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German Pages 176 [172] Year 2015
Ulrich Dornsiepen
Atommüll – wohin?
Widmung Für meine Kinder
Danksagung Wie fast jedes Sachbuch so ist auch dieses mit der Hilfe von Kollegen und Freunden entstanden. Mein besonderer Dank gilt: Prof. Dr. G. Kowalzcyk (Frankfurt) für seine Hilfe bei der Suche nach Literatur. Meinen Kollegen Dr. K. Hammerschmidt (Berlin) und Dr. R. Petschick (Frankfurt) für wertvolle Kommentare zu wichtigen Teilen der Kapitel 2 und 3 Dem Mitarbeiter der WBG Dr. J. Seeling für sein Engagement eine vage Idee in ein konkretes Buchprojekt umzusetzen und für seine verständnisvolle Geduld und konstruktive Kritik bei der Fertigstellung des Buches und schließlich Frau Dr. G. Bucher (Offenbach) dafür, dass sie mich einige Male davor bewahrt hat »den ganzen Schlamassel hinzuschmeißen«.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.
© 2015 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Lektorat: Beatrix Föllner, Nettetal Layout, Satz und Prepress: TypoGraphik Anette Klinge, Gelnhausen Umschlaggestaltung: Christian Hahn, Frankfurt a. M. Umschlagabbildung: dkimages-fotolia.com Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-3123-6
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8062-3124-3 eBook (epub): 978-3-8062-3125-0
Inhalt Vorwort I. Einleitung II. Physikalische Grundlagen Atommodelle Die Kernenergie und die Spaltung von Atomkernen Radioaktive Strahlung Radioaktiver Abfall aus Kernkraftwerken
7 9 11 11 16 18 22
III. Geologische Grundlagen und Konzepte der Endlagerung
25 Geologische Grundlagen 26 Anforderungen an die Geologie eines Endlagers 49 Neue erweiterte Konzepte zur Endlagerung und zur Suche nach einem Endlager 96
IV. Geplante und bestehende Endlager Schacht Asse II, das große Problem Das Endlager für radioaktive Abfälle – Morsleben (ERAM), das Erbe der DDR Schacht Konrad – das ehemalige Eisenerzbergwerk Der Salzstock Gorleben – der große Zankapfel
V. Schlussbetrachtungen Was haben wir? – Ein kleiner zusammenfassender Überblick Vergessene Ausschlusskriterien – zusätzliche V Vorgaben Welche Möglichkeiten bleiben? Endlich Schluss
99 99 113 122 129 144 144 146 149 152
Anhang Literaturverzeichnis Abbildungsnachweis Stratigraphische Tabellen für Deutschland Register
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Vorwort Die Frage der »endgültigen« Lagerung von Atommüll ist ein Problem von nationaler Tragweite, dessen Lösung immer dringender wird, bisher aber sehr kontrovers diskutiert wird und mit vielen Emotionen verknüpft ist. Es besteht in Deutschland Konsens, diese Abfälle innerhalb der Landesgrenzen dauerhaft in tief liegenden Gesteinsschichten zu lagern. In den letzten zehn Jahren sind ein knappes Dutzend Bücher zum Thema Endlager erschienen. Diese Publikationen richten sich in erster Linie an spezialisierte Fachleute. Lediglich der Physiker Klaus Stierstadt bemüht sich in seinem Buch (Stierstadt 2010), ein breiteres Laienpublikum anzusprechen. Als Physiker betont er verständlicherweise die physikalische Problematik der Endlagerung von Atommüll. Die Endlagerung in tief liegenden Gesteinsschichten ist aber in erster Linie ein geologisches Problem und daher auch nur von geologischer Seite her zu lösen. Deshalb will dieses Buch versuchen, die Problematik der Endlagerung objektiv und ideologiefrei unter besonderer Berücksichtigung der geologischen Fragen allgemein verständlich für interessierte Laien darzustellen, ohne auf den Anspruch wissenschaftlicher Korrektheit zu verzichten. Ein solches Buch erscheint nötig, da zwar die Information und Beteiligung breiter, betroffener Bevölkerungsteile eingefordert wird, aber selten versucht wird, die offenen geologischen Fragen und ihre wissenschaftliche Lösung verständlich zu machen.
Vorwort
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I. Einleitung Im Jahre 2002 hat der sogenannte »AkEnd«, das ist eine Expertenkommission mit folgendem vollständigen Namen »Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte«, einen Abschlussbericht vorgelegt, der über zweihundert Seiten lang und im Internet unter dem Stichwort »AkEnd« verfügbar ist (AkEnd 2002). Wir werden uns im Laufe dieses Buches noch eingehend mit diesem Abschlussbericht beschäftigen. Er ist sozusagen die »Bibel« für die Suche nach einem Endlagerstandort in Deutschland und wird immer wieder für diese Frage herangezogen. In dem Schlussteil dieses Berichtes wird ausgiebig auf die soziologisch-politischen Probleme der Endlagersuche eingegangen. Zu diesem Zweck hat der Arbeitskreis auch Bevölkerungsbefragungen durchgeführt. Ein Ergebnis der Befragungen zeigt das ganze Dilemma der im Augenblick so verfahrenen Situation in der Endlagersuche in Deutschland. Deshalb seien hier zwei Originaltabellen aus diesem Bericht abgebildet (AkEnd 2002, Abb. 1.1).
Aus diesen Tabellen geht hervor, dass etwa 90 % der Befragten es als mehr oder weniger dringlich, über 50 % sogar als sehr dringlich, erachten, dass das Endlagerproblem gelöst wird, aber auch, dass 80 % gegen die Einrichtung eines Endlagers in ihrer Region sind. Dies ist einerseits verwunderlich, andererseits eine durchaus verständliche Reaktion der Betroffenen und zeigt ganz deutlich, welches Unbehagen gegenüber der radioaktiven Strahlung herrscht. Die Gefahr, die von der radioaktiven Strahlung ausgeht, wird von der Bevölkerung realisiert. Sie wird aber als unheimlich und heimtückisch empfunden, da man sie mit den menschlichen Sinnen nicht wahrnehmen kann. Man riecht sie nicht, hört sie nicht, sieht sie nicht und spürt sie nicht auf der Haut. Man benötigt spezielle Messgeräte, um sie überhaupt feststellen zu können. Neben der Radioaktivität besitzen einige Elemente wie Uran, Thorium und Plutonium auch noch eine hohe Toxizität. Ferner kommt hinzu, dass im Laufe der jüngeren Geschichte der Atomkraftnutzung und der Suche nach einem Endlager von Atommüll haarsträubende Fehler in Bezug auf Information und Einbeziehen der betroffenen Bevölkerung gemacht worden sind (Tiggemann 2004, Möller 2009, Hocke & Grunwald (HG.) 2006). Das hat natürlich zu einem erhöhten Misstrauen gegenüber Atomindustrie und Politik geführt. Weiterhin wurde die Suche dadurch erschwert, dass die politischen Parteien in Deutschland bis zum Frühjahr 2013 keinen Konsens in dieser Frage gefunden hatten und die bestehenden Meinungsverschiedenheiten zur eigenen Profilierung benutzten und damit auf Wählerfang gingen. Nachdem eine zehn Jahre dauernde Unterbrechung der Untersuchung des Salzstocks Gorleben abgelaufen ist, wurde im ersten Halbjahr 2013 ein Parteien übergreifender Kompromiss gefunden. Er besteht darin, im Frühjahr 2014 eine Expertenkommission zu etablieren, die mit der Suche
Einleitung
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Abb. 1.1 Ergebnisse einer Bevölkerungsbefragung durch den »Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte« (AkEnd 2002) zur Endlagerung atomarer Abfälle in Deutschland.
nach einem Standort für Endlager für hochradioaktiven Abfall einen Ergebnis offenen Neuanfang starten soll. Somit sind »unabhängige« Wissenschaftler gefragt, die Bevölkerung unvoreingenommen und objektiv zu informieren. Für die Physik hat dies Stierstadt (2010) versucht. Für die Geologie soll hiermit der Versuch gewagt werden. Ferner soll gezeigt werden, wie weit der Kenntnisstand der geologischen Wissenschaften in Endlagerfragen gekommen ist und wo somit die Expertenkommission ihren Neuanfang starten kann.
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II. Physikalische Grundlagen
Atommodelle Schon die »Alten Griechen«, zumindest einige, hatten die Vorstellung, dass die Materie aus kleinsten, unteilbaren Bausteinen aufgebaut wird. Diese nannten sie »Atomos«, das heißt soviel wie das »Unteilbare«. Mit den »Alten Griechen« meinen wir die Politiker, Philosophen und Naturwissenschaftler der griechischen Staaten aus den Jahren 600 bis 100 vor Christus. Wie viele der Erkenntnisse und Ideen aus dieser Zeit so ist auch die Vorstellung von den Atomen in Vergessenheit geraten. Erst im Zeitalter der Aufklärung, im 18. Jahrhundert, wurde diese Idee wieder aufgegriffen und vom Ende des 19. Jahrhunderts bis etwa 1930 wurden die Grundlagen für die heutigen Atommodelle erarbeitet. Ich werde jetzt hier nur vereinfachte Modelle vorstellen soweit sie für die Diskussion über ein Atommüllendlager notwendig sind. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Schulwissen. Wer dieses noch beherrscht oder selber Physiker oder Chemiker ist, möge dieses Kapitel überschlagen. Wer mehr wissen möchte, schaue bei Stierstadt (2010) und der dort angegebenen Literatur nach oder besorge sich ein Lehrbuch oder Handbuch der Physik oder Chemie. Leider hatten die »Alten Griechen« nicht recht mit ihrer Idee der Unteilbarkeit der Atome, denn sonst hätten wir das Problem mit dem Atommüll nicht. Wir benutzen nämlich den Zerfall und die Teilung von Atomen, um die dabei frei werdende Energie in elektrische Energie umzuwandeln. Hierzu sei noch eine Bemerkung erlaubt. Im allgemeinen, neuen Sprachgebrauch wird von Energiegewinnung oder erneuerbarer Energie gesprochen. Dies ist wissenschaftlich gesehen Unsinn, denn einer der wesentlichen Lehrsätze der Physik ist der Erhaltungssatz der Energie. Das heißt, man kann keine Energie gewinnen oder erneuern, sondern man kann nur eine Energieform in eine andere überführen. Dennoch hat es sich dermaßen eingebürgert von Energiegewinnung zu reden, dass es nicht weise wäre, dies ändern zu wollen. Eine der wesentlichen Erkenntnisse der Forschung an Atomen ist, dass sie unendlich klein sind. In der Wissenschaft benutzt man Potenzen der Zahl 10, um sehr große und sehr kleine Zahlen darzustellen. Teilweise auch deshalb, weil es im englischen und deutschen Sprachgebrauch zu unterschiedlichen Bezeichnungen gekommen ist. Eine Milliarde im Deutschen ist eine Billion im Englischen, während bei uns eine Billion 1000 Milliarden sind. So schreibt man eine Million als 106 , das bedeutet eine 1 mit 6 Nullen nach der 1. 1021 ist dann eine Zahl bestehend aus einer 1 mit 21 Nullen nach der 1.
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Für den deutschen Sprachgebrauch ergibt sich: 1 Million = 106 1 Milliarde = 109 1 Billion = 1012 1 Billiarde = 1015 1 Trillion = 1018 1 Trilliarde = 1021 usw. Will man kleine Zahlen bezeichnen, so nimmt man den Bruchteil einer 1, ein tausendstel ist 1 geteilt durch 1000, ergibt 0,001 geschrieben als 10–3.also eine Zahl mit 3 Nullen vor der 1 und ein Komma nach der ersten Null. Eine Zahl 10–21 ist somit eine 1 geteilt durch 1021 also eine Zahl mit 21 Nullen vor der 1 und ein Komma nach der ersten Null. Mit diesen Zahlen können wir die Kleinheit eines Atoms ausdrücken. Der Durchmesser eines Atoms ist etwa der zehn millionste Teil eines Millimeters also 10–7 Millimeter. Damit man sich diese Dimension in etwa vorstellen kann, gibt Stierstadt (2010) ein anschauliches Beispiel. Man nimmt einen Fingerhut voll Wasser. In diesem Fingerhut befinden sich einhundert Trilliarden Atome, also 1023, ausgeschrieben 100 000 000 000 000 000 000 000. Die so winzigen Atome bestehen dann auch noch aus einem noch kleineren Kern und einer Hülle. In der Hülle kreisen Elektronen um den Kern. Die Elektronen besitzen sehr wenig Masse, haben aber eine negativ elektrische Ladung. Der Kern besteht aus Masseteilchen, den Nukleonen. Diese sind elektrisch positiv geladene Protonen und elektrisch neutrale Neutronen. Sie sind sehr dicht im Kern zusammengepackt und enthalten den größten Teil der Masse eines Atoms. Die Masse eines Protons ist etwa gleich groß wie die eines Neutrons. Jedes Atom hat genauso viele Protonen wie Elektronen, sodass ein Atom eine ausgeglichene Ladung aufweist.
Abb. 2.1 Vereinfachtes Atommodell.
Wenn allerdings ein Atom ein oder mehrere Elektronen verliert oder dazu bekommt, verändert sich der Ladungszustand und es wird zum Ion. Verliert es Elektronen, bekommt es eine positive Ladung, umgekehrt eine negative Ladung. Ein Atom wird dadurch zu einem positiv oder negativ geladenen Ion. Ein Natriumatom
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wird durch den Verlust eines Elektron zu einem positiv geladenen Natriumion, geschrieben Na+. Ein Sauerstoffatom wird durch Zugewinn von zwei Elektronen zu einem zweifach negativ geladenen Sauerstoffion, geschrieben O2–. Solche Ionisierungsprozesse treten bei chemischen Reaktionen auf oder werden durch intensive Bestrahlung in Gang gesetzt. Die Anzahl der Protonen im Kern bestimmt den chemischen Charakter eines Atoms, also um welches chemische Element es sich handelt. So besitzt der Wasserstoff 1 Proton, Uran dagegen 92 Protonen. Neben den Protonen existieren auch Neutronen im Kern. Beide zusammen ergeben die Massenzahl eines Elements. Die Massenzahl (A) ist gleich der Summe aus der Anzahl der Protonen (Z) und Neutronen (N). Es gilt: A = Z + N. Nun besitzt nicht jedes Element die gleiche Anzahl an Neutronen wie Protonen. Die Atome solcher Elemente mit gleicher Protonenzahl, aber unterschiedlicher Neutronenzahl nennt man Isotope. Beim Wasserstoff mit der Protonenzahl 1 kennt man 3 Isotope, eines ohne Neutron, und zwei, die ein oder zwei Neutronen haben. Beim Uran mit der Protonenzahl 92 können 126 bis 150 Neutronen im Kern vorhanden sein. Dementsprechend gibt es Uranisotope mit der Massenzahl 218 bis 242. In der Natur kommen die Uranisotope Uran-234, Uran-235 und Uran-238 am häufigsten vor. Hier ist eine Möglichkeit gegeben ein Isotop zu bezeichnen: Man hängt die Massenzahl an den Namen oder an das chemische Symbol des Elements, wie oben geschehen. Die wissenschaftlich gebräuchlichste Methode ist die Massenzahl als Hochzahl vor das chemische Symbol zu setzen. Für den radioaktiven Kohlenstoff zum Beispiel erhält man so 14C. Der Kern ist etwa zehntausend bis hunderttausend Mal kleiner als das gesamte Atom, misst also zwischen 10-11 und 10-12 Millimeter, je nachdem welchen Atomkern wir betrachten. Ein Wasserstoffkern mit nur einem Proton ist um den Faktor 10 kleiner als ein Urankern mit 238 Nukleonen. Stierstadt (2010) hat ein anschauliches Beispiel geliefert, wie man sich die Größenverhältnisse in einem Atom vorstellen kann. Wenn man den Kern eines Atoms um den Faktor eine Billion (1012) vergrößert, wird er so groß wie ein Stecknadelkopf (1 Millimeter). Die Hülle hat dann einen Durchmesser von 100 Metern. Ein echter Stecknadelkopf würde mit dieser Vergrößerung annähernd so groß wie unsere Sonne werden.
Abb. 2.2 Aufbau und Größe verschiedener Atomkerne (aus Stierstadt 2010).
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Abb. 2.3 Größenvergleich zwischen Atomkern und Stecknadelkopf. Vergrößert man einen Atomkern auf die Größe eines Stecknadelkopfes, würde letzterer bei gleicher Vergrößerung etwa so groß wie unserer Sonne werden (aus Stierstadt 2010).
Die positiv geladenen Protonen halten die negativen Elektronen in Bahnen um den Atomkern. Allerdings bewegen sich die Elektronen nicht alle auf der gleichen Bahn. Je mehr Elektronen vorhanden sind umso mehr Bahnen oder Schalen hat ein Atom, in denen sich die Elektronen bewegen. Das Element Wasserstoff hat nur eine Schale, Uran dagegen sieben. Die Schalen werden von innen nach außen mit Buchstaben des Alphabets K bis Q bezeichnet, wobei die K-Schale die innerste, dem Kern am nächsten stehende, und Q die äußerste Schale ist. Die K-Schale kann maximal zwei Elektronen, die nächste L-Schale maximal acht Elektronen und die äußerste Schale, die Q-Schale, könnte bis zu 98 Elektronen auff nehmen. An Beispiel des Urans sieht man, dass die Atome nicht immer die maximale Belegung einer Schale ausnutzen. Uran besitzt 92 Protonen und 92 Elektronen, könnte demnach alle Elektronen auf der äußersten Schale unterbringen. Es tut dies aber nicht, sondern hat die O-, P- und Q-Schale nicht voll besetzt. Die Schalen stellen Energieniveaus dar, die man mit ganzen Zahlen ausdrückt n =1 bis 7 und auch wieder von innen nach außen zählt. Das heißt, die Innenschale hat das niedrigste, die äußerste das höchste Energieniveau. Wenn ein Elektron von einem niedrigen Energieniveau in ein höheres gebracht werden soll, muss man die gleiche Menge an Energie zuführen, die den Unterschied zwischen den Energieniveaus ausmacht. Springt ein Elektron wieder zurück, so wird die Energie in Form von elektromagnetischen Wellen (Licht oder Röntgenstrahlen) wieder abgegeben. Auf diese Weise entstehen z. B. die Polarlichter. Wir alle kennen einen Ventilator, der aus zwei, drei oder vier Rotorblättern besteht. Wenn ein Ventilator sehr schnell läuft, sehen wir die einzelnen Rotorblätter nicht mehr. Wir nehmen nur eine Ebene wahr, in der sich die Rotorblätter bewegen, und können nicht sehen, wo sich die einzelnen Rotorblätter im Augenblick befinden.
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Erst wenn wir einen Finger zu weit vorstrecken, machen wir die schmerzliche Bekanntschaft mit den sich drehenden Rotoren. So ähnlich müssen wir uns auch die Verhältnisse in einer Elektronenhülle vorstellen. Die Elektronen kreisen mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit von etwa 40 000 km pro Sekunde um den Atomkern. (Zur Erinnerung: Die Lichtgeschwindigkeit beträgt 300 000 km pro Sekunde). Bei solchen Geschwindigkeiten kann man natürlich nicht sagen, wo ein Elektron sich in einem bestimmten Augenblick befindet. Hinzu kommt, dass die Elektronen sich nicht nur in den kreisförmigen Schalen bewegen, sondern zusätzlich sehr komplizierte Bewegungen in Keulen und Schläuchen ausführen. Sie bewegen sich dabei in rotationssymmetrisch verteilten dreidimensionalen Gebilden um den Kern, die man Orbitale nennt.
Abb. 2.4 Schnitt durch eine Symmetrieebene von Orbitalen, der die möglichen Formen der Orbitalen zeigt: Kugelschalen, Keulen und schlauchförmige Gebilde (aus Stierstadt 2010).
Die Elektronen haben, wie gesagt, im Vergleich zu den Protonen und Neutronen sehr wenig Masse. Man kann dies genau ausrechnen und kommt zu dem Resultat, dass ein Proton 1836 Mal mehr Masse hat als ein Elektron, aufgerundet etwa 2000 Mal mehr. Wenn man das in Prozent umrechnet kommt heraus, dass mehr als 99,9 % der Masse eines Atoms im Kern steckt. Da der Kern nur ein Zehntausendstel bis Hunderttausendstel der Gesamtgröße eines Atoms ausmacht, bedeutet dies auch, dass ein Atom zu mehr als 99,99 % aus Leere, aus Nichts besteht. Wenden wir diese Erkenntnisse auf ein Wasserstoffatom an und denken uns, dass ein Elektron ein Samen einer Pusteblume, also eines Löwenzahns, ist. Davon schneiden wir den Samen ab und behalten nur den kleinen, leichten Fallschirmpuschel. Dieser kreist nun mit irrsinniger Geschwindigkeit auf wahnwitzigen Orbitalen in einem Durchmesser von 100 Metern um einen Kern, sodass uns das Ganze wie ein großer Ballon erscheint. (Zum Vergleich: Die Länge eines Fußballfeldes beträgt etwa 100 Meter.) Der Kern besteht aus 1836 solcher kleinen Fallschirmpuschel, zusammengepresst auf die Größe eines Stecknadelkopfes. Beim Uran wären es 92 Puschel verteilt auf 7 Schalen und etwa 440 000 Puschel (238 Nukleonen mal 1836) im Kern zusammengepresst zu einer kleinen Murmel mit einem Zentimeter Durchmesser. Das Atommodell wurde aufgrund von theoretischen Überlegungen und den Beobachtungen der Auswirkungen der Strahlung von Protonen, Neutronen und
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Elektronen entwickelt. Mit modernen Elektronenmikroskopen kann man heute ein Atom sichtbar machen. Mit einem Atomkraftrastermikroskop lässt sich die Elektronendichte in einem Feststoff bestimmen. Bereits 1945, also nur 7 Jahre nachdem die Spaltbarkeit eines Atomkerns durch Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Strassmann nachgewiesen wurde, explodierten die Atombomben in Nagasaki und Hiroshima. Diese Explosionen haben auf tragische Weise gezeigt, wie viel Energie in den Atomkernen steckt, was dann zur »friedlichen« Nutzung der Atomenergie führte und uns die Problematik der Endlagerung von Atommüll bescherte.
Die Kernenergie und die Spaltung von Atomkernen Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Strassmann haben gezeigt, dass man Atomkerne mit Neutronen spalten kann und dass dabei große Mengen von Energie freigesetzt werden. Woher kommt diese Energie? Der Atomkern besteht aus Protonen und Neutronen. Die Protonen haben alle die gleiche positive Ladung und stoßen sich gegenseitig ab. Sie müssten also ständig auseinander fliegen. Sie werden durch eine fundamentale Kraft, die Kernkraft darin gehindert. Diese Kernkraft hat eine sehr geringe Reichweite. Im Prinzip beschränkt sich ihre Reichweite auf den winzigen Atomkern. Der Zusammenhalt geht von der Masse der Neutronen aus. Denn sobald ein Atomkern mehr als ein Proton enthält, befinden sich gleichviel oder mehr Neutronen im Kern. Je mehr Protonen im Kern vorhanden sind, umso mehr Neutronen werden benötigt, um den Kern zusammenzuhalten. Beim Helium mit zwei Protonen genügen zwei Neutronen. Schon ab vier Protonen sind mehr Neutronen im Kern vorhanden als Protonen. Beim Gold mit 79 Protonen sind 118 Neutronen notwendig, um einen stabilen Zusammenhalt zu gewährleisten. Dennoch wird der Zusammenhalt eines Atomkerns immer schwächer je mehr Protonen der Kern enthält. So ist er am schwächsten im Kern des Urans, das mit 92 Protonen das schwerste natürlich vorkommende Element ist. Wenn ein frei umher fliegendes Neutron zufällig auf einen Urankern trifft, so beeinträchtigt es den Zusammenhalt. Fällt der Stoß relativ schwach aus, so wird der Urankern nur zu Schwingungen angeregt und er sendet Strahlen aus, sogenannte Gammastrahlen. Wenn der Stoß heftiger erfolgt, platzt der Urankern und zerfällt in zwei oder, sehr selten, in mehrere kleinere Atomkerne. Dabei werden noch 2 oder 3 Neutronen freigesetzt, die prompten Spaltneutronen. Diesen Vorgang nennt man Kernspaltung. Die Teile fliegen mit großer Geschwindigkeit auseinander, da sie sich gegenseitig abstoßen. Die Kernkraft kann diese Teile nicht mehr zusammenhalten, da sich diese außerhalb ihrer Reichweite befinden. Die Kernteile fliegen mit großer Geschwindigkeit auseinander und die Bewegungsenergie wird teilweise umgesetzt in Wärmeenergie, die man in elektrische Energie umwandelt kann. Dies geschieht in den Kernkraftwerken, die etwa ein Drittel der bei der Kernspaltung frei werdenden Wärmeenergie zur Stromerzeugung nutzen. (Zur Funktion von Kernkraftwerken gibt Stierstadt 2010 einen kleinen Überblick. Wenn jemand mehr dazu erfahren möchte, sollte er die dort angegebene Literatur lesen).
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Abb. 2.5 Kernspaltung durch ein Neutron. a) Kernschwingung; b) Spaltung von Uran in Krypton, Barium und drei Neutronen (aus Stierstadt 2010).
Es hat sich gezeigt, dass man Uran-235 am besten spalten kann, während die anderen Uranisotope ein Neutron entweder ablenken und abbremsen oder einfangen. Ein Uran-235- Kern fängt auch ein Neutron ein und wird zu einem Uran-236. Die meisten dieser Isotope zerfallen aber sofort in zwei Teile und eine geringe Anzahl zerfällt nicht. Man sollte meinen, dass dann zwei Atomkerne mit der Massenzahl 118 (236 : 2 = 118) entstehen würden. Der Uran-236 Kern zerfällt aber unsymmetrisch, wobei die neu entstandenen Kerne gehäuft Massenzahlen zwischen 85 und 106 und zwischen 131 und 147 haben. Typische Elementpaare, die durch Uranspaltung entstehen sind: Barium-Krypton, Caesium-Rubidium, Xenon-Strontium, Jod-Yttrium. Wichtig zu bemerken ist, dass mit Krypton und Xenon zwei Gase dabei entstehen. Je nach Elementpaar werden dabei noch zwei oder drei Spaltneutronen freigesetzt. Man braucht also ein Neutron, um einen Uran-235-Kern zu spalten. Wo nimmt man das her? Dies ist sehr einfach, denn Uran- und Thoriumkerne spalten sich spontan, wobei Neutronen freigesetzt werden. Treffen diese Neutronen wieder auf einen Urankern, so spalten sie diesen und setzen wieder Neutronen frei usw. Je mehr Urankerne vorhanden sind, umso häufiger kommt es zu einer Spaltung. Wenn man nur über eine kleine Masse Uran verfügt, treffen die Neutronen auf andere Atomkerne, die nicht spaltbar sind. Je mehr Masse an Uran vorhanden ist, desto größer ist die Chance einer durch Neutronen verursachten Kernspaltung. Man hat errechnet, dass in einer Kugel aus Uran-235 mit einem Durchmesser von 16,8 cm und einer Masse von 46,4 kg für jedes gespaltene Uranatom ein weiteres gespalten wird. Dieser Vorgang wird als »Kettenreaktion« bezeichnet und die 46,4 kg werden »kritische Masse« genannt. Wenn man die Uranmasse mit einem Stoff ummantelt, der die nach außen fliegenden Neutronen reflektiert (Wasser, Graphit oder Beryllium) kann man die »kritische Masse« auf 16 kg reduzieren (Stierstadt 2010). Wenn eine Kettenreaktion in Gang gesetzt wird, führt dies unmittelbar zu einer Explosion (Atombombe). In einem Reaktor möchte man keine Atomexplosion hervorrufen, sondern eine kontrollierbare Wärmeentwicklung erhalten. Dies wird einmal erreicht, indem man die Geometrie
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Abb. 2.6 Schematische Darstellung einer Kettenreaktion mit Neutronen der ersten drei Generationen (n1, n2, n3) und den Spaltprodukten (A, B) (aus Stierstadt 2010).
der Uranmasse verändert. Anstatt einer Kugel nimmt man lange dünne Stäbe, die in einer bestimmten Entfernung zueinander angebracht werden. Zum anderen schiebt man Bremsstäbe zwischen die Uranstäbe, die die Neutronen abbremsen und mit denen man die Reaktortätigkeit und Wärmeentwicklung steuern kann.
Radioaktive Strahlung Die meisten Atomkerne sind instabil, dadurch radioaktiv und senden Strahlen aus. Diese Strahlen sind schädlich für Organismen. Der Mensch und die Biosphäre müssen deshalb davor geschützt werden. Für die Endlagerproblematik sind vier Strahlenarten von Bedeutung: Alphastrahlen, Betastrahlen, Gammastrahlen und Neutronenstrahlen. Sie unterscheiden sich in ihrer Natur und in ihrer Fähigkeit Materie zu durchdringen. Energiereichere Strahlen durchdringen größere Massen als energieärmere. Alphastrahlen bestehen aus Teilen eines Atomkerns, nämlich zwei Protonen und zwei Neutronen, das entspricht einem Heliumkern. Sie haben eine geringe Reichweite und können schon von sehr wenig Materie aufgehalten werden. Betastrahlen sind energiereiche Elektronen und dringen um ein Vielfaches weiter durch Materie als Alphastrahlen. Gammastrahlen bestehen nicht aus einer Teilchenstrahlung wie die Alpha- und Betastrahlen, sondern haben eine Natur wie elektromagnetische Wellen, vergleichbar mit Röntgenstrahlen oder Lichtstrahlen. Im Gegensatz zu diesen Strahlen, die in der Elektronenhülle eines Atoms entstehen, haben Gammastrahlen ihren Ursprung im Atomkern. Sie werden von der Materie nicht aufgehalten, aber kontinuierlich abgeschwächt bis sie wirkungslos sind. Ähnlich verhalten sich die Neutronenstrahlen, die etwa im gleichen
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Maße wie Gammastrahlen abgeschwächt werden. Im Gegensatz zu den Gammastrahlen sind die Neutronenstrahlen auch Teilchenstrahlen wie Alpha- und Betastrahlen. Die Reichweiten von Strahlen mit einer Energie von einem Megaelektronenvolt in Luft und Wasser sind in Abb. 2.7 dargestellt (Stierstadt 2010).
Abb. 2.7 Reichweite radioaktiver Strahlen mit einer Energie von 1 Megaelektronenvolt in Luft und Wasser. a) Alphastrahlen (α, zweifach positiv geladen), b) Betastrahlen β, elektrisch negativ geladen), c) Gammastrahlen (γ, elektrisch neutral), d) Neutronenstrahlen (n, elektrisch neutral) (aus Stierstadt 2010).
Energie wird normalerweise in Joule gemessen. Ein Joule (J) einspricht einem Newtonmeter (Nm). 1 J = 1 N m (Ein Newton ist die Einheit für die physikalische Größe Kraft, definiert als Masse mal Beschleunigung)
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1 N = 1 kg m/s2 1 J = 1 N m = 1 kg m2/s2 m/s ist das Maß für die Geschwindigkeit (v). Da die Energie in einem Atomkern im Vergleich dazu klein ist, wird sie in Elektronenvolt (eV) angegeben, die dann entsprechend Kiloelektronenvolt (keV) für 1000 und Megaeletronenvolt (MeV) für 1 000 000 Elektronenvolt angegeben wird. Ein Kiloelektronenvolt entspricht etwa 1,6 × 10-16 J. Ein Megaelektronenvolt ist entsprechend 1,6 × 10-13 J. Treffen Teilchenstrahlen auf Materie werden sie abgebremst, verlieren ihre Geschwindigkeit und bleiben schließlich stecken. Gammastrahlen verlieren nicht ihre Geschwindigkeit, verringern aber ihre Intensität. Die radioaktiven Strahlen werden hervorgerufen durch radioaktiven Zerfall, wobei ein Mutterisotop in ein Tochterisotop umgewandelt wird. Bei einem Alphazerfall werden zwei Protonen und zwei Neutronen aus dem zerfallenden Kern emittiert. Dadurch verringert sich die Massenzahl des Mutterkerns um vier Einheiten und das Tochterisotop hat zwei Protonen weniger und wird dadurch zu einem anderen chemischen Element. Ein Uran-238 mit 92 Protonen verliert vier Massenzahlen und zwei Protonen und wird zu einem Thorium-234 mit 90 Protonen. Beim Betazerfall wird ein Neutron in ein Proton umgewandelt und ein Elektron emittiert. Die Massenzahl bleibt dabei erhalten, aber im Kern kommt ein Proton dazu, sodass hierbei auch ein neues Element entsteht, das im Periodensystem ein Nachbar ist. Zum Beispiel wird aus einem Rubidium-90 mit 37 Protonen durch Betazerfall ein Strontium-90 mit 38 Protonen, aber einem Neutron weniger (s. Abb. 2.10). Beim Neutronenzerfall verliert der Kern ein Neutron, die Massenzahl wird um eins verringert, die Protonenzahl und damit das chemische Element bleiben gleich. Beim Gammazerfall verändern sich weder die Massenzahl noch die Protonenzahl, der Kern gibt aber Energie ab. Neben den Strahlungsarten und den Reichweiten wird die radioaktive Strahlung auch charakterisiert durch ihre Zeitdauer und ihren zeitlichen Verlauf. Durch die Umwandlung nimmt die Zahl der Mutterkerne eines radioaktiven Elementes kontinuierlich im Laufe der Zeit ab. Dies erfolgt exponentiell mit der ablaufenden Zeit t. Die Abnahmerate ist der Anzahl der jeweils vorhandenen Mutterkerne proportional. Die Abnahme der Atomkerne pro Zeitdauer ist gleich der Zerfallskonstante mal der Zahl der vorhandenen Kerne. In einer mathematischen Schreibweise lautet dies: –dN(t)/dt = λ N(t) Umgeformt ergibt diese Formel das Zeitgesetz des radioaktiven Zerfalls: N(t) = N(0) × e-λt Es bedeuten: N(0) = Anzahl der ursprünglichen Mutteratome zum Zeitpunkt 0 N(t) = Anzahl der übrig gebliebenen Mutteratome zum Zeitpunkt t e = Eulersche Zahl λ = Zerfallskonstante
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Die Zerfallskonstante λ gibt an, wie schnell ein bestimmter Atomkern zerfällt. Ihr Kehrwert entspricht der mittleren Lebensdauer eines Atomkerns, die mit dem griechischen Buchstaben τ bezeichnet wird (τ = 1/λ). Die Gleichung ergibt die Kurve in Abbildung 2.8. Das Produkt der Zahl der Atomkerne mit der Zerfallskonstante ist die Aktivität A(t). λ s N(t) = A(t)
Abb. 2.8 Die Kurve des radioaktiven Zerfalls in Abhängigkeit von der Zeit (aus Stierstadt 2010).
Abb. 2.9 Diagramm der Abhängigkeit der Neutronenzahl (N) von stabilen Atomkernen von der Protonenzahl (Z). Jeder Punkt stammt von einem bekannten Isotop, die durchgezogene Linie entspricht einem Mittelwert (sozusagen der Idealwert), der auf der rechten Skala N/Z angegeben ist. Die gestrichelte Kurve ergibt sich, wenn die Anzahl der Protonen gleich der Neutronen ist (N = Z). Das kommt aber nur bei Atomen mit zehn oder weniger Protonen vor (aus Stierstadt 2010).
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Für die Aktivität wurde die Maßeinheit Becquerel eingeführt (1 Becquerel = 1 Zerfall pro Sekunde). Früher wurde dafür die Einheit Curie verwendet (1 Curie = 3,7 × 1010 Becquerel). Anstelle der Zerfallskonstante λ wird häufig die Halbwertszeit benutzt, die angibt nach welcher Zeitdauer noch die Hälfte der Atomkerne eines radioaktiven Elements vorhanden ist. Je kleiner die Halbwertszeit oder die mittlere Lebensdauer und je größer die Zerfallskonstante, desto schneller zerfällt der Kern. Man kennt mittlerweile die Halbwertszeit von fast allen radioaktiven Elementen, sie reichen von Bruchteilen von Sekunden (10-8) bis zu tausend Trilliarden (1024) Jahren (Stierstadt 2010). Der radioaktive Kohlenstoff 14C hat eine Halbwertszeit von 5730 Jahren. Nach dieser Zeit sind von einer Million Atomen noch 500 000 übrig, 11460 Jahre später nur noch 250 000 usw. In der sogenannten Karlsruher Nuklidkarte von 1998, vereinfacht dargestellt in Abbildung 2.9 (aus Stierstadt 2010), sind die bekannten stabilen und radioaktiven Elemente mit ihren Massenzahlen angegeben. Bei den radioaktiven Elementen sind außerdem die Halbwertszeiten beigefügt.
Radioaktiver Abfall aus Kernkraftwerken Spaltprodukte Die Spaltprodukte aus der Spaltung von Uran- und Plutoniumkernen sind radioaktiv. Der Grund liegt in ihrem zu hohen Neutronenanteil. Der Zusammenhalt eines Atomkerns wird hergestellt durch die Kernkraft, die von der Masse der Neutronen ausgeht (siehe vorhergehende Abschnitte). Je höher die Anzahl der Protonen, desto mehr Neutronen sind notwendig, um den Kern zusammen zu halten. In der vereinfachten Nuklidkarte (s. Abb. 2.9) sieht man, dass Atomkerne stabil sind, wenn sie ein bestimmtes Neutronen-Protonen-Verhältnis (N/Z) in Bezug zur Protonenzahl haben. Wenn
Abb. 2.10 Spaltung eines Urankerns und die daraus entstehenden Zerfallsreihen der beiden Spaltprodukte Krypton und Barium (aus Stierstadt 2010).
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diese Beziehung nicht eingehalten wird, ist der Kern instabil. Ein Uran-235-Kern hat ein Neutronen-Protonen-Verhältnis (N/Z) von 1,55. Ein durch Spaltung entstandener Kern des Barium-143 enthält 87 Neutronen und hat von dem Urankern ein N/Z-Verhältnis von 1,55 geerbt. Dies ist aber für seine Protonenanzahl von 56 zu hoch. In einem stabilen Bariumisotop ist das N/Z-Verhältnis nur 1,45. So versucht nun das Bariumisotop einen stabilen Zustand zu erreichen, in dem es sein N/Z-Verhältnis verändert. Dies geschieht über eine Umwandlung eines Neutrons in ein Proton unter Abstrahlung eines Elektrons (Betastrahlung). Dabei entsteht ein anderes Element, nämlich Lanthan, das aber auch nicht stabil ist, und so wird dieser Schritt so häufig wiederholt bis ein stabiles Element erreicht ist. In unserem Beispiel ist dies Neodym-143 mit einem N/Z-Verhältnis von 1,38 (s. Abb. 2.9 und 2.10 aus Stierstadt 2010). So entsteht eine Reihe von Spaltprodukten, die sich in den abgebrannten Brennstäben anreichern.
Transurane Nicht alle frei umherfliegende Neutronen treffen auf einen Uran-235-Kern und spalten diesen. Es kann auch vorkommen, dass ein Neutron in einen Kern eindringt und von diesem aufgenommen wird. Dadurch entsteht ein Atomkern, der ein Neutron mehr besitzt als notwendig und es ereignet sich der gleiche Vorgang wie bei den Spaltprodukten: Ein Neutron wird umgewandelt in ein Proton und ein Elektron emittiert. So entsteht ein neues Element mit einer höheren Protonenzahl als Uran. Deshalb heißen diese Elemente Transurane. Als bedeutendstes Element wird dabei Plutonium-239 produziert. Es ist ein Alphastrahler mit einer Halbwertszeit von 24000 Jahren und ist selbst wieder spaltbar. Plutonium ist darüber hinaus hochgiftig und wird deshalb auch zur Atomwaffenherstellung benutzt.
Atomarer Müll Ein Uranbrennstab besteht zu 3,3 % aus Uran-235 und zu 96,7 % aus Uran-238. In der Natur kommt Uran-235 nur zu etwa 1 % vor, es muss also in den Brennstäben angereichert werden. Ein abgebrannter Brennstab enthält folgende Elemente (nach Stierstadt 2010): 1. Uranreste 0,86 % Uran-235 (-2,44 %) 94,48 % Uran-238 (-2,22 %) 2. Neu gebildet 3,25 % Spaltprodukte 0,42 % Uran-236 (nicht aufgespalten!) 0,93 % Plutonium 0,06 % andere Transurane Die abgebrannten Brennstäbe bilden den größten Teil des hochradioaktiven Atommülls (englisch: high active waste, HAW). Im neuen Sprachgebrauch werden sie
Physikalische Grundlagen
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Abfälle mit hoher Wärmeentwicklung genannt. Der restliche weitere Atommüll wurde als niedrigaktiver Müll klassifiziert (englisch: low active waste, LAW), im jetzigen Sprachgebrauch sagt man Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung. Dieser Müll entsteht in dem Baumaterial und in den Kühlmitteln durch den Kontakt und die Nähe zu den strahlenden Brennstoffen. Durch die Neutronen-Gammastrahlen aus den Brennstäben werden die Kontaktstoffe selber zu strahlendem Material (induzierte Radioaktivität). Dieser Abfall muss ebenfalls entsorgt werden. Der innere Teil eines Kernkraftwerks strahlt noch so intensiv, dass man mindestens 30 Jahre warten muss, um es abbauen zu können (Stierstadt 2010). Neben den Abfällen aus Kernkraftwerken wird in der Nuklearmedizin und in nuklearen Forschungseinrichtungen radioaktiver Müll produziert, der ebenfalls in einem Atommüllendlager entsorgt werden muss.
Zwischenlagerung, Abfallbehandlung und Transport Die abgebrannten Brennstäbe strahlen noch so stark und produzieren so viel Wärme, dass sie zunächst in einem Abkling- oder Abkühlbecken mit Wasser zwischengelagert werden müssen. Das Wasser dient dabei sowohl als Kühlmittel als auch als Abschirmung gegen die radioaktive Strahlung. In diesem Wasserbecken muss das radioaktive Material etwa fünf bis zehn Jahre zwischengelagert werden. Die radioaktiven Elemente sind zum größten Teil wasserlöslich und werden zum Endlagern in Glaskokillen eingeschmolzen. Sie werden dann in bruchsichere und gasdichte Behälter eingefüllt, die aus Stahl und Keramik bestehen. In diesen Behältern müssen sie dann nochmals bis zu 30 Jahre gelagert und in der Anfangsphase mit Luft gekühlt werden. Erst danach können sie in das Gesteinsendlager eingebracht werden. Die für den Transport und Endlagerung vorgesehenen Behälter werden Castor genannt, wobei die nur für Endlagerung bestimmten Behälter Pollux heißen. Sie sind etwa sechs Meter lang und haben einen Durchmesser von 2,50 Metern. Details zum Auff bau und Größe dieser Behälter findet man in Stierstadt (2010) und Bollingfehr et al. (2011).
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III. Geologische Grundlagen und Konzepte der Endlagerung Wir haben in dem vorgehenden Kapitel gesehen, dass es eigentlich kein großes Problem darstellt, die radioaktive Strahlung durch eine entsprechend dicke Betonwand aufzuhalten oder so gering zu halten, dass sie keinen Schaden mehr anrichten kann. In den Forschungslaboren, die sich mit Radioaktivität beschäftigen, geschieht dies auch, indem die Forscher durch dicke Wände und Glasplatten von den strahlenden Stoffen abgeschirmt werden und mithilfe von ferngesteuerten Apparaten ihre Untersuchungen an Materialien mit hoher Radioaktivität durchführen. Warum brauchen wir dann überhaupt ein Endlager in geologischen Gesteinsformationen? Der »Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte« (AkEnd 2002) hat mehrere Gründe angegeben, warum eine Endlagerung in tief liegenden geologischen Gesteinsformationen sinnvoll und im Prinzip sogar notwendig ist. Die wichtigsten sind: 1. Der Zeitraum der Endlagerung Einige der radioaktiven und gefährlichen Isotope sind sehr langlebig mit einer langen Halbwertszeit. Der Arbeitskreis fordert deshalb eine Langzeitsicherheit für den Zeitraum von einer Million Jahren. Wir wissen nicht, ob unsere künstlichen Bauten eine so lange Lebensdauer haben. Bei geologischen Formationen können wir das auch nicht wissen, aber wir kennen ihre Millionen Jahre dauernde Geschichte und können annehmen, dass sie sich auch in abschätzbarer Zukunft so ähnlich verhalten werden. 2. Die natürliche Isolierung Die größte Gefahr geht nicht direkt von der Strahlung aus. Die Hauptgefahr entsteht, wenn radioaktive Isotope in den Wasserkreislauf geraten und darüber mit der Nahrung direkt in Organismen eindringen oder wenn, wie es die Unfälle von Tschernobyl und Fukushima gezeigt haben, radioaktive Elemente als Staub und Gas in der Atmosphäre verteilt werden. Dadurch können sie direkt über die Atmung in die Organismen gelangen oder als Niederschlag auf die Erde zurückfallen, große Gebiete radioaktiv verseuchen und diese für Generationen unbewohnbar machen. Das heißt, man muss geologische Formationen haben, die von Natur aus so dicht sind, dass dies langfristig verhindert wird, ohne dass der Mensch ständig überwachen und gegebenenfalls eingreifen muss. Natürlich ist es notwendig, anfangs das Endlager zu kontrollieren. Aber nachdem das Endlager endgültig verschlossen worden ist, muss man es nach einer gewissen Zeit, etwa ein paar hundert Jahre, sich selbst überlassen können.
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Geologische Grundlagen Kommen wir zunächst zu dem Zeitraum von einer Million Jahren. Die meisten Leser können sich wahrscheinlich unter einem solch langen Zeitraum kaum etwas vorstellen. Selbst wenn man sagt, dass dies der viertausendsechshunderste Teil des Alters der Erde ist. Auch mit der Aussage, dass es sich dabei um das zehn- bis zwanzigtausendfache eines Menschenlebens handelt, oder dass es ein etwa fünfmal so langer Zeitraum ist wie es den modernen Menschen gibt, werden die meisten nicht viel damit anfangen können. Vielleicht wird es für einen Nichtgeologen anschaulicher, wenn man das Alter der Erde fiktiv auf einen Tag reduziert. Damit es mit der Rechnerei nicht zu kompliziert wird, wenden wir einen kleinen Trick an und machen die Erde etwas älter als sie tatsächlich ist. Das wahre Alter der Erde beträgt etwa 4600 Millionen Jahre. Wenn man sie 4800 Millionen Jahre alt macht, kann man das leicht durch 24 teilen, die Stundenanzahl eines Tages. Die Rechnung mit diesen Zahlen ergibt, dass eine Stunde 200 Millionen Jahren entspricht. 30 Minuten entsprechen dann 100 Millionen Jahre und drei Minuten 10 Millionen. Drei Minuten sind 180 Sekunden, also sind 18 Sekunden das Äquivalent für eine Million Jahre, wenn man für das Alter der Erde einen Tag annimmt. Wenn man sich dies vor Augen hält, wird man verstehen, dass Geologen zehn Millionen Jahre alte Gesteine als »jung« bezeichnen und ich hoffe, dass der Leser mit dieser Vorstellung einschätzen kann, was ein Zeitraum von einer Million Jahren geologisch bedeutet. Die nächste Frage, die sich ergibt, ist, warum können es Geologen wagen, für einen Zeitraum von einer Million Jahre Vorhersagen zu machen? Der Grund liegt in der wesentlichen Grundlage der geologischen Wissenschaften überhaupt, dem sogenannten Aktualitätsprinzip. Was bedeutet das? Es setzt voraus, dass seit dem Bestehen der Erde, also seit 4600 Millionen Jahren, die naturwissenschaftlichen Gesetze wie wir sie z. B. aus der Physik und Chemie kennen, bis heute unverändert gelten. Das bedeutet, dass die Prozesse, die Gesteine formen, heute genauso ablaufen, wie sie in den letzten 4600 Millionen Jahren abgelaufen sind. Ein Granit, der vor 300 Millionen Jahren entstanden ist, ist vergleichbar geformt worden, wie ein Granit vor 2000 Millionen Jahren. Man kann also aus der Beobachtung von heute ablaufenden Prozessen und deren Ergebnisse Rückschlüsse auf Prozesse ziehen, die in der Vergangenheit abgelaufen sind und die sich in den Gesteinen rekonstruieren lassen. Man kann zum Beispiel heute beobachten wie Meerwasser eingedampft wird und wie dabei Salzablagerungen entstehen. So kann man die Schlussfolgerung ziehen, dass 250 Millionen Jahre alte Salzablagerungen ebenfalls auf diese Art und Weise entstanden sind. Wenn man also weiß, welche geologischen Prozesse in der Vergangenheit zu welchem Ergebnis führten, das man heute in Ablagerungen und Gesteinen rekonstruieren kann, dann kann man auch Prognosen erstellen, zu welchen Ergebnissen heute ablaufende Prozesse führen werden. Das bedeutet, dass man mit einiger Sicherheit sagen kann, was man in Zukunft zu erwarten hat, wenn die derzeit herrschenden Rahmenbedingungen gleich bleiben oder wenn man abschätzen kann, wie sich die Rahmenbedingungen ändern werden.
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Eine sehr große Unsicherheit bei diesen Prognosen ergibt sich durch den Menschen. Aufgrund unserer großen Anzahl von 7 Milliarden, die in Zukunft noch wachsen wird, und durch unsere in den letzten Jahrhunderten entwickelten Technologien sind wir in der Lage Einfluss auf Prozesse an der Erdoberfläche und in der Atmosphäre zu nehmen. Die im Augenblick stattfindende Erwärmung der Erdatmosphäre und die Diskussion um den Anteil des Menschen daran durch Verbrennen von Erdöl, Erdgas und Kohle sind den meisten Lesern sicherlich geläufig. Aber auch durch Flussbegradigungen und Deichbau an den Küsten sowie durch intensive Land- und Forstwirtschaft nehmen wir Einfluss auf geologische Prozesse. Da die Entscheidungen und Handlungen der Menschheit nicht nach naturwissenschaftlichen Gesetzen ablaufen, sondern häufig mit irrationalem Verhalten verknüpft sind, hat man Schwierigkeiten, verlässliche Prognosen für Prozesse zu stellen, an denen Menschen beteiligt sind oder sein könnten.
Prinzipien der geologischen Zeitmessung Wenn wir Prognosen für die zukünftigen 1 Million Jahre in Mitteleuropa stellen wollen, so müssen wir uns zunächst mit der Erdgeschichte der letzten 1–2 Millionen Jahre befassen. Es gibt sogar die Meinung, dass man den Zeitraum der letzten 10 Millionen Jahre berücksichtigen müsste, um zu verlässlichen Vorhersagen zu kommen. Dazu muss man wissen, wie Geologen zu ihrer Zeiteinteilung kommen, wie sie die Zeit messen. Die Wissenschaft von den Zeitabläufen in der Geologie nennt man Stratigraphie. Ausführliche Beschreibungen und weiterführende Literatur entnehme man dem Buch von Rothe (2000). Einen guten Überblick über die Methoden der Quartärstratigraphie bekommt man in dem Sammelband über die Fundstelle der Schöninger Speere in Niedersachsen (Behre 2012). Es gibt im Wesentlichen zwei Zeitmessmethoden in der Geologie. Die eine ist die relative Zeitmessung, die nur sagt, dass eine Schicht jünger oder älter ist als eine andere. Die zweite ist die absolute Zeitmessung, die Jahreszahlen angibt. Die relative Zeitmessung beruht auf folgenden Prinzipien: 1. Der Hauptlehrsatz der Stratigraphie besagt, dass in einer ungestörten Folge von Ablagerungen die oberen Schichten jünger sind als die unteren. Dies mag uns heute banal vorkommen, war aber im siebzehnten Jahrhundert, als dieser Satz von dem Dänen Nils Stensen (Nicolaus Steno) formuliert wurde, eine Revolution, da man bis dahin im christlichen Abendland davon ausging, dass alles einmalig durch die Sintflut entstanden sei. 2. Basierend auf dieser Erkenntnis lassen sich Abfolgen von Gesteinsschichten auff stellen, die man mit weiter entfernt vorkommenden Abfolgen korrelieren kann. Diese Art von Stratigraphie nennt man Lithostratigraphie. 3. Eine weiter entwickelte Form der Lithostratigraphie ist die Eventstratigraphie. Diese beruht auf den Auswirkungen eines kurzfristigen Ereignisses, das eine charakteristische, andernorts leicht auffindbare Schicht in der Schichtenfolge hinterlassen hat. Ein berühmtes Beispiel ist die Aschenlage des Ausbruchs des Laacher
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See-Vulkans in der Eifel vor etwa 12 000 Jahren, die einen charakteristischen, in großen Teilen Deutschlands leicht zu erkennenden Horizont bildet. 4. Die klassische Biostratigraphie beruht auf dem Aussterben und Neuentstehen von Arten, wie es von Charles Darwin im neunzehnten Jahrhundert erkannt wurde. Dabei entstehen auch Arten, die geologisch betrachtet als Art nur eine kurze Lebensdauer haben und dadurch eine bestimmte Zeitspanne angeben. Solche als Fossil erhaltene, kurzlebige Arten nennen wir Leitfossilien. 5. Vor etwa 50 bis 60 Jahren wurde erkannt, dass sich der Dipol des Magnetfeldes der Erde in geologisch kurzen Abständen umpolt von der normalen Polarität, wie wir sie im Augenblick beobachten, zu einer inversen Polarität, was zur Entwicklung der Magnetostratigraphie führte. Es treten dabei sehr kurzfristige Ereignisse von mehreren Tausend bis zu wenigen Hunderttausend Jahren auf. Es gibt aber auch längerfristige Perioden von einer und mehr Millionen Jahre. Mithilfe dieser Methoden wurden stratigraphische Tabellen entwickelt, wie sie in Abbildungen 3.1 und 3.2 zu sehen sind. Für die absolute Zeitmessung werden zwei Methoden benutzt: 1. Jahresmarken oder Jahresschichten Die auch Laien bekannte Methode besteht in dem Zählen der jährlichen Wachstumsringe, wie man sie von Bäumen kennt, die sogenannte Dendrochronologie. Da Bäume nicht sehr viel älter werden als hundert bis tausend Jahre, kommt man mit den Daten eines einzelnen Baumes allerdings nicht sehr weit. Man kann aber doch weiter in die Vergangenheit zurückgehen. Da die unterschiedliche Dicke der Wachstumsringe charakteristische Kurven ergeben, die miteinander korrelierbar sind, kann man sich auf diese Art und Weise quasi von Baum zu Baum nach rückwärts in die Vergangenheit hangeln und mithilfe der Dendrochronologie immerhin mehrere tausend Jahre nachweisen und das Holozän untergliedern. Die Methode erreicht dann aber ihre Grenze, da nur noch wenige Bäume so gut erhalten sind, dass man ihre Jahresringe noch zählen könnte. Eine weitere Möglichkeit liegt in der Ausbildung von Jahresschichten in den Ablagerungen von Seen oder auch einigen Meeresbecken, die sich aufgrund von Sommer- und Winterunterschieden entwickelt haben. Ein besonders gutes Beispiel stellen die schwarz-weiß gebänderten Warventone aus eiszeitlichen Seen dar. Die Sommerablagerungen sind mächtiger und von hellerer Farbe, da mehr Sediment angeliefert wird. Die Winterablagerungen sind geringmächtig und dunkler in der Farbe, da weniger Sediment durch den niedrigen Wasserstand transportiert werden kann und dunkler, weil mehr organisches, abgestorbenes Material sedimentiert wird. Eine helle und eine dunkle Lage repräsentieren somit ein Jahr. Als sehr wichtig haben sich die Jahresschichten in Gebirgsgletschern und in den großen Eisschilden von Grönland und der Antarktis erwiesen. Auch hier treten charakteristische Sommer- und Winterlagen auf. Die Sommerlagen sind grobkörnig und dicker als die feinkörnigen Winterlagen. Besonders in der Antarktis hat es Bohrungen gegeben, die über 3000 Meter dickes Eis durchdrungen haben, und in denen man über 700 000 Jahre altes Eis nachweisen konnte.
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2. Zerfall von radioaktiven Atomen In Kapitel 2 wurde dargelegt, dass der radioaktive Zerfall eines Atoms nach einer festgelegten Gesetzmäßigkeit abläuft, die weder von Temperatur noch Druck oder anderen äußeren Umständen beeinflusst wird, und dass durch den radioaktiven Zerfall aus einem Mutteratom ein neues Tochteratom entsteht. Das Gesetz des radioaktiven Zerfalls (siehe Kapitel 2) lautet: N(t) = N(0).e–λt Umgeformt ergibt sich: N(t)/N(0) = e–λt So erhalten wir eine Gleichung, in der auf der einen Seite ein Mengenverhältnis und auf der anderen ein Ausdruck mit der Zeit t steht. Da das Ausgangs- oder Mutteratom zerfällt, können wir dessen Anzahl zum Zeitpunkt 0 nicht mehr messen. Wir haben aber die Anzahl der Tochteratome zum Zeitpunkt t, sodass man die Menge des Mutteratoms zum Zeitpunkt 0 ermitteln kann, indem man die Menge der neu entstandenen Tochter- und der übrig gebliebenen Mutteratome zum Zeitpunkt t zusammenzählt. N(0) = N(t) + D(t) Es bedeuten: N(0) = Anzahl der ursprünglichen Mutteratome zum Zeitpunkt 0 N(t) = Anzahl der übrig gebliebenen Mutteratome zum Zeitpunkt t D(t) = Anzahl der neu entstandenen Tochteratome zum Zeitpunkt t e = Eulersche Zahl λ = Zerfallskonstante Wenn man das eigene Alter ermitteln will, so zieht man von dem aktuellen Jahr, in dem man lebt, sein Geburtsjahr ab. Ebenso lässt sich aus der Differenz der Mengenverhältnisse der Mutteratome und Tochteratome zum Zeitpunkt null und zum jetzigen Zeitpunkt das absolute Alter in Jahren ermitteln, unter der Voraussetzung, dass man die Zerfallskonstante oder die Halbwertszeit kennt. Die am häufigsten benutzten Datierungssysteme sind in Tabelle 3.1 aufgelistet. Tab. 3.1 Die gebräuchlichsten Zerfallsreihen zur radiometrischen Altersbestimmung
Kohlenstoff-14 Kalium-40 Rubidium-87 Thorium-232 Uran-235 Uran-238
→ → → → → →
Stickstoff-14 (14C → 14N) Argon-40 (40K → 40Ar) Strontium-87 (87Rb → 87Sr) Blei-208 (232Th → 208Pb) Blei-207 (235U → 207Pb) Blei-206 (238U → 206Pb)
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Abb. 3.1 Stratigraphie und Geologie des Quartärs in Norddeutschland (nach Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG, 2007).
Kombiniert man die Ergebnisse der relativen Zeitmessung mit der absoluten, dann kann man die stratigraphischen Tabellen mit absoluten Jahreszahlen ergänzen. (Abb. 3.1, 3.2)
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Klimarekonstruktionen und Temperaturbestimmungen Die letzten 10 Millionen Jahre der Erdgeschichte, besonders aber die letzten 2 Millionen sind durch erhebliche und ziemlich regelmäßig auftretende Klimaschwankungen gekennzeichnet. Diese müssen natürlich auch für die Vorhersage der Ereignisse der nächsten 1 Million Jahren berücksichtigt werden. Dazu muss man auch wieder die Methoden kennen, mit denen Klimatologen und Geologen ehemalige Luft- und Wassertemperaturen bestimmen und damit das Klima der Vergangenheit, das Paläoklima, rekonstruieren. Auch da gibt es wieder relative, beschreibende Methoden und absolute Temperaturbestimmungen. Beginnen wir wieder mit den klassischen geologischen Methoden und dem Aktualitätsprinzip. Die Erde ist in Klimazonen eingeteilt, von tropisch warm bis arktisch kalt. Verknüpft mit diesen Klimazonen sind charakteristische Biozonen, also Unterschiede aufgrund des Klimas in der Pflanzen- und der Tierwelt. Diese Klimaunterschiede schlagen sich auch in der Ausbildung der Gesteine nieder. Ablagerungen aus einem flachen tropischen Meer mit Riffen sehen anders aus als Ablagerungen aus einem Meeresgebiet, das unter einem antarktischen Eisschelf liegt, um einmal zwei Extreme zu nennen. Aber auch ein Wald in gemäßigtem bis kaltem Klima hinterlässt andere Spuren als ein Eisschild. Den Wald erkennen wir an einer Braunkohlen- oder Torflage oder an einer charakteristischen Pollenschicht in Seeablagerungen. Der Eisschild
Abb. 3.2 Klimaentwicklung der letzten 5 Millionen Jahre (aus Keller 2009).
Abb. 3.3 Globale Mitteltemperaturen aus Isotopendaten der Bohrung Vostok (Antarktika), abgeleitet für die letzten 160 000 Jahre (nach Lunardini 1995).
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zeigt sich uns in Form von Moränenablagerungen. So können wir an den Ablagerungen in Kombination mit der Stratigraphie eine Klimageschichte rekonstruieren und mit Analogschlüssen zur heutigen Temperaturverteilung auch ungefähre fossile Temperaturen herleiten. (Abb. 3.2, 3.3) Wenn wir allerdings genauere Paläotemperaturbestimmungen durchführen wollen, so müssen wir andere Methoden anwenden. In Kapitel 2 wurde erläutert, dass fast alle stabilen Elemente mit einigen Ausnahmen wie z. B. das Gold aus verschiedenen Isotopen bestehen. Einige dieser Isotope sind instabil und zerfallen und sind dadurch radioaktiv und der Anlass zu diesem Buch. Die meisten Isotope aber sind stabil. Bei einigen Elementen allerdings ist die Verteilung der Isotope in dem Element nicht immer gleich, sondern abhängig von den Bildungsbedingungen, unter denen das Element entstanden ist. Wasser z. B. besteht aus den Elementen Wasserstoff und Sauerstoff. Der Sauerstoff wird im Wesentlichen aufgebaut aus den stabilen Isotopen 16O und 18O. Wenn Wasser verdunstet, wird der Anteil an leichten 16O-Isotopen im Wasserdampf erhöht. Dadurch wird das Wasser, das nicht verdunstet, angereichert an schweren 18O-Isotopen. Während einer Eiszeit wird das an 16O angereicherte Wasser als Eis auf den Kontinenten angehäuft. Dadurch erhöht sich der Gehalt an 18O im Meerwasser. Man kann also aus der Veränderung der Isotopenverhältnisse des Sauerstoffs die Bildungstemperaturen abschätzen. Man benötigt dafür Verbindungen, die Sauerstoff enthalten, wie z. B. Wasser (Eis) oder Kalk. Man kann also die Isotopenzusammensetzung des Sauerstoffs in Kalkschalen von Organismen wie z. B. Korallen oder Muscheln, oder in Tropfsteinen analysieren, um damit die Temperatur des Meerwassers, in dem die Organismen gelebt haben, oder des Regenwassers, das die Tropfsteine gebildet hat, zu bestimmen. Diese Methode lässt sich auch bei der Analyse von Sauerstoff aus Eis anwenden. Dadurch sind Eisbohrkerne aus Gletschern, vor allen Dingen aber aus den grönländischen und antarktischen Eisschilden, hervorragende Klimaarchive, da man nicht nur eine exakte Altersbestimmung aufgrund der Jahreslagen durchführen kann, sondern dazu auch noch mithilfe der stabilen Isotope verlässliche Temperaturdaten bekommt (Abb. 3.2, 3.3). Neben Sauerstoffisotopen werden auch die Isotope des Wasserstoffs 1 H und 2H (Deuterium) benutzt.
Stratigraphie und Klimaentwicklung des Quartärs Die Ergebnisse all dieser Forschungen der letzten 20 Jahre sind von der internationalen Subkommission zur Quartärstratigraphie (SQS) in einem Poster zusammengefasst, das 2011 publiziert wurde (Cohen & Gibbard, 2011) und im Internet unter http://quaternary.stratigraphy.org/charts zu finden ist. (Abb. 3.2). Die Subkommision zur Quartärstratigraphie ist eine Unterkommission der Internationalen Kommission zur Stratigraphie (ICS). Diese Tabelle wurde in Zusammenarbeit mit der Internationalen Union zur Quartärforschung (Inqua) erstellt. Ebenso wurden die neueren Erkenntnisse in der Quartärstratigraphie Norddeutschlands 2007 vom Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in einer Tabelle umfassend dargestellt (Abb. 3.1).
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Zum Verständnis dieser Tabellen sind noch ein paar Erläuterungen und Begriffsbestimmungen notwendig. Wir reden von einem Eiszeitalter, wenn irgendwo auf der Erde permanent größere, das heißt im großen regionalen Maßstab kontinentale Eismassen vorkommen. Unser jetziges Eiszeitalter begann vor etwa 15 Millionen Jahren in der Antarktis. Vermutlich wurde dieses Eiszeitalter durch plattentektonische Vorgänge in Gang gesetzt. Vor etwa 20 Millionen Jahren trennten sich Südamerika und Australien von der Antarktis und die Antarktis wurde als Landmasse über dem Südpol isoliert. Es entwickelte sich ein zirkumantarktischer Meeresstrom, der die Antarktis von den Einflüssen der warmen Meeresströme aus Atlantik, Indik und Pazifik abschirmte und dadurch die Entwicklung eines Eisschildes ermöglichte (Roland 2009). Vor etwa 2 bis 3 Millionen Jahren entstand auch auf der Nordhalbkugel eine Eiskappe beginnend mit der Vereisung Grönlands (Abb. 3.4). Diese Vereisung wurde gleichfalls durch plattentektonische Vorgänge initiiert, die eine Veränderung der Meeresströme hervorrief. Vor etwa 4 bis 5 Millionen Jahre entstand in Mittelamerika die Landverbindung zwischen Süd- und Nordamerika, die Landenge von Panama. Dadurch veränderten sich die Meeresströme im Atlantik was zur Vereisung der Nordhalbkugel führte (Haug et al. 2002). Die Eisvorkommen schwanken in ihrer Ausdehnung. Wenn längerfristig eine maximale Ausdehnung zu beobachten ist, sprechen wir von einem Glazial, einer Kaltzeit oder Eiszeit. Bei einer minimalen Verbreitung liegt ein Interglazial, eine Zwischeneiszeit oder Warmzeit vor. Weniger lang andauernde und geringere Eisvorstöße werden Stadium, bzw. Intervall genannt. Kurzfristige Eisrückzüge heißen Stadial bzw. Interstadial. Die für das Problem der Endlagerung von radioaktiven Stoffen in Deutschland wichtigen Ergebnisse der Quartärforschung werden hier kurz zusammengefasst. Das Quartär, die jüngste geologische Zeiteinheit beginnt vor 2,6 Millionen Jahren an der Grenze der magnetisch normal polarisierten Gauss-Periode zur invers polarisierten Matuyama-Periode. Das Quartär wird in Pleistozän und Holozän eingeteilt. Das Holozän beginnt als Warmzeit mit dem Ende der letzten Kaltzeit vor 11 600 Jahren und dauert noch an. Das Pleistozän wird eingeteilt in Jung- oder Spätpleistozän, Mittelpleistozän und Alt- oder Frühpleistozän. Das Jungpleistozän beginnt vor 120 000 Jahren mit dem Maximum der letzten Warmzeit, dem Eem-Interglazial und reicht bis zum Beginn des Holozäns vor 11 600 Jahren. Das Mittelpleistozän hat seinen Anfang mit der normal polarisierten BrunhesPeriode, vor 780 000 Jahren und endet vor 120 000 Jahren mit dem Maximum des Eem-Interglazials. Das Altpleistozän umfasst die gesamte invers polarisierte Matuyama-Periode zwischen 2,6 Millionen und 780 000 Jahren. Im Bereich der Norddeutschen Tiefebene wurden mit klassischen stratigraphischen Methoden mehrere Eiszeiten ausgemacht. Die größte Bedeutung für die Geologie der Norddeutschen Tiefebene haben die drei letzten Eiszeiten. Dies sind von unten (alt) nach oben (jung): Elster, Saale und Weichsel. Zwischen Elster und Saale liegt das Holstein-Interglazial und zwischen Saale und Weichsel das Eem-Intergla-
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zial. Es war auch schon lange bekannt, dass es in der Norddeutschen Tiefebene auch Zeugen von früheren Vereisungen gegeben hat. Die Auswirkungen der beiden jüngsten Einheiten Eem-Warmzeit und Weichsel-Kaltzeit sind natürlich am besten erschlossen, da sie am wenigsten von anderen Ereignissen überlagert und gestört sind, sodass es keine Schwierigkeiten der Korrelation mit internationalen Profilen und mit absoluten Altern gibt. Bei den älteren Vereisungen und den Zwischeneiszeiten gibt es Probleme bei der Korrelation mit internationalen Profilen, besonders mit der Antarktis und auch mit Tiefseeprofilen und absoluten Altern aus diesen Gebieten. Besonders die Einordnung der unterschiedlichen Einheiten innerhalb des Saale-Komplexes und die zeitliche Einordnung von Holstein-Warmzeit und Elster-Kaltzeit bereitet Schwierigkeiten. Vergleicht man das Profil des Niedersächsischen Landesamtes (Abb. 3.1) mit dem der internationalen Subkommission für Quartärstratigraphie, so stellt man bei den Daten für diese Einheiten einen Unterschied von ca. 100 000 Jahren fest. Die internationale Gliederung der Ozeanablagerungen (Marine Isotope Stages, MIS) wird mit Zahlen definiert, beginnend mit MIS 1 als die jüngste Ablagerung und fortlaufend mit höheren Zahlen für ältere Ablagerungen. Dabei werden gerade Zahlen für Kaltzeiten und ungerade Zahlen für Warmzeiten benutzt. Einigkeit besteht für die Korrelation der Eem-Warmzeit mit dem Horizont 5e in den Ozeanen. In Deutschland korreliert man die Holstein-Warmzeit mit dem MIS 9, international aber mit MIS 11. Dadurch ergibt sich der Unterschied von ca. 100 000 Jahren. Dieses Problem wird ausführlich von Geyh und Krbetschek (2012) diskutiert. So ist die hier vorgeschlagene Stratigraphie und ihre Korrelation mit absoluten Altersdaten, vor allen Dingen die mittlere Saale-Periode betreffend nicht eindeutig, sie entspricht aber der von der Subkommission für Quartärstratigraphie 2011 vorgelegten Gliederung. Die Altersangaben ab der Saale-Eiszeit sind Schätzungen und mit etwa 5000 Jahren Ungenauigkeit zu betrachten. Dies liegt zum Teil auch daran, dass es keine wissenschaftliche Vorschrift und auch keine internationale Übereinkunft gibt, ab welchem Zeitpunkt oder welcher globalen Durchschnittstemperatur man eine Periode Kaltzeit oder Warmzeit nennen muss, zumal die Übergänge fließend sind. Die Alterseinstufung nach der in Deutschland gebräuchlichen Version ist in Klammern angegeben. 11 600 Beginn Holozän 11 600–117 000 Weichsel-Kaltzeit 117 000–128 000 Eem-Warmzeit, MIS 5 128 000–390 000 (310 000) Saale-Komplex: 128 000–180 000 Kaltzeit von Warthe- und Drenthe-Stadien, MIS 6 180 000–310 000 verschiedene Warm- und Kaltzeiten bzw. Stadien und Intervalle mit Warmzeit zwischen 230 000 und 250 000 Jahren ohne Namen (Dömnitz/Wacken, MIS 7) Kaltzeit zwischen 250 000 und 310 000 ohne Namen (Fuhne-Kaltzeit, MIS 8) 310 000–330 000 Dömnitz/Wacken-Warmzeit (Holstein-Warmzeit, MIS 9) 330 000–390 000 Fuhne-Kaltzeit (Elster-Kaltzeit, MIS 10) 390 000–410 000 Holstein-Warmzeit (Vor-Elster, Ruhme-Warmzeit, MIS 11) 410000–470000 Elster-Kaltzeit (Vor-Elster, Cromer-Komplex, Kaltzeit C, MIS 12).
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Nach diesem Ausflug in die etwas komplizierte Stratigraphie des jüngeren Quartärs in Norddeutschland müssen wir uns jetzt noch mit weiteren wichtigen Ergebnissen zum Klima der letzten 2 bis 5 Millionen Jahre beschäftigen. Aus den Abbildungen 3.1, 3.2 und 3.3 und den zur Verfügung stehenden Daten lassen sich drei deutliche Entwicklungsphasen mit zwei Übergangsbereichen ausmachen (Keller 2009). Die erste Phase dauerte von 5 Millionen bis 3 Millionen Jahre und ist gekennzeichnet durch eine Abkühlung um etwa 1 bis 2 °C von 19 bis 20 °C auf etwa 17 bis 18 °C Durchschnittstemperatur. Die Schwankungen der Durchschnittstemperatur zwischen Warm- und Kaltzeiten betrugen 2 bis 3 °C. Die Glaziale und Interglaziale folgten in einem sehr kurzen Rhythmus von rund 20 000 Jahren aufeinander. Darauf schloss sich eine Übergangsphase zwischen 3 und 2,6 Millionen Jahren an. In dieser Zeit begann die Vereisung der Nordhalbkugel mit dem Aufbau des grönländischen Eisschildes. Die anschließende zweite Phase reichte von 2,6 bis 1,1 Millionen Jahren und zeigt eine deutliche Abkühlung der globalen Durchschnittstemperatur um ungefähr 4 °C auf etwa 13 bis 14 °C. Die Temperaturunterschiede zwischen Warm- und Kaltzeiten vergrößerten sich auf etwa 3 bis 4 °C und der Wechsel fand in einem Rhythmus von 41 000 Jahren statt. In der anschließenden Übergangsphase zwischen 1,1 Millionen und 780 000 Jahren setzte sich dieser Trend der Abkühlung fort bis auf eine globale Durchschnittstemperatur von 11 bis 12 °C. Die Intervalle zwischen den Warmzeiten vergrößerten sich auf etwa 100 000 Jahre. In der letzten Phase seit 780 000 Jahren, also seit dem Mittelpleistozän hat sich die globale Durchschnittstemperatur zwischen 11 und 12 °C stabilisiert. Dagegen haben sich die Temperaturunterschiede zwischen Warm- und Kaltzeiten auf einen Wert von 7 bis 10 °C vergrößert, sodass es von einem globalen Temperaturminimum am Ende einer Eiszeit von 7 °C zu einem Anstieg um 10 °C auf eine globale Durchschnittstemperatur von 17 °C kommen konnte. Diese extremen Temperaturunterschiede sind sicherlich durch die langen Intervalle zwischen den Warmzeiten von 100 000 Jahren verursacht worden, weil ein längerer Zeitraum für den Aufbau eines großflächigen Eisschildes zur Verfügung stand, sodass sich das Eis aus den nördlichen Breiten viel weiter nach Süden ausbreiten konnte, bevor es wie zuvor schon nach 41 000 Jahren durch eine Erwärmung geschrumpft ist. Da das Eis aufgrund seiner hellen Oberfläche mehr Sonnenlicht als Wasser oder Land reflektiert und dadurch weniger Wärme zum Aufheizen der Atmosphäre übrig bleibt, tragen große Eisflächen zur Abkühlung der Erdatmosphäre bei (Latif 2007). Die Klimaschwankungen der letzten 5 Millionen Jahre fanden in bestimmten gleichlangen Zeitabschnitten statt, erst in 20 000 Jahren, dann in 41 000 Jahren und seit 1,1 Millionen Jahren in einem 100 000 Jahreszyklus. Diese Zeiten entsprechen ungefähr den Milankovic-Zyklen, die mit Veränderungen in der Neigung der Erdachse und in der Geometrie der Umlaufbahn der Erde um die Sonne zusammenhängen (Latif 2007). Die Rotationsachse der Erde ist in ihrer Lage nicht stabil. Durch den Einfluss der Gravitationskräfte von Mond und Sonne ändert sie ihre Position. Die Schwankungen im 20 000-Jahre-Zyklus entstehen durch ein Trudeln der Erdachse, Präzession genannt.
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Die Erdachse steht nicht senkrecht zu ihrer Umlaufebene. Im Augenblick ist sie mit ungefähr 23,5 Grad geneigt. Sie schwankt zwischen 21,5 und 24,5 Grad. Dies nennt man die Schiefe der Ekliptik, die sich in einem Zyklus von 41 000 Jahren verändert. Durch die Anziehungskräfte der anderen Planeten verändert sich die Geometrie der Umlaufbahn der Erde um die Sonne von mehr »kreisförmig« zu mehr »ellipsenförmig«. Diese Exzentrizität ist für den 10 0000-Jahre-Zyklus verantwortlich. Man weiß bisher nicht genau, warum die Klimaschwankungen in der Vergangenheit erst im 20 000-Jahre-Zyklus dann im 41 000-Jahre-Rhythmus und seit 1,1 Millionen Jahren im 100 000-Jahre-Rhythmus aufgetreten sind. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Größe der Eisfläche auf der Erde diese Zyklen mitbestimmt hat. Am Anfang reagierte das relativ kleine in der Entstehung begriffene Eisfeld in der Antarktis direkt auf die schwächeren Impulse durch die 20 000-Jahre-Zyklen der Präzession. Mit dem Beginn der Vereisung auf der Nordhalbkugel vergrößerte sich die Eisbedeckung auf der Erde und die 41 000-Jahre-Zyklen wurden bestimmend bis die Eisfelder ihre maximale Ausdehnung erreichten und im 100 000-Jahre-Zyklus vor- und zurückgingen. Die kleineren Zyklen beeinflussten aber dennoch die globalen Eismassen und lassen sich in den Stadien und Stadialen wiederfinden. Dennoch kann man nicht alle Klimaschwankungen der Vergangenheit auf die MilankovicZyklen zurückführen. Fassen wir zusammen: In den letzten 1,1 Millionen Jahren hatten wir in Abständen von rund 100 000 Jahren 11 Warmzeiten. Diese dauerten etwa 10 000 bis 20 000 Jahre. Der Übergang von Kalt- zu Warmzeit erfolgte relativ schnell und kontinuierlich in etwa 10 000 Jahren, wobei es zu Temperaturerhöhungen von bis zu 10 °C in 10 000 Jahren kommen konnte. Umgekehrt verlief der Umschwung von einer Warmzeit zu einer Kaltzeit viel langsamer und mit großen Schwankungen und Ausbildung von Stadien und Stadialen und entsprechenden wärmeren Intervallen und Interstadialen. Der Aufbau von den großen Eisschilden in Nordamerika und Nordeuropa bis zu ihrem Maximum nahm bis zu 50 000 bis 60 000 Jahre in Anspruch. Die extremen Kälteperioden waren etwa 15 000 bis 25 000 Jahre aktiv. v
Auswirkungen der Klimaschwankungen Nachdem wir die Vergangenheit ausführlich behandelt haben, könnten wir uns jetzt eigentlich der Zukunft zu wenden. Bevor wir dies tun können, müssen wir aber noch ein wenig bei der Vergangenheit bleiben. Wir müssen noch diskutieren, welche Auswirkungen diese Klimaschwankungen auf die Verhältnisse in Deutschland hatten. W. v. Koenigswald (2002) hat dies in seinem Buch für die letzten 120 000 Jahre sehr gut beschrieben. Die älteren Warm- und Kaltzeiten hatten ähnliche Auswirkungen. In den Warmzeiten waren die Verhältnisse wie heute mit der Einschränkung des Anteils des Menschen an der derzeitigen Landschaftsprägung und den Tierverbreitungen durch Forst- und Landwirtschaft. Die Auswirkungen der Eiszeiten waren im Vergleich zu den Warmzeiten völlig anders und haben ein verschiedenartiges
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Abb. 3.4 Unterschiede in der Ökologie zwischen einer Warmzeit (vor 120 000 Jahren) und einer Kaltzeit (vor 20 000 Jahren) in Europa (nach v. Koenigswald 2002).
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Abb. 3.5 Entwicklung eines Eisrandgebietes (aus Mrugalla 2011).
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Landschaftsbild und andere Tiergemeinschaften hervorgerufen. Die heute eisfreien Gebiete Nordeuropas und große Teile Norddeutschlands waren von einem Eispanzer bedeckt (Abb. 3.5). Die maximale Vereisung reichte bis an die Nordränder der deutschen Mittelgebirge (Abb. 3.6). Während der Elster- und Saale-Vereisungen war die Norddeutsche Tiefebene von Eis bedeckt. Der Raum südlich davon war entweder eine Tundralandschaft, vergleichbar mit den heutigen arktischen Gebieten Grönlands, Nordkanadas und Nordasiens, oder war Teil der sogenannten Mammutsteppe, einer Kältesteppe. Vergleichbare Steppen existieren heute nicht mehr in den Polargebieten. Möglicherweise bilden einige Hochebenen in den innerasiatischen Hochgebirgen vergleichbare Ökosysteme (v. Koenigswald 2002). Für Endlagerstandorte in Norddeutschland ergeben sich je nach Ausdehnung der Eismassen zwei Möglichkeiten. Bei einem weiten Vorstoß wie zur Zeit der Saale- und Elstervereisungen werden sie unter Eis liegen. Bei einem weniger weiten Vorstoß werden sie im Vorland eines Gletschers liegen im sogenannten Periglazial. Dies wird bei jeder Eiszeit für Mittel- und Süddeutschland der Fall sein. Die Eismächtigkeit betrug in Norddeutschland zwischen 100 und 1000 Meter (Abb. 3.7). Dadurch wurde der Untergrund beeinträchtigt. Durch die Auflast wurde der Untergrund nach unten gedrückt. Beim Abtauen wird diese Last wieder entfernt
Abb. 3.6 Die Eisrandlagen der Weichsel-, Saale- und Elster-Eiszeiten (nach Keller 2009).
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Abb. 3.7 Verbreitung und Mächtigkeit des Eises während der Saale-Eiszeit (aus Mrugalla 2011).
und der Untergrund hebt sich. Da die Last nicht sehr hoch war und die Belastung und Entlastung relativ langsam vor sich ging, reagierten die Gesteine im Untergrund auf diese Belastung elastisch und es wurden keine Brüche ausgebildet. Selbst in Skandinavien mit einer Eisdicke von 3000 Meter und Ausgleichsbewegungen von 300 Metern, kam es nur an bestehenden reaktivierten Störungen zu Brüchen (Grundfelt und Smellie 2004). Durch die Eisüberdeckung wurden auch die hydrologischen Verhältnisse verändert, indem die Oberflächengewässer wie die Flüsse und Seen verschwanden. Allerdings können auch Seen mit salzhaltigem Wasser unter dem Eis weiter bestehen, wie Beispiele aus der Antarktis zeigen (Roland 2009). Ein großer Einfluss wird auch ausgeübt auf die Grundwasserverhältnisse unter dem Eis (Boulton und Dobbie 1993). Für die Endlagerproblematik sind weitere Auswirkungen einer Kaltzeit von großer Bedeutung. Eine ist der Einfluss auf die Bevölkerung. Die eisbedeckten Gebiete sind nicht bewohnbar. Es sei denn, man betreibt einen so großen Aufwand, wie es für das Einrichten und Aufrechterhalten der Forschungsstationen auf dem antarktischen Eisschild z. B. die amerikanische Station am Südpol, die russische Station Vostok oder die deutsche Neumeyer-Station gemacht wird. Das Inlandeis Grönlands ist nicht bevölkert. Aber auch die Gebiete in Mittel- und Süddeutschland, die zwischen den Eiskappen im Norden und dem Alpeneisschild liegen, scheinen während einer Eiszeit dünn besiedelt gewesen zu sein. Für z. B. Nunavut, dem Territorium der kanadischen Inuit, kann man eine Bevölkerungsdichte von 0,01 Personen pro km2, also eine Person auf 100 km2 bestimmen. Diese Größenordnung wird auch für das Gebiet Deutschlands während der Weichsel-Eiszeit angenommen (v. Koenigswald 2002, Zimmermann 1996, Abb. 3.8).
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Abb. 3.8 Die Bevölkerungsdichte in Deutschland zurzeit der Weichsel-Eiszeit (nach v. Koenigswald 2002).
Das heißt, zu dieser Zeit haben in Deutschland weniger als 4000 Menschen gelebt. Während des Maximums der Weichsel-Vereisung war Deutschland sogar völlig menschenleer. Die extrem niedrigen Temperaturen in dieser Zeit waren vermutlich die Ursache für das Aussterben der Neandertaler in Europa (Arsuaga 2006). Weiterhin spielt der Einfluss der Eiszeit eine große Rolle auf die hydrologischen Verhältnisse, das heißt der Einfluss auf Grundwasser und Oberflächengewässer. Durch den Aufbau der Eismassen wird Wasser aus den Ozeanen auf den Kontinenten gebunden, sodass der Meeresspiegel sinkt. Während des Maximums einer Vereisung liegt der Meeresspiegel um bis zu 120 Meter niedriger als heute. Umgekehrt steigt der Meeresspiegel mit dem Abschmelzen des Eises, sodass mit den Vereisungszyklen auch immer erhebliche Meeresspiegelschwankungen verbunden sind. Am Rand eines Gletschers oder eines Eisschildes wird Eis geschmolzen, sodass dort Schmelzwasserflüsse und Seen entstehen. Die Schmelzwassermengen sind nicht sehr groß beim Vorschreiten des Eises oder während des Maximums der Vereisung. Diese Schmelzwasserflüsse erreichen aber gigantische Ausmaße, wenn das Eis abschmilzt und sich zurückzieht. Wie wir oben gesehen haben, geht dieser Prozess recht schnell voran, sodass in relativ kurzer Zeit riesige Schmelzwassermengen produziert werden. Da die Gletscher im eiszeitlichen norddeutschen Flachland liegen und kein großes Höhenrelief aufweisen, ist der Abschmelzvorgang nicht nur auf den Eisrand beschränkt, sondern erfasst große Gebiete des Eisrandes, sodass Schmelzwässer auch flächenhaft auf dem Eis entstehen, die über Eisrinnen und Eiskanäle abfließen. Diesen Vorgang kann man im Augenblick bei den Abschmelzvorgängen am Westrand des grönländischen Eisschilds beobachten, an dem ein breiter, flächenhafter Streifen abtaut. Wenn tief reichende Spalten vorhanden sind, und das ist
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normalerweise der Fall, fließen die Wässer durch das Eis nach unten ab und entwässern unter dem Eis. Dabei geraten sie unter hohen Druck, entwickeln dadurch eine hohe Erosionskraft und können vor allen Dingen in weicheren Lockergesteinen tiefe Abflussrinnen bilden, die bis zu 500 Meter tief in den Untergrund einschneiden. Am Ende der Elster-Kaltzeit sind zahlreiche solcher Schmelzwasserrinnen in der norddeutschen Tiefebene entstanden (Abb. 3.9). Aber auch in den späteren Eiszeiten wurden solche Rinnen gebildet (Eissmann 2007, Keller 2009). Eine der bekanntesten ist die norwegische Rinne, die sich entlang der norwegischen Küste erstreckt und bis zu 500 Meter tief ist. Der hier geschilderte Prozess ist nicht die einzige Möglichkeit, wie solche Rinnen entstehen können. Mrugalla (2011) hat mehrere Entstehungstheorien diskutiert wie oberirdische Flussläufe, Vorzeichnung durch tektonische Linea-
Abb. 3.9 Schmelzwasserrinnen der Elster-Eiszeit (nach Mrugalla 2011).
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mente, Zusammenhang mit der Halokinese, Auslaugung von Salzgestein (Subrosion) oder Gletschererosion. Es zeigt sich aber eine deutliche Beziehung zwischen der Richtung der Rinnen zum Eisrand und zur Eisdicke. Deshalb scheint der oben geschilderte Hergang am wahrscheinlichsten sein. Man kann sich leicht vorstellen, dass solche Schmelzwasserrinnen Probleme für ein Endlager verursachen können. Am Rand eines Gletschers oder des Inlandeises werden durch das Abschmelzen Endmoränen aufgeschüttet. Bei einem schnellen Rückzug und wieder Vorstoßen des Eises drückt das Eis gegen diese Endmoränenzüge. Dabei kann das Eis die Endmoränen verformen, aufstauchen und sogenannte Stauchmoränen bilden. Früher sprach man von Stauchendmoränen. Es hat sich aber gezeigt, dass nicht nur Endmoränenmaterial dabei verformt wurde, sondern auch andere Gesteine, vor allen Dingen auch Gesteine aus dem tieferen Untergrund. Die Kreidefelsen von Rügen sind ein prominentes Beispiel dafür. In der Lausitz sind tertiäre Braunkohlen durch diese Prozesse aufgeschuppt worden. Die Verformungsprozesse wirken sich bis zu einer Tiefe von 200 Meter bis 300 Meter aus (Kupetz 1997). Ein bekanntes Phänomen in Polargebieten ist der Permafrost oder auch Dauerfrostboden genannt. Er entsteht in Gebieten, die langfristig einer Lufttemperatur ausgesetzt sind, die unter dem Nullpunkt liegt. Dadurch sinkt auch die Bodentemperatur und das Grundwasser gefriert. Unter einem Gletscher oder einem großen Eisschild sind die Verhältnisse etwas komplizierter, da die Eisbedeckung den Untergrund vor sehr tiefen Lufttemperaturen schützt und durch den Druck der Eismassen das Gefrierverhalten beeinflusst wird, sodass die Permafrostschicht unter dem Eis anders aufgebaut ist als in Gebieten ohne Eisbedeckung. Bisher gibt es wenig Kenntnisse darüber, da man noch nicht oft das 3000 bis 4000 Meter dicke Eis der großen Inlandeismassen von Grönland und der Antarktis vollständig durchbohrt hat und in den tieferen Untergrund vorgedrungen ist. Wenn ein Polargebiet sehr lange eisfrei bleibt und sehr lange kalten Temperaturen ausgesetzt ist, so kann, wie in Sibirien, die Permafrostzone sehr mächtig werden. In Sibirien reicht sie stellenweise tiefer als 1000 Meter im Extremfall 1500 Meter (Balobaev et al. 1978). Der Aufbau einer mächtigen Permafrostschicht ist abhängig von der Lufttemperatur, der Wärmeleitfähigkeit der Gesteine und dem vorherrschenden Wärmefluss aus dem Erdinneren und beansprucht sehr viel Zeit. Berechnungen von Lunardini (1995) haben gezeigt, dass es bei einer Durchschnittstemperatur von –11 °C mindestens 50 000 Jahre dauert bis eine Mächtigkeit von 400 bis 500 Meter Dauerfrostboden aufgebaut wird (Abb. 3.10). Ab dieser Tiefe verlangsamt sich der Prozess. Nach Lunardini (1995) vergehen mehr als eine Million Jahre, und damit mehrere Kaltund Warmzeitzyklen, um eine Mächtigkeit der Permafrostschicht von 1500 Meter wie in Sibirien aufzubauen. Mit vorschreitender Vereisung werden polare Klimaverhältnisse auch in gemäßigte Breiten übertragen, sodass in einer Kaltzeit auch Mitteleuropa durchgehend einen Dauerfrostboden aufweist (v. Koenigswald 2002). An der Oberkante eines Salzstocks in Norddeutschland zeigen sich offene Brüche, die teilweise mit Schutt gefüllt sind und die auf Schrumpfprozesse durch Permafrost zurückgeführt werden (Bauer 1991). Die meisten Salzstöcke in Norddeutschland zeigen aber nicht solche »Frost-
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Abb. 3.10 Die mögliche, zeitliche Entwicklung von Permafrost (nach Lunardini 1995).
risse« und es wird diskutiert, ob solche Beeinflussung eines Salzstockes überhaupt möglich ist (Mrugalla 2011). Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass es unter Dauerfrostbedingungen zu einer verstärkten Subrosion an den Salzstöcken kommen kann (Boulton und Curle 1995). Es ist schwer nachzuweisen, wie mächtig die Dauerfrostschicht in den vergangenen Eiszeiten gewesen ist. Nach den Ergebnissen von Lunardini (1995) sollte seine Ausdehnung in die Tiefe aber unter 500 Meter geblieben sein. Die extremen Vereisungen dauerten in Norddeutschland 20 000 bis 30 000 Jahre und die Durchschnittstemperaturen waren niedriger als in der Arktis. Vergleicht man diese Daten mit den Kurven von Lunardini (1995) ergibt sich eine Tiefe des Dauerfrostes in Norddeutschland von etwa 200 Metern. Klinge et al. (2007) haben für das Maximum der Weichsel-Eiszeit eine Durchschnittstemperatur von –4 °C berechnet. Auf dieser Grundlage zeigen sie, dass in Norddeutschland Dauerfrostboden bis zu 140 Meter Tiefe vorkommen konnte.
Prognosen für die Zukunft Wenn man Prognosen für die Zukunft der nächsten Million Jahre stellen will, hat man zwei sehr unterschiedliche Denkmodelle zur Wahl: 1. Entweder die geologischen Prozesse entwickeln sich so weiter wie sie in der letzten Million Jahre abgelaufen sind, oder 2. die Temperaturerhöhung der Erdatmosphäre, die seit 150 Jahren beobachtet wird, verstärkt sich kontinuierlich und ist so gravierend und beständig, dass sie zu einem Klimaumschwung und zu einem zumindest vorläufigen Ende unseres Eiszeitalters führt.
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Betrachten wir zunächst die erste Möglichkeit. In diesem Fall würden wir wieder eine Eiszeit bekommen und spätestens in den nächsten 10 000 Jahren würde es anfangen, kälter zu werden. In 50 000 bis 60 000 Jahren würde sich dann wieder die extreme Phase einer Eiszeit einstellen mit einem Eisschild, der mindestens so groß ist wie der in der letzten Weichsel-Eiszeit, oder das Eis wird wie in der Elster- und SaaleKaltzeit bis an den Rand der deutschen Mittelgebirge vorrücken. In diesem Fall würde ein Endlager in der Norddeutschen Tiefebene unter dem Eis liegen und nicht durch Permafrost beeinträchtigt. Legt man es tiefer an als 300 Meter, wären Auswirkungen einer Stauchmoränenbildung nicht zu befürchten. Es wäre allerdings in dieser Situation möglich, dass beim Abschmelzen zum Beginn des Rückzuges des Eises durch Schmelzwässer unter dem Eis tief greifende Rinnen eingeschürft werden, vergleichbar mit denen, die während des Elster-Glazials entstanden sind. Dies stellt, wie oben gesagt, eine potentielle Gefahr für ein Endlager vor allen Dingen in einem Salzstock dar. Dieses Problem wird ausführlich bei der Besprechung der Salzstöcke speziell des Salzstocks von Gorleben diskutiert (siehe Kapitel 4). Bei einer Eisverbreitung wie in der Weichsel-Eiszeit würden große Teile der Norddeutschen Tiefebene eisfrei bleiben. Somit läge auch ein potentielles Endlager nicht unter dem Eis. In diesem Fall hätte man Verhältnisse eines Eisrandes mit Dauerfrostboden, der möglicherweise während des Maximums der Vereisung bis 200 Meter mächtig werden könnte. Unter der Voraussetzung, dass das Endlager deutlich tiefer als 200 Meter läge, gäbe es keine Probleme mit dem Dauerfrost. Im Falle eines Endlagers in einem Salzstock kann es zu einer verstärkten Subrosion, der Ablaugung des Salzes durch Wasser kommen (Boulton und Curle 1995). Entscheidet man sich allerdings für ein Endlager in einem Gestein mit sehr schlechter Wärmeleitfähigkeit und legt dieses nicht deutlich tiefer als 200 Meter unter die Oberfläche, entstünden Unterschiede in der Temperaturverteilung. Dies könnte zu erheblichen, nachteiligen Spannungen und dadurch zu Rissen in dem Gestein führen, in dem das Endlager liegt. Die Eisrandlage würde Auswirkungen auf die Bevölkerungsdichte haben. Mit großer Sicherheit würde sie auf ein Niveau der heutigen Arktis mit einem Einwohner pro 100 km2 abnehmen oder die Gebiete in der Nähe des Eisrandes würden völlig frei von Besiedlung sein. Spätestens in diesem Stadium würde wahrscheinlich die Kenntnis von dem Endlager verloren gehen und aus dem Bewusstsein der im Gebiet Mitteleuropas lebenden Menschen verschwinden. Das Maximum der Vereisung würde etwa 20 000 Jahre dauern und danach gäbe es innerhalb von 10 000 Jahren einen Temperaturanstieg zu einer neuen Warmzeit mit Verhältnissen, wie sie heute vorherrschen. Diese Szenarien würden sich im Verlauf von einer Million Jahre in einem Rhythmus von 100 000 Jahren zehnmal wiederholen und bis auf eventuelle tief reichende Schmelzwasserrinnen und die oben angedeuteten Temperaturunterschiede durch Permafrost keinen Einfluss auf ein Endlager haben. Das alternative Szenario besteht in der weiteren Erhöhung der Temperatur durch die Zunahme des Kohlendioxidgehaltes in der Atmosphäre durch die Tätigkeit des Menschen, der Erdöl, Erdgas und Kohle verbrennt (IPCC 2007). Wir wollen uns hier auf die Problematik dieser Erwärmung für ein Endlager beschränken und nicht die
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Abb. 3.11 Überflutung Nordwestdeutschlands bei höherem Meeresspiegel (nach Zentrum für Meeres- und Klimaforschung der Universität Hamburg 2001).
Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt diskutieren. Das Hauptproblem, das mit der Zunahme der Temperatur der Erdatmosphäre zusammenhängt, ist das Abschmelzen der Gletscher und der polaren Eiskappen. Dadurch steigt der Meeresspiegel. Eine Erhöhung der Temperatur um einige Grad Celsius würde einen Meeresspiegelanstieg um ein bis zwei Meter bedeuten (IPCC 2007). In Deutschland würden dadurch ein schmaler Streifen des küstennahen Marschlandes und die Tiefländer entlang der Flüsse, die in die Nordsee und Ostsee fließen, überschwemmt. (Abb. 3.11). Dies hätte keinerlei Auswirkungen auf ein Endlager in Norddeutschland, das weit genug von der Küste entfernt eingerichtet wird. Ein Endlager in Mittel- oder Süddeutschland wäre überhaupt nicht betroffen. Anders sieht es aus, wenn die Erwärmung so stark wird, dass das Eiszeitalter auf der Erde verschwindet und die Eiskappen von Grön-
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land und der Antarktis vollkommen abschmelzen. Dies würde einen Meeresspiegelanstieg von etwa 70 Meter bedeuten. In diesem Fall würden die Nordsee und Ostsee nach Süden auf das Festland vordringen und einen Teil der Norddeutschen Tiefebene überfluten. Die niedrigen Marschgebiete und die Täler der Flüsse würden überschwemmt, das Meer würde in großen Buchten bis an die Ränder der Mittelgebirge vordringen. Nur die höheren Teile über 70 Meter der Endmoränenzüge wie zum Beispiel in der Lüneburger Heide würden als Inseln aus diesem flachen Meer herausragen (Sündermann et al. 2001, Abb. 3.12). Dies hätte Einfluss auf die Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen. Auch das Grundwasser würde beeinträchtigt mit Einfluss auf mögliche Subrosionsprozesse an einem Salzstock, die aber sehr schwer vorauszusagen sind. Der tiefe Untergrund würde aber nicht berührt, so wie die Überflutungen im Tertiär kaum Spuren an den Salzstöcken hinterlassen haben (Ziegler 1990). Nach einer gewissen Zeit, die schwer voraus zu berechnen ist, und vielleicht ein paar 100 000 Jahre dauert, wird die Vereisung der Erde wieder beginnen und wir bekämen die oben beschriebenen Verhältnisse zurück (Keller 2009).
Eine kleine Einführung in die Hydrogeologie Die größte Gefahr, die von radioaktiven Abfällen in einem Endlager ausgehen kann, besteht darin, dass radioaktive Stoffe bei Kontakt mit Grundwasser in Lösung gehen und dass dieses verseuchte Wasser an die Oberfläche kommt und so in den Biosphärenkreislauf gelangt. Deshalb sei an dieser Stelle eine kleine Einführung in die fundamentalen Begriffe der Hydrogeologie gestattet. Man unterscheidet zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser. Oberflächenwasser ist Regenwasser und Wasser in Bächen, Flüssen, Seen und im Meer. Diese Wasservorkommen sind Forschungsgegenstand der Hydrologie. Versickerndes Wasser, das in den Untergrund eindringt, nennt man Grundwasser und wird von der Hydrogeologie untersucht. Diese beschäftigt sich unter anderem mit den Fließvorgängen des Grundwassers, das die Hohlräume in den Gesteinen ausfüllt. Die Bewegungsmöglichkeit wird durch den Porenraum in den Gesteinen und durch die Schwerkraft bestimmt, so dass auch Grundwasser generell von oben nach unten fließt oder wissenschaftlich ausgedrückt von hohem zu niedrigem Potential. Man unterscheidet in der Hydrogeologie bei den Gesteinen zwischen: – Grundwasserleiter (Kiese, Sande und die entsprechenden Festgesteine) – Grundwassergeringleiter (Schluffe, tonige Sande und die entsprechenden Festgesteine) – Grundwassernichtleiter (Tone, Mergel und die entsprechenden Festgesteine) Bei den Grundwasserleitern gibt es ebenfalls drei Typen: – Porenwasserleiter (Sande, Kiese und die entsprechenden Festgesteine), in denen das Wasser durch die ursprünglichen Zwischenräume zwischen den einzelnen Körnern (Poren) fließt – Kluftwasserleiter, in denen das Wasser durch das Kluftsystem, ein durch spätere Einwirkungen (Schrumpfung, Tektonik) entstandenes Hohlraumsystem fließt. Ein
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Porenhohlraum existiert in der Regel nicht in dem Gestein oder ist sehr gering (z. B. Granit, Gneis, Basalt) – Karstwasserleiter, die in leicht löslichen Gesteinen wie Kalk und Gips entstehen. Durch Wasserlösung werden vorhandenen Klüfte erweitert und ausgehöhlt, sodass weit klaffende Wege für fließendes Wasser geformt werden. Im Extremfall entwickeln sich riesige Höhlensysteme mit unterirdischen Flussläufen. Da die Kalke und Gipse nur von Oberflächenwässern (Süsswaser) angegriffen werden, existieren solche Karstwasserleiter nicht in größeren Tiefen Die Fließgesetze für Grundwasser wurden 1856 von Darcy aufgestellt. Die Fließgeschwindigkeit von Grundwasser hängt ab von der Durchlässigkeit des Gesteins und vom Gefälle (hydraulisches Potential). Der Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) korreliert mit der Viskosität, Dichte und der Temperatur der Flüssigkeit sowie mit dem Porenvolumen des Gesteins. Der kf-Wert wird als Geschwindigkeit in Meter pro Sekunde (m s-1) angegeben und bezieht sich normalerweise auf Wasser. Er wird entweder durch Versuche am Gestein oder durch Experimente im Labor bestimmt. Man kann ihn auch aus dem Porenvolumen berechnen. Es ist ebenso üblich an Stelle des kf-Wertes die Permeabilität (K) anzugeben, die die Dimension Quadratmeter (m2) hat. Es gibt Formeln für die Umrechnung des kf-Werts in Permeabilität (K). Als Faustregel gilt etwa: kf (m s-1) ≈ K (m2) × 106 /m S-1. Man unterteilt die Gesteine nach dem kf-Wert (alle Angaben in m s-1) in 5 Klassen: – sehr stark durchlässig, kf-Wert größer als 10–2 – stark durchlässig, kf-Wert Wert von 10–2 bis 10–4 – durchlässig, kf-Wert von 10–4 bis 10–6 – gering durchlässig, kf-Wert von 10–6 bis 10–8 – sehr gering durchlässig, Kf-Wert kleiner als 10–8 Gesteine der Kategorie 1 und 2 sind Grundwasserleiter. Grundwassergeringleiter gehören in die Gruppe 3 und 4 bis kf-Wert 10–7 und Kategorie 4 und 5 entsprechen Grundwassernichtleitern ab kf-Wert 10–7. Der Transport von Stoffen, die im Wasser gelöst sind, erfolgt mit dem Fließen des Wassers. Im Wasser gelöste Stoffe bewegen sich aber auch durch Diffusion. Das heißt, sie bewegen sich aufgrund eines Lösungsgefälles, wobei der Transport der Stoffe von der höher konzentrierten Lösung in Richtung auf die niedriger konzentrierte Lösung geht. Der Transport über Diffusion wird zurückgehalten durch die Sorption. Das bedeutet, dass die im Wasser gelösten Stoffe an die Minerale, aus denen das Gestein besteht, angelagert werden. Die Reinigung von Grundwasser beruht auf diesem Prozess. Bestimmte Tonminerale besitzen eine sehr hohe Sorptionsfähigkeit. Wenn in einer Gesteinsabfolge von Grundwasserleitern ein nichtleitender Horizont ausgebildet ist (meist eine ausreichend dicke Ton- oder Mergellage), entstehen
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verschiedene Grundwasserhorizonte. Die unteren Grundwasserhorizonte können dabei unter hohen Druck geraten, der bei entsprechenden Verhältnissen zu einem artesischen Brunnen führt. Wenn die abdeckende Tonschicht durch eine Störung oder durch eine Erosionsrinne zerstört wird oder die Tonlage von ihrer Entstehung her eine beschränkte regionale Verbreitung hat, entsteht ein hydraulischer Kontakt zwischen den unterschiedlichen Grundwasserstockwerken. Wenn der Leser sich weitergehend mit der Hydrogeologie beschäftigen möchte, so möge er ein entsprechendes Lehrbuch konsultieren, wie z. B. das von Hölting und Coldewey (2009).
Anforderungen an die Geologie eines Endlagers Laut Informationen der Internationalen Atom-Energie-Organisation (IAEO) [englisch International Atomic Energy Agencyy (IAEA)] betrieben im Jahr 2013 etwa 30 Staaten davon 21 in Europa mehr als 400 Atomkraftwerke. Das Problem des nuklearen Abfalls ist also eine internationale Angelegenheit. Die Internationale Atom-Energie-Organisation hat schon vor längerer Zeit einen Katalog herausgegeben, in dem Anforderungen an ein Atomendlager verzeichnet sind. In diesen Katalog sind zahlreiche nationale Berichte zu diesem Thema eingeflossen (IAEA 1995). Der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) hat eine Zusammenfassung dieses Katalogs bei der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) in Auftrag gegeben, die von Bork et al. (2001) erstellt wurde. Die wesentlichen Ergebnisse dieses Berichtes lauten: 1. Die Langzeitsicherheit eines Atomendlagers soll für mindesten 10000 Jahre ausgelegt sein. Es wird aber empfohlen eine Langzeitsicherheit von einer Million Jahre ins Auge zu fassen (siehe oben). 2. Die geologischen und geotektonischen Verhältnisse sollen stabil sein. In dem Gebiet des Endlagers dürfen keine junge Tektonik und keine Erdbebentätigkeit vorkommen. Es soll ein Gebiet ohne aktiven Vulkanismus sein. Das Gebiet soll nicht durch Eiszeiten negativ beeinflusst werden. 3. Für das Gestein, in dem das Endlager angelegt wird, das sogenannte Wirtsgestein, werden bestimmte mechanische Eigenschaften gefordert: – Es muss eine hohe Stabilität gegenüber Verformung aufweisen. – Es soll in der Lage sein, die geforderte natürliche Barrierefunktion zu übernehmen. – Das Volumen des Gesteinsvorkommens muss groß genug sein, um die anfallenden Atommüllmassen aufzunehmen und es muss gleichzeitig noch eine mächtige Schicht als ausreichend sichere Barriere vorhanden sein. – Die mechanischen Eigenschaften des Wirtsgesteins sollen so sein, dass ein problemloser Ausbau einer Bergwerksanlage möglich ist. – Das Wirtsgestein muss über gute thermische Eigenschaften verfügen. Das
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heißt, es sollte eine gute Wärmeleitfähigkeit haben und sich durch Wärme nicht sehr stark ausdehnen. 4. Die hydrogeologischen Verhältnisse im Endlagerbereich sollen so beschaffen sein, dass der eingelagerte Atommüll so wenig wie möglich oder überhaupt nicht mit Grundwasser in Berührung kommt, und dass das Wirtsgestein über eine sehr geringe Durchlässigkeit verfügt. 5. Falls es dennoch dazu kommen sollte, dass Wässer im Wirtsgestein mit dem Atommüll, beziehungsweise mit den Behältern, in denen der hochradioaktive Müll deponiert ist, in Berührung kommt, dann sollten die Wässer die Radionuklide nicht in Lösung nehmen oder die Behälter angreifen. Die Minerale des Wirtsgesteins sollten ein hohes Sorptionsvermögen für Radionuklide haben. Das heißt, sie sollten in der Lage sein, radioaktive Elemente aus der Lösung herauszunehmen und an ihrer Oberfläche anzulagern und sie damit im Endlagerbereich zu halten. 6. Das Wirtsgestein sollte nicht von Menschen beeinflusst sein. Es sollte in diesem Gestein kein Bergwerk zur Gewinnung von Rohstoffen vorhanden sein. Das heißt, man sollte den Atommüll nicht in alten, stillgelegten Bergwerken endlagern. Weiterhin sollte man das Endlager nicht in Bereichen anlegen, die zukünff tige Generationen eventuell noch ausbeuten könnten. Dies betrifft noch vorhandene Erzvorräte im Endlagerbereich und auch Grundwassernutzung in dem Gebiet über dem Endlager. Aufgrund dieser und anderer internationaler Vorgaben und eigenen Überlegungen hat der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002) zwei unterschiedliche, geowissenschaftliche Kriterien entwickelt: 1. Positive, das heißt, welche Mindestanforderungen an die Eigenschaften des Endlagers zu stellen sind. 2. Negative, das heißt, welche geowissenschaftlichen Kriterien führen dazu, ein Gebiet oder ein Gestein überhaupt von Beginn an von einer Endlagersuche auszuschließen. Bevor wir diese Kriterien darlegen können, müssen noch einige Begriffe definiert werden, die im weiteren Verlauf der Erläuterungen eine Rolle spielen und auch schon verwendet wurden. Barrieren: Unter Barrieren versteht man Einheiten, die sich zwischen dem Endlager und der Biosphäre befinden. Sie sollen verhindern, dass die radioaktiven Stoffe in die Biosphäre gelangen. Für ein Endlager wird ein Mehrbarrierensystem gefordert. Zum einen haben wir die natürliche geologische Barriere in Form einer mechanisch stabilen und nahezu undurchlässigen Schicht. Zum anderen werden künstliche von Menschen gemachte Barrieren aufgebaut, die mögliche Schwachstellen der natürlichen Barriere ausgleichen sollen.
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Einschlusswirksamer Gebirgsbereich: Teil der natürlichen, geologischen Barriere im Bereich des Endlagers, der die Abschirmung des Endlagers in Kombination mit den technischen Barrieren sicherstellen soll. Wirtsgestein: Das Gestein, in dem das Endlager angelegt wird. Endlagerbereich: Der Teil des Wirtsgesteins, in dem das Endlagerbergwerk eingerichtet wird. Einlagerungsbereich: Der Teil des Endlagerbereichs, in dem tatsächlich die radioaktiven Abfälle gelagert werden und der von dem übrigen Bergwerk abgeschlossen wird. Endlagersystem: Das Endlagersystem besteht aus dem Einlagerungsbereich, den künstlichen, technischen und den natürlichen, geologischen Barrieren. Der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002) hat diese internationalen Vorgaben und die besonderen Verhältnisse in Deutschland berücksichtigt und Ausschlusskriterien festgelegt. Die wichtigsten sind folgende: Großräumige Vertikalbewegungen: Im Wesentlichen sind damit Gebiete gemeint mit Hebungstendenzen. Eine kontinuierliche Hebungsrate von 1 mm pro Jahr führt innerhalb einer Million Jahre dazu, dass ein darin befindliches Endlager um 1000 Meter gehoben würde. Bei einer Einlagerung in ca. 1000 Metern Tiefe würde die Hebung das Endlager an die Oberfläche oder zumindest nah an die Oberfläche bringen, wenn die überlagernden Schichten im gleichen Maße abgetragen würden. Dies passiert vor allen Dingen, wenn es weniger tief als in 1000 Metern Tiefe angelegt worden ist. Aktive Störungszonen: Eine aktive Störungszone ist ein Gebiet, in dem Bewegungen der Erdkruste vorkommen, die in der Gegenwart noch ablaufen und einen Versatz, also eine Bewegung von Gesteinsverbänden gegeneinander, bewirken. Diese konzentrieren sich in einer bestimmten Zone, einer Störung, an der Wegsamkeiten für Wasser und Gase geschaff fen werden können. Wenn dies im Bereich eines Endlagers geschieht, ist ein Entweichen von gasförmigen Stoffen aus dem Endlager möglich. Es könnten dann auch Wässer in das Endlager eindringen. Seismische Aktivität: Das Endlager darf in keiner Zone liegen mit einer seismischen Aktivität, die höher ist als die Erdbebenzone 1 nach DIN 4149. Diese Norm des DIN (Deutsches Institut für Normung, wird mit DIN abgekürzt und gibt Normen heraus, die mit DIN123, DIN456
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o. ä. bezeichnet werden) aus dem Jahr 2005 enthält Vorschriften für den einsturzsicheren Bau von Gebäuden in Erdbebenzonen. Sie wurde 2011 modifiziert und an europäische Normen angeglichen. Sie heißt jetzt DIN EN 1998-1/NA und unterscheidet vier nach Erdbebenstärken eingeteilte Zonen. Die Europäische Makroseismische Skala (EMS) unterscheidet 12 Erdbebenstärken in Anlehnung an die Mercalliskala, die Erdbeben nach beobachteten Schäden an Gebäuden einteilt. Die Zonen der DIN sind wie folgt definiert: Zone 0: Erdbebenstärke 6,0 bis 6,5 Zone 1: Erdbebenstärke 6,5 bis 7,0 Zone 2: Erdbebenstärke 7,0 bis 7,5 Zone 3: Erdbebenstärke mehr als 7,5 Diese Vorschriften beziehen sich auf die Konstruktion von Bauten an der Oberfläche. Da ein Endlager für Atommüll unterirdisch angelegt wird, war der AkEnd (2002) der Ansicht, dass ein Atomendlager noch in der Erdbebenzone 0 oder 1 angelegt werden könnte. In dem Endlagergebiet sollten keine größeren Erdbeben auftreten oder aufgetreten sein, solange es Berichte von Erdbeben in Deutschland gibt, die etwa seit dem Jahr 800 vorliegen. In diesen alten Berichten wird über die aufgetretenen Schäden der Erdbeben berichtet, aufgrund deren man die Stärke der einzelnen Beben rekonstruieren kann. 1200 Jahre sind, geologisch betrachtet, ein sehr kurzer Zeitraum. Es erscheint anmaßend, aufgrund einer so kurzen Beobachtungszeit Prognosen für die nächsten 1 Million Jahre zu stellen. Zunächst müssen kurzfristig vor allen Dingen während der Einlagerungsphase Gegenden vermieden werden, in denen im Augenblick jederzeit mit einem stärkeren Beben zu rechnen ist. Weltweite Erfahrungen mit Erdbeben haben gezeigt, dass es Gebiete gibt, in denen immer wieder Erdbeben auftreten und dass es Gebiete gibt, die frei davon sind. Erdbeben stehen mit Störungszonen und mit tektonischer Aktivität in Verbindung. So zeigen die Erdbebengebiete in Südwestdeutschland eine deutliche Relation zum Oberrheintalgraben. An Störungszonen kann man zum Teil erkennen, wann sie das letzte Mal aktiv gewesen sind. So kann man aus dem Alter von Störungen auch Rückschlüsse ziehen, ob eine Gegend schon längere Zeit tektonisch nicht mehr aktiv ist und damit auch keine Erdbebengefahr mehr besteht. Das bedeutet, dass man aus der Kombination von jungen Erdbeben und aktiven und alten inaktiven Störungszonen Gebiete ausmachen kann, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch in einer 1 Millionen Jahre dauernden Zukunft tektonisch ruhig sein werden und damit auch nicht mehr Erdbeben gefährdet sind. Vulkanische Aktivität: Im Bereich des Endlagers darf kein aktiver Vulkan tätig sein oder in vorhersehbarer Zeit tätig werden. Dieser Punkt bedarf keiner weiteren Erläuterung. Jeder weiß sicherlich über die Gefahren von Vulkanausbrüchen Bescheid.
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Grundwasseralter: Im einschlusswirksamen Gebirgsbereich dürfen keine jungen Grundwässer vorkommen. Wenn junge Grundwässer vorhanden sind, bedeutet dies, dass im Augenblick ein direkter aktiver Kontakt mit Oberflächenwasser oder oberflächennahem Grundwasser besteht. Junges Grundwasser lässt sich nur mit komplizierten Methoden nachweisen, sodass man zuerst nach Erfahrungswerten entscheiden sollte, um dann im konkreten Fall gezielt diese verfeinerten Methoden einzusetzen. Der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002) hat Karten von Deutschland hergestellt oder herstellen lassen, die entsprechende Gebiete ausweisen, die für ein atomares Endlager nicht in Frage kommen (Abb. 3.13). Als Mindestanforderungen, also positive Eigenschaften für die geologischen Gegebenheiten, wurden folgende Kriterien aufgestellt: – Das Wirtsgestein muss eine sehr geringe Durchlässigkeit haben. Der Durchlässigkeitsbeiwert (kf) muss kleiner sein als 10-10 m/s (siehe unten). Solche Gesteine werden allgemein als undurchlässig betrachtet. Der Durchlässigkeitsbeiwert gilt für Wasser. Ein geringer Durchlässigkeitsbeiwert hat aber auch Auswirkungen auf gasförmige Stoffe und zeigt an, dass diese normalerweise zurückgehalten werden. – Der einschlusswirksame Gebirgsbereich muss mindestens 100 Meter mächtig sein. – Der einschlusswirksame Gebirgsbereich muss in einer Tiefe zwischen 300 und 1500 Metern liegen. – Der einschlusswirksame Gebirgsbereich muss eine ausreichende flächenhafte Verbreitung haben. Für Granite und Tongesteine werden mindesten 10 km2, für Steinsalz mindesten 3 km2 gefordert. – Das Wirtsgestein muss eine gute Temperaturverträglichkeit aufweisen. Das heißt es sollte die Wärme gut ableiten und sich nicht sehr durch Wärme ausdehnen. Die wichtigste Forderung, die an ein Wirtsgestein gestellt werden muss, ist, dass es dicht sein muss. Es darf so wenig wie möglich Flüssigkeit oder Gas entweichen lassen oder an den Atommüll heranlassen. Aus den Erfahrungen der Geologen seit mehr als hundert Jahren in der Erdölgeologie und auch in der Hydrogeologie weiß man, dass granitähnliche Gesteine, Gneise, Mergel, Tonsteine und Salzgesteine sehr dicht gegenüber Gasen und Flüssigkeiten sind. Abgesehen vom Salz bilden die aufgeführten Gesteine bekannte Wasserstauer. Tone und Salze sind die wichtigsten Abdeckgesteine von Erdöl- und Erdgaslagerstätten. Sie halten sogar größerem Druck stand, wie man es auch von artesischen Brunnen kennt. Erdölgeologen wissen aus leidvollen Erfahrungen wie viel Druck Ton- und Salzgesteine aushalten, wenn sie aus Versehen eine Erdgas- oder Erdöllagerstätte ohne Abdichtung des Bohrlochs angebohrt haben und die Bohranlage durch eine Überdruckexplosion durch die Luft geflogen ist. In der Hydrogeologie, in der Erdölgeologie und im Ingenieurwesen wird als Messgröße für die Durchlässigkeit eines Gesteins der Durchlässigkeitsbeiwert oder kf-Wert
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Sylt
O s t s e e ±0
Erdbebenzone >1 (nach DIN 4149) Potenzielle Gefährdungsgebiete durch Vulkanismus (modifi-
Fehmarn
ziert nach AkEnd 2002)
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V
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0 20 40 60 80 100 km
Abb. 3.12 Karte von Deutschland mit Erdbebengebieten, Gebiete zukünftiger Vulkanaktivität und Gebiete mit Hebungen (nach Hoth et al. 2007).
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Geologische Grundlagen und Konzepte der Endlagerung
benutzt. Er gibt in Meter pro Sekunde an, mit welcher Geschwindigkeit Wasser durch das Gestein fließt. Der kf-Wert wird mithilfe von Experimenten und Berechnungen aus Gesteinsparametern bestimmt. Diese Untersuchungen werden entweder an Proben im Labor oder in situ, das heißt durch Untersuchungen im Gelände oder Untertage direkt im Gesteinsverband, durchgeführt. Für den AkEnd haben Appel und Habler (2001, 2002) über 2600 Daten von den oben genannten Gesteinen aus Tiefen zwischen 5 und 9066 Meter ausgewertet und in zwei Tabellen zusammengefasst, eine für alle Werte und eine für den Tiefenbereich von 300 bis 1500 Meter, der für ein Endlager vorgesehen ist. Die Werte für Salze stammen ausschließlich aus dem Bereich zwischen 300 und 841 Meter (Tab. 3.2 und 3.3).
Tab. 3.2 Gebirgsdurchlässigkeit verschiedener Gesteinstypen (AkEnd 2002)
Tab. 3.3 Gebirgsdurchlässigkeit verschiedener Gesteinstypen im Tiefenbereich 300 bis 1500 Meter unter Geländeoberfläche (AkEnd 2002)
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Mit Ausnahme des Steinsalzes zeigen alle Gesteine einen großen Unterschied in den Durchlässigkeitswerten. Es treten Unterschiede von mehr als zehn Dezimalstellen auf. Betrachtet man die Werte für die Endlagertiefen von 300 bis 1500 Meter so bleiben bei Gneisen, Graniten und Mergeln die großen Bandbreiten mehr oder weniger gleich, während Tonstein einen vergleichbar engen Bereich wie das Steinsalz aufweist. Die Durchschnittswerte von Gneis und Granit liegen über den geforderten Werten von 10-10 m/s. Mergel ordnen sich bei 10-11 m/s knapp darunter ein. Während Tonsteine und Steinsalz deutlich unter der geforderten Grenze bleiben. Selbst die Maximalwerte liegen bei 10-10 m/s (Abb. 3.13).
Abb. 3.13 Durchlässigkeitswerte von ausgesuchten Gesteinen (nach Appel und Habler 2002).
Die Ergebnisse zeigen, dass Gneise, Granite und Mergel durchaus niedrige Durchlässigkeitswerte besitzen, aber auch immer wieder höhere Werte. Woher kommen diese Unterschiede? Es zeigt sich, dass in diesen Gesteinen immer wieder und auch in größeren Tiefen Risse und Klüfte auftreten, die diese höhere Durchlässigkeit bewirken. Stellenweise ergeben sich die hohen Werte auch dadurch, dass gezielt solche Schwachstellen im Gestein gemessen werden, da sie von besonderer Wichtigkeit für die Wasserwegsamkeit sind. Selbst wenn man mit bloßem Auge keine Risse feststellen kann, ergeben sich hohe Durchlässigkeiten. Es bedeutet, dass man diese Gesteine sehr intensiv und großräumig untersuchen muss, um ihre Tauglichkeit als Wirtsgestein für ein Endlager festzustellen. Mergel sind Tongesteine mit einem mehr oder weniger hohen Kalkanteil. Die Rissund Kluftbildung in Mergeln ist abhängig vom Kalkgehalt. Je mehr Kalk umso mehr Risse und Klüfte entwickeln sich im Gestein und umso höher ist die Durchlässigkeit. Mergel mit sehr geringem Kalkanteil weisen die gleichen Durchlässigkeitswerte wie
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Tongesteine auf. Häufig sind Mergel aber nicht einheitlich aufgebaut, wissenschaftlich nennt man das inhomogen. Ihr Kalkanteil schwankt sehr stark und sie treten oft in Wechsellagerung mit Kalkbänken auf. Deshalb werden Mergelablagerungen allgemein nicht als Untersuchungsgebiete für ein atomares Endlager vorgesehen. Anders verhält es sich mit Gneisen und Graniten. Diese sind meistens homogener, vor allen Dingen Granite, und es lassen sich eventuell größere Bereiche ohne Klüfte und Risse ausmachen. Der Hauptgrund aber, weshalb Gneise, Granite und granitähnlich Gesteine überhaupt noch als Endlager in Betracht gezogen werden, liegt an ihrer mechanischen Festigkeit. Das Sprichwort »auf Granit beißen« für etwas Unmögliches existiert nicht unbegründet. So werden in Deutschland drei Gesteinsgruppen für eine Erkundung als mögliches Endlager für Atommüll vorgesehen: 1. Gneise, Granite und granitähnliche Gesteine 2. Tongesteinsformationen 3. Steinsalzablagerungen. Diese Ergebnisse stimmen mit allgemeinen, internationalen Beobachtungen überein, sodass auch jene Staaten, die bisher Versuchsendlager eingerichtet und ihre Bemühungen um eine Endlagerlösung publiziert haben, eine dieser drei Varianten als Wirtsgestein für ein Endlager in Betracht ziehen. Die Bedeutung der mechanischen Eigenschaften eines Gesteins sind schon mehrfach hervorgehoben worden. Was bedeuten mechanische Eigenschaften? In dem Zusammenhang mit der Endlagerdiskussion sind zwei Eigenschaften wichtig. Einmal die Standfestigkeit, wenn in diesen Gesteinen Hohlräume angelegt werden, die für das Einrichten des Endlagerbereichs notwendig sind. Zum anderen das Verformungsverhalten der Gesteine, wenn in ihnen Spannungen auftreten. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, wie Gesteine auf eine Kraft reagieren, die auf sie einwirkt. Es spielt eine Rolle wie groß die Fläche ist, auf die eine Kraft wirkt. So betrachtet man die Kraft pro Flächeneinheit. In der Technik und der Wissenschaft nennt man eine Kraft pro Fläche eine Spannung und unterscheidet zwischen einer Druck- und einer Zugspannung. Ein Gestein reagiert unterschiedlich auf eine Spannung. Es kann sich elastisch verhalten, wie ein Sofa. Wenn man sich darauf setzt, gibt es nach. Steht man wieder auf, nimmt es die vorherige Form wieder an. Gesteine können ein ähnliches Verhalten zeigen. Bei Belastung geben sie nach, nimmt man die Belastung wieder weg, kehren sie in ihre Ausgangsform zurück. Die Verformung ist allerdings ziemlich gering und liegt normalerweise im Mikrometer- bis Millimeterbereich Eine plastische Verformung liegt vor, wenn das Gestein durch eine Spannung eine bleibende Verformung erhält, die nicht wieder zurückgeht, wenn man die Belastung zurücknimmt. Gesteine können auf unterschiedliche Weise plastisch reagieren. Einmal können sie durch die Spannung zerbrechen und entlang eines Risses, einer Störung ihre Form ändern. Ein solches Verhalten nennt man eine spröde oder bruchhafte Verformung. Gestein kann aber auch reagieren wie ein Töpferton, dem man eine besondere Form geben kann, ohne ihn zu zerbrechen. Eine solche Verformung nennt man duktil.
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Eine weitere Möglichkeit, wie Gesteine auf Verformung reagieren, ist, wie gesagt, ein duktiles Verhalten. Die Gesteine verformen sich dann teilweise wie eine viskose Flüssigkeit. Das bekannteste Beispiel ist sicherlich das Verformungsverhalten von Eis, das den Berg hinunter »fließt«. Das Verformungsverhalten von Gesteinen hängt von ihrer Zusammensetzung ab. Die Verformung wird aber auch kontrolliert von äußeren Bedingungen wie der Größe der Spannung, der Geschwindigkeit der Verformung, der Temperatur und der Tiefe, in der die Verformung stattfindet. Wenn wir die Bedingungen voraussetzen, die für ein Endlager gefordert werden, nämlich eine Tiefe zwischen 300 und 1500 Metern, dann kann man von folgendem Verhalten für die oben genannten Gesteine ausgehen. Ein Granit oder Gneis wird zunächst ein wenig elastisch verformt. Wird die Spannung größer als seine Festigkeit, zerbricht er und bildet eine oder mehrere Bruchflächen. Ein Tongestein reagiert nach seinem Verfestigungsgrad. Kaum verfestigte Tone in den oberflächennahen Bereichen verhalten sich hoch viskoplastisch, das heißt, sie fließen sofort in einen entstehenden Hohlraum hinein. Tongesteine in tieferen Lagen, die schon einen höheren Verfestigungsgrad haben, zeigen ein kompliziertes Verformungsverhalten, das aus einer Kombination von vorwiegend duktil-plastisch bis spröde reicht und keine hohe Standfestigkeit bei Hohlräumen hat. Steinsalz in diesen Tiefen hat eine relativ hohe Standfestigkeit und reagiert viskoplastisch aber mit sehr geringen Verformungsraten, das bedeutet, dass die Verformung sehr langsam, aber ohne Zerbrechen vor sich geht. Es reagiert nur bei sehr hohen Spannungen und schnellen Verformungsraten bruchhaft. Kommen wir nun zu den wichtigen Fragen: – Wo kommen die oben genannten Gesteine vor? – Wie sind sie entstanden? – Welche Vorkommen könnten sich aufgrund der genannten Kriterien für ein atomares Endlager eignen? In Deutschland ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mit Sitz in Hannover für die Erkundung der Gesteine, die für ein Endlager tauglich sind, zuständig. Seitdem die Suche nach einem Endlager in der Bundesrepublik Deutschland betrieben wird, ist diese Behörde darin einbezogen. Daneben arbeitet sie intensiv mit Kollegen in Schweden, Belgien, Frankreich und der Schweiz zusammen (Abb. 3.14). Es sind zahlreiche Veröffentlichungen von Mitarbeitern des BGR und auch im Namen der Behörde selbst zu diesen Themen publiziert worden. So liegen unter vielen anderem drei ausführliche Gutachten zu der Tauglichkeit von Gneisen und Graniten (Bräuer et al. 1994), die sogenannte Kristallinstudie, von Salzstöcken (Kockel und Krull 1995), die sogenannte Salzstudie, und Tonsteinen (Hoth et al. 2007), die sogenannte Tonstudie, für ein Endlager von Atommüll vor, die wir in den folgenden Abschnitten ausführlich besprechen müssen. Daneben sind auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) und die ehemalige Gesellschaft für Strahlenfor-
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Abb. 3.14 Internationale Zusammenarbeit der BGR (aus Hoth et al. 2007).
schung (GSF) mit der Forschungszentrale für Gesundheit und Umwelt in der Suche nach einem Endlager und der Formulierung der Endlagerkriterien einbezogen. Die GSF ist umbenannt worden in Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Die Federführung bei der Suche nach einem Endlager liegt seit 2010 in den Händen des BFS, das auch mit internationalen Forschern und verschiedenen deutschen Universitäten zusammenarbeitet.
Kristallingesteine, Gneise und Granite Obwohl die Durchlässigkeitswerte von Gneisen und Graniten nicht zeigen, dass sich diese Gesteine besonders für ein Endlager eignen, stuft man sie dennoch als untersuchungswürdig ein. Der Grund liegt, wie gesagt, in der großen, mechanischen Festigkeit der Gesteine. Für die meisten von uns stellt sich der Granit als das Urbild für Festigkeit und soliden Baugrund dar. Beschäftigen wir uns zunächst mit zwei Fragen: Was bedeutet Kristallingestein? Was sind Gneise und Granite? Der Ausdruck Kristallingestein ist ein sehr alter und ein etwas unglücklicher. Kristallin bezeichnet eigentlich die Eigenschaft eines Minerals und bedeutet, dass dieses Mineral eine Kristallstruktur besitzt, in dem jedes Element, das am Aufbau des Kristalls beteiligt ist einen bestimmten, festen Platz in einem dreidimensionalen Gitter hat. Der Gegensatz zu kristallin ist amorph und bedeutet, dass diese Substanzen keine Gitterstruktur besitzen. Die meisten Minerale haben aber ein Kristallgitter. So besteht fast jedes Gestein aus kristalliner Substanz. Da in Gneisen und Graniten die Minerale mit bloßem Auge zu erkennen sind, hat sich für diese Gesteine der Ausdruck Kristallingestein eingebürgert.
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Was sind Gneise und Granite? Diese Gesteine haben zwar ähnliche mechanische Eigenschaften und eine ähnliche mineralogische Zusammensetzung, sind aber von ihrer Entstehung her völlig verschieden. Gneise sind Gesteine, die durch eine Metamorphose entstanden sind. Das heißt, ehemals schon vorhandene Gesteine sind erneut unter hohen Drucken und Temperaturen verformt worden und haben dadurch ein völlig neues, anderes Gefüge bekommen. Gneise entstehen bei Temperaturen um 600 °C und in Tiefen von 10 bis 60 Kilometern. Sie zeigen ein engständiges Flächengefüge, das häufig in kleinräumige, enge Falten gelegt ist. Man unterscheidet sie nach ihrem Ursprungsgestein. Paragneise wurden aus Sedimenten geformt, während Orthogneise von ehemaligen Graniten stammen. Aufgrund ihrer Herkunft sind Paragneise häufig sehr inhomogen, während Orthogneise, wie Granite auch, vergleichsweise homogen sind. Granite entstehen durch Abkühlen aus einem Magma. Magma wird im oberen Mantel gebildet. Dort wird aufgrund der herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen ein Teil des Mantels geschmolzen. Da diese Schmelze leichter ist als die Umgebung, steigt sie auf bis in die Erdkruste, wo sie sich in einer Magmenkammer sammelt. Von der Magmenkammer wird ein Vulkan gespeist, da Teile des Magmas mit Gasdruck an die Erdoberfläche gelangen. Etwa ein Drittel der Magmenkammer wird so geleert und als Vulkanite an die Erdoberfläche gebracht. Zwei Drittel des Magmas verbleiben in der Magmenkammer und kühlen langsam ab. Dabei entstehen Minerale, die sich aus dem Magma ausscheiden und dadurch das Magma in seiner Zusammensetzung verändern. Diesen Vorgang nennt man magmatische Differentiation, wodurch unterschiedliche Magmen und damit auch unterschiedliche Gesteine entstehen. Letztendlich erstarren sie zu sogenannten Plutoniten, zu denen auch der Granit gehört. Das ursprüngliche Magma aus dem Mantel hat etwa eine basaltische Zusammensetzung. Die Differentiation in der Magmenkammer schafft ein granitisches Magma. Ein Granitmagma kann aber auch durch einen anderen Mechanismus entstehen. Bei günstigen Voraussetzungen in Bezug auf Druck, Temperatur und chemische Zusammensetzung der Kruste kann es in der Kruste zum Schmelzen eines granitischen Magmas kommen. Man kann diese beiden Typen von Graniten mit chemischen Methoden gut auseinander halten. Für die Beurteilung, ob ein Granit als Endlager geeignet ist, spielt der Unterschied in der Entstehung keine große Rolle, sodass man diesen Aspekt vernachlässigen kann. Die Vulkanite erstarren sehr schnell sobald sie an der Erdoberfläche angelangt sind. Grund dafür ist der große Temperaturunterschied zwischen Magma und Luft. Sie werden dadurch sehr feinkörnig. Normalerweise sind Minerale in einem Vulkanit kleiner als ein Millimeter. Der Temperaturunterschied zwischen Magmenkammer und Umgebung in der Erdkruste ist nicht sehr groß, sodass Plutonite sehr langsam erstarren und dadurch grobkörnig sind. Die Korngröße ihrer Minerale liegt im Durchschnitt zwischen einem halben und zwei Zentimeter. So haben wir die wesentliche Einteilung der magmatischen Gesteine in feinkörnige Vulkanite und grobkörnige Plutonite. Die weitere Einteilung der Gesteine erfolgt dann nach ihrer chemischen Zusammensetzung bzw.
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ihrem Mineralgehalt. Der Hauptbestandteil von magmatischen Gesteinen sind Feldspäte und Quarz, sodass diese Minerale für die Einteilung der meisten Magmatite benutzt werden. Die Unterschiede in der Zusammensetzung der magmatischen Gesteine stammen von der oben erwähnten Differentiation. Wir haben im Wesentlichen zwei Differentiationsreihen: eine alkalische und eine kalkalkalische Reihe. Die wichtigsten Gesteine der alkalischen Reihe sind: Vulkanite: Plutonite:
Basalt Gabbro
– Latit – Monzonit
– Trachyt – Syenit
– Rhyolith – Granit
Die Kalkalkalireihe setzt sich zusammen aus: Vulkanite: Plutonite:
Basalt Gabbro
– Andesit – Diorit
– Dazit – Granodiorit
– Rhyolith – Granit
Im Weiteren werde ich hier der Einfachheit halber den Ausdruck Granit für eine ganze Gesteinsgruppe gebrauchen, die man Granitoide, also granitähnliche Gesteine nennen müsste oder auch Gesteine so nennen, die wissenschaftlich eigentlich Granodiorit oder Monzonit heißen. Im Prinzip kommen als Wirtsgestein für ein Endlager beide magmatischen Gesteinstypen also sowohl Vulkanite als auch Plutonite in Frage. Die Vulkanitvorkommen in Deutschland sind aber so kleinräumig, dass sie nicht für ein Endlager in Betracht gezogen werden. Der Erstarrungsvorgang hat einen weiteren, wichtigen Effekt auf das Gefüge eines magmatischen Gesteins. Eine Schmelze hat ein geringeres spezifisches Gewicht als das feste Gestein. Das bedeutet, dass die Schmelze mehr Platz beansprucht als das feste Gestein. Dadurch schrumpft es während des Erstarrungsprozesses und es werden Klüfte und Risse im Gestein angelegt. Das bekannteste Beispiel, nämlich die Basaltsäulen, dürfte auch den meisten Laien geläufig sein. Aber auch im Granit werden solche Schrumpfklüfte angelegt und zwar in einem immer wieder zu beobachtenden ähnlichen System (Abb. 3.15). Im oberen Teil eines Granits im sogenannten Dach werden parallel zur Oberfläche des Granits Schrumpfungsrisse angelegt. Weiter entstehen Klüfte zur Längsrichtung des Granitkörpers und senkrecht dazu sogenannte Längs- und Querklüfte. Im Winkel von etwa 45 Grad zu diesen Längsund Querklüften werden noch sogenannte Scherklüfte angelegt. Dieses System ist in fast jedem Granit vorhanden und ist die Ursache für die sogenannte Wollsackverwitterung von Graniten, die ihre Form durch dieses Kluftsystem bekommt. Die Klufthäufigkeit nimmt zur Tiefe hin ab und die Abstände zwischen den Klüften werden größer. Für die Endlagerproblematik bedeutet dies, dass sehr sorgfältig Gebiete mit geringer Klufthäufigkeit ausgesucht werden müssen. Viele Granite sind mit Lagerstätten verknüpft, die häufig in vererzten Gängen zu finden sind. Die Gänge treten entweder im Granit selber auf oder konzentrieren sich in der Umgebung der Granite, sodass viele Granitgebiete einen intensiven Bergbaubetrieb haben oder hatten. Das Erzgebirge hat seinen Namen von diesen Vererzun-
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Abb. 3.15 Kluftsytem in einem Granit nach Cloos (aus Zeil 1990).
Abb. 3.16 Vorkommen von Granit und Gneisen in Deutschland (aus Zeil 1990).
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gen. Auch der Harzer Bergbau ist eng mit dem Brockengranit verknüpft. Einige Granite mit schöner Färbung werden auch selbst in Steinbrüchen abgebaut und zu Ziersteinen verarbeitet, poliert und als Wandverkleidung oder als Bodenplatten benutzt. Gneise und Granite kommen in Deutschland nur in Süddeutschland, Ost- und Mitteldeutschland vor (Abb. 3.16). Einzige Ausnahmen sind die Vorkommen im Harz mit zwei kleineren Granitmassiven. Der berühmteste ist sicherlich der Brockengranit mit seinem Tanzplatz für die Hexen (Beides wurde schon von Goethe beschrieben). Man kann folgende Gebiete ausmachen (von Südwesten nach Nordosten): – Schwarzwald – Ostbayern – Erzgebirge – Elbtal – Lausitz – Odenwald/Spessart – Thüringer Wald – Halle-Wittenberger Raum (Hier treten die Granite nicht an der Oberfläche auf, sondern sind von Quartär bedeckt.) Die Gneise und Granite in Deutschland sind während der sogenannten variszischen Gebirgsbildung entstanden, in der die meisten Mittelgebirge in Europa geformt wurden. Diese Gebirgsbildung und die dazu gehörige Faltung fanden vor etwa 280 bis 380 Millionen Jahren statt. Dieses Alter haben auch die meisten Gneise und Granite in Deutschland mit einigen wenigen Ausnahmen, die etwa 500 Millionen Jahre alt sind. Der größte Teil der Granite intrudierte nach der Faltung und ist von dieser nicht beeinflusst. Einige Granite liegen in jüngeren Störungszonen und sind von jüngeren Störungen durchzogen. In der Abbildung 3.17 sind nicht alle einzelnen Granitkörper ausgewiesen, die man aufgrund von Gefügemerkmalen, mineralogischer Zusammensetzung und nach dem Alter unterscheiden kann, sondern es sind mehrere Granitkörper in dieser Darstellung zusammengefasst. Bräuer et al. (1994) haben in ihrem Gutachten jedes einzelne Vorkommen berücksichtigt. Die Datengrundlage für ihr Gutachten bestand im Wesentlichen aus: – Archivmaterial der Bundesanstalt – Archivmaterial der einzelnen geologischen Landesanstalten – Archivmaterial der entsprechenden Bergämter – Geologischen und geographischen Karten – Auswerten von Bohrungen – Auswerten von geophysikalischen Untersuchungen – Auswerten von Veröffentlichungen
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Sachsen Dresden D re n Erfurt r rt T hür ingen
TSCHECHISCHE REPUBLIK
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Untersuchungswürdige Granitvorkommen
Abb. 3.17 Untersuchungswürdige Granitvorkommen.
In einem ersten Schritt wurde eine Vorauswahl getroffen. Die Grundlage für diese Vorauswahl bildeten die Ausschlusskriterien, ähnlich denen, die von dem Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002) aufgestellt wurden. Die wichtigsten Kriterien für Bräuer et al. (1994) waren: – Naturschutzgebiete – größere Siedlungen in der Nähe – Grundwasserschutzgebiete – Störungsdichte – Erdbebengebiete – Hebungsgebiete – mangelnde Ausdehnung.
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Aufgrund dieser Ausschlusskriterien blieben von den insgesamt mehr als 100 Vorkommen noch 28 Granit- und Gneiskörper übrig, die in nähere Auswahl genommen wurden. Sie verteilen sich wie folgt (in alphabethischer Reihenfolge): – Bayerisches Kristallin, 4 Vorkommen – Elbtalzone, 5 Vorkommen – Erzgebirge/Vogtland, 6 Vorkommen – Granulitgebirge (Granulite sind gneisähnliche Gesteine mit sehr hohem Metamorphosegrad.) – Halle-Wittenberg-Gebiet, 3 Vorkommen – Lausitz, 5 Granite – Schwarzwald, 2 Vorkommen – Thüringer Wald, 2 Vorkommen. Diese Gesteinsvorkommen wurden anhand der negativen und positiven Bewertungskriterien (s. o.) im Detail untersucht. Auch hier seien wieder die wichtigsten genannt: – Anzeichen einer alten, variszischen Verformung in den Graniten – Intensität von späteren, jungen Störungen in den Graniten – Homogenität der Gesteine – Bergbauanteil am/im Granit – Form des Granitkörpers – Größe des Granitkörpers – Hydrologie der Umgebung Jeder einzelne Granit wurde diesen Kriterien unterworfen und dann entschieden, ob dieser Granit eventuell für eine Untersuchung zur Endlagertauglichkeit in Frage käme. Von den 28 intensiver betrachteten Graniten und Gneisen wurden 10 ausgewählt, die nach Meinung von Bräuer et al. (1994) so gestaltet sind, dass es sich lohnen würde, diese Gesteinseinheiten näher auf Endlagertauglichkeit zu untersuchen. Nach Gebieten geordnet wären es folgende Vorkommen (Abb. 3.18): Bayerisches Kristallin (3): Fichtelgebirge/Nördlicher Oberpfälzer Wald/Saldenberg Erzgebirge (2): Graugneiskomplex/Kirchberg Lausitz (3): Radeberg-Löbau/Pulsnitz/Zawidow Halle-Wittenberg (2): Pretzsch/Prettin.
Tongesteine Ton entsteht auf zwei sehr unterschiedliche Arten. Zum einen wird er durch intensive Verwitterung von Gesteinen gebildet. Die Verwitterung ist Bestandteil einer Bodenbildung an Land, kann aber auch unter Wasserbedeckung stattfinden. Dadurch entstehen Verwitterungslagen, die mehrere Meter dick werden können. Je nach Zusammensetzung und Mächtigkeit solcher Lagen werden sie abgebaut und dienen als Rohstoff für z. B. Porzellan oder Steingut. Zum anderen ist Ton ein Sediment, genauer gesagt ein klastisches Sediment, aus einzeln transportierten und abgelagerten feinsten Bestandteilen. Das bedeutet, dass es auf natürliche Weise abgetragen,
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dann transportiert und aus dem Transportmedium abgelagert worden ist. Als Transportmedium kommen Eis, Wind oder Wasser in Frage. Die überwiegende Mehrheit der Tone stammt aus dem Absatz wässriger Suspensionen, entweder in Form von Süßwasserablagerungen in Seen und Flüssen oder als Salzwasserbildungen im Meer. Im engeren Sinne sind Tone feinkörnige Ablagerungen mit einem Hauptanteil an Korngrößen kleiner als 0,002 Millimeter (Heling 1988). Diese Definition gilt streng genommen nur für Deutschland. In Amerika z. B. wird als Obergrenze eine Korngröße von 0,004 Millimeter definiert. Da Tonpartikel sehr klein sind, werden sie von fließendem Wasser sehr lange in Schwebe gehalten und transportiert. Das bedeutet, dass Tone nur in sehr langsam fließenden oder in stillstehenden Gewässern als Tonschlamm abgelagert werden. Im Meer entstehen sie in einer Tiefe unterhalb der Wellenaktivität oder in einem abgeschirmten Meeresbereich ohne große Wellenaktivität. Die Korngröße ist allerdings nicht das alleinige Kriterium für die Definition von Tongestein. Es ist auch möglich, dass ein Gestein nur oder überwiegend aus feinsten Quarzkörnern oder den Hartteilen von Mikroorganismen kleiner als 0,002 Millimeter besteht. Dennoch wird es nicht als Tongestein bezeichnet. Die mineralogische Zusammensetzung spielt eine bedeutende Rolle bei der Definition von Tongestein. Allgemein geht man davon aus, dass Gesteine einen Gehalt von über 50 % an Tonmineralen haben müssen, damit man sie als Tongestein bezeichnen kann. Tonminerale werden bei der Verwitterung gebildet. Tonminerale sind Schichtsilikate. Das heißt, sie besitzen eine Gitterstruktur, die aus sehr dünnen Schichten auff gebaut ist, die etwa so dick sind wie der fünf- bis zwanzigfache Durchmesser eines Atoms. Bei den Tonmineralen gibt es im Prinzip drei unterschiedliche Gitterschichten. Eine ist aufgebaut aus der Verbindung von Silizium und Sauerstoff, die Silikatschicht (Tetraeder-Schicht). Eine weitere besteht aus der Verbindung von zwei- oder dreiwertigen Kationen wie Magnesium, Eisen oder Aluminium mit Hydroxidionen (Oktaeder-Schicht). Diese Kationen können sich gegenseitig austauschen oder durch andere ersetzt werden. Diese beiden Gitterschichten werden in verschiedenen Kombinationen zu Schichtpaketen (Zwei-, Drei- oder Vierschichtpaketen) zusammengesetzt. Als dritte Schichtart kann in vielen Tonmineralen eine Zwischen-Schicht auff treten, die diese Schichtpakete verbindet. Hierin können weitere Elemente wie z. B. Kalium, Natrium und Kalzium und vor allen Dingen Wasser eingelagert werden. In dieser Schicht können auch noch radioaktive Elemente eingelagert werden. Dieses sogenannte Sorptionsvermögen spielt eine große Rolle für die Eignung von Tongesteinen als Endlagerwirtsgestein. Durch diese vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten ergibt sich eine Vielzahl von mehr als fünfzig verschiedenen Tonmineralen (Guggenheim et al. 2006). Aufgrund ihres Schichtaufbaus haben sie eine gute Spaltbarkeit parallel zu den Schichtpaketen und kommen daher als winzige Plättchen, Schuppen oder Flocken vor. Schon kurz nach ihrer Ablagerung, mit dem ersten Zusammendrücken (Kompaktion) des Sediments orientieren sich die kleinen Tonmineralplättchen mehr oder weniger parallel zur Schichtung des Gesteins an. Tongesteine haben eine große Vielfalt in der Zusammensetzung ihrer Tonminerale und ihrer Beimengung durch andere
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Minerale und zeigen auch unterschiedliche Färbung. Rote Tone sind durch geringe Beimengungen von Eisen führenden Mineralen gefärbt. Dunkle, schwarze Tone enthalten einen Anteil von organischem Material und bilden dann Erdöl- oder Erdgasmuttergesteine. Kalkhaltige Tone werden als Mergel bezeichnet (siehe oben). Beimengungen von Salz ergeben Salztone. Bei Tongesteinen spielt neben der Korngröße und der mineralogischen Zusammensetzung auch der Verfestigungsgrad eine große Rolle für die Eignung als Endlager. Den Vorgang, der ein Gestein durch Überlagerungsdruck und Temperaturerhöhung verändert, nennt man Diagenese, solange sich dieser Vorgang je nach Überlagerungsdruck unterhalb einer Temperatur von 150 bis 200 °C abspielt. Bei höheren Temperaturen spricht man von Metamorphose. Frisch abgelagerter Tonschlamm hat ein Porenvolumen von mehr als 60 % und enthält Wasser in diesen Porenräumen. Im Laufe der Ablagerungsgeschichte sinken die Gesteine ab und werden durch andere überlagert. Der Überlagerungsdruck verringert das Porenvolumen, regelt die Tonplättchen nahezu parallel zur Schichtung ein und treibt das Porenwasser aus dem Tonschlamm. Das Porenvolumen ebenso wie der Wassergehalt im Ton nimmt bei einer Tiefe von 1000 Metern bis auf 15 % bis 30 % ab (Abb. 3.18). Da Tone eine geringe Durchlässigkeit besitzen, geht dieser Vorgang sehr langsam vonstatten und er kann dadurch zu Porenwasserüberdruck führen. Gleichzeitig nimmt die Temperatur mit der Tiefe zu. Die Temperaturerhöhung führt zu Veränderungen an den Tonmineralen und, wenn vorhandenen, an der organischen Substanz. Diese Vorgänge laufen in der Regel sehr träge ab. Ab einer Temperatur von etwa 50 °C beginnen einige Tonminerale das in den Zwischenschichten gebundene Wasser zu verlieren. Dieser Vorgang verstärkt sich ab etwa 100 °C. Einige Elemente aus den Tonmineralen werden in dem heißen Wasser gelöst. Manchmal reichern sich die gelösten Stoffe wieder an und bilden Konkretionen (Toneisenstein-
Abb. 3.18 Porositätsänderung von Ton bei der Verfestigung (nach Hoth et al. 2007).
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oder Tonkalksteingeoden oder Eisensulfidknollen). Ab einer Temperatur von 60 bis 70 °C wird die organische Substanz in den schwarzen Tonen umgewandelt und bei geeigneter Zusammensetzung können Erdöl und Erdgas abgegeben werden. Bei diesen Temperaturen geht auch Braunkohle in Steinkohle über. Ab 130 °C wird fast nur noch Erdgas gebildet. Die diagenetischen Vorgänge werden auch von der Zeitdauer beeinflusst. Junge Tone aus dem Tertiär also jünger als 60 Millionen Jahre sind bei gleicher Versenkungstiefe nicht so stark verfestigt wie Tone aus der Kreide und dem Jura, die zweibis dreimal so alt sind. Bei der Diagenese entsteht aus dem Tonschlamm ein Ton, dann ein Tonstein und daraus entwickelt sich bei intensiver Faltung ein Tonschiefer mit einem Schieferungsgefüge. Dabei verändert sich auch das mechanische Verhalten (siehe oben) von viskoplastisch zu vorherrschend duktil-plastisch bis stellenweise spröd-plastisch. Der Verfestigungsvorgang ist irreversibel, das heißt, ein einmal erreichter Diagenesegrad bleibt gewöhnlich in dem Gestein erhalten, auch wenn es wieder in ein höheres Stockwerk innerhalb der Schichtenfolge und damit in einen niedrigeren Überlagerungsdruck und niedrigere Temperaturen kommt. Wenn man also den Diagenesegrad eines Tons feststellt, kann man so auch herausfinden, welche Temperaturbelastung man einem Tongestein zumuten kann, ohne dass es zu diagenetischen Veränderungen kommt. Hoth et al. (2007) haben in ihrem Gutachten zu Tongesteinsformationen als atomares Endlager auf eine ungefähr 30 Jahre dauernde Forschungstätigkeit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zu diesem Thema bauen können. Da die Temperatur eine große Rolle bei der diagenetischen Umwandlung von Tonen spielt, haben sie auf der Grundlage von Jung et al. (2002) eine Karte erstellt, in der die Temperaturverteilung in einer Tiefe von 1000 Metern zu sehen ist. In vielen Gebieten Nord- und Süddeutschlands herrscht in dieser Tiefe schon eine Temperatur von 40 bis 50 °C und sogar höher. (Abb. 3.19) Des Weiteren haben Untersuchungen in Frankreich und der Schweiz gezeigt, dass aufgrund der Temperaturempfindlichkeit und der mechanischen Eigenschaften die Tongesteine eine Diagenesetemperatur von 50 °C gehabt haben sollten, aber eine Temperatur von 100 °C nicht überschritten werden sollte. Die maximale Tiefe für ein Endlager in Tongesteinen verringert sich dadurch auf 1000 Meter (ANDRA 2001 [Agence nationale pour la gestion des déchets radioactifs (Frankreich)], NAGRA 2002 [Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Schweiz)]). Aufgrund dieser Untersuchungen haben Hoth et al. (2007) die maximale Tiefe für ein Endlager von Atommüll in Tongesteinen von 1000 Meter auch für Deutschland übernommen, im Gegensatz zu den Vorschlägen des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002), der maximal 1500 Meter vorgeschlagen hatte. Hoth et al. (2007) konnten in ihrem Gutachten auf eine sehr breite Datenbasis zugreifen, die aus Karten- und Archivmaterial der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, der Geologischen Landesämter der Bundesländer und vor allen Dingen aus Bohrergebnissen und seismischen Ergebnissen der Erdölexploration bestand. Dadurch ergibt sich allerdings ein großes Gefälle in der Datendichte zwischen Nord- und Süddeutschland, da in der Norddeutschen Tiefebene viel intensiver
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Abb. 3.19 Temperaturverteilung in 1000 Meter Tiefe in Deutschland (aus Hoth et al. 2007).
nach Erdöl gebohrt wurde als in anderen Teilen Deutschlands. Bei der Auswertung von Bohrungen durch die Erdölindustrie werden geophysikalische Bohrlochvermessungen eingesetzt wie z. B. die Messung des elektrischen Widerstandes von Gesteinen oder die Bestimmung der natürlichen Gammastrahlung. Mit diesen Bohrlochvermessungen kann man auch die Eigenschaften von Tongesteinen untersuchen und
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damit Informationen über Verfestigungsgrad und Zusammensetzung der Tongesteine gewinnen. Mithilfe von seismischen Daten lassen sich die Tonhorizonte in den Bohrungen über größere Entfernungen miteinander korrelieren. Die Seismik ist die Wissenschaft von den Erdbeben. Durch ein Erdbeben werden seismische Wellen ausgelöst. Diese Wellen durchlaufen verschiedene Gesteine mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und werden an Schichtflächen reflektiert. Diese Eigenschaften nutzt man aus, um Informationen über den tieferen Schichtaufbau eines Gebietes zu erlangen. Da Erdbeben nicht überall vorkommen und nicht regelmäßig, sondern unvorhergesehen auftreten, erzeugt man in der angewandten Seismik kleine künstliche Erdbeben durch Sprengungen. Hoth et al. (2007) konnten auf zahlreiche seismische Daten zugreifen und insgesamt etwa 25 000 Bohrungen für das Gutachten auswerten (Abb. 3.20). Zunächst haben sie alle Tongesteinsvorkommen seit dem Perm, also alle Vorkommen, die jünger sind als 280 Millionen Jahre, in Deutschland aufgelistet (Abb. 3.21). Ältere Tongesteinsvorkommen wurden nicht berücksichtigt, da sie entweder zu tief liegen oder aber intensiv geschiefert sind. Die Tonschiefer mit einem durchgehenden Schieferungsgefüge sind sehr wasserdurchlässig und deshalb für ein Endlager nicht geeignet. Auch die Tongesteinslagen in Perm und Trias sind so kleinräumig verbreitet und so geringmächtig, dass sie für eine weitere Untersuchung nicht in Frage kommen. Folgende Tongesteinshorizonte wurden wegen ihrer räumlichen Ausdehnung und ihrer Mächtigkeit als untersuchungswürdig eingestuft: – – – – – – –
Tertiäre Tone in der Norddeutschen Tiefebene Tertiäre Tone im süddeutschen Alpenvorland Tertiäre Tone im Oberrheintalgraben Oberkreidetongesteine in Süd- und Ostbayern Unterkreidetongesteine in der Norddeutschen Tiefebene Tongesteine des Mittleren und Unteren Jura in der Norddeutschen Tiefebene Tongesteine des Mittleren und Unteren Jura der Schwäbischen und Fränkischen Alb
Diese Vorkommen wurden einer näheren Prüfung unterzogen. Die wichtigsten Kriterien orientierten sich nach den oben formulierten Anforderungen für Tongesteine und auch nach den schon diskutierten Forderungen des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002). Die tertiären Tone der Norddeutschen Tiefebene wurden von der weiteren Untersuchung ausgenommen, weil sie einen sehr geringen Verfestigungsgrad haben. Tone mit einem höheren Verfestigungsgrad sind sehr tief versenkt und kommen in größeren Tiefen als 1000 Meter vor. Darüber hinaus bilden die tertiären Tone in der Norddeutschen Tiefebene einen wichtigen Horizont für die Hydrologie und damit für die Wasserversorgung großer Teile Nord- und Ostdeutschlands. Diese Tonlagen trennen die nutzbaren oberen Süßwasserhorizonte von den unteren versalzenen Horizonten.
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Abb. 3.20 Verteilung von Erkundungsbohrungen in Deutschland (aus Hoth et al. 2007).
So kommen sie ebenso wie die Tonvorkommen im Oberrheintalgraben nicht für eine weitere Untersuchung in Frage. Der Oberrheintalgraben ist zum größten Teil ein aktives Erdbebengebiet und ist von zahlreichen Störungen durchzogen.
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Abb. 3.21 Stratigraphische Tabelle Perm – Tertiär von Deutschland (aus Hoth et al. 2007).
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Abb. 3.22 Verteilung von Tongesteinsvorkommen in Deutschland, die für eine Untersuchung als Endlager in Frage kommen (aus Hoth et al. 2007).
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Die tertiären Ablagerungen im Alpenvorland erreichen stellenweise sehr hohe Mächtigkeiten und kämen aufgrund dieses Kriteriums infrage. Da sie sehr tief versenkt wurden, in größeren Tiefen als 1000 Meter vorkommen und außerdem Beimengungen von Sand und Silt enthalten, kommen die Tertiärtone des Alpenvorlandes nicht für eine weitere Untersuchung zur Endlagertauglichkeit in Betracht. Dies gilt gleichfalls für die Oberkreidevorkommen in Bayern, die sehr inhomogen zusammengesetzt sind. Die Tonvorkommen des Lias in Süddeutschland sind zwar sehr rein und homogen, erreichen aber keine Mächtigkeiten von 100 Metern und kommen somit auch nicht als Endlager in Frage. So bleiben von den oben aufgeführten Tongesteinsvorkommen nur drei übrig: – Unterkreidetongesteine in der Norddeutschen Tiefebene – Tongesteine des Mittleren Jura (Dogger) Süddeutschlands – Tongesteine des Mittleren und Unteren Jura (Dogger, Lias) Norddeutschlands Diese Vorkommen wurden dann wieder wie schon bei den Kristallingutachten von Bräuer et al. (1994) nach den bekannten Kriterien einer eingehenden Prüfung unterzogen und die Ergebnisse in Karten dargestellt. Für die Tongesteine wurden, wie gesagt, dazu noch spezielle Forderungen erhoben wie die Tiefe zwischen 300 und nur 1000 Metern anstatt 1500 Meter und eine sehr geringe Beeinflussung durch die Salzstöcke in der Norddeutschen Tiefebene. Die Ergebnisse sind in Abb. 3.22 zusammengestellt. Daraus ergeben sich drei Gebiete in denen potentielle Endlager für Atommüll in Tongesteinen infrage kommen. Im Nordwesten der Bundesrepublik am Südrand der Norddeutschen Tiefebene im Norden von Nordrhein-Westfalen und im Süden von Niedersachsen verläuft ein breiter Streifen mit Tongesteinvorkommen aus Jura und Kreide. Ein weiteres Gebiet im Nordosten der Bundesrepublik ebenfalls mit Tonen aus Jura und Kreide liegt in der Umgebung von Schwerin und südöstlich davon bis in die Gegend südwestlich von Potsdam in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, im Norden von Sachsen-Anhalt und dem Westen von Brandenburg. Ein drittes Gebiet befindet sich im Mittleren Jura in Süddeutschland beiderseits der Donau im Grenzgebiet zwischen Baden-Württemberg und Bayern.
Steinsalzformationen Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Salz die weiße Substanz, die man zum Würzen von Speisen und zum Kochen benutzt. Daher stammt auch die exakte wissenschaftliche Bezeichnung Kochsalz, die für die chemische Substanz Natriumchlorid (NaCl) benutzt wird. Einige sagen auch Speisesalz dazu. Es ist außerdem der Ausdruck Siedesalz gebräuchlich, der sich auf die Herstellungsart des Kochsalzes bezieht (Salzsiederei). In der Erdgeschichte sind zu unterschiedlichen Zeiten und in bestimmten Gegenden große Mengen von Kochsalz zu Gestein angehäuft worden. Geologen unterscheiden zwischen einem Mineral und einem Gestein, das durch eine Mineralanhäu-
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Atommüll wohin?
fung gebildet wird. Im Deutschen trennt man in der Namensgebung für Kochsalz allerdings nicht zwischen Mineral und Gestein, sondern nennt beides Steinsalz. In den Geowissenschaften und auch im internationalen Sprachgebrauch heißt das Mineral Steinsalz Halit. Der Stamm dieses Wortes steckt in einigen Ortsnamen wie Halle, Hallein oder Hallstadt. Alle Orte stehen mit Kochsalzproduktion oder Steinsalzvorkommen in Verbindung. Dies zeigt die große Bedeutung des Kochsalzes, das für den Menschen lebenswichtig ist. In der Chemie beschränkt sich der Ausdruck Salz aber nicht nur auf das Kochsalz, sondern beinhaltet feste Stoffe, die aus der Reaktion einer Säure mit einer Base entstehen. Eine Säure besteht aus Wasserstoff (chemisches Symbol H) und einem sogenannten Säurerest, der die Säure charakterisiert. Zum Beispiel bei der Schwefelsäure (H2SO4) ist SO42− der Säurerest. Eine Base hingegen besteht aus einem Metall und einem oder mehreren OH-Ionen. Als Beispiel sei »gelöschter Kalk« genannt (Kalziumhydroxid, CaOH2). Die Lösung einer Säure in Wasser produziert eine saure Lösung mit einem pH-Wert unter 7. Solche Lösungen werden im allgemeinen Sprachgebrauch auch noch Säuren genannt. Löst man eine Base in Wasser entsteht eine Lauge mit einem pH-Wert größer als 7. (Der pH-Wert berechnet sich aus der Konzentration von H+ Ionen bzw. Oxoniumionen (H3O+) und wird mit ganzen Zahlen angegeben, die den negativen dekadischen Logarithmus bedeuten). Reines Wasser hat einen pH-Wert von 7. Das heißt, es ist neutral. Ein pH-Wert unter 7 bedeutet eine Säure. Ein pH-Wert über 7 zeigt eine Lauge an. Lässt man eine Säure mit einer Base reagieren, entsteht, zum Teil unter heftiger Reaktion, ein Salz und Wasser. Die Säure und die Base werden dadurch neutralisiert (Neutralisationsreaktion: Säure + Base → Salz + Wasser). Als Beispiel sei die Reaktion von Salzsäure mit Natronlauge genannt, die Kochsalz produziert: HCl + NaOH → NaCl + H2O. Die in der Natur vorkommenden Salze sind fest und besitzen eine definierte Kristallstruktur. Sie bilden die meisten natürlichen Minerale, entweder als reine Salze oder als Kombination von Salzen. Die Salze werden nach dem Säurerest benannt und auch danach in Gruppen eingeteilt. Die Salze der Salpetersäure (HNO3) z. B. werden nach dem Säurerest NO3– Nitrate genannt. Im Kreislauf der Oberflächengewässer der Erde (Meere, Seen, Flüsse und Grundwasser) spielen folgende Salzgruppen eine bedeutende Rolle: 1. Salze der Kohlensäure (H2CO3) mit CO32- als Säurerest werden Karbonate genannt. Häufigster Vertreter dieser Gruppe ist das Mineral Kalkspat (Kalzit, CaCO3). 2. Salze der Schwefelsäure (H2SO4) mit SO42- als Säurerest heißen Sulfate. Als bedeutende Vertreter dieser Gruppe in der Natur präsentieren sich die Minerale Anhydrit (CaSO4) und Gips (CaSO4 × 2H2O). 3. Salze der Salzsäure (HCl) mit Cl- als Säurerest sind die Chloride. Wichtigster Vertreter dieser Gruppe in der Natur ist Steinsalz (Halit, NaCl). Die Salze sind ihrerseits wieder in Wasser löslich, allerdings mit sehr großen Unterschieden. Es gibt Salze mit hoher Wasserlöslichkeit wie das Kochsalz und mit sehr
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geringer Wasserlöslichkeit wie z. B. der Schwerspat (Bariumsulfat, BaSO4), der im Wasser unlöslich ist. Löst man Salze im Wasser, werden diese wieder in die Ausgangssäure bzw. in die Ausgangsbase zerlegt. Zum Beispiel wird das Kochsalz mit Wasser wieder zu einer Lösung aus Salzsäure und Natriumhydroxid (NaCl + H2O → HCl + NaOH). Säuren und Basen bilden mit Wasser Gleichgewichtsreaktionen, bei denen ein Teil der Säure bzw. Base erhalten bleibt, während der andere Teil dagegen in Ionen zerlegt wird. Je mehr Ionen bei der Lösung entstehen, desto stärker ist die Säure bzw. Base, weil mehr H+-Ionen bzw. OH−-Ionen in der Lösung vorhanden sind. Sie bestimmen dadurch den pH-Wert einer Lösung. Natriumhydroxid (NaOH) ist eine sehr starke Base, während Chlorwasserstoff (HCl) eine etwas schwächere Säure darstellt. Dadurch hat Meerwasser, in dem Kochsalz (NaCl) gelöst ist, einen pH-Wert im basischen Bereich über 7. Die Kapazität des Wassers, ein Salz zu lösen, ist allerdings begrenzt. Wenn man zu viel Salz ins Wasser schüttet, wird nicht alles gelöst sondern ein Teil bleibt als feste Substanz im Wasser erhalten. Die meisten Leser werden schon die Erfahrung mit Zucker im Kaffee gemacht haben. Nimmt man zu viel, bekommt man einen Zuckersatz am Boden der Tasse. Wenn dieser Zustand erreicht ist, spricht man von einer gesättigten Lösung. Fügt man der wässerigen Lösung in diesem Zustand noch weiteres Salz zu, dann entsteht eine übersättigte Lösung. Salze können bei gleich bleibenden äußeren Bedingungen nur aus einer übersättigten Lösung ausgefällt werden. Oben wurde schon erwähnt, dass Salze in Wasser unterschiedlich stark gelöst werden. Salze mit hoher Löslichkeit wie z. B. das Steinsalz erreichen die Sättigung erst mit einem hohen Anteil an gelöster Substanz (Konzentration), während Salze wie Anhydrit schon bei einer geringeren Konzentration den Sättigungsgrad erreicht haben. Die Löslichkeit eines Salzes im Wasser ist nicht nur abhängig von seiner chemischen Zusammensetzung, sondern wird auch von äußeren Bedingungen wie Temperatur und Druck kontrolliert. Generell gilt, dass die Löslichkeit von Salzen im Wasser mit steigender Temperatur zunimmt. Auch dies kennt man aus dem täglichen Leben, zumindest diejenigen, die selbst kochen. Schüttet man Kochsalz in kaltes Wasser, so löst es sich je nach Menge größtenteils nicht oder nur sehr zögerlich und bleibt als feste Substanz am Boden des Kochtopfs liegen. Kommt die gleiche Menge Kochsalz dagegen in kochendes Wasser, so löst es sich sofort auf. Eine Ausnahme bildet der Kalkspat (CaCO3), dessen Wasserlöslichkeit im natürlichen Kreislauf abhängig ist von dem Anteil an im Wasser gelösten Kohlendioxid (CO2). Dadurch entsteht Kohlensäure (CO2 + H2O → H2CO3). Die Löslichkeit von CO2 im Wasser ist auch von der Temperatur abhängig, aber gegenläufig. Je niedriger die Wassertemperatur umso höher ist die Löslichkeit von CO2 und damit auch die Löslichkeit von CaCO3. Nach diesem kleinen Exkurs in die elementaren Grundlagen der Chemie, die aber für die nächsten Kapitel notwendig sind, kommen wir zur Geologie zurück. Wenn Substanzen von Medien wie Luft, Eis oder Wasser transportiert wurden und aus diesem Transportmedien abgesetzt wurden, nennt man sie Sedimente. Sind
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die Substanzen mechanisch transportiert worden und wurden sie aufgrund von Veränderung der physikalischen Bedingungen abgesetzt, nennt man sie klastische Sedimente wie z. B. Sand, Schluff oder Ton (siehe oben). Wurden Substanzen, die im Wasser gelöst transportiert wurden, von Organismen dem Wasser entzogen und abgelagert, so bezeichnet man solche als biogene, also von Organismen gemachte Sedimente. Die wohl bekannteste Ablagerung, die auf diese Art entsteht, ist Rifff kalk. Aber auch andere, wie die schon erwähnten Kreidefelsen von Rügen, bestehen aus den Kalkskeletten von Kleinstorganismen und sind somit auch biogen. Wir sprechen von chemischen Sedimenten, wenn Ablagerungen durch das Ausfällen von Salzen aus natürlichem Wasser (Salz- oder Süßwasser) entstehen. Durch diesen Mechanismus haben sich im Laufe der Erdgeschichte Ablagerungen von Gips, Anhydrit und Steinsalz entwickelt. Oben wurde dargestellt, dass solche Ausfällungen nur bei übersättigten Lösungen entstehen. Wir können leicht eine Übersättigung herbeizuführen, indem wir zu viel Zucker in den Kaffee oder Salz in die Suppe schütten. Natürliche Prozesse fügen dem Wasser sehr selten so große Mengen an Salzen zu, dass es zu einer Übersättigung kommt. Es gibt aber noch einen anderen Prozess, um eine Übersättigung herbeizuführen, nämlich das Verdunsten oder Verdampfen des Wassers. Da die Salze nicht mit dem Wasser verdunsten, werden sie angereichert bis schließlich eine Übersättigung erreicht wird und die Salze ausfallen. Deshalb werden sie auch als Evaporite, durch Evaporation (Verdunstung, Verdampfung) entstanden, bezeichnet. Natürliche Bedingungen dafür herrschen in heißen, regenarmen, wissenschaftlich als semiarid und arid bezeichnet, Gebieten. Zum einen passiert es in Wüsten oder wüstenähnlichen Gebieten mit sporadischen Niederschlägen. Wenn sich das Regenwasser in abflusslosen Becken ansammelt, so kann es dort verdunsten und die im Wasser gelösten Salze können ausgefällt werden. Auch bei mehr oder weniger kontinuierlichem Zufluss werden Salze gebildet, wenn die Verdunstungsrate deutlich höher ist als der Zufluss. In allen ariden Gebieten der Erde treten Salzseen auf, die entweder völlig austrocknen oder an den flachen Ufern Salzablagerungen bilden. Der bekannteste Salzsee dürfte das »Tote Meer« sein. Da bei heftigen Niederschlägen auch Schlamm in diese Becken transportiert und Staub eingeweht wird, können solche Salzablagerungen verunreinigen. Die Salze aus solchen kontinentalen Salzseen unterscheiden sich häufig von Salzen aus Meerwasser. Zum anderen können Salzablagerungen an den Rändern von tropischen und subtropischen Meeren in ariden Gebieten entstehen. Wenn solche stille Buchten oder flache Meeresbecken durch eine Schwelle vom offenen Meer abgetrennt sind, erfolgt für längere Zeit kein Zufluss von frischem Meerwasser mit normalem Salzgehalt von 3,5 %, das die Lösung wieder verdünnen würde. Unter solchen Bedingungen können sich größere Salzablagerungen bilden. Generell existieren dafür zwei Modelle. Das eine ist die sogenannte Barrentheorie nach Ochsenius. Ein isoliertes Becken hat nur über einen schmalen, sehr flachen, aber lang gestreckten Meeresarm (Barre) Verbindung mit dem offenen Meer. Wenn Meerwasser aus dem offenen Ozean über diese abtrennende Barre fließt, wird es schon größtenteils verdunstet und an Salzen angereichert. In dem eigentlichen Sedimentationsbecken kann es dann durch weitere
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Verdunstung zur Ausfällung aus diesen angereicherten Lösungen und zur Gestein bildenden Anhäufung von Salzen kommen. Die zweite Möglichkeit besteht in der etwas höher gelegenen, isolierten Lage des Verdunstungsbeckens, sodass nur bei seltenen Hochfluten Wasser aus dem offenen Meer in das flache Becken einströmt und in der Zwischenzeit das Wasser in dem abgetrennten Bereich verdunsten kann. Eine vergleichbare Methode wird auch durch den Menschen angewandt, um Meersalz zu gewinnen. Man lässt Meerwasser bei Flut in ein flaches, künstliches Becken fließen und schließt dieses mit einem Damm gegen das Meer ab. So kann das Meerwasser in diesem flachen Becken ungestört verdunsten und das Meersalz wird abgeschieden. Man macht dies entweder in Gebieten mit trockenem, wüstenähnlichem Klima oder wie im Mittelmeer und an der südlichen Atlantikküste in Jahreszeiten mit wenig Niederschlag. Aus dem vollkommenen Eindampfen von einem 1000 Meter tiefen Meer mit einem normalen Salzgehalt von 3,5 % entsteht eine 15,75 Meter mächtige Salzschicht. Davon entfallen 2,8 Meter auf Edelsalze, 12,4 Meter auf Steinsalz, 0,5 Meter auf Kalziumsulfat und 0,05 Meter auf Karbonate (Zeil 1990). Beim Eindampfen eines Meeresbeckens konnte es im Laufe der Erdgeschichte vorkommen, dass nicht das gesamte Wasser verdunstete und dadurch eine gesättigte Restlauge unter einer Salzkruste übrig blieb. Bei einen erneuten Einfließen von Meerwasser wurde diese Restlauge nicht von dem frischen Zufluss gelöst und überlebte in der Umgebung aus festem Salz. Solche Restlaugen werden immer wieder beim Bergbau im Steinsalz angetroffen. Dieser Vorgang im Großen kam auch im Kleinem, im mikroskopischen Bereich vor. Ein Steinsalzkristall, der sich im Stadium des Ausfällens befand, konnte dabei Lösungen mit Elementen, die nicht in sein Kristallgitter passten, als flüssige Einschlüsse einfangen. Solche eingeschlossenen Lösungen lassen sich heute unter dem Mikroskop als winzige Blasen in Salzkristallen beobachten. Diese Einschlüsse werden als Fluide bezeichnet. Das Ausfällen aus der Lösung erfolgt für unterschiedliche Salze nicht gleichzeitig, sondern nacheinander gemäß ihrer Löslichkeit. Beim Eindampfungsprozess fallen Salze mit geringer Löslichkeit zuerst aus, Salze mit der höchsten Löslichkeit zuletzt. So bekommt man in den natürlichen Salzablagerungen eine Abfolge der ausgeschiedenen Salze. Als erstes haben wir Karbonate in Form von Kalzit (CaCO3) oder Dolomit (CaMgCO3). Danach treten Gips (CaSO4 × 2H2O) und Anhydrit (CaSO4) auf. Dabei entsteht meist zuerst Gips, der in Anhydrit umgewandelt wird. Als nächstes fällt das Kochsalz (NaCl) aus und als letztes erscheinen die sogenannten Abraum- oder Edelsalze. Dazu gehören vor allem Sylvin (KCl) und verschiedene Magnesiumsulfate. Die unterschiedlichen und gegensätzlichen Namen dieser Salze hängen mit der Ausbeutungsgeschichte der Salzlagerstätten in Deutschland zusammen. Im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war man ausschließlich an der Gewinnung von Kochsalz als sehr kostbares Handelsgut interessiert und die über dem Steinsalz und in Zwischenlagen befindlichen Kali- und Magnesiumsalze wurden beiseite geschafft (Abraum). Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden diese Salze zur Herstellung von Kunstdünger wirtschaftlich sehr viel attraktiver und die ehemaligen Abraumsalze wurden zu Edelsalzen.
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Die Ausfällungszyklen wurden natürlich nicht immer vollständig abgelagert. Häufig bestehen fossile Salinare (Anhäufung von Evaporiten) nur aus Gips und ein wenig Steinsalz. Auch liegen Karbonate nicht immer zum Beginn eines Zyklus vor. Die meisten Kalksteine oder Dolomite werden durch Organismen aufgebaut (biogen) und nur sehr selten entstehen Kalke oder Dolomite als Ausfällungen aus dem Meerwasser. Die Ausfällungsfolgen entwickeln sich nicht nur übereinander, sondern auch nebeneinander, sodass man auch die gleiche Abfolge (Kalk, Gips, Kochsalz) nicht nur von unten nach oben, sondern auch von Beckenrand zum Beckeninneren beobachten kann (Ziegler 1990). Hoch konzentrierte Salzlaugen präsentieren sich als ein lebensfeindliches Milieu. Dennoch existieren Bakterien und Algen in Salzseen und sogar kleine Salinenkrebse (Artemia salina), die sich von diesen Organismen ernähren. Die Salinenkrebse werden ihrerseits von Flamingos gefressen. Bisher hat man keine Fossilien in Salzablagerungen gefunden. Es ist aber anzunehmen, dass auch in früheren Erdzeitaltern zumindest Algen und Bakterien in salzreichen Milieus gelebt haben. Besonders die Cyanobakterien, die die heutigen Salzablagerungen teilweise so schön rosa färben, sollten Tab. 3.4 Die häufigsten Edelsalze.
Bezeichnung des Edelsalzes
Chemische Formel
Bezeichnung des Edelsalzes
Chemische Formel
Sylvin
KCl Kieserit
MgSO4s(2O
Carnallit
KMgCl3s(2O
Epsomit
MgSO4s(2O
Boracit
Mg3 [Cl|BO13]
Mirabilit
Na2SO4s(2O
Polyhalit
K2Ca2Mg[SO4]4s(2O
Kainit
KMg[Cl|SO4=s(2O
auch in fossilen Salinaren gelebt haben. Das Salz ist sehr undurchlässig (siehe oben), sodass kein Sauerstoff mit den möglicherweise im Salz befindlichen abgestorbenen Organismenresten in Berührung kam. Die organischen Kohlenwasserstoffe, aus denen diese Organismen bestanden, wurden deshalb nicht oxidiert, sondern blieben als Kohlenwasserstoffe erhalten und konnten bei höheren Temperaturen in Erdöl oder Erdgas umgewandelt worden sein. Einige Erdöl- und Erdgasvorkommen in Salzlagerstätten könnten hierin ihren Ursprung haben. Im Laufe der Erdgeschichte der letzten 280 Millionen Jahre ist es in Mitteleuropa mehrmals zur Ausbildung von Salzablagerungen (Salinaren) gekommen. Vor 280 Millionen Jahren lag Mitteleuropa sehr nahe am und nördlich des Äquators und hat sich dann langsam und kontinuierlich nach Norden bewegt. Seit etwa 30 Millionen Jahren befindet es sich in der heutigen Position (Rothe 2000). In dem Zeitraum 260 Millionen bis etwa 30 Millionen Jahre hatten wir eine deutlich wärmere Atmosphäre
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auf der Erde als heute. Es gab in dieser Zeit kein Eiszeitalter auf der Erde. Vor allen Dingen in der Zeit von 260 bis 160 Millionen Jahren war die Durchschnittstemperatur der Erdatmosphäre deutlich höher als heute. Somit waren klimatische Bedingungen zur Salzabscheidung gegeben. Gleichzeitig lag Mitteleuropa in längeren Zeiträumen stellenweise oder völlig unter Meeresbedeckung. In dieser Zeit schwankte der Meeresspiegel häufig hin und her. Teilweise herrschten kontinentale Ablagerungsbedingungen vor, in denen die Sedimente aus Flüssen und Seen abgelagert wurden. Teilweise war Mitteleuropa von einem Flachmeer bedeckt. Die eigentlichen offenen Meeresgebiete befanden sich eine Zeit lang im Norden. Ablagerungen dieses Meeres befinden sich heute in der Arktis. Auf der anderen Seite erstreckte sich ein großer Ozean südlich von Mitteleuropa im Bereich des Äquators. Die Gesteine dieses Ozeans, Thetis genannt, sind heute größtenteils in den Gebirgen rund um das Mittelmeer aufgetürmt. Von Mitteleuropa aus bestand zeitweilig, besonders im Perm und Kreide, eine Verbindung zum Nordmeer. Eine schmale Meeresstraße (Barre) führte über die heutige Nordsee und den heutigen Nordatlantik zum nördlichen offenen Meer. In der Trias und vor allen Dingen im Jura war Mitteleuropa ein Randmeer der Thetis (Ziegler 1990). Diese paläogeographische Situation, Randmeer und warmes trockenes Klima schufen phasenweise gute Bedingungen für Salzablagerungen. So kam es in den letzten 280 Millionen Jahren der Erdgeschichte Mitteleuropas mehrmals zur Ausbildung von Salinaren (Abb. 3.21). Es sind dies von unten (alt) nach oben (jung): – Salzablagerungen im oberen Rotliegenden (zwischen ca. 270 und 260 Millionen Jahren) Die Steinsalzvorkommen wurden in einem Becken abgelagert, das sich im Untergrund des südlichen Teils der heutigen Nordsee und in Schleswig-Holstein befand (Ziegler 1990). Nach Untersuchungen von Gebhard (1994) handelt es sich dabei überwiegend um Bildungen in einem abflusslosen Becken in einem Wüsten ähnlichen Gebiet. Es entwickelte sich überwiegend Steinsalz mit Verunreinigungen von Tonen. – Salzablagerungen im obersten Perm, dem Zechstein, in einem Randmeer des nördlichen Permozeans (258 bis 251 Millionen) In dem Zeitraum von 7 Millionen Jahren entwickelten sich 7 Eindampfungszyklen (Karbonat → Gips/Anhydrit → Steinsalz → Abraumsalze), die zum Teil, vollständig ausgebildet sind mit einigen Zwischenlagen von Tonen und Salztonen (Rothe 2000). Es bestanden zwei große Becken: eines im Untergrund der zentralen Nordsee und Dänemarks; das zweite weiter südlich im Untergrund der südlichen Nordsee, der Norddeutschen Tiefebene und von Polen. Es wurden aber auch Salze bis in die heutige Gegend von Nordhessen und Thüringen abgelagert (Ziegler 1990). Über 1000 Meter an chemischen Sedimenten, überwiegend Steinsalz, wurden im Zentralteil dieses Beckens angehäuft. Die Steinsalzlagen des zweiten Zyklus, (Staßfurth-Zyklus) erreichen im Beckenzentrum eine Mächtigkeit von über 600 Meter (Rothe 2000).
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Abb. 3.23 Paläogeographie des Rotliegendsalinars in Europa (nach Ziegler 1990).
– Rudimentäre Salinare mit Gips/Anhydrit und gering mächtigem Steinsalz in der Trias 1. In der Zeitspanne zwischen 245 und 240 Millionen Jahren wurde während des Oberen Buntsandsteins im norddeutschen Raum bis zu 150 Meter Gips und untergeordnet Steinsalz abgelagert. 2. Während des Mittleren Muschelkalks wurde im Zeitraum von 235 bis 232 Millionen Jahre in ganz Mitteleuropa ein Salinar mit Gips und Steinsalz ausgebildet. Die Ablagerungen blieben unter 100 Meter Mächtigkeit. 3. Im Mittleren Keuper (etwa 230 bis 220 Millionen Jahre) wurden in Norddeutschland zwei Salzhorizonte eingedampft. In beiden entstanden Gips und Steinsalz mit bis zu 150 Meter Mächtigkeit. Im Bereich von Nordniedersachsen und Schleswig-Holstein erreichten die Keupersalze höhere Mächtigkeiten von bis zu 500 Meter (Kockel und Krull 1995). In Süddeutschland entwickelten sich in dem Zeitraum Gipsablagerungen zwischen 50 und 165 Meter Mächtigkeit (Rothe 2000).
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Abb. 3.24 Paläogeographie der Zechsteinsalinare in Europa (nach Ziegler 1990).
– Steinsalzablagerungen im Oberen Jura (Malm) Im jüngsten Teil des Jura (Oberer Malm zwischen 150 und 144 Millionen Jahre) kam es zur Ausbildung eines isolierten Salinars im Westen und Zentrum des heutigen Niedersachsen. Die Sedimente erreichen bis zu 500 Meter Mächtigkeit mit größeren Mengen an Steinsalz. – Salinare im Tertiär des Oberrheintalgrabens Während des Einsinkens des Oberrheintalgrabens im Tertiär strömte immer wieder Meerwasser in dieses Senkungsgebiet. Der Zugang zum offenen Meer wurde abgeschnürt und es entwickelten sich im Oberen Eozän und Unteren Oligozän (zwischen 40 bis 30 Millionen Jahren) mehrere Salinare bis hin zur Entstehung von Edelsalzen (Rothe 2000). Ein Teil dieser Kalisalze wird im Elsass abgebaut. Salzstöcke Eine vollständig aus Meerwasser eingedampfte Salzabfolge besteht zu 80 % aus Steinsalz. Das Steinsalz hat ein spezifisches Gewicht (Dichte) von 2,1–2,2 Gramm pro Kubikzentimeter (g/cm3). Dagegen kommt Quarz mit einer Dichte von 2,65 g/cm3 als häufigstes Mineral in klastischen Sedimenten vor. Diese Sedimente haben je nach Porenvolumen im Durchschnitt etwa eine Dichte von 2,5 g/cm3. Kalkspat kommt auf
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ein spezifisches Gewicht von 2,85 g/cm3, sodass Kalke und kalkhaltige Sedimente eine noch höhere Dichte von etwa 2,6 g/cm3 und mehr aufweisen. Werden Steinsalzablagerungen von einer Sedimentabfolge von Sand- Ton- und Kalksteinen überlagert, kommt es zu einer Umkehrung in der Dichteverteilung. Wenn die unterschiedlich dichten Schichten größere Mächtigkeiten erreichen, werden die Auftriebskräfte so groß, dass die unteren leichteren Salzschichten nach oben drücken und schließlich die oberen Sedimente durchstoßen. Dabei werden die überlagernden Schichten aufgerichtet und teilweise in eine senkrechte Lagerung überführt. Das Salz selbst sammelt sich in großen Salzstrukturen. Dieser Vorgang wird Salztektonik oder Halokinese genannt (Trusheim 1957). Es wurde in den fünfziger und sechziger Jahren lange und heftig darüber diskutiert, ob allein die Dichteunterschiede zwischen Salzablagerungen und anderen Sedimenten ausreichen, um diese Prozesse in Gang zu setzen. Schon bei einer Neigung von 3 % der Schichten unter den Salzablagerungen beginnt Steinsalz bei entsprechender Überlagerung zu fließen. Die alternative Idee ist, dass es Brüche im Untergrund des Salzes geben muss, um das Salz in Bewegung zu bringen und aufsteigen zu lassen. Zahlreiche seismische Erkundungen zur Erdölexploration und auch rein wissenschaftliche Untersuchungen haben in den folgenden Jahren gezeigt, dass fast alle Salzstrukturen in Norddeutschland Brüche (Sockelstörungen) im Untergrund aufweisen. Dies zeigt offensichtlich, dass die Salztektonik in diesem Gebiet durch Tektonik im Untergrund in Gang gesetzt wurde. Dies erklärt auch, dass die Salzstrukturen nicht wahllos in Norddeutschland verteilt sind, sondern in parallelen, in gleicher Richtung verlaufenden Strukturen angeordnet sind. (Abb. 3.28). Es herrschen Nord-Süd und Nordwest-Südost verlaufenden Richtungen vor. Die zweite Voraussetzung für die Halokinese ist das viskoplastische Verformungsverhalten von Steinsalz. Ab Temperaturen von 60 °C kommt es zu Umwandlungen bei einigen Edelsalzen und zu einer Änderung im Verformungsverhalten von Steinsalz. Dadurch wird das Fließverhalten der Salze noch mehr begünstigt. Dies bedeutet, dass Steinsalz sich bei der Verformung verhält wie eine extrem zähe Flüssigkeit vergleichbar mit dem Fließverhalten von Eis, nur noch viel langsamer. Eisgletscher bewegen sich weltweit im Durchschnitt zwischen 10 und 100 Meter pro Jahr je nach Hangneigung des Untergrundes. Fließt ein Gletscher schneller, so ist dies auf Fließvorgänge zurückzuführen, an denen Wasser an der Basis und Brüche im Gletscher beteiligt sind. Die Bewegungen im Salzgestein laufen etwa mit Zehntelmillimeterbis Millimeter-Beträgen pro Jahr ab. Während der Durchbruchphase bewegt sich das Steinsalz schneller und es werden »Geschwindigkeiten« im Zentimeterbereich pro Jahr erreicht. Bei sehr hohen Verformungsraten reagiert das Steinsalz nicht mehr plastisch, sondern es entstehen Brüche, die im Laufe der Zeit dann wieder vom Salz selbst verschlossen werden. Wenn Salzgesteine in trockenen Gebieten an die Erdoberfläche kommen, können sie auch, wie Beispiele aus dem Zentraliran zeigen, in Gletschern ausfließen. In Salzstöcken, die unter der Erdoberfläche bleiben, kann das Salz auch zur Seite drängen und Überhänge bilden (Abb. 3.25).
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Abb. 3.25 Beispiele von unterschiedlichen Salzstockstrukturen in Norddeutschland (aus Zeil 1990).
Eine schematische Darstellung für die zeitliche Entwicklung eines Salzstocks zeigt Abbildung 3.26 (nach Trusheim 1957). Die Salzstockentwicklung in diesem Schema dauert etwa 200 Millionen Jahre. Es beginnt mit dem Zusammenfließen von Steinsalz zu einer uhrglasförmigen Anhäufung. Dabei werden die überlagernden Schichten aufgebogen, aber noch nicht durchstoßen. Diesen Zustand nennt man Kissenstadium. Einige Salzstrukturen in Norddeutschland sind nicht über dieses Kissenstadium hinausgekommen. Wenn dieses Zusammenfließen größere Mengen Salzgestein angehäuft hat und noch mehr nach geflossen ist, wird die Aufstiegskraft so groß, dass es die überlagernden Schichten durchstößt und diese hoch schleppt, verkippt und steil stellt. Eine nach oben durchgebrochene Salzstruktur nennt man Salzstock oder Salzdiapir. Werden nach dem Steilstellen der Schichten wieder neue Schichten über den verkippten abgelagert, wird eine Diskordanz gebildet. Das heißt, es entsteht ein Unterschied in der Lage der Sedimentschichten. Die älteren zeigen eine Schrägstellung, während die neu abgelagerten horizontal darüber liegen. Mithilfe dieser Diskordanzen in den Nebengesteinen eines Salzstockes lässt sich dessen Aufstiegsgeschichte rekonstruieren. Eine weitere Möglichkeit, die Aufstiegsabfolge eines Salzstocks zu erfassen, liegt in der Analyse der sogenannten Randsenken (Jaritz 1980). Wenn das Salz beginnt von den Seiten einer Salzstruktur in die Richtung der Struktur zu wandern, dann wird in den Nachbargebieten die Salzlage ausgedünnt, sodass die Schichten an den
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Abb. 3.26 Schema einer Salzstockbildung nach Trusheim (1957).
Seiten der Salzstruktur einsinken und sich beidseitig eine Senke entwickelt. Diese Senken werden mit Sediment aufgefüllt. Dadurch bekommt man unterschiedliche Mächtigkeiten bei gleich alten Schichten. Über der Salzstruktur fehlen sie oder sind stark ausgedünnt. An den Seiten in den Randsenken vergrößern sich die Mächtigkeiten erheblich, während sie weiter entfernt die »normalen« großregionalen Mächtigkeiten ausbilden. Mithilfe dieser zwei Analysemethoden des Nebengesteins von Salzstöcken kombiniert mit der Auswertung der seismischen Daten kann man die Aufstiegsgeschichte der norddeutschen Salzstöcke rekonstruieren und die Strukturentwicklung des Untergrundes von Norddeutschland, der beeinflusst wurde durch großregionale Tek-
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Abb. 3.27 Karte der Salzstockvorkommen in Deutschland (aus Rothe 2012 nach Unterlagen der BGR).
tonik und den Aufstieg der Salzablagerungen, darstellen (Jaritz 1980, Best et al.1982, Baldschuhn et al. 1996). Im Gegensatz zu dem Schema von Trusheim (1957), der von einem mehr oder weniger kontinuierlichem Aufstieg des Salzes ausging, kann man verschiedene Phasen der Salzbewegung mit tektonischen Ereignissen im norddeutschen Gebiet korrelieren (Kockel und Krull 1995). Die frühesten Störungen, verbunden mit Salzbewegungen, treten im Mittleren Buntsandstein auf. Danach kommt es im Mittleren Keuper zu ersten Salzdurchbrüchen. Eine sehr intensive tektonische Aktivität und Salzaufstieg ist im Zeitraum von Oberjura bis Unterkreide zu verzeichnen, in dem die meisten Salzdiapire durchbrechen. Die Tektonik dieser Zeit in Norddeutschland ist gekennzeichnet durch Dehnungsstrukturen, die mit Grabenbildungsprozessen in der Nordsee und im Nordmeer zusammenhängen (Ziegler 1990). In der Oberkreide kommt es dann zu einer Umkehrung in den tektonischen Strukturen. Die bisher vorherrschenden Dehnungsprozesse werden abgelöst durch Einengungstendenzen, wie der Aufstieg des Harzes und die Bruchfaltenstrukturen im nördlichen Westfalen und südlichen Niedersachsen (Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Weserbergland, siehe Kockel und Krull 1995). Letzte Bewegungen der Salzstöcke ereigneten sich im Tertiär. In dieser Zeit kam es wieder zu Dehnungsvorgängen (Ausläufer von Grabenbildungsprozessen in der Nordsee und im Leinetalgraben Ziegler 1990). Seit dem Quartär hat es in Norddeutschland nur noch vereinzelt schwache tektonische Bewegungen und Salzaufstiegsvorgänge gegeben (Kockel und Krull 1995). Über den Zechsteinsalzen ist im höchsten Zechstein ein Tonsteinhorizont (Bröckelschiefer) abgelagert worden, der die Salzablagerungen einigermaßen davor geschützt hat, aufgelöst zu werden. Wenn aber ein Salzstock die überlagernden Schichten durchbricht, wird natürlich auch dieser Tonhorizont zerstört und das Salz
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kommt mit Grundwasser führenden Schichten in Kontakt. Es kommt zu massiven Auflösungen an der Oberseite des Salzes. Diesen Vorgang nennt man Subrosion. Es kann sogar vorkommen, dass das Salz bis an die Oberfläche durchstößt und dann auch Oberflächenwässern ausgesetzt wird (siehe oben). In Nordspanien gibt es den einzigen Salzstock Europas, der an der Oberfläche ausstreicht. Er befindet sich im Pyrenäenvorland nordwestlich von Barcelona in der Ortschaft Cardona. Wenn ein Salzstock in einem Gebiet durchbricht, das vom Meer bedeckt ist, kommt es mit Meerwasser in Kontakt und wird dadurch natürlich verstärkt gelöst, da das Meerwasser keine gesättigte Salzlösung ist. Es steht unendlich viel Lösungsmittel zur Verfügung und das gelöste Salz kann im Meer ohne Schwierigkeit abtransportiert werden. Ist der Salzstock in Aufwärtsbewegung, schiebt er ständig neues Salz nach, sodass auch ständig Salz in Lösung geht. So kann der Salzstock eine erhebliche Masse seiner Salze verlieren. Zum Glück für solch einen armen Salzstock besteht er nicht nur aus leicht löslichen Salzen, sondern enthält auch schwer oder unlösliche Bestandteile wie Tone und Gipse bzw. Anhydrit. Eine Steinsalzlage enthält z. B. zwischen 2 % und 8 % Verunreinigungen von Tonen und Gipsen. Diese bleiben bei den Lösungsprozessen an der Oberseite des Steinsalzes erhalten und reichern sich dort an. Auf diese Weise entsteht über dem Salzstock eine Lage aus Gips und Tonstein, Gipshut genannt (englisch caprock). Diese Lage kann den Salzstock vor weiterer Auflösung durch Grundwasser oder Meerwasser schützen. Im Dach eines Salzstocks entsteht häufig ein Scheitelgraben. Dessen Störungen können bis ins Salz hinein reichen und weitere Subrosionsprozesse in Gang halten. Die nicht gelöste Salzoberseite bildet eine mehr oder weniger horizontale Lage aus, die Salzspiegel genannt wird. Karl May Freunde unter den Lesern kennen möglicherweise einen solchen Gipshut. Die malerische Freilichtbühne, in der die Karl-May-Festspiele von Bad Segeberg stattfinden, liegt in dem Gipshut eines Salzstocks. Die Innenstruktur eines Salzstockes ist durch die Fließprozesse der beteiligten Salze sehr kompliziert (Bornemann et al. 2008, Urai et al. 2008). Die leicht verformbaren Edelsalze sowie das Steinsalz sind intensiv in sehr enge und mehrfach überprägte Falten gelegt. Die Gips- und Anhydritbänke und einige Tonlagen sind zerrissen und in einzelne Blöcke zerlegt, da sie im Gegensatz zu den anderen Salzen bruchhaft verformt werden. Die leichten Edelsalze werden ins Dach und an die Ränder des Salzstocks gedrängt, während die Masse des Steinsalzes im Zentrum der Salzstruktur angereichert wird. Dort werden Steinsalzmassen angehäuft mit einer vertikalen Ausdehnung, die mehr als 3000 Meter beträgt. In den Randbereichen des Zechsteinbeckens sind insgesamt weniger oder höchsten 500 Meter Salzablagerungen entstanden. Die geringe Mächtigkeit hat nicht ausgereicht, um halokinetische Bewegungen in Gang zu setzen. Zum Beispiel unter dem Solling und im Werragebiet liegen die Zechsteinsalze in flacher Lagerung vor. Das Werragebiet wurde von einer intensiven tertiären Bruchtektonik geprägt. Dennoch kam es nicht zur Ausbildung von Salzstöcken. Lediglich die sehr mobilen Edelsalze sind stellenweise gefaltet.
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Welchen Salzstock kann man nehmen? Das Entsorgungskonzept für radioaktiven Abfall der Bundesrepublik sieht vor, oder besser gesagt sah vor, nur ein einziges Endlager anzulegen. Einen einzigen Salzstock aus dieser Fülle von Salzstöcken (Abb. 3.26) herauszusuchen stellt eine sehr schwierige Aufgabe dar. Diese Aufgabe ist nur zu lösen, wenn man zweifelsfreie Kriterien formuliert, nach denen man aussortiert. Als das Bergwerk Asse in den 1960er Jahren von der Bundesrepublik Deutschland gekauft wurde, bestanden solche Kriterien noch nicht. Der Kauf der Asse wurde als »Gelegenheit« bezeichnet (Tiggemann 2004), heute würde man sagen, ein »Schnäppchen«. Allerdings war das Bergwerk Asse ursprünglich nur als Versuchsbergwerk zur Endlagerforschung geplant. Erst in den 1970er Jahren wurden strengere Vorgaben formuliert, mit deren Hilfe man systematisch nach einem geeigneten Endlagerstandort suchen konnte. Man muss allerdings berücksichtigen, dass es sich dabei um ein Gesamtkonzept handelte; es sollte ein Standort gefunden werden, in dem sowohl die Wiederaufarbeitung, die Abfallaufbereitung und Zwischenlagerung als auch die Endlagerung stattfinden sollten. Es sollte eines der größten Entsorgungszentren Europas, wenn nicht weltweit errichtet werden (Tiggemann 2004). Die Vorgaben waren: – eine geringe Bevölkerungsdichte in einem Radius von 15 bis 25 km um die Anlage – eine günstige Infrastruktur (annehmbare Verkehrsverhältnisse, gute Wasserund Energieversorgung) – geeignete Windrichtungen und geringe Windstärken – möglichst keine Flugschneisen, Erdbebengebiete, Trinkwassereinzugsgebiete, Naturschutz- und Erholungsgebiete (KEWA 1974 aus Tiggemann 2004). Man begann mit 26 Standorten bundesweit. Davon blieben acht übrig, die in die nähere Wahl gezogen wurden. Es stellte sich heraus, dass die norddeutschen Standorte mit Salzstöcken sich als die günstigsten erwiesen. Dadurch kamen drei Standorte in die endgültige Wahl: Börger (Salzstock Wahn), Fassberg (Salzstock Weesen-Lutterloh), Ahlden (Salzstock Lichtenhorst). Diese drei Standorte sollten intensiv untersucht werden. Sobald aber die betroffene Bevölkerung »Wind« von diesen Vorhaben bekam, entstanden sofort heftige Protestaktionen. Sie führten dazu, dass die Untersuchung dieser Standorte auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wurde (Tiggemann 2004, 2011). Bis dahin war die Bundesregierung mit ihren Gremien und Gesellschaften für die Planung und die Suche nach einem Endlager allein verantwortlich. Sie stand aber mit den Ländern in Kontakt. Das Land Niedersachsen war über die Aktivitäten der Bundesregierung in Bezug auf die genannten Salzstöcke informiert. In den Jahren 1975 und 1976 veränderte sich dies. Die Bundesregierung übertrug dem Land Niedersachsen in Eigenverantwortung nach einem geeigneten Endlagerstandort zu suchen. Dies fand in einer sehr heiklen und turbulenten politischen Situation statt. Zu Beginn des Jahres 1976 gab es in Niedersachsen einen Regierungswechsel von einer SPD/FDP-Regierung zu einer CDU-Minderheitsregie-
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rung und dann zu einer CDU/FDP-Koalition. Die Bundesregierung wurde weiterhin von einer SPD/FDP-Koalition gebildet. Das Land Niedersachsen richtete daraufhin eine Interministerielle Arbeitsgruppe Entsorgungszentrum (IMAK) ein, um unabhängig von der Bundesregierung einen Salzstock in Niedersachsen als »Standort geeignet« für das Entsorgungszentrum auszuweisen. Von dieser Arbeitsgruppe wurden zunächst 140 Salzstöcke überprüft, ob an der Oberfläche ein Standortgelände von 3 x 4 km2 für das Entsorgungszentrum vorhanden ist. Dadurch blieben 23 Salzstöcke übrig, die näher untersucht wurden. Für die weitere Untersuchung spielten vor allen Dingen Größe und Tiefenlage der Salzstöcke eine Rolle. Es blieben 13 Salzstöcke übrig. Daraus wurden nach den Kriterien, die schon von den Gremien der Bundesregierung (siehe oben) angewandt wurden, vier Salzstöcke ausgesucht (in alphabetischer Reihenfolge): – Gorleben – Höfer – Lichtenhorst – Wahn Über dem Salzstock Wahn befand sich ein Schießübungsplatz der Bundeswehr. Der Salzstock Höfer erwies sich als zu klein. Gegen den Salzstock Lichtenhorst wurden Bedenken erhoben, weil er im Grundwasservorranggebiet von Hannover liegt. So blieb der Salzstock Gorleben übrig. Für ihn wurden die Größe (40 Quadratkilometer), die Tiefe (Salz von 300 bis 3500 m) und die Unverritztheit (kein Bergbau) als Vorteil angesehen. Die Sitzungen der Arbeitsgruppe fanden ohne Öffentlichkeit statt und die Ergebnisse wurden geheim gehalten, sodass die Entscheidung des Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen, den Salzstock Gorleben als Atomendlager zu untersuchen, »einschlug wie eine Bombe«. Es hagelte Proteste von Anwohnern, Atomkraftgegnern und auch der Bundesregierung. Die Einwände der Bundesregierung waren aber rein politischer Natur wegen der Nähe des Salzstocks zur Grenze zur ehemaligen DDR und der Tatsache, dass der Salzstocke Gorleben untertage eine Fortsetzung im Staatsgebiet der DDR hatte (Tiggemann 2004, 2011). Der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht blieb aber bei seiner Entscheidung, die Bundesregierung lenkte ein, sodass nur der Salzstock Gorleben auf seine Tauglichkeit als Endlager untersucht wurde. Die Untersuchungen begannen 1979. Die Proteste der betroffenen Bevölkerung, der Atomkraftgegner, der Naturschützer und auch von bestimmten Politikern hielten an. Auch von wissenschaftlicher Seite wurden Bedenken geäußert (s. nächstes Kapitel). Es gab immer wieder Forderungen auch einen alternativen Standort zu Gorleben zu erkunden. Mit der Wiedervereinigung ergab sich eine neue Situation. Es standen nun Salzstöcke in der ehemaligen DDR als mögliche Endlager zur Verfügung. Außerdem brachte die DDR ein Endlager, das in Betrieb war, in die neu entstandene Bundesrepublik ein, nämlich das Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM). So wurde die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, die ehemalige Bundesanstalt für Bodenforschung BFB) beauftragt, Studien zu alternativen Standorten für ein Atomendlager zu erstellen. Die Studien zu Ton- und Kristallingesteinen sind in
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den vorhergehenden Abschnitten besprochen worden. Im Jahr 1992 bekam die Bundesanstalt den Auftrag eine neue Studie für alternative Standorte in Salzstöcken, die auch Vorkommen in Ostdeutschland berücksichtigt, zu erarbeiten. Diese Studie wurde 1995 publiziert (Kockel und Krull 1995). In dieser Studie konnten neuere Ergebnisse (seit 1983) aus der Seismik und anderen geowissenschaftlichen Untersuchungen seitens der Erdölindustrie, der BGR und anderer Forschungseinrichtungen einfließen. Auch war es möglich die ersten Ergebnisse der Forschungen im und am Salzstock Gorleben, der seit dem Jahr 1979 intensiv untersucht wurde, zu berücksichtigen. Darüber hinaus standen die Ergebnisse der ausführlichen Untersuchungen des Untergrundes der Norddeutschen Tiefebene im Bereich der ehemaligen DDR zur Verfügung und auch eine Studie zu dortigen Salzstöcken (Krull 1991). Die Auswahl der Salzstöcke erfolgte nach folgenden Kriterien (Kockel und Krull 1995): 1. Menschliche Aktivitäten a. dünne Besiedlung b. Unverritztheit des Salzstocks (kein Bergbau) c. keine andere Nutzung – künstliche Kavernen als Speicher für Erdgas und Erdöl – Erdöl/Erdgasförderung in unmittelbarer Nähe an den Flanken eines Salz stocks – Grundwassernutzung 2. Geologisch/strukturelle Kriterien a. Volumen des Salzstocks – Fläche in 1000 m Tiefe – tiefe Lage des Daches (des Gipshutes), tiefer als 200 m, nicht tiefer als 500 m b. Form des Salzstocks – gerade oder nach außen geneigte Flanken – großer Querschnitt 3. Großer Anteil an Steinsalz des Zechstein 2 (Staßfurt), mächtig und homogen 4. Keine Salzstöcke mit Anteilen von Rotliegendsalinaren und Oberjurasalinaren 5. Keine Salzlager aus der Trias und Salze in flacher Lagerung in den Ländern Baden-Württemberg, Nordrheinwestfalen und Thüringen 6. Vorhandensein einer zweiten natürlichen Barriere im Deckgebirge in Form von durchgehenden Tonlagen in den Schichten über dem Salzstock. Diese letzte Forderung sorgte wiederum für neuen Zündstoff in der Debatte um Gorleben (Kreusch 2012, Grundfelt et al. 2005), denn der Salzstock verfügt nicht über eine solche Deckschicht, sondern ist durch eine eiszeitliche Erosionsrinne angeschnitten (Duphorn 1986, s. Seite 136). Als der Salzstock Gorleben ausgesucht wurde, hatte man keine zweite natürliche Barriereschicht über dem Endlager gefordert. Auch in den Studien zu Kristallingesteinen (Bräuer et al. 1994) und Tongesteinen (Hoth et al. 2007) und in den Kriterien des AkEnd (2002) und des BMU (2010) taucht diese Forderung nicht auf.
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In der Studie von Kockel und Krull (1995) wurden 41 Salzstöcke näher untersucht, die sich folgendermaßen auf die Länder Norddeutschlands verteilen: einundzwanzig in Niedersachsen, einer in Bremen, sechs in Schleswig-Holstein, zwei in Mecklenburg-Vorpommern, einer in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, einer in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, drei in Brandenburg, fünf in Sachsen-Anhalt und einer in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Wendet man die oben angegebenen Kriterien auf diese 41 Salzstöcke an, so bleiben vier Salzstöcke übrig, die neben Gorleben als untersuchungswürdig für eine Endlagertauglichkeit in Betracht kommen. Es sind dies die Salzstöcke Wahn und Zwischenahn in Ostfriesland/Niedersachsen, der Salzstock Gülze-Sumte in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Salzstock Waddekath in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gelegen (Abb. 3.23). Neben diesen Salzstöcken könnte man ein Endlager auch in Salzen in flacher Lagerung anlegen. Die Salze im Werragebiet besitzen eine zu geringe Mächtigkeit für ein Endlager und sind sehr wechselhaft mit Lagen von Gipsen und Tonen aufgebaut. Ferner liegen sie in einem Gebiet mit intensiver tertiärer Tektonik. Außerdem besitzen sie immer noch ein hohes Potential zur Kaligewinnung. Die Gebiete im Untergrund des Solling und der Scholle von Calvörde nördlich von Magdeburg kämen in Frage. Sie müssen aber sorgfältig auf ausreichende Mächtigkeit (mindestens 300 Meter) und Ausdehnung des Staßfurt-Steinsalzes untersucht werden.
Welches Gestein ist am besten für ein Endlager geeignet? In den vorhergehenden Kapiteln wurden die Entstehung und die wesentlichen natürlichen Eigenschaften von Kristallingesteinen (Gneisen, Graniten), Tongesteinen und Salzgesteinen beschrieben. Für ihre Eignung als Endlager für Atommüll sind die Durchlässigkeit, das Temperaturverhalten, Verhalten gegenüber Wasser (Löslichkeit, Sorptionsvermögen) und die mechanischen Eigenschaften von Bedeutung. Welche Probleme können in einem Endlager entstehen? Es können Gase entstehen: – Wasserdampf bei Temperaturen über 100 °C durch Reaktionen der Tonminerale und einiger Edelsalze, – Wasserstoffgas durch Rosten der Stahlbehälter, – Schwefelwasserstoff durch Reaktion von Erdgas mit Gips/Anhydrit, – Gas- Erdöl-Gemische in schwarzen Tonen durch Umwandlung organischer Substanzen. Das heißt, die Gesteine müssen derart dicht sein, dass die Gase nicht nach oben entweichen können und in die Atmosphäre gelangen. Das Gestein muss außerdem in der Lage sein, hohe Gasdrücke auszuhalten. Eine Möglichkeit dieses Problem zu umgehen liegt darin künstliche Hohlräume zu schaffen oder offen zu lassen, um entstehende Gase darin aufzufangen und anzusammeln.
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Die zweite Gefahr ist, dass die radioaktiven Stoffe des Endlagers mit Wasser in Berührung kommen, darin gelöst werden und dann nach oben in den Grundwasserkreislauf geraten. Es muss also folgendes Szenario verhindert werden: Das Grundwasser darf nicht von oben oder von der Seite in den Endlagerbereich eindringen. Wenn das passiert, kann es bis zu den künstlichen Barrieren durchdringen und diese teilweise oder ganz zerstören. Als Folge kann das Wasser mit den radioaktiven Elementen in Kontakt kommen und diese in Lösung nehmen. Das verseuchte Wasser muss wieder aufsteigen, mit oberflächennahem Grundwasser in Berührung kommen und dies mit radioaktiven Substanzen verunreinigen. Es könnte auch möglich sein, dass verunreinigtes Wasser selbst nicht aufsteigt, dass aber die radioaktiven Elemente durch Diffusion im Wasser in den höheren Wasserkreislauf gelangen. Die Schadstoffe breiten sich also selbst im Wasser aus. In einem natürlich dichten Gestein sollte dieses Szenario nicht möglich sein, sondern nur wenn Wasserdurchlässigkeit durch Anlage von Brüchen und Klüften entsteht. Die Gesteine sollten ein sehr günstiges Verhalten gegenüber Temperaturveränderungen besitzen. Das ist einmal eine gute Temperaturleitfähigkeit. Sie dürfen aber auch nicht sehr durch Temperaturerhöhung beeinflusst werden in Bezug auf Mineralveränderungen im Gestein. Durch solche Veränderungen kann in Mineralen gebundenes Wasser freigesetzt werden. In Mineralen eingeschlossene Lösungen können daraus entweichen und es kann zur Entstehung von Gasen kommen (siehe oben). Das Gestein sollte eine geringe Löslichkeit im Wasser haben und ein hohes Sorptionsvermögen gegenüber schädlichen radioaktiven Stoffen. Die mechanischen Eigenschaften haben eine sehr große Bedeutung, da das Endlager als Bergwerk eingerichtet werden soll. Das heißt, man muss mindestens zwei Schächte oder einen Schacht und eine Rampe abteufen und unterirdisch ein Netz von Strecken auffahren, um damit eine Fläche von neun bzw. zehn Quadratkilometern abzudecken. Das ergibt ein Streckennetz von vielen Kilometern Länge. Kristallingesteine (Gneise, Granite) Der große Vorteil von Gneisen und Graniten ist ihre hohe Festigkeit und Hohlraumstabilität sowie die geringe Empfindlichkeit gegenüber Temperaturschwankungen. Auch werden ihre Hauptbestandteile Quarz und Feldspat so gut wie nicht von Wasser gelöst. Im Meterbereich zeigen sie auch eine geringe Durchlässigkeit. Bedingt durch ihre Entstehung können sie aber sehr stark geklüftet sein und haben dadurch im großen Bereich (10 km2) entlang der Klüfte eine hohe Durchlässigkeit. Auch führen die Kontaktflächen zu Gängen meist Wasser. Man muss ein Kristallingestein sehr sorgfältig im Prinzip Meter für Meter aufnehmen und die beobachteten Klüfte und Störungen auf ihre Durchlässigkeit prüfen. Wasserführende Bereiche müssen mit künstlichen Mitteln (Beton etc.) verschlossen werden. Aus diesen Gründen sind diese Gesteine im Vergleich zu Ton- und Salzgesteinen nicht so gut als Endlagergestein geeignet. Nun wird der Leser sofort fragen, wieso die skandinavischen Länder Schweden und Finnland ihre Endlager in Kristallingesteinen anlegen. Die Antwort ist sehr einfach. Sie haben nichts Anderes. Es gibt in diesen Ländern keine Salz- und Tonablagerungen, die als Endlager in Frage kämen.
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Tongesteine Wie zuvor dargelegt haben Tongesteine eine sehr große Bandbreite in ihrer Zusammensetzung und in ihren mechanischen Eigenschaften. Der große Vorteil ist ihre sehr geringe Durchlässigkeit und das hohe Sorptionsvermögen. Als Wasserstauer und als Abdeckung von Erdöl- und Erdgasvorkommen, die über Millionen von Jahren dicht bleiben, sind sie, wie anfangs erwähnt, schon lange in der Geologie bekannt. Ihre Nachteile liegen in möglichen Verunreinigungen und in den schlechten mechanischen Eigenschaften. Man muss sehr sorgfältig einigermaßen verfestigte Tonsteine aussuchen. Dennoch ist es problematisch, ein Bergwerk in den Ausmaßen, die für ein Endlager notwendig sind, in Tongesteinen anzulegen. Die Strecken im Tongestein müssen sehr aufwendig ausgebaut und gestützt werden. Nachdem der radioaktive Abfall eingelagert worden ist, werden die Hohlräume mit Versatz gefüllt. Der augenblickliche Stand der Forschung sieht dafür Bentonit vor, da diese Tonmischung ein hohes Sorptionsvermögen aufweist. Bentonit ist allerdings temperaturempfindlich. Weiterhin kann man diese Tonmischung nicht so stark verdichten, um zu verhindern, dass sie durch den Gebirgsdruck zusammengedrückt wird und es zu Setzungen kommt und dadurch Brüche im Tongestein entstehen. Eine Möglichkeit diesen Nachteil zu umgehen wäre, das Endlager nicht in dem Tongestein selber anzulegen, sondern in dem Gesteinshorizont darunter, wenn dieser über die notwendige Festigkeit verfügt. Das Wirtsgestein ist dadurch ein anderes als das Barrieregestein. Für das Endlager Konrad ist diese Variante vorgesehen. Voraussetzung für diese Möglichkeit ist, dass der Tongesteinshorizont über dem Endlager die Abdichtung gewährleistet und nicht die Möglichkeit besteht, dass Wasser von unten oder von der Seite in das Endlager eindringt. Ferner sind Tone sehr temperaturempfindlich, da es schon bei relativ niedrigen Temperaturen zu Mineralumformungen kommen kann. Verfestigte Tonsteine können geklüftet sein, und dadurch ihre Durchlässigkeit zum Nachteil verändern. Wenn der Wassertransport in Tongesteinen entlang von Klüften stattfindet, verringert sich auch das Sorptionsvermögen, das sehr schnell entlang der Kluftflächen erschöpft ist. Tongesteinsvorkommen müssen daher sehr aufwendig auf ihre Tauglichkeit untersucht werden. Salzgesteine Der große Vorteil von Salzgesteinen, vor allen Dingen von Steinsalz, liegt in den mechanischen Eigenschaften. Ihre Durchlässigkeit ist so gering, dass sie quasi dicht sind. Außerdem besitzen sie eine hohe Hohlraumstandfestigkeit. Es können im Steinsalz Kavernen bis zu 400 000 Kubikmeter angelegt werden. Das entspricht z. B. einem Hohlraum von 20 Meter mal 100 Meter mal 200 Meter. Dies wird im Kavernenbau für künstliche Erdgas- und Erdölspeicher praktiziert. Des Weiteren führt das Kriechverhalten von Salzgesteinen dazu, dass eventuelle Risse und kleine Hohlräume geschlossen werden. Knipping (1989) beschreibt aus dem Werragebiet in Nordhessen Basaltgänge, die das Salz durchschlagen haben. Der Kontakt wurde durch das Salz so gut und so schnell verschlossen, dass entlang dieser Naht kein Wasser von oben eingedrungen ist. Dieser Basaltgang zeigt auch einen weiteren Vorteil des Steinsalzes, nämlich die hohe Temperaturverträglichkeit. Ein Basaltmagma dringt mit einer
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Temperatur von 1000 bis 1100 °C an die Oberfläche. Diese Temperatur hat das Steinsalz nur in einer zwei Zentimeter breiten Zone beeinflusst. Die Abraumsalze dagegen wurden in größerem Ausmaß verändert. Vor allen Dingen waren die Minerale mit Kristallwasser sehr stark von Mineralumwandlungen betroffen. Ein großer Nachteil von Salzgestein ist seine hohe Löslichkeit in Wasser. Dies birgt aber nur dann eine große Gefahr, wenn der Salzstock sich aufwärts bewegt und ständig Salz in Wasser führende Horizonte drückt. Bewegt sich der Salzstock nicht oder nur wenig, muss Wasser in das Salz eindringen, indem es Salz auflöst, um das Endlager in der Tiefe zu gefährden. Dies geht aber nur so lange, bis eine Sättigung der Lösung erreicht ist. Eine gesättigte Lösung kann nicht tiefer eindringen, weil das Salz dicht ist. Ein Vordringen in die Tiefe geht nur über Risse und Klüfte oder über klüftige Gesteinslagen wie Anhydrit oder Karbonatgesteine. Beides lässt sich durch die Anlage des Endlagers in entsprechender Tiefe und in einer entsprechenden
Tab. 3.5 Wesentliche Eigenschaften für ein Endlagerwirtsgestein.
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homogenen Steinsalzanhäufung vermeiden. Eine gesättigte Steinsalzlösung ist in der Lage bestimmte Edelsalze zu lösen, da diese eine höhere Löslichkeit besitzen. Aber auch dabei stellt sich schnell eine Sättigung ein. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass in einem intakten Salzstock Wasser in größere Tiefen eindringen kann. Es besteht aber theoretisch die Möglichkeit, dass Laugen im Salz bei hohen Temperaturunterschieden zwischen Wirtsgestein und Endlager in Richtung der Abfälle mit hoher Wärmeentwicklung wandern. Da die Löslichkeit der Salze abhängt von der Temperatur, wäre es möglich, dass Laugen in Richtung der höheren Temperatur, also in Richtung radioaktive Abfälle wandern. Man muss dies mit entsprechenden Großversuchen erforschen. Erfahrungen mit Salzstöcken zeigen, dass zumindest der natürliche Temperaturunterschied von 100 °C, die in einem Salzstock in einer Tiefe zwischen 300 Metern und 3000 Metern vorkommt (Kockel und Krull 1995), nicht dazu geführt hat, dass sich Laugen an der Basis eines Salzstocks angereichert haben.
Tab. 3.6 Wichtige Punkte der Endlagerkonzepte in unterschiedlichen Wirtsgesteinen.
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Genauso wenig hat es Aufwärtsbewegungen von gesättigten Laugen in Salzstöcken gegeben, die eigentlich aufgrund ihrer geringeren Dichte aufsteigen müssten. Die geringe Durchlässigkeit des Salzes verhindert solche Bewegungen. Aber auch dies muss noch in Großversuchen genauer untersucht werden. Das tragische Bergwerksunglück vom 2. Oktober 2013 in Unterbreizbach (Thüringen) hat gezeigt, wie gering die Durchlässigkeit des Salzes ist. Die Explosion wurde durch Kohlenstoffdioxidgase im Salz ausgelöst. Die Gase sind durch die vulkanische Tätigkeit in diesem Gebiet vor etwa 10–15 Millionen Jahren in das Salz eingedrungen. Seit dieser Zeit waren sie im Salz eingeschlossen. Nach bisherigem Kenntnisstand und unter Abwägung aller Vor- und Nachteile (Tab. 3.5 und Tab. 3.6) kann man sagen, dass für ein Endlager des radioaktiven Abfalls in der Bundesrepublik Deutschland die drei in Erwägung gezogenen Gesteine Kristallin, Ton und Steinsalz in der Lage sind, radioaktiven Abfall langfristig und sicher von der Biosphäre zu isolieren. Wegsamkeiten für radioaktiv verseuchtes Wasser in die Biosphäre existieren in den drei Gesteinen nur über wasserführende Störungen und Klüfte. In den Graniten sind sie größtenteils genetisch angelegt. In Tonen und Salzen entstehen sie durch spätere Verformungsvorgänge. Salzgesteine und Tonablagerungen haben gegenüber Graniten und Gneisen Vorteile (AkEnd 2002), sodass man zuerst in diesen Gesteinen und in den von den Studien der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffen (BGR) ausgewiesenen Gebieten nach einem Endlagerstandort suchen sollte. Erst wenn auch dies scheitert, bliebe als letzte Lösung eine Endlagersuche in Kristallingesteinen.
Neue erweiterte Konzepte zur Endlagerung und zur Suche nach einem Endlager Aufgrund der 33 Jahre dauernden Forschungsarbeiten an den deutschen Endlagern zwischen 1967 und 2000 und den daraus gewonnenen Ergebnissen ergab sich die Notwendigkeit, die bisherigen Endlagerkonzepte zu überdenken. Die Konzepte zur Endlagersuche und zur Auslegung eines Endlagers mussten modifiziert und den durch die Untersuchungen neu gewonnenen Erkenntnissen angepasst werden. Dazu kamen politische Veränderungen. Von 1998 bis 2005 wurde die Bundesrepublik Deutschland von einer Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen regiert. In den Koalitionsverhandlungen der beiden Parteien wurde der Ausstieg aus der Atomenergie festgelegt. Ferner wurde im Jahr 2000 der Stopp der Untersuchungen des Salzstocks Gorleben für mindestens drei Jahre, aber maximal zehn Jahre beschlossen. Von dieser Regierung wurde auch 1999 der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) eingesetzt, der seinen Bericht 2002 vorgelegte. Dieser Bericht wurde in den vorhergehenden Abschnitten ausführlich dargestellt und diskutiert. Dazu gab das Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) zwei Gutachten mit ausländischer Beteiligung in Auftrag, die 2004 und 2005 publiziert wurden (Grundfelt und Smellie 2004, Grundfelt et al. 2005). Die Arbeit von Grundfelt und Smellie (2004) befasste sich mit der Geologie der unterschiedlichen Wirtsgesteine wie sie oben bereits
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Atommüll wohin?
besprochen wurde. Das Gutachten von Grundfelt et al. (2005) ging auf die Vorgaben des AkEnd (2002) ein und hat die geologischen Aspekte noch einmal bestätigt und vertieft. Neben der grundsätzlichen Forderung nach einer Langzeitsicherheit von einer Million Jahren wurden noch weitere Kriterien aufgestellt: – Es soll nur ein einziges Endlager für allen anfallenden radioaktiven Abfall in Deutschland eingerichtet werden. Diese Forderung wurde erhoben, obwohl es zu diesem Zeitpunkt schon drei Endlager gab (s. Kap. 4). Asse und Morsleben enthielten bereits Atommüll, eine weitere Einlagerung fand allerdings nicht mehr statt. Konrad war als Endlager für schwach radioaktiven Abfall genehmigt, ohne dass es bislang zu einer Einlagerung gekommen ist. In Gorleben hatte man zwar die Untersuchungen eingestellt, aber dennoch stand der Salzstock Gorleben weiterhin zur Diskussion und es wurde gefordert zusätzlich nach einer Alternative zu suchen. – Ein Endlager soll erst dann als geeignet betrachtet werden, wenn es mit einem anderen Standort verglichen worden ist und sich als das bessere herausgestellt hat. Das bedeutet, dass man schnellstmöglich nach einer Alternative zu Gorleben suchen müsste. – Die Möglichkeit der Rückholung der radioaktiven Abfälle wurde ausgeschlossen. – Das Multibarrierenkonzept wurde modifiziert. Ursprünglich bestand es einerseits aus von Menschen gemachten Barrieren. Zu diesen gehören technische Barrieren, die die radioaktiven Stoffe aufnehmen (Glaskokillen und Stahlbehälter) sowie geotechnische Barrieren, wie Versatzmaterial in den Endlagerkammern, Streckenverschluss und Schachtverschluss. Andererseits gehörten zu diesem Konzept natürliche geologische Barrieren. Neben diesem Barrierenverbund aus künstlichen und natürlichen Barrieren wurde nun noch ein zusätzliches natürliches geologisches Zweibarrierensystem gefordert. Vor allen Dingen wurde eine weitere abdeckende wasserundurchlässige Schicht über einem Salzstock, der als Endlager dienen soll, zur Bedingung gemacht. Der Grund hierfür ist die Wasserlöslichkeit der Salze. Die zusätzliche Schutzschicht soll verhindern, dass Wasser mit gelösten Salzen und radioaktiven Stoffen an die Erdoberfläche gelangt (s. auch Kockel und Krull 1995). Die Gutachten besaßen aber noch keine politische Relevanz. So begann das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) im Jahr 2008 Richtlinien für die Sicherheitsanforderungen an ein Atomendlager zu entwickeln. Ein Entwurf wurde noch im gleichen Jahr als Diskussionsgrundlage vorgelegt und ein Jahr später in einer öffentlichen Diskussion erörtert. Die endgültige Fassung, die mit dem ursprünglichen Entwurf weitgehend übereinstimmt, wurde dann im Jahr 2010 veröffentlicht (BMU 2010). Die für die geologischen Fragestellungen bedeutenden Passagen stimmen im Wesentlichen mit den Forderungen des AkEnd (2002) überein. Zu dem Gutachten von Grundfelt et al. (2005) bestehen aber drei wichtige Unterschiede: 1. In den Richtlinien des BMU wird nicht auf den Vorschlag eingegangen, nur ein einziges Endlager einzurichten.
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2. Die Forderung nach einer zweiten natürlichen Barriere taucht nicht mehr auf. 3. Es wird ausdrücklich im Gegensatz zu Grundfelt et al. verlangt, dass die Möglichkeit der Rückholung der radioaktiven Abfälle für mindestens 500 Jahre gewährleistet ist. Es bleibt aber bei der fundamentalen Forderung des AkEnd (2002) nach einer Langzeitsicherheit von einer Million Jahren. Des weiteren bleibt die Forderung nach einer vergleichenden Studie zwischen zwei möglichen Standorten bestehen, was bedeutet, dass ein Standort nur dann als geeignet angesehen werden kann, wenn er sich in einem Vergleich als der bessere erweist. Ferner befasst sich die Richtlinie ausgiebig mit Vorschriften für künstliche Barrieren und gibt ein Schema für die Wahrscheinlichkeitsangaben bei der Prognose für die Zukunft.
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Atommüll wohin?
IV. Geplante und bestehende Endlager Schacht Asse II – das große Problem Geografische Lage Die Asse ist ein etwa zwei Kilometer breiter und acht Kilometer langer bewaldeter Höhenrücken. Die höchsten Erhebungen liegen zwischen 220 und 230 Meter über dem Meeresspiegel. Er gehört zu einem etwa 25 Kilometer langen von Nordwesten nach Südosten verlaufenden Höhenzug zwischen den Ortschaften Wolfenbüttel im Nordwesten und Jerxheim im Südosten. Dort liegt auch der etwa 200 Meter hohe Heeseberg. Der Rücken dazwischen zeichnet sich als morphologische Schwelle ab, obwohl er deutlich unter 200 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Die Schachtanlage Asse II liegt etwa 1,5 Kilometer nördlich der Ortschaft Remlingen, 10 Kilometer vom Stadtkern Wolfenbüttels und 20 Kilometer von Braunschweig entfernt.
Zur Geologie der Asse Geologisch gehört die Struktur Asse-Heeseberg zum Harzvorland. Das Gebiet ist durch schmale Sattelstrukturen und breite Mulden gekennzeichnet (Abb. 4.1, 4.2, 4.3). Lediglich die breite Aufwölbung des Elm östlich von Braunschweig und die flache Sattelstruktur von Fallstein und Huy unterscheiden sich deutlich von diesem Strukturschema. In den Sattelkernen trifft man teilweise Zechsteinablagerungen ansonsten Gesteine der Trias (Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper) an, während in den Muldenkernen die Mergel und Kalke der Oberkreide vorherrschen. Die Strukturen streichen von Nordwesten nach Südosten und verlaufen parallel zum Nordrand des Harzes und dem Flechtinger Höhenzug nördlich von Magdeburg. Es besteht ein strukturgeologischer Zusammenhang dieser Einheiten. Die Zechsteinablagerungen in den Sattelkernen stehen für den Anteil an Salztektonik, während die Streichrichtung Beziehungen zum Aufstieg des Harzes im Mesozoikum andeuten der die Salzbewegungen in Gang setzte. Einen weiteren Motor für die tektonischen Prozesse im Harzvorland haben Baldschuhn et al. (1996) in der Morphologie des Untergrundes entdeckt. Unter dem Elm liegt der Untergrund der Zechsteinsalze bei ca. 1600 Metern Tiefe, während er unter der Asse über 2000 Meter tief reicht. Dieses Gefälle bewirkte ein Abgleiten der über dem Zechstein Salinar liegenden Schollen von Nordosten nach Südwesten. Die Hochlage des Untergrundes erklärt auch die Kissenstruktur des Elm.
Geplante und bestehende Endlager
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Abb. 4.1 Geologische Karte des Harzvorlandes (aus Rothe 2012)
Abb. 4.2 Profil durch das nördliche Harzvorland (aus Best und Zirngast 2002).
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Abb. 4.3 Karte der Salzstrukturen im nördlichen Harzvorland (aus Best und Zirngast 2002).
Geplante und bestehende Endlager
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An einer Diskordanz im oberen Jura bzw. an der Jura-Kreide-Grenze vor ca. 140– 150 Millionen Jahren in unmittelbarer Nähe des Harznordrandes zwischen Goslar und Blankenburg lassen sich erste Aufwärtsbewegungen des Harzes nachweisen. Diese Diskordanzen oder Schichtlücken treten auch im Bereich zwischen Harz und Flechtinger Höhenzug auf und zeigen den tektonischen Zusammenhang im Untergrund und den Bewegungen des Zechsteinsalzes. Die endgültige Heraushebung des Harzes erfolgte in der Oberkreide (vor ca. 90 Millionen Jahren). Dabei wurde der Harz auf das Vorland nach Norden aufgeschoben und die Schichten des Perms und des Mesozoikums wurden steil gestellt. Dies verdeutlicht die Einengungstektonik, die sich auch in den Salzstrukturen des Harzvorlandes zeigt. In den meisten Strukturen des Harzvorlandes hat das Salz zu diesem Zeitpunkt seine Überdeckung durchbrochen.
Zur Tektonik des Salzstocks Die Struktur der Asse ist seit dem Beginn des Bergbaus (seit 1900) untersucht worden. Nachdem der Salzstock als Versuchsendlager ausgewählt worden ist, wurden die Forschungen zur Geologie und Tektonik intensiviert. Eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Darstellung der eigenen Untersuchungen wurden von Krieger et al. im Jahr 1997 vorgelegt. Wichtige Ergebnisse stammen von Klarr et al. (1987) und Essaid und Klarr (1982). Die geologische Struktur der Asse ist ein asymmetrischer Sattel, die Geologen nennen das eine vergente Struktur. Die Nordostflanke fällt mit etwa 50 Grad nach Norden ein, diese Flanke enthält die gesamte Schichtfolge über dem Zechstein, beginnend mit Ablagerungen des unteren Buntsandsteins. Die Südwestflanke fällt steiler nach Südwesten ein, in ihr fehlt der Untere und Mittlere Buntsandstein, sodass Gesteine des Rötsalinars im Oberen Buntsandstein direkt an die Zechsteinsalze grenzen (Abb. 4.4, 4.5).
Abb. 4.4 Geologische Karte der Asse (aus Geologische Karte Braunschweig 1:200 000).
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Atommüll wohin?
Abb. 4.5 Profil durch die Asse in der Nähe des Schachtes Asse II (GFS) und die Lage der Abbaukammern (GSF). 1: Mittlerer Keuper; 2: Unterer Keuper; 3: Oberer Muschelkalk; 4: Mittlerer Muschelkalk;5: Unterer Muschelkalk; 6: Oberer Buntsandstein; 7: Rötanhydrit; 8: Unterer Buntsandstein; 9: Anhydritmittelsalze (Leine); 10: Jüngeres Steinsalz (Leine);11: Kaliflöz (Straßfurt); 12: Älteres Steinsalz (Straßfurt); a: MAW-Kammer (mittelradioaktiver Abfall); b: LAW-Kammer (schwachradioaktiver Abfall).
Es existiert im Scheitel und im Streichen des Sattels eine Störung, an der steilstehender nach Süden einfallender Oberer Buntsandstein und zum Teil auch Muschelkalk, an den nach Norden einfallenden Unteren Buntsandstein grenzt. Von dieser Störung zweigt eine weitere Störung ab, die im Winkel von 45 Grad zur Hauptstörung verläuft (Abb. 4.4). Parallel zur Hauptstörung existieren im Scheitel und an den Flanken noch weitere Nebenstörungen, die zwar keinen großen Versatz haben, aber bis in das Zechsteinsalz hineinreichen. Senkrecht zum Hauptstreichen hat sich ein weiteres Störungsmuster und Kluftsystem entwickelt. Das Zechsteinsalz bildet den Kern des Sattels und zeigt eine ähnliche Struktur wie die Deckschichten. An der Nordflanke scheint auch die Zechsteinabfolge von Zechstein-2-Steinsalz bis zum Zechstein 4 einigermaßen intakt zu sein. Die höheren Teile Z 5 bis Z 7 sind nur sehr geringmächtig ausgebildet oder fehlen.
Geplante und bestehende Endlager
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An der Südflanke sind die Zechsteinsalze in die Schichtfuge zwischen Mittleren und Oberen Buntsandstein eingedrungen. Dies erfolgte im Bereich des Rötsalinars im Oberen Buntsandstein. Bei diesem Vorgang wurde der Anhydrit dieser unvollständigen Salinarabfolge mit aufgeschleppt und kam in Kontakt zum Zechsteinsalz. Beim Aufstieg des Salzes ist die Salzabfolge an der Südflanke ausgequetscht worden und das ältere Zechstein 2 Steinsalz grenzt direkt an den oberen Buntsandstein. Im oberen Teil des Sattels ist die Zechsteinabfolge kompliziert gefaltet worden und
Zeitalter
Zyklus / Folge
TRIAS
Calvörde -Folge
251 Ma
Lithostratigraphie
Primäre Mächtigkeit im Arbeitsgebiet (geschätzt)
Mölln-Folge (z7)
Bröckelschiefer Rote Tonsteine regional Steinsalz
20 m
Friesland-Folge (z6)
Rote Tonsteine Anhydrit regional Steinsalz
5–10 m
Ohre-Folge (z5) Aller-Folge (z4)
Ohre-Steinsalz Lagenanhydrit Aller Steinsalz Pegmatitanhydrit Roter Salzton
5–10 m
40–80 m
Zechstein Leine-Folge (z3)
Staßfurt-Folge (z2)
Werra-Folge (z1) Rotliegend
Tonmittelsalz Leine-Steinsalz mit Kalisalzen Hauptanhydrit Leine-Karbonat Grauer Salzton Gebänderter Deckanhydrit Decksteinsalz Staßfurt-Kaiflöz Staßfurt-Steinsalz Basalanhydrit Staßfurt-Karbonat Werra-Anhydrit Werra-Karbonat Kupferschiefer
150–200 m
300–400 m
50 m
Elbe-Folge Calvörde-Folge
Abb. 4.6 Stratigrafie und Mächtigkeit des Zechstein im Nördlichen Harzvorland (aus Best und Zirngast 2002).
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Atommüll wohin?
hat im oberen Teil der Südflanke eine Spezialfalte ausgebildet. An der Oberseite des Salzstocks sind bis zu 70 Meter Gipshut entstanden. Die unteren Schichten des Zechsteins 2 und das gesamte Zechstein 1 sind an der Zechsteinbasis verblieben.
Der Bergbau in der Asse Die Bergbaugeschichte begann um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Nach Probebohrungen wurde bei Wittmar ca. 1,5 Kilometer westlich des Schachtes Asse II der Schacht Asse I abgeteuft. Schon 1899 wurde mit der Kalisalzförderung begonnen. 1905 kam es im Zuge einer Bohrung zum Laugenzufluss und der Schacht wurde 1906 aufgegeben (Kappei, 2001). Man begann sofort im gleichen Jahr mit der Anlage des Schachtes Asse II der bis auf 765 Meter Tiefe niedergebracht wurde. Auf der 750-Meter-Sohle wurde 1909 mit der Förderung von Kalisalzen der Staßfurtserie (Z 2) begonnen. Die Kalisalzlage bildet in diesem Bereich eine intakte Sattelstruktur und ließ sich gut von der Schachtanlage Asse II an der Nordflanke abbauen. Im Jahr 1911 wurde auf Drängen des Bergamtes der Bau eines weiteren Schachtes Asse III in Angriff genommen. Diese Anlage befand sich ca. drei Kilometer östlich von Schacht Asse II, nahe der Ortschaft Kleinvahlberg. Schon beim Niederbringen des Schachtes traten Laugeneinbrüche auf. Deshalb kam es an dieser Anlage niemals zur Förderung von Kali- und Steinsalz. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde an der Schachtanlage weiter gearbeitet und man erreichte 1923 die Endtiefe von 728 Metern. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise von 1923 wurde der Abbau von Kalisalzen im Bergwerk Asse II im Jahr 1924 aufgegeben. Von 1920 bis 1924 wurden die Hohlräume der Kaliabbaue teilweise mit Restlaugen, die bei der Produktion entstehen, verfüllt. Bereits während des Ersten Weltkrieges wurde 1916 mit dem Abbau von Steinsalz begonnen. Auf der 750-Meter-Sohle wurde eine Strecke in Richtung auf die Südwestflanke vorgetrieben. Von dort wurden weitere Abbausohlen nach oben angelegt, aus denen die Steinsalze der Leineserie Z 3 gefördert wurden. Je weiter man nach oben vorgedrungen ist desto näher kam man den Gesteinen des Oberen Buntsandsteins. In den höheren Abbausohlen sind nur noch 20 Meter zwischen dem Steinsalz und dem Deckgebirge stehen geblieben. Insgesamt sind von der 750-Meter-Sohle 13 Sohlen im Abstand von 20 Metern angelegt worden, sodass die oberste Sohle bei 490 Metern liegt. Es wurden auch noch tiefere Sohlen im Kern des Sattels angelegt, wo Steinsalz der Staßfurtserie Z 2 abgebaut wurde. Der Steinsalzabbau lief bis 1964. Der Kalibergbau in der Nordflanke zwischen 1919 und 1924 hat Hohlraum von etwa einer Million Kubikmetern geschaffen, der teilweise mit Salzlauge verfüllt wurde. Der Steinsalzabbau von 1916 bis 1964 hat auf 13 Sohlen 131 Abbaukammern von ca. 36 000 Kubikmeter (im Durchschnitt 60 Meter lang, 40 Meter breit und 15 Meter hoch) hinterlassen. Insgesamt gab es etwa 3,4 Millionen Kubikmeter Hohlraum. In den tieferen Sohlen wurde ein Hohlraum von etwa 0,5 Millionen Kubikmetern hinterlassen. Ein Teil der Hohlräume ist verfüllt worden, sodass etwa drei Millionen Kubikmeter Hohlraum übrig geblieben ist (Hensel 2001, Heydorn et al. 2005).
Geplante und bestehende Endlager
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Die Asse als Versuchsendlager In den 1960er Jahren wurde der Bergbau in der Asse II unrentabel und 1963 gab es erste Hinweise der Bundesanstalt für Bodenforschung (BFB, die heutige Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR), dass die Asse II als Bergwerk stillgelegt werden sollte und zum Verkauf anstünde. Es wurde die Möglichkeit einer Nutzung als Versuchsbergwerk für ein Atomendlager angedeutet. So geschah es, dass das Bergwerk Asse II 1965 von der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) im Auftrag der Bundesregierung für etwa 700 000 DM von den Betreibern gekauft wurde. Wie gesagt, es handelte sich um eine »gute Gelegenheit«. Es würde zu weit führen an dieser Stelle über Hintergründe und Einzelheiten dieses Geschäftes zu berichten. Der Leser sei verwiesen auf die Arbeiten von Tiggemann (2004) und Möller (2009), die sich ausführlich mit den Abläufen und den geschichtswissenschaftlichen und politischen Dimensionen dieses Kaufs beschäftigt haben. Wichtig ist aber die Rolle der Bundesanstalt für Bodenforschung (BFB, heute BGR), die in einem Gutachten darlegte, dass das Bergwerk Asse II als Versuchsbergwerk für die Endlagerforschung geeignet ist. Ferner wird aus den Ausführungen von Tiggemann und Möller klar, dass zumindest einige der Beamten in den beteiligten Ministerien der Ansicht waren, dass die Bundesrepublik Deutschland mit der Asse ein Atomendlager gefunden hätte, und die Endlagerproblematik damit gelöst wäre. Nach dem Kauf gründete die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) ein Institut für Tieflagerung in Salzgitter, das im Wesentlichen für die Lagerung und Forschung im Bergwerk Asse zuständig war. Zunächst wurden Sanierungsarbeiten an der Schachtanlage und Sicherungsvorkehrungen an den Abbaukammern in Angriff genommen. Es wurde durch einen Blindschacht (Schacht, der nicht von der Oberfläche ausgeht) und eine befahrbare Wendelstrecke eine Verbindung zwischen der oberen 490-MeterSohle und der 750-Meter-Sohle hergestellt. 1967 begann man mit der versuchsweisen Einlagerung von ersten Fässern mit schwach radioaktivem Müll (LAW). Die Fässer wurden mit Gabelstaplern fein säuberlich wie in einer Lagerhalle aufgestapelt. Als die angelieferte Menge an radioaktivem Abfall anwuchs wurden die Fässer mit Bulldozern in Abfallmulden gekippt. Bei dieser Einlagerung war nicht deutlich zu erkennen, ob sie probeweise, zu Forschungszwecken, zur Rückholung oder tatsächlich schon zur Endlagerung durchgeführt wurde. Das Gleiche gilt für die Einlagerung von mittel radioaktiven Müll (MAW), mit der im Jahr 1973 begonnen wurde. Da die Strahlung von den Stahlbehältern nicht genügend abgeschirmt wurde, ging von diesen eine zu hohe Strahlendosis aus, sodass die Behälter nicht mehr mit Gabelstaplern aufgestapelt werden konnten. Es musste eine Methode angewandt werden, mit der man die Behälter mit mittelaktivem Müll ablagert, ohne dass Menschen ungeschützt mit den Behältern in Kontakt kommen. Dazu wurde eine Kaverne ausgeschürft mit einer schmalen Öffnung an der Oberseite. Dort wurde eine Befüllungsrampe errichtet mit einer ferngesteuerten Öffnungsklappe. Es wurden strahlensichere Transportbehälter konstruiert, in denen die Fässer mit dem Müll antransportiert wurden. Diese Behälter hatten an der Unterseite eine Klappe, die man ebenso fernge-
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Atommüll wohin?
steuert öffnen konnte. Sie besaß die gleichen Ausmaße wie die Befüllungsklappe. Man setzte die Transportbehälter auf die Befüllungsklappe, öffnete beide gleichzeitig und die Behälter fielen unkontrolliert in die Lagerkaverne. Der Vorgang wurde mit einer Kamera überwacht, um zu kontrollieren, ob die Behälter bei diesem Vorgang beschädigt wurden. Man konnte aber nicht mehr beeinflussen, wie die Behälter in die Kaverne fielen. Diese Ablagerungsmethode ist offensichtlich nicht auf Rückholbarkeit ausgelegt. Mit dem Beginn der Einlagerung von mittel aktivem Atommüll (MAW) wurde 1974 der Bau eines neuen Schachtes, Asse IV, in Angriff genommen, der 1976 fertig gestellt wurde. Gleichzeitig wurde von 1974 bis 1979 ein Gleisanschluss an die Bahnstrecke Wolfenbüttel–Schöningen hergestellt. In den Jahren des Salzabbaus von 1900 bis 1964 kam es immer wieder zu Laugeneinbrüchen und Gasausbrüchen in das Bergwerk. Dies ist eigentlich ein »normaler Vorgang«, da auf natürliche Weise Laugen und Gas im Salz eingeschlossen sind (siehe Kap. 3). Ein Teil der Laugeneinbrüche ist aber nicht nur aus dem Salz selbst gekommen, sondern vermutlich auch aus anderen Quellen. Das »Absaufen« der Schächte Asse I und III wurde von Wässern von außerhalb – Oberfläche oder wasserführende Schichten – hervorgerufen. Auch während der Einlagerungsbetriebsphase seit 1967 traten immer wieder Laugenzuflüsse auf. Schon 1977 wurde von einem Mitarbeiter der GSF auf die Gefahr aufmerksam gemacht, dass es an der Südwestflanke zu Laugeneinbrüchen kommen könnte (Appel 2001). Einen Überblick über die Menge und Zusammensetzung der Laugen, die bis 1988 in dem Bergwerk ausgeflossen sind wurden von Stockmann et al. (2003) zusammengestellt. Die bis dahin ausgeflossenen Laugenmengen verursachten keine großen Probleme für die Abbautätigkeit. Die Laugen ließ man in tiefere Sohlen oder in den Sumpf unter der Schachtanlage ablaufen, wo sie meistens verdunsteten und als Salzrückstände übrigblieben. Bei größeren Einbrüchen wurden die Salzlösungen aufgefangen und nach über Tage transportiert. Die Stabilität des Bergwerks und der Bergwerksbetrieb wurden durch die Laugeneinbrüche nicht beeinträchtigt. Die Zusammensetzung der Salzlösungen blieb auch einigermaßen konstant. Es war eine hochkonzentrierte Lösung aus MgCl2, KCl, NaCl und MgSO4 (Krieger et al. 1997, Stockmann et al. 2003). Zum Ende des Jahres 1978 wurde die Einlagerung gestoppt und ab 1979 wurde das Bergwerk gemäß seiner ursprünglichen Bestimmung nur noch zu Forschungszwecken benutzt. Es wurden unter anderen wesentliche Großversuche zur Strahlung und Temperaturverteilung im Gestein durchgeführt mithilfe der Simulation eines 200 °C heißen Polluxbehälters. Ferner wurden Großbohrungen im Trockenverfahren ausprobiert, mit denen man die Kammern für die Polluxbehälter herstellen kann. Die Versuche fanden in den tieferen Sohlen unterhalb der 750-Meter-Sohle statt. Diese für die Endlagerplanung wichtigen und notwendigen Großversuche wurden am 1. Januar 1993 eingestellt. Wie kam es dazu? Ab dem Jahr 1988 traten verstärkt Laugeneinbrüche auf. Die angefallenen Laugen wurden auf tiefere Sohlen abgeleitet. Diese Laugenzuflüsse wuchsen bis 1991 auf eine Menge von durchschnittlich 12 Kubikmeter (12 000 Liter) pro Tag an, die bis heute andauern. Die Laugeneinbrüche traten in verschiedenen
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Kammern auf und zeigten unterschiedliche Zusammensetzung. Es waren nicht mehr die nahezu gesättigten Magnesium-, Kalium- und Natriumsalzlösungen, sondern man fand ziemlich reine MgCl2-Lösungen und gesättigte NaCl- Lösungen mit Anteilen von MgCl2 und KCl (Krieger et al. 1997, Stockmann et al. 2006). Die MgCl2-Lösungen stammten wahrscheinlich von den Laugen, die man in die Kalisalzabbaue eingebracht hatte. Die NaCl-Lösungen kommen vermutlich aus den Deckschichten über dem Salzstock und werden von der Anhydritlage des Salinars des Oberen Buntsandsteins, die direkt an die Zechsteinsalze grenzt, in das Bergwerk geleitet. Als gesättigte NaCl-Lösungen stellen sie keine Gefahr für das Steinsalz dar, sind aber in der Lage die Magnesium- und Kaliumsalze zu lösen, da diese eine höhere Löslichkeit besitzen als das Steinsalz. Wenn die NaCl-Lösung mit den Edelsalzlagen in Berührung käme, würden sie diese auflösen und neue Hohlräume schaffen. Man hat versucht, das Problem zu lösen, indem man MgCl2-Lösung als Schutzfluid in die entsprechenden Hohlräume einbrachte (Hensel 2001).
Die Probleme des Endlagers Asse und Lösungsversuche Aufgrund der kontinuierlichen Laugenzuflüsse war offensichtlich, dass die Lösungen über Wegsamkeiten also Klüfte, Risse oder Brüche im Salzgestein eindrangen, die durch den Bergbau entstanden sind. Durch die vielen, großen Hohlräume in Annäherung an die Deckschichten wurde das Bergwerk instabil und es entstanden Risse im Salz, die die Standfestigkeit des Bergwerks erheblich beeinträchtigten. Deshalb wurden, wie schon erwähnt, die Großversuche eingestellt und man begann von 1995 bis 2004 die Hohlräume mit Salz von der Halde des Bergwerks Ronnenberg bei Hannover zu füllen und mit Betonmauern zu verschließen. In dem Zeitraum von 1995 bis 2004 wurden etwa 2,2 Millionen Tonnen Steinsalz in Abbaukammern eingebracht. Im Jahr 1997 wurde dann ein Rahmenplan zur Stilllegung beim Bergamt Goslar eingereicht. Die Unterlagen waren nicht ausreichend und es begann eine intensive Aufarbeitung der Einlagerungsgeschichte und Inventarisierung des eingelagerten radioaktiven Abfalls. Zunächst wurde eine genaue Übersicht über die Lage, Größe und Zustand der Abbau- und Einlagerungskammern erstellt (Heydorn et al. 2005). Zwei Jahre später erschien ein Bericht über die Standfestigkeit des Grubenbaus (IFG, Institut für Gebirgsmechanik 2007) mit folgenden Ergebnissen: Aufgrund der Größe der Abbaukammern ist die Tragfähigkeit der Pfeiler und der Deckenschichten (Schweben) reduziert. Es gab Abbrüche von den Decken in größerem Ausmaß. Durch das Nachgeben des Salzes kommt es auch zu Spannungen im Deckgebirge. Die Gutachter empfehlen mit den Stabilisierungsmaßnahmen fortzufahren und auch weiterhin die Schutzfluide einzubringen. Eine Standfestigkeit ist nicht auf Dauer gewährleistet und sie raten dazu, das Bergwerk so schnell wie möglich stillzulegen. Die Inventarisierung ergab auch, dass das Bergwerk Asse nicht nur als Versuchsbergwerk betrieben worden ist, sondern dass es auch schon als Endlager benutzt wurde und deshalb nicht nach Bergrecht, sondern nach Atomrecht stillgelegt werden muss. Deshalb wurde 2008 die Zuständigkeit für das weitere Vorgehen dem Bundes-
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amt für Strahlenschutz (BFS) übertragen. Ferner wurde eine Datenbank Assekat installiert, in der alle relevanten Daten zum Endlager Asse gesammelt wurden. Ein Abschlussbericht wurde 2010 vom Helmholtz Zentrum München – Deutsches Zentrum für Umwelt Gesundheit (HMGU; ehemals Institut der Gesellschaft für Strahlenforschung GSF) in Zusammenarbeit mit der Projektgruppe Jülich vorgelegt. Nach diesem Bericht wurden in 13 Kammern 125787 sogenannte Gebinde mit Atommüll abgelagert. Gebinde sind einmal Stahlblechfässer unterschiedlicher Größe und zum anderen sogenannte Gebinde mit »Verlorener Beton Abschirmung« (VBA). Dabei handelt es sich um Stahlblechfässer, die mit Beton ummantelt sind. Davon wurden 14779 Gebinde eingelagert. In einer Abbaukammer auf der 511-Meter-Sohle wurden 1293 Fässer mit mittel aktiven Müll (MAW) deponiert. Die Hauptmasse der eingelagerten Gebinde bestand aus schwach aktivem Müll (LAW). Davon wurde eine Kammer auf der 725-Meter-Sohle gefüllt. Die anderen wurden auf 11 Kammern auf der 750-Meter-Sohle verteilt (Tab. 4.1, Abb. 4.7).
Tab. 4.1 Übersicht über die eingelagerten radioaktiven Abfälle im Bergwerk Asse
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Aus den Anlieferungspapieren konnte festgestellt werden, dass geringe Mengen von Spaltprodukten und auch insgesamt etwa 30 kg Uran und ca. 29 kg Plutonium in einigen Gebinden angeliefert und gelagert worden sind. Es stellte sich auch heraus, dass Fässer beim Transport und von Laugen durch Rost beschädigt wurden, sodass es zu radioaktiv verseuchten Salzlösungen gekommen ist (HMGU 2010). Im Jahr 2010 erhielt die Strahlenschutzkommision (SSK) die Nachricht von der Gesundheitsstatistik, dass im Gebiet der Gesamtgemeinde Asse eine über dem Durchschnitt liegende Krebserkrankungsrate vorliegt (SSK 2010). Die Untersuchungen und die Stellungnahme der SSK (Strahlenschutzkommission) zu diesem Thema stehen noch aus (SSK 2012). Zusammenfassend kann man sagen, dass Übereinkunft darüber bestand, dass es dringend erforderlich ist das Endlager Asse stillzulegen. Diese Notwendigkeit war unbestritten, über das »wie« wurde allerdings noch diskutiert (AGO 2009, AGO 2012, TÜV Süd 2011 a,b)
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Abb. 4.7 Dreidimensionales Bild der Abbaufelder in der Schachtanlage Asse II aus IFG (2007).
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Es bestanden drei Optionen: Man versucht soweit es geht das Bergwerk mit den bisherigen Methoden (Verfüllen und Einbringen des Schutzfluids) zu stabilisieren, dann zu schließen und das Bergwerk mit seinen Abfällen sich selbst zu überlassen und absaufen zu lassen. Dabei entsteht die Gefahr, dass durch Nachsacken des Salzgesteins und der sedimentären Deckschichten radioaktiv verseuchtes Wasser in den Wasserkreislauf nahe an die Oberfläche gedrückt wird und in die Biosphäre gelangt. Man teuft die Schachtanlage Asse II weiter ab oder baut innerhalb des Bergwerks einen neuen Schacht, einen sogenannten Blindschacht, und errichtet in einer Tiefe von 1100 bis 1200 Metern neue Ablagerungskammern und bringt die Abfälle von den höheren Sohlen, die sich in einer Tiefe zwischen 500 und 750 Metern befinden, in die tieferen Partien. Man kommt dabei in den zentralen Teil des Sattels mit den mächtigen, einigermaßen homogenen und unberührten Steinsalzvorkommen des Zechstein 2. Es besteht die Hoffnung, dass dieser Teil stabil bleibt und die radioaktiven Abfälle dort sicher sind. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass man die abgelagerten Fässer überhaupt noch bergen und weiter nach unten bringen kann. Diese Voraussetzung gilt auch für die dritte Möglichkeit. Man holt den gesamten abgelagerten Müll oder zumindest die gefährlichsten Teile mit Uran, Plutonium und Spaltprodukten aus dem Bergwerk und deponiert ihn in einem anderen Endlager, das es aber noch nicht gibt. Aufgrund eines gemeinsamen Gutachtens von DMT und TÜV Nord (2009) entschloss sich das Bundesamt für Strahlenschutz für die Rückholvariante. Das bedeutet, den radioaktiven Abfall aus dem Bergwerk herauszuholen. Dies wurde auch 2013 per Gesetz festgelegt. Der in diesem Gutachten veranschlagte Zeitrahmen von 15 Jahren erwies sich aber als zu kurz. Die Rückholung der radioaktiven Abfälle kann vermutlich nicht vor 2033 beginnen (Arcadis Deutschland 2013). Weitere Gutachten des Instituts für Gebirgsmechanik (IFG 2009, 2012) belegen, dass die Stabilität des Bergwerks seit 2009 nachgelassen hat. Es wird empfohlen die Betriebsräume auf den höheren Sohlen zu schließen, da diese nicht mehr genügend Sicherheit aufweisen. Man kann aber damit rechnen, dass das Bergwerk bis 2020 nicht zusammenbricht, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert. Dieses Unvorhergesehene könnte ein unkontrolliertes, nicht mehr beherrschbares Absaufen des Bergwerks sein. Im Jahr 2012 hat das Bundesministerium für Umwelt (BMU) die Entsorgungskommission (ESK) und die Strahlenschutzkommission (SSK) um eine gemeinsame Stellungnahme zur Notfallplanung für die Asse gebeten. In der 2013 vorgelegten Stellungnahme wurden mehrere Maßnahmen empfohlen. Die wichtigsten sind (ESK, SSK 2013): Es müssen Sanierungs- und Stabilisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, um die Funktionsfähigkeit des Bergwerks und vor allen Dingen seiner Betriebsräume (Garagen, Werkstätten und Zugänge zu den Ablagerungskammern) sicherzustellen. Falls dies nicht mehr möglich sein sollte, muss man nachprüfen, wo man alternativ im Bergwerk solche Betriebsräume einrichten könnte. Es wird gefordert, einen detaillierten Plan für den Notfall aufzustellen, wie man vorgeht, wenn der Fall des unkontrollierten Absaufens eintreten sollte. Gleichzeitig
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soll man sehr genau definieren, wann dieser Zustand des Notstands eintritt; also ab wie viel Liter pro Tag der kritische Punkt erreicht und bei welcher chemischer Zusammensetzung (Verringerung des Salzgehaltes) mit einem Absaufen zu rechnen ist. Dazu ist es erforderlich, die Laugenzutritte sehr genau zu beobachten, um feststellen zu können, wann und wie chemische und mengenmäßige Veränderungen auftreten. Jede Einlagerungskammer sollte überprüft werden, wie weit und womit sie verfüllt worden ist und womit man sie noch verfüllen kann, um sie soweit zu stabilisieren, dass eine Rückholung möglich wird. Gleichzeitig sollte festgestellt werden, wie stark die Verfüllung ausfallen kann, um eine Rückholung nicht unerheblich zu beinträchtigen. Es wird empfohlen, weiterhin Brucitzement und Sorelbeton anzuwenden (Brucit und Sorel sind Magnesiumverbindungen, die von Salzlaugen nicht angegriff fen werden). Das Deckgebirge sollte weiter mit modernen Methoden der dreidimensionalen Seismik und der Geochemie untersucht werden, um mehr über die Hydrogeologie und die Standfestigkeit zu erfahren. Im Zuge solcher Untersuchungen wäre es eventuell möglich herauszufinden, woher die Wässer stammen und über welche Wege (Störungen, Klüfte, wasserdurchlässige Schichten) sie in das Bergwerk eindringen. Man könnte versuchen, diese Wege mit künstlichen Mitteln (Zement, Beton) zu blockieren. Es muss genau überprüft werden, ob und wie die radioaktive Verseuchung der Laugen zunimmt und wo sie auftritt. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich schon jetzt administrative Hindernisse zu beseitigen, die den Abtransport von verseuchten Laugen behindern könnten. Dazu muss auch jetzt schon geplant werden, wohin und wie diese Laugen transportiert werden. Die vorhandene Schachtanlage und die Strecken unter Tage müssen verbessert werden, um den Zugang zu den kritischen Kammern aufrechtzuerhalten. Parallel dazu ist mit dem Bau einer neuen Schachtanlage Asse V zu beginnen und Vorbereitungen zu treffen für die Rückholung der eingelagerten radioaktiven Stoffe. Dies ist in groben Zügen der Kenntnisstand über die Asse zur Zeit der Fertigstellung des Manuskripts Ende 2013.
Das Endlager für radioaktive Abfälle – Morsleben (ERAM), das Erbe der DDR Geografische Lage Morsleben ist ein kleines Dorf mit ca. 300 Einwohnern und gehört mit drei weiteren Dörfern zur Gemeinde Ingersleben. Der frühere Grenzübergang Marienborn liegt auf dem Gemeindegebiet. Heute befindet sich das Dorf im Westen von Sachsen-Anhalt nahe der Grenze zu Niedersachsen. Die Entfernung zur nächsten größeren Stadt Helmstedt in Niedersachsen beträgt rund 10 km. Das Dorf liegt am Rand des Allertals in etwa 100 Metern Höhe über NN. Nach Westen schließen sich die bewaldeten Hügel des Lappwaldes an.
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Zur Geologie der Allertalstruktur Die Schachtanlagen und das Endlager selbst sind Teil einer von Nordwesten nach Südosten verlaufenden Struktur, die ebenfalls wie die Asse zum nördlichen Harzvorland zwischen dem Harznordrand im Südwesten und dem Flechtinger Höhenzug (Flechtinger-Rosslauer-Scholle) im Nordosten gehört (Abb. 4.1). Nach ihrer geografischen Lage wird sie Allertalstruktur genannt und lässt sich im Allertal an Hand einer Reihe von Salzstrukturen nach Nordwesten bis in die Gegend von Celle, wahrscheinlich sogar bis Verden verfolgen. Nach Südosten reicht sie etwa bis Calbe. Im Bereich von Morsleben ist sie als ca. 40 km lange und 2 km breite Struktur zu erkennen mit ausstreichenden oder oberflächennahen Zechsteinablagerungen bzw. Hutgesteinen. Die Struktur ist eingeklemmt zwischen der Lappwaldmulde im Süden und der Weff erlinger Triasplatte im Norden (Abb. 4.1, 4.2, 4.3 und 4.8).
Abb. 4.8 Profil durch die Salzstruktur »Oberes Allertal« (aus Best und Zirngast 2002).
Die strukturgeologische Entwicklung dieser Allertallinie ist von Best und Zirngast zwischen 1992 und 2000 erforscht worden und in einem Bericht der BGR publiziert (Best und Zirngast 2002). Gesteine älter als die Zechsteinablagerungen konnten in Bohrungen bis ins Mitteldevon nachgewiesen werden. Die Ausbildung und Mächtigkeit des Zechsteins entspricht der üblichen Randfazies des südlichen Zechsteinbeckens (Ziegler 1990) mit den Zyklen Z 1 bis Z 7, wobei die jüngsten Einheiten sehr geringmächtig ausfallen (Tab 4.1). Die gesamte Zechsteinabfolge erreicht etwa 600 Meter. Darüber wurden Buntsandstein, Muschelkalk und Unterer Keuper abgelagert mit geringen Mächtigkeitsunterschieden zwischen den Ablagerungsräumen von Lappwald-Scholle und der Weferlinger Triasplatte. Mit dem Beginn des Mittleren
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Keupers setzte eine neue großtektonische Entwicklung in Mittel- und Westeuropa ein. Die kontinuierliche ruhige Absenkung des gesamten Raumes wurde abgelöst durch eine intensive Dehnungstektonik, die Ausdruck des Auseinanderdriftens des Großkontinents Pangäa ist. Im Süden und Westen von Europa entstand die initiale Riftphase der ozeanischen Gebiete der westlichen Thetis und des zentralen Atlantiks. In dem Gebiet, das jetzt zur Diskussion steht, entwickelte sich im Oberen Keuper zwischen der Lappwald-Scholle und der Weferlinger-Scholle eine für Dehnungsvorgänge typische Abschiebung. An dieser nach Süden einfallenden Abschiebung senkte sich das südliche Lappwald-Gebiet gegenüber der Weferlinger-Triasplatte nach unten ab und die Lappwald-Scholle rutschte auf dem Gleithorizont des mobilen Zechsteinsalinars nach Süden ab. An dieser Störung drangen die Zechsteinsalze nach oben. Da der Südteil abrutschte, wurde in dem Lappwaldgebiet eine größere Mächtigkeit des Keupers erreicht als auf der Weferlinger Seite. Im Gebiet der Weferlinger Triasplatte fehlen heute die jüngeren Schichten des Jura und der Kreide. Im Lappwald sind nur noch Reste des Unteren Jura (Lias) zu finden. Im Vergleich mit den Muldenzonen im Harzvorland und mit den restlichen Gebieten in Norddeutschlands müssten auch im Gebiet von Lappwald und Weferlinger Triasplatte während Jura- und Kreidezeit (etwa 160 Millionen Jahre zwischen 208 und 65 Millionen) mindestens 1500 Meter Sediment abgelagert worden sein. Die Diagenesegrade der Keuper- und
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Abb. 4.9 Die geologische Entwicklung der Allertalzone (nach Best und Zirngast 2002).
Lias-Schichten zeigen auch eine so tiefe Versenkung an. Das heißt, dass die Zechsteinbasis etwa 1500–2000 Meter tiefer gelegen haben müsste als heute. Man kann die Basis des Zechsteins in etwa 600 Metern Tiefe unter der Weferlinger-Triasplatte nachweisen und sie liegt in 1200 Metern Tiefe unter dem südlichen Lappwald. In der Oberkreide endete diese »Talfahrt« des Ablagerungsgebietes. Die Absenkung wurde gestoppt und wandelte sich in eine Hebung um. Diesen Vorgang nennt man Inversion. Damit ging auch eine weitere Änderung einher. Die großräumige Ausdehnungstektonik wurde abgelöst durch eine Einengungstektonik (siehe dazu auch die Entwicklung der Asse ab Seite 99). Die stark abgesenkten, südlichen Gebiete wurden an der Störungszone nach oben und nach Norden geschoben. Durch das
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Zusammenpressen sind an der Störungszone die Salze nach oben gedrückt worden und an die Oberfläche durchgedrungen. Dadurch kam das Salz mit Meerwasser in Berührung. Es wurde sehr viel Salz aufgelöst und es entstand ein mächtiges Hutgestein. Eine schwache Absenkungstendenz blieb im Norden erhalten. Im weiteren Verlauf der jüngeren Kreide und des älteren Tertiärs wurde das gesamte Gebiet großflächig angehoben und große Teile der abgelagerten Schichten wurden abgetragen. In dieser Zeit dauerte die Salzauflösung an. Es wurden Subrosionssenken angelegt und mit Sediment gefüllt. Durch den Salzverlust im Untergrund rutschen Gesteinspakete von Norden und Süden in den Graben im Scheitel der Salzstruktur. Die Hebungsphase wurde kurzzeitig in der Mitte der Tertiärzeit unterbrochen und das Gebiet wurde von Ablagerungen eines Flachmeeres überdeckt. Reste davon kann man noch in kleinen Senken über dem Salzstock und auf der Weferlinger-Triasplatte finden (Abb. 4.9).
Zur Tektonik der Salzstruktur Allertal Der Internbau des Salzstocks wurde von Behlau und Mingerzahn (2001) untersucht. Das von ihnen erstellte Profil durch den Salzstock bei der Schachtanlage Bartensleben zeigt den komplizierten Faltenbau der Salzablagerungen mit mehreren Spezialsätteln und -mulden. Man erkennt sehr gut den generellen Baustil mit einer kompliziert aufgebauten Sattelstruktur im Süden, in die mehrere sehr enge Spezialfalten mit deutlicher Vergenz in Richtung Nordosten integriert sind. Im Norden zeigt sich eine weit gespannte Mulde ohne Vergenz, in deren Kern die jüngsten Serien des
Abb. 4.10 Profil durch das Salinar der Allertalzone bei Morsleben (nach Behlau und Mingerzahn 2001).
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Salinars auftreten. Im Südsattel reicht das Steinsalz der Staßfurt-Serie bis an die Unterseite des Gipshutes. Der Schacht Bartensleben ist in der südlichen Sattelstruktur angelegt.
Der Bergbau in Morsleben und Umgebung Der Ablauf der Geschichte des Bergbaus in der Gegend von Morsleben ist von Beyer (2005) und von der Bundesanstalt für Strahlenschutz (BFS 2012) zusammengestellt worden. Der Salzbergbau in der Gegend um Morsleben begann 1897 mit dem Abteufen des Schachtes Marie südlich der Ortschaft Beendorf zur Kaligewinnung. Das Bergamt forderte einen zweiten Schacht, sodass 1912 etwa 2 km südlich des Schachtes Marie bei Morsleben der zweite Schacht Bartensleben niedergebracht wurde und die beiden Schachtanlagen untertage verbunden wurden. Auch dort wurde zunächst Kalisalz abgebaut. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs förderte man nur noch Steinsalz zur Speisesalzherstellung. Der Abbau lief bis 1969. Von 1937 bis 1944 wurde im Abbaugebiet der Schachtanlage Marie eine Munitionsfabrik für die Wehrmacht eingerichtet. Im Jahr 1944 wird die gesamte Anlage von der Wehrmacht beschlagnahmt. Das Konzentrationslager Neuengamme richtete eine Außenstelle im Schacht Marie ein und etwa 3000 bis 5000 KZ-Häftlinge wurden zu Zwangsarbeit verpflichtet. Sie wurden gezwungen, an der Herstellung von Flugzeugen und Raketen zu arbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann man wieder mit der Steinsalzförderung. Die Schachtanlage Marie und die umgebenden Abbaukammern wurden in den Jahren 1959 bis 1984 nicht mehr zum Bergbau benutzt, sondern man richtete dort eine Hühnerzucht ein.
Das Bergwerk als Endlager Da auch in der DDR Kernkraftwerke zur Stromerzeugung betrieben wurden, ergab sich auch dort das Problem der Endlagerung. Es war aber von Anfang an nicht so problematisch wie in der Bundesrepublik, da die Sowjetunion (UdSSR) die Brennstäbe lieferte und die abgebrannten Brennstäbe auch wieder zurücknahm. Dadurch fielen zunächst keine hochradioaktiven (HAW) Abfälle an. Erst nach der Wiedervereinigung blieben verbrauchte Brennstäbe auch im Kernkraftwerk Greifswald zurück. In der DDR wurde ebenfalls eine Endlagerung in Salzablagerungen befürwortet. Unter den 10 in Betracht gezogenen Bergwerken befanden sich auch Kalischächte in flachliegenden Salinaren des Werragebietes. Man entschied sich für die Schachtanlage Bartensleben bei Morsleben in einem Salzstock als zunächst vorläufiges Endlager. Es wurde 1971 mit der versuchsweisen Ablagerung von radioaktiven Abfällen in den aufgelassenen Abbaukammern begonnen. Die Probephase dauerte bis 1981, dann wurde eine Genehmigung für die Zeitdauer von 5 Jahren zur Lagerung schwach- bis mittelaktiver Abfälle (LAW, MAW) erteilt. Diese Genehmigung wurde 1986 in eine unbefristete umgewandelt. Durch die Wiedervereinigung wurde zwischen den beiden deutschen Staaten ein Einigungsvertrag ausgehandelt. Der über-
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trug den Besitz und die Verantwortung an die gesamtdeutsche Bundesregierung. Die Verantwortung zum Betreiben der Anlage wurde dem Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) übergeben. Der bestehende Planfeststellungsbeschluss blieb damit bestehen und die Genehmigung zum Dauerbetrieb galt weiterhin, wurde aber zunächst bis 2000 befristet. Die Einlagerung von radioaktivem Müll lief weiter bis 1991 und wurde aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichts Magdeburg aus juristischen Gründen eingestellt. Diese Verfügung wurde 1992 vom Bundesverwaltungsgericht wieder aufgehoben, sodass die Einlagerung von radioaktiven Abfällen 1994 wieder aufgenommen wurde. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) hatte 1992 auf Anweisung des Bundesministeriums für Umwelt (BMU) bei dem zuständigen Ministerium des Landes Sachsen-Anhalt beantragt, ein Planfeststellungsverfahren für den weiteren Einlagerungsbetrieb zu erteilen. Dieser Antrag wurde 1997 darauf beschränkt, eine Genehmigung für die Stilllegung zu erhalten. Es stellte sich 1997 heraus, dass für das Ostfeld des Bergwerks in dem Genehmigungsverfahren zur DDR-Zeit keine Genehmigung zur Einlagerung erteilt worden war. Deshalb untersagte das Verwaltungsgericht Magdeburg die weitere Einlagerung von radioaktivem Material im Ostfeld. Aufgrund dieses Gerichtsurteils wurde 1998 die Einlagerung von Atommüll ausgesetzt und ab 2001 verzichtete die BFS auf die Annahme von weiteren Abfällen, weil für deren Lagerung die Sicherheit nicht mehr gegeben sei. Ein Jahr später wurde dann per Gesetz verboten weitere radioaktive Abfälle im Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben abzulagern (BFS 2005). Seit 2003 laufen Arbeiten zur Stilllegung der Anlage, vor allen Dingen zur Stabilisierung des Zentralteils des Bergwerks. Die bisherigen Arbeiten sehen eine Stabilisierung und den dauerhaften Verschluss des Endlagers vor. Eine Rückholung der Abfälle ist bisher nicht geplant. Das zusammenhängende Grubengebäude der beiden Schächte hat eine Länge von 5,6 km und eine Breite von 1,7 km. Der Schacht Bartensleben geht bis auf 528 Meter Tiefe. Von der tiefsten Sohle gehen noch drei Abbausohlen nach oben (Abb. 4.11). Die Größe der Abbaukammern beträgt im Durchschnitt 45 000 Kubikmeter (100 Meter lang, 30 Meter breit und 15 Meter hoch). Die größten Kammern bringen es allerdings auf 250 000 Kubikmeter (140 Meter lang, 40 Meter breit und 45 Meter hoch). An der Schachtanlage Marie fallen die älteren Abbaukammern mit 14 000 Kubikmeter (100 Meter lang, 20 Meter breit und ca. 7 Meter hoch) generell kleiner aus. Die Einlagerung der radioaktiven Abfälle erfolgte im Wesentlichen in einer Tiefe von ca. 480 Meter in verschiedenen Bereichen des Bergwerks (Abb. 4.12). Es wurden insgesamt 43 000 Kubikmeter Abfälle abgelagert. Flüssige Abfälle wurden mit Verfestigungsmittel stabilisiert und deponiert. Die meisten Abfälle wurden in Fässern auff gestapelt und einige, wie im Endlager Asse II, mit Fernsteuerung eingebracht. Seit dem Beginn des Bergbaus kam es immer wieder zu den im Salzbergbau üblichen Laugeneinbrüchen, die aber sporadisch auftraten und nach unten abgeleitet werden konnten. Seit den 1980er-Jahren treten kontinuierliche Laugenzuflüsse auf. Sie werden seit 1991 systematisch kontrolliert. Man hat 23 Ausbruchsstellen ausmachen können, die insgesamt etwa 30–40 Liter pro Tag ausschütten. Bei den Laugen handelt es sich um hoch konzentrierte Lösungen aus MgCl2, KCl, NaCl und MgSO4.
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Abb. 4.11 Dreidimensionale Darstellung des Grubengebäudes zwischen den Schächten Marie und Bartensleben (aus BFS 2013 a).
Sie zeigen keine großen Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung im Laufe der Beobachtungszeit seit 1991 (DBE 2008). Bei einigen Zutritten wird vermutet, dass sie Kontakt zu Oberflächenwässern haben (Beyer 2005). Ein Gutachten zur Langzeitsicherheit und zum Einfluss einer zukünftigen Vereisung kommt zu dem Schluss, dass das Bergwerk in seiner Rückhaltemöglichkeit der radioaktiven Stoffe nicht schwerwiegend beeinflusst wird (BGR 1999). Auch ein eventueller Austritt von verseuchtem Wasser aus dem Endlager über Störungen im Dach des Salzstocks dauert so lange, dass eine Gefahr für die Umwelt nicht gegeben ist. Die Abbaukammern im Zentralteil des Bergwerks wurden bis 2003 nicht verfüllt und so kam es wegen der großen Abbaukammern und des Kriechverhaltens des Salzes zur Auflockerung vor allen Dingen an der Oberseite der Kammern. Im Jahr 2001 führte dies in einer der Kammern zu einem großen Abbruch von der Decke von ca. 5000 Tonnen Salz. Im Jahr 2009 ereignete sich noch einmal ein Abbruch, der aber kleiner ausfiel. Bereits 2003 wurden die Kammern nach dem ersten großen Abbruch zur Stabilisierung des Grubengebäudes mit Salzbeton gefüllt. Dies ist eine Mischung aus Steinsalz, Sand, Kalksteinmehl, Zement und Wasser. Die Aushärtung dieser Mischung erzeugt Wärme. Deshalb wurden zur gleichen Zeit Wärmemessungen und Durchlässigkeitsmessungen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe durchgeführt (BGR 2013). Es wurden bisher 27 Abbaukammern mit insgesamt 950 000 Kubikmetern Salzbeton gefüllt (BGR 2013). Ein Teil dieser Ergebnisse wurden mit dem Antrag auf Genehmigung zur Stilllegung des Endlagers im Jahr 2005
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Abb. 4.12 Dreidimensionale Darstellung der stabilisierten Abbaukammern im Zentralteil des Bergwerks (aus BFS 2013a).
eingereicht. Die Unterlagen mussten noch einmal ergänzt werden (DBE 2008). Im Jahr 2011 kam es zur öffentlichen Anhörung. Seitdem ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen (BFS 2013 a).
Schacht Konrad – das ehemalige Eisenerzbergwerk Geografische Lage Die Schachtanlage Konrad besteht aus zwei Schächten. Der Schacht Konrad I liegt zwischen den Ortschaften Salzgitter-Sauingen und Salzgitter-Bleckenstedt. Wenn man die Schnellstraße von Braunschweig nach Salzgitter-Lebenstedt fährt, fällt der Schacht, der mittlerweile Industriedenkmal ist, auf der linken Seite der Schnellstraße als markantes Industriebauwerk ins Auge. Zu beiden Städten hat er 8 km Entfernung. Der zweite Schacht Konrad II befindet sich etwa 1,5 km südöstlich zwischen den Ortschaften Salzgitter-Bleckenstedt und Salzgitter-Watenstedt am Stichkanal Salzgitter, der den Anschluss an den Mittellandkanal herstellt. In der unmittelbaren Nähe des Schachtes verlaufen eine Straße und eine Eisenbahnlinie.
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Zur Geologie des Eisenerzlagers Die Schachtanlage Konrad war Teil eines Bergwerks, in dem Eisenerze abgebaut worden sind. Es handelt sich dabei um schichtgebundene, sedimentäre Eisenerze aus der Zeit des Oberen Jura (Malm, ca. 160 Millionen Jahre alt) in oolithischer Ausbildung (Minette). Oolithe bestehen aus Ooiden, kleinen konzentrisch aufgebauten Kügelchen, die in bewegtem Flachwasser entstehen. Der Name Minette stammt von den Vorkommen in Lothringen. Die Erzvorkommen gehören zu der Salzgitter-Peine-Eisenerzprovinz, in der im Jura und in Unter- und Oberkreide sedimentäre Eisenerze in oolithischer Fazies gebildet wurden. Die älteren Leser erinnern sich vermutlich noch an das Grubenunglück von Lengede und die legendäre spektakuläre Rettungsaktion der überlebenden Bergleute. In der Grube Lengede wurden ähnlich ausgebildete Eisenerze aus der Oberkreide abgebaut. Die Eisenerze von Salzgitter und Peine sind an die Nord-Süd streichende Salzstruktur von Broistedt-Vechelde-Wendeburg und an die Struktur Salzgitterer Höhenzug-Hildesheimer Wald gebunden. Die letztere Struktur kommt aus dem Harzvorland mit Nordwest-Südost-Streichen und biegt in einem großen Bogen um in die Nordost-Südwest-Richtung des Hildesheimer Waldes. Die Eisenerze aus dem Malm der Schächte Konrad I und II reichen im Untergrund bis in die Gegend von Gifhorn (Abb. 4.14). Die Lagerstätte selbst liegt in einer von Nord nach Süd verlaufenden Muldenstruktur mit dem Salzstock Broistedt-Vechelde-Wendeburg im Westen und der ebenfalls Nord-Süd streichenden Braunschweig-Gifhorner Störungszone mit dem Salzstock von Thiede im Osten (Abb. 4.2).
Abb. 4.13 Vereinfachter Profilschnitt östlich des Broistedt-Vechelder Salzstocks durch das Erzlager im Bereich des Schachtes Konrad II (nach Brasser und Droste 2008).
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Abb. 4.14 Die Verbreitung der sedimentären Eisenerze des Jura und der Kreide im Raum Salzgitter-Peine-Gifhorn (aus BFS 2013b).
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Die Erze liegen im normalen sedimentären Kontakt innerhalb der Ablagerungen des Oberen Jura und gehören zum Korallenoolith der Oxfordstufe. Darunter folgen die Ablagerungen des Mittleren und Unteren Juras sowie Sande und Tone des Keupers und die Kalke des Muschelkalks. Die Gesteine treten an der Oberfläche an den Flanken der Salzstöcke auf (Abb. 4.13, 4.17). Über dem Oberen Jura folgt mit einer deutlichen Winkeldiskordanz eine etwa 400 Meter mächtige Abfolge aus tonigen Sedimenten der Unterkreide, dem nahe am Salzstock eine Sandsteinlage an der Wende zur Oberkreide eingeschaltet ist (Hilssandstein). Die Tone werden von einer mehrere hundert Meter mächtige Abfolge aus Kalken und Mergeln der Oberkreide überdeckt. Das Gebiet ist geprägt durch intensive Salztektonik, die sich auch bis in die Muldenstrukturen auswirkt. An den Schichtlücken, den Mächtigkeitsunterschieden und der Ausbildung der Gesteine lässt sich die folgende halokinetische Strukturgeschichte ableiten. Erste größere Salzbewegungen erfolgten im Jura, gefolgt von einem großen Durchbruch an der Grenze Jura/Kreide, die an der deutlichen Winkeldiskordanz zwischen verkippten Jura und transgressiven Unterkreide zu sehen ist. Letzte Auff wärtsbewegungen ereigneten sich während der Oberkreide. Diese Gesteine sind noch am Rand des Salzstocks steil gestellt (Abb. 4.13). Während des Quartärs und des Tertiärs scheint es nicht zu großen Aufstiegsbewegungen gekommen zu sein.
Zur Tektonik des Eisenerzlagers Durch die Nähe zu den Salzstöcken im Westen (Broistedt-Vechelde), im Süden (Salzgitterer Höhenzug) und im Osten (Thiede) ist auch der Bereich des Bergwerks Konrad intensiv tektonisch beeinflusst. Man weiß aus den Erfahrungen des Bergbaus, dass in dem Grubengebäude zahlreiche Störungen auftreten (Sauinger-Sprung, KonradSprung und Bleckenstedter-Sprung, unter »Sprung« verstehen die Bergleute eine Störung mit deutlicher Auf- oder Abwärtsbewegung). Man konnte zahlreiche Störungen nachweisen mit Versatzbeträgen über hundert Meter (BGR 1988). Deshalb
Abb. 4.15 Seismisches Nord-Süd-Profil durch die Erzlagerstätte Konrad (aus BGR 1988).
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Abb. 4.16 Profil durch den Bereich der Erzlagerstätte Konrad nach Grubenaufnahmen (aus BGR 1988). Man beachte die VVertauschung der Himmelsrichtungen im Vergleich zu Abb. 4.15.
wurde das Gebiet intensiv durch Untertageaufnahmen und mit seismischen Methoden untersucht. Es ließen sich drei Systeme von Störungen nachweisen. Als erstes sind Nord-Süd verlaufende Störungen während der ersten Salzbewegungen im Jura entstanden, die nur bis in den oberen Jura hinein reichen. Sie versetzen aber schon das Eisenerzlager. Das zweite Störungssystem dominiert die tektonische Struktur der Gegend und hängt zusammen mit dem Hauptaufstieg des Salzes an der Jura-KreideGrenze. Diese Störungen streichen von Nordwest nach Südost und reichen bis an die Jura-Kreide-Grenze. Sie werden von der Transgression der Unterkreide abgeschnitten. Dies zeigt deutlich, dass sie älter sind als die Kreideablagerungen. Das jüngste System wird von Störungen gebildet, die bis in die Kreide hineinreichen und als Zeugen der Salzbewegungen innerhalb der Kreide angesehen werden. Sie verlaufen im Wesentlichen von Ost nach West (BGR 1988). Als wichtiges Ergebnis der seismischen Untersuchung bleibt festzuhalten, dass die Störungen nicht durch die Ablagerungen der Oberkreide hindurch bis in die Sedimente des Quartärs und Tertiärs gehen und die Oberfläche nicht erreichen. Es besteht kein direkter Kontakt über diese Störungen zwischen der Eisenerzlagerstätte und dem oberflächennahen Grundwasser.
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Atommüll wohin?
Zur Hydrogeologie des Erzlagers und seiner Umgebung Die Hydrogeologie spielt, wie wir in den vorgehenden Abschnitten gesehen haben, eine große Rolle bei der Beurteilung der Tauglichkeit eines Endlagerbereichs. So wurde auch neben der Seismik und Aufnahme der geologischen Struktur im Grubenbau intensiv die Hydrogeologie des Bergwerks und seiner großräumigen Umgebung untersucht. Die Ablagerungen der höheren Oberkreide sind sehr gering durchlässig, die der tieferen Oberkreide durchlässig. Die Tone der Unterkreide direkt über dem Eisenerzlager mit 400 Meter Mächtigkeit werden als sehr gering durchlässig eingestuft. Wasserführende Schichten treten in dem kalkigen Korallenoolith auf, in die das Eisenerz eingebettet ist (Abb. 4.17). Weitere gute Wasserleiter gibt es unterhalb des Erzlagers in den Sandsteinen des Doggers und des Keupers. Bedeutende wasserführende Schichten sind auch die geklüfteten Kalke des Muschelkalks. Da diese Gesteine an den Salzstöcken hoch geschleppt wurden und in den Höhenzügen an der Oberfläche anstehen, besteht ein hydraulisches Gefälle. Das Wasser könnte von den südlich gelegenen Hochlagen des Salzgitterer Höhenzugs nach Norden fließen, durch das Endlager dringen, radioaktiv verseucht werden und dann an niedriger gelegenen Ausbissen von wasserführenden Schichten wieder an die Oberfläche gelangen und dadurch radioaktive Stoffe in den Biosphärenkreislauf bringen (BGR 1998). Aufgrund der geologischen Verhältnisse gibt es mehrere Fließpfade (Abb. 4.17). Das Oberflächenwasser versickert im Salzgitterer Höhenzug und fließt durch die klüftigen Kalksteine des Muschelkalks und die Sandsteine des Keupers bis unterhalb der Lagerstätte und dringt über Störungen und Klüfte in sie ein. Es korrodiert die Fässer und wird radioaktiv verseucht. Von dort geht es über die wasserleitenden Sandsteine des Dogger (Cornbrash Pfad) und oder durch den Korallenoolith (Oxford-Pfad) an die Oberfläche etwa 40–50 km entfernt in der Gegend von Calberlah bei Gifhorn. Ein anderer Pfad wäre theoretisch über die Störungen in der Unterkreide möglich. Von dort müsste das Wasser in die Oberkreide und dann an die Oberfläche in der Umgebung der Schachtanlagen vordringen (Unterkreide-Pfad).
Abb. 4.17 Mögliche Wasserwege aus dem Endlager im Bergwerk Konrad an die Oberfläche (aus BGR 1998).
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Wenn man diese Wasserwegsamkeiten mit den günstigsten Durchlässigkeitswerten und mit der Fließgeschwindigkeit von Süßwasser berechnet, dauert es einige Hunderttausend Jahre bis verseuchtes Wasser aus dem Endlager bis zu der 40 km entfernten Oberfläche käme. Die Wässer in tieferen Schichten sind aber sehr salzhaltig. Analysen von Wässern aus dem Eisenerzlager und den Begleitschichten ergeben Salzgehalte von 160 bis 230 Gramm pro Liter. Solche salzreichen Wässer mit einer hohen Dichte fließen sehr viel langsamer als Süßwasser. Als weitere Transportmöglichkeit für die Schadstoffe käme noch Diffusion in Frage. Beide Wege Diffusion oder Fließen von Salzwasser ergeben eine viel längere Transportzeit. (BGR 1998).
Der Erzbergbau an der Schachtanlage Konrad Das Eisenerz verteilt sich auf 2 Horizonte innerhalb des Korallenooliths der OxfordStufe des Oberen Jura (Tab. 4.3). Nur der untere Horizont mit ca. 30 % Eisen war bauwürdig. Der obere enthält lediglich 15 % Eisen. Der untere Horizont variiert in der Mächtigkeit zwischen 12 und 18 Meter. Die Erze des Malm treten nicht an der Oberfläche auf, sondern befinden sich 500 bis 1400 Meter tief und wurden 1933 durch Zufall bei einer Erdölexploration entdeckt. Erst 1957 begann die Salzgitter Erzbergbau AG, die auch die Kreideerze im Raum Peine und Salzgitter Bad abbaute, mit dem Abteufen des Schachtes Konrad I. Dem folgte 1960 Schacht Konrad II. Das Auffahren der Verbindungsstrecke zwischen den beiden Schächten dauerte bis 1963, zwei Jahre später wurde mit der Förderung begonnen. Bereits 11 Jahre später wurde der Erzbergbau eingestellt, da die Erze nicht hochprozentig sind und sich der Abbau nicht mehr lohnte. Importerze aus Südamerika z. B. enthalten über 50 % Eisen. Es wurden 6,7 Millionen Tonnen Erz gefördert. Das sind nur 0,5 % der gesamten Vorräte von ca. 1,5 Milliarden Tonnen dieser Malmerze, die in dem Gifhorner Trog lagern (Abb. 4.14).
Das Erzbergwerk als Endlager Ein Jahr vor dem Einstellen der Eisenerzförderung war abzusehen, dass der Abbau der Eisenerze wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten war. So schlug der Betriebsrat der Salzgitter AG 1975 vor, die Grube auf ihre Endlagertauglichkeit zu untersuchen. Während der Abbautätigkeit war die Grube wegen der Überdeckung durch die 400 Meter mächtigen tonigen Ablagerungen der Unterkreide relativ trocken geblieben, sodass man annahm, dass sie gut als Endlager für radioaktiven Abfall geeignet sein könnte. Von 1975 bis 1982 wurde das Bergwerk unter der Federführung der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) intensiv untersucht, unter anderen auch von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Im Jahr 1982 wurde der Antrag auf ein Planfeststellungsverfahren gestellt. Zehn Jahre später kam es dann zu einem »Erörterungsmarathon« der 75 Tage dauerte und an dem 290 000 Einwendungen besprochen wurden. Weitere zehn Jahre später erteilte 2002 das Niedersächsische Umweltministerium den Planfeststellungsbeschluss, der besagt, dass im Endlager Konrad 300 000 Kubikmeter niedrig aktiver Müll (LAW) abgelagert werden darf.
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Atommüll wohin?
Dennoch gab es weiterhin Widerspruch gegen das Projekt Endlager Konrad, der im Jahr 2007 durch das Bundesverwaltungsgericht Leipzig beendet wurde. Das Gericht wies sämtliche Beschwerden ab und ließ keine Revision gegen den Beschluss mehr zu (BFS 2013 b). So konnte dann 2008 der Hauptbetriebsplan zugelassen und mit den nötigen Umbauarbeiten der Schachtanlagen begonnen werden. Der Schacht Konrad I wird als Wetterschacht benutzt und der ehemalige Wetterschacht Schacht II wird als Hauptschacht umgebaut. Als Lagerkammern werden nicht die alten Abbaue benutzt, sondern es wurden und werden neue Bereiche aufgefahren. Im Jahr 2008 wurde bekannt, dass es auch im Bergwerk Konrad zu Wasserzuflüssen kommt, die offensichtlich noch andauern. Nach Informationen der BFS (2013 b) handelt es sich dabei zur Hälfte um Formationswässer aus dem Erzlager und seiner Begleitschichten. Die andere Hälfte der Wässer stammt aus Zuflüssen von Oberflächenwässern, die über die undichten Schachtanlagen einfließen. Das Endlager soll 2019 betriebsbereit sein und Platz für ca. 300 000 Kubikmeter niedrig aktiven Atommüll (LAW) oder wie es jetzt heißt »nicht wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle« aufnehmen können. Das sind 90 % der berechneten in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden Abfälle (BFS 2013 b). Das Endlager Konrad ist nicht vorgesehen für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle (HAW). Ein solches Endlager muss noch gefunden werden. Mit der Genehmigung für die Schachtanlage Konrad ausschließlich zur Einlagerung von nicht wärmeentwickelnder Abfälle hat die Bundesrepublik Deutschland das ursprüngliche Konzept aufgegeben nur ein einziges Endlager für radioaktive Abfälle einzurichten.
Der Salzstock Gorleben – der große Zankapfel Geografische Lage Gorleben ist ein Dorf mit etwa 650 Einwohnern, das zur Gesamtgemeinde Gartow gehört. Diese wiederum ist Teil des Kreises Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen. Die Region, in der Gorleben liegt, ist auch unter dem Namen Wendland bekannt. Vier Bundesländer stoßen etwas östlich von Gorleben aneinander: Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Gorleben liegt am linken Ufer der Elbe auf der Verbindungslinie zwischen Hamburg und Berlin ungefähr 100 Kilometer Luftlinie von Hamburg und 120 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt. Die nächstgelegenen größeren Städte sind Wittenberge, die westlichste Stadt Brandenburgs (nicht zu verwechseln mit der Lutherstadt Wittenberg), mit knapp 18 000 Einwohnern 30 Kilometer in Richtung Osten gelegen- und Uelzen mit ungefähr 33 000 Einwohnern etwa 60 Kilometer in Richtung Westen am Rand der Lüneburger Heide gelegen.
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Zur Geologie des Salzstocks Gorleben-Rambow Das geplante Endlager soll im Salzstock Gorleben, der mit der Salzstruktur Rambow auf der anderen Elbseite in Mecklenburg-Vorpommern verbunden ist, angelegt werden. Die Salzstruktur Gorleben-Rambow quert im Untergrund die Elbe (Abb. 4.18) und streicht von Südwesten nach Nordosten. Damit fällt sie völlig aus dem Rahmen der vorherrschenden Nord-Süd bzw. Nordwest-Südost verlaufenden Salzstrukturen Norddeutschlands und unterscheidet sich auch erheblich von den tektonischen Strukturen wie Harznordrand und die Nordstörung des Flechtinger Höhenzugs, die ebenfalls in Nordwest-Südost-Richtung streichen. Das bedeutet, dass ihre Entstehung wahrscheinlich nicht mit tektonischen Vorgängen im Untergrund verbunden ist. Über die Geologie des Salzstocks war bis 1977 nur wenig bekannt. In den Jahren 1905 und 1906 wurde in der Umgebung der Orte Brünkendorf, Vietze und Gorleben nach Kalisalzlagerstätten gesucht. Von insgesamt vier Bohrungen verfehlten zwei den Salzstock. Eine Bohrung wurde in einer Teife von 478 Metern Tiefe eingestellt und nur eine reichte 1035 Meter tief. Sie war die einzige, die nennenswert in den
Abb. 4.18 Lage der Salzstruktur Gorleben-Rambow und das erweiterte Untersuchungsgebiet. (aus Köthe et al 2007).
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Atommüll wohin?
Salzstock eindrang. Die vorgefundenen Kalisalze erschienen damals nicht ertragreich genug zu sein, da ihre Qualität offensichtlich nicht den Erwartungen entsprach. Deshalb wurde nicht mit dem Bergbau im Salzstock von Gorleben begonnen. Zwischen 1920 und 1930 wurde der Salzstock erneut angebohrt. Dieses Mal geschah es im Rahmen von Erdölexplorationen. Die noch immer spärlichen Kenntnisse über den Salzstock wurden erst in den Jahren 1939 und 1940 durch seismische Untersuchungen und Schweremessungen erweitert. Dadurch konnten erstmals die groben Umrisse der Salzstruktur sowie der Zusammenhang mit dem Salzstock Rambow ermittelt werden (Jaritz 1981). Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die geophysikalischen Erkundungen weiter, die die Ausbreitung des Salzes etwas präziser dokumentierten und erste Hinweise auf die Tiefenlage der Oberfläche des Salzstocks zwischen 200 und 300 Meter ergaben. Die ersten Messergebnisse der seismischen Untersuchungen zeigten keine Störungen im Untergrund des Salzstocks. Trusheim (1957) beschrieb in seinen Ideen zur Halokinese u. a. die Entstehung des Gorlebener Salzstocks, der nämlich durch rein halokinetische Prozesse, also durch Dichteunterschiede und Mobilität des Salzes gegenüber dem überlagernden Gestein entstanden sein soll. Prospektionsbohrungen an den Flanken des Salzstocks erbrachten Hinweise auf ein Erdgasvorkommen. Da dieses Erdgas bis zu 90 % Stickstoff enthält, galt seine Förderung als wirtschaftlich uninteressant (Jaritz 1981) und wurde deshalb nicht ausgebeutet. Schon bei den ersten Erkundungen der Salzstruktur Gorleben-Rambow war bekannt, dass der Rudower und der Rambower See über dem Salzstock durch Subrosion im Quartär entstanden sind (Hurtig 1965). Man wusste also schon zu Beginn der Untersuchungen des Salzstocks Gorleben auf seine Endlagertauglichkeit, dass es im Quartär an dem Salzstock zu Salzablaugungen gekommen ist.
Untersuchungen am Salzstock Gorleben und seiner Umgebung Die Entscheidung für Gorleben als Endlagerstandort wurde bereits im vorhergehenden Kapitel ausführlich beschrieben. Ungeklärt ist bis heute, ob es sich um eine rein politische Entscheidung handelte oder ob es auch sachliche Gründe für den Standort Gorleben gab (Tiggemann 2004, 2011). Die Findungskommission hatte folgende Auswahlkriterien zugrunde gelegt (Jaritz 1981): – Der Salzstock sollte möglichst unberührt sein, vor allen Dingen sollte kein Bergbau stattgefunden haben. – Der Salzstock sollte groß genug sein, vor allen Dingen sollten ausreichende Mengen relativ reinen Steinsalzes vorhanden sein. – Die Salzstockoberfläche sollte nicht tiefer liegen als 400 Meter unter der Geländeoberkante. – Die engere Standortregion sollte keine anderen nutzbaren Lagerstätten, einschließlich nutzbarer Grundwasservorkommen haben. Nachdem im Jahr 1977 der Salzstock Gorleben vom niedersächsischen Ministerpräsidenten als Endlagerstandort vorgeschlagen worden war und die Bundesregierung
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trotz politischer Bedenken wegen der Nähe zur Grenze zur DDR eingewilligt hatte, wurde 1979 mit der Untersuchung des Salzstocks Gorleben begonnen. Der Salzstock und seine nähere Umgebung wurden in einer groß angelegten Kampagne von der Oberfläche aus untersucht (Abb. 4.18). Diese Untersuchungen liefen zunächst von 1979 bis 1983. Es wurden zahlreiche Bohrungen in der Umgebung des Salzstocks und auch in das Salz selbst abgeteuft. Nach den ersten positiven Ergebnissen schien eine weitere Erkundung der Struktur des Salzstocks untertage angebracht. Im Jahr 1983 erfolgte der Beschluss den Salzstock auch durch ein Untersuchungsbergwerk zu erkunden. Ab 1986 wurden zu diesem Zweck etwa 2 Kilometer südlich von Gorleben zwei Schächte in 400 Metern Entfernung von einander gebaut. Der erste Schacht wurde zwischen 1986 und 1995 bis auf 932 Meter und der zweite zwischen 1989 und 1997 bis auf 840 Meter niedergebracht. Schon beim Abteufen der Schächte erfolgten erste Profilaufnahmen (Bornemann et al. 2008). Auf der 840-Meter-Sohle verband man die beiden Schächte miteinander. Es wurden noch weitere Sohlen auff gefahren: Eine Sohle wurde auf 820 Meter zur Bewetterung und eine Fördersohle in einer Tiefe von 880 Metern eingerichtet. In einer Tiefe von 930 Metern erfolgte eine Unterfahrung des zweiten Schachtes. Nach der Fertigstellung der Schächte begann man in der Zeit von 1995 bis 2000 mit der Untertageerkundung des Bergwerks. Man legte 7,9 Kilometer Strecken an. Dabei entstand ein Hohlraum von 234 000 Kubikmeter und es wurden insgesamt 600 000 Tonnen Steinsalz gefördert, die jetzt in der Nähe auf Halde liegen. Dazu kam ein intensives Untersuchungsbohrprogramm, bei dem man die Bohrungen von untertage in alle Richtungen vorantrieb. Alle Bohrlöcher zusammen haben eine Länge von 13 Kilometern. Von 2000 bis 2010 wurden die Forschungsarbeiten aus politischen Gründen unterbrochen. Sie wurden dann für 2 Jahre wieder aufgenommen und ruhen seit 2012 vollständig. Ziele der Erkundungen waren: – die Entwicklungsgeschichte des Salzstocks, – die Struktur des Salzstocks, – die Verteilung von Steinsalz als Wirtsgestein, – Vorkommen und Analyse von Gas- und Flüssigkeitseinschlüssen, – die Hydrologie und Hydrogeologie an den Rändern und über dem Salzstock und – die gebirgsmechanischen Eigenschaften des Steinsalzes. Die Untersuchungen wurden im Wesentlichen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) durchgeführt und in 4 Bänden publiziert. Als erster Band erschienen die Ergebnisse zur Hydrogeologie des Deckgebirges (Klinge et al. 2007). Die Analyse zur Geologie des Deck- und Nebengebirges wurde im gleichen Jahr publiziert (Köthe et al. 2007). Die Beschreibungen der tektonischen Strukturen des Salzstocks wurden ein Jahr später herausgebracht (Bornemann et al. 2008). Der letzte Band mit den Ergebnissen der geotechnischen Untertageversuche erschien 2012 (Bräuer et al. 2012). Diese vier Veröffentlichungen sind auch in einer englischen Version auf der Webseite der BGR zu finden (www.bgr.Endlager/Gorleben).
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Die Struktur des Salzstocks Gorleben Der Salzstock Gorleben ist ca. 14 Kilometer lang und 2 bis 4 Kilometer breit. Er setzt sich unter der östlichen Elbseite noch 16 Kilometer weiter fort als Salzstruktur Rambow. Der Salzspiegel befindet sich im Durchschnitt etwa 250 Meter unter der Geländeoberkante. Die Basis des Zechsteinsalinars liegt unter dem Salzstock in einer Tiefe zwischen 3200 und 3400 Metern, während sie in der Umgebung des Salzstocks bis auf über 5000 Meter abbiegt. Der Salzstock Gorleben hat sich also auf einer Hochlage des Untergrundes entwickelt. Während der Untergrund in der Umgebung von zahlreichen Störungen durchdrungen ist, scheint unter dem Salzstock Gorleben, wie auch schon die früheren seismischen Untersuchungen gezeigt haben, keine Sockelstörung vorhanden zu sein. Die ursprüngliche Mächtigkeit des Salinars wird auf über 1000 Meter geschätzt. Allein für die Steinsalzfolgen der Staßfurt-Serie werden 700 bis 900 Meter angenommen (Bornemann et al. 2008), sodass der Hauptteil der Salzabfolge im Salzstock Gorleben aus dem Hauptsalz des Z 2 besteht. Die anderen Schichtglieder wie das Kalilager und der Anhydrit des Z 2 sowie die Abfolgen des Z 3 und des Z 4 sind geringmächtiger. Leine- und Aller-Serie sind mit allen Gesteinsabfolgen, Salzton, Anhydrit, Steinsalz und Kalisalzen vertreten. Die jüngeren Zechstein Serien Z 5 bis Z 7 wurden in den Bohrungen und untertage nicht angetroffen. Die unterste Folge des Z 2 sowie die Gesteine des Z 1 wurden nicht in den Salzaufstieg einbezogen und sind an der Basis über dem Rotliegenden verblieben. Man hat dieses Phänomen schon bei den Salzstöcken Asse und Morsleben gesehen.
Entwicklungsgeschichte des Salzstocks Die ersten kleineren Salzbewegungen ereigneten sich im Muschelkalk, gefolgt von einer Kissenbildung im Keuper und im Jura. Dies kann man sehr gut an den mächtigen primären Randsenken sehen (Abb. 4.19). Im Malm und in der Unterkreide durchstießen die Salze das Deckgebirge. Der Salzaufstieg setzte sich während der Oberkreide und im älteren Tertiär fort. Während der Oberkreide existierten deutliche sekundäre Randsenken nahe am Salzstock und auch die älteren Tertiärschichten (Paläozän bis Oligozän) zeigen Mächtigkeitsunterschiede und sind an den Salzstockflanken hochgeschleppt und verkippt worden. Direkt über dem Salzstock fehlen bis auf ein paar kleine Kreidevorkommen alle Schichten älter als Tertiär. Im jüngeren Tertiär und im Quartär kam es zwar nicht vollständig zum Erliegen des Salzaufstiegs. Er hat sich aber deutlich verlangsamt. Während des Kissenstadiums im Jura und Keuper entwickelte sich die Salzstruktur einigermaßen symmetrisch, obwohl es auch schon im Jura unterschiedliche Ausbildungen der primären Randsenken im Norden und Süden gab. An der Jura-Kreide-Grenze während des Durchbruchstadiums veränderte sich dies. Auf der Südostseite floss mehr Salz ab als im Nordwesten. So wurde die südliche Randsenke während der Kreide stärker abgesenkt als die nördliche. Der Salzaufstieg verlagerte sich dadurch auch in diese Richtung und während der Oberkreide und des Tertiärs floss das Salz in diese Senke, sodass sich ein Salzüberhang an der Südostflanke entwickelte. Die Asymmetrie zeigt sich auch im Einfallen der Deck-
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Abb. 4.19 Die strukturgeologische Entwicklung des Salzstocks Gorleben (aus Bornemann et al 2008).
Abb. 4.20 Profil durch den Salzstock Gorleben (aus Klinge et al. 2007)
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Abb. 4.21 Entwicklung des Gipshutes (aus Bornemann et al 2008).
schichten. An der Südostflanke sind die Schichten aus der Trias und dem Jura um etwa 20 Grad geneigt, während sie auf der Nordwestflanke mit 45 Grad einfallen. Beim Durchbruch des Salzes in der Unterkreide kam das Salz mit Meerwasser in Berührung und es wurde in dieser Zeit ein Gipshut gebildet. Die Bewegung des Salzes in Richtung Südosten drückte diesen Gipshut nach unten. Er befindet sich nun am Rand des Salzstocks und hat in Kontakt zu Kreidesedimenten. Im weiteren Verlauf der Strukturentwicklung und des Salzaufstiegs während der Oberkreide und des Alttertiärs kam es zum weiteren Kontakt des Salzes mit Oberflächenwasser und es bildete sich ein mächtiger Gipshut im Dach des Salzstocks aus.
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Das tektonische Inventar des Salzstocks Gorleben Die Erforschung der Struktur des Salinars erfolgte in der ersten Erkundungsphase zwischen 1979 und 1988 mithilfe von Bohrungen und seismischer Untersuchungen. Beim Abteufen der Schächte wurden strukturelle und feinstratigraphische Aufnahmen im Maßstab 1:50 durchgeführt. Die Aufnahmen erbrachten erste Ergebnisse der komplizierten tektonischen Struktur, vor allen Dingen in den Schichten der höheren Staßfurt-Folge und der Leine-Folge (Bornemann et al. 2008). Der Salzstock ist in seinem Zentrum eine großtektonisch relativ einfach gebaute Sattelstruktur mit den mächtigen Steinsalzen der Staßfurt-Folge im Sattelkern. Dieser reicht bis an das Dach des Salzstocks. An den Flanken kommen die jüngeren Schichtglieder vor mit dem Hauptanhydrit der Staßfurt-Folge und den geringmächtigen, aber vollständigen Salinaren der Leine- und Aller-Folgen. Diese zeigen einen extrem komplizierten Faltenbau mit überkippten Mulden in der Nordwestflanke, in denen die jüngsten Ablagerungen der Allerfolge eingefaltet sind. Die Südostflanke ist noch komplizierter aufgebaut. Durch den Salzüberhang nach Südosten liegen hier die Salzabfolgen von Z 3 und Z 4 in einer überkippten senkrecht abtauchenden Muldenstruktur. Der Hauptantrieb des Salzaufstiegs ging von der großen Masse der Steinsalze der Staßfurt-Folge aus. Die anderen Schichtglieder wurden dabei mehr oder weniger passiv hochgeschleppt. Die hoch mobilen Steinsalz- und Kalisalzlagen wurden dabei mehrfach gefaltet und in sehr enge Falten gelegt. Die härteren Anhydrit- und Karbonatbänke wurden dabei ausgelängt und zerrissen (Boudinage). Die Salze bilden jetzt eine 30 Kilometer lange, 2 bis 4 Kilometer breite und 3 Kilometer hohe »Mauer« (Abb. 4.20).
Die Gorleben Rinne Über diesem Gipshut ist die mesozoische Schichtfolge bis auf einen winzigen Rest von Kreidesedimenten im Zuge des Salzaufstiegs wegerodiert worden. So liegt über dem Salzstock eine bis zu 430 Meter mächtige Abfolge von Ablagerungen des Tertiärs und des Quartärs. Es handelt sich um eine Wechselfolge von Sandsteinen, Schluffen und Tonen. Die Tertiärabfolge über dem Salzstock ist gegenüber den Schichten der Umgebung geringmächtiger wegen des noch im Tertiär andauernden Salzaufstiegs. Über dem Salzstock schwanken die Mächtigkeiten zwischen 50 und 200 Meter, während in den Randsenken bis zu 1100 Meter mächtige tertiäre Ablagerungen angehäuft sind. Die Quartärschichten zeigen eine höhere Mächtigkeit über dem Salzstock als außerhalb (Abb. 4.20). Dies kommt einmal durch eine Subrosionsrate, die höher ist als die Aufstiegsrate. Der Hauptgrund ist aber eine Erosionsrinne (Gorleben Rinne), die während der Elster-Eiszeit entstanden ist und den Salzstock in einem Winkel von etwa 45° schneidet. Diese Rinne hat die Tertiärschichten und den Gipshut durch die Kraft des unter Druck stehenden Schmelzwassers (siehe Kap. 3) mechanisch erodiert. Sie hat den Salzspiegel erreicht und ist zum Teil noch tiefer in das Salz eingedrungen. Die Rinne ist insgesamt 40 Kilometer lang und überquert den Salzstock im spitzen Winkel auf einer Strecke von etwa 10 Kilometer Länge. Über
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Abb. 4.22 Karte der Gorleben Rinne (aus Klinge et al. 2007).
dem Dach des Salzstocks berührt sie über 6 Kilometer direkt das Salz oder den Gipshut auf einer Fläche von etwa 7,5 Quadratkilometer. Durch diese Rinne existiert ein direkter Kontakt zwischen dem Salz und dem Grundwasser in der Rinne (Abb. 4.22). Diese Situation stellt natürlich eine potentielle Gefahr für die Sicherheit von radioaktiven Abfällen in dem Salzstock dar. Vor allen Dingen, weil diese Rinnenbildung auch eine mächtige Tonschicht im Tertiär, den Rupelton (siehe Kap. 3), zerstört hat. Diese Tonlage spielt eine wichtige Rolle in der Hydrogeologie Norddeutschlands. Sie trennt normalerweise das obere Hauptgrundwasserstockwerk mit Süßwasser von den tieferen Stockwerken mit versalzenem Wasser. Während der Elster-Eiszeit und den nachfolgenden Warm- und Eiszeiten sind Sande, Tone und Geschiebemergel in dieser Rinne abgelagert worden. Die quartären Tone könnten die Grundwasser abdeckende Rolle des Rupeltons übernehmen. Sie füllen aber die Rinne nicht vollständig aus, sodass noch ein hydraulischer Kontakt zwischen den tieferen salzhaltigen Wässern über dem Salzstock mit dem höheren Süßwasserhorizont besteht (Abb. 4.22, 4.23).
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Abb. 4.23 Schnitt durch das Hutgestein und die tertiären und quartären Schichten über dem Salzstock Gorleben.
Abb. 4.24 Schematische Darstellung der Fließpfade des Grundwassers über dem Salzstock Gorleben (aus Klinge et al. 2007).
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Hydrogeologie an den Rändern und über dem Salzstock Wegen dieses Problems wurden die hydrogeologischen Verhältnisse über dem Salzstock intensiv untersucht. Es existieren zwei Migrationspfade des Salzwassers. Einmal wandern die Salzlösungen seitwärts nach Norden und sammeln sich wegen ihrer hohen Dichte über dem Nordwestrand des Salzstocks. Der zweite Pfad führt nach oben über hydraulische Kontakte (die Lücken in den abdeckenden Tonschichten) in den Süßwasserhorizont (Abb. 4.24). Modellrechnungen zeigen, dass es einige tausend bis einige zehntausend Jahre dauert, bis Salzlösungen vom Dach des Salzstocks die Oberfläche des höheren Grundwasserstockwerks erreichen. Dies wird auch deutlich, wenn man die Isotopenzusammensetzung der Salzwässer untersucht. Diese zeigen noch teilweise die Signatur von Eiszeitwässern oder eine Mischung aus Eiszeit- und jüngeren Warmzeitwässern (Klinge et al. 2007).
Laugen und Gase im Salzstock Gorleben Auch im Salzstock Gorleben traten bei dem Auffahren der Strecken, beim Abteufen der Schächte und bei einigen Bohrungen Laugeneinbrüche und Gasausbrüche auf. Da dies ein sehr kritischer Punkt für ein Endlager in einem Salzstock ist, wurden diese Vorkommen sehr intensiv untersucht und gemessen. Es treten in den bisher aufgefahrenen Strecken keine kontinuierlich zufließenden Laugen auf. Man konnte nur sporadische Laugenzuflüsse feststellen und auch nur spontan freigesetzte Gase beobachten. Der größte gemessene Laugenzufluss betrug 100 Kubikmeter. (Zum Vergleich: In der Asse treten pro Tag 12 Kubikmeter aus). Die Gase und Flüssigkeiten wurden in verschiedenen Bereichen beobachtet. Bei den Schächten traten während und nach dem Bau der Schächte Salzlösungen auf, die durch das Auflösen von Salz durch Oberflächenwasser entstanden sind. Das eindringende Wasser hängt zusammen mit dem Eingriff in das Salz während des Abteufens der Schächte. Austretende Lösungen und Gase wurden im Salzstock nur in bestimmten Horizonten gefunden: zum einen in Spalten und Rissen in Anhydriten, Salztonen und Karbonaten der Leine-Folge, zum anderen in Störungen und Rissen in verheilten Steinsalzen sowie in Kalisalzen der Staßfurt-Folge (Bornemann et al. 2008). Die Gase wurden beim Bohren oder beim Auffahren der Strecken frei gesetzt. Manchmal entwichen die Gase explosionsartig und formten Röhren. Aufgrund ihrer Zusammensetzung konnte man zwei Typen unterscheiden: mit Stickstoff und ohne Stickstoff. Ansonsten ist Methan der Hauptbestandteil. In einigen Proben konnte man auch Schwefelwasserstoff nachweisen. Der Chemismus spricht dafür, dass es sich um natürlich entstandenes Erdgas handelt, das vermutlich in den Karbonaten des Salinars gebildet wurde. Der Schwefelwasserstoff entwickelt sich bei einer Temperatur von ca. 100 °C aus der Reaktion von Methan mit Anhydrit (Bornemann et al. 2008). Die Salzlösungen stammen einmal aus der Reaktion von wasserhaltigen Salzmineralen, die ab etwa 80 °C ihr Kristallwasser abgeben. Die anderen Salzlösungen sind vermutlich Restlaugen aus der Entstehung der Salze durch Eindampfen (siehe Kap. 3).
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Aufstiegs- und Subrosionsraten Aus den Analysen der Mächtigkeitsschwankungen in den Randsenken kann man nicht nur die Aufstiegsgeschichte des Salzstocks rekonstruieren, sondern auch eine Bilanz der Salzmassen aufstellen und die Aufstiegsgeschwindigkeiten rekonstruieren. Etwa die Hälfte des aus den Nachbargebieten in den Salzstock geflossenen Salzes ist während der Aufstiegsphase bis heute, also über einen Zeitraum von ca. 150 Millionen Jahre, durch Auflösung verschwunden. Die meisten Salze sind dabei in die fossilen Meere des Malm und der Kreide gelangt. Die Fließgeschwindigkeit des Salzes erreichte während der Hauptaufstiegsphasen in der Kreide Werte von maximal 0,4 Millimeter pro Jahr. Die Durchschnittsfließgeschwindigkeit der letzten 15 Millionen Jahre liegt etwa bei 0,07 Millimeter pro Jahr. Die Aufstiegsgeschwindigkeit des gesamten Salzstockes lag in der Kreide bei 0,08 Millimeter pro Jahr und beträgt im Durchschnitt der letzten 15 Millionen Jahre 0,02 Millimeter pro Jahr (Köthe et al. 2007). Wichtig für die Langzeitsicherheit des Salzstocks als Endlager sind die Subrosionsraten seit dem Entstehen der Gorleben Rinne. Die Ablagerungen aus der ElsterKaltzeit und der Holstein-Warmzeit lassen eine exakte Abschätzung der Subrosionsraten nicht zu. Während der Saale-Eiszeit kam es zu Subrosionsraten von 0,8 bis 0,4 Millimeter pro Jahr. Subrosionsraten von 0,01 bis 0,05 Millimeter pro Jahr lassen sich seit der Eem-Warmzeit bis heute nachweisen. Im Durchschnitt kommt man auf eine Subrosionsrate seit der Elster-Eiszeit bis heute von 0,1 bis 0,2 Millimeter pro Jahr (Köthe et al. 2007). Eine Langzeitsicherheit für einen Zeitraum von einer Million Jahren wird für ein Endlager gefordert (AkEnd 2002, BMU 2010). Nimmt man den Maximalwert für die Subrosionraten seit der Elster-Kaltzeit von 0,2 Millimeter pro Jahr werden in einer Million Jahre 200 Meter Salzmächtigkeit aufgelöst. Bei einer Tiefe von 870 Metern, in der das Endlager im Salzstock Gorleben angelegt werden soll, ergibt sich, dass nach einer Million Jahre noch etwa 300 bis 400 Meter Salz über den radioaktiven Abfällen liegen würde. Das Endlager soll in den sehr mächtigen Steinsalzlagen der Staßfurth-Serie angelegt werden. Die geotechnischen Messungen im Salzstock zeigen, dass die Steinsalze in 870 Meter Tiefe über eine ausreichende Stabilität und Dichte verfügen, um ein Endlager dort einzurichten. Auch die zurzeit in dieser Tiefe herrschende Temperatur liegt mit 40 °C unter dem geforderten Limit von 50 °C, die erst in einer Tiefe von 1200 Metern erreicht wird (Bräuer et al. 2012). Aufgrund ihrer bisherigen Ergebnisse der vorläufigen Untersuchungen zum Nebengestein, zur Hydrogeologie der Umgebung, zur Struktur des Salzstocks und zur Geotechnik des Salzstocks, die bis zum Jahr 2000 erstellt werden konnten, kommen die Wissenschaftler der BGR zu dem Schluss, dass der Salzstock Gorleben die bisher geforderten Anforderungen an ein Endlager für radioaktive Abfälle trotz der Gorleben Rinne erfüllt (Bräuer et al. 2012).
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Die Vorläufige Sicherheitsanalyse für den Salzstock Gorleben (VSG) Nach dem Ablauf der maximalen Zeit von zehn Jahren, des sogenannten Moratoriums, also des Forschungsstopps für den Salzstock Gorleben als Endlager, wurde die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) beauftragt, eine vorläufige Sicherheitsanalyse für Gorleben (VSG) zu erarbeiten. Die ursprüngliche Zielsetzung der Analyse war als erstes die systematische Zusammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse zu Gorleben. Des Weiteren sollte eine vorläufige Eignungsprognose als Endlager für den Salzstock Gorleben erarbeitet werden. Vorläufig deshalb, weil der Salzstock untertage noch nicht vollständig erkundet worden ist. Daraus resultierte die dritte Zielsetzung, nämlich herauszuarbeiten, welcher Forschungsbedarf noch besteht, zum einen konkret für den Standort Gorleben selbst und zum anderen allgemein für einen Endlagerstandort. Die Analyse sollte bis Ende 2012 fertiggestellt werden, der Termin musste aber verschoben werden, weil ein politischer Konsens erzielt wurde, dass eine Eignung nur durch einen Vergleich von mindestens zwei Standorten festgestellt werden soll (s. Kap. 3). In diesem Sinn kann man nicht feststellen, ob Gorleben geeignet ist, da man noch keine Vergleichsmöglichkeit hat. Ferner hat es sich gezeigt, dass der wissenschaftliche Fortschritt in den Untersuchungsmethoden sehr schnell geht und dass die konkreten Untersuchungen an einem Endlagerstandort viele neue Erkenntnisse bringen. Deshalb ist es notwendig in regelmäßigen Abständen, mindestens alle zehn Jahre, aber noch besser alle drei bis sieben Jahre, den Wissensstand systematisch zusammenzufassen und das weitere Vorgehen neu zu bewerten und anzupassen. Außerdem soll untersucht werden, ob und wie die entwickelten technischen Konzepte für Gorleben auch auf andere zukünftige Endlagerstandorte übertragen werden können. Im Jahr 2011 beschloss die Bundesregierung als Reaktion auf das Unglück von Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie. Dadurch hat sich die Prognose für die anfallende Menge an radioaktivem Abfall in der Bundesrepublik verändert. Diese Änderung musste in die Modellrechnungen und Konzepte eingearbeitet werden, sodass das Projekt nicht wie vorgesehen 2012, sondern erst 2013 abgeschlossen werden konnte. Die Leitung, Organisation und Durchführung des Projektes lag in den Händen der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS). Daneben waren Institute der Universitäten Aachen, Clausthal-Zellerfeld, Frankfurt und Karlsruhe am Projekt beteiligt. Dazu kamen Beiträge der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), der deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern, Technik (DBE, TEC), des Instituts für Gebirgsmechanik (IFG) und der International Nuclear Safety Engineering (nse). Das Projekt wurde aufgeteilt in 14 Arbeitspakete (AP). AP-1 befasste sich mit der Projektkoordination. Die wissenschaftlichen Grundlagen wurden in den Paketen zwei bis vier erörtert. Technische Lösungen wurden in AP-5, AP-6 und AP-12 entwickelt, Systemanalyse stand in den Paketen sieben bis elf zur Diskussion. Synthese und Empfehlungen lieferten die Arbeitspakete 13 und 14. Diese Unterprojektgruppen
Geplante und bestehende Endlager
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haben zu den Fragestellungen 21 Berichte fertiggestellt. Diese Publikationen kann man unter www.grs./Publikationen/vsg im Internet einsehen und herunterladen. Es würde bei Weitem den Rahmen dieses Buches sprengen, wenn man alle Berichte vorstellen und besprechen würde. Allein der Abschlussbericht (Fischer-Appelt et al. 2013) ist über 420 Seiten lang. Deshalb sollen hier nur die Bereiche kurz vorgestellt werden, die Beziehungen zur Geologie haben. Die wesentlichen Berichte zur Geologie stammen von Mrugalla 2011 und Fischer/Appelt et al. 2013 und wurden in den Kapiteln 3 und 4 ab Seite 129 berücksichtigt. Ein wichtiger Beitrag über die Begutachtung der bisherigen geologischen Forschungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie zum weiteren Forschungsbedarf wurde von Kukla et al. 2011 erstellt. Darin wurde anerkannt, dass bis ins Jahr 2000 eine beträchtliche Menge von Datenmaterial gesammelt und dokumentiert wurde. Bemängelt wurde vor allen Dingen, dass die dreidimensionale Struktur des gesamten Salzstocks und seiner Flanken und die dreidimensionale Ausbildung des Staßfurth-Steinsalzes, in dem das Endlager angelegt werden soll, nicht genügend bekannt sind. Deshalb wird dringend empfohlen, den Salzstock mit einer hochauflösenden dreidimensionalen Seismik zu untersuchen und die Untertageerkundungen fortzusetzen. Von der DBE, TEC (Bollingfehr et al. 2011) wurde ein Überblick über die Transportbehälter sowie die technischen Konzepte der Endlagerung gegeben. Es bestehen
Abb. 4.25 Schematischer horizontaler Schnitt bei einer Tiefe von etwa 840 Metern durch den Salzstock Gorleben mit dem möglichen Endlager im Staßfurth Steinsalz (aus Bollingfehr et al 2011).
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Atommüll wohin?
Abb. 4.26 Plan für die mögliche Streckenlagerung im Salzstock Gorleben auf der 870-Meter-Sohle (aus Bollingfehr et al. 2011).
zwei wesentliche Varianten. Die Behälter können entweder in horizontalen Strecken abgelagert werden oder in große vertikale Bohrlöcher eingebracht werden. Es existieren Pläne, die Einlagerung auf einer 870 Meter tiefen Sohle vorzunehmen. Für diesen Tiefenbereich liegt ein horizontaler Schnitt vor (Abb. 4.25). Die Einlagerung soll im Staßfurth-Steinsalz stattfinden und die Einlagerungsstrecken sollen 50 Meter Abstand zu den angrenzenden Kalisalzlagen aufweisen. Damit soll verhindert werden, dass die Edelsalzlagen erhöhten Temperaturen ausgesetzt werden und dadurch zu chemischen Reaktionen angeregt werden. Die Ablagerungsstrecken sollen der Verbreitung des Staßfurth-Steinsalzes angepasst werden (Abb. 4.26). Weitere wichtige Themen dieses Berichtes sind die Gestaltung der Streckenund Schachtverschlüsse sowie die Verwendung von Salzgrus als Verfüllmaterial der Endlagerungsstrecken. Hierzu konnten bisher keine Großversuche in ausreichendem Maße durchgeführt werden. Die Erfahrungen mit der Stabilisierung der Endlager in den Salzstöcken Asse und Morsleben ergaben aber wertvolle Hinweise auf die Möglichkeiten der dabei verwendeten Materialien wie Salzbeton und Sorelbeton. Der Abschlussbericht von Fischer-Appelt et al. 2013 fasst alle vorhergehenden Berichte zusammen und enthält im Anhang noch eine Kurzfassung der Geologie des Salzstocks Gorleben. Unter Berücksichtigung aller geologischen Aspekte zur Langzeitsicherheit kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass der Salzstock Gorleben die Sicherheitsanforderungen des BMU 2010 erfüllen kann.
Geplante und bestehende Endlager
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V. Schlussbetrachtungen
Was haben wir? – Ein kleiner zusammenfassender Überblick Welche Endlagertypen sind vorhanden oder konkret in Planung? Es soll hier zum Abschluss eine Typisierung der Endlagervarianten erfolgen, sowohl der in Betrieb genommenen als auch der geplanten und in Untersuchung befindlichen sowie der Varianten, die in Gutachten beschrieben und als mögliche Endlager diskutiert werden. Zuerst soll aber noch ein kleiner Überblick über die geometrischen Werte für die beiden favorisierten Typen Ton und Salz gegeben werden. Für das Endlager im Salz gelten folgende Werte: – Einlagerungstiefe zwischen 500 und 1000 Metern – Mächtigkeit über dem Einlagerungsbereich 300 Meter – Mächtigkeit unter dem Einlagerungsbereich 100 Meter – daraus resultierende Gesamtmächtigkeit (inklusive des Einlagerungsbereichs) von etwa 450 Metern – Mindestabstand zu den Flanken eines Salzstocks 200 Meter – Mindestabstand des Steinsalzmuttergesteins zu Edelsalzen 50 Meter – Mindestfläche in der Einlagerungstiefe neun Quadratkilometer Für die Einlagerung in Tonen wird folgendes gefordert: – Einlagerungstiefe zwischen 400 und 900 Metern – Mindestmächtigkeit des Muttergesteins 100 Meter – Mindestfläche in der Einlagerungstiefe zehn Quadratkilometer In Deutschland befinden sich ein Endlager in der Stilllegungsphase (Morsleben), ein Endlager in der Ausbauphase (Konrad) und ein Endlager in der Erkundungsphase (Gorleben).
Typ Morsleben Das Endlager Morsleben befindet sich in einem Salzstock, den man als störungsgebunden charakterisieren kann. Die Unterlage befindet sich in einer Tiefe von 600 bis 800 Metern und der Salzspiegel liegt etwa 200 Meter tief. Der Salzstock hat eine vertikale Ausdehnung von 400 bis 600 Meter, die Länge beläuft sich auf mehrere
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Atommüll wohin?
zehner Kilometer und er misst in der Breite zwei bis vier Kilometer. Er wird überlagert von einen Gipshut von etwa 100 Metern und etwa 100 Metern Ablagerungen aus tertiären und quartären Alters in einem Scheitelgraben. Durch die Störungen, die den Scheitelgraben begleiten und bis ins Salz hineinreichen, besteht ein Kontakt zwischen Salz und Oberflächengrundwasser. Dies führt zu Laugeneinbrüchen. Die mechanische Festigkeit des Salzes ist durch den intensiven Bergbau beeinträchtigt. Das Grubengebäude muss daher durch intensive geotechnische Maßnahmen stabilisiert werden.
Typ Konrad Der Endlagertyp Konrad zeigt eine Trennung von Muttergestein und Barrieregestein. Das Endlager wird angelegt in einem Eisenerzhorizont, der in eine Kalkschicht eingeschaltet ist. Die schützende Barriereschicht von mehreren 100 Meter mächtigen Tonen liegt über diesem Horizont und schirmt das Endlager nach oben ab. Dieser Typ hat den Nachteil, dass der Endlagerungshorizont wasserleitend ist und kein Schutz nach unten und zur Seite besteht. Auf diese Weise kommen die abgelagerten radioaktiven Stoffe mit Wasser in Kontakt und können bei entsprechendem hydraulischem Gefälle an die Oberfläche gelangen.
Typ Gorleben Der zur Diskussion stehende Salzstock Gorleben reicht von der Basis, die sich in einer Tiefe von etwa 3500 Metern befindet, bis zum Salzspiegel in 200 bis und 300 Metern Tiefe. Er misst zwei bis vier Kilometer in der Breite und etwa 40 Kilometer in der Länge. Der Gipshut und die überlagernden Schichten sind durch eine eiszeitliche Rinne teilweise erodiert worden. Dadurch besteht ein direkter Kontakt zwischen dem Salz und dem Grundwasser, sodass es zur Salzablaugung kommt. Die Schutzfunktion und die Langzeitsicherheit werden von der großen Masse an Salz gewährleistet. Selbst bei einer Annahme von maximalen Subrosionsraten bleibt nach einer Million Jahren bei der geplanten Einlagerungstiefe von 870 Metern noch 200 bis 300 Meter Salz über den radioaktiven Abfällen. Als Alternative zum Typ Gorleben stünde noch ein Salzstock zur Diskussion, bei dem eine überlagernde abdeckende Tonschicht vorhanden ist, die nicht durch Störungen und Rinnen zerstört ist. Weiterhin kommen noch zwei Endlagertypen in Deutschland in Betracht.
Typ Solling Der Typ Solling steht für ein Endlager im Salz mit flacher Lagerung. Gebiete, in denen dieser Typ vorkommt, sind der Solling, der Norden von Nordrhein Westfalen, das Hessisch-Thüringische Bergland und eventuell die Scholle von Calvörde. Für ein Endlager im Salz benötigt man mindestens 500 Meter Salzmächtigkeit. Wenn man etwa 600 Meter Mächtigkeit nimmt, und die Basis bei 1000 Metern Tiefe liegt, erhält man in Deutschland folgendes Normalschema: Im Untergrund liegen Sedimente und
Schlussbetrachtungen
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Vulkanite des Rotliegenden oder gefaltete paläozoische Schichten. Darüber folgt eine Salzabfolge aus Edelsalz, Steinsalz, Salzton, Gipsanhydrit und Karbonat von 600 Metern. In dieser Abfolge ist es schwierig, eine Steinsalzlage zu finden, die mindestens 150 Meter mächtig ist, um 50 Meter Abstand zu den Edelsalzen einhalten zu können, und 50 Meter für die Einlagerung zu haben. Die Salze werden überlagert von Unteren und Mittleren Buntsandsteinschichten. Im Unteren Buntsandstein treten Tonlagen auf, die wasserundurchlässig sind, und im Mittleren Buntsandstein findet man im Wesentlichen wasserleitende Sandsteine.
Typ Neu-Ulm Der Typ Neu-Ulm, benannt nach einer Bohrung bei Neu-Ulm (Hoth et al 2007), stellt ein Beispiel für ein Endlager in einem Tongestein (Opalinuston aus der Jurazeit) dar. Unter einer dünnen Quartärschicht folgt eine ca. 450 Meter mächtige Abfolge aus Kalken und Mergeln des oberen Jura. Die Kalte des Malm sind teilweise Kluftwasserleiter bzw. nahe der Oberfläche auch Karstwasserleiter. Darunter liegt eine 200 Meter mächtige Abfolge aus Sandsteinbänken und mächtigen Tonlagen. Dazu gehört der etwa 120 Meter mächtige sehr reine Opalinuston, der als Endlagermuttergestein in Frage kommt. Dann folgen etwa 20 Meter Mergel und Mergelkalke des Lias und eine Serie aus Sandstein, Ton, Mergel, Gips und Kalkstein der oberen und mittleren Trias (Keuper, Muschelkalk). Die Einlagerungstiefe befindet sich zwischen 530 und 650 Meter. Es sind andere Gebiete des Neu-Ulmtyps vorhanden, in denen die Einlagerungstiefe zwischen 700 und 900 Metern läge. Dieses Schema trifft auch ungefähr für Endlager im Opalinuston von Norddeutschland zu (Hoth et al. 2007). Bei der Variante des Endlagers in Tonen der Unterkreide trifft man ähnliche lithologische Verhältnisse an, mit dem Unterschied, dass die Tone von einer Wechsellagerung aus Sandsteinen und Tonen der Unterkreide und Mergeln und Kalken der Oberkreide überlagert werden. In günstigen Fällen kann man sogar noch die Tone des Tertiärs in den Deckschichten vorfinden.
Vergessene Ausschlusskriterien – zusätzliche Vorgaben Der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd 2002) hat fünf geologische Ausschlusskriterien aufgestellt: 1. Große vertikale Bewegungen (Hebungen) 2. Aktive Störungszonen 3. Seismische Aktivität (Erdbeben) 4. Vulkanismus 5. Junges Grundwasser
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Atommüll wohin?
Zu diesen Ausschlusskriterien sollte man noch zwei oder eventuell sogar drei hinzufügen: 1. Gebiete mit Schiefergebirgstektonik 2. Ballungszentren und ihre Umgebung 3. Unter bestimmten Voraussetzungen Gebiete mit Eiszeitrinnen Was bedeutet Schiefergebirgstektonik? Gebiete, in denen Schichten intensiv gefaltet sind, zeigen auch eine Schieferung, die im Zuge der Faltung angelegt worden ist. Diese Schieferung ist ein engständiges Flächengefüge, das den gesamten Gesteinsverband durchdringt. Die Schieferflächen liegen parallel zueinander in einem Abstand von Millimeter bis Zentimeter. Sie sind nicht dicht und führen größtenteils Wasser, sodass selbst sehr feinkörnige Tonschiefer entlang der Schieferflächen wasserdurchlässig sind. Der Bergbau im Harz und im Rheinischen Schiefergebirge zeigt, dass diese Wasserführung in geschieferten Gesteinen in eine Tiefe bis mindestens 1000 Meter reicht. Deshalb sollte man die Gebiete mit Schiefergebirgstektonik im Rheinischen Schiefergebirge, im Harz, in den Schiefergebirgen Thüringens, Sachsens und Frankens von einer Endlagersuche ausschließen (siehe Abbildung 3.16 auf Seite 62). Ballungszentren und ihre Umgebung In der frühen Phase der Endlagersuche in den siebziger Jahren wurden Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte von der Suche ausgeschlossen, bzw. ein Abstand von bis zu 30 Kilometern von Ballungsräumen gefordert (Tiggemann 2010). Auch in den Gutachten von Bräuer et al. (1994) zu Kristallingesteinen und Kockel und Krull (1995) zu Salzstöcken spielten diese Überlegungen eine Rolle. In den Richtlinien des Bundesministeriums des Inneren (BMI) von 1983 steht zwar, dass die Bevölkerungsdichte für das Endlager selbst keine Rolle spielt, aber für die oberflächlichen Betriebsanlagen. Das bedeutet, dass ein gewisser Mindestabstand von den Schachtanlagen zu Ballungsräumen eingehalten werden sollte. In den späteren Empfehlungen des AkEnd (2002) und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) wurden diese Kriterien nicht mehr erwähnt. Warum sollte man sie dennoch berücksichtigen? Die gefährlichste Phase der Endlagerung von Atommüll ist die Einlagerungsphase, die vermutlich etwa 40 bis 50 Jahre dauern wird. Während dieser Zeit ist nicht auszuschließen, dass es durch menschliches Versagen oder Terrorakte zu Unfällen kommt. Dann ist es einfacher 20 000 bis 30 000 Menschen zu evakuierten als 200 000 bis 300 000 oder mehr. Alle bisherigen größeren Zwischenfälle mit radioaktiven Stoff fen oder atomaren Anlagen sind durch menschliches Versagen entstanden. Die Karte in Abbildung 5.2 basiert auf Unterlagen des Bundesamtes für Landeskunde und Raumforschung in Bonn. In der Karte sind Ballungsräume (Verdichtungsräume) der alten Bundesrepublik und entsprechende Gebiete in den neuen Bundesländern dargestellt. Um diese Gebiete wurde ein Gürtel von 25 bis 30 Kilometer ausgewiesen. Diese Ballungszentren und ihre Umgebung sollten von der Suche nach einem Endlager für Atommüll ausgenommen werden. Wenn man dieses Kriterium anwendet,
Schlussbetrachtungen
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scheiden die Schachtanlagen Konrad und Asse als Betriebsgelände für ein Endlager aus. Gebiete mit eiszeitlichen Rinnen Gebiete mit eiszeitlichen Rinnen sollten nur dann ausgeschlossen werden, wenn man ein natürliches geologisches Mehrbarrierensystem fordert. Vor allen Dingen, wenn man eine zusätzliche natürliche Barriere für einen Salzstock verlangt, kann man diese Gebiete für eine Endlagersuche nicht mehr in Betracht ziehen, weil eine abdeckende Tonschicht über dem Salzstock durch die Rinnenbildung zerstört werden könnte. Wie in Kapitel 3 dargelegt wurde, muss in den nächsten ein bis zwei Millionen Jahren mit neun bis zehn Eiszeiten gerechnet werden. Diese Eiszeiten werden vermutlich eine ähnliche Verbreitung haben wie die letzten drei, durch die die Norddeutsche Tiefebene geprägt wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass während dieser zukünftigen Eiszeiten neue Erosionsrinnen in dem Gebiet entstehen, in dem auch die alten, vor allem die Rinnen der Elster-Eiszeit, vorkommen. Wenn man allerdings auf eine zweite geologische Barriere als Auswahlkriterium verzichtet, kommen Gebiete mit eiszeitlichen Rinnen weiterhin in Frage (s. Abb. 3.10). Zusätzliche Vorgaben Bei den positiven Kriterien wurde ebenfalls eines vergessen, nämlich die Länge der Transportwege. Auch von dem Transport radioaktiver Stoffe geht eine potentielle Gefahr aus. Während des Transportes kann es zu Unfällen durch technisches Versagen, menschliche Fehler, und Terrorakten kommen. Man sollte deshalb die Transportwege so kurz wie möglich halten. Für den Fall, dass nur ein Endlager eingerichtet wird, käme ein zentral gelegenes Endlager in der Nähe von Kassel in Frage. Von dort liegen alle größeren Atomkraftwerke in einem Umkreis von etwa 400 Kilometern. Rund um Kassel gibt es keine geologischen Formationen, die als Endlager geeignet wären. Lediglich im Solling, etwa 40 bis 50 Kilometer nördlich von Kassel könnte man eventuell ein Endlager im Salzvorkommen in flacher Lagerung anlegen. Dies läge noch einigermaßen zentral. Wenn man von dem Konzept nur ein einziges Endlager einzurichten abweicht, kämen verkehrstechnisch noch andere Endlagerstandorte in Frage. Ein Endlager im Emsland läge etwas abseits, hätte aber immerhin noch einen großen Teil der west- und norddeutschen Atomkraftwerke im näheren Einzugsgebiet. Ähnliches gilt für ein Atomendlager im Tongestein der Schwäbischen Alb, das die süddeutschen und einen Teil der westdeutschen Nuklearanlagen im Umkreis von etwa 200 bis 300 Kilometern hätte. Falls man zu dem ursprünglichen Plan, nur ein einziges Endlager einzurichten zurückgeht, kommt ein Endlager in der Nähe von der Asse und von Morsleben in Frage. Es wären dies die Salzstöcke Gorleben oder Waddekath. Der Solling läge ebenfalls in der Nähe oder auch die Scholle von Calvörde. Selbst wenn man Morsleben nicht ausräumt, wäre es immer noch vorteilhaft in den oben erwähnten Gebieten aus Sicht der Transportwege ein Endlager in der Nähe der Asse einzurichten, da diese auf jeden Fall ausgeräumt werden soll.
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Welche Möglichkeiten bleiben? Zunächst und als Wichtigstes müssen klare Entscheidungen in folgenden Fragen gefällt werden:
Will man nur ein einziges Endlager oder mehrere zur Aufnahme von unterschiedlichen Abfallarten einrichten? Die zurzeit bestehenden Pläne in Deutschland zeigen, dass man im Prinzip das Konzept nur ein Endlager einzurichten nicht mehr verwirklichen will. Morsleben soll stillgelegt werden und der darin befindliche Abfall soll dort verbleiben. Die Anlage Konrad wird weiter ausgebaut und dort soll etwa 90 % des schwach radioaktiven Mülls (LAW) abgelagert werden. In Planung ist noch ein weiteres Endlager, das den Restmüll und den Müll aus der Asse aufnehmen soll. (Die Suche nach diesem Endlager ist der Grund, warum dieses Buch geschrieben wurde.) So bleiben mindestens drei Atomendlager für die Bundesrepublik Deutschland. Wenn alle Staaten in Europa, die Atomkraftwerke betreiben, betrieben haben und eventuell noch betreiben wollen, sich diesen »Luxus« leisten, wird Europa übersät sein mit etwa 60 Endlagern. Die Problematik, nur ein oder mehrere Endlager einzurichten, ist ausführlich von AkEnd (2002) diskutiert worden. Die Vorteile eines einzigen Endlagers liegen bei den Sicherheitsaspekten. Die Nachteile ergeben sich aus den unterschiedlichen Anforderungen für schwach wärmeentwickelnder (LAW) und stark wärmeentwickelnder (HAW) Abfälle. Diese Probleme müssen ohnehin gelöst werden, da nur 90 % der LAW Abfälle in Konrad abgelagert werden sollen. Außerdem müssen die restlichen 10 % zusätzlich zu den Abfällen aus dem Endlager Asse und den HAW Abfällen in das noch zu bauende Endlager eingebracht werden. Falls das noch zu bestimmende Endlager über genügend Ausdehnung verfügt, um auch den Müll, der für Konrad bestimmt ist, aufnehmen zu können, kann man auf Konrad verzichten. Unter Abwägung aller Aspekte sollte man in Deutschland wieder zu der Idee, nur ein einziges Endlager einzurichten, zurückkehren.
Welche Endlageroption wählt man – Ton oder Salz? Wenn man sich für Salz entscheidet, ergibt sich die Frage, ob man Salz in flacher Lagerung oder einen Salzstock bevorzugt. Wählt man Ton, ergeben sich zwei Alternativen: eine Tonschicht sowohl als Barriere- als auch Wirtsgestein oder Ton nur als Barrieregestein und ein anderer Horizont unter einer dichten Tonlage als Wirtsgestein. In Kapitel 3 wurden die Geologie und die geologischen Probleme der in Frage kommenden Endlagergesteine (Wirtsgestein) Granit, Ton und Salz dargestellt und ihre Vor- und Nachteile ausgiebig diskutiert. Die meisten zitierten Gutachten (s. Kap. 3 und Kap. 4 ab Seite 141) vermeiden es allerdings sich festzulegen. Lediglich der AkEnd (2002) kommt zu dem Schluss, dass die Endlagerung in Salzgestein Vorteile
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gegenüber einer Lagerung in Ton aufweist. Die Gründe liegen in den hervorragenden mechanischen Eigenschaften wie Standfestigkeit, Kriechverhalten und Undurchdringlichkeit, die den Nachteil der hohen Wasserlöslichkeit wettmachen. Ein weiterer großer Vorteil des Salzes liegt in der langen, sowohl positiven als auch negativen Erfahrung, die deutsche Geologen und Bergleute mit Salzbergbau seit über 150 Jahren haben. Dazu kommen die leidvollen Erfahrungen mit den Problemen der Salzstöcke Asse und Morsleben. Die Lösung dieser Probleme hat unser Wissen über künstliche und geotektonische Barrieren im Salz und auch über das notwendige Krisenmanagement erheblich erweitert. Es bleibt zu entscheiden, ob man Salz in flacher Lagerung oder einen Salzstock bevorzugt. Aus pragmatischen Gründen sollte man bei der Option Salzstock bleiben. Bei den in Frage kommenden Gebieten mit Salz in flacher Lagerung, die von Kockel und Krull (1995) ausgewiesen wurden (im Norden von Nordrhein-Westfalen, Solling, Scholle von Calvörde) ist fraglich, ob dort die für ein Endlager notwendigen Steinsalzvorkommen mächtig genug und homogen genug sind. Ferner müsste man das gesamte zur Debatte stehende Gebiet inklusive seiner Randgebiete großflächig untersuchen. Das bedeutet, dass große Gebiete mit hochauflösender dreidimensionaler Seismik und ergänzenden Bohrungen untersucht werden müssen, um herauszufinden, wo ein Endlager angelegt werden könnte. Im Gegensatz dazu weiß man aufgrund des Gutachtens von Kockel und Krull (1995), welche Salzstöcke untersuchungswürdig sind. Man kann gezielt diese Salzstöcke und ihre Umgebung mit Seismik und Bohrungen erforschen, und es ist nicht notwendig großflächig zu arbeiten. Hinzu kommt, wie schon oben gesagt, die Erfahrung im Bergbau in Salzstöcken in Nord- und Ostdeutschland und auch die erworbenen Kenntnisse bei der Giftmülllagerung und die Vorratslagerung von Erdgas in Salzstöcken.
Braucht man ein natürliches geologisches Mehrbarrierensystem oder nicht? Entscheidet man sich für ein natürliches Mehrbarrierensystem, dann erfüllt der Salzstock Gorleben diese Voraussetzung nicht. Er kommt dann als Endlager nicht in Frage, weil bei ihm die zweite geologische Barriere, die schützende Tonschicht, durch die eiszeitliche Erosionsrinne zerstört ist. In diesem Fall entfällt die Notwendigkeit des Vergleichs mit einem anderen Salzstock (s. Seite 129). Bleibt man bei der Salzstockoption (s. Punkt 2), müssen (bei Ausscheiden von Gorleben) zwei weitere Salzstöcke untersucht werden, um die vom AkEnd (2002) und vom BMU (2010) geforderte Vergleichsmöglichkeit zu haben. Akzeptiert man die Ergebnisse von Kockel und Krull (1995), dann kommen hierfür die Salzstöcke Wahn, Zwischenahn, Gülzesumte und Waddekath in Frage. Wenn man allerdings der Meinung ist, dass eine einzige geologische Barriere ausreicht, dann braucht man nur einen weiteren Salzstock (entweder Wahn, Zwischenahn, Gülze-Sumte Waddekath oder Gülze-Sumte; Kockel und Krull 1995) zu erforschen. Unter der Berücksichtigung von kurzen Transportwegen wäre, wie oben dargelegt, der Salzstock Waddekath zu favorisieren.
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Das Vergleichskonzept Dieses Konzept wurde erstmals von dem AkEnd (2002) vorgeschlagen und anschließend von nachfolgenden Gutachten, Empfehlungen und Richtlinien übernommen (z. B. Grundfelt et al. 2005, BMU 2010, Fischer-Appelt et al. 2013). Die Entscheidung für Gorleben wurde in der Öffentlichkeit als ein politischer Willkürakt wahrgenommen und das Vergleichskonzept wurde nicht zuletzt aus politisch/soziologischen Überlegungen heraus in Reaktion auf die Proteste gegen Gorleben entwickelt. Aus naturwissenschaftlicher und ingenieurwissenschaftlicher Sicht ist dieses Konzept mit einem Fragezeichen zu versehen, denn man muss zunächst klären, ob man Endlager des gleichen Typs miteinander vergleicht, also einen Salzstock mit einem anderen Salzstock, ein Endlager im Ton mit einem anderen Endlager im Ton usw., oder ob es notwendig ist, die Vorteile eines Endlagers im Ton im Vergleich mit der Eignung eines Endlagers im Salz zu untersuchen. In den vorangegangenen Seiten wurde versucht, aufgrund von bekannten Tatsachen eine Wertung zwischen Ton und Salz vorzunehmen, ohne auf ein konkretes Endlagerbeispiel eingehen zu können. Wenn man einen Vergleich zwischen zwei Salzvarianten für nötig hält, kann man mit dem gleichen Recht fordern, dass ein bestimmtes Endlager im Salz mit einem konkreten Beispiel im Ton verglichen werden muss, bevor man einem den Vorzug geben kann. Weiterhin ist am Beispiel Gorleben zu sehen, dass eine 20 Jahre dauernde Erforschung noch kein ausreichendes Ergebnis gebracht hat, um eindeutig festzulegen, ob der Salzstock geeignet ist oder nicht. Bei einem Vergleich ergibt sich daraus das Problem bis zu welchem Erforschungsstand man gehen muss, um sagen zu können, welcher Salzstock oder welche Endlagervariante besser geeignet ist. Im konkreten Fall des Salzstocks Gorleben ergibt sich die Frage, ob man die Erforschung von Gorleben so lange aussetzen soll, bis ein zweiter Salzstock soweit erforscht ist, dass er auf dem gleichen Forschungsstand wie Gorleben ist. Nur bei gleichem Erforschungsstand lassen sich zwei mögliche Endlagerstandorte miteinander vergleichen. Dazu muss man sich fragen, wie lange dauert es, bis man bei einem zweiten Salzstock denselben Erforschungsstand wie bei Gorleben erreicht hat? Muss man dafür noch einmal 20 Jahre veranschlagen oder wäre es in der Hälfte der Zeit zu schaffen, was immerhin auch noch 10 Jahre sind? Wenn man aber die Untersuchungen am Salzstock Gorleben fortsetzt, dauert es natürlich bei einem zweiten Salzstock entsprechend länger, bis dieser einen gleichen Erkundungsstand erreicht hätte. Außerdem ist es nicht eindeutig definiert, was es bedeutet, besser geeignet zu sein. So erscheint es günstiger auf einen Vergleich gänzlich zu verzichten, obwohl die Variante mit dem Vergleich sehr öffentlichkeitswirksam ist. Stattdessen sollten von Seiten der politischen Entscheidungsträger sehr klare, genau definierte Sicherheitsanforderungen an ein Endlager gestellt werden. Danach sollte man ein Endlager wählen, das diesen Anforderungen entspricht. Falls sich herausstellen sollte, dass der Salzstock Gorleben nicht als Endlager geeignet ist, oder dass ein politischer Konsens gefunden werden sollte, den Salzstock Gorleben nicht als Endlager zu benutzen, dann sollte man ihn dennoch weiter untersuchen und als Versuchsendlager einrichten. Durch das Einstellen der geotechni-
Schlussbetrachtungen
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schen Untersuchungen im Bergwerk Asse im Jahr 1993, dem Erforschungsstopp in Gorleben im Jahr 2000 und auch die Einstellung weiterer Forschungen in der Schachtanlage Konrad entstand ein Forschungsstillstand in der Endlagerforschung in Deutschland. Dieser Rückstand muss dringend wieder aufgeholt werden. Die bisherigen Untersuchungen des Salzstocks Gorleben haben gezeigt, dass der größte Teil der Ergebnisse allgemeingültigen Wert hat.
Endlich Schluss In den vorhergehenden Kapiteln wurde versucht darzulegen, dass die Endlagerung von radioaktiven Stoffen von Seiten der Naturwissenschaften und der Ingenieurwissenschaften gelöst werden kann, obwohl es für Gorleben einen Untersuchungsstopp von 10 Jahren gab und ein Versuchsbergwerk für die Ingenieurwissenschaften 20 Jahre lang gefehlt hat. Ein Teil dieser Defizite konnte durch die Lösung der Probleme in den Endlagern Asse und Morsleben kompensiert werden. Einige ingenieurwissenschaftliche Institute haben sich ein »Privatbergwerk« gemietet, um Großversuche durchführen zu können. Allgemeingültige Techniken konnten auch mit dem Auffahren der Schächte und Strecken in Gorleben bis zum Jahr 2000 erworben werden. Ein großes Problem stellt sich immer noch für eine politische/soziologische Lösung, denn bisher ist ein überparteilicher Konsens noch nicht gefunden. Die politische Geschichte wurde in den vergangenen Jahren nur von zwei Historikern aufgearbeitet, von denen einer z. T. sehr kritisch betrachtet wird, weil er einer politischen Partei angehört. Als Geologe kann man nicht die Arbeit eines Historikers leisten, dennoch kann man die wesentlichen Fakten auflisten und zeigen, wer zu welchem Zeitpunkt der Entscheidungsprozesse die politische Verantwortung in Deutschland trug (s. Tab. 5.1). Der Leser möge sich seine eigene Meinung bilden. Der Autor hat versucht, so objektiv wie möglich zu sein, nur in einem Punkt war es unerlässlich die eigene Meinung einzubringen. Die Quellensuche umfasste das Studium von etwa 20 000 Seiten an Publikationen, die zunächst auf etwa 10 000 reduziert wurden, um dann auf den Umfang dieses Buches konzentriert zu werden. Die Auswahl aus dieser Fülle spiegelt aber letztendlich doch die Meinung des Autors wider.
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Tabelle 5.1 Übersicht über wichtige Ereignisse der Endlagersuche
Ereignis
Regierungsparteien
1965 1967 1971 1973 1974
CDU / CSU und FDP CDU / CSU und SPD SED (DDR) SPD und FDP SPD und FDP
1974 1975 1976 1977 1977 1978 1979 1981 1983 1983 1986 1992 1993 1994 1998 1999 2000 2002 2002 2008 2010 2010
Kauf der Asse Beginn Einlagerung in Asse von LAW Probeeinlagerung in Morsleben Beginn Einlagerung in Asse von MAW Beginn Bau des Schachtes Asse IV, V Ende 1976 Beginn der Suche nach einem Entsorgungszentrum Beginn der Untersuchungen in Konrad Gleisanschluss zur Asse Erste Warnung zur Stabilität der Asse Entscheidung für Gorleben Stopp Einlagerung in Asse Beginn Untersuchungen von Gorleben Beginn Einlagerung in Morsleben Beginn der Schachtabteufung in Gorleben Richtlinie des BMI zur Endlagersicherheit Dauergenehmigung zur Einlagerung in Morsleben Anhörung zur Genehmigung von Konrad Stopp der Versuche in Asse Einlagerung in Morsleben Stopp der Einlagerung in Morsleben Einsetzen von AkEnd Untersuchungsstopp Gorleben Genehmigung von Konrad Bericht des AkEnd Entwurf der Richtlinie des BMU Veröffentlichung der Richtlinie des BMU Vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben, Ende des Untersuchungsstopps Gorleben
SPD und FDP SPD und FDP SPD und FDP SPD und FDP SPD und FDP SPD und FDP SPD und FDP SED (DDR) CDU / CSU und FDP CDU / CSU und FDP SED (DDR) CDU / CSU und FDP CDU / CSU und FDP CDU / CSU und FDP SPD und Bündnis 90 / Die Grünen SPD und Bündnis 90 / Die Grünen SPD und Bündnis 90 / Die Grünen SPD und Bündnis 90 / Die Grünen SPD und Bündnis 90 / Die Grünen CDU / CSU und SPD CDU / CSU und FDP CDU / CSU und FDP
Schlussbetrachtungen
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Anhang
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Atommüll wohin?
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Atommüll wohin?
Abbildungsnachweis 1.1: nach AkEnd (2002): Arbeitskreis Auswahlverfahren für Endlagerstandorte, Köln 2.1: gemeinfrei 2.2 bis 2.10: aus Stierstadt (2010): Atommüll – wohin damit? Frankfurt. 3.1: Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie © LBEG, 2007 3.2, 3.5, 3.6, 3.7, 3.9, 3.12, 3.13, 3.14, 3.18, 3.19, 3.20, 3.21, 3.22: © BGR Hannover 3.3, 3.10: aus Lunardini (1995) 3.4, 3.8: aus v. Koenigswald (2002): Lebendige Eiszeit. Klima und Tierwelt im Wandel, Darmstadt 3.11: nach Zentrum für Meeres- und Klimaforschung der Universität Hamburg 2001. 3.15, 3.16, 3.25: aus Zeil (1990): Allgemeine Geologie, Stuttgart. 3.17: P. Palm, Berlin 3.23, 3.24: aus Ziegler (1990): Geological Atlas of Western and Central Europe. Amsterdam, New York 3.26: nach Trusheim (1957) 3.27: aus Rothe (2010): Gesteine, Darmstadt. 4.1: aus Rothe (2012): Die Geologie Deutschlands, Darmstadt. 4.2, 4.3, 4.8, 4.9, 4.15, 4.16, 4.18 bis 4.24: © BGR Hannover 4.5: verändert nach: Benedikt Seidl – wikimedia commons 4.25, 4.26: ©DBE TECHNOLOGY GmbH in Peine 4.7, 4.11, 4.12: © Bundesamt für Strahlenschutz Salzgitter BFS 4.10, 4.15. 4.17: umgezeichnet vom Autor 4.14: © Gesellschaft für Reaktorsicherheit GRS
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Register Aachen 141 Abdeckgesteine 53 Abfall (radioaktiver) 22, 24, 68, 103, 148 Abfallbehandlung 24 Abkühlbecken (Abklingbecken) 24 Abraumsalz 78, 80, 94 Absaufen 107, 112 f AkEnd = Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte 9, 10, 25, 49 ff, 64, 96, 146 Aktivität (seismische) 51 f, 70, 83, 85, 126, 146 Aktualitätsprinzip 26, 31 Allertal 113 ff Alpenvorland 70, 74 Alphastrahlen 18 f Aluminium 66 Amerika 66 ANDRA = Agence nationale pour la gestion des déchets radioactifs (Frankreich) 68 Anhydrit 75 ff, 87, 91, 94, 104, 133, 136, 139 Antarktis 28, 33 f, 36, 40, 43, 47 Argon 29 Arktis 44 f, 80 Asse 88, 97, 99, 102 f, 105 ff, 114, 120, 133, 139, 143, 148 ff Assekat 109 Atlantik 33, 115 Atom 11 ff, 16, 18 ff, 29, 49, 66 Atomkraftrastermikroskop 16 Atommüll 7, 9, 16, 23 f, 50, 52 f, 57 f, 68, 74, 91, 97, 107, 109, 120, 129, 147 Ausschlusskriterien 51, 64 f, 146 f Bad Segeberg 87 Baden Württemberg 54, 74, 90 Ballungsräume 147 Barium 17, 22 f Barrentheorie 77 Barriere 49 f, 50 f, 90, 92, 97 f, 148 ff Bartensleben 118 ff Basalt 48, 60 f Base 75 f Bayern 54, 64, 74 Beendorf 119 Bentonit 93 Bergamt 63, 105, 108, 119 Bergbau 30, 32, 63, 78, 89 f, 95, 102, 105 f, 108, 119 f, 125, 131, 145, 147, 150 Bergwerk 50 f, 88, 92 f, 105 ff, 112 f, 119 ff, 125, 127 ff, 132, 152 Berlin 54, 129 Beryllium 17 Betastrahlen 18 ff
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Bewertungskriterien 65 Biozone 31 Blei 29 Blindschacht 106, 112 Bohrlochvermessungen (geophysikalische) 69 Brandenburg 54, 64, 74, 91, 129 Braunkohle 31, 43, 68 Braunschweig 86, 99, 102, 122 f Broistedt 123, 125 Brucitzement 113 Brunhes 33 Brünkendorf 130 Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) 58, 96, 112, 120 Bundesanstalt für Bodenforschung (BFB) 89, 106 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 58, 68, 89, 96, 106, 121, 128, 132, 141 f Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) 97, 112, 120, 141, 143, 147, 150 Buntsandstein 81, 86, 99, 102 ff, 108, 114, 146 Caesium 17 Calbe 114, 127 Calvörde 91, 104, 145, 148, 150 Castor 24 Celle 114 Chloride 75 Clausthal-Zellerfeld 141 Cromer 34 Cyanobakterien 79 Dänemark 80 Dannenberg 129 DDR 89 f, 113, 119 f, 132, 153 Dendrochronologie 28 Deutsche Gesellschaft für den Bau und Betrieb von Endlagern (DBE) 141 f Deutsches Zentrum für Umwelt Gesundheit (HMGU) 109 Diagenese 67 f, 115 Dichte 48, 82 f, 96, 128, 139 f Differentiation 60 f Diffusion 48, 92, 128 Diskordanz 84, 102 Dogger 74, 127 Dömnitz 34 Donau 54, 64, 74 Drenthe 34 Durchlässigkeit 48, 50, 53, 55 f, 67, 91 ff Durchlässigkeitsbeiwert (Kf-Wert) 48, 53
Edelsalz 78 f, 82 f, 87, 91, 95, 144, 146 Eem 33 f, 140 Einlagerungsbereich 51, 144 Eis 28, 32, 35, 39 ff, 45 Eisbohrkern 32 Eisen 66 f, 128 Eisenerz 123 f, 127 f Eisensulfidknollen 68 Eiszeit 32 ff, 39 ff, 44 ff, 49, 136 f, 139 f, 148 Eiszeitalter 33, 44, 46, 80 Ekliptik 36 Elbe 54, 64, 104, 129 f Elektron 12 ff, 18, 20, 23 Elektronenmikroskop 16 Elektronenvolt 20 Element 9, 13 f, 16 f, 20, 22 ff, 32, 50, 59, 66 f, 78, 92 Elm 99 Elsass 82 Elster 33 f, 39, 42, 45, 136 f, 140, 148 Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) 89, 120 Endlagerbereich 50 f, 57, 92, 127 Endlagersystem 51 Energie 11, 14, 16, 19 f, 30, 32, 49 Entsorgungskommission (ESK) 112 Eozän 82 Erdbeben 49, 52, 54, 70, 146 Erdgaslagerstätte 53 Erdöllagerstätte 53 Erosion 42, 49, 90, 136, 148, 150 Erz 50, 123 f, 125, 128 Evaporation 77 Evaporite 77, 79 Exzentrizität 36
Gips 48, 75, 77 ff, 87, 90 ff, 146 Gipshut 87, 90, 105, 119, 135 ff, 145 Gitter 59 Glaskokillen 24, 97 Glazial 33, 35, 45 Gletscher 28, 32, 39, 41, 43, 46, 83 Gneis 48, 53, 56 ff, 62f, 65, 91 f, 96 Gorleben 9, 45, 89 ff, 96 f, 129 ff, 136 ff, 148, 150 ff Goslar 102, 108 Graben 86, 118 Granit 26, 48, 53, 56 ff, 91 f, 94, 96, 149 Granitoid 61 Graphit 17 Greifswald f 119 Grönland 28, 32 f, 35, 39 ff, 43 Grundwasser 41, 43, 47 ff, 53, 64, 75, 87, 89 f, 92, 126, 131, 137 ff, 145 f Grundwasseralter 53 Grundwasserleiter 47 f Gülze-Sumte 91, 150
Fallstein 99 Flechtinger Höhenzug 99, 102, 114, 130 Fließgeschwindigkeit 48, 128, 140 Fluide 78 Frankfurt 141 Fränkische Alb 70 Fuhne 34 Fukushima 25, 141
Hahn, Otto 16 Halbwertszeit 22 f, 25, 29 Halit 75, 79 Halokinese 43, 83, 131 Hamburg 54, 86, 129 Hannover 54, 58, 86, 89, 108 Harz 63, 86, 99, 147 Harzvorland 99 ff, 114 f, 123 Hebungsrate 51 Heeseberg 99 Helmholtz Zentrum 59, 109 Helmstedt 113 Hildesheimer Wald 123 Hochradioaktiver Müll (HAW) 23, 119, 129, 149 Höfer 89 Holozän 28, 33 f Holstein 33, 34, 140 Huy 99 Hydrogeologie 47, 49, 53, 113, 127, 132, 137, 139 f Hydrologie 47, 65, 70, 132 Hydroxidionen 66
Gammastrahlen 16, 18 ff, 24 Gartow 129 Gasausbruch 107, 139 Gauss 33 Gebirgsbereich (einschlusswirksamer) 51, 53 Gebirgsbildung (variszisch) 63 Geophysik 63, 69, 131 Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) 49, 141 Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) 59, 106, 128
Ingersleben 113 Interglazial 33, 35 Intergovernmental o Panel on Climate Change (IPCC) 45 f Interministerielle Arbeitsgruppe Entsorgungszentrum (IMAK) 89 International Atomic Energy Agency (IAEA) 49 International Nuclear Safety Engineering (nse) 141 Internationale Atom-Energie-Organisation (IAEO) 49
Register
171
Internationale Kommission zur Stratigraphie (ICS) 32 Internationale Union zur Quartärforschung (Inqua) 32 Interstadial 33, 36 Intervall 33 ff Ion 12, 75 ff Isolierung 25 Isotop 13, 17, 20 ff, 25, 31 f, 139 Jahresschichten 28 Jerxheim 99 Jod 17 Jülich 109 Jura 68, 70, 74, 80, 82, 86, 102, 115, 123 ff, 128, 133, 135, 146 Kalium 29, 66, 108 Kalk 32, 48, 56 f, 61, 67, 75 ff, 79, 83, 99, 125, 127, 146 Kalkspat 75 f, 83 Kaltzeit 33 ff, 40, 42 f, 45, 140 Kalzium 66 Karbonate 75, 78 f, 139 Karlsruhe 22, 141 Kern 12 ff, 20 ff, 103, 105, 119 Kernkraft 16, 22 Kernkraftwerk 16, 22, 24, 119 Kernspaltung 16 f Kettenreaktion 17 f Keuper 81, 86, 99, 103, 114 f, 117, 125, 127, 133, 146 Kleinvahlberg 105 Klima 31 f, 35 f, 43, 44, 78, 80 Klimaschwankungen 31, 35 f Kluft 47 f, 56 f, 61 f, 92 ff, 103, 108, 113, 127 Kluftwasserleiter 47, 146 Kohlendioxid 45, 76 Kohlensto ff 13, 22, 29 Kompaktion 66 Konkretionen 67 Konrad 93, 97, 122f, 125 ff, 128, 144 f, 148 f, 152 ff Kreide 68, 70, 74, 80, 86, 99, 102, 115, 117f, 123 ff, 133, 135f, 140, 146 Kristall 59, 75, 78 Kristallin 58f, 65, 74, 89 ff, 94 ff, 147 Kriterien (geowissenschaftliche) 50 Krypton 17, 22 Ladung 12, 16 Langzeitsicherheit 25, 49, 97 f, 121, 140, 143, 145 Lanthan 23 Lappwald 113 ff, 117
172
Atommüll wohin?
Lauge 75, 78 f, 95 f, 105, 107 ff, 113, 120, 139 f, 145 Laugeneinbruch 105, 107, 120, 139, 145 Lausitz 43, 63, 65 Leitfossil 28 Lengede 123 Lias 74, 115, 117, 146 Licht 14 f, 18 Lichtenhorst 88 f Lösung 47, 48, 50, 75 ff, 87, 92, 94 ff, 107 ff, 118, 121, 139 ff Lothringen 123 Lüchow 129 Lüneburger Heide 47, 129 Magdeburg 54, 64, 91, 99, 120 Magma 60 f, 93 Magnesium 66, 78, 108, 113 Malm 82, 123, 128, 133, 140, 146 Mammutsteppe 39 Mantel 60 Marienborn 113 Marine Isotope Stages (MIS) 34 Marsch 46 f Masse (kritisch) 17 Massenzahl 13, 17, 20, 22 Matuyama 33 Mecklenburg-Vorpommern 54, 74, 91, 129 f Meeresspiegel 46 f, 80, 99 Meeresspiegelschwankungen 41 Meeresströme 33 Lise Meitner 16 Mergel 47 f, 53, 56 f, 67, 99, 125, 146 Metamorphose 60, 65, 67 Milankovic-Zyklen 35 f Mineral 48, 50, 59 ff, 66 f, 74 f, 83, 92 ff, 139 Minette 123 Mittel radioaktiver Müll (MAW) 103, 106 ff, 119, 153 Mitteldeutschland 63 Mittelgebirge 39, 45, 63 Mittellandkanal 122 Moräne 32, 43, 45, 47 Morsleben 89, 97, 113 f, 118 ff, 133, 143 f, 148 ff, 152 f Multibarrierenkonzept 97 München 54, 59, 109 Muschelkalk 81, 99, 103, 114, 125, 127, 133, 146 NAGRA = Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Schweiz) 68 Natrium 12 f, 66, 76, 108 Natriumchlorid 74 Natronlauge 75 Naturschutz 64, 88 f, 97, 141, 147
Naturschutzgebiete 64 Neandertaler 41 Neodym 23 Neu-Ulm 146 Neumeyer 40 Neutron 12 f, 15 ff Neutronenstrahlen 18 f Niedersachsen 27, 54, 74, 81, 86, 88 f, 91, 113, 129 Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) 132 Nordamerika 33, 36 Norddeutschland 30, 32, 35, 39, 43 f, 46, 74, 81, 83 ff, 91, 115, 130, 137, 146 Nordeuropa 36, 39 Nordhalbkugel 33, 35 f Nordhessen 80, 93 Nordrheinwestfalen 90 Nordsee 46 f, 80, 86 Nukleon 12 f, 15 Nuklid 22, 50 Nunavut 40 Oberrheintalgraben 52, 70 f, 82 Oktaeder-Schicht 66 Oligozän 82, 133 Ooide 123 Oolith 123, 125, 127 f Opalinuston 146 Orbitale 15 Orthogneise 60 Ostdeutschland 70, 90, 150 Ostfriesland 91 Ostsee 46 f Panama 33 Pangäa 115 Paragneise 60 Peine 123 f, 128 Periglazial 39 Perm 70, 72, 80, 102 Permafrost/Dauerfrost 43 ff Permeabilität 48 pH-Wert 75 f Pleistozän 33, 35 Plutonit 60 f Plutonium 9, 22 f, 109, 112 Polen 80 Pollen 31 Pollux 24, 107 Porenvolumen 48, 67, 83 Potential (hydraulisches) 48 Potsdam 54, 74 Präzession 35 f Projektgruppe Jülich 109
Proton 12 ff, 18, 20 ff Quartär 27, 30, 32 ff, 63, 86, 125 f, 131, 133, 136 ff, 145 f Radioaktivität 9, 24 f Radionuklide 50 Rambow 130 f, 133 Randsenke 84 f, 133, 136, 140 Reaktor 17 f, 49, 97, 141, 147 Remlingen 99 Ronnenberg 108 Röntgenstrahlen 14, 18 Rosslau 114 Röt 102 ff Rotliegendes 80 f, 90, 104, 133, 146 Rubidium 17, 20, 29 Rückholung 97 f, 106, 112 f, 120 Rudow 131 Ruhme 34 Rupelton 137 Saale 33 f, 39 f, 45, 140 Sachsen-Anhalt 54, 64, 74, 91, 113, 120, 129 Salinar 79 ff, 90, 99, 102, 104, 108, 115, 118 f, 133, 136, 139 Salinenkrebs 79 Salz 9 43 ff, 47, 53, 55 ff, 66f, 74 ff, 112 ff, 130 ff Salzablagerung 26, 57, 77 ff, 82 ff, 118 Salzbeton 121, 143 Salzdiapir 84, 86 Salzgitter 106, 122 ff, 127 f Salzsäure 75 f Salzstock 9, 43 ff, 58, 74, 82 ff, 94 ff, 102, 105, 108, 118 ff, 125, 127, 129 ff Salztektonik 83, 99, 125 Salzton 67, 80, 104, 133, 139, 146 Sattel 102 ff, 112, 118 f, 136 Sauerstoff 13, 32, 66, 79 Sauingen 122 Säure 75 f Schacht 92, 97, 99, 103, 105 ff, 110, 112 ff, 118 ff, 127, 132, 136, 139, 147 f, 152 f Schale 14 f, 32 Schiefergebirge 147 Schiefergebirgstektonik 147 Schieferung 68, 70, 147 Schleswig Holstein 54, 80 f, 91 Schmelzwasserrinne 42 f, 45 Schöningen 107 Schutzfluid 108, 112 Schwäbische Alb 70, 148 Schwach radioaktiver Müll (LAW) 24, 103, 106, 109, 119, 128 f, 149, 153 Schwerin 54, 74
Register
173
Sediment 28, 60, 65 f, 76 f, 80, 82 ff, 115, 118, 125 f, 135 f, 145 Seismik 70, 90, 113, 127, 142, 150 Silikatschicht 66 Silizium 66 Skandinavien 40 Sockelstörung 83, 133 Sohle 95, 105 ff, 109, 112, 120, 132, 143 Solling 87, 91, 145, 148, 150 Sorelbeton 113, 143 Sorption 48, 50, 66, 91 ff Spaltneutron 16 f Spaltprodukt 18, 22 f, 109, 112 Spaltung 16 f, 22 f Spannung 45, 57 f, 94, 108 Sprung 125 Stadial 33, 36 Stadium 33, 45, 78 Stauchmoränen 43, 45 Steinsalz 53, 56 ff, 74 ff, 90 ff, 99, 102 ff, 108, 112, 115, 119, 121, 131 ff, 136 ff Stickstoff 29, 131, 139 Störungszone (aktive) 51 f, 146 Strahlenschutzkommision (SSK) 109, 112 Strahlung (radioaktive) 9, 18 ff Fritz Strassmann 16 Stratigraphie 27 f, 30, 32, 34 f, 104 Strecke 92 f, 95, 105, 113, 132, 136, 139, 143, 152 Strontium 17, 20, 29 Subkommission Quartärstratigraphie (SQS) 32 Subrosion 43 ff, 87, 118, 131, 136, 140, 145 Südamerika 33, 128 Süddeutschland 39 f, 46, 63, 68, 74, 81 Südpol 33, 40 Suspension 66 Tektonik 47, 49, 83, 86 f, 91, 99, 102, 115, 117 f, 125, 147 Temperatur 29 ff, 34 ff, 43 ff, 48, 53, 58 ff, 67 ff, 76, 79 f, 83, 91 ff, 107, 139 f, 143 Tertiär 47, 68, 70, 72, 82, 86, 91, 118, 125 f, 133, 135 ff Tetraeder-Schicht 66 Teutoburger Wald 86 Thetis 80, 115 Thiede 123, 125 Thorium 9, 17, 20, 29 Thüringen 54, 80, 90, 96, 147 Ton 47 ff, 53, 56 ff, 65 ff, 77, 80, 83, 86 ff, 93 ff, 104, 125, 127 f, 136 ff, 144 ff, 148 ff Toneisensteingeoden 67 Tonkalksteingeoden 67 Tonmineral 48, 66 f, 91 Torf 31
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Atommüll wohin?
Toxizität 9 Transgression 126 Transport 24, 28, 48, 66, 76, 109, 128, 148, 150 Transurane 23 Trias 70, 80 f, 90, 99, 104, 114 f, 117 f, 135, 146 Trinkwassereinzugsgebiet 88 Tschernobyl b 25 Tundralandschaft 39 Uelzen 129 Unterbreizbach 96 Uran 9, 13 ff, 20, 22 f, 29, 109, 112 Uranspaltung 17 Vechelde 123, 125 Vereisung 33 ff, 39, 41, 43 ff, 47, 121 Verfestigung 58, 67 f, 70, 120 Verformung 43, 49, 57 f, 65, 83, 94, 96 Verlorene Beton Abschirmung (VBA) 109 Versuchsendlager 57, 102, 106, 151 Vertikalbewegungen 51 Verwitterung 65 f Vietze 130 Viskosität 48 Vorläufige Sicherheitsanalyse für Gorleben (VSG) 141 Vostok 31, 40 Vulkanismus 49, 54, 146 Vulkanit 60 f, 146 Wacken 34 Waddekath 91, 148, 150 Wahn 88 f, 91, 150 Wärmeleitfähigkeit 43, 45, 50 Warmzeit 33 ff, 43, 45, 139 f Warthe 34 Warventon 28 Wasserlöslichkeit 75 f, 97, 150 Wasserstoff 13 ff, 75, 91 Weesen-Lutterloh 88 Weferlingen 114 f, 117 f Weichsel 33 f, 39 ff, 44 f Wellen 14, 18, 66, 70 Wendeburg 123 Wendland 129 Werra 87, 91, 93, 104, 119 Weserbergland 86 Westfalen 54, 74, 86, 145, 150 Wiehengebirge 86 Wirtsgestein 49 ff, 53, 56 f, 61, 66, 93 ff, 132, 149 Wittenberge 63, 129 Wolfenbüttel 99, 107 Wollsackverwitterung 61 Wüste 77 ff
Xenon 17, 36 Yttrium 17 Zechstein 80, 82, 86 f, 90, 99, 102 ff, 108, 112, 114 f, 117, 133 Zeitmessung (geologische) 27 ff
Zerfall (radioaktiver) 20 ff, 29, 32 Zerfallskonstante 20 ff, 29 Zerfallsreihe 22, 29 Zweibarrierensystem (natürliches) 97 Zwischenahn 91, 150 Zwischeneiszeit 33 f Zwischenlagerung 24, 88
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