Außenwirtschaft der Unternehmung: Theorie und Praxis internationaler Unternehmenstätigkeit. Festgabe für Carl W. Meyer zum 65. Geburtstag [1 ed.] 9783428455638, 9783428055630


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German Pages 307 Year 1984

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Außenwirtschaft der Unternehmung: Theorie und Praxis internationaler Unternehmenstätigkeit. Festgabe für Carl W. Meyer zum 65. Geburtstag [1 ed.]
 9783428455638, 9783428055630

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Außenwirtschaft der Unternehmung Theorie und Praxis internationaler Unternehmenstätigkeit Festgabe für Carl W. Meyer zum 65. Geburtstag

Herausgegeben von Kurt Nagel und Karl Jürgen Numrich

Duncker & Humblot . Berlin

Außenwirtschaft der Unternehmung Festgabe für Carl W . Meyer

Außenwirtschaft der Unternehmung Theorie und Praxis internationaler Unternehmenstätigkeit

Festgabe für Carl W. Meyer zum 65, Geburtstag

Herausgegeben von

Kurt Nagel und Karl Jürgen Numrich

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Aussenwirtschaft der Unternehmung: Theorie u. Praxis internat. Unternehmenstätigkeit; Festgabe f ü r Carl W. Meyer zum 65. Geburtstag / hrsg. v o n K u r t Nagel u. K a r l Jürgen Numrich. — B e r l i n : Duncker u n d Humblot, 1984. I S B N 3-428-05563-2 N E : Nagel, K u r t [Hrsg.]; Meyer, Carl W.: Festschrift

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe für sämtliche Beiträge vorbehalten © 1984 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1984 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-05563-2

Inhaltsverzeichnis Carl W. Meyer — 65 Jahre

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Internationale Unternehmensführung Hans H. Hinterhuber u n d Hubert Heiss Strategische Unternehmungsführung i m weltweiten Wettbewerb

13

Wolf-Georg Dittmar Grundfragen der internationalen Integration von Unternehmen

37

Hubert H. Salmen Die Unternehmensführung i m Spannungsfeld der Gesellschaftspolitik

57

Peter Dobler Organisationsentwicklung i n internationalen Unternehmen

67

Lothar G. Winter International Negotiation Strategies: The Mexican Case

79

Kurt Nagel Moderne Kommunikationstechniken als Instrument der internationalen Unternehmensführung

97

Peter Lindemann Kybernetische Weltmodelle?

111

Internationales Marketing Walter Märzen u n d Hubert Marschner Konstitutive Merkmale des E x p o r t - M a r k e t i n g

125

Reinhard Hiinerberg Risikoanalyse i m Internationalen M a r k e t i n g

143

Host Schlüchter Einflußfaktoren für A k t i v i t ä t s f o r m e n i m Auslandsgeschäft

159

Jan S. Krulis-Randa Internationale Marketingstrategien

175

Rudolf Bratschitsch u n d Markus Hämmer le Das Währungsrisiko bei der A b w i c k l u n g von I m - u n d Exportgeschäften 189

6

Inhaltsverzeichnis

Karl Jürgen Numrich Besonderheiten der Exportmarktforschung für Investitionsgüter

197

Bernd Schneider Probleme der Produzentenhaftung i m Export

209

Internationales Beratungs- und Prüfungswesen Rolph Berg Unternehmensberater u n d Know-how-Transfer

227

Ninnat Olanvoravuth Interfacing Western Management Consulting and Eastern Educational Systems 235 Karl H. Engel Bedeutung von Feasibility-Studien u n d Vorgehen bei deren Erstellung 243 Wolf gang Werrich Harmonisierung der Rechnungslegung. Zielvorstellung u n d Transformation der 4. E W G Richtlinie 251 Volker H. Peemöller Währungsumrechnung v o n Jahresabschlüssen bei der Einbeziehung ausländischer Konzerngesellschaften 265 Rolf Hofmann Management-Auditing. E i n Beitrag zur Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens — dargestellt am Beispiel der Innovation 281 Karl Jürgen Numrich 20 Jahre I n s t i t u t für Wirtschaftsprüfungs- u n d Beratungswesen der Universität Würzburg 293

Verzeichnis der Veröffentlichungen von Prof. Dr. Carl W. Meyer, Würzburg 297

Verzeichnis der Mitarbeiter

303

Carl W. Meyer — 65 Jahre Carl W. Meyer, am 19. Mai 1919 in Chemnitz, dem heutigen K a r l Marx-Stadt, geboren, hat — i m Gegensatz zu dem Werdegang der meisten jüngeren Betriebswirte — auf einem ungewöhnlichen Weg zur Hochschullehrer-Laufbahn gefunden. Nach dem Besuch der Oberrealschule i n Chemnitz und der Handelsschule i n London absolvierte er von 1935 bis 1938 eine Lehre als Industriekaufmann. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, i m September 1939, wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Die Rückkehr ins Zivilleben fand erst 1948 nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft statt. Carl W. Meyer setzte seine Tätigkeit i n der Wirtschaftspraxis als Vertreter, Wirtschaftsberater, Geschäftsführer sowie als selbständiger Groß- und Einzelhändler in Berlin und Bremen fort, wobei er umfassende Erfahrungen erwerben konnte. Neben seiner praktischen Tätigkeit begann er i n dieser Zeit mit dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität Berlin, wo er 1954 das Examen als Diplomkaufmann ablegte. Anschließend war er bis 1961 Haupt-Assistent von Otto R. Schnutenhaus, bei dem er 1957 promovierte. I m Jahre 1961 habilitierte er sich mit der Schrift „Grundsatzentscheidung der Betriebsführung". Carl W. Meyer entwickelte darin erstmalig sein System der Multifaktoren-Analyse, eine qualitative Entscheidungslehre von hoher praktischer Anwendbarkeit, die bereits Erkenntnisse der später entwickelten Nutzwertanalyse vorweggenommen hat. I m Jahre 1963 erhielt er einen Ruf an die damalige Hochschule für Welthandel i n Wien und an die Universität Würzburg. Er entschied sich für Würzburg und wurde Vorstand des neuerrichteten Instituts für Wirtschaftsprüfungs- und Beratungswesen sowie der Abteilung für Beschaffungs-, Absatz- und Werbeforschung. Das umfangreiche wissenschaftliche Werk von Carl W. Meyer zeichnet sich durch einen klaren Sachverstand und eigenständige Konzeptionen aus, die i n gelungener Weise eine Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis herstellen. Bemerkenswert ist die „Kunst" seiner detaillierten Typologisierung. Carl W. Meyer kann den gedanklichen Inhalt eines ganzen Buches i n zwei Schaubildern präzise und komprimiert darstellen. Die Begabung, i n wissenschaftlich einwandfreier Diktion zu schreiben und sich gleichzeitig dem Praktiker gegenüber verständlich auszudrücken, ist i n allen Schriften von Carl W. Meyer fest-

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Carl W. Meyer — 65 Jahre

zustellen. Er unterscheidet sich darin von den Abhandlungen vieler jüngerer Kollegen, deren Kontakt zur Wirtschaftspraxis — so scheint es — sich oft nur i n gelegentlichen Betriebsbesichtigungen erschöpft. Die heute vielfach bestehende Entfremdung zwischen Wissenschaft und Praxis resultiert nicht zuletzt aus der Tatsache, daß der Kreis der akademischen Betriebswirte, die aufgrund ihrer Erfahrungen wissen, wie es i n der Praxis zugeht, immer kleiner wird. M i t Recht bemerkt Grochla i n diesem Zusammenhang, daß es weitgehend der praxisverbundene Forscher und Lehrer gewesen ist, welcher der Entwicklung der deutschen Betriebswirtschaftslehre i n den ersten drei Generationen die wesentlichen Impulse gegeben hat und dem Fach damit zu seiner heutigen Anerkennung i n der Wirtschaftspraxis verholfen hat. Nicht nur der Umfang, sondern auch die Vielseitigkeit seiner wissenschaftlichen Arbeiten ist das besondere Charakteristikum des Jubilars. Von Carl W. Meyer liegen bisher 14 Bücher, zum Teil i n mehrfacher Auflage, sowie etwa 100 Abhandlungen i n Fachzeitschriften und Sammelwerken vor. Bei weiteren sieben Büchern ist er als Herausgeber verantwortlich. Die Spannbreite seines wissenschaftlichen Oeuvre umfaßt ein „weites Feld". Ohne vollständig zu sein, seien einige Schwerpunkte herausgegriffen: Marketing, Marktforschung, Organisation, Preispolitik, Revisions- und Treuhandwesen, Datenschutz, Unternehmensführung, Management-Informationssysteme, Kostenrechnung, Handelsfunktionen. Als Lehrer kann Carl W. Meyer auf ein Vierteljahrhundert erfolgreicher Tätigkeit als Hochschullehrer, Forscher, Prüfer und Berater zurückblicken. Das Spektrum seines Berufslebens, geprägt durch Einsatzwillen, Unternehmensgeist und durch seine Sprachbegabung hat ihn als Vertreter der deutschen Betriebswirtschaftslehre nach Spanien, Frankreich, die USA und Japan geführt, wo er Vorträge gehalten und Seminarveranstaltungen geleitet hat. Carl W. Meyer kann von sich sagen, daß er i n der „Welt zu Hause" ist. I m Gegensatz dazu steht die Enge und Beschränkung, die der Jubilar — wie auch alle anderen Kollegen — i n seinem Beruf als Hochschullehrer durch die Umwandlung der sogenannten Ordinarien- i n eine Gruppen-Universität erfahren mußte. Die Hochschulreform, eine gesellschaftspolitische Utopie demokratischen Charakters, hat durch eine Fülle von Gesetzen, Vorschriften und Verordnungen das Hochschulleben reglementiert und das gesamte „wissenschaftliche Personal" gezwungen, i n zahlreichen Kommissionen zum großen Teil überflüssige und unproduktive Stunden zu vergeuden, u m formalen Ansprüchen der Mitbestimmung gerecht zu werden.

Carl W. Meyer — 65 Jahre

Einen weltoffenen Geist wie Carl W. Meyer konnten auch solche Restriktionen i n seiner A k t i v i t ä t nicht beeinträchtigen. Sie haben eher seinen kritischen Verstand geschärft. Der Jubilar hat in den nunmehr zwei Jahrzehnten seines Wirkens i n Würzburg dem von i h m geleiteten Institut für Wirtschaftsprüfungsund Beratungswesen zu einem Ansehen verholfen, das weit über die Universität hinausgeht. Zu den Kollegen hat er wegen seines umgänglichen, geselligen und nie verletzenden Wesens ein gutes Verhältnis i m besten Sinne des Wortes, und von den Studierenden w i r d er als Lehrer, Pädagoge und fairer Prüfer, der allerdings Leistung verlangt, geschätzt. Der Untertitel dieser Festschrift „Theorie und Praxis internationaler Unternehmenstätigkeit" umreißt i n signifikanter A r t und Weise die Zielsetzung und den beruflichen Lebensweg von Carl W. Meyer. Ein französischer Dichter hat einmal gesagt, daß m i t 65 Jahren das Alter der Jugend endet und die Jugend des Alters beginnt. Freunde, Kollegen und Schüler wünschen i h m i n diesem Sinne persönliches Wohlergehen und weitere fruchtbare Jahre i n Wissenschaft und Praxis — unter Beachtung des hohen Stellenwertes einer sinnvollen Freizeitgestaltung. Walter

Märzen

Internationale Unternehmensführung

Strategische Unternehmungsführung im weltweiten Wettbewerb V o n Hans H. Hinterhuber

u n d Hubert

Heiss

A . D i e Internationalisierung des Wirtschaftssystems Es sah so aus, als würde das Schiff jeden Moment sinken, u n d die Passagiere lagen auf den Knien, beteten u n d bereuten ihre Sünden u n d gelobten, alle möglichen Dinge zu tun, w e n n sie n u r gerettet würden. A l l e i n Nasreddin w a r ungerührt. Plötzlich auf dem Höhepunkt der Panik sprang er auf u n d rief: „Sachte, sachte, Freunde! Versprecht nicht zuviel — i h r k ö n n t die A l t e n bleiben. Ich glaube, ich sehe Land!"

Die internationale Expansion und multinationale Entwicklung der industriellen Unternehmungen stellen die traditionellen politischen Einheiten der Nationalstaaten und die nationalstaatlich verfaßten Gewerkschaften vor qualitativ und quantitativ neue Probleme. Die Internationalisierung des Wirtschaftssystems w i r f t Fragen auf, die i n allen Staaten dringend einer Lösung bedürfen. Die Verspätung, m i t der diese Probleme i n Europa erfaßt werden, und die Zeitdauer, die erforderlich ist, u m sie zu vertiefen, führen dazu, daß auf der Ebene sowohl der Industriepolitik als auch der Strategien der einzelnen Unternehmungen i n einer mittel- bis langfristigen Perspektive m i t großen Ineffizienzen der durchzuführenden Maßnahmen gerechnet werden muß. Der fortschreitende Internationalisierungsprozeß der Wirtschaftsbeziehungen hat i n allen Industriestaaten sowohl wirtschafts-technische als politische Ursachen. Die Möglichkeit, Betriebsgrößenvorteile zu erzielen, die Spezialisierung der Produktion, die zunehmende Effizienz der Kommunikation, die ebenfalls zunehmende Interdependenz der Produktionsprozesse, die i n verschiedenen Staaten ausgeführt werden, sind Beispiele für die wirtschafts-technischen Gründe, die eine Regulierung der internationalen Beziehungen notwendig machen. Wenn sich i n vielen Fällen auf den einzelnen nationalen Märkten monopolähnliche Positionen nicht vermeiden lassen, ist es politiseli zweckmäßig, auf dem internationalen Markt die Konkurrenzsituation zu erhalten, die die technische und politische Rechtfertigung einer Marktordnung darstellt.

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Hans H. Hinterhuber / Hubert Heiss

Die Internationalisierung ist das natürliche und nicht vermeidbare Ergebnis der Suche der Unternehmungen nach Strukturen mit einer höheren Produktivität; sie ist jedoch nicht immer ein wünschenswertes Phänomen und trägt häufig nicht zur Lösung der Probleme der Gesellschaft bei. Die Internationalisierung verändert auf eine weit- und tiefreichende Weise das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Unternehmungen, Industriezweigen, Regionen und auch zwischen den verschiedenen politischen und sozialen Kräften i n einem Staat; sie birgt eine Vielzahl von Problemen und Konflikten neuer Art, die wirksam nur auf einer anderen Ebene und an anderen Orten geklärt werden können als es heute geschieht. Dieser Wandel verlangt eine Neudefinition der Rolle aller Komponenten der nationalen Wirtschaftssysteme. Der Staat, der sich nicht mehr mit den nationalen Wirtschaftskräften, zu denen auch multinationale Unternehmungen zählen, identifizieren kann, muß eine neue Identität suchen. Die privaten Unternehmungen befinden sich i n einem Evolutionsprozeß, der sich i n Richtung auf eine Interessenautonomie bewegt, die nicht an das historische Erbe des Ursprungslandes gebunden ist. Die staatlichen Unternehmungen befinden sich i n einem Zwiespalt: Als industrielle Unternehmungen brauchen sie die internationale Expansion, während sie als öffentliche Einrichtungeh mit dem Nationalstaat und seinen Souveränitäts- und Territorialgrenzen verbunden sind. Die Gewerkschaften müssen schließlich zwischen der Alternative eines nationalen oder eines internationalen Verhaltens wählen, wobei die internationale Ausrichtung heute noch utopisch erscheint. I n allen Bereichen des nationalen Lebens zerstört die Internationalisierung das alte Gleichgewicht und stellt die erwähnten Kräfte eines Staates vor die Entscheidung, entweder mit Hilfe protektionistischer Maßnahmen die alte Situation zu erhalten oder die eigenen Ziele und Instrumente dem internationalen Rahmen anzupassen. Ziel dieser Ausführungen ist es, (a) den Internationalisierungsprozeß der industriellen Unternehmungen unter einem kombinierten politikund wirtschaftswissenschaftlichen Aspekt zu betrachten und (b) die Hauptelemente der Internationalisierungsstrategien i n ihrer Dialektik herauszuarbeiten. Nordamerikanische Modelle und Erfahrungen sind nur von begrenzter Aussagefähigkeit für die europäische Situation. I n den USA hat das Phänomen der Internationalisierung eine eigene Ausprägung erhalten, die nicht auf andere Situationen übertragbar ist. Die Vielzahl der amerikanischen Niederlassungen i n allen Regionen der Welt — mit Ausnahme der sozialistischen Staaten — hat zur Folge, daß das Internationalisierungsphänomen i n den USA seine Problemat i k verloren hat; die amerikanischen Arbeiten beschäftigen sich deshalb

Strategische Unternehmungsführung i m weltweiten Wettbewerb

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vorwiegend mit spezifischen Problemen und Aspekten der Internationalisierung der Unternehmungen. Hinzu kommt, daß aufgrund der Größe des Inlandmarktes die internationale Expansion der Unternehmungen die Struktur des Binnenmarktes nicht beeinflußt hat; sie ist eine Erscheinung, die lediglich einige große Unternehmungen betrifft. Diese beiden Eigenheiten der nordamerikanischen Realität haben dazu geführt, daß die Internationalisierung häufig unter dem Aspekt der Auslandstätigkeiten großer Unternehmungen analysiert wird, wobei deren Auswirkungen auf die nationale Wirtschaft und die anderer Staaten untersucht werden. Dieser i n den USA entwickelte und i n der Folge auch i n Europa übernommene Ansatz beruht auf einer verhaltensorientierten Methodik: Untersuchungsgegenstand ist die multinationale Unternehmung, die als besondere A r t von Unternehmung verstanden wird, und nicht der Internationalisierungsprozeß. Eine derartige Vereinfachung des Problems kann zu gefährlichen Trugschlüssen führen, wenn sie auf europäische Verhältnisse übertragen wird: Durch die kleinen nationalen Märkte ist i n Europa der Einfluß der Internationalisierung der Unternehmungen auf die Gesamtheit der nationalen Gleichgewichte viel unmittelbarer als i n den USA; darüberhinaus ist die Internationalisierung i n Europa eine Wirklichkeit, die erst i m Entstehen ist. Würde man die Internationalisierung gleichsam als zusätzliches A t t r i b u t von Unternehmungen ansehen, die bereits aufgrund ihrer Größe, ihrer Marktmacht, ihrer technischen Überlegenheit und dgl. mehr eine außerordentliche Stellung einnehmen, dann wäre die multinationale Unternehmung, wie sie i n der Tat i n der amerikanischen Literatur dargestellt wird, die letzte Phase i n der historischen Evolution der Unternehmungsformen; sie wäre ein Unternehmungstyp, dessen Verhalten sich deutlich von dem der anderen Unternehmungsformen abheben würde. Würde dieser elitäre Begriff der multinationalen Unternehmung auf die europäischen Verhältnisse übertragen, könnten nur ganz wenige europäische Unternehmungen den außergewöhnlichen Kriterien der Multinationalität genügen. Zum Unterschied von den USA besteht in Europa die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der internationalen Ausdehnung der eigenen Tätigkeiten in allen industriellen Unternehmungen, deren Größe eine be-

stimmte Schwelle übersteigt. Diese Schwelle ist umso niedriger, je kleiner der Inlandmarkt ist. Die Problematik der Internationalisierung hat deshalb i n Europa eine zentrale Bedeutung. Auf die Notwendigkeit der internationalen Ausrichtung der europäischen Unternehmungen hat Prof. C. W. Meyer seit mehr als zwei

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Hans H. Hinterhuber / Hubert Heiss

J a h r z e h n t e n i n F o r s c h u n g u n d L e h r e h i n g e w i e s e n 1 . D e r folgende B e i t r a g möchte Prof. C. W . M e y e r e i n Zeichen h ö f l i c h e r u n d h e r z l i c h e r A n t e i l n a h m e f ü r seine i n t e l l e k t u e l l e n A n s t r e n g u n g e n d a r b r i n g e n , die e r i n seiner p r a k t i s c h e n u n d akademischen T ä t i g k e i t d e n F r a g e n d e r i n t e r n a t i o n a l e n E x p a n s i o n der i n d u s t r i e l l e n U n t e r n e h m u n g e n g e w i d m e t h a t ; die A u s f ü h r u n g e n s i n d w e n i g e r e i n A u f s a t z für Prof. C. W . M e y e r , als v i e l m e h r S t i m m e n eines Dialogs mit Prof. C. W . M e y e r ; d u r c h seine T ä t i g k e i t , die i n j ü n g s t e r Z e i t a n I n t e n s i t ä t z u g e n o m m e n h a t , setzt der J u b i l a r diesen D i a l o g f o r t , u n d d a f ü r s i n d w i r i h m d a n k b a r . B. D i e multinationale Expansion der industriellen Unternehmungen Nasreddin fand eine rostige Münze auf der Straße. Er brachte sie zum M a r k t , wo ein Juwelier sagte: „Das ist eine wertvolle antike Münze." U n d er gab i h m dafür fünf Silbermünzen. „Ich werde diese i n Kleider investieren", dachte Nasreddin. E i n Kaufmann, der seine überschüssige Ware loswerden wollte, verkaufte i h m sein ganzes Lager für fünf Silberstücke. Kurz darauf kamen die Einkäufer des Königs vorbei, der für einen Feldzug Uniformen brauchte; sie kauften i h m seine ganze Ware für 1000 Silberstücke ab. Während Nasreddin das Geld zählte, k a m ein Silberschmied vorbei, der für einen Eilauftrag eine größere Menge Silber brauchte; er gab i h m 5000 Goldstücke für das Silber — weit mehr als die Silbermünzen w e r t waren. Nasreddin nahm das Gold u n d ging nach Hause. Knapp vor der Haustür überfiel i h n ein Räuber u n d raubte i h m das Gold. Seine Frau lief i h m entgegen: „Was ist das Ausmaß des Diebstahls?" Nasreddin antwortete: „Eine rostige Münze, die ich heute f r ü h gefunden habe." H e u t e e n t f ä l l t bereits e t w a e i n V i e r t e l d e r gesamten W e l t p r o d u k t i o n a u f die m u l t i n a t i o n a l e n U n t e r n e h m u n g e n . Sie b i l d e n d a h e r u n z w e i f e l h a f t e i n e n g e w i c h t i g e n B e s t a n d t e i l d e r W e l t w i r t s c h a f t , sei es a u f G r u n d i h r e r Größe, i h r e r I n v e s t i t i o n e n oder i h r e r Technologie. I n der T a t 1

Vgl. hierzu i m einzelnen C. W. Meyer: Die Koordination von Unternehm u n g u n d M a r k t . B e r l i n 1959, S. 49 ff.; v o m selben Verfasser siehe auch: Grundzüge moderner Vertriebspolitik. Marketing-Maßnahmen. 2. Aufl., Berl i n 1972, S. 81 ff. Die M a r k e t i n g p o l i t i k der multinationalen Unternehmungen. I n : „VÖWA-Informationsbrief", Nr. 2, Wien 1978, S. 2 ff.; Planung internationaler Expansion. I n : „Organisation", B e r l i n — Neuwied 1978; Handbuch i n ternationale Expansion (Gemeinsam m i t W. G. Dittmar u n d W. Hoyer) M ü n chen 1980.

Strategische Unternehmungsführung i m w e l t w e i t e n Wettbewerb

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üben sie verschiedene Funktionen aus: Sie sind gleichzeitig Produzenten und Investoren, Händler und Innovatoren. Die nationalen Regierungen müssen m i t ihrem Einfluß rechnen i n bezug auf Beschäftigung und Güteraustausch, hinsichtlich Zahlungs- und Kapitalverkehr. Es darf deshalb nicht erstaunen, wenn sich die Aufmerksamkeit — und die K r i t i k — i n den jüngsten Jahren diesen Gebilden in wachsendem Maße zugewandt hat. Ihre Entstehungsgeschichte ist einfach. I n einem ersten Stadium handelt es sich u m Unternehmungen, die wachsen und denen der Binnenmarkt zu eng wird. Sie bauen deshalb eine Exportabteilung auf und überschreiten m i t ihren Erzeugnissen die Landesgrenzen. Dies geschieht, ü m beispielsweise jene Degression der Stückkosten auszunützen, die sich als Vorteil des Großbetriebes ergibt. Der Absatz i m Ausland erfolgt zunächst über den Großhandel, sehr bald aber i n eigener Regie. Es werden zu diesem Zweck Verkaufsstützpunkte i n den fremden Absatzmärkten errichtet. Dazu bedarf es der Marktforschung, der Werbung und anderer Vertriebsmaßnahmen. Diese anfängliche Etappe w i r d zumeist früher oder später abgelöst durch Produktionsstätten (oder Konfektionierungsbetriebe) i n einzelnen Abnehmerländern. Dabei handelt es sich häufig u m „Zollfabriken" i n dem Sinne, daß u m einen Absatzmarkt herum hohe Zollmauern aufgebaut werden, die die Frage nahelegen, ob man auf den betreffenden Markt verzichten oder aber sich entschließen w i l l , innerhalb der Mauern einen eigenen Betrieb zu eröffnen. Natürlich können es auch knappe Devisenzuteilungen für den Import sein, die dieselbe Wirkung ausüben. Gewiß gibt es unter den dargelegten Umständen auch Alternativen. Sie bestehen darin, daß längerfristige Verträge mit lokalen Verarbeitern abgeschlossen oder daß Lizenzen an sie vergeben werden. Tatsächlich drängen sich diese Lösungen sogar an erster Stelle auf; sie benötigen weder den Einsatz von Kapital noch bringen sie viele Risiken mit sich. Vielfach w i r d auf dem Wege des „Franchising" auch das Produktions-know-how zur Verfügung gestellt. Dies läuft darauf hinaus, daß anstelle von Produkten Technologie exportiert wird. I n der Regel macht man freilich mit dieser Variante ziemlich schlechte Erfahrungen. Die Umsatzerwartungen gehen nicht i n Erfüllung, und man hat zu wenig Kontrolle über das, was der Lizenznehmer tut. Wenn sich der Eindruck verdichtet, es ließen sich auf andere Weise bessere W i r t schaftsergebnisse erzielen, entschließt man sich zu Direktinvestitionen. Geschieht dies i n größerem Maßstabe und i n mehreren Ländern, so ist eine neue multinationale Unternehmung geboren. Sie kann i n der Regel einem oder eventuell zwei Stammländern zugeordnet werden. 2 Festgabe Meyer

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Hans H. Hinterhuber / Hubert Heiss

Bezogen auf die Stellung i m internationalen System industrieller Beziehungen bedeutet das, daß eine multinationale Unternehmung i n mehrere nationale Umwelten eingebettet ist. Jede Unternehmung m i t grenzüberschreitender A k t i v i t ä t befindet sich irgendwo zwischen dem Ausgangspunkt der „uninationalen" und dem Endpunkt der (utopischen) „Weltunternehmung", ist also mehr oder weniger multinational. Die Planung, Organisation und Kontrolle erfolgt von der Zentrale aus, und zwar i m weltweiten Rahmen. Jetzt w i r d hier die Frage aufgeworfen und beantwortet, wo sich die aussichtsreichsten Märkte befinden, wo neue Produktionsstandorte zu wählen seien, wo Forschung und Entwicklung betrieben werden sollen, woher die Finanzmittel beschafft werden müssen und an welcher Stelle die Fachkräfte und Kader einzusetzen seien. Es ergibt sich immer ausgeprägter die Notwendigkeit, das ganze Gebilde zu koordinieren und i n ein System zu bringen. Allerdings w i r d gewöhnlich vorerst gegenüber den fremden Märkten gleichsam eine binationale Strategie angewandt: Jedes Land w i r d für sich und getrennt von den anderen Ländern behandelt. So werden Investitionen i n A vorgenommen, u m den Markt A zu beliefern, nicht aber Β oder C. Erst später kommt es zu einer multinationalen Strategie, bei der dann die einzelnen nationalen Märkte nur noch als Bestandteile des gesamten Weltmarktes aufgefaßt werden. Nunmehr sollen die Spezialisierungsvorteile der einzelnen Produktionsstandorte ausgenützt werden, u m von ihnen aus auch Drittmärkte wie Β und C zu versorgen. So stellt sich denn schließlich heraus, daß bereits ungefähr 4 0 % des gesamten Welthandels innerhalb der multinationalen Unternehmungen abgewickelt wird. Es ist selbstverständlich, daß das Stammhaus unter den geschilderten Umständen nicht mehr alle Produkte selbst hervorbringt. Ebensowenig t r i f f t das aber auf die einzelnen Töchter zu. Anstelle dieses Musters bildet sich vielmehr eine A r t von Spezialisierung heraus — eine A r beitsteilung innerhalb des Konzerns, die den optimalen Betriebsgrößen Rechnung trägt, aber auch den Standortvorteilen, welche die verschiedenen Länder zu bieten haben. I n Betracht zu ziehen sind natürlich auch die Transportkosten und die Lagermöglichkeiten. Nicht zuletzt sind es Randbedingungen i n Gestalt der Zölle und allfälliger Kontingente bei der Einfuhr, aber auch die Devisenkontrollen. Erstrebt w i r d jedenfalls als Endresultat, daß die gesamte Produktpalette auf sozusagen jedem einzelnen Markt angeboten werden kann, und zwar zu niedrigeren Kosten oder besseren Qualitäten, als wenn jede Tochter alles allein produzieren würde 2 . 2 Vgl. hierzu Η . H. Hinterhuber: Strategische Unternehmungsführung, 3. Auflage, B e r l i n — New Y o r k 1983, S. 144 ff.

Strategische Unternehmungsführung i m w e l t w e i t e n Wettbewerb

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Daraus geht hervor, daß sowohl die Muttergesellschaft als auch die Tochter bestimmte Absatzmärkte zugeteilt erhalten, die für sie am leichtesten zugänglich sind. Ferner aber entsteht auch eine vertikale Integration innerhalb der Gesamtunternehmung, wie sie etwa bei den großen Automobilfirmen deutlich zu beobachten ist. Die einzelnen Bestandteile des Endproduktes werden danach aus ganz verschiedenen Quellen bezogen, u m schließlich an einem Ort zusammengesetzt zu werden. Es ist daher kaum übertrieben, zu behaupten, die multinationalen Unternehmungen würden den Grundsatz der komparativen Kosten geradezu i n Reinkultur anwenden und insofern ein Vorbild für die Weltwirtschaft verkörpern. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß i n den Stammhäusern auch eine Finanzpolitik für die gesamte Gruppe betrieben wird, und zwar i m globalen Rahmen. Die anfänglichen Direktinvestitionen bedingen eine Kapitalübertragung vom Heimatland zu einer neuen Niederlassung. Die Gelder stammen vielleicht aus der Selbstfinanzierung, möglicherweise aber auch aus Anleihen oder Bankkrediten. Hinzu kommen heutzutage oft auch Darlehen, die i n den betreffenden Ländern und i n nationaler Währung aufgenommen werden. Später werden die Erweiterungsinvestitionen vornehmlich aus erzielten Gewinnen finanziert, die nicht repatriiert, sondern „untergepflügt" werden. I n diesem Falle vergrößert sich wohl das Auslandsvermögen des Stammhauses und des Heimatlandes, ohne daß aber der Devisenmarkt berührt wird. Als Bestimmungsgründe für den Transfer der Geldkapitalien spielt begreiflicherweise die Höhe der Kapitalkosten eine dominierende Rolle, wobei das Bestreben i m Prinzip dahin geht, die Mittel i n den Ländern mit den niedrigsten Kapitalkosten aufzunehmen und i n Märkte mit höheren Kosten zu verbringen. I n dieser Hinsicht verfügen die m u l t i nationalen Unternehmungen über einen ins Gewicht fallenden Vorteil sowohl gegenüber kleineren Unternehmungen als auch gegenüber rein nationalen Firmen. Hingegen wäre es unrichtig, anzunehmen, das Kapital fließe i m Weltmaßstab dorthin, wo die höchste Verzinsung winkt. Das gilt nur für die Portfolioinvestitionen. Die Direktinvestitionen dagegen werden dort getätigt, wo man einen Absatzmarkt erhalten w i l l , wo man einen solchen erobern möchte, wo man das Entwicklungspotential besonders günstig einschätzt oder wo man hofft, mehr zu verdienen als die einheimischen Konkurrenten. Diese Überlegenheit gegenüber den nationalen Mitbewerbern beruht nicht zuletzt auf der verfügbaren Technologie, auf den Managementfähigkeiten und der weltweiten Organisation. Die multinationalen Unternehmungen sind i n dieser Sicht vor allen Dingen Schöpfer, Träger und Verbreiter von Innovationen, gestützt auf ein spezifisches For2*

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schungspotential. Indem sie erarbeitetes Wissen weltweit auswerten, könnte man wiederum zum Schluß gelangen, sie trügen zur raschestmöglichen und umfassenden Befruchtung der einzelnen Volkswirtschaften m i t diesem Know-how bei. Schließlich muß aber dieses „Geistkapital" auch sachverständig eingesetzt werden. Dazu bedarf es der entsprechenden Mitarbeiter. I n Übereinstimmung damit muß von der Zentrale aus auch die „Wanderung" der Techniker und Manager gesteuert werden. Es gilt die M i t arbeiter auszubilden und aufsteigen zu lassen — und zwar auch jene i n den Ländern, wo Niederlassungen bestehen. Halten w i r uns dies vor Augen, so ist es nicht übertrieben, zu behaupten, daß lokale Führungskräfte vielfach Aufstiegschancen erhalten, die ihnen beim Fehlen von multinationalen Unternehmungen verschlossen geblieben wären. Wenigstens i n embryonaler Form könnte daher auch von einem weltweiten Arbeitsmarkt für technische und unternehmerische Führungskräfte gesprochen werden. C. D i e A u s w i r k u n g e n der Internationalisierung auf die nationalen U m w e l t e n E i n wütender Gläubiger k a m zu Nasreddin u n d verlangte sein Geld zurück. „Ich k a n n meine Schuld noch nicht zurückzahlen", antwortete Nasreddin. Der M a n n wurde noch zorniger. „ W a r u m leihst du dir Geld aus, w e n n d u es nicht zurückbezahlen kannst?" „Die Angelegenheit hängt m i t dem Dornenbusch zusammen, an dem ich gerade arbeite." „Was hat denn ein Dornenbusch m i t der Rückzahlung der Schuld zu tun?" „Ganz einfach. Ich pflanze gerade Dornenbüsche an beiden Seiten dieser Straße an." „Bist du verrückt geworden!" Der M a n n w a r n u n w i r k lich böse geworden. „Nein, ich tue es nur, u m das Geld zu verdienen, das ich dir schulde." „ M i t den Dornen?" „Nein, wie du weißt, ziehen die Schafe jeden Morgen u n d jeden Abend durch diese Straße; an den Büschen w i r d somit etwas v o n ihrer Wolle hängen bleiben. Die sammle ich ein, spinne u n d zwirne sie, mache W o l l faden daraus, den ich dann verkaufe. M i t dem Erlös zahle ich dir die Schuld zurück." A l s der Gläubiger diese absurde Idee hörte, begann er zu lachen. „Siehst du", sagte Nasreddin „dein H u m o r ist wieder da, seit du begriffen hast, daß du ein sicheres Geschäft eingegangen bist."

Strategische Unternehmungsführung i m weltweiten Wettbewerb

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I m folgenden soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die Internationalisierung der Unternehmungen auf die nationalen Umwelten auswirkt, i n denen sie tätig sind. Als betroffene Bereiche können u. a. Arbeitsmarkt und Arbeitssituation, Geld- und Währungspolitik, Wettbewerbspolitik, Technologie und verschiedene national verfaßte Interessengruppen identifiziert werden 3 . Die multinationalen Unternehmungen sind auf mehreren nationalen Arbeitsmärkten als Nachfrager nach Arbeitskräften vertreten. I n den Stammländern der multinationalen Unternehmungen bestehen hinsichtlich der Beschäftigungswirkungen keine klaren Vorstellungen 4 . Zum einen w i r d besonders auf Gewerkschaftsseite geltend gemacht, daß durch die Betätigung i m Ausland Arbeitsplätze i n der heimischen Industrie verloren gehen, weshalb eine Beschränkung i m Kapitalexport gefordert wird, u m einen Arbeitsplatzexport zu verhindern. Andererseits w i r d aber auch behauptet, daß gerade durch die Internationalisierung heimischer Unternehmungen das Arbeitsplatzangebot i m Heimatland steigt. Ob der eine oder andere Faktor vorherrscht, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. Einflußfaktoren sind der Industriesektor, die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Energie, Technologie, Marktsituation, Handelsbarrieren, Kapital- und Arbeitskosten, Verfügbarkeit und Qualifikation der Arbeitskräfte, allgemeines Investitionsklima, Gesamtstrategie der multinationalen Unternehmungen, etc. Alle diese Faktoren sind ineinander verflochten. Aus Antworten der befragten multinationalen Unternehmungen ergab sich klar i n allen Fällen ein positiver Effekt für die Beschäftigung i m Stammland, indem sie Exporte erhalten bzw. vermehrt hätten 5 . Bei den großen deutschen multinationalen Unternehmungen ist die Meinung ziemlich einheitlich: Produktionsbetriebe i m Ausland induzieren Lieferungen aus der BRD; Tochtergesellschaften i m Ausland stimulieren das Interesse an Importen aus der Bundesrepublik. Sie sind der Meinung, daß die weltweite Ausdehnung der deutschen m u l t i 3 Vgl. H. Eichner, L. Hennig: Die sozialen Aspekte der Tätigkeit der M u l t i nationalen Unternehmen, Bonn 1978; C. Brandi: Multinationale Unternehmen u n d staatliche Wirtschaftspolitik i n westlichen Industriestaaten, Paderborn 1979; W. Jungk: Multinationale Unternehmen u n d Nationalstaat, F r a n k f u r t / M a i n 1978; D. Kebschull, O. G. Mayer (Hrsg.): Multinationale Unternehmen, Anfang oder Ende der Weltwirtschaft?, F r a n k f u r t / M a i n 1974; J. Biel: M u l t i nationale Unternehmen. Versuch der Abgrenzung relevanter Probleme, K i e l 1977; R. Birk, H. Tietmeyer: Z u r Problematik multinationaler Unternehmen, Paderborn 1976. 4 Vgl. J. Biel: Multinationale Unternehmen. Versuch der Abgrenzung relevanter Probleme, a.a.O., S. 14 ff. 5 Vgl. I L O (Hrsg.): Social and labour practices of some European-based multinationals i n the metal trades, Genf 1976, S. 31.

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nationalen Unternehmungen zur Sicherheit der Arbeitsplätze i n den deutschen Unternehmungen beiträgt und bessere Forschung und Entwicklung ermöglicht. Zusammenfassend kann aus den verschiedenen Untersuchungen geschlossen werden, daß durch Direktinvestitionen i m Ausland wahrscheinlich Arbeitsplätze i m Stammland vernichtet, gleichzeitig aber neue, andersartige Arbeitsplätze geschaffen werden, d.h. es findet ein Strukturwandel statt, den die Strukturpolitik i m Stammland bewältigen muß®. Die Vorwürfe ihrer finanziellen

gegen multinationale Unternehmungen hinsichtlich Operationen lassen sich wie folgt zusammenfassen 7:

Multinationale Unternehmungen verschärfen i n Währungskrisen durch spekulative Transaktionen den Druck auf aufwertungs- bzw. abwertungsbedrohte Währungen. Bei zu erwartenden Paritätsänderungen können die multinationalen Unternehmungen Gewinne machen, die ihnen ohne besonderes Risiko zufallen. Multinationale Unternehmungen suchen sich i n der Tat, so gut es geht, gegen die Überraschungen zu schützen, die infolge einer undisziplinierten Wirtschaftspolitik die Abwertung i n den Staaten hervorruft, i n denen Tochtergesellschaften tätig sind. I m Falle von Gefahr ersetzen sie Darlehen der Muttergesellschaft durch lokale Verschuldung. Sie beschleunigen den Transfer der Zahlungen aus dem gefährdeten Land und sie verlangsamen die Überweisungen dorthin. Dieser Schutz ist aber immer lückenhaft. Die Abkehr von den stabilen Wechselkursen vergrößert die Verlustrisiken für die multinationalen Unternehmungen. Die Verlustrisiken sind für Unternehmungen i n den Stammländern besonders groß, deren Währung i m Verhältnis zu den anderen Währungen steigt. Die Kosten der zentralen Leitung, der Forschung und Entwicklung, der technischen Assistenz fallen i n der Währung des Stammlandes an. Die Dividende muß ebenfalls i n dieser Währung ausgezahlt werden. Dem stehen verminderte Einnahmen aus dem Ausland gegenüber. U m sich gegen diese Verluste zu schützen, kann die multinationale Unternehmung zu den Maßnahmen greifen, die bereits erwähnt w u r den: Darlehen zurückrufen, Zahlungen nach dem Stammland beschleunigen, Zahlungen nach dem Ausland verlangsamen, vorauszusehende Einnahmen i n ausländischer Währung auf Termin gegen Währung des ® Vgl. K. Matthies: Gewerkschaften contra multinationale Unternehmen, in: D. Kebschull, O. G. Mayer (Hrsg.): Multinationale Unternehmen. Anfang oder Ende der Weltwirtschaft?, a.a.O., S. 86—100, insbes. S. 92. 7 Vgl. H.-E. Scharrer: Multinationale Unternehmen u n d Währungspolitik, in: D. Kebschull, O. G. Mayer (Hrsg.): Multinationale Unternehmen. Anfang oder Ende der Weltwirtschaft?, a.a.O., S. 65—85,

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Stammlandes verkaufen, ihre Liquiditäten i n der Währung des Stammlandes halten. Diese Maßnahmen werden die Verluste verringern, aber nicht entscheidend. Bei diesen Operationen kommen den multinationalen Unternehmungen ihre besonderen Möglichkeiten und Fähigkeiten zugute, nationale Devisenbeschränkungen innerhalb mehr oder weniger enger Grenzen zu umgehen. Kapitalverkehrskontrollen und -einschränkungen der Nationalstaaten weichen die multinationalen Unternehmungen aus, indem sie ihren Kapitalbedarf auf internationalen Finanzmärkten decken. Kapital kann von diesen Märkten ohne Konflikt mit Gast- oder Stammländern transferiert werden. Weiters können multinationale Unternehmungen über ihre internen Unternehmungsbeziehungen den Kapitalverkehrskontrollen ausweichen, indem sie durch beschleunigte bzw. verzögerte Zahlungen (leads and lags) für interne Leistungen Kapital dort anlegen, wo es für sie am günstigsten ist. Verstärken können sie diese Wirkung noch, indem sie die Preise für den internen Leistungsaustausch manipulieren 8 . Allgemein gilt, daß multinationale Unternehmungen die Währung eines Landes nicht gefährden. Die Mißwirtschaft i m Bereich mancher europäischer Währungen ist das Ergebnis lokaler Politik; die Unternehmungen können nur versuchen, das zu retten, was sie noch retten können. Jeder Staat, auch der schwächste, ist gewöhnlich stärker als die multinationale Unternehmung. Er kann nationalisieren, besteuern, Preiskontrollen verhängen, die ausländischen Aktionäre i n eine M i n derheitsstellung versetzen, Arbeitsbewilligungen verweigern, den A b satz i n die Hand nehmen, inländische Bankkredite beschneiden oder verweigern, Leistungen für den technischen Transfer herabsetzen und ausschließen, Dividenden begrenzen usw. Die einzige Entscheidung, i n der der Unternehmung wirklich Macht zusteht, ist diejenige, zu investieren. Die Unternehmung ist frei, ihr Geld dort zu investieren, wo annehmbare Bedingungen herrschen, wo eine wirtschaftliche Tätigkeit möglich ist und wo die Risiken unrechtmäßiger Behandlung klein sind. Dieses Recht der Wahl steht jedem freien Menschen zu. Das gleiche gilt für die multinationale Unternehmung i n bezug auf den Standort für ihre Niederlassungen. W i r d die Situation i n einem Staat schlecht, nachdem die Investitionen schon längst getätigt wurden, steht es der Unternehmung frei, nicht 8 J. Biel: Multinationale Unternehmen. Versuch der Abgrenzung der relevanten Probleme, a.a.O., S. 9; vgl. auch S. Lall: Transfer-Pricing by M u l t i national Manufacturing Firms, in: Oxford B u l l e t i n of Economics and Statistics, 35. Jg. Nr. 3/1973, S. 173—195.

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mehr weiter zu investieren. I m Unterschied zum Privatmann, der sein Geld aus der Bank zurückzieht, wenn er kein Vertrauen mehr i n sie hat, kann die Unternehmung ihre Fabriken und Maschinen nicht mehr zurückziehen; sie kann jedoch Darlehen zurückziehen und die Investitionstätigkeit beenden. Interessenkonflikte zwischen multinationalen Unternehmungen und Staaten sind unvermeidlich. Die multinationale Unternehmung strebt weltweit ein optimales Resultat an. Die Nationalstaaten aber haben alle ihre Landesgrenzen, ihre lokalen politischen Konzeptionen und Gesetze, ihre Steuern, Zölle usw. Ein vieldiskutiertes Beispiel dafür sind die Transferpreise. Wenn ein Mann seinem Bruder etwas verkauft, tut er das nicht unbedingt zu Marktpreisen. Auch eine Unternehmung hat die Tendenz, Transaktionen zwischen ihren verschiedenen Gesellschaften nach einer ganzen Reihe von Erwägungen zu bewerten. Die Staaten verlangen jedoch den Marktpreis für solche Transaktionen. Der Vorwurf, die multinationalen Unternehmungen schädigten mit der Festsetzung ihrer Transferpreise die Staaten oder betrögen den Fiskus, ist zu simpel. Den multinationalen Unternehmungen geht es u m die Festsetzung optimaler Transferbedingungen unter dem Gesichtspunkt des Gesamtresultats J während jeder betroffene Staat einzig an seinen Steuer- und Zolleinnahmen interessiert ist. Das ist ein Interessenkonflikt, der von Fall zu Fall geregelt werden muß. Auch hier hat die multinationale Unternehmung keine Macht, es sei denn die Kraft ihrer Argumente und Zahlen. Die multinationale Unternehmung darf sich keine unlauteren, ungesetzlichen Handlungen erlauben, wenn sie auf Dauer i n den Ländern weiterarbeiten w i l l , i n denen sie sich niedergelassen hat. Eine Einmischung in die Politik dieser Länder steht ebenfalls außer Frage; dies gilt für eine europäische multinationale Unternehmung u m so mehr, weil hinter ihr keine politische Macht steht 9 . Den multinationalen Unternehmungen bliebe i n der Tat ein Weiterkommen versagt, würden sie sich nicht auch der Interessen der Gastländer annehmen, in denen sie sich niedergelassen haben. Dazu gehören vor allem auch zwei Dinge: die unbestechliche Qualität ihrer Produkte

und

die gute

Behandlung

ihrer

Mitarbeiter.

E i n Anstoß

in

diesem Sinne ist durch den Trend zu einer multinationalen Unternehmungsleitung gegeben, die sich häufig aus Angehörigen der Staaten zusammensetzt, i n denen die multinationale Unternehmung operiert. Multinationale Unternehmungen übertragen sowohl eigene als auch fremde Technologien i n verschiedenen Formen direkt i n die Anlage9 Vgl. hierzu H. H. Hinterhuber: 1982, S. 182 ff,

Wettbewerbsstrategie, B e r l i n — New Y o r k

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länder. Die am weitesten verbreitete Form des Technologietransfers ist dabei der Verkauf von Gütern. Zahlreiche Werkzeuge, Produktionsund Testanlagen, Transport- und Kommunikationsmittel etc. enthalten i n irgendeiner Form neue Technologien, die von den Käufern direkt verwendet werden können. Die Ausbildung von technischem Personal und der Kundendienst sind ebenfalls wichtige Erscheinungsformen des Technologietransfers. Internationale Lieferanten von hochentwickelten Erzeugnissen, Ausrüstungsgegenständen, Produktionsmethoden und industriellen Großanlagen (in Schlüsselindustrien) tragen zur Technologieverbreitung bei, indem sie einheimische Arbeiter und Führungskräfte ausbilden, ihre eigenen installierten Anlagen und Produktionsmethoden auf dem neuesten Stand halten und das technische Personal entsprechend weiterschulen. Die Investitionen von multinationalen Unternehmungen bilden eine wichtige Ergänzung für die finanziellen und technologischen Kapazitäten vieler Länder. Sie werden meist i n Wachstumssektoren getätigt, i n denen entsprechende Investitionen durch die jeweiligen Länder selbst aufgrund von Kapitalknappheit und fehlendem Know-how nur sehr schwer durchzuführen wären. Der Einfluß von multinationalen Unternehmungen zeigt sich aber nicht nur i n der direkten Übertragung von Technologie, sondern sie können auch das technologische Niveau eines Anlagelandes indirekt wesentlich verändern. Eine häufige Erscheinung ist die Verbreitung neuer Technologien i m Anlageland durch Beobachtung und Nachahmung. Die Schaffung neuer Märkte trägt ebenfalls zum technologischen Fortschritt außerhalb der eigentlichen Aktivitäten von multinationalen Unternehmungen bei. Solche Unternehmungen können Märkte i n den Anlageländern erschließen oder erweitern, deren Größe auch die Entstehung inländischer Konkurrenzunternehmungen von Bedeutung ermöglicht. Die Übertragung von Technologie durch multinationale Unternehmungen führt aber auch zu Konflikten, wenn die Unternehmungsstrategien und die Zielsetzung der Nationalstaaten i m technologischen Bereich nicht kompatibel sind: Die meisten Länder haben erkannt, daß das Eigeninteresse einer innerhalb ihrer Grenzen operierenden m u l t i nationalen Unternehmung nicht i n jedem Fall mit ihren eigenen nationalen Zielsetzungen vereinbar ist. Eine Unternehmung kann eine gesamte Volkswirtschaft schwer beeinträchtigen, wenn ihre weltweite Strategie es ihr vorschreibt, i n einem bestimmten Land bestehende A n lagen bzw. Technologien abzubauen und stattdessen anderswo zu investieren. Eine multinationale Unternehmung kann sämtliche einheimische Fachkräfte i n ihrem Einzugsgebiet anwerben und dadurch u. U. das Entstehen anderer, für das nationale Interesse wichtiger Industrien

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v e r h i n d e r n 1 0 . U m g e k e h r t k a n n es a l l e w i c h t i g e n F o r s c h u n g s p r o g r a m m e u n d die H e r s t e l l u n g t e c h n o l o g i e - i n t e n s i v e r P r o d u k t e i m M u t t e r l a n d d u r c h f ü h r e n u n d l e d i g l i c h solche T ä t i g k e i t e n a n ausländische T o c h t e r gesellschaften ü b e r t r a g e n , f ü r die k e i n e F a c h k r ä f t e b e n ö t i g t w e r d e n b z w . d e r e n W e r t s c h ö p f u n g g e r i n g i s t 1 1 : I n b e s t i m m t e n F ä l l e n k a n n es v o r k o m m e n , daß m u l t i n a t i o n a l e U n t e r n e h m u n g e n so s t a r k e V e r ä n d e r u n g e n auslösen, daß die d a d u r c h a n f a l l e n d e n „ s o z i a l e n " K o s t e n sehr v i e l größer s i n d als der B e i t r a g , d e n sie f ü r eine V o l k s w i r t s c h a f t leisten. A u s diesen u n d a n d e r e n G r ü n d e n besteht i n v i e l e n A n l a g e l ä n d e r n die B e f ü r c h t u n g , daß d e n n a t i o n a l e n I n s t i t u t i o n e n d u r c h m u l t i n a t i o n a l e Unternehmungen Entscheidungsmöglichkeiten v o n zentraler Bedeutung f ü r d i e w i r t s c h a f t l i c h e E n t w i c k l u n g aus d e r H a n d g e n o m m e n w e r d e n 1 2 .

D . D i e Forderungen der Gewerkschaften I n der Stadt häuften sich die Fälle v o n Gewalttaten beträchtlich, u n d der Polizeikommandant sah sich genötigt, das Tragen aller Waffen zu verbieten. A b e r trotz des Verbotes t r u g Nasreddin seinen Krummsäbel w e i ter. Eines Tages begegnete i h m der Polizeikommandant auf der Straße u n d bemerkte sofort den Säbel, den Nasreddin unter seinem K a f t a n verborgen trug. „Weißt du nicht, daß das Tragen jeglicher A r t v o n W a f fen i n der Stadt verboten ist?" fuhr der Polizeikommandant Nasreddin an. „Das ist aber keine Waffe", erwiderte Nasreddin gelassen. „Was ist es denn?" „Das ist m e i n Messer, m i t dem ich die Fehler i n den Büchern auskratze u n d verbessere." „ W i l l s t D u mich auslachen, Nasreddin!" rief der Polizeikommandant, außer sich. „ W a r u m nimmst d u dafür k e i n Taschenmesser?" „Hast du eine A h n u n g von Fehlern!" antwortete Nasreddin bekümmert. „Manchmal entdecke ich so große Fehler, daß nicht einmal dieses Messer genügt." 10 J. B. Quinn: Technologietransfer durch multinationale Unternehmen, i n : D. Kebschull, O. G. Mayer (Hrsg.): Multinationale Unternehmen. Anfang oder Ende der Weltwirtschaft?, a.a.O., S. 116. 11 Ebenda; vgl. u . a . L. W. Steele: Innovation i n B i g Business, New Y o r k 1975, S. 215 ff. 12 Vgl. u. a. H. G. Johnson: The Efficiency and Welfare Implications of the International Corporation, in: C. P. Kindleberger (Hrsg.): The International Corporation. A Symposium, Cambridge, Mass. 1970, S. 35—36, insbes. S. 39 ff.

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Der traditionelle Rahmen für die gewerkschaftlichen Aktivitäten ist der Nationalstaat. So haben sich spezifische, von Land zu Land verschiedene Arten von Verhandlungsführung herausgebildet, und alle gesetzlichen Regeln, die den Rahmen der gewerkschaftlichen Arbeit bilden, sind nationale Regeln 13 . Der Prozeß der Internationalisierung, mit dem die Unternehmungen teilweise den Einflußbereich der nationalen Gewerkschaften verlassen, ist zwar keine grundsätzlich neue Erscheinung, aber neu und von Bedeutung für die Beschäftigten sind jedoch der umfassende, nicht mehr auf einige wenige Unternehmungen beschränkte Charakter und die rasche Ausdehnung der Internationalisierung sowie die durch moderne Transport- und Kommunikationsmittel erweiterten Möglichkeiten der weltweiten Koordination aller Aktivitäten einer Unternehmung. Die Schwierigkeiten, die Gewerkschaften mit den multinationalen Unternehmungen haben, entstehen überwiegend dadurch, daß wichtige unternehmerische Entscheidungen nicht mehr innerhalb der Landesgrenzen getroffen werden, bzw. die Gewerkschaften i m unklaren darüber gehalten werden, wo das Entscheidungszentrum für die anstehenden Fragen ist. Während sich das Management i m jeweiligen Land gern auf zentrale Anweisungen der Muttergesellschaft beruft, behauptet die Konzernleitung häufig, ihre Filialen könnten autonom entscheiden 14 . Nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt sind die Bemühungen der Gewerkschaften nach einer verstärkten internationalen Koordinierung der Aktivitäten zu sehen, u m der international agierenden Unternehmung auf der gleichen Ebene gegenübertreten zu können. Die Aktivitäten der Gewerkschaften m i t dem Ziel eines gemeinsamen Vorgehens gegenüber den multinationalen Unternehmungen finden auf mehreren Stufen statt. Dies sind i m wesentlichen: (a) Verbesserung des Kenntnisstandes über die Unternehmungsteile i n den verschiedenen Ländern, (b) internationale Konsultation und Unterstützung und (c)

Koordination von Aktionen und Entwicklung gemeinsamer Strategien.

Das Fernziel bei diesem Vorgehen sind uneingeschränkte Verhandlungen mit den multinationalen Unternehmungen auf internationaler Ebene 15 . Die Gewerkschaften i n den multinationalen Unternehmungen wollen vor allem informiert werden über: 13 R. Jungnickel, K. Matthies: Multinationale Unternehmen u n d Gewerkschaften, Hamburg 1973, S. 3. 14 K. Matthies: Gewerkschaften contra multinationale Unternehmen, in: D. Kebschull, O. G. Mayer (Hrsg.): Multinationale Unternehmen. Anfang oder Ende der Weltwirtschaft?, a.a.O., S. 87.

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— Besitzwechsel, neue Kapitalbeteiligungen und Managementverflechtungen, — Investitionsentscheidungen, insbesondere Produktionsverlagerungen und -einschränkungen, — Umschulungen, Versetzungen oder Entlassungen i m Zuge von Rationalisierungen, — Harmonisierung der Arbeitsbedingungen, vor allem bei der Arbeitszeit, Mehrarbeit, Urlaub u.a.m. Die schärfsten Kampfmittel zur Unterstützung von Streikenden einer nationalen Tochtergesellschaft sind internationale Sympathiestreiks und Betriebsbesetzungen. Vertikal integrierte Unternehmungen erweisen sich als besonders streikempfindlich, da für sie Produktionsausfälle extrem kostspielig sind. Sympathiestreiks können jedoch nicht als globales Kampfmittel gegenüber multinationalen Unternehmungen eingesetzt werden, da sie i n zahlreichen Ländern illegal sind oder einen Entlassungsgrund darstellen. Darüber hinaus ist die den Gewerkschaften durch K o l l e k t i w e r t r a g (in den ÜSA), durch Gesetzgebung (in Kanada) oder durch Rechtsprechung (in der BRD) während der Laufzeit des Kollektivvertrages auferlegte Friedenspflicht ein Hindernis für solche A k tionen. Trotz der erwähnten Hindernisse erwies sich der Sympathiestreik i n der Vergangenheit als wirksames Instrument, insbesondere bei gravierenden Konflikten wie Massenentlassungen oder Betriebsschließungen. Internationale Kollektivvertragsverhandlungen oder auf internationaler Ebene koordinierte Verhandlungen stoßen jedoch auf eine Reihe institutioneller Hindernisse. Das Fehlen einer Rechtsbasis für internationale Kollektivverträge, die Unterschiede zwischen den einzelnen nationalen Arbeitsgesetzgebungen, Unterschiede der Lohnhöhe, der A r beitsbedingungen und der Sozialgesetzgebung sind als wesentliche Schranken anzuführen. Daher streben die Gewerkschaften an, schrittweise zu koordinierten bzw. zu gemeinsamen Vereinbarungen zu kommen. Ein erster Schritt ist es, die Laufzeit der K o l l e k t i w e r t r ä g e und ihre Ablauftermine zu synchronisieren 16 . I m Rahmen der Weltkonzernausschüsse17 können Forderungsprioritäten abgestimmt werden und mittels Durchsetzung von Musterverträgen durch einzelne nationale Gewerkschaften Präzedenzfälle für nachfolgende Vereinbarungen ge15 Vgl. R. Jungnickel, K. Matthies: Multinationale Unternehmen u n d Gewerkschaften, a.a.O., S. 25. 16 Vgl. E. Riehl: Multinationale Konzerne u n d internationale Gewerkschaftsstrategie, Nördlingen 1973, S. 278. 17 Weltkonzernausschüsse setzen sich aus Gewerkschaftsvertretern der Muttergesellschaft u n d aller Tochtergesellschaften eines Konzerns zusammen.

Strategische Unternehmungsführung i m w e l t w e i t e n Wettbewerb

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schaffen werden. Häufig werden Angleichungen auf dem Gebiet der nicht materiellen Arbeitsbedingungen und der Position betrieblicher Arbeitnehmervertretungen angestrebt, u m diese i m späteren Verlauf der Bemühungen durch Schaffung gesetzlicher Mindestnormen für Lohn-, Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen und eines europäischen Kollektivvertrags- und Repräsentationsrechts zu ergänzen. Die multinationalen Unternehmungen operieren derzeit und i n einer mittelfristigen Perspektive i n einer A r t gewerkschaftlichem Machtvakuum: Ihrer weltweiten zentralisierten Strategie steht keine gleichwertige gewerkschaftliche Entscheidungsmacht gegenüber 18 . E. D i e öffentliche Kontrolle der multinationalen Unternehmungen Jeden Tag ging Nasreddin m i t seinem Esel über die Grenze, die Lastkörbe hoch m i t Stroh beladen. Da er zugab, ein Schmuggler zu sein, durchsuchten i h n die Grenzwachen immer wieder. Sie machten Leibesvisitationen, siebten das Stroh durch, tauchten es i n Wasser u n d verbrannten es sogar von Zeit zu Zeit. Nasreddin wurde unterdessen sichtlich wohlhabender. Schließlich setzte er sich zur Ruhe u n d zog i n ein anderes Land. Da traf i h n Jahre später einer der Z o l l beamten. „Jetzt k ö n n t I h r es m i r j a verraten, Nasreddin", sagte er. „Was habt I h r damals bloß geschmuggelt, als w i r Euch nie etwas nachweisen konnten?" „Esel", sagte Nasreddin.

Abgesehen von einer besseren Ausrichtung ihrer eigenen Strategie und Struktur versuchen die Gewerkschaften auch staatliche Stellen und internationale Organisationen für ihre Ziele i m Hinblick auf die m u l t i nationalen Unternehmungen zu gewinnen. Dabei lassen sich mögliche Aktionen der öffentlichen Hand auf drei verschiedenen Ebenen unterscheiden: der Ebene der Nationalstaaten, der Europäischen Gemeinschaften und Vereinten Nationen. Der Erfolg von Kontrollen der öffentlichen Hand gegenüber m u l t i nationalen Unternehmungen ist davon abhängig, wie stark die öffentliche Gegenmacht, ihre Reichweite und ihre Einflußmöglichkeit ist. I n der Regel ist das Ausgangs- oder Stammland einer multinationalen Unternehmung i n der Lage, durch nationale Maßnahmen einen unmittelbaren Einfluß auf die globale Konzernstrategie auszuüben. Denn das Stammland kontrolliert die Konzernstrategie und kann den weltweiten Konzerngewinn entsprechend seinen Zielsetzungen besteuern. Ein wich18 Vgl. hierzu H. H. Hinterhuber, Innovationsdynamik u n d Unternehmungsführung, W i e n — N e w Y o r k 1975, S. 165 ff.

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tiges K r i t e r i u m für den Erfolg nationaler Kontrollmaßnahmen ist Größe und wirtschaftliche Macht des Staates, der Kontrollen ausübt. Der starke, mächtige Staat kann als Stammland multinationaler Unternehmungen diesen größere Auflagen als ein schwacher Staat zumuten, der eher die allmähliche Verlagerung der multinationalen Unternehmung aus seinem Hoheits- und Einflußbereich befürchten muß. Das Anlageland hingegen hat i n der Regel keine Aussicht, auf die Gesamtstrategie einer multinationalen Unternehmung Einfluß auszuüben. Die multinationale Unternehmung hat gegenüber dem Nationalstaat den Vorteil, i n mehreren Ländern operieren zu können und beweglicher zu sein. Die maximale Beweglichkeit ist allerdings nur vor der Niederlassungsentscheidung i n einem Lande gegeben. Sobald wesentliche Investitionen erfolgt sind, können nur noch i n beschränktem Maße gewisse Produktionsfaktoren, wie Technologie, Know-how und bewegliches Kapital ohne größere Verluste verlagert werden. Zahl und Ausmaß der nationalen Kontrollmaßnahmen gegenüber multinationalen Unternehmungen haben i m Zuge der internationalen Währungs-, Energie- und Rohstoffkrisen (Preis- und Wettbewerbsüberwachung, Besteuerung und Transferpreise und den Währungs-, Devisen- und Kapitalbereich) zugenommen. Eine wirksame Kontrolle über die multinationalen Unternehmungen, die über ein weltweites Aktionsfeld verfügen, müßte ebenfalls auf weltweiter Ebene organisiert werden. Die internationale Zusammenarbeit bei der Überwachung und beim Schutz grenzüberschreitender Direktinvestitionen steht jedoch erst i n den Anfängen 1 9 . Das Hauptziel auf lange Sicht auf internationaler Ebene wurde von der W e l t w i r t schaftskonferenz des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften (IBFG) i m Juni 1971 i n Genf skizziert, nämlich eine intensivierte A k tivität i n den internationalen offiziellen Organisationen, besonders i n den Gremien der UNO, ILO, OECD und des GATT, u m das Zustandekommen eines internationalen Übereinkommens sicherzustellen, i n welchem Richtlinien für das Verhalten der multinationalen Unternehmungen festgelegt sind. 1975 wurde eine zwischenstaatliche „Kommission für transnationale Gesellschaften" i m Rahmen des Wirtschafts- und Sozialrates der UNO errichtet. Diese Kommission hat u. a. folgende grundlegende Aufgaben: Erarbeitung eines umfassenden Informationssystems über m u l t i nationale Unternehmungen, Erforschung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Tätigkeit und Geschäftspraktiken der multinationalen Unternehmungen etc. 20 . 19 K . P. Tudyka (Hrsg.): Multinationale Konzerne u n d Gewerkschaftsstrategie, Hamburg 1974, S. 238.

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I m Juni 1976 einigten sich die 24 i n der OECD zusammengeschlossenen Industriestaaten des Westens auf Grundsatzerklärungen gegenüber den multinationalen Unternehmungen, die vor allem die „guidelines" miteinbeziehen. Sie entstanden nach eineinhalb Jahren intensiver Diskussion, an denen auch die Repräsentanten der multinationalen Unternehmungen i n Gestalt des Beratenden Ausschusses der Wirtschaft und Industrie (Business and Industry Advisory Committee (BIACC)) und die Vertreter der Arbeitnehmer durch den Gewerkschaftlichen Beratungsausschuß (Trade Union Advisory Committee (TUACC)) beteiligt waren. Die Nationalstaaten sind nicht mehr und die Vereinten Nationen i n absehbarer Zukunft noch nicht i n der Lage, die Tätigkeit der m u l t i nationalen Unternehmungen zu überwachen. Aus diesem Grunde soll die Lücke zwischen nationaler und internationaler Kontrolle durch regionale

wirtschaftliche

Gruppierungen

geschlossen w e r d e n 2 1 .

Die Europäischen Gemeinschaften (EG) sollen i m folgenden als Beispiel für eine regionale Gruppierung herausgegriffen werden, da diese den höchsten Industrialisierungsgrad aufweisen und die Integration am weitesten fortgeschritten ist. Die EG sind die einzige übernationale Organisation, welche m i t tatsächlichen Befugnissen ausgestattet wurde, grenzüberschreitendes Recht zu schaffen und verbindliche Normen für das Verhalten ζ . B. von m u l t i nationalen Unternehmungen aufzustellen. Daraus ergibt sich für die Gewerkschaften die Konsequenz, daß die EG i n diesem Zusammenhang eine ureigene politische Aufgabe zu erfüllen haben. „Praktisch heißt dies, die Voraussetzungen zu schaffen, vor allem rechtlicher A r t , u m die Arbeitnehmer i n einem multinationalen Konzern, genau so wie sie es i m nationalen Bereich können, i n die Lage zu versetzen, einen ihren Interessen dienenden Einfluß auf die zentrale Strategie der Konzerne zu nehmen. Dies kann nicht mehr vom nationalen Gesetzgeber gelöst werden, sondern bedarf grenzüberschreitender Lösungen. Deshalb ist es so wichtig, i n der EG ein Beispiel dafür zu geben. Der EGB begrüßt und unterstützt insofern die Bemühungen i n der EG, einen verbindlichen Rechtsakt (Richtlinie) zur Information, Konsultation und ständigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer i n den multinationalen Konzernen durchzusetzen, insbesondere auf der Ebene des Entscheidungszentrums 22 ." I n welcher Weise der Europäische Gewerk20

Vgl. I B F G (Hrsg.): Die Gewerkschaften u n d die Transnationalen, Brüssel 1979, S. 10. 21 R. Hellmann: Die Kontrolle multinationaler Unternehmen, a.a.O., S. 75. 22 E. Piehl: Die „ M u l t i - R i c h t l i n i e " der EG, in: Informationen über m u l t i nationale Konzerne, Nr. 4/1980, S. 4—6.

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schaftsbund (EGB) Einfluß auf die EG-Organe hat, hängt u. a. von den institutionellen Bedingungen des politischen Systems der EG ab. A u f EG-Ebene existieren vier Organe: der Ministerrat, die Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof. I n dieser institutionellen Struktur bildet der Ministerrat das Entscheidungszentrum23. Der Ministerrat kann i n Form von Verordnungen und Richtlinien bindendes europäisches Recht schaffen. Die Kommission hat das Vorschlagsrecht an den Ministerrat und versteht sich als Durchführungsorgan der Gemeinschaftspolitik. Die Aufgabe des Europäischen Parlaments besteht i m wesentlichen i n der teilweisen Kontrolle der Kommission, i h m mangelt es jedoch an entscheidenden parlamentarischen Befugnissen (z. B. Budgetrecht). Der Europäische Gerichtshof soll die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des EWGVertrages sichern. Eine M i t w i r k u n g der Gewerkschaften i m Entscheidungsprozeß der EG erschöpft sich i n der Teilnahme i n einer Vielzahl von beratenden Ausschüssen, insbesondere i m Wirtschafts- und Sozialausschuß (WSA). Dieses drittelparitätisch zusammengesetzte Gremium (Gewerkschaften, Unternehmer, sonstige Interessen) muß zu sozialpolitischen Entscheidungen gehört werden (obligatorische Anhörung), i n allen anderen Fragen kann es gehört werden (fakultative Anhörung). I n keinem Falle aber sind die Stellungnahmen des WSA für die Organe der EG bindend. Der EGB ist somit „ m i t einer institutionellen Strukt u r konfrontiert, die nicht nur durch einen Mangel an institutioneller Einflußnahme gekennzeichnet ist, sondern auch wesentlich die Formen der Einflußnahme auf das politische System der EG entscheidend prägt" 2 4 . F . Zusammenfassung und Ausblick „Vernünftige Leute sehen die Dinge stets auf dieselbe Weise", sagte der K h a n von Samarkand eines Tages zu Nasreddin. „Genau das ist das Problem m i t »vernünftigen 1 Leuten", antwortete Nasreddin, „zumindest einige von ihnen sehen v o n zwei Möglichkeiten stets n u r eine." Der K h a n forderte die Gelehrten auf, eine E r k l ä r u n g abzugeben, aber sie glaubten, daß Nasreddin Unsinn erzählt hatte. 23

Ebenda; vgl. auch I B F G (Hrsg.): Die Gewerkschaften u n d die Transnationalen, a.a.O., S. 30—33; 17. Holtz: Europa u n d die Multis. Chance für die D r i t t e Welt?, Baden-Baden 1978, S. 90—95. 24 M . F. Hellmann: Die Institutionen der EG — die richtigen Partner i m K a m p f gegen multinationale Konzerne?, in: Informationen über m u l t i n a t i o nale Konzerne, Nr. 3/81, S. 5—8.

Strategische Unternehmungsführung i m w e l t w e i t e n Wettbewerb

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A m nächsten Tag r i t t Nasreddin auf einem Esel durch die Stadt, u n d zwar so, daß dabei sein Gesicht gegen den Schwanz des Esels gerichtet war. B e i m Palast angelangt, wo der K h a n m i t seinen Berat e r n saß, sagte Nasreddin: „Würden Eure Hoheit bitte diese Leute fragen, was sie gerade gesehen haben?" A l l e antworteten: „Einen Mann, der umgekehrt sitzend auf einem Esel geritten ist." „Das ist genau das, was ich meine", sagte Nasreddin. „Das Verdrießliche dabei ist, daß alle diese Leute nicht bemerkten, daß ich möglicherweise richtig saß, während der Esel vielleicht verk e h r t aufgestellt war."

Die Hauptergebnisse der Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: —

D i e Notwendigkeit

u n d Zweckmäßigkeit

der internationalen

Aus-

dehnung der eigenen Tätigkeiten bestehen i n allen industriellen Unternehmungen, deren Größe eine bestimmte Schwelle übersteigt; diese Schwelle ist umso niedriger, je kleiner der Inlandmarkt ist. Die Internationalisierung ist deshalb kein zusätzliches A t t r i b u t der Unternehmungen, die bereits aufgrund ihrer Größe, ihrer technischen Überlegenheit oder ihrer Führungseffizienz eine außerordentliche Stellung einnehmen. — Die Internationalisierung der industriellen Unternehmungen w i r d nicht mit dem Ziel vorangetrieben, ihre Verhandlungsstärke gegenüber den nationalen Kräften — Staaten, Gewerkschaften und nationalen Unternehmungen — zu erhöhen. Würde man das komplexe Phänomen der internationalen Expansion der industriellen Unternehmungen auf eine Erhöhung ihrer Verhandlungsstärke reduzieren, ergäben sich zwei Konsequenzen: a) das Interesse der Unternehmungen, eine maximale Teilung der Nationalstaaten und der Gewerkschaften herbeizuführen und b) das Interesse der Nationalstaaten und der Gewerkschaften, den Internationalisierungsprozeß der Unternehmungen zu blockieren. —

S o l l d e r internationale

Verflechtungsgrad

der

Wirtschaftsprozesse

erhöht werden, ist eine parallele Internationalisierung der Funktionen der Staaten und der Gewerkschaften notwendig. — Die Zersplitterung der Gewerkschaften i n Europa hat die Unsicherheit i n den Bedingungen verstärkt, unter denen die Führung der Unternehmungen i n den verschiedenen Staate:* erfolgt; auf internationaler Ebene fehlt eine Organisation, die eine Mittlerrolle zwischen den verschiedenen, spontanen gewerkschaftlichen Forderungen i n den einzelnen Staaten spielen kann. — D i e K e n n t n i s d e r Entwicklungstendenzen und der Entscheidungslogik der industriellen Unternehmungen ist die V o r a u s s e t z u n g f ü r die 3 Festgabe Meyer

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Hans H. Hinterhuber / Hubert Heiss

Formulierung einer wirksamen Wirtschaftspolitik i n den einzelnen Staaten; umgekehrt lassen sich auch keine wirksamen Unternehmungsstrategien ohne Kenntnis der Wirtschaftsprozesse, der Instrumente öffentlicher Eingriffe in die Wirtschaft und der Entwicklungslinien der politischen und sozialen Kräfte formulieren. Die Erscheinung der multinationalen Unternehmungen t r i t t als ungestümer Durchbruch der Staatsgrenzen auf. Die Produktionsverfahren m i t der höchsten Produktivität sind unwirtschaftlich, wenn sie innerhalb der Grenzen eines Großteils der europäischen Staaten angewandt werden. Die Tragweite der Bewegung, die durch die m u l t i nationalen Unternehmungen eingeleitet wird, geht über den Bereich der Wirtschaft hinaus. Alle großen europäischen Industrieunternehmungen sind multinational; sie produzieren nicht nur i n ihrer Heimat, sondern auch anderswo. Sie unterscheiden sich von amerikanischen und sonstigen multinationalen Unternehmungen i n mehrfacher Hinsicht: — Sie beuten i n der Regel keine Bodenschätze aus. Sie bringen ihr Wissen nicht für die Gewinnung, sondern für die Umwandlung der Materie. — I h r Heimatmarkt ist klein und unbedeutend. Er bietet ihnen keinen genügenden Rückhalt, wenn ihre Aktivitäten i n der Welt schiefgehen. Ihre Tätigkeit auswärts ist vielfach größer als die i n ihrer Heimat. — Hinter den europäischen multinationalen Unternehmungen steht keine politische Macht. Sie sind i n die Welt geworfen, u m einen Ausdruck von M a r t i n Heidegger zu gebrauchen. Die Regierungen und politischen und sozialen Kräfte eines Staates wünschen einerseits Niederlassungen multinationaler Unternehmungen, weil sie sich von ihnen einen unersetzlichen (oder schwer ersetzbaren) Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung erwarten. Andererseits fürchten sie Aktivitäten multinationaler Unternehmungen, weil damit — die Tendenz verbunden ist, die örtlichen unternehmerischen und technischen Kräfte und Ressourcen nicht aufkommen zu lassen und — ein großes, schwer kontrollierbares Entscheidungszentrum entsteht, das i n der Lage ist, die nationale Wirtschaftspolitik mehr oder weniger zu beeinflussen. Die Verhandlungsstärke der multinationalen Unternehmungen ist umso größer, je kleiner der Staat ist und je weniger die Regierung und die Gewerkschaften i n der Lage sind, eine autonome politische Verhandlungsfähigkeit zum Ausdruck zu bringen.

Strategische Unternehmungsführung i m w e l t w e i t e n Wettbewerb

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Die multinationale Entwicklung ermöglicht den industriellen Unternehmungen, ihre Tätigkeit i n einer Situation auszuüben, die als staatliches und gewerkschaftliches Machtvakuum bezeichnet werden kann; ihrer weltweiten, zentralisierten Strategie steht, wie w i r gesehen haben, keine gleichwertige externe Entscheidungsmacht gegenüber. Eine solche Macht, die i n der Lage wäre, das Verhalten der multinationalen Unternehmung wirksam zu kontrollieren und zu konditionieren, kann nämlich nicht aus einer einfachen Summierung der einzelnen staatlichen und gewerkschaftlichen Gewalten entstehen, sondern allein aus einer internationalen institutionellen Koordinierung der Wirtschaftsund Gewerkschaftspolitik der Staaten, i n denen die multinationale Unternehmung operiert. Die multinationale Unternehmung ist, nicht anders als eine Fabrik i m Gebiet X, eine wirtschaftliche Einheit. Sie würde ein optimales Resultat i n einer ungeteilten Welt, ohne Grenzen, ohne Dutzende von Währungen mit flotierenden Wechselkursen, ohne eine Vielzahl von Steuergesetzgebungen, von Preiskontroll-, Devisen-, Mitbestimmungs-, aktienrechtlichen und anderen Vorschriften erzielen. Jede europäische Unternehmung, deren Größe eine bestimmte Schwelle übersteigt und die eine multinationale Entwicklung betreiben muß, hat mit den Rahmenbedingungen einer geteilten Welt zu leben und das Beste aus ihnen herauszuholen. Sie muß rechtzeitig lokale M i t arbeiter aussuchen und schulen und ihnen die Grundsätze vermitteln, nach denen die Unternehmung geleitet wird. Dadurch werden diese Grundsätze, wenn diese Mitarbeiter an der Spitze stehen, auch ihre Maßstäbe. Je mehr Führungskräfte aller Länder und Rassen die Unternehmung i n Spitzenpositionen bringen kann, desto mehr w i r d sie die Früchte verschiedener Denkweisen ernten und i n die gemeinsame Unternehmung einbringen. Die multinationale Unternehmung kann ein gutes Verhältnis schaffen und einen kleinen Beitrag leisten, daß die Menschen verschiedener Länder und Rassen sich besser verstehen und daß die Welt mit kleinen Schritten etwas näher zusammenrückt.

3*

Grundfragen der internationalen Integration von Unternehmen V o n Wolf-Georg

Dittmar

A . Einführung

Gemeinhin w i r d von Integration (zumindest i m wirtschaftlichen Rahmen) nur i n Zusammenhang von Märkten, insbesondere der W i r t schaftsgruppierungen von Ländern (EG, ASEAN, L A F T A , etc.) gesprochen. Dies beinhaltet i n erster Linie eine makroökonomische Betrachtung. Aus mikro-ökonomischer, bzw. betriebswirtschaftlicher Sicht, w i r d — von Ausnahmen, wie i m Personalbereich abgesehen — normalerweise nicht von Integration gesprochen. Dies liegt wohl an einer Betrachtung, die überwiegend finanzieller, markttechnischer, juristischer oder sonstiger A r t ist, auf jeden Fall aber nicht soziologischer. Gerade i m internationalen Kontext und bei zunehmendem direkten und indirekten weltweiten Wettbewerb, dürfte aber der Aspekt, daß es sich bei der Entwicklung von Unternehmen i m internationalen Rahmen auch u m einen sozialen Integrationsprozeß handelt, steigende Bedeutung erfahren. Dieser Punkt soll deshalb hier auch hervorgehoben werden. Die Grundfragen, die sich bei der Integration und/bzw. der Integrierbarkeit von Unternehmen ergeben, können zusammenfassend wie folgt gestellt werden: 1. Soll oder muß sich das Unternehmen international integrieren; gibt es eine Wahlmöglichkeit und welches sind die Alternativen? 2. Kann sich die Unternehmensleitung international integrieren? 3. W i l l die Leitung des Unternehmens dem Integrationsprozeß folgen? Eine Literaturauswahl zu den wichtigsten Aspekten dieser Ausführung befindet sich am Ende dieses Beitrages. B. Begriffe

Bestanden auch früher schon zahlreiche internationale wirtschaftliche Verflechtungen, so waren sie doch nur vereinzelter A r t und betrafen wenige (Handels-)Unternehmen. Ganze Volkswirtschaften waren

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Wolf-Georg D i t t m a r

nie in dem Maße betroffen — sieht man einmal von Kolonien und ihren oft relativ kleinen Kolonisatoren ab —, daß man von gegenseitiger A b hängigkeit d. h. Interdependenz sprechen konnte. Heute hingegen sind nicht nur sehr viele Unternehmen und ganze Branchen i n internationale Verflechtungen eingebettet, sondern auch viele Volkswirtschaften. Eine Verhaltensänderung auf wirtschaftlichem, politischem, rechtlichem und sogar kulturellem Gebiet hat unmittelbare und/oder mittelbare Folgen für denjenigen, der die Veränderung vornimmt (wie auch für Dritte). Es läßt sich dann von „interner" Interdependenz sprechen. Folgen treten aber nicht nur i n dem Bereich auf, i n dem die Veränderung stattfindet, sondern auch i n anderen Bereichen. Man kann dann von „externer" Interdependenz sprechen (Wirtschaftund Finanzpolitik beeinflussen die K u l t u r p o l i t i k und umgekehrt ζ . B.). Dies gilt sicher innerhalb eines Staates, eines Unternehmens wie auch i m Verhältnis zwischen Staaten aber auch für die internationalen Beziehungen von Unternehmen. Durch diese internationalen Interdependenzen werden alle Teilnehmer am Wirtschaftsgeschehen auf alle Fälle „passiv" integriert, d.h. sie können sich dem internationalen Einfluß nicht oder nur begrenzt entziehen. Die internationale Integration kann verschiedene Grade haben: 1. Grades, wenn weltweite Zusammenschlüsse und Harmonisierungen angestrebt werden (ζ . B. GATT); 2. Grades, wenn regionale oder sektorielle Zusammenschlüsse beschlossen werden (z.B. EG) und 3. Grades, wenn Unternehmen bzw. andere Organisationen/Institutionen sich international vereinigen. I n allen Fällen handelt es sich u m Vorgänge des Zusammenfügens gleicher Arten, die als „horizontale" Integration bezeichnet werden kann. Hierbei geht es u m Harmonisierung, Diffusion und Kooperation. Handelt es sich aber u m das Einfügen eines Teils i n ein größeres Ganzes (eine Person i n eine Gemeinschaft oder auch Gesellschaft, ein Unternehmen i n einen Markt oder auch einen Verband), so kann man dies „vertikale" Integration nennen, die immer mit Assimilation und Adaptation verbunden ist. Jede Integration, gleich welchen Grades und gleich ob horizontaler oder vertikaler A r t , ergibt sich durch soziale Kommunikation. Hierbei handelt es sich u m den Austausch von Informationen bzw. die Interaktion zwischen individuellen Menschen, bzw. Menschengruppen. Dies i m Gegensatz zur technologischen Kommunikation (Mensch-Maschine, Maschine(Computer)-Maschine (Computer)), die i m Augenblick i m M i t telpunkt der Aufmerksamkeit steht, da dort die „großen" Neuerungen und Verbesserungen augenfällig sind. Die soziale Kommunikation gew i n n t fast unmerklich an Bedeutung (oder auch schnell, i m Falle besonderer Ereignisse) und zwar i n dem Maße, wie einseitige Machtposi-

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tionen abgebaut werden (sollen), (ζ . B. Industrieländer v. s. Rohstoffländer, Kapital v. s. Arbeit, Konsumproduktion- und Konsumption v. s. Umwelt etc.) oder w i r d eklatant, wenn internationale/interkulturelle Beziehungen entwickelt werden. Solange Abhängigkeit gegeben ist bzw. Unwissenheit durch mangelnde Ausbildung und/oder Information besteht, es einen Nachfrageüberhang gibt, solange läßt sich die soziale Kommunikation unterdrücken bzw. „auf Sparflamme" betreiben. Gleicht sich aber das Machtverhältnis zwischen Nachfrager und Anbieter aus (ζ. B. durch verstärkten Wettbewerb auf Anbieterseite, Werteverschiebungen auf der Nachfragerseite (— Natur vor Technik, Basis Versorgung vor Luxusversorgung etc. —) so w i r d die soziale Kommunikation „der" entscheidende Faktor. Marketing, als marktbestimmte Unternehmenspolitik, kann sich dann ζ . B. i m Verkauf mittel- und langfristig nicht mehr vorwiegend auf die Werbung als sogenannte „Kommunikation" stützen (die sie meist nicht ist, da sie nur „einseitig informiert", wenn sie überhaupt echt informiert und nicht nur als Manipulationsmittel gebraucht wird), sondern muß m i t dem Nachfrager i n intensive „soziale Kommunikation" treten. Aufgrund des internationalen Integrationszwanges durch wachsende internationale Interdependenzen der Staaten und Unternehmen w i r d die Fähigkeit zur „internationalen/interkulturellen" sozialen Kommunikation das „Öl i m Getriebe" der internationalen Wirtschaft (und anderer Bereiche) sein. Hierbei dürfte sich die heutige Reihenfolge: erst handeln und dann denken, umkehren, da die Folgen unüberlegter Aktionen ζ . B. auch von Unternehmen i m sensiblen internationalen Kontext, einem sozialen, internationalen (und damit offenen) System durch die Interdependenzen sonst immer unübersehbarer werden können und hohe Risiken darstellen. A n die Flexibilität des Unternehmensmanagements, das i n diesem sich laufend ändernden System, führen muß, stellen sich damit besonders hohe Anforderungen. C. Dimensionen der internationalen Integration I . Status der Dimensionen

Sind es bei horizontaler Integration die verschiedenen Verordnungen, Gesetze, Interpretationsrichtlinien, Abkommen etc., so geben die Dimensionen bei vertikaler internationaler Integration die Bereiche an, i n — und die Intensität m i t — der das Unternehmen integriert ist. Der Status gibt eine augenblickliche Position des Unternehmens an i m Hinblick auf das Integrationspotential d.h. wieweit das Unternehmen seine interne und externe Integrationspolitik i n einem speziellen Kontext realisiert hat.

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Hierzu bedarf es dreier Voraussetzungen: — erstens muß die Unternehmensführung die Integrationsmöglichkeiten abschätzen und dann entsprechend handeln, — zweitens muß der internationale bzw. spezifische Kontext eines oder mehrerer Drittländer die Integration ermöglichen und — schließlich muß auch das Herkunftsland eine internationale Integration nicht verhindern, wie es aus den verschiedensten Gründen in Teilbereichen immer wieder geschieht. Stößt die Integrationsbemühung des Unternehmens i n bestimmten Ländern auf prinzipielle Grenzen (ζ . Β ζ . Zt. i m Iran, ζ . T. i n der VR China oder i n der UdSSR) so helfen die größten Anstrengungen hier nur wenig. Die Dimensionen der Integration werden intern i m Unternehmen durch die internationale Ausrichtung der Unternehmensfundamente und die daraus abgeleitete Strategie bestimmt. Damit w i r d das „wie" bestimmt. I m Außenverhältnis zeigen sich dann praktisch die Dimensionen der internationalen Integration bei der realen Gestaltung der verschiedenen international orientierten Aktivitäten bzw. den tatsächlichen Mengen, die international verfolgt oder gehandelt werden und zwar hinsichtlich der Inhalte, des „was" beim: — Input: Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Anlagen, Lizenzen, Kapital, Arbeitskräfte, Informationen aller A r t , so auch Managementmethoden und operationeile Techniken, etc. und beim — Output: Leistungen (Produkte und Dienste) sowie Kapital; wie auch des Raumes, des „wo": — geographische Bereiche: Länder, Ländergruppen. Die Dimensionen der internationalen Integration, werden (abgesehen von den äußeren Einflüssen nationaler und/oder internationaler bzw. supranationaler Art) neben der A r t der Berücksichtigung i n der Unternehmensstrategie, durch folgende Faktoren begrenzt: — die Qualifikation und Kapazität des Personals, und i n Verbindung mit der Strategie, — die Energie, die das Management der Integration widmet, — die zur Verfügung stehenden Informationen, — die Zeitspanne, seit der die Integration verfolgt wird, — das disponible Kapital i n dieser Zeit. Diese Begrenzungen bestimmen damit nicht nur den Status, sondern auch die Dynamik der Integration der alle Dimensionen unterliegen.

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I I . Dynamik der Dimensionen

Die Dimensionen der internationalen Integration unterliegen einer ständigen Veränderung, die von einer Anzahl von Faktoren abhängen. Einige Einfiußkomponenten w i r k e n teils innerhalb des Unternehmens, teils außerhalb und wirken von dort indirekt auf das Unternehmen ein. Andere Faktoren sind sowohl als auch wirksam bzw. verändern durch ihre starke Interdependenz mit anderen Faktoren. Dadurch ändern sich die Dimensionen und m i t ihnen das Potential für eine Integration d. h. die Breite und/oder Tiefe. Die — geistige Komponente — der Dynamik hat die durchgreifenste Wirkung, w i r d aber i n ihren Anfängen meist nicht wahrgenommen und/oder i n ihrer Auswirkung selten richtig eingeschätzt. Außerhalb des Unternehmens sich entwickelnde neue Weltbilder, andere Standards und Werte, sorgen für einen entsprechenden „Zeitgeist", der aber auch die konkreten Entscheidungen i n den Unternehmen i n großem Maße mit beeinflußt. Auch innerhalb der Unternehmen formen sich die Ideen, werden neue Vorstellungen, Konzeptionen und Methoden entwickelt und führen ebenfalls zu einer Dynamik, die von innen heraus w i r k t . Die — technologische Komponente — ist heute sicher diejenige, die am deutlichsten sichtbar ist. Die technologischen Fortschritte sorgen für eine laufende Veränderung i m Markt und damit auch der Möglichkeiten des Unternehmens. Sei es, daß sie als Chance empfunden werden, sei es aber auch, daß sie als Gefahr gesehen werden. Auch i m Unternehmen selbst erfolgen i n den verschiedenen Bereichen technologische Veränderungen (bis h i n zu Innovationen), die zu einer Dynamik der Dimensionen beitragen. Die — zeitliche Komponente —, d.h. der bloße Zeitverlauf kann eine Dynamik erzeugen, die durch Akkumulation bestimmter Ereignisse erreicht wird, wobei Grenzen verschoben werden oder ganz wegfallen können bzw. neue Grenzwerte entstehen und dies innerhalb des Unternehmens, wie auch i m Umfeld. Die — Kapazitätskomponente — betrifft die Unternehmung und schließt Veränderungen ein beim Personal, Kapital und Material. Die — politische Komponente — w i r k t von außen zusammen mit den sich daraus ergebenden Gesetzen, Verordnungen und Abkommen auf nationaler Ebene (über Wirtschafts-, Finanz-, Steuerpolitik etc., wie auch der Verteidigungs-, Umwelt- und Außenpolitik etc.) supranationaler Ebene oder gar globaler Ebene. Die — Konkurrenzkomponente — auf nationaler, wie internationaler Ebene sorgt ebenfalls für eine Dynamik, wie auch schließlich

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die — Abnehmer- bzw. Konsumentenkomponente — mit ihren vielseitigen Veränderungen wirken als wichtige Faktoren, die die Dimensionen der internationalen Integration der Unternehmen beeinflussen. Hinzu t r i t t eine — Interdependenzkomponente —, d.h. die Veränderungen, die sich dadurch ergibt, daß die verschiedenen Faktoren untereinander i n einer Beziehung stehen und dadurch für eine induzierte Dynamik anderer Faktoren sorgen. Dies ist auch als Eigendynamik der Interdependenz zu verstehen. D . Integration als Prozeß i m System I . Integrationsprozeß

Ob horizontale oder vertikale Integration, i n beiden Fällen handelt es sich u m einen sozialen Prozeß, der i n dem internationalen (Beziehungs-)System abläuft. Dieses soziale System ist immer offen, d. h. die Beziehungspartner werden immer durch einen beeinflussenden Kontext umgeben. (Es gibt nur einen extremen Fall bei dem das System geschlossen ist. Dann nämlich, wenn man die Gesamtheit der internationalen Beziehungen betrachtet, die dann keinem äußeren Einfluß mehr unterliegen). Bei der vertikalen Integration, bei der sich ein Unternehmen international orientiert bzw. eingliedert, muß es sich als Teilsystem neben unzähligen über- und untergeordneten Systemen sehen, bei dem das allumfassende Gesamtsystem, das ganze Zusammenleben auf der Erde ist. Das Zusammenwirken all dieser Systeme ist i n seiner ganzen Komplexität nicht mehr erfaßbar. Doch ist es möglich, sich auf die wesentlichsten Beziehungen i n diesem kybernetischen System zu beschränken und Aussagen über den Verlauf bzw. das Verhalten bestimmter Teilsysteme zu machen. Allerdings ist hierbei eine andere Betrachtungsund Denkweise anzuwenden, als die gemeinhin übliche unikausale, lineare und deterministische. Man muß die Betrachtung auf das Zusammenwirken, d.h. den Vorgang der Interaktion/Kommunikation zwischen den einzelnen Beteiligten i m System und diesem und es umgebende andere Systeme selbst richten. Dann werden Verhaltensmuster unter verschiedenen Bedingungen sichtbar, die bei einer speziellen Betrachtungsart (der analytischen, auf Einzelteile gerichteten Art) nicht erfaßt werden können. Da es sich bei der internationalen Integration eines Unternehmens prinzipiell u m einen strategischen Vorgang handelt, kann auch hier i n erster Linie die holistische/gesamtheitliche Betrachtung weit bessere Anhaltspunkte für eine, dem internationalen (bzw. dem speziellen ausländischen) Besiehungssystem angepaßte, Verhaltensweise liefern. Daß es nicht leicht ist, diesem anderen Denk- und

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Betrachtungsschema zu folgen, ist aus vielen Bereichen und Vorfällen bekannt, bei denen trotz der Kenntnis der Beschränktheit der bisherigen Denkmuster erst ein gravierendes Ereignis eintreten muß, u m ein Denken i n Zusammenhängen und der Berücksichtigung von positiven (gefährlichen) Rückkopplungen (aufgrund von Interdependenzen) zu stimulieren (Stichworte: Ölkrise, Waldsterben, Werftenkrise, Stahlkrise, etc.). Internationale Interaktion kann von verschiedenen Seiten her i n Gang gesetzt werden. Doch bleibt der initiierende Kontakt (der erste Eindruck, die erste Erfahrung) für das weitere Verhalten des Unternehmens i m internationalen Markt von meist entscheidender Bedeutung (positiv wie negativ) für späteres Verhalten, auch wenn sich die Bedingungen dann anders darstellen sollten. Wann, wie, wo, mit wem etc. die ersten Kontakte m i t dem internationalen Markt entstehen, sollte, soweit man es selbst steuern kann, deshalb gut abgewogen werden bzw. anschließend die erste Erfahrung Situationen und kontextuell gewürdigt werden u m keine falschen oder voreiligen Schlüsse zu ziehen. Was danach geschieht — werden die Kontakte erweitert oder vertieft — bedarf ebenfalls einer sorgfältigen Pflege, und zwar u m so mehr, je sensibler das Interaktions-/Kommunikationsverhältnis ist. Dieses w i r d u m so sensibler einerseits (neben den vielen anderen Gründen insbesondere auch aufgrund der kulturellen Unterschiede), je weniger Abhängigkeit zwischen dem einen und anderen Kommunikationspartner besteht, d.h. auch je mehr Wettbewerb besteht; andererseits je wichtiger der Gegenstand der Kommunikation an sich, für den einen oder für beide ist. Der Prozeß der Integration des Unternehmens läuft dauernd, da sich zahlreiche Faktoren und Beziehungen i m Zeitverlauf verändern und damit ständige Anpassung erfordern. Der Integrationsprozeß ist m i t einem „Sozialisationsprozeß" zu vergleichen, der über erste Kontakte, Irritationen, Struktursuche, Frustrationen etc. schließlich zu Kooperation und i n besonders günstigen Fällen zu Synergie führen kann — oder, i m anderen Extrem, zu Isolation. Das Unternehmen und seine Vertreter müssen sich i n erster Linie selbst den „Gegebenheiten" i m internationalen Kontext anpassen, d. h. große Flexibilität aufbringen und mit Unwägbarkeiten i n viel größerem Umfange umgehen, als sie es i m nationalen Kontext gewöhnt sind. U m zu einer erfolgreichen internationalen Integration zu gelangen (und erfolgreich ist sie immer dann, wenn das Unternehmen i n dem neuen Bezugsrahmen sich ohne große Schwierigkeiten zurechtfindet und entsprechend den i n diesem Rahmen geltenden Standards und Wertvorstellungen funktioniert), müssen neue Beziehungen auf allen Gebieten

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aufgebaut werden. Dies geschieht ζ . T. durch Nutzung bestehender Beziehungen und Erfahrungen. Doch ist hierbei Vorsicht geboten, da man genau feststellen muß, ob der Kontext und die genaue Situation der bestehenden Beziehung und Erfahrung sich für die eigene Situation übertragen läßt. Es w i r d deshalb i n der Eintrittsphase (in den internationalen/ausländischen Kontext) viel häufigere Interaktionen nach außen, aber auch innerhalb des Unternehmens geben, als sonst üblich ist, u m die Teilnehmer, Abläufe, Störungen, Interdependenzen direkter und indirekter A r t , etc. selbst kennen und einschätzen zu lernen. Weiß man die relevanten Informationen i m internationalen Kontext zu finden, zu bewerten und zu nutzen, kennt man die möglichen Reaktionen auf eigene Aktionen, d. h. können die beteiligten Mitarbeiter mit den Besonderheiten i m internationalen Umfeld oder speziell i n einem anderen Land umgehen, so ist der Prozeß der internationalen Integration auf einem Niveau angelangt, auf dem „nur" noch die laufenden Anpassungen vorgenommen werden müssen. Rückwirkungen auf die Beurteilungen und Handlungsweisen des Unternehmens i m Ursprungsmarkt sind nicht selten eine zusätzliche Folge der internationalen Integration. Und diese wiederum beeinflussen dann wieder das Integrationsverhalten des Unternehmens i m Ausland. Sind „Resultate" von Kommunikationen des Unternehmens mit der Außenwelt schon innerhalb eines Landes i n den meisten Fällen mehr von Macht oder Glück bestimmt (sicher sobald es über den unmittelbaren Rahmen des Einkaufs und Verkaufs hinausgeht) als von Methode und Know-how, so kommt i m internationalen Kontext die Schwierigkeit i n der Größe eines ganzen „Quantensprungs" hinzu, und zwar durch die unterschiedlichen Kulturen und den damit verbundenen andersartigen Denk- und Handlungsmustern der ausländischen Interaktionspartner. I I . Teilnehmer am Prozeß

Bei vertikaler Integration sind es einzelne Personen, Personengruppen, private und staatliche Wirtschaftsunternehmen, private und staatliche Organisationen und Institutionen und zum Teil und zeitweise auch Staaten (die ζ . B. einer bestehenden internationalen/supranationalen Organisation beitreten). Gleich welche Organisation sich international integriert, immer ist es die individuelle Person, die, meist stellvertretend für ein Unternehmen, eine Behörde oder einen ganzen Staat, die Integration sehr persönlich „lebt", auch wenn sie einer ganzen Gruppe angehört, die an dem Integrationsprozeß teilnimmt. Teilnehmer ist also endlich nur die einzelne Person und sie allein, die für den Verlauf der Integration sorgt und auch dafür verantwort-

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lieh ist. Es ist also auch endlich die international wirksame integrierende Qualifikation dieser Person, die die Fortschritte des internationalen Prozesses bestimmt. Durch eine besondere „Organisationskultur" w i r d das Verhalten der individuellen Vertreter dieser Organisationen: Unternehmen, Branchen, Institutionen und staatlicher Organe allerdings konditioniert und damit werden den individuellen Möglichkeiten vielfach Grenzen gezogen. Das Unternehmen umgebende Bereiche, stellen oft auch Teilnehmer an der internationalen Integration mit speziellen Funktionen und Einflüssen auf das Unternehmen, wie: Konsumenten, Agenturen, Lieferanten etc. die selbst durch ihre internationale Orientierung für das Unternehmen wichtiger Teilnehmer i m internationalen Integrationsprozeß werden. Verschiedene Organisationen und Individuen treten dann noch beim internationalen Integrationsprozeß des Unternehmens assistierend auf, wie etwa Verbände, Banken, Berater usw. I I I . Aktivitäten der Teilnehmer

Hauptaktivität der Teilnehmer ist die Vermittlung von Informationen d. h. auch von Ideen, Konzepten, Know-how etc. I n zweiter Linie kommt die Entsendung von Personen selbst hinzu, die die Integration bewirken und die aufgrund ihrer Funktion und Mobilität selbst Information sein können. Erst i n dritter Linie werden Materialien bewegt. Kommunikation von Informationen, Personen (Interaktion) und Sachen (Austausch) ist also die eigentliche internationale Integration bewirkende A k t i v i t ä t . Von Ausnahmen abgesehen, scheint die internationale Kommunikation allerdings noch längst nicht die Beachtung i m internationalen Wirtschaftsverkehr gefunden zu haben, die ihr zuzukommen scheint. Doch neuere Forschungen, Theorien und zunehmendes Interesse einiger sensibler Wirtschaftsvertreter deuten Veränderungen an. Bei den vielen negativen Erfahrungen, die von Unternehmen beim Versuch der internationalen Integration gemacht wurden (Aufkündigungen von Fusionen von Unternehmen, Fehlkommunikationen, die innerhalb von Tagen zu Millionenverlusten führten, etc.) ist die intensivere Pflege der internationalen Kommunikation sicher eine lohnende Investition. Diese Notwendigkeit bzw. Nützlichkeit w i r d durch zwei weitere Entwicklungen noch verstärkt: — erstens nimmt die internationale Verflechtung weiter zu und w i r d i n der nachindustriellen Zeit vor allem durch „Informationen"

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bestimmt, die weltweit vermittelt und adäquat lokal/national interpretiert werden müssen; und — zweitens zeichnet sich eine wachsende Spannung ab, zwischen der bisherigen rein technischen/materiellen Orientierung und dem entsprechenden Angebot und der Software-Orientierung der Nachfrager, die auf mangelnde Kommunikation zwischen Anbieter und Nachfrager (national und international) schließen läßt. I V . Objekte der Integration

Wenn sich Unternehmen international integrieren, werden eine ganze Reihe von Objekten i n den Prozeß einbezogen. I n erster Linie die teilnehmenden Personen und m i t ihnen auch Ideen, Denkverhalten und Handlungen. Damit können dann auch Organisationsformen, operationeile und managerielle Methoden folgen, die Unternehmens-, Markt- und Leistungspolitik und die Leistungen/ Produkte selbst. Schließlich w i r d das Beziehungsnetz des Unternehmens eine Veränderung erfahren, die der internationalen Orientierung Rechnung tragen muß. Internationale Integration bedeutet für die meisten Objekte dann eine Anpassung an die internationalen „Gegebenheiten", u m international bzw. i n einem Ausland akzeptiert werden zu können oder funktionsfähig zu sein. I n einigen Fällen bedeutet es aber auch Neues zu konzipieren bzw. zu suchen. E. Internationale Beziehungen des Unternehmens

Die Beziehungen des Unternehmens mit seiner internationalen Umwelt gestalten die Dimensionen der Integration. Aufgrund der weltweiten Interdependenz der Wirtschaften (die Interdependenz kann auch dann noch wachsen, wenn die Anzahl der Beziehungen zahlreicher werden, das Volumen aber konstant bleibt oder gar schrumpft) gibt es heute fast kein Unternehmen i n den sogenannten westlichen Ländern und den meisten Ländern der Dritten Welt, das international noch völlig unabhängig ist. Doch sind sich dessen die meisten Unternehmen nicht bewußt, vor allem wenn sie nur auf dem lokalen oder nationalen Markt tätig sind. Es bedarf oft erst des Erreichens einer kritischen Grenze (die je Branche und Unternehmen individuell anders liegt) u m ζ . B. der Tatsache einer internationalen A b hängigkeit gewahr zu werden. I n vielen Fällen kommt die Erkenntnis dann aber zu spät, u m noch schadlos Kurskorrekturen für das Unternehmen vornehmen zu können.

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Zunehmende Arbeitsteilung und Mobilität des Kapitals, der Arbeitskräfte, der Informationen etc. lassen den Prozeß der „zwangsläufigen" internationalen Integration von Unternehmen weiterlaufen, auch bei zwischenzeitlichem Protektionismus einzelner Länder. Da es sich u m einen Prozeß handelt und nicht (nur) u m wesentliche strukturelle Veränderungen, w i r d er von vielen nicht wahrgenommen. Es muß deshalb eine wichtige Aufgabe der Unternehmensleitung sein, die Beziehungen auf allen Bereichen i n ihren Veränderungen und i n ihrem Ausmaß genau zu verfolgen. Werden die Verkäufe noch genau erfaßt hinsichtlich der direkten Abnehmer (Typen, Mengen, Gebiete etc. je speziellem Produkt), so ist i m Einkauf die Erfassung und vor allem die Bewertung hinsichtlich der Konsequenzen aber genauso wichtig und darf nicht nur i n der Einkaufsabteilung bekannt sein. Dies gilt nicht nur für das Material, sondern auch für alle anderen „Produktionsfaktoren" (Kapital, technisches Know-How, Genehmigungen etc.) sowie den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext. I . Erfassung der direkten Beziehungen

Das Erfassen bedeutet i n erster Linie das Feststellen, wo direkte internationale Beziehungen bestehen, d. h. wo Vertreter des Unternehmens i n unmittelbaren Kontakt mit ganz oder überwiegend v o m / i m Ausland (oder internationalen/supranationalen Organisationen) ansässigen bzw. abhängigen/beeinflußten Personen treten. Dies kann von Zeitpunkt zu Zeitpunkt, von Produkt zu Produkt etc. unterschiedlich sein bzw. zwischen direkter und indirekter Beziehung wechseln. Für alle direkten Beziehungen müssen folgende Größen ermittelt werden: — Bereiche, — Breite, (Ausmaß), — Inhalte, und ihre relative und absolute Bedeutung intern für das Produkt, das Unternehmen wie auch extern für den internationalen Beziehungspartner, — Struktur d. h. Organigramm der Beziehung, — Teilnehmer an der Beziehung, — Einflußfaktoren auf die Teilnehmer der Beziehung, — Veränderungen i m Zeitverlauf und ihre Gründe, — Grenzfälle (quantitativer Art), erlebte und potentielle, — Konflikte und Krisen, d.h. Grenzfälle qualitativer A r t i n der Beziehung (erlebte und potentielle), sowie eventuelle Folgen bei negativen Resultaten für das Unternehmen,

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— Frequenz der Kontakte, — Intensität der Kontakte, — Störungen der Beziehungen. I I . Erfassung der indirekten Beziehungen

Internationale Außenbeziehungen des Unternehmens ergeben sich oft nicht direkt durch Kontaktpartner i n den verschiedenen Bereichen, sondern die Bereiche bzw. Kontaktpartner werden ihrerseits nur international beeinflußt, sei es unmittelbar oder mittelbar. Das Erfassen einer derartigen mittelbaren internationalen Beziehung ist i n vielen Fällen nicht leicht und noch schwieriger i n ihrer Bedeutung für das Unternehmen abzuschätzen. Dennoch kann auch dieses Verhältnis von entscheidendem Einfluß auf das Unternehmen sein. Indirekte Einflüsse können häufig i n den folgenden Bereichen angetroffen werden: Gesetze und Verordnungen, Lieferanten, Konkurrenzsituation, Kapitalmarkt, Endabnehmer-/Verbraucher der Leistungen, etc. I n allen Fällen muß von Fall zu Fall untersucht werden, ob und wieweit der mittelbare Einfluß auf das Unternehmen besteht, wie bedeutsam er ist (bzw. werden kann) und ob es ratsam und möglich ist die indirekte i n eine direkte Beziehung zu verändern, die eventuell eine bessere Steuerung der internationalen Beziehung und ihrer Einflüsse/Folgen möglich macht. Sind es bei den direkten Beziehungen vor allem die A r t und die Inhalte der Verbindungen, so sind bei den mittelbaren Beziehungen insbesondere erst einmal deren Existenz festzustellen und das spezielle ihrer indirekten Wirkung, so vor allem die: — Filterfunktion der Zwischeninstanz, — A r t der Beziehung zu der Zwischeninstanz, — A r t der mittelbaren Wirkung (inhaltlich, zeitlich), — Wechsel zwischen direkter und indirekter Beziehung und deren Gründe / Β edingungen ; und dann die Bereiche i n denen die mittelbaren internationalen Einflüsse für das Unternehmen relevant sein können, und zwar: — internationale Einflüsse auf vor- und nachgelagerte Wirtschaftsteilnehmer, — internationale Einflüsse auf aktuelle Konkurrenz und potentielle (auch substitutiver Art) i m Beschaffungs- und Absatzbereich, — Bereiche nationaler Politiken, die internationalen und supranationalen Einflüssen unterliegen.

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Ι Π . Erfassung der Interdependenzen

Die internationalen Beziehungen bilden ein ganzes Netz, das zwischen den äußeren Einflußfaktoren untereinander und zwischen diesen und dem Unternehmen und seinen Aktivitäten besteht. A m besten können Sensitivitätsmodelle je Unternehmen bzw. speziellem Bereich/Produkt aufgestellt werden, u m die interdependenten Beziehungen zu erfassen. Das sich dabei ergebende Muster, i n dem die Schlüsselgrößen- und beziehungen ermittelt werden müssen, ist regelmäßig zu beobachten u m die verschiedenen Veränderungen i m Gefüge und seine Auswirkungen zu bemerken. Diese Gesamtschau w i r d zwar innerhalb des Unternehmens meist beachtet (in der Planung), aber i n den Außenbeziehungen nie oder selten angewandt. Doch ist es diese A r t der Betrachtung, die die wichtigsten negativen Folgen vermeiden helfen kann bzw. noch rechtzeitig entdecken hilft. Gleichzeitig w i r d das interdependente Beziehungsgefüge deutlicher als i n den Einzelbetrachtungen und Lösungen für die originären Probleme leichter erkannt. Deutlich treten die Konsequenzen i n internationalen politischen und wirtschaftlichen Bereichen hervor und dort insbesondere i n ihrer einfachsten Form: der direkten Reciprozität, die eine unmittelbare ReA k t i o n (Feedback) darstellt. Doch die sehr verzweigten Formen i n den internationalen Beziehungen zwischen Individuen, Unternehmen, Organisationen der verschiedensten A r t und Staaten kennen die Interdependenzen am meisten i n mittelbarer A r t . Deshalb werden sie auch meist erst dann wahrgenommen, wenn die mittelbaren Folgen auf den ursprünglichen Verursacher der Beziehungskette gravierend zurückwirken. Unternehmen müssen deshalb i n erster Linie Ausschau halten nach Folgen ihrer eigenen Aktionen m i t internationaler Auswirkung, also bei ihren direkten internationalen Beziehungen. Es gilt: — Unmittelbare und mittelbare Konsequenzen abzuschätzen, die sich aufgrund eigener Aktionen ergeben (können), — Konsequenzen einzuschätzen, die durch Ereignisse i n den „mittelbaren" Einflußbereichen eintreten und über diese Bereiche selbst hinauswirken, auf die direkten Beziehungen und schließlich beim Unternehmen selbst auftreten (können), — Neben den Rückwirkungen (obiger Konsequenzen), auch die Eigendynamik der Interdependenzen beachten.

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F. Anforderungen an die Unternehmensführung bei aktiver internationaler Integration Die marktfähige und i m Markt honorierte Leistung ist immer eine Resultante aus der „Hardware" des Unternehmens, d. h. dem Anlagekapital i m weitesten Sinne und der „Software" oder dem „Geistkapital" (d.h. den Fähigkeiten des Personals), das auch die Verbindung mit dem Markt herstellt. Die Anforderungen richteten sich deshalb bei der internationalen Integration auch i n erster Linie an das „Geistkapital" der Unternehmung und hier wiederum vorrangig an das Führungspersonal, das entsprechend seiner Aufgabenstellung innerhalb des Unternehmens vor allem als Sensor und Kommunikator mit der Umwelt/dem Markt funktionieren muß. Ihre Tätigkeit müßte sich deshalb auch überwiegend auf Kommunikation insbesondere m i t der Außenwelt richten (wie es anscheinend die meisten japanischen Unternehmensführer tun). Dies ist aber häufig i n Europa nicht anzutreffen. Tägliche innere Detailprobleme nehmen den größten Teil der Zeit i n Anspruch. U. a. deshalb scheint es auch nur wenigen Unternehmen zu gelingen, sich rechtzeitig den Umweltanforderungen anzupassen, ohne erst i n eine Zwangslage geraten zu sein. Diese Anpassungsflexibilität gilt i n besonderem Maße für die internationale Integration, die zusätzliche Anforderungen stellt. I . Grundfragen an die Fähigkeiten des Personals

Eine Reihe von Anforderungen müssen erfüllt sein, u m eine erfolgreiche internationale Integration des Unternehmens zu erreichen. Sie bilden die erweiterten Grundfragen an das Management eines Unternehmens, auf die es eine Antwort finden muß, w i l l / m u ß es sich aktiv international integrieren: — Ist sich das Management der internationalen Umwelt und seiner Auswirkungen auf Unternehmen bewußt und hat es vor diesem Hintergrund sein eigenes Handeln beleuchtet und dasjenige anderer, sowohl i m Inland als auch soweit wie möglich i m Ausland? — Hat Erfassung sowohl i n quantitativer, qualitativer und dynamischer A r t der aktuellen und potentiellen Dimensionen der vertikalen internationalen Integration stattgefunden? — Sind zusätzliche Informationen über die horizontalen Integrationsabläufe internationaler und supranationaler A r t gewonnen und hinsichtlich ihrer Auswirkungen bewertet worden, und was ist mit den Folgerungen geschehen? — Sind Informationen auch zu wichtigen Ländern vorhanden, insbesondere auch den dortigen Gepflogenheiten und angewandten Methoden?

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W i r d das eventuell andere Denken, Bewerten, Handeln i n anderen Ländern verstanden oder besser noch w i r d es geübt, bzw. sind entsprechende M i t t l e r für die Interpretation und „Übersetzung" gefunden? Ist das Beziehungsnetz hinsichtlich der internationalen Dimension vervollständigt? Ist die soziale Kommunikationsfertigkeit, als wichtigstem M i t t e l bei der internationalen Integration, bei bestimmten Mitarbeitern auf ihre internationale Verwendung h i n geprüft worden, bzw. soweit wie möglich gefördert oder durch Neugewinnung von entsprechend befähigten Mitarbeitern von außen ergänzt worden? Hat man Kontakte mit Ausländern intensiviert u m zur Sensibilisierung für Andersartiges und die Einschätzung der positiven Aspekte oder gar synergetischen Effekte beizutragen? Werden internationale Erfahrungen und Know-How intern wie extern zu bestimmten Kommunikationssituationen und anderen wichtigen Aspekten der Integration gesammelt und zur Vorbereitung bzw. Verbesserung verwendet? Sowie deren Verwertung für eine international gerichtete Ausbildung qualifizierter Fachkräfte bzw. des Nachwuchses genutzt? W i r d dezentrale Führung und weitgehende Delegation von Verantwortung ermöglicht und geübt soweit nicht schon prinzipiell eingeführt (was international notwendig wird)? Hat man gelernt mit weit weniger gesicherten Informationen umzugehen, als man es innerhalb nur eines Landes gewöhnt ist? Hat man die Anforderungen an die Perfektionsnormen für eine andere Umwelt bewerten gelernt, i n der andere Verwendungen der Produkte und Standards gelten? W i r d Pioniergeist i m Unternehmen gefördert, der für Auslandengagements nützlich ist? W i r d Allroundorientierung der Manager stimuliert, sowie praktisches und vielseitiges T u n gefördert, das international gefordert werden kann, wenn mit kleinem Team gearbeitet werden muß? Sind die Unternehmensfundamente wirkungsvoll verbreitet bzw. internationalisiert, insbesondere bei den Mitarbeitern, die vielfach m i t anderen (internationalen/fremden) Situationen konfrontiert werden und dabei leicht „Identitätsprobleme" hinsichtlich der Produkte, des Unternehmens, dem Heimatland oder ihrer eigenen Person erfahren können?

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— Sind Kontakte zu Hilfsinstanzen mit internationalem Know-How i n der Anfangsphase der vertikalen Integration geplant und sollen bzw. werden sie später regelmäßig konsultiert? Antworten auf diese Fragen werden es der Unternehmensführung zeigen, wieweit man sich tatsächlich auf die internationale Integration vorbereitet hat bzw. wo Lücken aufzufüllen sind. Da die vertikale internationale Integration heute für die meisten Unternehmen eine Notwendigkeit ist (passiv werden sie auf alle Fälle i n den meisten westlichen Ländern durch entsprechende internationale Politiken und A b kommen integriert), sollte man sie aktiv betreiben und sich entsprechend mit seiner Mannschaft i m Unternehmen trainieren. I I . Grundfragen an das Unternehmen als Ganzes

Aus den Anforderungen an das Personal lassen sich auch entsprechende Anforderungen an das gesamte Unternehmen ableiten, denen ein entsprechend für die internationale Integration qualifiziertes Personal gerecht werden muß. — Muß Flexibilität soweit wie möglich nicht auch hinsichtlich der A n lageinvestitionen angestrebt werden (zu große Spezialisierung der Anlagen kann bei bestimmten Produkten zu einer Starrheit führen) und zwar einerseits wegen der sich nicht zuletzt auch wegen der internationalen Interdependenz immer schneller verändernden Umwelt und andererseits wegen des speziellen internationalen/ausländischen Kontextes? — Ist Dezentralisierung der Anlagen nicht wünschenswert (je nach Produktarten sind eventuell bessere örtliche Anpassungen i n der Verwendung von Materialien und Methoden zu finden)? — Sind einzelne Funktionen des Unternehmens nicht besser an anderen Orten international anzusiedeln, wo es besseren Zugang zu Einsatzfaktoren gibt oder andere günstige Umweltbedingungen die Funktion besser erfüllen lassen? — Sind Überlegungen zur Organisation des gesamten Unternehmens hinsichtlich seiner finanziellen und juristischen Form angestellt, u m eine bessere Integration i n die internationalen Gegebenheiten zu ermöglich? — Ist die internationale Integration nicht besser mit anderen Unternehmen zusammen zu erreichen, aus dem Heimatmarkt oder aus dem Ausland? — Ist die bisherige Unternehmenstrategie noch bei internationaler Integration gültig, bzw. wie lange noch?

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Antworten auf diese Fragen werden automatisch zu einer verbesserten, international orientierten Unternehmenspolitik führen. I I I . Grundfragen an die Leistung

Sind die Antworten nach der „Hardware" einerseits und der „Software" andererseits i m Inputbereich zufriedenstellend beantwortet, so w i r d sich schließlich eine adäquate Leistung ergeben, die den Anforderungen an die internationale Integration entspricht. Sind i m Beziehungsnetz des Unternehmens die sozialen Kommunikationen mit den verschiedenen Kontaktstellen i m M a r k t / i n der Umwelt für ein mehr oder weniger gutes Funktionieren des Unternehmens als Ganzes notwendig, so kommt der Kommunikation mit den Abnehmern bzw. den Endver/-gebrauchern eine Schlüsselrolle zu. Aus den verschiedenen Gründen sind allerdings i n den letzten Jahrzehnten immer größere Abstände zwischen Produkt-/Leistungsmanagern und den Ver-/Gebrauchern entstanden und Kontakte mit den Abnehmern werden meist nur noch über Statistiken gepflegt. Innerhalb eines bestimmten Landes kann das eine Weile ausreichen, i n anderen Ländern jedoch lauert hier die größte Gefahr. Die echte Kommunikation, der direkte Dialog ist hier eine ganze Zeit lang notwendig, um sich auf die Andersartigkeit der Abnehmer/Konsumenten einzustellen. Daß hier die Fähigkeit zur internationalen/interkulturellen Kommunikation die entscheidende Rolle spielt, dürfte einleuchten. Auch wenn lokale Manager die Interpretation übernehmen, so bleibt doch i n den meisten Fällen die endgültige Beurteilung der empfohlenen Produktstrategie i n einer Zentrale, die die Argumentation für den ausländischen Markt verstehen soll und wiederum mit den Auslandmanagern kommunizieren muß. Einige Grundfragen an die Leistung sind folgende: — Sollen international adaptierfähige Leistungen erbracht werden, standardisierte („Weltprodukte") oder je Markt differenzierte? — Sind die Nebenleistungen (auch die einfache Gebrauchsanweisung für ein Produkt gehört hierzu) international angepaßt? — Was kann international bei den unterstützenden Maßnahmen (Werbung, Verkaufsförderung, etc.) standardisiert, harmonisiert oder hinsichtlich den gemachten Erfahrungen i n anderen Ländern gebraucht werden? — Wie w i r d sichergestellt, daß internationale direkte, indirekte und potentielle Konkurrenzprodukte rechtzeitig erkannt werden? — Trägt man bei Forschung und Entwicklung den internationalen Entwicklungen Rechnung?

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— Können Leistungen international angeboten werden, die auf dem nationalen Markt keine Nachfrage (mehr) finden (ζ . B. produktionstechnisches Know-How)? — Sind internationale Beziehungen i n anderen Bereichen des Unternehmens i m Hinblick auf ihre Verwendbarkeit i n der Leistungskonzipierung und /-erstellung geprüft worden? W i r d intensive und systematische Kommunikation mit den Abnehmern/Verbrauchern betrieben, so w i r d sich auch der Erfolg bei internationalem Marketing einstellen. G. Schlußbetrachtung

Fällt es heute noch vielen Unternehmen schwer, sich m i t ihrer Unternehmenspolitik international zu orientieren, so erscheint es doch dringend notwendig auch i m Hinblick auf die Entwicklung zu einer Informationsgesellschaft. Sind die Produkte noch selbst die Informationsträger und haben überwiegend eine Basisnutzenfunktion, stellt die internationale Kommunikation noch kein wesentliches Problem dar. W i r d der Wettbewerb stärker und/oder die Nutzenerwartung liegt vor allem bei Zusatznutzen und m i t dem Produkt verbundenen Dienstleistungen, so bekommt die internationale Kommunikationsfähigkeit einen wesentlichen Stellenwert i m internationalen Wirtschaftsverkehr, oft sogar erhält sie eine Schlüsselbedeutung. Wenn die sich anbahnende Informationsgesellschaft an Dynamik gewinnt, dürfte auf vielen Gebieten das materielle Produkt an Bedeutung verlieren und die Information als „Werkstoff" und als „Konsumgut" eine überragende Rolle spielen. I n dem Augenblick, und der ist i n einigen Sektoren der Wirtschaft bereits erreicht, w i r d auch der internationale Austausch von Informationen exponentiell zunehmen. I n dieser Situation kommt der Fähigkeit zur internationalen/interkulturellen Kommunikation eine neue Bedeutung zu, die einem „Quantensprung" gleichkommt. Die sich sehr schnell entwickelnde Kommunikationstechnologie schafft zwar die technischen Möglichkeiten i n perfekter Form, aber die „Interpretation" und Nutzung der Information i n einem anderen (ausländischen) Kontext ist damit i n den meisten Fällen nicht gewährleistet. Die wirksame echte Kommunikation, bei der es nicht nur u m die Übermittlung von Informationen i n eine Richtung geht, sondern u m intensive Interaktion, kann dann trotz bester Technologie zum „Problem Nummer Eins" werden. Internationale Integration, i m wesentlichen auch als sozialer Prozeß verstanden, muß von den Unternehmen deshalb heute schon aktiv und intensiv betrieben werden, w i l l man auf die Dimensionen des internationalen Wirtschaftsverkehrs vorbereitet sein.

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Dabei ergeben sich eine Reihe von Herausforderungen: — Flexibilität der Unternehmensführung w i r d durch heutigen Erfolg und Sättigung behindert; — Andersartiges w i r d als verunsichernd erfahren (und abgelehnt) und nicht als Ergänzung oder neue Dimension genutzt; — Technische Überperfektion w i r d betrieben (oft als Kompensation eines großen Unsicherheitsgefühls) und Umgang mit Unwägbarkeiten vermieden; — Kooperation w i r d als Schwäche gesehen oder durch einseitige Konkurrenzbetonung unterdrückt; — Soziale Kommunikation hofft man durch Technologie ersetzen zu können. Sich diesen Herausforderungen bei der internationalen Integration zu stellen, ist Aufgabe der Unternehmen, wobei sie sich allerdings dem Problem gegenüber sehen werden, nicht entsprechend vorbereitetes Personal finden zu können. Auch die meisten Ausbildungsstätten des Nachwuchses bieten sehr wenig für die Vorbereitung auf diese Aufgaben. Dies ist deswegen besonders überraschend, weil die EG seit 1958 ein ideales Übungsfeld für die weltweite Integration bildet und Anregung genug sein müßte. Literaturverzeichnis ο. V.: E x p l o r i n g Global Interdependence, International Social Science Journal, Volume X X X , No. 2 (UNESCO), Paris 1978. ο. V.: Facing the Futures, Mastering the probable and managing the unpredictable, (OECD), Paris 1979. Dittmar, W.-G. / C. W. Meyer / W. Hoyer: nen u n d durchführen, München 1979.

Die internationale Expansion pla-

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Die Unternehmensführung im Spannungsfeld der Gesellschaftepolitik V o n Hubert

H.

Salmen

A . Einleitung

Wirtschaftliche Unternehmen waren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Institutionen, die von außerwirtschaftlichen Einflußfaktoren kaum beeinflußt wurden. I n allen Ländern der westlichen Welt m i t marktwirtschaftlichen Systemen konnten sie ihre Aktivitäten praktisch ausschließlich auf die Erstellung und den Absatz von Sachgüter- und Dienstleistungen beschränken. Seit dieser Zeit hat sich kontinuierlich ein Wandel vollzogen. Die Unternehmungen wurden i n das Spannungsfeld der Gesellschaftspolitik einbezogen: Der Staat engte durch eine Fülle von dirigistischen Maßnahmen unterschiedlichster A r t den Entscheidungsspielraum der Unternehmensführung ein, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer am betrieblichen Geschehen, der Druck der Gewerkschaften und der Einfluß der öffentlichen Meinung sind zusehends stärker geworden. I m Zuge dieser Entwicklung hat sich zwangsläufig auch ein Wandel vom autoritären zum kooperativen Führungsstil vollzogen 1 . Kurz: Die Unternehmenspolitik ist heute untrennbar mit der Gesellschaftspolitik verbunden. Diese Veränderungen beschränken sich nicht nur auf das Gebiet einer Volkswirtschaft. Durch die vielfältigen Verflechtungen zwischen den Staaten der Europäischen Gemeinschaft, der Zusammenarbeit europäischer Gewerkschaften und sonstiger Institutionen hat eine Internationalisierung des Bezugsrahmens der Unternehmenspolitik stattgefunden. Selbstverständlich ist der Stellenwert dieser Einflußfaktoren i n den einzelnen Ländern verschieden. I n den USA sind die Beziehungen zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgebern gänzlich andere als dies ζ. B. i n der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer i m Betrieb spielt i m Gegensatz zu der Situation i n unserem Lande kaum eine Rolle. I n den USA gibt es nicht den Versorgungsstaat wie bei uns. Der einzelne Mensch ist weitgehend auf Selbsthilfe angewiesen. Der Bürokratismus ist nicht so perfektioniert 1

Vgl. hierzu C. W. Meyer: Systeme der Unternehmensführung, in: Organisation, hrsg. v o n P. Lindemann, K . Nagel; Neuwied 1976, Abschnitt 7.1., S. 3.

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wie bei uns. Dagegen sind die Sicherheitsbestimmungen, denen die Unternehmen unterworfen sind, ungleich schärfer. I n Frankreich ζ . B. ist der Stil der Unternehmensführung weit autoritärer als bei uns. Hier ist der Chef noch der „Patron" i n der Definition des Wortes. Dafür mischt sich der Staat i n weit stärkerem Maße als bei uns i n den Bereich der Planung ein. Ein Ministerium — „Planification" genannt — weist starre dirigistische Züge auf. Die Verstaatlichung der Privatbanken durch den Sozialisten Mitterand wäre bei uns nicht möglich usw. usw. Kurz: Die Gewichtung der gesellschaftspolitischen Faktoren, die auf die Unternehmensführung i n den Ländern der westlichen Welt einwirken, ist länderweise verschieden. Die seit Jahren proklamierte Koordinierung und Harmonisierung i n diesem Sektor zwischenstaatlicher Beziehungen macht kaum Fortschritte. Es sei — u m nur ein Beispiel heranzugreifen — an die Subventionspolitik der französischen und belgischen Hütten und Kohlengruben durch die Regierungen erinnert, die zu Wettbewerbsverzerrungen geführt hat und zu Lasten der deutschen Konkurrenten geht. Erinnert sei an die protektionistischen Maßnahmen, durch die es selbst zwischen Ländern der EG zu Divergenzen kommt. Carl W. Meyer hat sich i n einer Reihe von Veröffentlichungen und Vorträgen m i t den hierbei auftauchenden Problemen beschäftigt. Durch seine Aufenthalte und Lehrtätigkeit i n den USA, i n Japan, i n Spanien, Frankreich und anderen Ländern hat er diese Evolution an Ort und Stelle verfolgen können. Diese Einleitung soll zu den nachfolgenden grundsätzlichen Darlegungen überführen, die mutatis mutandis auf alle westeuropäischen Industrienationen und die USA übertragbar sind. B. D i e U n t e r n e h m u n g als sozio-ökonomische Institution

Unternehmen sind sozio-ökonomische Gebilde. Sie enthalten nicht nur einen ökonomischen und technischen Bereich. Sie umfassen gleichzeitig juristische, arbeitsrechtliche, psychologische und sozialpolitische Aspekte, ohne deren Berücksichtigung heute keine Unternehmung mehr Entscheidungen treffen kann. Alle Wirtschaftsbetriebe sind i n vielfältigster Weise m i t ihrer Umwelt verbunden. Die Umwelt, das sind die Gemeinde oder die Stadt, i n der die Unternehmung ihren Standort hat. Das sind die Gewerkschaften und der Staat. Gewiß beschäftigt sich die Betriebswirtschaftslehre i n der Hauptsache m i t der wirtschaftlichen Seite der Betriebe, nämlich mit Produktion und Absatz — also Leistungserstellung und Leistungsverwertung. Aber auf diesen Leistungsprozeß wirken andere Aspekte i n entschei-

Unternehmensführung i m Spannungsfeld der Gesellschaftspolitik

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dendem Umfange ein. Ohne Beachtung der juristischen Aspekte, wie Arbeitsrecht, Steuerrecht, Tarifvertrag, Einstellung, Kündigung, Urlaub u.a.m. oder der betriebssoziologischen Aspekte, wie Arbeitszeitregelung, Gestaltung der Werkzeuge und Arbeitsabläufe, Lärmschutz u.a.m. sind heute unternehmerische Entscheidungen nicht mehr durchführbar. Auch der Staat greift durch Gesetze und Verordnungen i n zunehmendem Maße i n die Geschäftspolitik der Unternehmen ein. Diese zunehmende Komplexität ökonomischer, sozialer und gesellschaftspolitischer Prozesse beeinflußt zwangsläufig den Entscheidungsspielraum der Unternehmensführung, insbesondere bei „Großbetrieben". Dieser Prozeß ist jedoch keineswegs abgeschlossen. Auch i m modernen Rechtsstaat sind die Forderungen nach Demokratie, Emanzipation, Herstellung von Chancengleichheit, Abbau von Marktkonzentration, Verhinderung von Meinungsmanipulation, Freiheit des Einzelnen u.a.m. noch lange nicht erreichte Ziele, sondern i n vielen Bereichen erst Bestandteile von Aktionsplänen und auch dort, wo man sich über das Ziel einig ist, bestehen über die Auffassungen über den einzuschlagenden Weg oft noch sehr unterschiedliche Meinungen. Man muß allerdings auch die andere Seite dieser Wandlungen k r i tisch betrachten. Die ursprüngliche Absicht der Regierung, durch die Verrechtlichung fast aller Lebensbereiche mehr Demokratie, Gerechtigkeit und Lebensqualität zu schaffen, hat sich i n der Praxis leider oft i n das Gegenteil verkehrt. Der Freiheitsspielraum der Unternehmer — ob Eigentümer oder Manager — und die Verfügungsmacht über Eigent u m ist auch i n demokratisch regierten Ländern einer latenten Einengung durch staatliche Maßnahmen dirigistischer A r t ausgesetzt. C. Der Einfluß der staatlichen Gesetzgebung Greifen w i r daher zunächst einmal den Einfluß der staatlichen Gesetzgebung heraus: Die Möglichkeiten des einzelnen Bürgers, aber auch der unternehmerischen Führungskräfte, sich i n dieser zunehmenden Verbürokratisierung sozialer Systeme einen Überblick oder einen Einblick zu verschaffen, einen „ruhenden Pol i n der Erscheinungen Flucht" zu finden, werden immer schwieriger. Die Unmenge von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Erlässen, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Förderungsbestimmungen hat zur Folge, daß Bürger und Unternehmer vor einem Paragraphengestrüpp stehen, i n dem sich auch Juristen kaum noch zurechtfinden. Das Bundesgesetzblatt i n der BRD hatte Ende 1953 einen Umfang von 4 249 Seiten, Ende 1972 waren es 6 612 Seiten. Bis Ende 1976 vollzog sich dann ein fast unglaublicher Anstieg auf 12 814 (!) Seiten: das

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bedeutet, daß allein i n den drei Jahren von 1973 bis 1976 fast dreimal soviel Seiten an Gesetzesvorschriften „produziert" wurden als i n den 23 Jahren (1949—1972) zuvor. Diese Entwicklung ist auch i n den folgenden Jahren nicht zum Stillstand gekommen. Bei mittleren Firmen werden allein die externen Beratungs- und internen Verwaltungskosten zur Bewältigung der zunehmenden Gesetzesflut auf mehr als 2