Beiträge zur Geschichte des Stiftes Werden [16]

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Beiträge zur

Geschichte des Stiftes Werden Herausgegeben von dem Historischen Verein für das Gebiet des

ehemaligen Stiftes Werden

Sechzehntes Heft Zur Einführung der preußischen Verwaltung im Gebiet der ehema ligen Reichsabtei Werden. Von Dr. P. Jacobs . Der Landrichter Müller und sein Werk über die Geschichte des

Stiftes Werden . Von Dr. Franz Körholz . Der Geburtsort des hl. Liudger . Von Dr. Franz Rensing . Briefwechsel des Abtes Bernhard II. von Werden mit der Land

gräfin Louise von Hessen . Literarisches .

Chronik des Vereins und Mitgliederverzeichnis . Zugabe: Werdener Geschichtsquellen . Erster Teil. 1. Die Histo ria monasterii Werdinensis des Abtes Heinrich Duden. Nach

der Originalhandschrift. 2. Insignis monasterii sancti Ludgeri Uuerthinensis annales et catalogus abbatum . Nach der Berliner Handschrift. Von Gymnasialdirektor Dr. Otto Schantz .

1913

Kommissions - Verlag von P. Hanstein in Bonn.

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O

MANTRA

Beiträge zur

Geschichte des Stiftes Werden A Herausgegeben von dem

Historischen Verein für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden

Sechzehntes Heft

1913

Kommissionsverlag von P. Hanstein, Bonn

Ger 49.8

Harvard College Library DE

26 1914

Hohenzollern Collection

Gift of A. C. Coolidge

(16 , Ergh . a )

WILL 1

Zur Einführung der preußischen Verwaltung im Gebiet der ehemaligen Reichsabtei Werden. Von Dr. P. Jacobs. Durch den am 9. Februar 1801 zwischen dem Deutschen

Reiche und der französischen Republik abgeschlossenen Frieden

von Luneville waren der preußischen Monarchie als Entschädigung für die auf dem linken Rheinufer belegenen, an Frankreich ab getretenen Gebiete die geistlichen Stifte Essen, Werden und Elten

zugesprochen worden . Am 6. Juni 1802 erging von Königsberg das Patent, durch das Friedrich Wilhelm III . von dem ihm zuge

fallenen Lande Besitz ergriff. Die oberste Leitung der Besitz nahme sowie die Organisation der öffentlichen Verwaltung über trug er dem Staatsminister von der Schulenburg-Kehnert, der mit einem dem Generalleutnant von Blücher unterstellten Truppen

korps von dem neuen Lande Besitz ergreifen und die dabei vor kommenden Zivilgeschäfte durch eine besondere Zivilkommission ausführen lassen sollte . Dabei wurde zugleich festgesetzt, „ daß

vor der Hand und bis darüber Abänderungen getroffen werden, alle gegenwärtig dort angestellte Bediente und Beamte in ihren Funktionen verbleiben und ihre Amtsverrichtungen ordnungs

mäßig und nach dem bisherigen Geschäftsgang einstweilen fort setzen sollten “ . 1

An die in dem Patente erwähnte Zivil- — oder wie sie weiter hin bezeichnet wurde Interimskommission , wendet sich nun

ein vom 8. August 1802 datierter Bericht, in dem der Stadtma gistrat sich über das Justiz-, Polizei-, Steuer- und Renteiwesen der Stadt Werden ausspricht und zugleich mehrfache Beschwerden und Wünsche zum Ausdruck bringt. Die im Werdener Stadt archiv befindliche ( Aktenzeichen Caps. 1 Nr. 1 ) Eingabe hat fol genden Wortlaut : 1) Abgedruckt bei Jacobs im 3. Heft der Beiträge 1893, S. 483 ff.

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Hochwohlgeborene besonders hochzuverehrende Herren Commissarii .

Werden, den 8. August 1802. Der Stadtmagistrat berichtet gehor samst über Justiz-, Polizei-, Steuer nnd Renteikasssenwesen der Stadt Werden .

Der Stadtmagistrat zu werden besteht aus zwölf bürgerlichen Personen halb protestantischer, halb katholischer Religion und einem rechtsgelehrten, jetzt protestantischen Sekretair, der aber blos eine beratende Stimme hat .

Von diesen zwölf Magistratspersonen sind achte zugleich Land -Gerichts -Scheffen, zwei Senatoren und zwei Gildemeister der Stadt.

Aus den ersteren acht führt wechselweise nach der Religion

einer jährlich das Bürgermeisteramt, zu welchem er auf St. Petri tag durch Stimmenmehrheit oder Loos von den übrigen elfen ge wählt wird, und im Falle er an der Führung seines Amtes ver

hindert wird, ist der zweitvorjährige Bürgermeister seiner Religion sein Substitut.

Dieser Magistrat nun leitet sämmtliche Justiz-, Polizei-, Steuer- und Rentei -Kassen-Geschäfte, wozu der provisorische Vergleich vom Jahre 1774 den 10. October und das Regulativ vom Jahre 1776 den 31. Dezember die Hauptnorm ist. Justizwesen .

Zur Jurisdiktion des Stadtmagistrats gehören alle Causae mere personales der Bürger unter sich oder gegen Bürger, Arrest-, Bau- und Servitut-, auch bürgerliche Vormundschaftssachen, so wie denn auch fiskalische und Verbal- und Real-Injurien -Klagen, wenn bei letzteren nur keine Blutwunden vorgefallen, zur Cog nition des Magistrats gehören. In den älteren Zeiten gehörten auch Real- und Hypotheken sachen der Stadt zum foro des Magistrats, welcher Teil der Juris 1) Abgedruckt bei Schunken, Geschichte der Reichsabtei Werden a. d. Ruhr, Düsseldorf 1865, S. 233 ff.

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diktion ihm aber nach und nach geschmälert und durch das Re gulativ, man weiss nicht aus welchem rechtlichen Grunde, ent nommen wurde .

Alle Justizsachen, die nicht summarissimae cognitionis und

bei denen keine Gefahr wegen Verzuges ist, werden auf den von 14 zu 14 Tagen gehaltenen Ratstagen in Gegenwart des ganzen Magistrats in einem fortlaufenden Protokoll größtenteils schriftlich

verhandelt, so daß der Magistrat nichts als ludex instruens ist und durch die zu erlassenden Mitteilungs- und Zwischenbescheide nur den Geschäftsgang im Wege der Ordnung und des Rechts

hält, und nur in geringfügigen Gegenständen entscheidet, bei Submission beider Parteien zum Spruch, der Magistrat. Wollen sich Parteien nicht vergleichen, wovon doch das Gegenteil unter dem Bestreben des Magistrats größtenteils ge schieht, und auch vom Magistrat nicht entscheiden lassen, so werden die Akten conscribirt, involvirt, versiegelt und von zwei Magistrats-Gliedern ohne Zutun und Mitwissen der übrigen ent weder zu einer Juristenfacultät oder an einen auswärtigen Rechts gelehrten zum Spruche versandt. ( Dermaßen liegt nur die einzige Sache Gebr. Borgemeister in Ruhrort contra Peter Kampf hier

selbst unterm auswärtigen Spruche.) Gegenstände summarischen Erkenntnisses oder bei denen Gefahr wegen Verzugs obwaltet, so wie Vormundschaftssachen

werden in außerordentlichen Ratssitzungen unter dem Vorsitze

des Bürgermeisters und mit Zuziehung zweier Ratsglieder und des Stadtsekretairs verhandelt und übrigens auch hier, wie bei den anderen, verfahren .

Ehegatten, die aus gebrochenem Ehebette Kinder haben und zur neuen Ehe schreiten wollen, müssen für dieselben entweder Vormünder ernennen und vorstellen, oder Magistrat ernennt sie

selbst. Nach ihrer Vereidung werden sie angewiesen, das Inven tariuin der in die neue Ehe treten wollenden Ehegatten aufzu nehmen und mit Rücksicht auf dasselbe, so wie auch das Ver

mögen , welches der neue Ehegatte einbringt oder sonstige Um stände, nach Pflicht und Gewissen die Ehegatten aufrichten zu helfen . Ist beides geschehen , so muß der alte Ehegatte sein In ventarium beschwören, die Eheakten werden geprüft und entweder

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pure oder mutatis mutandis confirmirt und die Eingehung der neuen Ehe wird erlaubt.

Da nach gebrochenem Ehebette das Eigentum des Immobilar

Vermögens ipso jure auf die aus demselben übrig gebliebenen Kinder übergeht und der conjux superstes nur die Abnutzung davon hat, so kann er bei Strafe der Nichtigkeit dasselbe nicht beschweren oder veräußern und muß , wenn ihn Not zu dem

einen oder andern drängt, dies dem Magistrat anzeigen und be weisen, der dann nach Befinden und mit Zustimmung der Vor münder zu dem einen oder andern die Erlaubnis obervormund

schaftlich erteilt, es sei denn, daß er das gesamte Vermögen mit den Kindern erster Ehe zu gleichen Teilen teilen wollte, in welchem Falle er dann über seine Hälfte nach Gefallen schalten und walten kann .

Wirklich Güter verwaltende Vormünder müssen von Zeit zu

Zeit ihre Rechnung vor dem Magistrat ablegen und ihren Empfang und Ausgabe auf pünktlichste nachweisen. Die Appellationes vom Magistrat gehen zum Landgericht. In den neuern Zeiten hat aber der Landrichter Müller gegen die uralte Gewohnheit, dal zwei Scheffen der Instruktion des

Apellatorii beisitzen müssen, so wie gegen die dürren Buchstaben des Regulativs, daß alle legale gerichtliche Handlungen vor Richter, 2 Scheffen und Gerichtsschreiber verhandelt werden sollen, selbst

gegen die gemessensten cum causae cognitione erteilten Befehle der Abtei sich angemalet, die Appellations-Processer allein er kennen und instruiren zu wollen.

Da nun der Magistrat seinen derfalls erlassenen nichtigen Erkenntnissen keine Folge leisten konnte, so sind nicht allein alle die Sachen , von welchen beim Magistrat zum Landgericht appellirt wurde, in's Stocken geraten , sondern es ist dieser den Rechtslauf hemmende Umstand auch manchem bei seiner schlimmen

Sache ein Mittel geworden, sich einstweilen gegen einen ihm

drohenden nachteiligen Ausgang derselben zu sichern, woher es denn kam , das in den neueren Zeiten auch von den rechtlichsten End- oder Zwischenbescheiden unter den frivolsten Vorwänden

Abberufung ergriffen wurde, und so liegen denn ohne Schuld

und zum äußersten Verdruß des Magistrats, sowie zur Schande der Rechtspflege mehrere Sachen unvollendet da.

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Die Execution in Justizsachen hat der Magistrat nicht, sondern

der Landrichter muß sie auf Requisition desselben regulativmäßig prompt und ohne alle Einmischung oder Untersuchung vollstrecken . Auch dieser Pflicht hat sich der Landrichter Müller oft und

besonders in den neueren Zeiten nnter den nichtigsten Vorwänden entzogen und der Magistrat muß die Klagen der obsiegenden Partei über verzögerle Rechtshülfe zu seinem Schmerze, ohne helfen zu können, anhören, umsomehr, da der Landrichter Müller öffentlich erklärt, daß er die ihm desfalls von der Abtei in den

beiden letzten Fällen zugekommenen Befehle nicht achte . Die städtische Polizei

verwaltet der Magistrat entweder nach bestehenden uralten oder nach neueren von der Abtei ihm mitgetheilten Verordnungen. Zu diesen Gegenständen gehört: 1 ) Die Nachtwache. Außer einem Nachtwächter, der zu

gleich Stadt- oder Ratsdiener und ein beispiellos ordentlicher und treuer Mensch ist, auch hier eine aus einem Wachtmeister und vier Wachthaltern bestehende Nachtwache, welche im Sommer

um 11 , im Winter um 10 Uhr Abends und Morgens im ersteren um 3 Uhr, im letztern um 4 Uhr abzieht, ununterbrochen durch

die Stadt patrouillirt und von Zeit zu Zeit besonders öffentliche und verdächtige Häuser visitiert. Auch leistet diese Wache im Falle, wo dem Magistrat regulativ- oder observanzmäßig die Ex

cution zusteht, demselben die hiezu gehörigen Dienste . 2) Die Aufsicht über das Straßenpflaster, die Stadtmauern und die Feuerstellen gehört regulativmäßig ebenfalls zu der magist ratlichen Polizei.

Das erste neu herzustellen wurde vor einigen Jahren unter

Beihülfe der Abtei und Mitbezahlung der Hauseigenthümer auf städtische Renteikosten angefangen ; allein Krieg und Teurung hinderten die so nötige Verbesserung. Die Stadtmauern sind in höchst mittelmäßigem Zustande, wovon der Grund teils in der Schwäche der Rentei, teils in dem Abgange eines der Stadt für ihre öffentlichen und privaten Gebäude so wie für das Pflaster

höchst nötigen Steinbruches liegt, welche alle ohne Ausnahme die Abtei jetzt besitzt. Und doch hat die Stadt sich ursprünglich

Mauern, Ruhrbrücke, Pflaster etc. angelegt!!! sie muß also Stein

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brüche besessen und diese ohngefähr wie Ruhrfähre und Priem verloren haben.

Die Sicherung der Feuerstellen gegen Gefahr durch Ab schaffung aller Strohdächer, hölzernen Schörnsteine und Ofen röhre auf der Straße ist in den neueren Zeiten ein besonderes

und glückliches Bestreben des Magistrats gewesen . Auch ist ein

Schornsteinfeger, der in Kaiserswert wohnt, für die Stadt ange nommen , und jährlich werden die Feuerstellen im August einmal, sowie die Brandspritze durch den Magistrat visitirt . Letztere ist klein und bedarf, wo nicht den Ersatz durch eine größere neue,

doch einer Hauptreparatur. Vor einem Jahre hat Magistrat statt der bisherigen ledernen hänfene Feuerschlangen von Weimar an

geschafft, die in aller Rücksicht jenen vorzuziehen sind. Die Häuser der Stadt außer den öffentlichen und abteilichen

Gebäuden , deren 307 sind, sind numerirt und in 23 Sectiones

oder Rotten geteilt, deren jede einen Rottmeister hat, welche wiederum 4 Deputati von beiden Religionen aus sich zu den öffentlichen Geschäften wählen .

Das Kassenwesen zerfällt in zwei Teile, nämlich erstlich in das Contributions- und Steuer- und

zweitens in das städtische Renteiwesen.

Was zuerst die eigentliche Contribution betrifft, so existirt eine uralte, städtische Matrikul, in welchem teils nach albus, teils nach Stübern der Ertrag, wieviel jedes zu derselben gehörige

contribuable Grundstück in jeder Satzung bezahlt. Vier solcher Satzungen nun machen einen einfachen Aus schlag,, deren in Friedens- - idem nicht teuren Zeiten –- jährlich gewöhnlich viere gemacht und wovon dann jedesmal die deputirten Rottmeister unterrichtet werden . - Außer diesen auf den Grund

stücken haftenden Contributionen muß jeder nahrungstreibende Eingesessene in jedem einfachen Ausschlag 7 Stüber, eine Wittwe

aber 31/2 Stüber Nahrungsgelder zahlen , er mag nun blos Kohlen schieben oder jährlich 40-50 000 Mark umschlagen . Ein ein facher Aufschlag mit Inbegriff der Nahrungsgelder beträgt ohn

gefähr 156 Mark. – Müssen wir in den jetzigen Krieges- und teuren Zeiten wegen Einquartirung und von der Stadt contrahirter

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Schulden, die sich ohngefähr jetzt auf 6000 M. belaufen, doppelte und mehr als viere jährlich gemacht werden, so wird über einen

solchen außerordentlichen Ausschlag im Magistrat mit Zuziehung der deputirten Rottmeister beratschlagt, und wenn er genehmigt

wird , davon regulativmäßig an die Abtei berichtet, welche aber kein Widerspruchsrecht hat. Diese Ausschläge werden vom zeitigen Secretair in ein Haupt

protokollbuch eingetragen und wird dem jedesmaligen Rezeptor (der diesen Posten drei Jahre hat und in welchen, wie in Rats stellen mit der Religion gewechselt wird) eine Abschrift derselben oder ein Hebezettel gegeben , nach welchem er empfängt und bei

der Rechnungslage seinen Empfang nach vorgängiger Collation mit dem Hauptprotokoll berechnet. Aus dieser Rezeptur-Kasse werden die Königlichen Steuern und Abgaben an die Abtei , nemlich 6 an 100 bezahlt, so wie alle nicht den unmittelbaren Vorteil der Stadtrentei erzweckende

Abgaben und Kosten aus ihr bestritten . Nur der zeitliche Bürgermeister hat Recht, Anweisungen auf

die Rezeptur zu geben und mit diesen in ein Verzeichnis gebrachten Assignationes weist der Rezeptor bei der jährlichen Rechnungslage einem abteilichen Comissario, dem zeitigen Kellner, dem gesammten

Magistrat und vier deputirten Rottmeistern seine Ausgaben gegen den Empfang nach , worüber dann ein Protokoll gehalten und dasselbe von allen unterzeichnet wird .

Auch besitzen einige Landleute zur Stadtmatrikul contribu abele Grundstücke, die sie nach und nach von Bürgern angekauft

haben und welche auf ihr Verlangen seit einigen Jahren in die 23 Rotten der Stadt aufgenommen worden und für ihre Quote verhältnismäßig von den Rottmeistern bequartiert werden. Nun hat die Rezeptur wegen dieser Forensen viel Beschwer, denn da der Magistrat und Rezeptor auler der Stadt keine Execution hat, so müssen die Rückstände durch den zu requirirenden Landrichter Müller executivisch beigetrieben werden, der aber, wie über haupt in Executionsfällen für den Magistrat, nicht allein sehr säumig ist, sondern in den letzten Jahren mehrere ihm zur exe cutivischen Beitreibung eingegebenen Forensen - Rückstände wirklich empfangen hat, die er aber aus einer vermeinten For derung an die Stadt jure retentionis an sich hält und ohngeachtet

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den nachdrücklichsten Weisungen der Abtei, weil das jus reten tionis hier nicht platzgreiflich sei , doch nicht zu ihrer Auszahlung und Liquidirung zu bringen ist, wodurch dann eben sowohl als dadurch, daß er seine eigenen contributiones nicht bezahlt , große Verwirrung in das Recepturrechnungswesen gekommen ist. Was zweitens die Rentei-Kasse betrifft, so weist der

städtische Hebezettel , der jährlich vom Secretario neu angefertigt wird, sowohl die Quellen der städtischen Revenuen als auch die

stehenden städtischen Abgaben nach . Mit dieser Rentei-Kasse ist zugleich die städtische Wachtkasse verbunden, die durch vier

Wachtgeldhebezettel, wovon alle Vierteljahr einer gemacht wird,

entsteht. Nur Rotte 1-20 zahlt (weil sich die Vorstadt, die Heck straße genannt, an diese Ordnung anzuschließen weigerte) zu zu diesen Wachtgeldern , und der Maistab der Verschiedenheit ist

die Nahrung die von den Contribuenten getrieben wird. Auch auf diese Kasse hat zeitlicher Bürgermeister allein das Recht, Anweisungen zu geben, und der Stadtrentmeister (der wie der Rezeptor diesen Dienst drei Jahre hat und in welchem

ebenfalls die Religion wechselt) weist durch den Heb- und die Wachtzettel seinen Empfang, so wie durch die Anweisungen seine Ausgaben jährlich vor einer aus dem gesamten Magistrat und deputirten Rottmeistern bestehenden Commission nach, über welche Rechnungslage ein von allen zu unterzeichnendes Protokoll abgehalten wird.

Außerdem hat die Stadt noch einige Hagen und Gärten, die aber in uralten Zeiten mit Gelde belegt worden und auf bestimmte Jahre statt der Zinsen antichretisch von den Besitzern abgenutzt werden . Einige derselben sind seit etlichen Jahren wieder ein gelöst und öffentlich verpachtet worden, von den übrigen aber ist die antichretische Abnutzungsfrist noch im Laufe. Je ärmer aber nun die Stadt an Eigentum und sonstigen Fonds ist, indem sie außer einem nicht einmal für ihren Bedarf

hinlänglich großen Bleichplatz an der Ruhr keine Gemeinheit zu Weiden, Hüten oder sonstige Vorteile hat, die gewöhnlich andere Städte genießen, desto schmerzlicher fühlt sie jede Schmälerung ihrer Einkünfte, die bei der jetzigen Umformung der politischen Verhältnisse besonders rücksichtlich des Detrakts immer weniger werden .

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Zu diesen Schmälerungen der städtischen Renteieinkünfte gehört : 1 ) daß die abteilichen Beamten, welche zwar gemäß des Stadt-Regulativs § 31 von einem Hause und zwei Morgen an liegenden ihnen eigentümlich zugehörenden Gründen von allen

städtischen Real-Abgaben befreiet sein sollen, diese Freiheit auch nicht allein dahin ausdehnen , daß wenn sie ein solches Haus

oder Grundstück für sich eigentümlich ankaufen, schon von der

Abgabe des 100 ten Pfennigs befreiet sein, sondern auch dann denselben nicht zahlen wollen, wenn sie Häuser und Grundstücke

an- und wieder verkaufen, in welchem Falle sie dann noch obenein , um wohlfeiler ein- oder teurer verkaufen zu können, den Zehnten

und 100 Pfennig übernehmen, und so auf Unkosten der städtischen Rentei gleichsam Handel und Wandel treiben , welches ihnen, da sie keine Personallasten tragen und Nahrungsgelder haben, an sich nicht zustehet.

2) Werden die städtischen Renteieinkünfte durch den auf

dem platten Lande durchaus verbotenen, aber seit einigen Jahren durch die Protektion der Abtei ausschweifend eingerissenen Bier Wein- und Branntweinschank Handel und Wandel äußerst ge schwächt, und wenn auch unser wiederholter bei der Abtei auf unsere Privilegien gegründeten Beschwerden dieselbe endlich be

stimmt haben, dem Landrichter anzubefehlen, die angezeigten vielen Contravenienten zu constituiren, zu strafen und zur Ab findung mit der Stadtrentei anzuhalten, so ist und bleibet die Stadt doch hilflos , denn der Befehl wird nicht vollstreckt.

Des

Schadens, der aus diesem Handel und Wandel auf dem platten Lande für Stadt und Bürgerschaft, die blos durch ihrer Hände Arbeit leben muß, entsteht, nicht einmal zu gedenken. 3 ) Geht der städtischen Rentei ein wesentlicher wichtiger Teil ihrer Einkünfte durch das Entbehren der Ruhrfähre und

der Insel , der Priem genannt, ab, welche beide Stücke jetzt die Abtei in Besitz und Genul hat, die aber ehemals, wie authen

tische Archiv-Dokumente beweisen können, ein Eigentum der Stadt waren , und ihr in tumultuarischen Zeiten von der Abtei

observative entrückt worden. Wenn die Stadt auch keine Hoffnung hat, daß ihr bei Rückgabe dieser beiden Stücke, auf welche das

Regulativ der Stadt ausdrücklich ihre Rechte vorbehalten hat,

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die fructus mit erstattet werden , welche die Abtei in einer so

langen Reihe von Jahren genossen, so hat doch Magistrat und Bürgerschaft zu Sr. Königlichen Majestät Allerhöchsten Gerechtig keitsliebe und Großmut das feste allerunterthänigste Zutrauen , daß Allerhöchstdieselben aus einer abteilichen Usurpation keinen Vorteil ziehen, vielmehr der armen bisher immer gedrückt ge

wesenen Stadt diese zwei Stücke allergnädigst zurückgeben und unter Aufrechterhaltung ihrer althergebrachten uns von aller höchst dero hochselige Vorfahren den Grafen von der Mark ihr

erteilten Privilegien, Rechten oder Gnaden dieselben, nach und nach allergnädigst confirmirt, mit der landesväterlichen Vorsorge unterstützen und aufhelfen wollen, die ihr das allerhöchste be

kanntgemachte Patent d. d. Königsberg, den 6. Juni anni cur.

so huldreich zugesichert hat und welcher sich Magistrat und Bürgerschaft mit ebenso unbegrenztem Vertrauen als Gehorsam unterwirft.

Indem wir uns und unsere Mitbürger der Wohlgewogenheit und Fürsprache der Allerhöchst angeordneten Occupations- und Organisations-Commision angelegentlich empfehlen, unterzeichnen wir uns mit vorzüglichster Verehrung

Ew. Hochwohlgeboren der Stadtmagistrat und Namens des Scheuerlein, Secretarius.

Vom 12. November des gleichen Jahres datiert ein an die Interims-Commission gerichteter Antrag der Tuchfabrikanten von Werden und Kettwig, sowie der Deputierten und Meistbeerbten des Landes, womit diese um Aufhebung des Zunftzwanges und um Freiheit vom Militärdienst ersuchen . Sie überreichen das

Promemoria der „hochlöbl. Interims-, Verwaltungs- und Organi sierungs-Commission mit dem festen Zutrauen und der unter tänigen Bitte, dem Inhalte desselben gemäss durch Aufhebung der Zünfte und Entfernthalten des Enrollements zu Militärdiensten

unserm Ländchen seine Subsistenz erhalten und es in Flor bringen zu wollen “ .1

1) Abgedruckt bei Jacobs, a. a . O. S. 503 f.

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Die Ergebnisse, zu denen die Organisations-Commission ge kommen ist, sind in verschiedenen Berichten an das Miaisterium

niedergelegt worden . Aufgrund derselben erteilte der Staatsminister

von der Schulenburg der Kommission für die Aufstellung eines

Organisationsplanes nähere Anweisung durch ein Reskript vom 10. December 1802. Das Aktenstück befindet sich im Staatsarchiv

zu Düsseldorf (Cleve-Mark, XVIII , 1 ); dasselbe lautet : Von Gottes Gnaden Friedrich Wilhelm , König von Preußen etc. Unsern gnädigen Gruß zuvor. Beste Hochgelehrte Räthe, . Getreue. Da nunmehr von den Eurer einstweiligen Ver liebe waltung und Organisation untergeordneten Provinzen die haupt sächlichen Nachrichten in einzelnen Berichten uns zugekommen und namentlich durch den Bericht vom 24. v. M. und dessen Nach

trag vom 26. ejusdem die Verhältnisse des gesamten Dienstperso

nals und durch den Bericht vom 27. November die Verfassung und bisherige Verwaltung jener Provinzen im Allgemeinen dargestellt worden, so sind wir dadurch in den Stand gesetzt, der Organi sation derselben näher zu treten.

Euerm eigenen Anführen nach fehlen aber im letztgedachten Berichte noch verschiedene einzelne Partieen ; dahin gehört: Die spezielle Ausmittelung des Vermögenszustandes der Städte Essen und Werden , ferner die speziellen Nachrichten von der Verfassung

und dem Verfahren der geistlichen und weltlichen Gerichte, zu gleichen von dem Zustande der piorum corporum u. dergl. Diese Nachrichten können inzwischen successive nachgeholt werden und ihr Mangel kann umsoweniger für die Organisation selbst ein Hindernis sein, da für die dortigen Provinzen keine neuen oberen

collegia zu errichten sind . So wie nämlich diese Provinzen schon bisher mit unsern

Clev .-Märkischen Provinzen in einer gewissen Verbindung standen, da Werden schon immer seine Schutz- und Vertretungsgelder zur Märkischen Kammer abgeführt, und die clevische Regierung zum Teil die Obergerichtsbarkeit und andere Hoheitsrechte darüber ausgeübt hat, Elten aber gegen die Clevische Kammer und Cle vische Regierung sich ebenso verhielt, so muß dieser frühere

Zusammenhang allerdings jetzt zu einer völligen Verbindung und Consolidation benutzt werden .

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Das Schicksal der vorigen Landes-Regenteu und derjenigen Korporationen, welche an der Landes-Regierung und Verwaltung Anteil hatten , ist zwar noch nicht durchgehends entschieden.

Der Fürstin zu Essen sollen ihre Revenüen lebenslänglich

ungeschmälert bleiben ; wie aber deren Verwaltung in der Folge geschehen soll, dies bedarf noch einer Bestimmung. Ob und in welcher Art das sogenannte gräfliche Damenstift und Kanonichen-Kapitul daselbst beibehalten oder ob beide aufgehoben werden sollen , dies ist noch unentschieden .

Wegen der Abtei und des Klosters zu Werden ist auf die Suppression angetragen, solche auch wohl zu erwarten ; es ist jedoch unsere allerhöchste Bestimmung hierüber noch nicht erfolgt. Die Äbtissin von Elten hat bei unserer höchsten Person wegen Beibehaltung ihrer Abtei sollicitirt. Die Entscheidung darüber muß sich aber erst durch die Unterhandlungen mit der Batavischen Republik entwickeln, welche ergeben werden, ob ihre im Holländischen gelegenen Revenüen auch nach der Suppression +

uns zufallen ?

Alles dieses kann jedoch nur auf die Bestimmungen in der obern Regierungsverfassung, nicht aber auf die wirkliche Ein

richtung der verschiedenen Verwaltungszweige Einfluß haben. Mit Rücksicht darauf kann daher immer ein Organisations plan angelegt werden , wodurch bestimmt wird : in welcher Art

diese Consolidation mit der Landes -Verwaltung der Clev .-Märk.

Provinzen am besten geschehen kann, und dieser Organisations plan macht den Gegenstand unseres gegenwärtigen Auftrags aus. In Beziehung darauf teilen wir Euch nachrichtlich hierdurch

mit, dal ohne Zweifel die Clev. Regierung in die Grafschaft Mark und dann nach Wahrscheinlichkeit nach Essen selbst hin

verlegt, die Clev. Kammer aber aufgehoben und nach Münster versetzt, für das Clevische aber nur allenfalls ein deputatus ca merae daselbst belassen und übrigens die Cameral-Verwaltung ganz unter die Märk. Kammer gelegt werden wird. Die Land- und Steuer-Räte im Clevischen werden bleiben,

und es wird nur eine Veränderung ihres Geschäftbezirks ent stehen , indem dem Weselschen Land- und Steuer -Rat der untere

Teil von Wesel abwärts beigelegt wird ; der obere Bezirk wird von da an bis zur Bergischen Grenze sich erstrecken ; daher

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dann zu jenem Elten, zu diesem aber Essen und Werden ge schlagen werden können.

Der Einförmigkeit wegen wird also die Verfassung dieser neuen Länder so zu projektiren sein, wie sie in den Clevisch Märkischen Provinzen stattfindet; auf die Geistlichkeit kann dabei keine Rücksicht genommen, dagegen müssen ordentliche Erben

tage usw. eingeführt werden, worüber sich jedoch erst künftig das Nähere bestimmen lassen wird.

Die Grundsätze der Verwaltung sind eben dieselben, welche in gedachten alten Provinzen bestehen, und darum müssen auch im Ganzen eben dieselben Ressortverhältnisse zur Basis ange

nommen werden , da eine Abänderung derselben demnächst das Ganze umfassen muß , solche aber im einzelnen eine zu große Disharmonie zur Folge haben dürfte. Die Angelegenheiten der römisch -katholischen Geistlichkeit, die Schularmen-Sachen und pia corpora werden jedoch schon vorläufig der Kameralbehörde beizulegen sein. Nach diesen Prämissen sind für jetzt alle Rechts-, Hoheits-, Protestantische-, Geistliche-, Lehnsachen der Oberaufsicht und

Direktion der Regierung unterzuordnen, dagegen werden der Cammer alle Polizei-, Steuer-, Domainen-Regalien-, Staats nutzungen , die römisch-katholischen Geistlichen, Armen- und Schulsachen in den oberen Instanzen , unter der Leitung der ver schiedenen Departements unseres Staats-Ministerii anzuver trauen sein .

Bei Organisation der unteren Instanzen kommt in Betrach

tung, dal, wie oben bemerkt worden, das Schicksal der bisherigen Landesherren und ob die Verwaltung in der bisherigen Art ver bleiben soll, noch unentschieden ist ; – doch könnt Ihr vorläufig annehmen, daſ bei Werden und Elten solche wegfällt, bei Essen aber die Revenüen-Verwaltung der Fürstin verbleibt, welche sie in Gefolge der Instruktion vom 9. Oktober crs. durch die Kanzlei -

die jedoch zugleich das Justiz-Kollegium bleibt, und als Patri monialgericht unter die Clevische Regierung zu stehen kommt, ausüben läßt. Das Bergwesen ist jedoch von der der Fürstin vor behaltenen Verwaltung ausgenommen, es wird dieserhalb mit ihr ein Fixum zu bestimmen sein, und diese Partie dem Westfälischen

Oberbergamte untergeordnet werden müssen.

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Ueber diese Gegenstände sind hier von dem Freiherrn von

Asbeck verschiedene Vorschläge geschehen , und Ihr könnt die Verhandlungen darüber dort mit ihm fortsetzen , von dem Resultate derselben aber wollen wir Euren Bericht erwarten .

Die unteren Gerichts-Instanzen werden mit dieser Bestimmung ganz anf unsern Fuß einzurichten sein, dergestalt, daß in An sehung des Civiljustiz- und Vormundschaftswesens auf dem platten Lande einzelne Gerichtsbehörden, bestehend aus einem Richter

und actuario anzuordnen, und insofern nicht schon Patrimonial

gerichte vorhanden, denselben angemessene Bezirke beizulegen sind, welcher Einrichtung wir vor den Landgerichten den Vorzug einräumen .

In den Städten müssen für die Führung der bemerkten Gegen stände Stadtgerichte eingerichtet, das Kriminalwesen aber den Provinzial-Kriminalgerichten in Wesel und Altena mitübertragen,

sodann aber unsere allgemeine Gerichts-Ordnung und Allgemeines Landrecht als

subsidiärisches Recht eingeführt werden. Die Magistrate als Polizei-Obrigkeiten werden in den Städten

Essen und Werden besondere Rücksicht erfordern . Soviel versteht sich von selbst, dal die bisherige Konstitution derselben , die

Wahlbestellungen und das Ambulante dabei künftig aufhören muß, und daß die Mitglieder als permanent von Uns bestellt und aus kömmlich besoldet werden müssen .

Eurer Ueberlegung bleibt es jedoch überlassen , ob die Ein richtung zweier Senate im Magistrat, deren einem die gericht lichen, dem andern aber die polizeilichen und übrigen Geschäfte übertragen werden , anrätlich , aus wie vielen Gliedern und Unter

bedienten solcher zu bestellen , und wie die Besoldungen zu be stimmen sein möchten ?

Demnächst muß ein Kämmerei - Etat regulirt und dabei alle diejenigen Einnahmen separirt werden, welche eigentlich die Kämmerei betreffen und welche vorhin behufs der Landesabgaben

und der Schulden aufgelegt wurden , weil diese Einnahmen nach Einführung der Accise wegfallen und mit derselben consolidirt werden müssen .

Dahin gehört bei der Stadt Essen die besondere Wein-Accise und ähnliche Einnahmen, bei welchen entweder die bisherigen Quoten von der Accisekasse übernommen werden müssen oder

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das zu deren Bedürfnissen der Stadt fehlende als Kompetenz herzugeben sein wird.

In ähnlicher Art sind auch die übrigen Behörden einzurichten, wohin vorerst das Salz- und Stempelwesen gehört. In Ansehung des ersteren könnt Ihr dabei Eure Vorschläge vom 3. September c. zum Grunde legen, und wegen des letzteren ist das neue Stempel-Edikt vom 17. September c. zugleich mit >

der ganzen Organisation und Unterordnung unter die Clevisch

Märkische Collegia einzuführen .

Dagegen soll das Bergwesen mit dem Bergwerks- und Hütten Departement besonders organisirt werden. Ueberall müßt Ihr überlegen, welche von den jetzigen Offi zianten, deren möglichste BeibehaltungVorschrift ist, und wie sie angestellt werden können , auch welche Stellen notwendig mit neuen Subjekten aus unsern alten Provinzen zu besetzen sein werden , sodann sind diejenigen der alten Offizianten , welche zur Pensionierung übrig bleiben, und die welche auf Pension keinen

Anspruch haben, wohin die ambulanten Stadtbediente zu Essen und Werden zu gehören scheinen, genau aufzunehmen. Bei dieser

Gelegenheit wird auf dasjenige, was Ihr in Eurem Bericht vom 24. v. M. über die Offizianten angeführt habt, Rücksicht und unter andern auf die Anstellung des Stadtsekretärs Scheuerlein zu Werden an einen andern Ort, etwa bei dem Magistrat zu Essen, Bedacht zu nehmen sein .

Wenn dieser Organisationsplan angelegt sein wird, dann ge statten wir die Verwaltung dieser Provinzen sofort den Clev. Märk. Landes-Kollegien zu übertragen , welche das Weitere zu Einführung unserer Verfassungs- und Regierungs-Grundsätze nach und nach besorgen und unter unserer Leitung successive zur Aus führung bringen werden. Es kommt indessen darauf an, ob nach des Prov.- und Do

mainenrats von Rappard Abgang Ihr, der Regierungsrat Engels mit den Euch bleibenden Gehülfen diesen Organisationsplan, welcher in die kameralistische Partie mit eingereicht, gründlich zu bearbeiten Euch getraut?

Eigentlich können wir dies freilich von Euch nicht, sondern nur allenfalls in Rücksicht auf die letzteren Verhältnisse, worin die Provinz Neuj sich befunden hat und wodurch Ihr an der

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Kameral-Verwaltung tätigen Anteil zu nehmen veranlaßt seid, und bei den Euch bereits vorliegenden Vorarbeiten und der Euch ge bliebenen Hülfe erwarten .

Ihr habt also, im Fall Ihr Euch solches demnach nicht zu

trauen möget, davon Anzeige zu machen , da wir Euch dann er forderlichenfalls einen Rat aus der Märk. Kammer, unter welche diese Provinzen ohnehin zu stehen kommen , zur Hülfe zuordnen werden . Sind Euch in Gnaden gewogen . >

Gegeben Hildesheim, den 10. Dezember 1802 .

Auf Seiner Königlichen Majestät allergnädigsten Spezialbefehl Schulenburg An

die Spezial-Organisations - Commission zu Essen .

21

St seit

- Euch nicht dano

Einen Abschluss in den Arbeiten der Commission bezeichnet

er wel

nun nachfolgendes zum Abdruck gebrachte Schriftstück ; es bietet

Zuord

das Ergebnis der Erwägungen, zu dem die Commission gekom men ist.

estät

Plan

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zur Beendigung des Organisations-Geschäftes und völliger Ein

führung der in den übrigen königlich Preußischen Staaten statt findenden Verfassung in den ehemaligen Stiftern Essen , Werden und Elten vom 8. Mai 1803 .

A. In Hinsicht der Kameralverwaltung stellt das auf den statistischen Bericht über die drei seitwärts genannten Stifter

ergangene Rescript vom 10. Dezember 1802 bereits folgende Hauptgrundlinien der künftigen Kameralverwaltung in den oberen und unteren Behörden auf :

a. Die Cameral-Verwaltung in Oberinstanz soll unter die Clevisch-Märkische Kammer kommen ; b. Das Stift und die Stadt Elten sollen den clevischen Land

und Steuerämtern nordwärts der Lippe , die Stifter Essen und Werden nebst dazugehörigen Städten den clevischen

Land- und Steuerämtern südwärts der Lippe untergeordnet werden ;

c. Die Verfassung soll dergestalt projektirt werden ,

wie

selbige in den clevisch-märkischen Provinzen stattfindet,

wobei jedoch auf die Geistlichkeit keine Rücksicht ge nommen werden soll ; 1 ) Die Urschrift, als „ Organisationsbericht “ bezeichnet, befindet sich im Staatsarchiv zu Düsseldorf ; sie ist dort von dem Landgerichtspräsidenten von Essen, dem Herrn Geheimen Oberjustizrat Dr. Büscher, aufgefunden worden, als er für die Ausarbeitung der zur Weihe des neuen Essener Gerichtsgebäudes

( 17. Mai 1913) herausgegebenen Festschrift das Düsseldorfer Staatsarchiv durch forschte .

Auch an dieser Stelle sei Herrn Dr. Büscher, der uns eine Abschrift

des Berichtes zur Verfügung stellte, gebührend gedankt.

22

d. Die Ressort-Verhältnisse sollen vor der Hand dieselben

wie im Clevisch -Märkischen bleiben, mit der Ausnahme,

daß die Angelegenheiten der römisch-katholischen Geist lichkeit, die Schul- und Armensachen und die pia corpora

der Kommunalbehörde untergeordnet werden ; e. Bei Organisation der unteren Instanzen soll im Werden'schen

und Elten'schen angenommen werden, daß selbige von königlichen Beamten zu verwalten seien : im Elten'schen aber verbleibt die Dominial-Verwaltung (excl . der Berg

werksgefälle, welche das westfälische Oberbergamt zu ad ministriren hat) der fürstlichen Regierungskanzlei über lassen, die in ihren Funktionen nach der interimistischen Instruktion vom 10. October 1802 fortzubestehen habe ;

f. Bei den Polizei-Magistraten muß die bisherige Consti tution derselben und die Wahlbestellung wegfallen, wo gegen die Mitglieder von des Königs Majestät zu bestellen und auskömmlich zu besolden seien ;

h , endlich wäre überall mit Rücksicht auf die am 24. No

vember 1802 eingereichte Zivilsalarien-Tabelle darauf Be dacht zu nehmen, welche von den älteren Officianten bei zubehalten oder zu pensioniren wären, wohin aber die

ambulanten Magistratspersonen nicht gehörten. Nach Malgabe dieser allerhöchsterorts bereits vorgezeich neten Grundlinien der künftigen Landes -Organisation hat nun zufürderst der Oberkammerpräsident Freiherr von Stein in dem

Conferenzprotokoll d. d. Essen, den 8. Januar 1803 seine Vor schläge abgegeben, welchen künftigen land- und steuerrätlichen Beamten, auch älteren königlichen Offizianten aus der Provinz Cleve die unmittelbare Kommunalverwaltung in den ehemaligen 3 Stiftern anzuvertrauen sei , sowie welche resp. Gehaltszulagen denselben

für

deren

erweiterten Geschäftskreis auszumitteln

stünden . Jene Vorschläge sind überall von unterzeichneter Kom mission bei Entwerfung der Kassenetats pro 1803 04 auf das Genaueste berücksichtigt worden und liegen diese Etats bis auf die von den in unglaublicher Verworrenheit sich befindenden Revenüen der Städte Essen und Werden zur allerhöchsten Voll

ziehung vor. In eben diesen Etats ist gleichfalls auf die An stellung von der preußischen Verfassung kundigen Beamten neben

23

diesel Tusnai en

Cen'sc

den vorherigen Landesbeamten, insofern letztere besonders zu Steuereinnehmern und polizeilichen Unterbeamten geeignet waren, angetragen worden. Sobald die allerhöchste Vollziehung jener Etats erfolgt, auch die zugleich vorgetragene Anstellung der Unter beamten genehmigt wird, kann das Geschäft der völligen Ein führung einer den übrigen königlichen Staaten gleichen Kame ralverfassung in den drei Stiftern der märkischen Kriegs- und Domänenkammer übergeben werden. Weil indes das Reform

er Be

rescript d. d. Hildesheim , den 10. Dec. einen besonderen dem Ober

2 corp.

Ben's

bige

1t 202

kammerpräsidenten Freiherrn von Stein mitzuteilenden Landes

ei üh

stisch

Organisationsplan für die 3 ehemaligen Stifter Essen, Werden und Elten befiehlt, so wird das pflichtmäßige Gutachten unter

hal

zeichneter Kommission in Hinsicht der Hauptgegenstände der

Con

künftigen Kameralverwaltung bei den bisher in völlig verschiedener Verfassung gestandenen 3 Stiftern wie folgt abgegeben :

FO,

stell

4.N

1. inbetreff der Landespolizei und Kassenverwaltung

uf B: n be

auf dem platten Lande .

eri

Diese Gegenstände standen : .

eich

a. lo dem ehemaligen Stifte Essen etc.1 b. In dem ehemaligen Stifte Werden machte die abteiliche Kanzlei die oberste Landespolizeibehörde mit aus, ließ diese Ange

de

legenheiten von dem Landrichter taliter qualiter verwalten und

Va

hatte dem Kanzleirat Lauter die Verwaltung der sog. Vertre tungs- und der Landeskasse aufgetragen, von denen nunmehr ein gemeinschaftlicher Etat pro 1803/04 gefordert worden ist .

che VİD

ige

Diese ad interim beibehaltene Kanzlei kann und muß bei dem

El

Eintritte des Wirkungskreises der landrätlichen Behörde des Duis burger Kreises völlig zessiren . Dieses würde am füglichsten in der Art geschehen , dal 1. der 80 jährige, völlig unbrauchbare Kanzleidirektor Dingerkus auf Pension gesetzt würde. Derselbe ward bis dahin lediglich

ei

aus abteilichen Mitteln salarirt und erhielt nach der unterm

el

DI

da

24. November 1802 eingereichten Zivilsalarientabelle 1

21

1) Der Bericht über das Stift Essen ist in der Abschrift weggelassen.

24

a. aus der sog. Prälatenkasse in fixo

200 Thl . clev.

b. an Naturalien angeschlagen zu

97

c . freier Tafel bestimmt zu

125 30

d . Brennholz 9 Wagen

e. an Kanzleigebühren hat derselbe angegeben 200

1

in Sa. 625 Thl . clev.

Es sind demselben bewilligt als Entschädigung für die freie Tafel

120 Thl . clev. bleiben noch 532 Thl . clev .

welche für den Dingerkus als Pensionsquantum auf den Wer denschen Renteietats pro 1803.04 anzusetzen wären und wo durch derselbe neben freier Wohnung und Garten seine voll ständige Entschädigung erhielt. 2. Der Kanzlei-Lehn- und Hobssekretär, auch Landrezeptor Lauten 7

hatte

a. aus der Landrezepturkasse b. freier Tafel aus der Abtei zu

234 Thl 19 Stüber clev .

125

c. an Kanzleigebühren angegeben auf 150 d. an Gebühren bei dem geistlichen

Appellationsgericht angegeben zu

192

e. an Gebühren als Lehn- und Hobs

sekretär angegeben zu

340

12

4 Pig

1041 Thl. 31 Stüb . 4 Pfg.

Es sind für den Lauten , (der der märkischen Kammer als ein sehr ordentlicher Rendant und als ein brauchbarer Beamter

bekannt geworden ist) a. bereits aus der Werdenschen Rentei als Entschä

digung für den freien Tisch bewilligt b. auf den Werdenschen Rezepturkassenetats sind für

120 Thl .

denselben als Steuereinnehmer und Polizeibeamter

angefordert

572

Sa 692 Thl .

349 Thl. 31 Stüb. und 4 Pfg. oder dasjenige Diensteinkommen , welches der Lauten bisher

würden also noch fehlen

als Lehn- und Hobssekretär genossen hat.

Da aber nach unserem pflichtmäßigen Dafürhalten die einen wesentlichen Teil der Dominialintraden ausmachenden Lehn

25

cles 11

11

und Hobssachen der Werdenschen Behandigungskammer ferner mit bei der Werdenschen Rentei (jedoch mit Zuziehung des königlichen Renteiadministrators) zu belassen sein würden , so

würde der p. Lauten als Sekretär bei jener Behandigungs kammer beizubehalten sein und insofern der Königlichen Kasse kein weiterer Zuschuß zu dessen Gehalt zur Last fallen .

3. Der Lehn-, Hobs-, auch Laadrichter Müller hatte in beiden

es

ersten Qualitäten

Ger er

a. aus abteilichen Mitteln b . freie Tafel bestimmt zu

70

c. an Gebühren bei der Behandigungs

50 Thl . 125

ill.

kammer angegeben zu

en

Es sind demselben bewilligt :

EV

b. werden für ihn als Behandigungs

3

1

340

2

12 Stüb . 4 Pfg.

Sa. 515 Thl. 12 Stüb. 4 Pig

a. für die freie Tafel aus Renteimitteln 120 Thl. richter auf den Werdenschen Rentei etats zu setzen sein

50 Sa. 170 Thl .

fehlen noch obige

345 Thl . 12 Stüb. 4 Pig.

in Hinsicht deren es aber auch keines Zuschusses der könig

lichen Kassen bedarf, wenn das Behandigungsgericht mit der Rentei Werden verbunden bleibt. Als Landrichter hatte der Müller überdem an Dienstein künften :

a. in fixo 65 Thlr. Richter- und Dienstgelder, so auf dem Werdenschen Amtsrezepturetat stehen geblieben sind, b. an Gerichtsgebühren hat derselbe angegeben 300 Thl , wo für er hinreichende Entschädigung erhält, wenn er in dem

Genusse der Sporteln nach der preußischen Salarien -Tax Ordnung verbleibt . 4. Der Kanzleiregistrator Arning ist 85 Jahre alt und seines hohen Alters halber völlig unbrauchbar. In vorerwähnter Quali tät genoß derselbe aus abteilichen Mitteln ein Diensteinkommen von 219 Thl. clev.

Hierauf sind demselben als Entschädigung für die freie

Mittagstafel bereits bewilligt 125 Thl. , Rest 94 Thl. clev., die

26

auf den Werdenschen Renteietat als Pensionssumme zu über nehmen sein würden .

2. Inbetreff der städtischen Kassen und Polizeiverwaltung

ist bei Einreichung der städtischen Etats überall auf Salarirung

der Offizianten des Steuerrats vom künftigen Duisburger Kreise nach den Vorschlägen des Oberkammerpräsidenten Freiherrn von Stein Rücksicht genommen worden. Die Städte Elten , werden und Steele tragen zu den Landesabgaben bereits durch Aufschläge auf liegende Gründe und Häuser bei und halten überdem Nahrungs gelderabgaben . Letztere werden, wenn höheren Orts die Einfüh rung des märkischen Accisesystems bewirkt werden sollte , als direkte Abgaben verbleiben , diese kleinen Städte aber womöglich mit ihren Consumsionsabgaben gänzlich fixirt werden müssen . Es ist in Ermangelung anderer Instruktion , ob und welches Accise system in den 3 Stiftern einzuführen sei und aus anderen , bei

Einreichung des kombinirten Contributions- und Kämmereietats der Stadt Steele nicht möglich gewesen, bis dahin besondere Acciseetats von den hiesigen Städten zu formiren . Bei Steele insbesondere ist der bisherige Accise -Inspektor Bach als erster Polizeibürgermeister mit einem Gehalt von 100 Thaler Berliner Courant angeordnet worden , sowie in Werden der sich daselbst bereits aufhaltende Kohleninspektor Schimmel in gleicher Eigen schaft und dabei als Cameralius in Vorschlag gebracht, ihm aber der bisherige Landgerichtsschreiber Dingerkus als Stadtsekretarius beigeordnet werden soll . Da letzterer in bisheriger Qualität völlig unbrauchbar ist, so wird den königlichen Kassen eine ihm aus zumittelnde Pension für sein mit 700 Thl. obgleich übertrieben angegebenes Diensteinkommen erspart. 3. Inbetreff der künftigen Domanialverwaltung. a. In dem ehemaligen Stifte Essen etc.1

b. In dem ehemaligen Stifte Werden sind des Königs Maj.

durch Aufhebung der Abtei die wichtigen Domanial- und Regal 1 ) Siehe Anmerkung S. 23 .

27

cu ük

intraden dieser Abtei anheimgefallen. Es soll der höheren Be hörde ein Spezialadministrationsetat der Abtei Werden pro 1803/04

eingereicht werden, so gut derselbe sich aus den in unglaublicher

Verworrenheit vorgefundenen Büchern der geistlichen Rendanten

arint

und mit Bezug auf die bereits höheren Orts genehmigte interi mistische Benutzung der Arrendestücke angefertigt werden kann . Es wird indessen vor Eintritt des nächsten Etatsjahres die An

Kreis

FOTO

fertigung eines Domänenrevenüenanschlages der Rentei Werden von einem Mitgliede des märkischen Kammerkollegii durchaus er

den u

forderlich . Zu dem Administratorii der Rentei Werden ist bereits

Eschlá

hrung

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der ehemalige Hauptpächter Keller mit einem Jahresgehalt von 800 Thir. Berliner Courant angeordnet worden, indes bedarf der selbe wegen des Umfanges der Geschäfte eines Renteischreibers

Ite, i

und da sich unter den ehemaligen abteilichen Beamten kein der

mogli

gleichen Subjekt befindet, so soll dafür besonders ein Gehalt von

müss:

Acas

en, 1

Teieta

200 Thlr . auf dem Spezial-Domänen-Etat pro 1803 04 angesetzt werden .

B. In Rücksicht der Justizverwaltung bestimmt das oben

angeführte Rescript in Ansehung der oberen Behörde :

Sond

1. daß alle Rechts-, Hoheits-, protestantische-, geistliche- und Stei

-ers

Lehnssachen der Oberaufsicht und Direktion der clevisch-märk. Direktion unterworfen ,

Berlis

2. die unteren Instanzen aber dergestalt eingerichtet werden

lasel

sollen, daß die Ziviljustiz und das Vormundschaftswesen auf dem

Eig: mak retani

platten Lande einzelnen Gerichtsbehörden, bestehend aus einem Richter und Aktuarium zu übertragen und sofern nicht schon Patrimonialgerichte vorhanden, denselben angemessen Bezirken beigelegt werden sollen , 3. daß in Städten für die Führung der genannten Gegen

t või

Mar

triek

stände Stadtgerichte anzuordnen , 4. das Kriminalwesen aber den Provinzial-Kriminal -Gerichten

zu Werl und Altena zu übertragen sein werden .

ag.

Die Justizverfassung in dem Essenschen Bezirk betreffend.

S MI

I. etc. II . etc. 1

Regi 1) Siehe Anmerkung S. 23.

28

Die Justizeinrichtung in dem Stifte Werden betreffend . III . Oben ist bereits bemerkt, daſ zu Werden die abteiliche

Kanzlei die obere Behörde in allen Landespolizeiangelegenheiten war. Außerdem besorgte jedoch dieselbe alle Hoheits- und Gnaden sachen unterm Vorsitze eines dazu von dem vorigen Abt aus der Anzahl der Conventualen ernannten geistlichen Präsidenten und weltlichen Direktors, sowie auch alle Ehe- und andern geistlichen Sachen unter dein Vorsitz des Priors.

Desgleichen verwaltete die Kanzlei mit Zuziehung des Land richters, Landrichters Müller, und zweier Lehrmänner und 2er

Hofräte die Lehn- und Hobssachen . Und endlich hatte die Kanzlei

concurrirende Jurisdiktion mit der clevisch -märkischen Regierung in allen Appellationssachen des Landgerichts nach der Wahl der Parteien .

Da nun bereits allerhöchsten Orts festgesetzt ist, daß alle Hoheits-, Rechts- und Lehnsachen der Oberaufsicht und Direktion

der clevisch -märkischen Regierung unterworfen sein sollen und dem Werdenschen geistlichen Commissariat so wenig als dem Offizialatgericht zu Essen eine Verwaltung der weltlichen Gerichts barkeit in Ehe- und Sponsaliensachen anvertraut werden kann,

so folgt, daß die Werdensche Kanzlei ebensowenig als Justiz collegium weiter beibehalten werden kann .

Und da wegen Unterbringung der dabei angestellt gewesenen Personen und derselben Pensionierung zweckdienliche allerunter

tänigste Vorschläge bereits gemacht sind, so bemerken wir nur noch in Anfechtung der Untergerichtsbehörden im Werdenschen Bezirk, daß das Landgericht daselbst die einzige Untergerichts stelle ist, jedoch der Magistrat der Stadt Werden in Personal

sachen der Bürger unter sich , sowie in Bau- und Servitutsachen binnen der Stadt die erste und das Landgericht die zweite In stanz gehabt haben. Das Landgericht bestand aus einem Richter, Aktuario und 8 Schöffen. Da nun diese letzteren ganz überflüssig und bei der Justizverwaltung unbrauchbar sind, so würden die selben zu entlassen und das Gericht auf den Richter uud Aktuarius

wie andere dergleichen Gerichte in den königlichen Staaten und nach den Vorschriften des allerhöchsten Rescripts einzuschränken sein. Der bisherige Landrichter Müller daselbst ist ein Mann

29

von vieler Geschicklickkeit, auf dessen Beibehaltung in seinem Amte wir daher umsomehr alleruntertänigst antragen müssen ,

da solches auch der Wunsch der angesehensten Jurisdiktions eingessenen ist, welchen sie uns in der Abschrift beiliegenden Vorstellung zu erkennen gegeben haben. '

Wegen der Entschädigung des Landrichters für seine seit herigen Gehaltseinkünfte ist bereits oben das Nötige erinnert . Daher wir nur noch beifügen, daß der künftige Genuß der Sporteln

die Summe der ehemals genossenen notwendig übersteigen müsse, folglich derselbe damit zufrieden zu sein , alle Ursache habe. Der Aktuarius beim Landgericht war der Sohn des Kanzlei direktors Dingerkus. In Betracht es jedoch unumgänglich nötig sein wird, dem Richter einen bereits mit der königlichen Justiz

verfassung kundigen alten preußischen Beamten beizusetzen , so haben wir den Aktuarius Dingerkus oben bereis als Secretarius beim Magistrat an die Stelle des Scheuerlein in allerunterthänigsten

Vorschlag gebracht. Zum Actuarius auf diesem Gericht hat sich nun der im De

partement der Mörs'schen Regierung vormals als Justizcommissar und Procurator fisci gestandene von Spankern gemeldet. Da derselbe schon einige Jahre lang gedient, auch mehr mals interimistisch die Stelle eines Aktuarii bei den Mörs'schén

Untergerichten wahrgenommen, so kann die Qualifikation des selben zu einem solchen Posten wohl nicht bezweifelt werden,

sowie denn auch der Regierungsrat Engels demselben das Zeug nis eines bis hierhin geführten anständigen Lebenswandels nicht versagen kann.

Wegen des aus der Mörs'schen Renteikasse vorher in seiner Eigenschaft als procurator fisci bezogenen kleinen Gehalts, ge nießt derselbe aus der clevischen Domänenkasse bisher einige Unterstützung, die durch seine Anstellung in Zukunft wegfallen würde.

Uebrigens stellen wir anheim , ob ihm nicht in Betracht seines 1) Die von den Eingessenen Kettwigs und den Vorstehern des Amtes Werden an die Organisations-Kommission gerichteten Eingaben um Belassung des abteilichen Landrichters Müller in seiner bisherigen Stellung sind abgedruckt

als Beilagen zu dem folgenden Aufsatze von Dr. Körholz „ Der Landrichter 2

Müller und sein Werk über die Geschichte des Stiftes Werden .“

30

vorigen Dienstverhältnisses der Charakter eines Assessors zu er teilen , er auch zu autorisiren sei , bei Abwesenheit des Land richters dessen vices wahrnehmen zu müssen. Wir haben oben

bemerkt, daß der Magistrat in der Stadt Werden allenfalls die Gerichtsbarkeit in den Personalsachen der Bürger unter sich aus

geübt habe. Da jedoch bei dem geringen Umfange dieser Stadt es unseres alleruntertänigsten Erachtens nach nicht nötig sein wird , einen eigenen Justizbürgermeister anzustellen, so halten wir dafür, daß in Zukunft auch alle städtischen Justiz-, Vormund

schafts- und Hypothekensachen dem Landgericht ganz übertragen werden können.

31

Ein für die Geschichte der ersten Jahre der preutischen Herrschaft in Werden wertvolles Aktenstück ist der Bericht des

Kammerdirektors von Rappard über seine Geschäftsreise im Jahre 1804 (Düsseldorfer Staatsarchiv, Cleve-Mark, XVIII , 7. Extrakt daraus betreffend Werden mit Randbemerkungen von Erdmanns dorf ebenda XXIV, 47 ) . Mit der Wiedergabe rein persönlicher 9

Eindrücke und Anschauungen fällt er in etwa aus dem Rahmen

der sonst fast nur nüchtern geschäftliche Verhandlungen auf

weisenden Aktenmassen heraus. Rappard besuchte 1804 nicht nur die neu eingerichteten Behörden und überzeugte sich von

der Art ihrer Geschäftsführung, sondern er sah auch die be deutendsten Fabriken und hatte Besprechungen mit ihren Inhabern, aus denen er sicher manche Anregung schöpfte. Das Interesse,

das Rappard der Werden -Kettwiger Tuchindustrie entgegenbrachte, ist ein Zeichen dafür, welche Wichtigkeit die preulische Regierung diesem Gegenstand beimal. Sie kam den Fabrikanten denn

auch in mancher Beziehung entgegen ; das größte Zugeständnis war die Befreiung des Werdenschen Fabrikbezirks von der Re krutenaushebung .

Rappard, der Direktor der Cleve-märkischen Kriegs- und Domänenkammer in Hamm, war ein zuständiger Beurteiler für die hiesigen Verhältnisse, weil er vom August 1802 bis zum

Anfang des Jahres 1803 Mitglied der Organisationskommission für die Entschädigungsländer Essen, Werden und Elten gewesen Der Rat der märkischen Kammer von Erdmannsdorf ver sah den Bericht seines Direktors mit Randbemerkungen. Erd

war .

mannsdorf hatte als Nachfolger Rappards in der Organisations kommision von 1803 bis Anfang des Jahres 1804 die Einrichtung der preußischen Verwaltung in Werden beendigt. Er zeigte sich mit allen Ansichten und Vorschlägen des Berichtes einverstanden ;

nur wenn Rappard bemerkte, daß die 46 Morgen Landes jenseits 1 ) Herr Oberlehrer Dr. Körholz hat die Güte gehabt, eine Abschrift des Berichtes zu besorgen und zur Verfügung zu stellen , wofür ihm verbindlicher Dank ausgesprochen wird.

32

der Ruhr, welche der Administrator Keller von der Rentei ge pachtet hatte, zum Teil für die Fabrikanten bestimmt sein sollien,

so meinte Erdmannsdorff, man müsse diese 46 Morgen ganz den Bürgern als Felder und Güter überlassen .

Die meisten der im

Bericht gegebenen Anregungen wurden darauf noch bis zum vorläufigen Ende der preußischen Herrschaft in Werden im Jahre 1806 durchgeführt, oder wenigstens wurden Vorarbeiten zu ihrer Verwirklichung unternommen .

Der auf Werden und Kettwig bezügliche Teil des Berichts, auf dessen Einzelheiten an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann, folgt im Wortlaut. Journal über die von dem Kammer- Direktor v. Rappard vom 30. August bis 27. September 1804 in die Provinzen Essen , werden und Cleve gemachte Geschäftsreise . Bei meiner Ankunft in Werden, wohin von Essen aus

eine Stunde vor Werden der Weg kaum zu passiren und nach seiner Lokalität schwerlich in chausseemässigen Zustand zu bringen ist und man es daher wohl bei einer notdürftigen polizeimässigen

Instandsetzung durch Zuschlichtung der tiefen ausgetriebenen Gleise wird bewenden lassen müssen, fand ich die ganze Stadt im Taumel sinnlicher Belustigungen. Es war die sogenannte

Kirmel, welche 3 Tage währet. [Es wurde] ein Aufzug der hier existirenden sogenannten Junggesellenkompagnie und von der

selben ein Scheibenschießen gehalten, und an diesen Tagen, und wie mir versichert wurde, die ganze Woche durch Tag uud Nacht geschwärmt und ein Wesen getrieben, als wenn die Menschen ihren Verstand verloren hätten. Auch ließen sich in vielen Häusern

Seiltänzer und sonstige gymnastische Künstler, die unter Pauken

und Trompetenschall sich ankündigten, sehen, ohne daß ich er fahren konnte,> ob diese Menschen mit einer Konzession versehen waren .

So sehr auch sonst kleine Volksfeste , die auf einen Tag be schränkt werden, zu billigen sind, so führt doch das hiesige

Wesen zu Unordnungen allerlei Art und bringt die an Fabrik und Gewerbe arbeitende Volksklasse um Vermögen und stürzt 1) Das auf Essen und Cleve Bezügliche ist hier weggelassen.

33

dasselbe wohl gar in Schulden. Man wird daher sein Augenmerk darauf richten müssen, diese Unordnungen abzustellen und an gemessene Einschränkungen eintreten zu lassen . Es scheint über

haupt der herrschende Charakter dieses Volkes eine starke Ten denz für den sinnlichen Lebensgenuß zu haben. Auf der Abtei wurde alles in Augenschein genommen, und zwar mit dem Herrn Landrichter Müller die Registratur der Hobs und Behandigungskammer, die, soviel sich in kurzer Zeit über sehen ließ, in sehr guter Ordnung sich befindet. Ob die Lehn kammer hievon werde getrennt werden , war noch unentschieden . Herr P.

Müller besorgt dieses und hielt bei der großen Menge kleiner unbedeutender Lehnstücke dieses für die Lehnträger, der Entfernung wegen, für sehr nachteilig. Die Bibliothek, und zwar von dem Herrn Weiß in Meurs

angekauft, enthält eine Menge der besten klassischen Schriften älterer und neuerer Zeit, sowie die alte Bibliothek manches

Manuskript und seltene Buch , besonders was die vaterländische Geschichte betrifft, als Stangensol, Hammelmann, Nordhoff u. d. g. Möchte nor dieser Schatz von Gelehrsamkeit hier, wo er dem

Verderben preisgegeben ist, nicht länger verbleiben , sondern recht bald eine zweckmäßige Bestimmung erhalten !

Eben dieses wäre in Ansehung der schönen abteilichen und sonstigen Gebäude zu wünschen, die sonst, wenn nichts angelegt wird, verfallen müssen . Es steht nicht zu erwarten, daß dazu im

ganzen sich ein Käufer finden werde, weil das Ganze zu grob und zu kostbar in der Unterhaltung ist. Das beste würde sein, die Gebäude in einzelne Partien zu verteilen und sie so zum

Verkauf auszusetzen . So könnte der rechte Flügel der Abtei zur Wohnung für den Rentmeister bestimmt bleiben, der linke Flügel eine besondere Wohnung abgeben und das Hauptgebäude wieder

in zwei oder drei Wohnungen eingeteilt werden . Auch liebe sich die Probstei, welche jetzt noch von den Exkonventualen bewohnt wird , hiernächst ebenfalls in ähnlicher Art verteilen .

Es käme

darauf an, daß man hiezu einmal einen Plan durch den Klein

haus, der dieses nach genommener Rücksprache ganz ausführbar hielt, aufnehmen liebe.

Die Hobs- und Behandigungs-Kammer müßte alsdann aus dem linken Flügel der Abtei verlegt und allenfalls dafür und für

34

das Landgericht das neue große Tor eingerichtet werden, an dessen Seite der Landrichter Müller sich angebaut hat, und der solchergestalt das ganze Wesen unter seiner beständigen Aufsicht haben könnte. Es gehört mit zum Plan : dal für die Erhaltung oder nähere Einrichtung der Fruchtböden für die Rentei gesorgt werden muß .

Der Plan zur Ausbauung der Stadt, welche außerordentlich volkreich ist, so daß mehrere Familien und eine Menge Menschen oft in einem kleinen Hause gepfropft zusammen wohnen, könnte sehr leicht ausgeführt werden , wenn der probsteiliche Garten, worauf jedoch die Exkonventualen, welche solchen bisher benutzt haben, Anspruch machen , die jedoch casu quo dafür anderwärts entschädigt werden könnten, so wie die in der Nähe gelegenen Domänen-Grundstücke dazu hergegeben und in Erbpacht oder Erbzins zur Bebauung ausgetan würden. Alsdann müßte der Kirchhof verlegt werden, wozu außer der Stadt bei der Neukirche ein schon zum Kirchhof eingerichteter und völlig hinreichender Platz, der auch bereits zuweilen sowohl von Katholiken als

Protestanten zum Begraben ihrer Leichen gebraucht wird, vor handen ist. Der Herr Pastor primarius van Gülpen, mit dem

hierüber Rücksprache genommen ist, fand bei dieser Verlegung und Einrichtung durchaus kein Bedenken und versicherte, daß es der allgemeine Wunsch sei, daß dieser Plan zur Ausführung käme. Alsdann müßte aber auch die am Markte noch stehende

Kapelle, die nach der Aeußeruug des van Gülpen nicht weiter gebraucht wird, weggebrochen und so die Straße neben dem Dr.

Wesermannschen [sol] Hause, der Apotheke und Schule, nach und über den Porthoff zwischen den Teichen und dem Berge

fortgeführet, hier aber durch Wegräumung der stehenden Obst bäume, auch sonst der Weg verbreitet und so weiter fort ein

Weg nach Velbert zu Stande gebracht werden . Es steht zu er

warten, dass alsdann eine Menge Fabrikanten aus dem Bergischen , besonders aus Velbert sich hier etabliren, wodurch nicht wenig zur Aufnahme dieses schon sehr industrieusen Ortes wird bei

getragen werden. Es dürfte indessen hiebei in Ueberlegung zu nehmen sein , ob nicht mit diesem Plan noch so lange Anstand zu nehmen sein werde, bis der Versuch zum Verkauf der abtei

lichen und übrigen dazu gehörigen Gebäude gemacht worden ,

35

damit bei dieser Konkurrenz etwa das Königliche Interesse nicht leiden möge.

Der Bau des Hoff- und Vossmannschen (so !] Fabriken-Hauses, in der Nähe der Abtei, ist ziemlich vorgerückt, wird aber in diesem Jahre noch nicht vollendet werden. Bei diesen Fabrikanten ist die von Heidel verfertigte Tuchscher -Maschine in Augenschein genommen. Sie haben deren zwei und wollen sich jetzt noch eine dritte anschaffen. Sie ist von der Nicolaischen darin verschieden,

dass bei dieser der Tisch, bei jener aber die Schere sich be wegt, auch hat sie das Vorzügliche, dass ein Instrument ange bracht ist, wodurch die Schere von selbst gereinigt und geschmiert

wird, welches an der Nicolaischen nicht vorhanden ist. Uebrigens sind an jeder Maschine zwei Scheren und werden beide Maschi

nen von einem Rade, welches ein Mensch bequem in Bewegung setzen kann, getrieben. Zur Richtung der Scheren an beiden Maschinen ist nur ein Mensch erforderlich , daher durch die Kräfte zweier Arbeiter schon

ebensoviel bewirkt wird, was sonst bei den Handscheren vier

verrichten, und dann geht die Maschine weit schneller, als das Scheren mit der Hand, und sie hat auch noch den grossen Vor zug, dass die Schur weit egaler wird als dieses bei den Hand scheren bei dem Mangel an Festigkeit und bei öfterer Verän

derung der Kraft möglich ist. Hendel wird nicht nach Brün, sondern nach Brabant gehen. Man setzt hier viel Zutrauen in

seine Kenntnis und Geschicklichkeit und gibt ihm den Vorzug vor Uhlhorn , der nicht so wie Hendel Kenntnis von Fabriken

sachen haben soll. Er hält sich noch hier in der Gegend auf, ich habe ihn aber nicht zu sprechen bekommen können. Die Fabrikanten beziehen ihre Scheren aus Mülheim und Sedan . Es

war ihnen aber schon bekannt, dass Bertram eine Fabrik davon

anlegen würde, und versprechen sie mit demselben eine Probe zu machen .

Des Kleinhans Kratz- und Baumwoll-Spinn-Maschine ist von

Nicolai angefertigt. Er lässt jetzt noch eine zweite Spinnmaschine nach der Heidelschen Art machen , welche, statt dass jene nur

mit 24 Spindeln, diese dagegen 72 und dabei einen weit be quemeren und leichteren Mechanismus hat.

Das hier am Wege liegende Haus Heck, welches zur König

36

lichen Rentei gehört, ist in Augenschein genommen . Es ist zur Wohnung für den Schimmel sehr gut ausgebaut und von dem selben bereits bezogen worden . Es hat für den Dienst des p. Schimmel eine sehr günstige Lage, indem er die Ruhr und auch die Werdensche Schleuse übersehen und über die Fahrt die ge naueste Aufsicht führen kann .

Das Rathaus ist in gutem Stande, die Registratur aber in der grössten Unordnung, indem ohne Absonderung nach Materien alles durcheinander liegt und kein Aktenstück geheftet ist. Der Secretarius Dingerkus ist ein unbrauchbarer Mann und muss, wenn der Dienst nicht leiden soll, in Ruhe gesetzt werden ; indessen wird man sich auf den Vorschlag, die Stelle dem ehe maligen Advokaten Wolff zu übertragen, nicht einlassen dürfen, da dieser Mann nicht in dem besten Rufe steht. Der Bürger

meister Joisten muss jetzt alle Sekretariats -Geschäfte mit ver richten , auch hat derselbe alle Salzbücher umgeschrieben, wo durch er aber in seinen Konsulat- Geschäften sehr zurückgesetzt wird. Er hat es übernommen, diesen Winter in den Abendstunden

die Registratur in Ordnung zu bringen , überzeugt, dat vorzüglich für ihn selbst der Dienst dadurch sehr würde erleichtert werden .

Auch bei dieser Kämmerei befinden sich verschiedene antichre

tisch versetzte Patrimonial- Grundstücke, deren Einlösung wahr

scheinlich zum Vorteil der Kämmerei gereichen dürfte. Ueber die eigentliche Bewandnis konnte keine nähere Auskunft gegeben werden .

Es ist für die Einwohner der Stadt sehr unbequem , dal keine Brücke über die Ruhr vorhanden ist. Es soll eine steinerne da gewesen und davon die Rudera und Fundamente noch zu sehen sein. Wenn das hier gleich an der Ruhr liegende soge

nannte Kasteel und die kleine Kirche am Markte abgebrochen würden , erhielte man hinreichende Materialien zu einer massiven

Brücke. Kleinhaus glaubte aber, daß die übrigen Baukosten wohl noch ein Kapital von 20 000 Rthl . erfordern würden. Nach Kettwig geschah die Reise zu Wasser die Ruhr her unter. Hier liegen sogleich zur rechten Hand jenseits der Ruhr die 46 Morgen Landes, welche der Administrator Keller von der Rentei in Pacht übernommen hat, und wovon 10 Morgen für die Fabrikanten bestimmt sind.

37

Ferner unten wurde an der Papiermühlen-Schleuse,, der letzten im diesseitigen Gebiete, die Walkmühle in Augenschein

genommen , welche Engels und Hofmeister für die Schacht-Unter

haltungs-Kosten in Erbpacht übernehmen wollen. Sie liegt mit der Papiermühle in einem Gebäude und unter einem Dache, und ist an verschiedene Tuchfabrikanten verpachtet, von denen einige nach der Aeusserung des Herrn Kammer-Assessors Liebrecht von der Pacht durchaus keinen Abstand nehmen wollen . Es ist

aber auch sehr bedenklich , ein so wichtiges Werk, wie die hiesige Schlacht ist, einem Dritten zur Unterhaltung zu überlassen , da eine zur Sicherheit zu bestellende Kaution von ein paar Tausend Reichsthalern bei weitem nicht hinreichen würde , wenn die Schlacht

durch Mangel gehöriger Unterhaltung einmal durchbrechen und destruirt werden sollte ; vollends , da die Uinstände des Engels so nicht die besten sind. Des Nachteils nicht zu gedenken , der aus

der Erbverpachtung der Walkmühle für die Tuchfabrikanten leicht entstehen könnte .

Mit der Reparatur der Kettwiger Schleuse war man in voller Arbeit. Es ist eine grosse Unbequemlichkeit und mit Kosten ver bunden, dass dieser Reparatur wegen die Schiffe umgeladen werden müssen. Indessen versichert der Herr Hauptmann Bilgen

aus Düsseldorf, der den Bau dirigirt, dass derselbe in 14 Tagen, höchstens 3 Wochen fertig, sein würde. Er kostet dem Landes herrn 4000 Rthl .

In Kettwig wurde gleich vorn am Ufer der Ruhr die Be merkung gemacht, dass der Kaufmann Benninghoven gegen seinen Grund den Fuss- und Leinenpfad durch Pallisaden dergestalt verengt hat, dass derselbe ohne Lebensgefahr für Menschen und Pferde nicht zu passiren, und wenn sich diese begegnen, nicht auszuweichen ist, wovon ich mich selbst überzeugt habe. Es wird nötig sein, dieses durch den Geheimen Krieges- und Land. rat v. Buggenhagen unter Zuziehung des p. Schauss untersuchen

zu lassen und sodann den Benninghoven zur Zurücksetzung seiner Frechtung anzuhalten . Es wurde überhaupt von dem Kaufmann Scheidt und mehreren Anwesenden über diesen Benninghoven

wegen seiner Eingriffe in das Eigentum der Communitaet laute Klage geführt und dabei geäussert wie man nicht verhoffe, dass

seinem Gesuche wegen Erbverpachtung des Königlichen Rechtes

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in der Kettwiger Mark würde deferiret werden , da derselbe da durch ein weites offenes Feld erhalten würde, die hiesigen Ein gesessenen zu chikaniren und womöglich um das Ihrige zu bringen . Das Wichtigste und Besehenswürdigste ist hier die Fabrik des Kaufmanns Scheidt, besonders dessen Schafwolle -Spinnerei. Auf diese hat er ansehnliche Summen, und wie er versichert,

20 000 Rthl., verwendet, ehe er sie zu Stande gebracht. Die Spinn -Maschine, Kratzen usw. werden durch Menschen hände getrieben . Er hatte eine Pferdekunst erbaut, die er aber nicht gebrauchen kann, weil Pferdekräfte nicht hinreichen und

er schon mehrere Pferde und Ochsen zu Tode getrieben. Er er neuerte hiebei seinen Wunsch, dass ihm gestattet sein möchte,

auf das Gefälle der Königlichen Korn- und Farbstoff -Mühle ein Werk anzulegen und dass Seine Majestät geruhen möchten, ihm hiebei eine Unterstützung angedeihen zu lassen . Diese Vorrichtung würde ohngefähr 6000 Rthl. kosten , und habe er bei der letzten

Anwesenheit des Krieges-Rats Eversmann darüber verschiedene Anträge gemacht, worauf er aber keine nähere Antwort erhalten

habe. Sein Wunsch wäre, dass durch einen Sachverständigen , allenfalls den Herrn Wasser-Bau-Inspektor Eversmann diese für ihn äusserst wichtige Angelegenheit näher untersucht werden möchte , da er sich dann Hoffnung mache, dass die Königliche p. Kammer sich

seiner annehmen und sein Gesuch bei der höchsten Be

hörde unterstützen würde.

Die Tuchscher -Maschinen sind nicht nach der Heidelschen ,

sondern nach eigener Erfindung des Scheidt eingerichtet. Er ge stand aber selbst, dass die von Heidel besser wäre, und liesse

er auch demnach gegenwärtig eine anfertigen Auch diese Maschine würde er hiernächst auf das ihm zu bewilligende Gefälle an legen lassen, wozu hinreichende Kräfte vorhanden wären . Der Kratzen-Fabrik könnte durch die von Nicolai erfundene

Stechmaschine sehr aufgeholfen werden. Herr Scheidt beschwerte

sich übrigens ebenfalls über die schlechte Beschaffenheit des Iserlohner Kratzen - Drahts, und wäre er genötigt, denselben von Limburg kommen zu lassen.

Ein wichtiger Umstand für Kettwig ist die Anlegung einer Chaussee nach Essen , und wurde allgemein gewünscht, dass

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dieser Plan , der im Werke sei , zur Ausführung kommen möchte. Man glaubte, dass dieser Weg am bequemsten und vorteil haftesten angelegt werden könnte von Kettwig aus auf den soge nannten Hofacker, von da auf Heister durch die Mark, über das Feld von dem Halfmann zu Berchem auf der Meissenburg. Hier

ist die alte Strasse bis Arseu (so !], einem Königlichen Domänen hof, auf das Sichenhaus, und von da bleibt die alte Strasse bis

Essen . Es muss Sachverständigen überlassen werden, ob und in wiefern dieser Vorschlag ausführbar sei. Die Ausführung kann aber auf keine Weise Bedenken finden oder mit vielen Kosten verbunden sein , da Steine und Grand fast überall und durch

gängig in der Nähe zu haben sind. Uebrigens wurde eine baldige Organisation eines Polizei Amtes nach den desfalls getanen Vorschlägen sehnlichst er wartet, indem bisher keiner wisse, woran man sich halten solle. Dann wurde auch noch bemerkt, dass es an einem Wund

arzt fehle, so dass daraus oft grosse Verlegenheit entstünde. Ein geschickter und ordentlicher Mann würde hier gewiss sein Auskommen finden, weshalb man wird bemüht sein müssen, ein

solches Subject baldmöglichst zu erhalten, woran es nicht fehlen wird.

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Der Landrichter Müller und sein Werk über die Geschichte des Stifts Werden. Dr. Franz Körholz.

Das Geschick des in titellosen , gleichmäßig verstümmelten Exemplaren überlieferten Müllerschen Werkes über die Geschichte des Stifts Werden ist in den letzten Heften dieser Zeitschrift mehr Bendel hat in seinem ersten Aufsatze

fach erörtert worden .

( 12. Heft, S. 13 ff.) dargetan, dass die Drucklegung der Schrift etwa im Frühjahr 1797 erfolgte, und in den später ( 15. Heft, S. 146 ff .) veröffentlichten Briefen Kindlingers eine schöne Be

stätigung für diese Vermutung gefunden. Als Ursache für die Unterbrechung des Druckes nahm er zunächst die Unruhen bei

der französischen Einquartierung und Brandschatzung in der Abtei im Sommer 1797 an . Classen zeigte, dass sich das ganze Manu skript des Werkes (bezw. eine Abschrift davon) im Besitze des derzeitigen Abtes Beda Savels nachweisen lasse. (14.Heft, S. 121 ff.) In meiner Arbeit über die Säkularisation von Essen , Werden und Elten

hatte ich in einer kurzen Notiz darauf hingewiesen , dass

Müller den Freiherrn vom Stein vergeblich bat, die Widmung des Werkes anzunehmen .

Eine Veröffentlichung des betreffenden

Schreibensº mit Steins Antwort löst zwar nicht die aufgeworfenen Fragen , bringt aber neues Licht auf das Schicksal des Werkes und seinen Verfasser. Uebrigens verdiente der eigenartige, zweifellos vielseitige und bedeutende Mann wohl eine zusammenfassende

Würdigung seines Wirkens und Strebens als Beamter, gelehrter Forscher und an den politischen Strömungen und Wandlungen seiner 1 ) F. Körholz, Die Säkularisation und Organisation in den preussischen Entschädigungsländern Essen, Werden und Elten 1802–1806, Münster 1907 , S. 7 , Anm . 2. Das dort angenommene Druckjahr 1804 ist nunmehr zu berich tigen .

2) Düsseldorfer Staats - Archiv, Abteilung Cleve-Mark , XVIII, 22.

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Zeit lebhaft teilnehmender Mensch. Das Schreiben möge mit Rücksicht auf das ortsgeschichtliche Interesse ganz abgedruckt werden .

Müller schreibt an Freiherrn vom Stein :

Hochwohlgeborener Reichs-Freyherr, gnädiger Herr Ober präsident ! Eure Excellenz erlauben, dass ich bey Gelegenheit, dass unsere Fabrikanten und Kaufleute Sie um Fürsprache in

einer der wichtigsten Angelegenheiten bitten, meine Schrift über Werden, welche Sie dem Frh . von Vincke, wenn ich recht ver standen habe, zurückgegeben zu haben scheinen, soweit sie ab gedruckt ist, anfüge. Eine kleinere, über die Grenzen der alten Sachsen und Franken ist unter der Presse, sobald sie fertig ist,

werde ich die Ehre haben, Euer Excellenz einen Abdruck zuzu

schicken. Ich wünsche, die erste bald herauszugeben, und würde dann in der Vorrede das eine oder das andere , mit Rücksicht

auf die dermaligen Verhältnisse mässigen. Darf ich Eure Excellenz um die Erlaubnis bitten , sie Ihnen zu widmen ?

Wegen der zweiten Bergrichtersstelle habe ich mich auf den Rath Eurer Excellenz an die Haupt-Commission 2 gewandt und zur Antwort erhalten dass der Chef derselben mich deshalb dem

Berg- und Hütten - Departement empfohlen habe. Die End-Reso lution ist also abzuwarten. Der Herr geheime Ober-Finanzrath Sack3 unterstützt mein Gesuch , und wenn Eure Excellenz die Gnade haben wollten , mich deshalb zu empfehlen, so wäre an

einem guten Erfolge wohl nicht zu zweifeln. Dies würde mir um so willkommener seyn, da es verlautet, dass das Kanzley-Gebäude zu einer Wohnung für Berg -Beamte eingerichtet werden solle Ich wohne in einer elenden , für meine Haushaltung allzu kleinen Hütte, in welcher ich dem Geräusche, das eine grosse Kinderzahl veranlasst, nirgend entfliehen kann .

Eine Krankheit verhinderte mich zu meinem grössten Ver 1) Sie wünschten Befreiung von der Canton -Aufnahme. Eingabe v . 13. Ok tober 1803, Düsseldorfer Staats-Archiv, Cleve-Mark, XVIII, 2 ' /2. 2) Ihr Leiter war Staatsminister von Schulenburg. 3) Sack, Direktor des Oberbergamts in Wetter, war damals Mitglied der Hauptorganisationskommission,

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drusse, Eure Excellenz bey Ihrer hiesigen Anwesenheit1 deshalb zu sprechen ; ich hatte also meine Frau abgeordnet, die aber auf dem Wege nach der Abtey von dem ihr begegnenden Herrn Administrator ganz unerwartet vernahm , dass Eure Excellenz den Augenblick zuvor schon abgereiset wären .

Oder, wenn die Kanzley dazu nicht soll gebraucht werden können, so wünschte ich allenfalls das Eingangsthor nach einiger Einrichtung desselben zu beziehen, welches ohnehin von dem Hauptgebäude ebenso unabhängig ist, wie das einem Fabrikanten überlassene Meyerey-Gebäude. Ich empfehle mich wegen des einen und andern zu Eurer

Excellenz Gewogenheit und bin mit dem tiefsten Respecte Eurer Excellenz

ganz unterthäniger Diener Müller .

Werden , den 13. Oktober 1803 . Steins Entwurf zur Antwort lautet :

An H. Richter Müller zu Werden.

Ew. Wohlgeboren danke ich für die Mitteilung ihrer Ge schichte der Abtey Werden , und ebenso interessant wird es mir seyn , die kleine Abhandlung über usw. zu erhalten - unter den jetzigen Umständen wäre es besser wenn die erstere eine weniger contentiöse und allein historische Tendenz hätte.

Sack, der mit bey d. C[leve] M[ärkischen] Dep[artement] arbeitet,2 schätzt E[w.] W[ohlgeboren) und wird ihr Gesuch so viel als thunlich unterstützen , ich habe an der Verwaltung der

Bergwerks-Rechte nicht den entfernten Ant[eil]. Die Fabrikanten haben nicht Ursache, sich vor der Auf nahme der Cantons-Rolle zu fürchten. Diese wird erst die Not wendigkeit sie zu eximieren und das Gewerbe zu schonen dar thun und sie können sich nichts als Gutes von denen beiden Cantons-Commissarien erwarten. 1) Stein war am 8. Januar 1803 in Essen, damals ist er auch wohl nach Werden gekommen .

2) Sack, der als Direktor des Oberbergamts dem Berg- und Hüttende partement des Generaldirektoriums in Berlin unterstand, war als Mitglied der

Haupt-Organisations-Kommission auch dem Cleve -Märkischen Departement untergeordnet.

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Uebrigens ist es nach meiner Ueberzeugung die Sache jedes gutgesinnten Mannes denen Unterthanen die Pflicht die Selb

ständigkeit und Unabhängigkeit seines Vaterlandes zu vertheidigen, einzuprägen , und muss dieses zu einem Gegenstand der National Erziehung gemacht werden.

Der Disposition über die Wohnung in der Abtey wird höchst wahrscheinlich der Beschluss über die Verwendung des Gebäudes überhaupt vorhergehen müssen man will es zu einer allge meinen Sicherheits -Anstalt, nämlich zum Landarbeits- u. Besse

rungshaus verwenden. Weon dieser Bestimmung die Erfüllung der Wünsche E. Wohl. nicht entgegensteht, so bin ich bereit dazu beyzutragen , um ihnen die Gesinnungen von Hochacht. zu meld. Womit . .

Mund. u. abgeg. d. 18. Oktbr. 1803. Hier bestätigt also Müller selbst, das Werk sei gedruckt, aber nicht herausgegeben worden. Wenn er in der Vorrede zu dem 1804 erschienenen „Beytrag zur Bestimmung der Gränzen zwischen den Franken und Sachsen der Vorzeit" den Ausdruck

gebraucht, er habe die Schrift über Werden vor einigen Jahren

„ herausgegeben “, so ist diese Wendung ungenau. Tatsächlich ist die Schrift von Anfang an nicht in den öffentlichen Buchhandel gekommen. Das Schreiben ergibt ferner, dass Müller nun 1803 daran dachte, das Werk zu Ende zu drucken und herauszugeben. Es verlohnt sich, der Frage nachzugehen, wie er zu diesem Ent schlusse kam .

Der Zweck der Schrift war eine Verteidigung der landes herrlichen Hoheitsrechte des Abtes und der Selbständigkeit des

Stifts Werden gegenüber den Ansprüchen der preußischen Schutz macht. In der oben erwähnten Vorrede gibt Müller an , der Druck sei wegen der Entfernung des Archivs in den Kriegszeiten nicht vollendet worden. Tatsächlich ist damals das Archiv fortgeschafft und in Sicherheit gebracht worden ; 1802 im August waren 6

Kisten davon noch nicht zurückgekommen. Aber doch halte ich diesen Grund für nur vorgeschützt und bin vielmehr der An 1) Protokoll über die Besitzergreifung, Werden , 3. August 1802; Düssel dorfer Staats -Archiv, Abteilung Cleve -Mark, XVIII, 46 .

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sicht, auf die auch Bendel einmal hinweist, dass nämlich die

Abtei selbst die Unterbrechung des Druckes veranlasst habe. 1797, 2 Jahre nach Abschluss des Baseler Friedens, nach weiteren , 9

der Form nach zwar geheimen, Verhandlungen Preussens mit

Frankreich über die Entschädigungen konnte die Abtei nicht mehr im unklaren sein, dass ihre Aufhebung, und zwar durch Preussen, unabwendbar sei, zumal der Kaiser selbst die Stifter auf die ihnen drohende Gefahr aufmerksam gemacht hatte.

Die Be

drängung durch die Franzosen aber trieb sie nun gerade 1797 wider ihren Willen ihrer Schutzmacht Preussen in die Arme . Es

wäre also nichts unkläger gewesen , als eben jetzt durch die Veröffentlichung der Schrift den Unwillen der preussischen Re gierung zu erregen , bei der man im Augenblick Hilfe suchte, und der man sich für eine baldige Zukunft ganz anheimgegeben glauben musste. Als in der Folgezeit die Befürchtungen über das Schicksal der Abtei immer mehr zur Gewissheit wurden , hatte

diese um so weniger Interesse an der Vollendung der Schrift, und nach der Säkularisation vollends gar nicht mehr. Abt Beda selbst hat sich in jenen Zeiten vorsichtig zurückgehalten . Dem Zwang der Verhältnisse sich fügend, unternahm er keinen ernst lichen Schritt zur Erhaltung oder Wiederherstellung des früheren

Zustandes, da er von dessen völliger Aussichtslosigkeit überzeugt war ; so konnte er auf die Drucklegung des ganzen Müllerschen Werkes keinen Wert legen .

Der Plan, den Druck zum Abschluss zu bringen, muss also vom Landrichter Müller selbst ausgegangen sein . Im andern Falle hätte er unbedingt erwähnt, dass er von der Abtei zur Ab fassung beauftragt worden sei . Er übernimmt aber mit seinem Namen die volle Verantwortung für die Schrift, trotzdem er sich

bewusst ist, mit der Herausgabe des ausgesprochen tendenziösen Werkes den vorgesetzten preussischen Behörden keine sonder liche Freude zu bereiten und darum sich erbietet, „ in der Vor

rede das eine oder das andere mit Rücksicht auf die dermaligen Verhältnisse zu mässigen “ . Seine Unsicherheit über die Aufnahme seines Wunsches geht auch daraus hervor, dass er — nach dem Schreiben zu schliessen

die Schrift zunächst durch von Vincke ,

jedenfalls den späteren Oberpräsidenten von Westfalen, an Stein überreichen liess. Stein aber gab sie diesem zurück, anscheinend

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ohne weitere Notiz davon zu nehmen ; Müllers geschraubte Ausdrucksweise verrät seine Verlegenheit über diese Tatsache. Trotzdem macht Müller noch einen Versuch .

Was ist sein

Beweggrund ? Denkbar wäre folgendes : Der bisher gedruckte Teil des Werkes war schon in manche Hände gelangt und konnte

auch den preussischen Räten , die in jener Zeit häufig in Werden waren , nicht unbekannt bleiben ; übelwollende Leute konnten ihn

durch Angeberei damit verdächtig machen : um dem zuvorzu kommen , wollte der gewandte Landrichter sich lieber offen dazu

bekennen. Dieser Annahme aber steht entgegen , dass er den Schritt erst verhältnismässig spät unternahm und den so billigen Hinweis auf den abteilichen Auftrag unterliess. Vielmehr ist Müllers Triebfeder zu suchen zunächst in dem durchaus be

rechtigten Wunsche, sein Werk, das Ergebnis mühevoller Arbeit, nicht halb gedruckt verkümmern zu sehen. Die Möglichkeit zur

Vollendung hatte er jetzt nach Rückkehr des ganzen Archivs ja sicher, wenn nicht, wie ich annehme, das . Manuskript schon früher abgeschlossen war. Dann aber war Müller von einer ge wissen Gelehrteneitelkeit nicht frei , wie u . a. aus Kindlingers Bemerkung (bei Bendel, Heft 15 , S. 148 f.) hervorgeht ; die Ge schichte des Stifts Werden hat er jedenfalls als sein eigenes Werk bezeichnet sowohl in dem Briefe an Stein wie auch in der mehrfach erwähnten Vorrede.

Diese Vorrede weist uns nun auf einen anderen Beweggrund hin, der als ausschlaggebender anzusehen ist Die Worte, er wolle

der neuen Regierung mit derselben Treue dienen , womit er sich für seine vorige Herrschaft aufgeopfert habe, sagen es uns : er will sich der preussischen Herrschaft empfehlen, einmal durch

das Aufzeigen seiner Arbeitskraft und wissenschaftlichen Be fähigung, dann aber auch besonders durch den Hinweis auf seine strenge Auffassung von der Pflicht der Ergebenheit und Treue des Beamten gegen seinen Herrn . Dafür brachte ja die Ver teidigung der Rechte des Abtes den Beweis . Mochte ihm auch

oft die persönliche Erbitterung über die Gefangenschaft im Jahre

1796 dabei die Feder geführt haben , er hatte die Gefangenschaft doch auch im Dienste des Abtes erduldet, und die Wärme, die

wir bei der Lektüre des Buches empfinden, zeugt von der Ehr lichkeit seiner Gesinnung. Bei den preussischen Behörden setzt

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Müller die Auffassung voraus, welcher ein französischer General

Ausdruck gab, als Abgeordnete der Stadt Emden bei der Besitz nahme Ostfrieslandes schmeicheln wollten : „ Es sind schlechte

Hunde, die ihren alten Herrn beissen " .1 1814, als der damalige

Vizepräsident des Düsseldorfer Tribunals Müller zum zweiten Male in preussische Dienste treten sollte , stellte er sich mit einer

freilich auch sehr eigenartigen Empfehlungsschrift? vor und wid mete diese nun wirklich seinem hohen Gönner und Deutschlands

thätigsten Mitschutzgeiste, dem gewissen Stein . “ Stein leitete 1802 und 1803 gemeinsam mit dem Minister von Schulenburg die Säkularisation der sogen. westfälischen Ent

schädigungsländer, insbesondere entschied er über die Einrichtung der Behörden und die Anstellung der Beamten. An der Aner kennung des einflussreichen Oberpräsidenten musste daher dem Landrichter von Werden sehr viel gelegen sein. Sehen wir uns Müllers damalige Stellung an , so finden wir, dass sie recht heikel war. Einstweilen war er wie fast alle abtei

lichen Beamten in seiner Tätigkeit belassen worden, aber eine endgültige Entscheidung stand noch aus. Der Umstand, dass er eben in seiner Schrift über die Geschichte des Stifts Werden den

preussischen Behörden gegenüber je nach deren Auffassung in einem wenig günstigen Licht erscheinen konnte, musste ihn von vornherein unsicher machen .

Tatsächlich traute der Minister

Schulenburg ihm wie auch Dingerkus nicht recht. Ein Bergbe ^) (Engels) Die Reise nach Werden, 1813. S. 52. 2) P. F. J. Müller, Meine Ansicht von der Geschichte, Düsseldorf 1814 . In dem Werke stellt M. mit grossem Aufwand von Gelehrsamkeit und viel Phan tasie allen Ernstes die Behauptung auf, die Deutschen seien das Urvolk, die deutsche Sprache die Ursprache. Aus Rom (= Ruhm), Italien und Frankreich sei das Urvolk von den Phrygern oder Äneaden (= C -onradiner Welfen) verdrängt worden. Diese hätten alle Urkunden über die früheren Zustände ver nichtet oder wohl versteckt und mit unerhört raffinierter List neue gefälschte Berichte über die Vergangenheit verbreitet. So seien fast sämtliche klassischen

Schriftsteller ausser Homer und Vergil( die bei ihm Zeitgenossen sind) , von A bis Z Palschungen. Aus der griechischen, römischen, deutschen und französi. schen Geschichte stellt M. dann sein buntes Bild der Geschichte zusammen .

Die wahre Geschichte sei in Händen des Auslands, jetzt wohl zum grössten Teil auf Elba; Napoleons Streben sei, den Vernichtungskampf gegen das Urvolk zu vollenden ,

8) Schreiben vom 14. August 1802.

D. St.-A. Cleve-Mark, XXIV, 76.

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amter beschuldigte ihn direkt der Beteiligung an den Machen

schaften der unzufriedenen Elemente.1 Dag egen erfahren wir, dass der Oberbergamtsdirektor Sack ihn schätzte, und darin stimmte Sack mit den Kommissionsräten überein, die das beste Urteil über ihn fällen konnten. Als der Landrichter zum Abge

ordneten der Orte Werden und Kettwig für die Huldigung am 10. Juli 1803 gewählt worden war, und der Bürgermeister und Rat von Werden Einspruch erhoben, weil er kein Bürger sei, setzten die Kommissare sich für ihn ein.2 Im Organisationsplan empfehlen sie die Beibehaltung des geschickten Richters. Wie beliebt Müller im ganzen Stift Werden war, zeigen zwei Gesuche von Angehörigen seines Gerichtsbezirks, welche darum baten, dass ihnen ihr Richter nicht genommen würde.4 Inwieweit man darin freilich bestellte Arbeit erblicken kann, mag dahingestellt

-- es ist zu beachten, dass die zweite dieser Vorstellungen gerade am Tage vor Absendung des Briefes an Stein erfolgte sein

keinesfalls aber hätten sich die Unterzeichner dazu hergegeben, weon Müller nicht tatsächlich ihre Achtung und Zuneigung be sessen hätte. Selbst wenn Müller gleich fest in preussischen Dienst übernommen worden wäre, hätte man es ihm nicht ver

argen können, wenn er sich als königlicher Beamter anfangs nicht sicher und wohl gefühlt hätte . Nun kam aber für ihn die Sorge um seine Existenz hinzu. Sobald diese behoben war, gab er sich denn auch rückhaltlos seiner neuen Stellung hin und trat z. B. 1804 mit allem Eifer für die Unterdrückung der Beschwerde schriften ein, die der bergische Richter Hardung für die Einge sessenen von Werden und Essen veröffentlichte.5 Jetzt lag sein Weg klar vor ihm, und er mochte nicht ahnen, wie rasch er wieder einer neuen Herrschaft dienen sollte.

Die Zweifel aber, in denen Müller im Jahre 1803 schwebte, waren mit einem Schlage beseitigt, wenn er den Stein des An

stosses beseitigte und, in gewissem Sinne aus der Not eine Tugend machend, sein Werk mit Genehmigung des Oberpräsidenten von 1) Bericht 4. September 1803, Oberbergamt Dortmund 99 no. 41. 2) 8) 4) 5)

Düsseldorfer Staats -Archiv Cleve-Mark XVIII, 3. vergl. in diesem Heft S. 28 f. Siehe Beilage 1 und 2. Düsseldorfer Staats- Archiv Cleve- Mark XVIII, 9.

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Stein veröffentlichte. Von dessen Grossmut dachte Müller so hoch ,

dass er ihn sogar bat, die Widmung der Schrift anzunehmen. Stein aber dankt recht kühl, geht auf die Bitte um Annahme der Widmung überhaupt nicht ein, erklärt vielmehr rund heraus, dass er bei dem Werke den historischen (soll heissen ; objektiven) Cha rakter vermisse. Eine Streitschrift dieser Art musste dem gross zügigen Idealisten unwillkommen sein . Wenn Stein 1814 die Wid mung ausdrücklich annahm -- aus der Vorrede der erwähnten Müllerschen Schrift geht das nicht hinreichend sicher hervor so ist zu berücksichtigen , dass dieses Werk eine ausgesprochen nationale Tendenz verfolgte und so auf jeden Fall eine Saite an schlug, die in Steins deutsch empfindendem Herzen widerklang. Mit Recht konnte der damalige Vizepräsident wohl sagen, dass er in der Arbeit an diesem Werke den besten Teil seines Lebens

dem Vaterlande geopfert habe ; betrachtet man aber den Inhalt dieses Buches, so klingen uns seine Worte fast als eine tragische Ironie .

Mit Steins deutlicher Absage war das Schicksal der Ge

schichte des Stifts Werden besiegelt. An eine Herausgabe konnte der Landrichter nun nicht mehr denken . Jetzt haben wir auch

die Erklärung dafür, weshalb er die Schrift 1804 als eine von der Abtei aufgetragene bezeichnet. Für die Frage nach dem Verbleib des Manuskripts ist es von Bedeutung, dass es sich nach den vorstehenden Ausführungen 1803 noch zweifellos in Müllers Besitz befand.

Bendels Be

fürchtung, es sei schon 1797 verloren gegangen , ( 12. Heft, S. 17) ist jetzt also völlig grundlos. Es fragt sich nun noch , ob Müller es später an Abt Beda abgetreten hat, doch finde ich für diese Annahme keine sichere Stütze . Nach der Notiz in Bedas Exemp lar (vergl. 14. Heft, S. 21 ) scheint es sich um eine Abschrift zu handeln ; so fasst auch Bendel die Bemerkung auf. Ich kann mir auch nicht gut denken , dass Müller dieses Werk, das in seinem Leben eine solche Rolle gespielt hatte und ihm ungleich wertvoller sein musste als Beda, aus der Hand gegeben hätte. Man hat auch die Vermutung geäussert ( 14. Heft, S. 122 ), der frühere Landrichter habe die Schrift letztwillig seinem einstigen Herrn vermacht ; das ist aber nicht wohl möglich, denn Abt Beria starb bereits am 12. August 1828, Müller aber erst am

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20. Oktober 1830. Es liegt folglich am nächsten anzunehmen, dass seinerzeit wenigstens zwei vollständige Niederschriften vies Werkes vorhanden waren, und danach würde sich die Hoffnung vermehren ,

dass noch einmal die ganze Arbeit aufgefunden wird. Ob nicht die Kiste in Wertheim noch das Manuskript birgt ? (vergl. 12. Heft, S. 13 , Anm .)

Auf eine weitere Spur könnte die Schrift des Werdener Pa

pierfabrikanten Engels „ Die Reise nach Werden “, 1813, führen . Bei Besprechung der Gefangenschaft Müllers im Jahre 1796 heisst es dort S. 45 f.:

„ Aus der nicht gedruckten Vertheidigung des Herrn Land richters Müller will ich nun seine Bemerkungen zu seinen übrigen interessanten Schriften, die durch einen Zufall in meine Hände kamen , beifügen und bemerke nur noch , dass es dem Leser sehr angenehm sein wird, in dieser zwar längst vergessenen , aber doch dunkel gebliebenen Sache Licht zu erhalten , und da die in diesen Bemerkungen aufgestellten Grundsätze aufs neue in Erinnerung gebracht zu werden verdienen, es mir der ehemalige Herr Land richter, jetzt Vizepräsident Müller zu Düsseldorf hoffentlich nicht übel nehmen wird, wenn ich sie hier in dieser kleinen

Reisebeschreibung mit habe abdrucken lassen. Sie folgen in der Anlage 9.“ Die Anlage 9 bringt dann auf 24 Seiten die „ Bemerkungen

statt der nachgelassenen Rechtfertigung von Seiten des Reichs abteilich werdenschen Landrichters Müller " , datiert vom 12. Februar

1796, ferner eine Vorstellung um Haftentlassung, unterschrieben von Dingerkus und Müller, vom 15. März 1796.1 Diese beiden Schriftstücke wollte Müller seinem Werke als Anlage 66 anfügen . Seite 327 erwähnt er dort die ,,Bemerkungen, welche sie [Dinger

kus und Müller] statt der ihnen angetragenen Rechtfertigung am 15. Februar . . . eingeschickt hatten .“ Es ist kein Zweifel, dass

mit diesen Bemerkungen eben die von Engels veröffentlichten gemeint sind. Der Widerspruch im Datum erklärt sich leicht aus einem Schreib- oder Druckfehler, vielleicht auch aus der Unter 1) Die beiden Eingaben sind abgedruckt bei Flügge, Chronik der Stadt

Werden, 1. Ergänzungsheft, Werden 1889, S. 467 ff.

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scheidung zwischen Entwurf und Absendung. Bei der Vorstellung vom 15. März stimmt übrigens das Datum an beiden Stellen überein .

Wie ist nun Engels an diese Schriftstücke gekommen ? Er drückt sich über diesen Punkt leider recht unklar aus.

Durch

Zufall, sagt er, sind sie in seine Hände gelangt. Auch in seinen Besitz ? Dass sie von Müller herstammen, ist vollkommen sicher .

Was ist mit „ seinen übrigen interessanten Schriften“ gemeint ? Etwa andere unveröffentlichte Teile des Müllerschen Werkes ?

Die Betonung des Umstandes, dass die Verteidigung nicht ge druckt worden ist, könnte diese Vermutung stützen . Der schrift stellerisch sehr tätige und namentlich geschichtlich interessierte Papierfabrikant wusste sich recht geschickt das Material für seine Arbeiten zu verschaffen, er bringt z. B. auch S. 51 die Instruktion des Abtes , in welcher er seinen Beamten für den Fall der Be

sitzergreifung Achtung gegen die preussischen Beamten empfiehlt. Für Engels war es jedenfalls ein sehr erwünschter Gewinn wenn er, vielleicht ein persönlicher Freund Müllers, die handschrift

liche Fortsetzung von dessen Werk auf irgend eine Weise sich

verschaffen konnte. Diese Möglichkeit ist nicht unbedingt von der Hand zu weisen , obschon ich sie selbst nicht als Wahrschein

lichkeit hinstellen will . Doch auch der geringsten Spur nachzu gehen lockt es uns, wo es gilt, ein für die Geschichte Werdens bedeutsames Werk wieder ganz ans Tageslicht zu bringen und so nachträglich seinem Verfasser das Recht zukommen zu lassen , das ihm die Verhältnisse seiner Zeit versagten.

Antrag von Eingesessenen Kettwigs an die Organisations- Kommission um Belassung des abteilichen Landrichters Müller in seiner Stellung, beziehungsweise um

dessen angemessene anderweitige Versorgung. Original im Düsseldorfer Staatsarchiv, Abteilung Cleve-Mark XVIII , 1.

An die hochlöbliche Königliche Kommission . Wenn eine stets unverdrossene Tätigkeit, wenn Uneigen nützigkeit, die Uebereinstimmung der Sprache des Mundes mit

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der Sprache des Herzens, die vollkommenste Unparteilichkeit gegen alle Religionsgenossen und gegen alle Menschen ohne Unterschied, wenn ein aufrichtiger Wunsch, einen jeden glücklich und zufrieden zu sehen, und ein aufrichtiges Bestreben , Gutes zu stiften und zu befördern, und überhaupt gefällig, wohltätig

und nützlich zu sein, und wenn endlich die bestgemeinten Ab mahnungen von allen gerichtlichen Zänkereien , und eine glick

liche Gewandtheit, die verwickeltsten Gegenstände zur Zufrieden &

heit aller in Güte zu schlichten und die hartnäckigsten Gegner einander wieder auszusöhnen , für einen öffentlichen Beamten

empfehlenswürdige Eigenschaften sind : So dürfen wir uns mit der Hoffnung schmeicheln, dass die gegenwärtige Regierungs Veränderung keine Aenderung in der Person unseres bisherigen Landrichters nach sich ziehen werde, oder wenn die neue Re gierungs -Verfassung dies auch heischte, so halten wir uns doch verpflichtet, unsere Wünsche für die Versorgung dieses recht schaffenen Beamten, der in unserm Wohle sein eigenes fand , der, wo er Ruhe und Frieden stiften konnte, unermüdet war und ohne

die geringste Eigennützigkeit handelte, unaufgefordert und aus eigenem Antrieb bei dieser zur Organisierung der in Besitz ge nommenen Abteien verordneten hochlöblichen Commission in dem Vertrauen anzubringen , dass das durchaus einstimmige Zeugnis eines nicht unbedeutenden protestantischen Fabrikortes von 1800 Seelen zu Gunsten eines katholischen Beamten für ganz unver dächtig werde gehalten werden . Wir erklären öffentlich und feierlich , dass er unser ganzes

Zutrauen besitzet und dessen würdig ist Kettwig, den 11. August 1802. Conrad Rombeck, Achenbach und Forstmann, Petrus Kieffmann,

Joh . P. Horst, J. P. Rittinghaus, F. W. Büsscher, Joh . H. Heint ges, Joh. Lejeune, Joh. Jac. Pfanthöffer, Adam von Söhnen, J. W. Dellmann Senior, Joh. Lehberg, Joh. Henr. Röttgers, Peter Engels aufm Hoff, Joh. Christ. Mechelen , J. C. Malliens, H. W.

Haumann, Marzilles Zillessen, Joh. Wm. vom Berg, Joh. Wilh. Schneider, Joh . Th. Ulman, Joh . Peter Ulmann Senior, Joh. vom

Berg, Joh. Wilh. Dellmann Junior, Joh. Gottfr. Eichholz, Carl Hoffmeister .

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Bitte der Vorsteher des Amtes Werden an die Organisations-Commission um Bestätigung des Land richters Müller in seinem bisherigen Posten. Original im Düsseldorfer Staatsarchiv. Abteilung Cleve-Mark XVIII, 1 .

Werden , d. 12. 8 b. 1803. praes. 13. Okt 1803 . Hochwohlgeborene Herren , hochzuverehrende Herren Commissarii !

Wir fühlen uns gedrungen , Ew. Hochwohlgeboren untertänig die Bitte vorzutragen, dahin gnädigst mitzuwirken, dass unser bisheriger Herr Landrichter Müller in Werden für die Zukunft in seinem bis jetzt bekleideten Amte bestätigt werde. Wir ver muten zwar, dass auch ohne die bestimmte Aeusserung unserer Bitte unserm Wunsche Genüge geschehen sein würde, allein wir

hielten uns nichtsdestoweniger verpflichtet, durch einen öffent lichen Act einem Manne, der sich um uns verdient gemacht hat, unsere schuldige Achtung zu beweisen .

Wir verharren mit tiefstem Respect Ew. Hochwohlgeboren untertänigst treu gehorsamste Vorsteher des Amts Werden.

Wilhelm Stürmer, als Meistbeerbter.

Drucks, Vorsteher in Ketwiger umstandt. Flothmann als Vorsteher in Ickten .

Johannes Rötgen als Vorsteher in Rosskothen. Johannes Ruthen [ ?] Als scher [aus Schuir ?] . Hindrig Huckelskotten in breined.

Johannes Hagenbusch, Forster. Johannes Kückelmann in Fischlaken. Wielhelm Fiescher in Ham , Vorsteher. Johannes Bovermahn in Hinsbeck.

Johannes Ludgerus Röttgen. Hindrich Beitelsmann, Vorsteher in Hd. (Heidhausen). Wilhelm Kalkhoffenn in Klein-Umstand, Vorsteher. Johannes Grefenhaus alsVorsteher in Holsterhausen .

Randnote Engels'. Den Vorstehern wird auf ihre Vorstellung vom 12. ds., worin sie um die Beibehaltung des Müller in seiner Eigenschaft als Richter

53

bitten, hierdurch zu Resolution erteilet, dass bereits von der Königl. Commission hierauf Allerhöchsten Orts angetragen, auch zu erwarten sei, dass diesem An

trag wohl deferiert werden dürfte. Uebrigens ist es uns angenehm, zu ver nehmen, dass der Landrichter Müller sich auch das Vertrauen der Jurisdiktions Eingessenen erworben habe, Engels. Erdmannsdorff. E[ssen] , 14. Oct. 1803 . .

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Der Geburtsort des hl.. Liudger. Von Dr. Franz Rensing.

Welche Oertlichkeit die Geburtsstätte des heiligen Liudgers

(geboren um 744 , gestorben am 26. März 809), des ersten Bischofs von Münster und des Stifters der Abtei Werden ist, darüber herrscht

Streit. Die einen lassen den hl. Liudger geboren sein in Suabsna (Suahsna Suecssnon), das sie in Zuylen, an der Vecht bei Ut recht gelegen , erkennen wollen , die Anderen in Werthina, das sie entweder mit Ezum , auch Ezonstad, am Lauversee identifizieren , wo noch heute eine Oertlichkeit „ Wartenawiel“ heißt, oder mit

dem in den Wierumer „ Wadden" gelegenen „ Wierum “, das etwas westlicher als Ezonstad liegt.

Den nächsten und wichtigsten Anhalt für die Bestimmung der Geburtsstätte des hl. Liudger gibt unzweifelhaft die Biographie, welche etwa ein Menschenalter nach dem Tode des Heiligen sein

zweiter Nachfolger auf dem bischöflichen Stuhle von Mimiger naeford und zugleich sein naher Verwandter (nepos) Altfrid († 849) auf Bitten der Mönche zu Werden geschrieben hat. In dieser

Vita S. Liudgeri wird von dem Großvater des hl . Liudger Wrssing gesagt: Fuit in diebus Radbodi, regis Fresonum , vir quidam nobilis in ea gente, Wrssingus nomine, cognomento Ado. Unter den friesischen „ nobiles “

dieser Zeit sind

aber „ die Edlen "

(adalinge, magnates), oder freie Herren ( liberi barones, auch schlechthin barones oder Edelfreie „ adelvrie" ), die Mitglieder des

Herrenstandes zu verstehen , welche mit den Königen und Fürsten den ersten Stand bildeten, ihnen ebenbürtig waren und in ihrer Umgebung sich befanden.2) So berichtet Altfrid denn auch , dass

Wrssing „ in judicando“ „ coram rege et principibus“ sich der Ar 1 ) W. Diekamp, Die Vitae sancti Liudgeri (Die Geschichtsquellen des Bis tums Münster, IV. Band) . Münster 1881 , S. 6 .

2) R. Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 4. Aufl . S. 436 ff.

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men und Unterdrückten angenommen habe. Dieser Abstammung Liudgers entspricht es , wenn zu seinen und seiner ersten Nachfolger Zeiten das Kloster werden ein „ freiherrliches Kloster war, das

lediglich Mitglieder des Herrenstandes zulieb und vor den Vor fahren des heutigen niederen Adels seine Pforten schloss.2 Liudgers Familienstammgut, die bona avita, die hereditas paterna , lag „ secus mare in loco, qui vocatur Werthina“ im Lande der Friesen.3 Andreae 4 und nach ihm Winkler 5 haben nachge

wiesen, daß Werden (Werthina) in alter Zeit die Stelle hiel , wo später nach verschiedenen Verwüstungen " Ezum oder Ezonstad wiederaufgebaut ist. Nach ihnen ist hier der Ort zu suchen, „ qui vocatur Werthina “ . Der große Gemeente -Atlas von 1855 weist )

denn auch noch heute bei Ezonstad die Wartenawiel auf. Ezon

stad liegt an der friesischen Seeküste am Lauwersee, nicht weit

von Wierum und den Wierumer Wadden . Andere lassen daher Wierum aus ähnlichen Gründen das „ Werthina“ der vita S. Lud

geri sein . Dieses Familienstammgut ging dem Großvater des heili gen Liudger verloren , als er um die Zeit von 696 --- 714 vor den Verfolgungen des friesischen Königs Radbod zu dem jüngeren Sohne des mittleren Pipin, dem Majordomus von Neustrien Grimold floh , der mit der Friesin Teutsinda, der Tochter des Königs Radbod vermählt war.? Später bot Radbod dem Wrssing

an, ihm seine Familiengüter zurückzugeben (recepturus heredita tem suam ), wenn er zu ihm zurückkehre.8 Auf wiederholtes Bitten

schickte Wrssing dem König Radbod filium suum juniorem,

quem ille benigne suscipiens fecit honorifice habitare secum, et restituit ei hereditatem patris. Dieser ,, filius junior“ war aber

Thiadgrim , der Vater des hl . Liudger. Von ihm erbte Liudger 1 ) Diekamp. Vitae. S. 7 .

4 Vergl. A. Schulte : War Werden ein freiherrliches Kloster ? in Westd. Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jahrgang XXV, 1906 S. 178 ff. Abge druckt in den Beiträgen zur Geschichte des Stiftes Werden, 12. Heft, 1907 , S. 165 ff.

3) Diekamp, Vitae, S. 8, 32 ff.

4) A. J. Andreae (de Vrije Fries Band XIV 189, S. 224 ff. 5) 6) 7) 8)

Johann Winkler (Friessche Almanach 1897, S. 168 ff. Vgl auch Diekamp, Vitae, S. 32 ff. Diekamp, Vitae, S. 7 . Diekamp, Vitae, S. 8.

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„ Werthina “ , wo er einst mit seiner Schwester Heriburg weilend , 7

die Zerstörung „ Werthinas" durch die Normannen voraussah . '

Hier in Werthina erbaute er sich auch eine Kirche, „ ubi ipse sibi hereditate paterna construxit ecclesiam “ . Dass aber der heilige Liudger hier in Werthina geboren sei , sagt Altfrid nicht ; es hätte dies bei der wiederholten Erwähnung dieser heriditas pa terna2 sehr nahe gelegen, wenn Liudger hier wirklich geboren wäre. Trotzdem lassen einige Schriftsteller, wie die oben erwähn

ten Andreae und Winkler, dann Worp van Thabor3, Kempius, 4 de Oudheden en Gestichten van Friesland,, de tegenwoordige Staat van Friesland den heiligen Liudger in Werthina geboren sein, das sie, wie bemerkt, mit Ezonstad oder mit Wierum

identifizieren. Die Veranlassung bietet ihnen dazu die erwähnte

Uebersiedlung des Vaters des hl. Liudger, des Thiadgrim , zu Radbod und die Angabe Altfrids, dass Radbod den Thiad grim ,, fecit honorifice habitare secum et restituit ei hereditatem

patris“ .? Indessen starb Radbod 719 , der heilige Liudger ist aber erst geboren um 744.8 Thiadgrim kann daher nur als Edelknabe

an den Hof Radbods gekommen sein . Dass er aber nach dem Tode Radbods dessen Hof verlassen und auf dem väterlichen

Stanimgute gewohnt habe, davon sagt Altfrid nichts. Vielmehr berichtet Altfrid, dass Karl Martell Fresiam ex tincto Radbodo, paterno addidit imperio, in qua tunc gente

sanctus Willibrordus positus est praedicator sedesque episcopalis in Trajecto castello delegata est . Damit wurde statt Radbods Hof die „ sedes episcopalis in Trajecto castello “ der natürliche Sammel

punkt für die friesischen Herrengeschlechter. Nun heisst es bei Altfrid weiter : Dedit igitur Carolus memorato Wrssingo bene ficium in confinio Fresonum et direxit eum ad patriam suam causa

fidei roburandae. Qui veniens accepta hereditate propria habitavit 1) Diekamp, Vitae, S. 32 ff. 2) Diekamp, Vitae, S. 7, 32 ff.

3) Worp van Thabor, Chronic I, pag. 79. 4) Kempius L III , c. 25. 5) I. S. 416.

6) 7) 8) 9)

XIV, S. 203. , Diekamp, Vitae, S. 8 . Diekamp, Vitae, S, 9 und Anm. 1 S. 8. Diekamp, Vitae, S. 9.

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in loco qui dicitur Suabsna (Suahsna) juxta Trajectum et coepit esse adjutor sancti Willibrordi cum filiis et propinquis suis, in quibuscumque potuerat. Hier ist zwar nur die Rede davon , dass Karl Martell dem Wrssing das ,,beneficium in confinio Fresonum “ gegeben und dass dieser accepta hereditate propria habitavit in loco, qui dicitur Suabsna juxta Trajectum , aber es wird aus drücklich dabei bemerkt, dass Wrssing cum filiis et pro pinquis suis mit seinen (also beiden) Söhnen und (übrigen) Anverwandten adjutor sancti Willibrordi war , in quibuscumque potuerat“ .2 Dann war aber selbstverständlich , dass Wrssing nicht allein , sondern mit seinen beiden Söhnen in der Nähe des sedis

episcopalis auf Suabsna (Suahsna) prope Trajectum wohnte ; denn nur dann konnte der alte Wrssing dem heiligen Willibrord in

allem helfen . Für Thiadgrim, den Vater Liudgers, kam hinzu, dass er als Jüngling nach den Intentionen Willibrords sicherlich nirgendwo besser als in der Nähe der sedis episcopalis zum Manne heranreifen konnte .

Die habitatio in loco, qui dicitur Suabsna (Suahsna ) juxta Trajectum war aber ein beneficium, ein Lehen. Als Lehen ver erbte dieselbe bei dem Vorhandensein von Söhnen nicht auf die

Töchter . Altfrid berichtet aber, dass der Bruder Thiadgrims, der älteste Sohn Wrssings, namens Nothgrim , nur Töchter hinterlassen habe, welche sich „ vivente patris“ vermählt hätten . Daran anschliessend erzählt er weiter, dass der jüngere

Sohn Wrssings, Thiadgrim , der Vater Liudgers, sich erst post obitum patris vermählt habe ;3 Thiadgrim war aber bedeu tend jünger als sein Bruder Nothgrim ; letzterer war vor der Flucht des Wrssing geboren, der erstere in der Fremde (in pere 4

grinatione ). Es macht so die ganze Darstellung Altfrids den Eindruck, dass Thiadgrim als derjenige, von dem noch Mannes

erben zu erwarten, das Lehen post obitum patris erhalten habe. Nach alldem ist anzunehmen , dass der heilige Liudger nach Alt

frid's Darstellung in Suabsna (Suahsna) geboren ist. Das wird bestätigt durch die Vita rythmica sancti Liudgeri . Dieselbe be 1) Diekamp, Vitze, 9. 2) Diekamp. Vitae, S. 9. 8) Diekamp, Vitae, S, 9 f.

4) Diekamp, Vitae, S., 7.

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richtet in den Versen 159 und 160 von Radbod, dass er dem

Vater Liudger Thiadgrim das väterliche Vermögen zurückgegeben habe und erzählt dann in den Versen 161 und 162 : Quo facto

moritur (nämlich) Radbod, et patri revertitur Frisiae optimus juve nis Thiadgrimus. Die Vita rythmica ist aber spätestens uni 1141 fertiggestellt, der Verfasser war Mönch in Werden , er schöpft neben den uns bekannten Quellen aus der mündliche Tradition und folgt mit Liebe und Treue dem Heiligen auf den einzelnen Lebenswegen . Dass die Tradition aber um 1141 in einem Kloster wie Werden den Geburtsort des Stifters und

Heiligen gekannt hat, dieses ist wohl anzunehmen . Dazu kommt, dass eine noch viel ältere, dem X. Jahrhundert angehörende Hand in dem ältesten codex redituum monasterioruin Werdinensis et Helmonstadiensis die Note macht : Suessnon ubi

natus est sanctus Liudgerus. Dass aber Suecsnon und Suabsna

( Suahsna) nur Varianten desselben Wortes sind, dass kann nicht

fraglich sein. Die grosse Mehrzahl derjenigen, welche sich mit dem h . Liudger beschäftigen , nimmt daher auch an , dass der h . Liudger zu Suabsna (Suahsna) Suecsnon geboren sei . Das schließt

natürlich keineswegs aus, daß der h. Liudger und seine Schwester auch auf dem Familienstammgut (der hereditas paterna ) „ Wer thina“ oft geweilt haben . Da Suabsna (Suahsna) = Suecsnon

Lehen war, ging es dem heiligen Liudger als einem Geistlichen verloren, während er die hereditas paterna als Allod erbte. Das erklärt auch seine Fürsorge für Werthina. Alles zusammengefasst, liegt also keine begründete Veranlassung vor, von der alten Auf

fassung abzugehen, dass der heilige Liudger nach Altfrid's Dar stellung zu Suabsna (Suahsna) = Suecsnon, und nicht zu Werthina geboren ist. Fast alle, welche sich mit der Oertlichkeit von Suabna (Suahsna) -= Suecsnon näher beschäftigt haben , namentlich in

eingehender Begründung Crecelius und dann auch van den Bergh,តំ 1 ) Diekamp, Vitae, S. 140 . 2) Diekamp, Vitae , L XXIII , LXXVII , L XXIX .

8) Crecelius, Collectae I, 25 und Diekamp S. 12 Anm . 1 .

4) Vergl. J. A. F. Kronenburg, Neerlands Heiligen, Bd. IV S. 84, 5) Crecelius a. o . O., ebenso van den Bergh , Handboek der middel-neder landsche Geographie 's Gravenhage 1872 S. 167.

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Suecsnon identisch nehmen nun an , dass „ Suabsna“ (Suahsna) sei mit dem heutigen ,,Zuylen an der Vecht“, etwa eine Stunde von Utrecht .

Dagegen sind aber Bedenken erhoben worden , weil Suahsna und Suecsnon sprachlich nicht identisch sein könnten mit Sulen , Zulen Zuylen . Infolge dessen hat zuerst Gallee Suahs na und Suecsnon identifiziert mit „ Zwezenen , Swesenen ", das bei

Zuylen gelegen ist und wie Zweserenge seit Alters zu der „ heer lichkeit van Zuylen “ und zu dem „ gericht aldair“ gehört hat. ' Demgemäl schreibt mir auch der Utrechtsche Staatsarchivdirektor Dr. Müller :

„ Dal Suahsna oder Sueshnon identisch sind mit dem

„ jetzigen Zuylen an der Vecht , kömmt mir wahrscheinlich „ vor, da Zuylen und Zweser-enge immer zusammen ge „ hört haben und ein Gericht gewesen sind.

Letzteres wird auch bestätigt durch die Belehnungen . So wird Frau Alionara van Zulen (Zuylen), Gemahlin des Herrn Vranck van Borsselen, Herrn zu Maartensdijk, welche von ihrem (kinderlosen ) Bruder Friedrich von Zulen, Herrn von Zulen (Zuylen) und Anholt die Herrschaft Zulen (Zuylen) erbte, nach dem Tode ihres genannten Bruders belehnt mit het dagelijksch gerecht van Zulen en van Zwesereng. Zwesereng. Auch erscheinen ihre Voreltern regelmäßig als Herren van Zulen (Zuylen ) und Zwesereng. Swesereng und Zulen bildeten auch wirtschaftlich früher eine Einheit. Swesereng ist die Au für das Vieh , die Weiden auf dem linken Ufer der Vecht, Zulen die herrschaftliche Hofstedde auf dem rechten Ufer der Vecht am „ Westbrook “ .3)

Darauf weisen auch beide Namen hin . Hermann Jellinghaus, wohl der hervorragenste Erforscher altdeutscher Namen, welcher

die zur Zeit im Druck befindliche dritte Auflage von E. Förste mann , Altdeutsches namenbuch herausgibt, hat nämlich folgende Auskunft erteilt : „Eng ist Aue ; nun scheint mir Suab (E. Förste 1 ) Gallee im Museum . Maandblad voor Philologie en Geschiedenes 1901 Seite 328.

2) E. B. P. F. Wilbert van Hoogland Bijdragen tot de Geschiedenis der Utrechtsche Ridderhofstedden en Heerlijkheden, s'Gravenhage 1909, I. Teil, Seite 424 ff. u . S. 432 .

3) Vergl. Geschiedkundige Atlas von Nederland, Uitgave von Martinus Nijhoff s'Gravenhage 1913.

60

mann 1871 unter Svab,) mit dem westfälischen swechte, f. , schaar

von Vögeln oder Rindern zusammenzuhängen. Vgl. nl zwaaien , isländ. sweigja, sweggja. Die vier Formen Suabsna ') Suahsna ) Suecsnons ) Suahsma“) beziehen sich so auf Swesereng und würde sich auf diese Weise die Form mit b (Suabsna) wohl mit den drei andern vertragen . “ In der Vita rythmica, welche, wie schon bemerkt, spätestens um 1141 fertiggestellt war, ist aber in der einzig erhaltenen Handschrift (T) das Wort ,,suahsna“ corrigiert in „ sualisna“ .5)

Diese Handschrift stammt aus Werden, sie ist

von einer Hand saec. XIII in., vielleicht noch saec. XII ex. geschrie ben, die Hand des Correctors ist gleichzeitig :6) Nach freund licher Mitteilung von Hermann Jellinghaus bezieht sich die Form Sualisna auf Zuylen : „ Zuylen ist von Sûl (älter Swul), die Säule

abzuleiten. In dem „ Sual“ (-Swal) soll das „ a" wohl ein u vor „ I“, mit dem a-klang von 1 her, ausdrücken ; Zuylen ist wohl von einer Gerichtssäule herzuleiten.“ Nicht viel später, als die Zeit, in welcher der Corrector der Vita rhytmica ,, Suahsna“

corrigiert in Suabsna (Zuylen), ist eine Eintragung in dem Lehn buche des Stifts Utrecht, welche lautet : „ Die Here van Aenholt

ende van Zulen dye hilt te lene van den Sticht dat Casteel en Heerlicheyt van Zulen . ) Diese Eintragung stammt noch aus der Zeit des Bischofs Balduin von Utrecht ( 1178-1196). Es ist nun nicht auffallend, daß um diese Zeit die Form

Suahsma durch die Formen Zulen, Sulen, Zuylen verdrängt wird. Denn das, was um diese Zeit die Grundherrschaft an der Vecht vor anderem Grundbesitz auszeichnete, war nicht allein die fette

Au mit der Schaar der Rinder, sondern die eigene Gerichtsbar keit, deren Symbol die Gerichtssäule war. Denn die Gerichts barkeit bildete in jenen Zeiten die hervorragendste Unterlage für eigene Landeshoheit der großen Grundherren .

Die Ausbildung

der Landeshoheit der Grundherren wurde aber im Stifte Utrecht

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

Diekamp, Vitae S. 9. Diekamp, Vitae S. 9 f. Diekamp, Vitae S. 12, Anm. 1 , Diekamp, Vitae S. 141 , Vers 193. Diekamp, Vitae S. 141 , zu Vers 193 . Diekamp, Vitae LXXXI und LXXXII. J. Tinnefeld, Die Herrschaft Anholt, Hildesheim 1913, Seite 11 .

61

wie in den übrigen geistlichen Territorien durch das auf die Er ringung der Landeshoheit über die Grundherren gerichtete Stre ben der Bischöfe und ihrer Kapitel und dem hieraus sich erge benden Kampf gegen die kleineren Gewalten gehemmt. Ein Zeugnis dieses Kampfes dürfte vielleicht in einer Utrechter Ur kunde des Jahres 1317 zu finden sein, welche an der Vecht festsetzt, ubi finitur jurisdictio temporalis Stephani de Sulen armigeri. '?) Jedenfalls zeigt diese Urkunde, daß zu Sulen die Jurisdictio temporalis gehörte, und deren Grenzen strittig waren. Die Gerichtssäule erscheint übrigens auch im Wappen der Herren von Sulen ; ) sie bildet noch heute das Wappen der Standesherrschaft Anholt, für welche die Herren von Zuylen und deren Nachkommen die eigene Gerichtsbarkeit und die Landes. hoheit bis zur französischen Zeit sich erhalten haben .

Nach all dem kann es wohl nicht zweifelhaft sein, daß der

Geburtsort des hl . Liudger in Zuylen an der Vecht zu suchen ist. 1) Tinnefeld a. a. 0. S. 22 . 2) Tinnefeld a. a. 0. S. 14 .

62

Briefwechsel des Abtes Bernhard II. von

Werden mit der Landgräfin Louise von Hessen anläßlich der Vermählung der Königin Louise und deren Schwester Friederike.

Von dem vor kurzem verstorbenen Herrn Johann Wilhelm Bernsau zu Schuir, der der Geschichte Werdens und des ber

gischen Landes stets ein großes Interesse entgegengebracht hat, sind in dankenswerter Weise zwei. Manuskripte zur Verfügung gestellt worden, die sich auf die am 24. Dezember 1793 statt gehabte Vermählung der Prinzessin Louise mit dem Kronprinzen, dem späteren König Friedrich III . von Preußen , und die am gleichen Tage gefeierte Vermählung der Prinzessin Friederike mit dem Bruder des Kronprinzen , dem Prinzen Ludwig von Preußen , beziehen. Die beiden Prinzessinnen waren Töchter des

Prinzen Karl Ludwig von Mecklenburg -Strelitz; sie waren im Prinzessin Louise war Jahre 1785 im jugendlichen Alter damals 9 Jahre alt - zu ihrer Großmutter, der verwitweten

Landgräfin von Hessen , an den Hof nach Darmstadt gekommen . Diese, eine geborene Gräfin zu Leiningen- Broich, pflegte die Sommermonate auf ihrem bei Mülheim belegenen Schlosse Broich zu verleben .

Von hier aus stattete die Landgräfin mit ihren

beiden Enkelinnen dem Abte in Werden einen Besuch

ab und

nahm die Sehenswürdigkeiten von Stadt, Kirche und Kloster in

Augenschein ?

Auch eine bei der Stadt belegene Kohlenzeche

wurde dabei besucht .

1) Schunken, Geschichte der Reichsabtei Werden a. d. Ruhr, Düsseldorf, 1865, S. 213 .

2) Als am 23. Oktober 1833 der Kronprinz von Preußen, später König Priedrich Wilhelm IV, die Kirche in Werden besuchte und von dem da

maligen Pfarrer, Pastor Primarius van Gülpen, von der Geistlichkeit umgeben, im Paradiese der Kirche empfangen wurde, soll es einen tiefen Eindruck auf

63

Dieser Besuch war es wohl, der dem Abte den Anlal gab, der Landgräfin , als ihre beide Enkelinnen sich mit den beiden Prinzen von Preußen vermählt hatten , seine Glückwünsche zu

diesem freudigen Ereignisse darzubringen . Es ist ein seltsamer Zufall , daß sowohl das Glückwunsch. schreiben des Abtes , wie auch das Dankschreiben der Land

gräfin, das erstere in Abschrift, das letztere im Original, erhalten geblieben sind. Beide Schreiben haben nämlich Nachschriften , die mit der der Werdener Abtei auf der Ruhr zustehende

Fischerei-Gerechtigkeit in Zusammenhang stehen ; sie sind infolge dessen in die bezüglichen abteilichen Akten eingefügt worden und so an Herrn Eigen , der nach der Aufhebung der Abtei in den Besitz der Fischerei-Berechisame kam , und weiterhin an

seinen Erben , Herrn J. W. Bernsau gelangt. Den beiden Prinzessinnen , denen das Glückwunsch -Schreiben

von Abt Bernhard gegolten hat, ist auf ihrem Lebenswege viel Leid beschieden gewesen . Während Prinzessin Friederike ihren

Gatten schon nach zweijähriger Ehe verlor, hatte Königin Louise, als sie am 19. Juli 1810 ihrer Familie entrissen wurde, mit tragen müssen an dem schwersten Geschick , das jemals über

Preußen gekommen ist, und nicht war es ihr vergönnt gewesen , an der Erhebung ihres Volkes sich zu erfreuen,1 deren Gedächt nis in diesem Jahre im ganzen deutschen Vaterland gefeiert worden ist .

den Prinzen gemacht haben, als Pfarrer van Gülper in seiner Ansprache da

rauf hinwies, daß er vor langen Jahren in der Reihe der Mönche gestanden habe, an deren Spitze der Abt von Werden an der gleichen Stelle des Prinzen hoch

selige Mutter in ihrer schönen Jugendzeit begrüßte. Friedrich Wilhelm hat die Kirche in Werden nicht vergessen ; nach seinem Regierungsantritt und auf seine Veranlassung setzten die großen Wiederherstellungsarbeiten ein , die erst in jüngster Zeit, 1910, ihren Abschluß gefunden haben, Vergl. Jacobs, Geschichte der Pfarreien im Gebiete des ehemaligen Stiftes Werden a, d. Ruhr, Düssel dorf, 1893 , S. 305 .

1 ) Die Bewohner von Stadt und Stift Werden, die erst 3 Jahre mit der Krone Preußens verbunden gewesen waren, als sie im Jahre 1806 wieder ab

getrennt wurden , haben in dem Kampfe gegen die französische Fremdherr. schaft rühmlichst mitgestritten. Die Namen der Kämpfer sind folgende : Joseph Michels, Ludger Schürmann, Wilhelm Schürmann, Theodor Huffmann, Wilhelm Forstmann, Theodor Fischer, Karl Wulff, Joh. Herm. Obertuschen, Joseph Hiege mann, Heinr. Wilhelın . Klein, Hermann Ruschen und Pranz van Lothum .

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Von den beiden Schriftstücken lautet das erste, welches den Glückwunsch des Abtes ausspricht :

Der Durchlauchtigsten Fürstin und Frauen, Frauen Maria Albertina Ludowica Land -Gräfin zu Hessen, Fürstin zu Hertz feld, Gräfin zu Catzenelenbogen , Dietz, Ziegenhain, Nidda, Hanau,

Schaumburg, Abenburg, Büdingen, Leiningen und Dachsburg, Frauen zu Daspermont, Oberstein, Broich und Reipolskirchen pp. Darmstadt .

Durchlauchtigste Landgräfin, Gnädigste Fürstin und Frau ! Bei der gewünschten Gelegenheit der öffentlichen Nachrichten gen wirklich vollzogenen Höchsten Vermählung Euer Hoch

fürstlichen Durchlaucht beider

Durchlauchtigsten Prinzessin

Enkelinnen Ludowica und Friederica von Meklenburg -Strelitz mit des Durchlauchtigsten Kron -Prinzen und des Prinzen Ludwigs von Preußen Königlichen Hoheiten mache ich es mir zur ange nehmen Pflicht, Euer hochfürstlichen Durchlaucht zu dieser SO

frohen Begebenheit meinen devotesten glück-, heil- und segens vollen Wunsch hiedurch gehorsamst zu erstatten.

Die Göttliche Vorsehung lasse diese so glückliche Verbindung zum ferneren

höchsten Flor und Aufnahme Höchstdesselben

Durchlauchtigsten Hauses bis in das späteste Zeitalter gedeihen , und ich werde nicht ermangeln , von des Him.nels unendlicher Güte die Erfüllung meines aufrichtigsten Wunsches forthin eben so sehr zu erflehen, als zugleich Euer Hochfürstlichen Durchlaucht bitte, Höchstdero Huldreichsten Andenken mich und beide mir anvertrauten Reichsstifter bestens empfohlen zu halten , und von

mir die reineste Versicherung anzunehmen, dal ich mit aller sinnlichst respectueusester Verehrung immer sein werde Euer Hochfürstlichen Durchlaucht

ganz gehorsamster Diener

(gez .) Bernard Abt zu werden und Helmstadt. Werden , den 29. Januar 1794. Das Antwortschreiben lautet:

65

Hochwürdig-Hochwohlgeborener Sonders geehrter Herr Abt ! Ew. Hochwürden belieben meinen bisherigen Reisen nach Berlin und anderen Orten, auch meiner noch fortdauernden Ab

wesenheit von Darmstadt beizumessen , daß Dero an mich

er

lassene wohlmeinende Glückwünsche über die zweifache Ver mählung meiner beiden Enkelinnen , der Prinzessinnen von

Mecklenburg -Strelitz, Hoheiten an des Kronprinzen und Prinz Louis von Preußen Königliche Hoheiten hierdurch etwas spät be antworte .

Dieses Merkmal Dero mir zutragenden guten Gesinnungen erkenne ich mit dem verbindlichsten Dank, und wünsche Ew.

Hochwürden und Dero gesammten Convent dagegen die voll kommenste Wohlfahrt auf die späteste Zeiten aufrichtigst zurück. Ew . Hochwürden

freundwillige Dienerin Louise, verwittibte Fürstin und

Landgräfin zu Hessen , geb. Gr. zu Leiningen -Broich. Hildburghausen, den 13 ten Aprilis 1794 .

Ich bin betreten über die lange Verzögerung meiner Dank sagung, so meine verschiedene Reisen veranlaßt hat.

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Literarisches .

Festschrift

zur Einweihung des neuen Justizgebäudes in Essen am 17. Mai 1913.

Von Landgerichtspräsident Dr. Büscher. Essen 1913. Die hier gebotene Festgabe bringt nicht nur dem Juristen , sondern auch einem Jeden , der sich für die Geschichte seiner engeren Heimat im heutigen Landgerichtsbezirk Essen interessiert, viel Wissenswertes .

Der Bezirk setzt sich zusammen aus den Bestandteilen von

vier ehemals selbständigen, seit 1802/15 mit Preußen vereinigten Ländergebieten. Es war daher eine nicht leichte Aufgabe, die Ge schichte der Gerichtsverfassung dieser Territorien auch nur bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zurück zu verfolgen und in präg nanter Weise zur Darstellung zu bringen. Denn so verschieden

das materielle Recht darin sich entwickelt hat, so mannigfach waren auch Gerichtsverfahren und Verfassung gestaltet. Der Ver such, dem Leser einen möglichst klaren Einblick in diese 2

früheren Verhältnisse zu verschaffen " , ist dem Verfasser aber

vollauf gelungen . Den unserer Zeitschrift gezogenen Grenzen ent sprechend, beschränken wir uns in der Darlegung der rechts ·historischen Ausführungen auf den Amtsgerichtsbezirk Werden , der sich im Großen und Ganzen mit dem Gebiete

des ehemaligen Stiftes Werden deckt. Die Geschichte der Gerichtseinrichtungen in dem vormaligen

Abteigebiete wird in fünf Zeitabschnitten behandelt, welche gleich zeitig einen Einblick in die Kleinstaaterei, die politische Zer rissenheit und in die Wandlungen gewähren, die Werden im Laufe

der Zeit inbezug auf seine Staatsangehörigkeit durchgemacht hat.

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1. In der abteilichen Zeit bestanden in Werden für das

nicht viel über 7000 Seelen zählende Abteigebiet drei Gerichte erster Instanz : das abteiliche Landgericht, die abteiliche Justiz kanzlei und das städtische Magistratsgericht. Bemerkenswert ist die starke Teilnahme des Laienelementes

an der Rechtspflege. Das dem Abte als Landesherrn unterstehende Landgericht war neben einem Richter und Aktuarius mit 8 Schöffen

besetzt ; die abteiliche Regierungs- und Justizkanzlei hatte außer dem vom Abte aus der Zahl der Konventualen ernannten geist lichen Präsidenten noch eine Anzahl geistlicher und weltlicher, nicht rechtsgelehrter Beamten ; das Gericht des Magistrats oder Stadtgericht endlich bestand lediglich aus Mitgliedern des städti schen Magistrats .

Die Zuständigkeit sowohl des Landgerichts als auch der Justizkanzlei war räumlich nicht beschränkt und umfalte das ganze Abteigebiet, die Zuständigkeit des. Magistratsgerichts erstreckte sich dagegen nur auf die Stadt Werden. Sachlich war die Zuständigkeit des letzteren Gerichts, vor welchem in Gegen wart des gesamten Magistrates verhandelt wurde, beschränkt auf Polizeisachen, persönliche Sachen der Bürger unter sich , Bau- und Servitutsachen , sowie Vormundschaftssachen . Auch war es für die Stadt Werden zuständig in der Aufnahme von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie z. B. Testamenten. Die Justiz Kanzlei war teils geistliches, teils weltliches Gericht erster In stanz. In ersterer Hinsicht gehörten vor ihr Forum Ehesachen und dergleichen, in letzterer Hinsicht Lehns- und Hobssachen .

Alle anderen Zivil- und Kriminalsachen unterlagen der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichtes, vor welchem in Gegenwart des Richters und Aktuars, sowie zweier Schöffen verhandelt wurde.

Die Justiz-Kanzlei bildete sodann die Appellationsinstanz gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen des Landgerichtes. Bei den

Entscheidungen des Magistratsgerichtes war es nach einem zwischen dem Abte und dem Kurfürsten von Brandenburg am

24. Juli 1666 geschlossenen Vergleiche den Parteien freigestellt, die Sache, sofern ein Streitobjekt von 200 Reichstalern vorhanden war, vor der Justiz-Kanzlei in Werden oder vor dem Cleveschen

Hofgericht (später Clevesche Regierung) als Appellationsinstanz zum Austrag zu bringen. Diese, den Parteien freigegebene Wahl

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des ihnen zur Entscheidung genehmen Gerichtes mutet uns in unserem heutigen Rechtsempfinden noch sonderbarer an , wie die

Aktenversendung an eine Juristenfakultät oder an einen aus wärtigen Rechtsgelehrten, deren man sich mit Umgehung der Gerichte als übliches Rechtsmittel bedienen durfte.

II. Als im Jahre 1802 die Abtei Werden dem Königreiche Preußen einverleibt wurde, verschwand zunächst mit der abtei

lichen Regierung auch die abteiliche Justizkanzlei. Außerdem hob die preußische Regierung das Magistratsgericht auf, sodaß als einziges Gericht erster Instanz nur das Landgericht bestehen blieb. Dasselbe erhielt die Bezeichnung „Kgl. Preußisches

Landgericht Werden. Es wurde unter Beseitigung der Schöffen mit einem Landrichter und einem Gerichtsschreiber besetzt und

war für das ganze bisherige Abteigebiet in allen Zivilsachen, sowie für die Polizeisachen zuständig, während die Clevesche Regierung nunmehr die einzige Appellationsinstanz bildete. In größeren Strafsachen hatte das Landgericht nur den „ersten An griff “, im übrigen wurde die Gerichtsbarkeit bis Oktober 1804 von dem Kriminalgericht in Altena, von da ab von dem Krimi nalgericht in Wesel ausgeübt . Der bekannte abteiliche Richter Peter Franz Joseph Müller wurde als Landrichter in preußische Die aste übernommen . Das bisher in Geltung gewesene gemeine

Recht wurde 1803--1806 durch die preußischen Gesetze ersetzt. III. Während der im Jahre 1806 beginnenden französi schen Fremdherrschaft und der Zugehörigkeit des Kantons Werden zum GroJherzogtum Berg blieb die bisherige Gerichts

verfassung zunächst bestehen . Das Landgericht mit seinen aus der preußischen Zeit übernommenen Beamten zeichnete nunmehr

,,Großherzoglich Bergisches Landgericht Werden “ , im Gegensatze zu dem Essener Gerichte , welches hartnäckig sein preußisches Amtssiegel weiter benutzte. Mit dem 1. Februar 1812 aber wurde , nachdem mittlerweile

das materielle französische Recht Geltung erlangt hatte, auch die französische Gerichtsverfassung eingeführt. Der preußische Landrichter mußte dem französischen Juge de paix weichen .

Werden erhielt für den ganzen Umfang des Kantons ein Friedens gericht. Nunmehr finden wir auch zum erstenmale eine Unter

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ordnung des Werdener Gerichtes unter eine Essener Gerichtsbe

hörde, indem das Friedensgericht Werden dem ebenfalls mit dem 1. Februar 1812 in Essen errichteten Tribunal unterstellt wurde .

Die Berufung gegen die Entscheidungen des Friedensgerichtes gingen an dieses ganz nach französischem Muster eingerichtete Tribunal , dessen zweitinstanzliche Entscheidungen hinwiederum

im Wege der Kassation bei dem Appellationshofe in Düsseldorf angefochten werden konnten, dieses bildete auch die Berufungs instanz für die von dem Tribunal in erster Instanz getroffenen Entscheidungen .

IV. In der von November 1813 bis Januar bezw. 28. April 1815 währenden Uebergangszeit lies die preußische Regierung fürs erste die französische Gerichtsverfassung und das franzö sische Zivilrecht bestehen . Sie führte nur in Strafsachen die preußischen Gesetze wieder ein und errichtete im März 1815 in

Werden das „ Inquisitoriat“ , das indes schon zum ersten Januar 1826 nach Hamm verlegt wurde. V. Dieser Abschnitt schildert

die seit 1815 einsetzende

zweite preußische Zeit und die Entwicklung bis zur Ge genwart.

Am 28. April 1815 trat das für den bisherigen Friedensge richtsbezirk Werden errichtete Land- und Stadtgericht in

Tätigkeit. Es hatte nur kurzen Bestand. Weil nicht lebensfähig, wurde es am 1. Juli 1822 wieder aufgelöst und mit dem Land

und Stadtgerichte Essen vereinigt. Werden hatte somit sein eigenes Gericht verloren ; es behielt nur eine mit einem Richter und einem Aktuar besetzte Gerichtskommission , die einen Teil des Land

und Stadtgerichts Essen bildete. Die Zunahme der Geschäfte ver anlalte zunächst zum 1. Januar 1832 die Zuordnung eines Hilfs richters und am 1. Oktober 1846 die Errichtung einer zweiten Richterstelle.

Bei der Gerichtsorganisation von 1849 erhielt Essen für den Bezirk seines bisherigen Land- und Stadtgerichtes ein Kreisge richt, von dessen acht Richtern zwei als Kreisgerichtskommissare in Werden tätig waren . Die Geschäfte nahmen indes wieder so ab, daß nach langwierigen Erörterungen eine Richterstelle zum 1. Oktober 1871 eingezogen wurde.

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Seit 1. Oktober 1879 erfreut sich Werden wieder eines eigenen

Gerichts, eines Amtsgerichts, welches dem Landgericht Essen zugeteilt ist. Es wurde besetzt mit 2 Richtern und 3 Gerichts schreibern bei etwa 22000 Gerichtseingesessenen . Heute umfaßt der Bezirk bereits über 47000 Gerichtseingesessene, deren An

gelegenheiten der freiwilligen und streitigen Gerichtsbarkeit z. Z. von 3 Amtsrichtern und 1 Hilfsrichter bewältigt werden, denen 7 Gerichtsschreiber, 3 Gerichtsdiener, 2 Gerichtsvollzieher und 3 Anwälte zur Seite stehen .

Abgesehen von den abteilichen Gerichten und der Justiz Kanzlei, die in würdigen Räumen des Abteigebäudes tagten, sind die Werdener Gerichte bis tief in die neuere Zeit in einer Weise

untergebracht gewesen, die ihrer Würde nur wenig entsprachen . Das Stadtgericht hatte zur abteilichen Zeit seinen Sitz in dem alten, 1743 erbauten, 1880 abgebrochenem Rathause. Wie vollständig ungenügend und minderwertig die in diesem Gebäude

zur Verfügung stehenden Räume auch waren, so sind sie doch in Benutzung geblieben, bis die Neuorganisation der Gerichtsbe hörde von 1879 endlich Wandel brachte . Es wurde von der Stadt

Werden ein angemessenes Gerichtsgebäude errichtet und dem Justizfiskus vermietet. Durch Aufstockung und Anbau, sowie durch Bau eines selbständigen, dahinter liegenden Gefängnisses für 20 Gefangene , hat das Gebäude dann noch 1912/13 eine wesentliche Vergrößerung und Verschönerung erfahren. Ein besonders schätzenswertes Material bieten die Nachrichten

über die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts an den verschiedenen Werdener Gerichten tätig gewesenen Richter, Prokuratoren und Notare, sowie die Tabellen über die Zunahme der Gerichtsein

gesessenen und Vermehrung des Beamtenpersonals in der Zeit von 1880—1912 .

Der hier in knappem Auszuge nur von dem Werdener Be zirke gegebene Bericht läßt erkennen , wie umfangreich die Arbeit gewesen ist, der sich der Verfasser hat unterziehen müssen, um von der Entwicklung des Gerichtswesens in den verschiedenen

jetzt im Essener Gerichtsbezirk vereinigten Ländergebieten ein übersichtliches Bild zu geben. Dem Umstande, daß die Arbeit in der Hand des höchsten, mit seinem Bezirk auf's innigste ver wachsenen Justizbeamten lag, daß dieser ihr eine jahrelange

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mühsame Porscherarbeit zugewandt hat und in der Sichtung des

oft spärlichen , lückenhaften und verworrenen , in Staats-, Ge richts- und Gemeindearchiven zerstreuten Materials mit der pein

lichsten Sorg alt vorgegangen ist, ist es zu verdanken, daß der Gegenstand eine so erschöpfende, mustergültige Behandlung er fahren hat. Die Schrift gewinnt noch dadurch an Interesse, dal nicht nur die Porträts der für die Entwicklung unseres Rechts wesens besonders bedeutsamen Männer, sondern auch die Ab bildungen der Gerichtsgebäude eingefügt sind. Von den letzteren entfallen drei auf die Stadt Werden : die erste stellt das alte, am

Markt belegene, von 1743-1879 benutzte Gerichtsgebäude, die zweite den 1878-79 errichteten Neubau dar ; die dritte bringt

das Gebäude in der Gestalt zur Darstellung, die es durch den durchgreifenden Umbau von 1912--1913 erhalten hat.

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3

Chronik des historischen Vereins für

das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden für das Jahr 1912/13 . Die Generalversammlung des Vereins fand am 9. Dezember

1913 im Hotel Königstein statt und war außergewöhnlich gut besucht. Der Vorsitzende des Vereins, Herr Pfarrer Dr. Jacobs,

eröffnete die Versammlung mit einer Begrüßung der Erschienenen , besonders der einheimischen und auswärtigen Gäste, und erstattete sodann den Geschäftsbericht. Hierbei gedachte er zunächst der

Mitglieder, die der Verein seit der letzten Generalversammlung durch den Tod verloren hat, u. a. der in Werden gestorbenen Herren : Justizrat Bendir, Gutsbesitzer J. W. Bernsau, Rentner August Overhamm und Katasterinspektor Müller sowie des in Werden geborenen, in Köln verstorbenen Bildhauers Professor Wilhelin Albermann . Der Verein hat satzungsgemäß vor allem die Quellen der älteren und neueren Geschichte zu sammeln und

durch Veröffentlichung möglichst zugänglich zu machen . Dieser

Aufgabe ist er im verflossenen Jahre dadurch gerecht geworden , daß er als Beilage zum XVI . Vereinsheft eine größere Arbeit von Herrn Gymnasialdirektor Dr. Schantz, enthaltend Werdener Geschichtsquellen , herausgibt. Sodann verbreitete sich der Vor sitzende über die in Aussicht stehenden weiteren Veröffent

lichungen .

Den Kassenbericht erstattete Herr Stadtrentmeister Siepen kothen . Hiernach hat die Zahl der Vereinsmitglieder durch Todes

fälle, Wegzug und Austritt Einbuße erlitten, was aber durch den Eintritt neuer Mitglieder ausgeglichen wurde. Einnahmen und Ausgaben des Vereins für 1912/13 decken sich und belaufen sich

auf rund 1580 Mark. Dem Kassierer wurde Entlastung erteilt. Dann nahm Herr Oberlehrer Dr. Körholz das Wort zu einem

Vortrag über das Thema : Werden unter der ersten preußischen

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Herrschaft " . Da das Referat in erweiterter Form im nächsten Vereinsheit erscheinen soll , wird hier auf dessen Inhalt nicht

näher eingegangen. Es darf aber wohl hervorgehoben werden , dal der Vortrag infolge selbständiger Forschungen des Redners eine Fülle höchst interessanten Materials bot und daß es eine

wohlverdiente Anerkennung war, die von der Versammlung durch

lauten Beifall am Schlusse der Rede kundgegeben und vom Herrn Vorsitzenden durch Worte des Dankes abgestattet wurde.

Eine lebhafte Debatte entspann sich schließlich über die von Herrn Gymnasialdirektor Dr. Keller (Bredeney), einem Ur enkel des Werdener Domänenrats Keller aus der Zeit der Säku

larisation, aufgeworfene Frage, ob die Umbenennung der Keller in Kölnerstraße zu Recht geschehen sei. Es wurde hervorgehoben, da) sowohl durch die im Jahre 1581 auf Veranlassung des Abtes Duden als auch durch die im Jahre 1783 von Nitribitt ange

fertigte Karte des Stiftsgebietes die Richtung der Kölnerstraße als zwischen Pastoratsberg und ehemalige Klemenskirche, an Strötgens- (Strathusen Hof vorbei nach Heidhausen führend klar erkennbar sei und dal deshalb die Kölnerstraße mit der östlich

gerichteten Kellerstraße nicht identisch sein könne. Da indes auch die Identität der beiden Straßen und die Berechtigung der Umbenennung einen Vertreter fand , wurde mit Rücksicht auf die vorgerückte Stunde die weitere Erörterung dieser Frage einer Kommission von 6 Herren übertragen . Wir entnehmen der Kölner Volkszeitung 1913 Nr. 693 folgenden Nachruf : Professor Wilh 21m

Albermannt.

Prof. Wilhelm Albermann

ist am Samstagabend verschieden . Er wurde am 28. Mai 1835 zu Werden a . d.

Ruhr geboren. Nach Absolvierung der Rektoratschule in Werden kam er in seinem 16. Lebensjahre zu einem Holzbildhauer in Elberfeld in die Lehre , wo

er vier Jahre blieb. Nachdem er seiner Militärpflicht in Berlin genügt hatte, besuchte er mehrere Jahre die Berliner Kunstakademie. Dann arbeitete er bis zu seinem 30. Lebensjahre unter den Professoren August Fischer und später

Hugo Hagen praktisch in deren Werkstatt. Nach zehnjährigem Aufenthalt in Berlin siedelte er 1865 nach Köln über, um selbständig zu arbeiten. Es zeugt von seinem großen Talente, von seinem unermüdlichen Fleiß und seiner nie ruhenden Schaffensfreude, daß er sich schon in den ersten Jahren seiner Tätig keit in Köln zu einem tonangebenden Künstler durchzusetzen wußte . Mit der selben Leichtigkeit, mit der er seine Gedanken in fügsamem Ton ausdrückte, wußte er auch dem spröden Stein Formen zu geben. Die Regierung und die Stadt Köln fanden im Bestreben, die Kunst auch in Köln heimisch zu machen, in ihm ihren Mann. In deren Auftrag rief Prof.

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Albermann die Gewerbliche Zeichenschule ins Leben, der er 25 Jahre in stiller Pflichtreue sich widmete, und der er den Stempel seiner Persönlichkeit aufdrückte. Auf allen Gebieten seiner Kunst hat Prof. Albermann mit Erfolg gewirkt. Die dekorative Kunst jener Zeit verdankt ihm Leben und Blüte. Doch das eigentliche Feld seiner Tätigkeit war die figürliche Plastik . Die klassische Ein fachheit gepaart mit dem Idealismus eines vornehmen Geistes, vermählte sich in seinen Werken zu einem einheitlichen Ganzen , das jeden Beschauer in seinen Bannkreis schlagen mußte.

Dementsprechend drang sein Ruf weit über die Grenzen seiner engeren Heimat hinaus. An fast allen bedeutenden Konkurrenzen seiner Zeit hat der

nie rastende Meister teilgenommen. Er ging fast immer preisgekrönt daraus hervor. Erwähnen wir nur das preisgekrönte Kaiser-Wilhelmdenkmal für Köln und das zweimal preisgekrönte Kaiser-Friedrichdenkmal ebenfalls für Köln Von seinen Werken verdienen besonders hervorgehoben zu werden : Denk

måler in Bronze : Kaiser Wilhelm I (Hilden , Rhld .), Kaiser Friedrich (Werden a. d. Ruhr), Fürst Bismarck (Freiberg, Sachsen und Zweibrücken, Pfalz), Graf Moltke (Krefeld), die Gründer des städtischen Museums Wallraf und Richartz in Köln, die Kriegerdenkmäler in Elberfeld und Bielefeld. Denkmäler in Stein : Kaiser Wilhelm I. , Fürst Bismarck und Graf Moltke auf der Ruhrbrücke in

Werden a, d. Ruhr, die Kriegerdenkmäler in Neul , Solingen, Werden a. d Ruhr, Kettwig a. d. Ruhr, Kaiser Barbarossa in Sinzig (Besitzung Bunge), Pater Fried rich von Spee, Verfasser der Cautio Criminalis in Trier, Laufbrunnen : Jan von Werth ( Köln), Hermann Joseph (Köln), Mülheimia (Mülheim a. Rh.), Waffen

schmied (Solingen) , Märchenbrunnen (Elberfeld ), Bismarckbrunnen ( Hilden Rhld.) , ferner eine Menge von Statuen in Marmor und Porträtbūsten, die sich alle im Privatbesitz Kölner und auswärtiger Familien befinden. Von dekorativen Arbeiten

sind besonders hervorzuheben : die vollständige Erneuerung und Ergänzung der Bildhauerarbeiten an der Rathauslaube in Köln und die beiden Karyatidengruppen, die schönen Künste darstellend , an der Kunsthalle in Düsseldorf.

Ganz besonders fand sein kindlich-frommes Geinüt in der religiosen Kunst seine Befriedigung. Die große Franziskusstatue auf dem Apollinarisberge bei

Remagen, die Kreuzwegstationen in Moresnet, der Bonifatiusaltar der Franzis kirche zu Hülfensberg im Eichsfeld , die Altarreliefs der Franzikanerkirche in Köln sind seine Werke . Im Herbst 1902 wurde Albermann der Titel Professor

verliehen. Seine Mitbürger ehrten ihn , indem sie ihn 1893 in das Stadtver ordnetenkollegium wählten. Als Mitglied der Kommissionen für öffentliche An lagen, für das Wallraf-Richartzmuseum, das Kunstgewerbe- und das Historische Museum stellte er sein reiches Wissen und seine nie erlahmende Schaffensfreude gern in den Dienst der Stadt .

Unbeirrt durch die jeweiligen wechselnden künstlerischen Stromungen der Zeit hat der im hohen Alter dahingeschiedene Meister seine bildnerische hohe

Begabung nur in Werken gezeigt, die tiefe, zutreffende Auffassung des Gegen standes der Darstellung mit schönheitsvoller Form verbinden. Die liebenswür dige Persönlichkeit Wilhelm Albermanns sichert ihm bei seinen Mitbürgern ein treues Andenken.

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Mitglieder-Verzeichnis. A. Vorstand .

1. Jacobs Peter, Dr. , Pfarrer, Vorsitzender. 2. Kranz Gisbert, Dr. , Sanitätsrat, Schriftfülirer.

3. Engelhardt Karl, Amtsgerichtsrat, Bibliothekar. 4. Siepenkothen Heinr., Stadtrentmeister, Schatzmeister. 5. Breuer Josef, Bürgermeister. 6. Greeven Wilhelm , Lizentiat, Pfarrer.

7. Schaphaus Aloys, Bürgermeister. 8. Verbeek Paul , Dr. , Gymnasialdirektor. 9. Flothmann Fritz, Rentner, Kettwig. B. Ehrenmitglieder 10. Effmann Wilhelm , Dr., Univ .-Professor, Bonn , 1890.

11. Jostes Franz, Dr. , Univ.-Professor, Münster, 1898 . 12. Clemen Paul, Dr , Geheimer Regierungsrat, Uni versitäts -Professor, Bonn, 1900.

13. Gottlob Adolf, Dr., Univ.-Professor, Münster, 1902 .

15. Kötzschke Rudolf, Dr., Univ .-Professor, Leipzig, 1912 . 15. Bendel Franz Josef, Dr. , Würzburg, 1912 . C. Mitglieder . 16. Albermann Ludger, Werden . 17. Algermissen Heinrich , Dr. med. , Arzt , Kupferdreh . 18. Anders Adolf, Gemeinderentmeister , Kettwig v . d . Br. 19. Arnst Paul, Installateur, Werden .

20. ABhoff Fritz, Gymnasialoberlehrer , Werden . 21. 22. 23. 24. 25.

Basel Johann Frau, geb. Stockebrand, Hamborn. Beer, Dr. jur. , Universitätsprofessor , Leipzig. Beitelsmann Ludger, Gutsbesitzer, Heidhausen . Bellenberg Ludger, Dr., Pfarrer, Nothberg b. Düren, Bernsau Wilhelm , Hauptmann a . D. , Unterbredeney.

26. Bertrams Franz, Pfarrer, Glessen Bez. Köln.

27. Bertrams Wilhelm, Hauptlehrer a. D., Unterbredeney.

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28. Bernhard Josef, Rendant, Mülheim-Ruhr. 29. Bottlenberg Franz, Frh . von dem, gt. v. Schirp, Schloß Baldeney . 30. Bourscheidt Freiherr Clemens von , Pfarrer, Werden. 31. Brocker Clemens , Hauptlehrer , Heidhausen . 32. Brodzina Richard , Oberstadtsekretär, Werden .

33. Büscher Franz , Dr., Geheimer Oberjustizrat, Land gerichtspräsident, Essen.

34. 35. 36. 37.

Classen Döllken Döllken Dücker,

Johannes, Kaufmann , Aachen. August, Dr. med ., Univ .-Professor, Leipzig. C. & W., Holzwarenfabrik , Ratingen. Max von , Oberleutnant , Berlin.

38. Ewald Heinrich, Stadtbaumeister , Werden.

39. 40. 41. 42.

Fahlenbock Leo, Kaplan , Werden. Fell Josef, Piarrer, Heisingen . Ferber Aug., Fabrikbesitzer , Aachen . Ferber Clemens, Brauereidirektor , Werden .

43. Feuser Heinrich, Bäckermeister , Werden .

44. Feuser Heinrich , Konditoreibesitzer, Essen . 45. Flügge Elise, Lehrerin , Heidhausen .

46. Flügge Wilhelm , Buchdruckereibesitzer , Werden. 47. Poerstner Heinrich , Gymnasialoberlehrer , Werden . 48. Franzen Friedrich , Rektor, Düsseldorf.

49. Prielingsdorf Paul, Bauunternehmer , Werden . 50. Führkötter Ludger, Restaurateur , Hügel. 51. Funcke Johann Wilhelm , Priester, Freiburg 52 Füth Heinrich , Dr., Professor an der Medizinischen Akademie, Köln .

53. Füth Johannes , Dr. med., Arzt, Coblenz. 54. Füth Robert, Dr. med. , Arzt, Metz.

55. Gerling Friedrich , Fabrikant, Schuir. 56. Göbel Franz, Gymnasialoberlehrer, Werden. 57. Grevel Wilhelm , Rentner, Düsseldorf.

58. Grotkamp Johann , Wirt, Werden . 59. Grüter Alphons , Kaplan , Cöln. 60. Grüter Leo, Dr. med. , Arzt, Werden .

61. Hagmann , Bürgermeister, Heisingen . 62. Hartmann Wilhelm , Rektor, Kettwig.

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63. Haverkamp August, Rentner, Werden .

64. Haverkamp Heinrich Frau, Rentnerin , Werden. 65. Heimbach Nikolaus, Kaufmann, Werden .

66. Heinke Edmund, Amtsgerichtsrat, Werden. 67. Hellings Wilhelm , Pfarrer, Capellen , Kr. Grevenbroich . 68. Hicking Albert, Dr., Frau , Sanitätsrat, Werden. 69. Höfer Clemens, Kaufmann , Werden .

70. Hövel August, Freiherr von, Reg.-Präs. a. D., Erb droste im Stifte Werden u . Erbkämmerer i. Stifte Ellen ,

71. Hopmann Eduard ,Werden. [Merlsheim, Kreis Höxter. 72. Hopmann Karl , Rektor, Essen . 73. Humann Georg, Dr., Rentner, Aachen .

74. Humpert Johann, Rentmeister, Kupferdreh . 75 , Jordan Paul , Regierungsbaunieister, Stendal. 76. Jung August, Fabrikant, Fischlaken. 77. Kahmann Ludger, Prokurist, Düsseldorf. 78. Kattenbusch Ferdinand, Dr., Univ .-Professor, Halle .

79. Kaufhold Otto, Hauptlehrer, Fischlaken . 80. Kaulard Johann, Kaplan , Werden.

81. 82. 83. 84.

Keller, Dr., Gymnasialdirektor, Bredeney. Keller Ludwig, Betriebsleiter, Werden . Kemper Johannes, Rechnungsrat, Werden. Kimmeskamp Elise, Lehrerin, Werden.

85. Kirchner Bernhard, Oberlehrer, Essen.

86. Klane Wilhelm , Rentner, Bredeney. 87. Klusemaon Hermann, Dachdeckermeister, Werden . 88. Knörchen Peter, Schlachthofdirektor, Werden.

89. Koch Franz, Dr., Gymnasialdirektor, Kempen , 90. König Alois, Rendant, Werden.

91. Königstein Johann , Rentner, Godesberg. 92. Körholz Franz, Dr. , Gymnasialoberlehrer, Werden. 93. Krake Johann, Bürgermeister, Kupferdreh.

94. Krupp Margaretha Frau, Geheimrat, Exzellenz, Hügel. 95. Krupp von Bohlen und Halbach Gustav, Dr., außerordentlicher Gesandter , Hügel.

96. Küppers Peter, Rektor, Werden . 97. Landwehr, Hermann , Gymnasialoberlehrer, Werden 98. Landwirtschaftliches Kasino, Werden -Land .

78 99. Latz Gustav, Rentner, Werden .

100. Lehrerbibliothek , Kettwig. 101. Linden Carl , Kaplan , Werden. 102. Linneborn Anton, Fabrikant, Werden.

103. Luig Bernhard, Rentner, Werden . 104. Maas Ludger, Gutsbesitzer, Fischlaken .

105. 106. 107. 108.

Maas Ludger, Gutsbesitzer, Hamm. Mintrop Wilhelm , Rentner, Heidhausen . Mittweg Albert, Kaufmann, Werden . Müller Gerhard , Oberpostassistent a . D. , Werden .

109. Müller Leo, Rektor, Werden .

110. Müller Theodor, Kaplan, Köln-Nippes. 111. Müller Wilhelm , Werden 112. Niermann Ernst, Dr. med . , Sanitätsrat, Linn.

113. 114. 115 116. 117. 118.

Oberscheven Willy, Düsseldorf. Oepen Friedrich , Kaplan, Werden . Ostrop Franz, Gutsbesitzer , Bredeney. Obmann Joh . , Grubenverwalter, Werden . Overhamm Gregor, Apothekenbesitzer, Werden. Pellengahr Heinrich , Rechtsanwalt u . Notar,Werden .

119. Preutenborbeck Wilhelm, Gutsbesitzer, Heidhausen .

120. Prinzhausen , Geh. Regier.- u . Baurat, Königsberg. 121. Quadflieg Peter, Pfarrer, Simmerath , Kr. Montjoie. 122. Rensing Franz, Dr., Professor, Fürstl . Salm -Salm scher General-Direktor, Anholt.

123. Relemann Josef, Geheimer Bergrat, Schuir. 124. Rindskopf Otto, Kaufmann , Werden .

125. Rosauer Wilhelm, Dechant, Kettwig. 126. Rose Friedrich , Invalide, Werden. 127. Rosenkranz Eduard , Rektor, Werden .

128. Schantz Otto, Dr. , Gymnasialdirektor, Stollberg. 129. Scheidt Wilhelm Frau, Geh. Kommerzienrat, Kettwig.

130. Schiller Adolf, Gefängnispfarrer, Lüttringhausen , 131. Schlechtendal v. , Major im Großen Generalst., Berlin . 132. Schmachtenberg Julius, Gutsbesitzer, Kettwig. 133. Schmidt, Maler und Anstreichermeister, Werden .

134. Schmitz, Friedr., Apothekenbesitzer, Werden. 135. Schmitz Peter, Kaplan , Essen- West.

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136. 137. 138. 139.

Schöpwinkel Ernst, Postdirektor, Werden . Schreitmüller, Dr. , Oberlehrer, Kupferdreh . Schulten Gertrud , Hauptlehrerin a. D., Werden. Schürmann Heinrich , Kaufmann , Werden.

140. Schützdeller Franz, Grubenverwalter, Hamm.

141. Servos Johann, Hauptlehrer a. D., Werden. 142. Sonnenschein Wilh ., Witwe, Rentnerin , Bonn .

143. Spee Hubertus Graf, Kgl. Kammerherr, Linnep. 144. Spelten Joseph, Dr. med ., Arzt, Werden . 145. Stinnes Johann , Kaufmann, Werden.

146. Strenge Adalbert, Justizrat, Werden. 147. Ströter Wilhelm , Kaplan, Köln . 148. Strötgen Theodor, Kaufmann. Heidhausen . 149 Thelen Wilh., Professor, Oberlehrer, Werden .

150. Thomer Ernst, Landrichter, Duisburg.

151. Vogelsang Heinr. , Kommerzienrat, Recklinghausen . 152. Vogelsang Robert, Kaufmann . Werden . 153. Waldthausen A. von, Gewerke, Essen . 154. Wiese Franz, Fabrikbesitzer, Werden .

155. Wilms Hermann, Pfarrer, Kupferdreh . 156. Wintgen Johann, Kaufmann, Düsseldorf. 157. Wusthoff Julius , Kaufmann, Werden.

158. Stadtgemeinde Werden. 159. Stadtgemeinde Kettwig. 160. Gemeinde Werden -Land.

161. Gemeinde Bredeney. 162. Gemeinde Kupferdreh .

Verzeichnis der Geschichtsvereine, mit denen der Verein im Schriftenaustausche steht : . 1. Aachener Geschichtsverein .

2. Dortmund, Historischer Verein für Dortmund und die Graf schaft Mark. 3. Düsseldorfer Geschichtsverein .

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4. Elberfeld, Bergischer Geschichtsverein. 5. Essen, Historischer Verein für Stadt und Stift Essen . 6. Frankfurt a. M. Verein für Geschichte und Altertumskunde. 7. Freiburg, Deutscher Geschichtsforschender Verein des Kan tons Freiburg 8. Gießen, Oberhessischer Geschichtsverein .

9. Hannover, Historischer Verein für Niedersachsen . 10. Hannover, Verein für Geschichte der Stadt Hannover. 11. Heidelberg , Historisch -philosophischer Verein. 12. Köln, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde .

13. Mitau, Kurländische Gesellschaft für Literatur und Kunst. 14. Mülheim-Ruhr, Geschichtsverein . 15. Münster und Paderborn , Verein für vaterländische Geschichte und Altertumskunde. 16. Niederrheinischer Geschichtsverein ,

17. Osnabrück, Verein für Geschichte und Landeskunde.

18. Recklinghausen, Verein für Orts- und Heimatskunde im Veste und Kreise Recklinghausen. 19 Stockholm, Konigl. Vitterhets -Historieoch Antiquitets-Academ . 20. Wetzlar, Geschichtsverein. 21. Witten, Verein für Orts- u. Heimatkunde in der Grafschaft Mark.

22. Wolffenbüttel, Geschichtsverein für das Herzogtum Braun schweig

Inhalts-Verzeichnis. Zur Einführung der preußischen Verwaltung im Gebiet der ehemaligen Reichsabtei Werden. Dr. P. Jacobs. S. 4 Der Landrichter Müller und sein Werk über die Ge

schichte des Stiftes Werden . Von Dr. Franz Körholz. , 40

Der Geburtsort des hl. Liudger. Von Dr. Franz Rensing

54

Briefwechsel des Abtes Bernhard II . von Werden mit

der Landgräfin Louise von Hessen.

62

Literarisches

66

Chronik des Vereins und Mitglieder -Verzeichnis.

72