihe von Inhaltskategorien zum Ausdruck zu bringen. 2 Zuerst werden Einheiten des Originals auf solche Inhaltskategorien zurückgeführt. Nach dieser intralingualen Übersetzung werden die gemeinsamen 'Tiefenstrukturen' im System der Zs entfaltet. Auch hier bleibt eine der wichtigsten Fragen in bezug auf den Übersetzungsprozess unbeantwortet: wie etwa 'entfalten' sich die 'Tiefenkategorien' in der Zs? Helga Höhlein hat bei der Überprüfung ihrer Hypothese zur Beschreibung der Translation als tiefenstrukturellen Vorgang im Rahmen der Standardtheorie und der Kasustheorie verschiedene Problembereiche aufgedeckt. 3 Es sind dies die Problematik des Kasuskonzepts, die Adverbialproblematik, die Nominalphrasenproblematik und die Modus- bzw. Tempusproblematik. Zwar bestätigt ihr modifizierter Ansatz die Relevanz von Tiefenstrukturen. Ihre Untersuchung hat

1 Wilss 1977, S. 81 2 vgl. Komissarov 1981, S. 176 3 Höhlein 1984

Sprachwissenschaftliche Fragestellungen

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jedoch nur für 'informative' Texte Gültigkeit. Sodann lässt Höhlein den satzübergreifenden Kontext in ihrem Translationsmodell ausser acht. Im allgemeinen muss man folgern, dass gerade die Klassifizierung aller sprachlichen Mittel in eine bestimmte Anzahl von Inhaltskategorien auf theoretische Schwierigkeiten stösst: die Vielschichtigkeit des Textinhaltes, Assoziationen sowie die Bezugnahme auf frühere Erfahrungen können nicht berücksichtigt werden. 1 Anders formuliert: es fehlt eine allgemein gültige Theorie der Inhaltsstruktur eines zusammenhängenden Textes. Man muss wohl zum Schluss kommen, dass es bis jetzt nicht gelungen ist, die Erkenntnisse der generativen Transformationsgrammatik für die Lösung der theoretischen und methodischen Probleme der Übersetzungswissenschaft fruchtbar zu machen. 2 Freigangs theoretisch-linguistisch fundierte Überlegungen 3 führen dazu, dass der gesamte as Text in an der Oberfläche realisierte Sätze zerlegt wird. Dabei dient allerdings das willkürliche Kriterium der Interpunktion als Ausgangspunkt. Wie problematisch ein solches Verfahren ist, zeigt die Diskussion über die Ermittlung von Übersetzungseinheiten. Einigkeit besteht darüber, dass weder das Wort noch der Satz generell eine Übersetzungseinheit sein kann. 4 In einer nächsten Phase müssen nach Freigang die Relationen zwischen den Sätzen beschrieben werden. Daraufhin sollen die Sätze in eine Anreihung von Einfachstrukturen zerlegt werden. In diesem Zusammenhang verwendet er Ausdrücke wie '(Rück-) Transformation', 'Haupt-' und 'Nebensatz', die er jedoch nicht weiter spezifiziert. Die auf diese Weise vermittelte 'syntaktische Komplexität' liefert laut Freigang pragmatische Informationen über den Text. Anschliessend werden die Einfachstrukturen in eine 'prädikatenlogische' Form überführt, um die logisch-semantischen Relationen zwischen den Einfachstrukturen zu erläutern. Obschon er komplexe Probleme bez. Quantoren, Operatoren, Tempuslogik in seiner Skizze des Übersetzungsprozesses unberücksichtigt lässt, verwendet Freigang

1 vgl. Komissarov 1981, S. 177 2 transf ormationelle Ansätze finden sich u.a. bei Nida/Taber 1969, Callens 1970, Walmsley 1970, Van Hoof 1971, Kade 1971, Margot 1979; vgl. auch Albrecht 1973 und Wilss 1977, S. 79ff 3 Freigang 1981 4 vgl. Kapitel 4, Abschnitt 4.2.1. und Koller 1979, S. 116

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

dennoch eine prädikatenlogische Form, um die semantische Komplexität zu bestimmen. Weitere Analysen sollen 'thematische Netze' vermitteln. Lösungsvorschläge für die hier angesprochene Problematik der funktionalen Satzperspektive fehlen allerdings in den weiteren Ausführungen. So bleibt es unklar, welche funktionalen Netzwerke 1 zu unterscheiden oder welches Gewicht Wortfolge und Intonation beizumessen wären. Freigang versucht mit den thematischen Netzen, die Pragmatik und Themaprogression des Textes zu charakterisieren. Weiter braucht er solche Netze, um die pragmatisch-stilistische Relevanz des Verhältnisses zwischen semantischen und oberflächensyntaktischen Aspekten der funktionalen Satzperspektive festzuhalten. Diese textinternen Merkmale bilden mit weiteren textexternen Elementen zusammen einen pragmatischen Block, der mit den oben erwähnten logisch-semantisch-thematischen Tiefenstrukturen die 'allgemeine Tiefenstruktur' darstellt. Diese dient als Eingabe der Synthesephase, die sich über 'Konfigurationen semantischer Merkmale' und 'elementare Propositionen' vollzieht. Diese 'Synthesephase' lässt jedoch verschiedene Lösungen zu, was nochmals unterstreicht, dass das Selektionsverfahren bei der Herstellung des zs Textes für die linguistische Beschreibung des Übersetzungsprozesses eines der schwierigsten Probleme darstellt. Mit einem für die Übersetzungstheorie abgewandelten Modell der Instruktionsgrammatik versucht Dieter Stein nicht nur die Analysephase, sondern auch die Synthesephase des Übersetzungsprozesses regelhaft zu beschreiben. Sich auf Schmidts Entscheidungsfaktoren-Modell 2 stützend, postuliert er eine Tiefenstruktur für den as Text. Sie soll die Erzeugung des Textes sowie die einzelnen Entscheidungsschritte bei der Auswahl der Ausdrücke explizieren.' Dies geschieht im Hinblick auf die Erzielung der kommunikativen Funktion des Gesamt-Textes. Für die Übersetzung als Ganzes erachtet er einen 'Rückvollzug' dieser Texttiefenstruktur des Ausgangstextes sowie einen 'prospektiven' Entwurf der Texttiefenstruktur für den Zieltext als die 'Grundlage und Entscheidungskriterien liefernde Instanz'. 4 Anschliessend bemerkt Stein: 'Der zentrale Vorgang

1 vgl. Stegeman 1979, S. 51ff 2 Schmidt 1973 2 Stein 1980, S. 60 4 Stein 1980, S. 61

Sprachwissenschaftliche Fragestellungen

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bei der Äquivalenzentscheidung ist dann der Entwurf der Texttiefenstruktur für den Zieltext'. Offenbar ist zuerst von einer as Tiefenstruktur die Rede, dann von einem 'prospektiven Entwurf' einer zs Texttiefenstruktur und schliesslich nochmals von einer zs Tiefenstruktur. Sind nun drei Texttiefenstrukturen anzunehmen oder fallen die genannten zs Texttiefenstrukturen zusammen? Die Texttiefenstruktur soll als 'Generalplan' 1 die Erzeugung des Gesamttextes ermöglichen. Wie die Äquivalenzentscheidung und damit die Konstruktion der zs Tiefenstruktur vor sich geht, wird nur sehr global dargelegt: Äquivalenzentscheidungen werden 'von oben nach unten', d.h. hierarchisch von der Gesamtfunktion des Gesamttextes bis auf die einzelnen Konstituenten gefällt. Zudem fragt sich, wie sich eine Textfunktion postulieren lässt, ohne die Rolle möglicher Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses zu berücksichtigen. Für die Herstellung der Übersetzung ist, wie Stein weiter ausführt, die Annahme spezifischer 'Anweisungsleistungen von Klassen von sprachlichen Ausdrücken sowie Ausdruckkomplexionen' entscheidend; inwiefern diese verallgemeinert werden können, bleibt abzuwarten. Zur Zeit erscheint der Versuch einer Systematisierung der allgemeinen Prinzipien der Textkonstitution im Sinne einer Textgrammatik noch verfrüht. Semantische Übersetzungsmodelle gehen von einer semasiologischen Phase aus, in der den Lautformen semantische Merkmale zugeordnet werden. Dies geschieht einzelsprachlich im as Text, denn es ist nicht anzunehmen, dass unterschiedliche Sprachen eine unterschiedliche Nomenklatur für eine bereits gestaltete Wirklichkeit verwenden. 2 Die nicht weiter zerlegbaren Moneme umfassen zwei Klassen: (i) Morpheme oder Funktionsträger mit substantiellem Gehalt und (ii) Lexeme oder Bedeutungsträger mit substantiellem Gehalt. 3 Um die semantische Struktur der Lexeme für die Übersetzung zu erschliessen, lösen Diller und Kornelius die Einheit von Ausdrucks- und Inhaltsseite des Lexems auf. 4 Auf diese Weise erhält man eine semantische Struktur oder ein

1 Stein 1980, S. 61 2 vgl. Leisi 1973,S.9ff 3 vgl. Hilty 1971, S. 244 4 Diller/Kornelius 1978, S. 30ff

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

Semem. Anschliessend werden diese in ihre Einzelkomponenten - Seme aufgelöst. Mit Hilfe des Kontexts stellt man daraufhin die Zahl der Sememe fest. In einer zweiten onomasiologischen Phase sucht der Übersetzer für die Sememketten des as Textes äquivalente zs Einheiten. Allerdings dürfen wesentliche Fragen der Semantik, insbesondere wenn es um die Beziehung zwischen 'Wortbedeutung' und 'Konzepte der Welt' geht, nicht unterschätzt werden. Mit Recht weist George Steiner darauf hin, dass es unzulässig wäre, eine Übersetzungstheorie auf 'der' Semantik zu basieren, solange Logik und Metaphysik vorläufige, oft widersprüchliche Lösungen für das Problem der Beziehungen zwischen Worten und der Beschaffenheit der Welt anbieten. 1 Ausserdem bedingt das paradigmatische Verfahren eine ergänzende Satzsemantik, die es ermöglichen soll, Solidarität zwischen Lexemen aufzudecken und zu beschreiben. 2 Wenn die Übersetzungseinheiten Texte sind, müsste die Textlinguistik schliesslich die Verknüpfung der Sätze erklären. Bis anhin ist sie jedoch nicht in der Lage, diese Aufgabe zu leisten. Besteht ein Text aus einer kohärenten Menge von semantischen Relationen, so ist anzunehmen, dass diese Relationen auf dem Niveau des Kontexts durch intralinguistische Mittel, auf dem Niveau des Kotexts durch extralinguistische Mittel hergestellt werden. Weitere makrostrukturelle Merkmale, bedingt durch Konvention oder Tradition, führen zur Klassifikation der einzelnen Textsorten. Allerdings ist abzuwarten, wie vorwissenschaftliche Auffassungen über den Textsortenbegriff theoretisch untermauert werden sollen. Ausserdem ist die Relevanz einer Einteilung in Textsorten für den Übersetzungsprozess nicht ausdiskutiert: bestehen textsortenspezifische Übersetzungsmethoden und, wenn dies zutrifft, wie beschreibt man sie eindeutig? Texttypologische Ansätze hingegen führen zu interessanten Fragestellungen. Man könnte z.B. Prognosen bezüglich des Schwierigkeitsgrades des Übersetzungsprozesses aufstellen oder Hypothesen zur Übersetzungsrezeption in Beziehung zu Textfunktionen entwickeln. Katharina Reiss betrachtet die spezielle Funktion einer Textart als

1 vgl. Steiner 1975, 3. Kapitel 2 Diller/Kornelius 1978, S. 37

Sprachwissenschaftliche Fragestellungen

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Hauptfaktor des Übersetzungsprozesses. 1 Sie unterscheidet, von den von Bühler erkannten sprachlichen Funktionen ausgehend, vier Gruppen von Texten: (i) inhaltsbetonte Texte; die Übersetzung soll Invarianz auf der Inhaltsebene aufweisen; (ii) formbetonte Texte; das oberste Gebot für die Übersetzung sei die Erzielung gleicher ästhetischer Wirkung; (iii) effektbetonte Texte; die Übersetzung soll die gleiche Reaktion auslösen wie das Original. Apel erwähnt als weitere Kategorie die poetische Funktion. 2 Ausserdem unterscheidet Reiss (iv) subsidiäre Texte, die eine Hilfsfunktion in aussersprachlichen Medien erfüllen; solche Texte, an deren Konstitution sich mehrere Medien beteiligen, sind jedoch auch wieder inhalts-, form- oder effektbetont und sollten in der Übersetzung die gleiche Wirkung haben. Obschon diese Typologie einen arbiträren Eindruck hinterlässt, darf man nicht übersehen, dass sie sich auf die Funktionen der Sprache stützt. Wer, wie Werner Koller, weitere denkbare Hauptfunktionen von Texten, wie 'belehren' oder 'unterhalten', 3 aufzählt, muss folglich auch angeben, von welchen Sprachfunktionen sie abzuleiten sind. Problematischer scheint die Aufdeckung solcher Textfunktionen zu sein: der Übersetzer soll mit Hilfe der Textanalyse feststellen, welche Funktion die Sprache in einem gegebenen Text ausübt. In der Praxis mag das mehr oder weniger gelingen, theoretisch bleibt unklar, welche zuverlässige Methode dazu eingesetzt werden kann. Zudem kann dieser Vorschlag, wie bei Gisela Thiel, 4 zu einem Zirkelschluss in der Argumentation führen: aufgrund der Funktionsbestimmungen, abgeleitet von der Sprachgestaltung eines Textes, stellt man Hypothesen bezüglich des Textes auf; diese sollen ihrerseits jedoch an Hand sprachlicher Merkmale des Textes überprüft werden. Bei Reiss bleibt weiter ungeklärt, wie die Invarianz-Forderungen der typenbedingten Übersetzungsmethoden eingelöst werden können. Wie im nächsten Kapitel dargelegt werden soll,5 bietet eine kommunikationstheoretische Charakterisierung der Übersetzung neue Perspektiven für das Problem der Texttypologie.

1 Reiss 1981, S. 76 2 Apel 1983, S. 36 3 Koller 1979, S. 200 4 vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.3. 5 Thiel 1981, S. 368ff

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Die Übersetzung als Forschungsgegenstand

2.3.2. Die Übersetzung als Produkt Nur wenige Veröffentlichungen befassen sich mit der vergleichenden Beschreibung des ursprünglichen Textes und seiner Übersetzung. Welche Kategorien müsste man in einer vergleichenden Beschreibung berücksichtigen, wie charakterisiert man Unterschiede zwischen dem as und dem zs Text? Basierend auf Erkenntnissen der funktionalen Grammatik, vergleicht Kitty Μ. van Leuven-Zwart kleinere Einheiten - 'Transeme' des as und zs Textes. 1 Sie unterscheidet dabei ein 'state of affairs' Transem, das ein Prädikat und dazu gehörende Argumente enthält, sowie ein 'satellite' Transem ohne Prädikat, das eine beliebige Spezifikation umfasst. Im Vergleich vom zs Text mit dem as Text werden die Übereinstimmungen oder Relationen inventarisiert, und zwar in drei Etappen. Zuerst werden mittels semantischer Analysen Architranseme ermittelt. Darauf werden sowohl die zs als auch die entsprechenden as Transeme mit den jeweiligen Architransemen verglichen. Stellt man dabei konjunkte Aspekte fest, so ist die Rede von einer Synonymie-Relation; zeigen sich disjunkte Aspekte, so ergibt sich eine Hyponymie-Relation. Nach diesen vergleichenden Analysen stellt man die Relationen zwischen den as und zs Transemen fest. Sie können drei Typen Verschiebungen aufweisen: (i) Modulation, d.h. ein Transem zeigt einen disjunkten Aspekt, das andere ist konjunkt mit dem Architransem; (ii) Modifikation, d.h. beide Transeme stehen in einer Hyponymie-Relation zum Architransem; (iii) Mutation, d.h. dass ein (Element des) Architransem(s) fehlt. Daraufhin wird untersucht, welchen Einfluss die Frequenz solcher Verschiebungen auf das Text-Ganze hat. Was ein derartiges Verfahren für die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit leistet, wird im 4. Kapitel näher dargelegt. Pergnier ist der Auffassung, dass '(...) a linguistic approach to translation (in the restricted sense) is not sufficient to expl'ain and formalise the processes involved in translation and (...) must be complemented by other approaches.' 2 Für die Fragestellung der vorliegenden

1 Van Leuven-Zwart 1984 2 Pergnier 1978, S. 202

Folgerungen

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Arbeit trifft diese Aussage zu. Wie sich später herausstellen wird, ermöglicht die vergleichende linguistische Beschreibung eines as und zs Textes die Überprüfung von Hypothesen der Übersetzungsäquivalenz.

2.4. Folgerungen

Die literaturwissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Übersetzungsproblematik zeigen, dass es notwendig ist, den Status der literarischen Übersetzung als Produkt näher abzusichern. Dazu wird im nächsten Kapitel u.a. versucht, die ästhetischen Handlungen der Teilnehmer eines übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozesses zu umschreiben. Die linguistisch orientierte Literatur zur Übersetzung konzentriert sich vor allem auf den Übersetzungsprozess. Sie stützt sich in der Regel auf generativtransformationelle Konzepte und besitzt eine spekulative Natur. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange versucht wird, auf diesem Wege das Erstellen von Übersetzungen modellhaft zu beschreiben. Allerdings bildet die Herstellung einer Übersetzung nur einen Teil des gesamten übersetzungsspezifischen Kommunikationsvorgangs. Die bestehenden sprachwissenschaftlichen Beschreibungen der Übersetzung als Produkt basieren auf der funktionalen Grammatik. Es ist detaillierter abzuklären, welche Perspektiven sie für das Vergleichen von Übersetzung und Original bieten. Im nächsten Kapitel wird nun die Übersetzung als spezifischer, sprachlicher Kommunikationsprozess beschrieben. Das gestattet es, anschliessend die Übersetzung als Produkt im Hinblick auf die Rezeption näher zu spezifizieren.

3. KOMMUNIKATIVE MERKMALE DER ÜBERSETZUNG

3.1. Die Forderung nach einer theoretischen Basis

Die umfangreiche Literatur zum Phänomen der Übersetzung ist, wie schon im 2. Kapitel dargelegt wurde, durch Mannigfaltigkeit der Fragestellungen, Methoden und Zielsetzungen gekennzeichnet. Im Bereich der Übersetzungsforschung fehlt ein Konsens über die wissenschaftstheoretischen Ausgangspunkte. Nicht nur sind mit der Tätigkeit des Übersetzens verschiedene Zielvorstellungen verbunden, man muss die übersetzungswissenschaftliche Fachliteratur geradezu als qualitativ disparat beurteilen. 1 Zudem divergieren sowohl die Methoden der einzelnen Untersuchungen als auch ihre Forschungsgegenstände auffällig. Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, dass eine Übersetzungstheorie gefordert wird, die sich durch 'Explizitheit', 'Widerspruchsfreiheit' und 'Exhaustivität der Zusammenhänge' auszeichnet. 2 Damit Ergebnisse der Übersetzungsforschung interdisziplinär verständlich und bearbeitbar werden, ist es unerlässlich, ein theoretisches Konzept zu skizzieren, das erlaubt, Lösungsstrategien zu Fragen des Phänomens Übersetzen zu explizieren. Fasst man, im Sinne Vermeers, die Übersetzung als eine sprachliche Handlung auf, 3 so lässt sie sich als Kommunikationsvorgang betrachten. Dies erscheint als sinnvoll, da eine Übersetzung zwischen Angehörigen verschiedener Sprachgemeinschaften Kommunikation

1 Wilss 1977, S. 58 2 Wilss 1977, S. 98 3 vgl. Vermeer 1978, S. 99: 'Translation' ist damit zugleich Sondersorte von Reden. 'Rede'ist Sondersorte von Handeln.

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

herstellt: das Wesen der Translation wäre nach Jäger, Kommunikation zu sichern. 1 Es ist somit angebracht, Untersuchungen zu Übersetzungen in ein kommunikationswissenschaftliches Forschungsparadigma einzubetten. 2 Immer wieder wird in der Fachliteratur der kommunikative Charakter der Übersetzung betont. So kann nach Stein eine integrierte Theorie der übersetzerischen Teilaktivitäten nur auf einer Theorie sprachlicher Kommunikation in Texten als einer weit verstandenen vorgeordneten linguistischen Theorie basieren. 3 Kade sieht die kommunikationswissenschaftliche Untersuchung der Translation als die umfassendste Betrachtungsweise und erwartet von ihr eine Präzisierung der Forschungsaspekte. 4 House und Blum-Kulka betrachten die Übersetzung '(...) as an act of communication." Hönig und Kussmaul wählen für ihr Übersetzungsmodell die kommunikativen Funktionen von Texten als Grundlage." Pergnier stellt in Zusammenhang mit der für die vorliegende Untersuchung wichtigen Äquivalenzproblematik fest, dass Übersetzungsäquivalenz in erster Linie nicht ein Problem von 'languages in contact' ist, sondern zur Kommunikationsproblematik gehört. 7 Neubert geht vom 'communication context' als 'starting-point' seiner übersetzungstheoretischen Darlegungen aus.8 Aus der zitierten Literatur geht hervor, dass der Übersetzungsprozess im allgemeinen als spezifischer Kommunikationsvorgang aufgefasst wird. Allerdings fehlt bis anhin eine umfassende Darstellung seiner produktiven und rezeptiven sprachlichen Handlungen. Zudem mangelt es in den kommunikationsorientierten Beschreibungen der Übersetzung an wohldefinierten Begriffen. So wählt Kade für sein Modell der Übersetzung gesellschaftspolitische Kategorien,' die er nicht näher spezifiziert. Ausserdem führt sein Ansatz leicht zu nicht-kontrollierbaren Aussagen über Zusammenhänge zwischen politischen Systemen und der

1 Jäger 1975, S. 36 2 vgl. Wilss 1977, S. 76 3 Stein 1980, S. 37 4 Kade 1968, S. 18 5 House/Blum-Kulka 1986, S. 7 6 Hönig/Kussmaul 1982, S. 34 7 Pergnier 1978, S. 202 8 Neubert 1985 9 Kade 1979, S. 22

Die Forderung nach einer theoretischen Basis

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Qualität von Übersetzungen. 1 Die erwähnten Kategorien bilden u.E. jedoch, als isolierte sozial-kulturelle Faktoren der Übersetzung, einen Bestandteil des klar abzugrenzenden Voraussetzungssystems. Riilkers kommunikative Beschreibung der Übersetzung 2 basiert auf den 'pragmatischen' Verhältnissen der sprachlichen Kommunikation. Dazu unterscheidet er pragmatische Ebenen wie Individual-, Gruppen- und Gemeinschaftsebene. Auch die pragmatischen Aspekte der Übersetzung in ihrem sozial-ökonomischen und historisch-kulturellen Zusammenhang werden in der vorliegenden Arbeit als eindeutig zu charakterisierende Komponenten der übersetzungsspezifischen Kommunikation aufgeführt. In bezug auf Bibelübersetzungen legt Nida dar, dass für verschiedene Klassen von Lesern verschiedene Übersetzungen erwünscht wären. 3 Sein Ansatz richtet sich auf eine soziologisch orientierte Forschung der Übersetzung, die namentlich Strategien von Übersetzern und von Verarbeitern, wie Auftraggeber und Verleger, zum Gegenstand hat. Für vergleichende Analysen von Übersetzungsprodukten, wie sie in der vorliegenden Arbeit vorgenommen werden, eignet sich Nidas Ausgangspunkt weniger. Die as Kommunikationssituation würde sich grundsätzlich von derjenigen der Zs unterscheiden, da der as Text für alle as Rezipienten bestimmt ist, während die Übersetzungen sich nur an spezifische Rezipientengruppen der Zs wenden. Gerade bei der Ermittlung von Übersetzungsäquivalenz im Bereich der as und zs Rezeption würde dies zu theoretischen Komplikationen führen, weil neben Produktvariablen auch Rezipientenvariablen zu berücksichtigen wären. In den folgenden Abschnitten wird nun versucht, die Übersetzung als sprachlichen Kommunikationsprozess näher zu analysieren und begrifflich zu bestimmen. Dabei dient ein allgemeines Modell, das S.J. Schmidt für sprachliche Kommunikationshandlungen entworfen hat,4 als Grundlage. Wie unten dargelegt werden soll, eignet sich Schmidts Ansatz für eine möglichst umfassende Charakterisierung der übersetzungsspezifischen Kommunikation. Sodann erlaubt er die Bildung von Hypothesen zur

1 Kade 1980, S. 47 2 vgl. Rttlker 1971 3 Nida 1976, S. 68ff 4 vgl. Schmidt 1980

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Übersetzungsäquivalenz, die empirisch überprüft werden können. Anschliessend wird, mit Schmidts 'Theorie literarischen kommunikativen Handelns' 1 als Basis, der Status der literarischen Übersetzung theoretisch abgesichert. Zuerst folgt nun eine Beschreibung jener Kommunikationshandlungen, die in der Übersetzung eine Rolle spielen.

3.2. Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

Wird die Verwendung von Sprache als Teil des menschlichen Handelns aufgefasst, 2 so kann theoretisch gefolgert werden, dass translatorisches Handeln 'als Expertenhandlung einerseits durch ein allgemeines Kooperationsmuster evoziert und andererseits durch ein spezielles Handlungskonzept organisiert' ist.3 Es ist daher notwendig, die Kommunikationshandlungen der Übersetzung näher zu betrachten. Das Übersetzen gilt, wie Vannerem und Snell-Hornby ausführen, als komplexer Kommunikationsakt.'' Es ist tatsächlich problematisch, sämtliche Fakten sprachlicher Kommunikation in einer einzigen Theorie zu systematisieren. 5 Schmidts Modell gestattet es jedoch, einige jener Daten sprachlicher Kommunikation zu isolieren und zu beschreiben, die für übersetzungstheoretische Fragestellungen relevant sind. Es ist davon auszugehen, dass ein 'Kommunikationsteilnehmer' der 'Ausgangssprache KM' einen 'Text' produziert.® Er kann ihn mündlich oder schriftlich herstellen. Wenn der as Text ein Manuskript ist, besteht die Möglichkeit, dass ein Verlag ihn veröffentlicht oder 'vermittelt'. Ein Übersetzer oder 'Verarbeiter Vueb' übersetzt die as Vorlage. Ein 'Kommunikationsteilnehmer der Zielsprache Kzs' rezipiert sie. Auch in

1 Schmidt 1980, S. 130ff 2 vgl. Schmidt 1980, S. 19ff 3 Holz-Mänttäri 1986, S. 354ff 4 Vannerem/Snell-Hornby 1986, S. 189 5 Stein 1980, S. 14 6 die spezifischen Begriffe werden später definiert

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess Figur

1 Produktion as Kommunikatbasis as Kommunikationsteilnehmer/Produzent Voraussetzungs. Produktions* Produktionssystem Strategie prozess



35

as Kommunikatbasis I

Vermittlung as Kommunikatbasis as Kommunikationsteilnehmer/Vermittler VoraussetzungsVermittlungsVermittlungssystem Strategie prozess A Rezeption as Kommunikatbasis as Kommunikationsteilnehmer/Rezipient VoraussetzungsRezeptionsRezeptionssystem Strategie prozess

as Vermittlungsergebnis 1 as Kommunikat Ι

Verarbeitung as Kommunikatbasis as Verarbeiter ^ VoraussetzungsVerarbeitungs- VerarbeitungsIsystem Strategie prozess

as Verarbeitungsergebnis 1

übersetzungsspezifische Verarbeitung übersetzungsspezifischer Verarbeiter VoraussetzungsVerarbeitungs- Verarbeitungs- - > zs Kommunikatsystem Strategie prozess basis Μ 1 Vermittlung zs Kommunikatbasis zs Kommunikationsteilnehmer/Vermittler zs VermittlungsVoraussetzungsVermittlungsVermittlungsergebnis system Strategie prozess Jt 1 Rezeption zs Kommunikatbasis Ι zs Kommunikationsteilnehmer/Rezipient ^ VoraussetzungsRezeptionsRezeptions; Kommunikat 1 system Strategie prozess 1 Λ Verarbeitung zs Kommunikatbasis zs Verarbeiter zs VerarbeitungsVoraussetzungsVerarbeitungs- Verarbeitungsergebnis system Strategie prozess

%

>

Legende Die grossen Vierecke stellen Kommunikationsteilnehmer, die kleinen Kommunikatbasen oder Kommunikationsergebnisse dar. Die Pfeile deuten mögliche kommunikative Vorgänge der Übersetzung an.

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

der Zs kann ein Verlag als 'Vermittler' auftreten, indem er die Übersetzung publiziert. Kritiker können als weitere Verarbeiter den as resp. zs Text rezensieren. Die Produktion in der As, die Verarbeitung in die Zs sowie die zs Rezeption stellen wesentliche Bestandteile eines Übersetzungsvorgangs dar. Es können Vermittlungs- sowie weitere Verarbeitungshandlungen hinzukommen. Figur (1) stellt den Übersetzungsprozess schematisch dar. Sämtliche Kommunikationshandlungen der Übersetzung finden in einer 'Kommunikationssituation' statt. Sie sind Interaktionen zwischen Kommunikationsteilnehmern der As und der Zs (K„, K„. und K,,, K„..), die ihre individuellen Erinnerungsdaten, Wahrnehmungsdaten, Phantasiedaten usw. besitzen. 1 Jeder Kommunikationsteilnehmer bringt seine individuellen Voraussetzungen mit und verfügt somit über ein eigenes 'Voraussetzungssystem'. Zum Ausführen der Produktions-, Verarbeitungs- oder Rezeptionshandlungen verwenden die Kommunikationsteilnehmer 'Kommunikationsstrategien'. Die Kommunikationsteilnehmer beabsichtigen 'etwas' zu kommunizieren. Dies kann man mit Schmidt als ein 'Kommunikat' bezeichnen. Texthersteller möchten 'etwas' mittels sprachlicher Mittel mitteilen, Textempfänger möchten mit Hilfe von Sprache 'etwas' rezipieren. Dazu verwenden Kommunikationsteilnehmer einen Text oder eine 'Kommunikatbasis'. Auch für die übersetzungsspezifische Kommunikation gilt es zu unterscheiden zwischen dem, was ein Kommunikationsteilnehmer kommunizieren möchte, und der sprachlichen Form, die er dazu benützt. Im folgenden werden nun jene kommunikationstheoretischen Begriffe näher umschrieben, die für den Übersetzungsprozess relevant sind. Sie basieren auf allgemeinen kommunikationstheoretischen Begriffen wie 'Kommunikationshandlung', 'Kommunikationsteilnehmer', 'Kommunikationssituation' usw., die hier nicht weiter zur Diskussion stehen sollen. 2

1 vgl. Weinrich 1976, S. 113 2 es sei diesbezüglich auf u.a. Rehbein 1977, Kummer 1975 und Schmidt 1980, S. 19ff verwiesen

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

37

3.2.1. Voraussetzungssysteme der Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses Bei der Herstellung des as Textes, bei dessen Übersetzung sowie bei der Rezeption des zs Textes spielen nicht nur Textmerkmale, sondern auch das Voraussetzungssystem mit den verschiedensten persönlichen Daten eine Rolle. Der Aufbau der kommunikativen 'Scene' hängt, wie Vannerem und Snell- Hornby darlegen, 'weitgehend vom linguistischen Material des Textes, aber ebensosehr vom Vorwissen des Lesers, bzw. Kommunikationspartners aus seinen früheren Erfahrungen' ab. 1 Zu einem Voraussetzungssystem gehören die 'frames', die als Verbindung zwischen Grammatik und Lexikon bzw. Text gelten. 2 Wie Fillmore ausführt, ist weitere Erforschung der 'frames' wünschenswert: '... we must add to the description of grammar a description of the cognitive and interactional 'frames' in terms of which the language-user interprets his environment, formulates his own messages, understands the messages of others, and accumulates or creates an internal model of his world.' 3 Im Bereich der Übersetzungsforschung sind insbesondere die kulturbedingten Elemente in den 'frames' der Kommunikationsteilnehmer von Bedeutung. Es darf daher nicht erstaunen, dass soziolinguistische Untersuchungen des Übersetzungsprozesses auch Phänomenen wie 'Original Horizon', 'Translator's Horizon' oder 'Receptor's Horizon' Rechnung tragen. 4 Zu diesen Bereichen gehören die von den Kommunikationsteilnehmern eingebrachten Bewusstseinsinhalte, die Stein 'Situationsdaten" und Neubert 'pragmatic components' 6 nennt. Sie leisten Hilfe bei der Einlösung der im Text gegebenen Instruktionen. In Steins Erläuterungen fällt allerdings auf, dass die verschiedenen Informationstypen im Hinblick auf die Rezeption charakterisiert werden. 7 Da aber auch die persönlichen Daten des ursprünglichen Verfassers

1 Vannerem/Snell-Hornby 1986, S. 187 2 Neubert 1985, S. 37 3 Fillmore 1976, S. 25; vgl. Neubert 1986, S. 189 4 vgl. Taber 1980 5 Stein 1980, S. 55 6 Neubert 1985, S. 21 7 eine wichtige Frage bei Stein ist die Einlösung der im Text 'auf sämtlichen TextzeichenKomplexionsebenen gegebenen Instruktionen'; siehe Stein 1980, S. 53

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

sowie die des Übersetzers den Übersetzungsprozess beeinflussen, gilt im allgemeinen, dass jeder Kommunikationsteilnehmer Daten seines 'Voraussetzungssystems'ineinerübersetzungsspezifischenKommunikationssituation verwendet. Im Rahmen des 'scenes-and-frames-Konzept' beschreiben Vannerem und Snell-Hornby ebenfalls Daten des Voraussetzungssystems. In ihrer Darstellung geht der Übersetzer beim Verstehen vom 'ausgangssprachlichen Text A' von einem vorgegebenen frame aus, 'nämlich dem Text und seinen linguistischen Komponenten.' 1 Der Autor dieses Textes hat bei dessen Herstellung den eigenen Erfahrungshintergrund, sein Repertoire, berücksichtigt. Der Übersetzer ergänzt die vom Text hervorgerufenen scenes durch 'prototypische scenes, durch sein internalisiertes Wissen über die komplexeren vom Textmaterial aktivierten scenes.' 2 Analog zu Schmidts Definition des K-Voraussetzungssystems lässt sich nun das Voraussetzungssystem eines Teilnehmers eines Übersetzungsprozesses wie folgt definieren: Definition

1

KVSob ist ein Voraussetzungssystem eines Kommunikationsteilnehmers eines Übersetzungsprozesses K^, wenn KVSo,, das System der in der Sozialisationsgeschichte entwickelten Bedingungen der As für die Produktion, der As und Zs für die übersetzungsspezifische Verarbeitung oder der Zs für die Rezeption ist, unter denen K^, an Kommunikationshandlungen mit Hilfe von Kommunikatbasen teilnehmen kann. Allgemeine Faktorenwie Wissen, Fähigkeiten, Motivation, Bedürfnisse, Intentionen sowie die spezifische ökonomische, politische, soziale und kulturelle Situation der As, der As und Zs oder der Zs bestimmen das Voraussetzungssystem des as Produzenten, des übersetzenden Verarbeiters resp. des zs Rezipienten. Sie können individuell oder gruppenspezifisch sein.'

1 Vannerem/Snell-Hornby 1986, S. 189 2 Vannerem/Snell-Hornby 1986, S. 189 3 Neubert 85, S. 21

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Wie sehr Unterschiede zwischen Voraussetzungssystemen die Strategie eines Übersetzers bestimmen können, macht beispielsweise Laura Bohannans 'Shakespeare in the Bush' klar. Unter Berücksichtigung der anthropologisch völlig anderen Struktur der Rezipienten, nämlich eines zentralafrikanischen Negerstammes, war es notwendig, Hamlets Charakter eingreifend zu ändern, denn Hamlets Ausser-sich-Sein wurde von den zs Rezipienten als ein Besessensein von einem bösartigen Geist gedeutet und ein Brudermord wäre Sache des Rates der Ältesten. 1 Als spezielle Faktoren erwähnt Schmidt Annahmen über andere Kommunikationsteilnehmer, Kenntnis über vorausgegangene Handlungen, Kenntnis der eigenen Rolle, Erwartungen, psychische und physische Zustände. 2 Obschon diese Einflussfaktoren auf ganz unterschiedlichen Ebenen liegen, sollte man in der Analyse von Kommunikation, namentlich auch in der Betrachtung der Übersetzung, solche sozialen und geschichtlichen Dimensionen mitberücksichtigen. 3 Es dürfte allerdings einleuchten, dass Objektbereiche mit verschiedensten Datentypen unterschiedliche Forschungsmethoden verlangen. Es sei dahingestellt, ob dieser Umstand die Methodenkonsistenz einer Übersetzungstheorie gefährdet, wie Stein befürchtet. 4 Von einer Neubestimmung der linguistischen Theoriebildung in einer für die Übersetzungswissenschaft operativen Theorie erwartet er diesbezüglich eine methodische Lösung. Dies muss man m.E. allerdings aus zwei Gründen bezweifeln. Erstens wird die Problematik der Forschungsmethode dadurch nicht gelöst, sondern nur in eine andere Diziplin verlagert. Zweitens wählt sich die Sprachwissenschaft für ihre Untersuchungen, auch wenn sie soziolinguistisch orientiert sind, die Systematik von Sprache als Forschungsgegenstand. Die Daten der Voraussetzungssysteme von Kommunikationsteilnehmern hingegen sind nicht sprachgebunden, sondern bestimmen das menschliche Verhalten im

1 Laura Bohannan, 'Shakespeare in the Bush', Ants, Indians, and little Dinosaurs: A Celebration of man and nature for the 7Sth anniversary of 'Natural History Magazine', ed. Alan Ternes, New York 1975, S. 203-216. Vgl. dazu Hofmann 1980, S. 63ff 2 Schmidt 1980, S. 51, S. 52 3 Schmidt 1980, S. 51, S. 52 4 Stein 1980, S. 38

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

allgemeinen. Sie sind somit Gegenstand einer allgemeinen Handlungstheorie. Im jetzigen Zeitpunkt ist festzuhalten, dass die Daten eines Voraussetzungssystems zwar von Bedeutung sind bei der Sinnbildung in einer übersetzungsspezifischen Kommunikationssituation. Im Rahmen der Übersetzungsforschung fehlt es diesbezüglich jedoch an theoretischer Vorarbeit. Es bieten sich in Zusammenhang mit den heterogenen Daten der Voraussetzungssysteme nun zwei Strategien an. Man kann die Voraussetzungssysteme von Teilnehmern eines Übersetzungsprozesses zum Forschungsgegenstand machen und, z.B. im Rahmen einer empirischen Sozialforschung, Hypothesen über Merkmale der Kommunikationsteilnehmer dieses Prozesses entwickeln. Als Konstante würde die Übersetzung gelten, während die sozialen Strukturierungen der Kommunikationsteilnehmer näher zu untersuchen wären. Umgekehrt besteht die Möglichkeit, Produktvariablen als Untersuchungsobjekt zu wählen. Dieses Verfahren eignet sich, wenn die Rezeption verschiedener Übersetzungen eines einzigen as Textes verglichen wird, wie das in der vorliegenden Arbeit der Fall ist. Wie später dargelegt wird, kann man bei einer solchen Analyse versuchen, die Voraussetzungssysteme als variablen Faktor auszuschalten, indem man mit homogenen Gruppen as und zs Probanden arbeitet.

3.2.2. Kommunikationsstrategien der Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses Wenn in Darstellungen des Übersetzungsprozesses der Ausdruck 'Strategie' verwendet wird, so handelt es sich oft um eine vage, alltagssprachliche Bezeichnung des Übersetzungsvorgangs. 1 Wilss bemerkt diesbezüglich: 'Translation strategy seems to be a rather diffuse concept which refers to the general transfer perspective or transfer concept for a particular text.' 2 Es scheint daher angebracht, im Rahmen einer kom-

1 vgl. Krings 1986, S. 172 2 Wilss 1983, S. 145

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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munikationstheoretischen Darstellung der Übersetzung den Strategiebegriff näher zu bestimmen. K o m m u n i k a t i o n s t e i l n e h m e r verwenden eine Strategie, um kommunizieren zu können; sie brauchen Elemente ihrer Voraussetzungssysteme zur Bildung von Ablaufentwürfen ihrer Kommunikationshandlungen. Für den Produzenten charakterisiert Neubert dies als 'a search of linguistic signs for something in one's mind'; der Rezipient 'matches his knowledge with the incoming signals.' 1 Da der Übersetzungsprozess eine spezifische Form der sprachlichen Kommunikation ist, gilt gleiches f ü r die Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses. Gibt es aber übersetzungsspezifische Strategien? Ein as Produzent kann sich einen übersetzungsspezifischen Ablaufentwurf wählen, wenn er sich bewusst ist, an einem Übersetzungsprozess teilzunehmen. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein as Sprecher einem Kongressdolmetscher von Zeit zu Zeit die Gelegenheit bietet, das Gesagte in die Zs zu übersetzen. Der Verfasser eines Romans hingegen braucht in der Produktionsphase nicht an die Möglichkeit einer Übersetzung seines Buches gedacht zu haben. Der Verarbeiter, der übersetzt oder dolmetscht, ist sich zwangsläufig bewusst, an einem Übersetzungsprozess teilzunehmen. Die Bildung der Ablaufentwürfe eines übersetzenden Verarbeiters orientieren sich an as Rezeptions- sowie zs Produktionsdaten. Für den Rezipienten einer Übersetzung gilt das gleiche wie für den as Produzenten: er kann, muss sich aber nicht im klaren sein, an einem Übersetzungsprozess teilzunehmen. Je nachdem enthält seine Kommunikationsstrategie übersetzungsspezifische Merkmale. Analog zu Schmidts allgemeiner Definition der Kommunikationsstrategie 2 lässt sich nun die Kommunikationsstrategie eines Teilnehmers eines Übersetzungsprozesses wie folgt definieren: Definition 2 KStr üb ist eine Kommunikationsstrategie eines Kommunikationsteilnehmers an einem Übersetzungsprozess K ^ bezüglich einer

1 Neubert 1985, S. 27 2 Schmidt 1980, S. 53

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Kommunikationshandlung KH, wenn KStrch die Teilmenge derjenigen Elemente aus dem K-Voraussetzungssystem Kc, ist, die Κ tatsächlich zur Bildung von Ablaufentwürfen für die übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen benützt. MittelsKommunikationsstrategienbezweckenKommunikationsteilnehmer sozial Kontakt aufzunehmen, sich gegenseitig zu orientieren, sich selbst darzustellen, emotionale Bedürfnisse zu befriedigen usw.1 Kommunikative Funktionen der Übersetzung sind somit nicht von 'Texten' ablesbar, wie Reiss annimmt, 2 sondern werden sowohl von der Kommunikationsstrategie als auch vom Voraussetzungssystem der Kommunikationsteilnehmer charakterisiert. Im übrigen kritisiert Koller die Reiss'sche Texttypologie mit Recht, da sie von entscheidenden Textbedingungen abstrahiert 3 : die unterschiedlichen kommunikativen Funktionen sind nicht mit ihren Kategorien abgedeckt. Eine kommunikationsorientierte Betrachtung der Übersetzung entbehrt der notwendigen theoretischen Voraussetzungen, um dem as Text oder dem zs Text inhärente Funktionen zuzusprechen. Begriffe wie 'inhaltsbetont', 'formbetont' und 'effektbetont' sind mit Hilfe der Kategorien 'Kommunikationsstrategie' und 'Voraussetzungssystem' neu als Zielsetzungen der am Übersetzungsprozess beteiligten Kommunikationsteilnehmer zu formulieren. Da sich Kommunikationsstrategien sowohl auf das Herbeiführen als auch auf das Akzeptieren von Kommunikation richten, muss man folglich die kommunikativen Zielsetzungen aller am Übersetzungsprozess Beteiligten berücksichtigen. Für die Charakterisierung und Klassifizierung solcher Zielsetzungen liegt ein bedeutendes Forschungsgebiet brach. Es wären u.a. Einsichten der systemorientierten Linguistik in Beziehung zur Kommunikationsstrategie herauszuarbeiten. So stellt sich die Frage, welche gesetzmässigen Zusammenhänge zwischen den gewählten sprachlichen Mitteln und dem Voraussetzungssystem resp. der Kommunikationsstrategie eines Übersetzers bestehen.

1 vgl. Schmidt 1980, S. 54 2 Reiss 1978, S. 31ff 3 Koller 1979, S. 204

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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3.2.3. Kommunikatbasen der Übersetzung Wie aus den vorangegangenen Ausführungen zum Übersetzungsprozess hervorgeht, verarbeitet ein Übersetzer einen as 'Text', 'Botschaftsträger' 1 oder eine 'Kommunikatbasis' zu einer zs 'Kommunikatbasis'. 2 Dieses Ergebnis der übersetzungsspezifischen Verarbeitung, in Kades Terminologie das 'Translat', kann mündlich oder schriftlich sein. 3 D a h e r ist es notwendig, die Begriffe 'Dolmetschprodukt' sowie 'Übersetzung' einzuführen und zu definieren. Definition 3 Ein Dolmetschprodukt ist eine sprachliche Kommunikatbasis f ü r Kommunikationsteilnehmer in einer Gesellschaft der Zielsprache GIS, wenn es in einem Übersetzungskommunikationsprozess den Bedingungen der Phonetizität, Lexikalität und Syntaktizität in bezug auf die natürliche Zielsprache in G genügt. Definition 4 Eine Übersetzung ist eine sprachliche Kommunikatbasis für Kommunikationsteilnehmer in einer Gesellschaft der Zielsprache GM, wenn sie in einem Übersetzungskommunikationsprozess den Bedingungen der Graphematizität, Lexikalität und Syntaktizität in bezug auf die natürliche Zielsprache in G genügt. Mit Absicht lassen die Definitionen (3) und (4) offen, ob man das Ergebnis einer übersetzungsspezifischen Verarbeitung als 'Übertragung', 'Paraphrase', 'Umarbeitung' oder 'Kommentar' einstuft. 4 Eine solche Einstufung deutet lediglich auf Verarbeitungs- oder Rezeptionsstrategien hin, grenzt das Ergebnis eines Übersetzungsvorgangs jedoch nicht näher ab.

1 Holz-Mänttäri 1986, S. 362 2 für eine Definition des Begriffes 'Kommunikatbasis'vgl. Schmidt 1980, S. 72 3 Im übrigen hat Schleiermacher als erster die Tätigkeit des Uebersetzens von der Tätigkeit des Dolmetschens abgehoben; siehe Schleiermacher 19733 und Wilss 1977, S. 32 4 vgl. Wilss 1977, S. 121ff, und Koller 1979, S. 157ff

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Stellen Dolmetschprodukte oder Übersetzungen unmittelbar Kommunikation zwischen as und zs Kommunikationsteilnehmer her, so werden sie als 'primär' bezeichnet. So gilt der Text, den ein Dolmetscher während einer Konferenz herstellt, als primär. Dienen Dolmetschprodukt oder Übersetzung hingegen dazu, einem zs Kommunikationsteilnehmer über die Kommunikation zwischen as Produzenten und as Rezipienten zu berichten, so sind sie 'sekundär'. Neubert nimmt ähnliche Unterscheidungen vor, wählt dazu allerdings das umstrittene Kriterium der Textsorte. 1 Diller versucht vom Übersetzungszweck abzuleiten, ob eine Übersetzung primär oder sekundär ist.2 Ein Text an sich besitzt jedoch als Kommunikationsbasis keine inhärenten Zwecke; lediglich Kommunikationsteilnehmer können einen Zweck verfolgen, was sich in Voraussetzungssystemen und Strategien zeigen würde. Wenn man die Übersetzung prinzipiell als eine Textreproduktion auffasst, so stellt sich die Frage, ob sie das Ergebnis einer metatextuellen Kommunikationshandlung ist und folglich immer als 'sekundär' einzustufen wäre. Der übersetzte Text hat ein neues Publikum, die Übersetzung wird somit pragmatisch zu einer eigenen Textsorte. 9 Wie Van den Broeck darlegt, gibt es jedoch keine linguistischen Gründe, anzunehmen, dass sich die illokutive Struktur des Textes oder des Texttypus in der Übersetzung zwangsläufig ändert. 4 Ob die Übersetzung nun als 'primär' oder 'sekundär' aufzufassen ist, kann nicht direkt aus Merkmalen des Textes abgeleitet werden. Erst aus der Deskription der Kommunikate der am Übersetzungsprozess Beteiligten geht hervor, welcher Status der Übersetzung beizumessen ist. In seiner Beschreibung des Übersetzungsprozesses als Interaktionsvorgang weist Vermeer darauf hin, dass Έ ' (= Empfänger) aus einer Menge von Empfängern und 'S' (= Sender) aus einer Menge von Sendern bestehen kann. 5 Da sich die vorliegende Arbeit auf die Frage konzentriert, wie die Übersetzungen eines Romans rezipiert werden, sollen diese Möglichkeiten detaillierter dargestellt werden.

1 Neubert 1970, S. 451ff 2 Diller 1978, S. 3ff 3 vgl. Dressier 1972, S. 107 4 Van den Broeck 1986, S. 38ff 5 Vermeer 1978, S. 100

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Kommunikatbasen einer Übersetzungshandlung können face- to-face, einfach adressiert sein. Die kommunikative Handlung des übersetzenden Verarbeiters V üb ist in diesem Fall an den Kommunikationsteilnehmer K a und allein an ihn adressiert. Dies ist z.B. der Fall beim Dolmetschen zwischen zwei Gesprächspartnern. Ist die Kommunikationshandlung des Verarbeiters Vot, an mehrere Kommunikationsteilnehmer K,,!, K,l2 gerichtet - in Vermeers Terminologie an eine 'Menge von Adressaten' -, so sind die Kommunikatbasen einer Übersetzungshandlung mehrfach adressiert, z.B. wenn ein Verarbeiter Vcb für mehrere Teilnehmer einer Konferenz dolmetscht. Mehrfach adressierte Übersetzungshandlungen sind als Massenkommunikationshandlungen einzustufen, wenn der übersetzende Verarbeiter und der Rezipient nicht an einer gemeinsamen Kommunikationssituation teilhaben. Dies trifft z.B. bei der Rezeption eines übersetzten Buches zu. Anders als beim face-to-faceÜbersetzen fehlt ein direktes Feedback; die Kommunikation ist indirekt, denn die Kommunikationsteilnehmer können sich nicht unmittelbar über die Übersetzung unterhalten. 1 Die massenkommunikative Übersetzungshandlung lässt sich mit Hilfe der Schmidtschen 2 Umschreibung der Massenkommunikationshandlung wie folgt definieren: Definition 5 MKH 0b ist eine massenkommunikative Übersetzungshandlung von Kommunikationsteilnehmern in Kommunikationssituationen, wenn folgende Grössen vorhanden sind: Kommunikationsteilnehmer K,,,, K„2 , Medienkommunikatbasen KB a l , K B ^ , Kommunikatverarbeiter-Vohi, V 0 b 2 ., Kommunikatvermittlungsinstitutionen VSI, Vi2..., so dass gilt: a) V;,, Vi2 produzieren und präsentieren KB Ml , KB„ 2 ; b) die Kommunikationshandlungsbeziehungen zwischen K ^ , Kj,2 sind indirekt; c) die Kommunikationshandlungsbeziehungen zwischen K,,„ K,,2 sind öffentlich;

1 vgl. Schmidt 1980, S. 195ff 2 vgl. Schmidt 1980, S. S. 194ff

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

d) die Verteilung möglicher Handlungsrollen ist für K,,„ κ„2. einseitig; e) K Itl , KIs2. rezipieren KB Itl ,KB It2 ; f ) KIsl, K„2..., die KB,,,, KB z&2... rezipieren, bilden für V^bi* Vüb2... und V u , Vi2 ein hypothetisches Publikum; g) die Relation zwischen V ^ , V^... und KMi, K,l2. ist vermittelt. Sind Kommunikatbasen an ein zwar zahlenmässig nicht bestimmbares, merkmalmässig aber bestimmtes Publikum gerichtet, so spricht man von spezifischen massenkommunikativen Übersetzungshandlungen. Zu dieser Kategorie gehören beispielsweise die Übersetzungen von Nachrichten im Rundfunk für bestimmte Gruppen von Ausländern. Abschliessend ist festzuhalten, dass in einer kommunikationstheoretischen Betrachtungsweise des Übersetzungsprozesses wohl as und zs Kommunikatbasen zur Diskussion stehen, nicht aber die möglichen Äquivalenzbeziehungen zwischen Sprachen. 1 Übereinstimmungen zwischen Sprachen sind Übereinstimmungen zwischen Sprachsystemen und stellen folglich einen Bestandteil der Systemlinguistik, und zwar der kontrastiven Grammatik, dar. 2

3.2.4. Übersetzungsspezifische Kommunikate Wie vorher bereits angedeutet, beabsichtigen sowohl der Produzent als auch der Übersetzer, 'etwas' zu kommunizieren. Das, was sie kommunizieren möchten, nennt man meistens, aber auch uneinheitlich, 'Funktion', 'Intention', 'Botschaft' oder 'Kommunikat'. Es handelt sich hierbei um den Anfang eines Produktions- resp. Verarbeitungsvorgangs. Was die Kommunikationsteilnehmer der As und Zs rezipieren, bezeichnet man oft ebenfalls als 'Funktion', 'Botschaft' oder 'Kommunikat': es ist das Ergebnis eines Rezeptionsvorgangs. Wie House darlegt, ist es tatsächlich sinnvoll, die sprachstilistische Adäquatheit einer Übersetzung auf Grund kommunikationssituationeller

1 vgl. Koller 1979, S. 87 2 vgl. Stegeman 1979, S. 17ff

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Parameter zu betrachten. 1 Dazu sollen die visuell oder auditiv wahrnehmbaren Formen sprachlichen Ausdrucks, die Kommunikatbasen, von tatsächlich realisierten Einlösungsformen, Kommunikaten, unterschieden werden. 2 Anders formuliert: Kommunikate stellen kommunikativfunktionale Aspekte der sprachlichen Kommunikation dar und sind daher von materiellen Formen wie gesprochenen und geschriebenen Texten zu unterscheiden. Es liegt somit nahe, sowohl bei der Produktion des as Textes, bei dessen Übersetzung als auch bei der Rezeption des as und des zs 'Textes' jeweils den kommunikativ-funktionalen Teil der Kommunikation als 'Kommunikat' zu verstehen. In Anlehnung an Schmidts Definition des Kommunikats lässt sich das übersetzungsspezifische Kommunikat so definieren: Definition 6 K 0b ist ein übersetzungsspezifisches Kommunikat f ü r einen as Produzenten, einen übersetzenden Verarbeiter oder einen zs Rezipienten, wenn er mit einer sprachlichen Kommunikatbasis KB, die ihm in einer übersetzungsspezifischen Kommunikationssituation KSit 0b präsentiert wird, eine Kommunikationshandlung durchführt, oder wenn Κ eine sprachliche Kommunikatbasis der As produziert oder diese in die Zs verarbeitet, um damit mit anderen Kommunikationsteilnehmern Kommunikationshandlungen durchzuführen. Ein sprachliches Kommunikat besitzt folglich erst dann einen übersetzungsspezifischen Charakter, wenn von einer übersetzungsrelevanten Kommunikationssituation die Rede ist. Diese Bedingung gilt z.B. für den Verarbeiter, der einen Text übersetzt, sie muss aber nicht gelten, wenn ein Produzent in der As einen Text herstellt. Steins Begriff 'Funktion' bezieht sich, ähnlich wie der in der vorliegendenden Arbeit verwendete Ausdruck 'Kommunikat', auf das, was mittels Sprache kommuniziert wird. Zwar kann seine Ausdrucksweise 'Funktion sprachlicher Zeichen' zuerst zu Missverständnissen führen,

1 House 1977, S. 38ff 2 vgl. Stein 1980,S.52ff

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

z.B. wenn er den spezifischen Übersetzungsbegriff 'Äquivalenz' nur auf der Basis der 'Funktion' von sprachlichen Zeichen definiert. 1 Es ist problematisch, Äquivalenz zwischen Kommunikatbasen statt zwischen Kommunikaten anzunehmen. Später wird in Steins Ausführungen jedoch klar, dass für die Erzielung einer äquivalenten Lösung der Übersetzer jene sprachlichen Ausdrücke wählt, die den zs Textrezipienten zum Vollzug einer kommunikatorischen Funktion F2 veranlassen, die im Vergleich zu F l als adäquat bezeichnet wird. 2 Wie die Beurteilung der Äquivalenz vor sich geht oder was 'adäquat' bedeutet, bleibt allerdings ungewiss. 3 Stein bemerkt lediglich, dass für die Beurteilung der Äquivalenz die Kenntnis der ursprünglichen Intention erforderlich ist.4 Diese Auffassung zeigt im übrigen, dass Stein zwischen 'Funktion' und 'Intention' unterscheidet, was auch in anderen Veröffentlichungen zur Übersetzungstheorie anzutreffen ist. So meint Paepcke, dass zwischen der spezifischen Bedeutung der 'Bruchstücke' eines Textes und der Intention seiner Gesamtmitteilung zu unterscheiden ist.5 Stolze deutet sogar die Möglichkeit an, die Beschreibung des Übersetzungsvorgangs auf die 'Intention' eines as Kommunikationsteilnehmers zu gründen. Es dürfte jedoch einleuchten, dass dazu der theoretische Status des Begriffes 'Intention' näher abzuklären wäre. In diesem Rahmen sei nur darauf hingewiesen, dass dies den Handlungstheoretikern bis anhin nicht eindeutig gelungen ist.® Aus diesem Grund kann es nicht erstaunen, dass Vermeer wohl äusserst vorsichtig formuliert: 'Es wird behauptet, dass das primäre Parameter einer Translation die Intention ist.' 7 Zwar möchte ein Autor in der Regel einen Text schaffen, der 'möglichst kongruent seine Intention verwirklicht', aber der as Produzent kann 'durchaus nicht davon ausgehen, dass ihm das gelingt.'8

1 Stein 1980, S. 26 2 Stein 1980, S. 71 3 diese Problematik steht im nächsten Kapitel zur Diskussion 4 Stein 1980, S. 71 5 Paepcke 1979, S. 319 6 vgl. Kummer 1975, Wright 1977, Brennenstuhl 1975 und Schmidt 1980, S. 26ff 7 Vermeer 1978, S. 100 8 Hönig/Kussmaul 1982, S. 23

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Der as Text ist somit eine 'unikale Variante möglicher Vertextungen der kommunikativen Intentionen seines Verfassers.' 1 Übersetzungstheoretisch stellt sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, die Absicht des as Produzenten, etwas zu kommunizieren, zu vergleichen mit dem Kommunikat des zs Rezipienten: stimmt das Kommunikationsergebnis eines deutschen Lesers einer deutschen Übersetzung des Max Havelaar mit den Intentionen Eduard Douwes Dekkers überein? Wird eine maximal ähnliche zs Funktion erreicht, wenn die Intention des ursprünglichen Verfassers und die der Übersetzer maximal übereinstimmen? 2 Auch wenn der Begriff Intention eindeutig definiert wäre, so stellte sich die Frage, wie man die Intentionen des as Produzenten und des übersetzenden Verarbeiters rekonstruiert. Leitet man sie aus Kommunikatbasen ab, so hätte der Untersucher hermeneutisch vorzugehen. 'Private Esoterik' lässt sich in einem theoretisch so wenig abgesicherten Verfahren kaum vermeiden. Wenn Stein folgert, dass die Intention des ursprünglichen Produzenten prinzipiell unzugänglich ist, 3 so sollte man hinzufügen, dass dies für den heutigen Stand der Forschung gilt. Ebensowenig lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt die Intention des Übersetzers zuverlässig beschreiben. Da in der vorliegenden Arbeit die Rezeption des Originals und die der Übersetzung im Hinblick auf Äquivalenzhypothesen zentral steht, muss hier nicht weiter auf die Relationen zwischen Intention und Kommunikat eingegangen werden. Festzuhalten ist, dass die Intentionen des as Produzenten und die des übersetzenden Verarbeiters zu einer anderen Klasse Daten gehören als die Kommunikate der Teilnehmer eines übersetzungsspezifischen kommunikationsprozesses. Laut Vermeer spielt der 'Translator' in einem Übersetzungsprozess 'zuerst' die Rolle eines 'Rezipienten' und 'nachher' die eines 'Senders'/ Wenn dies zutrifft, so lassen sich kommunikationstheoretisch folgende Handlungen unterscheiden: Der as Produzent realisiert ein Kommunikat als as Text oder Kommunikatbasis. Der Übersetzer rezipiert als Verar-

1 Neubert 1986, S. 87 2 vgl. Stein 1980, S. 61ff 3 Stein 1980, S. 67 4 Vermeer 1978, S. 100

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

beiter diese Kommunikatbasis; das Resultat dieser Handlung ist ein Kommunikat. Der Übersetzer realisiert somit 'eine historisch mögliche Konkretisation'. 1 Dieses Kommunikat übersetzt er in eine Zs. Das Resultat dieser Handlung, eine zs Kommunikatbasis, wird von einem oder mehreren zs Kommunikationsteilnehmern zu Kommunikaten rezipiert. Wie im nächsten Kapitel gezeigt wird, eignen sich die Begriffe Kommunikatbasis und Kommunikat dazu, Hypothesen zur Übersetzungsäquivalenz zu entwickeln.

3.2.5. Übersetzungsspezifische Produktionshandlung Stellt ein Kommunikationsteilnehmer der As einen Text her mit der Absicht, ihn übersetzen zu lassen, so kann man diese Handlung als übersetzungsspezifische Produktionshandlung bezeichnen. Dies ist z.B. der Fall, wenn man in der As eine Antwort auf einen zs Brief schreibt mit der Absicht, ihn übersetzen zu lassen, bevor man ihn abschickt. Die Definition einer solchen Handlung lautet: Definition 7 PH 0 b ist eine übersetzungsspezifische Produktionshandlung eines as Kommunikationsteilnehmers K,„ wenn K„ im Verlauf dieser Kommunikationshandlung eine as Kommunikatbasis KB^ erzeugt, die f ü r ihn als as Kommunikat einer übersetzungsspezifischen Kommunikationssituation KSit^ gilt. Erzeugt ein as Kommunikationsteilnehmer einen f ü r as Rezipienten bestimmten Text, so wird diese Handlung folglich nicht als übersetzungsspezifisch eingestuft, auch dann nicht, wenn dieser Text nachher in eine Zs übersetzt wird. Wenn ein Kommunikationsteilnehmer eine Produktionshandlung im Hinblick auf eine Übersetzung durchführt, so wird die von ihm gewählte Strategie sowie der Produktionsprozess dadurch bestimmt.

1 vgl. Vodicka 1976 und Koller 1979, S. 132

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Neuere Untersuchungen 1 haben ausgewiesen, dass in der Produktion mehrere 'overlapping sub-processes' zu unterscheiden sind.2 Schematisch kann die übersetzungsspezifische Produktionshandlung wie in Figur (2) dargestellt werden: Figur

2

übersetzungs

spezifische

Voraussetzungssystem



Produktions

Handlung

übersetzungsorientierte Produktionsstrategie

übersetzungsorientierter Produktionsprozess

Hier kommt zum Ausdruck, dass der as Produzent Bestandteile des Voraussetzungssystems braucht, die für die Erzeugung einer übersetzungsspezifischen as Kommunikatbasis notwendig sind. Weiter geht aus diesem Schema hervor, dass der Produzent zum gleichen Zweck die relevanten Strategien selektioniert und einsetzt.

3.2.6. Übersetzungsspezifische Verarbeitungshandlung Wie schon im 2. Kapitel dargelegt, hat die sprachsystemorientierte Forschung transformationelle Beschreibungen des Übersetzens geliefert, die dem Handlungscharakter dieses Prozesses wegen der gewählten Optik nicht Rechnung tragen konnten. 3 In den neuesten, kommunikations1 Meyer 1975 2 Neubert 1985, S. 24 3 in seiner schematischen Darstellung des Uebersetzungsprozesses macht Wilss (Wilss 1977, S. 96) den inhaltlichen und stilistischen Wechselbezug zwischen as und zs Texten wie im folgenden Schema sichtbar: . Text/Form

_zs>Text/F

N= Nachricht as Text/Inhalt

zs Text/Inhalt

In seinem Kommentar zu diesem Schema stellt Wilssfest, dass damit die übersetzungstheoretische Zielvorstellung vom Gleichgewicht zwischen as und zs Text formuliert ist. Es ist m.E. jedoch problematisch, in einem Schema sowohl einen Prozess als auch dessen Ziel modellhaft darzustellen. Zudem scheint es unumgänglich, den Begriff Text als as und zs

52

Kommunikative Merkmale der Übersetzung

theoretisch orientierten Untersuchungen werden jedoch vermehrt Merkmale der spezifischen Kommunikationshandlung des Übersetzers berücksichtigt. So heben Vannerem und Snell-Hornby in ihrer kommunikationstheoretischen Darstellung der Übersetzung diesen spezifischen Charakter hervor, wenn sie festhalten: 'Ausgehend von den erfassten scenes muss er (der Übersetzer - J.S.) nach passenden frames in der ZS suchen, welche die gewünschten scenes beim Adressaten der Übersetzung hervorrufen.' 1 In dieser Betrachtungsweise kann Übersetzen somit nicht als 'blosse Umkodierung' 2 aufgefasst werden. 3 Auch Hönig und Kussmaul betonen den spezifischen Charakter der Handlungen des Übersetzers, indem sie darauf hinweisen, dass der Übersetzer 'anders rezipiert' als andere Rezipienten: er nimmt grundsätzlich einen kategorisch anderen Text zur Kenntnis als der 'natürliche' Adressat in der As.'1 Global lässt sich diese Handlung folgendermassen umschreiben: der Übersetzer verarbeitet ein as Kommunikat zu einer zs Kommunikatbasis. Die Definition der übersetzungsspezifischen Verarbeitungshandlung lautet: Definition 8 KV Cb ist eine übersetzungsspezifische Kommunikatverarbeitungshandlung, wenn ein Verarbeiter eine Kommunikatbasis K,, in eine Zielsprache Zs produziert, die sich f ü r ihn und f ü r andere Kommunikationsteilnehmer in einer erkennbaren Weise auf ein thematisches Kommunikat der Ausgangssprache K„ bezieht.

Kommunikatbasis zu spezifizieren, wie dies in einer kommunikationstheoretischen Darstellung geschieht. Schliesslich ist es theoretisch umstritten, 'Inhalt' und 'Form' als wohldefinierte Textkategorienauf zufassen. Als Elemente einesKommunikationsprozesses bestimmen sie die Produktion wie dieRezeption von Kommunikatbasen. 'Form' und 'Inhalt' sind somit immer in Beziehung zu den Kommunikationsteilnehmern zu setzen. Das gleiche giltfür 'Nachricht': auch dieser Begriff erhält erst in bezug auf Kommunikationsteilnehmer Bedeutung, was mit dem Terminus 'Kommunikat' zum Ausdruck gebracht wird. 1 Vannerem/SneU-Hornby 1986, S. 191 2 Koller 1972, S. 69ff 3 Hönig/Kussmaul 1982, S. 34 4 Hönig/Kussmaul 1982, S. 26

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Während der Verarbeitungshandlung befolgt der Übersetzer eine as-spezifische Rezeptions- sowie eine zs- spezifische Produktionsstrategie. Kommunikationstheoretisch bedeutet dies, dass er jene Elemente aus seinem Voraussetzungssystem selektioniert, die er braucht, um den as Rezeptionsprozess und den zs Produktionsprozess auszuführen. In Figur 3 kommt zum Ausdruck, welche Strategien und Prozesse die übersetzungsspezifische Verarbeitung bestimmen. Figur

3

Übersetzungsspezifische

Verarbeitungshandlung

as-spezifische

as-spezifischer

Rezeptionsstrategie

Rezeptionsprozess

Voraussetzungssystem

as Kommunikat

zs-spezifische Produktionsstrategie

zs Kommunikat

zs-spezifischer Produktionsprozess

Die obenstehende Charakterisierung ist nicht als 'spiegelsymmetrische' 1 Wiedergabe des Übersetzens, sondern als modellhafte Vorstellung der kommunikativen Handlungen des übersetzenden Verarbeiters aufzufassen. Figur (3) bringt zum Ausdruck, dass eine Wechselwirkung zwischen Voraussetzungssystem, Strategien und Prozessen stattfindet. Die dynamischen Merkmale des Übersetzungsvorgangs gehen aus dem in der vorliegenden Arbeit ausgearbeiteten Vorschlag einer kommunikationstheoretischen Darstellung des Übersetzungsprozesses hervor. Auch in anderen Umschreibungen des Übersetzens werden diese dynamischen Merkmale des Übersetzungsprozesses betont. So weisen Hönig und Kussmaul darauf hin, dass der Übersetzer nicht ein 'passiver Sprachwandler' ist.2 Die einzelnen Schritte im Übersetzungsprozess

1 vgl. Krings 1986, S. 176 2 Hönig/Kussmaul 1982, S. 29

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

erfolgen nicht gradlinig, sondern 'in wechselseitiger Orientierung an as und zs Text.' 1 Auch aus den Ausführungen von Vannerem und SnellHornby ergibt sich 'zwangsläufig ein sehr dynamisches Konzept der Übersetzung.' 2 Die neuesten empirischen Untersuchungen bestätigen nun, dass die spezifischen Merkmale des Übersetzens, die aus der kommunikationstheoretischen Darstellung des Übersetzungsprozesses hervorgingen, zutreffen. So konnte nachgewiesen werden, dass '(...) the course of translation process is neither exclusively linear nor continuous.' 3 Beim Übersetzen ändert sich während der as und der zs Rezeptionsprozesse das Voraussetzungssystem des Übersetzers. So geht aus Untersuchungen hervor, dass das Voraussetzungssystem des Ubersetzers im Laufe seiner Tätigkeit in hohem Masse von Erwartungsmustern gesteuert wird. Sie entstehen während des Übersetzungsvorgangs, weil dann eine Trennung zwischen den as Formen und ihren Bedeutungen stattfindet. Erwartungsmuster werden zudem von Annahmen des Übersetzers über einen 'optimalen' zs Text bestimmt. 4 Neue Übersetzungserfahrungen beeinflussen ebenfalls das Voraussetzungssystem des Übersetzers. So zeigen Tourys Beobachtungen, dass '(...) translational behaviour of the novice, the strategies that he utilizes either to execute the plan by means of which his communicative intention will (hopefully) be realised or to overcome problems that he may encounter during the execution of his plan, are not the same as those of an experienced translator (...).5 Es dürfte einleuchten, dass Wechsel im Voraussetzungssystem des Übersetzers seine Strategien ändern werden, denn er muss aus teilweise neuen Elementen selektieren. Dies kann wiederum Einfluss auf die Prozesse und Verarbeitungsergebnisse haben. Was Toury im Hinblick auf den Faktor 'Erfahrung' beobachtet, hat somit auch im allgemeinen Gültigkeit für Änderungen im Voraussetzungssystem und in den Strategien des Übersetzers: sie führen zu '(...) differences in the products

1 Hönig/Kussmaul 1982, S. 58ff 2 Vannerem/Snell-Hornby 1986, S. 192 3 Lörscher 1986, S. 287 4 Lprscher 1986, S. 286ff 5 Toury 1986, S. 79

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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of their respective activities, including of course, the relationships between these products and the utterances which have served as 'input' for the translational activities.' 1 Krings hat im globalen Vorgehen des Übersetzers eine vorbereitende Phase, eine eigentliche Übersetzungsphase und eine nachbereitende Phase festgestellt. 2 In diesen Phasen befolgt der Übersetzer Rezeptions-, Äquivalenzauff indungs-, Evaluations- und Entscheidungsstrategien. Die Kommunikationsstrategien eines Übersetzers sind laut Krings als potentiell bewusste Pläne zur Lösung 'konkreter' Übersetzungsprobleme im Rahmen einer 'konkreten' Übersetzungsaufgabe aufzufassen. 3 Er beobachtet diesbezüglich eine Makrostrategie- und eine MikrostrategieEbene. 4 Seine Untersuchungen zeigen ein unmittelbar einzelproblembezogenes strategiehaftes Vorgehen des Übersetzers auf MikrostrategieEbene. Auf Makrostrategie-Ebene stellt er bei den Übersetzern einzelproblemübergreifende strategiehafte Vorgehensweisen fest. 5

3.2.7. Übersetzungsspezifische Vermittlungshandlung Nach Schmidt ist von einer Kommunikatvermittlungshandlung die Rede, wenn eine bereits vorliegende Kommunikatbasis in einen anderen Medienzustand bzw. in ein anderes Medium umgesetzt und weitergeleitet wird.6 Der Vermittlungsprozess basiert, wie aus Figur (4) hervorgeht, auf dem Voraussetzungssystem des Vermittlers und der von ihm gewählten Strategie: Figur

4

übersetzungsspezifische

Voraussetzungssystem

1 Toury 1986, S. 79 2 Krings 1986, S. 479 3 Krings 1986, S. 175 4 Krings 1986, S. 175 5 Krings 1986, S. 176 6 Schmidt 1980, S. 63

Vermittlungshandlung

Vermittlungsstrategie

Vennittlungsprozess

56

Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Als Beispiele der Medialisierung erwähnt er das Herausgeben eines Manuskriptes in Buchform, die Ausführung einer Partitur durch ein Orchester und den Druck eines Posters anhand einer Handskizze. Mit Recht weist Schoenmakers darauf hin, dass bei der Vermittlung von Kommunikatbasen zwischen der Vervielfältigung eines Produktes und der Überführung eines Produktes in ein anderes Medium zu unterscheiden ist. 1 Bei der Inszenierung eines Dramentextes hat man es beispielsweise mit der Ü b e r f ü h r u n g in ein anderes Medium zu tun. 2 Die Veröffentlichung einer Übersetzung hingegen ist als die Umsetzung in einen anderen Medienzustand aufzufassen. Der Vermittler kann mehr oder weniger Einfluss auf das Ergebnis ausüben, indem er z.B. Änderungen im Original verlangt. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die Entstehungsgeschichte des Max Ηavelaar.3 Unter Berücksichtigung von Schmidts Definition der Kommunikatvermittlungshandlung lässt sich die übersetzungsspezifische Vermittlungshandlung nun folgendermassen formulieren: Def inition

9

KVH üb ist eine übersetzungsspezifische Kommunikatvermittlungshandlung eines Kommunikationsteilnehmers K, wenn Κ eine zielsprachliche Kommunikatbasis KB„ produziert, die ein bereits vorliegendes zielsprachliches Übersetzungsprodukt Üb in einen anderen Medienzustand umsetzt, und wenn er KB„ an andere Kommunikationsteilnehmer weiterleitet.

3.2.8. Übersetzungsspezifische Rezeptionshandlung In ihrer Beschreibung des Übersetzungsprozesses bemerken Hönig und Kussmaul, dass die 'Bedeutung' eines Textes an dem Punkt entsteht, 'wo Äusserungen vom jeweiligen Kommunikationspartner interpretiert

1 Schoenmakers 1983, S. 377 2 dies in Abweichung von einer früheren Umschreibung, vgl. Stegeman 1985, S. 116 3 vgl. Kapitel 6, Abschnitt 6.1.

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

57

werden.' 1 Diese Charakterisierung soll nun im Hinblick auf den übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozess präzisiert werden. Im allgemeinen gilt, dass eine Kommunikatbasis rezipiert wird, wenn ein Kommunikationsteilnehmer sie als Kommunikat realisiert. 2 Wie Schema (5) zeigt, verwendet er im Laufe des Rezeptionsprozesses eine übersetzungsspezifische Rezeptionsstrategie und Elemente aus seinem Voraussetzungssystem: Figur

5

übersetzungsspezifische

Voraussetzungssystem

Rezeptionshandlung übersetzungsorientierte

Ubersetzungsorientierter

Rezeptionsstrategie

Rezeptionsprozess

Ist sich ein Rezipient bewusst, an einem übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozess teilzunehmen, z.B. indem er auf der Titelseite des Buches das Wort 'Übersetzung' liest oder sich über offensichtliche Übersetzungsfehler ärgert, so führt er eine übersetzungsspezifische Rezeptionshandlung durch. Erfolgt in diesem Fall einer übersetzungsspezifischen Rezeptionsstrategie. In einem übersetzungsspezifischen Kommunikationsvorgang realisiert ein zs Kommunikationsteilnehmer somit die von einem Verarbeiter V üb hergestellte Kommunikatbasis als Kommunikat. Die übersetzungsspezifische Rezeptionshandlunglässtsichfolgendermassen umschreiben: Definition

10

KRH 0 b ist eine übersetzungsspezifische Kommunikatrezeptionshandlung eines Kommunikationsteilnehmers K, wenn Κ eine ihm präsentierte Übersetzung oder ein ihm präsentiertes Dolmetschprodukt als Kommunikat realisiert.

1 Hönig/Kussmaul 1982, S. 23 2 Schmidt 1980, S. 63ff

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Neuberts Umschreibung der übersetzungsspezifischen Rezeptionshandlung schliesst bei der obenstehenden Charakterisierung an: 'The final Ln text is not a self-sufficient entity in itself. It is again processed by the L2 user. In fact, apart from the marks on paper or the sound waves, which make up its physical existence, the translation is brought to life in the minds of L2 readers and hearers who activate the text in terms of their socially determined communicative practice." In Neuberts Ausführungen sind mit den Begriffen 'marks on paper' und 'sound waves' Kommunikatbasen impliziert; mit der Umschreibung 'the translation is brought to life in the minds of L2 readers' sind bei ihm ebenfalls die Kommunikate angesprochen. Dies bestätigt Vermeers Ansicht, dass jeder Kommunikationsteilnehmer eine Übersetzung auf seine Weise rezipiert, denn 'jede Textrezeption aktualisiert nur eine Untermenge aller möglichen Interpretationen.' 2 Aus diesem Grund verstehen verschiedene Textrezipienten denselben Text verschieden. 3 Auch die spätere Rezeption eines Textes durch den gleichen Kommunikationsteilnehmer weicht von einer früheren ab, weil sie die Wirkungsgeschichte miteinbezieht. 4 Dies bedeutet, dass es so viele Kommunikate gibt, wie es Rezeptionshandlungen gibt. In der empirischen Forschung der Rezeption übersetzter Texte ist diesem Phänomen Rechnung zu tragen.

3.2.9. Systeme von übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen Die obenstehenden Überlegungen ermöglichen es, die folgende Hypothese zu Systemen übersetzungsspezifischer Kommunikationshandlungen aufzustellen:

1 Neubert 1985, S. 121 2 Vermeer 1986, S. 51 3 Hönig/Kussmaul 1982, S. 223 4 Vermeer 1986, S. 51

Die Übersetzung als Kommunikationsprozess

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Hypothese zu übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen In den as und zs Gesellschaften GM bzw. G„ gibt es Systeme von übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen SKH^,, die dadurch ausgezeichnet sind, dass sie aus einer Menge von Kommunikationshandlungen bestehen, eine innere Struktur aufweisen, über eine Aussen-Innen-Differenzierung verfügen, von G„ bzw. G a akzeptiert werden und zumindest eine Funktion in G„ bzw. G„ erfüllen, die von keinem anderen SKHcn, erfüllt wird. Mit Begriffen wie 'innere Struktur' und 'Aussen-Innen-Differenzierung' wird die Annahme zum Ausdruck gebracht, dass in einer Gesellschaft Systeme vorkommen, die sich nach Struktur und Funktion eindeutig voneinander unterscheiden. 1

3.3. Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

In der einschlägigen Fachliteratur gilt die literarische Übersetzung als eigenständige Gattung, ohne dass man sie eindeutig als separate Kategorie zu klassifizieren vermag. Wie sich zeigen wird, verwendet man bei der näheren Bestimmung der literarischen Übersetzung unklare Kriterien, oder es wird eine Abgrenzung einer solchen Gattung gar nicht vorgenommen. Theodore Savory widmet der 'translation of poetry' zwar ein Kapitel, er lässt jedoch die Frage unbeantwortet, ob die Übersetzung der Poesie theoretisch ein anderes Problem darstellt als das Übersetzen anderer Texte. Savory stellt fest, 'Poetry (...) produces an illusion; it acquires memorableness by certain features which can be more easily recognized than reproduced at will'.2 Weiter geht aus seinen Darlegungen

1 vgl. Schmidt 1980, S. 38ff und Luhmann 1970 2 Savory 1968, S. 75

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

nicht hervor, welchen Status die Übersetzung der literarischen Prosa besitzt. In Kloepfers Theorie der literarischen Übersetzung sucht man ebenfalls vergebens nach Merkmalen, welche die Klasse der literarischen Übersetzungen eindeutig von anderen Übersetzungen trennen. Er konzentriert sich auf die bekannte Frage, ob der Übersetzer 'verfremden' oder 'verdeutschen' soll. 1 Kloepfer beschränkt sich folglich auf die Problematik der Übersetzungsmethode. Auch Levy hebt das Problem der Übersetzungsmethode hervor. Eine 'illusionistische Übersetzungsmethode' soll eine 'Identität aus der Sicht der Funktion in der Gesamtstruktur der kulturhistorischen Zusammenhänge beider Leser' anstreben. 2 Mit Recht stellt er einige jener Faktoren der Übersetzung zur Diskussion, die sich in einer kommunikationstheoretischen Darstellung der Übersetzung in den Voraussetzungssystemen wiederfinden. Unklar bleibt jedoch, ob die literarische Übersetzung sich diesbezüglich von anderen Übersetzungen unterscheidet. Apels historisch-poetologische Untersuchung zum Problem des Übersetzens ist problemgeschichtlich orientiert. Sie setzt sich nicht mit der Umschreibung eines Begriffes wie 'dichterischer Text" auseinander. Van den Broeck und Lefevere betonen, wie Levy, dass die literarische Übersetzung im Kontext der Literatur und damit in der Kultur der Zs funktioniert. Bei ihnen fehlen ebenfalls weitere begriffliche Spezifikationen. 4 Newmark unterscheidet literarische und nicht-literarische Texte. In der Übersetzung von 'imaginative literature' schenkt nach seiner Auffassung der Übersetzer Aspekten wie Konnotation und Emotion spezielle Aufmerksamkeit. 5 Welche Konsequenzen diese Beobachtung für die Abgrenzung der Kategorie der literarischen Übersetzung hat, erläutert er nicht weiter.

1 Kloepfer 1967, S. 75 2 Levf 1969, S. 32 3 Apel 1982, S. 31 4 Van den Broeck/Lefevere 1979, S. 147 5 Newmark 1982, S. 6

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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In einer kommunikationstheoretischen Betrachtung der Übersetzung können Textmerkmale wie etwa bestimmte 'literarische Eigenschaften' nicht isoliert gesehen werden. Z e n t r a l steht die Frage, welche Handlungen die am literarischen Übersetzungsprozess Beteiligten durchführen. Anders formuliert: 'Wir werden nicht bestimmte "literarische Eigenschaften" einer zs Kommunikatbasis beschreiben, sondern versuchen, die Handlungen der am ästhetischen Übersetzungskommunikationsprozess Beteiligten (...) näher zu bestimmen.' 1 Allgemeiner heisst dies, dass die texttypologischen Merkmale von Kommunikatbasen somit in Beziehung zu Merkmalen von Kommunikaten zu setzen sind. Neubert schliesst sich diesem theoretischen Konzept an, wenn er bemerkt: 'text types are first of all derived f r o m social interaction. They are therefore rooted in the activities of the speaker/writer and the h e a r e r / r e a d e r in so f a r as these are as social beings.' 2 Dabei spielen Konventionen eine gewisse Rolle: 'the knowledge of textual patterns is distributed among language users in the form of more or less recurrent clusters or configurations, which have a certain probability of occurence in particular communicative situations.' 3 Um literarische Kommunikationshandlungen als ästhetische Handlungen abzugrenzen, f ü h r t Schmidt Hypothesen zur ästhetischen ('Ä'-) und tatsachenbezüglichen ('T'-) Konvention ein.4 Da sowohl die Äals auch die T- Konvention auch f ü r die Beschreibung der literarischen Übersetzung fruchtbar ist, werden sie hier kurz erläutert. Analog der von Schmidt entwickelten T-Konvention 5 lässt sich diese Hypothese f ü r eine übersetzungsspezifische Kommunikationssituation wie folgt formulieren: üb er set zungsoriertt ierte T-Konvention Für alle Kommunikationsteilnehmer einer Gesellschaft der Ausgangssprache G„ resp. f ü r alle Kommunikationsteilnehmer einer Gesellschaft der Zielsprache G a ist es gegenseitig unterstell-

1 Stegeman 1985, S. 121 2 Neubert 1986, S. 124 3 Neubert 1986, S. 125 4 vgl. Schmidt 1980, S. 88ff 5 Schmidt 1980, S. 89

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

tes Wissen, dass referenzfähige as bzw. zs Kommunikatbasen bzw. deren Bestandteile in Kommunikationshandlungen referentiell auf das in G„ resp. G„ als gültig unterstellte Wirklichkeitsmodell W bezogen werden müssen, um feststellen zu können, ob die mit dem Kommunikat aufgestellten Behauptungen wahr sind bzw. welchen handlungspraktischen Nutzen sie in G„ bzw. G„ haben. Sowohl die Mitglieder einer as als auch einer zs Gesellschaft können laut dieser Hypothese in bezug auf Kommunikate darüber entscheiden, (i) ob mit diesen Kommunikaten Behauptungen aufgestellt werden über das, was im jeweils akzeptierten Wirklichkeitsmodell als Objekt oder Sachverhalt betrachtet wird, (ii) ob sie zutreffen, (iii) welchen handlungspraktischen Nutzen die Beschäftigung mit solchen Kommunikaten für sie besitzt. Da die von Schmidt entwickelte Konvention hier den übersetzungsspezifischen Handlungen angepasst wurde, enthält sie die Ausdrükke 'as-' und 'zs-Gesellschaft'. Es dürfte einleuchten, dass unterschiedliche Wirklichkeitsmodelle nicht sprach-, sondern kulturspezifisch sind. So werden englischsprachige Mitglieder einer Indianergesellschaft beispielsweise auf ein anderes Wirklichkeitsmodell Bezug nehmen als Amerikaner. Für übersetzungsspezifische Fragen ist die T- Konvention jedoch erst relevant, wenn sie sich auf Mitglieder verschiedener Gesellschaften, die unterschiedliche Sprachen sprechen, bezieht. Die Wirklichkeitsbilder einer as und zs Gesellschaft können, müssen aber nicht zusammenfallen. Wie sehr unterschiedliche Wirklichkeitsbilder die Strategie eines Übersetzers bestimmen können, macht Eduard Horst von Tscharner am Beispiel chinesischer Gedichte in deutscher Sprache sichtbar. 1 Er stellt fest, dass die 'Begriffe Konservativismus, Moral, Etikette, Riten, Chinoiserien usw., die wir üblicherweise auf die chinesische Erscheinungswelt anwenden', nur einen Teil der Oberfläche fassen und leicht irreführen; 'fast alle unsere philosophischen Begriffe versagen gegenüber chinesischen Verhältnissen'. 2 Wichtiges Merkmal für eine chinesische Gesellschaft wäre der 'Universismus': 'Im

1 Von Tscharner 1973, S. 242ff 2 Von Tscharner 1973, S. 243

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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universistischen Geist haben Raum und Zeit, die Voraussetzungen aller Individuation, keine wirkliche Geltung, der universistische Geist lebt in keinen bestimmten Räumen und Zeiten oder in allen zugleich. (...) Der Chinese lebt in der Vergangenheit, in seiner Geschichte, Sage, Mythologie, aber die Vergangenheit lebt ebensosehr in ihm.' 1 Diese Ausführungen machen klar, dass Behauptungen in einer As für die Mitglieder einer as Gesellschaft im Hinblick auf ein als gültig unterstelltes Wirklichkeitsmodell wahr sein können, auch wenn es sich um Mythologie handelt, während dies für Mitglieder der zs Gesellschaft nicht zuzutreffen braucht. Für weitere Erläuterungen zur T-Konvention sei auf Schmidt 1980, S. 89ff verwiesen. Unter Vernachlässigung der T-Konvention können Kommunikationsteilnehmer einer as oder einer zs Gesellschaft beabsichtigen, ästhetische Kommunikate zu realisieren, wenn sie bereit und in der Lage sind, gemäss solchen Werten, Normen und Bedeutungsregeln zu handeln, die nach den von ihnen in der Kommunikationssituation unterstellten Normen als ästhetisch gelten. 2 In einer literarischen Kommunikationssituation können Handlungen stattfinden, die der T-Konvention entsprechen; sie sind aber dominierbar von Handlungen, die als ästhetisch gelten und infolgedessen einer literarischen Konvention 'LKO' - entsprechen. Da das Befolgen einer literarischen Konvention impliziert, dass ein Kommunikationsteilnehmer eine ästhetische Norm berücksichtigt, soll hier nicht, wie bei Schmidt, die Rede von einer 'ÜLKO' sein, sondern es wird der Ausdruck 'LKO' verwendet. 3 Der as Autor, der die LKO befolgt, realisiert Handlungen, die von ihm und möglicherweise von anderen Kommunikationsteilnehmern als 'literarisch' eingestuft werden. Dazu beachtet er spezifische Signale, z.B. die Bezeichnung einer Gattung wie 'Roman' oder den Gebrauch spezifischer Textmerkmale wie Reim. Der Übersetzer verarbeitet eine as Kommunikatbasis literarisch, wenn er auf die vom as Produzenten signalisierten und erwarteten Kommunikationsbedingungen eingeht oder wenn er unabhängig von den Absichten des as

1 Von Tscharner 1973, S. 243, S. 244 2 vgl. Schmidt 1980, S. 92; für eine Definition des Begriffes 'ästhetisch' vgl. Schmidt 1980, S. 84 3 vgl. Schoenmakers Kritik an der Ä-Konvention in Schoenmakers 1986

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Produzenten ästhetische Normen bei der as Rezeption und zs Produktion berücksichtigt. 1 Auch für den zs Rezipienten gilt, dass er bei der Rezeption der zs Kommunikatbasis unabhängig von den Absichten des übersetzenden Verarbeiters literarische Normen berücksichtigen kann. Im letzten Teil des Max Havelaar heisst es: Genoeg, myn goede Stern! Ik, Multatuli, neem de pen op. Ge zyt niet geroepen Havelaars levensgeschiedenis te schryven. Ik heb u in 't leven geroepen... ik liet u komen van Hamburg... ik leerde u redelyk goed hollandsch schryven, in zeer körten tyd... ik liet u Louise Rosemeyer küssen, die in suiker doet... het is genoeg, Stern, ge kunt gaan! Die Sjaalman en zyn vrouw... Halt, ellendig produkt van vuile geldzucht en godslasterlyke femelary! Ik heb u geschapen... ge zyt opgegroeid tot een monster onder myn pen... ik walg van myn eigen maaksel: stik in koffi en verdwyn! 2 In der Übersetzung von Spohr sagt Multatuli: Genug, mein guter Stern! Ich, Multatuli, nehme die Feder auf. Du bist nicht gerufen, Havelaars Lebensgeschichte zu schreiben. Ich habe dies (vermutlich hat der Übersetzer hier 'dich' gemeint, J.S.) ins Leben gerufen... ich liess dich kommen von Hamburg... ich lehrte dich leidlich gut Holländisch schreiben in sehr kurzer Zeit... ich liess dich Luise Rosemeyer küssen, die in Zucker macht... es ist genug, Stern, du kannst gehen. Der Schalmann und seine Frau... Halt erst, elendes Produkt stinkender Geldgier und gotteslästerlicher Frömmelei! Ich habe dich geschaffen... du bist angewachsen zum Ungeheuer unter meiner Feder... mich erfasst Ekel vor meinem eigenen Machwerk: ersticke in Kaffee und verschwinde! 3 An dieser Stelle kann beispielsweise ein zs Rezipient die T-Konvention befolgen und alle nun folgenden Mitteilungen konfrontieren mit dem Wirklichkeitsmodell, das für die Gesellschaft G„, der er angehört, 1 vgl. Schmidt 1980, S. 141ff 2 Multatuli 1881/1987, S. 334 3 Multatuli 1965, S. 488

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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Gültigkeit besitzt. Es ist aber auch möglich, dass er die Ich-Person aus dem zitierten Passus als Romanfigur auffasst und den weiteren Text literarisch rezipiert. Für übersetzungstheoretische Fragestellungen ist es nicht nur interessant zu wissen, ob as und zs Rezipienten in einem solchen Fall sich ähnlich verhalten, sondern auch, wie dies zu erklären ist. Schmidt weist darauf hin, dass literarische Kommunikate autonom sind, sobald der Rezipient nicht sein für ihn verbindliches Wirklichkeitsmodell als Referenzrahmen ansetzt, sondern den Text als primäre oder einzige Datenbasis heranzieht. 1 Auch für die literarische Übersetzung gilt, dass Teilnehmer eines übersetzungsspezifischen literarischen Kommunikationsprozesses bereit und imstande sind, auf ihr as resp. zs Wirklichkeitsmodell als Referenzrahmen zu verzichten. Sie befolgen in einer solchen übersetzungsspezifischen Kommunikationssituation eine ästhetische Konvention, die für literarische Kommunikationshandlungen Gültigkeit besitzt. Die sich auf Schmidts ästhetischer Konvention 2 gründende literarische Konvention lautet, angewendet auf die übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen: übersetzungsorientierte L-Konvention Für alle Kommunikationsteilnehmer einer as bzw. zs Gesellschaft, die Kommunikatbasen als sprachliche literarische Kommunikate zu realisieren beabsichtigen, ist es im Rahmen der as bzw. zs Gesellschaft gegenseitig unterstelltes Wissen, dass sie bereit und in der Lage sein müssen: (i) unter Vernachlässigung der T-Konvention einer as bzw. zs Gesellschaft ihre Handlungsmöglichkeiten und die Handlungsmöglichkeiten anderer Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses über die Kriterien wahr/falsch und nützlich/nutzlos hinaus zu erweitern und primär an solchen Kategorien zu orientieren, die als ästhetisch relevant akzeptiert werden; (ii) als literarisch intendierte Kommunikationshandlungen durch geeignete Signale bei der as Produktion und bei der Verarbeitung

1 Schmidt 1980, S. 144 2 vgl. Schmidt 1980, S. 159

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

in der Zs auszuzeichnen bzw. bei der as und zs Rezeption solche Signale zu erwarten und zu befolgen; (iii) als Referenzrahmen für referentialisierbare Bestandteile des as bzw. zs Textes nicht primär oder ausschliesslich das soziale Wirklichkeitsmodell der as bzw. zs Gesellschaft zu wählen, was als Produktions-, Rezeptions-, Vermittlungs- oder Verarbeitungskontext betrachtet wird, sondern andere Referenzrahmen zuzulassen, um den as bzw. zs Text als sprachliches ästhetisches Kommunikat zu realisieren. Gerade der Max Havel aar liefert ein markantes Beispiel einer Person, die eine ihren Zeitgenossen offenbar akzeptierte L-Konvention nicht befolgt. Es handelt sich um Droogstoppel, Hauptperson eines der Erzählstränge des Romans. In seiner Tirade gegen Literatur sagt der Kaffeehändler u.a.: En nog meer leugens op het toneel. Als de held met zyn styven komediestap weggaat om 't verdrukte vaderland te redden, waarom gaat dan de dubbele achterdeur altyd vanzelf open? En verder, hoe kan de persoon die in verzen spreekt, voorzien wat de ander te antwoorden heeft, om hem 't rym gemakkelyk te maken? Als de veldheer tot de prinses zegt: 'mevrouw, het is te laat, de poorten zyn gesloten' hoe kan hy dan vooruit weten, dat zy zeggen wil: 'welaan dan, onversaagd, men doe het zwaard ontblooten?' Want als zy nu eens, hoorende dat de poort toe was, antwoordde dat ze dan wachten zou tot er geopend werd, of dat zy een andermaal eens terug zou komen, waar bleef dan maat en rym? Is het dus niet een pure leugen, als de veldheer de prinses vragend aanziet, om te weten wat ze doen wil na 't poortsluiten? Nog-eens: als 't mensch nu eens lust had gehad te gaan slapen, in plaats van iets te ontblooten? Alles leugens! 1 In Spohrs Übersetzung sagt Droogstoppel: Und noch mehr Lügen auf der Bühne. Wenn der Held mit seinem steifen Komödienschritt abtritt, um das bedrängte Vaterland zu retten, warum geht dann die Doppeltür im Hintergrund jedesmal

1 Multatuli 1881/1987, S. 5ff

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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von selbst auf? Und weiter, wie kann die Person, die in Versen spricht, voraussehen, was der andere zu antworten hat, und ihm so den Reim bequem machen? Wenn der Feldherr zu der Fürstin sagt: 'Mevrouw, es ist zu spät, man schloss die Tore beide', wie kann er nun im voraus wissen, dass sie sagen will: 'Wohlan denn, unverzagt, entblässt das Schwert der Scheide!' ? Denn wenn sie nun, als sie hörte, dass die Tore geschlossen seien, antwortete, dass sie dann ein wenig warten wolle, bis geöffnet werde, oder dass sie ein andermal wiederkommen werde, wo blieben dann Mass und Reim? Ist es also nicht eine pure Lüge, wenn der Feldherr die Fürstin fragend ansieht, um zu erfahren, was sie nun nach dem Schliessen der Tore tun wolle? Noch eins: wenn das Weib nun Lust gehabt hätte, schlafen zu gehen, anstatt etwas zu entblössen? Alles Lügen! 1 Dass Droogstoppel hier die L-Konvention nicht befolgt, charakterisiert einerseits seinen biederen Charakter, kann andererseits auf einen Leser, der normalerweise selbst spezifische literarische Merkmale ästhetisch rezipiert, eine humoristische Wirkung haben. Ob Leser eines übersetzten literarischen Werkes eine Polyvalenzkonvention, oder P-Konvention, befolgen, damit sie es überhaupt ästhetisch rezipieren können, ist zur Zeit theoretisch nicht abgesichert. Zumindest stellt sich die Frage, ob das Bedürfnis der Leser von Literatur, ein einziges, kohärentes Kommunikat zu realisieren 2 , ein Indiz dafür ist, dass Monovalenz eine ästhetische Rezeption wenigstens gestattet. Möglicherweise veranlasst der polyvalente Charakter eines Werkes den Leser, ästhetische Rezeptionshandlungen durchzuführen. Weiter wäre abzuklären, ob es keine literarischen Werke gibt, die nur monovalent kommuniziert werden können, aber dennoch von den Kommunikationsteilnehmern als ästhetisch eingestuft werden. Sodann wäre zu überprüfen, inwiefern Kommunikationsteilnehmer eine P-Konvention befolgen bei Texten, die sie nicht literarisch realisieren, z.B. beim Erzählen von Witzen. Da in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht wird, ob Kommunikationsteilnehmer literarische Übersetzungen polyvalent realisieren, wird darauf verzichtet, für die literarische

1 Multatuli 1965, S. l l f f 2 vgl. Schmidt 1980, S. 161

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

Übersetzung als weiteres Abgrenzungskriterium eine Polyvalenzhypothese zu postulieren. Zum Schluss dieses Kapitels sollen nun die literarischen Kommunikationshandlungen umschrieben werden, die f ü r eine übersetzungsspezifische Kommunikationssituation relevant sind. Es wird davon ausgegangen, dass ein as L-Produzent, der über ein spezifisches L-Voraussetzungssystem verfügt, in einer L-Produktionssituation mit Hilfe einer spezifischen L-Produktionsstrategie ein L-Resultat erzielt hat. Dies trifft z.B. f ü r Eduard Douwes Dekker zu, als er am 13. Oktober 1859 das Manuskript des 'Max Havelaar' abgeschlossen hatte. 1

3.3.1. Übersetzungsspezifische literarische Verarbeitungshandlung Der übersetzungsspezifische L-Verarbeiter ordnet einer as Kommunikatbasis Kommunikate zu, die er als literarisch einschätzt. Er verarbeitet sie auf eine solche Weise in eine zs Kommunikatbasis, dass er das Resultat dieser Verarbeitung ebenfalls als literarisch einstuft. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die übersetzungsspezifische L-Verarbeitung von anderen Verarbeitungshandlungen, die auf Referentialieren, Paraphrasieren, Kondensieren, metatextuell Beschreiben oder Bewerten basieren 2 : f ü r die Verarbeitungsergebnisse solcher Handlungen muss die LKonvention nicht gelten. Wer in einer Zeitung eine Rezension über eine Theatervorstellung oder eine Dissertation über 'Faust' liest, wird die T-Konvention befolgen. Der Übersetzer eines literarischen Werkes hingegen befolgt die L-Konvention sowohl bei der Rezeption der as Kommunikatbasis als auch bei der Produktion der zs Kommunikatbasis. Die Definition seines Handelns lautet:

Definition

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LVAHob ist eine übersetzungsspezifische L-Verarbeitungshandlung eines übersetzungsspezifischen L-Verarbeiters LVA^ in einer

1 vgl. Multatuli, Volledige Werken X, S. 55, S. 73 2 Wienold/Rieser 1974, S. 12

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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übersetzungsspezifischen L-Verarbeitungssituation LVASilüb, wenn LVA 0b in LVASit einem literarischen Kommunikat LKK,„ das er einer thematischen sprachlichen Kommunikatbasis SKB„ zugeordnet hat, eine zs Übersetzung oder ein Dolmetschprodukt zuordnet, das zur sprachlichen Ausgangskommunikatbasis in übersetzungsspezifischer Verarbeitungsrelation steht. Als Beispiel einer übersetzungsspezifischen L-Verarbeitungshandlung sei die Arbeit von Th. Stromer erwähnt, der 1875 als erster den Max Havelaar ins Deutsche übersetzte. Seine Verarbeitungshandlung veranlasste im übrigen nicht nur zs Leser, Rezeptionshandlungen durchzuführen. Wie sich weiter unten noch zeigen wird, rezipierte auch der ursprüngliche Verfasser, Multatuli, Stromers Übersetzung, ein Umstand, der Folgen für die nächsten niederländischen Ausgaben des Max Havelaar haben sollte. Es seien weiter C. Derossi, Wilhem Spohr, Karl Mischke, Paul Seliger, Erich M. Lorebach und E. Stück erwähnt, die, kommunikationstheoretisch ausgedrückt, Multatulis Roman übersetzungsspezifisch literarisch verarbeiteten. Wenn man Stromer mitzählt, so kommt man auf insgesamt 19 deutsche Ausgaben des Max Havelaar.1 Für die übersetzungsspezifische L-Verarbeitung benützt der Übersetzer in einer L-Verarbeitungssituation, unter Berücksichtigung seines L-Voraussetzungssystems, eine L-Verarbeitungsstrategie. Die entsprechenden Definitionen finden sich in Schmidts Grundriss. 2

3.3.2. Literarische Kommunikatbasen der Übersetzung Eine übersetzungsspezifische L-Verarbeitung wird normalerweise zu einem schriftlichen Ergebnis in der Zs führen. Eine mündliche L-Kommunikatbasis in der Zs entstünde, wenn ein Überstzer mit akustischen Mitteln eine as L-Kommunikatbasis zu einer zs L-Kommunikatbasis verarbeiten würde. Obschon dies theoretisch denkbar ist, bereitet es Schwierigkeiten, Beispiele einer solchen Verarbeitungshandlung zu

1 vgl. Kapitel 6, Abschnitt 6.1. 2 Schmidt 1980, S. 274ff

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

finden. So wird in der Regel beim Deklamieren eines übersetzten Gedichtes schon eine schriftliche Übersetzung vorliegen. Diese wäre das Ergebnis der übersetzungsspezifischen L-Verarbeitung; indem nun dieser Text deklamiert wird, überführt man ihn in ein anderes Medium. In diesem Fall kann folglich nicht die Rede von einer mündlichen übersetzungsspezifischen L-Verarbeitung sein. Die Definition des schriftlichen Ergebnisses einer übersetzungsspezifischen L-Verarbeitung lautet: Definition 12 Eine literarische Übersetzung ist ein Resultat von übersetzungsspezifischen L-Verarbeitungshandlungen eines übersetzungsspezifischen L-Verarbeiters LVA ü b in einer übersetzungsspezifischen L-Verarbeitungssituation LVASitüb, wenn es eine Kommunikatbasis in der Zs gibt, die von L V A ^ verarbeitet wurde und die er in LVA Sit0b auf Grund der von ihm vertretenen Normen f ü r ein zs literarisches Kommunikat hält.

3.3.3. Übersetzungsspezifische literarische Vermittlungshandlung Ein L-Produktionsergebnis kann direkt vermittelt werden. Dies trifft z.B. zu, wenn ein Schriftsteller einem Rezipienten aus dem Manuskript seines Romans vorliest. Mit Hilfe eines Vermittlers kann das L-Produktionsergebnis auch indirekt vermittelt werden. Vermittler müssen sich nicht neutral verhalten, sondern können Einfluss auf die Publikation ausüben. Wie sehr ein Vermittler gelegentlich eingreift, zeigt die Entstehungsgeschichte des Max Havelaar. Jacob van Lennep, damals eine Autorität auf dem Gebiet der Literatur, mit guten Verbindungen zu Verlegern, hatte die Rechte des Werkes erworben. Um politische Wirbel zu vermeiden, ersetzte der konservative Van Lennep im Text Namen und historische Daten durch Pünktchen und Hess ausserdem einige Abschnitte weg. Zudem veranlasste er, dass das Buch in einer kleinen und teuren Auflage erschien, um seine mögliche Wirkung zu begrenzen. Die

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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Veröffentlichung in Buchform im Mai 1860 entsprach somit in keiner Weise den Vorstellungen und Zielsetzungen des Verfassers. 1 Es ist die Rede von einer übersetzungsspezifischen L-Vermittlungshandlung, wenn ein Vermittler ein übersetztes literarisches Produkt in einen anderen Medienzustand umsetzt: Definition 13 LVH üb ist eine L-Vermittlungshandlung eines übersetzungsspezifischen L-Vermittlers LVH 0 h in einer übersetzungsspezifischen L-Vermittlungssituation LVSit0b, wenn LVc, durch Sprach- bzw. Inskriptionshandlungen ein thematisches zs Kommunikat unter Einschaltung von Herstellungs- und Vertriebsorganisationen in eine zs Kommunikatbasis eines anderen Medienzustandes überführt und dieses als übersetztes literarisches Kommunikat an andere zs Kommunikationsteilnehmer distribuiert. Es dürfte klar sein, dass auch bei einer übersetzungsspezifischen Vermittlungshandlung verschiedene Überlegungen eine Rolle spielen können, z.B. kommerzielle, verlagspolitische oder ideologische. So darf man die Vermittlungshandlungen des Paul List Verlags bei der Herausgabe von Stücks / / a v e / a a r - Ü b e r s e t z u n g als ideologisch bezeichnen, wenn es heisst: 'Der Roman ist f ü r den heutigen Leser nicht nur von historischem Interesse. Im Zeitalter des modernen Neokapitalismus, in dem der Kapitalismus erneut unter der scheinheiligen Maske der ' H u m a n i t ä t ' in ehemals abhängigen Staaten Fuss zu fassen sucht, erweisen sich alte und neue Praktiken der Ausbeutergesellschaft im Grunde nur als verschiedene Varianten einer Methodik.' 2 Für das Durchführen der übersetzungsspezifischen L-Vermittlungshandlungen befolgt der Vermittler in einer Vermittlungssituation unter Berücksichtigung seines Voraussetzungssystems eine spezifische Vermittlungsstrategie. Die entsprechenden Erläuterungen und Definitionen finden sich in Schmidts Grundriss. 3

1 vgl. Sötemann 1973, S. 13 2 Multatuli 1972, Passus aus dem Text auf dem Umschlag 3 Schmidt 1980, S. 227-242

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

3.3.4. Übersetzungsspezifische literarische Rezeptionshandlung Wenn ein zs Kommunikationsteilnehmer bei der Rezeption einer übersetzungsspezifischen Kommunikatbasis eine L- Konvention befolgt, so ist die Rede von einer übersetzungsspezifischen literarischen Rezeptionshandlung. Ihre Definition lautet: Definition 14 LHR Cb ist eine übersetzungsspezifische L-Rezeptionshandlung eines zs L-Rezipienten in einer übersetzungsspezifischen L-Rezeptionssituation LRSit0b, wenn LR„ einer thematischen zs Kommunikatbasis SKB„ein sprachliches Kommunikat SKK zuordnet, das er als übersetztes literarisches Kommunikat LKK einschätzt. In der vorliegenden Arbeit werden die wichtigsten Handlungen eines übersetzungsspezifischen L-Kommunikationsprozesses im einzelnen skizziert. Dies schliesst selbstverständlich Kombinationen solcher Handlungen nicht aus. So rezipierte Multatuli als as Produzent die deutsche Übersetzung Stromers und verarbeitete daraufhin dessen Verarbeitungsergebnis in späteren Ausgaben seines Buches. Multatuli hielt Stromers deutsche Übersetzung für so schlecht, dass er seine Kritik in den nächsten niederländischen Ausgaben des Max Havelaar hinzufügte. Im zweiten Kapitel schreibt Droogstoppel seinem Hamburger Kunden Stern in einem Brief u.a.: 'Dat bij ons de Heer gediend werd.' In einem Kommentar zu diesem Passus heisst es: 'Dass er - de jonge Stern - bei uns speisen kann.' Aldus heeft zekere Herr Stromer, in z'n zoogenaamde vertaling van den Havelaar deze woorden overgezet. Wanneer men nu nog daarby verneemt dat die snuggere letterman blyk geeft geen verschil te kennen tusschen de woorden pantalon en pantoffel, dat hij 'witte mieren'verändert in Schweinsnieren enz. enz. zal men de waarde van z'n werk kunnen beoordeelen. Hy heeft bovendien omstreeks 2/5 van 't boek mir nichts dir nichts doodeenvoudig weggelaten, en alzoo 't heele boek tot onzin gemaakt. Ik stel voor, hem tot beroemde buitenlandsche schryver te benoemen.

Übersetzungsspezifische literarische Kommunikationshandlungen

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Ookdefranschevertalingvan Nieuwenhuisen Crisafullilaat zeer veel te wenschen over, maar zoo siecht als de duitsche kon ze nu eenmaal niet worden! Onbereikbaar. De engelsche bewerking van myn nobelen Alphons Nahuys daarentegen is goed, en wordt ook in Engeland geprezen. 1 Kommunikationstheoretisch bedeutet dies, dass der as Produzent, nachdem er das Ergebnis einer zs L-Verarbeitung rezipiert hatte, eine zweite as L-Kommunikatbasis produzierte, die von dieser Rezeptionshandlung zeugt und spätere Leser zu anderen L-Rezeptionshandlungen veranlasst. Anders formuliert: Multatulis Tirade gegen Stromer, wie sie in späteren niederländischen Ausgaben des Max Havelaar in Anmerkung 3 zu finden ist, kann an sich vom Leser des Buches als literarisch rezipiert werden, wenn er während der Rezeption die L-Konvention befolgt. Dass diese und andere Anmerkungen in späteren deutschen Übersetzungen fehlen, wird zur Folge haben, dass die zs Kommunikate diesbezüglich von den as Kommunikaten abweichen.

3.3.5. Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Kommunikationshandlungen Die obenstehenden Darlegungen führen zur Hypothese der Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Kommunikationshandlungen: 2 Hypothese zu Systemen übersetzungsspezifischer literarischer Kommunikationshandlungen In den as und zs Gesellschaften G„ bzw. G„ gibt es Systeme von übersetzungsspezifischen Kommunikationshandlungen (SyÜbLKH), die dadurch gekennzeichnet sind: (i) dass die Kommunikationshandlungen sich auf übersetzungsspezifische literarische Kommunikate richten; (ii) dass as Produktions-, übersetzungsspezifische Verarbeitungs- und zs Rezeptionshandlungen in SyÜbLKH der

1 Multatuli 1881/1987, S. 351 2 für die Formulierungen vgl. Schmidt 1980, S. 190

74

Kommunikative Merkmale der Übersetzung

LKO folgen, Vermittler- und sonstige Verarbeiterhandlungen daneben anderen Handlungsregularitäten folgen, die als spezifisch für SyÜbLKH betrachtet werden und mit LKO verträglich sein müssen; (iii) dass SyÜbLKH eine innere Struktur aufweist, über eine Aussen-Innen-Differenzierung verfügt, von G„ bzw. G„ akzeptiert wird und in G„ bzw. G„ Funktionen erfüllt, die von keinem anderen Kommunikationssystem substituiert werden.

3.3.6. Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Massenkommunikationshandlungen Die Hypothese für die Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Massenkommunikationshandlungen lautet: 1 Hypothese zu Systemen übersetzungsspezifischer literarischer Massenkommunikationshandlungen Die Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Kommunikationshandlungen SyÜbLKH sind in den as bzw. zs Gesellschaften G„ bzw. G„ seit der Entwicklung von Massenmedien Systeme übersetzungsspezifischer literarischer Massenkommunikationshandlungen SyÜbLMKH, für die gilt, dass die in ihnen vollzogenen Handlungen von Kommunikationsteilnehmern übersetzungsspezifische literarische Massenkommunikationshandlungen im Sinne der Definitionen 5 und 11 sind.

1 für die Formulierungen vgl. Schmidt 1980, S. 198

Folgerungen

75

3.4. Folgerungen

Eine kommunikationstheoretische Betrachtung der Übersetzung ermöglicht es, die Vielheit der übersetzungsrelevanten Daten zu klassifizieren. Dadurch entstehen Kategorien, die sich grösstenteils mit Wilss' 'Basisformen' einer Übersetzungswissenschaft decken. Wilss unterscheidet die folgenden drei Basisformen einer Übersetzungswissenschaft. (a) Die allgemeine, sprachenpaarunabhängige Übersetzungswis1 senschaft Wie oben skizziert, gestattet eine kommunikationstheoretische Darstellung der Übersetzung, die Teilnehmer eines übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozesses sowie deren Handlungen eindeutig zu charakterisieren. Dies gilt ebenfalls für die Beschreibung universeller Gesetzmässigkeiten des Übersetzungsprozesses. 2 (b) Die sprachenpaargebundene deskriptive Übersetzungswissenschaft3 Dieser Bereich umfasst u.a. die Wirkungsgeschichte der Übersetzung 4 , die Forschung von Texten und ihrer Übersetzungen 5 sowie die Erarbeitung einer Typologie von Übersetzungen.' Solche Untersuchungen haben as und zs Kommunikatbasen zum Gegenstand. Die obenstehenden Ausführungen bezüglich der literarischen Übersetzung zeigen, wie kommunikationstheoretisch eine Übersetzungstypologie aufgestellt wird. Die Studie der gruppenspezifischen Rezeption von Übersetzungen 7 befasst sich mit der Klassifizierung von zs Rezipienten und setzt soziologische Methoden voraus. Sie können bei den Voraussetzungssystemen der Teilnehmer eines Übersetzungsprozesses,

1 Wilss 1977, S. 94 2 Wilss 1977, S. 94 3 Wilss 1977, S. 94 4 z.B. Huyssen 1969 5 z.B. Stolze 1982 6 z.B. Reiss 1978 7 z.B. Rülker 1971

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Kommunikative Merkmale der Übersetzung

wie sie oben skizziert wurden, ansetzen. Äquivalenzbeziehungen lassen sich ebenfalls sprachenpaarbezogen beschreiben. 1 Auf Grund der vorgeschlagenen Kategorien 'Übersetzungsspezifisches Kommunikat' und 'Übersetzungsspezifische Kommunikatbasis' kann auch die Äquivalenzproblematik kommunikationstheoretisch betrachtet werden. 2 (c) Die sprachenpaargebundene, angewandte Übersetzungswis3 senschaft Zu (c) gehört die Erarbeitung von Hilfsmitteln für den Übersetzer 4 oder die Didaktik des Übersetzens. Die hier angesprochenen Komplexe können zwar Voraussetzungssysteme, Strategien oder Prozesse von übersetzungsspezifischenKommunikationsteilnehmernbeeinflussen;so wird das Voraussetzungssystem eines ausgebildeten Übersetzers auch von einer didaktischen Komponente mitbestimmt. Sie stellen jedoch keine separaten Elemente in einem übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozess dar. Indessen können Elemente eines solchen Prozesses an sich in anderen angewandten Theorien auftreten, z.B. wenn die Übersetzung als zs Kommunikatbasis in einer didaktischen Theorie der Übersetzung zur Diskussion steht. 5 Wilss' Charakterisierung der Übersetzungswissenschaft wäre noch mit einer vierten Basisform zu ergänzen: (d) Die meta-Übersetzungswissenschaf t Dieser Bereich umfasst die Geschichte des Übersetzens 6 und der Übersetzungstheorie. 7 Kommunikationstheoretisch gesehen, betrifft sie die Geschichte übersetzungsspezifischer Kommunikatbasen sowie ihrer Verarbeitung. Mit einer kommunikationstheoretischen Darstellung der Übersetzung lässt sich somit Wilss' Forderung, die allgemeine Übersetzungswissenschaft solle ihren Gegenstand logisch charakterisieren, erfüllen. Die

1 z.B. Jäger 1975 2 vgl. KapitelS 3 Wilss 1977, S. 95 4 vgl. u.a. Smith 1977 5 vgl. Wilss 1977, Kapitel IX 6 z.B. Mounin 1977 oder Steiner 1975 7 z.B. Steiner 1975

Folgerungen

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vorliegende Arbeit beschränkt sich auf ein Teilgebiet der Übersetzungswissenschaft, nämlich auf Fragen der Übersetzungsäquivalenz 1 und der Rezeption übersetzter Literatur. 2 Bevor jedoch die Rezeption von as bzw. zs Texten zur Diskussion gestellt werden kann, sind zuerst die Möglichkeiten und Grenzen einer vergleichenden Beschreibungsmethode des Originals und seiner Übersetzung zu besprechen. Dies geschieht im nächsten Kapitel.

1 vgl. Kapitel 5 2 vgl. Kapitel 7, 8, 9

4. DIE VERGLEICHENDE BESCHREIBUNG VON AUSGANGSSPRACHLICHEN UND ENTSPRECHENDEN ZIELSPRACHLICHEN KOMMUNIKATBASEN

4.1. Mikro-, Makro- und Meta-Ebene

Die eigentliche Übersetzungseinheit, welche die Grundlage einer vergleichenden Beschreibung darstellt, ist der vollständige Übersetzungstext. 1 Damit eine detaillierte Deskription vorgenommen werden kann, ist es allerdings notwendig, kleinere Einheiten auf mehreren Ebenen zu analysieren. Im Rahmen ihrer übersetzungstheoretischen Untersuchungen erachten House und Blum-Kulka es als notwendig, Texte auf zwei Ebenen, und zwar auf Mikro-wie auf Makro-Ebene, zu analysieren:'(...) we would advocate a systematic consideration of both the micro-levels of words, phrases and sentences and the macro-levels of text and discours.' 2 Wie anschliessend gezeigt wird, sind für unsere Untersuchungen nicht nur Beschreibungen auf Mikro- und Makro-Ebene, sondern auch auf metatextueller Ebene relevant. Die erste umfangreiche Methode, die Übersetzung und ihr Original vergleichend zu beschreiben, stammt, wie aus Kapitel 2 hervorgeht, von Kitty Van Leuven-Zwart. Da die Fragestellung in der vorliegenden Arbeit von Van Leuven- Zwarts Forschungsziel abweicht, soll ihre Methode nur teilweise und in modifizierter Form übernommen werden.

1 Neubert 1986, S. 101 2 House/Blum-Kulka 1986, S. 8

80

Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

4.2. Die mikrostrukturelle Beschreibung

Zuerst wird dargelegt, wie die Mikrostrukturen von Übersetzung und Original vergleichend beschrieben werden können. Um eine Segmentierung der Texte zu ermöglichen, wird der Begriff 'Transem' eingeführt. Das Vergleichen solcher Transeme erfolgt auf der Basis einer semantischen Übereinstimmung, die das 'Architransem' enthält. Die Begriffe 'Modulation', 'Modifikation' und 'Mutation' erlauben es darzulegen, in welcher Hinsicht Übersetzung und Original auf MikroEbene voneinander abweichen können. Diese Abweichungen lassen sich schliesslich als 'Verallgemeinerung' resp. 'Spezifizierung' kategorisieren und als 'Verfremdung' resp. 'Angleichung' subkategorisieren.

4.2.1. Das Transem Damit überblickbare Textabschnitte entstehen, die sich für eine vergleichende Beschreibung eignen, werden die as und zs Texte zuerst in Segmente oder 'Transeme' geteilt. Ein linguistisch eindeutiges Kriterium für das Abgrenzen solcher Einheiten gab es bislang nicht. Laut Reiner wurde nie ernsthaft am Satz als legitimem Gegenstand der Übersetzung gezweifelt. 1 Diese Annahme steht jedoch im Widerspruch zur linguistischen Erkenntnis, dass die Satzgrenze ein arbiträres Phänomen ist.2 Neubert geht von 'Übersetzungseinheiten erster Ordnung' ohne Vernetzungen in höheren Makrostrukturen aus.3 Die Beispiele, die er für diese Übersetzungseinheiten anführt, ähneln stark jenen, welche in der vorliegenden Arbeit als Grundlage für die vergleichenden Analysen auf Mikro-Ebene dienen. Es fehlen bei Neubert allerdings klare Abgrenzungskriterien. Es ist somit notwendig, die Übersetzungseinheiten genauer zu umschreiben. Wie Van Leuven-Zwart darlegt, lässt sich die Abgrenzung der Übersetzungseinheiten auf Mikro-Ebene linguistisch begründen mit 1 Reiner 1987, S. 214 2 Stegeman 1979, S. 50; Koller 1979, S. 116 3 Neubert 1886, S. 102

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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Hilfe zweier Kategorien aus der functional grammar; es sind dies (i) 'state-of-affairs' und (ii) 'satellite'. 1 Ein state-of-affairs besteht aus Termen und einem Prädikat. Die Terme besitzen eine semantische Funktion, indem sie sich als Ausdrücke auf Phänomene einer gegebenen Welt beziehen. Das Prädikat bringt Beziehungen zwischen solchen Termen oder ihren Eigenschaften zum Ausdruck. 2 Die Terme bilden zusammen mit dem Prädikat die Kernprädikation. Satellites haben ebenfalls eine semantische Funktion, indem sie zusätzliche Informationen vermitteln. Sie sind jedoch nicht Bestandteil der eigentlichen Kernprädikation, da sie sich nicht auf das Prädikat beziehen. Bei einem satellite handelt es sich um eine Ergänzung der ganzen Prädikation. Für das Entwickeln von Abgrenzungskriterien von Transemen verwendet Van Leuven-Zwart den satellite-Begriff auf andere Weise als Dik. Sie postuliert das Fehlen eines Prädikats in einem satellite-Transem.' Dies bedeutet, dass in Van Leuven-Zwarts Beschreibungsmethode state-of-affairs-Transeme eine satellite-Funktion übernehmen können. Aus ihren Ausführungen geht klar hervor, dass dieses Verfahren f ü r die Beschreibungen von Übersetzung und Original sinnvoll ist, da auf diese Weise eine Zerstückelung der Texte vermieden wird. Da Van LeuvenZwarts Transem-Begriff hier übernommen wird, sollen nun ihre Abgrenzungskriterien detaillierter an Hand von Multatuli-Texten dargelegt werden. Es sind zwei Typen von Transemen zu unterscheiden: (i) das state-of-affairs-Transem und (ii) das satellite-Transem. Das state-of-affairs-Transem wird von einer Kernprädikation zum Ausdruck gebracht; es enthält ein Prädikat sowie Terme; diese Terme stehen in Beziehung zum Prädikat und besitzen eine semantische Funktion. In den untenstehenden Beispielen werden nun jeweils der urprüngliche Text bzw. eine veröffentlichte Übersetzung zitiert. 4

1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 24ff 2 vgl. Dik 1978, S. 26 3 vgl. Dik 1978 und Van Leuven-Zwart 1984, S. 26 4 Wenn keine andere Quelle angegeben ist, wurde jeweils Multatuli 1881/1987 für die niederländischen und Multatuli 1972 für die deutschen Texte zitiert; zur Begründung vgl. Kapitel 6.

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

(la)/Sai'djah's vader had een buffel/((264)) 1 (lb)/Sai'djahs Vater hatte einen Büffel/((388)) Die Grenzen eines state-of-affairs-Transems werden mit /-Zeichen angegeben. Das satellite-Transem besteht aus einem Term in Kombination mit einem oder mehreren Funktionswörtern; ein satellite enthält somit nie ein verbales Prädikat. Es stellt eine mögliche Ergänzung des state-ofaffairs-Transems als Ganzem dar. Beginn und Ende eines satelliteTransems werden mit einem ( bzw.) angegeben. Beispiele: (2a)/Toen deze buffel hem was afgenomen (door het districtshoofd van Parang-Koedjang)/((264)) (2b)/Als nun dieser Büffel (durch das Distriktshaupt von Parang Kudjang) ihm abgenommen wurde/((388)) Sog. 'Nebensätze'werden wegen des Vorhandenseins eines Prädikats in dieser Beschreibungsweise als state-of-affairs-Transem mit satelliteFunktion aufgefasst. Beispiele: ( 3 a ) / S a i ' d j a h ' s Vader had een buffel,// waarmede hy zyn veld bewerkte/((264)) (3b)/Sa'idjah's Vater hatte einen Büffel,// mit dem er sein Feld bestellte/((388)) Man sollte hier folglich '/mit dem er sein Feld bestellte/' als state-ofaffairs auffassen mit der satellite-Funktion 'Spezifikation'. Diese allgemeinen Abgrenzungskriterien werden nun weiter wie folgt ergänzt: 2 1) das Prädikat kann infinite Verbformen umfassen:

1 Die (( )) Klammern bezeichnen die Seiten in den jeweiligen Editionen. 2 Van Leuven-Zwart 1984, S. 27ff

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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(4a)/als o m ' t juk aftewerpen/((267)) (4b)/als wollte er das Joch abwerfen/((393)); 2) das Prädikat kann infinite und finite Verbformen umfassen: (5a)/omdat hy 't zoo dikwyls had hooren zeggen door anderen/ ((267)) (5b)/weil er es so mehrmals von anderen hatte sagen hören/ ((393)); 3) falls das Prädikat elliptisch ist, wird die Transemgrenze auf Grund der Argumente bestimmt: ( 6 a ) / S a ' i d j a h was negen jaren oud geworden,// en Adinda reeds zesjaren/((265)) (6b)/Sai'djah war neun Jahre alt geworden//und Adinda sechs Jahre/((390)); 4) nicht-verbale Konstituenten, die als Attribut funktionieren, werden als Bestandteil eines state-of-affairs-Transems betrachtet: (7a)/De aanvaller lag daar (met opgescheurden buik)/((268)) (7b)/Der Angreifer lag da (mit aufgeschlitztem Bauche)/((394)); 5) die Kombination eines Prädikats mit mehr als einem Argument wird als ein Transem aufgefasst: (8a)/Hy v r e e s d e / / d a t zyn vrouw behoefte zou hebben aan ryst, en ook Sa 'idjah//die nog een kind was/en de broertjes en zusjes van Sa'idjah./((264)) (8b)/Er f ü r c h t e t e , / / dass seine Frau Reis nötig haben werde und auch Sa'idjah,//der noch ein Kind war,/und die Brüderchen und Schwesterchen von Sa'idjah./((388)); 6) wenn die Prädikatsposition von mehr als einem Prädikat eingenommen wird, jedes dieser Prädikate aber höchstens ein lexikalisches Element umfasst, ist ebenfalls von nur einem Transem die Rede:

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

a) bei einem Hilfsverb mit infiniten Formen: (9a)/Toen deze buffel aan Sai'djah's vader was afgenomen, en geslacht/((268)) (9b)/Als dieser Büffel Saidjahs Vater abgenommen war und geschlachtet/((394)); b) bei einer Kombination von lexikalischen finiten Verbformen: (10a)/hy blaasde, sidderde, rilde/((267)) (10b)/er schnob, bebte, schauderte/((393)); c) bei einer Wiederholung eines Prädikats: (1 la)/Vlucht, vlucht//riepen op-eenmaal Adinda' s broertjes/ ((267)) (1 lb)/Fliehe, f l i e h e / / r i e f e n auf einmal Adindas Brüderchen/ ((393)); 7) eine Kombination von nicht-verbalen Prädikatsteilen gilt auch als Transem, wenn jeder Teil aus höchstens einem lexikalischen Element besteht: (12a)/die nog jong is en onvolwassen/((270)) (12b)/der noch jung und unausgewachsen ist/((397)); 8) Bejahungen, Verneinungen, Interjektionen u.ä. in der direkten Rede gehören zum state-of-affairs-Transem: ( 1 3 a ) / 0 , ik geloof je, Adinda/((270)) (13b)/Oh, ich glaube dir, Adinda/((398)); 9) Vergleiche werden ebenfalls zum state-of-affairs-Transem gerechnet: (14a)/zette zyn lomp lyf op zyn lompe pooten als een dak over het kind/((268))

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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(14b)/setzte auf seine ungeschlachten Füsse den ungeschlachten Leib gleich einem Dache über das Kind/((394)) 10) adverbiale Konstituenten, die aus einem lexikalischen Element bestehen, werden nicht als separate satellite-Transeme, sondern als Teile der state-of-affairs-Transeme betrachtet: (15a)/Maar dit is een zeer ondankbare arbeid/((269)) (15b)/Doch das ist ein sehr undankbares Arbeiten/((396)) Laut Van Leuven-Zwart lassen sich die Transeme leicht erkennen. 1 Dennoch weisen ihre Beispiele einige Unklarheiten auf. Ein state-ofaffairs-Transem mit der Argument-Funktion Patiens erläutert sie mit dem folgenden Satz: (16a)/Zoo haalde hij in huis//allen, die hij er van krijgen kon/ 2 Unklar ist, auf Grund welcher Kriterien das erste Transem bis huis und nicht bis allen läuft; warum gilt /die...kon/ nicht als Transem mit attributiver satellite-Funktion? In manchen Fällen ist es laut Van Leuven-Zwart unsicher, ob eine Konstituente als Argument oder als satellite aufzufassen sei. Als entscheidendes Kriterium erwähnt sie dann die Weglassbarkeit. Das Weglassen eines Arguments macht die state-ofaffairs unvollkommen, unverständlich; bei satellites trifft dies nicht zu.3 Wendet man nun dieses Kriterium auf das von ihr gegebene Beispiel an, ergäbe sich folgende Analyse: (17a)/en hij bewaart hem (in zijn koffer)/ In diesem Satz müsste man in zijn koffer als satellite-Transem auffassen, weil es zusätzliche Informationen über das state-of-affairsTransem enthält und aus mehr als einem lexikalischen Element besteht.

1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 27 2 Van Leuven-Zwart 1984, S. 27 3 Van Leuven-Zwart 1984, S. 30ff

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

Van Leuven-Zwart hingegen analysiert diesen Satz als ein state-of-affairs-Transem: (17b)/en hij bewaart hem in zijn koffer/ 1 Diese Segmentierung von as und zs Kommunikatbasen mit Hilfe von Transemen beansprucht einzelsprachlich keine allgemeine linguistische Gültigkeit, dennoch lässt sie sich bei der Beschreibung von Original und Übersetzung benutzen, solange die Abgrenzungskriterien einheitlich und kontrollierbar angewendet werden.

4.2.2. Das Architransem Ein Vergleich zweier Objekte ist nur sinnvoll, wenn sie wenigstens ein gemeinsames Merkmal besitzen. Erst die Feststellung einer gewissen Übereinstimmung ermöglicht die Beschreibung der Unterschiede. 2 Aus diesem Grund stellt man, wenn as und entsprechende zs Transeme verglichen werden, zuerst ihre gemeinsamen semantischen Merkmale fest. Sie werden mittels Inhaltswörtern, also durch Konstituenten der offenen Klassen, zum Ausdruck gebracht. Van Leuven-Zwart bezeichnet diese semantische Übereinstimmung als 'Architransem', abgekürzt als 'ATR'. 3 Beispiel: (18a)/Toen nam Sai'djah's vader een kris/((264)) (18b)/Da nahm Saidjahs Vater einen Kris/((389)) ATR: vervolgens + nemen + eigennaam + kris Das Architransem formuliert man entweder in der As oder in der Zs. Die Wahl zwischen diesen Möglichkeiten kann allerdings die Beschreibung beeinflussen. Auch wenn man zur Objektivierung Wörterbücher zu Rate

1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 25 2 vgl. u.a. Lyons 1977, S. 286 und Van Leuven-Zwart 1984, S. 36ff 3 Van Leuven-Zwart 1984, S. 38ff

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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zieht, wie Van Leuven-Zwart vorschlägt, 1 so bleibt das Verfahren arbiträr. 2 Dennoch ist der Architransem-Begriff für die vorliegende Arbeit nützlich und brauchbar. Erstens wird das Architransem hier jeweils in der As formuliert. Dies bedeutet, dass Segmente verschiedener Übersetzungen auf ähnliche Weise mit Hilfe der As charakterisiert werden. Zweitens dienen die Architranseme lediglich dazu, Vorhersagen über Rezeptionshandlungen zu formulieren. Die eigentliche Rezeption wird jedoch nachher auf Grund realisierter Kommunikate beschrieben. 3 Falls eine formale Übereinstimmung besteht, aber die semantische Information nicht vollständig identisch ist, so nimmt man in das Architransem einen Oberbegriff auf, z.B. (19a)/myn naam voluit in banket/((2)) (19b)/meinen vollständigen Namen in Buchstabenbrezeln/((7)) ATR: gebak Falls es eine semantische Übereinstimmung gibt, aber keine formale, so wird die Übereinstimmung mit einem Substantiv oder in substantivierter Form wiedergegeben: (20a)/wat spoed te maken/((267)) (20b)/eilig am Werke zu sein/((392)) ATR: activiteit + haast Falls keine semantische Übereinstimmung formuliert werden kann, versucht man wenigstens situationeile oder pragmatische Übereinstimmung festzustellen: (21a)/Eilieve/((7)) (21b)/Ach, was ich noch sagen wollte(( 114)) ATR: interjectie

1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 40 2 vgl. auch Van Leuven-Zwart 1984, S. 47, Anm. 3: Wörterbücher geben keine Informationen Uber den spezifischen semantischen Wert eines Wortes in einem spezifischen Kontext 3 vgl. Kapitel 7

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

Die auf diese Weise gefundenen Architranseme bilden den Massstab für nähere Vergleiche der as und zs Transeme.

4.2.3. Modulation, Modifikation, Mutation Die as und zs Transeme werden nun getrennt mit dem Architransem verglichen. 1 Weisen Transem und Architransem identische Eigenschaften auf, so ist die Rede von einer Synonym-Relation. Stellt man neben Übereinstimmungen auch Unterschiede fest, so ergibt sich eine Hyponym-Relation. Bei der Beschreibung dieser Relationen kann das 'Form, Art oder Weise'-Kriterium (in niederländischer Sprache: 'vorm, wijze of soort'- kriterium, abgekürzt als 'v/w/s') angewendet werden: Elemente eines Transems können eine 'Form', 'Art' oder 'Weise' eines entsprechenden Transems darstellen. So ist Trudehen als Übersetzung von Truitje eine deutsche Form eines Eigennamens. Erst der Vergleich von as resp. zs Transemen mit dem Architransem ermöglicht die dritte Phase, das Vergleichen der Transeme des as Textes mit denjenigen des zs Textes. Falls die gefundenen Relationen keine Synonymie aufweisen, ist auf Verschiebungen zu schliessen. Wie Van Leuven-Zwart darlegt, 2 kann man auf Grund der funktionalen Vergleiche drei Typen von Verschiebungen auf die Spur kommen: (i) Modulation: Eines der Transeme steht in einer Hyponymie- Relation zum Architransem, das andere weist eine Synonymie- Relation mit dem Architransem auf. Beispiel: (22a)/wat drommel kon dien ouden heer bewegen//zich uittegeven voor een aanbiddervan myn zusje Truitje/((2)) (22b)/Was zum Teufel konnte den alten Herrn bewegen,// sich für einen Anbeter meiner kleinen Schwester Trudehen ... auszugeben/^)) ATR eigennaam

1 vgl. Van Leuven-Zwart 1984, S. 41ff 2 Van Leuven-Zwart 1984, S. 48

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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bt: 0 dt: v/s/w: eine Form eines Eigennamens, nämlich eine deutsche (ii) Modifikation: Beide Transeme oder Elemente beider Transeme stehen in Opposition zu dem ATR; sie weisen untereinander Unterschiede auf. Beispiele: (23a)/kon men nagenoeg zeker zyn,//te-eeniger-tyd daar aantekomen/((48)) (23b)/konnte man einigermassen sicher sein,//nach einiger Zeit dort anzukommen/((69)) ATR: zekerheid bt: v/w/s van zekerheid, namelijk bijna helemaal dt: v/w/s van zekerheid, namelijk enigszins ATR: aankomen + tijd bt: v/w/s van tijd, namelijk onbepaald tijdstip dt: v/w/s van tijd, namelijk onbepaald tijdsverloop (iii) Mutation: Es fehlt ein A T R oder ATR-Element. Van Leuven-Zwart unterscheidet drei Ursachen für die Mutation: Weglassen, Hinzufügen, radikales Ändern der Bedeutung. 1 Beispiele: (24a)/Ik ben lid van

Artis/((?>))

(24b)/Ich bin Mitglied von 'Artis', unserm Zoologischen Gar-

ten/«8)) ATR: -

hier fehlt folglich ein ATR wegen einer Hinzufügung; (25a)/Toen onlangs op de Prinsengracht myn hoed te-water woei - Frits zegt: waaide/((4)) (25b)/Als kürzlich auf der Prinzengracht mein Hut ins Wasser wehte/((9)) ATR: -

1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 48

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

hier fehlt ein ATR wegen einer Weglassung. Als Beispiel für radikale Änderung der semantischen Information dürfte die schon erwähnte Übersetzung von Stromer gelten: (26a)/Dat by ons de Heer gediend werd/((10)) (26b)/Dass er bei uns speisen kann/ 1 ATR: Im nächsten Abschnitt soll näher abgeklärt werden, wie sich die Verschiebungen kategorisieren lassen.

4.2.4. Die Kategorien 'Verallgemeinerung' und 'Spezifizierung' Van Leuven-Zwart versucht, die oben besprochenen Verschiebungen weiter zu kategorisieren resp. zu subkategorisieren. In ihren Erläuterungen fehlen jedoch Kriterien, die es gestatten, die Verschiebungen eindeutig als 'stilistisch', 'syntaktisch' oder 'pragmatisch' einzustufen. 2 Van Leuven-Zwarts Betrachtung der Verschiebungen ergibt über 50 Klassen. Unklar bleibt, ob damit sämtliche Typen von Abweichungen in der Übersetzung abgedeckt sind. Hinzu kommt, dass sich die Klassen von Verschiebungen teilweise überschneiden. Man muss daher wohl folgern, dass Van Leuven-Zwarts Methode hinsichtlich der Kategorisierung der Verschiebungen zuwenig gesichert ist, um beispielsweise als Grundlage für Leseruntersuchungen im Hinblick auf Äquivalenzproblematik zu dienen. Aus diesem Grund soll hier eine andere Strategie befolgt werden, die es erfordert, lediglich solche Klassen von Verschiebungen zu beschreiben, die für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit von entscheidender Bedeutung sind. Dazu werden nun Phänomene näher erläutert, die mit der räumlichen und zeitlichen Standortbestimmung einer Übersetzung zusammenhängen. Es handelt sich dabei um Tran-

1 Multatuli 1875, S. 9 2 Van Leuven-Zwart erkennt dieses Problem, wenn sie zum Subkategorisieren bemerkt: 'zo is de grens tussen bijvoorbeeld 'archaisch taalgebruik' en 'typisch schrijf taal' of 'literair taalgebruik' niet altijd even duidelijk te trekken'; Van Leuven-Zwart 1984, S. 64.

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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seme, die Verschiebungen vom Typus 'Verallgemeinerung' resp. 'Spezifizierung' und 'Verfremdung' resp. 'Angleichung' aufweisen. In Beschreibungen von Übersetzungsmethoden schliesst man auf die Neigung von Übersetzern, spezifische as Sprachelemente im zs Text zu verallgemeinern. 1 Diese Neigung liesse sich psycholinguistisch dadurch erklären, dass allgemeinere Ausdrücke eine höhere Frequenz in der Sprache besitzen als spezifische Ausdrücke. Sie würden sich daher dem Übersetzer als erste Möglichkeit aufdrängen. Weiter beobachtet man, dass der Übersetzer versucht ist, in der Zs die syntaktischen Strukturen zu 'normalisieren', damit der Text für den zs Leser möglichst verständlich wird. 2 Ausserdem wird der Übersetzer bewusst Verschiebungen vom Typus 'Verallgemeinerung' in Kauf nehmen, um das Fehlerrisiko zu verringern. Die Folge dieses Übersetzungsverfahrens wäre laut Van den Broeck und Lefevere eine 'Reduktion der Expressivität.' Bei anderen Übersetzern stelle man eine entgegengesetzte Haltung fest: sie würden die Übersetzung bewusst nuancierter und anschaulicher als den Ausgangstext formulieren. Diese Art von Übersetzen hätte eine 'Betonung der Expressivität' zur Folge. 3 Wie die nächsten Beispiele zeigen dürften, ermöglicht das 'Form, Art oder Weise'-Kriterium, die Verschiebungen als 'Verallgemeinerung' oder 'Spezifizierung' zu kategorisieren: (27a)/De fout begint al van Van Alphen a f / ( ( 2 ) ) (27b)/Aber der Schwindel beginnt schon mit den ersten Versen in den Kinderbilderbüchlein//ich erinnere mich eines solchen Buches,//dessen Verfasser behauptet/ 4 Die spezifische Information aus (27a), nämlich 'der Name des ersten niederländischen Dichters, der Kinderverse schrieb,' wird in (27b) verallgemeinernd wiedergegeben als Verfasser von Kinderbilderbüchlein.

1 vgl. Lev? 1965 2 Van den Broeck/Lefevere 1979, S. 100; es soll hier nicht weiter diskutiert werden, welche Daten Van den Broeck und Lefevere verwendet haben, um derartige Intentionen von übersetzungsspezifischen Verarbeitern zu ermitteln. 3 Van den Broeck/Levefere 1979, S. 100 4 Multatuli 1927, S. 2

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

In (28b) findet sich ein Beispiel von 'Spezifizierung': (28a)/myn naam voluit in banket/((2)) (28b)/meinen vollständigen Namen in Buchstabenbrezeln/((7)) Buchstabenbrezeln ist eine spezifische Form von Gebäck. Im nächsten Abschnitt werden die Verschiebungen weiter subkategorisiert.

4.2.5. Die Subkategorien 'Verfremdung' und 'Angleichung' Begriffe wie 'dynamische Äquivalenz' bzw. 'Angleichung' und 'formale Äquivalenz' bzw. 'Verfremdung' nehmen in der Übersetzungstheorie eine wichtige Stelle ein. Wie Hönig und Kussmaul ausführen, betrifft die Frage, ob der Übersetzer exotisiert oder naturalisiert, unmittelbar die Wirklichkeitsperspektive, die er wählt. 1 Damit wäre ein Kernpunkt der Sapir-Whorf-Hypothese angesprochen. 2 Auch aus der Vielzahl der Ausdrücke, die man verwendet hat, um die unterschiedlichen Übersetzungsmethoden zu benennen, geht hervor, wie bedeutend Begriffe wie 'Verfremdung' und 'Angleichung' in der Übersetzungswissenschaft sind. Es ist die Rede von 'zielsprachenabgewandt' resp. '-zugewandt' übersetzen, man möchte die Übersetzung 'dem Original unterwerfen' resp. 'das Original der Übersetzung unterordnen', Übersetzer sollen 'verdeutschen' resp. 'verfremden', es seien die Übersetzungsprinzipien 'ut interpres' resp. 'ut orator' zu unterscheiden usw.3 Die gleiche Antithese findet sich in Schleiermachers berühmter, 1813 vorgelegter Akademie- Abhandlung: 4

1 Hönig/Kussmaul 1982, S. 52 2 Es soll hier nicht weiter zur Diskussion stehen, ob es sich dabei tatsächlich um eine Hypothese handelt, die es erlaubt, wissenschaftliche Voraussagen zu formulieren; vgl. Stegeman 1979, S. 8. 3 Wilss 1977, S. 30ff 4 Schleiermacher 1838, S. 207ff

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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Entweder der Übersetzer lässt den Schriftsteller möglichst in Ruhe und bewegt den Leser ihm entgegen; oder er lässt den Leser möglichst in R u h e und bewegt den Schriftsteller ihm entgegen. 1 Obschon die Methode des Übersetzens hier nicht weiter zur Diskussion steht, lassen sich die Begriffe 'Angleichung' resp. 'Verfremdung' dennoch verwenden, und zwar als Eigenschaften der zs Kommunikatbasen. Demzufolge werden die Verschiebungen, soweit möglich, in die Klassen 'Verfremdung' resp. 'Angleichung' eingeteilt. Das Kriterium 'Form, Art oder Weise' bietet die Möglichkeit, 'Angleichung' resp. 'Verfremdung' wenigstens in zwei verschiedenen Dimensionen nachzuweisen: Ein Transem kann in der Übersetzung in räumlicher oder in zeitlicher Hinsicht vom Original als ' V e r f r e m d u n g ' oder 'Angleichung' abweichen. Übernimmt der Übersetzer fremde Elemente aus dem Kulturraum des Originals, so 'exotisiert' er den Text: (29a)/heb ik den man ... een dubbeltje gegeven/((4)) (29b)/hab ich dem Mann ... ein Dübbeltje gegeben/ 2 Das aus einem anderen Kulturraum stammende Dübbeltje stellt als nicht-deutsche Bezeichnung f ü r 10 Pfennig eine ' V e r f r e m d u n g ' dar und gilt somit als 'exotisiert'. Auch im nächsten Beispiel findet sich eine Verschiebung der Subkategorie 'Verfremdung', die als 'exotisiert' einzustufen ist: (30a)/Mynheer de Radhen Adhipatti, Regent van BantanKidoel, en gy, Radhens Dhemang//ik groet u ! / ( ( 1 1 0 ) ) (30b)/'Mynheer de Radhen Adhipatti, Regent von Bantan-Kidul, und Ihr, Radhens D h e m a n g / / i c h grüsse euch!/ 3

1 Apel weist im übrigen darauf hin, dass man Schleieraachers Standpunkt häufig zuwenig in seinem historischen Kontext gedeutet hat; Apel 1983, S. 56. Dennoch kann man nicht verneinen, dass viele theoretische Betrachtungen über die Übersetzungsmethode trotz dieser Vernachlässigung des historischen Kontextes bei Schleiermacher ansetzen. 2 Multatuli 1900, S. 16 3 Multatuli 1952, S. 92

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

In der Übersetzung ist mynheer

eine 'exotisierte' Form einer Anrede.

Umgekehrt kann der Übersetzer einen im Original vorkommenden exotischen Ausdruck in der Übersetzung 'verdeutschen'. Es handelt sich dabei um eine Übersetzungsart, die Goethe 'im reinsten Wortverband' die parodistische nennen möchte. 1 Sie liegt dort vor, 'wo man sich in die Zustände des Auslandes zwar versetzen, aber eigentlich nur fremden Sinn sich anzueignen und mit eigenem Sinne wieder darzustellen bemüht ist.' 2 In diesem Fall 'naturalisiert' der Übersetzer f r e m d e Elemente aus einem anderen Kulturraum: (31a) /Rypt niet uw padie dikwerf t e r v o e d i n g / ( ( l l l ) ) (31b) / R e i f t nicht euer Reis so oft zur Speise/ 3 Im Original steht anstelle des gebräuchlichen Wortes reist der exotische Ausdruck padie. Der Übersetzer hat das Wort 'naturalisiert', indem er die deutsche Umschreibung wählte. Auch die folgenden Beispiele zeigen, wie sich die kulturspezifischen Verschiebungen der Subkategorien 'Verfremdung' und 'Angleichung' mit dem 'Form, Art oder Weise'-Kriterium feststellen lassen: (32a)/zich uittegeven voor een aanbidder van myn zusje T r u i t j e / ((2)) (32b)/sich für einen Anbeter meiner kleinen Schwester Trudchen auszugeben/ 4 Trudchen ist eine 'Form' eines Eigennamens, und zwar eine spezifisch deutsche. Auch in diesem Fall hat der Übersetzer 'naturalisiert'. Nicht nur die Raum-, sondern auch die Zeitdimension nimmt in der Übersetzungswissenschaft eine wesentliche Stelle ein. Schon die Rezeptionsgeschichte der deutschen Shakespeare-Übersetzungen zeigt, welche Bedeutung veralteten resp. modernisierten Texten zukommt. Der

1 Reiner 1987, S. 159 2 Goethe 1973, S. 36 3 Multatuli 1952, S. 94 4 Multatuli 1952, S. 6

Die mikrostrukturelle Beschreibung

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Monument-Charakter der Schlegel-Tieckschen Übersetzung 1 lässt vermuten, dass sie den weiteren Verlauf der Übersetzungsgeschichte Shakespeares massgeblich bestimmt hat. Dies hat zur Folge, dass wohl kein Übersetzer sich vom Einfluss der bald 200jährigen Texte b e f r e i e n kann. Gerade eine solche 'deutsche Shakespeare-Sprache' wird von veralteten Ausdrücken geprägt. Die Produktion des Originals, die Übersetzung und die zs Rezeption sind nur als zeitliches Nacheinander denkbar. Während das Original als Kommunikatbasis einen unveränderten Bestandteil der as Kultur bildet, ist seine Übersetzung eine zeitgebundene Wiedergabe in der zs Kultur, die jeder Zeit angepasst werden kann. Steiner unterstreicht die zeitliche Dimension der Übersetzung, wenn er bemerkt, dass die '(...) time-barrier may be more intractable than that of linguistic difference.' 2 Ob die 'Zeitbarriere' dem Untersucher mehr Schwierigkeiten bereitet als die linguistischen Unterschiede zwischen Original und Übersetzung, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Es ist jedoch festzuhalten, dass f ü r die übersetzungsorientierte Rezeptionsuntersuchung älterer Texte 'Verfremdung' resp. 'Angleichung' im Sinne von 'veraltet' resp. 'modernisiert' von Bedeutung sind. Inwiefern zeigt die zs Rezeption Abweichungen, wenn Versuchspersonen ältere resp. neuere Übersetzungen des gleichen Textes lesen? Der Max Havelaar aus dem J a h r e 1860 und seine deutschen Ubersetzungen, die von 1875 bis 1972 erschienen, bieten diesbezüglich, wie im 6. Kapitel dargelegt wird, eine Fülle von Material. Auch die Merkmale 'veraltet' resp. 'modernisiert' lassen sich mit Hilfe des 'Form, Art und Weise'-Kriteriums feststellen: ( 3 3 a ) / H e t nieuwe zusjen is van de groenvrouw g e k o m e n / ( ( 2 ) ) (33b)/Das kleine Schwesterchen hat der Klapperstorch gebracht/ 3

1 A pel 1983, S. 72, 73 2 Steiner 1975, S. 28 3 Multatuli 1875, S. 2

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

(33c)/Das neue Schwesterchen ist von der Gemüsefrau gekommen/ 1 (33d)/Das neue Schwesterchen ist von der Grünfrau gekommen/ 2 Zusjen (33a) ist eine veraltete Form f ü r das jetzige zusje. In keiner der Übersetzungen wird dies zum Ausdruck gebracht. Groenvrouw ist eine veraltete Form f ü r das jetzige (vrouw van de) groenteman. Derossi übersetzt das Gemeinte mit dem auch heute gängigen Bild des Storches (33b). In dieser Hinsicht zeigt die Verschiebung in seiner Übersetzung das Merkmal 'modernisiert'. Auch (33c) weist mit der heute üblichen Gemüsefrau dieses Merkmal auf. Grünfrau (33d) hingegen ist heute ungebräuchlich. Wie sich in der Folge zeigen wird, ist es im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll, die Verschiebungen als 'Verfremdung' im Hinblick auf 'exotisiert' resp. 'veraltet' und 'Angleichung' zu subkategorisieren.

4.3. Die makrostrukturelle Beschreibung

In eine vergleichende Analyse eines literarischen Werkes und seiner Übersetzung sollten auch die Übereinstimmungen bzw. Verschiebungen auf der Makro-Ebene aufgenommen werden. Damit ist ein komplexes Problem angesprochen. Für eine vergleichende Beschreibung der Gesamtstrukturen eines ursprünglichen Textes und seiner Übersetzung ist eine Textgrammatik vorauszusetzten, die imstande ist, die abstrakte semantische Deskription des globalen Inhalts und der globalen 'Kohärenz' eines Textes zu leisten. 3 Die textlinguistische Deskription semantischer Makrostrukturen hat jedoch zum Teil noch spekulativen Charakter. Metzeltin und Jaksche bemerken diesbezüglich, dass in den bestehenden Modellen zur Analyse von Texten 'keine oder

1 Multatuli 1889, Nr. 17 2 Multatuli 1901, S. 2 3 Van Dijk 1983, S. 189ff

Die makrostrukturelle Beschreibung

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dann zu unscharfe Operationen angegeben (werden), um zu diesen Makrostrukturen zu kommen.' 1 Für die Übersetzungswissenschaft bedeutet dies, dass weitere Forschung nötig ist, um festzustellen, ob Sammlungen von Transemen dem allgemeinen Prinzip der 'Kohärenz' unterliegen. Blum-Kulka postuliert 'coherence' als 'a covert potential meaning relationship among parts of a text' 2 . Eine solche kohärente Beziehung zwischen Bestandteilen eines Textes wird laut Van Dijk jedoch erst durch Interpretationsprozesse eines Rezipienten ersichtlich:'(...) people form macrostructures during reading.' 3 Es müssten somit jene kognitiven Prozesse untersucht werden, welche bei der Ermittlung makrostruktureller Merkmale relevant sind. Um die Makrostrukturen in einer Übersetzung näher zu bestimmen, setzt Van Leuven-Zwart nun die mikrostrukturellen Merkmale eines Textes direkt in Bezug zur Beschaffenheit der Makrostrukur. 4 Da es sich bei Makrostrukturen um grössere Einheiten handelt, sollten mikrostrukturelle Verschiebungen laut Van Leuven-Zwart eine gewisse Frequenz haben, bis sie die Makrostruktur beeinflussen. 5 Aus zwei Gründen muss jedoch an der Richtigkeit dieser Auffassung gezweifelt werden. Erstens gibt es keine Erklärung dafür, dass Mikrostrukturen die Makrostrukturen prägen. Aus Derossis Übersetzung des Max Havelaar lässt sich sogar, wie weiter unten belegt wird, das Umgekehrte zeigen. Zweitens fehlt ein Kriterium, um voraussagen zu können, bei welcher Zahl von Verschiebungen Änderungen in der Makrostruktur auftreten. Wie problematisch dies ist, geht aus Van Leuven-Zwarts Analyse des Muur hervor. Sie wendet das funktionale Vergleichsmodell auf Geers Übersetzung De Muur, ursprünglich La Pared, von Iabnez an. 6 Aus ihrer Analyse geht hervor, dass der Text 221 Transeme umfasst. Sie stellt 211 Verschiebungen fest und berechnet, dass der Verschiebungsprozentsatz 95,48 beträgt. Was sagt diese Zahl nun aus? Man ist geneigt

1 Metzeltin/Jaksche 1983, S. 18 2 Blum-Kulka 1986, S. 17 3 Van Dijk 1983, S. 233 4 Van Leuven-Zwart 1984, S. 107 5 Van Leuven-Zwart 1984, S. 107 6 Van Leuven-Zwart 1984, Kapitel 5

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

anzunehmen, dass die Übersetzung semantisch, stilistisch und/oder syntaktisch fast 100% vom Original abweicht. Van Leuven-Zwart folgert aber: Dit percentage (95,48 - J.S.) is relatief laag; zowel bij Evenhuis, als bij Van Dam en Werumeus Buning (es handelt sich hier um andere Übersetzungen des gleichen Textes - J.S.) is het aantal verschuivingen groter dan het aantal transemen, waardoor het verschuivingspercentage - ver - boven de 100% komt te liggen. Daraufhin interpretiert sie ihre Ergebnisse weiter, indem sie die Auswirkungen der erwähnten Verschiebungen auf die ideationellen, textuellen und interpersönlichen Funktionen beschreibt. Auch hier stellt sich die Frage, was die festgestellten Frequenzen aussagen. In der Interpretation ihrer Ergebnisse spielt die persönliche Deutung der Forscherin offenbar eine wichtigere Rolle als die berechneten Frequenzen, wie das folgende Zitat zeigt: De effecten van Kategorie 50 (syntaktisch-stilistische modifikatie/expliticering) betreffen de graadvan explicietheid; deze is als gevolg van de frequentie en de consistentie van de verschuivingen uit deze kategorie, in de vertaling aanzienlijk groter dan in de brontekst. Uit de volgende voorbeelden möge blijken dat de explicitering in de vertaling de bondigheid van de brontekst in omslachtigheid doet verkeren, en dat de verschuivingen bovendien het ritme beinvloeden. 1 Die logische Beziehung zwischen syntaktisch-stilistischer Modifikation und Weitschweifigkeit bzw. Rhythmus wird jedoch nicht weiter begründet. 2 Die vergleichenden Beschreibungen der deutschen Max Have/aar-Übersetzungen im 5. Kapitel werden zeigen, dass Derossis Text im 1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 172 2 Es ist ein Hauptanliegen von Van Leuven-Zwart, auf Grund derfunktionalen Vergleichsmethode zu untersuchen, wie ein Übersetzer vorgegangen ist. Was sagen nun die Frequenzen, die sich aus der funktionalen Analyse ergeben, über die Arbeitsmethoden des Übersetzers aus? War der Übersetzer besonders akkurat, wenn man in bezug auf Verschiebungen einen Prozentsatz von 95 feststellt? Hat er in diesem Fall wortwörtlich übersetzt - oder eben frei?

Die makrostrukturelle Beschreibung

99

Vergleich zu den übrigen Übersetzungen die geringste Zahl Verschiebungen aufweist. Falls es eine logische Beziehung zwischen der Frequenz der Verschiebungen auf der Mikro-Ebene und der Beschaffenheit der Makrostruktur gäbe, sollte die Makrostruktur von Derossis Max Havelaar der des Originals am meisten ähneln. Es wird sich jedoch herausstellen, dass das Gegenteil zutrifft. Derossis Übersetzung weist eine Verschiebung in der Makrostruktur auf, die den ganzen Aufbau des Werkes entscheidend ändert. 1 Somit darf man die Methode, aus Merkmalen der Mikrostruktur die Beschaffenheit der Makrostruktur abzuleiten, nicht als gesichert betrachten. 2 Der jetzige Forschungsstand bietet jedoch eine andere Strategie, um die Bedeutung der Makrostruktur für die Übersetzungsäquivalenz zur Diskussion zu stellen. Mit Hilfe von Begriffen, die in der Text- und Literaturwissenschaft entwickelt wurden, lassen sich zur Zeit verschiedene makrostrukturelle Merkmale literarischer Texte beschreiben. Im Falle des Max Havelaar liegen strukturelle Beschreibungen des ursprünglichen Textes schon vor. In seinem Standardwerk über Max Havelaar beschreibt Sötemann die 3 innere Gliederung dieses Buches. Auch J.J. Oversteegen 4 , F. Maatje 5 und Marcel Janssens 6 haben entscheidend zur Beschreibung des Aufbaus des Havelaar beigetragen. Dieser glückliche Umstand gestattet es, in der vorliegenden Arbeit Ergebnisse aus der Text- und Literaturforschung als Grundlage für die Überprüfung von Hypothesen zur Übersetzungsäquivalenz im Hinblick auf makrostrukturelle Aspekte zu wählen. Gegen diese Strategie könnte man einwenden, dass sie sich zu einseitig nach bestehenden Untersuchungen eines einzigen, individuellen literarischen Kunstwerkes orientiert; dies könnte es erschweren, allgemeinere Aussagen zur Übersetzungsäquivalenz zu formulieren. Es ist daher erforderlich, im Rahmen übersetzungstheoretischer Untersuchungen jene Daten einzelner Forschungsergebnisse zu selektieren, die

1 vgl. die Beschreibungen der makrostrukturellen Verschiebungen im 6. Kapitel der vorliegenden Arbeit 2 vgl. Stegeman, Ueberlebt Max Havelaar in deutscher Uebersetzung? 3 Sötemann 1966 4 Oversteegen 1963 5 Maatje 1964 6 Janssens 1970

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

sich generalisieren lassen. 1 Es handelt sich dabei um 'einleitende Texte', 'Elemente', 'Erzählstruktur', 'Aspekte' und 'Anmerkungen des ursprünglichen Verfassers'. In der Perspektive der Forschung des Textverstehens, in Van Dijks Terminologie 'discourse comprehension', kann man diese Entitäten zu jenen 'schematischen Strukturen' rechnen, welche die Rezeption im Hinblick auf Texttypus steuern. 2 Sie würden somit den Rezipienten veranlassen, literarische Rezeptionshandlungen durchzuführen.

4.3.1. Einleitende Texte Der Titel eines literarischen Kunstwerkes sowie die weiteren Texte, welche dem Haupttext vorangehen, werden beim as Leser Erwartungen wecken und ihn auf den eigentlichen Text einstimmen. Aus Van Dijks Untersuchungen geht hervor, dass viel'(...) discourse types feature anticipatory or initial expressions of parts of the macrostructure, for example, in announcements, titles, summaries, or leads.' 3 Der Titel sowie die einleitenden Texte gehören zu einer literarischen Konvention einer as Sprachgemeinschaft. Sie können einer solchen Konvention entsprechen oder eine literarische Tradition durchbrechen und somit den as Leser überraschen. Ähnliches gilt für die einleitenden Texte einer literarischen Übersetzung. Da die literarische Konvention in der zs Gemeinschaft von derjenigen der as Gemeinschaft abweichen kann, stellt sich hinsichtlich der Übersetzungsäquivalenz die Frage, welche Folgen Verschiebungen in den einleitenden Texten auf die Rezeption haben.

1 Aus diesem Grund wurden in der vorliegenden Arbeit nur einige der Ergebnisse der Havelaar-Forschung berücksichtigt, und zwar jene, die für allgemeinere Aussagen Uber makrostrukturelle Verschiebungen und Übersetzungsäquivalenz relevant sind. 2 Van Dijk 1980 S. 107ff; Van Dijk 1983, S. 235ff 3 Van Dijk 1983, S. 221

Die makrostrukturelle Beschreibung

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4.3.2. Anmerkungen des Verfassers Die Anmerkungen des ursprünglichen Verfassers gehören ebenfalls zur Makrostruktur des Textes. Indem der Verfasser sich in Anmerkungen zum Text äussert, kann er den Leser dazu veranlassen, die T-Konvention zu befolgen. Für eine vergleichende Untersuchungvon Kommunikaten der as und zs Rezipienten ist es somit von Bedeutung, die Anmerkungen in den makrostrukturellen Beschreibungen zu berücksichtigen.

4.3.3. Elemente, Erzählstruktur, Aspekte In der Beschreibung literarischer Werke gilt der Text als eine Oberflächenstruktur, die für den Leser wie für den Untersucher zugänglich ist. Sodann werden als tiefere Strukturen die 'Erzählung' und die 'Fabel' unterschieden. Man postuliert für die Fabel als Grundplan eines literarischen Werkes eine Reihe logisch und chronologisch miteinander verbundener, abstrakter Ereignisse sowie Akteure, 1 die irgendwo und irgendwann 2 Handlungen ausführen. Die Ebene der Fabel umfasst folglich: (i) Akteure, (ii) Ereignisse, (iii) Raum und (iv) Zeit. Die Erzählung gilt als die ästhetische Strukturierung des Basismaterials einer Fabel. Sie weist eine eigene, nicht unbedingt chronologische Reihenfolge von spezifischen Geschehnissen auf, die in einer bestimmten Zeit und in einem bestimmten Raum stattfinden und an denen Personen mit spezifizierten Merkmalen teilhaben. Auf der Ebene der Erzählung sind die Elemente der Fabel zu 'Aspekten' geworden. Eine vergleichende Beschreibung von as resp. zs Makrostrukturen wird somit Elemente der Fabel, ihrer Strukturierung in der Erzählung sowie Aspekte der Erzählung berücksichtigen. Die Anzahl der Elemente in der Fabel der Übersetzung kann in folgenden Hinsichtenvon der des Originals abweichen: (i) die Fabel der Übersetzung weist mehr Elemente als die des Originals auf, (ii) die Fabel

1 vgl. Greimas 1966 2 Bai 1978, S. 14

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

der Übersetzung weist weniger Elemente als die des Originals auf. Aber auch die Struktur der zs Erzählung kann auf zwei Weisen von der as Struktur abweichen: (i) die Erzählung der Übersetzung ähnelt der Fabel mehr als die Erzählung des Originals; (ii) die Erzählung der Übersetzung weicht mehr von der Fabel ab als die Erzählung des Originals. Von den 'Aspekten' der as resp. zs Erzählung stehen in der vorliegenden Untersuchung die ästhetischen Strukturen sowie die Merkmale eines Antagonisten und die eines Protagonisten im Vordergrund.

4.4. Die metatextuelle Beschreibung

Die zusätzlichen Texte in einem übersetzten Werk werden hier als 'Metatexte' aufgefasst. Es sind dies Einleitungen, Schlussbetrachtungen, Anmerkungen des Übersetzers usw. Metatexte in einem übersetzten Werk können das Voraussetzungssystem und die Strategie des zs Rezipienten beeinflussen.

4.4.1. Anmerkungen und sonstige Texte des Übersetzers Der as Produzent wird auf Wissensvoraussetzungen der as Rezipienten aufbauen. Dabei handelt es sich nicht nur um ökonomische, soziale und politische Merkmale der as Gesellschaft, sondern auch um kulturelle. Der as Rezipient hat Zugang zu einem Bestand an historischen und aktuellen Kommunikatbasen literarischer und nicht-literarischer Art, er macht sich, gesteuert von Medien, die in der as Gesellschaft wirksam sind, ein Bild vom Autor und seiner Funktion. Sodann wird der as Leser bestimmte ästhetische Auffassungen und poetologische Normen kennen

Die metatextuelle Beschreibung

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und/oder akzeptieren. 1 Ausgehend von derartigen Vorkenntnissen des Lesers, kann der as Autor vieles 'ungesagt' lassen. 2 Wenn der Übersetzer annimmt, dass die Vorkenntnisse des zs Lesers im Hinblick auf die oben erwähnten Faktoren von denen des as Lesers abweichen, ist er gezwungen, implizite Aussagen des Textes explizit zu machen. Es stehen ihm verschiedene Mittel zur Verfügung, die Informationen nachzuliefern: in Zusätzen im Text, in Vor- oder Nachworten oder in Anmerkungen.

4.4.2. Unterschätzung und Überschätzung des zielsprachlichen Lesers In der Literatur zu dieser Problematik, die zur Domäne des Übersetzungsverfahrens gehört, stellt man zwei Tendenzen fest: (i) der Übersetzer unterschätzt den zs Leser und (ii) der Übersetzer überschätzt den zs Leser. 3 Eine Unterschätzung des Lesers führt zu einer 'paternalistic attitude' des Übersetzers. 4 Statt davon auszugehen, dass der Text als Ganzes dem Leser ausreichend Informationen liefert, nimmt der Übersetzer an, dass einzelne Sätze fortlaufend Erläuterungen brauchen. Überschätzt der Übersetzer den Leser, so wird letzterer die Übersetzung 'falsch' verstehen. Man kann empirisch untersuchen, ob ein Text weniger gut verstanden wird, wenn die notwendigen Erläuterungen des Übersetzers fehlen. Was bewirken erläuternde Anmerkungen beim Leser? Einerseits darf man erwarten, dass sie zum schnelleren Textverständnis führen. Andererseits durchbricht der Übersetzer die literarische Konvention, wenn er sich direkt mit Informationen an den Leser wendet. Dies würde im allgemeinen bedeuten, dass zusätzliche Anmerkungen des Übersetzers die ästhetische Dimension einer literarischen zs Kommunikatbasis ändern.

1 Schmidt 1980, S. 268 2 vgl. Koller 1979, S. 128 3 vgl. Koller 1979, S. 128 4 Nida 1964, S. 155

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Vergleichende Beschreibung von as und zs Kommunikatbasen

4.5. Folgerungen

In Abstützung auf Erkenntnisse der functional grammar, der Textlinguistik und der Erzählforschung kann man Unterschiede zwischen Übersetzung und Original auf Mikro- und Makro-Ebene sowie auf metatextueller Ebene beschreiben und charakterisieren. Weder die Zahl der Verschiebungen noch ihre Merkmale sagen jedoch unmittelbar etwas über die Relationen zwischen Original und Übersetzung aus. Erst wenn man die Handlungen der am Übersetzungsprozess Beteiligten betrachtet, wird es möglich, Bedeutung und Wirkung der Verschiebungen weiter zu untersuchen. Dazu ist im nächsten Kapitel näher auf die Bedeutung der Rezeption für das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz einzugehen.

5. ÜBERSETZUNGSÄQUIVALENZ UND REZEPTION

5.1. Der Status des Äquivalenzbegriffes

Mit Recht weisen verschiedene Forscher darauf hin, dass sich die bestehenden Konzepte der Übersetzungsäquivalenz auf theoretisch unsichere Prämissen stützen. 1 Laut Reiss und V e r m e e r ist kaum ein 'translationswissenschaftlicher' Begriff 'so wenig eindeutig definiert und wird in so schillernder Vielfalt verwendet' wie die Begriffspaare Äquivalenz/äquivalent und A d ä q u a t h e i t / a d ä q u a t . 2 Holmes b e t r a c h t e t den Gebrauch des Ausdrucks Äquivalenz als inadäquat. 3 Ladmiral lehnt den Begriff als idealisiertes Konstrukt ab.4 Für Wilss stellt sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, Äquivalenzkriterien zu entwickeln. 5 Neubert verzeichnet neuerlich wieder vielfach 'ein U n b e h a g e n gegenüber dem Äquivalenzbegriff.' 6 Kitty van Leuven-Zwart verzichtet in ihrer vergleichenden Beschreibungsmethode gar gänzlich auf den Äquivalenzbegriff. 7 Dennoch wird die Erarbeitung von Massstäben, die einen Vergleich von Original und Übersetzung ermöglichen, nach wie vor zu den wichtigen Aufgaben der Übersetzungsforschung gerechnet. In diesem Sinne benützen viele Forscher, trotz der oben erwähnten Bedenken, den

1 Vgl. z.B. Walmsley 1970, S. 186 2 Reiss/Vermeer 1984, S. 124 3 Holmes 1974 4 Ladmiral 1981, S. 393 5 Wilss 1977, S. 182 6 Neubert 1986, S. 87 7 Van Leuven-Zwart 1984

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

Ausdruck 'Äquivalenz' bzw. dessen englische oderfranzösische Übersetzung. So umschreibt Catford 'the central task of translation theory' als 'defining the nature and conditions of translation equivalence'. 1 Wilss verlangt von einer Übersetzungswissenschaft '(...) die empirische Entwicklung von kontrollierbaren Äquivalenzmassstäben.' 2 Van den Broeck stellt fest, dass in der jetzigen Übersetzungswissenschaft Äquivalenz zu einem Schlüsselbegriff geworden sei.3 Nach Kussmaul gehören 'Äquivalenz und Invarianz zum Grundinventar der kontrastiven und der Übersetzungswissenschaft.' 4 Dass der Status des Äquivalenzbegriffes in der Übersetzungswissenschaft so unterschiedlich bewertet wird, lässt sich auf die unterschiedlichen Konzepte der Äquivalenz zurückführen. Sie sollen im nächsten Abschnitt kurz beleuchtet werden.

5.1.1. Auffassungen zum Äquivalenzbegriff In der umfangreichen Fachliteratur begegnet man einer erstaunlichen Mannigfaltigkeit von Auffassungen über die möglichen äquivalenten Beziehungen zwischen as und zs Text; nur schon die Inventarisierung von Äquivalenzdefinitionen und -forderungen bedeutet fast 'einen Topos von Arbeiten'. 5 Die Natur dieser Relationen gilt oft als 'diffus'. 6 Sodann ist nicht geklärt, ob bzw. wie man Übersetzungsäquivalenz messen kann. Verwendet man in der Forschung einerseits verschiedene Ausdrükke für die Beziehungen zwischen Original und Übersetzung, bezeichnet man andererseits mit dem Ausdruck 'Äquivalenz' unterschiedliche Phänomene. Die Verwendungen des Äquivalenzbegriffes divergieren nicht nur innerhalb der einzelnen Sprachen, sondern die entsprechenden Ausdrücke werden im Englischen und Französischen zudem unterschiedlich gebraucht. 7

1 Catford 1965, S. 21 2 Wilss 1977, S. 182 3 Van den Broeck 1979, S. 90 4 Kussmaul 1986, S. 224 5 Stein 1980, S. 33 6 Reiss/Vermeer 1984, S. 124 7 Snell-Hornby 1986, S. 15

Der Status des Äquivalenzbegriffes

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Laut Wilss besitzt der Ausdruck 'equivalence' im Englischen sowohl einen umgangssprachlichen als auch einen fachsprachlichen Status; im Deutschen gilt 'Äquivalenz' als Fachausdruck, obschon seine linguistische Bedeutung nicht abgesichert ist. Der französische Begriff Equivalence' bezieht sich hauptsächlich auf semantische Aspekte des Übersetzens. 1 Namentlich bei Margot ähnelt die Umschreibung der Äquivalenz generativen Darstellungen des Übersetzungsprozesses. In seiner Besprechung der 'differences et equivalences' wählt Margot sprachliche Universalien als Ausgangspunkt. 2 Sie ermöglichen dem Übersetzer, die Tiefenstrukturen des Ausgangstextes zu ermitteln. Diese werden sodann in Tiefenstrukturen der Zielsprache umgesetzt. Schliesslich wird mit Hilfe von Transformationen die Oberflächenstruktur in der Zielsprache hergestellt. Diese 'restructuration' sollte nach Margot 'dans un style fonctionnellement equivalent ä celui du texte source' erfolgen. 3 Margot schliesst seine Überlegungen zur Äquivalenz mit der Forderung 'on doit opter pour des transformations qui n'amputent pas ou ne modifient pas le sens original; il faut trouver une forme appropriee auxfonctions impliquees dans le message a transmettre' 4 ab. Viele Umschreibungen der Äquivalenz sind, wie dies bei Margot der Fall ist, heuristisch-tentativ formuliert. 5 Sie enthalten Werturteile bzw. Forderungen an den Übersetzer und ähneln somit Definitionen des Übersetzens, wie sie u.a. von Reiss und von Wilss vorgeschlagen wurden.' Solche teleologischen Elemente in der Beschreibung der Übersetzungsäquivalenz betreffen unmittelbar die Strategien der übersetzungsspezifischen Verarbeiter. Dies gilt beispielsweise für Nidas und Tabers Umschreibung 'the closest natural equivalent'. 7 Andere Umschreibungen der Äquivalenz implizieren ebenfalls eine Forderung an die Verarbeitungshandlungen des Übersetzers, z.B. Kades 'Wahrung der Invarianz auf

1 vgl. Wilss 1977, S. 160 2 Margot 1979, S. 75 3 Margot 1979, S. 77 4 Margot 1979, S. 78ff 5 vgl. Koller 1979, S. 176 6 vgl. Kapitel 2, Abschnitt 2.1. 7 Nida/Taber 1969

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

der Inhaltsebene' 1 oder Harris' 'Informationsäquivalenz', 2 Winters 'as equivalent as possible',' Catfords 'formal correspondence', 4 Popovics 'stilistische Äquivalenz' 5 oder Wilss' 'Intensionsadäquatheit'. 4 Die teleologischen Beschreibungen der Übersetzungsäquivalenz haben Toury möglicherweise veranlasst, den Ausdruck Äquivalenz gar als Synonym für Übersetzung aufzufassen. 7 Oft bezeichnen die unterschiedlichen Ausdrücke für Übersetzungsäquivalenz Teilaspekte einer spezifischen Beziehung zwischen einem Ausgangstext und einem Zieltext. Sie werden häufig zuwenig differenziert verwendet. 8 Die Äquivalenz-Begriffe sagen somit kaum etwas über die Art der Beziehung zwischen Texten aus. Nach Jacobson müsste trotz Unterschieden zwischen Original und Übersetzung die Äquivalenz zwischen Ausgangs- und Zieltext gewahrt bleiben.' Unklar in einer solchen Auffassung bleibt, auf welcher Ebene Äquivalenz erzielt wird. Dies gilt auch für Ausdrücke wie 'Gleichwertigkeit', 10 'congruence', 11 'similarity', 'analogy' oder 'synonymy'.12 Catfords 'textual equivalence' 13 setzt bei den as und zs Kommunikatbasen an. Auch diese Auffassung ist problematisch, denn Identität zwischen Ausgangs- und Zieltext ist an sich prinzipiell unmöglich, und Kongruenz ist 'aufgrund der Verschiedenheiten der jeweils involvierten beiden Kultur- und Sprachgefüge keine mögliche Relation.' 14 Zudem bleibt ungeklärt, wie die vergleichende Beschreibung der as und zs Kommunikatbasen aussehen sollte. Andere Äquivalenzbegriffe orientieren sich an pragmatischen Kategorien. Sie berücksichtigen die Kommunikate, die in der Zs zu

1 Kade 1968 2 Harris 1975 3 Winter 1961 4 Catford 1965 5 Popovic 1971 6 Wilss 1977 7 Toury 1980, S. 115 8 vgl. Reiss/Vermeer 1984, S. 127, 128 9 Jacobson 1959 10 Jumpelt 1961 11 Tarnoczi 1967 12 vgl. Lambert 1976, S. 240 13 Catford 1965 14 Reiss/Vermeer 1984, S. 125

Der Status des Äquivalenzbegriffes

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erreichen wären. Dies trifft für Jägers 'funktionale Äquivalenz" oder sein 'kommunikativ äquivalent'" zu. Auch Jumpelts 'equivalence in difference', sein 'Prinzip des äquivalenten Effekts', 2 Kollers 'Wirkungsgleichheit' 3 oder Roganovas 'funktionale Invarianz4 gehören zu dieser Kategorie. Wie weiter unten dargelegt werden soll, sind diese pragmatischen Ansätze zwar sinnvoll, sie müssen jedoch theoretisch abgesichert werden. In der Diskussion zur Übersetzungsäquivalenz finden nicht nur unterschiedliche Begriffe ihre Verwendung, sondern sie basieren auch auf grundverschiedenen Phänomenen wie Texttypus, Text, Textsegment, Funktion, Sprachsystem, Satz, Wort, Stil, kognitiver Erfahrung, Inhalt, Produktion, Rezeption, sozialkulturellem Kontext usw. Lambert hält fest, dass die Übersetzungstheorien nicht allein normativ und präskriptiv sind, darüber hinaus seien ihre Äquivalenzkriterien viel strikter als jene, welche die Übersetzer in der Praxis gebrauchen: 3 'Le fait est que les limites entrevues par les theoriciens apparaissent comme beaucoup plus etroites que celles qui determinent la nature des traductions reellement existantes'. Diese Beobachtung ist an sich nicht erstaunlich, denn man sollte klar zwischen der wissenschaftlichen Beschreibung eines Objektes und seiner Herstellung unterscheiden. Die überprüfbare Deskription und Erklärung eines Phänomens, wie rätselhaft es auch scheint, kann nur auf wohldefinierten Begriffen beruhen, die in einem theoretischen Rahmen entwickelt wurden. So soll die Beschreibung sprachlicher Erscheinungen beispielsweise auf klar umschriebenen, grammatikalischen Begriffen basieren, auch wenn bis anhin ungeklärt ist, wie die Generierung von Sprache vor sich geht. Gleiches gilt für das Übersetzen. Die Beantwortung von Fragen der Übersetzungsproduktion und -rezeption bedarf einer methodischen Betrachtungsweise, auch wenn der Übersetzer unsystematisch vorginge. Wie aus den bisherigen Darlegungen hervorgehen dürfte, muss man Lambert beipflichten, wenn er auf den normativen, manchmal sogar polemischen Charakter der Äquivalenzdefinitionen hinweist. Dies trifft

1 Jäger 1975 2 Jumpelt 1961 3 Koller 1972 4 Roganova 1971, S. 34 5 Lambert 1976, S. 239

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

nicht nur auf die Definitionen der Übersetzungsäquivalenz, wie oben erwähnt, zu, sondern insbesondere auch auf die Hierarchisierung der Äquivalenztypen. Eine Bewertung der Äquivalenztypen nimmt beispielsweise Roganova vor, wenn er 'einfache' und 'komplexe' Äquivalenz unterscheidet. 1 Auch Dresslers Auffassung ist normativ, wenn er behauptet, dass die Übersetzungsäquivalenz in 'aufsteigender' Reihenfolge eine syntaktische, lexikalische und stilistische Dimension aufweist. 2 Anders als Dressier bezeichnet Koller gerade die 'inhaltliche Äquivalenz' als 'übergeordnetes Übersetzungsprinzip' bei der Übersetzung von naturwissenschaftlichen Texten.3 Auch diese Charakterisierung muss man als normativ einstufen. Dies gilt ebenfalls für Goddards Auffassungen, denn er nennt strukturelle und formale Äquivalenz 'coincidental, not distinctive and redundant features'. 4 Nidas und Tabers Darlegungen der Äquivalenz enthalten ebenfalls eine Hierarchie, die als normativ zu beurteilen ist. Sie fordern nämlich, dass in der Zielsprache zuerst 'in terms of meaning', dann 'in terms of style' Äquivalenz zu erreichen ist.5 Es ist unklar, wie man auf Grund von 'einfacher', 'komplexer' oder 'redundanter' Äquivalenz überprüfbare Aussagen über die Beziehungen zwischen as und zs Texten formulieren kann. Wie stellt man die Komplexität oder die Überflüssigkeit einer Äquivalenzbeziehung fest? Welche Kriterien gelten bei ihrer Bewertung? Ausserdem scheint es problematisch, Begriffe wie 'stilistische Dimension', 'inhaltliche', 'strukturelle' oder 'formale' Äquivalenz, 'meaning' und 'style' ohne nähere Spezifikationen als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zu wählen. Auch über die Methoden, Übersetzungsäquivalenz festzustellen und zu messen, bestehen unterschiedliche Auffassungen. Van den Broeck

1 Roganova 1971, S. 34 2 Dressler 1972 3 Koller 1979, S. 77 4 Goddard 1972, S. 21 5 Nida/Taber 1969, S. 12

Der Status des Äquivalenzbegriffes

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erwähnt diesbezüglich nicht nur psychologische 1 und quantitative Methoden, 2 sondern auch Verfahren, die von Lesbarkeit 3 oder von kommunikativer Kongruenz 4 ausgehen. Sodann wird versucht, mit Hilfe logischer Gesetze der Äquivalenz näherzukommen. 5 Andere Forscher richten ihre Aufmerksamkeit auf Redundanz, 6 Modulation und Transposition 7 oder auf Verschiebung 8 in der Beschreibung von Übersetzungsäquivalenz. Vergleicht man diese Auffassungen, so zeigt sich, dass in der Übersetzungsforschung über die Methode, Äquivalenz zu ermitteln, ein Konsens fehlt. Nach wie vor stimmt Wilss' Beobachtung, dass ein allgemein akzeptiertes, 'hinlänglich detailliertes Faktoreninventar für die Messbarkeit der Äquivalenz von ausgangs- und zielsprachlichem Text' fehlt. 9 Obschon zu folgern ist, dass der Begriff Äquivalenz in der Übersetzungstheorie unterschiedlich angewandt wird, so ist gegen die Verwendung dieses Ausdrucks prinzipiell nichts einzuwenden, solange er theoretisch abgesichert ist. Nicht nur für den Ausdruck Äquivalenz, sondern für sämtliche wissenschaftlichen Termini, die der Untersucher benutzt, gilt, dass er sie im Rahmen der von ihm verwendeten bzw. entwickelten Theorie zu begründen hat. So war es bei der vorliegenden Arbeit notwendig, die spezifischen Termini kommunikationstheoretisch abzusichern. Auch in anderen Disziplinen hält man eine solche Strategie für legitim. So bestehen in der Linguistik z.B. unterschiedliche Umschreibungen für Begriffe wie 'Satz' oder 'Wort'. Dennoch akzeptieren Sprachwissenschaftler sie weiterhin, vorausgesetzt, es handelt sich jeweils um wohldefinierte Termini. 10 Im nächsten Abschnitt wird nun versucht, den Äquivalenzbegriff im Rahmen der kommunikationstheoretischen Darstellung des Überset-

1 Miller/Beebe-Center 1956 2 Daniels 1957 3 Van Hauwermeiren 1972 4 Harris 1975 5 Zemb 1972 6 Hofmann 1980 7 Vinay/Darbelnet 1958 8 Van den Broeck 1977 9 vgl. Wilss 1977, S. 157 10 vgl. Stegeman 1989, S. 86

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

zungsprozesses näher zu beschreiben. Diese beruht nicht auf einem modularen 1 Konzept der Äquivalenz, wie es für die kontrastive Grammatik üblich ist, sondern auf einer 'interaktionalen Auffassung'.

5.1.2. Übersetzungsäquivalenz als kommunikationstheoretischer Begriff Eine allgemeine Aussage über die Äquivalenz zweier sprachlicher Ausdrücke wäre zunächst inhaltsleer, 2 denn sprachliche Zeichenweisen an sich keine Äquivalenzmerkmale auf. So hat die Forderung, eine Übersetzung habe 'äquivalent' zu sein, keine Bedeutung. Ebensowenig kann man die funktionale Äquivalenz zweier Texte grundsätzlich postulieren, wie Kussmaul darlegt. 3 Texte erhalten ihre Funktion erst durch kommunikative Handlungen. Wer Beziehungen zwischen einem as und zs Text voraussetzt, muss ihren Rahmen sowie ihre Bedingungen formulieren. 4 Vieles deutet darauf hin, dass sie mit Vorteil kommunikationstheoretisch dargestellt werden können. Ausdrücke wie 'Gleichwertigkeit', 5 'äquivalenter Effekt', 6 'kommunikativ äquivalent' 7 oder 'Wirkungsgleichheit' 8 zweier sprachlicher Ausdrücke weisen auf Kommunikationshandlungen von Teilnehmern eines Übersetzungsprozesses hin: Texte können nur für Kommunikationsteilnehmer einen gleichen Wert, eine gleiche Wirkung, einen äquivalenten Effekt besitzen oder kommunikativ äquivalent sein. Nach Stolze bemisst sich das Gelingen einer Übersetzung nach der Wirkung der Gesamttextkonzeption. 9 Sie impliziert damit ebenfalls Kommunikationshandlungen, und zwar die Rezeptionshandlungen eines zs Kommunikationsteilnehmers.

1 Neubert 1986, S. 87 2 vgl. Stein 1980, S. 69 3 Kussmaul 1986, S. 225 4 vgl. Koller 1979, S. 186 5 Jumpelt 1961 6 Jumpelt 1961 7 Jäger 1975 8 Koller 1972 9 Stolze 1986, S. 157

Der Status des Äquivalenzbegriffes

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Nida wählt auch eine kommunikationswissenschaftliche Ausgangslage, wenn er 'dynamic equivalence' als 'the closest natural equivalent to the source-language message' beschreibt. 1 Von Äquivalenz ist bei ihm somit die Rede, wenn die Übersetzung den Sprachnormen des zs Teilnehmers genügt. Nach Kade wären zwei Kodes potentiell äquivalent, wenn 'der für den kommunikativen Erfolg relevante gemeinsame Durchschnitt von Effekten bei Ll-Empfängern und Effekten bei L2-Empfängern erreicht wird'. 2 Auch seine Definition der Äquivalenz ist somit kommunikationstheoretisch orientiert. 3 Neubert betrachtet den kommunikativen Wert von Übersetzungen als eine semiotische Invarianz. Allerdings bezieht er diese Invarianz auf den Sachverhalt. 4 Es ist jedoch anzunehmen, dass der kommunikative Wert einer Übersetzung mehr umfasst, vor allem wenn es Literatur betrifft. Am klarsten wird der kommunikative Aspekt der Übersetzungsäquivalenz von Stein unterstrichen, wenn er definiert: 'Äquivalent sein können nur die kommunikatorisch vollzogenen Endprodukte sprachlicher Kommunikation, nämlich F l und F2'. 5 In seinen Darlegungen bezeichnen F l und F2 somit die Kommunikate von Kommunikationsteilnehmern der As und Zs. Wie heterogen die Literatur zur Übersetzung als Produkt auch sein mag, so besteht dennoch Einigkeit über den kommunikativen Charakter der Übersetzungsäquivalenz. Er bietet einen Anhaltspunkt, Übersetzungsäquivalenz näher zu bestimmen. 6 Mit Hilfe der im 3. Kapitel eingeführten Begriffe lässt sich Übersetzungsäquivalenz kommunikationstheoretisch wie folgt definieren:

1 Nida 1964, S. 166 2 Kade 1968, S.9 3 Mit Recht bemängelt Wilss, dass Kade die textuelle Einbettung des Übersetzungsvorgangs vernachlässigt; Wilss 1977, S. 178. 4 Neubert 1973, S. 19 5 Stein 1980, S. 70 6 Dies schliesst nicht aus, dass linguistische Beschreibungen der Herstellung von Übersetzungsäquivalenz, die von anderen Voraussetzungen ausgehen und mit anderen Begriffen wie z.B Kompetenz, Tiefen- und Oberflächenstruktur arbeiten, den Ausdruck Übersetzungsäquivalenz auf andere Weise definieren.

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

Definition 15 Von Übersetzungsäquivalenz ist die Rede, wenn die (Teil-)Ergebnisse der Rezeptionshandlungen, die as und zs Teilnehmer eines übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozesses durchführen, identisch sind. Der Ausdruck 'Teilnehmer eines übersetzungsspezifischen Kommunikationsprozesses' schliesst die Kommunikate, die as Produzenten zu kommunizieren beabsichtigen, sodann die Kommunikate von as Rezipienten, die Rezeptions- und Produktionskommunikate des Übersetzers und schliesslich die Kommunikate der zs Rezipienten ein. In bezug auf die Übersetzungsäquivalenz lassen sich somit f ü r die weitere Forschung Kommunikate verschiedener as K o m m u n i k a t i o n s t e i l n e h m e r mit Kommunikaten verschiedener zs Teilnehmer vergleichen. Der Ausdruck '(Teil-)Ergebnisse' in der Definition der Übersetzungsäquivalenz besagt, dass Bestandteile von Kommunikaten, die vergleichend beschrieben werden, identisch sein können. Mit Hilfe von empirischen Untersuchungen ist dies näher zu überprüfen. Dazu werden im 7., 8. und 9. Kapitel der vorliegenden Arbeit die Ergebnisse von 25 Leser(-innen)-Befragungen zur Diskussion gestellt.

5.2. Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz

Welche Personen, Umstände und Faktoren nehmen auf das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz Einfluss? Aus der Beschreibung des Übersetzungsprozesses, wie sie im 3. Kapitel vorgenommen wurde, geht hervor, dass sich wenigstens ein as Produzent sowie ein übersetzungsspezifischer Verarbeiter an der Herstellung der zs Kommunkatbasis beteiligen. Vermittler können hinzukommen. Die Strategien und Prozesse dieser Kommunikationsteilnehmer werden die Übersetzung als zs Kommunikatbasis prägen.

Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz

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5.2.1. Strategien und Rezeption Sowohl der ursprüngliche Verfasser als auch der Übersetzer beabsichtigen 'etwas' zu kommunizieren. Dazu verwenden sie Strategien. Wenn sich die 'Zielfixierung" des Übersetzers mit der des Produzenten deckt, redet man in der Regel von Intentionsadäquatheit. Die Bestimmung der Intentionsadäquatheit gilt allerdings als problematisch. 2 Stein hält die Intention prinzipiell für unzugänglich. 3 Es ist daher nicht klar, inwiefern die Adäquatheit der kognitiven 'scenes' in der Vorstellung des Lesers auf die Intentionen des Autors bezogen werden kann, wie Vannerem und Snell-Hornby vorschlagen. 4 Nach Wilss sind der Vermittlung der Intention verhältnismässig enge Grenzen gesetzt.' Hönig und Kussmaul lehnen es gar ausdrücklich ab, % = I 2 ', d.h. die Übereinstimmung zwischen den Intentionen des ursprünglichen Verfassers und jenen des Übersetzers, 'zur Grundbedingung des Übersetzens zu machen.' 6 Es wurden bis jetzt keine Methoden entwickelt, die es ermöglichen, die Intentionen des as Produzenten und die des übersetzenden Verarbeiters zuverlässig zu spezifizieren, zu messen oder zu vergleichen. In der Literatur zur Übersetzungsäquivalenz findet man lediglich drei nicht weiter ausgearbeitete Vorschläge, den Intentionen des Produzenten resp. des Übersetzers auf die Spur zu kommen. Wilss setzt bei der Intention des Übersetzers an und möchte sie an Hand der Übersetzung ausfindig machen. Das wäre u.E. allerdings ein schwieriges Unterfangen, denn die Übersetzung widerspiegelt nicht nur die Intention des Übersetzers; sie ist zudem das Ergebnis eines Verarbeitungsprozesses sowie eines Rezeptionsvorganges. Es ist daher keineswegs sicher, dass das Ergebnis des Verarbeitungsprozesses mit der Intention des Übersetzers übereinstimmt. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der Übersetzer etwas anderes kommuniziert hat, als er

1 vgl. Schmidt 1980, S. 31 2 vgl. James 1969, S. 89ff 3 Stein 1980, S. 67 4 Vannerem/Snell-Hornby 1986, S. 189 5 Wilss 1977, S. 167 6 Hönig/Kussmaul 1982, S. 40

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

ursprünglich beabsichtigte. Anders formuliert: der Sender 'ist ja auch nur ein mensch; sich 'richtig' ausdrücken eine kunst'. 1 Wie soll man nun jene Merkmale eines übersetzten Textes isolieren, welche die Intention und nur die Intention des Übersetzers darstellen? Stein erwähnt zwei weitere Möglichkeiten, Intentionen, in diesem Fall des Produzenten, zu ermitteln. 2 Erstens könne man untersuchen, wie der Textrezipient das Gemeinte verstanden hat. Bei der Befragung des Rezipienten ergibt sich jedoch die Schwierigkeit, dass sich die vermeintliche Intention des Textverfassers nicht von der Interpretation des Rezipienten trennen lässt. So kann ein Leser des Max Havelaar die Geschichte von Said)ah en Adinda (das 17. Kapitel des Buches) literarisch rezipieren, wobei die L-Konvention die T-Konvention dominiert, während der Verfasser, Douwes Dekker, bei der Produktion wahrscheinlich die T-Konvention befolgte. Der Text bietet für diese Vermutung wenigstens einige Indizien: Ik weet en kan bewyzen dat er veel Adinda's waren en veel Sai'djah's, en dat, wat verdichtsei is in 't byzonder, waarheid wordt in 't algemeen. Ik zeide reeds dat ik de namen kan opgeven van personen, die zooals de ouders van Sai'djah en Adinda, door onderdrukking werden verdreven uit hun land. Het is myn doel niet, in dit werk mededeelingen te geven als voegen zouden voor een vierschaar die uitspraak te doen had over de wyze waarop 't nederlandsch gezag in Indie wordt uitgeoefend, mededeelingen die slechts kracht van bewys zouden hebben voor wien het geduld had die met aandacht en belangstelling doortelezen, zooals niet verwacht kan worden van een publiek dat verstroojing zoekt in zyn lektunr. 5 Daarom heb ik, in-plaats van dorre namen van personen en plaatsen, met dagteekening er by, in-plaats van een afschrift der lyst van dief stallen en afpersingen, die voor me ligt getracht een schets te geven van wat er kän omgaan in de harten der arme lieden die men berooft van wat dienen moet tot onderhoud van hun leven, of zelfs: ik heb dit slechts laten gissen, vreezende my te zeer te bedriegen in het teekenen der omtrekken van aandoeningen die ik nooit ondervond. 4

1 Vermeer 1983, S. 68 2 Stein 1980, S. 67ff 3 Druckfehler für: lektuur 4 Multatuli 1881/1987, S. 289ff

Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz

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In der Übersetzung von Spohr heisst dies: Ich weiss und kann beweisen, dass es viele Adindas gab und viele Sai'djahs, und dass, was Erdichtung im Einzelfalle, Wahrheit wird im allgemeinen. Ich sagte bereits, dass ich die Namen von Personen angeben kann, die, wie die Eltern von Sa'idjah und von Adinda, durch Unterdrückung aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Es liegt nicht in meiner Absicht, in diesem Werk Auseinandersetzungen zu geben, wie sie vor einen Gerichtshof gehörten, der einen Spruch zu fällen hätte über die Art und Weise, in welcher die niederländische Autorität in Indien ausgeübt wird, Auseinandersetzungen, die nur für den Beweiskraft haben würden, der die Geduld hätte, sie mit Aufmerksamkeit und Interesse durchzulesen, wie es nicht erwartet werden kann von einem Publikum, das Zerstreuung in seiner Lektüre sucht. Darum habe ich an Stelle dürrer Namen von Personen und Plätzen mit den Daten dabei, an Stelle einer Abschrift der Liste von Diebstählen und Erpressungen, die vor mir liegt, eine ungefähre Schilderung dessen zu geben versucht, was vorgehen kann in den Herzen der armen Leute, die man dessen beraubt, was zum Unterhalt ihres Lebens nötig ist, oder gar: ich habe dies nur den Leser ahnen lassen, in der Befürchtung, mich zu sehr täuschen zu können in der Zeichnung der Umrisse von Empfindungen, die ich selber nie erfahre. 1 Eine Leserbefragung könnte u.a. darüber Auskunft geben, ob der Rezipient in diesem Fall eine L- oder eine T- Konvention befolgte. 2 Sie würde zwar die Meinung des Lesers über Dekkers Intention, nicht aber Dekkers eigene Intention vermitteln. Das Gleiche gilt für den Übersetzer, denn er basiert seinen zs Text auf der Rezeption des as Textes. Wenn das Verstehen Grundlage des Übersetzens ist, so ist damit, wie Forget mit Recht folgert, keineswegs nur der Nachvollzug der Autorintention gemeint. 3 Zweitens wäre es denkbar, den Textproduzenten zu befragen, was er gemeint hat. Dies würde nach Steins Auffassung die Intentionsproblematik jedoch nicht lösen. 4 Für das literarische Kunstwerk gelte beispiels-

1 Multatuli 1952, S. 240 2 die gleiche Frage stellt sich im Hinblick auf Multatulis Anmerkungen 3 Forget 1982; Forget 1984 4 Stein 1980, S. 68

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

weise, dass es nach der Phase der Produktion ein völliges Eigenleben führe; Daten, die man aus einem Interview mit dem Produzenten erhalte, seien laut Stein aus diesem Grunde nicht mehr von Bedeutung. Es scheint tatsächlich sinnvoll, die Daten eines Textes und diejenigen eines Metatextes getrennt zu betrachten. Das schliesst u.E. jedoch nicht aus, dass man die Aussagen eines Autors und die eines Übersetzers über den as Text resp. die Übersetzung vergleichen und auswerten kann, da sie einen identischen Status, nämlich den eines Metatextes besitzen. So könnte aus Vorworten, Interviews etc. hervorgehen, dass bestimmte Übersetzer den Μ αχ Havelaar als Kritik am Kolonialismus und an bestimmten 'Praktiken der Ausbeutergesellschaft" auffassen, während der ursprüngliche Verfasser Douwes Dekker die Misshandlung der Javaner zwar an den Pranger stellte, diese aber dennoch als 'Untertanen des niederländischen Königs' bezeichnete. 2 In einem solchen Fall ergibt sich z.B. die Möglichkeit zu untersuchen, ob mangelnde Intentionsadäquatheit auf metatextueller Ebene dazu führt, dass die Kommunikationsteilnehmer unterschiedliche Strategien befolgen. Wenn dies der Fall wäre, so könnte überprüft werden, welche Folgen dies für das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz hat. Analysen der Strategien, die Übersetzer befolgen, konzentrieren sich vor allem auf die Frage, ob der Übersetzer gegenüber dem Original 'etwas hinzufügen' oder 'etwas weglassen' darf resp. muss.3 Laut Baranczak kann man im Verhältnis zum ursprünglichen Text in einer Übersetzung 'transformatorische Veränderungen' beobachten, 4 die nach Koptilov auf folgendem beruhen: (i) einer Verkürzung des ursprünglichen Materials, (ii) seiner Erweiterung, (iii) einer Veränderung in der Reihenfolge der Elemente und (iv) der Ersetzung eines Elements durch sein Äquivalent. 5 Levy weist darauf hin, dass Übersetzer dazu neigen, allgemeinere Ausdrücke zu wählen als im Original vorhanden sind und zusätzliche

1 vgl. Multatuli 1972, Text auf dem Umschlag 2 Multatuli 1881/1987, S. 338 3 vgl. Jumpelt 1961, S. 19 4 Baranczak 1978, S. 96 5 vgl. Baranczak 1978, S. 96

Das Erreichen von Übersetzungsäqnivalenz

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Erklärungen in der Übersetzung aufzunehmen. 1 In solchen Fällen gibt der Übersetzer Erläuterungen, die im Original fehlen. 2 Auf diese Weise entsteht eine quantitative Aufschwellung des zs Textes.® Kade unterscheidet vier Äquivalenztypen: (a) 1 : 1 Entsprechung auf der Ausdrucksebene und auf der Inhaltsebene: 'totale Äquivalenz'; (b) 1 : viel Entsprechung auf der Ausdrucksebene, 1 : 1 Entsprechung auf der Inhaltsebene: 'fakultative Äquivalenz'; (c) 1 : 1 Entsprechung auf der Ausdrucksebene, 1 : Teil (bzw. teilweise) Entsprechung auf der Inhaltsebene: 'approximative Äquivalenz'; (d) 1 : 0 Entsprechung auf der Ausdrucksebene und auf der Inhaltsebene: 'Null- Äquivalenz'. 4 Vorausgesetzt, die Kategorien 'Inhaltsebene' und 'Ausdrucksebene' lassen sich klar definieren, ergeben sich drei Typen Übersetzungsstrategien: der Übersetzer entscheidet sich für das Herbeiführen von (i) totaler Äquivalenz oder von (ii) fakultativer Äquivalenz oder von (iii) approximativer Äquivalenz. In seiner empirischen Arbeit zur Struktur des Übersetzungsprozesses untersucht Krings die 'potentiell bewussten Pläne eines Übersetzers zur Lösung konkreter Übersetzungsprobleme im Rahmen einer konkreten Übersetzungsaufgabe." In welcher Hinsicht die befolgten 'Strategien" und Prozesse des Übersetzers das Gelingen von Übersetzungsäquivalenz mitbestimmen, geht aus Krings' Untersuchung jedoch nicht hervor. Zur Zeit ist zu folgern, dass der Stand der Forschung es nicht gestattet, Intentionen bzw. Strategien des as Produzenten und des Übersetzers unmittelbar in Beziehung zur Übersetzungsäquivalenz zu setzen. Hingegen kann das Ergebnis übersetzungsspezifischer Handlungen bzw. solcher Strategien, nämlich die Übersetzung, als Grundlage für die Entwicklung übersetzungsspezifischer Hypothesen dienen. Dies ist sinnvoll, wenn die Definition der Übersetzungsäquivalenz in einem

1 Levf 1965, S. 78ff 2 vgl. Steiner 1975, S. 277 3 vgl. Güttinger 1963, S. 214; Wilss 1977, S. 163 4 Kade 1968 5 Krings 1986, S. 175 6 vgl. Krings 1986, S. 173

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

kommunikationstheoretischen Rahmen auf Merkmalen der as und zs Kommunikate basiert.

5.2.2. Voraussetzungssysteme und Rezeption Die übersetzungsspezifischen Kommunikationsteilnehmer gehören entweder einer as Gesellschaft G„ oder einer zs Gesellschaft G„ an.1 Nicht nur der Übersetzer, sondern auch der Produzent sowie die as und zs Rezipienten besitzen Wertsysteme, die von ihren sprachlichen und aussersprachlichen Wirklichkeitserfahrungen geprägt werden. 2 Es handelt sich dabei um besondere Bedingungen, die im jeweiligen Umfeld von Text und Kommunikationsteilnehmern angesiedelt sind. Beim Übersetzen von Literatur als interkulturellem Prozess wirkt sich nicht nur der Faktor eines veränderten sprachlichen Mediums aus, sondern die nationalsprachlich vermittelten Konventionen bestimmen ebenfalls den Übersetzungsprozess und die zs Rezeption. Insbesondere seien hier abweichende Traditionszusammenhänge der Formen und Textsorten erwähnt. 3 Die Viktorianische Nonsense-Dichtung besitzt beispielsweise im deutschen Kontext kein direktes Äquivalent. Kulturspezifischen Konventionen ist somit in der übersetzungsspezifischen Forschung, namentlich in Untersuchungen zur Übersetzungsäquivalenz, Rechnung zu tragen. Diese Konventionen hängen mit kollektiven Dispositionen zusammen und beeinflussen den Erfahrungs- und Erwartungshorizont des Rezipienten.* Sie basieren auf historisch gewachsenen Konstituenten wie 'Religion', 'Kunst' usw., die Bestandteile von gesellschaftlichen Systemen wie 'Politik', 'Wirtschaft', 'Wissenschaft', 'Kultur' 5 und 'Sprache' sind. Die as und zs Kommunikate werden somit von den jeweiligen Merkmalen der Voraussetzungssysteme, die als typisch für die as bzw. zs

1 Es soll hier nicht zur Diskussion stehen, ob die 'gesellschaftliche Produktion' als Grundlage für eine Definition des menschlichen Zusammenlebens dienen kann; vgl. u.a. Klaus 1969, S. 27 2 vgl. Wilss 1977, S. 161 3 vgl. Heuermann/Hühn 1983, S. 22 4 vgl. Zimmermann 1977 5 vgl. Schmidt 1980, S. 38ff

Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz

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Gemeinschaft gelten, mitbestimmt. Diese Merkmale sind daher, wenn sich keine Übersetzungsäquivalenz ermitteln lässt, zur Erklärung von Unterschieden zwischen as und zs Kommunikaten zu berücksichtigen.

5.2.3. Kommunikatbasen und Rezeption Wie im 4. Kapitel dargelegt wurde, lassen sich U n t e r s c h i e d e zwischen Original und Übersetzung als Verschiebungen auf Mikro-, Makro- und Meta-Ebene beschreiben. Werden übersetzungsspezifische Verschiebungen von Lesern registriert? Welche Bedeutung ist solchen Verschiebungen im Hinblick auf die Übersetzungsäquivalenz beizumessen? Da 'Übersetzungsäquivalenz' oben mit Hilfe des Kommunikatbegriffes definiert wurde, stehen bei der Diskussion einer solchen komplexen Frage Merkmale der as resp. zs Rezeption im V o r d e r g r u n d . Auf Mikro-Ebene werden in den Untersuchungen des nächsten Kapitels Verschiebungen vom Typus ' V e r f r e m d u n g ' bzw. 'Angleichung' näher betrachtet. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob mikrostrukturelle Verschiebungen Einfluss auf die Rezeption ausüben. Die Untersuchungen zu makrostrukturellen Verschiebungen im 8. Kapitel haben Charakterzüge von zwei Hauptpersonen einer Erzählung zum Gegenstand. Machen sich mikrostrukturelle Verschiebungen in der Rezeption von Makrostrukturen bemerkbar? Sodann wird untersucht, ob Verschiebungen im Titel die Lesererwartungen steuern. Schliesslich wird versucht abzuklären, ob Änderungen in der ästhetischen Strukturierung einer Fabel zu abweichenden Rezeptionsergebnissen f ü h r e n . Auch bei den Verschiebungen auf M e t a - E b e n e stellt sich, im 9. Kapitel, die Frage, ob sie sich in der Rezeption niederschlagen. Werden die Kommunikate der Rezipienten von Informationen eines Vermittlers beeinflusst? Steuern Anmerkungen eines Ü b e r s e t z e r s die R e z e p t i o n ? Bei sämtlichen empirischen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit steht somit immer die Frage im Mittelpunkt, ob Verschiebungen sich in den Kommunikaten von Rezipienten b e m e r k b a r machen. In mehreren Untersuchungen der nächsten Kapitel wird ausserdem der Versuch gemacht festzustellen, inwiefern Kommunikate der as und zs Rezipienten identische Merkmale aufweisen. U n t e r welchen Bedingungen ist die R e d e von Übersetzungsäquivalenz?

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

Zudem stellt sich die Frage nach Übersetzungsäquivalenz, wenn die ästhetische Bewertung eines literarischen Textes und seiner Übersetzungen vergleichend untersucht wird. Als theoretischer Rahmen der entsprechenden Ausführungen dienen einige Ausgangspunkte aus der Theorie, die D.E. Berlyne entwickelt hat. 1 Da Verschiebungen in literarischen Übersetzungen als Stimuli eines Kunstwerkes verstanden werden können, sollen diesbezüglich Berlynes Auffassungen kurz, und zwangsläufig unvollständig, zusammengefasst werden. Berlyne betrachtet das Kunstwerk als ein Muster von Stimuli. Er rechnet den Faktor 'Neuheit' zu einer der 'strukturellen Variablen'. Da absolut neue Stimuli selten auftreten, handelt es sich beim Faktor 'Neuheit' um 'relativ' neue Stimuli. Sie entstehen, wenn bekannte Stimuli ein neues Muster bilden oder bekannte Muster neue Elemente umfassen. Wenn ein Unterschied zwischen Stimuli innerhalb einiger Minuten beobachtet wird, ist die Rede von 'short-term novelty'. Abweichungen in bezug auf früher rezipierte Kunstwerke oder in bezug auf alltägliche Stimuli heissen 'long-term novelty'. Sobald Erwartungen eines Rezipienten durchbrochen werden, wirkt dies als 'Überraschung'. Meistens ist 'Überraschung' identisch mit 'Neuheit'. Nur wenn etwas Vertrautes erscheint, während der Rezipient etwas Neues erwartet, hat man es mit 'Überraschung', nicht aber mit 'Neuheit' zu tun. 'Neuheit' zählt zu den Faktoren, die eine Erhöhung der 'Erregung' (arousal) bewirken. Umgekehrt verursachen Faktoren wie 'Bekanntheit' und 'Vertrautheit' einen Rückgang der 'Erregung'. Mit dem Ausdruck 'arousal' deutet Berlyne an, inwiefern ein menschliches Wesen (oder ein höheres Tier) wach, alert oder aufgeregt ist. Änderungen der 'Erregung' bewirken Änderungen des hedonistischen Wertes. Ein positiver (angenehmer) hedonistischer Wert kann durch (i) einen leichten Anstieg der 'Erregung' und (ii) durch einen Rückgang der 'Erregung' nach einer Steigerung, die als unangenehm empfunden wurde, entstehen. Ein negativer hedonistischer Wert ergibt sich bei einem zu starken Anstieg der 'Erregung'.

1 Berlyne 1971

Das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz

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Der ästhetische Wert eines Kunstwerkes entsteht durch das Zusammenspiel der Faktoren, die einen Anstieg oder einen Rückgang der 'Erregung' bewirken. 1 Es ist daher nicht anzunehmen, dass eine maximale Erneuerung zur höchsten ästhetischen Bewertung führt. Erst wenn ein literarisches Kunstwerk eine optimale 'Erregung' verursacht, ist die höchste ästhetische Bewertung zu erwarten. Groeben erachtet Berlynes theoretisches Modell als relativ fruchtbar, denn es hält sich über unterschiedliche Ästhetiksysteme hinweg konstant. 2 Allerdings weist Schräm darauf hin, dass es bislang ausserordentlich wenig empirische Untersuchungen zur Rezeption literarischer Texte gibt. 3 Die Interpretation von Forschungsergebnissen, die auf einer Ästhetiktheorie, wie sie Berlyne entwickelt hat, beruhen,ist zudem schwierig, denn die Persönlichkeitsvariablen bestimmen die Ergebnisse mit. 4 Sodann kann der Faktor 'Komplexität' den Faktor 'Neuheit' beeinflussen. Deswegen sollten nach Machotka 5 diesbezüglich vorher klare Hypothesen formuliert werden. Im nächsten Kapitel wird diese Empfehlung nach Möglichkeit befolgt. Schätzt ein zs Leser eine Übersetzung, weil er eine ihm unbekannte, neue Welt kennenlernt? Bewirken die Verschiebungen vom Typus 'Verfremdung' einen positiven hedonistischen Wert? Oder ist das Umgekehrte der Fall, bewirkt ein Mangel an 'Vertrautheit' einen negativen hedonistischen Wert? Diesbezüglich erwähnen Heuermann und Hühn die Möglichkeit, dass der fremde Kontext einen besonderen Reiz ausübt oder als aussergewöhnliche intellektuelle Herausforderung empfunden wird. Sie halten es für möglich, dass sich die Erschliessung der fremden Welt motivationsfördernd auswirkt und dass Faszination oder intellektuelle Neugier die Rezeption günstig beeinflussen. 6

1 für Kritik an Berlynes neurophysiologischen Interpretationen des Arousalsystems vgl. Van Olst/Kok/Orlebeke 1980, siehe Schräm 1985, S. 102; für Kritik an Berlynes Annahme von belohnenden und aversiven Zentren vgl. Machotka 1980, Walker 1980; siehe Schräm 1985, S. 102ff 2 Groeben 1981, S. 38 3 Schräm 1985, S. 104; es werden lediglich Evans 1969 und Kammann 1966 erwähnt 4 Groeben 1981, S. 40; Schräm 1985, S. 104 5 Schräm 1985, S. 105 6 Heuermann/Hühn 1983, S. 23; auf die von ihnen nicht näher erklärten Begriffe 'motivationsf ordernd', 'intellektuelle Neugier' u.a. wird hier nicht weiter eingegangen, da sie in den vorliegenden Leseruntersuchungen nicht verwendet werden.

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

Mit diesen Fragen ist im Prinzip ein allgemeines Problem aus der experimentellen Ästhetik angesprochen: welche Wirkungen haben Merkmale eines Kunstwerkes auf seine Wertung? Es liegt auf der Hand, ' V e r f r e m d u n g ' , die sich als 'exotisiert' oder als 'veraltet' in der Übersetzung manifestiert, im Sinne Berlynes als 'Neuheit' in einem übersetzten literarischen Text aufzufassen. Nun gibt es laut Schräm lediglich drei Untersuchungen, welche die NeuheitsVertrautheits-Dimension bei der Rezeption von Literatur zum Gegenstand haben. 1 Knegtmans untersuchte u.a., ob bei wiederholtem Lesen vertraute Gedichte schneller eine maximale Bewertung bewirken als nicht vertraute. Seine Ergebnisse stehen im Widerspruch zu Berlynes Annahmen, denn er stellt keine Änderung in der Beurteilung von Gedichten fest, die häufiger rezipiert wurden als andere. 2 Allerdings können in seiner Untersuchung störende Faktoren dies verursacht haben. Dagegen geht aus Hardings Darlegungen hervor, dass Bekanntheit die Bewertung positiv beeinflusst. 3 Valentine folgert, dass eine gewisse Vertrautheit zu einer f u n d i e r t e n , positiven Wertung des Werkes führt. 4 Schrams Untersuchungen zeigen hingegen, dass die Frequenz der Rezeptionsvorgänge von Lyrik keine Wirkung auf die ästhetische Bewertung der gelesenen Gedichte hat. Allerdings könnte man aus seinem Befund vorsichtig folgern, dass 'long-term novelty' die Bewertung literarischer Werke beeinflusst. 5 Es stellt sich nun die Frage, ob bei der Rezeption einer Übersetzung exotische und veraltete Merkmale des Textes als ' V e r f r e m d u n g ' die Bewertung des Werkes im Sinne einer 'long-term novelty' positiv beeinflussen. Im nächsten Kapitel wird dazu die Rezeption von Abschnitten aus einer ' v e r f r e m d e t e n ' und einer 'angeglichenen' Übersetzung verglichen. Laut Untersuchungen von Moynihan und Mehrabian besteht ein Zusammenhang zwischen der Komplexität eines literarischen Textes und

1 diese stützen sich im übrigen nicht auf Berlynes Theorie 2 Schräm 1985, S. 106ff 3 Harding 1968, vgl. Schräm 1985, S. 106 4 Valentin 1962, vgl. Schräm 1985, S. 106ff 5 Schräm 1985, S. 129; in seiner Untersuchung hat Schräm 'herkömmliche Lyrik' und 'experimentelle Lyrik' als Stimuli gebraucht. Es ist möglich, dass der Faktor 'Verständlichkeit' in diesem Fall den Faktor 'Neuheit' mit geprägt hat.

Folgerungen

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seiner Bewertung. 1 Texte, die für den Rezipienten in hohem Masse überraschend sind, werden von ihm am meisten geschätzt, wenn nicht erwartete Ereignisse sich schliesslich in einen klaren Zusammenhang einreihen lassen. Die Komplexität eines narrativen Textes lässt sich an Hand von drei Leserhaltungen charakterisieren: (i) Unsicherheit, (ii) Überraschung und (iii) Lösung. Mit 'Unsicherheit' bezeichnet man, wie schwierig es für den Leser ist, die Ereignisse einer Erzählung vorauszusagen. 'Überraschung' deutet die Reaktion des Lesers an, wenn die Erzählung anders abläuft, als er erwartete. Von 'Lösung' ist die Rede, wenn der Leser, trotz vorangegangener 'Unsicherheit' und 'Überraschung', vom Schluss der Erzählung befriedigt ist. Die Wirkung der makrostrukturellen Verschiebungen in einer literarischen Übersetzung kann nun mit Hilfe von 'Unsicherheit', 'Überraschung' und 'Lösung' verallgemeinert werden. Es ist anzunehmen, dass Änderungen in der makrostrukturellen Komplexität der Übersetzung Folgen für ihre Bewertung haben. Zur Überprüfung dieser Annahme wird im 9. Kapitel die Bewertung von zwei Übersetzungen des Havelaar verglichen, die sich in der ästhetischen Strukturierung der Fabel auffällig unterscheiden.

5.3. Folgerungen

Von Übersetzungsäquivalenz ist in dieser Arbeit die Rede, wenn as und zs Kommunikate identische Merkmale aufweisen. Der jetzige Stand der Forschung gestattet es zur Zeit nicht, zu untersuchen, in welcher Hinsicht Strategien und Prozesse der Kommunikationsteilnehmer das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz beeinflussen. Zentral in der vorliegenden Arbeit steht die Frage, in welcher Hinsicht Merkmale von Texten die Rezeption der as bzw. zs Leser bestimmen. In den folgenden Kapiteln soll näher abgeklärt werden, ob

1 Schräm 1985, S. 114

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Übersetzungsäquivalenz und Rezeption

und wie sich mikrostrukturelle und makrostrukturelle Verschiebungen sowie metatextuelle Verschiebungen in der zs Rezeption niederschlagen. Zudem werden in mehreren Untersuchungen as und zs Rezeption miteinander verglichen. Dies ermöglicht es, die Bedingungen für die Erreichung von Übersetzungsäquivalenz zu beschreiben.

6 . M A X HAVELAAR U N D SEINE DEUTSCHEN ÜBERSETZUNGEN

6.1. Begründung der Textauswahl

Da in der vorliegenden Arbeit Fragen zur Äquivalenz und Rezeption von Übersetzungen zentral stehen, dienen die Havelaar-Texte lediglich als Stimulusmaterial empirischer Untersuchungen oder als Gegenstand vergleichender Beschreibungen. Aus diesem Grund muss hier auf eine detaillierte Darstellung der Geschichte der deutschen Multatuli-Übersetzungen verzichtet werden. In den nächsten Abschnitten folgen nur einige Angaben zu den einzelnen Editionen sowie Erläuterungen zur Textauswahl. Insgesamt 7 Übersetzer haben deutsche Übersetzungen des Max Havelaar veröffentlicht. Es sind dies: Th. Stromer, C. Derossi, Wilhelm Spohr, Karl Mischke, Paul Seliger, Erich M. Lorebach und Erich Stück. Max Havelaar wurde zwischen 1875 bis 1972 neunzehnmal in deutscher Sprache publiziert. 1 Welche Editionen des niederländischen Havelaar standen den Übersetzern zur Verfügung? Bald nachdem Eduard Douwes Dekker (1820-1887), enttäuscht über die niederländische Kolonialpolitik, auf eigenen Wunsch aus dem Kolonialdienst entlassen worden war, kehrte er nach Europa zurück. Im Jahre 1859 durfte der mittellose ehemalige 'assistent-resident' die Mansarde eines Bekannten in Brüssel bewohnen, wo er in wenigen Wochen

1 vgl. Stegeman, Ueberlebt Max Havelaar in deutscher

Uebersetzung?

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Max Havelaar

und seine deutschen Übersetzungen

den Havelaar schuf.1 Die erste Version des Havelaar war laut Multatuli am 13, Oktober abgeschlossen. Bei der Herausgabe des Buches half ihm der damals berühmte Schriftsteller und Jurist Jacob van Lennep. Dieser hatte im Havelaar ein Meisterwerk erkannt, wollte allerdings zuviel Wirbel vermeiden. Er kürzte deswegen die javanischen Ortsbezeichnungen ab und liess Datierungen weg. Zudem änderte er ganze Sätze und nahm eine Kapiteleinteilung vor. Jacob van Lennep, der die Rechte des Havelaar erworben hatte, veröffentlichte vier Auflagen des Werkes: 1. Auflage. Amsterdam, de Ruyter, 1860. 2. Auflage. Amsterdam, de Ruyter, 1860. 2. Druck der zweiten Auflage. Amsterdam, de Ruyter, 1860. 3. Auflage. Amsterdam, Schadd, 1871. Die englische Übersetzung aus dem Jahre 1868 hat Alphonse Nahuijs im Einvernehmen mit Multatuli angefertigt. Sie enthält die meisten Angaben, die in den Van-Lennep-Editionen fehlen. Erst als Multatulis Verleger G.L. Funke die Rechte des Havelaar erworben hatte, konnte der Verfasser 1875 selbst eine Neuauflage herausgeben. Douwes Dekker ergänzte die fehlenden Daten und fügte Anmerkungen hinzu. Manche Umänderung von Van Lennep sowie die Kapiteleinteilung übernahm er jedoch. Die erste, vom Verfasser autorisierte Edition ist somit die 4. Auflage. Amsterdam, Funke, 1875. Eine neue Ausgabe dieser 4. Auflage erschien 1920 bei Meulenhoff, Amsterdam. Die letzte, von Multatuli selbst herausgegebene Edition erschien im Jahre 1881. Es handelt sich um die 5. Auflage. Rotterdam, Elsevier, 1881. An einigen Stellen hat Multatuli den Text der 4. Auflage noch geändert. Zudem hat er die Anmerkungen ergänzt. Da Multatuli nicht mehr im Besitz des Manuskriptes war, entsprechen weder die 4. noch die 5. Auflage dem ursprünglichen Text. Dennoch gilt die 5. Auflage als die definitive, in dieser Form von Multatuli gewünschte Fassung des

1 Janssens vermutet, dass Multatuli schon fertiggestellte Texte zu einem Buch zusammengesetzt hat und die Droogstoppel-Texte zufügte, vgl. Janssens 1970, S. 59 und S. 118ff; Iwema nennt Gründe, die gegen diese Darstellung sprechen, vgl. Iwema 1969

Begründung der Textauswahl

129

Havelaar. Man schätzt, dass von dieser immer wieder aufgelegten Edition mehrere hundertausend Exemplare gedruckt wurden. 1 Die erste deutsche Übersetzung, von Th. Stromer, basiert auf einer Van-Lennep-Ausgabe des Havelaar. Wie in den ersten niederländischen Ausgaben fehlen bei Stromer die erwähnten Daten. D'ie Übersetzung ist ohne Multatulis Mitwissen zustande gekommen. Wie sehr der ursprüngliche Verfasser sich über diesen Text empörte, geht aus Anm. (3) der 5. Ausgabe hervor. 2 Auch in einem Brief an Funke beklagte er sich über Stromers Übersetzung: De Duitsche vertaling van zekere Stromer is 'η ware crime! Primo gooit die ellendeling ± de helft weg, zoodat het eigenlyk verband gebroken is. En 2° de vertaling zelf. Men zou zoo'n vent Schoppen.(...)' Multatuli erwähnt eine intensive Korrespondenz mit Stromer, 4 die betreff e n d e n Briefe sind jedoch nicht überliefert. Sodann nennt der Verfasser die deutsche Übersetzung des Havelaar von Dr. Robert Nast; diese 5 wurde jedoch nie veröffentlicht. Dass Stromers Übersetzung in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt wird, 6 hängt nicht mit ihrer negativen Beurteilung durch Multatuli zusammen. Für eine rezeptionsorientierte Untersuchung ist es an sich unwichtig, was der ursprüngliche Verfasser von der Übersetzung hält. Es sollen jedoch Übersetzungen vergleichend beschrieben werden, die auf einem gleichen Ausgangstext basieren. Dies bedeutet, dass nur die Übersetzungen, welche auf Havelaar-Texte von 1875 und später zurückgehen, näher betrachtet werden. Erst nach Multatulis Tod im Jahre 1887 erschienen vermehrt Arbeiten über ihn in deutscher Sprache. Der Übersetzer Wilhelm Spohr war es, der Multatuli um die Jahrhundertwende in Deutschland bekannt

1 Hermans 1987, S. Vllff 2 vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.2.8. 3 Multatuli VW Bd 18, S. 61 4 Multatuli VW Bd 18, S. 114, S. 249 5 Multatuli VW Bd 18, S. 114, S. 166 6 Nur Stromers Übersetzung des Titels wird in den makrostrukturellen Beschreibungen sowie in den entsprechenden empirischen Untersuchungen berücksichtigt.

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Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

machte. Spohr verfasste über den von ihm bewunderten Schriftsteller Essays, u.a. in der bedeutenden Neuen deutschen Rundschau. Im Jahre 1899 übersetzte er eine Auswahl aus Multatulis Werken ins Deutsche, 1 danach erschienen im Bruns-Verlag, Minden sieben Bände Multatuli-Texte. Dank Spohrs Beziehungen zum Friedrichshagener Kreis, einer Gruppe von Philosophen und Schriftstellern, die gesellschaftliche Erneuerungen anstrebten, konnte er die Werke Multatulis den deutschsprachigen Lesern zugänglich machen. Seine Übersetzungen erreichten insgesamt 22 Auflagen. Selbstverständlich darf man nicht annehmen, dass Spohr und die übrigen Übersetzer als einzige Quelle f ü r ihre Übersetzungen nur Havelaar-Editionen von 1875 oder später verwendet haben. So wird Spohr die französische Übersetzung berücksichtigt haben, denn er lernte die Werke von Multatuli in französischer Übersetzung kennen. Erst als er eine vierzehnmonatige Gefängnisstrafe in Plötzensee verbüsste, fand er die Zeit, Niederländisch zu lernen. Anschliessend war Spohr mehrfach in den Niederlanden, wo ihm bei seinen Multatuli-Veröffentlichungen u.a. von Willem Paap, Ferdinand Domela Nieuwenhuis und Multatulis Witwe Mimi Douwes Dekker-Hamminck Schepel geholfen wurde. 2 Welche Editionen diese Personen in den Gesprächen mit Spohr berücksichtigten, ist unbekannt. Es ist jedoch gut möglich, dass sie sich sowohl auf ältere als auch auf neuere Drucke des Havelaar bezogen haben. Bei Spohr, aber auch bei den späteren Übersetzern darf man weiter davon ausgehen, dass sie zusätzlich die deutschen Übersetzungen von Kollegen zu Rate gezogen haben. Es steht beispielsweise fest, dass Spohr Multatulis Handexemplar von Stromers Übersetzung, die Spohr als 'Schändung' bezeichnete, gekannt hat. Auch Mischkes Übersetzungen hat er gelesen; Mischkes Walther-\jbersetzung nennt er ja eine Multatuli3 Vergewaltigung.

1 für weitere Angaben zu geschichtlichen Aspekten der Rezeption von Multatuli im deutschen Sprachgebiet vgl. Vanrusselt 1984 und De Vin, Geschichtliche Aspekte deutscher Rezeption der neueren niederländischen Literatur 2 vgl. Bei der Wieden, S. 317, S. 318 3 Multatuli, Die Abenteuer des kleinen Walther, 1901, S. XII

Mikrostrukturelle Beschreibungen

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Wie im 5. Kapitel dargelegt wurde, bedingt die Überprüfung der Hypothesen zur Übersetzungsäquivalenzvergleichende Beschreibungen eines Textes in der As und seiner Übersetzungen auf Mikro-, Makro- und Meta-Ebene. Die nun folgenden vergleichenden Beschreibungen basieren jeweils auf der letzten Edition, die zu Lebzeiten eines Übersetzers erschienen ist. Varianten in früheren Editionen werden nicht berücksichtigt. Die niederländischen Texte wurden jeweils der letzten Edition des Ηavelaar, die während Multatulis Leben erschien, entnommen. 1

6.2. Mikrostrukturelle Beschreibungen

Für die vergleichenden Beschreibungen auf Mikro-Ebene wurde Havelaars Ansprache an die Oberhäupter 2 und die entsprechenden deutschen Übersetzungen gewählt. Es handelt sich dabei um einen in sich abgeschlossenen Text, der 395 Transeme umfasst. 3 Der niederländische Text wurde zuerst in Transeme segmentiert. Anschliessend wurden die Übersetzungen auf 'Verfremdung' bzw. 'Angleichung' überprüft. Die Einzelheiten dieser vergleichenden Beschreibungen sind in den Beilagen (l)-(6) aufgeführt.

6.2.1. Transeminventar der Ansprache an die Oberhäupter 1/Mynheer de Radhen Adhipatti, Regent van Bantan en gy, Radhens Dhemang//ik groet u!/ 2/die Hoofden zyt der distrikten (in deze Afdeeling,)/ 3/en gy, Radhen Djaksa/ 4/die de justitie tot uw ambt hebt,/ 5/en ook gy, Radhen Kliwon/ 6/die gezagvoert (op de hoofdplaats,)/

Kidoel,

1 Multatuli 1881/1987 2 im 8. Kapitel des Havelaar 3 Es wurde nur Havelaars Rede, nicht aber der Kommentar des Erzählers berücksichtigt.

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Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

7 / e n gy Radhens, Mantries, en allen die Hoofden zyt (in de afdeeling Bantan-Kidoel,)/ 8 / E n ik zeg u / 9 / d a t ik vreugde voel (in myn h a r t , ) / 10/nu ik hier u allen vergaderd z i e / 11/luisterende naar de woorden (van myn mond.)/ 12/Ikweet/ 13/dat er onder ulieden zyn,/ 14/die uitsteken in kennis/ 15/en in braafheid van h a r t : / 16/ik hoop myn kennis (door de uwe) te v e r m e e r d e r e n , / 17/want zy is niet zoo g r o o t / 18/als ikwenschte./ 19/En ik heb wel de braafheid lief,/ 2 0 / m a a r dikwyls bespeur ik/ 21/dat er (in myn gemoed) fouten zyn,/ 22/die de braafheid overschaduwen/ 2 3 / e n daaraan den groei benemen .../ 24/gy allen w e e t / 25/hoe de groote boom den kleinen verdringt en doodt./ 2 6 / D a a r o m zal ik letten op degenen (onder u , ) / 27/die uitstekend zyn in deugd,/ 2 8 / o m te trachten/ 2 9 / b e t e r te worden/ 30/dan ik b e n . / 31/Ik groet u (allen) zeer./ 32/Toen de Gouverneur-generaal my gelastte/ 33/tot u te gaan/ 3 4 / o m adsistent-resident te zyn (in deze afdeeling)/ 35/was myn hart verheugd./ 3 6 / H e t kan u bekend zyn/ 37/dat ik nooit Bantan-Kidoel had b e t r e d e n . / 38/Ik liet my dus geschriften geven,/ 39/die over uwe afdeeling h a n d e l e n / 4 0 / e n heb gezien/ 4 1 / d a t er veel goeds is (in Bantan-Kidoel!)/ 42/Uw volk bezit rystvelden (in de dalen,)/

Mikrostrukturelle Beschreibungen

43/en er zyn rystvelden (op de b e r g e n . ) / 4 4 / E n ge wenscht/ 4 5 / i n v r e d e te leven,/ 4 6 / e n ge begeert n i e t / 47/te wonen (in de landstreken)/ 48/die bewoond worden (door a n d e r e n . ) / 49/Ja, ik w e e t / 50/dat er veel goeds is (in Bantan-Kidoel!)/ 5 1 / M a a r niet hierom alleen was myn hart verheugd./ 52/Want ook (in andere streken) zou ik veel goeds gevonden hebben./ 53/Doch ik ontwaarde/ 54/dat uwe bevolking arm is,/ 55/en hierover was ik blyde (in het binnenste myner ziel.)/ 56/Want i k w e e t / 57/dat Allah den arme l i e f h e e f t , / 58/en dat Hy rykdom geeft aan wien/ 59/hy beproeven wil./ 60/Maar tot de armen zendt Hy/ 61/wie zyn woord spreekt,/ 62/opdat zy zieh oprichten (in hun eilende.)/ 6 3 / G e e f t Hy niet r e g e n / 64/waar de halm v e r d o r t , / 65/en een dauwdrop (in den bloemkelk)/ 66/die dorst h e e f t ? / 6 7 / E n is het niet schoon,/ 68/te worden uitgezonden/ 69/om de vermoeiden te zoeken,/ 70/die achterbleven (na den a r b e i d ) / 71/en neergezonken (längs den weg,)/ 7 2 / d a a r hun knieen niet sterk meer w a r e n / 73/om optegaan (naar de plaats van het l o o n ? ) / 7 4 / Z o u ik niet verheugd wezen/ 75/de hand te mögen reiken aan w i e / 76/in de groeve viel,/ 77/en een staf te geven aan wien/ 7 8 / d e bergen beklimt?/

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Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

7 9 / Z o u niet myn hart opspringen/ 8 0 / a l s het z i e t / 8 1 / g e k o z e n te zyn (onder velen,)/ 8 2 / o m van klagen een gebed te m a k e n / 8 3 / e n dankzegging van geween?/ 8 4 / J a , ik ben zeer blyde/ 8 5 / g e r o e p e n te zyn (in Bantan-Kidoel!)/ 86/Ik heb gezegd (tot de vrouw)/ 8 7 / d i e myne zorgen d e e l t / 8 8 / e n myn geluk grooter m a a k t : / 89/'verheug u,/ 90/want ik zie/ 9 1 / d a t Allah zegen geeft (op het hoofd van ons kind!)/ 9 2 / H y h e e f t my gezonden (naar een o o r d ) / 9 3 / w a a r niet alle arbeid is a f g e l o o p e n , / 9 4 / e n Hy keurde my waardig/ 9 5 / d a a r te zyn (voor den tyd van den oogst.)/ 96 / W a n t niet in het snyden der padie is de v r e u g d e : / 9 7 / d e vreugde is in het snyden der padie/ 9 8 / d i e men geplant h e e f t . / 9 9 / E n de ziel des menschen groeit niet (van het loon,)/ 1 0 0 / m a a r (van den a r b e i d ) / 101/die het loon v e r d i e n t . / 1 0 2 / E n ik zeide tot h a a r : / 103/Allah heeft ons een kind gegeven,/ 104/dat eenmaal zeggen zal:/ 105/'weet g e / 106/dat ik zyn zoon b e n ? ' / 107/En dan zullen er wezen (in het l a n d , ) / 108/die hem groeten (met l i e f d e , ) / 109/en die de hand zullen leggen (op zyn h o o f d , ) / 110/en zeggen zullen:/ l l l / ' z e t u neder (aan ons maal,)/ 112/en bewoon ons huis,/ 113/en neem uw deel aan w a t / 114/wy h e b b e n , / 115/want ik heb uwen vader g e k e n d . ' /

Mikrostrukturelle Beschreibungen

1 1 6 / H o o f d e n van Lebak, er is veel te a r b e i d e n (in uwe landstreek!)/ 117/Zegt my,/ 118/is niet de landman a r m ? / 119/Rypt niet uw padie dikwerf ter v o e d i n g / 120/van wie niet geplant h e b b e n ? / 121/Zyn er niet vele v e r k e e r d h e d e n (in uw l a n d ? ) / 122/Is niet het aantal uwer kinderen g e r i n g ? / 123/Is er niet schaamte (in uwe z i e l e n , ) / 124/als de bewoner van Bandoeng//dat d a a r ten-oosten l i g t , / / u w e streken b e z o e k t , / 125/en v r a a g t : / 126/'waar zyn de d o r p e n , / 127/en waar de landbouwers?/ 128/En waarom hoor ik den gamlang n i e t , / 129/die blydschap spreekt (met koperen m o n d , ) / 130/noch het gestamp der padie uwer d o c h t e r s ? ' / 131/Is het niet b i t t e r , / 132/te reizen (van hier tot de Z u i d k u s t , ) / 133/en de bergen te z i e n / 134/die geen water dragen (op hunne zyden,)/ 135/of d e v l a k t e n / 136/waar nooit een buffel den ploeg t r o k ? / 137/Ja, ja, ik zeg u / 138/dat uw en myn ziel daarover b e d r o e f d is!/ 139/(En d a a r o m juist) zyn wy Allah d a n k b a a r / 140/dat hy ons macht h e e f t gegeven/ 141/om hier te a r b e i d e n . / 142/Want wy hebben (in dit land) akkers (voor v e l e n , ) / 143/schoon de bewoners weinig zyn./ 144/En het is niet de r e g e n / 145/die o n t b r e e k t , / 146/want de toppen der bergen zuigen de wölken des hemels (ter a a r d e . ) / 147/En niet overal zyn r o t s e n / 148/die plaats weigeren aan den w o r t e l , / 149/want (op veel plaatsen) is de grond week en v r u c h t b a a r , /

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Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

150/en roept ora de graankorrel/ 151/die hy ons wil weergeven (in gebogen halm.)/ 152/En er is geen oorlog (in het l a n d ) / 153/die de padie v e r t r e e d t / 154/als ze nog groen is,/ 155/noch ziekte/ 156/die den patjol nutteloos maakt./ 157/Noch zyn er zonnestralen,/ 158/heeter dan noodig is/ 159/om het graan te doen rypen/ 160/dat u en uw kinderen voeden moet,/ 161/noch banjirs/ 162/die u doen j a m m e r e n : / 163/'wys my de plaats/ 164/waar ik gezaaid h e b ! ' / 165/Waar Allah waterstroomen zendt,/ 166/die de akkers wegnemen .../ 167/waar Hy den grond hard maakt als dorre steen .../ 168/waar Hy Zyn zon doet gloeien ter verschroejing .../ 169/waar Hy oorlog zendt,/ 170/die de velden o m k e e r t . . . / 171/waar Hy slaat met ziekten/ 172/die de handen slap maken,/ 173/of met droogte/ 174/die de aren d o o d t . . . / 175/daar, Hoofden van Lebak, buigen wy deemoedig het hoofd,/ 176/en zeggen:/ 177/'Hy wil het zoo!'/ 178/Maar niet aldus (in Bantan-Kidoel!)/ 179/Ik ben hier gezonden/ 180/om uw vriend te zyn,/ 181/uw ouder b r o e d e r / 182/Zoudt gy uw jongeren broeder niet waarschuwen/ 183/als ge een tyger zaagt (op zyn w e g ? ) / 184/Hoofden van Lebak, we hebben dikwyls misslagen begaan,/ 185/en ons land is a r m / 186/omdat we zooveel misslagen begingen./

Mikrostrukturelle Beschreibungen

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187/Want (in Tjikandi en Bolang, en in het Krawangsche, en in de ommelanden van Batavia,) zyn velen/ 188/die geboren zyn (in ons land,)/ 189/en die ons land verlaten hebben./ 190/Waarom zoeken zy arbeid, (ver van de plaats)/ 191/waar ze hun ouders begroeven?/ 192/Waarom vlieden zy de dessah/ 193/waar zy de besnydenis ontvingen?/ 194/Waarom verkiezen zy de koelte van den boom/ 195/die däär groeit, boven de schaduw onzer bosschen?/ 196/En ginds (in 't noordwesten over de zee,) zyn velen/ 197/die onze kinderen moesten zyn,/ 198/maar die Lebak hebben verlaten/ 199/om rondtedolen (in vreemde streken met kris en klewang en schietgeweer)/ 200/En ze komen ellendig om,/ 201/want er is macht van de Regeering daar,/ 202/die de opstandelingen verslaat./ 203/Ik vraag u, Hoofden van Bantan-Kidoel,/ 204/waarom zyn er zoovelen/ 205/die weggingen,/ 206/om niet begraven te worden/ 207/waar ze geboren zyn?/ 208/Waarom vraagt de boom,/ 209/waar de man is/ 210/dien hy als kind zag speien (aan zyn voet?)/ 211/Hoofden van Lebak! Wy allen staan in dienst des Konings van Nederland./ 212/Maar Hy,//is v£r van hier/ 213/die rechtvaardig is en wil/ 214/dat wy onzen plicht doen,/ 215/Dertig-maal duizend-maal duizend zielen, (ja, meer dan zooveel,) zyn gehouden/ 216/zyn bevelen te gehoorzamen,/ 217/maar hy kan niet wezen naby allen/ 218/die afhangen van zynen wil./ 219/De Groote-Heer te Buitenzorg is rechtvaardig,/

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Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

220/en wil/ 221/dat ieder zyn plicht doe./ 2 2 2 / M a a r ook d e z e / / o o k hy kan niet z i e n / 223/machtig als hy is,/ 224/en gebiedende over al/ 225/wat gezag heeft (in de Steden)/ 226/en over allen/ 227/die in de dorpen de oudsten zyn,/ 228/en beschikkende over de macht des legers en over de schepen/ 229/die op zee v a r e n / 230/waar onrecht gepleegd is,/ 231/want het onrecht blyft verre van h e m . / 232/En de resident te Serang wil dat er recht geschiede (in zyn gebied)/ 233/die heer is (over de landstreek Bantam,)/ 234/waar vyf-maal-honderd-duizend menschen wonen,/ 235/en dat er rechtvaardigheid heersche (in de landschappen)/ 236/die hem gehoorzamen./ 237/Doch waar onrecht is,/ 238/woont hy verre./ 2 3 9 / E n wie boosheid d o e t , / 240/verschuilt zieh (voor zyn aangezicht)/ 241/omdat hy straffe vreest./ 242/En de heer Adhipatti, wil/ 243/die Regent is van Zuid-Bantam,/ 244/dat ieder leve/ 245/die het goede betracht,/ 246/en dat er geen schände zy (over de landstreek)/ 247/die zyn regentschap is./ 248/En ik,/ 249/die gisteren den Almachtigen God tot getuige n a m / 250/dat ik rechtvaardig zou zyn en goedertieren,/ 251/dat ik recht zou doen (zonder vrees en zonder h a a t , ) / 252/dat ik zal zyn: 'een goed adsistent-resident'.../ 253/ook ik wensch te d o e n / 254/wat myn plicht is./ 2 5 5 / H o o f d e n van Lebak! Ditwenschenwy allen!/

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256/Maar als er soms (onder ons) mochten zyn,/ 257/die hun plicht verwaarloozen (voor gewin,)/ 258/die het recht verkoopen (voor geld,)/ 259/of die den buffel (van den arme) nemen, en de v r u c h t e n / 260/die b e h o o r e n / 261/aan wie honger hebben .../ 262/wie zal ze s t r a f f e n ? / 263/Als een van u het wist,/ 264/hy zou 't b e l e t t e n . / 265/En de Regent zou niet dulden/ 266/dat zoo-iets geschiedde (in zyn regentschap.)/ 267/En ook ik zal het tegengaan/ 268/waar ik kan./ 269/Maar als noch gy, noch de Adhipatti, noch ik het wisten .../ 270/Hoofden van Lebak! Wie toch zal dan recht doen (in Bantan-Kidoel?)/ 271/Hoort naar my,/ 272/als ik u zeggen zal/ 273/hoe er dan recht zal gedaan worden./ 274/Er komt een tyd/ 275/dat onze vrouwen en kinderen schreien zullen/ 276/by het gereedmaken van ons doodkleed,/ 277/en de voorbyganger z a l z e g g e n : / 278/'daar is een mensch gestorven.'/ 279/Dan zal//tyding brengen van den dood d e s g e n e n / 280/wie aankomt (in de d o r p e n ) / 281/die gestorven is,/ 2 8 2 / e n w i e hem herbergt,/ 283/zalvragen:/ 284/'wie was de m a n / 285/die gestorven i s ? ' / 286/En men zal zeggen:/ 287/'Hy was goed en rechtvaardig./ 288/Hy sprak r e c h t / 289/en verstootte den klager niet (van zyn d e u r . ) / 290/Hy hoorde geduldig a a n , /

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Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

291/wie tot hem kwam,/ 292/en gaf w e d e r / 293/wat ontnomen was./ 2 9 4 / E n wie den ploeg niet dryven kon (door den grond)/ 295/omdat de buffel (uit den stal) was gehaald,/ 296/hielp hy zoeken naar den b u f f e l . / 2 9 7 / E n waar de dochter was geroofd (uit het huis der moeder,)/ 298/zocht hy den d i e f / 299/en bracht de dochter w e d e r . / 3 0 0 / E n waar men gearbeid h a d / 301/onthield hy het loon niet,/ 302/en hy ontnam de vruchten n i e t / 303/aan wie den boom geplant hadden./ 304/Hy kleedde zieh niet (met het kleed)/ 305/dat anderen dekken moest,/ 306/noch voedde zieh (met voedsel)/ 307/dat den arme b e h o o r d e . ' / 308/Dan zal men zeggen (in de d o r p e n : / 309/'Allah is groot,/ 310/Allah heeft hem tot zieh genomen./ 311/Zyn wil geschiedde .../ 312/er is een goed mensch gestorven.'/ 313/Doch andermaal zal de voorbyganger stilstaan (voor een huis,) en vragen/ 314/'wat is dit,/ 315/dat de gamlang zwygt,/ 316/en het gezang der meisjes?'/ 317/En wederom zal men zeggen:/ 3 1 8 / ' e r is een man gestorven.'/ 3 1 9 / E n wie rondreist (in de dorpen,)/ 320/zal 's avends zitten (by zyn gastheer,)/ 321/en (om hem heen) de z o n e n / 322/en dochteren van het huis,/ 323/en de k i n d e r e n v a n / 324/wie het dorp bewonen,/ 325/en hy zal zeggen:/ 3 2 6 / ' D a a r stierf een m a n /

Mikrostrukturelle Beschreibungen

141

327/die beloofde/ 328/rechtvaardig te zyn,/ 329/en hy verkocht het recht/ 330/aan wie hem geld gaf./ 331/Hy mestte zyn akker (met het zweet van den arbeider)/ 332/dien hy had afgeroepen (van den akker des arbeids.)/ 333/Hy onthield den werkman zyn loon en voedde zieh (met het voedsel van den a r m e ) / 334/Hy is ryk geworden (van de armoede der anderen.)/ 335/Hy had veel gouds en zilvers/ 336/en edele steenen (in menigte,)/ 337/doch de landbouwer//wist den honger niet te stillen van zyn kind./ 338/die (in de nabuurschap) woont,/ 339/Hy glimlachte (als een gelukkig mensch,)/ 340/maar men hoorde gekners (tusschen de tanden van den klager)/ 341/die recht zocht./ 342/Er was tevredenheid (op zyn gelaat,) maar geen zog (in de borsten der moeders)/ 343/die zoogden.'/ 344/Dan zullen de bewoners der dorpen zeggen:/ 345/'Allah is groot.../ 346/wy vloeken niemand!'/ 347/Hoofden van Lebak, eens sterven wy allen!/ 348/Wat zal er gezegd worden (in de dorpen)/ 349/waar wy gezag hadden?/ 350/En wat door de voorbygangers/ 351/die de begrafenis aanschouwen?/ 352/En wat zullen wy antwoorden,/ 353/als er (na onzen dood) een stem spreekt tot onze ziel, en vraagt:/ 354/'waarom is er geween (in de velden,)/ 355/en waarom verbergen zieh de jongelingen?/ 356/Wie nam den oogst (uit de schüren,) en (uit de stallen) den buffel/ 357/die het veld ploegen zou?/

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

358/Wat hebt gy gedaan (met den broeder)/ 359/dien ik u gaf te bewaken?/ 360/Waarom is de arme treurig en vloekt de vruchtbaarheid zyner vrouw?'/ 361/Ik wenschte gaarne (in goede verstandhouding)/ 362/met u te leven,/ 363/en daarom verzoek ik u / 364/my te beschouwen als een vriend./ 365/Wie gedwaald mocht hebben,/ 366/kan op een zacht oordeel van myn kant staat-maken,/ 367/want daar ikzelf (zoo menig keer) dwaal,/ 368/zal ik niet streng zyn .../ 369/niet althans in de gewone dienstvergrypen of nalatigheden./ 370/Alleen waar nalatigheid zou worden tot gewoonte,/ 371/zal ik die tegengaan./ 372/Over misslagen van groveren aard ... over knevelary en onderdrukking, spreek ik niet./ 373/Zoo-iets zal niet voorkomen, niet waar, m'nheer de Adhipatti? 374/Welnu dan, myne heeren Hoofdenvan Bantan-Kidoel, laat ons verheugd zyn/ 375/dat onze Afdeeling zoo verachterd/ 376/en zoo arm is./ 377/Wy hebben iets schoons te doen./ 378/Als Allah ons (in 't leven) spaart,)/ 379/zullen wy zorg dragen/ 380/dat er welvaart kome./ 381/De grond is vruchtbaar genoeg, en de bevolking gewillig./ 382/Als ieder in 't genot wordt gelaten van de vruchten zyner inspanning,/ 383/lydt het geen twyfel/ 384/dat (binnen weinig tyds) de bevolking zal toenemen, (zoo in zielental als in bezitting en beschaving,)/ 385/want dit gaat veelal hand-aan-hand./ 386/Ik verzoek u nogmaals/ 387/my te beschouwen als een vriend/

Mikrostrukturelle Beschreibungen

143

388/die u helpen zal/ 389/waar hy kan,/ 390/vooral waar onrecht moet worden te-keer gegaan./ 391/En hiermede beveel ik my zeer aan (in uwe medewerking./ 392/Ik zal u de ontvangen berichten over Landbouw, Veeteelt, Politie en Justitie met myn beschikkingen doen teruggeworden./ 393/Hoofden van Bantan-Kidoel! Ik heb gezegd./ 394/Ge kunt terugkeeren, ieder (naar zyne woning.)/ 395/Ik groet u allen zeer!/

6.2.2. Verfremdung und Angleichung in den Übersetzungen von Havelaars Ansprache an die Oberhäupter Die vergleichenden Analysen von Havelaars Rede vor den Häuptlingen und ihre deutschen Übersetzungen wurden entsprechend den Darlegungen des 5. Kapitels durchgeführt. Da sich die Beschreibungen auf Verfremdung bzw. Angleichung beziehen, konnten Druckfehler nicht berücksichtigt werden. In den Beschreibungen fehlen somit Hinweise auf Druckfehler wie Bat an anstelle von Bantan in Derossi 1889, Transem 85, padic anstelle von padie in Derossi 1889, Transem 96, oder gen anstelle von gegen in Lorebach 1927, Transem 124. Ebensowenig wurden Übersetzungsfehler mitgezählt, wenn sie für Verfremdung bzw. Angleichung ohne Bedeutung waren. Aus diesem Grund wurde beispielsweise Viehzählung anstelle von Viehzucht in Seliger 1903 als Übersetzung von veelteelt, Transem 392, nicht in die vorliegende Beschreibung aufgenommen. Dies bedeutet, dass in den vergleichenden Beschreibungen Verschiebungen vom Typus Mutation fehlen, falls diese nicht zu den Kategorien Verfremdung bzw. Angleichung gehören. Das gleiche gilt in manchen Fällen für Verschiebungen vom Typus Modifikation. Das folgende Beispiel dürfte diese Beschreibungsstrategie erläutern. Im 19. Transem des Originals steht: ik heb de braafheit lief. Derossi übersetzt diese Stelle mit: ich habe die Tüchtigkeit lieb. Das niederländische Transem weist das Merkmal 'veraltet' auf: heb lief ist eine veraltete Ausdrucksweise für houd van. In der deutschen Überset-

144

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

zung gilt habe lieb als exotisierte Form für lieben, da das Objekt nicht ein Mensch ist. Transem 19 gilt somit im Original wie in der Übersetzung als verfremdet. Da in den Leserbefragungen untersucht wurde, ob die Quantität der Verschiebungen 'Verfremdung' bzw. 'Angleichung' die Rezeption beeinflussen, wurden Fälle wie Transem 19 nicht berücksichtigt. Wenn man die Unterschiede in der Orthographie nicht zählt, geht aus den vergleichenden Analysen der Beilagen (l)-(6) hervor, dass die deutschen Übersetzungen von Havelaars Rede sich bezüglich Verfremdung bzw. Angleichung zahlenmässig wie folgt unterscheiden: Übersetzung

Derossi (1889) Spohr(1900/1952) Mischke (1900) Seliger (1903) Lorebach (1927) Stück (1972)

Verfremdung veraltet exotisiert

22 23 8 6 7 2

139 174 138 77 87 38

Angleichung modernisiert naturalisiert

125 126 130 129 133 137

5 17 9 11 15 24

Für die einzelnen Übersetzungen ergeben sich bezüglich der Verschiebungen vom Typus Verfremdung folgende Zahlen: Spohr Derossi Mischke Lorebach Seliger Stück

197 161 146 94 83 40

Multatulis ursprünglicher Text weist darüber hinaus eine grössere Zahl veralteter Schreibweisen auf: Multatuli (1881)

225

Mikrostrukturelle Beschreibungen

145

Indem die Übersetzer jeweils die gängige deutsche Orthographie verwendeten, modernisierten sie im allgemeinen die Orthographie. Aus der jetzigen Sicht betrachtet, enthalten zwei ältere Übersetzungen dennoch einige veraltete orthographische Formen: Derossis Übersetzung weist die grösste Zahl veralteter Schreibweisen auf; an zweiter Stelle folgt Mischkes Übersetzung: Derossi (1889) Mischke (1900)

28 14

Spohr hat in seiner überarbeiteten Übersetzung aus dem Jahre 1952 die Orthographie modernisiert. Obschon Seligere Text 1903 veröffentlicht wurde, lassen sich in dieser Übertragung keine veralteten Schreibweisen feststellen. Das gilt auch für die neueren Ubersetzungen von Lorebach und Stück. Für die einzelnen Übersetzungen ergeben sich bezüglich der Verschiebungen vom Typus Angleichung folgende Zahlen: Stück Lorebach Spohr Seliger Mischke Derossi

161

148 143 140 139 130

Dieser Überblick zeigt als allgemeine Tendenz, dass eine Übersetzung umso mehr angeglichen wurde, je neuer sie ist. Nur Spohrs Übersetzung nimmt diesbezüglich eine Zwischenstellung ein, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Edition ein überarbeiteter Text der Übersetzung aus dem Jahre 1900 ist. Sodann lässt sich beobachten, dass die neueste Übersetzung, welche die geringste Zahl Verschiebungen vom Typus Verfremdung aufweist, mehr angeglichen ist als Übersetzungen mit mehr Verfremdung:

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

146

V e r f r e m d u n g Angleichung Stück (1972) Seliger (1903) Lorebach(1927) Mischke (1900) Derossi (1889) Spohr (1900/1952)

40 83 94 146 161 197

161 140 148 139 130 143

6.3. Makrostrukturelle Beschreibungen

In den Beschreibungen der Makrostrukturen sollen zuerst die Titel der Übersetzungen mit dem ursprünglichen Titel des Havelaar verglichen werden. Danach stehen die einleitenden Texte des Buches zur Diskussion. Sodann wird beschrieben, wie die Ü b e r s e t z e r die Kapitel bezeichnen. Der ursprüngliche Text enthält Anmerkungen des Verfassers. Wie die Übersetzer mit diesen Anmerkungen vorgegangen sind, wird anschliessend dargelegt. In den vergleichenden Beschreibungen der ästhetischen Struktur steht schliesslich der Schlussteil des Havelaar im Mittelpunkt.

6.3.1. Titel Der Titel des Buches lautet in der ursprünglichen, von Multatuli autorisierten Fassung: Max Havelaar of de koffiveilingen der Nederlandsche Handelmaatschappy A Th. Stromer (1875) nennt den

Havelaar:

Max Havelaar oder die Holländer auf Java

Makrostrukturelle Beschreibungen

147

C. Derossi (1889) übersetzt den Titel des als Fortsetzungsroman erscheinenden Werkes im ersten Teil mit: Max Bavelaar oder die Kaffee-Auktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft Danach erhält der Held der Geschichte seinen richtigen Namen laar.

Have-

Wilhelm Spohrs (1900) Titel lautet: Max Havelaar Die 1952 publizierte Ausgabe von Spohrs Übersetzung hat ebenfalls als Titel: Max Havelaar Karl Mischke (1900) tauft seine Übersetzung: Max Havelaar oder die Kaffee-Versteigerungen der Niederländischen Handels-Gesellschaft von Multatuli (Eduard Douwes Dekker) Bei Paul Seliger (1903) heisst Multatulis Buch: Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft von Multatuli Erich M. Lorebach (1927) übersetzt den Titel des Buches als: Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft Bei Erich Stück (1972) heisst es: Max Havelaar oder die Kaffeeauktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft

148

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

Vergleicht man diese Übersetzungen, so kann man festhalten, dass Spohrs Übersetzung eine Mutation vom Typus'Weglassung' aufweist. In seiner Übersetzung ist der Untertitel des Buches weggefallen. Stromers Übersetzung weist ebenfalls eine Mutation auf. Der Untertitel seiner Übersetzung enthält eine radikale Änderung in der Bedeutung: die in den Niederlanden stattfindenden Kaffeeauktionen werden durch 'Holländer auf Java' ersetzt. Die Titel der anderen Übersetzungen ähneln dem des Originals in hohem Masse. Sie enthalten alle den Namen des Protagonisten, das Wort 'oder' und einen Untertitel, der sich auf die Kaffeeauktionen der 'Nederlandsche Handelmaatschappy' bezieht: Max Havelaar Stromer Derossi Spohr Mischke Seliger Lorebach Stück

oder

Untertitel Mutation

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

6.3.2. Einleitende Texte Der Titelseite folgt im ursprünglichen Text eine Widmung; Multatuli widmete das Buch seiner damaligen Frau, Everdine Huberte van Wynbergen. Die Widmung enthält ein Zitat aus dem Werk von Henry de Pene. Schliesslich geht dem ersten Kapitel des Buches ein Dialog, das Onuitgegeven Tooneelspel, voran. In Derossis Übersetzung (1889) fehlen sämtliche einleitenden Texte. Auch in Spohrs Text (1952) sucht man sie vergeblich. Mischke (1900) erwähnt in seiner Einführung die Widmung, erklärt die Initialen An E. H. v. W. und übersetzt den französischen Text Penes. Den Dialog übersetzt er auch; die Quelle des Dialogs nennt er hingegen nicht.

Makrostrukturelle Beschreibungen

149

Seliger (1903) geht ähnlich vor. Er trennt allerdings seine eigene Einführung klar von der Widmung. Auch er übersetzt den französischen Text. Im Gegensatz zu Mischke übersetzt Seliger ebenfalls die Quelle dieses Textes: Ungedrucktes Schauspiel. Lorebach (1927) übernimmt in seiner Übersetzung den Dialog. Weiter erwähnt er, wie Seliger, die Quelle: Aus einem unveröffentlichten Schauspiel. In Stücks Übersetzung (1972) fehlen die einleitenden Texte des ursprünglichen Werkes. Der untenstehende Überblick zeigt, wie die Übersetzer Multatulis einleitende Texte verarbeitet haben: Widmung Übersetzung Dialog Quelle des Penes Text Dialogs Derossi Spohr Mischke Seliger Lorebach Stück

+ +

+ +

+ +

+ +

•Widmung in der Einführung erwähnt

6.3.3. Bezeichnung der Kapitel Im ursprünglichen Text sind die Kapitel vom EERSTE HOOFDSTUK bis zum TWINTIGSTE HOOFDSTUK numeriert. Derossis Übersetzung zeigt diesbezüglich Abweichungen. Bisweilen fehlt eine Kapiteleinteilung, z.B. am Anfang, manchmal deutet er ein neues Kapitel mit Sternchen an. Gelegentlich numeriert er Kapitel, z.B Fünftes Kapitel, ohne dass die vorangegangenen Kapitel mit Nummern gekennzeichnet wurden. Spohr numeriert die Kapitel wie Multatuli. Mischke numeriert sie nicht nur, sondern fasst in den Überschriften zugleich das Wichtigste zusammen. So heisst es in der Überschrift des ersten Kapitels:

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

150

Wir lernen Herrn Batavus Droogstoppel kennen, sowie seine Ansichten über Poesie im allgemeinen und Romanschreiben im besonderen. Die Überschrift des letzten Kapitels kündigt schon den überraschenden Schluss des Havelaar an: Stern fährt fort. Rangkas-Betung und Batavia. Havelaars Schicksal erfüllt sich. - Sterns und Droogstoppels plötzliche Ende. Multatuli. Seliger, Lorebach und Stück n u m e r i e r e n die Kapitel wie Multatuli. unterschiedliche numeriert mit Bezeichnungen Ü b e r s c h r i f t e n Derossi Spohr Mischke Seliger Lorebach Stück

numeriert

+ + + + + +

6.3.4. Anmerkungen des Verfassers Multatuli ergänzte den Max Havelaar 1875 und 1881 mit insgesamt 194 Anmerkungen. Seit 1888 enthalten die niederländischen Havelaar-Editionen zudem meistens ein Fragment eines Briefes von Multatuli an Vosmaer. In diesem Brief äussert sich der Verfasser über die Beziehung zwischen dem Regenten und dem Residenten. Von den deutschen Übersetzern hat lediglich Paul Seliger einen Teil der Anmerkungen Multatulis, nämlich 144 der 194, übersetzt. Seine Überschrift über die Anmerkungen Anmerkungen und E r l ä u t e r u n g e n in der Ausgabe von 1875 (durchgesehen, berichtigt und vermehrt im J a h r e 1881) verspricht somit mehr, als seine Übersetzung hält.

Makrostrukturelle Beschreibungen

151

6.3.5. Ästhetische Strukturierung Der Havelaar umfasst eine Widmung, einen Dialog aus einem ungedruckten Schauspiel, zwei Erzählstränge (A) und (B) sowie einen Schlussteil, der meistens als das 'Pamphlet' bezeichnet wird. Oversteegen stellt die Struktur des Havelaar so dar: 1 (Eduard Douwes Dekker)

Multatuli

(A)

(B) (Havelaar)

Zwischen (A) und (B) lassen sich sehr viele Gegensätze, aber auch eine Menge von Übereinstimmungen und Kausalitäten feststellen. So spielt (A) in den Niederlanden. Dieser Erzählstrang wird von kleinbürgerlichen Personen bevölkert. Die Hauptperson, die als ironisierter Protagonist die erzählende Instanz ist, gilt als Prototyp des scheinheiligen, rücksichtslosen Kaufmannes. In Erzählstrang (B) nimmt der niederländische Kolonialbeamte Max Havelaar die Hauptrolle ein. Die Geschichte spielt in der ehemaligen Kolonie Nederlandsch-Indie. Er kämpft gegen die bestehenden Missstände und versucht das Schicksal der Javaner zu verbessern. Dieses Schicksal der unterdrückten Bevölkerung wird ausführlich in einer eigenständigen Novelle im Rahmen von (B) geschildert. Neben den zahlreichen Gegensätzen, die zwischen (A) und (B) bestehen, gibt es viele Kausalitäten. Wenn man nur schon die Erzählper-

1 Oversteegen 1963, S. 29

152

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

spektive berücksichtigt, findet man viele Verknüpfungen zwischen den beiden Erzählsträngen. So verfasst eine Person aus (A) die Geschichte von (B). Sodann wird (B) von einer anderen Person aus (A) vorgelesen. Betrachtet man die erzählte Zeit, so ist zu folgern, dass (Β) anfängt, wo (A) aufhört. Es zeigt sich allmählich, dass Sjaalman, der arme Schlucker aus (A), der die Dokumente für (B) geliefert hat, in Wirklichkeit die Hauptperson von (B), Havelaar, ist. Im entscheiden den Augenblick greift Multatuli ein. Er sagt: Genoeg myn goede Stern! Ik, Multatuli neem de pen op. Ge zyt niet geroepen, Havelaars levensgeschiedenis te schryven. Ik heb u in 't leven geroepen ... ik liet u komen van Hamburg ... ik leerde u redelyk goed hollandsch schryven, in zeer körten tyd ... ik liet u Louise Rosemeyer küssen, die in suiker doet ... het is genoeg, Stern, ge kunt gaan! Die Sjaalman en zyn vrouw ... Halt, ellendig produkt van vuile geldzucht en godslasterlyke femelary! Ik heb u geschapen ... ge zyt opgegroeid tot een monster onder myn pen ... ik walg van myn eigen maaksel: stik in de koffi en verdwijn! Ja, ik, Multatuli 'die veel gedragen heb' neem de pen op.1 In der Übersetzung von Stück heisst dies: Genug, mein guter Stern! Ich, Multatuli, nehme die Feder zur Hand. Du bist nicht berufen, Havelaars Lebensgeschichte zu schreiben. Ich rief dich ins Leben ..., ich Hess dich von Hamburg kommen ..., ich lehrte dich in sehr kurzer Zeit ein leidlich gutes Holländisch schreiben..., ich Hess dich Louise Rosemeyer küssen, die in Zucker handelt..., es ist genug, Stern, du kannst gehen! Dieser Schalmann und seine Frau ... Halt, du elendes Produkt aus schmutziger Geldsucht und gotteslästerlicher Frömmelei! Ich habe dich erschaffen..., du hast dich unter meiner Feder zu einem Ungeheuer entwickelt..., mich ekelt vor meinem eigenen Geschöpf: Ersticke in Kaffee und verschwinde!

1 Multatuli 1881/1987, S. 334ff

Makrostrukturelle Beschreibungen

153

Ja, ich, Multatuli, 'der viel gelitten hat', nehme die Feder zur Hand. 1 Auf diese Weise macht der Verfasser in diesem Schlussteil des Buches die Autobiographie-Fiktion Droogstoppels und die Biographie-Fiktion Sterns zunichte. Damit ist die von Stern erzählte Geschichte am Ende des Buches authentisch geworden, die Identifikation von Havelaar mit Sjaalman steht, wie Sötemann darlegt, fest. Zudem ist nun die Identifikation von Havelaar mit Multatuli, der 'viel gelitten hat', zustande gekommen. Indem der Autor auf den letzten Seiten die drei Namen seiner Protagonisten resp. Antagonisten im Plural erwähnt, erhält die ganze vorangegangene Geschichte exemplarischen Wert. Droogstoppel, gerade von Multatuli als Phantasieprodukt bezeichnet, wird dadurch Exponent einer wirklich bestehenden Mentalität. Das Pamphlet bildet somit einen wesentlichen Bestandteil der Struktur des Havelaar. Wie Oversteegen zeigt, ist diese spezifische Komposition des Buches darauf ausgerichtet, dem Leser den Sprung aus der Literatur in die Wirklichkeit zu ermöglichen. Wegen der Bedeutung des Pamphlets f ü r den A u f b a u des gesamten Havelaar beschränkt sich die vergleichende Beschreibung der ästhetischen Strukturen des Originals und seiner Übersetzungen auf diesen Bestandteil. In Derossis Übersetzungfehlt Multatulis Eingriff in die Geschichte. Ausgerechnet das Pamphlet, gerade die Wende im Inhalt, fällt hier weg. Der Übersetzer erdichtet in 3 Abschnitten den traurigen Ausgang der Havelaar-Geschichte: Havelaar aber irrte arm und verlassen einher. Er suchte Beschäftigung, wieder eine Anstellung, um wenigstens seine Familie ernähren zu können, als Belohnung f ü r siebenzehnjährige treue Dienste. Aber überall fand er verschlossene Thüren - denn er hatte es ja gewagt, gegen die herrschende Corruption, gegen die brutale Ausbeutung und Unterdrückung der armen Javanen durch die Niederländische Regierung aufzutreten, und das konnte man ihm von Oben herab nie verzeihen. -

1 Multatuli 1972, S. 388ff

154

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

Und so ist er, der edle Kämpfer f ü r Wahrheit und Recht, schliesslich untergegangen im vergeblichen Kampf gegen die herrschenden Gewalten. Er ist gestorben - verdorben! Aber das ändert nichts an der Thatsache, die der Autor am Schlüsse jenes Werkes aller Welt verkünden will: 'Es liegt ein Raubstaat am Meer zwischen Ostfriesland und der Scheide! Und es werden in den Niederländischen überseeischen Besitzungen, auf Java u., mehr als dreissig Millionen Menschen misshandelt, unterdrückt und ausgebeutet in einer Art und Weise, die zum Himmel schreit! Und das ist ein Schandfleck auf der Kultur unseres Jahrhunderts!' Die obenstehenden Darlegungen dürften klargemacht haben, dass Derossi mit dieser Mutation, mikrostrukturell handelt es sich um 115 Verschiebungen vom Typus 'Mutation/Weglassung' und 3 vom Typus 'Mutation/Änderung', die Makrostruktur des Havelaar entscheidend geändert hat.

6.4. Metatextuelle Beschreibungen

Die Metatexte gehören zu den Verschiebungen vom Typus 'Mutation/ Hinzufügung'. In den untenstehenden Abschnitten sollen die wichtigsten metatextuellen Bestandteile der deutschen Übersetzung des Havelaar beschrieben werden. Zuerst wird überprüft, ob in d e n z s Texten der Vermerk Übersetzung, der zwangsläufig im Original fehlt, vorkommt. Nachher folgt ein Überblick über weitere Metatexte von Vermittlern und Verarbeitern. Schliesslich wird dargelegt, inwiefern Übersetzer Anmerkungen hinzugefügt haben.

6.4.1. Der Vermerk

Übersetzung

In sämtlichen deutschen Übersetzungen des Havelaar wird vermerkt, dass es sich beim Text um eine Übersetzung handelt. Derossi erwähnt es direkt unter dem Titel. Mischke, Seliger und Lorebach bezeichnen ihre

Metatextuelle Beschreibungen

155

Texte auf der Titelseite als übersetzt oder Übersetzung. Stück erwähnen dies auf der Rückseite der Titelseite. u n t e r dem Titel Derossi Spohr Mischke Seliger Lorebach Stück

auf der Titelseite

Spohr und

auf der Rückseite der Titelseite

+ + + + + +

6.4.2. Texte von Vermittlern und V e r a r b e i t e r n In Derossis Übersetzung fehlen, wie dies in F o r t s e t z u n g s r o m a n e n üblich ist, zusätzliche e r k l ä r e n d e Texte. Die a n d e r e n Übersetzungen enthalten Metatexte von Vermittlern bzw. Übersetzern. Der folgende Überblick zeigt, welche T h e m e n und Bewertungen dabei vorkommen.

Max Havelaar und seine deutschen Übersetzungen

156

Übersetzungen:

Spohr Mischke Seliger Lorebach Stück

Themen: Leben Dekker Heirat Tine angebliches Kassendefizit Lebak sozial Konzipieren des Havelaar Havelaar erfolgreich Verhandlungen mit Minister Konflikt mit Van Lennep Heirat Mimi negative Bewertung Privatleben Max Havelaar Erklärung 'Multatuli' Zusammenfassung Havelaar autobiographischer Charakter Kritik an Kolonialpolitik Bevölkerung schützen Verteidigung eigener Sache heute noch aktuell 'Weltliteratur' Auflagen Havelaar spätere Veröffentlichungen Kolonie Geschichte Indonesiens Beschreibung des Gebietes Beschreibung Kolonialverwaltung

+

+ + + + +

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+ + +

+ +

+

+

+ + +

+ + +

+ +

+ +

+ + +

+ + + + +

+

+ + +

+

+ +

Folgerungen

157

6.4.3. Anmerkungen des Übersetzers Mit Ausnahme von Spohr (1952) haben alle Übersetzer eigene Anmerkungen hinzugefügt. Zahlenmässig ergibt sich folgendes Bild: Zahl der Anmerkungen Derossi Spohr Mischke Seliger Lorebach Stück

56 -

153 143 121 237

An sich sagt die Zahl der Anmerkungen nichts über ihre Bedeutung und ihre Rezeption in der Zs aus. In den Befragungen zu den Anmerkungen des Übersetzers wird später versucht, spezifische Merkmale der Anmerkungen in Zusammenhang mit der Rezeption zu bringen.

6.5. Folgerungen

Betrachtet man die mikrostrukturelle Ebene, so ist festzuhalten, dass Spohrs Übersetzung dem Original am nächsten steht, während Stück sich am weitesten vom niederländischen Text entfernt hat. Weiter fällt auf, dass keiner der Übersetzer die Makrostruktur des ursprünglichen Textes vollständig in die Übersetzung übernommen hat. Seligers Text berücksichtigt die m a k r o s t r u k t u r e l l e n M e r k m a l e des n i e d e r l ä n d i s c h e n Havelaar am meisten. Aus einer Aufzählung von mikro-und makrostrukturellen Verschiebungen lässt sich die Qualität einer Übersetzung nicht ableiten. Die vorliegenden vergleichenden Beschreibungen f ü h r e n hier somit nicht zu einer Bewertung der deutschen / / a v e / a a r - Ü b e r s e t z u n g e n , sondern sie dienen als Grundlage f ü r weitere empirische Untersuchungen. Diese

158

Max Havelaar

und seine deutschen Übersetzungen

Untersuchungen, auf Mikro-, Makro- und Meta-Ebene, stehen in den nächsten Kapiteln zur Diskussion.

7. MIKROSTRUKTURELLE VERSCHIEBUNGEN UND REZEPTION

7.1. Allgemeine Angaben zu den Probanden

Insgesamt haben sich 866 Personen an den im Rahmen dervorliegenden Arbeit durchgeführten Leserinnen-/Leserbefragungen beteiligt. Es handelte sich mehrheitlich um Studenten der Vrije Universiteit Amsterdam, der Rijksuniversiteit Utrecht, der Universität Zürich sowie der Dolmetscherschule Zürich. Zur Ermittlung der persönlichen Daten wurden die Probanden jeweils gebeten, die untenstehenden Fragen zu beantworten: Baar, im Frühling Sehr geehrte

Damen und

1988

Herren,

über die Art und Weise, wie man Texte liest, bestehen viele Annahmen, die jedoch selten durch Untersuchungen belegt wurden. Mit Hilfe dieser Leserbefragung möchte ich versuchen, einige Tendenzen im Leseverhalten herauszufinden. Die Befragung ist strikt anonym. Daher müssen Sie Ihren Namen nicht angeben. Die Ergebnisse der Befragung verwende ich ausschliesslich für weitere Forschungszwecke. Für die Auswertung benötige ich jedoch einige persönliche Daten der Versuchspersonen. Deswegen bitte ich Sie, zuerst die untenstehenden Fragen zu beantworten.

160

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Für Ihre verständnisvolle bar.

Mitarbeit

bin ich Ihnen

sehr

Jelle

dank-

Stegeman

Persönliche Daten Geschlecht: Geburtsjahr: Muttersprache: Ausbildung:

weibl./männl. * 19.. Deutsch/andere Sprache * Matura ja/nein * Typus: andere Schulausbildung: ich bin im ... Semester eines Hochschulstudiums ich habe vorher schon ein Studium abgeschlossen ja/nein *

•Nichtzutreffendes bitte durchstreichen Bei der Auswertung dieser Daten zeigten sich grössere Unterschiede in der Zahl der jeweils beteiligten weiblichen bzw. männlichen Personen. Um abzuklären, ob die Variable 'weiblich/männlich' relevant für die Ergebnisse war, wurden diesbezüglich insgesamt 283 t-Tests durchgeführt. Wie zu erwarten war, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Antworten der männlichen und weiblichen Probanden in den Untersuchungen mit geringen Zahlen von männlichen Teilnehmern. Die Auswertungen der übrigen Untersuchungen zeigten nur 7mal Unterschiede auf einem Signifikanzniveau von 5 %; Differenzen auf einem Signifikanzniveau von 1 % kamen überhaupt nicht vor. Die festgestellten Unterschiede betrafen zudem nie die gleichen Variablen. Man darf daher folgern, dass die unterschiedliche Verteilung von Männern/Frauen die Ergebnisse der durchgeführten Leserinnen-/Leserbefragungen nicht verfälscht hat. Nur eine geringe Zahl der deutschsprachigen Probanden bezeugte, die Texte, welche als Stimulusmaterial dienten, zu kennen. Von den niederländischsprachigen Probanden kreuzten insgesamt ungefähr 30 % an, die betreffenden Texte schon einmal gelesen zu haben. Sie wurden in den Auswertungen nicht berücksichtigt.

'Verfremdung' versus 'Angleichung' in Übersetzungen

161

Pro Befragung gaben durchschnittlich 5 Probanden an, dass die Sprache des Stimulusmaterials nicht ihre Muttersprache sei. Da die vorliegende Arbeit Fragen zur as bzw. zs Rezeption zum Gegenstand hat, wurden nur die Antworten der Muttersprachler berücksichtigt. In den Auswertungen deutet die Zahl, welche jeweils nach dem Ausdruck nach Selektion aufgeführt ist, an, wieviele Probanden nach Weglassung der oben erwähnten Kategorien berücksichtigt worden sind.

7.2. Einführung

Die folgenden Untersuchungen haben Verschiebungen auf Mikro-Ebene zum Gegenstand. Welche Bedeutung haben 'Verfremdung' bzw. 'Angleichung' für die as bzw. zs Rezeption? Spielen 'veraltet' bzw. 'modernisiert' eine Rolle in der zs Rezeption? Es wurden Abschnitte aus Havelaars Rede vor den Häuptlingen benutzt.

7.3. 'Verfremdung' versus 'Angleichung' in Übersetzungen

7.3.1. Fragestellung Die vergleichenden Beschreibungen von Havelaars Ansprache an die Häuptlinge im 6. Kapitel haben gezeigt, dass Spohrs Übersetzung die grösste und Stücks Übersetzung die geringste Zahl Verschiebungen vom Typus 'Verfremdung' aufweist. Es stellte sich die Frage, ob diese Unterschiede sich in der Rezeption der beiden Übersetzungen feststellen lassen. Dazu wurde eine Leserbefragung durchgeführt, die mit Hilfe des Einsatzverfahrens 'cloze procedure' die Rezeptionsunterschiede der zs Leserinnen/Leser misst. Diese Methode wurde gewählt, da frühere

162

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Untersuchungen eine starke Abhängigkeit der cloze-procedure-Beantwortungvon der Qualität der Übersetzungen nachweisen. 1 Das cloze-Verfahren ermöglicht es, schon auf der Grundlage von 50 eingesetzten Wörtern die Lesbarkeit der Übersetzung zu messen. 2 Damit 'der intervenierende Faktor Grammatikalität vernachlässigt werden kann', erachtet Hofmann es als notwendig, das cloze-Verfahren frühestens mit Lücken im 5er Schritt anzuwenden. 3 In den vorliegenden Untersuchungen wurde dieser Vorschlag berücksichtigt. Zudem enthielten die Texte jeweils vier vollständige Abschnitte ohne Lücken. Dies ermöglichte es den Probanden, viermal 'neu' anzufangen. Ob die semantische Konkretisierung durch latent summierte Werte für die grammatische Kompetenz der Probanden trotzdem verfälscht wurde, ist hier unbedeutend. Es mussten weder Textverständnis noch Faktenwissen gemessen werden. Das cloze-Verfahren sollte lediglich ermitteln, ob sich die in den vergleichenden Beschreibungen festgestellten mikrostrukturellen Verschiebungen in der Rezeption niederschlagen. Zu erwarten ist, dass eine modernisierte, 'eingedeutschte' Übersetzung zugänglicher ist als eine 'veraltete', 'exotisierte' Übersetzung.

7.3.2. Hypothese Die Hypothese für die vorliegende Untersuchung lautet somit: die Leserinnen/Leser von Stücks Übersetzung werden die cloze-procedureAufgabe besser erfüllen als die Leserinnen/Leser von Spohrs Übersetzung.

7.3.3. Versuchsanordnung Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde eine Leserbefragung mit zwei Gruppen von je 49 Teilnehmern durchgeführt.

1 Klare 1971 2 vgl. Hofmann 1980, S. 166 3 Hof mann 1980, S. 171

'Verfremdung' versus 'Angleichung' in Übersetzungen

163

Die erste Gruppe (n = 46 nach Selektion) erhielt die untenstehenden Ausschnitte aus der Übersetzung von Spohr (Kondition 1). Die Versuchspersonen wurden gebeten, die 77 Lücken mit den Wörtern, die ihrer Meinung nach ursprünglich im Text standen, auszufüllen. Havelaars

Ansprache

an die

Oberhäupter

Die Hauptperson der Geschichte, ein niederländischer Kolonialbeamter auf der Insel Java, hielt bei seinem Amtsantritt eine Ansprache. In den untenstehenden Abschnitten aus dieser Ansprache habe ich mehrere Wörter ausgelassen. Ich bitte Sie, die fehlenden Wörter möglichst genau einzutragen. Bei jeder Z i f f e r sollten Sie jeweils ein Wort ausfüllen. 'Mynheer de Radhen Adhipatti, Regent von Bantan-Kidul, und Ihr, Radhens, Mantries und alle, die ihr Häupter seid in der Abteilung Bantan-Kidul... ich grüsse euch! Als der Generalgouverneur mir (1) zu euch zu gehen, (2) ich Assistent-Resident sei in (3) Abteilung, d a w a r mein (4) e r f r e u t . Es kann euch (5) sein, dass ich niemals (6) betreten hatte. Ich liess (7) Schriftwerk geben, das über (8) Abteilung handelt, und ich (9) gesehen, dass viel Gutes (10) in Bantan-Kidul. Euer Volk (11) Reisfelder in den Tälern, (12) es sind Reisfelder auf (13) Bergen. Und ihr wünschet (14) Frieden zu leben und (15) nicht zu wohnen in (16), die bewohnt werden von (17). Ja, ich weiss, dass da viel Gutes ist in Bantan-Kidul! Aber nicht darum allein war mein Herz erfreut. Denn auch in andern Landstrichen würde ich viel Gutes gefunden haben. Doch ich gewahrte, dass eure Bevölkerung arm ist, und hierüber war ich froh im Innersten meiner Seele. Denn ich weiss, dass (18) den Armen lieb hat (19) dass Er Reichtum gibt (20) den Er prüfen will. (21) zu den Armen sendet (22) wer sein Wort spricht, (23) dass sie sich aufrichten (24) ihrem Elend. Gibt Er (25) Regen, wo der Halm (26) und einen Tautropfen in (27) Blumenkelch, der Durst hat? (28) ist es nicht schön, (29) zu werden, dass man (30) E r m ü d e t e n suche, die zurückblieben (31) der Arbeit und niedersanken (32) Wege, da ihre Knie (33) stark mehr waren, hinaufzugehen (34) dem Orte des Lohnes? (35) ich nicht erfreut sein, (36) Hand reichen zu dürfen (37) der in die Grube (38), und einen Stab zu (39) dem, der die Berge (40)? Sollte

164

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

nicht mein Herz (41) schlagen vor Freude, wenn (42) sich erwählet sieht unter (43) aus Klagen ein Gebet zu machen und Danksagung aus Weinen? Ja, ich bin hocherfreut, dass ich gerufen bin nach Bantan-Kidul! Ich habe gesagt zu der Frau, die meine Sorgen teilt und mein Glück grösser macht: f r e u e dich, denn ich (44) dass Allah Segen gibt (45) das Haupt unseres Kindes! (46) hat mich gesendet an (47) Ort, wo nicht alle (48) abgelaufen ist, und Er (49) mich würdig, da zu (50) vor der Zeit der (51). Denn nicht im Schneiden (52) Reises liegt die Freude: (53) Freude liegt im Schneiden (54) Reises, den man gepflanzt (55). Und die Seele des (56) wächst nicht vom Lohne, (57) von der Arbeit, die (58) Lohn verdient. Und ich (59) zu ihr: Allah hat (60) ein Kind gegeben, das (61) sagen wird: 'Wisset ihr, (62) ich sein Sohn bin?' (63) dann werden da welche (64) im Lande, die ihn (65) mit Liebe und die (66) Hand auf sein Haupt (67) werden, und sie werden (68): 'Setze dich nieder zu (69) Mahl, und bewohne unser (70), und nimm deinen Teil (71) dem, was wir haben, (72) ich habe deinen Vater (73).' Häupter von Lebak, es ist viel zu arbeiten auf eurem Landstrich! Ich wünsche sehr, in gutem Einvernehmen mit euch zu leben, und darum ersuche ich euch, mich als einen Freund zu betrachten. (74) werde euch die empfangenen (75) über Landbau, Viehzucht, Polizei (76) Gerichtspflege mit meinen Anordnungen (77) lassen. Häupter von Bantan-Kidul! Ich habe gesprochen. Ihr könnt zurückkehren, ein jeder nach seiner Wohnung. Ich grüsse euch alle sehr!' Die zweite Gruppe (n = 46 nach Selektion) erhielt die entsprechenden Ausschnitte aus der Übersetzung von Stück (Kondition 2). Auch sie bekam den Auftrag, die 77 fehlenden Wörter in den untenstehenden Textausschnitten auszufüllen. Ηavelaars

Ansprache

an die

Oberhäupter

Die Hauptperson der Geschichte, ein niederländischer Kolonialbeamter auf der Insel Java, hielt bei seinem Amtsantritt eine Ansprache. In den untenstehenden Abschnitten aus dieser Ansprache habe ich mehrere Wörter ausgelassen. Ich bitte Sie, die fehlenden Wörter möglichst genau einzutragen. Bei jeder Ziffer sollten Sie jeweils ein Wort ausfüllen.

'Verfremdung' versus 'Angleichung' in Übersetzungen

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'Herr Radhen Adhipatti, Regent von Bantam-Kidul, und Ihr Radhens, Mantries und alle, die Ihr Oberhäupter in der Abteilung Bantam-Kidul seid, ich griisse Euch! Als der Generalgouverneur mich (1) zu Euch zu gehen (2) Assistentresident dieser Abteilung, schlug (3) Herz vor Freude höher. (4) wisst, dass ich nie (5) Bantam-Kidul betreten habe. Ich (6) mir also Schriftstücke geben, (7) über Eure Abteilung berichten, (8) sah, dass es viel (9) in Bantam-Kidul gibt. Euer (10) besitzt Reisfelder in den (11) und auf den Bergen. (12) Ihr wünscht, in Frieden (13) leben, und verlangt nicht, (14) Gebieten zu wohnen, in (15) andere leben. Ja, ich (16) dass es viel Gutes (17) Bantam-Kidul gibt! Aber nicht nur darüber freute sich mein Herz. Denn auch in anderen Gegenden hätte ich viel Gutes gefunden. Doch ich stellte fest, dass die Bevölkerung hier arm ist, und darüber war ich glücklich im Innersten meiner Seele. Denn ich weiss, dass (18) den Armen liebhat und (19) Er denen Reichtum gibt, (20) Er prüfen will. Zu (21) Armen aber sendet Er (22) Verkünder seines Wortes, damit (23) sich aufrichten in ihrem (24). Spendet Er nicht dem (25) Halm Regen und einen (26) dem dürstenden Blütenkelch? Und (27) es nicht schön, ausgesandt (28) werden, die Müden zu (29), die zurückblieben nach der (30) und am Wege niedersanken, (31) ihre Knie nicht stark (32) waren, um bis zum (33) des Lohnes zu gehen? (34) es mir nicht eine (35) sein, dem die Hand (36) reichen, der in die (37) fiel, und dem einen (38) zu geben, der die (39) ersteigt? Sollte mein Herz (40) nicht öffnen, weil es (41) vielen erwählt ist, Klagen (42) Gebet und Dank zu (43)? Ja ich bin sehr froh, dass ich nach Bantam-Kidul gerufen wurde! Ich habe zu der Frau, die meine Sorgen teilt und mein Glück grösser macht, gesagt: "Freue dich, denn ich (44), dass Allah das Haupt (45) Kindes segnet! Er hat (46) in ein Land geschickt, (47) dem noch nicht alle (48) getan ist, und Er (49) mich, hier zu sein, (50) die Zeit der Ernte (51) ist. Denn das Schneiden (52) Reises ist noch keine (53); rechte Freude ist es, (54) Reis zu schneiden, den (55) selbst gepflanzt hat. Und (56) Seele des Menschen gedeiht (57) vom Lohn, sondern von (58) Arbeit, die Lohn verdient." (59) ich sagte zu meiner (60): "Allah hat uns ein (61) gegeben, das einst sagen (62): 'Wisst ihr, dass ich (63) Sohn bin?' Und dann (64) es Menschen im Land (65), die ihn mit Liebe (66), die die Hand

166

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

auf (67) Haupt legen und sagen (68): 'Setz dich an unseren (69), und wohne in unserem (70), und nimm von allem, (71) wir haben, dein Teil, (72) wir haben deinen Vater (73).' Oberhäupter von Lebak, es gibt viel Arbeit in Eurem Lande! Ich wünschte von Herzen, in gutem Einvernehmen mit Euch zu leben, und deshalb bitte ich Euch, mich als Freund zu betrachten. (74) werde die erhaltenen Berichte (75) Landwirtschaft, Viehzucht, Polizei und (76) mit meinen Anweisungen wieder (77). Oberhäupter von Bantam-Kidul! Ich habe gesprochen. Ihr könnt heimkehren, jeder in sein Haus. Ich grüsse Euch alle!"

7.3.4. Interpretation der Ergebnisse Die Leserinnen/Leser der ersten Gruppe füllten, wie Beilage (13) zeigt, durchschnittlich 34,30 Lücken (d.h. 44,54 %) richtig aus. Die Leserinnen/Leser der zweiten Gruppe füllten 43.70 Lücken (d.h. 56,75 %) richtig aus. Aus dem durchgeführten t-Test geht hervor, dass der Mittelwert der zweiten Gruppe signifikant höher ist (t obs = -7.63, ρ = .0005, 2seitig) als derjenige der ersten Gruppe. Die im Rahmen dieser Untersuchung verwerteten Daten bestätigen somit die Hypothese.

7.4. 'Verfremdung' versus 'Angleichung' im Original und seinen Übersetzungen

7.4.1. Fragestellung Aus denvergleichenden Beschreibungen von Havelaars Ansprache ging weiter hervor, dass Stücks Übersetzung im Vergleich zum Original die meisten Verschiebungen vom Typus 'Angleichung' aufweist, während Spohrs Übersetzung am wenigsten angeglichen ist. Dies würde bedeuten, dass sowohl Spohrs Übersetzung als auch das Original den deutschen bzw. niederländischen Leserinnen/Lesern weniger zugänglich sind, als dies Stücks Übersetzung für die deutschen Leserinnen/Leser ist.

'Verfremdung' versus 'Angleichung' im Original und seinen Übersetzungen

167

7.4.2. Hypothese Die diesbezügliche Hypothese lautet: niederländischsprachige Leserinn e n / L e s e r werden die cloze-procedure-Aufgabe weniger gut lösen als deutschsprachige L e s e r i n n e n / L e s e r der Stückschen Übersetzung.

7.4.3. Versuchsanordnung Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde eine dritte Befragung, nämlich mit einer Gruppe niederländischer L e s e r i n n e n / L e s e r , durchgeführt (Kondition 3). Diese Gruppe, bestehend aus 25 Personen (n = 25 nach Selektion), wies, wie Beilage (8) belegt, ähnliche Merkmale auf wie die Gruppen (1) und (2). Gruppe (3) erhielt aus dem Original die untenstehenden, entsprechenden Ausschnitte aus Havelaars Ansprache. Auch in diesem Fall wurden die Probepersonen gebeten, die Lücken auszufüllen. Η avelaars

toespraak

tot de Hoof den van

Lebak

De hoofdpersoon van hetverhaal is een Nederlandse ambtenaar, in dienst van het koloniale bestuur op het eiland Java. Hij hield bij de aanvaarding van zijn ambt een toespraak. In de onderstaande gedeelten uit deze toespraak heb ik verschillende woorden weggelaten. Ik verzoek u de ontbrekende woorden zo nauwkeurig mogelijk in te vullen. Bij elk cijfer in de marge dient u steeds een woord in te vullen. 'Mynheer de Radhen Adhipatti, Regent van Bantan-Kidoel, en gy, Radhens, Mantries, en allen, die Hoofden zyt in de afdeeling BantanKidoel, ik groet u! Toen de Gouverneur-generaal my (1) tot u te gaan (2) adsistent-resident te zyn in (3) afdeeling, was myn hart (4). Het kan u bekend (5) dat ik nooit Bantan-Kidoel (6) betreden. Ik liet my (7) geschriften geven, die over (8) afdeeling handelen, en heb (9) dat er veel goeds (10) in Bantan-Kidoel. Uw volk (11) rystvelden in de dalen, (12) er zyn rystvelden op (13) bergen. En ge wenscht (14) vrede te leven, en (15) begeert niet te wonen (16) de landstreken die bewoond (17) door anderen. Ja, ik weet dat er veel goeds is in Bantan-Kidoel!

168

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Maar niet hierom alleen was myn hart verheugd. Want ook in andere streken zou ik veel goeds gevonden hebben. Doch ik ontwaarde dat uwe bevolking arm is, en hierover was ik blyde in het binnenste myner ziel. Want ik weet dat (18) den arme liefheeft, en (19) Hy rykdom geeft aan (20) hy beproeven wil. Maar (21) de armen zendt Hy (22) zyn woord spreekt, opdat (23) zieh oprichten in hun (24). Geeft Hy niet regen (25) de halm verdort, en (26) dauwdrup in den bloemkelk (27) dorst heeft? En is (28) niet schoon, te worden (29) om de vermoeiden te (30) die achterbleven na den (31) en neerzonken längs den (32) daar hun knieen niet (33) meer waren om optegaan (34) de plaats van het (35)? Zou ik niet verheugd (36) de hand te mögen (37) aan wie in de (38) viel, en een staf (39) geven aan wien de (40) beklimt? Zou niet myn (41) opspringen als het ziet (42) te zyn onder velen, (43) van klagen een gebed te maken en dankzegging van geween? Ja, ik ben zeer blyde geroepen te zyn in Bantan-Kidoel! Ik heb gezegd tot de vrouw die myne zorgen deelt en myn geluk grooter maakt: "verheug u, want ik (44) dat Allah zegen geeft (45) het hoofd van ons (46)! Hy heeft my gezonden (47) een oord waar niet (48) arbeid is afgeloopen, en (49) keurde my waardig daar (50) zyn voor den tyd (51) den oogst. Want niet (52) het snyden der padie (53) de vreugde: de vreugde (54) in het snyden der (55) die men geplant heeft. (56) de ziel des menschen (57) niet van het loon, (58) van den arbeid die (59) loon verdient. En ik (60) tot haar: Allah heeft (61) een kind gegeven, dat (62) zeggen zal: "weet ge (63) ik zyn zoon ben?" (64) dan zullen er wezen (65) het land, die hem (66) met liefde, en die (67) hand zullen leggen op (68) hoofd, en zeggen zullen: "(69) u neder aan ons (70), en bewoon ons huis, (71) neem uw deel aan (72) wy hebben, want ik (73) uwen vader gekend.' Hoofden van Lebak, er is veel te arbeiden in uwe landstreek! Ik wenschte gaarne in goede verstandhouding met u te leven, en daarom verzoek ik u my te beschouwen als een vriend. (74) zal u de ontvangen (75) over Landbouw, Veeteelt, Politie (76) Justitie met myn beschikkingen (77) teruggeworden. Hoofdenvan Bantan-Kidoel! Ik heb gezegd. Ge kunt terugkeeren, ieder naar zyne woning. Ik groet u allen zeer!'

'Veraltet' versus 'modernisiert' bei neutraler Typographie

169

7.4.4. Interpretation der Ergebnisse Es stellte sich heraus, dass die Leserinnen/Leser der dritten Gruppe 32,16 Lücken (d.h. 41,8 %) richtig ausfüllten. Dies bedeutet, dass die Rezipienten des niederländischen Textes weniger fähig waren, die Lücken richtig zu schliessen, als ihre Kollegen, welche die Lücken in Stücks Text ausfüllen mussten. Sodann zeigen die Ergebnisse, dass die niederländischen Leserinnen/Leser etwa gleich viel richtige Lösungen fanden wie die Rezipienten von Spohrs Übersetzung. Aus einem anschliessend durchgeführten t-Test geht hervor, dass die geringen Unterschiede zwischen den Durchschnittswerten der ersten und dritten Gruppe nicht signifikant sind.1 Die Leistungen der Leserinnen/Leser des niederländischen Textes ähnelten beim cloze-procedure-Verfahren somit stark jenen der Spohrschen Übersetzung. Wie oben dargelegt wurde, bestehen zwischen den Konditionen (2) und (3) jedoch signifikante Unterschiede. Die im Rahmen dieser Untersuchung verwerteten Daten bestätigen folglich die Hypothese. Schliesslich kann gefolgert werden, dass die älteste deutsche Übersetzung auf mikrostruktureller Ebene im Hinblick auf 'Verfremdung' Übersetzungsäquivalenz mit dem Original aufweist: die in dieser Arbeit gemessenen Merkmale der Kommunikate der as und zs Leserinnen/Leser sind identisch.

7.5. 'Veraltet' versus 'modernisiert' bei neutraler Typographie

7.5.1. Fragestellung Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um die Frage, ob Verschiebungen vom Typus 'veraltet' die Rezeption mitbestimmen. Ziel der Untersuchung ist weiter, Faktoren zu ermitteln, die den Rezipienten veranlassen, das relative Alter der Übersetzungen zu bestimmen.

1 vgl. Beilage 7

170

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Aus den vergleichenden Beschreibungen von Havelaars Ansprache an die Häuptlinge im 6. Kapitel ging hervor, dass Spohrs Übersetzung mit 23 die grösste Zahl Verschiebungen vom Typus 'veraltet' aufweist. An zweiter Stelle kam Derossi mit 22, dann folgten Mischke mit 8, Lorebach mit 7, Seliger mit 6 und Stück mit 2. Weiter ergab sich aus den mikrostrukturellen Beschreibungen, dass Derossis Übersetzung mit 28 die meisten veralteten Schreibweisen aufweist; in Mischkes Übersetzung Hessen sich 14 veraltete Schreibweisen feststellen. Zählt man die veralteten Schreibweisen zu der Zahl der Verschiebungen vom Typus 'veraltet', so ergibt sich eine Reihenfolge, die der Chronologie der Erscheinungsdaten im übrigen nicht entspricht. Als Stimulusmaterial in dieser Untersuchung dienten sechs Übersetzungen eines Abschnittes (Transeme 274-312) aus Havelaars Rede vor den Häuptlingen. Diese Abschnitte wurden gewählt, weil es sich dabei um kleinere, abgeschlossene Einheiten handelte. Es stellte sich nun heraus, dass die Verschiebungen vom Typus 'veraltet' nicht in hoher Konzentration in den einzelnen Textabschnitten vorkommen, sondern sich über den ganzen Text zerstreuen. So weisen die Abschnitte aus Derossis und Spohrs Übersetzungen lediglich eine resp. zwei Verschiebungen vom Typus 'veraltet' auf. Die entsprechenden Ausschnitte aus den übrigen Übersetzungen enthalten keine solchen Verschiebungen. Für weitere Forschungsprojekte wäre es erwünscht, Texte zu selektieren, die eine grössere Zahl der erwähnten Verschiebungen aufweisen. Auch die Zahl der veralteten Schreibweisen ist im Stimulusmaterial gering: Derossis Übersetzung enthält zwei, Mischkes Übersetzung nur eine veraltete orthographische Variante: Anzahl Verschiebungen im Gesamttext

B: Derossi (1889) C: Spohr(1900/1952) E: Mischke (1900) D: Lorebach(1927) F: Seliger (1903) A: Stück(1972)

'veraltet' 50 23 22 7 6 2

in den Transemen

274-312

'veraltet' 'veralt. Schreibweise' 2 1 2 1

'Veraltet' versus 'modernisiert' bei neutraler Typographie

171

Sämtliche Übersetzer haben in gleichem Masse modernisiert: aus den vergleichenden Beschreibungen geht hervor, dass die Übersetzungen des erwähnten Abschnitts aus Havelaars Ansprache jeweils 11 bis 12 Verschiebungen vom Typus 'modernisiert' aufweisen. Für die vorliegenden Untersuchungen haben sie somit weiter keine Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass die Leserinnen/Leser eine Übersetzung mit einer grösseren Anzahl Verschiebungen vom Typus 'veraltet' bzw. mit veralteten Schreibweisen älter einstufen werden als eine Übersetzung mit weniger solchen Merkmalen.

7.5.2. Hypothese Wenn man die Verschiebungen vom Typus 'veraltet' und die veralteten Schreibweisen berücksichtigt, so lässt sich die Hypothese formulieren, dass der Rezipient Derossis Text als ältesten einstuft; Zweitältester wäre Spohrs, drittältester Mischkes Text. Die Reihenfolge wäre somit: 1 Derossi (B) 2 Spohr (C) 3 Mischke (E) Weil die Abschnitte aus den anderen Übersetzungen keine solchen Verschiebungen oder orthographische Varianten aufweisen, ist weiter zu erwarten, dass die Versuchspersonen sich bei diesen Textabschnitten nicht im klaren sind, was die richtige chronologische Reihenfolge ist.

7.5.3. Versuchsanordnung An der durchgeführten Leserbefragung beteiligten sich 51 Personen (n = 48 nach Selektion). Sie wurden gebeten, folgende Textabschnitte zu lesen: A Es kommt die Zeit, da unsere Frauen und Kinder weinen werden, wenn sie unser Totenkleid bereitmachen, und ein Mann, der vorbeikommt, wird

172

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

sagen: 'Da ist ein Mensch gestorben.' Dann wird er, wenn er in die Dörfer kommt, Nachricht bringen von dem Tod dessen, der gestorben ist, und der ihn beherbergt, wird fragen: 'Wer war der Mann, der gestorben ist?' Und man wird sagen: 'Er war gut und gerecht. Er sprach Recht und verstiess nicht den Kläger von seiner Tür. Er hörte geduldig jeden an, der zu ihm kam, und gab ihm zurück, was ihm genommen wurde. Und wer den Pflug nicht durch den Boden treiben konnte, weil der Büffel ihm aus dem Stall geholt wurde, dem half er, den Büffel suchen. Und wo die Tochter aus dem Haus der Mutter geraubt wurde, suchte e r d e n Dieb und brachte die Tochter zurück. Und wo man gearbeitet hatte, hielt er den Lohn nicht zurück und nahm nicht denen die Früchte, die den Baum gepflanzt hatten, und er kleidete sich nicht mit dem Kleide, das andere bedecken musste, noch nährte er sich von dem Brot, das den Armen gehörte.' Dann wird man in den Dörfern sagen: 'Allah ist gross, Allah hat ihn zu sich genommen. Sein Wille geschehe ..., ein guter Mensch ist gestorben.' Β Es kommt eine Zeit, wo unsre Frauen und Kinderweinenwerden bei der Bereitung unsres Todtenkleides, und der Vorübergehende wird sagen: 'da ist ein Mensch gestorben.' Dann wird der, der in den Dörfern ankommt, Nachricht bringen von dem Tode dessen, der gestorben ist, und der ihn beherbergt, wird fragen: 'wer war der Mann, der gestorben ist?' Und man wird sagen: 'Er war gut und gerecht. Er sprach Recht und stiess den Kläger nicht von seiner Thüre. Er hörte geduldig an, wer zu ihm kam, und gab wieder, was genommen war. Und wer den Pflug nicht treiben konnte durch den Grund, weil der Büffel war aus dem Stall geholt, dem half er suchen nach dem Büffel. Und wo die Tochter geraubt war aus dem Hause der Mutter, suchte er den Räuber und brachte die Tochter zurück. Und wo man gearbeitet hatte, hielt er den Lohn nicht vor, und er nahm nicht denen die Früchte, die den Baum gepflanzt hatten. Er kleidete sich nicht mit dem Kleide, das Andere decken musste, noch nährte er sich mit Nahrung, die Andern gehörte.' Dann wird man in den Dörfern sagen: 'Allah ist gross, Allah hat ihn zu sich genommen. Sein Wille ist geschehn - es ist ein guter Mensch gestorben.'

'Veraltet' versus 'modernisiert' bei neutraler Typographie

173

C Es kommt eine Zeit, dass unsere Frauen und Kinder wehklagen werden bei dem Herrichten unseres Totenkleides, und wer da vorbeigeht, wird sagen: 'Da ist ein Mensch gestorben.' Dann wird, wer da ankommt in den Dörfern, Nachricht bringen von dem Tod desjenigen, der gestorben ist, und der ihn beherbergt, wird ihn fragen: 'Wer war der Mann, der gestorben ist?' Und man wird sagen: 'Er war gut und gerecht. Er sprach Recht und verstiess den Kläger nicht von seiner Tür. Er hörte geduldig an, wer zu ihm kam, und gab wieder, was genommen war. Und wer den Pflug nicht treiben konnte durch den Grund, weil ihm der Büffel aus dem Stall geholt war, dem half er suchen nach dem Büffel. Und wo die Tochter geraubt war aus dem Hause der Mutter, suchte er den Dieb und brachte die Tochter wieder. Und wo man gearbeitet hatte, vorenthielt er den Lohn nicht, und nahm die Früchte denen nicht ab, die den Baum gepflanzt hatten. Er kleidete sich nicht mit dem Kleide, das andere decken musste, noch nährte er sich mit Nahrung, die dem Armen gehörte.' Dann wird man sagen in den Dörfern: 'Allah ist gross, Allah hat ihn zu sich genommen. Sein Wille geschehe ... es ist ein guter Mensch gestorben.' D Es kommt der Tag, da unsere Frauen und Kinder weinend unser Totengewand bereiten werden, und der Vorübergehende wird fragen: 'Wer war der Mann, der gestorben ist?' Und die Antwort wird lauten: 'Er war gut und rechtschaffen, er hielt ehrliches Gericht und stiess den Kläger nicht von seiner Schwelle. Wer zu ihm kam, fand sein offenes Ohr, und er gab ihm wieder was geraubt war. Wer den Pflug nicht ziehen konnte über den Acker, weil ihm der Büffel aus dem Stall genommen wurde, dem half er den Büffel suchen, und wo die Tochter aus der Mutter Haus gestohlen war, fand er den Räuber und brachte die Tochter zurück. Dem Arbeiter verweigerte er nicht den Lohn, und er nahm die Ernte nicht jenen, die gesät hatten. Er nahm nicht das Gewand, das des Anderen Blosse deckte und ass nicht das Brot, das dem Armen gehörte. Da wird man in den Dörfern sagen: 'Allah ist gross, Allah hat ihn zu Sich genommen, sein Wille geschehe. Es ist ein guter Mensch gestorben.'

174

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Ε Es kommt eine Zeit, da unsere Frauen und Kinder weinen werden, indem sie unser Totengewand bereiten, und die Vorübergehenden sprechen werden: da ist ein Mensch gestorben. Dann wird, wer in den Dörfern ankommt, Nachricht bringen von dem Tode des Mannes, der gestorben ist, und wer ihn beherbergt, wird fragen: wer war der Mann, der gestorben ist? Er war gut und rechtschaffen. Er sprach recht und verstiess den Klageführenden nicht von seiner Thür. Er hörte geduldig an, wer zu ihm kam, und gab zurück, was genommen war. Und wer den Pflug nicht treiben konnte durch den Erdboden, weil ihm der Büffel aus dem Stall geholt war, dem half ersuchen nach dem Büffel. Und wo die Tochter war geraubt aus dem Hause der Mutter, da suchte er den Dieb und brachte die Tochter wieder. Und wo gearbeitet war, hielt er den Lohn nicht zurück, und er nahm die Früchte nicht denen, die den Baum gepflanzt hatten. Und er kleidete sich nicht mit dem Kleide, das andere decken sollte, und nährte sich nicht mit Speise, die dem Armen gehört. Dann wird man sagen in den Dörfern: Allah ist gross, Allah hat ihn zu sich genommen, sein Wille geschehe; es ist ein guter Mensch gestorben. F Es kommt eine Zeit, da unsere Frauen und Kinder bei der Anfertigung unseres Totenkleides weinen werden, und der Vorübergehende wird sagen: Hier ist ein Mann gestorben. Dann wird, wer in den Dörfern ankommt, Nachricht von dem Tode desjenigen, der gestorben ist, bringen, und wer ihn beherbergt, wird sagen: Wer war der Mann, der gestorben ist? Und man wird sagen: Er war gut und rechtschaffen. Er übte Gerechtigkeit und verstiess den Kläger nicht von seiner Tür. Er hörte jeden geduldig an, der zu ihm kam, und gab zurück, was genommen war. Und wer den Pflug nicht durch den Boden ziehen konnte, weil ihm der Büffel aus dem Stalle geholt war, dem half er den Büffel suchen. Und wo die Tochter aus dem Hause ihrer Mutter geraubt war, suchte er den Dieb und brachte die Tochter wieder. Und wo man gearbeitet hatte, behielt er den Lohn nicht zurück, und er nahm die Früchte nicht denen, die den Baum gepflanzt hatten. Er legte nicht das Kleid an, das einen anderen decken sollte, noch sättigte er sich mit der Speise, die den Armen gehörte.

'Veraltet' versus 'modernisiert' bei neutraler Typographie

175

Dann wird man in den Dörfern sagen: Allah ist gross, Allah hat ihn zu sich genommen. Sein Wille geschehe ... es ist ein guter Mensch gestorben. Anschliessend wurden die Versuchspersonen gebeten, die Texte chronologisch zu ordnen: alt

neu

( ( ( ( ( (

) ) ) ) ) )

7.5.4. Interpretation der Ergebnisse Die Ergebnisse dieser Befragung sind in Beilage (14) enthalten. Es zeigte sich, dass die meisten Probanden Derossis Text als ältesten einstuften. Berücksichtigt man die höchsten Frequenzen pro Feld, so stellt sich heraus, dass die Probanden untenstehende chronologische Reihenfolge bevorzugten: Prozentsatz der total auf dem entProbanden sprechenden Feld angekreuzt 1 Derossi (B) 2 Mischke (E) 3 Spohr(C)

41 % 37% 39,2 %

21 χ 19 χ

4 Stück (A) 5 Seliger (F) 6 Lorebach (D)

23,5 % 39.2 % 37.3 %

12 χ

20 χ

20 χ 19 χ

Eine gewichtete Bewertung gibt folgende Reihenfolge: 1 Derossi (B) 2 Mischke (E) 3 Spohr(C)

4/5 Stück (A)/Lorebach (D) 6 Seliger (F)

176

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Die Hypothese wird somit teilweise bestätigt: die drei Texte, welche veraltete Merkmale besitzen, wurden als die ältesten eingestuft. Sodann betrachtete man Derossis Übersetzung tatsächlich als ältesten Text. Die Probanden haben jedoch Spohrs Übersetzung, entgegen den Erwartungen, jünger bewertet als diejenige von Mischke. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Mischkes Übersetzung eine veraltete orthographische Variante aufweist; Spohrs Übersetzung kennt keine veraltete Orthographie. Offenbar spielt die Orthographie eine wichtigere Rolle beim Bestimmen des Alters als jene Verschiebungen, die in den vergleichenden Beschreibungen als 'veraltet' charakterisiert wurden. Aus den Ergebnissen geht zudem hervor, dass die Probanden das Alter der übrigen Texte unterschiedlich einstuften. Von den meisten Probanden wurde (B) am häufigsten als älteste Übersetzung gewählt. Die nächsten am häufigsten gewählten Positionen von 'alt' nach 'neu'waren: E, C, A, F, D. Das pro Feld am häufigsten gewählte Textfragment kommt als Kombination nur viermal vor; andere Kombinationen erscheinen nie häufiger als viermal. Dies bestätigt die Erwartung, dass die Probanden sich bei den Übersetzungen ohne Verschiebungen vom Typus 'veraltet' bzw. ohne veraltete Orthographie über die chronologische Reihenfolge nur teilweise einig waren.

7.6. 'Veraltet' versus 'modernisiert' bei nicht-neutraler Typographie

7.6.1. Fragestellung Eine zweite Befragung diente dazu, zu überprüfen, welche Bedeutung der Typographie im Hinblick auf 'veraltet' beizumessen ist.

7.6.2. Hypothese Die Hypothese lautet, dass typographische Merkmale die Rezeption im Hinblick auf 'veraltet' beeinflussen.

'Veraltet' versus 'modernisiert' bei nicht-neutraler Typographie

177

7.6.3. Versuchsanordnung Als Stimulusmaterial dienten die gleichen Abschnitte aus den Übersetzungen, die in der ersten Befragung verwendet wurden. Diesmal handelte es sich jedoch um Kopien der ursprünglichen Übersetzungen. Dies bedeutete, dass sie sich in dieser Befragung auch typographisch voneinander unterschieden. Drei der Texte, nämlich Derossis, Mischkes und Seligers, sind in Fraktur oder sogenannter deutscher Schrift gesetzt. An

der

durchgeführten

Leserbefragung

beteiligten

sich

36

Personen (n = 3 6 nach Selektion). Sie wurden gebeten, folgende Textabschnitte zu lesen: A Es kommt die Zeit, da unsere Frauen und Kinder weinen werden, wenn sie unser Totenkleid bereitmachen, und ein Mann, dor vorbeikommt, wird sagen: ,Da ist ein Mensch gestorben.' Dann wird er, wenn er in die Dörfer kommt, Nachricht bringen von dem Tod dessen, der gestorben ist, und der ihn beherbergt, wird fragen: ,Wer war der Mann, der gestorben ist?' Und man wird sagen: ,Er war gut und gerecht. E r sprach Recht und verstieß nicht den Kläger von seiner Tür. E r hörte geduldig jeden an, der zu ihm kam, und gab ihm zu rück, was ihm genommen wurde. Und wer den Pflug nicht durch den Hoden treiben konnte, weil der Büffel ihm aus dem Stall geholt wurde, dem half er, den Büffel suchen. Und wo die Tochter aus dem Haus der Mutter geraubt wurde, suchte er den Dieb und brachte die Tochter zurück. Und wo man gearbeitet hatte, hielt er den Lohn nicht zurück und nahm nicht denen die Früchte, die den Baum gepflanzt hatten, und er kleidete sich nicht mit dem Kleide, das andere bedecken mußte, noch nährte er sich von dem Brot, das den Armen gehörte.' Dann wird man in den Dörfern sagen: ,Allah ist groß, Allah hat ihn zu sich genominen. Sein Wille geschehe . . . , ein guter Mensch ist gestorben.'

178

Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Aber ein andermal wird der Vorübergehende stehenbleiben vor einem Hause und fragen: ,Was ist das, die Musik der Gamlang schweigt und der Gesang der Mädchen?' Und wiederum wird man sagen: ,Da ist ein Mann gestorben.' Β ( f f f o m m t e i n e $ e i t , too u n f r e g r a u e n , u n b Ä i j b r x t u e i n t t r » e r b e n bei b e i © e r e i t u n g u n f r e i X o M c n f l e i b c f , u n b ber $ o r f i b e r g e $ e n b c ttltb f a g t n : e b a φ ein W t n ^ g e f l o t s e n . * Dann tDirb ber, ber i n ben D f l r f e r n on f o m m t , Wad»* r i d j t b r i n g e n toon bem l o b e beffen, b e r g e f l o r b u t i f t , u n b ber iftn beherbergt, » i r b f r a g e n : „ t o t r toar ber J W a n n , ber g e w o r b e n I M * U n b m a n tDirb ( o g ? n : , ® r m a r gut u n b gerecht. ( f r f p r o A Wecfo u n b f t i r § brn SMSger n i d j t t o n f e i n e r 2 $ d x e . f r ^0rtc gebulbig on, » e r j u t $ m f ö n t , u n b g a b B i e b e r , teal g e n o m m e n » a r . U n b teer b e n J J f l u g n i d j t t r e i b e n f o n n t e b u r d i ben ( B r u n b . » e i l ber 930ffc( ttor o u l bem S t a l l g e h o l t , b e m Ijaif er flicken η α φ bem S f l f f e f . U n b too bie l e g i e r g e r a u b t w a r o u l b e m $ a u f e ber S f t u t t e r , fudjte e r brn Wfiuber u n b b r a u t e bie X o d j t e r j u t f l e f . U n b too m a n g j a r b e i t e t ^ a t t e , I j i e l t e r ben Cobn nidjt t o r , u n b e r n a b m n i d ) t b e n e n bie g r ä m t e , bie ben C o u m g c p f T a n j t R a t t e n . C r t i e i b e t e fil boi ft'lrib (in, bnS einen oubereit beefen foiltc, ηοφ fältigle ft fid) mit ber Svrifc, bie ben ?lnnen gehörte.' „Tann wirb ittntt in ben Dörfern fngeit: ,?Ifln1) iff grofi, 9tfloi) fyit iljn ,)ii fld> genommm. (sein 33ilie gefd}el)e . . . ei ift ein guter SWrofd) geflorbcli.· Anschliessend wurden die Versuchspersonen chronologisch zu ordnen.

gebeten, die Texte

7.6.4. Interpretation der Ergebnisse Die Ergebnisse dieser Befragung sind in Beilage (14) enthalten. Wenn man die höchsten Frequenzen pro Position berücksichtigt, so stellt sich heraus, dass die Probanden untenstehende chronologische Reihenfolge vorzogen: Prozentsatz der Probanden

total mal gewählt

1 Derossi (B) (Fraktur) 2 Mischke (E) (Fraktur)

72.2 % 58.3 %

26

3 Seliger (F) (Fraktur) 4 Spohr(C)

55,6 % 55,6 %

20 20

5 Stück (A) 6 Lorebach (D)

52.8 % 63.9 %

19 23

21

Eine gewichtete Bewertung gibt die gleiche Reihenfolge: 1 Derossi (B), 2 Mischke (E), 3 Seliger (F), 4 Spohr (C), 5 Stück (A), 6 Lorebach (D)

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Mikrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Diese Reihenfolge zeigt sich auch als Kombination am häufigsten: 30,6% der Probanden haben sie gewählt. Die Textabschnitte, welche bei den einzelnen Positionen jeweils an zweiter Stelle standen, waren immer jene, welche mit den höchsten Frequenzen auf einer Position vorher oder nachher vorkamen. Anders formuliert: es ergaben sich drei Paare, und zwar: (i) Derossi und Mischke auf den Positionen 1 und 2, (ii) Seliger und Spohr auf den Positionen 3 und 4 und schliesslich (iii) Stück und Lorebach auf den Positionen 5 und 6. Die Probanden haben, mit Ausnahme von dreien, die Textabschnitte immer dem betreffenden Paar oder einer angrenzenden Position zugeordnet. Es ergibt sich somit eine unidimensionale Einordnung. Weiter fällt auf, dass die Texte mit deutscher Schrift als älteste eingestuft wurden. Es ist festzuhalten, dass Derossis Übersetzung wieder als älteste und Mischkes Übersetzung als Zweitälteste eingeschätzt wurde. Offenbar haben hier die nicht von der Typographie bedingten Merkmale 'veraltet' bzw. veraltete Typographie zu einem ähnlichen Ergebnis geführt wie in der ersten Untersuchung. Im Vergleich zur vorherigen Untersuchung schneidet Seliger als beträchtlich älter ab: er fällt von der fünften auf die dritte Stelle zurück. Da sein Text nicht die Merkmale 'veraltet' bzw. veraltete Orthographie aufweist, muss man diese abweichende Einstufung der Typographie zuschreiben. Wenn man die Ergebnisse dieser Befragung mit den vorherigen vergleicht, so ist zu folgern, dass die Daten die Hypothese, dass typographische Merkmale des Textes die Rezeption im Hinblick auf 'veraltet' beeinflussen, bestätigen. Dazu ist zu bemerken, dass die Typographie beim Bestimmen der Chronologie offenbar dominanter war als die Zahl der Verschiebungen vom Typus'veraltet' bzw. veraltete orthographische Varianten. Das wird nicht nur durch die hohen Prozentsätze bestätigt, sondern auch dadurch, dass die oben erwähnte Reihenfolge am meisten bevorzugt wurde. Sodann wurde Seligers Text, der in der ersten Befragung mit neutraler Typographie als zweitjüngster abschnitt, in der zweiten Befragung, allerdings in Fraktur gesetzt, als drittältester Text aufgefasst. Hingegen stufte man Spohrs Text trotz der erwähnten Verschiebungen vom Typus 'veraltet' jünger als Seligers Text ein.

Folgerungen

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7.7. Folgerungen

Es hat sich gezeigt, dass die in den vergleichenden Beschreibungen festgestellten mikrostrukturellen Verschiebungen sich in der Rezeption vom Original und seinen Übersetzungen nachweisen lassen. Exotisierte, veraltete Übersetzungen sind weniger zugänglich als angeglichene. Weiter haben die Untersuchungen ergeben, dass die Übersetzung, welche zeitlich dem Original am nächsten steht, auf mikrotextueller Ebene mit dem Original bezüglich 'Verfremdung' Übersetzungsäquivalenz aufweist. Sodann geht aus den durchgeführten Befragungen hervor, dass Verschiebungen vom Typus 'veraltet' sowie veraltete orthographische Varianten sich in der Rezeption niederschlagen. Man darf annehmen, dass bei neutraler Typographie eine veraltete Orthographie dabei am meisten ins Gewicht fällt. Schliesslich ergab sich, dass bei nicht-neutraler Typographie die Auffassungen der Probanden in bezug auf das Alter der Übersetzungen mehr von der veralteten Typographie als von Verschiebungen vom Typus 'veraltet' oder veralteten orthographischen Varianten bestimmt wird.

8. MAKROSTRUKTURELLE VERSCHIEBUNGEN UND REZEPTION

8.1. Einführung

Sind Unterschiede auf Mikro-Ebene relevant für die Rezeption von Makro-Entitäten? Zur Abklärung dieses Problemkomplexes wurden drei weitere Untersuchungen durchgeführt. Es wird versucht festzustellen, inwiefern as bzw. zs Rezipienten einem Antagonisten, Droogstoppel, und einem Protagonisten, Havelaar, bestimmte Charaktermerkmale zuweisen. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird ausserdem die Bedeutung von sprechenden Namen in Original und Übersetzung näher bestimmt. Eine weitere Untersuchung auf Makro-Ebene bezieht sich auf drei verschiedene Übersetzungen eines Buchtitels. In welcher Hinsicht führen unterschiedliche Übersetzungen des Titels des Havelaar zu unterschiedlichen Lesererwartungen? Sodann stellt sich die Frage, ob eine abweichende ästhetische Strukturierung des Basismaterials einer Fabel das Erreichen von Übersetzungsäquivalenz beeinflusst. Aus diesem Grund wurden Befragungen über zwei Übersetzungen des Havelaar durchgeführt, die im Schlussteil auf makrotextueller Ebene stark voneinander abweichen. Für die Angaben zu den Rezipientenvariablen sei auf Kapitel 7, Abschnitt 7.1. verwiesen.

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

8.2. Zielsprachliche Charakterprofile eines Antagonisten

8.2.1. Fragestellung Aus Van Leuven-Zwarts Analysen von niederländischen Übersetzungen einiger spanischer Erzählungen ging hervor, dass Verschiebungen auf Mikro-Ebene zu Verschiebungen auf Makro-Ebene führen können. 1 Sie räumt allerdings ein, dass die Verschiebungen auf Mikro-Ebene einen 'gewissen Häufigkeitsgrad' haben müssen, um die Makro-Ebene zu beeinflussen. 2 Die vorliegende Untersuchung hat zum Ziel, diese Hypothese zu überprüfen. In Van Leuven-Zwarts Ausführungen wird nicht weiter dargelegt, wie man den Häufigkeitsgrad der mikrostrukturellen Verschiebungen errechnen soll. Daher ist es zuerst nötig, näher zu bestimmen, was unter einem 'gewissen Häufigkeitsgrad' zu verstehen ist. Als Kriterium wird die Übersetzungsäquivalenz gewählt. Aus den vergleichenden Beschreibungen der deutschen Übersetzungen des Havelaar ist hervorgegangen, dass Spohrs Übersetzung die meisten Verschiebungen vom Typus 'Verfremdung' aufweist; Stücks Übersetzung ist am meisten angeglichen. Die Leserbefragungen zur Rezeption von verfremdeten bzw. angeglichenen Übersetzungen der Havelaarschen Ansprache haben gezeigt, dass die Verschiebungen vom Typus 'Verfremdung' und 'Angleichung' die Rezeption beeinflussten: Stücks Übersetzung von Havelaars Ansprache ist zugänglicher als Spohrs Übersetzung. Im 7. Kapitel konnte nachgewiesen werden, dass Spohrs Übersetzung, im Gegensatz zu Stücks Übersetzung, auf Mikro-Ebene Übersetzungsäquivalenz aufweist. Auf Grund dieser Ergebnisse wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung angenommen, dass die Zahl der Verschiebungen in Spohrs Übersetzung im Hinblick auf die Rezeption 'relevant' höher ist als in Stücks Übersetzung. Damit wäre Van LeuvenZwarts Ausdruck 'gewisse Häufigkeit' präzisiert; in den weiteren Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass Spohrs Übersetzung

1 Van Leuven-Zwart 1984, S. 86 2 Van Leuven-Zwart 1984, S. 158

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

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genügend mikrostrukturelle Verschiebungen aufweist, um Van LeuvenZwarts Bedingung zu erfüllen.

8.2.2. Hypothese In Anbetracht der obenstehenden Darlegungen lassen sich nun Van Leuven-Zwarts Erwartungen über die Bedeutung mikrostruktureller Verschiebungen für die Makrostruktur hypothetisch wie folgt formulieren: mikrostrukturelle Verschiebungen, welche in einer Übersetzung einen relevanten Häufigkeitsgrad haben, beeinflussen die Rezeption von Makrostrukturen.

8.2.3. Versuchsanordnung Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden zwei Leserbefragungen mit zwei Gruppen Probanden durchgeführt. Die beiden Gruppen wiesen eine ähnliche Zusammensetzung auf. Die erste Gruppe, bestehend aus 45 Personen (n = 36 nach Selektion), erhielt die untenstehenden Ausschnitte aus Spohrs Übersetzung des Max Havelaar (Kondition 1). Sie handeln von Droogstoppel, der Hauptperson des ersten Erzählstrangs. Droogstoppel Ich bin Makler in Kaffee und wohne auf der Lauriergracht Nr. 37. Es ist nicht meine Gewohnheit, Romane zu schreiben oder dergleichen. Dinge, und es hat denn auch lange gedauert, bis ich dazu überging, ein paar Ries Papier extra zu bestellen und das Werk anzufangen, das du, lieber Leser, soeben in die Hand genommen hast und das du lesen mußt, wenn du Makler in Kaffee oder auch wenn du sonst was bist. Nicht allein, daß ich niemals etwas schrieb, was einem Roman ähnlich sah, nein, ioh halte sogar nichts davon, daß man dergleichen liest, weil ich Geschäftsmann bin. Seit Jahrpn schon lege ich mir die Frage vor, wozu solche Dinge dienen, und ich muß staunen über die Unverschämtheit, mit der ein Dichter oder Romanschreiber euch etwas aufzuschwatzen wagt, das niemals geschehen ist und meistens gar nicht geschehen kann. Wenn ich in m e i n e m Fach — ich bin Makler in Kaffee und wohne Lauriergracht Nr. 37 — einem Prinzi-

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

pal — ein „Prinzipal" ist einer, der Kaifee verkauft — eine Angabe machte, worin nur ein kleiner Teil von den Unwahrheiten enthalten wäre, die in Gedichten und Romanen die Hauptsache bilden, so würde er auf der Stelle zu Busselinck & Waterman tibergehen. Das sind auch Makler in Kaffee, doch ihre Adresse braucht ihr nicht zu wissen. Ich bin also wohl auf der Hut, daß ich keine Romane schreibe oder andere falsche Angaben mache. Ich habe denn auch immer die Erfahrung gemacht, daß Leute, die sich auf so was einlassen, gewöhnlich schlecht wegkommen. Ich bin dreiundvierzig Jahre alt, besuche seit zwanzig Jahren die Börse und kann mich also sehen lassen, wenn man nach jemandem verlangt, der Erfahrung hat. Ich habe schon manches Haus bankrott gehen sehen! Und gewöhnlich, wenn ich den Ursachen nachging, kam es mir vor, daß man sie in dem verkehrten Kurs suchen müßte, der den meisten schon in ihrer Jugend gegeben war. Ich habe nichts gegen Verse an sich. Will man die Wörter ins Glied rücken, gut! Aber sage nichts, was nicht wahr istl D e r R e g e n i s t v o r b e i , u n d d i e U h r i s t d r e i . " Das lasse ich gelten, wenn wirklich d e r R e g e n v o r b e i und die Uhr d r e i ist. Doch wenn es viertel auf vier ist, kann ich, der ich meine Worte nicht ins Glied setze, sagen: „ D e r R e g e n i s t v o r b e i, u n d d i e U h r i s t v i e r t e l a u f v i e r." Der Versemacher ist durch das Aufhören des Regens an die volle Stunde gebunden. Es muß genau d r e i Uhr, in diesem Fall meinetwegen auch genau z w e i Uhr sein, oder der Regen darf nicht v o r b e i sein. S i e b e m und n e u n sind durch den Reim ausgeschlossen. Da geht er denn ans Pfuschen. Entweder das Wetter muß verändert werden oder die Zeit. Ε i η s von beiden ist dann gelogen. Und nicht allein die Verse verführen die Jugend zur Unwahrheit. Geh mal ins Theater und achte mal darauf, was da für Lügen an den Mann gebracht werden. Der Held des Stückes wird aus dem Wasser gezogen von jemand, der im Begriff ist, Pleite zu machen. Dann gibt er ihm sein halbes Vermögen. Das kann nicht wahr sein. Als kürzlich auf der Prinzengracht mein Hut ins Wasser wehte, habe ich dem Mann ein Zweistüberstück gegeben, und er war zufrieden. Ich weiß wohl, daß ich etwas mehr hätte geben müssen, wenn er m i c h s e l b s t herausgeholt hätte, aber gewiß nicht mein halbes Vermögen. Es liegt doch auf der Hand, daß man auf diese Weise nur zweimal ins Wasser zu fallen braucht, um tot zu sein. Was das Ärgste ist bei solchen Vorführungen auf der Bühne: das Publikum gewöhnt sich so an all die Unwahrheiten, daß es sie schön findet und ihnen zujubelt. Ich

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

hätte wohl mal Lust, so'n ganzes Parterre ins Wasser zu schmeißen, um zu sehen, wie weit das her war mit dem Zujauchzen. Ich, der ich was auf Wahrheit gebe, mache der Welt bekannt, daß ich für das Auffischen meiner Person keinen so hohen Bergelohn bezahle. Wer mit weniger nicht zufrieden ist, mag mich liegenlassen. Nur sonntags würde ich etwas mehr geben, weil ich dann meine wertvolle Kette trage und einen andern Rock. J a , das Theater verdirbt viele, mehr noch als die R o m a n e . Es ist so anschaulich. Mit einem bißchen Flittergold und einer Borte von ausgeschlagenem Papier sieht das alles so verlockend aus. Für Kinder, versteht sich, und für Leute, die keine Ahnung von Geschäftssachen haben. Selbst wenn die Theatermenschen Armut darstellen wollen, ist ihre Darstellung immer lügenhaft. Ein Mädchen, dessen Vater Pleite machte, arbeitet, um die Familie zu unterhalten. Sehr gut. Da sitzt sie denn und näht, strickt und stickt. Aber zähl mal auch die Stiche, die sie macht während des ganzen Aktes. Sie redet, sie seufzt, sie läuft ans Fenster, aber arbeiten tut sie nicht. Die Familie, die von dieser Arbeit leben kann, muß wellig nötig haben. So ein Mädchen ist natürlich die Heldin. Sie hat einige Verführer die Treppe hinuntergeworfen, sie ruft in einem fort: „ 0 meine Mutter, ο meine Mutter!" und stellt also die Tugend vor. Was ist das für eine Tuend,' die ein volles Jahr nötig hat zu einem Panr wollener trümpfe? Gibt dies alles nicht falsche Vorstellungen von Tugend und vom „Arbeiten für den Lebensunterhalt"? Alles Albernheit und Lügen! Und noch mehr Lügen auf der Bühne. Wenn der Held mit seinem steifen Komödienschritt abtritt, um das bedrängte Vaterland zu retten, warum geht dann die Doppeltür im Hintergrund jedesmal von selbst auf? Und weiter, wie kann die Person, die in Versen spricht, voraussehen, was der andere zu antworten hat, und ihm so den Reim bequem machen? Wenn der Feldherr ζω der Fürstin sagt: „ M e v r o u w , e s i s t zu s p ä t , m a n s c h l o ß d i e T o r e b e i d e " , wie kann er nur im voraus wissen, daß sie sagen will: „ W o h l a n d e n n , u n v e r z a g t , e n t b l ö ß t das S c h w e r t der S c h e i d e 1"? Denn wenn sie nun, als sie hörte, daß die Tore geschlossen seien, antwortete, daß sie dann ein wenig warten wolle, bis geöffnet werde, oder daß sie ein andermal wiederkommen werde, wo blieben dann Maß und Reim? Ist es also nicht eine pure Lüge, wenn der Feldherr die Fürstin fragend ansieht, um zu erfahren, was sie nun nach dem Schließen der Tore tun wolle? Noch eins: Wenn es nun dem Weib gefallen hätte, schlafen zu gehen, anstatt etwas zu entblößen? Alles Lügen!

f

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Und dann diese belohnte Tugend! Oh, oh, oh! Ich bin seit siebzehn Jahren Makler in Kaffee — Laiuriergracht Nr. 87 — und habe also schon allerlei mitangesehen, doch es stößt mich jedesmal furchtbar vor den Kopf, wenn ich die liebe Wahrheit so verdrehen sehe. Belohnte Tugend? Ist es nicht, als wenn man aus der Tugend einen Handelsartikel machen wollte? Es ist nicht so in der Welt, und es ist gut, daß es nicht so ist. Denn wo bliebe das Verdienst, wenn die Tugend belohnt würde? Wozu also diese infamen Lügen jedesmal aufgetischt? Da ist zum Beispiel Lukas, unser Speicherknecht, der schon bei dem Vater von Last & Co. gearbeitet hat — die Firma war damals Last & Meyer, aber die Meyers sind schon lange raus—,das wäre dann doch wohl ein tugendhafter Mann. Keine Bohne fehlte jemals, er ging regelmäßig zur Kirche, und trinken tat er auch nicht. Wenn mein Schwiegervater zur Erholung in Driebergen war, hatte er das Haus und die Kasse und alles unter sich. Einmal erhielt er auf der Bank siebzehn Gulden zuviel, und er brachte sie zurück. Er ist nun alt und hat das Reißen und kann nicht mehr arbeiten. Nun hat er nichts, denn es ist großer Betrieb bei uns, und wir haben junge Leute nötig. Nun wohl, ich halte diesen Lukas für sehr tugendhaft; aber wird er nun belohnt? Kommt da ein Prinz, der ihm Diamanten gibt, oder eine Fee, din ihm Butterbrote schmiert? Wahrhaftig nicht 1 Er ist arm und bleibt arm, und so muß es auch sein. I π Ii kann ihm nicht helfen — denn wir haben junges Volk nötig, weil es bei uns sehr flott geht —, aber k ö n n t e ich auch, wo bliebe sein Verdienst, wenn er nun auf seine alten Tage ein gemüchliches Leben führen könnte? Dann würden alle Speicherknechte wohl tugendhaft werden und jedermann, was Gottes Absicht nicht sein kann, weil dann keine besondere Belohnung für die Braven im Jenseits übrigbliebe. Aber auf der Bühne verdrehen sie d a s . . . alles Lügen! I c h habe auch Tugend, doch fordere icli hierfür Belohnung? Wenn meine Geschäfte gut gehen — und das tun sie —, wenn meine Frau und meine Kinder gesund sind, so daß ich nicht Doktor und Apotheker auf dem Halse habe . . . wenn ich jahraus, jahrein ein Sümmchen auf die Seite legen kann für die alten T a g e . . . wenn Fritz sich gut rausmacht, so daß er später meinen Platz einnehmen kann, wenn ich mich in Driebergen zur Ruhe s e t z e . . . seht, dann bin ich ganz zufrieden. Aber das ist alles eine natürliche Folge der Umstände, und weil ich im Geschäft aufpasse. F ü r meine Tugend verlange ich nichts. Und daß ich doch tugendhaft b i n , das zeigt sich an meiner Liebe für die Wahrheit. Diese ist, nach meinem

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

Hängen am Glauben, meine Hauptneigung. Und ich wünschte, daß ihr hiervon überzeugt wäret, Leaer, weil darin die Entschuldigung dafür liegt, daß ich dieses Buch schreibe. Eine zweite Neigung, die mich ebenso stark wie Wahrheitsliebe beherrscht, ist die Leidenschaft für meine Profession. Iph bin nämlich Makler in Kaffee, Lauriergracht Nr. 37. Nun denn, Leser: meiner unwandelbaren Liebe zur Wahrheit iwd meinem Eifer fürs Geschäft habt ihr es zu danken, daß diese Blätter geschrieben wurden. Ich werde euch erzählen, wie dies zugegangen ist. Da ich nun für einen Augenblick Abschied von euch nehme — ich muß auf die Börse —, lade ich euch gleich auf ein zweites Kapitel ein. Auf Wiedersehen alsol Ach, was ich noch sagen wollte: steckt das noch zu euch . . . es ist nur eine kleine Mühe . . . vielleicht ist mal Gelegenheit... na, da hab' ich's ja: eine Adreßkarte! Die Co. bin ich, seit die Meyers raus s i n d . . . der alte Last ist mein Schwiegervater. LAST & Co. MAKLER IN KAFFEE Lauriergracht Nr. 37 Eines Abends komme ich durch die Kalverstraat und bleibe vor dem Laden eines Krämers stehen, der beschäftigt war mit dem Sortieren einer Partie „Java", „ordinär", „schön-gelb", „Cheribon-Marke", etwas Bruch mit Kehrichtabfall, was mich sehr interessierte, denn ich achte stets auf alles. Da kam mir auf einmal ein Herr zu Gesicht, der dicht dabei vor einer Buchhandlung stand und mir bekannt vorkam. Er schien auch mich wiederzuerkennen, denn unsere Blicke trafen sich fortwährend. Ich muß bekennen, daß ich zu sehr in des Krämers Kaffeeltehricht vertieft war, um sogleich zu bemerken, was ich nämlich erst später sah, daß es recht dürftig mit seiner Kleidung bestellt war. Sonst hätte ich es dabei bewenden lassen. Doch auf einmal stieg es mir in den Kopf, dafl er vielleicht Reisender eines deutschen Hauses sei, der einen soliden Makler suchte. Er hatte auch wohl etwas von einem Deutschen an sich und von einem Reisenden auch. Er war sehr blond, hatte blaue Augen und in Haltung und Kleidung etwas, das den Fremden verriet. An Stelle eines gehörigen Winterrocks hing ihm eine Art Schal über die Schulter, als wenn er von der Reise käme. Ich meinte einen Kunden zu sehen und gab ihm eine

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Adreßkarte: Last & Co., Makler in Kaffee, Lauriergracht Nr. 37. Er las sie bei der Gaslaterne und sagte: „Ich danke Ihnen, aber ich irre auch wohl. Ich dachte das Vergnügen zu haben, einen alten Schulkameraden vor mir zu sehen, aber . . . Last? Der Name stimmt nicht." „Pardon", sagte ich — denn ich bin immer höflich —, „ich bin M'nheer Droogstoppel, Batavus Droogstoppel. Last & Co. ist die Firma, Makler in Kaffee, Lauriergr . . . " „Nun, Droogstoppel, kennst du mich nicht mehr? Sieh mich mal ordentlich an." Je mehr ich ihn ansah, desto mehr erinnerte ich mich, daß ich ihn öfters gesehen hatte. Doch, sonderbar, sein Gesicht wirkte auf mich, als wenn ich ausländische Parfüme röche. Lache nicht darüber, Leser, alsbald wirst du sehen, wie das kam. Ich bin überzeugt, daß er keinen Tropfen Parfüm bei sich trug, und doch roch ich etwas Angenehmes und Starkes, etwas, das mich erinnerte an . . . da hatte ich esl „Sind Sie es, der mich von dem Griechen befreit hat?" „Ei gewiß", sagte er, „das war ich. Und wie geht es Ihnen?" Ich erzählte, daß wir unser dreizehn auf dem Kontor seien und daß so tüchtig bei uns zu tun sei. Und darauf fragte ich, wie es ihm ginge, was mich später ärgerte, denn er schien sich nicht in guten Verhältnissen zu befinden, und ich habe nicht viel im Sinn mit armen Menechen, weil da gewöhnlich eigne Schuld mit unterläuft, denn der Herr würde nicht jemanden verlassen, der ihm treu gedient hat. Hätte ich einfach gesagt: „Wir sind unser dreizehn u n d . . . guten Abend auch!", dann wäre ich ihn los gewesen. Aber durch das Fragen und Antworten wurde es je länger, je schwieriger, von ihm fortzukommen. Andererseits muß ich auch wieder betonen, daß ihr dann dies Buch nicht zu lesen gekriegt hättet, denn es ist eine Folge dieser Begegnung. Ich halte etwas davon, daß man etwas Gutes auch zugibt, und die das nicht tun, das sind unzufriedene Menschen, die ich nicht leiden kann. Ja, ja, er war es, der mich aus den ITänden des Griechen befreit hatte! Denkt nun nicht, daß ich je von Seeräubern gefangengenommen bin, oder daß ich Streit gehabt hätte in der Levante. Ich habe euch bereitä gesagt, daß ich nach meiner Hochzeit mit meiner Frau nach Den Haag gegangen bin. Da haben wir das Mauritshaus gesehen und Flanell gekauft in der Veenestraat. Das ist die einzige Erholungsreise, die mir je meine Geschäfte erlaubt haben, weil bei uns so tüchtig zu tun ist. Nein, in Amsterdam hatte er um meinetwillen einem Griechen die Nase blutig geschlagen. Denn er kümmerte

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

sich stets um Dinge, die ihn nichts angingen. Es war im Jahre drei- oder vierunddreißig, glaube ich, und im September, denn es war gerade Jahrmarkt in. Amsterdam. Da meine Eltern vorhatten, einen Prediger aus mir zu machen, lernte ich Latein. Später habe ich mich oft gefragt, warum man Lateinisch verstehen muß, um in holländischer Sprache zu sagen: „Gott ist gut"? Genug, ich war au! der Lateinschule — nun sagen sie „Gymnasium" — und da war Jahrmarkt . . . in Amsterdam, mein' ich. Auf dem Westermarkt standen Krambuden, und wenn ihr Amsterdamer seid, Leser, und ungefähr von meinem Alter, werdet ihr euch erinnern, daß darunter eine war, die sich durch die schwarzen Augen und die langen Zöpfe eines MUdchens auszeichnete, das wie eine Griechin gekleidet war. Auch ihr Vater war ein Grieche, oder wenigstens: er sah so aus wie ein Grieche. Sie vorkauften allerlei Parfiimerien. Ich war just alt genug, um das Mädchen schön zu finden, gleichwohl ohne den Mut zu haben, sie anzusprechen. Das würde mir auch wenig genützt haben, denn Mädchen von achtzehn Jahren betrachten einen Jungen von sechzehn als ein Kind. Und hierin haben sie sehr recht. Doch kamen wir Jungen der Quarta des Abends stets uuf den AVestermarkt, um das Mftdchen zu sehen. Nun war der, der da vor mir stand mit seinem Schal, einmal dabei, obschon er ein paar Jahre jünger war als die andern und also noch zu kindlich, um nach der Griechin zu schauen. Aber er war der Primus unserer Klasse — denn tüchtig war er, das muß ich sagen —, und spielen, balgen und raufen, das war sein Fall. Darum war er bei uns. Derweil wir also — wir waren wohl unser zehn — ziemlich weit von dor Bude standen, um nach der Griechin zu gucken, und berieten, wie wir es anlegen müßten, um mit ihr Bekanntschaft zu machen, wurde beschlossen, Geld zusammenzulegen, um etwas in der Bude zu kaufen. Aber da war guter Rat teuer, wer in die stolzen Stiefel steigen und das Mädchen ansprechen sollte. Jeder mochte wohl, aber niemand wagte es. Es wurde gelost, und das los fiel auf mich. Nun gebe ich zu, daß ich nicht gern eine Gefahr herausfordere. Ich bin Mann und Vater und halte jeden, der die Gefahr sucht, für einen Narren, was auch in der Schrift steht. Es ist mir wirklich angenehm, die Wahrnehmung zu inachen, wie ich mir in meinen Ansichten über Gefahr und dergleichen Dinge gleichgeblieben bin, da ich jetzt diesbezüglich noch just derselben Meinung huldige wie an jenem Abend, als ich da bei der Bude des Griechen stand, mit den zwölf Stübern in der Hand, die wir zusammengelegt hatten. Doch aus falscher Scham wagte ich nicht zu sagen, daß ich es nicht

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wagte, und überdies, ich mußte schon dran, denn meine Kameraden drängten mich, und mit einem Male stand ich vor der Bude. Das Mädchen sah ich nicht: ich sali nichts! Es wurde mir alles grün und gelb vor den Augen. Ich stammelte ein paar griechische Wörter . . . „Wie bitte?" sagte sie. Ich sammelte mich einigermaßen und fuhr fort: „Meenin aeide thea" und . . . Ägypten sei ein Geschenk des Nils. "Ich bin überzeugt, daß es mir geglückt wäre, mit dem Mädchen noch besser bekannt zu werden, wenn nicht in diesem Augenblick einer meiner Kameraden in seiner jungsmäßigen Rüdigkeit mir einen so harten Stoß in den Rücken gegeben hätte, daß ich sehr unsanft gegen den Ausstellkasten anflog, der in halber Mannshöhe die Vorderseite des Krams abschloß. Ich fühlte einen Griff in meinem N a c k e n . . . einen zweiton Griff weilor u n t e n . . . ich schwebte einen Augenblick... und ehe ich recht begriff, wie die Sachen standen, war ich in der Bude des Griechen, der in verständlichem Französisch sagte, daß ich ein „gamin", ein Gassenjunge, sei und daß er die Polizei rufen werde. Nun war ich wohl dicht bei dein Mädchen, doch Vergnügen machte es mir nicht. Ich weinte und bat um Gnade, denn ich war schrecklich in Angst. Doch es half nichts. Der Grieche hielt mich am Arm fest und knuffte mich gehörig. Ich sah mich nach meinen Kameraden um — wir hatten gerade den Morgen mit Scaevola zu tun gehabt, der seine Hand ins Feuer hielt, und in ihren lateinischen Aufsätzen hatten sie das so sehr schön gefunden — jawohl! Niemand war dageblieben, um für mich eine Hand ins Feuer zu s t e c k e n . . . So glaubte ich. Doch sieh, da flog auf einmal mein Schalmann durch die Hintertür zur Bude herein. Er war nicht groß und stark und so seine dreizehn Jahre alt, aber er war ein behendes und tapferes Kerlchen. Noch sehe ich seine Augen blitzen — sonst sahen sie matt in die Welt; er gab dem Griechen einen Faustschlag, und ich war gerettet. Später habe ich gehört, daß der Grieche ihn tüchtig geschlagen hat, aber da ich von jeher den festen Grundsatz habe, mich nicht in Dinge zu mischen, die mich nichts angehen, so bin ich sofort weggelaufen. Ich habe es also nicht gesehen. Das sind die Gründe, warum seine Züge mich so an Parfüm erinnerten und weshalb man in Amsterdam Streit mit einem Griechen kriegen kann. Wenn auf späteren Jahrmärkten dieser Mann wieder mit seiner Bude auf dem Westermarkt stand, suchte ich mein Vergnügen anderswo.

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Die zweite Gruppe, bestehend aus 49 Personen (n = 39 nach Selektion), erhielt die gleichen Ausschnitte aus Havelaar in der Ubersetzung von Stück (Kondition 2). Ich bin Makler in Kaffee und wohne Lauriergracht Nr. 37. E s ist nicht meine Gewohnheit, Romane oder solche Dinge zu schreiben, und so hat es auch lange gedauert, bis ich dazu überging, eigens ein paar Ries Papier zu bestellen und das W e r k zu beginnen, das du, lieber Leser, gerade zur Hand genommen hast und das du lesen mußt, ob du Makler in Kaffee bist oder etwas anderes. Einmal habe ich nie etwas geschrieben, was einem Roman ähnlich sehen könnte, und zum anderen liebe ich es auch nicht, so etwas zu lesen, denn ich bin Geschäftsmann. Seit Jahren frage ich mich, wozu solche Dinge nützen, und wundere mich über die Unverschämtheit, mit der ein Dichter oder Romanschreiber etwas zu erzählen wagt, das nie geschehen ist und wahrscheinlich auch nie geschehen kann. W e n n ich in meiner Branche — ich bin Makler in Kaffee und wohne Lauriergracht Nr. 37 - einem Prinzipal — ein Prinzipal ist ein Mann, (1er Kaffee verkauft — ein Angebot machen würde, in dem nur ein kleiner Teil jener Unwahrheiten vorkäme, die in Gedichten und Romanen die Hauptsache sind, würde er unverzüglich zu Busselinck & Waterman abschwenken. Das sind auch Makler in Kaffee, aber ihre Anschrift brauchst du nicht zu wissen. Ich passe also schon auf, daß ich keine Romane schreibe oder andere falsche Angaben mache. Ich habe auch immer bemerkt, daß Menschen, die sich auf so etwas einlassen, gewöhnlich schlecht dabei wegkommen. Ich bin dreiundvierzig Jahre alt, besuche seit zwanzig Jahren die Börse und kann also mitreden, wenn man jemanden sucht, der Erfahrung hat. Wieviel Geschäftshäuser habe ich schon zusammenkrachen sehen! Und wenn ich der Ursache nachging, kam es mir gewöhnlich so vor, daß es die falsche Einstellung war, die den meisten in ihrer Jugend gegeben wurde. Ich habe an sich nichts gegen Verse als solche. W e n n man die W o r t e in R e i h und Glied setzen will, gut! Aber man soll nicht etwas sagen, was nicht w a h r ist.

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

„ G r ü n ist die F l u r , es schlägt vier U h r . " Das lass' ich gelten, w e n n die F l u r wirklich griin u n d w e n n es vier U h r ist. Doch w e n n es Viertel vor drei ist, k a n n ich, d e r ich m e i n e W o r t e nicht in Reih u n d Glied setze, sagen: „ G r ü n ist die F l u r , und es ist Viertel vor drei." D e r Versemacher ist d u r c h die g r ü n e F l u r des ersten Satzes an die volle Stunde gebunden. F ü r i h n m u ß es gerade vier, ein U h r , zwei U h r usw. sein, oder die F l u r k a n n nicht g r ü n sein. Sieben p a ß t nicht wegen des M e t r u m s . Da f ä n g t er dann an zu schwind e l n ! E n t w e d e r m u ß die F l u r oder die Zeit verändert w e r d e n ; eins ist dann gelogen. N u n verlocken aber nicht n u r Verse die Jugend zur U n w a h r h e i t . M a n gehe einmal ins T h e a t e r und höre sich an, was f ü r Lügen da aufgetischt w e r d e n . D e r Held des Stückes w i r d von einem M a n n aus dem Wasser gezogen, der i m Begriff steht, b a n k r o t t zu gehen. Da gibt i h m der Held sein halbes Vermögen. Das k a n n nicht w a h r sein. Als m i r neulich an der Prinzengracht mein H u t ins Wasser w e h t e — F r i t z sagt: geweht w u r d e —, habe ich dem M a n n , der ihn m i r wiederbrachte, einen Groschen gegeben, u n d damit w a r er zufrieden. Ich w e i ß wohl, d a ß ich etwas m e h r h ä t t e geben müssen, wenn er mich selbst aus dem Wasser gezogen hätte, aber doch nicht mein halbes V e r m ö g e n ; denn es liegt auf der Hand, d a ß m a n dann n u r zweimal ins Wasser zu fallen brauchte, u m bettelarm zu w e r d e n . Aber das schlimmste bei diesen Bühnenstükken ist doch, d a ß die L e u t e sich d e r m a ß e n an die U n w a h r h e i t e n gewöhnen, d a ß sie sie schön finden u n d deshalb applaudieren. Ich möchte am liebsten einmal das ganze P a r k e t t ins Wasser w e r f e n und dann sehen, w e r diesen Applaus ehrlich gemeint hat. leb, der ich die W a h r h e i t liebe, sage es jedermann, d a ß ich, wenn m a n mich aus dem Wasser ziehen sollte, keinen so h o h e n Rettungslohn bezahlen w ü r d e . W e r nicht mit w e n i g e r zufrieden ist, soll mich i m Wasser liegenlassen. Lediglich sonntags w ü r d e ich etwas m e h r geben, weil ich dann meine goldgeflochtene Kette u n d einen anderen Rock trage. Ja, das T h e a t e r verdirbt viele, m e h r noch als die Ro-

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

mane. Alles ist so anschaulich! M i t etwas Flittergold und ein paar herausgeputzten Pappwänden sielit alles so verlockend aus. Wenigstens f ü r Kinder, meine ich, und f ü r Leute, die nichts von Geschäften verstehen. Selbst wenn die Schauspieler Armut darstellen wollen, ist ihre Darstellung stets lügenhaft. Ein Mädchen, dessen Vater bankrott machte, arbeitet, um die Familie zu unterhalten. Sehr gut. Da sitzt sie n u n u n d näht, stickt oder strickt. Aber man zähle einmal die Stiche, die sie während des ganzen Aktes macht. Sie redet, seufzt, läuft ans Fenster, n u r arbeiten t u t sie nicht. Die Familie, die von dieser Arbeit leben kann, braucht wenig. So ein Mädel ist natürlich die Heldin. Sie hat ein paar V e r f ü h r e r die Treppe hinuntergeworfen und r u f t beständig: „O meine M u t t e r , ο meine M u t t e r " , und das stellt dann die Tugend dar. Was ist das denn f ü r eine Tugend, die ein ganzes Jahr f ü r ein Paar wollene Strümpfe braucht? Gibt das nicht eine falsche Vorstellung von der Tugend und der „Arbeit f ü r das tägliche Brot"? Alles Unsinn und Lügen 1 Und noch mehr Lügen auf der Biiline. Wenn der Held mit steifen Komödiautenschritten abgeht, um das unterdrückte Vaterland zu reiten, w a r u m öffnet sich dann die Doppeltür i m Hintergrund immer von selbst? Und weiter . . ., wie kann jemand, der in Versen spricht, wissen, was der andere antworten muß, damit es sich reimt? Und wenn der Feldherr zur Fürstin sagt: „Es ist zu spät, die Tore sind geschlossen", wie kann er dann im voraus wissen, daß sie sagen will: „Wohlan denn, alle Streiter zu den Rossen"? Denn wenn sie nun einmal, als sie hört, daß das Tor geschlossen ist, antwortete, daß sie dann warten würde, bis es geöffnet würde, oder d a ß sie ein andermal wiederkommen würde, wo blieben dann M e t r u m und Reim? Ist es also nicht eine reine Lüge, wenn der Feldherr die Fürstin fragend anblickt, u m zu wissen, was sie nach dem Schließen der Tore tun will? Nochmals: wenn sie nun Lust gehabt hätte, zu Bett zu gehen, statt ihre Streiter zu den

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Rossen zu schicken? L a u t e r L ü g e n ! Und dann diese belohnte T u g e n d ! Oh, oh, oh! Ich bin seit siebzehn Jahren M a k l e r in Kaffee — L a u r i e r gracht Nr. 57 - und habe also schon etwas erlebt; aber es geht m i r i m m e r gegen den Strich, w e n n ich sehe, w i e die gute liebe W a h r h e i t so verdreht w i r d . Belohnte T u g e n d ? Heißt das nicht, die T u g e n d zu einem Handelsartikel machen? So ist es nicht in der AVelt, und es isl gut, daß es nicht so ist. Denn w o bliebe das Verdienst, w e n n die T u g e n d belohnt w ü r de? Wo'/.u also immer diese infamen L ü g e n ? Da ist beispielsweise Lukas, unser Lagerist, der schon bei dem Vater von Last Sc Co. arbeitete — die F i r m a h i e ß damals Last & Meyer, aber die M e y e r s sind schon lange ausgeschieden - , das w a r w i r k l i c h ein tugendhafter M a n n . Nicht eine Bohne hat da je gefehlt, er ging regelmäßig zur Kirche und trank auch nicht. Als mein Schwiegervater in Driebergen w a r , hütete er das Maus und die Kasse und alles. Einmal gab man ihm an der Bank siebzehn Gulden zuviel, und er brachte sie zurück. Kr ist nun alt und gichtkrank und kann nicht mehr arbeiten. Jetzt bat er keine Arbeit, denn w i r haben viel zu tun und brauchen junge Leute. Nun ja, ich halte diesen L u k a s f ü r sehr tugendhaft', aber wird er jetzt d a f ü r belohnt? Kommt vielleicht ein Prinz, der ihm Diamanten schenkt, oder eine Fee, die ihm die Butterbrote schmiert? Bestimmt nicht! Er ist arm, und er bleibt arm, und so m u ß es auch sein. Ich kann ihm nicht helfen - denn w i r brauchen junge Leute, w e i l w i r viel zu tun haben - , aber selbst wenn ich es könnte, wo bliebe da sein Verdienst, w e n n er auf seine alten Tage ein leichtes Leben h ä t t e ? Dann w ä r e n ja a l l e Lageristen tugendhaft und schließlich ein jeder; aber das kann nicht Gottes W i l l e sein, w e i l dann schließlich i m Jenseits f ü r die wirklich braven Leute keine besondere Belohnung übrigbliebe. Aber auf der Bühne verdrehen sie das . . ., lauter L i i g c n ! Ich bin ebenfalls tugendhaft, aber verlange ich eine Belohnung d a f ü r ? W e n n mein Geschäft gut geht — u n d das tut es —, wenn F r a u und Kinder gesund

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

sind und. ich koine Scherereien mit Arzt und Apotheker h a b e . . w e n n ich jahraus, jahrein mir ein rundes Sümmchen zurücklegen kann für meine alten Tag e . . . , wenn Fritz ordentlich aufwächst, damit er später meinen Platz einnehmen kann, wenn ich nach Driebergen ziehe . . nun ja, dann bin ich ganz zufrieden. Aber das ist alles eine natürliche Folge der Verhältnisse, und weil ich mich gut ums Geschält kümmere. Für meine Tugend fordere ich nichts. Und daß ich wirklich tugendhaft bin, geht aus meiner Wahrheitsliebe hervor. Sie ist, neben meiner Verbundenheit mit dem Glauben, meine stärkste Überzeugung. Und ich wünschte, daß du davon überzeugt bist, lieber Leser, weil dies die Entschuldigung dafür ist, daß ich dieses Buch schreibe. Eine zweite Überzeugung, die mich ebensosehr wie die Wahrheitsliebe beherrscht, ist die Liebe zu meinem Beruf. Ich bin nämlich Makler in Kaffee, Lauriergraclit Nr. 37. Also, lieber Leser, meiner unbeugsamen Wahrheitsliebe und meinem Geschäftseifer hast du es zu verdanken, daß ich diese Seiton schrieb. Ich will dir nun erzählen, wie das gekommen ist. Da ich jetzt mich von dir verabschiede — ich muß zur Börse —, lade ich dich nachher zu einem zweiten Kapitel ein. Also: Auf Wiedersehen! Bitte, steck das ein . . ., es ist nur eine kleine Mühe . . ., du kannst es vielleicht später gebrauchen . . bitte, hier ist es: eine Visitenkarte. Das Co., das b i n ich, s e i l d i e Meyers heraus s i n d . . . , clor alte Last ist mein Schwiegervater. L A S T & Co. Makler in Kaffee Lauriergracht Nr. 37

Vor einiger Zeit komme ich abends durch die Kaiverstraße und bleibe vor dem Laden eines Kolonialwarenhänd lers stehen, der damit beschäftigt war, eine Partie ge-

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200

Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

wohnlichen, schön gelben Javakaffee zu sortieren, Cheribon, etwas zerbrochen, mit zusammengekehrten Bolilien, die beim Versand herausgefallen w a r e n , et was, was mich sehr interessierte, denn ich achte i m m e r auf alles. Da fiel mir plötzlich ein H e r r auf, der n e b e n a n vor einer Buchhandlung stand u n d m i r b e k a n n t vorkam. E r scliicn mich auch zu kennen, denn unsere Blicke t r a f e n sich immer wieder. Ich m u ß zugeben, d a ß ich mich zu sehr in das Zusammengekehrte v e r t i e f t hatte, u m sogleich zu bemerken, d a ß er ziemlich abgerissen ausseih. Sonst hätte ich mich nicht u m i h n g e k ü m m e r t . Aber plötzlich fiel m i r ein, d a ß er vielleicht ein Reisender eines deutschen Unternehmens sein könnte, der einen soliden M a k l e r suchte. E r h a t t e so etwas von einem Deutschen und auch von einem Reisenden. E r w a r hellblond, h a t t e blaue Augen, u n d H a l t u n g und Kleidung schienen den F r e m d e n zu verraten. Statt eines ordentlichen W i n termantels h i n g ihm so etwas w i e ein Schal u m (lie Schulter — F r i t z sagt „ shawl", aber das tue ich nicht —, als ob er gerade von der Reise käme. Ich glaubte wirklich, einen Kunden vor m i r zu haben, u n d gab i h m meine K a r t e : Last Λ Co., Makler in Kaffee, L a u r i e r g r a c h t N r . 37. E r betrachtete sie u n ter der Iinterne und sagte: „Ich danke Ihnen, aber icli habe mich geirrt. Ich dachte, einen alten Schulkameraden vor mir zu haben, a b e r . . . Last? So h i e ß er nicht." „Verzeihung", sagte ich — denn ich bin i m m e r höflich —, „ich bin der H e r r Droogstoppel, Batavus Droogstoppel. Last & Co. ist der N a m e der F i r m a , M a k l e r in Kaffee, L a u r i e r . . . " „Aber ja, Droogstoppel, kennst du mich nicht m e h r ? Schau mich einmal gut an." J e länger ich i h n ansah, u m so deutlicher e r i n n e r t e ich mich, ihn öfter gesehen zu haben. Aber komisch, sein Aussehen w i r k t e auf mich, als röche ich einen seltsamen D u f t . D u brauchst darüber nicht zu lachen, lieber Leser, du wirst gleich sehen, w i e das kam. Ich bin ganz sicher, d a ß er nicht einen T r o p f e n P a r f ü m bei sich hatte, u n d dennoch roch ich etwas Angeneh-

Zs Charakterprofile eines Antagonisten

ines, etwas Starkes, etwas, das mich erinnerte an . . . , da halte ich es! „Bist du es", rief ich aus, „der mich vor dem Griechen rettete?" „Ja, gewiß", sagte er, „das w a r ich. Und w i e geht es dir?" Ich erzählte, daß w i r dreizehn M a n n auf dem Kontor wären und soviel zu tun hätten. Und dann fragte ich, w i e es ihm ging, was mich später verdroß, denn er schien nicht in guten Verhältnissen zu leben, und ich liebe keine armen Leute, weil es gewöhnlich ihre eigene Schuld ist, denn der Herr verläßt keinen, der ilnn in Treue dient. Hütte ich einfach gesagt: „ W i r sind dreizehn, u n d . . . guten Abend!", dann w ä r e i σ* υ*

ο

Havelaar is: 1. 2. 3. 4.

η η a a v>

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3

ο ο η η α

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3

Λ η

α

Μ. Λ Β

Λ Λ

nai'ef opgewekt edel serieus

5. plichtsgetrouw 6. met zelfkennis 7. briljant 8. excentriek

8.5.6. Interpretation sämtlicher Ergebnisse Überblickt man die Ergebnisse dieser dritten Leserbefragung, so ist zu folgern, dass die deutschsprachigen Leserinnen/Leser Havelaar anders beurteilen als die Niederländer. So sind signifikante Unterschiede zwischen den Antworten sämtlicher deutschsprachigen und den niederländischsprachigen Probanden bei den Merkmalen 1,2, 6 und 7 des Differentials festzustellen. Die niederländischen Leserinnen/Leser finden Havelaar 'zuverlässiger' (u = 99.5, ζ = -2.21, ρ = .027, 2seitig), 'ausgeglichener' (u = 75.5, ζ = -2.78, ρ = .006, 2seitig), 'mutiger' (u = 115.5, ζ = -1.83, ρ = .067, 2seitig) und 'gerechter' (u = 100.5, ζ = -2.21, ρ = .027, 2seitig) als Probanden, welche die Übersetzung von Spohr gelesen haben. Weiter bestehen signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bei der Beantwortung der Fragen. Die niederländischen Probanden halten Havelaar für 'pflichtbewusster' (u = 109.5, ζ = -1.92, ρ = .0551, 2seitig) als die deutschsprachigen Probanden. Sodann fallen die Unterschiede in bezug auf 'altruistisch' bzw. 'egoistisch', 'selbstkritisch' und 'ernst' auf, auch wenn sie nicht signifikant sind, wenn man nur die selektierten Probanden beachtet. Berücksichtigt man jedoch sämtliche Probanden, die sich an den Befragungen beteiligten, ergeben sich diesbezüglich auch signifikante Unterschiede. In diesem Fallfinden die niederländischsprachigen Probanden Havelaar

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Makrostruiturelle Verschiebungen und Rezeption

signifikant 'ernster' (u = 227.5, ζ = -2.16, ρ = .031, 2seitig), 'selbstkritischer' (u = 227.5, ζ = 2.10, ρ = .036, 2seitig) und weniger 'egoistisch' (u = 203.5, ζ = -2.32, ρ = .020, 2seitig) als ihre deutschsprachigen Kollegen. Bei jeder Antwort zeigt sich, dass die niederländischen Leserinnen/Leser Havelaar positiver beurteilen als die deutschsprachigen Probanden. Dies wird namentlich auf signifikante Weise bei Fragen klar, die eine ausgeprägte positive bzw. negative Bewertung ermöglichen. Die Niederländer halten Havelaar für zuverlässiger, ausgeglichener, mutiger und gerechter als die deutschen Leserinnen/Leser. Bei der Beantwortung der Frage hinsichtlich 'impulsiv' bzw. 'bedächtig', wo eine positive oder negative Bewertung weniger eindeutig zu geben wäre, unterscheiden sie sich hingegen nicht von den deutschsprachigen Probanden. Für die Erklärung der Unterschiede zwischen den Probanden der Konditionen (1) und (2) einerseits und der Kondition (3) andererseits bieten die vorliegenden Ergebnisse keinen Anhaltspunkt. Da weder die persönlichen Variablen der Probanden noch die mikrostrukturellen Verschiebungen die Unterschiede auf Makro-Ebene erklären, ist anzunehmen, dass kulturelle Unterschiede im Spiel sind. Es wäre eine Aufgabe zukünftiger Forschung, zu untersuchen, ob historische Faktoren, z.B. Kenntnisse der niederländischen Kolonialvergangenheit, niederländische Leserinnen/Leser dazu veranlassen, die Hauptfigur jenes Buches, das schon 1860 die niederländische Kolonialverwaltung stark kritisierte, charakterlich positiver zu bewerten als die Leserinnen/Leser der beiden deutschen Übersetzungen.

8.6. Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen

8.6.1. Fragestellung im Hinblick auf Lesererwartungen bezüglich der Gattung Wie aus den vergleichenden Beschreibungen auf Makro-Ebene hervorging, wurde der Titel des Havelaar unterschiedlich ins Deutsche

Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen

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übersetzt. Analysen des ursprünglichen Textes zeigen, wie bedeutsam gerade der Titel des Havelaar ist. In seiner Analyse des Max Havelaar weist Sötemann darauf hin, 1 dass Romane aus dem 19. Jahrhundert oft aus einem Namen und einem Untertitel bestehen. Der Untertitel betont dann allerdings den fiktiven Charakter des Buches. Er passt damit in eine literarische Tradition. Kommunikationstheoretisch heisst dies, dass Titel wie Pamela, or Virtue Rewarded den Leser dazu veranlassen, die L-Konvention zu befolgen. Multatulis Untertitel scheint nun den fiktiven Charakter des Werkes zu verneinen: nach dem of folgt der Hinweis auf Kaffeeversteigerungen und der Name einer bekannten Institution, nämlich jener der Nederlandsche Handel-Maatschappij. Diese Gesellschaft organisierte sämtliche Geschäfte mit der damaligen Kolonie Nederlandsch-Indie und hatte grosse Bedeutung f ü r die niederländische Wirtschaft. Der Untertitel des Havelaar verstösst mit diesen geschäftlichen Angaben gegen die damals bestehenden Traditionen in der Literatur. Man darf nun annehmen, dass ein Titel, der von einer literarischen Tradition, und sei es eine Tradition, die der Vergangenheit angehört, abweicht, auch beim heutigen Leser andere Erwartungen hervorruft als ein Titel, der in eine literarische Tradition passt. Im ersten Teil dieser Untersuchung soll nun versucht werden festzustellen, ob die unterschiedlichen Übersetzungen des Titels zu unterschiedlichen Erwartungen hinsichtlich der Textgattung f ü h r e n .

8.6.2. Hypothese Die allgemeine Hypothese, die in der vorliegenden Untersuchung somit abzuklären ist, lautet: Verschiebungen im Titel eines literarischen Werkes, welche die literarische Konvention tangieren, verursachen Änderungen in der Rezeption. Es ist daher zu erwarten, dass die Probanden, die Spohrs Titelseite des Havelaar gelesen haben, eher eine literarische Gattung erwarten als jene, welche die Titelseite von Stromers bzw. Stücks Übersetzung rezipiert haben.

1 vgl. Sötemann 1966, Kapitel 1

254

Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

8.6.3. Versuchsanordnung Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden Befragungen mit drei verschiedenen Lesergruppen durchgeführt. Die erste Gruppe, bestehend aus 72 Personen (n = 65 nach Selektion), erhielt die folgende Titelseite (Kondition 1):

MULTATULI

MAX HAVELAAR oder Die Kaffeeauktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft

I PAUL L I S T VERLAG L E I P Z I G

255

Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen

Der zweiten Gruppe Probanden, bestehend aus 33 Leserinnen/Lesern (n = 32 nach Selektion), wurde folgende Titelseite (Kondition 2) vorgelegt:

"...·> •

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7

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MAX HAVELAAR

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Schliesslich erhielt eine dritte Gruppe Probanden, bestehend aus 32 Personen (n = 32 nach Selektion), die folgende Titelseite (Kondition 3):

256

Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Nachdem die Probanden die Titelseite gesehen hatten, wurden sie gebeten, untenstehende Fragen zu beantworten: Ich möchte von Ihnen erfahren, welche Art Text Sie auf Grund des gelesenen Titelblatts erwarten. Dabei verwende ich Begriffe, die sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergeben; die untenstehenden Textgattungen besitzen somit keinen textlinguistischen Status. Fällen Sie bitte nun die untenstehenden Fragen aus.

257

Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen

Auf Grund des gelesenen Titelblatts ist zu erwarten, dass der Text der folgenden Gattung angehört: es σ" (/I ο ET to a α. Λ a 1. Biographie

er Ρ a c. λ a

rt η Ü" Wl £ g. 2 a

5'1 3 s c/) rt

Λ t» i-l CD

β

a< Λ η er »3 a Q. α a

2. Roman 3. Tagebuch 4. Autobiographie 5. Bericht 6. Brief

8.6.4. Interpretation der Ergebnisse Welche Gattung erwarteten die Leserinnen/Leser, nachdem sie die Titelseite gelesen hatten? Die nachstehende Aufstellung zeigt pro Gruppe, welche Gattung von den Probanden erwartet bzw. weniger erwartet wurde (vgl. Beilage 18); die Reihenfolge entspricht von oben nach unten den Durschnittswerten von hoch nach tief. 1 Gruppe (i) Stück (1)Bericht (2)Roman (3)Biographie (4)Tagebuch (5 )Autobiographie (6)Brief

Gruppe (ii) Spohr Roman Biographie Autobiographie Bericht Tagebuch Brief

Gruppe (iii) Stromer Bericht Roman Biographie Tagebuch Autobiographie Brief

1 Skala: 1 = am meisten erwartet, 6 = am wenigsten erwartet

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Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

Es fällt auf, dass die Leserinnen/Leser der ersten und der dritten Gruppe ähnliche Erwartungen im Hinblick auf die Gattung des Textes haben: sie erwarten in erster Linie, dass es sich beim Havelaar um einen Bericht handeln könnte, in zweiter Linie auch um einen Roman. Dass die Gruppen (1) und (3) diesbezüglich übereinstimmen, kann durch die ähnliche Struktur des Titels verursacht werden: in beiden Übersetzungen folgen nach dem Namen und dem Wort oder geschäftliche Angaben. Offenbar hat der Untertitel die Probanden daran gehindert, die L-Konvention zu befolgen. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit Sötemanns Darlegungen zum Titel des Havelaar: der Untertitel scheint den fiktiven Charakter des Buches zu verneinen. Demzufolge erwarteten die Leserinnen/Leser in erster Linie einen Bericht und erst an zweiter Stelle erwägen sie die Möglichkeit, dass der Titel zu einem Roman gehört. Aus den Mann-Whitney-U-Tests gingen sodann die folgenden Ergebnisse hervor: Die Probanden der zweiten Gruppe erwarten signifikant weniger (für die Konditionen (1) und (2) gilt: u = 485.5, ζ = -3.70, ρ = .0002, 2seitig; für die Konditionen (2) und (3) gilt: u = 207.5, ζ = -3.71, ρ = .0002,2seitig) als ihre Kollegen der anderen Gruppen, dass es sich um einen Bericht handeln könnte. Wahrscheinlich hängt dies damit zusammen, dass der sachbezogene Teil des ursprünglichen Titels auf der Titelseite der betreffenden Übersetzung fehlt. Im Vergleich zu den Probanden der beiden anderen Gruppen erwarten die Probanden der zweiten Gruppe viel mehr, dass nach der Titelseite eine Biographie folgen würde (für die Konditionen (1) und (2) gilt: u = 520.0, ζ = -4.03, ρ = .0001, 2seitig; f ü r die Konditionen (3) und (2) gilt: u = 349.0, ζ = -2.10, ρ = .0355, 2seitig). Dies kann man im übrigen nicht für die Kategorie Autobiographie folgern, denn die Durchschnittswerte sind in sämtlichen drei Gruppen tief: sie bleiben noch unter 'einigermassen einverstanden'. An sich ist dies nicht unverständlich, denn die Titelseite erwähnt nicht nur den Titel, sondern auch den Verfasser, Multatuli. Dieser Umstand macht es wenig wahrscheinlich, dass man es mit einer Autobiographie zu tun hat. Die Probanden der zweiten Gruppe erwarten mehr als ihre Kollegen der anderen Gruppen, dass die Titelseite sich auf einen Roman bezöge (für die Konditionen (3) und (2) gilt: u = 357.5, ζ = -1.97, ρ = .0488, 2seitig). Offenbar bewirkt ein Titel, der nur aus einem Vor- und

Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen

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einem Familiennamen besteht, dass der Leser in erster Linie an eine Romanfigur denkt und als zweite Möglichkeit die Hauptperson einer Biographie ins Auge fasst. Man darf folglich annehmen, dass ein Titel wie Max Havelaar, der in eine literarische Tradition passt, den Leser veranlasst, die L-Konvention zu befolgen. Zwischen der ersten und dritten Gruppe gibt es nur geringe Unterschiede in den Erwartungen bez. der Gattung. Es lassen sich nur signifikante Abweichungen im Hinblick auf Tagebuch feststellen (für die Konditionen (1) und (3) gilt: u = 792.5, ζ = -1.99, ρ = .0463,2seitig) und Autobiographie (für die Konditionen (1) und (2) gilt: u = 630.0, ζ = -2.74, ρ = .0061, 2seitig; für die Konditionen (1) und (3) gilt: u = 816.0, ζ = -1.71, ρ = .0872, 2seitig; für die Konditionen (2) und (3) gilt: u = 228.5, ζ = -3.68, ρ = .0002, 2seitig). Es betrifft hier allerdings Gattungen, die in den Erwartungen erst an vierter bzw. f ü n f t e r Stelle erscheinen. Zwar bestehen zwischen den beiden vollständigen Titeln ebenfalls mikrostrukturelle Unterschiede, sie ähneln einander jedoch nur insofern, als sie beide von einer bestimmten literarischen Tradition abweichen, indem der Untertitel jeweils den fiktiven Charakter des Titels zu verneinen scheint. Offenbar ist dieses gemeinsame Merkmal gewichtiger als die übrigen mikrostrukturellen Unterschiede zwischen den vollständigen Titeln von Stromers und Stücks Übersetzungen: es Hessen sich nur geringfügige Unterschiede zwischen den Erwartungen der L e s e r i n n e n / L e s e r der ersten und dritten Gruppe feststellen. Die hier verwerteten Daten unterstützen die Hypothese, dass Verschiebungen in einem Titel, welche die L-Konvention tangieren, sich in der Rezeption niederschlagen.

8.6.5. Fragestellung im Hinblick auf Lesererwartungen bezüglich der Textmerkmale Der vollständige Titel des Havelaar kann somit beim Leser Zweifel hervorrufen, ob er einen fiktiven oder einen tatsachenbezogenen Text zu erwarten hat. Sötemanns Analysen zeigen, dass die weiteren einleitenden Texte des Buches ebenfalls von einer Spannung zwischen 'Fiktion' und 'Wirklichkeit' gekennzeichnet werden. Das Wechselspiel zwischen 'tatsächlicher' und 'fiktiver Wirklichkeit' kann sich in der Konfrontation

260

Makrostrukturelle Verschiebungen und Rezeption

mit den Normen des Lesers als ironisch erweisen. Eines der Mittel, die Multatuli verwendete, um diesen Effekt zu bewirken, ist laut Sötemann der Doppeltitel. 1 Ziel des zweiten Teils der vorliegenden Untersuchung ist es, zu überprüfen, ob sich die von Sötemann beschriebenen Erscheinungen in der Rezeption des Titels nachweisen lassen. Wie aus den Beschreibungen hervorging, weist Stücks Übersetzung am wenigsten mikrostrukturelle Verschiebungen auf. Es ist daher zu erwarten, dass Leserinnen/Leser seiner Übersetzung am meisten Sötemanns Ansichten teilen.

8.6.6. Hypothesen Die diesbezüglichen Hypothesen lauten somit: Stücks Übersetzung des Titels, nämlich Max Havelaar oder Die Kaffeeauktionen der Niederländischen Ηandelsgesellschaf t, wird die Leserinnen/Leser über den fiktiven bzw. tatsachenbezogenen Charakter des Werkes stärker in Ungewissheit lassen als die Übersetzungen von Spohr oder Stromer. Sodann werden die Leserinnen/Leser der Stückschen Übersetzung mehr als die Leserinnen/Leser der anderen Übersetzungen einen humoristischen, kritischen und ironischen Text erwarten.

8.6.7. Versuchsanordnung Zur Überprüfung dieser Hypothesen wurden die Probanden der drei erwähnten Gruppen (Konditionen 1, 2 und 3) gebeten, untenstehende Fragen zu beantworten. Weiter ist zu erwarten, dass der Text folgende Merkmale aufweist:

1 vgl. Sötemann 1966, Kapitel 1

261

Übersetzte Buchtitel und Lesererwartungen

f» 3 σ* ζ/1 ο rt > t ei* vc* > »3 a α. 13

Λ V) Λ Β Ö* < >1 f» »1 ν> Ι-* » aCL η

Β

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285 TO η

() () () () () () () () () ()

Daraufhin erhielten die Gruppen unterschiedliche Informationen. Der ersten Gruppe, bestehend aus 33 Personen (n = 32 nach Selektion), wurde in Kondition (1) folgendes mitgeteilt: Angaben zum Text Der untenstehende Text aus dem Jahre 1860 stammt vom niederländischen Schriftsteller Multatuli. Ein bekannter Verlag hat vor, einen Band Übersetzungen von niederländischen Kurzgeschichten herauszugeben. Vorher möchte er aber abklären, wie die Leser die Texte beurteilen. Aus diesem Grund bitte ich Sie höflich, die Kurzgeschichte Der japanische Steinmetz zweimal zu lesen und anschliessend die Fragen zu beantworten. Die zweite Gruppe, bestehend aus 31 Personen (n = 29 nach Selektion), erhielt in Kondition (2) folgende Information: Angaben zum Text Der untenstehende Text aus dem J a h r e 1860 stammt vom in Vergessenheit geratenen deutschen Schriftsteller Ernest Stern. Ein bekannter Verlag hat vor, die gesammelten Kurzgeschichten Sterns neu heraus-

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Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

zugeben. Vorher möchte er aber abklären, wie die Leser sein Werk beurteilen. Aus diesem Grund bitte ich Sie höflich, die Kurzgeschichte Der japanische Steinmetz zweimal zu lesen und anschliessend die Fragen zu beantworten. Danach wurden die Probanden gebeten, den untenstehenden Text aus dem Havelaar, die Parabel vom Japanischen Steinmetze zu lesen. Der japanische Steinmetz Es war einmal ein Mann, der Steine schlug aus den Felsen. Seine Arbeit war sehr schwer, und er arbeitete viel, aber sein Lohn war gering, und er war nicht zufrieden. Er seufzte, weil seine Arbeit so schwer war. Und er rief: Ach wäre ich doch reich, damit ich auf einem Ruhebett aus Bambus ruhen könnte mit Vorhängen von roter Seide. Und da kam ein Engel vom Himmel, der sprach: Dir geschehe, wie du gesagt hast. Und er war reich. Und er ruhte auf einem Ruhebett aus Bambus, und die Vorhänge waren von roter Seide. Und der König seines Landes zog vorüber, Reiter zogen vor seinem Wagen her. Und auch hinter dem Wagen waren Reiter, und ein goldener Sonnenschirm wurde über das Haupt des Königs gehalten. Und als der reiche Mann das sah, verdross es ihn, dass nicht über sein Haupt ein goldener Sonnenschirm gehalten wurde. Und er war nicht zufrieden. Er seufzte und rief: Ich möchte König sein. Und da kam ein Engel vom Himmel, der sprach: Dir geschehe, wie du gesagt hast. Und er war König. Und vor seinem Wagen ritten viele Reiter, und hinter seinem Wagen zogen ebenfalls Reiter, und ein goldener Sonnenschirm wurde über sein Haupt gehalten. Und die Sonne schien mit heissen Strahlen und versengte die Erde, dass das junge Gras verdorrte. Und der König klagte, dass die Sonne ihm das Gesicht verbrannte und Macht über ihn hatte. Und er war nicht zufrieden. Er seufzte und rief: Ich möchte die Sonne sein.

Bezeichnung des Textes als Übersetzung

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Und da kam ein Engel vom Himmel, der sprach: Dir geschehe, wie du gesagt hast. Und er war die Sonne. Und er sandte seine Strahlen nach oben und nach unten, nach rechts und nach links und nach allen Seiten. Und er versengte das junge Gras auf der Erde und das Gesicht der Fürsten auf der Erde. Und eine Wolke schob sich zwischen die Erde und ihn, und die Sonnenstrahlen prallten an ihr zurück. Und er wurde zornig, dass sich etwas seiner Macht widersetzte, und klagte, dass die Wolke Macht über ihn hatte, und er war nicht zufrieden. Er wollte die Wolke sein, die so mächtig war. Und da kam ein Engel vom Himmel, der sprach: Dir geschehe, wie du gesagt hast. Und er wurde eine Wolke und stellte sich zwischen die Sonne und die Erde und fing die Strahlen auf, so dass das Gras grün wurde. Und die Wolke regnete in grossen Tropfen auf die Erde und liess die Flüsse schwellen, und Überschwemmungen rissen die Herden mit sich fort. Und er verwüstete das Feld mit gewaltigen Wassermassen. Und er fiel nieder auf einen Felsen, der nicht wich. Und er sandte immer mehr Regen hernieder, doch der Fels wich nicht. Und er wurde zornig, weil der Fels nicht weichen wollte und die Stärke seiner Wasserströme vergeblich war. Und er war nicht zufrieden. Er rief: Diesem Felsen ist Macht gegeben über mich. Ich möchte dieser Felsen sein. Und da kam ein Engel vom Himmel, der sprach: Dir geschehe, wie du gesagt hast. Und er wurde ein Fels, und er bewegte sich nicht, wenn die Sonne schien, auch nicht, wenn es regnete. Und da kam ein Mann mit einer Spitzhacke und mit einem spitzen Meissel und mit einem schweren Hammer, der Steine aus dem Felsen schlug. Und der Fels sagte: Wie kommt es, dass dieser Mann Macht über mich hat und Steine aus meinem Schoss schlägt? Und er war nicht zufrieden. Er rief: Ich bin schwächer als dieser ..., ich möchte der Mann sein. Und da kam ein Engel vom Himmel, der sprach: Dir geschehe, wie du gesagt hast.

288

Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

Und er war ein Steinmetz. Er schlug Steine aus dem Felsen in harter Arbeit, und er arbeitete schwer für wenig Lohn, und er war zufrieden. Anschliessend wurde um die Beantwortung der untenstehenden Fragen gebeten. 1. Haben Sie diese Erzählung mit Vergnügen gelesen? mit sehr viel Vergnügen mit Vergnügen weder mit noch ohne Vergnügen ohne Vergnügen ohne jegliches Vergnügen 2. Wie fanden Sie die Erzählung? sehr gut gut weder gut noch schlecht nicht gut sehr schlecht 3. Es lohnt sich, die Erzählung in den vom Verlag geplanten Band aufzunehmen, völlig einverstanden einverstanden weiss nicht genau nicht einverstanden gar nicht einverstanden

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9.2.4. Interpretation der Ergebnisse Man darf vermuten, dass Probanden eine Veröffentlichung der Geschichte lohnend finden, wenn sie sie mit Vergnügen gelesen haben und sie gut fanden. Die Antworten auf das Total der Fragen wird somit die Bewertung der Probanden darstellen. Aus der Analyse der Antworten geht, wie Beilage (20) zeigt, tatsächlich hervor, dass die Anworten auf die obenstehenden Fragen für beide Gruppen rund bzw. über .40 korrelieren. Sie können somit laut der Regel von Swamborn zusammengenommen werden.

Erläuterungen zum Verfasser

289

Bei der ersten Gruppe, die wusste, dass der Text übersetzt war (Kondition 1), ist zwischen einer Vorliebe für übersetzte Literatur und der Bewertung des Textes eine negative Korrelation zu erwarten. Dies ist sowohl für die totale Bewertung als auch für die einzelnen Anworten auf die Fragen nach der Bewertung zu erwarten. Bei der zweiten Gruppe, die annimmt, dass der Text ursprünglich deutsch ist (Kondition 2), sind, im Vergleich zur ersten Gruppe, zwischen einer Vorliebe für übersetzte Literatur und der Bewertung des Textes höhere Korrelationen zu erwarten. Auch in diesem Fall kann man dies für die totale Bewertung wie für die einzelnen Fragen nach der Bewertung annehmen. Zur Überprüfung dieser Erwartungen wurden Spearmansche Korrelationen berechnet. Wie Beilage (20) zeigt, ergaben sich keine signifikanten Korrelationen. Ein z-Test zur Überprüfung der Unterschiede zwischen den Korrelationen der Konditionen (1) und (2) ergab ebensowenig signifikante Unterschiede. In Kondition (2) treten wie erwartet die Korrelationen im O-Bereich auf; die vorhergesagten Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Die in dieser Untersuchung verwerteten Daten bestätigen somit die Hypothese nicht. Eine aus den Daten abgeleitete Tendenz stünde eher im Widerspruch zu den Erwartungen.

9.3. Erläuterungen zum Verfasser

9.3.1. Fragestellung Texte auf Umschlägen von literarischen Werken mit Informationen über den Verfasser und sein Werk sind heutzutage eher Regel als Ausnahme. Für Übersetzungen trifft dies besonders zu. Ausser erläuternden Texten auf Buchumschlägen enthalten sie zudem häufig weitere Erläuterungen des Übersetzers oder Herausgebers in Vor- bzw. Nachworten. Das ist verständlich, denn der Leser, der sich dazu entscheidet, ihm unbekannte, übersetzte Literatur zu lesen, wird es in der Regel schätzen, sich über den ursprünglichen Autor zu informieren. Umgekehrt können Informationen

290

Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

über einen bis dahin unbekannten as Produzenten einen zs Leser veranlassen, einen seiner Texte als Übersetzung zu lesen. Zwar kommt einer Fragestellung zur Relevanz von Vorkenntnissen bei den Rezipienten über den Verfasser eines Textes eine generelle Bedeutung zu, jedoch erhält sie aus den angeführten Gründen f ü r die Rezeption von Übersetzungen einen besonderen Stellenwert. In der vorliegenden Untersuchung soll abgeklärt werden, ob die Kenntnis über den as Produzenten Einfluss auf die zs Rezeption ausübt. Zuerst wurde dazu eine Pilot-Untersuchung durchgeführt.

9.3.2. Versuchsanordnung der Pilot-Untersuchung An dieser Untersuchung nahmen 22 Leser teil, die den Schriftsteller Multatuli nicht kannten. Alle waren Studenten des sechsten Semesters der Übersetzungs- und Dolmetscherschule Zürich. Die Probanden erhielten zuerst Informationen über Multatuli, nachher bekamen sie einen Text aus dem Max Havelaar mit Fragen. Als Information über Multatuli erhielten 11 Probanden (n = 11) den untenstehenden Text, der dem Umschlagtext der Leipziger MaxHavelaar-Ausgabe aus dem Jahre 1972 (Kondition 1) entnommen wurde: D e r n i e d e r l ä n d i s c h e Kolonialbeanite E d u a r d D o u w e s D e k ker ^ 1 8 2 0 - 1 8 8 7 ) h a l t e als Assistent-Resident in Ainboina auf J a v a v e r s u c h t , das L e b e n der E i n g e b o r e n e n zu verbessern u n d m e n s c h l i c h zu gestallen. A l l e seine B e m ü h u n g e n w u r den jedoch vereitelt, u n d völlig· v e r a r m t und erbittert k c l i i l e DekkerschlieUlich wieder nach E u r o p a z u r ü c k und entschloß s i c h , u n t e r dem D i c h t e r i i a m e i i M u l t a t u l i , die schamlose Unt erd r ü c k u n g u n d A u s b e u t u n g des j a v a n i s c h e n Volkes a n z u p r a n gern.

So e n t s t a n d der autobiographische R o m a n „ M a x Havelaar", der zu den bedeutendsten W e r ken der n i e d e r l ä n d i s c h e n L i t e r a t u r zählt. D e r Autor führt zwei Gestalten ein, a n h a n d deren L e b e n s s t a tionen u n d H a l t u n g e n er seine Absiteht, e i n e korrupte, s k r u pellose und h e u c h l e r i s c h e Kol o n i a l v e r w a l t u n g zu e n t l a r v e n , d u r c h f ü h r e n k a n n . I n der F i g u r des R a i a v u s Droogstoppel lernt der L e s e r einen holländischen K a u f m a n n j e n e r Zeit k e n n e n , der i n selbstgerechter, d u m m s t o l z e r W e i s e seine

Erläuterungen zum Verfasser

L e b e n s m a x i m e n preist, zu den e n „ W a h r h e i t s l i e b e " gehören, „Menschenfreundlichk e i t " u n d „ g e s u n d e r Mens c h e n v e r s t a n d " . Die B e k e n n t nisse Droogstoppels e n t l a r v e n die , , h u m a n i s t i s c h e n " b ü r g e r l i c h e n L e b e n s g r u n d s ä t z e als pure Heuchelei. Dem gegenü b e r s t e h t Max H a v e l a a r als ein M e n s c h voller e h r l i c h e r G ü t e u n d Ideale. E r m u ß i m n i e d e r ländischen Kolonialdienst genauso scheitern, wie E d u a r d Douwes D e k k e r selbst scheitern m u ß t e . N e b e n der r e i n e n Anklage verfolgt der D i c h t e r aber a u c h die Absicht, beim europäischen Leser V e r s t ä n d nis f ü r das javanische Volk, f ü r die exotische S c h ö n h e i t u n d E i g e n t ü m l i c h k e i t der Insel zu wecken. F ü r M u l t a t u l i ist der

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Javaner m e h r als n u r e i n „Kaffee- u n d Z u c k e r w e r k z e u g " er ist f ü r i h n ein g l e i c h b e r e c h tigter Mensch. D e r R o m a n ist f ü r d e n h e u t i g e n Leser n i c h t n u r von histor i s c h e m Interesse. I m Z e i t a l t e r des m o d e r n e n Neokolonialism u s , i n dem der Kapitalismus e r n e u t u n t e r der scheinheilig e n Maske der „ H u m a n i t ä t " in e h e m a l s a b h ä n g i g e n S t a a t e n FuΠ zu fassen s u c h t , erweisen sich alle u n d n e u e P r a k t i k e n der A u s b e u t e r g e s e l l s c h a f t i m G r u n d e n u r als v e r s c h i e d e n e V a r i a n t e n einer Methodik. Ereilich sind der E r k e n n t n i s M u l t a t i d i s aus seiner Zeit h e r aus G r e n z e n gesetzt. Das f u n dierte N a c h w o r t von Prof. G e r h a r d W o r g t erschließt d e n Rom a n aus h e u t i g e r Sicht.

Die übrigen 11 Probanden (n = 11) bekamen folgende Ausschnitte aus Willem Enzincks Nachwort des 1965 in Zürich erschienenen Max Havelaar als Information über Multatuli (Kondition 2): Auf Sumatra angekommen, wird er als Kontrollbeamter nach Natal geschickt, in ein Gebiet, in dem Aufstände der unzufriedenen Bevölkerung au der Tagesordnung waren und in dem Midlich gerade ein wenig für Ruhe gesorgt hatte. Außerdem gab es nicht nur Intrigen unter den eingeborenen Regenten, sondern auch gegen die niederländischen Machthaber, und auch die Stimmung unter den höheren niederländischen Verwaltungsbeamten war alles andere als zufriedenstellend. Nicht verwunderlich, daß Dekker dem Einfluß dieser Atmosphäre erliegt. Hinzu kommt, daß seine Arbeit schwierig ist und viele Reisen ins Innere des Landes erfordert. Diese Umstände, neben seiner angeborenen Nonchalance in Gelddingen, lassen ihn fahrlässig gegenüber der Verwaltung werden. Mehrere Male wird er deshalb verwarnt, bis 1843 eine Untersuchung eingeleitet wird, die zur Folge hat, daß

292

Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

er in- Padang festgesetzt und im Januar 1844 wegen «Veruntreuung von Verwaltungsgeldern» einige Zeit seines Amtes enthoben wird, obwohl, wie sich herausstellte, einzig seine Nachlässigkeit die Ursache war, daß seine Abrechnungen nicht stimmten. Dekker wurde damals in Anwesenheit von Michiels interniert, ohne irgendwelche Zuwendungen zu erhalten, und da er durch seine Charakteranlagcn, durch sein Benehmen und sein Auftreten immerhin weit über dem Niveau seiner mittelmäßigen Kollegen stand, bedeutete das für ihn eine tiefe Erniedrigung. Sie nannten ihn den «Narren» oder den «exzentrischen Lord» wegen der Duelle, zu denen er mit seinem aufbrausenden Temperament und seinem schnell verletzbaren Selbstbewußtsein oder auch wohl wegen seiner sehr großen Empfindsamkeit vermeintliche Gegner herausforderte. (Es wird von ihm erzählt, daß er beispielsweise einmal in seiner Kontrolleuruniform seinem Hündchen in den Kalong [Fluß] nachgesprungen sei, weil er fürchtete, daß es von Krokodilen im Fluß verschlungen werden könnte.) In diesen Jahren der Armut, der Unsicherheit und der Mißachtung unternahm er seinen ersten ernsthaften literarischen Versuch und schrieb das Buch «Jongelingsdromen», das er schon in Batavia begonnen hatte. 184s kehrte er nach Datavia zurück; inzwischen genießt er eine Entschädigung. Im September dieses Jahres verlobte er sich mit Everdine Baronin von Wijnbergcn (Tinc iin «Havelaar»). Er schricb ihr: «Kein Beruf würde mir so liegen wie der eines Schriftstellers, das heißt, wenn ich mich erst ein paar Jahre darin versucht hätte und ich mich ihm dann ganz widmen könnte.» In Pocrwakarta muß er sich dann dem stellvertretenden Regierungschef zur Verfügung stellen, w o durch seine zeitliche Enthebung aus dem Amt faktisch wieder aufgehoben ist. Inzwischen versucht er alles, um seine Heirat zu beschleunigen, denn die Familie seiner zukünftigen Frau äußerte Bedenken gegen die Verbindung, da sie von seinen früheren finanziellen Nachlässigkeiten erfahren hatte. Im April 1846 kommt die Ehe mit Tinc zustande, die so vielen inneren und äußeren Schwierigkeiten wird standhalten müssen. Schon im darauffolgenden

Erläuterungen zum Verfasser

293

M o n a t w i r d D e k k c r zum Regicrüngsbc.imtcn in Pocrw o r e d j o in Mittel-Java ernannt.

Anschliessend erhielten alle Versuchspersonen den nachstehenden Text aus dem Max Havelaar: «Batavia, den 23. Mai 1S56 Exzellenz! Mein durch Missive vom 28.Februar von Amts wegen gestelltes Ursachen, in Ansehen der Lehakschcn Sachen gehört zu werden, ist ohne Erfolg geblieben. Ebenso haben Euer Exzellenz nicht beliebt, meinem wiederholten Ersuchen um Audienz Folge zu geben. Euer Exzellenz haben also einen Beamten, dessen (Dienste günstig bei dem Gouvernement aufgenommen sind) - das sind Euer Exzellenz eigene Worte! - Jemanden, der siebzehn Jahre dem Lande in diesen Breiten diente, jemanden, der nicht allein nichts verbrochen, sondern gar mit ungewöhnlicher Selbstverleugnung das Gute verfolgte und für Ehre und Pflicht alles feil hatte... so jemanden haben Euer Exzellenz noch unter den Verbrecher gestellt. Denn den hört man zum mindesten. Daß man Euer Exzellenz betreffs meiner irregeführt hat, begreife ich. Doch daß Euer Exzellenz nicht die Gelegenheit angenommen haben, dieser Irreführung zu entgehen, begreife ich nicht. Morgen gehen Euer Exzellenz von hier, und ich mag selbe nicht verziehen lassen, ohne noch einmal gesagt zu haben, daß ich meine Pflicht getan habe, ganz und gar meine Pflicht, mit Einsicht, mit Bescheidenheit, mit Menschlichkeit, mit Milde und mit Mut. Die Gründe, die die Mißbilligung in Euer Exzellenz Kabinettsmissive vom 23. März zur Basis hat, sind durchweg erdichtet und lügenhaft. Ichkanndieses beweisen, und es wäre bereits geschehen, wenn Euer Exzellenz mir eine halbe Stunde Zeit hätten finden können, um recht zu tun! Dies ist nicht so gewesen! Eine ehrenwerte Familie ist dadurch an den Bettelstab gebracht... Gleichwohl, hierüber klage ich nicht. Doch Euer Exzellenz haben sanktioniert: Das System von Gewaltmißbrauch, von Raub und Mord, unter dem der arme Javaner gebeugt geht... und darüber klage ich. Das schreit zum Himmel! Es klebt Blut an den angesammelten Geldern Ihres also empfangenen indischen Soldes, Exzellenz!

294

Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

Noch einmal bitte ich um einen Augenblick Gehör, sei es diese Nacht, sei es morgen früh! Und wiederum fordere ich dieses nicht für mich, sondern um der Sache willen, die ich vertrete, der Sache der Gerechtigkeit und Menschlichkeit, die gleichzeitig die Sache wohlerfaßter Politik ist. So Euer Exzellenz es mit Ihrem Gewissen vereinbaren können, von hier zu verziehen, ohne mich zu hören: das meinige wird beruhigt sein bei der Überzeugung, alle Möglichkeiten angewendet zu haben, um den traurigen, blutigen Geschehnissen vorzubeugen, die alsbald die Folge sein werden der selbstgewollten Unkunde, in der die Regierung hinsichtlich dessen gelassen wird, was in der Bevölkerung umgeht. Max

Havelaar.»

Daraufhin wurden die Probepersonen gebeten, folgende Fragen zum Havelaar-Text zu beantworten: 1) Welche politische Bedeutung hat der Text? 2) Was ist das Anliegen des Verfassers?

9.3.3. Interpretation der Ergebnisse der Pilot-Untersuchung Die Antworten zur ersten Frage Hessen sich in sechs verschiedene Kategorien unterteilen, wovon eine 'Anti-Kolonialismus' resp. 'NeoKolonialismus' war. Es betraf sämtliche Antworten, die besagten, dass die politische Bedeutung des Textes als 'anti-kapitalistisch' resp. 'neokolonialistisch' einzustufen sei. Anschliessend wurde eine Chi-QuadratAnalyse durchgeführt. Wie aus Beilage (21) hervorgeht, fassten vier Probanden, welche die Leipziger Information erhalten hatten, den Havelaar-Text als 'antikolonialistisch' auf. Zwar kann ihre Beurteilung von den Informationen über den Verfasser beeinflusst sein, statistisch ist das Ergebnis jedoch nicht abgesichert. Eine Bewertung wie 'Neo-Kolonialismus' hingegen, ein Wort, das weder in dem im Jahre 1860 zum ersten Mal veröffentlichten Max Havelaar noch in den später erschienenen deutschen Übersetzungen vorkommt, muss der Leipziger Kommentar wohl ausgelöst haben, auch wenn dies statistisch nicht belegt ist. Bei der Auswertung der zweiten Frage liessen sich die Antworten der Probanden ebenfalls in sechs Gruppen kategorisieren, wovon eine 'Versuch, eigene Rechte herzustellen' hiess. Es betraf hier folglich

Erläuterungen zum Verfasser

295

versuchte, auf seinen eigenen Rechten zu bestehen. Die Antworten wurden wieder mit dem Chi-Quadrat-Test analysiert. Es stellte sich heraus, dass die Rezipienten des Zürcher Max Havelaar signifikant mehr als die Leser der Leipziger Edition die Meinung vertraten, dass der zitierte Text aus dem Havelaar einen Versuch darstellt, die eigenen Rechte herzustellen. Dieses Ergebnis ist, wie aus Beilage (15) hervorgeht, statistisch stark gesichert. Die vorliegende Pilot-Untersuchung zeigt, dass die Probanden in ihrem Urteil des Max-Havelaar-Textes von den vorher gelesenen Informationen beeinflusst wurden.

9.3.4. Hypothese In einer umfassenderen Untersuchung sollte dieses Ergebnis näher überprüft werden. Die allgemeine Hypothese lautet: Informationen über den as Produzenten beeinflussen die Rezeption der zs Leser. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung kann man erwarten, dass die Leser der Leipziger Edition eher der Meinung sind, dass Havelaar sich gegen Kolonialismus wehrt, während die Leser der Zürcher Edition vermehrt annehmen, dass Havelaar seine eigenen Rechte herstellen möchte.

9.3.5. Versuchsanordnung An dieser Untersuchung beteiligten sich zwei ähnlich zusammengesetzte Gruppen Probanden. Die erste Gruppe, bestehend aus 30 Personen (n = 28 nach Selektion), erhielt die Leipziger Informationen über Multatuli (Kondition 1), die zweite Gruppe, bestehend aus 28 Probanden (n = 27 nach Selektion), die Zürcher Erläuterungen (Kondition 2). Anschliessend bekamen alle Probanden, wie bei der Pilot-Untersuchung, den gleichen Text aus dem Havelaar. Sie wurden diesmal gebeten, Fragen zu beantworten. Diese Fragen ersetzten die offenen Fragen der Pilot-Untersuchung. Es war anzukreuzen, in welchem Masse man mit den Aussagen über den Havelaar-Text einverstanden war. Es handelt sich um untenstehende Aussagen, die auf den Anworten der offenen Fragen der Pilot-Untersuchung basieren:

296

Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

Ich bitte Sie, anzukreuzen, in welchem Masse Sie mit den untenstehenden Aussagen über die Absichten des Briefverfassers, der Romanfigur Max Havelaar, einverstanden sind. 1. Max Havelaar versucht mit dem Brief, seine eigenen Rechte herzustellen. völlig einverstanden einverstanden weiss nicht genau nicht einverstanden gar nicht einverstanden 2. Max Havelaar protestiert mit seinem Brief gegen den Kolonialismus. völlig einverstanden einverstanden weiss nicht genau nicht einverstanden gar nicht einverstanden 3. Max Havelaar versucht mit seinem Brief, den Javanern zu helfen. völlig einverstanden einverstanden weiss nicht genau nicht einverstanden gar nicht einverstanden 4. Max Havelaar protestiert mit seinem Brief gegen den Neo-Kolonialismus, völlig einverstanden einverstanden weiss nicht genau nicht einverstanden gar nicht einverstanden

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9.3.6. Interpretation der Ergebnisse Die Antworten wurden, wie Beilage (21) zeigt, mit einem Mann-WhitneyU-Test analysiert. Eine Häufigkeitsverteilung bez. der Wahl der Antwortmöglichkeiten ergibt, dass die Probanden nur in geringem Masse die mittlere Kategorie angekreuzt haben. Dies bedeutet, dass sie meistens eine klare Meinung über die vorgelegten Aussagen hatten. Die

Erläuterungen zum Verfasser

297

Ansicht über die Motive des Briefverfassers ist bei den Probanden der beiden Gruppen ähnlich: die Mehrheit der Leser glaubt, dass er den Javanern helfen möchte. Weniger einig sind sich die Probanden über die Frage, ob der Verfasser des Briefes gegen den Neo-Kolonialismus protestiert. Die Leser, welche die Leipziger Informationen gelesen hatten, lehnen diese Möglichkeit in einem signifikant höheren Masse ab (u = 244.5, ζ = -2.34, ρ = .0193,2seitig) als die Probanden der zweiten Gruppe. Es ist schwierig, dieses Ergebnis zu interpretieren. Gerade die erste Gruppe hatte vorher die Information erhalten, dass der Havelaar auch heute, 'im Zeitalter des modernen Neo-Kolonialismus', von Interesse ist. Vielleicht haben diese Erläuterungen die Probanden veranlasst, ausgeprägter als ihre Kollegen der Zürcher Gruppe Stellung gegen die Aussage der vierten Frage zu nehmen. Damit der Zusammenhang der individuellen Antworten ermittelt werden konnte, wurden für die beiden Gruppen Spearmansche Korrelationskoeffizienten berechnet. Die Korrelationen sind im allgemeinen niedrig und nicht signifikant. Dies deutet darauf hin, dass die Probanden die Fragen als genügend unterschiedlich rezipiert haben. Es lässt sich nur eine signifikante negative Korrelation (r = .3170, ρ = .055) feststellen, und zwar zwischen der ersten und zweiten Frage bei der Zürcher Gruppe. Dies würde bedeuten, dass bei einem fast signifikanten Teil dieser Gruppe (a = .05) die Meinung vorherrscht, dass der Verfasser des Briefes nicht beide Ziele, nämlich gegen den Kolonialismus zu protestieren und gleichzeitig zu versuchen, die eigenen Rechte wiederherzustellen, verfolgte. Zählt man jene Probanden mit, welche die Frage nach der Muttersprache nicht beantwortet hatten, ergibt sich ein signifikanter Korrelationswert (r = .3430, ρ = .037), der das Signifikanzniveau von 5 % tatsächlich erreicht. Die Erwartung, die Leser der Zürcher Edition seien eher der Meinung, der Verfasser des Briefes möchte die eigenen Rechte herstellen, wird nicht bestätigt. Dies widerspricht folglich den Ergebnissen der Pilot-Untersuchung. Möglicherweise ist diese Abweichung auf die unterschiedliche Versuchsanordnung zurückzuführen: in der Pilot-Untersuchung wurde mit Hilfe der offenen Fragen weniger eindeutig nach dem 'Anliegen des Verfassers' gefragt. In der zweiten Untersuchung bezogen sich die Fragen unmissverständlich auf den Verfasser des Briefes.

298

Metatextuelle Verschiebungen und Rezeption

Die Reaktionen auf die Aussage zum 'Kolonialismus' bestätigen allerdings die oben formulierte Erwartung. Es lässt sich diesbezüglich ein signifikanter Unterschied (u = 242.0, ζ = -2.44, ρ = .0147, 2seitig) zwischen den beiden Gruppen Probanden feststellen. Von den Lesern der Leipziger Edition waren 75 % der Auffassung, dass der Text einen Protest gegen den Kolonialismus darstellt, während von den Lesern der Zürcher Ausgabe nur 44 % diese Meinung vertraten. Man darf folgern, dass die erste Gruppe mehrheitlich mit dem von ihr gelesenen einleitenden Text einverstanden war. In dieser Hinsicht hat die Information über den Verfasser des as Buches die zs Rezeption beeinflusst. Dieses Ergebnis bestätigt somit die Hypothese.

9.4. Anmerkungen des Übersetzers

9.4.1. Fragestellung In der vorliegenden Untersuchung steht die Problematik von Anmerkungen eines Übersetzers in einem literarischen zs Text im Mittelpunkt. Haben Anmerkungen des Übersetzers Einfluss auf die Rezeption? Es ist zu erwarten, dass der zs Leser Anmerkungen für nützlich hält, wenn die Übersetzung für ihn unklar ist; umgekehrt wird der zs Leser Anmerkungen als überflüssig einstufen, wenn die Übersetzung an sich schon klar ist. Sodann darf man auf Grund der kommunikationstheoretischen Darlegungen des 3. Kapitels annehmen, dass Anmerkungen eines Übersetzers den zs Rezipienten dazu veranlassen, die T-Konvention anstelle der L-Konvention zu befolgen. Wird dieser Wechsel als störend empfunden, und wenn dies zutrifft, hat dies Einfluss auf die Rezeption?

9.4.2. Hypothesen Die obenstehenden Überlegungen führen zu folgenden Hypothesen: (i) Anmerkungen des Übersetzers verursachen, dass ein zs Leser die Übersetzung niedriger bewertet, wenn er die Anmerkungen für überflüs-

Anmerkungen des Übersetzers

299

sig hält; Anmerkungen des Übersetzers verursachen, dass ein zs Leser die Übersetzung höher bewertet, wenn er die Anmerkungen für notwendig hält. (ii) Anmerkungen des Übersetzers verursachen, dass ein zs Leser die Übersetzung niedriger bewertet, wenn er die Anmerkungen als störend empfindet; Anmerkungen des Übersetzers verursachen, dass ein zs Leser die Übersetzung höher bewertet, wenn er die Anmerkungen nicht als störend empfindet.

9.4.3. Versuchsanordnung Zur Überprüfung dieser Hypothesen wurde eine Gruppe von 50 Probanden (n = 49 nach Selektion) gebeten, untenstehenden Text, der Anmerkungen des Übersetzers aufweist (Kondition 1), zu lesen.

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Beilage 7

6ewoljnt »erben. {φ »eig, bag Biel ®ute* ift in ©antan=*ibuT! «6er ηίφΐ ijteium allein toar mein Act) erfreut. Denn ouodj wo U n r e s t ift, ba ift er fern, unb ber Übeltäter öerbirgt ftd) cor feinem Slntlife, »eil er bie ©träfe fürchtet. llnb ber £ e r r 31 b ^ i p a t t i , ber R e g e n t ift öon © ü b * J B a n t a m , wiU, ba§ ieber lebe, ber nach bem ©uten tradjtet, unb bafj feine ©chanbe fei über bem Sanbftrich, ber feine «Regeiitfcbaft i f t Unb id), ber geftera ben aEmäd)tigen ©ott §um beugen nahm, bafj idj redjtf Raffen t'etn werbe unb langmütig, bafc td) recht thun werbe fonber gurcfjt unb fonber &afj, bafj id) ein , guter 2lbfiftent=iRefibent' fein werbe — audi) id) wünfdje ju thun, Wag m e i n e Sßflidjt ift. Häupter öon Sebaf! ©ag Wünfdjen w i r alle. Slber w e n n einige unter un§ wären, bie ihre Pflicht öer« wahrlofien für ©ewinn, bie bag Stecht üerfauften für ©elb, bie ben 93üffel beg Firmen nähmen, unb bie grüdjte, bie bem hungrigen geboren, — w e r foC fte ftrafen? SBenn einer öon eudj eg w ü ß t e , er würbe eg f j i n b e r n , unb ber Regent Würbe eg n i c h t b u l b e n , bafj fo etwag ge= fchehe in feiner SRegentfdjaft, unb a u d) id) Werbe bagegen Eintreten, wo id) fann; aber wenn W e b e r ihr noch ber Slbbiöatti nod) id) eg wüfjte . . . . ? Häupter öon Sebaf! wer foil bannSftedjt üben in Santans ffiibul? Jpört auf mich, id) werbe euch fagen, Wie bann wirb 9ted)t geförodien werben. @g f ommt eine Seit, ba unfere grauen unb Sinber Weinen Werben, inbem fte unfer Xotengewanb bereiten, unb bie 33or» Übergebenben föredjen werben: ba ift ein ÜRenfcf) geftorben. φ α η η wirb, wer in ben Dörfern anfommt, 9?adjric|jt bringen öon bem $obe beg Sftanneg, ber geftorben ift, unb wer ihn beherbergt, Wirb fragen: wer War ber SKann, ber ge* ftorben ift ? @r war gut unb reditfchaffen. @r fpradj redjt unb ber= ftiefj ben Slageführenben nic^t öon feiner Shjür. ©t hörte gebulbig an, wer ju ihm fam, unb gab jurücf, wag genommen war. Unb wer ben Sßflug nidjt treiben fonnte burdj ben ©rbboben, weil ihm ber SBüffel aug bem ©taK geholt war, bem half er fudjen nach bem Düffel. Unb wo bie Tochter war geraubt aug bem &aufe ber ÜDZutter, ba fudjte er ben

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Mischkes Übersetzung ©teb uitb brachte bie S o f t e r mieber. llnb too gearbeitet mar, hielt ex ben Sohn nidjt §urücf, unb er nahm bxe g r ü ß t e nidjt benen, bte ben Sßaunt gepflanjt Ratten, llnb e t fleibete fid) nicht mit bem bleibe, bag anbete bedten Tollte, uttb nährte ftch nicht mit Sbetfe, bie bem Firmen gehört. Φαηη toirb man fagen in ben D ö r f e r n ; 2lHah ift grofj, 2Utab hat ihn j u ftdj genommen, fein SBtHe gefdjehe; eg ift ein guter SÖienfc^ geftorben. 216er ein anbermal mirb bet 33orübergebenbe ftiUftehen bor bem i i a u f e u n b fragen: Sßag ift bag, bafe bet ©amlang fdjmeigt unb ber ©efang ber SRäbdjen? Unb toteberum rotrb man fagen: ®8 ift ein SRann geftorben. Unb » e r berumreift in ben D ö r f e r n , toirb beg SlbenbS bet feinem ©aftfreunbe fifeen, um ihn bie S ö h n e unb Söchter beg ipaufeg unb bie Einher berer, bie ba§ $>orf betoobnen, unb er mirb fprechen: 2)a ftaxb ein SJZann, bet gelobte redjtfdjaffen j u fein, unb er berfaufte ba§ JRec^t bem, ber ifjm ©elb gab. ©r bihtgte feinen 2Wer mit bem Schweif} beg Arbeiters, ben er bon bem Stier ber Arbeit abgerufen b«tte. ©r hielt bem Arbeiter feinen Sohn s u r ü d unb nährte fich mit ber S t e i f e beS Slrmen. 6 t ift reidj geteorben bon ber 3ltmut bet anberen. @r hatte Diel ©olb unb S i l b e r unb eble «Steine in SDienge, abet bet Sanbbauer, ber in ber üRacfjbatfdjaft mobnte, ltmfjte ben j u n g e t feineg ®inbeg nidjt §u ftiHen. ©r lächelte toie etn glücflicher SWenfcb; aber eg mat ein ©efnirfdj jmifdjeit ben Säbnen beg Slägerg, bet SRecht fachte. ©g mar 3ufrteben* Seit auf feinem ®efid)t; abet eg m a t leine Nahrung in ben p r ü f t e n bet SRiitter, bie fäugten. Φ α η η loerben bte SBeraobner bet D ö r f e r fagen: SlEah ift grofj! . . . mir fludjen ntemanb! fcäubter bon SebaÜ (St η ft fterben mir a l l e ! SBag mirb gefagt loerben in ben Dörfern, too toit SJiadjt hatten, unb toag bon ben SBorübergebenben, bte bag SBegtäbnig anftbauen? Unb mag toerben toir a n t w o r t e n , wenn n a d j unferem l o b e eine S t i m m e fimdjt j u unferer Seele unb fte f r a g t : S B a r u m ift SBetnen in ben gelbern, unb m a r u m öerbergen ftd> bie J ü n g l i n g e ? SB e t nabm bie@rnte aug ben S d j e u e r n unb aug ben (Statten ben Süffel, ber bag gelb bflügen foHte? SBag baft bu getfjan mit beinern SBruber, ben tdj bit gab j u behmdjen? S S n r u m ift ber Slrme traurig unb fludjt ber gruchtbarfeit feiner g r a u ? " „ 3 Φ münfchte gern in guten SBejiebungen j u euch j u leben, unb ich bitte euch barum, mich alg g r e u n b j u betrachten. SBer gefehlt haben mag, fann ein milbeg Urteil bon meiner Seite ermarten, benn ba ich felbft fo manchmal fehle, roerbe ich nicht ftreng fein, menigfteng nicht in gemöbnlichen ®ienft= öerfehen ober SRacfcläfftgfeiten. fcöcbfteng mo bie 9iad)läfftg= feit äur ©etoobnbeit getoorben i f t toerbe id) einfdjreiten. S3on Übelftänben größerer 2lrt . . . . bon ©rjjteffung unb Unter*

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Beilage 9 briicfung, fpreche tdj ntcijt . . . . fo etttrnä Wirb n i c h t b o r = ί ο m m e n ; ττίφΙ wahr, Slbbtflatti?" „9iim benn, meine Herren Häupter öon SBantansSibul! lafet un§ erfreut fein, bafj unjer SBe^irt fo arm i f t SBir haben ©djötteä j u rotrfen. SBenn Slllah unS am Seben er= hält, Werben Wir forgen, bafj SBohlfahrt fomme. 35er ©oben ift frui^tbar, bc8 SSolf willig. SSenn ieber im ©emifc ber g r ü ß t e feiner Slnftrengung gelaffen w i r b , leibet eS feinen 3wetfel, bafj binnen wenig &eit bie Sebölferung june&nten Wirb, fo an ©eelenjahl Wie in Seftfeungen unb Shiltur; benn baS geht überall föanb in £>anb. 25Φ bitte euch normals, mich als einen greunb anjufehen, ber eudj helfen Wirb, wo er ϊαηη, befonberS too U n r e s t abgefteHt »erben foH. Unb hiermit empfehle tdj mich 'ehr eurer SKitwtrfiing. 3d) rterbe bie empfangenen S e r i a t e über Sanbbau, S3teh= jÄhlung, $ o l i j e i unb S u f t i j euch mit meinen SBeifungen jurücfgehen laffen. fcöuDter bon ©antansfiibul! idj habe fleforodjen. Öhr fönnt jurücRehren, ieber nadj fetner SBohnung. grüfee eud) alle fehr."

B E I L A G E 10

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Seligers Übersetzung „£>err Slabljen ?lblji|>atti, SRegent toon Söantnn» ß i b u l 4 8 * unb StabljenS ®entang, bie itjr ÄreiSoor* fte§er i n biefent ©ejirle fetb, unb Sjljr, iRab^en 2>ja!|a, bet bie 9fcd)t8pflege unter ®ιιφ Ijabt, unb audj SRabljen Stliwon. ber bie Ulufftc^t ü6ec ben £aupt« ort füljrt, unb iljr 9iabl)en8, SÜJantrieS unb alle, bie iljr i n bem Seattle 8 a n t a n * Ä i b u l ein ilntt öerwaltet, ί φ grüße eudj! „Unb ί φ fage eud), bafe ί φ greube filmte i n meinem Sperren, bafe ί φ tud) Ijter berfammelt felje, wie tljr auf bie SBorte meines SDlunbeS lautet. ,,3φ weife, bafe eS unter euφ ίοΐφβ gibt, bte |ϊφ b u r $ Äenntniffe unb gerabe © e f m n u n g αη5}βίφηεη; ίφ Jjoffe, meine Senntniffe burφ bie eurigen j u öermeljren, benn fte jtnb ηίφΐ fo grofe, tote ί φ Ι»ϋη(φ1β. U n b ϊφ ίφδ&β bte gerabe ©eftmtung $οφ, aber oft bemerfe ίφ, bafe i n meiner ©eele geiler ftnb, bie bie gute ©eftnnung i t b e ^ n t t e n unb iljr baS 3Βαφ3ίυηι benehmen . . . $ljr alle wißt, wie ber grofee S a u t u ben fleinen »erbrängt unb tötet. SDarum will ϊ φ btejentgen unter euφ αφίεη, bie ft φ burφ Sugenb αηδ^είφηεη unb ft φ bemühen, beffer j u fein als ίφ. ,,3φ grüfee tui) alle »on §erjen. „9113 ber ©eneralgouöerneur ιηίφ beauftragte, j u j u geljen unb 9lffiftent*9leftbent tn biefem SBejtrie j u Werben, war mein § e r j ΪΓοζΙίφ. ®3 !ann end) belannt fein, bafe ί φ niemals 5Bantan»SibuI betreten Ijabe. 3 φ Iieis mir ba^er © φ η ί ΐ β η geben, bie über euren © e j i r ! iianbeln, unb §abe barauä erfe^en, bafe eS i n ©antan» ffibut biet ©ute? gibt. E u e r SBott befifct SeiSfelber im £ a l unb 9lei8felber auf ben ©ergen. 3ljr Ιυϋη[φ1, i n ^rieben j u leben, unb begehrt η ί φ ί i n ben ©egenben j u wohnen, bie Don anbeten bewohnt ftnb. 3a, ίφ weife, bafe e8 tn ©antan*S£ibul öiel ©uteS gibt. „9lber ηίφΐ hierüber allein war mein £ e r j frö^lic^. ®enn αηφ tn anberen S a n b f t ^ e n würbe ίφ öiel ©uteS gefunben Ijaben. „ 3 Φ weife, bafe 9Walj ben traten lieb l)at, unb bafe er δ ϊ ε ί φ ^ η ι bem gibt, ben er prüfen Witt. §lber j u ben

Beilage 10 mittuen fenbet er ben, bec fein SBort üertünbet, bamit fie ίΐφ tit iljrent Slertb aufritzten. „Φοφ ίφ beniecle, bafj euer 33οΙϊ arm ift, unb i)ierü6er freute ίφ ηύφ int 3nnerften nietner ©eele. ,,©ibt Slttal) ηίφΐ Sftegen, wenn ber ξιαίτη Berborrt, unb einen Sautropfen bent S9lutnen!eld^, bec 2)urft leibet ? „Unb ift e§ ηίφΐ ίφοη, auägefanbt j u »erben, unt bie SRübcn j u ϊιιφεη, bie ηαφ bec Arbeit jucüdtölteben unb längä be8 SSegeS nieberfanfen, ba tfjre Äntee nid^t nteljr ftart genug toacen, um ηαφ bent Söljnungäpla&e j u geljen? ©oH ίφ ni$t erfreut fein, meine §anb bem reiben §u tonnen, bec in bie ©cube fiel, unb bem einen ©tab j u geben, bec über bie S3ecge llimmt? ©ottte ηίφΐ mein § e r j aufhüpfen, ba eS {ϊφ unter bieten auSerforen fteljt, um SSrijElngen in ©ebet ju oerroanbeln unb Seinen in Φαηί» fagung? „ 3 a , {φ freue ηιΐφ fe§r, ηαφ S3antan»Äibul berufen tooeben ju fein! „3Φ §abe j u ber grau, bie meine ©orgen teilt unb mein ©lüct öergröjject, gefagt: ,5reue biφ, benn ϊφ felje, bajj Slttaij über baS §au£t mtfereS ÄtnbeS ©eg^n gießt! 6 r tjat ηΰφ an einen Oct gefanbt, too ηοφ ηίφί alle Arbeit getan ift, unb miφ geloiicbigt, Bor bec bec ©ente bort j u fein, ©enn ηίφΐ im ©φηε^εη bec Sßabie liegt bie geeube: bie geeube liegt tm ©φηβ^εη ber ^ßabte, bie man gepflanjt Ijat. tlnb bie ©eele beS 2Κεη[φεη ιοαφίΐ ηίφΐ Bon bem Sotjne, fonbern Bon ber Arbeit, bie benSofjn Becbient.' Unb idj fagte j u tljr: ,$lHalj Ijat un§ ein Ätnb ΑεϊφεηΚ, ba§ einmal fagen foil: SBijjt ifjr, bajj ϊφ fetn ©obn bin? Itnb bann »irb eS Seute in bem Sanbe geben, bte tfjn mit Siebe grüben unb bie §anb auf fein §aupt legen unb fagen: ©efc' Μφ nieber j u unferent SKaljle unb »oljne in unferent fcaufe unb nimm teil au bem, twiä tute §aben, benn ϊφ Ijabc beinen SSater geiannt.' „3$r ©rojjen Bon Sebaf, e3 ift Biel j u arbeiten in eurem SBejicl. „©agt mir, ift ηϊφΐ ber Sanbmann arm? Steift ηίφί eure ißabte oft, um bie j u nähren, bie fte ηΐφΐ gepflanzt Ijaben? ©ibt e§ ηϊφί Btele SKijjftcinbe in eurem Sanbe? 3ft ntd)t eine Slnaatjl eurer Sinber arm? „?3of)nt liiert effalj51*, wo fie bte ©efdjnetbung empfingen? SEBarum äicljen fte bie Äütjle be8 ©aume8, ber bort wädjft, bent S t a t t e n unferer ©ebüfdje bor? „Unb bort im Storbweften, jenfeit ber See, gibt e3 oiele, bie unfere Äinber fein müfjten, bie aber Sebai berlaffen Ijaben, um mit Seid unb Slewang in frembeit (Segenben (jerunijufdjroeifen. Unb fte lontmen elenbigltdj um, benn bie ^Regierung ^errft^t bort mit 9JZad)t uitb fd)lägt bie ülufftänbifdjen nieber."* „ 3 Φ frage eudj, ifjr ©rofjen boit ©antan»ßibul, warum ftnb iljrer fo oiele, bie weggingen, um nidjt bort begraben j u Werben, wo fte.geboren ftnb ? SSarunt fragt ber ©aunt.

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Beilage 10 Id ο ber SDiann i f t , ben er α ΐ δ Stinb tut feinem grujje f pte= len f a b ? " „^Ijröro» fjen Don Siebai! SSir alle fte^en tm 2)ienftc be§ ®onig8 ber SWeberlanbe. Slber e r , ber redjtfdjaffen ift u n b will, bafe jeber feine 5)5flicht t u t , ift f e m Don §ter. Sireifjigtau» fenbtitnl t a u f e n b S e e l e n , jo nteljr η ο φ a l § fobiel, m ü f f e n feinen Söefe^Ien g e b o g e n , aber er l a n n n i d j t allen na^e f e i n , bte bon feinem SBitlen abhängen. „ ® e r ©rofje £ e r r in S u i t e n j o r g ift redjtfdjaffen u n b will, b a f j jeber feine Φ ί Ι ί φ ί t u t . 9lber a u d j er, fo mci^tig er ift, u n b fo u n u m f d j r a n f t er über aEe§, w a 8 t n beit ©tcibten ©etoalt Ijat, u n b über alle Stlteften in ben D ö r f e r n gebietet u n b über bie § e e r e 3 m a d j t u n b über bie ©djtffe, bte auf ber ©ee f a h r e n — ö e r f ü g t 6 6 * , α υ φ er ! a n n nid)t fe^en, wo Unrecht g e f ^ i e ^ t , benn b a § Unrecht bleibt f e r n b o n tljm. „ U n b ber SReftbent j u © e r a n g , ber $>err ift über b e n ß a n b f t r i d j S a n t a m , wo f ü n f l j u n b e r t t a u f e n b ©eelen wolj» n e n , will, b a ß i n feinem ©ebiete 3Red)t gefcbiefit, u n b baß Died)tfd)affenl)eit i n ben SBejirien, bte itjrn g e ^ o r ^ e n , Ijerrfclje. 5 ) ο φ wo U n r e s t ift, ba ift e r fern, U n b Wer äfttffetat be= geljt, berbirgt ft φ b o r feinem 2lntli£, weil er © t r ä f e f ü l l t e t . „ U n b ber £>err Slbljipatti, ber SRegent bon © ü b b a n t a m ift, wiE, baß jeber lebe, ber η α φ bent © u t e n trachtet, u n b b a f j über ben S a n b f t r i d ) , ber feine SRegentfdjaft i f t , feine © d j a n b e fomme. „ U n b id), ber ί φ geftern ben aHmädjtigen ©ott j u n t 3 e u g e n a n r i e f , bajs id) re^tfc^affen u n b l a n g m ü t i g fein werbe, bajj ί φ redjt t u n werbe oljne g u r t e t u n b oljne Ipafj, b a f j ί φ ,etn guter 9lififtent*5Refibent' fein werbe . . . aud> ί φ w ü n f ä e j u t u n , Wa§ meine 5βί1ίφί ift. „JSljr ©rofien bon S e b a l ! ® a § w ü n f φ e n w i r alle. „ © o U t e n aber einige u n t e r u n 8 fein, bte ibre ißfltc^t be§ ©eWinnS f a l b e r β ε π ι α φ Ι α { ^ ε η , bte baS f R f ^ t f ü r ©clb h e r l a u f e n , ober bte ben S ü f f e l bem b i n n e n nehmen u n b bie ι Ϊ Γ ΰ φ Ι ε , b i e b e m h u n g r i g e n gehören . . . wer f o H b i e f t r a f e n ? „SSenn einer b o n ε η φ e8 w ü ß t e , fo w ü r b e er eS ber« ijtnbern. U n b ber SRegent w ü r b e η ί φ ΐ bulben, b a f j fo etwa§ i n fetner fRcgcntfd^aft gcfc^ä^e. U n b α η φ ί φ werbe ba* gegen a u f t r e t e n , W o ί φ f a n n . 9Iber w e n n W e b e r tfjr, η ο φ ber Slbbijmtti, η ο φ ί φ eS wiffen . . . „ 3 b r ©rojjen bon S e b a l ! 353er foil b a n n i n S a n t a i u » ftibul ©ered^tigiett ü b e n ? „£>ört ι η ί φ a n , ba ί φ ε υ φ fagen w i ö , wie b a n n Stecht g e f a n g e n werben w i r b ! fommt eine 3 e > t , ba unfere g r a u e n u n b Äinber bei ber A n f e r t i g u n g unfereä Xotenfleibeä weinen werben, u n b ber 33orübergel)enbe wirb f a g e n : ,£>ter ift ein SDlann geftorben.' S ) a n n w i r b , Wer i n ben ^Dörfern a n f o m m t , 9 ί α φ π φ Ι bon bem £ o b e b e s e i t i g e n , ber geftorben ift, brin» g e n , u n b wer itjn beherbergt, Wirb f r a g e n : ,33er w a r ber

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Seligers Übersetzung •DJann, bec geftorben i f l ? ' Unb man reich fagen: ,®r Wae gut unb redjtfdjaffen. ©r übte ©ere^tigfeit unb öerftiefj ben Kläger nic^t oon feiner £ ü r . ©r Ijörte jeben gebulbig an, ber j u iljm fam, unb gab jurücf, Wa§ genominen war. Unb Wer ben $ f l u g η ί φ ί burd) ben Soben jieljen ionnte. Weil i^m ber S ü f f e l a u 3 bem ©taUe gefiolt mar, bem Ijalf er ben Süffel fudjen. Unb wo bie Sodjter au§ bent £ a u f e if)rer TOutter geraubt war, fuc^te er ben S)ieb unb 6cacf)tc bie £od)ter wieber. Unb >00 man gearbeitet Ijatte, befitelt er beit Soljn η ί φ ΐ jurücf, unb er naljnt bie g r ü ß t e η ί φ ΐ benen, bie ben S a u n t ge^flanjt Ijatten. ©r legte η ί φ ί ba3 Jtleib a n , ba8 einen anberen beefen foüte, η ο φ fättigte er ft φ mit ber ©peife, bie ben Firmen gehörte. 1 ,,Φαηη wirb man in ben Dörfern fagen: ,9UIalj ift grofj, MHalj £>at iljn j u ΐ ί φ genommen, ©ein SSiEe gefd^e^e . . . eS ift ein guter 2Κεηίφ geftorben.' „9lber ein anbereS 2J?al wirb ber Sorübergeljenbe bor einem Ipaufe ftillfteljen unb fragen: ,5Sa3 ift bie3, ba|j ber ©antlang fφmeigt u n b ber ©efang ber ΒΚί^φεη »er» ftummt ift? 1 Unb wieberum Wirb man fagen: , 6 3 ift ein SJZann geftorben.' „Unb wer in ben Dörfern Ijerumwanbert, wirb abenbä bet feinem ©aftgeber ftfcen unb u m tljn Ijerunt bie ©öljne unb ϊ ο φ ί β Γ begJpaufeS u n b bieStnber berer, bie ba8 ®orf bewohnen, unb er wirb fagen: ,3)ort ftarb ein K a n n , ber gelobt Jjatte, Γεφίϊφαίίεη j u fein, unb boφ ba3 SRec^t an ben oerfauft I>at, ber t^m ©elb gab. ©r büngte feinen 91cfer mit bent ©φweij3e ber Arbeiter, bie er »on iljrer sJlr» beit abberufen Ijatte. S r behielt bem Arbeiter feinen So^n ein unb fättigte ίϊφ bon ber SNaljrung be8 Sinnen. ©r ift τείφ geworben b u r φ bie Slrmut ber anberen. ©r Ijatte biet ©olb unb Silber unb ebte ©teine in SKenge, boφ ber S a n b m a n n , ber in ber 9?αφ6αηφαί1 wohnte, b e r a u b t e ben j u n g e r feine§ SinbeS η ί φ ΐ jit ftilien. ©r Ιαφεΐΐε wie ein g l ü c f ^ e r 9Κεη)'φ, aber m a n ljörte etn $ η ύ | ' φ ε η jwt» Ι'φεη ben 3αΙ)ηεη b8§ fflägerS, ber 3ied)t ίηφίε. 2luf fei» ηειη 9Intlt$ lag ^ u f r i ^ n i ^ i t , aber bie Sriifte b8r fäug8n» b8n aJiüttcr Ι)αίίεη ίείηε 9Κί1φ.' ,,Φαηη werben bie Sewoljner ber SJörfer fagen: ift grofj; wir Ρ η φ ε η niemanb!' „3f)r ©roßen Oon Sebat, einft fterben wir alle! „93a3 wirb bann in ben Dörfern gefagt werb8n, Wo Wir bie ©eWalt ijatten? Unb Wa3 bon ben Vorübergehen» ben, bie bem SegräbntS beiwohnen? „Unb wa8 Werben wir antworten, wenn η α φ unfe» rem £obe eine ©timnte j u unferer ©tele ί ρ π φ ΐ unb fie f r a g t : , S a r u n t I j e r ^ t SSeljflagen auf b8n ^elb8rn, unb w a r u m Berber gen ϊ ί φ bie J ü n g l i n g e ? SBer naljnt bie ©rnte auS ben © φ ε η ε η ΐ unb b8n S ü f f e l , ber ba§ gelb pflügen foHte, a u 3 bent ©taHe? 2Ba3 Ijaft bu mit b8imm S r u b e r getan, ben ί φ bir j u behüten gab? © a r u m ift

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Beilage 10 bet Slrnie traurig unb öecflu^t bie gruc^tbarfeit feiner S»u?'" „ 3 φ wünf^te, gern in gutem Sinöerfteljen mit tudj j u leben, unb bed' wegen bitte id) eudj, nttdj aid einen greunb anjufe^en. SBer gefehlt ijaben mag, lann auf ein milbeä Urteil meiner» feitS rennen, benn ba idj felbft fo ηιαηφιηαΐ fef)te, werbe ϊφ nid^t ftreng fein . . . wenigften8 nidjt in ben gerobbt» Ιίφεη 5)ienftoerge§en unb 9?ac^läfftgfeiten. Slflein wo SRadjlöfftgleit §ur (Sewoljnfjeit wirb, werbe icfj bem ent» gegentreten. Son Übelftänben gröberer Slrt . . . öon Sr« preffung unb Unterbrüctung fpre^e ίφ ιπφί. ©ο etwas Wirb nidjt öorfommcn, ηϊφι waljr, $err ilbljtyatti?" „9iun, meine Herren SJorfteljer öon S3antam*Sibul, wir wollen und freuen, bafj unfer ©ejirl fo jurücf geblieben unb fo arm ift. 28ir Ijaben eine ίφοηβ Aufgabe öor und. SSenn SlHal) un§ am Seben erhält, werben Wir Sorge tra» gen, bajj beffere SBerfjältniffe eintreten. $ e r ©oben ift f ^ t b a r genug unb bie SBeoöllerung willig. SSenn jeber* mann im ©enuffe ber δηΐφίε fetner Slrbeit belaffen wirb, leibet eS leine 3toeifel, bajj in furjer 3eit bie Seöölferung gorti^rittc ιηαφεη wirb fowoljl an ©eelenjaljl aid an S3of)ljtanb unb 93tlbung, benn bieä geljt meiftenteilä !j?anb in $janb. 3 Φ erfuφe euφ ηοφηιαίδ, ηιΐφ αΐβ einen greunb anjufeljen, ber εαφ Reifen Wirb, wo er lann, bor allem, wo 11η«φΙ rüdgängig genügt werben mufj. Unb hiermit bitte ίφ εαφ ίιει^Ιίφ um eure Unterftüfyung babei. „3Φ Werbe ίΐιφ bie erhaltenen ißeric^te über Wderbau, 3$ieljja§lung, ^oiijei unb 9ied^t31jfiege mit meinen ©e« fφeibeπ wieber jugeljen laffen. 3 φ grüfje ευφ alle Bon i>er5en!""*

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Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Lorebachs Übersetzung „Herr Radlien Adhipaiii, Regent von BantanKiclul, und Ihr, Radlien Dliemang, die Ihr die Iläuptcr seid der einzelnen Distrikte dieses Landes, Ihr Rudlien Djaksa, denen das Schwert der Justiz in die Hand gegeben ist, Radlien Kliwon, der die Aufsicht f ü h r t hier am Orte meines Amtssitzes, Ihr Radlien Maniries und alle Ihr H ä u p t linge des Landes Bantan-Kidul, idi grüße Euch! Mein Herz schlägt freudig, da ich Eudi hier versammelt sehe, um den Worten meines Mundes zu lauschen. Ich weiß, daß unter Eudi Männer sind von großem Wissen und starkem Herzen, und mein Wissen hoffe ich, durch das Eure zu vermehren, denn es ist nicht so ansehnlich, wie idi es wünschte. Und ich liebe die Stärke des Herzens, aber oft fühle ich, daß in meinem Gemüt Fehler wurzeln, die die Stärke meines Herzens übersdiatten, daß sie zu verkümmern droht; Ihr wißt es, der große Baum verdrängt den kleinen und raubt ihm Licht und Leben! Darum will ich audi diejenigen unter Euch achten, die hervorragen an Tugend, um an ihrem Beispiel besser zu werden, als idi bin. Idi grüße Euch alle von ganzem Herzen! Als mir der Generalgouverneur befahl, zu Euch zu gehen und Residentschaftsassistent dieses Landes zu werden, füllte sich meine Seele mit Freude.

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Ihr wißt, daß ich Bantan-Kidul niemals vorher betreten hatte. Ich ließ mir also die Schriften geben, die von Eurem Lande berichten, und ich habe gesehen, daß viel Gutes ist in Bantan-Kidul. Reisfelder hat Euer Volk in der Ebene und Reisfelder auf den Bergen. Ihr liebt den Frieden und tragt kein Begehr, in Landstrichen zu wohnen, die von anderen bewohnt werden.. Ja, ich weiß, viel Gutes ist in Bantan-Kidul. Aber nicht deshalb allein füllte sich meine Seele mit Freude, denn auch in anderen Ländern hätte ich viel Gutes gefunden. Aber ich sah, daß Euer Volk arm ist, und darüber ward ich im Innersten meines Herzens froh. Denn ich weiß, daß Allah den Armen lieb hat, und daß Er Reichtum jenen gibt, die Er prüfen will. Dem Armen sendet Er den Verkünder Seines Wortes, damit er sich aufrichte in seiner Not, wie Er den Regen sendet, wo der Halm verdorrt, und den Tautropfen gießt in den durstigen Blumenkelch. Ist es nicht hcrrlidi, ausgesendet zu werden, um die Müden zu suchen, die zurückblieben nach der Arbeit und am Wege zusammenbrachen, da ihre Knie sie nicht mehr zum Lohnplatz zu tragen vermochten. Soll ich nicht jubeln, da ich meine Hand dem reichen darf, der in die Grube fiel, den Stab dem geben, der auf die Berge klimmt? Sollte meine Seele nicht jauchzen, da sie unter vielen auserwählt wurde, aus Klagen Gebete zu machen und aus Tränen Danksagungen? J a , ich bin im Innersten meines Herzens froh, daß ich nach Bantan-Kidul gerufen wurde! Der Frau, die meine Sorgen teilt und mein Glück vermehrt, sagte ich: .Freue dich, denn Allah schüttet Seinen Segen auf das Haupt unseres Kindes! Mich sendet Er nach einem Lande, darinnen noch

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Lorebachs Übersetzung

nicht alle Arbeit getan ist, und mich schätzte E r würdig, dort zu sein vor der Zeit der Ernte. D e n n nicht im Schneiden der padie ist die F r e u d e , die F r e u d e ist im Schneiden der padie, die m a n selbst pflanzte. U n d des Menschen Seele wächst nicht durch den Lohn, sie wächst durch d a s Werk, d a s den Lohn verdient.' U n d ich sprach weiter zu ihr: ,Allah hat uns ein K i n d geschenkt, d a s einstmals sagen soll: ,Wißt Ihr, d a ß ich sein Sohn bin?' U n d dann werden Menschen im L a n d e leben, die ihn mit Liebe grüßen unci Menschen, die ihm die H a n d a u f s H a u p t legen und s a g e n : .Setz dich nieder zu unserem Mahl, k o m m in unser H a u s , nimm deinen Teil von allem, w a s wir haben, denn w i r haben deinen Vater gekannt.' Männer von L e b a k , es gibt viel zu arbeiten in diesem L a n d e ! S a g t mir, ist der L a n d m a n n nicht a r m ? R e i f t nicht E u r e padie vielfach, um j e n e zu nähren, die sie nicht g e p f l a n z t h a b e n ? Ist nicht vieles Übel im L a n d e ? U n d die A n z a h l E u r e r Kinder, ist sie nicht zu gering? Schämt Ihr Euch nicht tief in E u r e r Seele, wenn die L e u t e von B a n d u n g , d a s dort gen Osten liegt, E u r e G e g e n d e n besuchen und f r a g e n : ,Wo sind die D ö r f e r , wo die L a n d l e u t e ? W e s h a l b höre ich den Gamlang nicht, dessen eherner Mund die F r e u d e kündet, noch d a s P a d i e s t a m p f e n E u r e r Töchter?' Wenn Ihr gen S ü d e n wandert, ist es nicht bitter, die B e r g e zu sehen, die keine Wasser tragen, und die Ebenen zu durcheilen, in denen nie ein B ü f f e l den P f l u g zog? J a , d a r u m trauert E u r e Seele, wie die meine, und g e r a d e deshalb wollen wir A l l a h d a n k e n , denn E r g a b uns die K r a f t , hier ans Werk zu gehen.

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D a s Land hat Ackergrund f ü r viele, wenn audi nur wenige da sind. Nicht fehlt es an Regen, denn die Spitzen der Berge saugen des Himmels Wolken zur Erde. Nicht überall verweigert der steinige Boden der W u r z e l den Raum . . . auf langen Strecken ist das Erdreich weich und fruchtbar, und es ruft nach dem Samenkorn, das es uns zurückgibt im gebogenen Halm. Im Lande wütet kein Krieg, der die Äcker zerstampft, und keine Seuche, die den A r m zu schwach macht, den Spaten zu führen. D i e Sonne scheint hell und warm, um die Frucht zu reifen, die Euch und Eure Kinder ernährt, und keine vorüberbrausende Sturmflut läßt Euch jammern: ,Wo ist die Stelle, da ich gegesäet habe?' W o A l l a h Wasserströme sendet, die den Acker wegspülen, . . . w o E r die Erde steinig und dürr werden läßt, wo Er seine Sonne die Blumen verdorren heißt, wo Er Krieg ausschickt, der die Felder zertritt, oder Seuchen, clie die K r ä f t e ertöten, da, Männer von Lebak, beugen w i r demütig das Haupt und sprechen: ,Er hat es so gewollt!' A b e r nicht so ist es in Bantan-Kidul! Ich bin hergesandt, um Euer Freund zu sein, Euer älterer Bruder. Würdet Ihr Euren jüngeren Bruder nicht warnen, wenn Ihr den Tiger erblicktet auf seinem W e g ? Männer von Lebak, wir haben oftmals Fehler begangen, und diese Fehler haben unser Land arm gemacht. In T j i k a n d i und Bolang, drüben im Krawanggebiet und in den Feldern um Batavia sind viele, die in unserem Lande geboren wurden, und es doch verließen. Warum suchen sie Arbeit fern der Stätte, da ihre Eltern begraben liegen? Weshalb fliehen sie die dessuh, darin sie die Beschneidung erhielten. Ist der Bäume Schatten in jenen Ländern kühler als in unseren Wäldern?

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Lorebachs Übersetzung

Und über dem Meere im Nordwesten weilen viele, die Lebak verließen, um dort mit kris und kleroang1) und Gewehr herumzuschweifen, und elend kommen sie um, denn die Regierung hat die Macht, den Aufstand niederzuschlagen. Ich frage Euch, Männer von Bantan-Kidul, warum gingen so viele dahin und werden nicht begraben, wo sie geboren wurden? Wesliulb fragt der Baum: ,Wo ist der Mann, der als Kind in meinem Schatten spielte?'" „Männer von Lebak, wir alle stehen im Dienste des Königs der Niederlande, aber der König, der groß und gerecht ist und will, daß wir unsere Pflicht tun, ist ferne von hier. Dreißigmal tausend mal tausend Seelen, ja sogar mehr noch, gehorchen seinem Gebot. Aber er kann nicht bei allen weilen, die von seinem Willen abhängen. Der große Herr zu Buitenzorg 1 ) ist stark und gerecht und will, daß jeder seine Pflicht tut. Aber auch er, der so mächtig ist und über alles gebietet, was Gewalt hat in den Städten und in den Dörfern, über die Macht des Heeres und über die Schiffe, die auf der See fahren, auch er kann nicht sehen, wo Unrecht begangen wird, denn das Unrecht verbirgt sich fern von ihm. Und auch der Resident zu Serang, der über das Land Bantam gebietet, in dem 500 000 Menschen wohnen, will, daß Recht geschehe in seinem Lande. Doch audi er kann nicht wissen, wo das Unrecht herrscht, denn wer Böses tut, verbirgt sich vor seinem Angesicht aus Furdit vor Strafe. Audi der Herr Adhipatti, der Regent von Südbantam will, daß jeder in Friede lebe, und daß keine Schande komme über das Land, das seiner Regentschaft unterstellt ist. Und ich, der gestern Gott den Allmächtigen zum Zeugen nahm dafür, daß ich rcchtsdiaffen und langmütig bleiben will, daß ich Recht sprechen

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soll, ohne Furdit und ohne Haß, daß ich ein guter Residentschaftsassistent sein werde, auch ich will tun, was meine Pflicht ist. Männer von Lebak, das wollen wir alle! Aber wenn einer unter uns ist, der seine Pflicht versäumt um schnöden Gewinn, der das Recht für Geld verhandelt, der dem Armen den Büffel raubt und den Hungrigen die Frucht ihrer Felder, wer soll den strafen? Wenn einer von Euch von solchem Unrecht wüßte, er würde es verhindern, der Regent würde es nicht dulden in seiner Regentschaft, und auch ich würde dagegen kämpfen, wo immer es mir begegnet. Aber weder Ihr, noch der Adhipatti, noch ich wissen es! Männer von Lcbak, Aver also soll Recht spredien in Bantan-Kidul? Hört auf midi, denn ich werde Euch sagen, wie Redit gesprodien wird. Es kommt der Tag, da unsere Frauen und Kinder weinend unser Totengewand bereiten werden, und der Vorübergehende wird fragen: ,\Ver war der Mann, der gestorben ist?' Und die Antwort wird lauten: ,Er war gut und rechtschaffen, er hielt ehrliches Gericht und stieß den Kläger nicht von seiner Sdiwellc. Wer zu ihm kam, fand sein offenes Ohr, und er gab wieder, was geraubt war. Wer den Pflug nicht ziehen konnte über den Acker, weil ihm der Büffel aus dem Stall genommen wurde, dem half er den Büffel suchen, und wo die Tochter aus der Mutter Haus gestohlen war, fand er den Räuber und brachte die Tochter zurück. Dem Arbeiter verweigerte er nicht den Lohn, und er nahm die Ernte nicht jenen, die gesät hatten. Er nahm nicht das Gewand, das des Anderen Blöße deckte und aß nicht das Brot, das dem Armen gehörte.'

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Lorebachs Übersetzung

Da wird man in den Dörfern sagen: ,Allah ist groß, Allah hat ihn zu Sidh genommen, Sein Wille geschehe. Es ist ein guter Mensch gestorben.' Doch ein anderes Mal wieder wird der Wanderer still stehen vor einem Hause und fragen: ,Was ist hier, daß der Gamlang schweigt und der Gesang der Mädchen?' Und wiederum wird man ihm sagen, es ist ein Mann gestorben, und wenn dieser Wanderer dann in die D ö r f e r kommt, und er abends bei seinem Gastfreunde inmitten der Söhne und Töchter des Hauses sitzt, wird er erzählen: ,Da starb ein Mann, der gelobt hatte, reditschaffen zu sein und dennoch das Recht verhandelte an diejenigen, die ihm Geld gaben. Seinen Acker hat er gedüngt mit dem Schweiße der Männer, die er von ihren eigenen Äckern wegrief. Dem Arbeiter weigerte er seinen Lohn, und er aß das Brot, das den Armen gehörte. Er wurde reich an dem Elend der Anderen. Er besaß viel Gold und Silber, und edle Steine die Menge, doch sein Nachbar vermochte nicht, den Hunger des eigenen Kindes zu stillen. Er lachte wie ein glückIidier Mensch, doch der Kläger, der sein Recht suchte, knirschte mit den Zähnen. Auf seinem Antlitz war Zufriedenheit, aber es war keine Milch in den Brüsten der Mütter, die ihre Kinder säugten.' Und da werden die Bewohner der Dörfer antworten: ,Allah ist groß, . . . wir fluchen niemandem.' Männer von Lebak, einst sterben wir alle! Was soll von uns gesagt werden in den Dörfern, in denen wir die Gewalt hatten? Und was soll der Wanderer hören, der unser Begräbnis schaut? Und was sollen wir selbst antworten, wenn nadi unserem Tode unsere Seele vor dem Richter steht, und er f r a g t : .Warum ist Weinen auf den Ädcern, und warum verbergen sich die Jünglinge? Wer

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nahm die Ernte aus der Scheuer, und wer führte aus dem Stalle den Büffel, der das Feld pflügen sollte? Was hast du getan mit dem Bruder, den ich deiner Sorge übergab? Warum ist der Arme traurig und verflucht die Fruchtbarkeit seines Weibes?'" „Es ist mein aufrichtiger Wunsch, mich mit Ihnen durchaus in Güte zu verständigen, und deshalb bitte ich Sie alle, mich als Ihren Freund zu betrachten. Wer gefehlt hat, darf ein mildes Urteil von mir erwarten, denn da ich selbst so häufig fehle, kann ich nicht strenge sein . . . Solange es sich um die gewöhnlichen Dienstversehen und Nachlässigkeiten handelt! Nur da, wo Nachlässigkeit zur Gewohnheit wird, werde ich dagegen angehen. Von Ubelständen schwererer Art, von Mißbrauch der Amtsgewalt und Unterdrückung rede ich nicht . . . denn so etwas wird bei uns nicht vorkommen, nicht wahr, Herr Adhipatti?" „Nun dann, meine Herren," fuhr Havelaar fort, „dürfen wir wirklich froh darüber sein, dafi unser Bantan-Kidul so rückständig und so arm ist, denn wir haben eine herrliche Aufgabe zu erfüllen. Allah möge uns das Leben schenken, und wir werden dafür sorgen, dafi Wohlfahrt bei uns einkehre. Der Boden ist fruchtbar und das Volk ist willig. Wenn jeder die Frucht seiner Arbeit selbst behalten darf, dann wird die Bevölkerung zweifellos in kurzer Zeit zunehmen, sowohl an Zahl der Seelen wie an Besitz und Bildung, denn eines hängt von dem anderen ab. Ich bitte Sie nochmals, in mir einen Freund zu sehen, der Ihnen helfen wird, wo er kann. Vor allem da, wo ein Unrecht wieder gut zu machen ist. Dabei rechnc ich überall und unbedingt auf Ihre Mitarbeit. Die Rapporte, die ich über Ackerbau, Viehzucht, Polizei und Justiz erhalten habe, werde ich Ihnen

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mit meinen Verfügungen wieder zurückerstatten lassen. Ihr Herrn Häuptlinge von Bantan-Kidul, ich habe gesprochen! Kehren Sie nun jeder an seinen Platz zurück. Noch einmal grüße ich Sie alle!"

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Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Stücks Übersetzung „Herr Radhen Adhipatti, Regent von Bantam-Kidul, und Ihr. Radhens Dhemang, die Ihr die Oberhäupter der Distrikte dieser Abteilung seid, und I h r Radhen Djaksa, die Ihr die Justiz ausübt, und auch Ihr, Radhen Kliwon, der I h r die Befehlsgewalt in der Hauptstadt habt, und I h r Radhens, Mantries und alle, die I h r Oberhäupter in der Abteilung Bantam-Kidul seid, ich grüße Euch! Und ich sage Euch, daß ich Freude fühle in meinem Herzen, da I h r nun alle hier versammelt seid und meinen Worten lauscht. Ich weiß, daß unter Euch Männer sind von hervorragendem Wissen und tapferem Herzen: Ich hoffe, mein Wissen durch das E u r e zu vermehren, denn es ist nicht so groß, wie ich es wünschte. Und obwohl ich die Redlichkeit liebe, fühle ich doch oft, d a ß es Fehler in meinem Innersten gibt, die die Redlichkeit überschatten und sie fast überwuchern; denn I h r alle wißt, daß der große Baum den kleinen verdrängt und tötet. D a r u m werde ich auf diejenigen unter Euch achten, die sich an Tugend auszeichnen, u m zu versuchen, besser zu werden, als ich bin. Ich grüße Euch alle von Herzen. Als der Generalgouverneur mich beauftragte, zu Euch zu gehen als Assistentresident dieser Abteilung, schlug mein Herz vor Freude höher. Ihr wißt, d a ß ich nie zuvor Bantam-Kidul betreten habe. Ich ließ mir also Schriftstücke geben, die über E u r e Abteilung berichten, und sah, daß es viel Gutes in Bantam-Kidul gibt. E u e r Volk besitzt Reisfelder in den Tälern und auf den Bergen. Und I h r wünscht, in Frieden zu leben,

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und verlangt nicht, in Gebieten zu wohnen, in denen andere leben. Ja, ich weiß, daß es viel Gutes in Bantam-Kidul gibt! Aber nicht nur darüber freute sich mein Herz. Denn auch in anderen Gegenden hätte ich viel Gutes gefunden. Doch ich stellte fest, daß die Bevölkerung hier arm ist, und darüber war ich glücklich im Innersten meiner Seele. Denn ich weiß, daß Allah den Armen liebhat und daß Er denen Reichtum gibt, die Er prüfen will. Zu den Armen aber sendet Er den Verkünder seines Wortes, damit sie sich aufrichten in ihrem Elend. Spendet Er nicht dem verdorrenden Halm Regen und einen Tautropfen dem dürstenden Blütenkelch ? Und ist es nicht schön, ausgesandt zu werden, die Müden zu suchen, die zurückblieben nach der Arbeit und am Wege niedersanken, weil ihre Knie nicht stark genug waren, um bis zum Platz des Lohnes zu gehen? Muß es mir nicht eine Freude sein, dem die Hand zu reichen, der in die Grube fiel, und dem einen Stab zu geben, der die Berge ersteigt? Sollte mein Herz sich nicht öffnen, weil es unter vielen erwählt ist, Klagen in Gebet und Dank zu verwandeln? Ja, ich bin sehr froh, daß ich nach Bantam-Kidul gerufen wurde! Ich habe zu der Frau, die meine Sorgen teilt und mein Glück größer macht, gesagt: ,Freue dich, denn ich sehe, daß Allah das Haupt unseres Kindes segnet! Er hat mich in ein Land geschickt, in dem noch nicht alle Arbeit getan ist, und Er erwählte mich, hier zu sein, ehe die Zeit der Ernte gekommen ist. Denn das Schneiden des Reises ist noch keine Freude; rechte Freude ist es, den Reis zu schneiden, den man selbst gepflanzt hat. Und die Seele des Menschen gedeiht nicht vom Lohn, sondern von der Arbeit, die Lohn verdient.' Und ich sagte zu meiner Fran: ,Allah hat uns, ein Kind gegeben, das einst sagen wird: »Wißt ihr, daß ich sein Sohn bin?« Und dann wird es Menschen im Land geben, die ihn mit Liebe grüßen, die die Hand anf sein Haupt legen und sagen werden:

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Stücks Übersetzung

»Setz dich an unseren Tisch, und wohne in unserem Hause, und nimm von allem, was wir haben, dein Teil, denn wir haben deinen "Vater gekannt.«' Oberhäupter von Lebak, es gibt viel Arbeit in Eurem Lande! Sagt mir, ist der Landmann nicht arm? Reift nicht oft genug Euer Reis, um jene zu nähren, die ihn nicht gepflanzt haben? Gibt es nicht viele Mißstände in Eurem Land? Ist nicht die Zahl Eurer Kinder gering? Regt sich nicht die Scham in Euren Seelen, wenn die Bewohner Bandungs, das da im Osten liegt, Euer Land besuchen und .fragen: ,Wo sind die Dörfer und wo die Landleute? Und warum höre ich nicht die Musik des Gamlang, der aus kupfernem Munde Freude verkündet, noch das Reisstampfen Eurer Töchter?' Ist es nicht bitter f ü r Euch, von hier zur Südküste zu fahren und Berge zu sehen, die kein Wasser auf ihren Hängen führen? Oder Ebenen, durch die nie ein Büffel den Pflug zog? Ja, ja, ich sage, daß Eure und meine Seele darüber betrübt sind! Und gerade darum sind wir Allah dankbar, denn Er hat uns die Kraft gegeben, hier zu arbeiten. Denn es gibt in diesem Land Äcker für viele, wenn auch die Zahl der Einwohner gering ist. Und es fehlt nicht an Regen, denn die Spitzen der Berge ziehen die Wolken des Himmels zur Erde nieder. Und nicht überall sind Felsen, in die keine Wurzel einzudringen vermag, denn an vielen Stellen ist der Boden weich und fruchtbar und verlangt nach dem Samenkorn, das er uns an schwer gebeugten Halmen zurückgeben will. Und es herrscht kein Krieg im Lande, der die Reisfelder niedertritt, wenn sie noch grün sind, noch herrscht Krankheit, die den Patjol müßig liegen läßt. Und die Sonne sendet ihre Strahlen nicht heißer als nötig, um das Korn zur Reife zu bringen, das Euch und Eure Kinder ernähren muß, und es gibt keine Überschwemmungen, nach denen Ihr jammern müßtet: ,Wo ist die Stelle geblieben, auf der ich gesät habe!'

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Wo Allah. Wasserströme schickt, die die Äcker entführen . . w o E r den Boden hart macht wie dürres G e s t e i n . . w o E r seine Sonne glühen läßt, bis sie alles versengt..., wo E r Krieg sendet, der die Felder verwüstet..., wo E r die Menschen mit Krankheit schlägt, die die Hände erschlaffen läßt, oder mit Dürre, die die Ähren t ö t e t . . . , da, Oberhäupter von Lebak, beugen wir demütig das Hanpt und sagen: ,Er will es so!' Aber nichts von dem gibt es in Bantam-Kidul! Ich wurde hierher gesandt, um Euer Freund zu sein, Euer älterer Bruder. Würdet Ihr Euren jüngeren Bruder nicht warnen, wenn Ihr einen Tiger auf seinem Weg sähet ? Oberhäupter von Lebak, wir haben oft Fehler begangen, und unser Land ist arm, weil wir so viele Fehler begingen. Denn in Tjikandi und Bolang und in der Gegend von Krawang und in der Umgebung von Batavia gibt es viele Menschen, die in unserem Land geboren sind und die unser Land verlassen haben. Warum suchen sie ihre Arbeit fern von den Stätten, wo ihre Eltern begraben sind? Warum fliehen sie das Dorf, wo sie die Beschneidung empfingen? Warum ziehen sie die Kühle des Baumes, der dort wächst, dem Schatten unserer Wälder vor? Und dort drüben im Nordwesten jenseits des Meeres gibt es viele, die unsere Kinder sein müßten; die aber Lebak verlassen haben, um durch fremde Länder zu zieiien mit Dolch und Schwert und Büchse. Und sie kommen elend um, denn die Macht der Regierung schlägt die Aufständischen nieder. Ich frage Euch, Oberhäupter von Bantam-Kidul, warum sind so viele weggegangen, die nicht da begraben werden wollten, wo sie geboren sind? Warum fragt der Baum: ,Wo ist der Mann geblieben, den ich als Kind zu meinen Füßen spielen sah ?' " „Oberhäupter von Lebak! Wir alle stehen im Dienste des Königs der Niederlande. E r aber, der gerecht ist und will, daß wir unsere Pflicht tun, ist weit von hier. Dreißigmal tausend mal tausend Seelen, ja noch

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Stücks Übersetzung

mehr, müssen seinen Befehlen gehorchen; aber er kann nicht bei allen sein, die ihm Untertan sind. Der Große Herr zu Buitenzorg ist gerecht und will, daß jeder seine Pflicht tue. Aber auch er, so mächtig er ist, der über alles in den Städten und über die Ältesten in den Dörfern gebietet, der über die Macht des Heeres und die Schiffe auf dem Meer gebietet, auch er kann nicht da sein, wo Unrecht begangen wird, denn das Unrecht bleibt ferne von ihm. Und der Resident zu Serang, der der Herr des Landes Bantam ist, in dem fünfmalhunderttausend Menschen wohnen, will, daß Recht geschehe in seinem Gebiet und Gerechtigkeit herrsche in den Bezirken, die ihm gehorchen. Wo aber Unrecht geschieht, ist er ferne. Und wer Böses tut, verbirgt sich vor seinem Angesicht, weil er die Strafe fürchtet. Und der Herr Adhipatti, der Regent von Südbantam, will, daß jeder lebe, der das Gute erstrebt, und daß es keine Schande gebe in dem Gebiet, das seine Regentschaft ist. Und ich, der ich gestern den allmächtigen Gott als Zeugen anrief, daß ich gerecht sei und gnädig, daß ich Recht tue ohne Furcht und ohne Haß, daß ich ,ein guter Assistentresident' sein w i l l . . . , auch das tun will, was meine Pflicht ist. Oberhäupter von Lebak! Das wollen wir alle! Wenn aber einige unter uns sein sollten, die ihre Pflicht um des Gewinns willen vernachlässigen, die das Recht für Geld verkaufen oder die den Büffel dem Armen wegnehmen und die Früchte, die denen gehören, die Hunger haben . . . , wer soll sie strafen? Wenn einer von Euch es weiß, so soll er es unterbinden. Und der Regent wird nicht dulden, daß so etwas in seiner Regentschaft geschehe. Und auch ich werde dagegen angehen, wo immer ich kann. Wenn aber weder Ihr noch der Adhipatti, noch ich es wissen . . . Oberhäupter von Lebak! Wer soll dann Gerechtigkeit walten lassen in Bantam-Kidul? Hört auf mich, weil ich Euch sagen will, wie dann Recht getan werden wird.

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Es kommt die Zeit, da unsere Frauen und Kinder weinen werden, wenn sie unser Totenkleid bereitmachen, und ein Mann, der vorbeikommt, wird sagen: ,Da ist ein Mensch gestorben.' Dann wird er, wenn er in die Dörfer kommt, Nachricht bringen von dem Tod dessen, der gestorben ist. und der ihn beherbergt, wird fragen: ,Wer war der Mann, der gestorben ist ?' Und man wird sagen: .Er war gut und gerecht. Er sprach Recht und verstieß nicht den Kläger von seiner Tür. E r hörte geduldig jeden an, der zu ihm kam, und gab ihm zurück, was ihm genommen wurde. Und wer den Pflug nicht durch den Boden treiben konnte, weil der Büffel ihm aus dem Stall geholt wurde, dem half er, den Büffel suchen. Und wo die Tochter aus dem Haus der Mutter geraubt wurde, suchte er den Dieb und brachte die Tochter zurück. Und wo man gearbeitet hatte, hielt er den Lohn nicht zurück und nahm nicht denen die Früchte, die den Baum gepflanzt hatten, und er kleidete sich nicht mit dem Kleide, das andere bedecken mußte, noch nährte er sich von dem Brot, das den Armen gehörte.' Dann wird man in den Dörfern sagen: ,Allah ist groß, Allah hat ihn zu sich genommen. Sein Wille geschehe . . . , ein guter Mensch ist gestorben.' Aber ein andermal wird der Vorübergehende stehenbleiben vor einem Hause und fragen: ,Was ist das, die Musik der Gamlang schweigt und der Gesang der Mädchen?' Und wiederum wird man sagen: ,Da ist ein Mann gestorben.' Und der Mann, der in den Dörfern umherreist, wird abends bei seinem Gastherrn sitzen und um ihn die Söhne und Töchter des Hauses und die Kinder der Dorfbewohner, und er wird sagen: ,Da ist ein Mann gestorben, der versprochen hatte, gerecht zu sein, und er verkaufte sein Recht an den, der ihm Geld gab. Er düngte seinen Acker mit dem Schweiß der Arbeiter, die er von dem Acker ihrer Arbeit abberufen hatte. E r verweigerte dem Arbeitsmann seinen Lohn und nährte sich vom Brot der Armen. Er ist reich geworden durch die Armut der

Havelaars Ansprache an die Oberhäupter in Stücks Übersetzung anderen. E r hatte viel Gold und Silber u n d edle Steine, aber der Bauer, der in der Nachbarschaft w o h n t e , w u ß t e nicht den H u n g e r seines Kindes zu stillen. E r lächelte w i e ein glücklicher Mensch; aber bei dem Kläger, der Recht suchte, gab es n u r Zähneknirschen. Zufriedenheit lag auf seinem Gesicht, aber es w a r keine Milch in den Brüsten der M ü t t e r , die stillten.' D a n n werden die Bewohner der D ö r f e r sagen: ,Allah ist groß . . . , w i r verfluchen niemanden!' Oberhäupter von Lebak, einmal müssen w i r alle sterben! W a s soll dann gesagt werden in den D ö r f e r n , in denen w i r zu gebieten h a t t e n ? Und was w e r d e n die Leute sagen, die vorübergehen und unser Begräbnis sehen ? Und was werden w i r antworten, w e n n nach unserem Tode eine Stimme zu unserer Seele spricht u n d f r a g t : , W a r u m herrscht J a m m e r n auf den Feldern, und w a r u m verbergen sich die Jünglinge? W e r n a h m die E r n t e aus der Scheuer u n d den Büffel, der das Feld pflügen sollte, aus dem Stall? Was hast du m i t dem Bruder getan, ü b e r den du wachen solltest? W a r u m ist der Arme t r a u r i g u n d verflucht die F r u c h t b a r k e i t seines Weibes?'" „Ich wünsche von Herzen, in gutem E i n v e r n e h m e n mit Euch zu leben, u n d deshalb bitte ich Euch, mich als F r e u n d zu betrachten. W e r gefehlt haben sollte, kann auf ein mildes Urteil von m i r rechnen, d e n n weil ich selbst so oft fehlte, werde ich nicht streng sein . .., nicht, solange es u m die üblichen Dienstvergehen und Nachlässigkeiten geht. N u r wo Nachlässigkeit zur Gewohnheit wird, w e r d e ich einschreiten. Uber Fehler schwerer A r t . . . , über Erpressung u n d Unterdrückung spreche ich nicht. So etwas w i r d nicht vorkommen, nicht w a h r , H e r r Adhipatti ?" „ N u n denn, Oberhäupter von Bantam-Kidul, w i r wollen f r o h darüber sein, d a ß unsere Abteilung so rückständig und so a r m ist. W i r haben eine schöne Aufgabe zu erfüllen. W e n n Allah uns im Leben läßt,

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werden wir dafür sorgen, daß der Wohlstand einzieht. Der Boden ist fruchtbar genug und die Bevölkerung guten Willens. Wenn jeder die Frucht seines Schweißes ernten kann, besteht kein Zweifel, daß in kurzer Zeit die Bevölkerung zunehmen wird sowohl an Zahl als auch an Besitz und Bildung, denn das geht oft Hand in Hand. Ich bitte Euch nochmals, mich als Freund zu betrachten, der helfen wird, wo er kann, besonders wo gegen Unrecht angegangen werden muß. Und hiermit befehle ich mich herzlich Eurer Mitarbeit. Ich werde die erhaltenen Berichte über Landwirtschaft, Viehzucht. Polizei und Justiz mit meinen Anweisungen wieder zurückschicken. Oberhäupter von Bantam-Kidul! Ich habe gesprochen. Ihr könnt heimkehren, jeder in sein Haus. Ich grüße Euch alle!"

BEILAGE 13

Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.3. und 7.4.

Überblick der Lücken, die von 10 % oder weniger der Probanden während der cloze-procedure-Untersuchung richtig ausgefüllt wurden; η = 46 in Kondition 1 ( S p o h r ) , 46 in Kondition 2 (Stück) bzw. 25 in Kondition 3 (Multatuli) nach Selektion: Kond. 1

Kond. 2

Kond. 3

1.(49)' 2.(47) 11.(44) 15.(46) 16.(49)' 17.(46) 21.(48) 26.(48) 29.(47) 31.(45) 34.(46) 35.(45) 44.(44) 47.(44) 48.(49)' 49.(47) 61.(49)' 65.(48) 75.(47) 77.(49)'

1.(44) 25.(48) 26.(46) 29.(47) 33.(48) 38.(49)' 41.(45) 43.(45) 44.(46) 49.(48) 50.(48) 66.(48) 76.(49)

1.(25)' 3.(24) 6.(24) 7.(25)' 8.(25)' 9.(22) 18.(23) 20.(25)' 24.(25)' 25.(23) 29.(24) 30.(25)' 31.(22) 35.(24) 36.(25)' 38.(25)' 40.(25)' 42.(25)' 44.(25)' 45.(23)

504

Beilage 13

46.(25)' 48.(23) 56.(24) 57.(25)' 60.(24) 62.(24) 66.(23) 70.(23) 75.(25)'

1 kein einziges Mal richtig beantwortet

BEILAGE 14

Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.5. und 7.6.

Überblick der Einstufung nach dem Alter der Texte bei nicht-neutraler Typographie. (A) - (F) bezeichnen die verschiedenen Übersetzungen; (P 1) - (P 6) stellen die Staffelung von 'alt' nach 'neu' dar: Texte: Β 1889 Derossi Ε 1900 Spohr (heruitgave 1952) C 1900 Mischke F 1903 Seliger D 1927 Lorebach A 1972 Stück Staffelung von 'alt' (P 1) nach 'neu' (P 6) bei nicht-neutraler Typographie; zwischen Klammern ist angegeben, wie oft Probanden einen Text einer bestimmten Altersstufe zuordneten: (alt) PI P2 P3 P4 P5 P6 (neu)

Β (26 χ) Ε (21 χ) C (4x) F (Ix) D (0x) A (0x)

A(lx) A(lx) A(lx) Α (lx)

C(lx) D(2x) D(2x)

F ( 3 x) F (14 x)

506

Beilage 14

Frequenzen bei nicht-neutraler Typographie: am häufigsten gewählt

an zweiter Stelle gewählt

(alt) PI P2 P3 P4 P5 P6

Β (26 χ) Ε (21 χ) F (20 χ) C (20 χ) A (19χ) D (23 χ)

72.2 58.3 55.6 55.6 52.8 63.9

% % % % % %

Ε (8χ) Β ( 9 χ) C ( 8 χ) F(7x) D ( 8χ) Α (11 χ)

22.2 25.0 22.2 19.4 22.2 30.6

% % % % % %

t

(neu) Staffelung von 'alt' (P 1) nach 'neu' (P 6) bei neutraler Typographie; zwischen Klammern ist angegeben, wie oft Probanden einen Text einer bestimmten Altersstufe zuordneten:

PI Ρ2 Ρ3 Ρ4 Ρ5 Ρ6 4 (neu)

Β (20 χ) Ε (15 χ) C (9χ) F (1χ) D (Οχ) Α (Οχ)

C ( 5 χ) D(3x) Α ( 5 χ) A(lx)

Α(2χ) D ( 3 χ)

Statistische Angaben zu den Untersuchungen 7.5. und 7.6.

507

Frequenzen bei neutraler Typographie: am häufigsten gewählt

an zweiter Stelle gewählt

an dritter Stelle gewählt

PI

Β (20 χ) 41.7 %

P2 P3

Ε (19 χ) 39,6 % C ( 1 9 χ ) 39.6 %

Ε (16 χ) 33.3 % Β (18 χ) 37,5 % F(8x) 16.7 %

C (8χ) C (6χ) D (7χ)

P4

A / C (12 χ) 25.0 % F (19 χ) 39.6 % Α (13 χ) 27,1 % D (18 χ) 37.5 % F (16 χ) 33.3 %

(alt) i

P5 P6

16.7 % 12,5 % 14.6 %

D ( 9 χ ) 18,8 % D ( 8 χ ) 16.7 % Α (13 χ) 27,1 %

t

(neu) Frequenzen der richtigen Lösungen, wenn nicht das eigentliche Alter der Texte, sondern ihre veralteten Merkmale berücksichtigt werden: Bei nicht-neutraler Typographie: (alt)

I

PI

Β (26 χ)

Ρ2 Ρ3

C Ε

Ρ4 Ρ5 Ρ6

t

(neu)

(1χ)

(ΐχ) D (Οχ) F (Οχ) Α (Οχ)

Α

(1χ)

F

(1χ)

508

Beilage 14

Bei neutraler Typographie: (alt) • Β C Ε D F A

PI P2 P3 P4 P5 P6

(20 χ) ( 5 χ) (2x) (Ix) (Ix) (Ix)

Ε (15 χ)

A (2x) F

D

(lx)

(lx)

t (neu) Frequenzmatrix der gewichteten Ergebnisse bei nicht-neutraler Typographie: alt.

Total

Texte PI

P2

P3

P4

P5

P6

Β

26(72 %)

9(25 %)

1(3%)

-

-

-

47

Ε

8(22%)

21(58%)

4(11%)

3(8%)

-

-

74

F

-

4(11%)

20(56%)

7(19%)

5(14%)

-

121

C

1(3%)

1(3%)

8(22%)

20(56%)

4(11%)

2(6%)

139

A

1(3%)

1(3%)

1(3%)

3(8%)

19(53%)

11(31%)

179

-

2(6%)

3(8%)

8(22%)

23(64%)

196

D

-

Frequenzmatrix der gewichteten Ergebnisse bei neutraler Typographie •4— neu

alt-».

Tot

Texte PI

P2

P3

P4

P5

P6

Β

20(42%)

18(38%)

3(6%)

5(12%)

1(2%)

1(2%)

96

Ε

16(33%)

19(40%)

5(10%)

4(8%)

3(8%)

-

100

C

8(17%)

6(13%)

19(40%)

12(25%)

3(6%)

-

140

A

1(2%)

2(4%)

6(13%)

12(25%)

13(27%)

13(27%)

214

8(17%)

18(38%)

214

19(40%)

16(33%)

235

D F

3(6%)

3(6%)

7(15%)

9(22%)

-

-

8(17%)

5(10%)

BEILAGE 15

Statistische A n g a b e n zu d e n U n t e r s u c h u n g e n 8.2. und 8.3.

V e r g l e i c h d e r A n t w o r t e n in d e n K o n d i t i o n e n 1 u n d 2 ( d e u t s c h ) u n d 3 (niederländisch)

mit H i l f e d e s M a n n - W h i t n e y - U - T e s t e s ; η = 75 bzw. 11

nach Selektion 'muttersprachig' und 'schon gelesen':

Charakter 1: Charakter 2: Charakter 3: Charakter 4: Charakter S:

mean

s.d.

royaal-gierig

5.636

1.362

freigebig-geizig

5.627

1.353

geestig-niet geestig

4.545

1.968

witzig-witzlos

4.293

1.985

eerlijk-oneerlijk

2.909

1.700

ehrlich-unehrlich

3.040

1.664

tevreden-ontevreden

2.636

1.206

zuf rieden -unzuf rieden

3.080

1.707

ongelovig-gelovig

5.636

1.502

ungläubig-gläubig

4.373

1.901

altru ϊ stisch-egoi stisch

6.818

.982

U-test

(.0228)' Charakter 6:

altruistisch-egoistisch

6.243

1.096

Charakter 7:

aantrekkelijk-af stotend

5.455

1.036

entziickend-abstossend

4.730

1.483

Charakter 8:

f atsoenlijk-onf atsoenlijk

3.818

1.662

anständig-unanständig

3.667

1.647

1 Signifikanz: .05; 2-tail

510

Beilage 15

s.d. uit&praak 1: uitspraak 2: uitspraak 3: uitspraak 4: uitspraak 5:

schijnheilig

2.100

1.197

scheinheilig

2.400

1.090

kosmopolitisch

1.273

.467

weltmännisch

1.667

.811

zelfkritisch

1.273

.647

selbstkritisch

1.500

.763

deugdzaam

1.818

.982

tugendhaft

1.680

.872

U-test

principieel

2.364

1.027

prinzipiell

3.081

1.004 ζ = -2.2560

u = 244.5

hartelijk

1.182

herzlich

1.338

.688

maniakaal

1.636

.674

maniakalisch

2.174

.973 ζ = -1.6507

(.0241)' uitspraak 6: uitspraak 7:

.405 u = 175.5 (.0988)

uitspraak 8:

eigenwijs

3.091

.831

rechthaberisch

2.853

.954

Vergleich der Antworten in den Konditionen 1 und 2 ( d e u t s c h ) und 3 (niederländisch) mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η = 94 bzw. 17 nach Selektion 'muttersprachig':

Charakter 1: Charakter 2: Charakter 3:

mean

s.d.

royaal -gierig

5.941

1.249

freigebig-geizig

5.500

1.538

geestig-niet geestig

4.000

1.969

witzig-witzlos

4.422

1.937

eerlijk-oneerlijk

2.588

1.543

1 Signifikanz: .05; 2-tail

U-test

Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.2. und 8.3.

Charakter 4: Charakter 5:

mean

s.d.

ehrlich-unehrlich

3.078

1.737

U-test

tevreden-ontevreden

2.824

1.468

zuf rieden-unzuf rieden

3.189

1.767

ongelovig-gelovig

5.529

1.736

ungläubig-gläubig

4.411

1.848 ζ =-2.4992

u = 477.0 (.0124) 1

Charakter 6: Charakter 7: Charakter 8:

uitspraak 1: uitspraak 2:

altruistisch-egoistisch

6.412

1.064

altruistisch-egoistisch

6.135

1.254

aantrekkelijk-af stotend

5.438

1.031

entzttckend-abstossend

4.820

1.534

f atsoenlijk-onf atsoenlijk

3.529

1.772

anständig-unanständig

3.667

1.635

schijnheilig

2.125

1.025

scheinheilig

2.382

1.092

kosmopolitisch

1.176

.393

weltmännisch

1.640

.801 ζ = -2.3562

u = 515.0 (.0185) 1

uitspraak 3: uitspraak 4: uitspraak 5:

zelfkritisch

1.294

.588

selbstkritisch

1.443

.725

deugdzaam

1.941

1.029

tugendhaft

1.652

.841

principieel

2.647

.996

prinzipiell

3.102

.971 z = -1.9178

u = 541.5 (.0551)

uitspraak 6: uitspraak 7:

hartelijk

1.176

.393

herzlich

1.330

.673 u = 349.0

maniakaal

1.647

.786

maniakalisch

2.155

.970 z = -1.9158

eigenwijs

2.882

.857

rechthaberisch

2.910

.961

(.0554) uitspraak 8:

1 Signifikanz: .05; 2-tail

511

BEILAGE 16

Statistische Angaben zu Untersuchung 8.4. Vergleich der Antworten in den Konditionen 1 (deutschsprachig, Wawelaar), 2 (niederländischsprachig) und 3 (deutschsprachig, Quatschkopf) mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η = 36, 25 bzw. 41 nach Selektion: mean

s.d.

1-2

1-3

1: Frage 1 (Vergnügen? W)

2.0000

.9258

u=296.0

u=385.0

2:

(genoegen? W)

2.7600

1.3000

ζ = -2.350

ζ = -3.359

3:

(Vergnügen? Q)

2.8421

.9733

(.0188)'

(.0008) 1

.

2-3

1: Frage 2 (Wie fanden Sie? W) 2.8857

.8668

u = 514.0

u = 358.5

2:

(Hoe vond u? W)

2.7600

.9695

z = -1.770

z = -1.719

3:

(Wie fanden Sie? ß )

3.1842

.9258

(.0768)

(.0857)

1: Frage 3 (Wortwahl? W)

4.1389

.6825

u=301.0

u=265.0

2:

(Woordkeus? W)

4.5600

.5066

ζ = -2.473

ζ = -3.271

3:

(Wortwahl Q)

3.8947

.8634

(.0134)'

(.0011)'

1: Frage 4 (Aussagen W)

1.6765

.7675

u=322.0

u = 356.0

2:

(Uitspraken W)

1.3600

.7000

z = -1.817

z=-1.911

3:

(Aussagen Q)

1.7368

.8909

(.0692)

(.0560)

1 Signifikanz: .05; 2-tail 2 Signifikanz: .001; 2-tail

514

Beilage 16 mean

s.d.

1-2

1-3

2-3

1: Frage 5 (humoristisch? IV)

1.8056

.9202

u = 278.0

u = 401.5

2:

(humoristisch? W)

2.8800

1.5895

ζ = -2.640

ζ = -3.179

3:

(humoristisch? Q )

2.6316

1.1252

(.0083)'

(.0015)'

1 Signifikanz: .05; 2-tail

BEILAGE 17

Statistische Angaben zu Untersuchung 8.5.

Vergleich der Antworten in den Konditionen 1 ( S p o h r ) , 2 (Stück) und 3 ( M u l t a t u l i ) mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η = 17, 19 bzw. 10:

mean

s.d.

Charakter 1: zuverlässig-unzuver. 3.235 3.526

1-2

1-3

2-3

1.200

u = 44.5

u = 55.0

1.577

ζ = -2.13

z = -1.92

2.300

1.059

(.034)'

(.055)

Charakter 2: ausgeglichen-unsg. 4.625

1.360

u = 101.5

u = 28.5

u = 47.0

3.895

1.049

z = -1.72

ζ = -2.77

ζ = -2.28

2.700

1.567

(.0851)

(.006)'

(.023)'

Charakter 3: impulsiv-bedächtig 3.235

1.821

3.056

1.552

3.100

1.592

2.588

1.121

2.053

.911

Charakter 4: aufrichtig-unaufr.

Charakter 5: altruistisch-egoist.

Charakter 6: feige-mutig

1 Signifikanz: 0,5; 2-tail

1.900

.994

3.471

1.625

u = 57.5

4.053

1.682

z = -1.75

2.900

1.792

(.080)

5.412

1.228

u = 53.5

5.053

1.433

z = -2.06

6.000

.943

(.039)'

516

Beilagen mean

Charakter 7: gerecht-ungerecht

s.d.

1-2

1-3

2-3

2.824

.883

u = 43.0

u = 57.5

2.684

1.157

ζ = -2.20

z = -1.79

(.028)'

(.073)

1.900

1.101

3.375

1.500

2.842

1.015

2.700

1.160

Charakter 8: stark-schwach

Vergleich der Antworten der deutschsprachigen Probanden mit denen der niederländischsprachigen mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η = 36 bzw. 10 nach Selektion 'muttersprachig' und 'schon gelesen':

Charakter 1:

mean

s.d.

U-toets

betrouwbaar-onbetrouwbaar 2.300

1.059

u = 99.5

zuverlässig-unzuverlässig

3.389

1.400 z = -2.2128 (.0269)'

Charakter 2:

evenwichtig-onevenwichtig

2.700

ausgeglichen-unausgeglichen 4.229

1.567

u = 75.5

1.239 ζ — -2.7775 (.0055)'

Charakter 3: Charakter 4: Charakter 5: Charakter 6:

impulsief -bedachtzaam

3.100

1.853

impulsiv-bedächtig

3.143

1.665

oprecht-onoprecht

1.900

.994

aufrichtig-unaufrichtig

2.306

1.037

altru ϊ stisch-egoi stisch

2.900

1.792

altruistisch-egoistisch

3.778

1.658

laf-moedig

6.000

feige-mutig

5.222

.943

u = 115.5

1.333 z = -1.8311 (.0671)

Charakter 7:

rechtvaardig-onrechtvaardig 1.900 gerecht-ungerecht

2.750

1.101

u = 100.5

1.025 z = -2.2097 (.0271)'

1 Signifikanz: .05; 2-tail

Statistische Angaben zu Untersuchung 8.5.

Charakter 8:

uitspraak 1:

mean

s.d.

sterk-zwak

2.700

1.160

stark-schwach

3.086

1.269

nai'ef

1.300

.483

naiv

1.629

.731

uitspraak 2:

opgewekt

2.700

.675

munter

2.743

.919

uitspraak 3:

edel

2.400

.843

edel

2.114

.867

serieus

2.300

.675

ernst

1.971

.857

uitspraak 4: uitspraak 5:

plichtgetrouw

2.900

.568

pflichtsbewusst

2.371

.843

met zelfkennis

2.600

1.075

selbstkritisch

2.000

1.000

briljant

2.100

.738

brillant

2.029

1.071

excentriek

1.900

.876

exzentrisch

2.086

.981

517

U-toets

(.0551) uitspraak 6: uitspraak 7: uitspraak 8:

Vergleich der A n t w o r t e n der deutschsprachigen P r o b a n d e n mit d e n e n der niederländischsprachigen mit H i l f e des M a n n - W h i t n e y - U - T e s t e s ; η = 18 bzw. 3 9 nach S e l e k t i o n 'muttersprachig':

Charakter 1: betrouwbaar-onb. zuverlässig-unz.

mean

s.d.

U-toets

2.278

1.074

u = 187.0

3.436

1.410 z =-2.9156 (.0036)'

1 Signifikanz: 0.5; 2-tail

518

Beilage 17

Charakter 2: evenwichtig-onw.

mean

s.d.

U-toets

3.056

1.798

u = 200.0

ausgeglichen-unaus. 4.158

1.346 z= -2.5345 (.0113)'

Charakter 3: impulsief-bedachtz. 2.824 impulsiv-bedächtig

1.629

3.211

1.727

Charakter 4: oprecht-onoprecht

2.000

1.237

aufrichtig-unaufr.

2.333

1.199

Charakter 5: altruistisch-egoi'st. 2.765

1.562

altruistisch-egoist.

3.872

u = 203.5

1.641 z= -2.3209 (.0203)'

Charakter 6: laf-moedig

5.944

feige-mutig

5.256

.938

u = 238.0

1.292 z= -2.0789 (.0376)'

Charakter 7: rechtvaardig-onr.

1.833

gerecht-ungerecht

2.769

.924

u = 180.0

1.063 z= -3.0808 (.0021)'

Charakter 8: sterk-zwak stark-schwach uitspraak 1: nai'ef naiv uitspraak 2: opgewekt munter

2.444

1.149

3.000

1.273

1.333

.485

1.605

.718

2.389

.850

2.789

.905

uitspraak 3: edel

2.278

.752

edel

2.079

.850

2.389

.698

1.921

.850 z= -2.1629

uitspraak 4: serieus ernst

u = 227.5 (.0306)'

uitspraak 5: plichtgetrouw pflichtsbewusst

2.722

.826

2.342

.847 ζ = -1.7310

u = 249.5 (.0834)

1 Signifikanz: .05; 2-tail

Statistische Angaben zu Untersuchung 8.5. mean

s.d.

uitspraak 6: met zelfkennis selbstkritisch

U-toets 2.500

.924

1.947

.985 z= -2.1008

uitspraak 7: briljant

2.000

.767

brillant

2.105

1.085

(.0357)'

uitspraak 8: excentriek exzentrisch

1 Signifikanz: .05; 2-tail

2.167

.985

2.105

.953

u = 227.5

519

BEILAGE 18

Statistische Angaben zu Untersuchung 8.6.

Vergleich der Antworten in den Konditionen 1 (Titelseite Stück), 2 (Titelseite Spohr) und 3 (Titelseite Stromer) mit Hilfe des MannWhitney-U-Testes ; η = 65, 32 bzw. 32 nach Selektion:

genre 1: Biographie

genre 2: Roman

genre 3: Tagebuch

genre 4: Autobiogr.

genre 5: Bericht

genre 6: Brief

mean

s.d.

1-2

1-3

2-3

1.800

.754

u = 520.0

u = 349.0

2.613

.919

ζ = -4.034

ζ = -2.103

2.063

1.105

(.0001)'

(.0355)*

2.508

1.062

u = 357.5

2.839

1.128

ζ =-1.970

2.313

.965

(.0488) J

1.531

.734

u = 792.5

1.679

.945

z =-1.993

1.906

.938

(.0463) 1

1.500

.756

u = 630.0

u = 816.0

u = 228.5

1.897

.724

ζ =-2.743

ζ =-1.710

ζ =-3.681

1.258

.575

(.0061) 1

(.0872)

2.646

.991

u = 485.5

u = 207.5

1.821

.723

ζ =-3.701

ζ =-3.708

2.781

1.008

(.0002)'

(.0002)'

1.092

.292

1.138

.441

1.094

.296

1 Signifikanz: .001; 2-tail 2 Signifikanz: .005; 2-tail

(.0002)'

522

Charakter 1: humor.

Charakter 2: tatsbez.

Charakter 3: kritisch

Charakter 4: fiktiv

Charakter 5: ironisch

Beilage 18 mean

s.d.

1-2

1-3

2.431 1.621

.968

u = 494.5

.820

ζ = -3.828

u = 573.5 ζ =-3.733

(.0001)'

(.0002)'

1.656

.865

2.569

1.030

2.517

.949

2.875

.976

2-3

2.215

.927

u = 821.0

u =332.0

2.345

.936

ζ = -1.775

ζ = -2.013

1.875

.907

(.0759)

(.0442) 2

1.815

.827

u = 693.5

u = 290.0

2.400

1.133

ζ = -2.379

ζ = -2.833

1.625

.871

(.0174)*

2.585

.983

u = 484.5

u = 488.5

1.700

.750

ζ = -4.086

ζ = -4.398

1.625

.793

(.0000) 1

(.0000)'

1 Signifikanz: .001; 2-tail 2 Signifikanz: .005; 2-tail

(.0046)'

BEILAGE 19

Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.7. und 8.8.

Vergleich der Antworten zum Schlussteil des Buches in den Konditionen 1 (Stück)

und 2 ( D e r o s s i ) mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η =

65, 31 bzw. 29 nach Selektion: mean

s.d.

U-test

slot 1: vraag 1

2.710

1.131

u = 113.0

slot 2: vraag 1

1.138

.351 ζ = - 5 . 4 0 1 8

(.0000) slot 1: vraag 2

3.097

.790

u = 209.0

slot 2: vraag 2

2.103

1.012

ζ =-3.7052

(.0002) slot 1: vraag 3

2.258

.965

slot 2: vraag 3

1.966

.778

Vergleich der Antworten bez. der Textmerkmale:

s.d

mean

s.d

slot 1: humoristisch

2.387

.955

1.419

.720

2: humoristisch

2.448

.985

1.286

.659

2.774

.956

2.871

.846

1.090

2.793

.774

slot 1: tatsbez. 2: tatsbez.

2.483

524

Beilage 19 1 mean

2 s.d

mean

s.d

slot 1: kritisch

1.968

.795

3.226

.805

2: kritisch

2.552

1.021

3.069

.842

slot 1: fiktiv

1.839

.779

1.903

1.076

2: fiktiv

1.759

.872

2.000

.720

slot 1: ironisch

2.548

1.028

1.645

.798

2: ironisch

2.586

1.018

1.621

.728

Signifikanter Unterschied nach dem Lesen des Titels: kritisch

u = 302.0

ζ = 2.2919 1

Vergleich der Antworten bez. der Gattungen, nachdem die Titelseite (1), die Zusammenfassung (2) bzw. der Schlussteil (3) gelesen worden waren:

1

2

3

mean

s.d.

mean

s.d.

mean

s.d.

s 1: Biogr.

2.000

.816

2.161

.934

1.774

.884

s 2: Biogr.

1.621

.677

2.214

.917

2.464

.999

s 1: Roman 2.548

.995

3.097

1.044

3.032

.983

s 2: Roman 2.379

1.083

2.966

.944

2.690

.967

.672

1.379

.820

1.452

.675

s 1: Tageb.

1.419

s 2: Tageb.

1.655

.814

1.536

.693

1.321

.548

s 1: Autob.

1.484

.769

1.387

.558

1.677

.871

s 2: Autob.

1.607

.786

1.250

.518

1.286

.535

s 1: Bericht 2.806

.980

2.968

.948

2.484

1.122

s 2: Bericht 2.586

1.018

2.172

1.104

2.793

1.048

s 1: Brief

1.032

.180

1.161

.454

1.323

.599

s 2: Brief

1.138

.351

1.036

.189

1.143

.351

1 Signifikanz: .0219; 2-tail

Statistische Angaben zu den Untersuchungen 8.7. und 8.8.

Signifikante Unterschiede nach dem Lesen des Titels: Biographie:

u = 334.5

ζ = -1.83661

Signifikante Unterschiede nach dem Lesen der Zusammenfassung: Bericht 2:

u = 266.5

ζ = -2.7997*

Signifikante Unterschiede nach dem Lesen des Schlussteils: Biographie 3:

u = 263.0

ζ = -2.72573

Autobiographie 3:

u = 332.0

ζ = -1.82644

1 Signifikanz: .0663; 2-tail 2 Signifikanz: .0051; 2-tail 3 Signifikanz: .0064; 2-tail 4 Signifikanz: .0678; 2-tail

525

BEILAGE 20

Statistische Angaben zu Untersuchung 9.2.

Vergleich der Antworten in den Konditionen 1 ( M u l t a t u l i ) und 2 (Stern) mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η = 32 bzw. 29 nach Selektion:

mean

s.d.

1: Biographie

3.781

1.099

2: Biographie

3.862

1.187

1: Reise

3.563

1.134

2: Reise

3.483

1.271

1: Tagebuch

3.733

1.172

2: Tagebuch

3.345

1.233

1: dt. Literatur

4.656

.701

2: dt. Literatur

4.714

.600

1: sc. fiction

1.710

.864

2: sc. fiction

1.862

.953

1: iibr. Literatur

3.438

1.190

2: iibr. Literatur

3.414

1.323

1: pol. Text

3.375

1.289

2: pol. Text

3.500

1.262

1: Lit. 20. Jh.

4.500

.803

2: Lit. 20. Jh.

4.655

.553

1: Nachrichten

3.688

.859

2: Nachrichten

4.000

.802

1: Lit. des 19. Jh.

4.281

.958

2: Lit. des 19. Jh.

4.310

.891

528

Beilage 20

Korrelationen zwischen den Fragen: 1: waardering

12.219

1.362

u = 366.5

2: waardering

10.966

2.584 ζ = -1.4531 (.1462)

1: vraag 1

4.125

.554

2:vraag 1

3.793

.861 ζ = -1.5024

1: vraag 2

4.000

.440

2:vraag 2

3.448

.948 ζ = -2.4874

1: vraag 3

4.094

.641

2:vraag 3

3.724

u = 374.0 (.1330) u = 323.0 (.0129) u = 395.0

1.162 ζ = -1.0973 (.2725)

Spearmansche Korrelationen: Kondition 1 ttbr. Lit./waard.:

.0228

übr. Lit./vraag 1:

.1634

iibr. Lit./vraag 2:

.0686

übr. Lit./vraag 3:

.1087

übr. Lit./waard.:

.1683

übr. Lit./vraag 1:

.1332

übr. Lit./vraag 2:

.1976

übr. Lit./vraag 3:

.1107

Kondition 2

B E I L A G E 21

Statistische Angaben zu Untersuchung 9.3.

Ergebnisse des Chi-Quadrat-Testes: Anti-Kolonialismus Anti-Kolonialismus ja nein total

Leipziger Edition Zürcher Edition

4 1

7 10

11 11

17

22

eigene Rechte ja nein

total

total Chi-Quadrat = 2,22

eigene

Rechte

Leipziger Edition Zürcher Edition

10

total

13

Chi-Quadrat = 8,79

3

8 1

11 11 22

530

Beilage 21

Vergleich der Antworten bez. eigene Rechte in den Konditionen (1) und (2) mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Testes; η = 28 bzw. 27 nach Selektion:

mean vraag 1: eigene Rechte

2,679

U-test 3,037

u = 321.0 ζ = -1.0145 (.3104)1

vraag 2: gegen Kolonialismus

3.821

3.037

u = 242.0 ζ = -2.4406 (.0147)2

vraag 3: Javanern helfen

4.429

4.148

u = 314.0

ζ = -1.2126 (.2253)1 vraag 4: gegen Neo-Kol.

1.893

2.630

u = 244.5 ζ = -2.3388 (.0193)'

Frequenzverteilung:

vraag 1: 1 (gar nicht einverstanden) 2 (nicht einverstanden) 3 (weiss nicht genau) 4 (einverstanden) 5 (völlig einverstanden)

1 nicht signifikant 2 signifikant, 2-tail 3 signifikant, 2-tail

Leipzig

Zürich

21.4 % 35.7 % 0% 39.3% 3.6%

14.8 % 29.6 % 3.7% 40.7 % 11.1 %

Statistische Angaben zu Untersuchung 9.3.

Leipzig

Zürich

0% 21.4% 3.6 % 46.4 %

0% 51.9% 3.7 % 33.3 %

28.6 %

11.1 %

0% 0% 3.6 % 50.0 % 46.4 %

0% 7.4 % 3.7 % 55.6 % 33.3 %

50.0 % 25.0 % 14.3 % 7.1% 3.6%

18.5 % 37.0 % 18.5 % 14.8% 11.1%

vraag 2: 1 2 3 4 5

(gar nicht einverstanden) (nicht einverstanden) (weiss nicht genau) (einverstanden) (völlig einverstanden)

vraag 3: 1 2 3 4 5

(gar nicht einverstanden) (nicht einverstanden) (weiss nicht genau) (einverstanden) (völlig einverstanden)

vraag 4: 1 2 3 4 5

(gar nicht einverstanden) (nicht einverstanden) (weiss nicht genau) (einverstanden) (völlig einverstanden)

531

B E I L A G E 22

Statistische Angaben zu Untersuchung 9.4.

Frequenzverteilung in den Konditionen 1 {mit Anmerkung) Anmerkung)·, η = 49 bzw. 45 nach Selektion:

Anmerkungen mit ohne vraag 1 1 (mit sehr viel Vergn.) 2 (mit Vergnügen) 3 (weder mit noch ohne Vergn.) 4(ohne Vergnügen) 5 (ohne jegliches Vergn.)

8.2% 8.2% 24.5 % 53.1 % 4.1 %

1.0% 11.1 % 26.7 % 55.6 % 6.7 %

vraag 2 1 (sehr gut) 2 (gut) 3 (weder gut noch 4 (schlecht) 5 (sehr schlecht)

schlecht)

2.0% 14.3 % 40.8 % 32.7 % 8.2%

0% 8.9 % 33.3 % 53.3 % 4.4 %

Durchschnitte 1. und 2. Frage:

6.6881

7.111

1 nicht signifikant

und 2 ( o h n e

534

Beilage 22

Anmerkungen mit ohne vraag 4 Anmerkung

nicht

Anmerkung Anmerkung Anmerkung Anmerkung Anmerkung vraag 7 (Fehlen)

notwendig

1: Lauriergracht 2: Van Alphen 3: Gerrit 4: Batavus 5: Alba

Anmerkung

42.2 8.9 37.8 35.6 26.7

% % % % %

55.1 % 24.5 % 6.1 % 0%

31.1 31.1 28.9 4.4

% % % %

gestört

1 (nicht einverstanden) 2 (einigermassen einv.) 3 (sehr einverstanden) 4 (absolut einverstanden) Durchschnitte:

36.7 % 6.1 % 67.3 % 10.2 % 20.4%

1.429

2.070

u = 544.5 z = -3.41271

1 Signifikanz: .0006

LITERATURVERZEICHNIS

1. Primäre Quellen

1.1.

Zitierte niederländische Editionen des Max

Havelaar

Multatuli, 1860: Max Havelaar, of de Koffij-veilingen der Nederlandsche Handel-Maatschappij. Amsterdam. - 1860: 2. Aufl. - 1860: 2. Druck der 2. Aufl. -1871: 3. Aufl. - 1875: 4. Aufl. -1881: 5. Aufl. Rotterdam. Multatuli 1881/1987: Max Havelaar of de koffiveilingen der Nederlandsche Handelmaatschappy. Fotografische Neuaufl., herausgeg. von W.F. Hermans. Amsterdam.

1.2.

Gesammelte Werke

Multatuli 1951: Volledige Werken (dl) 2 (bezorgd door G. Stuiveling in samenwerking met H.A. Ett en P. Spigt). Amsterdam. Multatuli 1987: Volledige Werken (dl) 18. Brieven en documenten uit de jaren 1874-1875 (bezorgd door Η. van den Bergh en Β.P.Μ. Dongelmans). Amsterdam.

1.3.

Deutsche Übersetzungen des Max

Havelaar

Multatuli 1875: Max Havelaar oder die Holländer auf Java. Zeitgemälde. Deutsch von Th. Stromer. Berlin, G.M.F. Müller.

536

Literaturverzeichnis

Multatuli 1888: Max Havelaar. Übersetzt von C. Derossi. In: 'Der Freidenker' (1888), Nr. 26, 271. Multatuli 1889: Max Havelaar oder die Kaffee-Auktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft von Multatuli. Übersetzt von C. Derossi. In: 'Beilage der Arbeiter- Chronik' (Nürnberg 1889), Nr. 17-522. Multatuli 1889: Max Havelaar oder die Kaffee-Auktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft von Multatuli. Übersetzt von C. Derossi. In: 'Lesehalle, Beilage der Fränkischen Tagespost' (1889), 17-523. Multatuli 1900: Max Havelaar. Übertragen aus dem Holländischen von Wilhelm Spohr. Titelzeichnung von Fidus. Minden, J.C.C. Bruns, 1900. - 2. Aufl. Minden, J.C.C. Bruns, 1901. - 3. Aufl. Volksausgabe. Minden, J.C.C. Bruns, 1903. - 8.-10. Tausend. Minden (1920); (Meisterwerke der Weltliteratur Bd 214 Minden (1927). (Grethlein & Co., Leipzig). 5 Multatuli 1900: Max Havelaar oder die Kaffee-Versteigerungen der Niederländischen Handels-Gesellschaft von Multatuli (Eduard Douwes Dekker). Für die Bibliothek der 'Gesamt-Litteratur' aus dem Holländischen übersetzt von Karl Mischke. Halle a.d.S., Verlag O. Hendel. (Bibliothek der Gesamt-Literatur 1396-1399)' - Berlin 1924. Multatuli (1903): Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft von Multatuli. Aus dem

1 Vgl. A.J. de Mare, 'Lijst der geschriften van en over Eduard Douwes Dekker', Leiden, Brill, 1948, S. 28. De Mare gibt im Titel von Derossis Übersetzung irrtümlicherweise Niederländische statt Niederländischen an. In De Mares bibliographischer Umschreibung von Mischkes Übersetzung steht Gesammtlitteratur anstelle von Gesamtlitt eratur. 2 Der erste Teil von Derossis Übersetzung, die als Fortsetzungsgeschichte veröffentlicht wurde, erhielt irrtümlicherweise als Titel Max Bavelaar; die späteren Folgen in der Nürnberger Beilage der Arbeiter-Chronik melden den korrekten Titel. 3 Vgl. Anmerkung 1 4 Vgl. H. Bei der Wieden, 'J.C.C. Bruns als deutscher Verleger Multatulis', in: H. Nordsiek (Hg) Zwischen Dom und Rathaus. Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Minden. S. 321 5 Vgl. Bei der Wieden 6 Vgl. Bei der Wieden

Primäre Quellen

537

Holländischen übersetzt von Paul Seliger. Leipzig/Wien, Bibliographisches Institut. (Meyers Volksbücher 1375-1380). Multatuli (1927): Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft. Deutsch von Erich M. Lorebach. Illustriert von Reinhold M. Kuntze. Dresden/ Leipzig/Berlin, Die Brücke. Multatuli 1948: Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft. (Übersetzt von) Erich Stück. Berlin, Aufbau. - 1951: 2. Aufl. Aus dem Holländischen übertragen von Erich Stück, Nachwort von P. Wiegler. Berlin, Aufbau. (Romane der Weltliteratur). Multatuli 1949: Max Havelaar. In neuer Übersetzung von Wilhelm Spohr, mit einer Einleitung von Wilhelm Spohr. Berlin, Lied der Zeit. Multatuli (1952): Max Havelaar. (Übersetzt aus dem Niederländischen von Wilhelm Spohr). Berlin, Verlag der Nation. (Roman für alle 15).1 Multatuli (1965): Max Havelaar, Roman. Aus dem Holländischen übertragen von Wilhelm Spohr, Nachwort von Willem Enzinck. (Zürich), Manesse Verlag. (Manesse Bibliothek der Weltliteratur). Multatuli (1972): Max Havelaar oder die Kaffeeauktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft. (Übersetzung aus dem Holländischen von Erich Stück, revidiert von Gerhard Worgt). Leipzig, Paul List. (Neue Epikon-Reihe, Romane der Weltliteratur).

1.4.

Sonstige zitierte Multatuli-Editionen

Multatuli 1868: Max Havelaar or the Coffee Auctions of the Dutch Trading Company. Translated from the original Manuscript by Alphonse Nahuijs. London. Multatuli 1876: Max Havelaar. Traduction de A.J. Nieuwenhuis et Η. Chrisafulli. Rotterdam/Paris.

1 Das 'Deutsche Bücherverzeichnis' gibt ( 1 9 5 3 ) an.

538

Literaturverzeichnis

Multatuli 1899: Auswahl aus seinen (= Multatulis, J.S.) Werken in Übersetzung aus dem Holländischen, eingeleitet durch eine Charakteristik seines Lebens, seiner Persönlichkeit und seines Schaffens von Wilhelm Spohr. Mit Bildnissen und handschriftlicher Beilage. Titelzeichnung von Fidus. Minden. Multatuli 1901: Die Abenteuer des kleinen Waither. Humoristischer Roman aus dem Holländischen übersetzt von Karl Mischke. Mit einer Einleitung des Übersetzers und dem Bilde des Verfassers. Halle. (Bibliothek der Gesamt-Litteratur 1508-1511).

2. Sekundäre Quellen

Albrecht, J. 1973: Linguistik und Übersetzung. Tübingen. Apel, F. 1982: Sprachbewegung. Eine historisch-poetologische Untersuchung zum Problem des Übersetzens. Heidelberg. Apel, F. 1983: Literarische Übersetzung. Stuttgart. (Sammlung Metzler Μ 206). Bai, M. 1980: De theorie van verteilen en verhalen. Inleiding in de narratologie. Muiderberg. Baranczak, S. 1978: 'Die künstlerische Übersetzung', in: Die Welt der Slaven. Halbjahresschrift für Slavistik 23, 1, NF II, 1, S. 92-114. Bausch, K.R. 1980: 'Sprachmittlung. Übersetzen und Dolmetschen', in: H.P. Althaus/H. H e n n e / H . E . Wiegand (Hg), Lexikon der Germanistischen Linguistik. 2., vollst, n. bearb. u. erw. Aufl. Tübingen. S. 797-802. Bei der Wieden, H.: 'J.C.C. Bruns als deutscher Verleger Multatulis', in: H. Nordsiek (Hg), Zwischen Dom und Rathaus, Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Minden 3, S. 3-325. Berlyne, D.E. 1971: Aesthetics and Psychobiology. New York. Blum-Kulka, S. 1986: 'Shifts of Cohesion and Coherence in Translation', in: J. House/S. Blum-Kulka, Interlingual and Intercultural Communication. Discourse and Cognition in Translation and Second Language Acquisition Studies. Tübingen. S. 17-35.

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AUTORENREGISTER

Albrecht, J. 23 Apel, F. 18, 19, 27 60, 93, 95 Bai, M. 101 Baranczak, S. 118 Bausch, K.R. 11 Bei der Wieden, H. 130 Berlyne, D.E. 122-124 Blum-Kulka, S. 3, 32, 79, 97 Bohannan, L. 39 Brennenstuhl, W. 48 Bruderer, H. 2 Bruns, A. 130 Bühler, K. 27 Callens, J. 23 Catford, J.C. 9, 106, 108 Coseriu, E. 19 Daniels, F. 111 Darbelnet, J. 111 De Beaugrande, R. 17 De Vin, D. 130 De P e n e , H . 148,314 Derossi, C. 69, 96, 97-99, 127, 143-150, 153, 154, 155, 157, 170, 171, 175-177, 181, 182, 262, 270, 271, 274, 278, 279,313-315, 317-319, 323, 459,505, 524 Dik, S. 81 Diller, H.J. 15, 16, 18, 25, 26, 44 Domela Nieuwenhuis, F. 130 Douwes Dekker, E. 4, 5, 49, 64, 66-69,71-73,81,90,91, 93-96, 116-118, 127-131, 144, 146-153, 156, 253, 258, 260, 285, 290, 291, 295,314,317, 320, 323, 3 4 7 , 3 7 5 , 3 9 9 , 4 1 9 , 441, 503,515,527

Douwes De kke r-H a mminc k Schepel, M. 130, 156 Douwes Dekker-Van Wijnbergen, E. 148, 156 Dressier, W. 44, 110 Enzinck, W. 291 Evans, D.R. 123 Fillmore, Ch.J. 37 Forget, Ph. 117 Freigang, Κ.Η. 2, 20, 23, 24 Funke, G.L. 128, 129 Gerzymisch-Arbogast, H. 321 Goddard, K.A. 110 Greimas, A.J. 101 Groeben, N.123 Güttinger, F. 119 Harding, D.W. 124 Harris, B. 108, 111 H a r t m a n n , P. 19 Hermans, W.F. 4, 129 H e u e r m a n n , H. 2, 120, 123 Hilty, G. 25 Hinrichsen, I. 321 H o f m a n n , N. 13, 18,39, 111, 162 Höhlein, H. 22, 23 Holmes, J.S. 13, 105 Holz-Mänttäri, J. 34, 43, 316 Hönig, H.G. 32, 48, 52-54, 56, 58, 92, 115 House, J. 32, 46, 47, 79 Hühn, P. 2, 120, 123 Huyssen, A. 75 Iwema, K. 128 J a c o b s o n , R . 108 Jäger, G. 9-11,32, 76, 109, 112 Jaksche, H. 96, 97 James, C. 13, 115 Jankowiak, P. 19 Janssens, M. 99, 128

554

Jumpelt, R.W. 108, 109, 112, 118 Kade, O. 20, 23, 32, 33, 43, 107, 108, 113, 119 Klare, G.A. 80, 123, 162, 296 Klaus, G. 120 Klopfer, R . 15, 16, 18, 60 Knegtmans, J . J . 124 Kok, A. 123 Koller, W. 1, 9, 10, 14-16, 18, 23, 27, 42, 43, 46, 50, 52, 80, 103, 107, 109, 110, 112 Komissarov, V.N. 23 Koptilov, V. 118 Kornelius, J. 16, 25, 26 Krings, H.P. 3, 40, 53, 55, 119, 311 Kummer, W. 36, 48 Kussmaul, P. 14, 32, 48, 52-54, 5 6 , 5 8 , 9 2 , 106, 112, 115 Ladmiral, J . R . 105 Lambert, J. 108, 109 Lefevere, A. 17, 60, 91 Leisi, E. 25 Levy, J . 16, 60,91, 118,217 Lorebach, E.M. 69, 127, 143, 150, 154-157, 170, 175, 181, 1 8 2 , 3 1 3 , 4 1 9 , 485, 505 Lörscher, W. 54 Luhmann, N. 59 Lyons, J. 86 Maatje, F.C. 99 Machotka, P. 123 Margot, J.C. 2, 23, 107 Mehrabian, A. 124, 272, 273 Mel'cuk, J.A. 19 Metzeltin, M. 96, 97 Meyer, B. 51 Mimi, siehe Douwes DekkerHamminck Schepel, M. Mischke, K. 69, 127, 130, 144150, 154-157, 170, 171, 175, 176, 177, 181, 182, 3 1 3 , 3 1 4 , 3 1 7 , 3 1 8 , 375, 473, 505 Morris, C. 11

Autorenregister

Mounin, G. 76 Moynihan, C. 124, 272, 273 Multatuli, siehe Douwes Dekker, E. Nahuijs, A. 128 Nast, R. 129 Neubert, A. 1 3 , 3 2 , 3 7 , 3 8 , 4 1 , 4 4 , 4 8 , 5 1 , 5 8 , 6 1 , 7 9 , 80, 105, 112, 113,320 Newmark, P. 13, 60 Nida, E . A . 2 , 9 - 1 1 , 1 9 , 2 1 , 2 3 , 33, 103, 107, 110, 113 Nieuwenhuis, A.J. 73, 130 Oettinger, A.G. 9, 11 Orlebeke, J . F . 123 Oversteegen, J . J . 4, 99, 151, 153 Paap,W. 130 Pergnier, M. 19, 20, 28, 32 Popovic, A. 108 Przybecka, A. 19 Rehbein, J. 36 Reichert, K. 13 Reiner, E. 10, 11, 26, 27, 42, 75, 80, 94, 105-108,316 Reiss, K. 10, 11,26, 27, 42, 75, 105-108 Rieser, H. 68 Roganova, Z . E . 1 0 9 , 110 RUlker, K. 33, 75 Sager, J.C. 321 Sapir, E. 92 Savory, Τ. 10,59 Scheibe, Ε. 11 Schenda, R . 3 2 0 Schmidt, S.J. 24, 33, 34, 36, 38, 3 9 , 4 1 - 4 3 , 4 5 , 4 7 , 48,55-57, 59,61-65,67,69,71,73, 74, 102, 115, 120 Schoenmakers, H. 56, 63 Schräm, D.H. 123-125 Seliger, P. 69, 127, 143-150, 154157, 170, 175, 177, 181, 1 8 2 , 3 1 3 , 3 1 4 , 3 1 8 , 399, 479, 505 Smith, C. 76 Snell-Hornby, M. 13, 14, 16, 17, 34, 37, 38, 52, 54, 106,115 S o e n e n , J . 19

Autorenregister

Sonderegger, St. 217, 226 Sötemann, A.L. 71, 99, 153, 204, 241,242, 253,258-260, 262, 273, 280 Spohr, W. 64, 66, 69, 117, 127, 129, 130, 144-150, 155157, 161-163, 166, 169171, 175, 176, 181, 182, 186, 187, 228, 251,253, 257,260, 261,313-315, 317,319, 3 4 7 , 4 6 7 , 5 0 3 , 505,515,521 Stegeman, J. 24, 46, 56, 61, 80, 92, 99, 111, 127, 160,311 Stein, D. 2, 13, 14, 20, 24, 25, 32, 3 4 , 3 7 , 3 9 , 4 7 - 4 9 , 106, 112, 113, 115-118 Steiner, G. 26, 76, 95, 119 Stolze, R. 11,21,48, 75, 112 Stromer, Th. 69, 72, 73, 90, 127, 129, 130, 146, 148,253, 257, 259, 260,314, 521 Stück, E. 69, 71, 127, 144-150, 152, 155-157, 161, 162, 164, 166, 169, 170, 175, 181, 182, 186, 195, 218, 224, 225, 233, 253, 257, 259, 260, 262, 267, 271 274, 277,313,319, 441, 495,503,505,515,521, 524 Taber, C.R. 9-11, 23, 37, 107, 110 Tarnoczi, L. 108 Thiel, G. 27 Tine, siehe Douwes DekkerVan Wijnbergen, E. Toury, G. 12,54,55, 108 Trost, K. 13 Valentine, C.W. 124 V a n A l p h e n , H. 91,302, 304, 306, 534 Van Dale 216 Van den Broeck, R. 12, 17, 44, 60, 91, 106, 110, 111 Van der Plank, P.C. 4 Van Dijk, T.A. 96, 97, 100 Van Hauwermeiren, P. 111

Van Hoof, H. 23 Van Lennep, J. 70, 128, 156 Van Leuven-Zwart, K.M. 28, 79-82, 85-90, 97,98, 105, 186, 187, 206, 186, 2 8 0 , 3 1 3 Vannerem, M. 34, 37, 38, 52, 54, 115 V a n O l s t , E.H. 123 Vanrusselt, R. 130 Vermeer, H.J. 13, 15, 31, 44, 45, 4 8 , 4 9 , 5 8 , 105, 106, 108, 116

Vernay, H. 11 Vinay, J.P. 111 Vodicka, F. 50 Von Goethe, J.W. 94 Von Humboldt, W. 14 Von Schlegel, A.W. 14 Von Tscharner, E.H. 62, 63 Vosmaer, J. 150 Walker, E.L. 123 Walmsley, J.B. 2 , 2 1 , 2 3 , 105 Wandruszka, M. 11 Weinrich, H. 9, 10, 36 Whorf, B.L. 92 Wienold, G. 68 Wilss, W. 3, 9-11, 13, 14, 16, 22, 2 3 , 3 1 , 3 2 , 40, 4 3 , 5 1 , 7 5 , 76, 92, 105-108, 111, 113, 115, 119, 120 Winter, W. 9, 108 Wittgenstein, L. 12, 13 Wright, G.H. 48 Wunderlich, D. 20 Zemb, J.M. 111 Zimmermann, B. 120

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w DE

G

Walter de Gruyter Berlin - New York

STUDIA LINGUISTICA GERMANICA ANDREAS LUDWIG

Die deutsche Ukundensprache Churs im 13. und 14. Jahrhundert Graphem Ik, Phonologie und Morphologie Grofl-Oktav. XII, 358 Seiten, 8 Abbildungen. 1989. Ganzleinen DM 158,- ISBN 3 11 012241 3 (Band 26)

WILLIAM J. JONES

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PETER AUER

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