185 102 122MB
German Pages 1386 [1428] Year 1954
LEHMANN & VOSS & CO. CHEMISCHE FABRIK Import
H A M B U R G 36
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Fernruf: 4 4 1 2 3 1 - 3 7 • Fernschr.: 0 2 1 1 4 0 2 • Telegramme: „Lehvoss"
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Gummi-Chemikalien Füllstoffe f. d. Kautschuk-Industrie Industrie-Chemikalien Farben und Lacke
S p e c . Magnesia usta, Magnesia carbonica, Ruße, C a s e i n , Lecithin
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H. B L Ü C H E R
AUSKUNFTSBUCH F Ü R DIE C H E M I S C H E I N D U S T R I E
H. B L O C H E R
AUSKUNFTSBUCH FÜR
DIE
CHEMISCHE INDUSTRIE 18. A u f l a g e
n e u b e a r b e i t e t und
herausgegeben
von DipUng. A. E R N S T und Dr. L. N E U M A N N
19 5 4
W A L T E R DE G R U Y T E R & CO. vormals G. |. Gösdien'sdie Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.
BERLIN
W 35
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Copyright 1954 by WALTER DE GRUYTER & CO., vormals G. J. Göschen'sdie Verlagshandlung, J. Guttentag Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin W 35 Archiv-Nr. 520154 Printed in Germany Satz und Druck: Thormann & Goetsch, Berlin SW 61
VORWORT Die im Jahre 1948 in gekürzter Form erschienene letzte 17. Auflage des Blücher geht nach ihrem Vorwort auf ein Manuskript zurück, das im wesentlichen im Jahre 1944 abgeschlossen war. Für die neue jetzt der Öffentlichkeit übergebene 18. Auflage ergab sich somit die Notwendigkeit, nicht nur alles nachzuholen, was bis 1948 bereits neu bekannt geworden war, da dies infolge der Zeitverhältnisse nur in unzureichendem Maße berücksichtigt werden konnte, sondern darüber hinaus möglichst vieles von dem, was laufend in immer größer werdendem Umfange seit 1948 veröffentlicht worden ist. Obwohl wir uns auf das Notwendigste beschränkten und durch Kürzungen und Fortlassen entbehrlich erscheinender Abschnitte Raum zu schaffen suchten, war es nicht zu vermeiden, daß der Umfang des Buches auch bei größerem Format um etwa 3 0 % erweitert werden mußte. In der neuen Auflage haben wir in weit stärkerem Ausmaß, als es bisher der Fall war, die apparativ-technische Seite berücksichtigt durch Hinweis auf neuzeitliche Apparaturen und Maschinen, auf die Werkstoffe, die in der chemischen Technik zum Einsatz kommen. Audi wurden die in Frage kommenden DIN-Blätter nach dem DINNormblattVerzeichnis 1953 bei den betreffenden Stichworten angegeben. Zur Belebung der Darstellung Wurden von wichtigen Prozessen erstmalig auch Abbildungen in Form konstruktiver Fließbänder gebracht. Die chemischen Verfahren und Apparaturen sind ausführlich behandelt in den heute maßgebenden Werken: Winnacker-Weingaertner, Chemische Technologie, Band 1, 2, 3 und 5, München 1950/53, mit der Monographie aus Band 1: S. Kießkalt, Verfahrenstechnik, Müichen 1951, Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 3. Auflage, Band 1: Chemischer Apparatebau und Verfahrenstechnik, München 1951, die bei der Bearbeitung der neuen Auflage wertvolle Hinweise zur Verfügung gestellt haben Wir hielten es weiter für erforderlich, möglichst alle Stichworte mit ausreichender Literatur zu versehen, in erster Linie mit den Angaben der Standardwerke: Für die organische Chemie Beilstein, für die anorganische Chemie Gmelin, für die anwendungstechnische Chemie Ullmann, Chemiker-Zeitung, Angewandte Chemie, Chemie-Ingenieur-Technik usw. (s. Abkürzungen). Um einen Hinweis zu geben, welche Anforderungen von der Pharmazeutik an die einzelnen Produkte gestellt werden, haben wir auch Hager's Handbuch der pharmazeutischen Praxis zitiert. Darüber hinaus waren wir bemüht, überall die neuesten Werke des chemischtechnischen Büchermarktes zu nennen. Mit Rücksicht auf die Vielseitigkeit des Stoffes haben wir es für zweckmäßig gehalten, eine Anzahl von Fachgenossen um ihre Mitarbeit zu bitten, es waren dies die Herren: Dr. Cl. B a u s c h i n g e r , F r a n k f u r t
a. M.
Seifen — Waschmittel Dr. K a r l
Dr. J o s e f
Frage, Oberbruch Bez. Aachen Kunstseide — Nylon — Orion — Pan-Faser — Perlon — Polyacrylnitrilfasern — Polyamidfasern — Polyvinylchloridfasern — Reyon — Terylen — Zellwolle Hausen,
Berlin-Lichtenrade
Kunststoffe Dr.
H. K n o b l o c h ,
Paris
Vitamine O b e r i n g. R u d o l f M o l l , Kautschuk
Köln-Nippes
Dr. N e u g e b a u e r u n d Dr. B e h m e n b u r g , W i e s b a d e n - B i e b r i c h Photographie. I: Lichtdrudcverfahren Ernst Helmut Pfleiderer, Darmstadt Ledei — Lederähnliche Stoffe — Lederfarben — Lederfette und Appreturmittel — Leim (Gelatine) — Kunstleder — Rauchwarenzuridilung Dr. G e r h a r d S c h u m a n n , N e u - I s e n b u r g Photographie (A—H) P r o f . D r . H. E. S c h w i e t e , A a c h e n Gips — Mörtel — Steine — Wasserglas — Zement D i p l . - I n g. E. T a n k e , M a r i e n b e r g b e i B e n s h e i m Ultramarin Es war hierbei allerdings nicht ganz zu vermeiden, daß sich hin und wieder eine ewisse Uneinheitlichkeit des Ganzen, wie auch manchmal Wiederholungen ergeben aben; dieser kleine Nachteil dürfte aber durch eine lebendige und neuzeitliche Darstellung der einzelnen Abschnitte aufgehoben werden. Allen Herren sagen wir hiermit verbindlichsten Dank für ihre aufopfernde Mitarbeit durch Abfassung der Beiträge wie auch durch selbstlose Übermittlung vieler Hinweise. Dem Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35, danken wir ebenfalls verbindlichst für das uns entgegengebrachte Vertrauen und die tatkräftige Unterstützung, die der Verlag unserer Arbeit zuteil werden ließ. Wir übergeben somit die neue Auflage des Blücher der Öffentlichkeit in der Hoffnung, daß das altbewährte Buch in seinem neuen Gewände sich nicht nur seine alten Freunde erhalten, sondern darüber hinaus neue hinzugewinnen möge. Im Interesse der Weiterarbeit an dem Blücher Auskunftsbuch und seiner Vervollständigung sind wir allen Fachgenossen für kritische Hinweise und Beiträge dankbar. Mannheim Februar 1954 Dr. L u d w i g N e u m a n n früher Chemiker in BASF. Frankfurt a. M. Februar 1954 Dipl.-Ing. A n t o n E r n s t früher Oberingenieur in Farbwerke Hoedist Abteilungsleiter bei der Dechema, Frankfurt a. M.
ABKÜRZUNGEN B
=
Beilsteins Handbuch der organischen Chemie, 4. Aufl. Ergänzungswerk I. Reihe bezeichnet mit * Ergänzungswerk II. Reihe bezeichnet mit
G
=
Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie, 8. Aufl.
GK
=
Gmelin-Kraut, 7. Aufl.
C
=
Chemisches Zentralblatt
U
=
Ulimanns Enzyklopädie der techn. Chemie, 2. Aufl.
H
=
Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis H E Ergänzungsband
A Ch
=
Zeitschrift für Angewandte Chemie
Ch I T
=
Zeitschrift Chemie-Ingenieur-Technik
ChZ
=
Chemiker-Zeitung
SÖFW
=
Zeitschrift Seifen, Öle, Fette, Wachse
Um
=
Zeitschrift die Umschau in Wissenschaft und Technik
Bräuer-D'Ans
=
Fortschritte in der anorg.-chem. Industrie dargestellt an Hand der deutschen Reichspatente
D
=
Dichte
Smp
=
Schmelzpunkt
Sp
=
Siedepunkt
T
=
Temperatur
KW
— Kohlenwasserstoffe bzw. Kilowatt
A Abasin. Acetylbromdiäthylacetylcarbamid, (C2H5)2CBr • CO • NH • CO • NH • CO • CH, Beruhigungsmittel bei Erregungszuständen. — B 3/4; 30*, 52". — H II 1373, H E 370. - U 1/1. Abavit. Saatgutbeizmittel, organische Hg-Präparate für Naß- und Trockenbeizung. — H E 1220. Abbeizmittel. Bestrichene Holz- oder Metallgegenstände müssen, bevor ein neuer Anstrich aufgebracht werden kann, von dem alten Uberzug befreit sein, was durch Abkratzen, Abschmirgeln oder Abbeizen erfolgt, da sonst der neue Anstrich nicht haltbar wird. Zur Verwendung gelangen ätzende Abbeizmittel in Form von starken Laugen (Natronoder Kalilauge, Salmiakgeist, Soda, Wasserglas), vor allem zur Beseitigung von Ölfarbenanstrichen lösende Abbeizmittel. Hierzu verwendet man Mischungen von organischen Lösungsmitteln (Aceton, Benzol, Toluol, Tetrachlorkohlenstoff, Methylalkohol, Tetralin). Bevorzugt zur Beseitigung von Anstrichen auf der Basis von Celluloselacken u. dgl. In besonderen Fällen können auch kombinierte Abbeizmittel zur Verwendung gelangen, die sowohl ätzende als auch lösende Bestandteile enthalten. Fertige Abbeizmittel werden von der chemischen Industrie geliefert als Abbeizsalben, Abbeizpulver, Abbeizfluid. Abdampfentöler, Abdampfentwässerer. S. Abscheider.
Abdampfschalen (Abdampfpfannen). Sie werden benutzt zum Austreiben verhältnismäßig geringer Wassermengen in verschiedenen Bauarten, meist in flacher Form. Gebräuchlichste Ausführung ist die als offene Schale, die im Betrieb erforderliche Eingriffe von außen gestattet (Kristallisierschalen). Verdampfung erfolgt um so schneller, je größer Flüssigkeitsoberfläche im Verhältnis zum Flüssigkeitsvolumen ist. Wenn feste Stoffe durch Absinken bzw. Aufschwimmen an der Oberfläche abgeschieden werden sollen, ist niedrige Bauhöhe anzustreben. Grundriß der Abdampfschalen wird rund oder rechteckig ausgeführt. Die erste Bauart wird meist gewählt, wenn die Beheizung mittels Dampf (Doppelmantel, aufgeschweißte Heizsysteme, eingegossene Schlangen bei gußeisernen Apparaten) erfolgt, der rechteckigen Form gibt man den Vorzug bei feuerbeheizten Apparaten (Salzsiedepfannen). Als Konstruktionsmaterial kommen Eisen, Nichteisenmetalle wie auch keramische Werkstoffe (Steinzeug, Porzellan) in Frage. Lit.i K i e s e r : H a n d b u c h d e r c h e m i s c h - t e d i n . A p p a r a t e , Bd. 1, S p a m e r , L e i p z i g 1934. — H a u s b r a n d : V e r d a m p f e n , K o n d e n s i e r e n , K ü h l e n , 6. A u f l . , S p r i n g e r , Berlin 1918. — W i t t e n b e r g e r : Maschinen u . A p p a r a t e im C h e m i e b e t r i e b , S p r i n g e r , W i e n 1949. — U 1/1.
Abfallstoffe (Abfälle — Abgänge — Altmaterial — Nebenprodukte). Als solche bezeichnet man in der Technik, besonders in der chemischen Technik, denjenigen Teil der Rohstoffe oder der im Laufe eines Fabrikationsvorganges entstehenden Erzeugnisse, die bei dem jeweiligen Stand der Technik überhaupt keine oder nur eine ungenügende Verwertung finden können. Nebenprodukte können vielfach ohne weitere Behandlung einer anderen Verwendung zugeführt werden, während Abfallstoffe, besonders wenn sie in großen Mengen anfallen, eine große Belastung des Betriebes darstellen. Die Industrie strebt daher nach möglichst weitgehender Einschränkung der Abfallmengen und nach restloser Verwertung der Abfälle zur Herstellung verkaufsfähiger Produkte. Auch die Hygiene muß in vielen Fällen die Beseitigung oder Unschädlichmachung der Abfallstoffe fordern. Insbesondere gilt dies für die städtischen Abfälle, die als. 1
Blüchers A u s k u n f t s b u c h . 18. Aufl.
2
Abfüllgeräte und Maschinen (Dosiermaschinen) — Abscheider
Abwässer, Müll, weitgehende Verwendung finden (Düngemittel aus Abwässern, Müllverbrennung zur Energieerzeugung). Besonders dringend wird die Abfallverwertung dann, wenn wichtige Rohstoffquellen knapp werden. So ist u. a. beim Holz das Verhältnis von Nutzholz zu Abfallholz etwa 35 : 65, wobei annähernd 20% der Abfälle Sägemehl sind. Die Abfälle der Gasanstalten und Kokereien, die Abbrände der Pyrite bei der Schwefelsäureherstellung, die Schlacken der Eisenhochöfen, der schwefeldioxydhaltige „Hüttenrauch", die Abfälle der Schlachthöfe, der Gerbereien, Wollspinnereien, Tuchfabriken, Zuckerfabriken, Bierbrauereien, Brennereien, Stärkefabriken, der Fett- und Ölindustrie, die Ablaugen der Zellstoffindustrie, die Abfälle bei der Verarbeitung von Metallen, Holz, Leder u. a. werden jetzt weitgehend zu verkauf sfähigen Produkten verarbeitet (s. auch die einzelnen Stich worte). Lit.: Cl. U n g e w i t t e r : Verwertung des Wertlosen, Limpert-Verlag, Berlin 1938. — E. I. F i s c h e r : Abfallstoffe der anorganischen chemischen Industrie, Leipzig-Dresden 19o6. — D e r s . : Abfallstoffe der organischen chemischen Industrie, Leipzig-Dresden 1939. — K o l l e r : Handbuch der rationellen Verwertung, Wiedergewinnung und Verarbeitung von Abfallstoffen jeder Art, 3. Aufl. 1921. — H u b b a r d : Die Verwertung der Holzabfälle, 1921. — S c h ü t z e : Die Verwertung der Küchen- und Wirtschaftsabfälle, 2. Aufl. 1918. — Müllverwertung, I n d . Bibliothek, Bd. 26, Berlin 1928. — Um 50 (1950) 83.
Abfüllgeräte und Maschinen (Dosiermaschinen). Vorrichtungen zum Verteilen von pulverförmigen, pastenförmigen oder flüssigen Materialien zu dem Zweck, sie für die anschließende Verpackung abzuteilen. Sie werden daher fast immer mit den entsprechenden Einwickel- oder Verpackungsmaschinen oder Absackvorrichtungen verbunden. Meist handelt es sich um unterbrochene Zuteilung, d. h. jede Menge wird einzeln abgegeben, doch kann bei Mischungsvorgängen auch eine stetige Arbeitsweise in Frage kommen. Grundsätzlich ist die Arbeitsweise derart, daß das in einem Vorratsbehälter aufgegebene Gut nach Volumen oder Gewicht abgemessen und anschließend zwangsläufig weiter befördert wird. Abmessen von Volumen wird in der Hauptsache bei Flüssigkeiten, Pasten, Salben verwendet. D ü n n e Flüssigkeiten werden mittels Heber mit selbsttätiger Ansaugevorrichtung abgeteilt, oder auch durch Füllpumpen dosiert, insbesondere bei hochviskosen Flüssigkeiten, Pasten und Salben. Die Pumpen besitzen meist verstellbaren Hub, wodurch die angesaugte Menge genau eingestellt werden kann. Statt Saug- und Druckventilen werden gesteuerte Hähne angeordnet. Die Dosierung kann an Stelle des Kolbens auch durch Schnecken erfolgen. Bei Dosierung nach Gewicht erfolgt Abteilung der einzelnen Füllmengen durch Balkenwagen, das Zufließen des Abfüllgutes wird durch die Wage selbst oder durch eine besondere mechanische Einrichtung, elektrischen Antrieb gesteuert. Das Hauptanwendungsgebiet dieser Maschinentype ist die Abfüllung pulverförmiger Materialien. Bei allen Abfüllvorrichtungen ist Handarbeit weitgehend ausgeschaltet, meist beschränkt sie sich auf das Füllen des Vorratsgefäßes, Bereitstellen der Emballagen (Flaschen, Tuben, Tüten) und Abnahme der gefüllten Packungen, wozu vielfach ein Transport angeschlossen ist. Lit.: K i e s e r : Handbuch der diemisch-techn. Apparate, 1937, Bd. 1. — J. E u c k e n : Ingenieur, Bd. II/2, Mengenmessungen im Betrieb. — U 1/32.
Der
Chemie-
Abietinsäure. Wichtigster Bestandteil des Kolophoniums (s. d.); Smp 173°. Lit.: H o I I e m a n - R i c h t e r :
Lehrbuch org. Chemie, Gruyter, Berlin 1952. — C h Z 75 (1951) 207.
Abraumsalze. Veraltete Bezeichnung für Kalisalze (s. d.). Abrodil. Monojodmethansulfosaures Na, Röntgenkontrastmittel zum Sichtbarmachen der Harnwege und des Nierenbeckens. — H E 719. Abscheider. Hauptsächlichste Vertreter dieser Apparategruppe sind: Schaumabscheider, Saftfänger, Dampfentwässerer, Flüssigkeits- oder Wasserabscheider, Entöler. Konstruktiv können die Abscheider unterteilt werden in folgende Gruppen: 1. Prallflächenabscheider, starre ebene oder spiralförmige Flächen (Stoß- oder Schleuderkraf tabscheider); 2. Einbau großer Räume, dadurch Geschwindigkeitsverminderung (Schaumzerstörer an Verdampf anlagen);
3
Absolute Temperatur — Absorption
3. Abkühung und Einbau großer Flächen (Füllkörper wie Raschig-Ringe, Drehspäne, zwischen gelochten Blechen liegende Filtermassen). Die Anzahl der Ausführungsformen ist recht groß, besonders entwickelt sind die Gruppen: Teerabscheider für Gase, Dampfwasserabscheider, Dampftrockner, Abdampfentöler, Preßluftentöler. L l t . : H. S c h r ö d e r : Die Schaumabscheider als Konstruktionsteile chemischer Apparate, Spamer, Leipzig 1918. — E . H a u s b r a n d : Verdampfen, Kondensieren Kühlen, 6. u. 7 Aufl., Springer, Berlin 1918. — K i e s e r: Handbuch der chemisch-technischen Apparate, Bd. 1, Spamer, Leipzig 1934. — U 1/35.
Absolute Temperatur. Die absolute Temperatur beginnt nicht wie bei den üblichen Celsiusgraden vom Gefrierpunkt des Wassers (= 0° Celsius) an zu zählen, sondern man setzt — 273° als den sogenannten „absoluten Nullpunkt" fest. Liest man an dem Celsiusthermometer t° ab, so ist die absolute Temperatur T° T° = 273 + t°. Die Temperatur von —273° C bezeichnet man auch mit 0° Kelvin (0° K), es ist also — 273° C = 0U K und dementsprechend 0° C = + 273° K. Absorption. Aufnahme von Gasen in Flüssigkeiten, so daß sie in diesen teilweise oder sogar völlig verschwinden. Für die Absorption ist grundlegend das Henry'sehe Absorptionsgesetz, das besagt: Die Löslichkeit eines reinen einfachen Gases (also nicht eines Gemisches, z. B. Luft) in einer Flüssigkeit ist bei gleichbleibender T direkt proportional dem Druck dieses Gases; es löst sich somit von einem Gas umsomehr in einer Flüssigkeit, je höher der Gasdruck ansteigt. Gase, die bei der Auflösung zum Teil mit dem Lösungsmittel chemisch reagieren, z. B. Kohlendioxyd, Schwefeldioxyd, Ammoniak in Wasser, gehorchen dem Henry'schen Gesetz nur annähernd. Sind in einem Raum mehrere Gase vorhanden, so löst sich jedes so, als ob das andere nicht vorhanden wäre. Im allgemeinen nimmt die Löslichkeit der Gase bei steigender T ab. Als Maß der Löslichkeit dient der Absorptionskoeffizient, d. h. das von einem Volumen des Lösungsmittels aufgenommene Gasvolumen bei 0° und 760 mm Druck, wenn der Teildruck des Gases ebenfalls 760 mm beträgt. Zusatz von Salzen vermindert meist die Löslichkeit. Bei chemischer Bindung des Gases kann die Löslichkeit vermehrt werden, z. B. bei der Bildung von Natriumcarbonat, bei Einleiten von Kohlensäure in Natriumcarbonatlösungen. Ubersättigte Lösungen lassen sich leicht durch tiefere Temperatur oder höheren Druck herstellen. Völlige Austreibung absorbierter Gase gelingt im Vacuum oder durch Einleitung eines fremden Gases. Absorptionskoeffizienten einiger Gase und Dämpfe. 1 Vol. Wasser (Alkohol) löst bei 760 mm Hg Gas- (Dampf-) Vol. Acetylen Äthylen Ammoniak Chlor Chlorwasserstoff Bromdampf Kohlenoxyd Kohlendioxyd Luft Methan Schwefelwasserstoff Sauerstoff Schwefeldioxyd Stickoxyd Stickoxydul Stickstoff Wasserstoff
00 Wasser 1,73 0,23 1305,00 4,61 507,00 60,50 0,035 1,71 0,029 0,056 4,67 0,049 79,79 0,074 1,31 0,024 0,021
2C • Alkohol
_
3,59 1250,0 5,0 560,0 —
0,20 4,33 0,032 • 0,52 17,9 0,28 328,62 —
4,18 0,13 0,06
Wasser 1,03 0,12 715,40 2,30 442,0 21,3 0,023 0,88 0,019 0,033 2,58 0,031 39,37 0,047 0,63 0,015 0,018
Alkohol 2,71 700,0 2,5 480,0 —
0,20 2,94 0,02 0,47 7,41 0,28 114,48 —
3,02 0,12 0,06
100» Wasser
— — — — —
0,014 —
0,011 0,017 0,80 0,017 — — —
0,010 0,016
Seltener bezeichnet man mit Absorption auch die Aufnahme von Flüssigkeiten oder Gasen durch feste Stoffe.
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4
Absorptionsapparate — Abwasser
Feste Körper absorbieren Gase um so schneller, je größer ihre Oberfläche ist. In Metallen nimmt die Löslichkeit der Gase mit steigender Temperatur gleichmäßig zu, um bei Erreichung des Schmelzpunktes anormal zu steigen. Besonders hohes Einschließungsvermögen für Wasserstoff zeigen neben Gold vor allem die Silberlegierung des Palladiums, aber auch Nickel. Wichtig ist die Absorptionsfähigkeit des Eisens als Gefäßmaterial bei der Ammoniaksynthese. Durch 1 mm dickes Eisen oder Nickel wandert Wasserstoff bei 450° merklich hindurch, bei Kupfer diffundieren meßbare Mengen bei 640°, bei Palladium bei 140° (vgl. Sievers, Ztschr. f. Elektrochemie 16 (1910) 708. Absorption ist zu unterscheiden von Adsorption 's. d.). L i t . : E . H e g e l m a n n : Trennung von Gasen und Dämpfen durch Absorption, Berl. Chemie-IngenieurTechnik, Bd. I I I , Springer, Berlin 1935. — U 1/42.
Absorptionsapparate. Dienen dazu, Dämpfe oder Gase aus einem Gemisch mit Gasen durch eine Flüssigkeit zu entfernen, die die Dämpfe aufnehmen kann. Von größter Bedeutung für eine gute Wirkung der Absorptionsapparate ist die Wahl einer geeigneten Waschflüssigkeit, mit der die Gase zur Absorption der flüchtigen Stoffe im Gegenstrom behandelt werden. Die gebräuchlichsten Waschflüssigkeiten sind Wasser, Schwefelsäure und Laugen. Zur Absorption von organischen, leichtsiedenden Flüssigkeiten werden verwendet Tetralin für wasserunlösliche, Kresol für wasserlösliche Flüssigkeiten. Ferner kommen in Betracht: Dekalin, Naphtole, Hexanol, gechlorte Naphtaline, Bisulfitlösung. Die am meisten übliche Ausführung der Absorptionsapparate ist die eines mit Horden oder Füllkörpern ausgestatteten Turmes. Vielfach werden mehrere Türme durch Rohrleitungen hintereinander geschaltet, die von dem zu absorbierenden Stoff und der Waschflüssigkeit im Gegenstrom durchlaufen werden. Die Gasgeschwindigkeit in Füllkörpertürmen wird, bezogen auf den leer gedachten Querschnitt, mit 0 , 8 — l , l m / s e c gewählt, als Berieselungsdichten sind Werte von 3—5m 3 /m 2 /st üblich. In neuerer Zeit werden auch mechanisch angetriebene Schleudervorrichtungen als Absorptionsapparate häufig eingesetzt, und zwar in den Konstruktionen von Ströder, Feld, Theissen. L i t . ! K i e s e r : Handbuch der chemisch-technischen Apparate, Bd, 1. — F . A. H e n g 1 e i 11: Grundriß der Chemischen Technik, 4. u. 5. Aufl., Verlag Chemie, Weinheim (Bergstraße) 1949. — U 1/42.
A b w a s s e r . Flüssige Abgänge aus Fabriken und Betrieben, aber auch aus Wohnungen (Städten und Ansiedlungen, Stallungen, Schlachthöfen usw.), die den natürlichen Charakter eines Wassers verloren haben. Da die Zusammensetzung der einzelnen Abwasser sich durch Wechsel der Fabrikationsmethoden usw. ändert, ist ältere Literatur betr. Analysen usw. sehr kritisch zu bewerten. Neue Lit. findet sich in der Fachzeitschrift „Wasser und Abwasser". StädL Abwasser. Wichtigste Gruppe infektionsverdäditiger Abwasser. Durchschnittlicher Verbrauch pro Kopf der Bevölkerung in Städten 100 Liter täglich. Maximal verbrauch bis 350 Liter. Trotzdem beträgt die Abwassermenge selbst bei größtem Verbrauch nicht mehr als 2—3% der im Jahresmittel in die gleichen Abwasserkanäle aufgenommenen Regenmengen. Abwasser voll Schlachthöfen. Da der größte Teil der Abfälle fortgespült wird, ist der Gehalt an organisch-fäulnisfähigen Stoffen ähnlich dem der städtischen Abwässer, aber auch infektionsverdächtig. Die Konzentration dieser Stoffe ist starken Schwankungen ausgesetzt. Die Menge der ungelösten Stoffe schwankt zwischen 1 und 6,5 g im Liter. Hiervon bestehen etwa 75—85% aus organischer Substanz. Die Menge der gelösten Stoffe ist ebenfalls erheblich größer als in städt. Abwässern. Sie schwankt zwischen 1,5 und 3,5 g. Abwasser aus Anstalten zur Vernichtung vpn Tierkadavern. Sie sind denen der Schlachthofabwasser ähnlich, aber meist konzentrierter, sofern die Abdeckereien außerhalb der Städte liegen. Die Abwasser moderner Anstalten zur Vernichtung von Tierkadavern ergeben größere Abwassermengen, die aber durch den rationellen Betrieb nicht mehr ohne weiteres als infektionsverdächtig anzusehen sind. Die sich weiter ergebenden Spülwasser wie Leimbrühen, kondensierter Wasserdampf aus Tierkörpern, Leimkondenswasser von Fett sind meist steril oder werden vollständig verwertet. Die kondensierten Wasser aus Kadavern und dem Eindicken des Leimes riechen widerlich, können daher nicht ohne weiteres dem städt. Kanalnetz zugeleitet werden.
Abwasser
5
Abwasser aus Gerbereien. Es entstehen ebenfalls Abwässer mit sehr hohem Gehalt an iäulnisfähigen Stoffen. Wasch- und Einweichwasser sind im hohen Grade infektionsverdäditig. Es entstehen ferner Kalkwasser beim Enthaaren, Beizwasser und die Gerbbrühen, ferner evtl. Beizen und Farbbrühen. Da von der Verwendung des Schwefelarsens immer mehr Abstand genommen wird, sind Arsenvergiftungen von Haustieren und Fischen nicht mehr wie früher zu befürchten. Die Abwässer könnten, da sie verschieden sauer oder alkalisch reagieren, zur gegenseitigen Abstumpfung benutzt werden. Abwasser mit Schwefelnatrium darf nicht dem städt. Kanal zugeführt werden, da evtl. durch Bildung von Schwefelwasserstoff unerträgliche Gerüche entstehen könnten. Abwasser aus Zuckerfabriken. Abwasch- und Auswaschwasser sollten grundsätzlich unterschieden und streng getrennt gehalten werden. Erstere spielen bei Mißständen durch Ableitung im Gewässer eine untergeordnete Rolle. Zu den Abwaschwassem gehören die Schwemm- und das Rübenwaschwasser. Sie werden in Teiche geleitet und als Teichwasser bezeichnet. In bezug auf Verunreinigung ist ihnen das Fallwasser gleichzustellen. Die Auswaschwasser, welche mit den abgetöteten und erhitzten Zellen der Rüben in Berührung gekommen sind, sind sehr stark verunreinigt, sie sind gärfähig und reich an Eiweißstoffen. Ihre Ableitung in Flußläufe sollte verhindert werden. Sie besitzen wertvolle Stoffe und Eigenschaften wie Zucker, Trockensubstanz und Wärme. Abwasser aus Stärkefabriken. Durchschnittlich rechnet man mit 8 m 3 Abwasser auf 100 kg Kartoffeln. Sie enthalten nach dem Absetzen noch Stärke, Gewebereste, Zucker, Gummisubstanzen und Eiweiß, werden schnell sauer und bilden Buttersäure und verpilzen rasch. Abwasser aus Malzfabriken und Bierbrauereien. Sie enthalten viel ungelöste Stoffe, Rückstände von Malz, Hopfen, Hefe, werden schnell sauer unter Bildung von Milch-, Butter- und Essigsäure. Abwasser aus Brennereien und Hefefabriken sind besonders reich an fäulnisfähigen organischen Stoffen. Solche aus Molkereien enthalten im wesentlichen Eiweißstoffe, aber auch Kohlehydrate, Milchsäure, Seife und Schmieröl. Abwasser aus Papierstoff-, Holzschliff- und Zellstoffabriken sind zu unterscheiden von solchen aus Papierfabriken. Die ersteren enthalten stets Cellulosefasern, gelöste organische Substanzen und Chemikalien, je nach der Zusammensetzung der benutzten Kocherlaugen; sie neigen stark zur Schaumbildung und bilden gute Nährboden für gewisse Algen und Pilze. Abwasser aus Papierfabriken sind im allgemeinen harmlos, weil die Papierfasern leicht aus ihnen zum großen Teil zu beseitigen sind. Infolge des großen Wasserverbrauches der Papierfabriken sind die Abwasser sehr verdünnt, so daß auch die enthaltenen Chlormengen meist unschädlich sind. Abwasser aus Wollwäschereien-, Seiden-, Tuch- und Baumwollfabriken enthalten Fett, Seife, Leim, Soda usw. Ablaugen aus Bleichereien setzen sich aus den Kocherlaugen (Soda, Kalk), den erschöpften Bleichbädern und dem Waschwasser zusammen, solche von Färbereien enthalten außer Farbstoffen stets eine Reihe von Salzen (Flottenzusätze, Beizen, Fällungsmittel), darunter auch giftige Quecksilber- und Arsenverbindungen, ferner Stärke, Glucose usw. Im Abwasser von Knochenleimfabriken finden sich Leim, Fäulhisstoffe und Ammoniumsalze, in solchen aus Lederleimfabriken Kalk, organische Kalksalzstoffe und tierische Stoffe. Nachstehend seien kurz die anorganischen Bestandteile angegeben, die sich vorwiegend in den Abwassern anderer Fabriken befinden. Abwasser mit vorwiegend anorganischen Stoffen. — Beizereien, Verzinkereien, Galvanisieranstalten und Drahtziehereien: freie Mineralsäuren und Metallsalze. — Chlorkaliumfabriken: Calcium-, Natrium- und Magnesiumchlorid, Magnesium-, Kalium- und Natriumsulfat. — Ammoniaksodafabriken: Calcium- und Natriumchlorid. — Chlorkalkfabriken: Manganchlorür, Calcium-, Magnesium- und Eisenchlorid, Salzsäure und freies Chlor, zuweilen auch Arsen. — Gaswerke, Kokereien, Schwelereien: Ammoniumchlorid, -carbonat, -rhodanid, -sulfid, Ammoniak, Cyanverbindungen, Phenole usw. Das Entphenolieren der Kokereiabwässer geschieht wirtschaftlich befriedigend durch deren Behandlung mit Benzol, aus dem die Öle mit NaOH ausgewaschen werden, wenn es sich örtlich nicht mehr empfiehlt, das Benzol abzudestillieren (vgl. H. Bach, A Ch 39 (1926) 1093. — Salinen und Steinkohlengruben: Natrium-, Calcium- und Magnesiumchlorid, bei Steinkohlengruben auch Schwefelsäure, Eisensalze und Eisenoxydschlamm. — Schwefelkiesgruben und -Wäschereien: Eisensulfat, Schwefelsäure, zuweilen auch Zinksulfat. S. Erzaufbereitung. Reinigung der Abwasser. Sie geschieht auf mechanischem, chemischem oder biologischem Wege, wobei oft mehrere Verfahren miteinander verbunden werden.
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Abwasser
Die mechanischen Verfahren dienen zur Entfernung eines Teiles der ungelösten Stoffe durch Sandfänge, Rechen, Siebschaufelräder, Siebe, Fettfänger, Absetzbrunnen und Türme (nach Mairich, Merten, Kremer-Imhoff). In den sogenannten Emscher-Brunnen sinkt der Schlamm durch Schlitze in den Schlammbrunnen und kann nach einer Cellulosegärung leichter getrocknet werden. Die Ruhrgebiet-Abwasser werden durch Phenol-Rückgewinnungsanlagen in Klärbecken geleitet, in denen teerhaltiger Kohlenschlamm abgelagert wird und einen wertvollen Brennstoff darstellt. Die chemischen Reinigungsmethoden dienen nur noch in manchen Fällen zur Vorreinigung von Industrie-Abwasser. In USA wird zur Reinigung der städtischen Abwässer mit bestem Erfolg Eisenchlorid verwendet, das man in mit Kautschuk ausgekleideten Tankwagen verfrachtet und als Lösung zur Anwendung bringt. Nach dem Rothe-Degener-Humusveriahren (Kohlebrei-Methode) verwendet man zur Reinigung der Abwässer Humus in Form von fein gemahlener Braunkohle oder älterer Torfmoorerde. Zur eigentlichen Klärung (s. Wasser) setzt man dann passend wirkende Metallsalze zu. so Eisenoxyd-, Aluminium-, auch Magnesiumsulfat, Kolacit (namentlich für Brauereiabwässer, 200 g pro cbm) usw. Der Schlamm gilt entwässert, an der L u f t getrocknet, auch direkt brikettiert als gutes Brennmaterial. Vollkommener ist das Huminverfahren von Hoyermann-Wellensiek. Man löst das Humin (d. i. der wasserlösliche Eindampfrückstand alkalisch aufgeschlossener Braunkohle) im Abwasser und fügt dann Kalkmilch hinzu, worauf die Uneinigkeiten sich als dunkler Niederschlag schnell zu Boden setzen. Den Übergang zur Berieselung bildet die sog. intermittierende Bodenfiltration, die sich vielfach sehr gut bewährt hat. Die Abwässer werden durch unbepflanzten Bewachsenen Boden filtriert. Die Berieselungsverfahren sind in vielen großen Städten (Berlin, Danzig, Breslau, Dortmund, Darmstadt, Freiburg usw.) mit Erfolg eingeführt. 4 Millionen Berliner liefern täglich 0,6 Mill. m 3 Abwässer, die auf rund 90 000 ha (man rechnet 1 ha für 200 Einwohner) Rieselfeldfläche verteilt werden, wo sie versickern. Durch tieferliegende Drainröhren wird das filtrierte Wasser den Vorflutgräben zugeführt, die es in Flußläufe ableiten. Am besten eignet sich humoser, etwas Lehm und Ton führender Sandboden, der in Abständen von einigen Jahren gekalkt werden muß. Die Leistungsfähigkeit hängt von der Dicke der passierten Erdschicht ab. Fischzucht-Reinigungsmethode: Man leitet die Abwässer (städtische) in rechteckig angelegte flache Fischteiche, die mit Karpfen, anderen Fischsorten und Enten bevölkert sind. Bei genügender Frischwassernachspeisung und mit teeröl(phenol-)fre ; en Abwässern (der Fischkörper speichert diese Gerüche) arbeiten die Teiche sehr wirtschaftlich. Die zur Zeit größte Abwasser-Fischteichanlage hat die Münchener Mittlere Isar A.-G. errichtet. 12 Teiche zu 7 ha f ü r Aufzucht, Gesamtfläche 233 ha, liefern außer Schleien 100 000 kg Karpfenfleisch entsprechend 1000 DM Bruttoertag pro ha Teichfläche; vgl. A. Schillinger, A Ch 41 (1928) 651 und A Ch 39 (1926) 1286. Das ablaufende Wasser soll bachklar sein. Von den künstlichen biologischen Reinigungsverfahren sind das Füll- und das Tropfverfahren zu erwähnen. Beide beruhen darauf, daß man die möglichst gut vorgereinigten, evtl. einer sog. Ausfaulung in großen Faulanlagen (sie m u ß bei kohlehydratreichem, zur Säurebildung neigendem Abwasser unterbleiben) unterworfenen Abwässer durch eine Schicht von Koks (Schlacken oder Ziegelsteintrümmer) unter Einschalten von Lüftungsperioden hindurchleitet bzw. ohne Lüftungsperioden hindurchtropfen läßt. Eine solche Anlage erreicht allerdings erst nach 1—2 Monaten ihre volle Leistungsfähigkeit, denn dann haben sich die einzelnen Stücke mit einer schleimigen Haut überzogen, die neben niedern Lebewesen Larven, Würmer usw. beherbergt, die die organischen Stoffe der Abwässer sehr schnell aufarbeiten. Je größer die Kläranlage, um so besser ist der Wirkungseffekt der Abwässerreinigung. Der bei diesem Verfahren abfallende Schlamm wird entweder als Dünger abgegeben oder nach vorherigem Trocknen (evtl. auch Entfetten mit Trichloräthylen) verbrannt oder verkokt. — Die Zukunft dürfte' dem neuzeitlich von der Emscher-Genossenschaft und dem Ruhrverbande ausgebauten Abwasser-Belebtschlamm-Reinigungsverfahren gehören. Man leitet das Abwasser durch Schlamm, der mittels eingeblasener L u f t schwebend erhalten wird. Seine Teilchen adsorbieren die Schmutzteilchen und gleichzeitig anaerobe Kleinlebewesen. Diese verzehren jene (wirken als Luftsauerstoffüberträger), und es entsteht eine leicht absetzende „lebende" Flöckchenmasse, die, zur Transportfähigkeit getrocknet, der Zusammensetzung nach dem Stalldünger gleicht. Im Faulprozeß entsteht ferner ein Heizgas (das sog. Faulgas) mit 80% Methan und 7—8000 Cal., dessen Verwertung den Kraftbedarf der Anlage überschüssig deckt. Man leitet es auch bereits (Nürnberg, Halle, 3,6 m 3 pro Bevölk.einheit, auch in Berlin) durch kilometerlange Leitungen den städtischen Gaswerken zu; die Kläranlage Berlin-Waßmannsdorf erzielte 1928 aus 27,5 Mill. m 3 Abwasser 1,4 Mill. m 3 Faulgas-Methan. Vgl. Heilmann, A Ch 41 (1928) 651; Sierp A C h 3 9 (1926) 1521; Kufferath A C h 4 2 (1929) 65. — Die Desinfektion der Abwässer wird, wenn überhaupt, z. B. in verseuchten Gegenden, nicht mehr mit
Acedicon — Acetale
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Chlorkalk, sondern mit Bombenchlor (10—30 g pro m ), vollzogen. Gleichzeitiges Ausflocken von Schwebekörpern erzielt man mit „Chlortonerde", d. i. ein Gemisch von Chlorkalk mit Alsulfat. S. a. Wasser. Lit.: B ö h m - B a n i k : Gewerbliche Abwässer; Reinigung, Beseitigung, nutzbare Verwertung, Berlin 1944. — J. W i t t m a n n : E i n f ü h r u n g in die Klärtechnik, Wiesbaden 1948. — H . B a c h : Abwasserreinigung, Berlin 1927. — S i e p : Zeitschr. Wasser u. Abwasser, Dresden. — W . H u s m a n n : Praxis der Abwasserreinigung, 1950. — U m 50 (1950) 83. — U 1/45. — R u d o l f P ö n n i n g e r : Die Verwertung der städtischen Abwässer in Österreich, Springer, Wien 1948.
Acedicon. Derivat des Alkaloids Thebain; Mittel gegen Hüsten. — H E 894. Acenaphten. K W C 1 2 H 1 0 aus der Steinkohlenteerfraktion 270—300°, Smp 96°, Sp 278°. CH 2 -CH 2 — B 5/586, 274*, 494". — Daraus Acenaphtenchinon, B 7/744, 389*, 670". ' I — Ferner Acenaphtenon, B 7/410, 218*, 348**, beide für Küpenfarbstoffe.
Acetaldehyd. C H 3 - C H O , Äthanal. Leicht bewegliche, wasserhelle Flüssigkeit, in kleinen Mengen angenehm riechend, in größeren giftig; Sp 21°, D 0,792, mit H a O mischbar und wieder aussalzbar; leicht in den trimeren Paraldehyd sowie den festen Metaldehyd übergehend, aber wieder rückwandlungsfähig. Acetaldehyd addiert NH 3 , H C N , N a H S 0 3 , Alkohole, Mercaptane usw. und gibt charakteristische Umsetzungen mit Hydrazinen, Hydroxylamin, Semicarbazid, kondensiert mit sich selbst zu dem wichtigen Aldol und läßt sich oxydieren und reduzieren zu Essigsäure bzw. Äthylalkohol. — B 1/594, 321*, 654". — H 1 8 7 , H E 83. — U 1/95. Herteilung: 1. Aus Äthylalkohol durch Oxydation mit Bidiromat/H 2 S0 4 oder mit Luft über heißen Cu-Kontakten. 2. Nach dem alten Verfahren von G r ü n s t e i n (Prinzip DRP 250 356, 253 702, F P 455 370) durch Anlagerung von H , 0 an Acetylen bei Gegenwart von Hg-Salzen in H 2 S0 4 -Lösung. Intermediär entstehen Hg-Salza d es Acetylens und der unbeständige Vinylalkohol CH 2 — CHOH, der sofort in Acetaldehyd umlagert. 3. Neues Verfahren BASF: Aus dem im Rahmen der „Reppechemie" aus C 2 H 2 und CH 3 OH leicht erhältlichen Vinylmethyläther C H 2 = C H - O C H 3 , der in 2. Stufe mit verd. H 2 S 0 4 in Acetaldehyd aufgespalten wird unter Rückbildung des Methanols. Vorteil gegen das einstufige Verfahren: Konzentrieren des wässrigen Aldehyds sowie Aufarbeitung der Kontaktlösung und des gebildeten metallischen Hg sind überflüssig, und man erhält einen völlig reinen Aldehyd in bester Ausbeute. 4. Ein anderes Hg-freies Verfahren leitet Gemisch von C 2 H 2 und Dampf bei höherer T über Eisenoxyde oder mit H 3 P 0 4 und Schwermetallen imprägnierte Kontakte. Verwendung: Metaldehyd fester Brennstoff Meta; Paraldehyd Schlafmittel; Acetaldehyd als solcher nur wenig Verwendung, in erster Linie Syntheserohstoff für org. Großprodukte: Essigsäure, Äthylalkohol, Essigester, Aldol, von diesen Grundprodukten aus zu den verschiedensten weiteren Fertigungen: Lösungsmitteln, Harzen, Kautschuk und anderen Kunststoffen, pharmazeutischen Produkten usw. Als Beispiel: Acetaldehyd -*• Aldol -*• 1/3-Butylenglykol -»- Butadien -»• Kautschuk, oder Acetaldehyd —>- Äthylacetat -*• Acetessigester -*• Pyrazolone -^-Farbstoffe. Bei Einwirkung von Kalkmilch auf ein Gemisch von Form- und Acetaldehyd entsteht Pentaerythrit C(CH 2 OH) 4 , B 1/528, 280*, 601**, daraus Sprengstoffe; andererseits kann man das Aldehydgemisch auch in das wichtige Acrolein überführen. — A Ch 62 (1950) 105. — Ch I T 22 (1950) L62. Die Alkinolsynthese CH3CHO/C2H2 nach Reppe führt zu Zwischenprodukten für die Herstellung der Malariamittel Atebrin und Plasmochin. Nachweis: Harzbildung beim Erwärmen mit Na-Lauge; Silberspiegel beim Erwärmen mit AgN0 3 /NH 3 -Lösung; quant. Bestimmung R i p p e r : Monatshefte 21 (1900) 1079. Acetale. Verbindungen der Aldehyde mit 1- oder mehrwertigen Alkoholen. Farblose Flüssigkeiten von angenehmem Geruch, ohne Zersetzung destillierbar. Gegen Alkalien beständig; mit Säuren erfolgt Spaltung in Aldehyd und Alkohol. Darstellung: Einwirkung von Aldehyden auch in polymerisierter Form auf Alkohole bei Gegenwart geringer Mengen Säuren oder anderer Kondensationsmittel. Halbacetale Aldehyd:
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Acetamid — Acetessigester
Alkohol 1:1, Methylal CH3-CH(OH)(OCH3), Äthylal CH3-CH(OH)(OC2H5). Vollacetale oder Acetale Aldehyd: Alkohol 1 : 2 unter Wasserabspaltung. Dimethylacetal CH3-011(00113)2, Diäthylacetal CH3 • CH(OC2H5)s. Verwendung Riechstoffe, Arzneimittel. — U 1/100. Acetamid. CH 3 .CO.NH 2 , Smp82—83°, Sp222°, leicht löslich in H 2 0 und Alkohol, techn. Prod. nach Mäusekot riechend, rein geruchlos. Darstellung durch Erwärmen von Essigsäureestern mit Ammoniak unter Druck. Verwendung zur Herstellung von Methylamin und Acetonitril; Verbindung mit Formaldehyd antiseptisch und harnsäurelösend. Hg-Verbindung Saatgutbeize. — DKP 354 658, AP 1 485 021. — B 2/175, 80*, 177**. — U 1/100. Acetanilid. C 6 H 5 . N H . C O . C H 3 , glänzende, weiße Kristalle, Smp 116°, Sp 304°, löslich in 174 Teilen kaltem, 18 Teile heißem H.,0, leicht in Alkohol, Äther, Chloroform. — B 12/237, 190*, 137* 4 . — H 1477, II 1299. — U 1/101. Darstellung: Erhitzen von Anilin und Eisessig unter Rückfluß, evtl. H 2 S 0 4 Katalysator. Früher viel gebrauchtes Fiebermittel Antifebrin; Zwischenprodukt für die TeerfarbstoffIndustrie (p-Nitranilin), Campherersatzmittel und Plastifikator für Kunstmassen aus Acetylcellulose. Durch Behandlung mit Chlorsulfonsäure bei 60° p-Acetaminobenzolsulfochlorid, B 14/702, 722*, 4 3 9 " , Zwischenprodukt auf dem Wege zu den therapeutisch wichtigen Sulfonamiden (s. d.). Acefate. S. Essigsäure. Acetatseide. S. Fasern, Kunstseide, Acetylcellulose. AceJatseidenfarbstoffe. S. Färberei. Acetatlacke. S. Acetylcellulose. Acetessigester. CH 3 .CO CH 2 COOC 2 H 5 , klassisches Beispiel einer tautomeren Substanz. Besteht aus einem im Gleichgewicht befindlichen Gemisch von 92% der obigen Ketoform und 8% der Enolform C H 3 . C O H = C H . C O O C 2 H 5 ; beide Formen isolierbar, allmählich Rückbildung des Gleichgewichts. Darstellung durch gelindes Erwärmen von völlig wasserfreiem Essigsäureäthylester (Äthylacetat) mit 10% Na-Draht unter Rückfluß, Abscheiden des öligen Esters aus seiner Na-Verbindung durch Essigsäure, Destillieren im Vacuum. Sp 181°, 72°/12 mm, D 1,03; angenehm riechende, in H a O wenig lösliche Flüssigkeit, mit FeCl 3 Violettfärbung. — B 3/632, 223*, 415**. — H I 3 1 2 . — U 1/102. Zu zahlreichen Umsetzungen befähigt. Verdünnte wässrige Laugen, auch verd. H 2 S 0 4 spalten in Aceton, C 0 2 , Alkohol (Ketospaltung), Konz, alkoholisches Alkali in 2 Mol Essigsäure, Alkohol (Säurespaltung). Technische Wichtigkeit bedingt durch die Reaktionsfähigkeit der zwischen den beiden negativen CO-Gruppen stehenden CH 2 -Gruppe. Infolge dieser Aktivierung sind beide H-Atome nacheinander austauschbar gegen die verschiedensten Reste. Man erhält so Metall-, Halogen-, Alkyl-, Acyl-, Isonitrosoverbindungen, Körper, die zu zahlreichen weiteren Umsetzungen einladen. Erwähnt seien als Folgeprodukte z. B. das Nickelreagens Dimethylglyoxim B 1/772, 398*, 826** und Kondensationsprodukte mit Aldehyden, die zu den Veilchenriechstoffen führen. Die Methylengruppe ist auch befähigt, mit Diazoverbindungen zu Azofarbstoffen zu kuppeln; bekannt z. B. die Farbstoffe mit Acetessiganilid B 12/518, 275*, 266** (aus Acetessigester und Anilin): die Hansagelbmarken, Pigmentfarbstoffe. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die, mit den verschiedensten Substanzen zu Ringgebilden zusammenzutreten, zu Pyrrolen, Pyrimidinen, Pyrazolen usw. Die wichtigsten technischen Abkömmlinge sind die mit Hydrazinen entstehenden Pyrazolone. Da diese noch die ursprüngliche reaktionsfähige CH 2 -Gruppe enthalten, sind sie ebenso wie die offenen Acetessiganilide zu Kupplungen mit Diazoverbindungen befähigt. Eine ganze Reihe von gelben Pyrazolonfarbstoffen ist zu technischer Bedeutung gelangt (s. Teerfarbstoffe). Durch Methylierung gehen die Pyrazolone in einen verwandten Ringtypus über, der zu therapeutisch bedeutsamen Körpern geführt hat: Antipyrin B 24/27, 34, 194*, 198**, H E 975. — Pyramidon B25/452, 453, 672*, H I I 5 2 6 , 1320, H E 9 7 7 . — Salipyrin B 24/32, 33, 197*, H II 523, 1353 und andere..
Acetin — Acetonitril
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Acetin. Das Handelsprodukt ist ein Gemisch von Mono-, Di- und Triacetylglycerin. Darstellung: Durch Kochen von Glycerin mit der dopoelten Menge Eisessig 48 Stunden am Bückflußkühler und Abdestillieren der überschüssigen Essigsäure. Verwendung in der Zeugdruckerei. Ausgezeichnetes Lösungsmittel für basische Farbstoffe, Indulin, Tannin. — U 1/105. Aceton. CH 3 • CO • CH S , das einfachste und wichtigste Keton; wasserhelle aromatisch riechende Flüssigkeit, mit H 2 0 in jedem Verhältnis mischbar, brennbar; Sp 56,5°; Dampfdruck 20° 180 mm, 100° 2797 mm Hg; D 0,797; %-Gehalt von H,0-Gemischen kann aus dem spezifischen Gewicht bestimmt werden. — B 1/635, 335*, 692**. — H I 9 0 , H II 1299, H E 446. — U 1/105. Herstellung: 1. Aus dem rohen Holzgeist der trockenen Holzdestillation. 2. Aus Ca-Acetat (Graukalk) durch trockene Destillation. 3. Durch Überleiten von heißen Essigsäuredämpfen Iber BaC03 oder Bimsstein, Ceroxyd oder -Carbonat bei 400°. 4. Aus Isopropylalkohol CH 3 -CHOH-CH 3 durch katalytische Dehydrierung über Kupfer. 5. Durch Uberleiten von Acetylen und Wasserdampf über Zinkoxydkatalysatoren bei 400°. Ch I T 21 (1949) 1, 129, 132; Mangan- und Eisenoxydhaltige Kontakte A Ch 61 (1949) 388. 6. Durch bakterielle Zersetzung von Kohlehydraten, z. B. Mais, Kartoffeln durch Bacillus macerans u. a. Bei diesen Prozessen entstehen auch Äthyl-, Butylalkohol u. andere Produkte. Verwendung: Wird in großen Mengen bei der Fabrikation von rauchlosem Pulver gebraucht zum Gelatinieren der Nitrocellulose, als Quellungsmittel bei der Bereitung plastischer Massen (Celluloid), als Lösungsmittel fi'r Fette, Lacke, Harze usw., für Zwecke der Kautschukregenerierung, Mineralöltrennung, als Lösungsmittel für Acetylen sehr wichtig: 1 Vol Aceton 15° 25 Vol C2H2, bei 12 at 300 Vol, Dissousgas fi'r Schweißzwecke. Diese Lösung ist zur Beseitigung der Explosiongefahr in einem porösen Gemenge von Kieselgur, Asbest, Holzkohle und Kapok aufgesaugt enthalten, das sich in Druckiiaschen befindet. Infolge seiner negativen CO-Gruppe dient es auch zu Synthesen mannigfacher Art. Es kondensiert mit sich selbst zu Mesityloxyd und Phoron, Körpern, die infolge der gebildeten Doppelbindungen weiteren Synthesen zugänglich sind (Triacetonamin u. a.). Bei der Einwirkung von C1 bzw. J in Gegenwart von Alkali entsteht Trichlor- bzw. Trijodaceton, die anschließend in das wichtige Chloroform bzw. Jodoform zerfallen. CHC1, lagert sich weiter an Aceton an zum Acetonchloroform (Chloreton), Hypnoticum und Anästheticum. Ein früher viel gebrauchtes Schlafmittel auf Basis Aceton ist das_ Sulfonal. Reduktion von Aceton führt zu Isopropylalkohol, aus dem es umgekehrt durch Dehydrierung entsteht. Anlagerung von Blausäure ergibt das Acetoncyanhydrin CH,-C(OH)(CN)CH a , von dem man durch Wasserabspaltung zum Methacrylsäurenitril CH 2 =C(CH.,)CN und weiter durch Polymerisation zu wichtigen Kunststoffen gelangt: Plexiglas, Plexigum, Stabol, s. Stichworte. Anlagerung von Acetylen an Aceton im Zuge der Reppe-Chemie führt zu zahlreichen neuen Produkten, Die Reaktion Acetylen/Aceton bildet auch den Ausgangspunkt einer Isopren-Kautschuksynthese, während man von Aceton allein über das Pinakon (s. d.) und das 2/3-Dimethylbutadien gleichfalls zu Kautschuk gelangt (Methyl-K), s. Butadien. — A Ch 49 (1936) 799. — Vom Aceton aus kann man schließlich auch zu Riechstoffen (Ionen) kommen. Über die Reaktionen des Acetons und der Ketone allgemein informiert u. a. H o u b e n : Methoden •der org. Chemie, 3. Aufl. (Thieme, Leipzig, 1930), Band 3/529 ff. — Holleman-Richter: Org. Chemie, Verl. W. de Gruyter, Berlin 1952. Acetonitril. CH 3 CN, Methylcyanid. Angenehm riechende Flüssigkeit, aber giftig, mit pfirsichroter Farbe brennend. Sp 82°, D 0,790; mit H 2 0 mischbar, wieder aussalzbar. — B 2/183, 84*, 181". - U 1/115. Herstellung aus Dimethylsulfat und Ca-Cyanid, auch durch Destillation von Ammoniumacetat oder Acetamid über P 2 0 5 oder SOCl 2 , neuerdings durch Überleiten eines 1:1 Gemisches von C 2 H 2 /NH S bei 450° über ZnCl 2 oder Zn0/Al 2 0 3 . A Ch 61 (1949) 344; Ch I T 22 (1950) 88. Technische Darstellung auch durch Uberleiten von Essigsäure in Dampfphase und überschüssiges Ammoniak bei 320—400° über Dehydratisierungskontakte (Silicagel, Phospate, bes. Borphosphat). Geht durch Reduktion in Äthylamin über. Gutes Lösungsmittel für Celluloseester, Celluloid, Harze, Lacke und andere Polymere.
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Acetophenon — Acetylcellulose
Acetophenon. C„H 5 • CO • CH 3 . Farblose Blätter, charakteristischer Geruch. Smp 20®, Sp 202°, D 1,03. Unlöslich in Wasser, leicht löslich in organischen Lösungsmitteln, in Fetten und ätherischen ö l e n . Darstellung durch Destillation von essigsaurem mit benzoesaurem Kalk, oder aus Aluminiumchlorid, Schwefelkohlenstoff, Acetylchlorid u n d Benzol. Ferner katalytisch durch Benzoesäure und Eisessig mit einem Thoriumkatalysator. Auch aus Phenylacetylen C 6 H 5 . C = C H durch Anlagerung von Wasser. — B 7/271 146*, 2 0 8 " . — H I 91, H E 84. - U 1/115. Verwendung: Schlafmittel (Hypnon), Riechstoff. Technisch zur Darstellung von Formaldehyd-Kunstharzen. Chloracetophenon diente als Kampfgas.
Acetum. Essig, und zwar: crudum = gewöhnlicher; destillatum = destillierter; glaciale = Eisessig; pyrolignosum = Holzessig; plumbi = Bleiessig; vini = Weinessig usw. Acetylcellulose (Celluloseacetat). Essigsäureester der Cellulose. Entstehen durch Einwirkung von Essigsäureanhydrid oder Acetylchlorid auf Cellulose und Cellulosederivate in Gegenwart eines Katalysators. Man unterscheidet das acetonlösliche Cellulosetriacetat und das darin unlösliche Hydroacetat der Cellulose. Die große Bedeutung, die letzteres heute erlangt hat, verdankt es besonders seiner Ähnlichkeit mit der Nitrocellulose in seinen Gesamteigenschaften. Bereits 1907 wurde die Verwendung des damals neuen Acetates, das unter dem Namen Cellit in den Handel kam, zur Herstellung, schnell trocknender Lacke, wasserdichter und abwaschbarer Papiere, Isolation von Drähten, Gießen dünner Folien, Spinnen von Acetatseide, Herstellung photographischer Emulsionen und unbrennbarem Kinofilm vorgeschlagen. 1910 wurde das erste Flugzeug mit Cellonlack bestrichen. Die Darstellung von Cellulosetriacetat geht heute von der Verwendung unveränderter Cellulose aus (Baumwolle und Baumwoll-Linters), welche auf chemischem und mechanischem W e g e gereinigt wird. Als Katalysator werden Schwefelsäure, schwefelsaure Salze bzw. Zinkchlorid benutzt, wobei die Temperatur unter 30° gehalten wird. Je nach der Menge des Katalysators, der Faserlänge der Baumwolle, der Temperatur usw. erhält man Gemische von Triacetaten und Diacetaten, die in ihren Eigenschaften verschieden sind. Die Abscheidung erfolgt durch Wasser oder andere Fällungsmittel, um die abfallende Essigsäure wieder gewinnen zu können. Eigenschaften. Getrocknete Triacetate sind in Aceton unlöslich. Löslidi in Chloroform, Acetylentetrachlorid, Eisessig, Ameisensäure, Nitrobenzol, Nitromethan, Pyridin, Anilin, Phenol, aber auch in Mischungen von Alkohol mit Äthylidenchlorid usw. Herstellung acetonlöslicher Cellulose (sekundäre Acetylcellulose, Cellulosehydroacetat). Sie geschieht hauptsächlich durch Hydrolysierung, d. h. durch Einwirkung von Wasser bzw. von verdünnten Mineralsäuren. Es handelt sich aber zweifellos nicht um eine einfache Hydratation. Durch Stehenlassen von frisch ausgefälltem Triacetat mit verdünnten Säuren bildet sich das acetonlösliche Produkt ohne Änderung der Struktur und ohne Abspaltung nachweisbarer Mengen von Essigsäure. Bei längerer Einwirkung entstehen Produkte etwas anderer Eigenschaften (Viscosität). Ebenso bei Herstellung nach anderen Verfahren, bei höherer Temperatur usw. Eigenschaften. Die Cellulosehydroacetate unterscheiden sich äußerlich von den Triacetaten dadurch, daß sie weiße bröcklige Massen bilden, die leicht zu Pulver zerfallen. Sie sind schwer entflammbar, verändern sich bis 190° kaum. Zersetzung erst zwischen 200—250°. Sie sind unlöslich in Wasser, in allen Ölen und Fetten, sowie Benzin, Benzol, Alkohol, Äther, Amylacetat. Lösungsmittel stehen im Gegensatz zu den Triacetaten in großer Zahl zur Verfügung. Niedrig siedende sind besonders die Ketone und Ester von Fettsäuren, also Aceton, Essigsäuremethyl- und Äthylester usw. Höher siedende, also langsamer trocknende sind die Ester der Glykol- und Acetylglykolsäure, Äthylendilorhydrin usw. Viele andere wie Pyridin usw. können ihrer eigenen Eigenschaften wegen, wie Geruch usw. praktisch nicht verwendet weiden. Von besonderer Bedeutung sind Gemische, die nur als solche lösende Eigenschaften besitzen, und unter dem Namen Cellonlösungsmittel bekannt sind, z. B. vom Typus AlkoholBenzol-Aceton. Mit Hilfe von Methylenchlorid lassen sich vollkommen unbrennbare Acetatlösungen herstellen. Zahlreiche hochsiedende Lösungsmittel werden meist nur als Verzögerer verwendet. Hierzu gehören die Ester der aromatischen Säuren, des Glycerins usw.
Acetylchlorid — Acetylen
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Anwendung: 1. Acetatlacke finden in steigendem Maße Verwendung zum Wasserdichtmachen von Papieren und Geweben, Herstellung von Kunstleder, Lackierung von Holzgegenständen, Herstellung von Dauerwäsche als Tauchlacke, Umkleidung von Werkzeugen usw. Ferner Verwendung in der Starkstromtechnik als Isolierlacke. Wichtigstes Gebiet in dieser Form sind die Flugzeuglacke. Acetatseide. (Reyon, s. d.) Sie kann als das höchste Veredlungsprodukt der Cellulose gelten, deren Ansatz und Anwendungsgebiete so groß sind, daß die Nachfrage heute noch nicht gi deckt werden kann. Ihr chemisches Verhalten eröffnet immer neue Möglichkeiten. Ihre Anfärbung ist technisch vollkommen gelöst. Die Weichheit und Elastizität ihrer Fäden, ihr Glanz, der Faltenwurf, die Waschbarkeit und Tragechtheit, kaum hinter der Naturseide zurückstehend (vgl. Kunstseide). Unverbrennbarer Kinofilm. Trotz des großen Vorteils der Unverbrennbarkeit konnte der Acetatfilm den Nitrofilm noch nicht verdrängen. Nur Schmalfilm wird aus ihm hergestellt. Der Grund liegt in den etwas ungünstigeren Eigenschaften in bezug auf Wasseraufnahme, Eintrocknung und dem höheren Preis. Unbrennbares Celluloid. (Cellon, Sicoid, Rhodoid.) Herstellung durch Gelatinierung von Acetylcellulose für bruchsichere Scheiben für Automobile, Zeltfenster, Augengläser von Gasmasken, femer Schildpatt- und Elfenbein-Imitationen usw. Preflmassen und Spritzpulver. (Trolit.) Aus Acetylcellulose und Fvllmaterialien können Preßpulver hergestellt werden, die sich nach der Art des Metallspritzgusses in heiß-flüssigem Zustande in Formen spritzen lassen. Hierdurch ist die Herstellung von Massenfabrikaten für viele Anwendungsgebiete möglich, z. B. Schalter, Knöpfe, alle Imitationen von Horn, Marmor usw., zur Herstellung von Luxusartikeln. Mit Drahtgewebe durchzogene Acetatschicbten dienen als Glasersatz. Zusätze. Ebenso wie Nitrocellulose nur in Spezialfällen, z. B. bei der Herstellung von Zaponlack ohne Zusätze verwendet, wird auch Acetylcellulose für fast alle Anwendungsgebiete mit Campherersatzmittel gemischt, bzw. in eine kolloidale Lösung gebracht. Hierdurch werden Acetate von verschiedensten Eigenschaften erzeugt. Die Widerstandsfähigkeit gegen Säuren und Alkalien, Fette und Öle usw. die Möglichkeit der Auffüllung mit Mineralfarbstoffen, Metallpulvern, die Imprägnierfähigkeit, Haftungsvermögen, Klebefähigkeiten, kurz alle Eigenschaften werden durch die „Zusätze" weitestgehend beeinflußt. Hierdurch haben diese Zusätze fast größere Bedeutung erlangt als die Lösungsmittel. Um die Rolle des Camphers bei der Nitrocellulose als gutes Weichmachungsmittel bei der Acetylcellulose zu vertreten, müssen zahlreiche Anforderungen an den Zusatz gestellt werden, z. B. geringe Brennbarkeit, verschiedener Weichheitsgrad, Geruchlosigkeit, Farblosigkeit, Lichtbeständigkeit, Kältebeständigkeit, Geschmacklosigkeit usw. Aus der ungeheuren Anzahl der vorgeschlagenen Zusätze sind daher nur wenige praktisch brauchbar, wie z. B. aromatische Alkohole, Derivate des Phenylharnstoffs, Triacetin u. a. Lit.: S c h e i b e r : Ladce u n d ihre R o h s t o f f e , J. A. Barth, L e i p z i g 1926. — Y a r l e y : H e r s t e l l u n g u n d E i g e n s c h a f t e n der Celluloseacetate, Berlin 1927. — E i c h e n g r ü n : Cellon-Ladce als elektrotechnische Isoliermaterialien in S c h e r i n g ; D i e Isolierstoffe der Elektrotechnik, S. 310, Springer, 1924. — S ü v e r n : D i e künstliche Seide, Berlin 1921. — H o t t e n r o t h : D i e Kunstseide, L e i p z i g 1926. — H e r z o g : T e c h n o l o g i e der T e x t i l f a s e m , Bd. VII, 1927, O p p e : Färberei der Acetatseide, Springer, 1927. — K o e l l i c k e r : D i e jüngste Kunstseide. Kunstseide 1927, Nr. 8. — D r . B i a n c h i u n d D r . W e i h e : Celluloseesterlacke, Verlag Springer, Leipzig. — U l i m a n n : A c e t y l c e l l u l o s e - F o l i e n und F i l m e , Halle 1932. — K a u s c h : Handbuch der Acetylcellulose, München 1933. — K r ü g e r : Celluloseacetate und d i e anderen Ester der C e l l u l o s e , D r e s d e n - L e i p z i g 1933. — M i e n e s - F r a n k : T e c h n o l o g i e der C e l l u l o s e - D e r i v a t e , Berlin 1932. — M i e n e s: Celluloseester und Celluloseäther, Berlin 1934. — U 1/116. — K. W i n n a c k e r - E . W e i n g a e r t n e r : C h e m i s c h e T e d i n o l o g i e , Bd. 3, S. 759 (Endreß: D i e künstl. Fasern), Hanser, München 1952.
Acetylchlorid. S. Essigsäure. Acetylcholin. S. Cholin. Acetylen. C H = C H , Äthin. B 1/228, 100*, 2 0 9 " ; U 1/141; H 1 9 2 . Farbloses Gas, in reinem Zustand schwach ätherisch riechend; D (Luft = 1) 0,906, Litergew. 1,17 g, Heizwert etwa 1400 Cal/m 3 ; mol. Verbrennungswärme konst. Drude 313 Cal; krit. T 37°, krit. Druck 68 at; Sp —84°, Löslichkeit in H a O 20° etwa 1 :1, in Aceton (s. d.) Acetylen b r e n n t ' mit stark leuchtender rußender Flamme; Gemische mit L u f t sehr explosibel, Grenzen weit auseinander liegend; nur Gemische < 5 u n d > 8 0 % C 2 H 2 nicht mehr explosionsfähig, Gemische mit Sauerstoff entsprechend noch gefährlicher. F ü r die verarbeitende Industrie ist daher eine leicht u n d sicher auszuführende Prüfmethode der Raumluft notwendig.
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Acetylen
Auf einen evtl. C 2 H 2 -Gehalt macht bereits der charakteristische Geruch des (Carbid-) Gases nach PH 3 aufmerksam, Knoblauch. Zur quant. Bestimmung leitet man die Luftprobe in eine durch Hydroxylamin entfärbte Lösung ammoniakalischer Cu II-Salze. Geringste Spuren von C 2 H 2 rufen rotbraune Färbung durch Cu-Acetylid hervor, Stärke kolorimetrisch mit eingestellten Farbstofflösungen vergleichbar (Ilosvay-Probe). Im übrigen erstreckt sich Untersuchung des Gases in der Technik nur auf seinen Gehalt an Verunreinigungen (s. Vergasung). Infolge des stark ungesättigten Charakters sind die H-Atome des Acetylens negativ, d. h. es vermag mit Metallen Salze zu bilden, z. B. C 2 HNa, C 2 Na 2 . Auch mit Schwermetallen entstehen Salze, die in trockenem Zustande sehr explosiv sind, wie das rotbraune Cu-Acetylid (s. d.) und die weißen lichtempfindlichen des Ag und Hg. Weitaus das wichtigste Acetylid ist das Ca-Carbid (s. d.), das in größtem Ausmaß fabriziert wird, allein in Deutschland 1943 1,5 Mill. to. Acetylen stark endotherme Verbindung, es bedarf daher zu seiner Darstellung der Zufuhr von Wärme. H e r s t e i l u n g erfolgt: 1. Auf d e m indirekten thermischen W e g ü b e r C a - C a r b i d (s. d . ) durch dessen B e h a n d l u n g mit W a s s e r . a ) N a ß v e r g a s u n g . Ü b e r die verschiedenen V e r f a h r e n s. U 1/145. I n d e r G r o ß i n d u s t r i e h a t sich die in den D R P 3 1 5 7 9 3 u n d 3 6 0 0 3 4 b e s c h r i e b e n e A p p a r a t u r am b e s t e n b e w ä h r t ( E i n tragung von C a r b i d in W a s s e r ) . Durch b e s o n d e r e Konstruktion w i r d v e r m i e d e n , d a ß L u f t m i t e i n g e s a u g t w e r d e n k a n n . — A C h B 19 ( 1 9 4 7 ) 2 1 2 . D a s U a ß v e r f a h r e n h a t g e g e n ü b e r den» weiterhin b e s c h r i e b e n e n T r o c k e n v e r f a h r e n den V o r t e i l , ein e t w a s reineres R o h g a s zu l i e f e r n , weil m a n b e i t i e f e r e r T e t w a 6 0 ° vergasen k a n n , es h a t a b e r den g r o ß e n Nachteil, d a ß d e r A b s c h l a m m k a l k praktisch verloren geht. G r o ß t e c h n i k ist d a h e r w e i t g e h e n d ü b e r g e g a n g e n z u r b ) T r o c k e n v e r g a s u n g . V e r f a h r e n a r b e i t e t b e i T e m p e r a t u r e n , die nach Möglichkeit nicht > 1 0 0 ° liegen. D a b e i wird das C a r b i d in g r o ß e n , fast horizontal l i e g e n d e n , sich l a n g s a m d r e h e n d e n T r o m m e l n mit höchstens d e r d o p p e l t e n stöchiometrischen M e n g e W a s s e r b e d f s t , s o d a ß d e r a u s g e g a s t e K a l k in praktisch trockener F o r m von T r a n s p o r t s c h n e c k e n a u s g e t r a g e n w e r d e n k a n n . E r h a t e i n e n C a ( O H ) s - G e h a l t v o n e t w a 7 2 % u n d w i r d an die B a u i n d u s t r i e oder L a n d w i r t s c h a f t a b g e g e b e n . M a n kann ihn auch erneut b r e n n e n u n d den S i n t e r k a l k w i e der für die C a r b i d p r o d u k t i o n e i n s e t z e n . — A C h 4 9 ( 1 9 3 6 ) 7 8 7 . R e i n i g u n g : C a r b i d a c e t y l e n e n t h ä l t e i n e R e i h e von V e r u n r e i n i g u n g e n , hauptsächlich PH.i, S c h w e f e l v e r b i n d u n g e n , N H S , die v o r W e i t e r v e r a r b e i t u n g e n t f e r n t w e r d e n m ü s s e n . — A C h 6 2 ( 1 9 5 0 ) 166. M a n a r b e i t e t mit verschiedenen R e i n i g u n g s m a s s e n : Chlorkalk, C h r o m s ä u r e , E i s e n oxychlorid u. a. Großtechnisch h a t sich R e i n i g u n g mit C h l o r w a s s e r ( e t w a 1 5 0 0 mg/m 3 ) g u t e i n g e f ü h r t , o b w o h l durch diese M e t h o d e e i n e n e u e V e r u n r e i n i g u n g eingeschleppt wird. M a n schickt das G a s zunächst durch eine Kalkwasserwäsche, die e i n e n T e i l der S c h w e f e l Verbind u n g e n a b f ä n g t , d a r a u f durch v e r d ü n n t e H 2 S 0 4 zur B i n d u n g v o n NH.,. N a c h d e m das G a s 2 T ü r m e mit C h l o r w a s s e r passiert hat, geht es w e i t e r durch e i n e W ä s c h e mit v e r d f n n t e r N a L a u g e , schließlich l ä ß t m a n dieses Zwischengas zur F e i n r e i n i g u n g durch e i n e A k t i v k o h l e Anlage streichen und erhält schließlich ein G a s , dessen G e s a m t - V e r u n r e i n i g u n g an S, P u n d C1 nicht m e h r als 2 5 mg/m 3 b e t r ä g t , e i n e Qualität, die auch empfindliche katalytische P r o z e s s e b e f r i e d i g t . P r ü f u n g des G a s e s erfolgt durch V e r b r e n n u n g in d e r Voigt'sehen Q u a r z l a m p e , in der das G a s u n t e r V e r d ü n n u n g m i t H s mit überschüssigem 0 2 v e r b r a n n t wird. D a b e i w e r d e n die V e r u n r e i n i g u n g e n mit oxydiert: P H 3 zu H 3 P 0 4 , S c h w e f e l v e r b i n d u n g e n zu H 2 S 0 4 , w ä h r e n d C1 in H C l ü b e r g e h t . W e i t e r b e s t i m m u n g in üblicher W e i s e : H 3 P 0 4 als A m - P - M o l y b d a t , H 2 S 0 4 als B a S 0 4 , H C l als A g C l . — A C h 3 5 ( 1 9 2 2 ) 6 5 4 . — S e l b s t t ä t i g e M e s s u n g d e r V e r u n r e i n i g u n gen C h Z 75 (1951) 555, 582. I n U S A h a t m a n f ü r wissenschaftliche Z w e c k e aus C a - C a r b i d u n d s c h w e r e m W a s s e r t e r i u m - A c e t y l e n C D = C D dargestellt.
Deu-
H e r s t e l l u n g des A c e t y l e n s e r i o i g t : 2. a u f d e m direkten thermischen W e g e . L i c h t b o g e n v e r f a h r e n B A S F — C h e m i s c h e W e r k e Hüls. B e r u h t a u f der- e l e k t r o t h e r m i s c h e n Z e r s e t z u n g von M e t h a n und H o m o l o g e n aus K o k e r e i - , H y d r i e r - oder E r d g a s e n . I n F l a m m b o g e n ö f e n w e r d e n L i c h t b ö g e n von 7 0 0 0 K W L e i s t u n g b e i 8 5 0 — 9 0 0 A und 7 8 0 0 V Gleichstrom erzeugt. D i e mit e t w a 1/iooo S e k . G e s c h w i n d i g k e i t passierenden G a s e w e r d e n u n m i t t e l b a r h i n t e r d e r R e a k t i o n s z o n e m i t H 2 0 a u f 150° gekühlt. 5 0 — 6 0 % der elektr. L e i s t u n g in ehem. Energie umgesetzt. E s entsteht Gemisch von 1 3 — 1 6 % C 2 H 2 mit 5 0 % H 2 , ferner Äthylen u n d
Acetylen
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Acetylenhomologe (s. d.). Nach Vorreinigung von Kuß und teerigen An/teilen wird C a H 2 als in H 2 0 verhältnismäßig leicht lösliches Gas unter 18 at im Gegenstrom ausgewaschen, Lösung entspannt, Gas getrocknet und durch ölwäsche oder Tiefkühlung von Resten noch vorhandener Beimengungen befreit. Gas von 98—99% Reinheit, frei von anorganischen Verunreinigungen. Weiterer Vorteil: Verfahren braucht keine festen Stoffe zu bewegen. — A C h 6 0 (1948) 61. — A Ch B 20 (1948) 257, 260. Auch andere Wege, die über die partielle Verbrennung von Methan mit Luft oder 0 2 oder durch Crackung ohne Luft bei etwa 1600° zu C 2 H 2 führen, wurden erschlossen. Notwendig bei allen Verfahren möglichst rasches Anheizen und Abschrecken, um Ruß- und Teerbildung möglichst zu vermeiden. — A P 2 197 257 Standard Oil. — A Ch 56 (1943) 227. — Ch T 1 (1949) Heft 4/131. — A C h B 1 9 (1949) 211. — C h i T 2 1 (1949) 1, 130. In USA gewinnt man Acetylen aus Methan auch durch stille elektr. Entladung. — Ch I T 21 (1949) 245. — A P 2 550 089. — A Ch 64 (1952) 142. Verwendung: Die früher sehr wichtige Verwendung für Beleuchtungszwecke hat heute nur noch Bedeutung für kulturell wenig erschlossene Gegenden oder f i r Sonderzwecke. Hochgereinigtes Acetylen als Narkosegas sehr geeignet (Narcylen), vermochte sich aber wegen seiner Explosionsgefährlichkeit nicht recht durchzusetzen. Sehr wichtig geworden ist das Gas für das autogene Schweißen (s. Aceton); C 2 H 2 /0 2 -Flamme etwa 3000° heiß. Allergrößte Bedeutung hat Acetylen fi r zahlreiche großtechnische Synthesen der aliphatischen Chemie. Die wichtigsten sind 1. Acetylenchloride, 2. Äthylen, 3. Acetaldehyd, 4. Vinylchlorid, 5. Vinylacetat, 6. Acrylnitril, 7. Vinylfluorid, 8. Aceton, 9. Acetonitril. Näheres darüber bei den einzelnen Stichworten. Ein Selbstpolymerisationsprodukt ist das Cupren (s. d.). Früher spaltete man C 2 H 2 auch, um Ruß und Wasserstoff zu gewinnen. Nach EP 535 583 kann man aus C 2 H 2 und H2S Thiophen herstellen durch Überleiten des Gemisches über PbS bei 500—750°. — A Ch 56 (1943) 276. Durch Einwirkung des elektr. Funkens auf ein Gemisch von C 2 H 2 und N2 erhält man Blausäure. Schließlich hat man es während des Krieges auch zur Herstellung von Tri- und Tetranitromethan benutzt durch Behandlung mit HNO«,: Sprengstoffe. — A Ch 62 (1950) 197. Zu diesen schon sehr zahlreichen Reaktionen und Anwendungsgebieten hat in den letzten 20 Jahren die „Reppechemie" noch viele neue gebracht. Sie kann hier nur ganz kurz umrissen werden. Charakteristisch ist die Verwendung von unter Drude stehendem Acetylen und die Heranziehung der Schwermetallacetylide und Metallcarbonyle als neuartige Katalysatoren. — Ch I T 22 (1950) 273. Einen Überblick über die außerordentliche Reaktionsfähigkeit des Acetylens zeigt die nachstehende Tafel: Acetylenbaum (nach S. 16). Gebiet läßt sich systematisch in 4 Gruppen aufteilen: die Vinylierung, Äthinylierung, Cyclisierung und Carbonylierung. 1. Vinylierung: Umsetzung von C 2 H 2 und seinen Monosubstitutions-Produkten mit org, Verbindungen, die Hydroxyl-, Mercapto-, Amino-, Imino-, Carbonamino- und Carboxylgruppen tragen. C 2 H 2 tritt dabei mit einem seiner C-Atome unter Vermittlung eines Heteroatomes (O, S, N) an das C-Gerüst des Partners heran. Dabei wird 3fache Bindung des C,H, zur Doppelbindung aufgerichtet unter Wanderung des am Heteroatom des Partners sitzenden H-Atoms an das andere C-Atom des C 2 H 2 : C H = C H + HOCH 3 ->- CH 2 = CH • OCH 3 ; C H = CH + HOC 2 H 5 -> CH 2 = CH OC,H s . Der Vinylierung sind sämtliche prim., sec. und tert. Alkohole bis zu den höchsten, z. B. Montanalkohol, zugänglich, auch aromatische Phenole, Naphtole usw. Alle diese Venyläther zeigen die für Doppelbindungen charakteristischen Merkmale: Additions- (H2, Cl2, HCl usw.) und Polymerisationsfähigkeit. Praktische Ergebnisse: Klebstoffe, Lackrohstoffe, Weichmacher, Textilhilfsmittel, Lederpflegemittel, Mineralöl-Stockpunktserniedriger, Kunstleder: die Igewine, Lutonale, Cosale, Oppanol C, Den^odrine, IG Wachse, Vinoflexe und Acronale, z. T. Mischpolymerisate. — Vinylierung von Aminen: N-Vinylcarbazol, polymerisiert hoch wärmebeständiges, elektr. sehr wertvolles thermoplastisches Material: Luvican, USA Polectron. — Die Herstellung von Vinylchlorid, wie sie in den Buna-Werken GmbH., Schkopau, entwickelt wurde, ist aus Bild 1 ersichtlich (Winnacker-Weingaertner: Chemische Technologie, Bd. 3, Aliphatische Chemikalien u. Zwischenprodukte). Das angesaugte Frisch-Acetylen wird zunächst in Trockentürmen über KOH sorgfältig getrocknet, gelangt dann in einen mit aktiver Kohle gefüllten Mischer, wo eine Mischung mit ebenfalls getrockneter Salzsäure stattfindet. Die aktive Kohle absorbiert etwa noch vorhandenes freies Chlor. Die Mischung fließt dann in den Röhrenreaktionsofen, der mit einem Kontakt: stückige Aktivkohle beladen mit 10% Quecksilberchlorid ausgestattet ist. Der Kontaktofen besitzt eine Umlauf-Ölheizung, die auch auf Kühlung geschaltet werden kann. Das Reaktionsprodukt wird anschließend in je einem Turm mit Wasser und Alkalilauge von der Salzsäure befreit. Aus dem entweichenden feuchten Roh-
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Acetylen
Vinylchlorid wird das kondensierbare Wasser in einem Solekühler abgeschieden und das Vinylchlorid in Türmen mit festem Ätzkali sorgfältig getrocknet. In einem nachgeschalteten Soltkühler wird bei etwa —13° C der größte Teil des Gases verflüssigt und gelangt dann in die erste Destillationskolonne, in deren Sumpf sich Äthylendichlorid abscheidet. Die oben aus r tretenden Gase gelangen über zwei Tiefkühler mit T —40° bzw. —50° C kondensiert in eine Vorlage. Ein Teil des Kondensats geht zurück in die erste Destillationskolonne, die Hauptmenge jedoch nach der zweiten Destillationskolonne. Hier sammelt sich im Unterteil das Vinyldilorid, das über einen weiteren Kühler mit —25° C nach dem Lagertank abfließt
Abb. 1 Darstellung von Vinylchlorid. Die oben entweichenden Gase werden in einem Gasometer gesammelt und wieder in die erste Destillationskolonne geleitet. Vinylierung eines (cyclischen) Carbonsäureamids: N-Vinylpyrrolidon, auch in polym. Form wasserlöslich: Kollidon; wichtiges Blutersatzmittel: Periston. — A Ch 59 (1947) 95. Vinylierung von Fettsäuren: Tallölfettsäure-Vinylester Lumitol, Eigenschaften trocknender öle. — Kunststoffe 40 (1950) 1. — Ch I T 22 (1950) 361. 2. Äthinylierung: Reaktion des Acetylens oder seiner Monosubstitutionsprodukte mit Aldehyden, Ketonen, Aminen und Alkylolaminen, bei denen C s H t unter Erhaltung der ^-Bindung unmittelbar an das C-Skelett des Reaktionspartners herantritt, wobei Reakion bei C 2 H, selbst ein- oder doppelseitig erfolgen kann je nach Bedingungen. a) Einseitige Reaktion, führt bei Verwendung des einfachsten Aldehyds, des Formaldehyds, zum Propargylalkohol (Propinol). CH=CH + H C H O - * C H = C C H 2 O H . — Wertvolles Ausgangsmaterial für wichtige Synthesen. Hydrierung Musterbeispiel einer selektiven Katalyse. Je nach Art des Katalysators und Bedingungen kann man entweder nPropanol C H s C H 2 C H 2 O H (n-Propylalkohol), Propionaldehyd oder Allylalkohol erhalten. Von Allylalkohol aus bietet sich ein Weg, zu Glycerin zu kommen durch Anlagerung von HCIO und folgende Verseifung. Oxydation des Propargylalkohols führt zum -Aldehyd (Propinal) CH=C-CHO. — Daraus 2-Aminopyrimidin, Vorprodukt für Sulfonamide Pyrimal und Debenal. Propargylalkohol lagert HCl an zum Chlorallylalkohol CH 2 =CClCH 2 OH, Polymerisate. — 2 Mol Propargylalkohol zusammenoxydiert führen zu Hexadiindiol HOCH 2 -C= C-C=C-CH 2 OH, Reduktion zum Hexandiol und Oxydation zu Adipinsäure für Polyamide; Dehydrierung des Hexandiols ergibt s-Caprolacton, daraus das -lactam, wichtiger Baustein für Polyamide, Perlonfaser. a) Zweiseitige Reaktion führt mit Formaldehyd zu 1/4-Butindiol: C H = C H + 2 H CHO-> HOCH2C=CCH2OH. Man arbeitet bei 90—120°, 5 atü, Cu-Acetylid in wässriger Phase.
Acetylen
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Butindiol gleichfalls technisch hochwichtiges Ausgangsmaterial. Reduktion wie bei Propargylalkohol selektiv, einerseits zu n-Butanol, andererseits zu Butendiol H O C H 2 - C H = C H CH 2 OH, weiter zu 1/4-Butandiol H O C H 2 C H 2 C H 2 C H 2 O H . Butindiol geht durch Anlagerung von H 2 0 in Ketobutandiol H O C H 2 - C O - C H 2 - C H 2 O H über, daraus durch Reduktion Trioxybutan oder Butantriol H O C H 2 C H O H C H 2 C H 2 O H , an Stelle von Glycerin eingesetzt, z . T . überlegen. Aus Butindiol durch SOCl 2 leicht Dichlorbutin C 1 C H „ C = C C H , C 1 , daraus Diacetylen C H = C C = C H durch HCl-Abspaltung. 1/4-Butendiol geht durch verschiedene Oxydationsmittel in Erythrit über, daraus Alkydharze und Weichmacher, andererseits in die wichtige Maleinsäure. Aus Butendiol und HCN das Dihydromuconsäuredinitril N C • CH 2 • C H = C H • CH 2 • CN, Zwischenprodukt f ü r Polyamide. 1/4-Butandiol. Glycerinersatz; Ester mit ein- und mehrbasischen Carbonsäuren hochwertige Weichmacher, z. B. mit Bernsteinsäure, die durch Oxydation von Butandiol mit H N 0 3 entsteht. Man erhält Wachse für Bohnermassen, Schuhpflege, Fette zum Bohren, Schneiden, Fräsen, für Textilveredlung (Palatinole) usw. Dichlorameisensäureester aus Butandiol und COCl 2 f ü r Weichmacher; Umsetzung mit NH 3 ergibt Diurethane, Kondensationsprodukte Polyurethane für Polyamide, Perlon U usw. Butandiol und Acetylen nach der Vinylierungsreaktion Mono- und Divinyläther. Bei katalytischer Dehydrierung über Cu 200° geht Butandiol in ein 5-Ringlacton, das y-Butyrolacton über, ein Körper mit abermals vielseitiger Reaktionsfähigkeit, teils unter Öffnung, teils unter Erhaltung des Ringes. Es können hier nur wenige Reaktionen genannt werden: y-Chlor-, y-Amino- und y-Cyanbuttersäure mit Ubergang zur Glutarsäure, yOxybuttersäure. Aus 2 Mol dieser Säure die Oxadibuttersäure; durch Veresterung mit Butandiol oder anderen Glvkolen Bohr- und Schneideöle. Der Oxadibuttersäure entsprechend die Thiodibuttersäure S(CH 2 -CH 2 -CH 2 -COOH) 2 , Ester Weichmacher f ü r Kautschuk. Durch Oxydation Sulfondibuttersäure S 0 2 ( C H 2 C H 2 C H 2 C 0 0 H ) 2 . Mit A1C13 kann man Benzol mit Butyrolacton kondensieren zu Phenylbuttersäure bzw. Phenylendibuttersäure usw. Butyrolacton mit Phenolaten fi'hrt zu Phenoxybuttersäure, deren Co-, Mn-, Zn- oder Pb-Salze als Sikkative dienen (Soligene). Mit N H 3 oder Aminen entstehen y-Oxybuttersäureamide, Textilhiifsmittel oder, je nach Reaktionsbedingungen, unter Erhaltung des Ringes cr Pyrrolidon, dessen Umsetzungsprod. mit C 2 H 2 bereits genannt wurde (Vinylpyrrolidon, Periston). Tetrahydrofuran. Ein ringförmiger Äther, aus Butandiol durch Wasserabspaltung aus wässriger Phase über H 3 P0 4 -Kontakten, T > 250°. Sp 65°, Azeotrop mit H a O, mischbar mit! KW jeder Art, löst auch Hochpolymere wie die von Vinylchlorid, Vinylcarbazol. CH2-CH2 die Igelite, die verschiedenen Kautschukarten, Phenolharze, Harnstoffharze, I | Celluloseester und -Äther und ist damit das vielseitigste Lösungsmittel, das CH 2 CH 2 die Technik kennt: Lösungsmittel T, mit Aceton verschnitten TA. Darüber hinaus Tetrahydrofuran auch Muttersübstanz einer Reihe techn. V wichtiger Ausgangsprodukte. Mit HCl je nach Bedingungen unter Öffnung des Ringes 4-Chlorbutanol, 1/4-Dichlorbutan oder Dichlorbutyläther C1(CH 2 ) 4 0 - ( C H 2 ) 4 C l . Dichlorbutan mit 1 Mol NaCN umgesetzt, führt zu S-Chlorvaleronitril, mit 2 NaCN zu Adipinsäuredinitril, womit wieder Anschluß an die Polyamide gegeben ist. Umsetzung mit NH 3 gibt Pyrrolidin, daraus Alterungsschutzmittel, Vulkanisationsbeschleuniger. Die Vielseitigkeit der skizzierten Reaktionen wird gekrönt durch die Möglichkeit, aus Tetrahydrofuran und damit auch aus Butandiol durch Abspaltung von 1 bzw. 2 Mol H , 0 über Phosphatkontakten zum Butadien und weiter zu Buna, Kautschuk zu gelangen: 1/4-Verfahren im Gegensatz zum 1/3-Verfahren über Acetaldehyd, Aldol (s. d.). Ausführliches über Äthinylierung: Ch I T 22 (1950) 363 mit Schaubildern. — Kunststoffe 40 (1950) 1. Ciba-Schering beschreiten zur Ausführung einer Äthinylierung einen andern Weg: Alkalimetall wird in flüssigem N H 3 gelöst, C 2 H 2 bis zur Sättigung eingeleitet und die ätherische Lösung eines Ketons, z. B. Steroidketon zugetropft. Nach längerem Rühren und Verdampfen des NH 3 wird aufgearbeitet. DRP 703 062. Verfahren kommt nur f ü r hochwertige therapeutische Produkte in Frage. 3. Cyclisierung: Polymerisation von C 2 H 2 bzw. substituierter Acetylene unter dem Einfluß selektiv wirkender Katalysatoren zu cyclischen KW (Cyclopolyolefinen C 2 nH 2 n). Mit Hilfe neuartiger Katalysatoren, der Triphenylphosphin-Ni-Carbonyle gelang es, C 2 H 2 bei 60—70° und 15 atü zu 88% zu Benzol zu trimerisieren, daneben 12% Styrol. Man arbeitet am besten in benzolischer Lösung selbst. Interessant die Tetramerisierung zu Cyclooctatetraen, symmetrischer 8-Ring mit abwechselnd ein- und 2-fachen (konjugierten) Bindungen. Cyclisierung verläuft bei 60—70° in Gegenwart von Ni-Cyanid in Tetrahydrofuran bei 15—20 atü; Sp 142—143°; 42°/17 mm.
16
Acetylendiloride
Auf Grund seiner großen Reaktionsfähigkeit konnte eine große Zahl bisher unbekannter oder schwer zugänglicher Verbindungen dargestellt werden, die diesem Gebiet eine große Zukunft sichern. — Ch I T 22 (1950) 369. 4. Carbonylierung: Umsetzung von Acetylenen mit CO und Körpern mit beweglichen Wasserstoff-Atomen, die unter dem Einfluß von Metallcarbonylen und -Wasserstoffen verlaufen. Einfacher Weg, um von C2H2 und dem billigen CO aus, das bei der Herstellung von Ca-Carbid zwangsläufig in praktisch gleichen Volum-Mengen anfällt wie C2H2 bei der Vergasung, die technisch außerordentlich wichtige Acrylsäure und ihre Derivate aufzubauen. Als Reaktionsüberträger dienen Ni-Carbonyle. Man erhält so aus C 2 H 2 , CO und HaO Acrylsäure. Einer analogen Umsetzung sind alle Verbindungen mit reaktionsfähigem H-Atom zugänglich: Alkohole, NH3 oder Amine, Mercaptane, Carbonsäuren. Es entstehen Acrylsäureester, -Amide, -Thioester, -Anhydride usw. C H = C H + CO + H 2 0 -*• CH 2 =CH • COOH; CH=CH + CO + HOC2H5 CH 2 =CH COOC2H5; CH 2 =CH • COOH + C2H2 + CO CH 2 =CH • CO • O CO • CH=CH 2 2 C2H2 + 2 CO + H 2 0 ; C H = C H + CO + CH„ • COOH -> CH 2 =CH • CO • O • CO • CH., gemischtes Acryl-Essigäureanhydrid. Da alle diese Derivate die reaktionsfähige Doppelbindung tragen, die addieren und polymerisieren kann, ist es offenbar, daß durch diese Reaktion ganze Scharen neuer Produkte hergestellt werden können. — Ch I T 22 (1950) 371. L i t . : H o ü b e n : Methoden der org. Chemie, Dreifachbindung, 3. Aufl., Band 2/1021, Leipzig 1925. — U 1/141. — W . R e p p e : Neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Chemie des Acetylens und Kohlenoxyds, Springer-Verlag, Berlin, Güttingen, Heidelberg 1949. — W . R e p p e : Acetylene Chemistry P B Report- 18 852 s. Charles A. Meyer & CO., Technical Publications Vanderbilt Avenue, New York 1949. — W . R e p p e : Chemie und Technik der Acetylen-Druck-Reaktionen, Verlag Chemie G . m . b . H . , Weinheim (Bergstraße) 1951. — Experientia März 1949/93. — Ch I T 22 (1950) 273, 361, 437, 527. — Kunststoffe 40 (1950) 1. — Chemische Technik 2 (1950) Heft 3/76. — J . N i e u w l a n d u. R. V o g t : T h e Chemistry ut Acetylene. Reinhold Publishing Corp., New York 1945. — A. W . J o h n s o n : T h e Chemistry of the Acetylenic Compounds, Edward Arnold & Co., London 1945. — E . D . B e r g m a n n : T h e Chemistry of Acetvlene and Related Compounds, Interscience Publishers, New York 1948. — Um 50 (1950) 416; 53 (1953) 133, Schaubild. — F e t t e und Seifen 52 (1950) 524, Sdiaubilder.
Acetylenchloride. Äthan- und Äthylenabkömmlinge, deren Wasserstoffatome ganz oder teilweise durch Chlor ersetzt sind.
Sym. Dichloräthylen Trichloräthylen Perchloräthylen Sym. Tetrachloräthan Pentachloräthan Hexachloräthan (fest)
Formel
Mol.Gewidit
Didite 15°
C«H,C1, CsHCU C 2 C1* CjHJCU CjHCli C,C1.
96,6 131,4 165,8 167,8 202,3 236,7
1,278 1,471 1,624 1,601 1,685 ca. 2
Siedepunkt 760 mm C.° 54 88 121 145 160 185 subl.
Dampfdrucke bei 20» C. 205 mm 56 mm 17 mm 11 mm 7 mm 3 mm
Hg. Hg. Hg. Hg. Hg. Hg.
Gefrierpunkt in C° —81 —73 —19 —36 —22
Acetylentetrachlorid. Tetrachloräthan, CHC12-CHCI2. Hauptchlorierungsprodukt, aus dem die anderen Chloride hergestellt werden. Nach DRP 241 559 leitet man C,H a und Cl, getrennt in vorgelegtes Tetrachlorid ein bei Gegenwart von SbCl5, A1C13 oder FeCl 3 . Die stark exotherme Reaktion (100 Kai/Mol) wird durch Kühlung bei 100° gehalten. Als solches nicht mehr verwendet. — A Ch (1930) 407. — B 1/86, 25*, 5 5 " . — H I 94. Dichloräthylen. CHC1=CHC1. Aus Tetrachlorid durch Behandeln mit Metallen, z. B. Zink: C2H2C14 + Zn C2H2C12 + ZnCl2. Indifferent gegen Metalle und Alkalien; gutes Lösungsmittel für Kautschuk und andere Polymerisate; farblose, leicht bewegliche, chloroformartig riechende Flüssigkeit; D 1,25; Handelsprodukt Dichloren oder Dioform. B 1/186, 77*, 158**. Trichloräthylen. CHC1=CC12. Aus Tetrachlorid durch mehrstündiges Kochen mit Kalkschlamm. „Tri" ist wegen seiner hervorragend lösenden Eigenschaften, seiner Unbrennbarkeit und Indifferenz gegen Metalle, auch gegen verdi'nnte Alkalien, ein wichtiges Lösungsmittel für Harze, Fette usw., in der ehem. Wäscherei auch in Verbindung mit Seifen: Triol, Tripur, Westrol. — Chem. Fabrik 2 (1929) 406. Medizinische Verwendung: Chlorylen gegen Trigeminusneuralgie. — H 1/94. Soll neuerdings auch in der Geburtshilfe in Aufnahme kommen, da es die Schmerzen lindert, ohne daß Unterbrechung der Wehen selbst eintritt: Trilen. — A Ch 62 (1950) 346, auch als Trichloran bezeichnet. — Ch I T 23 (1951) 28. — B 1/187, 78*, 159**.
Technischer Acetylenbaum Dr.O.Nicodemus September 19tö
Buttersaure
Butyraldehyd
wm/M I.b-Dichhr. bulan
Oxystyro/
Adipinsäuredinitrit
B
Pyrrolidon Àminobuttersâure
K
m
m
N-Vin vi\pyrrondt>n
l
N-Vinylcorbata!
Bernstein säure
Thiadibuttersäure
¿Bu tyrolado n
Oxadibuttensâure
Viny!ester
I
'fo
Butadien
m
isynth: Kautschuk):
Ma/einsoureanhydrid
Vwfcy/. Hexamethylendiamin
X
Dihydrofuran
'bytf^if/rb/i Muran-
Oifydnmum sàurtdinitril
m-Butan trio!
1,4-Bufen- ¡. dio/ ^
Nêopren (Söhren)
zx
C/t/oropren
Ib
Butin, dio/
T
Vinylacety/en Vinyimethyiketon
I
Acet
zr
Cyc! oo ktatet ra en _ Lösungsmittel ' u. Weichmacher
Carbid
•. Kunststoffe -:• -1 - synth.
Kautschuk
--Arzneimittel ED-
I=
Farbstoffe Zwischenprodukte
1 K a l k
1 Kol (Ko
Abdrudc erfolgte mit freundlicher Genehi
Blücher's Auskunftsbuch, 18. Auflage, W
I
J Butin-3-
L.
*LEl r
WM. Ch/orocetaldehyd
Vinyl. ch/o nd
Wfiin'y'l
2-Methy/SMty/pyridin
Aelhylen•. chforid
. Aelhylen^^^ chlornydrin
Hitroform
Dichlordioethylsu/fid
P O T Aethylenoxyd
SS
Trioethonotomin
'pöiiiim 'Ifrmfa
^cetylen
i i
\
X///?//////.
Methan bezHy-Gase
I
Kohle
Wasserstoff
(Koks)
Genehmigung des Carl Hanser Verlages, uflage, Walter de Gruyter & Co., Berlin.
Russ
VinytidenChlorid
os Trich/or. aethan
Acetylenhomologe — Acetylsalicylsäure
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Pentachloräthan. CHC12-CC13. Aus Trichloräthylen durch Anlagerung von Cl2 in der Wärme: dem Tetrachloräthan ähnlich. Gegen Alkalien unbeständig. — B 1/87, 26*, 57"*. Perchloräthylen. CC12=CC12. Ähnelt dem Trichloräthylen, wie dieses gegen Alkalien beständig. In der Wäschereitechnik als Detachiermittel. Verwendungsgebiet liegt dort, wo geringerer Flüchtigkeitsgrad als der des Trichloräthylens und Indifferenz gegenüber Metallen erwünscht ist. — B 1/187, 79*, 161". Hexachloräthan. CC1,-CC13. Aus Perchloräthylen durch Anlagerung von Chlor oder durch Chlorierung von Acetylentetrachlorid mit A1C1, unter Bestrahlung. — DRP 174 068, 248 989. — Nach DRP 722 463 auch direkt in einem Arbeitsgang aus C 2 H 2 und Cl2. — A Ch 55 (1942) 280. Weiße Kristalle, schwach campherähnlich riechend; gegen Alkali auch bei höherer T beständig. Insektenvertilgungsmittel (Motten), als Campherersatz, für Sicherheitssprengstoffe. — B 1/87, 26*, 58**. Die Acetylenchloride sind alle ausgezeichnete Lösungsmittel für Fette, Harze, Öle, Lacke, Teere, Schwefelverbindungen, Acetylcellulose usw. und dienen daher als Extraktionsmittel zu mannigfacher Verwendung. Gegenüber Benzin, Benzol, Schwefelkohlenstoff Vorzug der Nichtbrennbarkeit, wodurch höherer Preis wieder ausgeglichen wird. In größeren Menden eingeatmet giftig, bes. Tetrachlorid. — Metallbörse (1928) 2413, 2470. — Ch T 2 (1950) Heft 3/78. — U 1/155. Acetylenhomologe. Aliphatische Homologe entstehen aus Acetylen bei Anwesenheit komplexer Cu-Verbindungen als Katalysatoren: Nieuwland & Carothers J Am Chem Soc 53 (1931) 4197. Sie führten zu dem technisch wichtigen Neopren und Chloropren, Chlorkautschuk ölfest: 2 C 2 H 2 - ^ C H 2 = C H - C = C H Vinylacetylen - + C H 2 = C H . CC1=CH 2 ß-Chlorbutadien -*• Polymerisation. S. Acetylen-Literatur Nieuwland und Johnson. — C h T 2 (1950) H e f t 3/78. — Acetylenhomologe entstehen auch bei den therm. Prozessen, auch im Carbidacetylen-Rohgas sind sie nachgewiesen. — A Ch 62 (1950) 166. Besonders entstehen sie bei den direkten therm. Verfahren. — A Ch B 20 (1948) 257, 260. — A Ch A 60 (1948) 61. — A Ch 61 (1949) 45. CH3-C=CH Methylacetylen Sp + 27,5°. — B 1/246,106*, 2 2 2 " . — C H 2 = C H - C = C H Vinylacetylen Sp + 5,5°. — B 1/126*. — CH=C-C=CH Diacetylen Sp + 9,5°. — B 1/266, 245**. — C„H5.C=CH Phenylacetylen S p + 1 4 3 ° . — B 5/511, 246*, 4 0 6 " . — Auch Triacetylen C H ^ C - C = C - C = C H wurde nachgewiesen, sowie das aromatische Benzol. — A Ch 61 (1949) 490. Die Acetylenhomologen sind den gleichen Reaktionen zugänglich wie Acetylen selbst: Aus Diacetylen z. B. durch Anlagerung von Formaldehyd nach R e p p e Hexadiindiol, bereits bei Acetylen/Propargylalkohol erwähnt, daraus Hexandiol und Adipinsäure für Polyamide. Anlagerung von H 2 0 an Diacetylen führt zu Diacetyl C H 3 . C O . C O . C H 3 , Geschmackstoff der Butter. — B 1/769, 397*, 8 2 4 " . Aus Vinylacetylen durch Anlagerung von H a O Vinylmethylketon C H 2 = C H • CO • C H , Polymerisationsprodukte. — B 1/728, 379*, 786**. — Reduktion führt zum Acetonhomologen Methyläthylketon C H 3 . C O . C 2 H 5 . — B 1/666, 347*, 726**. Anlagerung von H C N an Vinylmethylketon ergibt Lävulinsäurenitril "NC • CH 2 • CH 2 • CO • CH 3 ; Weichmacher und andere Produkte. Aus Phenylacetylen Acetophenon (s. d.), Riechstoffe, Kunststoffe usw. Acetylentetrabromid. (Bromäthan, Bromacetylen), C 2 H 2 Br 4 , wird durch direktes Zusammenbringen von Br mit Acetylen in einer gekühlten Tonschale erzeugt. Farblose Flüssigkeit, Sp 215°, findet wegen seiner hohen Dichte 2,943 Verwendung zur Abtrennung des Unhaltigen aus diamanthaltigem Sand; die Diamanten (3,35) sinken unter, während der Sand (2,3—2,5) auf dem schweren Bromäthan schwimmt. B 1/94, 30*, 66**. Acetylieren. S. Acylieren. Acetylsalicylsäure. Bekanntes Antipyreticum, Antineuralgicum, Analgeticum. Aspirin, Acetylin und andere Handelsnamen; wichtig auch verschiedene Salze, Li, Ca, wasserlöslich, s. a. Salicylsäure. B 10/67, 28*, 4 1 " . — H I 213. — U 1/163. 2
Blüchers Auskunftsbuch. 18. Aufl.
Achat — Acridinfarbstoffe
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Ester der Acetylsalicylsäure: Äthylester, Sp 272°; Salacetol, Salantol, Lösungs- und Plastifizierungsmittel in der Celluloidindustrie. Äußerlich anzuwendendes Antirheumaticum, ähnlich der Methyl- und Menthylester. Achat. Hauptbestandteil amorphe Kieselsäure (Si0 2 ) neben Chalcedon; weist viele parallele Streifen oder Bänder auf. D 2,65, Härte 7, Verwendung: geschliffen als Halbedelstein (Hauptindustrie in Idar-Oberstein a. d. Nahe). Technisch wegen seiner Härte zu Reibschalen, Pistillen, Zapfenlager für Kompasse, Schneidelager für Wagebalken, Kugelspurlager für Rührwerke. Achat läßt sich durch chemische Einwirkung färben. Lil.: R. Ed. L i e s e g a n g :
D i e Achate, 1915.
Achema. Periodisch stattfindende große Ausstellungen des diemischen Apparatewesens, Meß- und Hilfsvorrichtungen, Laboratoriumsbedarf, veranstaltet durch die „Deutsche Gesellschaft für chemisches Apparatewesen (Dechema), Frankfurt a. M., Dechema-Haus, Rheingauallee 25". Es handelt sich hier nicht um Verkaufsmessen; der Zweck ist, den innigen Kontakt zwischen Verbraucher und Hersteller zu fördern und durch regen Erfahrungsaustausch den Fortschritt sicher zu stellen. Achema XI findet 1955 in Frankfurt a. M. statt. Acheson-Graphit. Künstlicher Graphit durch Erhitzen von Kohle im elektrischen Ofen. Benannt nach dem ersten Hersteller „Acheson" in USA (Niagarafall). Von Bedeutung in kolloidaler Form als Zusatz zu Schmiermitteln, z. B. Bohröl „Aquadag" („Dag" zusammengezogen aus: Deflocculaded Acheson Graphite). LIt.: A s k e n a s y : E i n f ü h r u n g in die techn. Elektrochemie, Bd. 1. Braunschweig 1910. — G . Künstlicher Graphit, Halle 1904. — O. K a u s c h : Der Graphit, Halle 1930.
Fitz:
Acidität. Säuregrad einer Flüssigkeit. Näheres s. unter Wasserstoffionen-Konzentration. — U 1/164. Aconitin. Sammelname f ü r untereinander in der Zusammensetzung etwas verschiedene Alkaloide, die sich in den Aconitumarten, z. B. in der Wurzel des Eisenhutes (Aconitum napellus) finden und aus den Pfanzenteilen durch 60° warmen 90proz. Sprit oder mit Äther unter Zusatz von Alkali extrahiert werden. Das mit Säure gefällte Aconitin C34H 4 7 O n N, das hydrolytisch gespalten in Aconin, Essig- und Benzoesäure zerfällt (andere Aconitine geben andere Spaltungsstücke), kristallisiert aus Methylalkohol in weißen Nadeln vom Smp 197—198°. In Wasser wenig löslich, alkalisch reagierend. Base sowie ihre gut krist. Salze medizinisch verwendet, innerlich gegen Rheuma und Neuralgien, äußerlich in Form von Salben. Sehr starke Gifte! —• H I 261, H E 138. — U 1/106. Acridin. C 1 3 H 9 N. In reinem Zustande farblose Nadeln. Smp 107°, Sp 345—346°. Wenig löslich in kaltem Wasser, leicht in organischen Lösungsmitteln. Verdünnte Lösungen fluoreszieren blau. Intensiver Reiz auf Schleimhäute und Epidermis. In kleinen Mengen im Teer; synthetisch durch Erhitzen von Diphenylamin mit Ameisensäure und ZnCl 2 . — B 20/459, 171*. — U 1/168. — H I 457. Acridinfarbstoffe. Leiten sich von Acridin ab, werden aber nicht aus diesem, sondern synthetisch hergestellt: Benzoflavin, Acridingelb, Acridinorange, Rheonin u. a. Viele Acridine haben ausgesprechen bakterizide Eigenschaften, daher therapeutisch —NHJ v e r w e n c ] e t j z_ b. 3/6-Diamino-10-Methylacridiniumchlorid Trypaflavin, bei Wunden und parasitären Hauterkrankungen, bekannt auch als Panflavin zum Desinfizieren der Mund- und Rachenhöhle. — H I 459, H E 226. — Tetrophan gegen Sklerose, Tabes. — H II 1390, H E 438. — Rivanol 2Äthoxy-6/9-Diaminoacridinlactat, gegen Darm- und Blasen-Tbc. — H I 458, H II 1387, H E 225. — Atebrin Dichlorhydrat des 2-Methoxy-6-Chlor-9-a-Diäthylamino-S-PentyIaminoacridin, gegen Malaria. — H E 2 2 8 . — U 1/168.
Acrolein —• Acrylharze
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Acrolein. Acrylaldehyd, CH 2 = C H C H O . Farblose Flüssigkeit von unerträglichem, die Schleimhäute stark angreifendem Geruch, giftig; löslich in 2—3 Tl. H 2 0 ; Sp 52,4° — B 1/725, 377', 782". — U 1/171. Herstellung: 1. Klassisches Verfahren aus Glycerin durch Wasserabspaltung nicht mehr zeitgemäß. — A Ch 62 (1950) 105. 2. Aus C 2 H 2 und H C H O . — ACh56(1943) 225. Reaktion führt wahrscheinlich über Propargylalkohol. 3. Verfahren der Carbid and Carbon & Shell Chemical Corp. durch direkte Oxydation von Propylen mit CuO als Katalysator. — C h i T 2 2 (1950) 162. — Die bis dahin betriebene Darstellung aus Diallyläther wurde wieder eingestellt. — A Ch B 20 (1948) 303. — A Ch 62 (1950) 105. 4. Degussa-Verfahren aus Form- und Acetaldehyd, HCHO + C H s C H O C H 2 = C H • CHO + 19,5 Cal exotherm, T 300—320°, Katalysator Silicagel, mit 10% Na-Silicat imprägniert. — A Ch 62 (1950) 105. Acrolein infolge der Nachbarschaft der Carbonyl- und Vinylgruppe außerordentlich reaktionsfähig, durch Zusatz von 0,1% Hydrochinon oder Brenzkatechin stabilisierbar; sehr empfindlich gegen Basen. Ausgangspunkt für vielerlei Synthesen: Man gewinnt daraus Acrylsäure, leichter die wichtigen Acrylsäureester. — A Ch 62 (1950) 107. Man lagert dabei in Gegenwart einer org. Säure zunächst Alkohol an die Doppelbindung, oxydiert den erhaltenen ß-Alkoxypropionaldehyd RO-CH 2 'CH 2 -CHO mit Luft zur entsprechenden Carbonsäure und destilliert über H 2 S0 4 , wobei Regeneration der Vinylgruppe und gleichzeitig Veresterung eintritt. Katalytische Reduktion des Acroleins zu Allylalkohol gelingt durch selektive Hydrierung mit einer Cd-Cu-Kombination bei 280° und 250 at. Weitere aus Acrolein leicht herstellbare Produkte: 1/3-Propylenglykol durch Anlagerung von H 2 0 an die Doppelbindung und Hydrierung des primär entstandenen Hydracrylaldehyds: CH,=CH • CHO — CH 2 =CC1 • CHO. Aridere Reaktionen führen zum 1/6-Hexandiol, dem bekannten Ausgangsstoff für Adipinsäure. Auch 1/2/6-Hexantriol und 2 Oxy-l/6-hexamcthylendiamin sind leicht zugänglich geworden: Neuartige Polyamide. — A Ch 62 (1950) 110 ff. — Wichtig die Polymerisate. Durch Kombination mit Acrolein mit mehrwertigen Alkoholen, bes. Pentaerythrit in saurem Medium gelangt man zu den wertvollen Acetalharzen (Degussa). Der neue Kunststoff ist ein glasklares, farbloses, unlösliches Harz mit vortrefflichen mechanischen und elektr. Eigenschaften, ausgezeichnet durch große Schlagbiegefestigkeit; Plattenmaterial läßt sich ohneSpri nge nageln. Harz kann nach dem Gießverfahren oder durch spanabhebende Verarbeitung geformt werden und ist lichtbeständig. Wie andere Kunstharze durch Weichmacher, z. B. Dibutylphtalat plastifizierbar, wodurch man kunstlederähnliche Vließe erhält. Auch für Mischpolymerisate kann Acrolein eingesetzt werden. A Ch 61 (1949) 450. Auf dem pharmazeutischen Sektor hat Acrolein Bedeutung als Ausgangsmaterial für die wichtige Aminosäure Methionin. sowie Pyrimidinverbindungen. Acronale. Produkte auf Basis von Acrylsäurederivaten, in fester, gelöster oder dispergierter Form. Die Acronale sind thermoplastisch und bilden Filme, je nach Einstellung härter oder geschmeidiger und elastisch. Sie sind wasserklar, alterungsbeständig, ozonfest und widerstandsfähig gegen Wasser, beliebig färbbar und können mit Füllstoffen versetzt werden. Verarbeitung erfolgt vorwiegend über die Lösung oder in Form der Dispersionen. Diese entsprechen in ihren Eigenschaften dem Kautschuk-Latex; sie sind in den meisten Lösungsmitteln löslich, in Benzin-KW jedoch meistens nicht. Verwendung zur Herstellung von Regenmantelstoffen, Wachstuchen, Kunstledern usw., ferner für Klebstoffe und als Lackrohstoffe, auch in Form von Mischpolymerisaten mit Vinyläthern, Styrol usw. Acrylharze. Polymerisate, ebenfalls auf Acryl- und Methacrylsäurederivaten aufgebaut, weich- bis hartgummiartige oder glasähnliche Massen: Lacke, Imprägniermittel, Mantelmassen für Kabel usw., Stabol, Plexigum; Platten, Formstücke, Spritzgußmassen, Scheinwerferlinsen, Schlußlichter, Plexiglas usw. - Kunststoffe 40 (1950) 160. 2«
20
Acrylnitril
Acrylnitril. CH 2 =CHCN, wasserhelle Flüssigkeit von stechendem Geruch, giftig, in reiner Form nicht haltbar, nur mit Stabilisatoren, z. B. Cu-Oleat, Dioxydiphenyl; Löslichkeit in H 2 0 70° 10%; Sp 77,5°; mit allen organischen Lösungsmitteln mischbar. — B 2/400, 186*, 388". — A Ch 61 (1949) 229. Herstellung: 1. Bis 1943 mußte es auf umständlichem Weg über Äthylen Äthylenchlorhydrin —