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German Pages 89 [177] Year 2022
Beitrage zur
Ge
ichtc Leipzi
/
gesammelt von
Carl Christian Carus Gretschel, Doctor der Philosophie und der Rechte, Mitglied der deutschen Gesellschaft zu Leipzig und der Gesellschaft für Pommer'sche Ge schichte und Alterthumskunde zu Stettin.
Beiträge z u r
Geschichte Leipzigs, gesammelt von
Carl Christian Carus Gretschel, Doctor der Philosophie und der Rechte, Mitglied der deutschen Ge sellschaft zu Leipzig und der Gesellschaft für Pommer'sche Geschichte und Merthumökunde zu Stettin.
Leipzig, 1835. Bei Georg Joachim Göschen.
Vorrede Die Geschichte Leipjigs hat schon seit langer Zeit eine
bedeutende Anzahl von Schriften hervorgerufen.
Als
der Verfasser der gegenwärtigen Schrift im Jahre 1828
ein topographisches Werkchen über Leipzig herausgab,
und im Jahre 1830 einer besonderen Darstellung der Verhältnisse der Universität in dieser Stadt sich unrer»
zog, so benutzte er, so viel in seinen Kräften stand, die
vorhandene Literatur.
Dankbar erkannte er die Be
mühungen seiner Vorgänger an, welche ihm durch ihre, zum Theil trefflichen Arbeiten hilfreiche Hand zu den Allein je länger er sich in Mußestum
seinigen boten.
den mit der'Ortsgeschichte beschäftigte, desto mehr wurde
eö ihm klar, daß die meisten Schriftsteller in Bezug auf die Geschichte Leipzigs sich mehr mit einer histo
rischen Entwickelung der äußern Verhältnisse dieser
Stadt beschäftigt hatten.
Die geschichtliche Darstellung
der innern Verhältnisse blieb entweder unberücksich
tigt, oder wurde, ohne tiefer darauf einzugehen, nur nebenbei berührt. Es mag indessen keinesweges geleugnet werden, daß eine solche Behandlung der Ortsgeschichte ganz vor
züglich mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, wenn sie nicht auf bloßen, durch keine Thatsachen unterstützten Vermulhlingen
beruhen soll.
Allein die Erforschung
IV
und öffentliche Bekanntmachung solcher Thatsachen ist
gerade in Leipzig früher sehr erschwert worden. möge nur an zwei Beispiele erinnert werden. der im
Es
Schon
17. Jahrhunderte lebende Lic. Zacharias
Schneider (Rector der Nicolaischule und Professor
dec Logik, zuletzt Stadtphystcuö in Meißen), toon'roel#
chem, seinem Chronicon und dem,
was von seinen
Annalen bekannt geworden, zufolge, manches Brauch
bare für die innere Geschichte Leipzig's zu erwarten war, sah sich durch den Censor verhindert, die gedach
ten Annalen durch den Druck
bekannt zu machen.
Christian Thomasius ist hierüber im andern Theile sei« ner Historie der Weisheit und Thorheit S. 35 deS
Mehreren nachzulesen.
Ebenso ist die Verhindernng der
Fortsetzung eines Werkes zu sieißige Vogel,
bedauern,
welches der
außer seinen bekannten Annalen*),
herausgeben wollte, und wovon nur 252 Folioseiten ge druckt wurden.
Sollte das weitere Msct., wie es bis
jetzt den Anschein hat, wahrend der letzten Jahre ver
loren gegangen sein,
so wäre
dieser Verlust um so
schmerzlicher, da, nach dem bereits Gedruckten zu ur theilen, viele für die Geschichte ltzeipzig's wichtige Dokumente darin enthalten waren. Ist nun auch ein tieferes Eingehen auf die innere
Geschichte Leipzigs theils verhindert, theils nicht ver-
*) Diese Annalen reichen bekanntlich bis zum Jahre 1714. Allein sie sind vom Lic» Ienichen und später von dessen FamuluS, Jo hann Salomon Riemer, und wahrscheinlich auch von Andern bis in die letzte Hälfte des vorigen Jahrhunderts fortgesetzt worden. Die ses interessante Msct. befindet sich in mehrere Bände gebunden, aus der Rathsstube zu Leipzig, und es wäre wohl eine angemessene Be kanntmachung desselben für Freunde der OrtS- und überhaupt der Vaterlandsgeschichte zu wünschen.
V sucht worden: so ist doch in dem bereits Gesammelten
Vieles enthalten, welches, wenn eS in einer Geschichte Leipzigs nicht blos nebenbei berührt, sondern in gehö
rige Verbindung gebracht wird, einen freiern Blick auf die frühere Entwickelung mancher innern Verhältnisse
der gedachten Stadt erlaubt.
Versuchsweise unterzog
sich der Verfasser einer solchen Zusammenstellung, be
sonders über ältere Verfassungsverhaltnisse Leipzigs, in einzelnen Vorträgen, welche ihm seit dem Jahre 1828
in der deutschen Gesellschaft zu Leipzig gestattet wur
den.
Aufs neue revidirt, hin und wieder mit nöthigen
Zusähen oder Weglassungen versehen,
erscheint
Theil dieser Vorträge in diesem Werkchen.
ein
Der
Verf. glaubte diese Beitrüge zur Hrtsgeschichte da
durch nützlicher zn machen,
daß er einige schon be
kannte Urkunden mit aufnahm, weil die Werke, welche sie vermischt mit vielen andern enthalten, nicht immer einem Jeden zur Hand sind.
Allein zugleich benutzte
er die ihm gebotene Gelegenheit,
um einige für die
-Ortsgeschichte wichtige, bis jetzt noch ungedruckte Ur kunden bekannt zu machen, so wie Nachweisungen über
einzelne, mit der Hrtsgeschichte zusammenhängende, bis jetzt weniger bearbeitete Gegenstände, z. B. über die
frühern Verhältnisse der Rachsdörfer, mitzutheilen.
Dabei kann der Verf. nicht umhin, die Bereit
willigkeit öffentlich zu rühmen, mit der ein E. E. Rath der Stadt Leipzig seine Nachforschungen unterstützte.
Nicht weniger erkennt er eS mit Dank an, daß ihm von
E. Wohllöbl. Kreisamte auf einige Tage ein merkwürdi ges Closterbuch zur Durchsicht überlassen wurde. Dasselbe führt den Titel: „Registrum copiarum omnium ju-
rium, libertatum, privilegiorum atque omnium
VI
bonorum mobilium et immobilium monasterii
St. Thomae," —
Diese schätzbare Sammlung einer
Menge, zum Theil bis in's 13. Jahrhundert zurück
reichender Urkunden enthalt für die Geschichte der Stadt
Leipzig,
ja selbst für die allgemeinere Vaterlandsge
schichte viel mehr Dinge, als man nach dem Titel und nach
einer
bloß
oberflächlichen Durchsicht vermuthen
sollte, wenn schon mehrere darin vorkommende Urkun
den aus andern Quellen bereits mitgetheilt worden sind. Vogel (vgl. Vorrede zu s. Annalen) hat diese Samm
lung benutzt.; allein, wie-es scheint, weniger für die
Annalen, als für das vor der Hand nicht aufzuflndende obenerwähnte Werk. über Leipzig
den.
nach Vogel
Von den Schriftstellern
ist es
nicht benutzt
wor
Vielleicht sindet sich später eine Gelegenheit, daß
als es in diesem Werke
der Verfasser
noch öfter,
geschehen ist,
darauf Bezug nehmen kann.
Denn
würde die Hoffnung des Verfassers erfüllt, diese Ar beit eben so günstig, wie seine frühern ausgenommen
zu sehen, so dürfte er es wagen, mit derartigen, so wohl aus der frühern Zeit Leipzigs, als auch anderer -Ortschaften entnommenen Beiträgen zur vaterländischen Geschichte fortzufahren.
Einige wenige Berichtigungen bittet er nach der
vorhandenen Anzeige gefälligst zu beachten. Leipzig, d. 10. Mai 1835. Dr. Carl Christian Carus Gretschel.
Inhalt Seite
I.
Ueber das Verhältniß Leipzigs zum Bisth. Merseburg
II.
Abriß der frühern städtischen Verfassungsverhältnisse Leipzigs, bis zur Gelangung der Gerichtsbarkeit an die Stadt . .........................................
.
.
1
10
Der Streit im Rath und Schöppenstuhle zu Leipzig
III.
während des sechszehnten Jahrhunderts.................................. 56
Die vom König Friedrich August I. dem Rathe der
IV.
Stadt Leipzig ertheilten Privilegien
V
........
über die Rathsdörfer
VI.
VII. VIH.
Notiz über das ältere Schuldenwesen des Raths
91 .... 132
AeltereS Verzeichniß der beim Leipziger Rathe stehen den Stipendien...............................................- ... 133
Die Fischer zu Leipzig im Anfänge deß vierzehnten Jahrhunderts
IX.
81
Aeltere geschichtliche und statistische Nachrichten über einige Besitzungen de§ Raths und insbesondere
............................................................................ 138
Ein Schied durch Markgraf Wilhelm geschehen zwischen dem Kloster und Rath zu Leipzig i. I. 1373
... 157
Berichtigungen.
S, 17 S. 7 ist beim Worte „beeinträchtigt" di« letzte Sylbe hin» zuzufügen. S. 25 ist der obenan stehende Schulze Albert nach der 19, Zeile zu setzen. S. 39 3. Z l. „Lipi,“ statt „Lippi.“ S. 64 3. 1 ist statt „lebend" zu lesen „lobend." — — Z, 29 L „Constitutionen" statt „Constitution,"
I.
Ueber das Verhältniß Leipzigs zum Bisthum Merseburg.
AJie Bewegung, welche während des
zehnten und cilften
Jahrhunderts im germanischen Volks- und Staatsleben über
haupt stattfand, ist unstreitig eine Ursache mit gewesen, daß wir den Faden fast verlieren, welcher uns durch die- in dieser
Zeit aus alten Chroniken Nur dürftig hervorquellenden Nach richten über Leipzig leiten soll.
So viel scheint aber gewiß
zu sein, daß auch der Landstrich, in welchem das ursprüng
lich wendische Oertlein Liptzk lag, nach den Siegen Hein richs I. über die Sorben, der deutschen Verfassung unterworfen wurde. Deutsche Grafen wurden auch hierangestellt und regierten im Namen des deutschen Oberhauptes« Welche Grafen es aber gewesen, darüber fehlm ganz bestimmte gleichzeitige Nachrich
ten.
Nur spätere Schriftsteller theilm, nach verschiedenen An
sichten, die Verbindung mit Leipzig gewissen Grafen zu, deren übrige, mit mehr Bestimmtheit anzugebende Besitzungen in der Nähe von Leipzig lagen.
So sagt einer der ältesten Ge
schichtschreiber Leipzigs, David Peifer, in seinen Origg.
Ups. p. 107: »Est verisimile, hujus loci vicarium regiuin fnisse Gunterum Comitem PLisnensem, qui Anno 966 Aldenburg! castellum prope Lipsiam possedit.«
Diese
Wahrscheinlichkeit, daß Leipzig unter einem Grafen von Plei-
ßen gestanden habe, wird durch einen von Peifer unberührt
gelassenen Grund
verstärkt.
Widcburg
(de pagis veteris
Misniae addit. Origg. Marchionat. Misn. P. 11. p. 148)
theilt nämlich eine Urkunde mit, nach welcher der, gegen das Bisthum Merseburg überhaupt so freigebige (vgl. JDitmar.
1
2 Chronic. Lib. III p. 341.) Otto II diesem Stifte im 1.974 einen Wald geschenkt hat, der im Gau Chutici lag, und die
ser gehörte zur Grafschaft Günthers. tatu Gunteri in pago Chutici).
(Forestum in Comi-
Im Gau Chutici — die
Benennung mag nun auf Gautzsch oder Skeudiz gedeutet wer
den — lag höchst wahrscheinlich, nach den bis jetzt gesammel ten Nachrichten *) Leipzig, und es dürfte sich daher die Graf
schaft Günthers über diesen Ort mit erstreckt haben. Pleißner Gau reichte nicht bis dahin.
Der
Günther konnte aber
recht wohl, wie noch andere Beispiele vorkommen, mehrere Grafschaften besitzen, und also auch Graf von Pleiße» seyn. Es könnte aber nicht ausfallen, wenn Leipzig vor oder nach Günther unter andem Grafm, als dm von Pleißen, ge»
standen hätte.
Es ist zu bedenken, daß in diesen Zeiten der
Besitz einer Grafschaft keineswegeS erblich war.
Nur dürste
es zu weit führen, aus dem von Ditmar angeführten Um stande, daß im I. 1004 Esiko, der Graf von Merseburg, in
Leipzig gestorben sei, sogleich folgern zu wollen, daß der Ort wirklich zur Grafschaft Merseburg gehört habe.
Bemerkens
werth ist jedoch, daß Esiko in Ludewig. Rel. Msct. Tom. IV, p. 347 »Comes in Lubeschitz« genannt wird; nur kommt Leipzig (Liptzk, Llpzi, Lubiz, Libiz) nirgends weiter
unter dieser Benennung vor. — Der unter den Neuern um die Geschichte Leipzigs so ver
diente Köhler glaubt, in seinen Fragmenten zur Geschichte der Stadt, und Universität Leipzig (S. 56), daß Leipzig wäh rend des eilftm und zwölften Jahrhunderts, den Markgrafen
von Meißen gehört habe; wir werden darauf später zurückkommm, und bemerken hier nur, daß wir allerdings Konrad den Großen in dem
festem Besitze Leipzigs
sehen,
den
Peifer (a. a. O. p. 114) und andere ältere Schriftsteller
überhaupt erst seit diesem Ahnherrn des Wettiner Hauses an
die erblichen Markgrqfen von Meißen gelangen lassen. Denn
nach diesen Schriftstellern soll Konrad der Große Leipzig gegen
*) Di» näher» Bestimmung in der bei Wideburg gedruckten Ur kunde „inter Salem et Muldam fluvios, ac Siuali et Plisni pro» vinciae“ deutet cbenfallt darauf hin.
3 gewisse Güter (nach Einigen gegen Skeudktz) lehnsweise vom Mer seburger Bischöfe eingetauscht haben. Es waren also, nach dieser
Erzählung, die im Namen des deutschen Regenten hier regieren den Grafen weggefallen und Leipzig war dem Bischöfe von
Merseburg zu Theil geworden. Peifer unterstützte dieses Vor
geben durch einen von ihm zuerst bekannt gemachten, und nach seiner Versicherung im Stiftsarchiv zu Merseburg vorhandenen
Schenkungsbrief vom 5. October 1022, . vermöge dessen Kai
ser Heinrich II. Leipzig mit allen dazu gehörigen Gütern und Rechten dem Stifte Merseburg, und namentlich dem dasi-
gen Bischöfe Ditmar erblich verliehen haben soll.
Die hier
her gehörigen Worte der Urkunde (abgdr. bei Pcifcr p. 108
und in Vogels Annalen S. 13) lauten:
»Unum oppidnm
Liptzk nominatum, situm inter Alestram, Plisnam et Pardam fluvios, cum Omnibus pertinentiis suis, terris
cultis et incultis, agris, areis et aedificiis, silvis, vena-
tionibus, molendinis, pratis, pascuis, viis et iriviis, exitibus et reditibus, quaesitis et inquirendis, mancipiis utri-
tisque sexus, et omnibus, quae quomodolibet nominari vel scribi possunt utilitatibus ad idem oppidum pertinentibus per haue imperialem nostram paginam dona-
mus, concedimus atque largimur--------- Merseburgensi ecclesiae ipsiusque provisori venerabili viro Ditmaro
episcopo.« —• Mag nun auch diese Urkunde, welche, wenn sie authen tisch, die älteste bekannte in Bezug auf Leipzigs Geschichte
wäre, noch so sehr das Gepräge ihres Zeitalters an sich tra
gen, so haben doch die Muern, unter ihnen vorzüglich Köhler und Adelung, mit Recht gar gegründete Zweifel wider ihre
Aechtheit eingewendct.
Denn erstens starb der Bischof Ditmar
bekanntlich im 1.1018, und 4 Jahre nach seinem Tode, 1022, soll ihm noch von Heinrich II. Leipzig geschenkt worden seyn? Zweitens ist jenes Documcnt unterschrieben »Anno imperii II,
regni XX. «, da es doch heißen sollte »imperii VIII.«, und drittens gedenkt weder Ditmar selbst, den jene Schenkung doch zunächst anging, noch der Verfasser der Geschichte des merseburgischen Bisthums in Ludewigs Hel. Msct., der aus deyr
Stiftsarchiv schöpfte, dieser wichtigen Donation, ungeachtet
4 sonst von derartigen Schriftstellern die dcmBivthum zufallea-
dM Schenkungen, bis auf die geringste Kleinigkeit sehr genau
aufgezählt werden.
Man verwarf also nicht mit Unrecht die
obenerwähnte Urkunde, und fast alle neuere Schriftsteller be-
haupteten, Leipzig habe in weltlicher Hinsicht mitdemBisthum Merseburg
nicht in Verbindung
gestanden.
Allem,
wenn auch die Unächtheit der Schenkungsurkunde bis auf Wei teres nicht bezweifelt werdm mag, so erscheinen doch im Laufe
der Geschichte des Meißner Landes einige Thatsachen, welche, obschon bekannt, weniger in Bezug auf Leipzig selbst beachtet
worden sind, während sie. auf dessen Verhältnisse zum Bisthum
Merseburg einiges Licht werfen und. die Abhängigkeit des Orts
vom Letztem zu bestätigen scheinen.
Die schwächem Gründe
dafür mögen den etwas stärker» voranstehen. — Schon an und für sich läßt es sich leicht denkm, daß der
durch seine Freigebigkeit gegm die Geistlichkeit, und vornehm
lich durch die Wiederherstellung des von Geisler zerrütteten BiSthums Merseburg bekannte Kaiser Heinrich II., sehr leicht
darauf kommen konnte, eine Schenkung Leipzigs an das Stift bewerkstelligen, welche vielleicht nicht vollzogen wurde. Hatte doch bereits Otto II. demselben eine ansehnliche Be zn
sitzung in dem Gaue (s. oben) überlassen, in welchem Leipzig
lag.
Ueberdem erzählt Ditmar selbst, daß ihm Heinrich die
Aussicht über die Kirche zu Leipzig und andere anvcrtraut habe.
In seinem Chronic. sagt er p. 215: »Tres quoque ecclesias in Lipzi, et in Olsciuzi (Ocltzschau bei Leipzig) ac in Gu-
Mta (Gossa bei Leipzig oder in Geusa bei Merseburg) mihi coiicissit.«
Wie leicht konnte das Ertheilte Anlaß zur grö
ßer!, Ausdehnung der dem Bischöfe verliehenen Rechte geben.
Es mag dieß aber nun wirklich geschehen sein, oder ein Or densbruder auf den Grund jener über die Kirche Leipzigs er
theilten Aufsicht, vielleicht auch mit dem Willen Heinrichs be
kannt, die erwähnte Schenkungsurkunde fabricirt haben: so dürfte doch in Bezug auf ein etwa bestehmdes thatsächliches
Verhältniß folgender Umstand nicht gänzlich übergangen werdm.
Kaiser Heinrich IV. rief zu den Kämpfen wider den Gegcnkönig Rudolph von Schwaben, die Böhmen unter ih
rem Herzog Wratislaw herbei.
Der damalige Bischof von
5 Merseburg, Werner, war ein treuer Anhänger Rudolphs, und
bot ihm bekanntlich nach seiner unglücklichen Schlacht den letz ten Zufluchtsort in Merseburg selbst an.
Damit hängt es
vielleicht zusammen, daß die Hilfstruppen Heinrichs die Freund schaft des Bischofs für Rudolph an den dem Erstem zugehö
rigen Ortschaften rächten und vor Allen auch Leipzig im I. 1082
fast gänzlich verwüsteten.
Der, freilich seiner Güter damals
für verlustig erklärte Markgraf von Meißen, Ekbert II., hielt
sich gerade in dieser Zeit ruhig. ap. Frelier. T. I
(Bruno, de Kollo Saxon.
p. 146 »Ekibertus cum sua iegione
neutri parti accedens, lentus sedebat /Quod (mors Theodorici) cum dictus
Egkeliardus inteJlexisset, pctivit a
dicto
puero et ab ipsis, qui puertim tanquam consiliarii rc-
gebant, ut Lyplzik, uovam curiam Grymmis, Bornis et Groylzsdi cum Omnibus bonis si'u's inter fluvios Salam
et Muldam, qua- palvr dicti pueri tenueraf ab ecelesta
Merseburgcntd, ipsi Episopo tanquam vero tutori praesentarenl ad regendam, quousque dictus puer ad aetatcm
legitimam perveniret.« — Man sieht hieraus, daß sich der Merseburger Bischof auch in Bezug auf Leipzig bereits auf
ein früheres Lehnsverhältniß berief, welches eine noch frühere,
bedeutendere Abhängigkeit des Orts
vom Stifte Merseburg
voraussetzt. Der Bischof unterstützte seine Forderung durch die Excommunieation Heinrichs und seiner Räthe, und der Landgraf Ludwig mußte zur Beilegung dieses Zwistes eine Summe Geldes von 800 Mark Silber zahlen, und die ver
langte Lehnsherrlichkcit anerkennen; eine Nachricht, welche, wie schon Weiße in seiner sächsischen Geschichte (B. 1. S. 116) richtig bemerkte,
Horn in seinem Henric. Illustr. p. 35
ohne Anführung eines Grundes iw-Zweifel zog. —•
Noch deutlicher treten diese schon früher behaupteten An sprüche des Bischofs von Merseburg hervor, als Friedrich der Gebissene
und Diezmann
nach
dem
Tode ihres
Wetters, Friedrich des Stammlers (1291), dessen Be
sitzungen auf dem Wege einer lctztwilligcn Verfügung erwar ben.
Beider, dießmal freilich wider die Regel übergangener
Väter, Albrecht der Unartige, überließ aus Rache unter andern Besitzungen auch Leipzig dem Bischof von Merse
burg, mit dem ausdrücklichen Zusatze, daß er sich auf das Deutlichste überzeugt habe, daß dem Bischof darauf schon lange (wenigstens was die dabei erwähnten Gerichtssitze —•
unter ihnen das Gericht über den Graben bei Leipzig,
auf
welches wir an einem andern Orte zurückkommen werden — angeht) ein stärkeres Recht zustehe. Die hierher gehörigen Worte der Urkunde (in Peiferi Origg. Lips. p. 131) lau
ten:
L>--------- placitavimus,
quod tarn civitas Liptzk,
quam quatuor sedes judiciales, videlicet in fossato ante Liptzk (an andern Orten supra fossatum apud Liptzk)
etc. — — esse debent venerabilis Domini nostri Episcopi et Ecdesiae Merseburgensis perpetuo possidendae, quia re vera cognovimus, quod siuun jus in sedibus
judiciorum jiiri omnimn, qui sedes easdem impetunt, ionge et melius praevalet.« — — Freilich ist nicht zu leugnen, daß diese Anerkennung der
bischöflichen Befugnisse von einem Fürsten ausging,
welchen
der Haß gegen die eianen Söhne dazu trieb, so wie auch zu
7 der
frühern Nachgiebigkeit Landgraf Ludwigs der Umstand
nicht wenig , beitragen mochte, daß Ludwig sich vor den da mals noch so wirksamen kirchlichen Strafen fürchtete.
Allein
so viel scheint denn doch aus der zuletzt angeführten Urkunde hervorzugehen, daß auch hier wieder der Merseburger Bischof
sich auf eine frühere Abhängigkeit Leipzigs von feinem Bisthume berufen hatte, worauf er das spätere Lehnsverhältniß
zwischen sich und den Meißner Markgrafen gründete. — Noch viel bestimmter und unbezweifclter scheinen spätere
Herzoge und Kurfürsten von Sachsen des Merseburger Bischofs anerkannt zu
die Lehnsherrlichkeit haben.
Wenigstens
kommen Lehnsbekennungen vor, von denen Einige bis in die Periode vor der Reformation Stifts reichen.
In
und der Administration des
einer der letzten dieser Urkunden vom
Jahre 1505 (gedruckt in Vogels nicht vollendeter Chronik,
S. 212) heißt es: »Wir Georg von G. G. u. s. w. thun kund u. s. w. Nachdem und also Unsere Eltern löblichen Gedächtniß, etliche Güter von dem Stift zu Merseburg zu Lehen gehabt, auch sonderlich jüngst der Hochgeborne Fürst und Herr, Ernst, Churfürst, unser lieber Vetter, und der Hochgeborne Fürst, Herr Albrecht, unser Vater, weiland Hertzogen zu Sachsen, löblicher Gedächtniß, sämmtlichen von
dem Ehrwürdigen in Gott Vater, Herrn Thilo, Bischof zu Merseburg und'dem Stift zu Lehn genommen haben die Stadt Liptzk, Nauenhof, Schloß und Stadt Grim, auch
zween Gcrichtsstühle zu Rötaw, und auf dem Graben der Stadt
Liptzk, auch das Schloß und Gericht Ostraw zu Lehen gehabt und genommen, und nach verflossener Zeit, als sich Ihr. Liebd. gctheilet, und mieden Landen entsetzt, daß unseren lieben Va ter, Herrn Albrechten, weiland Hertzogen zu Sachsen re. in
seine Theilung gefallen, die Stadt Liptzk mit dem GerichtsStuhl auf dem Graben, und dem Gerichts-Stuhl zu Rötaw, auch das Schloß Ostraw, so vor Manin verwechselt, und dem Stift Merseburg gegeben; daß wir demnach auch gemeldete
Stadt
Liptzk
von
gemeldeten Herren Thielen und dem
Stifte Merseburg zu Lehen genommen und empfangen haben, und seine Liebe bewilliget, und uns zugclasscn, auch
gesamt Lehen an der Stadt Grim und Nauenhoff, mit ihren
8 Zubehörungen zu haben uns bekannt.
Daß alles so bcschchen,
Haben wir zu mehrer Urkund diesen Briefs mit unsern anhan-
genden Jnsiegel besiegelt.
Geben zu Liptzk am Freytage nach
Bonifacii, nach Christi unsers lieben Herrn Geburt, tusend fünffhundert, und im fünfften Jahre.« Indem wir auf die mannigfache Uebereinstimmung dieser
Urkunde mit den vorhin angezogenen Beweisstellen aufmerk sam machen, und absehen von dem bekannten Umstande, daß
sich die Besitzthümer des Stifts fast bis vor die Thore von Leipzig erstreckten, so möchte es doch nach alle diesem schei nen, als ob es mit der frühern Abhängigkeit Leipzigs von
Merseburg einen Gmnd gehabt hatte.
Das thatsächliche Ver
hältniß war vorhanden, obschon der specielle Titel, auf den die Bischöfe ihre Ansprüche stützten, noch nicht in's Klare ge setzt ist,
so wie überhaupt die Güter und Ländereien, welche
die Hochstifter des Meißner Landes bei ihrer ersten Begrün dung erhielten, aus Mangel ächter Fundationsurkundcn nicht
genau bestimmt werden können. — Köhler glaubt nun, wie (s. oben S.2) erwähnt, daß bereits im 11. und 12. Jahrhundert vor Konrad dem Großen
die Markgrafen von Meißen Leipzig bescffcn hätten.
Dieses
kann wohl der Fall auf dieselbe Art gewesen sein, auf welche es
die spätern Markgrafen besaßen, nämlich lehnsweise, wobei man sich daran erinnern darf, daß wenigstens die Vogtci über die
Meißnischen Stifter sehr zeitig in die Hände der Markgrafen gelangt zu sein scheint, auf welches Verhältniß rücksichtlich Merseburgs eine Klage des dasigen Bischofs Ditmar zu deuten scheint (vgl. Weiße Sächs. Geschichte B. I. S. 31).
cs
Fehlt
auch an diplomatischen Beweisen für Iden Besitz Leipzigs
von Seiten der frühern Meißner Markgrafen, so ist cs denn doch gewiß, daß schon vor Konrad, Heinrich dcrJüngere
von Eilenburg den gedachten Ort auf eine oder die andere Weise inne gehabt habe, und derselbe zur Markgrafschaft Mei
ßen gerechnet worden sey.
Denn als der Sachsenhcrzog, der
nachinalige Kaiser Lothar, für Konrad die Mark Meißen er
obern half, so belagerte und eroberte er im I. 1123, wie
uns der Annalist« Saro erzählt, auch Leipzig, welches von Konrads Gegnern vertheidigt wurde.
9 Dieß würde nun allerdings gegen die Absicht derer spre
chen, welche nach Peifer (Origg. Lips. p. 114) meinen, daß Konrad der Große zuerst Leipzig vom Bischof zu Mer
seburg lehnsweise
erhalten habe.
Markgraf bemüht war,
Allein,
da gerade
dieser
seine aus der Vogtei entspringenden
Verhältnisse zu den Stiftern genauer in einer Zeit zu ordnen,
in welcher er auf eine etwas unruhige Weise in den Besitz der Meißner Markgrafschaft gelangt war; da es bis jetzt nicht bestimmt erwiesen ist, wie viel, wenn auch die frühern Mark
grafen die Burg bei Leipzig inne hatten, von der umliegen den Gegend dazu gerechnet wurde und daher leicht Grenzstrei
tigkeiten entstehen konnten: so hat Peifer, welcher mit dem Merseburger Stiftsarchiv in Verbindung stand, vielleicht nicht mit Unrecht von Konrads Zeit an die festere Verbindung Leipzigs mit Meißen rechnen und sagen können: der Bischof sei, um Grenzirrungen vorzubcugen, mit dem gedachten Mark grafen einen Tausch eingegangen und habe ihm in Bezug auf
Leipzig das dominium utile überlassen; dominium directum Vorbehalten.
sich selbst aber das
Dabei mag aber allerdings
die Erzählung von dem Ucberlasscn des Orts Skeudiz an den
Bischof vor der Hand auf sich beruhen, da noch die Urkunde (gedr. in Vogels nicht vollendeter Chronik S. 201) vorhanden
ist, nach welcher im Jahre 1271 Skeudiz an dm Bischof
durch Dietrich von Landsberg überlassen wurde.
Wenn aber Peifer diese Verhandlungen mit dem Mark grafen Konrad 120 Jahre nach der oben erwähnten unächten Schenkungsurkunde, also in das Jahr 1142 setzt, so möchte aus der andern Seite das von Schneider und Schlözer angenommene Jahr 1134 um deswillen nicht unbeachtet blei ben dürfen, weil gerade in dieser Zeit der Markgraf mit den
Stiftern in Verhandlungen (z. B. 1134 mit Naumburg) be griffen war, und die Worte des alten Pegauischen Zeitregistcrs zum Jahre 1134 (s. S. 12) über das, was Konrad für Leipzig
gethan (unbeschadet der Zweifel, welche Schöttgen in seinem
Leben Konrad des Großen S. 44 dagegen erhoben) vielleicht damit in Uebereinstimmung zu bringen wären. Würde der besondere Grund, aus welchem Leipzig an
Merseburg kam, vollständig dargcthan werden; würde die Zeit
10 und die Dauer dieser Verbindung sowohl, als die Zeit der Entstehung des Lehnsverhältnisses zwischen dem Bislhume und dem Markgrafen von Meißen bestimmter, als es bis jetzt der
Fall ist, anzugeben seyn: so würde allerdings manches Licht auf die frühesten Verhältnisse Leipzigs fallen, und es würden sich z. 53. die Spuren seiner ältesten städtischen Verfassung leichter
verfolgen lassen.
Von den neuern Schriftstellern über Leipzig
ist aber die Meinung ziemlich allgemein angenommen worden, daß Leipzig in
weltlicher Hinsicht
von
dem Bisthume
nicht abhängig gewesen, weil man dieselbe durch die Unächtheit der Schenkungsurkunde vom I. 1022 hinlänglich unter
stützt glaubte.
Das Bisher Angeführte mag als ein, vielleicht
durch künftige Forschungen mehr in's Klare gestellte Beitrag
für die gegentheilige Ansicht und für das Verhältniß dienen, daß Leipzig zwar nachgehends an weltliche Fürsten gediehen, gleichwohl vom Stifte zu Lehn getragen worden ist, bis auch dieses in den Zeiten der Administration und der vollendeten Landeshoheit über das Stift in Wegfall kam.
II.
Abriß der frühern städtischen Verfassungs verhaltnisse Leipzigs, bis zur Gelangung der Gerichtsbarkeit an die Stadt. Die geschichtliche Darstellung der frühern städtischen bür gerlichen Verhältnisse Leipzigs hat um so mehr Schwierigkei
ten, je weniger bis jetzt sich alle dazu nöthige, vielleicht im
Staube der Archive verborgene Quellen darbieten.
Jedoch ist
durch den Fleiß unserer Vorfahren auch in dieser Rücksicht so Manches gesammelt worden, was in vielen Punkten wenig
stens aufklärende Andeutungen erlaubt.
Indem sie hier ver
sucht werden, beschränken wir uns zwar auf eine ältere Zeit; verstehen jedoch natürlich darunter nicht die, wo die Sorben
die Fluren Leipzigs durchzogen, wo das kleine Oertchen Lipzk noch keine Stadt war.
10 und die Dauer dieser Verbindung sowohl, als die Zeit der Entstehung des Lehnsverhältnisses zwischen dem Bislhume und dem Markgrafen von Meißen bestimmter, als es bis jetzt der
Fall ist, anzugeben seyn: so würde allerdings manches Licht auf die frühesten Verhältnisse Leipzigs fallen, und es würden sich z. 53. die Spuren seiner ältesten städtischen Verfassung leichter
verfolgen lassen.
Von den neuern Schriftstellern über Leipzig
ist aber die Meinung ziemlich allgemein angenommen worden, daß Leipzig in
weltlicher Hinsicht
von
dem Bisthume
nicht abhängig gewesen, weil man dieselbe durch die Unächtheit der Schenkungsurkunde vom I. 1022 hinlänglich unter
stützt glaubte.
Das Bisher Angeführte mag als ein, vielleicht
durch künftige Forschungen mehr in's Klare gestellte Beitrag
für die gegentheilige Ansicht und für das Verhältniß dienen, daß Leipzig zwar nachgehends an weltliche Fürsten gediehen, gleichwohl vom Stifte zu Lehn getragen worden ist, bis auch dieses in den Zeiten der Administration und der vollendeten Landeshoheit über das Stift in Wegfall kam.
II.
Abriß der frühern städtischen Verfassungs verhaltnisse Leipzigs, bis zur Gelangung der Gerichtsbarkeit an die Stadt. Die geschichtliche Darstellung der frühern städtischen bür gerlichen Verhältnisse Leipzigs hat um so mehr Schwierigkei
ten, je weniger bis jetzt sich alle dazu nöthige, vielleicht im
Staube der Archive verborgene Quellen darbieten.
Jedoch ist
durch den Fleiß unserer Vorfahren auch in dieser Rücksicht so Manches gesammelt worden, was in vielen Punkten wenig
stens aufklärende Andeutungen erlaubt.
Indem sie hier ver
sucht werden, beschränken wir uns zwar auf eine ältere Zeit; verstehen jedoch natürlich darunter nicht die, wo die Sorben
die Fluren Leipzigs durchzogen, wo das kleine Oertchen Lipzk noch keine Stadt war.
Erst, nachdem im zehnten Jahrhundert von den Deutschen die Torben-Wenden besiegt und ihrer Selbstständigkeit beraubt
worden waren, erhoben sich in den also neüerworbenen Grenz
ländern, entweder auf den Ruinen ehemaliger wendischer Woh nungen oder in noch unbebauten Gegenden Städte, im wei
testen Sinne des Wortes, als bloß äußerlich befestigte Orte gedacht. So mag auch Leipzig auf dem Boden des wendischen Liptzk, dessen Name beibehalten wurde, allmälig
empor gestiegen sein, und eben deswegen läßt sich hierüber kein bestimmter Zeitpunkt angeben.
Die Burgwarte, welche
Heinrich I. am Zusammenflüsse der Pleiße und Parda ange legt haben soll, kann allerdings nach und nach eine Ansiede
lung der Sicherheit und Ruhe Suchenden bewirkt haben, so
daß noch keine hundert Jahre darnach (i. I. 1015) Leipzig
von Ditmar (S. 197 der Wagnerschen Ausgabe »et in urbe Libzi vocata«) eine Stadt genannt werden konnte. Ob dieß mit Rücksicht auf bereits vorhandene städtische Einrichtungen oder bloß in Bezug auf die äußere Befestigung geschah, muß aus Mangel
andcrwciter Nachrichten
unentschieden bleiben,
eben so wie manches Andere aus dieser Zeit. Unter den Auspicien der germanischen Sieger war der
Anbau und die Befestigung einzelner Orte unternommen wor den, und, wenn auch zuweilen noch später die Erinnerung an
die unterdrückten frühern Bewohner durch den Hall einer ster
benden Sprache und die Ueberbleibscl wendischer Gebräuche
auftauchte: so zeigt doch der deutsche Geist, welcher die frühe sten Einrichtungen in unsern Gegenden durchweht, daß ein deutsches Element das Uebergewicht gewann. saßen zu Gericht mit ihren Schöffen.
Bezug auf Leipzig
(S. 2) Einiges
gewesen sein können?
gesagt worden.
Deutsche Grafen
Welche Grafen es in darüber ist oben
Die Gerichtsstätte befand
sich wahrscheinlich, rote anderwärts, in oder bei der gedachten
Burgwarte. — Nimmt man ein Abhängigkcitsverhältniß Leip
zigs vom Bisthum Merseburg (s. den Beitrag unter I) an, so waren es vielleicht die Bogteiinhaber, welche hier die-Ge richtsbarkeit
im
Namen des
Bischofs
verwaltetem
möglich, daß dieß die Markgrafen von Meißen waren.
Leicht Ein
ziemlich befestigter Ort scheint Leipzig in den Zeiten des jünger»
12 Heinrichs von Eilenburg gewesen zu sein, den, wie ebmfalls (S. 8) bemerkt, Herzog Lothar von Sachsen i. 1.1123 be lagerte.
Von weitern städtischen Einrichtungen des Orts weiß
man auch jetzt noch nichts. Erst seit dem Meißner Markgrafm Konrad, der Leipzig
lehnswcise vom Merseburger Bischof empfing, kommen wie derum einige, wenn auch nur spärliche Nachrichten über den
Ort vor.
Ein altes,
von dem alten Leipziger Chronisten
Schneider zuerst angeführtes Pegauisches Zeitregister sagt:
»Lipzk, pagiis in orientali terra A. Domini 1134 a Marchione Conrado, cognominato Praecellenti, in formam nrbis redaclas et aggere mueitae.« — Die Zeit scheint
mit der Erwerbung,des Ort- durch Konrad zusammen zu treffen; in Folge der vorhergegangenen Kriege, besonders der
von Köhler in seinen Fragmenten (S. 68flg.) nicht erwähn ten Belagerung v. I. 1123 konnte Lipzk recht wohl einer neuen Befestigung bedürfen, und Konrad, der nach einer an
dern, vielleicht auf Dresser (De Urbibus Germ.) gebauten Nachricht *) auch für Leipzigs Handel bereits Einiges gethan haben soll, sich leicht in der Erinnerung an die durch die
gedachte Belagemng ihm klar gewordme Wichtigkeit des Orts dazu verstehen.
Indessen hat Schöttgen in seinem Leben
Konrads des Großen (S. 44) erhebliche Zweifel gegen obige Nachricht erhoben, und so mag sie auf sich beruhen. Allein, wenn nicht früher, so kann doch mit Konrad auch
die festere Gestaltung des innern städtischen Lebens begonnen haben, wenn schon keine weitem Nachrichten darüber vorhan
den sind.
Die bestimmteren Verhältnisse, welche aus der nun
mehrigen Erblichkeit der Lehm und der dadurch beginnenden Landeshoheit hcrvvrgingen, mögen auf die innere Ausbildung der Städte nicht ohne Einfluß geblieben sein.
Es ist wohl
möglich, daß in Bezug auf Leipzig schon von Konrad ein be-
*) Dress er sagt: „Conradi qiiidein Marchionis Misn. et Lusatiae teinporibus, hicrementa quaedam suinsit Lipsia ptr crsbras salü et aliarwm mercium vectioncs", Schneider und Vo gel lassen ihn eine Niederlage von Salz, Korn, Victualien u. s. w. in Leipzig anlegen.
13 soliderer Voigt (advocetus civitatis) bestellt worben sein mag, welcher erst km Privilegium Otto des Reichen; aber
daselbst doch als schon vorhanden vorkommt.
Dieses Pri
vilegium giebt uns die erste ausdrückliche Kunde, daß Leipzig
ehe eigenthümliche städtische Verfassung erhalten habe und so mit zur eigentlichen Stadt erhoben worben sei *).
Bevor
aber dieses Privilegium näher erwähnt wird, mag noch fot-' gende allgemeinere Bemerkung hier stehen.
Durch die bekanntlich sich rascher ausbildende Landesho heit der Meißner Markgrafen und deren Einfluß auf die in
der ihnen unterworfenen Städte wurden diese behindert, aus dem Kreise einer beschranktem Freiheit nere Ausbildung
herauszutretcn.
Eine solche verlieh ihnen allerdings die Er-
theilung von Privilegien, Gesetzgebung
vorzüglich
in denen die frühste Territorial-
ihren Spielraum
fand.
Allein in
den meisten dieser Privilegien schimmert, wenn man es so ausdrückm darf, das monarchische Princip durch, welches
sich mit feinen Endpunkten in den Befugnissen der alten Graf schaft verliert.
Dieser Umstand bestimmt auch den Haupt
charakter der frühsten städtischen Verhältnisse Leipzigs, und dm seiner Privilegien, was sich bald auf mehrfache Weise dar
thun wird.
Erst gegen das Ende des dreizehnten Jahrhun-
ders beginnt in Leipzig ein freieres Municipal-Regiment sich
zu mtwickeln, welches nach einem, vorzüglich durch die Huld
der Fürsten ermngmen Siege über
eine dagegen versuchte
Reaction im fünfzehnten Jahrhundert sich vollständiger aus bildet. Die erste Periode der städtischen Verfassung Leipzigs reicht, abgesehen von der auf nicht immer bestimmte Nach
richten gegründeten Vorzeit, vom Jahre 1182 bis zum Jahre 1423, in welchem die Stadt zuerst die Gerichtsbarkeit erwarb, rmd welches daher die Hauptgrenz« für diesm Beitrag bil-
♦) Peifer in den Origg. Lips. p. 126 sagt zwar, daß schon lange zuvor von den Kaisern judices perpetui, städtische Erbrichter, wie sie später vorkommen, angestellt gewesen; allein er giebt keinen Be weis dafür. Diese in die Borzeit fallende Nachricht wird dadurch be denklich, daß Leipzig erst im Jahre 1015 als eine StM vorkommt, und selbst dann nicht wieder als solche genannt wird.
14 den wag, wenn schon Ewiges wegen Begründung und des Verständnisses des Darzustellenden, so wie um das Ganze ge hörig zu runden, aus einer nachfolgenden Zeit herüberzuziehen ist. Das erstgenannte Jahr 1182 wird gewöhnlich als das jenige angegeben, in welchem Otto derReichedas oben erwähnte Privilegium der Stadt Leipzig ertheilt (vgl. u. a. Sch oettgen tnt Inventar» Diplomatie» Histor. Saxon. superior. p. 51). Zacharias Schneider hat es in sei nem Chronic. Lips. p. 88, angeblich aus dem Rathsarchive witgetheilt und es möge als das erste bekannte schriftliche Denkmal über die Leipziger städtischen Verhältnisse auch hier folgen. Es lautet: » Quia per Scripturarum evidentiam Antecessorum acta posteris reducuntur in memoriam, Scripturae commendavimus, quod, dum omnipotentis Dei gratia, Misnensis March io, Idp’zk aedificandam distribuit, sub Ha~ lensi et Magdebiirgensi jure, addito pietatis promisso constituit, a Civibus vero ejusdem Civitatis, se nullum petitionis munus requirere promisit, nisi necessitate superveniente, ad Imperatoris transmontana iturus esset, servitium, et tune sine civium gravamine modicum quid peteret. Juris etiam sui, quod Vicbilede dicitur, signum petentibus, nimm in medio Halestrae, secundum in me dio Bardae, tertium ad lapidem, qui est prope patibulum, quartum trans fossam, qua lapides fodiuntur, de« monstravit. Ipsius vero sylvam, quain Lych dicimus, ad usum civium, tarn in gramine, quam in lignibus et piscibus collocavit. Et ne alicui, nisi a quo essent beneficiati homagium facerent, vetavit» Intra vero Spa tium milliaris ünius a civitate, ut nullus haberetur fori tractatus, Civitati nocivus, constituit. Et si quod beneficium, vel haereditatem quisquam civium suorum emeret, secundum fori conventionem possideret. Si vero quiequam bonorum suorum cuiquam concederent, quem ad solvendum non benivolum invenirfent, adsumto Marchionis ntibeio eum vadiarent, et ad solvendi inducias, nihil ultra quatuordecim noctes, administra* rente Ad jus vero molendim, oetodecimam mensuram
15 constituit. Et quam diu suo Decano inobedientes non invenirentur, ne aliud sequerentur Judicium, imperavit. Suo etiam judici subditos esse eos edocuit: et sibi in bonis suis injuriari volentibus, ut se comniuniter opponerent, suo solamine compulit* Huie juri dato aderat Episcopus Johannes, Gos se h a 1 c u s de Scnditz, (wifatis Advocatus, Fridericus de Lezniz, Heinricus Burggravius de Donin, Luff de Kamberg, Heinricus Kitelitz, Albertus de Fores, Waltherns de Misne, Marchionis Capellanus, quem haec scripsisse profitemur.«------Dic Ursachen, welche den Markgrafen Otto bewogen, das vorstehende,
theilen,
sogenannte Privilegium an Leipzig zu er
lasten sich mehr vermuthen, als mit vollkommener
Gewißheit ausmitteln.
Der Markgraf soll, alten Chroniken
zufolge, dem Orte zugethan gewesen fein, und sich deshalb
gern hier aufgehalten haben.
Die Wichtigkeit des Orts für
den durch die Entdeckung der Freiberger Silberbcrgwcrke be günstigten Verkehr, konnte dem Fürsten nicht leicht entgehen,
insbesondere, wenn unter Konrad dem Großen sich hier bereits ein Markt gebildet hatte, wo Böhmen ihre Waaren
gegen Salz vertauschten.
Es ist aus den Altzellischcn Anna
len und anderwärts her bekannt, daß Otto auch andere meiß
nische Städte erweiterte und befestigte.
Leipzig wird darin
genannt, und es bestätigen dieß die Worte der vorstehenden
Urkunde »Lipzk aedificandam distribuit,« was auch nach dem bereits Gesagten, mehr auf eine Erweiterung des Orts,
als auf dessen erste Aufbauung zu gehen scheint.
Aber vor
züglich mußte die, auch in Bezug auf den Handel blühende Residenz der Merseburger Bischöfe die Aufmerksamkeit Okto's
auf sich ziehen.
Das gleiche Beispiel von Halle und Mag
deburg konnte ihm nicht entgehen.
Das Verhältniß der bei
den letztgenannten Städte zu Leipzig nimmt auch bei Betrach tung des Ottonischen Privilegiums unsere Aufmerksamkeit in
Anspruch und werden wir später darauf zurückkommen.
Ge
genwärtig wenden wir uns zuvörderst zu der besondern städtischen Gerichts - Verfassung Leipzigs, wie sich ihre Spuren in der ge
dachten Urkunde vorsinden und sie sich dann weiter fortbildete.
16 Die Gerichtsbarkeit *), welche früher auch die Markgrafen«» Namm des deutschen Oberhauptes selbst verwaltet hatten, wurde
schr spät auf die Meißnischen Städte übergetragen.
In diese»
verwalteten sie, nachdem die Markgrafen erblich geworden wa
ren und die Landeshoheit sich immer mehr und mehr auszu
bilden ansing, die Advocati (später Vögte) und Schulthei ßen, welche als landesherrliche Beamte da standen und de
ren Aemter selbst noch unter Friedrich dem Streitbaren (f. Horn in der Lebensgeschichte desselben S. 286) dem Fürstm gehörten. Diese Beamten kommen auch in Leipzig vor.
Schon
in der Urkunde Ottv's werden der »Decanus« und der »Judex« genannt, wobei es etwas zweifelhaft ist, ob unter dem erstem Ausdrucke der Schultheiß zu verstehen sei, da in diesen Zeiten derselbe von einem weltlichen Richter weniger
gebraucht wird; ein Zweifel, den bereits Schneider in seinen
Anmerkungen zu dieser Urkunde äußerte.
Unter Judex mag
vielleicht der als Zeuge mitunterschriebene Advocatus civi
tatis verstanden werden, der, wie sich später zeigen wird, auch
unter der Bmmnung Richter aufgeführt wird.
Wie dem auch
sei, so tritt das Dasein dieser beiden Personen in Bezug auf Leipzig bald darauf, indem ihnen noch ein dritter richterlicher Beamter zugesellt wird,
deutlicher hervor.
In der Funda-
tionsurkunde des Thomasklosters vom Jahre 1213 (abgcdr. in Vogels nicht vollendeter Chronik S. 134 flg.) werden als Zeugen erwähnt; Heinricus de Scuditz, Advocatus, Sig-
fridus Villicus und Heinricus Scultetus in Liptzk.
Eine
noch genauere Nachricht ist in dem merkwürdigen Vergleiche enthalten, welchen Albrecht, Erzbischof von Magdeburg und
Andere zwischen Dietrich dem Bedrängten, Markgrafen zu Meißen und Herrn im Osterlande auf der einen, und der
Bürgerschaft zu Leipzig und dem Adel, der sich derselbm
*) Vgl. unter wehrern hier einschlagenden-Schriften vorzüglich auch Dlüu;ners historischen Abriß vom Ursprünge der peinlichen Gerichts barkeit in Sachsen und besonders der Stadt Leipzig, in Weiße's neuem Museum für die sächsisch« Geschichte rc. 3. Bd. 2. Heft S. 159 folg.)
17 angenommen Hatte, awf der andern Seite, im Jahre 1216 ^schlossen.
(Dieser Vergleich ist, außer bei Schneider, auch
in Vogels Annalen S. 21 gedruckt.)
Hinreichend bekannt ist -es, daß Markgraf Dietrich lang
wierige Streitigkeiten mit der Stadt führte, welche sich durch den Bau des Thomasklosters,
wodurch, sie an, Grund und
Boden und ihrer Gerichtsbarkeit verlieren, mußte, becinträchglaubte. In jenem Vergleiche versprach der Markgraf den Bür gern nicht allein, sie in ihren Besitzungen nicht zu schmälern und keine Festungswerke (Vorbuwen, Zwinger) in der Stadt aufzuführm*•), sondern auch: »Item eoram, qnae Weich
bilde contingunp, nilllus jxidicabit, praeter advocatum et
setdletum.
Villicus tarnen Marcliionis, si voluerit, causas
in ea provincialium tractabit.c— Wiederum werden also die drei Personen, welche in der obengedachten Urkunde von 1213
vorkommen, als mit der Justizverwaltung beschäftigt, genannt. Ueber jede derselben mag mm Einiges folgen. —
Der Advocatus civitatis übte demnach innerhalb des
Weichbildes neben dem Schultheißen die Justiz und verwal tete vermuthlich, wie, in andern meißnischen Orten, den Blut
bann, d. h. die Criminalgerichtsbarkeit (vgl. z. B. die Ur kunde im Cod. Dipl, ad Henr. Illustr. Nr. 1). Ein ohne Concurrenz der städtischm Gemeinde eingesetzter landesherrli
cher Beamter,
«ich er deswegen in Urkunden auch noster
Advocatus genannt.
Er gehörte unter die vornehmern Beam-
ttn, wurde gewöhnlich aus dem Adel gewählt, und nahm ei nen höher» Rang als der Villicus und Scultetus ein, wes
halb er auch in Urkundyr uyter die Ritter gesetzt worden sein
mag, während die beiden Letztem diesen nachstehen. Dieß scheint unter andern auch aus der obenerwähntm Urkunde von 1213 hervorzugehen. Daß der Advocatus in Bezug
auf Leipzig mit dem
*) Fünfzig adelige Bürgen versprachen in Halle cinzureiten, wenn der Markgraf diesen Vertrag verletzen sollte- Dessen ungeachtet kehrte sich dieser, nachdem er später die Stadt mit Hilfe Kaiser Friedrichs II.
durch List eingenommen hatten nicht an diesen feierlichen, freilich durch die Nothwendigkeit ihm abgezwuugenen Vertrag, und legte in Lckpztg drei feste Schlösser, aU Zwinger der Bürgevsteiheiten, an.
2
18
Sßorte Capitaneus, wie an andern Orten, bezeichnet worden (ei, darüber liegt vor der Hand keine bestimmte Nachricht ton Dagegen wird in einer Urkunde Diezmanns v. I. 1305, die «ns Wilke in dem Leben dieses Fürsten mittheilt, die pein
liche Gerichtsbarkeit über die dem Thomaskloster zugehörige
Fischerinnung dem judex civitatis zugetheilt.
Es heißt näm
lich in dieser Urkunde: »Item de causis criminalibus et volneribus qualibuscnnque, furtis vel homicidiis, quod
judicium sanguinis potent mmcupari, judex civitatis no
mine ecclesie et auctoritate domini prepositi judicabit, presente sno judice seu nuncio, ne videatur ecclesie, in
emendis aliqualibus, sive juribus defalsari.«
Unter Ju
dex civitatis mag hier wohl der Advocatus civitatis zu verstehen sein. Wilke (in vit. Tifcem. p. 230) spricht zwar vom Praetor urbanus; allein, abgesehen davon, daß
dieser Ausdruck für den damals noch existirenden Scultetus nicht recht passend erscheint, so findet sich keine Spur, daß
dieser in der
damaligen
Zeit
und
auch
später
die Aus
übung der Criminalgerichtsbarkeit gehabt habe; die Oberge richte kamen erst nach seinem Verschwinden im 15. Jahrhun
dert an die Stadt. —
Im 14. Jahrhunderte erhalten die
Advocati Leipzigs die deutsche Benennung Vögte, wie aus
2 Urkunden vom Jahre 1356 erhellt (vgl. Hoffmann, histo rische Beschreibung von Oschatz, 2. Theil. S. 67).
In dem
Jahre 1392 wird der Leipziger Vogt wiederum Richter (s.
Blümner a. a. O. S. 178) genannt;
was aber vielleicht
dießmal mit dem Umstande zusammenhängt, daß er, wie sich
später zeigen wird, in dieser Zeit auch die Civiljurisdiction in der Stadt ausübte. — In dem 15. Jahrhunderte verschwin
det endlich in Leipzig die Benennung »Vögte,« und sie kommen
unter dem Namen Hauptleute vor. — Die Wirksamkeit des Advokaten war bei Ausübung des Blutbanns ebmfalls an die Mitwirkung der Schöffin gebun
den, welche zwar aus der Bürgerschaft gewählt wurden, al
lein nicht verhindem konnten, daß der ihnen als rein landes herrlicher Beamter vorgesetzte Vogt, welcher vielleicht zugleich eine Art von Controlle über den Wirkungskreis des Schult
heißen und der eigentlichen städtischen Behörde führte,
sich
1«) Eingriffe in denselben glaubte.
Di^se mochte wahrscheinlich
sein Verhältniß zum WiWcus begünstigen. Der Villicus ist vielleicht dieselbe Person, von der schon Peifer (Origg. Lips. p, 127) sagt: »Ex quo tempore Idpsia in ditionem Marchionnm Misnensium redacta fuit, praeses quidam urbi a principibus est additus, cujus curatio in agns circa oppidum erat.
Ob er damals mit
dem städtischen Vogt ein und dieselbe Person, wenn auch mit verschiedener Amtsführung gewesen, läßt sich nicht mit Ge
wißheit bestimmen.
In Otto's Privilegium kommt er nicht
vor; wohl aber erscheint er, wie man gesehen hat, zu Diet richs des Bedrängten Zeiten, als ein von jenem verschie dener Beamter, der die causas provincialium verwaltete.
Er übte die Jurisdiction außer der Stadt und stand dem zu Zeiten Albrechts des Unartigen (s. oben S. ßi) vorkommen
den Gerichte in sede supra fossatum apud Lipzk vor. Vor sesn Forum gehörten die Bauern vom Lande um Leipzig,
aber
auch
die
von Adel.
Vielleicht lassen sich hierin die
Spuren eines Landgerichts entdecken, welche schon damals in einzelnen Provinzen und Districten aufkamen (f. Weiße jachs. Geschichte Bd. I. S. 135).
Daß der Villicus als landesherrlicher(VillicusMarcbionis),
und zwar als niederer Beamte dem Advokaten im Range nachgestauden, ist bereits (S. 17) erwähnt worden; vielleicht übte bet Letztere auch eine Oberaufsicht über die Verwaltung der Gerichte
von Seiten des Erster» und wurde von diesem wiederum in sei
nen Functionen unterstützt, weshalb auch die substituti der Advocatorum, die Subadvocati, und als der Titel Vogt aufkam, die Untervögte mit den; Villicus, welche Benennlmß übexhaupt gegen das Ende des 13. Jahrhunderts verschwindet, ein und dieselbe Person gewesen sein mögen. • So empfiehlt
der Markgraf in einer Urkunde vom Jahre 1345 (s, Hofmann a. a. O. S. 66 sig.) advocatis suis universis et specialiter in Dresden, Misne, Torgau, Osscatz et in läpzick, ac
eorum substitutis, den Nonnen zum heiligen Kreuz bei Mcißen kein Leid jzufügen zu lassen. Zwei Urkunden desselben Inhalts von Balthasar und feiner Gemahlin Catharina, vom Jahre 1356, sind an die Voigte und Untervoigte der ge2*
20
nannten Städte gerichtet. —
Da der Villicus feit dem Ver
gleiche von 1216 in Leipzig das Recht hatte, die Streitig keiten der Provinzialen innerhalb des Weichbildes der Stadt
entscheiden zu lassen, so konnte er um so leichter Eingriffe in die Rechte der Bürgerschaft thun, und deren Streitigkeiten
vor sein Tribunal ziehen.
Von solchen Eingriffen wurde die
Stadt im Jahre 1263 durch Dietrich von Landsberg in einer
gleich näher zu erwähnenden Urkunde befreit.
Peifer (a. a.
£>. S. 127) läßt diese Eingriffe von dem geschehen, cujus curatio in agris erat, wenn gleich in der gedachten Urkunde
bloß von den Advokaten die Rede ist.
Bisweilen aber ge
schah es, daß die Aemter des Advokaten und des Villicus in
einer Person vereinigt wurden (f. Blümner a. a. O. S. 171), wenn auch schon an und für sich die sonstige Verbindung des Erstem mit Letztem solche Eingriffe begünstigen mußte. — Der dritte richterliche Beamte, welcher in Leipzig vor kommt, ist der Scultetus, Schultheiß.
Amt ebenfalls,
Er empfing sein
wie der Vogt und der Villicus,
aus den
Händen des Landesherrn und verwaltete vornämlich die Ci vil g e r i ch t s b a k k e i t und die Büßung kleinerer Vergehung«, *) unter Zuziehung der aus der Mitte der Bürgerschaft gewählten Schöffen. Beides ergiebt sich unter andern aus der Urkunde vom Jahre 1263, durch welche jene, wie bemerkt, Dietrich von
Landsberg von der Einmischung der Vögte befreite.
Dieselbe
(vgl. Peifer a. a. O. S. 128 und Vogels Annalen S. 29) lautet: »Nos Theodoricus, Dei gratia Marcliio de Lands berg, recognoscimus tenore praesentium, et notum esse
cupimus universis, quibus praesens scriptum fuit recitatum, quod omriibus civibus nostris in Lipzck talem do-
navimus libertatem, quod nullns Adoocatorum nostro-
rum debet ipsos compellere, ut ipsi pro aliqua causa
respondeant coram ipso: sed si qnis adversnm eos aliquam habuerit querimoniam, ille debet predictos nostros
cives in civitate nostra Lipzck coram Sculteto ipsorum
et eorum civibus convenire.
Si vero coram Sculteto
•) S. auch Mittermaicr deutsch. Prlvatrecht f. 123 u. N. 10 zu demselben.
21 et clvibus vor» potuerit terminare suam querimoniam; tune ipsam ad nostram praesentiam Referat. Jsosque sibi
justum judieium faciemus.
Vt autem haec rata perma*
neant, praesentem chartam conscribi fecimus, et sigilli
nostri testimonio roborari.
Testes hujus rei sunt Thimo
de Ottolsesdorf, Thimo de Engenov, Berchtherns dictus Lyst, et Meynherus et Guntherus nostri Scriptores. Got-
schalcus dictus Smol, Wcrnherus de Borg, Heinricus de Monte, iTheodoricue de Grymis, et alii quam plures. Datum Lipzck, Anno Domini M. CC. LXIII. 3tio Ca-
lend. Febr. Indictione sexta. c Nunmehr konnte sich auch in Leipzig ein freieres, unab hängigeres Municipalregiment entwickeln, und es bildete sich
neben dem Schöffengericht
der eigentliche Rath aus.
auch
Wir finden nun den Schultheiß in Urkunden und auch in
ältern Ralbsverzeichnissen (vgl. Schneiders Chronic. Lips. p. 127) an die Spitze, auch des Raths gestellt.
Zum Bei
spiel heißt es in einer Urkunde vom Jahre 1287, welche einen Vergleich zwischen dem Rath und den Jungfrauen des Klo sters zu St. Georgen wegen zweier Brücken betrifft (f, dies,
in Vogels nicht vollendeter Chronik. S. 140 flg.): »derhal len Er Schultheiß zu Leipzk und Wir Rathmann daselbst rc.