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German Pages 486 Year 1898-1900
Beiträge
zur
Geschichte des Stiftes Werden .
Herausgegeben
von dem Historischen Verein für das Gebiet des ehe maligen Stiftes Werden.
Siebentes
Heft.
1898.
Druck von W. Flügge in Werden a. d . Ruhr.
Ger 49.8
1
Harvam Loge Library
AUG Hohenzoll
7
1313 Collection
Gift of A.C. Conage
1
T
Chronik des historischen Vereins
für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden pro 1897 und 1898 .
Seit dem leßten Bericht schieden 9 Mitglieder aus, dagegen er klärten 12 Herren ihren Beitritt.
Es sind dies die Herren : Engemann, Kaplan, Werden, Fischermann, Landsekretär, Werden, von Fromberg, Hauptmann, Postdirektor, Werden, Grabe, Gerichtssekretär, Werden, Kölzer J., Weinhändler, Werden, Nückel E., Kaufmann, Werden, Poerting, Kaplan, Köln, Lindenthal, Quadflieg, Kaplan, Werden, Servos J., Hauptlehrer, Fiſchlaken, Tillmann, Gerichtsvollzieher, Werden, Treffurth G., Kaufmann, Werden, van Gember E. , Kaufmann, Werden. Am Ende des Jahres 1898 zählte der Verein 157 Mitglieder. Behufs
Schriftenaustausch
nannter Vereinen in
traten
wir außer den früher ge
Verbindung mit dem
Historisch-philosophischen Verein in Heidelberg und der Kurländischen Gesellschaft für Litteratur und Kunst in Mitau. Die Generalversammlung
fand
Saale des Herrn Königstein statt.
am
25. November 1898 im
Die Versammlung war ziemlich
gut besucht und nahm einen anregenden Verlauf. Herr Dechant Gisbert hielt einen Vortrag über die alten Gemälde des Werdener Münsters und ihre Maler und Herr Dr. Kranz über die
4
städtische Verfassung
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts .
Wir
bringen beide Vorträge in diesem Hefte zum Abdruck. Bezüglich der Rechnungslage gab der Vereinskassirer Herr Siepen kothen folgende Aufstellung : Bestand am 13. November 1896
Mt.
Einnahme im Jahre 1897 pro 1896 Mt. " " " 1898 " 1897 "
Sa.
"
Sa.
Druckkosten Bücher . Porti - Botenlohn .
•
Arbeitslöhne für Freilegung der Reste der Clemenskirche Sa.
1898 :
Mt. 585,00
Mt. 500,00
"
21,00
"
60,00
"
26,70
"
24,80
"
55,56
"I Mt. 584,80
Sa. Bestand am 25. November 1898
1277,25
Mk. 1356,58.
Ausgaben : 1897 :
Mt. 688,26
79,33
659,75 617,50
•
"
1273.06.
· ME.
83,52.
Dem Kassirer wurde auf Antrag des Rechnungsreviſors Herrn M. Wiese Decharge ertheilt. Die Vereinsbibliothek erhielt Zuwachs durch Ankauf und Geſchenke. Durch Ankauf wurden erworben : Grotefend ,
Zeitrechnung des
Deutschen Mittelalters
und
der
Geschichte
des
Neuzeit, 1898.
Troß , Westphalia, Jahrgang 1825 und 1826 . Schorn,
Lebenserinnerungen .
Rheinlands im XIX. Jahrh.
Ein
Beitrag zur
1868.
An Geschenken erhielt der Verein : Joftes und Effmann ,
Vorgeschichtliche Alterthümer im
Gaue
Süderberge. 1888. Krebs , Rede bei der Einsegnung der neuen Strafanſtaltskirche zu Werden. 1854. " Clemen , Denkmalspflege in der Rheinprovinz. Berichte über die Thätigkeit der Provinzialkommiſſion für die Denk malspflege in der Rheinprovinz 1896, 1897 und 1898.
5
Berichte
über die
Thätigkeit
der
Alterthums-
und
Geschichts
vereine 2c. innerhalb der Rheinprovinz 1897 und 98 . Durch Schriftenaustauſch erhielten wir : 1. Von dem Aachener Geschichtsverein : schrift, Bd . XIX , 1897.
Seine Zeit
2. Vom Bergischen Geschichtsverein : Seine Zeitschrift, Bb. XXXIII , 1897.
3. Vom Düsseldorfer Geschichtsverein :
Beiträge zur
Geschichte des Niederrheins, Bd. XI , ¡XII ( nebſt Abhandlung über Jakobe von Baden) und XIII , Jahrg. 1897-98 . 4. Vom Historischen Verein für Stadt und Stift Essen : Seine Beiträge XVIII und IX, Jahrg. 1898 . 5. Vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M.: Mittheilungen in Heddernheim, II, 1898.
über
Römische Funde
6. Vom Deutschen geschichtforschenden Verein des Kantons Freiburg : Freiburger Geschichtsblätter, IV. Jahrg. 1897. 7. Vom Oberhessischen Geschichtsverein in Gießen: Seine Mittheilungen, Bd . VII , 1898. 8. Vom Historischen Verein in Lemberg : Kwartalnik Historyczny, Rocznik XI und XII , Jahrg. 1897-98. 9. Vora Verein für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde in Münster und Paderborn : Seine Zeitschrift Bd . LV, Jahrg. 1897, nebst Ergänzungsheften II. und IV. Lieferung. 10. Vom
Historischen Verein
für
Niedersachsen :
Seine Zeitschrift, Jahrg. 1897 und 1898 . 11. Vom Verein
für
Geschichte
und Landeskunde
von Osnabrück : Seine Mittheilungen, Bd . XXII , 1897. 12. Vom Ortsverein für Geschichte und Alterthums kunde in Wolfenbüttel :
Braunschweigisches
Magazin,
Bd. III, Jahrg. 1897. 12. Vom
Historisch - philosophischen
Verein
in
Heidelberg : Neue Heidelberger Jahrbücher Jahrg. VIII, Heft I, 1898 . 14. Von der Gesellschaft für Rheinische Geschichts kunde in Köln : Ihren Jahresbericht pro 1897.
6
15. Von der Kurländischen
Gesellschaft für Kunst
und Litteratur in Mitau : Das große Interesse, welches
Ihre Zeitschrift pro 1897.
die Arbeit des Herrn Pfarrers
Sierp über die gerichtlichen Erkenntnisse in den Schulprozessen der Gemeinde Werden gegen den Fiscus bei
unseren
Vereinsmitgliedern
gefunden hat, veranlaßt uns eine Abhandlung über denselben Gegen stand : Die altehrwürdige Klosterschule zu Werden an der Ruhr in fiscalischer Behandlung , Kritiſche Studien von einem Nichtjuristen, welche uns von dem Verfasser zur Verfügung gestellt wurde, den Mitgliedern Vereinshefte zu überreichen .
als Zugabe zu unserem
1.
Die Verfaſſung der Stadt Werden
auf Grundlage der Verordnung des Abts Benedikt vom Jahre 1750. Von Dr. Kranz .
Die alten Historiker des Stifts Werden liefern uns mehr eine Geschichte des Klosters und seiner Aebte, sie berücksichtigen
dagegen
weniger die Geschichte der Bürgerſchaft und die landesherrliche Stellung der Aebte.
So haben die Biographen des Abts Benedikt,
Meyer und hiernach Schunken, seine Bedeutung Klosters,
als
als Benediktinerabt gebührend gewürdigt,
Roskamp,
Vorsteher des indem sie z . B.
mit Nachdruck ſeine am 5. IX. 1751 gethätigte Wahl zum Präsidenten der Bursfelder Congregation hervorheben, seine landesherrliche Thätig keit aber wird
von ihnen kaum
Benedikt seine Stellung zur
Geltung zu
Verwaltung
der
wesens
die
betrafen.
doch wußte
Abt
und mit Erfolg
Mit kraftvoller Hand griff er in die
Stadt Werden
Justiz
Und
als Landesherr zu wahren
bringen.
Jahr", wie Müller sagt, Gildewesen,
erwähnt.
ein und erließ „fast von Jahr zu
Verordnungen,
und
welche die
Zünfte,
das
Polizeiordnung des hiesigen Gemein
Zwei Verfügungen
von ihm beabsichtigen wir in
diesem Hefte zum Abdruck zu bringen, nämlich das am 26. August 1734 erlassene Werdener Landes- und Statutar-Recht, welches Herr Bürgermeister Trapp veröffentlicht und die „ Dekonomie- und Polizei Ordnung für die Stadt Werden vom 22. September 1750," welche Mit der ersten in der vorliegenden Arbeit näher erörtert wird. Verordnung beabsichtete
er die Regelung der Rechtspflege in Stadt
und Stift, sie galt als Geset bis
in die neueste Zeit.
Die zweite
Verfügung, welche die Ordnung der Communalverwaltung bezweckte, blieb, wenn
auch durch das Landesregulativ
1) Siehe Anlage.
von 1786 modifizirt,
8
bis zur Aufhebung der Abtei
in Geltung.
Nach einer thatenreichen
Regierung von 29 Jahren starb Abt Benedict
im Jahre 1757 im
Alter von 77 Jahren ; er fand seine Ruhestätte im Muttergotteschore des Werdener Münsters . Zur Zeit, als Abt Benedikt seine Verordnung zum Besten „ der Dekonomie und des Polizeiwesens " der Stadt Werden veröffentlichte, scheint in der städtischen Verwaltung eine große Mißwirthschaft ge= herrscht zu haben. Seit Jahren hatten die Gilden- und Rottmeister ihre
Klagden, Beschwerden und Frrungen" dem Abte vorgebracht.
Zur Untersuchung
derselben bestimmte
er
eine
welche eine Reihe von Mißbräuchen aufdeckte.
Spezialkommiſſion,
" Bürgermeister und
Rath hätten die von seinen Vorgängern Ferdinand, Coelestin, Theodor und von ihm selbst erlassenen Verordnungen
aus Connivenz vernach
lässigt, ja auch in geflissentlicher Absicht übertreten". herrliche
Stellung des
Die landes
Abts war lange Zeit nicht respektirt worden.
So waren seitens des Magistrats verschiedene Patrimonialgründe, deren Erwerb der Stadt theuer zu stehen gekommen, ohne Zustimmung des Abts als Grund-
Erbherrn
und
veräußert worden.
„ Bürger
meister und Rath hatten in brüchtfälligen Sachen, worüber der Stadt im Gefolg der Concordate keine Cognition zugestanden, sich einiges Cognoscirens angemaßt".
Seit Jahren war dem Abte der ihm nach
altem Herkommen zustehende Brüchtenantheil nicht abgeliefert worden. Auch im städtischen Rechnungswesen wurden Mißbräuche ermittelt. Die Rentmeisterei- und Receptur-Rechnungen wurden nicht zur ge hörigen
Zeit vorgelegt, dadurch erwuchs der Stadt durch inzwischen
eingetretenen Tod oder Schaden.
Zahlungsunfähigkeit der Contribuenden viel
Außer den gewöhnlichen Saßungen wurden extraordinaire
Anschläge ausgeschrieben ohne Ratifikation des Abts und Zustimmung der Gilde und Rottmeister.
Die Rentmeisterei war in Verfall, die
Steuern wurden nicht regelmäßig erhoben.
Auch Rathsmitglieder zogen
Stadtgelder ein, so vom Verkauf der städtischen Grundstücke, Brüchten gelder zc. und sollten dieselben nicht allemal kam
abgeliefert haben.
Es
vor, daß Rathsmitglieder, welche Forderungen an die Stadt
hatten, sich zur
Deckung derselben
das Geld direkt von beliebigen
Stadtschuldnern mit Umgehung der Rentmeisterei zahlen ließen.
Es
wurde weiter geklagt über Mißbräuche bei Einquartierungen, daß da bei nach Gunst und Mißgunſt ſeitens werde.
des
Bürgermeisters verfahren
Einige würden über ihren Ertrag beschwert, Andere ſeien
9
zu gering angeschlagen oder gar verschont geblieben, dagegen wären die abteilichen Beamten entgegen den Concordaten vom Jahre 1317, 1648 und 1671 belastet worden. Zur Beseitigung der Mißbräuche erläßt Abt Benedikt seine Oekonomie- und Polizeiordnung . Die Verordnung wurde am 24. IX. 1760 in Gegenwart der Pfarrer von Born und Neukirchen und der abteilichen Commissarien, nämlich des Richters Funke und des Secretärs Vorrath dem Magistrat, den städtischen Beamten und den Rottmeistern zur unterthänigen Nachachtung publicirt. Sie ist in einer beglaubigten Abschrift des Secretärs Vorrath vom 8. I. 1751 im hiesigen Stadtarchiv vorhanden . In 48 Artikeln erörtert sie die Stellung des Abts zum Magiчrat, das Verhältniß des ſtädtischen Raths zur Bürgerschaft, die Rechte und Pflichten der städtischen Be amten und des Magistrats ; sie giebt uns Aufschluß über die hiesigen Steuerverhältnisse, und bringt neue Mittheilungen über die damaligen Verhältnisse der Schüßenfeste, Nachtwache, Feuerwehr 2c., ein Mate rial, welches wohl der Mühe werth ist, der Vergessenheit entrissen zu werden.
herr :
Der Abt wahrt in der Verordnung seine Stellung als Landes In seinem Namen sollen Bürgermeister und Rath die Justiz
verwalten.
Als Erb- und Grundherr beansprucht er die Genehmigung
der Veräußerung von städtischen Erbstücken .
Er behält sich die landes
herrliche Bestätigung der Scheffen und der städtischen Beamten vor. Er verlangt die Benennung von Commissarien bei der Rechnungslage des Stadtrentmeisters und des Receptors . Er fordert die Ratifikation besonderer Steuerausschläge. vor
Die
Ablage
des
Brüchtengedings foll
ihm stattfinden, und er reclamirt nach altem Herkommen seinen
Brüchtenantheil. Die Privilegien
der
Stadt erkennt der Abt an, insbesondere
diejenigen, welche dem Bürgermeister und Rath „aukleben “, er will, daß die Bürgerschaft dem Magistrat Respect und Gehorsam leistet. Die Bürgerschaft wurde dem Magistrat gegenüber durch die Rottmeister.
repräsentirt
Die Stadt war in 23 Sektionen oder Rotten eingetheilt, deren jede einen Rottmeister wählte.
Dieselben bestiminten aus ihrer Mitte
vier Deputirte zu den öffentlichen Geschäften.
Die Rottmeister hatten
das Recht, der Rechnungslage des Stadtrentmeisters tributions-Receptors, welche alle zwei
Jahre einige
und
des
Con
Tage vor der
10
Bürgermeisterwahl bei versammeltem offenen Rath stattfanden, beizu wohnen.
Ihre Zustimmung war erforderlich, wenn Bürgermeister und
Rath städtische Erbstücke
veräußern
abging, hatten die Rottmeister
wollten .
Falls ein Rottmeister
das Vorschlagrecht ;
i
sollten die
geschictesten und meistbeerbten Männer aus der betreffenden Rotte in Vorschlag bringen ; der Bürgermeister mußte binnen acht Tagen einen. davon als Rottmeister annehmen .
Etwaige Aenderungen in der Rotte
mußten sie dem Stadtschreiber behufs Abänderung in dem Heberegister mittheilen.
Bei Steuerausschlägen
wurden sie convocirt und ihnen
die Höhe des Ausschlags bekannt gemacht.
Zur Ausschreibung außer
gewöhnlicher Steuern war ihre Zustimmung einzuholen, und sie hatten die Hebezettel der Rotte zur Eintreibung zuzustellen . Zur Belohnung ihrer Mühewaltung erhielten sie auf St. Peter eine Tonne Bier so wie ihren Anteil an den „ Ergöglichkeiten“ bei Ablage der Stadtrech nungen. Sie sollten auch bei etwaigen Vacanzen eines Stadtrent meisters, eines Receptors, der Gildemeister oder sonstiger Rathsstellen ,,mit in Consideration gezogen" werden. Betreffs der Gewinnung der Bürgerſchaft beſtimmte der Abt, es sollte Niemanden das
Bürgerrecht unter 5 Rthlr. erstattet werden,
ferner sollten Fremdlinge nicht eher das Bürgerrecht erhalten , sie hätten zuvöderst eine Caution von 200 Rthlr. realiter bestellt und glaubhafte Attestate ihrer Herkunft, Verhaltens beigebracht" .
Profeſſion und
ihres früheren
Abt Benedikt knüpft mit dieser Verfügung
an eine Verordnung vom 3. 1731 an, wonach die Fremden, welche sich hier niederließen, binnen vier Wochen die Bürgerschaft gewinnen sollten ; sie mußten dazu nachweisen, daß ihre Habſeligkeit sich wenigstens auf 200 Rthlr. erstreckte, schaft leisten.
oder für diese Summe genugsame Bürg
Diese Bestimmungen wurden aber milde gehandhabt. * )
*) Anmerkung. Im Jahre 1785 wurden nach mehrjähriger Unterbrechung wieder neue Bürger in Eid und Pflicht genommen. In 10 Sigungen wurde 100 Personen das Bürgerrecht ertheilt, darunter Joh . Eicheler, Severin Clever Ludger Hicking, Herm. Scharpey, Hülsmann, Cules . Das Protocollbuch bringt darüber folgende Mittheilungen :
1 1 I I
Coram convocato magistratu bei Ertheilung der Bescheide. Wurde hiesiger Schönfärber H. Panthaleon Cules von Naßau Siegen, der sich schon eine Zeitlang hier in der Stadt aufgehalten und wohl aufgeführt, zur Gewinnung der Bürgerschaft vorgefordert. Da er sich dann hierzu willig erklahret und Ihm solche für ein billiges zu belaßen bathe.
•
.
11
Der Bürgereid,
welcher bei der
Aufnahme
geleistet werden
mußte, hatte folgenden Wortlaut : „Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allmächtigen einen leyblichen Eid, daß ich Ihro Königl. Majestät in Preußen als Grafen von der Mark, wie hiesigem Schuß- und Schirmherrn, dann Ihro Hochwürden Gnaden Herrn Reichsabten
dahier
Bürgermeister und Rath als
als Erb- und Grundherrn, sowie
gebietenden Herrn will treu und hold
ſeyn, die Stadts - Privilegia, Freyheiten und wohl hergebrachte Gerech tigkeit dieser Stadt Werden nach meinem Vermögen will vertheidigen
Worauf ihm die Bürgerschaft vor dießmahl für 6 Rthlr. und 2 lederne Eymers, weil er in Ansehn der Bürgerliche Caution hinreichend angeſeſſen und bereits einen Rthlr. zur Rentey bezahlet hat, belaßen. Die praesentzien hat erhalten, sowie die Bürgergelder baar bezahlet. Ferner erschien Joh. Wilh. Döppelſtein, ein Tuchscheerer, von Kettwig bürtig, ſo ſich nunmehro hierſelbſt etabliret, bath ebenmäßig ihm die Bürger ſchaft für ein leydliches zu belaſſen. Worauf ihm praevia deliberatione die Bürgerschaft, weil er genugsam angeſeſſen, für diesmal für 5 Rthlr. und 2 lederne Eymer belaſſen, welche er Termino Ludgeri zur Rentmeiſterey abzuführen hat . Die praesentzien ad 2 rth . 53 stb. hat derselbe sofort baar bezahlet. Weiter erschien der Schreinermeister Wilhelm Hogenforst von Linn aus dem Cöllnschen bürtig, so sich sonst zu Rönsdorf aufgehalten und jezt bei der Wittwe Heyden allhier einlogirt, welcher dann als Stadteingeſeſſener, weil er zur Gewinnung der Bürgerschaft die erforderliche Caution nicht leisten können, für 1 rth. praenumerando jährlich zur Rentmeisterei zu zahlen und sonstige bürgerliche Lasten zu praestiren angenommen werden . Ferner wurde vorgefordert Jean Pierre la Chere , ein Schustermeister von Meg aus Frankreich bürtig, welcher die Wittib Kortenack allhier geheyrathet, bath ihm die Bürgerschaft für ein leydliches zu belaſſen. Worauf ihm be wandten Umständen nach die Bürgerschaft für 5 Rthr. und 1 ledern Eymer, weil er eine Bürger-Wittib allhier geheyrathet hat, belaſſen worden. Die praesentzien offerirte morgen an zeitigen Herrn Bürgermeister Daber zu bezahlen . Noch erſchien Joh. Theod . Kottenberg von Recklinghausen bürtig, so bei Henr. Bonnenberg wohnte und zeigte sich willig, die Bürgerschaft zu ge winnen, wenn sie ihm für ein billiges belaßen würde, und wollte in Betreff der bürgerlichen Caution seinen Wirth, den hiesigen Bürger Henr. Bonnenberg sistiret haben. Henr. Bonnenberg persöhnlich erscheinend übernahm solche Caution für vorgenannten Rottenberg desuper stipulando ad manus dominorum. Hierauf ist ihm die Bürgerschaft für 5 Rthr. Termino Michaelis in die Rentmeiſterey zu zahlen und 2 lederne Eymer, wan sie gefordert werden, belaſſen worden. Die praesentzien ad 2 rl. 53 stb . hat derselbe bar bezahlet. (Conc. Protok. der Stadt Werden, Cps. 3 Nr. 4.)
12
helfen, eines zeitigen Herrn Bürgermeisters Geboth und Verboth respectiren und sonsten das thun und laßen , was einem chrbaren Bürger geziemt und gebührt.
So
wahr mir Gott helfe und sein
heiliges Evangelium. “ Unter Hinweis auf den Bürgereid erkennt der Abt den Magistrat als den gebietenden Herrn der Bürgerschaft an. Der Magistrat bestand aus gelehrten Stadtschreiber, welcher hatte.
12 Bürgern und
einem rechts
aber blos eine berathende Stimme
Von den 12 Magistratsperſonen waren
acht zugleich Land
gerichtsscheffen, zwei Senatoren und zwei Gildemeister ; lettere hatten die Pflicht, die städtiſchen Privilegien hinsichtlich des Gildenwesens zu wahren.
Der Bürgermeister war auch der erste Scheffe ;
das Scheffensiegel anvertraut.
alljährlich auf S. Peter am 22. Februar vom Sizung vollzogen ;
ihm war
Die Wahl des Bürgermeisters
dem neuernannten
wurde
Rath in öffentlicher
Stadtoberhaupt
wurden
als
Zeichen seiner Würde die Thorschlüssel der Stadt übergeben . Schied ein Rathsmitglied aus, so cooptirte sich der Rath. Bürgermeister und Rath wählten den Syndikus und die städtiſchen Beamten, den Stadtschreiber, Rentmeister und Receptor ; dabei sollten sie nach alter Gewohnheit auf die geschicklichsten und meistbeerbten Can didaten ohne Anschen der Religion oder andere Nebenansichten sehen. Die Stadt Werden hatte im vorigen Jahrhundert einen Ad vokaten als ständigen Stadtsyndikus angenommen, welcher in allen juristischen Angelegenheiten mit Rath und That „ aſſiſtiren “ , auch in Prozessen die nöthigen Schriftstücke "Nothurst" heißt es in den Acten ―――― verfertigen und alles, was einem getreuen Advokaten ob licget, jederzeit thun und verrichten solle.
Bei der Anstellung
mußte
er der Bürgerschaft den Eid der Treue schwören. Sein Eid lautete : „Ich .. schwöre hiermit einen leiblichen Eyd zu Gott dem Allmächtigen,
daß
nachdem
der Stadt mir das bishero
von
einem
hiesigen
löbl.
Magistrath
vacant gewesene Stadt- Syndikat-Ambt
anvertraut und conferiret worden, ich besagter Stadt und gemeinen Bürgerschaft treu hold und gewärtig seyn, meinem mir obliegendem Officio
allenthalben mit völliger Treue und Redlichkeit nach meinem
besten Wissen und Gewissen vorstehen, der Stadt Bestes und Wohl fahrt suchen und zu befördern helfen,
allen Schaden und Nachtheil
nach meinem Vermögen und Kräften abzuwenden mir angelegen seyn
13
laſſen.
Ueberhaupt will ich alles zum Besten der Stadt und Bürger
schaft ersinnliche und gereichende an Hand geben,
des
endes
dann
insonderheit und vornehmlich aber auf Städtischen Intraden der Rent meisterey und Receptur, deren Verbesserung, Herstellung und specialiter deren nüßliche Verwendung bey den gewöhnlichen Verrechnungen ohne Ansehen der Persohn getreuliche gewiſſenhafte und die genaueste Obacht nehmen und in behörende Ordnung bringen, dabey also auch eine ganz genaue ohnparteyische und rechtliche Vormundschafts- und Justiz verwaltung sich mit angelegen sein laſſen und dieserwegen nach des Reichs gemeinen Rechten und
besonderer Städtischen Verfassung und
Observang die
Sachen dirigiren
vorkommende
Verständniß gemäß , nicht
Rechten informirten Gewissen etwas so wenig aus
und meinem besten
aus eigenem gesuchten, sondern aus denen rechten und urtheilen,
Gunsten als Freundſchaft
noch mich durch
darwider bewegen,
vielweniger von den Partheyen oder jemand anderster solcher Sachen halber einige Gab, Geschenk oder Nußen, wie es Nahmen haben mag, durch mich selbst oder andere nehmen laſſen, ſolchergestalten alſo alles dasjenige allen fleißes
wahrnehmen solle und wolle,
was nur von
einem getreuen und redlichen Syndico erfordert und jederzeit vor So wahr Gott und der Welt verantwortet werden kann und mag. mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium . " Das Amt eines Stadtschreibers wurde hier im vorigen Jahrhundert von einem Juristen versehen. Bei seiner versammeltem Rat folgenden Eid :
Anstellung
schwur er vor
"Ich ..... schwöre den Eid zu Gott, daß ich dem Magistrat treu hold und gewärtig sein, die mir von demselben anvertrauenden Geheimnisse Niemandem offenbare, meinem Amte allenthalben mit völliger Treue nach meinem besten Wissen und Gewissen vorstehe, der Stadt Bestes suche und befördern helfe, Schaden und Nachtheil aber nach meinem Vermögen und Kräften abzukehren mich befleißen, die Stadtregistratur oder Archiv und die mir anvertrauten Judicialia in gute Ordnung bringen und halten, sonst alles übrige thun wolle was zum Amt eines gewissenhaften Stadtschreibers erfordert werden. kann und mag . So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium. " Betreffs der Vereidigung der städtiſchen Kaſſenbeamten bestimmte die abteiliche Verordnung in § 27:
14
Ein neu angehender Rentmeister soll zu desto mehrerer Versicherung dessen Treue in Verwaltung der Rentmeisterei bei seiner Reception in Eyd und pflicht genommen werden, ferner in § 39: Pro futuro soll ein neu angehender Receptor bei seiner Wehlung gleich dem Rentmeister mit becidet werden .
T I
Dem Abt als Landesherrn leisteten Bürgermeister und Scheffen den
Eid der
Treue ;
sie gelobten
als ihrem rechten Erbherrn.
ihm
treu
und huld
Für den Stadtschreiber und
zu
ſein
den Con
tributions -Receptor mußte die landesherrliche Bestätigung nachgesucht werden. Die Rottmeister und der Rentmeister wurden weder vom I Abte in Eid und Pflicht genommen, noch bedurften sie der Beſtäti gung des Abtes ; vielleicht kommt darin die Selbständigkeit zum Aus druck, welche die Stadt früher besessen hatte.
in vermögensrechtlicher
Beziehung
Drei Aufgaben lagen dem Magistrat ob : er hatte die Gerichtsbar keit, die Polizei und die Kaſſengeschäfte der Stadt zu verwalten. Ueber die Gerichtsbarkeit des Magistrats wird an andererer Stelle berichtet. Als Polizeibehörde hatte er die Aufsicht über die Straßen, die Stadtmauern, die Feuerstellen und die Nachtwache.
Straßen, Thore
und Stadtmauern waren in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in schlechter Verfassung. Die Pflasterung der Straßen sollte damals auf Kosten der städtischen Rentei in Angriff genommen werden ; die Abtei stellte eine Beihülfe in Aussicht ; zur Deckung der Kosten sollten auch die Hauseigenthümer herangezogen werden. pecuniären
Verhältnisse
dieses Plans .
der
Allein
die
schlechten
Bürgerschaft hemmten die Ausführung
In den 80er Jahren wurde angeregt, die Stadt möge
sich selbst einen Steinbruch anschaffen Pflaster und Maurerarbeiten.
behufs billiger Herstellung der
|
Die Feuerstellen werden alljährlich im Monat Auguſt durch den Magistrat besichtigt.
Dieselben waren damals in schlechtem Zustande. *)
Vielfach bestanden hier Strohdächer und hölzerne Schornsteine ; viele Defenröhren führten direct aus der Stube auf die Straße. *) Anmerkung . Bei einer in den 80er Jahren abgehaltenen Reviſion wurden von 200 Feuerstellen ca. 50 als feuergefährlich befunden. Zur Ver besserung dieser Zustände gab die Stadt Beihülfe, z . B. wenn Jemand ſtatt des Strohdaches sich ein Pfannendach machen ließ . Einige Protokolle aus dieser Zeit mögen die damaligen Verhältniſſe beleuchten.
1
15
Ferner hatte der Rath die Aufsicht über die Nachtwache. Außer von dem Nachtwächter, welcher zugleich Stadt- und Rathsdiener war, wurde dieselbe von einem Wachtmeister und 4 Wachthältern besorgt. Dieselben patrouillirten im Sommer von 11-3 Uhr, im Winter von 10—4 Uhr ununterbrochen durch die Stadt nnd visitirten von Zeit zu Zeit besonders öffentliche oder verdächtige Häuser. Nachtwache hatte ihr Quartier in der Heckpforte.
Die bürgerliche Dieselbe mußte
jeden Abend von den Rathspersonen und drei Officieren der Bürger
Werden in curia den 14. Juni 1785. Coram convocato magistratu Praesentibus Dd . Cons. Stockebrand, Striebeck, Daber, Nölcken und Enshoff. Sen. Dehmer und Overhamm . Tri bunis plebis Tüschen und Lauthen. Da heute Morgen wiederum unvermuthet Feuersbrunst bei der Wittwe Hiegemann entstanden und bei der Löschung Mangel an Brand-Eymers be funden, weshalb Magistratus convociret worden. So proponirt zeitl. Herr Bürgermeister, ob nicht sämmtlichen Bürgern von Magistratswegen bei Strafe von 10 Mark Brüchte anbefohlen würde, sich binnen 2 Monathen einen ledern Eymer vor sich ins Haus anzuſchaffen. Resolutio. Worauf einmüthig beſchloſſen, daß ſolches und zwarn bei 15 Mark Brüchten sofort durch die ganze Stadt an jeden Bürger durch den Rathdiener Großhener anbefohlen werden solle. Gleichdann auch allen denjenigen vorhaupts so eine gefährliche Ofens pfeife haben, bei ebenmäßiger Brüchte anbefohlen werden solle, sich einen steinernen Schornstein ungesäumt einzulegen und zum Dache herausführen, widrigenfalls nicht nur sofort die Brüchte zu zahlen, welche zur Verbeſſerung der Brandgereidschaft bestimmt war, sondern auch die gefährliche Ofenspfeife eingeschlept werden solle. Zum Anderen trüge er vor : ob nicht bei jedem Brunnen eine Brand bütte zu stellen und solche jederzeit mit Wasser gefüllet von den Nachbarscheffen in Bereitschaft zu halten seye. Resolutio. Es sollen zu folge conclusi zwölf Bütten von Größe auf den nachbar lichen Fuß der Stadt Essen verfertigt, an den publiquen Orten der Brunnen, Püßen und Pumpen hingestellet, mithin solche ehiſtens accordiret werden . Ferner und 3tens ob nicht ein eigener Brandmeiſter, ſo bei entſtehendem Brand vorangehen, sofort Ordnung zu löschen mache, anzustellen und dazu der Abels anzuordnen . Hierauf haben sich sämmtliche Magistratsglieder reſolviret, sich bei ent ſtehender Feuersbrunſt ſofort am Rathhause zu verſammeln und nebſt 2 Brand meiſtern und der ordinären Wache nach dem Orte des Feuers zu verfügen und Ordnung zum Löschen zu veranstalten, fort jedem Bürger bei ſchwerſter
16
schaft wechselweise visitirt werden . Zur Beleuchtung der Nachtwach stube dienten Thranlampen, da der Abt den Gebrauch von Del verboten hatte.
Zum Brand sollten allabendlich nicht mehr als 50 Pfd . Kohlen
durch die wachthabenden Rottmeister aus einem schließbaren Behältniß abgewogen werden .
Die Kosten für die Nachtwache wurden von den
Rotten 1-20 getragen ; die Vorstadt (Heckstraße) lehnte es an diese Ordnung anzuschließen.
ab, sich
Von den übrigen Thoren diente das Bornthor als Gefängniß ; hier wurden auch die Frrsinnigen untergebracht, daher auch der Name Narrenkasten. Die Arrestanten mußten, so bestimmte der Abt, die Kosten der Inhaftirung selbst bestr eiten ; dieselben sollten auch bald möglichst dem Richter über liefert werden. In dritter Linie war dem Magistrat die städtische Vermögens verwaltung und das Steuerwesen unterstellt. Die Stadtkasse war in zwei von einander unabhängige Abthei Der Receptor hatte die Contributionskasse, der
lungen getrennt.
Rentmeister die eigentliche Stadtkasse zu verwalten. Die Recepturkaſſe war ursprünglich bestimmt, die landesherrlichen Contributionssteuern " an die Abtei abzuliefern, später wurde ihr die Auszahlung der Königlichen Steuern
(für den König von Preußen)
Strafe und schärfster Ahndung, allenfalls förperlichen Arrestes, anzubefehlen, sich deren Magiſtratsverfügung nicht zu wiederſeßen. Es ist hierauf der Johan Abels zum Rathhauſe berufen und Ihm der Vorschlag zur Uebernahme der Brandmeiſterſtelle gethan. Worauf derselbe ſich auch willig dazu erklärte, jedoch einen Zimmermeister zum aßistenten verlangte. Weshalb der Meister Wimhoff ebenmäßig vorgefordert und ihm gleicher Antrag geschehen. Da nun beyde sich zur Annahme dieſes Brandmeiſters Amts bereitwillig erklären, ſo ſind dieſelben von Magistrats Wegen autorisirt und Ihnen ver ſprochen worden, daß sie nach bey jedesmaligem Vorfall nach Beſchaffenheit ihrer Mühewaltung reichlich belohnet und wider alle Opponenten kräftigs geſchüßet werden sollen. 1) Nach Müller's Werk über die Landeshoheit der Werdener Aebte (S. 15) „ betragen die gewöhnlichen jährlichen Abgaben an den Abt des Stifts beiläufig 2000 Nthr. clevisch. Davon genießt der Abt 600 Nthr. clevisch für seinen häuslichen Soldatenstand, den er halten kann oder nicht. Dies ist das einzige, was er als Landesherr an Landessteuer bezicht. Alles übrige wird zur Reichs- und Kreisgeſandſchaft, Kammerzielen, zu gemeinsamen Nothdurften, Zinsen u. s. w . verwendet. " 2) S. darüber meine Arbeit über die Werdener Nachbarschaften im IV. Heft der „Beiträge", 1895. S. 51 und 54.
4 .
1
17
auferlegt.
Außerdem hatte die Receptur nach der Verfügung des Abts
die Auszahlung des Gehalts an den Stadtſyndikus , den Stadtschreiber und den Armenjäger zu besorgen, die jährlichen Interessen der von der Stadt wegen der letzten Einquartierung aufgenommenen Kapitalien zu zahlen, die Kosten für die Reparatur der städtischen Brandsprite, für die Heizung der Rathsstube und endlich für die Anschaffung der Neujahrs-Kalender zu verausgaben. Als Einnahmequellen der
Contributionskasse dienten die Erb
grundsteuer und das Nahrungsgeld. Es
waren sämmtliche
Erbgründe
als :
Häuser,
Ländereien,
Gärten und Wiesen steuerpflichtig . Für die Erbgründe der Bedienten der Canzlei, des Landgerichts und der Kirche beanspruchte der Abt auf Grund früherer Concordate Steuerfreiheit.
Jedes Grundstück wurde
ſeitens des Magiſtrats eingeſchäßt und festgesetzt, wie viel es in einer Sazung zu zahlen hatte. Vier Sayungen machten einen einfachen Aus schlag, deren jährlich in gewöhnlichen Zeiten vier gemacht wurden . Waren höhere Ausgaben seitens der Stadt erforderlich ,
wie in Kriegs- und
theuern Zeiten, so wurden mehr als vier oder doppelte Ausschläge angeordnet. Hierüber hatte aber der Magistrat nicht allein zu be stimmen, es mußte die Zustimmung der Rottmeister und die Beſtäti gung des Abts eingeholt werden . Die Einschäßungen wurden vom Stadtschreiber in die städtische Matrikel eingetragen. Kauf,
Theilung,
Bürger, welche abgabepflichtige Erbgründe durch oder sonstwie acquirirten, hatten davon
Uebertrag
binnen acht Tagen dem Stadtschreiber behufs zu machen.
Umschreibung Anzeige
Interessant ist die Bestimmung in § 43 : „ Es sollen diejenigen, welche nöthiger Reparationen verbessern und
ihr Haus
und Erb vermittels
oder altverfallene Häuser abbrechen.
neue dahin sehen lassen, oder gar solche auf ihr eigenes Erbe
ertendiren, dieſetwegen in der Matrikel keineswegs verhöhet, sondern weilen dergleichen Reparationes und Gebäude vielmehr dem gemeinen Wesen zum Besten und der Stadt zum Ansehen gereichen, bey dem alten Anschlag belassen werden, mit
ernstlicher Verwahrung, dafern
diesem zuwider gehandelt würde, die Uebertreter empfindlichst bestraft werden sollen. " Die Matrikel wurde alljährlich vom Magistrat revidirt und sollte alle 12 Jahre der Gebühr nach völlig rectificist" werden.
18
Außer der Grundsteuer wurde hier eine Nahrungssteuer erhoben. Jeder nahrungstreibende Eingesessene“ hatte in jedem einfachen Ausschlage ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens 7 Stüber = 26 Pfg. zu zahlen, für
die Wittwen war die Steuer auf die
Hälfte ermäßigt. Ueber die Aufstellung
der Steuerliste
bestimmte die abteiliche
Verordnung in § 40 : So oft Sagungen ausgeschlagen werden, soll der Stadtschreiber die verfertigten Hebezetteln, welche mit
aller Accuratesse
eingerichtet,
keineswegs antedatiret und darinnen besonders die jährlichen Schüßen könige beider Compagnien, welche hergebrachtermaßen ein ganzes Jahr von allen Satungen und Personallasten frei sind und künftig bleiben ſollen, mitbemerkt ſein müſſen, zuvoderiſt Bürgermeister und Rath zur Revision und
eventueler
Correction
vor
und offenlegen, diese aber
darauf nach beschehener Revision das Praesentatum nächst
die sämmtlichen
Rottmeister
in pleno
seßen und dem
convociren,
selbigen
den Ausschlag bekannt machen und die Hebezettel zur Eintragung zu stellen lassen. *) Die Hebezettel wurden vom zeitlichen
Stadtschreiber
in
das
Hauptprotocollbuch eingetragen.. Der Receptor erhielt davon eine Ab schrift, wonach
er empfing
Empfang nach vorgängiger rechnete.
und bei Collation
der Rechnungsablage mit dem
Mit Rücksicht auf die frühere Lässigkeit
seinen
Hauptprotokoll
be=
in der Beitreibung der
Contributionsjagungsgelder bestimmte der Abt in § 38 : Der Receptor solle diejenigen Contribuentes,
welche binnen Monatsfrist nach dato
des beschehenen Ausschlages ihr Contingent nicht abtragen, sofort ohne Nachsicht crecutiren lassen ; dem Receptor dagegen sollten die Reste, welche durch sein strafbares Nachsehen gekommen, bei Ablage der Rechnung zur Last gestellt werden . Besondere Schwierigkeiten machte die Beitreibung der
Steuern
von den Forensen. Es hatten nämlich einige Bauern in der städtischen Gemeinde contribuable" Grundstücke, wofür sie natürlich eingeschäßt waren. Waren sie in ihren Zahlungen säumig, so konnten sie von der Stadt nicht erekutirt werden ; die Stadt mußte
dafür die Hilfe
*) Vom Jahre 1756 an weigerten sich die Rottmeister die Eintreibung der Steuern zu beſorgen.
19
des abteilichen Landrichters in Anspruch nehmen . Als der Magiſtrat aber die Forensen zu pfänden versuchte, flicte mit der abteilichen Kanzlei.
entstanden langwierige Con
Das Recht, Anweisungen auf die Receptur zu geben, hatte nur der Bürgermeister. Nach § 35 der Verordnung sollte „ die eigenmäßige Einbehaltung Satungsgelder von den Creditoribus , so von der Stadt zu
der fordern haben, durchaus nicht mehr geduldet werden, sondern weilen
dadurch zum öftern nicht geringe Confusion entstehet und zu befahren ist, daß eins zweimahl bezahlt werden, ein jeder sein Contingent zu dem Anschlag unweigerlich beitragen, mithin wenn ein Creditor zu bezahlen ist, Bürgermeister und Rath mit demselben zuvordriſt liquidiren und alsdann gehörige Assignationes zur Zahlung ge= geben werden". Das Verzeichniß der Anweisungen mußte der Receptor bei der — Die Rechnungslage fand vor den abtei
Rechnungslage vorlegen . lichen
Commissarien,
den Pfarrern
von Born und Neukirchen als
Meistbeerbten, dem gesammten Magistrat und den Rottmeistern ſtatt ; das darüber abgefaßte Protokoll wurde von Allen unterzeichnet. Die eigentliche Stadtkaſſe, welche ſowohl die städtischen Revenuen, als auch die stehenden Gemeindeausgaben zu besorgen hatte, sollte die Rentmeisterei sein. Gemäß der Verfügung des Abts Benedict hat sie zu erheben : Das Stadt-Grundgelt, die Pächte von Billstein und von den städtischen Wiesen, Hagen und Gärten, ferner das
jährliche Wegegeld *) (d . i .
*) Bezüglich der Wegegeldrevenuen findet sich in einer Beschwerdeſchrift des Abts Anselmus Sonius d. a. 1774 (Abſchrift des Schreibens im Besive der Familie Bonnenberg) folgende Mittheilung : „ Die Geschichte der Wegegeld revenuen ist dieſe : Im Jahre 1426 in die Viti Martyris hat der damalige h . Reichsabt Th. Adolph von Spiegelberg dem Bürgermeister, Scheffen und Rath der Stadt Werden erlaubt, daß sie die ihnen festgesezte passage gelder von allem Fuhr werk, Pferden und Menschen, welche sich der über den dort vorbeiflicßenden Ruhrstrom vor einiger Zeit schon angelegten steinernen brücke bedienen wollten, einheben lassen könnten, mit dem beding jedoch, daß sie damit diese brücke im Stande halten und um die Stadt eine Mauer vor und nach an legen lassen sollen. Er hat sich in dem ausgegebenen Conceſſions - Instrument nicht nur ausdrücklich vorbehalten, daß der hierüber gestellte Einheber vor dem Capitul und Bürgerschaft soll jährlichs Rechnung ablegen, ſondern auch diese Erlaubniß nach Belieben von ihm oder seinen Nachtömlingen widerrufen werden könne. Bürgermeister und Rath haben Nahmens der Stadt in einem eadem dieserhalb aus gestellten Reversal die ganze in extenso darin eingerückte Vorschrift in allen
20
Pachtgeld für die Ruhrfähre) , die Bürgergelder
(behufs Gewinnung
der Bürgerschaft), die Brüchten, die 100sten Pfennige (Abgaben bei Verkauf von Erbgründen). Nach den Rentmeisterei -Rechnungen wurden von dem Wegegeld, welches in der Mitte des Jahrhundert 26 Rthr. 30 Alb . eintrug, 14 Rthr. 43 Alb . an die evangelische Gemeinde gezahlt. In dem Landesregulativ d . a . 1776 der Stadt diese Zinsen definitiv zuerkannt.
werden den protestantischen Eingesessenen
sowie
auch die Einkünfte des
Billsteins
Von dem Wegegeld waren die Franziskaner von Effen, Harden berg und Ratingen „ observanzmäßig “, wie es in der Verfügung heißt, frei. Der Pächter half sich, indem er den Ausfall von der Pachtſumme abzog.
Der Abt verbietet diesen Abzug .
Er verfügte Er
nach § 16, der Pächter habe, gleichwie er nicht den Ueberschuß der Stadt berechnete, das Weggeld ohne Kürzung an den Rentmeister zu entrichten. In § 28 der abteilichen Verordnung werden die Geschäfte der Rentmeisterei umgrenzt. Dieselbe habe zunächst die gewöhnlichen Abgaben in die Kellerei und das Priorat, sowie an die evangeliſch-luthe rischen Prediger und Provisoren des Gasthauses
zu beſorgen, ferner
1. das jährliche Schließgeld der Born-, Ruhr- und Heckpförtner, 2. das Gehalt und die Montur des Stadtdieners, 3. die
Reparationen der Stadtpforten,
sonstigen Gewerken,
Mauern,
Wege und
(diese Arbeiten hatte der Rentmeister
und zwar an den Mindestfordernden zu vergeben), 4. 14 Rthr 15 ſtbr. anstatt des ehemaligen „ St. Peters Trac taments “, (an diesem Tag war Bürgermeisterwahl, wobei Rath Rottmeister und die Beamten ihr Tractament" erhielten),
getreulich zu befolgen angelobet und zu mehrerer wahrheit und festhaltung noch den Drosten von Werden, Wessel von Loe, sein Siegel mit daran zu hangen ersucht. Da nun diese Brücke allmählich mehr und mehr verfallen und unpaſſirlich geworden, hat die Abtei auf diesem Flusse eine Schifffehr angelegt, der Stadt aber aus purer Gnade diese passage-Einkünfte unter dem Namen von Weg- oder Passier - Geld durch die Stadt bishin noch immer belaſſen. Dieses Geld ſolte in die Stadsrentmeisterei fließen und zur Straßenreparatur verwendet werden, aber leider ist auch hievon schon ein großer teil von den Protestanten an ihre Prediger verbracht worden, worüber die Statholiken noch würcklich ihre Beschwerde führen. “
21
5. die Gebotsgelder bei Verpachtung des Weggeldes, 6. 2 Rthr. 30 stbr. als Gebühr für den Rath wegen der Be
sichtigung der Feuerstätten, 7. die Eventual-Proceßkosten in nüßlichen Stadtssachen, 8. das gewöhnliche Traktament eines neu angehenden Gerichts scheffen ad 4 Rthr, 9. das jährliche Mitgehalt des Stadtſchreibers (für Bearbeitung der Heberegister) ad 3 Rthr, 10. die Contributiones
von
Sonthums Land
und Hartmanns
Kamp, „ worab die Rentmeisterei die Pacht genießet“, 11. die jährliche Pacht von einem der ev . Gemeinde angehörigen Stück Gartens und Grasplaßes , das zur Stadtbleiche mitge zogen worden.
Bezüglich der Stadtbleiche bestimmte der
Abt (§ 44), „ dieselbe wäre zunächst für die Eingesessenen zum Bleichen ihrer Wäsche da und so für andere Leute Stücke Tuchs stehen",
dann
erst
zu
für diejenigen,
bleichen in
Verding
12. sollten aus den Mitteln der Rentmeisterei noch die Kosten für Brand und Licht zu Behuf der bürgerlichen Nachtwache an der Heckpforte bestritten werden. Um den früher erwähnten Schlendrian nicht mehr zu lassen, verordnete
der
Abt,
daß
aufkommen.
nur der Rentmeister die betr.
Steuern zu empfangen und zu berechnen habe.
Auch hatte nur der
Bürgermeister das Recht, Anweisungen auf die Kasse zu geben und war nur der Rentmeister befugt, Rentmeisterei zu leisten.
Zahlungen an die Gläubiger der
Die Festsetung der bürgerlichen
Abgaben
erfolgte seitens des
Magistrats an gewöhnlichen Rathstagen, welche von 14 zu 14 Tagen abgehalten werden sollten . Der Stadtschreiber hatte das Protocoll Anschläge der
Bürgergelder,
der Brüchte
anzufertigen über die
und der 10 und 100ſten
Pfennige, cum die et consule" und mußte dabei das Quantum der Kaufpfennige, wonach die 10 und 100sten Pfennige eingerichtet würden, vermerken. Der Rentmeister erhielt einen „ Extractus pro tocollaris
zur Beitreibung zugestellt.
Alljährlich
hatte der Rentmeister Rechnungsablage
Magistrat und den
Rottmeistern, wobei
vor
dem
er seinen Empfang durch
22
den Heb- und die Wachtzettel und die Ausgaben durch die Anweisungen nachzuweisen hatte.
Ueber die Rechnungsablage wurde ein Protokoll
angefertigt und vom Magistrat und den Rottmeistern unterzeichnet. Bezüglich der Steuerverhältnisse bringt das Werdener Stadtarchiv einiges
Material
Aus
dem
Jahre
1706
haben
wir
eine
Ein
schäßung der Bürger, woraus hervorgeht, wieviel sie von ihren Erbgrün den in einer Sazung zu bezahlen haben . Es finden sich Einschäßungen von 1 Stbr. (bei einem Kreissoldaten) bis zu einem Saße von 2 Rthlr. 16 Stbr. bei dem Gildemeister Hufmann.
lleber 1 Rthlr. waren da mals noch neun Bürger eingeschäßt : Gildemeister Leers, Joh. Stockebrand, Bernard Holtei, Bürgermeister Tüschen, Wilh. Offerhaus , Peter Kirchmann, Scheffe Hiegemann, Josef Fischell. *)
Voshege,
In einem Ausschlage wurden vier Saßungen berechnet . Ueber die Höhe der Ausschläge geben eine Reihe von Receptur kassenbüchern Auskunft : 1749 war 1 Ausschlag in der Höhe von 290 Thlr.
1750 1751
"
1752
"
"
2 Ausschläge " 4 " " 1 Ausschlag "
"!
"I
"
622
"
"
"
"/
1226
"
"/
"
"
308
"/
421/2 Stbr. 271/2 "
Sa. 2458 Thlr. 10 "
Der Receptor meldet den Empfang von 2360
111/2
Stbr.
"
wozu noch der Empfang von Restanten im
730
Betrage von
27/4 "
"
Gesammtsumme 3091 Thlr.
91/4 Stbr.
Die große Menge der Restanten spricht nicht für günstige Ein kommensverhältnisse. In den Ausschlägen heißt es regelmäßig, daß die Schüßenkönige frei bleiben, und es wird die betr. Sabung abgezogen. als Schüßenkönig frei, ab So 1749 Arnold Peters 241/2stbr. 7 Ecrath " " " "I "
1750 Conrad Hiegemann " Evert Nockmann " 1750 Cranendiec " Gerh. Wintgen
"
"/ 1 Thlr. 8 19
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"!
"
"
"
111/2 " 29 "I
*) Nach unserem Gelde zahlte demnach der obige Kreissoldat von seinem Erbe eine Steuer von 15 Pfg. und der Gildemeister Hufmann 5 Mk. 10 Pfg.
23
1751 dieselben. Im 4. Ausschlag Cranendieck und Peſch ſen. als König frei, für lehteren 28 ſtbr . ab. Aus diesen Einschätzungen auch geht hervor, daß die Schüßen könige aus den verschiedensten Vermögensklaſſen hervorgingen. Ueber die Ausgaben aus den Jahren 1749-1752 berichtet der Receptor : 648 Thlr. Contribution an die Abtei*) · • 880 Thlr. Königliche Steuern Aus den Stadtrechnungen
dieser Jahre geht hervor, daß die
Commiſſion, welche die Verordnung des Abts Benedikt vorbereitete, sich hat's gut sein lassen. Die Untersuchung kostete, so klagt später der Magistrat, einige 100 Reichsthaler Wein und noch mehrere 100 an
Diäten
und
anderen Kosten.
Den Rottmeistern wären sogar
Diäten zugelegt.
Die Receptur weist nach, daß • 345 Thlr., an Commissionsgebühren " 191/2 stbr. ferner an Weinrechnungen • 286 271/2 "" u. für die Rottmeister an Diäten 75 ""
ausgegeben wurden.
Es sind Tage verzeichnet, wo die Commiſſion für
3, 4, ja für 7 Rthlr. 36 ſtbr. verbrauchte.
Rothwein
auf Kosten der
Stadt
Die Recepturrechnungen von 1. XII . 1756 bis 1. XII. 1758 vermerken an 10 Ausschlägen die Summe von 1514 Rthlr. 38 ſtbr. Es kamen insgesammt ein • · verausgabt wurden
1489 Rthlr. 251/4 stbr., 48 1317 " "/
Die Ausgaben betreffen :
Rthlr.
I. Leste Receptur-Rechnung, Diäten und Con · ſumption 1. Kl. Preußische Steuer-Gelder an v. Hoven · III . Stadt -Contributionsausgabe Landreceptur Richter Funk IV. Prozeß
und
25 90
abteil. . 297 an das
9
an die
Appellationskosten die Canzlei und nach · 160
hiesige Landgericht, Cleve .
stbr.
71/2
371/2
*) Die Stadt zahlte damals 3/100 der Abgaben des Stifts ; das ganze Stift zahlte also an die Abtei 21,600 Thlr.
24
Rthlr.
stbr.
V. Was während des Krieges an die Franzosen, Hannoversche und andere Truppen an Durch märschen, Winterquartier 2c. bezahlt wurde . 467 VI. Stadtsecretärs
Gehalt
incl. Ausgaben
für
Papier VII. Jährliche
Visitation
Stadtdiener,
Ofenheizen
und
beitreibung
Steuer ·
36
64
231/2
11
29
24
IX. Stadtarmenjägergebühr X. Rathshaus - Reparaturen und Kohlen XI. Jährliche Interessen*)
XII. Allerhand Ausgaben Die Stadtrentmeisterei
27 der Brandsprißen und
Feuerstätten VIII. An
433/4
12 38
15 111/2
98
353/4
bewegte sich in bescheidenern Grenzen. auf 281 Rthlr., davon
1750 und 51 belaufen sich ihre Einnahmen für Weggeld 26 Rthlr. 30 stbr. gelder und den 100ten Pfennig .
und 142 Rthlr. 8 stbr. für Bürger
An Ausgaben sind verzeichnet für die beiden Jahre die Summe von 66 Thlr. 71/2 stbr.
Da die Rechnungen unvollständig ſind,
ſo
hat es wenig Werth, die einzelnen Posten mitzutheilen. Von Rentmeistereirechnungen sind im Werdener Stadtarchiv wenige vorhanden .
Aus
dem Jahre 1759 haben wir nur Belege zu der
Rentmeistereirechnung, erst von 1776 an finden sich hier wieder Ab rechnungen der Rentmeisterei. Ueber den Geldwerth der damaligen nungen zu entnehmen : 1 Karre Kohlen kostet 48 Stüber
Zeit
ist aus den Rech
1,80 Mk.
1 Paar Schuhe für den Stadtdiener kosten 1 Rthlr. 5 ſtbr. = 2,44 Mt. 1 Kanne Bier kostete 11/2 str. = 51/2 Pig. 1 Maaß Rothwein kostete 1748 20 ſtbr. = 75 Pfg . 1749 22 ſtbr. - 82 Pf. 1 Sauer Wasser und 2
Stück
Zucker " kosteten 91/2 stbr.
= 36 Pig .
*) An Zinsen wurden vier Prozent bezahlt ; demnach betrug die Stadt schuld c. 500 Rthlr.
25
2 Steinbrecher
erhalten
Lohn
für
12
Tage
36 stbr., also jeder pro Tag 9 stbr.
3 Rthlr.
34 Pfg .
2 Schreiner für Reparatur der Stadtdienerswohnung Tagelohn von 18 stbr. 1 Meister für Reparatur des 79 Big . von 21 ſtbr.
einen
Mühlenbachs einen Tagelohn
Interessant ist noch folgende Mittheilung aus dem Kaſſenbuch des Jahres 1756 :
A. XII N. 19
Rechnung wegen der bei dem hohen
Einzug
seiner
unsers
gnädigen
Hochwohlgeboren
Hochwürden Herrn
(Abt
Anselmus)
Gnaden
praefentirten
Carmina, derselben Druckung und Einbindung sammt der Mühewaltung des Verfaſſers zusammen mit 22 Rthlr. 48 stbr. 51,30 Mt. Der Beleg dafür giebt an, daß der Stadtsekretär Sommer die Gedichte verfaßt hatte und dafür vom Magistrat 10 Rthlr. (22,50 Mk. ) erhielt. Die Gedichte wurden in Essen in einer Auflage von 100 Stück gedruckt und mit einem güldenen Schnitt eingebunden. Die Stadtrechnungen geben die in Werden bezahlt wurden .
auch Auskunft über die Gehälter,
Bürgermeister, Rath und Rottmeister
verwalteten ihr Amt als Ehrenamt, d. h. sie bezogen kein Gehalt, aber ihre Mühewaltung war nicht umsonst.
So erhalten sie auf S.
Peter, dem Tage der Bürgermeisterwahl, 14 Rthlr.
25 stbr. (33,19
Mk.), bei Vergebung der Gartenpacht ein Tractament von 1 Rthlr. 3 ſtbr. (2,36 Mk.) , bei Verpachtung des Wegegeldes 1 Rthlr. (2,25 Mk.) , bei der Wahl eines
neuen Scheffen 4 Rthlr. ( 9 Mk. ) , bei der Wahl
Rentmeisters
1 Rthlr.
30 stbr.
(3,38
Mk. ) , bei
Brandsprisen 1 Rthlr. 20 ſtbr. (3,10 Mk.) ,
des
Besichtigung der
endlich bei Revisionen
der Thore und der Feuerstellen pro Mann und Tag 12 ſtbr. (45 Pfg . ) Machte ein Rathsglied in Stadtangelegenheiten Reisen, so durfte es pro Tag 20-30 stbr. Zehrungskosten berechnen. An diesen Ausgaben für Stadtsekretär.
den Magistrat participirte
auch der
Außerdem bezog er an Gehalt 6 Rthlr. (13,50 Mk.) ,
für Ausfertigung
der Heberegister 3
Brüchtenprotokoll an den Die Kaffenbeamten
Rthlr . (6,75 Mk. ) , für das
Rathstagen pro Fall
erhielten 3 % Hebegeld ;
4 stbr.
(15 Pig .).
das machte für den
26
Rentmeister anno 1750 und 51
9 Rthlr.
(20,25
Mk. ), für den
Receptor ca. 27 Rthlr. ( 60,75 Mk. ) Der Rentmeister bekam als seinen Antheil 12 Rthlr. 24 ſtbr. (40,90 Mt. ) für Revision der Thore und Mauer und für Vergebung der Reparaturarbeiten
an
denselben, ferner auf St. Peter 1 Rthlr.
(2,25 Mk.) und bei Rechnungsablage 51½ Schillinge. Der Stadtdiener hatte neben freier Wohnung 8 Rthlr. (18 Mk. ) Gehalt, alle 2 Jahre eine vollständige Montur und alle Jahre 1 Paar Schuhe. Der Abt bestimmte, daß dem Manne für die Leicheninvitation bei Absterben
der Rathsglieder, für das Einheizen
der Rathsstuben und für die Darbringung des Neuhjahrs -Wunſches aus Stadtmitteln Nichts gegeben würde, er habe genug, da er ohne dem Stadtnachtwächter und Pförtner sei. Etwas mehr erhielt der Armenjäger, nämlich 12 Rthlr. (20 Mk. ) pro Jahr. Der Stadtsyndikus war ursprünglich auf 12 Rthlr. (20 Mk.) gesezt worden. - Dr. Schorn erhielt 1763 25 Rthlr. (42,25 Mk.) und außerdem für seine Bemühungen (2,25 Mk. ), für
in Werden pro Tag 1 Rthlr.
auswärts 2 Rthlr. (4,50 Mk. ) .
1767 gewählt, beanspruchte 50
Rthlr.
Hofrath v. Horn,
( 112 Mk. )
und besondere
Honorirung von außerordentlichen Leistungen. Werfen wir einen Rückblick auf die städtische Verfaſſung, so läßt sich nicht verkennen, daß dacht war.
die Bürgerschaft mit Rechten karg be
Während die Stadt
von jeher sich ihrer Privilegien und
Freiheiten rühmte, stand sie jahrelang wegen ihrer Rechte im Kampf mit dem Landesherrn . Freilich handelte es sich weniger um die Rechte der Bürgerschaft
als
um die Macht des Magistrats .
Der
Magistrat herrschte in Werden, und es hatte die Bürgerſchaft auf die Zuſammenſeßung des Magistrats nicht den geringsten Einfluß. Der selbe wählte selbst seine Mitglieder und ergänzte sich durch Cooption. Die Bürgerschaft hatte bei Veräußerung
von
durch ihre Rottmeister nur etwas zu sagen städtischen
besonderer Steuern, sonst und zu thaten, sei es des Steuerweſens .
war
Erbstücken und bei
Ausschreibung
es Sache des Magistrats zu rechten
auf dem Gebiete der Justiz,
der Polizei oder
Unter Benedikts Nachfolger, dem Abte Anselmus,
entbrannte ein Kampf wegen der städtischen Privilegien.
Auf der
einen Seite stand der Abt, auf der anderen der Magistrat, unterſtüßt
27
von der preußischen Regierung, obgleich dieselbe als Vogt berufsmäßig die Abtei zu schüßen hatte. schrecklichen Bürgerstreit,
Der politische Kampf wurde zu
einem
als ' fonfessioneller Hader sich dazugesellte .
Nach langen Verhandlungen
fam cs 1774 und 76 zu
Vergleichen
zwischen Abtei und Vogtei, zwischen Abt und Stadt, zwischen Katho liken und Protestanten, wodurch die Macht des Magistrats und das bischen Recht der Bürgerschaft von Neuem bekräftigt wurde. Als aber Werden unter Preußens Scepter kam , da verlor es mit einem Schlag
eine
Privilegien und Freiheiten ;
der Magiſtrat
wurde abgeschafft und dessen Befugnisse nicht frei gewählten Bürgern, sondern regierungsseitig bestellten Beamten übertragen . Die Rottmeister, die Vertreter der Bürgerschaft, wurden nicht mehr befragt, das Gilde recht der Stadt hörte auf. Unter der kurzen franzöſiſchen Herrschaft ging es in Bezug auf die städtischen Freiheiten
nicht viel besser.
cipalität Werden, wozu die Stadt,
Es wurde für die Muni
die Honſchaften und Byfang ge
hörten, seitens der Regierung ein Bürgermeister nebst einem Muni cipalrath ernannt. Unter dem Krummstabe des Abts hatte Werden in seiner Verwaltung mehr Rechte und Freiheiten Banner der Revolution, der französischen Tricolore . Eine Aenderung
als unter dem
und wesentliche Beſſerung kam erst zu Stande
unter der preußischen Regierung vier Decennien später durch die Ein führung der Städteordnung vom 15. Mai 1856 .
Anlage.
Die Oekonomie- und Polizei- Ordnung der Stadt Werden von Abt Benedikt d . d . 22. September 1750.
Beglaubigte Abschrift im Werdener Stadtarchiv.
Von gottes gnaden, wir Benedictus, Dero Kayserliche Vud des H. Römischen Reichs F Ohnmittelbahr freyer Bud Erempter Stiefter Werden Vnd Helmstädt Abt, Füegen Burgemeister Vnd Rath Gield vnd Rottmeisteren, auch allen Vnd jeden Eingeseßenen hiesiger Vnser Stadt, denen daran gelegen, hiemit zu wißen demnach wir auß von gield u Rottmeistern hiesiger Bürgerschaft vns Häufig vor und an gebrachter Klagden Beschwerden vnd Irrungen Landsväterlich Bewogen worden seindt, dieselbige vermittels unterthänig
gebettener Nieder
ſebung special gnädiger Commiſſion der gebühr unterſuchen zu laßen, und dan in der that nicht ohne sonderlichen mißfallen wahrnehmen müßen, daß
ohnangesehen deren von vnseren vorherren Hochseligen
Andenkens Ferdinando, Caelestino, Theodoro
und theils von uns
selbsten Zum Besten der Deconomie vnd Policeyweesens
vor und
nach ergangenen Verordnungen, Befelcheren und Vorschriften Jedannoch seidt geraumer
Jahren entweder auß Conivens Bürgermeistern Vnd
Raths, oder geflißzendtlichen absichten einiger rathsverwanten vielfältige mißbräuche, Incovenientien, mängel, Unrichtigkeiten und Verwirrungen sich eingeschlichen, wodurch nicht nur unter der Bürgerschaft Unruhe und verlegenheit erwecket worden, sondern auch so gar verderbliches ungemach entstehn könne,
als haben wir zu beſt möglichster Entgeg=
nung dieses Eingerissenen Unwesens
auß landsherrlicher Obliegenheit
Unserer Stadt und Bürgerschaft zum guten, folgendes zu
verordnen
vor nöthig erachtet, und seßen dahero Ein vor allemahl veste :
29
1mo Gleich wie wir nie gemeint gewesen seindt, die brachte Privilegien und Vorzüge, überhaubt,
alte her
welche so woll der Stadt
als vnserm Burgemeister und rath ins Besonder
ankleben, Einigen Eintrach zu thuen, ſonderen dieselbe dabey nöthigenfals kräftig zu schüßen und zu handhaben Vns nicht entbrechen sollen, in so fern solche nicht zum nachtheil deß gemeinen wesens mißbrauchet werden, alſo iſt unser gnädiger Befehl und will , daß alle und jede unter hiesiger Vnserer Stadt Jurisdiction sortirrende Bürgere Vorgedl Burgemeister Vnd Rath, welche in denen Raths Stuben Vnſere perſon repreſentiren und in Vnserer Nahmen die Justiz Verwalthet, Inhalts ihres geleisteten Bürgeraydes allen geziemenden respect, folge und gehorsamb leiſten ſollen, 2do Damitten gleich wohlen auch denen Berechtigkeit deren Gild und Rottmeisteren der Bürgerschaft,
die welche wir in alle
wege aufsrecht erhalten wißen wollen, kein eingriff fernerhin geschehe, sondern selbige in dem Besiß ihrer vorherbragter Vorrechten nach wie vor ohngekrämket Verbleiben mögen, so verordnen wir hiemit, daß die Stadts -Renthmeisterein und Contributions-Receptur Rechnungen zu abwendung deß ohn · verantworthlichen schadens, welcher die Stadt
wegen nicht
zu gehörigen Zeit beſchehener ablage dieser rechnung, durch die Fumittels Verstorbene,
theils
und theils in mißzahlungs
Standt gerathene Contribuentes erlitten, wenigstens alle Zwey Jahr, vnd zwar alten herkommen nach, Petri Cathedram vor
Einige
der Burgemeisterswahl
melten offenen Rath und Sämplich darzu
täge ante
bey verſam
citirte Gild- u.
Rottmeisteren auch als viel die Receptur Rechnung betrifft vermittels gewonlicher zuziehung Vnserer Pastoren auffm Berge, und zu Neukirchen als meist und respec. mitbeerbter der
gebühr abgelegt, den Empfang mit der Außgabe und
darzu
gehörigen juſtifikacionen
und
quitungen
Denen an
wesenden deutlich vor und abgelesen, Vnd nach Protho colirtem resultat, Vnd formirten SchlußReceß von ob: gemelten sambt und woben wir unß oder anderen
sonders
Vnterschrieben Werden soll,
aber die Benen- Vnd zuordnung
Commissarii,
welcher
in Vnseren
eines
Nahmen.
dieser Rechnungs ablage zum Besten deß gemeinen Wesens
30
vblicher maßen mit behalten,
Beywohnen sollen,
außdrücklich vor
3tio Dahe sich in der That befunden, daß von Burgemeister vnd Rath verschiedene Stadts - Patrimonial-gründe, deren aquiſition der Stadt Thewer zu Stehen gekommen, veräußert worden, und dac uns als Landes- und in denen Stadts - Concordatis mitbenenten grund- und Erbherr so wohl, als der Bürger schafft nicht wenig daran gelegen, daß hier unten vors künftige Ziel und maß gesezet werde, so solle pro futuro Burgemeister und Rath keine veräußer- oder auch verseßung deren Stadts Erbstücken, sie sein noviter acquiriret oder nicht, in einerley weise, oder wege vornehmen, es were dan daß solches die umgängliche noth erforderte, und darüber zuvorderit Vnser Landsherrlicher Consens und appropation, wie auch die ein vnd Zustimmung deren die Bürgerſchafft re presentirender Gild und Rottmeisteren eingeholet wäre, mit der angeheffteter Declaration,
waß diesem Zuwieder gehan delet würde, solches alles von vnkräfften, auch an und vor sich selbsten null und nichtig, auch respectu prateritorum einem Jeden sein recht vorbehalten ſein ſolle, 4to Welchen auf vielfaltige und häuffige Klagden darüber ent standen, daß bey vorkommene marschfällen keine
Einquatirungs
vnd Durch
Ordnung über die Einbiletter- und ein
theilung der troppen
unter
der
Bürgerschafft
beobachtet
worden, ſondern nach maaßgab deren Neigungen und Eigen nüßigen Absichten theils Contribuentes über ihren ertrag be schweret, Andere theils nach ihrem Vermögen nicht ange geschlagen vnd theils gar verschönet geblieben, dergestalt, auch so gar denen jenigen von vnßeren Canceley
daß
und
landgerichts,
wie
auch
Kirchenbedienten,
so
nach
Maaßgab deren Concordaten de Anno 1317, 1648, 1671 von all solchen Lasten eremptt und frey seind, der bei Zu dringlichkeiten höchststraffbar zugemuthet werden wollen, so wird
Burgemeister und Rath ein
vor allemahl alles Ernst
erinneret, daß er in obbesagten fällen, zu vorkommung aller Unordnung, sich aller möglicher ohnpartheylichkeit, moderation und Bescheidenheit befleißigen, und die repartitionen unter einer jeder Rotte
der
Bürgerschaft
nach Vorschrifft
der
31
Matricul dergestalt einrichten solle, damit niemandt über die Gebühr graviret, vielweniger obgemelte Unsere Bediente wieder die Concordate beeinträchtiget, vnd wir nicht veranlaßet werden, wieder die Contravenientes Statuiren zu laßzen.
ein nachdrückliches
Exemplum
5to Soll ein gleiches in anſchung deren Beyden Officiers hiesigen Vnsern
CreißContingents
beobachtet
werden
Zwarn von ihren Erb und gründen, die
als
welche
gewöhnliche Con
tributiones abtragen auch respective deren selben zu den vor kommenden gab
der
Matricul
aber und Nahrung
einquatirungen
denen
Contribuiren,
mit
nach
realer
personallasten, dahe sie
treiben, sondern
zehren, nach dem bleiben sollen.
vnd durchmarsen
maaß
Belegung
keine bürgerliche
ihre Tractamenten dahier
Erempel deren
benachbarten
ver
verschonet
6to Daß sich öfters begiebt, daß bey denen Vorfallenden be sonders kleinen Durchmarchen nicht alle vnd Jede Bürgern sonderen nur ein
theil damit belegt, der andere aber frey
belaßen werde, ſo ſollen künfftighin auff dieſen fall die bey dem Ersteren Durchmarch frey gebliebene bey Vorkommung weiterer Durchmarschen damit belegt, vnd die vorhin be quattiert geweſene übersehen ;
Allenfalls
aber
die verschont
gebliebene vnd zwarn ein Jeder nach proportion seines Er trags zu gelt angeschlagen vnd die Einkommende geldern. zu keinen andern Behueff wie bißhero geschehen zu sein ge äußert dann zu billig maßiger über ihren
antheil getragen
vergütung verwendet
deren Jenigen so und
außgetheilet,
mithin richtige Rechnung über Empfang u . Außgabe geführet vnd vnserem zeitlichen Burgemeistern frey gestellet solchen Empfang selbsten zu
übernehmen,
bleiben,
oder Jemanden
auß dem rath darzu zu autorisiren, wobey sich von selbsten verstehet, daß sothane Rechnungen vor Bürgermeister u rath, wie auch Gild- u Rottmeisteren abgelegt werden müße. 7mo Indeme auch dem bono publico nicht wenig daran gelegen, daß in dem Stadts -Rath, die vacant werdende Rath- Stellen, Jedes mahl mit geschickten, vnd in bürgerlichen Stadtssachen kündig
vnd
erfahrenen subjectis hinwiederum besetet wer
den, so solle Burgemeister vnd Rath in solchen fällen, bey
32
wehlung deren Rathsglieder, Stadtsschreiber, Receptoris und Rentmeisteren vermög alter gewohnheit,
allemahl auff die
geschicklichste und meistbeerte unter der Bürgerschafft
ohn
ansehen der Religion oder andere Nebenabsichten die be hörige Reflerion nehmen, und gleich wie die new gewehlte scheffen hiesigen vnseren Landgerichts zu
werden pflegen,
also
auch
Bürgermeister, Stadtschreiber
von unß
ein
und
Confirmiret
angehender
zeitlicher
Contribucions - Receptor
Vnsere Landesherrliche Bestätigung, die wir gestalten Dingen nach nicht abschlagen, sondern gratis ertheilen
werden, zu
Imploriren gehalten sein, damit also dem gemeinen weesen Bester maßen prospiciiret vnd
alle künftighin deßfals zu
beſorgende außschweiffungen vermieden werden mögen. 8vo Nach dermahlen ferners bemerket worden, daß wieder die außdrückliche Verbotte vnserer Vorherrn von Burgemeister vnd Rath nebst denen gewöhnlicher Satzungen annoch be sondere Ertraordinaire außschläge geschehen, wodurch vnter der Bürgerschafft viele Unruhe, Beschwerde und Unordnungen erwecket worden, so sollen vors künfftige Dergleichen Separate außschläge, zu weßzen Behüff sie auch bestimmet sein mögen, durchauß kein Statt haben, sie seyen dan mit Vnserem vor wißen und Ratification auch Ein- und Beypflichtung deren gild
u Rottmeister
der
Bürgerſchaft veranlaßet
worden,
widrigenfals die Bürgern darzu zu Contribuiren nicht ver bunden sein sollen, 9mo Ebener gestalt soll Burgemeister und Rath so viel mög lich praecavieren damit die Stadt mit keinen vnnöthigen und vnfruchtbaren Prozessen, woran dem gemeinen Weesen und der Bürgerschafft nichts gelegen, vnd kein Vortheil zu hoffen, verwicklet, noch deßfals in verderb liche Kösten gestürzet werde,
es erfordere dan solches die
absolute Nothwendigkeit, daß Beste und die wohlfart des gemeinen
Weesens ,
von
weßen
Außschlag
Wir
uns die
gnädige Beurtheilung außdrücklich vorbehalten in Entstehung deßen
dergleichen
sondern dem
Prozeß Kösten
oder denen jenigen
nicht
der
Bürgerſchafft,
auß dem Rath, die auß
Privatabsichten Proceße entamiret, vor ihre perſon zur Laſt fallen sollen,
33
10mo Nach dem die Tägliche erfahrung giebt, daß denen fremden Einkommlingen ohne Vnterscheid vnd rücksicht deren hierunter von unseren Vorherren ergangener Verordnungen daß Burger recht verstattet zu werden pflege, dergestalt, daß verdächdig vnd an anderrn orthen verloffene leuthe, wann selbige nur die praesenz- vnd Burgergelder bezahlen Können, darzu admittiret werden, hernehst aber, in so fern sie Keine tüchtige profession erlernet, dem bono publico der Stadt zu Last verbleiben, so sollen pro futuro Keine Frembdelinge, weß Standes, Condition und Profession sie seyen, zu ge winnung der Burgerſchaft zugelaſſen werden, dieselbe haben dann zuvordriß die von unseren Vorherren festgestellte Caution von ZweyHundert Rthlr. realiter bestellet, auch glaubhafte Attestata ihrer Herkunft, Profeſſion und
dabevorigen Ver
haltens Beygebracht,
mit dem Zusay, dafern diesem nicht nachgelebet würde, Burgermeister vnd Rath ernstlich davor
angesehen, der oder diejenige aber, so daß Bürgerrecht erschleichen, desselben nicht nur verlustig seyn, sondern auch nach ermäßigung der Umständen werden sollen. 11mo Zumahlen auch nicht undeutlich daß Zeit einiger Jahren
auß der Stadt geschafft zum
vorschein Kommen,
nicht alle und jede eingegangene
Stadtsbruchten [worab dem Herkommen nach Vns 2/3 Theile zu Stehen] in denen Beysitzung Vnseres Bruchtengedings von Burgermeister und Rath praefentirten Specificationen außgeführet wordern,
sondern Vielmehr
ein ansehentlicher
Theil dieser Bruchten darin Strafbahr verschwiegen verblieben, vnd
dahero
aufs
Rechnungen laut
Beschehene
Examination
deren Stadts
darauß formirten Extractus Unß annoch
zu vnserem Antheil ein Resultat von Dreyßig sieben Reichsthl. zurückſtehet,
solle
stands
zu vorbiegung
und
außdrücklichen
Vorbehalt
ferner
weithen
dieſes
Rück
Unterschleifs
Künftighin Burgermeister und rath ein besonderes Protocollum über alle und jede eingehende Bruchten abhalten, darin die gebruchtete cum die et consule, nebst denen Ursache ihres Verschuldens Fleißig verzeichnen, mithin darauß einen Au thentiquen und aufrichtigen Ertractum Unseren Commissarien bey jedes
mahligem
Brüchtengeding
getreulich
einliefern,
34
fort den ertrag unsers antheils dieser Brüchten in Continenti auß besagter´ Renthmeiſterey
abführen laſſen, Keinesweges
aber in denen Brüchthaltigen sachen, Besonders in gefolg Deren
Worüber der Stadt,
Concordaten keine Cognition
zustehet, sich einiges Cognoscirens mehr anmaßen ,
mit der
Ernstlicher verwahrnung, daß entstehenden Fals die contra venientes nachdrücksambst bestraftet werden sollen. 12. Alsweilen nicht weniger die gewöhnliche
daß
ansehen
anzahl deren
gegeben,
ob solte
Rottmeisteren durch die zu
gehöriger Zeith Unterbliebene Besetzung deren vacanten Stellen wieder die alte observanz entweder vermindert oder abgestellt worden, gestaltsamb
die erfahrung gelehret, daß
verschiedene vacante Stellen unbeseßet geblieben, und theils Rotmeistere von selbsten
abzudanken genöthiget worden, so
sollen zur vorbiegung dieser dem gemeinen wesen so theiliger marimen auf den Fall,
nach
ein rotmeister abgehet, die
übrige Rotmeistere solches dem Zeitlichen Burgemeister früh zeitig anzeigen, und dabey ein oder anderen deren lichsten und meist beerbten auß
geschickt
der rotte, worin der ab
gegangener gestanden, in Vorschlag bringen, gemelter Bürge meister aber die wahl habe, einen auß dem vorgeschlagenen nach
gutfinden,
vnd zwarn
längstens binnen Zeit von
acht Tagn bis Dato deß beschehenen vorschlags anzurechnen, zum rothmeister anzusehen, eventualen fals Hierunter uns selbsten verordnet werden solle.
von
13. Dahe sich Ferneres geäußert, daß nebst dem Stadts- Receptoren und Rentmeistern, annoch einige auß dem rath verſchiedener privater Empfänger über Stadtsgelder sich unterzogen, ganz ohne daß selbige darzu die behörige authorisation vor weisen können, und dan dadurch in der Receptur so woll als Rentmeisterei nicht geringe Confusionen entstanden, zu mahlen die zur Receptur und reſpective Rentmeiſterey gehörige intraden und geldere nicht allemahl dahin, sondern zu particulair Händen gelangt, dergestalten zwarn, daß bey nahe, zu einer jeder revenue sich auch ein besonderer
empfanger dargestelt
gehabt, so solle dieser zum verderb deß gemeinen weesens eingeschlichener mißbrauch gänzlich abgestellt sein und bleiben, mithin der oder diejenige, so außer dem zeitlichen rent
35
meistern nnd Contributions Receptoren, sich eines besonderen empfangs, es seye über Stadts patrimonialgründe, Burger geldern, Brüchte, 10. u 100ten pfännigen, oder auch Sagungs geldern, ins Künftige anmaßen würde, in Zwanzig Marck Bruchten, davon Zwey dritte Theile an unß, vnd einer dritter Theil in die rentmeisterey ohnnachläßig zu Bezahlen verfallen sein, und dahingegen 14. Alle und jede zur Stadts Rentmeisterey revenuen und
gehörige
einkomsten als da ſeind daß
intraden ,
ſtadts-grund
gelt, Bilsteins, wieschen, Hagen, gärten, vnd ſonſtige pfächte, ſo dan daß jährliche Weggelt, Bürger gelder, Brüchten, und 100ste pfännigen meisterey
gebracht,
10.
und sonsten Hinwiederumb zur rent
und
alleinig
dem
Zeitlichen Rent
meister zum Empfang und Berechnung zugestellet werden, die Creditores
aber, so
an besagter Rentmeisterei Forderung
haben, ihre Zahlungen anderer gestalt nicht, dan auß Händen gemälter Rentmeiſteren empfange. 15. Damit nun auch gedachte rentmeisterey, welche vor Zeit einiger
Jahren
wiederumb
in Zimlichen
aufgeholfen und
verfall darauß
gerathen,
allgemach
die nötige
Ausgabe,
wovon hierunter die erwehnung geschehen solle, desto füg licher bestritten, mithin die Beschwerden der Bürgerschaft, so viel möglich, gehoben werden mögen, so sollen pro futuro an dem gepfachteteten weggelt,
an dictirten Brüchten, dem
ertrag des 10. und 100sten Pfennigs keine remiſſiones oder nachlaßungen, wie biß anhero geschehen, stat haben, sondern solche allemahl völlig
und zwarn als viel den 10ten
und
100 pfennings betrifft, nach dem ertrag deren Kaufpfenningen stilo ferreo entrichtet, auch niemanden unter 5 Rthl. daß Bürgerrecht verstattet werden, dahero 16. Der Zeitlicher weeggeltpfächtiger respective deren durch passirender, und mit Korn und sonstig für die PP. Ordinis s . Francisci, Essen, Hardenberg
vnd Ratingen beladener
Fuhren, welche von Zahlung deß Weeg-gelts obſervanzmäßig erempt vnd frey seindt,
an dem gepfachteten quanto Ferner
nichts in abzug bringen, sondern, gleich wie er den überschuß der Stadt nicht Berechne,
alſo
daß weeggelt
ohn
einiger
Dacourtirung an zeitlichen rentmeistern entrichten, mithin
36
dieser punct bey jedesmahliger Verpfachtung deren Vorwarden mit inseriret werden. 17. So dan die regulir- vnd Veſtſeßung deren so genanter Bürger gelderen nicht inter privatos parietes, sondern, weilen darab die gewöhnliche presensgelder pro toto senatu zahlet werden, alle mahl bei Verſambleten Offenen rath geschehen, und waß alsdan hier unter reguliret und beſchloſſen worden, dabey sein verbleiben haben deßgleichen sollen. 18. Als viel die Stadts Brüchten, wie auch die 10te und 100 . pfenningen betrifft, deren selben anschlag und Veſtſeßung, zu Vermeidung deren außerordentlicher convocationen der raths glieder und Menagirung dan auß
der Kösten
anderer geſtalt nicht,
denen gewöhnlichen Rathstägen und respect. nach
Erledigung deren Rathssachen vorgenommen
und
reguliret
werden, darab aber auß denen andictirten Brüchten so wenig als Veſt gestellten, 10ten vnd 100ten Pfenningen einige Jura genommen, sondern, dem alten gebrauch gemäß , weiter nichts , den vor den Stadtsschreibern 4 stüber Protocollgelt, welches die Brücht-fällige und in angeb10ten und
vnd Zahlung
deß
100ten pfennings saumig Befundene Debentes
selbst zahlen sollen, entrichtet mithin, 19. Dem Zeitlichen Rentmeisteren ab sothaner Regulir- und Veststellung deren Bürger geldern, Brüchten, 10. und 100ten pfenningen, wie auch von dem gepfachteten weeg- gelts quanto also fort ein extractus prothocollaris zur na hricht und Bey treibung zu gestellet werden, wes Endes, 20. Zeitlicher
Stadtsschreiber,
wovon bereits
nebst
dem Brüchten
Protocoll ,
hieroben § 11 erwehnet worden, annoch ins
Besondere ein ordentliches Protocollum vber die beschehenen Anschläg aller und jeder Bürgergelder so woll als die, welche den 10. vnd 100ten pfenning zu zahlen haben , cum Die et Consule Notiren, vnd besonders daß quantum deren Kaufspfän ningen wonach der 10 und 100te Pfännig eingerichtet worden , mit anmerken, fort alsolche Protocolla bey jedesmahliger ablage, der Rentmeisterey , Rechnung produciren und offen legen, ge ſtalten dieselbe Künftighin zur Justification deß empfangs, welchen ein Zeitlicher Rentmeister geführe mit dienen sollen. 21. Nicht weniger solle gedachter Stadtsschreiber daß dem Neu
37
antrettenden Rentmeister außzustellendes Heberegiſter, worin nen alle und jede, so stabile als Instabile Stadts - Ein Künften ohne einige außnahme aufgeführet und Besonders daß Debet oder Credit deß abgegangenen Rentmeiſteren mit Transportiret werden solle] Zu verhütung deren Mängel vnd unrichtigkeiten, mit aller accurateſſe und deutlichkeit verfärtigen und solches allemahl Burgemeiſtern und einsicht preſentiren, deren restanten von
und rath zur Revision
demnächst aber
dem abgegangenen
mit
dem
extracta
Rentmeisterer
dem
neu angehenden zur einhebung zuſtellen laſſen, wobey Jedoch, 22. Burgermeister und rath gute acht haben sollen, daß vor kommenden veränderungen die nahmen deren zur Rentmeiſterey gehöriger Debenten umbgeschrieben, und die jenige, so Künftig hin auf Stadts grund Bauen oder ihr erb anßeßen würden, dem Herkommen nach In dem Hebe- Register mit in anschlag gebracht, auch die an und außgehungen deren Conceſſionen des Birzapfens mit Kannen außen Lande, fort wannehe die mit gelt belegte Stadtshagen und gärten wiederumb_loß bahr,
von dem Stadtsschreiber fleißiger dan Bißhero
schehen, Protocolliret werden, wovor aber derselb,
ge
wie auch
für Formirung deren Hebe-Regiſtern, deß Extratus deren restanten und sonsten zum Besten der Rentmeisterey anzu wendenden mühe, ſo dan anſchaffung des papirs und ſonſten zu Verbeßerung seines gehalt auß jeßgemelter Rentmeisterey Jährlichs 3 Rthlr Zum mitgehalt, so termino Martini 1751 zum erstenmahl verfallen sein solle, zu genießen haben . 23. Indeme auch ferners nöthig sein will, Rentmeistern zu Steurung sichere Maß Regulen,
daß
dem Zeitlichen
deren eingerißener inconventien
wornach er sich zu
achten
habe,
praescribiret werden, so solle derselb vor Kunftige alle und Jeder
Stabile
Registers
StadtsEinkombsten
auf die Verfalltäge,
inhalts
seines
Hebe
die instabile revenüen aber,
benentlich die Burgergelder, Brüchten, Zehend- und Hundertſten pfennigen zu gehoriger und denen Debentibus
von Burger
meister und rath zur Zahlung angeseßter frist forderſambſt ohne nachsehen, allenfals auch executiren Beytreiben, und sich hierunten nicht säümig finden laſſen, widrigenfals ihm rentmeisteren der rückstand deren durch seine Versaümnüß
38
inmittels in mißzahlungsstandt gerathener Debenten zu laſt angejezet werden solle, und, 24. An Stadts pforten, mauren und sonstigen gewercken Keine reparationes, Besonders wan selbige von wichtigkeit, vorwissen, und gutfinden Burgermeistern
ohne
und raths vor
nehmen lassen, in welchen Fällen Jedoch er Rentmeister die erforderliche materialien
und arbeitslohn dem wenigst
nehmenden aufs genauste verdingen, dafür
an
aber demselben
denen umständen nach für seine Bemühung weiter nicht dan zwölf str. oder respec. Höchstens
vier und zwanzig str.
in
rechnung paſſiren, auch 25. Bey Zahl und abführung deren Billsteins vnd weeggelts pfächten vor Consumption nur Höchstens sieben und einen halben stüber mithin,
in rechnung gebracht, und Bonificiret werden,
26. In anſchung, daß ein Zeitlicher rentmeister den gewöhnlichen Rthlr. von wegen dem s. Peter Tractament, und Jahrlichs wegen geführter rechnung Funf und einen halben Schilling zu ge nießen, Auch auf s . Peter wegen Consumption der Tonne Biers behufs deren Rottmeisteren seinen Nugen haben, keine Zahlungen ohne vorgängige Assignation und quitungen Ver fügen, entstehenden Fals ihme dergleichen mangelhafteZahlungs posten bey ablage der rechnung gestrichen, und nicht paſſiret werden sollen, über daß aber, 27. Ein neuangehender
Rentmeister,
zu desto
mehrerer
Ver
sicherung dessen treue in Verwahltung der rentmeiſterey bey ſeiner reception in Ayd und pflichten genommen werden . 28. Damitten nun auch die rentmeisterey mit der Stadts Receptur ferners nicht vermischet, vnd die auß Jener zu bestreittende erfordernüßen nicht auß dieser, welche zu abführung
deren
Landsherrlicher Contributionen eigentlich bestimmet ist (zur Vngebühr hergenommen, sondern hierunter nach maßgab alter gewohnheit, eine beständige und richtige ordnung beybehalten werden moge, so sollen nebst denen gewöhnlichen abgaben in die Priorat und Kellnercy, so dann ahn die Evangelisch Lutherische Prediger und Provisoren deß gaſthauſes hieſelbſt, fort sonstiger Erfordernißen auch 1mo daß jährliche ſchließ gelt deren Born, Ruhr und Heckpförtneren, 2do daß gehalt
39
und montur Des Stadts Dieneren, 3tio
die reparationen
deren Stadtspforten, mauren, wegen und sonstiger gewercken 4to die an Statt des
ehemaligen
s.
Peters Tractament
surrogirte 14 Rthlr. 15 ſtr und 5to die gebotts gelder, bey ver pfachtung des weeggeldes, 6to anstatt der gebührnüßen wegen Besichtigung der Feuerstätten, welche ein vor allemahl zu Zwey Rthr 30 str determiniret wird sodann 7mo die Eventual Prozeßfösten
in
nüßlichen
Stadts
Sachen und 8vo daß
gewöhnliche Tractament, eines neu angehenden gerichtsscheffen ad 4 Rthl
mithin 9no daß Jährliche mitgehalt des Stadts
schreibern wovon hieroben S22 gemeldet worden, ad 3 Rthr. 10mo die Contributiones von dem so genanten Sonthums Land und Hortmans Kamp
worab die
rentmeisterey
die
pfacht genießet wie auch 11mo die Jährliche pfacht von dem hiesig
Evangelich Lutherischer gemeinde zuständigen
Stück
gärtchens und grasplates, so zur Stadts Bleiche mit gezogen worden, als lang nemblichen selbige stücke von der Stadt zur Bleiche mit gebrauchet werden, termino Gerdrudis ad 2 Rthr fort 12mo der
zu Behuef
der
Burgerlicher
nachtswacht
an der Heckpforten erforderlicher Brandt und Licht, woruber Hierunten Ziel und Maaß gefeßet werden solle, auß mittelen der Rentmeisterey bezahlet, auf der Receptur aber, 29. Nebst denen
Contributions
Steuer-gelderen, daß Sindicat
gehalt að 12 Rthr fals nemblich unter Vnserer Begnehmung die beständige Beibehaltung eines Sindyci der Stadt absolute nothwändig
wäre und daß
schreibern von
Jahrliche gehalt des Stadts
6 Rthr item daß
monatliche
armenjagers
gehalt að 1 Rthl sodann die fahrliche interesse von denen be huef letterer Einquartirungen von der Stadt aufgenommenen Capitalien mithin, waß zu Conservation und reparation der Stadtsbrandsſprüßen , welche Jährlichts Zweymahl visitiret und probiret werden solle, von nöthen, item die übliche gebühr nüßen bey erforderlicher rectification der matricul und ablage der Recepturrechnung, forth daß gewöhnliche Kohlengelt Be hufs der rathsstuben und der Neujahrcalender angeschaffet und bestritten werden, dahero 30. Auf denen Colectis
an die Pasanten oder gänglere, hin
fuhro nichts gereichet sondern dieselbige entweder ab oder zu
40
denen
Armen - Provisoren
oder
Stadts - Rentmeistere hin
gewisen, und 31. Dem Stadts- Tieneren , welcher zu managirung ohnnöthiger Kösten ererstalte zwey Jahr eine volständige Montur, und alle Jahr ein par schuee und weiters feine kleine Montur haben solle, vor die Leichen Invitation bey absterben deren Rathsgliederen,
Einhißung
der Raths - Stuben
und Newen
Jahrs - wunsch auß Stadts - mittelen ferners nichts gegeben werden, zumahlen derselb mit dem Jährlichen Stadts- Dieners Gehalt von 8 Rthr , dahe er
ohnedem Stadts-nachtswächter
und pförtner zugleich ist, genug hat, und dahero die Raths stube, er officio mit einhißen solle, sodann 32. Zu abhelfnung deren vielfältiger Beschwerden der Bürger schaft, in ansehung deren enormer und ohnverantwortlicher verzehrungen in Stadtsachen vberhaupt menagiret und Künftig hin auf S. Gerdrut, von Seiten deß Raths mehr nicht dan ein Rthr, und bey wohlung eines Rentmeisteren ein Rthr 30 str, bey verpfachtung deß weeg-geldes aber nur 1 Rthr 15 ſtr an Consumptioen passiret werden , mithin, 33. Jm fall ein oder anderer raths verwanter, in Stadtsaffairen unümbgänglich
außheimisch sein mußte,
wieder daß alte
Herkommen keine diacten, ſondern bloßhin die Zehrungsköften, welche p. Tag zu 20 str, denen umbſtänden nach aber Höchstens zu 30 str, ein vor allemahl determiniret werden , zu genießen haben, forth 34. Ben vorkommenden Inhafftationsfaellen, deren Burgeren auf der Bornpforten wider die alte gewohnheit keine Jura auß Stadts mittelen genommen, sondern solche von denen arrestatis selbst entrichtet, allenfals aber dieselbe zu verschönung der Vnserm Zeitlichen Richteren hergebrachter Maßen intra triduum außgeliefert und uberantworten werden. 35. Solle die aygenmächtige einbehaltung deren Saßungsgeldern von denen Creditoribus, so an der Stadt zu foderen haben, Köften,
durchauß nicht mehr geduldet werden, sondern weilen dadurch zum öfteren nicht geringe Confuſion, entſtehet, und zu be fahren ist, daß eines zweymahl bezahlet werde, ein jeder sein Contingent zu dem Außschlag ohnweigerlich beytragen, mit hin wen ein Creditor zu bezahlen ist, Burgermeister und rath
41
mit demselben zuvordrist Liquidiren und alsdan gehörige assig nationes zur Zahlung gegeben werden . 36. Was wegen der von denen Rottmeistern Künftighin
zu be
gehender Beytreibung deren Contributions- Saßungsgeldern zu Verhütung bereits
fernerweith zu
vnterm
besorgenden Unterschleifs al
22ten May nechts
vorigen Jahrs
gnädig
verordnet worden, da bey soll es sein Verbleiben haben, mit dem ? Zuſaß, daß sie Rottmeistere die pro Futuro rotte zutragende veränderungen bey umb
in ihrer
und aus Ziehung
deren Burgeren, aus einer Rotte in die andere vnd sonsten dem
Stadsschreiberen zu
gehöriger
abänderung in denen
Heebzettulen zeitig andeuthen, dagegen aber zu Belohnung ihrer Mühe nebst der tonne Biers auf S. Peter, wie auch denen ergäßlichkeiten, so denenselben bey ablage deren Stadts rechnungen mit gebühren, Bey sich ergebender vacantien eines Stadts rentmeisteren, Receptoris , Gildemeiſteren, und ſonſtiger rathsstellen mit desgleichen hat
in
Consideration gezogen
werden sollen,
37. Bey demjenigen sein Bewenden, was in eben selbiger Ver ordnung dem Zeitlichen Stadtsreceptoren wegen. ohne assignation und
quitungen zu
vermeidender
außzahlungen
praefcribiret worden, und solle ferners ein abgehender Receptor von denen Restanten, so er nicht eingehoben, auch Kein Heebgelt zu genießen haben, und auch daß, 38. So
vielle restanten Ferners
nicht
in rechnung
gebracht,
sondern dieselbe zu gehöriger Zeit, dahe die Debentes annoch folvendo seind, Beygetreiben Künftig
gemelter
Receptor
werden mögen, so solle
ins
diejenige Contribuentes , welche
binnen monaths Frist a dato des Beschehenen ausschlags ihr Contingent nicht abtragen würden, darzu alsojort ohne weitere nachsicht Vermittels execution anstrengen laſſen, in entstehung ihme dergleichen durch sein strafbahres nachsehen in vnver mögenheit Kommende
Restanten Bey
ablag der
rechnung
zur last gestellet werden solle, forth, 39. pro Futuro ein neu angehender Receptor bey seiner Wehlung gleich dem Renthmeistern mit Beaydet werden,
40. So
oft Sagungen
außgeschlagen werden, solche Zeitlicher
Stadtsschreiber die verfertigte hebezettelen, welche
mit alle
42
acuratesse eingerichtet, Keineswegs antedatiret und darinnen Besonders
die
Jährliche
Schüßenkonige
hisiger
Beyder
Compagnien, [welche herbrachter maßen ein ganzes Jahr hindurch von allen Satungen und personallasten frey seind und Künftig bleiben sollen] mit bemerket ſein müſſen, zu voderist Burgermeister und rath zur Revision und eventualer Correction Vor- und offen legen, dieser aber darauf nach beschehener Revision das presentatum seßen, und demnechst die sämmtliche Rottmeistere in pleno convociren, selbige den ausschlag bekant machen, und die Heebezettulen zur eintreibung zustellen lassen. 41. Sollen alle und jede von denen unter hieſiger Stadtsmatricul sortirenden Eingesessenen, welche Contribuable Erb und gründe als Hauß,
Land,
gärthen wischen
oder sonsten an
sich
Kaufen, ererben, oder auf andere weise acquiriren Bey ohn nachlaßiger Strafs von 10 marck Brüchten von nun an schuldig und verpflichtet seyn, ein solches längstens innerhalb acht Tagen Zeit a dato des Beschlossenen Kaufs, Theilung und Vbertrags an zurechnen , dem Zeitlichen Stadtsschreibern unter Vorbringung deren Kaufs - Theilung und übertrags Brieffen an zu zeigen, ab
und
damitten die so nothwändige umb
anschreibung in der Matricul und
denen heeb
zettulen zu gehöriger Zeit veranlasset und deßfals alle weithere unrichtigkeiten vermieden werden, und aufs daß sich hierunten niemandt mit der ohnwießenheit zu entschuldigen habe, so sollen solches die rottmeistere, und zwarn ein jeder in seiner rotte, denen Rottgenoßzenen zur nachachtung ein vor alle mahl Bekänt machen. 42. Damitten Jahren in
auch die nicht
Stadts - Matricul, welche Zeit einiger
geringe Verwirrung gerathen,
in
einer
beständig guter ordnung erhalten werde, so solle Burger meister und rath dießerhalb einmahl im Jahr zusammentretten, die Matricul und darin von dem Stadtsschreibern gemachte remarques fich vorlegen laßen, solche revidiren, und denen umbständen nach änderen und verbeßeren, überhaupt aber die völlige Matricul alle Zwölf Jahr der gebühr rectificiren . 43. Sollen diejenige,
welche ihr Hauß,
und Erb vermittels
nöthiger reparationen verbeßeren, oder altverfallene Häußer
43
abbrechen und neue dahin seven lassen, oder gar solche auf ihr äygenes erbe extendiren, dieſertwegen in der Matricul Keineswegs Verhöhet, sondern weilen dergleichen reparationes und
gebaue vielmehr dem gemeinen Weesen zum Besten,
und der Stadt zum anſehen gereichet, Bey dem alten anſchlag Belaſſen werden, mit ernstlicher verwahrnung, dafern dieſem Zuwider gehandelet würde, bestraftet werden sollen .
die übertrettere
44. Wirdt die unterm 14ten Marty negstvorigen
empfindtlichſt
Jahrs
zum
Besten der Stadt und Burgerschaft verstattete conſeſſion deß Bliccheplazes hiemit bestättiget, mit angehenkter fernerer declaration, daß dieser plaz eigentlich zur wäsch- und Bleiche gebrauchet, und dahero diejenige, so für andere Leuthe Stückere tuchs zu Bleichen in Verding Stehen, denen ihre wäſche zum Bleichen
niederlegenden Eingefeßenen allemal weichen und diese vor jenen den Vorgang haben sollen . 45. Solle die Bürgerliche Nachtswache am keinen anderen orth, dan in der Heckepforten gehalten,
und selbige
alle abends
althergebrachter maßen von denen rathspersonen und ofſiciren der Bürgerschaft wechselsweise visitiret werden, und damitten 46. Der darzu erforderliche brandt und licht, so viel möglich menagiret und der Stadt so enorme Kohlen- Consumptionen ferner nicht in rechnung gebracht werden, so jule Burger meister und rath in der wachtstuben daselbst ein besonderes schließbares
Behältnüß für die Coblen aptiren, und der
wacht alle abends zum Brandt mehr nicht dan 50 M stohlen durch den die wacht habenden Nottmeis.ern abwiegen laſſen, dieser aber den schluessel in verwahr zu sich nehmen, und bei abgehung der wacht, dem ablößenden rottmeisteren vber antworthen, mithin anstadt des öchl tran gebrauchet werden . 47. Weilen auch die Stadt dem abgestandenen Receptori Löeber bey Jünger ablag seiner rechnung und darauß formirten Schluß receß laut Protrocolli gratiofae Comissionis de 15te Januariy nechithin drey Hundert sechs und siebenzig Dahler 11/4 str. liquide schuldig verblieben, und es der Bürgerschaft zu be schwerlich fallen würde, dieses Debet auf einmahl abzuführen, so sollen
in
behufs
desselben vorerst sechs und zwanzig
Dahler 11/4 str. auß dem
ersteren Kunftigen
außschlag_ab
44
bezahlet, und weilen alsdan annoch 350 Dahler übrig bleiben, diese Summa Jährlichs mit drey procento verzinset, gleich wohlen aber in defalcationem dieser 350 Dahler Auß denen folgenden außschlägen jedesmal fünf und zwanzig Dahler nebst denen pro rata temporis vnd damitten biß zu völliger Continuiret werden. 48. Damitten nun
erfallenen Zinßen
entrichtet,
mortifitation dieſes Credits
dieser Vnserer Verordnung in allen
ihrer
Articulen, puneten und Clausulen je und zu aller Zeit, der gebühr unterthänig gehorsambſt nach gelebet werde, und sich niemandt mit der Unwießenheit entschuldigen möge, so solle dießelbelbe Burgermeister vnd Rath, Gild- und Rottmeisteren , wie auch Stadts -schreibern, Receptoren, Rentmeistern in pleno forderſtſambſt Befelch,
publiciret
werden ,
mit dem fernerweithen
daß besagter Vnser Burgermeister und Rath diese
Verordnung, damit in allen puncten erfüllet und hierunten nicht ermangelet werde, Jahr, durch den
alle
viertel
Stadtsschreibern
oder wenigst alle Halb in pleno
conſeſſu dem
Receptoren, Rentmeiſtern und ſaimbtlicheu Rottmeistern vor und ablesen laßen sollen, Vrkündlich Vnserer ängenhändiger Vnterschrift und Beygedruckten Secret Insigels .
Geben auf
Vnserer Abtey Werden den 22ten Septembris , Ein tausent siebeuhundert fünftig L. S. Benedictus Abt zu Werden vnd Helmstädt. Anno 1750 den 24ten Septembris, Jst vorstehende gnädige verordnung, in gegenwarth deren hh Pastoren aufen Berg, und zu Neukirchen, Anselmi Sonius, und Aemiliani Hayer, und Beyder hh Comiſſarien , Riechtern Funke, und Secretarii Vorrath, denen Vorgeladenen Burgemeisteren, Rath und Gilden, sodann Stadtsschreibern, Receptoren und Renthmeistern, Forth sämbtlichen Rothmeisteren zur Unterthänigen nachachtung publiciret worden . Daß
vorbeschribene
copia
mit
dem wahren
in
Cancellaria registrirten Orginali also wörthlich gleichlautend seie wird hiemit attestiret Urkundt Beygedrückten Cantley Infiegels . Signatum Werden, in Cancellaria den 8ten Jannuary, 1751 J. L. Vorrath.
Fehdebriefe
an
die
Abtei
Werden .
Mitgetheilt von Dr. P. Jacobs . Der lezte Abt von Werden und Helmstedt, Beda Savels , besaß hervorragende Kenntnisse Archivwesens.
auf dem Gebiete der Diplomatik und des
Dieſelben benußte er,
um bei Aufhebung
der Abtei
hochwichtige Aufzeichnungen über das Katholische Kirchen- und Armen weſen zu machen.¹ )
Außerdem hat er zahlreiche Dokumente,
die
in
geschichtlicher Hinſicht nicht ohne Bedeutung sind, abgeschrieben. Vor uns liegt ein Folioband von 338 Seiten, der ſolche Abſchriften enthält und den uns sein Besizer Herr Ignaz Schmit in Bonn freundlichst zur Ver fügung gestellt hat. Abt Beda schickt seiner Arbeit folgende Begründung voraus :
„ Da das Archiv der Abtei Werden bei der Säculariſation
abgegeben werden mußte, so habe ich mir die Mühe gegeben ,
nach
ſtehende Urkunden, die mir merkwürdig ſchienen, eigenhändig aus den Urſchriften abzuschreiben.“
Indem wir uns die Veröffentlichung dieſer
Urkundenabschriften, soweit dieselben nicht schon bekannt sind, für eine spätere Zeit vorbehalten,
mögen vorerst vier auf S. 26-29
unter Nr. 29, 30, 31 und 32 niedesgeschriebenen Fehdeankündi gungen an die Abtei Werden aus dem Jahre 1474 und eine Fehdeaufkündigung unter Nr. 33 mitgetheilt werden . Ueber die Veranlassung zu ſelbſt S. 28 :
aus dem Jahre 1475
diesen Briefen schreibt Abt Beda
Diese 3 Stücke sub Nr. 30, 31, 32, vielleicht
jenes sub Nr. 29 rühren her
auch
von der Reformation dieser Abtei,
welche im Jahre 1474 durch Hülfe geistlicher und weltlicher Fürsten vorgenommen wurde, wo das ganze capitulum nur noch aus 3 Köpfen, dem Grafen Conrad v. Gleichen , dem Grafen Ryfferscheid und dem v. Sombref bestand, welche aus der Abtei entfernt, und auf Pension gesezt, Adamus ab Eschweiler aus S. Martin in Kölln aber als Abt angestellt, und die Gemeinde weiter mit tauglichen Individuen zu verstarken beordert wurde".
1) Siehe meine Werdener Annalen im 5. Heft dieſer Zeitſchrift S. 178 .
46
Von der ältesten Zeit an waren Abt und Conventualen
des
Klosters Werden zumeist fürstliche und hochadelige Personen gewesen. Es hatte dieses nicht wenig zur Hebung des Einflusses und der Stellung der Abtei nach Außen beigetragen . Als indes die Adelsgeschlechter an fingen, das Kloster als eine Versorgungsanstalt ihrer nachgeborenen Söhne zu betrachten und auszunuzen, konnten schlimme Folgen nicht ausbleiben.
Dieselben hatten ihren Höhepunct erreicht unter dem Abte
Conrad von Gleichen .
Dieser war nicht einmal Priester¹) und ver
heirathet ; von seinem Sohne Heinrich von Gleichen, genannt Heinrich von Werden, ist der zweite Fehdebrief ausgestellt.
Der Convent war
bis auf 3 Inſaſſen zusammengeschmolzen, nämlich den
Abt Conrad
von Gleichen, den Propst Wilhelm von Reifferscheidt und den Schaß meiſter Walram von Sombreff, der sich auch verheirathete. Dieſe drei hatten das abteiliche Vermögen unter sich getheilt und so das Kloster an den Rand des Unterganges gebracht. Judes wurde vom Kölner Erzbischof Rupert dem Papste und Kaiser über die in Werden ein gerissenen Uebelſtände Bericht erstattet, und die Folge davon war, daß der Präsident der Bursfelder Union, Abt Adam von Eschweiler, von Kaiser und Papst bevollmächtigt wurde, dort geordnete Zustände wiederherzustellen, wobei ihn Herzog Johann von Cleve unterſtüßen sollte.
Abt Conrad wurde abgejezt und degradirt,2) Propst Reiffer
scheid, der sich der Reform des Klosters nicht abgeneigt zeigte, auf die abteiliche Burg Roßdelle verwiesen und Walram von Sombreff ebenfalls aus dem Kloster entfernt.3)
Jedoch waren die Angehörigen
der 3 Erconventualen nicht geneigt, diese Maßnahmen anzuerkennen und
auf die Klostergüter, in deren Besitz zu gelangen sie gehofft
hatten, ohne Weiteres zu verzichten .
Sie fündigten deshalb der Abtei
die Fehde an, wobei sie sich auf die Beihülfe ihrer Freunde beriefen . Daß es auch zu wirklichen Angriffen gekommen sei, wird
nirgends
berichtet und ist wohl auch nicht anzunehmen, da schon im folgen den Jahre, 1775, von anderer Seite die Fehde wieder aufgekündigt wurde. Das Fehdewesen, welches im Raubritterthum zu seiner höchsten Entfaltung gelangte, war in altfränkischer Zeit sehr verbreitet geweſen. Seine Bekämpfung betrachtete die fränkische Landfriedensgefeßgebung 1 ) Siehe Werdener Annalen a. a. D. S. 80 . 2) ( bendaselbst a. a. D. S. 81 ff. 3) A. a. O. S. 84.
1
47
d. h. die geseßliche Fürsorge für die öffentliche Sicherheit, als ihre Hauptaufgabe und thatsächlich hatte dasselbe durch Aufſtellung feſter Buß- und Wergeldstaren bei Verlegung von Rechten eine Einschränkung erfahren.1 ) Als aber nach dem Niedergange der karolingischen Mo narchie die Völker des Schußes einer starken Centralgewalt entbehrten, entfaltete sich wieder das Fehdewesen und das Faustrecht . Jeder griff zur Selbsthilfe, und Gewalt ging vor Recht ; es entbrannte ein Krieg Aller gegen Alle. Durch den sog . Gottesfrieden suchte man den Kampf auf die ersten Wochentage zu beschränken ; aber es war hier zu nur derjenige verpflichtet, welcher dieses eidlich gelobt hatte. Mittelalter, wo
Im
die deutschen Kaiser mit aller Macht der Rechts
unsicherheit entgegentraten, war das alte Fehderecht nur noch bei Tötungen
als eigentliche Blutrache zugelassen.
Der Mainzer Reichs
landfrieden Friedrichs II. gestattete die Fehde nur für den Fall der Rechtsverweigerung, nach vorheriger rechtzeitiger Widersagung.2) Ueber all da, wo der Kläger im Wege der ordentlichen Rechtshilfe nicht zu seinem Rechte gekommen war, wurde ihm das Fehderecht zugelaſſen. Indes stand dasselbe nur Personen zu, die das Waffenrecht besaßen . Es durfte auch nur nach förmlicher, mindestens 3 Tage vorher er folgter Widersagung i Personen oder
Ausübung gebracht werden .
Sachen,
an
befriedeten
friedeter Tage mußte jede Fehde ruhen. hörte zu den Ungerichten.
Orten
Gegen befriedete
oder innerhalb be
Der Landfriedensbruch ge
Eine allseitige Verbesserung der Rechts
pflege und eine dauernde Beseitigung der Fehde erstrebte Albrecht II., und es wurde auch in dem Nürnberger Landfrieden vom Jahre 1438 ein kräftiger Reformanlauf gemacht, indes kam derselbe wegen frühen Todes des jungen Königs nicht zur Ausführung .
des
Ebenso
blieben Reformvorschläge des späteren Cardinals Nicolaus von Cusa in seiner 1433 vollendeten Schrift de concordantia catholica erfolg los, bis endlich auf dem Wormser Reichstage vom Jahre 1495 jeg liche Fehde und Eigenmacht auf ewige Zeiten untersagt und zur Schlichtung der Rechtshändel das Reichskammergericht eingesetzt wurde. Fortan sollte Jeder, der einen Rechtsanspruch zu haben vermeinte, denselben bei Strafe der Reichsacht nur im Wege Rechtens verfolgen.8) 1) Siehe Schröder, Lehrbuch der Deutschen Rechtsgeschichte, Leipzig 1889 S. 615 ff. 2) Ebendaselbst a. a. D. S. 617. 3) Ebendaselbst a. a. D. S. 705.
48
20
Jahre vor diesem
datiren die Fehdebriefe,
allgemeinen Verbote des Fehdewesens
die wir im Folgenden veröffentlichen.
sich ihre Originale befinden,
konnte
nicht festgestellt werden ;
Wo im
Düsseldorfer Staatsarchiv waren sie nicht aufzufinden . Wahrscheinlich sind sie auch, wie so manche andere Urkunden der ehemaligen Abtei Werden in Privatbesig gelangt. Die Beda'schen Abschriften werden im Folgenden genau nach der Schreibweise des Manuscriptes abgedruckt. 29. Graf Salm zu Ryfferscheid Kündigt der Abtey die Fehde an. Weyßet abt unde Pryor
Conventes
30
Werden
unde
stechtes zo Werden, dat ich Her Rynnart van Ryfferscheyt greve zo Schallum ur Vyant werden, um seygel unde Breff, de ich van uch haffen, ir myr der net in halt, in de ir neyt myr 30 dage Kommen unde wolde unde ur Breff lossen, bewyssen Kan.
das
ich grossen schaden haffen,
dat ich
Darum werder ich Rynnart van Ryffer
scheyt graff zo Schallum, darum werden ich Rynnart ur Vyant, et sy myt Helpper, Helppers Helpper unde al de geyn, de ich op oren schaden brenen Kan, et sey
myt
Ruff, (Raub) brant, dotschlach, we it ßych in der Veden Bynden mach, et sy by nachtte off by Nevel, by Sonnen off by Monenschyn, Ich myn er dar myt Verwart wyß, her wyb uch no 30 richften under mynnen Segel. NB. Statt der Unterschrift war ein Siegel mit überlegtem Papier aufgedruckt, ohne Datum . 30. Heinrich von Gleichen Kündigt der Abtey die Fehde an 1474. Wetet abt to Werden und abt tom groten sent Martyn to Coellen, und uwe Convente darselvest, dat ich Heinrich van Gleichen, genant Heinrich van Werden,
wyll uwe
ewer stichte, lant, Lude und gude apenbaire Fyant ſyn myt mynen Helpern und Helpers Helpern und myt alle den ghenen, de ich uff uwe schaden bringhen Kan, dat ghy den
darome
edelen und Walgeboren Graven Conrait
van Gelichin eyn Abt to Werden geweſt iſt, mynen ſelighen Vader myt ewen u nwaren Warden und toſaghe ghy eme gethain haven, uyß syner Abdie und van allen synen gude
49
gebracht, des he ome syn Lyff und gudt gekommen
y
uwenthalven ungelauflichen , und wert un ſaiche, dat ich myt mynen Helpern und Helpers Helpern und myt alle den, de ich uff uweren schaden geforen Konde sockende Worde und ghy des schaden nemen an Rove, an Brande,
an
morde, an Doitschlaghe, wo sich de schade mackede oder to queme, daghe off nachte, heymlich oder offenbare, des wyllen wy sementlichen und alle unse ere an uch Vorwart haven und uwes offte nyemande forder dar to antworten . Gescreven under des Vesten Werners Wynters Ingesegel, des wy Burgt . myt mynen gehören und Helpers Helpern alle hyr mede gebruken .
Datum anno Dni L III op
sent Johannis dach Baptiſten .
31 Wetet abt to Werden und Abt tom groten sent Martyn to Coellen, dat wy hyrnach beserevenen
myt namen : Herman Rump, Arndt und Dacßberg van Waldegghe Gefetteren, Stevens und Gerlachs van der Malßborch
sonne, Wulf und Johan des Breden sonne,
Hinrich von
Sonriche, Reynkirchin Blome Suderlant, Johan Haest, Johan van Brenden, Hinrich Wynters und Cordt Ravens Raven vann Kantsteyn son, wylle wy uw und uwer Styffte Lande und Lude apenbare Fyande syn, omb wyllen Hinrichs van Gelichin genant Hinrich van Werden, want wyr om liever haven wan uch und tzehen uns des in des genanten Hinrichs Frede und Unfrede gelicher Bede myt unßen Knechten, Helpers Helpern und mede Ryders . Gescreven under mynß Hermans Rumps Ingeſegel, welche Ingesegel wy Vorgt. hyr mede to gebrucken. Datum L IIII uff Sent Johannis dach Baptiſten.
32 Wysset Abt zu Werden und Abt zu sent Martyn bynnen Coellen das ich Engelbertus Balzer wyllen uff uch Hinrich van Gelichen Hülffer syn na Lude syne Vede breve, wente wyr inne beber haven wan uch, und tzehen uns
des in
synen Frede und Unfrede, gelicher Vede.
Begl .
under
des
myns
lieben
Vesten
Werner Wynters
Ingesegell
Junchern, des wy Burgenante mot mnen Helpern und
50
Helpers Helpern alle hyr mede gebruchen. dat. auno L IIII uff sent Johannis dach Baptiſten . Auscultate Sunt prescripte copie per me Anthonium Beckmann de Lippia clericum Coloniensis Dioecesis publicum Sacr . Imperial. Auctoritate notar. et concordant cum veris Suis Originalibsu de verbo ad verbum quod attestor et protestor manu mea ppria. 33. Jch Vincencius van Husen bekenne Voir my und myne Erven, alsoe ich des Abß und gemeyn Convent Heren des gestichtes toe Werden Viant woirden was, umb Brieffe und segell ich van den alden Heren myt namen van dem edelen Heren Conrait van Glychen Abt und Willem van Ryfferschit provest gewest to Werden gehadt heb, soc bekenne ich voir mych und myn Hülpere, dat ich myt den Vurst. Heren, Voirt gesticht und Convent toe Werden Burst. gütlich gesoent und vereynycht byn , und heb yn dairumb overgegeven sulche Heüffbrieff und Willbrieff ich van Johan Hugenpoet entfangen hatte, und oir Viant woirden was, und schelde die Heren gesticht und Convent Burst. van der der vorgerorter Brieve wegen qwyt loß und ledich heuß guß und alles schades und danck my dairaff gueder Betalinghe vur mich und meyne Hülpere und geve auch den Vurst. Heren, gesticht, und Convent van Werden vur mich,
und myne Hülpere und Helpers
Hülpere der vorgerorter Veden sone, overmig deseme Brieve.
eyne ganze Vaste stede
Hirynne aller Kunne arge
list uitgescheiden und dyß to oirkonde der wairheit soe ich selver ypont geyne segell en hebbe, hebbe ich ume gebrec myns jegels gebeden den Vesten Willem van Plettenbergh, dat he dese sone Brieff und qwytancie myt synem segell besegelt hefft, dat ich Willem Burgt. ome Bede will des Burst. Vincencius gern gedaen heb onder mynen Segell hyr bynnen op gedruckt in den Jairen unß Heren dusent Vierhundert Vyff und seventich op Donersdaigh sunte Peters und Pauwels apostelen dagh.
Loc. Sig.
impressi.
zur der Oelgemälde
Geschichte
der Werdener
Abtei - Kirche
und deren Maler. Von Dechant? E. Gisberß. ~ Von drei Kirchen und einer Kapelle innerhalb der alten Stadt Werden und ihrer nächsten Umgebung ist nur einzig die Abteikirche, zum Glück die bedeutendste von ihnen, erhalten geblieben,
während
die Luciuskirche zu einem Wohnhause umgestaltet wurde. )
Hervor
ragend unter den Denkmalen mittelalterlicher Baukunst
erregt die
Münsterkirche die Bewunderung des kunstsinnigen Fachmannes und findet selbst Verständniß bei dem einfachen Manne aus dem Volke. Aber von dem Reichthum ihrer Ausstattung an hl . Gefäßen und Reliquiarien, an kirchlichen Geräthen und Gewändern, an Statuen und Gemälden sind nur ſpärliche Ueberreste auf uns gekommen. Die Gemälde, welche sie heute noch besißt, mögen größtentheils
keinen
hohen Kunstwerth beanspruchen, jedoch verdienten sie vor gänzlichem Untergange bewahrt zu werden .
Da der St. Ludgeri-Bauverein die
erforderlichen Mittel bewilligte, so wurde die Reſtauration
von dem
Maler J. Dickmann, gebürtig in Heidhausen und gegenwärtig in Köln wohnhaft, in die Hand genommen und zu Ende geführt.
Dies
bot dem Berichterstatter Veranlassung, mit dem vorhandenen Ueber reste der Gemälde sich zu beschäftigen und nach jenen zu forschen, die früher vorhanden gewesen, aber anscheinend spurlos verschwunden waren. Was ihm bei dieser Gelegenheit bekannt geworden, soll hier zuſammengestellt werden . Aus neuester Zeit besißt die Kirche ein Altarbild von dem Maler Mintrop , einem Sohne unserer Pfarre, das die Mutter des Herrn in der Gloric, umgeben von den Heiligen Benedictus und Ludgerus , darstellt.
In der Zeit rückwärts schreitend, begegnen wir den Bildern
jener Heiligen, welche herkömmlich unter dem Namen der 14 Noth helfer begriffen werden. Daß diese Gemälde nur einen geringen Kunstwerth beanspruchen dürfen, ist auch dem Laien einleuchtend ; der 1) Siehe Effmann, die im 19. Jahrhundert zerstörten Baudenkmale Werdens IV. Heft des Werd . Geſch .-Ver. S. 25 .
52
Maler hat indeß dafür Vorsorge getroffen, Nachwelt nicht verloren gegangen ist.
daß sein Name für die
Auf einem der Gemälde, wel
ches den hl. Blasius darstellt, findet sich nämlich die Inschrift : „ Ioannes IacobVs GeLDerMans Von AaChen pInXIt.", welche ein Chro nikon enthält. Daraus ergibt sich, daß Johann Jacob Gelder mans aus Aachen der Verfertiger der Bilder gewesen, und daß er sie im Jahre 1774 vollendet hat. Zur damaligen Zeit leitete der Abt Sonius die Geschicke der Abtei, der ebenfalls aus Aachen ge bürtig war, und diesem Umstande wird Geldermans es zu verdanken haben, daß er als Maler für die Abteikirche herangezogen wurde. Ein merkwürdiges Erbstück bewahrt die Kirche in einem voll ständigen Cyklus von Bildnissen der Werdener Aebte. Die Abts bilder, die von Abt Grimholt ( 1484-1517) an Porträtähnlichkeit haben, sind von unterschiedlichem Werthe, auch nicht von einer und derselben Hand gemalt. Eine ziemliche Anzahl wird man aber dem Maler Geldermans zuschreiben dürfen. Daß Geldermans auch Porträt maler war, geht aus der Nachricht hervor,
daß er im Jahre 1774
ein Porträt des regierenden Kaisers für die Abtei anfertigte, wofür er ein Honorar von 20 Rthlr. erhielt. Auch die Heiligenbilder Benedictus und Scholastika werden von der Hand Geldermans herrühren. Etwa 50 Jahre vor Geldermans war der Conventuale Joseph Gebhardsöder ,
mit dem
der Abtei als Maler thätig .
Ordensnamen Ludgerus
genannt, in
Er entstammte einer angesehenen Familie
in Kärnthen, wurde geboren auf dem Edelhofe genannt auf der Wimb zu Wisenberg den 11. August 1678, getauft in der Pfarrkirche zu Teiskirchen, Diöcese Passau, trat 1712 in die Benediktiner-Abtei zu Werden ein, 22. Juli.
empfing die Priesterweihe 1718
und starb 1730 den
Er war der hebräischen Sprache kundig und hatte sich
Kenntniſſe in der Arzneiwiſſenſchaft angeeignet ; auch wird seine An spruchslosigkeit und Bescheidenheit und nicht minder seine Frömmig keit rühmend hervorgehoben .
Nach dem Urtheile seiner Zeitgenossen
galt er für einen hervorragenden Maler.¹)
Jedenfalls bekundete
er
ein fruchtbares Talent in seiner Kunst ; denn alle Altarbilder in der Abteikirche hat er angefertigt und verschiedene andere, welche sich
1) In dem im Werdener Pfarrarchiv vorhandenen kleinen Abtskatalog wird er als pictor egregius bezeichnet.
53
hin und wieder im Convente befanden.¹ )
Um welche Altargemälde
es sich hier handelt, kann einem Zweifel nicht unterliegen . Zur Zeit, als Gebhardsöder dem Convente angehörte, sind nämlich durch Abt Coelestin von Geismar ( 1706–1718), deſſen Bruſtbild auf dem Grab mal im Marienchor einen Mann von Thatkraft verräth, die ehe maligen Altarauffäße durch die noch jezt vorhandenen im Barockstyl ersezt worden. Der Katalog Roskamps enthält hierüber in seiner Fortseßung dort, wo er dem genannten Abte einen ehrenvollen Nach ruf widmet, folgende Nachricht : in Hebung
Von welchem Eifer er beseelt war
der Gottesverehrung,
schmückte Kirche
und
ſtrahlend in Gold.2 ) an erster Stelle
davon zeugt die herrlich ausge
legen lautes
Zeuguiß
ab
Holz und
Stein
Unter ligna, Gegenstände aus Holz, sind hier
Altäre und Kanzel zu verstehen.
Dem entsprechend
findet sich denn auch an dem Altar im Marienchor und an der Kanzel das Wappen Coelestins angebracht.
An dem zweiten Seitenaltar im
Apostelchor war früher dasselbe Wappen .
Der Hochaltar trägt über
dem Mittelbilde, also an hervorragender Stelle hältnissen ausgeführt, das
Wappen
und in großen Ver
des Churfürsten von
Johann Wilhelm, Herzog von Jülich und Berg.³ ) sich,
der Pfalz
Daraus
ergibt
daß der hochmögende Churfürst der Stifter des prächtigen und
kostspieligen Altarbaues ist. ) achtspißige Kreuz
Unterhalb des Wappens sieht man das
des Hubertus- Ordens
mit dem Bilde des Heiligen
in der Mitte und der Umschrift in gothischen Buchstaben :
in trau
1 ) Jm Abtskataloge von Roskamp, mitgetheilt von Dr. Jacobs in den Werdener Annalen, wird S. 195 berichtet : Pictor omnes in ecclesia nostra imagines seu picturas in altaribus paravit et varias alias per conventum dispersas. 2) Cujus zeli fuerit in promovendo cultu divino, ecclesia ad decorem exornata et ligna ac lapides auro obducti clamant. Werd . Annal. a. a. O. S. 166. 3) Das Wappen ist überragt von einer Regentenkrone, zeigt im Mittel felde die Weltkugel mit Kreuz zur Bezeichnung der Churfürstenwürde und ent hält in den Feldern zur Rechten und Linken außer den Pfalz- Neuburgiſchen, die Wappen der i. J. 1666 zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg getheilten Länder des Herzogthums Jülich, Cleve, Berg. In dem Theilungsvertrage waren die beiden Churfürsten darin übereingekommen, daß ein jeder von ihnen Titel und Wappen der gesammten Länder, die in beständigem Bunde verbleiben sollten, zu tragen berechtigt sei. 4) Nach einer im Volksmunde umgehenden Sage soll der Churfürst von Pfalz-Neuburg die Kosten dieses Altarbaues getragen haben, als Sühne dafür, daß er das Vorrecht des Abtes von Werden auf ein fürstliches Gespann nicht anerkennend, unberechtigter Weise in Düſſeldorf die Pferde vom abteilichen Wagen ausspannen ließ.
54
vast. )
Der Hubertus - Orden, gestiftet im Jahre 1444 von Ger
hard V., Herzog von Jülich und Berg, sodann im Verlaufe der Zeit eingegangen, wurde von dem genannten Churfürsten i . 3. 1709 er Dieses Tatum bietet demnach den Anhaltspunkt dafür, daß die Erbauung des Hochaltars nicht vor das Jahr 1709 gesezt werden fann ;
andererseits
wird dieselbe nicht nach dem Jahre 1718 , dem
legten Regierungsjahr Coelestins von Geismar erfolgt sein, da dieſem Abt die neue Ausstattung und Ausschmückung der Kirche zugeschrieben. wird, die Errichtung des Hochaltars
auch jener der beiden mit dem
Wappen Coelestins geschmückten Seitenaltäre vorausgehen mußte. Um diese Zeit lebte der Maler Gebhardsöder
in der Abtei.
das Mittelbild des Hochaltars, welches uns
Daß ihm
den hl. Ludgerus im
Gebete und in Verzückung vermuthlich in dem Augenblicke vorführt, wo er die himmliſche Offenbarung über die Stätte ſeiner beabsichtigten Gründung erhielt, zugeschrieben
werden muß, sagt Roskamp, wie
oben angeführt, mit klaren Worten.
Wenn dies noch einer Beſtäti
gung bedürfte, dann könnte sie darin gefunden werden, daß auf dem Altargemälde das Bild des Malers in Ordenstracht zur Seite hinter dem etwas zurückgeschlagenen Vorhang eines Zeltes hervortritt.
Das
Porträt trägt unverkennbar den Ausdruck der Zufriedenheit und eines frohen Gemüthes, und wenn Gebhardsöder im Alter von 34 Jahren als kenntnißreicher und welterfahrener Mann Leben
nach einem bewegten
in der Einsamkeit klösterlicher Abgeschiedenheit Ruhe gesucht
haben mag, so hat er sie in Wirklichkeit gefunden. Wegen der Achnlichkeit mit dem Mittelbilde des Hochaltars sind auch 4 Bilder mit Darstellungen aus
dem Leben des hl. Ludgerus
auf Gebhardsöder als Urheber zurückzuführen.
Sie sind gegenwärtig
zu beiden Seiten des Chors der Kirche angebracht, wo sie vermuthlich auch ursprünglich ihren Plaß gefunden haben .
Auf ihnen ist
dar
gestellt : Liafburga's Errettung aus Lebensgefahr, als sie der Geburt des hl. Ludgerus entgegensah, St. Ludger als Glaubens bote , als Wunderthäter und der Tod des Heiligen. Ferner wird angenommen werden müssen, daß die Brustbilder des hl. Ludgerus und seiner 5 Verwandten und Nachfolger in Leitung der Abtei
Werden (Ludgeriden) :
Thiadgrim, Alfrid und Hildegrim II .
Hildegrim I.,
Gerfrid,
dem Conventualen Gebhards
1 ) An dem Kreuz des Hubertus -Ordens hängt, mit diesem durch einen Ring verbunden, der Orden vom goldenen Vließe.
55
öder
ihren Ursprung verdanken .
In der Malerkunst war er seinem
Zunftgenossen Geldermans überlegen, werke hinterlassen hat.
wenn er auch
In früherer Zeit hat die Abtei noch einen
keine
Meister
anderen Maler zu
ihren Inſaſſen gezählt, Gerard Schott aus Köln¹ ) , welcher 1663 Profeß ablegte und 1667 starb. Er gehörte dem Convente als Laienbruder an. Ueber die Erzeugnisse seiner Kunst ist nichts mit Sicherheit bekannt.
A. Schunken nennt ihn in seiner Geschichte
Reichsabtei Werden
einen
tüchtigen
der
Maler, bringt indeß für diese
Bezeichnung einen quellenmäßigen Beleg nicht bei²) .
Es ist nun noch ein älteres Gemälde vorhanden,
welches
das
Abendmahl darstellt und worauf das Wappen des Abtes Adolph von Borken 1667-1670 geflügeltes Herz mit Krone darüber fich eingezeichnet findet .
Es entsteht die Frage, ob Schott als der Urheber dieses Bildes gelten kann. Schott starb 1667 den 3. Juli und erst am 11. Juli desselben Jahres wurde Adolph von Borken
zum Abte gewählt.
Die Frage läßt sich daher nicht unbedingt be jahen, ist indeß von so geringem Belang, daß es sich nicht der Mühe verlohnt, darauf näher einzugehen, da soviel feststeht, daß das Ge mälde nicht nach dem Jahre 1670 entstanden sein kann. Als vereinzeltes Stück besißt die Kirche eine Kreuzabnahme, vermuthlich Copie eines van Dyk'ſchen Bildes. Ein gleiches Delgemälde und dem Augenschein nach von derselben Größe findet sich ebenfalls als einziges in dieser Art im Dom zu Xanten ; es hat dort seinen Plat in der Sakristei über dem Eingang zu derselben. Von größerem Werthe als die bisher angeführten, aber gleich
wie diese auf Leinwand ausgeführt, sind die beiden Gemälde " Mannaregen“ und „ Elias in der Wüste von einem Engel gespeist. " Paul Clemen bezeichnet sie als gute deutsche Gemälde des 16. Jahrhunderts3) . Da sie Vorbilder des allerheiligsten Sakramentes repräsentiren, mögen sie ursprünglich einem Altar als Schmuck gedient haben.4) Die Composition des Bildes !! Manna regen “
ist unglücklich,
wenn
nicht fehlerhaft.
Im
Vordergrunde
1) Siehe Werd . Annal. a. a. D. S. 183 und im kleinen Abtskatalog . 2) Schunken, Geſchichte der Reichsabtei Werden, S. 94. 3) Kunstdenkmäler der Rheinprovinz 2. Bd . Stadt u. Kreis Eſſen S. 96. 4) Von beiden Bildern sind nach Photographien gefertigte Abdrücke der Abhandlung beigegeben.
56
stehen Moses
und Aaron,
Moses zeigt
mit
Himmel, von wo der Mannaregen herabfällt.
der Hand
nach dem
Damit soll die Idee
des Bildes ausgedrückt werden , welche darin gipfelt, das Manna als Vorbild des allerheiligsten Sakraments , bezeichnen .
als Brod vom Himmel zu
Fernab im Hintergrunde sieht man Moses in betender
Stellung, vorne im Mittelgrunde Mänuer, Frauen, Kinder, beschäftigt mit der Aufſammlung des Mannas, während andere Perſonen
und
an erster Stelle Moſes und Aaron dieſes Schauſpiel betrachten .
So
sind Moses
und Aaron doppelt in
hineingestellt.
auffälliger Weise
in das Bild
Dadurch wird dem Beschauer zugemuthet, das Brüder
paar zu gleicher Zeit sich an verschiedenen Orten
vorzustellen .
Das
ist ein Unding, und kann auch durch die dem Ganzen zu Grunde liegende Idee nicht gerechtfertigt werden . Auf dem Bilde „ Elias“ bildet den Hintergrund eine Landschaft mit Fernsicht, die Umgebung von Werden mit den Abteigebäulichkeiten und der Abteikirche.
Leßtere zeigt auf dem
Vierungsthurm einen Faltenhelm mit gekrümmten Graten, der im Jahre 1890 unter dem Regierungsbaumeister Kruttge niedergelegt wurde, um dem neuen Helm in Eisenkonstruktion Graten Plaz zu machen. einem Kuppelbau ab .
Früherhin schloß
mit gradlinigen
der Hauptthurm mit
Diesen zeigt noch das Stadtbild Werdens in
dem Städtebuch von Georg Braun und Franz Hogenberg (um 1575), er findet sich selbst noch in dem theatrum Europaeum von Math. Merian (um 1660) .
Es ist jedoch zu bemerken , daß Merian, wie
aus einem Vergleich mit manchen andern Städtebildern erhellt, seinen Vorgänger
in
vieler Hinsicht kopirt hat.
Wie dem auch sein mag,
soviel ergibt sich immerhin, daß, von ſtiliſtiſcheu Gründen ganz abge sehen, der Ursprung des Bildes „ Elias “ und seines Seitenstückes „Mannaregen“ nicht um viele Jahre vor 1575 zurückversezt werden kann. Gleichen Kunstwerth können die beiden Gemälde beanspruchen, welche den Tod und die Messe des hl. Ludgerus ) zum Gegenstande haben .
Beide Bilder sind indeß weniger
gut erhalten,
da sie bei früheren Reſtaurationen durch Uebermalung gelitten haben . 1) Das Bild stellt folgende wunderbare Begebenheit dar, welche Altfried in der Lebensbeschreibung des hl. Ludgerus vit. I , 28 erzählt. Bei einem Be suche des Heiligen in Billerbeck ſchickte ein Weib, welches mit einem Manne in unerlaubter Ehe lebte, vorgeblich als Willkomm, in Wirklichkeit aber, um den Unwillen des Bischofs zu beschwichtigen, einen Topf Honig . Der hl. Ludgerus wies das Geschenk zurück. Einige seiner Begleiter von jugendlichem Alter aber nahmen, da ſie ſich den Honig nicht wollten entgehen laſſen, die Gabe heimlich an und verbargen sie hinter dem Altar in der Kirche. Als nun Ludgerus an
57
Eine Inschrift auf dem Gemälde „Tod des hl . Ludgerus“ gibt uns davon Kunde, daß das Bild im Jahre 1616
auf Anordnung des
Abtes Hugo Preutacus (1614-1646) restaurirt worden ist. Besondere in den Zeitverhältniſſen liegende Veranlassungen, wodurch eine Be schädigung der Bilder herbeigeführt werden konnte, waren damals noch nicht, wie im 30jährigen Kriege, vorhanden, wo Kirche und Abtei unter Plünderung und Verwüstung seitens der Schweden und Hessen zu leiden hatten.
Wird
nun
auch von schädigenden Zufälligkeiten
abgeſehen, die nur ausnahmsweise einzutreten pflegen, so muß ein fürzerer oder längerer Zeitraum seit dem Entstehen der Bilder an genommen
werden,
bis
das
Bedürfniß
einer
Restauration
sich
geltend machte. In Bezug auf die beiden vorhin besprochenen Bilderpaare, die offenbar von Künstlerhand gemalt ſind, muß nun an ein merkwürdiges Zusammentreffen erinnert werden . berühmte Maler
Wie später gezeigt wird,
Barthel Bruyn
deſſen Sohn Arnold , gleichfalls
im Jahre 1541
magister insignis
ist der
und ebenſo genannt, im
Jahre 1570 in der Abteikirche mit der Reinigung und Auffrischung eines berühmten, von beschäftigt gewesen. Meister
des
einem anderen Meister gemalten Altarwerkes
Beide Maler mögen sich für ebenbürtig mit dem
Altarwerkes
gehalten haben,
und
es steht sehr zu
bezweifeln, daß sie sich sollten herbeigelassen haben, für
die Abtei
Werden nur Gesellendienste zu leisten, zumal da Barthel Bruyn sich rühmen konnte, für das benachbarte Damenstift Eſſen berühmte Kunst produkte geliefert zu haben. Es kommt hinzu, daß nachweislich 1550 Mathias Bruyn, Sohn von Barthel und Bruder von Arnold Bruyn, unter dem Namen Paulus Conventuale in der Abtei Werden war,¹) daselbst das Amt eines novitiorum magister und concionator be fleidete und 1578 starb.2)
Eine Erwägung dieser Verhältnisse läßt
bei dem, welcher aus dem Kunstwerke selbst nicht auf die Zeit der den Altar trat und die Meßgebete begann, zersprang das irdene Gefäß auf der Stelle in tausend Stücke, und der Honig ergoß sich auf den Boden, ſo daß man ihn aufnehmen und fortwerfen mußte. Der Heilige aber ruhte nicht, bis das unerlaubte Ehebündniß aufgelöſt, und der Mann aus dem Orte entfernt war. Siehe Diekamp, vitae s. Ludgeri, S. 33 u. 34. 1 ) Merlo, Kölnische Künſtler aus alter und neuer Zeit. Herausgegeben von Firmenich - Richarz und Keuſſen S. 131. Namentafel : Barthel Bruyn 1555. Cathryntgin, Arnt , Clairgin. Bartholomäus † 1577. Mathias genannt Paulus 1550 Mönch in der Abtei Werden. 2) Im Katalog Roskamps S. 18 heißt es : R. P. Matthaeus Fosscus, novitiorum Magister et concionator obiit 1578 Decimo Sexto Kal. Februarii, “
58
Entstehung und noch weniger auf den Meister desselben zu schließen versteht, die Vermuthung nicht als unberechtigt erscheinen, daß die vorbezeichneten 4 Gemälde aus der Bruyn'schen Schule hervorgegangen sind.
Das entscheidende Wort in der Sache hat natürlich der Kunst
kenner zu sprechen. Es soll hier nun noch eine geschichtliche Notiz angemerkt und die sich zwar nicht auf die Abteikirche und ihre
erörtert werden,
Gemälde bezieht, mit unserer Untersuchung aber dennoch in Zuſammen Der deutsche Abtskatalog enthält nämlich folgende kurze
hang steht.
Nachricht : Ludolph von Wesel, welcher langjähriger Küster gewesen, hat die Neukirch mit Altartafeln geziert." ) Der Conventuale Ludolph von Wesel starb 1542, nachdem er 37 Jahre hindurch das Amt des Custos verschen hatte . Er war es, auf dessen eifriges Betreiben (ex singulari cura et instantia ) die Restauration des Altarwerkes in der Abteikirche durch Barthel Bruyn 1541 erfolgte, wovon oben die Rede war.
Eifer in seinem Amte als Custos, von dem er auch im
vorgerückten Alter sich nicht trennen konnte, auch wohl Liebe zur Kunst, die ihn mit Barthel Bruyn, der gleichwie er der Stadt Wesel ent stammte, befreundete, machen es erklärlich, daß er, nachdem die Abtei kirche in hervorragend schönen Tafeln ein viel bewundertes Altar werk besaß, solche auch für die den Conventualen zur Privatandacht dienende Nebenkirche, genannt Neukirch, stiftete. Unter Neukirch, die Custos Ludolph mit Altartafeln zierte, ist nämlich nicht zu verstehen die St. Lucius-Kirche, vordem außerhalb der Stadt gelegen, welche seit ihrer Gründung den Namen Neukirchen trägt, sondern das vetus templum St. Ludgeri, gelegen chedem zwischen der Abteikirche und den Abteigebäulichkeiten. Abt Johann von Gröningen (1517--1540 ) hatte dieſe vom hl . Ludgerus erbaute, zu damaliger Zeit aber gänzlich in Verfall gerathene Kirche in den Jahren 1534-15362) herrlich wieder aufgebaut, so daß sie, weil aus ihren Trümmern neu ent standen, fortan den Namen nene Kirche erhielt.3) Für diese inner halb der Kloſterumfriedigung liegende Kirche mußte Ludolph als lang jähriger Custos sich interessiren ; zu der Kirche St. Lucii außerhalb
1) Werd . Annal. a. a. D. S. 87. 2) Werd . Annal . a . a. D. S. 91 und Ann . 130. 3) Overham Annalen S. 446, dgl. auch Roskamp S. 61 .
59
der Stadtmauer aber stand er in feiner Beziehung .
Ueber die von
Custos Ludolph für die Neukirche gestifteten Tafeln fehlen leider nähere Nachrichten.
Nur dies eine steht fest, daß die Tafeln in den
Jahren 1536-1542 , wie aus den beigebrachten Nachrichten erhellt, gemalt ind ; 1541 war der berühmte Maler Barthel Bruyn mit Restaurationsarbeiten
an Gemälden in der Abteikirche beschäftigt ;
nichts liegt daher näher, als ihn für den Urheber der von Custos Ludolph gestifteten Tafeln anzuſchen. Wiederholt ist in Vorstehendem von einem berühmten Altar werk der Abteikirche , bestehend aus gemalten Tafeln, die Rede gewesen. Zwei Jahrhunderte lang war dies Meisterwerk der Kunst Schmuck und Zierde des Hochaltars , dann hat es
gegen das Jahr
1710, nachdem eine neue Richtung in der Kunst zur Geltung gelangt war, dem veränderten Zeit- Geschmacke weichen müssen. An die Stelle des alten und anspruchslojen aber erbaulichen Altaraufiases in herrlich von Künstlerhand ausgeführten und zur Andacht stimmenden Gemälden ist der hoch bis zum Deckengewölbe in Barockstil aufgebaute, durch Maſſe und Pracht wirkungsvolle Altar
getreten.
Ueber den
Ver
bleib des beseitigten Kunstwerkes fehlt jegliche Nachricht. So sollen denn wenigstens
die geschichtlichen Nachrichten zu
sammengestellt werden, die uns über das werthvolle Kunstwerk unter richten . Die erste Nachricht über dasselbe findet sich bei Abt Heinrich Duden
( 1572-1601 ) ,
der zum Jahre 1512 berichtet :
„Die be
rühmten Tafeln im Hochaltar in der Kirche zum hl. Ludger wurden zum Schmucke der Kirche und des Altars gemalt von Meiſter Johann Jodoci aus Wesel, einem vorzüglichen Maler ; sie kosteten im Ganzen 400 Goldgulden rheinisch."1) Zunächt entsteht die Frage, wer ist dieser Meister Johannes Jodoci ? Ich nehme an, fein geringerer als Jan Joest von Calcar, d . h. jener Meister Jan Joest, der benannt ist nach dem Orte Calcar, wo er in den Tafeln des Hochaltars der Pfarrkirche ein Kunstwerk geschaffen hat, das ihm nach dem überein stimmenden Urtheile der Kunsthistoriker eine der ersten Stellen unter jeinen Zeit- und Kunstgenossen anweist.
Welche
Berechtigung
hat
1 ) Werd. Annalen a. a. D. S. 89 : Tabulae illae in altari summo in ecclesia d . Ludgero sacra pro ornamento templi et altaris depictae sunt per M. Johannem Jodoci Wesaliensem insignem pictorein ; et constabant in summa 400 aureis fl. Rhenensibus.
60
aber diese Annahme ?
Der lateinische Name Johannes Jodoci
deckt
H
sich mit dem niederdeutſchen Namen Jan Joest, denn der Name Joest wie auch die Formen Jostes und Josten stammen unzweifelhaft von Jodocus ab.
Es läßt sich auch beweisen, daß unser Johannes Jodoci
schon früherhin mit dem niederdeutschen Namen Jost bezeichnet worden ist.
Es geht dies hervor aus einer Notiz in dem mehr erwähnten
kleinen Abtskatalog.
Dieselbe berichtet von Abt Grimholt ( 1484
1517) : „ Er ließ die 4 Tafeln im Hochaltar, 100 rheinische Goldgulden kostete,
von
by
denen eine jede
durch Joannem Fosten,
einen
Maler aus Wesel, anfertigen.¹ ) Die oblique Form Fosten scheint ge braucht zu sein, um das Wort mit dem lat einiſchen Accuſativ in Uebereinstimmung zu bringen .
Fosten muß hier offenbar ein Fehler
des Abschreibers für Josten sein, der in der Aehnlichkeit der Schreib weise von I und F seine Erklärung findet. Aber warum soll denn der Werdener Maler Jan Joest gerade der Meister gleichen Namens sein, der durch sein Werk in der Nikolai pfarrkirche zu Calcar seinen Namen so berühmt gemacht hat ? Darauf fann zunächst entgegnet werden, man möge einen andern Maler des selben Namens
aus der Zeit gegen Anfang des 16. Jahrhunderts
aufweisen, der sich als hervorragender Meister in seiner Kunst Ruf erworben hat .
Mag ja
immerhin
die
Möglichkeit nicht bestritten
werden können , daß Jan Joest von Calcar und der Werdener Meister gleichen Namens verschiedene Persönlichkeiten seien, so müßte es doch ein gar sonderbarer Zufall sein, daß zwei zu derselben Zeit lebende hervorragende Meister in der Malerkunst, von denen der eine in Wesel lebte, der
andere aber in dem benachbarten Calcar ein
rühmtes Altarwerk schuf, (das
einen
und
Patronymikum Jodoci, Joest
hätten.
denselben Vor- und als Zuname
Ferner ist zu berücksichtigen,
be
Zunamen
angesehen ) geführt
daß Calcar, wo
der Meister
Jan Joest in 20 großen Bildern aus dem Leben Christi und seiner Hl. Mutter dem Hauptaltar
der Pfarrkirche
einen Schmuck verlich,
welcher Aufsehen und Bewunderung bei den Zeitgenossen hervorrufen mußte, nicht in so weiter Entfernung von Werden liegt, als daß man in der Abtei Werden nicht auf den Meister und sein Werk hätte
1 ) Es wird dort berichtet : Idem (Grimholt) 4 tabulas , quarum una quaeque constitit 100 florenis aureis per Joannem Fosten pictorem Wesaliensem in summo altari fieri curavit. lleber die Zeit der Abfaſſung des kleinen Abts katalogs gibt der Umstand Aufschluß, daß in demselben Ferdinand von Erwitte (1670-1706) als legter noch regierender Abt aufgeführt wird
10
61
aufmerksam werden können. Bei Verwendung von Schnißwerk an dem für die Abtei Werden projektirten Altarwerk war man ohnehin auf die Künstlerwerkstätten in Calcar fast angewiesen . Auch stand die Abtei Werden mit der Gegend von Wesel und Calcar durch reiche Besizungen in „ Dynslaken und Kalfher et citra “ , die eine Rechnung im Düsseldorfer Staatsarchiv aufführt, und
vom Jahre 1511
deren Verwaltung, Lieferung von Pächten
fällen in naher Verbindung.
Es
übten
und Ge
die Benedictiner
dem Nonnenkloster zu Büderich bis zur Aufhebung Beichtväter die Seelsorge aus .
auch
in
der Abtei als
Zudem fand sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts in der Abtei Werden ein Conventuale, der aus Wesel gebürtig war und daher zu seiner Vaterstadt Wejel in Beziehung stehen mußte.
Es war dies der
langjährige Werdener Custos Ludolph. Er starb 1542, wie der deutsche Abtskatalog ſagt, in hohem Alter. 37 Jahre lang verwaltete er das Amt eines Custos an der Abteikirche, das er demnach im Jahre 1505 antrat. In diesem Jahre begann der
Meister Jan Joest seine
Arbeit in
Calcar und es müßte sonderbar zugegangen sein, wenn dem Custos Ludolph in der Abtei zu Werden nicht von Verwandten
oder Be
kannten von seiner Vaterstadt Wesel aus Nachricht darüber zugegangen wäre, daß im benachbarten Calcar durch den Meister Jan Joest, der selbst Weseler Bürger war,
ein Altarwerk zur Ausführung gelange,
das allgemeine Bewunderung hervorrufe. Lage kommen, auf den
So konnte Ludolph in die
Calcarer Meister die Aufmerksamkeit des
Convents zu lenken, der hinwiederum mit Vorliebe die Ausführung seines projektirten Werkes einem Meister übertrug, wärts bei einem ähnlichen Werke bewährt hatte.
der schon ander
als hervorragender Künstler sich
Fassen wir das Ganze zusammen, so
erscheint
die
Annahme
nicht ungerechtfertigt, daß der Meister Jan Joest von Calcar der Maler des 1512 vollendeten Altarwerkes in der Abteikirche zu Werden gewesen ist. Es bleibt nun noch zu untersuchen , ob diese Behauptung nicht in Widerspruch steht mit den geschichtlichen Nachrichten über Leben Die verschiedenen Dar und Thätigkeit des genannten Meisters . Die stellungen, die freilich eine gewisse Abhängigkeit von
einander nicht
verkennen laſſen, theilweise aber auch im Widerspruche zu einander stehen, sollen hier angeführt werden :
62
1. Nach J. A. Wolff¹) war Jan Joest von Calcar wahr scheinlich in dieser Stadt geboren und wird 1480 in den Verzeichnissen von Calcarer Kriegern ) als Heerespflichtiger, später und dann hin noch einmal als solcher als Stellvertreter eines
andern
Calcar den
aufgeführt. ersten
Er
Unterricht
im
dürfte
in
Zeichnen
seiner und
Geburtsſtadt
Malen
genossen
haben. Seine spätere Ausbildung hat er in der Haarlemer Schule erhalten . Er vollendete sein berühmtes Altarwerk in der St. Nicolai Pfarrkirche zu Calcar im Jahre 1508, das ihn 3 Jahre (von 1505 an) in Anspruch genommen hatte .
Während seines Aufenthaltes da
selbst benutte er eine Micthswohnung. Obwohl er 1508 das Bürger recht in Calcar erworben hatte, verließ er doch noch in diesem Jahre die Stadt, ohne daß sich angeben ließe, wohin er sich begeben. Er sehnte sich wahrscheinlich nach Haarlem zurück, wo er den Rest seines Lebens zugebracht zu haben ſcheint, im Jahre 1515 in der Kathedrale St. Bavo das Standbild des hl . Willibrordus und die Chorpfeiler bemalte und im Jahre 1519 im Alter von etwa 59 Jahren ſtarb . Seine Leiche wurde in der Kathedrale beigefeßt. 2. Knackfuß³ ) schreibt :
Urkundlich erkaufte der Meister ( an
Joest von Calcar) in dem Jahre, in welchem er die Hochaltargemälde vollendete, das Bürgerrecht zu Calcar ; aber noch in demselben Jahre verließ er die Stadt schon wieder. Es ist die Annahme ausgesprochen worden, daß er sich nach Haarlem gewandt habe, wo er auch vielleicht feine Ausbildung als Künſtler erlangt hatte. nämlich
ein Maler
In dieser Stadt wirkte
gleichen Namens, der im Jahre 1515
mehrere
Arbeiten in der dortigen Kathedrale S. Bavo ausführte ;
derfelbe
starb dort im Jahre 1519 und seine Leiche wurde, um den Ver storbenen besonders zu ehren, die Annahme,
daß
in eben dieser Kirche beigesett.
diese Persönlichkeit
Maler, ist eben nur eine Vermuthung ;
Aber
eins sei mit dem Calcarer denn Werke des betreffenden
Haarlemer Meisters sind nicht nachweisbar und der Name Joest oder nach holländischer Schreibweise Joost war vermuthlich damals in den Niederlanden und am Niederrhein ebenso häufig, wie er es heute noch ist.
Möglicherweise hat der Maler des Calcarer Hochaltars seine
1) Geschichte der Stadt Calcar zc. S. 131-133 . 2) Feldzug_des Erzherzogs Marimilian im Bunde mit dem Cleviſchen Herzoge Johann I. gegen die Statthalterin Catharina von Gelderland und ihren Verbündeten, den Bischof Heinrich von Münſter. 3) Deutsche Kunstgeschichte 1883 B. II . S. 6.
63
Thätigkeit noch
Jahrzehnte lang in einer niederrheinischen
Stadt
fortgesezt, ohne daß davon der Nachwelt irgend welche Kunde ver blieben ist. 3. Paul Elemen¹ ) führt aus : Als Meister der (Calcarer) Ge mälde ist von Wolff Jan Joeſt nachgewieſen worden, der wahrſcheinlich in Calcar gebürtig war, wo er in der Kriegsliste 1480
vorkommt,
aber in Haarlem ſeine künstlerische Erziehung erhielt, in den Jahren 1505-1508 sein Hauptwerk ausführte, darnach sich aber wieder Haarlem zuwendete, wo er schon 1509 wieder arbeitete und 1519 starb. 4. Janitschef berichtet :2 ) Jan Joest ware in Niederländer und zwar aus Haarlem ; von 1505-1508 hielt er sich in Calcar auf, um die 4 Flügel des Hochaltars mit Malereien zu schmücken .
Gleich nach
Vollendung des Werkes kehrte er nach Haarlem zurück, Jahre 1515 als
thätig nachgewiesen ist ; er starb 1519.
wo
er im
Der ur
fundliche Nachweis seiner Heimath wird durch den künstlerischen Stil seiner Gemälde bestätigt . 5. Endlich schreibt Firmenich Richary : 3) ,,Der Ruhm eines Haar lemer Meisters, des Jan Joest scheint zuerst
die nahe der Grenze
gelegene Stadt Calcar dazu bewogen zu haben, einem Ausländer die Ausschmückung des Altars der Nikolai-Pfarrkirche anzuvertrauen.
Allerdings
ist eine Berufung
mit 20 Gemälden
des Malers
aus
den
Niederlanden nicht erwiesen und die Herkunft des Jan Joest bis jetzt unbekannt, dagegen urkundlich beglaubigt, daß
der Meister sogleich
nach Vollendung seines Werkes nach Haarlem übersiedelte.
Dort war
er schon 1509 wieder thätig, im Januar 1510 faufte er sich hier ein Haus, 1515
arbeitete
er
daselbst im Jahre 1519.
in der Kathedrale St. Bavo
und starb
Er wurde in der Kathedrale begraben."
Wie aus Vorstehendem sich ergibt, sind die Nachrichten über den hervorragenden Meister dürftig und hin und wieder schwankend und unsicher.
Dies ist zwar bedauerlich,
nicht von großem Belang . ankommt.
aber für
unsere Untersuchung
Sehen wir zu, worauf es
bei derselben
Abt Duden berichtet, wie früher angeführt, daß die Altar
tafeln in der Abteikirche zu Werden durch Johannes Jodoci, berühmten Wejeler Maler,
im Jahre 1512
einen
vollendet worden sind.
Unter diesem Johannes Jodoci vermuthen wir den Calcarer Meister 1) Kunstdenkmäler des Kreiſes Cleve 1892 S. 59 und 60. 2) Geschichte der deutschen Malerei 1889 S. 514. 3) Barth. Bruyn und seine Schule S. 92.
64
Jan Joest. zichen
Es fragt sich daher, indem wir die Geschichte zu Rathe
1. kann dieser Meister als Maler von Wesel (Weseler Maler)
zu ſeinen Lebzeiten bezeichnet worden sein, und 2. kann er die Altar gemälde in der Abteikirche zu Werden 1512 vollendet haben, zu deren Fertigstellung etwa ein Zeitraum von 3 Jahren erforderlich sein mochte ? Wird die zweite Frage zuerst beantwortet, so finden wir den Meiſter in den Jahren 1510, schäftigt.
1511 und 1512
nirgendwo
anderwärts be
Daß derselbe 1509 vorübergehend, wie angenommen wird,
in Haarlem beschäftigt war, steht doch mit seiner Thätigkeit in Werden nicht in Widerspruch.
Aber er kaufte sich 1510 ein Haus in Haarlem.
Auch dieser Umstand beweist nicht, daß er in diesem Jahre nicht in Werden an seinem Altarwerk arbeitete ; denn der Ankauf eines Hauses bedingt nicht deſſen unmittelbaren Bezug.
Wer kann
den Meister bewogen haben mag, sich für seine schon Jahre ein Heim in Haarlem zu gründen ? mit der ersten Frage ?
wissen,
was
vorgerückten
Wie verhält es sich indeß
Konnte Jan Joest, der Meister des Calcarer
Altarwerkes, zu seinen Lebzeiten Weseler Maler genannt werden ? Dem steht nichts im Wege bei der Annahme, daß er in dieser Stadt verschiedene Jahre schon vor seiner Thätigkeit in Calcar seinen ſtän digen Wohnsiz hatte, der damit noch nicht als aufgegeben angesehen wurde, daß er 3-4 Jahre in Calcar und 1 Jahr in Haarlem thätig gewesen war.
Weseler Maler konnte der Meister sogar noch genannt
werden, als er die lezten Jahre seines Lebens in Haarlem verbrachte . Mit den Resultaten der Geschichte läßt sich daher die Annahme : Jan Joest von Calcar, damals genannt Weseler Maler, hat das Werdener Altarwerk 1512 vollendet, sehr wohl vereinbaren . Es Abtes
ist sehr
Grimholt,
zu
bedauern,
daß
des Auftraggebers
so gewiß geführt hat,
als wir
des
die
Ausgaberegister¹ )
des
Altarwerkes , welche dieſer
ein registrum receptorum et ex
pensorum von seinem Amtsvorgänger, Theodor von Hagedorn
noch
besigen, bis jeßt nicht wieder aufgefunden worden sind ; aus ihren Daten würden sich wahrscheinlich Aufſchlüſſe zu der hier behandelten Frage ergeben. Dr. Alb. Wormstall2) vermuthet in dem Weseler Meister Johannes , der an dem Lisborner Altarwerk in den Jahren 1490, 1517 und 1520 1) Overhamm, Annalen a. a. D. S. 424 spricht von Ausgaberegiſtern Grimholts. Seine Einnahmeregister befinden sich im Staatsarchiv zu Düſſeldorf. 1 ) Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde Weſt falens 55. Band S. 87-90.
65
(damals Johannes Baghert genannt) arbeitete, den Werdener Meister Johannes Jodoci, in welchem wir den Calcarer Meister Jan Joest erblicken. Von dem Liesborner Altar finden sich Bruchstücke in Kaldenhof bei Hamm, Münster und in der Nationalgallerie in London. Eine eingehende Untersuchung der Gemälde würde darüber entscheiden können, ob diese nicht wenigstens zum Theil dem Calcarer Meister als Urheber zuzuschreiben seien.
Bejahenden Falles würden beide
Bermuthungen als zutreffend zu erachten, verneinenden Falles würde wenigstens eine derselben als irrthümlich erwiesen sein. Mit Sicherheit läßt sich wenigstens im allgemeinen die entstehende Frage beantworten : Altartafeln ?
Welche Darstellungen
weiter
enthielten die
Die bisher angeführten geſchichtlichen Nachrichten geben uns darüber keinen Aufschluß ; andere Berichte aber lassen darüber feinen Zweifel bestehen, wenn sie miteinander in Zusammenhang gebracht werden . L. Meyer, gewesener Conventuale der säkularisirten Abtei Werden, schreibt in einem kleinen Werke : Kurze Nachrichten von den Reichs prälaten der beiden Stifter Werden und Helmstedt, das er selbst als eine Ueberseßung eines lateinischen (sonst nicht bekannten) Abtskatalogs aus dem Jahre 1687 bezeichnet, über Abt Grimholt (1484–1517 ) 3. 36: Er ließ 4 Gemälde¹ ) von dem Leiden Christi im hohen Altar durch den Weselschen Maler Jodocus verfertigen jedes Stück mit
100 Goldgulden.
Die Tafeln
und zahlte
enthielten hiernach
die Leidensgeschichte des Herrn . Der Verfasser des lateinischen Katalogs, ein Werdener Conventuale, hatte die Tafeln mit ihren bildlichen Darstellungen noch gekannt, da zu seinen Lebzeiten der alte Altar noch vorhanden war. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre also der Nachricht das größte Gewicht
beizulegen.
Es fragt sich aber, ob
wir es nicht mit einer Zuthat des Uebersezers zu thun haben .
Ver
dächtig ist die Nachricht immerhin, da sie hier in so später Zeit zum erstenmal auftritt, die Verfaſſer der Kataloge aber in der Regel nach den Heften ihrer Vorgänger arbeiteten und arbeiten mußten. Indeſſen auch als Zusatz des Uebersezers wäre die Nachricht nicht gänzlich von der Hand zu weisen,
da
dieser als Conventuale mit der Geſchichte
1) Das Wort „ Gemälde“ scheint eine ſchiefe Ueberseßung von tabula zu sein ; denn jede tabula konnte verschiedene Gemälde (Felder) enthalten .
66
der Abtei und der Abteikirche bekannt sein konnte.
Es läßt sich
jedoch ein unwiderſprechlicher Beweis dafür erbringen,
daß
auf den
Altartafeln die Passion des Herrn zur Darstellung gelangt war. Diesen Beweis entnehmen wir
einem offiziellen Dokumente, nämlich
einem Protokoll des Werdener Kapitels
aus
dem
Jahre 1572 im
Februar.¹ ) Das Schriftstück enthält folgende Nachrichten : Unter Abt Grimholt waren im Jahre 1512 per insignem Apelleje artis pictorem
durch den hervorragenden, einem Apelles zu vergleichen
den Maler Jan Joest aus Wesel Tafeln für den Hochaltar der Abtei kirche gemalt worden .
Der Meister hatte zur dauernden Erhaltung
seines Altarwerkes den Wunsch ausgesprochen und den Nachkommen aufgegeben, daß die Gemälde nach Verlauf von je 20 Jahren durch einen Firnißüberzug aufgefriſcht
und
verschönert werden sollten.2)
1 ) Im Düsseldorfer Staatsarchiv Reg. Werden II 1, Nr. 7. Die Ur kunde, auf die zuerst Paul Clemen aufmerksam gemacht und die Dr. Eduard Wiepen im Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitſchrift für Geschichte und Kunst Jahrg. XV. S. 25 ff. verwerthet hat, lautet : Compertum sit omnibus non modo praesentibus uno et posteris conventualibus nostri coenobii membris atque signantibus, quatenus tabulae in summo hic in templo divo Ludgero sacro altari anno 1512 per insignem Apelleje artis pictorem m. sc. Johannem Jodoci Wesaliensem spr. Rd. D. Anthonii hujus nostri Monasterii Abbatis olim dum vixit sancte memoriae depinctae, in quarum perpetuam confir mationem voluit ac posteris mandavit idem D. Johannes, ut singulis viginti elapsis annis vernusio (ut pictores vocant) renovarentur et venustarentur. Jd quod ct R. P. et Dns . Hermannus nro tempore Abbas anno videlicet 1541 ex singulari cura et instantia confratris nri Ludolphi custodis per honestum et insignem pictorem m. Bartholomaeum Fuscum civem Coloniensem ( am Rande Natione Wesaliensem pii seniores) fieri exornarique curabat. Anno vero 1570 idem R. d. Hermannus uno cum suis senioribus sui Cpli videlicet f. Anthonio Hoefgen priori, Hinrico Duden cellerario et Rabano Boitzler custode atque ceteris capitularibus per honestum quoque Arnoldum praes cripti m. Bartholomei filium ejusdem artis insignem magistrum easdem denuo tabulas summo denuo studio a pulverum obscuritate cooptabatur (?) expurgari et restaurari curabat promissaque fuit eidem m. Arnoldo ex condicto mer cedis summa 18 dalerorum idque pro sua diligentia atque materia cum coloribus per se adhibi et cooperatori suo 12 dalerorum ac filio 40 alb. Jn quorum solutionem conventum est iuter R. d . abbatem et Cplm atque seniores praecipuos videlicet d. Anthonium priorem, Henricum cellerarium et Rabanuin custodem, ut vendicaretur argentea quaedam theca qua inclusa erat pars quaedam brachii (ut ferebatur) d . Georgii martyris idque magistro Michaeli Bysenkamp aurifabro Assindiensi. Et quia tabulae eaedem pro honore Dei et ad memoriam illam passionem spectantibus revocandam, olim magnis sumptibus et summa ex industria pro 400 videlicet auri Renen . essent accincte fabrefactae insignenterque depictae inque summo hic altari conservantur. Visum est absque ullo conscientiae scrupulo de Ecclesiae nostrae thesauro pro conservatione earundem, quae perpetuo in eadem essent ecclesia relinquendae, sumere et expendere. Acta sunt haec unanimi consensu capituli anno 1572 in Februario . 2) Siehe über Firniß (vernusium) Gotth . Ephraim Leſſing, vom Alter der Delmaleri, Anm. X.
67
Dies geschah zuerst 1541 per honestum et insignem pictorem Bartholomaeum Fuscum, einen Kölner Bürger, der aus Wesel¹) herstammte. Dr. Eduard Wiepen hat nachgewiesen, daß dieſer Bar tholomacus Bruyn ist.2)
Fuscus (fuscus-braun) der berühmte Maler Barthel Wiederum wurden die Gemälde restaurirt 1570 durch
den Sohn des genannten Malers, Namens Arnold. Vertragsmäßig war festgesetzt worden, daß der Maler für Arbeit und Material 18 Thaler, dessen Sohn 40 Albus und der Gefelle ( cooperator) 1½ Thaler erhalten sollte. Zur Beſtreitung dieser Koſten griff man zu einem bedenklichen Mittel. Man beschloß, einen silbernen Reliquien behälter (Armreliquiar ? ), in welchem eine Partifel (pars quaedam ) brachii st . Georgii martyris, ut ferebatur, eingeſchloſſen war, dem Effener Goldschmied Michael Bysenkamp zu verkaufen. So wurde einstimmig im Kapitel ohne allen Gewissensscrupel beschlossen bezw. nachträglich genehmigt . Um die Bedenken indeß zu zerstreuen, welche diesem Handel entgegenstanden, wurde in Erwägung gezogen, daß jene Tafeln unter Anwendung
namhafter Kosten zur Ehre Gottes und zu dem Zwecke, dem Beschauer die Paſſion des Herrn ins Ge
dächtniß zu rufen , vordem eract gefertigt und außergewöhnlich schön bemalt seien (auch zu ewigen Zeiten der Kirche erhalten bleiben ſollten ) . War es der Zweck der Tafeln, dem Beſchauer die Passion des Herrn zu vergegenwärtigen, so mußten ſie ſelbſtverſtändlich die Paſſion ent halten . Bestätigt wird dies dadurch, daß nachweislich in den dargestellten Scenen sich eine Kreuzabnahme fand. Dem Maler hatte es beliebt, in den Köpfen der dargestellten Bersonen verschiedene Conventualen abzubilden.3 )
Dies erfahren wir
aus dem deutschen Abtskatalog, ) worin folgende Notizen sich finden: a) Conrad von Corbin, Kellner, gestorben am 12. September 1516, hat durch Gottesgnaden 100 Jahren erlebt und auf ' m Weg der christlichen Gerechtigkeit gewandelt.
Im hohen Altar repräſentirt
er Joseph von Arimathia . b) Ludolph von Weſel, gestorben im Jahre 1542, welcher lang jähriger Chorküster gewesen, die Neukirch mit Altartafeln geziert ; im 1 ) An den Rand der erwähnten Urkunde Wesaliensem .
ist geschrieben : Natione
2) Westd. Zeitsch. a. a. D. S. 20 ff. 3) Aus diesem Umstande läßt sich der Schluß ziehen, daß der Maler zur Ausführung seiner Arbeit seinen Wohnsiz von Wesel nach Werden verlegt hatte. 4 ) Werd. Annalen a. a. D. S. 87.
68
hohen
Altar repräsentirt er den hl . Evangelisten Johannes .
Das
Bild von Joseph von Arimathaca erinnert schon an und für sich, zumal aber in der Verbindung mit jenem des hl . Evangeliſten Johannes an die Darstellung der Kreuzabnahme. Die Passion bildete indeß nur
einen Theil des Altarwerkes ,
allerdings den Haupttheil, woraus es sich erklärt,
daß ihrer in den
uns erhaltenen Nachrichten vorzugsweise gedacht wird . Auf andern Tafeln aber fanden sich Scenen aus dem Leben St. Ludgers, des Gründers
von Kirche und Abtei .
Hinter dem Hochaltare, mit der
Stirnseite sichtbar nach dem Chore hin aufgestellt, fand sich zur Zeit des Abtes Grimholt (und nachweislich noch unter Abt Duden und ſogar unter Abt Ferdinand von Erwitte¹ ) der (zum Schuße mit einem Gitterwerk umgebene) kostbare, aus Silber hergestellte, mit purem Golde größtentheils überzogene und mit Edelsteinen geschmückte Reliquien schrein St. Ludgers , welcher, wie angenommen wird, von Abt Adalwig (1066-1081 ) , der die Gebeine des Heiligen erhoben hatte, beſchafft daß das Leben des Heiligen bei dem Bilderſchmuck der Altartafeln nicht übergangen wurde . Dies bestätigen die uns erhaltenen Nachrichten. Zum Verſtändnisse derselben worden ; und es liegt daher nahe,
erinnere ich an die Eigenthümlichkeit, daß in den Altargemälden Bildnisse von verschiedenen Conventualen mit angebracht waren. Die geschichtlichen Nachrichten, welche dem deutschen Abtskatalog entnommen ſind, sprechen für sich selbst und sollen daher nur in ihrem Wortlaut angeführt werden :2 ) 1) Eine Urkunde aus dem Jahre 1672, welche sich im Düsseldorfer Staats archiv (Stift Werden Nr. 449) befindet, berichtet, daß Abt Ferdinand mit dem Convente, um die Reliquien und den kostbaren Schrein wegen_gefahrvoller in Sicherheit zu Kriegszeiten der Raubzug Ludwig XIV. gegen Holland bringen, dieselben vor dem südlichen Eingange zur Krypta vergraben habe. Die Urkunde lautet : Nos Ferdinandus Dei Gratia Abbas Werdensis et Helm stadiensis etc. f. Aemilianus Rhaman Prior f. Martinus Stiefken Subprior f. Joannes Micken Cellerarius ob bellicosos tumultus et gravissima pericula hodie inspecta tumba vidimus sacras reliquias s. Ludgeri patroni nostri , easdemque duplici tumba rcclusimus et obsignavimus pizeto Abbatiali , nec non in ambitu superiori supra Chorum, infra fornicem turris Basilicae nostrae supra columnam chori quae est inter orientem et meridiem, excisa in pavimento dicti ambitus fossa abscondimus, apposito in latere muri signo pro posteritatis documento . Ita actum Anno millesimo sex centesimo Septuagesimo secundo, die vigesimo octavo mensis Septembris , in festo Dedicationis s. Michaelis , uti propriae manus subcriptione attestamur. Ferdinandus abbas mpp. f. Aemilianus Rhaman prior mpp. f. Mar tinus Stiefken mpp. f. Joannes Micken cellerarius . 2) Werd. Annalen a. a. D. S. 88. f.
69
a) (Abt Grimholt)
die schönen Tafeln
auf ' m hohen Altar
laßen mahlen, darinnen er S. Ludger repräsentirt. b) Johann Kruyßhaar¹)
im
hohen
Altar
repräsentirt
er
3. Ludgers Capellan. c) Peter Wessel von Dorsten, gestorben
am 21. September
1519, der neben dem Chordienst auf siebzehn Jahre dem Kloster in der Haußhaltung oder Kellnerey gedient ; im hohen Altar bei S. Ludgers Leich abgemalet. d) Johann Huttrop, gestorben
im selben Jahre (1542) ,
im
Altar bei Ludgers Kirch abgemalt. Hierauf beschränken sich die Angaben über die Bildnisse den Tafeln.
Es muß indessen noch hervorgehoben werden, daß Altarwerk aus 4 Tafeln bestand .
das
auf
ganze
Dies bezeugt der kleine Abtskatalog
in der oben angeführten Stelle. Der Verfaſſer des Katalogs hatte das Altarwerk noch selber gesehen, und es ist daher kein Grund vor handen, ihm nicht aufs , Wort Glauben zu schenkeu.
Die einzelnen
Tafeln konnten selbstverständlich in verschiedene Felder eingetheilt ſein und dementsprechend mehrere Einzel- oder Gruppenbilder enthalten. Bei der Darstellung der Passion muß dies geradezu vorausgesezt werden und ist auch schon daraus zu entnehmen, daß das Vorhanden sein eines Bildes der Kreuzabnahme verbürgt ist . Ein anderes Ver hältniß mag bei den Darstellungen aus St. Ludgeri Leben obgewaltet haben, da aus den kurzen Angaben darüber hervorzugehen scheint, daß dieselben aus zwei größeren Gemälden, nämlich Gründung der erſten Niederlaſſung oder Kirchbau St. Ludgeri und Tod des Heiligen bestanden. 2) 1) Kruyßhaar (Cincinnins) , nicht Profeß sondern Koſtgänger des Klosters, Vikar des Altars St. Benedicti und Kaplan des Abtes Grimholt und deſſen beider Nachfolger, starb 1555. Er hat sich um die Bibliothek der Abtei verdient gemacht. Katalog Roskamp S. 17 u . Werd. Annalen a. a . D. S. 95 Anm. 135 . 2) Von dem Aufbau des Altarwerkes kann man sich salvo meliori folgende Vorstellung machen : Der auf Säulen hinter dem Altar der Länge nach ruhende Reliquienschrein St. Ludgeri trat im Altar mit seiner Stirnſeite sichtbar hervor, da er nach dem Verhältniß der Höhe der noch vorhandenen Säulen die Altar tafeln mit seiner ganzen Frontseite nicht überragen konnte. Hiernach scheint es ausgeschlossen, daß der Altar ein Mittelstück aus Schnißwerk mit figürlichen Darstellungen hatte. Es werden daher zwei innere Tafeln mit Darstellungen aus der Paſſion den festen Altaraufſag gebildet haben, an diesen waren dann die zwei übrigen als bewegliche Flügel angebracht. Beim Verschluß des Altars zeigten leztere auf den Außenseiten Gemälde aus St. Ludgeri Leben, während sich auf den Innenseiten die Fortsetzung der Paſſionsscenen befand . Der Raum
70
Es erübrigt noch, Bilder der Abteikirche zu besprechen, welche nach der Säkularisation in Privatbesit übergegangen und späterhin ins Ausland gewandert sind. Als bewunderte Kunstschäße bewahrt die National Gallerie in London¹ ) denen behauptet wird, daß sie worden seien.
vier Delgemälde auf Holz, von
in der Abtei Werden aufgefunden
Sie sind im April des Jahres 1854 aus der Samm
lung des Regierungsraths J. Krüger in Minden für das Londoner Muſeum angekauft worden.
Man hält die Gemälde für Werke der
deutschen Schule aus dem XV . Jahrhundert und nimmt an, daß die vier Tafeln Flügel eines Altarwerkes feien, das sich ursprünglich in der Abteikirche zu Werden
befunden habe.
Die einzelnen Stücke,
welche sich in dem Katalog (der Gemälde- Gallerie) unter den Nummern 250-253 aufgeführt finden, und von denen Nr . 252 einſtweilen der National Gallerie in Edinburgh leihweise überlassen ist, haben nach englischem Maße eine Höhe von 41 und eine Breite von 21 31211 und enthalten folgende Bilder :
Die Tafel Nr. 250 die Heiligen : St. Hieronymus ,
St. Benedictus ,
St. Aegidius , St. Romualdus,
Nr. 251 die Heiligen : St. Augustinus , St. Ludgerus , St. Hubertus , St. Mauritius , Nr. 252 die Bekehrung des hl. Hubertus , Nr. 253 die Messe des hl.
Hubertus , über dem Altare
ein
Engel, der mit der Stola vom Himmel herabsteigt.2) Der Maler der Bilder ist unbekannt.
zwischen Schrein und mensa war vermuthlich mit ornamentalem Schnißwerk ausgefüllt, mittels dessen auch wahrscheinlich zu beiden Seiten und oberhalb des Schreines eine Verbindung zu den Tafeln des Altars hergestellt war. lleber dem Altar brachte Abt Hermann 1547 das alte große Kruzifir aus Bronze an, das er von Helmstedt nach Werden überführt hatte und welches die Inschrift hat : Düt Crüß hadde Carolus in siner Hand, als he bekierde dat Sarenland. 1) Herr Fabrikbesizer A. Hopmann hat in der Generalversammlung des hiesigen hiſtoriſchen Vereins auf dieſe Gemälde aufmerkſam gemacht. 2) Durch die Zuvorkommenheit kunſtſinniger Werdener Bürger, der Herren Fabrikant Friedr. Wilh . Diederich und Kataſtercontroleur Müller ist der hiesige historische Verein in den Besiz photographischer Aufnahmen der Bilder gelangt, wofür auch an dieser Stelle die verdiente Anerkennung und der ge bührende Dank ausgesprochen werden soll. Abbildungen der Gemälde nach den Photographieen finden sich angefügt.
71
Der Kunsthistoriker Eduard Förster hat indeß geglaubt, den Maler dadurch für die Litteratur näher zu bezeichnen, daß er ihm den Namen „ Meister von Werden" beigelegt hat. Im 15. Jahrhundert hat ein hervorragender, aber nach Name und Herkunft unbekannter Maler
gelebt, dem
verschiedene Bilder :
Geburt Christi 2c. in der Kirche zu Linz am Rhein mit der Jahres zahl 1463 , Geſchichte der hl . Jungfrau
in der Königl. Pinakothek
zu München, die Lyversbergische Passion und noch ein anderes Bild mit den Jahreszahlen 1489 und 1499 im Museum zu Köln zuge schrieben werden . Nach einem seiner Hauptgemälde wurde er in der Litteratur der Meister der Lyversbergischen Passion genannt. hin
glaubte
man
die
Werdener
Gemälde
(mit
der
Später
Krüger'ſchen
Sammlung nach London gewandert) als ein Hauptwerk des unbe kannten Malers jener Reihe von Bildern ansehen zu müssen, und so ging man dazu über, für ihn den Namen „ Meister von Werden “ zu schöpfen.¹)
Ob dies eine glückliche oder auch nur berechtigte Be
zeichnung ist, kann hier auf sich beruhen .
Unsere Aufgabe ist es, zu
unterſuchen, in welchem Verhältnisse der in die Litteratur eingeführte „Meister von Werden“ und seine für die dortige Abteikirche, wie an genommen wird, geschaffenen Kunstprodukte zu den beiden Werdener Altarwerken des 16. Jahrhunderts stehen, die wir kennen
gelernt
haben, nämlich zu den Tafeln des Hochaltars der Abteikirche, gemalt von dem Weseler Meister Johannes Jodoci, und zu den von Custos Ludolph für das vetus
templum St. Ludgeri gestifteten Altarge
mälden. Zunächst muß nun hervorgehoben werden, daß der sogenannte „Meister von Werden“ Jodoci von Wesel.
ein anderer ist, als der Meister Johannes
Hierauf weist schon Paul Elemen hin in seiner
Schrift, Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Essen S. 94, wo er schreibt : „ Der Meister (Johannes Jodoci Wesaliensis ) fann mit dem früher von Förster (Denkmale XII S. 25 ; Geschichte der deutschen Kunst II
. 153) in die Litteratur eingeführten Meister von Werden
nicht identificiert werden. "
Und wenn wir in Johannes Jodoci von
Wesel den berühmten Calfarer Meister Jan Joest zu erkennen glaubten, ſo berichtet Ernst Förster, daß der bei ihm genannte „ Meister von 1 ) Geschichte der deutschen Kunst vou Ernst Förster 1. Theil S. 153 bis 154, 156 und 157. Denkmale deutscher Vaukunst, Bildnerei und Malerei von Ernst Förster 3. Abth. S. 3 und 4.
72
17
Werden“ ebenfalls von Jan Joest von Calcar zu unterscheiden iſt, da die Meister bei ihren Kunstschöpfungen in einer ganz verschiedenen Richtung thätig gewesen seien . Es bedarf ferner kaum der Erwähnung, daß auch die Gemälde, welche wir glaubten für
den Hochaltar der
Abteikirche in Anspruch nehmen zu müssen, nicht diejenigen sind, welche uns auf den Londoner Bildern begegnen. Cb wir jedoch nicht in den Werdener Bildern der National Gallerie in London die Ludolph'schen Tafeln vor uns haben, von denen uns
nichts weiter
bekannt ist, als daß der Custos Ludolph sie in den Jahren 1536-1542 für das vetus templum St. Ludgeri gestiftet hat ?
Dies
unwahrscheinlich, vorausgesezt, daß die Kunstkritik die Bilder in die
scheinlichkeit dadurch , wenige
daß das
Diese Annahme gewinnt vetus templum St.
an Wahr
Ludgeri nur
1 I S
angegebene Zeit setzen kann.
10
ist nicht
Ibu
Jahrzehnte vor Aufhebung der Abtei und zwar im Jahre
1760 unter dem Abt Anselmus Sonius (1757-1774) niedergelegt wurde¹) , die der beseitigten Kirche entnommenen Kunstgegenstände sich demnach bei der Säkularisation noch in der Abtei befinden mußten.
Sehr fraglich mag es erscheinen,
ob B. Bruyn , nach der
früher ausgesprochenen Vermuthung Urheber der Ludolph'schen Tafeln, der Maler der Londoner Bildwerke sein kann. Bisheran werden die in der Abtei Werden aufgefundenen und in die National-Gallerie in London gewanderten Gemälde als Werke des XV. Jahrhunderts angesehen. Mit dem zweiten Jahrzehnt des die Stiftung St. Ludgeri zu Werden
15. Jahrhunderts
kam
eine traurige Zeit2) .
für
Verfall
der klösterlichen Disciplin trat ein und in Folge davon Niedergang des klösterlichen Lebens ; Verschwendung zehrte am Klostergut, zulet war das Stift gar in seinem äußeren Bestande bedroht.
So
lange
dieser beklagenswerthe Zustand dauerte, fehlte es selbstverständlich an Sinn und auch an Mitteln, zur Hebung des Gottesdienstes oder zum
1 ) vgl. Effmann, die Karolingiſch-Ottoniſchen Bauten zu Werden I, S. 16 und 17, wo dafür im Gegensaße zu der Angabe Meyers, daß die Kirche im Jahre 1783 abgebrochen worden sei, Chronik von Werden und Helmstedt, S. 54, der Beweis erbracht wird. Herr Profeſſor Effmann hat ſich durch die den Werdener kirchlichen Bauwerken zugewandte Aufmerksamkeit und liebevolle Fürsorge, nicht minder durch sein neuestes Werk, hervorgegangen aus Liebe zur Kunst sowie aus Interesse an der kirchlichen Vergangenheit seiner Heimath und Anhänglich feit an dieselbe den Dank seiner Vaterstadt in hohem Grade verdient. 2) vgl. Overhamm a. a. D. S. 403, 407 und 413.
d
173 Schmucke der Klosterkirche in Erwerbung von
bedeutenden Kunſter
zeugnissen außergewöhnliche Ausgaben zu machen .
Noch
vor Ende
des Jahrhunderts wurde durch Einführung der Bursfelder Reform (1474) dem eingerissenen Verderben Einhalt gethan, so daß das Ordensleben wieder einen neuen Aufschwung nahm. Aus diesen Verhältnissen ist für unsern Zweck der Schluß zu ziehen, daß, wenn die nach London überführten Bildwerke im 15. Jahr hundert für die Werdener Abteikirche beschafft worden sind, dies nur gegen Ende des Jahrhunderts geschehen sein wird und dann vermuthlich in den Jahren 1474-1478,
als
Abt Adam von Großmartin in
Köln im Kloster zu Werden weilte, um die Bursfelder Reform zur Durchführung zu bringen. Dieser ausgezeichnete Abt, welcher auch für die Abtei Großmartin in Köln eine Abschrift der vita III St. Ludgeri anfertigen ließ,¹) konnte immerhin, wenn er auch Anfangs nach Ein führung der Klosterreform mit den Conventualen in großer Armuth lebte²) , vielleicht von auswärts , die Mittel beschaffen, um die Kirche in Werden mit dem Kunstwerk zu bereichern. In diesem Falle würde der Gemälde in der Kölner Schule zu suchen sein.
der Urheber
Hiermit endet unsere Abhandlung . Mögen auch die gewonnenen Resultate wegen der Dürftigkeit des Quellenmaterials nicht in allweg der aufgewandten Mühe entsprechen, so hält der Verfasser sich doch für hinlänglich belohnt, wenn er versichert sein darf, seinen Mit bürgern einen Dienst erwiesen und das Interesse für die innere Aus schmückung unserer altehrwürdigen monumentalen Pfarrkirche neuerdings angeregt und neu belebt zu haben. 1) vgl. Diekamp. a. a. D. S. LXIII und LXIII.
2) Roskamp S. 12 heißt es : vixit in magna paupertate in principio cum reformatis fratribus ."
=
1 क
Die
Banten
44
zu
длина
karolingisch - ottonischen
Werden von
+ r
Wilhelm Effmann. 1. Stephanskirche, Salvatorskirche, Peterskirche. Mit 288 Tertfiguren und 21 Tafeln. Angezeigt von Dr. P. Jacobs .
Werdens hervorragendstes und bekanntestes Baudenkmal ist seine in den edelsten Formen des spätromanischen Stiles errichtete Abtei firche. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden, liefert sie einen Beweis dafür, wie lange und zähe noch mancherorts in Deutschland an der altgewohnten romanischen Bauweise festge halten wurde, als der gothiſche Stil ſchon zum vollen Siege gelangt war. Aber doch beruht nicht in diesem Bau, sondern in dem, was sich aus der karolingischen und ottonischen Zeit erhalten hat, an erster Stelle Werdens kunstgeschichtliche Bedeutung. Dies erweist das von dem Ehrenmitgliede unseres
Vereines,
Herrn Professor Effmann, bearbeitete, reich illustrierte Werk, von dem unter dem vorangeseßten
Titel, in dem bekannten Kunſtverlage von
3. H. Ed . Heiß (Heiß & Mündel) in Straßburg so
eben der erste
Band erschienen ist. Auf langjährigen , eingehenden Bauuntersuchungen und umfassenden Quellenitudien beruhend, wird dasselbe nicht verfehlen, die Aufmerksamkeit weiterer Kreise
in erhöhtem Maße den Bauten
des Gebietes zuzuwenden, dessen Erforschung unser Verein sich widmet. Bei der kurz zusammenfassenden Darstellung, die ich hier von der Arbeit Effmanns
gebe,
kann ich mich nach der archäologischen
Seite hin vorwiegend nur referirend verhalten . Aufs innigste aber berührt sich das Werk mit den seit lange von mir betriebenen Studien zur Kloster
und Pfarrgeschichte
Werdens,
Arbeiten, bei
75
denen ich die
Geschichte
der Bauten
nicht
unberücksichtigt laſſen
konnte. Außerdem habe ich aber auch mit den Bauten selbst seit langem in steter und
naher
Beziehung gestanden und
Wiederherstellungsarbeiten
dabei
den
großen
der lezten Jahrzehnte sowie den von Eff
mann vorgenommenen Untersuchungen folgen
und
ihre
zum Theil schon in meinen Arbeiten verwerthen können.
Ergebnisse Eigenkirche,
Coemeterialkirche, Grabkapelle, Klosterkirche, Pfarrkirche, Sendgerichts ſtätte, Zunftplay : die Anführung ſchon dieser Stichworte genügt, um erkennen zu laſſen, wie verschiedenartiges nach Zweckbestimmung und Gestaltung hier begegnet.
Der Berichterstattung
kommt dabei
aber
in hohem
Maße die übersichtliche Anordnung des weitschichtigen Stoffes und die von den wichtigeren Ergebnissen gegebenen knappen
Zusammenstellungen zu gute. In Werden sind im 9. 10. und 11. Jahrhundert sechs ver schiedene Kirchen errichtet worden, die zum Theil noch mit be sonderen Anneren versehen waren . Die Entfaltung einer so reichen Bauthätigkeit in einem eng umgränzten Gebiete ist eine Erscheinung, die in jener bauluſtigen Zeit auch andernorts uns entgegentritt. Was aber Werden eine ungewöhnliche Bedeutung verleiht, ist der Umstand, daß trog aller Zerstörungen, troy aller Veränderungen, welche Brand schäden , wechselnder Geschmack und
neue Bedürfnisse hervorgerufen
haben, das, was damals geschaffen worden ist, noch jezt zum großen Theil aufrecht ſteht oder doch in Reſten hat nachgewieſen werden können. Die karolingische und die ihr folgende ottonische Epoche sind für die Entwicklungsgeschichte der mittelalterlichen Baukunft von der größten Wichtigkeit, aber verhältnißmäßig gering nur ist die Zahl der aus dieser Zeit überkommenen sicher datirten Bauten. Einen wichtigen Fortschritt auf diesem Gebiete bezeichnet die Arbeit Effmanns : Bauten, die bislang entweder ganz unbekannt waren, oder aber viel fach irrig beurtheilt wurden, werden durch sie in fester Stellung jener Periode eingegliedert.
Die Bauten, die den Inhalt des erſten Bandes
bilden, sind die zum Kloster gehörigen Kirchen ; außerhalb des Kloster= bezirkes liegen die Klemenskirche, die Luciuskirche und die Nikolaus Ta die so an kapelle, die dem zweiten Bande zugewiesen sind. erster Stelle behandelten Kirchen ihrer Entstehung nach alle in die farolingische
Zeit hinaufreichen ,
Periode angehören , so gischen Reihenfolge.
die übrigen
aber
der
ottonischen
entspricht diese Theilung auch der chronolo
76
Kloster.
Klostergarten
Mauer Kapitelgebände (onde 18.Jahrhunderts)
Arensgang
Abteikuchi
Erste en Sudgerns erbante plinche Schüler kirchhof
demegang
Sakriste
Oekonomichof
Stergang Ludgeriden Krypla
Quacuum
Kreuzgang Mirchhof
L Ablagebändi Cabaut 1725-175)
Edenu
Voaplatz
Paradis
1: 1000 5 25 30 35 40 45 509 £ T የ § 10 15 20
Lageplan der Abteikirche und Abteigebäude am Ende des 18. Jahrhunderts . ' )
Nach längerem Schwanken über die Wahl des Ortes hatte der hl. Ludgerus sich für Werden entschieden und hier im Jahre 799
1 ) Von den zur Benutzung freundlichst überlassenen drei Abbildungen gibt der vorstehend mitgetheilte Lageplan von Abtei und Kirchenanlagen den Zustand vom Ende des 18. Jahrhunderts wieder. Das Paradies stand damals noch ganz aufrecht ; die von Ludgerus erbaute Stephanskirche war aber schon abgebrochen und der Play, den sie eingenommen, zum Theil wieder neu über baut. Dieselbe ist aber in ihren durch die Ausgrabungen festgestellten Um fassungslinien in den Plan eingetragen. Von den auf den Tafeln VII und VIII gegebenen Ansichten stellt die erſtere die Kirche von Nordwesten gesehen in ihrem gegenwärtigen Zustande dar. Tafel VIII gibt eine Rekonstruktion von dem Bau, wie er nach der Vollendung der Peterskirche, also um die Mitte des 10. Jahrhunderts dastand.
77
den Grund und Boden zur
Errichtung eines Klosters
erworben .
Kein Jahrhundert ist seitdem
dahingegangen, in dem die bauliche
Thätigkeit an dieser Stelle ganz geruht hat. Verwickelt und ver dunkelt, wie deshalb die Geschichte der Bauten ist, die hier in raſcher Folge erstanden sind, so schwankend und abweichend sind auch die Urtheile über ihre Gestaltung . Neben dem Wunsche, für die Klostergemeinde bis zur Vollendung der großen Klosterkirche einen würdigen gottesdienstlichen Raum zu gewinnen, war es besonders noch der Zweck, eine sichere Stätte für die Aufbewahrung der in seinem Besize befindlichen Reliquien zu schaffen, den der hl. Ludgerus mit dem Bau einer kleinen, schon im Jahre 804 vollendeten Kirche verfolgte.
Von den verschiedenen über
die Lage derselben bisher geltend gemachten Ansichten hat der Ver faer keine bestehen lassen ; überzeugend legt er dar, daß sie neben der Klosterkirche gestanden hat und identisch mit der Stephans firche war, die, im 16. Jahrhundert vollständig umgebaut, 1760 ab gebrochen worden ist. Durch Nachgrabungen hat sich aber noch jezt feststellen lassen, daß dieselbe ursprünglich als Dreikonchenanlage, nach Art der römischen Cömeterialkirchen, gestaltet war. Auch mit dem Bau der Klosterkirche, der Salvatorskirche, war noch von Ludgerus selbst begonnen worden ; jedoch erst 875, sechs und sechzig Jahre nach seinem Tode, war sie vollendet.
Zm
Anfange des 12. Jahrhunderts schon von einem Brandunglücke be troffen, fiel dieser Bau bei einem abermaligen Brande im Jahre 1256 einer fast vollständigen Vernichtung anheim.
Unter der
Erde und
über der Erde ist aber doch so viel von ihm erhalten geblieben, daß daraufhin und im Anschlusse an eine auch im Baubefunde eine Stüße findende chronologische Nachricht, wonach Karl der Große eine große Zahl antiker Säulen geschenkt, eine Rekonstruktion hat vorgenommen werden können,
die uns den Bau als eine
dreischiffige flachgedeckte
Basilika, aber schon mit dem Wechsel von Pfeilern und Säulen zeigt. Ueber das Schema der altchristlichen Basilika wurde während der Aus führung ferner auch und Apside quadrat
darin hinausgegangen, daß zwischen Langhaus
ein von doppelgeschossigen Sakristeien flankirtes
eingeschaltet wurde.
Die Streitfrage,
ob
Chor
die Querſchiffs
anlage, wie sie gegenwärtig vorhanden ist, schon im ersten Bau vor gebildet war, ist von Effmann verneinend entschieden und damit der Annahme, daß
der Typus der freuzförmigen Basilika in Deutsch
78
In der ferneren Frage, ob
entzogen
die unter der Chorapſide ſich er
streckende Krypta mit der Grabstätte des Heiligen, die Ludgerus frypta , oder, wie nach dem Vorgange von Wulff noch jest vielfach angenommen wird, der östlich daran sich anschließende, von Effmann. als Ludgeriden krypta bezeichnete Bau älteren Ursprunges sei, spricht sich der Verfaſſer dahin aus, daß dieser Vorrang der Ludgerus krypta gebührt. Auf Grund der Quellennachrichten und des Baube standes legt er die Gründe dar, welche bekunden, daß schon bald nach dem Tode des Klostergründers sein ursprünglich außerhalb der Kirche belegenes Grab durch die während der Bauausführung in Abweichung von der anfänglichen Plangestaltung vorgenommene Verlängerung des Chores in diese einbezogen worden ist und die Vollendung der Ludgeruskrypta etwa in die Zeit von 830 fällt. Dieselbe ist noch wohl erhalten.
Sie zeigt jenen Typus der
altchriſtlichen Krypten,
bei dem ein an der Apsiswand sich entlang ziehender Rundgang die in der Mitte belegene Grabkammer umschließt.
Auch der alte, aus
einfachem Mauerwerk bestehende Sarkophag des Heiligen war noch erhalten geblieben.
Im Jahre 1880 leider zerstört ist er aber noch
im Bilde festgehalten worden.
Durch Nachgrabungen innerhalb des
Mittelschiffes der jezt bestehenden Ludgeridenkrypta ist
auch die ur
sprüngliche Gruftkapelle der Ludgeriden in ihren Fundamenten auf gedeckt und damit jeder Zweifel darüber beseitigt worden, daß die Ostkrypta nicht dem 9. Jahrhundert angehört, sondern im 11. Jahr hundert von Grund aus neu erbaut worden ist. geweiht,
Im Jahre 1059
mußte sie schon einige Jahre später nach einem Gewölbe
einsturz theilweise wieder erneuert werden . Abgesehen von dem Umbau einer Altarapside stellt sich der in der Folgezeit nicht wesentlich ver änderte Bau als eine dreiſchiffige, mit Kreuzgewölben überdeckte Hallen anlage dar. Säulen tragen die Gewölbe ; Pilaster und Flachniſchen gliedern die Innen-, Blendbögen die Außenwände. Der Umstand , daß die Kapitelle der Pilaster und besonders der Säulen in dem Rahmen der antiken Formgebung gehalten sind , ist es , der namentlich dazu Anlaß gegeben hat, in dem Bau ein Werk der Karolingerzeit zu erblicken .
Derselbe Umstand liegt auch bei der Ludgeri- (Peter
Johannes) Kapelle zu Helmstedt vor, der engen Zusammenhanges,
der Verfasser wegen
des
in dem das Helmstedter Kloster zu Werden
發
land ſeinen Ursprung genommen habe, eine weitere Stüße worden.
79
gestanden hat, einen besonderen Erkurs widmet. Rapitellen,
die Lübke als
Prachtstücke
aus
Von ihren Säulen
der Karolingerzeit be
zeichnet, wird nachgewiesen, daß sie mit den Werdener Kapitellen fast vollständig übereinstimmen und deshalb
als gleichzeitig, wenn
nicht gar als Arbeiten derselben Hand angesehen werden müſſen. Von der karolingischen zur ottonischen Kunst leitet die, vielleicht schon. vor der Vollendung der Klosterkirche 875 begonnene, 943
geweihte
Peterskirche hinüber. Da sie im Westen unmittelbar an die Salvators kirche anstieß, beim Neubau des
13. Jahrhunderts mit dieser ein
heitlich zusammengefaßt wurde, hat man in ihr bislang einen Rest der ursprünglichen Salvatorskirche,
oder auch einen nach ihrem Vorbilde
sväter hinzugefügten Verlängerungsbau erkennen wollen.
Dem gegen
über ist hier der Nachweis erbracht, daß die Peterskirche ein ursprünglich selbständiger, in Plan und
Ausgestaltung
von der Salvatorskirche
durchaus abweichender, für die eigentlichen Pfarrzwecke und besonders auch für die Abhaltung des Sendgerichtes bestimmter Bau geweſen iſt. Seine Errichtung hängt jedenfalls mit dem Umstande zusammen, daß die Klosterkirche zur Pfarrkirche eines weit ausgedehnten Sprengels erhoben worden war, und es deshalb wünschenswerth erscheinen mußte, für den Pfarrdienst ein eigenes, von der Klosterkirche unabhängiges Gebäude zu befizen. Sie war als unvollkommene Centralanlage gebildet ;
ein
auf quadratischem Grundriß sich erhebender, flach
gedeckter, auf allen vier Seiten mit Hochwandfenstern versehener und außerdem
noch mit einem besonderen,
als
Glockenstube dienenden
Geschosse ausgestatteter Mittelbau, legte sich mit seiner Ostseite an die Salvatorskirche an. Auf den drei
anderen
Seiten
ſchloſſen
ſich
doppelgeſchoſſige
gewölbte Umgänge an ; Treppenhäuser nahmen die westlichen Ecken ein. Diesem Bau, der mit seinen Emporen und seinem Thurm die ganze Kirchenanlage machtvoll beherrschte, war in der Mitte der Westfront ein ebenfalls
doppelgeschossiger Vorbau von geringer Tiefe vorgelegt .
Derselbe wurde kaum ein Jahrhundert später durch einen größeren, als Paradies bezeichneten Vorbau erseßt, in dessen Untergeschoß späterhin eine halbrunde Portalnische als Eingang zur Kirche ein gefügt wurde.
Im
12.
Jahrh.
fand, unter
Beibehaltung dieser
Portalnische, nochmals ein Neubau des Paradieſes ſtatt, als vollständiger Gewölbebau in der Form eines richteten stumpfen Kreuzes ausgeführt wurde.
das
dabei
nach Westen ge
Abgesehen von
einem
1 80
Nische
eingebauten Portal
ist
der Bau in dieser Gestalt bestehen
geblieben, bis er zu Ende des vorigen bezw. zu Anfang des jeßigen Jahrhunderts durch den Abbruch des Querschiffes auf das jezt noch) bestehende Ostjoch beschränkt wurde.
1934
beim Neubau der Abteikirche im 13. Jahrhundert in die halbrunde
So war die Salvatorskirche zum Mittelpunkte einer Gruppe von mehr oder weniger selbständigen, nach Entstehungszeit,
Zweck und
310
Gestaltung sehr verschiedenartigen Bauten geworden. In diesen Beſtand griff der Brand von 1256 vernichtend ein. Zwar konnte er den gewölbten Bauten, der Stephanskirche im Süden, den Krypten im Often, der Peterskirche und
dem Paradiese im Westen, nichts
L
oder
nur wenig anhaben, die Salvatorskirche aber fiel ihm fast vollständig
LI
zum
こだ
Opfer.
In der Zeit von
1256-1275
erneuert, erhielt sie
wiederum die Geſtalt einer dreiſchiffigen Baſilika. Im Osten, wie im Westen durch die Rücksichtnahme auf die erhalten gebliebenen Bautheile in feste Grenzen gebannt, ging man
dabei nur in der
etwas größeren Breite des Langhauſes und beſonders durch die Anlage eines Querschiffes über die Umriklinien des alten Baues hinaus .
31 1
Mit Emporen und einem über der Vierung sich erhebenden Kuppel thurm versehen wurde jeßt der Neubau zur Beherrscherin der ganzen Anlage.
Indem man im Mittelschiff beide Bauten möglichst
heitlich mit einander verband, kirche
ein Ende gemacht.
ein
wurde der Selbſtändigkeit der Peters
Seitdem
kam für den Gesammtbau
Bezeichnung Münsterkirche in Uebung.
die
Auch die Folgezeit hat an
der Verschmelzung der Bauten weiter gearbeitet. In beſonders radikaler Weise geschah dies bei der Restauration, der die Kirche in der Zeit von 1840/50 unterzogen wurde. In der Unkenntniß, in der man sich über die Baugeſchichte fand , ſtand man ſogar nicht an, die Seiten schiffe und Emporen beider Kirchen
gegeneinander zu öffnen :
ein
Beginnen, welches neben anderen Mißzgriffen zu einer Gefährdung des Bauwerkes geführt hat, die in neuerlicher Zeit zur Vornahme umfaſſender Sicherungsmaßregeln gezwungen hat.
Wie es
deshalb
wohl erklärlich iſt, wenn man die Peterskirche als Reſt der ursprüng lichen Salvatorskirche angesehen und in dieser das erste Beispiel einer in Seitenschiffen und Emporen gewölbten Basilika hat erblicken wollen, ſo läßt sich daraus aber
auch erkennen, welch'
eingehender Unter
suchungen es bedurft hat, die ursprüngliche Anlage der verschiedenen Bauten festzustellen .
Es haben zu diesem Zwecke von dem jeßigen
Em
81
Baubestaude ausgehend die Bauten bis auf die Jestzeit in ihren Wand lungen verfolgt werden müssen . Aber nicht nur Um- und Neubauten, auch die kleineren baulichen Veränderungen erheiſchten Berücksichtigung. Indem die verschiedenen Bauten in ihrer im Laufe der Zeit mannig fach wechselnden Erscheinung zur Anschauung gebracht worden sind, bietet Effmanns Schrift so eine bis auf die Gegenwart durchgeführte Geschichte der Kirchen von Werden. Von den in dem vorliegenden Bande behandelten Bauten ver jest uns die nach dem Schema der Coemeterialfapellen erbaute Stephans firche und die Ludgeruskrypta in die altchristliche Zeit.
Altchristlichen
Vorbildern folgte auch, in der Anwendung des Stüßenwechsels und in der Chorverlängerung aber schon darüber hinausgehend , die Sal vatorskirche. kirche.
Den Uebergang zur ottonischen Kunst bildet die Peters
Dem Ende des 9. und
dem Anfange des 10. Jahrhunderts
angehörend und verhältnißmäßig wohl erhalten, bildet sie ein sicher datirtes, gerade die denkmalärmste Zeit der deutschen Baugeſchichte bedeutsam bereicherndes Monument. Nach der Bartholomäuskapelle zu Paderborn, der älteste deutsche mehrschiffige freistehende Gewölbe bau, befundet auch die aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammende Ludgeridenkrypta noch das lange Nachleben der christlich antiken
Kunstrichtung
ottonischen Kunst.
und
damit
ihren
Dagegen gehört das
gebildeten romanischen Stile an.
Zusammenhang Paradies
mit
der
dem voll aus
Als ein strenges und edeles Werk
des sog. Uebergangsstiles endlich stellt sich die nach dem Brande von 1256 entstandene Abteikirche dar . Von den Bauformen, die in der romaniſchen Kunſt nachmals große Wichtigkeit erlangt haben, glaubt Effmann den Stüßenwechsel, dessen erstes Vorkommen bisher in Gernrode (961 begonnen) erblickt wurde, für die Salvatorskirche, wenn nicht mit Sicherheit, so doch mit hoher Wahrscheinlichkeit ſür
in Anspruch
die Arkaden, bei denen zwei
nehmen
zu dürfen.
Während
auf einer Mittelsäule
anseßende
fleinere Bogen von einem gemeinsamen
größeren Bogen umrahmt
werden, als älteſtes Beiſpiel der der Zeit um 1000 angehörige Weſt bau von Essen gilt, weist die Peterskirche diese Bauform um ein Jahr hundert früher an ihren Emporen auf, und nicht unwahrscheinlich ist es, daß auch die Schallfenster des Petersthurmes in gleicher Weise gebildet waren. An dem Paradiese der Peterskirche tritt die sonst so seltene, vorher aber schon an der Luciuskirche vorkommende halbkreisförmige
82
Portalnische auf.
Die an der Ludgeridenkrypta vorhandenen inneren
Wandnischen begegnen als ein sehr frühes Beispiel dieser Bauform schon auf den Emporen der Petersfirche ; sie sind jedoch,soweit sie sich über haupt noch erhalten haben , jezt durch Vermauerung dem Blick ent zogen.
Sehr eigenartig sind die im Aeußern der Peterskirche
an
geordneten, in der Rückwand mit Flachnischen gegliederten, jezt aber ebenfalls vermauerten Blendniſchen.
alte
Von der Stephanskirche
und der
Zierglieder nicht erhalten.
Die
überhaupt
entbehrt haben.
Die
Salvatorskirche haben sich
Stephanskirche
wird
solcher
der Schenkung Kaiser Karls
ent
stammenden antiken Kapitelle der Salvatorskirche sind aber wohl vor bildlich gewesen für die antikisirenden Kapitellbildungen, die in Werden ungewöhnlich lange Anwendung gefunden haben. In der ältesten Nachbildung erscheint das antife Blattkapitell, aber in einfacher Bosse gehalten, an der Peterskirche ; in reicher Ausbildung begegnet es noch spät im 11. Jahrhundert an der Ludgeridenfrypta . Auch an einer Reihe interessanter figürlicher und ornamentaler Fundstücke, die Eff mann zum Theil mit dem von Abt Adalwig ( 1066-81 ) errichteten Hochaltare in Verbindung bringt, bekundet sich der Einfluß der Antife. Auf der Drehbank entstandene, pilzförmige Kapitelle, wie sie in Deutschland sonst noch in Essen
und Quedlinburg und,
wie
Effmann außerdem angibt, noch in Münstereifel vorkommen, zeigen die Arkaden der Peterskirche. Das Würfelkapitell, das in Werden schon früh an der Luciuskirche in reicher Ausbildung auftritt,
ist an
der Abteikirche nur an den Arkadensäulen des Paradieses vom 12. Jahrhunderts noch nachzuweisen. hunderts
Da
neben den spätromanischen
am Neubau des auch
13. Jahr
noch gothische Kapitelle
vorkommen, so finden sich die vom 9. bis 13. Jahrhundert zur An wendung gebrachten typischen Formen hier alle vertreten. In
der Krypta ist in Bruchstücken der dem 11. Jahrhundert
angehörige Moſaik- und Marmorfußboden aufgefunden und im engen Anschlusse daran ein neuer Belag hergestellt worden .
In der Peters
kirche wurden Reste einer rein ornamentalen , nur sehr einfach ge haltenen Malerei aufgedeckt, die mit dem Bau entstanden, also dem Alter nach
über die
Malereien
der Reichenau und
des
Aachener
Münsters noch herausgeht. Da ihre Erhaltung nicht ermöglicht wurde, ist es ein besonders glücklicher Umstand, daß sie durch Effmanns Aufnahme wenigstens im Bilde festgehalten worden ist .
83
Eine ganz besondere kunsthistorische Bedeutung weist der Ver safer dem in der Peterskirche festgestellten Bautypus zu. Während bei der altchristlichen Basilika die Westfront als ausgesprochene Ein gangsseite behandelt wurde, ging, das ist die jest herrschende Meinung. die Façadenidee mehr und mehr verloren, als es bei den großen deutschen Kirchen zur vorhereichenden Sitte wurde, an Stelle des dem Chore gegenüberliegenden Haupteinganges ein zweites Chor an zuordnen. In näherem oder entfernterem Zusammenhang mit dieſen Westchören stehen dann die verschiedenen Stufen, welche die Aus bildung und Gestaltung der Westfront durchlaufen haben sollen, bevor unter dem Vorgehen von Cluny vom 11. Jahrhundert ab die West chöre allmählich in Wegfall kamen und das Westende der Kirche wieder zur Eingangsseite wurde. doppelchörigen Kirchen
Wenn es nun auch zweifellos iſt daß die
eine hervorragende Stellung
einnehmen, so
hält Effmann die ihnen beigelegte Bedeutung doch für viel zu weit gehend und ganz bestreitet er, daß die Westchöre auf die Entwickelung der Westfronten mit ihren Portalen und Thürmen
den ihnen zu
gelegten Einfluß geübt haben. Den fruchtbaren Kern erblickt er vielmehr in den Westwerken. In ihnen sieht er das Vorbild zu den verschiedengestaltigen Westthurmanlagen . Der Werdener ein thürmigen Westwerkanlage Patroklus in Soest.
folgt noch im 12.
Jahrhrhundert
St.
Als reichere Anlage entstand , wenn außer dem
Hanptthurm auch die Treppenhäuser thurmartig hochgeführt werden die dreithürmige Westfront (jo St. Pantaleon zu Köln, Münstereifel, Mauersmünster). Von den reducirten Formen war die einfachste die, bei der von den Westwerken nur der Mittelthurm beibehalten wurde, (ein frühes Beispiel ist
der noch mit einer Westvorhalle ver
ſehene Thurm der Luciuskirche) . Die bloße Beibehaltung der Treppen thürme mit der in einem oder mehreren Geschossen sich erhebenden Zwischenhalle gab dann das Vorbild zu jenen Westfrontbildungen, die, indem
die
Betonung bald auf die Treppenthürme, bald auf den
Zwischenbau gelegt wurde, in zwei, ebenfalls
wieder zu manchen
Variationen Anlaß gebende, Hauptgruppen zerfielen. Diese Erklärung von der Entwicklung der Westfaçaden und Westthürme, die, von den bisher geltenden Anschauungen völlig abweicht, gibt eine einfache Lösung der verwickelten Frage, indem damit dargethan ist, daß die Westwerke, bei denen es sich um eine in ihrer Eigenart von der Forschung noch kaum
berührte, aber für
die
Ausgestaltung
der
Westpartic
84
maßgebend gewordene Baugattung handelt, gleichzeitig mit den Westchören entstanden und ausgebildet sind. In diesem Lichte be trachtet erſcheint auch die von Cluny ausgehende, im 11. Jahrhundert durch Limburg a. d . Hardt und Hirsau in Deutschland verbreitete Frontbildung mit Doppelthürmen nicht als neuer Baugedanke, sondern als das Ergebnis einer Entwicklung, die von den
Westwerken ihren
Ausgang genommen hat. Effmann erblickt aber in der Peterskirche nicht ein Erstlings werk dieser Baugattung . Er will späterhin nachweisen, daß dieſe Form schon im 8. Jahrhundert ihre Ausbildung gefunden hat. Die Peterskirche erhält aber eine besondere Wichtigkeit dadurch,
daß sich
hier an einem im wesentlichen noch in seiner ursprünglichen Form bestehenden Bauwerk Entstehungszeit und Gestaltung mit so voll ständiger Sicherheit haben nachweiſen laſſen und so Ergebnisse ge wonnen worden sind , die grundlegend und wegweisend sind für die weitere Forschung . In dem Vorwort hebt der Verfasser die Förderung hervor, die seinen Untersuchungen durch die bei der jüngsten Restauration
ge
machten Aufdeckungen und das Entgegenkommen der staatlichen Bau verwaltung zu theil geworden. Es mag dazu bemerkt werden , daß auch die Arbeit Effmanns dem Bauwerke selbst zu Gute gekommen, indem durch sie auf die Gefahr, die die Peterskirche bedrohte, und auf ihre Ursachen die Aufmerksamkeit der zuständigen Behörden
gelenkt
und so der Anstoß zu umfassenden Sicherungsmaßnahmen gegeben. wurde. Nach den von Effmann
gegebenen Aufnahmezeichnungen
und
unter Wiederbenuzung der noch erhalten gebliebenen Formstücke wird sich
die Sarkophag- und Altaranlage der Ludgerus - Confeſſio wieder
herstellen lassen. Wie er die Wiederoffenlegung der vermauerten Blenden der Peterskirche empfiehlt, ſo erſcheint ihm auch die Wiederherstellung des Paradieses selbst in dem Falle wünschenswerth, daß das Querschiff nur in etwas reducierter Länge erneuert werden könnte. Die Untersuchungen, die Effmann den in dem Schlußzband zur Behandlung kommenden Kirchen gewidmet hat, haben, wie hier erwähnt
werden
mag, für die Denkmalpflege
schon
ebenfalls schon einen
wichtigen Erfolg gehabt, indem die in der Mitte des 10. Jahrhunderts errichtete, bislang als völlig vernichtet betrachtete Klemenskirche, durch Nachgrabungen , welche Effmann in Verbindung mit dem hiſtoriſchen
85
Verein veranstaltet hat, in ihren Fundamenten und in Reften des aufgehenden Mauerwerkes wieder aufgedeckt worden ist. Außerdem ist die besonders bedeutsame, 995 begonnene, 1063 geweihte, in diesem Jahrhundert zu einem Wohnhause umgestaltete Luciuskirche, nachdem durch die Untersuchungen Effmanns der Beweis erbracht worden war, daß der Bau in seinen wesentlichen Theilen noch wohl erhalten ist, von Seiten der Pfarrgemeinde angekauft und dadurch nicht nur ſeine dauernde Sicherstellung, sondern, wie zuversichtlich gehofft werden darf, auch seine Wiederherstellung gewährleistet.
Für die Denkmal
kunde hat seitdem schon der Bau eine besondere Bedeutung dadurch gewonnen, daß Effmann in demselben Malereien aufgedeckt hat, die von der ursprünglichen polychromen Ausstattung ein fast vollständiges Bild geben. Unser historischer Verein hat sich die Erhaltung der Ge mälde angelegen sein laſſen, indem er die Ausmiethung der Bewohner der beiden Stuben, welche die werthvollsten und in ihrem Bestande am meisten gefährdeten figürlichen Darstellungen laßt hat.
enthalten,
veran
Als Ergebnis der von Effmann den Bauten seiner Vaterstadt gewidmeten Arbeiten steht schon jezt fest, daß durch die große Zahl, durch die Mannigfaltigkeit und die Bedeutung seiner Bauten Werden fürderhin in der Geschichte der frühmittelalterlichen Baukunst eine bedeutungsvolle einzigartige Rangstellung einnehmen wird. Keine würdigere Jubiläumsgabe konnte zu der
1100maligen
Wiederkehr des Jahres dargebracht werden, in dem der hl. Ludgerus den Grund zu dem Kloster und damit auch der Stadt Werden legte.
Inhalts-Verzeichniß.
Chronik des historischen Vereins pro 1897 und 98. Die Verfassung
.
Seite 3-6
der Stadt Werden auf Grundlage der
Cekonomie und Polizei-Ordnung des Abts Benedikt d. d. 22. September 1750
45-50
Fehdebriefe an die Abtei Werden Zur Geschichte der Delgemälde und deren Maler . ·
7-44
der Werdener Abteikirche ·
Die karolingisch- ottonischen Bauten zu Werden
51-73 74-85
9 Jllustrationen .
Als Vereinsmitglieder sind pro 1899 hinzugekommen : Herr Landrath Rötger, Eſſen, " Hauptlehrer Bertrams , Schuir, "! Hauptlehrer Booz, Bredeney ,
Frl. Lehrerin Wirz, Werden, Herr Fabrikant Mar Teschemacher, Werden,
" "
Polizeicommissar Struwe, Werden, Definitor Pfarrer Bruns, Heiſingen.
፡
I.
8x Mannaregen .
II.
kegs ft TORES
Elias, in der Wüste von einem Engel gespeist.
III.
St. Hieronymus, St. Benedictus, St. Aegydius, St. Romualdus.
IV.
St. Augustinus, St. Ludgerus, St. Hubertus, St. Mauritius.
V.
A
Sx
Die Bekehrung des hl. Hubertus .
VI.
3 Die Messe des hl . Hubertus .
1 T
VII.
0 9 7 1 7 2
)
208C Ansicht der Kirche nach der Restauration von 1884-1893. Von Nordwest.
VIII.
10
Peters- und Salvatorskirche.
Perspectivische Ansicht von Nordwest.
Beiträge zur
Geſchichte des
Stiftes Werden.
Herausgegeben
von dem Historischen
Verein
für bas Gebiet
des
ehemaligen Stiftes Werden.
Achtes
Heft.
/ జ
1901 .
Druck von W. Flügge in Werden a . d. Ruhr .
Aktenstücke
zum
Abbruche
der
Werdener
Clemenskirche . Mitgetheilt von Prof. W. Eff mann.
Auf die Fertigstellung der im Jahre 875 geweihten Werdener Abteikirche und der mit ihr eng verbundenen, 943 vollendeten Peters. firche¹ ) war in rascher Aufeinanderfolge die Erbauung zweier aus ſchließlich für den Pfarrgettesdienst bestimmter Kirchen gefolgt : im Süden der Stadt erstand in der Zeit zwischen 930-957 die Clemens firche, oder Vorner Kirche, wie sie, weil über einer zum h. Ludgerus in Beziehung gesetten Quelle errichtet, gewöhnlich genannt wurde ; im Norden wurde im Jahre 995 mit dem Bau der Luciuskirche, oder der Neukirche, wie ihre gegenüber der Clemensfirche schon frühzeitig üblich gewordene Bezeichnung lautete, begonnen.
Um 1063 war ſie vollendet .
Beide Stirchen fielen den Umwälzungen, die im Anfange des 19. Jahrhunderts den Besitstand der katholischen Kirche in Deutschland erſchütterten, zum Opfer ; die Luciuskirche wurde zu einem Wohnhauſe umgestaltet, die Clemenskirche aber der zu Kettwig neu errichteten fatholischen Pfarrgemeinde geschenkt und dann auf den Abbruch ver kauft. Die auf diese Schenkung und den Abbruch der Kirche bezüglichen Aftenstücke sind noch faſt vollſtändig erhalten : auch sie geben Zeugniß davon, mit welcher Verſtändnißzlosigkeit man damals den Werfen der Vorzeit gegenüberſtand und um färglichen Geldgewinn unerſeßliche Denkmäler vernichtete.
1) Beide Kirchen sind ausführlich behandelt bei Effmann, Karolingiſch ottonische Baukunst zu Werden. 1. Band . Straßburg 1899.
4 Im Anfange des 17. Jahrhunderts - angeblich im Jahre 1602 war der Pfarrer von Kettwig und mit ihm der größte Theil seiner Ger inde zur reformierten Lehre übergetreten.
An Anstrengungen,
diese. Schritt wieder rückgängig zu machen, hatte es von Werden aus zwar nicht gefehlt ; nachdem die dieserhalb unternommenen Maßnahmea erfolglos geblieben waren, hatte man dann aber nichts weiter gethan, um in Stethwig wieder geordnete tirchliche Verhältnisse zu schaffen.') Der beim katholischen Glauben verbliebene Rest der dortigen Bewohner war in der Erfüllung seiner religiösen Verpflichtungen hinfort auf die alte Mutterkirche in Werden angewiesen geblieben.2) Eine Aenderung trat erst ein, als die Abtei Werden in Gemäßheit der Bestimmungen des Friedens von Lüneville bezw . des preußisch französischen Separatabkommens vom 24. Mai 1802 und des Reichs deputationshauptſchluſies von 25. Februar 1803 jäkulariſiert und ihr Gebiet der preußzijchen Monarchie einverleibt worden war. durch die Aufhebung der Abtei nothwendig gewordenen Neuordnung der Pfarrverhältnisse wurde durd) königliches Patent vom 18. Juni 1803 vorgeschrieben, daß einer der Kapläne, die dem neuernannten Pfarrer von Werden beigegeben wurden, in Kettwig seine Wohnung nehmen und dort als Seelsorger fungieren sollte.") Vorher aber waren ſchon durch Reſkript vom 13. Mai zur Beſchaff ung von Geldmitteln für den Bau einer Kirche Anweisungen getroffen worden, indem beſtimmt worden, daß von dem Erlös aus dem Verkauf einer aus der Abteikirche stammenden silbernen Ludgeribüste 500 Rthir . zu diesem Zweck reserviert, außerdem aber auch der Rettwiger Gemeinde 1 ) Ausführlich berichtet über diese Vorgänge Jacobs, Geschichte der Pfarreien im Gebiete des ehemaligen Stiftes Werden a. d . Ruhr, Düsseldorf 1893 und 1994 S. 76 ff. und S. 372 ff. 2) Jacobs a. a. O. S. 78 : „ Dort beſuchten sie den Gottesdienst, dort ließen sie ihre Kinder taufen und unterrichten. Die Proklamationen der Braut leute und die Beerdigung der Katholiken nahm jedoch der proteſtantiſche Pfarrer von Kettwig für sich in Anspruch. Wollten sie in der katholischen Kirche in Werden sich aufrufen lassen oder dorthin ihre Todten zur Beerdigung bringen, so mußten sie demselben die Gebühren bezahlen.“ 3) Wir haben", so heißt es in dem genannten Patente, es für das geistliche Wohl Unserer getreuen katholischen Untertanen des ehemaligen Stiftes Werden notwendig crachtet, denselben einen Pastorem primarium vorzusehen, die bisherigen filial Pastorate auf dem Berge und zu Neukirchen eingehen zu laſſen und dem Pastori primario dagegen vier Kappeläne, wovon zwei bei der ehe maligen Kloster-, künftigen Hauptpfarrkirche zu Werden, einer für den Flecken Kettwig nebst dazuzulegenden Honnſchaften, und einer für das Dorf_Heiſingen nebst Bezirk fundiret worden, zur Hülfe zu geben. " Vgl. Jacobs a. a. D., S. 239
5
durch den Verkauf einer derWerdener Filialkirchen geholfen werden solle. Das Schreiben, womit diese Beschlüsse der in Werden eingerichteten Interims-Verwaltung mitgetheilt wurden, hat folgenden Wortlaut :
I.
Es ist durch ein Huldreichstes Rescript d. d . Hildesheim, den 13. v. M. beſtimmt worden, daß das auf 1629 Rthr . 18 ſtbr. Geldwerth abgeschätzte und völlig disponible Vild des h. Ludgeri an einen Silber jchmidt erga Taxatum verkaufet, das davon aufkommende Kapital aber zweckmäßiger zinsbar zur Verbesserung der so schlecht salarirten Land schullehrer des Stifts Werden nach dem Vorschlage
des
künftigen
Pastoris primarii belegt, jedoch zu seiner Zeit eine Summe von 500 Rthlr. davon zurückbehalten werde, welche nach der höheren Dis poſition der unbemittelten katholischen Gemeinde zu Kettwig als Bey hülfe zur Erbauung einer Kapelle geschenkt werden solle.¹ ) Es wird der Interims -Kanzley Präsident van Gülpen als Pastor primarius designatus hiermit authorisiret gemeinschaftlich mit dem Königlichen Rentheyadministrator Keller zu überlegen, wohin jenes silberne Bild am besten zu verkaufen sei, jedoch in der Art, daß alles öffentliche Aufsehen vermieden, jedoch auch Sicherheit für die Bezahlung von wenigstens des Taxati geſtellet werde.
Das aufkommende Kapital
ist gegen hinreichende hypothekarische Sicherheit, oder bei Ermangelung einer Gelegenheit interimistisch bei der Banque alsbald zinsbar zu be legen, die Obligation aber dem Kirchenmeister in Verwahrung zu geben 1) Das Bildwerk war ein Geschenk des Fürstbischofs von Münster, Ferdinand von Fürstenberg, der unter Abt Ferdinand von Erwitte (1670-1706) nach Werden gewallfahrt war, um den Reliquien des hl. Ludgerus seine Hul digung darzubringen. Es war, wie Meyer (Werden und Helmstädt, Düſſeldorf 1836.7) angibt, „ ein schönes silbernes, über neunzig Pfund schweres, den hl. Ludger in seiner Amtstracht vorstellendes Brustbild“, „ eine der schönsten Zierden der Kirche. " Da dasselbe anläßlich der Säkularisation beschlagnahmt worden, stellten die Kirchmeister sowohl bei der Organiſationskommiſſion wie durch Immediateingabe an den König den Antrag, das Bild der Kirche wieder zurückzugeben. Auf allerhöchsten Spezialbefehl wurde darauf durch den Minister Schulenburg d. d. Hildesheim 2. März 1803 der Bescheid ertheilt, daß das Ludgeribild einstweilen der Pfarrkirche belassen werden sollte, bis zur näheren Auswirkung, ob dasselbe blos zum Gepränge oder zum Gottesdienste und Religionskultus gedient habe. (Vgl. Jacobs, Pfarrgeschichte. S. 250.) Wie aus dem oben mitgetheilten Schreiben vom 6. Juni 1803 hervorgeht, muß die damit in Aussicht gestellte, mit besonderer Beschleunigung erfolgte "nähere Aus wirkung" ergeben haben, daß das Bildwerk „blos zum Gepränge " zu dienen bestimmt gewesen war, seine Erhaltung also als zwecklos angesehen würde.
6
mit der Aufgabe, die Zinſen in der Kirchenrechnung zu berechnen und so lange an die ihm zu benennenden Landſchullehrer zu gleichen Theilen abzuführen, bis das vorerwähnte Kapital zur Erbauung einer Kapelle zu Kettwig erforderlich wird. Diese Vertheilung der Zinsen würde zu gleichen Theilen geſchehen, nach dem Gutachten des van Gülpen in dem Protocollo vom 2. hujus unter dem Vicarius und Schullehrer zu Hinsbeck, den katholischen Schullehrer am Stoefchen in Vislacken, dem am Es in Echuir, sowie dem zu Bredeney. Daher jedem dieser Perci vienten, wenn das vorerwähnte Kaufkapital sicher untergebracht ist, er öffnet werden muß, wie viel und welche Zulage ein jeder von den hiesigen Kirchen Provisoren zu beziehen wenn die für den Bau einer Kapelle in beſonders bei der welschen Banque in daß selbige zu jeder Zeit zu erhalten
hat. Es würde indeß gut ſein, Kettwig bestimmten 500 Rthlr. der Art untergebracht würden , stehen. Auch ist höhern
Orts genehmigt worden, daß der katholischen Ge meinde zu Kettwig zum Bau ihrer Kapelle und Kapellans wohnung durch den Verkauf einer oder der anderer entbehrlichen Werdenschen Filial= firchen auf dem Berge oder zu Neukirchen geholfen merde , welches der Interims - Kanzley Präsident van Gülpen mit dem Königlichen Steuer - Admini strator Keller in nähere Ueberlegung zu nehmen , und wie dieser Verkauf am zweckmäßigsten ge schehe seiner Zeit richten habe.¹)
besonders
gutachtlich
zu
be
Essen und Werden, am 6. Juni 1803. Königlich Preußische Interimsverwaltungs- und Organisirungs. Commiſſion. Engels von Erdmann s do r f.
An den Interims -Kanzley-Präsident van Gülpen und Königlichen Renteyadminiſtrator Keller zu Werden.
Während der Verkauf der Ludgeribüste sofort zur Ausführung ge bracht wurde, ) zog sich die Entscheidung hinsichtlich der Lucius- und Clemenskirche noch längere Zeit hinaus.
Die Werdener Interimsver
1) Von mir gesperrt. 2) Ueber den Ankäufer des Bildes, der dasselbe jedenfalls eingeschmolzen hat, ist nichts bekannt.
7
waltung scheint vorerst der Regelung dieser Angelegenheit nicht näher getreten zu sein, denn unter dem 20. April 1804 erging seitens der Kriegs- und Domainenkammer zu Hamm an den unter dem 18. Juni 1803 zum Pastor primarius von Werden ernannten ehemaligen Kanzleipräsidenten van Gülpen auf's neue die Aufforderung, „ d aA rüber sich gutachtlich zu äußern , ob eines der über flüssigen Kirchengebäude von Neukirchen oder auf dem Berge bei Werden nicht zum Besten jener neu zufundirenden Gemeindeveräußert werden könne." Was van Gülpen hierauf berichtet hat, ist nicht bekannt; daß er der gevlanten Veräußerung, troßdem er die Kettwiger Gemeindegründung ſchr ungern ſah, aber keine Schwierigkeiten entgegengesezt hat, ergiebt sich aus dem weiteren Verlaufe, den die Angelegenheit genommen hat. Nachdem auf ein von Kettwig an die Regierung gerichtetes Ersuchen unter dem 20. Mai 1805 genehmigt worden war, „ daß der Altar und die übrigen Kirchengeräthe aus den Werdenschen Filialkirchen und den dem Abzuge des Abtes von Werden zurückgelassenen Kirchen apparat genommen werden dürfte", wurde die Ueberführung des
bei
Mobilars der Clemenskirche nach Kettwig sofort in's Werk gesezt. Dank der energiſchen Unterſtüßung, welche der vormalige Abt von Werden Beda Savels und besonders der frühere abteiliche Landrichter Müller der Wiederherstellung der Kettwiger Gemeinde entgegenbrachte, tear schon im Jahre 1804 ein Fabrikgrundstück zur Erstellung einer Kirche angekauft worden.
Man begnügte sich indes für's erste mit
einer Stapelle, die in einem der vorhandenen Gebäude
eingerichtet
Am 6. Juli 1806 kirchlich geweiht, erhielt dieselbe zugleich in der Person des legten abteilichen Priors Berens einen ſtändigen Seel
wurde.
jorger.
In die Zeit der französischen Fremdherrschaft fällt die Er
hebung der Gemeinde zur selbstständigen Pfarre. Am 7. Mai 1811 hatte Verens bei dem Miniſterium des Großherzogthums Berg , dent Werden zugetheilt war, den Antrag auf Trennung der Gemeinde Kettwig von der Hauptpfarre Werden geſtellt ; sein Gesuch hatte Erfolg und am 12. Mai 1812 wurde er zum Pfarrer der neuen Gemeinde ernannt. Gleichzeitig mit der Regelung der Pfarrverhältnisse hatte Berens nun auch hinsichtlich der Schenkung einer der beiden Werdener Pfarr firchen einem Abschlußz herbeizuführen versucht.
Den Anstoß dazu hatte
8
der Umstand gegeben, daß seitens der Domainen- Direktion des Rhein departements zu Düſſeldorf Schritte
gethan worden waren,
1. Luciuskirche zum Verkauf zu bringen.
die
Verens wandte sich darauf
hin mit folgender Eingabe an die Düsseldorfer Regierung :
II.
Hochgebohrener Herr R. Graf Gnädigster Herr Minister! Der hiesige katholische Gottesdienst ist zwar, wie Ew. Excellenz be kannt, schon seit einigen Jahren eingeführt ; aber vor der Hand hat dazu ein sehr schwaches Fabrikgebäude eingerichtet werden müſſen, und die für mich bestimmte Wohnung dabey ist auch in solchem Unſtande, daß ich sie nicht habe beziehen können und einstweilen bei einem Ein geſeſjener aber zu meiner größten Belästigung fern von der Kirche wehne. Bis dahin hat es auch an hinreichendem Fond zum Bau einer ordentlichen Kapelle und Einrichtung einer anſtändigen Wohnung ge fehlt; obgleich eine der beyden Filialkirchen zu Born und Neukirchen bey Werden, in denen schon seit langem kein Gottesdienst mehr geschieht, zufolge des abschriftlich anliegenden Rescripts der Königlich-Preußischen Interims- Verwaltungs- und Organisirungs -Commiſion vom 6. Juni 1803 ) dazu mitbestimmt ist. Bis dahin habe ich daher auch von dieser Bestimmung keinen Ge brench machen können. Indeſſen ſind die Ansichten auf diesen Fond in Mitrückſicht auf eine dieser Kirchen vollkommen beruhigend und ich war eben im Be griffe, Euer Ercellenz darum zu bitten, als ich vernahm , daß der Herr Administrator Keller zu Werden von der General -Domainen -Direktion den Auftrag habe, die Filialkirche zu Neukirchen zu verkaufen. Dieser Verkauf kann auch zwar vor sich gehen, es versteht sich aber, daß ent weder der Kaufpreis davon oder die alsdann ebenfalls zu verkaufende Filialkirche zu Born zu dem vorbemerkten Ende verwandt werde. Am zweckmäßigsten scheint es aber zu sein, beyde Kirchen zu ver kaufen und sodann die Hälfte des Gesammt-Kaufpreiſes zum Bau der hiesigen Kapelle und Einrichtung einer Wohnung zu verwenden .
1) Unter Nr. I vorangeschickt.
9
Ich bitte also Euer Excellenz als Miniſter des Cultus unterthänigſ , deshalb mit dem hohen Finanzministerium die nöthigen Einrichtungen zu treffen und auf dieſe Weiſe den Fortbestand des katholischen Gottes dienstes, dessen Gedeihen die Gemeinde ohnehin schon vorzüglich Ener Excellenz verdankt, für die ganze Zukunft zu sichern. Euer Excellenz unterthänigster B. Berens. Kettwig, am 26. Junii 1811 .
Aus dem hierauf ergangenen Antwortschreiben geht hervor, daß der Verkauf der Luciuskirche bereits fest beschlossen war, und für die Schenkung nur mehr die Clemenskirche in Betracht kam :
III. Großherzogthum Verg. Justiz-Division Nr. 924. Düsseldorf, den 16. July 1811 . Der Minister des Inneren an den Herrn V. Berens , Pfarrer der katholischen Gemeine in Kettwig. In Erwiderung auf Ihre Zuſchrift vom 26. vorigen Mo nates eröffne ich Ihnen, Herr Pastor, daß da nach dem Ihrem Schreiben beigefügten Rescripte der ehemaligen Königlich Preußischen Verwaltungskommiſſion bestimmt ist, den Bau einer Kapelle und einer Kapellanie zum Behufe des Gottes dienstes der katholischen Gemeine in Kettwig, aus dem Ver faufe einer der beyden entbehrlichen Werdenschen Filial Kirchen auf dem Verge oder zu Neuenkirchen zu unterſtüßen ; die Gemeinde durch den Verkauf der Kirche zu Neuenkirchen feineswegs beeinträchtiget wird, indem ihr die Aussicht auf den Verkauf der Kirche auf dem Verge bleibt, und für den Fall wollen Sie, Herr Pastor, sich in einer geeigneten Vorstellung an das Finanz -Ministerium wenden, welche ich keinen Anstand nehmen werde zur Zeit zu unterſtüßen . Ich wiederhohle Ihnen die Versicherung kommenen Hochachtung
meiner voll
Graf von Nejjelrode.
10
In Gemäßheit dieses Bescheides wandte sich Berens nun mit folgender Eingabe an das Finanzminiſterium :
IV . Monseigneur! In einem Rescripte der ehmaligen Königlich Preußischen Ver waltungskommiſſion vom 6. Junii 1803 iſt beſtimmt worden, daß der katholischen Gemeine zu Kettwig durch den Verkauf einer oder der an deren Werdenschen Filialkirchen zum Baue ihrer Kirche und der Wohnung für den Geistlichen solle geholfen werden. Die in dem ge dachten Rescripte hierhin gehörige Stelle ist wörtlich folgende : „Auch ist höheren Orts genehmiget worden, daß der Katho lischen Gemeinde zu Kettwig zum Baue ihrer stapelle und Capellans -Wohnung durch den Verkauf einer oder der anderen entbehrlichen Werdenschen Filialkirchen auf dem Berge oder zu Neukirchen abgeholfen werde. " Da die Filialkirche zu Neukirchen bereits verkauft worden iſt, ſo bitte ich Euer Excellenz unterthänigst, daß der hiesigen armen Katho lischen Gemeine die Filialkirche auf'm Berge zu dem bemerkten Zweck überlassen werden möge ; besonders da aus Mangel an Fond ein schwaches Fabrikgebäude ihr zur Kirche dient, und die für mich be stimmte Wohnung in ſolchem Unſtande iſt, daß ich sie nicht beziehen kann und einstweilen bey einem Eingesessenen fern von der Kirche zu meiner größten Belästigung wohnen muß.
Euer Excellenz unterthänigster V. Berens Kettwig, am 31. Julii 1811 .
Von dem Abgange dieses Schreibens gab Berens dem Minister des Innern, ihn zugleich um seine Unterstützung bittend, am gleichen Tage Mittheilung :
V. Hochgebohrener Herr Graf! Gnädigster Herr Staatsminister! Zu Folge der mir von Euer Excellenz unter'm 16. Julii zuge gangenen Weisung habe ich mich in einer Darstellung vom heutigen Tage an das hohe Finanzministerium gewandt und unterthänigst ge
11
beten, daß der armen Katholischen Gemeine die Filialkirche auf'm Berge zu Werden zum Baue ihrer Kirche und der Wohnung für den Geistlichen. gnädigst überlassen werden möchte. Ich bitte daher Ew. Ercellenz unterthänigst, dies mein Gesuch beim hehen Finanzministerium gütigst unterstüßen zu wollen . Euer Excellenz
unterthänigster B. Berens . Kettwig, am 31. Julii 1811.
Aus dem an das Finanzministerium gerichteten Gesuche ergibt sich, daß die Luciuskirche zu dieser Zeit, also am 31. Juli, bereits ver fauft war. Nach Ausweis der gerichtlichen Grundbuchakten hat dieser Verkauf am 20. Juli stattgefunden ; der Kaufpreis betrug 3774 Fres. 67 Centimes . Der Entſcheid des Finanzminiſteriums erfolgte unter dem 29. No vember, von dem dem Wunsche des Antragstellers entsprechenden Er gebnisse wurde derselbe durch Schreiben der Düsseldorfer Regierung vom 4. Dezember unterrichtet :
VI. Ministerium des Innern. Erste Division. Nr. 1638 . Großherzogthum Berg. Düsseldorf, den 4. Dezember 1811.
Der Minister des Inneren an den Herrn Pfarrer Berens in Kettwig. Da auf Ihre Vorstellung vom 31. July d . J. und der diesseitigen Communikation unter dem 29. Nov. die Antwort des Finanzminiſterii eingegangen ist, daßz die Tomaine die Kirche auf dem Verge zu Werden nicht in Anspruch nehme, es vielmehr meiner Sorge überlassen ist, aus derselben den dienlichsten Vortheil für das Pfarrwesen in Stettwig zu ziehen, so wünſche ich, Herr Pfarrer, Jhre Aeußerung über die Ver wendung dieser Kirche zum Bau einer Pfarrkirche oder eines Pfarr hauses in Kettwig zu erhalten. Es bleibt Ihrer und des Kirchen vorstandes Sorge überlassen, den ganzen oder theilweisen Ver äußerungswerth der Kirche auf dem Berge mit dem etwa dazu
12
gehörigen Plaße aufnehmen zu laſſen, und das Reſultat in glaubhafter Form hierher zu befördern, sowie nach vorgängigem gemeinsamen Benehmen anzuzeigen, welcher Bau jest vorgenommen werden solle, denselben im Bauplane und Koſtenanschlage vorzulegen, und zugleich) die Bestreitung der Kosten nachzuweisen. Sollte kein Van vor der Hand vorgenommen werden mögen, so wollen Sie den sich ergebenden Anstand ausführen und sich zugleich äußern, ob die Kirche auf dem Berge noch unveräußert stehen bleiben, oder jezt mit Vortheil verkauft und das gelößte stapital rentbar ange legt werden könnte. Auch in diesem Falle ist ein Veräußerungsanschlag der Kirche nothwendig, um denselben beim Verkaufe zu Grunde zu legen. Ich bemerke Ihnen, daß es eine Rückſicht wohl verdiene, ob bey dem künftigen Baue einzelne Theile wieder benußt und vom Verkaufe ausgenommen werden können. Ich empfehle Ihnen, Herr Pfarrer, die baldige und ausführliche Erledigung des Gegenwärtigen, und habe die Ehre, Sie zu grüßen. Graf von Nessel rode.
Den in diesem Resfripte gestellten Anforderungen kam Berens zunächst in der Weise nach, daß er an den Bürgermeister von Werden, Freiherr von Schirp, das Ersuchen richtete, die öffentliche Verpachtung des zur Kirche gehörigen Plates zu veranlaſſen :
VII. Hochwohlgebohrener Freyherr ! Hochzuverehrender Herr Maire ! Nach einem miniſteriellen Reſcript vom 4. Dezember 1811 ist der hiesigen katholischen Gemeinde zum dienstlichen Gebrauch ihres Pfarr wesens die Kirche auf'm Berg nebst dem dabei liegenden Play einge räumt worden. Nach genommener Rücksprache mit dem Baumeister Joseph Wintgen in Werden, welcher diese Stirche in Augenschein genommen hat, wird es für die hieſige Gemeinde am vortheilhafteſten ſein, wenn der größte Theil der Baumaterialien, außer den Bergsteinen, zum Bau der neu zu errichtenden Kirche gebraucht werde und der Plaß um der Kirche öffentlich verpfachtet werde. Ich bitte Ew . Hochwohlgebohren, dem Herrn Notar Forst in Werden den Auftrag geben zu wollen, den erwähnten Plaz öffentlich) an den Meistbiethenden nächstens zu verpfachten.
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Genehmigen Sie die Versicherung meiner vollkommensten Hoch achtung. B. Berens. Kettwig, am 17. Januar 1812. Die Verpachtung des Plates ist nicht zur Ausführung gekommen . Von beſſerem Erfolge waren leider die Maßnahmen begleitet, welche den Verkauf und den Abbruch der stirche zum Ziele hatten. Zweck ließ Verens
Zu diesem
durch zwei Werdener Sachverständige eine Ab
schäzung von Kirche und Kirchenplay vornehmen :
VIII. Abschäßung der Kirche auf'm Berg bey Werden nebst dem dabey liegenden Play, so der Katholischen Gemeine zu Kettwig von der Domainen Direktion eingeräumt worden ist. Auf Verlangen des Herrn Pastor Berens von Unterzeichneten angefertigt. Werden, cm 4. Februar 1812. Ertrag Total-Summe in in Fres. Cent. Fres. Cent. A) An Steinen. 180. An Quaderſteinen 300 Fuß zu 12 s 15. An Belegsteinen 100 Fuß zu 3 s 100. An Bergsteinen nach Abzug des Arbeitslohnes circa 295. 295. B) An Holz in der Kirche und am Dach e. c. Zwey Säulen von 20 Fuß zu 10 s Zwey dto. von 15 Fuß ་་ "" Eine große Thür · Eine kleine dto. Die Stiege zum Thurm Zwey Säumer-Balken 17 Balfen von 37 Fuß zu 10 Fres . 6 Balken von 20 Fuß zu 6 Fres . 12 Dachstuhlpfesten von 26 Fuß zu 6½ Fres. 24 Sparren von 26 Fuß zu 2 Fres. 8 Dachreihen von 63 Fuß zu 8 Fres. 62 Lazen von 62 Fuß zu 2 Fres . 5000 Dachziegeln 100 au 2 Frcs. 50 Cent.
C) An Eisen. 400 Pfd. größtentheils Gußeiſen zu 37
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D) Der Plag um die Kirche. -Ruthen zu 5 Franken · • Joseph Wintgen, Baumeister.
20.15. 24. 12. 20. 30. 170. 36. 78. 48. 64. 97.65 125. 739.65
739.65
70. 70.
70.
470. 470.
Benedikt Enshof, Gerichtlicher Tarator.
470. 1574.65
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Wie das Ergebniß der Abſchägung, welche recht beträchtlich hinter dem für die Luciuskirche erzielten Preise zurückblieb, darthut, war mit dem Schenkungsakt vom 6. Juni 1803 (Nr. 1 ) der Kettwiger Ge meinde die Anwartschaft auf ein Geschenk zutheil geworden, welches je nach der Wahl des Geschenkgebers seinem Werthe nach sehr verschieden ausfallen mußte. Daß Verens es als eine Unbilligkeit empfand, mit dem geringſt:verthigen der beiden Objekte abgefunden zu werden, zeigt ſein schon vor dem Verkauf der Luciuskirche gemachter Vorschlag, beide Kirchen zu veräußern und den erzielten Geſamint-Kaufpreis zu gleichen Theilen zu vertheilen (Nr. 11 ) .
Der von Nesselrode demgegenüber ge
machte Einwand, daß die Gemeinde durch den Verkauf der Luciuskirche nicht geſchädigt werde, weil ihr die Aussicht auf den Verkauf der Clemenskirche bliebe (Nr. III ) , war angesichts des bedeutenden Werth unterschiedes beider Kirchen offenbar wenig zutreffend ; da der Schenk ungsakt es aber dahingestellt hatte sein lassen, welche der beiden Kirchen Rettig zufallen sollte, so fehlte es zur Erhebung weiterer Ansprüche an einer festen Handhabe.
Daß Berens aber gleichwohl an diesem
Punkte zur Erlangung einer weiteren Beihilfe einjeßen wollte, beweist ein von ihm verfaßtes Bittgeſuch, welches indes, weil der Nachschriſt gemäß als hoffnungslos erkannt, nicht zur Absendung gelangt ist : IX. Kettwig, am 6. Februar 1812. Der katholische Pfarrer B. Verens in stettwig an
die hochlöbliche Domainen- Direktion Düsseldorf. In einem Rescript der ehemaligen Königlich -Preußischen Ver waltungs-Commiſſion vom 6. Juni 1803 ist verordnet worden, daß der fatholischen Gemeine in Kettwig zum Bau ihrer Kirche oder der Pastoratwohnung durch den Verkauf einer oder der anderen Werden schen Filialkirchen auf'm Berg werden.
oder zu Neukirchen sollte
geholfen
In Gemäßheit dieſes und weil die Kirche zu Neukirchen bereits verkauft war, ist von den Domainen der hiesigen katholischen Gemeine die Stirche auf'm Berge eingeräumt worden. Die Kirche zu Neukirchen ist mehr als noch einmal soviel werth wie --das Verkaufsquantum der Kirche zu Neukirchen
jene auf'm Berg
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beträgt 3725 Franken.¹)
Der Tar der Kirche auf'm Berg, den ich beizu
legen die Ehre habe, und gewiß nicht zu niedrig ist, ist 1574 Franken 65 Centimen.
Durch die Einräumung der Kirche auf'm Berg iſt alſo
der hiesigen katholischen Gemeine weniger geholfen, als ihr geholfen worden wäre, wenn sie die Kirche zu Neukirchen erhalten hätte. Unter dessen ist die Gemeine damit zufrieden, wünscht aber, um in etwa entſchädigt zu werden, daß, da sie zum Bau der neuen Kirche keinen bequemen Plaz hat, ihr jener Play eingeräumt werden möge, so Friedrich Stricter dahier in Pfachtung hat und etwa 36 Franken jähr liche Pfacht thut, wogegen ſie dann jenen Play, so um die Kirche auf'm Verge liegt, wieder abtreten wird . Sie wird sich dann Mühe geben, die noch brauchbaren Baumaterialien hierhin zu schaffen, und mit dem Bau der neuen Kirche im künftigen Jahre anfangen. Bonifaz Berens. N. Sch.
Diese Vorstellung ist nicht eingereicht worden, und zwar aus
dem Grunde, weil ein Freund, so bei der Domainen- Direktion an angeſtellet iſt, mir versichert hat, daß dies Geſuch nicht würde ge nehmigt werden. Seitens der Regierung scheinen hinsichtlich der Kirche und ihrer Verwendung späterhin wieder andere Pläne gefaßt worden zu sein. Wir sind darüber allerdings nur durch ein Schreiben des Berens unter richtet; das Regierungsrejfript selbst auf welches dasselbe als Antwort diente, fehlt. Das an den Bürgermeister von Werden gerichtete Schreiben lautet: X.
Kettwig am 22. April 1813. An den Herrn Maire Freyherrn von Schirp
Hochwohlgebohren. Ich habe die Ehre, das unter'm heutigen Datum communicirte Rejcript des Herrn Präfekten Grafen von Spee d . d . Düſſeldorf, den 12. April, die Clemenspfarrkirche betreffend, andurch zu beantworten. Ueber die besagte Kirche ist bereits zu Gunsten der katholischen Gemeine in Kettwig verfügt worden, was sich ergiebt 1) aus einem Reſcript der Königlich-Preußischen Organiſirungs Commiſſion vom 13. May 1803 ; ¹) 3774 Frcs . 67 Cent . Siehe oben S. 11
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2) aus einem Antwortschreiben des Finanzministeriums an das Ministerium des Innern vom 29. Nov. 1811 ; 3) aus einer Verfügung der Domainen-Direktion an Herrn Administrator Keller zu Werden vom 30. Nov. 1811 . 4) aus einem Rescript Sr. Excellenz des Herrn Miniſters des Innern vom 4. Dezember 1811 an den Pfarrer Berens . Genehmigen Sie die Versicherung meiner besonderen Hochachtung, womit ich immerhin sein werde
Euer Hochwohlgebohren gehorsamster B. Berens.
Vier Jahre gingen aber noch dahin, bevor das Geschick der Kirche sich endgültig entschied.
Die abgelegene, unbequeme Lage trug jeden
falls die Schuld daran, daß davon abgeſehen wurde, die Kirche, wie dies bei der Luciuskirche geschehen war, zu Wohnungszwecken auszunußen, man vielmehr dazu überging , die Kirche auf den Abbruch zu verkaufen. Um eine Summe von ganzen dreihundert Thalern zu erzielen, wurde ein wohlerhaltener, hochbedeutsamer. auf die Mitte des 10. Jahr hunderts fest datierter Bau dem Erdboden gleich gemacht.
Der int
Originale vorliegende Kaufkontrakt hat folgenden Wortlaut : XI.
Kaufkontrakt über die Materialien der Vorner Kirche bei Werden. Zwischen den Vorstehern der kath. Kirche zu Kettwig und dem Herrn Theodor Ferber, Vürger in Werden, ist unter'm heutigen Datum folgender Kontrakt verabredet und beſchloſſen worden. Die Vorsteher der fath. Kirche zu Kettwig überlassen dem Herrn Theodor Ferber die von Sr. Excellenz dem Kaiserlichen Kommiſſar der fath. Gemeinde zu Kettwig unterm 29. November 1811 cedirte Kirche auf'm Berg bei Werden zum Abbrechen und zum Benutzen der daher fommenden Baumaterialien unter folgenden Bedingnissen : 1 ) Herr Ferber zahlt dafür termino Martini laufenden Jahres die Summe von 300 dreihundert Rt. Clevisch in gutem gang barem Gelde, den Rthlr. zu 60 Stüber gerechnet.
Und im
Falle er dieses Kapital noch auf ein Paar Jahren zu halten
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verlangt, so zahlt er davon vier pro Cent jährliche Zinsen und die Auffündigung steht einem jeden frei, muß aber ein halbes Jahr vor der Ablage geschehen. 2) Herr Ferber ist verbunden über den Clentens -Brunnen in der Kirche ein Heiligen-Häuschen nach der Art, wie jenes auf'ın Berg oder zu Neukirchen ist, auf eigene Kosten zu bauen. 3) Herr Ferber hat, sobald er die Baumaterialien wird weg geschafft haben, welches binnen sechs Monaten geschehen muß, den Vorstehern der hiesigen kath . Gemeinde davon die Anzeige zu machen, damit diese den Platz zum Dienſte der Kirche benutzen. So geschehen und von den beiden kontrahirenden Theilen unter ſchrieben.
Kettwig, am 20. Februar 1817. Berens, Pastor. W. Buchholt. F. Heinemann. Jean Gilet. Theod. Ferber. Die Abbruchmaterialien sind von dem Käufer zur Erbauung eines an der Ruhrstraße zu Werden belegenen Gasthofes benutzt worden. Als solcher hat derselbe bis 1856 bestanden, in welchem Jahre das Besit, thum von der katholischen Gemeinde erworben und zu einem Kranken hause umgestaltet wurde. Abgesehen von einem in der Dreieckform. gestaltetem Tympanon mit erhaben vortretendem, roh gearbeitetem Kreuze sind Reste an formiertem Detail an dem Bau bislang nicht ge funden worden. Nach zwei Richtungen hin haben sich an die ehemalige Clemens firche späterhin noch Verhandlungen geknüpft ;
dieselben betrafen
das Eigenthum des Kirchenplages und die die Errichtung eines Heiligen häuschens vorsehende Vertragsbestimmung. stann es auch nicht zweifelhaft sein, daß die Regierung zu der ven ihr vorgenommenen eigenmächtigen Unterdrückung der beiden bisher in Werden bestehenden Pfarren und zum Verkauf bezw. zur Ver idzenkung der Pfarrkirchen nicht befugt war, so unterliegt es aber auch feinem Zweifel, daß, als jie diejes Recht thatsächlich für sich in Anspruch nahm und dementsprechend verfuhr, von Werden aus ein Widerspruch
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nicht erfolgt ist . Es wird des ferneren auch als festſtehend zu erachten sein, daß die Regierung, wie sie die Luciuskirche ſammt dem zugehörigen Plate faktisch zum Verkauf gebracht hat, sie in die Schenkung der Clemenskirche an die Kettwiger Gemeinde auch den Kirchenplay hat inbegriffen wissen wollen . Es würde auch , hätte lettere den Platz in Besitz genommen, hiergegen seitens der Werdener Gemeinde sicherlich ebensowenig wie gegen die Veräußerung des Luciusareals Einspruch erhoben worden sein.
Ganz entgegen der früher dem Plate geschenkten
Yachtung hat Berens nach dem Abbruch der Kirche ſich um denselben frhin nun aber gar nicht mehr gekümmert, er hat ihn sogar auch augecacht gelassen, als es beim Neubau der Kettwiger Kirche (1826 bis 1830) galt, alle Hülfsquellen zu erschließen.
Ohne daß irgend etwas
über Abmachungen zwischen Werden und Kettwig bekannt ist, welche den Clemens-Kirchplaß in das Eigenthum der Werdener Gemeinde formell wieder übergeleitet hätten, treffen wir lettere vielmehr fürderhin in ununterbrochenem Besit .
Und zwar gehörten die Einkünfte' ) zur Be
soldung der Küster, wie denn aud) von altersher die Nugung der Stirc) pläte den Küstern zugestanden hatte und ein Theil des Luciusareals aud; nach dem Verkaufe der Luciuskirche noch dem Küſtereifond ver biieben ist.
In der Nutznießzung des Plates ist so anscheinend niemals
eine Aenderung eingetreten. Der Versuch, cine solche herbeizuführen, wie erst im Jahre 1850 durch den Pfarrer Bojenius gemacht, der nach dem Tode des Berens 1833 dieſem als Pfarrer von Kettwig gefolgt war.
Den Anstoßz dazu
gab anscheinend eine unter dem 8. Juli 1850 von Werden aus nad) Kettwig gerichtete Anfrage, welche die vertragsmäßig vereinbarte Er bauung eines Heiligenhäuschens über der Clemensquelle zum Gegen stande hatte.
Das Anschreiben selbst liegt zwar nicht vor; es ergiebi
sich dieser Sachverhalt aber aus der von Stettwig aus erfolgten Antwort : XII. Mit Bezug auf den Randbemerk Euer Hochwürden vom 8. d . Mts . ergebenst :
Ich erinnere mich , daß die Kirche ad. s. Clementem auf dem Berge bei Werden nebst dem bei dieſer Kirche liegenden Play von der oberen ¹) Dieselben betrugen früher 21, jezt 11 Mark.
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Behörde der hiesigen armen kath. Kirchengemeinde geschenkt ist, daß der Herr Ferber in Werden jene Kirche zum Abbruche angekauft und den Ankaufspreis bezahlt hat zu Lebzeiten des sel. Pastor Berens . So wie nun die fragliche Kirche das Eigenthum der hiesigen Kirchengemeinde war, so ist bis jetzt der dortige Clemenskirchenplaß noch das Eigenthum der hiesigen Kirchengemeinde.
Wenn dann Herr Ferber sich verpflichtet
hat, wie ich wohl glaube, so hat dieser Herr wohl sicher mit dem Bau der stapelle deshalb gezögert, weil er wußte, daß der Clemens -Kirchenplay fein Eigenthum der Kirchengemeinde dort war. Am anräthlichſten ſcheint es mir hiernach zu sein, wenn die dortige Kirchengemeinde den fraglichen Play von der hiesigen ankauft oder in Erbpacht nimmt salve tamen ratificatione, dann wird auch ohne Be denken Herr Ferber seine übernommene Verpflichtung erfüllen. Das auf die Schenkung der Kirche und des Kirchenplages bezügliche Doku ment habe ich bis jest hier noch nicht vorgefunden, dasselbe liegt aber sicher bei der Königl. Regierung in Düsseldorf. Kettwig, d. 27. Juli 1850, Hochachtungsvoll Bojenius. Wie aus dem nachfolgenden Schreiben hervorgeht, war die An regung zu dem Werdener Vorgehen durch die Eingabe eines gewiſſen Stoll veranlaßt worden, die aber jetzt nicht mehr weiter nachweis bar ist. XIII. Euer Hochwürden habe ich unterm 8. Juli vor. J. eine Eingabe des p. Stoll, betr. Verpflichtung des p. Ferber zum Ueberbauen des St. Clemensbrunnens ſ. v. zugestellt. Sie haben mir nun unterm 27. Sept. vor. J. Abſchrift des fraglichen Kauffontraktes mitgetheilt, aber ich bin zweifelhaft, ob ich die Eingabe des p . Stoll zurückerhalten habe.
Ich bitte daher mir darüber gefällige Auskunft zu ertheilen .
Werden, 18. Jan. 1851 .
Der Landdechant und Pfarrer Köllmann. Schon vor Abgang diejes Schreibens hatte der Kirchenvorstand von Stettwig Schritte gethan, um in den Besit des Kirchplages von St. Clemens zu gelangen. Eingabe lautet :
Die diejerhalb nach Werden gerichtete
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XIV . Den j. Clemens -Kirchen plag betreffend.
pr. 16./12 . 50 Köllmann. Unter dem 29. November 1811 ist von dem Kaiserl. Finanz ministerium der hiesigen armen kath. Gemeinde die Clemens-Kirche auf dem Verge bei Werden nebst dem bei der Kirche liegenden Plate geschenkt worden. Die Kirche ist laut stauffontrakt vom 20. Februar 1817 an den Herrn Theodor Ferber in Werden zum Abbruche verkauft, und der Kaufschilling ad 300 Rt. Clevisch zur hiesigen Kirchenfase Den Kirchenplatz aber, welcher nach der für die hiesige eingezahlt. fath. Gemeinde am 4. Februar 1812 von den gerichtlichen Taratoren Joseph Wintgen und Benedikt Enshoff veranstalteten Meſſung und Abschäßung 94 Quadratruthen großz ist und 470 Frank oder 125 Rt . gr. Werth hat, soll, wie man jagt, der dortige p. Kirchenvorstand 10 für seine kirchlichen Zwecke benutzen. Wir können diese Sage nicht verbürgen, haben aber das volle Vertrauen zu dem p . Vorſtande, day dieser das Eigenthum einer ganz mittellojen Gemeinde, die vor mehreren Jahren noch im Pfarrverbande mit Werden stand und fort während einen integrirenden Theil des Reichsstiftes Werden bildete, nicht für dortige kirchliche Zwecke zum Nachtheile diejer armen Gemeinde zu benützen beabsichtiget. Um nun in den Genuß unseres dortigen Eigenthums zu kommen, machen wir dieſen unmaßgebenden Vorſchlag : Der dortige p . Kirchen vorſtand wolle den erwähnten Kirchenplay von uns mit Vorbehalt der Genehmigung der höheren Behörde entweder ankaufen oder in Erbpad)t nehmen. Möchte jedoch der p. Vorstand weder das Eine noch das Andere in seinem Interesse zu thun sich geneigt finden, so bitten wir den darüber gefaßten Beschluß uns gefälligst recht bald mittheilen zu wollen, daß von hier aus auf anderweitigen öffentlichen Verkauf oder Verpachtung angetragen werden kann. Mit aller Hochachtung Kettwig, den 6. Dezember 1850. Der Kirchenvorstand der kath. Gemeinde. Bosenius, Präjes. Joh. Kower ß. Seb. Voß. Joh. Geren Stein.
An den Wohllöblichen Kirchenvorstand der kath. Gemeinde in Werden.
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Dieses Schreiben, deſſen Tenor insofern etwas auffällig erscheint, als man in Kettwig über die Benutzung des Grundstücks zweifellos auf das genaueste unterrichtet war und sich gewiß nicht auf eine „ Sage“ 3
berufen brauchte, hatte einen schwachen Punkt darin, daß der
Schenkungsakt, auf den ſich die Beſißansprüche ſtüßten, in seinem Wort laute nicht beigefügt war. Es ging deshalb XV. Br. m. mit dem Ersuchen zurück, die fragliche Schenkungsurkunde mit vorzulegen. Werden, 16. 12. 50. Der Landdechant und Pfarrer Röllmann. Diesem Verlangen fonnte nicht stattgegeben werden, da, wie aus dem Schreiben vom 27. Juli 1850 (Nr. XII) hervorgeht, das auf die Schenkung bezügliche Dokument nicht vorgefunden war.
Erst sieben
Jahre später war der Kettwiger Pfarrer in der Lage, das oben unter Nr. VI mitgetheilte Aktenſtück in Werden vorzulegen .
Es geschah dies
unter dem 5. April 1857, wie aus dem Antwortschreiben des Werdener Biarrers erhellt :
XVI. Ew. Hochwürden erwidere ich auf das gefl. Schreiben vom 5. c ., daß das in Abschrift beigefügte Miniſterialschreiben vom 4. Dec. 1811, was mir übrigens früher nie zu Gesicht gekommen, keine Schenkungsurkunde ist und daraus sich nicht ergiebt, wie die Sache zum Abschluß gebracht ist. Der langjährige Beſiß der hiesigen Kirche kann durch ein solches Rescript nicht in Frage gestellt werden. Es ist ja auch wirklich nicht zu begreifen, warum die Kirche zu Kettwig nicht damals gleich den p . Plaß in An spruch sollte genommen haben, wenn er ihr rechtlich zuerkannt worden. itäre. Werden, 6. April 1857. Der Landdechant und Pfarrer Rollmann.
Ju Kettwig scheint man die Angelegenheit damit als erledigt be trachtet zu haben ; der Werdener Beſiß ist jedenfalls nicht weiter ange fochten worden.
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Tie Errichtung des Heiligenhäuschens hat hinfort den Werdener Kirchenvorstand noch mehrfach beschäftigt ; ein abschließendes Ergebniß ist indeß nicht erreicht worden, obgleich mit dem Anfäufer der Kirche ein vollständiges Einvernehmen erzielt war.
Es heißt nämlich) im
Protokoll der Situng am 16. August 1864 : Das von den Eheleuten Theodor Ferber senior zu erbauende Heiligenhäuschen betreffend wurde das Anerbieten derselben, dafür 36 Thaler zu zahlen, acceptiert. Die Genehmigung der geistlichen Oberbehörde soll dazu eingeholt werden. Köllmann. Dr. Bonnenberg . Mathias Wies e. In diesem Stadium iſt die Angelegenheit liegen geblieben.
Den
Kirchenvorstand hat sie fürderhin nicht mehr beschäftigt und das Hei ligenhäuschen ist nicht errichtet worden.
Der Sache selbst hat diese
Verzögerung indes nicht zum Schaden gereicht .
Nachdem vor einigen
Jahren durch Nachgrabungsarbeiten festgestellt worden ist, daß bei dem Abbruche der Kirche nicht nur die Fundamente, sondern auch noch einige Theile des aufgehenden Mauerwerks bestehen geblieben sind, ¹ ) er scheint die Sicherung der Reste als das Ziel , auf dessen Erreichung nun mehr alle Anstrengungen zu richten ſind .
Hierzu in wirksamer Weiſe
beizutragen und so der Stadt ein Werk aus ihrer Vorzeit, der Kunst geschichte ein auch in seinen Ueberbleibseln noch hochbedeutsames Architekturdenkmal zu erhalten, das ist die Absicht der Nachkommen und Erben des Mannes, dessen Namen ohne seine Schuld mit der Ver nichtung des Bauwerkes so eng verknüpft ist.
Hoffentlich kann schon
in dem nächsten Vereinshefte über die zu diesem Zwecke getroffenen. Maßnahmen berichtet werden. 1) Vgl. Effmann, die Reste der im X. Jahrhundert erbauten St. Clemens kirche zu Werden a. d . Ruhr. Zeitschrift für christliche Kunſt. IX. Jahrgang. 1896. Sp. 343.
Werdener
Reichskammergerichts-Klagen . Von Dr. P. Jacobs.
Das Reichskammergericht ist die Schöpfung des Wormser Reichs. tages vom 26. März bis 7. Auguſt 1495. Es hatte vor allem den Zweck, auch gegenüber den Reichsständen die Eigenmächtigkeit des Fehde rejens durch ein geordnetes Gerichtsverfahren zu erseßen. Da die Macht des Kaiſers, des geborenen Schirmherrn von Klöstern und Stiftern, immer mehr erblaßt war, so bedurften besonders diese eines gerichtlichen Schußes gegenüber den großen und tleinen Rittern, die, obgleich vielfach Lehnsleute derfelben, den flöſterlichen Grundherrn gegenüber von ihren starken Burgen aus allerhand Rechtsbrüche sich erlaubten, wogegen diesen: nur die Waffen des Prozeſſes vor dem geistlichen Gerichte und des tirchlichen Bannes zu Gebote ſtanden . Der Siz des RKG . war anfangs in Frankfurt am Main, ſeit 1527 , nach mehrfachem Wechſel, in Speier und seit 1695 bis zur Auflöſung im Jahre 1806 in Weylar. An der Spite standen drei hochadelige Herren : der Kammerrichter und zwei Senatspräsidenten. Dazu kamen 16, später 12, seit Joseph II. 25, 'theils adlige, theils juriſtiſch-gelehrte Beisißer. die adligen Beiſißer Rechtsgelehrte ſein.
Seit 1555 mußten auch
Die proceßualiſche Vertretung
log in allen Fiscalfachen dem General-Fiscal, dem ein Fiscaladvokat zur Seite stand, im übrigen den vom Gerichte angestellten Advocaten oder Procuratoren ob. Das RNG . stand als Appellationsgericht in bürger liaen Sachen über allen Landesgerichten, jedoch war in dem Jülich. Elvisch-Bergischen Bezirke nur bei einem Klageobjekt von 600 Gold gulden die Appellation an dasselbe gestattet.
Von vornherein aber ge
hörten zur Zuständigkeit des RKG .: Landfriedensbruch, eigenmächtige Biandung und Gefangenſeßung, ferner alle fiscaliſchen Klagen und Rechts-Besitstreitigkeiten zwischen Reichsunmittelbaren oder zwischen Unterthanen verschiedener Herren, Civilflagen gegen Reichsunmittel bere (ausgenommen Reichs lehnfachen) , Klagen von Unterthanen gegen ihren Landesherrn wegen Rechtsverlegung im Gebiete des öffent lichen Rechts (gegen Fürsten Austrägalverfahren) oder wegen Rechts verweigerung.¹ ) 1) S. Schröder, Rechtsgeschichte 55, 65, 75.
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Die Abtei Werden nun Stiftern.
gehörte zu den reichsunmittelbaren
Es konnte also nicht fehlen, daß eine Reihe von dort auf
tauchenden Rechtsfragen vor das Forum des RKG. gelangten. Die meisten Prozesse wurden wegen abteilicher Lehngüter ge führt.
In dem Zeitalter der Staufer hatten nämlich die Aebte be
gonnen, ihre Höfe an ritterliche Familien zu begeben, die im Dienſte der Abtei ſich kräftig entwickelten und bald nicht blos die Erblichkeit, ſondern häufig die volle Unabhängigkeit ihrer Lehngüter behaupteten. ¹ ) In Werden selbst bestanden folgende Einrichtungen zur Recht sprechung : 1 ) Das Hofgericht, bei welchem als Vertreter des Abtes der Schulte (scoltetus ) oder Meier (villicus) des Oberhofes Bark2 hoven den Vorsitz führte.
Hier hatten sämmtliche Sadelhöfe²) des
Stiftes Werden, die zumeist noch ihr besonderes Ding besaßen, ihr Heuptgericht und hier waren alle Inhaber derselben stimmberechtigt, während die Stötter (Besitzer fleinerer Güter) fein Stimmrecht hatten. Bis zur Einführung des Stadtrechtes (1317) unterstanden auch alle Bewohner Werdens ) dem Hofgerichte Barkhoven ; ausgeschlossen waren
1 ) Im Laufe des 10. Jahrhunderts war das bis dahin gemeinsam ver waltete Werdener Klostergut in Abtei- und Propstei- (Convents-)gut geschieden worden, bis bei der Aufhebung der Propſteiwürde in Folge der Klosterreform (1474) wieder die gemeinsame Verwaltung eintrat. Während die Abteigüter meistens als Lehen ausgethan waren, war dieſes bei nur wenigen Convents gütern der Fall . Siehe Rud. Kötschke, Studien zur Verwaltungsgeschichte der Großgrundherrschaft Werden an der Ruhr, Leipzig 1901 S. 19 ff . 2) Vom Ende des 10. Jhdts . an waren Sadelhöfe der Abtei : Fiſchlaken, Viehhausen, Heisingen, Oeft, Barnscheid, Bredenen, Schuir, Walleney, Hesper, Kott hausen, Hetterscheid, Velbert, Abdinghof zu Hillen im Vest Recklinghauſen, Abding hof zu Waltrop, Abdinghof zu Werne, Armbögel im Kirchspiel Osterfeld, Bögge im Amt Hamm, Crawinkel im Amte Bochum, Dahlhausen im Kirchspiel Nieder wenigern, Ebding zu Seppenrade, Fortenbeck, Herzfeld im Stifte Münster an der Lippe, Lengerich in der Grafſchaft Lingen, Lüdinghausen im Stifte Münſter, Marten im Amte Bochum, Möninckhof (Mönchhof) bei Aldenzeele in der Twente, Nordkirchen im Stifte Münster, Rasenhövel im Kirchspiel Herzfeld, Schapen in der Grafschaft Tecklenburg, Schöpplenberg bei Hagen, Selheim im Stifte Münster, Wedehof, Welderhof bei Neuß, Halle in der Grafschaft Zütphen und Selhem up der Goy . In alter Zeit gehörten die Schulten der abteilichen Sadel höfe dem Stande der Miniſterialen an . Sie verkehrten viel am Hofe des Abtes und erschienen häufig als Zeugen bei Beurkundung von Rechtsgeschäften und bei llebergabe von Fremdengute an die Abtei vor dem Grafengerichte (Kötschke a . O. S. 82.) 3) In der Erklärung des Grafen Eberhard von der Mark (Vogt des Stiftes Werden) vom 25. Juli 1317 wird gesagt, daß der Hof zu Barkhoven derjenige Hof ſein soll, wo alle Anderen ihr „ Urtheil und Recht holen sollen und nirgend anders". Und sofern es Noth thue, möge der Hof von Barkhoven die Sachen überweisen an den Abt und seine Mannschaften.
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nur die sog. Wachszinspflichtigen (cerosensuales ) ¹ ) , die zur Gerichts barkeit des abteilichen Küsters gehörten. Die Hofesrichter und die Fron boten (Weibel, Büttel ) wurden von den Hofeslenten gewählt und nach dem sie dem Abte den Eid geleistet, in ihr Amt eingesetzt. Nachdem der Schulte auf dem Hofe Barkhoven, später im Paradiese der Münster kirche das Gericht gehegt, hatten die Theilnehmer des Hofgerichtes nach den Hofesrechten ) das Urtheil zu finden, dessen Vollstreckung ihnen oná oblag. Das alte Hofgericht erfuhr mit der Veränderung des Ver waltungswesens der Höje manche Umgestaltungen. Die Ministerialen, ritterliche Dienstmannen, die das Klostergut als Lehen (beneficium ) bejaßzen, erlangten nämlich später einen eigenen Gerichtsſtand , und es ging ein Theil der Befugnisse des Hofgerichts an das sogenannte Mar schallsgericht, später an das Lehngericht über. 2)
Das Vogtding, welches ein oder auch mehrere Male im
Jahre unter dem Vorsize des abteilichen Vogtes oder seines Amt mannes zusammentrat und über sämmtliche Civil- und Criminalsachen, soweit sie nicht vor das Hofgericht gehörten oder dem Abte reservirt waren, zu befinden hatte. Bei dem gemeinen oder Hauptvogtding er schienen alle Vogtsgenossen, während bei gelegentlichen Sizungen nur die Schöffen, die aus Bürgern oder Inhabern von Gütern bestanden, und die Partheien anwesend woren. Mit der Erhebung Werdens zur Stadt ging ein Theil der vogteilichen Gerichtsbarkeit auf den Magiſtrat über, und wurde auch der Kreis der Perſonen , worüber dem Abte Gericht und rechtliche Entscheidung zuſtehen solle, erweitert.
Der Abt ſollte
ferner nicht blos bezüglich seiner Ministerialen, sondern auch bezüglich seiner, des Propſtes und des Conventes Familien in Fällen, Fragen und Beschwerden über Geldsachen zu entscheiden haben, ja über Münzmeister und Wechsler auf Geld- und sogar auf Todesstrafe erkennen können.") Das jog. Grafengericht (dat gherichte ghenant des greven gherichte) , welches in einer Urkunde von 17. September 1372 ) als Lehen der Abtei vom Grafen Engelbert von der Mark in Anspruch ge nommen wurde, ging nach dem Aussterben des Fürſtenhauſes im Jahre 1) Wachszinspflichtige waren solche, die sich unter den Schuß der Kirche oder eines Heiligen gestellt hatten und dafür eine Abgabe, gewöhnlich in Wachs bestehend, entrichteten. 2) Die Hofesrechte des Hofes Barkhoven abgedruckt bei Schunken, Geschichte der Reichsabtei Werden, Düsseldorf 1864 S. 220 ff. 3) Das Uebereinkommen zwischen dem Grafen Engelbert von der Mart und dem Abte Wilhelm II . ist gedruckt bei Schunken a . a . D. S. 116 ff. 4) Die Urkunde abgedruckt im 1. Heft der Beiträge des Hiſtoriſchen Ver eins Werden S. 26 u. f.
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1609 auf die Erben der Lande Brandenburg und Pfalz-Neuburg über, bis es mit der Vogteiſchaft über Werden durch den Theilungsvertrag vom Jahre 1624 dem Brandenburgischen Kurhanſe allein zugesprochen wurde. Nach vielen Streitigkeiten über die Competenz des Gerichtes wurde durch den Gocher Vergleid) vom 24. August 1647 und den Haupt vergleich vom 24. Juli 1666 festgestellt, daß es nur in zweiter Instanz bei einem Streitobjekt von 200 Reichsthalern oder mehr zuständig sein solle. Der Sig des Gerichtes war anfänglich) in Düsseldorf, später in Cleve. 3) Der Magistrat, der aus zwölf von der Bürgerschaft zu wählenden Perſonen beſtand und in ſtädtiſchen Bau- und Servitut sachen, sowie in Vormundschaftsangelegenheiten und kleinen Verbal und Reolinjurien zu befinden hatte. 4) Das Landgericht, bestehend aus einem Richter, einem Actuar und acht Schöffen, welches in allen Sachen die 1. Inſtanz bildete. Bezüglich der 2. Instanz beſtimmte der Vergleich zwiſchen der Abtei und der preußischen Regierung vom Jahre 1666, daß es der freien Wahl des Appellanten überlassen sein jolle, ob er bei dem Hofgerichte der clevischen Regierung in Düſſeldorf oder bei der abteilichen Regierungskanzlei procediren wolle. Zu der abteilichen Regierungskanzlei gehörte ein Präsident, der ein Conventuale des Kloſters war, ein Rath, der zugleich die Stelle des Setretärs verjah, und ein Lehurichter ; die Hegung des Landgerichtes fand auf dem Markte zu Werden ſtatt, wobei Richter und Schöffen mit entblößtem Haupte zwischen den dort befindlichen Löwen standen. 5) Das Lehngericht, wozu alle Lehnsachen ressortirten.
Es
wurde wahrgenommen von dem genannten Lehnrichter und je zwei von dem släger und Beklagten zu wählenden pares curiae, d. i. bei aðligen Gütern von Adligen oder deren Stellvertretern, bei nichtadligen von Bürgern. Als fiscalicher Anwalt fungirte bei diesem Gerichte der Syndicus der Abtei . Das Lehngericht wurde in dem großen Saale des Abteigebäudes abgehalten. 6 ) Das Verfahren bei Appellation an das Reichs fommergericht ersehen wir unmittelbar aus den Werdener Aften. Zunächst ergiebt sich, daß sie gleich bei Verkündigung des vorderrichterlichen Urtheils stante pede et viva Voce ausgesprochen werden mußte.
Der Appellant ließ über die Vor
gänge, bejonders über das angefochtene Urtheil und die dagegen sredjenden Gründe, eine notarielle Urkunde aufsetzen, die dem RKG . mit einem bestimmten petitum überſandt wurde. Nahm das RKG. die
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Klage an, so erfolgte die citation des Veklagten zu einem bestimmten Termine, in welchem er in eigener Person oder durch einen Vevoll mächtigten zu erscheinen hatte, bei Gefahr einer „ Poen von zehen Mark löttiges goldts, halb in Unsere kaiserliche Cammer und zum andern halbscheidt dem Impetranten ohanachläßlich zu bezahlen “. Dieſe Ci tation wunde durch den kaiserlichen Kammerboten dem Beklagten über tracht und dabei Tag, Stunde und Ort der Zufinuation, sowie die Berson, welder das Original vorgezeigt und eine beglaubigte Abschrift übergeben worden, vom Kammerboten bescheinigt. Dann hatten die Parteien ihre procuratores beim RKG. zu bestellen und denselben rechtsgültige und umfassende Vollmacht zu ertheilen. Der flägerische Amvalt überreichte dem Gerichte die „ laglibell", eine den Gegenstand der lage erörternde und die dafür sprechenden Gründe aufzählende Schrift,
nit in Gestalt eines herrlichen und zierlichen Libells , sondern
altein erzählungsweiß wahrer hergangener geschicht". Von dem Anwalt des Beklagten folgte hierauf die Klagebeantwortung, worin die vorhin erwähnten Puntte entweder als wahr und richtig erkannt oder zurück gewiesen wurden. Hieran schlossen sich Duplik, Triplik u . s. w. Die Verhandlungen haben sich nicht selten 20, 30, ja 100 Jahre hinausge zegen. Die einzelnen Termine mit kurzer Angabe des Verhandelten finden sich aufgezeichnet auf den ersten Seiten der Aktenhefte, da gegen sind die vom Rs6. gefällten Endurtheile, die in einem besonderen liber sententiarum niedergeschrieben wurden, nur in wenigen Fällen mitgetheilt. Abgesehen von dem Zuteresse, welches die in den Prozeßzakten be handelten Personen und Sachen für sich beanspruchen, enthalten dieselven auch manche für die Lokalgeschichte aufklärende Darlegungen. Die Privi legien der Abtei, ihre Reichsunmittelbarkeit und Eremtion von der bischöflichen Gewalt auch in den nachmittelalterlichen Jahrhunderten, werden in denselben abteilicherseits wiederholt und mit großem Nachdruck vertreten, von
anderer
Seite
mehr
oder weniger
be
stritten; so wird die Person des Abtes wohl als privilegirt anerkannt, dieses dagegen bezüglich der Conventualen und abteilichen Güter in Abrede gestellt. Das Güterrecht, sowohl der bäuerlichen wie der adligen Leingüter, gelangt in den Verhandlungen und Urtheilen der verſchie denen Gerichte zur Darstellung, beſonders wird ihr Gerichtsstand d . H. die Zuständigkeit der einzelnen Gerichte des Defteren erörtert . Wie bei vielen anderen Stiftern, so war auch bei den Stiftsherren der Abtei Werden die Sorgfalt, ihr Eigenthum und ihre Rechte zu schützen, nicht immer die pünktlichſte, und mancher entschiedene und gewiſſenhafte
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Abt hatte wieder gut zu machen, was jeine Vorgänger in sträflicher Nachsicht verdorben hatten. Dann wurden aber auch die zahlreichen Be fitungen und reichen Erträge des Klosters im Laufe der Zeit durch die Habgier mehr oder minder mächtiger Personen oder durch die Unredlichkeit ihrer Verwalter starf in Mitleidenschaft gezogen. Beson ders solche Güter, die nicht der unmittelbaren Aufsicht des Abtes unter standen, wurden durch ihre Inhaber vielfach verwüstet, verhauen, ver splittert, Pachtzubehörungen abgeriſſen und in Eigenthum verwandelt, umgebaut und verkauft. Zahlreiche Prozesse aus dem 18. Jahrhundert zeigen, wie bei den unbestreitbarſten Pachtverhältniſſen, wenn zufällig in den drei lezten Pachtbriefen durch die Milde des Abtes keine Aender ung geschehen war, die Pächter sich als Eigenthümer geltend zu machen suchten und die Pachtgefälle als mit der Zeit unverträgliche Ausflüſſe des Leibeigenthums verschrieen. Geschichtlichen Werth beanspruchen in der Regel die Schriftstücke, welche im Prozesse als Beweismittel dienen und sich über geschichtliche, firchenrechtliche oder andere Rechtsfragen verbreiten. Häufig liefern in dieser Hinsicht die den Akten beigegebenen Verhandlungen der Vor inſtanzen intereſſantes Material. Auch einzelne werthvolle Bausteine für die allgemeine Geschichte bieten die Prozeßakten. Sie werfen Streif lichter auf die culturellen Zustände des ausgehenden Mittelalters , insbe sondere auf dieFolgen der Kirchenspaltung sowohl für das Verhältniß der Abtei zu ihren Lehnrührigen, als auch zu ihren Beamten. Erstere suchen die Wirren der Zeit zu benußen, um sich) von der Abtei unabhängig und ihre Güter von dem Lehnverhältnißz frei zu machen ; bei letteren genügte die Hinneigung zum Protestantismus, damit der Abt ihre Entlassung verfolge. Protestantische Grundherren verführen in jener Zeit bekannt lich nicht anders, in Befolgung des Grundjaves : Cujus regio, ejus religio. Die im Staatsarchiv zu Wetzlar befindlichen Akten über Werdener Rechtsstreitigkeiten vor dem ehemaligen Reichskammergericht beginnen mit dem Jahre 1522 und enden erst mit der Aufhebung des RKG.¹ ) Aus 1) Als Fortschung zu einer im 10. Bande der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins veröffentlichten Arbeit des verstorbenen Königí. Staatsarchivars Dr. H. Goede unter dem Titel : Aachener Processe am Reichskammergericht hat Beltman im 18. und 21. Bande der genannten Zeitschrift die Regesten von allen folgenden Kammergerichts -Proceſſen aus dem Bereiche des Regierungs bezirks Aachen, nach den Klägern alphabetisch geordnet, veröffentlicht. Aus der Einleitung heben wir hervor, daß in dem Staatsarchiv zu Wezlar rund 80,000 Proceßakten sich befinden. Von denselben ist in den Jahren 1846-1852 ein General-Repertorium von der durch die deutsche Bundesversammlung eingesezten Reichskammergerichts- Archiv-Kommission angefertigt worden. Dasselbe stellt sich aber nur als eine revidirte Erweiterung des auf Befehl des Fürſtprimas vou
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dem 16. Jahrhundert liegen 5 Prozeßakte vor, aus dem 17. Jahrhundert 15 und aus dem 18. Jahrhundert 10, alſo im Ganzen 30.¹ ) Wir ent nehmen denselben Folgendes :
I Johann von Kegelntal contra Herrn Johann Abt zu Werden. 1522. (Staatsarchiv Wezlar . Preußen littera K. N. 205/636 88 Bl . Fol . ) Johann von Kegelntal, Bürger zu Koeln, verklagt den Abt Johann V. ( 1517-1540) wegen Rechtsverweigerung bei dem RKG . zu Speier. Jhm sei ein „ Erbhoff und gut, Kogelndahl2) genannt, in den ampt oder Kellerey Hardenberge unter (des Abtes ) Herrschaft im Visthum Collen gelegen, zuſtendig, welches Erbhofs ) und guts sich) eyner, der sich nenne Herman von Kegelndal und der als Frembder ') Dalberg in den Jahren 1806 und 7 gemachten Verzeichniſſes aller damals noch vorhandenen Processe dieses Gerichtshofes dar. Beide Repertorien nennen Kläger und Beklagte, beide haben ein kürzeres oder ausführlicheres Regest über den Gegenstand des Streites, und das Jahr der Einführung. Veltman veröffentlicht 2774 Nummern dieser Regesten. 1) Von dem Königlichen Staatsarchivar und Geheimen Archivrath Herrn Dr. Veltman in Weglar wurden die Prozeßacten in zuvorkommendster Weise an das hiesige Bürgermeisteramt zu meiner Einsichtnahme übersandt, wofür auch an dieser Stelle der verbindlichste Dank ausgesprochen werden soll. 2) Von Kogeludahl ist der Name der Gemeinde Kugelndahl in der Bürger meisterei Neviges geblieben ; vgl . darüber Crecelius, Zeitſch. des Verg . Geſch). IV, 4. 3) Hof, in der ältesten Form buoba . huba, hova, bezeichnet jezt die Ge sammtheit eines Landgutes mit allen Zubehörungen, während es ursprünglich ein landwirthschaftliches Gut bedeutete, welches mit einem Pfluge bestellt werden konnte und demnach der Arbeitskraft einer Familie eutsprac . Wenn eine Hufe das am Orte eingeführte volle Landmaß (im 12. Jh. 30 Morgen) hatte, ſo hieß sie cine volle oder ganze Hufe (huba plena) ; hatte sie nicht die olle Morgenzahl, ſo wurde sie huba non plena genannt ; war sie mit einem bewohnten Hause verbunden, sv wurde sie huba vestita, sonst huba desolata oder deserta genannt. Durch Kriege und Seuchen gingen im Mittel alter mit den Ober- und gemeinen Höfen häufig große Veränderungen vor. Manche Güter wurden verwüstet und viele Hofbesißer starben mit ihren Familien gänzlich aus. In der um die Mitte des 14. Jh . wüthenden Pest blieben viele Hofgüter unbebaut liegen und verwilderten ſo ſehr, daß ihre Grenzen nicht einmal wieder aufgefunden werden konnten. In ähnlicher Weise wirkten Kriege und Fehden, beſonders zur Zeit des Fauſtrechts und im 30jährigen Kriege. 4) Fremder , im Gegensaß zu Hörigen , d . i. zu einer Gemeinſchaft Gehörigen, hatte eine sehr weite Bedeutung und galt nicht allein von Aus ländern, sondern auch von allen den Inländern, welche nicht Mitglieder einer Familien , Hof , Dorf-, Mark- oder einer anderen Genossenschaft waren, wenn sie auch dicht neben den übrigen hörigen und unfreien Leuten wohnten, wie 3. B. neben den Werdener Angehörigen die Hardenbergischen, Bergischen, Eſſendiſchen u. s. w.
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zu solchem Hofe gar kein gerechtigkeit habe, underzogen, und wieweil er sich solcher beschwerden bei dem Abte als Lehnherrn sollchs erbhofs und guts vielmal beclagt und gepeten, daß er ihm als sein ordentlicher Richter dieser jachen gegen vermelten Herman als thätlichen Besizer seiner angehörigen güter Rechts zu gestatten und tag anzusetzen, so habe er doch solchs bisher bei dem Abte nit erlangen mogen". Er bittet des balb, ihm zu seinem Rechte zu verhelfen. Der Anwalt des Abtes be streitet, daß Kugelndahl ein Lehngut der Abtei sei ; es gehöre zu den einfachen Pachtgütern und deshalb jei die abteiliche Lehnfammer nicht zuständig¹) . Der Abt habe beide Parteien ermahnt, sich guetlich zu vertragen ; da aber die guetlichkeit nit stattgefunden, sie für das Land gericht, darunter der Hof gelegen und dahin das Gut dinstpflichtig ist, gewihsen". Zum Beweise, daß Kugelndahl ein furmudig und Lehen gut ist, das nur vor dem Lehensgericht gerechtvertigt und verteydigt verden joll “, übergibt der Amwalt des Klägers einen Lehnbrief, der je doch abteilicherjeits , weil er vom Kellner ausgestellt ist und nur in Ab schrift vorliegt, als nicht beweiskräftig zurückgewieſen wird. Indeß erließ das RKG . am 13. Januar 1524 ein Mandat, welches den Abt ver pflichtet, die Sache vor die abteiliche Lehnkammer zu bringen und dem Johann Stegelntal die ausgelegten Kosten von 25 Gulden Rheinisch 21 Creußer und noch vierzehn Gulden Rheiniſch und ein ort vins Gulden für vorangegangene Urtheile auszuzahlen. Der Abt bezeugt in einer Urkunde vom 16. Mai 1554, daß er die Kosten bezahlt und dem Man date entsprechend die Lehnkammer zu einer Sizung und zu einem Ur theile veranlaßt habe. Dieselbe habe jedoch dahin entschieden, daß weder der Abt noch die Lehnfammer zuſtändig ſeien, alſo kein Gerichtszwang verlangt werden könne. Unterdeſſen hatte auch am 14. Mai 1551 Bertram von Luthwid, Herr zum Hardenberg, bei dem RNG. durch Procuratoren geltend gemacht, daß die Frage wegen des Hofs Kugeln dahl in 1. Instanz vor ihn als Herrn der Grafschaft Hardenberg gehöre, was landfundig und offenbar sei“.
1 ) Die Pachtgüter waren theils in Erbpacht mit der Bezeichnung pro perpetua hereditaria pensione (zu den ewigen Tagen erblich) oder in Zeitpacht ausgethan ; bei den leßteren hieß es : Elocatus ad placitum nostrum, vel ad certos annos , vel ad vitam hominis vel duorum (es wird verpachtet nach unserem Belieben, auf eine bestimmte Reihe von Jahren oder auf ein oder mehrere Menschenleben). Auch nach Errichtung des abteilichen Lehngerichtes blieb für die Pachtgüter das Hofgericht, beziehungsweise das Landgericht zuständig.
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II. Adolf von Steinhus C. den Abt zu Werden und Hieronymus Steinhus. 1555.
(Staatsarchiv Wezlar. Preußen littera S. N. 1339/5328 42 Bl . Fol. ) Adolf von Steinhus tlagt gegen den Abt Herman von Holte (1540-72) wegen des Lehngutes Overbeck,') welches widerrechtlich) dem Hieronymus Steinhus übertragen worden sei . Als nämlich sein älterer Bruder Johann von Steinhus, Archidiacon und Canonicus zu Eſſen, der alsAeltester aus derFamilie mit demGute belehnt gewesen, mit Tode abgegangen sei, habe der Abt nicht ihn (Adolf) , den zunächſt Verech tigten, sondern den natürlichen Sohn seines Bruders , Hieronymus, mit der Overbeck belehnt. Dieser habe sich auch in den Besit desselben ge sezt und in's Lehnbuch eintragen lassen.
Auf seine wiederholten Vor
stellungen sei er vom Abte, der sich als 80jähriger Mann mit guten Worten habe überreden laſſen, an das Gericht des Sadelhofes Bark hoven gewiesen worden, während die Sache doch vor das Lehngericht gehört habe. Das Hofgericht hatte in 2 Juſtanzen, indem es die Over beck als „ ein Hourgutt,2 ) ohne alle mittel dem Herrn Abt zu Werden als Eigenthumbsherrn zustendig und zu dem Sadelhofe Raede ) dink pflichtig ) " betrachtete, zu Gunsten des Hieronymus von Steinhus ent ſchieden und den Adolf von Steinhus, der nicht erschienen war, als contumax behandelt. In der Appellation beim RKG. betont Adolf von Steinhus, daß ihm der ordentliche Rechtsweg vom Abte verjagt worden. 1 ) Die Overbed war ein Theil des in der Gemeinde Borbeck gelegenen Stinneshofes . Aus diesem Grunde wurde im Jahre 1379 eine Stiftung für ein Licht gemacht, welches Tag und Nacht vor dem Grabe des hl. Ludgerus brennen sollte, vgl. Pfarrgesch) . S. 115. Außerdem hatte „ das quit zum Stein hauß" jährlich um Martini 10 Malter Roggen, 10 Malter Gerste und 10 Malter Hafer, dann 2 Schultſchweine, 2 Gänse, 2 Hühner, 8 Pfd Flachs und 2 dienste mit Wagen und Pferd oder für jeden dienſt 1 Reichsthaler zu liefern. Vgl. Pfarrgesch. S. 81. 2) Hurgut bedeutet Pachtgut, von hüren-pachten. 3) Der Sadelhof Rhaide, in der bergiſchen Herrſchaft Broich gelegen, wurde im Jahre 1480 dem Evert und seiner Hausfrau „ ihr beider Lebenlang und nicht länger verpachtet ". Erbholz und fruchtbares Holz durften sie nicht fällen, das Holz zur Timmerung und Beterung “ mußten sie sich durch des Abts Diener „weiſen “ laſſen. 4) Die Sadelhöfe hatten ihr eigenes " Ding", bei dem alle Zugehörigen erscheinen mußten. Von der Entscheidung des Sadelhofgerichtes konnte an das Hofgericht des Oberhofes Barkhoven appellirt werden.
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sei, weshalb er den höchsten Gerichtshof anrufe.
Der Amvalt des Abtes
beantragt, die Sache an das ordentliche Gericht des Hofes Barkhoven zurückzuweisen. Das RRG. forderte die Aften des Hofgerichtes ein, das jedoch anfänglich die Herausgabe verweigerte. Die Verhandlungen zegen sich in die Länge, sodaß Adolf von Steinhus darüber starb. Nach seinem Tode trat die Wittwe als Klägerin auf und danach ihre Erben. Welchen Ausgang die Sache genommen, ist aus den Akten nicht er ſichtlich). In culturhiſtoriſcher Hinſicht iſt bemerkenswerth, daß Abt und Gericht die Erbansprüche des Mindes eines Geistlichen als berechtigt anerkannten. III.
Adolf von Steinhus C. Herrn Hermann Abt zu Werden, Beklagten . 1566-78 . (Staatsarchiv Wetlar. Preußen. Littera E. N. 202/853 131 Vl . Fol.) Wilhelm von Eil fordert von dem Abt Hermann zu Werden die Anerkennung des Rückaufrechtes des Busches Lichtenrode bei Bredeney, der für 1600 Gulden verkauft worden war. Abt Conrad von Gleichen hatte die Eheleute Bracht Stecken und Burckardt mit dem Hauſe Val deney, der Erbmarschallswürde und sämmtlichen zur Baldeney ge hörigen Gütern' ) belehnt ; hierunter befand sich auch der genannte Busch, wofür beide „lebenslang 6 Malter Rocken Phacht und Schult forns " zu liefern sich verpflichteten. Die von Stecken geriethen in Schulden und verpfändeten und verkauften ihre sämmtlichen Güter, den Edelmannssiß Valdency und das Marschallamt, an Vernhard von Schele, wobei sie sich jedoch das Recht des Quittkaufs ( Rückkaufs ) vor behielten. Nach ihrem Tode trat ihr Sohn Goswin in ihre Rechte ein. Unterdessen hatte von Schele die Valdeneyer Güter an einen gewiſſen Heinrich Rüpping zum Grimberg verkauft, was auch vom Abte ge nehmigt wurde. Die Tochter des verstorbenen Goswin von Stecken verheirathete sich mit Johann von Eil, der den Rückkauf der Valdeneyer
1 ) Abt Folkmar (971-974) errichtete in Werden die 4 Aemter des „ Truch seß, Schenken, Kämmerers und Marſchals “. Leyterem wurde das Haus Baldeney mit der Fischerei in der Ruhr, dem Jagdrecht und einzelnen Ländereien und Waldungen überwiesen. Siehe „ Werdener Annalen" S. 36. Der Marschall hatte das riesige Gefolge des Abtes, besonders auf Heerfahrten zu befehlen ; ihm stand ein Antheil an der Kriegsbeute zu. In späterer Zeit beschränkte ſich die Thätigkeit dieſer Ministerialen auf einen Ehrendienst bei dem Abte, wofür sie auch gespeist wurden, so bei der Erhebung eines neuen Abtes.
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Güter vollzog . Der Abt belehnte ihn auch mit dem Edelsitz Baldeney und der Marschallswürde, nahm aber den Busch Lichtenrode aus, weil derselbe nur in Zeitpacht gegeben sei. Deshalb wandte sich Johann von Eil an das RKG . und forderte die Rückgabe des Busches Lichtenrode, da er auch zu den Lehngütern ge höre.¹) Demgegenüber machte der abteiliche Anwalt geltend : Der Abt habe bei dem Vertrage die ausdrückliche Bedingung gestellt, „ daß Goß win Steck noch sein Erben kein Erbfolg in den Busch hawen noch hawen sollen, sondern des Abtes Haußleuten darumb gesessen unverhindert und unbeschwert gunnen und zulassen sollen und wollen, mispell in dem Busch auffzureumen und uff ir Land zu furen, des Herrn Gütter da mit zu beſſern . Wer auch ſach , das die järliche Pacht zu rechter Zeit nit bezalt oder ein Pacht die andern unbezalt ervolget und obgemelte Puncta nit volnzogen würden, so soll und mochte der Abt und sein Nachkömmlinge das Lichtenrodt mit allem Zubehör wiederumb zu ſeinen Händen nemen und zu Frem beſten gebrauchen, ſonder Conſens oder seiner Erben Widerrede". Seit einer Reihe von Jahren seien die fälligen Pächte nicht geliefert worden, so daß der Abt jezt 52 Malter Roggen zu fordern habe. „Ohne alle Fugen sei er durch den Cleger angelaufen, moleſtirt und allhier verclagt worden ; derselbe sei deshalb darüber in ewig stillschweigen einzusehen und in die Kosten zu ver dammen."
Beilage. Klagefchrift des Wilhelm von Eil gegen Abt Hermann. Wohlgeborener gnädiger Herr.
Greve
Rom . Kays.
Maj .
Chammerrichter,
In fachen des Edlen und Ernveſten Wilhelmen
von Eyl zu Bredeney, Erbvogtes zu Röllinckshausen und Erb marschalls des Stifts Werden, gegen und wider den Erwürdigen. in Gott Vater und Herrn Herman Abten und gemeine Capittul des Kays. Stiftes Werden beclagten gegentheilen, Erscheint Anwaldt vermelten Clägers, vorbringt und übergibt nachvulgende Arti culirte Clag, doch nit in gestal cines herrlichen zierlichen Libels, sundern schlechter erzelung der geschicht, mit undertheniger Bitt, die Verclagten daruf denn Kayſ . Rechtens zu befestigen, lauter, clar, richtige Antwort vermög des Rechts und des heiligen Reichs ordnung in Allen Anfang zugeben anzuhalten u . s. w . 1) Die Klageschrift folgt als Beilage.
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1. Demnach jetzt und jagt Anwaldts Prinzipal erstlich wahr sein, das weylandt der Ehrwürdige und Wohlgeborene in Gott Vater und Herr, Herr Conradt von Gleichen aus göttlicher Vorsehung Abt und mit Ihrer G. ein gemein Capitul des Stifts Werden, am Montag nach Misericordias domini nach unseres lieben Herrn erlösers und Seligmachers Jeju Christi geburt im tausend vier hundert und sechs und fünfzigsten jar weilandt Bra chtStecken und Burkardt chelente mit einem Buſch das Lichtenrodt genant mit Aller Zubehör und gerechtigkeit, etliche und alle Far Ihrer beid lebenlangh umb Sechs malter Rocken Pfacht und Schultforns belehnet und behandt haben. 2. Zum andern, das sollche Belehnung oder Behandung alles auf nach volgende ausdrückliche conditiones vertradten und Bewilligung ge schehen sein, 3. Als nemblich und zum dritten, das die Behandniſſe in dem Lehen und Behandsbriefe darüber sprechende ausdrücklich erkennen, das sie die vorg. sechs malter Rocken gemelten cheleuten und Ihren Erben
verpiendt und versezt haben. 4. Item zum vierten, das in der Verseßung und Verpfändung den behands- und Verpfandsherrn die macht und gewalt vorbehalten. jolang sechs malter Rocken järlichs Pfacht und schuldkorns mit fünfzig onfen golden Rheinischen gulden sollen mögen quittkaufen und freyen. 5. Zum 5., das so lang solcher widerkauff und Redemption obgemelt nit beschchen , die sechs Malter Rocken durch die Eheleut und Ihre Erben järlichs nit gereicht noch geliefert werden, sondern unerlegt bleiben, und sie die also einhalten und sich selbst sollen bezalen mögen. C. Zum sechsten wahr, das erstlich nach dem Quittkauf under legung des vorgemerkt . Zinßpfennigs die vorgemelte jährlich): Pfacht alsdan ferner Inhalt jest gemerkte erffbehandsbrieffs wiederum geliefert und bezahlt werden sollen. 7. Zum 7. wahr, das in gemeltene Behandesbrieff vorsehen, geordnet und durch die Lehen oder Behandesherrn vor sich und Ihre nachkommen austrückenlich bewilligt , das so oft und dück ein
Handt (das ist ein man oder Weib daran belehnet oder behandt) veriturbe, und also vorg. Busch ledig wurde , das alsdann deren nehrgedachter eheleute nachgelassen Erben , Man oder Weibs -Per jonen, die Handt mans oder verstorbenen Frauen jezt und alweg zu evig Tagen mit einer Marck Werdenscher Werung wiederumb
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gewinnen und werben mögen, alles ferner Inhalts darin aufge richteten und besiegelten Behandtesbrieff und gerürts hern A bis und Capitels Lehen oder Behandtiguns buchen, darauf sich Amvaldt geliebter Sturt referiren thutt, dieselbige an statt ein oder mehr Articul bieber repetirendt. S. 3um 8. wahr und beweißlich, das vorgedachte beide Bracht Stecke und Burghardt chelente jelig in crafft jest angezogener Behands . brief und Siegill, von obgedachten Dato anzunehmen nit allein mit dem Lichtenrodt zu ewigen erbleibgewinns Rechten als vorgemelt behandet, ſondern auch ſunſt mit einem Edelmans Sit genannt die Baldeney und mit dem Werdenschen . Erbmarschallen-Ampt und allen zugehörigen Gerechtigkeiten von gedachtem Stifft vor und über vorg . Liechtenrodt behandt gewesen. 9. Zum 9., das alß von angeregter Zeit und dato anzurechnen, über aller menschen gedacht ſollich Liechtenrodt, Edelmans - Siß und Erb marschallsamt von berührten Eheleuten ruhig bis auf ihren Sterbe tag bejeſſen worden. 10. Zum Zehnten wahr, daß nach Absterben der Eheleute ihr Sohn Goßzwin Stecken von Neuem velehnt worden sei und zwar 11. auch mit dem Lichtenrodt. 12. Zum
Zwölften wahr, daß Goßwin Stecken und seine Ehefrau
Christina im Jahre fünfunddreißig mit ihrem ehelichen Sohne Georg sich verglichen, und nachdem sie schuldenhalber alle und jeoc ihrer Güter verkaufen und verpfänden mußten, durch ihren Sohr den Verkauf zugelassen und selbst die Leibzucht bezogen. 13. Zum Dreizehnten wahr, daß vorg . Eheleute ihrem Sohn alle Schulden und Quitkauffs-Gerechtigkeiten vorbehalten und zu ſeinen . Besten, Nuß und Vortheil überwiesen, gegeben und geliefert haben. 14. Diese Rechte sind auf Sophieen, Georgen Stecken seligen nachge lassenen Wittwe und Gerdranten, beider eheliche Tochter überge gangen. 15. Vorgenannte haben im Jahre tausendfünfhundertsechsundsechszig am fünfzehnten Juni den Edelmannssit Baldeney, das Erb marschallsamt und Lichtenrodt mit Vorwissen, Willen und Consent des Ehrwürdigen Abtes Johann dem Eruvesten Bernhardt von Vitinghov, genant Schele auf dem Berge, und seinen Erben ver faufft, geliefert, darauff verzichtet und solches Alles mit der Ver fäufer eigenem, des Lehenherrn, Richters und Scheffen zu Werden angehengten Infiegeln bekrefftigt. 16. Hierbei ist der Quittkauf vorbehalten.
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17. Zum Siebzehnten wahr, daß Bernhardt Schele den Edelmannssiv Baldeney, das Marschallsamt und Lichtenrodt wirklich einge nommen.
23. Zum Dreiundzwanzigsten wahr, daß Bernhardt Schele nach dem Abſterben des Goßzwin Stecke bey dem Herrn Abt um neue Ve handung fleißig angehalten. 24. Der Herr Abt hat aber solches nit allein unbillig abgeschlagen und verweigert, sondern das Lichtenrodt sofort eingezogen. 25. Unterdeſſen hat die Wittwe Schele dem Edlen und Ernveſten Hen richen Ripping zum Grynberg die angekauften Güter überlaſſen. 26. Auch der Abt hat gutwillig den Rüpping mit der Baldeney und dem Erbmarschallsamt belehnt, dagegen 27. und 28 auf der Verweigerung des Lichtenrodtes bestanden, obwohl er widerholt in Güte und Freundtschaft um die Verleihung gebeten. 29. Mittlerweile hat Wilhelm von Eyll mit Gertrud Stecken sich ehelich vermählt. 30. Dieser hat dann als rechter ungezweifelter Nachfolger und Erbe auf Grund des Quittkauffs-rechtes die Güter wieder an sich gebracht. 31. Derselbe ist auch mit der Baldeney und der Erbmarschallswürde belehnt worden, ist aber auch 32.-38. nit weniger zu dem Lichtenrodt berechtigt ; jedoch sind alle ſeine Anträge troß der Fürsprache eglicher Herrn Churfürsten unberüc sichtigt geblieben. 39. und 40. Deshalb appellire derselbe an das Kays. Cammergericht und ſei bereit, Alles zu beweiſen. IV.
Herr Heinrich Abt zu Werden ( In Westphalen gelegen) ¹ ) , C.
. Herrn Ernst Erzbischof und Kurfürsten zu Coeln und Consorten . 1592-94. (Staatsarchiv Weglar . Preußen. Littera W. N. 649/2026 38 VI . Fol.) Der Erzbischof und Kurfürst Ernst hatte in dem Truchſeſſ'ſchen Kriege eine Steuer für die Erzdiöcese Koeln ausgeschrieben.
Da sich
1 ) Die irrthümliche Bemerkung, daß Werden in Westfalen gelegen ſei, lehrt auch sonst wieder.
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Manche weigerten, dieselbe zu zahlen, so erklärte er in einem Erlaß vom 18. Mai 1588¹ ) , daß er zwar berechtigt sei, die Steuer verweigerer mit der Ercommunication zu belegen, daß er dieses aber zur Vermeidung von Religionswirren nicht thun wolle ; vielmehr solle im Weigerungsfalle die Hülfe des weltlichen Gerichts angerufen werden. Auch Abt Heinrich IV . von Werden ( 1573–1601 ) weigerte die Zahlung, weil die Abtei mit ihren Gütern von der Diöceſangewalt eremt und zur Zahlung von Diöceſanſteuern nicht verpflichtet sei . Der Surfürst ordnete deshalb an, daß die Einkünfte der abteilichen Güter in dem Vest Recklinghausen mit Beschlag belegt werden sollten.
Der
Statthalter Gottfried Gropper²) führte die Beſchlagnahme aus, indem er „die Haußleuthe, Hovener, Pachter, Koeter und Zinsleuth des Haupthofes Helderinghausen ) " aufforderte, ihre Abgaben nicht mehr nach Werden, sondern an den Kurfürsten zu zahlen. Der Richter des Vestes Recklinghauſen, Vinzens Renſing, beſtätigte die Beſchlagnahme. Abt Heinrich erhob hiergegen wiederholt durch Vermittelung des Her ¹ ) Der Erlaß lautet in den entscheidenden Stellen : In causa charitativi subsidii. Quia multi de clero propter solutionem charitativi subsidii moniti citati, quare atque etiam postea excommunicati, mandatis ecclesiasticis non favent, hinc, ob publicum scandalum vitandum, et ut divina officia in nullo impedi antur, loco excommunicationis exequendae brachium contra contumacium possessiones nec etiam personas decernimus, contradictionibus et appellati onibus hactenus interpositis in nullo obstantibus : Hoc enim hujus Archie piscopatus summa calamitas et necessitas ita exigit et postulat, de quo volumus omnes et singulos per eorundem synodos et procuratores esse avisatos. 88. 14. Maji. 2) Ueber Gottfried Gropper, den Bruder von Kaspar Gropper (Cardinal) fiche W. E. Schwarz , die Nuntiatur- Correſpondenz Kaspar Gropper's aus Westdeutschland (1573-76) . 1898. (in : „Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte “ . Bd . VI . ) 3) Heldringhausen (Halicgeringhusen) bei Recklinghausen war zu Be handigungsrechten ausgethan. Abt Hildibrand (901 - 912) hatte den Hof mit 6 Latenfamilien und deren Grundbesiß als Memorienstiftung erworben (Crecelius, Traditiones Werdinenses, 75). 3u dem Sadelhofe Heldringhausen gehörten 32 Hobsgüter, die durch das ganze Vest Recklinghausen zerstreut waren. Dem Vorsteher des abteilichen Hebeamtes waren bestimmte Gefälle zugewiesen. Im lib. priv. maj . (Bl. 336) heißt es : Wilbraht de dimidio 8 mo. de sigilo et totidem de ordei 8 d. heriscilling 9 farine mo. et mansionem propter minis terium ejus concessum est ei. Nach der Klosterreform (1474) kam der Hof Heldringhausen unter Sonderverwaltung mit einer Hebestelle in Recklinghausen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren die Grafen von Nesselrode-Reichen stein Erbvögte von Heldringhausen, das zu drei Viertel im Besige der Familie Biesten und zu einem Viertel im Besiße einer bürgerlichen Familie war. Die eingehörigen Hufen bildeten einen „Hobbverband “ ; es gehörten dazu u . A. das Hülsmannsgut, ein Fry Tafelgut der Abtei “, das zu zwei Händen ausgethan war, die Overbeck bei Dorsten, Duker-Moelen in Recklinghausen, die Benkhove im Kirchspiel Galen, Overfeld zu Ueckendorf, up der Borg, achter dem Doer zu Bullerbeck, Grotkamp im Kirchspiel Stipel, Middelich, Bigeſen, Buchteren u. s. w.
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zogs Wilhelm von Cleve bei dem Kurfürsten Beschwerde ; da dieselbe aber keinen Erfolg hatte, ſo wandte er sich an das R8G . und erlangte am 13. April 1592 ein Mandat, wodurch die Einkünfte wieder für dic Abtei freigegeben wurden . Die Abtei, so heißt es darin, könne dieſe Einnahme nicht entbehren, da sie von allen ihren järlichen einkommen . faum geringe eingezogene Haushaltung laider gehaben könne". Der Erzbischof wurde auf den 30. Juni zum Rechtstage geladen, um anzu zeigen oder anzeigen zu lassen, daß diesem Gebote entsprechend ver fahren werde, oder den Widerspruch dagegen zu begründen. Am 20. Mai 1592 ließ Abt Heinrich durch notarielle Urkunde er klären, daß er den Sadelhof Heldringhauſen ſammt den dazu gehörigen Gütern dem Kurfürsten als Caution verpfänden wolle, so daß derselve im Falle eines unglücklichen Ausganges des Prozesses sich daran erholen könne. Notar Johannes Grundtscheid, der dieses Schreiben dem Erz bischof überbringen sollte, bekundet am 20. Mai, daß „ des Churfürsten Ernst person umb großer leibß gefar halver nit anzutreffen geweſen ist", er habe deshalb dem Statthalter Gropper dasselbe übergeben wollen. Da aber auch dieser nicht anzutreffen gewesen, so habe er es dessen Diener und Schreiber Conradus Volbier überreicht, worauf der Statthalter erklärt habe, er wolle es dem Kurfürsten geben. Unterdessen nahmen die Verhandlungen vor dem RKG. ihren Fortgang. Der Anwalt des Kurfürsten behauptete, daß nur der Abt eremt sei, dagegen wären die Conventualen als Glieder des Kölner Clerus zu den Zehnten verpflichtet . Hiergegen hob der Anwalt des Abtes die Rechte der Abtei hervor, die seit unvordentlichen Zeiten durch päpstliche und kaiserliche Privilegien von allen fremden Abgaben be freit sei.¹)
Beilage. 1. Der Anwalt des Erzbischofs behauptet, daß die Conventualen von Werden excluso Domino Abbate im liber decimarum des Stiftes Cöllen begriffen seien und als angehörige memora « lori Coloniensis in und alle wege all solche decimas erlecht haben, sonsten aber uff den Fall der verweigerungh, dafür mit geistlichem Recht condemnirt und executirt würden sein sollten. Dagegen der Anwalt des Abtes : Es sei wahr, daß das Gotteshaus Werden, dessen zeitlicher Herr Abt und Conventuales 10, 20, 30, 40, 50 ja hundert und mehr Jahren, alß sich menschen gedenken erstrecken mag,
1) Darlegungen des abteilichen Anwalts vor dem R.-K..G. siehe Beilage.
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nit allein vom heiligen Apostolischen Stuell und verschiedentlichen Päbsten zu Rom, ſonder auch Römiſchen Kaysern und Königen von allen Beschwerden, collectis, decimis et charitativis sub sidiis , nec non quibuscunque contributionibus eximirt, be freiet und also libertatis possessionem ultra praescriptionem immemorialem rechtmäßig acquirirt und erlangt haben. 2. Wie dan auch wahr, das ein zeitlicher Abt zu Werden, alls ein praelat dem heiligen Reich deutscher Nation dermaßen verwandi, das er vor einen, wiewoll geringen, Stand des Reichs , reputirt und gehalten, in der Matricul befunden, zu Reichs- und Kreißtagen beschrieben, daselbst auch zur session gestattet und zugelassen wirdt. 3. Inmaßen ferner wahr, das hochgedachter Herr Abt dahero dem heiligen Reich allein ohne mittell unterworfen, demselben vor sich nit allein, sondern auch seinem Capittel und Conventualen vermög dero Taristriren und Contributiones verrichten muß. 4. Ganz gleichwoll ohne, wie zum 4. wahr, das der Herr Abt oder dessen Conventuales dem Churfürsten zu Cöllen einige decimas loco charitativi subsidii bewilligt, und wirklichen erlecht, viell weniger dieselbe zu erlegen schuldig seien, noch sonsten als ange hörige membri cleri Coloniensis in libro decimarum begriffen und befunden werden. jolle.
Darob possessio collectanti bescheinigen
5. Sondern sagt Syndicus wahr. Obwoll ſein gnädiger Herr princi palis ratione charitativi subidii, hiebevor durch zeitliche Herrn Churfürsten zu Cölln vermeintlichen gefördert sein mag, das doch darauf nie einige decimae erfächt, sondern die exemption angaben und eingewendet, auch darbey verplieben und weitere anfurderung nit beichehen fenn. 6. Vielweniger wahr und beweißlich, das Syndici Dominus princi palis oder deſſen Conventualen durch den Churf. Cölnischen procuratorem fiscalum Jemals der Gebüir citirt, sondern da wieder dieselbe am geistlichen Gerichte procetirt contra absentes, non citatos, nec defensos, wiederrechtlichen vorgefahren worden. 7. Dahero die angeregte gefellte decreta (so einige vorhanden und beweißlich beizubringen, wie doch nitt glaubt wird) zu Recht ver dächtig und nichtig, auch ire wirklichkeit nit erreichen moegen, be vorab dieweill contra non citatos nec defensos procedirt wurden . 8. Darob ferner ervolgt und iſt zum achten wahr, das in vim assertae rei judicatae der vurst. Conventualen angemaste guetter, Im Veſt
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Recklinghausen gelegen (den sie einige gehabt oder noch hatten, wie doch nit gehabt noch haben mögen) wieder Recht in Zuſchlag und Cum ab verbott gelegt sein und noch angehalten werden. executione non sit inchoandus processus et arresta prohibita sint, wie in der übergebenen Supplication ferner zu ersehen, dahin gezogen. Dieweill ab vorigem Clarlichenn am Tage, das die vermeinte einge wendte Exceptiones allerdings unerheblich und darumb paritio des erkannten Mandati poenalis beibracht werden soll. Dem allem nach ist Syndici unterthenge pitt, Jegen und widder hochgedachten Churf. und vestische Beampten Frer unerheblichen Exemptiones unbehindert (Dieweil das Mandatum sine clausula ausgegangen) declarationem poenae mandato insetae et evictionem processus cum refusione expensarum et interesse de futuris praestandi gnedig zu erkennen und mitzutheilen, welches Syndicus nit allein begreiffen müssen, sondern in was gestellt als aller bestandigster Form ſamt und besonders auch von Amtswegen zu erseyen pitten u. s. w.
V. Peter zu Oberselbach, Appellant, C. Herrn Heinrich Abt zu Werden, Appellaten. 1597-1686. (Staatsarchiv Weglar.
Littera O. N. 12/101 255 BI . Fol.)
Der Oberselbachhof, im ehemaligen Gerichtsbezirk Homberg ge legen, war Lehngut der Abtei und mußte eine jährliche Abgabe von 10 Albus und 2 Hühnern an den Rector der Nicolaikapelle in Werden liefern. ' ) Nach dem Tode Godderts in der Selbeck unterließ es deſſen Tochter Sophie die Belehnung zu gesinnen", auch zahlte sie 6 Jahre hindurch den schuldigen Zins nicht. Der Abt Heinrich Duden betrachtete in Folge dessen „ das gut als verwirkt und dem Lehnherrn verfallen“. Da der Hof im Herzogthum Berg lag und zum Gerichte Homberg ge hörte, so wandte er sich an dieses und erlangte auch ein Urtheil ) wo 1) Nach einem Verzeichnisse des Abtes Beda hatte bei der Säcularisation der Abtei Werden der Oberselbachhof im Bergischen 10 Rederalbus = 20 Stüber 2 Heller an die Nicolaicapelle zu liefern. Siehe meine Pfarrg. S. 443. 2) Das Urtheil lautet : „Wir Richter und Scheffen des Landgerichts zu Hombergh, bekennen hiermit offentlich, daß wir in nachbenannter sachen heud dato ein urtheil croffnet und außgesprochen, Inmaßen wie hernach folget, In
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durch die Sophie Selbeck zur Zahlung der Abgabe und der Kurmude, sowie zur Pflicht der Gewinnung verurtheilt wurde. Hiergegen ap vellirte der Vormund der Sophie Selbeck bei dem Hauptgerichte zu Kreuzberg , indem er zunächst die Beweiskraft der abteilicherseits vor gelegten Archivalien bestritt. In der Appellationsschrift heißt es : „Der Fichter Adolf Scheidtmann hat sich mit Zuziehung zweier Landſcheffen nach Werden begeben, und haben daſelbſt anfangs mit Herren gegen theilen gezecht und sich zuvor übermeßig beweinet und darnach vermeindt lich ein und anderes ex Archivo Domini Abbatis extrahirt. “
Es sei
ihnen der liber priveligiorum major und nicht das Einfünfteverzeich niz des Nicolaialtars vorgelegt worden. In ersterem sei von einem Hofe, die Selbach genannt, die Rede, der lehnrührig sei, aber im Kirch spiel Kettwig liege . Dagegen gehöre das Oberſelbachgut zum Herzog thum Berg, es sei ein „ Dienst- und Schapgut“ des Herzogs Johann Wilhelm zu Jülich ; ihm müſſe es einen Dienstwagen mit 4 Pferden halten und 10 Gulden zahlen. Weiter heißt es : „ Damit nun der Herr Cleger in dem Zrthumb nitt lenger verhaltenn, wolle man zum Bericht angeben, das vormals ein altt Weib von Anwalts Principalen Selbeds
of uff einen Altar binnen Kettwich, darüber seine Hochw .
villeicht collator sein mag, umb darauff etliche missen vor zwei Schl zu ſtiften, ein jharlichs legirt und verordnet habe ; darauff auch Anwalts Principalen Voreltern dem zeitlichen Rectori daselbst vor sein Be mühen ettwas mehreres als ein Schinck, Butterklutten und der gleichen vor und nach jharlichs endrichtet, nunmehr aber dwill gemelter Altar abgeschafft und ingerissen , ein zeither nichts gegeben." Indeß bestätigte das Hauptgericht zu Kreußberg am 1. Juli 1592 das erſt instanzliche Urtheil. Hierauf appellirte der Vormund der Sophie Selbeck an das Hofgericht in Düſſeldorf. Dieſes ließ eine Reihe von Zeugen über folgende Fragen vernehmen : „ Ob Zeugh wisse, wieviell Altäre in der Kirche zu Kettwich sein, ob witt daſelbſt vier Altäre befinden werden, deren ein im Chor s . Petri, das andere s . Jacobi, dridde s . Mariae und das vierte s . Annae ge
sachen des Hochwürdigen Herrn Herrn Heinrichen Duden, dero Stifter Werden und Helmstetten Abten Clegern eins, gegen und widder die Vormund zu Selbeck in Actis benend Beclagten andertheils, Iſt allem fürbrengen nach durch uns Scheffen des Landgerichts zu Homberg mitt rath und Zuthun eines__rechts gelehrten zu recht erkend , das Beclagter wegen des inhabenden guts Selbecks, alle vorigen hinderſtändigen vermöge des Elften Artikels Zinsen, nemblich jharlichs zehen Albus zwei Honer dem Clegeren zu verrichten, ingleichen die vorm absterben articulirt Godderts erfallene Churmutten zu behendigen, auch hin füro den angeregten Zinß jharlichs zu bethalen und die Churmutten, wannehr dieselb widder felligh, auß gnad zu gewinnen pflichtigh und ſchuldigh.
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nand wird, oder ob Zengh wiſſe, daß daselbst mehr Altäre seien, so ein Altare s. Nicolai ; ob in Kettwich nit ein Priester Ruttger Hummel bergh gewohnt, der zugleich vicarius des Altars s . Jacobi und rector capellae s . Nicolai in Werden gewesen, ob derselbe nit die 2 Honer und 10 Albus als rector s . Nicolai erhoben, daß dieser R. H. lam worden und bei 30 Jahren in die firchenn nitt kommen können, ge storben im Jahre 1574. tem ob Zengh verstehe, das allererst vur neun oder zehen Iharen die firch zusambt den altharen zu Stettwich durch das hispanische Kriegsvold devajtirt und zum theill mitt Brand beſchedigt worden. Item ob zeugh wisse, wo die vom Selbecks Hof beerdigt, daß aus dem Selbecker Hof jharlichs uff ein Altar binnen Kettwich ein Schinken, Butterweck oder zwei Honer gegeben worden, und auf welchen Altar der 4 dieses geschehen, auch jolle jeder Zeugh aussagen, wes stand, wie reich ein jeder ſei, bei rechtlicher eidspflicht und ohne alle umbſtände richtig .“ Die Zengen wurden an des meineids und falschen Zeugendenn straff mitt fleis erinnert ; wie hoch der allmechtige Gott durch falsche Zeugniß erzornt, Er sein Scell und leib in gefahr gestellen, denn Richter zu einem unrechten Urtheil verfhuren und die verlierende Barthei dadurch verlegt werde" .
Zur Sache befundeten dieselben, daß
in Stettwig 4 Altäre und 4 Geistliche gewesen seien, darunter auch der lahme Ruttger Summelbach. Cb derselbe zugleich Rector der Nicolai fopelle in Werden gewejen, jei ihnen unbekannt. Mehrere Zeugen wiſſen von dem Brend der Stirche in stettwig, zur Zeit als spanisches Kriegsvolk dort hauste,¹) zu erzählen, einer will so nahe gestanden haben, daß er die Glocken hat berunterfallen hören.
Bezüglich der Abgaben an die
Geistlichen ist ihnen mur befannt, daß bei Leichenbegängniſſen der ſo genannte Mannkorb, worin ein Schinken, Weck und Wein enthalten, von einem Manne um den Altar getragen worden und für den Geiſt lichen auf dem Altare geopjert worden sei. Daß von dem Hofe Ober jelbach die Churmude geleistet worden sei, wäre ihnen dagegen unbe fannt ; nur ein Zenge vekundet, daß der Tiener des Abtes von ihm, als er Knecht auf berselbachshof gewesen, einmal ein rothes Pferd ge fordert habe, da seien aber Sophie mit ihrem Mann Heindgen ge kommen und hätten erklärt : Sie ſeien dem Abte nichts ſchuldig, worauf der Diener das Pferd zurückgelassen habe, das im folgenden Jahre auf Sacramentstag auf dem Stettiger Markte verkauft worden sei.2) 1) Gregor Overhamm erzählt in ſeinen Annalen Abſ. 900–906 die An kunft des spanischen Hauptmanns Camillus in Kettwig, wo er aber keinen Ein wohner fand . Siche Werd. Annalen S. 105 u. f. 2) Die Zeugenaussagen in der Beilage.
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Auch das Hauptgericht in Düsseldorf wies den Kläger durch Urtheil vom 17. Auguſt 1596 ab und verurtheilte ihn in die Kosten. Deshalb wandte sich der Vormund Peter zur Oberjelbach an das RKG ., wobei er geltend machte, „ daß das streittig gnit über dreithausend Thlr. werth jei“ und deshalb die Sache vor das RNG. gehöre.
Durch seinen Anwalt
ließ er den Hof als Eigenthum für die Eheleute Johann und Sophie Oberselbach und ihre Kinder reklamiren . Der Prozeß endete am 26. März 1686 mit der Abweisung der Klage.
Beilage. Zeugenaussagen in Sachen des Oberfelbachhofes. Der erste Zeuge, Wilhelm zu Selbeck, 32 Jahre alt, wußte nichts zur Sache zu bekunden. Die Aussagen der folgenden lauten : Zweiter Zenge: Bertram zu Selbeck, 85 Jahre alt. Das Gut sei im Amt Angermund, Gericht Homberg und Kirchſpiel Kettwig ge legen, er wiſſe nicht, daß dasselbe churmudig sei , er habe mehrere Besitzer des Hofes erlebt, aber nicht gehört, daß einem die Churmede abgefordert worden ; Begräbniß in Kettwich.
Er sagt : Es wahre
hiebevor ein Paff zu Kedwich gewesen, Herr Rutger genandt, diejer habe von dem Hof jährlich 10 Alb . und 2 Hühner gefordert. Er jagt, es jeien 4 altäre in der Kirche zu Kedwich, wie auch vier Pfaffen gewesen. Ob Rutger zugleid) Reftor der Nicolaikapelle in Werden geweſen, wiſſe er nicht.
Alle Altäre in der Kirche zu Kettwich ſeien
bis auf einen abgebrochen, und es werde darin keine Meſſe mehr gelesen. Dritter Zeuge : Wilhelm auf dem Siegendam, ungefähr 70 Jahre alt. Er sei selbst zu Overfelbeck geboren, habe niemals gehört, daß das Gut Jemandes lehenrührig gewesen noch einen Lehnherrn gehabt habe, wie auch das jemandt die Hand davon empfangen habe. In Kettwig Begräbniß. Er habe in Stettwig einen alten lahmen Altaristen, so uff krücken gangen, Herr Ruttger genandt, gefendt, der daselbst einen Althar gehabt, so nun abgebrochen währe, demjelben habe sein Bruder Tiell zu Overſelbeck jahrlich) 10 Albus zu geben pflegen, jedoch am letzten seines Lebens nitt geben wollen ; jeit den 30 Jahren, wo jein Bruder gestorben, habe er nicht gehört, daß die 10 Alb. bezahlt worden seien. Nach dem Absterben des Vaters Goddard habe ſein Bruder Tiell die Hand zu Werden nicht empfangen, ebensowenig desjen Nachfolger Albert. Es seien 4 Altäre in der Kirche zu Kettwig gewesen, der eine Altar, der Johanniß
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Altar, der zweite unser lieven Frauen, der dritte St. Annen- Altar, fonnt nit jagen, wie der 4te geheißen . Vor grade 40 Jahren habe er die Kirche sehen brennen und so nahe dabei gestanden, daß er die Glocken hören fallen.
Von Abgaben habe er nicht gehört , aber es
ſei der Zeit gebrauch geweſen - Wannehr jemandt verstorben, wie dan als Zeugens Vater und Mutter verstorben beschehen, und folgends als Begängniß gehalten, das alßdann die negste Ver wandten des Verstorbenen einen Schenken eingevatt, Wein und einen Weck zu Redwich in einem Korff, der Mann-Korff genand, bracht worden, welchen Korff alsdann derjenigh, so zu solchem Korff bestelt gewesen, uff sein Schuldern genommen, und umb den Altar gedragen, und wannehr solches beschehen, de Schenk mit dem Wein und Weck uff den Johanniß-Altar geoffert worden. Vierter Zeuge : Johann Wildt, 94 Jahre alt, hat 5 Vorbesitzer des Gutes gekannt und nie gehört, daß derselbe churmudig sei . Er wisse, daß der Abt verschiedentlich die Churmude gefordert habe. So Habe der Diener des Abtes von ihm, als er Knecht auf dem Hofe gewesen, ein „roedt bleßig pferdt" nehmen wollen; aber da sei Sophia mit ihrem Mann Heindge gekommen und hätten erklärt, sie seien dem Abt nichts schuldig und da habe er das bereits aus gespannte Pferd zurückgenommen . Der Diener habe verlangt, daß sie das Pferd verwahrten, aber nach Umbgank eines Jahres sei es 1ff Kettwicher Marktagh , nemblich uff Sacramentsavend verkaufft . Es seien vier Altäre in der Kirche und einer in der Gerkamer ge wejen, aber wie jeder Altar geheißen, könne er nicht sagen. Er habe daselbst 4 Priester gekannt, der erste Herr Lewe, der andere Herr Johann vom Bickell, der dritte Herr Ruttger und der vierte Herr Johann Buchelmans genant ; daß Rutger auff Krücken an den Altar gegangen, um Meß zu celebriren. Hispanisch Kriegsvolf betten Innen Zengen undergehabt und Sicbenzehn Wundenn in sein Haubt und Leichnam mit Speeren gestochen und verwundt. cuch ime über die hondert Thlr. an seinem Hab und guttern de schedigt. Das die negste verwandte einen Schenk, ein quart Wein und Weggen von drei Schillingf neben einem Vierthell pund Wachs au Kettwich in dem Mannstorff bracht, weiches folgendes umb den Althar gedragen worden, so darnach ein zeitlicher Paſtor zu Kettwich in ſein Hauß tragen laſſen. Fünfter Zenge : jelbe aus.
Thief Keimer Landbot, 57 Jahre alt, jagt das
Sechster Zeuge :
Christian Cloutt, Richter der Aemter Angermund
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und Langberg, 33 Jahre alt.
Es sei ihm unbewußt, was ein jeder
Unterthan an Abgaben zu leisten, denn solches jharlichs dem Keller Düsseldorff, wie auch zu Angermundt durch einen zeitlichen Honnen in der Hondtschaft geliebert werde. Denn Dienstwagen belangend wehre Zeugen ingleichen nitt bewust, wehr in specie denen thede, denn er als des Herrn Diener und Richter, befehle dem Boten auf empfangenen Bevelch die Dienste zu bestellen, darob hätten die Honnen in der Hondtschaft Fre observationes und giengen auß der einen Hondtschaft in die andere gradatim umb . Was die Matricull und Steuer belangen thede, so geben die Schaß- und Lagerbücher darüber Aufschluß.
VI. Abt Conrad zu Werden, Kläger C. Nuncium Apostolicum et cons., Beklagte 1605 (Staatsarchiv Wezlar.
Preußen litt. W. N. 650/2028 20 Bl . Fol. )
Im Jahre 1427 hatte Toniß von Brabeck¹) und Ida seine Hauß frat " dem Johann Doßenbrücken drei Malter Roggen jährlicher Erb rente verkauft und dafür nicht blos ihr Gut Zumbuſch im Kirchspiel Gladbeck, sondern generell alle ihre Güter gerichtlich verſchrieben . Da die Rente nicht entrichtet worden war, so verklagte auf Grund dieſer Rentverschreibung Dietrich Schoel, der Rechtsnachfolger Doßenbrücks . den Georg von Brabeck bei dem Gerichte zu Recklinghausen und deſſen Bruder Johann bei dem Gerichte zu Dorsten und erlangte auch von beiden Gerichten die Verurtheiiung der Brüder von Brabeck.
Leztere
appellirten gegen das Urtheil nicht, sondern ließen dasselbe rechtskräftig werden. Hierauf wandte sich Dietrich Schoel an die Commiſſarien des apostolischen Nuntius Coriolano Garzadori, Bischof von Ojero (1595 bis 1606) , von denen auch die Gebrüder von Brabeck zu Lethmathe zur Zahlung der rückständigen Renten verurtheilt wurden.Hiergegen erhob Abt Conrad von Werden (1601-1614) in Verbindung mit Georg und Johann von Brabeck Einspruch bei dem RKG . , indem er geltend machte, daß Johann von Brabeck Lehnsmann der Abtei und seine Güter Lehngüter seien. Die beiden Stifter Werden und Helmstädt „sampt derselben leuthen, 1) Die von Brabeck waren mit den abteilichen Gütern Brabeck und Hacksfurth belehnt. Wegen Verwüstung, Verpfändung und theilweiſem Verkauf dieser Güter geriethen ſie mit dem Abte im Anfange des 18. Jahrh. in Streit, was auch zur Klage vor dem R.-K.-G. führte, worüber später.
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gueteren und zugehörungen" seien aber reichsummittelbar und privi legirt, so daß dieselben mit feinen frembden, weniger außländischen Gerichten Frer Freiheit und altem Serfomen zuvider beschwerdt werden. fönnten" . Die zeitlichen Aebte besäßzen in und allwegen ire eigene unterschiedtliche Cammern und Lehngerichte, durch welche und keine ondere Gerichte alle der untergehörigen Lehen derselben eigenthumbs und uffitebender Beschwernus balber furgefallene rrung jederzeit mit recht erörtert und entſchieden, auch was also geurtheilt, wirklich) erequirt und vollzogen worden jei“ . Obgleich der Abt ſich erboten habe, vor „ſeiner Mann-Cammner beyden streitenden Parteien unverzogen und unparteiisch Recht widerfahren zu lassen", so hätte der Nuntius dem Anerbieten doch keine Folge geben wollen, sondern alles beschenen crpiteens , auch obbestimmter staiserlicher Privilegien ungeachtet, eine angemaste execution in das Lehengut furzunehmen und darneven Mandara executiva und andere verpoente Proceſſen ausgehen zu Lassen, sich gefallen lassen, alles gemeinenRechten und des heiligen Reichs Sabungen zuwider, so ( in causis mere profanis et civilibus) den geistlichen solche eingriff nit gestatten“. Das RKG . erließ am 19. Juli 1605 ein Mandat, wodurch der schwebende Prozeß ſiſtirt und befohlen wurde, dem seläger in obgedachten seinen Privilegien und wohlher geprachten Freiheiten feinen Eintrag zu thun, sondern denselben fried lich genießen lassen" ; sodann wurden der apostolische Nuntins, der fur fürstliche Amtsverwalter zu Hornenburg im Vest Recklinghausen, der Richter von Dorsten und der Bürger Dietrich Schoel zu Niederwesel ouf den 30. Oktober vorgeladen. ) Der Amvalt der Beklagten be hauptet, die Herren von Brabec jeien vom Abte „ falsis persuasionibus zu Aufbringung dieses Cayserlichen Mandats gereizt und bewegt ", der Abt habe mit diesen Sachen nichts zu schaffen und maßze sich die Zuris diftion an, da „ der dominus feudi mur in causis naturam feudi concernentibus, nicht aber bezüglich der fructus rei feudalis“ zu ſtändig sei. Er bat, das mandatum cassatorium aufzuheben .
Beilage. Mandat des Reichskammergerichts. Wir Rudolf der ander etc. Entpieten dem Ehrwürdigen Unserm lieben andächtigen Coriolano Bischoffen zu sero und Nuncio Apostolico, Sodann Unseren und des Reichs getreuen Beampten des Hauß zu Hermanburg im Veſt Recklinghausen und den Richtern da 1) Siehe Beilage.
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jelbsten, auch Dietrichen Schoel Burgeren zu Niederwejel Unser Gnad und Alles Guts . Chrioürdige Liebe andächtige auch getrene. Unserm staiserlichen stammergericht hat der Erjam Unser auch Lieber an dechtiger Conradt Abt Unjeres und des Heiligen Reichs freyer Stiffter Werden und Helmitett Supplicirendt zu erkennen geben. - Obwohl zu Recht heilſamblich und wolverſehen, daß Chriſtliche und Weltliche Jurisdictiones nicht confundirt werden, sondern je eine oder andere Gren straden fanff und Proceß lassen, mit nichten aber ungebürlichen. engriff, binderung und abbruch thun jolle, Wiewol auch beide ob gemelte Stiffter Werden und Helmstedt sampt derselben leuthen, gueteren und zugehörungen, vermöge habender an erstgedachtem unserem Kaiserlichen stammergericht bekandten hochverpoenten Privi legien zu dem Heilichen Reich immediate gehören, auch in desselben sondern schuß und schirm dermassen uffgenommen, daß dieselbe mit feinen frembden weniger außländiſchen Gerichten Frer Freiheit und altem Herkommen zuwider bejchwerdt werden können, darneben wahr und tundig, daß zeitliaje Aebte beider obgedachter Stiffter in und all wegen ire eigene underschiedliche Cammern und Lehngerichte gehabt, durch welche und keine andere Gerichte alle der undergehörigen Lehen derselben eigenthumbs und uffstehender Beschwerdnus halber furge fallene Frrung jederzeit mit recht erörtert und entschieden, auch was also geurtheilt, wirtlich erequirt und vollzogen worden sei, So wehre den noch in der geschicht wahr, daß die Dietrich) Schoel wegen angemaßter Forderung dreyer malter Roggen jährlicher Erbrenten on vermeldi Stiffts Lehngutt zum Busch im Kirspel von Glattbach gelegen, Sein Supplicantens Vaſallen und Lehenmann Johann von Brabeck zu Lethmate zum nachtheil angerürter, ſeiner habenden Jurisdiction und gerechtigkeit mit furbeygehung derselben Mannscammern anfangs vor euch Richtern zu Recklinghausen, darnach aber vor D. L. ) uti Nuncio Apostolico wiewol nichtiglich zu Recht zu ziehen sich unterstanden, und wiewol clagender Abt zu erhaltung seines Rechtens solche sach als seine Lehen und Interessen betreffendt, In macht unserer kaiserlichen Privi legien, auch gemeinen Rechtes an derselben Mann Cammer, dahin fie gehörig, ettliche mal schriftlich obgefordet und avocirt, auch daselbst bey den streittenden Parteyen unverzogen und unpartheiisch Recht wider fahren zu lassen sich anerbietig gemacht, So hatte demnach D. 2. solchem über Zuversicht keine statt geben wollen, sondern alles beschenen er zielens auch obbestimmter unserer Staiserlicher apud acta übergebener Privilegien ungeachtet einee angemaste execution in offt Pacificirtes 1) D(ero) L (iebden).
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Lehengutt furzunehmen und darneben Mandata executiva und andere verpoente Processen ausgehen zu lassen, Jhro unvermeidlich gefallen Lassen, alles gemeinen Rechten und des Heiligen Reichs Sagungen, so in causis mere profanis et civilibus den geistlichen solche eingriff nitt gestatten, auch offgemelten unseren Kaiserlichen Privilegien und ge nannten Freiheiten gestracks zuwider —— Wenn dann Ihr wider rechtlich furnehmen mit feinem schein rechtens zu justificiren und in summum praejudicium des Heiligen Reiches wie nit weniger zu seiner als Lehenherren merklichen Beschwer und nachtheil gereichet hatte Terhalben nicht unpillig, vermöge des dreiundzwanzigsten tituls an derentheils der Cammergerichts-Ordnung auch zur Handhabung des Heiligen Reichs jurisdiction geſtracks a praecepto angefangen und Solchem nach umb dieß unser solche ungebur abgeschafft werden solle Kaiserlich Mandat und Ladung wider D. L. und euch zu erkennen und mitzutheilen demnetigs Vleiß anruffen und pitten laſſen, — Hierumb so gepieten wir D. L. und euch Kraft Römischer Macht bei Poen Zehen Marcs löttigs goldts , halb in unserr Kaiserliche Cammer und zum andern halbentheil inne Clegere unnachläßlich zu bezalen, hiermit ernſt lich und wollen, daß D. L. und Ihr demnach nach Ueberandtwortung und einhändigung diß Briefs ohne verzug und einwandt die oblauths geclagte, den gemeinen Rechten und sein Clegers habenden privilegio zuwider außgangene und hiebevor gemelte, auch noch schwebende Proceß reſtiret, ufhebet und davon abstehet, auch Ime an obgedachten seinen Privilegien und wohlhergeprachten Freiheiten keinen eintrag thuet, sondern denselben friedlich genießen lasset, Hierin nit ſäumig, hinder stellig und ungehorsamb seiet, alß lieb D. L. und euch seie obbestimpte Poen zu vermeiden - daran beschicht unser ernstliche meinung - Wir Heiſchen und laden D. L. und euch von berurter unſer kaiserlichen macht auch hiermit uff den dreißigſten Tag monats Octobris nächſtkünftiglich), den wir Ihro und euch vor den ersten andern dritten, leßten un endt lichen rechtstag ſeßen und benennen peremptorie, oder ob derselbe nit ein gerichtstag sein würde, den nächſten gerichtstag darnach, ſelbſt oder durch einen bevollmächtigten anwalden an demselben unserm Kaiser lichen Cammergericht zu erscheinen, glaublich anzeig und beweiß zu thun. Daß diesem unserm kaiserlichen gebot alles seines inhalts ge horsamlich, oder wo nicht, alßdann zusehen und hören, D. L. und ihr um euer unverstandt willen in vorgemelte Poen gefallen sein, mit Urtheil und recht, oder aber erhebliche ursachen ob Sie und Ihr einige hattet, warum solche nicht geschehen solle, dargegen zu Recht geburlich vorzuzeigen, endlichen entschieds und erkenntniß darüber zu erwarten. Geben zu Speier 19. Juli 1605.
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VII. Abt Hugo von Werden C. Johann von Schweden.
1616. (Staatsarchiv Wetlar. Preußen littera W. N. 400/1235 377 BI . Fol.) Johann von Schweden, Bürger der Stadt Essen, war im Jahre 1594 mit der Erhebung des Zehnten¹ ) von den Gütern der Abtei in Zela und Grimberg in Flandern ) auf 5 Jahre betraut worden. Während dieser Zeit hatte er dem Abte und dem Kloſter „zu unterſcheidt lichen Zeiten allerhandt Wahren, Wein, Gelt, Tuch und sunsten³ ) lautt jedesmahl eingelieferter Specification und darüber gehaltener Abrech mungen und von den Aebten aufzgegebenen Obligationen“ geliefert, ſo daß ihm nach Ablauf der Pachtjahre die Summa von zweithausent vierund neunzig acht Thaler und fünf und zwanzig Albus lauffender Werdiſcher Wehrung" als Vorschuß blieb. In Folge dessen verpachtete ihm die Abtei im Jahre 1599 die Zehnten für 300 Thaler und einige andere Leistungen auf weitere 10 Jahre und bewilligte darben, das an solcher Jahrpfacht sein Vorschuß behalt sein und guet gethan werden jolle“. Im Auftrage des Abtes Heinrich) IV . fertigten der Küster Rabanus Boegler, der Kellner Werner Hamel und der Rentmeister Wilhelm Schlechtendahl einen Pachtvertrag aus, der von beiden Theilen voll zogen wurde. „Ob und woll “, so führt Johann von Schweden in seiner späteren Klage aus, sich geburt hette, das gegen meinen so ahnjehn. lichen Vorschuß mir die Pfachtjahre zu meiner Zahlung sollen außge halten sein, so hat doch Herr Abt Conradt wider recht und alle pilligkeit, under dem vermeinten Schein, als wenn Sie darinnen über die Halb scheidt verfurtheilt, mir des pfachts mit vielem starckem ordinirung entseßen lassen, nitt considerirent, das Jch bey der Beschwer menniglich 1) Der Zehnte bestand nicht mehr in seiner ursprünglichen Bedeutung als öffentliche, staatlich anerkannte Abgabe, sondern wurde nur noch als eine be sondere Art der Grundbelastung, neben den übrigen, wie die Lieferung von Weizen, Roggen u. s. w. gehandhabt und auch nur von den urkundlich be ſtimmten zehntpflichtigen Grundstücken entrichtet. 2) In Zela hatte der Abt die Propstei und einige Vikarien zu beseßen. Vgl. meine Pfarrgeschichte S. 194 Anm. 1 . 3) Auch der Rentmeister von Friemersheim kaufte für das Kloſter Tuch ein und lieferte in unregelmäßigen Fristen und Mengen Naturalien und Geld an die Zentrale in Werden ab. Siche Kötschke a. a. C. S. 41 .
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bekannten Kriegsempörungen¹) mein leib und leben darüber gewagt, viele gefährliche Reisen derwegen thun müssen und den Zehenden, so beynahe herunderkommen und verdunkelt, wieder beygebracht, wie der zweite Pfachtbrief klerlichenn bezugt und auch in Zela und Grimberg genugsam bekant, alſo obgleich bei den lezten Jahren etwas furtheils an dem Zehendt sein können, dasselbe gegen die große Gefahr und aufz gestandenen Questur des uf mich genohmenen verlust und unglück nitt zu schäßen". Abt Conrad von Werden ( 1601-14) war zur Kündigung des Pachtvertrages wahrscheinlich durch die Nachricht veranlaßt worden, daß Johann von Schweden zum Protestantismus übergetreten sei und viel leicht aus Besorgniß , es könnten dadurch die Zehnten in Flandern der Abtei verloren gehen. Er schickte seinen Sekretär Winckelmann nach Flandern, um diese Angelegenheit an Ort und Stelle zu betreiben. Winckelmann erwirkte ein Mandat des Rathes von Mecheln, welches die Entsetzung des Johann von Schweden von der Hebung des Zehnten aussprach und ihm bei Ungehorsam eine Strafe von 100 Goldgulden androhte, ihm zugleich aber zur Geltendmachung ſeiner Ansprüche einen Termin auf den 13. Juli 1604 vor dem Gerichte zu Gent in Flandern anfagte. Die Zustellung des Mandats erzählt von Schweden in einem darüber aufgenommenen Promemoria, wie folgt : Als er am 10. Juli 1604 mit Goddert Schellberg auf dem Wege von Zela nach Dermonde. ſich befunden, ſei er gegen 9 Uhr in der Nähe der Schelde von 5 Per sonen, die theils zu Pferde, theils zu Fuß herbeigeeilt, angehalten worden, nämlich von 1 ) dem Licentiaten der Theologie Jacob Lauwerts, Canoniker zu Dermonde und Paſtor zu Grimberg, 2 ) Ruttger Winckel mann, Sekretär des Abtes , 3 ) Licentiat Jacob Oey, 4) Paulus Noels. Major in Welschland und 5) Paulus Klerth, Thorwächter zu Gent. Letzterer habe mit entblößtem Haupte und mit dem Königsscepter in der rechten Hand das Mandat, welches auf Pergament geschrieben und mit dem großen erzherzoglichen Siegel in Wachs versehen war, vorgelejen und ihm dann eine Abschrift übergeben. Die Vorladung vor das Gericht in Gent habe er mit dem Bemerken abgelehnt, daß er nicht in diesem Lande, sondern in Werden, wo der Kontraft gemacht sei, oder in Essen sein Recht suchen wolle, worauf Winckelmann erklärt habe : „Nein datt helft nitt ; gey seitt nu hier, da die Güter liegen ; hier moett gey uns zu
1) In den Werdener Annalen S. 110 u. 111 den Krieg zwischen den Spaniern und Holländern auf der anderen Rheinseite und in Holland derart worden seien, daß einige Jahre nichts angekommen
wird berichtet, daß durch die abteilichen Befizungen in Mitleidenschaft gezogen ſei.
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recht staen". Sodann sei ihm bedeutet worden, wenn er nicht gutwillig die anderweitige Verpachtung des Zehnten zugestehe, so solle er einen Bürgen stellen für alle der Abtei hierans erwachsenden Nachtheile, so dann werde der Abt mit 30 Pferden nach Flandern kommen und dort bis zur Erledigung der Sache auf ſeine Koſten bleiben . Als er troßdem auf seiner Weigerung, den Zehnten abzutreten, bestanden, habe der Licentiat Jacob Dey erklärt : „Wenn Ich nu an datt Recht queme, so ſolle man ſolchenn Keper, als Jch wehre, solches nitt tolaeten und man soll mich seßen, das mich Sonn und Mondt nitt bescheinen solle und ferner mich auch bedreuvet, man soll mich dann woll ſagen, wat Ich vor ein Mann wehre, und auch darumb desto mehr soll mann fulcken Kezer, als Ich bin oder wehre, nitt tholathen, datt dann andere Leude gueme hieher in diese Lande und solche Tienden anpfachten, die den Geistlichen gehoerden und tostanden. "
Als er stillgeschwiegen, habe Jacob Ley fortgefahren : „ it et jacke Jann von Schweden, datt gey die Tienden nitt freywillig willt verlaetten und ghy willt mitt eins richten (die Sache vor Gericht entscheiden laſſen) , ſo ſollt ghy noch in einem Jahr nitt drom bey ü . Haußfrau in ü. Landt kommen, und alle ü . guetter, so gy tho Essen habt, datt ſollt ghy nach hie in Flandern bringen."
Hierauf habe er zu Winckelmann und den Anderen gesagt :
Watt hebt ghy dann mit mich hie in dem sinne, wollt ghy mich ge fangen nemen, ghy hebt mich nu hier in diesen Landen in ü. gewalt, ghy doett nu mitt mich, watt ghy wellt, datt moett Ich auch lieden. “ Ferner habe er zu Winckelmann gesagt : „Do ghy solches in den Sinn hette, datt sollt gy mich gesagt hebben, da ich noch tho Wehrden was , dann hebben mich nitt in grother gefahr und grothe Unkosten mit einem Diener allhier in Flandern trecken . Ich hebbe noch sechs Jahren den Tienden und der Abt ist mich noch siebenhundert Thaler schuldigh und meine verſchreibung und Betaalung helt anders nirgendt uth, als ut diesem Tienden", worauf Winckelmann geantwortet, daß der Abt Alles bezahlen werde, was er ihm schuldig sei . Des Weiteren habe er sich auf seinen Vertrag berufen, worauf Winckelmann: „ Datt wiert sich woll finden, wenn ith dartho kompt ; meint ghy, dat wy uns nitt hebben: beraden, ehe wie ditt Werkh also hebben mit y angefangen." Da er auch auf Brief und Siegel des Abtes Conrad hingewiesen, habe Winckel mann erklärt : Siehet, Jan von Schweden, willt gy die Tienden frey willigh verlaethen, so will ich i . schuldt, so ich mein Herr schuldig is, invendig drey Monat bethalen, und watt ghy dann noch mehr hebit tho fordern, datt soll gy gelich woll an meinen Herrn suchen. " Darauf habe er ihm die Hand geboten, aber er habe sich geweigert und wellt
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Im mein Handt nitt geben".
Das Schriftstück erzählt dann noch von
einem Tischgespräch im Hauſe des Jacob Lauwert in Dermonde, wobei die Kanonichen der großen Stirche zugegen gewesen seien . Es sei da von ihm gesagt worden, daß er in Essen 1000 Mark Strafe habe be zahlen müssen, was aber nicht auf Wahrheit beruhe. Am 19. Juli 1604 wurde ein Vergleich zwischen Johann von Schweden und dem abteilichen Bevollmächtigten Winckelmann vor dem Gericht zu Zela abgeſchloſſen, worin erſterer auf die Hebung des Zehnten unter der Bedingung Verzicht leistete, daß seine „ Schulden, Kosten, Schadenn und Interesse, jo er wegen nitt gehaltener Verpfachtung gelitten, an des Abtes guetern, wo sie zu finden, zu ſeiner beiten gelegenheit soll erfolgen mögen". Es wurde festgeseßt, daß Johann von Schweden noch " siebenhundert weniger anderthalb Thaler einen Albus“ von der Abtei zu fordern habe. Da nun aber troß wiederholter Mahnung keine Zahlung von Seiten des Abtes erfolgt war, so beantragte Johann von Schweden am 29. November 1612 bei dem Gerichte zu Moers Arreſt anlage gegen die dortigen abteilichen Güter. ) Außer dem Kapital con ¹ ) Nach Kötschke a. a. D. S. 8–52 mögen hier einige Mittheilungen über die abteilichen Güter in den ehemaligen Herrlichkeiten Friemersheim und Mörs folgen. Im 9. Jahrhundert ging das ehemalige Krongut Friemersheim in den Befiß der Abtei über. Das dazu gehörige Gebiet war 12% Quadratmeile groß und schloß die Dörfer Friemersheim und Rumeln, wohl auch Cestrum und Bergheim ein. Außerdem besaß die Abtei Werden in Emmerich eine Kirche, die mit 12 Hufen ausgestattet war, und einen Herrenhof mit 10 dienenden Hufen. Im Laufe des 10. Jahrhunderts wurde das bis dahin vereinigte und vom Klostervogt und einem Wirthschaftsvorstande gemeinsam verwaltete Abteigut in Güter des Abtes und des Conventes (Propstes ) geschieden. Der Abt bekam die Höfe Burg und Friemersheim, die er einem Meier unfreien Standes über trug, und die er selbst jährlich mehreremale besuchte, um Aufsicht zu führen und Gericht zu halten, der Propst erhielt den Hof Asterlagen mit den zuge hörigen Hufen und Gerechtsamen, im Ganzen 165 Morgen, worüber er einen Meier segte. Die Hüfner gaben von jedem Morgen 4 kleine_mo . (Scheffel) Weizen oder Hafer, Jochweizen oder Jochhafer genannt, oder eine Geldabgabe von 5 8. und noch einige Pfennige auf die Hufe. Später begann der Abt, dem es darum zu thun war, sich mit einer Schaar reisiger Dienstmänner zu umgeben, das Abteigut mehr und mehr als Lehengut nach Dienstmanns- oder nach Mann lehenrecht zu vergeben. Vom 12. bis zum Ausgange des 14. Jahrhunderts waren sämmtliche eigentliche Abteigüter im Besige der Herrn von Friemersheim, die dem Abte jährlich Zins oder Pacht in bestimmter Höhe leisten sollten. Da indes die pflichtmäßigen Leistungen ausblieben, so mußte der Abt ſchon 1285 den Ritter Gerhard beim Officialate in Koeln verklagen ; sodann ſah ſich die Abtei veranlaßt, weil der Schuß der abteilichen Vögte, der Grafen von der Mark, wegen der entfernten Lage kein hinreichender war, die Vogtei über ihre Güter dem Herrn von Linn, Johann von Kleve, Dechant und Archidiacon der Kölner Kirche, zu übertragen, wofür eine jährliche Rente von 15 Mark aus den Höfen Burg und Aſterlage zugesichert wurde. Besonders heftig wurde der Streit mit Bovo von Friemersheim, der sich sogar die Landesherrlichkeit und__Gerichts barkeit über die dort gelegenen Werdenſchen Kloſtergüter anmaßte. Zwar war deren Hofgerichtsbarkeit so geordnet, daß die drei Höfe Burg, Friemersheim und
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c. 700 Thlr. beanspruchte er an Zinsen 378 Thlr. 20 Albus , wobei er nod; hervorhob, daß er zivar das Geld
aus seinem Kauffhandel ent
rathen müſſen, aber gleichwohl kein Kaufmanns- sondern gewöhnlich Interesse" beanspruche. Der Abt ließ durch seinen Kellner Schweißer Intereſſe“ und den Rentmeister Henjeler¹ ) zu Afterlagen die Competenz des Ge richtes bestreiten, da die Abtei im Besitze der Immunität und der Abt Reichsstand sei . Hiergegen machte von Schweden geltend, die abtei lichen Privilegien seien persönlicher Natur, hier handele es sich aber um abreiliche Güter.
In einem späteren Termin legte er das vorhin er
wähnte Promemoria vor und berief ſich auf den gerichtlichen Vergleich vom 19. Juli 1604. Wegen einer Reise des Abtes nach Helmſtädt wurden die Termine mehrmals vertagt, aber am 23. September 1613 ver Afterlagen je ihre besonderen Hofsprachen hatten, die Hofleute aller drei Höfe außerdem am Montag nach Dreikönigen und am Montag nach Ostern_zu ge meinsamem Hofgericht in Burg sich einfanden, und daß von hier an den Oberhof Barkhoven Berufung eingelegt werden konnte, außerdem bestand aber auf Friemers heim ein Gericht öffentlichen Rechts, in dem ein Amtmann als Vertreter des Grafen von Friemersheim den Vorsig führte und Bauern aus der Umgegend als Schöffen fungirten. Wegen Verschuldung mußte Heinrich, der Sohn Bovos, Schloß und Herrschaft am 13. Juni 1392 an den Ritter Johann von Moers verkaufen . Hierdurch erlangte das Grafenhaus von Moers mit der Vogtei auch den Besiß der Landes- und Gerichtshoheit ; der hofrechtliche Verband der Abteigüter blieb freilich noch bestehen. Nachdem in Folge der Klosterreform (1474) Abtei- und Conventsgut wieder vereinigt worden war, wurde das Ge= ſammtgut einem Amtmann oder Rentmeister unter beſtändiger Aufsicht der Centralverwaltung im Kloſter unterſtellt ; ihm unterſtanden als Gehülfen 2 Decken ; neben ihm saßen am St. Andreastag die Hofschöffen bis Sonnenuntergang Den späteren und überwachten den Eingang der Pächte und Zinsen. Aebten gelang es, manche in Vergessenheit gerathene Verpflichtungen wieder zur Geltung zu bringen ; besonders erwarb sich Abt Heinrich Duden durch seine sachverständige Bücher- und Rechnungsführung große Verdienste um den Besizſtand des Kloſters . Der Hof Aſterlagen und im Jahre 1512 die Hälfte des Hofes Emmerich wurden von der Abtei zurückgekauft und von da ab nicht mehr erblich, sondern in Halbpacht gegeben ; daneben mußte der Pächter von Aſterlagen die Hälfte der aufgefütterten Schweine und Schafe, dann 2 dreijährige Rinder, 14 Hühner, 350 Eier, 56 Pfund Butter und eine Menge Stroh liefern ; von 1578 ab wurde die Getreidepacht für den Hof Emmerich in eine sichere “ Pacht umgewandelt. Die Getreideabgabe von den Hufen in Rummelen und Friemersheim galten als Zehnten, die von Zeit zu Zeit ver pachtet wurden . Bei säumiger Lieferung hatte der Abt das Recht, den Zehnten auf dem Felde zu nehmen. Von den 350 Mir. Getreide, die aus den Abtei gütern eingingen, wurden 32 Mlr. Weizen und 4 Mlr. Erbsen nach Werden gesandt, 10 Mlr. Getreide aller 4 Arten wurden zur Entlohnung der beiden Decken verwendet, alles andere verkauft. Die Gesammteinnahme belief sich im Jahre 1488 auf 365 Gulden, 8 Albus, 3½ Heller. Meistens hatte aber der Rentmeister Vorschuß. 1) Als erster Amtmann des wieder vereinigten Klostergutes wurde spätestens 1479 Johann von Heshusen angestellt, von 1506 bis 1572 folgten Rentmeister aus der Familie Enbaven, die zu Werthausen bei Emmerich an jässig war. Der Rentmeister bezog nach der Rechnung von 1402 für ſeine Mühewaltung 8 rheinische Gulden.
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kündete das Gericht zu Moers das Urtheil, worin es ſich auf Grund des vorhin erwähnten Vergleichs für competent erklärte und zu Gunsten des von Schweden entschied. Hiergegen crtlärte der Vertreter des Abtes an das RKG. als die allein zuständige Instanz appelliren zu wollen, worauf der Kläger Johann von Schweden : „ Er sei verwundert über des Beclagten Unbedachtsamkeit, daß er nit shewet solche kostbarliche proceſſen anstatt angebottenen Bezahlung zu praesentiren und der gestalt gegen seines gottschligs abgelebten praedecessoris, gegen seine eigen Handt und Siegel, beſſer Wissen und gewiſſen zu handeln, an deren mit einem gut exempell vorzugehen, derwegen denselben H. Be clagten zu seiner eigenen Conscient hinweisendt". Er bittet nur die Berufung an das herzogliche Gericht in Coeln zuzulassen.
Der Ver
treter des Abtes beschwert sich über die „ Injurien des Klägers, deren derselbe aber nit im geringsten gestendig “. Das Gericht verweist die Sache an das Gericht in Köln und beschließt, die Akten den „ Com missarien als Oberrichter in glaubwürdigen Formen vor gebur zu verabfolgen".¹) In der Situng vom 2. September 1614 erklärten die herzog lichen Commissarien sich für competent und am 28. November 1615 bestätigten sie das erste Urtheil unter der Bedingung, daß Johann von Schweden eidlich erhärte, daß er nicht mehr und nicht weniger Schaden gehabt habe. Der Vertreter des Abtes appellirte nun viya voce an das RKG., während der klägerische Anwalt pro administrata justitia dankte und diweil solche interponirte appellation muthweiß beschicht" mandata executiva beantragte. Die Erecution wurde auch für Dezember 1615 in Moers angesagt und zwar auf dem Sattelhof zu Afterlagen cum adpertinentiis, die Zehenden zu Roummel, Frymersheim und Embrich und sämmtliche dem Abte in der Graf schaft Moers zustehende Gefell, Rbenten und guettern".
Am 2. De
zember 1615 wurde der Executionsbefehl in Werden mitgetheilt und zwar, da der Abt abwesend war, em Syndicus Johann zum Pür, den Prior Theodorus Raam und den Rentmeister Winckelmann. Vor der Ausführung der Erecution erschien der abteiliche Rentmeister Henseler und protestirte gegen die Beſchlagnahme, da dieselbe dem Abre persönlich hätte mitgetheilt werden müssen. Indes entschieden der an wesende Statthalter und die beiden Gerichtsschöffen, daß mit der Ere cution fortgefahren werden solle. Dieselbe gelangte am 5. Dezember zur Ausführung, und zwar wurden dem von Schweden die Früchte des
1) Die Verhandlungen vor dem Gerichte zu Moers in der Beilage.
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Portmannshofes überwiesen und dem Rentmeister Henseler die Aus lieferung sämmtlicher Zehnten an denselben befohlen. Die Kosten des Prozesses beliefen sich in der 1. Instanz für den Abt auf 128 Rthr. 1 Albus, in der 2. Inſtanz auf 66 Rthr. 27 Albus, und für den Kläger au: 142 Rthr. Am 26. Februar 1616 erfolgte auf Grund der Klage des Abtes die Inhibirung der Arreſtanlage und die Vorladung des Johann von Schweden und der herzoglichen Commissarien vor das RKG . Indes ſcheint die Execution troßdem vollzogen worden zu sein, denn am 26. Juli 1616 beschwert sich der Abt durch notarielle Urkunde darüber, daß Johann von Schweden die Pächte eingezogen habe. Der Streit vor dem RKG . wurde am 10. November 1620 beendet.
Beilage. Verlauf der Gerichtsverhandlungen vor dem Gerichte in Moers . Erster Termin am 3. Dezember 1812. Hernach uff Montagh, so gewesen der dritte tagh Monats De zembris des obverflossenen thauſendt sechs hondert und zwölften Jahres, wie Herren Scholtteiß und Scheffen sich zue gewöhnlich Gerichts-Plaßen loco et tempore solito bey einander verfugt gehabt, und zu ver meidung alles Unheils und Zweyspalts der bemelter Herr Scholtteiß das Gericht auch im Nahmen Seiner Exc. unseres gnedigen Landt fürsten und Herren Graf Mauritz Prinzen zu Oranien, wie präuchlich), befreyett und beheggt, der Pott auch solches den anwesenden Partheyen verkundigt, geſtalt da Jemandt an Rechten zu schaffen sich der gebeur nach angeben und seine Notturst selbst oder in overnehmung anderen vollmächtigen Anwalten verclagen laſſen ſolle, iſt demnach erschienen der Ehrenhaft und Wohlerfahrene Bartholomäus Thomä als respective im nahmen Johannes von Schweden, Burgeren zu Essen, von welchem er genug bevollmechtigt, und selbst gegenwärtig als Cleger reptirt und einbedingt eine am neunundzwanzigsten November negsten dieſes lauffenden Jahres an Herrn Scholtessen eingehendigte Supplication pro obtinendo arresto, derselben verlesungh und demnegst Incorpo ration ad acta, pitt und repetirt gleichfalls daruff durch S. D. erlaubte, vom Botten Johannes uf der Kulen anbevohlene und durch denselben zum Ersten, Zweyten und Dritten exequirte Arreste uffer alle und jede des Herrn Beclagten unter
der Herlichkeit Frymersheim habenden
Alinge, Verfalle, Pfachten und Rhenten, der Cleger aber außwendign und alhier eine zeitlang dieser Sachen halber mit seinem Diener, nicht ohne schwere unkosten, still liegen müssen, nit wissend, ob ante ferias
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natalitias in foro competenti audientia und Gricht sein werdt, so pitt Cleger irst manutenentiam des angelegten Arrests und demnegst die Citation des Beklagten zu erkennen und alspaldt zu erpediren, destomehr weil der Herr Scholtheiß woll allein citationem erkennen konnte und alſo dieſe Petition ohne nachdenken ſtatt haben kan —- Es erschienen während der Abfaſſung des Protokolls Johannes Schweizer. jetziger Zeit Kellner zu Werden und Thomas von Henjeler, Rentmeister zu Afterlagen, und haben sub cautione rati alsolchen Arrest und zu schlagh als ad Instantiam Johanns von Schweden, Bürgers zu Eſſen, vermeinthen Clegers und arrestantis (wie sie sagten ) uff alle des Stiffts Werden vorst. Pfachten, Rhenten, Verfallen und Uffkumpſten, mit klinkenden Pfennigen entsegt und sich gegen obgemelten von Schweden als genugsam poſſeſſionirt und Erbfeſt in dieser Graffſchaft gesessen erklärt mit angelöbniß, sofern nötigh, hierüber genugjam Vol macht einzupringen und ferners von Termin zu Termin defenſiv Hand lung wie Rechtens zu pflegen. 2. Termin am 14. Januar 1643. Der Rentmeister legt Abſchriften der faiserlichen Schußbriefe vor und protestirt gegen die Verhandlung. Das Stifft Werden ſei vom Kaiſer Arnulph im Jahre 888 an und von den folgenden Kaisern biß auf Weylandt den allerlöblichsten Kayser Rudolph im Besiße der Immunität gewesen , und es hätten die Aebte das Stift und Gotteshaus zu Werden sampt dessen Zubehör stets als ein Kaiserlich Lehen von Sr. Kaiserl. Majestät empfangen.
Es set
Allen verboten unter Poen von vierzig Mark loetigen Golts , wieder alsolchen Kaiserlichen Anspruch, schutz und schirm zu handeln. Der Abt sei Reichsstand, daher ſei das Gericht in Moers nicht competent und von Schweden mit seiner Klage abzuweisen. 3. Termin am 28. Januar 1613. Der Kläger übergibt eine Protest erklärung gegen die Privilegien des Abtes . Dieselben seien nur per sönlicher Art und könnten auf dieſe Pfändungsfache keine Anwendung finden. Im 4. Termin legt Johann von Schweden das dem wesentlichen Inhalte nach mitgetheilte Promemoria über seine Molestirung " in Zela vor und führt als Zeugen Goddert Schellberg an, „ welcher dieſes alles geſehen und gehört und , was davon uffs Papier bracht, mit eigener Handt underſchrieben". 5. Termin am 25. Februar 1613.
Der Anwalt des Abtes erklärt
in einem übergebenen Schriftstücke, daß die Forderungen des von Schweden keinesfalls durch Arrest auf die Güter im Mörs'schen Gebiete
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befriedigt werden könnten, da diese dem Convente gehörten und deshalb deſſen Zustimmung nothwendig ſei.
6. Termin am 11. März 1613, vertagt. 7. Termin am 22. April 1613. Johann von Schweden übergibt die Antwort auf das Schreiben des Abtes . Es heißt darin, der Schub brief des Kaiſers ſei „in dieſer fachen impertinenter angezogen ; es sei nicht ziemlich für einen Abten, einen Kaufmann, der „ das ſeinigh ſo pünktlich verschossen, dieser gestalt abzuferdigen “ . Es sei ihm vom Abte in einer Convention ausdrücklich zugestanden, alle des Stiffts Werden gueder, wie und wo dieselben zu finden, seines eigenen gefallens vor seine schulden und schaden anzulegen". 8. Termin am 6. Mai 1613 , auf Bitte des Abtes vertagt. 9. Termin am 20. Juni 1613, wiederum vertagt. 10. Termin am 19. August 1613, Mittheilung des Abtes , daß der Vertrag, worauf der Kläger seine Ansprüche stüße, ohne Auftrag von Winkelmann abgeschlossen, also für die Abtei nicht verbindlich sei. 11. Termin am 9. September 1613.
Kläger erscheint mit seinem
Sohne und bittet, den Vertagungsantrag des Abtes , der „ die sach vom 25. Nov. vor. Is . uffgehalten und also mehr nit dan lange umſchweift ſuchet“, abzulehnen ; indes wurde Vertagung beſchloſſen . 12. Termin am 23. September 1613. Rentmeister Henseler bittet im Namen des Abtes, weil derselbe "" vergangenen Mittwoch allerirſt von der reiſen wiederumb zu Wehrden angelangt, alſo eine kurze Zeit, die sachen, so faſt weitläuffig , sich nit konnen vorbringen und darüber consultieren lassen, vor dießzmahl in angeregter sachen nicht präjudicer lich vorzugehen “. Das Gericht beſchloß aber in dieſer Sigung über die Kompetenzfrage und erklärte sich auf Grund des beiderseitig unter schriebenen Vortrags vom 13. Juli 1604 für competent. In dem folgenden Termine vom 7. October 1613 überreichte der Vertreter des Abtes die notarielle Appellation an das RKG ., wohingegen der Kläger bittet, nur die Verufung an das herzogliche Gericht in Köln zuzulaſſen. Der Bescheid des Gerichts lautete dahin, daß „ da sein Urtheil kein End urtheil sein könne, der Verujung an das herzogliche Gericht stattgegeben inerde".
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VIII.
Abt Hugo C. das Stift Gerresheim. (Staatsarchiv Wetlar. Preußen littera W. N. 651/2029 70 VI. Foi.) 1619. Die Aebtissin von Gerresheim, Gerde von Winkelhausen, bean spruchte das Lehnrecht über den Hof zum Stade im Kirchspiel Kettwig, weil der Inhaber des Hofes jährlich) 28 Seller Abgabe zahlen mußte und weil es im bergischen Lande zwischen Ruhr, Rhein und Wupper an alien Ober- und Niederhofgerichten Praxis sei, jeden Hof, der über 12 Heller zu zahlen habe, als kurmedig anzusehen. Gegen den zeitigen Besitzer des Hofes, Albert zum Stade, der die Sturmede weigerte, auch ohne Genehmigung der Acbtissin hohe Hölzer“ hatte fällen laſſen, erhob diese am 9. Dezember 1592 Alage bei dem Hofgericht zu Neden. Be flagter erkannte die Abgabe als zu Recht bestehend an, bestritt aber die Kurmede, zudem behauptete er, daß er bloß Leibzüchter, der Hof viel mehr im Besige von unmündigen Kindern sei, die aber vom Abte in Werden belehnt seien. ' ) Das Gericht beschloß, die Vormünder zu laden. Es folgen eine Reihe von Terminen, in denen Albert von Stade regelmäßig die Zahlung der 28 Heller anbietet, während die Aebtiſſin die Annahme derselben verweigert, dagegen die verfallene Kurmede beansprucht. Erit 1) Der Lehnbrief des Abtes Duden lautet : Wir Heinrich Duden von Gottes Gnaden dero Kayserlicher und des heiligen Reichs Stifftern zu Werden und Helmonstetten Abt, thun kundt und bekennen in und overmiß dieſem unſerm besiegelten Briev, das wir belhenet haven und Inmacht dieſes Briefs belhenen Alberten Clauſes them Stade In Nhamen und zu behuff weilandt Wilhelm Kreusers und Annen them Stade ſeiner Alberts jezige Haußfrauen nachgelaſſener minderjeriger Kinder, Ehelich geboren, als auch in Mitbehuf Lutters Meyerstraßen zu Medtman als Miterben an und mit dem gude them Stade, Im Kerspell Retwegh gelegen, zu Manlehen, Rechten Ime in Behueff beiderseits vurst. Erben zu derselben Rechten unß und Unserem Stift zu unseren Rechten und Jedermenig lichen seines Rechten daran unverziegen. Darauff er uns Huldung und Eide gedan Leiblichen zu Gott und seinem Heiligen Evangelio gesichert und gelobt, unß und unserem Stiffte getrewe und holt zu sein, und sonsten alles und Jedes zu thun, was einem Mhan von Lehen seinem Lehenherrn pflichtig und schuldig ist, Sonder argliſt, hierbei aber und angewogen sein, die Ehrenthaften und achtpare Wilhelm Schlechtendall Unser Abdeyen Rentmeister und Alexander Duden, Secretarius, als unser und unsers Stiffts Dienstmans Lehen-Manne. Urkundt der Wahrheidt haben wir Heinrich Duden Abt vurst. unserer Abdeicn großes Insiegell an diesem Brief wissentlich gehangen. Geben in dem Jahre unseres Herrn tausendt fünfhundert und achtzig zwei am siebenzehnten des Monats April. Heinrich der Stiffter Werden d . Helmstedt Abt. H. W. A.
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in Termin vom 8. Dezember 1599 erschienen mit Albert zum Stade als Vormünder der Rentmeister Petrus Schmachtenberg und Johann Deuß und legten Protest gegen das Vorgehen der Aebtissin ein. Unterdeſſen war Wilhelm zum Stade großjährig geworden und von dem Abie Conrad zu Werden mit dem Hofe zum Stade belehnt worden.
Zu
dem Termine am Donnerstag nach Nicolai des Jahres 1605 übergab Wilhelm zum Stade ein ausführliches Gutachten, wonach der Hof, der nicht im Herzogthum Berg , sondern im Stifte Werden liege, Mann lehen der Abtei Werden ſei, woraus die Unzuſtändigkeit des Hofgerichtes zu Neden folge. Seit Menschengedenken habe derselbe nur dieſer, aber nicht der Abtei Gerresheim die Kurmede entrichtet. Hiergegen machte der Syndicus der klagenden Aebtissin geltend , es erscheine wohl möglich, daß ein Hof verschiedentlich kurmedepflichtig sei. Von einer Befreiung durch Verjäh :ng könne nicht die Rede sein, da die Abgabe immer bezahlt worden, auch in den Rollen' ) der Abtei Gerresheim der Hof als kurmedepflichtig aufgeführt werde. Nach zahlreichen Ter minen, in denen jedesmal Wilhelm zum Stade den fälligen Preis anbot, dessen Annahme die Aebtissin verweigerfe, wurde am 17. Juni 1619 das Urtheil ) gesprochen, welches die Ansprüche der Aebtissin zu
1) Der Extract aus der Original-Hoffs-Rolle, darauff im anfang geschrieben ſteht : Myntart. Dieſe Rolle iſt gemackt in einem gehrden gericht in dem Jahre uns Herrn, Duſent vierhondert und vunſſtich den neiſten Donnersdach ; Hceffleute hierna geschrieven, geschworen Hofsleute. Trilken 30 Jekte, Hannes Blawſpill . fert in medio der Rollen Sic reperitur clausula Jtem dat goit zom stade dat Teilken zo ykte hait 31/2 st. 1 D. pasamen Ertract auß dem Hoffsbuch Myntart. Anno 60 am Donnersttag negſt nahe Nicolai, welcher gewest den 13. Dezember haben diese nachgezeichnete Ihre Zinß in den Hof zu Neden bezahlt inter caetera. Crein zom stade 28 Hell. Heudt into hat Conrats Blaßbalch ſine Handt uff seinen Sohn Johannes zo Blaßbalch umbzusehen begert und deweil derselbig nit churmendig, ſo iſt ihm neben erlegungh feines dubbeln Zinß sulches zugelassen mit dem Gut 30 Blaßbald behandet worden neben Gethanem Eidt. In gegenwertigkeit Grein sum Stade 20. als Hoffsleuth. 2) Das Urtheil hat folgenden Wortlaut : In Sachen der Lehnfrawen Clegerinnen an einem gegen und widder Wilhelm zum Stade Beclagten am anderntheil, wirdt vorgewandter einredt unverhindert, allem vorprengen nach und auf den hiebevor gerichtlich der sachen angenhomenen Beschluß durch Richter und Hofgeschworene zu Recht erkant, Weill Beclagter selbst in keiner abredt, daß ehr jahrlichs in diesen Hoff Neden achtundzwanzig Heller und alß über einen runden albus Zinß zu geben schuldig, das dahero dessen guit zum Stade der Fraw clegerinnen auch churmudig zu halten, und Ihme nit gepurdt, ohne Consent der Lehenfrawen so wenigh die geclagte hohe Holzer abzufellen als auch des Beschehenen Kauffs des halben guts daselbsten sich zuwidernehmen alß daran zuvill gethan, derwegen Beclagter schuldig sein solle, die churmudt zu tedigen.
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Gerresheim als berechtigt und den Hof als verwirkt anerkannte, d. 5. den Wilhelm zum Stade des Hofes verlustig erklärte. Gegen das Urtheil des Hofgerichtes zu Neden appellirte Abt Hugo an das RKG . 31 Speier. Die Urkunde des Notars Herman Naſo, wohnhaft zu Mülheim, welche die Vorgänge mittheilt und die Beschwerden des Abtes und des Hofbejgers Wilhelm zum Stade enthält, wurde am 26. Juni 1619 auf der großen Stube der Abtei aufgenommen.¹ ) Am 26. Juli 1619 erfolgte die Citation der Aebtiſſin und des Amvalts vor Gerresheim und der Hofesrichter vor das Reichskammergericht.
Beilage. Notarielle Beurkundung der Klagevorgänge für das RKG . Im Namen der heiligen unzertheilten Dreieinigkeit Amen !
Durch)
dieß gegenwärtig offen instrument jei jedermenniglichen, denen dasselbe zu sehen, lesen oder hören lesen vorkommen wirdt, kundt und zu wiſſen, daß im Jahre unseres lieben Herrn und Seligmachers Geburt ein tausend sechshundert und neunzehn uff Mittwochen den sechsund zwanzigsten Tag des Monats Junii ungefher um zehn Uhr Vormittags . vor mir Notario und Zeugen, zu endt benent, uff der Abdeien zu Werden uff der großen Stuben daſelbſten, dhahin ich dieserhalben gefordert, kommen und erſchienen iſt der Ehrenfest und Hochgelehrter Johann zum Püß, dero Rechten doctor und Kayſ. freien Stiffts Werden Syndicus, und hat im Namen und von wegen des Hochwürdigen in Gott Hugen, der Kays. und des heiligen Römischen Reichs freien Stifftern Werden und Helmonſtedt Abten, wie dan auch mit vor und in Gegenwart des Ehrenhaft und Vornehmen Wilhelm zum Stade als Ihrer Hochi . Vaſallen und Lehnmann einen papiernen Appellations Bettul zu meines Notarii Handen geliebert, in Meinung, wie er öffent lich sagte, von einem Urtheil , so am siebenzehenden dieses noch laufenden Monats Junii uff unbefugt Anclagen der Frau Aebdiſſinnen zu Gerres heimb vor Ihre Ehrw. und widder Ihrer Hochw . Vafallen und Lehn mann Wilhelmen zum Stade durch angemaßte Hobß - Richter und
und dem Hoff eine folgende Handt zustellen, zugleich wegen dero ohne erlaubnis niddergelegten hohen Holzer und Immutation des guts abdracht zu machen, dazu ihm viertzehn Tage Zeit hiemit bestimbt, mit dem Anhangk, würde Be flagter deme Inmitiels nit nachkommen, wirdt der Lehnfrawe das gut zum Stade als verwirkt zuerkant mit verdammungh des Beclagten in die bei dieſem Hoffsgebingh aufgegangenen Uncost, moderatione salva. Beiderseits copiam gepett und erhalten. 1) Siehe Beilage.
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Hobß- Geschworene zue Nidden vermeintlich) und nichtiglich erkannt und ausgesprochen, an die Röm. Kayſ. Maj . Unſern allergnädigsten Herrn oder deroselben hochlöblich Kays. Cammergericht oder wohin sunst zu Recht sich gepüren möchte, zu apelliren :
Jumaßen dann gedachter
Syndicus im Namen seines Hochw . Herrn Principalen und mit vor gegenwärtigem deroſelben Vaſallen undLehumann obgemelt, hiermit alſo appellieren, provocieren und berufen thacte, mich Notarium instanter, instantius et instantissime requirirendt und bittendt, dieſer inter ponierter Appellation Apostolos testimoniales und Zeugniß-Briefe, cuch instrumentum seu instrumenta in forma probante vor die ——, wobei zugegen gewesen Gegner zu fertigen und mitzutheilen die Ehrenhaft und Vornehme Dietrich Waſſerſcho und Johann Puppe als glaubwürdige dazu berufene und erforderte Bezeugen. Folget nun die mir Notario von obgedachtem Herrn Syndico eingelieberte Appel lations- Zettul von wort zu wort ( mit dem vorhin mitgetheilten Urtheil) . Turd, diejes vermeinte und ganz nichtige Urtheill und Bescheidt finden sich Ihre Hochv . alß Lehnherrn ait weniger als deroselben Vajall und Lehnmann Wilhelm zum Stade als Bejißer des Guts aus nachfolgenden zu Recht begründeten Ursachen zum höchſten beschwert und müßten ferner beschwert zu werden befharen : Alz anfenglich kundigh und offenbar, auch aus des Werdenfchen Stiffts bewehrten Lehnregistern vort Zehenbriefen und Rejervalen erweißlich), daß das Gut zum Stade ein ungezweifelt Lehengut deß Stiffts Werden von undenklichen Zharen gewesen und noch davor unabgenglich geacht und gehalten werde, auch) durch die zeitlichen Einhabere und Besigere des Guts vor etlichen hundert
haren von unsern zeitlichen Acbten zu underſchietlichen
Whalen, wie dan vorerwehnter Withelm von dem ißigen Herrn Abte noch neulicher Zeit, mit allen seinen Pertinenzien und Zubehör, nichts davon ausgeschieden, zu Erb-Mannlehen-Rechten empfangen und davon jederzeit dasjenige gehorsamblich präsentirt und geleistet, was ihme als einem getreiven Vafallen und Lehnmanne nach Art und Natur alſolchen Lehens und herbrachten Gebrauch der löblichen Werdenschen Mann Stammer ufgelegen und schuldig gewesen ; daher dan Ihre Hochw . ntt weniger als deroselben Vafall und Lehnmann bei sich mit nichten er messer können, quo jure bejagtes Gut zum Stade der Frawen oder Stifft zu Gerrißheimb zu churmuddigen Hobes Rechten verhafft sein. jolle.
Bevorab dweil von seiten der Clägerinnen nit erwiesen, auch
nimmer in Ewigkeit beibracht werden kan, daß jemals von wegen dieſes Guts einige Churmudt bedingt und bezahlt worden, da doch nit ohne, daß die Einhabere und Besigere des Guts innerhalb die nechste hundert
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zu underſaniedlichen Whalen mit Tod abgangen und verstorben und feinesfalls umb Churmudt bei dem Stifft und Frawen zu Gerrizheimb abzutragen angelangt worden, auch mit Fugen nit angelangt werden tönnen, sondern dieß versterbshalber bei dem Stifft zu Werden als ihrem ungezweifelten Lehnherrn jederzeit ihre gebürniß prästirt und darüber gewöhnliche Lehnbriefe empfangen und Reverſale geben ; aller maßen daß darob handgreiflich am Tage, daß der Frawen Clegerinnen Zumuten allerdings uff lauterem ingrundt beruhe und den Beclagten dermaßen mit Hobs -Rechten vermeintlich) zu beschweren unbefugt ge wesen, sinthemal zu Recht wohl versehen, quod unius rei duo in sollidum domini esse non possunt ; zudem ist wohlversehenen Rechtens : Quod vasallus sine scientia et licentia domini alterius jurisdictionem prorogare non possit neec debeat . Ob nun woll der Veclagter als ein gehorsamer Vaſall und Lehnmann sich seiner schuldigen Pflicht erinnert, und wie er durch die Clegerinne mit Hoby Rechten anmaßlich besprochen worden, jeinem Lehnherrn ſelbſt alßbald zu erkennen geben und ad interveniendum ersucht und angelangt. Ihre Hochw . interveniendo auch rechtmäßig Ursachen, weshalben dero selben Vafall und Lehnmann denselben mit Hobßz -Rechten noch in andere wege der zugemuther Churmuth halber nit zu besprechen eimvenden lassen, so ist doch solchs nit in achtung genommen jondern, dem unan gesehen, durch die vermeinte Richter und Hobß -Geschworenen ihrs Ge fallens ganz unförmlicher und nichtiger Weise hierinnen verfahren worden, da doch zu recht ausdrücklich versehen : Quod tertius pro suo interesse interveniens executionem nedum litem et processum impedire possit, das dan in gegenwärtigem Fall umb so vielmehr in Achtung zu nehmen und plat empfinden muß, dweil an seiten des Herrn Abten und dessen Vasallen angezogene Lehn- Gerechtigkeit no torisch und durch die Clegerinne nit fan verneint werden, im Namen der Clegerinne aber die prätendirte Churmude Gerechtigkeit im geringsten nit bescheinen, auch nimumehr beibracht werden kan oder magh . Sollen auch der Vafall und Lehnmann von wegen des Loskaufs des halben Guts und Niederlegung etlicher Eichbäume nit in Straf genommen werden, dweil, was dessen beschehen, alles mit Consent, Vorwissen und Belichen des Herrn Abten als seinem ungezweifelten Lehnherrn recht mäßig ergangen, verricht und volnzogen. Inmaßen aber auch die ver meinte Urtheil dahero an ihr selbsten nichtig und kraftlos bleiben muß, dweil dieselbe nit durch ein ordentliche weiß bestelltes Hobfz - Gericht verfaszt, auch der Herr Abt so wenig als dessen Vafall und Lehumann dahin auf bestimpte 3eit ad audiendam sententiam, wie sich gepürt
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hatte, citiert und abgeladen worden, sich desfals zu dem Protokoll be ziehendt: Dem allen nach wollen Ihre Hochw. neben Ihrem Vasallen und Lehnmann vor ſich ſelbſten und mit im Namen Ihres Lehnmannes auß angezogenen und mehr anderen rechtmäßigen Ursachen von be rürtem Bescheit und Urtheill innerhalb 10 Tagen hiermit an die Röm. Kayſ. Maj. unſere allergnedigsten Herrn oder desselben Hochlöblich Kays. Cammergericht, oder wohin es sonsten zu recht gepüren mocht, appelliert, provociert und sich berufen haben, thun auch diese Sache Ihrer Kays. Maj . Schuß und Erkenntnuß underwerfen. Ersuchen dem nach Ihre Hochw. Ench Herrn Notarien in gegenwart zweier Gezeugen. dieſer interponirter Appellation Apostolos testimoniales und Zeug nuß-Brief vor die gebür mitzutheilen, wollen ſich aber ausdrücklich vor behalten, diese Appellations - Zettul zu aendern, zu mindern und zu mehren, und was ſonſten die Rechte und Gerichtsprauch in diesem Fall vergünſtigen und zulassen mochten, im besten zu genießen und zu geprauchen. Wan dan vor mir Hermann Naſo, wohnhaftig zu Mülheim an der Rhuren, von Papst- und Kays. Macht und Autorität offenbarer Notar und des Landgerichts daselbsten vereidten Procurator abgefaßte inter ponierte Appellations - Neberreichung der vorbeschriebnen Appellations Zettul und sonst alle und jede andere Sachen und Handlungen in vor benenter Zeugen gegenwart beschehen und ergangen, alß habe solchs fleißig in notam genommen, gegenwärtig Instrument darüber ver fertigt, mit eigener Hand geschrieben, mit Tauff- und Zunahmen under schrieben und mit meinem gewöhnlichen Notariatszeichen vorzeichnet, in Glauben und Zeugnuß aller vorgesezter Handlung, darzu sonderlich berufen, requiriert und erpeten. (Unterschriften. )
(Notariatszeichen.) IX. Johann Puppe C.
Bürgermeister und Rath der Stadt Werden.
1623. (Staatsarchiv Weßlar. Preußen littera O. N. 261/2468 104 Bl . Foi. ) Am 8. März 1618 waren mehrere Werdener Bürger in der Wirth) schaft des Herman Bruchhausen zu einer Zeche versammelt. Hier erschien auch der Bürger Johann Puppe, um einem Anderen Geld auszuzahlen. Es kam das Gespräch auf städtische Angelegenheiten.
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Man beklagte sich über die andauernden Einquartirungen, die zu einer großen Last für die Bürgerſchaft geworden seien, zudem werde nit den Contributionsgeldern nicht ehrlich verfahren . Johann Puppe griff in die Unterhaltung ein und erklärte, aus seiner Rotte¹ ) jeien 100 Thaler gestohlen worden. Weiter verbreitete er sich in ehrenrühriger Weise über den Bürgermeister Schlechtendahl, im Volksmunde „ der Dicke" genannt, und den Rentmeister Peter Franken.
Wenn er auch,
so erklärte er, der augsburgischen Confession zugethan sei, als deren Anhänger und eifrige Beförderer der Werdener Stadtrath bekannt war, so verurtheile er doch das unehrliche Treiben auf dem Rathhauſe. „Der Dicke und Peter Franken hetten den armen Leuten daß geldt auf dem Beutel gestolen und keine richtige Rechnung gethaen und derwegen gethaen alß Dieb und schelmen und weren wehrt, daß sie an einen Galgen gehangen würden ." Diese beleidigenden Aeußerungen verbreiteten sich von Mund zu Mund und kamen auch zu den Ohren des Bürgermeisters. Kein Wunder, daß derselbe über Johann Pupre aufgebracht war und dieſes auch nach Außzen hin befundete. Als er nämlich im folgenden Jahre, am 15. Juli 1619, mit dem Reiterkorporal und dem Bürger Duden dem Johann Puppe auf der Werdener Brücke begegnete, fuhr er ihn an: „Geh mir aus dem Weg", und als Pupve crividerte: „Warum“, schalt er ihn einen Schelmen und Dieb. Puppe beschwerte sich hierüber bei dem Drosten Johann von Delwich in Blankenstein, der den Werdener Richter aufforderte, Puppe zur Genug thung zu verhelfen. Was von Seiten des Werdener Gerichts geschah. ist aus den Akten nicht ersichtlich, aber im selben Jahre noch erhoben der Bürgermeister Schlechtendahl , der Rentmeister Peter Franken und sämmtliche Rathsverwandte der Stadt Werden gegen Puppe die Be leidigungsklage bei dem cleviſchen Hofgericht zu Düſſeldorf. „ Ob dan woll", so führen sie in der Klage aus, wir als der ordentlicher Magistratus solche außgegossene schmach erdachte reden zu straffen nit unbefugt“, so wollen sie doch die Entscheidung eines anderen Gerichts hofes anrufen, „ damit es daß anſehen nit habe, daß wir in dieſer Sache selbst Clegern und Richter zu sein begheren und auch Unsertheils deß ordentlicher Landtgerichts Mitglieder sein, daher der Injuriant leidt dhan Ursachen schöpfen würde, daß Landtgericht zu recusiren und da mit die wolverdiente straff zu elidiren oder zu verzehen". Durch den Rechtsanwalt Conrad Pötter übergeben sie dem Gerichte eine weit
1) Die Stadt Werden war in 23 Rotten eingetheilt, denen je ein Rott meiſter vorſtand . Bei Steuerausschlägen hatten dieselben mitzuwirken.
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läufige Begründung der Klage.¹)
Puppe bestreitet die behauptete Be
leidigung und läßt durch seinen Anwalt Arnold Frohling beantragen , die Sache an die 1. Instanz zu verweisen, da die churfürstliche Rechts ordnung dieses verlange und auch kein Grund vorliege, weshalb der Magistrat nicht zugleich släger und Richter sein solle. Uebrigens hätten ſich die Kläger zuerſt an den Drosten der Stadt Werden wenden ſollen. Das Hofgericht ordnete die Vernehmung der bei dem Gespräche zugegen gewejenen Zengen an, nämlich des Wollenweber Wilhelm zu Prae, Johann Stocks, Johann Torck und Goddert Heßper und ernannte als Commiſſarien hierfür den Bürgermeister Merker in Hattingen und den Stadtjekretär von Essen, Petrus Castrop.
Ersterem konnte indeß, da er
wegen der in Hattingen herrschenden Pest eine Zeit lang abweſend war, der Auftrag nicht zugestellt werden, letterer veranstaltete am 13. Of teber 1619 ein eingehndes Zeugenverhör¹ ) in Gegenwart des Notars Johann Stratmann und der vom Werdener Senate gestellten Zeugen : Conjul Pankreh, Heinrich Schreyber und Hermann Godefridi, wodurch die beleidigenden Aeußerungen im Wesentlichen bestätigt wurden. Das clevische Hofgericht verurtheilte den Johann Puppe in Folge deſſen am 30. Mai 1622 wegen Beleidigung zu 150 Goldgulden.
Hiergegen ap
pellirte Johann Puppe an das RKG. , welches in der Sache vom Jahre 1623 bis zum 27. Februar 1627 verhandelte. Der Anwalt der Stadt Werden bat um Zurückweisung der Appellation, weil es sich nicht un ein Objekt von 600 Goldgulden handele, was zur Einlegung der Klage bei dem RG. erforderlich sei . Sodann könnten „bei den gefährlichen läuften
aus
solchem Vorgeben
gegen
conspiration und sedition erwachsen“. genommen hat, iſt nicht ersichtlich) .
die
rechtmäßige
Obrigkeit
Welchen Ausgang die Sache
Beilage 1. Libellus Injuriarum. Anfenglich seßen und sagen Elegere wahr sein, daß jowoll in beiden, geistlichen und weltlichen rechten als deß heiligen Reichs Constitutioner heilsamblich verſehen, daß niemandt den andern verſchulter Sachen und wider Recht injurieren und schnehen solle und daß solcher frevell und schmehlich außschreien nit allein bei schweren Poenen verbotten und hochstraffbar, sondern auch, darinne er zum andern spruch zu haben. vermeint, daß er solches durch gepürlich recht ſuchen und aufführen solte. 1) Den Libellus Injuriarum siche Beilage 1 . 2) Siehe Beilage 2.
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2. Zum andern wahr, daß die Clagende : Bürgermeister, Rent meister und Rathspersonen, Ihre daghe biß uff diese stunde also ver bracht, daß sie sich aller unehrlichen thaten gemüſſigt und ohne un mblich thun zu melden, sich dermaßen ehrlich und ehrbar gehalten, daß sie von der Gemeind zu Werden als deroſelben Vorſteher und obrigkeit verwälei, auff- und angenommen worden. 3) Item zum dritten sonderlich wahr, daß sie davor auch in dieser Gemeind billigh zu respectiren und als von Gott angeordnete und berufene, wiewoll geringe obrigkeit, zu halten und derselben nit mit lästerlichen ehrrürigen schmehungen sondern nach bejagh Göttlichen worts mit aller ehrerbietungh und gehorsam zu begegnen, Joren guten Leumund zu erhalten und andern leichtfertigen perjohnen, sich gleich jalß Ihrer Obrigkeit zu widerſeßen und ungelimflich zu traduciren, kein böse Exempell und anlaß zu geben und auffzuwiegeln. 4) Vorst Vierte wahr, daß Clegere den Beclagten, was ehr einige spruch und furderungh gegen sie zu haben vermeinet, zu allen rechten gesessen und noch ſitzen. 5) Jſt wahr, daß dieſem allen ungeachtet der Beclagte auß bösem Vorjag ex libidine injuriandi den 8. Monats Martii dießes noch lauffenden 1618. Jahrs in Behaußzungh Herman Bruchhaußen zu Werden, da ehr zu gelagen gejeßzen, im Beysein und anhören der Ehrbahren Johan Tarck, Johan Stocks , Godhardt Hesper und Wilhelm zu Prehe angefangen, von der Religion zu reden und unter andern in efectu ehrverleßlich gesprochen :
Er und Wilhelm zu Prehe wehren
auch der Augßburgiſchen Confeſſion zugethan und were ſolche Confeſſion gut, aber auff dem Rathauß würde mit dem Uffbühren deß Contribu tions- Geldts diebischerweise gehandelt. 6) Iſt wahr, daß der Beclagte damit erledigt, sundern ferner ge sprochen und außgeschrieen, der Dicke (damit der Bürgermeister Schlechtendahl gemeindt) und Peter Franken hetten den armen Leuten daß Geldt auf dem Bentell gestolen und Keine richtige rechnung gethan und derwegen gethaen als Dieb und schelmen und weren wehrt, daß ſie an einen Galgen gehangen würden.
st wahr, daß angezogene schmährede und Injurien vom Be und außgegossen ratione personarum et officii und erdichtet clagten nachhgeſtalten ſachen atrocissime sein und geachtet werden . 7)
8) Sintemall wahr, wan Elegere solcher ufferdichter und fälschlich erlogener Diebstall schuldigh, vermöge der rechten an Leib und Leben zu straffen wehrt weeren.
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9) Item wahr, daß daher der Beclagter durch solch falsch auß jchreien die Elegere abn brem guten Lenmuth und ehrenstandt ange griffen und bei jedermenniglich, so viell ahn Jhm, Ihre verkleinerung 3 bringen unterstanden. 10) Item wahr, daß Elegere in erfandtnuß Ihrer Unschuldt und ihr noturfft nach solche falche schmehung und Injurien zu herßen und gemüth gezogen haben, wie Clegere dieselben auch noch zu Herten führen. Jſt wahr, daß Clegere lieber alle daß Ihrige, waß sie auch auf dieser Welt haben, verlieren wollen, alß daß sie solche atrocissimas injurias auff sich solten ſizen laſſen. Ist von vorgemelten Artikeln zu Werden ein gemein Lennudtl; und Geſchrei entſtanden. Weil die Injurien im offenen Wirthshauß und Gelagh und auc) bezüglich der Magistrats Perjohnen gethan jeien, jo jeien sie schwer zu achten. Und obwol poena talionis nit mehr gebräuchlich , solche Injurien nach Ordnungh der rechten zum schärfſten zu strafen.
Beilage 2. Zeugenausfagen. Brae jagt : Er jei 50 Jahre alt, ein Bollemoeber und Kirchmeister Nerofirchen, er nebre sich seines Handwerks. Johann Puppe sei 3m Brochhausens hanß zum Bier Zeche gekommen und habe allda vermeldet, daß er vorhin mit Johannen Duden und Hermann Godefridi Brantwein gedrucken. Er wisse nicht, wer Puppen hineingerufen ; jeines Behaltens jei derselbe vor Ihme Zengen dagewesen, wie der gejagte Puppe selbst referirt, daß er Geld uberzellen soll.
Ueber die
Reden wegen der Contribution tönne er nit eigentlich berichten .
Etliche
der geladsleuthe hätten von der Contribution disputirt ; die eigentliche Sorte hätte er aber nit observirt, weil er etwas abgeſeſſen.
Zeng habe
aber gehört, daß Johann Puppe über den Dicken und Peter Francken herausgefahren die Worte, die beiden Diebe joll man ahn einen Galgen hengen. Zweiter Zenge, Johann Stocks, 51 Jahre alt, Wullemveber und müßte sich seiner Handt Arbeit ernehren.
Sagte, er zeugh hatte einen
Herhl an den Halßgeschlagen und wäre deßwegen uff der Vornpforgen
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zwei Jahre vor der Zweidracht gewesen. Daß er mit anderen im Bierzegh geſeſſen, dahin Puppe kommen und einem Wullenmann in Nahmen eines Bruders Gelt überzehlen wollen ; daß zware von der Contribution under Ihnen im Zegh redt gefallen ; sie hätten sich beklagt unter einander der großen Bejchwerungh, so Ihnen der einlegerung halber zugestanden, daß wegen der Contribution zwischen einem Erbaren Shatt und gemeinen Rottmeistern verschiedene irrungen vor diesem eingefallen ; (er wisse) , daß ein Rottmeister auf dem Rathhauß geweſer und derwegen seine meinung neben und mit anderen umb Remission deß Beſchwers vorgedragen. Sagte, daß unter dem Dicken der Bürger meister Schlechtendaall zu verstehen sei. Puppe habe nachfolgende Worte ausgesprochen : Der Dicke und Peter Franken handelten nit Recht in der Aufbohrung, dan sie hätte aus seiner Rotten in einem Fahre hundert Daler gestolen, davon seine Quota 6 oder elf Dlr. ge wesen. Zeuge hielt davor, daß Puppe nit übermeßigh druncken geweſen, angeſehen daß er das Gelt überzahlen können. Warum er solches ge redet, davon tönne Zeugh nit eigentlich deponiren, daß Puppe gejagt: Der Dicke und Peter Franken wären wehrt, daß sie an einen Galgen gehangen werden“, und als Zeugh daruff geantwort, „Es würde ein jeder Bürger bei abhörungh der Rechnung citirt, alſo da dieselbe be schehen, der Bürgermeister aldan Jeden vermahnet, Im Fall er da wiedder etwaß zu sprechen, daß er solches thun und darnach auf den Bierbencken schweigen soll“, worauf Puppe ferner geantwortet, er were nit citirt worden. (Unter den Fragen war die, daß Puppe mir gesagt haben wollte : „Er wolle, daß alle, die ihn bestolen hätten, am Galgen hengen. " Thatsächlich seien ihm eßliche zinnen Schüssel, ein mantell. eine Pistole, so Juncker Scheute zuſtendigh und Beclagter hat bezahlen müſſen, aus seinem Kasten, ja seinem Schrein gestohlen worden. ) Dritter Zeuge, Johann Torck, 61 Jahre alt, Wullenweber, ſagt, daß die Rottmeister mit dem Rhatt in ungleichen Verstandt wegen der Contribution gerathen seien ; er sei deßfals mit uff'm Rhatthauß ge wesen, ali uff anhalten der Rottmeister der Anschlag der Contribution geändert und geringert worden . Er Zeuge habe sich gegenüber Puppe über eines Soldaten-Jungens (so Ihme zubebettet) Mutwillen beclagt. Vierter Zeuge, Goddert Heeßper, 61 Jahre alt, Wullenweber, ſagt, daß Puppe ihm referirt, daß ihn verschiedene Stücke gestolen und ab wendig gemacht, imgieichen sich beclagt, daß Ihme der zubelegten Soldaten halber großz Bejchwehr im Hauß zugestanden. Er hat auch die Worte gehört: Der Dicke und Peter Franken, die Schelme und Liebe, haben den armen Leuten Ihr Geldt abgestolen.
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X. Secunda appellatio. Johann Puppe C. Bürgermeister und Rath der Stadt Werden. 1623. (Staatsarchiv Wezlar. Preußen littera P. N 762/2469 13 BI. Fol. ) Am 7. Februar 1623 hatte das clevische Hofgericht zu Düsseldorf die in dem vorgängigen Prozesse des Bürgermeisters und des Rathes von Werden aufgelaufenen Kosten im Betrage von 114 Rthr. 20 Stüber von dem verurtheilten Johann Puppe emgefordert. In mehreren Briefen, worin er auf die „ kriegs und pestileng zeiten" hinweist, hatte er hier gegen Verwahrung eingelegt, weil die Sache beim RKG . anhängig jei. Da indes das clevische Hofgericht am 18. Oktober 1623 von Neuem mit der Einziehung der Kosten drohte, so erhob er durch notarielle Urkunde¹) hiergegen Klage beim RKG ., welches auch bereits am 13. Dezember 1623 die Hofrichter und den Rath der Stadt Werden vorlud.
Beilage. Notarielle Urkunde über die Appellation des Johann Puppe an das RKG. wegen der Kostenrechnung. Der Ehrenveſt und hochgelehrter Herr Dietrich Voß, der Rechten Doktor und Bürgermeister der Statt Essen hat mich Notarien zu fid) erfordern lassen und hat krafft eines Missiven (Brief) , ſo ſeine Ehren vest von dem Ehrenhaften Johann Puppen, Bürgern zu Werden, zu geschickt wegen eines von Herren Clevischen Räthen gedachtem Puppe zuwider und der Statt Werden zum Besten ausgesprochenen Decrets appellirt, provocirt und sich berufen, Alles nach Inhalt einer in ſchrifften gefaßten Appellations-Zettul, die Seine Ehrenveſten neben der Miſ siven öffentlich verlaß, und lautet erstlich die Missive also : Ehrenvester, hochgelehrter, sonders großgunstiger Herr und Freundt ! Ew . Ehrv . Schreiben ist uns vergangenen Donnerstag woll eingeliebert, darauß mit verwunderung vernommen , daß die Chur und Fürstliche Clevische Herren Räthe, unangesehen der Litispendent ahm hochlöblich kayserlichen Cammergericht in puncto expensarum der erkenntniß einseitigh sich unternommen. Wan aber Ich dadurch nich hochbeschwert befinde und ich selber wegen Leibesschwachheit bei
1) Siehe Beilage.
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Ew . Ehrenvest auff Essen uff dismahi mich nicht verfügen fan, als wollet meinethalben coram Notario et testibus intra decendium a die notitiae ahn das hochlöbliche stayserliche Cammergericht appel firen, dan Ew . Ehrenv. wiſſen, wie unschuldig ich zu diesem Proceß temmen, dasselbe bin Jch himviederumb zu verschulden willigh. Mit Empfehlung Gottes .
Eiv . Ehrenv. dienſtvilliger Johann Puppe.
Geben Werden den zweiten November Jahres sechszehnundert drey und zwanzig . Dem Ehrenvest und hochgelehrten Dietrichen Voß, der Rechten Doctor, Meinem insonders großzgunstigen Herrn und Freundt. Folgt Inbalt obgedachten Appeliations -3ettuls : Demnach allen und jeden Beichwerten vermög gemeiner beschriebener Rechten und jonderlich heiligen Reichs heilsamblich aufgerichteten Kayserlichen Cammergerichts -Ordnungh das behulf der Appellation vergunstigt und zugelassen, als erscheint vor Euch Notarien und glaubwürdigen Zeugen Diedrich Voß, der Rechten Doctor, kraft vorgezeigten schreibens und vollmacht vom zweiten dieses noch) laufenden Monats November ahn Jhn abgangen, ahnzeigend, welcher gestalt jein Prinzipal Appellant Johan Puppe, Cleger, zu Werden, uff sein underthenig suppliciren ahm hochlöblich Kays. Cammergericht Appellationsprozeß als eitationem widder Herrn Bürgermeister und Rath der Stadt Werden und compulsoriales wider Herren Judices quibus den Sechszehenden Monats September verlittenen Jahrs Sechszehenhundert zwei und zwanzig erhalten und außpracht, auf folgents rechtlicher gebür in ſinuiren und reproduciren laſſen. Ob nun wol der Appellant Puppe rechtlicher Zuversicht gelebt, es solten die Chur- und Fürstliche Elevische Herren Räthe nach insinuirter und reproducirter Appellation sic einiger ferneren Cognition nicht underzogen noch uf die übermeßige ahan Siebenten Februar jüngst eingebrachte Kostenrechnung erfant haben, So haben doch wohlgemelte Herren Räthe gewesenen Procu ratoren Groling unangesehen allegirt, daß die Sach ahin hochlöblichen Stays. Cammergericht rechthengig, uff jest gemelte Kostenrechnung Handlung den vierten April und dreißigsten Mai per sententiam ahngesetzt, dahero den sieben und zwanzigsten Juni jüngst ahn seither des Appellanten schriftliche Handlung cum expressa protestatione de non appellando eingewendet, darinnen austrücklich alligirt, quod expensae priorum Instantiarum in causis ad Cameram devolutis ibidem una cum sumptibus appellationis taxentur. Gang aber ohne, daß solchs in acht genommen worden, sondern ungeachtet gedachte Appellation uff dießerseits anprachte Handlung im wenigsten contra
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dicirt noch contradiciren können, den drey und zwanzigsten August abermalen Decret ergangen diezes Inhalts : Wofern Puppe bis zum zwanzigsten September den ahm vierdten und dreißigsten Mai jüngst ergangenen Bescheiden nit geleven würde, daß alsdan die jach im Puncte der Mosten für beschlossen abngenommen sein sollte. Wiewoll nun Advocatus causae wegen seines Ausziehens der abscheulicher: Krankheit halber durch Procuratoren Groling competenten Termin durch zivei verschiedene Miſſiven, sowoll im September als October rechtlicher gebür bitten lassen, nicht desto weniger sein vielgedachte Herren Räthe fortgefahren und die übermäßige widderrechtliche Rech nung uf hundertvierzehn Thaler zwanzig Stüber einseitigerweise den achtzehendten October erfent und moderirt. Wan aber wohlgemelte Herren Räthe wider den üblichen Styl und Obſervanz des hochlöbl. Kanj. Cammergerichts lite adhuc indecisa pendente mit über meßiger Tarirung der Kosten widerrechtlich und nichtiglich verfahren. und oben angezogenner Rechten, dan auch bey dießen Kriegs- und Pestilent Zeiten abgangen Miſſiven im wengſten reſpectirt, wie dieses und alles in deductione causae mit weitferen beſtendiglich beibracht serden soll, als wolle Appellant Puppe von solchem vermeinten Be icheid, dadurch er zum höchsten beschwert und fernere Beschwerniß sich besorgen muß, in beſter form Rechtens ahn die Königl. Kayſ . Majeſtät, uniern allergnädigsten Herren oder Ihrer Kays. Maj . Cammergericht appelliren, provociren, sich beruffen und deroselben schuß und erkenntniß unterwerffen und Euch Notarien u . j . w .
XI.
Abi Hugo, Kläger C. Bürgermeister und Rath der Stadt Werden. (Staatsarchiv Weylar. Preußen littera W. N 652/2030 62 Bl . Fol. ) Dieser Prozeß, der sich auf die Brehminsel bei Werden be zieht, ist von Dr. stranz besonders bearbeitet und folgt am Schluſſe dieser Abhandlung.
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XII .
166 Herr Hugo, Abt der Gotteshäuser St. Ludgers zu Werden und Helmstädt, Appellant, C.
Ll Isebrand Preute, Appellaten.
1621 . (Staatsarchiv Wezlar. Preußen littera W. N. 653/2031 202 VI . Fol.) Die Familie Preute hatte zu Kaldenhauſen in der Grafschaft Mörs 2 Höfe zu Handgewinn in Erbpacht, wofür ſie einen jährlichen Zins von 7 Albus an die Abtei zu zahlen hatte. Diese Höfe, ursprünglich) Propsteigüter, wurden bei der Aufhebung der Propſtei ( 1474) mit dem Abteivermögen vereinigt. Nachdem der leßte Propst der Abtei Werden, Wilhelm von Reifferscheidt, der auf seine Würde Verzicht geleistet und im Frieden mit den Reformatoren des Klosters gelebt hatte, mit Tode abgegangen war, erhoben seine Erben Anspruch auf die Werdener Propsteigüter und kündigten dem Abte, der einem solchen Begehren entschiedenen Widerstand entgegen sette, sogar Fehde an.¹ ) Die Familie Preute nahm anfänglich eine das Recht der Abtei anerkennende Stellung ein; in einem Erbvertrage zwischen Heinrich, Daniel, Karl und der Jungfrau Margarethe Preute vom Jahre 1516 auf Petri vincula heißt es nämlich : „Item ſoll Daniell Preuten vurst. hebben und behalten den Hof zu Kaldenhausen mit allen seinen Zubehören, wie dieselbe von dem Edlen und wohlgeborenen Junkeren von Reifferscheidt zu Lehen rurende is, unde die zwo Propſthuven zu gewinnen und werbe gehende von dem Erwürdigen Abt deß Kloſters zu Werden. “ Obgleich ohne Zustimmung der Abtei einige Theile des Gutes verkauft worden waren, so wurden doch noch am 28. April 1570 Daniel, Hermann und der Sohn der Agnes Preute mit den beiden Höfen von dem Abte be handigt. Als nun aber nach dem Tode des Daniel Prente deſſen Bruder Isebrand ohne Weiteres das Erbe ſich anmaßte, betrachtete die Abtei „ das Erbpfachtrecht wegen fahrläſſigkeit und nicht präsentirung einer folgenden Handt und abzahlung schuldigen Erbpfachts als verwirkt und erstritt auch bei dem Hofgerichte ein den Verlust der Güter be stätigendes Urtheil. "I Durch die underſcheidliche Kriegsempörung ge langten indes die inzwischen ergangenen Urtheile nicht zur Execution und die Sache gerieth in stilstandt. “ zwar Jjebrand Preute,
Im Jahre 1615 erbot sich nun
die Handgewinnung mit dem Abte zu
1) Siehe 7. Heft der Beiträge zur Geschichte des ehem. Stiftes Werden S. 45 ff.
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accordiren", und es wurde auch am 13. Oktober 1616 ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen ; „ danach aber hat Preute cßliche alte verlegene und zur Sache nitt gehörige Brief hervorgesucht, von anno 1486 datirt, welche niemahl ihre Wirklichkeit erreicht". Offenbar handelt es sich hier um Verfügungen der Erben des Propstes Wilhelm von Reifferſcheidt über die Werdener Propsteigüter. Der Abt erhob Klage bei dem Gericht zu Friemersheim ') , welches nach 32 Terminen, in denen der Rent meister Thomas von Henseler den Abt vertrat, zu einer Verurtheilung des Jjebrand Preute gelangte . Auf den von Lezterem eingelegten Widerspruch entschied in 2. Instanz am 5. Dezember 1620 das Gericht zu Mörs zu Ungunsten des Abtes ; die Commiſſarien annullirten den ganzen Prozeß, weil die Richter der 1. Instanz bezüglich der fraglichen Güter, die Lehen der Freiherrn von Reifferſcheidt, jezt Grafen zu Dick, ſeien, nicht zuständig geweſen. Hiergegen appellirte am 24. Dezember 1620 Abt Hugo von Werden an das Kaiserliche Reichskammergericht zu Speier, da er sich durch das gefällte Urtheil " hoch und mercklich beschwerdt befunden und noch ferners wegen vielfältiger darauß ervolgender unbilligen Beschwernüſſen gravirt zu werden besorge. “ Am 21. Mai 1621 erließ das RKG. ein Mandat, worin es den Beklagten und die Mörsischen Commissarien zur Verhandlung der Sache vorlud. Der Prozeß ging erſt am 9. Mai 1684 zu Ende.
XIII. Hugo Abt des Gotteshauses Werden, Appellant, C. die sämmtlichen Beamten der Grafschaft Moers, Appellaten. 1627. (Staatsarchiv Wetlar.
Preußen littera W. N. 654/2033 20 Bl.Fol . )
In dem jülich-clevischen Erbfolgekrieg und dem folgenden 30 jährigen Kriege wurde die Grafschaft Moers wiederholt in Mitleiden schaft gezogen. So hatte im Jahre 1624 Graf Johann von Naſſau „ eine assignation von mehr denn 38 000 Gulden, eßlichen Vaßen und Creuzern auf die Grafschaft Moers von des Kays. Maj . erlangt und aufbracht". Der Graf von Naſjau, der mit einer Soldatesca umgeben . war, wodurch er seinen Bedräuwungen Kraft geben konnte", erklärte , er habe den ausdrücklichen Auftrag, sofern der Betrag nicht unverzüglich 1) Der abteiliche Sadelhof Friemersheim, der ursprünglich im Eigen betriebe der Abtei war, ging im 12. Jahrh . an einen Inhaber ritterlichen Standes über. 1
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entrichtet werde, die Grafschaft mit Heeresmacht zu überfallen. In Folge deſſen wurde die Summe abgeliefert.
Zur Aufbringung dieſer Gelder
waren im Jahre 1626 von „ den Beamten und Beerbten“ der Grafſchaft Moers 2000 Gulden ausgeschlagen, und hierbei auch die abteilichen Güter zur Stener herangezogen worden.
Die Inhaber der letteren,
besonders auch der abteiliche Rentmeister, weigerten, auf ihre alte Frei heit sich berufend, die Entrichtung dieser Abgaben ; jedoch wurde von den Hern Beampten und Beerbten am 1. April verabschiedet und recessirt, daß dieselben wie andere zu Reichs , Streyß- und Türken ſtener pro quota zu contribuiren schuldig und im fall der Ver weigerung dafür zu executiren sein sollen". Dem abteilichen Rent meister ging am 8. Mai 1626 der bezügliche Bescheid unterhanden des secretarii zu Moerß “ zu, worin es hieß : „ Obwoll auch der Her Abt von Werden sich der geforderten Reichs-, Kreyß- und Türkensteuren pro quota vermeint zu erledigen, weil bejcheinlich , daß Ihre Hochw . von Alters her nit darzu angeschlagen, daß der Abt aber nicht weniger wie andere zu contribuiren ſchuldig .“ Hiergegen wandte sich Abt Hugo an das RNG . unter Vorlage einer notariellen Urkunde vom 29. April 1626,¹) Am 4. Juli 1626 erging die Vorladung des Kaiserlichen Ge richtshofs, die am 11. September 1626 den Beamten der Grafſchaft Moers zugestellt wurde.
Der abteiliche Procurator Dr. Beatus Mojes
macht in 19 Punkten geltend, daß die Abtei auf Grund kaiserlicher Schußbriefe von allen Steuern frei ſei und daß Verſuche Seitens der Laien, solche von geistlichen Gütern zu erheben, als null und nichtig. jogar als straffällig betrachtet werden müßten, wohingegen der Pro curator der Moersischen Beamten Dr. Gerhardi in 39 Gegenpunkten diese Freiheit der Abtei bestreitet und behauptet, der Abt jei auch früher ſchon zur Steuer herangezogen worden und habe ſolche entrichtet.
Der
Prozeß endete am 24. Juni 1627 mit der Freisprechung des Abtes.
Beilage. Appellations Zettul des Abtes Hugo gegen die Beerbten und Beamten der Grafſchaft Moers wegen Heranzichung der abteilichen Güter zur Steuer. Von Gottes Gnaden Hugo etc. Lbwol wir und unsere Vorfahren im Stift Werden von Röm. Kayſ. Maj . jederzeit von einhundert, zwei hundert und mehr Jahren dermaßen höchlich privilegirt und befreyet gewesen, wie noch daß unser alß eines bejondern Standt und Mitglied 1) Die Apellationsschrift siehe Beilage.
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des heil. röm. Reichs und unserm Gottshauß zugehörige Leuthe und . güter mit einigen Reichs- oder Creyß-contributionen und anderen, Umblagen nit mogen noch sollen beschwert werden, Inmaßen dan aller höchst gedachte Jhr. Mayi. Maj . allen Chur-Fürsten und Hern aller gnedigst anbefohlen, einen zeitlichen Abten zu Werden, deme zuſtehenden Leuth und güter, wo die gelegen, bei alſolchen verlehenten und rubiglich herbachten privilegiis und freyheiten, gegen alle Beeinträchtigungen zu schüßen, handthaben und zu vertheidigen, wie daßelb uff den nothfall mit den darüber noch, nemlich von höchstgedachter Jhr. Kayf. Maj . ertheilten manutents- Brieff zu erweiſen und dargethan werden kann ; ebwoll wir auch und unsere Vorfahren sowoll wegen der in unferm Stifft als auch in andern Landen gelegenen güttern zu Reichs-, Kreyß und andern Steuern von Ihrer Kayſ . Maj . selbst angeschlagen und unserm vermögen nach contribuirt, des wegen dan weder Wir noch) unsere im Eroſtifft Cöln, Bisthum Münster, Herzogthumb Cleve und Berg, Grafschaft Marf gejeßzene und gelegene Leuthe und guidter nie mals in dergleichen umblagh gezogen werden, dahero Wir dan billig verhoffet und vermeint iſt worden, die Hern Beampten und Veerbten der Grafschaft Mörß wegen unſer daselbst in der Herrlichkeit Friemerß heim gelegener quidter unß und unier Gottshanß gleich andere Stück bey erlangten Kayſ. privilegien und freiheiten gelaßen und nichts Wiedriges zugemutet haben, So ist danach nicht ohne, daß die Hern Beampten und Veerbten jungsthin den ersten Aprilis verabschiedet no recessirt, daß wir als andere zu Reichs, Kreyß und Türkenſtener pro quota su contribuiren schuldig und im Fall der verweigerung dafür zu executiren ſein ſollen u. ſ. w. XIV . Johann von Remmen zu Barnszfeld C. Abt Hugo in Werden und den Kurfürsten von Koeln. 1641. (Staatsarchiv Wezlar. Prenzen littera R. N. 617/1998 427 Bl . Fol.) Das abteiliche Lehngut Forkenbeck¹ ) , im ehemaligen Stift Münster, Stirchspiel Rorel, gelegen , war seit langer Zeit im Besize der Familie. 1 ) Die Abtei Werden besaß in Westfalen einen ausgedehnten, über ein weites Gebiet verſtreuten Beſiß. Den Grundſtock hierzu hatte der hl. Ludger selbst beschafft, indem er am 6. Dezember 800 in Lüdinghauſen einen Erbenhof mit seinem Zubehör an Wieſen , Wasser und Wald erwarb. (Siche Lacomblet Urkundenbuch I Nr. 18 und Crecelius, Traditiones Werdinenses Nr. 18 ) . In
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von Remmen gewesen .
Als der lette Lehnträger Junker Johann von
Remmen gestorben war, zeigte sich Abt Conrad von Werden bereit, das Gut dem Tochtermanne eines verstorbenen Bruders, Balthasar von Leißkirchen, zu übertragen. Indes erhob nun ein in Liefland noch lebender Bruder, Goddert von Remmen, Anspruch auf Belehnung. Er hatte zwar die gesetzliche Frist von Jahr und Tag, innerhalb welcher die Bewerbung erfolgen mußte, verſtreichen laſſen, machte aber geltend, daß für ihn wegen seiner Abwesenheit die Frist erst mit dem Tage beginne, wo er Kenntniß von dem Tode seines Bruders erlangt habe. Mit seinem Einverständnisse jezte sich Johann von Remmen, der in weib licher Linie aus dem Geschlechte derer von Remmen stammte, in den Besitz des Gutes Forkenbeck, zahlte den jährlichen Zehnten von 18 Rthr. und bot auch die Entrichtung des Canons von 4 Schilling Münsterischer Währung an, was von Seiten des Abtes jedoch nicht angenommen wurde. Leßterer erhob vielmehr Klage bei der Werdener Lehnkammer gegen den Junker Johann von Remmen zu Barnßfeld, weil derselbe „des Stiffts Werden unstreitiges Lehngut, Forkenbeckh genant, ohn sein, des Lehnherrn gnad , Vorwiſſen und Willen, auch verlangter Be lehnung, ahn sich gezogen, gebraucht und abgenüßet". Durch Urkunde. vom 5. Dezember 1638 sette der Abt Hugo den abteilichen Syndicus Conrad Hardement zu ſeinem Amvalte ein,¹ ) der dieſe Vollmacht am 7. Dezember dem Lchurichter, Licentiat der Rechte Hermann Hülß, vor legte.
Am selben Tage wurde die Vorladung des von Remmen vor
das abteiliche Lehngericht ausgefertigt. ) Erst am 18. Januar 1639 fonnte der Notar Johannes Vedeor die Ladung dem Johann von Remmen vor dem Thore des Hauses Barnßfeld einhändigen, worauf Verbindung mit diesem Hofe erscheint in den alten Regiſtern das Gut Forkenbed an der Steger. Diese Gegend (Stegergau nebst einem Theile des Dreingaues) bildete im 9. Jahrhundert einen eigenen Hebebezirk, an deſſen Spiße ein welt licher Beamter stand, der die Einlieferung der Zinse und deren Zuführung nach Werden zu überwachen und zu besorgen hatte. Im 12. Jahrhundert waren die Höfe Lüdinghausen- Forkenbeck als Lehngüter der Abtei im Besige des Ministerialiengeschlechtes der Herrn von Lüdinghausen, die später alle Hoheits rechte über dieselben in Anſpruch nahmen und nur dem Abte, von dem sie auch bei Todesfall die Höfe neu gewinnen mußten, eine Jahrespacht zahlten. Im 13. Jahrh. mußte von dem Hof Forkenbeck die dritte Garbe geliefert werden . Die Verwaltung der Höfe lag in den Händen je eines Schulten. Nach dem Aussterben des Geschlechts derer von Lüdinghausen würde der Hof Forkenbed mit Zubehör als Mannichen dem Bischof von Münster gegen eine Pacht von 30 Mark Münſteriſcher Währung, später von 50 rheinischen Gulden, übertragen, und ſeit 1538 das Domkapitel in Münster gegen eine jährliche Pacht von 10 Goldgulden damit belehnt. (Vergl. Közſchte a. a. D. S. 89 ff.) 1) Siehe Beilage 1. 2) Siehe Beilage 2.
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derselbe sich vernehmen ließ , daß er „bereits eine protestation coram Notario et testibus cum deductione causae und erhebliche Ursache interponirt, warumb er zu erscheinen nit schuldig " . Er betrachte sich nicht als Lehnmann der Abtei ; deshalb gehöre die Sache nicht vor die Pares curiae des Lehngerichtes zu Werden, ſondern vor das Officialat oder weltliche Hofgericht zu Münster ; dort wolle er dem Herrn Abt „rechtens ſein und rechtens abwarten “ . Auch sei es ihm „ wegen Un sicherheit der Pässe und Wege unmuglich , sich in Werden zu sistiren". Am 18. Februar 1639 übergab der abteiliche Anwalt einen von Heinrich) Hemmert geschriebenen Brief, worin die Rechtsansprüche des Johann von Remmen näher dargelegt werden¹ ) und die „Klaglibell“,“) die besonders betont, daß das Gut Forkenbeck ein Mannlehen jej, weshalb jeder Anspruch des Johann von Remmen, der von der weiblichen Linie abſtamme, ausgeschlossen erscheine, zumal derselbe sich um die Be lehnung nicht einmal beworben habe. Auf den 18. April 1639 wurde Termin angeſeßt, und es wurden hierzu durch den Lehnfrohnen auch „etliche Mannen von Lehen, alß nemblich der Wol Edell geborener und Veſter Johann von dem Vitinghofe genant Schele zum Bergh , wie auch die Edelvest Hochgelehrte und Vornehme H. Henricus Verningh dere Hechten doctor, Georg Phankuch, Hermann Padtberg, Lucas Heyberg und Heinrich Overham gebürlich) citirt". An Stelle des erkrankten Lehnrichters Püt behegte der Edelveſt und Hochgelehrter Zachäus von Horrigh vermög ſchrifftlichen scheins, so vorgezeigt, alß substituirter Lehnrichter, daß Gericht“ . Da der Beklagte nicht erschienen war, so wurde beschlossen, denselben aufzufordern , innerhalb Monatsfrist vor der Lehnkammer die Klage zu beantworten, widrigenfalls ohne ihn er kannt werde. ") Dem fürſtlich Münſteriſchen Hofgerichts-Curſor Johann Lorringh erklärte bei leberreichung einer Abſchrift dieſer erneuten Vor ladung Johann von Remmen, er lasse es bei dem Früheren bewenden. Zu den beiden folgenden Terminen am 15. Juni und 29. Oktober war fein Lehnrichter erschienen, weil der Substitut unterdeſſen geſtorben und Licentiat Püß noch krank war. Im letteren Termine wurde be schlossen: „Weile zu dieſem heutigen Lehngericht mehrere Mannen von Lehn citirt geweſen, aber nit erschienen, sondern wegen ehrpafft sich entschuldigt, dahero die Zahl der anwesenden iso gar geringh, alß werden die praesentirte Acta dergestalt hiemit angenommen, daß dieselbe von Herrn Lehnrichter collationirt, subscribirt und versiegelt,
1) Siehe Beilage 3. 2) Siche Beilage 4. 3) Siehe Beilage 5.
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ehrst ad consultandum aufzustellen und mit rhade eglicher Rechts gelehrten, so gleichfals pares Curiae sein, in dieser sachen zu erkennen, was rechtens, und man also die Urtheil concipirt, und der Lehnrichter deßwegen avisirt , soll der terminus publicationis allerseits notificirt werden, wie styli. Dem ordentlichen Man- und Lehnrichter, ſo wegen Leibiz ſchwachheit ahn der Gerichtsſtadt nit erſcheinen konnen. it hierüber in scriptis berichtet" ; er wurde ersucht, die Rechtsgelehrten Theodor Syizdorff und Anthon Fabens, sowie den Richter Thomas Vorckens um Ausfertigung
eines Urtheils anzugehen. ' )
Der lette
Termin fand am 19. Dezember 1639 ſtatt. Das Lehngericht war „ durch) die Wol Edelgeborenen und gestrenge Casparn von Lipperheide zum Stein und Johannes von dem Vitinghof genant Schele zum Bergh. vort Herman Padberg , Henrichen Overham, Hans Friedrich Portman, Johannes Pupper und Johann Rbatings als Mannen von Lehn be ſeſſen “. Das „durch unpartheiiſche Rechtsgelehrte concipirte Ur theil" ) welches das Lehngut Fortenbeck als dem Abte anheimgefallen erklärte und den Johann von Remmen zur Rückerstattung der ge nossenenFrüchte und in diestosten verurtheilte, wurde verkündigt. Gegen dieses Urtheil, das dem von Remmen nach seiner Erklärung erst am 10. März 1640 zugeſtellt wurde, appellirte Letterer an das Reichs fammergericht, indem er hervorhob, daß er ohne große Gefahr für Leib und Leben die Reiſe nach Werden nicht habe machen können, daß aber trotz seines feierlichen Widerspruchs „ die jach in contumaciam für beschlossen angenommen und der surfürst zu stoeln als Landes Fürst zu Münster und ſein dajelbſt heimbgelassener stanzler und Rhot um schleunige Execution erſucht worden sei“. Das RNG. zu Speier erließ am 21. Mai 1640 eine Vorladung an den Kurfürsten zu Köln, Abt Hugo, den Syndicus und die angemasten Lehnrichter und Lehn männer" des Werdener Lehngerichts auf den 6. September 1610. Unterdeſſen, im Auguſt desselben Jahres, wurde auf Antrag des Abtes Sugo von der bischöflichen Behörde zu Münster die Räumung des Gutes Fortenbeck bei Boen von tausend Goldgulden" gefordert und der Pächter gefänglich) eingezogen. In einer notariell aufgenommenen Urkunde vom 6. Auguſt be zeugt die Ehefrau des Pächters Johann Eppers Folgendes : 1) daß Johann von Remmen das Gut Forfenbed viele Jahre beſeſſen und noch besive, 2) daß sie und ihr Ehemann das Gut etliche Jahr in scheur und pfacht gehabt", 3) daß sie die Pacht bezahlt, 4) daß am 4) Siche Beilage 6. 2) Siche Beilage 7.
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6. Auguſt der Rentmeister zu Wolbert Johann Sachelner „ mit bey habenden Soldaten und Fußknechten sie und ihr Haußgereth abge worffen, von der Fortenbeck amovirt und ein Schloß an diePforte gehangen, 5 ) daß der Rentmeister das Korn und alles arrestirt und bei sicher Poen sich dieser zu enthalten angemeldet", 6 ) daß alles dieses „zu Behuf“ des Abtes zu Werden und des Licent Wensing geschehen, 7) daß ihr Ehemann von den Soldaten angegriffen und zur Wolbeck geführt worden, 8 ) daß auch „ alles ihr Vich, Kuhebiſter und Schweine jolgends nachgeholt und weggetrieben worden, in specie Pferde und Buchhochsen". Am 20. August 1640 erließ das RNG . ein mandatum inhibi torium, wodurch dem Kurfürſten von Koeln als Bischof von Münſter geboten wurde, den lite pendente gefenglich eingezogen Pächter des Fortenbeckshofs wieder zu relaxiren und ledig zu laſſen, auch zu Ver fang obgemelter appellation weiter
nichts
vorzunehmen
noch zu
attentiren, sondern die richterliche erörterung und außtrag der sachen. zu erwarten “. Der Abt beſtellte als Procurator beim RKG. den Dr. Bernhard zur Lippe. Derselbe machte in 118 Punkten die Rechte der Abtei geltend ; unter Anderem, daß das Stift Werden eine „an jehnliche Lehncammer und ein absonderliches jus feudale have, so nicht allein etliche 100 Jahre alt, sondern auch von unterschiedlichen stayjern beitetigt jei, daß nach alsolchem herprachten und bestetigten Lehnrechte alle strevtlichen Lehnjachen, so sich entweder zwischen dem Lehnherrn und Vajallen oder unter den Lehnträgern ſelbſt erheben, von dem zeitlichen Praelato alß Lehnherrn oder von den paribus curiae mit Urtheil geschieden und determinirt würden, daß alle solche von dem Stift Wehrden dependirende Lehen masculina ieien und dafür ſowol ex praesumptione juris communis praesumirt werde, alg ex fundatione deß erſten Lehnherrn fundirt und geſtiſtet jeien, daß ſo osit durch abſterben eines Vafallen einig Lehngut eröffnet werde, die zeitt zu einer Lebensgesinnung sich nach Verordnung gemeinen Rechts auff Jahr und Tagh erstrecke, und wenn in diesem zeitraum vel eo ex justa causa a Domino feudi praerogato die Investitur nit geholt werde, die Lehngüter ipso jure verwurft und cadue würden". Der Vertreter des Abtes hebt auch noch hervor, daß die Vorladung des Kur fürsten nicht ordnungsgemäß erfolgt sei ; der surfürst wohne in Bonn. wo der Cammerbote einmal angeritten, aber pro facienda in sinuatione nach schuldigkeit seines Amts nit gewaltet habe" . Er be antragte daher eine abermalige Vorladung des Kurfürsten. Der Ver treter des Johann von Remmen bestreitet obige Punkte, besonders führt
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er eine Reihe von Belehnungen weiblicher¹ ) Descendenten seitens der Abter auf. Das RKG. beſchließt die Vornahme von Zeugenverhören und ernennt am 13. Dezembre 1672 den Ferdinand von Büren zum Commiiiar. Der Prozeß endete am 3. April 1685. Ueber das Verfahren vor dem Werdener Lehngericht geben diese Akten besonderen Aufschluß, weshalb dieselben hier aus führlicher mitgetheilt sind .
Beilage 1. Abt Hugo sezt den abteilichen Syndicus Conrad Hardement zu seinem Ampalte ein. Wir Hugo von Gottes Gnaden dero Kayſ. und des heilig . Röm. Neich freyer und erempter Stiffter zu Werden und Helmonſteden er wehlter und confirmirter Abt, Urkunden und bezeugen in macht gegen wertiger Constitution, daß wir in Ungerer contra J. Remmen zum Barnßfelde wegen des Lehngudts, die Forkenbecke genandt, streitigen Sachen in bester formb, Weiß und geſtalt solches von Recht und ge wohnheit wegen formblichst und bestendigst thun solten, fönten oder mögten, zu Unßerem Anwaldt geordnet und gemacht haben, thun auch solches in macht dieses, den Edelvesten und Hochgelehrten Conradten Hardement, Unßern und Unßeres Stiffts Werden Syndi cum, dergestalt daß demſelben vollkommene gewaldt zugestelt, in unßerem Nahmen und von Unſerentwegen ahn Werdenschen Abdeyen Lehngericht gegen und wider obgen. Remmen zum Barnßfelde, tanquam Fiscus, zu erscheinen, Citationem zu bitten, extrahiren und exequiren zu laſſen, auch zu reproduciren, darauff klag nothdurfft, recht und gerechtigkeit vorzubringen und dieselbe Sache zum beſten zu verwalten, den Krieg rechtens zu befestigen und solches vom Gegentheill zu geschehen anzuhalten, vor Gefehrde und sonsten einig Zedem zimo lichen in recht zuertheilten Eidt in Unßerer sehle zu schwören, auch vom gegentheill zu begehren, articul und Satstück in Krafft einer Be weiſſung vermittelßz Eidts zu übergeben und uff des Gegentheils Sat ſtück und articulen bei dem Eidt zu antworten, Kundtſchaff mit Briev oder Zeugen und alle Bewehrung und nothurff des Rechten vor- und
¹ ) Közichte a. a. D. S. 65 schreibt, daß „ weibliche Erbfolge wenigstens gewohnheitsmäßig bestanden habe " und führt aus den Heberegiſtern mehrere weibliche Tributpflichtige auf.
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einzubringen, in der Sache zu beſchließen, Bey- und Endurtheil zu begehren, zu hören, anzunehmen oder davon zu appelliren, apostell zu bitten, die appellation zu verkünden, Expens und Gerichscöften begehren zu taxiren, die tax mit dem aydte zu behalten, eines oder mehr Affter-Anwaldte ahn seiner stadt zu unterjeßen, den oder dieselbige zu wiederrufen und wieder umb anzusehen, so oft es die noth erfördert und sonsten gemeinlich alles hierin thun und zu handeln, daß in dieser Sache von nothen und sich in Recht gebühren werde, Mit versprechen alles daß durch Unßern gejezten und dessen underseßte Anwaldte in gen. Sachen gehandelt, gethan und gelesen steet, fest und unverbrüchlich zu halten, auch Sie Amvaldte von allen und jeden Gerichts-Bürden zu entheben und solches unter gebührlicher und gewöhnlicher Verſicherung , jonder geferde. Urfund Unßeres in spacio uffgetridten Secrets und underjester eigener Handt. Geben in des heiligen Reichs Statt Cölln den fünften Monats Decembris Anno Thauſendt Sechs Hundert acht und dreißig .
(L. S. )
Hugo zu Werden und Helmonstaden Abt.
Beilage 2. Ladung des Johann von Remmen vor das Lehngericht zu Werden . Deß Hochwürdig in Gott Herrn Herrn Hugonis der Kayserl. und des heiligen Röm . Reichs freyer und erempter Stiffter zu Werden und Helmonsteden Abtens angeordneter Man- und Lehnsrichter. Ich Her mannus Hüls, dero rechten Licentiat, Empiete dem Wohledlen und Vesten Johann von Remmen zu Barnßfelde meinen gruß, alles guts und hiermit zu wiſſen, Waßzmaßzen Hochholg . Herrn Abtens Syndicus clagendt wieder Euch vorgeben hatt, ob joltet Zhr seines H. Prln. und dessen Stiffts Werden Kendtliches und Unſtreitiges Lehnguedt Forken beck im Stifft Münster, Kirſpel Rorel gelegen, um ein zeithero ohne seine des Lehnherrn guad, vorwissen und Willen, auch verlangter Ve lehnung, ahn Euch gezogen, gebraucht und abgenüßt haben, derowegen umb Ladung wieder Euch zu ertheilen angerufen, daß sowoll wegen zumahlen Unberechtigt entzogener abnüßung undt früchten, alß auch wegen des Lehnguedts selbst wider Euch mit rechte verfahren werden. jolte, und erhalten, daß Ihme dieselbe heut dato erkendt worden ist; Hierumb so heische und lade Ich Euch von Rechts- und Gerichtswegen, daß Ihr auff den dreißigsten tagh immediat nach Verkündigung dieses erfolgendt, oder jo derselbe kein Gerichtstag ſein wirt, auff den negſt
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folgenden Gerichtstag , welche Zeit Ich Euch hiermit und zwei zehen tag vor die Erſten, Zehen vor den andern und zehen vor den dritten und legten termin peremptorie und Unerstreittlich anseze, Vor mich zu Werden ahn der gewöhnlichen Gerichtsstelle in der Abdeyen durch Euch selbst oder einen genugsam Vevollmechtigten erscheinet, alda ſtehe: und höret, daß wider Euch gehandelt und auc) ferner der sachen Verfolg und terminen biß zum endtlichen Beschluß und Urtheil abwartet.
Ihr
erscheinet alßdann alßo nit, wirt nit zu weniger uff des gehorsamen theils; anrufen ferner verfahren werden und ergehen, waß recht ist, warnach Ihr Euch zu richten. Geben zu Werden ahm 7. Decembris anno 1638. L. S.
Hermannus Hüls , Lehn- Man- und Hobs -Richter.
Beilage 3. „Missive“ des Heinrich Hemmert für Johann von Remmen. Dem Hochwürdig in Gott gnädigen Herrn Herrn Hugen Abten zu Werden und Helmonſteden , Meinem gn. Herrn. Hochwürdiger in Gott Gnediger Herr. Nag schuldiger dienſterbietung hab Ich zu endt diejes Benenter vermög habender Vollmacht uff von Ew. Hochw. außgesezten heutigen tagh, mich einzuſtellen nicht unterlaſſen ſollen und dieweilen in der abladung sich befindet, daß es wegen des Guedts Forkenbede, Kirchspiels Albachten zu thun jeye, so wird hiermit underthanig berichtet, daß vorerst solches guedt zehendtbar und alle Jahr mein Juncker darauß zum wenigsten achtzehen Reichsthaler dem Zehentherrn verrichten muß, wan der Zehenden nicht gezogen oder außgenommen wirt. Daneben wirt jährlichs auß solchem Guete ein ſicheres pro canone, alß vter schillinge Münsterisch verrichtet, solcher canon auch offerirt, aber nicht angenommen werden wollen . Nun werden Ihre Hochw . und Gn. vorwendig, daß solches guett alß ein Manlehen verwircket jein solte, es ist aber darap gestanden, daß mein großg. Junckher Johann von Remmen allezeit dahin underthenig bedacht geweſen, welcher geſtalt er mit Ew. Hochw. und Gn . ſich zu gütlicher accomodation mögte ſchicken und darzu tröstlicher Hoffnung gelebt, diese Urjach zu haben, jo darzu anleitung geben könte : Nemblich daß dies guedt von undenklicher Zeit bei denen von der Remmen ge wesen und daß zu der Zeit, als deſſen letter Lehnträger Johan von der Nemmen bey noch gutem gedenken todts verfahren, dessen Bruders Barnßfeldes von der Remmen Tochterman, weilandt Balthasar von Leißkirchen, so bei Ew. Hochw . und gen. Herrn Praedecessoren an
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gegeben und Investituram, wie woll vergeblich erhalten, ungeachtet daß deſſen Haußfrau frawlichen geschlechts geweſen. Dagegen aber zu consideriren, daß dazumahlen annoch eines Bruderssohn des vorbenanten lett verstorbenen Lehnträgers Johans von der Remmen, seines Namens Goddert von der Remmen, in Leiff land bei dem Lobz sich befunden, welchem notificirt werden müſſen, waßgestalt daß Lehngudt Forkenbeck durch jetzt angezogenen abfall Shme were elediget, gestalt auch selbiger Goddert von der Remmen diejes ohrts angelangt und und sich bei Ew. Hochw. und Gen. Herrn Praedecessoren umb Belehnung zu erlangen gebührlich angegeben, aber nicht gehört worden, noch auch einges Recepisse wegen gepürlich beschehener angejinnung, darumb daß Leißkirchen, obwoll nichtiglich damit belehnt gewesen, außgefolgt werden wollen, wie daß alles im nothfall zu erweisen, und kan dieser Goddert von der Remmen einiger zu rechter Zeit nicht gesuchter Belehnung ganß nicht beschuldigt werden. Erstlich darumb daß die Zeit petendae Investiturae nicht an Zum truff, nisi a tempore scientiae obitus postremi vasalli. anderen daß justum impedimentum auß Leifflandt dieſes ohrts an zukommen, ſeine unfelbare entſchuldigung uff ſich trägt . Zum dritten sobaldt Er dieſes ohrts angelangt, daß Er ſich alßpaldt bey Ew. Hochw. und Gen. Praedecessoren angegeben, warauß dan erfolgt, daß noch zur Zeit einige verwirkung des Lehns nicht zu causiren, hatt auch Goddert von der Remmen ohne daß des Lehns verliiſtig nicht geachtet werden können, eß war dan daß Er per legitimam sententiam , audito illo et adhibita causae cognitione were destituirt worden, welches aber nit geschehen, Johann von Remmen aber mit deſſen Be heben einmittelß bey der possession des Guets Forkenbeck ſich omni meliori modo gehalten und den Zehendten bezahlt, den Canonem von vier Schillingen aber offerirt und deponirt. Inmittelß ist Johann von Remmen in der zuversichtlichen meinung, dweil Er per lineam femineam auß dem geblüth deren von den Remmen seine absteigung nimbt, daß er ab hoc feudo, wan gleich Goddert von der Remmen verstorben, wie nicht daferner auch derselbiger keine andere Manß Erben hinder sich verlaſſen hatte, daß Er vor andern nicht destoweniger zu diesem Lehngnete zu admittiren were und daß aus nachfolgenden Ursachen : Erstlich dwill es feudum pensionarium, wegen ein jeglicher canon praestirt wirt, worzu die frawliche Bilder ungezweifelt mit admittirt werden.
Zum anderen daß
dieß feudum
chezeits per
lineam foemineam seinen fall gehabt, quo casu feudum quod semel
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ad foeminam
transitum fuit, iterum ad foeminam transire
Zum
dritten daß heutzutage ex generali Germaniae
potest.
consuetudine feuda Ecclesiastica, welche man Krumſtabiſche Lehn nennt, zu den frawlichen Bildern ihren transitum haben. Zum Vierten daß zu Rechte nach vieler Gelehrten meinungh, wan gleich ein feudum ex capite masculinitatis deficiirt , ebenwoll feudi Dominus schuldig ist, cognatos ultimi vasalli ex eodem sanguine descendentes zu investiren . Und darumb ahn statt obg . Johanz von Remmen underthänige bitt. Ew . Hochw . und Gn. sich geruhen wollen, dieß alles gnädig zu erwegen
und meinen großzgünstigen Juncker zu gütlichem tractat
tommen zu laſſen, sintemalen derselbiger da immer möglich sich zu aller ſcheidtbaren mittelungh zu ſchicken geneigt , gleichwoll hinzwiſchen ſich genanntes Godderts von der Remmen und ſeines rechtes ſich zu begeben nich, schuldig verhoffentlich auch dessen im Wenigsten nicht zu verdenken : Ew . Hochw. und Gn . damit dem gnedig ſchuß Gottes getrewlich em pielendt und gedeyliche resolution bittendt. Münſter den 28. Decembris 1838. Ew . Hochw. und Gn. underthaniger Heinr. Hemmert.
Beilage 4. Klageschrift des abteilichen Amvalts gegen Johann von Remmen. 1 Sagt demnegsi und jerner mit allem rechtlichen Vorbehalt wahr und Beklagten bekannt sein, daß im Stifft Münster, Kirspell Rore! oder Albachen ein Erbgut gelegen ist Forkenbeck geheißen, und daß selbiges ein Lehnguedt ist von der Abdeyen zu Werden. 2. Jnmaßen wahr, daß alle Vorige darzu berechtigt gewejene vasalli jelbiges guedt vom zeitlichen Herrn Abten zu Werden pro feudo und Wolg . Herrn Praelaten pro Domino directo recognoscirt haben.
3. Wahr daß die natur und ordnung aller bevorab der Werdenscher Lehn diese ist, daß nach ableben des geschlechtes, so vom rechts stipite herrühren, daß Lehn dem Domino feudi eröffnet und heimbgefallen ist. 4. Dahero wahr, daß solcher falß kein tertius ohne erlangten consens und Bewilligung des Lehnherrn sich dazu einmischen, weniger de facto introduciren darff.
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5. Sondern wahr, wan gleich) einer de stipite et primo acquirente herrührendt noch bey leben ist, daß selbiger innerhalb Jahr und tagh die Belehnung bitten und suchen mußz. 6. Wahr, sofern solches nit geschieht, daß der sonst berechtigte vasall feines rechtens ipso jure verluſtiget. 7. Wahr daß Beklagter de stipite et familia primi acquirentis gedachten Forkenbecks nit herſproſſen iſt noch sich darzu legitimiren fan. E. Ohnedeme wahr, daß in obgenanntenn fatali Er die Lehnsge jinnung nicht gethan hatt. 9. Dahero wahr, daß wan Beklagter ſchon einige praetension, recht oder gerechtsamkeit zu ermeltem Fortenbecke gehabt hatte (wie doch nit gehabt) , ſolches expirirt und verloren gangen war. 10. Und selbiges Lehn, wie wahr, Herr Abten pure zu deſſen willköriger Verordnung heimbgefallen iſt. 11. Sonderlich auch wahr, daß Beklagter dem Lehnherrn inficiirt und geleugnet hat. 12. Und wie wahr, selbigem verkleinerlich die Lehnjache ſampt des Lehn herrn Persohn frembden Richters unterziehen wolle.
Beilage 5. Beschluß des Werdener Lehngerichts . Deß Hochwürdigen in Gott Vattern und Herrn Herrn Hugonis von Gottes gnaden der Kayſ. und des heilig Reichß freyer und exempter Stiffter Werden und Helmonsteden Abtens Substituirter Lehn- und Hoff-Richter.
Ich Zacheus von Horigh dero Rechten Licentiat füge dem
WohlEdlen Johann von Remmen zu wissen, waßmaßen in recht fertigungssachen Fisci Hochg . Herrn Abtens Clegern wieder Euch alß angemasten inhaberen des Werdenschen Lehnguedts Forkenbecke Stifft Münſter im Kirſpell Roxel gelegen, so weith verfahren iſt, daß uff ein kommende Klaglibell und in everem Nahmen den angeben nach da gegen Vorbrachte einrede und ferners dawieder exhibirter Ablehnung submittirt worden, und darauff gegen Euch , der beschehenen einrede ungeachtet, monitorium respondendi et constituendi sub poena confessatorum gebetten und erkant ist ; Hierumb so ermahne ich Ew. WohlEdi . und fordere von richterlichem ambt und rechtswegen, daß Sie innerhalb monats , nach inandtwortung dieses anzurechnen, ahn der Lehn- und Mancammer zu Werden entweder ſelbſt oder durch einen Bevollmechtigten zu dieser Sache erscheinet und uff den Klag
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libell formblich antwortet, sonsten aber gewartet, daß uff des erneuten Fisci ferners anruffen destoweniger nit erkant werde, waß recht iſt. Urfundt hierunter aufgedrückten Werdenſchen Mancammer Sigilli et ad causas . Geben zu Werden den achzehenden Monats Aprilis anno 1639. ( L, S. ) Joban Heyden constituirter Lehnschreiber scrip. et subscr.
Beilage 6. Brief des Lehngerichts an den abwesenden Lehnrichter. Edelveſt und Hochgelehrter, inſonders großh. Herr Man- und Lehnrichter. Waß in Sachen Werdenfcher Abdien Fisci Clegern eines contra Johan von Remmen zum Barnßfeldt beklagten andern theilß heute dato ahm Lehngericht secretirt, solches werden Ew. Edel. ex comple mento actorum großh. zu erfahren belieben und iſt darauff unser er suchen und begehren, derselbe wolle ferner anhalten, die praesentirte acta collationiren, subscribiren und versiegeln, auch demnegſt ahn Egliche pares curiae alß die Edle, Hochgelehrte, Ehrenvest und wol achtbar Theodorum Syßdorff und Anthonium Fabens dero rechten Toctoren und Licentiaten, vort Thomaßen Barckens Fürstl . Pfalz Neuburg. Vogtei zu Mülheim und Richtern zu Odendaell, consultando ußstellen mit begehren, daß darüber ein Urtheill zu verfaßen und hiehin uff Werden und ahn gewöhnlicher Gerichtsstelle zu publiciren, zu remittiren sich gefällig laßzen wollen und werden Ew. Edeln, waß der publication halber dem jezigh Decreto annectirt, ohne Unßer ferner erinnerung ex officio zu beobachten wiſſen. Alßzo Ew . Edeln göttlicher obacht emphelendt. Geben Werden den 29. Octobris anno 1639. Ew . Edeln Freundt und dienstbereitwillige zur Werdenscher Abdeyen gehörigen Lehnräthe.
Beilage 7. Urtheil des Werdener Lehngerichtes .
In sachen Syndici oder Fisci Herrn Hugonis, der Kayserl. und des heiligen Reichß freyer Stiffter zu Werden und Helmonsteden Abtens Werdenscher Lehn-Mann-Cammer Clegern eines wieder Johann von Remmen zum Barnßfeldt als angemasten Detentorem deß Werden schen Lehnguedes Forfenbeck Stiffts Münster Kirspell zu Rorell Be flagten anderstheilß : Wirt von Unß Lehnrichter und Mannen von
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Lehen mit Rhat und zuthun unpartheiischer Rechtsgelehrten in Krafft chm 18. Aprilis lauffenden 1639. Jahres abgesprochenen und in judicatum ergangenen Decreti diese soche in contumaciam vor be schlossen und die Clagh articulen vor befandt angenommen und ferner in recht erkant, daß obg. Beklagter zu dem Lehnguedi Forkenbeck kein jus oder gerechtigkeit jemahlen gehabt, und daher wenn er schon einiges gehabt hatte, auß unterschiedtlich in Libello angezogenen Ursachen felbiges verlohren und das Lebenguedt dem Lehnherrn frey anheimb gefallen und Beklagter selbiges cum restitutione fructuum percep torum et percipiendorum Jhine Landes herrn abzutretten, auch in die Gerichtscoſten mit Vorbehalt der meßigungh zu verdammen sey, wie mir dan hiermit erkennen und verdammen. Hermannus Hülß, Man- und Lehnrichter. Theodorus Francen. Anton Fabens.
XV. Adolf, Abt beider Gotteshäuser zu Werden und Helmstädt, Kläger, G. Kurfürstlich Brandenbürgiſche Räthe zu Cleve, Beklagte. 1670.
(Staatsarchiv Wezlar. Preußen littera W. N. 655/2039 61 BI. Fol.) Auf den deutschen Reichstagen bildete im 15. und 16. Jahrhundert einen fast ständigen Gegenstand der Verathung die Gewährung von Reichshilfe gegen die Türken. So hatte auch der Reichstag zu Regens burg vom Jahre 1640 eine Türfensteuer und eine Abgabe für das Reichs fammergericht bewilligt .' ) Die Ausschreibung der letteren Steuer war für den Niederrheinisch -Westfäliſchen Kreis , wozu die Abtei Werden gehörte, durch den Bischof von Münster erfolgt. Unter Abt Heinrich Tüder (1646-1667 ) , der durch landesherrliche Resolution vom 8. März 1648 für die durch den 30jährigen Krieg verarmte Werdener Bürger schaft eine Ermäßigung der laufenden Steuern von 100 auf 7 Rthr. angeordnet hatte, ) waren einzelne Raten abteilicherseits abgetragen worden. Indes blieb später die Zahlung aus, und es drohte in Folge deſſen am 25. November 1668 der Bischof Chriſtoph Bernhard von 1) Eine Reihe der von der Abtei Werden geforderten Reichshilfen führt Müller, Geschichte Werdens S. 207 ff. auf. Die Entrichtung dieser Abgaben, die zum Kriege gegen die Türken und zur Unterhaltung des R.-K.-G. Verwen dung fanden, mußte auch in Werden häufiger angemahnt werden. 2) Werdener Annalen S. 161 Ann. 202.
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Münster auf Drängen des faiserlichen Fiscals mit der Exekution. ' ) Als Abt Adolf II. ( 1667--1670 ) nunmehr am 2. Juli 1669 die Steuern in hergebrachter Weise durch die adligen und bürgerlichen Bevoll mächtigten ausschlagen ließ , weigerten Bürgermeister und Rath der Stadt Werden die Zahlung derselben unter dem Vorgeben, daß sie von allen Reichs- und Kreissteuern frei seien.
Entgegen dem Vergleiche
zwiſchen der Abtei und dem Kurfürſten vom 24. Juli 1666, welcher be stimmte, daß alle strittigen Angelegenheiten in erster Instanz dem abteilichen Gerichte zuſtehen ſollten, erhoben sie am 4. September 1669 slage wegen unrechtmäßiger Besteuerung bei dem Kurfürstlichen Ge richte zu Cleve, welches auch trotz des Widerspruchs des Abtes und der zum Steuerausschlagen Bevollmächtigten ) zu ihren Gunsten und zum Nachtheile der Abtei entschied. Abt Adolf wandte sich beschwerdeführend an den Kurfürsten von Brandenburg, worauf der Generalquartier meister Freiherr von Span und Geheimrath Vlaspeiler beauftragt wurden, " die zwischen dem Curfürstlichen Hofgericht und dem Prälaten entstandenen Differentien in Güite, da möglich beizulegen".
Da sich
indes „wegen eingehaltenen Kriegsempörungen und Abwesenheit der Räthe“ die Sache verzögerte, so appellirte er an das RKG . mit dem Hinweise, daß durch solches widerrechtliches Vorgehen seine ge huldigten Unterthanen" veranlaßzt würden, sich gegen ihren Erb- und Grundherrn und dessen vom Kaiser gegebene Regalien aufzulehnen". Am 16. April 1670 erließ das R86. ein mandatum inhibitorium³) und sprach am 2. August 1670 das Endurtheil, dessen Inhalt in den Prozeßaften nicht mitgetheilt wird.
Beilage 1. Christoph Bernard von Münſter ſchreibt am 25. November 1668 an den Praelaten zu Werden: Temselben wird annoch erinnerlich bevorstehen, welcher gestalt dhaige Abtei
der Kays. Cammer zu
Speyer
annoch verschiedene
1) Siehe Beilage 1 . 2) Adelige Bevollmächtigte waren : Wilhelm Alexander von Trimborn, A. von Vittinghoff genannt Schell, Otto Heinrich Stahl von Holstein, Arnold Friedrich von Landsberg und Heinrich Godefridi für die von Wickrath zu Schuir. Bürgerliche Bevollmächtigte waren : Albert Henninghof, Johann Schulte zum Hoff, Wilhelm auf'm Berg, Joergen zu Roßkothen , Alften auf der Nommenhed, Johann tho Blume, Dietrich Schleichmann, Johann Witten, Dietrich Maaßen, Ludger in der Hesper, Gerhardt Niermann, Dietrich zu Oberham, Jaspar zu Bughausen, Werner zu Meckenſtock, Johann Veyßmühlen, Gerhard Ruirberg, Zelchen zu Langenhorst, Peter zu Kalkhofen, Peter Büßgen, Erwin Heidtmann, Gerhardt Ruschen, Johann Gref, Hermann Ruitman und Wilhelm in der Untereu. 3) Siehe Beilage 2.
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terminen zum unterhalt schuldig und weil derselben abzahlung von dieſem offt und vielmahlen angemahnet jein. Obwoll wir nun ver hofft es würde darauff stays . Cammergericht befriedigt und Wir mit Executorialen verschonet jein werden, Alldieweil, dennoch der Kayi. Fiscalis gegen uns als dieses löbl . Westphäl. Streißes außschreibenden Fürsten nochmalen angerufen und darauff vor etlichen Monatten in Abschrift beygehenden Urtheill wegen nicht verhengter execution er fennte und unlengt selbsten uns der Execution betröhet worden, so crachten wir unserer schuldigkeit zu sein, wohlmeintlich zu erinnern, gehörigen Arts die obrigkeitliche verfügung zu thun, damit mehrge dachtes Navi. Cammergericht der restirenden Unterhaltungs terminen halber innerhalb vier Wochen befriedigt und Wir, daß es geschehen, berichtet — sonst müßten wir die Execution in die Hand nehmen. “
Beilage 2. Beschwerdeschrift des Abtes Adolph an das RKG . Er (der Abt ) habe mit Befremdungh erfahren müssen, Nachdehme icine gehuldigten Unterthanen der Stadt Werden die vom vorigen. Abten anbefohlene Zahlung der vom heiligen Röm. Reiche jüngsthin eingewilligte Türckensteuer verweigert, auch nur daßjenig, waß bei lepteren Creyßtagen communi statuum consensu verwilliget und zu dieses unseres höchsten Gerichts ohnentbährlichen alimentation jodann obnvermeidentlichen Kosten nacher Regenpurg zu noch wehrenden Reichstag in Beyſein Ihres zeitlichen Bürgermeisters für nöthig er achtet und eingegangen worden, nicht beytragen, sondern von allen Reichs- und Creyßzsteuern , wie nicht weniger ermeltes Unſers Kayſ. Cammergerichts Unterhalt sich gantz und zumahlen von allen sich eximiren und zu dem endt sonderlich und anfänglich bey verweigerung jüngsten Türdensteuer und deren anbefohlener Zahlung sich auffworfen und mit des Stiffts eingeſeſſenen, also ein Unterthan mitt den anderen hierüber und zwar incompetenter mit Vorbeigehung seiner des Abtes alf, ordentlicher Obrigkeit bei Churfürstlicher Brandenburgischen Juztikz Cammer procediren wollen, hingegen Ihme Clägern von deß Bischoffen zu Münster Andacht , alß des Westfälischen Chreyßes auß schreibenden Fürsten uff starckes andringen unseres Kays. Fiscals mit schwerer Execution bedremvet und dahero zu vermeidung mehrer Rosten Er die Execution selbsten wieder seine gehuldigte Unterthanen undt Stadt werckstellich zu machen veranlast worden, daß besagte Juſtiz räthe zu Cleve ohne Vorwissen des Churfürsten zu Brandenburg under
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unbefindlichem vorwahndt Einiger Litis pendentz Ihn
Abten
in seiner Regalien beeinträchtlich zu turbiren und darüber (unahn gesehen Euch Eweren incompetenz remonstiret, auch die Adliche und beerbte des Stiffts Werden dagegen protestirt) zu cognosciren Eud) widerrechtlich und ganz nachtheilich unterstehen , auch alles Einwendens und protestirens ungehindert immerhin rigorose verfahren thuet, wodurch die Unterthanen gegen ihren Erb- und Grundherrn und deſſen vom Kaiser gegebenen Regalien sich auflehnen, ſo etc. XVI Ferdinand, Abt der Gotteshäuser Werden und Helmstädt, Kläger, C. Goßwin Freytag zu Schörlingen ' ) hinterlassener Kinder verordnete Vormünder, Beklagte . 1671 und 1688. (Staatsarchiv Wetlar. Preußen littera W. N 656/2035 127 VI . Fol.. N. 658/2037 23 Bl. Fol. und 659/2038 32 Bl . Fol. ) Der Abding hof bei Waltrop im Kreise Recklinghausen war ein abteilicher Sadelhof und zu Behandigungsrechten an die von Lipperheide, beziehungsweise Freytag ), ausgethan.
Die Besizer der zu
1 ) Ueber das Rittergut Schörling ſiehe in der Zeitſchrift der Vereine für Orts- und Heimatskunde im Veste und Kreise Recklinghausen, Jahrg. 1900 den Aufsas : Die adeligen Güter in der Gemeinde Waltrop von Vicar Dorfmüller. Es sind darin Register aus dem Jahre 1726 und 1697 mitgetheilt. Die in unmittelbarer Nähe von Waltrop gelegene Burg Haus Schörling “ wurde im 7jährigen Kriege zerstört. 2) Die ältesten Besiger des Hofes hießen Schörling (Scorling) und werden im 14. Jahrh. in Urkunden genannt. Wegen Todschlags eines Gottschalk von Schörling im 15. Jahrh. hat der Hof eine Zeitlang wüste gelegen. Es folgten als Beſizer desselben die von Vrydach oder Fridag. Eine Erbtochter dieſes Geschlechts, Margret von Fridach heirathete Philipp von Lipperheide, wodurch der Abdinghof in den Besiß deren von Lipperheide kam. Der Werdener Abt Hermann von Holte belehnte den Philipp Lipperheide am 13. Mai 1546 mit dem " Zinsgud , geheiten Püppinghof im Kerſpel von Waltrop gelegen und uf St. Johanns Baptiſten-Altar in unserem Münſter gehorrendt“ mit der Ver pflichtung „ alle Jair auf Sanct Martins Miſſe die Pacht und tynß von vier Schillinge Dortmunds und eine ganz an Handen unseres Vorwevers, des Hofs von Helderinghauſen zu liefern“, sodann im Jahre 1550 mit der Kapelle zu Leveringhausen im Kirchspiel Waltrop. Auf Philipp von Lipperheide folgten Johann, Berthold und weiter 2 Philipp . Nach dem Tode des letteren heirathete dessen Schwester Angela 1649 den Goswin von Fridag, Rittmeister in Kaiser lichen Diensten unter dem Generalfeldmarschall Peter Graf von Holzapfel, wodurch der Abdinghof wieder in den Besiß derer von Fridag gelangte. Auf Goswin von Fridag († 23. Juli 1659) folgte sein Sohn Franz Gisbert, der aber zur Zeit des Prozeйes noch minderjährig war. Er starb am 15. April 1694 ohne Leibeserben.
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gehörigen zahlreichen Höfe und Kotten¹ ) hatten als freie Leute ihr cigenes Hofgericht, von dem an das Oberhofgericht Barkhofen appellirt werden konnte. Sie mußten jährlichs 8 Malter Kornpacht an die Abtei entrichten und „ einen Dienst bei Graß und einen solchen bei strohe leisten". Nach den Werdener Hofrechten fiel bei dem Absterben einer Mannes- oder Frauenhand dem Abte als Kurmude das beste Pferd .: oder beste Rind zu, und konnte die neue Hand je nach der Größe des Gutes für 20, 30 oder 40 Rthr. nachgewonnen werden. Im Jahre 1551 gab Abt Hermann von Werden dem Ernst Philipp von Lipper heide den Abdinghof in Erbpacht gegen eine einmalige Zahlung von" 700 Rthr. und die Entrichtung von 33 Goldgulden bei dem Ableben des Pächters. ) Anstatt der 8 Malter Korn erzielte von Lipperheide aus den Gütern 143 Malter, die 2 Dienste erhöhte er auf 25, an Stelle der Kurmude trat Erbtheilung und den Handgewinn steigerte er auf 100 und mehr Rthr.; die Büsche ließ er mit 500 Schweinen, jedes zu 2 Rthr., betreiben “. Gegen die außerordentliche Erhöhung der Ab gaben und Dienste sträubten sich die Pächter und erhoben wider Philipp von Lipperheide Klage beim Gerichte des Oberhofes Barkhoven zu Werden.
Durch) Vermittelung des Abtes Hugo fam am 8. Mai 1622
ein Vergleich zu Stande, welcher festsetzte, daß in Zukunft die Güter zu Leibgewinn angenommen werden sollten, jedoch müßten die vereinbarten (ſicheren ) Jahre ausgehalten werden. Ferner wurde be stimmt, daß von Lipperheide den Pächtern die Abgaben an Flachs nachlasse, daß er nicht mehr als 25 Dienste fordern dürfe, daß er hinlänglich Brandholz amveijen müsse, aber weder ihm selbst „ die Güther zu verblößzen, vielweniger den pfachtern ohne consens einige hohe Hölzer abzufellen soll zugelassen sein; für einen entbloſten Stamın seien im geringsten jechs junger stahlen oder Eichen-Poſſen einzuſeßen“. Endlich wurde „wegen der Schultſchwein dahin accordirt, daß der von Lipperheide soll jährlichs von den pfächtern abnehmen, jedoch vor jedes Stück einen Goldg . gesinnen mögen“ . Bezüglich einzelner Pächter, die sich auf ihr altes Recht beriefen , wurden beſondere Bestimmungen getroffen. ) Philipp von Lipperheide ſtarb im Jahre 1644. Da er feine männlichen Erben hinterließ, so war die Erbpacht „ caduc und es murden die Güter sampt dazu gehörigen gerechtigkeiten dem Gottes hauß Werden incorporirt und wirklich genossen". Aber im Februar 1 ) In Beilage 1 sind die im 17. Jahrh. zum Abdinghof gehörigen Güter aufgeführt. 2) Die Urkunde siehe Beilage 2. 3) Siehe den Vergleich Beilage 3.
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1649 erneuerte Abt Heinrich Dücker von Werden zu Gunsten einer Tochter des von Lipperheide und ihres Gemahls Goßwin Freytag den alten Erbpachtsvertrag , allerdings ohne die vorgeschriebene „ Solenni taet" ) , weshalb später deſſen Rechtsgültigkeit abteilicherseits bestritten wurde.
Auch entstanden bald wieder Streitigkeiten wegen der Pächte
und Dienſtleiſtungen.
Das Gericht des Oberhofes Barkhoven, welches
angegangen wurde, entſchied hierbei zu Gunſten der Pächter, aber das RKG., an welches die Witte Freytag, geborene Engelen von Lipper heide, appellirte, hob am 8. Mai 1668 das Erkenntniß auf und erklärte den Vertrag vom 8. Mai 1622 als maßgebend.2 ) Die von Lipperheide, beziehungsweise Freytag , hatten sich auch manche Eingriffe in die Substanz des Abdinghofes zu Schulden kommen laſſen. So war von ihnen ein Theil des Gutes widerrechtlich an die von Strünkede verkauft worden. Ferner hatten sie in furzer Zeit aus den zum Hofe gehörigen Wäldern über 1000 Bäume, Lip holzer ) genannt, fällen lassen und verkauft. Abt Ferdinand von Werden ( 1670-1706 ) wandte sich deshalb tm Jahre 1671 an das RKG. mit der Vitte, den Erben Freytag den Ad dinghof abzusprechen und zwar hauptsächlich mit der Begründung, daß die erwähnten Erbpachtsverträge wegen mangelnder Form ungültig seien. Das RNG. , welches seine „Jurisdiction ſattſam fundirt erachtete, weile die bona quaestionis theils in dem Veſt Reclinghauſen, theils in der Grafschaft Marck und der Stadt Dortmund, also in verschiedenen. Botmäßigkeiten gelegen seien", erließ am 21. Juli 1671 an die Vor münder der stinder des Goßzwin Freytag eine Vorladung. In der nun folgenden Verhandlung beriefen sich Letztere durch ihren Procurator darauf, daß der Vertrag von 1551 längst verjährt, durch ein Uni versitätsgutachten als zu Recht bestehend anerkannt und auch vom RKG. im Urtheile vom 8. Mai 1622 beſtätigt worden sei. Der Abt müſſe die stillschweigende Anerkennung desselben durch seine Vorgänger respectiren. Der abteiliche Procurator machte dagegen geltend, daß schon vor dem Jahre 1551 die von Lipperheide den Abdinghof beseffen hatten, daß aber dieser Veſiß kein freier gewesen, weil sie 6 Mark jährlich an die Abtei hätten entrichten müssen. An Stelle der jähr
1 ) Zur feierlichen Form gehörte, daß der Vertrag mit dem Kapitel be rathen, mit den Unterschriften der Kapitulare versehen und vom Bischofe, beziehungsweise bei eremten Stiftern, vom apostolischen Stuhle genehmigt ſei. 2) Das Urtheil des R.-K.-G. Beilage 4. 3) Die Bezeichnung „ Liphölzer “ ſtammt wohl daher, weil dieſe Bäume zur Lippe gebracht und auf derselben weiter befördert wurden.
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lichen Abgabe sei die „ einmalige merkliche summa Gulden" getreten ; die 33 Goldgulden müßten als „Verehrung “ geleistet werden. Er be streitet entschieden, daß der Abdinghof nicht zu den bona ecclesiastica gehöre, sondern Feudalgut sein solle. Auf Veranlaſſung des abteilichen Syndicus Licentiat Brandt waren jämmtliche Pächter des Abdinghofes von dem Richter der freien Reichsstadt Dortmund am 28. Juni 1672 als Zeugen darüber vernommen worden, wieviel Abgaben, Dienſte und Vorgewinn sie von ihren Gütern zu entrichten hätten, besonders auch wie viele Bäume aus den Wäldern gefällt worden seien.
Dieſelben be
ſchweren ſich faſt ausnahmslos über zu hohe Ansprüche der Freytag von Schörlingen und wiſſen alle über ungehöriges Fällen von Bäumen zu berichten, deren Zahl im Ganzen auf 7--800 geschägt wird. Die Zengenaussagen wurden dem RG. vorgelegt. Indes ließen sich hier durch die Erben Freytag von der Verwüstung der zum Abdinghof ge hörigen Wälder nicht abhalten. Am 2. Auguſt 1687 wurde vom Notar Bitner durch neues Verhör der Pächter festgestellt, daß in den lezten 5 Jahren 815 Eichbäume, 2-6 Fuß dick, 30-60 Fuß lang und 20-30 Rthr. werth, gefällt worden seien. Abt Ferdinand brachte unter Vorlage des notariellen Protokolls¹ ) auch dieses vor das RKG. , wobei er hervorhob, daß die Freytag dieſe Bäume „zu ihrem freyen Gefallen und Nußen an Andere zum Theuerſten verkaufft und außer Landes ganz vermessen und freventlich in anschenlichen flotten die Lippstrohn! hinab hätten führen laſſen “, wodurch sie gegen § 3 des Vertrags vom Jahre 1622 , wonach die Lehngüter nicht entblößt“ werden sollten, ge handelt und ihre Lehnpflicht gröblich verlegt hätten. Auch beschwert er sich , daß die „Hobgleuthe zu gewisser Pfacht und gewissen diensten widerrechtlich und mit offenbarer gewalt angehalten würden". Das RKG. erließ am 19. Mai 1688 eine erneute Citation an die Erben Freytag, weil „dieses hochschädliche Beginnen und attentatum lite pendente nit nur zu dieses Unsers höchsten Gerichts despect, ſondern auch dem Abte zu großem Schaden gereiche". Nachdem Franz Gisbert von Freytag am 15. April 1694 kinderlos gestorben war, trat jeine ältere Schwester Catharina Odilia, Frau von Quadt von Landscron in ſein Erbe ein. Da ſie aber auch keine Leibes erben hatte, so übertrug sie ihre Rechte auf den Abdinghof und die an deren Lehngüter ihrer Halbschweſter Chriſtine Margarethe Sibilla von Retter, Gemahlin des Bernhard Heinrich von Weſtrem, und dieje cedirte und überließ dieselben ihrem Bruder, dem furkölnischen Kämmerer
¹) Das notarielle Vernehmungsprotokoll siehe Beilage 5.
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Johann Philipp von Weſtrem. Letterer bot dem Abt Ferdinand von Werden eine Summe Geldes an, wenn er von dem Prozeſſe abſtehen und ihn zur Belehnung und Behandigung zulassen wolle. Am 11. Mai 1695 kam ein Vergleich zu Stande, wodurch der Prozeß aufgehoben wurde. In der bezüglichen Urkunde¹ ) sagt Abt Ferdinand : „ Ob wir nun zwar genug befugt gewesen, Unſer wohlgegründetes Recht weiters fortzujeten, so haben dennoch auf vielfältiges anhalten gemelten Johan Philipsen von Westrem und auf Interceſſion einiger guten Freunde Us dahin gnädig erklähret, daß ſowohl von dem bereits befangenen, als auch vorgehabten Prozessen caducitatis gegen Erlegung einer ver einten Summe Geldes, die Wir auch baar empfangen haben, abstehen, und ihn, von Weſtrem, resp . belehnen und behandigen wollen, jedoch dergestalt : daß Er, seine Nachfolger und Erben verbunden sein ſollen, die in gemelten Sattelhof Abdinghof gehörige Hobsgüter jederzeit mit freien Leuten nach Unsern Stifts- Kaiserlichen und uralten Hobs. rechien zu beſeßen, die Leibeigenschaft bei denſelben ganz abzu stellen, zu der Kapellen zu Leveringhausen das nöthige Bauholz , so oft an derselben Etwas zu bauen oder zu repariren sein wird, jedesmal nach Unserm und Unserer Succeſſoren Erfordern und gutachten anzu schaffen aus dem zum Sattelhof Gehölze (jedoch also bescheidentlich . daß seine eigene Büsche dadurch und darum nicht verschont bleiben ) ab zufällen, nichts aber ohne Unsern oder Unſerer Nachkommen Consens daraus zu verkaufen oder zu verschenken; zudem sollen Er und seine Erben auch schuldig und gehalten sein, denen Hobsleuten nicht allein aus denen zu ihren Hobsgütern, sondern auch dem Sattelhof Abding: hoff gehörigen gehölzungen nothdürftiges Brenn- und Bauholtz gleich falls bescheidentlich) amweisen zu lassen ; Und da künftig einger Mis verstand sich zwiſchen ihnen und deren Hobslente eräugen würde, Uns uns Unseren Succeſſoren solches gebührlich vorzubringen und deren decision in allem Heimzustellen und dabei völlig zu adquiesciren. Es solle aber Hiedurch und sunsten Uns und Unserm Stift, wie auch ihren Hobsleuten anhabender resp . gerechtigkeit und befugniß (ab jonderlich aber, was die Maſt und Hude in dem zu dem Abdinghoff gehörigen gehölt betrifft ) nichts benohmen sein, sondern dabei, wie es von alters gebräuchlich gewesen, ruhiglich belassen werden, ferneres , soviel die öfters geführte Klage wegen Versteigerung der Pfächten an langet, hat ofterwehnter von Weſtrem zum Gutacker deren Moderation Uns, wie wir selbige recht und billig befinden und erachten werden,
1) Die Urkunde ist abgedruckt von Dorfmüller a. a. O. S. 82 ff.
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gänzlich untergeben, und soll solches Beschwer, sobald es die Zeit und gelegenheit will zugeben, wohl unterſucht und dazu ein ſicherer Tag bestimmt, auch die Interessirte zu solchem Ende vorhin citirt und geladen werden."
Beilage 1 . Mansi et casae ad curtem Abdinckhoff in Waltrop spectantes. Dierick Dickmans vom Abdinchaus. Johann im Broich) off Bruckmanns gutt — ein Stäte (Kotten ) . Arndt op dem Wynns — ein Houv (Hof) . Herman op dem Abdinchouv. Berndt op dem Gerveslo -´ein Käte. ein Houv. Kampam op dem Gewenloe Herman tom Büsche ---- ein Käte. Johan Smyt in dem Grochenbroich gt. Grockendirc Das Gaffelenbroick -- ein Kaite. Hannes in dat Groppenbrück
ein Haite.
Goiſen Gagen, anders genant Byſenkamp Tederich Knopp ein Haite. Die Vechtaßsche
ein Käte.
ein Kaite.
ein Kaite.
Johan to Nehenhuis- ein Houv. Henrich Syphe in dem Telgen --- ein Houv. Putantur attineri : Rutger upem Reynickhoff --- ein Kaite. Heinrich Mengede thu Strimkhuß ·– ein Houv . Noch eßlich Landt thu dem Houvs gehörig , die Tederich in dem Scheuvel bawet. Am Kirſpell von Castorp gelegene Güder, die in Abdinchof gehören : Herman tägge to Holthusen - ein Houv. ein Houv. Arndt Eidmann to Holthusen -- ein Houv. Kerstkan im Schlenger ein Houv. Johan Mengede Slygermans gutt hu Herne ein Kaete. ein Houv. Middeldorp thu Eyfell
Zum Ampt Boufum : Die Mard, Dienst Havenstuck und Underholt.
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Beilage 2. Vererbpachtung des Abdinghofes bei Waltrop . Wy Hermannus Abt, Gerhardus Prior, Antonius Senior vort wy sämmtliche Capittelsperſonen des Stiffts und Munſters ſent Ludgers to Werden, doon kondt und bekennen hiermit apentlich , dat wy im_ſo dann Grdomps, mangels und Unverstands, so sich tußchen Uns und dem Ernvesten Philippen von Lipperheide des Abdinghoves und dartn gehörigen güderen und gerechtigkaiten halper, wy die in dem Sirijpen to Waltroppe und anderen Orteren gelegen, unlangs erhoven, na dar wegen beschehenen Verhör gehörten redn und worden, sonderlichen op befinden vurgebrachter bestrediger, loffwerdiger, rechtmeßiger Beweiß, mit geroirten Lipperheide, up vergehalten tytlichen Raidt, gutlich und Endlich verdragen, Aljo dat Philipp von Lipperheiden und seine frue nu foe vort toe Ewigen Tagen, wie allen und jeden beſſer Injags und Irrungen, Unſer und Unſer nakomplingen der Abdinckhoff mit ſeinen fannenden und befunderen angehörigen guederen aldo, und mögen to behörigen Und gerechtigkeiten nicht darvan utgeſundert, wo die in dem Kirspell to Waltropp und sonst allenthalven an anderen orteren gelegen find, frey hebben, halden und gelicher andern syne eigendümliche güderen, na vorfallender gelegenheit und nottrofft to ſyner und ſyner seynes tytlichen Inhabbers und Besizers des Abdinckhovs , deßelbigen erven sich binnen nechstfolgende Jahr und Tage gegen einen Abt to Werden mit drey und dartigh golden Rheinischer gulden op gebührliche quitantz der Bejchenen vorweg bekommen fall , dat sollen to dem jodane Sechs marc, als wy bis anhero Jairlig ob dem Abdinchove gehabt, quidt und erfflich verläten ſein und blieven, dan wy dar nor und vor alle Andern unjere an dem Abdinghove und daran gehörigen Güdern gehabtsrecht und gerechtigkeit van gedachte Lipperheide ein dapper merkliche Summen geldes, der wy in diesen högen, gefarlichen, be schwerlichen tyden, anderer Unser und Unsers Stiffts vurgefallen rhafftigen Schaden mede to verhoeden, gebruckt, entfangen, und wy Abt und Capittelsherren loven darumb mehrgeroitem Lipperheiden und seinen Erven dieses Verdrages angezogener furwarden, Verleitungen der Seß Mark und anderen Unſe ſamender und beſunderen an der vorst. Abdinghov rechten also erflich vur Uns und unsere nafomlinge to waren und vollenkommen Warſchap to donen derhalven op dat selviger wie Burgevirt, auch op alle und jede Paußliche, stanjerliche und Königliche Freyheidt, Begnadrechte, privilegien, beneficien und absolutionen und op alle vorſt. im Wen Unerhalven beyder geistlicher
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und Wortlicher Beschworen und Unbeschworen Rechten, jegen desten contract, Vorlatungen, Brief und Brieves inhals Vortyts gegeven, gejagt, geordnet und einiges Weges practisirt mochte werden oder alge mein gepractiſiret, geordnet und gejezt ſein mögte, In aller geſtalt und mate sulch ferner an seynen rechten tenoir und gejatten Bochſtave an gezogent worden, vor Uns und unsere Nakomlinge to Behoeff Lipper heides in syner Erven heven do removiren und so desser Bewiß einiger tht niet gerecht to sin erkandt worden, Alzzdan sollen und wollen Wy rielgem. Lipperheide und synen erven to oren erstgesinner Better und genugsamer Bewiß, darmede sy dußes halven erfflich wail verwairt syn, op unße Kost geven und verschaffen, alles sonder Arch, droch, list ; hier syndt by uns angewest der Erveste Adrian Gerhardt, vort die Ehr bare Dierich Gelscher Richter und Rentmeiſter to Baufum, Coirt Hetter man, Richter to Muelheim, Thomas Enbaven unſe Rentmeister, Theiß von der Honbeck und andere. Dieß Alles in Urkonde der Wahrheidt, jo hebben wy Abt und Conventsherrn Unser Abdeyen und Convent Siegell vor uns und unsere Nakomlinge dran hangen. Datum den ersten Dagh des Monats October Anno Domini 1551 .
Beilage 3. Vertrag zwischen Philipp von Lipperheide und den Hofsleuten des Abdinghofes vom 8. Mai 1622. Contract zwischen Zunfern Pfilipjzen von Lipperheiden undt den jambtlichen Abdinghovischen Angehörigen zu Waltrop. Wir Hugo von Gottes Gnaden dero Kayſ, und des heil. Reichs freyer Stifter zu Werden und Helmſteden Abt, thun kundt und bekennen hiemit undt in Krafft dieſes jedermänniglich : Demnach sich ein zeither zwischen dem WohlEdlen und veſten Philipßzen von Lipperheiden zu Schörlind einestheils und den fämbtliche Abdinghofs Angehörigen zu Waltrop anderntheils irrung , Span und misverstandt wegen des Erb gewins, jährlicher pfächten, Dienſten und hönsten endtstanden, diewelche wir dan als ungezweifelter Hoffs- und Behandtsherr, so viell möglich), in der Güte beyzulegen vor eine Notturft erachtet undt deswegen beyderseits eine gütliche Benjamenkombit allhie auff unserer Abtey berathen undt außgeschrieben. Jumaßen beide Theile aller gebuhr gutwillig darauff erscheinen und eingefolgt, daß also nach allerseits grugjamb eingenommenen Bericht undt gegenbericht vorgetragene Streitigkeiten ganz und zumahl auff beyderseits Belieben, wie ferner
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inhalts eines dan auffgerichteten Vertrags hinc inde unterschrieben, ihn- und beygelegt sein worden undt lautet der Vertrag von worten 31 wort wie folgt: Demnach eine Zeithero zwischen dem WollEdlen Philipßen von Lipperheide zu Schörling ahn einem und den Abdinghover Pfächtern 31 Waltrop in actis benent anderentheils, wegen des gewins, ge steigerung der Dienſten, Pfächten und ſönſten allerhandt ſtreit ſich erhalten, darob allhier ahm Hofgericht Barckhoven egliche jahren procedirt und aber ein Hochwürdiger zeitlicher Abt dieses freyen Stifts Werden ungezweifelter Obrister Hoff- und Lehnherr die gebrechen in der Güte zu entscheiden auffgenohmen, zu dem Ende Beyderseits aubero auf Werden von Ihre Hochn . gefordert, dieselbe pro et contra ange hört, sönsten zugleich obermiß Unterhandlung friedfertiger freunden die Vergleichung dahin berahmet : Erstlich so viell den gewinn betrifft, ob selbiges woll vor desen auff sichern jahren eingerichtet, so ist aber iezo dahin geſchloſſen, daß hinführo die Gütter zu Leibgewinn ſollen angenohmen werden ; waż aber noch binnen sicheren, abverglichenen jahren stehet, sollen darob die jahren aufgehalten, nha Verlanff derselben aber die Abdinghover den Leibgewinn juchen, dabey doch der von Lipperheiden vor allem die gelegenheit des guts, auch die beschwerliche Kriegszeiten soll bescheident lich erwegen undt darnach den gewinn anjeßen; bey dem sich zugleich der von Lipperheide erklehret, den jambtlichen Abdinghovern, was an Flaß vor diesem bengesteuert, gänzlich hiernächst nachzulaſſen. Zum andern, die Dienste belangendt, ist vereinbehrt, daß hinfüro die Veſtiſche dem von Lipperheiden angehörige pfächter weiters nit alß jährlichs zu fünf und zwanzig Diensten, jedoch in Erntzeit nach be scheidenheitt gehalten sein, also welche mit pferden zu dienen von alters her gehat, dermaßzen förder sollen dienen, jo mit denn Leib von Alters her gedienet, auch anderer gestalt forder nicht sollen angestrenget werden, die welche indejjen aber jo vor diejen mit gelde die dienste abgefunden, fellen wie von alters her die dienſte zahlen und hinführo darüber nit gesteigert werden. Zum dritten die anweisung des Holzes betreffendt, soll der von Lipperheide denen Pfächtern nothürftig Holz zum Brandt und ſönsten ahnweisung thun. Vor sich aber die Güther nicht verblößzen, viell weniger den pfächtern ohne consens einige hohe Hölzer abzufellen ſoll zugelassen sein, die welche sich hingegen zum Poßzen jährlichs sollen einschicken undt zum geringsten anh einen endtblösten Stamm sechs junger stahlen oder Eichen Poßen einjeßen .
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Zum Vierten ist auch wegen der Schultschwein dabin accordirt, daß der von Lipperheide dieselbe soll jährlichs von den pfächtern ab nehmen, jedoch vor jedes Stück ein Goltg . gesinnen mögen, darüber so wenig als über einige Versteigerung soll gutt geheißen werden ; wa ; in specie Schlingermen zu Herne anbelangt, weill derselbe ſtarf auff sein branch ſehet, daß vor sieben undt zwanzig Jahren darob mehr nicht als sieben schlechte Thaler des von Lipperheide Vattern jehl . zahlt jen, soll ihme solches glaubwürdig von Ihrer Hochhv . oder deren deputirten zu behallen erlaubt sein, biß darahn wirdt der von Lipper heide bey deſſen berührten Pfächten der Sieben Dlr. verlassen. Nachdem auch wegen des Gewins grothen Bedencken eingefallen, solches ist dahin geſchloſſen, dieweill diſelbe auß allerhand Bemerglichkeit zum gutt nun mehr wiederumb ahnnehmlich , daß dennoch obermit der negſten Freundtschaff durch deren von Lipperheiden zum abſtand einträglichs soll ausgemacht werden, und zum fall in diejem wie auch in andern . verangeregten Posten weiteres einsehens und moderirens nötig, wolle ich Ihro Hochw. der schuldigkeit nach zu dergleichen außzschlag und Verstandt erbotten, zugleich dessen Stiffts Gerechtigkeit praeservirt haben, alles sonder gefehrde undt arglist. Zu Urkundt diejes alles haben Ihro Hochw . neben beyderjeiths contrahenten oder transi genten und deren erbottenen freunden diesen Vertrag wissentlich underschrieben. Sugo zu Werden undt Helmsteden Abt. Philipp von Lipperheide zu Schörling. Berthold Freytag.
Gerhard Conez. Conradt Herman saumphoff Doctor. Conradus Heidenius. Wo nu alles wie obgem. verglichen und vertragen, haben unß Hugonem Asten als Hoffs- und Lebendtsherrn beyderieiths Partheyen dienſtlich ersucht und gebeten, vorg. Vertrag zu mehrer Verſicherung in jeinen puncten und clausulen günstiglich zu approbiren und zu de stelligen und Ihnen denselben unter unser subscription und aufge trickten großen Insiegeil diejer gestalt, welches wir dan auff ansuchen gern gethan, Inmaßzen denselben strafft dieser besten gestalt appro biren, confirmiren, beſtettigen. Urkund haben dieſe approbation, confirmation und resp. Vertrag mit eigener Hand unterschrieben und mit unserer Abdeyen großzen Insigell wissentlich kräftigen lassen. Geschehen den 8. Mai 1622.
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Beilage 4. Urtheil des Reichs-Hammergerichts . Speier, Freitag, den 8. Mai 1668. In Sachen Engelen von Lipperheiden Wilandt Goßwin Freytag Wittiben Appellantin eins widder die gesambte Abdings-Hoffsleuthe appellaten anderntheils, ist allem Vorbringen nach zu recht erkant, daß durch Richter voriger Instant übell geurtheilt, woll davon appellirt, deßwegen solche urtheill zu reformiren senn, dergestalt daß gedachte appellantin von angestelter lag zu absolviren und appellati zu leiſtung ihrer ſchuldigen Pfächten, Dienſten undt gewinn dem in anno 1622 den 7. Maji aufgerichteten Vertrag und den pjachtrottulen gemäß zu condemniren undt zu verdammen sein, Alz wir hiermit reformiren, absolviren undt resp. verdammen , die gerichts -Kosten ahn diesem Kayserl. Kammergericht derentwegen auff gelauffen auf bewegenden ursachen gegeneinander compensirendt und vergleichendt.
Dan ist den appellaten zu wirklicher execution und Vollenziehung dieser urtheill Zeitt dreyer Monathen pro termino et prorogatione von Ambtswegen angejeßt, mit dem anhang : Wo sie sölchen also nicht nachkommen würden, daß Sie irg alßzdan und dan alg ir , in die straf 10 Mard lothiges goldts, halb dem Kayserl. Fisco und zum anderen halbtheill der appellantin ohnnachlässig zu bezahlen schuldig, auch der Real -Execution halber auf derselben ferner anrufen ergehen soll was rechtens.
Beilage 5. Zeugenverhöre über die Abgaben, Dienste und den Vorgewinn der Abdinghofgüter, sowie über die Zahl der gefällten Bäume um das Jahr 1670. Wir Arnold Albert von Münster, dero Rechten Doctor, diejer Zeit der Kayſ. und des hl . Reichs freyer Stadt Dortmundt Verordneter Richter p. p. Thun kund mit dieſem offene Versiegelte Brieffe, daß vor uns der WollEd . und hochgelehrte Herr Johann Brandt, dero Rechten Licentiatus, des Hochwürdigen und Wohlgebohrenen Herrn Ferdinand, der stayserlichen und des heiligen Römischen Reichs freyer und Exempter Stifter Werden und Helmsteden Abtens p. p. Zeitlicher Wo ! verordneter Syndicus p . p . erschiene und Vorgetrage, waßgestalt ſein Gnädiger Herr Principall und dero Reichs Abtey Werden darahn ge legen sei, die gewiße nachricht, designation und Specification zu
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habe, Waß und vieviell landes , Wiesche, Büsche, pfacht, vorgewinn und nügung zu dero güthere gehörig , oder darab ahn Bäume verkauft oder genossen worde oder werden, welche unter dem Werdischen Sattelhoft, Abdingshoff genand, gehörig und Theilß in dieſer Grafschaft Vest Reck linghauſen, Caſtrop p. p. gelegen ſein ; dahero uns der gebühr ersuchet. diejenige, so in diejem gebieth und Grafschaft geſeſſen, einen nach dem andern abzufragen und darüber Zeugniß in forma mitzutheilen ; In erwegung, nach gemeinen rechte sölches feinem Domino directo Ver weigert werde fönne, sonder auf deſſen erfordern ein Vasallus oder subvasallus oder subcolonus fölches zu thun oder zu designiren schuldig seye, welches dahero Wir tragenden Ambts halber nicht zu verweigern gewilt. Als sein die in dieser Grafschaft gesessene Vorgestellet, einer nach dem andern abgefragt worden, und dieselbe auch deponirt, 1. Evert Geschelenbroek sagte, daß er 60 Jahren alt, und ge hörte zu seinem Hoff 6½ malderſe Lands , darvon müste er geben. 5 scheffel Roggen, 5 scheffel gerste und Vier malter Haber. Item Zwey schuldschweine, sodan würden einige dienſte und hüner (ſo ſeine Vorgeſeſſene niemals gegeben) von Ihme gefordert, deßwegen aber noch in rechtsstreith were ; des Vorgewinß¹ ) halber habe er an gelobt, ein Haus zu Bawen, noch habe er eine Wiesche, darvon Zwey foder hews jährlichs einkommen, und abſonderlich etwas darvon gefordert werde, welches Er niemals bezahlt ; von dem Busch fordert mian von Ihme die halbe mast, habe aber darab nichts bezahlt, außerhalb vorgt. Zwen schweine ; fönste habe das Haus Schörlinge besondere Büsche, so auch in dem Sattelhoff Abdinghoff gehörig . als nemölich den Schulenkampf und Engsterlohe mit den anschüßen. so genanndt werde die Haber Karste, und dan in der Straten und zwischen den Wieschen gelegen, worauff dies Vergangen Jahr und dan Zweŋ jahr darvor jedesmahls 300 schweine getriebe ; auch hatten die von Schörlingen uff ſeinem Hofe in Zeit von dreyzehn jahren fünfzehn Liphölzer gehawen,darvor eins woll 20 Pferde ge brauchet, als dieselbe nach der Lippe gefahre, das pretium aber, waß davor bekomme, wüste er nicht ; womit seine deposition ge endiget, und ist erbietig, dieselbe auff erfordern mit äidt zu be frefftigen. 2. Philip Vinneman , ungefehr 70 Jahren alt, hat bekandt, daß er zu seinem Hofe habe 11 malderje Landes und gebe darvor jähr lichs 11 malder Korns, als nemblich 7 malder Roggen, 2 meer 1) Abgang beim Erbgang (laudemium) ; vgl. Schröder, deutsche Rechtsgesch. €. 747.
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gerste und zwey malder haber, ein schuldschwein.
Item prätendiren
alle 14 Tage einen Dienſt, auch jährlichs einige hüner, gänße und Soffgeld, so er nimmer gegeben habe ; eß hette auch Holy darzu gehört, so der von Freytag zu Schörlinge darvon genommen, und dürfte zur Zeit der Mast seine Schweine auß dem Hofe nicht gehen laßen ; es haben auch die von Schörlingen einig gehölz mit nahmen. der Schulenkampf und Engſterlohe, auch einige anſchößer, so noch beßer sein als irß gen. gehölte, daruff " ergangen Jahr und dan zwey Jahr Vorhin seien die schweine getrieben worden ; die ursach jeines Wizens ist, daß sein Sohn dieselbe habe hithen helfen, und so lange er auf dem Hofe gewohnet, haben die von Schörlinge uf jeinem Hofe fünf Liphölßer Hawen lassen, welche ungefehr woll 100 Rthr. wert geweſen, auch auß vorgt. anderm Abdinghover Buſch vor und nach viell Liphölzer und Bäume gehawen worden ; er habe auch, als er uff den Hoff gekommen, zum Vorgewinn geben müßen Hundert und vier Rthr.; diese seine Aussage ist deponent auf erfordern mit leiblichen äidt zu bekrefftigen erbietig . 3. Herman Rheinefhoff , ungefehr 70 Jahren alt, bekennt, daß zu seinem Hofe gehörig 9 malderſe Landes , darvon müße er jähr lichs geben 12 malder Korns, nemblich 7 malder gersten und 3 malder haber ; item gehörth zu dem Hofe eine Wieſche von 2 foder hews ; item gebe jährlichs ein schuldschwein und habe auch vor Winnung müßen geben 104 Rthlr., so ihme durch Soldate mit gewalt abgepresset habe. Ungefehr uff seinem Hofe vor 5 schweine Mast, davon er den dritten theill der frawen von Schörlingen ab kaufen müßen, welche aussage er auf erfordern mit äyde be täuren wolle. 4. Jasper Schmidt im Groppenbrück, ohngefehr 60 Jahren alt, be fande, daß er zu seinem Hofe habe Drey malterje jethlandes und ein endgen Wiesche, darvon er jährlich geben müßen 1 malder Roggen. 1 mldr. gersten und 6 schepell Haber, und seiner frawen Batter lebe noch und habe zum Vorgewinn geben müßen 40 Rthlr.; batte fein Holt zu seinem gude, gehörte zwar mit in der Groppenmard, es wolle aber der von Schorlinge das beytreiben der Maſt nicht zulaße. einen Baum wegzuführen wolle er nicht Verstatten, sondern ver faufen denselben vor geld ; diese seine Aussage auf erforderen mit ände zu betäuren willig.
5. Diedrich Vegetasche , ungefehr 23 Jahren alt und auf dem Kotten Vegetasche genand gebohren, saget, daß dazu gehöre dren Malderse Landend gebe darvon 6 schepell Haber undt 6 schepell
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gerste, welche er an hiesigen magistrat wegen der von Freytag Verwürckter Brüchte zahlen müßen, und hatte ſein Großzvatter zum Vorgewins gebe 23. Rthlr., und seines gedenkens hatte der von Schörlingen zwey Liphölzer gehawe und dieselbe nach der Lippe fahren lassen ; umb seinen Hoff stünden etliche Bäume, so ich dröge geworden, welche die von Schörlingen nach ihrem gefallen ver faufen und wegfahren lassen; jouſte auch wenn Maſt iſt, dörste er nicht ein schwein aus dem Hoje komme laſſen. Stem hat auch befande, daß er noch einen Rotten habe, jo wifte ligge, und Sippenkotten genandt werde, worauf sein beste Mutter gebohren, und gehöre darzu 1 malderje Landes, so er auch under habe, und gebe davon die contribution und sonste kein pfacht, weilen der Hoff wüste ligt, und die von Schörlingen hetten zwey Bäume uff dieſen Kotten gehawen und nach der Lippe fahren Lasjen. 6.Herman Mende, welcher auf dem Hoff zu Rodding gebohren, und in nahmen seines Bruders Henrichs Mencken, so bethlägerich. deponirt, daß 12 Malderſe Landes zu dem Hofe gehörig, welche aber ganz klein, davor müſſe dennoch darvon geben 4 mlr. Rogge, 4 mlr. gerſte und 4 mlr. Haber und ein ſchuldſchwein; item die von Schörlings praetendire alle 14 tage einen Dienst; item daß sein. Vater schl. den Hof, so gantz wiiste gelege, gewonnen mit 50 Rthlr., und bey seinem gedenke sein woll 10 Bäume, jo nach der Lippe gefahren, weggehawen worden ; die Mast, so darzu gehöret, als 6 ſchweine, müſſe allezeit die Halbscheidt von denen zu Schörlingen faufen, welche aussage gleichfalß auf erforderen mit aidt zu be trefftigen willig . 7. Dierich Vischer, ungefähr 30 Jahren alt, wohnt mit seinem Batter auf dem Hofe, und gehöre darzu 5 malderje Landes , darvon gebe er 5 mlr. Korns, als 1 mlr. Roggen, 1 mlr. gersten und 3 mlr. Haber, und habe gehört, daß der leyte abgestorbener auf dem Hofe 25 Rthlr. zum Vorgewinn gegebe, gebe auch ein schuldschwein ; und hette die von Schörlinge uff seinem Hoje 7 der besten Bäume gehawe, so nach der Lippe gefahren, und wolle auch nicht zulaſſen, daß dasjenige, waß um die Zänne fallet, sie abweiden lassen mögen, und were dies vergangene Jahr ahn schweine uff dem Abdinghoffer Busch und ahnschössen sieben stiege Mastschweine und dan noch andere Schweine, so ad 300 geweje ; neben dem habe die Wittib einen orth, die Widdry genandt, Verkauft vor 9 ſchweine, und dieſe deposition ist erbietig auf erfordern mit äide zu bekrefftigen.
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8. Henrich Camp m a n, ungefehr 40 jahren alt, sagte, daß zu dem Hove gehörig 10 malderje Landes, davon er geben müsse 10 malder Korns, als 4 mlr. Roggen, 4 mlr. gerste und 2 mlr. Haber, und gehöre darzu eine Wiesche, so zwischen dem Lande ligt ; thut jähr lich 2 foder hews , woll geladen , Weile es nahe beim Hauſe aclegen, gibt jährlich ein ſchuldſchwein ; item die von Schörlings praetendire jährlichs alle 14 Tage einen Dienst, Hüner und gänße , so aber nicht geleistet oder gegeben; und bei seines Schwiegervatters Zeiten die von Schörlings 7 köstliche Bäume auf dem Hofe gehawe, wie die Stämme außweiseten ; sein Schwiegervatter sehl. hette 100 Rthlr.. wie er von demſelben gehört, zum Vorgewinn gegeben.
Item die
von Schörlingen hette Vergangen Jahr 7 Stiege schweine gehabt, darnach noch 30 schweine. Item bey Dyckman im Abdinghoff, ben Vienneman und anderen hetten sie auch schweine gehabt ; wieviel aber derselben ahn der Zahl gewesen, könnte er nicht sagen, geſtalt derselbe auch diese seine außsage mit äide zu befrefftigen erbietig. 9. Johan Plettfueß , über 50 Jahre alt, sagte, daß zu seinem Kotten gehörig 2 malderſe Landes und ein Kämppe, warin egliche Bäume stehen, und gebe darvon 9 schepell Korn, alkz 5 ſchepell gerſte und 4 schepell habern und 1 Rthlr. von obgt. Kämppen, auf welchem Kämppen bey seinem Leben die von Schörlingen 6 Väume gehawe und nach der Lippe fahren laßen ; sein Vatter jehl. habe 23 Rthlr. zum Vorgewinn darvon geben müße ; welche aussage gleichfalßz mit aide zu betäuren erbietig . 10. Johan Trillman , uff die 70 Jahren alt, deponirte, daß zu seinem Hofe gehöri 3 morgen Landes, darvon er geben müße 2 ſchepel Roggen, 2 ſchepel gerſten und 2 mlr. Habere, und vor 30 jahre ungefehr zum Vorgewinn gegebe 20 Rthlr.; item ein schuld schwein und 2 Dienste, als einen im Roggenbäum und den andern im gerstenbäw, 1½ Rthlr. hoffgeld jährlichs. Item Lipperheide habe 9 Liphölzer auf seinem Hof gehawe und zwey Brauc-Bäume. Item er hette auch 5 schweine Mast, welche die von Schörlingen zwarn praetendiret , aber niemals etwas darvon gegebe, ist gleich falß erbietig, dieſe ſeine ausſage mit äid auf erfordern zu veri ficiren. 11. Johan Han ß e, ungefehr 35 Jahr alt, und gehöre zu seinem Kotten 2 malderje Landes und ġebe darvon 6 ſchepel gerſte und 3 ſchepel Habere, habe auch zum Vorgewinn geben 12 Rthlr. Vor seiner Zeitt weren einige Bäume, und bey den Schwedischen Zeitten, als vor 23 jahre, were noch ein Baum gehawe ; und the jährlichs zwei
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Dienste, wiewoll alle 14 Tage ein Dienſt praetendirt werde ; wo mit seine aussage geendiget, und dieselbe uff erfordern mit äide zu bedäuren erbietig. 12. Johan Menfe zu Schwieringhausen, ungefehr 50 jahre alt, jagte, daß zu seinem Hofe gehörig 5 morgen Landes, gebe darvon kein Horn jondern 5 Rthlr. und 1 schwein, und ob sie woll Jhme 7 Rthlr. abpressen wolle, so habe er dennoch solches nicht gegeben ; habe auch zum Vorgewinn gegeben 25 Rthlr.; und die von Lipperheide hetten bey seiner Zeitt 4 Liphölzer uff seinem Hofe gehawe und dieselbe nach der Lippe fahren lassen ; gestalt derselbe auch diese seine aus jage mit äidt zu bekrefftigen erbietig . 13. Jorgen Loers fraw, anfänglich erschiene und nachgehents wegh gange ; Alß haben dero Nachbare, alß nemblich Vienneman, Camp man und der Büscher darüber gefragt und befandt, daß zu des Loeres Hoff gehörig 4 malderje Landes und 1 foder Hewgewächs , darvon ſie jährlichs geben thäte 1 mlr. Roggen, 1 mlr. gerſte, 2 mlr. Habere und 1 ſchuldſchwein; und zum Vorgewin habe sie geben 32 Rthlr. und obgt. Vienneman sagte, die ursach seines Wissens, daß er das Geld darvon ausgezahlt habe ; auch die von Schörlings hetten bey seiner Zeitt uff des Loers Rotten oder Hoffstedde 5 föst liche Bäume daruff abhawe und dieselben nach der Lippe fahren laßen. 14. Dierich Offerman , weile derselbe nicht erſchiene, alß haben Evert Gahelenbrock, Jaßper Schmidt und Wirich Vegetasche, alß des Over mans nechste Nachbarn, darvon deponirt, daß des Overmans Rotten ein Abdinghover grund seye, und gebe Järlichs nach Schörlinge eine Reichsort, ſönste nichts , weile zu diesem Kotten kein Land gehörig ; und das jeye alles, was sie darvon wiße ; auch sein diese Vorgt. sechß¹ ) Nachbarn ihre dieserwege auch gethane deposition erfordern mit leiblichem äidte zu bekreftigen erbietig . Diesemnach hat auch obgtr. Her. Syndicus Brandt begehrt , zwei von den ältesten ahn äidtsstatt abzufragen : 1. Wieviel Lipphölzer auß den Abdinghoffs -Büschen, alß aus dem Schülenkampff, Engsterlohe und andern Anschössern von dem hauß Schörlinge ahn der Lippe verkauft sei. 2. Ob solche Büsche vor 30, 40 und 50 Jahren nicht besser sein . gewesen als jezunder und vors 3. Ob nicht ohnerachtet der von HEr. Praelaten jehl . Verbottener Verwüstung, auch beschehener gerichtliche arrestirung der hölzer, so
1 ) Die Frauen mitgerechnet !
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ahn der Lippe gelegen, dannoch ad 2000 Lipphölzer plus minus uff dem grunde Verhanden sein. Hierauff wert Geſjelen Brief praevia avisatione de dicenda veritate et perjurio abgefragt und deponirte ad 1. daß Er bey die drenßig Jahre alda umbgange. und were vor und nach viel Bäume auf Vorgt. Högern geharden ; toie viell aber derselben gewesen, könne er nicht eigentlich jage; vermeinet aber, daß dieselben ahn die sieben oder acht hundert gewejen ſein jollen; hette auch vor etliche Jahre auf Befehl des HEr. Praelaten Dücker als Hobsherrn dem HEr. Bürger meister Opsoven zu Recklinghausen als Werdiſchen Hoff-Schulthenſe die Stämme weisen müssen, alß der arrest ahn der Lippe geschehen ; so aber hernach viell aufgerottet und sich Verlofe.
ad 2. jagte ja, ſie jie
were woll einmahi zu gutt geweſe an große Bäume, ſonſt wer daßzelbe mit Zuthun der Hobsleuthe woll wiederum bepottet. ad 3. jagte deponens, daß noch woll 1000 authe Liphölzer, jede ad 10 Rthlr. ohn gefehr werht, darin noch vorhande. Philips Vienneman, gleichfals praevia avisatione de di cenda veritate et perjurio deponirte, daß ungefehr bey seiner Zeit woll 1000 Väume, jedoch plus minus aus Vorgt. Hölzern gehawe und Verkauft worden ; ad 2. jagte Ja, ſie [ were] woll einmal so guth geweje und hette vor der Zeitt, als uff Viennemans guth gefomme, den Baw meister Dienst usfem Hauß Schörlinge ein Zeitt lang Vertrette, und noch darvor als wege Meiring, warauff gebohre, jebottet worde, gejehe, daß sie drey oder vier Väume herunter hawe müſſe, che sie eine zur Erde bringe könne ; ad 3. deponirte, ej weren noch woll 1000 Lip hölzer auff gemeltem grunde vorhanden , wenn es schon noch mehr were. Nachdem nun vorveſchriebenermaße alles alſo vor uns paſſiret und deponirt worde, Alß habe Wir Richter obgemeldet, zu Urkund der wahrheit unser Insiegell neben des Gerichtschreibers äigenhändiger underschrift hierunter uffs spatium von gerichtswegen getrücket, ſo geschehen, den 28. Juny Anno 1672.
(L. S.)
Petrus Solling, civitat . Implis. Judicii Scriba subscripsit.
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XVII. Ferdinand, Abt der Gotteshäuser Werden und Helmstädt, Appellant. ('. die Kommandeure und Stapitulare zu St. Johann und Kordula in Koeln, Appellaten. 1674. (Staatsarchiv Wetlar. Preußen littera W. N. 657/2036 639 Vl . Fol. ) Im Werdener Kloster lebte eine Zeitlang der Conventuale Eber hard Anton Faber, der „ eßliche Jahre in beneficio curato versirt und sich dabey ein zimbliches peculium asquirirt ". Aus seinem Ver mögen hatte er im Jahre 1652 den Kommandeuren¹ ) und Kapitularen zu St. Johann und Stordula in Köln ) , die durch die hessischen Kriegs bedrückungen in Geldnoth gerathen waren, ein Darlehen von 1000 Rtbr. gegeben.
In der Schuldurkunde, die er auf seinen Vater
Jacob Faber ausſtellen ließ , heißt es, „ daß die summa geldes zu des Gotteshaußes Kundbahren besten, frommen und nugen vorgestreckt sei.". Die festgesetzten Zinjen von 50 Rthr. waren an den Mönch Anton Faber bis zu seinem Tode im Jahre 1658 ) regelmäßig bezahlt worden. Nach altem Serkommen fiel bei dem Ableben eines Kloster bruders deſſen Hinterlaſſenſchaft mit nur wenigen Abzügen dem Kloſter 3. ) Der Abt von Werden machte in Folge dessen seine Ansprüche auf die Zinsen bei den Kommandeuren u. s. w. geltend. Dieſelben er flärten aber ausweichend, daß Ihnen die Aebte zu St. Pantaleon, Tent, Martini und Brauweiler ebenfalls schuldig wehren, und wan selbige deren Zinßen bezahlten, Sie alzdan auch bezahlen könnten ". Da ungefähr 10 Jahre lang feine Zinsen bezahlt worden waren, klagte Abt Adolf II . von Werden ( 1667-1670) bei dem Kölner Officialate auf Rückzahlung des Darlehens. Von seinem Nachfolger Abt Ferdinand (1670--1706 ) wurde die Gesammtschuld der Kommandeure, nämlich)
1 ) Kommandeure oder Komthure hießen die Ordensritter, denen die Ver waltung eines Hauses anvertraut worden war (commendare) . 2) Im Jahre 1278 hatte man im Garten des Johanniter-Hospitals das Grab der hl. Kordula, die zur Genoſſenſchaft der hl . Ursula gehört haben soll, entdeckt ; seitdem wurde das Hospital zu den „ hl. Johannes und Kordula“ oder in der kölnischen Volkssprache „ Jakorden“ genannt. 3) In den Werdener Annalen S. 183 wird aus dem Catalogus abbatum von Roskamp mitgetheilt : R. p. Antonius Faber, hic professus , obüt Coloniae eodem anno 1658 12. Maji ad s. Machabaeos. ibidem ultus. 4 ) In den Werdener Annalen S. 61 Anm. 93 sind die von Abt Albero im Jahre 1259 getroffenen Bestimmungen, welche bezüglich der Hinterlaſſenſchaft eines Bruders beobachtet werden mußten, mitgetheilt .
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1000 Nthr. Kapital und die Zinsen bis zum Jahre 1671 im Betrage von 700 Rthr., an den abteilichen Anwalt Dr. juris Gerhard Rensing gegen Heraußgebung eines mercklichen stück Geldes und für noch competirende anſchnliche salarien" abgetreten.
Als dieser nunmehr
die Summe einforderte, leugneten die Kommandeure die Schuld zwar nicht, jedoch verzögerten ſie die Zahlung, ſo daß auch Dr. Renſing ſich genöthigt jah, den unter Abt Adolf bereits begonnenen Proceß wieder aufzunehmen. Jezt aber erhoben die Kommandeure allerlei Einreden. gegen die Gültigkeit der Schuldverschreibung ; dieselbe laute nicht auf den Conventualen Anton Faber, weshalb der Abt von Werden keinerlei Ansprüche habe ; auch fehle der Schuldurkunde die rechtsgültige Form. Hiergegen machte Dr. Renſing geltend , der Conventuale Anton Faber habe den Namen seines Vaters in die Obligation nur aufnehmen laſſen, weil er „seines in beneficio curato acquirirten peculij und extra clausuram eroberten Geldes nit bekandt ſein wollen", that sächlich sei die Schuldurkunde immer in seinem Beſiße geweſen, und er habe auch die Zinsen stets erhoben und genossen ; allein das Kölner Officialat wies durch Urtheil vom 27 Februar, beziehungsweise 9. März 1674 den Kläger ab, ſofern die Kommandeure gewiſſe Voraus segungen beeiden wollten. Lettere leisteten den ihnen zugeschobenen Eid nicht, sondern appellirten an den päpstlichen Nuntius in Köln . Hiergegen und gegen das Urtheil des Kölner Officialates¹ ; wandten sich Abt Ferdinand und Dr. Renſing an das RKG.²) , welches am 7. Mai 1674 die Kommandeure und das kurkölnische Officialat vorlud und zugleich ein Verbot erließ, die Sache vor dem apoſtoliſchen Nuntius zu verhandeln, da nach dem Reichsreceß vom Jahre 1654 über Civilsachen außerhalb des Reiches nicht verhandelt werden dürfe . Es folgen nun Zeugenvernehmungen über die Vermögensverhältniſſe der Kommandeure, ferner ob das Geld wirklich ausgezahlt worden sei ; lepteres wird von einem Johan von Verchheimb in Kettwig bezeugt. welcher der Auszahlung in Köln beigewohnt hatte ; ferner ob 1) Die Aften der 1. Instanz, welche dem RKG. vorgelegt wurden, tragen als Aufschrift den Vers Pf. 30, 31 : Mutuabitur peccator et non solvet , justus autem miseretur et tribuet. 2) In der dem RKG . vorgelegten Urkunde heißt es, daß die Kommandeure „ vast ungewissenhaft und ungezweifelt auf übele anliſtung deren Advocaten gegen mehrgenannte Obligation excipiendo cingebracht, 1. non esse numeratam pecuniam, dann 2. hette der Prälat sich zu der Obligation, alß in welcher nit Eberhard Anthon, gewesener Werdischer Profeſſus, ſondern ein tertius, Jakob Faber, benennet, nit Qualificirt und 3. wehre die Obligation mit nit genug samben Solennitaeten ad constituendam Hypothecam in re Ecclesiastica versehen."
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Dr. Renjing die angegebene Summe an den Abt abgeliefert habe u.s.w. Welchen Ausgang die Sache genommen, ist aus den Akten nicht er sichtlich. XVIII. Wirich Langenhorst zu Langenhorſt, Appellant, C. Ferdinand, Abt der Gotteshäuser zu Werden und Helmstädt, Apellaten. 1693. (Staatsarchiv Wezlar.
Preußen littera L. N. 125/355 241 VI . Fol. )
Der Besizer des abteilichen Lehngutes Langenhorst bei Werden, Wirich Heinrich Langenhorst genannt,' ) war bei dem Abte beschuldigt worden, daß er durch Fällen von 40 Eichbäumen innerhalb 2 Jahren die zum Hofe gehörigen Wälder verwüstet habe. Er wurde deshalb von dem Lehnrichter Schorn auf den 23. September 1692 vor das abteiliche Lehngericht geladen und ihm aufgegeben, pares curiae zu ernennen. In der Ladung wird dem Langenhorst vorgeworfen, daß er die Stifftslehen, Ober- und Nieder-Langenhorst und andere dazu gehörige Stücke durch höchſt ſchädliche abhawung und devastation deß zu gemeltem Lehen gehörigen Gehölzes ein merkliches deteriorirt und einen unerſeßlichen Schaden zugefügt habe, wodurch die Lehen ipso jure caduc und Ihrer Hochw , und dero Stifft anheimbgefallen seien“ . Die von Seiten der Abtei ernannten pares curiae, Johann Greef und Johann Ophof, waren im Termine zugegen, während Langenhorst zwar auch erschien, aber ohne pares curiae.
Da das Lehngericht in
Folge dessen nicht verhandeln konnte, ſo wurde Langenhorst auf Antrag ein neuer Termin angeordnet mit der Weisung, daß, wenn er des fiscalischen Anwalts in die Kosten verurtheilt und ihm zugleich ein neuer Termin angeordnet, mit der Weisung, daß, we dann noch keine pares curiae ernannt habe, ohne dieselben verfahren werde. Am 1. Oktober bestellte Langenhorst als pares curiae Kaspar Rating und Heinrich Osten und als seinen procurator Jörgen Bynen, der sich jedoch durch den Advocaten Keller vertreten ließ . Da Keller viel auf Reiſen war, und weil „Ihn (Langenhorſt) Gott dieſer Zeit und ſein ganzeß Hauß mit Knecht und Mägden nach seinem unerforſchlicher Rath und Willen auf das Siegbette gelegt, daß er darob izzo seinen jachen nitt nachgehen kann“, so bittet er in der weiteren Verhandlung 1) Die Hofbesiver pflegten den Namen des Hofes anzunehmen ; dazu führten sie wohl auch ihren Familiennamen mit der Bezeichnung „ genannt“ .
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wiederholt,
umb Gottes undt der gerechtigtfeit Willen ihn nicht zu
übercilen". Gegen das Lehngericht macht er geltend, daß dasselbe in Folge seiner Zuſammenſeßung „ auf die Seite des Lehnherrn inclinire". Daß die Waldungen durch ihn devastirt" worden seien, bestreitet er; er habe dieselben vielmehr durch Anpflanzen neuer Bäume „ meliorirt". zudem ſei ihm auch geſtattet, den einen oder anderen Baum zu fällen, wenn der Wald, wie hier, zu „ dicke“ ſtände. Eine vom Lehngerichte an geordnete Ortsbesichtigung , zu der sich weder Langenhorst noch sein Anwalt eingefunden hatten, ergab, daß; 59 abgehauene Stämme von 2-5 Fuß vorhanden waren, die „ dem augenschein nach in etwa 3 oder 4 Jahren ungefähr entblöset worden". Das Lehngericht entschied des halb im Dezember 1692 zu Gunsten des flagenden Abtes. Hiergegen appellirte Wirich) Langenhorst an das R&G., welches am 9. August 1693 für Abt Ferdinand eine Vorladung ergeben ließ. In der silageschrift bestritt der Appellant hauptsächlich die Unbefange heit des Lehngerichtes, weil der Lehnrichter abteilicher Beamter, ſomit der Abt släger und Richter gewiſſermaßzen in einer Perſon ſei ; auch ſpricht er den ernannten pares curiae, die „ einfältige ſchlichte Leuthe“ seien, jedes selbstständige Urtheil ab. ) Der Anwalt des Abtes machte dagegen geltend, daß bei der uralten Werdener Lehn- und Mann Rammer in allen Lehnstreitigkeiten, auch solchen zwischen Lehnherrn und den Vaſallen, stets verhandelt worden sei . Der Lehnrichter werde nicht für den einzelnen Prozeß vom Abte ernannt, ſondern ſei ordi narius und perpetuns .
Ernannt würden nur von beiden Seiten die
pares curiae. Wenn dem Langenhorst die Qualität der letzteren nicht gefalle,
warumb sei er dann an so vielen Erfahrenen, gelehrten und
graduirten geist- und weltlichen, hohen und niedrigen Vajallen vorbei gegangen und habe darauß nur schlechte und einfältige Leuthe zu paribus ernennt".
Er beantragte, die Sache ad priorem judicem
zurückzuverweisen. Am 19. August 1694 bezeugen zu Gunsten des Langenhorst 8 Personen, daß derselbe den Wald durch Abhauen von Bäumen feineswegs verwüstet habe, daß
seine Eltern und Vorfahren
jederzeit ohn jemandßz Einspruch) in solcher possession und Nießbrauch deß gehölzes und der Waldung nach freiem ihrem Belieben gewesen und ſich deſſen ihres rechtes bedient haben“. Der Prozeß endete am 29. März 1718. Das Urtheil ist in den Akten nicht vorhanden. 1 ) Den tenor schedullae fiche Beilage.
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Beilage. Appellationsschrift des Wirich Langenhorſt gegen Abt Ferdinand, 1692. Euch gebe ich hiermit auß tringender noth zu erkennen, waßgeſtalt Jah mit meinem gnädigen Lehnherrir Sr. Hochw . Gnaden Ihrer prae laten zu Werden p. p. wegen meines bey der Abtei zu Lehen rührenden guths, Langenhorst genandt,, in Rechtstreit verfallen. Die wahre Ursach dessen ist mehr Mißgunſt und Nachstellung, deren feindtlichen Bedeuten (die mich gern auff ein koſten und schaden treiben wollen ) der Vor wandt contra evidentiam facti, alß hebbe ich solches guts meines theils in etwa deteriorirt und daß verdeckte Absehen, gestalt mich comminata in speciem actione ad caducitatem et privationem mihr zu überfahren, dahrunter den von Gott erlangten geringlichen, mihr aber mißgönnten Segen mit Mich zu teillen und Mein und Meinen Vorfahren offene gerechtſame anmaßlichen zu schmälern. Nun bin ich zwar meinestheils zur rechtlichen discussion der fachen und dieser ohnpilligen Zutringung fiducia causae et pro tuendo jure meo ganz willig und bereit, einzig und bloß begehrendt, daß mihr ein ordentliches ohnparteyliches judicium
feudale
utrinque
electis
paribus curiae et judice tanquam potissima parte Duce et Imperatore judicii möge formiret, eine gleichheit darunter juxta tenorem et formam juris feudalis gehalten und mit beider theile zuthuen judex et pares gejetet werden. Anstatt dessen aber unter nimpt man sich Lehensherschaftlicher Seyten (nuhr umb mich nach dem führenden verdukten Absehn eygenen gefallens zu zauſen und ex mera dissidentia causae) der eigenen officialem pro Judice feudali Mihe zu obtrudiren , mithin sibi officialibus suis daß arbitrium judi candi in causa propria zuzueignen und dadurch auch Mihr daßelbig gravamen gegen alle gemeine Rechte und abſonderliche jura feudalia, fortan gegen observantiam zuzufügen, worüber vor mich bereits andere verschiedentlich ad augustissimam Cameram Imperialem provocirt, daß heilsame beneficium Appellationis ergriffen und plenarios processus toties quoties erhalten haben. Nicht daß allein, jondern man obtrudiret Mihr auch solche pares, die als einfältige, schlichte Leuthe literarum ignari et rerum forensium prorsus expertes, nur personae mutae in judicio ſein, daß dannenhero dießfalls alles auff den angemasten judicem anfömpt und sie nicht ein wort dazu geben können, dieser aber nämlich Judex praesumtus ab ipso Domino allein fein dependentz hatt und deſſen privatus officialis ist, verfolglich daß gange judicium ſolcher geſtalt auff die
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andere seite höchstgefärlich) incliniren und ipse dominus directus per officialem suum daß arbitrium iudicandi in causa propria ſich ſelbſten zueignen will . Ich kan auch pro mea parte dieſes oorts keine eigentliche pares curiae erfunden, alß nur zween einfältige Leuthe, die sich zwar pro paribus außgeben, ohne jedoch daß mir bewußt ſey, ob jie einiges vasallagium praestiret haben oder nicht, ut proinde res eodem recidat, ob judex a domino constitutus ejusque officialis alleine seye oder ob Er mutas personas literarum quippe ignaras et rerum forensium expertes neben sich habe, wie dan derselbe ſich ſo gleich auff einseitiges anordnen in hac non inter convallos sed inter Dominum et vasallum vertente causa Mich gang incompe tenter et tumultuarie zu citiren und abzuladen unterstanden, auch in ipso litis nondum coeptae, nondum contestatae exordine partialitatem suam nimiam gröblich und praemature
verrathen
und mich sofort nimio judicii lapsu ad primam illam eamque simplicem citationem, quae trina requiritur in feudalibus, eaque praecisa justis intervallis distincta, ut in contumacia constituatur reus, ja Ehe dan Mihr die geringste Klag zugestellet, Ehe dan ein ordentliches judicium formiret und Mihr die geringste Zeit delibe randi ad libellum num cedere an contendere velim, nachgelaſſen anmaßlicher nuhr attentando et mera vi pro contumace erkläret und nullo existente contumaciae vestigio gegen alle rechtliche principia, contra communes juris feudalis specialissimi regulas, normam et formam ad refundendum expensas diei illius
seu
sessionis suae primae anmaßlichen compelliret, Ja auch über dieß alles mithin und per decretum vom 18. nechst abgewichenen 10. bis (6/16 Decemb. 1692) hujus sequentis tenoris. u . j . m . XIX . Coelestin, Abt des Gotteshaujes Werden und Helmstädt, Appellant, C. Johann Diederich in den Tilmanshöfen u. Gen., Appellaten . 1718.
(Staatsarchiv Wetlar. Preußen littera W. N. 661/2040 341 BI . Fol . ) Auf der Flandersbeck, im Kirchspiel Wülfrath, Herzogthum Berg, lagen zwei Höfe, jego einer in den Tilmans und der andere in den Maßhöfen genannt “, die seit Jahrhunderten als Lehngüter der Abtei Werden betrachtet worden waren. Aus alten Urkunden ließ sich nach weisen, daß schon im Jahre 1335 Conrad von Ellner, im Jahre 1497
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von Gale und im Jahre 1554 Wilhelm von Vernjau, bergischer Marschall und Herr zum Hardenberg, dieselben von dem Abte zu Werden als Lehen erhalten hatten. Nach dem Tode des Wilhelm von Bernjau wurde lant Reverjal vom 5. Februar 1574 dessen Sohn Wilhelm mit dem Maaßhof und dessen Tochtermann Aleff von Effern mit dem Tilmans-Hof belehnt. Seit der Zeit galt das Maaßgut unbe ſtritten als abteiliches Lehen,
dagegen betrachteten die Besizer des Tilmansgutes ihren Hof, den sie gegen eine jährliche Abgabe von 25 Maltern Früchten und 2 Schweinen zu Dienstmans Rechten¹ ) " von den Grafen von Effern gepachtet hatten als Erbpachtsgut. Nachdem Anfangs des 18. Jahrhunderts der Inhaber des Hofes gestorben und die Wittwe eine 2. Ehe eingegangen war, unterließ man es, denselben von der Reichsabtei Werden als Lehen zu „ gesinnen". In Folge dessen erhob der Abt bei der Werdener Lehnkammer die Caducitätsflage und wollte das heimbgefallene Lehen einziehen". Hiergegen wandten sich die Hofbefizer am 10. Dezember 1710 an den furfürstlichen Pfalz-, Jülich) , bergischen Hofrath, der zu Kommissaren in dieser Sache die Räthe Bardenhewer und Reimer ernannte. In der Situng vom 2. Januar 1711 beantragte der Anwalt des Abtes Licentiat Schorn auf Grund der vorerwähnten früheren Belehnungen die gerichtliche Aner kennung der Lehnrührigkeit des Tilmanshofes und die Verweisung des Inhabers an die Werdener Lehnkammer, während der Vertreter des legteren auf einen Erbpachtsvertrag aus dem Jahre 1471 und den unvordenklichen Besit sich berief und um Verweisung der Sache an das ordentliche Gericht zu Angermund bat. Der Behauptung des 200 jährigen Besites wurde abteilicherseits entgegengehalten, daß die Vor gänger der Beklagten nur Pächter der Grafen von Effern, die in einem Briefe vom 30. August 1669 die Lehnbarkeit noch anerkannt hätten, gewesen seien und als solche niemals in libertatem feudalitatis hätten gelangen können. Das Gericht beſchloß , die Vormünder des noch nicht großzjährigen Sohnes aus 1. Ehe, sowie als Rechtsnachfolger der Grafen von Efferen den Geheimrath Fabricius, beziehungsweise die Kinder ſeiner Schweſter, die zum Empfang der Erbpacht berechtigt seien, beizu laden. So gestaltete sich die Verhandlung immer schwieriger und schleppte sich von Jahr zu Jahr hin, so daß der Abt mit Recht klagte, daß das Hofgericht durch allerhand irrelevant und unplaßfindlichen
1) Während bei den Mannlehen nur nasculi in linea recta descendentes erbberechtigt waren, folgten bei den Dienstmannslehen masculis non existentibus etiam famellae.
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Aufzüge die Sache in die Länge ziehe". Auch das Urtheil¹ ) vom 30. April 1718, welches die Vorlage des Erbpachtvertrags innerhalb 14 Tagen forderte und dem unterdessen großzjährig gewordenen Sohne die Einsicht der Akten gestattete, führte die Sache nicht zu Ende. „Um schleuniger und besseres Recht zu bekommen" appellirte endlich Abt Coelestin von Geismar ( 1706-19) an das RKG., welches am 16. Juli 1718 den Johann Diederich in den Tilmanshöfen und Genossen vorlud. Der Abt beauftragte am 28. September 1718 jeinen Procurator Dr. Franz Peter Jung, das juramentum calumniae ) abzulegen. Am 12. März 1722 entschied das RsG. zu Gunsten der Abtei Werden. XX .
F Edmund Walter von Brabeck, hochfürſtlich Münſteriſchez Leutnant, Appellant, C. Abt Coelestin von Werden, Appellaten. 1720. (Staatsarchiv Weglar. Preußen littera B. N. 212/2293 1. vol . 106 Bl. Fol. und 2. vol . 569 VI . Fol . ) Die Höfe Brabeck und Hacksfurth mit den zugehörigen Gütern, Friedhof und Heide, im Kirchspiel Kirchhellen gelegen , waren ſeit alter Zeit Lehngüter der Abtei Werden und an das Miniſterialengeſchlecht derer von Brabec ausgethan. In den Prozeßzakten heißt es darüber : „Das Haus Brabeck ist ein freier landtagsmässiger Rittersi seit vielen 100 Jahren gewesen und hat soviel Güter unter sich, daß ein Adelicher darauf ein rittermäßige Haußhaltung führen und adelich leben kann; es genießt Exemption von allen gemeinen Lasten und es klebt dem Hauſe Vrabeck ſeit ohndenklichen Zeiten des groben wildts Jagdt an. 1 ) Das Urtheil_lautet im wesentlichen Theile : „ Würde der Beklagte und dessen großjähriger Sohn aus erster Ehe den hinter sich habenden Erbpfachts brieff oder sonstigen Beweis über die in tali qualitate ihrerseits allegirten a tempore inmemoriali continuirten ruhigen Beſiß des Guts in den Tilmans höfen in originali ad protocollum gebührendt exhibiren, wozu ihnen 14 Tage Zeit gelaſſen, dan wird der großjährige Sohn ad exonerationem curatorum hiemit inspectio actorum verſtattet und demſelben innerhalb der beſtimmten Zeit coram commissione einzukommen auferlegt. " 2 ) Nach der Feſtſeßung des Reichstagsabſchiedes zu Regensburg vom Jahre 1654 ſollte der Kläger im juramentum calumniae beſchwören, daß er eine gerechte Sache zu vertreten glaube, daß das was er vorbringe und begehre, „nicht aus Gefahrde oder böjer Meinung, noch Aufſchub und Verlängerung der Sachen, sondern allein zu Nothdurft geschehe, daß er die Wahrheit nicht ver halten wolle" u . s. w . (So in obiger Gerichtsakte.)
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Dasselbe gilt von dem Haus Hacksfurth ." Trotz der guten Cinkünfte des Lehngutes war dessen Vesizer Freiherr Johann Hermann von Brabeck durch sein leichtsinniges und verschwenderisches Leben in voll ständigen Vermögensverfall gerathen . Er ließ die Gebäude verfallen , verwüstete die Wälder durch Abholzen von Bäumen, verpfändete und verkaufte sogar von den lehnrürigen Gütern. Am 17. März 1690 erhob deshalb Abt Ferdinand gegen ihn klage bei der Lehnkammer zu Werden. Abteilicherseits wurden zu pares curiae die adligen Herren : Leo Julius von Sobbe zu Borken und Arnold Johann Vitinghof gt. Schell zu Schellenberg ernannt. J. von Brabeck ſtellte in einem Schreiben an den Abt die Verwüstung in Abrede und entschuldigte sein Nichterscheinen vor dem Lehngericht zuerst mit „Leibesſchwachheit“, ſo dann mit der Unsicherheit der Wege", verursacht durch gewaltsame Eintreibung von rückständigen Geldern in Vest Recklinghausen durch kurfürſtlich brandenburgische Soldaten unter einem Regimentsquartier meister und einem Fähnrich , wofür er als Beweis ein Schreiben des Rathes und der Schöffen der Stadt Dorsten beibrachte. ' ) Der fiscalische Amvalt beim Werdener Lehngericht erwidert dagegen, „ daß am 19. Mai die im Best gelegenen Brandenburger executantes die restirende Gelder empfangen und am 20. abmarſchirt ſeien ; allermaßen dieſelben beyde fendrichs mit bey sich habenden fünfzig gemeinen vom 20. bis 21 . in hiesigem Stifft geſtanden und ihren rückmarsch mit den empfangenen Geldern zu deren quartiren genohmen, —— daher jei dieſes Schreiben blos eine tergiversation und prolongation der sach.“ In der „Klag libell“ wird hervorgehoben, daß von Brabeck mehrere „ ansehentliche Lehen“ erhalten habe. Obgleich er solche Lehen ohne Genehmigung des Abtes nicht „veralieniren“, versezen oder verpfände .. dürfe, so habe er Ferner habe er nicht allein das schöne adliche Haus Brabeck ganz verfallen, ſondern auch die Hacksfurth „ demoliren“ und das dazu gehörige Gehölz ganz devaſtiren“ lassen. Endlich habe er die das doch gethan.
Lehngüter sogar verpfändet. Im Termin am 26. September erschien für von Brabeck der Lehnmann Johann Greeff, welcher als Subſtituten den Anwalt Keller cinseste. Letterer erklärte, daß von Brabeck mit dem Abte sich vergleichen wolle und bat um Aufſchub. Das Lehngericht beſchloß aber die „execution“ gegen den von Brabeck, was jedoch nicht zur Ausführung gelangte. Am 26. Februar 1708 Ind Abt Coelestin den von Brabeck von Neuem vor das Lehngericht . Letterer bat wegen seiner mißlichen Ver mögenslage und seiner Leibesschwachheit um "" delation", die auch 1) Siehe Beilage 1 .
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gewährt wurde. Im Termin vom 12. Juni 1708 benannte von Brabec als ſeine pares curiae den Statthalter Grafen von Neſſelrode und den von Vestrem zum Guttacker, von denen der Gerichtsschöffe Johann Duden und der Bürger Kaspar Rating ſubſtituirt wurden. Das Lehngericht forderte nunmehr den von Brabeck auf, ſich im Termine vom 7. Sev tember „ auf die Klaglibell vernehmen zu laſſen“. Leßterer bestritt in der Beantwortung faſt alle Behauptungen der Abtei , worauf der fið calische Anwalt eine Replik von 24 Punkten einreichte. ' ) Am 23. Oktober 1708 ſtellte von Brabeck in einem Schreiben an den Abt von Neuem seine bedrängte Lage dar, worauf ihm ein zweimonatlicher Auf schub gewährt wurde. Im Termine am 24. Januar 1709 übergab der Anwalt des von Brabeck dann die Antwort auf die Replik. Dieſelbe bestreitet im Wesentlichen die gegnerischen Angaben und hebt hervor, die Gebäulichkeiten seien ſchlecht aufgeführt geweſen ; „zudem ſei ſowohl das Wohn- als das Bawhhauß zu der Zeit, als die Kaiserlichen Dorsten belagert, mit kugeln und Munitionen dergeſtalt beläſtigt, daß nit allein das Gewölbe gesunken, sondern auch die schlechtgebauten Mauern niedergefallen; er habe für 6-700 Rthr. eine neue Grundmaner auf führen und die übrigen Gebäude als überflüssig abbrechen lassen. " Auch bestreitet von Brabeck, daß außer dem Wohnhaus und dem Hofplaye etwas lehnrührig sei. Demgegenüber behauptete der abteiliche Fiskal : Wenn von Brabeck noch ein Jahr im Hauſe bliebe, so würde Alles zu ſammenſtürzen, die Flügel seien schon eingefallen . Der Schäfer habe protokollarisch ausgesagt, der Schaffſtall, auf dem er im Sommer habe schlafen wollen, sei so von Wind hin und her geschüttelt worden, daß er fortgelaufen. Auch habe der zeitige Pächter des Gutes Jſenbuſch beim Abte angezeigt, daß von Brabeck Alles verkommen lasse. Weiter legte der Anwalt dem Lehngerichte die alten Reversalbriefe vor, sowie mehrere Schuldverschreibungen des von Brabeck, ſo eine Verpfändung des Freit hofes für eine Anleihe von 150 Rthr. bei dem Rentmeiſter der Stadt Dorsten, Wennemar Venen, eine solche aller Güter für 125 silberne Dukaten, die er von Katharina Mechthild und Maria Benen geliehen, endlich ein Urtheil des RKG. , welches eine Schuld von 30 000 Rthr. zu Gunsten der Wittwe Graf Westerholt beſtätigte und „execution" auf die adeligen Häuser zu Brabeck anordnete. Leßtere hatte ihre Ansprüche auch beim Abte angemeldet. Die Verhandlungen zogen sich nun von einem Termine zum anderen, von einem Jahre zum anderen hin, bis Johann von Brabeck im Jahre 1715 starb. Der fiscalische Anwalt klagte im Termine am 9. April 1715 : „Die bisher geführte acta zeigen, daß 1) Siehe Beilage 2.
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dieser beendeter vasallus diese sach nunmehro so viele Jahre so bößhafft aufhalten und gegen seinen eidt, seinen Lehnherren und diejen process herumbzuführen gesucht und bis dato feinem einzigen Decreto billig parirt, also das vielleicht in 100 Jahren fein bößhafftiger Proceß geführt sein dürfte, alſo daß man sich vor der Erbaren Weit und der heilſamen Juſtiz ſchämen müſſe, daß dahero Veklagten ſo lang wierige Gelegenheit gegeben werden wollen, diesen Proceß dergestalt bößhafft zur ohnsterblichkeit zu führen. Selber gesteht ja per tota Acta, daß Er sich durch seine Liederlichkeit , übele Conduite , verderbliches Leben und ohnverant . wortliche
Handlungen
soweit
gebracht ,
daß
er
keinen Fuß Erden von allenvorelterlichen Güthern mehr besise , auch nicht einmal mehr soviel in bonis habe, daßz Er die Terminalien und copias abſtatten könne ".
Der Anwalt legte
einen Kostenanschlag eines Maurer- und Zimmermeisters über die Reparaturen vor, die an den Gebäuden nöthig, „ wenn sie nicht von einem Windstoß umgeworfen werden sollen". Nach dem Tode des Johann von Brabeck wurde der Prozeß gegen seine Kinder weitergeführt. Der älteste Sohn Edmund Walter, Leutnant in hochfürſtlich Münſteriſchen Dienſten, bat zunächst durch seinen Pro curator Friedrich Weidner, „ da sein Herr Vater in Miseriis verstorben, ihn zum juramentum paupertatis zuzulaſſen“.¹ ) Sodann legte er dar, es gehe ihm zu Herzen, daß sein Vater, wenn selbiger auch in extrema paupertate verstorben, da er doch von uralter adeliger Familie entsproßen, jogar post funera als ein bößhaftiger, liederlicher, seines Lehenseids vergessener traducirt und sonsten gröblichst be. schrieben und ärgerlichst angegriffen werden wolle. Er protestire für sich und seine Familie super injuriis. " Endlich beantragte er die Zu laſſung zur Investitur. Der fiscaliſche Anwalt verlangte, daß er dann auch in die haereditas eintrete, worauf das Lehngericht dem Edmund Walter von Brabeck eine 3monatliche Frist gewährte, damit er aus den Briefschaften seines Vaters prüfen könne, ob er sein Erbe sein wolle oder nicht". Bis zum 19. April 1720 zogen sich noch die Verhandlungen hin, wo endlich das Urtheil des Lehngerichtes dahin gesprochen wurde, daß Johann Hermann von Brabeck seine abteilichen Lehngüter, die Brabeck und Hacksfurth, „verwürkt und dieselben dem Domino directo (dem Abte) mit Zinsen und Früchten heimbgefallen seien, weil er die Güter nicht allein durch unverantwortliche devastation des gehölzes ganz 1 ) Die Ablegung des Eides erfolgte vor einer Kommiſſion des Bischofs zu Münster. Bittschrift und Protokolle in Beilage 3.
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und gar deteriorirt, sondern auch fast alle Pertinentien ohne Ge nehmigung des Abtes theils verpfändet, theils verkauft habe“. Hiergegen appellirte der Leutnant Edmund von Brabeck an das RKG., welches am 12. Dezember 1720 den Abt Coelestin und die Werdener Lehnrichter vorlud.
Der klägerische Procurator rigte, daß
in der Werdener Lehnkammer die Abtei Richter und Kläger in einer Person gewesen, und führte dann für seinen Klienten aus : „ Sein seliger Vater sei durch schwere Proceßze, Krieg, ohnglück und andere schwere zufälle dermaßen erschöpfet worden, das er gar in armuth gerathen, die Kinder nicht unterhalten können, sondern in paupertate verstorben ſet. Er (Kläger ) habe sich deshalb in Kriegsdiensten begeben müſſen ; er habe keine Kenntniß von den Briefschaften des Vaters ; er bestreite, daß sein Vater etwas verkauft habe, er sei nur wegen Armuth nicht im Stande gewesen, die Gebäude wieder herzustellen ; es sei dies keine felonia.
Er für seine Person habe nichts verübt .
Wenn ſein
seliger Vater in dem einen oder anderen Stück hätte behutsamer sein . können, so dürfe er nicht darunter leiden. Er habe nichts geerbt." In den folgenden Verhandlungen werden im Wesentlichen die mitgetheilten Darlegungen vor dem Werdener Lehngericht wiederholt. Am 24. April 1728 sprach das RKG . das Endurtheil, welches lantete : „In Sachen Edmund Walter zu Brabeck armer Parthey Eins wider den Lehnfiscalischen Anwaldt der Abtei zu Werden, Appellaten, anderntheils ist die Sach von Amtswegen vor beschlossen angenommen, daruff und allem Vorbringen nach zu recht erkannt, daß durch Richteren voriger instantz wohl geurtheilt, übel davon appellirt, dahero besagte Urtheil zu confirmiren und zu bestätigen, jedoch dergestalt, daß die genossenen fructus nur a tempore litis zu erstatten seyen, als Wir hiermit confirmiren und bestätigen ; die Gerichtskosten allenthalben derentwegen aufgeloffen aus bewegenden ursachen gegen einander compensirendt und vergleichend. "
Beilage 1 . Wir Bürgermeister, Rath und Scheffen der Stadt Durſten thun kundt, daß von Sr. Churf. Durchl. zu Brandenburg auß diesen Ländern eine Summe Rthr. annoch gefordert werden und zu dem Ende Ein Regimentsquartiermeister, Holtvode genandt, vom Bokumbſchen Regi ment nit allein auzicher Stadt ſondern auch vom platten Lande einige beym Kopf mit gewalt auff Wesel hingeführt und annoch de facto arrestirlich anhalte, auch zugleich Ein Fendrich von der Churfürstl.
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guarden diese execution sowoll wieder die Städte alß dem Lande ohne Verschonung einiger Versohnen fest bedrowen, darumb Wir auf an suchen des von Brabeck bezeugen und attestiren, gar unsicher zu reisen, gleichwie deßwegen von hierauß Einen, ahm 18. hujus außzgeſchrieben Vestischen Landtag zu respiciren wegen diese unsicherheit zu hinter laisen genöthigt worde.
Beilage 2. 1. Daß der Herr Veklagte das Haus Vrabeck nicht allein Dachloß gemacht oder werden lassen, 2. sondern auch die gebünner auffnehmen, wie dan die Eysene, stangen und traillen auß denen senstern außbrechen und verkauffen lassen. 3. Auff'm Vorhoff den ganzen flügel, worin das Bawhauß gewesen, auß dem grund abbrechen und die Materialia anderen hin und wieder verkauffen und 4. das ganze Hauß und Vorhoff dergestalt verwüsten und verfallen laſſen, daß es gar ohnbewohnbar geweſen . 5. Wahr, daß vorm Hauß Brabeck eine solche Waldeney und hohes Eichengehölz gestanden, daß gedachtes Hauß so woll von Weitem als nahebey nit hat gesehen werden können , welches Holz 6. der Hr. Beklagter ganz devaſtiren und abhauen laſſen und ver kauffet. 7. Und wie sein Vatter das Gut mit neuen Postlingen zwar wieder bepflanzen laſſen, ſo hat 8. der jezige Beklagte solche schon angewachſene neue Waldung und Ginsteren wieder abhauen, gar mit den wurzeln auß dem grund: ausrotten laſſen und verkauffet, und das übrige 9. zum Haußz Brabeck gehöriges Eichengehölz, waß der Vatter stehen laſſen, der Herr Beklagte dergeſtalt devaſtirt, daß kaum ein brauch bares Eichenholz darin mehr zu finden, 10. Auch wahr, daß die zum Hauß Brabeck gehörige adliche Bawet ins gejambt, außerhalb weniger scheffelscheidt Landes, ahn verschte dene Creditores und zwar jedes schefffcheidt für 25 rth . versezet. 11. Die zur Brabec gehörige Mühle ahn Doctor Rive und Johan Cremer verfaßt, 12. Auch das Lehn Hackfurth, ein adeliger Sit, ist von grundt aus abgebroche und 13. ruinirt
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14. die Materialia davon nach Kirchhellen und anderwerths verkauft worde. 15. All dessen Pertinentien ohn Länderen undt Wiesen zu verschie denen Kothen gemacht. 16. Dieselben an die Nachbarn Jan Kuhlen, Arnd Loweg, Dierich in der Weyen, Peter Prommendorff etc. verſeßt und eingethan. 17. Auch das Lehn thum buſch von dem Veklagten und ſin Vater ver schieden oppignorirt sey; 18. Auch die darzugehörige Wiese Brackswieje zur halbscheid ahn Vier baure zu Dörſten versezt und die andere halbſcheidt a . Franz Isener verschrieben und wohl gar verkaufft sey. 19. Das zugehörige Holy ſei geſchlagen, ſo daß dort 20. nicht mehr Eichenholy befindlich, alß was vor 15 ad 16 Jahren von denen prächtigern aufs Neu gepflanzt worden. 21. Das Lehn Friedthoff ist verschiedenen creditoribus ganz und gahr eingeräumt. 22. Der zu diesem Guth gehörige Busch, der voll schönen und hohen Eichengehölz war, alſo daß bei mitler maſt woll 100 schweine feist gemacht werden konnten, iſt abgehauen : 23. Das Lehngut die Heide hat Beklagter dem Bürgermeister Joh. Cremer pro allodio verschrieben. 24. Von allen Lehnſtücken ist nicht das geringste mehr übrig, was nicht versett, verschrieben, verkauft oder in anderen Händen ist ; alles ist den Creditoren eingeräumt.
Beilage 3. Schreiben, betreffend den Armuthseid des Edmund von Brabec. Hochwürdigster Fürst, gnädiger Herr. Ew . Hochfürstl. Gnaden soll ich) Endts benannter in Unterthänig feit hinterbringen, waß gestalt von Meinen Eltern herkommende güther. als Brabeck, Hackforth, Lüddeken Schönbecke, von der Freyfrau von Westerholt occupirt worden, darauff aber Mein Herr Vatter sählig specialem Commissionem in specie wegen das Guth Lüddecke ſchön becke vormahlen außgebragt, dieselbe aber wegen Mangel der Mitteln nicht fortsezen können. Inmaßen leyder manniglichen bekant, daß bey dessen absterben ganz nicht übrig geblieben, wie nun in solchen Fällen: juramentum paupertatis ſtattsundt, so gelangt ahn Ew. Hochfürſt.
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Gnaden die unterthänigste Bitt, dieselbe möge geruhen, Mich ad juramentum paupertatis zuzulaſſen undt deſſen abnahme denen ver ordneten Herrn Commissariis gnädigst aufzugeben. Ew. Hochf. Gnaden unterthänigst gehorsamer Diener Edmund Walter von Brabeck zu Brabec. Ihre Hochfürstliche Gnaden zu Münster und Paderborn, unser gnädigster Herr befehlen denen in sachen angeordneten Commissariis hiermit, gedachten supplicanten zum anerbottenen eydt paupertatis in anſehung seiner von ſelbſt Kundtbahrer armuth zu admittiren . Urkundt Hochfürstl. Secret Inſicgel Münſter, 1. Aug. 1715 . Sabbatho 15. Aug. 1715. Erschien ad prothocollum Lieutenandt Edmund Walter von Brabeck und hat in Gefolg gnädigst außgelaſſenen Decrets de Aug. 1715 das juramentum paupertatis avisatione de perjurio pràevià in Krafft der Ordnungh außgeschworen .
XXI. Freiherr Ferdinand von Talwigh und dessen ältester Sohn aus erster Ehe, Kläger, C. Benedict, Abt des Stiftes Werden, Beklagten. 1737. (Staatsarchiv Wezlar. Preußen littera D. N 58/168 193 BI. Fol. und N. 59/169 340 VI . Fol. ) Die Herrlichkeit Deft, Lehngut der Abtei Werden, war in alter Zeit im Besitze derer von Ellner. Den letten männlichen Sprossen dieser Familie, Gerhard von Ellner, belehnte im Jahre 1848 Abt Heinrich Dücker mit den „ Schlößern Oeffte und Rosdelle cum omnibus ap et dependentiis und zwar in specie mit dazugehörigen Lehn stück, die Schalt oder Krippe in der Ruhr oben und neben Defte, das Karr zu Deffte genannt, so eigentlich ein Fischfang ist ". Seine einzige Tochter Gertrud war in erster Ehe mit Diederich Othmar von Erwitten zu Ebbinghausen und Welsenbeck und in zweiter Ehe mit Philipp Werner von Winter zu Bromerskirchen und Elsdorf vermählt. Aus erster Ehe stammte ein Sohn, Ferdinand Ernst von Erwitte, der spätere Abt von Werden, und eine Tochter Elisabeth Ursula, die sich mit Gott fried Arnold von Dornick verehelichte ; aus zweiter Ehe entsprossen 3 Kinder, nämlich Johann, Sigismund Wilhelm und Anna Elisabeth von Winter.
Während die beiden Söhne unverehelicht starben, ver
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mählte sich die Tochter Anna Elisabeth mit Georg Everhard von Dal wigh zu Lichtenfels. Aus dieser Ehe stammte der Kläger Freiherr Ferdinand von Dalwigh ab. Ein wegen der Erbnachfolge entstandener Streit wurde am 29. März 1651 mit Gutheißzung des Herzogs Wolf gang Wilhelm zu Jülich und Berg dahin verglichen, daß die Lehngüter Left und Roßdelle mit den zugehörigen Gütern denen von Erwitte als Kindern erster Ehe verbleiben, nach ihrem und ihrer Kinder Absterben aber denen von Winter zufallen sollten.
In Folge dieses Vergleiches
wurde Ferdinand Ernſt von Erwitte mit Deft belehnt .
Bevor Leßterer
im Kloster zu Werden Profeßz ablegte, übertrug er am 7. Auguſt 1651 seiner Schwester Elisabeth Urjula, Gemahlin des Arnold von Dornick, „die Defftischen und übrigen gereyde und ungereyde, allodial- und feudalgüter" unter der Bedingung, daß seine Schwester und ihr Gemahl zu Behuf des Gotshauses zu Werden auf die lehnbare Spalt eder Krippen- Gerechtigkeit in der Ruhr, die zum Fischfang aufgerichtet ist, auf ewige Zeiten verzichten und dem Gotshause zu Werden 11 200 Rthr. geben solle“. Da die festgesezte Summe nicht vollſtändig bezahlt worden war, wurde am 29. September 1659 ein weiterer Ver trag zwischen Abt Heinrich und Gottfried von Dornick und Gemahlin abgeschlossen, wonach das Gut Rosdelle' und der Hesselbecker Zehnten . für 4000 Rthr. verkauft, der Felderhof zu 400 und 500 Rthr. als Unter pfand eingesetzt und dem Stift Werden die Befugniß eingeräumt wurde, für eine Summe von 4000 Rthr . die zum Haus Oeffte gehörigen Weiden an der Ruhr ſambt dem unnachtheiligen Zaunholz aus dem Billſtein jure pignoris anstatt laufenden Interesse bis zur Entrichtung der Sume zu genießzen" . Aus der Ehe des Gottfried von Dornick und der Elisabeth Ursula von Erwitte stammte Sophie Gertrud, die als legte von Dornick in das freiadlige weltliche Stift zu Rellinghausen eintrat. ) Nachdem sie als decanissa in coelibatu" gestorben war, fiel die Herrlichkeit Left an die oben erwähnten Kinder zweiter Che und zwar an den Sohn der Anna Eliſabeth von Winter und des Frei herrn von Dalwigh. Dieser, der Präsident Ferdinand von Dalwigh, und sein ältester Sohn aus erster Ehe beantragten bei Abt Benedict zu Werden die Belehnung mit Left, freilich „einbegriffen die unrecht mäßigerweise alienirte lehnbare stücker", da sie die vorgenannten Ver träge, zu denen ihre Voreltern nicht zugezogen worden seien, nicht an erkennen könnten. Jedoch fanden sie bei dem „Werdener Prälaten kein
1) Sie ſtiftete für die Kapelle zum hl . Antonius in Oeft wöchentliche Lese meſſen, wofür sie ein Stapital von 3000 Rthr. aus dem Gute Welsenbeck vermachte.
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Ingreß für eine Belehnung in dieser Weise" ; der Abt investirte zwar die Söhne aus erster Ehe „ pro quota", brachte im lebrigen aber die An=3 gelegenheit vor die Lehnkammer. Hiergegen protestirten die von Talwigh und nahmen von dem Haus Left sofort Besit ; sie fingen auch an „ mit Abhauung einiger fruchtbaren Bäume die Büsche Zu devastiren". Abt Venedict strengte nunmehr gegen den Freiherrn von Dalwigh bei dem Werdener Lehngericht eine förmliche „ Cadicutäts flage" an, die er besonders damit begründete, daß derselbe den Tod der Techantin von Dornick nicht in der vorgeschriebenen Zeit angezeigt und das Lehen gemuthet hätte, dagegen seien von ihm die Güter fofort in Besitz genommen und die Wälder verwüstet worden. Hiergegen appellirte der Präsident von Dalwigh und sein ältester Sohn aus erster Che an das RKG . und erlangten auch eine Vorladung des Abtes vom 17. Oktober 1737. Indes fuhr das Werdener Lehngericht fort, in der Sache zu verhandeln. Der Abt ernannte als pares curiae die Frei herrn von Sobbe und von Menghe, als deren Subſtitute die Land gerichtsschöffen Morien und Hellersberg auftraten, die vom Abte für diese Sache des ihm geschworenen Eides entbunden wurden. Freiherr von Talwigh wies jedoch jede Ladung vor das Lehngericht zurück. So bekundet am 19. Oktober 1737 der Notar : „Ich bin gegen 3 Uhr auf Schloßz Deft angekommen und habe um Annahme der Insinuanden gebeten. Als nun der Diener Anthon zu mich bis ahn die lettere Pforte der ersten Brücken in Begleitung des Halbmans Fran gekommen und ich ihme die vorstehende Requiſition u . s. w . präsentirt, die papiere aber auf die erden gefallen, als hat er solche mit Füßen getreten und dabet verschiedene sehr absurde Redensarten gebraucht, wornach ich die vor genannte Infinnanden wieder aufgehoben und ahn der pforten mit einem nagel angeschlagen, hiernach dieser vorg. Anthon im Beisein der Halbmannsfrau gejagt, was der Brief jolle, er wolle selbigen daselbst verbrennen und mich mit Hagel nachschießen. "
Am 6. Juni 1738 er
folgte das Urtheil des Werdener Lehngerichtes, wodurch von Dalwigh, der in den wiederholten Terminen weder erschienen war, noch pares curiae ernannt hatte, in contumaciam verurtheilt und dem klagenden Abte sämmtliche Giiter cum perceptis et percipiendis a die obitus ultimae investitae decanissae de Dornick zugesprochen wurden". Das Lehngericht beauftragte einen Notar mit der Insinuation des Urtheils . Der Notar ließ sich bei dem auf Haus Left gerade anwesen den Freiherrn von Talwigh melden, „ darauf aber", so heißt es in dem Protokolle,
habe von Dalwigh seinen Diener und Jäger, beide mit
Flinten bewaffnet, ſammt 4 oder 5 Knechten zu dem Notario geschickt
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und durch den Laquai dieſem antworten laſſen : Er Notarius ſollte sich sofort ohne vornehmen der Insinuation hinwegmachen, wenn er Arme und Beine ganz behalten wollte. Der Notar habe die Insinuation am Eckpost des Schlagbaumes angeheftet und sich dann schleunigst in die Büsche geschlagen, weil ein großes Geschrei entstanden sei. " Der An walt derer von Dalwigh beschwerte sich beim RKG. , daß in dieser Sache. die doch beim höchsten Gerichtshofe anhängig sei, vor dem Werdener Lehngericht weiter verfahren werde. Er könne die Competenz des Lehn gerichtes nicht anerkennen und müsse auch die pares curiae, weil fie ab imperio et voluntate des Abtes abhängig und im Herzogthum Berg, wozu Deft gehöre, nicht begütert seien, als inhabiles ad constituendum judicium feudale bezeichnen. Wenn ihm vorge worfen werde, daß er die Wälder verwüstet habe, ſo ſeien von der Abtei cbenso die Waldungen bei Roßdelle „ devaſtirt “ worden. Die fraglichen Lehnstücke, nämlich die Krippen bei Deft, das Haus und Gut Roßdelle, der Felderhof, Haſſelbeck und die Weide an der Ruhr hätten stets zu Deft gehört; der Abt habe dieselben auf Grund einer erträumbten Ab findung von Deft trennen wollen." Er habe die Entscheidung des RKG . anrufen müssen, weil ihm vom Abte die Investitur verweigert worden sei. Der Procurator des Abtes Benedict erklärte dagegen, daß er die „ jurisdictio camerae feudalis Werdenensis vor wie nach fundirt erachte"; er wundere sich, daß das RKG . diese Appellation aut genommen habe, und betrachte die „ citatio ein vor allemahl als er schlichen". Der Abt habe die Investitur keineswegs verweigern wollen, sondern durch Eröffnung des Gerichtes viam aperirt, ihre Excep tiones, falls sie deren erhebliche zu haben vermeinen, coram Paribus ab utraque parte eligendis vorzubringen“. Das Urtheil des Lehn gerichtes vom 6. Juni 1738 ſei nach dem Gutachten eines auswärtigen Rechtsgelehrten erfolgt ; auch seien die substituirten pares curiae zu Dienstmannsrechten mit ihren Häusern belehnt, was auch bei den Be sitzern des Hauses Deft der Fall sei ; endlich beruhe die vorgeschobene Furcht der Parteilichkeit der Lehnkammer auf Ungrund “ . Der Pro curator legte dem RKG. die früher erwähnten Verträge vor, die das Recht der Abtei beweisen sollten. Es folgten nunmehr abwechselnd Schriftsäße bis zur Sertuplik. Unterdessen ging Freiherr Ferdinand von Dalwigh am 9. September 1739 mit Tode ab.¹ ) Der Prozeß endete am 13. September 1742, wohl zu Gunsten der von Dalwigh,
1) Er wurde in dem Erbbegräbniß des adeligen Hauses Unterbach auf dem Chor der katholischen Kirche in Eckrath beigejezt.
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da bei der Säcularisation des Stiftes Werden im Jahre 1803 die strittigen Grundstücke thatsächlich im Besige der Herren auf Schloß Deft waren.
XXII. Die Honnschaften des Stiftes Werden und die Eingesessenen von Heijingen und Gen., Appellanten, C. Gerhard Kuhlmann und Gen., Appellaten. 1744. (Staatsarchiv Wetlar.
Preußen littera W. N. 662/2041 65 VI. Fol. )
Im Anjang November 1734 hatten 2 preußische Schwadronen des Sonsfeldschen Dragonerregiments in dem Stift Werden Winterquartier bezogen und waren bis zu ihrem Abzuge am 24. April 1735 mit „Mann und Pferd" verpflegt worden. Bei der Berechnung „jothaner Winter quartirungslaſten wurden ſolche Postulata und Anmuthungen formirt, daß nicht allein die von anderen Ständen des Westphälischen Creyses zu erleichterung ermeldter Laſten gezahlten und dem Stift Werden zu gelegten Concurrenz - Gelder abgangen und ohnbezahlt zurückgeblieben, jondern überdem noch ein ansehnliches ahn baarem Geld behuff er wähnten Esquadronen zur Abwendung angedrohter Execution aus. gezahlt werden müssen. “ Der Reichsabt sah sich genöthigt, 6000 Rthr. auf das Stift Werden aufzunehmen zur Deckung der „mehr der Zeit wegen dan fast täglichen Fourage-Lieferungen, anderen bei der Ge legenheit ohnvermeidlichen Preſſuren, den damaligen verderblichen Durchinärschen nach der Reichsarmee am Oberrhein, Unterhaltung des bei der Reichsarmee stehenden Werdenschen Stifts Contingents zu Fuß und sonstigen Reichs-, Kreis- und Stifts -Nothdurften, (beſonders da bet dieſen Trangſalen die Honn- und Bauerſchaften sowohl in communi als privatim sich in Schulden vertiefen müſſen, und daher keine Mög lichkeit angeſchienen, ein Mehreres von den Unterthanen erzwingen zu können) .“ Als der Abt „ nach altem Brauch “ Bürgermeiſter und Rath der Stadt Werden „bedeuten“ ließ, die Anleihe von 6000 Rthr. zu unter zeichnen und das Kapital bis zur Ablage zu „ verpenſioniren“, weigerten sich
diese dessen guten theils, jodaß dazu durch zulängliche Zwangs
mittel angehalten werden müssen“ . Ein Werdener Bürger, Gerharo Kuhlmann hat ſich ſogar „ unterſtanden, alle Hon- oder Bauerſchaften zu durchlaufen und die Unterthanen wider den Reichsabten anzuheßen“ , indem er das Gerücht verbreitete, die erwähnten „ Concurrenzgelder"
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seien auf der Abtei wirklich ausgezahlt worden, wodurch nicht nur die 6000 Rthr. erjest wären, sondern den Unterthanen noch ein Ansehn liches zu gute fäme und überschießen thäte" . In einem von ihm auf qejetten Scheine" erklärten 13 Vorsteher ' ) , daß sie sich wegen der 6000 Rthr. nicht „ einlaſſen wollen und dem Gerhard Kuhlmann Voll macht geben, zu protestiren". Am 11. Augst 1735 wurde die Vollmacht ) auf Wirich zu Grundſcheidt ausgedehnt und so gefaßt, als wenn sie von „allen Honnschaften des Stifts Werden cum appromissione indem nitatis deputirt seien, Ihro Kgl. Majestät in Preussen, ihrem gnädigen Schuß- und Schirmherrn, dieselbe zu hinterbringen und dabei um gnädige Erleichterung zu bitten".
Sie wandten sich mit ihrem Gesuch
an die Clevisch-Märkische Regierung .
Zur Deckung der Kosten hatten
ſie von einem gewiſſen Neumann in Mülheim an der Ruhr ein Kapital von 300 Rthr. geliehen.
Da keine Rückzahlung erfolgt war, flagte
Letterer bei dem Werdener Landgericht auf Erstattung des Kapitals cum usuris and expensis" . Zu dem Termine wurden 3 Vorsteher, welche die Vollmacht unterſchrieben hatten, beigeladen und durch Urtheil vom 13. März 1742 „praevia liquidatione" zur Zahlung schuldig er klärt.
Da die nachgesuchte Liquidation nicht recht fort
gewollt,
addressirten sich Kuhlmann und Grundſcheid, anstatt daß sie nach dem im Jahre 1666 aufgerichteten Vergleiche entweder bei dem Elev . Märt . Hofgericht oder bei dem abteilich Werdenſchen Commiſſariat elective oppellirten, an die Clevisch-Märkische Regierung" und verlangten jetzt nicht blos von den 3 obengenannten, sondern von allen Vorstehern der Honnschaften des Stiftes Werden Schadloshaltung und Ersatz der auf gewandten Kosten. Sie erreichten auch , daß der Kgl . Preuß . Com missionsrath Mercer im Auftrage der Regierung für alle Vorſteher einen Termin auf den 25. Oktober 1742 in der Behausung der Wittwe Leers ansette, um die Kostenrechnung zu liquidiren, mit der Ver warnung, daß in nicht gelobungsfalle die Rechnung in contumaciam pro liquido gehalten und die Eingesessenen zur Zahlung angehalten werden sollen". Obgleich die Gejammtvorsteher durch einen Notar und 2 Zengen eine "Protestation intimiren ließen und des mehreren an zeigten, daß sie sich auf den Recurs um deswillen nicht einlassen könnten.
1) In der Klagebeantwortung der Abtei wird darauf hingewiesen, daß „ ohne den Magistrat das Städtlein Werden und deren im Dorf Kettwig wenigstens 24 Vorsteher im Stifft Werden sich befinden." 2) Ebendaſelbſt wird bemerkt, daß „ dieſe Vollmacht angeregtermaßen woll auf alle Honſchaften eingerichtet, dennoch nicht mehr als drei Vorsteher und ein ander als Zeuge selbige unterzeichnet haben, auch zwar noch eins fünften Namen darundter erfindlich, dieser aber bekantlich noch das Lesen noch das Schreiben verstanden.“
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weil sie auf das beneficium primae instantiae nicht verzichten. wollten", verurtheilte Kommissionsrath Mercker dieselben zu den Koſten von 800 Rthr. „ sub poena Executionis zwischen dem 26. Oktober und den folgenden Montag zu zahlen“. Dieselben hatten ſich auch mit einem Protest an die Clevisch -Märkische Regierung gewandt ; indes entschied diese in einem am 27. Januar 1744 publicirten Decret", daß die Vorsteher ihr Antheil an der „von dem vermeintlichen¹ ) Abt zu Werden aufgedrungenen Obligationen von 6000 Rthr . und auch der Vergütung der Concurrenzgelder von den Einquartierungskosten u . s . w. ſchuldig jeien, gefolglich es bei der vom Commissionsrath Mercer deshalb an gelegten Liquidation und Reparition lediglich zu belassen sei. Hiergegen appellirten folgende Sonnschafts- Vorsteher an das RHG.: Scholten zu Dahl für die Honnſchaft Schuir, Friedrich Mecken stock für Bredeney, Johann Friedrich Kückelmann für Fiſchlaken, Ludger zu Ruhrberg für Hinsbeck, Adolf zu Simlinghausen für Heidhausen, Kurt in der Hesper für Hamm , Johann Wilhelm Stöckmann² ) für Rodberg, Johann Vernhard König für Heisingen und Johann Thomas Dauffen für Holſterhanſen. Sie machten geltend : Die Obligation von 6000 Rthr. ſei vom Abte den Unterthanen nicht unbilligerweiſe aufge drungen, sondern dieselbe sei „neben andere ohnerträglichen Laſten durch die einquartirt geweſenen preuſſiſchen Truppen aufgedrungen und erzwungen. Es sei platterdings unwahr, daß die Concurrenzgelder jemals auf der Abtei gezahlt worden seien . Wenn es genug jei, vom Abte etwas zu fordern, um die dazu ausgelegten Kosten von gesammten Stiftsunterthanen repetiren zu können, jo mijie daraus die schäd- und verderbliche Folge nothwendig entstehen, daß einem jeden unruhig — widerstreberisch- und verbittertem Kopf dadurch Thor und Angel er öffnet würden, allerhand praetensiones wider den Herrn Reichsabten aus der Luft zu schmieden, darüber zu queruliren und post irritum conatum die dazu verwendete oder angeblich verwendete Koſten tanquam re bene gesta von dem , ohnedem ſo hart durch ohnvermeid liche Ausgaben mitgenommenen gesammten Unterthanen wieder zu fordern, auch wohl diese wegen ohnüberschwenglicher Laſt von Hauß
1 ) Im Anfang des 18. Jahrhunderts wurde von preußischer Seite die Landeshoheit des Abtes bestritten. Der clevische Rath Cocceji ſuchte hierfür einen Rechtsboden zu schaffen in seiner Schrift : „Kurze, jedoch gründliche Vor stellung der Befugnisse Seiner Königlichen Majestät in Preußen als Herzogen zu Cleve und Grafen zu der Mark, gegen den vermeintlichen Abt zu Werden, im Jahre 1711. Indes erkannte ein Beschluß des Reichshofrathes in einem vom Jahre 1714 die Landeshoheit des Abtes an. 2 ) Für den des Schreibens unkundigen Stöckmann unterschreibt der Notar.
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und Hof zu vertreiben ". Sie behaupten, daß die von Kuhlmann und Grundscheidt gemachten Stoften nur 270 Rthr. betrügen, ungerechter weise aber auf 752 Rthr. festgesetzt worden seien.
Das Clevisch.
Märkische Gericht betrachten ſie als incompetent und beantragen, die Sache in die 1. Instanz zurück zu verweisen und die Appellaten zu den so muthwillig verursachten Kosten zu verdammen".
Der Stadt
secretär von Werden, Jungbluth, der in der notariellen Urkunde als Bevollmächtigter der Honnſchaften erscheint, bittet noch), „ das decretum bestens zu sollicitiren, da periculum in mora ist und zu befürchten steht, daß die Clevische Regierung mit der Erecution nechstens fort fahren werde“. Am 17. April 1744 erfolgte die Ladung durch das R& G.¹) Bereits am 14. Januar erließ das RG. zu Weylar ein Mandat an das Clevische Hofgericht und die Appellaten Gerh. Kuhl mann und Wierich zu Grundſcheid, worin bei Strafe von 10 Mark löth . Golds etc. geboten wurde, „ daß Ihr Praesident und Räthe die erlaſſene Executoriales caſſiren und aufheben und von allen ferneren Verfahren abſtehen, Ihr weniger nicht wie auch Ihr gedachte Gerhard Kuhlman und Wierich zu Grundſcheid das allenfalls beigetriebene Geldi mit Ersetzung aller Schaden und Köften restituiren follet “. Dieſes Mandat wurde am 29. Januar 1745 dem Regierungs - Präsidenten von Rasfeld inſinuirt ; er nahm es auch an und sagte, es solle dem „fämblichen Collegio “ vorgetragen werden . 1) Intereſſant ist die Mittheilung des Kammerboten über die Insinuation der Citation in Cleve. Sein Vermerk lautet : „ Meldte mich am 5. Mai 1744 des Morgens um 10 Uhr bei dem H. Archivar Hopp in seinem Hauſe ; demſelben ſagte, ich hette einen Appellations-Prozeß zu inſinuiren, gab mir der H. Hopp zur Antwort, ich müßte mich in des Prinzen Hoff, wo der Herr Praeſident von Raesfeld wohnen dhut, anmelten. Ich begab mich nach des Pringen Hoff des Mittags 1 Uhr, als der Herr von Raesfeld auß seinem Garten kam, und auf der Kutschen Stiege zeigte das Original. Ihre Ercellens nahm selbiges auch in die Hand, las das Imperum so auf dem Original ſtehet ; ich begehre Ihre Ercellenz möchte gnädigst befehlen, wo ich dieſen Appellations-Prozeß ſolte insinuiren, auch zugleich die acta cum rationibus decedendi requiriren, ſo gab mir der Hr. Präsident v. Raesfeld zur Antwort, ich sollte meinem Herrn Principalen sagen, dieſe ſach wär nicht appellabel, er könne es nicht annehmen und die Regierung dürfe es nicht nehmen ; er gab mir das Original wieder. Ich verfügte mich des Nachmittags um 4 Uhr in des Hrn. Archivar Hopp ſein Hauß ; kam zu mir des Hrn. Hopp ſeiner Frau Schwester N. Schriven , der ich jagte, ich käm aus des Herrn Präsidenten von Raesfeld ſeinem Haus, ſie möchte diese Nachrichten dem Herrn Archivar Hopp geben, so bald er nach Hauſe käme ; sie wollte nichts annehmen und dorften auch nicht, wann er nicht zu Hause wär, so legte ich ein dem Criginal gleichlautende Copey nebst 2 Supplicationen in das Haus auf einen Fenster-Rahmen alles nieder, ging fort, sie ruffte aber auß vollem Halß, ich schaute umb, so legte die Magd die schrifften auf ein Holz, ſo auf der Straßen lag.
I
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XXIII. Wittme von Mejchede geb. von Raeßfeld, Appellantin, C. Die fürstlich Werden'sche Hofkammer und Gen. , Appellaten. 1765. (Staatsarchiv Wetlar.
Preußen littera W. N 887/2390 85 Vl . Fol. )
Die Leibeigenschaft,¹ ) die unter dem Einfluſſe des römiſchen Rechtes verschiedentlich an die Stelle der Hörigkeit (als servitus auf gefaßt) getreten war, beſtand in dem Stifte Werden, wie auch in dem 1 ) Schon bei den alten Deutschen gab es wirklich unfreie leibeigene Perſonen ; es waren solche, die im Kriege in die Gefangenschaft eines freien Mannes ge rathen waren oder im Spiele ihre Freiheit verloren hatten . Tacitus beſchreibt ihre Stellung und Thätigkeit in seinem Werke de moribus Germ . c. 25, wie folgt : Die übrigen Sclaven (als römische servi gedacht) brauchen sie (die Deutschen) nicht nach unserer Art, mit bestimmter Vertheilung der Dienſte durch die ganze Dienerschaft . Jeder ist Herr in seiner Wohnung, an seinem eigenen Heerde. Eine bestimmte Lieferung an Getreide oder Vich oder Zeug legt ihm der Herr wie einem Pächter auf, und in so weit ist der Sclave dienstbar ; die übrigen Dienste versehen Frau und Kinder. Daß sie einen Sclaven ſchlagen oder mit Stetten und Zwangsarbeit strafen, kommt selten vor. Daß sie einen tödten ist nicht ungewöhnlich, jedoch nicht zur Strafe und als strenge Herren, sondern im Ungeſtüm und aus Zorn, wie man einen Feind tödtet. Die Frei gelassenen stehen nicht viel über den Sclaven. Selten haben sie einige Geltung im Hause, wie in der Gemeinde, mit einziger Ausnahme der Männer, die unter Königen stehen ! denn dort überflügeln sie sowohl die Freien als den Adel. - Unter den Freigelassenen (liberti ) hat Tacitus die Hörigen (liti, Laten genannt), beziehungsweise die Miniſterialen im Auge. Solche aus dem ſtrengen Zustande der Unfreiheit Entlassene wurden gewöhnlich von dem Herrn gegen beſtimmte Dienste und Abgaben auf seine Grundstücke gesetzt. Sie hatten die Verpflichtung, bei ihren Heirathen die Erlaubniß des Herrn nachzusuchen und nach dem Tode des Hörigen eine kleine Abgabe zu entrichten. Während in manchen Gegenden die Leibeigenen (mancipia) noch einen großen Theil der Landbevölkerung bildeten, verringerte sich ihre Zahl im Stifte Werden durch Begünstigung der Freilassung seitens der Mönche mehr und mehr. Die Con ventualen des Kloſters waren bestrebt, theils in Erwägung, daß die Leibeigen schaft dem göttlichen Worte und der Menschenwürde widerstrebe, theils wohl auch in Rücksicht auf das eigene Intereſſe, ihr durch Schenkungen angewachſenes Grundeigenthum an freie Leute in Pacht zu geben . Lettere gewannen dadurch ein erbliches Nußungsrecht an dem ihnen überwiesenen Stiftseigenthume, so daß der Erbe mit Zuverlässigkeit auf das Gut rechnen durfte, wenn er nur die Winnung und Anerkennung bei dem Herrn darum nachsuchte. Sie gehörten zum Hofverbande und hatten das Recht und die Pflicht, auf dem Hofding zu erſcheinen . Dieses Verhältniß bestand auch für diejenigen zu Recht, welche mittelbar, durch Pachtung von einzelnen Theilen abteilicher Lehngüter, in den Besiß von Stiftseigenthum gelangt waren. Um die Freiheit der Pächter zu wahren, ließ sich die Abtei Werden vor der Belehnung häufig in Reversalen Versprechungen zu Gunsten der Hofesleute geben. Bei Beeinträchtigung ihrer Freiheit nahm sie dieſelben gegen die Lehnträger in Schuß . Müller, Ueber das Güterwesen. Düsseldorf 1816 S. 131 ff. weist auf die vielen Mahnungen und Schreiben der Abtei hin, daß in ihrem Gebiete keine Leibeigenſchaft geduldet
130
benachbarten Stifte Essen, dem Erzstifte Köln und den Herzogthümern Jülich, Cleve, Verg schon seit langer Zeit nicht mehr.¹ )
Da wo herrſch
süchtige Lehnherrn (ſelbſt ministeriales, Dienſtleute genannt) dieſelbe in Beziehung auf ihre Hinterſaſſen in Anspruch nahmen, trat die Abtei stets dagegen auf, und ebenso schütte das Gericht des Oberhofes Bark hofen die Freiheit der Pächter.
Um einen solchen Fall handelt es sich
in dem vorstehenden Processe vor dem RKG.
Freilich kam hier noch
ein Eingriff in die Rechte des Lehnherrn hinzu . Freifrau von Racß feldt, Wittwe von Meschede zu Distendorf hatte nämlich „auf dem abteilichen, im Stift Reclinghausen gelegenen Hobsguth, dem soge nannten Ebbeckenshof zu Delde, eigenmächtig Holz fällen laſſen und dem Pächtiger widder die offenbahren Lehn- und Hobsrechten Leib eigenschaft zugemuthet". Das Gericht des Oberhofes Barkhoven, an welches sich der Abt und der Pächter Johann Heinrich Ebbecke wandten, entschied zu Gunsten des letteren . Hiergegen appellirte die Wittwe von Meschede an das RKG ., welches am 20. Mai 1765 eine Vorladung erließ.
Der Anwalt der
Klägerin beantragte, das Hofgericht als incompetent zu erklären und die Sache an den ordentlichen Richter zu verweisen. Zur Begründung machte er geltend, daß
der Inhaber des Ebbeckensguts zu Delde an
die Reichsabtei Werden und das Kapitel zu Xanten einen sicheren Korn zins wegen einiger zu dieſem Gut gehöriger Parzellen schuldig sei, im Uebrigen aber zum Hauſe Diſtendorff gehörig ſei und verrichten müſſe, was einem leibeigenen Bauer nach Recht und Gerechtigkeit aufliege. Seit unvordenklichen Zeiten sei dieſes niemals
in Zweifel gezogen
worden, selbst der jezige Beſizer habe dieses bis hiehin immer an erkannt, das Gut nach Leibeigenthumsrechten gewonnen, Freikäufe ge thätigt und sich in Allem als ein Leibeigener aufgeführt. Bei Streitig keiten darüber, ob ein Gut lehnrührig sei oder nicht, sei nicht das Hof gericht, sondern der ordentliche Richter zuständig . Demgegenüber hob der Advokat des Abtes hervor, daß nach Ausweis der Werdener Lehn und Hobs- Gerichts -Protokollen und Hob- Registra des Sattelhofes sive curtis Dominicata Helderinghausen de annis 1501-1704 das sog . Ebbeckens Guth tho Oelde, modo Ebekke zu Delde, als ein zu bejagtem Sattelhof Helderinghausen eingehöriges Dingpflichtiges praedium curtiale dergestalten gehalten worden, daß nicht allein die werde, sowie auf die Erkenntniſſe der Hofsleute, beklagt aber auch, verbrieften Abgaben als Ausfluß 1 ) Siehe Müller, Ueber das
des Ober- Sadelhofes Barkhoven zum Schuße daß Leztere häufig die Verpflichtung zu alt= der Leibeigenſchaft verſchreien. Güterwesen a. a. D. S. 129 ff.
1
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zeitlichen desselben Inhabern
davon
die jährliche Pfacht in die
Receptur dießes Sattelhofs würklich entrichtet, sondern auch gleich andern hiehin gehörigen hobsleuthen an den jährlichs gewöhnlichen Pflicht- Tagen des ungebottenen Hobs - Gerichts stets erschienen. " Zum Beweise legte er das Protokoll des ungebotenen Hobsgerichtes des Sattelhofes Helderinghausen vom 21. Mai 1765 vor, worin es heißt „Ebbeken tho Oelde : comparuit colonus Johann Henrich, de manibus nescit respondere, und hätte Ihnen der Renthmeister zu Listendorf nahmens Bruns gesagt, daß ferner beym Hobsgericht nicht erscheinen solte, und so ferner er dabey erschiene, wolte er Ihme die Pferde und Kühe abhohlen lassen. " Der Ausgang der Sache ist nicht ersichtlich.
XXIV. Leutnant Ferdinand Klövekorn, armer Partei, C. den Reichsabten zu Werden und Helmstädt. 1779. (Staatsarchiv Wezlar. Preußen littera K. N. 964/2574 161 Bl . Fol. ) Während der Abt des Stiftes Werden in Friedenszeiten sich etn Commando von 2 Offizieren, 2 Unteroffizieren und 8 Mann hielt, die im Wesentlichen nur zum Gepränge dienten, hatte er in Kriegszeiten. nach
dem vom
Reichstage jeweils
gemachten Anschlage
„Leute,
Pferde u . j. w . “ zur Reichsarmee zu stellen. Zwar mußte er recht oft an die Leistung der Reichshilfe gemahnt werden ; jedoch verhielt er sich gegenüber dem Anerbieten von Brandenburg -Cleve, die Vertretung des Contingents zu übernehmen, sehr lange abwehrend.'¹) Erst durch den Vertrag²) vom 13. Juni 1702 überließ er dem Könige von Preußen, beziehungsweise Cleve „ die Vertretung des abteilichen Contingents der Kavallerie", vorerst nur auf 3 Jahre, thatsächlich aber bis Ende des Jahres 1714, gegen Zahlung von 2000 Rthr . jährlich , während früher 250 Rthr. monatlich dafür gezahlt werden mußten. Nachdem in Jahre 1715 der Niederrheinisch-Westfälische Kreis „ einem jeden Stand die ſelbſteigene Stellung ſeines Contingents “ aufzugeben beschlossen hatte, kündigte der Abt Preußen den Vertrag, indes wurden nach wie vor die Abgaben, 1) Siehe Müller a. a. D. S. 201 ff. 2) Siehe Beilage 1.
ohne dagegen die würkliche
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Vertretung des Contingents zu prästiren, als sogenannte preussische Steuergelder mit einer nicht zu widerstehenden Obermacht mittels der härtesten Militär-Executionen von den abteilichen Stiftsunterthanen jährlichs sowohl zu Kriegs- als zu Friedenszeiten beigetrieben". Troß aller Klagen bei dem kaiserlichen Hofrathe in Wien und ungeachtet der von dort ergangenen Verbote dauerten dieſe Bedrückungen fort. Die Tödtung zweier beurlaubten preußischen Soldaten im Jahre 1768 durch die abteilichen Kreissoldaten bei dem Streite um eine Pforte, führte zur Gefangensetzung des Kreiscontigents in Wesel.
Diese und andere.
Irrungen wurden beglichen im Jahre 1774, indem zwischen dem König Friedrich II. von Preußen und dem Abte Johann ein Vergleich abgeſchloſſen wurde. ') Hiernach übernahm Preußen die Vertretung des Kreis- Contingents an Kavallerie und Infanterie für die früher festgesetten 2000 Rthr. jährlich und überließ es dem Abte, unter Vermittelung eines preußischen Kommissars mit seinen Unterthanen über einen jährlichen Beitrag an Geld zu verhandeln , womit er nach seinem Velieben in Friedenszeiten noch einige Mann schaft halten oder sich für die Zahlung der 2000 Mark entschädigen könnte . Alle Bemühungen des Abtes, einen hinlänglichen Beitrag aus Landesmitteln zum Unterhalte seines Contingents zu erlangen, scheiterten an der Abneigung und dem Widerstreben der Stifts bewohner gegen Reichs- und Kreissteuern.
Deshalb sette schließlich
am 4. Dezember 1776 Preußen den zu leiſtenden Beitrag des Stiftes Werden auf 600 Rthr. „in schlechtem Golde“ fest und legte die noch rückständigen Contributionsgelder und die Kosten der Verhand
1 ) Abgedruckt bei Müller a. a. O. S. 362 ff. Der hier in Betracht kommende Artikel 5 lautet : „ Da ferner wegen der 2000 Rthr., welche bis anhero zum Behuf Sr. königl. Maj . Kriegskasse von denen Werden'schen Eingeſeſſenen erhoben worden, die Abtey Beschwerde führt, und darüber Irrungen obwalten, so erklären Se. königl . Maj . sich aus besonderer Milde und zum Soulagement der Eingesessenen, daß sie gegen besagte durch den Reichsabten zu erhebende und an die märkische Obersteuer-Kaſſa in königl. Preuß . Kaſſamünzen und zwar 3/4 in Silber courant und zu 1/4 in Gold Franco einzuliefernde jährliche 2000 Rhtr. die erforderliche Kriegscontingentsstellung an Kavallerie und Infanteric, und was sonsten das Stift Werden zu der Reichsarmee zu contribuiren ſchuldig, übernehmen, und also die Abtey Werden in Stellung ihres Kriegs -Kontingents bey jeder Gelegenheit vertreten wollen, jedoch ohne Praejudiß und Nachtheil Hochdero Gerechtsame wie auch der Reichsstandschaft des Abten, und der damit verknüpften Rechte ; damit aber auch die Eingesessenen zu Werden durch die bishero von dem Abten zu Friedenszeiten unterhaltene Mannschaft nicht unnöthig beschweret werden mögen, wird der Abt sich mit ihnen über einen gewissen jährlichen Eintrag an Gelde unter der Vermittelung des königl. preußisch. Commissarii vergleichen, wofür er dann nach seinem Belieben einige Mannschaft, oder dieselbe mit der Zeit gänzlich eingehen laſſen und besagten Beitrag für sich nußen könne.
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lung zur Hälfte der Abtei und zur Hälfte den Stiftseingesessenen auf, für jeden Theil einen Beitrag von 4000 Rthr.¹) Da der Abt die 600 Rthr . in „schlechtem Werdenſchen Curs “ nicht
für ausreichend erachtete, hieraus 2 Ober- und soviel Unter-Officiere nebst 8 Mann gemeiner Soldaten mit der sonst gewöhnlichen ganzen Besoldung, den nöthigen Montirungs- und Gewehrstücken und anderen völligen Rüst- und Unterhaltung vor und nach erforderlichen
zur
Nothwendigkeiten zu versehen “, so leitete er die gänzliche Abstellung des Kreis-Contingents in die Wege. Den Hauptmann Benedict Sommer, einen schon betagten und mit Frau und Kindern versehenen Officier, die 2 Unterofficiere und die 8 Gemeinen, ebenmäßig schon alt und beweibt", wollte er mit halbem Solde beibehalten, dagegen gab er dem Fähnrich Friedrich Klövekorn, der erst 30 Jahre alt und dabei „von ansehnlicher Positur, stark und gesund " war, so daß er sich leicht einen anderen „Kriegsdienst “ suchen konnte, die Entlassung mit der Begünstigung, daß er noch 4 Jahre den halben Sold erhalten ſollte, was er später auf eine Bittſchrift des Fähnrichs um Beibehaltung im Dienste oder Auszahlung der zur Erlangung der Fähnrichsstelle ausgelegten 820 Rthr. noch dahin erweiterte, daß er ihm die 4jährige ganze Besoldung oder auf einmal 100 Stück Ducaten verabreichen. wollte.2) Der Fähnrich Friedrich Klövekorn wandte sich nunmehr an das RKG. mit der Bitte, ihn in die ihm widerrechtlich genommene Stelle eines Kreyß-Fähndrichs sowie in das spoliative vorenthaltene und fünftige fallende völlige Salär nebst dieser Stelle anklebenden sonstigen Nuzungen“ wieder einzusetzen und den Abt „allen verur jachten Schaden, Köſten und Zinſen“ erſeßen zu laſſen .
Das RKG .
erließ am 21. Mai 1777 eine Vorladung an den Abt Johann von Werden. Zur Begründung der Klage führte der Vertreter Klövekorns, Procurator Dr. Sachs, Folgendes an : Im Jahre 1771 erklärte der Werdener Fähnrich Nicolaus Hermann von Neheim, daß er wegen seines Alters und anderweiter Beschäfftigungen die titulo oneroso sich verschaffte Fähndrich- Stelle mit Vorwissen und Genehmigung des Herrn Reichs-Abten einem Andern für baares Geld zu übertragen ſic entschlossen habe".
Friedrich Klövekorn, der bis dahin in dem „Fürstl.
Münster'schen von Elverfeldtschen Infanterie-Regiment als Volontär gestanden hatte", trat mit ihm in Unterhandlung, die zu der Ab
1) Siehe Beilage 2. 2) Die Bittschriften des Fähnrichs Klövekorn und die Resolution des Abtes in Beilage 3.
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machung führte, daß er dem Fähnrich von Neheim für die Abtretung der Stelle 820 Rthr . zu zahlen sich verpflichtete, sobald die Bestallung seitens des Abtes erfolgt sei.
Am 14. August 1771 wurde das Patent')
für Klövekorn ausgefertigt, der nunmehr auch die vereinbarte Ab findungssumme und noch als „Präfent" 10 Pistolen an die Fran Fähnrich von Neheim auszahlte, was ihr von dem früheren Fähnrich Hattorf ſchriftlich zugesagt war .
Klövekorn leistete den gewöhnlichen
Offizierseid und war bis zum Dezember 1776 im Genusse seiner Gage von 12 Thlr. cour. monatlich , als ihm durch Schreiben des abteilichen Kanzleisekretärs Lauten mitgetheilt wurde : „daß die Landes- und Stadtfehden ein Ende hätten und der Herr Prälat in Betreff des Kreyß-Contingents sich verglichen habe und dasselbe auf einen andern Fuß zu arrangiren für nöthig fände ; er möge sich um ein anderes Fortune beliebig bemühen". Als Klöveforn von einer Reise nach Osnabrück zurückkehrte, erhielt er am 1. Januar 1777 ſeinen Abschied ohne Anführung der geringsten erheblichen Ursache". In einem Schreiben vom 14. Februar zeigte er dem Abte an, daß er sich von seiner Stelle, die er durch baares Geld an sich gebracht, und worauf er mit Einschluß der von Anfang erforderlichen Equipage und sonstigen Aus gaben über 1000 Rthr. verwandt hätte, auf eine so schimpfliche Art nicht verdrängen lassen könne". Hierauf erfolgte die oben bereits er wähnte Zusage des Abtes, daß er noch 4 Jahre den halben Sold ge nießen solle, und die angeführte Bittschrift Klövekorns und die Resolution des Prälaten .
Der Procurator weist durch einen Auszug
aus dem Tagebuche des Abtes Benedict, eines Oheims des Fähnrichs Klövekorn , nach, daß auch der Abt bei Verleihung der Fähnrichſtelle einen bestimmten Betrag erhalten habe.2)
Auch sei von den Deputirten
in dem Protokolle zu dem Vergleiche vom 4. Dezember 1776 der Wunſch ausgesprochen worden, daß aus den „, 600 Rthr. jährlich denen beiden Offizieren, welche
bekanntermaßen ihre
Stellen
titulo
oneroso
acquirirt und also wider alle Billigkeit auf einmal nicht außer Brod gesetzt werden könnten, entweder das für ihre Stellen ausgelegte Geld auf einmal wieder vergüthet, oder aber dieselben lebenslänglich und bis zu einer anderweiten Promotion beybehalten werden ". Hierbei
1) Die Bestallung des Klövekorn als Fähnrich in Beilage 4. 2) In dem Annotationsbuch des Abtes Benedict de regularibus occo nomicis, politicis innumeris quo accurentibus rebus heißt es unter der Rubrik : Honoraria tempore regiminis nostri mihi data : „ den 9. September 1771 hat uns Wilhelm Schade für unsere Contingentsfahne präsentirt 400 Nthr. “ Im Laufe des Proceſſes bot Abt Johann dem Fähnrich Klövekorn die Auszahlung der 400 Rthr. an.
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habe Justizrath Striebeck mit vieler Einsicht darauf hingewiesen, daß jene 600 Rthr. „behuf der abteilichen Miliz und nicht zu Lustbarkeiten oder sogenannten milden Stiftungen vom Lande eingewilligt worden. seyen". Der Abt habe nicht das Recht, den mit dem Fähnrich Klövekorn abgeschlossenen Vertrag und die Anstellung, die er als eine lebensläng liche betrachtet, einseitig aufzuheben, zumal der Fähnrich sich nichts habe zu Schulden kommen laſſen. Lekterer habe sein ganzes „ Kindstheil “ zur Erlangung der Fähnrichstelle hergegeben, so daß er, obgleich aus ange sehener Familie stammend, jezt ganz ohne Mittel sei und das Armen recht beanspruchen müsse.¹) Da von Seiten des Abtes auf die Klage schrift keine Beantwortung erfolgte, stellte Procurator Dr. Sachs am 10. November 1777 den Antrag, das RKG . wolle seinen Klienten, den Fähnrich Friedrich Klövekorn, in den früheren Stand zurückversetzen. In der Situng des RKG . vom 18. November 1777 wurde dieser An trag
zur Zeit abgeschlagen, sondern solle beklagtem Herrn Abte, um
hierüber seinen umständlichen Bericht innerhalb 6 Wochen, von Zeit der Insinuation an zu rechnen, dieſem Kayserlichen Kammergerichte ver schlossen einzuschicken, zugeschrieben werden. Inmittels versichet man sich zu ermeltem Herrn Abten, derselbe werde Supplicanten Principalen ſein Gehalt prae praeterito et futuro einsweilen auszahlen zu laſſen, von selbsten geneigt ſein.“ Vom 24. Januar 1778 datirt die Klagebeantwortung des Abtes Johann von Werden, die dem RKG. überreicht wurde. Nach Er wähnung der bereits mitgetheilten Geschehnisse, die seinen Vorgänger zu einem Abkommen mit der preußischen Regierung wegen des Kreis contingents gezwungen, „ um die Abtei zu retten, zumal einige prote stantische Rathsmitglieder und Bürger eines Städtchen Werden zur Unterhaltung der in härtester Gefangenschaft in Wesel schmachtenden Mannschaft sogar die Landessteuern verweigert hätten," erklärt der Abt, daß die Fähnrichstelle keineswegs als „stabil " anzuschen sei und „wegen dem Allgemeinen Landeswohl “ eingehen müsse. Nach dem 1) Zum Beweise der Vermögenslosigkeit des Klövekorn legte der Procurator ein Zeugniß des Pastors Osnabrück in Ostercappeln vor ; dasselbe folgt Beilage 5. Der Vater des Fähnrichs war Gograf. Die Gografen (nicht zu verwechseln mit den fränkischen Gaugrafen) finden sich hauptsächlich in Westfalen und Niedersachsen. Sie übten anfänglich die niedere Gerichtsbarkeit aus . Im 14. Jahrhundert war ihre Gewalt aber so bedeutend gestiegen, daß sie als mit der gesammten hohen Gerichtsbarkeit ausgestattete Richter erschienen. Im 15. und 16. Jahrhundert sank dann ihr Ansehen mehr und mehr. Um sie gegen die Concurrenz des Stadt- und späteren Rathsgerichtes zu schüßen, übertrugen ihnen die Erzbischöfe auch wohl stadtrichterliche Befugnisse. Siehe darüber : J. Schmis, die Gogerichte im ehemaligen Herzogthum Westfalen. Inaugural Diſſertation. Münſter 1901 .
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Reichs- Matricularanschlage
brauche
nämlich
das Stift Werden in
Friedenszeiten nur ein jog . simplum“, d. i. 6 Mann Znfanterie und 2 Mann Kavallerie, zu halten, ohne Stellung eines Oberoffiziers ". In dem Patente sei von einer lebenslänglichen Anstellung keine Rede. In Beziehung auf die Person des Fähnrichs Klöveforn bemerkt er, das derselbe in den 5 Jahren, da er wirklich patentisirter streiß Contingent Fähnrich gewesen, jemalen als Officier einen einzigen würklichen Dienſt gethan oder sonst nur zum wirklichen Dienst des Contingents ein Gewehr oder Degen in der Hand gehabt habe ; im Gegentheil sei es Orts- und Landkündig, daß er in solcher fünfjähriger Frist die mehrste Zeit hindurch in seinem Vaterlande, dem Stift Osnabrück, sich auf gehalten und ohne würkliche Dienſtleiſtung seine Besoldung gezogen habe". Wenn er in Werden anwesend gewesen, habe er sich allein mit Jagen divertirt und also zu seiner Dimiſſion ſelbſt genugsam Anlaß gegeben". Mit den bewilligten 600 Rthr. fönne der Abt aber keine „besonders dermalen gant unnöthige Officiere ohne wirkliche Dienst leistung ausserhalb Landes auf den Müssiggang unterhalten“. durch, daß sein Vorgänger den Klövekorn als Fähnrich angenommen. habe, stehe ihm ein besseres Avancement in Aussicht, als wenn er in Münster'schen Diensten geblieben sei, wo er jezt vielleicht noch Volontär sei. Er sei auch bereit, dem Klövekorn bei seiner Entlassung den Cha rakter eines Leutnants gratis zu ertheilen. Was endlich die Ver mögensverhältnisse des Fähnrichs anbetreffe, so sei derselbe nicht bloß von bemittelten Eltern geboren, sondern habe auch noch reiche Ver wandte, die er demnächst beerben werde. Der Abt bittet, in mildester Behertigung der bedrängten Umstände des durch so vielfältige und Langwierige Bedrückungen in die äußerste Unvermögenheit versetten Reichs- Gotteshauses Werden den Kläger abzuweisen“. In der Duplik schickt der Procurator Dr. Sachs voraus, daß in der Zwischenzeit von Seiten des Abtes wohl Vergleichsvorschläge gemacht worden seien, die aber ſein Klient nicht habe annehmen können. Von den bewilligten 600 Rthr. könnte wohl die bisherige Contingents Mann ſchaft unterhalten werden, da in Kriegszeiten ja der König von Preußzen eintrete und während der Eristenz des jetzigen Ueberrests des Contingents die Rüstung und vorhandenen Gewehre zum Paradiren hinlänglich seien.
Nach den Ordensregeln des hl. Venedict müßzten die
Mönche Wohlthätigkeit üben, vor allem übernommene Verpflichtungen erfüllen. Abt Anselm sei als Mitkontrahent des Vertrages zwischen Klövekorn und von Neheim zu betrachten, und deshalb auch der jetzige Abt an denselben gebunden.
Als Klöveforn die Fähnrichstelle ange
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nommen, sei zwar das Contingent noch zu Wejel in Gefangenschaft gewejen, aber nach der Rückkehr desselben habe er seinen Dienſt ange treten. „ So haben unter andern, wie der vorige Herr Reichsabi ge storben und auf dem Paradebette gelegen, die Officiers mit dem Contingent die Menge des sich zudrängenden Volkes in Ordnung ge halten, auch bei dem solennen Einzug des jetzigen Abtes in Werden habe er als Fähnrich mit paradirt.“
Diese Dienste würden auch von dem
Contingente der benachbarten Fürstin von Eſſen verrichtet. Da die Abtei Werden während seiner Dienstzeit keinen Krieg geführt habe, so sei es unedel, ihm wegen des nicht gezückten Degens und der auf Urlaub in seinem Vaterlande zugebrachten Tage Vorwürfe zu machen". Die Abtei Werden befinde sich nicht in kläglichem Ver mögenszustande ; dieselbe habe vielmehr eine jährliche Rente von 50 000 Rthr. und der Abt von 15- bis 18 000 Rthr. In den leßten Jahren sei von ihr noch eine neue Porzellan- und Glasfabrik für 20 bis 25 000 Rthr., sowie 3 Schleusen an der Ruhr für denselben Betrag angelegt worden ; außerdem habe sie eine Reihe Bauerngüter und einen Rittersiz für 12 000 Nthr. gekauft, ohne daß man von Schulden etwas gehört habe. Das Recht auf die durch sein ganzes Vermögen gewisser maßen gekaufte „ Leibrente" könne durch das Blatt Papier, womit der Abt ihn zum Leutnant ernennen wolle, nicht erseßt werden, zumal es sehr zweifelhaft sei, ob " Souverains oder andere Reichsstände darauf Rücksicht nehmen werden". Der Antrag auf Gewährung des Armen rechtes und Wiedereinsetzung in seine Fähnrichstelle und die damit ver bundenen Gage wird vom Procurator Dr. Sachs erneuert. Am 19. Januar 1779 erfolgte ein decretum des RKG., welches lautete : „Auf Vericht und Gegenbericht ist statt des gebettenen mandati citatio erfannt und Supplicanten's Principal ad juramentum et jura paupertatis hiermit gelassen. " Nach Leistung des Eides wurde Fähn rich Klöveforn als „ arme Parthey" betrachtet. Am 16. November erließ das RKG. ein weiteres Decret, wodurch der Abt von Nenem angewiesen . wurde, pendente lite dem Supplicanten nach der Verordnung vom 18. November 1777 das Gehalt auszuzahlen. Wie der Prozeß endeie, ist aus den Akten nicht ersichtlich .
Beilage 1. Seine Königliche Majestät in Preußen, Unser Allergnädigster Herr, haben Ihro den Inhalt des von dem Deputirten des Abts zu Werden am 8. dieses anderweit eingegebenen Memorials gebührend referiren
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lassen. Anlangend die Continuirung des bißherigen Monathlichen Veitrags, welchen der Deputirte Namens seines Prinzipalen völlig aufzuheben die anſuchung gethan, indeſſen doch jährlich 1500 Rthr. zu geben offeriret, wann Seine Königliche Majestät das Stift Werdensche Kreiß-Contingent an Kavallerie und alle übrigen Kreiß-Requiſiten vor gemeltes Stift zu stellen allergnädigst übernehmen wolten, da erklären Hochgedachte Seine Königl. Majestät sich dahin, daß Sie von dem bißherigen Monathlichen Beitrag der 250 Rthr. abstehen und vom erſten laufenden Monaths an ein mehreres nicht als 2000 Rthr. jähr lichs von dem Stift Werden fordern und dagegen dasselbe bei dem Niederrheinisch-Westphälischen Kreiße ratione der zu stellenden Ka vallerie ad 7 Pferden, und was zu Behuf des General-Stabes, Artillerie, samt allem Zubehör und Bedienten an Munition, Commiſſariat, Proviant und Fuhrwerk, Geld, Apothek und was sonsten in der allinirten Kreiß-Verfaſſung davon zu dragen Vorkommen, und des Stifts Werden völliges Contingent darin seyn mögte, in allem zu vertreten , über nehmen wollen. Sie versehen sich dagegen zu dem Abt : Er werde diese Offerte willig annehmen, und dieses eine proportionirte Gegen präſtation zu ſein ſelbſt ermeſſen, welches auf drei folgende Jahren, wenn die gegenwärtige Kreiß-Verfaſſung ſo lang beſtehen wird, wehren und als dann dem Abten dabei zu continuiren oder sein alleiniges Contingent selbst zu stellen frei bleiben solle.
Mehr höchſterwähnte
Seine Königliche Majeſtät verſprechen dem Abt auch hiemit, daß Sie megen vorbesagter sieben Reuter keine Quartiere von dem Stifte forderen vielweniger ins künftig vor Ihro eigene oder an Ihro Kayserl. Majestät oder andere überlassene Truppen die Winter- oder Standt quartiere von demselben gesinnen, sondern sich mit denen vorgemelten 2000 Rthr. vergnügen lassen wollen.
Wegen der Recruten und deren
Anwerbung laſſen Seine Königl. Majeſtät es bei Jhro unterm 3. dieſes gegebenen Allergnädigsten Erklärung bewenden und werden nicht ge statten, daß das Stift dawider beschweret werden solle.' Was sonst Formirung oder Zuſammenſegung der Regimenter zu Fuß angehet, da laſſen SeineKönigl . Majeſtät es bei dem auf dem Kreißtag zu Köln am Rhein im November 1701 concertirten Schema allerdings be wenden, zumahlen Sie nicht willens seyn, darunter vor Ihro Persohn. allein einige Veränderung zu machen.
Seine Königl. Majeſtät jeben
auch nicht ab, warum der Abt ſeine acht und fünfzig Mann Infanterie nicht so lieb bei Jhro, als wie bei der Stadt Köln Truppen seßen oder stellen wolle, können gleichwohl auch geschehen lassen, daß es damit nach der am dritten dieſes ertheilten Reſolution gehalten werde.
Seine
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Königliche Majestät wollen doch allenfalls gar keinen Zuschub zum Regimentsstab oder sonsten prätendiren. Im übrigen versicheren Seine Königliche Majestät den Abt hiemit, daß sie bei Vorkommenden Märschen Ihren eigenen und an Ihro Kayserliche Majestät und andere übergebenen Truppen das Stift Werden, so viel möglich, Verschonen, und wann dieselbe das Stift Werden damit berühren, denen Ein wohneren und Unterthanen daselbst hinführo für jede Mundportion und für jede Pferde-Portion, für jeden Wagen oder Karren so viel, als vormahls und bis jego herkommens gewesen, unverändert gut thuen und bezahlen lassen wollen. Welches offt Höchstgedachte Seine Königl . Majestät dem eingangs gemelten Deputirten zur allergnädigsten Reſolution zu erteilen be fohlen.
Beilage 2. Festseßung des von den Bewohnern des Stifts Werden zum Unterhalte des Kreiscontingents zu leistenden Beitrags von 600 Rthr. und der Vertheilung der noch rückständigen Contributionsgelder. Nachdem in dem über die Werdensche Frrungen den 10. October 1774 zu Berlin geschlossenen Vergleich unter anderen Art. 2 beliebet worden, daß Seine Königl. Majestät von Preussen als Kreiß- aus schreibender Fürst des Niederrheinisch-Westphälischen Kreiſes, Nahmens und ex commissione Kayserl. Majestät einen subdelegirten Rath und Commissarium nach Werden abordne wolten, um die zwischen der Abter und einigen Landeseingesessenen noch obwaltende Irrungen wegen der Contribution, Landesſchulden und Rechnungen und andern dahin ein schlagende Puncte in loco unparteyiſch zu untersuchen und wo möglich zu einem gütlichen Vergleich oder zur Decision einzuleiten, so haben Hochgd. Seine Königl. Majestät von Preussen dero Clevischen geheimen. Regierungsrath Schlechtendal zu solchem Ende im vorigen Jahr nach Werden abgeordnet, der auch obgedachte Irrungen und Beschwehrden aus dem Grund untersuchet und sich viele Mühe gegeben, solche zu ver gleichen, aber nicht überall den gehofften Endzwek erreichen können, indeme bei den angestellten Vergleichunterhandlungen zwar verschiedene Puncten gütlich verglichen worden, wegen einiger anderer und der wichtigsten aber beide Theile sich nicht vereinigen können , sondern viel mehr darauf provociret, daß die noch stritige Puncte alhier zu Berlin von den ministris Jhrer Römisch -Kayserlichen Majestät und Sr. König lichen Majestät von Preußen entschieden und abgethan werden möchten.
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Solchemnach ist der an dem hiesigen Hof subsistirende Kayserlich Königl. Minister Freiherr von Swieten mit den Königl. Preußiſchen Cabinets miniſtern in verschiedenen Conferenzen zusammengetreten, und nachdem die von dem geheimen Rath Schlechtendal eingeschickten ausführlichen Berichte und alle bei der Sache vorgekommenen Umstände reiflich er wogen und discntiret worden, so hat man endlich folgendes Regulativ so wohl über die bereits zu Werden von dem Königl. commissario verglichenen Punkte als über die streitig gebliebene entworfen und festgesetzt, daß sowohl die Abtei als die Landeseingesessenen sich in fünftigen Zeiten beständig darnach richten und die bisherigen Streitig feiten dadurch aufgehoben werden sollen.
Clausulae Concernentes Art. 1 . Wird der zufolge des 5. Artickels des Vergleichs vom 10. Octb. 1774 dem Herrn Abten von dem Lande jährlich zu entrichtende Beitrag an statt des ceffirenden Kreiß-Contingents ein für allemahl auf sechs hundert Rthr. in ordinären, im Werdenschen von Zeit zu Zeit curſiren den Geldes, dergestalt festgesezt, daß sonst dafür weiter nichts , unter teinerlei Vorwand und Benennung von dem Lande geforderet werden könne, es mag der Herr Abt einige Mannschaft für sich halten oder nicht. Art. 31 . Um die ganze Sache aufzugreifen, übernimmt die Abtei von dem ganzen Contributions-Rückstand die Summe von zweitauſend Rthr. und erläßt sie dem Lande oder bezahlt sie für dasselbe. Der reine Contributions -Rückstandt nach Abzug der 2000 Rthr., welchen das Land schuldig bleibt, ist festzusetzen und nach dem Matricular-Anschlag auf die Stadt und jede Torf- und Honnschaft und zwarn auf die jenigen Eingesessenen, die noch wirklich im Rückstand sind und ihre quotam nicht bereits abgetragen haben, zu vertheilen.
Damit auch
wegen solchen Contributions-Rückstandes keine neue Irrungen entstehen mögen, ſo ſoll darüber eine beſondere Rechnung geführet, der Rückstand zu keinem anderen Vehuf als zur bezahlung der annoch zu berichtigen den, in der von dem Landesreceptor Bernardi angefertigten Nach weiſung aufgefürten Poſten verwendet, auch vorzüglich dahin geſehen werden, daß die auf ihre Zahlung am mehrsten dringende creditores zuerst ihre Befriedigung erhalten . Sollte auch dem Lande zu schwer fallen, die Vorgedachten Contributions-Rückstände auf einmahl zu bezahlen, so müßten desfals convenable Termine festgesetzet werden.
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Art. 32. Die in dieser Angelegenheit des Landes verwandten Kosten werden hiemit auf viertqusend Rthr. in Werdenſchen Courant dergestalt feſt gejezet, daß aus denen in den Vergleichs-Vorschlägen des Königl. Commissarii angeführten erheblichen Gründen die Abtei davon zwer tausend Rthr. übernimmt und zweitausend Rthr. auf das ganze Land repartiret werden. Es stehet Beiden frei, solche entweder gleich oder in convenablen Terminen an die meistbeerbte Langenhorst und Stade auszuzahlen oder auch darüber bündige obligationes auszustellen. Gedachter Langenhorst und Stade nebst ihren Comittenten müßzen aber hievon schlechterdings alle ihrerseits verwandte Kosten berichtigen, als wofür sie auch allein und nicht das ganze Landt denjenigen, die deshalb noch etwas rechtlich zu forderen haben mögen, verhaftet bleiben. etc. Finis . Vorstehendes
Regulativ
ist
von
denen
Eingangs
benannten
Stayserl. und stönigl. ministris in verschiedenen gehaltenen Conferen zien und zulegt in der vom 4. Decemb. a. c. entworfen, verglichen und festgesezt worden, welches ich als Königl. geheimer Secretarius hie durch in fidem attestire. Berlin den 4. Decembris 1776.
Johann Daniel
lug e.
Nachdem vorstehendes Allerhöchſten Orts ergangene Regulativ vom 4. Decembris 1776 ſowohl von der Abtei als auch sämtlichen Stadt- und Landes - Eingesessenen bereits in aller Unterthänigkeit ist angenohmen worden, ſo iſt alles dieſes nochmals genehmiget, mithin zu desto mehrerer Festhaltung dieses nicht nur von seiten einer Aller höchst verordneten Commission, sondern auch von seiten der Abtei und Nahmens derselben bevollmächtigten Deputirten, nicht weniger von denen adelichen Landtständen wie auch denen dazu bevollmächtigten Deputirten des hiesigen Magistrats, ferner denen beiden Meistbeerbten Langenhorst und Stade und endlich denen sämmtlichen hiezu bevoll mächtigten Dorf- und Honnschafts- Deputirten unterschrieben. So ge schehen Werden den 9. Jan. 1777. Schlechtendal. Georg Peter Daber, quia Scabinus, Deputatus, Wirich Wilhelm Langenhorst, als Meistbeerbter, Wilhelm Stade, als Meistbeerbter, Johann Herkendel, als Deputirter von Kettwig,
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Johann Heinr. Rommels, als Deputirter von Kettwig, Wilh. Hinninghorn, als Deputirter aus Kettwig-Umstandt, Everhard zu Vergen, als Deputirter aus Kettwig-Umstandt, Johann zu Kremers, als Deputirter aus Jakten, Wilhelm Overbock, Deputirter aus Jckten, Johann Röttgen, Deputirter aus Roskothen, Engel aus Roskothen, als Deputirter aus Roskothen, Henricus Oberwalleney, als Deputirter aus Schuir, Joh. Peter In der Eu, als Deputirter aus Schuir, Heinr. Bremers, als Deputirter aus Bredeney, Dies † hat Lotſchen zu Meckenstock, als Deputirter der Honnſchaft Bredenen eigenhändig gezogen ( in fidem J. W. Jybel Notr. ) W. Meurers, als Spezial Bevollmächtigter Mandatarius deren bei den Honnschaften Heiſingen und Fiſchlaken. Herman Mittelhesper, als Deputirter aus Hamm, Henrikus Sonder im Hamm, als Deputirter aus Hamm, Henrikus Grote, als Deputirter aus Hinsbeck, Wilhelmus Bovermann, als Deputirter aus Hinsbeck, Herm. Landenscheid, als Deputirter aus Rottberg, Henricus auf dem Büßkes, als Deputirter aus Heidhausen, Kochshölter, Nahmens Händer, als Deputirter aus Heidhauſen, Morig Grundſcheid, als Deputirter aus Kleinumſtand, Wilhelmus Grundſcheid, als Deputirter aus Kleinumstand, Jan Heinrich Gref, als Deputirter aus Holsterhausen, Jan Dirich Hufman zu Tüſchen, als Deputirter aus Holsterhauſen.
Beilage 3. Vittschrift des Fähnrichs Kloevekorn vom 22. April 1777 und darauf ergangene Resolution des Abtes. Hochwürdiger Hochwohlgebohrener Herr Abt ! Gnädiger Herr! Ew . Hochhürden Hochwohlgebohren Gnaden haben auf meine wiederholte Anzeige mich zwarn unterm 9. dieſes dahin gnädigst be schieden, daß mir noch auf 4 Jahre lang, um mich inmittels um andern Kriegsdienst bewerben zu können, die Halbscheid der bisherigen fähndrichs - Gage entrichtet werden solle, ein mehreres aber nicht zu accordiren und ich meiner Dienste Völlig zu entlassen seye. Die widrigen Umstände, worin ich mich gegen alles Verschulden leider ver sebet finde und Ew. Hochwürden Hochwohlgebohren Gnaden bekannte Liebe zu Billigkeit und Milde laſſen mich aber diesen schritt, Hoch
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dieselben um gnädige Remedur und ferneren Beistandt unterthänight zu bitten, nicht fruchtlos hoffen, besonders wenn Ew. Hochwürden Hoch wohlgebohren Gnaden dabei zu beherzigen geruhen, wie das graujame Schicksal ohne Rettung mich doppelt treffen würde, wenn Ew. Hoch würden Hochwohlgebohren mich nicht als einen treuen Diener hülfreichs bedenken solten . Einmahl würde ich in Gefahr stehen, ein so sehr mühsam zuſammengebrachtes´ und mit Vorwiſſen und Bewilligung Sr. Hochwürden Hochwohlgeboren Gnaden des hochseel. Herrn Reichs Abten. Anselm zur Erhaltung der Fähndrichsstelle hergeschossenes Ka pital ad 820 Rthr. in Golde, samt einem Present von 10 Pistolen 31 verlieren, andernteils würde ich mich eben jezo, da ich zum Avancemen in Kriegsdiensten die ſo unentbehrliche besten Jugendjahre in der ange meſſenen Hoffnung, beſtändig der hiesigen ansehnlichen Reichsabte: dienen zu können, hier zugebracht und unwiederbringlich Verwendet habe, bei meiner Dimiſſion zugleich von meinem Lebensunterhalt, der mir in meinem Patent versprochenen Besoldung entblößet, mithin michh ſolcher gestalt ohne meine Schuld gleichſam zwiſchen zwei Stühle nieder gejezet und dem Ungemach und der dürftigkeit preißgegeben jehen. Aus diesen wahren Umständen werden Ew. Hochwürden Hochwohlge bohren Gnaden näher zu ermeſſen geruhen, wie sehr hart es für mich) sein würde, wenn ich durch die zu meiner größten Empfindlichkeit vor gefallene Eingehung des Kreiß-Contingents ſowohl Gage als mein Stapital verlieren und alles diefes eben nun entbehren sollte, da ich solches am meisten benöthigt bin. Als weshalb ich der ungezweifelten Zuversicht lebe, Ew. Hochwürden Hochwohlgebohren Gnaden werden. mit mir so wie mit dem Hauptmann Sommer gnädig verfahren und mich unter hochdero Soldatesca mit der gewöhnlichen ehemaligen Gage entweder beibehalten oder doch wenigſtens mir mein ausgelegtes Geld, wofür ich die Fähndrichsſtelle an mich gebracht habe, erſeßen, damit iát) im Stande seyn möge, die zum Versuch anderweiten Kriegsdienste nötigen gelder, um mein Brod wieder erhalten und die erforderliche Equipage mir anſchaffen zu können. Ich getröste mich gnädiger Er hörung und verharre mit devotester Verehrung Ew. Hochwürden Hochwohlgebohren Gnaden Meines gnädigen Herrn Reichs Abten Unterthäniger Diener Ferd. loevekorn.
Werden den 21. April 1777.
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Resolutio Dem Supplicanten Fähndrichen Kloevekorn wird auf ſeine unterm 22. April a. c . eingereichte fernere Vorstellung hiedurch zur weiteren Resolution crteilet, daß er entweder noch vier Jahren seine ganze Be soldung genießen oder aber statt dessen sofort hundert Ducaten ein für allemahl empfangen könne und dagegen seiner Diensten entlassen seyn. solle, mithin sich ungesäumt elective hierüber zu erklähren habe. Ur kundlich unseres Handzeichens geben auf Unſer Reichs -Abtei. den 24 April 1777 .
Werden
Joannes , Abt zu Werden und Helmstädt.
Beilage 4. Bestallung des Friedrich Klöveforn als Fähnrich des Streiscontingents. Von Gottes Gnaden Mir Anſelmus dero Kayserl. und des heit. Römischen Reichs ohnmittelbar Freyer und Erempter Stiffter Werden und Helmsted Abt eines Rheinischen Reichs-Prälaten-collegii Director perpetuus etc. Thun fund und fügen hiermit Zedermänniglichen zu wissen ; demnach Unser hiebevoriger Fähndrich und nachhero von uns gnädig ernannter Lieutenant dahiesigen Unseres Niederreiniſch -Weſt phälischen Streyßz - Contingents und lieber Getreuer Nicolaus Hermannus von Nehem wegen seiner anderweitigen Beförderung seine bis dahin bekleidete Fähndrichsstelle dem Ferdinanden Klövekorn unter dem Wohllöblich Hochfürstlich Münsterschen v. Elberfeldischen Infanterie Regiment bisherigen Volontairen gegen sichere zwischen ihnen beider vereinbarte Bedingnüſſen mit unserem Vorwissen übertragen und wir sothaner Uebertragung in Ansehung der Uns von gemelten Ferdinand Klöveforn glaubhaft angerühmten guten Qualitäten mit Vorbehalt seiner von obgen. Regiment Annoch gebührend zu bescheinigenden Ent lassung gnädig für genehm gehalten und darin gewilligt, daß Wir dahero hierauf mehrged. Ferdinanden Klöveforn zu unserem mun mehrigen wirklichen Fähndrichen bey obbejagtem Unjerem dahiesigen Kreyß-Contingent hinwieder gnädig ernant und angeordnet, gleich) dann hiedurch und straft dieſes denselben hiezu ernennen und anordnen, uns zu ihme in Gnaden versehend, daß er Uns und Unserem Reichsstift in Kraft eines annoch zu leiſtenden Wörtlichen Eides getreu und hold seye, bei der ihme gnädig anvertrauten Fähndrichsstelle und Function sich alles bestmöglichſten fleißzes gegen Uns und unser Reichsſtift gant ehrliebend betragen, mithin in allen Commando -Sachen, Zügen. Wachten und
allübrigen militärischen Vorfallenheiten und
einen:
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Fähndrich incumbirenden Kriegsdiensten und Funktionen sich also und dergestalten tapfer, treu, redlich und ehrlich verhalten werde, gleich solches einem rechtſchaffenen und ehrliebenden Officier schon von ſelbſten oblieget und sich gebuhret, folglichen er jedesmahl für Uns und seinen. ihm zur Zeit vorgesezten Officier zu verantworten sich getrauet. Wir befehlen solchemnach sämmtlichen Unserern Militär- und Civil bedienten, auch gemeinen Soldaten und allen Unseren Unterthanen ob- und mehr erwähnten Ferdinanden Klövekorn als Unfern gnädig angeordneten würcklichen Fähndrichen zu erkennen und zu respectiren fort demselben nach erfolgter Erfüllung Eingangs genannter Beding niser die gewöhnliche Officiers Gage und Fähndrichs-Besoldung ohn weigerlich zukommen zu lassen.
Urkund Unseres Handzeichens und
vorgedruckten Secret-Innsiegels . Geben auf unserer Reichs- Abtey Werden den 14. Aug. 1771 . Anselmus , Abt zu Werden und Helmstedt.
Beilage 5. Armuthszeugniß für den Fähnrich Friedrich Klövekorn . Daß der dahier Zeit Lebens geweſener Gografe Herr Karl Wilhelm Klövekorn mit seiner Ehefrau Frau Wilhelmina Schmitman dreyzehn Kinder gezeuget, gedachter Herr Gografe nach dem er als ein liebreicher Richter der hiesigen Gemeinde verschiedene Jahren getreulich vorge standen, dem Blinden ein Auge, dem Lahmen ein Fuß, dem Armen und Wayſen ein Vater gewejen, von denen ihm zustehenden Gebür nüßen aus wahrer Menschenliebe und Mitleyden gegen seinen Mit christen offt Vieles nachgegeben, dahero noch zur Zeit bey jederman in ehrfürchtigem Andenken lebet und sein ableben allgemein bedauert wird, seine Ehefrau aber und Kinder nicht ein solches Vermögen er worben als woll hette geschehen können, und einige Jahre sehr kränklid) gewesen: im Jahre 1768 in 53. seines Alters verstorben und eine be trübte Wittwe mit fünf Kindern, wovon vier brodloß gewesen, hinter lagen hat, diese Wittibe indeßzen ihre äußerste Kräfte angestrenget, nach des Vaters Tode zwei Kinder an Brod zu bringen und sich täglich sehr bemühe, die noch übrige Beyden ebenmäßig zu versorgen ; mithin ge dachte Frau Wittibe nicht im stande sey, nachdem sie ihrem zweyten Sohn Herrn Ferdinand selövekorn, nunmehrigen Reichs -Fähnderich), die Fähnderichs- Charge gekaufet, demselben ferner Zuschuß zu thun, wo nicht sie sich selbst entblößen und auf ihren alten Tag Mangel leyden will, folglich gedachter Herr Fähnderich Ferdinand Klöveforn
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außer seiner Fähnderichs - Gage nichts besitze und von Seiner Frau Mutter nicht unterſtüzet werden könne, habe theils aus hiesigem Kirchenbuche, theils aus den mir wollbekannten umständen der Frau Wittibe Gografinnen löveforn auf Verlangen hiermit zu bezeugen. mich nicht entziehen mogen. Ostercappeln den 19. Septemb. 1777.
A. Osnabrück , pastor. XXV. Spuntrupp zu Spondingtorf C. Abt Bernhard von Werden . 1790. ( Staatsarchiv Weglar. Preußen littera S. N. 2734/9250 112 Bl . Fol. ) Im Hochſtift Münster, Kirchspiel Sepperade, lag das Sponding torfsgut, welches mit dazu gehörigen Bauernhöfen Lehngut der Abtei Werden war. Im Jahre 1444 wurde mit demselben Rutger von Hemern, im Jahre 1455 Ludolph von Voyen, 1463 Gerhard Morrian und danach das gräfliche Haus Plettenberg-Nortkirchen belehnt. Die beiden Bauerngüter, Spode und Weimann genannt, wurden später von Spondingtorfsgut getrennt . Dieses war Spuntrupp verpachtet, der das Haus , als es Anfangs des 18. Jahrhunderts niederbrannte, wieder aufbauen ließ. Sein Sohn glaubte nun, daß das ganze Gur ihm zu Dienſtmanns-Lehnrechten gehöre und daß die 2 Bauernhöfe widerrechtlich davon getrennt worden seien. Er beschwerte sich zunächſi bei dem Abte darüber, daß die Besizer der beiden Bauernhöfe, die eigentlich zu seinem Beſiße gehörten, durch einen Schlagbaum ihm den Weg versperrt hätten. Der Abt verwies ihn an die Ortspolizei. Sodann bat er um einen Auszug aus dem abteilichen Archiv über das Sponding torfsgut, worauf er von der Kanzlei zu Werden am 18. Mai 1789 zur Antwort erhielt, daß die Registratur wegen des hiesigen abteilichen neuen Baues mit Kanglei zu verschiedenen Malen hätte verlegt werden. müſſen“ ; deshalb hätte bis dahin nichts ausgehändigt werden können. Sobald das bezügliche „ erfindlich, solle hiervon die gebettene Copey verstaltet und mitgetheilt werden. " Endlich hatte sich Spuntrupp beim Abte beschwert, daß der von Plettenberg ihn als Leibeigenen be handelte. Am 15. Juli schrieb die abteiliche Lehnskanzlei an den Grafen Plettenberg, daß die abteilichen Lehngüter nicht mit außerordentlichen Laſten, in specie mit der Leibeigenſchaft beschwert werden dürften, und
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am 18. September 1789 an Spuntrupp, daß die Abtei auf sämmtliche Pacht , Lehn- und Vehandigungsgütern keine Leibeigenschaft gestatte. mithin er auch nicht als ein Leibeigener, ſondern als ein Freigeborener zu conſideriren und zu halten ſei.“ Troßdem wandte ſich) Spuntrupp an das RKG . mit dem Begehren, daß ihm die zu dem Spondingtorfsgute gehörige Specification pertinentiorum , onerum et documentorum in forma probante gegen Gebühr mitgetheilt werde. Der Archivar Beda Savels berichtete am 20. April 1791 an das RKG., daß er troß wiederholten Suchens im Archive Nichts habe finden können ; dasselbe bezeugte der Kanzlei- und Lehn-Regiſtrator Arning . Aussage den Eid zu .
Beiden schob der Kläger bezüglich
dieser
Des weiteren stellte er durch seinen Procurator
Seßfandt die Behauptung auf, er sei kein gewöhnlicher Pächter, sondern „Erbmayer und müſſe bei ſeinem Hofe belaſſen werden, so lange er ſeine Abgaben bezahle und ſonſt ſich Nichts zu Schulden kommen laſſe, was dem Mayerdingsrechte zuwider “. Nachdem einige zeugeneidliche Ver nehmungen stattgefunden hatten, sprach am 12. Mai 1794 das RNG . das Urtheil, wodurch der Kläger Spuntrupp abgewiesen und ihm die Koſten des Verfahrens auferlegt wurden. Wegen der Kosten, deren Zahlung Spuntrupp weigerte, mußte das RKG. noch mehrere Ent scheidungen treffen.
XXVI.
Heinrich Schepers zu Nordkirchen, C. Abt Bernhard von Werden. 1791 . ( Staatsarchiv Weylar. Preußen littera S. N. 886/3046 76 BI . Fol . ) In diesem Prozesse handelt es sich um dieselbe Sache, wie in dem vorhergehenden Spuntrupp'schen. Der sogenannte Schepershof lag im Hochstift Münster, Kirchspiel Nordkirchen, und war Lehngut der Abtei Werden. Wie das Spondingtorfsgut war derselbe nacheinander au Rutger von Hemeren, Ludolph von Boyen, Gerhard Morrian und zu lezt an die Familie von Plettenberg abteilicherseits zu Lehen gegeben worden. Der zeitige Pächter, Johann Heinrich Schepers, fühlte sich beſchwert, daß man ihn, „ obgleich er seine jährliche Pfacht bis dahin richtig abgetragen, Nordkirchenerseits wie einen Leibeigenen und Eigenhörigen behandele, indem man von ihm wöchentlich) 2 Spanndienste extorquiren wolle. Da er sich im vorigen Sommer, weil
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er keine Zeit hatte, der Spanndienste weigerte, wurde sofort vom Nord kirchen'schen Renntmeister Ernst Ludwig Sandfort jeder Spanndienſt zu 1 Rthr. schweres Geld ohne die Nebenkosten (in summa 1 thr. 12 Schilling 6 Stüber schwer Münsterisches Geld) angeschlagen und einem sicheren Soldaten, Namens Uphoff, dafür die Erecution be fohlen." Darauf habe er eine Vorladung vor das Münster'sche Hof gericht erhalten, um seine Freiheit zu beweisen, „ obgleich doch jeder Mensch von Natur frey ist und in dubio die Vermuthung pro libertate streitet“. Er habe dagegen proteſtirt und erklärt, daß er ohne Doku mente diesen Beweis nicht liefern fönne. Auf seine an die Werdener Kanzlei am 23. März 1790 gerichtete Bitte, ihm gegen Gebühr die auf seinen Hof bezüglichen Aktenstücke in Abschrift zukommen zu lassen, seien dieselben zwar zugesagt, aber nicht geschickt worden. Deshalb wandte sich Schepers an das RKG. mit der Bitte, die Kanzlei der Abtei Werden zu Erfüllung ihres Versprechens zu zwingen, nämlich ihm eine Specificatio jurium et onerum ad praedium feudale pertinentium zu geben. Am 28. Januar 1791 erfolgte die Vorladung des Abtes Vernhard von Werden vor das RKG. Von Seiten der abteilichen Archivbeamten wurden dieselben Erklärungen abgegeben, wie in dem vorhergehenden Prozesse, und es fällte denn auch das RKG . am 12. Mai 1794 dasselbe Urtheil, indem es den Kläger abwies und ihm die Kosten auferlegte. führte auch hier noch zu Weiterungen.
Die Festsetung der Koſten
XXVII. Freiherr Friedrich Joseph von Schmitz zu Grollenburg, Kammer gerichtsbeisiger, C. Abt Beda von Werden.
1802. (Staatsarchiv Wetzlar.
Preußen littera S. N. 1714/6409 67 Bl . Fol . )
In den mit der preußischen Regierung wegen der Landeshoheit über das Stift Werden im Anfange des 18. Jahrhunderts schwebenden Streitigkeiten hatte Abt Coelestin ( 1706-19) den Schuß und die Ent scheidung des kaiserlichen Hofrathes in Wien angerufen. Persönliche Rücksprache mit den Reichshofräthen und Betreiben der Sache an Orr und Stelle war hierbei von der höchsten Wichtigkeit ; so schickte auch bei der späteren slage wegen Gefangensetzung des Kreiscontingents Abt Anjelm im Jahre 1770 den Pastor Groten nach Wien, um in der
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Angelegenheit zu Gunsten der Abtei zu wirken.') Da während der Verhandlungen des Reichshofrathes über die Landeshoheit in Werden der Hof- und Regierungsrath Johann Christoph von Schmit gerade in Wien anwesend war, bat ihn Abt Coelestin „ um unterſchiedliche viele officia zu Nuze und Vortheil der Abtei beim Kayserlichen Hof “ und versprach ihm, bei sich bietender Gelegenheit „Jhme und seinen Kindern hinwiederumb eine gnade und freundtschaft bestmöglichst zu bezeigen und widerfahren zu lassen". Da sich Freiherr Johann Christoph von Schmit diese seine trewe officia in vorfallenden Begebenheiten ferner hin zu continuiren willig und bereit erbot", so ertheilte ihm auf Ver anlaſſung ſeines Bruders, des Benedictinerpaters Auguſtin Barlo, Coelestins Nachfolger Abt Theodor ( 1719-27 ) mit dem Convente durch Revers vom 23. Mai 1720 „ die Expectance auf das zum Ersten vacant werdende ansehnliche, doch nicht adelige Lehnguth der Werdener Mann und Lehncammer" ) . Am 30. Juni 1720 änderte Abt Theodor dieses Versprechen dahin, daß Freiherr von Schmitz auf ein adliges Lehngut Anwartschaft haben sollte. Im Jahre 1795 war das abteiliche Lehngut Stade in Jakten bei Kettwig dadurch, daß der Besizer ohne männliche Nachkommenſchaft mit dem Tode abging, frei geworden. Der Sohn des Hof- und Regierungsrathes Johann Chriſtian von Schmiß, Frei herr Friedrich Joseph von Schmitz in Grollenburg, Beisiger des Reichs fammergerichts zu Wezlar, wandte sich deshalb am 7. März 1795 an den Abt mit der Bitte, ihm das Lehngut Stade zu übertragen . Er wurde abſchlägig beschieden mit der Begründung, daß ihm nur die Wiederholte Vor Anwartschaft auf ein adliges Lehngut zustehe. ließ Kriegsunruhen der stellungen hatten keinen andern Erfolg . Wegen unterdesen aber ruhen, einstweilen Sache die Freiherr von Schmit hatte der Abt von Werden „ den losledigen Bruder des verstorbenen Inhabers mit dem Gut Stade unter dem Bedinge belehnt, daß es nach seinem Tode auf die hinterlassenen Töchter des verstorbenen Bruders übergehen solle“. Hiergegen klagte der Freiherr Friedrich Joseph von Schmitz bei dem RKG . mit dem Antrage, Abt und Convent von Werden zu ver urtheilen, ihm kostenlos das frei gewordene abteiliche Lehngut Stade in Jakten bei Kettwig zu übertragen.
Am 14. Januar 1802 erfolgte die
1) Ausführliche Mittheilungen über die Schritte, welche Pastor Anselmus Groten bei den Reichshofräthen, selbst bei der Kaiſerin in Wien that, um eine günstige Entscheidung in dem schwebenden Streite herbeizuführen, siehe bei (Engels), die Reise nach Werden, Duisburg und Essen, 1813, S. 153 ff. und Flügge, 2) Der Revers des Abtes und Conventes ist in der Beilage mitgetheilt.
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Vorladung des RKG. Der abteiliche Procurator Dr. Helferich bat um Ausstand, da das Archiv geflüchtet worden und noch nicht zurückge. kommen sei. Unterdessen nahm der König von Preußen Friedrich Wilhelm III. durch Patent vom 6. Juni 1802 Besitz von dem Stifte Werden. Eine Verordnung der preußischen Regierung vom 12. Sep. tember 1802, veröffentlicht im Paderborner Intelligenzblatt, bestimmte : 1 ) In allen Sachen, welche bis zur Besißnahme schon an einem der Reichsgerichte gediehen sind, soll es bis zur Organisation dabei sein Bewenden haben, und wenn in der Zwischenzeit ein Erkenntniß erfolgt, so wird mit Vollstreckung desselben nach den bisherigen Grundsäßen verfahren oder wenn dagegen nach den Reichsgesetzen noch ein Rechts mittel zulässig ist, soll demselben der Lauf in der vormaligen Form gelassen werden. 2) In allen übrigen Fällen ohne Unterschied findet die Appellation an die Reichsgerichte nicht weiter statt ; das eingelegte Rechtsmittel hat nur effectum suspensivum, und von demjenigen Obergerichte, bei welchem die Sache zulezt geschwebt hat , wird der Schriftwechsel einge leitet, wenn aber die Akten geschlossen sind , zur weiteren Verfügung wegen Bestimmung des erkennenden Richters berichtet. Es versteht sich übrigens von selbst, daß diesem Obergerichte unbenommen ist, die etwaigen Verfügungen zur interimistischen Sicherheit auf Antrag der einen oder andern Parteh nach Vorschrift der Gesetze zu treffen . Am 5. October 1803 beantragte der Vertreter des Freiherrn Fried rich Joseph von Schmiß Dr. Abel : Nachdem die Abtei Werden dem Reichsdeputationshauptschlusse § 3 zufolge an Seine Majestät den König von Preußen übergegangen, nach § 99 des Reichsrecesses das Verfahren gegen den König von Preußen fortzusetzen .
Das RKG.
stellte am 23. Dezember 1803 den Abt von Werden außer Klage und gab dem Freiherrn von Schmit anheim, gegen den König von Preußen flagbar zu werden.
Beilage. Anwartschaft auf ein abteiliches Lehngut, dem Hof- und Regierungs rath Johann Christian von Schmit ertheilt von Abt Theodor und dem. Werdener Convente. Von Gottes Gnaden Wir Theodorus dero Kaiserlichen und des heiligen römischen Reichs freyer und erempter Stifter Werden und Helmstädten Abt .
Demnach uns der Wohlehrwürdige Pater Augu
stinus Barlo, ordinis s . Benedicti der Abteien zu Liesborn pro
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fessus und zeitlicher Küchenmeiſter daselbst wohlweislich angezeigt und 31 erkennen geben, waß gestalten sein Bruder Johann Christoph von Schmit, Hoff- und Regierungsrath, auch Lehendirector Ihrer Churf. Durchlaucht zu Trier u. s. w . bei letteren dahier vergangenen Tur bations-Zeit, da Er Joh. Chriſt. von Schmitz eben perſönilch zu Wien gegenwärtig geweßen, auf unſeres nächſten Vorherren Coelestini chriſt lichen Andenkens sonderbahren (d. i. besonderen) gesinnen und Ver langen beim Kayserlichen Hoff unterschiedtliche viele officia zu Nutze und Vortheil hiesiger unserer Abdeyen seines Orths beigetragen und verrichtet hatte, wobei dan demselben versprochen worden wäre, nach etwa sich mängender Begebenheit hinwiederumb Ihme und seinen Kindern eine gnade und freundtschaft bestmöglichst zu bezeigen und wiederfahren zu lassen.
Dahero Uns Er Bater obgenannt angelangt.
daß wir dieserhalb obg . seinem Bruder und dessen Kindern mit Einem etwa bei hiesiger unserer Mann- und Lehn-Cammer zum Ersten vacant werdenden ansehentlichen, doch nit adeligen Lehngut in Gnaden grati ficiren und ex nova gratia denselben und deſſen Kindern mit solchem Guth zu begnädigen geruhen wolten. Da nun Unß ebenfalß erwehnten Herrn von Schmiß treue und höchſterſprießliche tempore turbationis der Abteien gethane officia ohnedem mehr als bekannt seyn, auch Herr von Schmit diese seine trewe officia in vorfallenden Begebenheiten hiesiger Abdeyen zum besten fernerhin zu continuiren sich willig und bereit erbietet, so geloben wir in Kraft gegenwärtiger Expectance, daß wir dasjenige Lehngut, welches unß und unßerem Stifte es ſeie, wie es immer sich gebühren solle, vacant werden könnte oder mögte, Ihme und seinen Kindern zum Erstenmahl gratis gnädig zu conferiren und einräumen zu lassen nicht ermangeln wollen u . s. w. Werden, den 23. Mai 1720. Theodor, Abt.
Simon Bischoping, Prior
Franz Wiedenbrück, Subprior. Ludger Droste, Senior.
Der dreißigjährige Streit um den Brehm
zwischen Stift und Stadt Werden
von 1618-16481) ✰✰✰✰✰✰✰✰ von Dr. G. Kranz. ∞
Der Brehm ) , eine unmittelbar oberhalb der Werdener Ruhrbrücke gelegene, 4 Hektar und 62 Ar große Insel, war früher Eigenthum der Abtei. Von 1481-1618 hatte die Stadt die Insel in Erbpacht und benußte ſie als Viehtrift. Im Jahre 1481 , des Montags nach Reminis cere, gab nämlich Abt Diederich von Werden „ den Grind oder Weid play in der Ruhr oberhalb der Brücken zwischen den Mühlen des Herzogs von Cleve und Grafen von der Mark längs den Gärten zu beiden Seiten der Ruhr an seine lieben getreuen Bürger in Werden“ unter folgenden Bedingungen in Erbpacht. Alljährlich hatte der Bürgermeister auf St. Ludgeri-Tag dem abteilichen Kellner drei Pfund Wachs zu liefern; bei Neuwahl eines Abts , „ also dücke, als ein nye Abt toe Werden gekaren wyrt und toe Werden komet toe wonnen“, mußte der Bürgermeister innerhalb eines Monats den Grind wieder gewinnen und werben mit doppelter Pacht, d. i. sechs Pfund Wachs. Bürger meister und Rath durften die Inſel nur an „ inwohner Bürger“ ver pachten ; wofern aber die Insel nicht an Bürger verpachtet werden könnte und sie als eine „ Gemeinheit " zu liegen käme, sollte es auc des Klosters Vich gestattet sein, auf die Insel zu gehen, ſonſt ſollte aber 1) Zwei Aktenfascikel standen mir für diese Arbeit zur Verfügung. Das eine gehört dem Staatsarchiv in Wezlar an und führt die Aufschrift : „Hugo, Abt des Gotteshauſes des St. Ludgerus in Werden, Kläger, contra Bürger meister und Rath der Stadt Werden. " Preußen. Litt. W. N. 652/2030 62 BI. (Siehe oben Seite 71.) Das andere Aktenstück befindet sich im Werdener Stadt archiv ; es enthält die „ Verhandlungen in Sachen der Stadt Werden contra Abtei wegen des Briems und Weideplates von 1619-1646 " und ist im alten Kataloge unter Vol. 8, Kap . 59, im neuen unter N. II 15 aufgeführt. 2) Brehm ist ein niederdeutsches Wort und bezeichnet Rand, Waſſerrand, Ufer. Der Ausdruck Priem, Prieminsel ist neueren Datums.
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nur der Bürger Vich das Recht haben, den Grind zu benußen.
Für
den Fall, daß Bürgermeister und Rath diesen Bedingungen nicht nach kämen, sollten sie all ihr Recht auf den Grind verloren haben, und war derselbe allwieder dem Abt und dem Kapitel verfallen.¹ )
Diese Ver
tragsbestimmungen wurden zu Beginn des 17. Jahrhunderts , als sich in Werden ein scharfer konfessioneller Gegensatz zwischen der Abtei und der in ihrer Mehrheit der Reformation zugeneigten Bürgerschaft heraus gebildet hatte, seitens des Magistrats nicht innegehalten. Wie infolge deſſen die Stadt in einen langwierigen Prozeß verwickelt wurde und schließlich ihrer Rechte auf die Zusel verlustig ging, soll im Nachfolgenden dargelegt werden. Als am 6. Juni 1614 Abt Conrad gestorben war, folgte ihm am 23. desselben Monats Hugo Preutaens in der Abtswürde. war
Derfelbe
zum Abt canonice erwählt, auch legitimer Weise conferirt
und von hoher Obrigkeit zugleich confirmirt", aber ohne jeden Rechtsgrund weigerte sich die Stadt, die gebührende „Renovation" des Grinds nachzusuchen und die schuldige Pacht zu zahlen. Daraus nahm, da die Stadt auch die Inſel an Fremde verpachtet und ohne Wiſſen des Abt mit einer Hyothek belastet haben ſollte, vier Jahre später der Abt dann Veranlassung , die Venntung der Insel der Bürgerschaft streitig zu machen. Am 18. Oktober 1618 ließ er der Stadt durch einen Notar erklären : Bürgermeister und Rath hätten zur Zeit seiner Er wählung die sechs Pfund Wachs nicht entrichtet und den Weidplat nach anderer Seite unterverpfändet ; dadurch hätten sie den Platz verwirkt ; er sei daher befugt, denselben ohne weiteres Rechtserkenntnis an sich zu ziehen; im Einverständnis mit dem Kapitel sei er entschlossen, die Insel wieder in Besitz zu nehmen. Bürgermeiſter und Rath antworteten unter dem 22. Dezember desselben Jahres mit einer notariellen Gegen erklärung : „Sie seien keines Commiſſi geſtändig, und protestirten gegen die gewaltsame Turbation ; sie berufen sich darauf, daß sie ohne richter lichen Spruch nicht ihrer uralten landfundigen Poffeffion entsetzt werden fönnten." Der Abt wandte sich hierauf am 25. April 1619 an die Pfalz-Neuburg'sche Hof-Kanzlei zu Düsseldorf unter dem Vorgeben, der Weidplay sei ihm eröffnet und anheimgefallen, er sei entschloſſen, denselben propria autoritate einzunehmen“, und bat um „Mann tenenz ". Die Kanzlei jagte den begehrten Schuß zu, forderte jedod) zunächst den Drosten auf, vom Rath der Stadt Werden einen Gegen bericht einzuholen. Inzwischen nahm der Abt am 2. Mai 1619 mit offener Gewalt ( armata manu) von der Insel Besit ; er ließ mit
1) Vgl. Beilage 1,
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Zustimmung des Drosten vorerst 4 und hernach 12 seiner Kühe auf den streitigen Ort treiben und dann das Mandat der Pfalz-Neuburg'schen Kanzlei dem Magistrat zustellen. Des anderen Tages reichten Bürger meister und Rath dem Abte durch Notar und Zeugen eine Protest erklärung ein und schickten den verlangten Gegenbericht nach Düſſeldorf mit der Bitte um „Manutenenz ". Dieser Bericht wurde in Düsseldorf ignorirt; die Pfalz-Neuburg'sche Kanzlei erinnerte vielmehr am 10. des selben Monats den Drosten an die Einlieferung des Gegenberichts und forderte ihn von Neuem auf, den Abt zu „manuteniren". Der Magistrat wandte sich mun an des mitpossedirenden Landfürsten Chur- Branden burg'sche Kanzlei nach Cleve. Zur Erklärung dieser Verhältnisse ist es nothwendig, auf die all gemeine Geschichte jener Zeit zurückzugreifen. Damals herrschten: nämlich in unserem engeren Vaterlande die Wirren des Jülich Cleveſchen Erbfolgestreites , wobei auch das Stift Werden, deſſen Vogtei dem Herzog von Cleve zustand, in Mitleidenschaft gezogen wurde. Naa dem Tode des kinderlojen Herzogs Johann Wilhelm von Jülich-Cleve Berg († 25. März 1609 ) traten als Hauptbewerber um das erledigte Erbe der Kurfürst von Brandenburg Johann Sigismund und der Graf Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg auf. Beide hatten sich zunächſt dahin geeinigt, daß sie die beanspruchten Länder bis zum Austrag der Sache gemeinschaftlich verwalten wollten. Bald entſtand aber wieder Streit unter den Bewerbern, wobei für Pfalz -Neuburg die Spanier, für Brandenburg die Niederländer eintraten.
Beide Parteien hauſten
im Jülich-Clevischen Gebiete, auch im Stifte Werden, wie in Feindes land. In den Theilungsverträgen von Xanten ( 1614) und Düſſeldorf (1629) wurde der Streit dahin verglichen, daß Pfalz-Neuburg Jülich und Berg, Brandenburg Eleve, Mark und Ravenstein erhielt, was durch den Erbvergleich von Eleve
( 1666 )
definitiv gutgeheißen wurde
Brandenburg faßte damit Fuß im westlichen Deutſchland . Mit der Erwerbung von Cleve fiel ihm auch die Vogtei über das Stift Werden zu . Während der Abt sich zunächst mehr zu dem katholischen Grafen von Pfalz-Neuburg hielt und bei ihm Schuß suchte, erkannte die Stadt sofort den protestantischen Kurfürsten von Brandenburg als Schirm herrn an und fand bei ihm recht oft erfolgreiche Hülfe, besonders in Zwistigkeiten mit dem Abte. Auch in dem Streite um die Brehminsel wurde der Bürgerschaft von Werden der Schuß des Kurfürsten zu Theil. Am 28. Mai 1619 erließ „ des Kurfürften zu Brandenburg bevollmäch tigter Gewalthaber Markgraf Georg Wilhelm" ein energisches Schreiben an den Amtmann zu Blankenstein und Werden Johann von Dellwig,
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worin er ihm eine Rüge ertheilt, daß er dem Magistrat von Werden bezüglich des Grinds die schuldige Amtsgebühr verweigert und den Abt auf der Pfalz-Neuburg'schen Kanzlei Befehl bei der gewaltsamen Possession der Insel manutenirt habe" ; er fordert ihn auf, den Ma gistrat in seinem Besitze zu schützen, zumal die Sache noch nicht durch ein rechtliches Erkenntnißz entschieden sei, „ gestalt dann es sich auch nicht. gebühre und der publicirten Amtsordnung zuwider sei, den Abt zu favorisiren und seine ( des Kurfürsten) Unterthanen schuß- und hülflos zu lassen".¹ ) Auch an Abt und Kapitel lief; er ernstlich schreiben, sie sollten von ihrem „unbefugten Fürnehmen abstehen, sich aller ferneren Thätlichkeit gänzlich enthalten, den Weidplat hinwiederum ausräumen, sowie Rath und Gemeinde bei ihrem Besize belassen". Ueber diesen Briefwechsel führte der Abt Klage in Düsseldorf bei der Pfalz -gräflichen Kanzlei, die auch durch Schreiben am 20. Juni 1619 den Amtmann Joh. Delwig amies , „ den Abt bei dem Weidplatz zu manutiniren, er solle sich nicht an die widerwärtigen Brandenburgischen Befehle kehren, er möge dem Werdener Magistrate verbieten, sich an anderen Orten zu beschweren ; Bürgermeister und Rath hätten ihre Klagen in Düſſeldor? vorzubringen und dort den Bescheid abzuwarten,; einstweilen hätten ste den Abt im Besitz des streitigen Grinds unbeeinträchtigt zu belaſſen“. Von diesem Schreiben jezte die Hofkanzlei den Abt in Kenntniß . Wit Umgehung der Räthe wandte sich nun die Stadt an den Pfalzgrafen, indem sie unter schweren Kosten einen eigenen Boten hinauf nach Neu burg fandte. Hiermit hatte ſie Erfolg. Der Pfalzgraf desavouirte das Vorgehen seiner Räthe und befahl ihnen, die Bürgerschaft bei ihrem landkundigen Besitz zu schützen und ordnete eine Kommission zu „ git licher Abhelfung" der Streitigkeiten an. Es hatte auch den Anſchein, als wenn der Abt sich der Kommission des Pfalzgrafen fügen wollte, da er im Frühjahr 1620 davon abſtand, seine Kühe weiter auf den streitigen Grind aufzutreiben. Der Magistrat hoffte, die Streitigkeiten in seinem Sinne zu beenden. Am 13. Juli 1620 sollte ein schriftlicher Vertrag abgefaßt werden, aber der Abt verschob die Unterschrift von Tag zu Tag und „trieb, wie der Magistrat angibt, die Gemeinde mit vergeblichem Vertösten herum“. Gleichzeitig traf der Abt Vorbereitungen, sein Recht auf gerichtlichem Wege durchzuführen. Von der juristischen Fakultät zu Helmstädt verſchaffte er sich ein ihm günstiges Rechtsgutachten. So dann ließ er durch den Notar Johannes Bernhard von Eſſen am 29. Mar 1620 zwei Zeugen in „ Diffamationssachen“ contra Bürgermeister und
1) Brief im Werdener Stadtarchiv. a. a. D. S. 7 ff.
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Rath von Werden über folgende Fragen verhören¹ ) : Irstlich in facto wahr, daß Zeugen bewußt, welcher gestalt wir mit Bürgermeister, Rath und Gemeinde wegen eines Werdts und weidt plates vor Werden, in der Ruren gelegen, ein Zeit lang allerhand streitigkeit geführt. Wahr zum zweiten, daß Stadt- und Landkundig, welcher gestalt daß solcher Werdt uns wegen nicht bezahlter erbpfacht, noch in gebür licher Zeit beschehener Rekognition und ſonſten anheimgefallen und als ein geistlich gudt in Besitz genommen. abr auch zum dritten, daß wir durch gnedigsten Befehl des Fürst lichen Herrn von Pfalz-Neuburg, bis ein anders in ordinario judicio erkannt, dabei manutenirt und gehandhabt, wie solches der Befehl, hier mit vorgezeigt, klärlich remonstrire. Wahr zum vierten ganz ohne, daß sie derwegen sich nit mit ordent lichen rechtsmitteln ersettigen, sondern vielmehr hinder uns her allent halben spargiren und diffamando ausbreiten, als ob wir angedeutete Weidt gegen recht und billigkeit und gewaltsamerweise uns bemächtigt und jenen kein recht thun wollen. Endlich und zum fünften wahr, daß wir uns deſſen jederzeit be zeugt, wie noch willens und meinung, keinem das seinige zu nemen . und was mit zu recht zugelaßzenen ordentlichen rechtsmitteln (ſonderlich) darzu wir propietarie intereſſirt) geschehen kann und soll. Die Zeugenausſagen ſind dürftig . Zenge Heinrich Stayser deponirt : Ad primum artic. sagt er, solches jei mehrentheils landkundig . Ad secundum habe woll gehört, daß Ihre Hochhv . die Weide aus solchen ursachen wieder eingenommen. Tertium glaubt er ohn Zweifel wahr sein. Ad quartum sagt er, solche und dergleichen diffamationes hab er von vielen, insonderheit von Henrichen Stocks Sohn, Friederichen von Prag, hisce verbis : Sie wollten die Pfaffen-Stühe bald widderumb austreiben, wie dan auch von Wilhelm Schlechtendahl gehört. Ad quintum jagt er, er habe solches oft von Ihrer Hochhv. gehört . Gerhartt ufm Ortt, secundus testis : Ad primum solches ſey nicht alleine ihm, ſondern der ganzen Statt Werden kundig . Ad secundum sagt er, es sey wahr, addendo, daß die Herrn von Werden deßen ein urjach, ſintemailn ſie der Gemeinde unwißend den
1) Staatsarchiv Weylar. a. a. D. Blatt 13.
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Erbpfachtzins fünf Jahr lang stehen ließen, wie auch die Rekognition nicht thun wollten. Tertium glaubt er wahr, weil er den befelch gesehen und gelesen. Ad quartum sagt er, solche diffamationes habe er von vielen, in sonderheit aber von Caspar Schlechtendalls Sohne Johanne vorm Jahr ufm Rahthaus gehört. Quintum jagt er wahr, weill er solches oft gehört. Am meisten war der Abt darüber erzürnt, daß die Bürgerschaft verfanten ließ, er habe sich des Brehms gegen Recht und Villigkeit ge waltsamer Weise bemächtigt. Er fand in dieser Nachrede eine Diffamatio, cine Sache, welche den Landfrieden berührte, und wandte sich als immatriculirtes Glied des hl. Römischen Reiches und reichs unmittelbarer Prälat an das Kaiserliche Reichs-Kammergericht zu Speyer. Dieses erließ am 2. Juni 1620 eine Ladung an die streitenden Parteien. Adam von Hagen, Notar am RKG . , überreichte die Urkunde dem Bürgermeister Heinrich Pannenkuch und den Rathspersonen von Werden in Conradi Heydens Behausung in Gegenwart der Zengen Rob. Wildenroth und Joh. Bruns von Düsseldorf.') Als Prokurator bestellte der Abt den Amvalt beim RNG. Dr. Beatus Moſes, der Magiſtrat den Dr. Dietrich Düllmann . Am 13. September 1620 reichte Moses die „summariſche Petition" um Ansehung eines Termins ein, worin er den Diffamanten und Beklagten über vermeinte und unnüße Beschreiung zu erweisen" forderte.
Im ersten Termin am 21. Sep
tember 1620, in welchem Düllmann gegen die Anklage proteſtirte, wurde auf seinen Antrag ein Aufschub von sechs Monaten gewährt mit der Bestimmung, „ daß ihm, falls er nicht nachkäme, solches zu thun benommen und ein ewig Stillschweigen auferlegt sein sollte“. In Werden ließ während dieser Zeit der Abt, nachdem er mit der „Turbation" im Jahre 1620 eine Zeit lang eingehalten, das Vich wieder auf den Grind eintreiben und daselbst eine Hütte für die Wächter, „ſo das Vich bei Nacht und Tag armata manu verwahren müſſen“, aufrichten. Bürgermeister und Rath wollten wohl dieser Turbation mit gebührender Gegenwehr begegnen, allein um Weiterung und Un glück zu verhüten, stehen sie davon ab und begnügen sich mit einem notariellen Protest.
Als unterdessen der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm
in seinem Fürstenthum Jülich angelangt war, wurde er seitens des Magistrats von Werden wieder um Hülfe angegangen. Der Fürst erbot sich , den Streit entweder in Güte zu vergleichen oder sonsten nach Befinden der Gebühr entscheiden zu lassen" und lud die streitenden 1) Siehe Beilage 2.
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Parteien auf den 5. August zur Hoffanzlei. Hiermit war jedoch der Abt nicht einverstanden und beschwerte sich beim RKG. Am 6. Auguſt 1621 protestirte der Kammerrichter in einem Schreiben an die Räthe in Düsseldorf und den Magistrat zu Werden gegen das Vorgehen des Pfalzgrafen, weil es zu höchster Despect des Kammergerichts gereiche, und es zu befürchten, daß das Recht auf ihr ungestüm anhalten bei noch hangendem Rechte deposjedirt werden möchte" und gebot bei Straje von 10 Mark Gold von weiteren Eingriffen abzustehen. Es sette auf den 10. Oktober einen neuen Termin an ; derselbe wurde aber wieder verschoben .
Aus dem Jahre 1622 liegen die dem RKG . eingereichten
Gutachten der Anwälte vor. Am 7. Januar 1622 unterbreitete der Advokat Tüllmann dem Gericht seine bitt und rechtlich begehren, den Kläger mit seinen unziemlichen Sachen nicht zu hören, sondern die sub et obreptitie übel erlangte Citation wiederum aufzuheben und seine Partei darvon zu absolviren und zu erledigen mit Verdammung der Gegenseite in sosten, Schaden und Interesse".
Düllmann führte
aus: Der Abt jei durch die Beſizergreifung nicht possessor geworden, daher könne die angemaßte Citation (fundamento sublato ) feinen Stand halten und müsse daher kassirt werden. Der die Befehle der Neuburg'schen Räthe, „ allein der 19. April 1619 hätte ihn bei der possessio, welche er nicht manuteniren können, die turbatio vel invasio
Abt stüße sich auf erste Befehl vom noch nicht gehabt, possessionis mit
Uftreiben der Kuhbiester gebe keine legitimam possessionem, “ die übrigen Befehle thäten nichts zur Sache, da sie ex odio ( da man von seiten der Stadt ad competentem judicem fupplicirt ) herrührten. Die Befehle des Pfalzgrafen ſeien übrigens zurückgenommen, und es jei von demselben der Gegenbefehl gekommen, die Stadt in ihrem Beſig zu schüßen; Kurbrandenburg jei derselben Gesinnung . Die Angelegen heit gehöre auch eher an die Clevisch-Märkische Landeskanzlei, unter deren District und Zurisdiction Stadt und Stift Werden gelegen.
Die
Sache wäre ans RsG. gekommen, weil eine Diffamation des Abts vor liegen sollte. Allein es sei keine Diffamation beabsichtigt. Es läge eine solche auch nicht vor, weil der Abt nicht possessor ſei. Und wenn eine diffamatio wirklich vorläge, so gehöre die Sache in erster Instanz an die Clevische Landeskanzlei . Der Abt habe sich ferner als einen Stand des Reiches ausgegeben, durch deſſen Diffamation der Landfrieden be rührt werde ; allein es feien verschiedene Präjudicien vorhanden, wo der Abt seine Streitfälle zuerst in Cleve habe austragen lassen und dann erst an das stammergericht appellirt habe. Der Prozeß gehöre auf alle Fälle ad judicem ordinarium, er müſſe nach Cleve remittirt werden.
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Der Abt könne sich darüber nicht beschweren, da er zuerst das Urtheil der Neuburg'schen Kanzlei nachgesucht habe. Der Amvalt des Abtes anwortete auf diese Ausführungen durch eine längere Replik vom 7. Mai 1622, worin er hervor b, daß Bürger meister und Rath der Stadt Werden verpflichtet gewe; n seien, nach dem Tode des Abtes Conrad bei dem neuen Abte Hugo den schuldigen Canon zu zahlen und „Renovation" zu suchen. Das sei nicht geschehen, viel mehr hätten sie sich des Werths als Eigenthumbsherren angenommen. und denselben nit allein underſcheidlichen extraneis verpfacht, sondern auch hypotisirt und verschrieben" .
Hierdurch sei „ das Pfachtrecht ver
wirkt und verloren und der Werth an den Abt verfallen“. Hierauf schildert der Amvalt die Vorgänge, wie sie vorhin mitgetheilt sind. In mittels hätten die Werdener dem Abte „ Despect zugefügt und ihn diffamirt durch das Gerede, er wolle ihnen kein Recht thun". Deshalb habe der Abt die Entscheidung des RG. angerufen. Ungeachtet der Litispendenz seien die Werdener den Fürsten von Neuburg, obgleich derselbe die Vogtei über Werden nicht besize, angegangen, daß er „ die Sache ferner in Rognition gezogen und den Abten jogar nach Düsseldorf vorgeladen," so daß das RKG. ein mandatum inhibitorium habe er laisen müssen.
Der Abt sei ein immatriculirtes Glied des h. römischen
Reichs „und habe daher gleich anderen Fürſten die Jurisdiction in causis ordinariis, deshalb jei die Behauptung irrig , die Sache gehöre vor die Elevische Kanzlei. Es wird zugegeben, daß „ eßliche praejudicia vor der Clevischen bezw . Mörsischen Kanzlei ausgewirkt jeien, aber es jei dieses widerrechtlich geschehen". Zum Schluß weist der Amvalt darauf hin, daß in der Grafschaft Mörs, umveit Werden, ganz gefähr liche Kriegsempörungen ausgebrochen wären und daß „ die Kommunität Werden auf Anſtiften friedhäſſiger Redelsführer allerhand tentire und den Abt aus ſeinem Veſiß entseßen wolle“. Der Amvalt beantragt troß des Einspruchs der Gegner, es bei dem Mandate des Rs16 . zu belaſſen und auf Erstattung der Kosten zu erkennen. Am 7. Januar 1622 reichte der Amvalt des Werdener Magistrats die Antwort ein, worin er ausführte : Der Abt habe selbst früher die Sache anhängig gemacht, daher dürfe er auch nicht sagen, der Fürst von Nenburg sei nicht mit der Vogtei über Werden belehnt . An der Hof fanzlei zu Düsseldorf ſei die Sache nicht entschieden worden, daſelbſt ſet anfänglich auf einseitige Berichte hin ein für den Abt günstiges Mandat ertheilt worden, auf Gegenbericht könne der Fürst das Mandat auch fafsiren, trotzdem jei demselben die gütliche Beilegung des Streites (während der Dauer des Prozesses) verboten worden, obwohl der Abt
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vorher sein Wort gegeben, die Sache in Güte beizulegen.
Die Ange
legenheit gehöre nicht vor das RKG. troß des sog . Conciliums der Uni versität Helmstätt ; dieses Concilium sei einseitig und wegen des Ver hältnisses zur Abtei nicht einwandsfrei. Die Sache sei darum in Speyer zur Verhandlung gekommen, weil der Abt ein unmittelbares Glied des h. Römiſchen Reichs („zu Unterhalt des kaiserlichen Kammergerichts und zur Defenſion der Chriſtenheit zu contribuiren und andere onera imperii mithelfen zu tragen verbunden“) jei und sich als diffamatus betrachte. Allein es liege keine Diffamation vor, die Gemeinde be trachte den Abt nicht als possessor und dürfe ihre Anſicht zum Ausdruck bringen. Und selbst wenn eine Tiffamation vorliege, gehöre die Sache an das ordentliche Gericht nach Cleve oder Düsseldorf, da der streitige Weideplay in der Grafschaft Mark liege und so unter Kur-Branden burgiſcher und Pfalz-Neuburgiſcher Obrigkeit und Votmäßigkeit ſtände Auf Antrag der Amvälte wurde am 7. Januar die Sache wieder auf acht Monate vertagt. Ob der neue Termin inne gehalten, wird nicht mitgetheilt. Im Jahre 1623 fand kein Termin statt. Am 24. Mai 1624 wurde Düllmanns Gutachten vorgelegt und darauf wieder ein Aufschub von acht Monaten gewährt. 1630 wird ,,Nihil " gemeldet.
Aus den folgenden Jahren bis
Im Jahre 1628 nahm Abt Hugo als seinen Procurator und An walt beim RKG . den Dr. Friedrich von Broich an, der sich zu setner Information mehrere Jahre Aufschub des Prozesses erbat . Mittler weile suchte der Werdener Magistrat auf andere Weise zu seinem Rechte zu gelangen. Er wandte sich am 5. April 1631 klagender Weise an Georg Wilhelm, Markgraf zu Brandenburg und Kurfürst in Preußen, zu Eleve, Jülich und Berg Herzog , worauf derselbe bereits am 18. April den Amtmann von Blankenſtein und Droſten von Werden Georg von Hatzfeld und den Werdener Richter Christian Rohdt aufforderte, den Magistrat inhalts der dem vorigen Amtmann ergangenen Verordnung in gebührlichem und unfehlbarem Schuß zu halten. Am 6. Juni er ſuchte dann die Stadt den Amtmann von Haßfeld, er möge durch den Richter Rhodt bezw. den Gerichtsschreiber Schlechtendahl und den Frohnboten die auf den Grindt turbative getriebenen Beeſter ohne Verzug abtreiben und ihre (der Stadt) Beester aufführen lassen". Als der Richter es ablehnte, während des Prozesses einzugreifen, beschwerte sich der Magistrat darüber beim Kurfürsten. Der Kurfürst ertheilte dem Amtmann erneuten Befehl, die Werdener, da noch kein rechtliches Erkenntniß vorhanden, „ bei hergebrachter possession wider des Abten beeindrächtigung gebührlich zu schützen und dem Abte anzuzeigen, daß
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er seines orts rechtliche gebühr vorbringe und aufführe“. Darauf wandte sich Abt Hugo in einer längeren Protestations- und Bittschrift¹ ) . per sönlich an den Kurfürsten, worin er ausführte : Bei seiner Wahl im Jahre 1614 hätten die Werdener die renovation des Grinds nachſuchen und die Erbpacht bezahlen müſſen, allein sie hätten solches verächtlich) hindangeschoben, so wenig die Erbpacht in gebührlicher Zeit bezahlei, überdem ſich noch gelüſten laſſen, den Grind ohne des Konvents Konſent Frembden zu verſeßen, dergestalt algemach denselben dem Stift zu ent wenden, wie in der ganzen Stadt und Bürgerschaft fundig . Der Abt habe daher seine und der Stapitularen Meinung durch Notarien und Zeugen Bürgermeister und Rath öffentlich insinuiren laſſen, ganz ohne daß sich dieselbe daran gefehret, ihn und das Stift der gebühren refog noszirt hätten.
Der Abt habe sich nicht alsbald des Grinds ange
nommen, sondern nach langer Konsultation und Berathschlagung auch underſchiedlicher Juristenfakultäten Ihrer Kurfſtl. Durchlaucht Herren Pfalzgrafen sein rechtmäßiges fürnehmen underthänigst eröffnet, deren autorisation und manutenent gesucht, auch underſchiedtlichen Befehl er halten, kraft deren er durch den Kellner des Stifts den Grindt oder Brehmen mit seinen Beestern betreiben lassen ; unwahr sei es, daß mit offener Gewalt des Klosters Vich aufgetrieben und er mit Dienern mit gewehrter Hand descendirt und beigewohnt habe ; ferner hätten die Werdener im Jahre 1619 per suppressionem rei und suggestionem falsi vom Surfürsten widerwertigen Bescheid zu erprakticiren gewußt, jedoch habe er (der Abt) es erreicht, daß der Pfalzgraf den Drosten zu Blankenstein und Werden aufgefordert, der Bürgerschaft von Werden das Suppliciren zu verbieten und ihm (dem Abte) mit beharrlicher und gebürlicher Assistenz und Manutenenz beizuspringen.
Um das Stift
vor Schaden zu bewahren und sich gegen die üble Nachrede der Werdener zu schützen - Bürgermeister und Rath diffamirten ihn allenthalben, als wenn er den Grind oder Weideplaß gegen recht ohn einig Ursache mit gewalt eingenommen habe , habe er gegen dieselben nothwendig Citation suchen müssen, erhalten und insinuiren lassen, immaßzen dan auch, weilen anderwerts die Citation des R&G. zu eludiren gesucht und allerhandt zu attentiren feine schen getragen, Mandatum inhibitorium poenale et de non attentando erhalten, dagegen ihre anmaßzlichen Exceptiones sub- et obreptiones übergeben und alsher pro contra gehandelt.
Also bittet der Abt den Kurfürsten, er möge die suppli
cirenden Werdener abweisen und wegen verübter Attention und er dichteten Supplicirens in gebührende Straff nehmen, ( doch ohne Nach 1 ) Abschrift im Werdener Stadtarchiv a. a. D. S. 68 ff.
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theil des schwebenden Prozesses ) und ferner befehlen, daß sein Gottes. haus in vorigen stand, so es tempore inhibitionis gewesen, restituiren. widrigenfalls wäre er genöthigt, solche attentate gehörigen orts in Camera anzugeben und darüber Verordtnung zu erbitten. Die Petition des Abtes hatte anscheinend wenig Erfolg ; bis zum Jahre 1637 blieben nämlich die Werdener unter Kurfürstlichem Schuße im Besitz der Insel. Die Stadt wurde damals zur Zeit des 30jährigen Krieges faſt ſtets von Truppen besezt gehalten ; maßgebend war hierfür die Sicherung des Ruhrübergangs durch das Kastell, die Feinde des Abts mag auch wohl der Reichthum des Stifts gelockt haben. In den Jahren 1631-37 hatten sich die Schweden und Hessen in Werden ein quartirt ; damit war die Macht des Abts gebrochen. Er konnte dem Magistrat nicht wehren, den Brehm zu benußen . Ein Streiflicht auf die damaligen Zustände in unserer Stadt bietet ein Bericht des Joh. Schlechtendahl vom 10. Februar 1637 , der folgenden Wortlaut hat : „Des Herrn zu Deft Diener Gerhardt Coin hat mir Endsbenenten ein verschlossen Handtschreiben aus Speyer heut eingeliebert, welches, weilen hiesige Rathsverwanten theils verstorben, theils auch wegen großer Kriegsunruhe verwichen, allweil verſchloſſen verbleiben, und solle jedoch dasselbe ſobaldt die große Kriegsunruhe ein wenig ceſſirt und die verwichene Ratsverwantten wiederumb einkommen , gebürlich eröffnet, verlesen und die resolution darauff eingeschickt werden und iſt alſo dies loco recepisse mitgetheilt. Signatum Werden am 10. Februarii Anno 1637. " Der Prozeß nahm seinen langſamen Fortgang. Aus dem Jahre 1632 (4. Juni ) liegt ein Schreiben des Anwalts Joh. Friedrich von Broich an das RKG. vor, welches größtentheils schon erwähnte Sachen berichtet ; neu ist die Mittheilung, es sei falsch , daß, wie Werden be haupte, die Sache erst an der Hofkanzlei zu Düsseldorf rechtshängig gemacht sei, die Hofkanzlei habe auch kein Urtheil gesprochen, der Abt habe bei dem Pfalzgrafen als Schuß- und Schirmherrn um Manutenenz nachgesucht, bis ein anderes mit recht erkannt würde. Der Herzog zu Cleve-Mark sei der Schuß- und Schirmherr des Abts bezüglich der abteilichen Güter, dadurch sei er aber nicht Eigenthümer und Richter über dieselben geworden. Der Abt erkenne keine anderen Richter an als die Röm . Kaiserliche Majeſtät und das Kaiserliche Kammer gericht.' ) Der Anwalt von Broich ſtarb 1634, und es trat als neuer Anwalt Eilenick auf, welcher sich auch erst wieder einarbeiten mußte.
1) Schreiben im Werdener Stadtarchiv, a. a. D. S. 88 ff.
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In den Jahren 1635-1642 geschieht wieder in dem Werdener Prozeßz „Nihil “.
Als im Jahre 1637 das Werdener Kaſtell von Kaiserlichen Truppen besetzt war, nahm der Abt mit Hülfe des Hauptmanns Winter, Kriegs fommandant allhier, den Brehm wieder in Anspruch . Der Magiſtrat legte am 13. Mai dagegen beim Kurfürsten Georg Wilhelm Protest etn. worauf der Amtmann von Blankenstein und Werden Hans Georg von Syberg Befehl erhielt, die Bürgerſchaft in ihrem Recht zu schüßen . Als am 24. November 1640 der Magistrat seine Bitte bei dem Kurfürsten wiederholte, erging ein entsprechender Befehl an den Amtmann und ebenso an den Kriegskommandanten von Werden, Obrist Spae. Ber Georg Wilhelms Nachfolger, dem großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, fand die Werdener Bürgerschaft thatkräftige Unterstützung. Am 23. Febr. 1641 bat ihn der Magistrat um Manutenenz . Die darauf erfolgte Ant wort liegt nicht vor ; aus einem Schreiben des Magistrats an den Amtmann von Syberg vom 2. Mai geht aber hervor, daß sie nicht ablehnend gelautet hat. In diesem Schreiben forderte nämlich der Magistrat den Amtmann auf, er möge die amtliche Hülfe und Manu tenenz anbefohlener Maßzen leisten und die Frohnboten zu Werden und Kettwig ernstlich anweisen, die Ruhrbeester auszutreiben und alle Turbationes nach) äußerstem Fleiß mit Zuzichung der Landschüßen ab zunvenden. Von Syberg verwarnte darauf hin das Kapitel ; nichtsdesto weniger erfolgen neue Turbationen. Wie es dabei zuging , erfahren wir aus dem Berichte des Abts und des Bürgermeisters. „Die Kapitulare hatten ebliche Kuhebeester auf den Grind getrieben, daher versuchte der Magistrat nach verrichtetem Gottesdienst dieselben wiederum mit guten Manieren abzutreiben. Zu dem Zwecke eilten mehrere Bürger zu Pferde, viele andere zu Fuß, an der Spiße der Bürgermeister, nach dem Brehm und trieben das Vich mit Gewalt durch die Ruhr . Dabei unter ſtanden sich neben dem Prior und dem Küchenmeiſter ein Scheffer Joh. Bollich wie auch zwei dienſtlose Soldaten Hans Henrich und Claes zu opponiren. Bolkich habe auf den Bürgermeister geschlagen, aber nur das Pferd getroffen. Die Soldaten hätten ihre Degen gezogen und einen Bürger am Bein verwundet. " Auf ein Schreiben des Magistrats vom 6. Mai fordert der Kurfürſt Friedrich Wilhelm den Amtmann von Syberg auf, „ den Magistrat von Werden in Poſſeſſion des Grindts zu manuteniren und alle attentate zu verhindern, auch die Thätlichkeiten, welche ein Scheffer sowie Hans Henrich und Clas verübet, untersuchen zu lassen, die Delinquenten event. in Haft zu bringen und über die Untersuchung Bericht zu erstatten .
Der Amtmann befiehlt darauf
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(25. Mai) dem Frohnboten von Werden, das dem Herrn Prälaten des Gotteshauses Werden zuständige Vich vom Briem abzutreiben und das Bürger-Vich wieder aufzutreiben.
Im Uebrigen wurde der Befehl des
Kurfürsten nicht ausgeführt, was dem Magistrat Anlaß zu einer neuen Beschwerde (11. Juni) gab. Friedrich Wilhelm ließ nicht nach in der Beschützung der Werdener Bürgerſchaft. Das Kaſtell wurde damals von Truppen des Generalfeldzeugmeisters Freiherrn von Vehlen beſeyt, welcher dem Abte manu armata aſſiſtirte. Der Magistrat wandte sich erst direkt an von Vehlen, worauf keine Antwort erfolgte. Unter dem 20. Mai richtete er an den Grafen Wilhelm von Dhun, als benachbarten gnädigen Herrn, das Gesuch, er möge sich für Werden bei dem Freiherrn von Vehlen wegen der Kontribuitonen und des Grindts dahin ver wenden, daß dieser dem hiesigen Kriegskommandanten den Befehl gebe, dem Abte nicht manu armata zu aſſiſtiren ; die Sache sei außerhalb Ihrer Kaiserl. Majestät Kriegsdiensten befangen, er möge es daher bei der landesfürstlichen Verordnung bewenden und dem Rechte seinen ge bührlichen Lauf laſſen“. Mittlerweile hatte auch der Kurfürst in der selben Angelegenheit an Freiherrn von Vehlen sowie den Generalfeld marschall Grafen von Hohjeld geschrieben. Am 28. Mai erfolgte die Antwort des Freiherrn von Vehlen (datirt Warendorf) : Er ſei vom Abte und von der Bürgerschaft angegangen worden ; der Kaiser habe ihm aber befohlen, den Abt bei der Weide so lange unbehindert zu Lassen, bis Bürgermeister und Rath ein anderes mit rechten würden er halten haben. Demgemäß seien dem Kommandanten von Werden Verhaltungsmaßregeln ertheilt ; wegen der Kontribution solle die Stadt übrigens , dahe sie hierin beschwert, gehöret und der Billigkeit deferirt Unter dem Schuße der Besaßung des Kaſtells benutte der Abt weiterhin den Brehm.
Der Magistrat beschwerte sich wieder am
31. Juli 1641 bei dem Kurfürſten, daß die Stadt vom Amtmann von Syberg schutz und hülflos gelassen würde. Nun beauftragte Friedrich Wilhelm am 4. Auguſt den Amtmann zu Bochum Wennemar von Neu hoff mit der Vertretung der Interessen der Werdener Bürgerschaft . Da durch sah sich der Amtmann Georg von Syberg veranlaßt, der Büger schaft zu helfen. Am 16. August 1641 schickte er etliche Amtsschüßen nach Werden, um das abteiliche Vieh vom Grind zu treiben. Drei Amtsschüßen, so meldet ein Bericht des Abts , wären mit gewehrter Hand durch die Ruhr nach dem Brehm gelaufen und hätten des Klosters Kühe abtreiben wollen, zwar hätten Staiserliche in Werden in Garnison liegende Soldaten von der Brücke etliche Schreckschüsse gethan, dennoch) hätten die Amtsschüßen die Kühe fortgetrieben . Eine Klage des Ma
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gistrats an den Kurfürsten ergänzt diesen Bericht : Als die Amtsschüßen bei der Arbeit ( die Kuhebeester abzutreiben) gewesen, habe der Prior den Kommandanten mit Soldaten kommen lassen, diese hätten den Amtsschützen die Rohre abgenommen und zwei verwundet ; einer habe zwei Kugeln durch den Leib erhalten und sei den 11. Tag darauf des Todes verblichen, der andere einen Schuß ins Bein und sei zu Werden kurirt worden. ') Nach diesem Siege habe der Prior den Soldaten ein Ohm Bier verehrt. Arztlohn und andere Unkosten²) der Schießerei wollte der Amtmann der Bürgerschaft auferlegen ; darüber beschwerte sich am 3. September 1641 der Magiſtrat beim Kurfürsten .
Ueber die „wider
rechtlichen Attentate" der Werdener Bürgerschaft und ihres Vogts hatte der Abt Hugo beim RKG . in Speyer Beschwerde eingelegt. Er erwirkte
1) Ueber diese Schießaffaire bringt Greg. Overham in seinen Annalen ausführliche Mittheilung. Siehe 5. Heft des Hist. Vereins, Werdener Annalen von Dr. Jacobs, S. 152.
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2) Ein Tarzettul (Werdener Stadtarchiv) zählt die Unkosten auf, welche die betrübte Wittibe Abell Mollers Korporalsnel. in deſſen Krankheit und ſonſten nach empfungenen tötlichen Schuß ausgeben und aus ihrer armuth bezahlt, dem Arzte seine belohnungh vorbehaltlich. Irstlich Herr Richter zu Werden ein Maaß wein vorſchoſſen, ad . . 26 Alb. Noch aus befelch des Arzes zu dränden zu gebrauchen holen laſſen 1,78 von Hattingen 7 q. (-Quart) Wein ad " 92 Bottelohn zu verschiedenen Mahlen zu holen " 26 " Noch von Essen holen lassen 1 Quart w. " Bottelohn Noch dem Kranken bier von Blandenstein bringen müſſen 12 Quart jede ad 2 alb. Bottelohn Noch vorzein und anders bey wehrender Krankheit zu Werden 2,46 an Gelds ausgeben 52 Noch dahin bringen laſſen 2 Q. butter ad 24 Zwei hoener und 4 Pfd . Rindfleisch 24 " Bottelohn 571/2 " Die Maenner, so die leich ausgekleidet, verzehrt 4,52 Dem Balbier an Geldt geben 4 Rthlr. und der frawen " Item sein Rohr verlohren, so ihme gekostet, ſelbſt bezalt 65 Das Bandalier und Sterne " 1,52 Item ein neuer Huedt kostet Item die Wittib die ganze Zeit der Krankheit Ihren Man tag . 2,69 und nacht bewahret, rechnedt taglichs ein"Kop. · Item einer Frawen, so ebenfalls bey tagh und nacht ihme · 1, " behülflich geweſen • 1,26 " Item die Leiche zu führen 1,26 " Begräbnis-Koste . Summa 24,72¹½ Alb. Item der ander verwundeter an bottelohnund ſonſten bei • 4, " wehrender Krankheit ausgeben Summa Summarum, 28,722 Alb.
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unter dem 30. April 1647 ein Mandatum Caesareum¹ )
an den
Fürstlich Clevischen Statthalter, Kanzler und Rath in Embrich , an die Amtmänner zu Blankenstein, Werden und Bochumb, sowie an den Bürgermeister und Rath der Stadt Werden. Das Mandat verwarnt dieselben ernstlich bei einer Poen von 10 Mark löthigen Golds , ihr ungesetzliches Mandat zu kaſſiren und dem Gericht freien Lauf zu laſſen. und sest über 30 Tage einen neuen Gerichtstag in Speyer fest. Neber den Erfolg dieses Termins ist nichts bekannt ; die Anwälte melden aus dem Jahre 1642 „ Nihil ". Das Kaiserliche Mandat scheint auch wenig. Wirkung gehabt zu haben, der Magistrat ließ nicht nach , dem Kurfürſten seine Beschwerden vorzulegen. Am 1. Dezember 1642 und 28. Februar 1643 ließ die Abtei durch ihren Kellner Joh. Brempt, wie es in einer Beschwerde des Magistrats heißt, mit Hülfe der Garniſon, wieder ihr Vieh auf den Brehm treiben.
Im folgenden Jahre nahm aber wieder
die Bürgerschaft die Insel in Benutzung. Aus einer Beschwerde des Magistrats an den Kurfürsten erfahren wir, daß damals der Abt tros Schreibens des Drosten Alerander von Drimborn durch Frohnboter fünf stihe der Bürgerschaft vom Brehm habe treiben lassen ; dieselben wären nach Baldench gebracht und später verkauft worden.
Neber den
Prozeß wird aus dem Jahre 1643 unter dem 24. Januar gemeldet : „Dr. Jung erscheint auf empfangenen Befehl wegen H. Bürger meister und Rath der Stadt Werden kraft Gewalt (Vollmacht) , welche er in Original giebt, er bittet deſſen Rekognition und weilen H. Dr. Lips vom Abt constituirt, auch gemeine Gewalt bei Handen hat, also bittet er denselben ad legitimationem anzuhalten und auf vorige utrimque beschehene definitive Submission nunmehr G. C. Urtheil ergehen zu lassen, cum expensis." Im folgenden Jahre schickte der Magiſtrat noch Beweisſtücke nach Speyer ) , eine Abschrift des Vegleitschreibens sandte der Bürgermeister Caspar Kohl an seinen Schwager und Gevatter Ludwig Fabricius, den „Kurfürstlich Brandenburg'schen Richter und Rottmeister zu Werden".
1) Siche Beilage 3. 2) Das Porto für die Sendung von Köln nach Speyer kostet laut Bericht des Werdener Stadtarchivs a. a. D. S. 116 28 bez . sechs Albus. Die Postscheine lauten : 1) Zeiger bott Corl Scholten hatt alhier ein Kayserl. postambt ein pacą . nach Speyer an her Dr. Joh. Friedrich Jung morgens vor 8 Uhr zeitig ein geliebert und dafor zahlt albus 28. Signatum Collen den 22. Novemb. 1643. B. Coffelt. 2) Es hat Zeiger dieses alhier ein Schr. nacher Speyer zu recht ein geliebert und vor Porto zahlt albus 6. Colle, den 6. Dez. 1843. Nem. Kayserl. Majeſt. Poſtamts daſelbſt.
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In dem Prozeß geschieht „ annis sequentibus nihil ".¹ ) In Jahre 1645 beklagte sich der Magistrat, daß er lange von seinem An walt in Speyer nichts mehr gehört habe. Der Prozeß am RKG. ist anscheinend nicht zu Ende geführt ; ein gerichtliches Urtheil nicht vor.
tegt
Im Jahre 1646 am 24. Juni starb Abt Hugo . Als Nachfolger wurde Heinrich Dücker aus Werden, früher Pastor von Neukirchen, ge wählt. Auf den kriegerischen Prälaten war in ihm ein friedliebender Abt gefolgt, welcher mit Erfolg bemüht war, die Zwiſtigkeiten in ſeinem Stift beizulegen. Zum Beweis der Versöhnung zwischen Stadt und Abt leistete die Bürgerschaft am 18. Februar 1648 ihrem Landesherrn den Huldigungseid. Die Differenzen wurden durch den an demselben Tage ausgestellten Reversalbrief ) beglichen. Auch bezüglich des Brehms kam ein Vergleich zu Stande ; Bürgermeister, Scheffen und Rath der Stadt verzichteten nämlich auf die „Briemweiden“ sowie auf die Renten der Vicarie beatae Mariae Virginis und erhielten dafür 15 Morgen Land am Billstein³ ) und einen Weideplatz in der Wolfsbeek „ zu Dienst manns Lehenrechten mit der Verpflichtung, daß sie beim Absterben des Lehnträgers eine alte gewichtige Rojenoble und zwei alte Reichsthaler erlegen und dafür novam investituram erlangen und erhalten fönnten". Die Stadt hat den Verlust der Insel nicht verſchmerzt.
In den
Werdener Wirren des 6. und 7. Jahrzehnts des 18. Jahrhunderts ver suchte sie ihre alten Ansprüche auf den Brehm geltend zu machen.
Vei
den Vergleichsverhandlungen mit der Abtei drang sie aber nicht durch . Der Berliner Vergleich vom Jahre 1776, welcher die Differenzen zwischen der Abtei und der Stadt Werden beilegen sollte, bestimmte in Artikel 36 : „In Absicht des Brehms und ſonſtiger im 8. gravamine enthaltenen Beschwerden ist man übereingekommen, daß es bei dem bisherigen Besitz bis zur anderweitigen rechtlichen Ausführung verbleiben solle, wobei es also sein Bewenden hat." ist nicht erfolgt.
Die beabsichtigte anderweitige Ausführung
Die Bürgerschaft blieb der Insel verlustig .
Seit mit
1) Der Advocat Dr. Joh. Friedrich Jung stellte der Stadt Werden_eine Rechnung von „ 50 Rthlr. 9 Kreuzer pro Advocatura, Procuratura, Post, Copey und Auslegegeld für die Zeit von Dezember 1642 bis Juli 1646 " aus. 2) Der Reversalbrief ist abgedruckt in Jacobs, Werdener Annalen S. 235 ff. 3) Durch den Berliner Vergleich zwischen der Abtei und der Stadt Werden d. d. 4. Dez. 1776 (Artikel 40a) werden die Einkünfte des Billsteins den Evangelisch-Lutherischen zu ihrer alleinigen Disposition und Nugung ohne einigen Anspruch der Römisch -katholischen gelassen." Der Vergleich ist abgedruckt bei Schuncken, Geschichte der Reichsabtei Werden S. 243 ff.
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der Säkularisation des Stifts Werden der Brehm an Preußen gefallen war, wurde die Insel seitens des Ruhrfiskus gegen billiges Entgelt als Weideplatz verpachtet. In jüngster Zeit hat die Stadt wieder die Benutzung des Brehms ins Ange gefaßt, nicht um Ruhebeester darani zu treiben“, ſondern um denselben dem Publikum nutzbar zu machen. Zu diesem Zwecke hat sie die Znjel vom Fiskus durch Pachtvertrag vom 24. Januar 1900 auf 12 Jahre für 325 Mark gepachtet. Bei der herr lichen Lage der Insel würden geeignete Anlagen das Landschaftsbild unserer Gegend wirksam zu verschönern im Stande sein, und Werden, die Perle des unteren Ruhrthals hätte alsdann einen weiteren An zichungspunkt für die zahlreichen Besucher von Nah und Fern ge wonnen. Auch der Bürgerschaft würde die Insel Gelegenheit zur Erholung und Pflege des Sports gewähren . Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat die Stadtverwal tung durch den Gartenbauarchitekten Hoemann-Düsseldorf ein Projeft ausarbeiten laſſen, welches die prinzipielle Genehmigung der Stadtver tretung gefunden hat. In der Sitzung vom 18. Februar 1902 hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, im Rahmen dieses Planes mit den Arbeiten zu beginnen, ſie hat sich bereit erklärt, hierfür dem Ver ſchönerungsverein zunächſt 3000 Mark aus Sparkaſſenüberschüſſen zur Verfügung zu stellen und die Insel auf 24 Jahre zu pachten. Der Vor stand des Verschönerungsvereins hat mit der Ausführung der Arbeiten die Firma Dohs , Reuter u . C. in Oberpleis betraut. Mit der Herſtellung der Anlagen ist bereits der Anfang gemacht, es ist zu erwarten, daß im Laufe des Sommers die Insel dem öffentlichen Verkehr freigegeben wird. Die Stadt steht vor der Feier der hundertjährigen Vereinigung mit Preußen, am 3. August 1902 nd hundert Jahre verfloſſen, ſeit peußische Truppen Werden in Besitz genommen haben wäre es da nicht angebracht, zur Feier dieses Gedenktages das erste Bürgerfeſt aut dem der Bürgerſchaft wieder eröffneten Brehm zu begehen? Möge der gegebene geschichtliche Rückblick, welcher den Werdener Rath und die Bürgerschaft in jahrelangem hartnäckigen Kampfe um den Brehm zeigt, ein Kampf, in dem sogar der großze Kurfürst „manu armata" die Ansprüche der Stadt unterstützt, ein Antrieb für die jewige Stadtverwaltung sein, die dauernde Erwerbung der Ruhrinsel zu er wirken, zum Nußen der Bürgerschaft, zur Freude der naturbegeisterten Freunde unseres schönen Ruhrthals !
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Beilage 1. Urkunde vom Jahre 1481 , laut welcher Abt Diederich von Werden den Grind oder Werth oberhalb der Brücke der Bürgerschaft von Werden vererbpachtet.¹) Wy Dyderich van Gottes gnaden Abt, Antonius Prior, Hynricus Coster und vort wy gemeyne Capittelspersonnen des gestichts und monsters sunte Luytgers toe Werden doin kundt und bekennen in dyssen openen brieve voir uns und onse Nakomlynghe, dat wy hebben an geseyn oirber und vreden onjen lieven getruven Bürgern toe Werden und hebn denſelven onsen lieven getruven Bürgeren vor eyn Erffpacht verpachtet und verpachte in dyſſen brieve onſe grynt off weide, gelegen in der Ruhr, boven der brüggen, entegen onses gnedigen Heren Moelen Hertogen van Cleve und Graven van der Marcke, schietende langes die gardene an beyden syden der ruyr, in allsolcker maeten, dat die Bürger meister toe Werden tertit fall alle jaer up jante Ludgers dach, die komet des ersten dages na sunte Marcus dage onſen Kelner geven und wall betalen soll dree punt guedes waſſes, und alſo dücke als eyn nye Abt toe Werden gekaren wyrt und toe Werden komet toe wonnen, ſo ſall eyn Bürgermeister tertyt den vurst . Gryndt off werdt van den nyen Abt unbfangen, wynnen und werven myt dubeler pacht, dat is ſejf punt waſſes, bynnen der irſten maent, dat dey nye Abt toe Werden komen wer, und dit ſall men foe alletyt holden, dat Gryndt werde groet off kleyn, also lange als dar enich Gryndt off werdt is tüschen den vurst. Moelen und der brüggen toe Werden, oick is mede gevarwardt. dat die Bürgermeister und Raedt den vurst . Grindt off werdt toe der Stat behoeff alle jaer off toe eyn deyll jaeren enygen Bürger, bynnen Werden woenhafftig, verpfachten mogen, dan neimand anders die geyn imvonner Bürger en is, oick is mede gevarwardt, wert jacke dat die Bürgermeister und Raedt vurst. dyſſen vurst. Grindt off werdt toe enyger tyt nicht en verpfachten als vurst. steit und den voer eyne gemeynheit lieten liggen, so sollen des Stichtes und Monsters sunte Ludgers hove off ve dair myt opgaen gelych der Bürger hove off ve, oick off sake were, dat die vurſt. Grindt off werdt to enyger tit voir eyne gemeindt queme toe liggen, So en jollen die Bürgemeisters niemandy have off ve uppen Grinde laten gaen dann allein der inwoner Bürgers toe Werden. Und wert jake, dat die Bürgermeisters und Raedt van Werden toe enyger tit alle deſſe vurst. puncte und eyn ytlich byſonder nicht en hielden off nicht geholderen würde, so wie oick dat toe queme, so sollen se all 1 ) Beglaubigte Abschrift im Stadtarchiv Werden, a. a. D. fol. 1 u. 2.
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oir recht an deſſen vurst. Grindt oft wert verloren hebn und die soll an flarlicken und all weder an eyn Abt und Capittel vurst. verfallen sein. Und desse verpächtige des vurst. Grindts und werdes sollen wy onsen Bürgers quede warschap sonder argelist und dyss alles to getüge der warheyt so hebn ivy Dyderich Abt, Antonius Prior und vort wy ge meyne Capittelsverjohnen vurst. onjes gemeynen Capittels Segell voir uns und onſe nakomelynge an dyſſen brieff gehangen. Gegeven in den jaren onses Heren Duysent vyrhondert eyn undt achtentich des nesten manendags na dem Sonnendage als men in den hilligen Ampte der meſſen to ſyngen pleget Reminiscere. Pro copia Conr. Wessel.
Beilage 2. Ladung des RKG . an den Bürgermeister und den Rath von Werden vom 2. Juni 1620. Wir Ferdinandt der ander von Gottes gnaden Erwelter Römiſcher Kayser zu allen Zeiten Mehrer des Reichs in Germanien, zu Hungarn. Boheim, Dalmatien, Kroatien und Schlavonien, Koenig Erzherzog zu Oesterreich, Herzog zu: Burgunde, Steyr, Karsdten, Kran und Wirtem berg, Grave zu Habsburg, Tyrol und Gört. Entbieten unsern und des Reichs-lieben getrewen Bürgermeistern und Rhat der Stat Werden in Westphalen unſer gnadt und alles guts . Liebe getrewe ! Unserm Kayserlichen Cammergericht hat der Ehr würdige unser lieber andechtige Hugo Abt des Gotteshauses St. Lud gers zu Werden und Helmstat supplicirendt vor und anbracht, welcher geſtalt ir auf etliche Ime eigenthumblich zugehörige zu Werden in der Ruhr oberhalb der Brugken gelegene Grindt und Weydeplatz ewere Vyhe und Kühe Bestien eigenthätlicher weise aufzutreiben euch ange maßet und Ime in Quicta possessione zu turbiren underſtanden, da hero weil er sich solchem Eweren thadlichen Beginnen billig widersett und solche eintreibung keineswegs gestaten will , Ir euch nit geschewet, Ihm und Capitularen allenthalben zu diffamiren und zu beschuldigen, sonderlich aber gleichwohl ganz unerfindlicher weise vorzugeben nit underlassen, als jolte Supplicant ermelte Wendeplatz gegen recht und mit gewaldt eingenommen haben und dadurch in die poen des heiligen Reichs Landfrieden gefallen sein, inmassen Ime und desen Capitularn mit solcher und dergleichen beſchuldigung eine gute Zeit hero allent ¹) Urkunde im Staatsarchiv Wezlar a. a. O. Blatt 12.
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halben diffamirt und beschreyet inmassen sub lit. A. B. C. D. E. und F. vorgezeigte Beilagen erweisen willens und meinung, Sie dadurch bei andern und hohen und niederen Staatspersonen in unglimpft und unschuldigen verdacht zu bringen. Da sie ires wissens niemanden gein unrecht thun, viel weniger mit gewaldt handlen wollen, bevorab weil vorangedeuter Weydeplay oder Grindt Inen und dem Gotshaus zu Werden eigenthümblich zuſtendig und angehörig, auch dabei von dero Schußherrn, bis daran ir Gegentheil ein anders mit recht erhalten, manutenirt werden soll. Wan dan supplicirender Abt immediate ein Standt Praelat und immatriculirtes gliedt des heiligen Römischen Reichs daher solcher Diffamation sonderlich von seinen underthanen. lenger zuzusehen mit allein beschwerlich, sondern auch weil er auf solchen vorgenommenen Diffamationen nochmahlen unbillig beharren, untreg lich und unleidlich), in erwegung solche sach den Landfrieden berüret und derwegen vermög des heiligen Reichs Abscheiden Jurisdictio gnügsam fundirt, Derhalben unb diese unsere Kayserliche Ladung wider Euch) zuertheilen, undertheniglich anruffen und bitten laſſen, auch erlangt daß solche heudt dato erkendt worden ist Haiſchen und laden solchem nach ench von Römischer Kayserlichen Macht auch gerecht und rechtswegen hiemit, das ir auff den dreißigsten tag den negsten noch Ulerant vor oder verkündung dieses Briefs denn wie euch zehen vor den ersten, zehen vor den andern, zehen vor den dritten letſten und endlichen rechts tag setzen und benennen peremptorie oder ob derselbig nit ein gerichts tag sein würde, den ersten gerichtstag darnach oder durch einen Vor mechtigen Anwalden an demselben unserm Kays. Cammergericht er scheinet, zu sehen und hoeren auf ferner anzeig und beweisung ge lid) . . . . . ffamation auch einen endlichen termin beſtimmen und an seben, darin euere Klag und angemaste forderung des Viehtrüfs gegen mehrgedachten Praelaten rechtlichen rechtliche geben vorzubeugen oder bei underlassungs dan ein ewig stillschweigen mit urtheil und r . . auferlegen oder aber bestendige in recht gegründte ursachen und ein reden, ob ir einige hetten, warumb nit also geschehen soll, dargegen wie rechtens gebeut einzuwenden, endlichen entscheids . . . er kündnis dorbei zugewerten - Wan ir kombt und erscheinet alsdan alſo oder nicht, so würde doch nicht desto weniger auf das gehorsamen theils jeines Anwalts anroffen und erfordern hier innen im rechten . gehandelt und geordnet wie sich das seiner Ordnung nach gebürt. nach wisset euch zu richten.
Dar
Ge(ge)ben in unser und des heiligen Reichsstat Speyr den zweiten tag Monats Juni Nach Chriſti unſers lieben Hern geburt, im ſechszehen
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hondert und zwanzigſten Unſerer Reiche des Römiſchen im ersten, des Hungarischen im zweiten und des Voheimischen im dritten Jaren. Ad mandatum Domini Elect. Imperatoris propria manu Cornelius Stapert D. Verwalter subser. Joannes Gawinàm S. R. Imp. Cameràe judicis Protonotarius sba.
Beilage 3. Verbot des RKG. bei noch schwebendem Prozesse in die Sache einzu greifen, und Vorladung des Statthalters und der Räthe zu Emmerich, des Amtmanns zu Blankenstein, Werden und Bochum, sowie des Bürgermeisters und des Raths der Stadt Werden, vom 30. April 1642 Wir Ferdinand der Dritte u. j. w .
Unserem kaiserlichen Cammer
gericht hat der auch ersamb, unser lieber andächtige Hugo, Abt des Gotteshauses zu Werden und Helmstett, supplicirend zu erkennen geben, obwohl in den gemeinen beschriebenen Rechten, unseren und des h. Römischen Reichs Saß- und Ordnungen heilſamblichtend woll ver ordnet, daß keiner so gleiches standts und dem h. Römischen Reich mit dem anderen immediate untergehörigh, über seinen mittreichsstandt. deſſen persohn und Underthanen keine Superioritaet und jurisdiction haben noch usurpiren , vielweniger gegen denselben auf seiner eigenen underthanen nichtiges anhalten einig Mandat oder was sonsten der gleichen sein könnte, ertheilen und also denselben wider ihre Obrigkeit und Herſchaft sich zu widerſeßen und zu widerstreben hochverbottener weis anlaß geben ſolte, könte oder möchte, ob auch woll nicht wenige! Unseren und des R. Reichs Constitution gemeß, daß keinem bei recht schwebenden Sachen insonderheit aber nach unsers Kaiserl. Cammer gerichts erlangten und der gebühr insinuirten Inhibition zu desselben merklichen despect und klagenden theils ohmviderbringlichen schaden. aus keinerlei ursach und gesuchtem praetext thaetlich und gewaltsamer weise zu verfahren, ein Attentat auf das andere cumuliren, dieſem unserm höchsten Gericht einzugreiffen und seinen freien starken Lauf zu versperren einiges wegs gebührt . Zumaßen den also Er Implorant mitt Euch ihme ohnstreitig untergehörige Bürgermeistern und Rhat zu Werden wegen eines daſelbſt in der Ruhr oberhalb der Brüggen ge legene Weideplatz oder Wehrt, die Brehm genandt, vorlängst im Jahr 1618 in streit gerathen, darauf Ihr Euch dargegen via facti und ſonſten bey der F. Gülich und Bergischen Canzlei zu widersezen keine schen getragen hettet, supplicant als ein ohnmittelbarer des h. Römischen 1) Abschriften im Werdener Stadtarchiv a. a. D. S. 102 ff.
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Reichs Standt durch seinen damals bevollmechtigten Anwaldt nach gehendts im Jahre 1620 umb erlangungh Citationis ex L. diffamari und in anno 1621 hernachen Mandatum Inhibitorium et de non attentando gegen die F. Güligsche Statthalter und Rhätte zu Düſſel dorf und Euch Bürgermeister und Rhatt an unserem Kayserl. Cammer gericht underthenigst supplicirend erlangt, dasselbige den 2. Junii erkandt, welche dan auch den 20. ejusdem inſinuirt und 12. Septembris allenthalben besagten 1620. Jahres, das Mandatum inhibitorium aber anno 1621 alhir gerichtlich reproducirt worden, So hette er jedoch in der that erfahren müſſen, daß Ihr mehrg. Bürgermeister und Rhatt Euch nicht allein bei Euch Fr. Clevische Statthalter Cangler und Rhätten zu Embrich gegen Ihn vermeintlich beschwert, auch erhalten. daß Ihr ein Interims-Mandatum ertheilt und wiewoll Er Implorant Euch der Cameralischen Litis pendentz und sonsten Unbilligkeit und unbefugten Vornehmens den 13. May anni 1641 durch einen Notarium schrifflich bester maſſen erinnern laſſen, der zuversichtlichen Hoffnung ihr werdet mitt solchen seines angebens unbilliger und nichtiger procedur einhalten darauf jedoch solches nicht verfangen mögen, sondern hette jezgen. Notarius ohne einige antwortt oder resolution auf vorgehendes einstendiges anhalten wieder zurück kommen müſſen mehreren einhalts fürbrachter Copey- Instrumenti Insinuationis sub No. 1 mitt zweien oder dreien bürgern zu pferdt und vielen anderen zu fuß in besagtem Jahr und Monat May über die Brügg und besagtem Breme zugecylet, theils durch die ruhr geritten und gelaufen, der Abdey oder Cloisters Werden Kuhebiester und Viehe gestoßen, geschlagen und aller dargegen eingewandten Protestation ohnerachtet mitt gewaldt von dem Breem durch die Ruhr getrieben wie aus vorgezeigter Copey Documenti attestationis No. 2 ferner zu ersehen wehre, worben Ihr Werdensche Unterthanen es nicht verpleiben lassen, sondern wehren noch den 16. Auguſt hernachen allenthalben stylo novo drey Amptſchüßen mitt gewehrter handt durch die Ruhr nach mehr besagtem Breehm gelauffen und berürten Supplicanten Cloister Kühe darvon abermahls abtreiben wollen und alswann inmmittest von unseren Kayserlichen zu Werden in Guarnison liggenden Soldaten von der Brügg ezliche schuß, tn meinungh genante Amptschüßen von ihrem widerrechtlichen und scanda lofen fürhaben zu erschrecken, geschehen, So hetten sie dennoch die Kühe fortgetrieben, alles mehreren Inhalts Exhibiti Instrumenti novorum attestatorum No. 3. Wan aber solches widerrechtliches Beginnen sowoll von Euch Fürſt lich Clevischer Statthalter, Canzler und Räthen (cum par in parem
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nullam habeat jurisdictionem ) als auch Euch oftermelte Beklagte Bürgermeister und Rath mit keinem Schein Rechtens behauptet werden könte, selbige auch obbesagten gemeinen Rechten, unserem und des Reichs wohlverfaſten Constitutionibus schnurſtracks an wider und durch bequeme Rechtsmittel abgeschafft und cassirt werden sollte, deß wegen dan vermöge unserer Cammergerichtsordnung pert . 2 tit. 23 et 35 a praecepto woll angefangen werden könnte und mögte, zu molen die erforderte Jurisdictio ex notario immedietate et litis pendentia überflüſſig fundirt wäre. Solchem nach Uns dies unsere Kayserl. Mandat und Ladung an und wider euch zu ertheilen. instendigliche anruffend erlangt, daß selbige Proceß nachfolgender ge ſtalt heut dato erfandt worden seiet, hierumb so gebieten wir euch sampt und sonders von Römischer Kayserlicher Macht und bei Poen zehn Marck löttigs Goldts, halb in unsere Kayserliche Cammer und zum anderen halbentheil Ime Inpetranten unnachläßlich zu bezahlen. hiermit ernstlich und wollen, daß Ihr demnächst nach Ucberantwort oder Verkündigung dieses ohne Verzug, einred und entgelt obgeklagtes ertheiltes und aufgelassenes Mandatum alsbald caffirt und aufhebet, euch dergleichen verbotenen proceduren enthaltet, diesem unserem höchsten Gericht und oblauts rechtsstendigen Sachen seinen freien Laut lafſet, (darab) die richterliche Erörterung und Ausschlag erwartet und daran euch ſettigen und begnügen laſſet, deme alſo gehorſamblich nach kommet, als lieb euch sein mag, angedrohte Poen zu vermeiden, daran geschieht unsere ernstliche Meinung . Wir heischen und laden auch dar beneben von berürter unser Kays. Macht, auch gericht und rechtswegen hiermitt, daß ihr uff den 30. tagh demnegsten nach beschehenet insinuation dieſes, deren wir euch 10 vor den erſten, 10 vor den an deren, 10 vor den dritten lezten und endtlichen rechtstag setzen und benennen peremptorie oder ob derselb kein Gerichtstag würde, den negsten Gerichtstag darnach selbsten oder durch einen Volmechtigen An waldt an demselben unseren Kays. Cammergericht erscheinet, glaubliche Anzeig und Beweis zu thuen , daß diesem unserm Kays. Gebott alles seines einhalts gehorsamblich gelebt seŋe oder wo nit, alsdan zu sehen und hören euch umb eueres ungehorsambs willen in vorbestimmte Poen gefallen sein mitt Urtheill und Recht sprechen, erkennen und erklehren oder aber bestendige erhebliche einreden, ob ihr einige hettet, warumb solche erklehrung nit geschehen sollen, fürzubringen und endtlichen ent scheid darüber zu gewartten, wan ihr kommet und erscheinet alsdan also oder nicht, so wurdt doch nichts desto weniger auf des gehorsamen theils oder seines Anwaldts anruffen und erforderen hierinnen im
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rechten mitt gemelter erkenntnuß, erklerung und anderem gehandelt und procedirt wie sich das seiner Ordnung nach gebührt ; darnach wißt euch zu richten. Geben in unser und des heyl. Reichs - Statt Speyer, den 30. tag Monats Aprilis nach Christi, unseres lieben Hern Geburt!) in 1642. Jahre, unſers reiches des Römiſchen im 6., des Hungariſchen im 17. und des Bohemischen im 15. Jahre. Ad mandatum Domini Electi Imperatoris proprium ,
Johannes Schaumburg, Verwalter, Philipp Antonius Em merich, Dr. Judicii Imperialis Camerae Pronotarius . Pro copia authentica Johannes Bernardi , Notarius Imperialis Camerae immatriculatus scripsit und sub scripsit.
Rudolf Kögschke's
„Studien zur
Verwaltungsgeschichte
der Groß
grundherrschaft Werden an der Ruhr“.*
Der Name des Verfaſſers dieser Studien tritt dem Freunde der Werdener Geschichte zum erstenmale entgegen in dem 1896er Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Wir lesen da, daß derselbe für die Aus gabe der Rheinischen Urbare thätig sei, und zwar sei er haupt sächlich mit der Ordnung,
Sichtung
und Verarbeitung
des
für
Werden zusammengebrachten urbarialen Materials beschäftigt.
Es
wird ferner aus dem Arbeitsprogramm ebendort mitgeteilt : die Ein leitung zu den Werdener Urbaren jolle eine umfassendere Untersuchung zur Geschichte der Grundherrschaft überhaupt bieten. Die Bedeutung der Werdener Urbare liege darin, daß Werden Grundbesitz in ganz verschiedenen Siedelungs- und Kulturgebieten gehabt habe, im rhein fränkischen, frieſiſchen, weſtfälischen, oſtſächſiſchen, ja in Gegenden alter ſlavischer Niederlaſſung .
Als hauptsächliche Aufgaben für jene Ein
leitung werden noch im Beſondern angegeben : die Darstellung des Bildungsprozeſſes der Grundherrschaft, ein Grundriß der Central- und Lokalverwaltung, Aufschlüsse über Entstehen, Wesen und Auflösung der Frohnhofsverfaſſung, eine Zuſammenſtellung über die Entwickelung der Landesgewalt im Stift Werden, Vogteirechte und ähnliches, sowie endlich die notwendigen Angaben über Maß, Münze, Gewicht und die Verkehrsverhältnisse. -Wenn wir die letzte Forderung ausnehmen und im übrigen von dem, was in dem Arbeitsprogramm auf die Ge schichte der Grundherrschaft im allgemeinen hinzielt, absehen, dann können wir sagen, die ſo ſkizzirte wiſſenſchaftliche Einleitung zu den Werdener Urbaren ist in ihrem wichtigsten Teil geschrieben.
Es sind
*) Verlag von R. G. Teubner in Leipzig 1901. VIII . und 160 S. 8º.
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insbesondere die Verwaltungseinrichtungen der Grundherrschaft Werden und ihre Wandlungen von der Karolinger Zeit ab bis ans Ende des Mittelalters in diesen Studien" mit so glücklichem Erfolge behandelt, daß jeder Leser überrascht und erfreut sein wird. Der Werdener Lokal patriot höchstens wird bedauern, daß die ursprüngliche Absicht des Verfassers, „ in Kapitel I. eine Studie auch dem Klostergut in Werdens Anmittelbarer Umgebung zu widmen, dessen Verwaltung .... ihre Be Umstände halber nicht zur Ausführung sonderheiten aufweiſt“ gekommen ist. Wir dürfen indeß hoffen, daß die formelle Einleitung ver Urbare das nachholt und möchten als Nächstbetheiligte hierdurch) ausdrücklich darum ersuchen.
Verfasser giebt zur Einführung zunächst einen ganz allgemein gehaltenen Neberblick über die mittelalterliche Geschichte Werdens und seines Grundbesites . Es werden verwaltungsgeschichtlich drei Ent wickelungszeiträume unterſchieden : 1. Von den Anfängen bis in die Zeit der Ottonen die Periode überwiegender Privatwirthschaft. Eigen betrieb und Abgaben der Klosterleute dienen zur Deckung des Kloster bedarfs . 2. Von da bis in die Stauferzeit das Emporwachsen zu einer Herrschaft mittelalterlich -staatlichen Charakters . Der Abt wird Landesherr im Stiftsgebiet.
Werden, seit 877 königliche Abtei, ist eine für den Nordwesten unseres Vaterlandes wichtigste Pflanzſtätte der Cultur. Die Nuzung des ausgedehnten Güterbeſißes geschieht hauptsächlich nur mehr in der Form festbegründeter Renten und Dienste. Besonders bemerkt zu werden verdient die Reform des klöfter lichen Lebens, die se. zu Anfang des 11. Jahrhunderts konstatirt, und die wir wohl kluniacenſiſchen Einflüſſen zuſchreiben dürfen. Sogar in den Leistungen für den Tafeldienst der Brüder ist die Wendung zur Ver einfachung der Lebenshaltung zu erkennen. Aus den Urkunden über die Jahresgedächtnisse der Acbte desselben Jahrhunderts will Verfaſſer indeß auf bald wieder steigendes Wohlleben schließen. Wir halten das freilich bei dem außerordentlichen Charakter jener Gedächtnißtage für nicht ganz einwandsfrei. - 3. Eine Zeit des Niedergangs durch vielfache Einbußen an Zins und Diensten, Verschuldung, Geld entwerthung u . s. w. beginnt im 13. Jahrhundert. Zwar gelingt es im folgenden Säculum noch einmal dem einen oder anderen jorgjamen Abte, entfremdeten Beſiß wieder beizubringen und selbst neuen zu er werben, aber die Decadence scheint unaufhaltbar, einestheils durch das Nachlassen der Klosterzucht, dann durch Verschleuderung und Versetzung von Klostergut, namentlich im 15. Jahrhundert. Erst durch den An schluß an die Bursfelder Reform im Jahre 1474 trat die Wendung zum
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Bessern ein. Zwar war die Zahl der Mönche nur noch eine geringe, und auch der Glanz der adligen Namen ist aus den Klostermauern zum größten Theile gewichen, aber es wird wenigstens der in der näheren Umgebung von Werden festgehaltene Besitz und die auf ihn begründete Landesherrschaft in die neue Zeit herübergerettet. Abt Heinrich Duden ( 1573-1601 ) sichert vollends den wirthschaftlichen Bestand, und so bewahrt die kleine Herrschaft auch in den abſolutiſtiſchen Jahrhunderten Eigenleben und Selbstständigkeit bis zum Anfall an Preußen im Jahre 1802. Der Hauptinhalt der Schrift ist in verständiger Disposition in zwei Kapitel geschieden, deren erstes die Hauptformen der örtlichen Verfassung und Verwaltung, das zweite die Gesammt verwaltung der Großgrundherrschaft Werden in ihrer Entwickelung darlegt . Zu den Ausführungen über die örtliche Verfassung sind jedoch nur das rheinische und das westfälische Besitzgebiet Werdens als zwei verschiedene Typen mittelalterlicher Güterverwaltung herangezogen, die friesisten und ostsächsischen Gütercomplere sind nicht besonders behandelt. Den Grundstock der rheinischen Besigungen unserer Abtei bildete das ehe mals karolingische Krongut Friemersheim, ein Haupthof mit Vorwerken, auf dem linken Ufer des Stromes gegenüber der Ruhr mündung auf ſalfränkischem Boden gelegen.
Verfasser berechnet die
Größe des zum Haupthof Ende des 9. Jahrhunderts gehörigen Sal Landes auf 607 Morgen Acker (ohne die Rechte an dem westlich gelegenen großen Waldcompler) , dazu in 19 Wohnorten zerstreut 119½ dienende Hufen oder, die Hufe zu 30 Morgen gerechnet, 3645 Morgen Hüfnerland. Dazu kam noch ein kleinerer Besitz in Emmerich. nämlich die Kirche daselbst mit 1½ Hufen, ferner ein Herrenhof und 10 dienende Hufen, die sich auf 6-7 Ortschaften vertheilten . Die Ve völkerung , die auf diesem grundherrlichen Boden lebte, bestand aus: 1. Leibeigenen
ohne eigene Landwirthschaft und größtentheils
im herrschaftlichen Unterhalt ; zum theil verheirathet und im Beſive eines kleinen Eigenthums. Ihre Arbeit theils landwirthschaftlich, theils gewerblicher Art. 2. Hüfner, und zwar weit überwiegend Voll hüfner, mit ihren Angehörigen, die ihre Zeit nach festgesetztem Ver hältniß zwischen der Bestellung ihres Hufenlandes und der des Herren landes im Frondienſt zu theilen hatten . Verfasser berechnet, daß die Fronarbeit des einzelnen Hufners jährlich zusammen etwa 10 Wochen. also ein Fünftel des Jahres, ausgemacht habe ; 3. die 3 insbauern endlich bezahlten die Landleihe nicht in Fronden auf dem Herrenhofe sondern in bestimmten, verhältnißmäßig geringen Geld- oder Natural
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abgaben.
Daß neben diesen drei vom Kloster bezw . seinen Beamten.
abhängigen Bevölkerungsklassen in den betreffenden Ortschaften auch noch freie Bauern und ferner Leute, die andern Grundherren gehörten, vorhanden waren, soll der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben. Die Verwaltung des Friemersheimer Selosterguts war im 9. und 10. Jahrhundert noch eine einheitliche gewesen.
Nur die gericht
liche Thätigkeit, die der karolingische Antmann zugleich mit den Ver waltungsbefugnissen besessen, hatte der Werdensche Wirthschaftsvorstand an den Klostervogt abgegeben. Im Laufe des 10. Jahrhunderts trat nun aber im gesammten Werdener Klosterbesize die Scheidung in Abts- und Conventsgut ein, und so zerfiel fürderhin auch das Klostergut in und um Friemersheim in zwei Theile. Dem Abte waren etwa zwei Trittel des Ganzen, dem Propste das Conventsgut ein Drittel über wiesen. Hinsichtlich der Verwaltung trat sogar noch eine weitere Untertheilung ein, insofern das Abteigut sich um 3 Fronhöfe con centrirte, während das Probsteigut in dem Fronhofe Afterlagen seinen Verwaltungsmittelpunkt hatte. Die Fortschritte, die die Landwirth schaft gemacht hatte, schienen eine gewisse Decentraliſation zu verlangen. Tie Dreifelderwirthschaft war durchgeführt, und auch durch Düngung ſuchte man nun den einmal unter den Pflug genommenen Acker intensiver auszunüßen. Die gründlichere Bearbeitung aber bedingte nicht blos eine Theilung der Verwaltung bezw . Verkleinerung des Einzelbetriebs , sondern sie fesselte auch den Hufner mehr an sein Hüfnerland und gebot somit eine Lockerung seiner Verknüpfung mit dem Herrenhofe. Es werden daher die jährlichen Fronleistungen ver ringert, das Wochenwerk im Vorfrühling und im Juni wird mit Geld abgelöst. Auch für andere Fronden, die zum Theil neu eingeführt erscheinen, ist die Geldablösung möglich. Das Alles aber führte wieder um eine größere wirthschaftliche Verselbstständigung des Fronhofes herbei. Dieser ist fortan, wenngleich ihm die Unterstützung der ab hängigen Hufen in bestimmten Diensten immerhin erhalten bleibt, doch für den größten Theil seines Betriebes auf eigene Arbeitskräfte ange wiesen. Auch der Frohnhof wird ein ſelbſtſtändiger und selbstthätiger Bauernhof, der, wenn Alles seinen richtigen Schick haben soll, nicht eben viel größer sein darf, als andere Bauernhöfe der Zeit auch . Die Abgaben der Hüfner und Zinsbauern an den Fronhof endlich fallen für diesen fort, sie werden vom Schulten, dem Fronhofsbquern, nur noch eingehoben, aber sie kommen jezt unmittelbar dem Klosterherren, dem Abte und bezw . der Propstei zu gute. Der Fronhof selbst tritt in die Reihe der zu bestimmten, aus eigenem Betriebe gewonnenen
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Geld- und Naturalabgaben verpflichteten Höfe zurück.
Das ist in allge
meinen Zügen die Entwickelung, die Verfasser auch an den Werdenschen Fronhöfen und bezw. den von diesen abhängigen Hufen um Friemers heim vom 11. Jahrhundert ab im Einzelnen nachweist. Die Auflösung der ursprünglichen Fronhofsverwaltung und die Entwickelung zur Rentenwirthschaft mußte an sich schon das Band zwischen der abhängigen Bevölkerung und dem Grundherrn, zwischen den Höfen und dem ferngelegenen Kloster lockern.
Es geschah dies
aber noch mehr und wurde speciell beim Abteigut vielfach Entfremdung und geradezu die Gefahr Verlustes herbeigeführt durch das Ein dringen des Lehenwesens .. die Güternußung und Verwaltung. Die politischen Verhältnisse des Reiches hatten im 12. Jahrhundert bereits den Weg des Verfalles eingeschlagen. Allüberall erstarken die örtlichen großen und kleinen Herren. Auch der Abt von Werden ist daran, seine Landesherrschaft auszuwirken . Um sich zwischen den Nachbarn über haupt zu behaupten, ist das erste und nothwendigste vor allem, daß er sich mit einer Schaar reisiger Dienstmannen umgiebt. Diese aber müssen entlohnt d. h. mit Besitz ausgestattet werden. Auch von den Friemersheimer Höfen fällt eine Anzahl der Lehengabe
anheim.
Friemersheim ſelbſt, das ganze Fronhofsamt mit allen Gerechtsamen und Gefällen, finden wir zu Anfang des 13. Jahrhunderts in den Händen eines Rittergeschlechts , der Herren von Friemersheim.
Der
erste, Wilhelm, wird 1230 genannt. Ende des 14. Jahrhunderts iſt der Name wieder verschwunden. Der lette Friemersheimer, Heinrich hat 1392 seine Rechte an den Grafen von Mörs verkauft. Daß diese Herren nun, ihre eigene Landesherrschaft zu gründen, sich vom Abte unabhängig zu machen suchten, diesem auch, wenn es ging, den schuldigen Zins vorenthielten, ihrerseits in der Umgegend Dienst mannen ansetten, Steuern erhoben u. s. w., das ist der typische Verlauf der mittelalterlichen Entwickelung.
Der Abt hat aus allen Beschwerden,
Prozessen und Streitigkeiten, die er dieserhalb im 13. und 14. Jahr hundert gehabt, schließlich immerhin aus dem Friemersheim- Mörsischen Besitz eine Anzahl Gülten und Renten gerettet, zusammen nahe 300 Malter Früchte und 61 Brabantische Mark Geld jährlich . Daß natürlich auch fernerhin Vieles nicht einging und Manches von den Beamten entfremdet wurde, bedarf kaum der Erwähnung. Die Ver waltung führte im 15. Jahrhundert als abteilicher Rentmeister gewöhn lich ein fapitalfräftiger Bürger von Mörs, der in der Einmahmung der Gefälle durch Fronhofsboten oder Defen, die der Abt aus den Hühnern ernannte, unterstützt wurde.
1474 mit dem Anschluß Werdens an die
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Bursfelder Reform begann endlich auch in der Verwaltung des Friemersheimer Kloſterbeſizes die Aufwärtsbewegung wieder. Zunächſt wurden die Abteigefälle und was vom Propsteigute noch vorhanden war, wieder unter eine einheitliche Verwaltung gestellt und diese dem Amtmann von Afterlagen übertragen.
Derselbe hatte der Abtei jähr
lich Rechnung zu stellen, und diese wurde, wie es scheint, gewöhnlich durch zwei Mönche aus Werden in Mörs abgenommen. Im Jahre 1512 gelang es auch, die Hälfte des Fronhofs von Emmerich zurückzu kaufen, und auch die Verwaltung dieses Besizes wurde dem Rentmeister von Asterlagen übergeben.
Der Hof Aſterlagen selbst wurde von dem
erbberechtigten Inhaber zurückgekauft und fürderhin nur mehr auf Zeit gegen beſtimmte feste, großentheils Naturallieferungen verpachtet. wie das jetzt auch bei den übrigen Werdenschen Gütern, soweit sie nicht. nach Hofrecht oder Leibgewinnsrecht erblich ausgethan waren, geschah. Der westfälische Güterbesitz Werdens unterschied sich von dem niederrheinischen vor allem durch seine weite Zerstreuung.
Die 150
Hufen des Klosterguts bei Friemersheim lagen auf einer Fläche von etwa 3½ Quadratmeilen dicht beieinander. Hingegen waren die west fälischen Güter — es sind um das Jahr 900 etwa 450 Grundſtücke d. h. zum Theil volle Wirthschaftsbetriebe, zum Theil auch nur einzelne Landflächen ohne aufstehende Betriebsgebäude ich sage, die west fälischen Güter waren über ein Gebiet von rund 250 Quadratmeilen zerstreut. Daß mehr als 2 oder 3 Werdenſche Hinterfaſſen in einer Ortschaft beisammen waren, das gab es höchst selten . Der Grund für diese Verschiedenheit lag im Ursprung des Besites : dort der Grundſtock ein in vollem Betrieb befindliches karolingisches Krongut, an das sich andere Stiftungen und Erwerbungen angelehnt haben, hier, beginnend mit den Dotationen des Stifters, des heil . Ludger, nur zerstreute Schenkungen und Vermächtnisse von Bischöfen, Achten und Privaten, Memorienfundationen u. s . w .
Der Nutzungsbetrieb und die Ver
waltungsaufgaben, wenngleich auf dasselbe Ziel gerichtet, hatten alſo hier und dort ganz andere Stadien zu durchlaufen . Am Niederrhein vollzog sich mit der Zeit eine Decentralisation der Nutzung und Ver waltung, die große Kronhofswirthschaft wurde aufgelöſt und auf dem ursprünglich fiscalischen Terrain nach und nach ein ſelbſtſtändiges Bauernthum entwickelt. In Westfalen dagegen hieß es, die zerstreuten, wirthschaftlich unabhängigen Betriebe, Fronhöfe mit dazu gehörigen Gütern, ferner bäuerliche Kleinbetriebe, die höchstens eine Familie nährten, endlich das unſelbſtſtändige zinspflichtige Klostergut ver waltungsmäßig soweit zusammenzufassen, als es das Bedürfniß der
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Abgabenerhebung für den Grundherrn erforderte.
Der Betrieb der ein
zelnen Gutswirthschaft an und für sich mochte seine Wege gehen, wie je durch den gesammten Kulturſtand des Landes und dessen Entwickelung und durch die besonderen Verhältnisse des Grundstückes vorgezeichnet waren. Die Einwirkung der abteilichen Verwaltung zielte nicht darauf ab, in der Richtung zu ändern und zu vervollkommenen. Für sie handelte es sich bloß darum, dem Kloster zu sichern, was der tägliche Bedarf er forderte, und diejes möglichst zweckmäßig durch ein Nez von Hebestellen einzunehmen. Die Abgabenpflicht der Hintersassen, nicht die Ver pflichtung zum Frondienste war also in Westfalen die Hauptsache. Als durchschnittliche Getreideabgabe einer Vollhufe werden 24 Scheffel Gerste (1
Kornschilling") , für die halbe 16, für die Drittelhuse
12 Scheffel Gerste angegeben.
Roggen stand in älterer Zeit der Gerste
im Werthe gleich, Hafer galt halb soviel. Daß der Halb- und Drittel hufner mehr zahlte, als der Vollhufner, wird damit erklärt, daß jenen in der Regel, um ihr wirthschaftliches Auskommen zu sichern, Er gänzung des Pfluglandes aus der gemeinen Mark ( durch Rodung und Weidebruch) gestattet war. Es gab nun bereits um 880 etwa 7 Wer densche Hebeamtsbezirke (ministeria) in Westfalen. An der Spike derselben standen weltliche Beamte, die, unterstützt durch fest angestellte Boten, für den Eingang der Zinse und Gefälle, deren Verwendung , Ver kauf u . ſ. w., und für die Einlieferung nach Werden zu sorgen hatten. Die Abgaben wurden theils durch die Boten erhoben, theils waren sie an die örtlichen Hebeamtsstellen (z . B. Lüdinghausen, Leer, Schapen. Werne, Heldringhausen)
einzuliefern.
In der Regel waren
auf
Werdenschen Fronhöfen, die an den Verwaltungsmittelpunkten oder im Bezirk des Hebeamts gelegen, Einrichtungen getroffen, um die ein› gehenden Lieferungen der zinspflichtigen Bauern aufzuspeichern. Die Identität zwischen dem Fronhofsschulten und dem Hebeamtmann scheint trotzdem in der älteren Zeit nicht gerade gewöhnlich gewesen zu sein. Wie es gerade paßte! Immerhin erzeugte der regelmäßige Verkehr der Abgabenpflichtigen auf dem Fronhofe das Gefühl einer besonderen Fronhofszugehörigkeit, einer Hofgenossenschaft, die um jo lebhafter sich auswirkte, als auch die grundherrschaftliche Gerichts gemeinschaft in dem Fronhofe ihren Mittelpunkt fand, ein Theil der Gerichtsbarkeit dem Fronhofsvorstande selbst zufiel.
Mit der immer
häufigeren Nebertragung der Hebeamtsverwaltung an diesen geicha endlich der letzte Schritt, um die ältere Hebeamtsverfaſſung durch die Fronhofsverfassung zu ersetzen. Als in der zweiten Hälfte des 10. Jahr hunderts die schon oben berührte Theilung des Klosterguts zwischen
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Abt und Convent vorgenommen wurde, da theilte man nicht etwa nach Hebeämtern, ſondern nach Höfen und zugehörigen Zinsgütern. Die Hebeamtsbezirke wurden gesprengt, und in der Hauptsache wurden die Fronhöfe die Verwaltungsförper, die auch das Verhältniß des Hof hörigen zum Grundherrn ganz in sich aufnahmen. Die Verleihung der Fronhöfe geschah nach Villicationsrecht, d. h. der villicus oder Schulte erhielt den Hof zu eigenem Betrieb und Gedeih ; aber nur als officium, nicht zu Lehen ; der Herr konnte ihn also event. auch ent fernen . Er war zu bestimmten Leistungen an den Grundherrn ver pflichtet, und ihm lag auch die Einhebung der Gefälle von den Hinter sassen für diesen ob.
Im 11. Jahrhundert zählte Werden in Westfalen
9 abteiliche Villicationsverbände mit 17 Fronhöfen und gegen 700 pflichtigen Hofgütern. Der Propstei gehörten 8 Herrenhöfe. Dazu kamen dann noch die Güter, die an abteiliche Dienſtmannen nach Lehen recht ausgethan waren, ferner einiger Besiß, der den niedrigen Kloster ämtern, der Küsterei, Pförtnerei u . dergl. zum Bezugsgenuß überwieſen war. Die Arbeitsverfaſſung der westfälischen Fronhöfe war von vorn herein wie die anderer großbäuerlicher Güter. Die eigenen Arbeits fräfte waren die Hauptsache, eine Unterstützung durch Fronden fand uur in beschränktem Maße statt. Die straffe Abhängigkeit, in welcher die so geordnete Fronhofsverfassung durch das Mittel der nach Miniſterialenrecht bestellten Fronhofsvorstände den gesammten Kloſter besig vom Grundherrn hielt, wurde nun auch hier, wie bei den Friemersheimer Höfen, um die Mitte des 12. Jahrhunderts gelockert durch das Eindringen des Lehnesens. Zu Schulten der Abteihöfe wurden auch hier ritterliche Dienstmannen bestellt, oder sie wuchsen zu solchen empor. Diese wurden in- und außerhalb ihres Fronhofsgebietes mit allerhand Lehengut ausgestattet, und daß da nun leicht Ver wechselungen oder sagen wir Ueberleitungen von Klostergut aus einem Rechtsverhältniß in das andere stattfanden, daß Villications- oder Fronhofsgut als Lehengut angesehen oder für solches ausgegeben wurde, ist leicht begreiflich. Die Scheidung zwiſchen Amt und Lehen war um so schwerer aufrecht zu erhalten, als der Villicus -Ministeriale in der Regel ja doch nur einen Gesammtbetrag an den Grundherrn ablieferte, als er ferner über die abhängigen Hufen, sei es so , sei es anders, selbstständig verfügte, und endlich als der Abt Streitigkeiten mit ihm um so lieber vermied, je kräftiger Mann und Besit und event. auch Verwandtschaft sich darstellten. So findet, wie am Rhein, so auch in Westfalen, eine allmähliche Lockerung der Abhängigkeit der Fronhofsverwaltung von der Centralstelle statt ; die Gerechtsame des
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Abtes gehen auch hier bis auf geringe Gefälle vielfach ganz verloren. Nur die Propsteihöfe, die der Lehnsvergebung an ritterliche Dienst. mannen naturgemäß fernbleiben, sind so auch dem Kloster beſſer ge sichert. In der weiteren Entwickelung gleichen sich die Schicksale des rheinischen und des westfälischen Klostergutes in allem Wesentlichen so sehr, daß wir hier von einer eingehenderen Skizze absehen können. Auch in Westfalen mündet die grundherrliche Nutzung des Kloster besizes, soweit dieser durch alle Fährnisse der wirtschaftlichen und recht lichen Entwickelung erhalten bleibt, schließlich in die gewöhnlichen Erb pachtverhältnisse, zum theil auch in Pacht auf Lebenszeit, und an die Stelle der naturalwirthſchaftlichen Fronhofsverwaltung tritt die geld wirthschaftliche Renteiverwaltung, die nach der Klosterreform von 1474 einheitlich geordnet und in der Hauptsache in Werden centraliſirt wird. Es gab jest in Westfalen nur noch drei örtliche Werdenſche Sonder verwaltungen , nämlich in Recklinghausen, in Unna und Iserlohn . Die lettere wurde durch den Abt Duden mit der Centralstelle in Werden vereinigt. Die Werdener Centralverwaltung in ihrer Entwickelung ist der Gegenstand des zweiten Theiles der Kötschke'schen Schrift. Ver fasser charakterisirt zunächst die älteste Zeit mit Rücksicht auf die späteren Verhältnisse als die Periode der einheitlichen Güterverwaltung.
Die
äußere Vertretung, Fürsorge und Vorsteherschaft des Klosters wurde in der ersten Zeit nach der Gründung von dem heil . Stifter selbst, nach seinem Tode von zwei seiner Verwandten, zunächst den Bischöfen Gerfrid von Münster und Hildigrim von Halberstadt, wahrgenommen. An der Spitze der inneren Wirthschaftsführung und speziell auch der Landwirthschaftlichen Eigenwirthschaft in und um Werden selbst stand in dieser ersten „bischöflichen" Zeit nur ein Propst. Einen in Werden wohnenden Abt erhielt das Kloſter erst nach Hildigrims Tode 886. Ani den Abt ging dann ſowohl die äußere Vorſteherſchaft des Convents, wie auch die Aufsicht über die gesammte Gütergebahrung über . In der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts besaß das Kloster in der Umgegend von Werden bereits mehrere Höfe (Barkhof und Viehhof) , gegen 25 einzelne Landflächen, darunter 14 mit 50 Morgen ; in den Waldungen zu beiden Seiten der Ruhr wurde Schweinezucht betrieben oder es wurde gerodet, um weiteres Terrain urbar zu machen.
Zu
den Erträgnissen der Eigenwirthschaft kamen auch bereits beträchtliche Eingänge an Naturalien und Geld aus dem Klosterbesit der näheren und weiteren Ferne. Von Friemersheim allein war um 880 auf eine Solleinnahme von 381 solidi 2 denare 113½ unciae an Geld zu
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rechnen, ferner auf 394
Hühner, 1315 Eier, 50 Wagen Holz, dazu
von den dortigen Zinshufen noch 12 Scheffel Malz, 80 Scheffel Gerste u. s. to .
Aus Weſtfalen : 1805% Scheffel Roggen, 2273 Scheffel Gerfte,
522 Scheffel Malz, 1925 Scheffel Hafer, ferner Weizen, Erbsen, Bohnen, Honig, Schweine u . s. w . , und dabei ſind die Erträge der Fronhöfe und der ihnen zugehörigen Hufen, ferner überhaupt die unregelmäßigen Gefälle (bei Tod , Besizwechsel u. dergl . ) nicht einmal gerechnet.
Daß
nicht Alles in natura nach Werden gebracht, vieles verkauft, vieles auch an Ort und Stelle oder in der Nähe für Bauten von Kirchen, Wirth schaftsgebänden, Wegen, Meliorationen verwandt wurde, läßt sic; annehmen und ist überdies in einzelnen Fällen bezeugt. Der wohnliche wirthschaftliche und künstlerische Ausbau von Werden selbst ist darum sicherlich nicht vernachlässigt worden. - Die erste Bresche in die einhett liche Centralverwaltung wurde im 10. Jahrhundert durch die mehrfach berührte Trennung von Abts- und Conventsgut gelegt. Wir haben uns diese Trennung nicht als eine einmalige Reformmaßnahme, ſondern als allmälig entstanden durch besondere Stiftungen, Ueber weisungen, allerdings auch Ausscheidungen aus dem Gesammtvermögen - zu denken.
Das weitere Amwachſen dieſes ging von da ab ebenfalls
jeine getrennten Wege. Die folgenden Jahrhunderte weisen nun be sondere Abtei und Propsteiregister auf. Die letteren betreffen, wie schon früher erwähnt worden, reichlich ein Drittel des gesammten Klosterbesitzes , nicht geographisch geschieden, sondern nach gewiſſen politisch-rechtlichen Gesichtspunkten. Es sind insbesondere alle Höfe mit Kirchen Werdenſchen Patronats , und ferner alles Dienstmannengut dem Abte verblieben. Das Emporstreben der Aebte zur politiſchen Landesherrschaft, zum Reichsfürstenthum mit seinen, den privaten Klosterhaushalt gefährdenden vermehrten, vielfach sprungweiſe an wachsenden Ausgabeerfordernissen scheint demnach den Grund für die Trennung abgegeben zu haben. Das Tafelgut des Convents mußte den politiſchen Ansprüchen und naturgemäß bald sich einstellenden Lurusbedürfnissen der verweltlichenden Acbte gegenüber gesichert werden.
Dieselbe Sorge scheint auch die besondere Ausstattung der
anderen Klosterämter, denen wirthschaftliche Aufwendungen oblagen, der Kellnerei, der Küsterei (für den Gottesdienst ) , des Pförtneramis (für die Armen, Pilger, Fremde) , der Klosterschule
bewirkt zu haben.
So löst sich die ursprünglich einheitliche Gütermenge in eine Reihe gleichgeordneter Fonds auf. Daß dem eine Decentralisation der wirth schaftlichen Verwaltung der Güter selbst parallel ging, haben wir bereits früher gesehen.
Mit den äußeren individualiſirenden Tendenzen iſt
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fefort auch ein inneres Auseinanderstreben verknüpft.
Die früher ein
heitliche Klostergenossenschaft ſah in den Klosterämtern nur besondere Pflichten freise. Jest mit der gesonderten Fundirung derselben traten die Rechte des einzelnen Amtes und, persönlich gewendet, die damit verknüpften besonderen Rechte seines Trägers besonders hervor. Und diese Wandlung bleibt nicht einmal auf die Aemterhierarchie des Klosters beschränkt. Jeder Kloſterinſaſſe hat jest nicht mehr bloß den ganz allgemeinen Anspruch auf den Lebensunterhalt.
Nein, einem
jeden Mitgliede des Convents sind nun als solchem bestimmte Bezüge zuständig, die Mitgliedſchaft ist zur Stelle geworden, die Genoſſenſchaft hat sich in eine Pfründnergemeinschaft umgewandelt. Die einzelnen Präbenden sind nach dem Grade ihres Trägers - Conventsmitglied. Scholar, Laienbruder — verſchieden. Daß der selbständigere Charakter der Klostergenossen auch in der Beschränkung der Herrscherrechte des Abtes und bezw . Propstes seit dem 12. Jahrhundert in ganz be ――――― stimmter Weise sich ausprägte, mehr als es die ursprüngliche Kloster regel vorgesehen, war nur natürlich. Im 13. Jahrhundert begegnet sogar für die Wahl des Propstes schon eine Art Wahlcapitulation. An der Spize der Hofhaltung des Abtes standen Dienstmannen welt lichen Standes, denen ein zahlreiches Gesinde zur Verrichtung der nöthigen Arbeiten untergeordnet war. Seit dem Abte Volkmar ( 971 bis 974) gab es auch in Werden die vier Aemter des Drosten, des Schenken, des Marschalls und des Kämmerers.
Dem Drosten waren
die abteilichen Köche, Väcker, Fischer und Küchenknechte, dem Schenken die Bierbrauer und Kellerknechte, dem Marschall die Sattler, Schmiede, Kürschner, Bauarbeiter, dem Kämmerer die Schneider, Schuster, Kammerdiener u. s. w . untergeordnet. Auf 49 männliche und 6 weib liche Bedienstete wird das weltliche Haushaltsgesinde des Abtes im Beginn des 12. Jahrhunderts angegeben.
Gleichzeitig unterſtand dem
Propste zur Verwendung der aus den 15 propſteilichen Fronhöfen und den zugehörigen Hufengütern eingehenden Lieferungen an Naturalien und Geld für den Convent ein nicht minder zahlreiches Wirthschafts personal von Köchen, Bäckern, Bierbrauern, Fischern, Gärtnern, Bau arbeitern, Schustern, Boten u. s. w.
Die Entlohnung dieser Leute be
ſtand theilweiſe in regelmäßigen Geld-, theilweiſe in Naturalienbezügen. Ter größte Theil wohnte in abteilichen Häusern des seit der Mitte des 12 Jahrhunderts städtischen Ortes Werden, eine kleinere Anzahl in den Klostergebäuden selbst. Auch hier nicht mehr eine einzige Wirtschafts gemeinschaft, sondern eine Menge individualisirter Haushaltungen, die dem einzelnen Klosterbediensteten, wenigstens denen, die einen einiger
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maßzen ſelbſtändigen Posten erreicht hatten, die Vortheile und Annehm lichkeiten des eigenen Heims gewährleisteten. Mag das Wort „ Unterm Krummſtab iſt gut wohnen“ zunächſt die Unterthanen der geistlichen Stifter im Auge gehabt haben, so scheint nach der geschilderten Ausbildung der Klosterpräbenden und der Verſelbſtändigung der Klosterämter doch auch das innere Leben im Kloster in demselben Lichte erschienen zu sein. Seit dem 12. Jahr hundert sehen wir deshalb in Werden, wie anderwärts , eine bemerkens werthe Vermehrung der adligen Klosterinsassen. Seit den. Ende des 13. Jahrhunderts sind alle Conventsmitglieder vom Adel, und man ist stolz darauf und sucht es dauernd zu machen. Die Zahl der Mönche, die früher wohl um 30 ſich bewegte, wurde nun auf 20–25 herabgeſeßt. die Aufnahme neuer Mitglieder erschwert.
Die persönlichen Rechte der
Einzelnen wurden weiter vermehrt und betont. Eigenes Vermögen und die bestimmt umschriebenen Ansprüche an die Leistungen und Rechte ihrer Klosterpfründe erhoben die einzelnen Kapitelsherren, wie sie bald genannt werden, weit über die einfachen Ordnungen und den Geist der alten Benedictinerregel. Die Unterscheidung zwischen den persone emancipate oder majores und den pueri claustrales oder minores ist für die inneren Verhältnisse des Convents charakteristisch. Der Charakter einer Versorgungsanstalt des Adels wirkte sich natürlich auch in den Klosterämtern mehr und mehr aus. Der Abt selbst sieht sich den vornehmen Herren gegenüber beschränkt, und erscheint nur mehr als ihr Beauftragter. Die vier abteilichen Hofämter waren ritterliche Lehen geworden, ſie wurden erbliche Würden weniger Familien, und was einſt Entlohnung für wirklich geleistete Dienste, also Dienstmannsgut ge wesen war, wurde jezt adliges Lehngut. Die inneren Kloſterämter wurden, um neue Titel und Bezüge zu schaffen, in unsinniger Weise vermehrt. Es giebt seit dem 13. Jahrhundert nicht bloß die Propstei, Küsterei, Pförtnerei, Kellnerei, sondern auch ein eigenes Speicheramt, ein Siechenamt, ein Gruftamt, ein Memorienomt, ein Amt des Altars Johannis des Täufers u. s. w .
Und alle diese Aemter sind mit eigenen
Gütern und Bezügen begabt, die den Inhabern nach Abzug der dem siloster schuldigen Leistungen zur eigenen Verwendung zur Verfügung ſiehen. Die Auflösung in ſolche ſelbſtändige Einzelverwaltungen geni sogar soweit, daß die einzelnen Aemter unter einander Schulden machen, ihre Güterbestandtheile sich gegenseitig verpfänden können und dergleichen mehr. Daß bei solcher Versplitterung des silostervermögens und der Klostereinnahmen die beiden Hauptverwaltungen des Abtes und des Propſtes über die Maßen gehemmt waren und bei irgend
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außerordentlichen Bedürfniſſen ſofort in Verlegenheit geriethen, iſt natürlich . Solche Verlegenheiten konnten in der Regel aber nur durch Schuldaufnahmen und Verpfändungen von Klostergut oder Kloster einkünften (Leibrenten) behoben werden, ein Weg, der in der Zeit der beschleunigten geldwirthschaftlichen Entwickelung und der städtiſchen Wirthschaftsweise um so verderblicher war, als sehr häufig auch noch Kriegswirren, Streitigkeiten mit den fürstlichen Vogtei und den adligen Lehnsinhabern, ferner Seuchen u. dergl. die letzten Jahr hunderte des Mittelalters erfüllten. Troß alledem gelang es der Ge schici ,reit und Umsicht der Werdener Aebte zur Zeit, als überall in Westfalen und Rheinland die politischen Landesherrschaften sich bildeten, die größeren Grundherren ihre Territorien abrundeten und daraus Kleinſtaaten schufen, auch ihrerseits rings um Werden ein kleines festumgrenztes Stiftsgebiet in der Ausdehnung von etwa einer Quadratmeile in ihrer landesherrlichen Gewalt zu erhalten und zu sichern. Der wichtigſte Act, um zu dieſem Ziele zu gelangen, war wohl der Vertrag des Abtes Wilhelm mit seinem Vogte, dem Grafen Engel bert von der Mark, der am 24. Juli 1317 geschlossen wurde, und welcher einerseits die Anerkennung des Abtes als Stadtherrn von Werden ficherte und die Befestigung des Ortes gestattete, andererseits die städtischen Gerechtsame regelte.
Die Vertheilung der Gewalten zwischen
Abt, Vogt und Bürgerſchaft, wie sie theils durch den Vertrag vorgeſehen, theils mit der Zeit sich herausbildete, des näheren zu schildern, geht über den Zweck dieser Skizze hinaus . Es sei nur hervorgehoben, daß der Abt von den städtischen Rathsleuten und Schöffen als ihr „Erb- und Grund herr" die Huldigung empfing, daß ihm die Gerichtshoheit und im ganzen Stifte die Befehlsgewalt, ferner die Zoll- und Münzhoheit zu stand. Die Bürger, nicht die abteilichen Dienstmannen, zahlten die Bede, die Hofleute gewisse Servitien (Vogtgeld, Hundeherberge usw. ) Eine landesherrliche Steuer auf dem platten Lande ist erst 1512 nachzu weisen. Die Folgen der seit dem 14. Jahrhundert immer weiter vor dringenden Geldwirthschaft, der Verwandlung der wichtigsten stiftiſchen Einnahmen, namentlich der aus der Ferne zu beziehenden, in Geld, sind vom Verfasser mit Rücksicht auf die Werdener Centralverwaltung mit besonderem Geschick dargestellt. Wir können wiederum nur das Wesentlichste herausheben. Zunächſt daß damit die Verwaltung bürgerlich-kaufmännische Aufgaben erhielt und zwar nicht nur bezüglich des durch die Münzverwirrung des Mittelalters und vor allem durch die Mischung von Natural- und Geldeinkünften besonders schwierigen
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Verrechnungswesens , der Buchführung und allen möglichen Schreib werks, ſondern vor Allem auch in der Einhebung und Verwendung der Eingänge, da die nöthigen Gebrauchsgüter nun zu einem großen Theile kaufweise beschafft werden mußten. Damit scheiden zunächſt die abtei lichen Dienstmannen der naturalwirthschaftlichen Verwaltung nach und nach ganz aus ; es bildet sich ein besonderes, hauptsächlich bürgerliches Beamtenthum, das zur Bewältigung der vielgegliederten Kaſſenver waltung, des Rechnungs- und Schreibwesens nicht blos geistiger Be weglichkeit bedarf, sondern auch körperlich viel unterwegs sein muß, um Zinſen und Gefälle einzutreiben, gerichtliche Mahnungen, kirchliche und weltliche Strafandrohungen zu erwirken, Prozesse anhängig zu machen, Gerichtsverhandlungen beizuwohnen, ferner alle möglichen Handelsgeschäfte vorzunehmen, zu kaufen und zu verkaufen, Schulden zu zahlen und was alles solch große Verwaltung mit sich bringt. Day die Werdener Stiftsbeamten in Köln ein ſtändiges Absteigequartier im: Hause zum Wolf" hatten, sei nebenher erwähnt. Die Verrechnung zielte noch nicht darauf ab, einen Gesammtüberblick über alle Etn nahmen und Ausgaben zu bieten, ſondern hauptsächlich nach Befriedig ung aller Bedürfnisse und Ansprüche den Ueberschuß oder Fehlbetrag festzustellen. Die Eingänge waren jeder in der Haupsache besonderen Zwecken zugewiesen.
Es wurde deshalb das jeweils sofort wieder
Ausgegebene gar nicht gebucht, nur der Reſt, der eventuell erſt in Geld umzurechnen war, in die Rechnung eingestellt. Daß da die End abschlüsse für den Abt, den Propst, den Speichermeister u . s. w . vielfach ungünstig waren, ist nicht zu verwundern. Die Gesundung des in dieser Weise gewißz unwirthschaftlich geführten Haushalts wurde theils durch neue Schuldaufnahmen , Verpfändungen und dergleichen, theils durch Verminderung der Kloſterinſaſſen gesucht . 1350 hatte der Con vent noch 15 Mitglieder, 1425 nur noch) 9, 1450 noch 5 und 1474 gab es wir noch Abt, Propst und Küster. Alle Höfe, Renten, ja selbst dte Klosterämter waren versezt, verpfändet. Der Richter Aleff Strave, damals der Hauptgläubiger, hatte die Pforte, die Kellnerei, das Speicher- und Siechenamt und ihre Einkünfte pfandweiſe in Händen, und er nahm darüber hinaus mit Gewalt, was er kriegen konnte. Nicht einmal die Heberegister waren dem Abt verblieben. Wie es um diesen bestellt war, ist daraus zu ersehen, daß sein eigener Rentmeister ihn öffentlich beschimpfte und mit dem Messer bedrohte. - Die Hülfe fam von außen dadurch, daß dem Stift Werden durch den Erzbischof Rupert von Köln und den Herzog Johann von Cleve, den Klostervogt, im Jahre 1474 die Bursfelder Reform aufgezwungen, Abt, Propst und
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Küster entsetzt bezw . zum Verzicht gezwungen, das Kloster mit neuen Mönchen bejezt, die Verwaltung mehrere Jahre dem Abt von Groß martin in Köln übertragen und endlich) 1477 ein neuer bürgerlicher Abt, Dietrich Hagedorn mit Namen, eingesezt wurde.
Die neue Stiftsver
waltung stellte vor allem durch eine Centralkaſſe die Einheit des ge jammten Einfünftewesens wieder her, die klösterlichen Aemter wurden. wieder mit Mönchen bejezt, die Würde des Propstes wurde beseitigt. Die bürgerlichen Aebte übernahmen nicht nur die Leitung der Güter verwaltung, sie bethätigten sich auch selbst in derselben durch eigen händige Anfertigung von Hebe- und Lehensregistern, Rechnungs führung u. s. w . Die Aebte Dietrich Hagedorn, Anton Grimhold und vor allen auch Heinrich Duden sind als hervorragend eifrig und tüchtig in dieser Beziehung zu nennen. Als eigentliche Funktionäre der Centralverwaltung erscheinen fortan der Kellner, dem das Rechnungs weſen oblag, und der Rentmeiſter, der die Einziehung der abteilicher Gefälle besorgte. Wie im Kloster selbst, so ist auch in der Verwaltung der nüchterne, strenge Geist der bürgerlichen Cultur eingezogen. „Sorgfältigſte, bis ins kleinste genaue Angaben zeichnen die Rechnungen durchweg aus ; auch die Kunſt richtigen Zuſammenzählens und Ab zichens ist inzwischen gelernt worden."
G.
Werdener
Münzen .
W. Flügge († 1893 ) hat in seiner Chronik der Stadt Werden, 1. Ergänzungsheft 1889 S. 483 ff. eine Reihe von Werdener Münzen rebst Abbildungen mitgetheilt. Von Abt Theodor ( 1719-1727) bringt er einen Mariengroschen, d. d. 1724, von Abt Benedikt (1728-1737) einen Mariengroschen d. d. 1730 und einen Thaler aus dem Jahre 1715. „Noch zween rare Thaler der Aebbte zu Werden von A. 1724 und 1730" entnehmen wir der „ wöchentlichen Historischen Münzbelustigung“,
ANTAVITEXT RA
26. Stück, herausgegeben den 28. Juni 1741. TH Y EO AR DO TU RU A IR 4 NS IS 17 2
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Dieselben werden, wie folgt, beschrieben: Der erste Thaler enthält auf der ersten Seite des Abbts Wappen von 4. Feldern, mit einem Mittel-Schilde.
Der Haupt-Schild ist mit
192
einem Kreuz belegt.
Im 1. und 4. Felde iſt ein zweyköpffiger Adler.
Im 2. und 3. ein Schräg-Freuß im Winckeln begleitet mit 4. Ringen, welches das Geschlechts -Wappen des Abbts. Im Mittel-Schild stehet das Stiffts-Wappen. Den Haupt-Schild bedeckt die Abbts-Inful zwiſchen zween hinter demselben steckenden Abbts - Stäben, wobey zur lincken das Schwerd. Umher iſt dieſer Tittul : THEODORVS . D. G. SAC.ri. ROM.ani . IMP.erii ABBAS. WERDINENSIS ET HELMSTADIENSIS. 1724. Auf der andern Seite ist die Abbildung des Klosters Werden, über welches der Heil, Ludger mit der seegnenden Hand aus den Wolden erscheinet, mit der Umschrifft : S. LVDGERE, RESPICE DE COELO ET VISITA VINEAM ISTAM ET PERFICE EAM QVAM PLANTAVIT DEXTERA TVA. Ps. 79. d . i . Heiliger Ludger, schaue vom Himmel, und suche heim diesen Weinberg, und vollende ihn, welchen deine Rechte gepflanzet hat. Der zwer Thaler stellet auf der ersten Seite des Abbts behelmtes und quer getheiltes Wappen von 6. Feldern und einem Mittel-Schild vor. In dessen 1. und 5. Feld ist der zweyköpffige Adler im 2. und 6 das Strent, im dritten und 4. die ins Kreutz gelegte Abbts -Stäbe. Der rundte Mittel-Schild ist gespalten, und führet in der obern Helffte einen wachsenden rechts ſehenden Adler mit ausgebreiteten Flügeln, in der untern ein Rad von 6. Speichen. Ueber den Haupt-Schild ſtehen 3. gekrönte Helme.
Auf dem mittlern ist die Abbts-Inful ; auf dem
Helm zur rechten der zweyköpffige Adler, und auf dem Helm zur linden ein viermahl Krengweiß mit Federn ausgeschmücktes Rad. Umher ist zu lesen : BENEDICTVS . D. G. S. R. I. ABBAS WERDI NENSIS ET HELMSTADIENSIS . Die Gegen-Seite zeiget die völlige Bildung des Heil. Ludgers, Bischoffs zu Münster, zwischen zwo Gänsen zu Füssen, und der Jahrzahl 1730 in der Mitten, mit der Um schrifft : S. LVDGERVS FVNDATOR WERDINENSIS . d . i der heilige Ludger, Stiffter von Werden. “ Es ist auffallend, daß sich im Stiftgebiet so wenige Münzen aus abteilicher Zeit erhalten haben. Der historische Verein beabsichtigt, die Werdener Münzen zu veröffentlichen und bittet etwaige Besitzer, die selben zu diesem Zwecke zur Verfügung zu stellen .
Chronik des für das
historischen
Gebiet des ehemaligen
Vereins
Stiftes
Werden
pro 1899-1901.
Seit dem lezten Bericht schieden 12 Mitglieder aus ; dagegen er klärten folgende ihren Beitritt : 1. Bertrams Wilh., Hauptlehrer, Schuir. 2. Engelhardt, Amtsgerichtsrath, Werden. 3. Grunert Mar, Werden . 4. Haniel A., Großinduſtrieller, Düſſeldorf. 5. Hülsmann, Hauptlehrer, Hamm. 6. Kahmann Ludger, Buchhalter, Werden. 7. Schiller, Kaplan, Werden. S. von Schlechtendahl, Hauptmann im Großzen Generalstab , Char lottenburg. 9. Schmidtmann, Buchhalter, Werden. 10. Schmitz, Dr. phil., Münster. 11. Spelten, Dr. med., Werden. 12. Strötgen Paul, Werden. 13. Wemhöner, Oberlehrer, Werden. 14. Wirz, Lehrerin, Werden. Ende 1901 betrug die Mitgliederzahl einschließlich von 4 Ehren mitgliedern 161 . Behufs Schriftenaustausch trat der Verein mit dem Dortmunder Geschichtsverein neuerdings in Verbindung. Die Generalversammlung des Vereins fand am 28. Dezember 1900 im Lokale des Herrn Königstein statt. Vorträge hielten Herr Pfarrer Dr. Jacobs über die Werdener Prozesse vor dem Reichskammer gericht und Dr. med. Kranz über den Streit um den Brehm von 1618 bis 1648. Die Vorträge sind in erweiterter Form in diesem Hefte ver öffentlicht. Hieran schl sich ein Bericht über den Stand der Vereins fasse von Seiten des Herrn Rentmeisters Siepenkothen.
Bestand der
Kaſſe am 25. November 1898 war M. 83,52, Summe der Einnahme Mi. 1126,52, Summe der Ausgabe M. 1007,80, ſodaß sich jezt ein Be
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stand von M. 118,72 ergab. Dem Kassirer wurde Decharge ertheilt. Von der Versammlung wurde mit lebhaftem Interesse die Erhaltung der Fundamente der Clemenskirche und die Restauration der Lucius kirche besprochen. Die Diskussion führte zur einstimmigen Annahme folgender Beschlüsse : 1) Es wird dringend gewünscht, daß die Fundamente der Clemens firche nach einem von Herrn Professor Effmann zu entwerfenden Plane aufgemauert und entsprechende Anlagen hergestellt werden. 2) Der historische Verein wird ersucht, möglichst bald an den Kirchenvorſtand die Unterlagen gelangen zu laſſen, welche für eine Ein gabe an die Provinz behufs Gewährung von Unterſtüßung zur Er haltung bezw. zum Ausbau der Luciuskirche erforderlich sind . Ueber die Clemenskirche ist in dieſem Hefte ein Auffaß des Herrn Professor Effmann gedruckt ; auch liegt von demselben ein Plan vor über die Ausgestaltung der in ihrem Beſtande bedrohten Fundamente dieser kunstgeschichtlich höchst interessanten Kirche, zu dessen Ausführung von der Familie Ferber namhafte Beiträge zugesagt sind und auch vom kath. Kirchenvorstande eine Beihülfe zu erwarten ist. Betreffs der Luciuskirche ist von Seiten des Kirchenvorstandes der Provinz der ge wünschte Antrag unterbreitet, und steht eine darauf bezügliche Beſchlußz faſſung in hoffentlich baldiger Aussicht. Für die Vereinsbibliothek wurden durch Kauf erworben : Tophoff, Gilden binnen Münster in Westfalen, 1877. Cramer, Ortsnamen, 1900. Leithaeuser, Bergische Ortsnamen, 1901 . Herr Dr. Schmit schenkte dem Vereine seine Inaugural- Diſſertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde über die Gogerichte im ehemaligen Herzogthum Westfalen, 1901. Durch Schriftenaustausch erhielt der Verein : 1. Von dem Aachener Geschichtsverein : Seine Zeitschrift, Bd . XX., XXI ., XXII. und XXIII., Jahrg. 1898-1901 .
2. Vom Historischen Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark: Seine Beiträge, Bd . XI., Jahrg. 1902. 3. Vom Düsseldorfer Geschichtsverein : Beiträge zur Geschichte des Niederrheins , Bd. VIV. und XV., Jahrg. 1899 und 1900. 4. Vom Bergischen Geschichtsverein : Seine Zeitschrift, Bd . XXXIV. XXXV2, Jahrg. 1898-1901, sowie Register zu Bd . I- XXX 1900.
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5. Vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt a.M .: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Bd . VI ., VII ., Jahrg. 1899 und 1901 , sowie Mittheilungen über Römische Funde in Heddernheim, Bd. III., Jahrg. 1900. 6. Vom Deutschen geschichtsforschenden Verein des Kantons Freiburg : Freiburger Geschichtsblätter, Bd . I. , V. , VI ., VII ., VIII., Jahr gang 1894, 1898-1901 . 7. Vom
Oberhessischen
Geschichtsverein
i
Bießen :
Seine
Mit
theilungen, Bd . VIII ., IX ., X., XI., 1898–1902. S. Vom Historischen Verein für Niedersachsen : Seine Zeitschrift, Jahr gang 1899-1902. 9. Vom Historisch-philosophischen Verein in Heidelberg : Neue Heidel berger Jahrbücher, Jahrg . IX., X., XI . Heft 1, 1899-1901 . 10. Von der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde in Köln : Die Jahresberichte pro 1899 und 1901 . 11. Vom Historischen Verein in Lemberg : Kwartalneik Hiſtoryczny, Rocznik XIII., XIV . und XV., Zeszyt I , Jahrg. 1899-1902. 12. Von der Kurländischen Gesellschaft für Litteratur und Kunst in Mitau : Jahrbuch für Genealogie, Heraldik und Sphragiſtik, Jahrg. 1898 und 1899. 13. Vom Verein für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde in Münster und Paderborn : Seine Zeitschrift, Bd . LVI ., LVIII . und LIX., Jahrg. 1898, 1900 und 1901 . 14. Vom Verein für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück : Seine Mittheilungen, Bd . XXIII . und XXIV., Jahrg . 1899 u. 1900 . 15. Vom Verein für Orts- und Heimathskunde in Veste und Kreise Recklinghausen : Seine Zeitschrift, Bd . VIII ., IX. und X., Jahr gang 1898-1900. 16. Vom Verein für Orts- und Heimathskunde in der Grafschaft Mark in Witten: Seine Jahrbücher, Bd . III ., Jahrg. 1897/1898, Bd . IV., Jahrg. 1899/1900 . 17. Vom Ortsverein für Geschichte und Alterthumskunde in Wolfen büttel : Braunschweigisches Magazin, Bd . IV. , V., VI . und VII., Jahrg. 1898-1901 .
Mitglieder - Verzeichniß.
A. Ehrenmitglieder. 1. Clemen, Dr. , Professor, Provinzial- Conservator, Bonn. 2. Effmann, Professor, Bonn. 3. Harleß, Dr., Geheimrath, Düsseldorf.* ) 4. Jostes, Dr., Professor, Münster. Mitglieder. 5. Albermann Ludger, Werden. 6. Albermann Wilh., Bildhauer, Köln. 7. Algermißen, Dr. med., Kupferdreh . 8. Arnst Paul, Klempnermeister, Werden. 9. Becker Peter, Lehrer, Werden. 10. Beer Moritz, Kommerzienrath, Werden. 11. Bellenberg, Dr., Pfarrer, Oberdrees . 12. Bendir Karl, Justizrath, Werden. 13. vom Berg Robert, Rentner, Kettwig . 14. Berger Tillmann, Kaufmann, Werden. 15. Bernhard J., Lehrer, Mülheim a. d . Ruhr. 16. von Bernuth, Oberbergrath, Werden. 17. Bernsan J. W., Gutsbesitzer, Bredenei. 18. Bertaut Louis, Fabrikant, Aachen. 19. Bertrams F., Kaplan, Neersen. 20. Bertrams, Hauptlehrer, Schuir. 21. Bickmann Ludger, Steinbruchbesizer, Heidhausen. 22. Börk Richard, Gasthofbesitzer, Bonn. 23. Bonnenberg , Dr. med . Düsseldorf. 24. Vonnenberg Clemens, Düsseldorf. 25. Brodzina Richard, Stadtsekretär, Werden. 26. Bruckmann, Pfarrer, Köln. 27. Bruns Friedr. , Gewerke, Werden. 28. Budde G., Postmeister, Ehrenbreitstein. 29. Claßen Johannes, Aachen. *) Geheimrath Harleß, der bei der Gründung des Vereins dem Vorstande mit Rath und That zur Hand ging, ist am 4. Juni 1902 gestorben. Der Verein wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.
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30. Diederich F. W., Hamburg. 31. Engemann Karl, Kaplan, Werden. 32. Engelhardt, Amtsgerichtsrath, Werden. 33. Ferber Clemens, Werden. 34. Feuser Heinrich, Werden. 35. von Fromberg , Postdirektor, Zoppot. 36. Flothmann Friedr. Sparkassen- Rendant, Kettwig. 37. Flügel Heinrich, Kreisrentmeister, Neuß. 38. Flügge Wilhelm, Redakteur, Werden. 39. Frielingsdorf Wwe., Rentnerin, Werden. 40. Fuchte, Dr., Schulrath, Essen.
41. Funke J. W., Kaufmann , Werden. 42. Fischermann , Bürgermeistereisekretär, Werden. 43. Führfötter, Restaurateur , Hügel. 44. von Gember, Ernst, Werden. 45. Gerling Friedr., Schuir. 46. Gerz, Gerichtssekretär, Bochum. 47. Gisbert Lambert, Dechant, Werden.
48. Göring, Bürgermeister, Kettwig. 49. Grewel Wilh ., Düsseldorf. 50. Groene W., Gerichtssekretär, Werden. 51. Großfemm Jakob, Breitscheid. 52. Grüter, Dr. med ., Werden. 53. Grunert Mar, Werden. 54. Grunewald, Postmeister, Kettwig. 55. Haniel A., Großzindustrieller, Düsseldorf. 56. Hartmann Wilh ., Rektor, Kettwig . 57. Harsewinkel, Rechtsanwalt, Witten. 58. Haverkamp Aug. , Brauereibesitzer, Werden. 59. Haverkamp Heinrich Wwe ., Werden. 60. Haverkamp, Dr. med., Vochum. 61. Heimbach Nikolaus, Kaufmann, Werden. 62. Heinke, Amtsgerichtsrath , Werden. 63. Hellings , Pfarrer, Holzheim. 64. Sicking, Dr. , Sanitätsrath , Werden. 65. Höfer Clemens, Kaufmann, Werden. 66. von Hoevel, Freiherr, Geheimrath, Regierungspräsident, Koblenz. 67. Hopmann Adolf, Fabrikbesitzer, Werden. 68. Hüffer, Dr. Landgerichtsrath a. D., Münster.
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69. Hülsmann, Direktor der Handelsschule, Amsterdam. 70. Hülsmann, Hauptlehrer, Hamm. 71. Huffmann Otto, Amtsrichter, Ruhrort. 72. Huffmann Ernst, Fabrikbesizer, Werden. 73. Humann Georg, Rentner, Aachen-Burtscheid. 74. Humpert Joh., Gemeinderentmeister, Kupferdreh. 75. Husmann J., Rektor, Vorbeck. 76. Jacobs, Dr. , Pfarrer, Werden. 77. Jonas Th., Postmeister, Borbeck. 78. Kamann Ludger, Buchhalter, Werden. 79. Kallen, Dr., Apotheker, Godesberg. 80. Kattenbusch, Dr., Geh. Kirchenrath, Prof. der Theologie,
Gießen. 81. Kemper Stephan, Kaufmann, Werden. 82. Kerkhoff Hermann, Restaurateur, Werden . 83. Klane Wilhelm, Restaurateur, Schuir. 84. Klein Joh. , Rektor, Wiſſen. 85. Koenig Aloys, Rendant, Werden. 86. Koenigstein Joh., Hotelier, Werden. 87. Kortemeir Albert, Rektor, Werden. 88. Kölzer Peter, Weinhandlung, Werden . 89. Kranz, Dr. med., Werden . 90. Kreis -Lehrer-Bibliothek, Essen. 91. Krupp F. A., Dr., Wirklicher Geheimrath, Hügel. 92. Kruttge, Bauinspektor, Glay. 93. Laz Gustav, Anſtreichermeiſter, Werden. 94. Mackenberg, Dr. med., Kettwig. 95. Matena Wilh., Kaufmann, Werden. 96. 97. 98. 99.
Mittweg Albert, Weinhandlung, Werden. Müller Friedr. , Restaurateur, Werden. Müller Wilh., Fabrikdirektor, Werden. Müller Leo, Hauptlehrer, Werden.
100. Müller Hans, Steuer-Inspektor, Werden. 101. Niermann, Dr. med., Linn. 102. Nickel Egon, Kaufmann, Werden. 103. Dertgen, Pfarrer, Bredeney. 104. Ostrop Franz, Gutsbesizer, Bredeney . 105. Overhamm Aug., Rentner, Werden . 106. Overhamm Gregor, Apotheker, Werden. 107. Overhamm B., Dr. med., Oberhausen.
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108. Pörting Ludger, Pfarrer, Ormont. 109. 110. 111. 112. 113.
Pingsmann W., Dr., Domkapitular, Köln . Pohl, Religionslehrer, Köln. Quadflieg Peter, Kaplan, Eſſen. Rensing Fr., Dr., Professor, Rechtsanwalt, Wesel. Rindskopf Otto, Kaufmann, Werden.
114. Rötger, Direktor der Krupp'schen Fabrik, Essen. 115. Rosauer, Pfarrer, Kettwig. 116. Ruschen, Bergwerksdirektor, Dortmund . 117. Scheidt, Frau Geheimrath, Kettwig . 118. Scheuvens Alfons , Kaplan, Werden. 119. Schiller, Kaplan, Werden. 120. von Bottlenberg-Schirp, Freiherr, Baldenei. 121. von Schlechtendahl, Hauptmann im Großen Generalstab, Charlottenburg . 122. Schmachtenberg Julius , Landwirth, Kettwig. 123. Schmidt, Landmesser, Werden. 124. Schmidt, Grubendirektor, Fischlaken. 125. Schmidtmann K., Buchhalter, Heidhauſen . 126. Schmitz Jos., Dr. phil. , Münster. 127. Schneider, Dr. med . , Oberstabsarzt, Koblenz. 128. Schützdeller Louis , Mühlenbesizer, Werden. 129. von der Schulenburg Reichsgraf Günther, Defte. 130. Servos Johannes, Hauptlehrer, Fischlafen. 131. Siepenkothen Heinr., Rentmeister, Werden. 132. Simon Leopold, Fabrikbesizer, Werden. 133. Sonnenschein Wilh., Gewerke, Werden. 134. von Spee Graf Hubertus, Linnep . 135. Spelten Josef, Dr. med., Werden. 136. von der Stein Aloys , Werden. 137. Stockebrandt H. L., Bäckermeister, Werden. 138. Strenge Adalbert, Rechtsanwalt. 139. Tack Peter, Kaufmann, Ratingen. 140. Thomer Josef, Rentner, Köln. 141. 142. 143. 144. 145.
Treffurt Gustav, Werden. Trapp, Bürgermeister, Werden. Tillmann Franz, Gerichtsvollzieher, Werden. Viefhaus, Rentner, Werden.
Vogelsang Friedr., Kaufmann, Werden.
146. Vogelsang Robert, Werden.
200
147. Vogelsang Heinr., Großzindustrieller, Recklinghausen. 148. Waldhausen Alb., Gewerke, Eſſen. 149. Wemhöner, Oberlehrer, Werden. 150. Wiese Math., Fabrikbeſizer, Bredenei . 151. Wimber Adolf, Hauptlehrer, Heidhausen. 152. Wintgen Johann, Kaufmann, Düsseldorf. 153. Wirg Josefine, Lehrerin, Werden. 154. Wulff Heinr. , Gewerke, Werden. 155. Wulff Josef, Bergwerksdirektor, Schoenebeck. 156. Wusthoff Julius, Kaufmann, Werden . 157. Stadt Werden. 158. Stadt Kettwig.
I
159. Gemeinde Siebenhonschaften. 160. Gemeinde Zweihonschaften.
I 161. Gemeinde Kupferdreh. Unser Verein steht mit folgenden Vereinen in Schriftenaustauſch: 1. Aachener Geſchichtsverein, Aachen. 2. Bergischer Geſchichtsverein, Elberfeld. 3. Historischer Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark. Dortmund. 4. Düsseldorfer Geschichtsverein, Düsseldorf. 5. Historischer Verein für Stadt und Stift Essen, Essen (Ruhr) . 6. Verein für Geschichte und Alterthumskunde, Frankfurt a . M. 7. Deutscher geſchichtsforschender Verein des Kantons Freiburg.
11. Historischer Verein für den Niederrhein, Köln . a. Rh. 12. Historischer Verein für Niedersachsen, Hannover. 13. Verein für Geschichte und Landeskunde, Osnabrück. 14. Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Köln a. RH. 15. Verein für Orts- und Heimathskunde im Veste und Kreise Reckling hausen, Recklinghausen. 16. Verein für Orts- und Heimathskunde in der Grafschaft Mark, Witten. 17. Ortsverein für Geschichte und Alterthumskunde, Wolfenbüttel. 18. Historischer Verein in Lemberg.
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8. Oberhessischer Geschichtsverein, Gießen. 9. Kgl. Gesellschaft der Wiſſenſchaften, Göttingen. 10. Verein für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde, Münſter i. Westf.
Beilage zum VIII . Heft der Beiträge.
Feltgabe
zur
Feier
der 100jährigen Gründung
Werdens
und
ſeiner 100jährigen Zugehörigkeit
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Berausgegeben
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1
Das 8. Heft der Jubelheft zu werden.
Beiträge" war von Anfang an bestimmt, ein Es sollte dem 1100jährigen Zubiläum
der Gründung Werdens gewidmet sein. Durch widrige Um stände hat sich das Erscheinen verzögert, und nun steht bereits ein zweiter hervorragender Gedenktag der Geschichte unserer Vaterstadt bevor , die 100.
Wiederkehr
Preußen. Giebt es wichtigere Ereignisse ? dort, der Beginn des Jubiläen auch innerlich blos
die
zeitliche
der
Vereinigung
Werdens
mit
in unserer besonderen Heimathsgeschichte zwei Der Anfang unseres mittelalterlichen Seins modernen Werden hier, so stehen die beiden in Beziehung zu einander. Es ist aber nicht
Aufeinanderfolge,
welche
Erinnerungen mit einander verbindet. noch ein tieferer Zuſammenhng.
die
beiden festlichen
Es besteht zwiſchen ihnen
Die beiden Jubiläen finden ihre
wichtigste Begründung nicht in der engen Begrenzung unserer städtiſchen Lokalgeschichte. Sie weisen beide auf das Gesammtvaterland hin. Die Gesammtintereffen des fränkischen Reichs sind bei der Gründung Serdens, die Gesammtinteressen des deutschen Volkes sind bei der Auf hebung seiner politischen Selbständigkeit maßgebend gewesen.
Das ist
eine Gemeinſamkeit der beiden Jubiläen, die ſie adelt und zu höherer Bedeutung erhebt. I Die erste Nennung unseres Werden in Verbindung mit dem Namen seines Gründers , des hl . Ludgerus, bietet die Schenkungsurkunde Ludwins vom 18. Januar 799 : Ludwin, Thiaters Sohn, übergiebt dem ehrwürdigen Manne und Prieſter Ludger „ an die Reliquien des hl . Er lösers" einen Theil seines Erbes an jenem Orte, der Were thinum genannt wird.
Ludger soll das Grundstück, das als
Ludwins Einfriedigung bekannt und zum Theil in Anbau genommen ift, wir können nach der sogen. vita secunda s. Ludgeri hinzusehen, doß es in der Hauptsache mit dichtem Urwald bewachsen war --- ganz und vollständig haben und zur Nuznießung für die Kirche Gottes be sisen. - Der Heilige hatte sich schon längere Zeit mit dem Gedanken einer Kloſterſtiftung in unserer Gegend getragen ; er hatte auch unter dem Titel der Reliquien des Erlösers seit dem Jahre 796 ſchon andere
Schenkungen selbst im Ruhrthale erworben. Erst durch die Schenkung Ludwins ſcheint jedoch die Ortsfrage für die beabsichtigte Gründung endgültig entschieden zu sein. Es wurden bald noch weitere Erwerbungen in der unmittelbaren und weiteren Umgebung durch Tausch oder Schenkung gemacht, und dann wurde mit dem Bau zunächst der stiraje, nach Effmann der jogen. Stephanskirch e, die bis ins 18. Jabr. hundert bestanden, begonnen.
Die Einweihung derselben hat vermuth
lich im Jahre 804 und zwar durch Ludger selber stattgefunden. -- Zu gleich mit der Kirche ist nach der zweiten Vita auch der Klosterbau in Angriff genommen worden; wir wissen jedoch nicht, wann derselbe ➖➖ vollendet ist. Um das politische Gesammtinteresse der Gründung Werdens hervortreten zu laſſen, ſtellen ſich uns nun folgende Fragen zur Beantwortung dar : Wer war Ludger ? Unter welchen polt tischen Verhältnissen wurde Werden gegründet ?
Warum, zu welchem
Zwecke wurde es gegründet ? Warum wurde es gerade hier an dieser Stelle gegründet ? Welchen Erfolg hat die Gründung im Verhältniß zu den Absichten des Stifters gehabt ? Bei der Frage, wer St. Ludger gewesen, können wir uns furs fassen. Alle Einwohner Werdens und auch die übrigen Leser unserer Zeitschrift kennen ihn und verehren ihn als den Vater und Wohlthäter dieser Stadt, der ihren Boden nicht bloß durch den Tritt seines Fußzes, sondern auch durch sein Grab geweiht hat. Außerdem ist ja jene Frage nicht allgemein biographisch, sondern nur in der Absicht gestellt, um aus dem Schöpfer auf sein Werk zu schließzen, genauer, um den Zwec der Gründung an dem Gründer zu messen. S. Ludger war ein vor nehmer Friese,um 744 in der Nähe von Utrecht geboren. In seinem Elternhause haben die Apostel Frieslands, der hl. Willibrord und der ht. Bonifazius , verkehrt.
Seine Ausbildung hat Ludger in Utrecht und
York erhalten . Seit dem Jahre 774 aus England zurückgekehrt, wid mete er sich mit größtem Eifer der Christianisirung seiner Landsleute, der Friesen.
Seine Erfolge sind außerordentliche gewesen.
Die leste
große Erhebung Widukinds, des Sachsenherzogs , gegen die Franken (782) riß jedoch auch die Friesen mit fort ; alle christlichen Heiligthümer wurden zerstört, die Glaubensboten mußten fliehen. Ludger ging mit seinem Bruder Hildegrim nach Rom und Montecassino . Nach zwei und einhalb Jahren fehrten sie zurück und nahmen die Missionsthätigteit in Friesland wieder auf. Ungefähr 793 kam es zu einem neuen Aufstande der Sachsen und Friesen. Wiederum wurden christliche stirden ver brannt und die Priester vertrieben ; aber die Bewegung ging verhältniß mäßig schnell vorüber. Bald darauf wurde Ludger dann durch starl
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S. Ludgerus . Erster Bischof von Münster und Stiffer der Kirche und AbteiWerden :
Verlag von E. Potthoff, Berden. Der hl. Ludgerus. (Nach Mintrop.)
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den Großen zum „ Hirten“ d. h. zum Bischof von Weſtſachſen, wir würden heute ſagen, zum Viſchof des Münſterlandes, beſtimmt. Der Hauptori der Gegend war Mimigernaford. Ludger errichtete daselbst zuerst ein Priesterhaus, monasterium ", davon der Ort mit der Zeit den Namen ünster erhielt.
Die bischöfliche Weihe hat der Heilige erst nach
mehreren Zahern genommen ; aber die biſchöflichen Befugniſſe, ſoweit sie dem einfachen Priester zu Theil werden konnten, hat er offenbar sofort nach seiner Berufung vollſtändig ausgeübt. Sein Neffe Altfrid erzählt : „er war in seiner gewohnten Weise mit allem Eifer und mit Sorgfalt bestrebt, die heidnischen Sachsenleute zu befehren, die Dornen des Seidenthums auszureißen in den einzelnen Orten, das Wort Goties zu fäen und je einen Prieſter zu ſeßen . . . SeinWunſch war, in dem an gefangenen Missionswerke möglichst vielen Gemeinden zu nützen. Auch nachdem er endlich auf Zureden aller . . . die Bischofsweihe ge nommen, hat er mit aller Weisheit und Tugend der ihm anvertrauten sächsischen Seerde die Botschaft des Heils aufs reichste verkündet, bis er ſic mit der Gnade Gottes zum vollen Glauben geführt hat. “ - Mit demselben Eifer, mit dem er bis dahin ein Apostel seiner Heimath ge wesen, mit demselben Eifer hat Ludger auch der Chriſtianſirung Sachsens sich gewidmet. Die erste Hälfte seiner Mannesarbeit galt der Belehrung der Friesen, die zweite hauptsächlich der Ausbreitung und Befestigung des Christenthums im Sachſenlande. Als Apoſte der Schsen hat S. Ludger auch Werden gegründet .
Unter den damaligen politischen Verhältnissen, wir dürfen im Sin blick auf den Gesammtverlauf der deutschen Geschichte sagen, zu der politischen Stunde, in der Werden gegründet wurde, gab es feine wich tigere öffentliche Angelegenheit, als die Christianisirung der Sachsen. Die Sachsen waren das mächtigste Volk Norddeutschlands . Sie be wohnten die weite Tiefebene zwischen dem Niederrhein, der Nordjec und Ihre Eingliederung in das fränkische Reich mag einsichtigen Staatsmännern zur Zeit Bipins als unumgänglich erschienen sein. Ein einfach neutrales Verhältnißz zwischen Franken und Sachſen war nicht möglich . Die beiden Völker standen sich an den Grenzen von jeher in
der Elbe.
Feindschaft gegenüber, und schon die Merowinger hatten seit Clotar 1., dem Sohne Chlodwigs, beständige stämpfe mit den Sachsen zu bestehen. Durch die Annahme des Christenthums seitens der Franken waren die natürlichen Gegensätze unheilbar verschärft worden. Die Sachsen mit itrer Kampfgier, ihrem Radjedurst und ihrer barbarischen Verschlagen heit ließen eine erträgliche Nachbarschaft gar nicht aufkommen. Es handelte sich aber nicht blos um die Sachsen allein. Die Herrschaft über
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das rechtsrheinische Germanien überhaupt stand in Frage. So lange die Sachsen nicht unterworfen waren, war diese Herrschaft gefährdet. Jeder Aufſtand fand erfahrungsgemäß gerade bei ihnen immer die bereitwilligste Unterstützung . Jeder rebelliſche fränkische Große, ja die Erfahrung lehrte, selbst Prinzen königlichen Geblüts , die sich zu etwas Höherem berufen glaubten, fonnten über dem Rheine Gelegenheit finden, die Ruhe des Reiches zu stören. Auch die Gefahr feindlicher Coalitionen war nicht von der Hand zu weiſen. Im Rücken der Sachſen wohnten im Norden die Dänen, im Osten und Südosten die slavischen Wenden. Die Coalition der Sachſen mit den Dänen wurde befanntlich schon durch Widukind in bedenkliche Nähe gerückt. Ein von den Sadzien begünstigtes geschlossenes Vordringen der bereits bis an die Saale und Berra reichenden Wenden die Mainlinic entlang , wäre für die Ge staltung des Reiches, wir dürfen heute sagen, für die Zukunft Deutsch lands verhängnißvoll geworden. Aehnliche Gedanken und Be förchtungen haben sicherlich Karl d. Gr. zu dem bedeutungsvollen Ent schluise gedrängt, die Sachsen endgültig zu unterwerfen . Auf dem Mai felde zu Worms 772 wurde der Sachſenkrieg beſchloſſen. Er hat mit den üblichen Unterbrechungen dreißig Jahre gedauert. Von dem Charakter des Krieges, von seiner Veranlassung und zugleich von der durch ihn geschaffenen Lage giebt Einhart, der Rathgeber und Bio graph Karls d. Gr. eine zusammenfassende und fesselnde Schilderung. Et schreibt : „Es gab kein langwierigeres, schrecklicheres und für die Franken mihevolleres Unternehmen als das gegen die Sachsen. Wie jait afte Bewohner Germaniens sind diese von Natur wild, dem Dämonencult (dem Heidenthum) ergeben und dem Christenthum feindlich) . . . Die Grenzverhältnisse zwiſchen uns und ihnen waren täglich eine Gefahr für den Frieden. Die Grenzen liefen fast durchweg durch ebene Gegenden. und es fanden sich nur wenige Punkte, wo größere Wälder oder da aoifchen liegende Bergrücken das beiderseitige Gebiet mit einer jejten Grenze bezeichneten. In diesen Grenzbezirken hörte der gegenseitige Mord und Raub und Brandstiftung niemals auf. Dadurch wurden die Franken so gereizt, daß sie einen offenen Krieg für nöthig hielten. So wurde der Krieg gegen ſie unternommen. Er ist auf beiden Seiten mit großzer Heftigkeit, doch zum größeren Schaden der Sachſen als der Franten, 30 Jahre lang geführt worden. Er hätte schneller beendet werden können, aber die Treubrüchigkeit der Sachsen verhinderte es. Es ist schwer zu sagen, wie oft sie überwunden um Gnade bittend sich dem Könige ergeben haben, das Befohlene zu thun versprachen, ohne
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Verzug Geißeln stellten, die Voten des stönigs, die zu ihnen gefchiat wurden, aufnahmen. Mehreremale waren ſie ſo gebändigt, daß ſie ſo gar versprachen, den Dämonencult aufzugeben und Christen zu werden; aber wenn sie auch manchmal bereit schienen, dies zu thun, jo waren fie auch gleich wieder bei der Hand, Alles umzustoßzen, so daß man nicht gut jagen kann, zu welchen von beiden Dingen sie geschickter waren, da seit dem Beginn des Krieges kaum ein Jahr verging, wo nicht ſolcher Bechel eintrat.') Die Hochherzigkeit des Königs und sein beharrlicher Sinn in guten und böjen Zeiten fonnte durch ihre Unbeständigkeit nicht besiegt werden, ja er ließ sich in dem, was er einmal angefangen, nicht einmal müde machen . Niemals duldete er, daß ſie ſich etwas unge straft zu Schulden kommen ließzen, indem er entweder selbst als Führer ozer durch seine Grafen mit Hülfe eines Heeres die Treulosigkeit richtete und ihnen eine angemessene Strafe auferlegte." Tim die Zeit, als Werden gegründet wurde, war die Lage nun inamerhin schon geklärt. Die Widerstandskraft der Sachsen war in der Hauptsache gebrochen. Das Land war in vielen Gegenden verwiſtet. Ihre besten Streitkräfte waren in der Schlacht gefallen, zum theil aufzer Landes geschickt, zum theil auch einem jener furchtbaren Strafgerichte. die starl über die Wortbrüchigen verhängt und womit er sein Andenken befleckt hat, zum Opfer gefallen. Viele Edelinge hatten, dem Beispiele Widukinds folgend, ſich tauſen laſſen und dem Frankenkönige gehuldigt. In der Folge sind zwar hier und da noch einzelne Aufſtände lokaler Natur ausgebrochen ; gefährlich indeßz konnten solche Einzelverſuche nicht mehr werden. Sie wurden in der Regel mit Leichtigkeit niederge schlagen. Der Sachſenkrieg ist ohne einen beſonderen Friedensschluỷ zv Ende gegangen. Sollte er für immer zu Ende ſein, dann ſtand der schwierigere Theil der Aufgabe, die Eroberung der Herzen noch bevor. Karl dem Großen und seinen fränkischen Rathgebern ist es natür lich von vornherein klar gewesen, daß das wichtigste Mittel, die Sachſen dem Reiche zu gewinnen, ihre Befchrung zum Christenthum sein mußte. Schon beim Beginn des Krieges wurde Alles darauf gerichtet, den Feind nicht blos zu überwältigen, sondern auch zum Christenthum zu be feheen. Religiöser Eifer und die Rücksichten der Politif gingen darin Hand in Hand. Abt Eigil von Fulda, ein Schüler des hl . Sturmias, erzählt uns, daß den kaiserlichen Heeren gewöhnlich eine Menge von 1) Der Wankelmut der Sachſen erklärt ſich einmal durch den hohen Werth, den sie der zu Ende gehenden Freiheit beimaßen, ſodann auch durch die grauſam und vielfach niederträchtige Behandlung, die sie erfuhren. Ihr innerstes Gefühl ſträubte sich offenbar dagegen, den verhaßten Franken dienſtbar werden zu sollen .
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Welt und Ordensgeistlichen gefolgt seien, die bestrebt waren, das Volk der Sachsen den „Fesseln der Dämonen“ zu entreißen und durch die Lehren des Heils zur Annahme des milden und ſanften Joches Chriſti zu bewegen. Es war nun freilich ein sonderbares Christenthum, wenn es 3. B. bei Einhart heißt : Der König beschloß, das . . Volk der Sadsen mit Krieg zu überziehen und nicht zu ruhen, bis sie besiegt und zum Christenthum bekehrt oder ausgerottet wären. Auch aus der Praris werden Grausamkeiten von Karl berichtet, die man be dauern muß, und die nichts weniger als geeignet waren, die Sachsen für das Evangelium zu erwärmen. Die vielen Bekehrungen und Taufen, die bei Gelegenheit der Kriegszüge ins Sachfenland stattfanden, haben in der Mehrzahl gewiß keinen inneren Werth gehabt. Sobald der Aufſtand ſich regte, ſind ja auch Maſſenabfall, Zerstörung der Heiligthümer und Prieſtermord immer hinterher gefolgt. Was noth that, das war die friedliche Gewinnung durch das glaubensvolle Wort, durch Beispiel und Liebe. Dazu aber war das erste Erforderniß Be ständigkeit der Pastorirung, und diese hinwiederum konnte nur durch feste kirchliche Einrichtungen erreicht werden. Der Kaiser hat das schon früh selbst erkannt und danach gehandelt. Er theilte die neugewonnenen oder auch noch zu gewinnende Gebiete jeweils in vorläufig nur unge fähr begrenzte Missionsbezirke und bestellte für jeden derselben einen der Glaubensboten, der die Leitung des Missionswerks übernähnte, d. h. der jedem seiner Mitarbeiter seinen besonderen Wirkungsfrets au wies, dem die Sorge für die Kirchenbauten oblag und dergl.
Es wurde
ſe einigermaßen Planmäßigkeit in die ganze wichtige Aufgabe gebracht. Tie Bistümer Münster, Osnabrück, Paderborn, Minden, Verden, Bremen, Hildesheim und Halberstadt sind aus solchen größeren Missionsbezirken hervorgegangen. Wir haben gesehen, auch der hl. Ludger erhielt einen derselben, das spätere Münsterland, zugewiesen. Er ist auf diese Weise der erſte Biſchof von Münster geworden. Eine der wichtigsten Sorgen ist für die Vorsteher der Miſſions bezirke gewiß die Anwerbung neuer Hilfskräfte für das Befehrungs werk gewesen. Die fränkischen und engliſchen Kloſterſchulen, aus denen die Glaubensboten bis dahin meistens hervorgingen, genügten dieser Aufgabe insofern nicht ganz, als die von dort kommenden Geistlichen in der Regel eine Sprache redeten, die von den Friesen und Sachſen nicht verſtanden wurde. Sie mußten ſich vielfach eines Dolmetſchers be dienen. Als die östlichen Friesen nach dem Aufstande von 789 sich wieder zur Anerkennung der fränkischen Herrschaft bequemten, da versprachen sie auch Christen zu werden, man müſſe ihnen aber zur Unterweisung
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in der christlichen Lehre einen Mann schicken, dessen Dialeft (loquela) So erzählt die wahrscheinlich im Kloster Werden
sie verstehen könnten.
geschriebene zweite Vita des Hl. Ludger, und sie sagt, Karl d . G. habe jene Bedingung gern angenommen und dann eben dem hl . Ludger die Miſſion übertragen. Dieſer ſelbſt ſoll einſt den Stuhl zu Trier aus geſchlagen haben, indem er in seiner Beſcheidenheit auf Männer ver wies, die gelehrter seien als er ; er werde besser dem ungebildeten Volke vorgesetzt: quin potius posset ipse rudibus quibuslibet et melius praefici." Ich denke, Ludger hat auch hier auf seine Muttersprache hin gewiesen. Er hat den Gedanken ausdrücken wollen, daß er als Einge borener in der Miſſion werthvoller ſei, als für Verwaltungsgeschäfte ――― im vornehmen Trier. Es war indeß nicht blos die Schwierigkeit mit der Sprache; es fehlte dem westfränkischen Klerus auch vielfach an Eifer, an Bereitwilligkeit, um der Verkündigung des Evangeliums willen zu den sogen. Barbaren zu gehen, und endlich waren manche, die hin gingen, im Leben und Wandel nicht geeignet. Das sind wohl die Gründe gewesen, weshalb S. Ludger so bald das Kloster in Werden ge gründet hat. Es sollte Pflanzschule für die Missionen im Sachsen lande sein, eine Pflanzschule, die ihm die Mitarbeiter gäbe, welche er brauchte, wenn möglich selbst sächsischen Stammes . Welche Wichtig . keit der Heilige der gehörigen Unterweisung der Glaubensboten be: maß, das ersehen wir daraus, daß er ſelbſt, außer den öffentlichen Pre digten, noch täglich früh morgens seinen Schülern Vorlesungen hielt und sie in dem unterrichtete, was ihm das Wichtigste zu sein schien . Warum wurde nun aber gerade die Gegend von Werden für solche Gründung ausgesucht ? In der Nähe des Meeres, so sagt die jüngere Vita, sie will sagen, in Friesland oder in unmittelbarer Nähe am Niederrhein, durfte das Kloster wegen der Normannengefahr nicht ge baut werden. S. Ludger soll die Plünderungszüge der gefürchteten Seeräuber, von denen die Geschichte bald nach seinem Tode berichtet, und durch welche bis zur Schlacht an der Dyle (891 ) vorzüglich die nieder rheinischen Gegenden heimgesucht wurden, vorausgesehen haben. Er hatte die von ihm beabsichtigte Klostergründung anfangs auf seinem väterlichen Erbe in Wierum bei Dockum geplant, dann hatte er an Withmund an der Jssel und an dritter Stelle an das Erftthal gedacht. Alle drei Landschaften schienen ihm nun offenbar vor feindlichen Ueber fällen nicht sicher genug. Ueberdies durfte er sich einen leichteren Ver fehr mit dem Missionsgebiet, eine größere Anziehungskraft seines Klosters für die Söhne des Sachſenvolkes, auch sprachliche und dergl . Vortheile versprechen, wenn er mit der Gründung möglichst nahe an
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die sächsischen Gaue heranging.
Die Anstalt auf sächsischen Boden selbst
zu verlegen, das wäre faum rathsam gewesen. Man wußte nicht, ob nicht doch noch einmal eine franken- und christenfeindliche Aufstands bewegung ausbrechen würde, und gerade für solchen Fall war es wünschenswerth, einen nahen und zugleich sicheren Zufluchtsort zu haben. Alle gesuchten Vorzüge, Deckung vor den räuberischen Nor mannen, fränkischen Reichsboden und dennoch zugleich die Nähe des Sachsenlandesbot unser Werden.
Daß das untere Ruhrthal bereits
christlich war, konnte auch nur erwünscht sein.
Es bestand dadurch die
Hoffnung, daß das Kloster in der Bevölkerung für gute und schlimme Tage sofort einen kräftigen Rückhalt gewinne.
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34.
Ansicht der Abteikirche und der Abteigebäude um die Mitte des 16. Jahrhunderts . Wir haben endlich die Frage zu beantworten, welchen Erfolg die Gründung im Verhältniß zu den Absichten des Stifters gehabt hat. Leider gestatten die Quellen im strengen Sinne des Wortes hierfür mur einige indirekte Schlußfolgerungen. Wir erlangen also nur eine sehr lückenhafte und ungenügende Auskunft. Man kann zunächst aus den außerordentlich zahlreichen und dabei über ganz Westfalen zerstreuten Besitzungen Werdens, soweit sie in der Frühzeit des Christenthums im Sachsenlande erworben sind, auf die ausgedehnte Missions- und un gemein seelsorgerische Thätigkeit der Werdener Mönche schließen. Schon um 900 besaß Werden nämlich — nach einem Ueberschlag von
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Köbichfe ke in Westfalen allein bereits gegen 450 Grundstücke, zins pflichtige Höfe u . s . w. über einen Flächenrum von etwa 250 Quadrat meilen zerstreut, gewöhnlich in einer Bauerschaft nur ein oder zwei, seltener vier bis sechs Güter, jedes einzelne sozusagen durch einen be sonderen Akt erworben. Die großze Mehrzahl der Erwerbungen waren fromme Stiftungen und Vermächtnisse, die als solche einmal die opfer bereite Verehrung des Volkes gegenüber dem Kloster Werden, sodann natürlich auch eine Thätigkeit dieses voransjeßen, durch welche eine so weit verbreitete Verehrung hervorgerufen wurde. Die Missionsthätigkeit der Werdener Mönche hat sich aber nicht blos aufWestfalen erstreckt ; auch Ostfalen, insbesondere die nördlich und östlich zunächst dem Harz vorliegenden Gaue, hatten ihren Theil daran. Als eine Erinnerung, als ein Wahrzeichen diejer entlegenen Wirksamkeit Werdens ist die eigenthümliche Verbindung zu betrachten, die das ganze Mittelalter hindurch zwischen Werden und der heute braunschweigischen Stadt Helmstedt bestanden hat. Der Abt von Werden war eo ipso immer auch Abt von Helmstedt. Er übte über das Helmstedter Kloster und Gebiet dieselben landesherrlichen Rechte, wie über Werden. Die Sage nimmt den hl. Ludgerus selber sowohl als den Gründer des Klosters Helmstedt, als auch insbesondere als den Stifter dieser Würden vereinigung in Anspruch. Nach ihr ist der Heilige wiederholt im östlichen Sachsen anwesend geweſen und hat auch dort die Heiden bekehrt. Auf der Ostseite der Stadt Helmstedt wird sogar noch die Quelle, der Ludgeriborn, gezeigt, wo S. Ludger die von ihm bekehrten Sachsen getauft haben soll . Ebenfalls führt die Stadt Helmstedt den hl. Ludger als ihren Stifter im Wappen. Leider ist nun aber die persönliche Wirk jamkeit Ludgers in jener Gegend nicht genügend beglaubigt. Die Nachricht, daß er Helmstedt gegründet habe, tritt erst viel zu spät auf. Indeß was dem hl . Ludger persönlich durch die Stritif ge nommen wird, seinem Werke, seiner Gründung Werden bleibt es un zweifelhaft erhalten. Ludgers Schüler, die Mönche von Werden, haben ohne alle Frage, vielleicht sogar noch auf seine Anordnung hin, eine ausgedehnte Missionsthätigkeit in Ostfalen ausgeübt.
Zum Beweise
wollen wir abgesehen von der Tradition nur drei Punkte anführen : 1 ) die Identität der drei erſten Halberstädter Bischöfe mit den gleichzeitigen Werdener Aebten; 2) eben jene dauernde Personalunion zwischen Werden und Helmstedt ; 3) die Uebereinstimmung der Werdener und ostfälischer Kirchenpatrone . In Werden war bekanntlich der erste Nachfolger des hl. Ludger ſein Bruder Hilde grim .
Erstand an der Spite des Convents vor
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809 bis zu seinem am 19. Juni 827 erfolgten Tode. Auf Hildegrun folgten dann nach der Reihe vier Neffen des ehrwürdigen Bruderpaares , nämlich erfrið bis 839, Thiatgrim bis 840, Altfrid, der Biograph Ludgers, bis 849, endlich Hildegrim II. bis 886. Die beiden Hildegrims und zwischen ihnen Thiatgrim sind nun gleichzeitig Aebte von Werden und Bischöfe von Halberstadt geweſen . Der ältere Hildegrim hat vermuthlich noch nicht den Titel eines Bischofs von Halberstadt geführt ; aber er hat wenigstens die Funktionen eines solchen ausgeübt. Die Leitung des neugegründeten Bistums als Bischofsſiv war ursprünglich die heute nur noch sagenhafte Localität Seligenstadt bei Osterwieck in Aussicht genommen ; er wurde aber dann nach Halber stadt verlegt wir sagen die Leitung des Bistums fiel sachlich vorläufig mit der Leitung des Miſſionswerks in jener Landschaft zuſammen . Dieſe Leitung stand, soweit sie die Werdener Mönche betraj, sowieso dem Abte von Werden zu . Deshalb mögen die genannten drei Ludgeriden beide Aemter auch formell vereinigt haben. Es sei noch bemerkt, daß der ältere Hildegrim als Bischof von Halberstadt lange Jahre be stritten gewesen ist . Die Schwierigkeit, der die ernstere Forschung bei ſeinem Namen begegnet, ist die folgende. Hildegrim iſt eine Zeit lang auch Bischof von Chalons-sur-Marne gewejen. Gerade die Lebensbe schreibung Ludgers von Altfrid nennt ihn als „episcopus ecclesiae Cadalonensis“. Von seiner Halberſtädter Biſchofswürde dagegen ist bei Altfrid keine Rede. Erst die Annalen von Quedlinburg und Thiet mar von Merseburg bringen ihn mit Halberstadt in Verbindung. Da diese Geschichtsquellen rund 200 Jahre nach Hildegrim liegen, so können sie gegenüber dem Schweigen Altfrids nicht ins Gewicht fallen. Es er ſcheint auch unwahrſcheinlich, daß derselbe Mann Biſchof von Chalons und gleichzeitig im vollen Sinne des Wortes Bischof von Halberstadt. dazu dann seit 809 auch noch Abt von Werden gewesen sei. Daß Hilde grim als Bischof von Halberstadt unter diejen Umständen nicht ganz gestrichen worden ist, das ist das Verdienst des Pastors Albert Reinecke in Schauen bei Osterwieck am Harz. Er hat die Ueber lieferung des französischen Bistums Hildegrims zum Schuße der deutschen bezw. sächsischen Bischofsfunktionen desselben angerufen. In seiner auch sonst empfehlenswerthen Schrift über die Einführung des Christenthums im Harzgan" (Osterwiec 1888 ) hat Reinecke zunächst nachgewiesen, daß unabhängig von der sächsischen Ueberlieferung audi die französische Tradition in Chalons den Hildegrim, Bruder Ludgers, nicht blos als Bischof von Châlons, sondern auch von Halberstadt fennt . Die französischen Schriftsteller ſagen, Hildegrim ſei 804 Bischof von
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Chalons, 809 Bischof von Halberstadt geworden. Indeß solche Einzel heiten bleiben zweifelhaft. Außer allem Zweifel ist, daß zwischen Châlons -sur-Marne und Halberstadt uralte Beziehungen bestanden haben, die sich am einfachsten durch einen von der französischen Stadt ausgegangenen Miſſionsbischof, also durch unsern Hildegrim, erklären, der aber allerdings den Titel eines Bischofs von Halberstadt nicht ge führt zu haben braucht. In einer dem 13. Jahrhundert angehörigen Kirchenordnung der Kathedrale von Châlons, als Manuskript in der dortigen Kapitelsbibliothek aufbewahrt, findet man einen für unsere Frage wichtigen Pajus, den wir hier in der deutschen Nebersetzung Reinecke's wiedergeben wollen. Er lautet : „Am Montag nach dem ersten Sonntag in den Fasten nach der Serte werden 5 Psalmen für den Hirten ( den Bischof) gelejen, (und) es wird geläutet ; es folgt die Anbefehlung ( des verstorbenen Bischofs ? ) , und es wird ge16 sungen die Messe für unsere Brüder von Alvestat (nach anderer Handſchrift : Halvestadt ) in feierlicher Weise am größeren Altar. “ Die Ueberschrift des Ordo lautet : „ Hae sunt con suetudines ecclesiae Cattalaunensis ab antiquis tempori bus constitutae", zu deutsch : Hier folgen die Gewohnheiten der Kirche von Chalons, die seit den ältesten Zeiten bestanden. “ Es gab also noch im 13. Jahrhundert in Châlons eine in praxi geübte Erinnerung an alte Beziehungen zu Halberstadt. Noch im 13. Jahr hundert wird für die Brüder in Halberstadt und zwar im Anschluß an das Gebet für einen verstorbenen Bischof gebetet. Von Beziehungen zwischen den beiden Städten zu einer anderen Zeit, als zur Zeit Hilde grims, iſt weder hier, noch dort etwas bekannt ; Chalons hatte ferner keine sonstige Gebetsgemeinschaft mehr. Die bezeugte auf Hildegrim zu deuten, ihn als den Schöpfer der Gemeinschaft zu betrachten, liegt also nahe. Die von dem älteren Hildegrim geknüpfte enge Verbindung zwiſchen Werden und Halberstadt hat bis 886 gedauert. Vor diesem Jahre iſt nun sicherlich auch die bereits erwähnte Berjonalunion zwischen Werden und Helmstedt eingerichtet worden. Nach) 886 d . h . nach dem Tode Sildegrims II. ist ihr Anfang nicht anzunehmen, weil jest gar keine Beziehungen mehr zwischen Werden und Halberstadt bestanden. Die jelbständig gewordenen Halberstädter Bischöfe wachten überdies gewis; eifrig darüber, daß sich keine andere kirchliche Obergewalt in ihrem Sprengel mehr feſtjeve. Etwas anderes war es, zu dulden , was ſeit alters her gegeben war. Die Helmstedt-Werdener Perſonalunion fann also zwar nicht als ein Erbtheil des hl . Ludger selber bezeichnet werden ;
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aber sie stammt unzweifelhaft aus der Ludgeridenzeit. Damit iſt zu gleich ihr ursprünglicher Zweck erklärt. Das Helmstedter Kloster sollte ein Stützpunkt für die in der oftsächsischen Mission thätigen Werdener Mönche sein. Sich selbständig erhalten und eine selbständige Thätigkeit beginnen, fonnte es noch nicht. Deshalb wurde die jüngere Gründung an die ältere, an das auf fränkischem Boden gesicherte Werden angelehnt. Die Helmstedter Ordensangehörigen waren Jahrzehnte lang von Werden gekommen, wie natürlich, daß ſie ſich willig auch in Helmstedt der Leitung und Führung ihres Abtes in Werden unterwarfen . Mit der Zeit wuchs das Helmitedter Kloſter nun zu einem stattlichen Stifte heran. Das Christenthum hatte in den Landen ringsum feste Wurzeln geschlagen, und die Bevölkerung zeigte sich den Mönchen, die sie zum Glauben geführt, durch Schenkungen und Stifungen dankbar. Auf diese Weise groß und mächtig geworden, empfing Helmstedt damit aber auch die Macht, etwa hervortretenden Gelüſten der Halberstädter Bischöfe, es zu unterwerfen, entgegenzutreten. So ist es begreiflich, daß die Oberhoheit des Werdener Abtes, die schon vermöge der weiten Ent fernung bequem war und jedenfalls nichs Drückendes hatte, so lange gedauert hat. Nicht blos Halberstadt und Helmstedt sind für die ostfälische Missionsthätigkeit des Klosters Werden im 9. Jahrhundert anzurufen. Ein drittes Zeugniß bieten die vielen Orten der Ost- und Nordabdachung des Harzes mit Werden gemeinsamen Kirchenpatrone. Reinece nennt eine Reihe von Kirchen und Kapellen aus der Landſchaft „jenjeits der Eder", die dem hl . Ludger geweiht sind. Er führt an anderer Stelle auch eine großze Zahl von Stephanskirchen aus derselben Gegend und aus dem Halberstädtischen an. ') Leider wußte er nicht, daß auch die älteste Stirche in Werden selbst dem hl . Stephanus geweiht war.
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übrigen bemerkt Reinice richtig, daß aus den Ludgerikirchen nicht, wie man gewollt hat, auf Gründung durch Ludgerus selber zu schliefzen ist, sondern im Gegentheil auf Gründung durch seine Jünger, die Mönche von Werden ; denn, ſagt er, es widerspreche der kirchlichen Ge wohnheit, daß der Gründer solcher heiligen Stätten dieselben mit seinem eigenen Namen benannt hätte ; dagegen entspreche es durchaus einem persönlichen Gefühle der Verehrung und Dankbarkeit, wenn die Schüler 1) Ludgerikirchen in Alleringersleben, in Rhode bei Fallersleben, in Rizardingerode ; auch eine Kapelle am Tom zu Halberstadt und eine Vicarie daselbst waren dem hl. Ludger geweiht. „Wahrscheinlich würde die Zahl dieser Kirchen noch vermehrt werden können, wenn uns die Namen sämmtlicher Kirchen heiligen jenseits der Oder bekannt wären." Stephanskirchen in Osterwick, Helmstedt, Groß Ottersleben, Halle an der Saale, Langenweddingen.
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den Meister durch ihre christlichen Gründungen zu verewigen und nicht minder ihre neuen Arbeitsfelder mit dem alten Arbeitsfeld zu Werden in dauernder Verbindung zu erhalten suchten. Man betrachtet die Kilianskirchen der Diemelgegend und des Paderborner Landes als Be weis für die Chriſtianiſirung dieser Landschaften von Würzburg her. Muß man alſo nicht auch die um Helmſtedt und Halberſtadt gehäuften Stephans- und Ludgerikirchen als Zeugniß ihrer geistigen Abstammung von Werden gelten laſſen? Nur auf Umwegen gelangt man ſo dazu, den Antheil der Werdener Mönche an der Christianisirung der Sachsen im Osten und Westen wenigstens zu ahnen. Eine dentliche Vorstellung von dem, was sie wirklich geleistet, können wir leider nicht gewinnen.
Nicht einmal die
Namen aller derer, die zu dem großen Werke mitgewirkt haben, kennen wir, und doch hat mancher, der uns unbekannt geblieben, selbst mit seinem Blute für die Wahrheit dessen einstehen müssen, was jein Mund als Evangelium verkündete. Das 1100jährige Jubiläum der Gründung Werdens giebt uns Veranlassung, aller ohne Ausnahme in Dankbarkeit zu gedenken. Durch ihr Verdienst steht Werden in der Reihe jener Städte, von denen das Chriſtenthum des deutſchen Volkes ausgegangen, durch) ihr Verdienſt darf Werden von allem, was die christliche Kultur der Niederdeutſchen Edles und Hohes geſchaffen, sich ein Urhebertheil zu schreiben. Die beste Dankbarkeit ist trene Fortsetzung des Werkes, das jene begonnen. Jeder einzelne, auch der geringste Mann des Volkes kann und soll zu dieſer Fortsetzung mitwirken, indem er bei ſich ſelbſt, in seinem Herzen die Saat reifen läßt, die jene ausgestrent haben, die Saat eines wahren, eifrigen, frommen und aufrichtigen Christenthums.
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II . Das Mittelalter hat die Aufgabe, die ihm gestellt war, die neuen Völker Europas dem Christenthum zu verbinden, ihnen christliche An schauung und Sitte, christliches Fühlen und Denken für immer zu eigen. zu machen, gewißz glänzend gelöst. Weniger glücklich und dauerhaft sind, besonders für Deutschland, die politischen Gestaltungen des Mittel alters gewesen. Das universale Kaiserthum verlor schon unter den schwachen Söhnen Karls d . Gr. seinen Glanz. Die einzelnen Nationen und Stämme verließen nach und nach das schützende Dach, das der großze Frankenkönig über ihnen gewölbt hatte, und gingen eine jede ihrer eigenen selbständigen Bestimmung und Entwickelung entgegen. Auch das im Umfang verminderte, im Innern dafür einheitlicher gestaltete römisch-deutsche Reich brachte es nicht zu einer ruhigen Weiter entwickelung . Nur wenn grosze Persönlichkeiten an der Spite des Reiches standen, wurde der Einheitsgedanke einigermaßen verwirklicht. In den Zeiten der Schwäche dagegen drangen stets die durch den Mangel an Verkehr und Verkehrsmitteln begünstigten particulariſtiſchen Bestrebungen vor. Es ist dem Reiche selbst in der Zeit seiner Blüthe nicht gelungen, eine die Nation umfassende einheitliche kaiserliche Ver waltung zu entwickeln.
Es gab keine öffentlichen Steuern, fein öffent
liches Heer, ja das Reich hatte ſogar seine eigene Beamtenſchaft verloren. Alle Bestrebungen und Versuche, solche Dinge zu schaffen, sind miß lungen. Mit dem Verfall des Kaiserthums im 13. Jahrhundert kamen deshalb die dynastischen, lokal und landschaftlich begrenzten Interessen zur unumschränkten Herrschaft. Auch dem seloster Werden ist es vermöge seines früh zusammen gebrachten Reichthums vergönnt gewesen, zur politischen Eigenmacht gestaltung zu kommen. Schon 877 hatte es durch königliches Privileg freie Abtswahl und eigene Gerichtsbarkeit erlangt. 886 wurde Werden königliche Abtei d. h. der Abt gehörte fortan zu den reichsunmittelbaren Fürſten des Reichs . 1181 trat zu der weltlichen Reichsunmittelbarkeit die kirchliche, indem der Abt von der Jurisdiktion des Erzbischofs von Köln ausgenommen und durch päpstliches Privileg dem Papste direkt unterstellt wurde. 1317 endlich tritt uns die politische Landesherrschaft Werden als vollendet entgegen. Am 24. Juli jenes Jahres ſchloß Abt Wilhelm II . von Hardenberg ( 1303–30 ) mit ſeinem Vogte, dem Grafen Engelbert II. von der Mark einen Vertrag, der den alten Gerichtsbezirf Werden in der Ausdehnung von etwa einer Quadratmeile als jozujagen. unabhängiges Territorium hinsteute. Der Abt ist der Landesherr ; er allein hat im Stiftsgebiet die Befehls- und Strafgewalt ; er entscheidet,
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ob Befestigungen angelegt werden dürfen ; er hat die Zoll- und Münz hoheit u. s. w . Dieser Vertrag, durch den zugleich die Gemeinde Werden Stadtrechte erhielt, ist der eigentliche Anfang des politischen Kleinſtaats Werden. Die früheren Privilegien gaben mehr persönliche Vortheile, ſie waren Standeserhöhungen innerhalb des Reiches , die neue Territorial hoheit, die dazu nicht verliehen wurde, sondern die der Abt sich selber nahm , die er blos mit seinem Vogt verabredete, war durchaus geo graphisch gedacht .
Das Land Werden wurde sozusagen aus der Karte
des Reiches herausgeschnitten und erhielt seine politisch-wirthschaftlichen Grenzen. Obgleich von den mächtigen Landesherrschaften Mark, Berg, Cleve und dem Stiftsgebiet Köln allſeitig umlagert und vielfach) be droht, ist es doch bis in die Neuzeit gelungen, das Ländchen in seiner bescheidenen Unabhängigkeit zu erhalten. Die Auflösung des Reiches in eine Menge kleiner und kleinster Territorien ist nun natürlich keine glückliche Entwickelung gewesen. Sie lag weder im Intereſſe der politischen Geltung Deutſchlands nach außen, noch war sie für das Volk wirthschaftlich vortheilhaft. Dem Auslande gegenüber war der Zerfall des Reiches um so beklagenswerther, als 3. B. die französischen Könige schon früh dahin gelangt waren, ihr Königreich innerlich zu einigen und von sich abhängig zu machen. Während Deutschland der Kleinſtaaterei anheim fiel, wurde Frankreich), und wurden auch die übrigen Staaten Europas, England, Spanien, ja selbst Dänemark und Schweden, Ungarn und Polen großz und mächtig. Ein Zusammenhalten der deutschen Kleinſtaaten für den Fall eines An griffs gab es immer nur soweit, als es dem einzelnen vortheilhaft schien. So ist es gekommen, daß im Norden und Süden, im Osten und Weſten, überall ursprünglich deutsche Länder vom alten Reichskörper abgetrennt wurden, der Fremde anheimfielen und dem deutschen Lande und Volke verloren gegangen sind. Im Prinzip sind jene Zustände geblieben, so lange das alte Reich Durch die kirchliche Reformation des 16. Jahr hunderts und ihre politiſchen Folgen trat sogar noch eine Verſchärfung ein, da die schon dynastisch-politisch geschiedenen Länder nun zumeist auch noch religiös von einander getrennt wurden. Vielfach fand die sein Dasein fristete.
religiöse Trennung zweier Nachbargebiete im Grunde genommen eben wegen schon bestehender Gegensätze in der politischen Sphäre statt. Man sicherte sich religiöſe Bundesgenoſſen, um politiſche Ziele zu erreichen. Die entseglichen Verwüstungen des 30jährigen Krieges führten endlich zum völligen Ruin unseres Vaterlandes, für unser heutiges Gefühl um so schmerzlicher, als erstens die fremden Völker dazu halfen, uns zu
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grunde zu richten, als zweitens diese selben Völker, während Deutsch) land von ihnen und seinen eigenen Söhnen zertreten wurde, ihrerseits zu Reichthum und Macht, zur Beherrschung der Meere und der überseeiſchen Länder emporstiegen. Während andere die Welt unter sich theilten, ſtand bei uns der Heſſe gegen den Kurfürſtlich)-Kölner oder Stift-Pader borner, der Bayer gegen den Braunschweiger oder Pfälzer, der Branden burger gegen den Sachſen u. s. w. Unsere Hanja war die Beherrscherin der Nord- und Ostsee gewesen, ihre Schiffe hatten den westlichen Decan befahren, als die Engländer noch nicht an Seefahrt und Welthandel dachten, und nun als es darauf ankam, als die überſeeiſchen Länder entdeckt, als die neuen Seewege gefunden waren, da ſank der nord deutsche Städtebund ohnmächtig in ſich zuſammen . Das Reich war nicht in der Lage, eine Flotte zur Vertheidigung seines hanseatischen Macht bereichs aufzustellen. Die erſtarkten Landesherren aber halfen nicht nur nicht, den Handel der Städte aufrecht zu erhalten, sondern ſie nahmen ihm auch noch sein natürliches Hinterland. Sie haben den Verkehr der Kaufleute auf den durch ihre Territorien führenden Straßen durch Zölle, Abgaben, Häutung von Stapelplätzen u. dergl. fast ge flissentlich unterbunden.
Da die fortwährenden seriege die Raufkraft
des Volkes ohnehin ſchwächten und die Unsicherheit der Wege vermehrten, ſo war es unausbleiblich, daß die deutſchen Kaufleute den Wettbewerb mit den übrigen Nationen, namentlich mit den Holländern und Eng ländern, aufgeben mußten. Früher hatten die deutschen Hanſen von ihrer Faktorei, dem Stalhof, in London aus den Handel Englands beherrscht, im 17. und 18. Jahrhundert waren umgefehrt die englischen „Merchant Adventurers “ die Herren in den deutſchen Nord- und Oftſee häfen . Woher fonnte unter solchen Verhältnissen für Deutschland nun . überhaupt Besserung kommen ? Allgemein gesprochen nur durch die Confolidirung eines der größeren Reichsterritorien zu einem national deutschen Großstaate. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war es entschieden, daß Brandenburg Preußen dieser Großzstaat sein würde.
Ausschlaggebend für die wunderbare Entwickelung Preußens
ist wohl die zerstreuung seines Länderbesizes von den östlichen bis zu den westlichen Grenzen Dentſchlands gewesen. Daraus ergab sich : 1) die erzwungene oder freiwillige Betheiligung an allen Verwickelungen . Norddeutschlands, einerlei ob sie im Osten oder Westen entstanden ; 2) die Nothwendigkeit einer ständigen militärischen Bereitschaft und der 3wang, ein größzeres Heer zu unterhalten, als es bei geschlossenem. Territorium nöthig gewesen wäre ; 3 ) der Antrieb, jede Gelegenheit zu
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territorialer Abrundung zu ergreifen; 4 ) der Antrieb zu Verwaltungs Preußen hat in allen diejen reformen im einheitlichen Sinne. Richtungen seinen Vortheil mit Geschick wahrgenommen, zugleich aber auch hatte es das Glück, eine Reihe von Regenten zu erleben, welche als geschickte Diplomaten, als weise und sparsame Haushalter und Ver waltungsreformer oder auch als tüchtige Feldherren, ja zum theil in allen diesen Eigenſchaften zugleich ihren Staat nicht blos regiert". sondern auch gefördert haben. Die Erhebung Preußzens zu einem Groß staate durch die Consequenz seiner Politik seit dem Großzen Kurfürsten Friedrich Wilhelm ( 1640–88) und durch das Genie des Königs Friedrich II. ( 1710-86) ist sicher als das größte Ereigniß dieser Zen zu betrachten. Daß ſofort auch das nationale Empfinden eines großen Theiles des deutſchen Volkes ſich dem neu aufblühenden Staatswejen zuwandte, war selbstverständlich . Preußen hatte vor Lesterreich den Vorzug einer nach Abstammung, Sitte, Kultur und Sprache wesentlich gleichartigen Bevölkerung voraus . Wenn Deutschland je wieder zu nationalen Einheitsform gelangen sollte, so konnte das nur durc Preußen geschehen. Es soll nun natürlich nicht behauptet werden, daß Preußzen von vornherein das Bewußtsein jeines nationalen Berufs gehabt habe, da Fürsten und Regierung von Preußen, indem sie dieses zu fördern. suchten, dabei an Deutschland gedacht hätten. Im Gegentheil, Selbit ſucht und particulariſtiſches Streben sind noch faſt das ganze 18. Jahr hundert hindurch die Signatur aller deutschen Politik geweſen, in Preußzen so gut, wie in den übrigen Territorien des Reiches . Nationale Beweggründe miſchen sich der preußischen Politik in bemerkenswerthem Maße erst in den Kriegen gegen Napoleon I. und zumal in den Frei heitsfriegen bei . Das deutsche Volk muszte erst die Schmach der Fremd herrschaft sehen, es mußte erst vor der Gefahr der Vernichtung erbeben, welche französische Eroberungsgier ihm zugedacht hatte. Wie herrlich iſt es dann aber aufgeſtanden und hat den Urheber alles Unheils in den Abgrund geschleudert ! Daßz Preußen neben Lesterreich zuerst die deutsche Freiheitsfahne ergriffen hat, daß es den Todesgang mit Napoleon gewagt wenige Wochen, nachdem die 16 Rheinbundfürsten ihren schmählichen Pakt mit dem Emporkömmling geschlossen, das ist der Ruhmestitel, der es würdig gemacht hat, in der Folge der gefürchtete Wächter und Rächer der deutschen Ehre zu werden. Alles, was bis dahin in particulariſtiſcher Weise zum alleinigen Nutzen Preußens ge schehen, ist so noch nachträglich der deutschen Sache zu gute gekommen. In Preußen wurde Deutschland geschlagen, in Preußen hat aber, Gott Dank, auch Deutschland gesiegt.
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Reverendissimus IllustrissimusDominusBEDA r Imperialiumimmediat.exendorum Monasteriorum den 4 Felmstadu Abbas, ordine LXIX - efectus 20 Markit 1198 mortuus Dussel dorli 19 August 1892 ignos not us as menses ibidemque sefultus Kosih Abbote Predicta Moudsteria medin berit 1802 sreeessu extinéta san
Beda, lehter Akt von Werden. Nach dem in der Werdener Pfarrkirche befindlichen Original-Gemälde.
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Der Anschluß Werdens an Preußzen stellt sich als eine direkte Folge des Friedens von Lüneville ( 1801 ) dar. Zwar hatte das Haus Branden burg schon ältere Anrechte an das Stift, die aus den mittelalterlichen Vogteirechten der Grafen von der Mark abgeleitet wurden. Nach dem Aussterben des Hauses Cleve-Mark im Jahre 1609 waren bekanntlich das Herzogthum Cleve und die Grafschaften Mark und Ravensberg an Brandenburg gekommen. Ueber die Ausdehnung der Vogteirechte, die somit den sturfürsten von Brandenburg, nachherigen seönigen von Preußen als Grafen von der Mark zustanden, ist vielfach Streit gewesen. Im 18. Jahrhundert machte Preußen wiederholt Miene, sie geradezu als Landeshoheitsrechte auszulegen. Bei der wirklichen Säcularisation des Stifts wurde jedoch auf dieje älteren Ansprüche formell gar keine Rücksicht genommen, sondern Werden gehörte zu den sogen. Entschädig ungen, welche Preußen in Folge des Friedens von Lüneville für den Verlust der Jülich'schen Lande an Frankreich zufielen. Diejenigen weltlichen Fürſten, ſo hieß es in dem Friedensvertrage . den der Kaiser Franz II . am 9. Februar 1801 mit der französischen Republik schloß, welche durch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich Be sibungen verloren hätten, sollten rechts des Rheines durch geistliche Herrschaften und freie Städte entschädigt werden. Auf Grund dieser Bestimmung erhielt Preußen die Bistümer Paderborn , Hildesheim, den größten Theil von Münſter, die Städte Erfurt, Mühlhausen, Nord hausen, Goslar, ferner die Stifte Effen, Werden und Elten als „ Ent schädigung“ überwiesen. König Friedrich Wilhelm III. ergriff durch Patent d . d . Königsberg, 6. Juni 1802, von den soeben genannten drei Abteiländern Bejiß. Die thatsächliche Beſißnahme derselben erfolgte am darauffolgenden 3. Auguſt. Zwei Kompagnien Grenadiere aus Wejel rückten in Werden ein, und es wurden zugleich im Namen des Königs von Preußen alle öffentlichen Kassen und Archive versiegelt. Die Auf löſung des abteilichen Convents fand am 3. Januar 1803 statt. Der lette (69.) Abt Beda Savels, erwählt am 20. März 1798, erhielt eine Pension von 6000 Gulden zugesprochen. Er ist am 12. August 1828 in Düsseldorf im Alter von 73 % Jahren gestorben. Die übrigen Conventualen wurden jeder mit 600 Gulden pensionirt ; sie hatten dazu die Erlaubniß , im Kloster wohnen zu bleiben. Einige von ihnen haben davon auch Gebrauch gemacht ; sie haben im Kloster gewohnt, bis die Gebäude im Jahre 1811 ihre jezige Bestimmung einer Strafanſtalt er hielten. Die Nebergabe der Stiftsverwaltung an die föniglichen Behörden ist nach allen Berichten in der friedlichsten und würdigsten Weise voll
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zogen worden.
Alle betheiligten Stellen haben sich musterhaft dabei
benommen. Von den königlichen Commiſſaren wird ihr „ humanes Be tragen" gerühmt. Den abteilichen Beamten aber hatte der Abt selbst, als sie ihn vor dem Einrücken der Truppen um Anweisung für ihr Ver halten gebeten, in einem lesten würdigen Erlasse Bescheidenheit und respektvolle Zurückhaltung anbefohlen. Da die geſeßliche Zustimmung des Kaisers und des Reichstags zu der Aufhebung der Abtei noch nicht vorhanden war, so verordnete er, die Beamten ſollten zwar nicht „ die den Abgeordneten des Königs von Preußen Majestät schuldige Achtung außer Acht lassen", aber doch gegen alle Vorkehrungen, welche dem Reichsverbande entgegen sind, . . . auf die möglichst bescheidene Weise" Verwahrung einlegen. Die noch vermißzte Genehmigung der Säcu lariſation durch Kaiſer und Reich ist in dem ſogen. Reichsdeputations hauptschluß vom 25. Februar 1803 erfolgt. In derselben würdevollen Weise, wie der Abt, haben auch die übrigen Kapitulare den Verlust ihres Heims ertragen. Die meisten der Erconventualen ließen sich in der Cura anstellen. Der erste Pastor von Werden selbst, nachdem das Kloster aufgehoben, ist der würdige Theodorvan Gülpen, Mitglied des Convents und zuletzt abtei licher Kanzleipräsident gewesen. Die befriedigende Nenordnung der Werdener Pfarreiverhältnisse ist wesentlich) van Gülpen's Verdienst. Er gehörte auch zu der Huldigungsdeputation, welche im August 1803 nach Hildesheim ging, um vor der dort eingesetten sogen. „ Organiſations Commiſſion“ dem Könige von Preußen im Namen der Werdener Stifts unterthanen den Treneid zu leiſten. — Mehrere der früheren Convents mitglieder haben sich in Werden und anderswo als Lehrer und Schul rektoren bewährt, einer wurde Pfarrer in Stettwig, ein anderer Pfarrer in Mülheim a. d. Ruhr, einer Garnisonspfarrer in Düsseldorf u. s. w. Auch die weltliche Verwaltung des Abteigebietes lag zur Zeit der Säcularisation in würdigen Händen. An der Spite der Verwaltung der Kanzleidirektor Dingerkus, der vier Mebten gedient, und dem das Herz faſt brechen wollte ob des Unterganges der altehrwürdigen Reichsabtei ; an der Spiße des reichsabteilichen Zustizwesens der Land richter Müller, der in Schrift und in That mannhaft eingetreten war für den Abt und ſein Recht, der aber, nachdem das Unabänderliche ee folgt war, der neuen Regierung die gleiche Trene erwies und in ihren Dienſten zum Appellationsgerichtsrath zu Köln emporſtieg. Das Volk scheint dem Regierungswechsel gegenüber zunächſt ſiú) ganz passiv verhalten zu haben. Als die ersten näherten sich die Werden. Kettwiger Tuchfabrikanten der neuen Regierung.
In einer Eingabe
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vom Spätjahr 1802 drückten sie ihre Wünsche aus, und sie bezeugen in derselben zugleich, die Eingesessenen hätten sich durch stille Unter werfung und Ergebenheit in die allerhöchsten Verfügungen“ - „ aus gezeichnet“. Eine beſondere Begeisterung für Preußen konnte man auch damals kaum ſchon erwarten . Nicht nur, daß die glorreiche Miſſion, die der Staat Friedrichs d. Gr. in Deutschland erfüllen sollte, noch bevor stand, ja da sogar die Jahre des Leidens und der Prüfungen über unser Vaterland erst noch hereinbrechen sollten. Auch das ist zu be denken, daß die große Masse des Volkes fleine Leute waren, deren Cesid,
Treis nicht über ihren
armseligen Broterwerb hinausging.
Laſſen doch ſelbſt die wenigen Reichen, die Tuchfabrikanten, eben in jener Eingabe, einen über ihre Erwerbsinteressen erhabenen Standpunkt vermissen. Einer ihrer hauptsächlichsten Wünsche war, das Enrolle ment zum Militärſtande “ möchte dem Werden'schen Gebiete nach wie vor fern bleiben ; denn sonst gingen ihnen die Arbeitskräfte verloren. Es ―― würden schreiben sie gewiß hunderte von Eingeborenen verscheucht, die wenig oder gar keine liegende Habe besigen“, und der Abſchen vor dem Soldatenstande ſei ſo allgemein und groß, daß kein Schaden oder Vortheil sie zurückhalten könnte. „Wandern aber diese den Fabriken unentbehrlichen Menschen aus, so stürzen sie (die Fabriken) viel Leicht unwiederbringlich) zusammen und die wenigstens 150 000 Rthir., die durch die Fabriken in Werden und Kettwich blos an Arbeitslohn jährlich in Umlauf kommen, fallen aus.
Dadurch werde die Konſum
tion gemindert und die königlichen Steuer-, Stempel-, Zoll- und Wege kassen hätten den Nachtheil. “ Solch banauſiſche Gesinnungen hegten die ersten Werdener Bürger noch nach den für Deutschland demüthigenden Friedensschlüssen von Basel, Campo Formio und Luneville ! Fünf Jahre, nachdem das wehr lose Stift Werden selbst innerhalb weniger Monate zweimal die Schmach erlebt hatte, von franzöfifchen Streifkorps von der linken Rheinseite her plößlich überfallen, beſett und gebrandſchaßt zu werden! Die Werdener ſind natürlich) nicht die einzigen gewesen, die so dachten. Man bezeugt den allgemeinen Abschen der Bevölkerung vor dem Sol datenstande! Der großze sittliche Gedanke, daß die Hingabe an das Vaterland, die Arbeit für die Nation Pflicht und Schuldigkeit jedes Einzelnen sei, war den edelsten Stämmen Deutschlands verloren ge gangen. Sie mußten erst durch das Joch der Fremdherrschaft, durch den Steuerdruck eines Joachim Murat, durch das decimirende Conscriptions . system Napoleons aufgerüttelt und ihrem deutschen Vaterlande wieder gegeben werden.
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Man erkennt mit Recht das Verdienst, das Napoleon, der brutale Eroberer, um die Wiedererweckung des deutschen Volksgeistes gehabt bat .
Er hat uns mit der Zuchtruthe der Fremdherrschaft geschlagen,
er hat unsere Länder vertheilt, er hat unſere beſten und edelſten Fürſten, nachdem er sie beraubt, unverschämt behandelt und persönlich ge demüthigt. Das genügte gerade, um endlich den Zorn der so miß handelten Nation zu wecken und den Führern des Volkes die Freiheit des Vaterlandes als Ziel zu stecken.
Troßdem wäre die so eingeleitete
nene Bewegung der Geister und der Herzen in Deutschland zunächſt ſicherlich noch ohne praktische Folgen geblieben, wenn nicht ein Staat gewesen wäre, der zunächst an sich selbst mit wunderbarer Schnelligkeit die nöthige Umwandlung vollzog und der zugleich durch) innere Re formen den idealen Wünſchen Berechtigung und Kraft verlichen hätte. Dieser Staat war Preußen, und warum gerade Preußen ? Vielleicht weil die Niedertracht, mit der Preußen von dem Tyrannen behandelt wurde, am größten gewesen ?
Je größer das Unglück, je ſtärker die
Temüthigung, um ſo ſchneller und ſtärker auch die Gegenwirkung ! Es mag sein, daß auch dieſer Cauſalzuſammenhang mit in Betracht zu zichen ist. Nichts Segenvolles und Dauerhaftes geschieht in der Welt geschichte jedoch ohne intelligente sittliche Leitung.
So hätte aud)
Preußen nicht an die Spitze zuerst der deutschen Befreiungs- und dann der Einigungsbewegung treten können, wenn seine Herrscher und Staatsmänner nicht in Vaterlandsliebe, Pflichttreue und zweckmäßigem Handeln zugleich es allen zuvor gethan hätten. König Friedrich Wilhelm III. ſelbſt und seine erlauchte Gemahlin, die verehrungs würdige Königin Luise, sie leuchteten ihrem Volke durch Sitten reinheit und Tugend, durch ernſtes Pflichtbewußtsein und durch die höchſte ſittliche Auffaſſung des Herrscherberufs voran. In allem Un glück, das der freche Eroberer über sie gebracht hatte, troß aller Kränk ungen und Demüthigungen, hielten ſie ſich ſtark in der Treue zum Vaterlande. Niemals ein Ablaſſen von der Pflicht, immer wieder die besten, die für den Moment geeignetsten Männer mit den Geſchäften zu betrauen, ſelbſt in dem Falle, daß eigene Wünsche, Gewohnheiten und Auffassungen damit geopfert werden mußten. Nur so sind aber auch die Reformen in der Behördenorganisation, die Umgestaltung der Pro vinzialverwaltung, die Aufhebung der Erbunterthänigkeit, die Schaffung eines neuen Heeres und fast möchte man jagen einer neuen Gesellschafts ordnung gelungen. Nur so wurde Preußen auch außerhalb seiner Grenzen die Hoffnung aller, die noch deutsch empfanden. Die Keime der nationalen Wiederbelebung waren in Deutſchland gewiß allent
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halben vorhanden, in Preußen aber wurden sie zuerst gehegt und ge pflegt. In Breußen wurde das Volk sofort nach der Schlacht bei Jena (1806) zum Dienste für den Staat, zur Hingabe von Gut und Blut für das Vaterland herangezogen, deshalb vermochte Preußen auch kaum 7 Jahre nach jenem Unglückstage schon die Siegeslorbeeren von Groß beeren, von Dennewitz und Leipzig, von La Rothière und Laon und von Belle Alliance zu pflücken. Auch im Rheinlande und in Westfalen war die Wiedererweckung des nationalen Geistes inzwischen erfolgt.
Schon die Nachrichten von
**
1 I
König Friedrich Wilhelm III. dem unglücklichen Feldzuge Napoleons in Rußland erregten Anfangs 1813 bei Gelegenheit einer neuen Truppenaushebung allenthalben Volksaufstände, die indessen durch Hinrichtungen und Güterconfis cationen unterdrückt wurden. Bald nach der Schlacht bei Leipzig lösten sich indessen das Großherzogthum Berg und auch das famoje stönigreid) Westfalen von selbst auf. Die einzelnen künstlich zusammengeschweißzten Landestheile kehrten, wo es ging, zu ihren früheren Herren zurück. Werden hatte vor Jahren die preußische Militärconscription nicht ge wollt, durch die französische soll es ein Fünftel seiner gesammten Be völkerung verloren haben. Die Wiedervereinigung mit Preußen wurde
31
nun von allen freudig begrüßt . Am 30. Mai 1815 ging der Freiherr von Schirp nach) Aachen, um dem Könige die erneute Huldigung zu leisten. Zum Beweise des Gesinnungswechsels, der sich auch in unserm engeren Kreise vollzogen, dient uns das patriotische Buch eines Ercon ventualen des Werdener Klosters, des nachherigen Werdener Schul rectors Ludwig Meyer, das über die Abteien " Werden und Helm stedt" handelt. Es sei uns gestattet, nur einen Satz daraus anzuführen. In einer Anrede an die Einwohner des Stiftsgebiets heißt es : Jhr macht jezt einen Theil jenes deutschen Volkes aus, das unter einem der
ne
dui
n Bra
Königin Louise. mächtigsten Monarchen Europas das schwer lastende fremde Joch ab warf, zeigt euch in allem würdig, Unterthanen eines so großen Königs zu sein, damit ihr unter seinem milden Scepter die Früchte der Ruhe und des Friedens genießet. Seit 1803 (! ) send ihr durch uner forschliche Fügung des Lenkers der Weltschicksale seine Unterthanen ; verhaltet euch gegen ihn und seine Regierung tren und bieder, wie es auch unser göttlicher Lehrer selbst zur Pflicht macht, und ihr werdet euch glücklich schätzen. Ihr werdet im Verlaufe dieser Blätter manche lr funden seiner väterlichen Sorgen für seine Unterthanen dahier zur Ein
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sicht erhalten, welche dazu geeignet sind, euch mit unerschütterlicher Treue und Anhänglicht eit an icine gebeiligte Person und sein königliches Haus auf immer zu befestigen. " ) Es erübrigt uns noch auf den äußeren Aufschwung hinzuweiſen, den Werden seit der Zugehörigkeit zu Preußen genommen hat . 1813 hatte Werden 2454 Einwohner, heute hat es deren über 10000. Zur Zeit der Säcularisation zählte das ganze Stiftsgebiet, also die Stadl und 13 Honſchaften zusammengenommen, nicht mehr als 7056 Seelen. Kettwig hatte 1100 Bewohner. Jest dagegen wohnen in dem ehe maligen Stiftsgebiete mehr als 40000 Menſchen. Die In dustrie Werdens beschreibt uns ein fremder Besucher der Stadt im Jahre 1813 folgendermaßen: „In beiden Oertern (Werden und Kettwig ) wurde vor ein paar Jahren noch für 500 000 Rthlr. Tuch gemacht, jezt bei dem Verfall der Fabriken und Hand lung (in Folge der Napoleonischen Kriegswirren) nicht die Hälfte mehr. Es hat noch Baumwollspinnereien und Sammetfabriken; die letteren werden aber jezt auf das linke Rheinufer (nach Krefeld) verlegt. Sonst sind hier aufzer Lohgärbereien, Essigbrauereien und Brandweinbrennereien, noch ein Kupferhammer, der aber jetzt stille steht, eine Tuchscheren-Fabrik, ein Eisenhammer, eine Schmaltfabrik oder ein Blaufarbemverk, eine Allaun- Siederei, eine Glashütte, zwei Papiermühlen, eine Farbmühle, eine Walkmühle, 8 Kornmühlen. 1 Grüß und 1 Perlgerstmühle und 3 Delmühlen. Das wichtigſte Produkt des Landes sind aber die Steinkohlen ; 1500 Menschen sind er forderlich , um die stohlen, die im Stift (jährlich) gewonnen werden, zu versenden, ohne den ungeheuren Landdebit, der noch größer sein würde, wenn die Wege nicht so schlecht wären. Mit der Schiffahrt und dem Kohlenhandel befassen sich die Einwohner nicht ; dieser Zweig ist größten theils in den Händen der Mülheimer und Ruhrorter Kaufleute. "") -Wir bemerken dazu, daß manche Industrieen inzwischen eingegangen sind, theils weil sie überhaupt nicht mehr, theils weil sie nicht in so fleinen Betrieben rentirten, wie sie hier in Werden bestanden.
Dafür
sind andere zweige des Gewerbes aber auch seitdem riesig entwickelt. Besonders sind es die Tuchfabriten von Forstmann u . Huffmann. Gebrüder Wiese und Feulgen, die einen großzen Aufschwung genommen haben. Neuerdings sind auf der rechten Ruhrjeite verschiedene Betriebe hinzugefommen, so ein Sägewerf, eine Storbwaaren- und eine Möbel fabrik. 1) „Werden und Helmstedt ehemalige Kaiserliche 2c. Abteien. " Düſſeldorf 1836. 2) Engels, „ Die Reise nach Werden. " Duisburg und Eſſen 1813. " S. 70.
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Von den allgemeinen Kulturzuständen Werdens nach der Säcu larisation erhalten wir ein ungefähres Bild, indem der vorhin genannte Verfasser uns erzählt, ein patriotisch gejinnter Bürger habe den fönig lichen Beamten folgende Wünsche geäußert : (er winjche ) eine promptere Justiz - eine baldige Verbesserung der Polizei, überhaupt die Ab schaffung der Bettelei, beffere Wege, bessere Schulen, die Anlegung eines Marktes, ein ordentliches Pflaster, strenge Aufsicht über Gewicht und Maas, eine Tare für Schwarzbrod und Weisbrod, strenge Bestrafung der Garten und Hansdiebe n. j. w. Die Fabrikanten verlangten da mals vor allem Abschaffung der Zünfte, und daß die Spinnerei und Fabrizirung " auch auf dem Lande erlaubt sein solle, was die bisherigen durch die Ausdehnung der In Hierdurch Sunstgejete verboten. dustrie aufs Land -- würden die müßigen Landlente, besonders die Köhler, Weiber und Kinder, in Thätigkeit und Broderwerb gejekt, und der durch den Zwang blos auf Werden und Kettwig beschränkte Spinn lohn würde billiger werden“ u . f. w. — Die Gewerbefreiheit iſt in Preußen befanntlich 1810 gefommen. Zur Handhabung der Zuſtiz be steht jest für das ganze ehemalige Stiftsgebiet mit Ausnahme der Gemeinde Heisingen in Werden ein Amtsgericht mit 2 Amtsrichtern and 2 Aſſeſſoren. Bolizei- und Armemvejen ist Dank der allgemeinen gefeßlichen Bestimmungen wohlgeordnet. Auch in den stulturerrungen durch welche die ganze Lebenshaltung eine gehovenere und veredelte geworden ist, ist Werden nicht zurückgeblieben. Ruhr brüde, Gasanstalt, Wasserleitung, Kanalisation, Regulirung und Aus ban des Straßennetes : alles Anlagen, die aus der Znitiative der Bürgerschaft hervorgegangen sind, verbanden sich mit den allgemeinen Verkehrsanstalten, der Bahn, der Post und dem Telegraphen, um dem ſchaften,
altersgrauen Werden die Vorzüge einer modernen Stadt zu Theil werden zu lassen. Ebenso zeigen die Schulverhältnisie Werdens die Fortschritte, die wir gemacht haben : Zur Zeit der Aufhebung der Abtei beſtanden in der Stadt außer der Lateinſchule nur eine katholische und eine fleine evangelische Volksschule. Heute haben wir 20 katholische und 7 evangelische Schulklassen. Die Lateinschule aber ist im Vegriff, ſich zu einem städtiſchen Progymnaſium und späterhin hoffentlich zu einem Gymnasium mit entsprechender Berücksichtigung der Realfächer zu entwickeln. In gleichem Maaßze haben auch die Volks schulen in den übrigen zum ehemaligen Stiftsgebiete gehörenden Ge meinden ſich vermehrt. Während damals nur 7 einklaſſige katholiſche Landſchulen bestanden, finden wir jetzt in demselben Bezirke 50 fatho lische und 33 evangelische Schulklaſſen und zwar in Werden (Land)
34
Ansicht der Münsterkirche
nach der Restauration von 1884–1893. Von Nordwest.
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13 katholische und 2 evangeliſche, in Kettwig (Stadt und Land) 15 evan gelische und 6 fatholische, in Zweihonſchaften 12 katholische und 5 evan gelisahe, in Seifingen 7 katholische und 1 evangelische und in Supferdreh 12 katholische und 10 evangelische slassen. Außerdem besteht in Kettwig eine evangelische Rektoratschule und eine landwirthschaftliche Schule und in Stupferdreh seit sturzem eine paritätische höhere Schule. Daz Cнdlich die Verkehrsverhältnisse in Werden und Umgegend, besonders jeit Anlage der elettrijchen Bahn nach Velbert-- Elberfeld sich wesentlich gehoben haben, verdient noch bemerkt zu werden.
Dieſem Umstande
in Verbindung mit der landſchaftlich ſchönen und gesunden Lage hat es die Landgemeinde Werden wohl auch zu danken, daß dort zwei größere Anstalten errichtet worden sind, eine katholische Trinkerheilanstalt und eine Zungenbeilstätte. Aeußerlich eingebiißt hat durch die Säcularisation das katho ische Kirchenwesen.
Der Glanz des mit Stab und Mitra aus
gestatteten Abtes (Stab und Mitra des leßten Werdener Abtes befinden sich in der Landesbibliothef zu Düsseldorf) erlosch , zahlreiche Stiftungen, die mit dem Abteivermögen vermengt waren, gingen verloren und auch der Versuch, auf dem Prozeßwege dieselben zu retten, mißlang. Ueber die beiden alten Werdener Pfarrtirchen verfügte der Fistus, indem die Luciuskirche seitens der franzöſiſchen Regierung im Jahre 1811 ver kauft und zu einem Wohnhause umgestaltet und die Clemenskirche im Jahre 1817 der neugebildeten Pfarre von Kettwig geschenkt und abge brochen wurde, aber andererseits traf König Friedrich Wilhelm III. durch Patent vom 18. Juni 1803 „ Vorsorge, daß durch jene Aufhebung der von den Mitgliedern der Abtei Werden bisher in dem gesammten Bezirke des ehemaligen Stiftes wahrgenommene katholische Stirchen und Schuldienst keineswegs leide. " Die Münsterkirche, die schon im Jahre 875 bei ihrer Einweihung durch Erzbzischof Willibert zur Pfarr kirche erhoben und seitdem als Pfarr- und Klosterkirche benutzt worden war, wurde der katholischen Gemeinde zum alleinigen Besitze überwiesen. Dem als pastor primarius und als Director jämmtlicher katholischen Schulanſtalten in der Stadt und auf dem platten Lande des ehemaligen Stiftes Werden" angestellten van Gülpen wurden „ nach Aufhebung der Filial Pastorate auf dem Verge und zu Neukirchen vier Stapläne, wovon zwei bei der ehemaligen siloster , künftigen Haupt-Pfarr- Kirchhe zu Werden, einer für den Flecken Stettwig nebst dazugehörigen Sonn schaften und einer für das Dorf Heisingen nebst Bezirk fundiret worden, zur Hülfe gegeben". Kettwig wurde im Jahre 1806, Heifingen im Jahre 1813 und Bredenci im Jahre 1892 zu ſelbſtändigen Pfarreien erhoben,
36
während das unter dem letzten Abte Beda gegründete Rektorat Dilldorf einstweilen noch als Filiale der Pfarre Werden bestehen geblieben ist. Von der evangelischen Gemeinde in Werden, die vor einigen Jahren eine großze neue Kirche sich gebaut hat, ist als selbständige Pfarrei die Gemeinde Kupferdreh, und als Filiale von Rellinghausen die Gemeinde Seisingen abgetrennt worden. maligen Stiftsgebiete Pfarrern.
die
Außerdem besteht im ehe
evangelische Pfarre Kettwig
mit zwei
Katholiken und Protestanten wissen die Vortheile, die ihnen durch den Anschluß an ein mächtig aufstrebendes Staatswesen, das König reich Preußen, zu Theil geworden sind, in vollem Maaße zu schäßen und freuen sich, daß durch die Ausdehnung und Erstarkung Preußens ein großes einiges Deutschland wiedergewonnen ist.
Aus der Ferne erblickt
Königsbrücke mitden! Standbildern{Kaiser Wilhelm I., Bismarck und Moltke. der Besucher Werdens schon
die stattlichen Thürme der
altehr
würdigen Münsterkirche, eines Bauwerks in den strengen und edlen Formen des romanischen Stils, des Wahrzeichens Werdens und der Verkörperung seiner Geschichte ; beim Eintritte in die Stadt, auf der Brücke sieht er dann die Standbilder Kaiser Wilhelms I. und seiner Paladine, des Kanzlers und des schweigsamen Schlachtenlenkers, ge wissermaßen eine Vereinigung von Mittelalter und Neuzeit, indeß auch ein Zeichen, daß Werden, wie ehedem, so heute treu zu Kaiser und Reich steht. Mit dem ehemaligen Stift Werden hat aber auch die Krone Preußen ein wahres Juwel erworben ; denn das Gebiet ist von der Natur besonders gesegnet, herrlich gelegen an beiden Seiten der Ruhr mit prachtvollen Aussichtspunkten von den nahen Bergen, überaus
37
werthvoll wegen seiner großzen Fruchtbarkeit und seiner nicht unbe deutenden Kohlenzechen, bewohnt von einer Bevölkerung, die ſich aus zeichnet durch Arbeitsamkeit und Fleiß und einen soliden Bürgerſinn, der noch nicht angekränkelt ist von den Umsturzideen der Neuzeit, sondern eine feste Stütze für Thron und Altar bildet. Wie dem jezt glorreich) regierenden Kaiser Wilhelm II. Bürgermeister, Beigeordnete und Stadtverordnete von Werden zum 3. August in einer kunstvollen Adresse ehrfurchtsvollen Dank, unverbrüchliche Treue, Liebe und Hoch achtung bezeugen, so schlagen unserm Kaiser auch die Herzen ailer Werdener Unterthanen mit denselben Gefühlen entgegen. Und mit Recht ! Denn was die erlauchten Vorfahren auf den Schlachtfeldern und in Friedenszeiten für Preußzen und Deutschland errungen, das weiß Kaiser Wilhelm II. zu schützen und zu erhalten. Seine hohe, machtge bietende Stellung im Rathe der Völker benutzt er, um seinem Volke die Wohlthaten des Friedens zu Theil werden zu lassen, in idealer Be geisterung schirmt er die Künste und die Wissenschaften, als wahrer Landesvater ist er mit seiner erlauchten Gemahlin, der Kaiſerin Auguste, ſiets bereit zu helfen, wo Hülfe noth thut. Möge Beiden noch eine lange, gesegnete Regierung beschieden sein, und möge unter ihrem Scepter auch das ganze Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden in dem steten und gesunden Aufschwunge, den es im letzten Jahrhundert genommen, staj weiter entwickeln und zu immer größerer Wohlfahrt und Blüthe gelangen!
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1902 Jahre im. Werden
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Beiträge
zur
Geschichte des Stiftes Werden.
Herausgegeben
von dem Historischen Verein für das Gebiet des ehemaligen
Stiftes Werden.
Neuntes Heft.
1903. Druck von f. flothmann, Kettwig und Kupferdreh.
401
Maßregeln zur im
Verhütung
von Brotmangel
Stifte Werden :
Getreideausfuhr- und Branntweinbrenn-Verbot, sowie Getreideeinfuhr aus dem „ Auslande“ in den Jahren 1773, 1789/90, 1793-95 und 1830 .
Von Dr. P. Jacobs .
Obgleich das Stift Werden eine verhältnismäßig ſtarke Acker bau treibende Bevölkerung besaß -- es zählte nämlich am Ende des
18.
Jahrhunderts
neben
2100
Bewohnern der
Stadt und
1386 Einwohnern des Dorfes Kettwig, die zumeist noch größere oder kleinere Gärten hatten, 3600 Landleute - so stellte sich doch bei Mißwachs sehr leicht Mangel an Getreide ein.
Zwar wurde
in solchem Falle von Seiten der Obrigkeit der ziemlich große Ver brauch von „ inländiſchem“ und bei steigender Not auch von „ aus ländischem“ Korn zum Branntweinbrennen verboten.
Ferner pflegte
die Abtei bei Kornmangel ihre Speicher zu öffnen und das Getreide an Arme zu schenken, an Zahlungsfähige zum gewöhnlichen Preise herzugeben. Ebenfalls bemühte sich der Magistrat bei Gefahr des Getreide- und Brotmangels diese notwendigen Lebensmittel von aus wärts zu beschaffen.
Es war dies aber bei den Zollschranken, von
denen jedes Ländchen umgeben war, und bei den noch primitiven Verkehrsverhältnissen nicht leicht. Wiederholt sah sich deshalb der Magistrat genötigt, nach Hergabe des nötigen Geldes von Seiten . der Abtei und
der Bürgerschaft größere
Mengen
Getreide
aus
Amſterdam kommen zu laſſen, wo ein anſehnlicher Handel mit preu=
1*
4
Bischem Roggen, den die Ostseestädte Stettin, Elbing, Danzig, Königsberg u. s. w. auf den Markt brachten, und mit amerikanischem Getreide getrieben wurde . Einige derartige Fälle mögen aus den Akten des Werdener Stadtarchivs , mit deſſen Ordnung ich augen blicklich befaßt bin, hier mitgeteilt werden. I.
Wie engherzig und wenig freundnachbarlich die einzelnen Länd chen sich gegeneinander verhielten, zeigt ein Briefwechsel zwischen dem Werdener Magistrat und der Essener Stadtbehörde aus dem Jahre 1773.
Durch Mißzernte im Jahre 1772 hatte sich in Werden
Brotmangel eingestellt, so daß der Magistrat um Ueberlassung von Brot im Auslande" zu bitten gezwungen war. Am 29. Juli, alſo ungefähr vor der Ernte, richtete er nach einer vertraulichen Anfrage und Zusage in Essen folgendes Schreiben dorthin : " Wohlgebohrner, Hochedelgebohrne, Hoch- und Wohledle Herr Bürgermeister und Rat und Vorſtand .
Inſonders hoch
zuverehrende Herren, Nachbarn und Freunde ! Da sich bei gegemvärtiger höchstbeklemmter Zeit leider auch in hiesiger Stadt der Brotmangel geäußert und vom zeitigen Herrn Gildemeister Leers angezeigt worden, daß er gestern durch hiesigen Bürger Stockebrand dorten bei Ew. Wohl- und Hochedlen anfragen lassen : Ob nicht ein hochacht barer Magistrat alldort zu Essen etwa täglich 50 Stück Brot gegen bare Zahlung für hiesige Bürgerschaft verabfolgen zu laſſen belieben wolle, und ihm darauf zur Reſolution erteilt worden, daß solches wohl geschehen könnte, wenn von hieſigem Magistrat darum requiriert würde, als haben wir uns nicht entziehen können, Ew . Wohl- und Hochedelgeborene um diese freundnachbarliche Hülfe, Aſſiſtenz und Freundschaft in Verab folgung obg . Brotes, solange es die Not erfordert, diensterge benst anzuersuchen. Wir sind in solchen und ähnlichen Fällen reciprok bereit, unsern Dienst und Hochachtung zu erzeigen, mit welcher wir unter göttlicher Schußempfehlung jederzeit beharren. Ew. ergebenste Bürgermeister und Rat der Stadt Werden. “ Trotz des günstigen Vorbescheides war inzwischen die Essener Behörde
aber doch anderen Sinnes geworden, und es wurden die
50 Brote, die Essen liefern sollte, abgeschlagen . Es erfolgte nämlich am 15. Juli 1773 auf das Werdener Gesuch folgende Antwort von Eſſen : „Weilen hier selbst der Mangel an Korn wiederum sich äußert, Magistratus auch nicht einmal sich getraut, hiesiger Bürgerschaft das
Branntweinbrennen des inländischen Korns
freizugeben, so wird Magiſtratus Werdenſis es hiesiger Obrig keit nicht verdenken, wenn, um hiesige Bürgerschaft nicht in große Not zu sehen, diesmal dem Petito nicht deferiert werden fann . " Zu dem ablehnenden Bescheide findet sich in den Akten ver merkt, daß im Jahre 1651 , wo der Weizen 15 Rthr., der Roggen 14 Rthr., die Gerste 10½ Rthr., der Buchweizen 8 Rthr. und der Hafer 7 Rthr. gekostet, die von Essen in Werden Brot gekauft und erhalten haben. II.
Besonders schlecht war die Getreideernte im Jahre 1789 aus gefallen.
Für das Stift Werden drohte allgemeiner Brotmangel,
ja geradezu Hungersnot, zumal die benachbarten Staaten, das Groß herzogtum Berg und das Reichsstift Essen die Getreideausfuhr bei schärfſter Strafe
gänzlich verboten hatten.
Es erließ deshalb Abt
Bernhard am 31. Auguſt 1789 ein gleiches Verbot¹) für das Stift Werden.
Er ordnete zugleich an, daß einstweilen
das den hohen
Fruchtpreis noch immer mehr fördernde Branntweinbrennen bei Strafe von 100 Goldgulden und Konfiskation der gebraucht werden_wol lenden Kornfrüchte gänzlich einzustellen sei. " Die Branntweinbrenner von Werden sollten ihre Helme 2) auf dem Rathauſe und die von Kettwig auf der Kanzlei abliefern und zwar innerhalb 4 Tagen, in welcher Zeit sie den noch
vorhandenen Vorrat an Korn brennen
könnten.
Jedoch sollte ihnen
Früchten
einstweilen noch gestattet ſein, ſofern sie
das Brennen von
„ ausländischen“ „ dieses
durch
obrigkeitliche, glaubwürdige Zeugnisse bewahrheiten und eidlich bestärken könnten. " Um die Uebertretung des Ausfuhrverbotes und die unerlaubte Branntweinbrennerei möglichst zu hindern, sollten
1) Siehe Beilage 1. 2) Helm heißt der metallene Aufsatz auf dem Keſſel, in dem sich die tropf bar werdenden Dämpfe sammeln.
6
sämtliche
Torf- und Honnſchaftsvorsteher,
die Gerichtsboten
und
Armenjäger, sowie die Pächter der Ruhrfähren zu Werden, Kettwig, Baldeney und Heiſingen angewiesen werden, „ genaueſt zu invigi hieren und die Nebertreter im Ertappungsfalle mit Aufbietung der nötigen Schützen körperlich sofort zu arrestieren und der Obrigkeit zur Bestrafung zu überliefern. " Demjenigen, der einen Uebertreter des Verbots auf der Tat ertappe oder sonst glaubhaft zur Anzeige bringen werde, wird der vierte Teil der Strafe und des konfiszierten Getreides zugesagt.
Den Uebertretern
dagegen werden, sofern sie
das Strafgeld nicht erlegen können, entweder körperlicher Arreſt bei Wasser und Brot oder dem Befinden nach noch härtere Leibesstrafen angedroht. Die abteiliche Verordnung sollte in Werden und Kettwig von der Kanzel verkündigt werden und dem Werdener Magiſtrat die Durchführung der vorgeschriebenen Maßregeln obliegen. Infolge dessen erließ der Magistrat am 4. September 1789 an sämtliche Branntweinbrenner die Aufforderung, künftigen Freitag morgens 9 Uhr ihre Helme
auf dem Rathause
abzuliefern unter Androhung
einer Strafe von 10 Mk. und Abholung der Helme von Obrigkeits wegen. bekannt,
Gleichzeitig machte er aber auch die abteiliche Verordnung wonach unter gewissen Bedingungen
das Brennen von
„ausländischem“ Getreide noch gestattet sein solle. ¹) Am 11. September erschienen nicht weniger als 40 Brannt weinbrenner aus der Stadt und 7 aus der Vorſtadt 2) , von denen
1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11 ) 12 ) 13) 14)
¹) Beilage 2. 2) Die Helme werden abgeliefert von folgenden Brennern a) aus der Stadt : 15) Witwe Strahlmeyer, 29) Ludger Hiding, Ludger Mallepre, 30) Theodor Pinken, 16) Conrad Heiden, Heinrich Bremer, Theodor Termer, 17) Wilhelm Lauten, 31) Wilhelm Hefelmann, 32) Wilhelm Öfferhaus, Heinrich Bonnenberg, 18) Joseph _Fischel, 19) Heinr. Stockebrand jun. 33) Heinrich Lauten, Ludger Berchem, 20) Karl Neviand, Schöffe Overham, 34) Gerhard Huffmann, Senator Fischer, 35) Witwe Gelsam, 21 ) Schöffe Lothum, 36) Mathias Wiese, Ludger Kemper, 22) Ludger Scheck, Witwe Mück, 23) Heinr. Stockebrand sen. 37) Georg Wilms, Ludger Bonnenberg, 24) Heinrich Büdgenbach, 38) Heinrich Grewelsberg, Wilhelm Sohlmann, 25) Arnold Kirchmann, 39) Robert Mühlſiepen, Franz Essenberg, 26) Moritz Voßeghe, 40) Engelbert Wintgen, Joseph Mück, 27) Jacob Koch, Gildemstr. Hiegemann, 28) Heinrich Boßeghe, b) aus der Vorstadt : 45) Paul Schmitz, 41 ) Heinrich Müller, 42) Ludger Heſſe, 46) Conrad Schmitz, 47) Witwe Tiemann, 43) Georg Wittkop, 44) Heinrich Lunke,
7
39 erklärten, daß sie gesonnen seien, forthin mit auswärtigem Korn zu brennen und bereit wären, ſolches zu beschwören ¹) .
„ Da man
auch in Erfahrung gebracht habe, daß man Essendischerseits nicht ungeneigt sein solle, das Land gegen die Stadt Werden wieder auf zuſchließen, so wollten sie weiter gebeten haben, weil dabei der all gemeine Nahrungsstand der Stadt sehr interessiert wäre, desfalls an die Regierungskanzlei eine den bekannten Verbindungen der Eſſen discher und Werdenscher Stifter angemessene Vorstellung abgehen zu laſſen und die Aufschließung des Essendischen zu versuchen. "
Jedoch
gab der Magiſtrat dieſer Anregung keine Folge, wohl weil er aus früheren Vorgängen die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß seine Bemühungen bei der Essener Behörde fruchtlos sein würden.
Eben
sowenig versprach er sich besonderen Nuzen von einer seitens der Abtei am 22. September mitgeteilten Vergünstigung der Kriegs und Domänenkammer zu Hamm, wonach den Werdenern und andern auswärtigen Untertanen erlaubt sein solle, „ das zu ihrem Bedürfnis und ihrer Consumtion nötige
Getreide nicht allein auf den öffent
lichen Kornmärkten der Grafschaft Mark, sondern auch, wenn solches dorten nicht zu haben, in geringeren Quantitäten bei den Einge sessenen auf dem platten Lande frei und ungehindert einzukaufen. “ In lezterem Falle war jedoch und die Bedingung gestellt,
der ausdrückliche Vorbehalt gemacht daß sie sich über die Quantität des
einzukaufenden Getreides, und daß sie solches zu ihrem eigenen Be dürfnis und Conſumtion gebrauchen wollen, jedesmal mit einer glaub haften landesobrigkeitlichen attestierlichen Bescheinigung versehen und solche vorzeigen müssen, mithin ihnen gar keine wucherlichen Korn Vor- und -Auffaufereien in großen Quantitäten erlaubt ſein ſollen. “ Der Magistrat machte zwar den Rottmeistern von dieser Vergünſti gung Anzeige und dankte auch dem Abte für die gütige und seine landesväterliche Fürsorge bekundete Mitteilung, sprach aber gleich zeitig die Bitte aus, daß „ die Fruchtwachstüme aus den abteilichen Beſigungen im Mörſiſchen einstweilen aufbewahrt, und, wenn der Mangel nicht nachlassen sollte, gegen billige Preise verabsolgt werden 1) Der Eid lautete : „Ich N. schwöre einen körperlichen Eid zu Gott, daß ich in Gemäßheit der landesherrlichen Verordnung vom 31. August, bis das ergan gene Verbot wieder eingezogen wird, kein inländisches, sondern auswärtiges und fremdes Korn weder selbst brennen noch mit meinem Vorwissen oder Zulassung zu meinem Behuf und also weder mittelbar noch unmittelbar brennen lassen wolle. So wahr mir Gott hilft und sein heiliges Evangelium.
möchten, wie der Abt noch in diesem Jahre der Stadt Mörs seinen Fruchtwachs zum Teil zu überlassen die Güte gehabt. " ¹) Unterdeſſen war im Magistrat angeregt worden, auf Stadt rechnung aus Amsterdam eine größere Menge Getreide kommen. zu lassen und gegen einen angemessenen Preis in Werden zu ver teilen.
Wahrscheinlich ging die Anregung von einem Werdener Bür
gerssohn, dem zur Firma Boogaerdt et Cie. in Amsterdam gehörigen Theodor Isaak Engels aus, vielleicht auch hatte man von dem glei chen Vorgehen benachbarter spiel.
Ländchen“ gehört und folgte ihrem Bei
Nachdem der Magistrat durch Nachfrage erfahren hatte, daß
eine Anzahl Werdener Bürger bereit seien, das nötige Geld zinslos vorzuschießen, faßte er in der Sigung vom 23. September 1789 folgenden Beschlußz : "Da wegen der diesjährigen unzureichenden Erndte ein all gemeiner Brotmangel zu befürchten ist und dieſertwegen Magiſtratus beschlossen hat, aus Holland einige Last2) besten preußischen oder Königsberger Roggen hieherkommen zu laſſen, zu welchem Ende ſo wohl von Magiſtrats wegen als mit Zutun einiger eingeſeſſener Bürger das hiezu erforderliche Kapital beiſammengebracht und bis zum 1. Januar 1790 aus eigenen Mitteln ohne Zinsen vorgeſchoffen werden soll, ſo ſind dabei folgende Bedingniſſe und Einſchränkungen beliebet worden : 1. Nach Maßgabe des beizubringenden Kapitals sollen in Amster dam zehn oder mehr Last Roggen bestellt und auf das Rat haus hingeschickt werden. 2. Dieser Roggen wird von zwei Deputierten aus dem Magiſtrat und aus der Bürgerſchaft mit Zuzichung des Secretarii, um alles gehörig zu notieren,
den Brotbäckern wöchentlich an
einem zu bestimmenden Tage ausgemessen. 3. Auf die Brotbäcker wird gesehen, daß sie alles ehrlich verbacken und das Brot nur Bürgern verkaufen, und sollen sie desfalls verpflichtet werden. 4. Die Bäcker empfangen in der andern Woche keine Früchte, wenn die aus der ersten noch nicht verbackt sind .
¹ ) Ueber die abteilichen Besitzungen in der ehemaligen Grafschaft Moers fiche Kötschte, Studien, zur Verwaltungsgeschichte der Grundherrschaft Werden S. 8-52 und VIII . Heft dieser Beiträge S. 52 u . 53 Anm. Last betrug nach dem damaligen Maße ungefähr 15 , Malter.
9
5. Die Bäcker bezahlen die Frucht gleich beim Empfang, erteilen darüber einen Schein, wieviel sie empfangen haben, und er halten Quittung über geschehene Bezahlung. 6. Der Malterpreis wird den Bäckern so gemäßigt, daß sie das Brot von 12 Pfund äußerstens zu 18 bis 20 Stüber (nach unserm Gelde 70-76 Reichspfennig) verkaufen können. 7. Das desfallsige Deficit wird durch einen Ausschlag ersetzt . " Von diesem Beschlusse wurde den Rottmeistern 1) Kenntnis ge= geben.
Dieselben erklärten sich in der Sitzung vom 24. September
mit dem Ankaufe des Getreides einverstanden,
jedoch mit dem Be
ding, daß einem jeden Bürger freistehe, auch Korn zum Selbstbacken zu nehmen. "
Der Bürgermeister Hiegemann bemerkte unter Zuſtim
mung des Magistrats dagegen, daß
zwar durch das Selbstbacken
zuviel Unterschleif zu befahren wäre, jedoch könnte er geschehen lassen, daß einem jeden gegen den Einkaufspreis zu ganz oder halben Scheffel verabfolgt würde. " Inzwischen hatte die Abtei durch ihren Kellner den Magiſtrat auffordern laſſen, nicht zehn , ſondern 16 Laſt Getreide zu beſtellen, da sie den Rest des dazu erforderlichen Kapitals, soweit es nicht durch freiwillige Beiträge
aufgebracht werde,
beizuschaffen bereit
wäre . Dieſes Anerbieten wurde mit Dank angenommen, und am 25. September begab sich ein Bote über Mülheim auf Reise nach Amſterdam, um der Firma van den Boogaerdt,
beziehungsweise
dem Isaak Engels die briefliche Bestellung von 16 Last preußiſchen Roggen zu überbringen .
Bereits am 28. September kaufte Engels
das bestellte Korn zum Preiſe von 2368 Gulden an, wie er in einem
1) An der Spitze der 23 Rotten, in welche die Stadt eingeteilt war, ftanden im Jahre 1789 folgende Rottmeiſter : 1) Joh. Lindecke, 13) Heinrich Stockebrand, 2) Wilhelm Hiding, 14) Heinrich Büdgenbach, 3) Ludger Menz, 15) Ludg. Heidmann, 4) Arn. Hurscheid, 16) Schlechtendahl, 5) Friedr. Wedauer, 17) Eidenheuer, 6) Wilhelm Bonnenberg. 18) Joh. Kampf, 19) Franken, 7) Franz Eſſenberg, 8) Wilh. Huffmann, 20) Bonnenberg, 9) J. Lutter, 21) Herm. Heiden, 10) Kleinhaus, 22) Nölken, 11) Karl Neviand, 23) Brückhoff. 12) Wilhelm Hefelmann,
10
verbindlichen und des weiteren über den Getreidemarkt und die Geld verhältnisse in Amſterdam ſich verbreitenden Schreiben an den Stadt sekretär berichtete . 1) Der Roggen wurde in Säcken, wie der Magistrat gewünscht hatte, in Amsterdam verladen, was für jede Last 9 Gulden Kosten verursachte.
Die Schifffracht bis Ruhrort betrug pro Laſt 15 Rthr.
Van den Boogaerdt teilte nach Werden mit, daß auswärtiger Roggen in Preußen angehalten würde, wenn nicht eine Bescheinigung darüber vorliege, daß derselbe zum Verbacken, nicht aber zum Brennen be stimmt sei ; er habe deshalb die Sendung mit einer von Scheidt aus Kettwig ausgestellten Bescheinigung abgehen lassen.
Aus Ruhrort
meldete auch der Spediteur Cornelius Borgemeiſter, an den der Roggen zur Weiterbeförderung nach Werden gesandt worden war, daß der Magistrat von Duisburg fein Getreide nach Mülheim, Kettwig, Essen oder Werden durchgehen lasse, weshalb schleunigst die Regie rung zu Eleve anzugehen sei. Am 10. Oktober übersandte der Werdener Magistrat eine Bittschrift nach Eleve um Genehmigung der Durchführ,
deren möglichste Beschleunigung
damit
begründet
1 ) Der Brief des Theodor Jiaak Engels aus Amsterdam vom 29. Sep tember 1789 hat folgenden Wortlaut : „Mit innigem Vergnügen sehe ich aus dem Geehrtesten vom 25. ds . daß ein hochachtbarer Magistrat von Werden dem löb : lichen Beispiele verschiedener Städte folgt und dafür bei Zeiten sorgt, daß die geringeren Bürger und Einwohner der Stadt nicht allein vor Brotmangel geſchüßt werden, sondern auch selbst das Brot durch derselben Vorsorge wohlfeiler, als es sonsten wegen der hohen Preise des Getreides möglich ist, erhalten. Nicht weniger freut es mich , daß Sie mich des Vertrauens würdigen, durch meine geringen Dienstleistungen einigermaßen denselben in Ihrem löblichen Vorhaben und zu gleicher Zeit meiner Vaterstadt nüßlich werden zu können. Ich habe daher ohne Verzug und Zeitverlust gestern laut Ihrem Befehle sechszehn Laft preußischen oder Königsberger Roggen à Gld . 148 eingekauft, welcher am Mittwoch über Arnheim nach Ruhrort an Herrn Borgemeiſter abgeladen wird, und wie Sie befohlen haben, in Säcken. Von dieser selbigen Partie ist gestern noch von ver schiedenen eingekauft, welches alles nach dortigen Gegenden versandt wird. Auch ist noch nicht der geringste Anschein da, daß der Roggen niedriger gehen wird und muß vielmehr, wenn die Frage und Versendungen anhalten, noch höher gehen. Alles Getreide wird hier gegen Kontant verkauft und muß präcis am 42. Tag nach dato des Ankaufs bezahlt werden. Sie werden also dafür Sorge tragen, daß bei Zeiten Anschaffungen in guten und kurzsichtigen Wechselbriefen gemacht werden, damit auch ich im Stande bleibe, durch prompte Bezahlung hier ſelbſt meinen Kredit zu behaupten. Gegenwärtig ist auch alles Geld in hohem Kurs. Gute, vollwichtige Friedrichs- und Louis d'or stehen hier G. 9, 7-8, welches in Ihrem Geld c. 6 Rthr. 26 St. ausmacht. Herr Scheidt in Kettwig kann Ihnen sowohl in Ansehung der Wechselanschaffungen als des Geldkurses die beste Auskunft geben. Mit künftiger Post übermache ich Ihnen die Rechnung über die 16 Last Roggen, die ich heute deshalb noch nicht anfertigen kann, weil ich morgen erst die Kurtage und sonstige Ungelder erhalte."
11
wurde, daß jetzt die Ruhr noch fahrbar sei, was durch Eintritt von Frost in wenigen Tagen aufhören könne. 1) Am 15. Oktober berich tete die Kriegs-
und Domänenkammer,
an welche als
an die zu
ständige Behörde der Regierungsrat zu Cleve die Eingabe abgegeben hatte, daß das nötige dato pro petito an den Magiſtrat zu Duis burg erlassen sei. Am 7. November traf die Frucht in Werden ein und zwar in 4 Ruhrfähnen, welche zusammen 270 Säcke geladen hatten.
Mit
abteilichen Fuhren wurden dieselben gegen eine Vergütung
von
71/2 Stüber für jeden Sack auf das Rathaus gebracht. Bevor über die Verteilung des Roggens berichtet wird, möge die Abwicklung der Geldfrage furz erörtert werden .
Zunächſt ließ
der Magistrat die gezeichneten Beträge auf dem Rathause einzahlen. Es wurden überzält" von Bürgermeister Siegemann Stadtiekretär Müller Schöffen Stockebrand Nölken !!
" " "
125 Rthr. 125 " 100 "! 125
"
125
"
Voßhege Tüschen berham
100
"
100
" "
Barnscheid
125
Senator Cules Gildemeister Engels
100
Hiegemann Wittib Offerhaus
125 100
"
Moritz Voßeghe
100
"!
Kaspar Wulff Heinrich Möller
100 100
"2 "
Karl Neviand
125
"
Engelbert Kleinhaus Summa
100
"
125
1900 Rthr.
Da die Gesamtkosten auf 2500 Rthr. berechnet wurden, so blieb für die Abtei noch ein Betrag von 600 Rthr. übrig, Einzahlung auch erfolgte. beschaffen.
deſſen
Jezt galt es, entsprechende Wechsel zu
Die Gebrüder Scheidt in Kettwig erklärten, damit nicht
1) Beilage 3.
12
helfen zu können, ebenso auf schriftliche Anfrage der Spediteur Bor gemeister in Ruhrort.
Der Magistrat beschloß deshalb, den Stadt
sekretär und den Ratsverwandten Dules mit dem Gelde nach Elber feld zu schicken.
Aber auch hier gelang es nicht,
einen Wechsel zu
erhandeln, sondern sie mußten sich einstweilen mit einer schriftlichen Erklärung des Banquiers Carl Schlösser daselbsten begnügen,
daß
binnen 14 Tagen gegen die zurückgelassenen Gelder zu 2450 Rthr., 23 Stüber die nötigen Briefe an van den Borghaerd eingeschickt werden sollten." Eine Abschrift dieser Erklärung schickte der Sekretär am 28. Oktober nach Amsterdam. dort ein.
Auch die Wechsel gingen zeitig
Dem früher mitgeteilten Beschlusse entsprechend wurden von Magistratswegen der Schöffe Barnscheid und der Gildemeister Hie gemann als Deputierte für die „Fruchtabmessung “ beſtimmt .
Für
ihre Mühewaltung verlangten sie, jeder einen Scheffel Roggen, „ um solches gleichfalls zum Besten der Armen auszuteilen . "
Tem Set
retär wurden für seine Arbeiten beim Fruchtgeschäfte 2 Karolinen zugebilligt, die er zwar annahm, „ jedoch den Betrag für die Armen anzuweisen sich vorbehielt. “ Um festzustellen, wie teuer man das Brot verkaufen könne , wurden dem Ratsverwandten Fischer
aus der städtischen Frucht
212 Scheffel, dem Kirchmeister Hesse 3 Scheffel und dem Bäcker Wittkop 212 Scheffel übermessen, um damit einen Versuch zu machen, wie viel Brot aus dem Malter fomme." Vorher mußten sie folgenden Eid schwören: „Ich N. schwöre einen körperlichen Eid zu Gott dem Allmächtigen, daß, da mir heute von der städtischen Frucht abge= messen worden ist, um damit eine Probe zu machen, wieviel Brot, ein jedes zu 12 Pfund gerechnet, aus dem hiesigen Malter heraus komme, ich solches gewiſſenhaft, ohne einige Zurückhaltung und ohne mich dabei irgend eines gefährlichen Kunstgriffes zu bedienen, ſon dern auch, wenn vielleicht ein Brot mehr als 12 Pfund halten ſollte, ich das Uebergewicht getreu und lotweise angebe, auch das Brot eher nicht ausverkaufen wolle,
bis die gemachte Probe von Magi
ſtratswegen nachgesehen und bestimmt ist. und sein heiliges Evangelium. "
So wahr mir Gott helfe
In der Sizung vom 19. November
berichtete Fischer, daß er aus 21% Scheffel 22 Brot zu 12 Pfund, Ludger Hesse, daß er aus 3 Scheffel 25 Brot 6 Pfund 12 Lot und Georg Wittkop , daß er aus 21½ Scheffel 20½ Brot gebacken habe.
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Der Magistrat reſolvierte : ,, Wenn hiervon die Mittelstraße genommen wird, so kann das Malter Roggen für 11 Rthr . 40 Stüber und das Brot für 22 Stüber verkauft werden.
Jedoch soll diese Tare
einstweilen nur 4 Wochen dauern, und alsdann, je nachdem sich der Roggen befinden wird, eine nähere bestimmt werden. " Um einer mißbräuchlichen Verwendung des Amsterdamer Roggens vorzubeugen, erließ der Abt am 16. November 1789 eine Verordnung, wodurch den zahlreichen Branntweinbrennern ――― außer den 47 Brennern in Werden gab es in Kettwig noch deren 12 nunmehr auch das bis dahin noch erlaubte Brennen mit ausländischem Getreide verboten und dem Magistrat von Werden und dem Vor steher von Kettwig aufgegeben wurde, sämtliche Helme innerhalb 4 Tagen einzufordern.
Es sei dies um so mehr geboten, als bei den
immer mehr steigenden Fruchtpreisen die geringen und unvermögen den Leute, die ihr tägliches Brot mit der Hände Arbeit verdienen müßten, kaum soviel erwerben könnten, als zur Bezahlung eines 12pfündigen Brotes erforderlich sei. 1) . Der Vertrieb und der Verbrauch des Roggens war ein so großer, daß bereits Ende Februar 1790 sämtliche 247 Malter verkauft waren. 2 ) Der Magistrat beschloß, eine neue Sendung von 6 Laſt zu bestellen, aber Engels kaufte 8 Last à 170 Gulden ein mit der Begründung, daß keine Hoffnung und nicht die geringste Voraussicht zur Erniedrigung der Kornpreise bis gegen das Spätjahr zu ver Es seien sehr hohe Bestellungen auf Getreide von Frank reich und Deutschland erfolgt ; 2000 Last wären in der abgelaufenen
muten ei.
Amerikaniſcher 3) Roggen sei noch nicht in Amsterdam, 4) dagegen der erste Weizen von dort angekommen . Engels drückt in seinem Schreiben an den Werdener Stadtsekretär
Woche den Rhein heraufgegangen .
weiter die Befürchtung aus, daß durch Ausbruch eines allgemeinen
¹) Beilage 4. 2) In Beilage 5 ist der Verbrauch in den einzelnen Monaten mitgeteilt. 3) Wir glauben auf dieſes frühe Zeugnis für die Getreideausfuhren aus Amerika, die heute unserer Landwirtschaft so viel zu schaffen machen, besonders hinweisen zu sollen. *) Amsterdam war im 16. und 17. Jahrhundert als erste Handelsstadt im Besitze des Welthandels und des größten Getreidemarktes der Erde, auf dem sich Spanien, Italien und andere Länder mit Brot ve gten Wenn es im 18. Jahr hundert auch den Höhepunkt überschritten und die führende Rolle im Welthandel an England abgetreten hatte, so zeigen die obigen Bemerkungen doch seine noch hohe Bedeutung in dieſer Hinſicht.
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Krieges die Fruchtpreise noch höher steigen könnten, und bekennt sich schließlich als echten Patrioten seiner Vaterstadt, zu deren Beglückung mitzuwirken seine Seligkeit ſein würde. ¹) Anfangs März langte der Roggen, der über Arnheim nach Ruhrort an den Spediteur Conrad Lohmann geſchickt worden war, in Werden an, aber bereits im Mai war der Vorrat derart auf die Neige gegangen, daß nochmals 8 Last bestellt werden mußten, die in 216 Säcken auf demselben Wege nach Werden gebracht wur den. Zwischenzeitlich waren übrigens die Getreidepreise nicht mehr gestiegen, sondern erheblich gesunken, wie die für die beiden gleichen. Sendungen erfolgten Zahlungen zeigen. Die erste Sendung bezahlte nämlich der Magistrat durch Vermittelung der Gebrüder Scheidt mit einem Wechſel auf 2016 holländische Gulden 6 Stüber oder 1390 Rthlr. 45 Stüber, die zweite Sendung mit einem solchen von 1710 Gulden 13 Stüber oder 1177 Rthlr. 17 Stüber. Anfangs Juli waren auch dieſe 16 Laſt Roggen in Werden verbraucht.2) So wurde es durch die Fürsorge der Behörden in Verbindung mit tatkräftiger Hülfe der Bürger ermöglicht, daß im Jahre 1789/90 innerhalb 8 Monaten (vom Anfang November bis Anfang Juli)
¹ ) Der Brief des J. Engels vom 23. Februar 1790 lautet : „Wir haben gleich nach Empfang Ihres Angenehmen vom 17. ds. 8 Last besten preußischen Roggens à 170 Gld. eingekauft ; weil keine Hoffnung und nicht die geringste Vor aussicht zur Erniedrigung der Kornpreise bis gegen das Spätjahr zu vermuten sind, nehmen wir statt der bestellten 6 Laft deren 8. Es sind außerordentlich starke Kommissionen auf Getreide hier, sowohl nach Frankreich als Deutschland. 2000 Last waren schon vorige Woche eingekauft, die alle den Rhein aufgehen für Rech= nung des Kaisers, wie es heißt . Braband braucht auch viel. Kommt nun noch ein Krieg, wie es sehr wahrscheinlich ist, dann müßten die Preise notwendig höher gehen. Man vermutet hier allgemein Krieg. Holland oder die Generalstaaten stellen außer den verschiedenen kleinen Eskadronen, die jetzt schon kreuzen, noch 17 Schwadronen fürs Frühjahr in Dienst. England rüstet sich, und was Preußen und Polen tun, das lehren die Zeitungen. Gibt's Krieg , so mag das für Holland und England, die gewiß dann die Herrschaft zur See behaupten, allein vorteilhaft sein, aber für die Untertanen anderer kriegführender Mächte gewiß schrecklich. Amerikanischer Roggen ist noch keiner hier, dagegen der erste Weizen von daher angekommen. Diese Woche wird der Roggeu auf Arnheim verladen, und nach Geschehenem geben wir die Rechnung darüber. Bermutlich können Sie bei Gebrüder Scheidt jetzt Wechsel genug auf uns selbst haben, wenn Sie sich beizeiten deshalb melden. Mit dem größten Vergnügen diene ich als ein echter Patriot meiner Vater stadt, wo ich vermag, könnte ich ebensoviel zur Beglückung derselben tun, das würde meine Seligkeit sein. Ich bin mit aller Bereitwilligkeit und Freundschaft Ihr ergebenster Diener “ 2) Beilage 5 a.
15
495 Malter Roggen, das Malter zum Preise von 11
Rthr . 40
Stüber, an die Bewohner Werdens abgegeben werden konnten, und dadurch dem Brotmangel im Stifte Werden wesentlich gesteuert. Während man sich früher beim Mangel von Nahrungsmitteln auf die Hülfe der Abtei verließ oder in den benachbarten Ländchen An käufe zu machen suchte, hatte die Bürgerschaft jezt durch die Herbei schaffung von größeren
Mengen Getreide
neuen Weg zur Selbsthülfe gefunden.
aus Amſterdam einen
Es dauerte auch nicht lange,
bis sie diesen Weg wiederum beſchreiten mußte, indem ſich nämlich im Jahre 1793 das Gespenst der Hungersnot von Neuem zeigte.
III.
Durch Mißernte im Jahre 1792 ſtellte sich anfangs des folgen= den Jahres Brotmangel ein.
Der Magistrat berichtete darüber an
die Abtei und bat um Gegenmaßregeln, worauf am 26. Januar 1793 folgender Bescheid erfolgte : „ Da noch zur Zeit in den benach barten Landen die Kornausfuhr nicht verboten, solle der Magiſtrat sich daselbst sowohl als auch in Holland um Ankauf eines hinläng lichen Roggen- Vorrats alle nur mögliche Mühe geben und des Endes bei den hiesigen meistvermögenden Bürgern, vorzüglich aber bei den starken Branntweinbrennern dahier unter der Verwarnung, daß sonst im Widrigen das weitere Branntweinbrennen gänzlich unter sagt werden müßte, um den hiezu nötigen Geldvorschuß, wozu auch die Reichsabtei alles Mögliche beizusteuern nicht abgeneigt ſei, be werben.
Allenfalls könne auch den hiesigen meistbackenden Brot
bäckern auf ein jedes im Ausland zum Brotbacken anerkauftes Mal ter Roggen ein aus der Stadt-Rezeptur zu bestreitendes praemium von 15 oder 25 Stüber versprochen werden.
Unterdessen solle aber
von der Abtei der dort aufgespeicherte Getreidevorrat gegen den laufenden Preis abgegeben werden. " Magiſtrat und Rottmeiſter sprachen sich in der Sizung vom 26. Januar, worin das abteiliche Schreiben mitgeteilt wurde, für Anlegung eines Kornmagazins aus und beſchloſſen, ein Kapital von 2-3000 Rthr. gegen billige Zinsen auf 6 Monate aufzunehmen. Sofort erboten sich eine Reihe angesehener Bürger, den nötigen Betrag unter diesen Bedingungen vorzuſchießen, und zwar zeichneten :
16
Witwe Offerhaus
200, nötigenfalls 300 Rhtr.
Witwe Voßegbe
400 Rthr. in Kronenthalern 100 "
P. Cules
Kaspar Wolff
von Hagen
100 , nötigenfalls 200 Rthr. 100 Rthr. 100 "
W. Wingens D. Hiegemann
100
"
H. Müller
100
"
Th. Scholten
100
"
Tüschen
100
"
Bütgenbach Barnscheidt
100
"
100
"
J. M. Nöllken
100
200
E. Kleinhaus 100 Kaspar Engels J. M. A. Huffmann 100
"
Für die Abtei Müller 600
" als Rest in pr. Pistolen
"
Summa 3000 Rthr. Am 5. Februar 1793 bestellte der abteiliche Kanzlei-Präſi dent Savels bei van den Boogaerdt in Amſterdam 15 Last Roggen für die Stadt Werden.
Im Auftrage der Firma teilte Engels_um
gehend mit, daß sie einen Speicher mit 30 Last à 138 Goldgulden gekauft hätten. „Wenn auch die jezt in Ladung liegenden Schiffe nichts davon mitnehmen können oder wollen, so durfte doch mit dem Einkauf nicht gesäumt werden, weil das Getreide noch immer mehr in die Höhe geht . “
Am 26. Februar ſchreibt van den Boogaerdt, daß
anstatt der bestellten 15 Last 20 abgeschickt seien, da auch das Dorf Kettwig 12 Laſt beſtellt habe und ſie deshalb mit dem ganzen Vor rat des Speichers räumen wollten. Die Rechnung belief sich mit den Kosten für 542 Säcke auf 4222 Gulden . An Fracht bis Ruhrort wurden von dem Spediteur Konrad Lohmar 398 Rthr. berechnet, von dort bis Werden koſtete die Schiffsfracht 70 Rthr. , und mußten noch für Sackträger, welche die Frucht von der Ruhr zum Rathause brachten, 20 Rthr. gezahlt werden.
Eine zweite Sendung Danziger
Roggen, ebenfalls 20 Laſt, insgesamt zu 4246 holl. Gulden, gingen am 22. Oktober nach Werden ab . Der Magistrat hatte bei der Bestellung gebeten, nicht allein recht gutes und reines Korn zu faufen, sondern auch vorzüglich darauf zu sehen, daß extra gute
17
Säcke dazu genommen wurden.
Die vorigen Säcke waren kein Geld
werth ; wir haben dafür mit vieler Mühe 3 Stüber gemacht und daran sowohl wie durch den Verlust an Maaß großen Verlust ge habt und hoffen also, daß der erlittene Schaden diesmal durch vor= züglich gute Säcke ersezt wird . “ Da auch im Jahre 1794 die Ernte schlecht ausgefallen war, ſo ſtand wiederum Brotmangel zu
befürchten.
Zeiten das städtische Kornmagazin zu füllen .
Es
galt also , bei
Amsterdam fonnte
hierfür dieſesmal nicht in Betracht kommen, weil in Folge kriegeri ſcher Verwickelungen die Schiffahrt auf dem Rhein von Holland nach Ruhrort
gesperrt und
der Handel
ins
Stocken geraten
war. ¹)
Somit sah sich der Magistrat von Werden in Beschaffung von Getreide auf die Nachbarländer angewieſen . Zunächſt wurde der Stadtsekretär nach Hamm geschickt, um von der preußischen Kriegs- und Domänen kammer einen Paß zum Getreide - Einkauf auszuwirken .
Mit ihm
bemühte sich dort der Deputierte Huffmann, aber erst nach 4 Monaten lief der Bescheid ein, daß bei der Kornsperre die Ausfuhr einer der Qualität und Quantität und dem Zutrauen nach verhältnismäßig zum Bedarf für Werden zu bestimmenden Menge Getreides gestattet werden solle. " 2)
Im Dezember 1794 gelang es, von einem Her
mann Rose in Horst 150 Malter für einen mäßigen Preis zu kaufen. und gleichzeitig die Lieferung von weiteren 150 Malter à 15 Rthlr. zu akkordieren .
Nach Eintreffen der Sendung sollte mit dem Korn
verkauf, das Malter zu 13 Rthlr. begonnen werden, jedoch mit der Beschränkung, daß die Frucht nur in halben Scheffeln an Werdener Bürger und nur zum Brotbacken abgegeben werde.
Auf Ansuchen
Rose's vermittelte der Stadtsekretär die Ausstellung eines Durchfuhr scheines seitens der Essener Behörden und wandte sich, da ihm von der dortigen Kanzlei bedeutet worden war, daß sie ohne einen Ausfuhrschein des kur-fölnischen Statthalters Graf von Nesselrode kein kölnisches Korn durchpassieren lassen könnten, an diesen, worauf indes ein ablehnender Bescheid erfolgte. 3) . Da nunmehr Hermann 1) In dem ersten Koalitionskriege wurde Holland von Frankreich erobert und in die sog. batavische Republik verwandelt, Amsterdam vom französischen Feld herrn Pichegrü am 19. Januar 1795 besetzt. *) Das Schreiben des Hammer Regierungsrats vom 21. Februar 1795 in Beilage 6. *) Beilage 7. 2
18
Roſe das Korn über Mülheim auf Schubkarren nach Werden trans portieren mußte, so behauptete er, mit dem im Vertrage festgesetzten Betrage nicht auskommen zu können, und es wurden ihm deshalb auf jedes Malter 14 Stüber mehr zugebilligt.
Da aber bei der
Ausmeſſung des Getreides sich ergab , daß 9¼4 Malter fehlten, ſo wurde ihm ein entsprechender Betrag abgezogen . Weil bei den Kriegs unruhen die Aussichten auf Erwerbung ausländischen Getreides immer trüber sich gestalteten, erließ der Abt am 2. März 1795 ein Verbot jeglichen Kornverbrauchs zum Branntweinbrennen und ordnete eine sorgfältige Aufnahme des im Stifte Werden noch vorhandenen Getrei devorrats an . )
Der Bürgermeister Stockebrandt trug in der Ma
gistratssigung vom folgenden Tage diese abteiliche Verfügung vor, wobei er noch ausdrücklich betonte, daß wegen des zunehmenden Mangels an Korn und andern Lebensmitteln es Pflicht sei, der daraus erwachsenden Not mit jedem Mittel vorzubeugen.
Es müßte
deshalb die schon längst in Vorschlag gebrachte Einstellung alles Branntweinbrennens durchgesetzt werden und zwar um so mehr, da einesteils alle benachbarten noch mit Getreide versehenen größeren Länder dieses getan und anderenteils alle um Werden liegenden Länder gegen das Stift geschlossen, folglich also selbst die Brannt weinbrenner außer Stande wären, Korn von dort sich zu verschaffen. Man könne es nicht verantworten, daß der noch etwaige Vorrat von in- oder ausländischem Korn in der Stadt zu dem entbehrlichen Branntwein verbraucht würde.
Der Magistrat ordnete
an, daỷ
jämtliche Branntweinbrenner aufgefordert werden sollten, innerhalb 3 Tagen die Helme abzuliefern. Gleichzeitig traf er Anſtalten, dem Befehle des Abtes entsprechend eine Aufnahme des in der Stadt noch vorhandenen Getreides zu machen, wobei zugleich eine Volks zählung vorgenommen werden sollte . Zu diesem Zwecke wurde die Stadt in 6 Bezirke eingeteilt und für jeden ein Bürger mit der Auf nahme betraut.
den
Am 6. März berichtete der Magiſtrat an den Abt, daß nach eingegangenen Relationen im Stadtgebiete an Menschen
jeien: Erwachsene, Männer und Weiber 1517, 491 , Kinder unter 10 Jahren
¹) Beilage 8.
19
124,
Emigranten ¹)
(das Gasthaus und Heck, wo wenigstens 100 vorhanden, nicht mit gerechnet) ; an Früchten:
Roggen
Weizen Gerste Safer
Scheffel 646 2213/4 "!
2291/2 157
"! 11
5
"1
Erbsen
Da sich nun aus der Aufnahme der Summe der lezteren, wenn auch alles zu Brotkorn gerechnet würde, durchaus kein Verhältnis gegen die Summe des ersteren in Hinsicht auf die erst nach 5 Mo naten eintretende Ernte ergäbe, so wären der drohenden Hungersnot durch um so werktätigere Gegenanstalten vorzubauen, zu denen neben. der landesväterlichen Vorsorge der Abtei auch die Bürgerschaft gern nach Kräften mitwirken wolle, um so mit vereinten Kräften die zu sammentreffenden Leiden der jezigen Zeitumstände zu erleichtern. " Weiter betont die Eingabe des Magistrates an den Abt, daß bei dieſem Mangel an den nötigsten Lebensmitteln die Stadt nicht mehr in der Lage sei, Truppen weiter zu unterhalten, weshalb nach dieser Richtung dringende Vorstellungen erhoben werden müßten.
Endlich
fordert der Magistrat, daß die Emigranten ohne Ausnahme mit Beseitigung alles Privatinteresses ausgewiesen werden müßten, ehe das brotlose Volk sie eigenmächtig vertreibe, welches zu befürchten ſei . “ Der Magiſtrat beſtehe hierauf und betrachte sich, wenn es nicht geschehe, außer aller Verantwortung gesetzt. Auf Anordnung der Abtei fand nunmehr auch auf dem Lande und im Dorfe Kettwig eine Volkszählung und Aufnahme des Be ſtandes an Getreide ſtatt. 2) Dem Magiſtrate ließ der Abt mitteilen, „ daß er nochmals bei der hohen Militärbehörde wegen Fortſchaffung der in Werden und Kettwig einquartierten beiden Tepots nachdrück lichste Vorstellung erlassen habe.
Er versprach, um Beschaffung aus
¹) Hierunter sind die franzöſiſchen Auswanderer zu verstehen, die zur Zeit der Revolution ( 1789) bis zum Jahre 1791 Frankreich verließen. Die große Zahl der in Werden ansässigen Emigranten muß auffallen. *) Das Ergebnis der Zählung in Kettwig und auf dem Lande ist in den Akten nicht vermerkt. 2**
20
ländischen Getreides sich bemühen zu wollen und stellte einstweilen 75 Malter Roggen in gebackenen Broten nach Bedarf unentgeltlich zur Verfügung . Dagegen hielt er die Ausweiſung der Emigranten nicht für ratsam, weil dieselben zum Teil deutsche Reichsuntertanen seien, die den deutschen Reichsschutz reclamieren könnten, wie es in Kettwig geschehen sei. ') Zudem habe sich auch der vermögende Teil der Emigranten zu beträchtlichen Beiträgen für Beschaffung des nötigen Brotkorns erboten .
Magistrat und Rottmeiſter waren bezüglich der
Emigranten nicht einig.
Ein Teil und zwar hauptsächlich die katho
lischen Mitglieder erklärten sich mit dem Wunsche des Abtes, daß man die Emigranten in Werden verbleiben laſſe, einverſtanden , wäh rend die proteſtantiſchen Ratsmitglieder auf der Ausweiſung beſtan den, es sei denn, daß die Abtei die schriftliche Verpflichtung über nehme, dem Kornmangel vorzubeugen .
Man einigte ſich ſchließlich
dahin, statt aller Gegenerinnerungen dem Abte das Protokoll der Sigung vom 12. März 17952 ) einzusenden. Auf Grund der früher von der Kriegs- und Domänenkammer in Hamm gemachten Zusage richtete der Magistrat am 14. März eine Eingabe dorthin mit der Bitte um die Erlaubnis, das zum Brotbedarf nötige Getreide
in der Grafschaft Mark einkaufen zu
dürfen und ungehindert nach Werden transportieren zu können. Be sonders wird um
freien Durchpaß durch das Essendische gebeten,
welches uns nicht nur alle Durchfuhr verweigert, sondern von uns eingekauftes Getreide sogar arrestiert und confisciert hat. " Magi strat hofft von der preußischen Regierung um so mehr Schutz gegen, den schrecklichsten aber jezt noch abwendbaren Feind, den Hunger, weil sie sonst in die Unmöglichkeit versezt würden, fernerhin Schuß und Vertretungsgelder zu zahlen.3)
Am 16. März erfolgte von
der Kriegs- und Domänenkammer der Bescheid, „ daß den Einges sessenen des Stiftes Werden auf ein Attest des Magistrats , daß ſie das zu kaufende Korn zu Brot bedürfen und nicht zum Brannt weinbrennen, die Erlaubnis gegeben werden soll, auf diesseitigen Märkten 3 bergische Scheffel Roggen, wenn sie aber Bäcker sind,
1) Die fremden Höfe gewährten den französischen Emigranten offenen Schuß. Besonders zeigten sich die geistlichen Fürstentümer und Abteien am Rhein willig, dieselben aufzunehmen. *) Beilage 9. 3) Beilage 10.
21
6 Berliner Scheffel Roggen zu kaufen, welche Erlaubnis aber sofort zurückgezogen werden soll, wenn der geringste Unterschleif entweder durch weitere Ausfuhr oder durch Branntweinbrennen in Erfahrung gebracht wird.“ Am 6. Mai teilte die Kriegs- und Domänenkammer der abtei= lichen Regierungskanzlei mit, daß bei der Verpflegungskommiſſion der preußischen Armee zu Arolsen im Waldeckschen von der Lieferung des Elias Herz noch ein Hafer-, Roggen- und Gerste-Vorrat und zwar der Berliner Scheffel Roggen zu 3 Thlr. 6 g . G.¹ ) , Gerste zu 2 Thlr. 12 g . G. und Hafer zu 2 Thlr. 4 g . G. , in Kronenthalern zu 1 Thlr. 12 g . 6. zum Verkauf vorhanden sei, wobei der Trans port aber auf Rechnung des Käufers zu erfolgen habe.
Unterdeſſen
hatte der Magistrat auf die Mitteilung hin, daß der Rhein von Holland bis Ruhrort wieder offen und in Amsterdam Roggen die Last zu 196-200 Goldgulden zu haben sei , bei van Boogaerdt 10 Last Roggen bestellt, jedoch kam von dort die Nachricht, daß einstweilen die Ausfuhr noch nicht gestattet ſei . Am 18. Mai berichtete der Bürgermeister in der Magiſtrats sizung, daß sich 240 Bürger um Korn gemeldet hätten, daß aber der Vorrat dazu nicht ausreiche .
Es wurde beschlossen, nicht blos
nach Arolsen sich zu wenden, sondern auch den Kaufhändler Huff mann, der sich mit dem Vorsteher Brahm wegen Korneinkaufs für Kettwig nach Hamm begeben wollte, mit der Beschaffung von 100 Berliner Malter zu beauftragen. Der am 24. Mai zurückgekehrte Brahm teilte mit, daß sie von einem gewissen Dessauer die Lieferung von 100 Malter à 20 Rthr . clev . Kurant für Werden durch Ver trag 2 ) gesichert hätten ; der Magistrat möchte nun einen vertrauten Mann
mit hinlänglichem Gelde
nach Hamm schicken
G. Huffmann einen Teil der Reisekosten vergüten .
und dem .
Der Magistrat
nahm das Anerbieten an, erklärte sich auch mit der Reisevergütung unter der Bedingung einverstanden, daß Huffmann sich außerdem bemühe, den Transport nach Werden so billig als möglich zu accor= dieren und vorzüglich für einen guten Paß zu sorgen, damit die Stadt keine weiteren Hindernisse und Schwierigkeiten habe. Zugleich wurde beschlossen, daß bei künftiger Vermessung des Korns der halbe 1) 1 guter Groschen = 15 Pfg. damaliger Währung oder 8 gute Groschen = 10 Silbergroschen. ¹) Beilage 11 .
22
Scheffel für 2½ Rhtr. dem Einen wie dem Andern verkauft wer den solle. " In der Magistratsſigung vom 26. Mai zeigte der Bürgermeister an, daß etwa 20 Bürger in ſeinem Hauſe geweſen ſeien, die ſtürmiſch verlangten, den halben Scheffel, wie früher, zu 2 Rthr. zu erhalten. Der Bürgermeister forderte vom Magistrate energische Maßregeln, daß er nicht mehr in seinem Hause „prostituiert " werde. Jedoch glaubte der Magistrat an dem erhöhten Preise festhalten zu müſſen, da frühere Unterschleife eine Erhöhung notwendig gemacht hätten . Für die Armen solle indes eine Kollekte gehalten werden, wozu auch die Emigranten heranzuziehen seien, und nach dem Ertrag der Kollekte von 2 oder 3 vereideten Bäckern auf Stadtkosten Brot gebacken und den Armen unentgeltlich verabfolgt werden ; solche, die 1½ Scheffel nicht auf einmal bezahlen könnten, solle auch schon Korn für 40 Stüber zur Verfügung stehen .
Zur Abhaltung der Kollekte wurden Bürger
meister Barnscheid und Gildemeister Voßeghe gewählt und als städtiſche Bäcker Hermann Beckmann Lezteren wird
und Heinrich Bonnenberg
bestimmt.
„ das 12pfündige Brot zu 13/4 Stüber verakkordiert
und festgesetzt, daß ihnen das Mehl durch die Mühlenkarren vor's Haus gebracht werden soll, während sie selbst das Brot aufs Rat haus abzuliefern haben . " Sie mußten die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten beschwören. ¹) Der städtische Deputierte Kampf hatte es übernommen, den mit dem Juden Dessauer wegen Getreidelieferung abgeschlossenen Vertrag zur Ausführung zu bringen.
Da aber von Dessauer keine
Lieferung erfolgte, so benutte er die sich ihm bietende Gelegenheit, von Gebrüder Windmüller in Beckum 21 Berliner Malter Roggen für 462 Rthr. und 8 Malter Gerste zu 120 Rthlr. zu kaufen. Der Bürgermeister von Beckum gestattete die Ausfuhr troß des bestehen den Verbotes , verpflichtete aber die Verkäufer, ebensoviel auslän disches Getreide wieder einzuführen. Auf 7 brachte Kampf das Getreide nach Werden.
einspännigen Karren
¹ ) Der Eid lautete : Ich N. ſchwöre zu Gott dem Allmächtigen einen leib lichen Eid, daß ich das mir aus dem städtiſchen Magazin zu liefernde Korn unver fälscht und gahr teils in 12- teils in 6pfündigen Broten verbacken, die aus jedem empfangenen Malter gebackene Pfundenzahl und Brote treu und redlich an die Kommissarien abliefern und über allen Empfang sowohl als Ausgabe eine ordent liche Annotation und Rechnung führen und ablegen will . So wahr u . s. w.
23
Der an Windmüller bezahlte Preis für den Roggen zeigt, daß derselbe gegen den mit Dessauer vereinbarten Preis um 6 Rthlr. pro Malter gestiegen war. Das war wohl der Grund , weshalb sich Letterer an der Lieferung vorbeizudrücken suchte.
Der Werdener
Magistrat, der sich dieses vorteilhafte Geschäft nicht entgehen lassen. wollte, erteilte dem Johann Kampf eine unumschränkte Vollmacht, den Juden Dessauer, wie und wo er könne, allenfalls durch Anrufung von richterlicher Hülfe, zur Erfüllung seines Kontraktes anzuhalten . Kampf und Huffmann wandten sich an die Kriegs- und Domänen kammer in Hamm mit der Bitte um ernste Maßregeln gegen Dessauer. Da dieser unterdeſſen, weil ihm in Hamm der Boden wohl zu heiß wurde, ins Münsterland sich begeben hatte, so schrieb die Kriegs und Domänenkammer am 12. Juni an die Regierung zu Münster, daß „ die Stadt Werden und das Dorf Kettwig dadurch, daß Deſ sauer seinen Kontrakt wegen Lieferung von 100 Malter Roggen nicht erfülle, in die äußerste Gefahr der Hungersnot gesezt würden . Sie ersuchen deshalb, den im Münster'schen sich aufhaltenden Juden . Dessauer zur ungefäumten Erfüllung des Kontrakts , allenfalls per modum arresti anhalten zu laſſen. " Welchen Ausgang die Deſſauer 'sche Angelegenheit genommen, wird in den Aften nicht berichtet. Soviel steht aber fest,
daß eine Lieferung durch ihn nicht erfolgte.
Ein fernerer Versuch, aus der Stadt Beckum Getreide zu kau fen, wofür schon Karren aus Werden und Kettwig hingefahren waren, mißlang, weil der Richter zu Beckum auf Grund einer münsterischen Verfügung, wonach Niemand mehr als 5 Berliner Scheffel aufkaufen fonnte, die bereits gekauften Früchte nicht verabfolgen lassen wollte . So war der Magistrat außer Stande, für Geld und gute Worte Brotkorn zu erwerben.
Die Bürgerschaft mußte sich bis zur
Ernte durchhelfen recht und schlecht, wie es eben ging. Im Jahre 1795 fiel die Ernte besser aus und der Ertrag schien hinreichend, um den Getreide-Bedarf im Stifte Werden zu befriedigen . Aber nunmehr weigerten sich die Landbewohner, der Aufforderung der abteilichen Kanzlei, das Malter zu 12 Rthlr. an die Städter abzugeben, Folge zu leisten.
Der Bürgermeister trug dieses in der
Magistratsſigung vom 18. November 1795 vor und bemerkte dazu , daß nach einem Gerüchte die Landbewohner aus dem Grunde an die Bäcker der Stadt nicht verkaufen wollten, weil diese Wucher trieben und das Brot doch nicht für einen verhältnismäßigen Preis
24
verkauften. Der Magistrat beschloß, bei dem Abte vorstellig zu werden und das Anerbieten zu machen, daß die Stadt, um jeden Wucher zu verhindern, sämtlichen entbehrlichen Roggen vom Lande, das Malter zu 12 Rthlr. , ankaufe, denselben verbacke und das 12 pfündige Brot für 20 Stüber verkaufe. 1)
Dieser Vorschlag scheint
zur Ausführung gelangi zu ſein ; denn im Jahre 1796 iſt das ſtäd tische Kornmagazin gefüllt, ohne daß von Bestellungen im Auslande berichtet wird . Es findet sich in den Akten nur die Notiz, daß der Bürgermeister „ das städtiſche Korn habe auswannen laſſen. “ So war zu Abteizeiten die Beschaffung des nötigen Brotkorns bei Mißernten mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Wenn auch Abtei, Magistrat und Bürgerſchaft in ihrem Bestreben, Vorsorge zu treffen und Abhülfe zu schaffen, miteinander wetteiferten, von allen Seiten stellten sich ihnen Hemmnisse in den Weg, deren Ueberwin dung nicht immer leicht, mitunter sogar unmöglich war.
Verhältnis
mäßig am besten ging der Ankauf größerer Getreidemengen in Am sterdam und die Beförderung derselben zu Wasser über Rhein und Ruhr nach Werden von statten.
Umso schwieriger gestaltete sich
aber Kauf und Transport, wenn hierfür die nächsten Nachbarländer in Betracht kamen.
Nicht nur, daß jedes Ländchen ängstlich ſeinen
Vorrat verwahrte und die Grenzen gegen die Nachbaren sperrte, auch manche Händler benutzten die Not der Zeit, um Kornwucher zu treiben. IV . Weit einfacher wickelte sich der Korneinkauf ab, als im Jahre 1830 Getreidemangel eintrat.
Durch andauerndes Regenwetter und
Ueberschwemmung der Aecker war eine vollſtändige Mißernte erfolgt. Das Landratsamt in Duisburg machte am 31. Auguſt auf das rapide Steigen der Kornpreise - in einer Woche 2-3 Rthlr. — aufmerksam und mahnte, auf Mittel zu sinnen, wie den Armen in dem bevorstehenden Winter der nötige Bedarf an Brotkorn zu mög lichst billigen Preisen zu verſchaffen sei.
Hierauf berichtete der Bür
germeister von Werden am 19. September, daß die Fabrikanten für ihre Fabrikarbeiter bereits den ungefähren Bedarf an Korn und zwar für Werden 27 Last (378 Malter) und für Kettwig 15 Laſt (210 Malter) gekauft hätten, so daß das 12pfündige Brot zu 9 Sgr. den Arbeitern abgegeben werden solle, ein Preis, der zwar nicht niedrig, ¹ ) Beilage 12.
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aber doch im Verhältnis zu dem Verdienste ohne großen Druck be zahlt werden könne.
Wenn für die Armen und sonstigen Bedürf
tige auch noch ein Kornvorrat angekauft werden solle, was zweck mäßig erscheine, so sei ein Geldvorschuß nötig . Bei Anschaffung von 333 Maltern würde derselbe 3-4000 Thlr. betragen, die mit 5 Prozent verzinst und im Monat Juni des kommenden Jahres von der Gemeinde zurückerstattet werden könnten.
Am besten würde es
freilich sein, wenn der Staat den nötigen Kornankauf in die Hand nehme, wodurch sich auch die Preise auf dem jezigen Stande erhal ten ließen.
Am 29. September erteilte der Landrat dem Bürger
meister den Auftrag, den Ankauf von Getreide ernstlich zu betreiben und zur Beschaffung des nötigen Geld-Vorschusses an die Ruhr schiffahrts -Direktion sich zu wenden . Unterdessen hatten aber Bürgermeister und Stadtrat bereits ins Auge gefaßt, den Getreidebedarf aus Amsterdam kommen zu laſſen. Indes ergab eine Nachfrage, daß dort der Preis des Roggens bedeutend gestiegen und nicht niedriger sei als in Werden und Mül heim, und so beschloß man, mit möglichster Eile dort, wo sich Ge legenheit biete, Roggen anzukaufen, zumal auch „ die Befürchtung immer mehr sich verbreite, daß die glückliche Ruhe in Europa durch einen Krieg gestört werde. " Am 28. September wurde mit dem Kaufhändler Friedrich Vogelsang in Baldeney ein Vertrag auf Lie ferung von 200 Malter Roggen à 10 Thlr. abgeschlossen, der am 29. November die Genehmigung der höheren Behörde erhielt. Zunächst dachten Bürgermeister und Rat, das nötige Geld, ähnlich wie es zu Abteizeiten geschehen, durch freiwillige Vorschüſſe der Bürger aufzubringen .
Sie erließen an die Bürgerschaft folgenden Aufruf : „ Wir gehen einer Zeit entgegen, die für viele unserer_un bemittelten Mitbürger sehr drückend werden wird, denn durch die gänzlich mißlungene Ernte sind alle Lebensbedürfniſſe in den Preiſen bedeutend gestiegen und werden offenbar noch weit mehr in die Höhe gehen. An vielen Orten bilden sich Kornvereine . Gleich den Fabrikarbeitern, für die die Fabrikanten eingetreten sind, haben alle Bedürftige gleichen Anspruch auf mögliche Unterstügung. Sie kann zu Teil werden ; sie kann es ohne Opfer, wenn Gelder zum Ankauf einer Quantität Korn disponibel gestellt werden . Der Bürgermeister, vereint mit dem Stadtrat, den geseglichen Vertretern der Bürger schaft, erläßt dazu die Einladung . Sie garantieren im Namen.
26
sämmtlicher Bewohner die Rückzahlung der Kapitalien im Laufe des Jahres 1831 mit 5 Prozent Zinsen.
Sie bitten um recht viele Teil
nahme, denn das Bedürfnis ist nicht gering.
Jeder, der zu dieſem
edlen Zwecke Aktien nehmen will, unterschreibe sich mit der beliebigen Summe. "
Indes hatte dieser Aufruf nur den Erfolg, daß Qules
300 Thlr., J. B. Enshoff 100 Thlr. und Fr. M. Enshoff 300 Thlr. zeichneten. Die Stadtvertretung mußte deshalb auf die Bereitstellung anderer Geldmittel Bedacht nehmen und wandte sich, dem Auftrage des Landrats folgend, an die Ruhrſchiffahrts- Direktion um einen Vorschuß aus der Ruhrschiffahrtskaſſe.
Am 7. März 1831 erfolgte der Bescheid
des Oberpräsidenten Vinke, daß er den Ober- Einnehmer Felderhoff in Mülheim angewiesen habe, ein Darlehen von 1000 Thlr. zum Roggen Ankauf für Werden am 20. März zur Verfügung zu stellen, das mit 3 Prozent zu verzinsen und halb am 20. Auguſt und halb am 20 . Oktober des laufenden Jahres zurückzuerstatten sei.
Die Schuldur.
funde der Stadt wurde am 20. März 1831 vom Bürgermeister und Gemeinderat ausgestellt und am 24. März von der Königlichen Regie rung genehmigt. ten Terminen.
Die Rückzahlung erfolgte pünktlich an den beſtimm
Den Verkauf des Korns, das auf dem Rathaus, dem Zucht hausspeicher und bei F. M. Enshoff aufgespeichert wurde, über nahmen die Stadtverordneten E. Hiegemann, Joh. Overhamm, J. E. Overhamm und Enshoff.
Der Scheffel wurde zum Preise von
2 Thlr. 11 Sgr. 4 St. und das auf Stadtkosten verbackene 12 pfün dige Brot zu 9 Egr. abgegeben.
In den Akten befindet sich ein ge
naues Verzeichnis der einzelnen Abnehmer, sowie die vom Stadt rate am 18. Oktober 1831 Ausgabe.
gelegte Rechnung über Einnahme und
Hierbei ergab sich freilich ein Defizit von 252 Thlr.
3 Sgr., das aber unter folgender Begründung von der Stadt über nommen wurde :
„Wenn dieses Defizit auch anscheinend hoch sein
mag, so bleibt die große Wohltat doch nicht zu verkennen, welche den geringen unbemittelten Bewohnern in dem verhängnisvollen Jahre 1830 zu teil geworden ist, indem sie das Brot zu mäßigen Preisen erhielten und dadurch vor Elend und Hunger sichergestellt worden sind, woraus gewöhnlich Verbrechen entstehen, die hier unbe fannt geblieben sind. " Bei dem durch Eisenbahnen und Dampfschiffahrten heute ver vollkommneten Verkehrsverhältnissen und nachdem die Zollschranken
27
innerhalb des deutschen Reiches gefallen sind, erscheint eine wirk liche Hungersnot als
ausgeschlossen,
da der Mißwachs in einem
Lande durch reichere Ernte in andern Ländern sich auszugleichen pflegt.
Dafür aber ist der Ackerbau treibenden Bevölkerung
ein
neuer Feind erwachsen in der Konkurrenz, die das mit geringeren Kosten erzeugte Getreide aus andern, besonders überseeischen Staaten den heimischen Produkten bietet. Sodann ist der Getreidehandel auch zu
einem ständigen Objekte der Börsenspekulation geworden.
und hierdurch die Gefahr des Kornwuchers in erhöhtem Maße be stehen geblieben.
Beilage 1 . Von Gottes Gnaden Wir Bernard , der Kaiserlichen und des heiligen Römischen Reichs unmittelbar freier und ertemter Stifter Werden und Helmstedt Abt p . p . Tuen fund und fügen hiermit Jedermänniglichen zu wissen : daß Wir auf die aus beiden dahiesigen Unser Reichsstiftliches Ge biet dies und jenseits des Ruhrstroms gänzlich umgebenden benach barten Landen des Herzogtums Berg und Reichsstiftes Essen Uns zugekommene, ganz zuverlässige Nachricht der in beiden diesen Landen wegen des noch immer leider steigenden hohen Früchtenpreises bei schärfster Strafe gänzlich verbotener Getreideausfuhr und ebenmäßig zum Besten Unſerer getreuen Reichsſtiftlichen Untertanen ein gleiches Verbot ergehen zu laſſen, äußerst genötiget befunden, gleich wie denn hiemit und kraft dieses wohl ausdrücklich verordnen und alles Ernstes befehlen, daß ein Jeder sich nicht allein solcher Ausfuhr . von allen Arten des Getreides ohne Ausnahme, sie mögen auch Namen haben, wie sie wollen, sondern auch zugleich des den hohen Frucht preis noch immer mehr befördernden Brandweinsbrennens einstweilen und bis auf Unsere anderweite Verordnung bei Strafe von hundert Goldgulden und annebst der Konfiskation der außerhalb Landes verbracht oder zum Brandweinsbrennen verbraucht werden wollenden Kornfrüchten gänzlich zu enthalten habe, dergestalten : daß derjenige, welcher entweder den Uebertreter dieses Unseren Landesobrigkeitlichen vorsorglichen Verbots auf der Tat ertappet, oder sonst den ganz
28
zuverlässigen und glaubhaften Beweis seiner Uebertretung anzeigen, und an die Hand geben kann, beim jedesmaligen Vorfall den vierten Teil der Strafe und des konfiszierten Getreides zur Belohnung haben, auch dabei auf Verlangen deſſen Namen verschwiegen gehalten, die Uebertreter selbst aber, wenn ſie die verordnungsmäßige Strafe in barem Gelde zu erlegen nicht vermögend sind, statt deſſen mit för perlichem Arrest bei Wasser und Brot, oder einer sonstigen, dem Be finden nach noch schärfern Leibesstrafe beleget werden sollen, des Endes dann zugleich hierdurch auf dem Lande sämtliche Dorf- und Honn schaftsvorsteher, wie auch insbesondere die Ruhrfährpächter und Fähr leute dahier zu Werden, Kettwig, Baldeney und Heyſingen, sodann Gerichtsboten und Armenjäger gegen ebenselbige vorhin gedachte Belohnung auf die Uebertreter genauest zu invigilieren, nicht allein nachdruckſamſt erinnert, sondern
auch zugleich dieselben im Ertap=
pungsfalle mit Aufbietung der nötigen Schüßen körperlich sofort zu arretieren und der Obrigkeit zur Beſtrafung zu überliefern, mit der Verwarnung autorisiret werden, daß man diejenige (welche hierunter ihren verordnungsmäßigen Pflichten geflissentlich nicht nachkommen, und entweder mit den Uebertretern heimlich zuhalten, oder aber mit ihnen durch die Finger sehen, und sie mit den Kornfrüchten aus dem Land wissentlich paſſieren laſſen und nicht arretieren oder auch der Obrigkeit zur Bestrafung nicht anzeigen) selbst als strafbar anſehen wird , gleichdann auch sämtliche Brandweinsbrenner sowohl dahier, als im Dorf Kettwig ihre Helms, und zwar erstere auf das Rathaus, letztere aber auf die Kanzlei hierſelbſt ſofort und längstens innerhalb vier Tagen, in welcher Zeit
dieselben ihren wirklich habenden Be
schlag noch abbrennen und vernußen können, ohnfehlbar abliefern sollen, mit dem Anhang jedoch : daß denjenigen, welche fürs fünftige nicht andere
als
ausländische
Früchte
zur
Brandweinsbrennerei
gebrauchen wollen und dieses durch obrigkeitliche glaubwürdige Zeug nisse bewahrheiten und eidlich bestärken können, solches noch einst weilen gnädig erlaubt, und deshalb das Nötige
an hiesig-Unsern
Stadtmagistrat und die Dorfvorsteher zu Kettwig erlassen werden ſoll. Weshalb dann ohnverzüglichſt gegenwärtige Unſere Verordnung zu Jedermanns Wiſſenſchaft und untertänig-gehorsamster Nachachtung dahier und zu Kettwig von den Kanzeln zu publizieren, und wie geschehen, hierunter zu referieren ist.
29
Urkundlich unseres
Handzeichens
und
vorgedruckten
Secret
Innſiegels Geben auf unserer Reichsabtei. Werden , den 31. August 1789. Bernard Abt zu Werden und Helmstedt.
Beilage 2. Demnach Ihrer Hochwürden und Hochwohlgeborenen Gnaden der Herr Reichsabt zu Werden und Helmstedt, Unser gnädiger Herr, in Gemäßheit der hochhändigen gnädigen Verordnung vom 31. Au guſt letthin wegen der noch immer steigenden Fruchtpreise und der hierdurch veranlaßten Sperrung
des Großherzogtums
Berg, das
hiesige Reichsstift zum Besten der Untertanen gleichfalls zu sperren, auch das Brandweinsbrennen einstweilen zu verbieten und zu dieſem Ende dem Magistrat die weitere Weisung zur Einforderung der Brandweinshelmen zugehen zu laſſen gnädig geruhet haben : So wird hierdurch allen hiesigen Brandweinsbrennern
am
künftigen Freitag den 11. c. Morgens 9 Uhren ihre Brandweinshelme auf das hiesige Rathaus abzuliefern bei 10 M. Brüchten unter der Warnung anbefohlen,
daß sie nicht allein in diese Brüchtenſtrafe
fällig erteilt, sondern die Helme von Magiſtratswegen auf ihre Koſten abgeholet werden sollen ; wonach alsdann, in Rücksicht der beizu bringenden Zeugnisse und
des
auszuschwörenden Eides , welchem
vorhergegangen nämlich auswärtige Frucht zu brennen gnädig erlaubet ist, und deren alsdann wieder abzureichenden Helme, soviel solches die hiesige Bürgerschaft betrifft, von Magistratswegen näher wird verfüget werden.
Der Ratsdiener Großhäuser hat gegenwär
tiges mittels dessen Vorzeigung einem jeden Brandweinsbrenner in hiesiger Stadt und Vorstadt,
nach Anleitung des herbeigehenden
Verzeichnisses, ungesäumt bekannt zu machen, und wie geschehn, zu referiren. Urkundlich aufgedruckten Stadtsiegels und der Stadt Obrigkeit eigenhändiger Unterschrift. Werden auf dem Rathaus, den 4. Sept. 1789.
Ex mandato Müller Secret.
30
Beilage
I
3.
Da das kleine Stift Werden soviel Fruchtwachstum nicht hat, als dessen Eingesessene bedürfen und wir noch dazu wegen der allgemeinen Teuerung von allen Seiten durch Landsperrungen eingeschlossen sind, so bliebe nichts übrig, wenn wir anders nicht verhungern sollten, als einige Läste Roggen aus Holland herauf kommen zu laſſen.
Wir
haben zu diesem Ende 16 Last bestellt, die denn auch wirklich auf dem Wege sind .
Nun aber vernehmen wir, daß die Stadt Duisburg keinen
Roggen wolle verabfolgen lassen, es sei denn, daß er zum Backen und nicht zum Brennen bestimmt wäre, zu welchem Ende glaubhafte Zeng nisse verlangt werden sollen. Wir haben also für nicht undienlich gefunden, uns geradeswegs
zu E. K. Majestät zu wenden, weil wir Ursache zu haben glauben uns überzeugen zu können, daß es der gnädigste Wille nicht sein kann, Höchstdero Schutzverwandte Stadt Werden aushungern zu laſſen. Aus dem untertänigſt angefügten Protokoll ergibt ſich, daß dieſes Korn allerdings zum Backen und zur Erleichterung der größtenteils aus armen Tagelöhnern beſtehenden Bürgerſchaft beſtimmt iſt. Das Wasser ist jetzt noch fahrbar, und deswegen müssen wir es benutzen, anstatt daß es bei einem Aufenthalte von wenigen Tagen wegfallen und zuletzt gar die Frucht einfrieren könnte. Aus diesen Ursachen bitten wir E. K. Majestät alleruntertänight an den Magistrat von Duisburg oder wo es sonst nötig sein mag, den allergnädigsten Befehl abgehn zu laſſen, daß der über Arnheim mit Schiffer Rutgers unter Adresse des Kaufhändlers Kornelius Borge meister in Ruhrort, aus Holland kommende und für die Stadt Werden beſtimmte Roggen zu 16 Last durchgelassen werde .
Wir ersterben in allertiefster Submission Ew . Königlichen Majestät Alleruntertänigſter Magistrat der Stadt Werden.
Beilage 4 . Da nach denen aus allen benachbarten Landen bis hiehin ganz zuverlässig eingegangenen betrübten Nachrichten die Preise der Korn
31
früche statt des bishero
angehofften Fallens leider noch immer gestie
gen und wirklich so hoch sind , daß hieraus zumal bei den mehrſten gering
und
unvermögenden
Leuten, welche ihr tägliches Brot mit
der Händearbeit sauer verdienen müſſen und durchgehends damit nicht so viel, als zur Bezahlung eines 12 pfündigen Brots erforderlich ist, erwerben können, ein endlicher Brotmangel besonders in dahiesigem ohnehin mit keinem hinlänglichen Getreidewachstum an sich versehenen und dahingegen desto mehr bevölkerten reichsstiftlichen Gebiete um so viel ehender zu befürchten sei, je größer die Consumtion der Früchte ist, welche von denen hieſelbſt in der Stadt sich auf 47, im Dorfe Kettwig aber auf 12, und also überhaupt auf 59 Mann erstreckende Brandweinsbrennerei zu diesem unnötigen Getränke verbraucht und der ohnentbehrlichen Brod -Bäckerei entzogen wird : finden sich Ihro Hochwürden und Hocht ohlgebornen Gnaden, des Heil. Reichs Abten zu Werden und Helmstedt aus landesväterlicher Vorsorge gemüßiget, auch das bis hichin mit fremden, ausländiſchen Kornfrüchten noch erlaubt gewesene Brandweinsbrennen nunmehr ohne Unterschied des aus- oder inländischen Getreides bis auf anderweite landesobrigkeitliche Verfügung bei der in der Verordnung vom 31 . August a . c . bemerkten Strafe gänzlich zu untersagen und des Endes Hochdero hiesigen Stadt-Magistrat und dem zeitl. Vorsteher zu Kettwig hiedurch alles Ernstes anzubefehlen von sämtlichen Brandweinsbrennern dahier in der Stadt und Vorstadt und dem Dorf Kettwig sofort und in längstens innerhalb vier Tagen, als in welcher Zeit ein Jeder seinen etwa noch im Beschlag habenden Vorrat abbrennen kann, alle Helme einzuziehen und solches einem Jeden zur schuldigsten Nachahmung nach Insinuation dieses ohnverzüglichst bekannt zu machen, mithin wie geschehn, anhero untertänig gehorsamst zu referieren . Urkundlich beigedruckten Kanzlei Jnnſiegels
Werden, den 16. Nov. 1789. Aus sonderbar Gnädigem Befehl J. B. Dingerfuß.
32
Beilage
5.
Annotation der holländischen Frucht, so vom Rathaus verkauft durch
Malter
Scheffel
Magistratsdeputierte Herr Barnscheidt und Benedikt Hiegemann.
an Korn
W.
Das Malter zu 11 Rthlr. Rthr St. 40 St.
1789
24
Dezbr.
1
"!
9
"
15
"
22
"
29
5230
2
217172
2
25
228 57
2 2
"
18
――――――
2
20
2
"!
2 2
+1914 14 2
Novbr . 19
—
18
2 1
12
3
2 ―
2
298 572
223 72 217 17 % 166 15 150 12/2
1790 ―――
10
!!
12
9
!!
19
8
2
99 10
"
26
13
157 30
Februar 3 9 #!
14 13
1
"!
16
13
2
"
23
26
3
"
24
3
1
ܘ
5
2 2
Januar
∞∞∞
2 --
2 2
2
246
2
2
Den Rest mit
116 40
2
158 57 313 32
39 221/2
2
2877 17/2
2
247
169 10
156 212
2
Deputierte für ihre Bemühung
112172
2
33
5 a.
Scheffel
Beilage
Malter
Zweiter Kornverkauf unter dem Herrn Bürgermeister Nöllcken .
Das Malter
an Korn
22
27
23
" Mai
"
11 Juni
4
22
10
18
2 2 3
2
18
28
26
24
1
1
13
3
8
7
2
161
2
―
11
3
21
6
3
18
2
2
3
3
2 2
Juni 25
" Juli
17
1
6
―――――――
204 5212
2
2 2
41
CO6
!!
30
1879 471/2
2
Juni 15
"
zu 11 Rthlr. Rthlr. St. 40 St.
2
2
"!
~ * ~ ****
April 20
23
W.
Malter
68
―――――
2
247
3
2
658 3212 Summa 2743 12
Zu verkaufte Säde vom 9. Juni bis 16. Juli einschl. Zins Von der ersten Vermessung find in Kaffe geblieben
29 52
102 461/2 287551 3
-34
Beilage
6.
Dem Landesvorstand zu Werden wird auf dessen durch den De putierten Huffmann unterm 24. Oft. a . pr. eingereichte Vorstellung wegen geschehener Ausdehnung des in den Clevmärkischen Provinzen zuweilen bestandenen Verbots der Kornausfuhr auf das dahiesige Stift näher bekannt gemacht, daß im Falle einer in Kleve oder Mark ange legten Kornsperre die Ausfuhr einer der Qualität und Quantität und dem Zutrauen nach verhältnismäßig zum Bedarf für Werden zu be stimmenden Menge Getreides, dessen pflichtmäßige Arbitrirung der kom petenten Kammer überlassen bleibt, dahin jedesmal gestattet werde. Hamm im Regierungs - Rat den 21. Febr
Beilage
1795.
7.
Euer Wohledlen beliebten in einem Schreiben vom 31. Dezember vorigen Jahres von mir einen Ausfuhrſchein für 150 Malter Roggen aus hiesigen Landen zu gesinnen . So sehr ich mich immer auf jede Art meine freundnachbarliche Gesinnungen an den Tag legen zu können bestreben werde, so unan genehm ist es mir, diesem Gesuche nicht willfahren zu können. Da nicht allein eine mit der Grafschaft Mark getroffene Verabredung mir hierin die Hände bindet, sondern ich auch schon in mehreren von Seiten des Herzogtums Berg desfalls geschehenen Anforderungen ab schlägige Antworten zu erteilen gezwungen war. Ich bedaure daher recht sehr, den gesonnenen Ausfuhrschein nicht geben zu können und hoffe dagegen bald eine bessere Gelegen heit zu haben, fönnen.
der Stadt Werden erspriesliche Dienste leisten zu
Ich beharre Herten am 6. Januar. 1795 .
Euer Wohledlen !
Bereitwilligſter v. Nesselrode.
35
Beilage
8.
Da nach den eingegangenen ganz zuverläſſigen Nachrichten in allen benachbart- und angrenzenden Landschaften auf das Verbot der Kornfrüchten-Ausfuhr
und
die desfallsige Landessperre noch
immerfort mit mehrerer Schärfe und Strengigkeit, als es bis hichin geschehen, gehalten wird, mithin zu weiterer Ermächtigung fremder ausländischer Kornfrüchten zumalen bei der dermaligen Kriegeslage und fortwährender Sperrung des Rheinstroms gar keine Hoffnung mehr übrig bleibet und dahero, leider ! wo nicht ein gänzlicher Korn mangel doch wenigstens die noch immer steigende Verteuerung des selben ferner zu befürchten ist : So lassen Ihre Hochwürden und Hochwohlgeborenen Gnaden des Herrn Reichs Abten zu Werden und Helmstedt, um diesem Uebel, so viel möglich, annoch vorzukommen, hiedurch sämtlichen Brand Stadt Werden und Dorfs Kettwig bei Strafe von zehn Goldgulden und der Konfiskation der zum Brennen. genommenen Kornfrucht, oder derselben Gemahls , wovon der halbe Teil dem Tenuntianten oder Angeber der Uebertretung zur Beloh
weinsbrennern Hochdero
nung, die andere Halbscheid aber denen jedes Orts Armen zufallen solle, alles Ernstes gnädig anbefehlen, sich des bis hichin annoch erlaubten Brandweinsbrennens aus fremd- und ausländischen Früch ten nunmero auch bis auf anderweite ausdrückliche landesobrigkeit liche Verordnung gänzlich und dergestalten zu enthalten, daß der noch wirklich vorhandene Einsatz zum Brennen sofort gebrandt, dazu aber keine weiteren Früchte gemahlen und verbraucht werden sollen. Des Endes hat dahiesiger Stadtmagistrat sowohl als der zeit liche Vorsteher des Dorfs Kettwig hierauf genaueſt zu invigiliren und forderſamſt von allen Brandweinskesseln ohne Unterschied der Personen die Helme sofort zur sichern Verwahrung einzuziehen und zugleich bejagter Magistrat dahiro in der Stadt sowie der Land richter und Gerichtsschreiber mit allenfalls nötiger Zuziehung der Gerichtsschöffen im Dorf Kettwig und auf dem platten Lande den eigentlichen noch wirklichen Fruchtvorrat an Roggen, Weizen, Erbsen Wicken, Gersten und Haber p . mittels einer genauen Visitirung der Kornspeicher und Scheunen und dem Befinden und Umständen nach erforderlicher eidlichen Angabe des Eigentümers ohnverzüglichſt auf zunehmen und zu bestimmen, sofort, wie solches geschehen, anhero 3*
36
zur weitern landesobrigkeitlichen Verfügung untertänig pflichtmäßig anzuzeigen. Gegenwärtiges dahiesigem Landrichter, Bürgermeister und Vor
steher zu Kettwig zur gehorsamsten Nachachtung zu insinuiren. Urkundlich Hochg. Ihro Hochwürden Gnaden p . vorgedruckten Secret Innsiegels Werden 2. März 1795.
Beilage
9.
Werden im Stadtrath , den 12. März 1795.
In Gegenwart des h. Burgemeisters Stockebrandt , Schöffen Tüschen, Overhamm, Dehmer, Barnscheidt, Senator Qules, Kleinchang, 6. Voßhege und Huffmann nebst den Teputierten, Rottmeiſtern Büttgenbach, Kampf, Luther und Beckmann. Zeitlicher Burgemeister trug darauf an, daß sowohl der Bericht vom 6. März als auch die darauf erfolgte Reſolution vom 9. März dem gesamten Magistrat und Deputierten, Rottmeistern vorgelegt und diese sowohl als der ganze Magistrat in Hinsicht auf die abge schlagene Verweisung der Emigrirten ihre Meinungen zum Protokoll geben möchten, damit die nötigen Gegenvorstellungen entweder bei der Abtei gemacht oder von Magistrats wegen das Nötige dekretirt werden könne. Der Deputierte Rottmeister Luther und Büttgenbach erklärten, daß sie auf der Verweisung der Emigrirten nicht beſtehen könnten und sich bei der abteilichen Reſolution beruhigten. Der Rottmeiſter Kampf erklärte, daß er bei seiner ersten Aeußerung und den Stimmen bleibe, die die Rottmeister dahin abgegeben, daß die Emigrirten ausgewiesen werden sollen, welcher Meinung der Deputierte Rottmeister Beckmann beizutreten sich erklärte, obwohl er noch nicht lange in dieser Stelle und von der ganzen Lage der Sache umständlich nicht unterrichtet sei. 1. Burgemeister Stockebrandt erklärte sich dahin, so lange An stand damit zu nehmen, bis eingekommen, wie viel die hier bleiben wollenden Emigrirten zum Behuf der Armen beitragen wollten, verließe sich übrigens auf die Fürsorge der Abtei, dem Brotmangel vorzubeugen.
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2. B. Dölken könne erleiden, daß die Emigranten bleiben, jedoch müßte die Abtei auch dann sorgen, daß kein Brotmangel für die Bürgerschaft entstehe . 3. B. Overhamm.
Wenn die Bürgerschaft keinen Brotmangel
und sonstige Unruhe durch das Hierbleiben der Emigranten zu be fürchten hätte, an welchem er feinen Anteil nehmen und sich hiermit alle Verantwortung deshalb verwahren wolle, so könne er erleiden, daß sie hier blieben und hoffte er von der Abtei, daß sie gegen dies alles die nötige Vorkehrung treffen würde . 4. S. Dehmer similiter. 5. B. Barnscheidt : Wenn die Abtei die Aussichten hat, daß fein Brotmangel entsteht, so könne er erleiden, daß die Emigranten hier blieben.
6. S. Tüschen similiter. 7. S. Hiegemann: Jch respective die heutige publizierte Reso= lution und übrige landes -hoheitliche Verfügungen. 8. Senator Cules : So wie der Magistrat ein Recht gehabt, die Emigranten aufzunehmen, so sei er auch berechtigt, sie zu ver weiſen, jedoch könne er erleiden,
daß die Emigranten hier bleiben
könnten, wenn uns die Abtei für Brotmangel schriftlich sichern wolle, widrigens aber müſſe er bei dem erwiesenen Kornmangel auf ihrer Ausweisung bestehen. 9. Senator Kleinchang : Er sei überzeugt, daß der größte Teil der Bürgerschaft durch die Anwesenheit der Emigranten nicht allein durch Brotteuerung, sondern überhaupt gedrückt würde, jedoch könne er erleiden, daß die Emigranten hier geduldet würden, wenn nur seitens der Abtei der Not vorgebaut werde. 10.
G. Voßhege könnte leiden, daß die Emigranten geduldet
würden, hoffte jedoch, daß seitens der Abtei väterlich dafür gesorgt werden würde, daß durch die Emigranten kein Brotmangel entſtände. 11. 6. Huffmann : Da der Kornmangel durch die Aufnahme wirklich erwiesen, auch alle andern Lebensbedürfnisse zum Druck der Bürgerschaft durch die Emigranten verteuert würden, so müßte er schlechterdings, wie schon im vorigen Herbst geschehen, darauf bestehen, daß die Emigranten nicht mehr geduldet würden ; er erklärte dies um desto bestimmter,
um sich vor allen zukünftigen Folgen zu sichern .
Würde aber die Abtei sich schriftlich dafür verbürgen, daß die Bür gerschaft keinen Brotmangel zu besorgen hätte, so könnte er die Ver
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fügungen wegen des Hierbleibens der Emigranten der Abtei nach geben, obgleich er gar nicht der Meinung sei, daß die Abtei des halb etwas vorzuschreiben hätte.
Die abteiliche Resolution enthielte
übrigens leere Vertröstungen und die Resolution vom 11. Aug. a. p. wäre die ledigliche Ursache des jetzigen Mangels und Teuerung, weil, wenn damals
der jezigen
das Land nach dem Antrage des
Magistrats gegen das Bergische gesperret worden, Mangel oder der Teurung so groß gewiß nicht wäre.
Beilage
10 .
Werden, den 14. März 1795. Alleruntertänigst notgedrungene Vorstellung und Bitte um Er laubnis zum Brotforneinkauf in der Grafschaft Mark und seinen Transport nach Werden mit Anlagen. Gemäß der abschriftlich anliegenden Reſolution der hochpreiß. Regierung vom 24. Februar c. bleibt die Kornausfuhr aus den Elevmärkischen Provinzen zum Brotbedarf nach Werden bei vorgän giger Arbitrirung der kompetenten hochpreiß. Krieges- oder Domä nenkammer jedesmal gestattet, eine Versicherung und Trost, zu dem das Werdenſche vor allen durch Einquartierungen und Lieferungen ausgemergelte Ländchen um so mehr einzig und allein bei einer be vorstehenden gewiß zu befürchtenden Hungersnot seine einzige und sichere Zuflucht nimmt, weil die Eingesessenen darauf mit Gewißheit rechnen, daß Sr. Königl . Majestät von Preußen Allergnädigſter Schuß sie doch wenigstens gegen den schrecklichsten und jetzt noch abwendbaren Feind, den Hunger, schützen und vor dem gänzlichen Verderben und Elend sichern werde, welches sie bei der Unmöglich keit, Lebensmittel einzukaufen, auch in die Unmöglichkeit setzt, Schuß und Vertretungsgelder zu zahlen . Zur Probe unseres allgemeinen Elends dient der vorliegende Extrakt des Magiſtratsprotokolls über die Menschenanzahl in der Stadt und den Getreidevorrat für sie. Auf dem Lande ist der Lie
1
ferungen und Einquartierungen halber ein ebenso kärgliches, wenn nicht unmögliches Auskommen und deshalb gehet, weil es keiner weiteren Arbitrirrung unseres Elends bedarf, zu Ew . Königl. Ma jestät die notgedrungene Bitte :
I 1
39
Allerhöchst dieselben geruhen demnach einen Kammerpaß den Werdenschen Landeingesessenen zu ihrem dringlichsten Brotbedarf den Getreideeinkauf auf der Grafschaft Mark und den freien Durchpaß des ſelben durch die uns überall beſchränkenden fremden Territorien, beſon= ders durchs Effendische, welches uns alle Durchfuhr verweigert undsogar von uns angekauftes Korn arreſtirt und konfiscirt hat, wenn auch nur auf den Märkten zu gestatten, und uns hiedurch für die vielen und langgeleisteten Schußgelder einen reellen Schutz gegen unsern schrecklichsten Feind, den Hunger, angedeihen zu laſſen.
In welch
sichern Hoffnung wir mit tiefster Submiſſion ersterben .
Beilage 11. Zwischen dem Herrn Dessauer an einem und der Stadt Wer den und Dorf Kettwigſchen Deputierten Herrn Huffmann und Brahm ist unter folgenden Bedingungen nachstehender Kauf- und Verkaufs kontrakt geschlossen worden. 1. Herr Dessauer verkauft und liefert franko Hamm achthundert Berliner Scheffel guten Roggen für den einig gewordenen Pries per Berliner Scheffel vier Reichsthaler Berliner Courant. 2. Diese Lieferung übernimmt derselbe in Zeit dato angerechnet. in 12 Tagen.
Wogegen
3. Gedachte Deputierte Huffmann und Brahm versprechen, diese achthundert Scheffel, sowie selbige dahier in den bestimmten Tagen vor und nach abgeliefert werden, auch vor und nach bei jeder Ablieferung bar zu bezahlen. Doch bleibt zur Sicherheit dem Ankäufer der vierte Teil bis zur letzten Ablieferung ohn bezahlt, bei der letzten Ablieferung wird alsdann alles bar berichtiget. 4. Der Herr Hofrat Engels übernimmt bei richtiger und guter Lieferung die bare Bezahlung, zu welchem Ende gedachter Herr Hofrat diesen Kontrakt mit unterzeichnet. 5. Bei entstehender Nichtabrechnung bleiben Ankäufer dem Ver käufer für allen daraus entstehenden Schaden und Nachteil und Kosten verbindlich , wobei aber 6. Herr Dessauer bei nicht erfolgter Ablieferung in der vorbe stimmten Zeit gleichfalls für allen Schaden, Kosten und Nach
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teil, so für die Anfäufer hieraus entstehen sollten, zu recht stehen muß.
Schließlich ist der Kontrakt zweifach gleichlautend
ausgefertigt und von beiden Seiten eigenhändig unterschrieben worden. Hamm, den 23. Mai 1795. Suffmann
Dessauer
Brahm
Engels.
Beilage
12 .
Hochwürdiger p. p . Dem sichern Vernehmen nach will der Werden'sche Landmann, dem ihm zugegangenen Polizeibefehl ungeachtet, das Malter seines entbehrlichen Roggens für 12
Rthlr . zu verkaufen, denselben für
diesen Preis und zwar aus dem Grunde an die hiesigen Bäcker nicht abstehen, weil diese damit nur Wucher treiben und das Brot dennoch nicht in einem verhältnismäßigen Preise verkaufen würden. In der Voraussetzung dieser Bedenklichkeit und um dem herr schenden Brotmangel hier in der Stadt, der seinen einzigen Grund darin hat, daß der Landmann nicht verkaufen will, sowie dem be sagten Wucher der Bäcker vorzubauen und abzuhelfen, erbietet sich der Magistrat hierdurch, allen Roggen, den die Landleute an uns ab lassen wollen, nicht allein gleich bar das Malter mit 12 Rthlr. zu bezahlen, sondern wir wollen denselben auch hinwiederum gleich ver backen und das Brot an alle Stadt- und Landeingeſeſſenen, 12 Pfund für 20 Stüber verkaufen lassen. Ew . Hochwürden Hochwohlgeborenen Gnaden geruhen demnach von diesem unsern Anerbieten zur Steuerung des Brotmangels in der Stadt den zweckdienlichen Gebrauch zu machen und uns hierauf mit einer gnädigen Resolution zu versehen. Wir beharren mit tiefstem Respekt Ew . Hochw. Hochwohlgeborenen Gnaden untertänigst gehorsamer der Stadt Magiſtrat.
41
Einquartierungen
im
Kebenjährigen Krieges
Stifte
Werden,
während
und Aufbringung
des
der dadurch
verursachten Koften.
Von P. Schmiß.
Durch den siebenjährigen Krieg (1756-63) wurde das Stift Werden, das als Reichsland zwar mit dem Kaiser hielt, aber durch die Vogteiherrschaft in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Könige von Preußen stand, stark in Mitleidenschaft gezogen . Fast beständig hatten Stadt und Land unter schwerer Einquartierung zu leiden, bald von französischen, bald von hannoverschen, bald von anderen Truppen. Nicht selten folgten sich die feindlichen Besatzungen in der Stärke von mehreren Bataillonen unmittelbar auf dem Fuße und zwangen unter Androhung ſtrenger militärischer Exekution die Stiftsbewohner zur „ Bebilletierung" der Mannschaften und Unterbringung der Pferde. Dazu kam die Verpflegung eines ganzen Trosses von Bedienten und Weibern. Zum größten Teil waren es französische Truppen , die in Werden Quartiere bezogen.
Dieselben sollen sogar von der Abtei
zu ihrem Schutze herbeigerufen worden sein.
Wenn das der Fall
war, dann wird der Abt ohne Zweifel mit dem Zauberlehrling häufig geseufzt haben : „Die Not ist groß. Die ich rief, die Geister Werd' ich nun nicht los . " Was man an der französischen Armee im allgemeinen tadelte, daß sie mit unnötigem Lurus und Troß ins Feld zog, tritt auch hier in die Erscheinung .
Indes wird in gleichem Maße über die kostspielige
Verpflegung der preußischen Truppen lebhafte Klage geführt. Der Stadt allein erwuchsen aus den beständigen Einquartierungen und sonstigen Lasten im Laufe des 36000 Reichsthaler Kosten, dem 100000 Rthr.
siebenjährigen Krieges gegen ganzen Stiftsgebiet mehr als
Es ist dieses eine Summe, die nach dem heutigen
Geldwerte dem Betrage von mehr als einer Million Mark entspricht.
42
Im Werdener Stadtarchiv befinden sich als Belege zu den Stadtrechnungen eine Reihe von Schriftstücken, welche die Kriegs lasten Werdens in den Jahren 1757-63 aufführen ; sodann enthal ten die im Werdener katholischen Pfarrarchiv befindlichen Rechnungen des Stiftes Werden aus den Jahren 1754–63 manche hierauf be zügliche Mitteilungen. Ihr für die Lokalgeschichte Werdens nicht uninteressanter Inhalt soll in folgendem näher dargelegt werden. Bei der Erörterung der allgemeinen Geschichte sind wir im weſent lichen Joh. Wilh. von Archenholz gefolgt, der als Königl. Preußi scher Hauptmann den Feldzug mitgemacht und seine Erfahrungen in der Schrift „ Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutschland “ 1) niedergelegt hat ; außerdem ist auf die "/ Geschichte des siebenjährigen Krieges" von Arnold Schäfer 2) vielfach Bezug genommen.
I. 1757. Dem siebenjährigen Kriege ging eine große, in ihrer Art ein zige europäische Krisis vorher.
Mächte, die bis
dahin ſich ſtets
feindlich gegenübergestanden hatten, schlossen Bündnisse mit einander ; so Frankreich und Oesterreich, ohne deren Zuſammengehen der Krieg sicher unterblieben wäre. Diesem Bündnisse traten Rußland und Schweden bei, während sich Preußen mit England, Braunschweig, Sachsen-Gotha und Heſſen-Kaſſel vereinigte.
Das Ziel des Krieges
war, dem Könige Friedrich II. die in den beiden ersten schleſiſchen Kriegen errungene Provinz Schlesien zu entreißen und überhaupt seine emporstrebende Macht zu vernichten oder doch wenigstens ein zudämmen . Jedoch wußte dieser, auf seinen Staat und ſein Heer gestützt, den Gefahren zu begegnen, die sich von allen Seiten über ihm zusammenzogen. Wer über Grund und Ursache des Krieges sich näher unterrichten will, findet beste Belehrung in dem diese Fragen eingehend behandelnden Werke von Ranke³) ; hier muß es ¹ ) Das Werk von J. W. von Archenholz „ Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutschland “ wurde zuerst im Jahre 1788 bei Schwan und Göz in Mannheim gedruckt. Es hat seitdem über 70 Auflagen erlebt. Im folgenden ist nach der ersten Auflage zitiert. *) Geschichte des siebenjährigen Krieges von Arnold Schäfer, 2 Bände Berlin 1867. *) Leopold von Ranke „Der Ursprung des siebenjährigen Krieges “, · 1871. Auch auf die interessante Kontroverse Naudé -Rehmann sei hier verwiesen.
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genügen, seine Hauptbegebenheiten, besonders soweit dieſelben auf dem westlichen Kriegsschauplage sich abspielten und das Stift Werden berührten, kurz hinzuweisen. Im Jahre 1756 war der Kriegsschauplatz auf Sachsen beschränkt, wo der damalige König von Preußen, Friedrich II. , am 29. Auguſt unerwartet
erschien,
ein österreichisches Heer unter dem General
Browne am 1. Oktober bei Lobosit schlug und die in Eile aufge= stellte sächsische Armee bei Pirna einschloß und zur Uebergabe zwang. Im folgenden Jahre
eröffnete Friedrich den Feldzug
mit dem
lang beabsichtigten Einfall in Böhmen, schlug am 6. Mai die Lester reicher unter dem Prinzen Karl von Lothringen und Browne bei Prag, wurde aber am 18. Juni von Daun bei Kolin besiegt und zum Rückzug gezwungen. Diese Niederlage Friedrichs bei Kolin bewog die bisher untätigen Bundesgenossen Desterreichs, einen entscheidenden Schlag zu wagen und die Besizungen Friedrichs und seiner Ver bündeten anzugreifen . Die Ruſſen ſeßten ſich durch ihren Sieg bei Großjägersdorf über den preußischen General Lehwaldt in den Besitz der Provinz Ostpreußen, die Schweden nahmen Pommern und den nörd lichen Teil der Mark Brandenburg, die Franzosen drängten unter ihrem Marschall d'Etrées den Herzog von Cumberland , der über die aus Engländern, Hannoveranern, Heſſen und Braunschweigern bestehende „Observationsarmee" den Oberbefehl führte und diesseits des Rheins stand, immer mehr nach Hannover zurück, besiegten ihn am 26. Juli bei Hastenbeck auf dem rechten Weserufer und zwangen ihn zur schimpflichen Konvention zu Kloster Zeven, derzufolge die Observa tionsarmee aufgelöst und Hannover sofort von den Franzosen beſetzt wurde ¹). Die militärischen Operationen auf dem westlichen Kriegsschau plaze machten sich in Werden in ſehr fühlbarer Weise geltend. Zwar hatte der Kommandant Söthe, um die Grenzen des Werdener Stifts gebietes erkennbar zu machen, beim Anrücken der französischen Armee Grenzpfähle anbringen lassen, worauf die Buchstaben des Reichsstiftes gemahlet" waren 2) . Auch reisten der Kanzleidirektor Dingerfuß und der Landrichter Funke in das französische Hauptquartier nach
1) Siehe Archenholtz a. a. D. S. 16 ff. 2) Nach der Landesrechnung vom Jahre 1756/57 kosteten die Pfähle 6 Rthr. 23 St. und die vom Maler Nikolaus Meyer ausgeführte Malerei 12 Rthlr.
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Neuß, sowie Abt Benedikt in das Hauptquartier nach Wesel, in der Abſicht, franzöſiſche Besatzungen möglichſt fernzuhalten ¹) . Indes hinderte das alles nicht, daß Stadt und Stift Werden schon bald in Anspruch genommen wurden. Wie rege der Schriftverkehr zwiſchen der Abtei und den französischen Befehlshabern im Jahre 1757 ge= wesen,
geht daraus hervor, daß dem abteilichen Sekretär Vorrath
wegen außerordentlichen Schreibens französischer Briefe
eine Ent
schädigung von 28 Rthr. " gezahlt wurde . In Kettwig wurde sofort ein Heu- und Strohmagazin für die französischen Truppen eingerichtet, dessen Bewachung die Werdener Kreissoldaten übernehmen mußten.
Dem Stifte Werden erwuchsen
hieraus 121 Rthr. 50 St. Kosten, während den Magazineurs du Croy und Morilott noch 100 Rthr . „ an Gratifikationen und douceurs zur Vorbieg und Abwendung größerer Zudringlichkeiten " werden mußten.
gezahlt
Dann kamen auch Bestandteile der französischen Armee auf ihrem Zuge zum Heere des Generals d'Etrées 2) über Werden und Zunächst trafen am 27. April morgens nahmen hier Quartier. zwischen 8 und 9 Uhr 2 Bataillone franzöſiſcher Truppen in Werden ein, das eine von St. Germain, das andere von Royal-Pologne. Beide Bataillone zogen am 2. Mai ab, blieben also 5 ganze Tage in der Stadt³) . Für 98 Offiziere oder im Offiziersrange ſtehende, worunter 2 Feldpatres mit ihren !! Domestiquen" , mußte die Stadt täglich je 2 Rthr. Verpflegungsgeld geben, für Stallung ihrer 314 Pferde täglich je 3 Stüber. An Unteroffizieren und Gemeinen zähl ten die beiden Bataillone 1316 Mann, worunter 2 Profosse 4) und 2
1 ) Nach der genannten Landesrechnung wurden die Reisekosten der ersteren mit 36 Rthr. 28½ St. und die des Abtes mit 41 Rthr. 18 St. in Anrechnung gebracht. 2) Nach Arnold Schäfer a. a. D. 1. Band S. 275 ff. überschritt die fran zösische Armee unter d'Etrées am 20. März die Grenzen Frankreichs und im An fang des Monates April den Rhein. Sie bestand aus 110000 Mann mit 100 schweren Geschützen ; dazu kamen aus den Niederlanden 4 österreichische und spä terhin 10 furpfälzische Bataillone. Nach Köln, Jülich und Düsseldorf wurden Be satzungen gelegt ; am 8. April zogen die Franzosen in Wesel ein. Nunmehr brei teten sie sich auch auf dem rechten Rheinufer an der Lippe und Ems aus . Noch im Laufe des Monats April beſeßten ſie Münſter. 3) Das St. Germain'sche Korps bildete die Vorhut der französischen Armee unter Soubise, die am 1. Oktober bei Gotha stand . Ueber dessen Schicksale im Stebenjährigen Kriege fiche Schäfer a. a . D. I. Bd . S. 439 ff. und II. Bd . S. 42 ff. * ) Profoß, von praepositus, war zuerst ein unter dem Generalprofoß stehender höherer Offizier der Landsknechte, später der Gefangenenauffeher.
1
45
Steckenknechte 1) .
Für jeden Soldaten hatte
die
Stadt täglich 15
Stüber zu bezahlen, außerdem für 48 Sergeanten, die für 2 Mann in Anschlag die
gebracht wurden, je 30 St.
fünftägige
Einquartierung
der
Jm Ganzen verursachte
Stadt
eine
Ausgabe
von
2823 Rthlr. 30 St. Auch in Kettwig wurden mehrere Abteilungen vom Polenkorps einquartiert. Die Landesrechnung verzeichnet „ 79 Rthlr.
20 St.
auf gnädigen Befehl hergeschossener douceurs
für den aide- Majorn der zu Kettwig kantonnierten Regimenter von la Dauphine und Löwendahl . “ Kaum waren die Regimenter aus Werden
ausgerückt,
als
ihnen sofort 4 Schwadronen Kavallerie auf dem Fuße folgten und in Werden Quartiere bezogen.
Es waren 4 Kompagnien vom Re
giment de Bellefont, die bis zum 10.
Mai, also volle 8 Tage
blieben. Dieselben zählten 18 Offiziere und einen Feldpater, wofür, wie vorhin, täglich 2 Rthlr. berechnet wurden.
Für die 53 Be
dienten derselben, sowie für 256 Kavalleriſten hatte die Stadt täglich je 15 Stüber zu zahlen, für Stallung ihrer 304 Pferde je 3 St. Die Gesamtausgabe betrug 1043 Rthlr. 36 St. Am 5. Juni rückte ein Kommando franzöſiſcher Soldaten ein, bestehend aus 2 Offizieren mit 2 Bedienten, einem Wachtmeister und 20 Husaren, welches den Auftrag hatte, auf dem Lande zu foura gieren und einen Tag und eine Nacht blieb .
Die Verpflegung kam
der Stadt auf 11 Rthlr.
Zu demselben Zwecke
15 St. zu stehen .
fam eine Kompagnie Dragoner auf der Abtei an und am 14. Juni ein französisches Detachement, bestehend aus einem Offizier und 4 Mann, welches in Werden übernachtete. Wieviel die oben erwähnte Kompagnie Dragoner und das leztgenannte Detachement der Stadt gekostet, ist nicht angegeben. Bei sämtlichen vorgenannten Einquartierungen waren nur die in Werden wohnhaften Bürger in Anspruch genommen worden, dagegen die sogenannten „ Forensen “ , wozu auch der abteiliche Kellner und die beiden Pastoren gehörten, verschont geblieben. Der Magistrat hatte dieselben deshalb bei den Steuerausschlägen vom Jahre
1757 ,
weil sie um die Hälfte weniger
als
die
andern
geleistet hatten, in entsprechender Weise erhöht . Da aber nur einige der Zahlungsaufforderung Folge leisteten, so wandte sich am 23. 1) Steckenknechte hatten die körperliche Züchtigung an Soldaten vorzunehmen.
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März 1758 der Magistrat an den Abt mit der Bitte um landes herrliche Assistenz 1 ) , wobei besonders hervorgehoben wurde, daß dem uralten Herkommen nach bei dergleichen Vorfall die Verpflegung der Kavalleristen den Stiftseingesessenen der Stadt
aufliege .
allein und
Indes gab die Abtei
ohne Zutun
dieſem Antrage keine
Folge.
II. 1758. Die Franzosen hatten nach ihren Siegen bei Haſtenbeck mit 100 000 Mann alles Gebiet zwischen Rhein und Elbe überschwemmt, sich Fourage sowie Proviant liefern lassen und Geld für die Befehls haber und noch mehr für sich selbst erpreßt, wobei man den Be wohnern dieses Gebietes
drohte, im Weigerungsfalle
Städte und
Dörfer zu verheeren, was übrigens auch ohnehin geschah.
Einige
Monate hatten die Franzosen ohne Sorgen auf Koſten der Deutſchen in dem eroberten Gebiete geschwelgt, als gegen Ende des Monates November die alliierte Observationsarmee plötzlich auf dem Plane erschien und dem wüsten Treiben ein Ziel sezte.
Diese, die soge
nannte niedersächsische Armee, bestand aus Hannoveranern, Hessen, Braunschweigern, sowie einigen Regimentern preußischer Kavallerie und hatte den gewandten und kriegskundigen Herzog Ferdinand von Braunschweig zum Oberbefehlshaber.
Seinem Talente und seiner
Tatkraft ist es zu verdanken, daß die französischen Korps unter Zurücklaſſung
mehrerer ansehnlicher Magazine nach und nach aus
der Elb- und Wesergegend bis über den Rhein zurückgetrieben wurden und diese Gegend eine Zeit lang und zwar die letzten Mo nate des Jahres 1757 und die ersten des Jahres 1758 von fran zösischen Einquartierungen verschont blieb. Wie von Ferdinand die Franzosen von dem nördlichen weit ausgedehnten Kriegsschauplage am Ende des Jahres 1757 und im Anfang des folgenden Jahres immer mehr auf den Rhein zurückgedrängt wurden, so tat Friedrich der Große durch seinen ruhmvollen Sieg bei Roßbach am 5. No vember einer anderen französischen Armee unter Soubise 2) und der
1) Beilage 1 . 2) Nach Schäfer a. a. O. I. Bd. S. 427 zählte Soubise's Armee 30 Bataillone und 22 Schwadronen, zusammen 24000 Mann und bestand zu einem Drittel aus fremden Soldtruppen, namentlich Schweizern und Deutschen.
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Reichs-Erefutions -Armee 1 ) unter dem Prinzen Johann von Hild burghausen Einhalt ; endlich erfocht Friedrich der Große in Schlesien über die österreichische Armee unter Karl von Lothringen und Daun am 5. Dezember den Sieg bei Leuthen, sodaß Friedrich am Ende des Jahres wieder auf der Höhe stand, und die ganze Welt über die glorreichen Taten des Preußenkönigs in Staunen gesezt wurde. 2 ) Im Winter 1757 auf 1758 wurde im Stifte Werden wiederholt von den in Mülheim liegenden hannoverschen Truppen souragiert, so von den Leutnants
Albrecht und Siegener.
brach man mit Waffengewalt.
Jeden Widerstand
So wurde der Schulte zu Heiſingen
wegen eines Vorfalles bei der dortigen Fähre gefangen genommen und erst nach achttägigem Arrest durch Vermittlung des Scheffen Engels , der dem hannoverschen Kriegskommissar Reder 2 Stücke „feines Bielefelder und Warendorfer Leinen und 1 Stück Batist mit seinem Pferde zum present machte ", wieder freigegeben. 3)
Auch an
der Fähre zu Baldeney war fortgesezt eine Feldwache ausgestellt, deren Unterhaltung dem Stifte oblag. Ungefähr 31 Jahr war das Stift Werden von Einquartierungen verschont geblieben,
da rückte am 27. März des Jahres 1758 das
französische Kavallerieregiment de Vienne ein.
Dieses
Regiment
befand sich auf dem Rückzug und strebte zu der Hauptarmee, die von dem Prinzen Ferdinand bis an den Rhein zurückgetrieben wurde, zu stoßen. 240 Mann,
Es bestand
einschließlich der Offiziere zusammen
die der Stadt
120 Rthlr.
aus
fosteten, während für 223
Pferde 22 Rthlr. 18 St. an Stallgeld aufgebracht werden mußten. Die französischen Truppen blieben nur
einen Tag in der Stadt,
weil sie einen feindlichen Ueberfall befürchteten. Münsterische Truppen im Anmarsche
Tatsächlich waren
auf Werden.
Sie gehörten
zu den Regimentern von Nagel und von Elberfelde der niedersäch= ſiſchen Armee unter dem Herzog Ferdinand von Braunschweig, und waren von diesem abgesandt,
um die Franzosen,
die noch in der
¹) Die Zahl der nach und nach tropfenweiſe anwachsenden Mannschaften der Reichs-Exekutions Armee betrug gegen 30000 Mann . Es war eine buntscheckige Menge ; der ständigen Soldaten waren nur wenige, die meisten, namentlich aus den Gebieten, die nur ein paar Mann zu stellen hatten, wozu auch das Stift Wer den gehörte, wurden für den augenblicklichen Bedarf aus Landstreichern und Zucht= häuslern rekrutiert. 2) Archenholz a. a D. Seite 45 ff. 3) Die " Reise- und Zehrungskosten des Scheffen Engels " betrugen 70 Rthlr. 41 Stüber.
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Als diese Truppen in die Stadt
Ruhrgegend lagen, zu vertreiben.
einrückten, machte sich das franzöſiſche Kavallerieregiment unter de Vienne schleunigst aus dem Staube und floh auf den Rhein zu Die Münsterischen Truppen, 523 an der Zahl, bezogen in Werden Quartier und blieben, wie die Aften melden, 2 Tage in der Stadt. Die Lasten ihrer Verpflegung sind auf 261 Rthlr. 30 St. angesezt. Wahrscheinlich aber ist es, wie es auch an einer andern Stelle heißt,
daß
die
Münsterschen
Truppen
in Werden
Raittag hielten, um am folgenden Tage die Vertreibung der Fran zosen aus dem Gebiete
diesseits
des Rheines fortzusehen.
Zwei
Monate später, im Monat Mai, kam der Herzog Ferdinand von Braunschweig, ') französische Truppenteile vor sich hertreibend, auch in die Ruhrgegend. Von einem seiner kommandierenden Generale, Wangenheim, ging am 26. Mai von Dorsten in Werden durch einen Schnellboten die Nachricht ein, daß die unter dem Kommando des Herzogs Ferdinand ſtehenden Truppen die Ruhr paſſieren würden und deshalb bei Werden eine Brücke über die Ruhr geschlagen werden müßte. Der Magistrat von Werden und Kettwig wurde aufgefordert, die dazu erforderlichen Balken, Bohlen und Bretter zu liefern. 2) Die Nichtbefolgung dieses Befehles würde die schärfſte Ahndung durch militärische Erekution nach sich ziehen. Desgleichen wurde am 26. Mai der Magiſtrat von Eſſen, Werden und die darum liegenden Aemter von General Wangenheim 3 ) unter Andro hung
militärischer Exekution
beauftragt, auf den 30. Mai für die gesamte deutsche Armee Sr. Königl. Majeſtät von Großbritan= nien Holz und Lagerstroh bereit zu halten, da selbige an dieſem
1) Mit den Truppen Soubise's , die nach der Schlacht bei Roßbach übrig geblieben waren, zog Broglie am 21. März von Kaſſel ab ; eɩ marſchierte, das Sauerland zur Linken laſſend, nach Erwitte und Soest, wandte sich von dort über Unna zur Ruhr und ging vom 3. - 5. April bei Düsseldorf und Köln über den Rhein. Schäfer a. a. D. 2. Bd . 1. Abt. S. 47 ff . Am 27. Mai vereinigte Fer dinand seine Armee ― 28 800 Mann JInfanterie und 8900 Reiter mit 44 ſchweren Geschützen ―― in 3 Korps zwischen Münster und dem Rhein zu Koesfeld, Dülmen und Dorsten. A. Schäfer a. a . D. 2. Bd . 1. Abt . S. 147.
2) Beilage 2. 3) Generalmajor von Wangenheim marschierte an der Spitze der Avantgarde von Dorsten an die Mündung der Ruhr, überfiel mit Kohlenschiffen von Ruhrort am 30. Mai 3 franzöſiſche Bataillone zu Homberg auf der andern Seite des Rheins und vertrieb die französische Besatzung von Kaiserswerth. Mitte Juni sette Wangenheim bei Ruhrort auf das linke Rheinufer über. Schäfer a. a. D. 2. Bd . S. 147 ff.
49
Tage in Werden Quartier nehmen würde . 1 )
In der Magistrats
sigung vom 27. Mai teilte der Bürgermeister mit, daß er nach Rück sprache mit dem abteilichen Landrichter Funke den die Lieferung von Balken, Bohlen und Brettern betreffenden Befehl dem Abte überbracht habe, worauf von demselben der Stadt die Ausführung anbefohlen worden sei. Der Magiſtrat beſchloß unter Wahrung seiner Rechte der abteilichen Aufforderung nachzukommen. 2 )
Nachdem 2
Sachverständige, die Zimmerleute Rheman im Thanſcheid und Ger hard Nirmann erklärt hatten, daß an Bohlen und Brettern
9000
Stück, an Balken 1200 Stück notwendig seien, wurde beschlossen, da ein solcher Vorrat nicht leihweise aufzubringen sei, solche gegen bare Zahlung zu kaufen und zwar 100 Stück Bohlen und Bretter für je 2 Rthlr. 30 St., 100 Balken für 5 Rthlr. 3) Gleichzeitig erließ der Magistrat
ein Aufgebot
täglich 4 Handwerker zu stellen.* )
an sämtliche Rottmeister
der Stadt,
dem Auf- und Abladen des Holzes zu
Vom 28. bis 31. Mai wurden die erforderlichen Valken,
Bohlen und Bretter von verschiedenen Bürgern geliefert.5)
Bei dem
Auf- und Abladen waren aus den einzelnen Rotten der Stadt 137 Mann tätig, die für diese Arbeit von der Stadt 34 Rthlr. 15 St. erhielten. 6) Die Wache bei dem Holz und Stroh sollte die sonst in der Heckstraße stationierte Stadtwache übernehmen. So lag nun alles Material zum Bau einer Brücke Aber Prinz Ferdinand
an den Ufern
der Ruhr bereit.
nahm seinen Weg bei der Vertreibung der
Franzosen nicht, wie beabsichtigt über Werden, sondern schlug eine andere Richtung
ein.
In der Nacht zum
29. Mai brach er mit
seinem Heere von Coesfeld auf und nahm seinen Marsch auf Em merich, das er am 31. Mai besetzte. Die Franzosen hatten, nachdem 11000 von ihnen auf der von Ferdinand ausgeführten Kriegsjagd gefangen genommen worden waren, in Wesel Halt gemacht. Der französische Feldherr Clermont nahm in der Festung Wesel das Hauptquartier und ſandte den größten Teil einer Truppen über den Rhein. Wesel zu erobern war nun der Plan Ferdi nands . Am 1. Juni fuhr seine Armee in der Nacht teils in gemieteten
¹) ¹) 3) *) *) *)
Beilage Beilage Beilage Beilage Beilage Beilage
3. 4. 5. 6. 7. 8.
50
Fahrzeugen, teils in flachen Booten, unweit Kleve glücklich über den Rhein, vertrieb Clermont aus Wesel, besiegte am 23. Juni die Franzosen bei Krefeld und vereinigte sich nach dem Siege mit einem 12000 Mann starken Korps , das ihm Malborough aus England zuführte.
Die Landung
dieser 12000 Engländer war im Monat
Mai von den Franzosen gehindert worden, die zu jener Zeit den Hafen von Emden im Besize hatten. Nach dem Siege bei Krefeld blieb Ferdinand noch eine Zeit lang jenseits des Rheins , brand schatte in Brabant und im Bistum Lüttich und suchte den Feldherrn Clermont zu einem neuen Treffen zu veranlaſſen. Da ihm dieses nicht gelang, überschritt er am 10. Juli bei Griethausen den Rhein und nahm vorteilhafte Stellungen an der Lippe, wobei er Hannover decken und seinen Truppen Ruhe und Erholung gönnen wollte. Am 21. August nahm er mit dem Korps Malboroughs seine frühere Stellung in Koesfeld wieder ein, worauf Contades am 23. Auguſt von Wesel aufbrach und ein Lager bei Recklinghausen südlich von der Lippe bezog . Nachdem der franzöſiſche Marschall Soubiſe am 10. Oktober bei Lutternberg den General Oberg, der mit 1000 Mann Hessen decken sollte, besiegt hatte, konnten die Franzosen wieder diesseits des Rheins festen Fuß fassen. Ferdinands Märsche und Stellungen verhinderten jedoch das weitere Vordringen der Fran zosen und die Vereinigung ihrer Armeen. Contades bezog zwischen Maas und Rhein, Soubise längs des Rheins und Mains Winter quartiere. ¹) Da die Armee des Herzogs Ferdinand nicht den Weg über Werden einschlug, so brauchte geschlagen zu werden.
auch keine Brücke
über die Ruhr
Die zum Bau der Brücke bereit liegenden
Balken, Bohlen und Bretter fanden eine andere Verwendung.
Sie
wurden von französischen Truppen, die im Winter des Jahres 1758 auf 59 in Werden Quartiere bezogen, beschlagnahmt, teils aufs Kastell gebracht, zur Anfertigung von „ Mehlmagazinen und Schilder häusern, teils in allhiesige Kapelle ) auf dem Markte geschafft, teils auch verbraucht an Brizen zu Wachtstuben, auch zu Krippen und Räufen zum Pferdestall bei Wittib Scheffen Huffmann. " Lines
1) Echäfer a. a. O. I. Bd . 1. Abt. S. 150 ff. 2) Die Nikolaikapelle am Markte diente während des ganzen Krieges als 153 Magazin für Kriegsmaterial.
51
Außer den größeren Einquartierungen verging fast kein Tag, wo nicht einzelne französische Soldaten, sischen Truppen nachmarschierten,
die der Armee der franzö
in Werden Nachtlager hatten.
Folgende mögen besonders hervorgehoben werden : Am 19. und 20. Oktober waren einquartiert
1
Offizier,
1 Wachtmeister mit 6 Husaren und 8 Pferden, welche die Häuser und Stallungen hiesiger Stadt notierten, am 10. und 11. November 1 Kapitän, 1 Lieutenant und 17 Tragoner, „sagend, weilen das Stift Werden die annach ausgeschriebene Fourage an den H. chevalier de la Mark nicht abgeliefert, anhero auch zur Exekution kommen . “ Nachdem am 17. und 18. November von 4 Bataillonen franzöſiſcher Truppen, 2 vom Regiment du Modene und 2 vom Regiment de Aulan, bestehend aus 1329 Mann, die mittels Pontons über die Ruhr gesezt hatten und deren 500 Pferde wegen Mangels an gehö rigen Stallungen den Bürgern in die Stuben und Küchen gesezt wurden, ein großes Nachtlager gehalten worden war, welches der Stadt 833 Rthlr. 30 St. Kosten verursachte, bezog eine Abteilung franzöſiſcher Infanterie und Kavallerie von der Legion Royal am 22. November in Werden Winterlager. Es waren 4 Kompagnien Infanterie und 4 Kompagnien Kavallerie unter dem Kommando des Herrn von Chabo mit
2 Oberstlieutenants , 11 Kapitänen, 16 Lieutenants , 4 marechaux de logis, 8 Sergeanten und 400 Ge
meinen. Diesen Truppen mußte die Bürgerschaft außer den ordi nären services noch das „ Zugemüß “ verabfolgen . Vorstehende 8 Kompagnien blieben in der Stadt bis zum 26. März 1759 , also 3 Monate 26 Tage oder 118 Tage und verursachten der Stadt 5172 Rthlr. mußten noch
20 St. Kosten. 147
Für die Domestiquen der Offiziere Rthlr. 30 St. und für Stallung der Pferde
1180 Rthlr. bezahlt werden . An Handdienſten bei Herstellung der Winterquartiere und Transporte und sonstiger Arbeiten für die Soldaten brachte die Stadt im Jahre 1758 außerdem 257 Rthlr. auf. III. 1759 . Im Winter 1758 auf 59 führten diplomatiſche Verhandlungen zu einem noch engeren Zusammenschluß zwiſchen Desterreich und. Frankreich. Der französische Minister Choiseul versprach für das 4*
52
folgende Jahr eine größere Hülfeleistung an Mannschaften und Geld und übernahm die alleinige Zahlung der an Schweden zu leistenden Unterstützungen. Im Jahre 1759 begannen die Franzosen ihre Mitten im Winter Unternehmungen mit einem kühnen Streich. überrumpelten sie die freie Reichsstadt Frankfurt und nahmen dort das Hauptquartier.
Den Franzosen dieſen
erlangten Vorteil zu
entreißen, war Ferdinands Hauptzweck bei Eröffnung seines Feld zuges. Ferdinand ließ 12000 Mann zurück, 1 ) die Hannover und Hessen decken sollten und marschierte auf Frankfurt los .
Bei Bergen.
unweit Frankfurt griff er am 13. April den Herzog von Broglio an, mußte sich zwar vor dessen Uebermacht zurückziehen, schlug aber dafür den Marschall Contades , der Weſtfalen und Hannover erobern sollte, bei Minden vollständig, trieb den Feind aus Westfalen nach Hessen zurück und konnte dem preußischen Könige Friedrich sogar eine beträchtliche Verstärkung schicken . An demselben Tage des Sieges bei Minden wurde ein anderer Sieg von dem Erbprinzen von Braunschweig bei Gohfeld erfochten .
Auf dem östlichen Kriegs
schauplage besiegte Friedrich der Große die Russen am 25. Auguſt bei Zorndorf, wurde aber am 14. Oktober bei Hochkirch vor Tagesan bruch überfallen und nach bedeutenden Verlusten zum Rückzug ge zwungen. 2) Nachdem von den 4 Kompagnien, die in Werden Winterquar tiere gemacht hatten, am 17. März 2 Kompagnien nach Neviges abgegangen waren, wodurch die Garnison einschließlich der Offiziere um 140 Mann verringert wurde, blieben noch 4 Kompagnien In fanterie und 2 Kompagnien Kavallerie in der Stadt bis zum 6. Mai, also noch weitere 50 Tage.
Die Kosten, welche sie der Stadt ver
ursachten, sind mit dem Stallgeld für 100 Pferde auf 1858 Rthlr. 20 St. angegeben. Am 12. Mai rückte zur Verſtärkung der auf dem Kaſtell zu rückgelassenen französischen Besayung, die sich selbst verpflegte, in die Stadt eine Abteilung von 3 Oberstoffizieren, 3 Unteroffizieren, 12 Dragonern, 38 Fußsoldaten und 3 Domeſtiquen mit 12 Pferden ein, welche bis zum 17. Mai, also 5 Tage blieben und in dieser Zeit der Stadt 91 Rthlr. 45 St. kosteten. 1) Die Armee Ferdinands hatte in diesem Jahre einen Bestand von 75000
Mann. 2) Archenholz a. a. D. S. 126 ff.
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An demselben Tage zog eine Abteilung, bestehend aus einem Offizier, einem Domestiquen, 14 Dragonern und 24 Infanteristen, die für obige Verstärkungsabteilung eintreten sollte, in die Stadt ein, blieb 5 Tage dort und verursachte der Bürgerschaft 57 Rthlr. 15 St. Roften . Am 22. Mai kehrten die 8 Kompagnien, die in Werden im Winterquartier gelegen hatten, nach der Stadt zurück und blieben volle 14 Tage.
Hierzu kam noch eine Kompagnie Grenadiere von
derselben Legion Royal, die 8 Tage in Werden blieb und mit obi gen 8 Kompagnien 794 Rthlr. 44 St. kostete. Am 14. Dezember langte das ganze Freikorps des franzöſiſchen Generals Fischer¹ ) in Werden an. Diese Truppen hatten längere Zeit in Ratingen gelegen, von wo aus sie ihre Fouragierungen bis ins Werdener Stiftsgebiet ausdehnten. So hatte am 23. November der Oberstlieutenant von Riedt in Kettwig vor der Brücke 2 „ fette Kuhbester" im Werte von 50 Rthlr. requiriert.
Der General Fischer
quartierte sich mit mehreren Offizieren in den Abteigebäuden ein, während 1364 Gemeine, 57 Bediente, 41 Weiber und 4 Kinder bei der Bürgerschaft untergebracht wurden.
Der abteiliche Kanzleidirek=
tor soll bei dem Oberstlieutenant Kühlwein zu Ratingen eine Abtei lung von diesem Korps sich zur Bedeckung der Abtei ausgebeten haben. Dieses Freikorps blieb nur eine Nacht in Werden und ließ sich sehr kostbar bewirten, sodaß der Bürgerschaft gemäß einer dem . Abte überreichten Spezifikation im ganzen 1137 Rthlr. 571/4 St.
P
Kosten erwuchsen. Am 15. Dezember marschierte das Korps mor gens 10 Uhr von hier nach Langenberg, Velbert und Elberfeld ab . In den letzten Tagen des Monates Dezember wurde es von dem Erbprinzen von Braunschweig bei dem Städtchen Wetter überfallen und teils niedergehauen, teils gefangen genommen .
Ein geringer
Teil dieses Korps , der sich mit seinem Führer rettete, bezog in den folgenden Jahren noch einige Male in Werden Quartier.
1) Das Fischer'sche Freikorps bestand aus einem in Deutschland angewor benen Haufen von liederlichem Gesindel, welches sich den ärgsten Ausschweisungen hingab. Am 23. Juni wurden leichte Truppen desselben von Paderborn über den Teutoburger Wald nach Detmold entfandt und trafen am 9. Juli in Minden ein. Am 14. September stand Oberst Fischer vor den Thoren von Hannover. Schäfer a. a. D. , II . Band I. Abt. S. 355 ff.
54
IV. 1760. Auf dem östlichen Kriegsschauplaze besiegten die Russen unter Soltikow den General Wedell bei Kay unweit Züllichau am 23 . Juli 1760 und schlugen am 12. August im Verein mit einem öfter reichischen Heere unter Laudon Friedrich den Großen bei Kunersdorf. Der General Fink, der Daun umgehen und von Böhmen abſchneiden sollte, wurde bei Maren von der lebermacht der Oesterreicher ein geschlossen und mußte sich nach hartnäckigem Kampfe mit 13 000 Mann ergeben. Auf dem westlichen Kriegsſchauplaze waren im Jahre 1760 die Verbündeten Friedrichs, Herzog Ferdinand von Braunschweig und ſein Neffe, der Erbprinz von Braunschweig weniger glücklich. Die Franzosen eröffneten den Feldzug mit 130 000 Mann, von denen 100000 in Westfalen und 30 000 am Rheine standen. Der Erb prinz von Braunschweig wurde am 9.¹ ) Juli von Broglie bei Korbach, am 16. Juli von einem anderen französischen Korps bei Emsdorf, dann am 26. Oktober von Caſtries beim Kloster Kamp am Nieder rhein vollständig
geschlagen.
Sein
heim mußte zufrieden sein,
Hannover decken zu können, während Broglie aus Westfalen, wo er bei Eimbeck ein festes Lager hatte,
nach Süden marschierte und in
Heſſen und zwar in und um Kaſſel Winterquartiere nahm.
Soubiſe
ging mit seiner Armee an den Niederrhein und quartierte sie längs des Flusses ein.
Herzog Ferdinand und ſein Neffe, die jetzt in
Weſtfalen keinen Feind mehr hatten, bezogen in dieser Provinz ihre Winterquartiere. 2)
In den Monaten Februar und März des Jahres
1760 mußten 25 000 Fourage- Portionen" nach Ratingen und Gerresheim für das Korps des Generals Fischer vom Stifte Werden geliefert werden, welche der Stadt 57 Rthlr. 48 St. fosteten. Am 18. Mai rückte von dem Fischer-Korps
eine Abteilung
Korsikaner, beſtehend aus 3 Offizieren, einem Feldpater, 5 Serge anten, 2 Kadetten und 79 Gemeinen in Werden ein und blieben dort bis zum 12. Juni, also 26 Tage.
Sie kosteten der Stadt an Ver
pflegung 696 Rthlr. 38 St.
"‚Behufs fernerer Verpflegung und nachheriger Begräbniskoſten eines von der französischen Winterquartierungsgarnison von der Le 1) Nach Schäfer a. a. D. II . Bd . II . Abt . S. 125 fand das Gefecht bei Korbach am 10. Juli statt. 2) Archenholz a. a . D. S. 168 ff.
55
gion Royal zurückgebliebenen Musketierkindes " mußte die Stadt 17 Rthlr. 50 St. aufbringen. Dem Stiftsbewohner Anton in der Eue zu Fischlaken wurden. wegen 22 tägiger Verpflegung und Beföstigung der zur Bewachung des Fähres an der Baldeney aufgestellten franzöſiſchen Feldwacht 17 Rthlr. 9 St. ausgezahlt. Der französische Kommandant Ristori ließ an dem Werdener Kastell, wohl um dasselbe als Wacht- und Schußposten tauglicher zu machen, mehrere bauliche Veränderungen vornehmen, unter anderem eine Gallerie auf dem zweiten Stockwerk anbringen und die Turm fenſter vermauern.
Die Landesrechnung meldet, daß „ den Zimmer
Leuten Rheman, Wintgen, Grote, Hicking, Breuer, Möllers , Braiters ſcheidt, Effmann und Fiſcher für Beleg- und Befußung des unterſten Stockwerkes und Verfertigung einer Gallerie auf dem zweiten Stock werk 10 Rthlr. 71,
St., dem Gildemeister Hermann Leers für
gelieferte Bretter des untersten Stockwerkes und Verfertigung der Gallerie 36 Rthlr. 19½ St., den Stadtrottmeistern Schol, Esenberg, Lose, Wintgen, Peters , Bertram, Koch, Meng, Varckhoff, Barnscheidt, Sales und Hennes behuf ihrer Rottgenossen an akkordiertem Arbeits lohn auf dem Kastell wegen Zutragung der Bretter und Schiebung der Steine und des Kalfs 10 Rthlr. 19 St. , dem Maurermeister Weinrather für Zumauerung
der hohen Fenster auf dem hohen .
Kastellsturm und sonstige Mauerarbeit und dem Meister Theodor Hückelskothen für gelieferten Kalf 16 Rthlr. 51 St., dem Meister Rheman im Thanſcheid und übrigen Arbeitsleuten für Ausgrabung der Pallisaden auf dem Markte in der Bungerstraßen und sonsten auf Ordre des Kommandanten Ristori und derselben Hintragung zum Kastell", wo sie gebraucht werden sollten, 5 Rthlr. 18 St. ge= zahlt worden seien. Als der Kommandant Riſtori aus Werden ab 30g, wurden die Pallijaden auf dem Kastell wieder entfernt und von den Rottgenossen nach
der Born und Brandespforten “ geschafft,
wofür diese von der Stadt bezahlt wurden. Unterdessen
war
am 8. Juni
eine andere Abteilung vom
Fischerkorps unter dem Kommando des Kapitäns Heseler nach Wer den ins Quartier gerückt, bestehend aus 5 Offizieren, 6 Sergeanten, 200 Gemeinen, 18 Weibern und 5 Domestiquen . Dieselben marschier ten am 13. Juni nach einem Aufenthalt von 6 Tagen von Werden ab. Da von den Landbewohnern der Bürgerschaft für die Soldaten
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Fleisch und Brot geliefert wurde, so betrugen die Verpflegungskosten pro Mann nur 7½ St. , zusammen 188 Rthlr. 15 St. , wozu noch das Stallgeld für 10 Pferde zu 3 Rthlr . hinzufam. Zwischenzeitlich war ein Husarenrittmeister mit 8 Husaren, 3 Knechten und einem Weibe vom 18. Mai bis zum 13. Juni hier einquartiert.
Die 29 Verpflegungstage kosteten der Stadt 116 Rthlr.
und das Stallgeld für 13 Pferde 18 Rthlr. 12 St. Vom 16. bis 17. Juni hatten Nolfen mit 2 Bedienten, 45 Ge meinen und 7 Pferden in Werden Quartier, ebenso vom 20. bis 21. Juni mit 2 Lieutenants und 63 Gemeinen. betrugen 32 Rthlr. 21 St.
Die Gesamtkoſten
Am 17. Juni nachmittags fam General Fischer nach Werden zurück ; er selbst nahm wieder auf der Abtei Quartier, während 1 Rittmeister, 1 Wachtmeister mit 2 Bedienten und 111 Husaren bei der Bürgerschaft untergebracht wurden.
Sie machten
eine Ausgabe von 29 Rthlr. 45 St. und außerdem an Stallgeld für 116 Pferde noch 5 Rthlr 48 St. notwendig .
Außerdem hatte das
Stiftsgebiet für das Fischerkorps „ 15000 Fouragerationen “ zu liefern, zu deren Abkaufung vom Kaufmann Mohn zu Velbert ein Kapital entlichen werden mußte. Für „ Negotiierung“ dieſes Kapitals wurden noch 4 Rthlr. 40 St. verausgabt. Am 19. Juli hatte die Stadt einen hannoveriſchen Oberſt wachtmeister, von Scheither ¹ ),
nebst 4 Offizieren, 2
Domestiquen
und 80 Reitern auf einen Tag zu verpflegen, was mit dem Arbeits lohn „für die aus dem Magazin in der Kapelle gelieferte Fourage und den mitgenommenen Säcken " auf 27 Rthlr. 25 St. angesezt iſt. Vom 15. bis 16. September war von den Korsikanern wieder um der Kapitän Ristori mit 2 Sergeanten und 40 Gemeinen in Werden.
Ihre Verpflegung kam der Stadt auf 24 Rthlr 6 St. zu
stehen. 1) Im Monat Juni war das Scheitherſche Korps bei der Verfolgung der Franzosen bis an die Tore von Wesel vorgedrungen ; im Oktober überrumpelte es Geldern und führte die Besatzung gefangen ab; im Dezember seßte Hauptmann von Scheither mit 270 Mann bei Kettwig über die Ruhr und am Sylvesterabend auf einem Ruhrſchiffe, das er mittels eines mit 12 Pferden bespannten Wagens von Kettwig mit sich geführt hatte, bei Kaiserswerth über den Rhein, worauf am Neujahrsmorgen die aus Schweizern bestehende Besatzung von Uerdingen überfallen wurde. Nachdem das dortige Magazin in Brand gesteckt worden war, kehrte von Scheither mit 100 Gefangenen und großer Beute über den Rhein zurüd. Schäfer a. a. . II. Bd . I. S. 390.
57
Vom 9. Oktober bis
1. Dezember mußte das Stift Werden
Fourage zur hannoverischen Armee in der Gegend von Wesel liefern. Dem Magazineur Bernhard Morrien wurden für Ablieferung der Fourage an Arbeitslohn von der Stadt 25 Rthlr. 221 St. aus gezahlt. Vom 25. Oktober bis zum 6. November wurde der Kapitän Antonini mit einem Bedienten und 30 Korsikanern in der Stadt ver pflegt, was auf 105 Rthlr. berechnet ist. Von den beiden Regimentern von Salis Schweizer und d'Auverne rückten unterm 23. November 12 Offiziere, 40 Husaren 600 Gemeine und 6 Bediente in Werden ein, die einschließlich des Stallgeldes für 60 Pferde 175 Rthlr. Koſten verursachten. In Werden bezogen Winterquartiere vom 5. Dezember ab der Lieutenant Antonini mit einem Kadetten, 3 Sergeanten und 40 Kor sikanern, sowie vom 9. Dezember ab eine Kompagnie vom Fischer forps ¹ ) unter dem Kommando des Hauptmanns Bernhard mit 2 Offizieren, 5 Sergeanten, einem Husarenwachtmeister, 5 Husaren und 212 Mann, teils Musketieren , teils Jägern. Sie blieben bis zum 14. Januar 1761 und verursachten in dieser Zeit der Stadt einschließlich des Stallgeldes für 60 Pferde 2569 Rthlr. Koſten. Noch eine Reihe anderer Ausgaben erwuchsen dem Stiftsge biete aus den Kriegsunruhen . So wurden dem Vorsteher Jakob Stricker in Kettwig für Konsumption diesjähriger außerordentlich vieler franzöſiſchen und hannoverischen Patrouillen " 511 Rthlr . 26 St. und "! wegen Respiciirung des Magazins daſelbſt, Empfang und Auslangung
der Fourage an die Detachements , Patrouillen und
sonsten, und dabei gebrauchten Arbeitsleuten " 99 Rthlr. 2012 St. ausgezahlt.
Der Abt, Magistrat, Droste von Schirp , Kanzleidirektor
Dingerfuß, Advokat Kramer und Notar Winkelmann erhielten für Reisen im Interesse des Stiftes wegen der Kriegsunruhen 534 Rthlr. 4 St., der Richter und Rendant Funke sowie der Gerichtsschreiber Bernard
für außerordentliche Mühen" 109 Rthlr. , mehrere Land
. wirte für erlittenen Schaden an den Feldfrüchten 305 Rthlr 35½ St. und für verloren gegangene Karren bei Transporten 380 Rthlr., ¹) Nach dem Abzuge aus Werden Ende Juni war das Fischerkorps nach Marburg marschiert, wieder zurück an den Niederrhein, wo es in dem Treffen bei Kloster Kamp auf der linken Flanke des französischen Heeres stand , jedoch ab= geschnitten wurde und sein Heil in der Flucht auf die Maas zu suchen mußte. Schäfer a. a. D. II . Bd . II. Abt. S. 140.
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„ die Magazineurs Tanſcheidt, Morrien und Heſſe wegen diesjährigem Empfang und Auslangung der Fourage im Magazin in der Kapellen hierselbst an die Garnison, Detachements, Patrouillen und sonsten, sowie der Glasmacher Fischel für reparirte Glasfenster in gemeltem Magazin" 39 Rthlr. 561, St. , und endlich wurden an unvermeid lichen " douceurs zur Abwendung verschiedener Tringlichkeiten“ noch 93 Rthlr. 12 St. verausgabt.
Da zu den Einquartierungen blos die in der Stadt Werden ansässigen Bürger herangezogen werden konnten, während die in dem Stadtbezirk begüterten, aber auswärts wohnhaften, sogenannten Fo renſen von den Kriegeslaſten frei blieben, ſo gedachte der Magiſtrat, letteren zur Bonifizierung der wie im Jahre 1757 , wiederum ersteren" eine Steuer aufzulegen. Er ließ die Forensen zu einer Magistratssitzung am 1. August 1760 vorladen, indes ohne Erfolg. Auch die dem Abte unterbreitete Bitte, wider die sich mit Unfug oppo nierenden Bauersleute auf nächſtfolgenden Sonntag ein Proklama¹ ) zu jedermanns Warnung von beiden Kanzeln publizieren zu laſſen“ , wurde mit der Begründung abgewieſen, daß „ in vorherigen Kriegs zeiten die auswärtigen wegen einiger zur Stadtsmatrikul gehörigen Gründe kontribuierende Bauersleute nebst den ordinären Satzungen annoch durch einen ganz besonderen allgemeinen Anschlag zu den in der Stadt vorgeweſenen Durchmärſchen und Einquartierungen nicht beigetragen haben", gleichwohl wolle der Abt, weil die abteiliche Kellnerei und die beiden Pastorate zu Born und Neukirchen bei der Sache „ käntlich mit interessieret" wären, hierüber ein unparteiiſches Rechtsgutachten anfertigen lassen, das für seine ferneren Verfügungen 1) Das Proklama lautete : „Wir Bürgermeister Rat und Gilden hiesiger Stadt Werden tuen den zu dieſer Stadtmatrikul gehörigen und mitkontribuierenden Bauersleuten hiermit kund und zu wiſſen, daß dieſelben ſich am nächſtbevorſtehenden Dienstag den 5. dieses Monates August, morgens 9 Uhr, unausbleiblich ſamt und sonders auf hiesiges Rathaus bei Strafe von 6 Mark Brüchten einfinden laſſen sollen, um daselbst zu vernehmen, was ein jeder wegen nicht getragener Kriegeslast nach dem Anschlag seiner Kontribution der Stadt billigst zu vergüten hat, woselbst ihnen ihre Rechnungen vorgelegt und terminus solutionis zur hiesigen Stadt rezeptur präſigniert werden solle, da sonst un Nichterscheinungsfalle sowohl wegen verwirkter Brüchten als auch ihrer der Stadt rückständiger Kriegslaſtſchuldigkeit wider sie mit Recht prozediert und ihre ſtadtmatrikularischen Gründe dafür in Anschlag genommen und plus offerenti verkauft werden sollen, wonach ſich ein . Jeder zu richten und wider Schaden und Koſten zu hüten hat. Signatum, Werden in senatu den 1. August 1760 . Jussu Magistratus J. W. Sommers secretarius.
59
maßgebend sein solle. "
Am 6. September 1760 erwiderte der Ma
giſtrat, daß er so wenig als die Bürgerschaft sich hiermit zufrieden geben könnte, daß sie vielmehr
hierwider am feierlichsten protestieren
und bei ihrem offenbaren Recht und Berechtſamb inhalts privilegiorum et concordatuum felsenfest persistierten. " Er wiederholte seine Vor stellung und Bitte um Bekanntmachung des Proklama, wobei er sich auf ein gleiches Verfahren im Dorfe Kettwig 1 ) berief. harrte der Abt
Jndes ver
auf seinem ablehnenden Standpunkte, gab
der Hoffnung Ausdruck,
bis zum
aber
12. September im Besize des
Rechtsgutachtens zu sein; es scheint auch zur bestimmten Zeit ein gegangen zu sein, denn am 13. September beauftragte der Magistrat den
Stadtsekretär
Sommers, gleichfalls
einen Rechts
gelehrten über die schwebende Angelegenheit zu besorgen.
Während
das abteiliche Rechtsgutachten jede Verpflichtung der Forenſen beſtritt 2) , sprach sich der städtische Gutachter, Dr. Franzen für deren Ver pflichtung aus ). Der Magistrat säumte nicht unter Beachtung der 1) Das Attest lautet : „Auf Ersuchen Bürgermeister und Rat der Stadt Werden beurkunden wir Endsunterschriebene Vorsteher und Rottmeister des Dorfes Kettwig als Mituntertanen des Reichsstiftes Werden, der Wahrheit zu Steuer, daß von uns auf alle und jede in das Dorfsmatrikul gehörige kontribuable Gründe, als Häuser, Höfe, Kotten und Gärten , Wiesen und sonstige Ländereien wie die Kontributionen, also auch die Kriegslasten repartiert werden und die Besitzer darob, es feien Dorfs - Eingesessene oder andere im Bezirk des Dorfs liegende oder auch in den benachbarten Honnschaften wohnende Bauern oder Köther und zwar ein Jeder nach Proportion seiner in das Dorfs-Matrikul besitzenden Gründen die Kon tribution und Kriegslasten, wie sich dieses ohnedem von selbst versteht, unweigerlich beitragen müſſen und daß uns Vorstehern und Rottmeiſtern anders nicht bewußt sei, als daß auch ein solches im ganzen Stift Werden und Honnſchaften beobachtet werde. Kettwig, den September 1760. Wilhelm Jakob Strycker, Vorsteher Jan Wilm Busch, Rottmeister Wilh. Godfried TumHoff junior, Rottmeister Wilhelm Halep, Rottmeister Heinrich Böniger, Rottmeister Wilhelm Dellmann, Rottmeister Johannes Bruns , Rottmeister. 2) Beilage 9. ³) Die vom Magistrat gestellten Fragen und die Antworten darauf lauteten, wie folgt : Bürgermeister und Rat der Stadt Werden repartieren ihre Ausschläge oder Satzungen in ihrer Bürgerschaft, so oft es notwendig. Dieser Ausschlag wird formiert auf die Nahrung und auf die zur Stadtinatrikul gehörigen Erbstücke als Wiesen, Gärten, Häuser und Ländereien, und kontribuiert ein jeder Bürger hieran pro rata seiner stadtmatrikularischen Gründe. Diese Satzungen werden den Bür gern durch den Stadtdiener auf gewiſſe beſtimmte Zeit zur Zahlung angedeutet und an den zeitigen Stadtrezeptor zur Stadtkaſſe bezahlt . Sowie nun obgedachte Satzungen repartiert oder angeſchlagen werden, gleichergeſtalt werden auch hiernach die Einquartierungslaften, Durchmärsche und sonsten angeschlagen und die Bürger
60
gegebenen Fingerzeige auf einmal 100 Sagungen
auszuschreiben,
„ mit der Bedrohung, daß auswärtige Kontribuenten, falls sie nicht innerhalb 8 Tagen hierzu ihren Matrikular- Anteil bar abgeführt haben würden, solche alsdann durch die aus der Stadt ausfallende
belegt. Es gehören zu diesem Anschlag verschiedene Forensen als die reichsabtei liche Kellnerei, beide Pastoren, der Freiherr von Schirp und verschiedene andere Bauersleute, welche vor und nach von der Bürgerschaft stadtmatrikularische Grünte acquiriert und cum onere et commodo erkauft haben, welche auf allemal, ſo oft als ausgeschlagen wird, ihr Kontributions : Quantum unweigerlich abführen. Nun ift die Frage: 1) ob jene, nämlich die Forenſen, nicht schuldig sind, auch die von anderen mitkontribuierenden Bürgern getragene Kriegslast, womit solche Forensen wegen der Lage ihrer Wohnung nicht belegt worden, weil die Soldaten ſich außer der Stadt-Ringmauern nicht belegen lassen wollen, zu tragen ; und 2) da sie hiervon nichts getragen, zu vergüten und also den für sie mitbe lasteten geweſenen Bürgern billigmäßig zu bonifizieren und ob 3) Magiftrat den Forensen also hierob eine besondere Rechnung formieren oder das Quantum in Sapungen repertieren und mit den Ausschlägen ſolange kontinuieren mögen, als bis dann a forensibus die Kriegsbeschwerde der Bürgerschaft hierdurch bonifiziert werden und wie 4) gegen die hierunter sich allenfalls widerseßende Forensen zu prozedieren ſei, worauf für die Gebühr ein consilium iuris gebeten wird." Die hierauf erteilte Antwort lautete : ad 1 ) Daß die Forensen nach den heutigen Gewohnheiten allerdings schuldig, alle Reallaften gleich den Bürgern proportionierlich mit sich zu tragen, zumal fie solches in Ansehung der Einquartierungslaßt auch im vorigen saeculo getan haben. ad 2 ) Daß löblicher Magistrat hierunter ratione praeteriti nicht unbillig einer Untersuchung und Bonifizierung der Prägravation des einen vor dem anderen Kontribuenten anlegen und ad 3) nach erheischender Notwendigkeit der Vergütung und des Rückstandes wegen publiker Lasten das Quantum in Satzungen repartieren, mithin darnach die Ausschläge multiplizieren möge, bis daran das Nötige beigeſchafft , wiewohl davon forensibus darob ex particulier eine besondere Rechnung zu formieren und zu communicieren nicht nötig, noch dienlich sein möchte, damit die Sache nicht den Schein von Partikulier-Ausschlägen und beson deren Beschwerniſſen bekomme, noch über dergl. Rechnung ſelbſt Partikulär prozeß entstehen möge, indem es eine generelle und egale Stadt-Kontri butionssache gegen alle Kontribuenten bleiben muß, wobei den bisherigen Progravierten a cassa gleichwohl succesfive vergütet werden kann, welches die Obrigkeit billig tun muß, ohne davon eine Particulär Schuld zu machen, sondern, wie vormals geschehen, zu prozedieren , wiewohl ad 4) wann sich darunter die Forensen widersetzen sollten, dagegen die Pfändung zu gebrauchen nicht unerlaubt, da nach vorgewiesenen Nachrichten der Pri vilegien ein löblicher Magistrat in possessione der Anschläge sich befindet, ohne darüber den Landesherrn anzurufen, folglich auch die Ausschläge und deren nötige Verdoppelung im Mißzahlungsfalle ſelber exequieren und pfänden laffen kann, welches dann praevia intimatione im städtischen Gebiet mit denjenigen vorerst anzufangen, welche auf Matrikular - Gründen wohnen".
61
Bürgerschaft via facti exequiert werden sollten . "
Indes erließ Abt
Anselm, weil die Genehmigung der Abtei nicht nachgesucht worden war, am 30. Oktober 1760 einen strengen Befehl an Bürgermeister und Rat der Stadt Werden, "1 bei Vermeidung schärfster Ahndung und Ungnade von dergleichen unerhörten und zu einer allgemeinen Empörung
abzielenden, eigenmächtigen strafbaren Verfahren sofort
zu deſiſtieren “, gleichzeitig aber erklärte er ſeine Bereitwilligkeit, „ die wegen dermaligen leidigen Kriegsumständen erforderlichen mehreren Sazungen zu verſtatten. "
Am 13. November 1760 richtete der
Magistrat einen Antrag auf Genehmigung der erhöhten Sagungen bei der Abtei ein und erneute denselben am 21. November unter dem Hinweis darauf, daß Not und Elend sich häuften und sämtliche Magistratsglieder ihr Amt niederlegen würden, wenn nicht bald ein zusagender Bescheid
erfolge.
Jedoch blieb die Genehmigung aus,
ja der abteiliche Kellner wies den ihn um seinen Beitrag mahnenden Stadteinnehmer mit
abgeschmackten Redensarten zurück .
Deshalb
versammelte sich der Magiſtrat am 30. Januar 1761 mit den Rott meistern und Meistbeerbten der Stadt, die mit mehreren umständlich und beweglichst die Bedrängnis der Bürgerschaft anzeigten, daß sie hülf- und trostlos zusehen müßten, wie sie vollends um das Ihrige gebracht würden und daß
es das Ansehen gewinne,
darauf abziele, die Bürgerschaft zu ruinieren. " Magistrat,
daß er
als ob man
Sie verlangten vom
auf Grund seiner Privilegien, vorgehe.
ohne Jemand
weiter zu fragen,
gegen die Forensen
Der Magiſtrat
beschloß dann auch
wider die mit Unfug sich opponierenden Forensen
nach alter Observant exekutorisch zu verfahren ", während die Rott meister, Meistbeerbten und die übrige Bürgerschaft durch Unterschrift sich verpflichteten,
die städtische Berechtsamkeit zu defendieren und
hierunter alle für einen und einer für alle schuldigſt beizuſpringen und zu manutenieren. " Da auch die Pfändung einiger abteilichen ,,Domestiken, welche, obgleich sie die Bürgerschaft erworben und bürgerliches Gewerb und Nahrung trieben " die Zahlung der Ein quartierungsgelder geweigert hatten, von der Abtei verboten und die Rückerstattung
der gepfändeten
erhoben am 13. Februar
Sachen
gefordert wurde,
so
1761 Magiſtrat und Rottmeiſter durch
notarielle Urkunde Klage bei der Klevisch-Märkischen Landesregierung. Indes wurde der Notar Drüge aus Eſſen an der Insinuation des Instrumentes
durch Verweigern
der Ueberfahrt über die Ruhr
62
gehindert 1) und bei dem Bürgermeister der Kreiskontingents -Korporal Heine zur Strafe cinquartiert, mit dem schriftlichen Befehle, daß er " sich täglichst nebst Eſſen und Trinken 15 Stüber zahlen lassen solle“, bis die gepfändeten Sachen herausgegeben seien, worauf die Heraus gabe erfolgte.
Der Magistrat
tat zur Heranziehung der Forensen
einstweilen keine weiteren Schritte bis zum 5. Februar 1763 , als das Türfenforps in Werden einquartiert war, worüber später berichtet wird.
¹) Auf dem notariellen Instrumente vom 13. Februar 1761 iſt vermerkt : Infolge vorstehender Requisition habe ich mich eodem nachmittags umb 2 Uhr nach der hiesigen Werden’ſchen Abtei mit zugezogenen Zeugen verfüget und mich ante abbatiae portam, gestalten etwas zu insinuieren hätte, durch den Pförtner melden laſſen, bin aber abgewarteter viertelflündiger Frist durch den Kanzleiboten gewissiget worden, daß die Herren noch an der Tafel wären und ich mich ungefähr um 3 Uhr zu melden hätte. Da nun nach abgewarteter 3 Uhren ich mich wiederumb daselbst eingefunden und mich abermals mit dem Bedeuten anmelden laſſen, daß mich doch forthelfen möchten , inmaßen heute abend wieder nacher Haus auf Essen reisen müßte, so ist nach halb 4 Uhren der abteiliche secretarius Herr Vorrat herunter gekommen, mich zu sich vor die abtciliche Pforte gerufen mit Befragen, was denn zu insinuieren hätte. Als ihm dann darauf bedeutet, daß eine vor mir und den Zengen von hiesigen Bürgermeister, Rat und Gilde wie auch Rottmeistern interponierte Apellation zu insinuieren wäre, mithin ihm auf dessen Verlangen das Originale vorgewiesen und derselbe das hinterste Blatt der Requisition samt den 7 Unterschriften durchlesen, so hat gemelter Herr secre tarius mir in Antwort erteilt : gestalten mich nicht unglücklich machen möchte, denn Sr. Hochwürden Gnaden der Herr Reichsprälat nähmen dergleichen Infinuation von seinen rebellischen Untertanen nicht an, stände auch nicht unter der Kleviſch und Märkischen Regierung ; ich möchte warten ; er wollte Hochw. Herrn Prälaten davon berichten. Nach abermals abgewarteter ungefähr halbstündiger Frist ist obgedachter Herr secretarius mit bei sich gehabten 2 Mannspersonen herunter bis an die Scheidbach gekommen und mich in Gegenwart dieser Leute und den für mich gehabten Zeugen bedeutet, daß meinen Requirenten referieren möchte, daß sie sich der Gebühr nach bei Sr. Hochwürden Gnaden zu melden hätten und wann mich unterstehen würde, dieſe Appellation zu inſinuieren oder irgendwo hinzulegen, ich unglücklich sein und nicht aus Werden über die Ruhr kommen , was Endes ſeine bei sich gehabten Leute auf mich genaue Achtung nehmen würden, worauf denn in vorgedachter Zeug Gegenwart und seiner Lente öffentlich gegen__alle_Gewalt, Bedrohungen und Behindernissen in Exerzierung meines mir von Sr. päpstlichen Heiligkeit und des Römiſchen Kaiſers gnädigst verlichenen Amts feierlichſt protez fliert und meiner Herren Requirenten Berechtsame ausdrücklich reserviert habe. Wegen dieser Bedrohungen und der an der Ruhrüberfahrt gestellten Wache der Königlich französischen Truppen habe also die insinuierende copia authentica cum nota interposita nicht insinuieren können, wie ich dann auch in der Tat erfahren, daß dem Schiffmann an der Ruhr durch den Kanzleiboten meine und der Zeugen Ueberfahrt inhibiert war, weshalb mich abermals nach der Kanzlei verfüget und die unerlaubte Ursach der Wegessperrung vor honnette Leute vernehmen wollen ; und als daselbst versichern müſſen , daß das insinuandum nirgends niedergelegt, so hat jezt der Kanzleibote das Ueberfahrt-Verbot beim Schiffmann wieder aufge hoben. So geschehen . Werden, den 13. Februar 1761. Joh. Friedr. Drüge; Notar.
63
V. 1761 . Im Jahre 1761 geriet Friedrich wieder in eine mißliche Lage. Mit 50000 Mann hatte er gegen seine Gewohnheit bei Bunzelwitz ein festes Lager bezogen und wurde hier von Laudon mit 70000 Desterreichern und von Buturlin mit 60000 Russen eingeschlossen. Nur die Uneinigkeit der feindlichen Führer rettete ihn aus dieser Lage.
Der Feldmarschall Buturlin wollte sich von dem Feldzeug
meister Laudon keine Vorschriften machen lassen, er zog ab und ließ nur 20000 Ruſſen als Hilfstruppen zurück. Friedrich hob schleunigst sein Lager bei Bunzelwitz auf und zog ungehindert ab. Die Ruſſen und Schweden eroberten die Festung Kolberg, und hierdurch ging der größere Teil Pommerns für Friedrich verloren. rumpelte die Festung Schweidnig.
Laudon über
Mehr als die Hälfte der preu
Bischen Provinzen war in Feindeshand.
England stellte dazu noch
die Zahlung der bisherigen Unterſtüßungsgelder ein.
Friedrich der
Große hatte nur noch 60 000 Mann, die geteilt Sachsen, Schlesien und die mit der französischen Armee vereinigte deutsche Reichsarmee in Schach halten mußten. Auch wußte er nicht, woher er noch Rekruten,
Pferde ,
Geschüz, Lebensmittel und Geld , nehmen sollte ;
sein einziger Wunsch war Friede. Auf dem westlichen Kriegsschauplaze stand es für die Sache Friedrichs ein wenig besser. die Feinde behaupten.
Ferdinand konnte seine Stellung gegen
Die Preußen siegten unter Sydov am 15 .
Februar über die Franzosen, Sachsen und die Reichstruppen bei Langensalza.
Nach dieser
Niederlage hatten
die Franzosen auch
einen Sieg zu verzeichnen ; sie schlugen nämlich den Erbprinzen von Braunschweig
am 21. März
bei Stangerode.
Endlich siegten die
Verbündeten Friedrichs unter dem Herzog Ferdinand am 15. Juli über Broglie bei Villingshausen, worauf die Franzosen gleichwohl das ganze Land vom Rhein bis Göttingen hin besetzt hielten ¹ ) . Sowohl die französische als die verbündete Armee kämpfte mit der Schwierigkeit der Verpflegung. Die näher gelegenen Landſchaften . waren ausgezehrt und die Zufuhren von weiterher wurden durch die anhaltenden Regengüsse auf's höchste erschwert.2)
¹) Archenholz a. a. D. S. 222 ff. ) Schäfer a. a . D. II . 2. C. 207. 2
Auch das Stift
64
Werden war durch die fortgeseßten Einquartierungen und Foura gierungen in den Vorjahren bis
aufs äußerste erschöpft ; troydem
verging im Jahre 1761 kaum ein Tag, wo die Stadt ohne Einquar tierung war. Bald rückten größere, bald kleinere Abteilungen in Werden ein, die teils nur einen Tag teils auch mehrere Tage von den Bürgern verpflegt werden mußten . Nachdem am 14. Januar der Hauptmann Bernhard aus seinem Winterquartier, das er in Werden gehalten hatte in der Richtung auf Velbert
abmarschiert war, traf noch an demselben Tage der
Hauptmann Convoisier mit einer Abteilung, die aus 2 Offizieren, einem Sergeanten,
8 Korporalen,
korporal, 5 Huſaren,
30 Gemeinen,
einem Huſaren
52 Korsikanern und 3 Weibern bestand, in
Werden ein ; dazu kam noch ein Feldscher mit ſeiner Frau und 2 Kindern.
Sie blieben bis zum 8. Februar, also 25 Tage zur Ver
pflegung in der Stadt, was derselben 700 Rthlr. Koſten verursachte. Für die Stallung der 7 Pferde mußten außerdem 8 Rthlr. 45 St. bezahlt werden. Am 8. Februar wurden 25 Mann von diesen Truppen in die benachbarten Bauernschaften verlegt ; auch zog die Kompagnie des Hauptmanns Convoisier am 15. Februar nach Duisburg ab , nach dem sie der Stadt weitere 154 Rthlr . 42 St. gekostet hatte . Als Besatzung des Kastells blieben aber unter dem Lieutenant Antonini die obengenannten Korsikaner nebst dem Lieutenant Ebendahl, einem Husarenwachtmeister und 5 Huſaren zurück.
Während die Huſaren
am 29. März abzogen und erst am 5. Juni zurückkehrten, bildeten die Korsikaner bis zum 7. Juni eine ständige Garnison.
Auf An
stehen der Rottmeister wurden sie in die einzelnen Rotten nach Maßgabe der Kontribution bei den Steuerausschlägen verteilt und von 5 zu 5 Tagen
umbilletiert " .
der Zeit vom 9. März
Es wiederholte sich dieses in
bis zum 1. Juni
17 mal.
Die Gesamt
kosten für die Korsikaniſche Besatzung beliefen sich auf 1651 Rthlr . 12 St. Am 8. Juni rückten morgens
gegen 8 Uhr
2 Kompagnien
französischer Infanterie vom Regiment de Lemps und einige Dra goner vom Regiment von Languedoc in die Stadt ein. Während die Infanteristen am 9. Juni wieder abzogen, nachdem sie 161 Rthlr. 36 St. gekostet hatten, blieben die Kavalleristen noch bis zum 19. Juni in Werden zurück und verursachten für sich und ihre 33
65
Pferde eine weitere Ausgabe von 54 Rthlr.
Am Nachmittag des
8. Juni waren auch die 50 Korsikaner unvermutet wieder einge= troffen und mußten in der ohnehin ſchon ſtark belegten Stadt unter gebracht werden . Die Kosten ihrer Verpflegung bis zum 10. Juli sind auf 479 Rthlr. 6 St. angesetzt. Außerdem nahm am 11. Juni der Kapitän de Vitelos mit einem Lieutenant und 3 Domestiquen für 7 Wochen in Werden. Quartier, und am 15. Juni kam der Prinz du Croy mit Gefolge an.
Freilich war der Prinz während der 10 Tage seines Aufent
haltes Gast des Abtes, jedoch mußte seine Begleitung bei den Bür gern untergebracht werden. Der Kostenaufwand für letztere betrug 45 Rthlr. Am 18. Juni gegen 11 Uhr morgens trafen 4 Offiziere, 4 Tomestiquen und 115 Gemeine vom Regiment d'Orion und von Pullon nebst 4 Pferden in Werden ein.
Außerdem kamen im Laufe
des Tages noch ein Stabsoffizier, 3 gewöhnliche Offiziere, 1 Kom miſſar, 4 Domeſtiquen, 1 Grenadierſergeant, 2 Grenadiere, 2 Frauen , 3 Juden, 1 Megger und 1 Schäfer ; lezterer begleitete einen Trans port von Ochsen und Schafen und mußte deshalb mit billetirt werden. Die Gesamtkosten betrugen 50 Rthlr. 12 St. Während am 19. , 20. und 21. Juni die Einquartierung auf einzelne Personen sich beschränkte, wofür nur 10 Rthlr. 9 St. ange= sezt sind, rückte dagegen am 22. Juni morgens gegen 11 Uhr das ganze Regiment du Bauillon mit einem Obersten, 2 Majoren, 15 Kapitänen, 18 Lieutenants , 100 Domestiquen und 450 Gemeinen in Werden ein ; es wurde in der Stadt und der Vorstadt einquar tiert und blieb bis zum 24. Juni. Außerdem waren in dieſen 2 Tagen noch 1 Lieutenant, 20 Grenadiere, 2 Domestiquen und 23 Pferde, sodann 16 Mann nebst 6 Pferden, der Kommandant Vitelos mit 2 Domestiquen und 4 Pferden, 1 Feldpater, ein Oberwachtmeister, 1 Domestique und 2 Pierde in der Stadt einquartiert, die ihr ins gesamt 439 Rthlr. 54 St. kosteten. Kaum hatte dieses Regiment Werden verlassen, als am folgen= den Tage, am 25. Juni, gegen 11 Uhr ganz unerwartet eine Ab teilung des Regiments Vaubekourt eintraf, bestehend aus 8 Offi= zieren, 5 Sergeanten, 12 Domestiquen und 208 Gemeinen mit 12 Pferden. Die Verpflegungskosten für diesen einen Tag betrugen 65 Rthlr. 6 St. 5
66
Vom 26. bis 30. Juni hatte die Stadt verschiedene kleinere Einquartierungen, die aber doch noch eine Ausgabe von 145 Rthlr. 18 St. nötig machten. Vom 1. Juli ab bis zum 10. Juli erwuchſen ihr durch die Einquartierung des Generals Fischer mit 2 Domestiquen und 3 Pferden, einem Offizier, 40 Refruten und 3 Weibern, sowie des Kommandanten Vitelos mit 2 Domestiquen und 4 Pferden 67 Rthlr. 27 St. Kosten. Am 10. Juli wurde auf Veranlassung der Abtei zum Zwecke der Festsetzung der stiftischen Beihülfsgelder der augenblickliche Stand der Einquartierung aufgenommen. Hiernach waren an diesem Tage 1 Kapitän, 4 Offiziere, 7 Sergeanten, 137 Gemeine samt Weibern und 5 Pferden in Werden einquartiert.
Die Kosten der Stadt be
liefen sich für diesen einen Tag auf 40 Rthlr. 45 St. Die Höhe der Ein quartierungen blieb im wesentlichen gleich bis zum 23. Juli .
Wenn
auch einzelne Teile zeitweise abkommandiert wurden, so traten andere an deren Stelle.
Die Gesamtkosten der Stadt beliefen sich in diesen
13 Tagen auf 527 Rthlr. 57 St. Vom 22. bis 31. Juli waren im Dorfe Kettwig und in den auf der rechten Ruhrseite gelegenen Honnschaften des Stiftsgebietes 400 Mann des Fischerkorps einquartiert ; in der Landesrechnung sind für Viktualien und Kuhbeſterlieferung " 442 Rthlr. 18 angesetzt.
St.
Am 23. Juli rückte ein Teil des Regiments von Vierset in Werden ein ; diese Abteilung setzte sich zusammen aus einem aide de champ, einem Obersten, einem aide Major, 8 Kapitänen , 6 Lieu tenants und 84 Gemeinen, einem Feldprediger und 15 Domestiquen. Sie blieben bis zum 25. Juli, also 2 Tage. Am 25. Juli zählte die Garnison
181 Mann, die sich bis
zum 29. Juli durch den Abzug der Vierset'schen Kompagnie auf 127 Mann verminderte. Vom 23. bis zum 29. Juli betrugen die der Stadt zur Laſt fallenden Kosten 400 Rthlr. Am 29. Juli trafen abends unvermutet von den Kambefor tischen 1) Truppen 1 Major, 3 Kapitäne, 1 Lieutenant, 60 Dragoner und Huſaren, 100 Infanteristen, 4 Domestiquen und 70 Pferde in der Stadt ein, die für eine Nacht und einen Morgen 49 Rthlr. ¹) Kambefort, ein Oberst des Fiſcherkorps hauſte mit ſeinen Mannschaften am schlimmsten in Ostfriesland. Gegen solche Ungebühr rotteten ſich die entrüfteten Bauern zusammen und schlugen viele der umherstreifenden Husaren tot. Schäfer a. a. D. II. 2, S. 318.
67
15 St. fosteten.
Bei ihrem Abzug ließen die Kambefort'schen Truppen.
einen Husaren und 2 neuangeworbene Rekruten zurück, die weiter. verpflegt werden mußten. Für diese und den alten Beſtand von 127 Mann mit 5 Pferden ist für den 30. Juli eine Ausgabe von 38 Rthlr. 42 St. angesetzt. Am 31. Juli stand der Kommandant Vitelos mit seinen Sol daten im Begriff,
abzumarschieren, als Hauptmann Donville mit
4 Sergeanten und 82 Mann eintraf. Durch das gleichzeitige Ein und Ausrücken der Truppen verbreitete sich in der Stadt das Ge rücht, die Hannoveraner seien im Anzug . Hierauf vereinigten sich die beiden Truppenteile und zogen unter Zurücklassung einer Besatzung von 2 Sergeanten und 50 Gemeinen mit 6 Weibern durch die Heck pforte nach Hattingen ab.
Von dort fehrte am 1. August Donville
mit seiner Abteilung, bestehend aus 2 Offizieren, 2 Sergeanten, 75 Gemeinen und 5 Huſaren, zurück und übernahm die Bewachung des Kastells .
Das Kommando, welches sich zeitweise vergrößerte,
dann auch bis auf 50 Mann zurückging, wurde bei den Bürgern einquartiert und blieb in Werden bis zum 5. Dezember 1762. Bis zum 7. Auguſt betrugen die Verpflegungskosten 216 Rthlr. 30 St. Am 7. August mußten weitere 47 werden.
Mann in die Rotten verlegt
Hierzu kamen am 8. August noch 5 Mann und am 9.
August der General Fischer mit einem Domestiquen und 2 Pferden. Die Kosten für diese 3 Tage sind mit 109 Rthlr. 36 St. in Anrech= nung gebracht . Während am 10. August nur 1 Wachtmeister und 13 Mann für eine Nacht Quartier erhielten, mußten am 11. August 1 Oberst, 7 Kapitäne, 16 Lieutenants , 4 maréchaux de logis, 403 Kavalle risten und Infanteristen, sowie 30 Domestiquen und 300 Pferde untergebracht werden,
was insgesamt 187 Rthlr. 15
St. Kosten
verursachte. Bis Ende August fanden noch wiederholt Einquartie rungen von einzelnen Offizieren und Soldaten statt mit einem Kostenaufwand von 320 Rthlr. 3 St. Für die übrige Zeit des Jahres sind die Verpflegungskosten in den Akten nach Monaten aufgeführt. Im September betrugen. dieselben 923 Rthlr. 24 St. Außer der Garnison, die durchschnitt lich 90 Mann starf war, mußten häufiger kleinere Abteilungen ver pflegt werden, darunter 30-40 kranke Soldaten mit mehreren Feld scheren.
Die Kranken sollten zwar in die Honnschaft Krähwinkel 5*
68
ausquartiert werden; sie hielten dort aber nur 2 Tage aus und fielen dann wieder der Werdener Bürgerschaft zur Last . Außerdem hatte in diesem Monat die Stadt den Oberstlieutenant de Piade, mehrere Offiziere des Generals Fischer, 2 Deserteure und einen Sträfling zu beherbergen. Im Monat Oktober, wo die Gesamtkosten sich auf 933 Rthlr. 30 St. beliefen, nahmen 5 Ingenieuroffiziere, ein Arzt und eine Anzahl Gemeiner und franker Soldaten von der Soubise'schen ') Armee, die bei Essen lagerte, in Werden Quartier, ebenso von dem Konflant'schen ) Korps 1 Rittmeister, 1 Kapitän, 3 Domestiquen 7 Sergeanten und 134 Gemeine . Am 28. Oktober wurden die Kranken wegtransportiert, auch zogen 67 Mann der Garnison nach Langenberg ab, wo sie länger blieben, sodaß im Monat November die Verpflegungskosten nur 385 Rthlr. 33 St. betrugen. Am 2. Dezember wurde eine Abteilung Korsikaner aus Velbert „so von Bochum auf Patrouillen kommen “, bestehend aus einem Sergeanten und 14 Mann einquartiert. Von der in der Nähe stehenden französischen Armee am Niederrhein kamen am 31. Des zember 3 Marschall -Generale de logis,
1
Hujaren-Rittmeiſter, 1
aide General de logis, 1 kapitain de guide und 1 Kapitain in Werden an. Dieselben speisten des abends auf der Abtei und nahmen in der Stadt nur Nachtquartier, weshalb die Kosten für die Stadt nur zur Hälfte in Ansatz gebracht wurden. Hierzu kamen an demselben Tage noch 1 aide fourier General de l'armeé, 1 maré chall de logis, 2 Huſarenwachtmeister und 35 Huſaren. Die Kosten, welche diese Truppen der Stadt im Dezember machten, betrugen 377 Rthlr. 39 St.
Nicht genug, daß die Einquartierungen im Jahre 1761 schier endlos waren, das Stift Werden mußte auch Fuhren für das fran zösische Lager in Koesfeld stellen,
wobei häufig die Karren und
Pferde nicht zurückgegeben wurden . Dem franzöſiſchen Sprachmeiſter Severin zu Kettwig wurden deshalb für eine Reise zum Soubise' schen Hauptquartier und sonsten nach Vilgist, Hagen, Schwelm, 1) Soubise, der sich bei den knappen Lebensmitteln nicht 4 vom Rhein entfernen zu dürfen glaubte, ging am 24. Oktober bei das linke Ufer der Lippe zurück und ließ seine Truppen nördlich der nieren, von wo er am 11. November zum Rhein aufbrach. Schäfer 2. S. 324 ff. 2) Konflant befehligte das frühere Fischer'sche Freikorps.
Tagemärsche Dorsten auf Ruhr kanto a. a. D. II.
69
Schwerte, Wert, Unna und Dortmund zur Reklamierung der Stifts Werden'schen Karren und Pferde" 70 Rthlr. gezahlt. Arnold Voshege
Sodann hatte
behufs Restituirung des dem Stifte zu Abkauf
und Losmachung der Stifts -Werden'schen Fuhren bei der französischen Armee zu Koesfeld ein Kapital von 100 Rthlr. " vorgeschossen, das ihm mit Einſchluß „ſtipulirter Interessen “ mit 101 Rthlr. 52½ St. zurückbezahlt wurde. Einzelne Bauern, die im Laufe des Krieges einen besonders großen Schaden erlitten hatten, erhielten von dem Stifte Entschädi gung.
So wurden
dem Friedrich Kirchmann zu Bredeney, dem
Meister in Kreyenberg Theodor Husfelfothen, Peteren Feldhoff,
Everten Lutterbeck,
Johann Henrich Rhemann in Thanscheidt und
Wittiben Margarethen in Rhee wegen des von den französischen Truppen und Patrouillen ihnen zugefügten Schadens 287 Rthlr. St. ", ferner
denen Stiftseingesessenen Joan im Stock, Die
derichen Küpper, Everten Freytag, Adolf Ruhrberg, Linnemann und Hermann Bremer wegen deren auf den Kriegsfahrten und Ordon nanzen verreckter Pferde 289 Rthlr. " Entschädigung gezahlt. Noch eine Reihe von Ausgaben, die durch den Krieg verursacht waren, führt die Landesrechnung auf : " Für Reise- und Zehrungs kosten bei den französischen Kriegsunruhen"
erhielten der Droste
Freiherr von Schirp zu Scheppen 25 Rthlr. 37
St. und der
Kanzleidirektor Dr. Dingerfuß 82 Rthlr. 52 , St. , der Richter und Rendant Funke
wegen diesjähriger bei denen erstaunlich vielfalti
gen und Tag auf Tag angedauerten Erpeditionen gehabten außer ordentlichen Mühen und Arbeit, tag- und nächtlicher Unruhe, dabei fortgeführter
diesjähriger Kriegsprotokollen von 15
Serternionen
stark und sonstige Auslagen" 19 Rthlr. 50 St., „ der juris candida tus Dingerfuß für zweimal gethane Reisen zum französischen Lager bei Koesfeld , die Zurückholung der Stifts -Werden'ſchen Führen be treffend "
30
Rthlr. ,
der Notarius
Winkelmann „für diesjährige
gethane Reisen, begleitete Stiftsvoituren nach Valve und Paderborn und sonstige Verrichtungen in Werden und Kettwig an Diäten 139 Rthlr. 50 St.; der Vorsteher Jakob Stricker wegen gethaner Reisen zum Hauptquartier zu Vilgist, die Abstellung der vielfachen Zudringlichkeiten von 3 Kommandanten betreffend, 7 Rthlr. 45 St., derselbe wegen Konsumption des Herrn Gerichtsschreibers Bernardi, des Advokaten Kramer, Prokuratoren Winkelmann und Gerichtsboten
70
Menke bei all überhäufiger Kriegsunruhe und Stiftsangelegenheiten 94. Rthlr. 5 St.; der Herr Gerichtsschreiber Bernardi für Verrichtungen zu Kettwig und Werden bei der französischen Kriegsunruhe in Stifts angelegenheiten 67 Rthlr. 45 St., der Advokat Kramer wegen der selben. Ursache 13 Rthlr. 46 St. , der Kanzleibote Ludger Stieffken wegen diesjähriger Zufinuationen und Botenlehnes in Kriegs- und Stiftsangelegenheiten 5 Rthlr. 15 St. und 94 Rthlr. 43 St., und endlich die Kanzlei für ein in Stiftsangelegenheiten eingeholtes Rechts gutachten auf gnädigen Befehl 30 Rthlr. 27½ St. " Für geleistete Lieferungen wurden gezahlt : „ Dem Bürgermeister Engels für Bier und Mehl zum Kaſtell auf Ordre des Komman danten behuf der französischen Garniſon daheselbst 29 Rthlr. 1714 St. , den Schlächtern Wittiben Hueffmann, Theodor Wegmann und Wil helm Scholl für Rindfleisch für französische Truppen 15 Rthlr. 25 4 St. , dem Johann Kahrmann, Heinrich Grüter, Ehefrau Pickert, Heinrich Hausenköther und Konrad zu Kalkhoven wegen gelieferter Fische, Hasen, Feldhühner und Krametsvögel behufs hiesiger und benachbarter Kommandanten und der französischen Generalität im Lager zu Koesfeld 13 Rthlr. 59
St.; dem Apotheker von Nuvhs,
Wittib Scheffen Fiege und Bürgermeister Schlun für Konſumption französischer Kommandanten Antonini, Convoisier, Vitelos und Ton ville bei deren Zuſammenkünften und Konferenzen mit hiesigen Be amten und Landständen 58 Rthlr. 374 St.; dem Vorsteher Stricker zu Kettwig wegen Respizierung des Magazins daselbst, Empfang und Auslangung der Fourage an die Truppen zu Kettwig, Kettwig vor der Brücke, Landsberg und Hugenpoet und zu deſſen Transportierung und im Magazin gebrauchten Arbeitsleuten bei der häufigen franzöſiſchen Kriegsunruhe 131 Rthlr. 25 St., dem Prediger Hoffmann zu Kett wig für seine zum Magazin aptierte Scheune für die Jahre 1759 und 60 als Pacht 21 Rthlr. und endlich den Kaufhändlern Job. Godfried Scheidt und Godfried Feldthoff zu Kettwig wegen Empfang und Auslangung der Fourage an die daselbst kantonierte franzöſiſche Gendarmerie vom 26. Oft. bis 13. Nov. 37 Rthlr. “
Die Stiftsfreien Eumann und Schuermann zu Fischlafen er hielten behufs Verpflegung und Beföstigung der französischen Feld wacht bei der Fähre zu Baldeney 6 Rthlr. 181 2 St. Für Arbeiten, die durch den Krieg nötig geworden, wurden vergütet : „ Ten Bürgers- und übrigen Arbeitsleuten für Alplanie
71
rung und Reinigung des Kastellplates, der Pferdeställe und sonsten auf Ordre des Kommandanten
Vitelos 4 Rthlr.
37
St .;
dem
Holzhändler Dizen Hagerhoff für Kleinmachung des täglichen Kaſtell holzes zum Brand behufs der franzöſiſchen Garniſon auf dem Kaſtell 15 Rthlr. 38 St.; den Magazineurs Thanscheid und Hesse und den übrigen Arbeitsleuten für diesjährigen Empfang und Auslangung der Fourage im Magazin in der Kapelle an die Garnison- Truppen, Detachements und Patrouillen und dem Glasmacher Fischell für gemachte Glassfenster in gemeltem Magazin 84 Rthlr. 26 St. " An unvermeidlichen douceurs wurden endlich verausgabt : „Dem Obrist-Lieutenant
von Kühlewein
vom
Fischerkorps
wegen des akkordierten Fouragequanti und ſonſten zum douceur auf gnädigen Befehl 150 Rthlr. und dem Kommandanten Convoisier, ebenfalls vom Fischerkorps ,
wegen gehaltener guter Disziplin und
sonstiger Menagierung des Stiftes
zum douceur 50 Rthlr.;
dem
Kommandanten Vitelos wegen prätendierter Fourage- Vakantengelder vom 11. bis 31. Juli 48 Rthlr. 58 St .; dem Kommandanten Donville aus demselben Grunde vom 9. Juli bis 31. Dezember 172 Rthlr. 12 St. , und den dreyen französischen Kommandanten zu Kettwig vor der Brücke, im Dorfe Kettwig und auch im Schloß Hugenpoeth, Obrist-Lieutenanten de la Piade
vom Fischerkorps ,
Rieset und Demenon ebenfalls wegen prätendierter Fouragevakanten gelder 50 Rthlr. und endlich zu Abkauf und Entgehung verschiedener Zudringlichkeiten 157 Rthlr. 15 St. "
VI. 1762 . In diesem Jahre suchte Friedrich, von den Engländern im Stich gelassen, in seiner trostlosen Lage, wenn auch vergebens, den Chan der Tartaren gegen Rußland und den türkischen Sultan gegen. Desterreich unter die Waffen zu bringen. Frankreich erklärte den Engländern den Krieg und bewog auch Spanien, die Engländer aus Portugal zu vertreiben. So stand Europa von der Wolga bis zum Tajo in Kriegsflammen. Dieses Jahr wurde indes das Ret tungsjahr Friedrichs .
Seine schlimmste Feindin, die russische Kai
serin Elisabeth starb nämlich am 3. Januar,
und ihr Neffe und
Nachfolger Peter III. , ein begeisterter Verehrer Friedrichs, schloß
72
sofort mit ihm Frieden.
Er gab alle Eroberungen heraus und ließ
sein Heer mit dem preußischen vereinigen.
Ein gleiches taten die
Schweden. Am 9. Juli aber wurde Peter III. von seiner Gemahlin Katharina, einer Gegnerin Friedrichs , vom Throne gestoßen . Wenn auch zurückberufen, wirkte indes das russische Heer durch seine bloße Gegenwart in der Schlacht bei Burkersdorf am 21. Juli zum Siege Friedrichs mit.
Die Festung Schweidnig wurde durch diesen Sieg
wieder den Lesterreichern
entrissen.
Prinz Heinrich eroberte durch
den Sieg bei Freiberg fast ganz Sachsen für Friedrich zurück. Auch die Westarmee unter demHerzog Ferdinand von Braun schweig ¹ ) machte glückliche Fortschritte gegen 2 französische Heere und eroberte Kaffel. Als sodann am 3. November 1762 zu Fon tainebleau bei Paris zwischen England, Frankreich und Spanien Einleitungen zum Frieden entworfen wurden, hörten die Feindselig feiten der Franzosen auf. 2) Die französische Garnison blieb das ganze Jahr über und zwar vom 1. Januar bis zum 5. Dezember in Werden. Die Ein quartierung fostete der Stadt im Januar 371 Rthlr.
9 St., im
Februar 342 Rthlr. 45 St., im März 325 Rthlr. 28 , St., im April, wo das Conflant'sche Korps mit 70 und das Soubise'sche Freikorps mit 1070 Mann einen Tag in der Stadt verpflegt werden mußten, 882 Rthlr. 12 St. , im Mai 320 Rthlr. 40½ St. , im Juni 331 Rthlr., im Juli 324 Rthlr. 15 St., im Auguſt 323 Rthlr. 18 St., im September, da in diesem Monate ein aus einem Kapitän, einem Lieutenant,
2
Sergeanten,
2 Domestiquen und
48 Mann
bestehendes Kommando von dem Regiment de Piemont und außerdem 4 Domestiquen des Oberstlieutenants de Piade mit 7 Pferden auf 9 Tage verpflegt wurden, 331 Rthlr. 15 St. , im Oktober 384 Rthlr. 57 St., im November 290 Rthlr. 39 St. Am 22. November mar schierte die Donvillesche Garnison von Werden ab, und es blieben nur 1 Grenadier,
1 Pferd und der Fourier des Kommandanten
Tonville zurück, die 4 Rthlr. 24 St. kosteten. vormittags 11 Uhr kehrte der Kommandant blieb bis zum 4. Dezember,
Am 30. November Donville zurück und
wodurch er noch 24 Rthlr.
20 St.
1) Um die Mitte April verfügte Prinz Ferdinand über 79000 Streiter. Von diesen lagen 10000 als Besaßungen in Münster, Hamm, Lippstadt und Hameln. Schäfer a. a . D. II . 2. C. 538. 2) Archenholz a. a. D. S. 252.
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Koſten verursachte . Bis Mitte Dezember waren alle franzöſiſchen Truppen diesseits des Rheines auf dem Rückzug begriffen und die Preußen nahmen von den verlassenen Gebieten Besitz. Auch das Stift Werden wurde jezt von französischer Besatzung vollständig frei ; jedoch dauerte es kaum 3 Wochen, daß preußische Truppen an ihre Stelle rückten und einquartiert werden mußten. Außer den Ausgaben für Einquartierungen hatte
die Stadt
noch manche andere Kosten zu tragen, über welche die Landesrechnung vom Jahr 1762 folgendes meldet : „ Dem Herrn Sekretär Vorrath, Rendanten Funken, Drosten
Freiherrn von Schirp, Kanzleidirektor
Dingerfuß und Prokurator Winkelmann für Reisekosten 257 Rthlr. 1½ St.; den Stiftseingeſeſſenen Hartig in Fiſchlaken, Welsenberg, Mittelham in Hamm, Hellersberg und Thael in Rodtberg für bei der Passage des Soubise'schen Regiments
an den Winterfrüchten
und sonsten erlittenen Schaden 12 Rthlr.; behuss eines neuen spanischen Reiters an der Grenzpforte, Lagerstroh, Holz, Eisenwerk und Arbeits John 34 Rthlr. 14 St.; dem Wilh . Pörting und Peter Füth zu Fischlafen wegen im April behuf des Regiments von Soubise gelie ferten und mitgenommenen Pferdegeschirres an Hamen, Ketten und Zäumen 7 Rthlr.;
dem Dorfe Kettwig wegen Lieferung von Kuh
bestern, Brot, Wein,
Bier,
Branntwein,
Butter, Kaffee, Zucker,
Salz, Pfeffer und Kochpötten behufs des am 22. und 23. Juni zu Kettwig vor der Brücke 299 Rthlr. 483/4 St.;
gelegenen ganzen Korps
von
Conflang
dem französischen schweizerischen Kommando
des Generals Travers von Mülheim wegen im Monat Juli dorthin gelieferter 70 Säcke Haaber und wegen Konsumtion dieses Exekutions Kommandos 208 Rthlr. 32 St .;
dem Schlächter Theodor Wegmann
wegen im August nach Neviges gelieferter schlachtbarer Kühe an das französische Detachement von Mürt 29 Rthlr. 30 St.;
den Stifts
eingesessenen Wilhelm und Everten zu Hüninghoven , Everten Rehfuß und Johann Schmachtenberg zu Kettwig-Umstandt wegen Vorbeirückung des ganzen Korps von Conflantz in der Nacht vom 22. August von Essen über Kettwig nach Kettwig vor der Brücken an aus ihren Häu sern geraubten Effekten und Viktualien erlittenen Schadens 20 Rthlr.; dem Bäcker Heinrich Beckmann
und Kaspar Wiese wegen auf Ordre
des Kommandanten Donville in den Jahren 1761 und 62 gebackenen Brote und Mehl 2 Rthlr. 6 St.; dem französischen Kommandanten Donville wegen monatlich prätendierter Fourage-Vakantengelder vom
74
1. Januar bis 6. Dezember 1762 209 Rthlr. und wegen gehaltener guter Disziplin und dem Stift in verschiedenen Angelegenheiten ge tanen faveurs beim Abmarsch zum douceur 50 Rthlr., wegen son igen douceurs 11 Rthlr. 15 St.; dem Gerichtsschreiber Bernardi wegen Expeditionen zu Werden, Kettwig, Düsseldorf und Hattingen bei der französischen Kriegsunruhe 39 Rthlr. 5 St., dem iuris can didato Schorn wegen Convöyierung der Stifts Werdenschen 40 loser Vorspannspferden zur französischen Armee nach Lühnen 26 Rthlr. 40 St., einigen Pferdeverständigen für Taxation von Pferden und Karren in Balve, Paderborn, Reflinghausen und Kocsfeld, die von der französischen Armee nicht zurückgegeben waren, 14 Rthlr. 15 St .; dem Magazineur Hesse für Empfang und Auslangung der Fourage im Magazin an der Kapelle 70 Rthlr. 31 St.; dem Prediger Hoffmann zu Kettwig wegen dessen zum Magazin gebrauchter Paſtoratsſcheune behufs zweijähriger Pacht 15 Rthlr.; einigen Landwirten als Entſchä digung für von der französischen Armee geraubte Effekten, Früchte und sonsten 108 Rthlr. 25 St. wegen krepierter Pferde und verloren gegangener Karren 543 Rthlr. und endlich dem Kanzleiboten 22 Rthlr. 30 Stüber." VII.
1763. In diesem Jahr wurde am 15. Februar zu Hubertsburg zwischen Lesterreich und Preußen Friede geschlossen, demzufolge Schlesien im Besitz Preußens blieb. Vom 3. Januar bis . 12. März dieses Jahres hatte Werden königl. preußische Truppen zu verpflegen . Außerdem mußte das Stift zur Verpflegung der preußischen Truppen in Dorsten beitragen. Am 5. Januar 1763 lief nämlich der Befehl vom preußi schen Kommando in Werden ein, daß man sich dieserhalb mit dem Kriegskommandanten Wülfing zu benehmen habe. Bereits am 6. Ja nuar folgte die Ordre, a) binnen 8 Tagen 10000 vollständige Fou ragerationen, b) 30000 Portionen Brot sofort und Pfund Fleisch nach Dinslaken zu liefern.
c) täglich 600
Am 10. Januar erging der
Befehl, in 2. Tagen 2000 Pfund Rindfleisch nach Opladen zu senden. Da mit den Lieferungen gezögert wurde, rückten am 19. Januar 40 Mann in die Honnschaft Bredeney ein . Nunmehr wurde von der Als bis zum Abtei die Erlegung von 10000 Rthlr. verlangt. 29. Januar die Zahlung nicht erfolgt war, erschienen nicht blos 400
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Mann vom türkischen Freikorps in Kettwig, sondern es führte sogar ein preußischer Rittmeister mit 12 Hujaren auf Befehl des Obersten von Bauer den Abt Anjelm, der sich auf dem Haus Heisingen aufhielt, gefangen nach Kettwig und am folgenden Tage nach Eſſen ab. Der Abt konnte von dem Obersten von Bauer weiter nichts erlangen als eine 6tägige Friſt zur Herbeiſchaffung des Geldes . Am 4. Februar erfolgte die Zahlung des Geldes, worauf Abt Anselm in Freiheit gesetzt wurde. Zur Erleichterung der Einquartierungen in Kettwig mußten die Honnschaften diesseits der Ruhr 3000 Rationen liefern, und am 2. Februar erging der Befehl, mit der täglichen Fleischlieſe rung von 600 Pfund bis zum 13. März fortzufahren. ¹ )
Am 7. Februar trafen 1 Lieutenant, 1 Wachtmeister, 30 Dragoner mit 132 Pferden von dem sogenannten Türkenkorps in Werden cin und ließen sich gut bewirten, was der Stadt 26 Rthlr. 36 St. foſtete . Am 15. Februar nachmittags kamen von Kettwig Quartiermeister an, welche für eine am folgenden Tage einrückende größere Abteilung des Türkenkorps Quartiere machten. Es wurden 26 Unteroffiziere, 13 Domestiquen und 170 Gemeine mit 39 Pferden in die Stadt ein quartiert, die sich ebenfalls gut bewirten ließen. Sie blieben bis zum 12. März und kosteten der Stadt 3273 Rthlr. 45 St.; das Stallgeld für die Pferde betrug 48 Rthlr. 45 St. Zur Feier des Friedens wurde eine allgemeine Feier veranstaltet . Auch das Stift Werden nahm hieran regen Anteil ; denn nach der Meldung der Landesrechnung vom Jahre 1763 meister Beumer für geliefertes Pulver behufs
wurde dem Bürger der Friedensfestivität
und dem Schmied Hesselmann für gemachte eiserne Ladſtöcke und denen, welche auf dem Kastell, auf'm Berge und der Abtei geschossen haben, 52 Rthlr. 61, St. gezahlt." Wenn man sich auch mit Recht über den endlichen Friedensschlußz allgemein freute, so dauerte es doch noch manches Jahr, bis die Bürger und Bauern von den schweren Kriegslasten sich erholt hatten und bis die Wunden geheilt waren, welche die ununterbrochenen Ein quartierungen, Fouragierungen und Kontributionen dem Lande ge schlagen hatten. Zunächst
benutte
der
Werdener
Magistrat
die
Anwesenheit
preußischer Soldaten, des sogen. Türkenforps , um die im Jahre 1760 ¹) Siehe hierüber „ Müller, Geschichte Werdens “ S. 217 u . f. und „ Jakobs , Geschichte der Pfarreien im Gebiete des ehemaligen Stiftes Werden “ S. 186.
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bereits ausgeschriebene Forensensteuer zur Schadloshaltung der städ tischen Bürger für die geleisteten Einquartierungslasten durchzu führen.
Am 21. Februar 1763 ließ er sämtliche Forensen unter
Androhung der Exekution zur Zahlung der 100 Ausschläge und zwar zunächst von 25 Satzungen innerhalb 3 Tagen auffordern. Hiergegen legte am 23. Februar der Abt Verwahrung ein, indem er hervorhob, daß ein solcher Steuerausschlag gemäß einem von ihm eingeholten Rechtsgutachten nur mit seiner Genehmigung geschehen könne, er wolle jedoch, weil die abteiliche Kellnerei und die beiden Pastorate mit in Betracht fämen, zugeben, daß unter Beifügung des städtischen Gutachtens und der von den Forensen beizubringenden „Notdurft“ ein neuer Rechtsspruch von einer Universität eingeholt. werde, der dann für alle bindend sein solle. Der Magistrat lehnte diesen Vorschlag ab und ging zur förmlichen Pfändung der steuer pflichtigen Landbewohner vor.
Er ließ sich auch nicht einschüchtern,
als am 26. Februar der Abt ihm bedeuten ließ,
daß „ die gewalt
tätige Abziehung lebendiger Pfänder und Wegnehmung des bei jego vorhandener königlichen Einquartierung den Gepfändeten unumgänglich nötigen milchgebenden Viehes eine aufrührerische und eigenrichterliche Unternehmung sei, zumal da der Magistrat keinerlei Jurisdiktion über die Stiftsbewohner befize." Die militärischen Befehlshaber leisteten der Stadt hülfreiche Hand , indem sie am 28. Februar 1763 die auf dem Lande einquartierten Soldaten anwiesen, die Erefution der Landbewohner durch die städtische Behörde nicht zu hindern. ') Der Magistrat führte die Erekution vollſtändig durch. Freilich machten einzelne Landbewohner Miene, der Gewalt mit Gewalt zu begegnen . So wird unterm 8. März berichtet : „Nachdem der Grüter nach Relation des Stadtdieners der Exekution sich gewaltsamer Weise nicht nur widersetzt, sondern auch den Stadtdiener und Pfört ner für Kanaillen, Schelme und Spizbuben ausgescholten, so wird dem Rottmeister F. hierdurch auferlegt, sich mit 6 bewehrter Mann schaft aus seiner Rotte nach besagtem Grüter hinzuverfügen, um 1 ) Die Ordre lautet : „ Auf Anzeigung des löblichen Magistrats hiesiger Stadt, Kontributionsexekution zu vollziehen auf den hier liegenden Bauernschaften, so wird hierdurch auf Befehl des Herrn Majors Baum allen Einquartierten sowohl der Kavallerie als Infanterie anbefohlen, sich den hierzu vom Magistrate geschickten Leuten nicht zu widerseßen oder Hinderung zu machen, sondern dero anbefohlene Exekution vollziehen zu lassen. Werden, den 28. Februar 1763 . D. M., Adjutant der Infanterie.“
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nicht nur daselbst die Exekution zu unterſtüzen, sondern auch allen falls
Gewalt mit
Gewalt zu steuern. "
Der Besizer
von Haus
Scheppen, Freiherr von Schirp , wurde am 4. März in höflicher Weise vom Bürgermeister darauf aufmerksam gemacht, daß er durch ein Erbstück unter die Stadt-Matrikel ſortiere und für jede Sazung 42 St. zu fontribuieren habe,
weshalb er ſo juſtizliebend ſein
werde, seine Quote unweigerlich abzuführen . " leistete dieser Aufforderung keine Folge,
Freiherr von Schirp
drohte vielmehr, daß er
jeden nach Scheppen kommenden Bürger „ privata auctoritate arre tieren werde ", worauf der Magistrat erwiderte, daß er
dergleichen
unerlaubte Tätlichkeiten getrost abwarten und demnächst schon Mittel wissen werde, sotanem Uebermut zu begegnen. "
Durch notarielle
Urkunde ließ der Abt feststellen, welche Pfänder den Forensen abge nommen worden waren, und in wieweit dabei Gewalt angewendet worden sei.
Es wurden 24 Gepfändete vernommen, denen insge
jamt 15 Kühe und 8 fupferne Kessel weggenommen waren, die sie aber größtenteils beim öffentlichen Verkauf wieder erworben hatten. ¹) In der Magistratssitzung vom 8. März berichtete der Bürger meister Leers , daß die Auspfändung bis auf den abteilichen Kellner, die beiden Pastoren und den Landdrosten Freiherrn von Schirp vollzogen sei und ließ sämtlichen Magistratsmitgliedern, Gilden und Rottmeistern ihre geleisteten Eide vorlesen, wodurch sie im unterge benen Falle verpflichtet seien, „ die städtiſchen privilegia und Berecht same beizubehalten und was zur Ausführung dieser Sache vorzu nehmen nötig und erforderlich, für genehm zu halten und beizutreten . “ Am 11. März 1763 schrieb der Magistrat weitere 100 Sagungen aus, beauftragte die Stadtdiener, den Kontribuenten dieses mitzuteilen und sie bei Strafe der Erefution zur Zahlung bis zum 11. April aufzufordern. 2) Nachdem in der Magistratssitzung vom 12. April ein Verzeichnis der in Zahlung rückständigen Forensen vorgelegt wor= den war, wurde sofortige Pfändung beschlossen .
Hierauf erfolgte
am 15. April 1763 eine sehr scharfe Verfügung der Abtei, worin dem Magistrat vorgehalten wurde, daß er nicht „ das geringste exer citium iurisdictionis et executionis auf dem platten Lande habe und daher durch seine Zudringlichkeit das Stift in Zerrüttung ge rate .
Bürgermeister und Rat werden in eine Strafe von 50 Gold
1) Die Urkunde in Beilage 10. 2) Verzeichnis der Kontribuenten in der Beilage 11.
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gulden genommen und zur Benennung der Aufwiegler aufgefordert ; wenn in der Frist von 8 Tagen die Strafe nicht gezahlt sei, so solle sie auf 100 Goldgulden erhöht gelten. Sodann wird ihnen streng anbefohlen, sich aller ſelbſtrichterlichen Gewalt und weiteren Eingriffs in die landesherrliche Gerichtsbarkeit zu enthalten und ihre vermeint liche Befugnis in ordentlichen Wegen Rechtens zu suchen. “ 1)
Da
die Stadt sich hierdurch in ihrem Vorgehen nicht behindern ließ, so wurde tatsächlich eine Strafe von 55 Goldgulden erequiert. Der Magistrat, der bereits am 13. Februar 1761 abteiliche
wider die
Zudringlichkeit durch das Rechtsmittel der Proteſtation
und Appellation zur Regierung nach Kleve sich zu salvieren gesucht hatte", wandte sich jetzt wieder beschwerdeführend an den Regierungs rat zu Kleve, worauf derselbe die Abtei „ adhortieren ließ, daß, da Se. Königliche Hoheit,
Majestät in Preußen kraft dero landesherrlichen
auch Erb-,
Schuß- und Schirmgerechtigkeit nicht zugeben.
fönnte, daß die Stadt Werden zu Grunde gerichtet würde, die Abtei sodann Attentate abstellen, die dem Magistrat abgedrungenen Brüchte reftituieren, einen jeden in der Feldmark Begüterten zum schuldigen Betrag anweisen, die Abtei selbst und ihre pastores davon nicht entziehen und überhaupt die Stadt wider ihre privilegia in der possessione collectandi et exequendi nicht turbieren möchte . “ Dieſes Dehortatorium wurde am 26. Mai und 23. Juni erneuert. Freilich sah sich die Regierung zu Kleve auf die Vorstellung der Abtei hin veranlaßt, ihre
Stellungnahme in etwa zu
ändern und
unterm
1. November an die abteiliche Kanzlei zu schreiben : „Nachdem wir den Inhalt der näheren Vorstellungen in Erwägung gezogen haben, so können wir zwar nicht approbieren, wann der gedachte Magiſtrat sich anmaßen wolle, extra limites der Stadt und ihrer Feldmark executiones zu veranlaſſen, ſondern es muß Magistratus im fall die darinnen beqüterten auswärtigen Kontribuenten oder sogenannten Forenses in mora solvendi ratam matricularem verbleiben, den Landrichter requirieren, welcher sodann, ohne sich eine Kognition an zumaßen, die Hülfe zu verleihen, schuldig ist.
Da aber Magistratus
nach dem Geständnis der Abtei sich in possessione collectandi be findet und der Billigkeit gemäß ist, daß bei Einquartierungen außer dem freien Obdach, Feuer, Licht, Salz und Sauer die extraordinä ren Depenſen und Verpflegungen der Truppen von allen Beerbten
¹ ) Beilage 12.
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und Einwohnern ohne Unterschied mit gemeinſchaftlichen Schultern getragen werden, so kann man nicht umhin, den vorigen Vermah nungsschreiben zu inhärieren und dabei die gütliche Behandlung bestens zu rekommandieren, damit man nicht genötigt werde, deshalb an ſeine Königl. Majestät Unsern Allergnädigsten Herrn zu berichten und kraft Höchst derselben zustehenden Hoheit- und Erb-Vogtei- Rechten andere Mittel an Hand zu nehmen." Der Magistrat gab die gepfändeten Sachen zurück, beziehungs weise ersezte er sie in Geld ; jedoch weigerte sich die Abtei, die von der Stadt eingezogene Strafe zurückzuerstatten und zeigte sich auch nicht geneigt, mit dem Magistrat die Sache in Güte beizulegen. So zog sich der Streit hin bis zum Jahre 1767 , wo der preußische Gesandte, Geheimrat von Emminghaus, die Regelung in die Hand nahm . Am 6. Juni 1767 richtete er ein Promemoria an die Abtei, worin er ausführte : Der hiesigen Abtei ist es eine längst bekannte Sache, weßmaßen der Magistrat und Gemeinde hierselbst wegen der im letzten Kriege fast beständig in der Stadt gehabten mehren teils französischen Einquartierung und dadurch derselben verursachten großen Kosten noch sehr ansehnliche praetensiones an die sogenann= ten Forensen, als die Abtei oder deren zeitlichen Kellner, die beiden Pastoren zu Born und Neukirchen und andere im hiesigen Amt wohnende Eigentümer der zur Stadtmatrikel gehörigen kontribuablen Gründe wegen des zu prästirenden Beitrags formiert habe, zu deren Berechtigung aber der Magistrat wegen des von abteilicher Seite in Rücksicht auf die Kellnerei geschehenen Verbotes nicht gelangen können, vielmehr die Abtei durch solche offenbare Eingriffe in die Stadtgerechtsame die Not der lasttragenden Bürger gar sehr ver mehrt. " Die Stadt habe das Recht zu Steuerausschlägen ex privi legio comitis Engelberti. JInfolge des Goch'schen Vergleiches vom 24. Auguſt 1647 und des Vergleichs vom 21. Juli 1666 , deren Gültig = keit die Abtei so sehr zu vertätigen suche, mithin auch gegen sich gelten laſſen müſſe, ſeien die Beamten des Königs von Preußen berechtigt, bei den Ausschlägen zu konkurrieren. Er schlägt der Abtei vor, unter seiner Vermittelung eine gütliche Liquidation und Abkunft mit der Stadt zu treffen .
Da seine Vorstellung abteilicherseits unbeant wortet blieb, so erneuerte er dieselbe am 17. Juni . Unterdeſſen traf am 2. Juli eine vom 20. Juni 1763 datierte Kabinetsordre aus Berlin ' ) 1) Siehe Beilage 13.
80
in Werden ein, worin der Abtei vorgehalten wird,
daß, wenn ihr
auch die Landeshoheit zustände, sie doch die wohlhergebrachten Rechte und Freiheiten der Stadt und Eingesessenen von Werden unbeein trächtigt laſſen müsse. Durch Entziehung vieler katholischen Ein wohner von der Stadt-Mitleidenschaft habe sie dawider gehandelt ¹ ) . Weiter wird in der Kabinettsordre ausgeführt, daß die Abtei in der Nichtanhörung des königlichen Kommiſſars von Emminghaus den König von Preußen beleidigt habe. Wenn dieselbe auf ihrem ablehnenden Standpunkte verharre, so werde der König von Preußen Ernst machen und ſie mitſamt deren ganzem Amte Werden wieder in die Verfassung setzen, in welcher alles vor den Rezessen geweien; wollte aber die Abtei einen jeden bei seinen Rechten in Ruhe lassen, so werden seine Königl. Majestät derselben auf keine Weise weiter zur Last fallen, sondern ihr vielmehr hochdero Schuß in allen billigen Dingen angedeihen laſſen. Hierauf erließ von Emminghaus am 17. Juli 1767 ein noch schärfer gehaltenes Pro memoria an die Abtei, worin er zunächſt die Behauptung derselben zurückwies ,
„ daß der Betrieb der Forenſen
sachen allein den Evangelisch-Lutherischen Magiſtratsperſonen beizu messen sei. " Er wies darauf hin, daß schon die katholischen Bür germeister Schlun und Beumer gegen das widerrechtliche Verhalten der Abtei Stellung genommen hätten und daß das notarielle Appella tionsinstrument von 6 katholischen Magistratspersonen und nur einer evangelischen unterschrieben sei . Kleviſch-Märkischen Regierung
Nachdem auf Veranlassung der
die Stadt die unrechtmäßig gepfän
deten Sachen zurückerstattet, hätte auch die Abtei
die eingezogene
Strafe zurückgeben müssen, was aber bisher nicht geschehen sei. Die Stadt habe auf Grund des gräflichen Privilegs vom Jahre 1371 zur Beſtreitung der
publiquen Bedürfnisse “ das Recht, Schatzungen.
zu sehen, „ so oft sie des behöret und des not ist. "
Zudem sei die
Abtei größtenteils selbst schuld daran, daß die gute bedrängte Stadt an dem Fischer'schen Korps fast eine beständige Garnison gehabt, da der abteiliche Kanzleidirektor bei dem Obersilieutenant Kühlewein zu Ratingen sich solche zur Bedeckung der Abtei , jedoch zur größten 1) Es betrifft dieses die abteilichen Beamten und Bedienten, welche nach der Auffassung der Abtei, solange sie nicht das Bürgerrecht gewonnen und bürger liche Nahrung trieben, abgabefrei waren, während sie von dem Magistrat zu den Abgaben herangezogen wurden .
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Durch das böse Beispiel der Laſt der Stadt, ausgebeten habe. Abtei, die ihre Kellnerei und die beiden Pastoren zur Zahlungs verweigerung veranlaßt, seien auch die übrigen Forensen zur Wider seglichkeit getrieben worden, die übrigens jezt freiwillig Zahlung geleistet hätten. " Es wurde nunmehr gegen die abteiliche Kellnerei und die beiden Pastorate mit Erefution vorgegangen, wie aus einem Mahnschreiben des von Emminghaus vom 25. Juli 1767 hervorgeht, worin er zur Zahlung der
folgenden Quoiten auffordert, damit es
dieserhalb nicht wieder der Exekution gebrauche " . Mit einem weiteren Mahnschreiben des preußischen Beamten von Hoven vom 9. Sep tember 1767 an einen der beiden Pastoren schließen die Akten über die Forensensteuer, nachdem der Streit volle 7 Jahre gedauert hatte. Die außerordentliche Bedrückung von Stadt und Stift Werden durch Einquartierung und Fouragierung bald von franzöſiſchen, bald von hannoveriſch-preußischen Truppen im siebenjährigen Kriege, ſo wie die Schwierigkeiten, die Lasten gleichmäßig auf alle Stiftsbe wohner zu verteilen, wurzelte zum großen Teile in der staatsrecht Während diese an ihrer Landeshoheit
lichen Stellung der Abtei .
mit Entschiedenheit festhielt, war die preußische Regierung bestrebt, ihre Schugherrschaft über das Stiftsgebiet immer weiter auszudehnen. und bestritt zeitweiſe ſogar dem Abte ausdrücklich die landesherrlichen Rechte. Wegen der Beziehungen zu Preußen von den Franzosen als Feindesland betrachtet und behandelt, hatte das Stift von preu ßischen Beſagungen aus dem Grunde schwer zu leiden, weil die Abtei eine wohlwollende Stellung den verbündeten Desterreichern und Franzosen gegenüber einnahm.
Die Bürgerschaft, die nicht minder
eifersüchtig auf ihre Rechte und auch stets geneigt war, gegen ihren Landesherrn sich aufzulehnen, fand bei der preußischen Regierung jedesmal Rückhalt und Stüße, wenn sie mit der Abtei in Konflikt geriet. Das Verhalten des Magistrats bei Verteilung der Einquar tierungslasten auf die Forensen liefert hierfür einen sprechenden Be Solange der Abt den Schutz der franzöſiſchen Besatzung zu genießen schien, brachte die Stadt ihre Ansprüche nur bescheiden und
weis .
schüchtern vor ; sobald aber das preußische Korps das Stift besetzt hatte, nahm sie auf den Widerspruch des Abtes keine Rücksicht ging zu Gewaltmaßregeln gegen die Steuerverweigerer über, wobei sie die Unterstützung der preußischen Regierung und der preußi und
schen Kriegsmacht fand.
6
82
Beilage
Schreiben
1.
des Werdener Magistrats an den Abt bezüglich
der Heranziehung der Forensen zu den Einquartierungslaſten.
23. März 1758. Es ist ein allgemein bekannter Vorgang, wasmaßen hieſige Stadt in nächst vorigem Jahr mit französischen Truppen und zwar vom
27. April bis 2. Mai mit 2 Bataillonen eines von Royal
Pologne, das andere von saint Germain Infanterie, sodann vom 2. Mai bis 9. eiusdem mit 4 Kompagnien und dem Generalstab vom
Regiment Bellefort Kavallerie bequartiert gewesen, obgleich
dem uralten Herkommen nach bei dergleichem Vorfall die Verpflegung der Kavalleriſten den Stiftseingeſeſſenen allein und ohne Zutun der Stadt auflieget, woher denn auch die Vergütung deſſen als weil diesem Herkommen zuwider geschehen zu einer Zeit hiesiger Stadı per expressum vorbehalten wird. Bei dieser vorgeweſenen Einquartierung hat Magiſtratus dahin die Einteilung Quanto,
gemacht, daß auf Jeden 7 Stüber in demjenigen
welches
ein Jeder deren zur
Stadtsmatrikel gehörigen
Kontribuenten in jedem Ausschlag zu zahlen verpflichtet ist, 2 Mann gemeiner Soldaten und so nach avenant der Offiziere halber ge rechnet und billetirt, denjenigen aber, welche nicht füglich realiter mit Mannschaft haben belegt werden können,
auf 7 Stüber für
2 Mann nur 3 Stüber pro Tag, und als über die Halbscheid ge= ringer, jedoch ohne Folge und der gemeinen Bürgerſchaft ohne Nach teil, für diesmal in Anschlag gebracht und zu zahlen angesezet wor den, um aus diesen Geldern diejenigen, welche über ihr Anquot und folglich für die andern mitgetragen haben, einigermaßen zu sublevieren. Obwohlen nun solchemnach Magistratus diesen so gering for mierten Anschlag dero Kellner und Pastoribus , forth übrigen außer halb der Stadt wohnenden, zu hiesigem Stadtsmatrifel gehörige Gründe unterhabenden Kontribuenten bekannt gemacht und die Zah lung dessen in Gefolg beigebogenen protocolli und spezificirlichen Status verlanget hat, so ist jedoch dem außer von ein oder anderem der letzteren bis anhero keine Parition geleistet worden, sondern es
83
gibt vielmehr das Ansehen, daß selbige sich sothanen Beitrags und fernerhin dergleichen gemeinschaftliche Lasten ganz und gar zu ent ziehen gemeint seien. Da nun aber gnädiger Landsherr ! einesteils die Rechte aus drücklich erklären : „ quod munus recipiendi hospites seu milites non personale sed patrimoniale onus sit " und folglich von selbigen Lasten sich keiner, welcher nur kontribuabele Gründe befizet, hinfüro erimieren fann, anderenteils auch ipsa aequitas qua proportionatam aequalitatem postulat et non vult unum praeter propria insimul alterius
onera ultra debitam remunerationem portare debere"
übereinstimmt, mithin drittens bei Beibehaltung guter Ruhe und Einigkeit, welche durch Prägravierung des einen vor dem andern in Tragung der gemeinschaftlichen Lasten gestöret werden könnte , ein gleich allerdings erheischet : Also gelangt zu Ew. Hochwürden Hochwohlgebohren Gnaden . des Magistrats untertänige Bitte, Hochdieselben gnädigst geruhen wollen, ihm hierunter die behördliche landesherrliche Aſſiſtenz gnädig widerfahren zu lassen und solchen Endes denen sämtlichen schuldigen Kontribuenten die Zahlung, alsoweit noch nicht geschehen, intra brevem ad id praefigendum terminum zu verfügen, wohl ernstlich zu injungieren . Bürgermeister und Rath hieselbst.
Beilage
2.
Befehl des Generals Wangenheim in Betreff eines Brückenbaues zu Werden. Dorsten, den 26. Mai 1758. Nachdem die unterm Kommando des Herzogs Ferdinand von Braunschweig Hochfürstl. Durchlaucht stehende Armee auf dem bereits angetretenen Marſche die Ruhr paſſieren wird , dazu aber notwendig einer Brücke erfordert Bohlen und Balfen zur Schlagung werden :
6*
84
So haben die Städte Werden, auch Kettwig hiemit Befehl, eine Quantität Bohlen und Balken zusammenzubringen, damit man solche bei gewiß
entstehendem Fall
vorfinden möge.
Sollte wider Vermuten und Gebrauch der Armee
durch
Nichtbefolgung
dieser
an denen benannten Certern
Ordre
ein
Aufenthalt
verursachet
werden, so wird die schärfste Ahndung durch militärische Erefution erfolgen. Wangenheim, Kommandierender General der Avantgarde der Königl. Majestät von Großbritannien deutschen Armee.
Beilage 3 . Cirkular an die Städte Essen, Werden und die darum liegenden Aemter. Dorsten, den 26. Mai 1758. Die Städte Essen, Werden, imgleichen die darum liegenden Aemter werden hiemit beordert, auf den 30. huius für die sämt liche Deutsche Armee Sr. Königl. Majestät von Großbritannien Holz und Lagerstroh in Bereitschaft zu halten, damit es dann nicht fehlt, wenn die Armee
daselbst das Lager nehmen wird, widrigenfalls
solches durch militärische Exekution beigetrieben werden wird.
Wangenheim , Kommandierender General der Avantgarde Sr. Königl. Majestät von Großbritannien deutschen Armee.
Beilage
4.
Abteilicher Befehl betreffend den Bau einer Brücke über die Rubr. 27. Mai 1758 . Im Gefolg der von der Königl. Groß-Britannischen Armee an hiesige Stadt unterm 26. dieſes ergangenen und heut dahier ein
85
gelangten Ordre laſſen Ihro Hochwürden Hochwohlgeborene Gnaden und Unser gnädiger Herr dero Bürgermeistern und Rat hieselbst bei 20 Goldgulden Brüchten
Strafe gnädig und ernstlich anbefehlen,
sofort die zu Schlagung der Brücke anverlangten Bohlen und Balken ſoviel möglichſt ſchleunigſt anzufahren, mithin Haus vor Haus mit Zuziehung deren hiezu nötigen Rotten visitieren und den etwaigen . vorzufindenden Vorrat von Valken, Bohlen, Dielen oder Brettern an die Ruhr beisammen bringen zu lassen, des Endes dann ſämt lichen Ratsgliedern sowohl als auch den Rottmeistern auf die vom Bürgermeister zu veranlaſſende Konvokation bei obgemeldeten Brüchten Strafe gehorsamst zu erscheinen, dem zeitlichen Bürgermeister in allen und jeden Verrichtungen, besonders bei diesen notdringenden Durch marschangelegenheiten möglichſt aſſiſtiren, sodann auch entweder deren Bürger oder andern etwa habenden Vorrat von Bohlen und Balken ohnweigerlich hergeben und dafür die billigmäßige dieſemnächst zu regulierende Bonifizirung abwarten sollen.
Ex speciali gratia commissus . P. E. Dingerfuß.
Beilage
5.
Protokollum in betreff deren zu behuf der alliirten Hannove= raner Armee nach dahiesigem Ruhrſtrom zur Schlagung einer Brücke abgelieferten Balken, Bohlen und Bretter, auch deren zu Auf- und Abladung derselben täglich in Arbeit genommenen Bürger. Anno 1758 am 27. Mai . Coram Domino consule Schlun et toto senatu convocato in curia . Nachdem zeitlichem H. Bürgermeister
Schlun heut Morgen
halb acht Uhren durch einen von Eſſen anhero abgeschickten Expreſſen 3 Cirkularschreiben eingehändigt worden, welche aber an die Magi strate der Städte Essen, Werden und Kettwig inskribirt waren und Er H. Bürgermeister nach Verlesung derselben befunden, daß Sachen darinnen enthalten, welche eigentlich nicht von der Anordnung des hiesigen Magistrats , sondern vielmehr von dahiesigem Landgericht
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abhingen, als hatte H. Bürgermeister des Endes sofort den zeit lichen Landrichter Herrn Rath Funke zu sich befördern lassen und jenem diese 3 Anschreiben, welche alle sub dato Dorsten am 26. Mai a. c. aus der aliirten Hannover'schen Armee datirt waren, einge händigt, welcher sich denn nach Verlesung des Inhalts fofort mit H. Bürgermeister und zeitlichem Herrn Gerichtsboten nach Ihro Hochwürden Gnaden Unserm gnädigen Herrn erhoben und daſelbſt das Nötige mündlich vorgestellet und das zu Veranlassende bewerk stelligen helfen . Wie nun hiernächst Herr Bürgermeister heut Morgen 10 Uhren Magistratum konvocieren lassen, ist dem gesamten Magistratum an liegendes gratiosum
rescriptum samt
beigeschlossener
kopeilicher
Nebenanlage von hiesiger Kanzlei zugestellt worden, worauf nach lauter Verlesung dieser beiden Stücke a magistratu ergangen folgende
Resolutio : Sub expressa protestatione de sese non praeiudicando und mit Vorbehalt der Stadt überall hierunter zu guten kommenden beneficio privilegii oder sonstigen Berechtsamen , in specie salva indemnisatione et regressu, so sie hiezu eigentlich verpflichtet, sollen in diesen keine Verzögerung leidenden Sachen darum vorläufig zwei werksverständige Zimmerleute adhibirt und dann anheut soviel Bal ken, Bohlen und Bretter,
als deren nach Möglichkeit in hiesiger Stadt aufzubringen, von denenselben getreulich abgemessen und her beigeschafft, sodann nach dem Ruhrstrom dahier vor der Stadt hin gefahren und abgelegt werden. Hierauf sind durch zwei Bürgerboten, Theodor Tüschen und Wilhelm Entscheidt, die beiden werksverständigen Zimmerleute Rhe man im Thanscheidt und Gerhard Niemann alsofort abgeladen und berufen worden. Komparirende Zimmerleute, nachdem sie auf gegebenen Unter richt den Ruhrstrom in Augenschein genommen und bemeſſen, refe rirten, daß an Bohlen oder Brettern 9000 Stück und an Balken ohngefähr an die 1200 Stück zur Schlagung einer Brücken von dem Ufer des Grendes bis auf jenseit der ordinären Ueberfahrt anzu rechnen erforderlich sein wollten . Magistratus hat diesemnach sich gemüßiget gesehen, weil keine solche Quantität Bretter gegen Ver gütung lehnbar zu bekommen waren, solche gegen Offert barer Be
87
zahlung zu solchem Behuf zu kaufen und die Bohlen oder die Bretter per 100 Stück zu 2 Reichsthaler 30 Stüber, die Balken aber zu 100 Stück zu 5 Reichsthaler zu accordiren .
Beilage
6.
Magistratsbefehl an die Rottmeister der Stadt, täglich 4 Handwerker zu dem Auf- und Abladen des Holzes und Strohes zu stellen.
27. Mai 1758. . Nachdem zu behuf der alliirten hannoverschen Armee wegen des derselben abzuliefernden Holzes , und Strohes unter anderem auch 4 Handlanger täglich am Grende des hiesigen Kastells erforderlich sein wollen, so wird jedwedem Rottmeister hiesiger Stadt hiedurch insbesondere alles Ernstes anbefohlen, täglich zu solcher kurz ange henden Arbeit 4 kapable Männer aus seinen Rotten bei Vermeidung von 12 Mark Brüchten oder sonstiger Bestrafung aufzubieten, und wann diese Arbeit angehen wird, zu hiesigem Kastell gar frühe hin und abladen zu lassen und wie solches täglich geschehen, jederzeit getreulich ad protocollum zu referieren und die Namen der zur Arbeit aufgebotenen Bürger dem Sekretario anzugeben. Wenn nun zur vorbesagten Ablieferung der würkliche Anfang gemacht sein wird und hiezu ebenmäßig eine Wache gehalten werden muß, so werden und sollen ad interim zu behuf solcher notwendigen Stadtwachen die nächtlichen Wachen, welche ordinär an der Heckstraten gehalten. und observiert werden, an der Ruhr
und zwar bei aufgestelltem
Holz und Stroh gehalten und dazu die nächtlichen gewöhnlichen Wachthälter durch die Rottenmeister aufgeboten werden, wonach sich ein Jeder gehorsamst zu richten, der Stadtdiener aber solches den Rottmeistern vorzulesen und zu inſinuiren, dieses Originale aber cum executo ad protocollum wiederum einzuliefern hat.
In fidem G. W. Sommers Sekretär.
88
Beilage
7.
Lieferung der benötigten Valken, Bohlen und Bretter vom 28. bis 31. Mai 1758 .
|Bohlen Bretter
Balken
Am 27. Mai iſt abgeliefert und gekaufet Von H. Gildemeister Hiegemann .
119
2662
158
263
Von H. Bürgermeister Fiegen
Am 28. Mai ist abgeliefert und gekaufet 522 786
60 1888
Von H. Johann Heinrich Brandenbuſch Von H. Gildemeister Leers junior
35
Von H. Johann Heinrich Brandenbuſch Von H. Buef
143
14611/2
11
448
Von H. Ludger auf'm Winkel Von H. Gildemeister Leers senior
Am 29. Mai ist abgeliefert und gekaufet
312
Von H. Rheman im Thanſcheid Von H. Gildemeister Leers senior
1793
Noch von selbigem Herrn Leers senior Von H. Arnolden Voshege
1097
654
Am 30. und 31. Mai ist abgeliefert und gekaufet Von H. Kükelmann in Fischlafen Von H. Oberborbeck Noch von H. Küfelmann in Fischlafen
Summa
340 202 ――
1191
1451/2
96862
13953/
89
Beilage
8.
Numerus der Bürger, so täglich zu Auf- und Abladung dieser Bretteren und Balken in Arbeit gestanden : Am 27. Mai aus der Rotte des Herrn Rottmeiſters Bertram
12
Dito aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Arnolden Pinke ebenfalls .
12
.
Am 28. Mai aus der Rotte des Herrn Rottmeiſters Hen richen Werner .
12
Dito aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Burgard Rott
12
berg wiederum .. Am 29. Mai aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Hen
9
richen Brandenbusch Noch aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Peter Klappdorn Noch wegen häufig hiebei gestohlenen Bretter aus der Rotte
13
6
des Herrn Rottmeisters Urbach Dito annoch zu Auf- und Abladung der aus Fischlafen anhero gebrachten Balfen aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Kort
13
Am 30. Mai aus der Rotte des Herrn Rottmeiſters Georg Henrichen Scholl
12
Dito aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Gerhard Stocke brandt similiter
12
Am 31. Mai aus der Rotte des Herrn Rottmeiſters Her mann Pesch senior
12
Noch dito
aus der Rotte des Herrn Rottmeisters Peter
12
Heiserholt
Summa
Beilage
137
9.
Rechtsgutachten über die Beitragspflicht der Forensen zu den Kriegslasten. Frage 1.
Ob die zur Zeit des Krieges erforderlichen Abgaben
und praestanda als onera pure personalia vel pure realia oder als mixta zu halten?
90
Gleichwie die Lasten,
Abgaben und sonstigen
praestanda ,
welche der leidige Krieg mit sich zu bringen und einzuführen pflegt, nicht von einerley Art sind, also sind auch alle Gattungen solcher Auslagen nicht von einerley Eigenſchaft.
Wan die Landsassen oder Einwohner einer Stadt oder Ge meinde zu einer persönlichen Dienstleistung, als zur Ausbeſſerung, auch zur Verhackung deren Wegen, zur Befestigung eines Ortes oder Lagers angehalten werden und sie auf das Geschäft nichts als ihre Sorg, Mühe und Arbeit zu verwenden haben, versteht es sich von ſelbſten, daß dieſes nichts anderes, als ein munus personale oder eine persönliche Verrichtung anzuſchen seye. Was dahingegen auf die Häuser in den Städten, auf die Höfe, Rotten, Feuerstätten, Rauchfänge auf dem platten Lande gelegt wird , als das onus metatorum vel hospitationis oder die Pflicht, Sol daten einzunehmen, zu verpflegen und zu beherbergen, Wagen und Pferde zu stellen oder etwas abzugeben, fort was vom Lande oder von den Gütern nach Maßgabe der Sazmatrikel an Kriegssteuern ohne persönliche Mitwirkung deren Beſizern beigetragen und bezahlet werden muß, solches sind käntlich munera sive onera patrimonialia et realia oder dingliche, den Sachen selbst anklebende Laſten. Und daraus folget ferner : Wo die Eingesessenen eines Landes zu etwas vermöget werden, welches sie nicht anders als durch ihre persönliche Bemühung und zugleich mit einigem aus ihrer Habſchaft anzuschaffenden Aufwand bewerkstelligen können, daß solches
ein
munus vel onus mixtum oder eine Auslage sey, welche von der persönlichen und dinglichen Eigenſchaft zugleich etwas an ſich habe. Die munera oder onera realia et patrimonialia werden weiter abgetheilet in mere realia et realia quodam modo seu aliquatenus. Jene sind, welche schlechterdings denen Gütern aufgebürdet und von selbigen eingeheißen werden, folglich nur mittels deren den Besitzern , ſie mögen einheimische oder auswärtige ſein, zur Laſt fallen, obgleich ihrer bei der Aufforderung nicht gedacht wird , noch einige Erwähnung geschieht. oder
Jene hingegen sind, welche denen Untertanen, Landſaſſen
einheimischen Besitzern
einiger Begütung
zwar in
Person
angekündigt und zum Abtrag eingebunden, jedennoch von selbigen ohne allige persönliche Arbeit und Mitwirkung aus ihrem Vermögen bestritten und abgeführt werden.
91
Frage 2. Ob bei gegenwärtigem Fall die zur Werdenſchen Stadt matrikel kontribuirenden auswärtigen Bauersleute und andere Inter essirte
wegen bei dermaligem Kriege in der Stadt vorgewesenen
Durchmärschen und Einquartierungen zu den desfalls aufgegangenen Kosten pro rata matriculari ihre gebürgerliche Nahrung allein defruktuierenden kontribuablen Gründe beizutragen, mithin sothane Kosten denen in der Stadt mit Truppen belegt gewesenen Bürgern zu bonifizieren schuldig ? Will es fast das Ansehen gewinnen, daß die Auswärtigen oder sogenannte forenses, welche außer der Stadt und Stadtbott mäßigkeit wohnen, gleichwohl unter selbigen einige in der Stadt matrikel verzeichnete Aecker, Wiesen oder andere schäzbaren Gründe besigen, sich nicht entziehen können, den Bürgern und Einwohnern . der Stadt dasjenige pro rata vel quota matriculari zu ersetzen, was dieselben bei Durchzügen und Einquartierungen deren Kriegs völker erlitten haben, denn 1) ist es ohnstreitig, daß bejagte forenses ihre in der Stadt Werden liegenden Gründe bey dieser Stadt versteuern, oder davon die Schahung in der Maaß, wie selbige in der Matrikel bestimmt ist, zur Stadteinnahme entrichten müssen. nen Rechtens .
Dieses ist alten allgemei= Und hiezu haben sie oder ihre Vorfahren sich sogar
selbst per modum facti vel contractus anheischig gemacht, als ihre Grundstücke der Stadtmatrikel eintragen laſſen. Da nun die species facti des mehreren bejagt, daß ein jeder Bürger der Stadt Werden bei Durchmärschen und Einquartierungen. nach Proportion des von ihm entweder wegen unterhabenden Erb stücken oder sonst treibender bürgerlicher Nahrung halber zu zahlen den matrikelmäßigen Saz- oder Schahungsanteil belegt zu werden pflege, so dürfte sich hieraus schließen lassen, daß das onus metato rum sive hospitationis militum oder nach heutiger Mundart die Einquartierungen bei selbiger Stadt, wenigstens dem dahiesigen Her bringen gemäß nicht anders als solche Laſten zu betrachten, welche den ordentlichen Schatzungen folgen und nach deren Fus berichtiget, einschließlich das sowohl die auswärtigen Besitzer schäzbarer Gründe als
einheimische
Bürger
und
Einwohner
davon
ihren
Anteil
übernehmen müssen und sich von selbigen eben so wenig als von ihrem Beytrag zu den Schatzungen selbst loszählen können. Hiermit scheinen
92
2) die Geseze übereinzustimmen, die an mehreren Orten ganz ausdrücklich entscheiden, daß das onus metatorum vel hospitationis oder die Last, den Soldaten Quartier geben zu müſſen, eine Regal Beschwerde sei. Wie es denn auch 3) bei dem benachbarten mit der Stadt Werden unter der nämlichen Landeshoheit stehenden Dorse Kettwig laut beigebrachtem Zeugnisse für Fleiß beobachtet wird, daß gleichwie die contributiones also auch die Kriegslasten auf alle und jede in die Dorfmatrikel gehörige kontribuable Gründe als Häuser, Höfe, Gärten, Wiesen, Ländereien p. p. repartirt werden und daraus die Besizer, sie seien Torfeingesessene oder auch in den benachbarten Honnſchaften wohnende Bauern, nach sothaner Proportion zu all solchen Lasten beitragen. müssen. War es nun an dem, daß die auswärtigen Inhaber einiger schäzbaren Länderei oder sonstigen Grundstücke in dem Stadt Wer denschen Bezirk deren wegen gehalten sein, nebst den Bürgern dieſer Stadt allemal von einrückenden Kriegsvölkern ihren nach der Schabung angemessenen Anteil einzunehmen und zu beherbergen oder denselben die Quartiere zu verschaffen, weil sie in der Stadt keine Wohnungen haben, so folgt von selbst, daß sie denen Bürgern und Einwohnern der Stadt
dasjenige, was dieselben mehr leiden und
amvenden müssen, zu erstatten und also die Gleichheit herzustellen verbunden sind. Und zwar um so mehr, da 4) unschwer zu ermeſſen, daß die Bürger der Stadt dem ganzen Stift harte executiones und Bedrückungen zugezogen haben würden, wofern sie denen Kriegsvölfern die geforderten Quartiere verweigert hätten, folglich sie durch ihre Willfährigkeit und Aufwand ſothanes Unheil von sich und dem Lande abgekehrt und Männiglichen beim Genuß des Seinigen erhalten haben. Dem allen gleichwohl ohnangesehen seyen wir der rechtlichen Meinung, daß die Auswärtigen, welche in dem Stadt Werdenschen Bezirke einige schägbare Grundstücke
besitzen denen Bürgern und
Einwohnern die abverlangte Vergütung nicht schuldig seyen, und hierzu bewegen uns folgende Entscheidungsgründe : 1. Vorerst ist das onus metatorum sive hospitationis oder die Last, das bequartiert sein wollende Kriegsvolk auf- und einnehmen zu müssen, an und vor sich käntlich von solcher Art, daß sie not wendig auf die bewohnten Häuſer falle und denselben anklebe, weilen
93
sich der Soldat nirgend anders als in solche Häuser verlegen laſſen will, noch füglich verlegt werden kann. Dieser Satz leidet keinen Widerspruch. Gleichwie die Besizer deren Häusern nun nicht vermögend sind, von selbigen einen Teil solcher Laſten abzulehnen und auf die Län derey oder sonstigen Grundstücke auswärtiger Figuren zu welgen, also sind sie auch nicht befugt, von diesen Stücken eine proportionier= liche Entschädigung zu fordern und selbige des Endes ad contribu tionem zu beziehen. Ad 2 hat es seine ohngezweifelte Richtigkeit, daß die Geseze das onus metatorum seu hospitationis pro reali seu patrimoniali er flären. Es will aber dieses weiter nichts andeuten, als daß sotane Laſt auf den Wohnhäusern, welche in patrimonio ſind, hafte, keines wegs aber,
daß selbiges auf ein jedes Stück
der Begütung ohne
Unterschied fällt, zu geschweigen daß heutiges Tags die Durchzüge und Einquartierungen verſchiedene Beschwerden mit sich zu bringen pflegen, welche keine onera mere realia , so wie die Einquartierungen. an und vor sich, sondern von einer andern Art und Eigenſchaft sind. Ad 3.
Das
Zeugnis des Dorfes
Kettwig will zur Sache
einesteils , weil selbiges nicht deutlich genug im Munde führet, daß es auch dorten Auswärtige gebe, welche in dem Bezirke dieses Dorfes oder Kirchspiels keine Häuser, sondern nur ein oder anderes Grundstück besitzen, nichts desto weniger aber bei
nichts beschicken,
Durchzügen und Einquartierungen zur Erleichterung der Einheimischen beitragen müssen, und andernteils weil dasjenige, was an einem Orte zu geschehen pflegt, am andern fein Recht machet . Genug daß dergleichen Herbringen bey der Stadt Werden nicht vorfindlich und vorwißlich sey, mithin es allda bey dem,
was die gemeinen
Rechte und deren bewehrte Ausleger an Hand geben, sein Bewenden haben müßte. Ad 4 findet sich gar nicht, daß die der Stadtmatrikel einver leibten Gründe in Gefahr gestanden, verdorben zu werden , vielweniger daß die Bürger und Einwohner der Stadt Werden dem vorgebogen oder solche Gefahr dadurch abgekehret und die Gründe vom Ver derben gerettet haben, daß sie einige Mannschaft in ihre Häuser und Verpflegung genommen, vielmehr ist aller vernünftigen Beurteilung nach offenkundig, daß die Bürger allein ſich die schärfsten executiones, Plünderungen 2c. in ihren Wohnhäusern und darinnen aufbehaltenen
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Fahrnüß oder beweglichen Habschaft zugezogen haben würden, wofern sie die anverlangten Quartiere und was etwa weiteres von ihnen gefordert worden, verweigert hätten, Felder und Wiesen aber einer solchen Gefahr nach ihrer Eigenſchaft keineswegs blosgestellt gewesen jeyn können. Frage 3. Cb die Forensen zur Vergütung nebst denen innmahlen verweigerten ordinär Kontributionen durch einen beſon deren Anschlag von Rechtswegen angehalten werden können ? Die Antwort ergibt sich schon aus dem vorher Gesagten. Sodann ist es eine bekannte Sache, daß das ius publicum et universale collectandi seu tributa et collectas provinciales indi cendi oder das Recht, nicht allein die ordentliche, sondern auch in sich begebenden Fällen außerordentliche
jedoch zur
gemeinsamen
Landesnotdurft erforderliche Steuern und Schahungen oder Kollekten dem Herbringen gemäß durch das ganze Land auszuſchreiben, nach der Verfassung Deutschlands
ein mit der Landeshoheit verknüpftes
wahres Regale ſey . Von diesem Regale kann sich eine Municipalstadt ohne Ein greifen in die Hoheitsrechte käntlich nichts anmaßen, jedoch hat die selbe insgemein, sie mag einige Gerichtsbarkeit hergebracht haben oder nicht, das ius subcollectandi seu collectas provinciales distri buendi et commensurandi oder das Recht, den ihr zufallenden Antheil der Landessteuern in ihrem Bezirk umzulegen und einzu fordern. Sie verübet Landesherrn.
dieses
Recht
aus
einem
Zugeständnis
ihres
Sodann hat der Magistrat einer Municipalstadt das Recht, collectas privatas zum Behuf des gemeinen Besten auszuschlagen. Und da dem Magiſtrate die Objorge über das gemeine Wesen und die Verwaltung der Stadtsachen anvertraut ist, so mag demselben die Einhebung deren zu Erfüllung sothaner Pflichten nötigen Gelderen mit Vernunft nicht verjaget werden, wofern es nur in der That an dem ist, daß ohne dergleichen Beitrag entweder der Stadts-Nuzen nicht zu beförderen oder ein ihr angedrohter Schaden nicht abzukehren gewesen, und wofern er darunter nur dem Herbringen gemäß oder wo es daran fehlet, nach Anleitung gemeiner Rechte zu Werk gehet. Gleichwie aber dasjenige, was die Bürger in der Stadt durch ihr Einverständnis oder Vereinbarung in ihre bürgerliche Gesellschaft
95
einführen, Auswärtige nicht verbindet, noch diese an den Vortheilen und der Sicherheit, welche jene sich dadurch verschaffen, insgemein Theil haben, also kann auch einer Stadt das ihr aus diesen Quellen zu fließende und zu solchem Ende nachgelassene ius collectandi privatum auf die Auswärtigen sich nicht erstrecken und ausdehnen, noch deren Gründe, obschon sie unter ihrer Botmäßigkeit liegen und in ordentlichen. Landessteuern zu ihrem Antheil beygetragen, in außerordentlichen beſon deren Anschlag nehmen, mithin zu deſſen Abführung die Inhaber ver mögen und die Gelder zur Erleichterung oder Unterstügung und Aus helfung ihrer Bürger verwenden, wan diese etwa in Kriegs -Zeiten gelitten oder sonst zufälligerweise in Schaden geraten. Diese Regel leidet nur alsdann hauptsächlich ihren Abfall, wan entweder eine rechtsbeständige Gewohnheit obwaltet, vermög welcher auch die Auswärtigen dergleichen Kollekten zu zahlen gehalten sind oder sonst die Ursache, warum selbige ausgeschrieben werden, sowohl die Auswärtigen als Einheimische betrifft und zu beider Vortheil ge = reichet. Die Stadt Werden hat denen auswärtigen Besigern einiger Länderey in ihrer Feldmark nichts zu gebieten und folglich auch ihre vermeinte Befugnis, von selbigen eine Beisteuer erzwingen zu können, daher keinen Grund . Es besteht keine Gewohnheit, welche der Stadt Werden dieses Recht gäbe. Und da die Ursache, warum forenses folleftiert oder zur Abgc bung einer Beisteuer an die bei Durchzügen und Einquartierungen hart mitgenommenen Bürger
vermöget
nichts angehet noch zu behaubten stehet,
werden wollen,
denenselben
daß durch den Aufwand,
welchen die Bürger in solchen Begebenheiten zu machen nicht umhin können, ihnen nunmehr von den Auswärtigen pro rata erschet werden. soll, ein diesen mit jenen gemeinsamer Nußen geschaffet oder Schaden abgewendet sen, sondern es vielmehr offenkundig ist, daß mehrbesagte Bürger die Kriegsvölker in Quartier und Verpflegung nehmen müssen, wofern sie sich, ihre Häuser und Fahrnüß nicht noch größeren Unge legenheiten und Schaden blosſtellen wollen, Aecker und Wiesen hingegen nichts zu befahren gehabt. Der Stadt Werden kann das ius collectandi forenses , wie sie sich dessen mit Ungestümigkeit anmaßen will, nicht zugestanden noch nachgesehen werden, daß sie bei Durchmärschen und Einquartierungen die auswärtigen Inhaber einiger unter ihrer Botmäßigkeit gelegenen
96
Ländereien, Wieſen oder anderer schätzbarer Grundſtücke mit den Bür gern und Einwohnern in gleichem Ausschlag bringen und diesem ihren Vorgeben nach an Kosten zu deren proportionierlichen Entschädigung von jenen im Gelde betreiben .
Beilage
10 .
Anno 1763, den 11. März . Coram Domino Consule Leers et Senatu . Nachdem mahlen auf fernern Abschlag der städtischen Einquar tierung von dem Jahre
1757 et 58
bis 60 a magistratu 200
Satzungen oder 50 Ausschläge ausgeschrieben, so wird dem Stadtdiener Großhausen andurch anbefohlen, solches denen zum hiesigen Stadt matrikul gehörigen, hierunter stehenden Kontribuenten sambt und ſonders nicht allein bekannt zu machen, sondern auch denenselben gleichfalls von Magistrats wegen anzudenten, daß dieselben ihr hierunter spezi fizierten Anquot längstens zwischen hier und dem 11. April zur hie figen Stadtrezeptur richtig cinliefern und auszahlen, oder aber abwarten sollen, daß magistratus wieder die renitentes gemäß der Ordnung und Privilegien mittels bereitester Exekution verfahren werde, wonach sich also ein Jeder zu richten und für Schaden zu hüten hat.
Cum
∞
mandato publicari et desuper referri . Kontribuenten : Der Kellner fontribuiert Rthlr. St. Rthlr. St. in jedem Ausschlag 66½ macht in 200 Satzungen oder 50 Ausschlägen 305 25 19 10 23 Der Pastor auf'm Berg " " "? " "1 "" " 19. 10 DerPastorzu Neukirchen ?? " " " "1 ?? " 3 45 42 "T " " #1 " " " Freiherr von Schirp . 4 35 52 "! 13 " "" #! " " lihte zu Heisingen . 20 24 " " "1 "1 " ?? " Ludger zu Harnscheidt 42 Nermann 3 45 "1 ?? "1 " " " 5 6 " " " " "1 " "1 Fueth . 2730 33 Wahman "! " " "1 " "! "? 5 6 Thanscheidt in " " "! " " " 41%2 3 45 4 " #1 Stöcker in Hamm " " " ?? " 152 17 55 Weltenberg . " ?? #f " "1 "! " 24 20 Wintgenhaus " " " " " " #! 22 Eickelmann 18 20 " " "1 "1 " !!!! 7 Kuppershuser macht 5 Rthlr. 50 St. hatte zu gute • 1 29 4 Rthlr. 20 St., restiert also noch "
97
Rthlr . St. Hartig in Fischlafen • • Wittkopf · Kocholter Küpper in Heydthusen Büßges • Brost . Brennscheidt
Rthlr. St.
9 8
6 macht in 200 Satzungen oder 50 Ausschlägen 5 11 40 14 " " " " " " " 23 19 10 " " " " " " " 7 30 " " " " " "1 640 " " " " " "1 " 8 6 40 " " " " " ?? ?? 14 macht 11 Rthlr. 40 St., restiert aus voriger Rechnung 2 Rthlr. 45¼ 45 % , St.. 14 25 % Sonderman 10 , macht 8 Rthlr. 45 St. , blieb noch ſchuldig 4 Rthlr. 26 St. , muß also jezt zahlen 13 | 11¾ Oberbarnscheidt 35 macht in 200 Satzungen oder 50 Ausschlägen 29 10 7 30 9 Bieckman · " " " " :1 " " 33 27 30 " " "1 " " " " Löhman 3 20 " " " " " "1 " WittibHoffmann zuSchuer 4 7 5 50 Ewet auf'm Staadt " " " " " " " 3 230 • " " " " " " " Land. zu Heisingen 27', aus voriger Rechnung 4 Rthlr. 10 ,2 St., Butsges • 27 512 Summa idem für Erb Dr. Cremer 22 aus voriger Rechnung 4 Rthlr. 10½ St., .. 22 311/2 Summa .. 9 7 22 . Kreisbemuer hatte zu gut 7 St. muß zahlen 14 11 40 Hörker " " " " " " " 152 2 Kirchman " " " " " " " 14 11 40 " " " 1. "" Winlinghaus " 13 1Interbarnscheidt restiert noch 8 Rthlr. 5', St. macht 18 55 % 55 45 50 " " " " " " " Hellmansberg · 52 43 20 " ". " " " " " Hurholt • 3 20 Huckelloither " "" " " " " " 262 5 Schutzdeller " " " " "1 "1 " 24 20 Wilm Meckenstoc " " " " " " " 4 320 Grüter .. " " "" " ་་ 30 36 Peter Luther " " " " "! " 9 10 11 " " ?? Hermann Neuhaus 5 50 7 Berndt Hüsken . " " " " ." " " 16 13 20 • " " " " " " Henrich Meckenstock " 230 3 Lauterman .. " " " " " " " 19 10 23 Dier. Hudkelloten · " " " " " " 25 50 31 Muckenhaus . " " 11 " " " " 28 45 " " "" 34/2 Heinrich Hunkelfothen 223
2324
14
1:3
::
Jussu magistratus G. W. Sommers Sekretär.
7
98
Beilage 11 . Documentum Notariale una cum extractu Protocolli über die
aydliche Abhörung
deren vom Magistrat der Stadt Werden
erequierten und außer der Stadt und auf dem Lande wohnenden sogenannten Forensen de datis 24. , 26. , 28. et 29. Martii 1763. In Gottes Nahmen.
Amen !
Kund und zu wiſſen ſey hiermit Jedermänniglichen, daß im Jahre 1763 bei Herrschaft und Regierung des Allerdurchlauchtigſt Großmächtigst des Ersten,
und Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn Francisci
Erwählten Römischen Kaisers
allezeit Mehreren des
Reichs den 18. Tag Monaths Martii von denen zu des Herrn Reichsabten zu Werden und Helmstedt Hochwürden und Hochwohl geboren Gnaden Werden hir Kanzley gnädig verordneten Herrn Präsidenten, Direktoren und Räthen, per nuntium dictae Cancella riae Stiefffen mir Endtsunterſchriebenen Apoſt. Kayserl. offenbaren Notario präsentirt und überreicht worden seye, nachstehende Requisition: Domine Notarie ! Es ist bereits dahier Stadt- und Landt-kundig, mithin kann es Ew . Wohlgeb. nicht verborgen seyn, auf was für eine unerlaubte und höchst strafbare Art und Weise dahiesiger Magistrat sich jüngst beygehen lassen, sehr viele außer der Stadt hieselbst in den Bauern schaften und sonsten auf dem Landt wohnende hiesige Unterthanen, so einige zur Stadts -Matrikul gehörige kontribuable Gründe besigen, unter dem Vorwand, daß solche ein Sicheres zu den in der Stadt bey bisherigen Durchmärschen und sonstigen Kriegslasten beizutragen schuldig, und dahero nebst ab denen kontribuablen Gründen bezahlten. ordinairen Schat- oder Sazungen in einen ganz besonderen Anschlag behufs gemachter Kriegslaſten zu bringen wären, mit ganzen bewaff neten Bürgersrotten gewaltthätiger Weise in ihren Wohnungen zu überfallen, denenselben nebst an ihren Personen ausgeübten Schlä gereien und anderen Exzessen ganz unerhörter Dingen sowohl lebendige als auch andere Pfänder abzuziehen und solche, in weit nicht wieder von denen Gepfändeten mit Protestation und Vorbehalt ihres Rechtens reluiret worden, würklich zu veräußeren und zu dis trahieren, folglichen hierdurch dahiesigen von des Herrn Reichsabten zu Werden und Helmstädt Hochw. und Hochwohlgeb . Gnaden Unserm
99
gnädigen Herrn, ohnwidersprechlich und notorie dependirenden Land gerichts-Jurisdiktion so strafbar als vermessentlich zu violieren und zwar zur Zeit, wie das sogenannte Türkenkorps bis dem 13. crs. dahier in Kantonnierung gelegen und also tendirender Magistrat solche seine Violation und Thathandlung ungestört ausüben zu können, sich sicher zu machen gewußt. Gleichwie nun aber Hochwohlgeb . Ihro Hochw. Gnaden Unser gnädiger Herr dergleichen Hochderselben Landgerichts -Jurisdiktion ge= waltthätige unternommenen Violierung und Eingreifung umb ſo weniger zugeben können, je bekannter besagtem Magistrat außer hieſelbſtigen Stadtmauern mit dem geringsten Jurisdiktions- und zu verfügenden Exekutionsrechte nicht versehen, auch bis anhin ſolche unerhörte Exeku tionen nicht vorgenommen noch vornehmen dürfen, als haben aus mehrgedachter unseres gnädigen Herrn spezialgnädiger Kommiſſion wir Ew . Wohlgeboren dienstlich requirieren wollen, über alle diese mehr denn so viel bekannte Tätigkeiten, die außer der Stadt woh nende exequirte und ſpoliirte sogenannte forenses so wohl als auch die hiebei etwan gegenwärtig gewesenen Zeugen mit mehreren ayd lich zu vernehmen und solches alles fleißig zu protokollieren und ad notam zu nehmen,
auch hierunter über die öffentliche
geschehene
Distraktion der hinweggenommenen Pfänder zu attestieren und hier über in glaubhafter Form documentum vel documenta gegen die Gebühr uns mitzuteilen . In welcher Zuversicht wir übrigens beharren . Werden, den 16. März 1763.
Ew . Wohlgeboren Dienst
ergebenste zu des Herrn Reichsabten zu Wer den und Helmstädt Werdenſche Kanzlei gnädig verordnete Präsident, Direktor und Räte Dingerfuß. Gleichwie ich Amts halber mich dieser Requisition in recht lichen Wegen nicht entziehen kann, sondern derselben vielmehr zu referieren mich verpflichtet erachtet, ſo ſind nachgenannte außer der Stadt wohnende sogenannte forenses am 24. März 1763 coram me notario Jos. Winkelmann et testibus requisitis Wilhelm Platten= berg und Peter im Höffgen freiwillig erschienen : Als Anna Sophia, Ehefrau Georg Henrichen am Tiergarten, Anna Katharina am Häus chen, Diederich Püzinghaus, Heinrich am kleinen Hüdelkothen, Hein rich am großen Hüdelkothen, Johann am Helmansberg und Ludgerus 7*
100
Oberbarnscheidt und haben den nachstehenden Eid extense ausge schworen : Ich schwöre einen Eid zu Gott, daß ich auf diejenigen Frage= stücke, worüber ich gefragt werde, und die ich weiß und mich besinnen kann, getreulich antworten und die Wahrheit, soviel mir bewußt, sagen und nichts vorhalte, auch alles nicht lassen aus feinerlei Ab sichten, so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium. Der Notar ſtellte folgende Fragen : 1 ) Wie Komparent sich nenne, wo er wohnhaft und wer er seye ? 2 ) Wie alt er seye ? 3) Ob er ein oder anderes zur hiesigen Stadtmatrikel gehöriges kontribuables Grundstück besize ? 4) Ob und warum er Komparent nebst anderen sogenannten Fo rensen jüngsthin durch den Stadtdiener oder andere bewaffnete Mannschaften gewaltthätig geplündert oder ſpoliirt ſey ? 5. Ob bei dieser Plünderung von dem Stadtdiener oder irgend einer Mannschaft auch einige Exzessen begangen oder Schlägerei vorgefallen ? 6. Ob nicht diese Erekutanten eine bei sich gehabte Ordre von dem hiesigen Kommandanten und Majoren des Türkenkorps vorge= zeiget, daß ſich dieser Pfändung niemand widerſehen ſolle ? 7) Ob Komparent wohl sagen könne, daß dergleichen außer der Stadt von dem Magiſtraten Exekution oder Plünderung erlebet haben oder sich derselben zu erinnern weiß ? 8) Ob also nicht solche höchststrafbare Eingriffe und Violierung hiesigen Landgerichts -Jurisdiktion ſeien ? 9) Ob Komparent nicht einige Zeugen zu benennen wiſſe, die dieſes mit angesehen ?
10) Ob Komparent das ihnen mit Gewalt hinweggenommene Pfand wieder eingelöset,
oder ob solches vom Magiſtrat vermittels
eines öffentlichen Aufrichtens in der Stadt sei verkauft worden ? Antworten :
1 ) Anna Sophia, Ehefrau Georg Henrichen am Tiergarten, 57 Jahre alt, Besizerin eines Stadtgrundstückes erklärte : „ Gepfändet zu sein mittels gewalttätiger Hinwegnehmung einer Kuh aus dem Stall, weil sie die vom Magistrate prätendierten 25 Aus# schläge behufs der Durchmärsche und Kriegslasten nicht hätte bezahlen wollen. "
101
2) Anna Katharina, Tochter des Berndt am Häuschen in Bredeney, 27 Jahre alt,
deren Eltern einen Morgen
besigen, erklärte gepfändet zu sein
Land in Werden
mittels gewaltthätiger Hin
wegnahme einer milchgebenden Kuh, weil ihre Eltern die von dem Stadtdiener 3 oder 4 Tage vorher angesagten 25 beson deren Ausschläge nicht hätten bezahlen wollen. " 3 ) Diedrich Püzinghaus in Bredeney,
Pächter aus Dorsten, der
mit ſeiner Herrschaft in Werden 4 Morgen Land hatte, 70 Jahre alt, sagte aus : Ihm sei zuerst für seinen Anteil von dem Stadtdiener und bei sich gehabter Mannschaft ein dreijähriges , trächtiges Rind , für das Anteil seiner Herrschaft dieſemnächst von einer mit Gewehr versehen gewesenen ganzen Bürgersrotte eine trächtige Kuh
gepfändet worden, und wie er hier nächſt
gehöret, so sei solches aus dem einfachen Grunde geschehen, weil er die vom Magistrat prätendierte und durch den Stadt diener 3 oder 4 Tage vorher angesagten 25 Ausschläge zu einem besonderen Beitrag der Durchmärsche und Kriegslaſten nicht abgetragen hätte . “ 4) Heinrich am kleinen Hückelkothen in Bredeney, Reiter, 50 Jahre alt, erklärte : „ Vermittels Abnehmung einer trächtigen Kuh gepfändet zu sein. Die Ursache, warum, fönnte er eigentlich nicht sagen, weil ihnen deshalb nichts Schriftliches vorher insinuieret worden wäre. " 5) Heinrich am großen Hückelkothen in Bredeney , Bauersmann, 27 Jahre alt, bejahte die Pfändung. „ Die Ursache, warum, sei ihm dabei nicht bedeutet worden. " 6 ) Johann am Helmansberg in Bredeney,
40 Jahre, behauptete
vermittels Wegnehmung einer trächtigen Kuh gepfändet zu sein. Die Ursache, warum, wüßte er eigentlich nicht . 7) Ludger Oberbarnscheid, Bauersmann, 36 Jahre alt, bestätigte, daß er gepfändet worden sei . Die Ursache aber, warum, wüßte er nicht. Bezüglich der übrigen Fragen erklärten die Erschienenen faſt allgemein, daß außer der Pfändung keine weiteren Exceſſe vorge kommen seien, daß sie wohl einen Brief des Majors gesehen, von dem Inhalte aber nur durch Hörensagen wüßten, daß sie derartiges nie erlebt hätten und als
einen unerhörten Eingriff in die Juris
102
diktion des Landgerichts anfähen und daß die Hausleute Zeugen. des Vorgangs gewesen seien.
Nur die Aussagen zur Frage 10
mögen hier im Einzelnen folgen : 1) Die gepfändete Kuh wieder eingelöset zu haben und unterm 26. Februar a. c. per notarium et testes mittels feierlichſter Protestation und Vorbehalt ihres Rechtes dafür wie auch an prätendierten Pfändungskoſten ad 58 Stüber zuſammen 27 Rthlr. 47 Stüber zahlen lassen. 2 ) Ihre Eltern hätten die gepfändete Kuh wieder eingelöset und mit Protestation und Vorbehalt ihres Rechtes dafür wie auch an Pfändungskosten ad 40 Stüber, zusammen 3 Rthlr. 35 St. bezahlet. 3 ) Er hätte das Rind wegen Mangel an Geld nicht für seine Pachtherrschaft einlösen können, aber Notar Winkelmann habe die gepfändete Kuh wieder eingelöst und dafür laut Quittung wie auch an Pfändungskosten ad 2 Rthlr.
13 4 Si . bezahlet .
4) Er hätte die Kuh eingelöst, jedoch mit Proteſtation, daß er ſein Recht sich deshalb vorbehalten, hätte dafür, wie an Pfändungs fosten, zusammen 15 Rthlr. 1614 St. bezahlen müſſen. 5)
Ja !, jedoch mit Protestation, sich in feiner Weise zu prä judicieren, dafür wie auch aus prätendierten Pfändungskosten ad 834 St. , zusammen 10 Rthlr. 284 St. bezahlt . “
6) „Ja, und zwar unterm 26. Februar a. c. per notarium et testes unter feierlichster Protestation, sich hierunter in keinerlei Wegen zu präjudicieren und dafür wie auch an prätendierten Pfändungskosten ad 58 St. , zuſammen 23 Rthlr. 53 St. zahlen laſſen, addendo, von seinem kranken Schwiegervater fommittiert zu sein, namens desselben 21 Rthlr. 40 St. und an Pfändungs koſten 233/4 St. bezahlen müſſen . “ 7)
Ja, und hätte mit Protestation und Vorbehalt seines Rechtes an Exekutions- und Pfändungskosten ad 384 St. , zusammen 15 Rthlr. 133/4 St. bezahlet . " Am 26. März 1763 erschienen 4 auswärtige Bewohner, die
im Stadtgebiet begütert waren, folgendes zu Protokoll : 1 ) Anna
Christina, Witwe
70 Jahre alt,
und
gaben über ihre Pfändung
eines Kötters
am Müllenhäuschen,
mittels Abziehung einer Kuh gepfändet, weilen
103
sie zu dem besonderen Beitrag behufs der Kriegslasten die 25 Ausschläge nicht hätte bezahlen wollen. " 2) Anna Maria an der Schüßdellen, Frau eines Kötters in Schuir, 50 Jahre
alt,
mittels Wegnehmung
einer trächtigen Kuh,
weilen sie die 3 Tage vorher durch den Stadtdiener angesagten 25 besonderen Ausschläge behufs der Kriegslasten nicht hätte bezahlen wollen . " 3) Ludgerus Jahre alt,
zu Unterbarnscheid, Bauersmann zu Bredeney , 63 mittels Abziehung eines zweijährigen Rinds, weil
er die Ausschläge nicht hätte bezahlen wollen. " 4) Johann Löhmann,
Bauersmann in Schuir,
53 Jahre alt,
„mittels gewalttätiger Wegnahme zweier Rinder,
eines von 3
und eines von 2 Jahren, weil er die extraordinären Satzungen nicht hätte bezahlen wollen. " Während
die
übrigen
Fragen
auch
meistens
verneinend
beantwortet wurden, erklärten sie zu Frage 10 : 1 ) Am 26. Februar habe sie unter feierlichster Protestation vor Notar und Zeugen, " sich hierunter auf keinerlei Weise zu präju dicieren und ihre habende Berechtſame zu verlieren “ , die gepfän dete Kuh wiederum eingelöset und dafür, wie auch an präten dierten Pfändungskosten zusammen 13 Rthlr. 53 St. bezahlen lassen. 2 ) Sie habe die Kuh wieder eingelöst .
unter Protest für
12
Rthlr.
6 2 St.
3 ) Er habe das gepfändete Rind nicht wieder eingelöst und hielte dafür, daß Magistrat solches verkauft habe. 4) Er habe für 14 Rthlr. 81, St. die gepfändeten Rinder wieder eingelöst unter feierlichster Proteſtation, sich seiner „ Berechtsame und regressus " im geringsten zu begeben. Am 28. März 1763 erschienen 11 auswärtige Bewohner, die im Stadtgebiete begütert waren und gaben über ihre Pfändung folgen des zu Protokoll : 1 ) Christina, Ehefrau des Leibzüchters Brockmann in Bredeney 68 Jahre alt, mittels Abziehung zweier kupferner Kessel, eines kupfernen Durchschlags und hölzernen Milcheimers gepfändet, weil sie die Ausschläge nicht bezahlt hätte, die ihr einige Tage vorher der Magistrat hätte anſagen laſſen. “
104
2) Johann Heinrich zu Meckenstock, 43 Jahre alt,
Bauersmann in Bredeney,
mittels Abziehung eines trächtigen Rindes, wa
rumb aber, wäre ihm unbekannt, weilen die ordinären Satzungen von dem in Besitz habenden Stück Landes jederzeit wären be richtiget worden. " 3 ) Ludgerus zu Meckenstock, Bauersmann in Bredeney, 26 Jahre alt, die Erecutanten hätten bei ihm kein Pfand weggenommen, weilen sein Vater mit ihm zur Stadt gegangen, umb zur Ab kehrung der Pfändung das vom Magistrate Prätendirte zu be richtigen." 4) Ludgerus Wintgen, Köther in Fischlafen, 35 Jahre alt,
„ er
so wenig als sein Schwiegervater ſeien gepfändet worden, wei len der Bürger Mühlensiepen Tages vorher, wie die Pfändungen bei ihm hätten vorgehen sollen, Bürge geworden wäre. “ 5) Hermann am Kimmeskamp , Köther in Fischlaken, 35 Jahre alt, „er sei nicht gepfändet worden, weil er die 25 Ausschläge mit 9 Rthlr. 11
St. unter Vorbehalt seines Rechtes bezahlt habe. “
6) Johann Heinrich am Krausenbaum, Köther in Fischlaken, 34 Jahre alt,
„ er sei durch eine ganze Bürgersrotte von ohngefähr 12
Mann nebst dem Rottmeister Conrad Leers mittels Hinweg nehmung dreier kupferner Kessel und eines kupfernen Durch schlags gewalttätig gepfändet worden, weil er die Ausschläge nicht habe bezahlen wollen. " 7) Tilman am Hattig, Köther in Fischlafen, 45 Jahre alt,
„ er
sei nicht gepfändet worden , weil er zu Ersparung der Pfän dungskosten die Ausschläge mit Vorbehalt seines Rechtes be zahlt habe. " 8) Wilhelm Kahmann, Bauersmann in Fiſchlaken, 31 Jahre alt, „er hätte die Ausschläge bezahlt. " 9) Peter Fuith, Bauersmann in Fischlafen, 39 Jahre alt, „die Exekutanten wären zwar bei ihm gewesen und hätten pfänden wollen, seine Frau aber hätte denselben bedeutet, daß er bereits in die Stadt gegangen, um die Ausschläge zu bezahlen. " 10 ) Anton Niermann, Bauersmann in Fischlafen, 33 Jahre alt, „ die Exekutanten seien zwar bei ihm gewesen, er aber hätte zur Verhütung der schweren Exekutionskosten unter Vorbehalt die Ausschläge bezahlt. "
105
11 )
Moritz zu Harnscheidt, Bauersmann in Fischlaken, alt,
27 Jahre
er hätte auch unter Vorbehalt bezahlt. "
Während Frau Brockmann die gepfändeten Kessel für 4 Rthlr. 834 St. und Joh. Heinrich Meckenstock das gepfändete Rind für 6 Rthlr. 554 St. wieder einlösten, unterließ dieses Johann Hein rich am Krausenbaum, worauf die Kessel „ mittels eines öffentlichen Ausrufes in der Stadt an die Meistbietenden verkauft wurden. " Am 29. März 1763 erschienen 12 Auswärtige, die im Stadt= gebiete begütert waren, und erklärten über ihre Pfändung zu Pro tofoll : 1)
Gertrud Catharina, Ehefrau des Köthers Küppershausen in Heidhausen, 39 Jahre alt, durch den Stadtdiener und eine ganze Bürgersrotte mittels gewaltthätiger Hinwegnehmung einer trächtigen Kuh gepfändet zu sein, weilen sie die Ausschläge ad 3 Rthlr. 30 St. nicht bezahlt. "
2 ) Ludgerus Nöcker, Köther in Hamm, 40 Jahre alt, „ er wäre nicht gepfändet, weil er die Ausschläge mit 1 Rthlr. 52 2 St. und wegen Ansagens 13/4 St. bezahlt. " 3) Wirich Unter Lautermann, Köther in Heidhausen, 33 Jahre alt, „ gepfändet zu sein mittels Abziehung eines trächtigen Rin des, weil er die Ausschläge nicht hatte bezahlen wollen. “ 4) Heinrich Ober Lautermann, Köther in Heidhausen, 64 Jahre alt, „ gepfändet zu ſein mittels Abziehung eines kupfernen Keſſels und hölzernen Milchfäßchens, einer blechnen Pfannen, Kuchen schüssel und zweier Stühle, weil er die Ausschläge zu 1 Rthlr. 15 St. nicht hätte bezahlen wollen. " 5) Ludgerus Broſt, Leibzüchter in Heidhauſen, 68 Jahre alt, „ habe zur Verhütung der schweren Erekutionskosten die Ausschläge mit 3 Rthlr. 20 St. bezahlt." 6) Johann Sondermann, Bauersmann in Hamm, 60 Jahre alt, „gepfändet zu ſein mittels Abziehung eines Rindes, weil er die Ausschläge zu 4 Rthlr. 47½2 St. nicht hätte bezahlen wollen. “ 7) Johann Hermann Welzenberg, Leibzüchter in Hamm, 67 Jahre alt, die Erefutanten hätten die Haustür mit Gewalt auf- und das
Schloß
davongeschlagen
und diesemnächst
die
Tür am
Kuhstall aufgebrochen und daraus eine milchgebende Kuh mit Gewalt hinweggenommen, weil er die Ausschläge nicht hätte be zahlen wollen. “
106
8) Johann Diederich Küpper, Köther in Heidhausen, 40 Jahre alt, „sei nicht gepfändet worden, weil er zur Ersparung der Pfän dungskosten mit Vorbehalt seines Rechtes die Ausschläge mit 3 Rthlr. 45 St. bezahlt hätte . " 9) Peter Luther, Köther in Heidhauſen, 48 Jahre alt, „ ein Pflug ochse sei ihm mit Gewalt weggenommen worden, weil er die
Ausschläge nicht hätte bezahlen wollen . " 10 ) Hermann Brenscheidt, Köther in Heidhausen, 37 Jahre alt, ,,mittels Abziehung dreier kupferner Kessel und eines Milcheimers gepfändet zu sein, weil er die besonderen Satzungen mit 5 Rthlr. 50 St. nicht hätte bezahlen wollen. “ 11 ) Heinrich Grüter, Köther in Heidhausen, 45 Jahre alt, „ die Exe futanten aus der Stadt wären dreimal, und zweimal eine ganze Bürgersrotte mit Gewehr versehen nebst bei sich gehabtem Rottmeister Federle bei ihm gewesen und hätten endlich die Haus- und Dehlentür auf- und das Schloß davon abgeschlagen, mit der größten Gewalttätigkeit eine Kuh aus dem Stall hin weggenommen, weil er die Ausschläge nicht hätte bezahlen wollen . " 12) Hermann im Obersten Horholt, Köther in Heidhausen, 80 Jahre alt,
er habe die Ausschläge bezahlt gehabt. "
Während Wirich Unter Lautermann das Rind für 5 Rthlr. 50 St. , Johann Herman Welzenberg die Kuh für 6 Rthlr. 271 St. , Peter Luther den Ochsen für 17 Rthlr. 16 St. und Heinrich Grüter die gepfändeten Sachen für 6 Rthlr. 28¾ St. unter Vorbehalt ihres Rechtes wieder einlösten, verzichteten die Uebrigen auf die Einlösung, teils weil sie nicht wollten, teils weil sie kein Geld hatten. Durch den Notar wurden noch die der Wittwe am Müllen häuschen, dem Johann Helmansberg und Georg Heinrich am Tier garten gepfändeten Gegenstände unter ausdrücklichem Proteſte wieder eingelöst und festgestellt, daß die übrigen Pfänder „ vom Magiſtrat öffentlich ausgerufen und verkauft worden seien. "
Beilage 12. Strafmandat des Abtes gegen den Magistrat von Werden wegen Pfändung der Landbewohner. 15. April 1763. Des Herrn Reichsabten zu Werden und Helmstädt, Unseres gnädigen Herrn Hochwürden Hochwohlgebohren Gnaden haben ver
107
lesen, was wider dero Verordnung vom 8. dieſes Bürgermeiſter und Rath hiesiger dero Stadt Werden in ihrer sogenannten unterthänig bedinglichen Information unterm 12. crs . einzuwenden vermeint. Haben auch zugleich mißfälligſt und erstaunend vernommen ,
daß
Hochdero geschärften Verbots ohngchindert dieselbe mit fernerer ge= Da nun die vorge waltsamen Pfändung würklich fortgefahren . schirmten Einwendungen das tumultuarische Betragen des Magistrats keineswegs entschuldigen, vielweniger rechtfertigen , sondern wie hier mit äußerster Gewalt vergesellschaftet ist, die allzusehr übertriebene Verwegenheit kundbarer Unterthanen ins volle Licht ſtellen, zumahlen Bürgermeister und Rath um so mehr gestehen müſſen, ihrerseits nicht das mindeste exercitium alicujus iurisdictionis et exccutio nis auf'm platten Lande und in den Honnschaften hiesigen Stifts zu haben, je weniger ihnen entfallen ſein kann , daß sie noch ohnlängſt in der nemblichen jezo vorgeschüßten Subkollektionssachen bey Jhro Hochwürden Hochwohlgeboren Gnaden um die Rechtshülfe unter thänig angesuchet. Auch ohnehin auf ganz ungereimte mit den erſten Grundsäßen gemeiner Rechten nicht vereinbarliche Dinge herauslaufet, daß geſagte Bürgermeister und Rath wegen ein und anders in städtischer Feld mark belegenen, mithin zur ſtädtiſchen Matrikul gehörigen und folg= lich den ihnen in gewisser Maaß gnädig zugestandenen iuri sub collectendi in ordinariis unterworfenen Stück Landes, dessen Besizer gleichsam in alle Welt zu verfolgen und einige denenselben willküh rig zugewiesenen ordinair Laſten halber zu deren Abtrag hier nicht gehalten zu seyn vermeinen, an ihren unter frömbden Gerichtszwang liegenden
Wohnhäusern
mit
selbst
richterlicher
Gewalt
Pfände
ausziehen zu laſſen, verfölglich durch dergleichen Zudringlichkeit das Stift in Lärmen und Zerrüttung zu sehen befugt sein wollen . Und dan von dem glaubwürdigen Daseyn eines solchen Privi legii, welches hier Bürgermeister und Rath zu sothanen Ausschwei fungen, Hauskrieg und Vergewaltigung deren stiftischen Unterthanen. auf'm platten Lande möchte berechtigen können, Ihro Hochw. Hoch wohlgeboren Gnaden nichts bekannt ist, vielmehr Hochdieselbe dafür halten, daß derlei Privilegien eben so wenig vorhanden seyn, als dessen bisherige werden können :
Beobachtung
richterlicher
Arth nach
dargethan
108
So werden mehrgen. Bürgermeister und Rath ihres unerheb lichen und in unziemlichen Ausdrückungen abgefaßten Einwendens ungehindert in 50 Goldgulden Brüchten hiermit fällig ertheilet, und wird ihnen zu deren würklichen Erlegung wie auch ebenfalls zur Benennung der Aufwiegleren, welche an der Thathandlung vorzüglich Schuld tragen, eine achttägige Frist sub poena executionis beſtimmt und zugleich unter gedoppelter Strafe von ein hundert Goldgulden (inhäſive) anbefohlen, ſich aller ſelbſt richterlichen Gewalt und weiteren Eingriffs in die landesherrliche Gerichtsbarkeit zu enthalten und ihre vermeinte Befugnis in ordentlichen Wegen Rechtens Urfund aus Werdenscher Kangley.
zu suchen.
Auf sonderbahr gnädigen Befehl Sekr. E. Dingerfuß.
Beilage 13. Kabinetsordre
des Königs
von
Preußen,
Streitigkeiten zwischen
der preußischen Regierung und der Abtei Werden betreffend . 20. Juni 1767. Seiner Königlichen Majestät ist die abermalige Vorstellung der Abtey Werden vom 17. May vorgeleget worden . Höchstdieselbe finden aber die darin geführten Beschwerden keineswegs gerechtfertiget, noch auch dasjenige aus dem Wege geräumet, was ihr bereits unterm 24. April geantwortet worden und worauf man sich also nochmals beziehen muß. Man erkennet feine Landeshoheit der Abtey in dem Amte Werden; wenn ihr aber auch selbige zustände, so muß doch die Abtey die wohlhergebrachten Rechte und Freiheiten
der Stadt und
Eingesessenen von Werden unbeeinträchtiget laſſen, und da ſie durch Eindrängung mehrerer katholischer Magiſtratspersohnen, durch unbe fugte Aufführung einer der Stadt nachteiligen Mauer und
durch
Entziehung vieler katholischer Einwohner von der Stadt-Mitleiden schaft und sonst auf vielerlei Art dawieder gehandelt, so haben Se. Königl. Majestät so wohl als Schuhherr von Werden als auch nach der von saeculis hergebrachten Befugniß der Grafen von der Mark und auch selbst nach denen
von der Abtey allegirten Receſſen ſich
so berechtiget als verbunden gehalten,
dem leidenden Theil von
Werden hierunter Schutz und Beistand zu leisten.
109
Man hat der Abtey sowohl als ihren Anhängern alle mög lichen Vorstellungen und Vorschläge zur Güte gethan, solche sind aber mit Verachtung und Eigensinn verworfen worden.
Die Abtey hat
dem Königl. Commissario zu Sr. Königlichen Majeſtät größeſten Despekt das Gehör
versaget
und
da Höchstdieselbe
die Beleihung
über die Erbschutz-Voigtey auf eine gnädige Art gesuchet und dazu. einen der Abtey ganz unschädlichen modum vorgeschlagen, so hat sie solche doch ganz unbefugterweise dekliniret . Es ist also Sr. Königl . Majestät nicht zu verdenken, wenn Sie nachdrückliche Mittel anwenden, um die Abtey anzuhalten, daß ſie Verfaſſungen, Recht und Billigkeit beobachte. Es ist bisher glimpflich genug mit ihr verfahren worden, da man bloß einige ihrer aufrührerischen Anhänger mit solchen gelinden Strafen, welche sie selbst gar nicht geachtet, beleget und der Abtey bloß die wiedrigen Folgen, so die Fortdauer Ihres unrechtmäßigen Betragens haben müſſe,
zu wiederholten mahlen vorgestellet,
aus
welchem gelinden Verfahren genugsam erhellet, daß man der Abtey keine wiederrechtlichen Neuerungen
aufdringe,
noch einige für Sr.
Königl. Majestät ohnedem nichts bedeutenden Vortheile in Ansehung von dem so unbeträchtlichen Amte Werden beziehle. Wenn dieses alles aber bei der Abtey gar keinen Eingang finden sollte, so werden Se. Königl . Majeſtät sich nicht länger ent= halten können, Ihr mehreren Ernst zu zeigen und die Abtey mitſamt dem ganzen Amte Werden wieder in die Verfassung zu sehen, in welcher alles vor denen Recessen, welche sie nur zu ihrem Vortheil beobachten will, sonst aber einfältig verleget, gewesen. Man ermahnt ſie nochmals wohlmeynend, es nicht zu solchen Extremitäten kommen zu lassen, den jezigen rechtmäßigen Magistrat zu Werden und die dort von dem Königl . Commissario gemachten gemeinnüzlichen Ver fügungen nicht weiter anzufechten, sondern einen Jeden bei seinen Rechten in Ruhe zu lassen, so werden Se . Königl. Majestät der Abtey auch auf keine Weiſe weiter zur Laſt fallen, sondern Ihr vielmehr Höchstdero Schuß und allen guten Willen in billigen Dingen angedeihen lassen.
Signatum , Berlin, den 20. Juni 1767. Auf Sr. Königl. Majeſtät allergnädigſten Spezialbefehl Finkenstein.
Herzberg.
110
Umlage der Abgaben auf die Bewohner des ehemaligen Stiftes Werden für die Freiheit vom Militärdienste in den Jahren 1806 | 7.
Von P. Schmi z.
In dem provisorischen Vergleiche zwischen der Abtei Werden und der preußischen Regierung vom 10. Oft. 1774 hatte letztere die Vertretung des Stiftes Werden „ bei dem Niederrheiniſch-Weſtfälischen Kreise ratione der zu stellenden Kavallerie ad 7 Pferden, und was zu Behuf des General- Stabes , Artillerie samt allem Zubehör und Bedienten, an Munition, Kommiſſariat, Proviant und Fuhrwerk, Apothek und sonsten davon zu dragen Vorkommen " gegen jährliche Zahlung von 2000 Rthlr. übernommen.¹) Damit war die frühere Verpflichtung der Abtei, ſelbſt Reichshülfe in einigen Mann zu Fuß und zu Pferd ſtellen zu müſſen, in Wegfall gekommen . Die Stiftsbewohner genoſſen alſo vollſtändige Freiheit vom Militärdienſte, Kanton oder Werbefreiheit genannt ; nur war dem Abte durch Re gulativ vom 9. Januar 1774 dafür das Recht eingeräumt, „sechs hundert Rthlr. in ordinären, im Werdenschen von Zeit zu Zeit foursierenden Gelde “ jährlich von der Stadt zu erheben.2) Zu Abtei zeiten wurde dieses Geld aus den regelmäßigen Steuerausschlägen genommen. Nach der Säkularisation des Stiftes gaben die Vertreter der Stadt Werden und des Dorfes Kettwig sowie die Deputierten und Meistbeerbten des platten Landes ihrer Hoffnung,
auch fernerhin
von der Militärpflicht verschont zu bleiben, in einem Promemoria Ausdruck, welches sie bei der Huldigung am 10. Hildesheim überreichen ließen. 3)
Juli 1803 zu
') Siehe 8. Heft der Beiträge, Beilage 1. S. 138 . 2) Ebendaselbst Beilage 2. S. 140. Art. 1 . 3. Heft der Beiträge S. 233 und 504. In der Eingabe heißt es : „Zog die Werbefreiheit seit den letzten Jahren Manchen hierher und bestimmte ihn zum guten Untertanen, fleißigen Arbeiter und treuen Fabrikanten, so würde die Ein führung des Kantons hierselbst diese Menschen nicht nur, sondern auch gewiß Hunderte von Eingeborenen um so mehr verscheuchen, da sie wenig oder gar keine
111
Indes traf die preußische Regierung sofort Anstalten,
das
Kanton-Reglement vom 12. Februar 1792 , welches in den alten Provinzen allgemeine Geltung hatte, auch in dem Werdener Bezirk einzuführen .
Eine besondere Kommission, bestehend aus mehreren
Militär- und Zivilperſonen unter dem Hauptmann von Puttkammer, hatte sich bei dem Magistrate, dem die Anfertigung der nötigen Stammrollen aufgetragen worden war, angemeldet mit dem aus drücklichen Bedeuten, daß „ gar noch nicht an eine Aushebung von jungen Leuten gedacht werde, sondern nur untersucht werden solle, ob und inwiefern die in den älteren Provinzen bestehenden Be freiungsgeseze auch auf die Entschädigungslande (Werden, Eſſen, Elten u . s. w . ) anwendbar sein können oder nicht, weshalb also sich ein jeder, in specie die jungen Leute beruhigen könnten. “ Obgleich sich der Magistrat in einer Bekanntmachung für die Richtigkeit dieses Versprechens verbürgte, verließen doch mehr als 60 junge Leute aus Furcht vor dem Militärdienste das ehemalige Stiftsgebiet.
Auch eine ernste Warnung an die Eltern, denen die
Hauptschuld an der Entfernung ihrer Söhne zugeschrieben wurde, und die Aufforderung an dieselben, ihre Söhne zurückzurufen, blieben erfolglos, sodaß sich der Magistrat genötigt sah, in einer Eingabe vom 7. Oft. 1803 an den Kriegs- und Steuerrat Kanit in Duisburg „darauf anzutragen, daß das hiesige Land vom Enrollement frei gesprochen, dagegen aber ein Werbescheits - Gelderquantum festgesetzt werde, welches Bürger, Bauer und Fabrikant ganz gerne bezahlen wird. " )
In
der Eingabe wird hervorgehoben,
daß nach dem .
Kantonreglement zwar die nötigen Fabrikarbeiter und Bergleute Habe befizen und der Abschen vor dem Soldatenstande so allgemein und groß ist, daß kein Schaden oder Vorteil sie hier fesseln könnte. Wandern nun diese den Fabriken unentbehrlichen Menschen aus, so stürzen sie vielleicht unwiederbringlich zusammen und die wenigstens 150000 Rthlr., die durch die Fabriken in Werden und Kettwig blos an Arbeitslehn jährlich in Umlauf kommen, fallen aus. Nun mindert sich die Konsumtion in allen Teilen und alle Königlichen Kassen fühlen den Nachteil. Kornmühlen, Farbmühlen , Papiermühlen, Schleusen, der Bergbau, der blos zum Färben der Tücher wenigstens für 2500 Rthlr. Kohlen abseßt, die Stempel , Zoll , und Wegekaſſen fühlen den Ausfall augenblicklich und schmerzhaft , wenn die Fabriken durch Konskription gehemmt werden, und das bergiſche Land oder vielmehr das jenseitige Rheinufer sieht mit Schadenfreude und offenen Armen gesunde tätige Menschen und wohlhabende Fabriken zu seinen Herden eilen, wohin wegen Sperrung des Handels selbst schon mehrere ansehnliche bergische Fabrikanten ihre Zuflucht genommen und fast täglich nehmen. Weshalb man denn die dies seitigen Fabriken, wenn sie sich auf irgend eine Art erhalten sollen, nicht genug begünftigen fann." 1) Flügge, Chronik der Stadt Werden . S. 150 ff.
112
vom Militärdienste frei bleiben sollten ; jedoch befürchteten die Ein wohner, daß das Wort nötig zu weit extendiert werde, wie es auch in vorigen Zeiten zu weit extendiert worden sei.
Nehme man aber
auch das Wort nötig im strengſten Sinn und laſſe alles zu Fabriken und zum Bergbau gebraucht werdende Perſonal vom Dienſte frei, so muß doch das Land seinen bisherigen Flor verlieren und in sein vorheriges Cede wieder zurückkehren, wenn man auch nur die wenig übrig bleibenden Handwerker und den Ackersmann enrollementsfähig erklärt, indem einesteils der Zimmermann, der Schreiner, der Grob und der Kleinschmied , der Kragmacher und der Maurer mittel- oder unmittelbar mit den Fabriken so verbunden sind, daß einer ohne den andern nicht ſubſiſtieren kann, und andernteils das bloße Wort Kanton den Einwohner und den angrenzenden Ausländer dergestalt abschreckt, daß ſie ſich und ihre Kinder bei Zeiten, ſo gut ſie können, zurückziehen. “ stügt,
Diese Eingabe wurde vom Steuerrat Kanig unter
aber erst am 13.
ft.
Domänenkammer in Hamm, daß
1805
bestimmte die Kriegs- und
gegen Bezahlung eines angemessenen
Werbegeldes die Stadt Werden von der Militär-Konſfription befreit sein solle. " Diese Vergünstigung wurde dann auch auf Kettwig und die Herrschaft Byfang ausgedehnt und eine gemeinſame Sigung der für die Umlage der Abgaben zu wählenden Kommiſſion unter dem Vorsitze der Kriegsräte von Ammon und Kanig auf den 15. November ausgeschrieben. Der Magistrat von Werden wählte in die Kommission zur der sogenannten Werbegelder die Herren Pantaleon Qules , Jean Forstmann, Peter Tüschen junior und den Bürger
Verteilung
Mathias Wiese ; hierzu kamen die Deputierten von Kettwig und Die 14 Werdener Rottmeister hatten am 14. November
Byfang.
folgende Eingabe an den Magistrat gerichtet : „ lleberzeugt, daß der Wohllöbliche Magiſtrat ſich bei dem morgen in Eſſen festzusehenden Werbe-Gelder-Quanto zum Besten der Bürgerschaft verwenden werde, unterschriebenen Rottmeister dennoch gemüßigt , bei denenselben dahin anzutragen, daß bei dem dermaligen teuren Zeiten
sahen sich die
hauptsächlich darauf Rücksicht genommen werde, daß bei Verteilung dieser Gelder der gemeine Mann, als Handwerker und Fabrikarbeiter soviel als möglich verschont, und die Hauptſumme dieser Gelder auf den wirklichen Fabrikunternehmer verteilt werde, der in jedem Betracht durch die Werbefreiheit am mehrsten gewinnt . "
113
In der Sigung wurde zunächst die Notwendigkeit beſtimmter Grundsäge erörtert und dann folgendes vereinbart : ¹) 1.
Die Werbegeld-Umlage soll nicht eine Real-,
sondern eine
Personalsteuer sein, weil es sich um persönliche Laſten oder Vorteile handelt, die aus der Militärpflicht bezw. Freiheit vom Militärdienste erwachsen.. 2.
Bei Bemessung der den einzelnen Gemeinden aufzuerlegenden Steuerquote soll das Kontingent maßgebend sein, welches jede Gemeinde an Mannſchaften zu stellen hätte, nämlich Werden 13, Kettwig 7 und Byfang 3 Mann.
3.
Es sollen 5 Klassen gebildet werden, in die alle Einwohner, selbst die armen nach den jährlich einzureichenden Listen auf zunehmen sind .
4.
Bei Auſſtellung der Klaſſenabteilungen sollen a) Gewerbe und Stand, b) die Vermögensverhältnisse, e ) die Anzahl der Söhne und d) die bisher geleisteten Abgaben in Betracht gezogen werden.
5. Der Beitrag der erſten Klaſſe, der alle Kaufleute, Fabrikbeſizer, vermögende Einwohner und gut befoldete Beamten zugeteilt werden, wird auf den Höchſtſay von 12 Rthlr. festgesezt ; dagegen soll der Beitrag der letzten Klasse, wozu die Fabrikarbeiter, fleinen Handwerker, Tagelöhner und Bergleute gehören, 1 Rthlr. betragen, sofern sie eigene Häuser oder Grundstücke besigen, während sie andernfalls ganz frei sind. 6. Die Beiträge der zweiten Klaſſe werden auf 7 Rthlr., die der dritten Klasse auf 4 Rthlr. und die der vierten Klaſſe auf 2 Rthlr. normiert. 7. Die Beiträge sollen vierteljährlich eingezahlt werden, beginnend mit dem 1. Oktober des laufenden Jahres. 8.
Mit der Erhebung der Gelder wird für Werden der Bürger meister Joisten, für Kettwig und Byfang der Bürgermeister Ulmann betraut, denen hierfür 3 Beamte zugebilligt werden.
9. Das Klaſſifikationsregiſter ſoll alljährlich im September auf gestellt und revidiert werden.
¹) Die Aktenstücke hierüber befinden sich im Stadtarchiv zu Werden. 8
114
10.
Solche, die sich mit Genehmigung der Kanton-Kommiſſion in den werbefreien Orten niederlassen, sollen ein für sie zu bestimmendes, angemessenes !! Einzugs -Werbegeld " sofort Folge klassifiziert werden.
bezahlen und in der
11. In Anbetracht der Höhe der jährlichen Beiträge soll der Wegfall der Pferdelieferung höheren Ortes beantragt werden, zumal nur Byfang einen gewissen Bestand an Pferden hat. Für den Fall, daß diesem Antrag nicht stattgegeben wird, soll von den Beiträgen soviel zurückgelegt werden, als hierzu erfordert wird. 12. Die Steuerbeträge sollen zur Unterstützung der in preußiſchen Diensten stehenden Soldaten bezw. ihrer dürftigen Angehörigen verwandt werden, wobei allerdings zu berücksichtigen sein wird, ob die Beiträge freiwillig oder nur zwangsweise gezahlt worden sind . 13. Bezüglich der in Betracht kommenden Militärpersonen soll eine genaue Untersuchung ihrer Würdigkeit und Bedürftigkeit Platz greifen. Bei der nun folgenden Klassifizierung wurden für Werden in
die erste Klasse folgende
7
eingesetzt :
Winkelier
Stockebrandt,
Bäcker und Wirt Hiegemann, Tuchfabrikant Scholten, Winkelier Barn scheidt, Tuchfabrikant Offerhaus , Administrator Keller und Pastor von Gülpen.
In die zweite Klasse kamen folgende 20 : Branntweinbrenner
Oberschür, Wirt Bremer, Tuchfabrikant und Wirt Oberhamm, Tuch macher Dehmer, Tuchfabrikant Tüschen, die Winkeliere Enshoff und Winkelmann, Landrichter Müller, Wirtin Huffmann und Wirt Neviand , Färbereibesizer Oules , Wirt Lothum, die Winkeliere Henn, Kampf und Wolff, Tuchfabrikant Schlösser, Apotheker Wesener, die Tuchfabrikanten Forstmann und Erlemeier und der Ackersmann Wusthoff. Für die dritte Klasse wurden 51 , für die vierte
100 und für die fünfte 247 ein
geschäßt, was insgesamt einen Steuerbetrag von 863 Rthlr.
ergab .
Bei einem mutmaßlichen Ausfalle von 163 Rthlr. blieben als sichere Einnahme 700 Rthlr.
Das Dorf Kettwig wurde zu 546 Rthlr. ein
gestellt, jedoch auf Antrag der Deputierten eine Herabschung auf 400 Rthlr. beschlossen.
Für die Herrschaft Bysang wurde als angemessen
und aufbringbar der Betrag von 140 Rthlr. festgescht. Von manchen Seiten wurde gegen die Veranlagung zu dieser Steuer Einspruch erhoben, so zunächst von den beiden Pastoren von Gülpen und Liebermeister ; mit welchem Erfolge dies geschah, ist nicht ersichtlich.
Sodann weigerten die Bergleute Martin Meißner, Bernh .
115
Eickenscheid und Wilh. Brandenberg die Zahlung
der Werbegelder.
Da sie gepfändet wurden, legten sie Beschwerde beim Oberbergamte ein, welches dann in einem Schreiben an den Werdener Magiſtrat darauf bestand, daß "I ein Bergmann vom Militärdienste per se befreit sei und deshalb zur Bezahlung der Werbe- Gelder nicht mit heran gezogen werden könne. " Joiſten, daß dieselben
Troß der Einwendung des Bürgermeisters nur
von
ihrem Grundbesitz besteuert seien,
ordnete die Interims - Verwaltungs - Kommission die Herausgabe der gepfändeten Sachen an. Nicht denselben günſtigen Erfolg hatten die ehemaligen abteilichen Beamten Dingerfuß, Lauten und Müller. Sie beriefen sich in ihrem Widerspruch auf die früher genossene Steuer freiheit. Die Kriegs- und Domänenkammer wies sie aber am 14. März 1806 mit dem Bemerken ab, daß es bei ihnen „ nur allein darauf ankommen könne, ob sie durch ihre neue Anstellung gegen ihr voriges Diensteinkommen entschädigt worden,
da sie sodann nach dem Reichs
deputationshauptschluß weiter nichts verlangen können.
Aber keines
wegs können dieselben sich von jeder einen in den Entschädigungslanden vorhin nicht bestandenen Verfaſſung eximieren, indem sie sonst wohl gar weigern möchten, sich des Stempelpapiers zu bedienen oder anderen. in der Verfassung unserer Lande liegenden Einrichtungen sich zu unter werfen.
Da nun aber Dingerfuß durch die ihm erteilte Pension, der
Landrichter Müller durch die ihm beigelegte Rechtspflege in der Stadt Werden und die höhere Sportultare, ebenso der Kreiseinnehmer Lauten durch die ihm erteilte Zulage hinreichend gegen ihre vorigen Dienst einkommen entschädigt sind, so müssen selbige sich auch jeder in den Entschädigungslanden vorhin nicht eingeführt gewesener Auflage und um so mehr der Bezahlung der Werbe- Gelder unterwerfen , als nicht als Abgabe, sondern als
diese
ein Surrogat des Militärdienstes an
zusehen sind .“ Auch in der Bürgerſchaft herrschte große Unzufriedenheit wegen der hohen Ansätze. Man machte den Kommissionsmitgliedern harte Vorwürfe und verlangte, daß nicht mehr als zu früherer Zeit an die preußische Regierung zu Kleve, nämlich 600 Rthlr. gezahlt würden. Der Bürgermeister Joisten gibt diesen Aeußerungen und Wünschen aus der Werdener Bürgerschaft in einer Eingabe vom 7. Januar 1806 an den Steuerrat Kanit lebhaften Ausdruck.¹)
1) Das Schreiben des Bürgermeisters Joisten vom 7. Januar 1806 lautet: „Oboleich bei der Zurückkunft der von hier aus zur Anfertigung des Werbegelder 8*
116
Mit der Erhebung der ?! Werbegelder" für Kettwig war Bürger meister Ulmann beauftragt .
Es gelang ihm aber nicht, den fest
gesezten Betrag von 400 Rthlr. durch Klaſſifikation ganz aufzu bringen. Noch mehr Mühe machte ihm die Eintreibung der für Byfang angesetzten 140 Rthlr., womit er anfänglich auch betraut war.
Nur mit Hülfe der Exekution konnten die armen Bewohner
durch den an Stelle Ulmanns zum Rendanten in Byfang ernannten Kreiseinnehmer Schiffer und hernach den Bürgermeister Joiſten zur Zahlung gebracht werden. Aus der sogenannten Werbekasse wurden mit Genehmigung der höheren Behörde den im aktiven Militärdienste stehenden An gehörigen der Stadt Werden, des Fleckens Kettwig und der Herrſchaft
Klassifikationsregisters nach Essen berufen gewesenen Deputierten die Beschwerde . führungen der Bürgerschaft über allzu hohe Ansätze allgemein waren und es sich fast ein jeder erlaubte, den Teputierten ins Gesicht zu sagen, wie sie es nie ver autworten könnten, so ein Regiſter unterschrieben und nicht mehr auf der Norm des Klevischen Werbegelderfußes bestanden zu haben, so hat man es dennoch durc) gründliche Vorstellungen über den eigentlichen Zweck und durch Versprechungen , daß durch eine jetzige gute Willensbezeugung für die Zukunft an dem Quanto gewiß ein Merkliches nachgelaſſen werden würde, soweit gebracht, daß ein jeder und der geringe und Mittelstand größtenteils selbst durch Versetzung einiger Effekten gewetteifert haben, ihr Scherflein in der Voraussetzung, künftig etwas gelinder behandelt zu werden, beizutragen, daß , wie aus der vom Rendanten an: gefertigten und von uns und der Geistlichkeit bescheinigten hier angebogenen Abgängedesignation, wenn jene von den Geistlichen noch rückständigen 2 Rthlr. entweder abgeschrieben oder noch bezahlt werden müſſen, nur noch 3 Rthlr. 30 St. als unmöglich zu erheben übrig bleiben. Wie sehr sich gedachte Deputierte in der Konferenz zu Essen durch Vorstellungen Mühe gegeben haben, die Klaſſen nachh dem Klevischen Werbegelderfuß herunter zu bringen und wie sehr wenig daher das Raisonnement der hiesigen Bürgerschaft sie trifft und gegründet sei, ist Euer Wohlgeboren als gegenwärtig geweſener Steuerrat am besten, auch zugleich bekannt, daß Vorstellungen nichts vermochten und daß es daselbst nur, um ein hohes Quantum herauszubringen, abgesehen war. Wer die Stadt Werden nur ein wenig kennt und weiß, daß außer 11 Fabrikunternehmern das ganze übrige Personal blos aus Tuchwebern, Tuchſcherern, Wollspinnern, die höchſtens täglich 30 Stüber verdienen, gerade den Ertrag eines Kaufbrods, einigen Handwerkern und unbe= deutenden Höcker- Winkelieren besteht, die , weil gar keine Passage durchführt, wieder blos allein von ersteren leben müſſen , dabei noch weiß, daß in einer Stadt ohne Feldmark und Wiesen, mithin ohne Viehstand, ein jeder von seinem Eigentum cine ordentliche Schatzung und von sein m Gewerbe ein Nahrungsgeld zur Kämmerei-Kasse bezahlen muß, um diese aufrecht zu erhalten, bei dem braucht es wohl keiner weiteren Demonstration, um flar einzuschen, daß für so eine Stad! 863 Rthlr. Berliner Courant Werbegelder mehr als zuviel ist. Ener Wohlgeboren sind dieſe allegata ebenso gut als uns vom Magiſtrat bekannt und deshalb und um bei unseren Bürgern und Einwohnern, welche sich dieses Mal gewiß von der guten Seite aus gezeigt haben, Wort halten zu können, hegen wir zu Hochdenselben das zuversichtliche Vertrauen, Sie werden gütigst geruhen, höheren Orts nebst uns dahin anzutragen, daß für die Zukunft diese Gelder nach dem Klevischen Fuß repartiert und erhoben werden können .“
117
Byfang
Douceurs "
im
Betrage
von
5
Rthlr.
und
mehr
übermittelt.
Noch einmal, nämlich im Jahre 1807, wurde es durchgesezt, daß die Stadt Werden und der Flecken Kettwig von der Stellung von Soldaten durch ein Lösegeld ſich loskaufen konnten. Nachdem Ende des Jahres 1806, das ehemalige Stift Werden dem Großherzogtum. Berg förmlich
einverleibt worden war, erließ der großherzoglich bergische Minister des Innern Graf von Nesselrode am 9. Juni 1807 eine Instruktion zum Rekrutierungsgeschäft “ , wodurch alle Unter tanen vom 20. bis zum 25. Lebensjahre mit 25. Lebensjahre mit nur wenigen Ausnahmen der Konskription unterworfen wurden ; jedoch war die Stellung eines !! Remplaſſant " für den Ausgehobenen gestattet. Aus der Stadt Werden allein mußten 124 Mann zur Ziehung, die auf den 24. Juli feſtgeſtellt worden war. Jeder, der nicht erscheinen würde, und über deſſen Aufenthalt die Angehörigen keine genügende Auskunft geben könnten oder wollten, sollte als Deserteur betrachtet werden . Zum Maßſtab für das zu stellende Kontingent an Soldaten wurde die gesamte Bevölkerung genommen. Hiernach hatte die Stadt Werden mit 2481 Einwohnern 23, der Flecken Kettwig mit 1428 Seelen 13 und das Amt Werden ( d . i . die zum ehemaligen Stiſt Werden gehörigen 13 Honnſchaften) mit 3326 Bewohnern 30 Soldaten zu stellen . Durch Verfügung des großherzoglichen Mini steriums vom 12. Auguſt wurde die Zahl auf die Hälfte gesetzt . Mit derselben Begründung, wie in den früheren Eingaben an die preußische Regierung, daß nämlich mit der Durchführung der Militär-Konſkription das
Bestehen der Fabriken in Frage geſtellt
werde, hatten die Fabrikbesizer von Werden und Kettwig an das großherzogliche Ministerium um Befreiung von
dieser
Maßregel
gebeten. Hierauf erfolgte am 6. Juni 1807 folgender Bescheid : „ Den Herren Landrat von Buggenhagen und Kriegs- und Steuerrat Kanig wird auf den von Ihnen unterm 1. d . Mts . eingereichten Bericht, die Befreiung der Stadt Werden und des Fleckens Kettwig von der Militär-Konffription betreffend, hierdurch eröffnet , wie eine solche unbedingte Befreiung verfaſſungsmäßig nicht ſtattfinden kann ; die Losung wird einmal vor sich gehen müssen.
Jedem, welchen
das Los zum Militärdienſt trifft, bleibt es demnächst unbenommen, die für ihn nach der Instruktion vom 9. d . Mts . sprechenden, für die Fabrikanten allerdings sehr günstigen Befreiungsgründe dem
118
Rekrutierungsrat vorzutragen, welcher solche prüfen und darnach das Nötige bestimmen wird . Im schlimmsten Falle kann jeder Gelofte sodann verfaſſungsmäßig noch immer einen Remplaſſant für sich stellen. Insofern solches jedoch für den Fabrikarbeiter schwer zu realisieren sein möchte, bin icht nicht abgeneigt, in Ansehung der jenigen militärpflichtigen Fabrikanten, (d . i. Fabrikarbeiter) welche zum Betrieb der Fabriken vorzüglich nötig und nüzlich sind, bei Sr. Kaiserlichen Hoheit darauf anzutragen, daß diese gegen ein zur Rekrutierungskasse zu zahlendes verhältnismäßiges Quantum befreit Diese Leute können also auf jeden Fall ihr Los ohne bleiben. Besorgnis abwarten. Die Herren von Buggenhagen und Kanitz werden mir dem= nächst nach vorheriger genauer Prüfung darüber Bericht erstatten : 1 ) ob die durch das Los zum Militärdienst berufenen Fabrikanten zum Betrieb des Fabrikenwesens wirklich sehr nötig sind und 2) ob nach den lokaleu Verhältnissen die Gestellung der Remplaſſants durchaus nicht oder etwa besonders schwer zu bewirken iſt . Hierüber sind nun die Deputierten der Stadt Werden und des Fleckens Kettwig zu bescheiden . “ In einer erneuten Eingabe vom 24. Juli weisen die Vertreter von Werden und Kettwig darauf hin, daß in dem Arrondiſſement Elberfeld die Losung nicht stattfinde, worauf am selben Tage der Miniſter antwortete, daß man bei den jetzt eingetretenen Friedens verhältnissen auf den Handelsstand bei der Konskription vorzüglich Rücksicht nehmen werde und deshalb die Fabritarbeiter völlig zu beruhigen seien . In dem Arrondissement Elberfeld sei mit der Verlosung noch gar nicht begonnen und aus diesem Grunde dieselbe dort gestundet worden.
Da aber in dem Arrondiſſement Duisburg ·
das Verlosungsgeschäft einmal angefangen sei, so müßte es der Ordnung wegen auch beendigt werden . Indes erfolgte am 12 . August die ministerielle Verfügung, daß das Rekrutierungsverfahren in der Stadt Werden und im Flecken Kettwig einſtweilen einzustellen sei .
Am 10. Februar 1808 ging der Bescheid ein, daß
K. K. Hoheit huldreichst geruht haben,
„ Seine
die Städte Kettwig
und
Werden von dem durch dieselben für die Militär-Konſkription vom Jahre 1807 zu stellenden Kontingent und zwar von 61 , Mann für die erstbenannte und von 11 2 Mann für die zweite Stadt gegen ein mäßiges Lösegeld von 200 Rthlr. für den Kopf frei zu erklären . “
119
Zur Aufbringung des Lösegeldes schlägt der Minister vor, Konskribierten
heranzuziehen,
denen
durch
die
die
Landesfürstliche
Milde die Wohltat zu Teil werde, der Verlosung nicht unterworfen zu sein," jedoch so, daß
eine Klaſſifikation in 3 bis 4 Abstufungen
erfolge, worin die Beitragspflichtigen oder ihre Familien nach ihren verschiedenen Vermögensverhältnissen
mit
möglichster
Genauigkeit
einzureichen seien ; endlich sei auch für Deckung der durch die ganz Unvermögenden entstehenden Ausfälle Sorge zu tragen. In einer Versammlung der Honoratioren und Rottmeister der Stadt Werden am 11. Februar wurde zunächst festgestellt, daß für 3 Freiwillige : Wesener, Nockmann Abzug kommen müßte, so
daß
und Müller
also noch
Jedoch erklärten sämtliche Anwesende, daß
das Lösegeld in
1700
Rthlr.
blieben.
auch diese Summe zu
hoch und nicht beibringlich sei , indem es jedem wohl noch rücker innerlich,
wie viele Mühe und
Exekutionseinlegung
es gekostet,
die in der Preußischen Zeit für die Enrollements - Freiheit von der Stadt geforderten 863 Rthlr. beizutreiben, weshalb die Preußische Kammer zuletzt ein Viertel erlassen habe.
Sie sähen es voraus,
daß, wenn auch die Bemittelten sich dazu verſtänden, der Enrollements Freiheit wegen,
die für die
Fabriken allerdings
von
äußerster
Wichtigkeit wäre, ein Opfer zu bringen und es sich gefallen ließen, daß das so äußerst hohe Quantum auf das Ganze reguliert werden. sollte,
der
größte
Teil ihrer Mitbürger
dabei
gewiß
um ihre
sämtlichen Mobilien gepfändet werden müßten, wodurch alsdann das Lösegeld nur für ein Jahr herbeigeschafft sei und für die folgenden Jahre nicht einmal ein objectum executionis übrig bleiben würde. " Sie bitten daher, das geforderte Quantum auf 1000 Rthlr. herab= zusetzen und für die Folgezeit auf 5 bis 600 Rthlr. zu firieren . In derselben Sizung wurde eine Liste für freiwillige Beiträge auf gelegt, die im Ganzen 809 Rthlr. ergab. der Konskribierten, die aber
Hierzu kamen Zeichnungen
nur soweit, als es ihr wöchentlicher
Arbeitslohn erlaubte, " herangezogen wurden, in der Höhe von 175 Rthlr.
Nachträglich zeichneten noch die katholischen Geistlichen 18
Rthlr. und der evangelische Paſtor Liebermeister 4 Rthlr .
Obgleich
der Finanzminister am 27. Februar den Antrag auf Reduzierung des Lösegeldes abgelehnt hatte, erklärte er doch auf Verwendung des Kriegsrates Kanig am 19. März 1808 sich damit einverstanden, daß einstweilen nur 1000 Rthlr. gezahlt würden. Er wolle den
120
Fall Sr. K. K. Hoheit mit dem Antrage vorlegen, daß der Rest von 700 Rthlr. gnädigst nachgelassen werde. In der Versammlung der Honoratioren und Rottmeister der Stadt Werden vom 1. April 1808 wurde beschlossen, dem Minister für seine wohlwollende Ge sinnung zu danken und um dieselbe Gnade für das Jahr 1808 zu bitten, worauf der Minister am 5. April erwiderte, daß er einen solchen Antrag bei Sr. K. K. Hoheit stellen werde. eingegangen war, fand am 9.
Ehe indes ein Bescheid
Mai die Musterung in Duisburg
statt, wobei drei junge Leute aus Werden gezogen wurden, nämlich Pet. Ben. Joh. Bonneberg, Joh. Theod. Wingen und Joh . Christ. Kohl, die sich sofort in Düsseldorf stellen sollten.
Zwar wurde die
Einstellung ins Regiment noch bis zum 28. Juni verschoben, wo gleichzeitig folgende Verfügung des Ministers vom 24. Juni 1808 einging: !! Se. K. K. Hoheit haben nunmehr zu verordnen
geruht,
daß die den Fabrik- Distrikten bisher bewilligte Befreiung vom Militär dienst gegen Entrichtung eines Geldsurrogats nicht mehr stattfinden, ein jeder Bezirk vielmehr für jedes Jahr seine Refruten in natura stellen solle .
Ihnen, Herr Provinzialrat, wird solches nachrichtlich
bekannt gemacht mit der Anweisung, die von der Stadt Werden und dem Flecken Kettwig pro 1808 zu stellenden Konskribierten ausheben. und an das Regiment abliefern zu laſſen . “
Mit dem Jahre 1807
hatte somit die Militärfreiheit für Werden und Kettwig ein Ende. Nachdem das Lösegeld für Werden auf 1000 Rthr. ermäßigt worden war, beschlossen die zur Verteilung desselben gewählten 12 Deputierte noch weitere 600 Rthr., also im Ganzen 1600 Rthr. auf die Konskribierten bezw. auf die Bürger zu verteilen, wovon 5/8 so Man gab gleich und 3g auf Erfordern eingezahlt werden sollten. sich nämlich der Hoffnung hin, daß es gelingen werde, die für das Jahr 1808 bereits zum Militärdienste ausgehobenen 3 Mann gleich falls mit 200 Rthr. pro Kopf lostaufen zu können. Da diese Er wartung sich nicht erfüllte, so entstand die Frage, was mit dem Gelde zu geschehen habe.
Zunächst genehmigte der Kriegsrat Kaniz
auf Antrag des Magistrats, daß daraus den 27 Gestellungspflichtigen zur Bestreitung der mit der Reise nach Duisburg zur Musterung verknüpften Kosten 12 Rthr. ausgezahlt würde, ja er könne auch noch ein Sürglus erleiden. " Sodann beschlossen die Deputierten in der Eizung vom 30. Juni 1808 den erwähnten 3 Rekruten zur Anſchaffung von Kleidern und als Reiſegeld je 25 Rthr . zu geben,
121
den Rest des Geldes im Betrage von 525 Rthr. zinsbar anzulegen und nach gut überstandener Dienstzeit unter die 3 zu teilen. Sie glaubten hierzu aus dem Grunde verpflichtet zu sein, weil diese in
Jahre 1807. Indes weigerten sich jezt eine Anzahl Bürger, ihre Beiträge zu entrichten und wandten sich, als der Bürgermeister Joisten mit Execution drohte, am 15. August beschwerdeführend an das Ministerium . Sie werfen dem Bürgermeister in boshafter Weise vor, daß er „für die schnelle Beitreibung desselben besonders intereſſiert sei, weil er für die Einhebung Prozente genieße " , ferner bestreiten sie den Deputierten das Recht, wider den Willen der Bürger auf deren Beutel willkürliche Geschenke zu machen", zumal damit wahre Verschwendung getrieben werde . So hat der Bürger meister die erwähnten Konskribierten ein paar Tage vor ihrem Ab marsche vom Kopf bis zu den Füßen ganz wie Harlequins fleiden laſſen. Kaum waren sie beim Regiment angelangt, so mußten sie diese Kleidungsstücke gleich ablegen und wieder heimschicken . “ Der Bürgermeister führt in einem Schreiben vom 30. August zu seiner Verteidigung an, daß allerdings einem jeden Konskribierten eine lange Nanquinetthose und Kollet, 2 Weſten, 2 Hals- und 2 Schnupf= tücher nebst 3 Paar Strümpfen von 2 besonders dazu ernannten. Deputierten ausgesucht und angeschafft worden seien, womit sie als ordentliche junge Leute zum Regiment nach Düsseldorf abgegangen, woselbst sie vorzugsweise empfangen und gewiß nicht für Harlequins angesehen worden. " Da zwei Drittel der Bürgerschaft ihre Beiträge willig bezahlt hätten, so müßte auch das letzte Drittel dazu heran gezogen werden.
Tatsächlich traten die Beschwerdeführer einer nach
dem andern von ihrem Widerstande zurück und bezahlten die Beiträge. Für den Flecken Kettwig war durch Miniſterialreſkript vom 31. Januar 1808 ein Lösegeld von 1300 Rthlr. festgesetzt worden. Das Polizeiamt berichtet am 8. März über eine Versammlung der Hausväter und Konskribierten, die alle einstimmig erklärt hätten, „ daß obschon sie auch von der angebotenen Gnade innig gerührt wären, so wäre diesen Befehl pünktlich zu erfüllen, doch über ihre Kräfte." In ihrem Dorfe herrsche große Armut dadurch, daß die Fabriken seit einigen Jahren nicht hätten gehen können. Müßten fie die ganze Summe von 1300 Rthlr. aufbringen, so komme ein
---
der festen Voraussetzung mitbeigetragen hätten, daß ihnen dieselbe Wohltat zuteil werden würde, wie den Konskribierten aus dem
122
großer Teil an den Bettelstab.
Sie erklären sich bereit, eine Sub
ffriptionsliste zu eröffnen und hoffen, daß der allergnädigste Landes herr diesen guten Willen aufnehmen und mit dieser Summe das ganze Quantum tilgen werde . sich auf 688 Rthlr.
Die Summe der Beiträge belief
In dem Berichte heißt es weiter : „ Viele Leute
haben wirklich über Vermögen sich angesetzt, denn da der größte Teil arme Fabrikarbeiter sind, so befürchten wir auch sehr, da sie diese Gelder von ihren Fabritherrn aufnehmen, die diese mit Groschen und Stüber einhalten müßten,
daß in dieser
Summe sich noch
Ausfälle ergeben werden. " Indes erfolgte am 27. Februar 1808 ein ablehnender Bescheid des Finanzminiſters . Es heißt darin ; „ Uebrigens muß auf alle nur mögliche Mittel bedacht genommen werden, wie die angejezte Reluitionssumme aufzubringen sei, denn da selbige zur Deckung der Kosten für die anstatt der Erimierten anderwärts zu refrutierende Mannschaft beſtimmt ist, so kann keine Verminderung des Quantums stattfinden.
Allemal bleibt es indes
dem Flecken überlassen, von der Eremtion Gebrauch zu machen oder nicht, und im letzteren Falle der Konſfription ihren Lauf zu laſſen und die Militärpflichtigen in Natur zu stellen. “ Jezt zogen sich auch noch die wohlhabenden Einwohner zurück
und überließen es den Konskriptionspflichtigen allein, die Summe Indes ergab eine Verteilung der=
von 1300 Rthlr. aufzubringen.
ſelben auf die Einzelnen je nach ihrer Leistungsfähigkeit in einer Versammlung vom 11. März den ungefähren Betrag, nämlich 1244 Rthlr., dem dann noch von mehreren Mitbürgern 31 Rthr. hin zugefügt wurden. In einer Eingabe vom 25. April 1808 bitten der Kreiseinnehmer Weinhage und das großherzogliche Polizeiami zu Kettwig unter Hinweis
auf den der Stadt Werden, womit doch Kettwig
nicht in Paralelle gestellt werden könne, gewährten Nachlaß von 700 Rthlr., daß für die zur Auszahlung bereit liegende Summe von 1236 Rthlr. 45 St. nicht nur pro 1807 sondern auch für das laufende Jahr 1808 die naturelle Geſtellung eines Militär -Kontingents huldreichſt nachgelaſſen werden möge . " Wie bereits erwähnt, lautete der Bescheid ablehnend. Die Bewohner des platten Landes, nämlich die in den 13 Honnschaften des Stiftsgebietes wohnenden Landleute waren in das Abkommen in Betreff der "! Werbefreiheit " nicht einbegriffen . Sie hatten sich vielmehr sofort zum Militärdienſte ſtellen müssen, was
123
zur Folge gehabt, daß ein großer Teil der zum Dienſte tauglichen jungen Leute außer Landes gegangen war.
Von den 23 Geſtellungs
pflichtigen, die bei der Musterung in Essen am 24. Juli
1807
fehlten, waren nach Aussage der Angehörigen 10 schon seit der Säkularisation des
Stiftes und
der Einführung
des
„ Kantons “
durch die preußische Regierung entwichen, während 5 von diesen, weil schon länger abwesend , als verſchollen angesehen wurden und 8 unmittelbar nach der Aufforderung zum Losungstermine entwichen waren und ſomit
als „ Refraktairs " behandelt wurden .
In dieser
Aushebung waren 15 junge Leute vom Lande zum Militärdienste gezogen worden.
Von
diesen traten
aber nur 6
ein ,
nämlich
Ludger Brues und Joh. Herm. Lindemann aus Heidhausen, Ludger Winkelmann aus Kleinumſtand ,
Pet. Ludg . Uhle
aus Heisingen,
Theodor Küpper und Ludger Schulten, ferner ſtellten 3 „ Remplaſſants “ , nämlich Joh. Christ. Grotekamp aus Hamm, Ludger Kirchmann aus Die übrigen 6 Bredeney und Friedrich Flothmann aus Jckten. waren desertiert .
An Stelle der Deserteure wurden die Reservisten.
Joh. Unterharnscheidt und Wilh. Heinr. Pörting aus Fischlafen, Mor. Ludscheidt aus Rodberg, Th. Kleinsimlinghaus aus Heidhauſen, 2. Schulten aus Baldeney und Wilh . Unterfamp aus Hamm ein gestellt.
Da auch von den am 13. und 14. Mai 1808 in Duisburg
ausgehobenen
jungen
Leuten
wieder
mehrere flüchtig
geworden.
waren, so erließ der Landrat von Buggenhagen am 5. Juni 1808 eine strenge Verordnung, worin er auf das große Unrecht hinwies, welches die Deserteure denen, die für sie eintreten müßten, zufügten und zugleich ihren Eltern bezw. ihren Heimatsgemeinden mit der Einquartierung einer Abteilung Gendarmen drohte . ')
Jedoch dauerte
1 ) Die Verfügung des Landrats von Buggenhagen lautete : Ein hohes Ministerium des Innern hat mit gerechtem Unwillen bemerkt, wie sowohl in diesem als im vorigen Jahre eine Menge von Konskribierten sich durch unver antwortliches Entweichen der Militärpflicht entzogen und dadurch die äußerst harte jedoch unvermeidliche Maßregel veranlaßt hat, daß oft der folgſam Erschienene, welcher bei einer günstigen Losungs- Nummer ohne alles Bedenken frei geblieben wäre, für den pflichtwidrig Ausgetretenen nnd zwar unabänderlich, weil die Berichtigung des Kontingents selbstsprechend darunter nicht leiden könnte , hat eingestellt werden müſſen. Diesem Unwesen endlich einmal ein Ziel und Schranken zu setzen, werden Se. Exellenz der Herr Minister des Innern ein Detachement der Gendarmerie zur Verteilung bei den Eltern der Entwichenen herschicken, woselbst die Exekution bis zur Rückkunft der Söhne liegen bleiben soll, und sollen diejenigen Ortſchaften, welche sich am widerspenstigsten gezeigt haben, ganz vorzüglich belegt werden. Indem ich Ihnen eine amtliche Liste der Refraktaire ihres Distrikts sowohl für das Jahr 1807 als 1808 in zwei Verzeichnissen überschicke, beauftrage ich Sie
.
124
die Entweichung vom Heere in der Zeit der Fremdherrschaft ständig fort, ſo daß wiederholt Strafbefehle gegen die Deserteure publiziert wurden.
Bezeichnend für den Charakter der damaligen Zeit ist es
auch, daß Pastors
im Jahre
von
Gülpen
1812 trotz des heftigen Widerstandes
des
die
der
Verlosung
der
Konskribierten
katholischen Pfarrkirche vorgenommen wurde.2)
in
Manche von den in
französischer Zeit ins aktive Heer Eingestellten mußten die Feldzüge nach Spanien und Rußland mitmachen, wo sie auf dem Schlachtfelde geblieben oder verschollen sind .
Meyer schreibt hierüber in seiner
Werdenschen Chronik 3) : „ Das Schlimmste der Fremdherrschaft war, daß man die zur Hülfe und Unterſtüßung der Eltern reif gewordenen Jünglinge zum Mordfelde hinschleppte, nicht um das Land gegen ungerechte Angriffe zu verteidigen oder die beleidigte Gottheit , woran man nicht glaubte, zu besänftigen, sondern um
einem grenzenloſen
Uebermute zu huldigen. Werden hat durch diese gewaltsame Aushebung wenigstens ein Fünftel seiner Bevölkerung eingebüßt. "
Als im Jahre
1813 das ehemalige Stiftsgebiet wieder an die Krone Preußen fiel, erließ der provisoriſche Generalgouverneur Juſtus Gruner am 22. November bezw . 4. Dezember 1813 eine Verordnung, wodurch er „ die Subſtitution und das Remplacement, das nur für gezwungene Söldlinge einer " Alle dienstfähigen
fremden Macht tauge, " aufhob und bestimmte :
Konskribierte, welche die jezige Aushebung trifft, sind ohne irgend eine Ausnahme verpflichtet, sich persönlich zu stellen und für das Vaterland in den Krieg zu ziehen.
Jezt, wo es die Verteidigung
des Vaterlandes gilt, ist jeder Sohn desselben zu seinem Dienſte um so mehr verpflichtet, je höher ihn die Vorsehung in Rang und Vermögen gestellt hat, welche durch Deutschlands Befreiung gemeinſam zu schüßen alle für alle verbunden ſind . “
Hiermit erlosch auch jeder
Widerstand der Stiftsbewohner gegen den früher so Militärdienst.
gefürchteten
zugleich, ebenfalls mit Zuziehung bewährter und unparteiischer Männer, es ſeieu nun die Herren Deputierten oder Vorsteher, oder sonst zuverlässige und rechtlich gesinnte Eingesessene, mir diejenigen Ortschaften und Individuen namentlich und gewissenhaft auszuzeichnen, welche diese Exekution am meisten verdient haben. Ich muß die größte Akkuratesse und Gewissenhaftigkeit um somehr empfehlen, als Se. Exellenz ohnedics eine Anzeige von mir verlangen, welche Beamte sich etwa in dieser Hochdenselben so wichtigen Angelegenheit nachläßig beweisen möchten. Ihren Bericht erwarte ich binnen drei Wochen bei 5 Rthlr. Strafe. 2) Siche 3. Heft der Beiträge S. 261. 3) Meyer, Werdensche Chronif. S. 90.
125
Nachdem in Essen aus den vornehmsten Bürgern des Kreises ein Ausschuß zur Organisation der Landwehr und des Landſturmes sich gebildet hatte, stellten sich allein aus der Bürgermeisterei Werden nicht weniger als 72 Landwehrmänner, die an den Freiheitskriegen teil nahmen ; hierzu famen 16 Freiwillige, die mit großem Kosten aufwand ihre Ausrüstung ſelbſt beſorgten. Für zwei vollausgerüſtete Kavalleriepferde wurden im Mai 1813 in Werden 1025 Fr. 80 Cent., zur Equipierung der Landwehr in Werden Stadt und Land 533 Rthlr. 574 St. gesammelt ; hierzu kamen von der Offermann'schen Bläu fabrik an „Bläusel " für c. 300 Rthlr., von den Tuchfabrikanten Forstmann, Huffmann und Dehmer 150 Rthlr. von dem Kaufgelde des für die alliierte Armee gelieferten Tuches im Werte von 787 Rthlr. 30 St. und 4 Rthlr. vom Schullehrer Schiems, wenn ihm sein Ge halt ausbezahlt werde.
Außerdem wurden für die Landwehr zahl=
reiche Flinten und sonstiges Kriegsmaterial geliefert.
Auch von
Kettwig gingen milde Beiträge ein, so 600 Rthlr. an Geld , 539 Ellen Tuch und 2 Paar neue Reiterstiefel. Endlich bildete sich unter dem Vorsize der Frau Adminiſtrator Keller in Werden ein Frauenverein zur Verpflegung der verwun= deten und franken Krieger, zur Unterstützung der vom Kriege be sonders betroffenen Gegenden und zur Versorgung der Witwen und Waisen der für das Vaterland gefallenen Krieger.
In den ersten
5 Monaten des Jahres 1813 hatten sie gesammelt an barem Gelde 444 Rthlr. 23
St. , 232 Ellen Tuch a 3 Rthlr. im Werte von
696 Rthr., an Leinen, Strümpfen u. s. w . für ungefähr 300 Rthlr.; außerdem waren durch den Vertrieb einer vom Papierfabrikanten Engels verfaßten kleinen Schrift in 1000 Exemplaren zu 15 St. 250 Rthlr. aufgebracht worden, im Ganzen die Summe von 1752 Rthlr. 11 St. Eine Kollekte, die für die angegebenen Zwecke in der katholischen und
protestantischen Kirche abgehalten wurde,
ergab 156 Rthlr. 41 St. Der Frauenverein ſezte seine wohltätige Wirksamkeit, woran fast sämtliche Familien von Stadt und Land durch Stricken und Nähen sich beteiligten, bis zum Juli 1817 fort.
126
Werdener Beiträge zur Geſchichte des Kurpfuſchertums im 18. Jahrhundert.
Von Dr. med . 6. Kranz.
Ein altes, allgemeines Uebel ist das Kurpfuschertum.
Ueber
schaut man die Geschichte der Medizin, so erkennt man,
daß die Kurpfuscher durchweg nach einem einfachen, aber bewährten Programm arbeiten und gearbeitet haben : Annahme eines zugkräftigen Titels , mehr
oder minder großartige Benutzung der Reklame in allen erdenklichen Formen, skrupelloses Versprechen sicherer Heilung für alle Kranken, namentlich die Unheilbaren und angeblich von allen
Aerzten Aufgegebenen. Wer in sich das Zeug zum Kurpfuſchen fühlt, braucht nur nach diesem Programm an das Publikum heran zutreten, je dreister desto besser, Kranke und Geld strömen ihn unfehlbar in Massen zu. Allgemein bekannt ist die hübsche Perfiflage auf das Kur pfuschertum aus dem 18. Jahrhundert, nämlich die Geschichte vom Doktor Eisenbart .
Dieser Heilfünstler stellt durchaus keine Einzel
erscheinung in der Geschichte der Laien-Medizin dar, solcher Markt schreier oder Charlatans hat es gegeben.
damals
wie heute
eine Menge
Das Wort Charlatan selber ist ein Beweis dafür.
Ruſt
es doch den roten Scharlachmantel (scarlatto) ins Gedächtnis zurück, den die Aerzte
als ihre charakteriſtiſche
Standeskleidung
trugen.
Wie viele Quackjalber ohne jegliche wiſſenſchaftliche Kenntniſſe muß es gegeben haben, wenn das, was einst ehrendes Standeskleid gewesen, das Symbol aller prahleriſchen Marktſchreierei und After wissenschaft geworden ist. In einer Zeit nun, in der die Zunftgeseze jeden Gewerbe betrieb in enge Schranken bannten, in welcher nicht nur die Gewinnung des Bürgerrechts, sondern auch der Aufenthalt in der Gemeinde an bestimmte Bedingungen geknüpft war, da bedurfte es natürlich auch für die im Lande umherziehenden und ihre Kunſt anpreisenden Kurpfuscher der Erlaubnis der Behörden jedes
mal,
wenn sie in einer Stadt zu längerem oder fürzerem Aufenthalte Einkehr hielten.
Diesem Umſtande verdanken wir es, daß
auch
127
unsere Werdener
Magistratsaften einige
Stücke
enthalten, ¹)
aus
denen sich einige lustige Momentaufnahmen zur Geschichte des pseudo mediziniſchen Gauflertums gewinnen lassen.
Daß auch das städtiſche
Regiment dabei mit Zopf und Kniehoſen erſcheint, ist natürlich und um so anheimelnder, als die Künste, wie man die bestgemeinten Magistratsbeſchlüſſe illuſoriſch macht, und wie man anſäſſige ehrſame Steuerzahler mit fremder Konkurrenz ärgert,
damals
auch schon .
bekannt gewesen sind. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
tauchten in
Werden in furzen Zwischenräumen mehrere sogenannte Operateure auf, im Jahre 1769 ein gewisser Molitor, im Jahre 1770 Westerhoff und 1773 Waldmann. Sie waren ähnlich wie Kunstreiter mit goldbebordeten Kleidern geschmückt und von einer umgeben.
Der Werdener Arzt
Dr. Hansen 2)
ganzen Bande
charakterisiert diese
Marktschreier als „ Leute, die zu Haus oder durch einen ehrlichen Beruf ihr Brod zu gewinnen untüchtig sind ;
Soldaten, die wegen
Schelmerei von ihren Regimentern verjaget, Bankerotteurs , ver soffene Barbiere und dergleichen Menschen, die sich als Aerzte bekannt machen und auf dem Theatro von dem Volk das Vergnügen erhalten,
das man ihnen, wenn man sich ihnen anvertraut, sehr
teuer bezahlen muß. "
Von der Begleitung der Kurpfuſcher macht
Dr. Hansen folgende Schilderung : „ Würde man hierüber die Unter ſuchung anstellen,
was
vor Hanswurſt und was für Leute der
Marktschreyer bei sich führe, so würde man finden, daß nicht nur dergleichen liederliche, sondern wahre Böjewichter und Tiebe sich in dessen sauberer Gesellschaft verstrickt haben, welche oft nicht einmahl lesen können, entblößt von allen Kändtnissen der Artzneifunst, die Häuser der
Stadt und Bauernhöfe
durchstreifen,
drei
oder vier
Arzneymittel gegen alle Krankheiten dem dummen Volke anschwätzen .
1) Protokollarische Verhandlungen des Magistrats zu Werden betr. Bürger fachen 1718-1785 ; im alten Katalog Fol. 217 , Caps . 8 No. 11 , jetzt unter Ia 5 registriert. 2 ) Dr. Hansen war schriftstellerisch tätig. In der aus Anlaß der 70 . Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf i. J. 1898 ver anstalteten Historischen Aus tellung für Naturwissenschaft und Medizin war aus gestellt: I. Joſeph Hansen der kayserlichen und der H. R. Reichs Abteyen zu Werden und Helmstädt Abten Leib Mediko : Entdeckter Urgrund eines von Med . Dokt. Varenhagen vor Venerisch angegebenen Hals Zustandes sambt Friedliebende Vorschläg und Beweiß , daß Mutmaßungen zum Probieren nicht hinlänglich find. Essen 1752 Joh. Sebastian Straube.
4 128
nur zu dem Ende diese Schelmerei treiben, damit sie Gelder zum Saufen gewinnen. “
Der zeitliche Bürgermeiſter von Werden Tüſchen
hatte den Kurpfuschern die Erlaubnis zum Aufenthalte in der Stadt und zur Betreibung ihrer Kunst erteilt. Wie sie ihre Kunst ausübten, Eingaben der Aerzte .
erfahren wir auch
aus
den
„ Diese Marktschreier, melden sie, verblenden
das Volk durch ihren prächtigen Anschein, womit sie sich schmücken, durch ihre gold bordierten Kleider,
durch ihre Zettul
und Titel,
welche sie ebenso falsch als wie ihre Kleider durch das dem Volk geraubte Geld erkaufet haben.
Etliche Hundert Neugierige ſtehen
um den Marktschreier, sie sperren Augen und Mund auf, wenn ſie den Aufzug, die vorgehaltenen Patente und die Lobsprüche ihrer Pacquete hören ausschreyen, sie schätzen sich glücklich, wenn sie ein Pacquet um einen 20 mal über seinen wahren Wert erhöhten Preis erkaufen."
Die Marktschreier verteilten
gedruckte Avertiſſements
unter das Publikum und erboten sich allerlei Schäden „ interne als erterne" zu furieren. Gegen diesen öffentlichen Unfug wenden sich die Werdener Aerzte Dr. Jof. Hansen und Chirurg W. Feldten in Eingaben an den Magistrat ; sie beantragen,
die erteilte Erlaubnis einzuziehen.
und den Operateuren poenaliter zu untersagen, von Stund an feine Arzneyen weder öffentlich noch heimlich zu verkaufen und ferner feine Kuren sowohl in- als äußerliche zu unternehmen. " In ihren Eingaben beziehen sich die Werdener Aerzte auf ein Werk des Prof. S. A. D. Tissot von Lauſanne „Anleitung für das Landvolk in Absicht auf seine Gesundheit, " worin ein besonderes Kapitel den Kurpfuschern gewidmet ist .
Wir haben uns das Werk von der Luzerner Bürgerbibliothek kommen lassen und zwar in der deutschen Uebersetzung von H. C. Hirzel, „ T. M., des großen Raths und erster Stadtarzt in Zürich " , welche 1767 in 3. Auflage erschien . Ein Vergleich zeigt, daß Hanſen und Feldten Tiſſot's Werk zu ihren Schriftstücken sehr stark benutzt haben. Zur Begründung der Eingabe wird ausgeführt, daß die herumschweifenden Markt
schreier für das größte Uebel zu halten, als eine Geißel zu betrachten. seien, welche größere Verwüstung anrichteten als alle anderen Uebel und solange solche fortdauerten, alle Vorsorgen für die Erhaltung des Volkes unnüß machten. Ein Straßenräuber ſei nicht ſo gefährlich , als solche Leute, ersterer lasse einem Menschen eine doppelte Quelle
129
zur Rettung übrig , nämlich,
daß er sich wehre und von anderen
Hülfe bekommen könne, diese aber seien wirkliche Vergifter, welche das Zutrauen der Kranken stehlen und sie zugleich ermorden. dem entzögen sie nach
Zu
einem kurzen Aufenthalt den Einwohnern
das für Lebensmittel und Schatzungen nötige Geld und nähmen solches mit sich aus dem Land, ohne den geringsten Nutzen zu ge währen.
Den Marktschreier solle man mit öffentlicher
Schmach
belegen lassen, wie in Montpelier, einer Stadt in Frankreich, ge= bräuchlich, wo derselbe auf einem mageren Esel, das Gesicht gegen den Schwanz gekehrt, zum Gelächter des gemeinen Volks und der Kinder herumgeführt würde, wobei er von dem Pöbel geschlagen, mit Koth geworfen, von allen Seiten gezogen und mit Schandworten überhäuft worden wäre.
Für ihre Person berufen sich die Werdener
Aerzte darauf, daß sie bei „ Gestattung des Unfuges bei schier nahr losen Zeiten
und
geringem Verdienst
völlig
verderben und zu
Grunde gehen müßten, sie hätten aus dem ausgestandenen Examen. und daruff gefolgter Approbation fort die Bürgerschaft und Gilden zu gewinnen bekanntermaßen ſchwere Kosten verwenden müſſen und würden
weiterhin
angehalten,
die
täglichen
Bürgerlasten
und
Schatzungen zu tragen.“ Die Aerzte fanden bei dem Magiſtrate mehr Verſtändnis, wie bei dem Bürgermeister Tüschen ;
das Kollegium trat ihren Vor
stellungen bei . Durch Magistratsbeschluß vom 7. August 1769 Dem werden dem Operateur Molitor die Wege gewiesen. " Operateur
Westerhoff
verbietet
1770 zunächst die Praxis,
der
betroffen
26.
am
April
er habe sich aller Operationen, Kuren
und Verkaufung der Medizinen zu ner er darüber
Magistrat
enthalten,
werden möchte,
ansonsten wo fer
sofort
die
Stadt
zu
räumen hätte“. Durch dieses Decret war Westerhoff noch nicht unschädlich gemacht. Er mag wohl des heimlichen Gegensatzes zwischen dem Bürgermeister Tüschen und in seiner Angelegenheit sehr bald inne
der Magistratsmehrheit
geworden sein .
Er fuhr
natürlich fort, in der Stadt ſeine Kuren „ mit Aderlaſſen und ſonſten zu verrichten und seine Wunderſalben zu verabreichen. "
Auf wieder
holte Eingabe der Aerzte wurde ihm durch Magistratsbeschluß vom 25. Mai 1770 eine Strafe von 6 Mark auferlegt und zugleich ihm anbefohlen, binnen 24 Stunden die Stadt zu räumen ; ſein Hauswirt Everhard Beytil erhielt zugleich den Befehl,
„von seinen Effekten 9
130
soviel als die Brüchten betragen bei Strafe selbst eigner Haftung einzubehalten und ihm feinen weiteren Cbdach zu geben. "
Indes
war Westerhoff, wohl vertrauend auf das Wohlwollen des Bürger meisters, nach wenigen Tagen in die Stad zurückgekehrt und hatte hier schon 8 Tage praktiziert, als der Chirurg Velten dem Ma gistrate wiederum die Anzeige machte.
In der Magistratsſigung
vom 15. Juni 1770 erschien der Delinquent selbst, er zeigte an, daß
er nicht Westerhoff hieße, mithin glaube, daß ihm der zugeschickte
Bescheid nicht concernierie, verlange seinen Kläger zu wissen, er wäre Medizinä Doktor promotus und ließe sich nicht auf solche Art binnen 24 Stunden aus der Stadt verweiſen, maßen er von gutem Herkommen und Famille
wäre. "
Judes ließ sich hierdurch der
Magistrat nicht beirren, sondern er bedeutete ihm,
sofort ohne
ferneren Anstand der vorigen Verordnung vom 25. Mai zu geleben, ansonsten ernstlichere Mittel zur Hand genommen werden sollten, anbey werde auch dem Beytil bei 3 Mark Brüchten die parition desselben gleichfalls anbefohlen. " Troß dieses energiſchen Vorgehens gegen Westerhoff ſah ſich Dr. Hansen im Jahre 1773 abermals gezwungen, gegen das Treiben eines Kurpfuschers, Klage zu führen.
des Operateurs
Waldmann, beim Magiſtrat
Der uns von früher rümlichst bekannte Bürger
meister Tüschen hatte Waldmann die praktizieren erteilt .
los, er fordert den Magistrat auf, zu mindesten solle
Erlaubnis
in Werden zu
Eine scharfe Beschwerdeschrift läßt Dr. Hanjen den Marktschreier zu verweisen,
sich die Behörde von der Kunst desselben auf
dem Rathause durch ein Examen, wozu er (Dr. Hansen) sich unent= geltlich anbietet, die Probe, gleichwie sie von den schlechtesten Hand werkern gefordert würde, geben laſſen, ſie würde dann schon er fahren, ob der Marktschreier öffentlich auszustehen sei oder sofort das
consilium
abeundi
erhalten müſſe . “
Die Eingabe des Dr.
Hansen nimmt Tüschen an sich, wohl in der Absicht, dieselbe dem Magiſtrat vorzuenthalten.
In der Magistratsſizung vom 26. Auguſt
1773 stellte deshalb der Schöffe Striebeck die Frage, deren Auf nahme ins Protokoll er auch verlangte :
„ Ob nämlich ein zeitlicher
Bürgermeister Macht hätte, einem Bürger die Justiz zu verweigern“ , worauf Schöffe Hiegemann antwortete, daß ein jeder Bürger müſſe gehört werden, welchem Votum sich die beiden anderen anwesenden Schöffen und der Gildemeister anschlossen . Jedoch scheinen die
131
Magistratsmitglieder nicht den Mut gehabt zu haben, ihrem Vorgehen gegen den Bürgermeister Folge zu geben, denn in der Senatssitzung vom folgenden Tage waren nur der Schöffe Striebeck und der Senator Huffmann zugegen.
Es wurde auch eine Resolution, welche
die Ausweisung des Operateurs Waldmann innerhalb 24 Stunden forderte, verlesen, aber wegen der Abwesenheit der meiſten Magistrats = mitglieder nicht angenommen, sondern auf den nächsten Ratstag ausgesetzt, weil
der Bürgermeister Tüschen dem Operateur Erlaubnis
gegeben und die Vorstellung des Herrn Dr. Hanſen geſtern weggenommen und in die Tasche gestecket hat. " Den Wortlaut dieſer Reſolution teile ich wegen ihres ihres interessanten Inhalts mit. " In Sachen Herrn Med . Dr. Hansen wider die Marktschreyer wird hiermit zum Bescheid ertheilet : Ta ein jedes Land seine Einwohner ernähren muß, auch von selbsten spricht, wer etwas gelernt hat und seine Kunst verstehet, an dem Ort seiner Heymath reichlich leben kan und von daraus sein Talent oder auch besondere Wiſſenſchaft durch die Buchdruckerey, Posten und Correspondence in der ganzen Welt ausbreiten und geltend machen kan,
ohne daß er nötig hat,
von einem Ort zum
andern mit einer ganzen Bande oder Gesellschaft von Menschen, nicht ohne große Mühe und schwere Lasten herumzureisen, hingegen ſchon längst bekanndt und
von rechtſchaffenen Medicis, besonders
Tiſſot in seiner Anleitung klärlich dargethan ist,
daß
dergleichen.
herumschweifende Marktschreyer gemeiniglich nur falsche Aerzte seynd, so das blinde Volck mit ihrem Schimmer und Schein noch mehr verblenden und dem publico statt vorwendenden Nutzens nur lauter Gefahr, Noth und Elend zu bringen, fort nachdem sie das Volck von ihrem blutsauer verdienten Nahrungs-Mitteln entblößet, enervirt und ausgesogen, mit Hinterlassung mehrerer und noch dazu oft gefährlich verdorbener Kranken als zuvor gewesen, davon ziehen, um es an anderen Orten, wo sie noch nicht bekanndt sind , ebenso zu machen, gleich die Klägliche Erfahrung untrüglich lehret : und daß
dergl .
Quacksalber nichts Gutes im Schilde führen, sondern nur durch Betrug das Publicum zu hintergehen sich nicht scheuen, daraus klar ist, weil sonsten nicht nöthig hätten, mit Pickelhäringen des Teufels Affenſpiel zu treiben,
wodurch die Jugend und das gemeine Volck
geärgert und vereitelt wird , dem Publico aber mehr mit soliden und erfahrenen Medicis als empyricis gedienet, dahero auch dem vor 9**
132
einigen Jahren hier gewesenen Operateur Molitor per decr. vom 4. Auguſt 1769 die Wege gewieſen und dem sogenannten Westerhoff mit seiner Bande per decr. vom 25. Mai 1770 von Magistratswegen, ob er schon vom zeitl. Bürger- Meister die Erlaubniß erschlichen, binnen 24 Stunden die Stadt zu räumen anbefohlen worden :
Als
fann Magistratus dem Stadt und Land verderblichen und höchst gefährlichen unwesen, das abermahls leider sich in hiesiger ohnedem blutarmen Stadt Werden, deren Einwohner sich kümmerlich ernähren und
behelfen müßten,
eingefundenen operateur Waldmann, nicht
länger mit gelassenen und gleichgültigen Augen ansehen, sondern es wird demselben, um
allem gewiß allem
zu besorgenden
Unheil
und
Nachtheil des hiesigen Publici vorzubeugen, hiermit von Obrigkeits wegen anbefohlen, sich mit seinem bei sich habenden Volck innerhalb 24 Stunden hinwiederum aus der Stadt zu begeben oder aber zu gewärtigen,
daß
andere
mesures
vorgekehrt
und
unangenehme
Zwangs-Mittel dazu an Hand genommen werden sollen. “ Diese Resolution ist damals, wie bereits erwähnt, vertagt Der weitere Verlauf der Angelegenheit geht aus den worden. Akten nicht hervor. Das moderne Kurpfuschertum pflegt sich zu empfehlen durch feierlichen Verzicht nicht nur auf ‚ Medizingiste ', sondern auch auf Operationen.
Im Gegensaye dazu sehen wir unsere obigen Kur
pfuscher tätig
sie treten hauptsächlich als
Operateure'
auf.
Diese
Entwicklung des Kurpfuschertums ist von der zünftigen Medizin ſelbst zum Teil gezeitigt worden. Es war nämlich im Laufe des Mittelalters unter den Aerzten die sonderbare Ansicht aufgekommen, daß
die Ausübung
der
Chirurgie
Ansicht, welche sich bis in das machte.
nicht standesgemäß
19.
sei,
eine
Jahrhundert hinein geltend
Man überließ daher die Ausführung chirurgischer Opera
tionen und die Behandlung von Wunden und Schäden den Wund ärzten und
Barbieren .
Ja,
gewisse
Operationen, wie die des
Staares, den Stein- und den Bruchschnitt hielten selbst diese Klaſſen des Heilpersonals für eine ihrer unwürdige Sache. Kein Wunder, daß sich das Kurpfuschertum dieser Operationen
und
auch
der
übrigen Chirugie bemächtigte. Unter dem Druck dieser Verhältniſſe entwickelte sich das Gewerbe der Staarstecher, der Bruchoperateure und der Steinschneider, wozu sich dann noch der Stand der Zahn brecher gesellte .
Bei fahrenden Pfuschern hatten sie ihr Handwerk
133
erlernt und betrieben sie es auch gewöhnlich wiederum vagabundirend. Viel wird geklagt, daß diese Operateure, meist wüste, unwiſſende Burschen in rohester Weise ihre Operationen vollführten. Das Un wesen der wandernden Operateure bildet, so schreibt Magnus in seiner Schrift über das Kurpfuschertum (S. 13 ), eines der betrüb endsten Kapitel der Geschichte der Heilkunde, gleich betrübend für die Medizin, welche die wichtigsten Operationen Pfuschern überließ, wie für das Publikum, welches unter den Händen dieser Leute zu leiden hatte .
längst
Die Verschuldung der Medizin an dem Kurpfuschertum gehört vergangenen Zeiten an, die moderne Heilkunde, welche
sowohl durch praktisches Können
als wissenschaftliche
Erkenntnis
einen hohen Aufschwung genommen, hat der jezigen enormen Ent wicklung und Ausbreitung der Laienmedizin gegenüber ein reines Gewissen.
134
Chronik des hiftorischen Vereins für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden pro 1902 und 1903 .
Ende 1901 zählte der Verein 161 Mitglieder ; hiervon schieden durch Tod oder freiwilligen Austritt 17 aus , während ebenso viele Mitglieder hinzutraten und zwar : 1. Gottlob, Dr. Universitätsprofessor, Bonn, als Ehrenmitglied . 2. Bruns A., Definitor, Heisingen . 3. Flügge E., Lehrerin, Heidhauſen. 4. Füth, Dr. med., Arzt, Roblenz. 5. Hochstädter Ludger, Schriftseyer, Eſſen. 6. Kimmeskamp E. , Lehrerin, Fischlafen. 7. Küppers Peter, Hauptlehrer, Holsterhausen. 8. Luhmann W., Lehrerin, Fiſchlaken. 9. Maas Ludger, Gutsbesitzer, Fischlaken. 10. Mintrop Wilh. , Ortsvorsteher, Heidhauſen. 11. Oßmann Joh ., Grubenverwalter, Holſterhauſen. 12. Preutenborbeck Wilh ., Gutsbesitzer, Heidhausen. 13. Rehbein P., Lehrer, Hamm. 14. Schmitz Fr. , Apotheker, Werden . 15. Schüßdeller Franz, Grubenverwalter, Fischlafen. 16. Strötgen Th., Heidhausen. 17. Wandel Hrch., Lehrer, Schuir. Behufs
Schriftenaustausch
trat
der
Verein
mit
der
Kgl.
Akademie der schönen Wissenschaften, der Geschichte und Altertums funde zu Stockholm und dem Verein für Geschichte der Stadt Hannover in Verbindung. Die Generalversammlung des Vereins fand am 31. März 1902 im Saale des Herrn Königstein statt. Dieselbe hatte sich eines ver hältnismäßig zahlreichen Besuches zu erfreuen. Es ist das ein Beweis dafür, daß in der Bevölkerung ein reges Interesse für die
135
heimische Geschichte besteht, wie auch der Vorsitzende des Vereins, Herr Pfarrer Dr. Jacobs, in seinen Begrüßungsworten hervorhob. Im Jahre 1902 hat der Vorstand
aus Anlaß der 1100 jährigen
Gründung Werdens durch den hl . Ludgerus und der 100 jährigen Zugehörigkeit des Stiftes Werden zur Krone Preußen eine Festschrift erscheinen lassen, die in 4000 Eremplaren gedruckt worden ist.
Bei
Herausgabe der Festschrift, von der 3000 Exemplare mit Genehmigung der Königl. Regierung in den fath. und ev. Schulen des ehemaligen Stiftsgebietes verteilt worden sind, wurde der Verein durch namhafte Beiträge seitens der politischen Gemeinden unterstützt. Auch stellte der Verein den Teilnehmern an der Generalversammlung des Ge samtvereins deutscher Geschichts- und Altertumsvereine, die am 22 . bis 26. Sept. 1902 in Tüſſeldorf tagte, 300 Exemplare als Festgabe zur Verfügung. Auf die von Herrn Graf Günther von der Schu lenburg gegen diese Festschrift veröffentlichte
Verwahrung " ist eine
Antwort dem Vorstande zugegangen, die der Vorsitzende in den Die Antwort fand die Zustimmung der Hauptpunkten mitteilte. Versammlung.
Indes wurde nach eingehender Beratung einstim
mig beschlossen, den Vorstand zu ersuchen, von einer Drucklegung derselben im Vereinsheft Abstand zu nehmen. Einem Beſchluſſe der lezten Generalversammlung entſprechend, hat der Vorstand zur Sicherung der kunstgeschichtlich merkwürdigen Reste der ehemaligen Klemensfirche Arbeiten vornehmen lassen, die im nächsten Jahre vollendet werden sollen.
Tem Umstande,
daß
auf Anordnung des Herrn Ministers des Innern hierfür Gefangene der hiesigen Strafanſtalt zur Verfügung gestellt wurden, sowie der Opferwilligkeit der Familie Ferber-Haverkamp und des Herrn Gewerke Karl Funke in Essen, von denen neben den durch den Kirchenvorstand geleisteten Beiträgen die nötigen Geldmittel hergegeben wurden, ist es zu danken, daß diese Arbeiten bis auf einige Teile zur Ausführung gelangen konnten.
Indem die Umfaſſungsmauern an den Stellen,
wo sie bis zu größerer Tiefe abgebrochen waren, erhöht sind,
die
Mauern also jezt überall über das Terrain hinausragen, liegt der Grundriß der Kirche nunmehr vollständig vor Augen.
Herr Profeſſor
Effmann, der in dem 2. Bande seines , die karolingiſch-ottoniſchen Bauten Werdens behandelnden Werkes die Klemenskirche ausführlicher besprechen wird, hat
einen eingehenden Bericht über die vorge=
nommenen Arbeiten für das nächſte Vereinsheft zugesagt.
L
136
Eine weitere Aufgabe erblickte der Verein in der Mitwirkung zur Erhaltung der kunstgeschichtlich noch bedeutenderen Luciuskirche, der zweiten Werdener Filialkirche .
Im
Jahre
995 begonnen,
1053
vollendet, steht die Kirche troß der Zerstörung, die sie erlitt, als sie im Jahre 1811 durch die französische Domainen- Direktion verfaust und dann zu einem Wohnhause umgestaltet wurde, doch verhältnis mäßig so wohlerhalten da,
daß für ihre Wiederherstellung bis in
fast alle Einzelheiten sichere Grundlagen gegeben sind . Es ist dies um so bedeutsamer, als die Luciuskirche der denkmalärmsten Zeit
1 der deutschen Kunstgeschichte
angehört, und sich
als
ein Bauwerk
darstellt, das im engen Anschluß an das ziemlich gleichzeitige West werk der Essener Münsterkirche entstanden ist. Gesteigert endlich wird der Wert der Kirche noch dadurch , daß sich in der Chorpartie wertvolle Wandmalereien aus dem 11. Jahrhundert erhalten haben, die zur Zeit von Herrn Profeſſor Effmann aufgedeckt, durch die von Herrn Professor Clemen für die Düsseldorfer Ausstellung ge lieferten Nachbildungen weiteren Kreisen bekannt geworden sind . Da die diese Gemälde
enthaltende Chorpartie in ihrem Bestande
am meisten gefährdet erschien, hat Herr Professor Effmann einen Restaurationsplan für die Wiederherstellung dieses Teiles des Bau werkes ausgearbeitet, und sind daraufhin für dessen Ausführung von der kath. Kirchengemeinde 5000 Mk. und von dem Provinziallandtag in 2 Raten 10000 Mk. bewilligt worden . Außerdem sind hierfür von wohltätiger Seite 5000 Mk. zur Verfügung gestellt. Die fatholische Kirchengemeinde hat die Luciuskirche erworben, um sie als frühere Pfarrkirche und als kunstgeschichtlich hervorragendes Baudenkmal zu erhalten. Daher ſteht zu erwarten, daß der kath . Kirchenvorstand als Bauherr die Ausführung der vorliegenden Reſtaurationspläne mit Eifer fördern werde.
Der hiſtoriſche Verein ,
der allen Bestrebungen, die auf die Erhaltung und Wiederherstellung dieser für die deutsche und besonders für die rheinische Kunstgeschichte hochwichtigen Baudenkmäler gerichtet sind, seine regste Förderung zu Teil werden läßt, hofft,
daß die der Restaurierung noch im
Wege stehenden Schwierigkeiten in Kürze überwunden werden , und daß er im nächsten Jahre schon über die Ausführung der zunächſt in Aussicht genommenen Arbeiten berichten könne. Bei der Vorstandswahl wurden die ausscheidenden Vorstands mitglieder, nämlich ; die Herren Pfarrer Dr. Jacobs, Bürgermeister
137
Göring-Kettwig, Dr. Kranz, Matth. Wiese,
Bürgermeister
Trapp ,
Rentmeister Siepenkothen und Rendant Flothmann-Kettwig wieder gewählt, für den aus dem Verein ausgetretenen Herrn Ernst Huffmann wurde Herr Amtsgerichtsrat Engelhardt gewählt.
Der Vorschlag,
Herrn Professor Gottlob in Bonn zum Ehrenmitgliede des Vereins zu ernennen, sand einstimmige Annahme. Die Rechnungslage erstreckte sich auf die Jahre 1902.
1901
und
Die Einnahme betrug Mk. 2320,57 , die Ausgabe Mk. 1513,58 ,
sodaß einschließlich des Bestandes vom 28. 12. 1900 ( 118,72 M. ), ein Kassenbestand von Mk. 806,09 blieb .
Tem Schahmeister wurde
nach Prüfung der Rechnung durch zwei von der Generalversammlung gewählte Revisoren, Techarge erteilt.
nämlich
die
Herren
Flügge
und
Matena,
Der Vorstand regte an, das Effmann'sche Buch, die Abteikirche zu
Werden, den Vereinsmitgliedern nach Erwirkung
eines Vor
zugspreises von der Verlagsbuchhandlung als Jahresgabe zu= zustellen. Indes sprach sich auf Vorschlag des Herrn Hopmann die Generalversammlung, um die Vereinskasse nicht zu ſehr in Anspruch zu nehmen, dahin aus, daß der Vorstand
den Mitgliedern, welche
sich für das Werk interessieren, dasselbe zu einem mäßigen Preise verabfolgen solle, während die Mehrkosten von dem Vereine getragen würden. Hierauf hielt Herr Dr. Kranz einen Vortrag über das Kur pfuschertum, wie es in der zweiten Hälfte nes 18. Jahrhunderts in Werden hervorgetreten war. Der Vortrag, welcher bei der Ver sammlung lebhaftes Interesse und dem
vorliegenden Hefte
allseitigen Beifall fand,
veröffentlicht .
Der zweite
ist in
angekündigte
Vortrag des Herrn Pfarrer Dr. Jacobs mußte wegen vorgerückter Stunde auf eine demnächstige Versammlung verschoben werden. Die häufigere Veranſtaltung von Vorträgen wurde von der Versammlung dringend gewünscht. Für die Vereinsbibliothek wurden durch Kauf erworben : Sauerland , Urkunden und Regesten zur Geschichte der Rhein lande aus dem Vatikanischen Archiv . 2 Bde . 1902 und 1903 . Herr Robert vom Berg , Kettwig, schenkte dem Verein drei Jahresberichte über die Rektoratschule zu Werden aus den Schuljahren 1846-1849 .
138
Verzeichnis . der Geschichtsvereine,
mit denen unser Verein im Verkehr steht,
nebst Vericht über die von denselben durch Austauſch in den Jahren 1902 und 1903 erhaltenen Schriften. 1. Aachen , Geschichtsverein : Zeitschrift, Bd . XXIV 1902 . 2. Dortmund , Historischer Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark. 3. Düsseldorf, Geschichtsverein : Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch Vd . XVI 1902 . Inhalt: 1. Krudewig, Der Lange Landtag zu Düsseldorf 1591 . 2. Schmitz, Die Abtei Heisterbach. 3. Thamm, Beiträge zur Geschichte des Schlosses Bensberg . Brinkmann,
ein niederrheinischer
4. Sudhoff, Johann Peter Arzt
im 18.
Jahrhundert.
5. Literarisches . 6. Jahresbericht und Jahrbuch. Bd. XVII 1902 . Inhalt: 1. Eschbach, Der Stamm und Gau der Chattuarier, ein Beitrag zur Geschichte der fränkischen Stämme und Gaue am Niederrhein. 2. Knipping, Zwei unbekannte Königsurkunden für das Kloster Bedbur. 3. Sallmann, Organisation der Zentral verwaltung von Jülich-Berg im 16. Jahrhundert. 4. Kirch, Die Hochzeit des Herzogs Wilhelms III . von Jülich - Cleve-Berg 1546. 5. Eschbach, Die Erkundigung über die Gerichtsverfaſſung im Herzogtum Jülich von 1554 und 1555.
6. Pauls, Aus
der
Geschichte der Jülicher Vogtei in Aachen. 7. Schmit, die Herr schaft des Abtes von Heisterbach zu Flersheim und Neukirchen in der Sürst.
8.
Schaarschmidt, Ein Bildnis
des Kurfürsten
Johann Wilhelm in der Königl. Kunstakademie. Der Düsseldorfer Schloßplan des
Grafen
9. Clemen,
Matthäus
Alberti.
10. Redlich, Napoleon I. und die Industrie des Großherzog= tums Berg . 11. Wolter, Immermanns Leitung des Düſſeldorfer Stadt-Theaters . 4. Elberfeld ,
12. Literarisches. Bergischer
Geschichtsverein :
Zeitschrift,
Bd . 36, Jahrgang 1902-1903. Inhalt: 1. Woldemar Harleß, Nekrolog von Redlich.
2. Jlgen,
Die ältesten Grafen von Berg und deren Abkömmlinge, Grafen von Altena.
3.
Botscheidt,
die
Der Tod des Erzbischofs
Hermann von Wied im Jahre 1552. 4. Von Below, Verhand
139
lungen des Herzogs von Jülich- Cleve mit Gebhard Truchseß und Ernſt von Köln im Juli und Auguſt 1583.
5. Knipping,
Zur Reformationsgeschichte von Krefeld . 6. Simons, Ein rhein. Synodalschreiben aus dem Jahre 1576. 7. Cuno , Wejels Mild tätigkeit im dreißigjährigen Kriege gegen auswärtige reformierte Glaubensgenossen.
8. Bösgen, Die Niederländische Flüchtungs
gemeinde zu Goch und ihre Ordnung von 1570. 9. Bücher besprechung und Bücheranzeigen. 10. Vereinsnachrichten von Meiners und Schell .
11. Mitgliederverzeichnis .
5. Essen , Historischer
Verein für
Stadt und Stift
Essen: Beiträge. Seft 22, 1902 . Inhalt : 1. Arens, Die Siegel und das Wappen der Stadt Eſſen. 2. Ribbeck, Uebersicht über die Verfassung der Stadt Essen bis zum Untergange der städtischen Selbständigkeit . Das Eisener Stadtschreiberbuch .
3.
Schröder,
Seft 23, 1903 . Inhalt: 1.
Wiedfeld, Friedrich Krupp als
Stadtrat in Essen.
2. v . Waldhausen, Zur Geschichte der Verkehrsverhältnisse in Stadt und Stift Essen. Postwesens in
3. v . Waldhausen, Zur Geschichte des
Stadt und Stift Effen.
4.
Jahresbericht und
Mitgliederverzeichnis .
Heft 24, 1903 . Inhalt : 1. Borchardt, Der Haushalt der Stadt Essen am Ende 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts . Heft 25, 1903. Inhalt: 1. Arens , Geschichte des Klosters und der Schule der Congregatio B. M. V. in Essen, 1652-1902 . 6. Frankfurt tumskunde. 7. Freiburg ,
a . M.,
Verein für Geschichte und Alter =
Archiv für Frankfurts Geſchichte und Kunst. Deutscher geschichtsforsch .
Verein
des
Kantons Freiburg : Geschichtsblätter IX . Jahrgang 1902 . 8. Gießen, Oberhessischer Geschichtsverein : Mitteilungen Bd. XI 1902. 9. Hannover , Historischer Verein für Niedersachsen: Zeitschrift, und 3.
Jahrgang 1902 : Heft 1 ,
2 , 3 , 4.
1903 : Seft 2
140
10. Hannover , nover.
Verein für
Geschichte der
Stadt Han
11. Heidelberg , Historisch philosophischer Verein : Neue Heidelberger Jahrbücher. Jahrgang XI, Heft 2 1903 ; XII , 1903. 12. Köln , Gesellschaft für Rheinische
1
Geschichskunde.
13. Lemberg , Historischer Verein. Kwartelnik Historzezny Rocznik XVI 2 , 3, 4, 1902 und XVII 1 , 3, Jahrgang 1903 . 14. Mitau ,
Kurländische
Gesellschaft
für
Literatur
und Kunst : Jahrbuch für Genealogie, Heraldik und Sphra= gistik, Jahrgang 1900 und 1901 . 15. Münster und Paderborn , Verein für vaterländische Geschichte und Altertumskunde : Zeitschrift Vd . 60, 1902 nebst Register, Lieferung 1 . 16. Osnabrück : Verein für Geschichte und Landeskunde : Mitteilungen Bd . XXV, Jahrgang Jahrgang 1903 . 17. Recklinghausen , Verein für
1900 und Bd .
Oris-
XXVII
und Heimats =
funde im Beste und Kreise Recklinghausen : Zeitſchrift, Jahrgang 1901 Bd . XI. Inhalt: 1. Johanna Valy, Die Stadt am Torſtein, (Feſtdichtung) . 2. Weskamp,
Aus Torstens vergangenen Tagen.
3. Heiſſing,
Gedichte zur Jubelfeier der Stadt Dorsten. 4. Esch , Reihenfolge von Bürgermeister und Rat der Stadt Recklinghausen. 5. Esch, Beitrag zur Geschichte der Herenprozesse aus der Stadt Reck linghausen. 6. Wesener, Wie vor 117 Jahren ein Bottroper Schullehrer eingeführt wurde . 7. Esch, Die Kommende Wel heim .
8.
Dorfmüller, Die
adeligen Güter in der Gemeinde
Waltrop . 9. Chronik des Vereins zu Recklinghausen. des Vereins zu Buer.
12. Chronik des Verbandes Recklinghausen.
10. Chronik
11. Chronik des Vereins zu Dorsten. der Vereine im Veste und Kreise
13. Mitgliederverzeichnisse. Jahrgang 1902, Bd . XII.
Inhalt: 1. Weskamp , Geschichte des Dorses Erle und seiner Eiche. 2. Esch, Aeltere Nachrichten über Feuerwehr und Rettungswesen in der Stadt Recklinghausen.
3. Esch, Reihenfolge von Bürger
meister und Rat der Stadt Recklinghausen.
4. Strotkötter, Die
Festgebräuche Dorstens und seiner Umgegend.
5. Nachruf an
141
Freiherrn von Reizenſtein.
6. Jahresberichte der Vereine im
Veste und Kreise Recklinghausen . dieser Vereine.
7.
Chronik des
Verbandes
8. Verzeichnis von Druckschriften und Abhand
lungen zur Geschichte und Landeskunde des Vestes und Kreises Recklinghausen. 18. Stockholm , Kongl. Vitterhets- Historie- och quitets - Academien.
Anti
19. Witten , Verein für Crts- und Heimatskunde in der Grafschaft Mark.
Jahrbuch 15, Jahrgang
1900-1901 .
Inhalt: 1. Der Vereins - Vorstand und 2. der Verwaltungsrat für die Angelegenheiten des Märkischen Museums in Witten. 4. Abschieds
3. Ordentliche und außerordentliche Mitglieder . gruß.
5.
Bericht
des
Vorstandes
über
das
Geschäftsjahr
1900/1901 . 6. 15. Jahresbericht über den Stand und die An 7. Bericht gelegenheiten des Märkischen Museums zu Witten. der Geschichts - Seftion. Naturkunde.
8.
Jahresbericht
der Abteilung für
9. Die Flüsse unſerer Ruhrtäler in der Diluvial
zeit und das interglaciale Moor im Ennepetal bei Haspe von Reismann 10. Conze, Die Flechten, ihr Bau und ihre natür liche und wirtschaftliche Bedeutung.
11.
Fügner, Verzeichnis
der in der Umgegend von Witten aufgefundenen Käfer. 12. Eick= hoff, Der Westfalen 13.
Charakter,
Sprache
und
Haren, Auseinandersetzungen hinsichtlich
Vergangenheit. des Kirchenver
mögens zwischen Evangelischen und Katholiken der Grafschaft Mark nach beendetem Jülich- Clevischen Erbfolgestreit. 14. Seippel, Der Wiederaufbau der St. Peterskirche in Bochum. . 20. Wolfenbüttel. Geschichtsverein für das Herzogtum Braunschweig.
Inhalts - Verzeichnis .
Seite 1. Maßregeln zur Verhütung von Brotmangel im Stifte Werden : Getreideausfuhr- und Branntweinbrenn-Ver bot, sowie Getreideeinfuhr
aus
dem „ Auslande “
in
den Jahren
1773 , 1789/90, 1793-95 und 1830. Von Dr. P. Jacobs
2. Einquartierungen im Stifte Werden,
während
1-40
des
7 jährigen Krieges und Aufbringung der dadurch_ver= ursachten Kosten.
41-109
Von P. Schmig
3. Umlage der Abgaben auf die Bewohner des ehemali gen Stiftes Werden für die Freiheit vom Militärdienste in den Jahren 1806/7 .
Von P. Schmig .
.
.
. 110—125
4. Werdener Beiträge zur Geschichte des Kurpfuschertums " 126-133 im 18. Jahrhundert Von Dr. med. 6. Kranz. 5. Chronik des Vereins
134-141