Arrians Indiké: Eine Untersuchung der Darstellungstechnik 3447112824, 9783447112826

Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert verfasste Flavius Arrianus eine Geschichte Alexanders d.Gr. (Anabasis); dieser s

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German Pages 316 [325] Year 2019

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Title Pages
Inhalt
Vorwort
Einleitung
Zu den gängigen textkritischen Editionen der Indiké
Zu den Kommentaren zur Indiké
Zu den Übersetzungen der Indiké
1. Kapitel: Anabasis und Indiké
Der Aufbau der Indiké
Die beiden Proömien der Anabasis
Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké
Exkurs: Grundlagen zum Aufbau des Paráplous-Teils der Indiké
Die Querverweise der Indiké zur Anabasis
2. Kapitel: Arrian und seine Quellen
Die Quellen der Anabasis
Arrians Auswahlkriterien für seine Quellen
Die Quellen der Indiké
Arrians Auseinandersetzung mit der πίστις seiner Quellen
Der quellenkritische Exkurs der Anabasis
Der quellenkritische Exkurs der Indiké
Arrians Kritik an Megasthenes
Nearch, die einzige Quelle Arrians im Paráplous
Die Zitate im Paráplous
Die Funktion der Zitate in der Indiké
3. Kapitel: Alexander und Nearch
Der strukturelle Aufbau der Anabasis
Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Anabasis
Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Indiké
Der strukturelle Aufbau des Paráplous
Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous
Die Frage nach der Gattung der Indiké
4. Kapitel: Nearch und Alexander
Die εὐσέβεια Alexanders
Exkurs: Alexanders Opfer in Ind. 18,11f.
Die εὐσέβεια Nearchs
Die εὐτυχία Alexanders
Schlachtdarstellungen in Anabasis und Indiké
Die Charakteristik des Nearch im Paráplous
Die Darstellung von Emotionen in Anabasis und Indiké
Das πόθος-Motiv
Die Appendix der Indiké (§43)
5. Kapitel: Arrian und Homer
Homerreminiszenzen in der Anabasis
Homerreminiszenzen in der Indiké
Homerisches Wortmaterial in der Indiké
Homeranspielungen in der ἐκβολή
Homeranspielungen im Paráplous (I)
Exkurs: Die in Anabasis und Indiké eingelegten Reden
Homeranspielungen im Paráplous (II)
Zusammenfassung und Ergebnis
Anhang A: Vergleich der Auftretenshäufigkeit von Präpositionenin Anabasis und Indiké
Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké
Literatur
Index locorum
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Arrians Indiké: Eine Untersuchung der Darstellungstechnik
 3447112824, 9783447112826

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Henning Schunk

Arrians Indiké Eine Untersuchung der Darstellungstechnik

PHILIPPIKA

Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures 135

Harrassowitz Verlag

© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11282-6 - ISBN E-Book: 978-3-447-19906-3

P H I L I P P I K A

Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures

Herausgegeben von /Edited by Joachim Hengstl, Elizabeth Irwin, Andrea Jördens, Torsten Mattern, Robert Rollinger, Kai Ruffing, Orell Witthuhn 135

2019

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11282-6 - ISBN E-Book: 978-3-447-19906-3

Henning Schunk

Arrians Indiké Eine Untersuchung der Darstellungstechnik

2019

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11282-6 - ISBN E-Book: 978-3-447-19906-3

Bis Band 60: Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen. Dieses Werk ist die überarbeitete Dissertation, die an der Philipps-Universität Marburg im Fachbereich 10 – Fremdsprachliche Philologien unter gleichlautendem Titel eingereicht und am 09. Februar 2018 verteidigt wurde.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http://dnb.dnb.de.

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter http://www.harrassowitz-verlag.de © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISSN 1613-5628 ISBN 978-3-447-11282-6 e-ISBN 978-3-447-19906-3

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parentibus

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Inhalt Vorwort .....................................................................................................................................

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Einleitung .................................................................................................................................. Zu den gängigen textkritischen Editionen der Indiké ................................................... Zu den Kommentaren zur Indiké ................................................................................... Zu den Übersetzungen der Indiké ..................................................................................

3 7 8 8

1. Kapitel: Anabasis und Indiké ............................................................................................... Der Aufbau der Indiké .................................................................................................... Die beiden Proömien der Anabasis ................................................................................ Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké................................................................. Exkurs: Grundlagen zum Aufbau des Paráplous-Teils der Indiké ............................... Die Querverweise der Indiké zur Anabasis ....................................................................

11 11 12 22 31 34

2. Kapitel: Arrian und seine Quellen ....................................................................................... Die Quellen der Anabasis................................................................................................ Arrians Auswahlkriterien für seine Quellen .................................................................. Die Quellen der Indiké .................................................................................................... Arrians Auseinandersetzung mit der πίστις seiner Quellen .......................................... Der quellenkritische Exkurs der Anabasis...................................................................... Der quellenkritische Exkurs der Indiké .......................................................................... Arrians Kritik an Megasthenes ........................................................................................ Nearch, die einzige Quelle Arrians im Paráplous .......................................................... Die Zitate im Paráplous................................................................................................... Die Funktion der Zitate in der Indiké ............................................................................

51 52 54 58 67 74 75 85 89 92 106

3. Kapitel: Alexander und Nearch ........................................................................................... Der strukturelle Aufbau der Anabasis............................................................................ Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Anabasis........................................ Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Indiké ............................................ Der strukturelle Aufbau des Paráplous .......................................................................... Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous ......................................................... Die Frage nach der Gattung der Indiké ..........................................................................

111 112 118 125 129 133 141

4. Kapitel: Nearch und Alexander ........................................................................................... Die εὐσέβεια Alexanders .................................................................................................. Exkurs: Alexanders Opfer in Ind. 18,11f. ...................................................................... Die εὐσέβεια Nearchs ....................................................................................................... Die εὐτυχία Alexanders ....................................................................................................

149 150 151 154 155

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VIII

Inhalt

Schlachtdarstellungen in Anabasis und Indiké.............................................................. Die Charakteristik des Nearch im Paráplous ................................................................. Die Darstellung von Emotionen in Anabasis und Indiké ............................................. Das πόθος-Motiv .............................................................................................................. Die Appendix der Indiké (§43) .......................................................................................

157 162 166 170 179

5. Kapitel: Arrian und Homer.................................................................................................. Homerreminiszenzen in der Anabasis ............................................................................ Homerreminiszenzen in der Indiké ................................................................................ Homerisches Wortmaterial in der Indiké....................................................................... Homeranspielungen in der ἐκβολή ................................................................................. Homeranspielungen im Paráplous (I) ............................................................................ Exkurs: Die in Anabasis und Indiké eingelegten Reden ............................................... Homeranspielungen im Paráplous (II) ..........................................................................

189 190 198 199 202 206 210 214

Zusammenfassung und Ergebnis .............................................................................................

241

Anhang A: Vergleich der Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké .............................................................................................................

247

Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké .............................................................

277

Literatur .....................................................................................................................................

283

Index locorum ...........................................................................................................................

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Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die für den Druck leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertationsschrift, die im Wintersemester 2017/18 vom Fachbereich Fremdsprachliche Philologien der Philipps-Universität Marburg angenommen wurde. Danken möchte ich vor allem meiner Doktormutter, Frau Prof. Dr. Sabine Föllinger, die diese Arbeit in ihrer Entstehung stets interessiert und hilfsbereit begleitet und mit ihren konstruktiv-kritischen Anmerkungen bereichert hat. Ebenfalls zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Prof. Dr. Kai Ruffing (Universität Kassel), der sich zur Übernahme des Korreferates bereit erklärte. Dank schulde ich außerdem den Herausgebern für die Aufnahme der Arbeit in ihre Reihe Philippika – Altertumswissenschaftliche Abhandlungen sowie Frau Dr. Barbara Krauß und Frau Ulrike Melzow vom Harrassowitz Verlag für die freundliche und kompetente Betreuung bei der Drucklegung. Der abschließende Dank gilt meinen Eltern. Ihnen ist dieses Buch gewidmet – eine verschwindend geringe Gabe in Anbetracht dessen, was sie für mich getan haben. Naumburg, im August 2019 Henning Schunk

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Einleitung ἔστι μὲν οὖν ὁ ἀνὴρ οὐδενὸς τῶν ἄριστα συνταξαμένων ἱστορίας δεύτερος (Phot. bibl. 92,72b 40f.). Dieser Autor wird von keinem der besten Historiographen übertroffen. Mit diesen Worten beginnt Photios, der Patriarch von Konstantinopel, sein abschließendes Urteil über Arrian (92,72b 40−73a 30); zuvor hatte er dessen Parthiká (58,17a 28–b 10), die Alexandergeschichte inklusive der Indiké (91,67b 23–68b 41) und die Diadochengeschichte (92,69a 1–72b 39) gelesen und in Auszügen wiedergegeben. Arrian brilliere, so Photios, durch konzise Darstellung und störe nirgends durch unpassende Abschweifungen oder Parenthesen den kontinuierlichen Gang der geschichtlichen Erzählung. Mehr noch in der Fügung der Wörter als in der Wortwahl bevorzuge er das Neue; seine Darstellung werde dadurch äußerst klar und deutlich. Arrians Stil zeichne sich durch Klarheit, Wohlklang und den Gebrauch wohlgerundeter Wendungen aus: eine Mischung aus Geschmeidigkeit und Erhabenheit. Deutlichkeit im Ausdruck erreiche er damit, dass seine Sprachneuerungen nicht lediglich an den Haaren herbeigezogene Neubelebungen antiquarischen Vokabulars seien, mit denen gewöhnliche Wörter ersetzt würden; Deutlichkeit in der Werksgestaltung bewirke er durch die Ausstattung, Anordnung und methodische Zusammensetzung der Erzählung. Um der Deutlichkeit willen bevorzuge Arrian einfache Perioden, ohne dabei in die Niederungen des genus humile abzugleiten. Desweiteren lobt Photios den maßvollen und variativen Gebrauch rhetorischer Stilmittel, wobei er Arrians kunstvolle Verwendung der Ellipse besonders herausstreicht. Er schließt seine Ausführungen mit den Worten: καὶ ἁπλῶς, εἴ τις κατ' αὐτὸν ἐπὶ τοὺς ἱστορικοὺς ἀναχθείη λόγους, πολλοὺς καὶ τῶν ἀρχαίων ἴδοι τῆς αὐτοῦ τάξεως ἱσταμένους ταπεινότερον (Phot. bibl. 92,73a 27–30). Kurz gesagt: Bei einem Vergleich mit anderen Historiographen kann man feststellen, dass viele klassische Autoren ihm in der Komposition nicht ebenbürtig sind. Ein ähnliches Lob des Arrianischen Stils, wie es Photios in seinem Myriobiblon ausspricht, finden wir in Eduard Nordens Überblickswerk zur antiken Kunstprosa: „Arrian hat mit unerreichter Virtuosität die ἀφέλεια Xenophons und die γλυκύτης Herodots kopiert ohne dabei albern oder widerwärtig zu werden […]. Sein der Vergangenheit angehöriger (seit Traian freilich wieder populärer) Stoff läßt die μίμησις τῶν ἀρχαίων nirgends unangenehm empfinden. Die Wahl des herodoteischen Dialekts in der Ἰνδική mit ihrem vielen Wunderbaren läßt auf feines stilistisches Gefühl schließen“ (Norden, I 394f.). Mit einem Abstand von etwa zehn Jahrhunderten wird von zwei ausgesprochenen Kennern der Stilistik antiker Autoren der Ausdrucksweise Arrians damit wertschätzende Anerkennung gezollt. Da verwundert es nicht wenig, wenn Otto Lendle in seiner, im Ganzen fraglos ausgezeichneten, Einführung in die griechische Geschichtsschreibung äußert: „Flavius Arrianus (etwa 95−175 n. Chr.) verfaßte […] eine ›Beschreibung Indiens‹, deren zweiter Teil (17.6−42.10) als eine leider öfter stark gekürzte, manchmal auch durch

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Einleitung

eigene Einschübe erweiterte, in der Regel aber fast wörtliche Abschrift des Fahrtberichtes anzusehen ist (F1), den Nearchos unter dem (nicht sicher rekonstruierbaren) Titel ›Paraplus von Indien‹ veröffentlicht hatte“ (Lendle, 165).1 Arrian, ein Autor, dessen überragendem Stilwillen und herausragender Kompositionstechnik Beifall gespendet wird, soll in seiner Indiké ganze Passagen aus seiner Quelle Nearch beinahe wortwörtlich abgeschrieben haben? Dieses Verdikt wird umso fragwürdiger, wenn wir berücksichtigen, dass gerade der Indienkampagne Alexanders, die nur einen kurzen Abschnitt (Frühjahr 327 bis Sommer 325) des Alexanderzuges ausmachte, in Arrians Darstellung des makedonischen Heeresmarsches ein doch recht breiter Raum zugestanden wird: Fast ein Viertel der Anabasis (An. 4,22,3−6,20) thematisiert den Indienfeldzug; zusätzlich verfasste Arrian noch die Indiké. Diese Konzentration unseres Autors auf eine kurze Etappe des Alexanderzuges ist auffällig. Erklären lässt sie sich teilweise durch die exotische Natur des Materials, das Arrian diesbezüglich in seinen Quellen vorfand. Andererseits – und, im Hinblick auf Arrians Alexanderbild in der Anabasis, noch wichtiger − brachte der Indienfeldzug Alexander zum ersten Mal über die Grenzen des Perserreiches hinaus und ließ in seinem Kopf die Möglichkeit der Weltherrschaft entstehen.2 Spätestens mit der Neuherausgabe der Fragmente der griechischen Historiker durch Felix Jacoby, im Speziellen der Bände II B (1929) und II D (1930), in denen unter #133 die Textfragmente des Nearchos von Kreta zusammengetragen und kommentiert sind, lässt sich in der gräzistischen Forschungsliteratur die angesprochene Kompilationsthese finden. Vor allem Wilhelm Capelle und Otto Seel sind als die federführenden Multiplikatoren der These zu erwähnen. So behauptet Seel, Arrian habe sich bei der Einarbeitung des Originalwerks des Nearch (das ihm, wie er in An. 5,5,1 selbst angibt, vorlag) im Wortlaut eng an die Schrift des Flottenadmirals Alexanders gehalten; und zwar „so eng und treu, daß wir zweifellos dessen (scil. des Nearchs) eigenen Bericht, freilich verkürzt, aber mit nur geringen Änderungen und wenigen, meist deutlich erkennbaren Zusätzen Arrians, vor uns haben“ (Seel, 67). Capelle zufolge hat Arrian seine Vorlage nicht bloß inhaltlich referiert, sondern sogar weitgehend exzerpiert, „ohne Eigenes oder Fremdes von Belang irgendwie einzumischen“ (RE 16,2 [1935] c.2136), „auf langen Strecken nahezu wörtlich“ (Capelle, 1950, 52).3 Die Kritik an Arrian blieb aber nicht auf dessen Indiké beschränkt, sondern wurde im Zuge der analytischen Quellenforschung auch auf dessen Anabasis ausgeweitet; hier ist v.a. Ernst Kornemann zu nennen, der in Arrian sogar nichts weiter als einen einfachen Kompilator sehen will.4 Gegen eine kompilatorische Arbeitsweise Arrians (zumindest in der Anabasis) erhob erstmals Hermann Strasburger das Wort: „Arrian fühlt sich als eigenständiger Historiker und muß auch von uns als solcher behandelt werden. Wenn sein allbekanntes im Prooemium dargelegtes quellenkritisches Prinzip […] den Anforderungen moderner Forschung nicht genügt […], so ändert dies […] doch nichts daran, daß er […] als Historiker durchgreifend und selbständig gearbeitet hat“ (Strasburger, 1944, 8). Die Rehabilitierung Arrians als Historiker mit eigener Zielsetzung und Methodik erfolgte, wenigstens was die Anabasis betrifft, aber erst mehr als ein Vierteljahrhundert später durch die wegweisenden Arbeiten von beispielsweise Stadter und Bosworth. Die Indiké allerdings hat bis

1 2 3 4

(F1) im abgedruckten Zitat bezieht sich auf das erste Fragment des Nearch in Jacobys FGH II B, 681−707. Vgl. Mensch/Romm, 375. So auch Jacoby in FGH II D, 449. Kornemann versucht in seiner Alexandergeschichte des Königs Ptolemaios I. von Ägypten auf Basis der Anabasis Arrians das in der Überlieferung verloren gegangene Werk des Ptolemaios zu rekonstruieren.

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Einleitung

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heute beim Versuch der Ehrenrettung Arrians als „vollwertiger" Historiograph kaum Zuwendung erfahren. Unser Ziel wird es daher sein, die in der gräzistischen Forschung gewonnenen Erkenntnisse über das historiographische Arbeiten Arrians in der Anabasis auch für die Indiké – im Speziellen den Paráplous-Teil − nachzuweisen. Dazu werden wir ausgewählte Abschnitte aus Anabasis und Indiké herausgreifen, einer sorgfältigen Interpretation unterziehen und in Beziehung zueinander setzen. Ziel ist es, unter verschiedenen Blickwinkeln aufzuzeigen, dass Anabasis und Indiké aufs Engste miteinander verknüpft sind. Indem wir nachweisen, dass Arrians literarisches Wirken in beiden Werken identisch ist, können wir obendrein in Form einer reductio ad absurdum5 die Kompilationsthese widerlegen – steht diese doch im eklatanten Widerspruch zur communis opinio über Arrians literarische Arbeitsweise in der Anabasis: „Arrian could operate on his sources with considerable freedom […]. He selected material at will and combined it to present an artistically satisfying whole. As far as the actual sense goes, he does not seem to have altered the data of his sources, but the original order and emphasis are altered. […] He may be dependent on his sources for material, but he rises above them and creates a literary work that is wholly his own. […] The presentation is his own and it must be treated as such” (Bosworth, 1988, 60). Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Thema in fünf Kapiteln, die jeweils als zusammengehörige Einheiten konzipiert sind; die Unterteilung mit Zwischenüberschriften dient v.a. als Orientierungshilfe für den Leser. Als leitender Gedanke wird die zu widerlegende Kompilationsthese die einzelnen Themenbereiche unserer Abhandlung vorgeben und als deren Bindeglied fungieren; gleichwohl liegt das Hauptaugenmerk unserer Untersuchung auf der Würdigung des literarischen Vorgehens Arrians als Historiograph. Im ersten Kapitel werden wir zeigen, dass sich die in den beiden Proömien der Anabasis von Arrian entworfene Programmatik für die Alexandergeschichte auch auf die Indiké bezieht. Zudem werden wir die zahlreichen Querverweise zwischen beiden Werken hinsichtlich ihrer intratextuellen Verortung, ihres Inhalts und ihrer Funktion untersuchen. Wir werden herausarbeiten, dass Anabasis und Indiké eine untrennbare Einheit bilden und eine Beschäftigung mit der Indischen Geschichte, die methodisch korrekt sein soll, nicht ohne Einbeziehung der Alexandergeschichte stattfinden darf. Das zweite Kapitel wird Arrians Quellennutzung thematisieren. Wir werden darin auf Basis des Arrianischen Textes untersuchen, nach welchen Prinzipien unser Autor Quelleninformationen in die Anabasis einfließen lässt und auf welche Art von ihm Quellenkritik betrieben wird. Unsere aus der Anabasis gewonnenen Ergebnisse werden wir auf die Indiké anwenden und demonstrieren, dass sich Arrians Quellennutzung in der Indiké nicht von der in der Anabasis unterscheidet. Darüber hinaus werden wir im Besonderen den Paráplous-Teil, d.h. den zweiten Werksteil der Indiké dahingehend analysieren, wie Arrian seine einzige Quelle für diesen Abschnitt seiner Schrift, Nearch, zitiert, welche Informationen von ihm als Zitate gegeben werden und an welchen Stellen des Textes Zitate zu finden sind. Dabei werden wir durch Vergleich einzelner Passagen des Paráplous mit Parallelüberlieferungen bei Strabon und Doubletten in der Anabasis zeigen, dass selbst die von Arrian explizit als Nearchzitate kenntlich gemachten Pas5

Da das Originalwerk des Nearch nicht erhalten ist und nur einige wenige Abschnitte daraus durch andere Quellen überliefert sind (Nearch wird überhaupt nur von vier Autoren zitiert: Arrian, Strabon, Philostratos, „who probably never saw his book” [Stadter, 1980, 22949], und Plinius.), kann und muss sich unsere Beweisführung fast nur am Text Arrians vollziehen.

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Einleitung

sagen – soweit wir es in Ermangelung der Originalpublikation Nearchs beurteilen können − stets der Darstellungsintention Arrians unterworfen sind. Ausgehend von Arrians Äußerung, seine Indiké sei – neben der Anabasis − ein weiteres Werk über Alexander, werden wir uns im folgenden Kapitel der Frage nach dem Protagonisten des Paráplous widmen (Dies ist insofern wichtig, als dass die Kompilationsthese stets mit der Behauptung, der Paráplous diene der Selbstdarstellung Nearchs, einhergeht.). Dazu werden wir Arrians Darstellungstechnik in der Anabasis untersuchen und mit der im Paráplous vergleichen. Wir werden herausarbeiten, dass sich die hodologische Grundstruktur und die Fokussierung auf den Protagonisten in beiden Werken am Vorbild der Anabasis des Xenophon orientieren. Auch werden wir darlegen, dass es sich bei Nearch nur um den vermeintlich alleinigen Protagonisten des Paráplous handelt: Über weite Strecken des Textes ist nämlich Alexander − für dessen Figur Arrian die in der Anabasis etablierte Darstellungsweise auch im Paráplous verwendet − der Hauptakteur der Handlung. Im Anschluss an die Frage nach dem Protagonisten werden wir uns noch mit der Frage nach der Gattungszugehörigkeit der Indiké beschäftigen. Während im vorhergehenden Kapitel die Protagonistenfrage allein in Hinblick auf kompositorische Aspekte des Textes erörtert wurde, wird sie im vierten Kapitel auf der Basis motivischer Elemente weiterverfolgt. Wir werden zeigen, dass die von den Vertretern der Kompilationsthese gepriesenen „seelischen Stimmungsbilder“ Nearchs nicht dessen innerer seelischer Anteilnahme an den selbsterlebten Ereignissen entspringen, sondern dem literarischen Wirken Arrians. Zudem werden wir darlegen, dass es nicht – wie behauptet wird − Nearch selbst ist, der sich im Paráplous als „geborener Führer“ präsentiert, sondern Arrian seinem Handlungsakteur diese Rolle zukommen lässt, indem er auf dessen Figur die meisten Qualitäten, die die Charakterisierung der Figur Alexanders in der Anabasis ausmachen, in reduzierter, weniger perfekter Form überträgt. In diesem Zusammenhang werden wir auch das πόθος-Motiv, mit dem bestimmte Handlungen Alexanders von Arrian in Anabasis und Indiké motiviert werden, untersuchen und uns eingehender mit dem Schlusskapitel der Indischen Geschichte auseinandersetzen. Das fünfte Kapitel schließlich widmet sich Arrians Homerreminiszenzen in Anabasis und Indiké. Wir werden aufzeigen, dass in der Alexandergeschichte die Charakterisierung des Protagonisten Parallelen zu denen Homerischer Helden, im Speziellen zu Achill, aufweist und Arrian bestimmten Episoden durch wörtliche Anspielungen auf Homer eine epische Färbung verleiht. Wir werden nachweisen, dass in der Indiké ebenfalls zahlreiche Homerreminiszenzen zu finden sind (Besonders häufig in den Kapiteln des Paráplous, die die Vertreter der Kompilationsthese zweifelsfrei Nearch glauben zuweisen zu können.) und in konsequenter Weise eine Parallelisierung der Figur des Nearch mit dem Homerischen Odysseus vollzogen wird. Dass die Homeranspielungen Arrian zuzuschreiben sind und nicht auf seine Quelle(n) zurückgehen, werden wir ebenso deutlich machen, wie den Grund für die vielen Reminiszenzen: Wie die Anabasis entsprechend ihrem zweiten Proömium als eine zweite Ilias verstanden werden will, so will Arrian die Indiké als eine zweite Odyssee verstanden wissen. Abschließend werden wir die in unserer Untersuchung gewonnenen Ergebnisse detailliert zusammenfassen und die Kompilationsthese widerlegen. Bisweilen nutzen wir in unserer Untersuchung die deskriptive Statistik als empirisches Instrumentarium, um − losgelöst von der subjektiven Wahrnehmung − quantifizierende Urteile über kategorial wohldefinierte Phänomene zu erhalten. Vor allem bei umfangreicherem Datenmaterial ist dies sinnvoll, da die wesentlichen Eigenheiten eines Untersuchungsgegenstands in Form von Tabellen und Grafiken klar und verständlich dargestellt und leicht überblickt werden

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Zu den gängigen textkritischen Editionen der Indiké

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können.6 Wir verstehen die deskriptive Statistik als ein unverzichtbares Hilfsmittel für unsere qualitativen Forschungsmethoden – sie dient aber stets nur als Ergänzung zu diesen.

Zu den gängigen textkritischen Editionen der Indiké7 – Felix Jacoby hat in seine Fragmentsammlung der griechischen Historiker (Band II B) den Text des Paráplous des Nearch aufgenommen (Es handelt sich damit nur um eine Teiledition der Indiké.). Als Grundlage seiner textkritischen Edition dienten ihm neben den wichtigsten Codices und der zweisprachigen lateinisch-griechischen Ausgabe des Humanisten Bonaventura Vulcanius (Genf 1575) v.a. die Ausgaben von Nicolaus Blancardus = Nikolaas Blankaart (Amsterdam 1668), Friedrich Schmieder (Halle 1798), Rudolph Hercher (Leipzig 1854), Friedrich Dübner (Paris 1846), Alfred Eberhard (Leipzig 1885), Luigi Castiglioni (Pisa 1911) und die Fragmentsammlung der Geographi graeci minores von Karl Müller (2 Bd., Paris 1855/1861). – Die Edition von Pierre Chantraine, zuerst erschienen in Paris 1928, ist heute zumeist in der zweiten Auflage von 1952 in Gebrauch. Chantraine konstituiert seinen Text auf Basis der wichtigsten (auch jüngeren) Codices sowie der Ausgaben von Vittore Trincavelli (Venedig 1535), Bonaventura Vulcanius (Genf 1575), Nikolaas Blankaart (Amsterdam 1668), Jakob Gronow (Leiden 1704), Georg Raphel (Amsterdam 1757), Rudolph Hercher (Leipzig 1854), Alfred Eberhard (Leipzig 1885) und den von Wilhelm Tomaschek (SAWW 121 [1890] 1‒88) vorgeschlagenen Konjekturen. – Der Text von Edgar I. Robson (London 1933) druckt die Handschrift A aus dem 12./13. Jh., auf die alle übrigen Handschriften zurückgehen, fast diplomatisch genau ab.8 – Die Überarbeitung des Textes von Antoon G. Roos (Leipzig 1928) durch Gerhard Wirth im Jahre 1968 ist als die maßgebliche kritische Textedition anzusehen. Der gedruckte Text konstituiert sich, wie bei Jacoby und Chantraine, auf Basis der wichtigsten Codices und Editionen der Neuzeit. Ein besonderes Charakteristikum stellt die Tatsache dar, dass die „immer scharfsinnigen, oft kühnen Emendationen“ (Wirth/von Hinüber, 1139) Rudolph Herchers mit besonderer Vorliebe in den Text eingeflossen sind. – Brunt (Cambridge 1983) gibt mit Ausnahme von sechs textkritischen Eingriffen lediglich den Text von Roos/Wirth wieder.9 – Biffis Text (Bari 2000) ist auf Basis der kritischen Apparate von Chantraine, Roos/Wirth und Jacoby konstituiert, gibt dem Leser allerdings keinen kritischen Apparat an die Hand, sondern begründet den edierten Text nur im Kommentarteil.10

6 Vgl. Bol, Georg, Deskriptive Statistik. Lehr- und Arbeitsbuch, München/Wien 62004, 3−30 und Burkschat, Marco et al., Beschreibende Statistik. Grundlegende Methoden, Berlin/Heidelberg 2004, 3−26. 7 S. diesbezüglich auch unsere Literaturliste S. 283f. 8 Vgl. Wirth/Hinüber, 1139. 9 Vgl. Brunt, vii. 10 Vgl. Biffi, 2000, 31.

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Einleitung

Zu den Kommentaren zur Indiké11 Im Gegensatz zu Arrians Anabasis, die seit ihrer ersten Edition in der Neuzeit durch Vittore Trincavelli (Venedig 1535)12 zahlreiche, v.a. historisch-geographische Kommentierungen13 erfahren hat − stellvertretend sei hier nur das umfassende Werk von Albert B. Bosworth (Oxford 1980 u. 1995) genannt −, hat die Indiké relativ wenig Kommentierung erfahren. In den älteren Textausgaben von z.B. Jakob Gronow (Leiden 1704), Georg Raphel (Amsterdam 1757) oder Friedrich Schmieder (Arriani Historia Indica, Halle 1798)14 finden sich etliche, zumeist philologische Anmerkungen. Daneben weisen die meisten (aktuellen) Übersetzungen des Textes, wie z.B. die drei maßgeblichen von Chantraine (frz.), Brunt (engl.) und von Hinüber (dt.), zahlreiche Stellenkommentare auf, jedoch handelt es sich dabei in aller Regel um Sacherklärungen sowie historische und geographische Erläuterungen zum Text. Einen knappen philologischen Kommentar, wenigstens zum Paráplous des Nearch, bietet Felix Jacoby (FGH II D, 445–468);15 dieser dient v.a. der Erklärung seiner Textedition. Die in jüngerer Zeit entstandenen Kommentare von Nicola Biffi (Bari 2000) und Cristiano Dognini (Alexandria 2000) beschränken sich bis auf einige wenige Ausnahmen auf die historische bzw. historisch-geographische Erklärung der Indiké.

Zu den Übersetzungen der Indiké16 Die Zahl der Übersetzungen, die Arrians Indiké im Laufe der Jahre erfahren hat, ist groß, aber doch überschaubar. An dieser Stelle soll es genügen, einige wichtige, bisher noch nicht genannte Übersetzungen anzuführen. Die erste (nachweisbare) Translation ins Lateinische erfolgte bereits im Spätmittelalter (also noch vor der neuzeitlichen editio princeps) etwa um 1435 durch Pietro Paolo Vergerio d.Ä. als Geschenk für den Kaiser Sigismund von Luxemburg. Sie liegt heute nur noch als Einzelmanuskript in der französischen Nationalbibliothek vor. Die für lange Zeit wirkungsträchtigste Übertragung des Werks ins Lateinische erledigte der flämische Humanist Bonaventura Vulcanius im Jahre 1575; zugrunde liegt ihr die griechische Textedition des Nikolaus Gerbel von 1539. Die erste Übersetzung ins Deutsche stammt von Georg Raphel (Hamburg 1710) und erschien somit früher als die Erstübersetzungen ins Französische (1790) und Englische (1797); was die Übertragung in europäische Sprachen betrifft, erschien damit lediglich die italienische Erstübersetzung (1558) früher als die deutsche. Die Zahl der deutschen Übersetzungen

11 Siehe diesbezüglich auch unsere Literaturliste S. 283ff. 12 Diese Edition beinhaltet die Indiké als achtes Buch der Anabasis. 13 Als einige wichtige (Schul-)Kommentare sollen die kommentierten Textausgaben von Karl Wilhelm Krüger (2 Bd., Berlin 1835/1848), Karl Sintenis (2 Bd., Leipzig 1849) und Gottlob Hartmann (2 Bd., Jena 1856) Erwähnung finden; auch der geographische Kommentar von Peter O. van der Chijs (Leiden 1828) soll genannt sein. 14 Hierbei handelt es sich um die erste eigenständige Edition der Indiké. 15 Neu überarbeitet und ergänzt von Whitby im Brill’s New Jacoby Online; als Textgrundlage des Kommentars, soweit es Arrian als Quellenautor betrifft, dienen die Ausgaben von Jacoby (bzw. Müllers Fragmentsammlung) und Brunt. 16 Siehe diesbezüglich auch unsere Literaturliste S. 284f.; dort sind auch die neueren Übersetzungen der Indiké in europäische Sprachen aufgeführt.

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Zu den Übersetzungen der Indiké

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der Indiké nahm im 19. Jh. merklich zu; als ein Grund dafür kann die Tatsache angeführt werden, dass Arrian damals zum Schulautor avancierte. Exemplarisch sollen für diese Zeit nur die Translationen von Heinrich Dörner (Stuttgart 1832) und Karl Cless (Berlin 1865) Erwähnung finden. Die letzte maßgebliche Übersetzung ins Deutsche verfertigte Wilhelm Capelle (Zürich 1950); sie wurde schließlich durch die Translation von Oskar von Hinüber 1985 abgelöst.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké Der Aufbau der Indiké Mit Arrians Indischer Geschichte haben wir ein Werk vor uns, das dichotomen Charakter besitzt. So haben die ersten siebzehn Kapitel eine landeskundliche Betrachtung Indiens zum Inhalt und werden von Arrian selbst in Ind. 17,7 als ἐκβολή (Exkurs) bezeichnet; der größere zweite Teil (Kapitel 18–43) schildert den Paráplous (d.h. die Fahrt entlang einer Küste) des Nearch: Unter dessen Oberkommando war von September 325 bis Februar / März 3241, nachdem Alexander das Heer in Indien geteilt hatte und selbst den einen Heeresteil auf dem Landweg nach Persien führte, die Rückführung des zweiten großen Truppenkontingents per Schiff vollzogenen worden; diese Seereise hatte, wie es Ind. 32,11 zu entnehmen ist, v.a. auch Expeditionscharakter. Der strukturelle Aufbau der Indiké stellt sich folgendermaßen dar: §§1–17: Landeskundlicher Exkurs (ἐκβολή)2 §§1–6: Das Land der Inder §1: Die Lande westlich des Indus §§2–3,8: Die Grenzen Indiens und dessen Maße §§3,8–4,16: Die indischen Flüsse §§5,1–6,3: Exkurs zur Glaubwürdigkeit von Nachrichten über Indien §§6,4–9: Die Gründe des Flusshochwassers §§7–9: Geschichte Indiens §§7–9: Die Geschichte der Könige §§7,5–8,3: Dionysos §§8,4–9,8: Herakles §§10–17: Menschen und Tiere Indiens §10: Bestattung, Städte, Sklaven §§11–12: Die sieben Kasten §§13–14: Elefanten und die Jagd auf diese §15: Andere ungewöhnliche Tiere §16: Kleidung und Bewaffnung §17: Weitere ungewöhnliche Fakten und Gebräuche

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Vgl. Bucciantini, 2002, 49. Anders als der Paráplous-Teil der Indiké, der eine klare Strukturierung durch Arrians Hand aufweist (s. unten S. 129–133), ist der landeskundliche Exkurs großenteils weniger gut untergliedert, sondern arbeitet oft mit Assoziationsketten. – Das Strukturschema folgt für den Teil der ἐκβολή weitestgehend Stadter, 1980, 118.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

§§18–43: Paráplous des Nearch §§18–20: Überleitung: Ereignisse vor der Abfahrt und Flussfahrt in Indien §§21–22: Ausfahrt aus dem Indus und Fahrt entlang der Arabiten-Küste §§23–25: Fahrt entlang der Oreiten-Küste §§26–31: Fahrt entlang der Fischesser-Küste §§32–37: Fahrt entlang der Küste Karmaniens §§38–40,5: Fahrt entlang der Küste Persiens §§40,6–42,4: Fahrt entlang der Küste Susiens §42,5–10: Flussfahrt auf dem Pasitigris und Ankunft §43: Anhang: Arabien Das Werk selbst ist im Unterschied zu Arrians übrigen Schriften, die sich alle samt des attischen Griechisch bedienen, bewusst in ionischem Dialekt verfasst und stellt sich damit, wie wir im Fortgang noch aufzeigen werden, in die historiographische Tradition des Herodot. Die Indiké darf zwar – und hier greifen wir unserer Ausführung voraus – als ein eigenes opusculum Arrians verstanden werden, jedoch ist sie so eng mit der Anabasis verknüpft, dass sie inhaltlich nur im Zusammenhang mit dieser verständlich wird.3

Die beiden Proömien der Anabasis Dem Zusammenhang zwischen Anabasis und Indiké wollen wir uns jetzt näher widmen. Arrian gibt dem Leser an drei Stellen seiner Anabasis Informationen zu seinem schriftstellerischen Schaffen: im Proömium, in Buch 1,12,1–5 und im Schlusskapitel 7,30,3. Die beiden letztgenannten Passagen sind dabei als Ergänzung seiner Vorrede (An. Proöm. 1–3) zu lesen; dort schreibt Arrian: 4 (1) Πτολεμαῖος ὁ Λάγου καὶ Ἀριστόβουλος ὁ Ἀριστοβούλου ὅσα μὲν ταὐτὰ ἄμφω περὶ Ἀλεξάνδρου τοῦ Φιλίππου συνέγραψαν, ταῦτα ἐγὼ ὡς πάντῃ ἀληθῆ ἀναγράφω, ὅσα δὲ οὐ ταὐτά, τούτων τὰ πιστότερα ἐμοὶ φαινόμενα καὶ ἅμα ἀξιαφηγητότερα ἐπιλεξάμενος. Ptolemaios, der Sohn des Lagos, und Aristobulos, der Sohn des Aristobulos, haben die Geschichte Alexanders des Großen geschrieben. Das, was sie beide übereinstimmend aufgezeichnet haben, gebe ich in meiner Darstellung als vollkommen wahrheitsgetreu wieder, wo sie sich jedoch unterscheiden, habe ich jeweils das ausgesucht, was mir als glaubwürdiger erschien und zugleich auch in höherem Maße der Überlieferung wert. (Übersetzung: Wirth/von Hinüber)5 (2) ἄλλοι μὲν δὴ ἄλλα ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου ἀνέγραψαν, οὐδ' ἔστιν ὑπὲρ ὅτου πλείονες ἢ ἀξυμφωνότεροι ἐς ἀλλήλους· ἀλλ' ἐμοὶ Πτολεμαῖός τε καὶ Ἀριστόβουλος πιστότεροι ἔδοξαν ἐς 3 4 5

Zuerst von Schwarz, 1975b, 260 richtig erkannt. Der griechische Text folgt, soweit nicht anders angegeben, stets der Ausgabe von Wirth. Soweit nicht anders angegeben folgt in der kompletten Abhandlung die Übersetzung der einzelnen Passagen aus Anabasis und Indiké stets der Ausgabe von Wirth/von Hinüber; auf eine jeweilige explizite Kenntlichmachung wird daher im Folgenden verzichtet. Die Rechtschreibung der Übersetzung wurde vom Verfasser aktualisiert.

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Die beiden Proömien der Anabasis

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τὴν ἀφήγησιν, ὁ μὲν ὅτι συνεστράτευσε βασιλεῖ Ἀλεξάνδρῳ, Ἀριστόβουλος, Πτολεμαῖος δὲ πρὸς τῷ ξυστρατεῦσαι ὅτι καὶ αὐτῷ βασιλεῖ ὄντι αἰσχρότερον ἤ τῳ ἄλλῳ ψεύσασθαι ἦν·6 ἄμφω δέ, ὅτι τετελευτηκότος ἤδη Ἀλεξάνδρου ξυγγράφουσιν [ὅτε] αὐτοῖς ἥ τε ἀνάγκη καὶ ὁ μισθὸς τοῦ ἄλλως τι ἢ ὡς συνηνέχθη ξυγγράψαι ἀπῆν. Tatsächlich hat eine Menge Leute über Alexander Widersprüchliches aufgezeichnet, ja es gibt keine Persönlichkeit, in Bezug auf die jemals mehr oder einander widersprechendere Autoren geschrieben haben. Indes scheinen mir Ptolemaios und Aristobulos in ihren Darstellungen glaubwürdiger als die anderen, der eine, Aristobulos, weil er an der Seite seines Königs Alexander den ganzen Feldzug mitmachte, der andere, Ptolemaios, weil es zusätzlich dazu, dass er Teilnehmer des Zuges war, für ihn als König größere Schande als für jeden anderen bedeuten musste, zu lügen. Überdies schreiben ja beide erst in der Zeit nach Alexanders Tod. So fielen für sie Zwang oder Vorteile fort, die sich daraus ergaben, die Dinge anders darzustellen, als sie sich wirklich zugetragen hatten. (3) ἔστι δὲ ἃ καὶ πρὸς ἄλλων ξυγγεγραμμένα, ὅτι καὶ αὐτὰ ἀξιαφήγητά τέ μοι ἔδοξε καὶ οὐ πάντῃ ἄπιστα, ὡς λεγόμενα μόνον ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου ἀνέγραψα. ὅστις δὲ θαυμάσεται ἀνθ' ὅτου ἐπὶ τοσοῖσδε συγγραφεῦσι καὶ ἐμοὶ ἐπὶ νοῦν ἦλθεν ἥδε ἡ συγγραφή, τά τε ἐκείνων πάντα τις ἀναλεξάμενος καὶ τοῖσδε τοῖς ἡμετέροις ἐντυχὼν οὕτω θαυμαζέτω. Einiges gibt es auch in anderen Quellen, das mir ebenfalls der Erwähnung wert und keineswegs als ganz unglaubwürdig erschien. Dies jedoch habe ich lediglich als Berichte über Alexander mit aufgenommen. Sollte indes sich jemand wundern und fragen, was ich mir dabei versprochen haben könnte, wenn angesichts einer derart großen Zahl bereits vorhandener Autoren auch mir in den Sinn kam, folgende Darstellung zu verfassen, so möge er seine Verwunderung aufheben, bis er nach Durcharbeitung von all deren Werken zu meinen Ausführungen gelangt ist. In der antiken Historiographie, begonnen von ihren Anfängen bis hin in Byzantinische Zeit, galt das Proömium zu einem Geschichtswerk als ein formales Element eben dessen und hatte bestimmte, genau definierte topoi aufzuweisen: den Namen des Autors, seine Methodik, den Hinweis auf die Wichtigkeit seines Werkes resp. des zu Grunde liegenden Stoffes sowie die Rechtfertigung darüber, warum das Werk veröffentlicht wird.7 Im Vorwort zur Anabasis finden sich drei dieser topoi wieder. Zum einen das Thema: Ἀλέξανδρος ὁ Φιλίππου. Dieses wird zwar nur indirekt genannt, jedoch findet sich der Name Alexanders in der kurzen Passage gleich fünfmal, so dass der Gegenstand der historiographischen Abhandlung augenfällig wird. Zum anderen 6

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Nach Wirth/Hinüber, 779 könnte der Satz als Zweifel Arrians an Integrität und Absicht seiner Hauptquelle gedeutet werden. Bosworth, 1980, 43 dagegen erfasst Arrians Argument richtig: Es gäbe keinen Grund dafür, so führt er aus, dass Arrian den königlichen Status des Ptolemaios nicht als Begründung für die Nutzung von dessen Werk für die Anabasis ins Feld geführt haben sollte. Arrian behaupte ja schließlich nicht, dass es in Ptolemaios’ Darstellung überhaupt keine Unwahrheiten gegeben hätte, sondern gebe nur zu verstehen, dass Ptolemaios darauf aus gewesen sei, eine Blamage zu vermeiden, die sich für ihn daraus ergeben hätte, wenn eine Unwahrheit in seiner Darstellung entdeckt worden wäre. Darüber hinaus sei Ehrlichkeit als Kardinaltugend eines Herrschers, so Bosworth, im Hellenistischen und Römischen Kontext sowieso ein beliebter Stereotyp gewesen. – Vgl. diesbezüglich auch den Tadel Alexanders an seine Soldaten in An. 7,5,2: οὐ γὰρ χρῆναι οὔτ' οὖν τὸν βασιλέα ἄλλο τι ἢ ἀληθεύειν πρὸς τοὺς ὑπηκόους, οὔτε τῶν ἀρχομένων τινὰ ἄλλο τι ἢ ἀληθεύειν δοκεῖν τὸν βασιλέα. Vgl. Stadter, 1980, 60.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

äußert sich Arrian zu seiner Methodik der Bearbeitung des Stoffes, d.h. nach welchen Prinzipien er das Material aus den ihm vorliegenden Quellen auswählt und welche Gründe für die Bevorzugung seiner beiden Hauptquellen bestehen. Ptolemaios und Aristobul wurden deswegen von ihm aus der Masse der Alexanderhistoriker ausgewählt, weil sie sich von den anderen Schriftstellern dadurch unterschieden, dass sie sowohl am Feldzug Alexanders teilgenommen (ξυστρατεῦσαι), als auch erst nach dessen Tod darüber geschrieben hätten (τετελευτηκότος ἤδη Ἀλεξάνδρου ξυγγράφουσιν): das verleihe ihnen Glaubwürdigkeit. Natürlich hätten auch andere Quellen, die Arrian als λεγόμενα (Vulgata) zusammenfasst, gelegentlich nicht gänzlich Unglaubwürdiges zu berichten (οὐ πάντῃ ἄπιστα) und seien deshalb − an geeigneter Stelle − erzählenswert (ἀξιαφήγητά); Arrians erste Wahl seien aber stets Ptolemaios und Aristobul, die aber, sofern sie Unterschiedliches berichten, gegeneinander im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit abzuwägen seien. Aus Arrians Methodikdarstellung ergibt sich damit nun auch indirekt der dritte topos des Proömiums: die Rechtfertigung der Veröffentlichung. Zwar erweckt Arrian den Anschein, als überließe er es dem Leser zu entscheiden, was sein Werk von all der anderen Alexanderliteratur unterscheide (§3), jedoch bietet er textintern zahlreiche Stichworte, die eine Antwort auf diese Frage ermöglichen. So hat er nicht nur sämtliche Werke gesichtet (Aus τά τε ἐκείνων πάντα τις ἀναλεξάμενος zu schließen, das zwar auf den Leser gerichtet ist, aber sicherlich als wichtiger Teil seiner historiographischen Arbeitsweise anzusehen ist.), sondern auch auf Basis der von ihm beschriebenen Methoden ausgewertet und in sein Buch eingearbeitet. Seine Publikation unterscheidet sich nun von den anderen dahingehend, dass sie der Wahrheit (ἀλήθεια < ταῦτα ἐγὼ ὡς πάντῃ ἀληθῆ ἀναγράφω / αἰσχρότερον ἤ τῳ ἄλλῳ ψεύσασθαι ἦν / ὁ μισθὸς τοῦ ἄλλως τι ἢ ὡς συνηνέχθη ξυγγράψαι ἀπῆν) und Glaubwürdigkeit (πίστις < τὰ πιστότερα / πιστότεροι / οὐ πάντῃ ἄπιστα) verpflichtet ist. Erst auf der Grundlage der beiden Säulen Wahrheit und Glaubwürdigkeit ergibt sich für ihn nämlich die Erzählenswürdigkeit (ἀξιαφηγητότερα / ἀξιαφήγητά).8 Wie Wiseman, 136f. festgestellt hat, verbindet Arrian damit zwei Konzepte antiker Historiographie: die ἱστορία, d.h. die Recherche und die damit auch verbundene Verantwortungsübernahme für die Ergebnisse des Nachforschungsprozesses durch den Autor, sowie die ἀφήγησις, d.h. die reine Erzählung, die sich eher durch die Erzählkunst als durch die Richtigkeit des Berichteten auszeichnet.9 Wie wir gesehen haben, vermittelt Arrian mit Ausnahme der expliziten Darstellung seiner Methodik in seinem Vorwort die topoi dem Leser eher implizit.10 Einen vermeintlich wichtigen topos unterlässt er jedoch ganz und gar: die Nennung des eigenen Namens und den Rekurs auf sich selbst. Doch hinter sein Werk tritt Arrian damit keineswegs zurück. Vielmehr ist der Autor dem Leser stets gegenwärtig: In beinahe jedem Satz des Proömiums finden sich Personalpronomen der ersten Person. Damit wird der Autor als „force behind the whole“ (Stadter, 1980, 61) präsent. Arrian scheint, wie schon bei den topoi „Thema“ und „Rechtfertigung“, also auch hier 8 Vgl. Stadter, 1980, 61; Kornemann, 18; Bosworth, 1980, 16; Wiseman, 135ff. 9 Der ἱστορία verpflichtet sind neben Herodot die großen Historiker der klassischen Antike wie Thukydides, Polybios und Tacitus, als Vertreter der ἀφήγησις kann Diodor gelten, der im Vorwort seiner Universalgeschichte die Geschichtsschreibung als Zweig der Redekunst auffasst, bei dem sich Berichtetes und literarischer Ausdruck harmonisch entsprächen (Diod. 1,2,7); vgl. Wiseman, 136. 10 Der topos „Methodik“ ist für Arrian der bedeutendste; dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er sein Werk nicht mit dem eigenen Namen, sondern den Namen seiner beiden Hauptquellen beginnen lässt. Dieser Punkt bedarf dann auch einer ausführlichen Erklärung, da sein methodisches Vorgehen für das Altertum, soweit wir wissen, einmalig ist.

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Die beiden Proömien der Anabasis

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mit der Erwartungshaltung des Lesers zu spielen. Dieses Spiel offenbart sich nicht zuletzt auch gerade darin, dass er ganz zu Anfang, d.h. an prominentester Stelle seines Werkes, nicht den eigenen Namen setzt, sondern seine beiden Hauptquellen namentlich nennt. Um zu verstehen, wie tief Arrian mit seinem Werk verwurzelt ist, sollte ergänzend zum Vorwort An. 1,12,1–5 gelesen werden: das sog. zweite Proömium. In Kapitel 12 berichtet Arrian, wie Alexander auf seinem Zug durch Kleinasien das sog. Grab des Achill besucht; er schreibt: (1) Berichten zufolge aber hat Alexander Achill gepriesen, weil ihm in Homer ein Verkünder seines Ruhmes bei der Nachwelt zuteil geworden sei. (2) Und in der Tat, nicht ohne Grund konnte Alexander Achilles glücklich preisen, ist für ihn, ganz im Gegensatz zu seinem anderweitig so großen Glück, doch hier die Lücke nie ganz gefüllt worden und hat man seine Taten nie der Menschheit so kundgetan, wie sie es verdienten, dies weder in Form historischer noch epischer Darstellung. Von Alexander sang man noch in keinem Lied, obwohl auf diese Weise selbst ein Hieron, Gelon und Theron verherrlicht wurden und viele andere, die in keiner Hinsicht ihm auch nur von ferne ähnlich waren. So kommt es, dass Alexanders Taten weit weniger bekannt sind als die kümmerlichen Quisquilien einer früheren Zeit. (3) Ja, es ist sogar jener Zug der Zehntausend mit Kyros gegen den Perserkönig Artaxerxes, das, was Klearchos und die anderen, die man mit diesem zusammen fing, erlitten, wie auch ihr Rückmarsch unter Führung Xenophons gerade wegen dieses Xenophon weit bekannter bei den Menschen als ein Alexander mit all seinen Leistungen. (4) Und dies, obwohl Alexander seine Kriege ganz allein führte und, ohne je vor dem Großkönig auszuweichen, die Völker sämtlich unterwarf, die sich jenem Rückzug hinab ans Meer entgegengestellt hatten. Unter Griechen wie Barbaren gibt es schlechthin niemand, der je eine entsprechende Zahl von Taten solcher Bedeutung vollbrachte. Ich persönlich muss gestehen, dass allein dies es war, was mich in der Auffassung, ich sei durchaus der geeignete Mann, Alexanders Taten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, zu vorliegender Darstellung bewog. (5) Bei dieser meiner Selbsteinschätzung indes ist es wohl nicht nötig, meinen Namen noch eigens den Zeilen anzuvertrauen. Er ist bei den Menschen sattsam bekannt, ebenso wie meine Heimat, meine Abkunft und die Antwort auf die Frage, ob ich eine politische Rolle in meiner Heimatstadt gespielt habe. Das aber sei ausdrücklich festgestellt: Wirkliches Vaterland, wirkliche Familie und auch wirkliche politische Welt, in der ich heimisch bin, war und ist mir seit frühester Jugend die wissenschaftliche Forschung, wie sie hier dargelegt wird. Und nicht zuletzt deswegen halte ich mich für keineswegs unwürdig des Kreises der bedeutendsten Schriftsteller in griechischer Sprache, so wie Alexander selbst bedeutend auf militärischem Gebiet gewesen ist (An, 1,12,1‒5).11

11 Der letzte Satz lautet im griechischen Original: καὶ ἐπὶ τῷδε οὐκ ἀπαξιῶ ἐμαυτὸν τῶν πρώτων ἐν τῇ φωνῇ τῇ Ἑλλάδι, εἴπερ οὖν καὶ Ἀλέξανδρον τῶν ἐν τοῖς ὅπλοις (An. 1,12,1–5). τῶν πρώτων ist Neutrum Plural („der erste Rang“), wie die Parallelstelle An. 7,12,7 (ἀξιοῦν τὰ πρῶτα φέρεσθαι ἐν τοῖς ἄλλοις Μακεδόσι τε καὶ Ἕλλησι) zeigt; vgl. Bosworth, 1980, 107. εἴπερ οὖν καὶ ist unklar. Nicht zwangsläufig muss es sich bei εἴπερ um eine falsch gelesene Abbreviatur von καθάπερ handeln, wie Wirth/Hinüber, 804 zu glauben meinen. εἴπερ οὖν καὶ findet sich bei Arrian nur noch An. 7,2,3 und 7,20,1. In der ersten Stelle (Δάνδαμις … οὔτε αὐτὸς ἔφη παρ' Ἀλέξανδρον ἥξειν οὔτε τοὺς ἄλλους εἴα, ἀλλὰ ὑποκρίνασθαι γὰρ λέγεται ὡς Διὸς υἱὸς καὶ αὐτὸς εἴη, εἴπερ οὖν καὶ Ἀλέξανδρος) möchte Stadter, 1980, 213 eine Parallele zu unserer Passage sehen; εἴπερ οὖν entspräche dann einem καθάπερ,

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Die Einbettung des zweiten Proömiums in den Erzähltext ist an dieser Stelle keineswegs zufällig. So hatte Arrian zuvor Alexanders Selbststilisierung als homerischen Helden dargestellt: Nach seiner Fahrt über den Hellespont stellt Alexander die Anlandung des Heroen Protesilaos an der Küste Ilions nach (An. 1,11,7; vgl. Hom. Il. 2,702), nimmt im Athenetempel im Austausch für die eigene Rüstung Waffen aus dem Trojanischen Krieg an sich, die er in der Folge bei Schlachten vor sich her tragen lässt (An. 1,11,7f.), und bekränzt die Grablege Achills, begleitet von seinem Jugendfreund Hephaistion, der zugleich am Grab des Patroklos einen Kranz niederlegt (An. 1,12,1). Bei der Darstellung dieser Ereignisse nimmt Arrian eine chronologische Diskontinuität, wie Bosworth, 1980, 100f. mit einem Verweis auf die Wiedergabe des Geschehens bei Diodor (17,2–18,4) aufzeigt, in Kauf und konstruiert die ganze Episode auf Alexanders Äußerung, καὶ εὐδαιμόνισεν ἄρα, ὡς λόγος, Ἀλέξανδρος Ἀχιλλέα, ὅτι Ὁμήρου κήρυκος ἐς τὴν ἔπειτα μνήμην ἔτυχε (An. 1,12,1), hin, an der er dann seinen historiographischen Exkurs festmacht. Den Gedankengang dieses literarischen Exkurses hat Stadter treffend herausgearbeitet:12 1. Durch Homer wurden die Taten des Achill berühmt. (§1) 2. Die Taten Alexanders wurden bisher nicht würdig dargestellt. (§2) 3. Deshalb sind die Taten anderer, die weniger geleistet haben (z.B. die Sizilischen Tyrannen, Xenophon), bekannter als die Alexanders. (§§2f.) 4. Jedoch hat Alexander mehr geleistet als sonst ein Mensch. (§4) 5. Aus diesem Grund habe ich (sc. Arrian) den Entschluss gefasst, dessen Taten literarisch zu verkünden. (§4) 6. Ich bin dieser Darstellung würdig. (§5) Hatte Arrian im Vorwort noch mit dem topos „Selbstdarstellung“ gespielt, so gibt er jetzt im zweiten Proömium eine formelle recusatio: ὅστις δὲ ὢν ταῦτα ὑπὲρ ἐμαυτοῦ γιγνώσκω, τὸ μὲν ὄνομα οὐδὲν δέομαι ἀναγράψαι, οὐδὲ γὰρ οὐδὲ ἄγνωστον ἐς ἀνθρώπους ἐστίν, οὐδὲ πατρίδα ἥτις μοί ἐστιν οὐδὲ γένος τὸ ἐμόν, οὐδὲ εἰ δή τινα ἀρχὴν ἐν τῇ ἐμαυτοῦ ἦρξα (An. 1,12,5). Die Begründung liefert er selbst: sein Werk war ihm von frühester Jugend an Heimat, Familie und Amtsgeschäft. Damit präsentiert er sich als Antipode zu denjenigen Historikern, die ihre eigenen politischen und militärischen Erfahrungen zum Beweis ihrer historiographischen Kompetenz anführen.13 Zwar könnte Arrian auch selbst solche Erfahrungen vorbringen – während seines ereignisreichen Lebens hatte er es schließlich bis in die höchsten Ränge von Militär und Politik gebracht –,14 jedoch

die Konditionalphrase hätte komparativen Charakter („genauso wie“). Dagegen macht sich Schepens, 260f. für eine Entsprechung mit An. 7,20,1 (οὔκουν ἀπαξιοῦν καὶ αὐτὸν τρίτον ἂν νομισθῆναι πρὸς Ἀράβων θεόν, οὐ φαυλότερα ἔργα Διονύσου ἀποδειξάμενον, εἴπερ οὖν καὶ Ἀράβων κρατήσας ἐπιτρέψειεν αὐτοῖς, καθάπερ Ἰνδοῖς, πολιτεύειν κατὰ τὰ σφῶν νόμιμα.) stark; der εἴπερ-Satz hätte dann eine kausale Färbung („wenn es wirklich Tatsache ist, dass“), ähnlich dem lateinischen siquidem, das „weniger bedingend als begründend ist“ (Menge, Hermann, Repetitorium der lateinischen Syntax und Stilistik, München 1962, 253). 12 Vgl. Stadter, 1980, 62, 13 Schepens, 265: „The prevailing historiographical tradition in Antiquity, with Thucydides as its model and Polybius as its foremost theorist, embraced the principle that history could only be satisfactorily written by men of action, i.e. soldiers and politicians.” 14 So ist er u.a. bis zur Würde des Consul suffectus aufgestiegen, hat als Legatus Augusti pro pretore die Provinz Kappadokien verwaltet und gegen die Alanen verteidigt und war in Athen Archon Eponymos; einen detaillierten Überblick über die Biographie Arrians bieten u.a. die Werke von Wheeler und Stadter, 1980 sowie Syme und Bosworth, 1993a, 226–233.

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Die beiden Proömien der Anabasis

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gibt er mit seiner recusatio unmissverständlich zu verstehen, dass solche Personalien keine Bedeutung für die Kompetenzfrage eines Historikers haben, und distanziert sich so von einer klischeehaften topos-Verwendung: Nicht die Persönlichkeit des Autors, sondern nur das Werk selbst kann über seinen Wert entscheiden.15 Arrian identifiziert sich selbst mit seinem literarischen Werk, das für ihn alles bedeutet, ja schon immer bedeutet hat: ὅτι ἐμοὶ πατρίς τε καὶ γένος καὶ ἀρχαὶ οἵδε οἱ λόγοι εἰσί τε καὶ ἀπὸ νέου ἔτι ἐγένοντο.16 Wie Homer es für Achill, wie Pindar es für die Deinomeniden, wie es Xenophon17 für sich selbst war, so sieht sich Arrian als der 15 Vgl. Schepens, 265f. 16 Moles, 167 geht nicht fehl, wenn er hinter dem Ausdruck οἵδε οἱ λόγοι nicht sämtliche bis dato von Arrian veröffentlichte Werke, sondern allein dessen Anabasis erkennen möchte. Zwar ergäbe, so Moles, auch eine mögliche Argumentation Arrians Sinn, die seine lebenslange Hingabe zur Literatur als das Fundament seiner Alexandergeschichtsschreibung auswiese, jedoch sei die Argumentation, dass eine lebenslange Beschäftigung mit Alexander ihn dazu befähige, dessen Historie niederzuschreiben, noch sinnfälliger. Wenn nämlich τήνδε τὴν ξυγγραφήν (§4) und οἵδε οἱ λόγοι identisch seien, sei die Aussage Arrians, er sei durchaus der geeignete Mann, Alexanders Taten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, umso akzentuierter; eine Anspielung auf andere von ihm veröffentlichte Werke würde die Parallele, die er zwischen Darstellungsobjekt, sich selbst und seinem Werk zieht, eher untergraben. Dass οἵδε οἱ λόγοι nur die Anabasis meinen könne, ließe sich durch eine Textanalyse zeigen: So nehme οἵδε οἱ λόγοι den Ausdruck τοῖσδε τοῖς ἡμετέροις (An. Proöm. 3) des ersten Proömiums wieder auf, welcher dort nur eine Variation von ἥδε ἡ συγγραφή darstelle. Im zweiten Proömium nun würden sich οἵδε οἱ λόγοι und τήνδε τὴν ξυγγραφήν ebenso ausbalancieren, wie es auch οὐκ ἀπαξιώσας und οὐκ ἀπαξιῶ sowie τῇ ἐμαυτοῦ und πατρίδα ἥτις μοί ἐστιν täten. – In diesem Zusammenhang sollte noch erwähnt werden, dass die strittige Datierungsfrage der Anabasis, die sich zu einem Großteil am zweiten Proömium festmacht (ἀπὸ νέου) und sich wie ein roter Faden durch die Forschungsliteratur zieht, für unsere Interpretation weniger von Bedeutung ist und deshalb hier nur angerissen werden soll: Für eine Frühdatierung des Werks macht sich u.a. Bosworth (v.a. 1972, 185) stark, der als Entstehungszeit kurz nach 115 n. Chr. veranschlagt; für eine Spätdatierung plädiert dagegen u.a. Wirth (v.a. 1974, 245), der eine Veröffentlichung der Anabasis vor 165 n. Chr. für nicht möglich hält. 17 Obwohl Arrian von sich selbst behauptete, der Neos Xenophon zu sein, und der Spätantike auch als solcher galt (vgl. Bosworth, 1980, 8), haben die analytischen Arbeiten von Meyer, Grundmann und Boehner jedoch gezeigt, dass Arrians stilistische Vorbilder eher Thukydides und v.a. Herodot sind und Xenophonanleihen, mit Ausnahme des Kynegetikós, der ausdrücklich nach dem Xenophontischen Vorbild gestaltet ist, nur spärlich gesät sind. Dass Xenophon dem Arrian dennoch in gewisser Weise näher gestanden haben muss als seine stilistischen Vorbilder, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass der Name des Thukydides im gesamten erhaltenen Werk Arrians nicht eine Erwähnung findet, Herodot gelegentlich als namentlich genannte Quelle herangezogen wird (sechsmal in der Anabasis: An. 2,16,3; 3,30,8; 5,6,5; 5,7,2; 7,13,1; 7,13,6; und zweimal im Schwarzmeer-Períplous: per. m. Eux. 15,1; 18,2), Xenophon dagegen im Corpus Arrianeum 31mal genannt wird – am häufigsten natürlich in den Schriften, die direkte oder indirekte, d.h. dem Gegenstand der literarischen Arbeit zu Grunde liegende, Beziehung zu Xenophon haben, nämlich Kynegetikós (neunmal) und Schwarzmeer-Períplous (zehnmal); in der Anabasis wird er sechsmal (neben unserer Stelle noch An. 2,4,3; 2,7,8f.; 2,8,11; 4,11,9; 7,13,4) namentlich erwähnt, wobei stets und ausschließlich dessen Anabasis als Quelle herangezogen wird. Besonders augenfällig wird Arrians Xenophonsympathie darin, dass er ihn nicht selten ὁ Ξενοφῶν ἐκεῖνος (u.a. Cyn. 30,2) nennt. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass er in seinem kompletten Oeuvre sonst nur noch dreimal das Demonstrativpronomen mit einem Eigennamen verbindet, wobei in allen drei Fällen jeweils Könige namentlich genannt sind: An. 6,29,4 (Kyros); An. 4,11,9 (Kyros); An. 5,21,3 (Poros). Allen drei Stellen ist allerdings zu eigen, dass es sich um Sonderfälle handelt. So ist in An. 5,21,3 eine interne Fokalisierung zu sehen: [sc. Πῶρος] οὐχ οὕτω τι Ἀλέξανδρον, ὡς τὸν Πῶρον ἐκεῖνον τὸν ὁμώνυμον, φεύγει; mit ὁ Πῶρος ἐκεῖνος wird also die ängstliche Perspektive des unbedeutenderen Poros gegenüber seinem bedeutenderen Namensvetter eingenommen. In An. 6,29,4 wird mit Κύρου ἐκείνου τάφον zu Beginn der indirekten Rede das τοῦ Κύρου τὸν τάφον des vorhergehenden Satzes variierend aufgegriffen: ἐκεῖνος ist also nicht im Sinne von „berühmt“ gebraucht, sondern in seiner zurückweisenden Funktion. Bei An. 4,11,9 schließlich handelt es sich um das Ende der Proskynese-Rede, die von Arrian dem Kallisthenes in den Mund

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Mann, der dazu fähig ist, für Alexander ein literarisches Meisterwerk zu erschaffen und dies auch tut.18 Er stellt sich damit nicht nur in die Tradition bedeutender Autoren, deren Werke, sei es in Prosa oder Versform, die bedeutenden Taten großer Männer preisen, sondern ist sogar überzeugt davon, dass er als Schriftsteller Teil dieser Tradition werden wird. Wie nämlich Alexander durch seine außerordentlichen Taten (Man beachte die durch die Superlativhäufung erzeugte Emphase in §4: Alexander und seine Taten stellen für Arrian in der Geschichte ein Ausnahmephänomen dar.)19 seinen Ruhm erlangte, so wird Arrians Nachruhm in der Darstellung eben dieser Taten liegen, da sein Buch nicht nur den Vergleich mit allen vorhergehenden Schriften über Alexander standhalten, sondern sogar das maßgebliche Werk sein wird. Wie Moles, 163ff. nachgewiesen hat, ist der ganze Exkurs mit literarischen Anspielungen gespickt, die zeigen, welche fünf Einflüsse für Arrians Anabasis von Relevanz sind: 1. Homer: Der emphatische Hinweis auf Homer als Verkünder des Ruhmes Achills bei der Nachwelt suggeriert, dass Arrians Vorhaben darin besteht, Alexanders, als des zweiten Achill, in einem ebensolchen heroischen Maße zu gedenken: Die Anabasis soll die zweite Ilias sein. In etwas subtilerer Form finden sich im Exkurs weitere Anspielungen auf Homer. So zeigt Arrians recusatio Parallelen zur der für den Homerischen Heroen charakteristischen Prahlerei mit der eigenen Abstammung: Vergleiche An. 1,12,5 ὅστις δὲ ὢν ταῦτα ὑπὲρ ἐμαυτοῦ γιγνώσκω, τὸ μὲν ὄνομα οὐδὲν δέομαι ἀναγράψαι, οὐδὲ γὰρ οὐδὲ ἄγνωστον ἐς ἀνθρώπους ἐστίν, οὐδὲ πατρίδα ἥτις μοί ἐστιν οὐδὲ γένος τὸ ἐμόν mit Hom. Il. 6,150f. (Glaukos spricht) εἰ δ' ἐθέλεις καὶ ταῦτα δαήμεναι, ὄφρ' ἐῢ εἰδῇς ἡμετέρην γενεήν, πολλοὶ δέ μιν ἄνδρες ἴσασιν Doch wenn du auch dies erfahren willst, dass du es gut weißt, / unser Geschlecht ‒ und es wissen dies viele Männer. (Übersetzung: Schadewaldt) und Hom. Il. 20,203f. (Äneas spricht) ἴδμεν δ' ἀλλήλων γενεήν, ἴδμεν δὲ τοκῆας πρόκλυτ' ἀκούοντες ἔπεα θνητῶν ἀνθρώπων. Wissen wir doch das Geschlecht voneinander, wissen die Eltern, / da wir weitberühmte Geschichten hörten von den sterblichen Menschen. (Übersetzung: Schadewaldt) Moles, 165f. zufolge ist es auch bemerkenswert, dass die Homerische Prahlerei auch ein Art von recusatio enthalte, die allerdings, anders als die des Arrian, „suppressed“ sei und sich in seinen Worten so äußere: „I am well known and many men know my genealogy (implication: so I don't gelegt wird; in der Formulierung χρὴ ἐνθυμεῖσθαι ὅτι τὸν Κῦρον ἐκεῖνον Σκύθαι ἐσωφρόνισαν hat ἐκεῖνος dann gewisse ironische Züge. 18 Dass auch für Arrian eine solche Aufgabe nicht nebenbei zu bewältigen war, könnte man aus dem Seherspruch des Aristandros an Alexander interpretieren: δηλοῦσθαι γὰρ, ὅτι ποιηταῖς ἐπῶν τε καὶ μελῶν καὶ ὅσοι ἀμφὶ ᾠδὴν ἔχουσι πολὺς πόνος ἔσται ποιεῖν τε καὶ ᾄδειν Ἀλέξανδρον καὶ τὰ Ἀλεξάνδρου ἔργα (An. 1,11,2), 19 Vgl. Bosworth, 1980, 106.

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Die beiden Proömien der Anabasis

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need to tell it to you), but I shall tell it to you anyway.“ Darüber hinaus mag als Vorlage für Arrians Feststellung, ἀλλ' ἐκεῖνο ἀναγράφω, ὅτι ἐμοὶ πατρίς τε καὶ γένος καὶ ἀρχαὶ οἵδε οἱ λόγοι εἰσί τε καὶ ἀπὸ νέου ἔτι ἐγένοντο (An. 1,12,5), die er seiner recusatio folgen lässt, die berühmte Bitte der Andromache an Hektor (Hom. Il. 6,429f.) gedient haben: Ἕκτορ ἀτὰρ σύ μοί ἐσσι πατὴρ καὶ πότνια μήτηρ / ἠδὲ κασίγνητος, σὺ δέ μοι θαλερὸς παρακοίτης ‒ Hektor! doch du bist mir Vater und hehre Mutter / und auch Bruder: du bist mir der blühende Lagergenosse! (Übersetzung: Schadewaldt). Auf Basis der dargestellten Parallelen evoziert Arrians Behauptung, er sei den ἄνθρωποι sattsam bekannt (An. 1,12,5), sogar den Gedanken an Odysseus' Äußerung, er sei πᾶσι ... ἀνθρώποισι (Hom. Od. 9,19f.) bekannt.20 2. Herodot: In Arrians Formulierung ἀλλ' οὐκ ἔστιν ὅστις ἄλλος εἷς ἀνὴρ τοσαῦτα ἢ τηλικαῦτα ἔργα κατὰ πλῆθος ἢ μέγεθος ἐν Ἕλλησιν ἢ βαρβάροις ἀπεδείξατο (An. 1,12,4) klingt Herodots Proömium21 mit an: ἔργα μεγάλα τε καὶ θωμαστά, τὰ μὲν Ἕλλησι, τὰ δὲ βαρβάροισι ἀποδεχθέντα. Durch die Anleihe bei Herodot hebt Arrian nicht nur die Größe der Leistungen Alexanders besonders hervor (Die Worte, die Herodot noch der Gesamtheit der ἔργα von Griechen und Nichtgriechen beigelegt hatte, werden von Arrian Alexander beigemessen.), sondern stellt sich damit auch selbst in die Tradition Herodoteischer Geschichtsschreibung. 3. Thukydides: Mit τὸ χωρίον22 τοῦτο ἐκλιπὲς (An. 1,12,2) imitiert23 Arrian Thukydides' Rechtfertigung seines Pentekontaetie-Exkurses: ἔγραψα δὲ αὐτὰ καὶ τὴν ἐκβολὴν τοῦ λόγου ἐποιησάμην διὰ τόδε, ὅτι τοῖς πρὸ ἐμοῦ ἅπασιν ἐκλιπὲς τοῦτο ἦν τὸ χωρίον (Thuk. 1,97,2). Ich zeichnete das auch auf und machte diese Abschweifung von der Erzählung deswegen, weil alle vor mir diesen Gegenstand ausgelassen haben. (Übersetzung: Landmann) Arrian stellt sich damit nicht nur in die Thukydideische Tradition der Historiographie, sondern gibt auch zu verstehen, dass sein Werk über Alexander genauso eine Lücke füllen wird, wie es der Exkurs des Thukydides getan hat. 4. Xenophon: Der Vergleich der Taten Alexanders mit denen der Zehntausend legt einen Vergleich zwischen Xenophons Anabasis und der Arrians und damit auch den Vergleich der beiden Autoren untereinander nahe.

20 Vgl. Moles, 166, der zusätzlich anführt, dass auf Grund der Argumentation Arrians, der „Homerische“ Alexander sei über die Maßen von Bedeutung und bedürfe deswegen einer bedeutenden literarischen Würdigung, die in der Anabasis zu sehen sei, unser Autor gar nicht umhinkomme, seine eigene Anwartschaft auf den Status des bedeutendsten Alexanderhistoriographen auf ein „heroisches“ Maß aufzublasen. 21 Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Arrian in seinem zweiten Proömium nicht nur Herodot und Thukydides imitiert, sondern mit seinen Vorlagen, deren Werke auch je ein zweites Vorwort (Hdt. 1,5,3f.; Thuk. 1,22,1– 23,3) beinhalten, spielt: So findet der Quellendiskurs bei Thukydides im zweiten Proömium statt, bei Arrian im ersten; die Worte Herodots aus dessen erstem Vorwort zitiert Arrian in seinem zweiten; vgl. Moles, 167. 22 χωρίον wird hier von Arrian ebenso wie von Thukydides an zitierter Stelle in der seltenen Bedeutung „Gegenstand (einer Darstellung)“ verwendet; s. LSJ 2016, s.v. χωρίον 6b. 23 Dabei nimmt er sogar in Kauf, dass sich in seiner eigenen Formulierung eine gewisse Schwerfälligkeit einstellt: αὐτῷ γε Ἀλεξάνδρῳ ist als Dativus commodi nur recht locker an seinen Kontext gebunden; vgl. Bosworth, 1980, 104.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

5. Das Prosa-Enkomion: Arrians Darlegung enthält Elemente, die für Prosa-Enkomien charakteristisch sind: Zum einen die Äußerung, dass die Taten Alexanders noch nicht würdig dargestellt worden seien, die Taten anderer dagegen schon, zum anderen den Vergleich der ἔργα des Königs mit denen anderer Personen.24 Arrians Werk wird, so ist daraus zu schließen, biographische und enkomiastische Züge aufweisen. Arrian will also eine komplette Geschichte Alexanders liefern und macht von Beginn an klar, dass sein Ziel der Lobpreis des Makedonenkönigs sein wird. Seine Anabasis soll dabei genauso in der Tradition Homers stehen, wie in der der bedeutendsten griechischen Historiker. Der Bedeutung Alexanders und seiner Taten kann nur ein Epos Rechnung tragen, doch nur ein historiographisches Werk kann Arrians Anspruch auf ἀλήθεια und πίστις gerecht werden und seinem Wunsch nach aemulatio der großen Historikervorbilder.25 Arrians eigene Reputation als Autor steht der Alexanders als Feldherr in nichts nach. Alexander und Arrian, Autor und Hauptfigur, Historiker und Gegenstand der Darstellung sind miteinander verflochten: Arrians Schicksal ist mit dem Alexanders verknüpft.26 Das wird besonders deutlich, wenn wir einen Blick auf das Schlusskapitel der Anabasis (An. 7,30,3) werfen, in dem dieses Motiv erneut aufgegriffen, bekräftigt und erklärt wird: ἐπεὶ καὶ αὐτὸς ἐμεμψάμην27 ἔστιν ἃ ἐν τῇ ξυγγραφῇ τῶν Ἀλεξάνδρου ἔργων, ἀλλὰ αὐτόν γε Ἀλέξανδρον οὐκ αἰσχύνομαι θαυμάζων· τὰ δὲ ἔργα ἐκεῖνα ἐκάκισα ἀληθείας τε ἕνεκα τῆς ἐμῆς καὶ ἅμα ὠφελείας τῆς ἐς ἀνθρώπους· ἐφ' ὅτῳ ὡρμήθην οὐδὲ αὐτὸς ἄνευ θεοῦ ἐς τήνδε τὴν ξυγγραφήν (An. 7,30,3). Persönlich habe ich in dieser Schrift über Alexanders Taten wohl einiges zu tadeln gehabt. Doch ich scheue mich nicht, meine Bewunderung für den Menschen Alexander offen zu bekennen. Wenn ich so einzelnes von dem, was er tat, kritisierte, dann nur, um mein eigenes Bemühen um Wahrhaftigkeit unter Beweis zu stellen, und zugleich zum Nutzen für die Menschheit. Im Übrigen ist es die Gottheit gewesen, die auch mich dazu angeleitet hat, die Abfassung dieses Werkes auf mich zu nehmen. Wie im zweiten Proömium sind der Preis Alexanders und die Beziehung zwischen dem Feldherrn und seinem Historiker die zentralen Themen: Hatte Arrian das siebte und letze Buch der Anabasis in einem lobrednerischen Nachruf auf Alexander (An. 7,28ff.) kulminieren lassen, der die Tendenz des gesamten Werkes zur enkomionartigen Darstellung des Königs und seiner ἔργα noch einmal wie in einem Brennspiegel zusammenfasst, so schließt er sein Werk, indem er wie in An. 1,12 eine Parallele zwischen den außergewöhnlichen Taten Alexanders und seiner eigenen historiographischen Arbeit anklingen lässt. Die militärische Exzellenz des Feldherrn und die schriftstellerische Exzellenz seines Historikers korrespondieren. Hatte Arrian im zweiten Proömium noch die persönliche, d.h. menschliche, Antriebskomponente für seine schriftstellerische Tätigkeit betont (An. 1,12,4: ἔνθεν καὶ αὐτὸς ὁρμηθῆναί φημι ἐς τήνδε τὴν ξυγγραφήν), so ergänzt

24 25 26 27

Vgl. auch Zimmermann, 103ff. Vgl. Moles, 164. Vgl. Schepens, 262f.; Stadter, 1980, 64ff.; Bosworth, 1980, 104. Wie Stadter, 66 treffend bemerkt, nehme sich Arrian, obwohl er Alexander im Grunde bewundere, bei der Darstellung des Makedonenkönigs natürlich auch das Recht heraus, bestimmte Aspekt seiner Persönlichkeit und seines Tuns zu kritisieren; er kreiere schließlich ein Gesamtbild Alexanders.

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Die beiden Proömien der Anabasis

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er diese jetzt durch eine göttliche Komponente: ἐφ' ὅτῳ ὡρμήθην οὐδὲ αὐτὸς ἄνευ θεοῦ ἐς τήνδε τὴν ξυγγραφήν. Wie nämlich Alexanders Taten nur mit göttlicher Begünstigung möglich waren (An. 7,30,2: οὔκουν οὐδὲ ἐμοὶ ἔξω τοῦ θείου φῦναι ἂν δοκεῖ ἀνὴρ οὐδενὶ ἄλλῳ ἀνθρώπων ἐοικώς), so stand auch die Abfassung der Anabasis unter göttlicher Protektion.28 Aber nicht nur das zweite Proömium klingt im Schluss der Anabasis an, sondern es wird auch auf das erste Vorwort direkt Bezug genommen. Dort hatte er die Ziele seines Werkes nur angerissen; hier nennt er sie explizit: zum einen ἀλήθεια, die ja als Schlüsselelement seiner Methodik zur Sprache kam, zum anderen ὠφελεία, die im Proömium zwar keine direkte Erwähnung fand, aber letztendlich die in Form einer Ringkomposition gegebene Antwort auf die dort aus der Perspektive des Lesers gestellte Frage, ὅστις δὲ θαυμάσεται ἀνθ' ὅτου ἐπὶ τοσοῖσδε συγγραφεῦσι καὶ ἐμοὶ ἐπὶ νοῦν ἦλθεν ἥδε ἡ συγγραφή (An. Proöm. 3), darstellt. Mit seinen historiographischen Reflexionen hat Arrian auch den Kontext gegeben, aus dem heraus seine Anabasis verstanden werden muss: als ein Werk, dessen Fokus allein auf der Person Alexanders und seinen Taten liegt,29 als ein Werk, dessen Zweck nicht zuletzt die Verherrlichung des Makedonenkönigs darstellt. Und so liest sich dann auch die Anabasis als eine fortwährende Erfolgsgeschichte Alexanders, bei der die überaus positive (Vor-)Einstellung Arrians zum Feldherrn nicht nur in expliziten auktorialen Kommentaren (z.B. An. 2,12,8) zum Ausdruck kommt, sondern sogar in den Erzähltext eingewoben (z.B. An. 1,17,12; 2,4,11) wird.30 So bringt es Stadter, 63 auf den Punkt, wenn er sagt: „The Anabasis is not the study of a war, or of a movement of peoples, but of a man.“

28 Vgl. Sisti/Zambrini, Bd. 2, 665; Schepens, 267. – Diese Unterteilung in menschliche und göttliche Antriebskomponente findet sich auch An. 6,28,6, wo Arrian auf die noch zu veröffentlichende Indiké vorverweist. Dort spricht er von θυμός und δαίμων; s. dazu auch unten S. 27f. 29 Bei seinem Vorverweis auf die noch zu veröffentlichende Indiké äußert Arrian dies sogar explizit: νῦν δὲ ὅσον ἐς τὰ Ἀλεξάνδρου ἔργα ἀποχρῶν ἐφαίνετο, τοσόνδε μοι ἀναγεγράφθω (An. 5,5,1). 30 Vgl. Bosworth, 1980, 15. – Nach Bosworth, 1980, 29f. könnte die Enkomionartige Darstellungsabsicht Arrians, die sich klar von der wahrscheinlich durch Kleitarch begründeten „vulgate tradition“ eines Diodor, Justins und Curtius Rufus unterscheidet, ein Hauptgrund für Arrians Wahl seiner beiden Hauptquellen, Ptolemaios und Aristobul, gewesen sein, da deren Werke – soweit feststellbar – wohl schmeichlerische und apologetische Züge aufgewiesen haben.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké Nicht nur ein Blick auf die gemeinsame Überlieferungsgeschichte, in der die Indiké als Supplement der Anabasis tradiert wurde, zeigt, dass beide Werke Arrians als zusammengehörig verstanden wurden31 und wir es bei der Indischen Geschichte mit einer Appendix zur Anabasis zu tun haben; schon textimmanent lässt sich diese Zusammengehörigkeit aufzeigen. So existieren in der Anabasis zwei Vorverweise32 auf die in der Zukunft noch zu veröffentlichende Indiké: 1. ἀλλὰ ὑπὲρ Ἰνδῶν ἰδίᾳ μοι γεγράψεται ὅσα πιστότατα ἐς ἀφήγησιν οἵ τε ξὺν Ἀλεξάνδρῳ στρατεύσαντες καὶ ὁ ἐκπεριπλεύσας τῆς μεγάλης θαλάσσης τὸ κατ' Ἰνδοὺς Νέαρχος, ἐπὶ δὲ ὅσα Μεγασθένης τε καὶ Ἐρατοσθένης, δοκίμω ἄνδρε, ξυνεγραψάτην, καὶ νόμιμα ἅττα Ἰνδοῖς ἐστι καὶ εἰ δή τινα ἄτοπα ζῷα αὐτόθι φύεται καὶ τὸν παράπλουν αὐτὸν τῆς ἔξω θαλάσσης (An. 5,5,1).

31 Die Indiké wurde als quasi achtes Buch der Anabasis überliefert; von den 38 Codices, die Roos seiner Anabasis-Edition (später von Wirth überarbeitet) zu Grunde gelegten hat, enthalten nicht weniger als 31 beide Werke. Dabei gibt der Codex Vindobonensis historicus graecus 4 (A) aus dem 12. Jahrhundert, auf den alle übrigen Handschriften zurückgehen, zusammen mit dem Codex Parisinus graecus 1753 (B), einem Apographen aus dem 15. Jahrhundert, den Text am besten wieder. Neben den Prolegomena zu Roos’ Textausgabe findet sich auch in Chantraines Edition (S.12–19) eine übersichtliche Darlegung der Überlieferungsgeschichte. 32 Genau genommen existieren sogar noch zwei weitere, kleine Verweise: Zum einen lässt Arrian seinen geographischen Exkurs zu Indien in Kapitel 6 des fünften Buches mit den Worten enden: ταῦτά μοι ἐν τῷ παρόντι περὶ Ἰνδῶν τῆς χώρας λελέχθω· τὰ δὲ ἄλλα ἀποκείσθω ἐς τὴν Ἰνδικὴν ξυγγραφήν (An. 5,6,8). Der Verweis auf die Indiké dient hier lediglich zur Begründung für die Beendigung der Auseinandersetzung Arrians mit den geographischen Gegebenheiten – Weiteres könne der Indiké entnommen werden. Etwas anders verhält es sich mit dem Querverweis in Kapitel 16 des sechsten Buchs: ὁ δὲ [=Ἀλέξανδρος] καὶ ἄλλην πόλιν ἐν τούτῳ ἀποστᾶσαν εἷλεν καὶ τῶν Βραχμάνων, οἳ δὴ σοφισταὶ τοῖς Ἰνδοῖς εἰσιν, ὅσοι αἴτιοι τῆς ἀποστάσεως ἐγένοντο ἀπέκτεινεν. ὑπὲρ ὧν ἐγὼ τῆς σοφίας, εἰ δή τίς ἐστιν, ἐν τῇ Ἰνδικῇ ξυγγραφῇ δηλώσω (An. 6,16,5). Arrian hatte die Brachmanen zwar zum ersten Mal in An. 6,7,4 erwähnt, dort jedoch blieben sie nur eine Randerscheinung: Alexander, dessen Kampf gegen die Maller das zentrale Thema in An. 6,6–12 darstellt, hatte eine Stadt der Brachmanen, in die einige Maller Zuflucht genommen hatten, eingenommen. Die Kapitel 14 bis 17 des sechsten Buchs nun behandeln weitere Unterwerfungskämpfe Alexanders, wobei Arrians Hauptaugenmerk auf dem Abfall des indischen Herrschers Musikanos und der Reaktion Alexanders auf diesen Vorfall liegt (An. 6,15,5–17,2). Erst im Zusammenhang mit den Abfallbestrebungen des Musikanos nehmen die Brachmanen in Arrians Darstellung eine handlungsrelevante Rolle ein, da sie Musikanos bei seinem Aufbegehren gegen Alexander aktiv unterstützen. Folglich werden von Arrian dem Leser auch erst jetzt die Brachmanen charakterisiert, wobei sich deren Charakterisierung auf die Definition als indische σοφισταί beschränkt. Auf Grund der sehr gerafften Darstellung der Unterwerfungskämpfe hätte sich ein größerer Exkurs zu den Brachmanen für Arrian hier nicht angeboten; sein Fokus bleibt weiterhin auf Alexanders Vorgehen gegen Musikanos gerichtet. Die Auseinandersetzung mit den Brachmanen wird also sogleich beendet und auf die Indiké verwiesen. Da jedoch die Brachmanen überhaupt nur im Zusammenhang mit Musikanos von Arrian namentlich genannt werden (zum dritten und letzten Mal An. 6,17,2), ist deren Definition als σοφισταί hier von hoher Relevanz: Im Zusammenhang mit der Darstellung Alexanders als Eroberer aus philosophischer Sicht zu Beginn des siebten Buchs der Anabasis bezeichnet Arrian die Brachmanen dann ausschließlich als σοφισταί (An. 7,1,5f. u. 7,2,2–7,3,6). Ebenso verfährt er auch in dem Kapitel der Indiké, in dem die Brachmanen behandelt werden (Ind. 11,1–8). Dass es sich bei den in der Indiké erwähnten σοφισταί um die Brachmanen der Anabasis handelt, kann vom Leser also nur auf Basis des Verweises in An. 6,16,5 erschlossen werden. Auch dies ist kein geringer Beleg für die enge Verknüpfung beider Werke. − Zu Arrians Reserviertheit gegenüber der Lehre der Brachmanen (σοφία, εἰ δή τίς ἐστιν) s. Stadter, 1980, 122f.

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Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké

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Über Indien indes habe ich vor, in einer eigenen Schrift darzulegen, was als glaubwürdigste Überlieferung von den Gefährten Alexanders berichtet wird, und vor allem, was Nearchos, der das an Indien grenzende Große Meer durchfuhr, sowie was Megasthenes und Eratosthenes, zwei wichtige Persönlichkeiten, aufgezeichnet haben, Sitten und Bräuche der Inder, die eigenartigen Lebewesen in diesem Land und auch den Seeweg dorthin längs der Küste durch das Äußere Meer. Ergänzend tritt hinzu: 2. ὅπως δὲ ἐπλεύσθη αὐτῷ τὰ ἀπὸ τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ ἐπὶ τὴν θάλασσαν τὴν Περσικὴν καὶ τὸ στόμα τοῦ Τίγρητος, ταῦτα ἰδίᾳ ἀναγράψω αὐτῷ Νεάρχῳ ἑπόμενος, ὡς καὶ τήνδε εἶναι ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου Ἑλληνικὴν τὴν συγγραφήν. ταῦτα μὲν δὴ ἐν ὑστέρῳ ἔσται τυχόν, εἰ[ς] ὅ τε θυμός [τέ] με καὶ ὁ δαίμων ταύτῃ ἄγοι (An. 6,28,6). Wie diese Fahrt von der Indusmündung zum Persischen Meere und zur Mündung des Tigris vor sich ging, gedenke ich eigens im Anschluss an Nearchos zu berichten, damit auch über diese Tat Alexanders eine Darstellung in griechischer Sprache vorliege. Es wird eine solche Darstellung freilich erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein und wohl davon abhängen, ob meine Begeisterung für die Sache anhält und die Gottheit mir die Frist hierzu noch gewährt. Arrian entwirft hier ein recht schematisches Konturbild für sein noch ausstehendes (ἐν ὑστέρῳ) Projekt. In einer eigenen Schrift (ἰδίᾳ) will er sich mit Indien auseinandersetzen; dafür, dass er dies nicht schon ad locum tut, liefert er selbst die Begründung: νῦν δὲ ὅσον ἐς τὰ Ἀλεξάνδρου ἔργα ἀποχρῶν ἐφαίνετο, τοσόνδε μοι ἀναγεγράφθω (An. 5,5,1). Der Fokus auf Alexander soll in der Anabasis erhalten bleiben. Nichtsdestotrotz stellt aber auch die Seereise Nearchs für Arrian eine Leistung Alexanders33 dar, die der literarischen Würdigung bedarf: ὡς καὶ τήνδε εἶναι ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου Ἑλληνικὴν τὴν συγγραφήν.34 Das Thema dieser geplanten Schrift wird ein zweige-

33 In An. 6,28,6 muss es sich bei ὅπως δὲ ἐπλεύσθη αὐτῷ nicht zwingend um einen Dativus auctoris handeln, mit dem auf Nearch rekurriert wird. Auch eine Interpretation als Dativus commodi ist möglich, wobei der Dativ dann auf Alexander zurückverweist. Dafür spricht, dass Alexander auch das Subjekt des unmittelbar vorhergehenden Satzes ist. Durch diese Uneindeutigkeit im Ausdruck könnte Arrian also ebenfalls zum Ausdruck bringen, dass die Flottenfahrt zwar von Nearch durchgeführt worden ist, aber dennoch als Leistung Alexanders betrachtet werden muss. 34 Es ist auffällig, dass Arrian die Vokabel συγγράφη (bzw. deren Form auf ξυν-) fast ausschließlich zur Bezeichnung seiner eigenen Werke benutzt: neben den Vor- und weiter unten diskutierten Querverweisen (s. unten S. 34; 36f.) auch noch An. 4,10,1; 6,11,2; 7,3,1; 7,30,3; Ind. 17,7 und Tact. 32,3. Im erhaltenen Œuvre finden sich lediglich drei Stellen, die von dieser Praxis abweichen: So nimmt Arrian in per. m. Eux. 13,6 damit Bezug auf Xenophons Anabasis, in An. 6,2,3 bezeichnet er damit die Alexanderbiographie des Onesikritos, deren Wahrheitsgehalt er als gering einstuft, und in An. 4,10,2 die Taten Alexanders des Kallisthenes; letztere Passage fällt allerdings etwas aus dem Rahmen, da hier die Meinung des Kallisthenes über die Qualität seines eigenen Werks von Arrian lediglich aus den Quellen zitiert wird. ‒ Interessanterweise ist, was das Verb συγbzw. ξυνγράφειν betrifft, das Nutzungsverhältnis genau umgekehrt. Während Arrian diese Vokabel nur Tact. 32,3, in dem seinen Diatriben vorangestellten Brief an Lucius Gellius (epist. 1; 2; 4 und 5) und An. 6,28,3 zur Bezeichnung des eigenen schriftstellerischen Schaffens nutzt (Wobei die Anabasis-Stelle eine Sonderstellung einnimmt, da dort die folgenden Ausführungen Arrians auf Aristobul zurückgeführt werden: Ἀριστοβούλῳ ἑπόμενος ξυγγράφω.), gebraucht er sie sonst ausschließlich für das literarische Wirken anderer Autoren: Neben ihrer Verwendung im Proömium und den Querverweisen finden wir sie ausnahmslos in Quellendiskussionen,

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

teiltes sein: Zum einen will sich Arrian mit ethnographischen und biologischen Aspekten Indiens beschäftigen (καὶ νόμιμα ἅττα Ἰνδοῖς ἐστι καὶ εἰ δή τινα ἄτοπα ζῷα αὐτόθι φύεται), zum anderen die Seereise der Flotte darstellen (τὸν παράπλουν αὐτὸν τῆς ἔξω θαλάσσης / ὅπως δὲ ἐπλεύσθη αὐτῷ τὰ ἀπὸ τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ ἐπὶ τὴν θάλασσαν τὴν Περσικὴν καὶ τὸ στόμα τοῦ Τίγρητος) – auf die beiden unterschiedlichen Teile der Indiké wird also bereits von Arrian verwiesen. Dass der landeskundliche Aspekt des Werkes nur einmal, der seefahrerische dagegen zweimal von Arrian erwähnt wird, sollte trotz der Tatsache, dass der Paráplous in der Indiké ca. 3/5 der Textmasse einnimmt und damit der größere und wichtigere Teil des Werkes ist, nicht überbewertet werden. Während nämlich Arrians auktoriale Äußerung in An. 5,5,1 assoziativ in den Kontext eingebettet ist,35 würde eine Erwähnung des landeskundlichen Aspekts der Indiké in An. 6,28,6 befremdlich wirken: Die Indienkampagne ist abgeschlossen, Alexander befindet sich auf dem Rückmarsch nach Persien und macht in Karmanien Station, wo er Dankopfer für die Rettung des Heeres und Spiele veranstaltet (An. 6,28,3), und sowohl seinen königlichen (Aufnahme des Peukestas unter die Somatophylakes; An. 6,28,4), als auch militärischen Pflichten (Abkommandierung des Hephaistion in die Persis; An. 6,28,7) nachkommt. Währenddessen (An. 6,28,5: ἐν τούτῳ) trifft Nearch im Lager Alexanders ein und erhält den Befehl, mit der Flotte weiter bis nach Susa zu fahren. Hier schließt Arrian unmittelbar seinen zweiten Vorverweis auf die Indiké an ‒ eine Erwähnung des landeskundlichen Aspekts der Schrift wäre hier merkwürdig deplatziert. Dieser Aspekt findet allerdings noch in An. 5,4,3 Erwähnung, einer Textpassage, die sich als quellenkritische Bemerkung Arrians gibt, und eine Art Inhaltszusammenfassung des landeskundlichen Abschnittes der Indiké bietet: ὑπὲρ ὧν [=τῶν Ἰνδῶν] ἐγὼ οὔτε οἷστισι νόμοις διαχρῶνται ἐν τῇδε τῇ συγγραφῇ ἀνέγραψα, οὔτε ζῷα εἰ δή τινα ἄτοπα ἡ χώρα αὐτοῖς ἐκφέρει, οὔτε ἰχθύας ἢ κήτη ὅσα ἢ οἷα ὁ Ἰνδὸς ἢ ὁ Ὑδάσπης ἢ ὁ Γάγγης ἢ οἱ ἄλλοι Ἰνδῶν ποταμοὶ φέρουσιν, οὐδὲ τοὺς μύρμηκας τοὺς τὸν χρυσόν σφισιν ἐργαζομένους, οὐδὲ τοὺς γρῦπας τοὺς φύλακας, οὐδὲ ὅσα ἄλλα ἐφ' ἡδονῇ μᾶλλόν τι πεποίηται ἢ ἐς ἀφήγησιν τῶν ὄντων, ὡς τά γε κατ' Ἰνδοὺς ὅσα ἂν ἄτοπα ψεύσωνται, οὐκ ἐξελεγχθησόμενα πρὸς οὐδαμῶν. ἀλλὰ Ἀλέξανδρος γὰρ καὶ οἱ ξὺν τούτῳ στρατεύσαντες τὰ πολλὰ ἐξήλεγξαν, ὅσα γε μὴ καὶ αὐτῶν ἔστιν οἳ ἐψεύσαντο (An. 5,4,3f.). Von ihnen habe ich in diesem Werke bisher weder die Nationaleigenheiten beschrieben noch auch die Frage behandelt, ob ihr Land eigenartige Lebewesen hervorbringe, welche Gattungen, welche Menge an Fischen und anderen großen Wassertieren in Indus, Hydaspes, Ganges oder anderen indischen Flüssen vorkommen, auch nicht die nach den für sie das Gold bearbeitenden Ameisen und den Geiern, die dies bewachen, und was man sich sonst mehr zum Vergnügen des Lesers denn als Tatsachenbericht noch erzählt. Denn was man an Ungereimtheiten über Indien auch immer zusammenlügen mag, es wird die mit historischen Überlieferungsvarianten in Zusammenhang stehen (An. 2,12; 4,9f.; 6,11 und 6,24); so verwendet findet sich die Vokabel neben Tact. 1 überhaupt nur in der Anabasis, und zwar 13mal. 35 In An. 5,4,1f. thematisiert Arrian den Fluss Indus, den Alexander gerade erreicht hatte; in An. 5,4,3 überschreitet Alexander den Fluss und rückt in das Land der Inder ein; Indien bildet jetzt für Arrian das Stichwort, an das er verschiedene ethnographische Betrachtungen anschließt und diskutiert (An. 5,4,3f.); dieser historiographische Exkurs mündet An. 5,5,1 in den Verweis auf das zukünftige Indienbuch und wird abgebrochen; der Rest des fünften sowie das komplette sechste Kapitel widmen sich dann geographischen Reflexionen über Indien und sind rein assoziativ über die Nennung der Namen des Megasthenes und Eratosthenes mit Arrians auktorialer Äußerung verknüpft.

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Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké

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doch keiner je in der Lage sein, etwas exakt zu widerlegen. Sehr vieles allerdings haben Alexander und die, die mit ihm zogen, doch richtiggestellt, sieht man von dem ab, was sie selbst nun ihrerseits wiederum neu zusammenfabulierten. Arrian liefert hier stichwortartig die Themen, denen er sich dann in der ἐκβολή der Indiké widmen wird: das Land Indien, die Bewohner dieses Landes und deren Gebräuche, die dort einheimischen außergewöhnlichen Tiere36 und das indische Flusssystem. Damit werden im Grossen und Ganzen die Inhalte abgedeckt, aus denen sich der landeskundliche Abschnitt der Indischen Geschichte zusammensetzt; einzig die Kapitel 7−9, die die Geschichte Indiens thematisieren, finden keine stichwortartige Erwähnung. Dagegen wird hier bereits die Diskussion der Glaubwürdigkeit von Nachrichten aus Indien, der in der Indiké ein größerer Raum zugestanden wird, begonnen. Arrian übt implizit Kritik an Autoren, deren Ziel der Darstellung einzig in der τέρψις, dem delectare, liegt: ἐφ' ἡδονῇ ποιεῖν.37 Erst die Ankunft Alexanders in Indien habe ‒ auf Grund der dort stattgefunden habenden αὐτοψία, so muss man ergänzen ‒ Informationen geliefert, die die fehlerbehaftete Darstellung vergangener Tage widerlegt (ἐξελέγχειν) hätten. Dennoch wiesen auch diejenigen, die zusammen mit Alexander in Indien waren, in ihren Schriften gelegentlich die Tendenz zum Fabulieren (ψεύδεσθαι) auf. In der quellenkritischen Bemerkung Arrians finden sich einige Parallelen zu einer Passage des Thukydideischen Methodenexkurses, in der sich dieser von den Logographen distanziert: λογογράφοι ξυνέθεσαν ἐπὶ τὸ προσαγωγότερον τῇ ἀκροάσει ἢ ἀληθέστερον, ὄντα ἀνεξέλεγκτα καὶ τὰ πολλὰ ὑπὸ χρόνου αὐτῶν ἀπίστως ἐπὶ τὸ μυθῶδες ἐκνενικηκότα (Thuk. 1,21,1). Die Geschichtenschreiber achten in ihren Berichten mehr auf die Befriedigung der Hörlust als auf die Wahrheit ‒ es handelt sich ja um unbeweisbare Dinge, die zum Großteil durch die Zeit ins Unglaubwürdige und Sagenhafte entartet sind. (Übersetzung: Vretska/ Rinner) Es ist deutlich erkennbar, dass Arrians Äußerung zwar nicht genau dem Wortlaut des Thukydides (mit Ausnahme von ἐξελέγχειν) entspricht, aber doch dessen Intention wiedergibt. Ein 36 Bosworth, 1995, 230 misst unserer Meinung nach dem Relativsatz ὅσα ἢ οἷα ὁ Ἰνδὸς ἢ ὁ Ὑδάσπης ἢ ὁ Γάγγης ἢ οἱ ἄλλοι Ἰνδῶν ποταμοὶ φέρουσιν eine zu große Bedeutung bei und stellt auf dieser Basis die Behauptung auf, Flussfische und „river monsters“ würden in der Indiké außer in Kapitel 6,8, in dem ein Vergleich zwischen der Fauna des Nils und der der indischen Flüsse gezogen wird, nicht beschrieben. Er verkennt damit, dass die Argumentationsstruktur dieser Passage auf einer Assoziationskette beruht: Von den Menschen Indiens kommt Arrian zu den Tieren (recht locker über den Dativus commodi αὐτοῖς verbunden); aus diesen werden ἰχθύες und κήτη als Wasserbewohner herausgegriffen; assoziativ damit verbunden werden die indischen Flüsse; der Gedankengang kehrt zurück zu den Tieren, von denen jetzt die berühmten Goldgräberameisen (Hdt. 3,102) herausgegriffen werden, als Stichwort, an das sich die Diskussion der Glaubwürdigkeit von Nachrichten aus Indien anschließt. Auf den Relativsatz sollte daher nicht allzu großes Gewicht gelegt werden. Denn sehr wohl hat Arrian in der Indiké die ἰχθύες und κήτη und auch deren ὅσα καὶ οἷα behandelt. Allerdings nicht in der ἐκβολή, sondern im Paráplous: Ind. 29,9–16 (ethnographischer Exkurs zu den Fischessern), Ind. 30 (Begegnung der Flotte mit Walen) und Ind. 39,4f. (Fund eines gestrandeten Wales). Für das Nichterwähnen der ἰχθύες und κήτη im ersten Teil der Indiké dürften wohl v.a. kompositorische Gründe ausschlaggebend gewesen sein: Da Arrian die während der Flottenexpedition gewonnen Erkenntnisse über diese Tiere in Form von ethnographischen Betrachtungen und dramatischen Szenen (Ind. 30) verarbeitet hat, hätte eine Erwähnung in der ἐκβολή eine Doppelung bedeutet. 37 Vgl. Bosworth, 1980, 231.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

kleiner Unterschied besteht allerdings: Wenn es in der Argumentation des Thukydides explizit die Zeit ist, die zur Märchenbildung beiträgt, dann ist es bei Arrian die große Entfernung − so darf man schlussfolgern −, die ein Abgleiten ins Mythische begünstigt.38 Eine weitere solche „Inhaltangabe“, diesmal für den Paráplous-Teil der Indiké, gibt Arrian An. 6,28,5, woran sich dann unmittelbar der zweite Vorverweis auf die noch zu veröffentlichende Indiké anschließt: ἐν τούτῳ δὲ καὶ Νέαρχος περιπλεύσας τὴν Ὤρων τε καὶ Γαδρωσῶν γῆν καὶ τὴν τῶν Ἰχθυοφάγων κατῆρεν ἐς τῆς Καρμανίας τὰ πρὸς θάλασσαν ᾠκισμένα· ἔνθεν δὲ ἀνελθὼν σὺν ὀλίγοις Ἀλεξάνδρῳ ἀπήγγειλε τὰ ἀμφὶ τὸν περίπλουν τὸν γενόμενον αὐτῷ κατὰ τὴν ἔξω θάλασσαν39. τοῦτον μὲν δὴ καταπέμπει αὖθις ἐκπεριπλεύσοντα ἔστε ἐπὶ τὴν Σουσιανῶν τε γῆν καὶ τοῦ Τίγρητος ποταμοῦ τὰς ἐκβολάς (An. 6,28,5). Während dieser Zeit traf Nearchos nach Umsegelung des oreitischen, gedrosischen und schließlich des Ichthyophagengebietes in den Küstenorten Karmaniens ein, von wo aus er mit einigen seiner Leute landeinwärts zu Alexander reiste, um diesem von der Fahrt längs der Küste auf dem Großen Meer Bericht zu erstatten. Er wurde wieder ans Meer geschickt, um ins Gebiet von Susa sowie zur Tigrismündung weiterzufahren. In Kurzfassung nennt Arrian hier fast alle Reiseetappen der Fahrt Nearchs über den Ozean in chronologischer Reihenfolge. Diese Etappen fungieren, wie wir im Fortgang noch zeigen werden, auch als textstrukturelle Grundlage im Paráplous-Teil der Indiké.40 Dass zusätzlich die Gadrosier hier genannt werden, mag auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen, da sie nicht Station der Küstenfahrt sind. Jedoch werden sie in Ind. 26,1f.41 und 32,1 als Nachbarn der Oreiten und Fischesser im Binnenland erwähnt, die trotz ihrer Wohnlage Zugang zum Meer gehabt haben müssen (Dies ist jedenfalls aus Ind. 27,1, wo die Aufnahme eines gadrosischen Lotsen in die Dienste Nearchs thematisiert wird, und An. 6,23,4, einem Kapitel, das die Verproviantierung der Flotte auf Befehl Alexanders in Gedrosien behandelt, zu folgern.). Dass zwischen den Oreiten und Gadrosiern und deren Wohngegenden enge Verflechtungen be38 Vgl. Bosworth, 1980, 231f. – Es sei noch angemerkt, dass unser Argument, die große Entfernung zu Indien trage zur Märchenbildung bei, sich allein auf die landeskundlichen Nachrichten bezieht. Dass für Arrian aber auch die Zeit zur Märchenbildung v.a. im Bereich historischer Schriften beiträgt, zeigt seine Äußerung im Zusammenhang mit der Verwundung Alexanders bei den Mallern: πολλὰ δὲ καὶ ἄλλα ἀναγέγραπται τοῖς ξυγγραφεῦσιν ὑπὲρ τοῦ παθήματος, καὶ ἡ φήμη παραδεξαμένη αὐτὰ κατὰ τοὺς πρώτους ψευσαμένους ἔτι καὶ εἰς ἡμᾶς διασώζει, οὐδὲ ἀφήσει παραδιδοῦσα καὶ ἐφεξῆς ἄλλοις τὰ ψευδῆ, εἰ μὴ ὑπὸ τῆσδε τῆς ξυγγραφῆς παύσεται (An. 6,11,2). 39 Mit ἡ ἔξω θάλασσα ist nicht der Persische Golf oder das Arabische Meer gemeint, sondern der Ausdruck bezeichnet, wie auch in Ind. 30,1; 39,9; 43,2; 43,11, den Ozean (im Gegensatz zum Mittelmeer); vgl. Dognini, 2000, 155. 40 Siehe unten S. 133. 41 Die Erwähnung der Gadrosier in Kombination mit den Oreiten in An. 6,28,5 könnte im Hinblick auf Ind. 26,1 (ἐπὶ δὲ Ὠρείτῃσι κατὰ μὲν μεσογαίην Γαδρώσιοι ἐπεῖχον, ὧν τὴν χώρην χαλεπῶς διεξῆλθεν ἅμα τῇ στρατιῇ Ἀλέξανδρος, καὶ κακὰ τοσαῦτα ἔπαθεν, ὅσα οὐδὲ τὰ σύμπαντα τῆς συμπάσης στρατηλασίης.), wo Arrian seine parallelisierende Darstellung der Gedrosischen Katastrophe und der Mühsal der Flotte im Gebiet der Fischesser (s. dazu unten S. 34f.) beginnen lässt, als Indiz dafür gewertet werden, dass Arrian bereits während der Abfassung des sechsten Buches der Anabasis eine grobe Konzeption für die Indiké besessen hätte. Jedoch wäre dies rein spekulativ. Wir wollen es daher damit bewenden lassen, auf die Entsprechung beider Stellen zu verweisen.

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Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké

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standen haben müssen, wird nicht zuletzt auch durch die Konjunktion τε καὶ deutlich gemacht. So wie Arrians Erwähnung der Gadrosier nur ein scheinbarer Zusatz ist, so ist auch das Fehlen der Arabiten, d.h. der ersten Station der Seereise, nur scheinbar. Die Arabiten hatte Arrian bereits in seinem ersten Verweis auf die Indiké in An. 5,5,1, zwar indirekt, aber dennoch angesprochen: ἐκπερίπλεύσας τῆς μεγάλης θαλάσσης τὸ κατ' Ἰνδοὺς. Was allerdings Arrians Erwähnung des Flusses Tigris betrifft, so kann nur vermutet werden, dass er den Namen dieses berühmten Flusses, der im eigentlichen Sinne keinen Abschnitt der Reise markierte – man fuhr zwar ἐπὶ τὸ στόμα τοῦ Τίγρητος (An. 6,28,6), aber dann doch schließlich an diesem vorbei42 (παραπλέουσι λίμνην, ἐς ἣν ὁ Τίγρης ἐσβάλλει ποταμός, Ind. 42,1f.) und den Pasitigris hinauf: ἐνθένδε κατὰ τὸν Πασιτίγριν ἄνω ἀνέπλεον (Ind. 42,5) –, deshalb hier genutzt hat, weil die Nennung des wohl recht unbekannten Flusses Pasitigris43 im Kontext des hier in Kurzform nachvollzogenen νόστος der Flotte, der sich von dem griechischen Leser unbekannteren Gegenden hin zu vertrauteren Gefilden vollzieht, etwas befremdlich gewirkt hätte.44 Auf Basis der bisher gewonnenen Erkenntnisse wollen wir nun noch einmal zu den beiden Verweisen auf die Indiké zurückkehren: ἀλλὰ ὑπὲρ Ἰνδῶν ἰδίᾳ μοι γεγράψεται ὅσα πιστότατα ἐς ἀφήγησιν οἵ τε ξὺν Ἀλεξάνδρῳ στρατεύσαντες καὶ ὁ ἐκπεριπλεύσας τῆς μεγάλης θαλάσσης τὸ κατ' Ἰνδοὺς Νέαρχος, ἐπὶ δὲ ὅσα Μεγασθένης τε καὶ Ἐρατοσθένης, δοκίμω ἄνδρε, ξυνεγραψάτην (An. 5,5,1) und ὅπως δὲ ἐπλεύσθη αὐτῷ τὰ ἀπὸ τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ ἐπὶ τὴν θάλασσαν τὴν Περσικὴν καὶ τὸ στόμα τοῦ Τίγρητος, ταῦτα ἰδίᾳ ἀναγράψω αὐτῷ Νεάρχῳ ἑπόμενος, ὡς καὶ τήνδε εἶναι ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου Ἑλληνικὴν τὴν συγγραφήν. ταῦτα μὲν δὴ ἐν ὑστέρῳ ἔσται τυχόν, εἰ[ς] ὅ τε θυμός [τέ] με καὶ ὁ δαίμων ταύτῃ ἄγοι (An. 6,28,6). In An. 5,5,1 und An. 6,28,6 wird von Arrian ein Programm für die Indiké umrissen: Gleich der Anabasis soll es ein Werk werden, das Alexander zum Thema hat. Dafür sollen als Quellen die Schriften der Teilnehmer des Feldzugs Alexanders herangezogen werden, im Speziellen das Buch des Nearch. Für den landeskundlichen Abschnitt wird allerdings noch zusätzliches Material benötigt, so dass hierbei auf Megasthenes, dessen Werk auch auf αὐτοψία beruht, zurückgegriffen 42 Nicht zuletzt vielleicht auch deshalb, weil die Fahrt tigrisaufwärts durch von den Persern künstlich angelegte Katarrhakte, die Schutz gegen feindliche Marinemanöver bieten sollten, nicht möglich war, wie es An. 7,7,7f. zu entnehmen ist. 43 Der Pasitigris, der heute Karun genannte Fluss, findet neben Arrian nur noch bei Plutarch (Eum. 14,3), Diodor (19,18,3; 19,21,2; 19,48,6) und Strabon (geogr. 15,3,5) Erwähnung. Er scheint nicht zu den bekanntesten Flüssen des Altertums gehört zu haben; RE und NP kennen ihn nicht, ebenso wenig LSJ. 44 Eine andere Interpretationsmöglichkeit bietet der Dionysios-Kommentar des Eustathios: φασὶ δὲ καὶ ιεʹ ποταμοὺς τοὺς ἀξιολογωτάτους εἰσβάλλειν εἰς τὸν Ἰνδὸν, ὧν ὕστερον εἶναι τὸν Ὕπανιν· οὓς πάντας ὁ Ἰνδὸς παραλαβὼν, ὥς φησιν Ἀρριανὸς, καὶ τῇ ἐπωνυμίᾳ κρατήσας ἐκδιδοῖ ἐς θάλασσαν. τὸ δ' αὐτὸ πάσχειν λέγουσι καὶ τὸν Τίγριν ὑπὸ ἄλλων πολλῶν ποταμῶν, διὸ καὶ ἐν τῇ ἐκβολῇ Πασιτίγριν καλεῖσθαι, οἷα μὴ ἁπλοῦν, ἀλλ' ὡς εἰπεῖν παντοῖον Τίγριν (Eust. ad Dionys. Per. 1143). Die Erwähnung Arrians in diesem Kontext lässt zwar ein wenig stutzig machen, jedoch ist eine Kontamination der beiden Flüsse Tigris und Pasitigris bei Arrian damit nicht ausgeschlossen. In seinem Kommentar zu An. 3,17,1, der einzigen Stelle der Anabasis, wo der Pasitigris genannt wird, äußert Bosworth (1980, 321), dass es zumindest in Bezug auf die beiden Flüsse Pasitigris und Eulaios ein heilloses Durcheinander bei den Autoren gebe.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

werden muss. Da dieser aber nur einen kleinen Teil der indischen Landmasse bereist hatte,45 muss noch ergänzend der Geographie-Spezialist46 Eratosthenes bemüht werden. Die Darstellung soll mit Augenmerk auf πίστις und ‒ wie wir aus An. 5,4,3f. schlussfolgern dürfen ‒ ἀλήθεια erfolgen. Aus Arrians ablehnender Haltung gegen die τέρψις in An. 5,4,3f. kann auch der Zweck des Werkes abgeleitet werden, nämlich der Gegenpart zur τέρψις: die ὠφελεία, das prodesse. Der Nutzen soll nun darin liegen, dass das Märchenhafte widerlegt (ἐξελέγχειν) und durch πιστότατα ersetzt wird. Mit der Herodoteischen Phrase δοκίμω ἄνδρε (vgl. z.B. Hdt. 3,126,2; 3,135,1), einer Bezeichnung, die Arrian auch Ind. 17,6 seinen Quellenautoren Nearch und Megasthenes beilegt, wird auch ein erster Fingerzeig auf die Tradition, in der sein Werk verortet werden soll, gegeben: der ἱστορία des Herodot47 und seiner Exkurse. Zur aemulatio des großen Historikers ist Arrian befähigt durch θυμός und δαίμων.48 Dass wir in den beiden Verweisen zur Indiké und den jeweiligen Kontexten, in denen diese eingebettet sind, genau die Themen, die Arrian in den beiden Proömien seiner Anabasis zur Sprache gebracht hat, wiederfinden, und auch Arrians Variation der Thukydideischen Methodikdarstellung sowie das Herodotzitat Erinnerungen an das zweite Vorwort hervorrufen, und nicht zuletzt gerade die Tatsache, dass eben der Vorverweis auf die Indiké dem Proömium entsprechend ein zweigeteilter ist, sollte an dieser Stelle aber nicht dazu verleiten, darin ein „indirektes“ oder „kryptisches“ Proömium zur Indiké, der es an einem solchen ja mangelt, sehen zu wollen. Vielmehr wollen wir es als klaren Beleg dafür werten, dass der Indischen Geschichte Arrians dieselbe Programmatik wie dessen Anabasis zu Grunde liegt. Und nur weil auf Grund eben dieser Programmatik eine Behandlung der in der Indiké ausgeführten Inhalte in der Anabasis nicht stattfinden konnte, musste dieser Stoff in eine eigene Schrift ausgelagert werden.49 Bevor wir uns gleich den Verweisen der Indiké auf die Anabasis zuwenden, wollen wir noch auf die Positionierung der beiden Vorverweise der Anabasis auf die Indiké innerhalb des Erzählrahmens der Alexandergeschichte eingehen. Die Positionierung scheint uns keineswegs zufällig gewählt; so rahmen die beiden auktorialen Kommentare in gewisser Weise Alexanders Indienfeldzug, der mit der Indusüberschreitung (An. 5,4) begann und nach der Gedrosischen Katastrophe auf dem Rückmarsch mit Opfern und Spielen in Karmanien ein feierliches Ende fand (An. 6,28). Es ist bemerkenswert, dass diese Rahmung eben gerade nicht, wie man es vielleicht auch hätte erwarten können, mit dem Zeitrahmen der eigentlich in der Indiké dargestellten Ereignisse, deckungsgleich ist: Der Paráplous des Nearch fand nur während der Rückkehr aus 45 Vgl. RE 15,1 (1931) c.231. 46 Diese Deutung kann Ind. 3,1 entnommen werden: ἐμοὶ δὲ Ἐρατοσθένης ὁ Κυρηναῖος πιστότερος ἄλλου ἔστω, ὅτι γῆς περιόδου πέρι ἔμελεν Ἐρατοσθένει. 47 Man darf daher in δοκίμω ἄνδρε auch einen Hinweis auf den ionischen Dialekt der Indiké sehen. 48 Dass Arrian τὸ θεῖον und τὸ δαιμόνιον in freiem Wechsel gebraucht, hat Boehner, 39 gezeigt. 49 Dass eine Auslagerung eines Themas in der griechischen Historiographie nicht ungewöhnlich war, zeigt Cic. ad Fam. 5,12,2: sed quia videbam Italici belli et civilis historiam iam a te paene esse perfectam, dixeras autem mihi te reliquas res ordiri, deesse mihi nolui quin te admonerem ut cogitares coniunctene malles cum reliquis rebus nostra contexere an, ut multi Graeci fecerunt, Callisthenes Phocicum bellum, Timaeus Pyrrhi, Polybius Numantinum, qui omnes a perpetuis suis historiis ea quae dixi bella separaverunt, tu quoque item civilem coniurationem ab hostilibus externisque bellis seiungeres. ‒ Ruffing, 2010, 361 hält es für denkbar, dass Arrian bei der Ausgliederung der Indiké aus der Anabasis einem von Ktesias etablierten Gattungsprinzip gefolgt sein könnte: Müssen doch die im ionischen Dialekt verfassten Indiká des Knidiers „als ein von ihm konzipiertes Supplement geo- und ethnographischen Inhalts zu seinen Persika“ verstanden werden, „mit dessen Hilfe er längliche Exkurse zu vermeiden gedachte“.

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Die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké

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Indien statt und war auch nicht in Karmanien zu Ende, sondern erst in Susa. Dies wird jedoch verständlich, wenn man der Tatsache Rechnung trägt, dass, strenggenommen, die Fahrt der Flotte Nearchs, die im Paráplous der Indiké erzählt wird, außerhalb Indiens stattgefunden hat und die Landeskunde Indiens, die im ersten Teil des Werkes, der ἐκβολή, vorgetragen wird, damit nichts zu tun hat50 – es sich damit bei der Indiké eigentlich um zwei Exkurse zur Anabasis handelt,51 die keine logische, sondern nur eine assoziative Verknüpfung aufweisen, weswegen der Übergang Arrians zwischen beiden Werksteilen auch ein recht abrupter ist: Dies über die Inder mitgeteilt zu haben genügt mir. … Denn das Thema dieser meiner Abhandlung sind nicht die Sitten der Inder, sondern wie der Zug Alexanders von den Indern zu den Persern gelangte. Dies aber soll nur ein Exkurs in meinem Bericht sein (Ind. 17,6f.). Dass sich der Hinweis auf den landeskundlichen Teil der Indiké zu Beginn des fünften Buches − als die Erzählsituation den Punkt erreicht hat, dass Alexander den Indus überschreitet und in das sagenhafte „Märchenland“ Indien vordringt − besonders angeboten hat, wurde bereits erwähnt. Was nun den expliziten Vorverweis auf den Paráplous-Teil betrifft, so hätte ihn Arrian ohne weiteres auch zu dem Zeitpunkt bringen können, an dem die Erzählsituation innerhalb der Anabasis mit dem Beginn (An. 6,21) oder auch dem Ende der Fahrt des Nearch (An. 7,5) zusammenfiel. Davon sieht Arrian allerdings ab – und das bewusst, wie wir jetzt zeigen werden. Ein Vorverweis zum eigentlichen Beginn der Fahrt wäre gar nicht möglich gewesen: So teilt Arrian dem Leser lediglich mit, dass sich die Abfahrt auf Grund der Monsunwinde verzögere: ἦν δὲ ἐν μὲν τῷ τότε ἄπορος ἡ ὥρα ἐς τὸν πλοῦν· οἱ γὰρ ἐτησίαι ἄνεμοι κατεῖχον (An. 6,21,1).52 Spätestens seit Schiweks Publikation herrscht in der Forschungsliteratur ein reger Disput darüber, wie lange sich der Aufbruch verzögert habe; für unsere Argumentation ist allerdings nur wichtig, dass dieser sich verzögert hat. Im Erzählzusammenhang der Anabasis verlässt nämlich Alexander, nachdem er Nearch zum Kommandanten ernannt hatte, die Flotte, die bisher unter seiner Führung gestanden hat, und macht sich auf den Rückmarsch nach Westen: Νέαρχος μὲν δὴ ἐπιταχθεὶς τῷ ναυτικῷ προσέμενε τὴν ὥραν τοῦ παράπλου, αὐτὸς [=Ἀλέξανδρος] δὲ ἄρας ἐκ Πατάλων ἔστε μὲν ἐπὶ 50 Vgl. Bosworth, 1995, 229; Stadter, 1980, 118. – Auch andere Werke Arrians weisen dichotomen Charakter auf: Der Schwarzmeer-Períplous gibt in den ersten elf Kapiteln die von Arrian als Provinzgouverneur von Kappadokien unternommene Inspektionsreise per Schiff von Trapezous nach Dioskurias in der ersten Person Plural wieder, der zweite Teil gibt sich dann als konventioneller Períplous (d.h. die Küstenlinie, wie sie vom Meer aus gesehen wird, wird beschrieben), der Arrians Darstellung der eigenen Fahrt zu einer Umfahrung des kompletten Schwarzen Meeres ergänzt; einen guten Überblick über das Werk bietet Bosworth, 1993a, 242– 53. Ebenso weisen die Taktiká eine Zweiteilung auf: Der erste Teil (§§1–32,2) stellt eine idealisierte Rekonstruktion der Hellenistischen Armee dar, der zweite Teil widmet sich den Parademanövern der römischen Kavallerie; vgl. DeVoto, if. Selbst bei den nur fragmentarisch erhaltenen Parthiká könnte nach Stadter, 1980, 138; 22615 eine Zweiteilung existiert haben: Die Bücher 1–7 könnten die Geschichte thematisiert haben, die Bücher 8–17 dann Trajans Feldzug. 51 Wie Stadter, 1980, 116; 2244 anmerkt, könnte der von Arrian selbst gewählte Titel für die Schrift, Ἰνδική (An. 5,6,8), der von Werkstiteln anderer ethnographischer Bücher insoweit abweicht, als dass er eben nicht ein neutrales Adjektiv im Plural (Ἰνδικά) darstellt, genau darauf verweisen, dass sich Arrians Schrift von typischen ethnographischen Abhandlungen unterscheide und sich unser Autor dessen auch bewusst sei. 52 Hier sei erwähnt, dass die zitierte Anabasis-Stelle auch den Anker für den Beginn der Erzählung der Flottenfahrt in der Indiké bildet. Dort wird mit ὡς δὲ τὰ ἐτήσια πνεύματα ἐκοιμήθη … τότε δὴ ὡρμῶντο (Ind. 21,1) eindeutig an An. 6,21,1 angeschlossen, da die Monsunwinde in der Indiké bis dahin noch keine Erwähnung gefunden hatten.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

τὸν ποταμὸν τὸν Ἀράβιον ξὺν τῇ στρατιᾷ πάσῃ προὐχώρει (An. 6,21,3). Entsprechend seines literarischen Programmes für die Anabasis bleibt Arrians Fokus während des Zuges Alexanders durch das Land der Arabiten auf dem Makedonenkönig und dessen ἔργα. Eine Rückkehr zum Flottenschauplatz, um deren Fahrtbeginn zu vermelden, hätte aber eine Unterbrechung der Darstellung der mit Alexander in Zusammenhang stehenden Ereignisse bedeutet. Der Beginn der Fahrt als Anknüpfungspunkt für einen Vorverweis auf die Indiké scheidet für Arrian aus methodischen Gründen somit aus. Anders sieht es mit dem Ende der Fahrt aus. Das siebte Buch der Anabasis, das das letzte Lebensjahr Alexanders zum Inhalt hat, weist gegenüber den Büchern I–VI die Besonderheit auf, dass es sich auf Grund des Fehlens einer großen militärischen Kampagne während dieser Zeit auf verschiedene Facetten der Persönlichkeit Alexanders konzentriert, „slowly drawing together the threads of the conqueror's life, moving inexorably toward his death“ (Stadter, 1980, 86). Das Eintreffen der Flotte in Susa wird von Arrian als Rückblick gegeben, eingebunden in die Auszeichnung verdienstvoller Militärs durch Alexander: ἐπὶ τούτοις δὲ Νέαρχον ἐπὶ τῷ περίπλῳ τῷ ἐκ τῆς Ἰνδῶν γῆς κατὰ τὴν μεγάλην θάλασσαν ἐστεφάνωσε· καὶ γὰρ καὶ οὗτος ἤδη ἀφιγμένος ἐς Σοῦσα ἦν (An. 7,5,6). Eingebettet ist dieser Passus in eine Episode (An. 7,4–6), die Alexanders Erfolg als König und Eroberer trotz der stattfindenden Opposition herausstreicht: Die Massenhochzeit in Susa, die freigiebige Schuldentilgung bei seinen Soldaten und die Ehrung der Heerführer vermitteln das Bild eines großzügigen Anführers, der seinen Erfolg mit seinen Untergebenen teilt.53 Dabei wird von Arrian weniger Wert auf die Chronologie der Ereignisse gelegt; so wird nämlich schon in An. 7,4,6 Nearch als Teilnehmer der Hochzeit von Susa genannt: er habe die Tochter des Mentor und der Barsine geheiratet. Theoretisch hätte an dieser Stelle ein Vorverweis auf die Indiké gut Platz finden können. Zwar hat die eigentliche Ankunft der Flotte eine nicht näher definierte Zeit vor der Erzählsituation stattgefunden, jedoch findet mit der Bekränzung Nearchs, der durch sein Eintreffen in Susa und der Zusammenkunft mit Alexander wieder in den Blickwinkel der Erzählperspektive Arrians getreten ist, die Seereise ihren krönenden Abschluss.54 Dass der Hinweis auf die Indiké an dieser Stelle eben nicht stattfindet, sondern stattdessen an das Zusammentreffen von Alexander und Nearch in Karmanien geknüpft ist, werten wir als Finesse Arrianischer Erzählkunst. Denn während eben dieses Treffen der beiden Männer in der Anabasis (An. 6,28,5) nur in knapper und nüchterner Form angerissen wird,55 stellt dessen Pendant in der Indiké (Ind. 33–36) den dramatischen Höhepunkt des Werkes dar.56 Der eklatante Kontrast in der Darstellung ein und desselben Ereignisses in den beiden Schriften Arrians wäre sicherlich nicht als bewusste Konzeption unseres Autors zu werten, wenn nicht noch eine zweite Stelle diese Deutung erhärten würde. So wird in An. 6,21,3 die Ernennung Nearchs zum Oberkommandierenden der Flotte nur mit einem Participium coniunctum in knappster Form erwähnt: Νέαρχος μὲν δὴ ἐπιταχθεὶς τῷ ναυτικῷ προσέμενε τὴν ὥραν τοῦ παράπλου. Demgegenüber präsentiert sich Ind. 20 mit einem ständigen Wechsel von direkter und indirekter Rede als dramatischer Dialog zwischen Alexander und Nearch, in dem der König, aus Sorge um dessen Wohlergehen, Nearch erst auf

53 Vgl. Stadter, 1980, 87. 54 Dass die Bekränzung den eigentlichen Abschluss der Seereise darstellt, zeigt Ind. 42,10: Der Satz οὕτω μὲν ἀπεσώθη Ἀλεξάνδρῳ ἐκ τοῦ Ἰνδοῦ τῶν ἐκβολέων ὁρμηθεὶς ὁ στρατός schließt sich direkt an die zuvor erwähnte Bekränzung des Nearch und des Leonnatos an und die Indiké damit ab. 55 Siehe oben S. 26. 56 Siehe dazu unten S. 227–235.

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Exkurs: Grundlagen zum Aufbau des Paráplo us-Teils der Indiké

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dessen mehrmaliges Bitten hin das Oberkommando übergibt ‒ eine Entscheidung, die dann sogar in der Erhöhung der Truppenmoral gipfelt. Dieser Kontrast zwischen knapper Darstellung in sachlich-nüchterner Form in der Anabasis und der dramatischen Ausformung der gleichen Ereignisse in der Indiké – weitere inhaltliche Überschneidungen innerhalb des synchronen Erzählrahmens beider Werke existieren mit Ausnahme der Erwähnung der Proviantbereitstellung für die Flotte durch das Heer Alexanders (An. 6,21,3; 23,1f.; 23,4; 23,6; 24,3) und der Abkommandierung des Leonnatos ins Gebiet der Oreiten zur Unterstützung der Flotte (An. 6,22,3) nicht – ist also keinesfalls zufällig.57 Daraus allerdings zu schlussfolgern, dass diese dramatischen Partien im Werk des Nearch, das Arrian als Vorlage diente, bereits vorhanden waren, wäre unkorrekt; ebenso wäre es möglich, dass Arrian zum Zeitpunkt der Anabasis-Niederschrift seine Indiké, wenn nicht schon verfasst, so doch zumindest konzipiert haben könnte; zumal Nearch spätestens mit Beginn des fünften Buches zu einer Hauptquelle für Arrians Alexandergeschichte geworden ist.58

Exkurs: Grundlagen zum Aufbau des Paráplous-Teils der Indiké Wir wollen jetzt die Querverweise innerhalb der Indiké auf die Alexandergeschichte näher betrachten. Dass diese ausschließlich im zweiten Teil der Indiké, dem Paráplous des Nearch, verortet sind, ist nämlich, wie wir aufzeigen werden, nicht so „peculiar“, wie Schwarz, 1975a, 193 meint. Als Grundlage für unsere Argumentation bedarf es einiger Worte zum Aufbau des Paráplous:59 Nachdem Arrian den landeskundlichen Abschnitt der Indiké mit einem Verweis auf das eigentliche Thema seiner Schrift abgeschlossen und als Exkurs deutlich gemacht hat (Ind. 17,7),60 lässt er den Paráplous-Teil mit den Worten beginnen: Ἀλέξανδρος γὰρ, ἐπειδὴ οἱ παρεσκεύαστο τὸ ναυτικὸν ἐπὶ τοῦ Ὑδάσπεω τῇσιν ὄχθῃσιν, ἐπιλεγόμενος ὅσοι τε Φοινίκων καὶ ὅσοι Κύπριοι ἢ Αἰγύπτιοι εἵποντο ἐν τῇ ἄνω στρατηλασίῃ, ἐκ τούτων ἐπλήρου τὰς νέας, ὑπηρεσίας τε αὐτῇσι καὶ ἐρέτας ἐπιλεγόμενος ὅσοι τῶν θαλασσίων ἔργων δαήμονες (Ind. 18,1). Als für Alexander die Flotte mit Schiffen am Hydaspis ausgerüstet war, versammelte er die Phönizier, Kyprer und Ägypter, die ihm auf dem Hinweg gefolgt waren. Mit ihnen bemannte er die Schiffe, indem er als Matrosen und Ruderer die in der Seemannschaft am meisten erfahrenen auswählte.

57 Die Auseinandersetzung von Nearch und Onesikritos (Ind. 32,6–12) wird zwar auch in der Anabasis (An. 7,20,9f.) thematisiert, ist dort aber in ein Kapitel eingegliedert, das Alexanders Arabienzug gewidmet ist. Dort lässt Arrian die Episode ergänzend zu den Berichten, die Alexander von Archias, Androsthenes und Hieron über die Größe der Landmasse Arabiens und die daraus resultierende Unumfahrbarkeit bekommen hatte, hinzutreten. Die Bezugnahme Arrians auf diese Episode ist dort thematisch bedingt; sie ist nicht Teil des synchronen Erzählrahmens beider Werke. – Zur Bezugnahme Arrians auf Alexanders Arabienzug in der Indiké s. unten S. 179–187. 58 Siehe dazu auch unten S. 89f. 59 Eine ausführlichere Beschäftigung mit dem strukturellen Aufbau des Paráplous findet sich im dritten Kapitel unserer Untersuchung (S. 129–133). 60 Siehe oben S. 29.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Dabei handelt es sich um eine Abwandlung seiner eigenen Worte, mit denen er zu Beginn des sechsten Buches der Anabasis dieselbe Begebenheit geschildert hatte: Ἀλέξανδρος δέ, ἐπειδὴ παρεσκευάσθησαν αὐτῷ ἐπὶ τοῦ Ὑδάσπου ταῖς ὄχθαις πολλαὶ μὲν τριακόντοροι καὶ ἡμιόλιαι, πολλὰ δὲ καὶ ἱππαγωγὰ πλοῖα καὶ ἄλλα ὅσα ἐς παρακομιδὴν στρατιᾶς ποταμῷ εὔπορα, ἔγνω καταπλεῖν κατὰ τὸν Ὑδάσπην ὡς ἐπὶ τὴν μεγάλην θάλασσαν (An. 6,1,1). Sobald an beiden Ufern des Hydaspes eine große Zahl von Dreißigruderern und kleinen Ruderbooten fertig war, dazu viele Schiffe für den Pferdetransport und was sonst alles sich noch eignet, eine Armee auf dem Fluss zu befördern, beschloss Alexander den Aufbruch stromabwärts zum Großen Meer. Bei unserer Darlegung des Aufbaus des Paráplous kommt es uns jetzt weniger darauf an, dass Arrian hier seine eigene Darstellung in der Anabasis insoweit variiert, dass er dort die Mannigfaltigkeit der Schiffe, hier die der Besatzungen herausstreicht. Viel wichtiger ist, dass Arrian sich selbst zitiert. Dabei behält er soweit wie möglich die Position der einzelnen Satzglieder bei, so dass trotz des ionischen Dialekts und der Unterschiede in Verbalform und Partikel61 der Beginn des ersten Satzes des Paráplous als Selbstzitat augenfällig wird. Damit wird der Leser an die entsprechende Stelle der Anabasis erinnert und auf diese Art der Beginn des Paráplous zeitlich eindeutig im Handlungsablauf der Anabasis verortet: Der Paráplous vollzieht sich ‒ so wird dem Leser klargemacht ‒ während der Zeit, die im Buch VI der Alexandergeschichte behandelt wird. Arrians Selbstzitat bietet nun einen thematischen Anker, an den unser Autor eine Art Schiffskatalog, also die namentliche Nennung der Teilnehmer der Ozeanfahrt, anschließt.62 Auf die Gefahr hin, dass dem Leser trotz des einleitenden Selbstzitats noch nicht klar geworden ist, zu welchem Buch der Paráplous einen Exkurs darstellt, gibt er im folgenden Kapitel 19 eine Kurzfassung der Ereignisse, die er in Anabasis 6,2–6 thematisiert hatte. Dass spätestens jetzt für jeden Leser der Zusammenhang zum sechsten Buch klar sein dürfte, ist Arrian bewusst, so dass er Ind. 19,8 seine Zusammenfassung abbricht und für die Darstellung der Ereignisse, die zwischen dem Beginn des sechsten Buches und dem eigentlichen Auslaufen der Ozeanflotte (An. 6,21) auf seine Alexandergeschichte verweist. Nun beginnt mit §20 die Schilderung des Paráplous auf Basis des Nearchischen Berichtes. Nach der dramatisch gestalteten Szene, in der Nearch zum Oberkommandierenden der Flotte ernannt wird, setzt mit Kapitel 21 die eigentliche Fahrtbeschreibung ein.63 Sie beginnt mit der Ausfahrt aus dem Indus in das Arabische Meer (§21,1–7). Arrians Darstellung der Flottenfahrt zeigt im Fortgang eine strikte und einheitliche Strukturierung nach Reiseetappen; die jeweiligen Teilstrecken sind dabei den entsprechenden Wohngegenden der Ufervölker, an denen die Flotte gerade vorbeifährt, zugeordnet. Kommt die Flotte in den Bereich eines neuen Volkes, wird das von Arrian deutlich herausgehoben; verlässt sie diesen Bereich, wird vom Autor die Gesamtdistanz, die der Schiffsverband entlang des entsprechenden Gebiets gefahren ist, angegeben und explizit gemacht, dass der Siedlungsraum des indigenen Volkes bis zu diesem Punkt reiche. Geben wir ein Beispiel. Als die Flotte das Land der Fischesser erreicht, schreibt Arrian:

61 Bei γὰρ möchten wir in Ind. 18,1 den adverbialen Gebrauch sehen; vgl. KG II 2, 331f. 62 Siehe dazu unten S. 206–209. 63 Siehe oben S. 29, Fußnote 52.

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Exkurs: Grundlagen zum Aufbau des Paráplo us-Teils der Indiké

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κάτω δὲ Γαδρωσίων παρὰ τὴν θάλασσαν αὐτὴν οἱ Ἰχθυοφάγοι καλεόμενοι οἰκοῦσι· παρὰ τούτων τὴν γῆν ἔπλεον (Ind. 26,2). Unterhalb der Gadrosier unmittelbar am Meer wohnen die sogenannten Fischesser. An deren Gebiet fuhren sie entlang. In den folgenden Kapiteln werden die Ereignisse während dieser Etappe geschildert; das Ende dieser Teilstrecke wird dann mit ἐξέπλωσαν τὸ ἔθνος τῶν Ἰχθυοφάγων (Ind. 29,7) Sie verließen das Volk der Fischesser. gekennzeichnet und anschließend die Gesamtdistanz angegeben: μῆκος τοῦ παράπλου τῶν Ἰχθυοφάγων τῆς χώρης ὀλίγῳ πλεῦνες στάδιοι μύριοι (Ind. 29,8). Die Länge des Weges an der Küste des Landes der Fischesser entlang betrug etwas mehr als 10000 Stadien. Ebenso verfährt Arrian bei der Fahrt entlang der Karmanier (Anfang: §32,2; Ende: §38,1; Distanzangabe: §38,1), der Perser (Anfang: §38,1; Ende: §40,1; Distanzangabe: §40,1) und der Susier (Anfang: §40,1; Distanzangabe: §42,4), wobei hier natürlich eine Kennzeichnung des Etappenendes aus logischen Gründen ausfällt: die Flussfahrt auf dem Pasitigris findet schließlich auch noch im Lande der Susier statt. Bei den Arabiten (Anfang: §21,8; Ende: §22,10) und Oreiten (Anfang: §22,10; Ende: §25,4) werden die Distanzangaben für beide Völker zusammen in Kapitel 25,3 gegeben. Der Grund für die Abweichung ergibt sich aus Ind. 25,4: τὸ ἐντεῦθεν γὰρ οὐκέτι Ἰνδοί εἰσι. Arrian hat also die beiden Etappen, die im Bereich der indischen Völker verliefen, zusammengefasst. An dieser Stelle könnte die Kritik aufkommen, dass die im letzten Abschnitt gegebenen Stellenangaben nicht mit der von uns zu Beginn dieser Erörterung angeführten, schematischen Überblicksdarstellung der Paráplous-Struktur übereinstimme. Dass dem aber doch so ist, wollen wir kurz erläutern. So ist es eine Eigenheit der Arrianischen Darstellungsweise, dass er alles, was das Fahrtgeschehen während einer einzelnen Etappe betrifft (d.h. Fahrtstrecken, Ankerplätze, markante Wegpunkte, Wetterverhältnisse, Verproviantierung, Scharmützel mit Einheimischen etc.), jeweils en bloc schildert, besondere Vorfälle oder Beobachtungen aber, die während der jeweiligen Etappe passiert sind bzw. gemacht wurden, dem eigentlichen Fahrtgeschehen exkursartig anreiht.64 So schließt sich der Durchfahrt des Gebiets der Oreiten ein Exkurs über den Schattenwurf jenseits des Nördlichen Wendekreises65 an (Ind. 25,4–8); der Fischesser-Etappe folgt ein ethnographischer Exkurs zu diesem Volk (Ind. 29,9–16), eine dramatisch inszenierte Schilderung des Zusammentreffens der Flotte mit Walen (Ind. 30) und der Bericht über die „Wunderinsel“ Nosala (Ind. 31); dem persischen Streckenteil schließlich ist ein Exkurs zum Klima Persiens (Ind. 40,2–5) angefügt. Anders ist es dagegen bei der Karmanien-Episode: Während sonst das Fahrtgeschehen den Großteil der Schilderung Arrians ausmacht und Besonderheiten in Exkursform daran angebunden sind, bildet hier der Landgang Nearchs und

64 Zuerst gesehen von Jacoby in FGH II D, 455. 65 Vgl. Tomaschek, 6.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

dessen Zusammentreffen mit Alexander, das Arrian in dramatischer Form inszeniert,66 den Hauptteil der Darstellung (Ind. 33–36) und wird direkt in das Fahrgeschehen integriert. Dem Paráplous als ganzem schließlich lässt Arrian einen Exkurs folgen, der die Unzugänglichkeit Arabiens thematisiert (Ind. 43).

Die Querverweise der Indiké zur Anabasis Nachdem wir nun dargelegt haben, dass die Textstrukturierung des Paráplous-Teils der Indiké zum größten Teil über geographische Angaben erfolgt, wollen wir uns den Querverweisen67 zur Anabasis zuwenden: Es existieren im Paráplous insgesamt sieben solcher Verweise auf die Alexandergeschichte. Sie lassen sich hinsichtlich ihrer Funktion im Text in drei Gruppen einordnen. Die erste Gruppe stellt geographische und temporale Bezüge zur Anabasis her; d.h. mit einem Querverweis wird jeweils eine bestimmte Gegend oder ein Punkt in der erzählten Zeit der Indiké in Relation zu entsprechenden Informationen im Erzählrahmen der Anabasis gesetzt und der Paráplous so in der Alexandergeschichte räumlich und zeitlich verankert. Die beiden folgenden Querverweise weisen die beschriebene Funktion auf: 1. ἐπὶ δὲ Ὠρείτῃσι κατὰ μὲν μεσογαίην Γαδρώσιοι ἐπεῖχον, ὧν τὴν χώρην χαλεπῶς διεξῆλθεν ἅμα τῇ στρατιῇ Ἀλέξανδρος, καὶ κακὰ τοσαῦτα ἔπαθεν, ὅσα οὐδὲ τὰ σύμπαντα τῆς συμπάσης στρατηλασίης. ταῦτά μοι ἐν τῇ μέζονι συγγραφῇ ἀναγέγραπται (Ind. 26,1). Jenseits der Oreiten im Binnenland leben die Gadrosier, deren Land Alexander mit dem Heer mit Mühe durchquerte. Er erduldete dort mehr Mühsal als überhaupt auf dem ganzen übrigen Zug. Das habe ich in meinem größeren Bericht beschrieben. 2. ὑπὲρ τοὺς Ἰχθυοφάγους Γαδρώσιοι ἐς τὸ ἄνω οἰκέουσι γῆν πονηρὴν καὶ ψαμμώδεα, ἔνθεν καὶ τὰ πολλὰ κακὰ ἡ στρατιή τε Ἀλεξάνδρῳ ἔπαθεν καὶ αὐτὸς Ἀλέξανδρος, ὥς μοι ἤδη ἐν τῷ ἄλλῳ λόγῳ ἀπήγηται (Ind. 32,1). Von den Fischessern aus landeinwärts bewohnen die Gadrosier ein karges, sandreiches Land. Dort stieß dem Heer Alexanders und Alexander selbst viel Unbill zu, wie ich in dem anderen Bericht erzählt habe. Durch die Erwähnung Gedrosiens werden die von der Flotte durchfahrenen Gebiete der Oreiten und der Fischesser mit dem Schauplatz verknüpft, dem Arrian in der Anabasis bei der Behandlung des Rückmarsches des von Alexander befehligten Heeresteils aus Indien den größten Raum seiner Darstellung zukommen lässt. Aus dem geographischen Konnex ergibt sich zudem ein chronologischer. Nach rein logischen Gesichtspunkten sähe dieser folgendermaßen aus: Aus der 66 Siehe dazu unten S. 232ff. 67 Während die Vorverweise der Anabasis auf die Indiké, d.h. auf ein noch zu veröffentlichendes Werk, in Arrians Œuvre einmalig sind, finden wir allerdings in seinen Taktiká einen Querverweis auf ein von ihm publiziertes, heute nicht mehr erhaltenes Werk, das sich mit zeitgenössischen römischen Infanteriemanövern beschäftigte: ἐγὼ δὲ τὰ ἱππικὰ γυμνάσια, ὅσα Ῥωμαῖοι ἱππῆς γυμνάζονται, ἐν τῷ παρόντι ἐπεξελθών, ὅτι τὰ πεζικὰ ἔφθην δηλῶσαι ἐν τῇ συγγραφῇ ἥντινα ὑπὲρ αὐτοῦ τοῦ βασιλέως συνέγραψα, τόδε μοι ἔσται τέλος τοῦ λόγου τοῦ τακτικοῦ (Tact. 32,3).

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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Anabasis weiß der Leser, dass sich die Abfahrt der Flotte auf Grund der herrschenden Monsunwinde verzögert und Alexander sich währenddessen bereits auf den Rückmarsch macht (An. 6,21,1ff.). Auch ist bereits bekannt, dass es in Karmanien zu einem Zusammentreffen von Nearch und Alexander, der bereits vor Ort weilt, kommt (An. 6,28,5f.) ‒ und erneut dann in Susa, unter den gleichen Voraussetzungen (An. 7,5,6). Daraus ergibt sich, dass die Flotte, obgleich sie später startet (Das genaue Datum gibt Arrian in Ind. 21,1.),68 dann aber logischerweise schneller vorankommt als das Landheer, diesem immer ein wenig hinterherhinkt. Der zeitlichgeographische Rahmen beider Werke ist also nicht kongruent; mit Ausnahme von Karmanien und Susa überschneiden sich die in Anabasis und Indiké dargestellten Ereignisse in ihrer zeitlichen und räumlichen Dimension nicht. Soll heißen: Man ist zu unterschiedlichen Zeiten am selben Ort bzw. zur gleichen Zeit immer an verschiedenen; oder, wenn man es etwas überspitzt formuliert: Alexander ist immer einen Schritt voraus. Arrian will aber dem Leser etwas Anderes glauben machen: Indem seine beiden Querverweise die Reiseetappe entlang der Küste der Fischesser einrahmen, suggeriert er eine Synchronizität der Ereignisse. Dazu kommt, dass die Fischesser-Etappe in ihrer Konzeption zahlreiche Parallelen zur Darstellung der Gedrosischen Katastrophe (An. 6,23–27) zeigt:69 So leidet das Heer Alexanders in der Wüste an Durst (An. 6,24,4), an den Seefahrern nagt der Hunger (Ind. 29,2), dort werden Gewaltmärsche unternommen, um dem Gebiet zu entrinnen (An. 6,24,5), hier wird Tag und Nacht durchgefahren (Ind. 29,2), dort wird von Alexander über aus Verzweiflung erfolgte Befehlsverweigerung schon einmal hinweggesehen (An. 6,23,5 u. 25,2), hier wird gleich präventiv dagegen vorgegangen (Ind. 29,3) und hier wie dort zeigen die beiden Befehlshaber in Extremsituationen Führerqualitäten (An. 6,26,1–3; Ind. 28 u. 30). Eine zweite Gruppe bilden drei Querverweise, denen zu eigen ist, dass sie sowohl die Funktion der von uns zuerst aufgeführten Gruppe teilen, d.h. geographische und / oder temporale Bezüge 68 Wir möchten in dem in Ind. 21,1 für Arrian in ungewöhnlicher Breite (Bei seinen Datumsangaben in der Anabasis beschränkt er sich sonst auf maximal zwei Angaben nach Archontenjahr, Monat oder Olympiade.), gegebenen Abfahrtstermin der Flotte eine Zusatzinformation Arrians zur Anabasis sehen. Dort werden von ihm nur ausgesprochen wichtige Ereignisse, die alle mit Alexander in Zusammenhang stehen, mit einem Datum versehen: Tod des Philipp (An. 1,1,1), Schlacht bei Issos (An. 2,11,10), Eroberung von Tyros (An. 2,24,6), Schlacht von Gaugamela (sogar durch zwei Datumsangaben gerahmt: An. 3,7,1 u. 3,15,7), Tod des Dareios (An. 3,22,3), Schlacht gegen Poros (An. 5,19,3), Tod Alexanders (An. 7,28,1); in seiner übrigen Darstellung bedient sich Arrian der relativen Chronologie. Eine Datierung der vielleicht nicht ganz so bedeutenden Flottenexpedition unter Nearch hätte aber nicht der Konzeption der Anabasis entsprochen. Sie wird daher in der Indiké gegeben, dient aber auch gleichzeitig als chronologischer Fixpunkt für die in der Anabasis dargestellten Ereignisse, da sie dem Leser die einzige Datumsangabe im Zusammenhang mit dem sechsten Buch liefert. In der schon erwähnten Breite des Ausdrucks (ἐπὶ ἄρχοντος Ἀθήνησι Κηφισοδώρου, εἰκάδι τοῦ Βοηδρομιῶνος μηνός, καθότι Ἀθηναῖοι ἄγουσιν, ὡς δὲ Μακεδόνες τε καὶ Ἀσιανοὶ ἦγον τὸ ἑνδέκατον βασιλεύοντος Ἀλεξάνδρου) sehen wir eine Imitation des Thukydides: Τέσσαρα μὲν γὰρ καὶ δέκα ἔτη ἐνέμειναν αἱ τριακοντούτεις σπονδαὶ αἳ ἐγένοντο μετ' Εὐβοίας ἅλωσιν· τῷ δὲ πέμπτῳ καὶ δεκάτῳ ἔτει, ἐπὶ Χρυσίδος ἐν Ἄργει τότε πεντήκοντα δυοῖν δέοντα ἔτη ἱερωμένης καὶ Αἰνησίου ἐφόρου ἐν Σπάρτῃ καὶ Πυθοδώρου ἔτι δύο μῆνας ἄρχοντος Ἀθηναίοις, μετὰ τὴν ἐν Ποτειδαίᾳ μάχην μηνὶ ἕκτῳ καὶ ἅμα ἦρι ἀρχομένῳ Θηβαίων ἄνδρες ὀλίγῳ πλείους τριακοσίων (Thuk. 2,2,1). Die Imitation besteht in unseren Augen allerdings nicht nur in der von Arrian nachgeahmten Breite, sondern auch besonders darin, dass Thukydides mit der chronologischen Formel den Beginn seiner eigentlichen Darstellung einläutet. Ebenso markiert Arrians Formel den Beginn der eigentlichen Darstellung des Paráplous. 69 Am augenfälligsten wird dies vielleicht im Bild vom „Sandmeer“: ὀλίγοι ἀπὸ πολλῶν ἐσώθησαν, οἱ πολλοὶ δὲ ὥσπερ ἐν πελάγει ἐκπεσόντες ἐν τῇ ψάμμῳ ἀπώλλυντο (An. 6,25,3).

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

zum Erzählrahmen der Anabasis herstellen, aber zusätzlich noch einen Informationsnachtrag zur Alexandergeschichte bieten: 3. προσοικέει δὲ ταύτῃ ἔθνος Ἰνδικόν, οἱ Ἀράβιες καλεόμενοι, ὧν καὶ ἐν τῇ μέζονι ξυγγραφῇ μνήμην ἔσχον, καὶ ὅτι εἰσὶν ἐπώνυμοι ποταμοῦ Ἀράβιος, ὃς διὰ τῆς γῆς αὐτῶν ῥέων ἐκδιδοῖ ἐς θάλασσαν, ὁρίζων τούτων τε τὴν χώρην καὶ τὴν Ὠρειτέων (Ind. 21,8). Dort wohnt ein indisches Volk, die Arabier, die ich auch in meinem größeren Werk erwähnt habe und dass sie nach dem Fluss Arabis heißen, der durch ihr Gebiet zum Meer fließt und ihr Land von dem der Oreiten abgrenzt. Das am Flusse Ἀράβιος liegende Gebiet der Arabiten (oder der Ἀράβιες,70 wie sie an unserer Stelle genannt werden), stellt auch die erste Station des Rückmarsches Alexanders dar, nachdem er die Flotte verlassen hat: Νέαρχος μὲν δὴ ἐπιταχθεὶς τῷ ναυτικῷ προσέμενε τὴν ὥραν τοῦ παράπλου, αὐτὸς [=Ἀλέξανδρος ] δὲ ἄρας ἐκ Πατάλων ἔστε μὲν ἐπὶ τὸν ποταμὸν τὸν Ἀράβιον ξὺν τῇ στρατιᾷ πάσῃ προὐχώρει (An. 6,21,3). Damit ist der Brückenschlag von der ersten Reiseetappe der Flotte im Paráplous zur Anabasis erfolgt. Was jedoch stutzen lässt, ist die Tatsache, dass Arrian behauptet, er hätte in der Anabasis gesagt, ὅτι εἰσὶν ἐπώνυμοι ποταμοῦ Ἀράβιος. Realiter hat er dort lediglich ausgeführt, dass die Ἀραβῖται ein ἔθνος καὶ τοῦτο αὐτόνομον τῶν περὶ τὸν Ἀράβιον ποταμὸν νεμομένων (An. 6,21,4) seien: ebenfalls eins der freien Völker, die um den Fluss Arabis herum wohnen (Übersetzung: Capelle). Beträfe es nur diese eine Äußerung Arrians in Ind. 21,8, dass sie nicht mit seiner Darstellung in der Anabasis übereinstimmte − man würde es wohl für einen Lapsus unseres Autors halten. Es zeigt sich jedoch, dass noch zwei weitere Querverweise auf die Alexandergeschichte (Ind. 23,5 u. 40,1) Inhalte präsentieren, die in der Anabasis nicht vorkommen. Allen drei Stellen ist gemein, dass sie sich als Tatsachenbehauptungen geben,71 zweimal in Form eines ὅτι-Satzes, einmal wird der Inhalt der Aussage mit dem Demonstrativum ταῦτα zusammenfassend aufgegriffen. Wir werten dieses Vorgehen Arrians als absichtsvoll und sehen darin einen Informationsnachtrag zu seiner Anabasis, den er dem Leser auf diese Art vermittelt. Zugegebener Maßen stellt der Nachtrag des αἴτιον in Ind. 21,8, auf das man auf Grund der Namensähnlichkeit von Fluss und Völkerschaft auch so hätte kommen können, einen eher geringen Informationsgewinn für den Leser dar. Man sollte allerdings nicht verkennen, dass Arrian die Querverweise zur Anabasis ‒ mit Ausnahme von Ind. 19,8 und 43,14, die eine andere Funktion als die übrigen aufweisen und von uns daher separat behandelt werden ‒ (fast) immer an den Anfang oder das Ende der jeweiligen Fahrtetappen der Flotte, die, wie wir gezeigt haben, auch das strukturelle Gefüge des Textes bestimmen, setzt, und dass die von Arrian in den Verweisen vorgebrachten Äußerungen stets in einem Zusammenhang mit den jeweils passierten Völkern stehen. Stellt man in Rechnung, dass die Quellenlage im Bezug auf die Arabiten für Arrian nach dessen Behandlung dieses Volkes in der Anabasis wohlmöglich nicht mehr allzu ergiebig war, ist die geringere Qualität des Informationsnachtrags immerhin nachvollziehbar. Jedoch sollte auch erwähnt werden, dass beinahe jeder Fahrtetappe der Flotte eine aitiologische 70 Die Überlieferungslage ist für beide Namensformen in Anabasis und Indiké eindeutig. Darüber hinaus existieren bei anderen Historikern noch diverse weitere Formen dieses Völkernamens; vgl. z.B. Biffi, 2000, 187. Dass Arabiten und Arabier dasselbe Volk bezeichnen, wird aus einem Vergleich der von uns im Text angeführten Stellen deutlich. 71 Abweichend vom Text, der sich als Tatsachenbehauptung darstellt („Ich habe gesagt, dass …“), ist der Sinn der Aussage aber: „Ich hätte noch sagen können, dass…“.

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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Erklärung eingelegt ist: Oreiten (Frauenhafen; Ind. 22,5), Fischesser (deren Name; Ind. 32,8), Karmanier (Erythreisches Meer; Ind. 37,3), Susier (Mesopotamien; Ind. 42,3). Somit hat also auch die Arabiten-Etappe ihr eigenes αἴτιον erhalten. Ein weiterer Querverweis, bei dem Arrian ebenso verfährt, findet sich Ind. 40,1: 4. μέχρι τοῦδε Πέρσαι οἰκέουσι, τὰ δὲ ἀπὸ τούτων Σούσιοι. Σουσίων δὲ ἔθνος αὐτόνομον κατύπερθε προσοικέει· Οὔξιοι καλοῦνται, ὑπὲρ ὅτων λέλεκταί μοι ἐν τῇ ἄλλῃ συγγραφῇ ὅτι λῃσταί εἰσι (Ind. 40,1). Bis hierhin wohnen Perser, von hier ab jedoch Susier. Oberhalb der Susier lebt ein unabhängiges Volk. Es heißt die Uxier, über die ich in meinem anderen Buch berichtet habe, dass sie Räuber seien. Mit der Erwähnung der Uxier wird der entsprechende Reiseabschnitt der Flotte wieder im Bezugsrahmen der Anabasis verortet. Dort hatte Arrian im 17. Kapitel des dritten Buches die Eroberung der Hauptstädte des Achämenidenreiches durch Alexander − der sich dann der Feldzug bis nach Indien anschloss − mit dem Einrücken ins Gebiet der Uxier beginnen lassen: ἄρας δὲ ἐκ Σούσων καὶ διαβὰς τὸν Πασιτίγριν ποταμὸν ἐμβάλλει εἰς τὴν Οὐξίων γῆν (An. 3,17,1). Dass sich nun gerade dort im Zusammenhang mit den Uxiern die einzige Erwähnung des Flusses Pasitigris in der Anabasis findet, zeigt deutlich, dass deren Erwähnung in dem in der Indiké gegebenen Querverweis, der sich im Text kurz vor der Beschreibung der Flussfahrt auf eben diesem Pasitigris befindet, eben kein Zufall ist. Da Arrian die Uxier neben eher beiläufigen Erwähnungen in An. 1,15,1; 3,8,5; 5,19,6 und 7,10,6 ausführlich in dem schon genannten Kapitel 17 des dritten Buches behandelt, wird der geographische Brückenschlag zwischen Indiké und Anabasis insoweit erweitert und abgewandelt, dass damit die Flottenfahrt zum einen mit dem Ausgangspunkt der ganzen Indienunternehmung verknüpft wird ‒ man also sozusagen wieder zurückgekehrt ist. Zum anderen wird die Seereise wieder mit einer Station Alexanders in Beziehung gesetzt. Doch diesmal konnte von Arrian die Parallelisierung des Rückwegs von Heer und Flotte aus Indien nicht beibehalten werden, da der letzte Abschnitt keine Überschneidungen aufwies. Das Gebiet der Uxier stellt allerdings einen Ort dar, an dem sich Alexander, wenn auch auf dem Hinweg nach Indien, aufgehalten hat, so dass auf die Art ein Konnex möglich wird. Diesen Volksstamm der Uxier nun behauptet Arrian in der Anabasis als λῃσταί bezeichnet zu haben. Doch an keiner der von uns aufgeführten Stellen ist das der Fall. Anders als beispielsweise von den Kossaiern, die als Nachbarvolk der Uxier kenntlich gemacht werden und Arrian zufolge ihren Lebensunterhalt mit Raubzügen bestreiten (An. 7,15,2: ἀπελθόντων [sc. Ἀλέξανδρος] δὲ αὖθις εἰς τὸ λῃστεύειν τρεπόμενοι ἀπὸ τούτου τὸν βίον ποιοῦνται.), sagt Arrian in An. 3,17,6 von den Uxiern: χρήματα γὰρ οὐκ ἦν Οὐξίοις οὐδὲ ἡ γῆ οἵα ἐργάζεσθαι, ἀλλὰ νομεῖς αὐτῶν οἱ πολλοὶ ἦσαν ‒ Geld nämlich besaßen die Uxier nicht, auch Ackerbau ließ sich in ihrem Lande nicht treiben, die meisten von ihnen führten ein Hirtendasein. Diese Uxier, oder genauer gesagt: die Berguxier (An. 3,17,1: οἱ ὄρειοι καλούμενοι Οὔξιοι), hatten zwar versucht, von Alexander Wegezoll für die Durchquerung ihres Gebietes zu erpressen (An. 3,17,2), der sie daraufhin niedermacht, doch gibt weder die Wurzel λῃστ- die Bedeutung „erpressen“ her (vgl. LSJ 1046 s.v. λῃστεία), noch deuten die Belegstellen der von dieser Wurzel abgeleiteten Wörter in der Anabasis (An. 1,3,6; 3,2,4f.; 4,5,1) auf eine andere Verwendung als in der Bedeutung „rauben / plündern“ hin. Die Bezeichnung λῃσταί kann sich also nicht auf diesen Vorfall beziehen. Es handelt sich also erneut um einen Nachtrag von Informationen zur Anabasis. Untermauert wird unsere Deutung dadurch, dass

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Arrian direkt im Anschluss an den λόγος über das Klima Persiens, der dem Querverweis unmittelbar nachfolgt, auch den Mardern die Bezeichnung λῃσταί beilegt: Σουσίοις δὲ πρόσοικοι ὅτι εἰσὶν Οὔξιοι λέλεκταί μοι, κατάπερ Μάρδοι μὲν Πέρσαισι προσεχέες οἰκέουσι, λῃσταὶ καὶ οὗτοι, Κοσσαῖοι δὲ Μήδοισι (Ind. 40,6). Neben bloßen Erwähnungen in An. 3,11,5; 3,13,1; 3,24,1u.4; 4,6,6 und 4,18,2 wurde in der einzigen Passage der Anabasis, in der dieses Volk im stetig vorwärtstreibenden Feldzug Alexanders eine Rolle spielt (An. 3,24,2), von Arrian nur über sie gesagt: πένητες οἱ Μάρδοι καὶ μάχιμοι ἐπὶ τῇ πενίᾳ ἦσαν – Die Marder sind arm und dazu von besonderer Kriegstüchtigkeit. Der Grund, warum Arrian diese beiden Völker hier als Räuber darstellt, wird klar, wenn wir uns den Aufbau der ganzen Passage Ind. 40,1–8 einmal näher anschauen. Der erste Satz von Ind. 40,1 bildet den Abschluss der eigentlichen Fahrtbeschreibung entlang des Landes der Perser: μέχρι τοῦδε Πέρσαι οἰκέουσι, τὰ δὲ ἀπὸ τούτων Σούσιοι. Bis hierhin wohnen Perser, von hier ab jedoch Susier. Im Anschluss daran folgt der Querverweis zur Anabasis: Σουσίων δὲ ἔθνος αὐτόνομον κατύπερθε προσοικέει· Οὔξιοι καλοῦνται, ὑπὲρ ὅτων λέλεκταί μοι ἐν τῇ ἄλλῃ συγγραφῇ ὅτι λῃσταί εἰσι. Oberhalb der Susier lebt ein unabhängiges Volk. Es heißt die Uxier, über die ich in meinem anderen Buch berichtet habe, dass sie Räuber seien. Jetzt wird, wie zum Ende einer jeden Etappe, die Gesamtdistanz angegeben: μῆκος τοῦ παράπλου τῆς Περσίδος χώρης στάδιοι τετρακόσιοι καὶ τετρακισχίλιοι. Die Länge der Fahrt vorbei am Lande der Perser betrug 4400 Stadien. Es folgt als Anhang zur Persien-Etappe der λόγος über das Klima Persiens (Ind. 40,2ff.), der mit einer Anekdote über Alexander (Ind. 40,5) abgeschlossen wird. Daraufhin kehrt Arrian zu den Susiern zurück (damit wird der λόγος gerahmt): Σουσίοις δὲ πρόσοικοι ὅτι εἰσὶν Οὔξιοι λέλεκταί μοι, κατάπερ Μάρδοι μὲν Πέρσαισι προσεχέες οἰκέουσι, λῃσταὶ καὶ οὗτοι, Κοσσαῖοι δὲ Μήδοισι (Ind. 40,6). Dass die Susier Nachbarn der Uxier sind, habe ich bereits gesagt. Ebenso wohnen die Marder als Nachbarn neben den Persern ‒ auch sie sind Räuber ‒ und die Kossaier neben den Medern. Der Leser weiß bisher, dass es sich bei den angeführten Nachbarvölkern der Perser, Susier und Meder samt und sonders um Räuber handelt. Bei den Kossaiern wurde das bereits in der Anabasis deutlich gemacht, für die Uxier und Marder die Information hier nachgereicht. Der Grund dieser Nachreichung ergibt sich aus dem Folgenden: καὶ ταῦτα πάντα τὰ ἔθνεα ἡμέρωσεν Ἀλέξανδρος, χειμῶνος ὥρῃ ἐπιπεσὼν αὐτοῖσιν, ὅτε ἄβατον σφῶν τὴν χώρην ἦγον. καὶ πόληας ἐπέκτισε τοῦ μὴ νομάδας ἔτι εἶναι ἀλλὰ ἀροτῆρας καὶ γῆς ἐργάτας, καὶ ἔχειν ὑπὲρ ὅτων δειμαίνοντες μὴ κακὰ ἀλλήλους ἐργάσονται (Ind. 40,7f.).

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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Alle diese Völker unterwarf Alexander, da er sie im Winter angriff, als sie ihr Gebiet für unzugänglich hielten. Er gründete Städte, damit sie ihr Nomadentum aufgäben und Pflüger und Landarbeiter würden. Denn so hätten sie etwas, um dessen Besitz sie fürchteten, und würden einander keinen Schaden zufügen. Mit dem Folgesatz setzt dann die Fahrtbeschreibung der Susier-Etappe ein: ἐνθένδε τὴν Σουσίων γῆν παρήμειβεν ὁ στρατός (Ind. 40,8). Von hier ab fuhr das Heer am Land der Susier vorbei. Zur Erklärung: Mit Ausnahme der Fischesser-Etappe, die, wie wir im Fortgang noch zeigen werden,72 in Arrians Darstellung ganz dem Nearch vorbehalten bleibt, um ihn als Oberkommandierenden der Flotte, der in einer Extremsituation Führerqualitäten zeigt – auf die Parallelen zur Gedrosischen Katastrophe hatten wir ja bereits verwiesen –, zu präsentieren, wird von Arrian bei allen übrigen Etappen auch immer wieder auf Alexander verwiesen, und sei es nur, dass Arrian während der recht kurzen (Darstellung der) Arabiten-Etappe erwähnt, dass ein Hafen dort nach dem Makedonenkönig benannt worden sei. Unsere Stelle bildet den Abschluss der ebenfalls in ihrer Darstellung kurzen Persien-Etappe. Eine direkte Bezugnahme auf Alexander hätte sich für Arrian deshalb nicht angeboten, weil der Marsch des Heeres durch die Persis nach Susa (An. 6,29–7,4) eher unspektakulär verlief; so wird denn auch in der Anabasis die erzählte Zeit mit herausgegriffenen Einzelepisoden (An. 6,29,4–11: das Kyrosgrab; An. 7,1,4–3,6: die indischen Weisen und der Tod des Kalanos) quasi überbrückt. Um dennoch auf Alexander auch in dieser Etappe Bezug nehmen zu können, wird von Arrian der Kunstgriff vollführt, über die dort ansässigen Nachbarvölker der Perser sowohl den λόγος in seine Darstellung einzugliedern, als auch Alexander zur Sprache zu bringen. Der Gedankengang hinter Ind. 40,6ff. ist folgender: Alexander hat auf seinem Rückweg durch die Persis keine ἔργα vollbracht − das war auch nicht nötig: Großtaten hatte er in dieser Gegend schließlich schon zu einem früheren Zeitpunkt erbracht und später dann erneut. Auf diese frühere Zeit verweisen die Namen der Uxier und Marder; sie traten als Gegner Alexanders bei seiner Eroberung des Achämenidenreiches, die von Arrian in seinem dritten Buch der Anabasis thematisiert wurde, in Erscheinung. Auf den späteren Zeitpunkt weisen die Kossaier hin; diesen Volksstamm hat Alexander nach dem Tod Hephaistions in einem Winterfeldzug, den Arrian in An. 7,15,1ff. behandelt, ausgerottet: Ἀλέξανδρος δὲ ἐξεῖλεν αὐτῶν τὸ ἔθνος καίπερ χειμῶνος στρατεύσας (An. 7,15,3). Die erbrachten Großtaten Alexanders werden von Arrian nun spezifiziert. Einerseits hat Alexander auf Grund einer risikofreudigen Strategie73 diese Völker74 besiegt: καὶ ταῦτα πάντα τὰ ἔθνεα ἡμέρωσεν

72 Siehe unten S. 158–162. 73 Dass Alexander trotz des Winters und der schlechten Geländeverhältnisse gegen die Kossaier vorgegangen ist, dürfte Arrian beeindruckt haben, wie sein Schlusswort nach der Darstellung des Winterfeldzuges zeigt: οὕτως οὐδὲν ἄπορον Ἀλεξάνδρῳ τῶν πολεμικῶν ἦν ἐς ὅ τι ὁρμήσειε (An. 7,15,3). 74 Die ebenfalls in unserer Stelle erwähnten Susier, Meder und Perser, die Alexander freilich auch unterworfen hatte, sind in Arrians Argumentationsstrategie natürlich nicht mit einbezogen, sondern dienen lediglich der geographischen Verortung: Bei allen dreien bedient sich Arrian daher des Dativs. Eine Darstellung Alexanders als Kulturbringer für das Achämenidenreich, zu dem diese drei Völker gehörten, wäre selbst für Arrian maßlos übertrieben.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Ἀλέξανδρος, χειμῶνος ὥρῃ ἐπιπεσὼν αὐτοῖσιν, ὅτε ἄβατον σφῶν τὴν χώρην ἦγον (Ind. 40,7).75 Andererseits, und das ist noch höher zu bewerten, hat er sich als Kulturbringer für diese Völkerscharen erwiesen: καὶ πόληας ἐπέκτισε τοῦ μὴ νομάδας ἔτι εἶναι ἀλλὰ ἀροτῆρας καὶ γῆς ἐργάτας, καὶ ἔχειν ὑπὲρ ὅτων δειμαίνοντες μὴ κακὰ ἀλλήλους ἐργάσονται (Ind. 40,8). Wenn also Arrian in diesem Zusammenhang – und hier schließt sich der Kreis – die Uxier und Marder als λῃσταί brandmarkt, so potenziert sich die Leistung Alexanders: Schließlich hat er nicht nur irgendwelche Bergstämme befriedet und sesshaft gemacht, sondern verbrecherische Nomaden, die zuvor ihren Lebensunterhalt mit Raub bestritten, zu Landarbeitern gemacht. Zwei Dinge hat Arrian somit in dieser Passage geleistet: Erstens hat er in seinem Querverweis zur Anabasis wieder einen Informationsnachtrag zu diesem Werk geliefert (Eine Information, die sich zwar der gewiefte Leser auch aus Arrians impliziter Darstellung hätte erschließen können, die dort aber eben nicht explizit genannt wurde.), und zweitens hat er rückblickend auf sein drittes Buch der Anabasis die darin beschriebenen ἔργα Alexanders noch einmal erhöht und auf eine neue Stufe gehoben, und so sein Lob des Makedonenkönigs quasi rückwirkend nach oben hin korrigiert. Damit stellt Arrians Äußerung, er habe schon in der Alexandergeschichte berichtet, dass die Uxier Räuber seien, eben keinen Fehler unseres Autors dar, sondern ist eindeutig dessen Konzeption von Anabasis und Indiké geschuldet.76 Man sollte an dieser Stelle einmal in deutlichen Worten sagen, dass wir es bei der Indiké, wie auch bei der Anabasis, mit einem Stück Literatur zu tun haben und, was noch wichtiger ist, mit einer Tendenzschrift. Da wir davon ausgehen können, dass die Indiké, wenn nicht zeitgleich, so doch nicht viel später als die Anabasis entstanden ist, dann implizieren Aussagen, wie wir sie zuhauf in der Literatur vorfinden, dass sich von Arrian gegebene Informationen in Indiké und Anabasis widersprächen,77 eine Kritik an Arrians Kompetenz als Historiograph. Es scheint ein Trend der letzten Jahrzehnte zu sein, dass die Indiké aus dem Blickfeld der Philologie verschwunden ist und die Debatte zu dieser Schrift größtenteils den Althistorikern überlassen wurde. Natürlich hat jegliche fachspezifische Beschäftigung mit der Indiké ihre Berechtigung. Dennoch sind wir der Meinung, dass eine rein geschichtswissenschaftlich orientierte Auseinandersetzung mit diesem Buch Arrians, die sich entweder allein auf die Indiké beschränkt und somit deren enge Beziehung zur Anabasis außen vor lässt, oder sich darauf verlegt die Schrift als 75 Dass auch die Angriffe auf die Uxier und Marder im Winter erfolgten, geht aus An. 3,24,2 hervor, die Unzugänglichkeit der von beiden Völkern bewohnten Gebiete aus An. 3,17,3 und 3,24,2. 76 Eine Parallele bei Strabon, die ebenfalls auf Nearch zurückgeht, unterstreicht deutlich die Intention Arrians: Νέαρχος δέ φησι τεττάρων ὄντων λῃστρικῶν ἐθνῶν, ὧν Μάρδοι μὲν Πέρσαις προσεχεῖς ἦσαν, Οὔξιοι δὲ καὶ Ἐλυμαῖοι τούτοις τε καὶ Σουσίοις, Κοσσαῖοι δὲ Μήδοις, πάντας μὲν φόρους πράττεσθαι τοὺς βασιλέας, Κοσσαίους δὲ καὶ δῶρα λαμβάνειν, ἡνίκα ὁ βασιλεὺς θερίσας ἐν Ἐκβατάνοις εἰς τὴν Βαβυλωνίαν καταβαίνοι· καταλῦσαι δ' αὐτῶν τὴν πολλὴν τόλμαν Ἀλέξανδρον ἐπιθέμενον χειμῶνος (Strab. geogr. 11,13,6). Anders als seine Quelle Nearch sieht Arrian in Ind. 40 von einer Erwähnung des Volksstamms der Elymaier bewusst ab. Dies zeigt nicht nur, dass unser Autor seiner Quelle nicht sklavisch folgt (s. dazu auch unten S. 94–106), sondern lässt auch erkennen, dass der von Arrian gelieferte Informationsnachtrag die in der Anabasis gegebenen Mitteilungen nur insoweit präzisiert, als dass sie hier in Ind. 40 der rückwirkenden Erhöhung des Lobes für Alexander dienen. So spielen die Elymaier in der Anabasis keine Rolle, d.h. sie werden dort nicht namentlich genannt. Eine Erwähnung dieses Volkes hier in Ind. 40 würde sich daher nicht nur merkwürdig ausnehmen, sondern sogar den auf die Anabasis gerichteten enkomiastischen Aspekt der Passage aufweichen. 77 Derartige Äußerungen finden wir in sämtlichen Kommentaren zur Indiké, angefangen von der Ausgabe Capelles, über die Kommentierungen von Hinübers bis hin zu den neueren Publikationen von z.B. Biffi oder Schilardi.

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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eine Art „Realien-Mine“ zu verwenden, der es gilt ohne Rücksicht auf die Darstellungstechnik Arrians und die Intention des Werks möglichst viele Informationen abzutrotzen (Wobei es dann natürlich dazu kommt, dass, falls die „herausgeschürften“ Sachverhalte einmal nicht mit anderen antiken Quellen vereinbar sind, oder man auf scheinbare Widersprüche in Arrians eigener Darstellung stößt, diese erbrachten Fakten als solche zwar geflissentlich dokumentiert werden, es dann aber unterlassen wird, zunächst einmal textintern eine Erklärung für die gemachten Beobachtungen zu suchen. Stattdessen wird schnell ein möglicher fehlerhafter Umgang Arrians mit seinen Quellen − die uns im Übrigen zum größten Teil nicht original vorliegen − oder eine mangelnde Präzision Arrians als Erklärung herangezogen.), wenn nicht gar methodisch zweifelhaft, so doch zumindest von geringerem Erkenntnisgewinn sein dürfte. Anabasis und Indiké sind aber, wie wir es bis zum jetzigen Zeitpunkt unserer Erörterung bereits in Ansätzen dargelegt und im Fortgang noch weiter aufzeigen werden, aufs Engste miteinander verflochten, so dass eine Auseinandersetzung mit Arrians Indischer Geschichte ohne Einbezug der Anabasis nicht stattfinden kann − ja darf. Wir finden nämlich auch in der Anabasis Äußerungen Arrians, die sich als simple Rückverweise geben, jedoch eigentlich Nachträge für bereits Gesagtes darstellen. So wird mit ἔνθεν δὲ ἐς τὰ βασίλεια ᾔει τὰ Περσῶν, ἃ δὴ πρόσθεν κατέφλεξεν αὐτός, ὥς μοι λέλεκται, ὅτε οὐκ ἐπῄνουν τὸ ἔργον (An. 6,30,1) Alexander zog von dort nach den Königspalästen der Perser, die er früher selbst hatte einäschern lassen, wie ich erzählt habe, als ich diese Tat missbilligte. (Übersetzung: Capelle) Bezug genommen auf ἀλλ' οὐδ' ἐμοὶ δοκεῖ σὺν νῷ δρᾶσαι τοῦτό γε Ἀλέξανδρος (An. 3,18,12). Auch mir freilich scheint hierin Alexander nicht klug gehandelt zu haben. Zwar ist in der Aussage, Alexander habe ohne Verstand gehandelt, ein impliziter Tadel bereits erhalten, jedoch ist zu konstatieren, dass Arrian in der Anabasis außerordentliches Verhalten seines Protagonisten und anderer Personen, die zum jeweiligen Zeitpunkt der Darstellung eine wichtige Rolle in Bezug auf Alexander einnehmen, mit expliziten (anerkennenden oder missbilligenden) auktorialen Kommentaren versieht.78 Da aber expliziter Tadel Arrians am Verhalten Alexanders erst mit dem vierten Buch einsetzt, ist es nicht verwunderlich, dass unser Autor an der Stelle seiner Darstellung, als Alexander nach Persepolis zurückkehrt, das Niederbrennen der persischen Königsburg vor Verlassen der Stadt rückwirkend mit einem expliziten Tadel79 versieht.

78 Neben den zitierten Stellen noch: Lob: An. 2,12,8; 3,10,4; 4,9,6; 4,19,6; 6,26,3 (Alexander); 7,1,5 (indische Weise); Lob und Tadel: An. 4,9,1f. (Kleitos); Tadel: An. 4,7,4f.; 4,12,6f.; 7,23,8 (Alexander); 4,10,1f. (Kallisthenes). 79 Es sollte beachtet werden, dass durch die Kombination von οὐκ ἐπαινῶ in An. 6,30,1 mit dem mit ἀλλά-Satz aus An. 3,18,12 gerade der für Arrian typische Aufbau einer Tadelformel entsteht; vgl. dazu unten S. 101, Fußnote 81.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Ein weiterer Nachtrag in Form eines Rückverweises begegnet uns ebenfalls im sechsten Buch der Anabasis: τὸ Δέλτα ἔφην εἶναι τὸ πρὸς τοῦ ποταμοῦ τοῦ Ἰνδοῦ ποιούμενον, μεῖζον ἔτι τοῦ Δέλτα τοῦ Αἰγυπτίου (An. 6,17,2). Wie ich sagte, war das Delta, das der Indus bildete, noch größer als das ägyptische. Damit wird von Arrian Bezug genommen auf: Δέλτα ποιεῖ καὶ αὐτὸς ἐν τῇ Ἰνδῶν γῇ τῷ Αἰγυπτίῳ Δέλτα παραπλήσιον (An. 5,4,1). Der Indus bildet im indischen Gebiet ein Delta ähnlich dem ägyptischen. Bei seiner Beschreibung des Indusdeltas hatte Arrian in An. 5,4,1 nun aber nicht gesagt, dass dieses noch größer wäre, als das des Nils, sondern lediglich, dass beide beinahe gleich groß seien. Warum Arrian seine Aussage rückwirkend korrigiert, könnte einerseits mit der Hinzunahme weiterer Quellenautoren für die Anabasis erklärt werden;80 andererseits werden aber gerade durch die Korrektur die Leistungen Alexanders rückwirkend und zugleich auch vorausweisend auf den Fortgang der Darstellung, soweit sie Alexanders Aufenthalt in diesem Gebiet thematisiert, zusätzlich erhöht, wenn das Indusdelta ein noch größeres ist. Dabei sollte nicht übersehen werden, an welchem Punkt der Handlung Arrian seine Korrektur einfügt: Gerade dann nämlich, als Alexander nach dem Sieg über Musikanos durch den Herrscher von Patala (Nach An. 5,4,1 ist dies der indische Name für das Indusdelta.) das ganze Gebiet übereignet bekommt. Unsere Interpretation dieser beiden Rückverweise als Nachträge Arrians wird noch dadurch erhärtet, dass es sich bei den von uns angeführten Stellen um die einzigen Rückverweise Arrians in der Anabasis handelt und eben beide nach gleichem Muster verfahren. Zugegebenermaßen existiert mit An. 7,14,9 ein dritter Rückverweis, jedoch bezieht sich dieser auf eine (wohl größere) lacuna im Text zwischen An. 7,12,7 und 13,1.81 Die Tatsache, dass sich der Verweis und die Stelle, auf die verwiesen wird, im Unterschied zu den zuvor zitierten, innerhalb eines Buches und dazu noch recht nahe beieinander befinden, stellt freilich nicht per se einen Grund zur Annahme dar, dass sich dieser Rückverweis in seiner Funktion von den anderen beiden unterschieden haben müsste. Denn zum einen kennen wir weder Größe noch Inhalt der lacuna, zum anderen finden wir auch innerhalb der ἐκβολή der Indiké einen Rückverweis, der sich auf eine nicht weit entfernte Stelle bezieht und nach dem gleichen Muster, das wir in der Anabasis beobachtet haben, verfährt. So heißt es dort: ἐσθῆτι δὲ Ἰνδοὶ λινέῃ χρέονται, κατάπερ λέγει Νέαρχος, λίνου τοῦ ἀπὸ τῶν δενδρέων, ὑπὲρ ὅτων μοι ἤδη λέλεκται (Ind. 16,1). Die Inder tragen Leinengewänder, wie Nearch sagt, aus Leinen von den Bäumen, worüber ich schon gesprochen habe. 80 So zeigen Wirth/Hinüber, 943, dass sich die Größenangaben für das Indusdelta bei z.B. Nearch und Onesikritos deutlich von der bei Strabon unterscheiden. Nach Bosworth, 1995, 224f. könnte An. 6,17,2 auf Eratosthenes zurückgehen, An. 5,4,1 dagegen auf Aristobul. 81 In An. 7,14,10 wird auf den Streit des Hephaistion mit Eumenes zurückverwiesen. Das Kapitel 13 beginnt mit der Versöhnung der beiden; im erhaltenen Text zuvor ist der Streit aber nicht thematisiert. − Zum möglichen Inhalt des verlorenen Textes s. Sisti/Zambrini, 610.

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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Hier wird auf Ind. 7,3 zurückverwiesen. Dort hatte Arrian aber gesagt, dass die Inder in mythischen Zeiten in Tierfelle gekleidet (ἀμπίσχεσθαι δορὰς θηρίων) gewesen seien. Auf den ersten Blick scheint die Bezugnahme also unklar. In seiner Beschreibung der Inder fährt Arrian jedoch damit fort, dass diese sich von der Borke einer Baumart ernährt hätten, die ein sehr markantes Aussehen gehabt habe: καλέεσθαι δὲ τὰ δένδρεα ταῦτα τῇ Ἰνδῶν φωνῆ τάλα, καὶ φύεσθαι ἐπ' αὐτῶν, κατάπερ τῶν φοινίκων ἐπὶ τῇσι κορυφῇσιν, οἷά περ τολύπας ‒ Diese Bäume hießen in der Sprache der Inder tala, und auf ihnen wachse, wie auf den Wipfeln der Palmen, eine Art Wollknäuel. Wir glauben, dass der gedankliche Anschluss von Ind. 16,1 an Ind. 7,3 in τολύπη zu finden ist: So bezeichnet nämlich τολύπη ein Garn- oder Wollknäuel (vgl. LSJ 1803, s.v. τολύπη I), aus dem letztendlich Textilien hergestellt werden. Da nun Arrian weder in Anabasis noch Indiké die Inder in der Zeit Alexanders als eine den Griechen unterlegene Kultur darstellt, wie es zum Beispiel bei den in Tierfellen gekleideten Oreiten (Ind. 24,9) der Fall ist, und zudem seine Beschreibung in Ind. 7,3 den Indern in mythischer Zeit gilt, dürfte dem Leser bereits in Ind. 7,3 klar sein, dass sich die Inder zur Zeit Alexanders nicht mehr in Tierfelle kleideten. Einen Hinweis auf die Kleidung der Inder in historischer Zeit scheint uns Arrian nun mit τολύπη zu geben. Jedoch, so glauben wir, scheint Arrian, oder eine seiner Quellen, den Tala-Baum mit der Baumwolle verwechselt zu haben. Dass Arrian von Leinenkleidern der Inder in Ind. 16,1 spricht, schließt Baumwollkleider nicht automatisch aus: So zeigen z.B. Plin. nat. hist. 19,14 und Prop. 4,3,64, dass man in der Antike dazu neigte, in der Baumwolle eine Art Leinen oder Flachs zu sehen.82 Ganz gleich, ob man im Bezug auf die Leinenkleider unserem Gedankengang folgen möchte oder nicht, so ist es doch unstrittig, dass auch in Ind. 16,1 ein Nachtrag von Arrian vorgenommen wird, der in die Form eines Rückverweises gekleidet ist.83 Wir wollen uns aber jetzt wieder den Querverweisen der Indiké auf die Anabasis zuwenden. Einen dritten Querverweis der Indiké auf die Anabasis, der ebenfalls der Gruppe zugehörig ist, die geographische und / oder temporale Bezüge zur Anabasis herstellt und zusätzlich einen Informationsnachtrag bietet, finden wir Ind. 23,5f.: 5. ἐν τούτῳ τῷ χώρῳ Λεόννατος, ὅτῳ τὰ Ὠρειτῶν ἐξ Ἀλεξάνδρου ἐπετέτραπτο, μάχῃ μεγάλῃ νικᾷ Ὠρείτας τε καὶ ὅσοι Ὠρείταις συνεπέλαβον τοῦ ἔργου. καὶ κτείνει αὐτῶν ἑξακισχιλίους, καὶ τοὺς ἡγεμόνας πάντας· τῶν δὲ σὺν Λεοννάτῳ ἱππεῖς μὲν ἀποθνήσκουσι πεντεκαίδεκα, τῶν δὲ πεζῶν ἄλλοι τε οὐ πολλοὶ καὶ Ἀπολλοφάνης ὁ Γαδρωσίων σατράπης. ταῦτα μὲν δὴ ἐν τῇ ἄλλῃ ξυγγραφῇ ἀναγέγραπται, καὶ ὅπως Λεόννατος ἐπὶ τῷδε ἐστεφανώθη πρὸς Ἀλεξάνδρου χρυσῷ στεφάνῳ ἐν Μακεδόσιν (Ind. 23,5f.). An diesem Ort besiegte Leonnatos, dem die Angelegenheiten der Oreiten von Alexander anvertraut worden waren, in einer gewaltigen Schlacht die Oreiten und ihre Verbündeten. Und er tötete 6000 von ihnen und alle Anführer. Von den Soldaten des Leonnatos fielen fünfzehn Reiter und einige wenige Mann zu Fuß, darunter Apollophanes, der Satrap von Gadrosien. Dies steht in dem anderen Bericht, ebenso wie die Bekränzung des Leonnatos wegen dieses Erfolges durch Alexander mit einem goldenen Kranz vor den Makedonen. 82 Vgl. RE 3,1 (1897) c. 168. 83 Überhaupt finden wir in Anabasis und Indiké nur einen einzigen Rückverweis, der nicht nach diesem Muster verfährt: Mit Σουσίοις δὲ πρόσοικοι ὅτι εἰσὶν Οὔξιοι λέλεκταί μοι (Ind. 40,6) wird Bezug genommen auf Σουσίων δὲ ἔθνος αὐτόνομον κατύπερθε προσοικέει· Οὔξιοι καλοῦντα (Ind. 40,1).

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

Dieser Querverweis findet sich in der Oreiten-Etappe. Als einziger der Verweise ist er nicht an den Anfang oder das Ende einer Etappe gesetzt: Während die Etappe nämlich bereits mit Ind. 23,1 einsetzt, erfolgt der Verweis erst in Ind. 23,5f. Der Grund dafür ist simpel: Da der Querverweis Leonnatos thematisiert, wird er erst an dem Punkt der Handlung gebracht, an dem die Flotte auf Leonnatos trifft. Aus der Anabasis ist dem Leser bekannt, dass Alexander, bevor er nach Gedrosien zieht, Apollophanes zum Satrapen über die Oreiten ernannt (An. 6,22,2) und den Somatophylax Leonnatos zusammen mit einem Truppenkontingent ἐν Ὤροις zurückgelassen habe, mit dem Befehl, das Vorbeisegeln der Flotte abzuwarten, die Stadt zu besiedeln und die Verhältnisse im Oreitenland zu ordnen, damit man dem Satrapen so besser gehorche (An. 6,22,3). Da Alexander danach den Schauplatz verlässt und Arrians Darstellung weiterhin auf den Makedonenkönig und dessen Taten fokussiert bleibt, erfährt der Leser erst dann von der erfolgreichen Ausführung des Befehls Alexanders, als Leonnatos wieder in den Dunstkreis des Königs, und damit verbunden, der Darstellung Arrians tritt, nämlich bei der Auszeichnung verdienstvoller Militärs durch Alexander in Susa: Für besondere Tapferkeit verlieh er goldene Kränze, als erstem Peukestas, der ihn mit dem Schild geschützt hatte, dann Leonnatos für die gleiche Tat sowie für das, was er in Indien an Gefahren hatte durchstehen müssen, und für seinen Oreitensieg, weil er mit der bei ihm verbliebenen Abteilung sich den aufständischen Oreiten und benachbarten Stämmen zum Kampf gestellt, ihnen eine entscheidende Niederlage beigebracht und nach Alexanders Dafürhalten auch im Übrigen dort in glänzender Weise die Ordnung wiederhergestellt hatte (An. 7,5,5). Durch den von Arrian gegebenen Querverweis wird die Erzählung des Paráplous wieder geographisch in der Anabasis verortet: Die Flotte befindet sich in eben dem Gebiet, in dem Leonnatos die Verhältnisse ordnen sollte. In Ind. 23,4 wird geschildert, dass die Seemannschaft Landgang zu ihrer Erholung hat. Nach dem Querverweis wird die Erzählung mit ἐνταῦθα wieder aufgenommen. Der Handlungsort ist damit identisch zu dem in Ind. 23,4: der Stelle des Landgangs. Es wird bereitgestellter Proviant aufgenommen und es kommt zu einem Austausch von Teilen der Mannschaften des Nearch und Leonnatos (Ind. 23,7f.); Leonnatos wird dabei als Akteur der Handlung von Arrian nicht neu eingeführt – sein zuvor ergangener Querverweis hatte dies ja bereits getan. Über ἐν τούτῳ τῷ χώρῳ (Ind. 23,5) nun bindet Arrian seinen Querverweis direkt in die Erzählung ein. χῶρος, so zeigt eine Prüfung sämtlicher Belegstellen in der Indiké,84 verwendet Arrian sowohl in der Bedeutung „Ort / Platz“ (vgl. z.B. Ind. 21,12), als auch in der Bedeutung „Gegend“ (vgl. z.B. Ind. 33,2). Zwar ist im unmittelbar vorausgehenden Satz das στρατόπεδον der Seeleute genannt, doch scheint uns, dass sich ἐν τούτῳ τῷ χώρῳ nicht auf dieses bezieht, sondern eher ἡ γῆ des vorhergehenden Satzes85 aufgreift. Der Informationsnachtrag ist diesmal ein größerer: Der Leser erfährt die Zahl der getöteten Feinde und die der Gefallenen aus den Reihen der Makedonen, von denen Apollophanes herausgegriffen wird. Diese Informationen hätte Arrian im Zusammenhang mit der Bekränzung des Leonnatos im siebten Buch der Anabasis gar nicht bringen können, da, wir hatten es bereits 84 Ind. 4,16; 13,7; 21,2; 21,3; 21,11; 21,12; 22,5; 23,1; 23,5; 25,1; 32,5; 32,7; 33,2; 33,9; 34,8; 38,2; 39,1; 39,2 u. 43,8. 85 Dort wird die Haupthandlung, der Landgang, thematisiert; die Befestigung des Lagers stellt lediglich eine Ergänzung dar. χῶρος dürfte dann in diesem Kontext wohl eher breiter gefasst sein und „Gegend“ meinen.

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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erwähnt, die Darstellung der Zeremonie in eine Episode (An. 7,4–6) eingebettet ist, die Alexanders Erfolg als König und Eroberer trotz der stattfindenden Opposition herausstreicht und das Bild eines großzügigen Anführers vermitteln soll, der seinen Erfolg mit seinen Untergebenen teilt. Der Fokus dieser Passage liegt allein auf Alexander. Die Taten des Leonnatos, wie auch die der anderen Bekränzten, werden dort nur insoweit dargelegt, als dass sie den Grund für deren Bekränzung liefern. Weitere Einzelheiten hätten das Darstellungsziel der ganzen Episode unterlaufen; sie werden deshalb in Ind. 23,5 von Arrian nachgereicht. Dabei stoßen wir nun auf zwei Probleme. In An. 6,27,1 erfahren wir, dass Alexander den Apollophanes, den er vor seinem Zug nach Gedrosien zum Satrapen ernannt hatte (An. 6,22,3), wegen Untauglichkeit wieder absetzen lässt: καὶ Ἀπολλοφάνην μὲν παύει τῆς σατραπείας, ὅτι οὐδενὸς ἔγνω ἐπιμεληθέντα τῶν προεπηγγελμένων (An. 6,27,1). Die Auskunft Arrians, der Satrap Apollophanes sei in der Schlacht gegen die Oreiten gefallen, scheint dazu erst einmal in Widerspruch zu stehen. Doch bieten sich textintern zwei Lösungsmöglichkeiten an: Zum einen können wir παύει in An. 6,27,1 als kausatives Aktiv ansehen; dafür spricht, dass Alexander zum Zeitpunkt der Absetzung des Satrapen bereits in der Hauptstadt Gedrosiens weilt, also gar nicht mehr vor Ort ist, während sich Apollophanes zusammen mit Leonnatos (An. 6,22,3: ξὺν τούτῳ) im Oreitenland aufhält. Da wir von Arrian den Termin der Schlacht gegen die Oreiten nicht erfahren, ist es daher möglich, dass Apollophanes noch den Tod fand, bevor die Meldung seiner eigenen Absetzung bei ihm eintraf. Sollte die Schlacht allerdings nach dessen Absetzung stattgefunden haben, könnten wir diesem Problem versuchen Herr zu werden, indem wir argumentieren, dass Apollophanes im Querverweis Arrians nur als prominentestes Opfer der Makedonen herausgegriffen wird und dessen Kenntlichmachung als Satrap nur deswegen geschieht, weil dieser in der Anabasis, wie ein Blick in die Konkordanz von Stadter/Bolter zeigt, überhaupt nur an den von uns zitierten zwei Stellen Erwähnung findet, wobei in beiden Fällen dessen Name mit dem Satrapenamt in Verbindung steht. Da der Termin der Schlacht mit den Oreiten aus Arrian aber nicht hervorgeht, kann es zu diesem Problem keine eindeutige Lösung geben. Der fehlende Zeitpunkt des Gefechts ist auch für das zweite Problem, das sich in Arrians Querverweis auftut, von Belang, d.h. für die Frage danach, wie sich hier die temporale Beziehung zur Anabasis darstellt. Der Querverweis, so hatten wir gesagt, erfolgt an der Stelle der Erzählung, als die Flotte auf Leonnatos trifft. Und ἐν τούτῳ τῷ χώρῳ (Ind. 23,5), sagt Arrian, siegt (νικᾷ) und tötet (κτείνει) Leonnatos und viele sterben (ἀποθνήσκουσι); das Problematische an dieser Textstelle ist also das historische Präsens. In seiner Untersuchung des Präsens historicum bei den nachklassischen griechischen Historiographen hat Eriksson gezeigt, dass Arrian das historische Präsens fast ebenso häufig nutzt wie Xenophon. In der Anabasis findet es sich durchschnittlich 16mal auf 10 Teubnerseiten; in der Indiké sogar 32mal pro 10 Seiten.86 Weiterhin stellt Eriksson fest, dass es Aneinanderreihungen stereotyper Praesentia historica in summarischen Schlachtberichten bei Arrian nicht gebe, und nennt als einzige Ausnahme unsere Stelle ‒ eine Deutung des Befunds lie-

86 Vgl. Eriksson, 83. Verschiedenartige Stilisierung habe, so vermutet Eriksson (a.a.O), für die doppelte Frequenz in der Indiké eine Rolle gespielt: Arrian könnte geglaubt haben, dass das historische Präsens in der ionischen Prosa reichlicher vertreten gewesen sei. Aber auch eine andere Begründung ließe sich anführen, wie wir meinen: So ist die Darstellung in der Indiké noch geraffter als in der Anabasis, die Flotte ist ständig unterwegs, immerzu passiert etwas Neues. Wie Eriksson für Arrian herausgearbeitet hat, nutzt dieser das historische Präsens v.a. in Bezug auf Ortsbewegungen, Lager, Befehle und Kriegsdarstellung (vgl. Eriksson, 83–101); all dies finden wir im Paráplous in konzentrierter Form.

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

fert er aber nicht.87 Da er allerdings auch aufzeigt, dass Arrian recht häufig das historische Präsens dazu gebraucht, um Dinge zusammenzufassen, statt auf Kleinigkeiten einzugehen,88 möchten wir in unserer Stelle gerne eine Kombination aus beiden Verwendungsweisen des Präsens historicum ausmachen. Der Ausgang der Schlacht wird in knappen Worten zusammengefasst; Sieg und Verlustzahlen mögen dabei Stereotype sein, bilden aber dennoch die Kernpunkte der stichwortartigen Kurzfassung einer Schlacht.89 Neben dieser Zusammenfassung in Form der historischen Praesentia scheint uns aber noch ein weiterer Punkt von Bedeutung. Arrian behauptet zwar, sowohl das Gefecht, als auch die Bekränzung des Leonnatos in der Anabasis beschrieben zu haben, hat aber realiter nur die Bekränzung thematisiert und die Schlacht lediglich angerissen. Im Querverweis nun findet die Bekränzung in Form eines Aorists (ἐστεφανώθη) als Faktum Erwähnung, die Schlacht dagegen wird im historischen Präsens behandelt. Es entsteht damit der Eindruck, als habe Arrian, der bei Kampfschilderungen gerne ins historische Präsens verfällt,90 an unserer Stelle in Kurzfassung die Schilderung des Gefechtes mit den Oreiten nachgeholt, die er auf Grund seiner Fokussierung auf Alexander in der Anabasis nicht hatte darstellen können, oder besser: wollen. Dass er nämlich zweifellos in der Lage gewesen wäre, auch diese Schlacht adäquat wiederzugeben und dabei das dargestellte Geschehen der Vergangenheit für den Leser in die Gegenwart zu transportieren, soll, so interpretieren wir, gerade unsere Stelle zeigen. Somit scheidet der Querverweis als temporale Bezugnahme zur Anabasis aus. Eine Synchronität der Ereignisse, wie sie in der Fischesser-Etappe suggeriert wird, ist hier von Arrian nicht intendiert. Wir wollen uns jetzt der dritten Gruppe der Querverweise zur Anabasis zuwenden. Dieser Gruppe rechnen wir zwei Verweise zu, deren Funktion diesmal nicht darin besteht, die Erzählung beider Werke zu verknüpfen; sie haben stattdessen Hinweischarakter. Mit ihnen wird von Arrian lediglich darauf verwiesen, dass es noch die Anabasis gibt: 6. ὅπως μὲν δὴ κατὰ τοὺς ποταμοὺς κατέπλευσεν αὐτῷ ὁ στόλος, καὶ ὅσα ἐν τῷ παράπλῳ ἔθνεα κατεστρέψατο, καὶ ὅπως διὰ κινδύνου αὐτὸς ἐν Μαλλοῖς ἧκε, καὶ τὸ τρῶμα ὃ ἐτρώθη ἐν Μαλλοῖς, καὶ Πευκέστας τε καὶ Λεόννατος ὅπως ὑπερήσπισαν αὐτὸν πεσόντα, πάντα ταῦτα λέλεκταί μοι ἤδη ἐν τῇ ἄλλῃ τῇ Ἀττικῇ ξυγγραφῇ (Ind. 19,8). Wie seine Flotte die Flüsse hinab fuhr, welche Völker er auf der Fahrt unterwarf, wie er selbst bei den Mallern in Gefahr geriet und wie er dort verwundet wurde und wie Peukestes und Leonnatos den Gefallenen mit ihren Schilden schützten, das alles habe ich in dem anderen in Attisch verfassten Bericht mitgeteilt. Bei unserer Darstellung des Aufbaus des Paráplous hatten wir bereits gesagt, dass Arrian mit seinem Selbstzitat in Ind. 18,1 und einer Kurzfassung der Ereignisse, die er in An. 6,2–6 thematisiert hatte, in Ind. 19,1–7 den Leser darauf stößt, dass die von ihm im Fortgang des Paráplous dargestellten Ereignisse im Zusammenhang zum sechsten Buch seiner Anabasis stehen. Mit einem Verweis auf die Alexandergeschichte bricht Arrian diese Kurzfassung ab. Dabei rafft er die 87 Vgl. Eriksson, 95. 88 Vgl. Eriksson, 101. 89 Im Übrigen werden von Arrian in der Anabasis nach beinahe jeder Schlachtschilderung die Anzahl der Gefallenen und, falls „prominente“ Makedonen darunter waren, auch deren Namen, zumeist auch deren Dienstbezeichnung und / oder familiären Bindungen, genannt; vgl. z.B. An. 1,20,10; 1,21,7; 2,24,4; 3,15,6; 4,16,7 etc. 90 Vgl. Eriksson, 95.

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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im Buch VI geschilderten Begebenheiten noch stärker als zuvor und kumuliert praktisch nur noch Stichworte: Flussfahrt (An. 6,3,3ff.), Verwundung (An. 6,9,1–6,11,8), Peukestes und Leonnatos (An. 6,10,2). Durch dieses immer stärkere Raffen zoomt Arrian aus der Darstellung immer weiter hinaus. Sein Ziel ist erreicht: der Leser ist über den Zusammenhang des Paráplous mit Buch VI in Kenntnis gesetzt. Sollte sich der Leser ‒ so darf man gedanklich ergänzen ‒ noch einmal über Alexanders Rückmarsch aus Indien informieren wollen, so findet er alles Weitere91 ἐν τῇ ἄλλῃ τῇ Ἀττικῇ ξυγγραφῇ. Arrian will schließlich nicht das, was er in der Anabasis geschildert hat, in der Indiké noch einmal erzählen: Diese Schrift dagegen dient mir zur Darstellung der Küstenfahrt, die Nearch mit der Flotte antrat, als er von den Mündungen des Indus aufbrach und über das große Meer bis zum Persischen Golf fuhr, den einige das Rote Meer nennen (Ind. 19,9). Der letzte Querverweis der Indiké schließt auch das Werk selbst ab: 7. οὗτός μοι ὁ λόγος ἀναγεγράφθω, φέρων καὶ αὐτὸς ἐς Ἀλέξανδρον τὸν Φιλίππου, τὸν Μακεδόνα (Ind. 43,13). Damit möge mein Buch, das sich ebenfalls mit Alexander, dem Sohn des Philipp, dem Makedonen, befasst, zu Ende sein. Auf den ersten Blick mag es merkwürdig erscheinen, dass wir hierin einen Verweis erblicken wollen, fehlen doch die Schlagworte ἐν τῇ ἄλλῃ τῇ Ἀττικῇ ξυγγραφῇ, ἐν τῇ ἄλλῃ ξυγγραφῇ, ἐν τῇ μέζονι ξυγγραφῇ oder ἐν τῷ ἄλλῳ λόγῳ. Jedoch teilt uns Arrian mit, dass sich seine Schrift καὶ αὐτὸς mit Alexander beschäftigt habe, sie also „auch“ ein Werk über Alexander sei. Arrian hat, soweit wir heute wissen, über Alexander keine weiteren Bücher als die Anabasis und die Indiké geschrieben; deshalb kann dieses „auch“ nur auf die Anabasis abzielen. Im letzten Satz seines Büchleins verdichtet Arrian somit die Programmatik, die er in den beiden Proömien für seine Anabasis entworfen hatte, und die, wie wir bisher gezeigt haben und im Fortgang noch weiter ausführen werden, auch für seine Indiké gilt, auf ihren eigentlichen Kern: Auch die Flottenfahrt gehörte zu den ἔργα Alexanders und bedurfte deshalb einer würdigen und würdigenden Darstellung durch Arrian. Auffällig am Schlusssatz der Indischen Geschichte ist, dass Arrian hier im Zusammenhang mit Alexander dessen Patronymikon gebraucht. Selbiges tut er, wie ein Blick in die Konkordanz von Stadter/Bolter verrät, nur noch im ersten Satz des ersten Proömiums der Anabasis sowie in Ind. 5,3. Der Unterschied von Ind. 5,3 zu den beiden anderen Stellen besteht jedoch darin, dass dort Alexanders Name nur als Bestandteil eines substantivierten Präpositionalgefüges auftaucht: οἱ ξὺν Ἀλεξάνδρῳ τῷ Φιλίππου. Zwar ließe sich die Bedeutung des Patronymikons in Ind. 5,3 noch weiter entkräften, indem man argumentierte, dass es dort zur Verdeutlichung des königlichen Status' Alexanders Verwendung fände und einen Anker bilde für den assoziativen Anschluss des Berichts eines Zusammentreffens des Megasthenes mit Sandrokottos, dem größten König der Inder, und dass somit eigentlich nur noch zwei Stellen in Arrians Werk übrig blieben, an denen Alexander zusammen mit seinem Patronym namentlich genannt wird, und dass diese Stellen ausgerechnet der erste Satz der Anabasis und der letzte Satz der Indiké

91 Auch der dritte Vorverweis der Anabasis auf die Indiké bricht die Darstellung ab und verweist für alles Weitere auf das andere Werk: ταῦτά μοι ἐν τῷ παρόντι περὶ Ἰνδῶν τῆς χώρας λελέχθω· τὰ δὲ ἄλλα ἀποκείσθω ἐς τὴν Ἰνδικὴν ξυγγραφήν (An. 5,6,8).

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1. Kapitel: Anabasis und Indiké

seien, und dass das vielleicht auf eine mögliche Abfassungszeit der Indiké nach der Anabasis hindeute. Doch wir wollen es bei der Feststellung belassen, dass der Name Alexanders in Zusammenhang mit seinem Patronymikon zumindest im Schlusssatz der Indischen Geschichte von Arrian ganz bewusst gesetzt worden ist, um die Zusammengehörigkeit und programmatische Einheit beider Bücher zu unterstreichen. Aber noch ein zweites Element verbindet den Anfang der Anabasis mit dem Schluss der Indiké: das Verb ἀναγράφειν. Zwar handelt es dabei um eine „Lieblingsvokabel“ Arrians,92 gleichwohl wird ihr aber an dieser signifikanten Stelle des Werks ein besonderer Stellenwert zuteil: Einerseits wird mit ἀναγεγράφθω der Bezug zu den beiden Proömien der Anabasis hergestellt, denn das Verb findet sich auch im ersten Proömium im Zusammenhang mit zentralen Punkten der Programmatik Arrians gebraucht: ταῦτα ἐγὼ ὡς πάντῃ ἀληθῆ ἀναγράφω (An. Proöm. 1) und ἀξιαφήγητα … καὶ οὐ πάντῃ ἄπιστα ὡς λεγόμενα μόνον ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου ἀνέγραψα (An. Proöm. 3);93 im zweiten Proöm dann findet es im Kontext der Kompetenzfrage Verwendung: ἀλλ' ἐκεῖνο ἀναγράφω, ὅτι ἐμοὶ πατρίς τε καὶ γένος καὶ ἀρχαὶ οἵδε οἱ λόγοι εἰσί τε καὶ ἀπὸ νέου ἔτι ἐγένοντο (An. 1,12,5).94 Andererseits wird mit ἀναγεγράφθω aber auch eine Verbindung zum zweiten Vorverweis der Anabasis auf die Indiké (An. 6,28,6: ταῦτα ἰδίᾳ ἀναγράψω αὐτῷ Νεάρχῳ ἑπόμενος) geschaffen, in dem ‒ zusammen mit An. 5,5,1 ‒ von Arrian das Programm für die Indiké umrissen wird.95 Somit wird mit ἀναγεγράφθω ‒ einem Imperativ Perfekt Passiv, der als solcher eine Handlung als vollendet und in ihren Folgen fortbestehend bezeichnet ‒96 eben nicht nur die Indische Geschichte zu einem Abschluss gebracht,97 sondern Arrians literarische Auseinandersetzung mit Alexander, die sich über zwei Werke mit gemeinsamer Programmatik erstreckt hat, für abgeschlossen erklärt. Wie wir gesehen haben, dienen Arrians Querverweise zur Anabasis, sofern sie nicht lediglich Hinweischarakter haben, ausschließlich dazu, einen geographischen oder temporalen Bezug zu dem von ihm in seiner Alexandergeschichte dargestellten Ereignissen herzustellen. Indiké und 92 ἀναγράφειν findet sich 83mal im Gesamtwerk, davon 58mal in der Anabasis und 18mal in der Indiké. Anders als συγγράφειν (s. dazu oben S. 23, Fußnote 34) verwendet Arrian ἀναγράφειν zur Bezugnahme auf schriftstellerische Tätigkeit anderer Autoren (z.B. An. 7,1,2; Ind. 2,9; per. m. Eux. 25,2; Cyn. 31,2) und auf sein eigenes literarisches Schaffen (z.B. An. 4,14,4; Ind. 17,7; per. m. Eux. 23,3; Cyn. 5,6) in seinem Œuvre unterschiedslos. In letzterer Weise gebraucht finden wir es 18mal in der Anabasis und sechsmal in der Indiké. ‒ Das verbum simplex ist bei Arrian dagegen spärlich belegt: lediglich 14mal in seinem Œuvre, davon zehnmal in der Anabasis. Er nutzt γράφειν bis auf eine einzige Ausnahme (An. 5,5,1) stets nur, wenn er sich auf die Schriften anderer Autoren bezieht. 93 Siehe oben S. 13. 94 Siehe oben S. 15f. 95 Siehe oben S. 22ff. 96 Vgl. KG II 1,192. 97 Arrian nutzt den Imperativ Perfekt Passiv oft, um den Abschluss der Auseinandersetzung mit einer bestimmten Thematik zu kennzeichnen. So wird z.B. in An. 5,4,2 mit ταῦτα μὲν ὑπὲρ τοῦ Ἰνδοῦ τὰ μάλιστα οὐκ ἀμφίλογα καὶ ἐμοὶ ἀναγεγράφθω die Auseinandersetzung mit dem Indus abgebrochen, in An. 5,5,2 mit νῦν δὲ ὅσον ἐς τὰ Ἀλεξάνδρου ἔργα ἀποχρῶν ἐφαίνετο, τοσόνδε μοι ἀναγεγράφθω der Abriss über die Bewohner Indiens beendet, mit ταῦτά μοι ἐν τῷ παρόντι περὶ Ἰνδῶν τῆς χώρας λελέχθω (An. 5,6,8) der knappe Indienexkurs abgeschlossen, mit ταῦτα μὲν δὴ ἐν ἐκβολῇ τοῦ λόγου ἀναγεγράφθω μοι (An. 6,11,8) der quellenkritische Exkurs der Anabasis (s. unten S. 74f.) zum Abschluss gebracht und in An. 7,27,3 die Diskussion der Überlieferungsvarianten zu Alexanders Tod abgebrochen mit καὶ ταῦτα ἐμοὶ ὡς μὴ ἀγνοεῖν δόξαιμι μᾶλλον ὅτι λεγόμενά ἐστιν ἢ ὡς πιστὰ ἐς ἀφήγησιν ἀναγεγράφθω. ‒ Zu Ind. 5,2 (ἐμοὶ δὲ καὶ ταῦτα ὡς ἀκοὴ ἀναγεγράφθω) s. unten S. 76f.

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Die Querverweise der Indiké zur Anabasis

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Anabasis werden quasi in einem gemeinsamen geographisch-temporalen Koordinatensystem verortet und zueinander in Beziehung gesetzt. Arrians Behauptungen, er hätte bestimmte Dinge bereits in der Anabasis geschrieben, sind – wie wir festgestellt haben – nicht wörtlich zu verstehen, d.h. sie verfahren eben nicht – lapidar gesagt – nach dem Motto: „Das habe ich schon in der Anabasis gesagt und brauche es deshalb hier nicht zu wiederholen.“ Vielmehr gibt uns der Autor an diesen Stellen nachträgliche Informationen zu seiner Alexandergeschichte. Da Arrian seine Querverweise zudem (fast) immer an den Anfang oder das Ende der jeweiligen Fahrtetappen der Flotte, die auch das strukturelle Gefüge des Textes bestimmen, setzt, haben sie außerdem eine gewisse Gliederungsfunktion für den Text. Dem Gebrauch dieser Verweise durch Arrian unterliegt somit eine Systematik, die für den Paráplous-Teil der Indiké, d.h. die Darstellung historischer Ereignisse, sozusagen maßgeschneidert ist, die aber für die deskriptiven, landeskundlichen Betrachtungen in der ἐκβολή unbrauchbar ist; deshalb finden wir sie dort nicht.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen Die nachdrückliche Beschäftigung mit den Quellen Arrians wurde v.a. mit den Werken von Petersdorff (1870) und Fränkel (1883) eingeläutet, blieb aber anfangs größtenteils auf die Untersuchung der Anabasis beschränkt. Erst Meunier veröffentlichte 1922 eine eigenständige Untersuchung der Quellen der Arrianischen Indiké. In dieser unternahm er den Versuch, jeden einzelnen Textabschnitt der ἐκβολή einem der Quellenautoren Arrians eindeutig zuzuweisen.1 Dass dieses Unterfangen auf tönernen Füßen stand (So sind nicht nur sämtliche von Arrian für seine Indiké herangezogenen Quellenautoren nur fragmentarisch erhalten, so dass der direkte Vergleich der Indischen Geschichte mit deren Vorlagen ob des wenigen zur Verfügung stehenden Textmaterials von vorneherein größtenteils ausgeschlossen ist; auch wird nicht jedes Zitat einer Quelle von Arrian durch Namensnennung derselben im Text deutlich vermerkt, so dass die Zuweisung ganzer Textpassagen zu einzelnen Quellenautoren oftmals auf Mutmaßung beruhen muss.), stellte für die gräzistische Forschung der folgenden Jahrzehnte kein Hindernis dar, sich weiterhin mit der Frage der Zuweisung einzelner Textpassagen an die jeweiligen Quellenautoren Arrians zu beschäftigen, wobei Meuniers Ergebnisse zwar im Großen und Ganzen akzeptiert wurden, jedoch immer wieder mal einzelne Textabschnitte der ἐκβολή auch anderen Quellenautoren zugeschrieben wurden. Weil eine ausführliche Besprechung dieser Thematik allerdings den Rahmen unserer Abhandlung überschreiten würde, wollen wir es an dieser Stelle bei unserer Bemerkung bewenden lassen und diesbezüglich auf die in unserer Bibliographie gelisteten, einschlägigen Kommentare zur Indiké und Anabasis verweisen. Da das Ziel unserer Untersuchung darin besteht, aufzuzeigen, dass Arrians Indische Geschichte und seine Alexandergeschichte aufs Engste miteinander verflochten sind, wollen wir bei unserer Betrachtung der Quellennutzung Arrians einen anderen Ansatz wählen: Statt einzelne Textabschnitte der Indiké, oder besser gesagt: der ἐκβολή (Für den Paráplous-Teil wird von Arrian nur Nearch als Quelle genutzt.), einem Quellenautor zuzuweisen, werden wir darlegen, dass Arrians Umgang mit seinen Quellen für die Indiké eben derselbe ist, den er im Proömium zu seiner Anabasis thematisiert und der in seiner Alexandergeschichte Anwendung erfahren hat. Bei unserer Besprechung der beiden Vorverweise Arrians in der Anabasis auf seine Indiké (s. oben S. 22–31) haben wir gesehen, dass Arrian die seiner Anabasis zu Grunde liegende Programmatik auch dort anklingen lässt; dass er diese in der Indiké auch umsetzt, werden wir im Folgenden aufzeigen.

1

Meunier, 17f. bietet das Ergebnis in tabellarischer Form.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Die Quellen der Anabasis Im ersten Proömium zur Anabasis hat Arrian seine beiden Hauptquellen genannt: Ptolemaios und Aristobul. Diese werden im Verlauf des Werks auch immer wieder namentlich genannt und als Quelle genutzt: Tabelle 1: Häufigkeit der namentlichen Nennung der Hauptquellenautoren in der Anabasis Buch I 2 Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII

Ptolemaios 4 2 6 4 5 6 3

Aristobul 0 3 9 6 3 6 15

Ein Zitat seiner Hauptquellen wird von Arrian durch Autorenname in Kombination mit einem Verb des Sagens / Schreibens kenntlich gemacht (z.B. λέγει Πτολεμαῖος oder Ἀριστόβουλος ἀναγέγραφεν); die Formel kann dabei zum Beginn oder Ende eines Zitats gesetzt, oder durch ὡς als Attributsatz in das Zitat eingebunden sein. Für das Zitieren einer Quelle kennt Arrian kein festes Schema: Der Zitatformel kann ein ὅτι-Satz ebenso folgen wie ein AcI oder ein indirekter Fragesatz; schnell erfolgt zumeist der Wechsel in die indirekte Rede, die sehr oft über längere Passagen durchgehalten wird. Bei der Betrachtung der Zitierweise in der Indiké werden wir später auch Beispiele aus der Anabasis geben und daher an dieser Stelle darauf verzichten. Neben seinen beiden Hauptquellen nutzt Arrian in seinem Werk außerdem eine nicht näher bestimmte Masse weiterer Alexandergeschichten, die er im ersten Proömium als λεγόμενα zusammenfasst. Nur in den beiden letzten Büchern der Anabasis werden von Arrian aus der anonymen Masse der Vulgata neben Nearch (An. 6,13,4; 6,24,2f.; 7,3,6; 7,20,9) auch Aristos und Asklepiades (An. 7,15,5) sowie Onesikritos (An. 6,2,3) als namentlich genannte Quellen herangezogen; zusätzlich wird auch aus den βασίλειοι ἐφημερίδες3 (An. 7,25,1) zitiert. Desweiteren dienen Arrian noch Eratosthenes (An. 5,3,1u.4; 5,6,2), Megasthenes (An. 5,6,2; 7,2,3) und Ktesias (An. 5,4,2) v.a. als geographische Quellen. Euripides (An. 7,16,6) wird im Rahmen einer Anekdote, die das Zusammentreffen Alexanders mit weissagenden Chaldäern thematisiert, zitiert; Herodot (An. 2,14,2; 2,16,3; 3,30,8; 5,6,5; 5,7,2; 7,13,1u.6), Hekataios (An. 2,16,5; 5,6,5), Homer (An. 4,1,1; 5,6,5; 6,1,3) und Xenophon (An. 7,13,4) werden besonders dann angeführt, wenn Arrian die eigene Argumentation mit Belegen untermauern will.4 Bis auf die genannten Ausnahmen substituiert Arrian bei Zitaten aus der Vulgata die Autorennamen durch ἄλλοι, οἱ μέν – οἱ δέ oder Ähnliches. Gerne leitet er Zitate auch mit λόγος κατέχει

2 3 4

Die namentliche Erwähnung der beiden Hauptquellenautoren im ersten Proömium der Anabasis wurde, da es sich hierbei um keine Zitierung handelt, nicht mitgezählt. Zu den königlichen Journalen s. Sisti/Zambrini, 649–652. Vgl. z.B. Arrians Reflexionen zum Indus in An. 5,6 oder seine Argumentationsführung bezüglich eines Treffens Alexanders mit den Amazonen in An. 7,13.

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Die Quellen der Anabasis

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ein; diese Formel findet sich in der Anabasis mehr als ein Dutzend Mal. Noch häufiger werden Zitate allerdings einfach nur durch Verben des Sagens, wie z.B. λέγουσιν, kenntlich gemacht, oder durch deren Passivformen, wie z.B. λέγεται.5 Wie Schwartz in seinem RE-Artikel zu Arrian6 zuerst treffend bemerkt hat und von Kornemann, 21–24 darauf aufbauend herausgearbeitet wurde, leitet Arrian aber nicht nur Zitate der Vulgata damit ein; häufig verbergen sich hinter λέγουσιν / λέγεται auch seine beiden Hauptquellen.7 Da uns deswegen eine Trennung nach zitierten Hauptquellen und Autoren der Vulgata nicht sinnvoll erscheint, wollen wir an dieser Stelle eine Analyse der Zitathäufigkeit in der Anabasis nur in cumulo bieten. Dabei wurden von uns sämtliche Zitatmarker gezählt, die Zeilenanzahl der davon abhängigen Textpassagen (ὅτι-Satz, AcI, indirekte Rede etc.) bestimmt und ins Verhältnis zur jeweiligen Gesamtzeilenzahl der Einzelbücher der Anabasis gesetzt: Tabelle 2: Häufigkeit der Zitate in der Anabasis und prozentualer Anteil der als Zitate kenntlichgemachten Textstellen an den Büchern der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V 8 Buch VI Buch VII 9

5 6 7

8 9

Gesamtzahl 22 26 37 50 49 58 140

Anteil an Textmenge 5% 11% 9% 15% 14% 22% 44%

Zur Zitierweise Arrians in der Anabasis vgl. auch Bosworth, 1980, 20ff. u. 1995, 7 sowie Stadter, 1980, 66–74. Vgl. RE 2,1 (1895) c.1241. Im landeskundlichen Teil der Indiké finden wir λέγεται ebenso gebraucht (Ind. 10,1); hier kann es sich definitiv nicht auf eine anonyme Quelle aus der Vulgata beziehen, da Arrian in der ἐκβολή ausschließlich Megasthenes, Eratosthenes und Nearch als Quellen verwendet. Aus dem Zusammenhang wird ersichtlich, dass sich hinter λέγεται δὲ καὶ τάδε Megasthenes verbirgt. Dieser wird nämlich zuvor (Ind. 9,8) und hernach (Ind. 10,6) von Arrian namentlich als Quelle angeführt. Die Erwähnungen des Nearch, Eratosthenes und Megasthenes in den beiden Vorverweisen zur Indiké wurden nicht mitgezählt, da es sich dabei um keine Zitate handelt. Die doch stark von den Büchern I–VI abweichende Gesamtzahl der Quellenzitate des siebenten Buchs der Anabasis lässt sich damit erklären, dass Arrian besonders in diesem Abschnitt seines Werks darum bemüht war, bestimmte Alexander betreffende Themenkomplexe (Zukunftspläne, philosophische Einstellungen, politische Aktionen, Ruhmstreben) noch abzuarbeiten, bevor er sein Opus mit dessen Tod und der abschliessenden Würdigung des Makedoniers abschließen konnte. Bei der Diversität der zu behandelnden Themen kam er daher nicht umhin, sich auch zahlreicher anderer Quellen zu bedienen als Ptolemaios und Aristobul; vgl. Hammond, 1993, 280–311, der einen guten Überblick über diese λεγόμενα bietet.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Arrians Auswahlkriterien für seine Quellen Arrian hat im Proömium zur Anabasis zum Ausdruck gebracht, was seine beiden Hauptquellen, Ptolemaios und Aristobul, auszeichne: die αὐτοψία. Sie seien nämlich mit Alexander ins Feld gezogen (An. Proöm. 2: ξυστρατεῦσαι) und hätten – so können wir gedanklich ergänzen – die Taten Alexanders mit eigenen Augen gesehen. Da sich Arrian in der Anabasis zum größten Teil auf diese beiden Quellen stützt, braucht es nach der Verdeutlichung im Proömium keine weitere Erwähnung dieses Aspekts im Fortgang. Von Arrian wird er nur noch einmal thematisiert, als seine Quellen im Bezug auf den Brückenschlag Alexanders über den Indus schweigen. Nachdem er auf diesen Umstand hingewiesen (An. 5,7,1) und als die wahrscheinlichste Möglichkeit für die Überbrückung des Flusses eine Pontonbrücke erwogen hat, gibt Arrian eine detaillierte Ausführung, wie von den Römern ein solcher Flussübergang bewerkstelligt wird (An. 5,7,3ff.), und schließt mit den Worten: Die Methode haben die Römer im Verlauf langer Zeit entwickelt. Wie Alexander freilich seine Indusbrücke baute, kann ich nicht darlegen, da auch die Mitkämpfer nichts davon berichten. Indes auch er scheint mir die Brücke in ganz ähnlicher Weise angelegt zu haben ‒ sollte der Brückenbau aber nach irgendeiner anderen Verfahrensweise vor sich gegangen sein, so wollen wir’s dabei belassen (An. 5,8,1). Da also die αὐτοψία für diesen Teilbereich seiner Darstellung nicht gegeben war, bzw. in die Werken seiner Quellenautoren keinen Eingang gefunden hatte, wurde sie durch Arrians eigene αὐτοψία ersetzt. Wir werden auf diesen Aspekt noch einmal zurückkommen; im Moment soll uns die Stelle der Anabasis nur als ein Beleg ex negativo dafür dienen, dass die αὐτοψία seiner Quellenautoren für Arrian ein maßgebliches Auswahlkriterium darstellte. Das zweite wichtige Auswahlkriterium für seine Quellen stellt, wie wir bei der Interpretation des ersten Proömiums der Anabasis gesehen haben, die πίστις dar. In der Anabasis wird die Glaubwürdigkeit seiner beiden Hauptquellen von unserem Autor an keiner Stelle angezweifelt. Selbst dann, wenn sich die Informationen des Ptolemaios und des Aristobul unterscheiden, werden sie von Arrian zumeist ohne Wertung10 nebeneinander präsentiert (An. 3,3,5f.; 3,4,5; 3,30,5; nur einmal in An. 5,14,5 schlägt sich Arrian, nach der Wiedergabe der Informationen des Aristobul im vorhergehenden Paragraphen, auf die Seite des Ptolemaios, ohne dies aber explizit zu begründen11). So auch in An. 4,14; dort behandelt Arrian verschiedene Berichte über die Pagenverschwörung, wobei er feststellt, dass seine beiden Hauptquellen zwar in der Kernaussage identisch sind, und damit von den Überlieferungen der Vulgata abweichen, sich jedoch in Einzelheiten, wie der Todesart und dem Todeszeitpunkt des Kallisthenes, widersprechen. Arrian schließt mit den Worten:

10 In An. 5,20,2f. lehnt Arrian eine Entscheidung sogar explizit ab: ὄνομα δὲ ἦν τῷ ἔθνει Γλαυγανῖκαι, ὡς λέγει Ἀριστόβουλος, ὡς δὲ Πτολεμαῖος, Γλαῦσαι. ὁποτέρως δὲ ἔχει τὸ ὄνομα οὔ μοι μέλει. 11 Implizit liefert er allerdings im Zitat des Ptolemaios eine Begründung für seine Entscheidung. Die Information des Aristobul, so lässt sich daraus schlussfolgern, sei weniger wahrscheinlich: [sc. Πτολεμαῖος λέγει] οὐδὲ γὰρ εἰκὸς Πῶρον ἀκούσαντα ἐκ τῶν σκοπῶν, ὅτι δὴ ἢ αὐτὸς Ἀλέξανδρος διαβέβηκεν τοῦ Ὑδάσπου τὸν πόρον ἢ μέρος γέ τι τῆς στρατιᾶς, ξὺν ἑξήκοντα ἅρμασι μόνοις ἐκπέμψαι τὸν αὑτοῦ παῖδα (An. 5,14,5).

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Arrians Auswahlkriterien für seine Quellen

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οὕτως οὐδὲ οἱ πάνυ πιστοὶ ἐς τὴν ἀφήγησιν καὶ ξυγγενόμενοι ἐν τῷ τότε Ἀλεξάνδρῳ ὑπὲρ τῶν γνωρίμων τε καὶ οὐ λαθόντων σφᾶς ὅπως ἐπράχθη ξύμφωνα ἀνέγραψαν. πολλὰ δὲ καὶ ἄλλα ὑπὲρ τούτων αὐτῶν ἄλλοι ἄλλως ἀφηγήσαντο, ἀλλ' ἐμοὶ ταῦτα ἀποχρῶντα ἔστω ἀναγεγραμμένα (An. 4,14,3f.). So unterscheiden sich selbst die zuverlässigsten Autoren aus dem Kreis unmittelbar um Alexander in ihrer Ansicht über Geschehnisse, die ihnen bekannt waren und deren Verlauf vor ihnen doch keineswegs verborgen gehalten wurde. Andere Berichte über diese Dinge wiederum weichen in vielen Punkten voneinander ab. Mir selbst aber soll vorliegende Darstellung genügen. Selbst im Fall unterschiedlicher Informationen wird von Arrian also auf Kritik an der πίστις seiner Hauptquellen verzichtet; sie seien trotzdem πάνυ πιστοὶ und deren Darstellung der Ereignisse eben nur „unharmonisch“. Natürlich würde eine explizite Kritik Arrians nicht nur das im Proömium im Voraus verteilte Lob an Ptolemaios und Aristobul als Quellenautoren untergraben, sondern auch Arrians methodisches Vorgehen selbst; dass Kritik allerdings nicht doch auf dem Wege eines λέγεται o.ä. stattfindet, kann, solange die Originalquellen nur fragmentarisch zugänglich sind, natürlich nicht ganz ausgeschlossen werden. Unzweifelhaft dagegen ist, dass Arrian die Frage nach der πίστις oft dann thematisiert, wenn er Material aus der Vulgata verarbeitet, so z.B.: ἤδη δέ τινες καὶ τοιάδε ἀνέγραψαν, οὐ πιστὰ ἐμοὶ λέγοντες … ταῦτα δὲ οὔτε Πτολεμαῖος ὁ Λάγου οὔτε Ἀριστόβουλος ὁ Ἀριστοβούλου ἀνέγραψαν οὐδέ τις ἄλλος ὅντινα ἱκανὸν ἄν τις ποιήσαιτο τεκμηριῶσαι ὑπὲρ τῶν τοιῶνδε, καί μοι ὡς οὐ πιστὰ ἀναγεγράφθαι ἐξήρκεσαν (An. 6,28,1f.). Einige berichten auch, mir keineswegs glaubhaft, … Derartiges freilich berichten weder Ptolemaios, Sohn des Lagos, noch Aristobulos, der Sohn des Aristobulos, oder irgendein anderer, den man in derartigen Dingen als ausreichend zuverlässige Quelle erachten könnte. So will auch ich mich darauf beschränken, auf das Unglaubwürdige einer solchen Darstellung hinzuweisen. Und: καὶ ταῦτα ἐμοὶ ὡς μὴ ἀγνοεῖν δόξαιμι μᾶλλον ὅτι λεγόμενά ἐστιν ἢ ὡς πιστὰ ἐς ἀφήγησιν ἀναγεγράφθω (An. 7,27,3).12 Dies sei erwähnt zum Beweis, dass mir solche Berichte nicht unbekannt sind, keineswegs aber, weil ich sie an Glaubwürdigkeit der Überlieferung für wert erachte. Gelegentlich überlässt Arrian dabei dann auch dem Leser die Entscheidung über die Glaubwürdigkeit: καὶ ταῦτα ἐγὼ οὔθ' ὡς ἀληθῆ οὔτε ὡς πάντῃ ἄπιστα ἀνέγραψα (An. 2,12,8).13 Derartiges soll hier weder als verbürgte Wahrheit noch als völlig unglaubhaft aufgezeichnet sein.

12 Desweiteren auch An. 3,2,1 und 7,13,3. 13 Ebenso An. 5,2,7 und 7,15,6.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Einen zweiten Bereich, in dem die Frage nach der πίστις von Arrian in der Anabasis ebenfalls thematisiert wird − wobei aber stets eine Entscheidung unseres Autors offen bleibt −, stellt der Fall dar, dass Arrians Quellen in ihrer Darstellung den Bereich des Mythischen / Göttlichen tangieren (An. 2,16,6; 5,1,1; 5,3,1; 7,13,5). Warum Arrian dann keine Entscheidung treffen will, sagt er selbst: πλήν γε δὴ ὅτι οὐκ ἀκριβῆ ἐξεταστὴν χρὴ εἶναι τῶν ὑπὲρ τοῦ θείου ἐκ παλαιοῦ μεμυθευμένων. τὰ γάρ τοι κατὰ τὸ εἰκὸς ξυντιθέντι οὐ πιστά, ἐπειδὰν τὸ θεῖόν τις προσθῇ τῷ λόγῳ, οὐ πάντῃ ἄπιστα φαίνεται (An. 5,1,2). Darüber hinaus aber darf man auch nicht allzu genau nachprüfen wollen, was man seit alters über diese Gottheit zusammenfabelt. Denn was nach dem Maßstab der Wahrscheinlichkeit als unglaubhaft erscheint, wird wiederum doch auch nicht völlig fragwürdig, wenn man bei der Bewertung das göttliche Wirken dabei in Erwägung zieht. Einen dritten Bereich schließlich bilden die Fälle, in denen die Glaubwürdigkeit der Information einer Quelle14 Arrian zunächst fragwürdig scheint, aber durch einen Analogieschluss unseres Autors bestätigt wird. Dabei sollte beachtet werden, dass der ursprüngliche Zweifel Arrians an der πίστις nur aus dessen abschließendem, auktorialem Kommentar erschlossen werden kann. So beendet er seinen geographischen Abriss über den Indus folgendermaßen: ἔνθεν δὴ ὁ Ἰνδὸς πρὶν ἐς τὸ Δέλτα σχισθῆναι οὐκ ἀπιστῶ ὅτι καὶ ἐς ἑκατὸν σταδίους ἔρχεται (An. 6,14,5). Der Indus aber bringt es, wie mir glaubhaft scheint, von hier ab bis zu dem Punkt, da er sich zum Delta teilt, noch zu einer Breite von 100 Stadien. Zuvor hatte Arrian geschildert, welche vier großen Wasserströme sich in den Indus ergießen. Da diese, wie Arrian sagt, alle schiffbar seien (An. 6,14,5: ναυσίποροι), also über größere Wassermassen verfügen müssen, erscheint ihm die Breite des Indus nach Aufnahme der vier wasserreichen Ströme daher glaubhaft. Desgleichen lässt sich in An. 5,6 beobachten. In diesem Kapitel kommt Arrian darauf zu sprechen, dass es sich bei dem im Bereich des Indus gelegenen Teil Indiens um Schwemmland handeln soll; durch ὡς εἰκάζουσιν (An. 5,6,3), „man vermutet“, wird von Arrian an dieser Stelle ein leichter Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Information seiner Quellen angedeutet. Im Fortgang jedoch wird durch einen Analogieschluss zu verschiedenen Flüssen, die sowohl Namensgeber für die jeweiligen umliegenden Regionen sind, als auch das jeweilige Umland durch angeschwemmte Sedimente hervorgebracht haben (wobei von Arrian im Speziellen der Nil herausgegriffen wird), dies auch für den Indus eingeräumt: εἰ δὴ οὖν εἷς τε ποταμὸς παρ' ἑκάστοις καὶ οὐ μεγάλοι οὗτοι ποταμοὶ ἱκανοὶ γῆν πολλὴν ποιῆσαι ἐς θάλασσαν προχεόμενοι, ὁπότε ἰλὺν καταφέροιεν καὶ πηλὸν ἐκ τῶν ἄνω τόπων ἔνθενπερ αὐτοῖς αἱ πηγαί εἰσιν, οὐδὲ ὑπὲρ τῆς Ἰνδῶν ἄρα χώρας ἐς ἀπιστίαν ἰέναι ἄξιον, ὅπως πεδίον τε ἡ πολλή ἐστι καὶ ἐκ τῶν ποταμῶν τὸ πεδίον ἔχει προσκεχωσμένον (An. 5,6,6).

14 Die Quelle wird dabei von Arrian nicht namentlich genannt. Für An. 5,6,6 zumindest hat Bosworth, 1995, 246 durch einen Vergleich mit Strabon nachgewiesen, dass es sich um Nearch handelt.

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Arrians Auswahlkriterien für seine Quellen

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Wenn aber nun schon ein einziger Fluss bei jedem der Völker und alles in allem nicht einmal sehr große Ströme ausreichen, weites Land durch ihre Ablagerung im Meer zu bilden, indem sie Schlamm oder Lehm von dem Hochland herab tragen, in dem sie entspringen, dann braucht man auch bei dem indischen Land nicht in Zweifel zu ziehen, wie es kommen konnte, dass auch dieses im wesentlichen eine Ebene ist, und zwar Anschwemmungsland durch Flüsse. Nach welchem Maßstab Arrian nun beurteilt, ob die Information einer Quelle glaubwürdig ist oder nicht, kann aus der Zusammenschau folgender vier Kommentare unseres Autors erschlossen werden: 1.

τὰ γάρ τοι κατὰ τὸ εἰκὸς ξυντιθέντι οὐ πιστά, ἐπειδὰν τὸ θεῖόν τις προσθῇ τῷ λόγῳ, οὐ πάντῃ ἄπιστα φαίνεται (An. 5,1,2);15 Denn was nach dem Maßstab der Wahrscheinlichkeit als unglaubhaft erscheint, wird wiederum doch auch nicht völlig fragwürdig, wenn man bei der Bewertung das göttliche Wirken dabei in Erwägung zieht.

2.

καὶ ὅτι μὲν θεῖόν τι ξυνεπέλαβεν αὐτῷ [=Ἀλεξάνδρῳ] ἔχω ἰσχυρίσασθαι, ὅτι καὶ τὸ εἰκὸς ταύτῃ ἔχει, τὸ δὲ ἀτρεκὲς τοῦ λόγου ἀφείλοντο οἱ ἄλλῃ καὶ ἄλλῃ ὑπὲρ αὐτοῦ ἐξηγησάμενοι (An. 3,3,6); Dass es wirklich eine Gottheit war, die Alexander zu Hilfe kam, wage ich zu behaupten, da alle Wahrscheinlichkeit hierfür spricht; die Möglichkeit genauer Darlegung der Ereignisse freilich haben die Quellenautoren mit ihren widersprüchlichen Berichten uns genommen.

3.

ἀλλὰ καὶ ἐκεῖνο οὐ πάντῃ ἔξω τοῦ εἰκότος ἀναγεγράφθαι μοι δοκεῖ (An. 7,14,6); Aber Folgendes ist nach meiner Meinung keineswegs unwahrscheinlich, was manche Autoren geschrieben haben. (Übersetzung: Capelle)

4.

τὸ δὲ ζεῦγμα τὸ ἐπὶ τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ ὅπως μὲν ἐποιήθη Ἀλεξάνδρῳ οὔτε Ἀριστόβουλος οὔτε Πτολεμαῖος, οἷς μάλιστα ἐγὼ ἕπομαι, λέγουσιν· οὐδὲ αὐτὸς ἔχω ἀτρεκῶς εἰκάσαι, πότερα πλοίοις ἐζεύχθη ὁ πόρος (An. 5,7,1).16 Wie Alexander die Brücke über den Indus schlug, berichten weder Aristobul noch Ptolemaios, denen ich im Wesentlichen folge, und ich habe für irgendwelche Vermutungen keine festen Anhaltspunkte.

Die Wahrscheinlichkeit (τὸ εἰκός)17 einer Information steht für Arrian in direkter Beziehung zu deren πίστις, sofern – wie bereits gesagt – nicht der göttliche Bereich tangiert ist. Im Falle wider15 Vgl. zudem auch An. 7,13,4f. 16 Vgl. zudem auch An. 5,20,10 und 7,1,4. 17 Die von Blösel an Herodot exemplifizierten Gründe der Verwendung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs in der antiken Historiographie gelten cum grano salis auch für Arrian: „Aufgrund ihrer engen Verwandtschaft mit der Rhetorik galt auch für die Geschichtsschreiber wohl schon seit Herodot die Anforderung, ihren Bericht mit Wahrscheinlichkeit zu versehen, da ja dessen eigentliche „Wahrheit“ für die Zuhörer in den meisten Fällen mitnichten überprüfbar war. […] Das rhetorische Prinzip des Wahrscheinlichen (τό εικός / veri simile) war auch deshalb von den Historikern zu beachten, weil die antike Geschichtsschreibung von ihrer Natur her moralistisch war: Geschichtliche Ereignisse wurden als das Ergebnis von Tugenden und Lastern der Protago-

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

sprüchlicher Informationen (τὸ ἀτρεκὲς τοῦ λόγου) ist für Arrian die Aussage mit der höheren Wahrscheinlichkeit auch die glaubwürdigere. Der Vergleich des Quellenmaterials im Hinblick auf εἰκός und πίστις liefert Arrian eine feste Basis, auf der sich Rückschlüsse ziehen (εἰκάζειν) und somit Ergebnisse gewinnen lassen, die mit dem Darstellungsziel der Anabasis, d.h. der Wahrheit und Erzählenswürdigkeit, konform gehen. So sagt Arrian im Zusammenhang mit der Verwundung Alexanders bei den Mallern in An. 6,11,2 dann auch selbst: πολλὰ δὲ καὶ ἄλλα ἀναγέγραπται τοῖς ξυγγραφεῦσιν ὑπὲρ τοῦ παθήματος, καὶ ἡ φήμη παραδεξαμένη αὐτὰ κατὰ τοὺς πρώτους ψευσαμένους ἔτι καὶ εἰς ἡμᾶς διασώζει, οὐδὲ ἀφήσει παραδιδοῦσα καὶ ἐφεξῆς ἄλλοις τὰ ψευδῆ, εἰ μὴ ὑπὸ τῆσδε τῆς ξυγγραφῆς παύσεται (An. 6,11,2). Dazu wird noch vieles andere von den Autoren über dieses lebensgefährliche Missgeschick Alexanders berichtet, und entsprechend dem, was bereits von den zeitnächsten, ersten Autoren über diese Angelegenheit zusammenfabuliert wurde, übernimmt das Hörensagen diese Lügengeschichten, bewahrt sie bis auf unsere Tage und wird sie unaufhörlich von Generation zu Generation weiterüberliefern, falls ihnen nicht etwa durch vorliegende Darstellung ein Ende gemacht wird.

Die Quellen der Indiké Auf Basis der bisher aus der Anabasis gewonnenen Ergebnisse wollen wir uns jetzt der Indiké zuwenden. In seinem ersten Vorverweis auf die Indiké im fünften Buch der Anabasis hatte Arrian die Quellenautoren für seine Indische Geschichte bereits definiert: ἀλλὰ ὑπὲρ Ἰνδῶν ἰδίᾳ μοι γεγράψεται ὅσα πιστότατα ἐς ἀφήγησιν οἵ τε ξὺν Ἀλεξάνδρῳ στρατεύσαντες καὶ ὁ ἐκπεριπλεύσας τῆς μεγάλης θαλάσσης τὸ κατ' Ἰνδοὺς Νέαρχος, ἐπὶ δὲ ὅσα Μεγασθένης τε καὶ Ἐρατοσθένης, δοκίμω ἄνδρε, ξυνεγραψάτην (An. 5,5,1). Über Indien indes habe ich vor, in einer eigenen Schrift darzulegen, was als glaubwürdigste Überlieferung von den Gefährten Alexanders berichtet wird, und vor allem, was Nearchos, der das an Indien grenzende Große Meer durchfuhr, sowie was Megasthenes und Eratosthenes, zwei wichtige Persönlichkeiten, aufgezeichnet haben. In der Indiké nun rahmen18 die Namen seiner Hauptquellenautoren die landeskundliche Darstellung der ἐκβολή:

nisten angesehen, ja konnten nur als wahrscheinliche oder gar notwendige Konsequenz aus einem in sich konsistenten Charakter, nicht jedoch als Produkt eines Zusammenwirkens überpersönlicher Faktoren verstanden werden. So waren nicht nur bei Herodot Großtaten vor allem dem Mut und Einfallsreichtum, der Voraussicht und Geschicklichkeit des Helden zu verdanken, hingegen Niederlagen der Feigheit und Schlechtigkeit des Schurken geschuldet. Nur auf diese Weise konnte die Historiographie die entsprechenden exempla liefern und ihre erzieherische Aufgabe erfüllen, die seit dem vierten Jahrhundert v. Chr. auch explizit formuliert wurde“ (Blösel, 48f.). 18 Erst mit Kapitel 3 beginnt die wissenschaftlich aufbereitete Darstellung Arrians; in den beiden vorhergehenden Kapiteln wird zuerst einmal definiert, welches Gebiet zu Indien gehört und welches eben nicht. So braucht es nicht zu verwundern, dass Eratosthenes erst zu Beginn des dritten Kapitels Erwähnung findet.

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Die Quellen der Indiké

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ἐμοὶ δὲ Ἐρατοσθένης ὁ Κυρηναῖος πιστότερος ἄλλου ἔστω, ὅτι γῆς περιόδου πέρι ἔμελεν Ἐρατοσθένει (Ind. 3,1). Mir aber soll Eratosthenes aus Kyrene als besonders vertrauenswürdig gelten, weil sich Eratosthenes mit der Beschreibung der Erde befasste. Und: ταῦτά μοι ἀπόχρη δεδηλῶσθαι ὑπὲρ Ἰνδῶν, ὅσα γνωριμώτατα Νέαρχός τε καὶ Μεγασθένης, δοκίμω ἄνδρε, ἀνεγραψάτην (Ind. 17,6f.). Dies über die Inder mitgeteilt zu haben genügt mir. Die bekanntesten Dinge haben Nearch und Megasthenes, zwei glaubwürdige Männer, aufgeschrieben. Auch in der Indiké werden von ihm die Gründe für die Wahl seiner Quellenautoren deutlich gemacht: So wird bei allen drei Autoren auf deren Glaubwürdigkeit verwiesen (πιστότερος / δοκίμω19 ἄνδρε), bei Nearch und Megasthenes zusätzlich darauf verwiesen, dass diese beiden durch ihren Aufenthalt in Indien mit der in ihren Werken beschriebenen Materie bestens vertraut gewesen sind. Natürlich ist uns bewusst, dass wir in unserer Interpretation die γνωριμώτατα, die ja von den Werken beider Autoren gesagt sind, als eine Art Enallage auffassen; da sich aber Arrian selbst darüber im Klaren gewesen sein dürfte, dass Nearch ebenso wenig wie seine beiden Hauptquellen der Anabasis, Ptolemaios und Aristobul, zu den bekanntesten Alexanderhistoriographen des Altertums gehört hat,20 scheint uns der alleinige Bezug von γνωριμώτατα auf die Bekanntheit der Werkes zumindest in Nearchs Fall nicht gegeben zu sein. Stattdessen wollen wir darin einen Hinweis auf die αὐτοψία sehen, die für Arrian ein wichtiges Kriterium beim Umgang mit seinen Quellen darstellt. In der Indiké findet sich dieser Aspekt an zwei Stellen von Arrian thematisiert: In das Gebiet im Osten über den Fluss Hyphasis hinaus kam Alexander nicht. Nur wenige haben die Gebiete bis hin zum Fluss Ganges beschrieben und wo die Mündungen des Ganges sind und wo Palimbothra, die größte Stadt der Inder, am Ganges liegt (Ind. 2,8f.). Und: Aber auch Megasthenes scheint nicht weit in das Land der Inder eingedrungen zu sein, weiter allerdings als die Begleiter Alexanders, des Sohn Philipps (Ind. 5,3). Während Arrian bereits im ersten Vorverweis zur Indiké (An. 5,5,1) deutlich darauf hingewiesen hatte, dass Nearch, den er als Quellenautor für die Indische Geschichte heranzuziehen gedenkt, Alexander auf dessen Feldzügen begleitet hatte, können die beiden zitierten Passagen der Indiké als Hinweis auf die αὐτοψία des Megasthenes verstanden werden. Dieser hat zwar Alexander nicht begleitet, aber eben doch Indien bereist und mit eigenen Augen gesehen. Dabei ist er auch weiter vorgestoßen als die Historiographen im Zug des Alexander, was ihn als zusätzliche Quelle (An. 5,5,1: ἐπὶ δὲ) für Arrians landeskundliche Darstellung in der ἐκβολή qualifiziert. Wo die Angaben des Megasthenes jedoch nicht auf αὐτοψία beruhen, sondern, wie im Fall der Goldgräberameisen, 19 Wir lesen δόκιμος hier in der Bedeutung „vertrauenswürdig“; vgl. LSJ 442, s.v. δόκιμος 1. 20 Vielleicht hat Arrian sogar aus diesem Grund die drei Autoren als Korrektiv zur Vulgata ausgewählt; vgl. Bosworth, 1980, 32; Stadter, 1980, 124f.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

auf Hörensagen, wird das von Arrian deutlich klargestellt: ἀλλὰ Μεγασθένης τε ἀκοὴν ἀπηγέεται, καὶ ἐγὼ ὅτι οὐδὲν τούτου ἀτρεκέστερον ἀναγράψαι ἔχω, ἀπίημι ἑκὼν τὸν ὑπὲρ τῶν μυρμήκων λόγον ‒ Megasthenes berichtet nur vom Hörensagen, und auch ich habe nichts Sicheres darüber mitzuteilen und beende so gern den Abschnitt über die Ameisen (Ind. 15,7). Aber selbst Megasthenes hat nur einen Teil Indiens bereist (Ind. 5,3) und beschrieben. Für den geographischen Abriss, der nun einmal ganz Indien umfassen soll, kann daher von Arrian nicht mehr auf Augenzeugenberichte zurückgegriffen werden. Folglich muss die geographische Expertise des Eratosthenes die αὐτοψία ersetzen.21 Da aber, wie wir bei der Interpretation des ersten Proömiums der Anabasis gesehen haben, für Arrian eben die πίστις das zweite wichtige Kriterium bei der Wahl seiner Quellen darstellt, ist es auch diese, die Eratosthenes als Quellenautor vertretbar macht: ἐμοὶ δὲ Ἐρατοσθένης ὁ Κυρηναῖος πιστότερος ἄλλου ἔστω (Ind. 3,1). Neben den Quellenautoren stellt Herodot für Arrian einen wichtigen Bezugspunkt für die Indische Geschichte dar: Nicht nur der ionische Dialekt22 der Indiké verweist auf ihn; auch zeigt der Aufbau der ἐκβολή deutlich Anklänge an die ethnographischen λόγοι des Historikers aus Halikarnassos.23 Nach Trüdinger, 15 zeichne einen Herodoteischen λόγος aus, dass er vier Gegenstände behandelt: das Land, dessen Geschichte, die νόμοι der Bewohner und die dortigen θαυμάσια. Der „idealtypische“ λόγος Herodots umfasse, so Trüdinger, 21 eine Behandlung von Begrenzung, Abmessung und Gestalt des dargestellten Landes, dessen Natur, Flüsse und Klima sowie Tierwelt, daneben auch von Zahl, Alter und Archäologie des dort lebenden Volkes sowie dessen Lebensweisen und Sitten, und schließlich der θαυμάσια, d.h. der Merkwürdigkeiten des Landes; die Reihenfolge der einzelnen Punkte sei dabei variabel. Zwar existiert ein idealtypischer λόγος bei Herodot so nicht, doch finden sich eben in allen seinen λόγοι die angeführten Komponenten in mehr oder minder großer Zahl. Umso erstaunlicher ist es, dass Arrian in der ἐκβολή dem idealtypischen λόγος eines Herodot doch sehr nahe kommt; finden wir doch dort alle diese Elemente wieder. Doch damit erschöpft sich nicht Arrians Bezugnahme auf Herodot: So mutet zunächst Arrians Erwähnung von Assyrern, Medern, Persern, Kyros und Kambyses (Ind. 1,3) im Zusammenhang mit einem ethnographischen Exkurs über Indien seltsam an; jedoch gibt uns 21 Vgl. Pomelli, 2006b, 126. 22 Über das von Arrian gebrauchte Ionisch informieren die Arbeiten von Lindemann und Roos, 1927. Kurz gesagt handelt es sich dabei um kein reines Ionisch, sondern um eine Mischform aus ionischen und attischen Elementen. Dieses v.a. im Codex A tradierte Pseudo-Ionisch ist, so darf vermutet werden, wohl darauf zurückzuführen, dass die Textkopien ionischen Schrifttums, aus denen Arrian, der selbst kein native speaker war, jenen Dialekt erlernte, bereits von Mischformen durchsetzt waren; vgl. Pearson, 1123, mit einem Verweis auf Paap, Anton H.R.E., De Herodoti reliquiis in papyris et membranis Aegyptiis servatis, Leiden 1948. Wir sehen in Arrians Gebrauch des Ionischen ausschließlich eine Anspielung auf Herodot; dass auch seine Quellen Megasthenes und Nearch ionisch geschrieben hätten und Arrian sich deswegen dieses Dialekts angenommen habe, wie Pearson, 122 vorschlägt, ist äußerst unwahrscheinlich. Bei Megasthenes findet sich, wie Schwanbeck, 25 zeigt, kein Anhaltspunkt für einen Gebrauch des Ionischen; Nearch dürfte nach Stadter, 1980, 125 mit hoher Wahrscheinlichkeit in der zu seiner Zeit gebräuchlichen Koiné geschrieben haben. Darüber hinaus gab es, wie Brunt, 541 vermerkt, zu Arrians Zeit ein gewisses Wiederaufblühen des ionischen Dialekts in der Schriftstellerei; das Ionische, so Brunt, „gave the old material a new look and suited Arrianʼs essentially literary pretensions.“ 23 Auch die beiden unterschiedlichen Teile der Indiké könnten in Herodot eine Entsprechung finden. Dessen Geschichtswerk zeigt, Lendle, 43 zufolge, ebenfalls eine zweiteilige Gliederung: Der erste Teil (1,1–5,28) ist stark geographisch-länderkundlich orientiert, der zweite Teil (5,28–9,122) behandelt die Geschichte des persisch-griechischen Konflikts ohne wesentliche Abschweifungen.

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Die Quellen der Indiké

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Arrian damit einen stichwortartigen Hinweis auf Herodot.24 Dieser hat sein Werk mit der Frage nach dem Ursprung des Streites zwischen Griechen und Barbaren im Mythischen beginnen lassen, dann aber abgebrochen mit den Worten: ταῦτα μέν νυν Πέρσαι τε καὶ Φοίνικες λέγουσι. ἐγὼ δὲ περὶ μὲν τούτων οὐκ ἔρχομαι ἐρέων ὡς οὕτως ἢ ἄλλως κως ταῦτα ἐγένετο, τὸν δὲ οἶδα αὐτὸς πρῶτον ὑπάρξαντα ἀδίκων ἔργων ἐς τοὺς Ἕλληνας, τοῦτον σημήνας προβήσομαι ἐς τὸ πρόσω τοῦ λόγου ὁμοίως μικρὰ καὶ μεγάλα ἄστεα ἀνθρώπων ἐπεξιών (Hdt. 1,5,3). Das sagen die Perser, dies die Phoiniker. Ich lasse es dahingestellt, wie es wirklich dabei zugegangen. Zunächst aber will ich den Mann nennen, von dem ich weiß, dass er zuerst gegen die Griechen feindlich aufgetreten ist, und dann in meiner Erzählung fortfahren und dabei die Städte der Menschen anführen, große sowohl wie kleine. (Übersetzung: Braun) Ab da wendet sich dann Herodot in seiner Darstellung dem Greifbaren, Überschaubaren, ja auch methodisch Möglichen zu. Ebenso beginnt die ἐκβολή im Mythischen: Man beachte allein die fünfmalige Wiederholung des Namens Dionysos auf engstem Raum. Ebenso wie Herodot die Versionen von Persern und Phönikiern nebeneinanderstellt, aber keine Entscheidung suchen will, lässt auch Arrian eine Entscheidung offen: Νυσαῖοι δὲ οὐκ Ἰνδικὸν γένος ἐστίν, ἀλλὰ τῶν ἅμα Διονύσῳ ἐλθόντων ἐς τὴν γῆν τὴν Ἰνδῶν, τυχὸν μὲν [καὶ] Ἑλλήνων, ὅσοι ἀπόμαχοι αὐτῶν ἐγένοντο ἐν τοῖς πολέμοις οὕστινας πρὸς Ἰνδοὺς Διόνυσος ἐπολέμησε, τυχὸν δὲ καὶ τῶν ἐπιχωρίων τοὺς ἐθέλοντας τοῖς Ἕλλησι συνῴκισε, τήν τε χώρην Νυσαίην ὠνόμασεν ἀπὸ τῆς τροφοῦ τῆς Νύσης Διόνυσος καὶ τὴν πόλιν αὐτὴν Νῦσαν (Ind. 1,4f.).25 Die Nysaier sind dagegen kein indisches Volk. Sie stammen vielmehr von den Einwanderern ab, die zusammen mit Dionysos nach Indien kamen. Vielleicht sind sie zum Teil Nachkommen der Griechen, die in den Kriegen, die Dionysos gegen die Inder führte,

24 Neben der Hinweisfunktion auf Herodot hat Arrians Thematisierung der Perser noch eine zweite Funktion inne: auch hiermit wird eine Brücke zur Anabasis geschlagen. So schreibt unser Autor zu Beginn des fünften Buchs, als er eine knappe Beschreibung der Einwohner Indiens liefert, die im Anschluss an die zitierte Stelle in den Vorverweis zur Indiké (An. 5,5,1f.) mündet: τὸ γὰρ Περσῶν τῶν πάλαι, ξὺν οἷς ὁρμηθεὶς Κῦρος ὁ Καμβύσου Μήδους τε τὴν ἀρχὴν τῆς Ἀσίας ἀφείλετο καὶ ἄλλα ἔθνη τὰ μὲν κατεστρέψατο, τὰ δὲ προσχωρήσαντά οἱ ἑκόντα κατέσχεν, οὐκ ἔχω ἀτρεκῶς ὥς γε δὴ πρὸς τὰ Ἰνδῶν ξυμβαλεῖν. καὶ γὰρ καὶ Πέρσαι τότε πένητές τε ἦσαν καὶ χώρας τραχείας οἰκήτορες, καὶ νόμιμά σφισιν ἦν οἷα ἐγγυτάτω εἶναι τῇ Λακωνικῇ παιδεύσει. τὸ δὲ τραῦμα τὸ γενόμενον Πέρσαις ἐν τῇ Σκυθικῇ γῇ οὐδὲ τοῦτο ἔχω ἀτρεκῶς ξυμβαλεῖν πότερα δυσχωρίαις ξυνενεχθεῖσιν ἤ τινι ἄλλῃ Κύρου ἁμαρτίᾳ ξυνέβη ἢ Σκυθῶν γε τῶν ταύτῃ κακίους τὰ πολέμια Πέρσαι ἦσαν (An. 5,4,5). Wie Bosworth, 1995, 234f. aufzeigt, bedient sich Arrians Vergleich der Inder mit den Persern des Buches Herodots. So wird einerseits im Epilog (Hdt. 9,122,2) der militärische Erfolg der Perser der Rauheit ihres Landes zugeschrieben; andererseits ist Herodots Darstellung der Schlacht des Kyros gegen die Skythen, die in der Niederlage des Großkönigs mündete (Hdt. 1,214,2), derartig rudimentär, dass sie den Anknüpfungspunkt für Arrians ins Leere laufende Vermutungen über den Grund für die Niederlage bildet. 25 Das Offenlassen einer endgültigen Entscheidung, wobei die Alternativen durch τυχὸν μὲν – τυχὸν δὲ gegeben werden, finden wir auch in der Anabasis: καὶ πρὸς τούτων ἀποθανεῖν Παρμενίωνα, τυχὸν μὲν ὅτι οὐ πιστὸν ἐδόκει εἶναι Ἀλέξανδρος Φιλώτα ἐπιβουλεύοντος μὴ ξυμμετασχεῖν Παρμενίωνα τῷ παιδὶ τοῦ βουλεύματος, τυχὸν δὲ ὅτι, εἰ καὶ μὴ ξυμμετέσχε, σφαλερὸς ἤδη ἦν περιὼν Παρμενίων τοῦ παιδὸς αὐτοῦ ἀνῃρημένου (An. 3,26,4); oder: καὶ Ἀλέξανδρος ἀφῆκε, τυχὸν μὲν αἰδοῖ τῆς πόλεως, τυχὸν δὲ σπουδῇ τοῦ ἐς τὴν Ἀσίαν στόλου (An. 1,10,6).

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen kampfunfähig wurden, vielleicht aber auch der Einheimischen, die er mit ihrem Einverständnis zusammen mit den Griechen ansiedelte. Das Land nannte Dionysos Nysaia nach seiner Amine Nysa und die Stadt selbst Nysa.

Und ebenso wie Herodot seinen Abriss des Mythischen beendet und sich dem eigentlichen Thema zuwendet, bricht auch Arrian seine Ausführung ab und wendet sich anschließend Indien zu (Dass er direkt nach dem Abbruch noch zwei πόλεις μεγάλαι der Assakener anführt [Ind. 1,8], darf ebenfalls als Anspielung auf die Herodotstelle gedeutet werden.): ταῦτα μὲν οἱ ποιηταὶ ἐπὶ Διονύσῳ ἐποίησαν, καὶ ἐξηγείσθων αὐτὰ ὅσοι λόγιοι Ἑλλήνων ἢ βαρβάρων (Ind. 1,7). Dies erzählten die Dichter über Dionysos, und ich überlasse es den Geschichtsschreibern der Griechen und der Barbaren, darüber zu berichten. Arrians Abbruchformel nun kombiniert zwei Kernpassagen aus Herodot und Thukydides: Ἡροδότου Θουρίου ἱστορίης ἀπόδεξις ἥδε, ὡς μήτε τὰ γενόμενα ἐξ ἀνθρώπων τῷ χρόνῳ ἐξίτηλα γένηται, μήτε ἔργα μεγάλα τε καὶ θωμαστά, τὰ μὲν Ἕλλησι, τὰ δὲ βαρβάροισι ἀποδεχθέντα, ἀκλέα γένηται, τά τε ἄλλα καὶ δι' ἣν αἰτίην ἐπολέμησαν ἀλλήλοισι. Περσέων μέν νυν οἱ λόγιοι Φοίνικας αἰτίους φασὶ γενέσθαι τῆς διαφορῆς … (Hdt. Proöm u. 1,1,1). Herodotos aus Halikarnassos hat diese Nachrichten gesammelt und aufgezeichnet, damit nicht, was die Menschen getrieben, was Griechen und Barbaren Großes und Bewunderungswürdiges geleistet, und weshalb sie miteinander Krieg geführt, mit der Zeit verwischt und vergessen würde. Nun behaupten die persischen Gelehrten, an dem Streit waren die Phoiniker schuld … (Übersetzung: Braun) Und: ἐκ δὲ τῶν εἰρημένων τεκμηρίων ὅμως τοιαῦτα ἄν τις νομίζων μάλιστα ἃ διῆλθον οὐχ ἁμαρτάνοι, καὶ οὔτε ὡς ποιηταὶ ὑμνήκασι περὶ αὐτῶν ἐπὶ τὸ μεῖζον κοσμοῦντες μᾶλλον πιστεύων, οὔτε ὡς λογογράφοι ξυνέθεσαν ἐπὶ τὸ προσαγωγότερον τῇ ἀκροάσει ἢ ἀληθέστερον, ὄντα ἀνεξέλεγκτα καὶ τὰ πολλὰ ὑπὸ χρόνου αὐτῶν ἀπίστως ἐπὶ τὸ μυθῶδες ἐκνενικηκότα, ηὑρῆσθαι δὲ ἡγησάμενος ἐκ τῶν ἐπιφανεστάτων σημείων ὡς παλαιὰ εἶναι ἀποχρώντως (Thuk. 1,21,1). Wer aber nach den angeführten Zeugnissen die Ereignisse sich doch etwa so vorstellt, wie ich sie berichtet habe, wird kaum fehlgehen. Er wird nicht blindlings den Dichtern glauben, die in ihren Hymnen alles mit höherem Glänze schmücken, noch den Geschichtenschreibern, die in ihren Berichten mehr auf die Befriedigung der Hörlust achten als auf die Wahrheit ‒ es handelt sich ja um unbeweisbare Dinge, die zum Großteil durch die Zeit ins Unglaubwürdige und Sagenhafte entartet sind; vielmehr wird er meinen, sie seien nach ihren sichtbaren Merkmalen für ihr Alter hinreichend genau erforscht worden. (Übersetzung: Vretska/Rinner) Während sich Arrian zwar im Wortlaut an Herodot anlehnt, erinnert aber die Kontrastierung von ποιηταί und λόγιοι an die des Thukydides zwischen ποιηταί und λογογράφοι am Ende der Archäologie. Die Distanzierung von Dichtung und „Geschichtenerzählen“, die Thukydides dort für die Zielsetzung seines eigenen Werks vornimmt, ist letztendlich die gleiche, die wir für die

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Die Quellen der Indiké

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Indiké schon in An. 5,4,3 beobachtet haben. Dort hat Arrian implizit Kritik an Autoren geübt, deren Ziel der Darstellung allein in der τέρψις (delectare) liegt. Stattdessen, so hatten wir gesehen, soll die ὠφελεία (prodesse) als Zweck seiner Schrift angesehen werden; durch die Widerlegung (ἐξελέγχειν) des Märchenhaften vergangener Zeiten soll die ἀλήθεια herauskristallisiert werden. In Arrians Formulierung in Ind. 1,7 finden wir also in knappster Form eine Aussage zum Charakter der Indiké: Sie soll zwar in der Tradition der ἱστορία des Herodot und seiner Exkurse stehen, aber dennoch nicht als reines „Geschichtenerzählen“26 daherkommen, sondern vom methodischen Vorgehen, das Arrian auch in der Anabasis hat walten lassen, geprägt sein. Ιn der ἐκβολή der Indiké finden wir daher die Frage nach der πίστις ebenso thematisiert wie schon in der Anabasis; doch anders als dort nutzt Arrian in seiner Indischen Geschichte zur Ergänzung seiner Hauptquellen keine breite und anonyme Masse von Schriften der Vulgata, so dass sich hier die Frage nach der πίστις allein auf Eratosthenes, Nearch und Megasthenes und deren Nachrichten über Indien beschränkt. Für letzteren finden wir sie in Kapitel 4 der Indiké gestellt. Dort behandelt Arrian die beiden Flusssysteme des Ganges und des Indus und schließt mit den Worten: οὔκουν ἀπιστίαν χρὴ ἔχειν ὑπέρ τε τοῦ Ἰνδοῦ καὶ τοῦ Γάγγεω μηδὲ συμβλητοὺς εἶναι αὐτοῖσι τόν τε Ἴστρον καὶ τοῦ Νείλου τὸ ὕδωρ (Ind. 4,13). Daher braucht man kein Misstrauen zu hegen hinsichtich des Indus und des Ganges, dass ihnen die Donau und das Wasser des Nils nicht vergleichbar seien. Wir haben es hier mit einem Fall zu tun, in dem die Glaubwürdigkeit der Information seiner Quelle zunächst fragwürdig erscheint, aber durch einen Analogieschluss Arrians letztendlich Bestätigung findet. Erst durch einen Vergleich mit dem Nil, der eben keine Nebenflüsse besitzt (Ind. 4,14) und der Donau, von deren schiffbaren Nebenflüssen Arrian nur zwei durch eigene αὐτοψία kennt (Ind. 4,15: αὐτὸς ἰδὼν οἶδα), die aber noch weitere, Arrian nicht bekannte schiffbare Nebenflüsse, allerdings in zahlenmäßig begrenztem Umfang, besitzen könnte (Ind. 4, 16: ὅστις δὲ καὶ ἄλλον οἶδε ναυσίπορον τῶν ἐς τὸν Ἴστρον ἐκδιδόντων, ἀλλὰ οὐ πολλούς που οἶδε.), erfährt die Aussage seiner Quelle, dass die Wassermassen von Nil und Donau von denen des Indus und Ganges übertroffen würden, da doch diese beiden Ströme laut Megasthenes zahlreiche schiffbare Nebenflüsse besitzen (Ind. 4,12), Bestätigung.27 Würde man ausschließlich die Indiké betrachten, käme die Frage auf, warum der Wasserreichtum beider Flüsse von Arrian nur in der knappen Aussage in Ind. 4,13 thematisiert,28 es aber

26 Arrian verwendet λόγιος nur noch An. 2,3,8 u. 7,16,5, dort aber in der Bedeutung „weissagend“. An unserer Stelle meint λόγιος allerdings nicht „Geschichtskundiger“ wie in Hdt. 1,1,1, sondern im Hinblick auf die Thukydidesparallele „versiert im Geschichtenerzählen“; vgl. LSJ 1056 s.v. λόγιος I. Arrian scheint uns mit λόγιος bewusst Thukydidesʼ λογογράφος zu ersetzen, da dessen Polemik, die nicht zuletzt auch in der negativen Konnotation der Vokabel bei ihm ihren Ausdruck findet, v.a. gegen Herodot gemünzt ist. − Um Historiker zu bezeichnen setzt Arrian für gewöhnlich λογοποιός (An. 2,16,5 für Hekataios; An. 3,30,8 für Herodot; An. 5,6,6 für beide), wobei bei ihm der Begriff positiv besetzt ist (Er verwendet ihn besonders dann, wenn er die eigene Argumentation mit Belegen untermauern will.) und, anders als bei Herodot, der ihn sowohl für Hekataios (Hdt. 2,143; 5,36; 5,125) als auch Äsop (Hdt. 2,134) gebraucht, ausschließlich für Historiographen Anwendung findet. 27 Vgl. Pomelli, 2006b, 136f. 28 Zuvor findet sich der Wasserreichtum lediglich angedeutet: Der Ganges fließe stark aus seinen Quellen und habe, wie der Indus (Ind. 4,12) mehrere schiffbare Nebenflüsse (Ind. 4,3); beide Flüsse seien auch sehr breit

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

im Anschluss daran in breiter Form (Ind. 4,14ff.) unternommen wird, dies zu verifizieren. Tatsächlich aber sind Anabasis und Indiké hier aufs Engste miteinander verflochten. Denn während in der Alexandergeschichte zwar größere geographische und ethnographische Darstellungen eher spärlich vertreten sind,29 nimmt doch die Beschäftigung mit Gewässern, v.a. Flüssen, einen breiten Raum ein.30 Und so finden wir dort auch die fehlenden Informationen zur Wassermenge von Indus und Ganges: Denn Hermos, Kaystros, Kaikos und Mänder und wie die vielen Flüsse Asiens sonst noch heißen, die sich in unser inneres Meer ergießen, sie sind, alle zusammengenommen, an Wassermenge nicht mit einem einzigen dieser indischen Ströme zu vergleichen, geschweige denn mit dem Ganges, dem größten, mit dem selbst der Nil in Ägypten oder der Istros in Europa in Bezug auf ihre Wassermasse einen Vergleich nicht aushalten. Alle zusammen erreichen nämlich an Größe selbst den Indus nicht, der sofort als riesiger Strom bereits seinen Quellen entspringt und dazu noch 15 Flüsse, jeder größer als alle in Asien, aufnimmt, ihnen den eigenen Namen aufzwingt und sich so ins Meer ergießt (An. 5,6,7f.). An. 5,6,7f. und Ind. 4,13 sind also komplementär zu lesen. Insofern stellt Arrians Bestätigung der Quelleninformation durch Analogieschluss in Ind. 4,14ff. den Nachweis der Glaubwürdigkeit für die von ihm auf Basis seiner Quellen in An. 5,6,7f. getroffene Mitteilung dar. Interessant dabei ist auch Folgendes: In seinem ersten Vorverweis auf die Indiké in An. 5,5,1 hatte Arrian Nearch und Megasthenes als seine Quellenautoren für die Indische Geschichte ausgewiesen. Direkt im Anschluss daran widmet sich unser Autor einigen geographischen Reflexionen über Indien (An. 5,5,2–5,6,8). Dort nun, in unmittelbarer Nähe zur zuvor zitierten Passage, bestätigt Arrian, wie wir weiter oben gezeigt haben, die Information seiner Quelle, es handele sich bei dem im Bereich des Indus gelegenen Teils Indiens um Schwemmland, durch einen Analogieschluss (An. 5,6,6). Sollte nun Bosworth, 1995, 246f. damit Recht haben, dass Nearch als Quelle für Information bezüglich des Schwemmlands anzusehen ist und dass Megasthenes dem Arrian die Vorlage für den Wasserreichtum des Indus und Ganges geliefert hat, dann wäre die Verflechtung beider Werke Arrians sogar noch tiefergehend: Kurz nach der namentlichen Einführung der beiden Quellenautoren erführe dann eine bestimmte Information der einen Quelle in Form eines Analogieschlusses Arrians Bestätigung, während eine Information der anderen Quelle direkt im Anschluss daran zwar angeführt würde, aber durch Analogieschluss erst in der Indiké, quasi rückwirkend, bestätigt würde. Doch wir wollen uns nicht in das Reich der Spekulationen (Ind. 4,7). Man beachte dabei, dass alle diese Informationen von Arrian klar als Zitate kenntlich gemacht sind und in indirekter Rede bzw. als ὅτι-Satz gegeben werden. Diese Informationen erfahren überhaupt erst rückwirkend durch das Ergebnis des Analogieschlusses Arrians Bestätigung. 29 Geographische Angaben finden wir dort für Hyrkanien (An. 3,23,1), den Kaukasus (An. 3,28,5f.), Indien (An. 5,5,2–6,8) und Arabien (An. 7,20,5–10). Ethnographische Beschreibungen gibt Arrian für die Bewohner des Donauufers (An. 1,3,6), die Bewohner von Side (An. 1,26,4), die Kaukasusbewohner (An. 3,28,6f.), die Skythen (An. 4,17,5) und Inder (An. 5,4,3ff.). 30 An. 1,3,1 (Donau); 1,12,6 (Praktios); 1,29,1 (askanischer See); 1,29,5 (Sangaros); An. 2,4,7 (Kydnos); An. 3,4,2f. (Quelle beim Heiligtum des Ammon); 3,29,2 (Oxus); 3,30,7ff. (Tanais); An. 4,6,6f. (Polytimetos und andere Flüsse); 4,25,6f. (Guraios); An. 5,4,1f. (Indus und weitere indische Flüsse); 5,5,2–6,8 (Gewässersystem Indiens); 5,9,4 (Wasserstand in indischen Flüssen); 5,20,8 (Akesines); An. 6,1,2–6 (Nilquellen); 6,14,4f. (indische Ströme); An. 7,7,3ff. (Flüsse Mesopotamiens); 7,16,2ff. (Kaspisches Meer und zugehörige Flüsse); 7,21,1–4 (Euphrat und dessen Kanalsystem). − Es bedürfte wahrscheinlich einer eigenen Abhandlung, um Arrians Faible für Fließgewässer Herr zu werden.

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Die Quellen der Indiké

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begeben, sondern lieber fragen, warum Arrian eigentlich an der Aussage seiner Quellen über den Wasserreichtum der beiden indischen Ströme einen anfänglichen Zweifel hegt. Dessen Skepsis an der πίστις der Information gründet sich auf einer mangelnden αὐτοψία seiner Quellen: ἀλλὰ οὔ μοι ἀτρεκὲς ὑπὲρ τῶν ἐπέκεινα Ὑφάσιος ποταμοῦ ἰσχυρίσασθαι, ὅτι οὐ πρόσω τοῦ Ὑφάσιος ἦλθεν Ἀλέξανδρος (Ind. 4,1). Aber über die Gebiete jenseits des Hyphasis kann ich keine sichere Aussage machen, weil Alexander nicht über den Hyphasis hinauskam. Da nun einmal der Ganges weit jenseits des Hyphasis liegt, und Alexander und seine Begleiter – gemeint ist in unserem Falle Nearch − eben nur bis dorthin gekommen sind und auch Megasthenes, nach Arrians Einschätzung, nicht wesentlich weiter (Ind. 5,3), ist die Zuverlässigkeit (ἀτρεκές) der diesbezüglichen Informationen nicht durch deren αὐτοψία abgedeckt. Dass für Arrian die Zuverlässigkeit gleichbedeutend mit der Glaubwürdigkeit ist, können wir aus An. 7,15,6 schließen: καὶ τοῦτο οὔτε ὡς ἀτρεκὲς οὔτε ὡς ἄπιστον πάντῃ ἀνέγραψα (An. 7,15,6). Dies freilich teile ich weder als verbürgte Wahrheit mit noch als gänzlich unglaubhaft. Wenn nämlich ἀτρεκές und ἄπιστον hier ein Gegensatzpaar bilden, in dessen Rahmen sich die historiographische Wiedergabe und Deutung von Ereignissen vollzieht, dann dürfen wir auch ἀτρεκές und πιστόν gleichsetzen. Dies heißt natürlich nicht, dass jede unzuverlässige Nachricht für Arrian auch automatisch unglaubwürdig ist. Vielmehr müssen die einzelnen Nachrichten auf ihren Zuverlässigkeitsgehalt hin überprüft und mit anderen, den gleichen Gegenstand betreffenden Nachrichten verglichen und untereinander abgewogen werden, um sich letztendlich der Wahrheit anzunähern. Wenn allerdings mehrere Informationen vorliegen, die alle von ähnlicher Unzuverlässigkeit sind, kann das, wie uns Arrian in Ind. 3,4–7 zeigt, zu einer Art Kampf des Historikers mit seinen Quellen führen, der sich in Form einer stichpunktartigen Zusammenschau der Informationen seiner Quellen bezüglich eines bestimmten Themas im Text niederschlägt: τὰ δὲ ἐπέκεινα οὐκέτι ὡσαύτως ἀτρεκέα· φήμας δὲ ὅσοι ἀνέγραψαν, ξὺν τῇ ἄκρῃ τῇ ἀνεχούσῃ ἐς τὸ πέλαγος ἐς μυρίους σταδίους μάλιστα ἐπέχειν λέγουσιν· εἶναι δὲ ἂν ὦν τὸ μῆκος τῆς Ἰνδῶν γῆς σταδίων μάλιστα δισμυρίων. Κτησίης δὲ ὁ Κνίδιος τὴν Ἰνδῶν γῆν ἴσην τῇ ἄλλῃ Ἀσίῃ λέγει, οὐδὲν λέγων, οὐδὲ Ὀνησίκριτος, τρίτην μοῖραν τῆς πάσης γῆς. Νέαρχος δὲ μηνῶν τεσσάρων ὁδὸν τὴν δι' αὐτοῦ τοῦ πεδίου τῆς Ἰνδῶν γῆς. Μεγασθένει δὲ τὸ ἀπὸ ἀνατολῶν ἐς ἑσπέρην πλάτος ἐστὶ τῆς Ἰνδῶν γῆς ὅ τι περ οἱ ἄλλοι μῆκος ποιέουσι· καὶ λέγει Μεγασθένης μυρίων καὶ ἑξακισχιλίων σταδίων εἶναι ἵναπερ τὸ βραχύτατον αὐτοῦ (Ind. 3,4–7). Was aber darüber hinausgeht, ist nicht in gleicher Weise sicher. Die dagegen nach dem Hörensagen berichten, geben die Länge mit dem sich in das Meer erstreckenden Vorgebirge mit etwa 10000 Stadien an. Danach wäre nun die Länge des Landes der Inder höchstens 20000 Stadien. Ktesias aus Knidos dagegen sagt, dass das Land der Inder dem übrigen Asien gleich sei, und irrt wie Onesikritos, der es für den dritten Teil der ganzen Erde hält. Nearch dagegen berichtet, es sei ein Weg von vier Monaten gerade durch die Ebene des Landes der Inder. Für Megasthenes ist die Breite des Landes der Inder von Osten nach Westen, was die anderen zu seiner Länge machen. Und Megasthenes sagt, sie betrage 16000 Stadien, wo sie am geringsten sei.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Dergleichen finden wir auch in der Anabasis, z.B.: Ἀριστόβουλος μὲν λέγει ὅτι καὶ Καλλισθένην ἐπᾶραι σφᾶς ἔφασαν ἐς τὸ τόλμημα· καὶ Πτολεμαῖος ὡσαύτως λέγει. οἱ δὲ πολλοὶ οὐ ταύτῃ λέγουσιν, ἀλλὰ διὰ μῖσος γὰρ τὸ ἤδη ὂν πρὸς Καλλισθένην ἐξ Ἀλεξάνδρου καὶ ὅτι ὁ Ἑρμόλαος ἐς τὰ μάλιστα ἐπιτήδειος ἦν τῷ Καλλισθένει, οὐ χαλεπῶς πιστεῦσαι τὰ χείρω ὑπὲρ Καλλισθένους Ἀλέξανδρον. ἤδη δέ τινες καὶ τάδε ἀνέγραψαν … (An. 4,14,1f.). Aristobulos nun berichtet, nach ihrer Aussage seien sie von Kallisthenes zu ihrem Versuch ermutigt worden, und das gleiche findet sich auch bei Ptolemaios. Die anderen Quellen berichten in der Mehrzahl die Dinge etwas anders. Nach ihnen sei vielmehr Alexander aus an sich schon vorhandenem Hass auf Kallisthenes und dazu wegen des engen Vertrauensverhältnisses zwischen Kallisthenes und Hermolaos nicht schwer dazu verleitet worden, von Kallisthenes das Schlimmste anzunehmen. Einige schreiben auch … Doch während in der Anabasis ein derartiges Nebeneinanderstellen von Quelleninformationen von Arrian nur dann vollzogen wird, wenn es einerseits, wie in der von uns angeführten Stelle, in der mögliche Hintergründe der Pagenverschwörung diskutiert werden, eben ausgeschlossen ist, eine unumstößliche Wahrheit jemals herauszufinden, und andererseits dann, wenn Themen berührt werden, die im Laufe der Überlieferung ins Mythische abgeglitten sind (An. 6,11: die Verwundung Alexanders bei den Mallern; An. 7,13: dessen Zusammentreffen mit den Amazonen), finden wir es in der ἐκβολή für die Größenangaben Indiens verwendet. Arrian dürfte aber, so meinen wir, die Zusammenschau der Quelleninformationen an dieser Stelle des landeskundlichen Exkurses bewusst vollzogen haben: Zum einen findet sie sich an einer sehr frühen Stelle der ἐκβολή und hat somit Beispielcharakter für Arrians methodisches Vorgehen im Rest dieses Werksteils der Indiké, zum anderen wird damit auch deutlich gemacht, dass, wenn sich die Quellen nicht einmal bezüglich der Maße Indiens einig sind, es in Detailfragen umso schwieriger für Arrian ist, die Wahrheit herauszufinden. Da ist es dann für Arrian unumgänglich, sowohl eigene Vermutungen anzustellen (δοκέειν δὲ ἔμοιγε, καὶ ὁ Ἀκεσίνης μέζων ἐστὶ τοῦ τε Ἴστρου καὶ τοῦ Νείλου …καὶ τυχὸν καὶ ἄλλοι πολλοὶ μέζονες ποταμοὶ ἐν τῇ Ἰνδῶν γῇ ῥέουσιν [Ind. 3,10].31 Mir aber scheint auch der Akesines größer zu sein als die Donau und der Nil … Und vielleicht fließen noch viele andere größere Flüsse im Lande der Inder.), als auch – anders als in der Anabasis –32 seine Hauptquellen zu hinterfragen und gegebenenfalls zu kritisieren: 31 Vgl. An. 5,9,4: αἱ χιόνες αἱ τοῦ Καυκάσου, ἔνθενπερ τῶν πολλῶν ποταμῶν αἱ πηγαί εἰσι, κατατηκόμεναι αὔξουσιν αὐτοῖς τὸ ὕδωρ ἐπὶ μέγα· χειμῶνος δὲ ἔμπαλιν ἴσχουσιν ὀλίγοι τε γίγνονται καὶ καθαροὶ ἰδεῖν καὶ ἔστιν ὅπου περάσιμοι, πλήν γε δὴ τοῦ Ἰνδοῦ καὶ Γάγγου καὶ τυχὸν καὶ ἄλλου του. 32 In der Anabasis werden bei offener Kritik Arrians an bestimmten Autoren, deren Namen im Allgemeinen nicht genannt; vgl. z.B. ἤδη δέ τις οὐκ ᾐσχύνθη ἀναγράψαι ὅτι … (An. 7,27,3) oder τὸ δὲ δὴ μέγιστον πλημμέλημα τῶν ξυγγραψάντων τὰ ἀμφὶ Ἀλέξανδρον ἐκεῖνο τίθεμαι ἔγωγε (An. 6,11,8). Nur in zwei Fällen kombiniert Arrian den Namen eines Quellenautors mit leiser Kritik. In An. 5,4,2 bezieht er sich für die Breitenangabe des Indus auf Ktesias und fügt hinzu: εἰ δή τῳ ἱκανὸς καὶ Κτησίας ἐς τεκμηρίωσιν. (Zum allgemeinen negativen Urteil antiker Autoren an den Indiká des Ktesias s. Ruffing, 2010, 351.) Und in An. 6,2,3: Ὀνησίκριτος, ὃς ἐν τῇ ξυγγραφῇ, ἥντινα ὑπὲρ Ἀλεξάνδρου ξυνέγραψε, καὶ τοῦτο ἐψεύσατο, ναύαρχον ἑαυτὸν εἶναι γράψας, κυβερνήτην ὄντα. Letztere Kritik scheint jedoch auf Arrians diesbezügliche Quelle zurückzugehen, in der man wahr-

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Arrians Auseinandersetzung mit der πίστις seiner Quellen

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καὶ πολλὰ μὲν εἶναι ἔθνεα Ἰνδικὰ καὶ αὐτὸς συμφέρομαι Μεγασθένει, τὸ δὲ ἀτρεκὲς οὐκ ἔχω εἰκάσαι ὅπως ἐκμαθὼν ἀνέγραψεν, οὐδὲ πολλοστὸν μέρος τῆς Ἰνδῶν γῆς ἐπελθών, οὐδὲ ἐπιμιξίης πᾶσι τοῖς γένεσιν ἐούσης ἐς ἀλλήλους (Ind. 7,1). Megasthenes nennt insgesamt 118 indische Völker. Ich stimme mit Megasthenes darin überein, dass es viele indische Völker gibt, aber ich kann mir nicht genau vorstellen, wie er erfahren hat, was er schreibt. Denn weder hat er einen größeren Teil Indiens bereist, noch stehen alle Völker miteinander in Verbindung. Doch damit beschränkt sich in der ἐκβολή Arrians offene Kritik an der Glaubwürdigkeit von Nachrichten aus Indien, die – und hier greifen wir vor – nur auf Megasthenes begrenzt ist, bei Wietem nicht. Um diese aber voll umfänglich nachvollziehen zu können, bedarf es eines schrittweisen Vorgehens und eines konsequenten Vergleichs mit der Anabasis.

Arrians Auseinandersetzung mit der πίστις seiner Quellen Arrians Auseinandersetzung mit der Glaubwürdigkeit beginnt bereits im ersten Kapitel der Indiké. Dort wird von Arrian die Sage um Nysa zunächst in direkter Rede, d.h. als Tatsachenbericht präsentiert, jedoch direkt im Anschluss daran mit ταῦτα οἱ ποιηταὶ ἐπὶ Διονύσῳ33 ἐποίησαν34 rückwirkend in den Bereich des Mythos verlagert. Dass Arrian in diesem Zusammenhang keine Entscheidung über die Glaubwürdigkeit treffen will, haben wir bereits in der Anabasis beobachtet. Ebendort finden wir auch direkt am Anfang des fünften Buches einen Exkurs zu Nysa. Dieser ist aus dem chronologischen Erzählzusammenhang ausgelagert: Zum Ende des vierten Buchs finden wir Alexander bereits in unmittelbarer Nähe zum Indus (An. 4,30,8: παρὰ τὸν ποταμόν), hier setzt auch die Erzählung in An. 5,3,5 wieder ein (Ἀλέξανδρος δὲ ὡς ἀφίκετο ἐπὶ τὸν Ἰνδὸν ποταμόν); Nysa liege, wie uns Arrian in An. 5,1,1 mitteilt, μεταξὺ τοῦ τε Κωφῆνος καὶ τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ; die Durchquerung dieses Gebiets zwischen den beiden Strömen hatte Arrian aber bereits in An. 4,23–30 thematisiert.35

scheinlich Ptolemaios oder Nearch sehen kann; vgl. Sisti/Zambrini, 522. – Auch lobende Worte Arrians richten sich in der Regel an eine anonyme Masse: ταῦτα καὶ τοιαῦτα ὑπὲρ Καλάνου τοῦ Ἰνδοῦ ἱκανοὶ ἀναγεγράφασιν, οὐκ ἀχρεῖα πάντα ἐς ἀνθρώπους, ὅτῳ γνῶναι ἐπιμελές, [ὅτι] ὡς καρτερόν τέ ἐστι καὶ ἀνίκητον γνώμη ἀνθρωπίνη ὅ τι περ ἐθέλοι ἐξεργάσασθαι (An. 7,3,6). 33 Vgl. z.B. Hom. Il. 6,132f: ὅς ποτε μαινομένοιο Διωνύσοιο τιθήνας / σεῦε κατ' ἠγάθεον Νυσήϊον (über Lykurgos gesagt). 34 Arrians Verwendung von ποιεῖν in der Bedeutung „dichten“ stellt, wie ein Vergleich mit der Anabasis zeigt, nie eine Abwertung der Glaubwürdigkeit einer bestimmten Information dar: Zwar wird es nur dann gebraucht (An. 6,1,3 für Homer; An. 7,13,6 für Herodot; An. 5,6,5 für Hekataios, dort: ποιήματα), wenn bestimmte Elemente des Mythos tangiert sind, jedoch weisen alle Stellen die Gemeinsamkeit auf, dass Arrian die eigene Argumentation durch Belege anderer Autoren zu untermauern sucht und dabei ποιεῖν von ihm gleichwertig zu λέγειν gebraucht wird. Vgl. dazu auch den auf Homer zurückgeführten Namen Aigyptos zur Bezeichnung des Nils, der von Arrian unterschiedslos einmal mit λέγειν (An. 5,6,5), ein andermal mit ποιεῖν (An. 6,1,3) als Homerzitat gegeben wird. 35 In wunderbarem Kontrast zur Auslagerung der Nysa-Episode in der Anabasis steht die textstrukturelle Einbettung von Nysa (Ind. 1,4ff.) inmitten des Arrianischen Referats über die beiden ebenfalls im Gebiet zwi-

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Die Funktion des Nysa-Exkurses hat Bosworth, 1995, 197 richtig erkannt: „It makes a colourful and exotic opening to a section of the campaign history celebrated for its exotica […] and whets the readerʼs appetite for what is to follow.“ Wir meinen, dass die Erwähnung Nysas am Beginn der Indiké nicht zuletzt auch deswegen stattfindet, um die Lesererwartungen, die Arrian mit dem Beginn des fünften Buchs der Anabasis zwar angefeuert hatte, dann aber mit ταῦτά μοι ἐν τῷ παρόντι περὶ Ἰνδῶν τῆς χώρας λελέχθω· τὰ δὲ ἄλλα ἀποκείσθω ἐς τὴν Ἰνδικὴν ξυγγραφήν (An. 5,6,8) ‒ d.h. dem Abbruch der Darstellung und dem Verweis auf seine separate Schrift ‒ bewusst unterlaufen hat, für die Indiké wieder anzuheizen.36 Im Nysa-Exkurs der Anabasis wird die Aussage, dass es sich bei Nysa um eine Gründung des Dionysos handeln solle, von Arrian mit λέγουσι (An. 5,1,1) auf seine Quellen abgewälzt; die Einzelheiten der Gründung werden in Form einer direkten Rede, die Arrian dem Akuphis, dem Abgesandten der Stadt Nysa, in den Mund legt (An. 5,1,4ff.), gegeben. In beiden Fällen enthält sich Arrian durch geschickte Form der Darstellung einer Beurteilung des Wahrheitsgehaltes und stellt es somit in den Ermessensspielraum des Lesers, ob Alexander wirklich Dionysos übertroffen habe, oder ob dieser das nur von sich glaubte: Dies alles hörte Alexander gern, auch lag ihm viel an der Glaubwürdigkeit dessen, was man im Zusammenhang mit dem Zug des Dionysos erzählte. So sollte ihm dieses Nysa als eine Gründung des Dionysos gelten ‒ er selbst würde dann auf seinem Zug so weit gekommen sein wie dieser Gott, ja noch weiter als dieser (An. 5,2,1).37 Ein leichter Zweifel Arrians wird jedoch darin deutlich, dass der Dionysos, welcher Nysa gegründet habe, nicht so recht mit dem thebanischen Dionysos, d.h. dem Sohn, den Zeus der Sage nach mit der thebanischen Königstochter Semele hatte, vereinbar scheint: Man sagte, Dionysos hätte die Stadt gegründet, nachdem er die Inder unterworfen hätte – wer auch immer dieser Dionysos gewesen und wann und woher er gegen die Inder zu Felde gezogen sein mag. Denn ich vermag nicht zu unterscheiden, ob der Thebaner Dionysos von Theben oder vom lydischen Tmolos aufgebrochen und gegen die Inder mit einem Heere gezogen ist, der so viel streitbare und den damaligen Griechen unbekannte Völker bekriegt, aber kein anderes als das indische mit Gewalt unterworfen hätte (An. 5,1,1f.). (Übersetzung: Capelle) Mit dem Verweis darauf, dass dem Mythos mit Argumenten der Wahrscheinlichkeit nicht beizukommen ist, wird die Diskussion aber noch abgebrochen, bevor sie begonnen hat, und dem Leser die Entscheidung überlassen: τὰ γάρ τοι κατὰ τὸ εἰκὸς ξυντιθέντι οὐ πιστά, ἐπειδὰν τὸ θεῖόν τις προσθῇ τῷ λόγῳ, οὐ πάντῃ ἄπιστα φαίνεται (An. 5,1,2).

schen Kophen und Indus wohnenden Völkerscharen der Assakener und Astakener im ersten Kapitel der Indiké. 36 Wie Bosworth, 1988, 71 richtig anmerkt, dient die Behandlung Nysas als Exposition für den Indienfeldzug der Anabasis und für die Indiké als Ganze natürlich auch der Verknüpfung beider Werke. 37 Vgl. auch Alexanders Rede am Hyphasis, bei der Arrian den Makedonenkönig das eigene Übertreffen der Leistungen des Herakles und Dionysos betonen lässt (An. 5,26,5). – Zu Krügers Ergänzung des ἄν in An. 5,2,1 s. Bosworth, 1995, 208.

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Arrians Auseinandersetzung mit der πίστις seiner Quellen

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Denn was nach dem Maßstab der Wahrscheinlichkeit als unglaubhaft erscheint, wird wiederum doch auch nicht völlig fragwürdig, wenn man bei der Bewertung das göttliche Wirken dabei in Erwägung zieht. Und so beendet unser Autor auch seine Ausführungen über Nysa mit den Worten: καὶ ταῦτα ὅπως τις ἐθέλει ὑπολαβὼν ἀπιστείτω ἢ πιστευέτω (An. 5,3,1). Dies alles mag man für glaubwürdig halten oder auch nicht. Die Frage Arrians nach der Identität einer Gottheit ist in Anabasis und Indiké aber nicht allein auf Dionysos beschränkt; auch die unterschiedlichen Manifestationen des Herakles werden in beiden Werken hinterfragt. So unterbricht Arrian im zweiten Buch der Anabasis seine Darstellung der Belagerung von Tyros, um sich in Form eines Exkurses des dort verehrten Herakles zu widmen (An. 2,16,1–6). Dieser sei älter als der Herakles aus Argos und habe mit diesem genauso wenig zu tun, wie mit dem in Ägypten verehrten (An. 2,16,2f.). Nach Ansicht Arrians (An. 2,16,4: δοκῶ ἐγὼ) bestehe aber eine Übereinstimmung des tyrischen Herakles mit dem in Spanien verehrten, da es zwischen beiden Gebieten koloniale Beziehungen gegeben habe. Der Herakles aus Argos dagegen habe nicht in Spanien, sondern auf dem griechischen Festland für Eurystheus die Rinder des Geryon geraubt (An. 2,16,5). Zur Untermauerung des Arguments fährt Arrian dann fort: καὶ ἐς Εὐρυσθέα τῶν μὲν ἐξ Ἠπείρου βοῶν κλέος ἀφῖχθαι καὶ τοῦ βασιλέως τῆς Ἠπείρου τὸ ὄνομα τὸν Γηρυόνην οὐκ ἔξω τοῦ εἰκότος τίθεμαι· τῶν δὲ ἐσχάτων τῆς Εὐρώπης Ἰβήρων οὔτ' ἂν τοῦ βασιλέως τὸ ὄνομα γιγνώσκειν Εὐρυσθέα, οὔτε εἰ βοῦς καλαὶ ἐν τῇ χώρᾳ ταύτῃ νέμονται, εἰ μή τις τὴν Ἥραν τούτοις ἐπάγων, ὡς αὐτὴν ταῦτα Ἡρακλεῖ δι' Εὐρυσθέως ἐπαγγέλλουσαν, τὸ οὐ πιστὸν τοῦ λόγου ἀποκρύπτειν ἐθέλοι τῷ μύθῳ (An. 2,16,6). Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass zu Eurystheus der Ruf von der Güte epirotischer Rinder und auch der Name des epirotischen Königs gedrungen sein mag. Der Name eines Königs aus Spanien, ganz am Rande Europas, wäre wohl kaum an sein Ohr gedrungen und auch nicht die Tatsache, dass in diesem Lande ausgezeichnete Kühe weideten, es sei denn, es bringt jemand die Hera mit der Sache in Zusammenhang, so als habe diese dem Herakles durch den Mund des Eurystheus ihren Auftrag erteilt, und verhüllt so durch den Mythos die Unglaubwürdigkeit der Erzählung. Arrian versucht zwar mit Wahrscheinlichkeitsargumenten dem Mythos, der ihm οὐ πιστὸν erscheint, Herr zu werden, will aber das Eingreifen einer Gottheit, in diesem Fall das der Hera, nicht völlig ausschließen. Arrian überlässt es dem Leser, seiner Argumentation zu folgen oder eben dem Mythos Glauben zu schenken. Während Arrian die drei von ihm erwähnten Hypostasen des Herakles nicht anzweifelt, zeigt er sich in Bezug auf den jenseits des Hindukusch verehrten Herakles aber skeptisch. So äußert er im Rahmen seiner Darstellung der Offensive Alexanders gegen den Berg Aornos, den nicht einmal Herakles habe einnehmen können: εἰ μὲν δὴ καὶ ἐς Ἰνδοὺς ἀφίκετο ὁ Ἡρακλῆς ὁ Θηβαῖος ἢ ὁ Τύριος ἢ ὁ Αἰγύπτιος ἐς οὐδέτερα ἔχω ἰσχυρίσασθαι· μᾶλλον δὲ δοκῶ ὅτι οὐκ ἀφίκετο, ἀλλὰ πάντα γὰρ ὅσα χαλεπὰ οἱ ἄνθρωποι ἐς τοσόνδε ἄρα αὔξουσιν αὐτῶν τὴν χαλεπότητα, ὡς καὶ τῷ Ἡρακλεῖ ἂν ἄπορα γενέσθαι μυθεύειν. κἀγὼ ὑπὲρ τῆς πέτρας ταύτης οὕτω γιγνώσκω, τὸν Ἡρακλέα ἐς κόμπον τοῦ λόγου ἐπιφημίζεσθαι (An. 4,28,2).

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen Ob dieser Herakles, der bis nach Indien gelangte, nun der thebanische oder der tyrische gewesen ist, vermag ich nach keiner Seite hin mit Sicherheit zu entscheiden. Für wahrscheinlicher halte ich indes, dass er gar nicht so weit kam, sondern vielmehr die Menschen bei allem, was ihnen besonders schwer erscheint, die Schwierigkeit stets so weit übertreiben, dass sie fabeln, selbst Herakles sei mit der Sache nicht fertig geworden. Und so nehme ich auch von diesem Felsen an, man hat den Herakles in die Darstellung gebracht, um die Dinge ins rechte Licht zu setzen.

Auch hier versucht Arrian auf Basis der Wahrscheinlichkeit die Aussagen seiner Quellen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Eine Entscheidung, welcher Herakles es gewesen sein soll, dem die Eroberung des Berges Aornos nicht vergönnt war, kann Arrian nicht treffen, da es für ihn – wie wir seine Aussage deuten – wahrscheinlicher ist, dass seine Quellen den Herakles nur ἐς κόμπον τοῦ λόγου mit diesem Berg in Verbindung bringen. Dies betrifft allerdings nur die Hypostasen des Herakles aus Theben und Ägypten; über die mögliche Existenz eines weiteren Herakles jenseits des Hindukusch äußert sich Arrian in dem Zusammenhang nicht. Dass er es aber nicht völlig ausschließen will, zeigt sein auktorialer Kommentar am Ende der Aornos-Episode: εἴχετό τε Ἀλεξάνδρῳ ἡ πέτρα ἡ τῷ Ἡρακλεῖ ἄπορος γενομένη ‒ Damit hatte Alexander den Berg in seine Hand gebracht, den zu erobern Herakles nicht gelungen war (An. 4,30,4). Hatte Arrian noch zu Beginn der Episode den Zusammenhang von Berg und Herakles deutlich als Äußerung seiner Quelle kenntlich gemacht (An. 4,28,1: λόγος κατέχει) und sich davon distanziert, so ist in seinem Schlusssatz von dieser Distanzierung nichts mehr spürbar. Doch damit ist der anfängliche Zweifel Arrians im Verlauf seiner Darstellung der Bergeroberung durch Alexander nicht zu einem Glauben geworden. Vielmehr handelt es sich um ein subtiles Mittel unseres Autors, die eigene Entscheidung offen zu lassen und in die Hände des Lesers zu legen. Am deutlichsten offenbart Arrian diese Praktik in Kapitel 3 des fünften Buchs der Anabasis, wo er die Frage nach der πίστις seiner Quellen mit entsprechenden Argumenten des Eratosthenes38 verknüpft. (1) καὶ ταῦτα ὅπως τις ἐθέλει ὑπολαβὼν ἀπιστείτω ἢ πιστευέτω. οὐ γὰρ ἔγωγε Ἐρατοσθένει τῷ Κυρηναίῳ πάντῃ ξυμφέρομαι, ὃς λέγει πάντα ὅσα ἐς τὸ θεῖον ἀναφέρεται ἐκ Μακεδόνων πρὸς χάριν τὴν Ἀλεξάνδρου ἐς τὸ ὑπέρογκον ἐπιφημισθῆναι. (2) καὶ γὰρ καὶ σπήλαιον λέγει ἰδόντας ἐν Παραπαμισάδαις τοὺς Μακεδόνας καί τινα μῦθον ἐπιχώριον ἀκούσαντας ἢ καὶ αὐτοὺς ξυνθέντας φημίσαι, ὅτι τοῦτο ἄρα ἦν τοῦ Προμηθέως τὸ ἄντρον ἵνα ἐδέδετο, καὶ ὁ ἀετὸς ὅτι ἐκεῖσε ἐφοίτα δαισόμενος τῶν σπλάγχνων τοῦ Προμηθέως, καὶ ὁ Ἡρακλῆς ὅτι ἐκεῖσε ἀφικόμενος τόν τε ἀετὸν ἀπέκτεινε καὶ τὸν Προμηθέα τῶν δεσμῶν ἀπέλυσε. (3) τὸν δὲ Καύκασον τὸ ὄρος ἐκ τοῦ Πόντου ἐς τὰ πρὸς ἕω μέρη τῆς γῆς καὶ τὴν Παραπαμισαδῶν χώραν ὡς ἐπὶ Ἰνδοὺς μετάγειν τῷ λόγῳ τοὺς Μακεδόνας, Παραπάμισον ὄντα τὸ ὄρος αὐτοὺς καλοῦντας Καύκασον τῆς Ἀλεξάνδρου ἕνεκα δόξης, ὡς ὑπὲρ τὸν Καύκασον ἄρα ἐλθόντα Ἀλέξανδρον. (4) ἔν τε αὐτῇ τῇ Ἰνδῶν γῇ βοῦς ἰδόντας ἐγκεκαυμένας ῥόπαλον τεκμηριοῦσθαι ἐπὶ τῷδε, ὅτι Ἡρακλῆς ἐς Ἰνδοὺς ἀφίκετο. ὅμοια δὲ καὶ ὑπὲρ Διονύσου τῆς πλάνης ἀπιστεῖ Ἐρατοσθένης· ἐμοὶ δ' ἐν μέσῳ κείσθων οἱ ὑπὲρ τούτων λόγοι (An. 5,3,1–4). (1) Dies alles mag man für glaubwürdig halten oder auch nicht. Ich selbst stimme nämlich Eratosthenes von Kyrene nicht völlig zu, wenn er behauptet, bei allem, was die 38 Damit wird Eratosthenes, der, wie Bosworth, 1995, 236–246 im Detail nachweist, als Vorlage für die geographischen Reflexionen über Indien zu Beginn des fünften Buches der Anabasis gedient hat, von Arrian auch en passant als Quellenautor namentlich eingeführt.

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Makedonen mit der Gottheit in Verbindung bringen, handle es sich um Übertreibungen in ihren Berichten Alexander zuliebe. (2) Wie er sagt, hätten die Makedonen in den Paropamisaden eine Höhle gesehen und dazu von den Einheimischen gehört oder aber sich selbst zurechtfabuliert, dies sei die Höhle des Prometheus, wo er gebunden lag und wohin der Adler stets wiederkehrt, ihm die Eingeweide abzufressen. Dorthin sei auch Herakles gekommen, habe den Adler erlegt und Prometheus befreit. (3) Die Makedonen hätten somit das Kaukasusgebirge vom Pontos bis in die östlichen Teile der Erde und zum Paropamisadengebiet hin bis nach Indien verlängert und Alexanders Ruhm zuliebe das Paropamisadengebirge in Kaukasus umbenannt, so dass demnach Alexander auch den Kaukasus überschritten habe. (4) Als sie in Indien Rinder fanden, die mit keulenartigem Mal gekennzeichnet waren, hätten sie hieraus gefolgert, Herakles müsse bis zu den Indern gekommen sein. Und ähnlich zweifelt Eratosthenes auch an der Glaubwürdigkeit des Dionysoszuges. Ich selbst will die Frage bezüglich dieser Berichte unentschieden lassen. Wenn wir diese Stelle mit Arrians Argumentation in der Aornos-Episode vergleichen, so wird deutlich, dass Arrian, sofern in seinen Quellen das Mythische tangiert wird, eine Antwort auf die Frage nach dem Wahrheitsgehalt bewusst offen lässt. Für ihn sind solche Berichte weder völlig unglaubwürdig, noch gänzlich κόμπος bzw. ὑπέρογκος (An. 5,3,1), sondern irgendwo ἐν μέσῳ (An. 5,3,4). Somit steht es dem Leser frei, daran zu glauben oder nicht (An. 5,3,1). Unter den von Arrian aus seiner Quelle angeführten Beispielen findet sich neben denen mit Mythenbezug auch die Umbenennung des Paropamisadengebirges durch die Makedonen in Kaukasusgebirge (An. 5,3,3). Nur wenig später thematisiert Arrian dies erneut: [sc. ὁ Ταῦρος τὸ ὄρος λέγεται] κατὰ δὲ Βακτρίους ξυμβάλλειν τῷ Παραπαμίσῳ ὄρει, ὃ δὴ Καύκασον ἐκάλουν οἱ Ἀλεξάνδρῳ ξυστρατεύσαντες Μακεδόνες, ὡς μὲν λέγεται τὰ Ἀλεξάνδρου αὔξοντες, ὅτι δὴ καὶ ἐπέκεινα ἄρα τοῦ Καυκάσου κρατῶν τοῖς ὅπλοις ἦλθεν Ἀλέξανδρος (An. 5,5,2f.).39 Im Gebiet der Baktrier stoße [das Tautrosgebirge] an das Parapamisosgebirge (das die Kampfgenossen Alexanders Kaukasus nannten, wie man sagt, um die Taten Alexanders noch zu vergrößern, weil ja wirklich Alexander sogar bis jenseits des Kaukasus als siegreicher Feldherr gekommen ist). (Übersetzung: Capelle) Die Aussage, dass die Umbenennung des Gebirges zum Zwecke der Glorifizierung Alexanders erfolgt sei, wird von Arrian als Bestandteil der indirekten Rede eines Zitats angeführt und zudem noch mit λέγεται als Aussage der Quelle(n) gekennzeichnet. Arrian selbst will aber keine Entscheidung treffen und fährt fort mit den Worten: τυχὸν δὲ καὶ ξυνεχὲς τυγχάνει ὂν τοῦτο τὸ ὄρος τῷ ἄλλῳ τῷ Σκυθικῷ Καυκάσῳ, καθάπερ οὖν αὐτῷ τούτῳ ὁ Ταῦρος (An. 5,5,3).

39 Die Ähnlichkeit im syntaktischen Aufbau der beiden Zitate Arrians, die die Umbenennung des Gebirges zum Zwecke der Glorifizierung Alexanders betreffen, legt nahe, dass sie auf eine Stelle bei Eratosthenes zurückgehen. Sollte dem so sein, hätten wir es hier mit einem weiteren Beispiel (s. dazu unten S. 82 und 102ff.) für eine auf eine Quelle zurückgehende Doublette bei Arrian zu tun. Falls dem so wäre, ließe sich dann auch in den beiden Eratostheneszitaten Arrians die gestalterische Freiheit unseres Autors beim Zitieren seiner Quelle beobachten.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen Möglicherweise aber hängt in der Tat dieses Gebirge mit dem anderen, dem skythischen Kaukasus, zusammen, so, wie mit diesem andererseits wiederum der Taurus.

Durch die Aussage, dass die geographischen Verhältnisse vielleicht doch das Überschreiten des Kaukasus durch Alexander zulassen könnten, lässt Arrian zumindest die Möglichkeit dafür offen. Ähnlich geartet ist Arrians Argumentationsstrategie bezüglich des Kaukasus auch in der ἐκβολή der Indiké: (1) ὅροι δὲ τῆς Ἰνδῶν γῆς πρὸς μὲν βορέου ἀνέμου ὁ Ταῦρος τὸ ὄρος. (2) καλέεται δὲ οὐ Ταῦρος ἔτι ἐν τῇ γῆ ταύτῃ … (3) ἄλλο δὲ ἄλλῃ καλέεται τὸ ὄρος, τῇ μὲν Παραπάμισος, τῇ δὲ Ἠμωδός, ἄλλῃ δὲ Ἴμαον κληίζεται, καὶ τυχὸν ἄλλα καὶ ἄλλα ἔχει οὐνόματα. (4) Μακεδόνες δὲ οἱ ξὺν Ἀλεξάνδρῳ στρατεύσαντες Καύκασον αὐτὸ ἐκάλεον, ἄλλον τοῦτον Καύκασον, οὐ τὸν Σκυθικόν, ὡς καὶ [τὸν] ἐπέκεινα τοῦ Καυκάσου λόγον κατέχειν ὅτι ἦλθεν Ἀλέξανδρος (Ind. 2,1–4). Die Grenze des Landes der Inder nach Norden ist das Tauros-Gebirge. Aber es wird in diesem Land nicht mehr Tauros genannt … In verschiedenen Gegenden wird das Gebirge verschieden benannt: Hier heißt es Paropamisos, dort Emodos, schließlich Imaon und trägt wohl immer wieder andere Namen. Aber die Makedonen, die mit Alexander zu Felde zogen, nannten es Kaukasus, einen anderen Kaukasus, nicht den Skythischen, damit man erzählen solle, Alexander sei auch über den Kaukasus hinausgekommen. Zwar scheint die Aussage in §4, dass die Makedonen das Gebirge deswegen umbenannt hätten, damit man später Geschichten über Alexanders Überschreiten des Kaukasus erzählen solle, zunächst einmal ein sicheres Faktum aus dem Munde Arrians zu sein. Jedoch ist diese Sicherheit eben nur eine scheinbare, wird sie doch bewusst durch die zuvor bezüglich des Tauros erfolgte Argumentation unterlaufen: ἄλλο δὲ ἄλλῃ καλέεται τὸ ὄρος … καὶ τυχὸν ἄλλα καὶ ἄλλα ἔχει οὐνόματα. Während Arrian in An. 5,5,3 die Möglichkeit einer geographischen Verbindung des Paropamisadengebirges mit dem eigentlichen Kaukasus offenlässt, so ist hier der Fokus auf die Namensgebung des Tauros im Allgemeinen verlegt: Wenn ein und dasselbe Gebirge an verschiedenen Orten unterschiedliche Namen trägt und vielleicht sogar noch ganz andere Namen an wieder anderen Orten, dann ist es – so darf man interpretieren – erstens verzeihlich, wenn die Makedonen dem Gebirge einen eigenen Namen, nämlich Kaukasus, gegeben hätten, und ‒ was noch wichtiger ist ‒ kann es zweitens gar nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Gebirge in der Gegend, wo die Makedonen auf selbiges stießen, nicht eben doch Kaukasus heißen könnte. So wie Arrian in An. 5,5,3 die Aussage seiner Quelle(n) durch eine eigene Anmerkung relativiert und somit die endgültige Entscheidung über den Sachverhalt in die Hände des Lesers legt, so stellt auch Ind. 2,1–4 einen ebensolchen Fall dar, nur dass Arrian hier die Relativierung durch zwei eigene Aussagen vornimmt. Neben dem Kaukasus setzt sich Arrian in der ἐκβολή auch erneut mit den indischen Versionen des Dionysos und Herakles auseinander. Zum einen erfährt Herakles in Form eines längeren Kommentars Arrians Behandlung (Ind. 9,4–8), zum anderen werden beide Halbgötter innerhalb eines größeren Exkurses über die Glaubwürdigkeit von Nachrichten seiner Quellen aus Indien besprochen (Ind. 5,7–13). Dieser Exkurs wird von Arrian, wie auch der landeskundliche Abschnitt der Indiké im Ganzen, an seinem Ende deutlich als ἐκβολή kenntlich gemacht:

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Arrians Auseinandersetzung mit der πίστις seiner Quellen

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ταῦτα μέν μοι ἐκβολὴ ἔστω τοῦ λόγου ἐς τὸ μὴ πιστὰ φαίνεσθαι ὅσα ὑπὲρ τῶν ἐπέκεινα τοῦ Ὑφάσιος ποταμοῦ Ἰνδῶν μετεξέτεροι ἀνέγραψαν· (ἔστε γὰρ ἐπὶ τὸν Ὕφασιν οἱ τῆς Ἀλεξάνδρου στρατηλασίης μετασχόντες οὐ πάντη ἄπιστοί εἰσιν) (Ind. 6,1). Soweit meine Abschweifung, um zu zeigen, dass manch einer wenig glaubwürdige Dinge über die Inder jenseits des Flusses Hyphasis geschrieben hat. Bis zum Hyphasis nämlich sind die Teilnehmer am Alexanderzuge nicht ganz unglaubwürdig. Die Themenstellung des Exkurses geht aus Arrians Schlussworten klar hervor: die Glaubwürdigkeit von Nachrichten seiner Quellen über den Teil Indiens, der jenseits des Hyphasis liegt. Hierin offenbart sich auch der Grund, warum Arrian diesbezügliche Quelleninformationen für unglaubwürdig ansieht: die mangelnde αὐτοψία. Denn, wie wir bereits weiter oben gezeigt haben, weist Arrian an anderen Stellen der ἐκβολή nachdrücklich daraufhin, dass Alexanders Zug nur bis zum Hyphasis kam (Ind. 2,8) und Megasthenes, nach Arrians Mutmaßung, auch nicht viel wieter (Ind. 5,3). Bei den von Arrian erwähnten μετεξέτεροι handelt es sich dementsprechend um Megasthenes und Nearch; sind doch diese beiden ähnlich weit ins Innere Indiens vorgedrungen, so dass deren Informationen bis zum Hyphasis für Arrian vergleichbar und gegeneinander abwägbar sind. Mit μετεξέτερος40 verwendet Arrian nun ein Lieblingswort des Herodot.41 Überhaupt sehen wir in Ind. 6,1 eine Anspielung auf dessen λέγεται μέν νυν καὶ ἄλλα ψευδέσι ἴκελα περὶ τοῦ ἀνδρὸς τούτου, τὰ δὲ μετεξέτερα ἀληθέα (Hdt. 8,8,3). Man erzählt sich von ihm noch andere unglaubliche Dinge, aber auch manche, die wohl wahr sein können. (Übersetzung: Braun) Mit diesen Worten beendet Herodot eine Erzählung über das Überlaufen des Tauchers Skyllias aus Skione zu den Griechen, deren Wahrheitsgehalt er selbst aber bezweifelt: θωμάζω δὲ εἰ τὰ λεγόμενά ἐστι ἀληθέα (Hdt. 8,8,2). Nicht nur die Verwendung von μετεξέτερος und die kontrastive Gegenüberstellung von glaubwürdigen und unglaubwürdigen Nachrichten bzw. wahren und gelogenen Berichten in einem abschließenden auktorialen Kommentar, sondern auch der Umstand, dass zuvor von beiden Autoren gerade die unglaubwürdige(n) Nachricht(en) wiedergegeben wurde(n), lassen uns also in Ind. 6,2 eine Anspielung auf Herodot erkennen. Dass diese beileibe nicht die einzige im quellenkritischen Exkurs Arrians ist, werden wir im Fortgang noch aufzeigen. Um für die Interpretation des Exkurses nun aber eine Vergleichsbasis zu haben, sollte zuvor Arrians ebenfalls quellenkritischer Exkurs im sechsten Buch der Anabasis Betrachtung finden.

40 Wir finden μετεξέτερος neben unserer Stelle in der Indiké noch in der Themenstellung für den Paráplous im Anschluss an den Querverweis zur Anabasis in Ind. 19,9 sowie in zwei Nearchzitaten (Ind. 15,4 u. 30,8). Außerdem noch in Ind. 8,8: καὶ τάδε μετεξέτεροι Ἰνδῶν περὶ Ἡρακλέους λέγουσιν. − In der Anabasis nutzt Arrian μετεξέτερος nur ein einziges Mal: Während seiner Darstellung der Gedrosischen Katastrophe wird damit in An. 6,26,1 die Wanderanekdote eingeleitet. 41 In Herodots Geschichtswerk findet sich μετεξέτερος 17mal.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Der quellenkritische Exkurs der Anabasis Der Exkurs findet sich eingebettet in Arrians Darstellung der Verwundung Alexanders in der Stadt der Maller. Arrian schildert die Behandlung des Schwerverletzten, wobei er mit οἱ μέν − οἱ δέ die diesbezüglichen Aussagen seiner Quellen unkommentiert gegenüberstellt (An. 6,11,1). Die Darstellung der Behandlung wird mit dem Stillstand des Blutflusses abgebrochen und Arrian kommentiert: Dazu wird noch vieles andere von den Autoren über dieses lebensgefährliche Missgeschick Alexanders berichtet, und entsprechend dem, was bereits von den zeitnächsten, ersten Autoren über diese Angelegenheit zusammenfabuliert wurde, übernimmt das Hörensagen diese Lügengeschichten, bewahrt sie bis auf unsere Tage und wird sie unaufhörlich von Generation zu Generation weiterüberliefern, falls ihnen nicht etwa durch vorliegende Darstellung eine Ende gemacht wird (An. 6,11,2). Wir haben diese Stelle schon weiter oben im Hinblick auf das Darstellungsziel der Anabasis behandelt und brauchen daher hier nicht weiter darauf einzugehen. Direkt im Anschluss daran gibt Arrian zwei gravierende Beispiele für „Lügengeschichten“, die er in seinen Quellen vorfindet: Zum einen solle die Verwundung Alexanders bei den Oxydrakern stattgefunden haben (An. 6,11,3), zum anderen die letzte Schlacht gegen Dareios bei Arbela (An. 6,11,4ff.). Beide Beispiele werden von Arrian mit ὁ πᾶς λόγος κατέχει42 als Quellenaussagen kenntlich gemacht. Dass damit allerdings nicht sämtliche Quellen gemeint sind, zeigt An. 6,11,5, wo die Aussagen des Ptolemaios und Aristobul zur Widerlegung des πᾶς λόγος von Arrian herangezogen werden. Insofern suggeriert Arrian durch seine Wortwahl, dass sich seine beiden Hauptquellen von der Gesamtheit der Vulgata eben dadurch unterscheiden, dass sie die Wahrheit wiedergeben. Beide „Lügengeschichten“ werden von Arrian argumentativ widerlegt; im Falle der Dareiosschlacht schließt er auch einen Kommentar an: Gaugamela war freilich keine Stadt, sondern nur ein größeres Dorf, die Gegend nicht weiter berühmt und ihr Name ohne besonderen Klang, und so, scheint mir, hat Arbela als Stadt den Ruhm dieser großen Schlacht davongetragen. Meint aber einer, die Schlacht, so weit von dieser Stadt entfernt, habe sich trotzdem bei Arbela ereignet, so kann er auch sagen, die Seeschlacht von Salamis habe am Isthmos von Korinth stattgefunden und die von Artemision auf Euböa bei Ägina oder Sunion (An. 6,11,6). Nachdem die beiden großen Irrtümer, die sich durch die Gesamtheit der Vulgata ziehen, abgehandelt sind, wendet sich Arrian wieder Alexanders Verwundung zu, für die er im Folgenden, nach einer Zusammenschau der Quelleninformationen,43 einzelne Beispiele aus der Vulgata liefert, denen jeweils kontrastiv die Aussagen des Ptolemaios gegenübergestellt werden (An. 6,11,7f.). Mit einem Kommentar, der weniger auf spätere Historikergenerationen abzielt, als Arrians eigene akribische Quellenarbeit herausstreicht, endet der Exkurs:

42 Zur Formulierung vgl. auch ὁ πλείων λόγος κατέχει (An. 7,16,4). 43 An. 6,11,7: καὶ μὴν ὑπὲρ τῶν ὑπερασπισάντων ἐν τῷ κινδύνῳ Ἀλεξάνδρου, Πευκέσταν μὲν γενέσθαι ξύμπαντες ὁμολογοῦσιν, ὑπὲρ Λεοννάτου δὲ οὐκέτι ξυμφέρονται οὐδὲ ὑπὲρ Ἀβρέου τοῦ διμοιρίτου.

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Der quellenkritische Exkurs der Indiké

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ταῦτα μὲν δὴ ἐν ἐκβολῇ τοῦ λόγου ἀναγεγράφθω μοι, ὡς μὴ ἀταλαίπωρον γίγνεσθαι τοῖς ἔπειτα ἀνθρώποις τὴν ὑπὲρ τῶν τηλικούτων ἔργων τε καὶ παθημάτων ἀφήγησιν (An. 6,11,8). Dies soll als Exkurs zur eigentlichen Darstellung niedergeschrieben sein, um zu verhindern, dass spätere Generationen sich die Darstellung von solchen Ereignissen und Katastrophen allzu leicht machen. Arrians quellenkritischer Exkurs in der Anabasis wird also durch auktoriale Äußerungen gerahmt: Der erste Kommentar entwickelt sich aus der Darstellung der Ereignisse heraus, d.h. Arrian verweist darauf, dass eben noch andere Versionen, als die von ihm gebotene existieren. Die Darstellung selbst wird damit unterbrochen und erst nach dem abschließenden Kommentar Arrians in An. 6,12,1 an dem Punkt des Abbruchs wieder aufgenommen. Das erste Beispiel für die „Lügengeschichten“ ist thematisch bedingt durch die Darstellung der Verwundung Alexanders zuvor. Das zweite Beispiel, das schon auf Grund der doppelten Textmenge, die es von Arrian zugemessen bekommt, das gewichtigere ist, ist rein assoziativ mit dem ersten verbunden: beide thematisieren geographische Fehlinformationen. Wenn nun aber schon bei einem für die Alexandergeschichte so bedeutenden Ereignis wie der Schlacht von Gaugamela die Quelleninformationen der gesamten Vulgata, wie uns Arrian glauben lassen will, derartig fehlerhaft sind, dann stellt zum einen − wie wir aus Arrians anschließenden aus der Vulgata aufgeführten Einzelbeispielen für die Verwundung Alexanders und seinem den Exkurs abschließenden Kommentar schließen dürfen − Arrians akribische Quellenarbeit speziell in Detailfragen eine noch größere Leistung dar. Zum anderen wird dem Leser suggeriert, dass sich Arrian mit Ptolemaios und Aristobul für die richtigen Hauptquellen für seine Anabasis entschieden hat; lieferten diese beiden doch im Gegensatz zur kompletten Vulgata die richtigen Informationen, sei es bei so bedeutenden Ereignissen wie Gaugamela, oder, im kleineren Rahmen, der Verwundung Alexanders. Somit dient Arrians quellenkritischer Exkurs in der Anabasis nicht nur dazu aufzuzeigen, welche in seinen Augen unglaubwürdigen Informationen noch überliefert wurden, sondern hebt die eigene Leistung als Historiograph heraus, indem die Korrektheit seines eigenen methodischen Vorgehens von ihm exemplifiziert wird.

Der quellenkritische Exkurs der Indiké Arrians quellenkritischer Exkurs in der Indiké findet sich eingebettet in zwei Passagen, die die Flüsse Indiens zum Thema haben: das Nebenflusssystem von Ganges und Indus in Ind. 4,1−16 und den auf Megasthenes zurückgeführten Bericht über den „Wunderfluss“ Silas in Ind. 6,2f. Während der Abschluss des Exkurses von Arrian klar kenntlich gemacht ist – wir haben die Stelle bereits erörtert −, ist die Einleitung des Exkurses ein wunderbares Beispiel für Arrians assoziative Kompositionstechnik. Bei der Darstellung des indischen Flusssystems nennt Arrian 17 Nebenflüsse des Ganges und 15 Nebenflüsse des Indus namentlich, wobei er sich dreimal auf Megasthenes als Quelle (Ind. 4,2; 4,6; 4,12) für diese Informationen beruft. Im Rahmen seines Analogieschlusses (Ind. 4,13−16), durch den die Aussage seiner Quelle, dass die Wassermassen von Nil und Donau von denen des Indus und Ganges übertroffen würden, Bestätigung findet, argumentiert Arrian damit, dass er aus eigener Anschauung zwei schiffbare Nebenflüsse der Donau kenne, es aber durchaus, in zahlenmäßig begrenztem Umfang, noch mehr geben könne. Im Anschluss daran schreibt Arrian:

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen τὸ δὲ αἴτιον ὅστις ἐθέλει φράζειν τοῦ πλήθεός τε καὶ μεγέθεος τῶν Ἰνδῶν ποταμῶν, φραζέτω· ἐμοὶ δὲ καὶ ταῦτα ὡς ἀκοὴ ἀναγεγράφθω. ἐπεὶ καὶ ἄλλων πολλῶν ποταμῶν οὐνόματα Μεγασθένης ἀνέγραψεν, οἳ ἔξω τοῦ Γάγγεώ τε καὶ τοῦ Ἰνδοῦ ἐκδιδοῦσιν ἐς τὸν ἑῷόν τε καὶ μεσημβρινὸν τὸν ἔξω πόντον, ὥστε τοὺς πάντας ὀκτὼ καὶ πεντήκοντα λέγει ὅτι εἰσὶν Ἰνδοὶ ποταμοί, ναυσίποροι πάντες (Ind. 5,1f.). Wer immer die Ursache angeben will für die Menge und Größe der Flüsse bei den Indern, möge das tun. Ich will auch dies nach dem Hörensagen niederschreiben. Denn auch die Namen von vielen anderen großen Flüssen überlieferte Megasthenes, die sich außer dem Ganges und dem Indus in das östliche und südliche Meer ergießen, so dass er feststellt, es gebe insgesamt 58 indische Flüsse, die alle schiffbar seien.

Der Gedankengang ist folgender: Wenn Arrian von der Donau, d.h. einem der größten Flüsse Europas, nur zwei schiffbare Nebenflüsse aus eigener Anschauung und namentlich kennt, und es überhaupt nur eine Handvoll (Ind. 4,16: οὐ πολλούς) davon geben könnte, dann stehen die 58 zusätzlich zu den zahlreichen Nebenflüssen des Indus und Ganges von Megasthenes namentlich genannten indischen Flüsse, die zudem allesamt schiffbar seien, dazu in keinerlei Relation. Da nun Megasthenes, wie Arrian annimmt, nicht weit nach Indien vorgedrungen ist (Ind. 5,3: οὐδὲ Μεγασθένης πολλὴν δοκέει μοι ἐπελθεῖν τῆς Ἰνδῶν χώρης) und auch keinerlei αἴτιον für Größe und Menge der indischen Flüsse geliefert hat (So müssen wir die indirekte Frage in Ind. 5,1 verstehen.), entbehren diese Informationen des Megasthenes sowohl der αὐτοψία, als auch eines theoretischen Modells, das den Befund zu erklären versucht, und stellen für Arrian daher nichts weiter als Wortklingelei dar. Im Unterschied zu Megasthenes – so dürfen wir hinzufügen – würde aber Arrian, sofern ihm die Information bezüglich des αἴτιον der Quantität der Fließgewässer vorläge, auch diese ὡς ἀκοή niederschreiben. Arrians Aussage, dass er auch dies (καὶ ταῦτα) nach dem Hörensagen zu Papier bringen würde, deuten wir als klaren Verweis auf Arrians eigene Zitierweise in der ἐκβολή. Mit der Einleitung seines quellenkritischen Exkurses nämlich, τὸ δὲ αἴτιον ὅστις ἐθέλει φράζειν τοῦ πλήθεός τε καὶ μεγέθεος τῶν Ἰνδῶν ποταμῶν, φραζέτω· ἐμοὶ δὲ καὶ ταῦτα ὡς ἀκοὴ ἀναγεγράφθω.44 ἐπεὶ καὶ … Μεγασθένης ἀνέγραψεν (Ind. 5,1), kombiniert Arrian zwei bekannte Textstellen aus Herodot: τοῖσι μέν νυν ὑπ' Αἰγυπτίων λεγομένοισι χράσθω ὅτεῳ τὰ τοιαῦτα πιθανά ἐστι· ἐμοὶ δὲ παρὰ πάντα τὸν λόγον ὑπόκειται ὅτι τὰ λεγόμενα ὑπ' ἑκάστων ἀκοῇ γράφω (Hdt. 2,123,1). Ob einer alles glauben will, was die Ägypter erzählen, ist seine Sache. Mir ist es bei alledem nur darum zu tun, das aufzuzeichnen, was ich von ihnen gehört habe. (Übersetzung: Braun) Und: ἐγὼ δὲ ὀφείλω λέγειν τὰ λεγόμενα, πείθεσθαί γε μὲν οὐ παντάπασιν ὀφείλω (καί μοι τοῦτο τὸ ἔπος ἐχέτω ἐς πάντα τὸν λόγον)· ἐπεὶ καὶ ταῦτα λέγεται (Hdt. 7,152,3). 44 Wir werten den Imperativ Perfekt Passiv als Herodotreminiszenz, denn anders als bei den auf S. 48, Fußnote 97 zitierten Beispielen dient er hier nicht dazu, eine Handlung als vollendet zu bezeichnen, sondern ‒ entsprechend der Herodoteischen Vorlage ‒ eine noch nicht eingetretene Handlung als bereits vollendet zu bezeichnen und den daraus sich ergebenden Zustand als schon vorhanden zu antizipieren; vgl. KG II 1, 150.

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Ich muss alles anführen, was man erzählt, brauche aber darum doch nicht alles zu glauben, und diesen Grundsatz will ich in meiner Geschichte überhaupt befolgen. Freilich behauptet man auch … (Übersetzung: Braun) Herodots „relata refero“-Prinzip45 („Ich muss alles anführen, was man erzählt, brauche aber darum doch nicht alles zu glauben.“) wird bewusst in Ind. 5,1 von Arrian zitiert; dient doch die ganze folgende Passage, wie aus Ind. 6,1 hervorgeht, der Veranschaulichung von ἄπιστα. Denn auch diese ἄπιστα gilt es eben in einer ἐκβολή nach Herodoteischem Vorbild zu referieren; und, wie bei Herodot, müssen sie als „Gehörtes“ kenntlich gemacht werden. Doch damit scheint sich nach unserer Ansicht Arrians Bezugnahme auf die ἀκοή nicht zu erschöpfen. Einerseits sehen wir darin einen Seitenhieb auf Megasthenes, da dieser, wie wir aus Ind. 7,1 (τὸ δὲ ἀτρεκὲς οὐκ ἔχω εἰκάσαι ὅπως ἐκμαθὼν [=Megasthenes] ἀνέγραψεν) folgern, wohl ‒ in Arrians Augen ‒ nicht immer die Quellen für seine Informationen genannt haben dürfte. Andererseits ist aber auch τὰ λεγόμενα λέγειν die Grundlage von Arrians eigener historiographischer Tätigkeit in der ἐκβολή, zumindest soweit es die Nachrichten aus Indien jenseits des Hyphasis betrifft, für deren Wahrheitsgehalt er sich nicht verbürgen kann. Dies wird nicht zuletzt dadurch augenfällig, dass wir in der ἐκβολή, relativ gesehen, weit mehr Zitate finden als in jedem einzelnen Buch der Anabasis.46 Arrians quellenkritischer Exkurs widmet sich zuerst Megasthenes. Dass nun gerade in diesem Zusammenhang von Arrian erwähnt wird, dass Megasthenes von sich behaupte, mit Sandrokottos, einem noch bedeutenderen König als Poros, zusammengetroffen zu sein (Ind. 5,3: συγγενέσθαι γὰρ Σανδροκόττῳ λέγει, τῷ μεγίστῳ βασιλεῖ Ἰνδῶν, καὶ Πώρου ἔτι τούτῳ μείζονι) ist sicherlich kein Zufall. Vielmehr wird durch die namentliche Nennung des Poros beim Leser dessen Darstellung durch Arrian in der Anabasis wieder in Erinnerung gerufen: Alexander hielt sein Pferd vor ihm an und bewunderte seine Körpergröße, die über fünf Ellen ausmachte, wie auch seine männliche Schönheit und die Tatsache, dass er in seiner Haltung keine Unterwürfigkeit zeigte, sondern als Held auf einen Helden zutrat, nachdem er als König gegen einen König heldenhaft um sein Reich gekämpft hatte (An. 5,19,1). Ohne dass Arrian die Glaubwürdigkeit der Nachrichten des Megasthenes über Indien jenseits des Hyphasis offen in Frage stellt, hat er doch durch die Erwähnung des Poros beim Leser einen leichten Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit gesät: Der Leser fragt sich nämlich, wie Megasthenesʼ Information, Sandrokottos sei noch bedeutender als Poros, mit dem Bild, das er von Poros aus der Anabasis hat, d.h. dem eines Musterexemplars eines Homerischen Helden, denn eigentlich vereinbar sein soll. Auf dieser Basis erfährt Arrians direkt daran anschließende Zitie-

45 Ebenso Hdt. 3,9,2: οὗτος μὲν ὁ πιθανώτερος τῶν λόγων εἴρηται, δεῖ δὲ καὶ τὸν ἧσσον πιθανόν, ἐπεί γε δὴ λέγεται, ῥηθῆναι. Oder, für unsere Stelle bezeichnend: τῆς δὲ γῆς τῆς πέρι ὅδε ὁ λόγος ὅρμηται λέγεσθαι, οὐδεὶς οἶδε ἀτρεκέως ὅ τι τὸ κατύπερθέ ἐστι. οὐδενὸς γὰρ δὴ αὐτόπτεω εἰδέναι φαμένου δύναμαι πυθέσθαι· οὐδὲ γὰρ οὐδὲ Ἀριστέης, τοῦ περ ὀλίγῳ πρότερον τούτων μνήμην ἐποιεύμην, οὐδὲ οὗτος προσωτέρω Ἰσσηδόνων αὐτὸς ἐν τοῖσι ἔπεσι ποιέων ἔφησε ἀπικέσθαι, ἀλλὰ τὰ κατύπερθε ἔλεγε ἀκοῇ, φὰς Ἰσσηδόνας εἶναι τοὺς ταῦτα λέγοντας. ἀλλ' ὅσον μὲν ἡμεῖς ἀτρεκέως ἐπὶ μακρότατον οἷοί τε ἐγενόμεθα ἀκοῇ ἐξικέσθαι, πᾶν εἰρήσεται (Hdt. 4,16,1f.). ‒ Zu Herodots τὰ λεγόμενα λέγειν s. auch Blösel, 39f. 46 Siehe unten S. 107f.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

rung οὗτος ὦν ὁ Μεγασθένης λέγει in Ind. 5,4 ironische Züge, sofern man οὗτος nicht bloß als rückbezüglich auffasst, sondern damit die Notorietät47 bezeichnet wissen möchte: οὗτος ὦν ὁ Μεγασθένης λέγει, οὔτε Ἰνδοὺς ἐπιστρατεῦσαι οὐδαμοῖσιν ἀνθρώποισιν, οὔτε Ἰνδοῖσιν ἄλλους ἀνθρώπους, ἀλλὰ Σέσωστριν μὲν τὸν Αἰγύπτιον, τῆς Ἀσίας καταστρεψάμενον τὴν πολλήν, ἔστε ἐπὶ τὴν Εὐρώπην σὺν στρατιῇ ἐλάσαντα ὀπίσω ἀπονοστῆσαι, Ἰδάνθυρσον δὲ τὸν Σκύθεα ἐκ Σκυθίης ὁρμηθέντα πολλὰ μὲν τῆς Ἀσίης ἔθνεα καταστρέψασθαι, ἐπελθεῖν δὲ καὶ τὴν Αἰγυπτίων γῆν κρατέοντα. Σεμίραμιν δὲ τὴν Ἀσσυρίην ἐπιχειρέειν μὲν στέλλεσθαι εἰς Ἰνδούς, ἀποθανεῖν δὲ πρὶν τέλος ἐπιθεῖναι τοῖς βουλεύμασιν. ἀλλὰ Ἀλέξανδρον γὰρ στρατεῦσαι ἐπ' Ἰνδοὺς μοῦνον (Ind. 5,4–7). Dieser Megasthenes nun sagt, dass weder die Inder gegen andere Menschen zu Felde ziehen noch andere Menschen gegen die Inder. Aber Sesostris, der Ägypter, habe den größten Teil Asiens unterworfen, sei bis nach Europa mit seinem Heer gezogen und dann zurückgekehrt; Idanthyrsos, der Skythe, sei aus Skythien aufgebrochen, habe viele Völker Asiens unterworfen und sei auch in Ägypten als Sieger eingezogen. Semiramis, die Assyrierin, habe zwar geplant, gegen die Inder zu ziehen, doch sei sie gestorben, bevor sie ihre Pläne ausführen konnte. Allein Alexander sei gegen die Inder zu Felde gezogen. Die Kernaussage des Megastheneszitats, die Arrian dann im Folgenden zu widerlegen sucht, ist, dass vor Alexander niemand gegen die Inder zu Felde gezogen sei. Um diese Behauptung des Megasthenes als Fehlinformation bloßzustellen, dient das ganze von Arrian gegebene Zitat allein der Leserlenkung. So laden doch gerade die Beispiele von großen Eroberungsfeldzügen, die – wie Megasthenes zitiert wird – eben nicht bis nach Indien kamen, im Kontext der Herodoteischen Farbgebung des Exkurses zu einem Vergleich der Informationen des Megasthenes mit den entsprechenden des Herodot ein. Dabei zeigt sich, dass, mit Ausnahme des Berichts über Sesostris, diese eben nicht deckungsgleich sind, d.h. wir dort nichts von großen Eroberungen des Idanthyrsos bzw. Eroberungsplänen der Semiramis erfahren.48 Durch die zitierten Beispiele wird von Arrian nicht nur subtil die Frage aufgeworfen, wie Megasthenes zu diesen Informationen gelangt

47 Vgl. KG II 1, 645,5. 48 Zu Sesostris vgl. Hdt. 2,102–111 u. 137; zu Idanthyrsos Hdt. 4,76 u. 120–27; zu Semiramis Hdt. 1,184. − Im Übrigen schreibt Photios über Arrians Parthiká: Πάρθους δέ φησιν ἐπὶ Σεσώστριδος τοῦ Αἰγυπτίων βασιλέως καὶ Ἰανδύσου τοῦ Σκυθῶν ἀπὸ τῆς σφῶν χώρας Σκυθίας εἰς τὴν νῦν μετοικῆσαι (Phot. bibl. 58,17b 5ff.). Da das Werk allerdings nur fragmentarisch erhalten ist, und sich uns deshalb Arrians Auseinandersetzung mit Sesostris und Idanthyrsos (Ἰάνδυσος dürfen wir als Verschreibung des ungewöhnlichen Eigennamens werten.) entzieht, ist es leider unmöglich, die vielleicht von unserem Autor in dieser Passage der Indiké intendierten zusätzlichen Nuancen der Aussage nachzuvollziehen. Ebenfalls erschwerend kommt hinzu, dass die Chronologie der Abfassung der Einzelwerke unseres Autors heftig umstritten ist. Sollten jedoch, wie Stadter, 1980, 183 annimmt, die Parthiká vor Anabasis respektive Indiké entstanden sein, hätten sich darin vielleicht Informationen finden lassen, die der Interpretation der Indiké-Passage dienlich sein könnten. ‒ Wie Roller, 120 anmerkt, enthielten die Indiká des Megasthenes auch einiges Material, das für die Indienthematik irrelevant war, etwa die Erwähnung des Nebukadnezar. Da aus dem vierbändigen Werk des Megasthenes nur ca. 70 Fragmente v.a. durch Strabon, Arrian, Plinius und wahrscheinlich Diodor überliefert sind (vgl. Roller, 119; 126), ist in Ermangelung der Schrift des Megasthenes die Frage, ob Arrians Erwähnung der großen Eroberungsfeldzüge, die gerade nicht bis nach Indien kamen, einen weiteren Seitenhieb auf Megasthenes darstellen könnte, leider nicht zu klären.

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Der quellenkritische Exkurs der Indiké

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sein will, sondern auch dadurch, dass sich die Beispiele eben nur auf historische Personen49 beschränken, indirekt kritisiert, dass Megasthenes bei seiner Darstellung eben nicht weit genug in die Vergangenheit zurückgeblickt hat. Und so schließt Arrian auch direkt an das Zitat an: καὶ πρὸ Ἀλεξάνδρου Διονύσου μὲν πέρι πολλὸς λόγος κατέχει ὡς καὶ τούτου στρατεύσαντος ἐς Ἰνδοὺς καὶ καταστρεψαμένου Ἰνδούς, Ἡρακλέος δὲ πέρι οὐ πολλός. Διονύσου μέν γε καὶ Νῦσα πόλις μνῆμα οὐ φαῦλον τῆς στρατηλασίης, καὶ ὁ Μηρὸς τὸ ὄρος, καὶ ὁ κισσὸς ὅτι ἐν τῷ ὄρει τούτῳ φύεται, καὶ αὐτοὶ οἱ Ἰνδοὶ ὑπὸ τυμπάνων τε καὶ κυμβάλων στελλόμενοι ἐς τὰς μάχας, καὶ ἐσθὴς αὐτοῖσι κατάστικτος ἐοῦσα, κατάπερ τοῦ Διονύσου τοῖσι βάκχοισιν (Ind. 5,8f.). Vor Alexander soll einer breiten Überlieferung zufolge Dionysos die Inder bekriegt und unterworfen haben. Von Herakles hört man dies seltener. Die Stadt Nysa ist gewiss kein geringes Denkmal für den Heereszug des Dionysos, ebenso wie der Berg Meros und dass Efeu auf ihm wächst. Auch die Inder selbst ziehen mit Pauken und Becken in die Schlacht, und ihre Kleidung ist bunt wie die der Bakchen des Dionysos. Arrians Formulierung Διονύσου μὲν πέρι πολλὸς λόγος κατέχει ὡς καὶ τούτου στρατεύσαντος ἐς Ἰνδοὺς καὶ καταστρεψαμένου Ἰνδούς (Ind. 5,8) unterstreicht die pure Existenz des Dionysos-λόγος, indem der Inhalt desselben ‒ in für Arrian einmaliger Weise ‒50 als Partizipialkonstruktion, d.h. als Begleitvorgang zur eigentlichen Satzaussage, gegeben wird. Megasthenes hätte doch − so ist Arrians Kritik zu verstehen −, wenn er nur weit genug zurückgedacht hätte, auf den Dionysosλόγος kommen müssen. Denn nicht nur berichtet der πολλὸς λόγος, d.h. die Mehrzahl der anderen Arrian vorliegenden Quellen, vom Heereszug des Dionysos, sondern belegt ihn durch in Indien gemachte Befunde. Auch die elliptische Formulierung in Ind. 5,9, die in Form eines pointierten Diktums die formelhafte Inschrift eines μνῆμα nachahmt,51 unterstreicht Arrians Kritik, dass Megasthenes etwas eigentlich Augenfälliges übersehen hat. Denn anders als der πολλὸς λόγος berichtet Megasthenes, wie Arrian später in der ἐκβολή ausführt, über Dionysos: Nachdem aber Dionysos gekommen sei und sich zum Herrn der Inder gemacht habe, habe er Städte gegründet und den Städten Gesetze gegeben. Er sei zum Spender des Weins für Inder wie Griechen geworden. Und er habe gelehrt, in die Erde zu säen, und selbst den Samen geschenkt. Entweder sei Triptolemos nicht dorthin gekommen, als ihn Demeter aussandte, auf der ganzen Erde zu säen, oder vor Triptolemos ist dieser Dionysos, wer immer er war, in das Land der Inder gekommen und gab ihnen den Samen für die Kulturpflanzen. Auch Rinder habe Dionysos als erster vor den Pflug gespannt, und aus den meisten Indern anstelle von Nomaden Ackerbauern gemacht; auch mit Kriegswaffen habe er sie ausgerüstet. Ferner habe Dionysos gelehrt, andere Götter, am meisten jedoch sich selbst durch Becken- und Paukenspiel zu ehren. Er habe die Inder dann den Satyrtanz gelehrt, der bei den Griechen Kordax heißt, und zu Ehren des Gottes lange Haare zu 49 Auch Sesostris wird bei Herodot als historische Person gesehen; vgl. z.B. Hdt. 2,106,1: τὰς δὲ στήλας τὰς ἵστα κατὰ τὰς χώρας ὁ Αἰγύπτου βασιλεὺς Σέσωστρις, αἱ μὲν πλέονες οὐκέτι φαίνονται περιεοῦσαι, ἐν δὲ τῇ Παλαιστίνῃ Συρίῃ αὐτὸς ὥρων ἐούσας καὶ τὰ γράμματα τὰ εἰρημένα ἐνεόντα καὶ γυναικὸς αἰδοῖα. 50 In Anabasis und Indiké verbindet Arrian die Phrase λόγος κατέχει sonst ausschließlich mit ὅτι (6mal) oder dem AcI (17mal), auch dann, wenn die Phrase eine attributive (An. 3,3,6: ὁ πλείων λόγος κατέχει) oder präpositionale (An. 2,3,2: λόγος κατέχει περί) Erweiterung erfährt. 51 Vgl. z.B. Hdt. 7,228,3: μνῆμα τόδε κλεινοῖο Μεγιστία, ὅν ποτε Μῆδοι Σπερχειὸν ποταμὸν κτεῖναν ἀμειψάμενοι, μάντιος, ὃς τότε Κῆρας ἐπερχομένας σάφα εἰδὼς οὐκ ἔτλη Σπάρτης ἡγεμόνα προλιπεῖν.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen tragen. Und er habe ihnen gezeigt, eine Mitra zu tragen, und sie unterwiesen, sich mit Salben aus wohlriechenden Stoffen zu pflegen. So zogen die Inder noch gegen Alexander unter dem Klang von Becken und Pauken in die Schlacht (Ind. 7,5–9).

Dass nun gerade die Information, die Megasthenes selbst gibt, nämlich dass die Tradition der Inder, mit Becken und Pauken in die Schlacht zu ziehen, auf Dionysos zurückgehe, von Arrian in Ind. 5,9 als Bestandteil dessen präsentiert wird, woraus Megasthenes eigentlich den Heereszug des Dionysos hätte ableiten können, ja müssen, lässt die Kritik unseres Autors noch schärfer wirken. Arrians Kritik selbst vollzieht sich kontrastär zu seinem quellenkritischen Exkurs in An. 6,11. Hatte er dort dem πᾶς λόγος seine beiden Hauptquellen Ptolemaios und Aristobul gegenübergestellt und durch einen Vergleich mit der Vulgata deren höhere Glaubwürdigkeit dadurch nachzuweisen gesucht, dass sich deren Informationen von denen der Vulgata unterschieden, so stellt Arrian hier in der ἐκβολή dem πολλὸς λόγος (d.h. einer in der Mehrzahl der Quellen vorhandenen Information) die entsprechende Information seiner Hauptquelle Megasthenes gegenüber und unternimmt es, durch einen Vergleich mit dem πολλὸς λόγος nachzuweisen, dass eben dieser Information weniger Glaubwürdigkeit beizumessen ist. Das Vorbild für diese Gegenüberstellung finden wir in Herodot: ὡς δὲ ἀπίκετο ἐπὶ τὸν Ἅλυν ποταμὸν ὁ Κροῖσος, τὸ ἐνθεῦτεν, ὡς μὲν ἐγὼ λέγω, κατὰ τὰς ἐούσας γεφύρας διεβίβασε τὸν στρατόν, ὡς δὲ ὁ πολλὸς λόγος Ἑλλήνων, Θαλῆς οἱ ὁ Μιλήσιος διεβίβασε (Hdt. 1,75,3). Als er an den Halys kam, führte er sein Heer über den Fluss, und zwar meiner Meinung nach über die dort vorhandenen Brücken, während es bei den Griechen gewöhnlich heißt, Thales aus Milet hätte ihn hinüber geführt. (Übersetzung: Braun) Doch während dort Herodot die eigene Meinung dem πολλὸς λόγος, dessen Inhalt er anschliessend (Hdt. 1,75,4f.) in indirekter Rede referiert, gegenüberstellt, variiert Arrian Herodots Vorgehen, indem er die Aussagen des Megasthenes in indirekter Rede referiert und den in direkter Rede wiedergegebenen Mitteilungen des πολλὸς λόγος gegenüberstellt. Und auch der Fortgang des quellenkritischen Exkurses Arrians erweist sich als Herodotreminiszenz. So hatte Arrian die ganze Passage beginnen lassen mit: καὶ πρὸ Ἀλεξάνδρου Διονύσου μὲν πέρι πολλὸς λόγος κατέχει ὡς καὶ τούτου στρατεύσαντος ἐς Ἰνδοὺς καὶ καταστρεψαμένου Ἰνδούς, Ἡρακλέος δὲ πέρι οὐ πολλός (Ind. 5,8).52 Das letzte Kolon Arrians greift dabei die Wortfolge auf, mit der Herodot in seinem ägyptischen λόγος die Abhandlung über den autochthonen Herakles beginnen lässt: Ἡρακλέος δὲ πέρι τόνδε τὸν λόγον ἤκουσα, ὅτι εἴη τῶν δυώδεκα θεῶν (Hdt. 2,43,1). Dort unternimmt es Herodot an Hand von Beispielen (Hdt. 2,43,2: πολλά μοι καὶ ἄλλα τεκμήριά ἐστι τοῦτο οὕτω ἔχειν) zu beweisen, dass es sich beim ägyptischen Herakles um eine eigenständige Gottheit handelt (Hdt. 2,43,4: ἀλλά τις ἀρχαῖός ἐστι θεὸς Αἰγυπτίοισι Ἡρακλέης), die nichts mit dem thebanischen oder dem aus Tyros (Hdt. 2,44) zu tun hat: Herodot äußert zuerst die Behauptung, dass die Namensgebung des griechischen Herakles auf Basis des ägyptischen Pendants erfolgt sei. Um seine Aussage zu be52 Der ganze Satz ist ein Paradebeispiel für den Stilisierungswillen unseres Autors: der Anschluss an Ἀλέξανδρον im vorhergehenden Satz mit καὶ πρὸ Ἀλεξάνδρου in Form eines Polyptotons; die Juxtaposition von Ἀλεξάνδρου und Διονύσου; die Parallelisierung von Διονύσου μὲν πέρι πολλὸς λόγος und Ἡρακλέος δὲ πέρι οὐ πολλός.

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legen, führt er zum einen an, dass die Eltern des thebanischen Herakles aus Ägypten stammten, und bringt anschließend die Aussagen der Ägypter (Hdt. 2,43,2: Αἰγύπτιοί φασι) über die Unkenntnis griechischer Götter und deren Nichtaufnahme in den ägyptischen Pantheon als weitere Belege vor. Die Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Aussagen der Ägypter sucht er abschliessend durch ein Gedankenspiel zu erweisen (Hdt. 2,43,3): καὶ μὲν εἴ γε παρ' Ἑλλήνων ἔλαβον οὔνομά τεο δαίμονος, τούτων οὐκ ἥκιστα ἀλλὰ μάλιστα ἔμελλον μνήμην ἕξειν ‒ Denn hätten sie überhaupt Götter von den Griechen angenommen, so würden sie diese doch gewiss zuerst erwähnen (Übersetzung: Braun). Arrian orientiert sich am Herodoteischen Vorbild insoweit, als dass er zuerst die Behauptung aufstellt, dass der Zusammenhang der Eroberung des Berges Aornos mit dem Herakles ein κόμπασμα sei (Dieses Argument hatte er schon in An. 4,28,2 angeführt: κἀγὼ ὑπὲρ τῆς πέτρας ταύτης οὕτω γιγνώσκω, τὸν Ἡρακλέα ἐς κόμπον τοῦ λόγου ἐπιφημίζεσθαι ‒ Und so nehme ich auch von diesem Felsen an, man hat den Herakles in die Darstellung gebracht, um die Dinge ins rechte Licht zu setzen.). Anschließend gibt er ebenfalls drei Beispiele, wobei das erste eine Namensgebung (Kaukasus) beinhaltet (Ind. 5,10), und die beiden folgenden als Aussagen der Makedonen (Ind. 5,11f.: Μακεδόνες … ἔφασαν … ἔφασκον) dargeboten werden; und, wo die Ägypter bei Herodot die μνήμη eben nicht bemühen, tun es, in Variation dazu, die Makedonen bei Arrian eben doch: καὶ τοῦτο ἐς μνήμην ἀνέφερον τοῦ ῥοπάλου τοῦ Ἡρακλέους (Ind. 5,12). Wie aus Ind. 5,8 hervorgeht, wird der οὐ πολλὸς λόγος (d.h. die in der Minorität der Quellen vertretene Aussage, dass Herakles gegen die Inder zu Felde gezogen sei) der eigenen Meinung unseres Autors gegenübergestellt. Der Übergang von den zuvor als Aussage des πολλὸς λόγος in elliptischer Form gegebenen μνήματα des Dionysos zur eigenen Meinung Arrians mit Ἡρακλέος δὲ οὐ πολλὰ ὑπομνήματα (Ind. 5,10) behält die Ellipse bei und suggeriert dem Leser, dass sich Arrians eigene Äußerung auch im πολλὸς λόγος wiederfinde, d.h. seine Meinungsäußerung durch den πολλὸς λόγος gedeckt sei. Was aber Arrian hier, im bewussten Kontrast zu seiner Wiedergabe des πολλὸς λόγος, wo er Herodots Vorgehen bei der Gegenüberstellung der Aussagen variiert hatte, beim οὐ πολλὸς λόγος, indem er das Vorgehen seiner Vorlage nachahmt, als eigene Äußerung darbietet, sind in Wahrheit die Aussagen des Eratosthenes aus An. 5,3,2ff.:53

53 Wir haben es hier mit einer weiteren Doublette (s. auch oben S. 71, Fußnote 39 und unten S. 102ff.) im Werk des Arrian zu tun, die auf eine Quelle zurückgeht. Beide Stellen weisen so gut wie keine wortwörtlichen (von den Eigennamen abgesehen) und syntaktischen Übereinstimmungen auf. Gerade hier zeigt es sich besonders deutlich, wie stark Arrian sein Quellenmaterial überformt.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen Vgl. Ind. 5,10 ἀλλὰ τὴν Ἄορνον γὰρ πέτρην, ἥντινα Ἀλέξανδρος βίῃ ἐχειρώσατο, ὅτι Ἡρακλέης οὐ δυνατὸς ἐγένετο ἐξελεῖν, Μακεδονικὸν δοκέει μοί τι κόμπασμα, κατάπερ ὦν καὶ τὸν Παραπάμισον Καύκασον ἐκάλεον Μακεδόνες, οὐδέν τι προσήκοντα τοῦτον τῷ Καυκάσῳ. Dass Herakles den Berg Aornos, den Alexander mit Gewalt einnahm, nicht erobern konnte, scheint mir so eine makedonische Prahlerei zu sein, wie die Makedonen auch den Paropamisos Kaukasus nannten, obwohl er mit dem Kaukasus nichts zu tun hat. mit An. 5,3,3: τὸν δὲ Καύκασον [sc. λέγει Ἐρατοσθένης] τὸ ὄρος ἐκ τοῦ Πόντου ἐς τὰ πρὸς ἕω μέρη τῆς γῆς καὶ τὴν Παραπαμισαδῶν χώραν ὡς ἐπὶ Ἰνδοὺς μετάγειν τῷ λόγῳ τοὺς Μακεδόνας, Παραπάμισον ὄντα τὸ ὄρος αὐτοὺς καλοῦντας Καύκασον τῆς Ἀλεξάνδρου ἕνεκα δόξης, ὡς ὑπὲρ τὸν Καύκασον ἄρα ἐλθόντα Ἀλέξανδρον. Vgl. Ind. 5,11 καί τι καὶ ἄντρον ἐπιφρασθέντες ἐν Παραπαμισάδαισι, τοῦτο ἔφασαν ἐκεῖνο εἶναι τοῦ Προμηθέως τοῦ Τιτῆνος τὸ ἄντρον, ἐν ὅτῳ ἐκρέματο ἐπὶ τῇ κλοπῇ τοῦ πυρός. Und auch als die Makedonen von einer Höhle bei den Paropamisaden hörten, behaupteten sie, dass jene die Höhle des Titanen Prometheus sei, in der er wegen des Feuerdiebstahls hing. mit An. 5,3,2: καὶ γὰρ καὶ σπήλαιον λέγει [sc. Ἐρατοσθένης] ἰδόντας ἐν Παραπαμισάδαις τοὺς Μακεδόνας καί τινα μῦθον ἐπιχώριον ἀκούσαντας ἢ καὶ αὐτοὺς ξυνθέντας φημίσαι, ὅτι τοῦτο ἄρα ἦν τοῦ Προμηθέως τὸ ἄντρον ἵνα ἐδέδετο, καὶ ὁ ἀετὸς ὅτι ἐκεῖσε ἐφοίτα δαισόμενος τῶν σπλάγχνων τοῦ Προμηθέως, καὶ ὁ Ἡρακλῆς ὅτι ἐκεῖσε ἀφικόμενος τόν τε ἀετὸν ἀπέκτεινε καὶ τὸν Προμηθέα τῶν δεσμῶν ἀπέλυσε. Vgl. Ind. 5,12 καὶ δὴ καὶ ἐν Σίβαισιν, Ἰνδικῷ γένει, ὅτι δορὰς ἀμπεχομένους εἶδον τοὺς Σίβας, ἀπὸ τῆς Ἡρακλέους στρατηλασίης ἔφασκον τοὺς ὑπολειφθέντας εἶναι τοὺς Σίβας· καὶ γὰρ καὶ σκυτάλην φορέουσί τε οἱ Σίβαι καὶ τῇσι βουσὶν αὐτῶν ῥόπαλον ἐπικέκαυται, καὶ τοῦτο ἐς μνήμην ἀνέφερον τοῦ ῥοπάλου τοῦ Ἡρακλέους. Und ebenso verhält es sich auch bei den Sibaern, einem indischen Volk: Weil sie die Sibaer sich in Felle kleiden sahen, behaupteten sie, die Sibaer seien vom Feldzug des Herakles übriggeblieben, und da die Sibaer Keulen tragen und ihren Rindern Keulen einbrennen, führten sie dies auf eine Erinnerung an die Keule des Herakles zurück. mit An. 5,3,4: ἔν τε αὐτῇ τῇ Ἰνδῶν γῇ [sc. λέγει Ἐρατοσθένης] βοῦς ἰδόντας ἐγκεκαυμένας ῥόπαλον τεκμηριοῦσθαι ἐπὶ τῷδε, ὅτι Ἡρακλῆς ἐς Ἰνδοὺς ἀφίκετο.

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Der quellenkritische Exkurs der Indiké

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Zwar hat Arrian die Reihenfolge der Aussagen im Vergleich zur Anabasis abgeändert und mit Augenmerk auf die variatio das kürzeste Beispiel aus An. 5,3, d.h. die Brandmarkung der Rinder, in Ind. 5 durch Ergänzungen von Einzelheiten zum längsten gemacht; jedoch sind es eben die Argumente des Eratosthenes, die Arrian hier als die eigenen ins Feld führt. Und das soll auch dem Leser bewusst werden. Denn wenn dieser der Tatsache eingedenk ist, dass die Kritik des Eratosthenes an den Alexanderhistorikern nicht nur deren Anführung des Herakles, sondern auch die des Dionysos umfasst (An. 5,3,4: ὅμοια δὲ καὶ ὑπὲρ Διονύσου τῆς πλάνης ἀπιστεῖ Ἐρατοσθένης ‒ Und ähnlich zweifelt Eratosthenes auch an der Glaubwürdigkeit des Dionysoszuges.), beschränkt sich eben Arrians Schlusssatz, nicht allein auf die Frage nach den Hypostasen des Herakles, sondern impliziert ebenso die nach denen des Dionysos: εἰ δέ τῳ πιστὰ ταῦτα, ἄλλος ἂν οὗτος Ἡρακλέης εἴη, οὐχ ὁ Θηβαῖος ἢ ὁ Τύριος [οὗτος] ἢ ὁ Αἰγύπτιος, ἤ τις καὶ κατὰ τὴν ἄνω χώρην οὐ πόρρω τῆς Ἰνδῶν γῆς ᾠκισμένος μέγας βασιλεύς (Ind. 5,13). Wenn man dies für vertrauenswürdig ansieht, so ist dieser Herakles wohl ein anderer als der aus Theben, entweder der aus Tyros oder der aus Ägypten oder auch irgendein großer König aus dem Land im Norden, nicht fern vom Land der Inder. Und da hier von seinen Quellen der Bereich des Mythos tangiert wird, steht Arrian bei der Beurteilung des Wahrheitsgehalts erneut ἐν μέσῳ (An. 5,3,4) und überlässt es dem Leser, die Entscheidung darüber zu fällen. Dass Arrian aber die Argumente des Eratosthenes anführt, hat noch einen weiteren Grund. Denn nur so erschließt sich dem Leser, wer sich hinter dem πολλὸς λόγος verbirgt: Wenn nämlich der dreigliedrige quellenkritische Exkurs mit Megasthenes seinen Anfang nimmt und mit Eratosthenes schließt, und von beiden Autoren der Heereszug des Dionysos nicht thematisiert bzw. angezweifelt wurde, dann ist davon auszugehen, dass dieser in der dritten Quelle der ἐκβολή Erwähnung gefunden haben dürfte: bei Nearch. Jedoch bezieht sich der Ausdruck πολλὸς λόγος keinesfalls auf Nearch allein; vielmehr werden darunter die Autoren subsumiert, denen Arrian in seiner Darstellung der Nysa-Episode in der Anabasis gefolgt ist, nämlich, wie Bosworth, 1995, 198 aufzeigt, Nearch, Ptolemaios und/oder Aristobul. Da auch für den οὐ πολλὸς λόγος Eratosthenes und – wie wir weiter unten zeigen werden – Megasthenes ausscheiden, dürfte sich auch hinter diesem eine der beiden Hauptquellen der Anabasis oder Nearch verbergen. Somit stellt der Ausdruck πολλὸς λόγος (Das gilt ebenso für dessen Teilmenge οὐ πολλὸς λόγος.) eben nicht nur eine Herodotanspielung dar, sondern dient der bewussten Verschleierung: Wie auch in der Anabasis wird von Arrian an den Hauptquellen keine offene Kritik geübt. Überhaupt vollzieht sich Arrians quellenkritischer Exkurs in einem thematischen Bereich, bei dem es keine endgültige Wahrheit oder Unwahrheit geben kann: dem Mythos. Und anders als im quellenkritischen Exkurs in der Anabasis (An. 6,11), bei dem Arrian die Informationen seiner Hauptquelle argumentativ untermauert, um deren höhere Glaubwürdigkeit gegenüber dem πᾶς λόγος zu demonstrieren, stellt er in dessen Pendant in der ἐκβολή die Traditionsvarianten in Herodoteischer Weise gegenüber und nimmt erst am Ende durch eine subjektive Meinungsäußerung eine gewisse Wertung vor, überlässt dabei aber dem Leser die endgültige Entscheidung. Somit relativiert sich auch Arrians Kritik an Megasthenes. Denn es geht Arrian natürlich in keinster Weise darum, Megasthenes in Bausch und Bogen die Glaubwürdigkeit abzusprechen; damit würde unser Autor seine eigene Methodik in Bezug auf die Auswahl der Hauptquellenautoren für seine historiographische Tätigkeit sabotieren. Vielmehr beschränkt er seine Kritik, wie er in Ind. 6,1 selbst sagt, auf Nachrichten über Indien jenseits des Flusses Hy-

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

phasis, wo eben keine αὐτοψία mehr vorliegt und der Wahrheitsgehalt der entsprechenden Informationen von Arrian genau deswegen angezweifelt wird. Jedoch sollte es Beachtung finden, dass Arrian dem Leser lediglich suggeriert, dass sich sein quellenkritischer Exkurs mit den ἄπιστα jenseits des Hyphasis auseinandersetzt. In realiter werden aber nur Beispiele abgehandelt, die diesseits des Hyphasis liegen. Doch indem Arrian aufzeigt, wie divergent die Informationen seiner Quellen schon diesseits des Hyphasis sind, in den Gegenden Indiens also, in denen die Informationen noch auf αὐτοψία beruhen, unterstreicht er zum einen die Schwierigkeit seiner historiographischen Tätigkeit in Bezug auf die Beurteilung der Informationen, die seine Quellen aus den Gebieten jenseits des Hyphasis liefern. Zum anderen hebt Arrian aber gerade dadurch, dass er eben die ἄπιστα jenseits des Hyphasis nicht diskutiert, das Darstellungsziel seiner Schrift, besonders hervor: Durch akribische Quellenarbeit hat er diese ἄπιστα nämlich bereits ausgeschieden, so dass auch, und gerade, die Teile seines Werkes, in denen Informationen aus Gegenden jenseits des Hyphasis thematisiert werden, auf ἀλήθεια und ὠφελεία ausgerichtet sind. Wenn Arrian dann mit ἐπεὶ καὶ τόδε λέγει Μεγασθένης ὑπὲρ ποταμοῦ Ἰνδικοῦ (Ind. 6,2) den auf Megasthenes zurückgehenden Bericht über den „Wunderfluss“ Silas einleitet, so hat dies zwei Funktionen: Erstens kehrt unser Autor damit, wie wir es auch im quellenkritischen Exkurs der Anabasis beobachtet haben, zu dem Punkt der Darstellung, an dem der Exkurs seinen Ausgang nahm, d.h. Arrians Referat über die indischen Fließgewässer und seinem Zweifel an der von Megasthenes berichteten Anzahl derselben, zurück; und zweitens wird mit der thukydideischen Formel ἐπεὶ καὶ, die dem lateinischen quid quod entspricht,54 zu einem neuen Argument, das an Bedeutung die vorhergehenden Argumente übertrifft,55 übergeleitet. Während nämlich die Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der im Exkurs gegebenen Beispiele für Quellennachrichten diesseits des Hyphasis von Arrian dem Leser überlassen wird, so lässt unser Autor in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit der Nachricht des Megasthenes über den Fluss Silas keinerlei Ermessensspielraum: Die Nachricht ist klar als ἄπιστον gebranndmarkt. Auf dieses einzige Exemplum der ἄπιστα jenseits des Hyphasis ist der quellenkritische Exkurs von Beginn an hingesteuert; unkommentiert von Arrian spricht das Beispiel nun für sich selbst. Auf diese Art zeigt unser Autor dem Leser nicht nur, welche ἄπιστα in seinen Quellen zu finden sind, sondern – und das ist noch wichtiger − veranschaulicht auch, was der Leser in Arrians Schrift nicht erwarten darf: eine nur auf τέρψις ausgerichtete Darstellung Indiens. Ebenso wie der quellenkritische Exkurs in der Anabasis dient dessen Pendant in der Indiké also dazu, die eigene Leistung als Historiograph herauszuheben; doch während in An. 6,11 der Fokus auf der Rechtfertigung der Wahl seiner Hauptquellen liegt, ist er in Ind. 5 auf das Darstellungsziel verschoben. Beide Exkurse ergänzen sich somit und beleuchten Arrians historiographisches Schaffen in beiden Werken.

54 Vgl. Boehner, 48. 55 Vgl. Denniston, 296f.

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Arrians Kritik an Megasthenes

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Arrians Kritik an Megasthenes In Kapitel 9 der ἐκβολή finden wir ebenfalls Kritik an Megasthenes. Wie auch im quellenkritischen Exkurs ist diese dadurch abgemildert, dass sie sich im Bereich des Mythos abspielt. Während in Kapitel 5 Arrian an Megasthenes kritisiert, dass er den Zusammenhang zwischen den in Indien gemachten ethnologischen Befunden und dem Heereszug des Dionysos nicht erkannt habe, d.h. den Mythos zur Erklärung des Befundes nicht in Betracht gezogen habe, vollzieht sich Arrians Kritik an selbigem Autor in Bezug auf dessen Aussagen über Herakles nun in konträrer Weise: Arrian bemängelt den Umstand, dass Megasthenes allzu bereitwillig den Mythen der Inder Glauben beimisst und einen wissenschaftlichen Erklärungsversuch für einen ethnologischen Befund unterlässt. Die Kritik vollzieht sich dabei folgendermaßen. Zuerst gibt Arrian, seiner Quelle Megasthenes folgend, den Befund wieder: In dem Land jedoch, wo die Tochter des Herakles geherrscht habe, würden die Mädchen mit sieben Jahren heiratsfähig, die Männer aber lebten höchstens 40 Jahre (Ind. 9,1). Direkt im Anschluss referiert er, ebenfalls Megasthenes folgend, den Mythos, mit dem die Inder das niedrige Heiratsalter der Mädchen zu begründen suchen: Und hierüber erzähle man sich bei den Indern folgende Geschichte: Erst im hohen Alter sei Herakles eine Tochter geboren worden. Da er sein Ende nahen gefühlt und keinen würdigen Mann gehabt habe, dem er seine Tochter geben konnte, habe er selbst seiner siebenjährigen Tochter beigewohnt, damit er den Indern als Könige ein von ihm und ihr abstammendes Geschlecht hinterlassen könne. Herakles habe sie also heiratsfähig gemacht. Und daher besitze auch das ganze Geschlecht, das von Pandaia abstamme, eben dieses Vorrecht von Herakles her (Ind. 9,2f.). Nun ergreift Arrian selbst das Wort: Mir aber scheint, wenn Herakles nun tatsächlich fähig gewesen wäre, so Ungewöhnliches zu bewirken, so hätte er auch sein Leben verlängern können, um seiner Tochter im heiratsfähigen Alter beizuwohnen. Wenn aber die Berichte über die Reife der dortigen Mädchen wahr sind, so scheint mir dies mit dem zusammenzustimmen, was über das Alter der Männer berichtet wird, dass die ältesten von ihnen vierzigjährig sterben. Denn wen das Greisenalter um so viel schneller ereilt und der Tod zusammen mit dem Greisenalter, der erreicht gewiss auch seine Blüte entsprechend dem Ende schneller. So sind wohl die Männer dreißigjährig junge Greise, mit zwanzig Jahren Jünglinge ohne Jugend; die Blüte der Jugend aber liegt etwa bei 15 Jahren. Und so fällt die Heiratsfähigkeit der Frauen entsprechend wohl mit dem siebten Jahre zusammen (Ind. 9,4–7). Arrian kritisiert also, dass es dem Mythos, den die Inder für das niedrige Heiratsalter der Mädchen ins Feld führen, an wahrhaft göttlichem Handeln fehle. Insofern kann dieser, in Arrians Augen, nicht als Beleg Geltung finden. Der Rückzug auf den Mythos ist für ihn in diesem Fall sowieso obsolet, da eine Erweiterung des Blickfeldes auf das Maximalalter der Inder zu einer hinreichenden Begründung für das Heiratsalter der Mädchen führt.56

56 Vgl. Pomelli, 2006b, 143.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Scheinen es bis zu diesem Punkt des Textes die Inder zu sein, denen ob ihres auf den Mythos zurückgreifenden Erklärungsversuchs Arrians Kritik gilt, so ändert sich die Zielrichtung der Kritik zugleich rückwirkend für die ganze Passage mit deren letzten Satz: καὶ γὰρ τοὺς καρποὺς ἐν ταύτῃ τῇ χώρῃ πεπαίνεσθαί τε ταχύτερον [μὲν] τῆς ἄλλης αὐτὸς οὗτος Μεγασθένης ἀνέγραψεν καὶ φθίνειν ταχύτερον (Ind. 9,8). Denn auch die Früchte reiften in diesem Land schneller als in jedem anderen, hat Megasthenes selbst berichtet, und sie verdürben schneller. Megasthenes hat, so ist Arrians Kritik zu verstehen, obwohl ihm alle Informationen bezüglich der schnelleren Entwicklung der Lebewesen in Indien vorlagen, keinen Zusammenhang mit dem frühen Heiratsalter der Mädchen hergestellt; d.h. die durch αὐτοψία erbrachten Informationen des Megasthenes entbehren für Arrian einer wissenschaftlichen Auswertung in Form eines theoretischen Erklärungsmodells und suchen stattdessen im Mythos Zuflucht. Wie schon in Ind. 5,4 unterstreicht Arrian seine Kritik an Megasthenes durch den Zusatz von οὗτος. Das Demonstrativpronomen scheint uns hier noch weniger als an der Stelle zuvor in ausschließlich rückbezüglicher Verwendung vorzuliegen; die letzte namentliche Erwähnung des Megasthenes hat nämlich bereits in Ind. 8,11 stattgefunden. Vielmehr wollen wir auch darin Arrians Tadel ausmachen.57 Dieser mag nicht zuletzt auch damit zusammenhängen, dass sich Megasthenes nicht darum bemüht haben dürfte, seine den Herakles in Indien betreffenden Nachforschungen in ein stimmiges Bild zu bringen, wie die beiden folgenden auf Megasthenes zurückgehenden Passagen zeigen: Herakles aber, der der Sage nach zu den Indern gekommen sein soll, werde von den Indern selbst als einheimisch bezeichnet. … Die Attribute, die dieser Herakles trug, sagt Megasthenes, seien denen des thebanischen ähnlich, wie auch die Inder selbst erzählen (Ind. 8,4 u.6). Und: Kein anderer sei mit kriegerischer Absicht in das Land der Inder eingedrungen (Ind. 9,10). Wenn außer Alexander niemand kriegerisch nach Indien eingedrungen ist, in Indien aber ein Herakles existiert habe, den die Inder als Einheimischen betrachten, dann kann dieser weder die Attribute des thebanischen Herakles aufweisen, noch können die Inder um die Existenz dieses Herakles aus Theben inklusive seiner Attribute wissen; bzw., sofern dieser indische Herakles die Attribute des thebanischen trägt, sollte jener auch irgendwann zu den Indern gekommen sein. Letztendlich lässt Arrian aber diese Frage, da der Mythos tangiert ist, ‒ wie wir es auch an anderen Stellen schon gesehen haben – bewusst offen und referiert lediglich das, was er diesbezüglich bei Megasthenes vorfindet. Seine Kritik gilt schließlich nicht Herakles, sondern der mangelnden Auswertung der Ergebnisse der Nachforschungen des Megasthenes. Dass das Ziel der Kritik Arrians an Megasthenes, wie bereits erwähnt, nun gerade diametral zu dem im quellenkritischen Exkurs ist (d.h. dort die Außerachtlassung des Mythos, hier dessen Berücksichtigung), ist aber nicht der Willkür unseres Autors zuzuschreiben. Vielmehr sehen wir darin eine bewusste Maßnahme

57 Zum Ausdruck der Geringachtung oder des Tadels durch οὗτος vgl. KG II 1, 644.

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Arrians Kritik an Megasthenes

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Arrians, den Tadel an seiner Quelle Megasthenes zu mildern: Die beiden Kritiken heben sich quasi gegenseitig auf. Darüber hinaus spiegelt sich in deren Kombination aber auch Arrians eigener Standpunkt wider, dass im Bereich des Mythischen eben keine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Auch in Kapitel 15 der ἐκβολή, das die in Indien lebenden Tiere zum Thema hat, finden wir Kritik an Megasthenes. Dort stellt Arrian die Informationen, die seine beiden Quellen Nearch und Megasthenes bezüglich der indischen Fauna liefern, kontrastiv gegenüber: τίγριος δὲ δορὴν μὲν ἰδεῖν λέγει Νέαρχος, αὐτὴν δὲ τίγριν οὐκ ἰδεῖν· ἀλλὰ τοὺς Ἰνδοὺς γὰρ ἀπηγέεσθαι, τίγριν εἶναι μέγεθος μὲν ἡλίκον τὸν μέγιστον ἵππον (Ind. 15,1). Nearch berichtet, er habe zwar ein Tigerfell, nicht aber einen leibhaftigen Tiger gesehen, aber die Inder würden erzählen, dass ein Tiger an Größe dem größten Pferd gleichkomme. Und: λέγει Νέαρχος μύρμηκα μὲν αὐτὸς οὐκ ἰδέειν … δορὰς δὲ καὶ τούτων ἰδεῖν πολλὰς (Ind. 15,4). Und auch über die Ameisen berichtet Nearch, dass er selbst keine Ameise gesehen habe, … er habe jedoch viele Häute von ihnen gesehen. Dagegen: Μεγασθένης δὲ καὶ ἀτρεκέα εἶναι ὑπὲρ τῶν μυρμήκων τὸν λόγον ἱστορέει τούτους εἶναι τοὺς τὸν χρυσὸν ὀρύσσοντας (Ind.15,5). Megasthenes bestätigt den Bericht über die Ameisen und erzählt, dies seien die goldgrabenden Ameisen. Während Arrian für Nearch dessen αὐτοψία durch viermalige Repetition von ἰδεῖν herausstreicht und implizit andeutet, dass das, was Nearch nicht selbst gesehen habe, in dessen Werk als ihm zugetragene Erzählung ausgewiesen worden sei (So jedenfalls interpretieren wir die Tatsache, dass innerhalb des in indirekter Rede gegebenen Nearchzitats die Größenangabe für die Tiger gesondert als Äußerung der Inder gekennzeichnet ist.), leitet er das Megastheneszitat mit ἱστορεῖν ein. Außer in zwei Fragmenten seiner Bithyniká (frg. 13 u. 20), die im Kommentar zu Dionysios Periegetes des Eustathios überliefert sind, wobei, wie eine Überprüfung zeigt, die dortige Verwendung von ἱστορεῖν eindeutig auf den Sprachgebrauch des Eustathios, der damit auch Zitate von z.B. Homer, Herodot, Athenaios und Plutarch belegt, zurückzuführen ist, verwendet Arrian dieses Verb nur noch per. m. Eux. 22,1. Dort ist es eindeutig negativ konnotiert und trägt die Bedeutung „Geschichten erzählen“. Und so müssen wir auch hier ἱστορεῖν gesagt verstehen. Im Unterschied zu Nearch berichtet Megasthenes nicht nach eigener Empirie, sondern gibt fremde Geschichten ohne Überprüfung wieder; wie auch im Anschluss an das Megastheneszitat Arrian selbst sagt: ἀλλὰ Μεγασθένης τε ἀκοὴν ἀπηγέεται, καὶ ἐγὼ ὅτι οὐδὲν τούτου ἀτρεκέστερον ἀναγράψαι ἔχω, ἀπίημι ἑκὼν τὸν ὑπὲρ τῶν μυρμήκων λόγον (Ind. 15,7). Megasthenes berichtet nur vom Hörensagen, und auch ich habe nichts Sicheres darüber mitzuteilen und beende so gern den Abschnitt über die Ameisen.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Beachtenswert an Kapitel 15 ist zudem, dass sich an keiner anderen Stelle der ἐκβολή ein einzelner Quellenautor sooft auf engstem Raume namentlich genannt und zitiert findet wie hier Nearch (Ind. 15,1; 15,4; 15,8; 15,10 und 15,11). Dagegen wird Megasthenes nur in Zusammenhang mit dessen von Arrian zitierten, und gleichzeitig als Hörensagen gebrandmarkten Bericht über die Goldgräberameisen namentlich genannt. Dessen Bericht hat hier also eindeutig die Funktion eines Negativbeispiels. Warum Arrian nicht auch die Äußerung Nearchs, er habe die Häute dieser Ameisen gesehen (Ind. 15,4), kritisiert, lässt sich aus dem Folgenden ableiten: Die Papageien nennt Nearch unter den Wundern, die es im Land der Inder gibt, und er sagt, was für ein Vogel der Papagei ist und wie er mit menschlicher Stimme spricht. Weil ich selbst viele gesehen habe und weiß, dass andere den Vogel kennen, will ich natürlich nicht wie von etwas Wunderbarem davon berichten noch über die Größe der Affen oder dass die Affen bei den Indern hübsch sind, noch wie sie gefangen werden. Denn dies setze ich als bekannt voraus, außer dass die Affen hübsch sind (Ind. 15,8f.). Wenn schon Papageien und Affen, d.h. Lebewesen, die in der Zeit Arrians nicht mehr als ungewöhnlich galten, für den ca. viereinhalb Jahrhunderte früher gelebt habenden Nearch θαύματα darstellten, dann kann man ihm – wie wir interpretieren – nicht zum Vorwurf machen, dass er, als er irgendwelche Häute sah und zusätzlich Geschichten darüber hörte, es für möglich hielt, dass diese von besagten Ameisen stammten. Auch wenn es sich um eine Fehlinterpretation seitens Nearch handelte, ist es für Arrian doch viel entscheidender, dass Nearch diese Häute überhaupt gesehen hat ‒ das erfährt nicht zuletzt auch durch den Rekurs unseres Autors auf die eigene αὐτοψία (Ind. 15,8: ὀπώπεα) Betonung.58 Wenn nun aber Arrian in Ind. 15 die Informationen des Megasthenes gegenüber denen des Nearch als Negativbeispiel ausgibt, dann dient dies weniger dazu, Megasthenes die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Vielmehr erhält die ganze Passage eine andere Zielsetzung, wenn man Arrians Vorgehen im quellenkritischen Exkurs in Ind. 5 Rechnung trägt. Dort hat unser Autor seine Quelle Nearch nicht namentlich erwähnt, sondern unter dem (οὐ) πολλὸς λόγος subsumiert und damit auch maskiert. Nearch bleibt somit von einer direkten Kritik ausgenommen, sei sie durch Arrian selbst vollzogen, oder implizit durch die kontrastive Gegenüberstellung der Quelleninformationen im Exkurs; auch im Schlusssatz des Exkurses firmiert Nearch lediglich unter der Bezeichnung μετεξέτεροι (Ind. 6,1). Wenn also Megasthenes in Ind. 15 als Kontrapunkt zu Nearch fungiert, dann dient das in Kombination mit Arrians Vorgehensweise im Exkurs ausschließlich dazu, die Glaubwürdigkeit seiner Quelle Nearch besonders hervorzuheben.59 Der Grund dafür ist simpel: Ist doch Nearch die einzige Quelle, die Arrian für den Paráplous-Teil der Indiké zur Verfügung steht. Umso wichtiger ist es da, deren unbedingte πίστις dem Leser zu suggerieren.60

58 Vgl. Pomelli, 2006b, 139. 59 Dies erklärt auch den von Roller, 120 erhobenen Befund, dass wir die besondere Betonung der limitierten αὐτοψία des Megasthenes bei keinem anderen antiken Autor als Arrian vorfinden. 60 Dieser Aspekt wird auch dadurch besonders augenfällig, dass Arrian dann, wenn er seine Quelle namentlich nennt, im Falle des Megasthenes fast immer durchweg die indirekte Rede beibehält, im Falle Nearchs dagegen schnell in die direkte Rede verfällt; man vgl. diesbezüglich z.B. die Kapitel 7 und 8 mit dem Kapitel 16. Zusätzlich lässt sich beobachten, dass gerade dann, wenn Arrian in der ἐκβολή in direkter Rede über längere Passagen Themen behandelt, die auf Megasthenes zurückgehen (Indisches Kastensystem in Ind. 11f.; Elefanten in Ind. 13f.), den Namen seiner Quelle eben nicht nennt; zu Megasthenes als Quelle für Ind. 11–14 vgl. Dognini,

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Nearch, die einzige Quelle Arrians im Paráplous

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Nearch, die einzige Quelle Arrians im Paráplous Dem Paráplous-Teil der Indiké wollen wir uns jetzt zuwenden und dort den Umgang Arrians mit seinem Quellenautor Nearch untersuchen. Wir hatten es bereits gesagt, wollen es aber an dieser Stelle noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen, dass die Kapitel 18 und 19 der Indiké nicht dem Paráplous zuzurechnen sind, sondern eine Art Überleitung von der ἐκβολή zu Arrians Darstellung der Schiffsexpedition bilden. Dem Leser wird durch ein Selbstzitat Arrians in Ind. 18,1, an das thematisch bedingt ein Schiffskatalog assoziativ angefügt ist, und ein knappes Referat der ersten Kapitel des sechsten Buchs der Anabasis in Ind. 19,1–7 die zeitliche und räumliche Verortung des Paráplous in Bezug zur Alexandergeschichte verdeutlicht. Im Zuge seines Querverweises zur Anabasis gibt Arrian dann die Themenstellung seiner Schrift: ὁ δὲ λόγος ὅδε τοῦ παράπλου μοι ἀφήγησίς ἐστιν, ὃν Νέαρχος σὺν τῷ στόλῳ παρέπλευσεν ἀπὸ τοῦ Ἰνδοῦ τῶν ἐκβολέων ὁρμηθεὶς κατὰ τὴν θάλασσαν τὴν μεγάλην ἔστε ἐπὶ τὸν κόλπον τὸν Περσικόν, ἣν δὴ Ἐρυθρὴν θάλασσαν μετεξέτεροι61 καλέουσι (Ind. 19,9). Diese Schrift dagegen dient mir zur Darstellung der Küstenfahrt, die Nearch mit der Flotte antrat, als er von den Mündungen des Indus aufbrach und über das große Meer bis zum Persischen Golf fuhr, den einige das Rote Meer nennen. Dass Arrian das Werk des Nearch als Grundlage seiner Darstellung zu nutzen gedenke, hatte er im zweiten Querverweis der Anabasis zur Indiké bereits zum Ausdruck gebracht: ὅπως δὲ ἐπλεύσθη αὐτῷ τὰ ἀπὸ τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ ἐπὶ τὴν θάλασσαν τὴν Περσικὴν καὶ τὸ στόμα τοῦ Τίγρητος, ταῦτα ἰδίᾳ ἀναγράψω αὐτῷ Νεάρχῳ ἑπόμενος (An. 6,28,6). Wie diese Fahrt von der Indusmündung zum Persischen Meere und zur Mündung des Tigris vor sich ging, gedenke ich eigens im Anschluss an Nearchos zu berichten. Interessant an Arrians Formulierung ist der Umstand, dass er ἕπεσθαι in der Anabasis ausschließlich im Bezug auf seine beiden Hauptquellen, Ptolemaios und Aristobul,62 verwendet. Arrian thematisiert gerade dann seine getreuliche Quellennutzung, wenn er die Informationen seiner beiden Hauptautoren von denen der Vulgata separieren will; dabei schwingt natürlich auch in gewisser Weise die Frage nach der πίστις der referierten λεγόμενα unterschwellig mit (vgl. z.B. An. 5,7,1: οὔτε Ἀριστόβουλος οὔτε Πτολεμαῖος, οἷς μάλιστα ἐγὼ ἕπομαι, λέγουσιν). Wir wollen daher in An. 6,28,6 auch einen Hinweis Arrians auf die πίστις des Nearchischen Werks erblicken. Dass unsere Interpretation des Gebrauchs von ἕπεσθαι für Nearch nicht überstrapaziert ist, soll die Tatsache belegen, dass Arrian Zitate aus dem Buch des Flottenkommandanten mit λέγει Νέαρχος (An. 6,24,4; 7,3,6) kennzeichnet: Die Formel „λέγει + Eigenname“, und zwar nur in dieser Reihenfolge, verwendet Arrian sonst bloß für Zitate seiner Hauptquellen,63 wobei die Zitatformel 2000, 91; 97; 103. Die πίστις des Megasthenes wird von Arrian also nicht anzweifelt, sondern dem Leser lediglich suggeriert, dass die Glaubwürdigkeit Nearchs eine höhere ist. 61 Nicht nur der Gebrauch von μετεξέτεροι verweist auf Herodot (s. dazu auch oben S. 73); auch der Halikarnassier bezeichnet den Persischen Golf als Rotes Meer; vgl. z.B. Hdt. 1,180 u.189. 62 Vgl. z.B. ἀλλὰ ἐκεῖνα ἤδη Ἀριστοβούλῳ ἑπόμενος ξυγγράφω (An. 6,28,3) und ὡς λέγει Πτολεμαῖος ὁ Λάγου, ᾧ μάλιστα ἐγὼ ἕπομαι (An. 6,2,4). 63 Für Aristobul vgl. z.B. An. 6,29,10; 7,28,1; für Ptolemaios An. 4,25,4; 6,10,1. – Im Übrigen trifft dieses Prinzip, mit λέγει + Eigenname nur die Zitate der jeweilige(n) Hauptquelle(n) kenntlich zu machen, auch auf

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

selbst ein Zitat einleiten, beenden oder in selbiges eingebettet sein kann; dass Nearch in den letzten Büchern der Anabasis zu einer Hauptquelle Arrians aufgestiegen ist, wird nicht zuletzt auch daran ersichtlich. Einen Zweifel an der πίστις seiner Quelle äußert Arrian daher im Paráplous auch zu keiner Zeit. Nur im Zusammenhang des veränderten Schattenwurfs jenseits des Wendekreises, der in Form eines ὅτι-Satzes Nearch in den Mund gelegt ist (Ind. 25,4ff.), scheint Arrian die Information zunächst fragwürdig zu sein, findet aber im Anschluss an das Zitat durch einen Analogieschluss unseres Autors, wie wir es auch in An. 5,6 und 6,14 gesehen haben, Bestätigung: καὶ ταῦτα οὐκ ἀπεικότα δοκέει μοι ἀναγράψαι Νέαρχος· ἐπεὶ καὶ ἐν Συήνῃ τῇ Αἰγυπτίῃ, ἐπεὰν τροπὰς ἄγῃ θέρεος ὥρῃ ὁ ἥλιος, φρέαρ ἀποδεδειγμένον ἐστί, καὶ τοῦτο ἄσκιον ἐν μεσημβρίῃ φαίνεται· ἐν Μερόῃ δὲ πάντα ἄσκια τῇ αὐτῇ ὥρῃ. εἰκὸς ὦν καὶ ἐν Ἰνδοῖσιν, ἅτε πρὸς μεσαμβρίην ᾠκισμένοισι, τὰ αὐτὰ δὴ πάθεα ἐπέχειν, καὶ μάλιστα δὴ κατὰ τὸν πόντον τὸν Ἰνδικόν, ὅσῳ μᾶλλον αὐτοῖσιν ἡ θάλασσα πρὸς μεσαμβρίην κέκλιται (Ind. 25,7f.). Und dieser Bericht des Nearch scheint mir nicht unwahrscheinlich zu sein, da man ja auch in Syene in Ägypten zur Zeit der Sommersonnenwende einen Brunnen zeigt, in dem am Mittag kein Schatten auftritt. In Meroe ist zur selben Jahreszeit alles ohne Schatten. Es ist daher wahrscheinlich, dass bei den ja im Süden wohnenden Indern dieselben Verhältnisse herrschen, und am meisten im Indischen Ozean, je weiter sich das dortige Meer nach Süden erstreckt. Dabei operiert Arrian, wie wir es auch aus der Anabasis kennen, mit Argumenten der Wahrscheinlichkeit: Wenn dieses Schattenwurfphänomen tief im Süden Ägyptens auftritt, dann ist es nun auch wahrscheinlich, dass es in den südlichsten Teilen Indiens ebenso beobachtbar ist.64 Mit Νεάρχῳ δὲ λέλεκται ὑπὲρ τούτων ὅδε ὁ λόγος beginnt in Ind. 20,1 Arrians Darstellung der Seereise. Der λόγος bezieht sich hier allerdings nicht wie in An. 7,18,1 (καὶ τοῖόνδε τινὰ λόγον Ἀριστόβουλος ἀναγέγραφεν) oder An. 1,26,4 (καὶ οὗτοι λέγουσιν ὑπὲρ σφῶν τόνδε τὸν λόγον) nur auf den folgenden Abschnitt, d.h. die Zusammenkunft Alexanders und Nearchs vor Abfahrt der Flotte, sondern meint die gesamte Seereise. Ersichtlich wird dies nicht nur durch ὑπὲρ τούτων, womit die Zusammenfassung der Seereise in Ind. 19,9 wieder aufgegriffen wird, sondern auch dadurch, dass Arrian gleich zu Beginn seiner Ausführung mit dem Wunsch Alexanders, eine Flottenexpedition durchzuführen (Ind. 20,1: πόθον μὲν εἶναι Ἀλεξάνδρῳ ἐκπεριπλῶσαι τὴν die anderen Werke Arrians zu: In der Indiké wird die Formel nur für Megasthenes und Nearch benutzt, im Kynegetikós (Cyn. 24,1) und im Schwarzmeer-Períplous (per. m. Eux. 1,1) nur für Xenophon. Der einzige Autor, dem Arrian außer seinen jeweiligen Hauptquellen die Formel noch zuerkennt, ist Herodot. Dies wird verständlich, wenn man die jeweiligen Argumentationszusammenhänge der Textpassagen, in denen Arrian Herodot zitiert, näher betrachtet. Herodot ist für Arrian die Autorität in Sachen persischer Expansion, und zwar nicht nur im Bereich geschichtlicher Ereignisse (An. 5,7,2), sondern auch in geographischer Hinsicht (An. 3,30,8; per. m. Eux. 15,1). Desweiteren stellt Herodot, wenn Arrians Darstellung den Bereich des Mythos tangiert, ein Korrektiv dar, an dem die Aussagen anderer Quellen gemessen werden (An. 2,16,3; 7,13,1): die Zitate Herodots untermauern in diesem Fall Arrians Argumentationsstrategie. 64 Vgl. hierzu auch Ind. 6,4–8, wo von Arrian, ebenfalls auf Basis von Wahrscheinlichkeitsargumenten, in Bezug auf den Zusammenhang von Niederschlag und Wasserpegel der Flüsse eine Parallele zwischen Indien und Ägypten gezogen wird: ὥστε ἀπὸ τῶνδε ἔξεστι τεκμηριοῦσθαι καὶ τοῦ Νείλου τὸ πάθημα τοῦτο, ὅτι εἰκὸς [εἶναι] ὕεσθαι τὰ Αἰθιόπων ὄρεα τοῦ θέρεος, καὶ ἀπ' ἐκείνων ἐμπιπλάμενον τὸν Νεῖλον ὑπερβάλλειν ὑπὲρ τὰς ὄχθας ἐς τὴν γῆν τὴν Αἰγυπτίην … ἄλλως τε οὐδὲ χιονόβλητα εἴη ἂν τὰ Αἰθιόπων ὄρεα ὑπὸ καύματος. ὕεσθαι δὲ κατάπερ τὰ Ἰνδῶν οὐκ ἔξω ἐστὶ τοῦ εἰκότος, ἐπεὶ καὶ τἄλλα Ἰνδῶν γῆ οὐκ ἀπέοικε τῆς Αἰθιοπίης (Ind. 6,6ff.).

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Nearch, die einzige Quelle Arrians im Paráplous

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θάλασσαν τὴν ἀπὸ Ἰνδῶν ἔστε ἐπὶ τὴν Περσικήν), und dessen gleichzeitiger Furcht vor dem Verlust der Flotte (Ind. 20,2: οὕτω δὴ διαφθαρῇ αὐτῷ ὁ στόλος) ein erzählerisches Motiv einfügt, das erst zum Ende der Darstellung in einer Art Ringkomposition mit der sicheren Ankunft der Flotte in Susa seinen Abschluss findet: οὕτω μὲν ἀπεσώθη Ἀλεξάνδρῳ ἐκ τοῦ Ἰνδοῦ τῶν ἐκβολέων ὁρμηθεὶς ὁ στρατός (Ind. 42,10). Vergleichbares lässt sich auch in der Anabasis beobachten. Dort finden wir bei Einzelepisoden, die aus dem Erzählzusammenhang herausgehoben sind, diese Art des motivisch miteinander verwobenen Beginns und Schlusses.65 Am augenfälligsten wird das in An. 4,28ff: Alexanders Feinde haben sich auf den Berg Aornos geflüchtet, den der Sage nach nicht einmal Herakles einnehmen konnte (An. 4,28,1); nicht zuletzt aufgrund der Sage ergreift den Alexander da der πόθος, diesen Berg einzunehmen (An. 4,28,4). Im Folgenden gibt Arrian die Geschehnisse, die zur Einnahme des Berges führen wieder und schließt mit: εἴχετό τε Ἀλεξάνδρῳ ἡ πέτρα ἡ τῷ Ἡρακλεῖ ἄπορος γενομένη ‒ Damit hatte Alexander den Berg in seine Hand gebracht, den zu erobern Herakles nicht gelungen war (An. 4,30,4). Doch nicht nur der kompositorische Ringschluss des Erzählmotivs lässt uns λόγος auf die gesamte Flottenfahrt bezogen sein. Auch sehen wir in der Verwendung der passiven Perfektform λέλεκται ein Zeichen dafür, dass der erste Satz des im eigentlichen Sinne historiographischen Abschnitts der Indiké – der landeskundliche Teil war von Arrian in Ind. 17,7 explizit als ἐκβολή klassifiziert worden und die Kapitel 18 und 19 stellen, wie gesagt, eine Überleitung dar – Nearch als einzige Quelle Arrians für die Seereise in toto ausweisen soll. Arrian verwendet diese Perfektform bis auf zwei Ausnahmen ausschließlich dann, wenn er sich auf sein eigenes Werk bezieht (vgl. z.B. An. 5,5,3; Ind. 16,1 oder die Querverweise An. 5,6,8; Ind. 19,8). Für einen anderen Autor als sich selbst gebraucht Arrian λέλεκται in der Anabasis nur ein einziges Mal: Ἀλέξανδρος δέ, ὡς μὲν Ἀριστοβούλῳ λέλεκται, ὑπὸ καμάτου ἐνόσησεν (An. 2,4,7). Dort allerdings unterstreicht das Perfekt, wie wir meinen, die Sonderstellung der Version Aristobuls. Denn wie Bosworth, 1980, 190f. gezeigt hat, findet sich Überanstrengung als Ursache der plötzlichen Erkrankung Alexanders nur bei Aristobul; alle übrigen Quellen bescheinigen Alexander ein persönliches Fehlverhalten, da er schweißüberströmt in kaltes Wasser gesprungen sein soll; mit λέλεκται wird von Arrian die Version Aristobuls somit quasi legitimiert, als einzig richtige und einzig gültige. Als Sonderfall wird von unserem Autor λέλεκται auch dann verwendet, wenn ganze Teile einer Schrift (oder auch die ganze Schrift) Arrians nach Vorlage nur einer Quelle ausgearbeitet sind: Derart finden wir es in Bezug auf Xenophon im Schwarzmeer-Períplous (12,5) und im Kynegetikós (1,1ff.) gesagt. Und so wollen wir den Ausdruck Νεάρχῳ λέλεκται auch hier gesagt wissen: Als Ausdruck dafür, dass Arrian seine komplette Darstellung der Flottenexpedition eben einzig auf dem Werk des Nearch fußen lässt. Das bedeutet aber nicht, dass Arrian getreulich seiner Vorlage gefolgt sein muss oder diese gar wörtlich abgeschrieben hätte. Wir halten es für Nonsens, wenn Hartinger, 216 behauptet, dass durch das passive Perfekt „die unmittelbare Erzählebene in der Darstellung des Arrian verlassen wird und dieser damit seine Lage als Rezipient des nearchischen Werkes zum Ausdruck bringt, der eben liest, was Nearchos über das damalige Geschehen sagt […] Dadurch wird der nachfolgende Text nach unserer Meinung stärker als wörtlich übernommenes Zitat denn als zusammenfassendes Exzerpt ausgewiesen.“ Dagegen spricht nicht nur, dass sich, wie wir gerade gezeigt haben, Νεάρχῳ λέλεκται (das überhaupt nur hier in der Indiké vorkommt), eben nicht bloß auf den folgenden Abschnitt der Arrianischen Darstellung bezieht. Vielmehr erinnert uns der Beginn des historiographischen Teils der Indiké 65 Vgl. z.B. auch An. 4,8–14 und 6,9f.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

an den Anfang der Anabasis: Dort wird die Vorgeschichte des Feldzugs Alexanders (An. 1,1−7) in indirekter Rede (abhängig von λέγεται δή in An. 1,1,1) wiedergegeben und in An. 1,1,8 setzt plötzlich mit Alexanders Plan, den Hämus zu überschreiten (Ἀλεξάνδρῳ δὲ βουλὴ γίγνεται ὅπως ἀσφαλέστατα ὑπερβαλεῖ τὸ ὄρος), die Erzählung in direkter Rede ein. Zwar ist es richtig, wie Kornemann, 23 anmerkt, dass mit λέγει / λέγουσιν / λέγεται oder ähnlichen Verbalformen im Allgemeinen „der Schriftsteller die Verantwortlichkeit von sich weg auf die Überlieferung schiebt“, aber schon Schwartz, RE 2,1 (1895) c.1241 hat erkannt, dass mit der indirekten Rede am Beginn der Anabasis nur angedeutet werden solle, dass die auf Arrians Quellen beruhende Erzählung nun beginne. Bosworth, 1980, 45 sieht darin zum einen Parallelen zum Beginn der Kyropädie Xenophons, zum anderen aber auch zu den Antiquitates Romanae des Dionysios von Halikarnassos, die in gleicher Weise beginnen. Möglicherweise habe, so Bosworth, in der Kaiserzeit die Konvention bestanden, nicht zeitgenössische Geschichtsschreibung in Form indirekter Rede beginnen zu lassen. Wie dem auch sei; wir wollen jedenfalls in der in indirekter Rede gegebenen Vorgeschichte der Flottenfahrt, zu der wir nicht nur Ind. 20,1–3 rechnen, sondern auch den von λέγει δὴ ὁ Νέαρχος (Ind. 20,4) abhängigen Rest des Kapitels, eine Parallele zum Beginn der Anabasis sehen. Die Darstellung der Fahrt in direkter Rede setzt erst in Ind. 21,1 mit ὡς δὲ τὰ ἐτήσια πνεύματα ἐκοιμήθη ein, und zwar – wie bereits erwähnt (s. oben S. 29, Fußnote 52) – im direkten Anschluss an An. 6,21,1.

Die Zitate im Paráplous Im Folgenden werden wir aufzeigen, wie und an welchen Stellen des Paráplous Nearch von Arrian zitiert wird, und ebenso, für welche Informationen Nearch als Quelle herangezogen wird. Wir beginnen mit der Zitierweise Arrians. Diese unterscheidet sich im Paráplous nicht im Geringsten von der in der Anabasis. Um das zu verdeutlichen, haben wir die Zitate des Paráplous in sechs Klassen eingeteilt und parallelen Zitierweisen aus der Anabasis gegenübergestellt: 1. das Zitat ist in Form eines AcI in die Handlung eingebettet;66 2. das Zitat erfolgt in Form eines AcI;67 66 Vgl. ἀλλὰ λέγει Νέαρχος κέρκουρόν σφι ἕνα πλήρωμα ἔχοντα Αἰγυπτίων οὐ πόρρω τῆς νήσου ταύτης γενέσθαι ἀφανέα, καὶ ὑπὲρ τούτου τοὺς ἡγεμόνας τοῦ πλόου ἰσχυρίζεσθαι ὅτι ἄρα κατάραντες ὑπ' ἀγνοίης εἰς τὴν νῆσον γένοιντο ἀφανέες (Ind. 31,3); ἀπὸ δὲ τοῦ στόματος τοῦ Εὐφράτου ἔστε Βαβυλῶνα πλοῦν λέγει Νέαρχος σταδίους εἶναι ἐς τρισχιλίους καὶ τριακοσίους (Ind. 41,8); zusätzlich noch: Ind. 20,4; 30,2 und 40,5. mit Πτολεμαῖος δὲ ὁ Λάγου λέγει τὴν Δαρείου μητέρα δεηθῆναι ὑπὲρ αὐτῶν Ἀλεξάνδρου δοῦναί σφισι τὴν χώραν οἰκεῖν (An. 3,17,6); καὶ ἐν τῇ ἐρήμῳ ταύτῃ λέγει Ἀριστόβουλος σμύρνης πολλὰ δένδρα πεφυκέναι μείζονα ἢ κατὰ τὴν ἄλλην σμύρναν (An. 6,22,4). 67 Vgl. ὑπὸ δὲ τὴν ἕω ἐς ἄλλην νῆσον πλεύσαντες ὁρμίζονται οἰκουμένην, ἵνα καὶ μαργαρίτην θηρᾶσθαι λέγει Νέαρχος κατάπερ ἐν τῇ Ἰνδῶν θαλάσσῃ (Ind. 38,3); οὗτοι νήσους μέν τινας κατεσκέψαντο ἐν τῷ παράπλῳ κειμένας, καί που καὶ τῆς ἠπείρου τῆς Ἀραβίης προσέσχον, τὴν δὲ ἄκρην, ἥντινα καταντικρὺ τῆς Καρμανίης ἀνέχουσαν λέγει φανῆναι σφίσι Νέαρχος, οὐκ ἔστιν ὅστις ὑπερβαλὼν ἐπικάμψαι ἐς τὸ ἐπὶ θάτερα δυνατὸς ἐγένετο (Ind. 43,8f.). mit

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Die Zitate im Paráplous

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3. innerhalb des Zitats findet ein Übergang vom AcI über indirekte Rede in einen ὅτι-Satz statt;68 4. das Zitat wird in Form eines ὅτι-Satzes gegeben;69 5. das Zitat ist in Form eines ὅτι-Satzes in die Handlung eingebettet;70 6. das Zitat wird in direkter Rede gegeben und mit einem ὡς-Satz als solches kenntlich gemacht.71

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ἑβδόμη τε ἡμέρα ἤδη ἦν αὐτῷ τῆς νόσου καὶ λέγουσι τὸ μὲν στάδιον πλῆρες εἶναι (An. 7,14,1); ὡς δὲ τὸ πῦρ ἐς τὴν πυρὰν ἐνέβαλον οἷς προστεταγμένον ἦν, τάς τε σάλπιγγας φθέγξασθαι λέγει Νέαρχος, οὕτως ἐξ Ἀλεξάνδρου προστεταγμένον, καὶ τὴν στρατιὰν ἐπαλαλάξαι πᾶσαν ὁποῖόν τι καὶ ἐς τὰς μάχας ἰοῦσα ἐπηλάλαζε, καὶ τοὺς ἐλέφαντας συνεπηχῆσαι τὸ ὀξὺ καὶ πολεμικόν, τιμῶντας Κάλανον (An. 7,3,6). Vgl. κατὰ τοῦτον τὸν παράπλουν λέγει Νέαρχος ὀφθῆναι κῆτος ἐκβεβλημένον ἐς τὴν ἠιόνα, καὶ τοῦτο προσπλώσαντάς τινας τῶν ναυτῶν ἐκμετρῆσαι καὶ φάναι εἶναι πήχεων πεντήκοντα· δέρμα δὲ αὐτῷ εἶναι φολιδωτόν, οὕτω τι ἐς βάθος ἧκον ὡς καὶ ἐπὶ πῆχυν ἐπέχειν, ὄστρειά τε καὶ λοπάδας καὶ φυκία πολλὰ ἔχειν ἐπιπεφυκότα. καὶ δελφῖνας λέγει ὅτι καθορᾶν ἦν πολλοὺς ἀμφὶ τῷ κήτει (Ind. 39, 4f.). mit καὶ ταύτην τὴν ἐπιστολὴν λέγει Ἀριστόβουλος κομίσασθαι Ἀπολλόδωρον μιᾷ πρόσθεν ἡμέρᾳ ἢ τελευτῆσαι Ἡφαιστίωνα μιᾷ πρόσθεν ἡμέρᾳ ἢ τελευτῆσαι Ἡφαιστίωνα. αὖθις δὲ θύεσθαι τὸν Πειθαγόραν ἐπὶ τῷ Ἀλεξάνδρῳ γενέσθαι καὶ ἐπ' Ἀλεξάνδρῳ ἄλοβον τὸ ἧπαρ τοῦ ἱερείου … καὶ Ἀπολλόδωρόν τε λέγει ὅτι Ἀλέξανδρος ἐπῄνεσε καὶ τὸν Πειθαγόραν (An. 7,18,3f.). Vgl. ἐνθένδε καὶ ἡγεμὼν τοῦ πλόου λέγει Νέαρχος ὅτι συνέπλωσεν αὐτοῖσιν, Ὑδράκης ὄνομα, Γαδρώσιος (Ind. 27,1); καὶ ταῦτα οὐκέτι ὡσαύτως ἀτρεκέως λέγει Νέαρχος ὅτι ἔστιν οἱ ἐκφράσαι, πλήν γε δὴ τοὺς ὅρμους τε καὶ τὸ μῆκος τοῦ πλόου (Ind. 40,9). mit ἀλλὰ λέγει Πτολεμαῖος ὁ Λάγου, ὅτι Περδίκκας, προτεταγμένος τῆς φυλακῆς τοῦ στρατοπέδου σὺν τῇ αὑτοῦ τάξει καὶ τοῦ χάρακος τῶν πολεμίων οὐ πολὺ ἀφεστηκώς, οὐ προσμείνας παρ' Ἀλεξάνδρου τὸ ἐς τὴν μάχην ξύνθημα αὐτὸς πρῶτος προσέμιξε τῷ χάρακι καὶ διασπάσας αὐτὸν ἐνέβαλεν ἐς τῶν Θηβαίων τὴν προφυλακήν (An. 1,8,1); καὶ ταύτην τὴν νῆσον λέγει Ἀριστόβουλος ὅτι Ἴκαρον ἐκέλευσε καλεῖσθαι Ἀλέξανδρος ἐπὶ τῆς νήσου τῆς Ἰκάρου τῆς ἐν τῷ Αἰγαίῳ πόντῳ, ἐς ἥντινα Ἴκαρον τὸν Δαιδάλου τακέντος τοῦ κηροῦ ὅτῳ προσήρτητο τὰ πτερὰ πεσεῖν λόγος κατέχει (An. 7,20,5). Vgl. Νέαρχος … ἐκτειχίζει τὸν χῶρον λιθίνῳ τείχει … καὶ λέγει ὅτι μύας τε ἐθήρων τοὺς θαλασσίους οἱ στρατιῶται (Ind. 21,12f.); παραπλεόντων δὲ τὴν Ἰνδῶν γῆν (τὸ ἐντεῦθεν γὰρ οὐκέτι Ἰνδοί εἰσι) λέγει Νέαρχος ὅτι αἱ σκιαὶ αὐτοῖσιν οὐ ταὐτὸ ἐποίεον (Ind. 25,4); ἐνταῦθα ξένια Νεάρχῳ προσφέρουσιν οἱ κωμῆται πρόβατα καὶ ἰχθύας· καὶ τῶν προβάτων τὰ κρέα λέγει ὅτι ἦν ἰχθυώδεα, ἴσα τοῖς τῶν ὀρνίθων τῶν πελαγίων, ὅτι καὶ αὐτὰ ἰχθύων σιτέεται (Ind. 26, 7). mit ὡς δὲ σιγὴ αὖ πολλὴ ἀνὰ τὸ στρατόπεδον καὶ ἀχθόμενοι μὲν τῇ ὀργῇ αὐτοῦ δῆλοι ἦσαν, οὐ μὴν μεταβαλλόμενοι γε ὑπ' αὐτῆς, ἐνταῦθα δὴ λέγει Πτολεμαῖος ὁ Λάγου, ὅτι ἐπὶ τῇ διαβάσει οὐδὲν μεῖον ἐθύετο, θυομένῳ δὲ οὐκ ἐγίγνετο αὐτῷ τὰ ἱερά (An. 5,28,4); ἐνταῦθα καὶ τὴν Φιλώτα ἐπιβουλὴν τοῦ Παρμενίωνος ἔμαθεν Ἀλέξανδρος, καὶ λέγει Πτολεμαῖος καὶ Ἀριστόβουλος, ὅτι προσηγγελμένη ἤδη οἱ καὶ πρότερον ἐν Αἰγύπτῳ (An. 3,26,1). Vgl. ὄνομα δὲ τῷ ποταμῷ Ἄροσις, μέγιστος τῶν ποταμῶν, ὡς λέγει Νέαρχος, ὅσοι ἐν τῷ παράπλῳ τῷδε ἐμβάλλουσιν ἐς τὸν ἔξω πόντον (Ind. 39,9). mit ἀλλὰ ἔν γε τούτῳ τῷ Καυκάσῳ οὐδὲν ἄλλο ὅτι μὴ τέρμινθοι πεφύκασι καὶ σίλφιον, ὡς λέγει Ἀριστόβουλος (An. 3,28,6); ἦν δὲ τὸ ξύμπαν πλῆθος τῶν νεῶν, ὡς λέγει Πτολεμαῖος ὁ Λάγου, ᾧ μάλιστα ἐγὼ ἕπομαι, τριακόντοροι μὲν ἐς ὀγδοήκοντα, τὰ δὲ πάντα πλοῖα σὺν τοῖς ἱππαγωγοῖς τε καὶ κερκούροις καὶ ὅσα ἄλλα ποτάμια ἢ τῶν πάλαι πλεόντων κατὰ τοὺς ποταμοὺς ἢ ἐν τῷ τότε ποιηθέντων οὐ πολὺ ἀποδέοντα τῶν δισχιλίων (An. 6,2,4).

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Nachdem nun keine Unterschiede in Arrians Zitierweise in Paráplous und Anabasis festzustellen sind, wollen wir uns jetzt die Frage nach dem Inhalt stellen, d.h. welche Informationen aus dem Werk des Nearch Arrian eigentlich als Zitate kennzeichnet. Im Gegensatz zu den späteren Büchern der Anabasis finden wir im Paráplous nur wenige längere Textpassagen, die ein Zitat in indirekter Rede wiedergeben. Die meisten Zitate beschränken sich auf einen oder zwei Sätze; recht oft auch nur auf ein einzelnes Faktum. Diese kürzeren Zitate scheinen auf den ersten Blick willkürlich auf den Text des Paráplous verteilt zu sein und eher nebensächliche Information auf Nearch zurückzuführen: Mag man in der Beschreibung des Walkadavers (Ind. 39,4f.) oder den Berichten von der degoutanten Verpflegung der Flottenfahrer (Ind. 21,12f. u. 26,7) die Zitatfunktion noch damit begründen können, dass Arrian auf das Erleben des Nearch rekurriert – dann stellt sich aber dennoch die Frage, warum manche Stellen gerade als Zitat ausgewiesen werden, wohingegen thematisch gleiche Sachverhalte an anderer Stelle von Arrian in direkter Rede in die Erzählung eingewoben sind (vgl. z.B. die als Zitat kenntlich gemacht Erwähnung des Lotsen Hydrakes in Ind. 27,1 mit der des Mazenes in Ind. 37,2). Wir meinen, dass die eingestreuten, kurzen Zitate Symbolcharakter haben. Sie finden sich mit Ausnahme der sehr kurzen PasitigrisEtappe und der Karmanien-Episode, die, wie wir noch zeigen werden, eine Sonderstellung in Arrians Darstellung der Flottenfahrt einnimmt, in jeder einzelnen Fahrtetappe72 und sollen beim Leser den Eindruck erwecken, dass sich Arrian getreu an seine Quelle hält. Die Zitate greifen beispielhaft einzelne Punkte des Nearchischen Berichts auf, stehen aber stellvertretend für den gesamten Bericht: So wird zwar nur die Distanzangabe von der Euphratmündung bis nach Babylon (Ind. 41,9) dem Nearch in den Mund gelegt, jedoch bedeutet dies im Umkehrschluss, dass dem Nearch eben für alle Distanzangaben des Paráplous die Verantwortlichkeit von Arrian übertragen wird. Dasselbe gilt auch für die durch, nennen wir es: Zitatbeispiele, deutlich gemachten geographischen (Ind. 39,9), ethnographischen (Ind. 21,12ff.; 26,7), biologischen (Ind. 39,4f.) und prosopographischen (Ind. 27,1) Aspekte des Paráplous. Einige der kürzeren Zitate erfüllen aber auch bestimmte Funktionen im Text: So stellt Ind. 43,9 die thematische Verbindung der Appendix zum Paráplous her; ebenso wird mit Ind. 38,3 der Paráplous thematisch an die entsprechenden Passage der ἐκβολή (Ind. 8,8–13) geknüpft. Und schließlich ist Ind. 40,9ff. als implizite Rechtfertigung Arrians zu lesen, warum seine Darstellung ab diesem Punkt der Flottenfahrt nicht mehr so ausführlich ausfällt, wie zuvor: Und über dies, sagt Nearch, könne er nicht mehr so sichere Aussagen machen außer über die Ankerplätze und die Länge der Fahrtstrecke. Das Land habe meist eine flache Küste, und die Brandung reiche weit ins Meer hinein; daher sei es gefährlich, dort dicht unter der Küste zu ankern. So seien sie meistens auf dem offenen Meer gefahren. Sie seien aus der Flussmündung, in der sie vor der Grenze Persiens gelegen hatten, aufgebrochen und hätten für fünf Tage Wasser an Bord gebracht. Denn die Lotsen sagten, dass es kein Wasser gebe (Ind. 40,9ff.). Neben den kürzeren Zitaten finden wir im Paráplous aber auch zwei Passagen, in denen eine zitatabhängige indirekte Rede über eine längere Strecke beibehalten wird (Ind. 30) bzw. ein Wechsel von indirekter zu direkter und erneut zu indirekter Rede (Ind. 31) erfolgt. Es handelt sich um das Zusammentreffen der Flotte mit den Walen und die Geschehnisse im Zusammen72 Arabiten-Etappe: Ind. 21,12f.; Oreiten-Etappe: Ind. 25,4ff.; Fischesser-Etappe: Ind. 26,7; 27,1; PersienEtappe: Ind. 38,3; 39,4f.u.9; 40,5; Susien-Etappe: Ind. 40,9ff.; 41,9.

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Die Zitate im Paráplous

hang mit der Insel Nosala, die von Arrian, wie bereits erwähnt, aus dem chronologischen Erzählzusammenhang der Fischesser-Etappe ausgegliedert und an diese exkursartig angehängt wurden.73 Beide Ereignisse werden auch von Strabon, der dazu ebenfalls das Werk des Nearch als Quelle benutzt hat, in seiner Geographie wiedergegeben.74 Somit haben wir, ohne dass wir die Originalschrift Nearchs besitzen, dennoch die Möglichkeit, durch einen Vergleich zwischen Arrian und Strabon Erkenntnisse über die Zitierweise unseres Autors zu erlangen. Indiké

Geographie

(1) Κήτεα δὲ μεγάλα ἐν τῇ ἔξω θαλάσσῃ βόσκεται, καὶ ἰχθύες πολὺ μέζονες ἢ ἐν τῇδε τῇ εἴσω.

(11) καὶ μικρὸν ὕστερον οἱ περὶ Νέαρχον εἰσέπλεον εἰς τὸν Περσικὸν κόλπον πολλὰ ταλαιπωρήσαντες διὰ τε τὴν ἄλλην ταλαιπωρίαν καὶ τὰ μεγέθη τῶν κητῶν. (12) εἰκὸς μὲν οὖν πρὸς ὑπερβολὴν ἠδολεσχηκέναι πολλὰ τοὺς πλεύσαντας· ὅμως δ' οὖν εἰρήκασι παραδηλοῦντες ἅμα καὶ τὸ παραστὰν αὐτοῖς πάθος, διότι προσδοκία μᾶλλον ἢ κίνδυνος ὑπῆρχε τοῖς ἀήθεσι. τὸ δὲ μάλιστα ταράττον φυσητήρων ‹ἦν› μεγέθη ῥοῦν ἀπεργαζομένων μέγαν ἀθρόον καὶ ἀχλὺν ἐκ τῶν ἀναφυσημάτων,

(2) καὶ λέγει Νέαρχος, ὁπότε ἀπὸ Κυΐζων παρέπλεον, ὑπὸ τὴν ἕω ὀφθῆναι ὕδωρ ἄνω ἀναφυσώμενον τῆς θαλάσσης οἷά περ ἐκ πρηστήρων βίᾳ ἀναφερόμενον, (3) ἐκπλαγέντας δὲ σφᾶς πυνθάνεσθαι τῶν κατηγεομένων τοῦ πλόου ὅ τι εἴη καὶ ἀπ' ὅτου τὸ πάθημα· τοὺς δὲ ὑποκρίνασθαι ὅτι κήτεα ταῦτα φερόμενα κατὰ τὸν πόντον ἀναφυσᾷ ἐς τὸ ἄνω τὸ ὕδωρ. καὶ τοῖσι ναύτῃσιν ἐκπλαγεῖσιν ἐκ τῶν χειρῶν τὰ ἐρετμὰ ἐκπεσεῖν, (4) αὐτὸς δὲ ἐπιὼν παρακαλεῖν τε καὶ θαρσύνειν, καὶ κατ' οὕστινας παραπλέων ἐγένετο, ἐς μέτωπόν τε κελεῦσαι καταστῆσαι ὡς ἐπὶ ναυμαχίῃ τὰς νέας, καὶ ἐπαλαλάζοντας ὁμοῦ τῷ ῥοθίῳ πυκνήν τε καὶ ξὺν κτύπῳ πολλῷ τὴν εἰρεσίην ποιέεσθαι. (5) οὕτως ἀναθαρσήσαντας ὁμοῦ δὴ πλέειν ἀπὸ ξυνθήματος. ὡς δὲ ἐπέλαζον ἤδη τοῖσι θηρίοισιν, ἐνταῦθα αὐτοὺς μὲν ὅσον αἱ κεφαλαὶ αὐτοῖσιν ἐχώρεον ἐπαλαλάξαι, τὰς δὲ σάλπιγγας σημῆναι, καὶ τὸν κτύπον ἀπὸ τῆς εἰρεσίης ὡς ἐπὶ μήκιστον κατασχεῖν. (6) οὕτω δὴ ὁρώμενα ἤδη κατὰ τὰς πρῴρας τῶν νεῶν τὰ κήτεα ἐς βυθὸν δῦναι ἐκπλαγέντα, καὶ οὐ πολλῷ

ὥστε τὰ πρὸ ποδῶν μέρη μὴ ὁρᾶσθαι· ἐπεὶ δ' οἱ καθηγεμόνες τοῦ πλοῦ δεδιότων ταῦτα τῶν ἀνθρώπων, τὴν δ' αἰτίαν οὐχ ὁρώντων, ἐμήνυσαν ὅτι θηρία εἴη,

τάχα δ' ἀπαλλάττοιτο σάλπιγγος ἀκούσαντα καὶ κρότου, ἐκ τούτου Νέαρχος ταῖς ναυσὶν ἐπῆγε μὲν τὸ ῥόθιον καθ' ἅπερ ἐκώλυον καὶ ἅμα ταῖς σάλπιγξιν ἐφόβει· τὰ δὲ θηρία ἔδυνεν, εἶτ'

73 Das Zusammentreffen mit den Walen fand, wie Arrian mit Bezugnahme auf Nearch in Ind. 30,2 mitteilt, nach Verlassen von Kyiza statt (Ind. 29,1). Die Angaben zum Zeitpunkt, als die Insel Nosala angesteuert wurde, sind dagegen weniger präzise: εὖτε παρέπλεον τὴν χώρην τῶν Ἰχθυοφάγων (Ind. 31,1). 74 Dass Strabon in diesen Passagen ebenfalls Nearch als Quelle benutzt hat, hat Fränkel, 1883, 349 aufgezeigt.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

ὕστερον κατὰ τὰς πρύμνας ἀναδύντα ἀνασχεῖν καὶ τῆς θαλάσσης αὖθις ἀναφυσῆσαι ἐπὶ μέγα. (7) ἔνθεν κρότον τε ἐπὶ τῇ παραλόγῳ σωτηρίᾳ γενέσθαι τῶν ναυτέων, καὶ αἶνον ἐς τὸν Νέαρχον τῆς τε τόλμης καὶ τῆς σοφίης. (8) τούτων μετεξέτερα τῶν κητέων ἐποκέλλειν πολλαχοῦ τῆς χώρης, ἐπειδὰν ἀνάπωτις κατάσχῃ, ἐν τοῖσι βράχεσιν ἐχόμενα, τὰ δὲ καὶ ὑπὸ χειμώνων σκληρῶν ἐς τὴν χέρσον ἐξωθέεσθαι, καὶ οὕτω δὴ καὐτὰ σηπόμενα ἀπόλλυσθαί τε καὶ τὰς σάρκας αὐτοῖσι περιρρεούσας ὑπολείπειν τὰ ὀστέα χρῆσθαι τοῖσιν ἀνθρώποισιν ἐς τὰ οἰκία. (9) εἶναι ὦν τὰ μὲν ἐν τῇσι πλευρῇσιν αὐτῶν ὀστέα δοκοὺς τοῖσιν οἰκήμασιν ὅσα μεγάλα, τὰ δὲ μικρότερα στρωτῆρας· τὰ δὲ ἐν τῇσι σιαγόσι, ταῦτα δὲ εἶναι τὰ θύρετρα, οἷα δὴ πολλῶν καὶ εἰς εἴκοσι καὶ πέντε ὀργυιὰς ἀνηκόντων τὸ μέγεθος. (Ind. 30)

ἀνεφαίνετο κατὰ πρύμναν, ὥστε ναυμαχίας ἀγωνίαν παρεῖχεν, ἀλλ' αὐτίκα ἀφίστατο. (13) λέγουσι μὲν οὖν καὶ οἱ νῦν πλέοντες εἰς Ἰνδοὺς μεγέθη θηρίων καὶ ἐπιφανείας, ἀλλ' οὔτε ἀθρόων οὔτ' ἐπιφερομένων πολ-λάκις, ἀλλ' ἀποσοβηθέντα τῇ κραυγῇ καὶ τῇ σάλπιγγι ἀπαλλάττεσθαι.

(1) Große Wale leben im Ozean und Fische, die viel größer sind als im Mittelmeer. (2) Und Nearch berichtet, dass sie, nachdem sie von Kyiza abgefahren waren, bei Tagesanbruch gesehen hätten, wie Wasser aus dem Meere nach oben geblasen wurde, wie durch die Gewalt einer Windhose hochgerissen. (3) Als sie erschrocken die Lotsen gefragt hätten, was das sei und wodurch diese Erscheinung entstehe, hätten diese geantwortet, dass Wale bei der Wanderung durch das Meer Wasser nach oben bliesen. Den erschreckten Seeleuten seien die Ruder aus den Händen gefallen; (4) er selbst sei herangefahren, habe ihnen gut zugeredet und sie ermutigt. Und allen, an denen er vorbeigefahren sei, habe er befohlen, die Schiffe wie zu einer Seeschlacht in eine Front zu bringen, zugleich mit dem Lärm der Ruder ein Kriegsgeschrei anzustimmen und schnell und mit kräftigem Schlag zu rudern. (5) So ermutigt, seien sie zugleich auf ein Signal hin gefahren. Als sie sich schon den Tieren näherten, da hätten sie nach besten Kräften ein Kriegsgeschrei angestimmt, die Trompeten geblasen und mit einem möglichst weithin hörbaren Schlag gerudert. (6) So seien die

(11) Und etwas später fuhr auch Nearchos mit seinen Leuten in den Persischen Golf ein; sie hatten viel ausgestanden, abgesehen von allem übrigen besonders durch die riesenhaften Meeresungeheuer. (12) Nun wird zwar natürlich die Schiffsmannschaft im Schwadronieren Vieles übertrieben haben; trotzdem lassen ihre Erzählungen auf jeden Fall zugleich auch den Gemütszustand durchblicken in den sie versetzt wurden, nämlich dass es sich bei ihnen, nicht vertraut mit dergleichen wie sie waren, mehr um bange Erwartung als um Gefahr handelte. Was sie am meisten erschreckte waren riesige Blaswale, die plötzlich eine starke Strömung und durch ihre Fontänen einen solchen Nebel erzeugten dass man nicht sehen konnte was man vor sich hatte. Aber nachdem die Lotsen der Fahrt den Leuten, die sich davor fürchteten und die Ursache nicht sahen, eröffnet hatten dass es Tiere seien und dass sie sich bald entfernen würden wenn sie Trompetenschall und Klatschen hörten, seitdem steuerte Nearchos die rauschenden Schiffe jedesmal dorthin wo sie den Weg versperrten und schreckte sie gleichzeitig mit den Trompeten; worauf die Tiere untertauchten und dann

φασὶ δ' αὐτὰ μὲν μὴ πλησιάζειν ἂν τῇ γῇ, τὰ δ' ὀστᾶ διαλυθέντων ψιλωθέντα ἐκκυμαίνεσθαι ῥᾳδίως καὶ χορηγεῖν τὴν λεχθεῖσαν ὕλην τοῖς Ἰχθυοφάγοις πρὸς τὰς καλυβοποιίας. μέγεθος δὲ τῶν κητῶν φησιν ὁ Νέαρχος τριῶν καὶ εἴκοσιν ὀργυιῶν. (Strab. geogr. 15,2,11ff.)

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Die Zitate im Paráplous

schon vor dem Bug der Schiffe sichtbaren Wale erschreckt in die Tiefe getaucht. Kurz darauf seien sie am Heck wieder empor getaucht und hätten wiederum gewaltig Meerwasser ausgeblasen. (7) Daraufhin seien die Soldaten wegen der unerwarteten Rettung in Beifall ausgebrochen zum Lobe des Mutes und der Klugheit des Nearch. (8) An vielen Orten der Küste seien einige Wale gestrandet, wenn sie von der Ebbe in einer Untiefe überrascht würden, andere würden von heftigen Stürmen gegen das Festland getrieben. Dann stürben und verfaulten sie. Wenn das Fleisch verwest und die Knochen allein übrig seien, würden sie die Menschen zum Hausbau verwenden. (9) Die Rippen, soweit sie groß seien, dienten als Balken für Häuser, die kleineren als Dachsparren. Die Kieferknochen würden als Türen verwendet, da von den Walen viele bis 25 Klafter lang sind.

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hinter den Schiffen wieder erschienen, so dass sie die Spannung einer Seeschlacht hervorriefen; aber gleich danach ließen sie ab. (13) Auch die heute nach Indien Schiffenden sprechen von riesigen Tieren und ihrem Auftauchen, doch träten sie weder in Mengen auf noch kämen sie oft heran, sondern zögen ab wenn man sie mit Geschrei und der Trompete verjage. Von sich aus, sagen sie, würden sie nicht in die Nähe des Landes kommen, aber wenn sie verwest seien, spülten ihre nackten Knochen leicht an und lieferten den Fischessern das besagte Material für den Hüttenbau. Als Größe der Ungeheuer gibt Nearchos dreiundzwanzig Klafter an. (Übersetzung: Radt)

Die wenigen wortwörtlichen Übereinstimmungen beider Versionen wurden von uns hervorgehoben. Jedoch kommt es uns bei unserem Vergleich nicht darauf an, welche Vokabeln jeweils Verwendung gefunden haben, sondern wie von beiden Autoren ein und dieselbe Situation unterschiedlich dargestellt wird. Im Unterschied zu Arrian bringt Strabon die Geschichte in dem Moment, als die Flotte den Persischen Golf erreicht, als Rückblick auf die Beschwerlichkeiten, denen sie zuvor ausgesetzt war. Bevor die eigentliche Darstellung des Zusammentreffens mit den Walen beginnt, äußert Strabon in einem Kommentar, dass in Seemannsgarn Gefahren zwar gerne übertrieben würden, die Situation selbst aber weniger perikulös gewesen sei als in ihrer Antizipation. Als sich die Wege von Flotte und Walen überschneiden, schildert Strabon die Furcht der Seeleute vor dem Blasen der großen Menge Wale, das ihnen sogar die Sicht versperre. Die mitfahrenden Lotsen erklären die Situation und geben einen Lösungsvorschlag, der anschließend von Nearch umgesetzt wird: Mit Trompeten und Lärm werden die Tiere verscheucht. Die Wale lassen sich, wie von den Lotsen vorhergesagt, schnell vertreiben, tauchen ab und hinter den Schiffen wieder auf. Dabei entsteht der Eindruck, dass wie in einer Seeschlacht die Linie der eigenen Schiffe vom Gegner durchbrochen worden sei und der Kampf nun am ungeschützten Heck stattfinden werde. Jedoch ziehen die Wale sofort weiter – die Gefahr ist gebannt. Bis auf εἶτ' ἀνεφαίνετο κατὰ πρύμναν, ὥστε ναυμαχίας ἀγωνίαν παρεῖχεν, ἀλλ' αὐτίκα ἀφίστατο wird in Strabons Darstellung keinerlei Spannung erzeugt. Vielmehr sei sogar, so Strabon, das Verscheuchen der Wale mit Lärm und Trompetenschall auch zu seiner Zeit noch das gängige Mittel; große Walgruppen, wie – so ergänzen wir − Nearch sie beschrieben hat, würden allerdings nicht beobachtet. Strabons Bericht endet mit einem knappen Verweis auf die Nutzung angespülter Walknochen durch die Fischesser zum Bau ihrer Hütten und einer Größenangabe der Wale, die sich auf Nearch stützt. (Warum diese von der bei Arrian gegebenen abweicht, muss offen bleiben: An eine Übertreibung Arrians dürfte bei einem Unterschied von knapp zwei Metern im

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Hinblick auf die Gesamtgröße der Wale wohl nicht zu denken sein.) Die Version Strabons scheint im Ganzen recht sachlich das wiederzugeben − und teilweise zu kritisieren −, was der Geograph bei Nearch vorgefunden haben dürfte. Einen triftigen Grund, seine Vorlage umzuarbeiten, dürfte es für Strabon im Rahmen seiner Geographie wahrscheinlich nicht gegeben haben.75 Bei Arrian dagegen finden wir dasselbe Ereignis in anderer Darstellung. Auch hier trifft die Flotte auf die Wale und deren Blasen erschreckt die Seeleute. Die Lotsen werden befragt und nennen den Grund für dieses Geschehen. Der entscheidende Unterschied im Vergleich zu Strabons Version liegt darin, dass Arrian den Lösungsvorschlag der Lotsen nicht erwähnt. In der Szene wird so Spannung76 aufgebaut: Nach der Befragung der Lotsen steigert sich noch einmal die Angst in der Flotte; die Seeleute lassen erschrocken die Ruder fallen. Nearch dagegen wird in Arrians Version nun als furchtloser Anführer präsentiert, der todesmutig der Gefahr entgegenfährt und dabei seinen Untergebenen Mut zuspricht. Er lässt die Schiffe sich ἐπὶ ναυμαχίῃ aufstellen und mit Ruderlärm, Trompetenschall und Kriegsgeschrei, wie in einem Seekriegsmanöver gegen einen Feind, schnell vorrücken. Die Spannung erreicht damit ihren Höhepunkt: Der Ausgang dieser Aktion ist für den Leser, anders als in der Version Strabons, unvorhersehbar. Die Wale, die schon direkt vor dem Bug der Schiffe sind, erschrecken und tauchen ab. Am Heck tauchen sie zwar wieder auf und blasen erneut – doch die Gefahr ist gebannt. Nearchs Mut und Klugheit wird von der Mannschaft daraufhin mit κρότος belohnt. Arrians Darstellung der Begegnung mit den Walen ist also allein darauf zugeschnitten, Nearch als fähigen Flottenkommandanten zu präsentieren, der in einer gefährlichen Situation schnell die Lösung für ein akutes Problem findet und auch umsetzt. Obwohl doch beide Versionen im Kern identisch sind, setzt Arrian andere Schwerpunkte als Strabon und erschafft durch geschickte Auslassung und gezielte Umstellung weniger Elemente eine ganz anders geartete Szene.77 Ähnliches können wir auch bei der Darstellung der Geschehnisse im Zusammenhang mit der Insel Nosala beobachten:

75 Vgl. auch Stadter, 1980, 127f. 76 Da dem Leser bereits aus der Anabasis bekannt ist, dass Nearch und die Flotte wohlbehalten in Susa ankommen, handelt es sich hier, genau genommen, um eine „Wie-Spannung“ („Auf welchem Weg kommt dieses Ende zustande?“); vgl. Pausch, 197. ‒ In der philologischen Forschung ist die Erzeugung von Spannung als literarische Strategie zumindest im Bereich der Historiographie bis dato nur partiell und beschränkt auf einzelne Autoren (v.a. Thukydides und Herodot) untersucht worden (vgl. Pausch, 191). Umso nützlicher ist somit die Arbeit zur Leserlenkung bei Livius von Pausch, der die Einzelstudien zusammenträgt, sich intensiv mit deren Erkenntnissen auseinandersetzt und auf Livus überträgt. Pausch unterscheidet ‒ jeweils mit Unterkategorien ‒ drei narrative Strategien zur Erzeugung von Spannung: 1. durch Retardation (200–209), 2. durch Empathie (209–223) und 3. durch Antizipation (223–248). Was die Spannungserzeugung bei Arrian betrifft, so bedürfte es einer eigenständigen Aufarbeitung; in Anbetracht unserer Forschungsfrage kann diese Thematik hier allerdings nur angerissen werden. Es ist festzustellen, dass sowohl in der Anabasis als auch in der Indiké die drei von Pausch beschriebenen narrativen Strategien Anwendung finden: 1. z.B. An. 1,22,7; Ind. 35 (s. unten S. 230), 2. beispielsweise An. 1,23,1ff.; Ind. 35,2f. sowie 3. z.B. An. 7,20 und Ind. 43 (s. unten S. 179– 187). Wie es Pausch für Livius gezeigt hat, so strebt auch Arrian durch die Erzeugung von Spannung „eine möglichst starke Involvierung des Lesers in die Handlung und den Fortgang des Textes an“ (Pausch, 71). Auch Arrians Darstellung zielt „auf die momentane Suspendierung des Vorwissen des Rezipienten, um ihn auf diese Weise zu einer engagierten Form der Lektüre und damit zugleich zur intensiveren Wahrnehmung der dargestellten Ereignisse zu animieren“ (Pausch, 199). 77 Vgl. auch Stadter, 1980, 127f.

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Die Zitate im Paráplous

Indiké

Geographie

(1) εὖτε δὲ παρέπλεον τὴν χώρην τῶν Ἰχθυοφάγων, λόγον ἀκούουσι περὶ νήσου τινός, ἣ κεῖται μὲν ἀπέχουσα τῆς ταύτῃ ἠπείρου σταδίους ἐς ἑκατόν, ἐρήμη δέ ἐστιν οἰκητόρων. (2) ταύτην ἱρὴν Ἡλίου ἔλεγον εἶναι οἱ ἐπιχώριοι καὶ Νόσαλα καλέεσθαι, οὐδέ τινα ἀνθρώπων καταίρειν ἐθέλειν ἐς αὐτήν· ὅστις δ' ἂν ἀπειρίῃ προσχῇ, γίνεσθαι ἀφανέα. (3) ἀλλὰ λέγει Νέαρχος κέρκουρόν σφι ἕνα πλήρωμα ἔχοντα Αἰγυπτίων οὐ πόρρω τῆς νήσου ταύτης γενέσθαι ἀφανέα, καὶ ὑπὲρ τούτου τοὺς ἡγεμόνας τοῦ πλόου ἰσχυρίζεσθαι ὅτι ἄρα κατάραντες ὑπ' ἀγνοίης εἰς τὴν νῆσον γένοιντο ἀφανέες. (4) Νέαρχος δὲ πέμπει κύκλῳ περὶ τὴν νῆσον τριηκόντορον, κελεύσας μὴ κατασχεῖν μὲν ἐς τὴν νῆσον, ἐμβοᾶν δὲ τοῖς ἀνθρώποις ὡς μάλιστα ἐν χρῷ παραπλέοντας, καὶ τὸν κυβερνήτην ὀνομάζοντας καὶ ὅτου ἄλλου οὐκ ἀφανὲς τὸ οὔνομα. (5) ὡς δὲ οὐδένα ὑπακούειν, τότε δὲ αὐτὸς λέγει πλεῦσαι ἐς τὴν νῆσον καὶ κατασχεῖν δὴ προσαναγκάσαι τοὺς ναύτας οὐκ ἐθέλοντας, καὶ ἐκβῆναι αὐτὸς καὶ ἐλέγξαι κενὸν μῦθον ἐόντα τὸν περὶ τῆς νήσου λόγον. (6) ἀκοῦσαι δὲ καὶ ἄλλον λόγον ὑπὲρ τῆς νήσου ταύτης λεγόμενον … (9) καὶ ταῦτα ὅτι ψεύδεα ἐξελέγχει Νέαρχος. (Ind. 31,1–6 u. 9)

πιστευθέν δέ τι ἱκανῶς ὑπὸ τῶν ἐν τῷ στόλῳ φησὶν ὁ Νέαρχος ἐξελέγξαι ψεῦδος ὄν,

(1) Als sie am Lande der „Fischesser" vorbeifuhren, hörten sie einen Bericht über eine Insel, die dort etwa 100 Stadien vom Festland entfernt liegt und nicht bewohnt wird. (2) Die Bewohner des Landes sagten, sie sei dem Helios heilig und heiße Nosala. Kein Mensch wolle dort an Land gehen; wer sie jedoch aus Unkenntnis betrete, werde unsichtbar. (3) Nearch berichtet, ein Boot mit einer ägyptischen Besatzung sei nicht weit von der Insel verschwunden. Und dazu versicherten die

ὡς εἴη τις ἐν τῷ πόρῳ νῆσος ἣ ἀφανίζοι τοὺς προσορμισθέντας. κέρκουρον γάρ τινα πλέοντα, ἐπειδὴ κατὰ τὴν νῆσον ταύτην ἐγεγόνει, μηκέτι ὁραθῆναι,

πεμφθέντας δέ τινας ἐπὶ τὴν ζήτησιν ἐκβῆναι μὲν μὴ θαρρεῖν εἰς τὴν νῆσον, ἐκπλέοντας δ' ἀνακαλεῖν κραυγῇ τοὺς ἀνθρώπους, μηδενὸς δ' ὑπακούοντος ἐπανελθεῖν. ἁπάντων δ' αἰτιωμένων τὴν νῆσον αὐτὸς ἔφη πλεῦσαι καὶ προσορμισθεὶς ἐκβῆναι μετὰ μέρους τῶν συμπλευσάντων καὶ περιελθεῖν τὴν νῆσον· ὡς δ' οὐδὲν εὕρισκεν ἴχνος τῶν ζητουμένων, ἀπογνόντα ἐπανελθεῖν καὶ διδάξαι τοὺς ἀνθρώπους ὡς ἡ μὲν νῆσος ψευδῆ τὴν αἰτίαν ἔχοι −καὶ γὰρ αὐτῷ καὶ τοῖς συνεκβᾶσιν ὁ αὐτὸς ὑπάρξαι φθόρος−, ἄλλος δέ τις τῷ κερκούρῳ τρόπος τοῦ ἀφανισμοῦ συμβαίη, μυρίων ὄντων δυνατῶν. (Strab. geogr. 15,2,13) Eine Sache die von der Flottenmannschaft weitgehend geglaubt wurde, sagt Nearchos, habe er als Täuschung entlarvt, nämlich dass es auf der Strecke eine Insel gebe die die bei ihr Anlegenden verschwinden lasse. Ein Frachter nämlich war, nachdem er auf die Höhe dieser Insel gekommen war, nicht mehr gesehen worden, und auf die Suche geschickte Leute hatten es zwar nicht gewagt Fuß auf die Insel zu setzen, waren aber ganz an ihr entlang gefahren, hatten die Leute laut schreiend gerufen und

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Lotsen, dass sie bei ihrer Landung aus Unkenntnis verschollen seien. (4) Nearch schickte nun einen Dreißigruderer im Kreis um die Insel herum und befahl, nicht zu landen, sondern nach den Menschen zu rufen, indem sie möglichst nahe vorbeiführen und den Steuermann und andere, deren Namen bekannt waren, beim Namen zu rufen. (5) Als niemand antwortete, sei er selbst zur Insel gefahren, wie er berichtet, und habe die Seeleute gegen ihren Willen zu landen gezwungen. Dann sei er selbst an Land gegangen und habe das Gerücht über die Insel als leeres Geschwätz erwiesen. (6) Er habe weiterhin noch einen anderen Bericht über diese Insel gehört … (9) Dass dies Lügen sind, hat Nearch nachgewiesen.

waren, als niemand antwortete, wieder zurückgekehrt. Als Alle der Insel die Schuld gaben, sei er selber hingefahren, mit einem Teil der Mannschaft an Land gegangen und habe die Runde um die Insel gemacht; als er keine Spur von den Gesuchten fand, habe er die Suche aufgegeben, sei zurückgekehrt und habe den Leuten klargemacht dass die Insel zu Unrecht beschuldigt werde ‒ sonst hätte ja ihn selber und die mit an Land Gegangenen dasselbe Verderben getroffen ‒ und der Frachter auf eine andere Art verschwunden sei, wofür es Tausende von Möglichkeiten gebe. (Übersetzung: Radt)

Strabons Version beginnt mit dem Ergebnis der Untersuchung der Insel durch Nearch: Er habe den Glauben der Seeleute, dass diejenigen, die vor der Insel ankerten, unsichtbar würden, als falsch nachgewiesen. Erst im Anschluss daran stellt Strabon dar, wie es dazu kam: Ein Boot, das an der Insel vorbeigefahren sei, sei nicht mehr zu sehen gewesen. Daraufhin wird eine Suchmannschaft ausgeschickt, die zur Insel fährt, aber diese nicht zu betreten wagt. Nachdem die Rufe der Suchmannschaft unbeantwortet geblieben sind, kehrt diese zurück. Die Seeleute in der Flotte geben der Insel die Schuld am Verschwinden des Bootes, woraufhin Nearch selbst die Insel ansteuert und mit Teilen seiner Mannschaft anlandet. Sie durchstreifen die Insel, finden aber keine Spuren der gesuchten Seeleute und brechen die Suche ab. Nach der Rückkehr zur Flotte gibt Nearch den Seeleuten zu verstehen, dass die Insel nichts mit dem Verschwinden des Bootes zu tun habe, da ja sonst auch er und seine Mannschaft verschwunden wären; aus irgendeinem anderen Grund sei das Boot verschwunden – der Möglichkeiten gäbe es viele. Strabons Version ist ein nüchterner Faktenbericht; das Hauptaugenmerkt liegt auf der Suchexpedition, die letztendlich erfolglos bleibt. Die Widerlegung der um diese Insel kreisenden Legende resultiert aus der unbeschadeten Rückkehr Nearchs von der Exkursion auf der Insel.78 Arrians Version ist eine andere. Zu Beginn seines Berichts wird die Insel und die mit ihr in Zusammenhang stehende Legende eingeführt. Ein Boot mit ägyptischer Besatzung, das in der Nähe der Insel vorbeifährt, verschwindet. Dafür wird von den mit der Flotte fahrenden Lotsen die Insel verantwortlich gemacht. Nearch entsendet daraufhin eine Rettungsexpedition, die die Insel nicht betreten, sondern lediglich umfahren und währenddessen nach den Vermissten rufen soll. Als die Rufe kein Gehör gefunden haben, bricht Nearch selbst zur Insel auf, zwingt seine Mannschaft anzulanden und betritt das Eiland. Nichts passiert – Nearch hat die Legende widerlegt. Arrians Version hat einen anderen Fokus als die Strabons: Es wird Spannung erzeugt, indem dem Leser zu Beginn des Berichts die Legende um Nosala geliefert wird und bis zum Betreten derselben durch Nearch der Ausgang offen bleibt. Das diese Insel umgebende Mysterium wird 78 Vgl. auch Stadter, 1980, 128.

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Die Zitate im Paráplous

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zudem von Arrian auf knappstem Raum in dreifacher Wiederholung, jeweils am Ende eines Satzes bzw. Teilsatzes, maximiert: γίνεσθαι ἀφανέα / γενέσθαι ἀφανέα / γένοιντο ἀφανέες. Der Leser erfährt nichts darüber, was Nearch auf der Insel gemacht hat; allein dessen Rückkehr und die Widerlegung der Legende sind entscheidend. Und hierin besteht auch der größte Unterschied zur Version Strabons: Während dort die Widerlegung der Legende aus der Suchexpedition resultiert, lässt Arrian den Nearch gerade deswegen die Insel betreten, um die Legende als falsch nachzuweisen. Hatte Arrian zuvor in der Walepisode Nearch als mutigen und tatkräftigen Flottenkommandanten präsentiert, so zeichnet er von ihm hier das Bild eines rational agierenden Anführers, der sich vom Aberglauben der Untergebenen nicht beeinflussen lässt.79 Im Anschluss an den zweiten λόγος, der in Arrians Darstellung mit der Insel Nosala in Verbindung gebracht wird, schreibt Arrian: καὶ ταῦτα ὅτι ψεύδεα ἐξελέγχει Νέαρχος, οὐκ ἐπαινῶ αὐτὸν ἔγωγε τῆς σχολῆς τε καὶ σοφίης, οὔτε κάρτα χαλεπὰ ἐξελεγχθῆναι ἐόντα, ταλαίπωρόν τε ὂν γιγνώσκων τοὺς παλαιοὺς λόγους ἐπιλεγόμενον ἐξελέγχειν ὄντας ψευδέας (Ind. 31,9). Ich lobe ihn jedoch nicht wegen seines Zeitaufwands und seines Scharfsinns, denn das war nicht sonderlich schwierig nachzuweisen. Die alten Erzählungen bewusst zu sammeln, um sie als Lügen zu erweisen, ist nach meiner Meinung müßig. Hier handelt es sich allerdings nicht um einen Tadel, wie wir ihn in der Anabasis z.B. für die Schmähreden des Kleitos finden: οὐδὲ ἐγὼ ἐπαινῶ τὸν λόγον, ἀλλὰ ἱκανὸν γὰρ εἶναι τίθεμαι ἐν τοιᾷδε παροινίᾳ τὸ καθ' αὑτὸν σιγῶντα ἔχειν μηδὲ τὰ αὐτὰ τοῖς ἄλλοις ἐς κολακείαν πλημμελεῖν (An. 4,8,5). Und auch ich kann sie nicht loben, sondern meine, es wäre gescheiter gewesen, in der allgemeinen Trunkenheit zu schweigen und nicht in gleicher Weise wie die anderen mit ihrer Schmeichelei zu entgleisen. In der Anabasis lobt und tadelt Arrian nämlich ausschließlich das Handeln von Akteuren: Nur Alexander oder Personen, die in einem bestimmten Moment der Darstellung eine wichtige Rolle in Bezug auf Alexander einnehmen, erfahren dort anerkennende oder kritisierende Kommentare durch Arrian.80 Hier in Ind. 31,9 allerdings scheint uns οὐκ ἐπαινῶ αὐτὸν aber nicht auf den Akteur Nearch gesagt zu sein. So steht καὶ ταῦτα ὅτι ψεύδεα ἐξελέγχει Νέαρχος auf der gleichen syntaktischen Ebene wie λέγει Νέαρχος in Ind. 31,2 und λέγει in Ind. 31,5 und bildet nach der von den Verba des Sagens abhängigen indirekten Rede den Abschluss von Arrians Referat des Nearchischen Textes; οὐκ ἐπαινῶ αὐτὸν zielt also auf den Schriftsteller Nearch, worauf nicht zuletzt auch der Gebrauch von σχολή hinweist. Einen Tadel sehen wir allerdings in οὐκ ἐπαινῶ auch nicht.81 Der modus comparandi in Arrians Kommentar ist doch in der Quantität der Wider79 Vgl. auch Stadter, 1980, 128. 80 Siehe auch oben S. 41, Fußnote 78. 81 Zum Vergleich: In der Anabasis findet der Tadel Arrians nicht durch die einfache Litotes οὐκ ἐπαινῶ statt, sondern in Form von adverbialer Verneinung (οὐδαμῇ ἐπαινῶ), durch μέμφομαι oder οὐκ ἔχω ἐπαινέσαι. Dort, wo wir οὐκ ἐπαινῶ finden (An. 4,7,4; 4,8,5), werden direkt im Anschluss daran von Arrian mit ἀλλά die Gründe angeführt, die den Tadel einer bestimmten Verhaltensweise evozieren („Ich kann nicht loben, sondern halte es für…“). Nur in An. 6,30,1 finden wir die einfache Litotes ohne Ergänzung: ἔνθεν δὲ ἐς τὰ βασίλεια ᾔει

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

legungen zu sehen: Während Nearch eben nur die Legende um die Insel Nosala falsifiziert hat, stellt der Kampf gegen die Legenden(-bildung) das Zentrum von Arrians schriftstellerischem Schaffen in Anabasis und Indiké dar. Insoweit sollte hier οὐκ ἐπαινῶ αὐτὸν nicht als Tadel an Nearch, sondern als bloße Feststellung Arrians, die überdies die eigenen Leistung herausstreicht, gewertet werden; in der deutschen Übersetzung böte sich ein phraseologisches Modalverb an: „Nearch kann kein Lob dafür erwarten.“ Warum aber die Äußerung Arrians an dieser Stelle erfolgt, kann mit einem Blick auf die Darstellung der Geschehnisse in Zusammenhang mit der Insel Nosala bei Strabon erschlossen werden. Dieser hatte gleich zu Beginn die Widerlegung der Legende durch Nearch thematisiert. Das scheint demnach auch der zentrale Punkt in Nearchs Schrift gewesen zu sein, der höchstwahrscheinlich mit einer Prise Eigenlob seitens Nearch versehen war. Um noch weitere Erkenntnisse über Arrians Quellennutzung zu erhalten, bietet sich ein Vergleich von Ind. 32,6–13 mit der Doublette An. 7,20,8ff. an. In beiden Varianten wird von Arrian auf Basis des Nearchischen Berichts die Auseinandersetzung des Flottenkommandanten mit Onesikritos am Kap Maketa thematisiert: Indiké

Anabasis

(6) καὶ καθορῶσιν ἄκρην μακρὴν ἀνέχουσαν ἐπὶ πολλὸν ἐς τὸ πέλαγος· ἀπέχειν δὲ ἐφαίνετο ἡ ἄκρη πλόον ὡς ἡμέρης. (7) καὶ οἱ τῶν χώρων ἐκείνων δαήμονες τῆς Ἀραβίης ἔλεγον τὴν ἀνίσχουσαν ταύτην ἄκρην, καλέεσθαι Μάκετα· ἔνθεν τὰ κιννάμωμά τε καὶ ἄλλα τοιουτότροπα ἐς Ἀσσυρίους ἀγινέεσθαι. (8) καὶ ἀπὸ τοῦ αἰγιαλοῦ τούτου, ἵναπερ ὁ στόλος ἐσάλευε, καὶ τῆς ἄκρης, ἥντινα καταντικρὺ ἀφεώρων ἀνέχουσαν ἐς τὸ πέλαγος, ὁ κόλπος – ἐμοί τε δοκεῖ καὶ Νεάρχῳ ὡσαύτως ἐδόκεεν – ἐς τὸ εἴσω ἀναχεῖται,82 ὅπερ εἰκὸς ἡ Ἐρυθρὴ θάλασσα.

(8) [sc. Ἱέρων λέγει] … ἄκραν τε ἀνέχειν ἐπὶ πολὺ τῆς μεγάλης θαλάσσης· (9) ἣν δὴ καὶ τοὺς σὺν Νεάρχῳ ἀπὸ τῆς Ἰνδικῆς πλέοντας, πρὶν ἐπικάμψαι ἐς τὸν κόλπον τὸν Περσικόν, οὐ πόρρω ἀνατείνουσαν ἰδεῖν τε καὶ

τὰ Περσῶν, ἃ δὴ πρόσθεν κατέφλεξεν αὐτός, ὥς μοι λέλεκται, ὅτε οὐκ ἐπῄνουν τὸ ἔργον. Diese Stelle verstehen wir allerdings, wie wir oben S. 41 aufgezeigt haben, als einen in Form eines Rückverweises gegebenen Nachtrag Arrians zu An. 3,18,12, wobei aus der Kombination beider Stellen sich dasselbe Bild ergibt wie in An. 4,7,4 und 4,8,5. – Wie Tonnet, 1988, I 388 zeigt, verwendet Arrian das Stilmittel der Litotes generell recht oft; dabei legt er es in den meisten Fällen nicht darauf an, einen Effekt zu erzielen, sondern wählt die Litotes aus Gründen der Eleganz des Ausdrucks. 82 ὁ κόλπος … ἐς τὸ εἴσω ἀναχεῖται: Wir finden εἴσω als adverbialen Akkusativ bei Arrian nur an dieser Stelle gebraucht, doch ist die Substantivierung nicht ungewöhnlich und der Befund mit der geringen Zahl der Belegstellen erklärbar; vgl. S. 267. ἀναχεῖσθαι im Sinne von „to be spread over a wide space“ (LSJ 126 s.v. ἀναχέω 1) hat Arrian auch An. 6,18,5 in einer ganz ähnlichen Formulierung: ἀναχεῖται ἐς εὖρος ὁ ποταμός. Eine Untersuchung sämtlicher Belegstellen dieses Verbums in der Anabasis offenbart, dass Arrian dessen Grundbedeutung „sich ergießen“ stets beibehält und ἀναχεῖσθαι nur in Zusammenhang mit fließendem Wasser verwendet: für Flüsse (An. 5,5,5; 6,18,5; 6,20,3), fürs Meer (An. 7,16,2) und für Regen (An. 6,25,4). Somit ist κόλπος an unserer Stelle als Metonymie aufzufassen, als Kontiguität von Gefäßform und Inhalt. Auch in der Anabasis finden wir diesen Gebrauch, und zwar in der Rede Alexanders am Hyphasis: καὶ ἐγὼ ἐπιδείξω … τὸν μὲν Ἰνδικὸν κόλπον ξύρρουν ὄντα τῷ Περσικῷ, τὴν δὲ Ὑρκανίαν τῷ Ἰνδικῷ (An. 5,26,2). Ähnlich ist

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Die Zitate im Paráplous

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(9) ταύτην τὴν ἄκρην ὡς κατεῖδον, Ὀνησίκριτος μὲν ἐπέχοντας ἐπ' αὐτὴν πλέειν ἐκέλευεν, ὡς μὴ κατὰ τὸν κόλπον ἐλαστρέοντας ταλαιπωρέεσθαι. (10) Νέαρχος δὲ ὑποκρίνεται νήπιον εἶναι Ὀνησίκριτον, εἰ ἀγνοέει ἐπ' ὅτῳ ἐστάλη πρὸς Ἀλεξάνδρου ὁ στόλος. (11) οὐ γὰρ ὅτι ἀπορίη ἦν πεζῇ διασωθῆναι πάντα αὐτῷ τὸν στρατόν, ἐπὶ τῷδε ἄρα ἐκπέμψαι τὰς νέας, ἀλλὰ ἐθέλοντα αἰγιαλούς τε τοὺς κατὰ τὸν παράπλουν κατασκέψασθαι καὶ ὅρμους καὶ νησῖδας, καὶ ὅστις κόλπος ἐσέχοι ἐκπεριπλῶσαι τοῦτον, καὶ πόλιας ὅσαι ἐπιθαλάσσιαι, καὶ εἴ τις ἔγκαρπος γῆ καὶ εἴ τις ἐρήμη. (12) σφᾶς ὦν οὐ χρῆναι ἀφανίσαι τὸ ἔργον, πρὸς τέρματι ἤδη ἐόντας τῶν πόνων, ἄλλως τε οὐδὲ ἀπόρως ἔτι τῶν ἀναγκαίων ἐν τῷ παράπλῳ ἔχοντας. δεδιέναι τε, ὅτι ἡ ἄκρη ἐς μεσημβρίην ἀνέχει, μὴ ἐρήμῳ τε τῇ ταύτῃ γῇ καὶ ἀνύδρῳ καὶ φλογώδει ἐγκύρσειαν. (13) ταῦτα ἐνίκα, καί μοι δοκέει περιφανέως σῶσαι τὴν στρατιὴν τῇδε τῇ βουλῇ Νέαρχος· τὴν γὰρ δὴ ἄκρην ἐκείνην καὶ τὴν πρὸς αὐτῇ χώρην πᾶσαν ἐρήμην τε εἶναι λόγος κατέχει καὶ ὕδατος ἀπορίῃ ἔχεσθαι. (Ind. 32,6–13)

παρ' ὀλίγον ἐλθεῖν διαβαλεῖν ἐς αὐτήν, καὶ Ὀνησικρίτῳ τῷ κυβερνήτῃ ταύτῃ δοκοῦν· ἀλλὰ Νέαρχος λέγει ὅτι αὐτὸς διεκώλυσεν, ὡς ἐκπεριπλεύσας τὸν κόλπον τὸν Περσικὸν ἔχοι ἀπαγγεῖλαι Ἀλεξάνδρῳ ἐφ' οἷστισι πρὸς αὐτοῦ ἐστάλη· (10) οὐ γὰρ ἐπὶ τῷ πλεῦσαι τὴν μεγάλην θάλασσαν ἐστάλθαι, ἀλλ' ἐπὶ τῷ καταμαθεῖν τὴν χώραν τὴν προσεχῆ τῇ θαλάσσῃ καὶ τοὺς κατοικοῦντας αὐτὴν ἀνθρώπους, ὅρμους τε ἐν αὐτῇ καὶ ὕδατα καὶ τὰ νόμαια τῶν ἀνδρῶν καὶ εἴ τις ἀγαθὴ καρποὺς ἐκφέρειν ἢ εἴ τις κακή·

(6) Sie sahen ein großes Vorgebirge, das sich weit ins Meer hinein erstreckte. Das Vorgebirge schien eine Tagesreise entfernt zu sein. (7) Die Landeskundigen sagten, dass dieses herausragende Vorgebirge zu Arabien gehöre und Maketa genannt werde; von dort würden Zimt und ähnliches zu den Assyrern gebracht. (8) Von dieser Küste, wo die Flotte auf Reede lag, und von dem Vorgebirge, das sie sich ihnen gegenüber ins Meer erstrecken sahen, dehnte sich der Meerbusen ‒ ich glaube es jedenfalls, auch Nearch schien das so ‒ nach innen aus und bildete wahrscheinlich das Erythräische Meer. (9) Als sie dieses Vorgebirge sahen, verlangte Onesikritos, darauf zuzuhalten, damit sie sich nicht mit dem Umfahren des Meerbusens abmühen müssten. (10) Aber Nearch erwiderte, dass Onesikritos ein Narr sei, wenn

(8) Eine Landspitze rage weit ins Große Meer hinaus, (9) die auch Nearchos und seine Flotte auf ihrer Fahrt von Indien in nicht allzu weiter Entfernung hatten aufragen sehen, ehe sie in den Persischen Golf einbogen, und die sie drauf und dran gewesen seien anzusteuern. Dies habe Onesikritos im Sinne gehabt, doch Nearch selbst habe dies, wie er schreibt, verboten. Seine Aufgabe habe gelautet, durch den Persischen Golf zu fahren, und er wollte Meldung erstatten können über das, wozu er ausgesandt sei. (10) Ausgesandt sei er nämlich nicht gewesen, das Große Meer zu befahren, sondern um das Küstenland zu erkunden und die Menschen, die es bewohnten, mögliche Ankerplätze, Wasserstellen, die dortigen Lebensweisen und ob das Land jeweils Früchte trage oder nicht. Diese Beschränkung auch sei

καὶ οὖν καὶ τοῦτο αἴτιον γενέσθαι ἀποσωθῆναι Ἀλεξάνδρῳ τὸν στρατόν· οὐ γὰρ ἂν σωθῆναι πλεύσαντας ὑπὲρ τῆς Ἀραβίας τὰ ἔρημα. (An. 7,20,8ff.)

auch Ind. 43,2: κατὰ δὲ Αἴγυπτον εἰσέχων ἐκ τῆς μεγάλης θαλάσσης κόλπος δῆλον ποιέει ὅτι ἕνεκά γε τοῦ σύρρουν εἶναι τὴν ἔξω θάλασσαν περίπλους ἂν ἦν ἐκ Βαβυλῶνος ἐς τὸν κόλπον τοῦτον ἐπέχοντα ὡς ἐπ' Αἴγυπτον.

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

er nicht wisse, wozu die Flotte von Alexander ausgesandt sei. (11) Gewiss nicht deswegen, weil es unmöglich sei, sein ganzes Heer sicher zu Lande zurückzuführen; er habe die Schiffe vielmehr ausgeschickt, weil er sie die Küsten, an denen sie vorbeiführen, erkunden lassen wollte zusammen mit den Ankergründen und kleinen Inseln und weil er die Buchten, die sich landeinwärts ausdehnen, ausfahren und alle die Städte am Meer erkunden lassen wollte, auch ob ein Land fruchtbar sei oder unwirtlich. (12) Sie sollten das Unternehmen nun nicht zu Fall bringen, da sie schon am Ende ihrer Mühen und darüber hinaus für die Küstenfahrt wohlversehen mit allem Notwendigen seien. Ferner befürchte er, da sich das Vorgebirge nach Süden erstreckte, dass sie in ein einsames, wasserloses und heißes Land geraten könnten. (13) Dies überzeugte, und ich glaube, ganz offenkundig hat Nearch das Heer durch diesen Rat gerettet. Nach der allgemeinen Ansicht ist jenes Vorgebirge und das umliegende Land menschenleer und arm an Wasser.

der Grund gewesen, weshalb die Flotte überhaupt durchkam ‒ sie wäre es nicht, hätte man sich über das Wüstengebiet Arabiens hinausgewagt.

Arrians Darstellung in der Anabasis ist natürlich komprimierter als in der Indiké, da die Ereignisse am Kap Maketa dort lediglich ein Beispiel unter mehreren für die Schwierigkeiten des von Alexander geplanten Arabienzugs (An. 7,20) abgeben. Aber abgesehen von der breiteren Erzählweise im Paráplous ist der Kern beider Versionen derselbe: eine Meinungsverschiedenheit bezüglich der weiteren Fahrtrichtung und die darauf folgende Darlegung des Zwecks der Flottenexpedition durch Nearch. Es gibt in beiden Versionen nur wenige wörtliche Entsprechungen, der größte Teil wird paraphrasiert.83 Während der als Zitat Nearchs kenntlich gemacht Text im siebten Buch der Anabasis die Fakten nüchtern wiedergibt (Onesikritos habe im Sinn gehabt, die Landspitze anzusteuern; Nearch habe es aber verboten.), ist dessen Pendant in der Indiké, das ohne Bezugnahme Arrians auf seine Vorlage daherkommt,84 dramatisch gestaltet: Onesikritos gibt den Befehl, auf das Vorgebirge zuzuhalten, um sich durch die Abkürzung Mühen zu ersparen; Nearch beschimpft ihn daraufhin als Narr. Ein weiterer Unterschied besteht in der Begründung der Entscheidung Nearchs: In der Anabasis wird Alexanders Befehl, den Persischen Golf zu durchfahren und ihm darüber Bericht zu erstatten, angeführt; für eine Ozeanfahrt sei man nicht ausgesandt worden. Im Paráplous wird zwar ebenfalls der Forschungscharakter des Flottenmission herausgestellt, jedoch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Flottenfahrt eben 83 Vgl. auch Stadter, 1980, 128ff. 84 Die Parenthese ἐμοί τε δοκεῖ καὶ Νεάρχῳ ὡσαύτως ἐδόκεεν in Ind. 32,8 zielt mehr auf den Handlungsakteur Nearch und weniger auf den Schriftsteller Nearch ab; vgl. diesbezüglich z.B. An. 6,19,5 oder 7,19,5f., dort jedoch unterscheiden sich, anders als an unserer Stelle, die Wahrnehmung eines bestimmten Sachverhalts von Akteur (Alexander) und Historiograph.

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Die Zitate im Paráplous

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nicht um ein notwendiges Substitut für die Rückführung des Heers auf dem Landwege handele. Durch diese Worte, die Arrian dem Nearch in den Mund legt, erhält dieselbe Szene eine andere Färbung. Indem eben nicht auf den Befehl Alexanders, eine bestimmte Fahrtstrecke einzuhalten, rekurriert wird und zudem eine stärkere Betonung des Forschungsauftrags der Flotte erfolgt, setzt sich Nearch gegenüber Onesikritos nicht nur deswegen durch, weil er die Befehle seines Königs getreu befolgt, sondern wird als Flottenkommandant mit im Rahmen der Mission absoluten Entscheidungsbefugnissen, von dessen durchdachten Entscheidungen der Erfolg der Mission letztendlich abhängt, präsentiert. Dass er darüber hinaus die Faktoren, die bei seiner Entscheidungsfindung eine Rolle spielen, seinen Untergebenen kommuniziert, erzeugt das Bild eines klugen, kooperativen Anführers, dem nicht nur auf Grund seiner Stellung Folge geleistet wird, sondern dessen Argumente auch zu überzeugen wissen: ταῦτα ἐνίκα (Ind. 32,13). Diese Darstellung der Führerqualitäten Nearchs wird sogar noch durch ein implizites Lob aus dem Munde Arrians unterstrichen (καί μοι δοκέει περιφανέως σῶσαι τὴν στρατιὴν τῇδε τῇ βουλῇ Νέαρχος); in der Anabasis dagegen wird die Rettung der Flotte als Teil des Nearchzitats erwähnt.85 Die Doubletten in Anabasis und Indiké sind also nur insofern wirkliche Doppelstücke, als dass sie dasselbe Geschehen auf Grundlage des Nearchischen Berichts wiedergeben. Die Wortwahl aber, der Fokus der Darstellung und die Intention sind in beiden Passagen verschieden. Nur auf Basis dieser zwei Textstellen ließe sich nicht erkennen, wo sich Arrian näher an seine Vorlage Nearch hält und wo er davon abweicht. Ein Blick auf die zuvor von uns besprochenen Nearchzitate bei Strabon kann zumindest einen ersten Hinweis darauf liefern, dass die konsequente Fokussierung auf die Qualitäten eines guten Anführers, die wir so bei Strabon nicht finden, zum Teil Arrians Hand zuzuschreiben ist. Dazu sollte auch nicht verkannt werden, dass die aufgeführten Textstellen der Indiké alle en bloc im Zentrum des Paráplous-Textes gruppiert sind und in einer Art Zusammenschau verschiedene Aspekte der Führungsqualitäten Nearchs ausleuchten.86 Wir wollen damit aber nicht sagen, dass es diese Aspekte nicht in Nearchs Schrift gegeben hätte. Ein Urteil darüber verbietet sich einerseits auf Grund der geringen Zahl der parallelen Überlieferungen, andererseits wegen der den Arrianischen Zitaten innewohnenden Eigenart: Wie nämlich Stadter, 1976, 159ff. u. 1980, 58 für Arrians Kynegetikós, der auf Basis des gleichnamigen und ebenfalls erhaltenen Werks des Xenophon ausgearbeitet ist, gezeigt hat, gebraucht Arrian Xenophons Text recht frei: Ein Zitat im Text zeigt dort eben nicht an, wo der Gebrauch des Quellenautors endet; keinesfalls ist dieser aber nur auf die Passagen, in denen Xenophon zitiert wird, beschränkt. Ein λέγει kann sowohl eine lose Zusammenfassung, als auch eine sehr enge Paraphrase und sogar eine Kombination aus Paraphrase und emphatischen wörtlichen Zitaten einleiten; häufig wird sogar innerhalb einer Passage von Arrian dazwischen hin und hergewechselt. Daher wäre es, ohne dass wir beide Schriften kennen würden, unmöglich, allein aus Arrians Schrift die des Xenophon zu rekonstruieren oder Arrians sämtliche Zusätze als solche auszumachen. Ebenso wie in seinem Kynegetikós ist nun auch in der Indiké davon auszu85 Nach Strasburger, 1934, 11 habe Arrian auch in An. 3,10,3f.; 6,19,5 und 7,19,6 ein Urteil, das er bereits in seiner Quelle vorfand, als sein eigenes ausgegeben. 86 Im Hinblick auf die vage Angabe des Zeitpunktes der Handlung in Kapitel 31 könnte es sich bei der Zusammenstellung der drei Episoden durchaus um ein geplantes, gestalterisches Eingreifen Arrians in die Erzählreihenfolge seiner Quelle handeln. Dass von Arrian nämlich bisweilen das Dargestellte unter Missachtung der chronologischen Abfolge thematisch gruppiert wird, gesteht er zumindest für seinen Bericht über die Pagenverschwörung ein: ταῦτα μὲν δὴ οὐ πολλῷ ὕστερον πραχθέντα ἐγὼ ἐν τοῖσδε τοῖς ἀμφὶ Κλεῖτον ξυνενεχθεῖσιν Ἀλεξάνδρου ἀνέγραψα, τούτοις μᾶλλόν τι οἰκεῖα ὑπολαβὼν ἐς τὴν ἀφήγησιν (An. 4,14,4).

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

gehen, dass das Quellenmaterial von Arrian überformt ist. Und was Stadter, 1980, 67 für die Anabasis zum Ausdruck gebracht hat, „Arrianʼs intention was not to preserve his sources but to supersede them, as his own challenge in the preface makes clear“, gilt natürlich ebenso für die Indiké, die, wie wir bisher gezeigt haben, nicht nur in Betreff auf Arrians Methodik mit der Alexandergeschichte aufs Engste verflochten ist. Dazu kommt noch, wie Strasburger, 1934, 12 angemerkt hat, „daß Arrian sich alle Mühe gegeben hat, die stilistische Einheit seines Werkes87 herzustellen, da dies nach antikem Denken nicht den kleineren Teil der ihm zufallenden ʽhistorischenʼ Aufgabe ausmachte.“

Die Funktion der Zitate in der Indiké Wir wollen jetzt nach der Betrachtung der einzelnen Zitate Arrians im Paráplous noch einmal unseren Blick weiten und den ganzen Werksteil der Indiké ins Auge fassen. Zum einen finden wir kurze Zitate, denen wir Symbolcharakter zugesprochen haben, da sie beispielhaft einzelne Punkte des Nearchischen Berichts aufgreifen, aber eigentlich stellvertretend für den gesamten Bericht stehen. Da sie über den ganzen Text verstreut zu finden sind, suggerieren sie dem Leser den Eindruck, dass sich Arrian getreu an seine Quelle hält. Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadurch, dass sich mit den Kapiteln 30–32 en bloc in zentraler Stellung im Paráplous die längsten Passagen finden, in denen Nearch von Arrian zitiert wird. Eine zweite augenfällige Häufung von Zitaten (Ind. 38,3; 39,4f.; 39,9; 40,5) finden wir in der recht kurzen Persien-Etappe (Ind. 38– 40,8). Dass sich aber nun ausgerechnet zwischen diesen beiden markanten Zitathäufungen im Paráplous die in dramatischer Form dargebotene Wiederbegegnung von Alexander und Nearch in Karmanien befindet, die sich, wie wir noch aufzeigen werden, allerlei Homeranspielungen bedient, und dass diese nun nicht ein einziges Zitat aufweist, wollen wir aber nicht nur dem Zufall zuschreiben. Vielmehr könnten wir darin ein absichtliches Vorgehen unseres Autors erblicken: Durch die kleineren über den ganzen Text flottierenden Zitate und die beiden großen flankierenden Zitatgruppen wird dem Leser glauben gemacht, dass sich Arrian auch in seiner Darstellung der Karmanien-Episode getreu an seine Quelle Nearch hält. Da liegt dann zumindest die Vermutung nahe, dass er dies im Bezug auf die Karmanien-Episode eben nicht tut. Denn selbst wenn wir unberücksichtigt lassen, dass die Darstellung des Treffens von Alexander und Nearch in Karmanien bei Diodor,88 Curtius89 und Plutarch90 eben eine ganz andere als bei Arrian 87 Steele, 1919, 157 betont sogar die stilistische Einheit sämtlicher Werke Arrians. 88 Diod. 17,106,4–107,1: κατὰ δὲ τοῦτον τὸν καιρὸν τοῦ βασιλέως διατρίβοντος ἔν τινι παραθαλαττίῳ πόλει ὀνομαζομένῃ Σαλμοῦντι καὶ σκηνικοὺς ἀγῶνας ἐν τῷ θεάτρῳ ποιοῦντος κατέπλευσαν οἱ δι' Ὠκεανοῦ πλεῖν τὴν παραθαλάττιον ἀπεσταλμένοι καὶ παραχρῆμα εἰς τὸ θέατρον παρελθόντες τόν τε Ἀλέξανδρον ἠσπάσαντο καὶ περὶ τῶν πεπραγμένων ἀπήγγειλαν. οἱ δὲ Μακεδόνες ἡσθέντες τῇ παρουσίᾳ τῶν ἀνδρῶν κρότῳ μεγάλῳ τὸ γεγονὸς ἐπεσημήναντο καὶ πᾶν τὸ θέατρον μεστὸν ἦν χαρᾶς ἀνυπερβλήτου. οἱ δὲ καταπεπλευκότες ἀπήγγελλον ἀμπώτεις τε καὶ πλήμας παραδόξους γίνεσθαι κατὰ τὸν Ὠκεανὸν καὶ κατὰ μὲν τὰς ἀμπώτεις [παραδόξους] νήσους τε ὁρᾶσθαι πολλὰς καὶ μεγάλας ἐπ' ἄκρας τῆς παραθαλαττίου χώρας, κατὰ δὲ τὰς πλήμας ἅπαντας τοὺς προειρημένους τόπους κατακλύζεσθαι, πολλοῦ καὶ βιαίου ῥεύματος φερομένου πρὸς τὴν χέρσον, τῆς δ' ἐπιφανείας ἀφρῷ πολλῷ λευκαινομένης. τὸ δὲ παραδοξότατον, κήτεσι πολλοῖς καὶ τὸ μέγεθος ἀπίστοις συγκεκυρηκέναι· ταῦτα δὲ φοβηθέντας αὐτοὺς τὸ μὲν πρῶτον ἀπελπίσαι τὸ ζῆν ὡς αὐτίκα μάλα μετὰ τῶν σκαφῶν διαφθαρησομένους, μετὰ δὲ ταῦτα ἐξ ἁπάντων μιᾶς φωνῆς γινομένης καὶ διὰ τῶν ὅπλων πολλοῦ συντελουμένου ψόφου, πρὸς δὲ τούτοις τῶν σαλπίγγων ἐνιεμένων τῷ παραδόξῳ πτοηθῆναι τὰ θηρία καὶ δῦναι πρὸς βυθόν. ὁ δὲ βασιλεὺς περὶ τούτων διακούσας τοῖς μὲν ἡγουμένοις τοῦ στόλου παρήγγειλεν ἐπὶ τὸν Εὐφράτην καταπλεῦσαι.

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Die Funktion der Zitate in der Indiké

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ist,91 lässt sich im Paráplous generell feststellen, dass sich auch in den übrigen Textpassagen, die ebenfalls dramatisch ausgestaltet sind und Homeranspielungen92 aufweisen (d.h. Ind. 24,2–9: Kampf mit den Tiermenschen; Ind. 27,8–28,8: Stadteroberung; Ind. 29,1–8: Hungerleiden der Flotte) keinerlei Zitate finden lassen, weder eingestreut noch einleitend oder abschließend. Auch aus diesem Grund werten wir den in dramatischer Darstellung gegebenen Beginn93 des Paráplous in Ind. 20 nicht zwingend als Nearchzitat, sondern sehen darin eher eine Parallele zum ebenfalls in indirekter Rede vollzogenen Beginn der Anabasis. Wir hatten dieses Kapitel mit einer Analyse der Zitathäufigkeit in der Anabasis beginnen lassen und wollen es, nachdem wir nun die Zitierweise Arrian in seiner Indischen Geschichte beleuchtet haben, mit einer Analyse der Zitathäufigkeit in der Indiké enden lassen: Tabelle 3: Häufigkeit der Zitate in den beiden Teilen der Indiké und prozentualer Anteil der als Zitate kenntlichgemachten Textstellen ἐκβολή Paráplous

Gesamtzahl 84 38

Anteil an Textmenge 42% 16%

89 Curt. 10,1,10–16: Haud multo post Nearchus et Onesicritus, quos longius in Oceanum procedere iusserat, superveniunt. Nuntiabant autem quaedam audita, alia comperta: insulam ostio amnis obiectam auro abundare, inopem equorum esse: singulos eos compererant ab iis, qui ex continenti traicere auderent, singulis talentis emi. Plenum esse beluarum mare: aestu secundo eas ferri magnarum navium corpora aequantes, truci cantu deterritas sequi classem cum magno aequoris strepitu velut demersa navigia subisse aquas. Cetera incolis crediderant, inter quae: Rubrum mare non a colore undarum, ut plerique crederent, sed ab Erythro rege appellari; esse haud procul a continenti insulam palmetis frequentibus consitam et in medio fere nemore columnam eminere, Erythri regis monumentum, litteris gentis eius scriptam. Adiciebant navigia, quae lixas mercatoresque vexissent, famam auri secutis gubernatoribus in insulam esse transmissa nec deinde ab iis postea visa. Rex cognoscendi plura cupidine accensus rursus eos terram legere iubet, donec ad Euphratis adpellerent classem, inde adverso amne Babylona subituros. 90 Plut. Alex. 67,7–68,1u.6: ἐπεὶ δ' ἧκε τῆς Γεδρωσίας εἰς τὸ βασίλειον, αὖθις ἀνελάμβανε τὴν στρατιὰν πανηγυρίζων. λέγεται δ' αὐτὸν μεθύοντα θεωρεῖν ἀγῶνας χορῶν, τὸν δ' ἐρώμενον Βαγώαν χορεύοντα νικῆσαι καὶ κεκοσμημένον διὰ τοῦ θεάτρου παρελθόντα καθίσαι παρ' αὐτόν· ἰδόντας δὲ τοὺς Μακεδόνας κροτεῖν καὶ βοᾶν φιλῆσαι κελεύοντας, ἄχρι οὗ περιβαλὼν κατεφίλησεν. ἐνταῦθα τῶν περὶ Νέαρχον ἀναβάντων πρὸς αὐτόν, ἡσθεὶς καὶ διακούσας τὰ περὶ τὸν πλοῦν ὥρμησεν αὐτὸς πλεύσας κατὰ τὸν Εὐφράτην στόλῳ μεγάλῳ … διὰ ταῦτα Νέαρχον μὲν αὖθις ἐπὶ θάλασσαν ἔπεμψεν, ἐμπλῆσαι † πολεμίων ἅπασαν ἐγνωκὼς τὴν παραλίαν. 91 Ein Vergleich mit Arrian dürfte sich schon deswegen schwierig gestalten, da Diodor und Curtius wahrscheinlich nicht auf Nearch zurückgehen, sondern auf Kleitarch, Plutarch dagegen wohl auf den alexandrinischen Biographen Satyros; vgl. Beloch, 39. 92 Siehe dazu unten S. 214–240. 93 Der Vollständigkeit halber auch hierfür die betreffenden Stellen aus Diodor, Curtius und Plutarch: ὁ δ' οὖν Ἀλέξανδρος τὰ πεπονηκότα τῶν σκαφῶν ἐνέπρησε, τὸν δὲ λοιπὸν στόλον παραδοὺς Νεάρχῳ καί τισιν ἄλλοις τῶν φίλων προσέταξε τὴν παραλίαν πᾶσαν παραπλεῦσαι δι' Ὠκεανοῦ καὶ πάντα κατασκεψαμένους ἀπαντᾶν ἐπὶ τὰς ἐκβολὰς τοῦ Εὐφράτου ποταμοῦ (Diod. 17,104,3); interim et urbes plerasque condidit Nearcho atque Onesicrito nauticae rei peritis imperavit, ut validissimas navium deducerent in Oceanum progressique, quoad tuto possent, naturam maris noscerent: vel eodem amne vel Euphrate subire eos posse, cum reverti ad se vellent (Curt. 9,10,3); καὶ τὰς μὲν ναῦς ἐκέλευσε παραπλεῖν, ἐν δεξιᾷ τὴν Ἰνδικὴν ἐχούσας, ἡγεμόνα μὲν Νέαρχον ἀποδείξας, ἀρχικυβερνήτην δ' Ὀνησίκριτον (Plut. Alex. 66,3).

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2. Kapitel: Arrian und seine Quellen

Wir sehen, dass der Anteil der Zitate an der Textmenge im Paráplous-Teil in etwa dem vierten Buch der Anabasis (15%) entspricht und der Zitatanteil an der ἐκβολή etwas geringer ist als der des Buches VII (44%). Um jetzt aber auch die Gesamtzahl der jeweiligen Zitate in beiden Werken vergleichen zu können, müssen die jeweiligen relativen Häufigkeiten94 berechnet werden: Tabelle 4: relative Häufigkeit der Quellenzitate der Anabasis für die beiden Teile der Indiké Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

ἐκβολή 10 14 18 23 27 30 75 28

Paráplous 15 21 27 35 40 45 113 42

Die Tabelle ist folgendermaßen zu lesen: Die von uns für das erste Buch der Anabasis gezählten 22 Zitate würden umgerechnet auf die ἐκβολή dort 10 Zitaten entsprechen, umgerechnet auf den Paráplous 15 Zitaten. Mit tatsächlich 38 Zitaten liegt der Paráplous noch unter dem Durschnitt der auf Basis der Anabasis erwartbaren Werte. Die 84 Zitate der ἐκβολή jedoch überbieten selbst noch das Buch VII; der Grund dafür ist in Arrians „Kampf“ mit der Glaubwürdigkeit der Quellennachrichten über Indien zu sehen und wurde von uns weiter oben erörtert. Was jedoch den Paráplous-Teil betrifft, so stellt sich für uns, nachdem wir aufgezeigt haben, dass sowohl die Zitierweise Arrians, als auch die Zitathäufigkeit und sogar der Anteil der Zitate an der Textmenge identisch zu ihren Entsprechungen in der Anabasis sind, erst recht die Frage, die wir zu Beginn unserer Untersuchung ins Feld führten, wieso Wilhelm Capelle und Otto Seel diesen Teil der Indiké als beina-

94 Eine Vergleichbarkeit der Häufigkeiten in beiden Werke ist nur dann gegeben, wenn die der Untersuchung zu Grunde liegenden Textmengen in etwa identisch groß sind. Leider ist das bei den von uns betrachteten Werken augenscheinlich nicht der Fall. Um nun aber doch eine Vergleichbarkeit herzustellen, muss man statt mit absoluten, mit relativen Häufigkeiten operieren. Dazu ist es erstens nötig, dass die jeweiligen Texte in fortlaufender Form vorliegen, d.h. nicht z.B. durch Apparate unterschiedlicher Länge zerstückelt sind. Zweitens sollten die Texte ein einheitliches Druckbild aufweisen, sodass Fehler, die durch Unterschiede in Schriftart, Schriftgröße oder Zeilenabstand etc. unweigerlich entstehen, von vorne herein ausgeschlossen sind. Daher bietet es sich an, auf die alten Teubner-Ausgaben von Geier (1873) für die Anabasis und Hercher (1854) für die Indiké zurückzugreifen, die über ein einheitliches Schriftbild und (relativ) ununterbrochenen Textfluss verfügen. Auf die Anabasis entfallen in Geiers Ausgabe 305 Druckseiten, wobei Buch I 50 Seiten, Buch II 41 Seiten, Buch III 45 Seiten, Buch IV 47 Seiten, Buch V 40 Seiten, Buch VI 41 Seiten und Buch VII ebenfalls 41 Seiten umfasst; die Indiké in Herchers Ausgabe weist eine Länge von 55 Seiten auf, von denen 22 der ἐκβολή und 33 dem Paráplous zuzuschreiben sind (Die Seitenangaben sind jeweils leicht gerundet, wobei der tatsächlich ermittelte Wert zu der gerundeten Seitenangabe maximal um 10 Zeilen, in der Regel aber nicht mehr als um 6 Zeilen divergiert und somit als marginal anzusehen ist.). Hat man dann für die einzelnen Werkteile die absoluten Häufigkeiten ermittelt, lassen sich die miteinander vergleichbaren relativen Häufigkeiten einfach so herstellen, dass man die zu vergleichende Textgrundmengen vereinheitlicht, in unserem Fall also z. B. auf die 33 Druckseiten des Paráplous hinunter bricht.

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Die Funktion der Zitate in der Indiké

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he wortwörtliche Abschrift des Nearchischen Werks durch Arrian werten,95 während sie für die Anabasis Vergleichbares nicht äußern. Einen möglichen Grund dafür werden wir in den beiden folgenden Kapiteln darlegen.

95 Siehe oben S. 4.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch In den beiden folgenden Kapiteln werden wir uns der Frage nach dem Protagonisten des Paráplous-Teils der Indiké widmen. Dies ist insofern relevant, als dass die Kompilationsthese stets mit der Behauptung, der Paráplous diene der Selbstdarstellung Nearchs, einhergeht.1 Während wir in diesem Kapitel die Protagonistenfrage allein in Hinblick auf kompositorische Aspekte des Textes erörtern werden, wird sie von uns im vierten Kapitel dann auf Basis motivischer Elemente weiterverfolgt werden. Lassen wir bei unserer Frage nach dem Protagonisten zunächst Arrian zu Wort kommen; dieser schließt seine Indiké mit den Worten: οὗτός μοι ὁ λόγος ἀναγεγράφθω, φέρων καὶ αὐτὸς ἐς Ἀλέξανδρον τὸν Φιλίππου, τὸν Μακεδόνα (Ind. 43,14). Damit möge mein Buch, das sich ebenfalls mit Alexander, dem Sohn des Philipp, dem Makedonen, befasst, zu Ende sein. Dass die Anabasis, die die Geschichte und Person Alexanders zum Thema hat, sich unzweifelhaft auf den Makedonenkönig „bezieht“ (LSJ 1924 s.v. φέρειν 3b)2, ist evident. Was jedoch die Indiké anbelangt, so scheint bei oberflächlicher Lektüre zunächst Nearch im Zentrum des ParáplousTeils zu stehen und der Protagonist des Hauptteils der Indischen Geschichte zu sein. Freilich ließe sich Arrians Bezug der Indiké auf Alexander dann damit rechtfertigen, dass ja die Flottenexpedition auf dessen Befehl hin erfolgt und somit als eines der von ihm erbrachten ἔργα zu werten ist; dass dies aber lediglich die halbe Wahrheit ist, werden wir im Folgenden aufzeigen. Dazu bedarf es wiederum zuerst eines Blickes in die Anabasis.

1 2

Beispielsweise Badian, 169. Die Phrase φέρειν ἔς τι, die dem lateinischen spectare ad aliquid entspricht, ist, wie Bersanetti, 94 und Brinkmann, 1925, 29f. zeigen, bei Attikern selten; jedoch finden wir sie recht oft bei Herodot (vgl. z.B. Hdt. 1,120,2; 3,133,2; 6,19,1) gebraucht. Somit gibt sich auch der letzte Satz der im ionischen Dialekt verfassten Indiké ganz in der Tradition des Historiographen aus Halikarnassos.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

Der strukturelle Aufbau der Anabasis In der Anabasis ist Alexander der alleinige Protagonist; keine andere Person wird auch nur annähernd sooft namentlich erwähnt, wie der Makedone: Tabelle 5: absolute Häufigkeit des Namens Alexander in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 206 125 166 198 123 123 139 1080

Im Durchschnitt findet Alexander 3mal pro Teubnerseite Erwähnung. Um diese Aussage einordnen zu können, bietet sich der Vergleich mit zwei historiographischen Werken an, in denen der Protagonist ebenfalls außerordentlich oft namentliche Erwähnung findet: zum einen der Anabasis des Xenophon, zum anderen dem Bellum Gallicum Cäsars. In den fünf Büchern der Anabasis, in denen Xenophon im Zentrum steht,3 findet sich dessen Name 238mal, d.h. im Durchschnitt 1,4mal pro Seite, Cäsars Name 345mal in den sieben Büchern des Gallischen Kriegs, d.h. durchschnittlich zweimal pro Seite. Die also sehr hohe Anzahl der namentlichen Nennung Alexanders ist damit erklärbar, dass einerseits auf Grund der überaus großen Anzahl der in der Anabasis namentlich genannten Einzelpersonen4 die im Griechischen übliche Substitution des Eigennamens zur Wahrung der Klarheit des Ausdrucks oft unterbleibt, andererseits damit, dass Alexander in Arrians Darstellung stets im Zentrum der Handlung präsentiert wird. Dies geschieht zum einen dadurch, dass der Leser vom Geschehen, das sich außerhalb des aktuellen Handlungsbereichs Alexanders abspielt, erst dann, v.a. in Form von Berichten an den König,5 erfährt, wenn das Geschehen in Bezug auf Alexander handlungsrelevant wird;6 so z.B.: Er selbst [=Alexander] hatte die Absicht, in das Gebiet der Agrianen und Paionen vorzurücken. Da trafen bei ihm Meldungen ein, Kleitos, der Sohn des Bardylis, sei abgefallen 3 4 5

6

Erst zu Beginn des dritten Buchs tritt Xenophon als Protagonist aus der Masse des Griechenheeres heraus: ἦν δέ τις ἐν τῇ στρατιᾷ Ξενοφῶν Ἀθηναῖος (Xen. An. 3,1,4). In den beiden vorhergehenden Büchern findet sich dessen Name lediglich viermal. Allein in den ersten vier Büchern werden mehr als 150 verschiedene Offiziere samt deren Rang und Aufgabe erwähnt; vgl. Hammond, 1993, 321. In der narratologischen Forschung lautet der korrekte Terminus „actorial internal analepses“; vgl. Hidber, 2007, 189. – Eine Auseinandersetzung mit Arrian aus narratologischer Perspektive findet sich in den Aufsätzen von Hidber (in: de Jong, 2004 u. 2007); vergleichend dazu sollten die Artikel zu Herodot, Thukydides und Xenophon von Rood (a.a.O.) sowie zu Thukydides von Hornblower (1994) mit herangezogen werden. Hierzu zählen auch die von Arrian regelmäßig erst unmittelbar vor Gefechten gelieferten Mitteilungen über die Vorbereitungen und Pläne der Gegner Alexanders (vgl. z.B. den Rat der Perser vor der Schlacht am Granikos in An. 1,12,8ff.), die vorwiegend allein der Erklärung des Vorgehens Alexanders dienen; vgl. Stadter, 1980, 77f; 21758.

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Der strukturelle Aufbau der Anabasis

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und Glaukias, der König der Taulantier, habe sich diesem angeschlossen. Zugleich meldeten die Boten, die Autariaten hätten die Absicht, ihn unterwegs anzugreifen. Daher schien es ihm das Beste, sofort aufzubrechen (An. 1,5,1). Zum anderen bleibt auch, selbst wenn der Gang der Handlung parallel laufende Stränge aufweist, der Fokus Arrians7 stets auf Alexander und dessen Taten. Besonders anschaulich wird dies in An. 3,23,1–6.8 Zugegebenermaßen findet sich in der griechischen Originalpassage der Name Alexander nur ein einziges Mal; jedoch lässt sich hier auf knappstem Raum zeigen, wie Arrians Darstellung im Zuge der beschriebenen Heeresteilung auf Alexander fokussiert bleibt: Um die flüchtigen Vasallen des Dareios zu verfolgen und gleichzeitig die Bewohner des tapurischen Hochlands unterwerfen zu können (§1), teilt Alexander das Heer in zwei Divisionen und den Tross auf. Die Anführer der beiden nicht von Alexander kommandierten Heereskontingente erhalten ihre Befehle (§2). Die Militäraktion beginnt. Arrians Fokus bleibt nun während der kompletten Operation auf Alexander und dessen Heeresverband gerichtet (§3ff.). Erst bei Wiedervereinigung der Truppenverbände in Hyrkanien (§6), d.h. zu dem Zeitpunkt der Handlung, an dem sich die parallel laufenden Stränge wieder vereinen, erfährt der Leser rückblickend als knappes Resümee die wichtigsten Vorkommnisse während des getrennten Marsches. Diese Rückschau umfasst aber nur die Ereignisse, die für Alexanders weiteres Vorgehen und damit für die auf ihn zentrierte Darstellung der Handlung relevant sind: die ordnungsgemäße Ausführung der Befehle durch Krateros und Erigyios (Beide haben ihre Heeresteile durch das Gebirge ge7

8

Uns ist bewusst, dass die Narratologie hier von einem „(Arrian-) narrator“ sprechen würde. Auch wenn wir im Folgenden einige Fachtermini der narratologischen Forschung aufgreifen werden, wollen wir doch, so wie wir es bisher getan haben, auch weiterhin die Bezeichnung „Arrian“ gebrauchen und so einem Durcheinander im Ausdruck vorbeugen; vgl. diesbezüglich auch An. 5,5,3: καὶ ἐμοὶ αὐτῷ πρότερόν ποτε ἐπὶ τῷδε λέλεκται Καύκασος τὸ ὄρος τοῦτο καὶ ὕστερον τῷδε τῷ ὀνόματι κληθήσεται. An. 3,23,1–6: (1) Alexander sammelte nun alles, was bei der Verfolgung an Truppen liegengeblieben war, und zog nach Hyrkanien. Das Land liegt links von der Straße nach Baktrien und wird auf der einen Seite durch dichtbewaldete, hohe Berge eingegrenzt, seine Ebene reicht bis an das dort gelegene Große Meer. Er schlug diese Richtung ein, weil er erfahren hatte, die bei Dareios gebliebenen Söldner seien auf diesem Wege ins tapurische Hochland geflohen, zugleich auch war es seine Absicht, dabei auch die Tapurer zu unterwerfen. (2) So teilte er das Heer in drei Abteilungen und nahm selbst den kürzesten, freilich auch schwierigsten Weg zusammen mit der Hauptmacht, die er möglichst von Gepäck entlasten ließ. Krateros mit der eigenen Abteilung, der des Amyntas, einigen Bogenschützen und einigen Reitern schickte er zu den Tapurern, Erigyios ließ er mit den Söldnern und der restlichen Reiterei die allgemeine, längere Straße ziehen und auch den Tross sowie das übrige Heeresgefolge mit sich führen. (3) Nach Überwindung der ersten Bergketten lagerte er dort und rückte dann mit den Hypaspisten, den gewandtesten Leuten der makedonischen Phalanx und einigen Bogenschützen auf einem schwierigen und kaum begehbaren Weg vor, wobei er an den gefährlichsten Punkten Posten aufstellte, um Überfälle der Barbaren, die die Berge besetzt hielten, auf die nachfolgenden Einheiten zu verhindern. (4) Nachdem er mit den Bogenschützen die Engstellen passiert hatte, lagerte er in der Ebene an einem kleinen Fluss. Dort nun kamen Nabarzanes, der Vezir des Dareios, Phrataphernes, Satrap von Hyrkanien und Parthien, sowie andere der führenden Perser aus der Umgebung des Dareios und ergaben sich. (5) Nach viertägiger Rast in diesem Lager vereinigte er sich auch mit seinen anderen Leuten, die er unterwegs zurückgelassen hatte; sie alle waren unversehrt durchgekommen, mit Ausnahme der Agrianen, gegen die als Nachhut die Barbaren in den Bergen einen Angriff unternommen hatten: Indes, diese hatten im Gefecht der Schusswaffen den kürzeren ziehen müssen und waren davongelaufen. (6) Nach Aufbruch von hier marschierte er in Richtung Hyrkanien, und zwar nach dessen Hauptstadt Zadrakarta. Währenddessen stießen auch Krateros und dessen Leute zu ihm, die zwar nicht auf die Söldner des Dareios gestoßen waren, dafür aber das durchzogene Land entweder mit Gewalt unterworfen oder durch freiwillige Übergabe von Seiten der Bewohner in ihre Hand gebracht hatten. Dann kam Erigyios mit Lasttieren und Wagen hier an.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

bracht.), die Unterwerfung der Tapurer durch die Verbände des Krateros und dessen erfolglose Suche nach den Vasallen des Dareios während des Marsches.9 Nur an sehr wenigen Stellen der Anabasis lässt Arrian von der Fokussierung auf Alexander ab. All diesen Passagen ist gemein, dass es sich um für den Makedonenfeldzug wichtige Ereignisse handelt, bei denen Alexander allerdings nicht persönlich zugegen ist, sei es, weil, wie z.B. im Falle der Erstürmung des Berges Aornos, auf dessen Befehl eine entscheidende militärische Aktion von einem Untergebenen ausgeführt wird:10 Währenddessen kamen einige der benachbarten Einwohner zu ihm, ergaben sich und boten an, sie würden ihn an die empfindlichste Stelle des ganzen Bergmassivs führen, von wo aus es ihm leicht sein werde, die Festung in seine Hand zu bringen. Mit ihnen zusammen schickte er Ptolemaios, Sohn des Lagos, den Somatophylax, dazu die Agrianen, die anderen Leichtbewaffneten und ausgewählte Hypaspisten und gab Befehl, wenn dieser Platz in seiner Hand sei, ihn durch eine starke Besatzung zu sichern und ihm selbst durch ein Zeichen den Erfolg des Unternehmens zu melden. Ptolemaios stieg nun einen steilen, schwierigen Fußsteig empor und konnte unbemerkt vom Gegner die Stelle besetzen. Er befestigte sie rings durch Verhau und Graben und ließ dort, wo Alexander es sehen musste, vom Berg herab einen Scheiterhaufen entzünden. Sobald dieser das Flammenzeichen wahrgenommen hatte, führte er am nächsten Tag seine Truppen gegen den Berg vor (An. 4,29,1f.). Oder, wenn im Falle einer Aufteilung des Heeres (An. 4,17,3), kriegsentscheidende Aktionen von der Heeresgruppe eines von Alexander eingesetzten Kommandanten erbracht werden,11 wie z.B. beim Sieg über Spitamenes:

9 Ein ähnliches Vorgehen Arrians finden wir bei der am Ende des vierten Buchs der Anabasis geschilderten Heeresteilung. Jedoch vollzieht sich diese über einen längeren Zeitraum, d.h. somit auch über einen größeren Textabschnitt, so dass Arrian im Unterschied zu An. 3,23,1–6 kurze Zwischenberichte einfließen lässt. Der Ausgangspunkt ist hier der gleiche wie dort; das Heer wird aufgeteilt und die Anführer erhalten ihre Befehle: ἔνθα δὴ διελὼν τὴν στρατιὰν Ἡφαιστίωνα μὲν καὶ Περδίκκαν ἐκπέμπει ἐς τὴν Πευκελαῶτιν χώραν ὡς ἐπὶ τὸν Ἰνδὸν ποταμόν, ἔχοντας τήν τε Γοργίου τάξιν καὶ Κλείτου καὶ Μελεάγρου καὶ τῶν ἑταίρων ἱππέων τοὺς ἡμίσεας καὶ τοὺς μισθοφόρους ἱππέας ξύμπαντας, προστάξας τά τε κατὰ τὴν ὁδὸν χωρία ἢ βίᾳ ἐξαιρεῖν ἢ ὁμολογίᾳ παρίστασθαι καὶ ἐπὶ τὸν Ἰνδὸν ποταμὸν ἀφικομένους παρασκευάζειν ὅσα ἐς τὴν διάβασιν τοῦ ποταμοῦ ξύμφορα (An. 4,22,7). Arrians Fokus bleibt im Fortgang auf Alexander. Erst als dieser vor der Erstürmung des Aornos eine Stadt befestigen lässt, erfährt der Leser wieder vom zweiten Heeresteil: καὶ οἱ ἀμφὶ Ἡφαιστίωνά τε καὶ Περδίκκαν αὐτῷ ἄλλην πόλιν ἐκτειχίσαντες, Ὀροβάτις ὄνομα τῇ πόλει ἦν, καὶ φρουρὰν καταλιπόντες ὡς ἐπὶ τὸν Ἰνδὸν ποταμὸν ᾔεσαν· ὡς δὲ ἀφίκοντο, ἔπρασσον ἤδη ὅσα ἐς τὸ ζεῦξαι τὸν Ἰνδὸν ὑπὸ Ἀλεξάνδρου ἐτέτακτο (An. 4,28,5). Die Verknüpfung dieses kurzen Zwischenberichts Arrians an die Darstellung der Taten Alexanders ist über das Thema „Stadtbefestigung“ vollzogen. Ebenso ist der zweite Zwischenbericht, den Arrian zum Zeitpunkt der Handlung, als Alexander den Indus erreicht, liefert, thematisch motiviert: ἐπεὶ δὲ καὶ ὕλῃ ἐργασίμῳ ἐνέτυχε παρὰ τὸν ποταμὸν, καὶ αὕτη ἐκόπη αὐτῷ [=Alexander] ὑπὸ τῆς στρατιᾶς καὶ ναῦς ἐποιήθησαν. καὶ αὗται κατὰ τὸν Ἰνδὸν ποταμὸν ἤγοντο ὡς ἐπὶ τὴν γέφυραν, ἥντινα Ἡφαιστίων καὶ Περδίκκας αὐτῷ ἐξῳκοδομηκότες πάλαι ἦσαν (An. 4,30,8). Zur Zusammenkunft beider Heeresteile kommt es erst beim Eintreffen Alexanders an der Indusbrücke; dort nimmt er zur Kenntnis, dass seine Befehle ausgeführt worden sind: Ἀλέξανδρος δὲ ὡς ἀφίκετο ἐπὶ τὸν Ἰνδὸν ποταμόν, καταλαμβάνει γέφυράν τε ἐπ' αὐτῷ πεποιημένην πρὸς Ἡφαιστίωνος καὶ πλοῖα πολλὰ μὲν σμικρότερα, δύο δὲ τριακοντόρους (An. 5,3,5). 10 Vgl. z.B. auch An. 4,24,3–5. 11 Vgl. z.B. auch An. 4,17,1f.

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Der strukturelle Aufbau der Anabasis

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Als Koinos und seine Leute vernahmen, dass Spitamenes zusammen mit seinen Reitern sich näherte, rückten sie ihm mit ihrer ganzen Streitmacht entgegen. Es kam zu heftigem Kampf; die Makedonen siegten, von den feindlichen Reitern fielen dabei über 800, auf Seiten des Koinos nur an die 25 sowie 12 Infanteristen. Nun ließen die übrigen noch bei ihm verbliebenen Sogdianer sowie auch die Mehrzahl der Baktrer Spitamenes im Stich, liefen zu Koinos über und ergaben sich, dafür aber plünderten die massagetischen Skythen, denen es so übel ergangen war, den Tross ihrer baktrischen und sogdischen Kampfgenossen und flohen mit Spitamenes in die Wüste zurück. Als sie jedoch vernahmen, Alexander sei bereits auch hierher unterwegs, hieben sie Spitamenes den Kopf ab und schickten ihn Alexander, um ihn damit von sich abzuwenden (An. 4,17,5ff.). Ganz selten nur lässt Arrian auch Kriegsereignisse in seine Darstellung einfließen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit Alexander stehen, nichtsdestotrotz aber dessen militärischen Erfolgen zuzurechnen sind, wie z.B. den unter dem Kommando des Hegelochos geführten Krieg in der Ägäis (An. 2,1f.; 2,13,4ff. und 3,2,3–7; letztere Stelle jedoch gibt sich, im Gegensatz zu den beiden anderen, als Bericht des Hegelochos an Alexander). Nach der Wiedergabe der jeweiligen Ereignisse kehrt Arrian mit z.B. Ἀλέξανδρος δὲ aber stets wieder zu Alexander und dem Punkt der Handlung, an dem er seinen Protagonisten verlassen hatte, zurück.12 Um die zentrale Figur Alexander nun arrangiert Arrian seine historiographische Darstellung der Ereignisse in Form eines „march narrative consisting of alternating marches and halts“ (Stadter, 1980, 76). In dieses Grundgerüst, das sich in allen Büchern der Anabasis findet,13 werden von Arrian recht flexibel als Einlagen sämtliche mit Alexander und dessen Feldzug in Verbindung stehenden Einzelheiten, seien sie geographischer, militärischer, religiöser oder sonstiger Natur, eingebettet. Das Grundgerüst selbst kann unterschiedlich stark komprimiert sein. So finden wir Passagen, die den Leser am täglichen Fortschreiten Alexanders teilhaben lassen: ἐξ Ἰλίου δὲ ἐς Ἀρίσβην ἧκεν, οὗ πᾶσα ἡ δύναμις αὐτῷ διαβεβηκυῖα τὸν Ἑλλήσποντον ἐστρατοπεδεύκει, καὶ τῇ ὑστεραίᾳ14 ἐς Περκώτην· τῇ δὲ ἄλλῃ Λάμψακον παραμείψας πρὸς τῷ Πρακτίῳ ποταμῷ ἐστρατοπέδευσεν, ὃς ῥέων ἐκ τῶν ὀρῶν τῶν Ἰδαίων ἐκδιδοῖ ἐς θάλασσαν τὴν μεταξὺ τοῦ Ἑλλησπόντου τε καὶ τοῦ Εὐξείνου πόντου. ἔνθεν δὲ ἐς Ἕρμωτον ἀφίκετο, Κολωνὰς πόλιν παραμείψας (An. 1,12,6). Von Ilion gelangte Alexander nach Arisbe, wo nach dem Übergang über den Hellespont das gesamte Heer ein Lager bezogen hatte, und am nächsten Tage nach Perkote. Am folgenden zog er an Lampsakos vorbei und lagerte am Flusse Praktios, der auf dem Idagebirge entspringt und zwischen Hellespont und Schwarzem Meer mündet. Von dort aus zog er zum Hermotos, an Kolonai vorbei. Daneben finden wir auch Passagen, in denen die zeitlichen und räumlichen Komponenten eine leichte Kompression aufweisen:

12 Vgl. Bosworth, 1980, 177; Stadter, 1980, 78. 13 Vgl. Stadter, 1980, 76ff; für das erste Buch der Anabasis führt er es exemplarisch en détail auf. 14 τῇ ὑστεραίᾳ spielt für die relative Chronologie innerhalb der Anabasis eine bedeutende Rolle, da besonders viele Sätze, die zumeist Alexander als Subjekt aufweisen, damit eingeleitet werden, so z.B. An. 1,7,9; 2,4,1; 3,18,3; 4,2,4; 5,28,2; 6,9,1; 7,25,3; vgl. Hidber, 2007, 186. Weniger häufig – aber in selber Bedeutung – finden wir daneben auch ἐς τὴν ὑστεραίην; vgl. z.B. An. 4,30,1 u. 5,28,2.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch Sein Zug ging an dem kerkinitischen See vorbei auf Amphipolis und die Mündung des Flusses Strymon. Diesen überschritt er, zog am Gebirge Pangaion vorbei auf Abdera und Maroneia zu, griechische Städte an der Meeresküste. Von da zog er weiter zum Hebrosstrom und überschritt auch diesen ohne Mühe. Dann zog er weiter durch die Landschaft Paitike zum Fluss Melas, überschritt ihn und kam nach Sestos. Er hatte seit dem Ausmarsch aus der Heimat im Ganzen nur 20 Tage gebraucht (An. 1,11,3ff.). (Übersetzung: Capelle)

Diese Kompression kann sich mit zunehmender Marschdistanz weiter steigern: Alexander aber zog nach Ägypten, wohin er bereits von Anfang an gewollt hatte und kam nach sechstägigem Marsch von Gaza aus nach Pelusion in diesem Land. … Dieser legte nach Pelusion eine Garnison und befahl der Flotte, nilaufwärts bis nach Memphis zu fahren. Er selbst zog bis nach Heliopolis, den Nil zur Rechten, und die Einwohner übergaben auf diesem Wege ihr Land, das er so in seinen Besitz brachte. Nach einem Wüstenmarsch in Heliopolis angelangt, setzte er dort über den Fluss und zog in Memphis ein, wo er zusammen mit anderen Göttern auch dem Apis opferte und einen sportlichen sowie einen musischen Wettkampf veranstaltete (An. 3,1,1 u. 3f.). Bis sie schließlich ihre höchste Stufe erfährt: Nach diesen Regelungen zog er in Richtung Baktra gegen Bessos weiter, wobei er unterwegs die Drangiana und Gedrosien unterwarf. Auf seine Seite brachte er auch die Arachoten und setzte über sie Menon als Satrapen. Er kam sogar bis zu den den Arachoten benachbarten Indern, doch war der Marsch zu diesen Völkern wegen des dichten Schneefalls nur unter größten Strapazen für die Soldaten und Mangel an Verpflegung durchführbar (An. 3,28,1). Je höher die Kompressionsstufe in Arrians Darstellung, desto schneller scheint Alexander dem Leser voranzuschreiten und zahllose Städte, Völker und Gebiete im Handstreich zu erobern. Dass dabei von Arrian all die Flüsse, Berge, Ansiedlungen und Völkerscharen, mit denen das Heer während seines Vormarsches in Berührung kommt, namentlich genannt werden, soll natürlich nicht nur die Kompetenz und Glaubwürdigkeit unseres Autors herausstellen, sondern auch das rasche Vorankommen Alexanders noch zusätzlich unterstreichen.15 Nur sehr selten wird dieses Grundgerüst von Arrian durchbrochen, wobei dann aber unser Autor darum bemüht ist, längere Exkurse, wie beispielsweise die Behandlung der Kleitoskatastrophe, die zusammen mit der Proskynesedebatte des Kallisthenes und der Pagenverschwörung die Kapitel 8 bis 14 des vierten Buches ausmacht, oder auch ‒ etwas kürzer ‒ der Quellendiskurs in Kapitel 11 des sechsten Buchs, stets als ἐκβολαί kenntlich zu machen.16 Generell aber folgt Arrians Wiedergabe der Ereignisse, bedingt durch seine Fokussierung auf den Marsch des Heeres und den Protagonisten, konsequenter dem chronologischen Ablauf der Geschehnisse als manch

15 Vgl. Hidber, 2007, 186. 16 Dies muss nicht zwingend durch die Verwendung des Begriffs ἐκβολή geschehen. Viel öfter finden wir, so wie bei Arrians Darstellung der Kleitoskatastrophe, einleitende und abschließende Kommentare: εἰ καὶ ὀλίγον ὕστερον ἐπράχθη, οὐκ ἔξω τοῦ καιροῦ ἀφηγήσομαι (An. 4,8,1) und ἀλλ' ἐμοὶ ταῦτα ἀποχρῶντα ἔστω ἀναγεγραμμένα (An. 4,14,4).

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Der strukturelle Aufbau der Anabasis

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andere historiographische Werke.17 So finden wir auch, mit Ausnahme der bereits erwähnten Berichte an Alexander, eher selten die Analepse gebraucht: Wenige kurze Exkurse beleuchten die mit bestimmten Orten in Zusammenhang stehende Geschichte (z.B. der Gordische Knoten in An. 2,3 oder der in Side gesprochene merkwürdige Dialekt in An. 1,26,4), gelegentlich wird in Form einer Synkrisis die historische Dimension eines Ereignisses gewürdigt (am ausführlichsten in An. 1,9,1–8 nach der Einnahme Thebens); daneben finden wir Nachrufe (auf Dareios in An. 3,22,2–5, auf Bukephalos in An. 5,19,5f. und auf Alexander in An. 7,28ff.) und innerhalb der in die Anabasis eingelegten Reden „actorial analepses“ (z.B. An. 5,25,4ff.; 7,10,5ff.), die die großen Siege und den Erfolg des Heereszuges im Rückblick aufzeigen.18 Ein wichtiges Strukturierungselement in Arrians „march narrative“ ist jedoch der Gebrauch der Prolepse: Diese finden wir einerseits in Form von omina und Vorzeichen, die auf Alexanders Erfolge vorausweisen (z.B. An. 2,18,1; 2,26,4; 4,15,8), und andererseits als Ausblick auf zukünftige Pläne und Projekte Alexanders, die wegen seines Todes aber nicht verwirklicht werden konnten (z.B. An. 5,26,1ff; 7,1,2f.); die Prolepse dient auch dazu, die jeweils nächsten Ziele des Heereszuges anzukündigen: vgl. z.B.: Ἀλέξανδρος δὲ ἐπ' Αἰγύπτου ἔγνω ποιεῖσθαι τὸν στόλον (An. 2,25,4) und πόθος λαμβάνει19 αὐτὸν ἐλθεῖν παρ' Ἄμμωνα ἐς Λιβύην (An. 3,3,1). Die Prolepse hat damit die Funktion einer knappen Inhaltsangabe für die jeweils darauf folgenden Abschnitte in Arrians Darstellung.20 Überhaupt annonciert Arrian in konsequenter Weise die jeweils nächsten Marschetappen (vgl. z.B. An. 1,17,3: αὐτὸς δὲ ἐπὶ Σάρδεων προὐχώρει und An. 1,24,3: αὐτὸς δὲ ἐπὶ Λυκίας τε καὶ Παμφυλίας ᾔει) und strukturiert auf diese Art seine Darstellung des Feldzugs.21 Arrians Orientierung am Marsch Alexanders beschränkt sich allerdings nicht nur auf das genannte Grundgerüst; auch der Inhalt der einzelnen Bücher der Anabasis selbst ist darauf ausgerichtet. Die sieben Bücher weisen nämlich keine Gliederung nach bestimmten Zeiträumen, z.B. Jahren,22 auf, sondern unterliegen einem geographischen Rahmen: Die ersten beiden Bücher, die viereinhalb Jahre umspannen, stehen im Zeichen des Kampfes Alexanders gegen die Perser und seines Fortschreiten innerhalb deren Reiches bis nach Gaza, dem südlichsten Punkt Asiens; das dritte Buch, das einen Zeitraum von zwei Jahren wiedergibt, lässt Alexander nach Ägypten und dann vom Nil bis zum Tanais ziehen, d.h. von einem Ende Asiens zum anderen; im vierten Buch, das drei Jahre umfasst, überschreitet das Heer die Grenzen Asiens und gelangt schließlich zum Indus; am Ende des fünften Buchs wird nach einem Jahr erzählter Zeit der Hyphasis erreicht und der Rückweg angetreten; das sechste Buch bringt Alexander innerhalb von anderthalb Jahren bis nach Persepolis; im siebten Buch schließlich, das das letzte Lebensjahr Alexanders behandelt, kommt das Heer über Susa nach Babylon.23 Mit dem militärischen Voranschreiten Alexanders wird von Arrian die charakterliche Entwicklung des Makedonenkönigs verbunden: Die ersten 17 18 19 20 21 22

Vgl. Hidber, 2007, 192f. Vgl. Hidber, 2007, 187–191. Zum πόθος–Motiv s. auch unten S. 170–179. Vgl. Hidber, 2007, 191f. Vgl. Stadter, 1980, 77. Einzelne Jahre der Militärkampagne werden von Arrian gelegentlich nach Art des Thukydides (vgl. z.B. Thuk. 2,103) mit der Floskel „mit Frühlingsbeginn“ oder ähnlichen Umschreibungen gekennzeichnet: ἃμα τῷ ἦρι (An. 1,1,4); ἃμα τῷ ἦρι ἀρχομένῳ (An. 1,11,3); ἐν ἀκμῇ τοῦ χειμῶνος (An. 1,24,5); ἅμα τῷ ἦρι ὑποφαίνοντι (An. 3,6,1 u. 4,18,4); καὶ αὐτοῦ κατέμενεν ἔστε παρελθεῖν τὸ ἀκμαῖον τοῦ χειμῶνος (An. 4,7,1); καίπερ χειμῶνος (An. 7,15,3); vgl. Hidber, 2007, 185. 23 Vgl. Stadter, 1980, 79; 21762.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

drei Bücher der Anabasis zeigen Alexanders Aufstieg zum absoluten Herrscher, im vierten Buch wird dessen Vormachstellung durch externe (Kämpfe gegen die Skythen und erste Niederlage) und interne Faktoren (In An. 4,7–16 finden sich in zentraler Stellung innerhalb der Anabasis Beispiele für das aus Hybris resultierende Verhalten Alexanders.) auf die Probe gestellt; die letzten drei Bücher zeigen Alexander als Eroberer, der nicht nur geographische Grenzen, sondern auch die der eigenen Belastbarkeit sprengt: Erfolg und Tod bilden schließlich die beiden Hauptthemen des letzten Buchs.24

Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Anabasis Ein weiterer Aspekt der Anabasis, der mit Arrians Fokussierung auf Alexander in Zusammenhang steht, ist, dass durch die Beschränkung unseres Autors auf die erste Generation der Alexanderhistoriker als Hauptquellen für seine Schrift das Werk bewusst nur die Verhältnisse, die Jahrhunderte vor der Lebenszeit Arrians liegen, aufgreift und tradiert. Selten bricht Arrian aus dieser zeitlichen Beschränkung seiner Darstellung aus. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ‒ wie wir es weiter oben bereits aufgezeigt haben ‒ die fehlende αὐτοψία seiner Quellen durch Arrians eigene ersetzt wird; so greift der erfahrene Soldat für die Beschreibung des Brückenschlags über den Indus in An. 5,7,3ff. auf eigenes Wissen zurück: καίτοι ταχυτάτη γε ὧν ἐγὼ οἶδα Ῥωμαίοις ἡ γεφύρωσις ἡ διὰ τῶν νεῶν γίγνεται, καὶ ταύτην ἐγὼ ἀφηγήσομαι ἐν τῷ παρόντι, ὅτι λόγου ἀξία. (An. 5,7,3). Die schnellste Art, eine Brücke zu bauen, die ich kenne, jedenfalls ist die römische mittels Schiffen, und diese will ich kurz an dieser Stelle darlegen, weil sie der Erörterung wert erscheint. Auch rekurriert Arrian bei seiner Auseinandersetzung mit den verschiedenen Hypostasen des Herakles (An. 2,16,1–6), die durch Alexanders geplanten Besuch des Heiligtums des Heroen in Tyros motiviert ist (An. 2,16,7), auf die eigene αὐτοψία: οἶδα δὲ ἐγὼ καὶ εἰς τοῦτο ἔτι εὔβοτον τὴν ἤπειρον ταύτην καὶ βοῦς τρέφουσαν καλλίστας (An. 2,16,6). Mir selbst ist bekannt, dass sich noch jetzt dieses Land in der Tat gut zur Rinderzucht eignet und dort ganz ausgezeichnetes Vieh gedeiht. Durch eigene Beobachtungen, die Arrian während seines Studienaufenthalts bei Epiktet in Nikopolis25 gemacht hat, untermauert er die bei Hekataios vorgefundene These, dass der durch Herakles auf Befehl des Eurystheus erfolgte Raub der Rinder des Geryon nicht auf einer Insel im Atlantik stattgefunden habe, sondern auf dem griechischen Festland (An. 2,16,5): Die Güte der Rinder in dieser Region (Ambrakia und Amphilochia – beide in An. 2,16,5 erwähnt – liegen am

24 Vgl. Stadter, 1980, 79–86. 25 Siehe diesbezüglich z.B. Stadter, 1980, 4f.

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Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Anabasis

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Ambrakischen Meerbusen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Nikopolis.), die Arrian aus eigener Anschauung kennt,26 spricht ihm zufolge dafür. Indirekt, d.h. ohne den expliziten Hinweis darauf, etwas mit eigenen Augen gesehen zu haben, kommt Arrians αὐτοψία dann zum Tragen, wenn er im Rahmen seiner Alexandergeschichte auf Kunstwerke zu sprechen kommt, die zu Arrians Lebzeiten immer noch zu sehen waren;27 wie im Falle der Statuengruppe des Agenor:28 πολλὰ δὲ καὶ ἄλλα κατελήφθη αὐτοῦ, ὅσα Ξέρξης ἀπὸ τῆς Ἑλλάδος ἄγων ἦλθε, τά τε ἄλλα καὶ Ἁρμοδίου καὶ Ἀριστογείτονος χαλκαῖ εἰκόνες. καὶ ταύτας Ἀθηναίοις ὀπίσω πέμπει Ἀλέξανδρος, καὶ νῦν κεῖνται Ἀθήνησιν ἐν Κεραμεικῷ αἱ εἰκόνες, ᾗ ἄνιμεν ἐς πόλιν, καταντικρὺ μάλιστα τοῦ Μητρῴου, μακρὰν τῶν Εὐδανέμων τοῦ βωμοῦ· ὅστις δὲ μεμύηται ταῖν θεαῖν ἐν Ἐλευσῖνι, οἶδε τῶν Εὐδανέμων29 τὸν βωμὸν ἐπὶ τοῦ δαπέδου ὄντα (An. 3,16,7f.).

26 Ob Arrians Auseinandersetzung mit dem iberischen Herakles zuvor, ὡς τόν γε ἐν Ταρτησσῷ πρὸς Ἰβήρων τιμώμενον Ἡρακλέα, ἵνα καὶ στῆλαί τινες Ἡρακλέους ὠνομασμέναι εἰσι, δοκῶ ἐγὼ τὸν Τύριον εἶναι Ἡρακλέα, ὅτι Φοινίκων κτίσμα ἡ Ταρτησσὸς καὶ τῷ Φοινίκων νόμῳ ὅ τε νεὼς πεποίηται τῷ Ἡρακλεῖ τῷ ἐκεῖ καὶ αἱ θυσίαι θύονται (An. 2,16,4), ebenfalls auf eigener αὐτοψία beruht, ist unklar. Bosworth, A.B., Arrian in Baetica, GRBS 17 (1976) 55–64 bestreitet dies (S. 62f.) mit Verweis auf Arrians Gebrauch des archaischen Namens Tartessos, den er auf Arrians Quelle Aristobul zurückführen will; Stadter, 1980, 10 u. 173 dagegen will in Arrians Äußerungen über die zeitgenössischen religiösen Praktiken in Spanien gerade den Beweis dafür erblicken, dass Arrian um das Jahr 126 als prätorianischer Prokonsul die Provinz Baetica verwaltet habe. 27 Anders verhält es sich dagegen mit An. 1,16,4. Dort lesen wir von Standbildern, die Lysipp in Alexanders Auftrag für die Gefallenen der Schlacht am Granikos anfertigte: Μακεδόνων δὲ τῶν μὲν ἑταίρων ἀμφὶ τοὺς εἴκοσι καὶ πέντε ἐν τῇ πρώτῃ προσβολῇ ἀπέθανον· καὶ τούτων χαλκαῖ εἰκόνες ἐν Δίῳ ἑστᾶσιν, Ἀλεξάνδρου κελεύσαντος Λύσιππον ποιῆσαι, ὅσπερ καὶ Ἀλέξανδρον μόνος προκριθεὶς ἐποίει. Bosworth, 1980, 125f. sieht in ἑστᾶσιν allein die Zustandsbedeutung des Perfekts und will, da sich die ehernen Statuen zu Arrians Zeit nicht mehr in Dion, sondern nach deren Überführung durch Q. Metellus Macedonicus (d.h. seit dem Jahr 146 v.Chr.) in Rom befanden, in Arrians Formulierung ein argumentum ex silentio dafür ausmachen, dass die Anabasis entstanden sein müsse, bevor Arrian das erste Mal Rom betreten habe – also ein Frühwerk sei – da unser Autor anderenfalls von den dort befindlichen Standbildern gewusst hätte. Zwar ist es richtig, wie Stadter, 1980, 184; 186f.13 bei seiner Widerlegung der von Bosworth aufgestellten These u.a. anführt, dass das Perfekt nicht zwingend das Nachwirken der Verbalhandlung auf die Gegenwart implizieren muss und dass es in der späteren griechischen Prosa einen generellen Trend zur Verwendung des Perfekts anstelle des Aorists gibt. Jedoch scheint uns hier ein anderer Fall vorzuliegen. So ist die ganze Passage (An. 1,16,3f.), in der sich die Aussage zu den Standbildern eingebettet findet, geprägt von einem ständigen Wechsel der Tempora: ἔπεσον δὲ καὶ ἡγεμόνες τῶν Περσῶν ... Ἀρσίτης δὲ ἐκ μὲν τῆς μάχης φεύγει ἐς Φρυγίαν, ἐκεῖ δὲ ἀποθνήσκει αὐτὸς πρὸς αὑτοῦ, ὡς λόγος, ὅτι αἴτιος ἐδόκει Πέρσαις γενέσθαι τοῦ ἐν τῷ τότε πταίσματος. Μακεδόνων δὲ τῶν μὲν ἑταίρων ἀμφὶ τοὺς εἴκοσι καὶ πέντε ἐν τῇ πρώτῃ προσβολῇ ἀπέθανον· καὶ τούτων χαλκαῖ εἰκόνες ἐν Δίῳ ἑστᾶσιν, Ἀλεξάνδρου κελεύσαντος Λύσιππον ποιῆσαι, ὅσπερ καὶ Ἀλέξανδρον μόνος προκριθεὶς ἐποίει. Die Flucht und der Selbstmord des persischen Anführers werden von Arrian als Besonderheiten des Geschehens durch Praesentia verlebendigend herausgehoben; ebenso unterstreicht ἑστᾶσιν (anstelle von ἕστασαν) die Einzigartigkeit der Ehrung der ersten Opfer des Krieges durch eherne Statuen. Das präsentische Perfekt dient hier also allein der Verlebendigung der von Arrian dargestellten Ereignisse; vgl. Hammond, 1980, 460f. 28 Zur Statuengruppe s. Bosworth, 1980, 317f. 29 Wirth druckt in seiner Ausgabe τοῦ Εὐδανέμου. Wir wollen hier stattdessen Lewis, D.M., The Altar of the Eudanemoi, CR 24 (1974) 186f. folgen und τῶν Εὐδανέμων lesen: Der Genitiv Plural findet sich in einer Parallelüberlieferung der Stelle in Schol. Proc. in Tim. I, p.469 Diehl, die im Gegensatz zur Passage bei Arrian weder korrupt noch emendiert ist; Probleme, die sich aus einem Altar eines einzelnen Eudanemos ergäben, lassen sich so vermeiden. − Zu den obskuren Eudanemoi und der unklaren Phrase ἐπὶ τοῦ δαπέδου s. Bosworth, 1980, 318f.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch In seinen Besitz nahm er dort auch die vielen Beutestücke, die seinerzeit Xerxes aus Griechenland weggeschleppt und hierhergeschafft hatte, unter anderem eherne Statuen von Harmodios und Aristogeiton; diese schickte er beide den Athenern zurück, und so befinden sie sich jetzt in Athen auf dem Kerameikos an der Stelle, wo man die Stadt betritt, genau gegenüber dem Metroon nicht weit vom Altar der Eudanemoi. Wer in die Mysterien des Göttinnenpaares von Eleusis eingeweiht ist, weiß, dass der Altar der Eudanemoi dort auf heiligem Boden steht.

Oder dem Gemälde des Mikon:30 καὶ γέγραπται ἡ Ἀθηναίων καὶ Ἀμαζόνων μάχη πρὸς Μίκωνος οὐ μεῖον ἤπερ ἡ Ἀθηναίων καὶ Περσῶν (An. 7,13,5). Und es gibt von der Schlacht zwischen Athenern und Amazonen ebenso wie von der zwischen Athenern und Persern ein Gemälde des Mikon. Es ist davon auszugehen, dass Arrian schon während seines Aufenthalts in Nikopolis als junger Mann Athen besucht und sich in die Eleusinischen Mysterien hat einweihen lassen.31 Arrians Bezugnahme auf die in Athen zu bewundernden Meisterwerke griechischer Kunst scheint uns allerdings nicht, wie Hidber, 2004, 170 argumentiert, in der Tradition Herodots als Hinweis darauf zu fungieren, „that the narrator is a much-travelled man and well-acquainted with the present-day world too“. Vielmehr sehen wir darin eine bewusste Anspielung unseres Autors auf die philhellenistische Neigung der intendierten Leserschaft der Anabasis. Um das zu veranschaulichen, müssen wir uns einer zweiten Gruppe von Textstellen zuwenden, in denen Arrian aus der zeitlichen Beschränkung seiner Darstellung auf die Zeit Alexanders ausbricht – dann nämlich, wenn sich bestimmte Sachverhalte seit der Ära Alexanders geändert haben. Dies betrifft zum einen die Fortentwicklung des Wissensstands. So sieht sich Arrian, als er sich den durch Alexander initiierten Forschungsunternehmungen zur Aufklärung einer Verbindung zwischen dem Kaspischen Meer und anderen Meeren (An. 7,16,1f.) widmet, gezwungen, den Leser aufzuklären, dass der geographische Wissensstand, den er in seinen Quellen vorfindet, von dem der eigenen Zeit abweicht: Man hatte damals nämlich noch nicht klar erkannt, wo hier das Kaspische Meer seinen Ausgang nahm, obwohl rundherum eine nicht geringe Zahl von Völkern wohnte und schiffbare Flüsse in dieses mündeten, aus Baktrien der Oxus, der größte aller asiatischen Flüsse außer den indischen, sowie der Jaxartes, der durch skythisches Gebiet fließt. Nach den meisten Berichten ergießt sich in dieses Meer auch der Araxes, der in Armenien entspringt.32 Dies sind die größten Ströme ‒ darüber hinaus aber vereinigen sich noch

30 Zum Gemälde s. Sisti/Zambrini, 613f. 31 Vgl. Stadter, 1980, 14f.; Bosworth, 1980, 317. Man sollte in Arrians Ortskenntnis daher keinen zwingenden Grund für eine Spätdatierung der Anabasis nach dessen Übersiedlung nach Athen sehen. Diese dürfte irgendwann nach 129 (Um dieses Jahr war Arrian consul suffectus in Rom.) und vor 145/46 (Zu dieser Zeit bekleidete Arrian das Amt des ἄρχων ἐπώνυμος in Athen.) stattgefunden haben; vgl. Stadter, 1980, 173f. 32 Ob der Araxes zu Arrians Zeiten direkt ins Kaspische Meer floss, oder erst in den Kyrnos und dann in das Kaspische Meer, ist umstritten; Bosworth, 1972, 174 vertritt ersteres, Stadter, 1980 18719 letzteres. Jedoch verdeutlicht, wie wir meinen, doch gerade die Phrase ὁ πλείων λόγος κατέχει (An. 7,16,3), die sich im Zusammenhang mit Arrians Kurzfassung des geographischen Wissenstandes seiner Zeit nicht, wie Stadter

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Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Anabasis

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viele andere mit ihnen oder fließen für sich in dieses Meer. Die einen von ihnen hatten die Genossen Alexanders kennengelernt während des Aufenthalts bei jenen Völkern, die anderen befinden sich jenseits des Meerbusens, vermutlich im Gebiet der nomadischen Skythen, das völlig unerforscht ist (An. 7,16,3f.). Zum anderen fällt Arrian dann aus seiner zeitlichen Beschränkung, wenn sich die topographische Situation seit der Zeit Alexanders verändert hat: Er gelangte nach Kanobos, fuhr dann das Ufer des mariotischen Sees entlang und ging dort an Land, wo heute das nach ihm benannte Alexandreia liegt (An. 3,1,5). Und: Der Brief befahl, dass dem Hephaistion ein Heiligtum in dem ägyptischen Alexandreia errichtet würde, eins in der Stadt selbst und eins auf der Insel Pharos, wo der Leuchtturm auf der Insel ist (An. 7,23,7).33 Dass nun Arrian gerade und nur in Zusammenhang mit Athen und Alexandria, also den beiden angesehensten Bildungszentren der griechisch-römischen Welt im 2. Jh. n. Chr.,34 die auferlegte Selbstbeschränkung auf die Zeit Alexanders aufgibt, scheint uns keinesfalls zufällig zu sein. Zwar hat Arrian, soweit wir heute wissen, die ägyptische Metropole nicht selbst besucht; jedoch war Hadrian im Sommer des Jahres 130 für zwei Monate in Alexandria und diskutierte dort mit den Gelehrten des Museion. Zuvor hatte der Kaiser im Rahmen seiner Reisetätigkeit den Winter 124/125 in Athen verbracht und sich in die Eleusinischen Mysterien einweihen lassen; die Stadt hat er dann 129 und 132 erneut besucht.35 Der Philhellenismus dieses Kaisers ist allgemein bekannt; weniger aber Arrians freundschaftliche Beziehung zu diesem. So ist Hadrian nicht nur der Schwarzmeer-Períplous Arrians gewidmet (per. m. Eux. 1 t.1: Αὐτοκράτορι Καίσαρι Τραϊανῷ Ἀδριανῷ Σεβαστῷ χαίρειν), auch ein Vorgängerwerk zu den Taktiká36 war dem Kaiser zugedacht.37 Sowohl Arrian als auch Hadrian waren, um eine Formulierung Vidal-Naquets aufzugreifen, Männer zweier Welten: der eine Grieche im römischen Staatsdienst, der andere Römer mit Vorlieben für das Griechentum; beide Intellektuelle, Soldaten mit philosophischer Gesinnung, Jagdliebhaber und Athenverehrer. „In a sense Hadrian seems to be the ideal audience of all that Arrian wrote [...]. Hadrianʼs philhellenism permitted him to appreciate the skills of Arrianʼs renewal of the classical historiographical tradition“ (Stadter, 1980, 169). Noch zusätzlich zu Stadters Interpretation (a.a.O.), dass die in der Anabasis erfolgte Darstellung Alexanders als Herrscher mit Weitsicht eine Huldigung an Hadrians Streben nach gerechter Herrschaft sei und das Verhältnis Alexander–Hephaistion das Verhältnis Hadrian–Antinoos feiere, sehen wir in Arrians Bezug-

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glauben machen will, auf Arrians Hauptquellen beziehen kann, dass auch zu Zeiten Arrians der Verlauf des Araxes nicht indisputabel war. Der unter Ptolemaios I. durch den Architekten Sostratos von Knidos begonnene Bau des Leuchtturms auf Pharos wurde erst unter Ptolemaios II. um 280 v. Chr. fertiggestellt; vgl. RE 19,2 (1938) c.1858. Vgl. Marrou, Henri I., Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum, Übersetzung nach der 3. Auflage von 1955 mit Ergänzungen der 7. Auflage von 1976, München 1977, 401–405. Vgl. Zahrnt, Michael, Hadrian, in: Clauss, Manfred (Hg.), Die Römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian, München 32005, 124–136, 130; 133. Siehe oben S. 34, Fußnote 67. Vgl. Stadter, 1980, 42.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

nahme auf Athen und Alexandria eine Hommage auf Hadrians Philhellenismus. Natürlich beschränkte sich die Leserschaft38 der Anabasis nun nicht allein auf Hadrian. Arrians Alexandergeschichte richtete sich an die Elite des Römischen Reiches, sowohl an pragmatische Senatoren als auch an intellektuelle Literaten. Nur diese wussten auf Grund ihrer Ausbildung Arrians Faszination für militärische Taktiken und Truppenführung, die sich in seinen beinahe didaktischen Darbietungen von Kampfschilderungen und militärischen Operationen offenbart, zu würdigen; nur diese konnten auf Grund ihrer παιδεία einerseits Arrians Darstellung der charakterlichen Entwicklung Alexanders mit Interessen verfolgen, und andererseits den gezügelten Klassizismus seines Stils und seine imitatio der großen Vorbilder ‒ die weitestgehend auf deren Vokabular und Stil beschränkt bleibt, aber deren tradierten Gedankengut nie sklavisch nachahmt, geschweige denn in Nostalgie nach vergangenen Tagen versinkt, sondern stets nur die Aspekte, die Arrians eigenen Ideen dienlich sind, eklektisch herausgreift und so Vergangenheit und Gegenwart harmonisch verbindet ‒ wertschätzen. An diese römische Oberschicht, der Arrian freilich auch angehörte, ja mit Stolz angehörte, richtete sich die Anabasis.39 Die ὠφελεία des Werks liegt nicht in der simplen Glorifizierung der Vergangenheit sondern in der Unterweisung der Gegenwart; aus Arrians Darstellung der Taten Alexanders können und sollen

38 Das Fehlen einer grundlegenden Untersuchung zum Publikum der antiken Historiographen ist bis dato ein Desiderat der Forschung. 39 Vgl. Stadter, 1980, 164–169. – Nur angemerkt sei (Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Thematik bedürfte einer eigenständigen Untersuchung.), dass Arrians historiographische Einheit von Anabasis und Indiké vielleicht auch als eine – nach Hans-Joachim Gehrke – „intentionale“ Form der Geschichtsschreibung verstanden werden könnte, d.h. dass durch das Werk „die Identität einer Gruppe über die Beziehung zur Außenwelt mittels der historischen Rekonstruktion hergestellt wird“, um so „dem eigenen, im Wortsinne ohnmächtigen Gemeinwesen in einer übermächtigen Umwelt einen festen Standpunkt zu verschaffen“ (Baltrusch, 267). Wie nämlich von Baltrusch aufgezeigt dienten die historischen Schriften des Polybios und Plutarch u.a. dazu, sich als Unterworfene zu integrieren und dabei doch die eigene Identität im Imperium Romanum zu wahren: „Damit konnten sich die Griechen der Zeit identifizieren und über die Sättigung an ihren Helden Selbstbewusstsein tanken, während sich die Römer […] in diesen Schriften wiederfinden konnten, heroisch, aber auf gleicher Ebene wie die Griechen“ (Baltrusch, 271). Baltrusch zufolge habe Polybios – als „eine ,hybride‘ Persönlichkeit, römisch und griechisch zugleich denkend und fühlend“ (269f.) – die römische Dominanz anerkannt und sie als „Kulminationspunkt einer historisch darauf zulaufenden Entwicklung“ dargestellt, dabei aber seinen Lesern stets die „privilegierte griechische Position in der Geschichte“ (269) vor Augen geführt. Laut Baltrusch sucht Polybios „nach dem Platz für seine Landsleute im Verhältnis zu den übrigen Regionen unter römischer Herrschaft. Er zielt mit seiner Geschichtsdeutung darauf, diese Vormacht einzuhegen, ja vielleicht sogar zu domestizieren, indem er sie an die Geschichte machtvoller Vorgänger wie Sparta, die Perser und Alexander anbindet. Deren Fehler dürfe Rom nicht wiederholen“ (270). In der Zeit zwischen Polybios und Arrian – auch er eine „hybride“ Persönlichkeit – hatte sich die politische Lage geändert: Spätestens nach der Schlacht bei Actium und der Annexion des Ptolemäischen Ägypten war die römische Vormacht im östlichen Mittelmeerraum endgültig konsolidiert – Hoffnung auf einen eventuellen Abzug der Invasoren bestand nicht mehr; gleichzeitig erlebten die kleinasiatischen Metropolen ab dem Ende des 1. Jh. n. Chr. eine enorme wirtschaftliche Blüte (vgl. Bowie, Ewen, Greeks and their Past in the Second Sophistic, Past & Present 46 [1970] 3–41, 38f.). „By re-creating the situations of the past the contrast between the immense prosperity and the distressing dependence of the contemporary Greek world was dulled, and a man like Arrian could think of his Athenian archonship and his work on Alexander as of equal importance with his Roman career“ (Bowie, 41). Das Geschichtswerk des Arrian also könnte durch das stilistische und thematische Festhalten des Autors am Vergangenen als Versuch gesehen werden, „die damalige griech[ische] Welt (ein Teil des Imperium Romanum) im Lichte ihrer ruhmreichen Vergangenheit zu erneuern“ (Bowie, Ewen, s.v. Zweite Sophistik, NP 12/2, 854) – den politischen Aspekten der Zweiten Sophistik somit in gewisser Weise entsprechend.

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Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Anabasis

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seine römischen Leser lernen.40 Dass Alexander nämlich ein geeignetes Vorbild für die Römer abgibt, lässt sich Arrians Schlusskommentar zu Alexanders Regelungen in Ägypten in An. 3,5, bei dem unser Autor erneut aus der zeitlichen Beschränkung seiner Darstellung ausbricht, entnehmen: Und auch die Römer scheinen von Alexander gelernt zu haben, auf Ägypten ein besonderes Augenmerk zu richten, weshalb sie auch nie einen Senator zur Verwaltung als Statthalter des Landes schickten, sondern stets einen Angehörigen des Ritterstandes (An. 3,5,7). Neben der zitierten Stelle kommt Arrian in der Anabasis nur noch zwei weitere Male auf die Römer zu sprechen. Zum einen blitzt die zukünftige Größe der aufsteigenden Macht Rom in Arrians Spekulationen über die durch den Tod des Makedonenkönigs vereitelten Zukunftsplänen Alexanders in An. 7,1 kurz auf: Von hier aus wollte er nach den einen ins Schwarze Meer einfahren, um gegen die Skythen und zum Maiotischen See zu ziehen, anderen zufolge nach Sizilien und zum japygischen Vorgebirge, denn auch der wachsende Klang des römischen Namens habe ihm bereits keine Ruhe mehr gelassen (An. 7,1,3). Zum anderen berichtet Arrian über eine römische Gesandtschaft zu Alexander: Von den Alexanderhistorikern schrieben Aristos und Asklepiades, auch die Römer hätten Gesandte geschickt, und als er diese kennenlernte, habe er ihnen die künftige Macht Roms vorausgesagt, als er das würdige, zuchtvolle, freiheitliche Auftreten dieser Männer betrachtete und über ihre Verfassung Genaueres erfuhr. Dies freilich teile ich weder als verbürgte Wahrheit mit noch als gänzlich unglaubhaft ‒ allerdings wird eine solche Gesandtschaft zu Alexander weder von einem römischen Autor noch unter den Alexanderhistorikern von Ptolemaios, Sohn des Lagos, und Aristobul erwähnt, meinen bevorzugten Gewährsmännern. Auch passt es wenig zu den politischen Grundsätzen des römischen Volkes, die damals im freiheitlichen Denken gipfelten, dass man zu einem fremden König, zudem so weit vom eigenen Lande entfernt, Gesandte schickte, denn gerade die Römer in ihrem ganz besonders starken Hass auf Staatsform und Namen der Tyrannis vermochten doch weder Furcht noch Hoffnung auf Vorteile zu einer solchen Handlung zu veranlassen (An. 7,15,5f.).

40 Dieser didaktisch-mathetische Aspekt der Anabasis wird auch dann besonders augenfällig, wenn Arrian aus seiner zeitlichen Beschränkung ausbricht, ohne aber auf eine bestimmte andere Zeit zu rekurrieren, sondern gleichsam zeitlose Aussagen trifft. So z.B. gibt Arrian als eine der Begründungen dafür, dass Dareios sein Heer vor der Schlacht von Issos an Ort und Stelle verharren ließ: καὶ ὑπὸ τῶν καθ' ἡδονὴν ξυνόντων τε καὶ ξυνεσομένων ἐπὶ κακῷ τοῖς ἀεὶ βασιλεύουσιν ἐπαιρόμενος (An. 2,6,5). In Variation finden wir diesen Gedanken auch im Nachruf auf Alexander: καὶ τοὺς πρὸς ἡδονήν, οὐκ ἐπὶ τῷ βελτίστῳ, τοῖς βασιλεῦσι ξυνόντας τε καὶ ἐπὶ κακῷ ξυνεσομένους (An. 7,29,1). Ein weiteres Beispiel für eine quasi zeitlose Aussage Arrians finden wir am Ende der Rede Alexanders vor der Schlacht von Issos: ὅσα τε ἄλλα ἐν τῷ τοιῷδε πρὸ τῶν κινδύνων ἐς παράκλησιν ἀνδράσιν ἀγαθοῖς ἐξ ἀγαθοῦ ἡγεμόνος παραινεῖσθαι εἰκός (An. 2,7,9)

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

Dass Arrian hier die Alexanderhistoriker Aristos und Asklepiades namentlich nennt,41 d.h. die Verantwortung für dir Richtigkeit des Dargestellten von sich weist, und die Entscheidung über die Glaubwürdigkeit einer römischen Gesandtschaft zu Alexander dem Leser überlässt (οὔτε ἀτρεκὲς οὔτε ἄπιστον), wobei er selbst, wie seine Argumentation auf Basis der Wahrscheinlichkeit (οὐδὲ ἐπεοικὸς ἦν) zeigt, zur Skepsis tendiert, ist für unsere Interpretation der Stelle weniger von Bedeutung als das Vokabular, das Arrian in Bezug auf die römischen Delegation verwendet: Rom ist ein πολίτευμα ἐλεύθερον (An. 7,15,6), und dessen Bewohner sind φιλόπονοι und ἐλευθέριοι (An. 7,15,5). Wie Sisti/Zambrini, 623 ganz richtig anmerken, weist Arrians Diktion Parallelen zu seiner Charakterdarstellung der Makedonen auf. So finden wir gleich zu Beginn des Arrianischen Nachrufs auf Alexander die Bekundung, dass dieser Anstrengungen und Mühen nicht scheute: τό τε σῶμα κάλλιστος καὶ φιλοπονώτατος καὶ ὀξύτατος γενόμενος καὶ τὴν γνώμην ἀνδρειότατος καὶ φιλοτιμότατος καὶ φιλοκινδυνότατος καὶ τοῦ θείου ἐπιμελέστατος (An. 7,28,1). Er war von prachtvollem Körperbau, ungeheuer zäh und schnell zupackend, in seiner Haltung von höchster Tapferkeit, unendlichem Ehrgeiz und stets bereit, Gefahren zu durchstehen. In seinen Bemühungen, den religiösen Geboten nachzukommen, übertraf ihn keiner. Und der freiheitliche Sinn der Makedonen findet in Alexanders Rede vor der Schlacht von Issos Betonung: [sc. Ἀλέξανδρος ἔλεξεν] Μακεδόνας τε γὰρ Πέρσαις καὶ Μήδοις, ἐκ πάνυ πολλοῦ τρυφῶσιν, αὐτοὺς ἐν τοῖς πόνοις τοῖς πολεμικοῖς πάλαι ἤδη μετὰ κινδύνων ἀσκουμένους, ἄλλως τε καὶ δούλοις ἀνθρώποις ἐλευθέρους, εἰς χεῖρας ἥξειν (An. 2,7,4).42 Denn nunmehr gerieten Makedonen mit Persern und Medern aneinander, Völkern, die schon seit geraumer Zeit verweichlicht seien, während sie selbst sich in allen kriegerischen Mühen und Gefahren seit langem ihre Übung erworben hätten. Und im übrigen würden in diesem Kampf sich freie Menschen und Sklaven gegenüberstehen. Sieht man nun in der Phrase ὁ κόσμος τῶν ἀνδρῶν in An. 7,15,5 nicht wie Capelle, 382 nur eine Aussage zu deren Kleidung und übersetzt mit „Aufzug dieser Männer“, sondern misst κόσμος, wie in der Kranzrede des Demosthenes (Or. 18,216: ὑμᾶς αὐτοὺς ... θαυμαστοὺς ἐδείξατε τῷ κόσμῳ), die Bedeutung „Disziplin“ (im Sinne der Willensbeherrschung) bei,43 so finden wir auch für diesen Charakterzug der Römer ein Pendant in Alexander: ἡδονῶν δὲ τῶν μὲν τοῦ σώματος ἐγκρατέστατος, τῶν δὲ τῆς γνώμης ἐπαίνου μόνου ἀπληστότατος (An. 7,28,2).

41 Diesbezüglich Hornblower, 57: „We should not look too ingeniously for answers to such problems as, why Arrian cites the obscure Aristos and Asklepiades for the Roman embassy to Alexander, rather than the more famous Kleitarchos, who we know mentioned this embassy. Ancient historians did not feel themselves bound by modern conventions about citing or preferring the best or earliest source.“ 42 Diesen Freiheitssinn der Makedonen finden wir beispielsweise auch in Arrians Darstellung des Verhaltens Alexanders gegenüber den Euergeten (An. 3,27,5) oder den Einwohnern von Nysa (An. 5,2,2). 43 Vgl. LSJ 985 s.v. κόσμος Ι,2 und OLD 550 s.v. disciplina 4.

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Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Indiké

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Gegen sinnliche Vergnügen äußerst zurückhaltend, kannte er nur eine Unersättlichkeit, nämlich Lob und Anerkennung seiner geistigen Qualitäten zu ernten. So wie sich in Arrians Charakterdarstellung der Römer die von ihm in der Anabasis an Alexander und den Makedonen gewürdigten Wesensmerkmale widerspiegeln, so dient auch Alexanders Aufstieg zur Macht als Projektion für das Emporkommen Roms: Die römische Dominanz zur Zeit Arrians (An. 7,15,5: ἡ ἐς τὸ ἔπειτα ἐσομένη δύναμις) war somit schon lange zuvor absehbar; sind doch Makedonen und Römer „aus einem Holz geschnitzt“. Arrian schreibt also, so lässt sich abschließend feststellen, für ein römisches Lesepublikum, das sich nicht nur im Bereich der παιδεία, sondern auch, was die eigene Vormachstellung betrifft, als legitimer Nachfolger der Griechen / Makedonen betrachtet.44

Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Indiké Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sich dieser Sukzessionsgedanke auch in der Indiké, der wir uns im Folgenden zuwenden wollen, wiederfindet: Auch das Folgende berichten einige der Inder über Herakles, dass er … im Meer eine neue Art Schmuck für die Frauen gefunden habe, den noch heute Kaufleute, die Waren aus dem Land der Inder zu uns bringen, mit Eifer aufkaufen und ausführen. Und wer einst von den Griechen und jetzt von den Römern reich und wohlhabend ist, kauft ihn mit noch größerem Eifer, nämlich die Perle aus dem Meer oder Margarite, wie sie in der Sprache der Inder heißt (Ind. 8,8f.). Der Handel mit Perlen und deren Ankauf durch einstmals reiche Griechen, bzw. – zur Zeit Arrians – reiche Römer, ist einer der Fälle, bei denen Arrian aus der Erzählzeit der Indiké fällt. Denn auch dessen Indische Geschichte beschränkt sich, wie es erstmals Schwarz, 1975a und 1975b aufgezeigt hat, auf die Zeit Alexanders. Genau wie bei der Anabasis realisiert Arrian die zeitliche Einengung durch die Wahl seiner Hauptquellen: Nearch, der an Alexanders Zug selbst teilgenommen hat, und Megasthenes, der Indien etwa eine Generation später bereiste. Da Arrian keine Erkenntnisse über Indien aus seiner eigenen Zeit45 in das Werk einfließen lässt, haben wir es, soweit es die ethnographischen Anteile der Schrift, d.h. v.a. die ἐκβολή betrifft, strenggenommen mit einer historisch-ethnographischen Abhandlung über Indien zu tun.46 Auch hierin mag, 44 Vice versa bei Hornblower, 52: „With the second century ad Greek historians turned, with some nostalgia, to their remoter past. Arrian and Plutarch prefigure what is sometimes known as the Second Sophistic, an age of modest intellectual renaissance with an emphasis (hardly new in Greek culture but carried to extremes) on rhetoric and antiquarianism. It is a controversial question how far this sort of archaizing represented a ‛flight from the present’, that is from the powerlessness of contemporary Greece before the fact of Roman domination. A more positive view of such ‛cultural archaism’ is possible: the past was, in fact, being exploited in the interests of an ideology of Greek participation in Roman ecumenicalism.“ 45 Dass Indien zur Zeit Arrians keine terra incognita mehr war, sondern ein reger Seehandel zwischen dem Subkontinent und dem Römischen Reich bestand, zeigt der anonyme Periplus Maris Erythraei aus ca. der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. – Zu dessen Datierungsfrage s. Hartinger, 96f. 46 Zur generellen Persistenz des seit dem Ende des 4. /Anfang des 3. Jh. v. Chr. ausgeprägten literarischen Indienbilds bei späteren Schriftstellern s. u.a. Ruffing, 2002, 254f. Einen Überblick über die literarische Auseinandersetzung mit dem Subkontinent und die Entwicklung des literarischen Indienbilds gibt Ruffing, 2016.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

wie Stadter, 1980, 117 vermutet, der Gebrauch des Ionischen in der Indiké zum Teil begründet liegen: Arrian will eben nicht die Situation seiner Zeit wiedergeben und unterstreicht das durch die Wahl des altertümlichen Dialekts. Trotz der Fokussierung auf Alexanders Zeit weist die Indische Geschichte neben der bereits von uns zitierten Passage noch weitere chronologische Dissonanzen auf. Diese finden sich, wie schon in der Anabasis beobachtet, dann, wenn Arrian auf die eigene αὐτοψία rekurriert: Wir wissen ja, dass sich kein Fluss in den Nil ergießt, sondern dass sich von ihm aus Kanäle durch das Land Ägypten ziehen. Die Donau entspringt als kleiner Fluss aus den Quellen. Sie nimmt zwar viele Nebenflüsse auf, die jedoch an Fülle den Flüssen der Inder, die in den Indus und den Ganges münden, nicht gleichkommen. Dazu sind nur sehr wenige schiffbar; von denen, die ich aus eigener Anschauung kenne, der Enos und der Saos. Der Enos mündet an der Grenze der Noriker und der Raeter in die Donau, der Saos aber bei den Paioniern. Das Land, wo diese Flüsse sich vereinigen, heißt Taurunos (Ind. 4,14ff.). Wir hatten die Textstelle bereits weiter oben besprochen und dabei herausgearbeitet, dass die Passage dazu dient, die Glaubwürdigkeit einer Information des Megasthenes, die Arrian zunächst fragwürdig erscheint, durch einen Analogieschluss zu bestätigen.47 Dementsprechend liegt die Funktion der αὐτοψία Arrians, wie wir es schon am Beispiel des Rinderraubs des Herakles in An. 2,16,5f. beobachtet haben, in der Untermauerung der Argumentation. Diese Beweisfunktion der αὐτοψία findet sich auch in Kapitel 14 der ἐκβολή. Dort formuliert Arrian zunächst eine These: θυμόσοφον γὰρ εἴπερ τι ἄλλο θηρίον ὁ ἐλέφας ‒ Wenn nämlich irgendein Tier intelligent ist, dann ist es der Elefant (Ind. 14,4). Im Anschluss daran führt unser Autor für intelligentes Verhalten von Elefanten einige Beispiele an, die nicht der eigenen Lebenswelt entstammen (Ind. 14,4),48 und knüpft Beobachtungen an, die er selbst getroffen hat: εἶδον δὲ ἔγωγε καὶ κυμβαλίζοντα ἤδη ἐλέφαντα καὶ ἄλλους ὀρχεομένους, κυμβάλοιν τῷ κυμβαλίζοντι πρὸς τοῖν σκελοῖν τοῖν ἔμπροσθεν προσηρτημένοιν, καὶ πρὸς τῇ προβοσκίδι καλεομένῃ ἄλλου κυμβάλου· ὃ δὲ ἐν μέρει τῇ προβοσκίδι ἔκρουε τὸ κύμβαλον ἐν ῥυθμῷ πρὸς ἑκατέροιν τοῖν σκελοῖν, οἳ δὲ ὀρχεόμενοι ἐν κύκλῳ τε ἐχόρευον, καὶ ἐπαίροντές τε καὶ ἐπικάμπτοντες τὰ ἔμπροσθεν σκέλεα49 ἐν τῷ μέρει ἐν ῥυθμῷ καὶ οὗτοι ἔβαινον, καθότι ὁ κυμβαλίζων σφίσιν ὑφηγέετο (Ind. 14,5f.).

47 Siehe oben S. 56. 48 Dem Text selbst ist nicht zu entnehmen, ob Arrian hier Quellenmaterial wiedergibt, oder eigenes, zusammengetragenes Wissen über Verhaltensweisen von Elefanten referiert. Dass manche Alexanderhistoriographen das intelligente Verhalten von Elefanten freilich erwähnt haben, zeigen zumindest Plutarchs Ausführungen über den Elefanten des Poros: καίτοι μέγιστος ἦν ὁ ἐλέφας· σύνεσιν δὲ θαυμαστὴν ἐπεδείξατο καὶ κηδεμονίαν τοῦ βασιλέως, ἐρρωμένου μὲν ἔτι θυμῷ τοὺς προσμαχομένους ἀμυνόμενος καὶ ἀνακόπτων, ὡς δ' ᾔσθετο βελῶν πλήθει καὶ τραυμάτων κάμνοντα, δείσας μὴ περιρρυῇ, τοῖς μὲν γόνασιν εἰς γῆν ὑφῆκε πρᾴως ἑαυτόν, τῇ δὲ προνομαίᾳ λαμβάνων ἀτρέμα τῶν δορατίων ἕκαστον ἐξῄρει τοῦ σώματος (Plut. Alex. 60,13). 49 τὰ ἔμπροσθεν σκέλεα: Was die Tatsache betrifft, dass sich ἔμπροσθεν nur in der ἐκβολή, im Paráplous dagegen nur πρόσθεν findet (vgl. S. 268), so meinen wir erkannt zu haben, dass Arrian ἔμπροσθεν stets dann verwendet, wenn es – so wie in den beiden Stellen der ἐκβολή – in attributive Stellung zu einem neutralen Substantiv im Plural tritt (vgl. Ind. 14,6 mit An. 7,10,2 und Cyn. 5,10f.); in einer solchen Konfiguration ist πρόσθεν bei Arrian nämlich nicht nachweisbar. Dass dies in der Indiké nur die ἐκβολή betrifft – in beiden Fällen bezieht sich dort ἔμπροσθεν auf σκέλεα –, ist natürlich dem Zufall geschuldet. Zur Verwendung von πρόσθεν wollen

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Die zeitliche Beschränkung der Darstellung in der Indiké

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Ich selbst habe schon einen Elefanten die Becken schlagen und andere tanzen sehen. Die beiden Becken waren dem Beckenspieler an die Vorderbeine gebunden und an den sogenannten Rüssel ein weiteres. Der Elefant schlug mit dem Rüssel im Takt das Becken im Wechsel auf die beiden an den Vorderbeinen. Und die anderen Tanzenden tanzten im Kreise, wobei sie abwechselnd im Rhythmus die Vorderbeine hoben und beugten und so gingen, wie der Beckenspieler sie anführte. Wenn also Elefanten zu derartigen Kunststücken fähig sind, dann stehen für den Leser die zuvor von Arrian angeführten Beispielen für intelligente Handlungsweisen von Kriegselefanten außer Zweifel. Doch scheint uns Arrians Rekurs auf die eigene αὐτοψία hier nicht allein der Untermauerung seiner These zu dienen. Wir sehen darin überdies den Versuch, die θαύματα, die seine Quellen im indischen Tierreich sahen, die jedoch zu Arrians Zeit, wie es unser Autor mit Bezugnahme auf die αὐτοψία am Beispiel der Papageien und Affen klarstellt (Ind. 15,8f.), eben keine θαύματα mehr sind50 (da sich nicht nur der Wissensstand seit der Zeit Alexanders fortentwickelt hat,51 sondern eben auch die Lebenswirklichkeit der Leserschaft Arrians eine andere ist, als die seiner fast 500 Jahre vorher schreibenden Quellen), zu ersetzen: Da der Elefant zu Arrians Zeit an sich eben keine θαῦμα mehr darstellt, können nur noch dessen spektakuläre Darbietungen, die die Intelligenz dieses Tieres anschaulich machen, den Leser ins Staunen versetzen; sei es, dass dieser von einem Augenzeugen hier erstmals darüber informiert wird, oder – was wahrscheinlicher ist − selbst schon Augenzeuge eines solchen staunenerregenden Schauspiels war und sich dieses ins Gedächtnis zurückrufen kann. Arrians Ausbrüche aus der zeitlichen Beschränkung der Indiké im Bereich der indischen Fauna sind freilich insoweit notwendig, als dass sie, im Sinne einer Bemühung um eine konsistente Darstellung, der Lebenswirklichkeit seiner Leserschaft versuchen Rechnung zu tragen. Etwas anders verhält es sich dagegen mit Arrians Äußerung in Hinblick auf den Tiger: ταύτας δέ [sc. λέγει Νέαρχος], ἅστινας καὶ ἡμεῖς ὁρέομεν καὶ τίγριας καλέομεν, θῶας εἶναι αἰόλους52 καὶ μέζονας ἤπερ τοὺς ἄλλους θῶας (Ind. 15,3). wir noch soviel sagen, dass Arrian im Relativsatz das Adverb dem Relativpronomen stets direkt folgen lässt: τῶν τε ἀστέρων, ὅσους πρόσθεν μετεώρους κατεώρων, οἳ μὲν ἀφανέες πάντη ἦσαν (Ind. 25,6). Diese Wortstellung ist typisch für die Anabasis und wird dort ausnahmslos eingehalten; vgl. z.B. ὁμήρους δὲ δοῦναι σφῶν τοὺς δυνατωτάτους ἐκέλευσεν καὶ τοὺς ἵππους, οὓς πρόσθεν ὡμολόγησαν (An. 1,27,4). Ebenso charakteristisch ist dort der Gebrauch von πρόσθεν in einem Hauptsatz, dem sich ein mit der Konjunktion πρίν eingeleiteter Adverbialsatz zur Angabe des dem im Hauptsatz Ausgesagtem Nachfolgendem anschließt (vgl. KG II 2, 445): so z.B. οὐδὲ πρόσθεν ἐνέκλιναν οἱ Πέρσαι πρὶν Δαρεῖόν τε πεφευγότα ᾔσθοντο (An. 2,11,2) oder οὐδὲ πρόσθεν ἔληξε τῆς φυγῆς πρὶν ξυλληφθῆναι ὑπὸ τῶν ἀμφὶ Βῆσσον (An. 6,11,4). Dieselbe Satzsyntax finden wir auch im Paráplous: κελεύει ... προσμένειν ... μηδὲ βάλλειν πρόσθεν ἐς τοὺς βαρβάρους, πρὶν ἐπὶ τριῶν ἐς βάθος ταχθῆναι τὴν φάλαγγα (Ind. 24,6). 50 Vgl. Pomelli, 2006b, 138. 51 Vgl. dazu auch Arrians Ausbrechen aus der zeitlichen Beschränkung der Anabasis zur Aufklärung des Lesers über die Fortentwicklung des Wissensstands in Bezug auf die geographischen Gegebenheiten des Kaspischen Meeres (An. 7,16,1f.) oben S. 120f. 52 αἰόλος finden wir in Arrians Oeuvre nur hier und in Ind. 15,10, einem weiteren Nearchzitat, das von dessen Jagd auf ὄφεις αἰόλοι καὶ ταχεῖς berichtet. Obgleich man durch die kontrastive Gegenüberstellung von αἰόλος καὶ ταχύς mit der Größe dieser Schlangen durch μέν – δέ auf den ersten Blick hinter dem Ausdruck αἰόλοι καὶ ταχεῖς ein Hendiadyoin vermuten könnte, also αἰόλος in diesem Fall die Bedeutung „schnell beweglich“ hätte, scheint es jedoch bei einem Vergleich mit Ind. 15,3 naheliegender zu sein, αἰόλος an beiden Stellen im Hinblick auf die Farbgebung der Tiere (LSJ 40 s.v. αἰόλος I,2) gesagt zu meinen; vgl. z.B. αἰόλος / δράκων (Soph. Trach.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch Diejenigen dagegen, die auch wir sehen und Tiger nennen, seien gestreifte Schakale, die nur größer sind als die anderen Schakale.

Auf den ersten Blick scheint Arrian auch hier aus der zeitlichen Beschränkung auszubrechen; jedoch sollte man sich vergegenwärtigen, dass, selbst wenn man außer Acht lässt, dass es sich hierbei um ein Nearchzitat handelt und Arrian die Formulierung in seiner Quelle vielleicht schon so vorgefunden haben könnte, die Einbeziehung des Lesers hier allein der Definition dient, d.h. nicht an die Zeit des Lesers gebunden, sondern in gewisser Weise überzeitlich ist. Wir werten die Stelle daher nicht als Bezugnahme des Verfassers auf die eigene Zeit. Eine derartige Bezugnahme jedoch finden wir im Paráplous-Teil der Indiké; es handelt sich dabei auch um die einzige53 chronologische Dissonanz dieses Teils der Indischen Geschichte, der, wie bereits gesagt, im Gegensatz zur Anabasis die chronologische Abfolge der historischen Ereignisse in der Darstellung häufig nicht beibehält, sondern mit eingeschobenen Nachträgen operiert: Durch hier und da eingerammte Pfähle waren die Untiefen gekennzeichnet, wie in der Meerenge zwischen der Insel Leukas und Akarnanien Zeichen den Seeleuten den Weg weisen, damit die Schiffe nicht in den Untiefen stranden (Ind. 41,2). Hier nun vergleicht Arrian die Seezeichen, die der Flotte auf der Durchfahrt einer Meerenge54 zwischen dem susischen Festland und einer vorgelagerten Insel Orientierung boten, mit ähnlichen Schifffahrtszeichen55 zwischen Leukas und dem griechischen Festland. Da Nikopolis, wo Arrian seinen Studienaufenthalt bei Epiktet verbrachte, unweit der Insel Leukas lag, ist hier mit Sicherheit von der αὐτοψία unseres Autors auszugehen. Anders allerdings als bei den von uns zuvor untersuchten Textstellen, bei denen Arrian die zeitliche Beschränkung seiner Darstellung durchbricht indem er auf die αὐτοψία rekurriert, dient diese Passage nicht der Untermauerung der Argumentation, sondern lediglich der Veranschaulichung. Zusätzlich wird mit dem Folgesatz „Aber bei Leukas ist der Grund sandig und gestattet so den Gestrandeten ein schnelles Wiederflottmachen“ (Ind. 41,3), der die Durchfahrung des Sunds von Leukas als zwar nicht einfach, aber doch im Gegensatz zu der Durchquerung der Meerenge vor der susischen Insel (Ind. 41,3f.) 11f.) und τὶν δ' ὁ γενειήτης δύο μὲν κύνας ἥμισυ πηγούς, / τρεῖς δὲ παρουαίους, ἕνα δ' αἰόλον [sc. ἔδωκε] (Kall. Dem. 90f.). 53 In Ind. 38,3, einer Stelle, die, laut Schwarz, 1975a, 200, neben Ind. 4,15; 4,16 und 8,9 eine der vier in der Indiké zu beobachtenden Bezugnahmen Arrians auf die eigene Zeit darstellen soll, vermögen wir trotz aller Anstrengung keine chronologische Dissonanz zu erblicken. 54 Arrian verwendet den Begriff ἰσθμός nur hier zur Bezeichnung einer Meerenge. In der Anabasis werden damit nur Landengen (An. 6,11,6: Korinth; An. 7,2,1: Sinope) bezeichnet; in der Indiké finden wir ἰσθμός noch in Kapitel 43,5f. Dort berichtet Arrian von einer Gesandtschaft des Ptolemaios I., die διὰ τῆς Ἀραβίης χώρης ἰσθμόν τινα (Ind. 43,5) gezogen sei. Mit ἰσθμός τις bezeichnet Arrian nun das Gebiet zwischen Rotem Meer und Persischem Golf, d.h. das arabische Kernland. Dass dafür der Ausdruck ἰσθμός nur cum grano salis zutrifft, ist sich Arrian bewusst und reicht daher noch eine Begriffsdefinition nach: [sc. ἡ χώρα], ἥντινα ἰσθμὸν ἀπεφαίνομεν (Ind. 43,6). – Dass der Begriff ἰσθμός auch für größere Gebiete wie Kaukasien oder die SinaiHalbinsel Verwendung finden konnte, zeigt Aristot. mund. 393b: Εὐρώπη μὲν οὖν ἐστιν ἧς ὅροι κύκλῳ στῆλαί τε Ἡρακλέους καὶ μυχοὶ Πόντου θάλαττά τε Ὑρκανία, καθ' ἣν στενότατος ἰσθμὸς εἰς τὸν Πόντον διήκει· τινὲς δὲ ἀντὶ τοῦ ἰσθμοῦ Τάναϊν ποταμὸν εἰρήκασιν. Ἀσία δέ ἐστι τὸ ἀπὸ τοῦ εἰρημένου ἰσθμοῦ τοῦ τε Πόντου καὶ τῆς Ὑρκανίας θαλάσσης μέχρι θατέρου ἰσθμοῦ, ὃς μεταξὺ κεῖται τοῦ τε Ἀραβικοῦ κόλπου καὶ τῆς ἔσω θαλάσσης, περιεχόμενος ὑπό τε ταύτης καὶ τοῦ πέριξ Ὠκεανοῦ. 55 Antike Berichte über Seezeichen sind äußerst selten; vgl. Rost, Georg A., Vom Seewesen und Seehandel in der Antike. Eine Studie aus maritim-militärischer Sicht, Amsterdam 1968, 49.

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Der strukturelle Aufbau des Paráplous

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als viel weniger gefahrvoll ausgibt, die Schwierigkeit, der Alexanders Flotte in diesem Moment ausgesetzt war, noch besonders herausgehoben und für den Leser, sofern er bereits Erfahrung mit der Passage einer engen Meeresstraße − vielleicht ja sogar vor Leukas − hat, in ihrem Ausmaß begreiflich gemacht.56 Arrians Rekurs auf die eigene αὐτοψία hat also hier die Funktion eines Vergleichsbeispiels. Dass wir diese Funktion nur in der Indiké finden, dürfte wohl weniger überraschend wirken, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Schrift Arrians in der Tradition des Herodot verstanden werden will: Wie es nämlich ein Charakteristikum dessen Werks ist, unbekanntere Dinge mit Bekanntem zu vergleichen,57 so begegnet uns ein ebensolcher Vergleich auch hier. Mag nun auch die Vergleichsfunktion singulär sein, ist doch aber im Ganzen eine Parallele zur Anabasis fraglos darin zu sehen,58 dass Arrians Ausbruch aus der zeitlichen Beschränkung in Form einer Beobachtung, die seiner Zeit in Nikopolis entstammt, erfolgt.

Der strukturelle Aufbau des Paráplous Die Indiké erweist sich nicht nur im Bezug auf ihre chronologische Fixierung auf die Zeit Alexanders als kongruent zur Anabasis; auch die Darstellung der im Paráplous geschilderten Ereignisse erfolgt auf Basis eines „march narrative“. Da es sich aber im Falle der Flotte nicht um eine Abfolge von Märschen, sondern von Fahrten handelt, sollte man, strenggenommen, von einer hodologischen Grundstruktur sprechen. Diese durchzieht den ganzen Werksteil, beginnend mit der Abfahrt der Flotte aus Indien: Nachdem sie von ihrem Schiffsdepot aufgebrochen waren, fuhren sie am ersten Tag den Indus hinab, ankerten bei einem großen Kanal und blieben dort zwei Tage lang. Dieser Ort heißt Stura und war etwa 100 Stadien von dem Schiffsdepot entfernt. Am dritten Tag lichteten sie die Anker und fuhren 30 Stadien bis zu einem anderen Kanal, der bereits Brackwasser führte. Besonders während der Flut strömte das Meer in ihn hinein, aber auch bei Ebbe blieb das Wasser darin mit dem Fluss vermischt. Dieser Platz heißt Kaumana. Von dort fuhren sie 20 Stadien flussab nach Koreestis und ankerten immer noch im Fluss. Von dort brachen sie auf, fuhren jedoch nicht weit (Ind. 21,2–5). Bis zu ihrer Ankunft in Susa: Sie fuhren zurück, indem sie die Susis zu ihrer Linken hatten, und fuhren an der Lagune vorbei, in die sich der Tigris ergießt … Von dort fuhren sie den Pasitigris hinauf durch ein 56 Man lese unter diesem Blickwinkel einmal Wilhelm Capelles Bericht darüber, was er „an Bord des Fährbootes von Ditzum nach Petkum in Ostfriesland als Augenzeuge“ (Capelle, 1973, 500457) erlebt hat, und vergleiche es mit eigenen Erlebnissen auf ostfriesischen Fähren. Man wird feststellen, dass die beschriebene Extremsituation vollumfänglich nur dann begreifbar wird, wenn die Möglichkeit eines Vergleichs gegeben ist, d.h. man selbst schon einmal mit Fähren in Ostfriesland gefahren ist. 57 Vgl. Rood, 130 (mit zahlreichen Belegen bei Herodot). 58 Zwar handelt es sich um keine chronologische Dissonanz im eigentlichen Sinne, jedoch sollte an dieser Stelle Erwähnung finden, dass Arrians Beschäftigung mit Dionysos, der, wie wir bereits gezeigt haben, in Anabasis und Indiké größerer Raum zugestanden wird, als Hommage an Hadrian gedeutet werden kann; dieser nämlich galt besonders im Osten des Reiches als Inkarnation des Gottes. Insofern kann Arrians Auseinandersetzung mit Dionysos zumindest als eine subtile Form der Anspielung auf die eigene Zeit unseres Autors gesehen werden; vgl. Schwarz, 1975a, 197f.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch bewohntes und reiches Land. Nachdem sie etwa 150 Stadien flussauf gefahren waren, ankerten sie dort und erwarteten die Kundschafter, die Nearch ausgeschickt hatte, um herauszufinden, wo sich der König aufhielt (Ind. 42,2 u. 5).

Jede einzelne Fahrtetappe59 weist dieses Grundgerüst auf, wobei das Gerüst selbst, wie die beiden angeführten Stellen zeigen, entsprechend dessen Pendant in der Anabasis einen variablen Kompressionsgrad aufweisen kann. Darin sind, ebenfalls wie in der Anabasis, verschiedene Szenen eingebettet, in denen von Arrian in unterschiedlicher Darstellungsbreite einzelne Ereignisse der Expedition wiedergegeben werden. Dort wie hier schwankt deshalb der Rhythmus in der narrativen Darstellung: Während sich in der Anabasis die am sorgfältigsten ausgearbeiteten Szenen detailliert und mit bewusster Reduktion der Erzählgeschwindigkeit ausschließlich den größten Herausforderungen und bedeutendsten Leistungen Alexanders widmen (vgl. z.B. Arrians Darstellung der Schlacht am Granikos in An. 1,13–16 oder die Debatte am Hyphasis in An. 5,25– 29),60 finden wir dies in der Indiké in gleicher Form für die Taten Nearchs (vgl. z.B. Nearchs Kampf mit den Tiermenschen in Ind. 24 oder dessen Eroberung der Stadt im Gebiet der Fischesser in Ind. 27,8–28,9); am elaboriertesten jedoch sind die Passagen, in denen Nearch und Alexander gemeinsam agieren (Ind. 20 und 33–36), was, wie wir noch zeigen werden, Arrians Darstellungsabsicht Rechnung trägt. Durch die gemeinsame hodologische Grundstruktur vermitteln sowohl die Anabasis als auch der Paráplous-Teil der Indiké ein Bild des ständigen Vorankommens: das des Alexander bei der Eroberung Asiens, und das der Flotte auf der Rückfahrt von Indien.61 Es existieren aber auch signifikante Unterschiede zur Anabasis. Um diese aufzuzeigen, stellen wir im Folgenden zwei typische Beispiele aus der Alexandergeschichte und dem Paráplous einmal direkt gegenüber:

59 Für die Arabiten- und Pasitigris-Etappe haben wir Zitatbeispiele angeführt; für die übrigen Etappen vgl. z.B. Ind. 23,1f. (Oreiten); Ind. 26,2ff. (Fischesser); Ind. 32,2f. (Karmanien); Ind. 38,2ff. (Persien); Ind. 41,1f. (Susien). 60 Vgl. Hidber, 2007, 193f. 61 Der Aspekt des ständigen Vorankommens spiegelt sich auch in den ethnographischen Passagen des Paráplous wider; mit dem Vorrücken der Flotte geht eine Progression im zivilisatorischen und kulturellen Entwicklungsstand der angetroffenen Völkerscharen einher: Während die Oreiten als halbnackte, in Fischhäute gekleidete Tiermenschen mit Haaren und Krallen, die nur primitive Gebrauchsgegenstände hervorbringen, dargestellt sind (Ind. 24,2f.; 24,8f.), sind die Fischesser ἄνθρωποι οὐ πάντη θηριώδεις (Ind. 27,2), die bereits eine höhere Kulturstufe erlangt haben, da sie teilweise Ackerbau betreiben (Ind. 29,15), den Fischfang mit Netzen vollziehen (Ind. 29,9ff.) und kleine Boote besitzen (Ind. 26,9), welche freilich nicht die ausgefeilte Rudermechanik griechischer Boote aufweisen (Ind. 27,5); sogar den Brunnenbau beherrschen die Fischesser schon vereinzelt (Ind. 29,1). In Karmanien wohnen zwar stellenweise noch Menschen, die sich ausschließlich von Fisch ernähren (Ind. 37,8), jedoch sind Ackerbau (Ind. 32,5 u. 37,2) und Viehzucht (Ind. 37,11) bereits vorherrschend, auch sind religiöse Riten (a.a.O.) auszumachen; das wichtige Kulturgut „Olivenbaum“ fehlt allerdings (Ind. 32,5). Mit Ankunft im Gebiet der Perser/Susier schließlich hat die Flotte ein Volk erreicht, das den Griechen kulturell und zivilisatorisch zumindest ebenbürtig ist (Ind. 40,3f.); dort wird überregionaler Handel getrieben (Ind. 41,7) und es gibt Gärten, in denen ὅσα ἀκρόδρυα ἐν τῇ Ἑλλάδι γῇ φύεται (Ind. 38,6). Der Hinweis darauf, dass aber auch hier keine Olivenbäume zu finden sind (Ind. 40,3), kann freilich als ein gewisses Gefühl der Überlegenheit der Griechen gegenüber den Persern gedeutet werden. Es handelt sich um eine interpretatio Graeca: eine den Griechen entsprechende Kulturstufe geht nur mit der Kultivierung des Olivenbaumes einher.

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Der strukturelle Aufbau des Paráplous

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Sein Zug ging an dem kerkinitischen See vorbei auf Amphipolis und die Mündung des Flusses Strymon. Diesen überschritt er, zog am Gebirge Pangaion vorbei auf Abdera und Maroneia zu, griechische Städte an der Meeresküste. Von da zog er weiter zum Hebrosstrom und überschritt auch diesen ohne Mühe. Dann zog er weiter durch die Landschaft Paitike zum Fluss Melas, überschritt ihn und kam nach Sestos. Er hatte seit dem Ausmarsch aus der Heimat im Ganzen nur 20 Tage gebraucht (An. 1,11,3ff.). (Übersetzung: Capelle) Und: Von dort brachen sie auf und kamen in die Stadt Hieratia, in eine bewohnte Gegend. Die Fahrtstrecke betrug 750 Stadien. Sie ankerten in einem Kanal mit Namen Heratemis, der vom Fluss zum Meer führt. Mit Sonnenaufgang62 fuhren sie weiter zu einem Fluss mit Namen Padargon, der nur in der Regenzeit Wasser führt. Das ganze Gebiet bildet eine Halbinsel. Und in ihm waren viele Gärten, und Obstbäume aller Art wuchsen dort. Das Land heißt Mesambrie. Von Mesambrie brachen sie auf und durchfuhren 200 Stadien nach Taoke und ankerten am Fluss Granis (Ind. 39,1ff.). Beginnen wir zunächst mit den Gemeinsamkeiten: Hier wie dort werden in Abfolge die Ausgangs- und Zielpunkte des zurückgelegten Wegs genannt. Arrians Darstellung ist gespickt mit einer Fülle von Eigennamen, die die passierten Orte, Gewässer und Geländeformen zwar eindeutig bezeichnen, deren räumliche relative Lage zueinander aber im Vagen lassen. Die Informationen zu den namentlich genannten Örtlichkeiten, sofern sie überhaupt gegeben werden, fallen auch stets recht knapp aus; ein bis zwei Adjektive bzw. ein kurzer Relativsatz kennzeichnen deren wichtigste Eigenschaften.63 Anders als in der Anabasis beschränken sich Arrians Zusatzinformationen im Paráplous nicht auf die Lage, das Erscheinungsbild oder die strategische Bedeutung eines Ortes, sondern offerieren zu einem großen Teil – entsprechend den Zielen der von Alexander ausgesandten Flottenexpedition (Ind. 32,11) – länderkundliche Angaben. Und während in der Alexandergeschichte Distanzangaben eher selten sind (vgl. z.B. An. 3,25,6) und stattdessen mit Zeitspannen, innerhalb derer bestimmte Gebiete durchmessen werden, operiert wird, fußt Arrians Wiedergabe der Flottenfahrt auf der Maßeinheit des στάδιον. Das Vorbild hierfür finden wir in Xenophon: Darauf zog er in zwei Tagen 10 Parasangen weit an den Fluss Psaros, der drei Plethren breit war; von da in einem Tage 5 Parasangen weit an den Fluss Pyramos, der ein Stadion breit war. Von da zog er in zwei Tagen 15 Parasangen weit nach Issos, der letzten Stadt Kilikiens, einer volkreichen, großen und reichen Stadt am Meer. Hier blieben sie drei Tage (Xen. An. 1,4,1). (Übersetzung: Müri/Zimmermann) 62 ἅμα ἡλίῳ (Ind. 39,2) ist in Indiké und Anabasis singulär; gleiches gilt für ὑπὸ ἡλίῳ (Ind. 29,12). Die relative Chronologie des Paráplous vollzieht sich typischerweise über τῇ ὑστεραίῃ / ἐς τὴν ὑστεραίην (z.B. Ind. 23,2; 26,6), häufiger noch aber über ὑπὸ τὴν ἕω (z.B. Ind. 22,8; 37,5). 63 Für Arrians Vorliebe, Orte bloß namentlich zu erwähnen, ohne auf deren Besonderheiten einzugehen, dürfen wir wohl als Vorbild die Darstellungsweise des Xenophon ansehen, für Arrians Nichteingehen auf die relative Lage der von ihm erwähnten Orte und seinen sparsamen Einsatz von beschreibenden Informationen für diese, wohl die des Thukydides; vgl. Root, 2012, 144; 164. Anders aber als Thukydides behält Arrian die zeitliche Perspektive der in seiner Darstellung agierenden Personen bei und verfällt bei der namentlichen Nennung von Örtlichkeiten zumeist nicht ins Präsens, sondern nutzt Vergangenheitstempora; vgl. z.B. Ind. 33,2; 37,2.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

So wie der ständige Fortschritt des Heeres des Kyros in Xenophons Anabasis durch die repetitive Wiedergabe der jeweils in Tagesmärschen (σταθμοί) zurückgelegten Distanzen, die in Parasangen angegeben werden, vermittelt wird, wobei der Marsch in einzelne und messbare Abschnitte zerlegt und für den Leser so eine „ordered narrative road“ (Purves, 162) erzeugt wird, wird von Arrian durch Repetition der Aussage „sie brachen von A auf, fuhren x Stadien weit und gingen bei B vor Anker“ das Vorankommen der Flotte auf Basis der στάδιοι64 sequenziert und nachvollziehbar dargestellt. Der Hauptunterschied zwischen Anabasis und Paráplous ist aber hinsichtlich des Agens, d.h. des Handlungsträger, auszumachen: Während in der Alexandergeschichte der Makedonenkönig stets im Zentrum der wiedergegebenen Ereignisse steht und dessen Voranschreiten den Mittelpunkt des hodologischen Schemas bildet, ist es im Paráplous eben nicht Nearch, der im Zentrum der Darstellung steht, sondern ein kollektives „sie“, d.h. die Teilnehmer der Flottenfahrt. Auch hierfür können wir Xenophon als Modell ausmachen: Von hier aus gelangten die Griechen zum Harpasos, zu einem Fluss von vier Plethren Breite. Von da marschierten sie durch das Land der Skythenen, in vier Tagen 20 Parasangen weit durch ebenes Land bis zu Dörfern, in denen sie drei Tage blieben, um sich zu verproviantieren. Von da marschierten sie in vier Tagen 20 Parasangen weit bis zu einer großen, wohlhabenden und dichtbevölkerten Stadt, die Gymnias hieß (Xen. An. 4,7,18f.). (Übersetzung: Müri/Zimmermann) Anders als in den beiden ersten Büchern der Anabasis Xenophons, in denen der Fokus der Darstellung auf Kyros liegt, und der – wie Alexander in Arrians gleichnamigem Werk – den Angelpunkt für das „march narrative“ bildet, vollzieht sich mit dem dritten Buch ein Wechsel der Perspektive: Ab da folgt die Darstellung dem Zug der Zehntausend; das Agens ist nun ein kollektives „sie“, d.h. die griechischen Söldner, deren Rückweg nach dem Tode des Kyros im Mittelpunkt steht. Doch damit beschränken sich Arrians Anleihen an Xenophons Anabasis noch nicht. So gibt Xenophon nämlich den Weg des Heereszugs als eine Abfolge von einzelnen Teilabschnitten wieder und gliedert seine Darstellung entsprechend der Völkerschaften, deren Gebiet das Heer jeweils passiert. Sobald das Territorium eines neuen Volkes erreicht wird, wird dies stets von Xenophon zum Ausdruck gebracht; beispielsweise im Falle der nacheinander durchzogenen Gebiete der Taochen, Chalyber und Makronen: ἐκ δὲ τούτων ἐπορεύθησαν εἰς Ταόχους σταθμοὺς πέντε παρασάγγας τριάκοντα (Xen. An 4,7,1), ἐντεῦθεν ἐπορεύθησαν διὰ Χαλύβων σταθμοὺς ἑπτὰ 64 Seit Tomaschek herrscht in der Forschung ein reger Diskurs über die Berechnung des Stadions; eine knappe Übersicht diesbezüglich bietet Bucciantini, 2013. – Nur für wenige Abschnitte der Flottenfahrt liefert Arrian keine Distanzangaben in στάδιοι: Ind. 21,9; 26,4; 28,9; 37,8; 38,4; 39,2 und 42,1. Deswegen aber Arrian, oder, schlimmer noch: Nearch, sofern man behauptet, unser Autor habe seine Quelle lediglich ausgeschrieben, Ungenauigkeit oder mangelnde Sorgfalt vorzuwerfen, halten wir für absolut verfehlt. So zeigt doch gerade auch Ind. 29,2 (καὶ κακῶς ἤδη ὑπὸ λιμοῦ ἔχοντες ἔπλεον τήν τε ἡμέρην καὶ τὴν νύκτα, καὶ ὁρμίζονται πρὸς αἰγιαλῷ ἐρήμῳ.) − eine Stelle, die gerne als Beleg für postulierte Umrechnungen von Stadien in Tages- und Nachtfahrten v.v. durch Nearch herangezogen wird −, dass doch hier Arrians Fokus eindeutig auf der Parallelisierung des Leidens von Heer in Gedrosien und Flotte im Gebiet der Fischesser liegt. In Arrians Darstellung kommt es hier eben nicht darauf an, die exakte Distanz der absolvierten Fahrt wiederzugeben, sondern darzutun, dass die Seeleute notgedrungen Tag und Nacht durchfahren mussten; eine zusätzliche Distanzangabe aber dürfte dessen Darstellungsabsicht untergraben.

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Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous

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παρασάγγας πεντήκοντα (Xen. An. 4,7,15) und ἐντεῦθεν δ' ἐπορεύθησαν οἱ Ἕλληνες διὰ Μακρώνων σταθμοὺς τρεῖς παρασάγγας δέκα (Xen. An. 4,8,1). Diese Gliederung der Darstellung, die sich an Hand der passierten Völkerschaften vollzieht, finden wir auch im Paráplous.65 Wir hatten sie bereits thematisiert und in diesem Zusammenhang von Fahrtetappen gesprochen.66

Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous Nachdem wir nun gezeigt haben, dass Arrian die hodologische Grundstruktur des Paráplous der Anabasis des Xenophon entlehnt hat, muss die Frage geklärt werden, ob es sich bei Nearch um den einzigen Protagonisten dieses Werksteils handelt, auf den – dem Xenophon der Anabasis entsprechend – bei handlungsrelevanten Ereignissen, die mit der Zentralfigur in Zusammenhang stehen, der Fokus der Darstellung fällt, so dass dieser aus dem kollektiven „sie“ der Griechen herausgehoben wird. Da der Name Nearchs im Paráplous-Teil der Indiké von Arrian allerdings in doppelter Funktion gebraucht wird, nämlich sowohl zur Benennung des Quellenautors, als auch der der Handlungsfigur Nearch, müssen diese beiden Verwendungsweisen zunächst geschieden werden: Tabelle 6: absolute Häufigkeit des Namens Nearch in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 10 71 81

als Quelle 1067 1668 26xx

als Protagonist 0 55 55

Wenn wir uns jetzt die Stellen ansehen, an denen in Arrians Darstellung die Handlungsfigur Nearch aus der Gruppe der Flottenfahrtteilnehmer heraustritt, d.h. als Agens fungiert,69 können wir drei Kategorien unterscheiden: Erstens ist das dann der Fall, wenn Nearch Aufgaben, die ihm als Leiter der Expedition obliegen, wahrnimmt; diese können organisatorischer Natur sein (Befestigung des Lagers in Ind. 21,12; 24,4; 33,10; Ausbesserungsarbeiten an den Schiffen in Ind. 33,9; Ausschiffung der Besatzung in Ind. 23,4; proaktive Maßnahmen gegen eine mögliche Desertation in Ind. 29,3; Austausch von Teilen der Besatzung in Ind. 23,8; Aussendung von Kundschaftern in Ind. 42,5) oder kultische Handlungen betreffen (Veranstaltung von Opfern und Spielen in Ind. 21,2; 36,9; 42,6) oder repräsentativen Charakter haben (Annahme von Gast65 Nämlich: 1. Oreiten-Etappe: ὁρμηθέντες δὲ ἐκ τῶν ἐκβολῶν τοῦ Ἀράβιος παρέπλεον τῶν Ὠρειτέων τὴν χώρην (Ind. 23,1); 2. Fischesser-Etappe: κάτω δὲ Γαδρωσίων παρὰ τὴν θάλασσαν αὐτὴν οἱ Ἰχθυοφάγοι καλεόμενοι οἰκοῦσι· παρὰ τούτων τὴν γῆν ἔπλεον (Ind. 26,2); 3. Karmanien-Etappe: ὡς δὲ ἐς τὴν Καρμανίην ἀπὸ τῶν Ἰχθυοφάγων κατῆρεν ὁ στρατός ... (Ind. 32,2); 4. Perser-Etappe: ἐνθένδε ἄραντες ἐκ τῆς νήσου τῆς ἱρῆς παρὰ τὴν Περσίδα ἤδη ἔπλεον (Ind. 38,2); 5. Susier-Etappe: ἐνθένδε τὴν Σουσίων γῆν παρήμειβεν ὁ στρατός (Ind. 40,8); 6. Pasitigris-Etappe: ἐνθένδε κατὰ τὸν Πασιτίγριν ἄνω ἀνέπλεον (Ind. 42,5). 66 Siehe oben S. 32f. 67 Was die beiden anderen Quellenautoren des erstens Teils der Indiké betrifft, so wird Megasthenes in der ἐκβολή 18mal namentlich genannt und Eratosthenes zweimal. 68 Es handelt sich im Einzelnen um Ind. 20,1; 20,4; 21,12; 25,4; 25,7; 26,7; 27,1; 30,2; 31,3; 38,3; 39,4; 39,9; 40,5; 40,9; 41,8 und 43,9. 69 Im Einzelnen: Ind. 20,5f.; 21,2u.10u.12; 23,4u.8; 24,4–7; 26,7; 27,8–28,8; 29,3; 30,4; 31,4; 32,11ff.; 33,8ff.; 34,1u.11; 35,6u.8; 36,2f.u.5–9; 42,5f.u.8.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

geschenken in Ind. 26,7; 28,2; Benennung des Hafens nach Alexander in Ind. 21,10). In diese erste Kategorie fallen auch die Textpassagen, in denen Nearch als fähiger Anführer des Unternehmens dargestellt wird: die Begegnung mit den Walen (Ind. 30,4), die Ereignisse um Nosala (Ind. 31,4) und bei Kap Maketa (Ind. 32,11ff.) sowie der Kampf mit den Tiermenschen (Ind. 24,4–7) und die Stadteroberung (Ind. 27,8–28,8). Eine zweite Gruppe bilden die Stellen, an denen Nearch getrennt von der Flotte agiert: Treffen mit dem Statthalter in Ind. 33,8; Interaktion mit der von Alexander ausgeschickten Suchmannschaft in Ind. 34,11; Rückkehr zur Flotte in Ind. 36,8. Auch die Passagen, die Nearch im Mittelpunkt der ihm bezeugten Ehrerbietung zeigen, rechnen wir dieser Gruppe zu: Nearch führt die πομπή an (Ind. 36,3) und wird von den Soldaten mit Blumen und Bändern beworfen (Ind. 36,3 u. 42,8). Die dritte Kategorie schließlich bilden Nearchs Gespräche mit Alexander. So finden wir drei Unterhaltungen mit dem König, nämlich vor der Ernennung Nearchs zum Flottenkommandanten in Ind. 20,4–8 (In Ind. 20,5 u. 6b fungiert Nearch als Agens.), beim Zusammentreffen der beiden im Lager Alexanders in Ind. 35,4–36,2 (Nearch als Agens: Ind. 35,6 u. 8; 36,2) und nach dem für Nearch veranstalteten Fest in Ind. 36,4ff. (Nearch als Agens: Ind. 36,5f.). Alles in allem nimmt sich die Gesamtzahl der Passagen, wo Nearch aus dem kollektiven „sie“ der Fahrtteilnehmer in der Darstellung heraustritt, gemessen am Gesamttext des Paráplous nicht allzu hoch aus. Daher verwundert es nicht, wenn Capelle, der in diesem Werksteil Arrians ja nur eine mehr oder minder gekürzte, beinahe wörtliche Wiedergabe der Schrift Nearchs erblicken will, dann auch behauptet, dass Nearch seine Person „nur so weit hervortreten ließ, als es die objektive Darstellung des Ganges der Ereignisse unerläßlich machte“ (RE 16,2 [1935] s.v. Nearchos, 2138f.). Es sollte jedoch einmal in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, dass hier, um es plakativ zu sagen, Äpfel mit Birnen verglichen werden. Denn: Das Werk des Nearch liegt uns nicht vor! Was uns dagegen vorliegt, ist Arrians Darstellung, die auf der Schrift Nearchs basiert. Doch statt den Text Arrians zu interpretieren, finden sich in der Sekundärliteratur zuhauf auf Basis der Kompilationsthese unternommene Spekulationen: Da werden Vermutungen über Inhalt und Aufbau des Nearchischen Werks angestellt,70 und über einen zwei- oder dreistufigen Entstehungsprozess sinniert;71 da wird der Schriftsteller Nearch in den höchsten Tönen gelobt,72 oder dessen Buch abgrundtief verdammt;73 da werden (fragwürdige) Xenophon-

70 Vgl. z.B. Capelle 2138. − Man sollte einmal versuchen, aus Alexander Wolkows Der Zauberer der Smaragdenstadt L. Frank Baums Der Zauberer von Oz zu rekonstruieren, oder aus T. C. Boyles Water Music Mungo Parks Travels in the Interior of Africa. Spätestens dann wird man bemerken, dass die Darstellungsabsicht einer Neufassung nicht im Geringsten unterbewertet werden darf. 71 Vgl. z.B. Seel, 67; Capelle 2137. 72 Seel, 72f.: „Die blühende Lebendigkeit und Frische des Berichtes, die Plastik und zuweilen die Drastik der Anschauung sind gewiß sein [=Nearchs] eigenes Werk, und man wird ihm wohl am ehesten gerecht, wenn man in ihm ein erzählerisches Naturtalent sieht, ohne Routine zwar und ohne Prätention, dafür aber mit einer fröhlichen Ungezwungenheit des Aussagens begabt, mit unmittelbarem Kontakt zum Wort wie zum Menschen, dabei von einer zuweilen erstaunlichen Geschicklichkeit im Herauspräparieren von Pointen und Effekten, humorig, gefühlvoll, nichts auslassend, aber auch nichts überfordernd. Dabei scheint es, daß er keineswegs ohne gewisse literarische Bildung war und zuweilen auf fast unmerkliche Weise den Anschluß an bedeutende Modelle fand.“ 73 Badian, 169 nennt es eine „impassioned personal and political Tendenzschrift, the product of ambition frustrated by a combination of fate and personal inadequacy. “

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Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous

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anleihen direkt dem Nearch zugeschrieben,74 und da wird, falls dem Interpreten etwas im Text zu fehlen scheint, dafür Arrian als Schuldiger ausgemacht.75 Was dabei jedoch konsequent übersehen wird, ist die Tatsache, dass es eben nicht Nearch ist, der hier zum Leser spricht, sondern Arrian. Und dieser will, wie wir aus Ind. 43,13 (οὗτός μοι ὁ λόγος ἀναγεγράφθω, φέρων καὶ αὐτὸς ἐς Ἀλέξανδρον τὸν Φιλίππου, τὸν Μακεδόνα.) entnehmen können, seine Indiké als ein Buch über Alexander verstanden wissen. Dementsprechend sollte sich unsere Untersuchung jetzt auch der Figur des Alexander in der Indischen Geschichte Arrians annehmen. Wir finden dort Alexander 70mal namentlich erwähnt: Tabelle 7: absolute Häufigkeit des Namens Alexander in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 15 55 70

In der ἐκβολή finden wir Alexander an den Stellen namentlich erwähnt, an denen ein thematischer Zusammenhang mit dem Makedonenkönig nicht allzu gesucht wirken würde: Während freilich in Arrians Beschreibung des Landes der Inder in Ind. 1–6 mehrfach thematisiert wird, wie weit Alexander (samt seiner Begleiter)76 nach Indien vorgedrungen ist (Ind. 2,8; 6,1) bzw. über welchen Punkt er eben nicht hinauskam (Ind. 2,9; 4,1; 5,3), und auf Alexanders Rolle als Eroberer Indiens verwiesen wird (Ind. 5,7 u. 8) – wobei auch einzelne Stationen des Zuges nach und durch Indien mit seinem Namen verbunden werden (Ind. 2,4: Kaukasus; Ind. 5,10: Aornos; Ind. 6,5: Akesines) – finden wir den Namen Alexanders in Arrians Beschreibung der Geschichte Indiens in Ind. 7ff. sowie der Menschen und Tiere77 Indiens in Ind. 10–17 daher nur vereinzelt; so rekurriert Arrian in der Geschichte der indischen Könige zweimal auf den Eroberer Alexander

74 Seel, 76f. will zwei Xenophonanleihen, die er im Text zu erkennen glaubt, die aber nach seinen eigenen Worten „nicht beweisbar“ sind, dem Nearch direkt zuzuschreiben: Im Geschrei der Seemänner und dem damit verbundenen Vertreiben der Wale in Ind. 35 möchte er eine Parallele zu Xen. An. 1,2,17 sehen; dort wird geschildert, wie die Kilikierkönigin Epyaxa aus Furcht vor dem Geschrei der griechischen Soldaten die Musterung des Heeres fluchtartig verlässt (Außer dieser äußerst geringen Motivähnlichkeit existieren keine weiteren Entsprechungen beider Stellen.). Ebenso solle Ind. 29,1, wo gesagt wird, dass die Seeleute Palmkohl /Palmherzen zu sich nehmen (καὶ φοίνικες ἄγριοι ἐπεφύκεσαν. τούτων τοὺς ἐγκεφάλους κόπτοντες ἐσιτέοντο.), eine Xenophonanleihe darstellen, da in dessen Anabasis (Xen. An. 2,3,15) der mit anschließenden Kopfschmerzen verbundene Verzehr von Palmkohl durch die griechischen Söldner thematisiert wird (Die einzige Parallele zwischen beiden Stellen liegt im Gebrauch von ἐγκέφαλος.). 75 Capelle, 2136: Arrian hat „fast alles ausgelassen, was gerade dem Seemann wichtig sein muß“; vgl. diesbezüglich auch FGH II D, 449. 76 Wir finden den Namen Alexanders auch in Ausdrücken der Gefolgschaft: οἱ ξὺν Ἀλεξάνδρῳ στρατεύσαντες (Ind. 2,4); οἱ ξὺν Ἀλεξάνδρῳ τῷ Φιλίππου ἐπελθόντες (Ind. 5,3); οἱ τῆς Ἀλεξάνδρου στρατηλασίης μετασχόντες (Ind. 6,1); im weitergefassten Sinne auch: ἡ Ἀλεξάνδρου στρατιή (Ind. 6,4). 77 Obwohl in den Kapiteln 13 und 14 der ἐκβολή, in denen sich Arrian mit den Elefanten und der Jagd auf selbige auseinandersetzt, Alexander nicht namentlich erwähnt wird, scheinen sich uns dennoch gerade diese beiden Kapitel – freilich indirekt – auf Alexander zu beziehen. Denn dessen Faszination für Elefanten und deren Jagd wird in der Anabasis mehrfach thematisiert, so u.a. An. 4,30,8: εἰσὶ δὲ Ἰνδῶν πολλοὶ κυνηγέται τῶν ἐλεφάντων, καὶ τούτους σπουδῇ ἀμφ' αὑτὸν εἶχεν Ἀλέξανδρος, καὶ τότε ἐθήρα ξὺν τούτοις τοὺς ἐλέφαντας.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

(Ind. 7,9; 9,11)78 und in Ind. 15,11 – einem Zitat Nearchs – berichtet er von einem auf Anweisung des Makedonenkönigs für seine Soldaten geschaffenen Versorgungszentrums für Schlangenbisse.79 Im Schlusssatz der ἐκβολή gibt Arrian die Themenstellung für den Paráplous-Teil der Indiké: Er werde darstellen, ὅπως γὰρ παρεκομίσθη Ἀλεξάνδρῳ ἐς Πέρσας ἐξ Ἰνδῶν ὁ στόλος ‒ wie der Zug Alexanders von den Indern zu den Persern gelangte (Ind. 17,7). Dies sollte in Kombination mit der zweiten Themenstellung im Anschluss an die Zusammenfassung der ersten Kapitel des sechsten Buchs der Anabasis in Ind. 19 gelesen werden: ὁ δὲ λόγος ὅδε τοῦ παράπλου μοι ἀφήγησίς ἐστιν, ὃν Νέαρχος σὺν τῷ στόλῳ παρέπλευσεν ‒ Diese Schrift dagegen dient mir zur Darstellung der Küstenfahrt, die Nearch mit der Flotte antrat (Ind. 19,9). Während nun in der ersten Themenstellung der Fokus der Formulierung auf Alexander liegt, ist dieser in der zweiten Themenstellung auf Nearch umgeschwenkt. Die Flottenfahrt, von der Arrian berichten will, oblag in ihrer Durchführung freilich dem Kommando Nearchs, war aber im Ganzen dennoch eine Unternehmung, die den ἔργα Alexanders zuzurechnen ist, da sie für ihn vollzogen wurde. In seiner Darstellung der Ereignisse bringt Arrian diesen Aspekt damit zum Ausdruck, dass er Alexander als zentrale Figur neben Nearch treten lässt. Das beginnt bereits mit den Überleitungskapiteln 18 und 19. Dort wird mit Ἀλέξανδρος γὰρ (Ind. 18,1) der Makedonenkönig als Agens der folgenden Darstellung eingeführt und als treibende Kraft hinter der Schiffsbemannung und der Ernennung der einzelnen Kapitäne präsentiert (Ind. 18,1ff.). Nach Wiedergabe des Schiffskatalogs kehrt Arrian mit ὡς δὲ ταῦτα ἐκεκόσμητο80 Ἀλεξάνδρῳ, ἔθυε (Ind. 18,11) wieder zu Alexander zurück, der ‒ der Darstellungsweise der Anabasis entsprechend ‒ von Ind. 18,11 bis zum Ende der Zusammenfassung in Ind. 19,7 Zentralfigur der Handlung und Agens bleibt. Auch am Beginn des Paráplous-Teils steht der König weiterhin im Zentrum der Darstellung: Nicht nur ist Alexander, vom dem die Initiative zur Flottenunternehmung und zur Beratung mit Nearch ausgeht, Agens in Ind. 20,1–481(Erst mit §5 tritt Nearch in Arrians Darstellung als Agens auf; in der Folge wechseln sich die beiden Figuren ab: §6 Alexander bis ἐμβάλλειν, Nearch dann bis λιπαρεῖν, ab §7 bis zum Ende des Gesprächs in Ind. 20,8 wieder Alexander.), auch bleibt der König nach dem Ende des von Arrian dargestellten Gesprächs mit Nearch, bei dem Alexander das letzte Wort hat, bis zum eigentlichen Beginn der Flottenfahrt in Ind. 21,1 die Zentralfigur. Dies findet nicht zuletzt auch darin Ausdruck, dass der Name des Königs in Ind. 20 siebenmal Erwähnung findet, der des Handlungsakteurs Nearch dagegen nur zweimal. Nach der Abfahrt der Flotte, bei deren Terminierung Arrian noch einmal auf Alexander zu sprechen kommt, indem er das Datum auch nach dem Herrschaftsjahr des Makedonenkönigs angibt (Ind. 20,1), trennen sich die Wege von Heer und Flotte. In der folgenden Darstellung stehen dann, wie wir es weiter oben gezeigt haben, das 78 Die Erwähnung Alexanders in Ind. 9,11 bildet bezeichnenderweise den Abschluss der Geschichte der indischen Könige; es wird zwar nicht explizit ausgedrückt, aber doch suggeriert, dass Alexander nach seinem Feldzug der neue König Indiens ist. 79 Dass Alexander die auf Schlangenbisse spezialisierten indischen Ärzte um sich sammelt und der Truppe kommunizieren lässt, dass jeder gebissene Soldat das Zelt des Königs aufsuchen solle, vermittelt das Bild eines treusorgenden Kommandanten; zu Alexander als Idealtypus eines Feldherrn s. unten S. 156. 80 Für Nearch finden wir im Paráplous ganz ähnliche Formulierungen gebraucht, wenn auf dessen Führungsrolle bei organisatorischen (Ind. 34,1: ἐν ᾧ δὲ ὁ Νέαρχος ταῦτα ἐκόσμεε) oder kultischen Handlungen (Ind. 37,1: ὡς δὲ αὐτῷ τὰ θεῖα ἐν κόσμῳ πεποίητο, οὕτω δὴ ἀνήγοντο.) verwiesen wird; s. unten S. 154f. 81 Auch hierin wollen wir einen Grund dafür sehen, den in indirekter Rede gegebenen Beginn des Paráplous nicht als Nearchzitat aufzufassen, sondern als Parallele zum Anfang der Anabasis; s. oben S. 91f.

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Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous

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kollektive „sie“ der Fahrtteilnehmer bzw. Nearch, der aus diesem herausgehoben wird, im Zentrum. Dabei verschwindet Alexander allmählich aus dem Blickfeld der Darstellung: So wird noch in Ind. 21,11 erwähnt, dass von Nearch ein Hafen nach ihm benannt wurde, in Ind. 23,5 Alexanders Befehl an Leonnatos zur Sprache gebracht (Λεόννατος, ὅτῳ τὰ Ὠρειτῶν ἐξ Ἀλεξάνδρου ἐπετέτραπτο) und in Ind. 23,7 über die Verproviantierung der Flotte gesagt, dass sie κατὰ πρόσταγμα Ἀλεξάνδρου erfolgt sei. Erst zum Ende der Fischesser-Etappe begegnet Alexander dem Leser wieder, wenn in Ind. 21,8 darauf hingewiesen wird, dass das Volk der Ichthyophagen bis in die Zeit Alexanders bestehe. Wenig später wird von Arrian, als die Flotte das Gebiet der Fischesser verlässt, auf deren Nachbarn, die Gedrosier, Bezug genommen und mit Verweis auf die Anabasis gesagt: ἔνθεν καὶ τὰ πολλὰ κακὰ ἡ στρατιή τε Ἀλεξάνδρῳ ἔπαθεν καὶ αὐτὸς Ἀλέξανδρος ‒ Dort stieß dem Heer Alexanders und Alexander selbst viel Unbill zu (Ind. 32,1). Nicht nur wird in diesem Querverweis zur Alexandergeschichte durch die doppelte Namensnennung des Königs die beinahe überbordende Verwendung des Namens Alexanders in der Anabasis hier auf engstem Raum nachvollzogen; auch geschieht der nachhaltige Hinweis auf Alexander an dieser Stelle nicht ohne Grund. Die Flotte erreicht an diesem Punkt der Darstellung Karmanien, wo es zu einem Wiedertreffen mit Alexander kommt. So wie sich der Schiffsverband dem Heer zunehmend nähert, nehmen auch die Erwähnungen Alexanders im Text zu: Finden wir noch im Streitgespräch zwischen Onesikritos und Nearch am Kap Maketa den Namen Alexanders nur einmal (Ind. 32,11), so begegnet uns dieser in der Passage, als die Flottenteilnehmer einen aus dem Lager des Königs versprengten Griechen antreffen, bereits zweimal (Ind. 33,6) und bei der folgenden Beschreibung der profitorientierten Aktion des Statthalter in Ind. 34,1f. dann dreimal. Aber noch ein weiterer Aspekt in der Darstellung Arrians scheint uns hierbei auffällig: So wird in der an Onesikritos gerichteten Rede Nearchs der Name Alexanders ausdrücklich im Zusammenhang mit den von diesem befohlenen Missionszielen genannt; daneben wird in den Passagen, die das Zusammentreffen mit dem versprengten Griechen und die Aktion des Statthalters thematisieren, von Arrian dreimal der Begriff βασιλεύς für Alexander gebraucht (Ind. 33,7; 33,8; 34,1). βασιλεύς ist nun mit Sicherheit kein einfaches Substitut für dessen Eigennamen, da sich Arrian auch sonst nicht davor scheut, diesen mehrfach auf engstem Raum zu verwenden. Wir finden nämlich βασιλεύς, abgesehen vom Gebrauch als typische Anredefloskel für den König (Ind. 20,5; 35,6; 36,5), mit zwei (begründbaren) Ausnahmen82 im Paráplous nur in Ind. 33 und 34. Wenn also Arrian in den vorhergehenden Kapiteln Nearch als fähigen Flottenkommandanten dargestellt hat, hier nun aber mehrfach die Rolle Alexanders als König hervorhebt, dann unterstreicht dies, dass die Flottenexpedition zwar unter der Leitung Nearchs stattfindet, aber trotzdem eine Leistung Alexanders darstellt: Alexander hat als König den Oberbefehl, er hat mit der Ernennung Nearchs zum Nauarchen die richtige Wahl getroffen, er hat die Flotte auf ihrem Weg entscheidend unterstützt und ihm steht folglich der Ruhm für das Unternehmen zu. Um es salopp zu sagen: Alexander ist der Chef, und der Erfolg seiner Untergebenen ist damit auch der seine.83 Da nimmt es nicht wunder, dass Arrian in Ind. 34,3 wieder Alexander zum Hauptakteur der Dar-

82 In Ind. 38,9 wird von einer κατὰ πρόσταξιν βασιλέως erfolgten Verproviantierung der Flotte berichtet; in Ind. 42,5 schickt Nearch Kundschafter auf die Suche nach dem Aufenthaltsort des Königs. 83 Auch das Kommandounternehmen des Krateros (An. 4,17) sowie die Aristien des Ptolemaios (An. 4,24,3ff.; 4,29,1f.) in der Anabasis sind zwar glorreiche Einzelleistungen (Insofern werden sie auch von Arrian erwähnt.), stellen aber nur Bestandteile eines größeren Ganzen dar: Es sind Einzelerfolge, die nur zum Gesamterfolg Alexanders beitragen.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

stellung und Agens macht. Der Brückenschlag von Nearch, der in Ind. 33,8ff. diese Funktion innehatte, wird von Arrian geschickt über die Person des Statthalters vollzogen. Wie es Arrians Darstellungsweise in der Anabasis entspricht, wird dem König nämlich durch den Statthalter quasi als Boten zugetragen, was sich entfernt von ihm ereignet. Alexander bleibt im Zentrum der Darstellung (Ind. 34,3ff.); von ihm geht im Fortgang die Initiative aus. Auf seinen Befehl hin erfolgt die Aussendung einer Suchmannschaft. Arrians Fokus folgt der Suchmannschaft, der Schauplatz wechselt zu Nearch und Archias. Nach erfolgreicher Suche kehren einige der Ausgesandten eilig zurück und erstatten Alexander Bericht. Von Ind. 35,2 an ist Alexander wieder Hauptakteur und Agens. Er ist es, dessen Emotionen im Mittelpunkt stehen (Ind. 35,2ff.); er ist es, der das Gespräch mit Nearch eröffnet (Ind. 35,5) und dem das letzte Wort zukommt (Ind. 35,8). Erneut ist es die Person des Statthalters, über die Arrian den Fokus, diesmal allerdings von Alexander auf Nearch, verschiebt (Ind. 36,1f.). Nearch bittet um dessen Freilassung; vom König wird der Bitte stattgegeben (Ind. 36,2). Damit steht wieder Alexander im Zentrum: er bringt Dankopfer dar und veranstaltet Spiele und einen Festzug (Ind. 36,3). Er ist es auch, der das zweite Gespräch mit Nearch initiiert (Ind. 36,4) und dem das letzte Wort gehört (Ind. 36,8). Während Alexanders und Nearchs Zusammentreffen ist der König in Arrians Darstellung klar der dominierende Part. Nearch, der als Protagonist aus dem kollektiven „sie“ der Fahrtteilnehmer von Arrian zuvor immer wieder herausgegriffen wurde, tritt nur mit seiner Bitte um Freilassung des Statthalters und seiner Rolle als Anführer der πομπή als eigenständig agierende Figur aus Alexanders Schatten. Eine Schwierigkeit, der sich Arrian aber gegenübersieht, besteht darin, Nearch, den er als Protagonisten der Flottenfahrt aufgebaut hat, d.h. von dem er das Bild eines zwar auf Befehl des Königs, aber doch selbständig und fähig agierenden Kommandanten gezeichnet hat, mit seiner Darstellungsweise der Figur Alexander in Einklang zu bringen. Beim Zusammentreffen der beiden Protagonisten darf die in der Anabasis etablierte Darstellungsweise Alexanders, die Arrian auch im Paráplous Anwendung finden lässt, die Figur Nearch nicht vollends mit ihrer Omnipräsenz überlagern. Soll heißen: Nearch darf nicht in dem Moment, in dem Alexander wieder im Zentrum der Darstellung steht, zu einem bloßen Befehlsempfänger degradiert werden; dies würde rückwirkend die für Nearch etablierte Protagonistenrolle sabotieren. Um den Wert des Protagonisten Nearch zu erhalten, trifft Arrian in seiner Darstellung der Zusammenkunft daher ausgefeilte Gegenmaßnahmen. So weisen die Kapitel 35 und 36 ein ausgewogenes Verhältnis der beiden Eigennamen der Hauptdarsteller auf: in §35 wird Alexander fünfmal, Nearch sechsmal namentlich erwähnt, in §36 beide je siebenmal. Überdies wird ein Großteil des Treffens von Arrian in Form von Reden dargeboten. Nun unterscheidet dies natürlich den Paráplous von der Anabasis, in der Reden ein geringeres Gewicht zukommt,84 bietet aber für die Darstellungsabsicht Arrians, d.h. beide Protagonisten möglichst reibungsfrei in Einklang zu bringen, den Vorteil, dass auf diese Weise ein ständiger Wechsel der Agensfunktion zwischen beiden Zentralfiguren möglich ist. Und da freilich Arrian die für die Figur Alexander in der Anabasis etablierte Darstellungsweise auch im Paráplous Anwendung finden lässt, ist kaum eine andere Möglichkeit der verlustfreien Interaktion beider Protagonisten denkbar, als sie in Form von Rede und Gegenrede aufeinandertreffen zu lassen. Erst mit Alexanders Rücksendung des Nearch zur Flotte (Ind. 36,8) rückt letzterer wieder ins Zentrum der Darstellung; Alexander bleibt insoweit präsent, als dass sich seine Verwaltungs84 Zu den Reden in der Anabasis s. unten S. 210–214.

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Die Frage nach dem Protagonisten des Paráplous

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maßnahmen (d.h. der Austausch des örtlichen Satrapen) auf den Rückweg des Flottenkommandanten auswirken. Während der Weiterfahrt der Flotte entlang der Persischen Küste finden wir Alexander erneut in Bezug auf die Verproviantierung erwähnt (Ind. 38,9). Dass an dieser Stelle von Arrian dessen Titel βασιλεύς gebraucht wird, wird verständlich, wenn man die weiteren Erwähnungen Alexanders in der Persien-Etappe mitberücksichtigt. So wird in Ind. 40,5 eine seiner Quelle Nearch entnommene Anekdote von Arrian wiedergegeben, die Alexanders Persiendurchquerung thematisiert. Zwar liegt nach νιφετώδεα eine wohl größere Lakune im Text vor – der folgende Anschluss mit ὥστε ergibt nur dann Sinn, wenn zuvor im Text eine irgendwie geartete Aussage über die Größe Persiens getroffen wurde −, dennoch ist klar ersichtlich, dass die Anekdote zeitlich in den persischen Eroberungsfeldzug Alexanders fällt. Direkt im Anschluss daran werden von Arrian die Nachbarvölker der Perser aufgezählt, die samt und sonders von Alexander ebenfalls unterworfen worden sind: ταῦτα πάντα τὰ ἔθνεα ἡμέρωσεν Ἀλέξανδρος (Ind. 40,7). Da nun Alexander all diese Völkerscharen, von denen er für einige auch die Funktion eines Kulturbringers gehabt hat (Ind. 40,8), zum Zeitpunkt der Erzählung bereits niedergerungen, deren Gebiete annektiert und sich zu deren Herrscher aufgeschwungen hat, ist es kaum verwunderlich, dass Arrian gerade in der Persien-Etappe, d.h. bei der Rückkehr von Heer und Flotte ins Kernreich, von Alexander als βασιλεύς spricht. Mit der Fahrt entlang der susischen Küste nähert sich die Flotte nun wieder dem Heer, und damit Alexander. Und wie Arrian in der Anabasis das, was sich nicht in der unmittelbaren Umgebung Alexanders zuträgt, in Form von Berichten an diesen wiedergibt, so erfährt der Leser hier vom Weiterzug des Königs nach Susa als Bericht an die Flotte, die weiterhin im Fokus der Erzählung steht: ἐνταῦθα ἀγγέλλεται Ἀλέξανδρον ἐπὶ Σούσων στέλλεσθαι (Ind. 42,1). Der Schiffsverband ändert den Kurs, um mit Alexander zusammenzutreffen (Ind. 42,1), und befährt den Pasitigris. Nearch entsendet Kundschafter, die den genauen Aufenthaltsort des βασιλεύς (Ind. 42,5) in Erfahrung bringen sollen. Dass hier von Arrian der Titel Alexanders gebraucht wird, dient genauso wie in der Karmanienepisode dazu, den Eintritt der Flotte bzw. Nearchs in den unmittelbaren Wirkungsbereich des Souveräns herauszuheben. Und so wird auch die Meldung von dessen Nahen im Gegensatz zu Ind. 42,1, wo die Meldung in Form eines AcI gegeben wurde, hier als Partizipialausdruck85 geboten: προσάγων ἤδη Ἀλέξανδρος ἠγγέλλετο (Ind. 42,7) ‒ durch das persönliche Passiv ist Alexander schon beinahe in persona anwesend. Der Übergang zu Alexander als Hauptakteur und Agens ist auch in der Darstellung ein fließender, da er sich in einem Nebensatz vollzieht: καὶ πρὸς τῇ σχεδίῃ ὁρμίζονται, ἐφ' ᾗ τὸ στράτευμα διαβιβάσειν ἔμελλεν Ἀλέξανδρος ἐς Σοῦσα ‒ Dann ankerten sie bei der Schiffbrücke, über die Alexander das Heer nach Susa führen wollte (Ind. 42,7). Ab diesem Punkt bildet Alexander wieder das Zentrum der Darstellung: Er ist es, der Opfer und Wettkämpfe veranstaltet (Ind. 42,8), und er ist es, der seine Kommandanten bekränzt (Ind. 42,9). Zwischen die beiden Handlungen Alexanders lässt Arrian noch einmal Nearch als Agens treten: καὶ Νέαρχος ὅποι παραφανείη τῆς στρατιῆς, ἄνθεσί τε καὶ ταινίῃσιν ἐβάλλετο ‒ Wo immer sich Nearch im Heer zeigte, wurde er mit Blumen und Binden beworfen (Ind. 42,8). So stehen am Ende von Arrians Wiedergabe der Flottenfahrt beide Protagonisten erneut nebeneinander; dies wird nicht zuletzt auch in der Juxtaposition der beiden Eigennamen in der knappen Bekränzungsszene (Ind. 42,9) deutlich: χρυσῷ στεφάνῳ στεφανοῦνται

85 Wie Xenophon in Xen. An. 2,3,19 verbindet auch Arrian ἀγγέλειν gelegentlich mit einem Partizip; neben unserer Stelle noch An. 1,12,9 und 5,15,3; vgl. Boehner, 37.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

ἐξ Ἀλεξάνδρου Νέαρχός τε καὶ Λεόννατος. Darüber hinaus weist auch das zweite Zusammentreffen ein ausgewogenes Verhältnis der beiden Eigennamen auf: Alexander und Nearch werden je dreimal genannt. Der Schlusssatz Arrians freilich lässt, obwohl von Nearch (und Leonnatos) Großes vollbracht wurde, keinen Zweifel daran aufkommen, wem der Ruhm für das ganze Unternehmen zustehe: οὕτω μὲν ἀπεσώθη Ἀλεξάνδρῳ ἐκ τοῦ Ἰνδοῦ τῶν ἐκβολέων ὁρμηθεὶς ὁ στρατός (Ind. 42,10). Wenn nämlich die Flotte bei ihrer Rückkehr aus Indien „für Alexander“ gerettet wurde, dann ist auch die Flottenexpedition im Ganzen für diesen unternommen worden. Folglich ist das Unternehmen unter Alexanders ἔργα zu rechnen und der Ruhm dafür ihm zuzuschreiben. Das Kapitel 43 schließlich, das eine Appendix zum Paráplous darstellt, die die Unzugänglichkeit Arabiens zu rechtfertigen sucht, steht als Ganzes insofern mit Alexander in Verbindung, als dass es dessen Forschungsunternehmungen thematisiert.86 Alexander selbst wird von Arrian nur zweimal namentlich erwähnt: als Initiator einer Forschungsfahrt von Babylon entlang der arabischen Küstenlinie (Ind. 43,8) und als Mann mit πολυπραγμοσύνη (Ind. 43,10). Der Schlusssatz der Indiké lässt Alexander dann ein letztes Mal ins Zentrum treten: οὗτός μοι ὁ λόγος ἀναγεγράφθω, φέρων καὶ αὐτὸς ἐς Ἀλέξανδρον τὸν Φιλίππου, τὸν Μακεδόνα (Ind. 43,13). Als ein Buch über Alexander will Arrians Indische Geschichte verstanden werden; und ein Buch über Alexander ist sie auch, wie wir gesehen haben. So ist in der ἐκβολή Alexanders Indienzug, der den Teilnehmern die Gelegenheit zur αὐτοψία von Teilen dieses Subkontinents bot, stets dann präsent, wenn sich thematische Schnittpunkte mit Arrians landeskundlicher Beschreibung ergeben. Nun ist die ἐκβολή im wortwörtlichen Sinne ja nur ein Exkurs; den Hauptteil der Schrift bildet der Paráplous. Was diesen betrifft, so konnten wir beobachten, dass bereits in den Übergangkapiteln zwischen beiden Teilen die in der Anabasis etablierte Darstellungsweise für die Figur Alexander als Protagonist und Agens Anwendung findet. Auch am Anfang des Paráplous wird Alexander als Zentrum der Darstellung von Arrian beibehalten. Erst mit Abfahrt der Flotte lässt unser Autor mit Nearch einen zweiten Protagonisten aus dem kollektiven „sie“ der Fahrtteilnehmer zeitweilig heraustreten. Bei den Zusammenkünften der beiden Hauptakteure in Karmanien und Susa bildet aber jeweils wieder Alexander die Zentralgestalt; nur an wenigen Stellen kommt dort Nearch die Funktion des Agens zu. Mit der Übernahme der Darstellungsweise Alexanders aus der Anabasis in den Paráplous läuft Arrian allerdings Gefahr, die Rolle Nearchs als Protagonisten der Flottenfahrt beim Zusammentreffen der Hauptakteure allzu sehr zu untergraben. Um das zu verhindern, bedient sich Arrian in seiner Darstellung des Mittels des Redeaustauschs und der ausgewogenen namentlichen Nennung beider Akteure. Letztere finden wir auch im Paráplous als Ganzem: Alexander und Nearch werden beide darin je 55mal erwähnt. Natürlich ist die genau übereinstimmende Anzahl dem Zufall geschuldet; mit Sicherheit wurden die Namensnennungen von Arrian nicht abgezählt. Was jedoch bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass die Summe der jeweiligen namentlichen Erwähnungen in auffälliger Weise mit den Häufigkeiten des Namens der Zentralfigur Alexander in den Büchern der Anabasis ‒ wenn man diese auf den Umfang des Paráplous umrechnet ‒ harmoniert:

86 Siehe dazu unten S. 179–187.

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Die Frage nach der Gattung der Indiké

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Tabelle 8: relative Häufigkeit des Namens Alexander für die Indiké Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 227 168 203 232 169 165 186 193

ἐκβολή 91 67 81 93 68 66 75 77

Paráplous 136 101 122 139 101 99 112 116

Mit den 110 namentlichen Erwähnungen liegt der Paráplous nur knapp unter dem Durchschnitt der Verwendungshäufigkeit des Namens „Alexander“ in den Büchern der Anabasis; d.h. Arrian verwendet nicht nur in den einzelnen Büchern der Alexandergeschichte, sondern auch im Paráplous den Eigennamen des Protagonisten in annähernd gleicher Häufigkeit. Im Unterschied zur Anabasis jedoch haben wir es im Paráplous mit zwei Protagonisten zu tun, die sich die namentlichen Erwähnungen untereinander aufteilen. Arrians Darstellung ist aber nicht darauf ausgelegt, die beiden Protagonisten als gleichwertig zu präsentieren: Alexander ist stets dominant. Dies findet nicht zuletzt auch darin Ausdruck, dass Arrian den Nearch nicht wie den Alexander der Anabasis omnipräsent im Zentrum der Erzählung hält, sondern nur in Einzelepisoden aus dem kollektiven „sie“ der Fahrtteilnehmer heraustreten lässt. Nicht Nearch ist es, wie von Capelle behauptet,87 der sich im Paráplous selbst zurücknimmt, sondern Arrian ist es, der die Rolle Nearchs seiner Darstellungsabsicht anpasst. So erzeugt er ein Bild, das Nearch zwar als überaus fähigen Flottenkommandanten darstellt; jedoch handelt dieser eben nur als Stellvertreter Alexanders. Und die Taten, die von der kompletten Flottenmannschaft und insbesondere von Nearch während der Fahrt erbracht werden, sind somit auch Alexander zuzurechnen. Insofern kann Arrian freilich behaupten, mit der Indiké ein weiteres Werk über den Makedonenkönig veröffentlicht zu haben.

Die Frage nach der Gattung der Indiké Was diese Schrift Arrians nun als Ganzes betrifft, so wird sie auf Grund ihres dichotomen Charakters in der Forschung gerne in ihre beiden Teile, ἐκβολή und Paráplous, zerlegt, die dann gesondert betrachtet werden. Das wäre im Grunde unproblematisch, würde nicht die reine Beschäftigung mit den Einzelpartien, genauer gesagt: mit dem Paráplous, zu teils fragwürdigen Ergebnissen führen. So wird nämlich dem Paráplous-Teil schnell und ohne hinreichende Überprüfung der Gattungsstempel „περίπλους“ aufgedrückt. Dass dieser Abschnitt des Werks die Küstenfahrt Nearchs zum Thema hat, ist unbestritten; nicht umsonst haben wir ihn auch bisher – und werden es im Fortgang tun − mit dem Schlagwort „Paráplous“ bezeichnet.88 Was allerdings einer Untersuchung bedarf, ist das Genre, dem der Paráplous zuzurechnen ist. 87 Siehe oben S. 134f. 88 Obwohl, wie Güngerich, 253 anmerkt, περίπλους mehr die Darstellung einer Fahrt, παράπλους dagegen die Fahrt selbst bezeichne, haben wir uns, obgleich es sich um Arrians Darstellung der unter Nearchs Kommando

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

Nach Meyer, 199 sind περίπλοι „Itinerarien zur See, welche die befahrenen Küsten aus der Perspektive des Seefahrers beschreiben. Hier werden Namen von Orten und Landmarken einer Route entlang einer Linie ʽparataktischʼ aufgezählt. Die verbale Beschreibung geographischer Gegebenheiten leistet dabei, was im Mittelalter Aufgabe der nautischen Karten wird.“ Die Küstenbeschreibung selbst ist aber, Güngerich, 23 zufolge, „keine Literaturgattung, die sich aus ihrer eigenen Mitte entfaltet, sich nach ihrer Natur durchformt und stofflich und stilistisch eine Einheit bildet. Wir haben hier einen anspruchslosen Grundstock, der formal und inhaltlich mancherlei tragen kann – den Bericht des Entdeckers, wie die Notizen des Kaufmanns und die Materialien des Kompilators, die Künste der Rhetorik, wie die Umgangssprache.“ Güngerich, 12 (wie auch Hartinger, 36) scheidet die Werke der Períplous-Literatur in objektiv-topographische Darstellungen und Fahrtberichte; wobei sich letztere von den erstgenannten dadurch unterschieden, dass nicht nur Gesehenes, sondern auch Gefühltes und Erlebtes mitgeteilt wird.89 Diese Dichotomie hält allerdings Meyer, 20348 für zu schematisch, da sie „die einflußreiche Existenz einer rein praktischen Gattung postuliert.“ Nach Hartinger, 63 nämlich bilde der praktische, d.h. der als Hilfsmittel für den Seefahrer konzipierte,90 Períplous die Basis, um weitere Inhalte zu transportieren bzw. für artfremde Zwecke adaptiert zu werden; gleichwohl Hartinger selbst eingestehen muss, dass kein Exemplar des praktischen Períplous bis heute erhalten ist.91 Für Meyer, 203 dagegen sei der περίπλους von archaischer Zeit an bis Strabon vielmehr ein „mehr oder weniger objektiv gehaltener Rechenschaftsbericht über eine Reise“ und zugleich eine „Form der Materialanordnung für die Beschreibung geographischer Gegebenheiten“; diese formale Etablierung biete dann „einzelnen Autoren die Möglichkeit, den äußeren Rahmen mit unterschiedlichen Intentionen zu verbinden“ (Meyer, 203). Als konstituierende Gattungselemente der Períplous-Literatur lassen sich nach Hartinger, 230–262 sieben wichtige Komponenten ausmachen, die sowohl Sprache als auch Inhalt betreffen: 1. die Formelhaftigkeit der Sprache, 2. der Dativ des Standpunkts, 3. (formelhafte) Distanzangaben, 4. Anführung von Ankerplätzen und anderen nautisch relevanten Küstenpunkten, 5. Angabe nautisch relevanter küstennaher Punkte, 6. Mitteilung von Richtungs- und relativen Lagebestimmungen und 7. Informationen über Fahrtwinde. Wenn wir Arrians Darstellung des Paráplous auf diese Gattungselemente hin untersuchen, so können wir feststellen: zu 1.)

Die Formelhaftigkeit der Sprache, die sich in der der Períplous-Literatur typischerweise in einem asyndetischen, parataktischen Nominalstil, in der Knappheit der Worte und in einem einfachen Vokabular mit einfachen Aussagen vollzieht, finden wir nur eingeschränkt; so weisen z.B. einige Passagen in

unternommenen Flottenfahrt handelt, gegen περίπλους als Bezeichnung für diesen Teil der Schrift entschieden, um keine Gattungsassoziationen zu erzeugen. 89 Vgl. Hartinger, 206. 90 Mit Ausnahme des Stadiasmus maris magni richten sich die erhaltenen vorhellenistischen Zeugnisse aber stets an ein gebildetes Lesepublikum; vgl. Meyer, 204. 91 Ein grundsätzliches Problem der Rekonstruktion der Entstehung der Gattung besteht nach Meyer, 200 darin, dass „der Begriff Περίπλους von den antiken Autoren keineswegs mehr für praktische Berichte, sondern stets allgemein für geographische Beschreibungen verwendet wird.“ So wird der Begriff bei Strabon geogr. 8,1,1 mit γῆς περίοδος gleichgesetzt; dagegen bezeichnet Herodot (Hdt. 4,42) damit noch das tatsächliche Umsegeln; vgl. Meyer, 20033.

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Ind. 22, wie Hartinger, 221 aufzeigt,92 eine komprimierte Ausdrucksweise in Form eines parataktischen Nominalstils auf; die dabei von Hartinger als Exempel angeführte Ellipse des Verbum nach ὄνομα finden wir aber eben auch fast durchgängig in Xenophons Anabasis – auf diese Vorlage für Arrian sind wir bereits zu sprechen gekommen. zu 2.)

Den Dativ des Standpunkts finden wir dort nicht.

zu 3.)

Distanzangaben finden wir durchweg gebraucht, allerdings nicht als Formeln; vgl. dagegen die formelhafte Aufzählung in Arrians Schwarzmeer-Períplous: ἐνθένδε εἰς τὸ Ποσείδειον τεσσαράκοντα, καὶ ἔνθεν εἰς Τυνδαρίδας πέντε καὶ τεσσαράκοντα, πέντε δὲ καὶ δέκα ἔνθεν ἐπὶ τὸ Νυμφαῖον. καὶ ἀπὸ τοῦ Νυμφαίου ἐπὶ τὸν Ὀξίναν ποταμὸν τριάκοντα. καὶ ἀπὸ Ὀξίνου εἰς Σανδαράκην ἐνενήκοντα (per. m. Eux. 13,4f.).

zu 4.)

Ankerplätzen und andere nautisch relevante Küstenpunkte werden aufgezählt.

zu 5.)

Nautisch relevante küstennahe Punkte finden sich sporadisch genannt, z.B. das Kap Maketa in Ind. 32,6.

zu 6.)

Was die Angabe von Richtungs- und relativen Lagebestimmungen betrifft, so ist im Vergleich zur Anabasis eine signifikante Steigerung im Gebrauch mancher Ortsadverbien nachweisbar: ἐνταῦθα z.B. findet sich in der Anabasis 77mal, im Paráplous 23mal, und damit rund dreimal häufiger als in der Alexandergeschichte gebraucht; im Schwarzmeer-Períplous wird das Adverb achtmal benutzt, und damit doppelt so häufig wie in der Anabasis. Ebenso übertrifft die Verwendungshäufigkeit von ἄνω im Paráplous (An. siebenmal; Parápl. neunmal; per. M. Eux. einmal) die in der Anabasis. Auch werden ἔνθεν (An. 31mal; Parápl. 16mal, d.h. fünfmal häufiger) und ἐνθένδε (nur An. 6,1,3; Parápl. 28mal) im Paráplous zwar häufiger gebraucht als in der Anabasis, finden sich allerdings in Arrians Schwarzmeer-Períplous in Relation noch viel öfter (ἐνθένδε 47mal; ἔνθεν 15mal und damit achtmal häufiger als in der Anabasis). Dagegen finden wir ἐντεῦθεν (An. zehnmal; Parápl. zweimal), ἔνθα (An. 47mal; Parápl. dreimal) und κάτω (An. fünfmal; Parápl. einmal) in der Anabasis deutlich häufiger als im Paráplous, im Schwarzmeer-Períplous aber nicht.

Was nun die richtungsangebenden Präpositionen betrifft, die, wie Hartinger, 235–238 und 258ff. aufzeigt, in der erhaltenen Períplous-Literatur besonders für Distanzangaben sowie Richtungs- und Lagebestimmungen in hoher Zahl Anwendung finden, so haben wir einen gegenüberstellenden Vergleich der Auftretenshäufigkeiten dieser Präpositionen in den Einzelbüchern der Anabasis und Indiké vorgenommen. Den Ausgangspunkt für diese Untersuchung bildete die Frage, ob bedingt durch die Thematik der von Arrian dargestellten Flottenfahrt eine signifikante Zunahme von richtungsangebenden Präpositionen im Paráplous-Teil der Indiké im Vergleich zur Anabasis zu beobachten ist. Um aber sichere Aussagen über etwaige Abweichungen treffen 92 Es sollte beachtet werden, dass Hartinger den griechischen Text von Ind. 22 nur mit zahlreichen Kürzungen wiedergibt, d.h. im Sinne der eigenen Beweisführung etwas beschönigt.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

zu können, musste die Untersuchung sämtliche Präpositionen berücksichtigen − was dem Anhang A en détail entnommen werden kann. Als Ergebnis zeigt sich: Anders als erwartet, kommt es mit Ausnahme der Präposition ἀπό, die 1,9mal häufiger als der Durchschnitt der aus der Anabasis ermittelten relativen Häufigkeiten, aber nur 1,4mal häufiger als die am höchsten ausgeprägte relative Häufigkeit auftritt, zu eben keiner signifikanten Erhöhung. Im Gegenteil: Es zeigt sich, dass die Präpositionen ἐπί, παρά und πρός im Vergleich mit der Anabasis sogar unterdurchschnittlich oft auftreten. Bis auf σύν, das sogar weit unterdurchschnittlich oft Anwendung findet, aber für unsere Fragestellung weniger von Belang war, korrespondieren die für Anabasis und Indiké ermittelten Werte recht genau. Allein in der statistischen Verteilung der Kasusrektion einzelner Präpositionen finden sich marginale Unterschiede, die allerdings größtenteils dem ionischen Dialekt der Indiké geschuldet sind. Um aber eine Aussage über die ermittelten Zahlenwerte treffen zu können, wurden die Auftretenshäufigkeiten der Präpositionen in der Anabasis auch mit denen aus Arrians Períplous des Schwarzen Meeres in Verhältnis gesetzt. Es zeigt sich, dass ἐπί, παρά und πρός ebenfalls unterdurchschnittlich oft repräsentiert, jedoch εἰς und ἀπό signifikant erhöht sind: εἰς kommt im Schwarzmeer-Períplous mehr als doppelt so häufig vor wie der Durchschnitt der aus der Anabasis ermittelten relativen Häufigkeiten, ἀπό sogar siebenmal so oft. Während also im Schwarzmeer-Períplous die gattungstypischen, richtungsangebenden Präpositionen eindeutig gegenüber Arrians Anabasis dominieren, gilt dies für den Paráplous-Teil der Indiké nur ganz eingeschränkt für ἀπό. zu 7.)

Informationen über Fahrtwinde fehlen; vgl. dagegen Arrians SchwarzmeerPeríplous: ὁ δὲ ὅρμος οἷος ὥρᾳ ἔτους δέχεσθαι οὐ πολλὰς ναῦς καὶ σκέπην ταύταις παρέχειν ἀπὸ νότου ἀνέμου καὶ αὐτοῦ τοῦ εὔρου· σῴζοιτο δ' ἂν καὶ τοῦ βορρᾶ τὰ ὁρμοῦντα πλοῖα, ἀλλὰ οὐ τοῦ γε ἀπαρκίου οὐδὲ τοῦ θρασκίου μὲν ἐν τῷ Πόντῳ, σκίρωνος δὲ ἐν τῇ Ἑλλάδι καλουμένου (per. m. Eux. 4,2).

Von den konstituierenden Gattungselementen der Períplous-Literatur finden wir also im Paráplous, die inhaltlichen Komponenten betreffend, drei von vieren wieder (Distanzangaben, Ankerplätze und nautisch relevante Küstenpunkte sowie nautisch relevante küstennahe Punkte); die sprachlichen Faktoren sind dagegen entweder nicht (Dativ des Standpunkts, Distanzformeln), oder nur mit (teils starken) Einschränkungen vertreten. Auch sollte man eigentlich meinen, dass durch das Sujet des Paráplous bedingt, in der Indiké πλεῖν und seine Komposita im Vergleich zur Anabasis deutlich öfter anzutreffen seien, als in Arrians Alexandergeschichte. Das ist jedoch nur eingeschränkt der Fall. So kommen ἀναπλεῖν (An. neunmal; Ind. dreimal) und ἀπολπεῖν (An. zweimal; in Ind. nur 26,9) in beiden Werken in Relation zueinander etwa gleich oft vor, καταπλεῖν (An. 19mal; Ind. zweimal) in der Anabasis leicht häufiger auf Grund der dort beschriebenen Flussfahrten. In beiden Schriften überwiegt die Gebrauchshäufigkeit des Simplex (An. 20mal; Ind. 26mal) die der einzelnen Komposita. Dass παραπλεῖν (An. sechsmal; Ind. zehnmal) bei der Schilderung der Küstenfahrt deutlich häufiger zu finden ist als in der Anabasis, verwundert nicht. Dagegen finden wir ἐπιπλεῖν, das mit 14maligem Gebrauch in der Anabasis das am häufigsten von Arrian verwendete Kompositum von πλεῖν darstellt (sich dort allerdings nur in den ersten beiden Büchern nachweisen lässt und jeweils die Bedeutung „in Richtung x fahren“ trägt), in der Indiké nur §6,3 genutzt, dort aber in der Bedeutung „fahren auf / befahren“. συμπλεῖν jedoch, das zur Bezeichnung der Mitfahrt von Personen auf dem Schiff in Ind. 27,8

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Die Frage nach der Gattung der Indiké

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und 37,2 gebraucht wird, finden wir ebenso wenig in der Anabasis, wie διεκπλεῖν. Dort begegnet uns lediglich an einer Stelle διέκπλοος (An. 2,20,6), als militärischer Fachausdruck für den Durchstoß einer feindlichen Flottenlinie gebraucht. διεκπλεῖν in der Bedeutung „durchstoßen, durch ein Hindernis hindurchfahren“ ist im Paráplous nur viermal (Ind. 21,10; 22,4 u. 6; 37,5) nachweisbar; dort jeweils in Bezug auf Klippen, Brandung oder einer engen Bucht gesagt. Die restlichen Belegstellen des Verbs stehen in Zusammenhang mit der Angabe von Fahrtdistanzen (z.B. Ind. 29,1), also im Sinne von „ein Gewässer durchfahren“, und sind deshalb auch öfter, nämlich zehnmal, zu finden. ἐκπλεῖν findet nur in An. 2,21,9 zur Bezeichnung der Ausfahrt aus einem Hafen Verwendung. Im Paráplous kann es die Ausfahrt aus einem Gewässer in ein anderes (Ind. 20,10; 41,2; 43,11), aus der Brandung / Gezeitenzone (Ind. 37,6; 39,8) und sogar aus einem Gebiet bezeichnen: ἐξέπλωσαν τὸ ἔθνος τῶν Ἰχθυοφάγων (Ind. 29,7). Während ἐκπεριπλεῖν (An. viermal; Ind. fünfmal) in der Anabasis nur die Ausfahrt aus einem Fluss (An. 5,5,1; 6,28,2) oder einer Bucht (An. 4,7,5; 7,20,9) in das Meer bezeichnet, finden wir es im Paráplous neben Flüssen (Ind. 20,1; 21,7 = Kanalausfahrt) und Buchten (Ind. 32,11; 43,7) auch für die Umschiffung von Klippen gesagt (Ind. 22,6); dort allerdings mit der Präposition ὑπέρ + Akk. verbunden. περιπλεῖν (An. zehnmal), das in der Indiké nur bei der Umschiffung eines Vorgebirges (Ind. 26,4) Gebrauch findet, wird in der Anabasis nur in den Büchern II und III für Segelmanöver um einen bestimmten Punkt herum gebraucht (An. 2,22,3: um die Stadt Tyros; An. 2,23,3: Kreisfahrt auf dem Meer; An. 3,1,5: Umfahrung des maiotischen Sees); in den Büchern V–VII, denen die übrigen Belegstellen des Verbums zuzuordnen sind, trägt es allerdings die erweiterte Bedeutung „einen Períplous (im Sinne von Forschungsreise) unternehmen“ und wird nur in Zusammenhang mit Alexanders Expansionspolitik verwendet; vgl. z.B. An. 5,26,2; 7,1,2. Während wir πλοῦς und seine Komposita (παρα- / ἐπι- / δια- / ἐκ- / ἐσ-) in der Anabasis 37mal (davon zwölfmal das Simplex) vorfinden, ist die Gebrauchshäufigkeit im Paráplous stark erhöht: 25mal πλοῦς, 15mal παράπλους und zweimal ἔσπλους, d.h. πλοῦς und seine Komposita werden dort zehnmal öfter gebraucht als in der Anabasis. Häufiger noch als πλοῦς und das Simplex πλεῖν werden von Arrian aber ὁρμίζεσθαι und dessen Komposita gebraucht, nämlich 52mal; in der Anabasis dagegen finden wir diese Verba nur 18mal. Zwar finden wir nun neben einigen Elementen, die die Gattung der Períplous-Literatur konstituieren, im Paráplous der Indiké auch das für die Küstenbeschreibung typische Vokabular gebraucht; dennoch sollte, da die Passagen des Werksteils, in denen von Arrian ausschließlich die Küstenfahrt samt Beschreibung derselben thematisch verarbeitet wird, selbst bei großzügiger Auslegung, weniger als 40% des Gesamttextes des Paráplous ausmachen, die Frage nach der Gattungszugehörigkeit nicht vorschnell in Richtung Períplous beantwortet werden. Zunächst sollte daher Klärung finden, was eine Gattung überhaupt ausmacht. Hose, 2006, 182 gibt folgende Definition: „Unter einer Gattung pflegt man eine Reihe von Texten zu subsummieren, die a) aufeinander bezogen sind und b) eine hinreichende Menge gemeinsamer Merkmale (gewissermaßen ,Familienähnlichkeiten‘) aufweisen, jedoch zugleich auch sich voneinander unterscheiden. Hinzu kommt noch die Dimension der Zeit, da jede Gattung ihre ,Geschichte‘ hat. [...] Anfangs- und Endglied einer solchen Kette können daher im Extremfall keine oder wenigstens keine signifikanten Gemeinsamkeiten mehr aufweisen. ,Gattung‘ ist daher eine nur scheinbar feste Kategorie.“ Gattung ist also kein statisches Konzept, sondern dynamisch. So begreift sie auch Marincola, 282 als „strategy of literary composition“ (zitiert nach Conte, G.B., Latin literature: a history, Baltimore et al. 1994, 160): Gattung kann ihm zufolge eben nicht ein-

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

fach ausschließlich auf formalen Kriterien basieren oder auf dem Inhalt und wiederkehrenden topoi, sondern stattdessen auf der Beziehung zwischen der Struktur des Inhalts und der Struktur des Ausdrucks.93 Um ein Werk nun als Exemplar einer Gattung zu verorten, muss man es, nach Raible, 334, „in eine Reihe von Werken stellen, die analog zu einem Präzedenzfall sind.“ Zur Analyse bietet Raible sechs Dimensionen, aus denen Gattungsbezeichnungen ihre Merkmale beziehen: die Kommunikationssituation zwischen Sender und Empfänger, den Objektbereich, die übergeordnete Ordnungsstruktur, das Verhältnis zwischen Text und Wirklichkeit, das Medium und die sprachliche Darstellungsweise.94 Obgleich aber Raible, 326 davon spricht, dass Gattungen „durch Konvention Geltung haben“, scheint uns doch gerade der Faktor, dass auch Konventionen im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen sind, in Raibles Modell der Gattungsmerkmale zu fehlen. Denn was Nauta über die Gattung „Bukolik“, der er seine Untersuchung widmet, sagt, gilt natürlich auch für andere Gattungen und deren Veränderungen in der Zeit: „Ein literarisches Werk wird immer innerhalb bestimmter Gattungserwartungen rezipiert, aber die Rezeption dieses Werkes verändert auch immer diese Gattungserwartungen – in geringfügigem Maße, wenn das Werk traditionell ist, in radikalerem Sinne, wenn es sich von den bestehenden Vorstellungen absetzt; auf jeden Fall entsteht eine neue Gattungserwartung“ (Nauta, 119). Zur Veränderung von Gattungen und Erwartungen an diese trägt natürlich auch bei, dass antike Literaten − und zwar unabhängig von der Gattung, in der deren Werke zu verorten sind − generell eines ihrer Primärziele darin sahen, sowohl traditionell als auch innovativ zu sein, d.h. den etablierten Modellen zu folgen, aber dabei etwas eigenes, leicht Unterschiedliches zu schaffen. Sie wollten ausloten, was möglich war, und etwas komponieren, das eine Lücke füllte, die sie sahen;95 und „the better writers were able to take something familiar and place it in a new context or frame not seen before” (Marincola, 299f.). Und so haben wir es, wie wir meinen, beim Paráplous der Indiké auch nicht mit einem Períplous zu tun, sondern mit Historiographie. Dass die landeskundliche Darstellung der ἐκβολή der Indiké in der Tradition der λόγοι des Herodot steht, haben wir bereits gezeigt. Doch in Variation zum Historiker aus Halikarnassos, der in seinem Werk an dem Punkt der Darstellung einen λόγος

93 Als Beispiel möge folgende Passage aus Jules Verne dienen: „Aber auch während dieser Reise längs der Küste vom Cap Matifou bis zur Grenze von Tunis fand man durchaus keinen Ueberrest von früher, weder die amphitheatralisch angelegte Seestadt Dellys, noch am Horizonte eine Andeutung der Jura-Kette, trotzdem deren höchster Gipfel bis auf zweitausenddreihundert Meter anstieg; weder die Stadt Bougie, noch die steilen Abhänge des Gouraya, den Berg Adrar, Didjela, die Berge Kleinkabyliens, den Triton der Alten, jene Gruppe von sieben Landvorsprüngen mit einer Erhebung bis zu elfhundert Meter; weder Collo, den alten Hafen von Konstantine, noch Stora, den neuen Hafen von Philippeville, noch auch Bona, das über seinem Golfe von vierzig Kilometer Oeffnung thronte. Man sah nichts mehr, weder vom Cap de Garde, noch vom Cap Rose, weder von dem First der Berge von Edough noch von den sandigen Dünen der Küste, weder von Mafrag, noch von dem durch die ausgedehnte Industrie seiner Korallenarbeiter berühmten Calle“ (Verne, Jules, Reise durch die Sonnenwelt, Wien et al. 1878, 97f.). Im 11. Kapitel des 1. Teils von Vernes Werk finden wir neben dieser noch zahlreiche andere, ähnlich geartete Passagen. Beschränkte man den Gattungsbegriff ausschließlich auf formale Kriterien, den Inhalt und wiederkehrenden topoi, so hätte man schnell die Bezeichnung „Reisebericht“ (zugegebenermaßen: in Variation) zur Hand; dass es sich aber eigentlich um einen Roman handelt, würde übersehen. 94 Vgl. Raible, 342–46. 95 Vgl. Marincola, 299f.

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Die Frage nach der Gattung der Indiké

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einfügt, an dem die persische Expansion ein bestimmtes Volk erreicht, gibt Arrian seine Landeskunde Indiens zu dem Zeitpunkt der Erzählung, als das Heer Alexanders wieder aus dem Subkontinent abzieht. Was den Paráplous-Teil betrifft, sollte noch einmal deutlich gesagt sein: Es ist Arrian, der hier schreibt – nicht Nearch! Ob es sich bei dem Werk des Flottenkommandanten, das ihm als Quelle vorlag, um einen Períplous gehandelt hat, ist nicht Gegenstand unserer Untersuchung. Arrians Darstellungsweise im Paráplous steht aber, wie wir gezeigt haben, klar in der Tradition des Xenophon und dessen Anabasis. Die Gemeinsamkeiten treten dann besonders deutlich hervor, wenn wir auf beide Schriften Marincolas Modell zur Analyse historischer Werke anwenden. Marincola bietet fünf Kriterien, anhand derer sich die Analyse vollziehen kann: die Frage nach der narrativen Ausrichtung der Schrift, nach der Fokalisierung, nach den zeitlichen Grenzen des Dargestellten, nach der zeitlichen Gliederung und schließlich nach dem Gegenstand der Darstellung.96 Auf Xenophons Anabasis angewandt, erbringt diese Analyse, dass es sich dabei um ein „march narrative“ aus jüngster Geschichte mit einer Gruppe im Zentrum, aus der eine Einzelperson bisweilen heraustritt, handelt, das von Gefahren und dem Überlebenskampf gegenüber äußeren Schwierigkeiten und mächtigen Feinden berichtet, und einen einheitlichen Plot mit Beginn und Ende aufweist, wobei die geographische Gliederung des Stoffes die zeitliche überlagert.97 Bei Arrians Paráplous hingegen handelt es sich um ein „march narrative“ aus alter Geschichte, mit einer Gruppe im Zentrum, aus der eine Einzelperson bisweilen heraus- und neben einen zweiten, externen und dominanten Protagonisten tritt; es wird von Gefahren und dem Überlebenskampf gegenüber äußeren Schwierigkeiten und Feinden berichtet, daneben finden sich auch nicht-narrative, d.h. beschreibende, Passagen; der einheitliche Plot weist einen Beginn und ein Ende auf, wobei die geographische Gliederung des Stoffes die zeitliche überlagert. So wie Xenophon mit seiner Anabasis aus verschiedenen, aber traditionellen Elementen etwas Neues geschaffen hat, das in der Folge dann Nachahmung, z.B. durch Cäsar, erfahren hat, kreiert auch Arrian mit dem Paráplous-Teil der Indiké aus traditionellen Elementen etwas Neues: Das von Xenophon in der Historiographie etablierte „march narrative“ wird von ihm mit Bestandteilen der Períplous-Literatur und landeskundlichen Beschreibungen verschmolzen. Tradition und Innovation vereinen sich im Paráplous; es entsteht ein Amalgam, das bewusst mit den Gattungserwartungen der Leser spielt.98 Die hodologisch ausgerichtete Historiographie erfährt im Paráplous eine Neuorientierung, ein Präzedenzfall wird geschaffen; Arrians Xenophon-aemulatio trägt zu einer Veränderung der Gattung, und damit verbunden, auch der Gattungserwartung bei: Historiographie ist somit nicht immer das Gleiche. So verweist Schepens mit Recht darauf, dass in den überlieferten historiographischen Werken Kriege und Aufruhre überrepräsentiert sind; viel deute dagegen darauf hin, dass sich antike Historiker noch mit vielen anderen Dingen beschäftigt haben.99 Dementsprechend hat Hose bei seinem Überblick über die Formen der hellenistischen Geschichtsschreibung für diese gezeigt, „dass sich eine Tendenz erkennen

96 Vgl. Marincola, 301–9. 97 Vgl. auch Marincola, 316. 98 Was Akujärvi, 344 über Arrians Schwarzmeer-Períplous sagt, lässt sich auch auf den Paráplous-Teil der Indiké übertragen: „Presumably the readership was expected not only to recognize the literary allusions, but also to appreciate the authorʼs reworking of the traditionally straightforward periplus genre.” 99 Vgl. Schepens, 1997, 146.

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3. Kapitel: Alexander und Nearch

lässt, um der Leserwirksamkeit100 willen von dem Typus der Gattung abzuweichen, der von Thukydides und Polybios entwickelt worden ist. [...] Ferner sind Strukturübernahmen aus anderen literarischen Gattungen erkennbar, aus der Tragödie (was zur ,tragischen Geschichtsschreibung‘ führt), aber auch aus der Biographie, entweder in der Konzentration auf einzelne Figuren (so bei den Alexanderhistorikern) oder in struktureller Hinsicht“ (Hose, 2006, 213).101 Auch für die hellenistisch-frühreichsrömische Geschichtsschreibung betont Backhaus die Strukturübernahmen aus anderen Gattungen: Sie sei „im Hauptstrom ein Mischtypus, der die Rekonstruktion extratextualer Sachverhalte mit ordnenden Konstruktionselementen aus Rhetorik, mimetischer Kunst (Epos, Drama, Roman) und paideutischem Traktat zur narrativen Kohärenz verbindet“ (Backhaus, 4).102 Wenn nämlich spätestens mit den Alexanderhistorikern, wie Hose feststellt, eine gewisse Freiheit im Umgang mit Fakten endgültig etabliert gewesen sei,103 nimmt es auch nicht wunder, dass sich die frühreichsrömische Geschichtsschreibung weder als reine Rekonstruktion, noch als glatte Konstruktion vollzog: „Eher könnte man von rhetorischer Reimagination sprechen, der in einer Zeit ohne die ἐνάργεια von Kamera und Mikrophon eine adressatenlenkende Grundfunktion zukam“ (Backhaus, 12). Diese Historiographie zielte somit „weniger auf Dokumentation der Vergangenheit in ihrer unwiederholbaren Eigenart als auf das, was man heute ,Dokudrama‘ zu nennen pflegt: deren Verlebendigung im Interesse der Gegenwart. Der Unterschied zwischen ,Doku‘ und ,Drama‘, Fakt und Fiktion scheint in keiner Weise so relevant gewesen zu sein, wie es für uns selbstverständlich ist“ (Backhaus, 17f.). Und gerade diese Form des „Dokudramas“ finden wir auch im Paráplous: Bei Arrians Darstellung des Zusammentreffens von Nearch und Alexander vor Fahrtbeginn, und dann erneut in Karmanien, scheint es sich uns doch besonders im Hinblick auf die Sekundärüberlieferung bei Curtius, Diodor und Plutarch um eine Reimagination unseres Autors zu handeln. Doch da Arrian gemäß seiner Programmatik freilich nicht nur τὰ πιστότερα, sondern eben auch τὰ ἀξιαφηγητότερα (An. Proöm. 1) berichten will, bilden hier Fakt und Fiktion eine Synthese, die der Unterhaltung des Lesers dient.

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Mit der Leserwirksamkeit untrennbar verbunden ist natürlich die Rolle, die ein Autor dem Leser zukommen lässt. So zeigt denn auch Pausch, 57ff. dass es seit dem Hellenismus zu einem intensiveren Nachdenken über die Rolle des Lesers kam, das den Historiographen der klassischen Zeit weitgehend fremd war. Zu den gesellschaftlich-politischen Gründen für die Weiterentwicklung der historiographischen Darstellungstechniken zwischen dem 4. und 2. Jh. v. Chr. s. Pausch, 57. Dass damit freilich einzelne Abschnitte eines historiographischen Werks erhebliche Unterschiede in ihrer literarischen Form aufweisen können, brauche laut Pausch, 64 nicht zu verwundern, da vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit unterschiedlicher historiographischer Theorien damit gerechnet werden müsse, dass je nach Gegenstand und intendierter Wirkung von den Autoren auf unterschiedliche Darstellungstechniken zurückgegriffen wurde. Vgl. Hose, 2006, 200.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander Seinen Nachruf auf Alexander in der Anabasis lässt Arrian mit den Worten beginnen: τό τε σῶμα κάλλιστος καὶ φιλοπονώτατος καὶ ὀξύτατος γενόμενος καὶ τὴν γνώμην ἀνδρειότατος καὶ φιλοτιμότατος καὶ φιλοκινδυνότατος καὶ τοῦ θείου ἐπιμελέστατος (An. 7,28,1).1 Er war von prachtvollem Körperbau, ungeheuer zäh und schnell zupackend, in seiner Haltung von höchster Tapferkeit, unendlichem Ehrgeiz und stets bereit, Gefahren zu durchstehen. In seinen Bemühungen, den religiösen Geboten nachzukommen, übertraf ihn keiner. An diese schlagwortartig-verdichtete Reihung von Superlativen schließt ein Qualitätenkatalog an, „der zeitgenössische Anregungen aufnimmt und dabei Elemente auch des gängigen Kataloges allgemeiner Herrscher- und Heerführerqualitäten verwendet“ (Wirth/von Hinüber, 998). Arrian fasst darin die Stärken und Schwächen Alexanders, die im Verlauf der Anabasis von ihm herausgearbeitet wurden, abschließend zusammen und bietet seine eigene Sicht auf die Persönlichkeit des Makedonenkönigs dar: Alexander müsse im Ganzen bewertet werden und nicht auf Basis einiger negativer Einzelereignisse (An. 7,30,1). Dass Arrian den Makedonenkönig bewundert, gesteht er offen ein (An. 7,30,3). Da nimmt es nicht wunder, dass im Nekrolog dessen Fehler einer nach dem anderen entschuldigt werden (An. 7,29) und Alexanders Tugenden seine Laster überstrahlen. Arrians abschließender Lobpreis kombiniert „elements of the Homeric hero, of the Stoic Heracles who won glory through labors for mankind, of the ideal king who rules justly and without asserting himself over his subjects, of the military leader, masterful in every situation, of the conqueror of the world, and of contemporary Roman emperors“ (Stadter, 1980, 114). So lässt Arrian die einzelnen Fäden, die in die Charakterzeichnung seines Protagonisten innerhalb des Werkes eingeflossen waren, am Ende der Anabasis zu einem Gesamtportrait Alexanders zusammenlaufen. Das im zweiten Proömium noch als Desiderat geäußerte ἐκφέρειν ἐς ἀνθρώπους τὰ Ἀλεξάνδρου ἔργα ἐπαξίως (An. 1,12,2), das im Verlauf des Werkes seine Erfüllung erfahren hat, kulminiert am Schluss der Anabasis in einem von Arrian geschaffenen Gesamtbild des Makedonenkönigs, das sich nicht nur von dem seiner Quellen, sondern auch von dem anderer Alexanderhistoriographen vor ihm unterscheidet.2 Im Folgenden werden wir zeigen, dass dieses Alexanderbild, das Arrian in der Anabasis etabliert hat, sich ebenfalls in der Indiké wiederfindet und dort nur in Nuancen verfeinert wird. Auch werden wir herausarbeiten, dass wichtige Kernelemente dieses Bildes in Arrians Charakterisierung des zweiten Protagonisten des Paráplous, Nearch, Anwendung finden und dass gerade

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Wirth, 1964, 223 weist darauf hin, dass die von Arrian an Alexander gepriesenen Tugenden nahe verwandt mit den altrömischen sind, „der Tapferkeit, der methodischen Klugheit in allen politischen und kriegerischen Dingen und der echten, schlichten Frömmigkeit.“ Insofern könne die Charakterisierung Alexanders in der Anabasis als Fürstenspiegel für den römischen Kaiser verstanden werden. Vgl. Stadter, 1980, 89.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

durch die parallele Charakterisierung der beiden Protagonisten Nearchs Rolle als Stellvertreter Alexanders zur Geltung kommt. Auf diese Weise soll klar werden, dass es eben nicht Nearch ist, der sich selbst, wie von Capelle behauptet,3 im Paráplous als „geborener Führer“ präsentiert, sondern dass es die Darstellung Arrians ist, die Nearch eine derartige Rolle zukommen lässt. Darüber hinaus soll sich dartun, dass die von Capelle4 gelobten „seelischen Stimmungsbilder“, eben nicht der inneren seelischen Anteilnahme Nearchs an den selbsterlebten Ereignissen entspringen, sondern dem literarischen Wirken Arrians.

Die εὐσέβεια Alexanders Ein wichtiges Element der Charakteristik Alexanders in der Anabasis stellt dessen εὐσέβεια dar. Wenn Arrian ihn im Nachruf als τοῦ θείου ἐπιμελέστατος (An. 7,28,1) bezeichnet, so entspricht es ganz dem Bild, das er in der Alexandergeschichte von ihm zeichnet: Neben der Errichtung diverser Altäre durch den König (An. 1,11,7; 1,17,5; 5,29,2) wird besonders häufig dessen Opfervollzug zur Sprache gebracht – an mehr als vierzig Stellen des Werkes.5 Gelegentlich erfährt der Leser auch die Art des jeweiligen Opfers, z.B. τὰ ἐπινίκια (An. 5,20,1) oder τὰ χαριστήρια (An. 6,28,3). Bis Mitte des dritten Buches wird von Arrian bei jedem einzelnen Opfer der jeweils bedachte Gott (bzw. Götter) benannt; in den späteren Büchern der Anabasis findet sich dann zunehmend die Aussage, dass Alexander ὡς νόμος (oder eine ähnliche Formulierung) geopfert habe, so dass sich der Leser die bedachten Götter aus der in den vorangegangenen Büchern minutiös dargestellten Opferpraxis Alexanders (An. 3,16,9; 3,25,1; 3,28,4; 4,4,1; 5,3,6; 5,8,2; 5,8,3; 5,20,1; 5,29,2; 6,3,1; 7,11,8; 7,14,1; 7,24,4; 7,25,2; 7,25,4f.) ergänzen muss – und kann. Die Opferzeremonien Alexanders beziehen häufig das Heer mit ein; so sind sie oft mit (Waffen-)Prozessionen (An. 1,18,2; 2,5,8; 2,24,6; 3,5,2) oder Fackelzügen (An. 2,5,8; 2,24,6; 3,16,9) verbunden, auch Opfertiere werden an das Heer verteilt (An. 7,24,4). Noch häufiger folgen auf die Opfer durch Alexander veranstaltete Spiele: An. 1,11,1; 2,5,8; 2,24,6; 3,1,4; 3,5,2; 3,6,1; 3,16,9; 3,25,1; 4,4,1; 5,3,6; 5,8,3; 5,20,1; 5,29,2; 6,28,3 und 7,14,1.6 Eine derartig emphatische Akzentuierung der Veranstaltung von Agonen durch den Makedonenkönig finden wir bei anderen Alexanderhistoriographen nicht.7 Dass diese Wettkämpfe in gewisser Regelmäßigkeit stattfinden, wird von Arrian noch durch die immer wiederkehrende Formel θύει ... καὶ ἀγῶνα ποιεῖ γυμνικόν τε καὶ μουσικόν (vgl. z.B. An. 3,1,4; 3,5,2; 4,4,1) unterstrichen, wobei zwischen θύει und καὶ ἀγῶνα ποιεῖ in der Regel die mit dem Opfer bedachten Götter stehen, der Tempusgebrauch innerhalb der Formel

3 4 5

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Vgl. RE 16,2 (1935) c.2145. Vgl. RE 16,2 (1935) c.2152. Im Einzelnen sind dies: An. 1,4,5; 1,11,1; 1,11,5; 1,11,6; 1,11,8; 1,18,2; 2,5,8; 2,5,9; 2,24,6; 3,1,4; 3,5,2; 3,6,1; 3,7,6; 3,16,5; 3,16,9; 3,25,1; 3,27,5; 3,28,4; 4,4,1; 4,4,3; 4,8,1; 4,9,5; 4,15,8; 4,22,6; 4,30,4; 5,2,6; 5,3,6; 5,8,2; 5,8,3; 5,20,1; 5,28,4; 5,29,2; 5,29,5; 6,3,1; 6,19,4; 6,19,5; 6,28,3; 7,11,8; 7,14,1; 7,24,4; 7,25,2; 7,25,3; 7,25,4; 7,25,5 und 7,25,6. Ohne Anbindung an ein Opfer werden die nautischen Wettkämpfe anlässlich der Flottenmusterung Alexanders in An. 7,23,5 vollzogen. In An. 7,14,10 werden gymnische und musische Wettkämpfe zu Ehren des verstorbenen Hephaistion genannten; jedoch spricht Arrian nur von deren Planung durch Alexander. Vgl. Oliva, 1993, 94.

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Exkurs: Alexanders Opfer in Ind. 18,11f.

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variabel ist und μουσικόν im Einzelfall, d.h. je nach Art der veranstalteten Spiele, durch ἱππικόν ersetzt wird.8

Exkurs: Alexanders Opfer in Ind. 18,11f. Im Paráplous-Teil der Indiké thematisiert Arrian im Anschluss an den Schiffskatalog in Kapitel 18, d.h. in der Überleitung zwischen der ἐκβολή und der eigentlichen Fahrtdarstellung, ein von Alexander vollzogenes Opfer mit daran anschließenden gymnischen und musischen Agonen: ὡς δὲ ταῦτα ἐκεκόσμητο Ἀλεξάνδρῳ, ἔθυε τοῖς θεοῖσιν ὅσοι τε πάτριοι ἢ μαντευτοὶ αὐτῷ καὶ Ποσειδῶνι καὶ Ἀμφιτρίτῃ καὶ Νηρηίσι καὶ αὐτῷ τῷ Ὠκεανῷ, καὶ τῷ Ὑδάσπῃ ποταμῷ, ἀπ' ὅτου ὡρμᾶτο, καὶ τῷ Ἀκεσίνῃ, ἐς ὅντινα ἐκδιδοῖ ὁ Ὑδάσπης, καὶ τῷ Ἰνδῷ, ἐς ὅντινα ἄμφω ἐκδιδοῦσιν· ἀγῶνές τε αὐτῷ μουσικοὶ καὶ γυμνικοὶ ἐποιεῦντο, καὶ ἱερεῖα τῇ στρατιῇ πάσῃ κατὰ τέλεα ἐδίδοτο (Ind. 18,11f.). Als Alexander dies angeordnet hatte, opferte er den Familiengöttern und denen, die ihm das Orakel bezeichnet hatte, ferner Poseidon, Amphitrite, den Nereiden, Okeanos selbst, dem Fluss Hydaspes, von dem aus er aufbrach, und dem Akesines, in den sich der Hydaspes ergießt, sowie dem Indus, in den sich beide ergießen. Er veranstaltete musische und sportliche Wettkämpfe und ließ die Opfertiere im ganzen Heer an die einzelnen Abteilungen ausgeben. Es handelt sich hierbei um die gleiche feierliche Handlung, die Arrian schon in der Anabasis vor dem Auslaufen der Flotte am Hydaspes beschrieben hat: ὡς δὲ ξύμπαντα αὐτῷ παρεσκεύαστο, ὑπὸ τὴν ἕω ὁ μὲν στρατὸς ἐπέβαινε τῶν νεῶν, αὐτὸς δὲ ἔθυε τοῖς θεοῖς ὡς νόμος καὶ τῷ ποταμῷ τῷ Ὑδάσπῃ ὅπως οἱ μάντεις ἐξηγοῦντο. καὶ ἐπιβὰς τῆς νεὼς ἀπὸ τῆς πρώρας ἐκ χρυσῆς φιάλης ἔσπενδεν ἐς τὸν ποταμόν, τόν τε Ἀκεσίνην ξυνεπικαλούμενος τῷ Ὑδάσπῃ, ὅντινα μέγιστον αὖ τῶν ἄλλων ποταμῶν ξυμβάλλειν τῷ Ὑδάσπῃ ἐπέπυστο καὶ οὐ πόρρω αὐτῶν εἶναι τὰς ξυμβολάς, καὶ τὸν Ἰνδόν, ἐς ὅντινα ὁ Ἀκεσίνης ξὺν τῷ Ὑδάσπῃ ἐμβάλλει. ἐπὶ δὲ Ἡρακλεῖ τε τῷ προπάτορι σπείσας καὶ Ἄμμωνι καὶ τοῖς ἄλλοις θεοῖς ὅσοις αὐτῷ νόμος σημῆναι ἐς ἀναγωγὴν κελεύει τῇ σάλπιγγι (An. 6,3,1f.). Nach Abschluss aller Vorbereitungen gingen eines Morgens die Truppen an Bord. Alexander brachte persönlich den Göttern die üblichen Opfer dar, auf Geheiß der Seher dazu auch dem Hydaspes, bestieg dann das Schiff und goss von dessen Bug das Trankopfer aus goldener Schale in den Fluss, wobei er den Akesines zusammen mit dem Hydaspes anrief, der Berichten zufolge nicht weit von hier als größter der Ströme in diesen mündete. Angerufen wurde auch der Indus, in welchen der Akesines sich zusammen mit dem Hydaspes ergießt. Er opferte seinen Vorfahren Herakles, Ammon und den anderen Göttern, denen zu opfern sich für ihn gehörte; dann ließ er auf ein Trompetenzeichen die Anker lichten. Auf den ersten Blick besteht ein Unterschied zwischen Arrians Bericht über das Opfer in der Anabasis und im Paráplous. Dieser Unterschied löst sich jedoch auf, wenn wir, wie wir es auch 8

Zu Arrians repetitiver Formel vgl. Oliva, 1993, 95f.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

schon an anderen Stellen der Indiké gesehen haben, beide Stellen in Kombination zueinander lesen. In der Anabasis ist Arrians Darstellung auf Alexander zentriert: Die Opfer werden in der Reihenfolge, in der sie von Alexander vollzogen werden, genannt, die jeweils bedachten Götter angeführt und Inhalte der Opferzeremonie wiedergegeben. Und dass, da der Fokus auf Alexander liegt, neben den Flussgöttern im Speziellen die Familiengötter des Königs, Herakles und Zeus,9 von dem, Bosworth zufolge, Ammon nur eine lybische Hypostase ist,10 Erwähnung finden, verwundert nicht. Im Paráplous dagegen ist der Fokus ein anderer. Entgegen Dognini, 2000, 122 sehen wir die Fokusverschiebung jedoch nicht in der Nutzung unterschiedlicher Quellen durch Arrian begründet, sondern in der Intention unseres Autors. Arrian fasst nämlich an dieser Stelle des Paráplous sämtliche von Alexander vor der eigentlichen Abfahrt der Flotte aus dem Mündungsgebiet des Indus in Richtung Persien vollzogenen Opfer zusammen. So werden in Ind. 18,11f. nicht nur die Opfer an die indischen Flussgötter, Hydaspes Akesines und Indus, erwähnt, sondern auch diejenigen an die Meeresgötter. Letztere finden wir in der Anabasis erst zu dem Handlungszeitpunkt thematisiert, als Alexander zusammen mit der Flotte das Arabische Meer erreicht: τότε μὲν δὴ ἐπανῆλθον ἐς τὴν ἐν τῷ ποταμῷ νῆσον, καὶ πρὸς τοῖς ἄκροις αὐτῆς καθορμισθεὶς θύει τοῖς θεοῖς Ἀλέξανδρος ὅσοις ἔφασκεν ὅτι παρὰ τοῦ Ἄμμωνος ἐπηγγελμένον ἦν θῦσαι αὐτῷ. ἐς δὲ τὴν ὑστεραίαν κατέπλει ὡς ἐπὶ τὴν ἄλλην τὴν ἐν τῷ πόντῳ νῆσον, καὶ προσχὼν καὶ ταύτῃ ἔθυε καὶ ἐνταῦθα ἄλλας αὖ θυσίας ἄλλοις τε θεοῖς καὶ ἄλλῳ τρόπῳ· καὶ ταύτας δὲ κατ' ἐπιθεσπισμὸν θύειν τοῦ Ἄμμωνος. αὐτὸς δὲ ὑπερβαλὼν τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ τὰς ἐκβολὰς ἐς τὸ πέλαγος ἀνέπλει ... ἐνταῦθα ταύρους τε σφάξας τῷ Ποσειδῶνι ἀφῆκεν ἐς τὴν θάλασσαν καὶ σπείσας ἐπὶ τῇ θυσίᾳ τήν τε φιάλην χρυσῆν οὖσαν καὶ κρατῆρας χρυσοῦς ἐνέβαλεν ἐς τὸν πόντον χαριστήρια, εὐχόμενος σῶόν οἱ παραπέμψαι τὸν στρατὸν τὸν ναυτικόν, ὅντινα ξὺν Νεάρχῳ ἐπενόει στέλλειν ὡς ἐπὶ τὸν κόλπον τὸν Περσικὸν καὶ τὰς ἐκβολὰς τοῦ τε Εὐφράτου καὶ τοῦ Τίγρητος (An. 6,19,4f.).11 Für den Augenblick kehrte Alexander zur Flussinsel zurück und ging an deren Spitze vor Anker, um dort nun den Göttern zu opfern, denen zu spenden, wie er sagte, ihm von Ammon geheißen worden war. Am nächsten Tag aber fuhr er zu jener zweiten Insel im Meer, ging dort vor Anker und brachte dort erneute Opfer dar ‒ anderer Art und auch anderen Göttern, doch auch dies nach dem Gebote Ammons. Er durchfuhr persönlich die Mündung des Indus bis auf die hohe See hinaus ... Darauf schlachtete er Stiere zu Ehren des Poseidon und versenkte diese ins Meer, brachte dazu auch ein Trankopfer dar und warf als Dankgeschenk die Schale aus Gold sowie goldene Mischkrüge ins Wasser, indem er den Gott bat, er möge der Flotte ein Geleit ohne Verluste gewähren, die er beab-

9 Zu Zeus und Herakles als mythische Ahnen des makedonischen Königshauses s. An. 3,3,1f. 10 Bosworth, A.B., Alexander and Ammon, in: Kinz, Konrad H. (Hg.), Greece and the Eastern Mediterranean in Ancient History and Prehistory. Studies presented to Fritz Schachermeyr on the Occasion of his Eightieth Birthday, Berlin 1977, 51–75, v.a. 52ff. u. 67–72. 11 Vgl. dazu das Opfer Alexanders bei der Überquerung des Hellespont: Ἀλέξανδρον δὲ ἐξ Ἐλαιοῦντος ἐς τὸν Ἀχαιῶν λιμένα κατᾶραι ὁ πλείων λόγος κατέχει, καὶ αὐτόν τε κυβερνῶντα τὴν στρατηγίδα ναῦν διαβάλλειν καὶ, ἐπειδὴ κατὰ μέσον τὸν πόρον τοῦ Ἑλλησπόντου ἐγένετο, σφάξαντα ταῦρον τῷ Ποσειδῶνι καὶ Νηρηίσι σπένδειν ἐκ χρυσῆς φιάλης ἐς τὸν πόντον (An. 1,11,6). Wie Sisti/Zambrini, 549 richtig anmerken, rahmen in Arrians Darstellung die beiden großen Trankopferhandlungen Alexanders den Beginn und den äußersten Punkt des makedonischen Heereszugs.

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Exkurs: Alexanders Opfer in Ind. 18,11f.

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sichtigte unter Nearchos zum Persischen Golf und zur Euphrat- und Tigrismündung in See gehen zu lassen. So wie das 19. Kapitel der Indiké eine Zusammenfassung der Handlung des ersten Teils des sechsten Buchs der Anabasis bietet, so stellt auch Ind. 18,11f. eine Zusammenfassung der vor Abfahrt der Flotte vollzogenen Opfer dar. Dafür spricht nicht nur, dass sich ein Opfer an die Meeresgötter am Unterlauf des Hydaspes recht merkwürdig ausnehmen würde, sondern auch, dass das in Ind. 20,10 erwähnte Opfer an Poseidon in der Handlungszeit eben nicht zeitlich genau verortet ist: πολὺ δὲ δὴ συνεπιλαβέσθαι ἐς εὐθυμίην τῇ στρατιῇ τὸ δὴ αὐτὸν Ἀλέξανδρον ὁρμηθέντα κατὰ τοῦ Ἰνδοῦ τὰ στόματα ἀμφότερα ἐκπλῶσαι ἐς τὸν πόντον σφάγιά τε τῷ Ποσειδῶνι ἐντεμεῖν καὶ ὅσοι ἄλλοι θεοὶ θαλάσσιοι, καὶ δῶρα μεγαλοπρεπέα τῇ θαλάσσῃ χαρίσασθαι (Ind. 20,10). Viel habe auch zur Hebung der Moral der Truppe beigetragen, dass Alexander selbst mit aufgebrochen, durch die beiden Mündungen des Indus zum Meere gefahren sei, Poseidon und den anderen Meergöttern Opfertiere habe schlachten lassen und dem Meer herrliche Geschenke dargebracht habe. Zur Erklärung: Zum einen werden in Ind. 18 im Anschluss an den Schiffskatalog, d.h. der Ernennung der Kapitäne (inklusive Nearchs!) durch Alexander (Ind. 18,11: ὡς δὲ ταῦτα ἐκεκόσμητο Ἀλεξάνδρῳ), Opfer des Königs an Fluss- und Meeresgötter erwähnt, zum anderen wird in Ind. 20 nach Nearchs Gespräch mit Alexander, das zu dessen Ernennung zum Nauarchen führt, ein Opfer des Königs an Poseidon zur Sprache gebracht. Zwar wird von Arrian Nearchs Gespräch mit Alexander in Ind. 20 als Teil der Handlung separat behandelt, hat aber de facto bereits am Hydaspes (An. 6,2,3) stattgefunden und gehört damit der Vorgeschichte (Ind. 18f.) zur eigentlichen Flottenfahrt an: Im Grunde genommen, so lässt sich sagen, wird in Ind. 20 Nearchs Ernennung zum Nauarchen aus der Gesamtheit der Kapitänsberufungen in Ind. 18 noch einmal einzeln herausgegriffen. Die Ernennung Nearchs und das folgende Opfer an Poseidon sind aber im Paráplous zeitlich nur insoweit verortet, als dass beide stattfinden, bevor die Flotte nach dem Abklingen der Monsunwinde (Ind. 21,1: ὡς δὲ τὰ ἐτήσια πνεύματα ἐκοιμήθη) ausläuft. In Anbetracht der zusammenfassenden Natur der Kapitel 18 und 19 der Indiké und unter Berücksichtigung der chronologischen Handlungsabfolge der Anabasis ergibt sich in logischer Konsequenz daraus, dass es sich bei den in Ind. 18,11f. und 20,10 erwähnten Opfern nicht um zwei separate, nacheinander ablaufende Opfer handelt, sondern, dass mit dem Opfer an Poseidon in Ind. 20 eines der in Ind. 18 in cumulo gegebenen Opfer von Arrian noch einmal herausgegriffen wird. Die Betonung liegt dabei nicht, wie in dessen Entsprechung in An. 6,19,4f., auf dem Opfer selbst, sondern auf dessen Wirkung: der εὐθυμία im Heer. Dass Alexander zusammen mit der Flotte noch ein Stück aufs Meer hinausfährt und dort opfert, hebt die Truppenmoral.12 Folglich exemplifiziert dieses eine Opfer an Poseidon nur die Wirkung sämtlicher in Ind. 18,11f. gegebener ritueller Handlungen: Die Opfer an die Meeres- und die

12 Die Betonung der εὐθυμία der Soldaten (Die Vokabel ist in der Anabasis nicht nachweisbar.) finden wir nur in der Indiké, sowohl im Paráplous (Ind. 20,10; 42,7), als auch in der ἐκβολή; dort bezeichnenderweise bei der Beschreibung der indischen Kriegerkaste: πέμπτον δὲ γένος ἐστὶν Ἰνδοῖσιν οἱ πολεμισταί, πλήθει μὲν δεύτερον μετὰ τοὺς γεωργούς, πλείστῃ δὲ ἐλευθερίῃ τε καὶ εὐθυμίῃ ἐπιχρεόμενον (Ind. 12,2) ... αὐτοὶ δέ, ἔστ' ἂν μὲν πολεμεῖν δέῃ, πολεμοῦσιν, εἰρήνης δὲ γενομένης εὐθυμέονται (Ind. 12,4).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

Flussgötter sowie das Verteilen von Opfertieren dienen der Motivation der Soldaten. Zusätzlich werden von Alexander musische und gymnische Agone veranstaltet; auch diese sind als Ansporn für die Truppe gedacht, wie wir aus Ind. 42,6 schließen dürfen: αὐτὸς [=Νέαρχος] δὲ ἔθυε θεοῖς τοῖς σωτῆρσι, καὶ ἀγῶνα ἐποίεε, καὶ ἡ στρατιὴ ἡ ναυτικὴ πᾶσα ἐν εὐθυμίῃσιν ἦν. In der Anabasis finden wir diese Spiele vor Auslaufen der Flotte nicht erwähnt; dort folgen auf die Sport- und Reiterwettkämpfe nach dem Ende der Meuterei am Hyphasis (An. 5,29,2) erst wieder die nach Durchquerung Gedrosiens veranstalteten Agone in Karmanien (An. 6,28,3). Ob diese Spiele nun wirklich stattgefunden haben, ist aber insoweit unbedeutend, als dass sie hier in der Indiké als Teil eines erzählerischen Motivs fungieren,13 das die Charakteristiken beider Protagonisten verbindet.

Die εὐσέβεια Nearchs Wie Alexander vor Fahrtbeginn Opferriten vollführt und Spiele veranstaltet (Ind. 18,11f.; 20,10), so tut dies Nearch direkt vor Auslaufen der Flotte: θύει δὲ καὶ Νέαρχος πρὸ τῆς ἀναγωγῆς Διὶ Σωτῆρι καὶ ἀγῶνα ποιέει καὶ οὗτος γυμνικόν (Ind. 21,2). Und wie Alexander bei der Zusammenkunft mit Nearch in Karmanien Dankopfer bringt und Agone abhält, Ἀλέξανδρος δὲ σωτήρια τοῦ στρατοῦ ἔθυε Διὶ Σωτῆρι καὶ Ἡρακλεῖ καὶ Ἀπόλλωνι Ἀλεξικάκῳ καὶ Ποσειδῶνί τε καὶ ὅσοι ἄλλοι θαλάσσιοι θεοί, καὶ ἀγῶνα ἐποίεε γυμνικόν τε καὶ μουσικόν, καὶ πομπὴν ἔπεμπε (Ind. 36,3),14 Alexander brachte dem Retter Zeus, Herakles, dem Unheilabwehrer Apollon, Poseidon und den anderen Meeresgöttern Dankopfer für die Rettung des Heeres dar. Ferner veranstaltete er einen sportlichen und einen musischen Wettkampf und einen Festzug. so führt Nearch nach seiner Rückkehr zur Flotte analoge Handlungen aus: ἐνταῦθα θύει Νέαρχος Διὶ Σωτῆρι καὶ ἀγῶνα ποιεῖ γυμνικόν (Ind. 36,9). Dort opferte Nearch dem Retter Zeus und veranstaltete einen sportlichen Wettkampf. Auch am Ende der Fahrt erleben wir ein korrespondierendes Verhalten beider Hauptakteure. Diesmal jedoch gehen Nearchs Opfer an die Schutzgötter und der von ihm veranstaltete Wettkampf in Ind. 42,6 den Dankopfern und Spielen Alexanders (Ind. 42,8: καὶ θυσίαι πρὸς Ἀλεξάνδρου ἐθύοντο ἐπὶ τῶν νεῶν τε καὶ τῶν ἀνθρώπων τῇ σωτηρίῃ, καὶ ἀγῶνες ἐποιέοντο.) voraus. Alexanders Kulthandlungen stehen somit in Arrians Darstellung am Anfang, in der Mitte und am Schluss der Flottenfahrt und rahmen das komplette Unternehmen. So wie sich in Arrians Darstellung Alexander als der Initiator der Flottenfahrt mit den rituellen Handlungen des göttlichen Schutzes für die Expedition versichert, so tut dies auch Nearch als Alexanders ausführen-

13 Vgl. Bucciantini, 2009, 268f. 14 Man beachte, dass Alexander zu diesem Zeitpunkt wieder im Zentrum der Handlung steht und dessen Vollzug des Opfers in der für die Anabasis typischen Breite, d.h. unter Nennung aller von ihm mit Opfergaben bedachter Götter, von Arrian gegeben wird, und auch die typische Formel Verwendung findet.

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Die εὐτυχία Alexanders

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des Organ. Dass nämlich der Erfolg nicht nur von menschlichen Faktoren abhängt, zeigt die von Arrian dem Nauarchen in den Mund gelegte Rede an den König: Mein König, ich nehme es auf mich, die Flotte zu führen. Und wenn die Götter gnädig sind, werde ich die Schiffe und die Männer wohlbehalten bis nach Persien bringen, vorausgesetzt, dass das Meer dort schiffbar und dass das Werk mit dem menschlichen Verstand durchführbar ist (Ind. 20,5).

Die εὐτυχία Alexanders Was Alexander in Arrians Darstellung von Nearch unterscheidet, ist dessen εὐτυχία. Nicht wenig trägt diese dazu bei, die Truppenmoral zu steigern (Ind. 20,11): τῇ τε ἄλλῃ τῇ Ἀλεξάνδρου παραλόγῳ εὐτυχίῃ πεποιθότας οὐδὲν ὅ τι οὐ τολμητόν τε ἐκείνῳ καὶ ἐρκτὸν ἡγέεσθαι15 ‒ So vertrauten sie denn auf das märchenhafte Glück, das Alexander schon oft hold gewesen war; waren sie doch überzeugt, dass es nichts auf der Welt gäbe, was er nicht wagen und zum sieghaften Ende führen könnte (Übersetzung: Capelle). Die εὐτυχία Alexanders wird von Arrian im Verlauf der Anabasis immer wieder betont: So spricht er z.B. vom τὸ διηνεκὲς τῆς εὐτυχίας (An. 7,29,1) des Königs oder davon, dass dieser sich ἐν ἀκμῇ τῆς εὐτυχίας (An. 4,19,6) befunden habe. Auch in der Schlusspartie des Nachrufs auf Alexander wird darauf noch einmal rekurriert: ὅστις δὲ κακίζει Ἀλέξανδρον, μὴ μόνον ὅσα ἄξια κακίζεσθαί ἐστι προφερόμενος κακιζέτω, ἀλλὰ ξύμπαντα τὰ Ἀλεξάνδρου εἰς ἓν χωρίον ξυναγαγὼν οὕτω δὴ ἐκλογιζέσθω ὅστις τε ὢν αὐτὸς καὶ ὁποίᾳ τύχῃ κεχρημένος ὅντινα γενόμενον ἐκεῖνον καὶ ἐς ὅσον εὐτυχίας τῆς ἀνθρωπίνης ἐλθόντα βασιλέα τε ἀμφοῖν τοῖν ἠπείροιν ἀναμφιλογώτατα γενόμενον καὶ ἐπὶ πᾶν ἐξικόμενον τῷ αὑτοῦ ὀνόματι κακίζει, σμικρότερός τε ὢν αὐτὸς καὶ ἐπὶ σμικροῖς πονούμενος καὶ οὐδὲ ταῦτα ἐν κόσμῳ τιθέμενος (An. 7,30,1).16 Wer aber glaubt, Alexander schmähen zu müssen, der möge dies nicht tun, indem er allein das Tadelnswerte an ihm vorträgt; er soll vielmehr umfassend alles zusammentragen, was der Begriff „Alexander" enthält. Dann soll er sich fragen, wer denn eigentlich er selbst sei, wie es ihm bisher ergangen sei, und dann, welche Persönlichkeit auf welchen Höhen menschlichen Glückes er schlechtzumachen sucht: Auf der einen Seite steht er selbst, eine kümmerliche Existenz, mit kümmerlichen Interessen sich mühsam herumschlagend, ohne doch Ordnung in sie bringen zu können, auf der anderen der unbestrittene Herrscher zweier Erdteile, der den Glanz seines Namens überall hintrug. Alexanders „auf militärischem Erfolg basierendes Glück“, wie wir εὐτυχία zu fassen suchen, begegnet uns auch an zentralen Stellen des Paráplous wieder. So gilt die Sorge des Königs im einleitenden Gespräch mit Nearch einem möglichen Misserfolg der Flottenexpedition, der seine εὐτυχία verderben könnte:

15 Zur Formulierung vgl. An. 4,21,3: ἀλλὰ καὶ ὣς Ἀλέξανδρος ἥπτετο τοῦ ἔργου· οὕτως πάντα ᾤετο χρῆναι βατά τε αὑτῷ καὶ ἐξαιρετέα εἶναι, ἐς τοσόνδε τόλμης τε καὶ εὐτυχίας προκεχωρήκει. 16 τύχη und εὐτυχία werden hier von Arrian zwar geschieden, sind aber in der Anabasis häufig deckungsgleich, vgl. z.B.: καὶ ἄλλαι δὲ πόλεις αὐτῷ αἱ ἐν τῇ αὐτῇ χώρᾳ ἐνεδίδοντο ἐπιόντι οὐδέ τις ἐτρέπετο ἐς ἀλκήν· οὕτω καὶ Ἰνδοὶ πάντες ἐδεδούλωντο ἤδη τῇ γνώμῃ πρὸς Ἀλεξάνδρου τε καὶ τῆς Ἀλεξάνδρου τύχης (An. 6,16,2).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander ὀκνέειν δὲ αὐτὸν [sc. λέγει Νέαρχος] τοῦ τε πλόου τὸ μῆκος καὶ μή τινι ἄρα χώρῃ ἐρήμῳ ἐγκύρσαντεςἢ ὅρμων ἀπόρῳ ἢ οὐ ξυμμέτρως ἐχούσῃ τῶν ὡραίων, οὕτω δὴ διαφθαρῇ αὐτῷ ὁ στόλος, καὶ οὐ φαύλη κηλὶς αὕτη τοῖς ἔργοισιν αὐτοῦ τοῖσι μεγάλοισιν ἐπιγενομένη τὴν πᾶσαν εὐτυχίην αὐτῷ ἀφανίσῃ (Ind. 20,2). Er habe jedoch wegen der Länge der Seefahrt, wegen der Möglichkeit, auf unbewohnte Gebiete ohne Hafen und ohne hinreichende Möglichkeiten zur Aufnahme von Lebensmitteln zu stoßen, Bedenken gehabt. Denn so könnte seine Flotte den Untergang finden und so ein schlimmer Schandfleck auf seinen großen Taten entstehen, der ihm all sein Glück zunichtemachen würde.

Dieses Motiv findet seinen glücklichen Abschluss in Karmanien; Alexander wird dort durch Nearch über die erfolgreiche Durchführung des Unternehmens informiert: Ἀλέξανδρος δὲ τόν τε Δία τὸν Ἑλλήνων καὶ τὸν Ἄμμωνα τὸν Λιβύων ἐπόμνυσιν, ἦ μὴν μειζόνως ἐπὶ τῇδε τῇ ἀγγελίῃ χαίρειν ἢ ὅτι τὴν Ἀσίην πᾶσαν ἐκτημένος ἔρχεται. καὶ γὰρ καὶ τὸ ἄχος οἱ ἐπὶ τῇ ἀπωλείῃ τῆς στρατιῆς ἀντίρροπον γενέσθαι τῇ ἄλλῃ πάσῃ εὐτυχίῃ (Ind. 35,8). Da schwor Alexander beim Zeus der Griechen und beim Amnion der Libyer, dass er sich wahrhaftig mehr über diese Botschaft freue als über den Besitz von ganz Asien. Denn der Schmerz über den Untergang des Heeres sei seinem ganzen übrigen Glück gleich gewesen. Alexanders εὐτυχία, so wird es in der Anabasis zumindest unterschwellig deutlich, basiert zum einen auf dessen εὐσέβεια (Die religiöse Pflichterfüllung sichert den für seinen Erfolg wichtigen göttlichen Beistand.);17 zum anderen aber, was in Arrians Darstellung in besonderem Maße zum Tragen kommt, auf dessen strategischen Fähigkeiten. Für Arrian stellt Alexander den Idealtypus eines Feldherrn dar, der jeder militärischen Lage gewachsen ist: Unheimlich war seine Fähigkeit, instinktiv herauszufinden, was nötig sei, noch ehe sichtbare Anzeichen vorhanden waren, während sich andererseits die Schlüsse, die er aus dem Wahrnehmbaren zog, als die unfehlbarsten erwiesen. Keiner vermochte es, so umsichtig wie er eine Armee aufzustellen, sie auszurüsten, sie in Zucht zu halten, und es verriet gleichermaßen angeborene Begabung, wie er seinen Soldaten Mut zusprach, sie mit Hoffnung zu erfüllen vermochte und durch seine eigene Zuversicht in Gefahren ihnen alle Furcht nahm. Was er vor aller Augen vollbrachte, das tat er mit höchster Kühnheit; die Gegner von vornherein auszumanövrieren, darin war er genial, dies zu tun, noch bevor je-

17 Am deutlichsten wird der Zusammenhang vielleicht in der Episode mit dem Gordischen Knoten: καὶ γὰρ καὶ τῆς νυκτὸς ἐκείνης βρονταί τε καὶ σέλας ἐξ οὐρανοῦ ἐπεσήμηναν· καὶ ἐπὶ τούτοις ἔθυε τῇ ὑστεραίᾳ Ἀλέξανδρος τοῖς φήνασι θεοῖς τά τε σημεῖα καὶ τοῦ δεσμοῦ τὴν λύσιν (An. 2,3,8). Obgleich Arrian göttliches Eingreifen nur selten thematisiert (vgl. z.B. das plötzliche Umschlagen der Winde οὐκ ἄνευ τοῦ θείου in An. 1,26,2, das Traumbild des Herakles in An. 2,18,1 oder den taktischen Fehler des Dareios in An. 2,6,6: καί τι καὶ δαιμόνιον τυχὸν ἦγεν αὐτὸν εἰς ἐκεῖνον τὸν χῶρον) und über das Erscheinen zweier Raben, die Alexander, als er auf seinem Zug zum Ammonsorakel in die Irre geraten war, wieder auf den rechten Weg gebracht haben sollen, sagt, καὶ ὅτι μὲν θεῖόν τι ξυνεπέλαβεν αὐτῷ ἔχω ἰσχυρίσασθαι, ὅτι καὶ τὸ εἰκὸς ταύτῃ ἔχει, τὸ δὲ ἀτρεκὲς τοῦ λόγου ἀφείλοντο οἱ ἄλλῃ καὶ ἄλλῃ ὑπὲρ αὐτοῦ ἐξηγησάμενοι (An. 3,3,6), schließt er im Nekrolog eine mögliche göttliche Abstammung Alexanders nicht ganz aus: οὔκουν οὐδὲ ἐμοὶ ἔξω τοῦ θείου φῦναι ἂν δοκεῖ ἀνὴρ οὐδενὶ ἄλλῳ ἀνθρώπων ἐοικώς (An. 7,30,2). Die Entscheidung bleibt – wie so oft – dem Leser überlassen.

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Schlachtdarstellungen in Anabasis und Indiké

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mand Zeit hatte, die auf ihn zukommende Gefahr überhaupt erst zu fürchten (An. 7,28,2f.).18

Schlachtdarstellungen in Anabasis und Indiké Obgleich in der Anabasis zahllose Schlachten, Belagerungen und größere und kleinere Gefechte von Arrian in extenso beschrieben werden, bedient sich unser Autor, wie Stadter, 1980, 91–103 zeigt, ganz gleich, ob es sich um die Beschreibungen kleinerer Auseinandersetzungen oder um umfängliche Schlachtschilderungen wie im Falle von Issos (An. 2,6–11) handelt, einer einheitlichen Standarttechnik. In idealtypischer Form finden wir diese in Arrians Darstellung des Kampfes um den Haimosübergang (An. 1,1,6–12): (6) Dort stellten sich ihm am Aufstieg zur Passenge eine Masse von Einheimischen19 in Waffen sowie die Freien Thraker entgegen, bereit, seinen Heereszug am Weitermarsch zu hindern, nachdem sie auch die Hämusgipfel besetzt hatten, an denen der Weg die Armee vorbeiführen musste. (7) Sie hatten Karren zusammengefahren, um diese wie eine Schutzwehr zur Verteidigung zu benutzen, falls man den gewaltsamen Durchbruch versuche. Zugleich hatten sie im Sinn, an der zum Aufstieg steilsten Stelle des Gebirges diese Karren auf die makedonische Phalanx hinab rasen zu lassen; denn sie meinten, je dichter diese Kolonne sein werde, desto nachhaltiger würden die derart herabrollenden Fahrzeuge sie zersprengen, wenn sie mit aller Gewalt auf sie träfen. (8) Alexander aber überlegte sich, wie er am sichersten das Gebirge überqueren könne. Und als er zu der Ansicht gekommen war, die Sache müsse durchgestanden werden, denn einen anderen Weg gebe es nicht, da befahl er den Schwerbewaffneten der Phalanx, sie sollten, wenn die Wagen den steilen Abhang herabkämen, auseinandertreten, falls der Platz an dieser Wegstelle für sie gerade geräumig genug sei, ein Auflösen der Reihe zu ermöglichen. Auf diese Weise könnten die Wagen durch sie hindurch fahren. (9) Die aber, die im Gelände feststeckten, sollten sich zu Boden werfen und unter den dicht aneinander gelegten Schilden sich zusammenrollen, damit die auf sie losgelassenen Karren, so müsse es dann kommen, mit Schwung über sie hinwegbrausten und damit auch für sie der Angriff gefahrlos vorübergehen werde. Und ganz wie Alexander geraten und vermutet hatte, verlief alles weitere denn auch: (10) Die einen ließen nämlich Lücken in ihrer Kolonne frei, bei der anderen rollten die Karren über die Schilde hinweg und richteten wenig Schaden an. Verluste an Menschenleben durch die Karren gab es nicht. Dann aber stürmten die Makedonen, mutig geworden, weil die Wagen, die sie am meisten gefürchtet hatten, nichts schadeten,

18 Auf die Parallelen zum Porträt des Themistokles bei Thukydides (Thuk. 1,138,3) hat Stadter, 1980, 90 hingewiesen. 19 Der griechische Text ist hier korrupt: καὶ ἐνταῦθα ἀπήντων αὐτῷ κατὰ τὰ στενὰ τῆς ἀνόδου τῆς ἐπὶ τὸ ὄρος τῶν τε †ἐμπόρων πολλοὶ ὡπλισμένοι ‒ das überlieferte ἐμπόρων würde schwerbewaffnete Kaufleute den Haimos-Pass besetzt halten lassen. Die Konjekturvorschläge sind zahlreich: ἐγχωρίων oder ἐμπείρων (Gronauer), ἐκ τῶν ὀρῶν (Schmieder), ὁμόρων oder ὀρείων (Krüger). Bosworths Emendation τῶν τε Τρηρῶν ist zwar weniger konservativ, hat aber den Vorzug, dass sie in Anbetracht der Satzkonstruktion mit τε – καί, durch die zwei Gruppen von Personen in Korrelation gesetzt werden, zu keinem Pleonasmus führt. Dazu und zum Volksstamm der Trerer s. Bosworth, 1980, 54f.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander mit Gebrüll auf die Thraker los. (11) Alexander ließ die Bogenschützen vom rechten Flügel vor die anderen Teile seiner Phalanx rücken, weil sie sich dort leichter bewegen und die Thraker beschießen konnten, wo sie sich näherten. Er selbst nahm Gardeabteilung, Hypaspisten und Agrianer und bezog seinen Platz auf dem linken Flügel der Frontlinie. (12) Mit Pfeilschüssen trieb man von da die zum Gegenangriff antretenden Thraker zurück; dann drängte die herankommende Phalanx im Nahkampf die nicht gepanzerten, schlecht ausgerüsteten Gegner ohne Mühe vom Platz, so dass diese Alexander, als er vom linken Flügel aus angriff, gar nicht mehr Widerstand leisteten, sondern, so schnell wie jeder konnte, die Waffen wegwarfen und bergab flohen. Etwa 1500 von ihnen kamen um, lebendig gefangen freilich wurden wegen ihrer Behändigkeit und Geländekenntnis nur wenige (An. 1,1,6–12).

Am Haimos angekommen stößt Alexander auf ein Problem: Die Passenge ist durch die Thraker besetzt; sie beabsichtigen das Griechenheer am Weiterzug zu hindern und die makedonische Phalanx mit herunterrollenden Wagen zu durchbrechen (§§6f.). Alexander erkennt das Problem, wägt in einer Risikoanalyse die Fakten gegeneinander ab und fasst einen Plan (§8). Der Plan Alexanders wird von Arrian in der Form eines Befehls des Königs an seine Soldaten gegeben, wobei Sinn und Zweck der befohlenen Handlungen darin erläutert werden (§§8f.). Der Plan wird von den Soldaten ausgeführt und ist erfolgreich; der spezifische Zweck des Befehls Alexanders hat damit im Kampf seine Verwirklichung erfahren. (§10). Nachdem sich die Sache οὕτω ξυνέβη ὅπως παρῄνεσέ τε Ἀλέξανδρος καὶ εἴκασεν, ergibt sich mit dem Ansturm der Makedonen auf die Passhöhe eine neue Gefechtssituation (§10). Alexander gibt daraufhin neue Befehle aus, deren Sinn und Zweck wiederum erklärt werden (§11). Auch die neuen Befehle werden ausgeführt und der Gegner quasi οὐ χαλεπῶς besiegt (§12).20 Diese Tetrade aus Problem, Plan, Ausführung und Erfolg finden wir auch im Paráplous, und zwar an den Stellen, an denen Arrian Nearch in seiner Rolle als militärischer Kommandeur der Flottenexpedition aus dem kollektiven „sie“ der Griechen heraushebt. So im Falle des Zusammentreffens der Flotte mit den Walen (Ind. 30):21 Dort stellt das Auftauchen der blasenden Wale (§2) das Problem dar; Nearch fasst daraufhin den Plan, die Schiffe ὡς ἐπὶ ναυμαχίῃ (§4) aufzufahren und Lärm zu schlagen, und kommuniziert diesen (κελεῦσαι); der Plan wird von den Soldaten ausgeführt (§5) und die Aktion erfolgreich abgeschlossen (§6). Im Unterschied zu der von Arrian bei Schlachtschilderungen in der Anabasis angewandten Methode, den Sinn und Zweck der angeordneten Handlungen als Teil des Befehls wiederzugeben, verzichtet unser Autor hier allerdings darauf, denn es soll, wie wir weiter oben gezeigt haben, Spannung erzeugt werden.

20 Vgl. Stadter, 1980, 91ff. – Generell stellt Arrian in seinen Schlachtschilderungen jede Einzelaktion als Folge der vorausgehenden Handlungen im Hinblick auf den Plan Alexanders dar. Arrians Darstellung ist also „not a succession of individual incidents but a sequence of causally related actions in which causal particles and participial phrases are joined with verbs of seeing and temporal clauses to set before our eyes not only the actions of the battle but the reasons behind them“ (Stadter, 1980, 93). Arrian verzichtet dabei auf melodramatische Ausschmückung, sondern konzentriert sich auf militärische Details und die nüchterne Wiedergabe der jeweiligen Manöver. Durch den Verzicht auf das Spektakuläre soll der Leser den Kampf als das verstehen, was er ist: eine Folge untrennbar verbundener, militärischer Handlungen und Gegenhandlungen. In deren sachlicher Beschreibung ist für Arrian, der selbst ein erfahrener Soldat war, bereits das mit einer Schlacht verbundene Drama enthalten; vgl. Stadter, 1980, 92; 100f. 21 Siehe oben S. 95ff.

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Schlachtdarstellungen in Anabasis und Indiké

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Dasselbe lässt sich auch in Arrians Darstellung des Kampfes mit den „Tiermenschen“ beobachten: (2) Den Küstenstreifen bewohnten Menschen in stickigen Hütten. Und als die sie heranfahren sahen, waren sie beunruhigt und stellten sich in einer langen Reihe am Ufer auf, um sie bei der Landung zurückzuschlagen. (3) Sie trugen dicke, sechs Ellen lange Lanzen. Eiserne Spitzen waren nicht aufgesetzt, sondern ihre zugespitzten Enden waren im Feuer gehärtet, was dasselbe bewirkte. (4) Ihre Anzahl betrug etwa 600. Als Nearch sie in Kampfordnung warten sah, ließ er die Schiffe in Schussweite anhalten, damit von ihnen aus die Pfeile das Land erreichten. Denn die dicken Lanzen der Barbaren schienen nur für den Nahkampf geeignet, jedoch harmlos als Schleuderwaffe. (5) Er aber ließ die beweglichsten, am leichtesten bewaffneten und am besten schwimmenden Soldaten auf ein verabredetes Zeichen hin zum Ufer schwimmen. (6) Sie bekamen den Befehl, dass sie, wenn sie im Wasser aufrecht stehen könnten, ihren Nebenmann erwarten sollten, und sich nicht eher auf die Feinde werfen sollten, bis die Schlachtreihe eine Tiefe von drei Gliedern erreicht habe. Dann aber sollten sie mit Kriegsgeschrei im Lauf vorrücken. (7) Sogleich warfen sich die dazu Abkommandierten aus den Schiffen ins Wasser und schwammen schnell, stellten sich geordnet auf, bildeten eine Schlachtreihe und gingen im Lauf vor, wobei sie den Enyalios anriefen. Und auch die auf den Schiffen stimmten mit ein und schossen Pfeile und Geschosse aus Maschinen auf die Barbaren. (8) Die aber fürchteten den Glanz der Waffen und die Heftigkeit des Angriffs. Und unter dem Beschuss der Pfeile und der anderen Geschosse ‒ sie waren nämlich halbnackt ‒ setzten sie sich überhaupt nicht zur Wehr und wandten sich zur Flucht. Und ein Teil kam auf der Flucht um, ein anderer wurde gefangen. Einigen gelang auch die Flucht in die Berge (Ind. 24,2–8). Als die Flotte im Gebiet der Oreiten vor Anker geht, versucht eine bewaffnete Schar den Landgang zu verhindern (§§2f.). Nearch erkennt das Problem (κατεῖδε), fasst einen Plan und gibt diesen als Befehl (κελεύει) an die Seeleute aus: ἐντὸς βέλους zu fahren, ὡς τὰ τοξεύματα ἐς τὴν γῆν ἀπ' αὐτῶν ἐξικνεῖσθαι (§4). Der Grund für das von Nearch befohlene Heranfahren auf Schussweite wird nachgeliefert: die Barbaren verfügen nur über Nahkampfwaffen (§4). Nun folgt Nearchs detaillierter Angriffsbefehl (§§5f.). Im Unterschied zur Anabasis aber wird von Arrian der Sinn und Zweck dieses Befehls nicht erläutert. Es folgt die Ausführung des Befehls durch die Soldaten (§7). Wie in der Walepisode wird der Leser bis zu diesem Punkt im Unklaren gelassen, wie das Unternehmen ausgeht. Erst mit der Information, dass dem Plan Nearchs Erfolg beschieden ist (§8), findet die erzeugte Spannung ihre Auflösung. Ebenso in Arrians Darstellung der Stadteroberung im Gebiet der Fischesser findet die Tetrade Verwendung, ist aber auch dort der Spannungserzeugung unterworfen: (27,7) Von dort aus legten sie 500 Stadien zurück und kamen zu einer kleinen Stadt, die auf einer Anhöhe nicht weit vom Ufer entfernt lag. (27,8) Und da Nearch dachte, dass das Land wahrscheinlich bestellt sei, sagte er zu Archias aus Pella, der der Sohn des Anaxidotos war ‒ er nahm nämlich als einer der berühmten Makedonen am Zug des Nearch teil ‒, zu diesem sagte er, dass man den Ort überfallen müsse. (27,9) Denn er glaube nicht, dass man dem Heer freiwillig Getreide geben würde. Mit Gewalt könne man es nicht wegnehmen, denn dazu sei eine Belagerung und viel Zeit notwendig, sie aber seien mit ihren Nahrungsvorräten am Ende. Dass das Land Getreide trage, bezeugten die Halme,

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4. Kapitel: Nearch und Alexander die sie nicht fern vom Ufer reichlich sahen. (27,10) Da ihnen dies richtig erschien, befahl er den anderen Schiffen, sich wie zur Abfahrt zu rüsten, und Archias bereitete für ihn alles zur Abreise vor. Nearch selbst blieb mit einem zurück und tat so, als ob er sich zur Besichtigung der Stadt anschicke. (28,1) Als er sich der Stadtmauer näherte, empfing man ihn freundlich und brachte aus der Stadt als Gastgeschenk in einem irdenen Topf gebratene Thunfische ‒ hier leben nämlich die letzten der „Fischesser" und bei ihnen die ersten, die die Griechen ihre Nahrung nicht roh verzehren sahen ‒, ein wenig Gebackenes und Datteln von Palmen. (28,2) Nearch sagte, dass er dies gern entgegennehme und die Stadt besichtigen wolle. Sie ließen ihn herein. (28,3) Als er das Tor durchschritten hatte, befahl er zwei Bogenschützen, die Pforte zu besetzen, während er mit zwei weiteren und dem Dolmetscher auf die Mauer stieg und dort Archias mit seinem Gefolge ein Zeichen gab, wie es verabredet war. Es war nämlich verabredet, dass Nearch ein Zeichen geben werde und dass Archias, sobald er es wahrgenommen habe, das Verabredete ausführen solle. (28,4) Als die Makedonen das Zeichen sahen, fuhren sie mit den Schiffen schnell auf das Land zu und sprangen eilig in die See, während die über das Geschehen erschreckten Barbaren zu den Waffen eilten. (28,5) Der Dolmetscher in der Begleitung Nearchs verkündete, dass sie dem Heer Getreide geben sollten, wenn sie die Stadt retten wollten. Sie sagten, dass sie keines hätten, und griffen zugleich die Mauer an. Aber die Bogenschützen in Begleitung Nearchs trieben sie mit Schüssen von oben herab zurück. (28,6) Als sie so sahen, dass ihre Stadt bereits erobert war und jeden Augenblick in die Sklaverei zu geraten drohte, da baten sie Nearch, ihr Getreide mitzunehmen, dafür jedoch die Stadt nicht zu zerstören. (28,7) Nearch befahl nun dem Archias, die Tore einzunehmen und die an sie grenzende Mauer. Dann schickte er Soldaten, um zu prüfen, ob sie ihnen das Getreide, ohne etwas zu verbergen, zeigen würden. (28,8) Sie zeigten viel Mehl, das aus gebratenem Fisch gemahlen war, aber nur wenig Weizen und Gerste. Denn sie verwendeten Fischprodukte als Speise und Brot als Zukost. Nachdem sie nun das Vorhandene gezeigt hatten, versahen sich die Griechen aus dem, was da war, mit Nahrung und brachen auf (Ind. 27,7–28,8).

Als die Flotte bei der kleinen Stadt eintrifft (§27,7), bemerkt (ἐπιφρασθεὶς) Nearch Anzeichen für landwirtschaftliche Bebauung (§27,8). Da unter den Seeleuten Hunger herrscht, die Stadtbewohner aber freiwillig nichts von ihrem Getreide abgäben, wie Nearch mutmaßt, besteht das Problem darin, an dieses dennoch heranzukommen. In Form eines Gespräches des Anführers mit einem Untergebenen, wie wir es auch regelmäßig vor den großen Schlachten in der Anabasis finden,22 lässt Arrian Nearch das Problem spezifizieren: Die Stadt müsse zwar okkupiert werden (καταληπτέον), eine Belagerung sei aber aus Zeitmangel ausgeschlossen (§§27,8f.). Nearch fasst nun einen Plan, dessen Einzelheiten dem Leser im Verlauf der weiteren Erzählung erst in dem Moment mitgeteilt werden, wenn bestimmte Teile davon zur Ausführung kommen. Zunächst erteilt Nearch den Befehl (κελεύει), sich „wie“ zur Abfahrt zu rüsten (αραρτέεσθαι ὡς ἐς πλόον)23. Der Befehl wird ausgeführt. Nearch bleibt allerdings zurück, um „scheinbar / angeblich“ (δῆθεν) 22 Siehe dazu unten S. 211ff. 23 Wie sehen in dieser Stelle eine der wenigen Fälle bei Arrian, wo ὡς nicht nur pleonastisch mit einer anderen Präposition kombiniert wird (s. dazu unten S. 266), sondern dem Ausdruck eine komparative Färbung verleiht. Vgl. dagegen Ind. 13,10: εὖτ' ἂν δέ σφισι κακῶς ἔχειν δοκέωσι, τηνικαῦτα ἐπιστήσαντες αὖθις τὴν γέφυραν ἐλαύνουσί τε ὡς ἐς τὸ ἕρκος.

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Schlachtdarstellungen in Anabasis und Indiké

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die Stadt zu besichtigen (§27,10). Sinn und Zweck der Order und des Handelns Nearchs werden dem Leser nicht explizit mitgeteilt; jedoch wird er mit genügend Informationen versorgt (Die Stadt ist nicht mit βίη einnehmbar; die Abfahrt der Flotte und Nearchs Besichtigungstour geschehen nur vorgeblich.), um daraus zu schlussfolgern, dass sich die Stadteroberung in Form einer List vollziehen wird. Diese List wird von Nearch nun umgesetzt: Nachdem er von den Stadtbewohnern außerhalb der Mauern freundlich empfangen wurde, bittet er um Einlass, den man ihm auch gewährt (§§28,1f.). Kaum in der Stadt, befielt Nearch die Besetzung des Tores und gibt von der Mauer aus Archias ein Zeichen (§28,3). Dass dies vorher verabredet war (ὅπως συνέκειτο), erfährt der Leser erst hier; ebenso, dass auf das Zeichen hin von Archias bestimmte Aktionen ausgeführt werden sollen: συνέκειτο γὰρ τὸν μὲν σημῆναι, τὸν δὲ συμβαλόντα ποιέειν τὸ τεταγμένον. Von den Einzelheiten des Plans, der im Vorfeld des Angriffs getroffen wurde, erhält der Leser allerdings erst mit deren Ausführung Kenntnis: Der scheinbare Abzug der Flotte kehrt sich in ein Anlandungsmanöver um und die Seeleute setzen zum Sturmangriff auf die Stadt an (§28,4). Währenddessen fordert Nearch von den Einwohnern die Herausgabe des Getreides als Gegenleistung für die Verschonung der Stadt. Die Bewohner weigern sich und eröffnen das Feuer auf Nearch und seine Begleiter (§28,5). Bis zu diesem Punkt der Darstellung bleibt auch hier, wie wir es schon in der Walepisode und im Fall des Angriffs auf die „Tiermenschen“ beobachtet haben, unklar, wie die Operation endet. Als Erfolg: Nearchs Mannen können die angreifenden Stadtbewohner zurückschlagen, die sich daraufhin ergeben (§§28,5f.). Die Stadt ist zwar eingenommen, das anfängliche Problem des Nahrungsmittelmangels aber noch nicht gelöst. Nearch gibt daher neue Befehle aus, der Zugang zur Stadt wird abgesichert. Nachdem sein listenreiches Vorgehen von Erfolg gekrönt war, argwöhnt er aber in der Zusicherung des Getreides durch die Einwohner im Austausch gegen die Verschonung der Stadt (§28,6) eine Art Gegenlist, so dass er verifizieren lässt, εἰ τὸν σῖτον ἀδόλως δεικνύουσιν (§28,7). Doch die Bewohner zeigen ohne Falsch den Griechen ihre Vorräte. Und obgleich diese nicht den in sie gesetzten Erwartungen entsprechen (§28,8), nimmt man doch von dem, was da ist (ἐκ τῶν παρόντων), und zieht nach erfolgreichem Abschluss der Militäroperation weiter (§28,9). Besonders die Stadteroberung zeigt Nearch als brillanten Kommandeur, der die Anzeichen für die Ressourcen der Stadt richtig zu interpretieren versteht, das Risiko eines direkten Angriffs eingeht und einen entsprechenden Plan schmiedet. Wenn aber der Leser von Arrian über den Ausgang des Gefechts bis zuletzt im Unklaren gelassen wird, so dient das, wie bereits gesagt, einerseits dem Spannungsaufbau, andererseits kann dahinter aber auch ein absichtsvolles Vorgehen unseres Autors gesehen werden: So ist zwar der Nearch des Arrianischen Textes ein überaus fähiger General, aber eben doch kein taktisches Genie wie der Alexander der Anabasis.24 Während nämlich Arrian in Bezug auf Alexander den siegreichen Ausgang einer Schlacht bereits im Vorfeld des Scharmützels offenkundig macht,25 und auf diese Weise die militärische Exzellenz

24 Dies wird nicht zuletzt auch darin deutlich, dass die militärischen Fähigkeiten Nearchs von Arrian im Paráplous an keiner Stelle Lob erfahren. Vgl. dagegen: τοῦτο ἐγώ, εἴπερ τι ἄλλο, τὸ ἔργον εἰς καρτερίαν τε καὶ ἅμα στρατηγίαν ἐπαινῶ Ἀλεξάνδρου (An. 6,26,3). 25 Vgl. z.B.: καὶ αὐτὸς ἅμα τῇ ἡμέρᾳ ἄρας ἐκ τοῦ στρατοπέδου προσῆγε τὴν στρατιὰν κατὰ τὴν πρόσβασιν, ᾗ Πτολεμαῖος λαθὼν ἀνέβη, γνώμην ποιούμενος, ὡς, εἰ ταύτῃ βιασάμενος ξυμμίξει τοῖς ἀμφὶ Πτολεμαῖον, οὐ χαλεπὸν ἔτι ἐσόμενον αὐτῷ τὸ ἔργον. καὶ ξυνέβη οὕτως (An. 4,29,5); oder: καὶ Ἀλέξανδρος ἰδὼν πλησίον τῆς πόλεως ἐσομένην τὴν μάχην προσωτέρω ἐκκαλέσασθαι αὐτοὺς βουληθεὶς τῶν τειχῶν, ὡς εἰ τροπὴ γίγνοιτο, ἐγίγνωσκεν γὰρ ἐσομένην, μὴ ... (An. 4,26,2).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

des Königs jedem Zweifel von vorneherein entzieht, offenbart sich Nearchs strategische Brillanz dem Leser erst im Moment der Erfolgsmeldung. Dass der Erfolg des vom Nauarchen vollzogenen Manövers also nicht von Beginn an feststeht, kann als eine von Arrian im Hinblick auf das Alexanderbild der Anabasis bewusst unternommene Reduktion in der Darstellung der militärischen Fähigkeiten Nearchs gesehen werden. Nearch ist eben nicht Alexander, sondern kann als dessen die Flottenexpedition ausführendes Organ diesem bestenfalls nahekommen. Und diese Annäherung des Bildes, das Arrian von Nearch im Paráplous zeichnet, an das Alexanderbild ist, wie wir bisher gesehen haben, von unserem Autor intendiert. Das, was den Alexander der Anabasis in der Darstellung Arrians ausmacht, überträgt unser Autor mit Abstrichen auf die Figur des Nearch. Dies können wir auch dann beobachten, wenn Nearch im Falle der Eroberung der Stadt der Fischesser den Kommandotrupp selbst anführt. Den Kampf an vorderster Front finden wir auch immer wieder in Bezug auf Alexander thematisiert, so beispielsweise in der Schlacht gegen Poros: Während dem war Alexander als erster vom Schiff an Land gesprungen und hatte von den anderen Dreißigruderern die Reiter ausschiffen lassen, die er, sobald sie der Reihe nach den Boden betraten, in Kampfformation aufstellte. [Der] Reiterei nämlich war als erstes bestimmt, an Land zu gehen. An ihrer Spitze rückte Alexander in Schlachtordnung vor (An. 5,13,2). Oder bei der Eroberung von Kyroupolis in der Sogdiana: Da sah er jedoch, dass ein Flusslauf an der Stelle seines Austritts aus der Stadt ‒ er durchschneidet diese in der Art eines Torrente ‒ zur Zeit kein Wasser führte und zwischen Bett und Mauern eine Lücke klaffte, so dass er den Leuten die Möglichkeit bot, sich in die Stadt einzuschleichen. Daher drang er, während die Verteidiger mit den Maschinen und den dort kämpfenden Leuten beschäftigt waren, unbemerkt zusammen mit Leibgarde, Hypaspisten, Bogenschützen und Agrianen durch den Abfluss ein ‒ er selbst mit einigen wenigen voran ‒, brach dort die nächstgelegenen Tore von innen her auf und holte mühelos so auch die anderen Truppen in die Stadt (An. 4,3,2f.).26

Die Charakteristik des Nearch im Paráplous Wenn Arrian im Nachruf auf Alexander diesen als φιλοκινδυνότατος und ἀνδρειότατος (An. 7,28,1) bezeichnet, dann ist der Nearch des Paráplous zumindest φιλοκίνδυνος und ἀνδρεῖος. Das macht unser Autor nicht zuletzt auch in den zwei Gesprächen zwischen den beiden Protagonisten deutlich: ὡς δὲ ἄλλου καὶ ἄλλου ἐς μνήμην ἰόντα [sc. λέγει Νέαρχος] τοὺς μὲν ὡς οὐκ ἐθέλοντας κινδυνεύειν ὑπὲρ οὗ ἀπολέγειν, τοὺς δὲ ὡς μαλακοὺς τὸν θυμόν, τοὺς δὲ ὡς πόθῳ τῆς οἰκηίης κατεχομένους (Ind. 20,4).

26 Vgl. zusätzlich An. 5,23,1, 6,7,5f. und 6,9,1.

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Die Charakteristik des Nearch im Paráplous

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Als ihm nun einer nach dem anderen in den Sinn gekommen sei, habe er sie teils abgelehnt, da sie für ihn keine Gefahr auf sich nehmen wollten, oder nicht energisch genug waren, teils weil sie an Heimweh litten. Ἀλέξανδρον δὲ λόγῳ μὲν οὐ φάναι ἐθέλειν ἐς τοσήνδε ταλαιπωρίην καὶ τοσόνδε κίνδυνον τῶν τινα ἑαυτοῦ φίλων ἐμβάλλειν, αὐτὸν δὲ ταύτῃ δὴ καὶ μᾶλλον οὐκ ἀνιέναι ἀλλὰ λιπαρεῖν (Ind. 20,6).27 Alexander habe es zum Schein abgelehnt, einen seiner Freunde solchen Mühen und Gefahren auszusetzen; darauf habe er, Nearch, erst recht nicht nachgegeben und ihn noch dringender gebeten. Und: ἐγώ σε, ὦ Νέαρχε, οὐκέτι θέλω τὸ πρόσω οὔτ' οὖν κινδυνεύειν οὔτε ταλαιπωρέεσθαι (Ind. 36,4). Ich möchte, dass du dich jetzt nicht mehr der Gefahr und den Strapazen aussetzt, Nearch. Für die Expedition sucht Alexander einen Anführer, der οὐ μαλακὸς τὸν θυμόν ist, und fähig und v.a. auch willens ist, die κίνδυνοι der Fahrt auf sich zu nehmen. Einen solchen findet er in Nearch. Ein zweites Auswahlkriterium für das Amt des Nauarchen wird von Alexander vorgebracht: ἀπόρως δὲ ἔχειν [sc. λέγει Νέαρχος] ὅντινα οὐκ ἀδύνατόν τε ἐς τὰ ἐπινοούμενα ἐπιλέξαιτο καὶ ἅμα τῶν ἐν νηὶ ἀνδρῶν, ὡς καὶ [τῶν] τοιοῦτον στόλον στελλομένων, ἀφελεῖν τὸ δεῖμα τοῦ δὴ ἠμελημένως αὐτοὺς ἐς προῦπτον κίνδυνον ἐκπέμπεσθαι (Ind. 20,3). Da habe er sich den Kopf zerbrochen, wen er als geeignet zur Ausführung eines so gewagten Unternehmens auswählen solle, einen Mann, dessen Persönlichkeit zugleich die Mannschaft aus der Flotte, wo sie auf eine solche Fahrt gesandt würde, von der Furcht befreite, fahrlässig in die augenscheinlichste Gefahr gejagt zu werden. (Übersetzung: Capelle) Auch dieses Merkmal wird von Nearch erfüllt. Denn wie Alexander, der von Arrian im Nekrolog als τὸν θυμὸν τοῖς στρατιώταις ἐπᾶραι καὶ ἐλπίδων ἀγαθῶν ἐμπλῆσαι καὶ τὸ δεῖμα ἐν τοῖς κινδύνοις τῷ ἀδεεῖ τῷ αὑτοῦ ἀφανίσαι, ξύμπαντα ταῦτα γενναιότατος (An. 7,28,2) bezeichnet wird, in der Anabasis seine Untergebenen in gefährlichen Situationen mit paränetischen Reden ermuntert und ihnen die Angst nimmt,28 so können wir selbiges im Paráplous auch für Nearch beobachten:

27 Die Korrelation λόγῳ μὲν – αὐτὸν δὲ ist problematisch, solange wir λόγῳ im gebräuchlichen Sinne „zum Schein“ verstehen, wie auch Wirth/von Hinüber, 661 übersetzen. Jedoch müssen wir nicht wie Brunt, 3653 zwingend davon ausgehen, dass hier die Antithese zu λόγῳ μὲν beim Abschreiben des Textes verloren gegangen ist, oder ein Satz aus dem Werk Nearchs von Arrian ausgelassen wurde. Denn wenn wir λόγῳ als Hinweis auf die Argumentation Alexanders bezogen verstehen, wie es auch Capelle, 1973, 430 tut, wird auch der folgende Satz, οὕτω δὴ ἀγαπῆσαί τε Ἀλέξανδρον τοῦ Νεάρχου τὴν προθυμίην, καὶ ἐπιστῆσαι αὐτὸν ἄρχειν τοῦ στόλου παντός (Ind. 20,7), bei dem wir ἀγαπῆσαί in der Bedeutung „sich abfinden mit“ (LSJ 6 s.v. ἀγαπάω ΙΙΙ 4) fassen, am ehesten verständlich; vgl. Wirth, 1988, 25155. Im Übrigen zeigen die beiden anderen Belegstellen für ἀγαπᾶν bei Arrian (An. 2,25,2 und 4,29,4), dass unser Autor das Verbum nur in dieser Bedeutung gebraucht. 28 So z.B. in An. 2,7,3 vor der Schlacht von Issos: ὁ δὲ συγκαλέσας στρατηγούς τε καὶ ἰλάρχας καὶ τῶν ξυμμάχων τοὺς ἡγεμόνας παρεκάλει θαρρεῖν. Ebenso An. 2,10,2 und 3,9,5–8.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander καὶ τοῖσι ναύτῃσιν ἐκπλαγεῖσιν ἐκ τῶν χειρῶν τὰ ἐρετμὰ ἐκπεσεῖν [sc. λέγει Νέαρχος], αὐτὸς δὲ ἐπιὼν παρακαλεῖν τε καὶ θαρσύνειν (Ind. 30,4). Den erschreckten Seeleuten seien die Ruder aus den Händen gefallen; er selbst sei herangefahren, habe ihnen gut zugeredet und sie ermutigt.

Auch erweist sich Nearch als φιλόπονος, indem er die ταλαιπωρίαι des Unternehmens, die in Arrians Darstellung besondere Betonung finden,29 zusammen mit den Seeleuten erträgt. Hierin ähnelt Nearchs Figur dem Alexander der Anabasis:30 καὶ αὐτῷ [= Alexander] κατὰ τὴν ὁδὸν σπουδῇ γιγνομένην τῶν τε στρατιωτῶν πολλοὶ κάμνοντες ὑπελείποντο καὶ ἵπποι ἀπέθνησκον· ἀλλὰ καὶ ὣς ἦγε, καὶ ἀφικνεῖται ἐς Ῥάγας ἑνδεκάτῃ ἡμέρᾳ (An. 3,20,1f.). Da Alexander auf diesem Marsche eiligst weiterdrängte, blieben viele Soldaten erschöpft liegen, und viele Pferde verendeten. Er selbst aber zog trotzdem weiter, erreichte in zehn Tagen Rhagai. Und: καὶ αὐτόν τε Ἀλέξανδρον [sc. μετεξέτεροι ἀνέγραψαν] δίψει κατεχόμενον μόλις μὲν καὶ χαλεπῶς, πεζὸν δὲ ὅμως ἡγεῖσθαι· ὣς δὲ καὶ τοὺς ἄλλους στρατιώτας, οἷάπερ φιλεῖ ἐν τῷ τοιῷδε, κουφοτέρως φέρειν τοὺς πόνους ἐν ἰσότητι τῆς ταλαιπωρήσεως (An. 6,26,1).31 Alexander selbst litt unter dem Durst und hielt sich nur noch mit Mühe aufrecht, doch führte er nach wie vor seine Truppe zu Fuß an, damit auch die anderen Soldaten, wenn er mit ihnen die Strapazen teilte, leichter mit den ihren fertig würden, wie es in solcher Lage stets zu geschehen pflegt. Wir dürfen hinter Alexanders Taten dessen φιλοτιμία32 als Antriebsfeder sehen, wie es Arrian dem Leser nicht zuletzt in der Rede, die er dem Makedonenkönig am Hyphasis in den Mund legt, zu verstehen gibt: πέρας δὲ τῶν πόνων γενναίῳ μὲν ἀνδρὶ οὐδὲν δοκῶ ἔγωγε ὅτι μὴ αὐτοὺς τοὺς πόνους, ὅσοι αὐτῶν ἐς καλὰ ἔργα φέρουσιν (An. 5,26,1).

29 So z.B.: καὶ αἱ μὲν νῆες σαλεύουσαι ὥρμεον, τὰ πληρώματα δὲ ἐκβιβάσας Νέαρχος πρὸς τῇ γῇ ηὐλίσθη, ὅτι ἐπὶ πολλὸν τεταλαιπωρηκότες ἐν τῇ θαλάσσῃ ἀναπαύσασθαι ἐπόθεον (Ind. 23,4). Überhaupt wird das Wortfeld „Mühen/Strapazen“ von Arrian im Paráplous umfänglich beackert: ταλαιπωρίη (Ind. 20,6; 34,7), ταλαιπωρεῖν (Ind. 23,4; 32,9; 36,4), ταλαίπωρος (Ind. 31,9), πόνος (Ind. 32,12; 33,3; 36,8), πονηρός (Ind. 26,5; 27,5; 29,5; 32,1; 37,8) und πονεῖν (Ind. 23,8; 25,1; 33,9; 38,9). 30 Arrian bezeichnet Alexander in An. 7,28,1 als φιλοπονώτατος. 31 Zwar finden wir in Arrians Darstellung des Zuges Alexanders durch Gedrosien (An. 6,23–26) eine besondere Betonung der Mühsal, dem das Heer dort ausgesetzt ist – Strasburger, 1952, 457 spricht nicht umsonst von dieser Passage als „Strapazenbericht“ –, dennoch handelt es dabei nicht, wie gelegentlich behauptet wird (u.a. Strasburger, 1952, 473), um den einzigen Passus der Anabasis, in dem Arrian die Beschwerlichkeiten des Heereszuges thematisiert. Neben der oben zitierten Stelle An. 3,20,1f. finden wir Ähnliches auch z.B. in An. 3,21,6; 3,28,1; 4,4,8; 4,5,5; 4,21,10 oder 6,26,1. 32 Arrian bezeichnet ihn im Nachruf als φιλοτιμότατος (An. 7,28,1); in die gleiche Richtung weist auch An. 7,28,2: τῶν δὲ τῆς γνώμης ἐπαίνου μόνου ἀπληστότατος.

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Die Charakteristik des Nearch im Paráplous

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Wie ich meine, besteht für einen tüchtigen Mann der Sinn von Mühen allein in diesen selbst, die ihn zu großen Leistungen hinführen. Und: πονούντων τοι καὶ κινδυνευόντων τὰ καλὰ ἔργα, καὶ ζῆν τε ξὺν ἀρετῇ ἡδὺ καὶ ἀποθνήσκειν κλέος ἀθάνατον ὑπολειπομένους (An. 5,26,4). Mühen und Gefahren führen zu großen Taten, ein Leben in Tapferkeit ist wahrhaft schön, und ein Tod, der bei der Nachwelt Ruhm hinterlässt. Genauso zeigt Nearchs Rede im Paráplous, dass es eben auch das Streben nach κλέος ist, was ihn antreibt: ὦ βασιλεῦ, ἐγὼ μέν τοι πάντα πείθεσθαι ἐθέλω τε καὶ ἀναγκαίη μοί ἐστιν. ἀλλὰ εἰ δή τι καὶ σὺ ἐμοὶ χαρίζεσθαι ἐθέλοις, μὴ ποιήσῃς ὧδε, ἀλλά με ἔασον ἐξηγήσασθαι ἐς ἅπαν τοῦ στρατοῦ, ἔστε σοι σῴας καταστήσω ἐς Σοῦσα τὰς νέας, μηδὲ τὰ μὲν χαλεπὰ αὐτοῦ τε καὶ ἄπορα ἐμοὶ ἐπιτετραμμένα ἐκ σοῦ ἔστω, τὰ δὲ εὐπετέα τε καὶ κλέους ἤδη ἑτοίμου ἐχόμενα, ταῦτα δὲ ἀφαιρεθέντα ἄλλῳ ἐς χεῖρας διδόσθω (Ind. 36,5f.). König, ich will dir in allem gehorchen, wie ich es muss. Wenn du deinerseits mir jedoch eine Gunst erweisen willst, so handle nicht auf diese Weise, sondern lass mich das Heer bis zum Ende führen, bis ich deine Schiffe sicher nach Susa gebracht haben werde. Auch sollte nicht mir der mühevolle und schwierige Teil von dir aufgetragen, der einfache und zu leichtem Ruhm führende jedoch weggenommen und in andere Hände übergeben werden. Zusammenfassend können wir festhalten, dass das Bild, welches Arrian von Alexander in der Anabasis zeichnet und den Makedonenkönig als φιλοπονώτατος καὶ ὀξύτατος γενόμενος καὶ τὴν γνώμην ἀνδρειότατος καὶ φιλοτιμότατος καὶ φιλοκινδυνότατος καὶ τοῦ θείου ἐπιμελέστατος (An. 7,28,1) präsentiert, mit Arrians Bild des Nearch im Paráplous korrespondiert, den wir als φιλόπονος καὶ ὀξὺς γενόμενος καὶ τὴν γνώμην ἀνδρεῖος καὶ φιλότιμος καὶ φιλοκίνδυνος καὶ τοῦ θείου ἐπιμελής33 erleben. All die militärischen Qualitäten Alexanders, die Arrian im Nekrolog in An. 7,28,2f. preist, finden wir in dessen Darstellung des Nearch in reduzierter Form wieder.34 Was Alexander in der Anabasis im Großen verkörpert, das verkörpert Nearch im Paráplous im kleineren Maßstab.

33 Nach Gusto könnte natürlich auch der Komparativ statt des Positivs der Adjektive Anwendung finden. 34 Auch in dieser Passage könnten wir für Nearch die Superlative ersetzen: ξυνιδεῖν δὲ τὸ δέον ἔτι ἐν τῷ ἀφανεῖ ὂν δεινός, καὶ ἐκ τῶν φαινομένων τὸ εἰκὸς ξυμβαλεῖν ἐπιτυχής, καὶ τάξαι στρατιὰν καὶ ὁπλίσαι τε καὶ κοσμῆσαι δαήμων· καὶ τὸν θυμὸν τοῖς στρατιώταις ἐπᾶραι καὶ ἐλπίδων ἀγαθῶν ἐμπλῆσαι καὶ τὸ δεῖμα ἐν τοῖς κινδύνοις τῷ ἀδεεῖ τῷ αὑτοῦ ἀφανίσαι, ξύμπαντα ταῦτα γενναῖος. καὶ οὖν καὶ ὅσα ἐν τῷ ἐμφανεῖ πρᾶξαι, ξὺν μεγάλῳ θάρσει ἔπραξεν, ὅσα τε φθάσας ὑφαρπάσαι τῶν πολεμίων, πρὶν καὶ δεῖσαί τινα αὐτὰ ὡς ἐσόμενα, προλαβεῖν δεινός (An. 7,28,2f.).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

Die Darstellung von Emotionen in Anabasis und Indiké Wir haben es aber bei Nearch nicht mit einem reinen Abziehbild des Protagonisten der Anabasis zu tun, da seiner Figur in Arrians Darstellung die Perfektion des Alexander abgeht. Deutlich wird das nicht zuletzt auch darin, dass einige Maßnahmen Nearchs durch dessen Furcht begründet werden: ἐνταῦθα πνεύματα μεγάλα ἐκ τοῦ πόντου ἔπνεε καὶ συνεχέα, καὶ Νέαρχος δείσας τῶν βαρβάρων μή τινες συνταχθέντες ἐφ' ἁρπαγὴν τοῦ στρατοπέδου τραποίατο, ἐκτειχίζει τὸν χῶρον λιθίνῳ τείχει (Ind. 21,12). Dort blies ununterbrochen ein gewaltiger Sturm vom Meer her. Daher fürchtete Nearch, dass einige Barbaren sich zu einem Raubzug gegen das Lager zusammentun könnten, und ließ den Ort mit einer Steinmauer umgeben. Und: Νέαρχος δὲ καταδείσας μὴ ἄρα ἐς τὴν γῆν ἐκβάντες ἀπολίποιεν τὰς νέας ὑπὸ ἀθυμίης, ἐπὶ τῷδε μετεώρους ἔσχε τὰς νέας ἐπ' ἀγκυρέων (Ind. 29,3).35 Da Nearch befürchtete, dass die Soldaten an Land gehen und die Schiffe aus Verzweiflung verlassen könnten, ließ er die Schiffe auf hoher See vor Anker gehen. Dem Alexander der Anabasis dagegen sind derartige Charakterzüge völlig fremd. Dort finden wir nur die Angst der Gegner vor dem Makedonenkönig thematisiert, so beispielsweise: ὅπως δὲ ἀποσωθήσονται ἐς τὴν οἰκείαν, τοσούτων μὲν ἐθνῶν μαχίμων περιειργόντων σφᾶς ἐν κύκλῳ, τῶν μὲν οὔπω προσκεχωρηκότων, ἃ δὴ ὑπὲρ τῆς ἐλευθερίας εἴκαζον ἀγωνιεῖσθαι καρτερῶς, τῶν δὲ ἀποστησομένων ἀφαιρεθέντος αὐτοῖς τοῦ Ἀλεξάνδρου φόβου (An. 6,12,2).36 Wie also würden sie nach Hause gelangen, durch eine solch riesige Menge kriegerischer Völker ringsumher bedrängt, von denen die einen noch nicht unterworfen waren, ja vielmehr sich um ihrer Freiheit willen voraussichtlich mit aller Kraft zur Wehr setzen, die andern alsbald wieder abfallen würden, wenn ihnen erst die Furcht vor einem Alexander genommen war? Die zweite Emotion, die im Text des Paráplous dem Nearch zugeschrieben wird, ist die Freude: προσάγοντι δὲ αὐτῷ πρὸς τὰ τείχεα φιλίως ξένια ἔφερον ἐκ τῆς πόλιος ... ὃ δὲ ταῦτα μὲν ἀσμένως δέκεσθαι ἔφη, ἐθέλειν δὲ θεήσασθαι τὴν πόλιν (Ind. 28,1f.). Als er sich der Stadtmauer näherte, empfing man ihn freundlich und brachte aus der Stadt als Gastgeschenke … Nearch sagte, dass er dies gern entgegennehme und die Stadt besichtigen wolle. Freude kennt auch der Alexander der Anabasis:

35 Vgl. zusätzlich auch Nearchs Rede am Kap Maketa: δεδιέναι τε, ὅτι ἡ ἄκρη ἐς μεσημβρίην ἀνέχει, μὴ ἐρήμῳ τε τῇ ταύτῃ γῇ καὶ ἀνύδρῳ καὶ φλογώδει ἐγκύρσειαν (Ind. 32,12). 36 Vgl. zusätzlich z.B. An. 2,13,5; 3,13,2 und 5,10,4.

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Die Darstellung von Emotionen in Anabasis und Indiké

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οἱ Ἰνδοί, ἕως μὲν αὐτοῖς ὁ ἡγεμὼν τοῦ χωρίου περιῆν, ἀπεμάχοντο καρτερῶς· ὡς δὲ βέλει ἀπὸ μηχανῆς τυπεὶς ἀποθνήσκει ἐκεῖνος, αὐτῶν τε οἱ μέν τινες πεπτωκότες ἐν τῇ ξυνεχεῖ πολιορκίᾳ, οἱ πολλοὶ δὲ τραυματίαι τε καὶ ἀπόμαχοι ἦσαν, ἐπεκηρυκεύοντο πρὸς Ἀλέξανδρον. τῷ δὲ ἀσμένῳ γίνεται ἄνδρας ἀγαθοὺς διασῶσαι (An. 4,27,2). Die Inder leisteten auch jetzt mit aller Energie Widerstand, solange ihr Führer am Leben war; als dieser aber durch ein Katapultgeschoß tödlich getroffen wurde und von ihnen selbst die einen in dem anhaltenden Belagerungskampf gefallen, auf jeden Fall aber die meisten bereits verwundet oder kampfunfähig waren, schickten sie einen Parlamentär zu Alexander, dem es nicht unlieb war, solch tapfere Männer am Leben erhalten zu können. Weitere seelische Stimmungsbilder für Nearch finden wir im Paráplous nicht; sie sind in Arrians Darstellung ganz Alexander vorbehalten.37 Doch stellen sie, wie wir zeigen werden, kein Alleinstellungsmerkmal der Indiké dar, da wir die hier beschriebenen Emotionen des Königs auch beim Alexander der Anabasis vorfinden. Der einzige Unterschied zwischen beiden Werken besteht darin, dass Alexanders Gefühlszustände im Paráplous in verdichteter Form präsentiert werden. Im Hinblick auf die schon von uns diskutierte Protagonistenrolle Alexanders38 bietet die Situation des Paráplous, in der der Protagonist Alexander zwar Initiator, Versorger und Oberbefehlshaber der Expedition ist, aber eben nicht selbst an der Durchführung der Fahrt teilnimmt, Arrian die Möglichkeit, durch die Fokussierung auf die Gemütszustände des Königs (d.h. in erster Linie auf dessen συμπάσχειν), Alexander trotzdem in gewisser Weise einen „aktiven Part“ zukommen zu lassen.39 Dass Alexander nämlich ἐν μεγάλῃ φροντίδι (Ind. 34,1) um die Flotte ist, wird dem Leser recht deutlich zu verstehen gegeben: ἐνταῦθα δὴ τὸν μὲν ἄνθρωπον ἐκεῖνον, ὡς κενά τε ἀγγείλαντα καὶ λυπηρότερά οἱ τὰ πρήγματα ποιήσαντα τῇ ματαίῃ εὐφροσύνῃ, συλλαβεῖν κελεύει Ἀλέξανδρος, αὐτὸς δὲ τῇ τε ὄψει καὶ τῇ γνώμῃ δῆλος ἦν μεγάλῳ ἄχει βεβλημένος (Ind. 34,5). Da ließ Alexander jenen Mann, da er Falsches gemeldet und ihm durch unbegründete Freude diese Angelegenheit noch betrüblicher gemacht habe, gefangen setzen. Ihm selbst aber war an seinem Aussehen und seiner Stimmung deutlich anzumerken, dass ihm ein großes Leid zugestoßen war. τοῦτο ἐκεῖνο συνθεὶς Ἀλέξανδρος, τοὺς μὲν παραλόγως ἀποσωθῆναι, τὴν στρατιὴν δὲ πᾶσαν διεφθάρθαι αὐτῷ, οὐ τοσόνδε τοῦ Νεάρχου τε καὶ τοῦ Ἀρχίου τῇ σωτηρίῃ ἔχαιρεν, ὅσον ἐλύπει αὐτὸν ἀπολομένη40 ἡ στρατιὴ πᾶσα (Ind. 35,2).

37 Dies entspricht ganz Arrians Darstellungsweise in der Anabasis. Dort werden seelische Vorgänge bei anderen Personen als Alexander, wie Montgomery, 164; 226; 230 herausarbeitet, nur ausnahmsweise geschildert, so beispielsweise die inneren Beweggründe, warum die makedonischen Offiziere Andromachos, Karanos und Menedemos während des Skythenangriffs aus dem Hinterhalt, der zur ersten Niederlage des Alexanderzugs führte, das Kommando nicht übernehmen wollten (An. 4,6,2), oder die auf übermäßigem Optimismus beruhende Selbsttäuschung des Dareios vor der Schlacht von Issos (An. 2,6,5). 38 Siehe oben S. 133–141. 39 Dies sollte nicht mit der Agensfunktion des Protagonisten Alexander verwechselt werden, die, wie wir oben S. 136–140 gezeigt haben, in der Darstellung Arrians stets dann dominiert, wenn sich die Handlungsschauplätze von Flottenfahrt und Heereszug überschneiden. 40 Wir haben es hier mit einem Latinismus bei Arrian zu tun; das Participium coniunctum stellt, wie bei den im Lateinischen üblichen Caesar occisus- bzw. ab urbe condita-Konstruktionen, den Hauptbegriff der Aussage in

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4. Kapitel: Nearch und Alexander Daraus schloss Alexander, dass zwar diese wider Erwarten gerettet seien, sein ganzes Heer jedoch untergegangen sei. So war er über die Rettung von Nearch und Archias nicht so sehr erfreut, wie ihn der Verlust des ganzen Heeres betrübte. ταύτῃ μᾶλλόν τι βεβαιότερον αὐτῷ τὸ ἄχος ὑπὲρ τῆς στρατιῆς τῆς ναυτικῆς ἐγίνετο (Ind. 35,3). Und dadurch gewann sein Kummer um die Kriegsflotte noch mehr an Gewissheit. Ἀλέξανδρος δὲ τόν τε Δία τὸν Ἑλλήνων καὶ τὸν Ἄμμωνα τὸν Λιβύων ἐπόμνυσιν, ἦ μὴν μειζόνως ἐπὶ τῇδε τῇ ἀγγελίῃ χαίρειν ἢ ὅτι τὴν Ἀσίην πᾶσαν ἐκτημένος ἔρχεται. καὶ γὰρ καὶ τὸ ἄχος οἱ ἐπὶ τῇ ἀπωλείῃ τῆς στρατιῆς ἀντίρροπον γενέσθαι τῇ ἄλλῃ πάσῃ εὐτυχίῃ (Ind. 35,8).41 Da schwor Alexander beim Zeus der Griechen und beim Ammon der Libyer, dass er sich wahrhaftig mehr über diese Botschaft freue als über den Besitz von ganz Asien. Denn der Schmerz über den Untergang des Heeres sei seinem ganzen übrigen Glück gleich gewesen.

Von ἄχος und λύπη, Trauer, Leid und Schmerz, wird Alexander gequält, als ihm der mögliche Verlust der Flotte durch den Kopf geht. Ähnliche Stimmungsbilder finden wir auch in der Anabasis. Beispielsweise empfindet Alexander λύπη, als er das Grab des Kyros geschändet vorfindet: ἐλύπησε δὲ αὐτὸν ἡ παρανομία ἡ ἐς τὸν Κύρου τοῦ Καμβύσου τάφον, ὅτι διορωρυγμένον τε καὶ σεσυλημένον κατέλαβε τοῦ Κύρου τὸν τάφον, ὡς λέγει Ἀριστόβουλος (An. 6,29,4). Schmerzlich berührte ihn auch die Schändung des Grabes von Kyros, des Sohnes des Kambyses, das er laut Aristobul erbrochen und ausgeplündert vorfand. Und die Nachricht von der durch Karanos verschuldeten ersten Niederlage im Verlauf des Heereszuges, der nur wenige Soldaten hatten lebend entkommen können, bereitet ihm schmerzlichen Kummer: ταῦτα δὲ ὡς ἠγγέλθη Ἀλεξάνδρῳ, ἤλγησέ τε τῷ πάθει τῶν στρατιωτῶν καὶ ἔγνω σπουδῇ ἐλαύνειν ὡς ἐπὶ Σπιταμένην τε καὶ τοὺς ἀμφ' αὐτὸν βαρβάρους (An. 4,6,3). Alexander, der die entsprechende Meldung empfing, war über das Schicksal seiner Soldaten erschüttert und beschloss, in Eile gegen Spitamenes und seine Barbaren zu ziehen. Auch wenn Alexander im Paráplous weint,42 sei es aus Trauer (Ind. 35,4), oder vor Freude (Ind. 35,7), finden wir dazu Gegenstücke in der Anabasis. So ist Alexander nach der Meuterei von Opis rührend ergriffen, als die Makedonen ihm die Rädelsführer des Aufruhrs ausliefern wollen: der Weise dar, dass es einem Verbalsubstantiv oder substantivierten Infinitiv entspricht; vgl. KG II 2, 78 Anm.1. Wie Tonnet, 1988, I 396 und II 286216 aufzeigt, finden wir diese Art des Ersatzes von Verbalabstrakta bei Arrian verhältnismäßig oft; so noch Ind. 14,9 und An. 1,20,5; 2,20,3; 5,25,2; 6,24,9 und 7,6,2. 41 Den Grund für Alexanders Freude benennt Högemann, 71: „Dabei hätte alles in einem totalen Fiasko enden müssen. Denn weil ein operativer Kontakt zwischen Heer und Flotte nicht zustande kam – für das Landheer existierte nämlich keine direkte Küstenroute –, hätte, nach den Erfahrungswerten der Antike, die Flotte auf jeden Fall verloren gehen müssen.“ 42 Wie Föllinger, 179 betont, spielen in den Homerischen Epen „Weinen und Tränen als spontaner Ausdruck verschiedener Emotionen eine zentrale Rolle.“ In Anbetracht der zahlreichen Homerreminiszenzen in Anabasis und Indiké (s. Kapitel 5) lässt sich daher auch das Weinen des Alexander als eine Anspielung auf Homer

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Die Darstellung von Emotionen in Anabasis und Indiké

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ταῦτα ὡς ἀπηγγέλλετο αὐτῷ, ὁ δὲ σπουδῇ ἐξέρχεται καὶ ἰδών τε ταπεινῶς διακειμένους καὶ ἀκούσας σὺν οἰμωγῇ τῶν πολλῶν βοώντων καὶ αὐτῷ προχεῖται δάκρυα (An. 7,11,5). Als Alexander dies erfuhr, kam er eiligst heraus, sah sie voll Demut stehen und hörte die Jammerrufe der Menge. Da kamen ihm auch selbst die Tränen. Und als nach der anschließenden Versöhnung die kampfunfähigen Makedonen ihren Rückmarsch in die Heimat antreten, bricht der König beim Abschied in Tränen aus: ταῦτά τε ἀπαλλαττομένοις ἀστάθμητα καὶ ἀτέκμαρτα ἐπηγγέλλετο, καὶ ὅπως ἔχει φιλίας τε καὶ πόθου ἐς αὐτοὺς τὸ ἀτρεκέστατον τεκμήριον ἐκεῖνο ποιεῖσθαι ἠξίου, ὅτι τὸν πιστότατόν τε αὐτῷ καὶ ὅντινα ἴσον τῇ ἑαυτοῦ κεφαλῇ ἄγει, Κρατερόν, ξυμπέμπει αὐτοῖς φύλακά τε καὶ ἡγεμόνα τοῦ στόλου. οὕτω δὴ ἀσπασάμενος ξύμπαντας αὐτός τε δακρύων καὶ δακρύοντας ἐκείνους ἀπὸ οὗ ἀπήλλαξε (An. 7,12,3). Zwar mussten die Abziehenden dieses Versprechen auf Treu und Glauben hinnehmen; seine Liebe und seine Verbundenheit aber mit ihnen sollten sie, wie er wünschte, aus dem ganz untrüglichen Zeichen ermessen, dass er den Getreuesten aus seiner Umgebung, den Mann, auf den er ebenso große Stücke hielt wie auf sich selbst, Krateros, ihnen mitgab, sie auf ihrem Wege zu schützen und zu geleiten. Er umarmte sie alle, und unter gegenseitigen Tränen ließ er sie ziehen. Und wie in den bereits zitierten Stellen Ind. 35,2 und Ind. 35,8 Freude und Leid nahe beieinander liegen, und die anfängliche Freude Alexanders (Ind. 34,2: τότε μὲν δὴ καίπερ ἀπιστέων τῷ λόγῳ Ἀλέξανδρος ἀλλὰ ἐχάρη γε κατὰ τὸ εἰκὸς τῇ ἀγγελίῃ.) erst in Trauer und schließlich wieder in Frohsinn umschlägt, können wir bei Arrians Darstellung der Eroberung von Gaza in der Anabasis beobachten, wie die Freude des Königs am Eintreffen des Seherspruchs des Aristandros (An. 2,26,4: ὦ βασιλεῦ, τὴν μὲν πόλιν αἱρήσεις, αὐτῷ δέ σοι φυλακτέα ἐστὶν ἐπὶ τῇδε τῇ ἡμέρᾳ.) die ihm zugefügte Verwundung überlagert: καὶ τούτους μὲν ἔσχε τὸ μὴ οὐκ αἰσχρᾷ φυγῇ ὠσθῆναι κατὰ τοῦ χώματος, αὐτὸς δὲ βάλλεται καταπέλτῃ διὰ τῆς ἀσπίδος διαμπὰξ καὶ τοῦ θώρακος ἐς τὸν ὦμον. ὡς δὲ ἔγνω τὰ ἀμφὶ τὸ τραῦμα ἀληθεύσαντα Ἀρίστανδρον, ἐχάρη, ὅτι καὶ τὴν πόλιν δὴ αἱρήσειν ἐδόκει Ἀριστάνδρου ἕνεκα (An. 2,27,2). So vermochte er zwar zu verhindern, dass sie sich in schimpflicher Flucht vollends vom Damm herunter drängen ließen, wurde aber von einem Maschinengeschoß durch Schild und Panzer hindurch in die Schulter getroffen. Trotzdem aber freute er sich, als er erkannte, dass Aristandros bezüglich seiner Verwundung die Wahrheit gesagt hatte, denn gerade nach Auskunft dieses Aristandros würde er ja schließlich die Stadt nehmen.

und sein Werk verstehen. Im epischen Kontext gilt das Weinen keineswegs als „unmännlich“, da es durchaus sein könnte, „dass die weinenden Helden der Homerischen Epen für die zeitgenössischen Rezipienten deshalb nicht anstößig waren, weil ihr Verhalten Teil einer Fiktion der mytischen und heroischen Vergangenheit, also einer anderen Welt als ihrer, war. […] Solche Züge rührten an die Emotion der Zuhörer“ (Föllinger, 191).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

Das πόθος-Motiv Wenn Arrian seine Darstellung des Paráplous mit πόθον μὲν εἶναι Ἀλεξάνδρῳ [sc. λέγει Νέαρχος] ἐκπεριπλῶσαι τὴν θάλασσαν τὴν ἀπὸ Ἰνδῶν ἔστε ἐπὶ τὴν Περσικήν (Ind. 20,2) beginnen lässt, haben wir es zwar nicht mit einer Emotion, aber doch mit einem seelischen Vorgang Alexanders zu tun. Alexander steht vor einer Wahl; er bedenkt die Gefahren, die eine erfolgreiche Durchführung der Expedition vereiteln könnten, und zögert (Ind. 20,2: ὀκνέειν) dem πόθος nachzugeben. Ein ὀκνεῖν Alexanders finden wir in der Anabasis nur zur Begründung einer taktischen Maßnahme: ὡς δὲ τὴν τάξιν κατεῖδε τῶν Ἰνδῶν, κατὰ μέσον μέν, ἵνα οἱ ἐλέφαντες προεβέβληντο καὶ πυκνὴ ἡ φάλαγξ κατὰ τὰ διαλείποντα αὐτῶν ἐπετέτακτο, οὐκ ἔγνω προάγειν, αὐτὰ ἐκεῖνα ὀκνήσας ἅπερ ὁ Πῶρος τῷ λογισμῷ ξυνθεὶς ταύτῃ ἔταξεν (An. 5,16,2). Als ihm die Aufstellung der Inder klargeworden war, beschloss er, dort, wo die Elefanten vorgezogen waren und hinter diesen die Front des Fußvolkes dicht gedrängt auf die Zwischenräume verteilt stand, auf einen Vorstoß zu verzichten und sich nicht auf das einzulassen, was Poros mit dieser Aufstellung beabsichtigte. Darüber hinaus erfährt der Leser der Alexandergeschichte nur noch, dass ein zögerliches/furchtsames Verhalten anderer den König in Verärgerung geraten lassen kann: Ἀλέξανδρος δὲ τότε μὲν ἀχθεσθεὶς τοῦ τε Κοίνου τῇ παρρησίᾳ καὶ τῷ ὄκνῳ τῶν ἄλλων ἡγεμόνων διέλυσε τὸν ξύλλογον (An. 5,28,1). Alexander, zuerst verärgert über diese freimütigen Worte aus dem Munde des Koinos und die Unlust der anderen Truppenführer, entließ die Versammlung. Dieses anfängliche Zögern dem πόθος nachzugeben, ist das einzige Element,43 das das Charakterbild des Alexanders des Paráplous von dem des Alexanders der Anabasis unterscheidet. Das Bild des Königs erfährt in dieser Episode damit eine Verfeinerung in Bezug auf dessen menschliche Züge. Dass wir aber ein zögerliches Abwägen Alexanders nur hier im Paráplous, nicht aber in der Anabasis finden, ist freilich mit der Darstellungsabsicht Arrians zu erklären: In der Alexandergeschichte, wo das ständige Vorankommen des Heereszugs im Vordergrund steht, wobei der Fokus stets auf der Person des Königs liegt, hätte die Thematisierung eines zögerlichen Verhaltens des Protagonisten den pausenlosen Vorwärtsdrang der Erzählung untergraben; im Paráplous dagegen, in dem die seelischen Vorgänge Alexanders in gewisser Weise der aktiven Einbindung des Königs in die Durchführung der Flottenfahrt dienen, findet Arrian den entsprechenden Raum. Wenn Arrian den Leser hier am inneren Entscheidungsfindungsprozess Alexanders teilhaben lässt, dann stellt das zwar eine Besonderheit gegenüber der Anabasis dar, jedoch sollte auch diese Passage, wie wir es schon bei zahlreichen anderen Stellen der Indiké beobachten konnten, in Kombination zur Alexandergeschichte gelesen werden: Indem Arrian nämlich im Paráplous darstellt, dass sich Alexander nicht blindlings dem πόθος – der, wie wir noch zeigen werden, an

43 Selbst die Ratlosigkeit, die Alexander in Hinsicht auf die Auswahl des Nauarchen zeigt, ἀπόρως δὲ ἔχειν ὅντινα οὐκ ἀδύνατόν τε ἐς τὰ ἐπινοούμενα ἐπιλέξαιτο (Ind. 20,3), finden wir in der Anabasis wieder. Dort zeigt sich der König ratlos, wie der Gordischen Knoten zu lösen ist: Ἀλέξανδρος δὲ ὡς ἀπόρως μὲν εἶχεν ἐξευρεῖν λύσιν τοῦ δεσμοῦ ... (An. 2,3,7).

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Das πόθος-Motiv

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zentralen Stellen der Anabasis von unserem Autor zur Motivierung von Handlungen Alexanders herangezogen wird – hingibt, sondern der πόθος einer geistigen Abwägung Alexanders unterliegt, dann gilt dies analog auch für die Alexandergeschichte. Dass freilich der πόθος in Alexanders Erwägungen letztendlich den Sieg über die Zweifel an der Machbarkeit der Expedition davonträgt (Ind. 20,2: ἐκνικῆσαι), ändert daran nichts; vielmehr wird in der Wortwahl sogar deutlich, dass zuvor in gewisser Weise ein innerer Kampf stattgefunden haben muss. Nun teilt Arrian dem Leser zwar mit, dass die ἐπιθυμίη triumphiert habe (Ind. 20,1), jedoch handelt es sich dabei lediglich um ein Synonym für den πόθος, das in zeitgenössischer Literatur gebräuchlich ist.44 Die abwertende Bedeutung, die dort der Vokabel meist zugemessen ist,45 finden wir bei Arrian allerdings nicht;46 vielmehr umschreibt ἐπιθυμία in Verbindung mit dem πόθος dessen „trivialisierende Komponente“ (Wirth, 1988, 25674). πόθος, abgeleitet vom ursprünglich wohl iterativ-intensiven ποθεῖν,47 weist, wie Ehrenberg, 1947, 66 anmerkt, einige Überschneidungen zu ἔρως auf; auch im Sprachgebrauch unseres Autors finden wir diese.48 Wie Wirth, 1964, 221f.88 sinnreich ein44 Vgl. Kornemann, 148; Ehrenberg, 53f. 45 Nach Wirth, 1988, 25674 scheint für die abwertende Bedeutung von ἐπιθυμία eine Verbindung stets mit einem Objekt ausschlaggebend zu sein. 46 Wenn wir die wenigen Belege von ἐπιθυμία und ἐπιθυμεῖν bei Arrian in Augenschein nehmen, können wir zwei Gebrauchsweisen unterscheiden. Zum einen finden wir ἐπιθυμία sexuell konnotiert, wie in Par. frg. 23: ἤδη γὰρ Ἀντώνιος τῷ Κλεοπάτρας ἔρωτι διεφθαρμένος ἥττων ἦν ἐν πᾶσι τῆς ἐπιθυμίας. Und An. 4,19,6: καὶ τοῦτο ἐγὼ Ἀλεξάνδρου τὸ ἔργον ἐπαινῶ μᾶλλόν τι ἢ μέμφομαι. καίτοι τῆς γε Δαρείου γυναικός, ἣ καλλίστη δὴ ἐλέγετο τῶν ἐν τῇ Ἀσίᾳ γυναικῶν, ἢ οὐκ ἦλθεν ἐς ἐπιθυμίαν ἢ καρτερὸς αὐτὸς αὑτοῦ ἐγένετο, νέος τε ὢν καὶ τὰ μάλιστα ἐν ἀκμῇ τῆς εὐτυχίας, ὁπότε ὑβρίζουσιν οἱ ἄνθρωποι (Interessanterweise begegnen uns wie in Ind. 20,2 auch hier ἐπιθυμία und εὐτυχία auf engstem Raum.). Zum anderen wird damit ein starkes Wünschen im Sinne von „nichts lieber wollen als“ zum Ausdruck gebracht: καὶ Ἀλέξανδρος μέγαν τε αὐτὸν [=Poros] καὶ γενναῖον ἄνδρα ἰδὼν ἐν τῇ μάχῃ σῶσαι ἐπεθύμησε (An. 5,18,6); ἐπιθυμία τοῦ θέουσαν ἰδεῖν τὴν κύνα (Cyn. 20,3); ἐπιθυμεῖν γάρ [sc. οἱ πρέσβεις εἶπον], ὥσπερ τινὲς ἄλλοι, ἔτι μᾶλλον αὐτοὶ ἐλευθερίας τε καὶ αὐτόνομοι εἶναι, ἥντινα ἐλευθερίαν ἐξ ὅτου Διόνυσος ἐς Ἰνδοὺς ἧκε σώαν σφίσιν εἶναι ἐς Ἀλέξανδρον (An. 6,14,2); Ἀλέξανδρος δέ, ὡς μὲν Ἀριστοβούλῳ λέλεκται, ὑπὸ καμάτου ἐνόσησεν, οἱ δὲ ἐς τὸν Κύδνον [τὸν] ποταμὸν λέγουσι ῥίψαντα νήξασθαι, ἐπιθυμήσαντα τοῦ ὕδατος, ἱδρῶντα καὶ καύματι ἐχόμενον (An. 2,4,7). Schließlich finden wir ἐπιθυμία noch in An. 5,25,2: τὰ δὲ δὴ πέραν τοῦ Ὑφάσιος εὐδαίμονά τε τὴν χώραν εἶναι ἐξηγγέλλετο καὶ ἀνθρώπους ἀγαθοὺς μὲν γῆς ἐργάτας, γενναίους δὲ τὰ πολέμια καὶ ἐς τὰ ἴδια δὲ σφῶν ἐν κόσμῳ πολιτεύοντας (πρὸς γὰρ τῶν ἀρίστων ἄρχεσθαι τοὺς πολλούς, τοὺς δὲ οὐδὲν ἔξω τοῦ ἐπιεικοῦς ἐξηγεῖσθαι), πλῆθός τε ἐλεφάντων εἶναι τοῖς ταύτῃ ἀνθρώποις πολύ τι ὑπὲρ τοὺς ἄλλους Ἰνδοὺς, καὶ μεγέθει μεγίστους καὶ ἀνδρείᾳ. ταῦτα δὲ ἐξαγγελλόμενα Ἀλέξανδρον μὲν παρώξυνεν ἐς ἐπιθυμίαν τοῦ πρόσω ἰέναι (An. 5,25,1f.). Von Kornemann, 79 wird hier ἐπιθυμία eine pejorative Bedeutung beigemessen und die von Alexander geplante Überschreitung des Hyphasis als Hinweis auf dessen Eroberungssucht und Ehrgeiz verstanden. Jedoch weist Montgomery, 190f. nach, dass die Phrase ἐπιθυμία τοῦ πρόσω ἰέναι neutral das geplante Handeln Alexanders, das, wie aus An. 6,24,8 und 25,1 deutlich wird, strategischen Gründen und taktischen Berechnungen unterliegt, wiedergibt, wobei aber mit παροξύνειν eine Zuspitzung des Ausdrucks stattfindet, um den „Unterschied zwischen der Stimmung des Heeres und dem Enthusiasmus des Feldherrn“ (Montgomery, 190) herauszustellen. Ebenso vermutet Wirth, 1964, 221f.88 hinter Arrians Darlegung der rationalen Argumente für die Hyphasisüberquerung ein von unserem Autor gesetztes bewusstes Gegengewicht zu ἐπιθυμία; eine etwaige abwertende Bedeutung sei damit aufgehoben. 47 Vgl. Frisk II 570 s.v. ποθέω. 48 πόθος respektive ποθεῖν können bei Arrian ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Wünschen/Wollen bezeichnen, so: πέρας δὲ τῶν πόνων γενναίῳ μὲν ἀνδρὶ οὐδὲν δοκῶ ἔγωγε ὅτι μὴ αὐτοὺς τοὺς πόνους, ὅσοι αὐτῶν ἐς καλὰ ἔργα φέρουσιν. εἰ δέ τις καὶ αὐτῷ τῷ πολεμεῖν ποθεῖ ἀκοῦσαι ὅ τι περ ἔσται πέρας, μαθέτω ὅτι οὐ πολλὴ ἔτι ἡμῖν ἡ λοιπή ἐστιν ἔστε ἐπὶ ποταμόν τε Γάγγην καὶ τὴν ἑῴαν θάλασσαν (An. 5,26,1); οὕτως ἐν ταῖς ἐφημερίσι ταῖς βασιλείοις ἀναγέγραπται, καὶ ἐπὶ τούτοις ὅτι οἱ στρατιῶται ἐπόθησαν ἰδεῖν αὐτόν (An. 7,26,1); οὔτ' οὖν ποθεῖν τι αὐτὸς [sc. Δάνδαμις ἔφη] ὅτου κύριος ἦν Ἀλέξανδρος δοῦναι, οὔτε αὖ δεδιέναι, ὅτου κρατοίη ἐκεῖνος, ἔστιν οὗ εἴργεσθαι (An. 7,2,3); καὶ αἱ μὲν νῆες σαλεύουσαι ὥρμεον, τὰ πληρώματα δὲ ἐκβιβάσας Νέαρχος πρὸς τῇ γῇ

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

räumt, können wir πόθος und dessen Differenz zu ἐπιθυμία bzw. ἔρως in ihren letzten Nuancen mit unserer Sprache nicht erfassen. Wir werden daher im Fortgang auch nur vom πόθος Alexanders49 sprechen; die von Ehrenberg50 vorgeschlagene Wiedergabe mit „Sehnsucht“ empfinden wir auf Grund der Eigendynamik, die der Begriff in der deutschen Romantik entwickelt hat,51 ebenso ungeeignet, wie die Übersetzung Montgomerys mit „Lust“,52 bei der uns die quantitative Komponente des πόθος nicht wiedergegeben zu sein scheint.53 Wenn nun Arrian in der Anabasis den πόθος Alexanders thematisiert, dann bringt er stets „eine Handlung mit dem Wunsch der Hauptperson in Zusammenhang“ (Montgomery, 208); so zu finden: 1. bei der Überquerung der Donau ἔνθα δὴ Ἀλέξανδρος ἀπαγαγὼν τὰς ναῦς ἔγνω διαβαίνειν τὸν Ἴστρον ἐπὶ τοὺς Γέτας τοὺς πέραν τοῦ Ἴστρου ᾠκισμένους, ὅτι τε συνειλεγμένους ἑώρα πολλοὺς ἐπὶ τῇ ὄχθῃ τοῦ Ἴστρου, ὡς εἴρξοντας, εἰ διαβαίνοι, – ἦσαν γὰρ ἱππεῖς μὲν ἐς τετρακισχιλίους, πεζοὶ δὲ πλείους τῶν μυρίων – καὶ ἅμα πόθος ἔλαβεν αὐτὸν54 ἐπέκεινα τοῦ Ἴστρου ἐλθεῖν (An. 1,3,5). So zog Alexander die Schiffe wieder ab und beschloss, über den Istros selbst gegen die jenseits des Flusses wohnenden Geten vorzugehen, weil er diese in Massen am jenseitigen Ufer schon versammelt sah, um ihn an der Landung zu hindern, falls er eine solche ver-

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ηὐλίσθη, ὅτι ἐπὶ πολλὸν τεταλαιπωρηκότες ἐν τῇ θαλάσσῃ ἀναπαύσασθαι ἐπόθεον (Ind. 23,4). Der Übergang des Wünschens zu einem Vermissen ist in gewisser Weise fließend: ἔστειλε δὲ καὶ Πολυπέρχοντα ὁμοῦ τῷ Κρατερῷ, δεύτερον δὲ ἀπὸ Κρατεροῦ ἡγεμόνα, ὡς εἴ τι κατὰ πορείαν Κρατερῷ συμπίπτοι, ὅτι καὶ μαλακῶς τὸ σῶμα ἔχοντα ἀπέπεμπεν αὐτόν, μὴ ποθῆσαι στρατηγὸν τοὺς ἰόντας (An. 7,12,4); λέγει δὴ ὁ Νέαρχος ἑωυτῷ ξυνοῦσθαι τὸν Ἀλέξανδρον ὅντινα προχειρίσηται ἐξηγέεσθαι τοῦ στόλου. ὡς δὲ ἄλλου καὶ ἄλλου ἐς μνήμην ἰόντα τοὺς μὲν ὡς οὐκ ἐθέλοντας κινδυνεύειν ὑπὲρ οὗ ἀπολέγειν, τοὺς δὲ ὡς μαλακοὺς τὸν θυμόν, τοὺς δὲ ὡς πόθῳ τῆς οἰκηίης κατεχομένους, τοῖς δὲ ἄλλο καὶ ἄλλο ἐπικαλέοντα, τότε δὴ αὐτὸν ὑποστάντα εἰπεῖν ὅτι ... (Ind. 20,4); ὀλίγοι δὲ ἐκ πολλῶν ὑπολείπονται, καὶ οὔτε τοῖς σώμασιν ἔτι ὡσαύτως ἐρρωμένοι, ταῖς τε γνώμαις πολὺ ἔτι μᾶλλον προκεκμηκότες. καὶ τούτοις ξύμπασιν πόθος μὲν γονέων ἐστίν, ὅσοις ἔτι σώζονται, πόθος δὲ γυναικῶν καὶ παίδων, πόθος δὲ δὴ τῆς γῆς αὐτῆς τῆς οἰκείας, ἣν ξὺν τῷ ἐκ σοῦ πορισθέντι σφίσιν κόσμῳ μεγάλοι τε ἀντὶ μικρῶν καὶ πλούσιοι ἐκ πενήτων ἀναστρέφοντες ξύγγνωστοί εἰσιν ἐπιδεῖν ποθοῦντες (An. 5,27,6). Schließlich kann der πόθος auch „Zuneigung/Liebe“ bezeichnen: ταῦτά τε ἀπαλλαττομένοις ἀστάθμητα καὶ ἀτέκμαρτα ἐπηγγέλλετο, καὶ ὅπως ἔχει φιλίας τε καὶ πόθου ἐς αὐτοὺς τὸ ἀτρεκέστατον τεκμήριον ἐκεῖνο ποιεῖσθαι ἠξίου, ὅτι τὸν πιστότατόν τε αὐτῷ καὶ ὅντινα ἴσον τῇ ἑαυτοῦ κεφαλῇ ἄγει, Κρατερόν, ξυμπέμπει αὐτοῖς φύλακά τε καὶ ἡγεμόνα τοῦ στόλου (An. 7,12,3); καί που τυχὸν καὶ ἄμεινον αὐτῷ ἦν ἐν ἀκμῇ τῆς τε ἄλλης δόξης καὶ τοῦ πόθου τοῦ παρ' ἀνθρώπων ἀπηλλάχθαι, πρίν τινα ξυμβῆναι αὐτῷ ξυμφορὰν ἀνθρωπίνην, ἧς ἕνεκα καὶ Σόλωνα Κροίσῳ παραινέσαι εἰκὸς τέλος ὁρᾶν μακροῦ βίου μηδὲ πρόσθεν τινὰ ἀνθρώπων ἀποφαίνειν εὐδαίμονα (An. 7,16,7); ἐν ταῖς ἐφημερίσι ταῖς βασιλείοις ἀναγέγραπται ... τοὺς πολλοὺς ὑπὸ πένθους καὶ πόθου τοῦ βασιλέως βιάσασθαι ἰδεῖν Ἀλέξανδρον (An. 7,26,1). Alexanders πόθος hat in der Forschung recht große Aufmerksamkeit und diverse Interpretationen erfahren; einen guten Überblick liefert Montgomery, 203‒8. Vgl. Ehrenberg, 1947, 66f. Vgl. Montgomery, 213f.. Vgl. Montgomery, 214f. Zur Intensität des πόθος Alexanders s. Ehrenberg, 1947, 67. Die Phrase πόθος ἔλαβε findet sich zuerst bei Herodot (Hdt. 1,165,3); jedoch hat diese, wie Ehrenberg, 1947, 65 zeigt, nichts mit Arrians Ausdruck zu tun, außer dass sie die gleiche Grammatik und das gleiche linguistische Idiom aufweist.

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suchen würde. Es waren dies etwa 4000 Reiter und mehr als 10000 Mann zu Fuß. Zugleich aber ergriff ihn ein innerer Drang, das jenseitige Ufer zu betreten. 2. in der Episode mit dem Gordischen Knoten Ἀλέξανδρος δὲ ὡς ἐς Γόρδιον παρῆλθε, πόθος λαμβάνει αὐτὸν ἀνελθόντα ἐς τὴν ἄκραν, ἵνα καὶ τὰ βασίλεια ἦν τὰ Γορδίου καὶ τοῦ παιδὸς αὐτοῦ Μίδου, τὴν ἅμαξαν ἰδεῖν τὴν Γορδίου καὶ τοῦ ζυγοῦ τῆς ἁμάξης τὸν δεσμόν (An. 2,3,1). Als Alexander in Gordion eintraf, ergriff ihn der heftige Wunsch, den Berg zu besteigen, auf dem sich die Königsburg des Gordios und auch seines Sohnes Midas befand, um den berühmten Wagen des Gordios sowie den Knoten zu sehen, der das Joch des Wagens mit der Deichsel verband. 3. bei der Gründung des ägyptischen Alexandria καὶ ἔδοξεν αὐτῷ ὁ χῶρος κάλλιστος κτίσαι ἐν αὐτῷ πόλιν καὶ γενέσθαι ἂν εὐδαίμονα τὴν πόλιν. πόθος οὖν λαμβάνει αὐτὸν τοῦ ἔργου, καὶ αὐτὸς τὰ σημεῖα τῇ πόλει ἔθηκεν, ἵνα τε ἀγορὰν ἐν αὐτῇ δείμασθαι ἔδει καὶ ἱερὰ ὅσα καὶ θεῶν ὧντινων, τῶν μὲν Ἑλληνικῶν, Ἴσιδος δὲ Αἰγυπτίας, καὶ τὸ τεῖχος ᾗ περιβεβλῆσθαι (An. 3,1,5). Die Gegend schien ihm ganz besonders zur Gründung einer Stadt geeignet zu sein und deren künftige Blüte zu garantieren. So ergriff ihn ein Drang, sofort mit diesem Werk zu beginnen, er selbst legte die einzelnen Örtlichkeiten für diese Neugründling fest, etwa wo man den Marktplatz anzulegen habe, wie viele Heiligtümer für welche Götter ‒ dies sowohl für die griechischen wie auch die einheimische Isis ‒ zu errichten seien und wo man die Umfassungsmauern aufführen müsse. 4. beim Zug zum Ammonsorakel ἐπὶ τούτοις δὲ πόθος λαμβάνει αὐτὸν ἐλθεῖν παρ' Ἄμμωνα ἐς Λιβύην, τὸ μέν τι τῷ θεῷ χρησόμενον, ὅτι ἀτρεκὲς ἐλέγετο εἶναι τὸ μαντεῖον τοῦ Ἄμμωνος καὶ χρήσασθαι αὐτῷ Περσέα καὶ Ἡρακλέα (An. 3,3,1). Wie er noch mit diesen Dingen beschäftigt war, ergriff ihn das Verlangen, nach Libyen zu ziehen, um den Gott zu befragen, weil das Orakel des Ammon als durchaus zuverlässig galt und schon Perseus und Herakles dies befragt haben sollten. (Übersetzung: Capelle) 5. bei der Eroberung des Berges Aornos καὶ ταῦτα ἀκούοντα Ἀλέξανδρον πόθος λαμβάνει ἐξελεῖν καὶ τοῦτο τὸ ὄρος, οὐχ ἥκιστα ἐπὶ τῷ ἀμφὶ τὸν Ἡρακλέα μύθῳ πεφημισμένῳ (An. 4,28,4). Alexander ergriff, als er das hörte, der heiße Wunsch, auch diesen Berg zu nehmen, nicht zuletzt wegen des Berichtes der Sage über Herakles. 6. in der Nysa-Episode Ἀλέξανδρον δὲ πόθος ἔλαβεν ἰδεῖν τὸν χῶρον, ὅπου τινὰ ὑπομνήματα τοῦ Διονύσου οἱ Νυσαῖοι ἐκόμπαζον (An. 5,2,5).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander Alexander ergriff nun der Wunsch, das Land näher kennenzulernen, wo nach den ruhmredigen Hinweisen der Nysäer sich noch Zeugnisse für die Anwesenheit des Dionysos fanden.

7. in Arrians Spekulationen über Alexanders Zukunftspläne ὡς δὲ ἐς Πασαργάδας τε καὶ ἐς Περσέπολιν ἀφίκετο Ἀλέξανδρος, πόθος λαμβάνει αὐτὸν καταπλεῦσαι κατὰ τὸν Εὐφράτην τε καὶ κατὰ τὸν Τίγρητα ἐπὶ τὴν θάλασσαν τὴν Περσικὴν καὶ τῶν τε ποταμῶν ἰδεῖν τὰς ἐκβολὰς τὰς ἐς τὸν πόντον, καθάπερ τοῦ Ἰνδοῦ, καὶ τὴν ταύτῃ θάλασσαν (An. 7,1,1). Als Alexander nach Pasargadai und Persepolis kam, da ergriff ihn der sehnliche Wunsch, Euphrat und Tigris hinab zum Persischen Meer zu fahren und die Mündung der Flüsse in die See sowie das Meer dort selbst kennenzulernen, wie er es seinerzeit am Indus getan hatte. 8. in Arrians Exkurs zu den indischen Weisen ἐπεὶ καὶ ἐς Τάξιλα αὐτῷ ἀφικομένῳ καὶ ἰδόντι τῶν σοφιστῶν Ἰνδῶν τοὺς γυμνοὺς πόθος ἐγένετο ξυνεῖναί τινα οἱ τῶν ἀνδρῶν τούτων, ὅτι τὴν καρτερίαν αὐτῶν ἐθαύμασε (An. 7,2,2). Als er nach Ankunft in Taxila die nackten indischen Sophisten sah, ergriff ihn der Wunsch, einen dieser Leute um sich zu haben, denn er bewunderte ihre Anspruchslosigkeit sehr. 9. in Arrians Darstellung der von Alexander initiierten Forschungsunternehmen πόθος γὰρ εἶχεν αὐτὸν καὶ ταύτην ἐκμαθεῖν τὴν θάλασσαν τὴν Κασπίαν τε καὶ Ὑρκανίαν καλουμένην ποίᾳ τινὶ ξυμβάλλει θαλάσσῃ, πότερα τῇ τοῦ πόντου τοῦ Εὐξείνου ἢ ἀπὸ τῆς ἑῴας τῆς κατ' Ἰνδοὺς ἐκπεριερχομένη ἡ μεγάλη θάλασσα ἀναχεῖται εἰς κόλπον τὸν Ὑρκάνιον, καθάπερ οὖν καὶ τὸν Περσικὸν ἐξεῦρε, τὴν Ἐρυθρὰν δὴ καλουμένην θάλασσαν, κόλπον οὖσαν τῆς μεγάλης θαλάσσης (An. 7,16,2). Es beseelte ihn nämlich der starke Wunsch, genauer kenn[en]zulernen, mit welchem anderen Meer das Kaspisches und auch Hyrkanisches genannte zusammenhängt, ob es in Verbindung mit dem Schwarzen steht oder das Große Meer, das im Osten von Indien ab das ganze Land umgibt, in den Hyrkanischen Meerbusen ausmünde, so wie er auch den Persischen Golf, Rotes Meer genannt, als Bucht des Großen Meeres entdeckt hatte. Wie aus unseren Unterstreichungen herausgelesen werden kann, bedient sich Arrian, wenn er auf den πόθος Alexanders zu sprechen kommt, einer gewissen Formelhaftigkeit des Ausdrucks.55 Die πόθος-Formel versinnbildlicht Alexanders Interesse und Eifer bestimmte Pläne auszuführen; sie beschreibt die Einstellung des Königs zu einer bestimmten intendierten Handlung.56 Damit kommt ihr in Arrians Darstellung eine Motivierungsfunktion für die Handlung zu. Während 55 Stets ist πόθος das Subjekt, das Prädikat bilden Formen von λαμβάνειν (An. 1,3,5: Aorist; An. 2,3,1: historisches Präsens; An. 3,1,5: historisches Präsens; An. 3,3,1: historisches Präsens; An. 4,28,4: historisches Präsens; An. 5,2,5: Aorist; An. 7,1,1: historisches Präsens), ἔχειν (An. 7,16,2: Imperfekt) und γίγνεσθαι (An. 7,2,2: Aorist). Bis auf An. 3,1,5 lenkt die πόθος-Formel stets einen Infinitiv; vgl. Montgomery, 202. 56 Vgl. Montgomery, 217.

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Das πόθος-Motiv

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sonst in der Anabasis das Handeln Alexanders zumeist durch die Angabe der dahinterliegenden militärischen Berechnung motiviert wird (z.B. An. 1,23,5: für die Nichtbelagerung der Burg von Halikarnassos; An. 2,4,3: für die Erzwingung des Passübergangs nach Kilikien; An. 5,23,1: für die Änderung der Schlachttaktik bei Sangala), bedient sich Arrian bisweilen der „technischen Requisite“ (Montgomery, 208) der πόθος-Wendung. Nun kann man wie Montgomery die einzelnen Stellen analysieren und nach ihrer Funktion aufschlüsseln,57 oder wie Tonnet im Prädikatsverb unterschiedliche Grade des πόθος auszumachen versuchen,58 wird dabei allerdings das Wichtigste übersehen: wo nämlich in Arrians Schrift die πόθος-Formel Anwendung findet. Völlig richtig erkennt zwar Montgomery: „In sämtlichen Fällen steht der Ausdruck am Anfang einer Schilderung, er leitet ein neues Ereignis, ein neues Motiv des Geschehens, einen neuen Abschnitt der Darstellung ein“ (Montgomery, 203); jedoch beschränkt sich seine anschließende Analyse nur auf die Stellen selbst. Wenn wir allerdings Arrians Verwendung der πόθος-Wendung im Hinblick auf das „march-narrative“ der Anabasis59 in Augenschein nehmen, lässt sich feststellen, dass die Formel an zentralen Stellen der Alexandergeschichte von unserem Autor gebraucht wird. So wird mit dem Überschreiten der Donau (An. 1,3,5) das erste Mal das unter der Herrschaft seines Vaters Philipp etablierte makedonische Hoheitsgebiet von Alexander verlassen,60 d.h. im ersten größeren militärischen Unternehmen unter Alexanders Führung werden die Grenzen Griechenlands überwunden. Alexander tritt hiermit aus dem Schatten seines Vaters und legt in gewisser Weise den Grundstein für seine weiteren ἔργα. Als Alexander dann nach Gordion kommt (An. 2,3,1), berichtet Arrian lediglich vom πόθος des Königs, zur Burg aufzusteigen und den sagenumwogenen Knoten zu sehen (ἀνελθόντα ... ἰδεῖν). Dass die Inaugenscheinnahme aber mit Sicherheit nicht die einzige Motivation Alexanders ist, daran lässt Arrian im Fortgang der Passage dem Leser keinen Zweifel, berichtet er doch auch von der Sage, dass derjenige, der den Gordischen Knoten lösen könne, die Herrschaft über Asien erringen werde (An. 2,3,6). Genau wie der πόθος Alexanders zum Donauübergang ziemlich am Anfang des ersten Buches der Anabasis steht, so findet sich auch die Episode mit dem Gordischen Knoten am Anfang des zweiten Buchs; genaugenommen setzt die Handlung damit sogar erst ein, da zuvor (An. 2,1f.) die persischen Unternehmungen in der Ägäis thematisiert sind. Die Episode mit dem Gordischen Knoten bildet den Auftakt zu Arrians Darstellung des Kampfes Alexanders gegen die Perser in deren Kernreich um die Vorherrschaft in Asien. Und unter diesem Blickwinkel ist auch der πόθος des Königs zu verstehen: als Antrieb zu neuen militärischen ἔργα. Im dritten Buch dann, wiederum am Anfang (An. 3,1,5), spricht Arrian erneut von Alexanders πόθος, diesmal zur Gründung der nach ihm benannten Stadt in Ägypten. Im Gegensatz zu den ersten beiden Büchern bedient sich Arrian aber hier des πόθος-Motivs, um einen anderen Aspekt der von Alexander vollbrachten

57 Montgomery, 202f. unterscheidet Arrians Gebrauch der πόθος-Formel hinsichtlich des von ihr regierten Verbums: Handelt es sich um ein Wahrnehmungsverb (An. 2,3,1; 5,2,5; 7,1,1; 7,16,2; im weitesten Sinn auch An. 7,2,2), will Alexander etwas in Erfahrung bringen; die Handlung ist damit ausreichend motiviert. Wenn ein Bewegungsverb vorliegt (1,3,5; 7,1,1; 3,3,1), liegt darin allerdings nicht der Zweck der Handlung; die Maßnahme wird dann mit anderen Mitteln durch Arrian motiviert. Desweiteren unterscheidet Montgomery die verschiedenen Situationen der Handlung, in denen die πόθος-Formel Anwendung findet: in strategischem Zusammenhang (1,3,5; 4,28,4), in nicht-militärischem Zusammenhang (2,3,1; 3,3,1; 5,2,5; 7,2,2), bei geographischem Interesse (7,1,1; 7,16,2) und bei Nachahmung des Mythos (3,3,1; 4,28,4; 5,2,5). 58 Siehe Tonnet I 469. 59 Siehe dazu oben S. 115f. 60 Vgl. Bosworth, 1980, 62

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

Leistungen herauszustellen: dessen konstituierende und konstitutive Impulsfunktion. Indem Arrian die von Alexander intendierte künftige Bedeutung und Größe der nach ihm benannten Stadt herausstreicht (An. 3,1,5: καὶ ἔδοξεν αὐτῷ ὁ χῶρος κάλλιστος κτίσαι ἐν αὐτῷ πόλιν καὶ γενέσθαι ἂν εὐδαίμονα τὴν πόλιν.), weist er damit die Grundsteinlegung durch Alexander klar als Handlung des Königs aus, die auf den eigenen zukünftigen Ruhm abzielt: Je größer und bedeutender die Stadt sich entwickelt, desto beachtlicher wird auch das ἔργον ihrer Gründung.61 Die beiden folgenden Stellen, an denen unser Autor von der πόθος-Formel Gebrauch macht (An. 3,3,1 und 4,28,4), sollten in Kombination miteinander gelesen werden: Am südwestlichen und nordöstlichen Rand des alten Perserreiches tritt Alexander zu den Vorbildern des Mythos, Perseus und Herakles, in Konkurrenz und übertrifft diese sogar (An. 4,30,4: εἴχετό τε Ἀλεξάνδρῳ ἡ πέτρα ἡ τῷ Ἡρακλεῖ ἄπορος γενομένη ‒ Damit hatte Alexander den Berg in seine Hand gebracht, den zu erobern Herakles nicht gelungen war.). Hier dient das πόθος-Motiv Arrian also dazu, den Teil der ἔργα Alexanders zu beleuchten, der in dessen aemulatio des Mythos verortet ist. Als der Heereszug schließlich Nysa erreicht, hat Alexander in Arrians Darstellung den πόθος, das Land in Augenschein zu nehmen (An. 5,2,5). Auch hier, wie schon in der Episode mit dem Gordischen Knoten, beschränkt sich der πόθος allerdings nicht, wie wir meinen, auf das reine ἰδεῖν. Vielmehr wird von Arrian damit der Ausgangspunkt für den anschließenden Indienfeldzug geschaffen, dessen literarische Verarbeitung die Bücher V und VI der Anabasis in Beschlag nimmt. Da diese beiden Bücher – wie bereits erwähnt – eine Einheit bilden, verwundert es nicht im Geringsten, dass wir im sechsten Buch die πόθος-Wendung nicht finden: Sie steht allein am Auftakt des indischen Unternehmens, der mit dem Beginn des fünften Buches zusammenfällt. Wie schon im Falle des Ammonsorakels und des Berges Aornos tritt auch hier Alexander in Konkurrenz zu einer Figur des Mythos: dem Dionysos (vgl. auch An. 5,2,1). Alexander übertrifft mit der Überquerung des Indus aber nicht nur Dionysos; durch die Flusspassage kommt er noch weiter nach Osten als je ein historischer Eroberer vor ihm. Das πόθος-Motiv des fünften Buches steht somit im Zusammenhang mit sowohl militärischen ἔργα, als auch Leistungen Alexanders, die in der aemulatio des Mythos zu sehen sind. Im siebten Buch, wiederum an dessen Beginn (An. 7,1,1), begegnet uns die πόθος-Formel erneut. Auch hier beschränkt sie sich keinesfalls darauf, die mesopotamischen Flüsse hinabzufahren (καταπλεῦσαι) und das Persische Meer zu betrachten (ἰδεῖν). Vielmehr geht aus der folgenden Textpassage klar hervor, dass die aus dem πόθος resultierende Handlung Alexanders nur ein Teil der von ihm für die Zukunft geplanten Expansionspolitik ist:

61 Auch bei anderen in der Anabasis thematisierten Stadtgründungen Alexanders finden wir die auf zukünftige Größe und Bedeutung abzielende Gründungsintention des Protagonisten: αὐτὸς δὲ πρὸς τῷ Τανάϊδι ποταμῷ ἐπενόει πόλιν οἰκίσαι, καὶ ταύτην ἑαυτοῦ ἐπώνυμον. ὅ τε γὰρ χῶρος ἐπιτήδειος αὐτῷ ἐφαίνετο αὐξῆσαι ἐπὶ μέγα τὴν πόλιν καὶ ἐν καλῷ οἰκισθήσεσθαι τῆς ἐπὶ Σκύθας, εἴποτε ξυμβαίνοι, ἐλάσεως καὶ τῆς προφυλακῆς τῆς χώρας πρὸς τὰς καταδρομὰς τῶν πέραν τοῦ ποταμοῦ ἐποικούντων βαρβάρων (An. 4,1,3); Φιλίππῳ μὲν δὴ τῆς σατραπείας ὅρους ἔταξε τὰς συμβολὰς τοῦ τε Ἀκεσίνου καὶ Ἰνδοῦ καὶ ἀπολείπει ξὺν αὐτῷ τούς τε Θρᾷκας πάντας καὶ ἐκ τῶν τάξεων ὅσοι ἐς φυλακὴν τῆς χώρας ἱκανοὶ ἐφαίνοντο, πόλιν τε ἐνταῦθα κτίσαι ἐκέλευσεν ἐπ' αὐτῇ τῇ ξυμβολῇ τοῖν ποταμοῖν, ἐλπίσας μεγάλην τε ἔσεσθαι καὶ ἐπιφανῆ ἐς ἀνθρώπους (An. 6,15,2); ἀφικόμενος δὲ εἰς κώμην, ἥπερ ἦν μεγίστη τοῦ ἔθνους τοῦ Ὠρειτῶν, Ῥαμβακία ἐκαλεῖτο ἡ κώμη, τόν τε χῶρον ἐπῄνεσε καὶ ἐδόκει ἂν αὐτῷ πόλις ξυνοικισθεῖσα μεγάλη καὶ εὐδαίμων γενέσθαι (An. 6,21,5); τό μέγεθος τῆς χώρας ... παρασχεῖν δὲ καὶ πόλεις ἐνοικισθῆναι καὶ ταύτας γενέσθαι εὐδαίμονας (An. 7,20,2).

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Das πόθος-Motiv

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Manche berichten auch, er habe um die Hauptmasse Arabiens, dazu Äthiopien, Libyen und das Nomadenland jenseits des Atlasgebirges herum nach Gades segeln und dann in unser Meer einlaufen wollen, um sich schließlich nach Unterwerfung von Libyen und Karthago erst mit vollem Recht als König von ganz Asien bezeichnen zu können. Denn die medischen und persischen Könige, die nicht einmal einen kümmerlichen Bruchteil Asiens beherrschten, hätten sich zu Unrecht den Titel Großkönig angemaßt. Von hier aus wollte er nach den einen ins Schwarze Meer einfahren, um gegen die Skythen und zum Maiotischen See zu ziehen, anderen zufolge nach Sizilien und zum japygischen Vorgebirge (An. 7,1,2f.).62 Und unter denselben Vorzeichen sollte auch der πόθος in An. 7,16,2 verstanden werden; ein wahrer τῆς Ἀσίας πάσης βασιλεύς (An. 7,1,2) beschränkt seine Expansionspolitik schließlich nicht nur auf die südlichen Gebiete dieses Weltteils.63 Die πόθος-Wendung in An. 7,16,2 erweitert durch die Betonung der geographischen Wissbegier Alexanders (ἐκμαθεῖν) den πόθος in An. 7,1,1 um den Aspekt des Forschungsinteresses. Militärische Expansion und geographische Forschung gehen Hand in Hand; die beiden πόθος-Wendungen ergänzen sich zu einem gemeinsamen Motiv.64 Nun hebt sich ja gerade das siebte Buch der Anabasis von den vorhergehenden Büchern dahingehend ab, dass Arrian – in Ermangelung einer größeren militärischen Kampagne Alexanders – den Fokus seiner Darstellung auf die verschiedenen Facetten der Persönlichkeit des Königs verlegt; nichtsdestotrotz wird von Arrian mit dem πόθος Alexander auch im siebten Buch das Handeln des Königs motiviert – nur bleiben im Gegensatz zu den vorhergehenden Büchern die daraus resultierenden ἔργα hypothetisch, d.h. ἔργα, die von Alexander hätten erbracht werden können, aber durch den plötzlichen Tod des Königs verhindert wurden. In diesem Zusammenhang wollen wir auch die πόθος-Formel in An. 7,2,2 sehen. Es scheint uns weniger darum zu gehen, dass Alexander unbedingt mit den indischen Weisen Umgang haben wolle. Denn Arrian leitet doch seine Auseinandersezung mit den σοφισταὶ τῶν Ἰνδῶν mit den Worten ein: Ich für mein Teil nun bin nicht in der Lage, mir ein klares Bild über die Pläne Alexanders zu machen, und an bloßen Vermutungen liegt mir nichts. Das eine aber glaube ich behaupten zu können, dass Alexander sich weder eine kümmerliche kleine oder unbedeutende Aufgabe vorgenommen noch sich je damit begnügt hätte, auf dem bereits Gewonnenen ruhig sitzenzubleiben, auch wenn es ihm gelungen wäre, Europa und Asien zu vereinen und an Europa wiederum die britischen Inseln anzuhängen. Stets hätte er darüber 62 Mensch/Romm, 402f. vermuten, dass Arrian hier (wie schon in Alexanders Rede am Hyphasis, die einige unauthentische Passagen mit rhetorischen Themen der Römerzeit enthalte) erneut die Phantasie seiner eigenen römisch dominierten Zeit auf Alexander projiziere: ein Weltreich bzw. einzelner Staat innerhalb der Grenzen der Oikumene. 63 Alexander lässt in Hyrkanien Kriegsschiffe bauen (An. 7,16,1)! 64 Besonders deutlich streicht Arrian den Zusammenhang von militärischer Eroberung und geographischer Forschung in Alexanders Rede am Hyphasis heraus, wobei er seinen Protagonisten auch dessen Zukunftspläne ansprechen lässt: ὅ τι περ ἔσται πέρας, μαθέτω ὅτι οὐ πολλὴ ἔτι ἡμῖν ἡ λοιπή ἐστιν ἔστε ἐπὶ ποταμόν τε Γάγγην καὶ τὴν ἑῴαν θάλασσαν· ταύτῃ δὲ, λέγω ὑμῖν, ξυναφὴς φανεῖται ἡ Ὑρκανία θάλασσα· ἐκπεριέρχεται γὰρ γῆν πέρι πᾶσαν ἡ μεγάλη θάλασσα. καὶ ἐγὼ ἐπιδείξω Μακεδόσι τε καὶ τοῖς ξυμμάχοις τὸν μὲν Ἰνδικὸν κόλπον ξύρρουν ὄντα τῷ Περσικῷ, τὴν δὲ Ὑρκανίαν τῷ Ἰνδικῷ· ἀπὸ δὲ τοῦ Περσικοῦ εἰς Λιβύην περιπλευσθήσεται στόλῳ ἡμετέρῳ τὰ μέχρι Ἡρακλέους Στηλῶν· ἀπὸ δὲ Στηλῶν ἡ ἐντὸς Λιβύη πᾶσα ἡμετέρα γίγνεται καὶ ἡ Ἀσία δὴ οὕτω πᾶσα, καὶ ὅροι τῆς ταύτῃ ἀρχῆς οὕσπερ καὶ τῆς γῆς ὅρους ὁ θεὸς ἐποίησε (An. 5,26,1f.).

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4. Kapitel: Nearch und Alexander hinaus nach Neuem, Unbekanntem gesucht, dabei im Wettkampf, wenn nicht mit einem anderen, so doch mit sich selbst (An. 7,1,4).

εἰ καὶ μὴ ἄλλῳ τῳ, ἀλλὰ αὐτόν γε αὑτῷ ἐρίζοντα lautet das letzte Kolon – wenn auch nicht mit einem anderen Gegner im Wettstreit, dann doch mit sich selbst. Zusätzlich gibt Arrian unmittelbar vor der πόθος-Formel dem Leser zu verstehen (An. 7,2,2): [Es] fehlte Alexander nicht durchaus die Erkenntnis des Besseren, doch er wurde von der Begierde nach Ruhm in höchstem Grade beherrscht (Übersetzung: Capelle). Das πόθος-Motiv steht damit in einem größeren Zusammenhang: Wenn Alexander nicht bar jeder Vorstellung war, was für ihn besser gewesen wäre, dann hätte ein beständiger Kampf mit der eigenen Persönlichkeit vielleicht dazu führen können, dass er die schlechten Eigenschaften seines Charakters, wie die Maßlosigkeit, die sich auch in seinem übermäßigen Ruhmstreben offenbarte, hätte in den Griff bekommen und sich unter Anleitung vielleicht sogar zu einem Philosophenkönig mit Weitsicht entwickeln können;65 die ἔργα, die Alexander dann vielleicht erbracht hätte, wären alles andere als gering gewesen. Doch der plötzliche Tod des Königs hat das vorzeitig verhindert. Alle drei πόθος-Wendungen des siebten Buchs der Anabasis weisen somit über den Tod Alexanders hinaus indem sie eine „Was-wäre-wenn-Situation“ erschaffen.66 Wie in den vorangegangenen Büchern wird zwar auch hier der ununterbrochene, das Grundgerüst der Anabasis bildende Vormarsch des Heeres, bei dem Alexander von einem Sieg zum nächsten eilt und eine Höchstleistung nach der anderen vollbringt, durch den πόθος motiviert, nur dass, todesbedingt, der πόθος des Königs diesmal nicht in realen ἔργα mündet.67

65 Man sollte sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigen, dass die Charakterisierung Alexanders in der Anabasis auch als eine Art Fürstenspiegel verstanden werden kann (s. oben S. 149, Fußnote 1). Besonders deutlich wird das in Arrians Kritik an Alexander nach der Verstümmelung des Bessos; interessanterweise finden wir auch hier Alexanders Zukunftsprojekte thematisiert: οὐδὲν τούτων ἐπαινῶ, ἀλλ' εἴπερ τι ἄλλο, καὶ τὰ Ἀλεξάνδρου μεγάλα πράγματα ἐς τεκμηρίωσιν τίθεμαι ὡς οὔτε τὸ σῶμα ὅτῳ εἴη καρτερόν, οὔτε ὅστις γένει ἐπιφανής, οὔτε κατὰ πόλεμον εἰ δή τις διευτυχοίη ἔτι μᾶλλον ἢ Ἀλέξανδρος, οὐδὲ εἰ τὴν Λιβύην τις πρὸς τῇ Ἀσίᾳ, καθάπερ οὖν ἐπενόει ἐκεῖνος, ἐκπεριπλεύσας κατάσχοι, οὐδὲ εἰ τὴν Εὐρώπην ἐπὶ τῇ Ἀσίᾳ τε καὶ Λιβύῃ τρίτην, τούτων πάντων οὐδέν τι ὄφελος ἐς εὐδαιμονίαν ἀνθρώπου, εἰ μὴ σωφρονεῖν ἐν ταὐτῷ ὑπάρχοι τούτῳ τῷ ἀνθρώπῳ τῷ τὰ μεγάλα, ὡς δοκεῖ, πράγματα πράξαντι (An. 4,7,5). – Zu den stoischen Motiven in dieser Passage s. Bosworth, 1995, 50f. 66 Eine „Was-wäre-wenn-Situation“ in kleinerem Maßstab finden wir auch in Arrians Kommentar zur plötzlichen Erkrankung Alexanders, die einen totalen Sieg über die Skythen verhinderte: ὡς δὲ ἡ δίωξις ὀξεῖά τε καὶ διὰ καύματος πολλοῦ ταλαιπώρως ἐγίνετο, δίψει τε ἡ στρατιὰ πᾶσα εἴχετο καὶ αὐτὸς Ἀλέξανδρος ἐλαύνων πίνει ὁποῖον ἦν ὕδωρ ἐν τῇ γῇ ἐκείνῃ. καὶ ἦν γὰρ πονηρὸν τὸ ὕδωρ, ῥεῦμα ἀθρόον κατασκήπτει αὐτῷ ἐς τὴν γαστέρα· καὶ ἐπὶ τῷδε ἡ δίωξις οὐκ ἐπὶ πάντων Σκυθῶν ἐγένετο· εἰ δὲ μή, δοκοῦσιν ἄν μοι καὶ πάντες διαφθαρῆναι ἐν τῇ φυγῇ, εἰ μὴ Ἀλεξάνδρῳ τὸ σῶμα ἔκαμεν (An. 4,4,8f.). 67 In den Büchern I bis VI der Anabasis wird gerade in Erzählerkommentaren Arrians der ständige Fortschritt und unaufhaltbare militärische Erfolg immer wieder thematisiert, wie z.B. im Rahmen der Kathaierschlacht (An. 5,24,8: οὐδὲ ἐφαίνετο αὐτῷ πέρας τι τοῦ πολέμου ἔστε ὑπελείπετό τι πολέμιον.) oder der Eroberung der schwer zugänglichen Bergfestung der Paraitaker: ἀλλὰ καὶ ὣς Ἀλέξανδρος ἥπτετο τοῦ ἔργου· οὕτως πάντα ᾤετο χρῆναι βατά τε αὑτῷ καὶ ἐξαιρετέα εἶναι, ἐς τοσόνδε τόλμης τε καὶ εὐτυχίας προκεχωρήκει (An. 4,21,3). Im siebten Buch setzt sich dies ununterbrochen fort, ja wird von Arrian sogar in neue Höhen erhoben, wenn er schreibt: οὕτως οὐδὲν ἄπορον Ἀλεξάνδρῳ τῶν πολεμικῶν ἦν ἐς ὅ τι ὁρμήσειε (An. 7,15,3); sowie: ἄπληστος ἦν τοῦ κτᾶσθαί τι ἀεὶ Ἀλέξανδρος (An. 7,19,6). Schon allein auf Basis der Erzählerkommentare wird deutlich, dass – in Arrians Auffassung – der fortwährende Kampf und Triumph Alexanders nur durch den plötzlichen Tod des Königs einen Abbruch fand. Denn was unser Autor über den Tod des Hephaistion sagt, nämlich dass sich dieser ἐν ἀκμῇ τῆς τε ἄλλης δόξης καὶ τοῦ πόθου τοῦ παρ' ἀνθρώπων (An. 7,16,7) ereignet habe, hat im Hinblick auf Arrians Alexanderdarstellung eine ebensolche Geltung für das Lebensende des Makedonenkönigs.

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Die Appendix der Indiké (§43)

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Arrians πόθος-Wendungen in der Anabasis sind, wie wir gesehen haben, eine „literarische Konvention mit kompositioneller Funktion“ (Montgomery, 215). Wenn wir uns jetzt dem πόθος in Ind. 20,2 zuwenden, können wir feststellen, dass sich das πόθος-Motiv und dessen Gebrauch im Paráplous nicht von dem in der Alexandergeschichte unterscheiden. Auch hier steht der πόθος am Anfang, zwar nicht des Buches (bedingt durch ἐκβολή und Überleitung), aber eben doch der eigentlichen Darstellung der Flottenfahrt, und motiviert eine Handlung des Königs: πόθον μὲν εἶναι Ἀλεξάνδρῳ ἐκπεριπλῶσαι τὴν θάλασσαν τὴν ἀπὸ Ἰνδῶν ἔστε ἐπὶ τὴν Περσικήν (Ind. 20,2). Indem die Flottenexpedition von Alexander initiiert wird, will der König etwas Neues und Ungewöhnliches unternehmen (Ind. 20,2: καινόν τι καὶ ἄτοπον ἐργάζεσθαι) und gewiss ‒ in Anlehnung an An. 7,1,4 (οὐ μικρόν τι καὶ φαῦλον) ‒ nichts kümmerlich Kleines und Belangloses. Wenn Tonnet, I 468 das Fehlen von den πόθος begleitenden, objektiven Gründen für das Handeln Alexanders beklagt, und daher in Ind. 20,1 nicht dieselbe Handlungsmotivation durch den πόθος wie in der Anabasis zu erkennen meint, übersieht er, dass die objektiven Gründe (ἐπ' ὅτῳ ἐστάλη πρὸς Ἀλεξάνδρου ὁ στόλος) von Arrian aus dramaturgischen Gründen erst in Form der Rede des Nearch am Kap Maketa nachgereicht werden: [Alexander] habe die Schiffe vielmehr ausgeschickt, weil er sie die Küsten, an denen sie vorbeiführen, erkunden lassen wollte zusammen mit den Ankergründen und kleinen Inseln und weil er die Buchten, die sich landeinwärts ausdehnen, ausfahren und alle die Städte am Meer erkunden lassen wollte, auch ob ein Land fruchtbar sei oder unwirtlich (Ind. 32,11). Der πόθος Alexanders in Ind. 20,2 erschöpft sich also nicht allein darin, das Meer von Indien bis nach Persien zu befahren, sondern steht vielmehr in einem größeren militärischen und explorativen Zusammenhang. Der πόθος motiviert das Unternehmen, dessen erfolgreiche Durchführung als ἔργον Alexanders zu gelten hat. Damit unterliegt die πόθος-Wendung, obgleich sie in indirekter Rede gegeben wird, denselben kompositionellen Charakteristika, die wir auch in der Anabasis beobachten konnten. Die indirekte Rede zu Beginn der eigentlichen Darstellung der Flottenfahrt sollte auch aus diesem Grund nicht als Nearchzitat,68 sondern als Parallele zum Beginn der Anabasis verstanden werden.

Die Appendix der Indiké (§43) Die „Was-wäre-wenn-Situation“, die von uns im Zusammenhang mit den drei πόθος-Wendungen des siebten Buchs der Anabasis beobachtet wurde, finden wir auch in der Indiké. In deren letztem Kapitel heißt es über Arabien: δοκέω δὲ ὡς εἴπερ πλωτά τε ἦν καὶ βαδιστὰ ταύτῃ, ὑπ' Ἀλεξάνδρου ἂν τῆς πολυπραγμοσύνης ἐξελήλεγκτο πλωτά τε καὶ βαδιστὰ ἐόντα (Ind. 43,10).69

68 So auch Montgomery, 215. 69 Man beachte die Epipher, die eines der Lieblingsstilmittel Arrians darstellt und sich besonders an zentralen Stellen seines Werks, wie z.B. auch An. 7,30,1 nachweisen lässt; vgl. Tonnet, I 375f.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander Ich glaube, wenn dieses Gebiet wirklich zu Schiff oder zu Lande zugänglich gewesen wäre, dann hätte Alexander in seinem Tatendrang nachgewiesen, dass es zu Schiff oder zu Lande zugänglich sei.

Wenn Alexander nicht vorzeitig gestorben wäre, dann hätte er – sofern sich das wegen der unwirtlichen Beschaffenheit Arabiens überhaupt hätte realisieren lassen – auf Grund seiner πολυπραγμοσύνη auch die arabische Halbinsel erobert. Der Ausdruck πολυπραγμοσύνη, der sich zuerst bei Herodot (Hdt. 3,15,2) belegen lässt, trägt, wie Ehrenberg, 1947, 62 nachweist, im hellenistischen und späteren Sprachgebrauch die Bedeutung „lust for power of powerʼs sake, unhampered by any moral limitations“. Arrian aber, der zwar die Vokabel auch in negativ konnotierter Form gebraucht,70 umschreibt hier mit πολυπραγμοσύνη das in Alexander, was dessen „Strebungen eine für die Menschheit segensreiche Wirkung verleiht“ (Wirth, 1964, 22288): seine unermüdliche Energie.71 „Unternehmungslust“72 ist es also, was Arrian hinter dem Wirken Alexanders verortet.73 Und bezeichnenderweise gebraucht Arrian, wie Wirth (a.a.O.) herausstreicht, den Begriff πολυπραγμοσύνη gerade am Ende des Werkes: Er bringt so seine ureigenste Ansicht zum Ausdruck, die sich dergestalt weder in seinen Vorlagen, noch bei seinem Lehrer Epiktet nachweisen lässt. In Arrians πολυπραγμοσύνη sehen wir sowohl Ehrenbergs „lust for power“ als auch die für dieses Substantiv zwar selten und spät, aber doch belegte Bedeutung „search after knowledge“ (LSJ 1442 s.v. πολυπραγμοσύνη 2) mitschwingen. Denn, wie bereits gesagt, unterliegt in

70 So bezeichnet πολυπραγμοσύνη in Bezug auf Alexanders Mutter Olympias ein intrigantes Verhalten oder Ränkeschmieden: ἐπεὶ οὐδὲ ἐπαύοντο Ἀλεξάνδρῳ γράφοντες ὁ μὲν τὴν αὐθάδειάν τε τῆς Ὀλυμπιάδος καὶ ὀξύτητα καὶ πολυπραγμοσύνην, ἥκιστα δὴ τῇ Ἀλεξάνδρου μητρὶ εὐσχήμονα, ὥστε καὶ λόγος τις τοιόσδε ἐφέρετο Ἀλεξάνδρου ἐφ' οἷς ὑπὲρ τῆς μητρὸς αὐτῷ ἐξηγγέλλετο, βαρὺ δὴ τὸ ἐνοίκιον τῶν δέκα μηνῶν εἰσπράττεσθαι αὑτοῦ τὴν μητέρα (An. 7,12,6). Ebenso negativ konnotiert finden wir πολυπραγμονεῖν und πολυπράγμων. So trägt das Verb in An. 2,13,3 die Bedeutung „Verwirrung stiften“: ὡς μὴ παρασχεῖν ταχεῖαν σφῶν τὴν δίωξιν, ἐπὶ Κύπρου ἔφευγον καὶ ἐκεῖθεν εἰς Αἴγυπτον, ἵναπερ ὀλίγον ὕστερον πολυπραγμονῶν τι Ἀμύντας ἀποθνήσκει ὑπὸ τῶν ἐγχωρίων. In Alexanders Rede in Opis finden wir πολυπραγμονεῖν ebenfalls: ἔτι δὲ ᾧ χρέα ἦν, οὐ πολυπραγμονήσας ἐφ' ὅτῳ ἐγένετο, τοσαῦτα μὲν μισθοφορούντων, τοσαῦτα δὲ ἁρπαζόντων, ὁπότε ἐκ πολιορκίας ἁρπαγὴ γίγνοιτο, διαλέλυμαι ταῦτα (An. 7,10,3). Hier allerdings trägt das Verb die Bedeutung „neugierig sein“; da Arrian seinen Protagonisten ein solches Verhalten freilich ablehnen lässt, messen wir hier der Neugier eine abwertende Bedeutung bei. Das Adjektiv schließlich begegnet uns in der Rede der indischen Weisen an Alexander: βασιλεῦ Ἀλέξανδρε, ἄνθρωπος μὲν ἕκαστος τοσόνδε τῆς γῆς κατέχει ὅσονπερ τοῦτό ἐστιν ἐφ' ὅτῳ βεβήκαμεν· σὺ δὲ ἄνθρωπος ὢν παραπλήσιος τοῖς ἄλλοις, πλήν γε δὴ ὅτι πολυπράγμων καὶ ἀτάσθαλος, ἀπὸ τῆς οἰκείας τοσαύτην γῆν ἐπεξέρχῃ πράγματα ἔχων τε καὶ παρέχων ἄλλοις (An. 7,1,6). In der Phrase πολυπράγμων καὶ ἀτάσθαλος scheint uns das Adjektiv, da es in Kombination mit ἀτάσθαλος, das ein stolzes, auch unverschämtes Verhalten, das in Frevelhaftigkeit ausarten kann, bezeichnet (vgl. Sisti/Zambrini, 583), gegeben wird, ein, im pejorativen Sinne, umtriebiges Verhalten zu benennen. 71 Tonnet, I 533 verweist auf den stoisch-kynischen Ursprung der πολυπραγμοσύνη und den unermüdlichen Heros der Stoiker, Herakles. 72 In gleicher Bedeutung wollen wir auch πολυπράγμων in Ind. 9,10 gesagt verstehen: ἀπὸ μὲν δὴ Διονύσου βασιλέας ἠρίθμεον Ἰνδοὶ ἐς Σανδρόκοττον τρεῖς καὶ πεντήκοντα καὶ ἑκατόν ... πρεσβύτερόν τε Διόνυσον Ἡρακλέος δέκα καὶ πέντε γενεῇσιν Ἰνδοὶ λέγουσιν· ἄλλον δὲ οὐδένα ἐμβαλεῖν ἐς γῆν τὴν Ἰνδῶν ἐπὶ πολέμῳ, οὐδὲ Κῦρον τὸν Καμβύσεω, καίτοι ἐπὶ Σκύθας ἐλάσαντα καὶ τἄλλα πολυπραγμονέστατον δὴ τῶν κατὰ τὴν Ἀσίαν βασιλέων γενόμενον τὸν Κῦρον. ἀλλὰ Ἀλέξανδρον γὰρ ἐλθεῖν τε καὶ κρατῆσαι [πάντων] τοῖς ὅπλοις ὅσους γε δὴ ἐπῆλθε (Ind. 9,9ff.). 73 Das Verhältnis der πολυπραγμοσύνη zum πόθος Alexanders bleibt dabei offen. Wirth, 1964, 221f.88 bestreitet einen Zusammenhang; Schilardi, 170 dagegen will in der πολυπραγμοσύνη gerade das Ergebnis des πόθος sehen. Aber auch der genau umgekehrte Fall scheint uns denkbar.

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Die Appendix der Indiké (§43)

181

Arrians Darstellung die Progression Alexanders einer Motivierung in sowohl militärischer als auch explorativer Hinsicht. Diese beiden Aspekte finden wir auch im Abschlusskapitel der Indiké vereint: Dass nämlich der Nachweis der Zugänglichkeit Arabiens (Ind. 43,10: πλωτά τε καὶ βαδιστὰ) nicht nur dem Forschungsinteresse geschuldet ist, zeigt schon allein Arrians Formulierung im Zusammenhang mit Alexanders erfolgreicher Donauüberquerung, bei der geographische Wissbegier wohl eher von geringerem Belang gewesen sein dürfte: αὐτὸς δὲ κατασκάψας τὴν πόλιν θύει τε ἐπὶ τῇ ὄχθῃ τοῦ Ἴστρου Διὶ Σωτῆρι καὶ Ἡρακλεῖ καὶ αὐτῷ τῷ Ἴστρῳ, ὅτι οὐκ ἄπορος αὐτῷ ἐγένετο ‒ Er selbst zerstörte den Ort und brachte am Ufer dem Zeus Soter, Herakles und dem Istros selbst ein Dankopfer dar, weil der letztere sich ihm als nicht unzugänglich erwiesen hatte (An. 1,4,5). In der Appendix zur Indischen Geschichte finden wir freilich noch weitere Punkte, die den Zusammenhang von militärischer Expansion und geographischer Forschung verdeutlichen. Dazu sollten wir allerdings vorausschicken, dass das Abschlusskapitel der Indiké als ein ergänzender Nachtrag zur Anabasis zu lesen ist. Dort widmet sich Arrian im siebten Buch den Zukunftsplänen Alexanders und bringt das letzte von ihm initiierte Großunternehmen, den Arabienfeldzug, zur Sprache (An. 7,19,5–20, 10). Als Gründe für Alexanders Rüstung zum Feldzug führt Arrian zum einen die „offiziellen Verlautbarungen“ (πρόφασις) an, die darin bestanden, dass die arabischen Stämme dem Makedonenkönig nicht genug Ehre erwiesen hätten – wobei Arrian selbst anderer Meinung ist (An. 7,19,6: τὸ δὲ ἀληθές, ὥς γέ μοι δοκεῖ, ἄπληστος ἦν τοῦ κτᾶσθαί τι ἀεὶ Ἀλέξανδρος.) –, zum anderen den Wunsch Alexanders, neben Ouranos und Dionysos als dritter Gott der Araber verehrt zu werden: λόγος δὲ κατέχει ... ἀπαξιοῦν καὶ αὐτὸν τρίτον ἂν νομισθῆναι πρὸς Ἀράβων θεόν, οὐ φαυλότερα ἔργα Διονύσου ἀποδειξάμενον (An. 7,20,1).74 Die eigentliche Begründung, die sich auch mit Arrians eigener Meinung deckt, liefert unser Autor dann im Anschluss: Auch lockte ihn die Fruchtbarkeit des Landes, denn, wie er hörte, wuchs in ihren Seen der Gewürzlorbeer, auf den Bäumen Myrrhe und Weihrauch, in den Gebüschen schneide man Zimt, und die Grasflächen brächten Narden von selbst hervor. Die Größe des Gebietes wiederum gewähre Raum für die Anlage von Städten, die ihrerseits zur Blüte gelangen würden, denn wie man ihm berichtete, war der Küstenumfang Arabiens nicht kleiner als der Indiens, und diesem vorgelagert eine große Zahl Inseln. Häfen gebe es in allen Teilen des Landes, in denen Flotten vor Anker gehen könnten (An. 7,20,2). Der Reichtum Arabiens und seine strategische Bedeutung – so verstehen wir jedenfalls παρασχεῖν ὅρμους τῷ ναυτικῷ (An. 7,20,2) ‒ sind die eigentliche Triebfeder für die Eroberung und anschließende Kolonisierung: τήν τε γὰρ παραλίαν τὴν πρὸς τῷ κόλπῳ τῷ Περσικῷ κατοικίζειν ἐπενόει καὶ τὰς νήσους τὰς ταύτῃ. ἐδόκει γὰρ αὐτῷ οὐ μεῖον Φοινίκης εὐδαίμων ἡ χώρα αὕτη γενέσθαι ‒ [Alexander] plante, die ganze Küste des Persischen Golfes sowie die Inseln dort zu besiedeln, denn

74 Montgomery, 186f. zeigt durch einen Vergleich der Passage bei Arrian mit einem ebenfalls auf Aristobul zurückgehenden Parallelexzerpt bei Strabon (Strab. geogr. 16,1,11), dass in der Darstellung Arrians der Fokus auf den Wetteifer Alexanders mit Dionysos gerichtet ist, während bei Strabon die militärische Eroberung Arabiens den Kern der Aussage bildet. – Dass sich hinter dem Ausdruck λόγος κατέχει auch eine der Hauptquellen der Anabasis verbergen kann, in diesem Falle Aristobul, wurde von uns oben S. 52f. thematisiert.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

eines Tages würde dieses Gebiet nicht weniger blühend sein als Phönikien (An. 7,19,5).75 Arrian fährt fort, indem er zwei Inseln beschreibt, die dem arabischen Festland vorgelagert innerhalb des Persischen Golfs liegen (An. 7,20,3–6), wobei er auch hierbei deren Vorzüge hervorhebt: die eine sei dicht mit vielfältiger Waldvegetation bewachsen (An. 7,20,3), die andere habe ganzjährig fruchtbare Böden (An. 7,20,6). Informationen über diese Inseln hat Alexander, wie der Leser im Anschluss in der für die Anabasis typischen Weise der Berichterstattung an den Protagonisten erfährt,76 durch drei von ihm ausgesandte Forschungsexpeditionen erhalten, die der Aufklärung des Seeweges entlang der arabischen Küstenlinie dienten: ἐκπεμφθεὶς ἐπὶ κατασκοπὴν τοῦ παράπλου τοῦ ὡς ἐπὶ τοὺς Ἄραβας (An. 7,20,7). Während Archias von Mesopotamien abfahrend bis in die Gegend von Bahrein (Tylos) kam, von dort aus aber nicht weiterzufahren wagte (An. 7,20,7: τὸ πρόσω δὲ οὐκέτι περαιωθῆναι ἐτόλμησεν), und es auch Androsthenes nicht viel weiter schaffte (An. 7,20,7: τῆς χερρονήσου τι τῶν Ἀράβων παρέπλευσε), drang Hieron, der mit dem Auftrag ausgeschickt worden war, die komplette arabische Halbinsel zu umfahren (An. 7,20,8: περιπλεῦσαι τὴν χερρόνησον τὴν Ἀράβων πᾶσαν ἔστε ἐπὶ τὸν κόλπον τὸν πρὸς Αἰγύπτῳ τὸν Ἀράβιον τὸν καθ' Ἡρώων πόλιν), zumindest bis Kap Maketa vor, wagte es aber ebenfalls nicht weiterzufahren und kehrte um. Aus der Expedition Hierons wurde die Erkenntnis gewonnen, dass die Landmasse Arabiens eine enorme Größe aufweist: τὸ μέγεθός τε τῆς χερρονήσου θαυμαστόν τι εἶναι καὶ ὅσον οὐ πολὺ ἀποδέον τῆς Ἰνδῶν γῆς (An. 7,20,8). In Arrians Wiedergabe des Berichts an Alexander wird, ausgehend von Kap Maketa, im Folgenden der Brückenschlag zu Nearchs Flottenexpedition vollzogen. Die Textpassage, in der Nearchs Weigerung, Kap Maketa anzusteuern, thematisiert wird (An. 7,20,9f.), wurde von uns bereits erörtert.77 Deshalb wollen wir nur darauf hinweisen, dass am Ende dieser Textpassage Nearchs Verbot, auf das Kap Kurs zu nehmen, als Grund für das Durchkommen der Flotte vorgebracht wird: καὶ οὖν καὶ τοῦτο αἴτιον γενέσθαι ἀποσωθῆναι Ἀλεξάνδρῳ τὸν στρατόν· οὐ γὰρ ἂν σωθῆναι πλεύσαντας ὑπὲρ τῆς Ἀραβίας τὰ ἔρημα (An. 7,20,10). Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Leser der Anabasis von Arrian folgende Informationen erhält: Aus den von uns schon weiter oben zitierten Stellen An. 4,7,5 (dem Tadel Arrians an Alexander nach der Verstümmelung des Bessos) und An. 5,26,2 (der Rede Alexanders am Hyphasis) geht hervor, dass die Umsegelung Libyens, d.h. Afrikas, vom Persischen Golf bis zum Mittelmeer von Alexander beabsichtigt ist. Auch wenn Arrian bei seinen Spekulationen über die Zukunftspläne Alexanders eingesteht, sich selbst diesbezüglich kein klares Bild machen zu können (An. 7,1,4), gibt er dennoch dem Leser die Informationen derjenigen seiner Quellen weiter, die die Umfahrung Arabiens als Auftakt zu einer weit größeren Expansionsbestrebung sehen (An. 7,1,2): Manche Autoren haben auch Folgendes behauptet: Alexander hätte beabsichtigt, den größten Teil Arabiens und das Land der Äthiopen und Libyen wie auch die Nomaden jenseits des Atlasgebirges zu umsegeln und dann bei Gades in unser Meer hineinzufahren (Übersetzung: Capelle). Durch die Reihenfolge der einzelnen Etappen des von Alexander beabsichtigten Períplous wird deutlich, dass die Umsegelung der arabischen Halbinsel den ersten Schritt zu einer Umfahrung Afrikas von Ost nach West darstellt. Der Leser erfährt überdies (An. 7,19,5–20,10), dass es 75 Auch in der zitierten Passage finden wir den von uns im Rahmen der Stadtgründungen Alexanders thematisierten Aspekt, dass die Gründungsintention des Protagonisten auf eine zukünftige Größe und Bedeutung abzielt; s. dazu oben S. 175f. und S. 176, Fußnote 61. 76 Siehe dazu oben S. 112f. 77 Siehe oben S. 102ff.

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Die Appendix der Indiké (§43)

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sich bei Arabien (inklusive seiner vorgelagerten Inseln) um ein reiches Land handelt, dessen Eroberung und Kolonisierung Alexander beabsichtigt. Eine der letzten Maßnahmen in diesem Zusammenhang, die Alexander zu Lebzeiten noch trifft, ist die Initiierung dreier Forschungsfahrten entlang der arabischen Küstenlinie.78 Die damit beorderten Kapitäne brechen aber auf Grund der enormen Ausmaße Arabiens ihre Missionen vorzeitig ab, um zu vermeiden, in unwirtliche Regionen (An. 7,20,10: τὰ ἔρημα) vorzustoßen. Dass die arabische Halbinsel auch öde Gegenden aufweist, geht überhaupt nur aus τὰ ἔρημα und der Betonung, dass Nearch die Flotte gerettet habe, indem er sich eben von diesen Gegenden fernhielt, hervor. Weitere Informationen über Arabien erhält der Leser der Anabasis nicht. Wenn wir uns jetzt der Indiké zuwenden, können wir feststellen, dass im Paráplous-Teil die Informationen zu Arabien eher spärlich gesät sind. An zwei Stellen wird auf Exportgüter, auf denen sich der Reichtum des Landes gründet, aufmerksam gemacht: Die Landeskundigen sagten, dass dieses herausragende Vorgebirge zu Arabien gehöre und Maketa genannt werde; von dort würden Zimt und ähnliches zu den Assyrern gebracht (Ind. 32,7). Und: Sie legten 900 Stadien zurück und ankerten an der Mündung des Euphrat bei einem Dorf, das Diridotis hieß, im Land Babylonien, wohin die Kaufleute Weihrauch aus dem Land Emporie bringen und alles andere Räucherwerk, das in Arabien wächst (Ind. 41,6f.). In der Episode am Kap Maketa erfährt der Leser von Nearchs Befürchtungen hinsichtlich der klimatischen Verhältnisse, die die Flotte im Süden Arabiens antreffen würde: [sc. Νέαρχος δὲ ὑποκρίνεται] ... δεδιέναι τε, ὅτι ἡ ἄκρη ἐς μεσημβρίην ἀνέχει, μὴ ἐρήμῳ τε τῇ ταύτῃ γῇ καὶ ἀνύδρῳ καὶ φλογώδει ἐγκύρσειαν (Ind. 32,12). Ferner befürchte er, da sich das Vorgebirge nach Süden erstreckte, dass sie in ein einsames, wasserloses und heißes Land geraten könnten. Direkt im Anschluss äußert Arrian seine Zustimmung, dass Nearch gut daran getan habe, sich von dieser öden und wasserlosen Gegend ferngehalten zu haben; damit habe er das Durchkommen der Flottenexpedition gesichert: καί μοι δοκέει περιφανέως σῶσαι τὴν στρατιὴν τῇδε τῇ βουλῇ Νέαρχος· τὴν γὰρ δὴ ἄκρην ἐκείνην καὶ τὴν πρὸς αὐτῇ χώρην πᾶσαν ἐρήμην τε εἶναι λόγος κατέχει καὶ ὕδατος ἀπορίῃ ἔχεσθαι (Ind. 32,13). Und ich glaube, ganz offenkundig hat Nearch das Heer durch diesen Rat gerettet. Nach der allgemeinen Ansicht ist jenes Vorgebirge und das umliegende Land menschenleer und arm an Wasser.

78 Bei den von Arrian berichteten Plänen zu einer Umfahrung Arabiens und Lybiens könnten auch Herodoteische Motive mit anklingen, da eben solche Umfahrungsberichte von Herodot dazu genutzt werden, die Gestalt seiner Oikumene zu konturieren; vgl. Hdt. 4,42ff.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

Wie schon in An. 7,20,10 finden wir lediglich das Stichwort ἔρημος – diesmal allerdings um die Begriffe ἄνυδος und φλογώδης erweitert – und die Betonung der Rettung der Flotte durch Nearchs Entscheidung, Arabien nicht anzusteuern. Der Leser, der das Bild Arabiens aus der Anabasis vor Augen hat, d.h. das eines reichen Landes, das seinen Wohlstand der indigenen Flora verdankt, bekommt in Ind. 32,7 und 41,7 dieses Bild bestätigt und erhält überdies die Information, dass der Süden Arabiens öde, trocken und heiß sei. Doch reichen dem Leser – überspitzt formuliert – drei Adjektive aus, um in Nearchs Entscheidung eine Rettungstat auszumachen? Arrian ist sich jedenfalls der Problematik bewusst, dass das Bild, das er in der Anabasis von Arabien gezeichnet hat und das dort freilich, mit der Akzentuierung auf dem Reichtum des Landes, der Begründung und Rechtfertigung des Okkupationswunsches Alexanders dient, für die Darstellung der Tragweite der Entscheidung Nearchs suboptimal ist. Aus diesem Grund wird von ihm in Kapitel 43 ein anderes Bild Arabiens gezeichnet, das kontrastiv zu dem der Anabasis ist. Warum sich Arrian erst im Schlusskapitel mit Arabien auseinandersetzt, ist leicht verständlich, wenn wir unsere bisher gewonnenen Ergebnisse rekapitulieren: Einerseits bleibt Arrians Darstellung der Fahrt stets auf den Handlungsträger, d.h. das kollektive „sie“ der Griechen respektive Nearch, und den mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Geschehnissen und Handlungsorten fokussiert – da Arabien aber nun mal nicht von der Flotte angefahren wird, verbietet Arrians Methodik einen längeren Exkurs innerhalb der Darstellung der Fahrt entlang der Fischesser-Küste. Andererseits ist die Episode am Kap Maketa von Arrian aus der eigentlichen Handlungsabfolge herausgezogen und an das Ende der Fischesser-Etappe gestellt, um dort zusammen mit der Wal- und Nosalaepisode verschiedene Facetten der Fähigkeiten Nearchs zu beleuchten – ein Exkurs zu Arabien wäre hier vielleicht möglich, aber, wie wir meinen, nur auf Kosten der Ausgewogenheit in der Komposition realisierbar gewesen: Drei herausgehobene Einzelepisoden plus ein Exkurs hätten der Fischesser-Etappe im Gegensatz zu Karmanien, d.h. dem Höhepunkt des Paráplous, ein zu großes Gewicht verliehen. Der Hauptgrund freilich, warum Arrian seine Beschäftigung mit Arabien seiner Indiké als Appendix anfügt,79 ist darin zu sehen, dass er das Kapitel nicht nur als Nachtrag zum Paráplous, sondern auch zur Anabasis verstanden wissen will. Besonders deutlich kommt dies darin zum Ausdruck, wie unser Autor die Verbindung zwischen seiner Darstellung der Flottenexpedition und dem Nachtragskapitel herstellt. So greift er mit οὕτω μὲν ἀπεσώθη Ἀλεξάνδρῳ ἐκ τοῦ Ἰνδοῦ τῶν ἐκβολέων ὁρμηθεὶς ὁ στρατός (Ind. 42,10). So kam das Heer Alexanders, das von der Mündung des Indus aufgebrochen war, sicher an. nicht nur seine Beurteilung der Entscheidung Nearchs in Ind. 32,13 (καί μοι δοκέει περιφανέως σῶσαι τὴν στρατιὴν τῇδε τῇ βουλῇ Νέαρχος.) wieder auf und informiert damit den Leser, auf welche Passage des Paráplous der Exkurs sich bezieht, sondern gibt mit seiner Wortwahl, in der die Schlussworte seiner Auseinandersetzung mit dem Arabienzug in der Anabasis deutlich anklingen, καὶ οὖν καὶ τοῦτο αἴτιον γενέσθαι ἀποσωθῆναι Ἀλεξάνδρῳ τὸν στρατόν· οὐ γὰρ ἂν σωθῆναι πλεύσαντας ὑπὲρ τῆς Ἀραβίας τὰ ἔρημα (An. 7,20,10). 79 Zumindest angemerk sei, dass auch Herodoteische Motive bei der Komposition eine Rolle gespielt haben könnten: So folgt auch bei Herodot der Arabien-Logos (Hdt. 3,107–113) auf den Indien-Logos (3,98–106).

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Die Appendix der Indiké (§43)

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Und gerade dies sei die Ursache gewesen, dass die Flotte für Alexander gerettet wurde. Denn sie wäre nicht gerettet worden, wenn sie über die Wüsten Arabiens hinaus gesegelt wäre. (Übersetzung: Capelle) auch klar zu verstehen, dass sich der anschließende Exkurs eben nicht nur auf den Paráplous beschränkt. Das darin von Arrian gezeichnete Bild Arabiens soll vom Leser – wie wir es auch bei anderen Passagen der Indiké beobachten konnten – als komplementär zur Alexandergeschichte verstanden werden. Hier wie dort behandelt Arrian ebendasselbe Arabien; allein der Fokus ist jeweils ein anderer. Die Appendix beginnt, ähnlich wie die ἐκβολή, mit einer geographischen Abgrenzung der arabischen Halbinsel (Ind. 43,1). Auf Grund des Ineinanderfließens80 der sie umgebenden Gewässer wäre, so Arrian, ein περίπλους (Ind. 43,2) zwar denkbar, ἀλλὰ γὰρ οὔ τις παρέπλωσε ταύτῃ οὐδαμῶν ἀνθρώπων ὑπὸ καύματος καὶ ἐρημίης, εἰ μή τινές γε πελάγιοι κομιζόμενοι ‒ aber niemand ist dort entlanggefahren wegen der Hitze und der Öde, wenn nicht einige auf dem offenen Meer dort gefahren sind (Ind. 43,3). Wenn also eine Küstenschifffahrt aus besagten Gründen nicht in Frage kommt, sondern allenfalls die – so müssen wir ergänzen – gefährlichere Fahrt auf offener See, dann bliebe als Alternative nur der Landweg. Doch selbst dieser ist schon im nördlichen Teil Arabiens, wo die zu überwindenden Distanzen auf Grund der geographischen Gegebenheiten noch relativ überschaubar sind, nur unter größten Strapazen zu bewältigen, wie Beispiele aus der Geschichte zeigen (Ind. 43,4f.).81 Der Süden Arabiens, der weit davon entfernt ist, bewohnt zu sein, dürfte, wenn schon der Norden eine einzige Sandwüste ist (Ind. 43,6), für eine Durchquerung erst recht nicht in Frage kommen – wie wir gedanklich ergänzen dürfen. Nach der Digression nimmt Arrian den Gedanken des περίπλους Arabiens wieder auf und berichtet von einer Forschungsfahrt entlang der Westküste der arabischen Halbinsel; die Seeleute seien solange vorgedrungen, wie ihr Wasservorrat reichte (Ind. 43,7: ἐς ὅσον σφίσι τὸ ὕδωρ ἐπήρκεσε), kehrten dann aber wieder zurück nach Ägypten. Die drei von Alexander initiierten Forschungsexpeditionen an der gegenüberliegenden Ostküste Arabiens (Ind. 43,8: οὕστινας ἔστειλεν Ἀλέξανδρος ὡς ἐπὶ μήκιστον πλέοντας ἐν δεξιᾷ τῆς Ἐρυθρῆς θαλάσσης γνῶναι τοὺς ταύτῃ χώρους) kamen nicht über das durch Nearch bekannte Kap Maketa hinaus (Ind. 43,9: τὴν δὲ ἄκρην ... οὐκ ἔστιν ὅστις

80 κόλπος δῆλον ποιέει ὅτι ἕνεκά γε τοῦ σύρρουν εἶναι τὴν ἔξω θάλασσαν περίπλους ἂν ἦν ... (Ind. 43,2). Grundsätzlich verwendet Arrian ἕνεκα als Postposition, wobei bei mehr als 20% aller Belegstellen das Präpositionaladverb am Ende eines (Teil-)Satzes steht (vgl. Ind. 23,5; An. 2,27,2). Als Präposition finden wir ἕνεκα nur hier und in Alexanders Rede in Opis in An. 7,9,9: κέκτημαι δὲ ἰδίᾳ οὐδέν, οὐδὲ ἔχει τις ἀποδεῖξαι θησαυροὺς ἐμοὺς ὅτι μὴ ταῦτα, ὑμέτερα κτήματα ἢ ὅσα ἕνεκα ὑμῶν φυλάττεται. 81 Obgleich die in Ind. 43,4f. genannte Gesandtschaft des Ptolemaios zu Seleukos erst im Jahre 311 oder 302/1 (vgl. Biffi, 2000, 240) stattgefunden haben dürfte, haben wir sie bei unserer Untersuchung der Anachronismen in der Indiké (s. oben S. 125–129) bewusst nicht mit einbezogen, da ihre Erwähnung in der Appendix ausschließlich dazu dient, die Schwierigkeiten der Durchquerung Nordarabiens mit einem Beispiel zu untermauern. Darüber hinaus ist fraglich, ob Arrian in seinen Quellen überhaupt noch andere historische Berichte derartiger Wüstendurchquerungen hätte vorfinden können, als die beiden von ihm aufgeführten. Schon die Tatsache, dass Arrians Information über die Soldaten des Kambyses nicht mit aus anderen Quellen Bekanntem in Einklang gebracht werden kann (vgl. Schilardi, 170), verdeutlicht, dass Berichte über die Durchquerung Arabiens – wenn nicht gar solche Unternehmungen selbst – nicht gerade häufig waren. – Wenn Bosworth, 1974, 48f. damit Recht hat, dass die geographische Dreiteilung Syriens in Ind. 43,1 und An. 7,9,8 einen im 2. Jh. n. Chr. allgemein verbreiteten und damit kaiserzeitlichen Wissensstand widerspiegelt, wäre auch darin ein Anachronismus zu sehen.

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4. Kapitel: Nearch und Alexander

ὑπερβαλὼν ἐπικάμψαι ἐς τὸ ἐπὶ θάτερα δυνατὸς ἐγένετο). Das Resümee seiner Ausführungen zieht Arrian im Anschluss: δοκέω δὲ ὡς εἴπερ πλωτά τε ἦν καὶ βαδιστὰ ταύτῃ, ὑπ' Ἀλεξάνδρου ἂν τῆς πολυπραγμοσύνης ἐξελήλεγκτο πλωτά τε καὶ βαδιστὰ ἐόντα (Ind. 43,10). Dieses abschließende Lob auf Alexander gibt dem Leser zu verstehen, wie Arrians Äußerungen in der Appendix aufzufassen sind: als Verherrlichung des letzten großen Unternehmens des Makedonenkönigs.82 Theoretisch könnte der Text an dieser Stelle sein Ende finden; der letzte Satz, οὗτός μοι ὁ λόγος ἀναγεγράφθω, φέρων καὶ αὐτὸς ἐς Ἀλέξανδρον τὸν Φιλίππου, τὸν Μακεδόνα (Ind. 43,14), würde sich jedenfalls nahtlos hier anschließen und so die Appendix im Lobpreis Alexanders kulminieren lassen. De facto finden wir aber vor dem eigentlichen Schlusssatz noch zwei Passagen, in denen die Erkundungsfahrt des Karthagers Hanno an der Westküste Afrikas (Ind. 43,11f.)83 und die Vegetation Kyrenes (Ind. 43,13)84 thematisiert werden. Dabei lässt gerade der Anschluss der Kurzfassung der Expedition Hannos an das Resümee Arrians mit καί stutzig machen.85 Wenn wir dessen ungeachtet aber voraussetzen, dass der Text der Passage mehr oder minder richtig tradiert worden ist (Auf stilistischer Ebene lässt sich jedenfalls kein Unterschied zur übrigen Indiké feststellen.), dann können wir einerseits mit Stadter sagen: „The final note on Hannoʼs attempt to circumnavigate Africa (43.11–13) is meant to be a further proof of the impossibility of the journey around Arabia. Hanno had to turn back because of the fierce heat, yet Africa in its northern parts is more fertile and well-watered than Arabia” (Stadter, 1980, 230). Dem hinzufügend können wir andererseits feststellen, dass der von Alexander geplante Arabienfeldzug durch die Erwähnung Libyens von Arrian in den größeren Kontext der Umfahrung Afrikas ge-

82 Vgl. Stadter, 1980, 131. 83 Wenn Brunt, 4335 die Ungenauigkeit in Arrians Wiedergabe der Forschungsexpedition Hannos bemängelt, übersieht er, dass der Fokus unseres Autors allein auf den ἀμηχανίαι, mit denen die Fahrtteilnehmer zu kämpfen hatten und die samt und sonders mit Hitze in Zusammenhang stehen (An. 43,12: ὕδατός τε ἀπορίῃ καὶ καύματι ἐπιφλέγοντι καὶ ῥύαξι πυρὸς), liegt. – Arrian ist die einzige Quelle für die Fahrtdauer Hannos; vgl. Pereira/Santana, 10. Die genannten 35 Tage scheinen uns von ihm bewusst zur Sprache gebracht zu sein, um die Expedition des Karthagers in Relation zu der des Nearch zu setzen. Einerseits wird damit deutlich, als welch große Leistung die von Alexander initiierte Flottenfahrt anzusehen ist – nahm sie doch ein Vielfaches an Zeit des Hannonischen Unternehmens in Anspruch. Andererseits wird aber gerade durch die im Verhältnis zur Fahrtzeit des Nearch relative Kürze der Expedition Hannos anschaulich, dass im Gegensatz zur Befahrung des Persischen Golfes, bei der die Flotte, wie es der Indiké zu entnehmen ist, bereits mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, die Umfahrung Afrikas noch viel größere Anstrengungen erfordern und somit eine noch größere Leistung darstellen dürfte. 84 Auch in der Anabasis finden wir Kyrene im Zusammenhang mit der indigenen Flora erwähnt: ἀλλὰ ἔν γε τούτῳ τῷ Καυκάσῳ οὐδὲν ἄλλο ὅτι μὴ τέρμινθοι πεφύκασι καὶ σίλφιον, ὡς λέγει Ἀριστόβουλος· ἀλλὰ καὶ ὣς ἐπῳκεῖτο πολλοῖς ἀνθρώποις καὶ πρόβατα πολλὰ καὶ κτήνη ἐνέμοντο, ὅτι καὶ χαίρουσι τῷ σιλφίῳ τὰ πρόβατα, καὶ εἰ ἐκ πολλοῦ πρόβατον σιλφίου αἴσθοιτο, καὶ θεῖ ἐπ' αὐτὸ καὶ τό τε ἄνθος ἐπινέμεται καὶ τὴν ῥίζαν ἀνορύττον καὶ ταύτην κατεσθίει. ἐπὶ τῷδε ἐν Κυρήνῃ ὡς μακροτάτω ἀπελαύνουσι τὰς ποίμνας τῶν χωρίων, ἵνα αὐτοῖς τὸ σίλφιον φύεται. οἱ δὲ καὶ περιφράσσουσι τὸν χῶρον, τοῦ μηδὲ εἰ πελάσειεν αὐτῷ πρόβατα, δυνατὰ γενέσθαι εἴσω παρελθεῖν, ὅτι πολλοῦ ἄξιον Κυρηναίοις τὸ σίλφιον (An. 3,28,6f.). – Sowohl Ind. 43,13, als auch An. 3,28,6f. sind dahingehend interessant, dass das dort erwähnt kyrenische σίλφιον bereits zu Strabons Zeit nahezu ausgestorben (Strab. geogr. 17,3,22), zur Zeit des Plinius dann nur noch aus der Überlieferung bekannt war (Plin. nat. hist. 19,39); vgl. Bosworth, 1980, 371. Beide Stellen exemplifizieren somit wunderbar die zeitliche Beschränkung Arrians auf die Verhältnisse, die er in seinen Quellen vorfindet; s. dazu oben S. 118–129. 85 Cleß, 110 vermutet hier lacunae im Text des Codex A; gerade am Anfang und Ende des Schlusskapitels hat besagter Codex, Cleß zufolge, kleine Lücken. Dem Apparat der Textausgabe von Roos/Wirth ist allerdings zu entnehmen, dass das letzte Blatt des Codex A mit πολυπραγμοσύνης (Ind. 43,10) ende.

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Die Appendix der Indiké (§43)

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setzt wird. Gerade der Verweis auf Kyrene macht das deutlich: Nicht nur wird durch die im Text genannten Orte und Gegenden (Arabien, afrikanische Westküste, Gibraltar, Karthago, Kyrene) eine Umfahrung Afrikas assoziiert, sondern auch mit Kyrene, das, wie aus Alexanders Rede in Opis hervorgeht, bereits dem Herrschaftsgebiet des Makedonenkönigs angehörte (An. 7,9,8: καὶ τὰ ἐξ Αἰγύπτου καὶ Κυρήνης ἀγαθά, ὅσα ἀμαχεὶ ἐκτησάμην, ὑμῖν ἔρχεται), quasi der Zielpunkt eines solchen Unternehmens gesetzt. Damit ist Arrian auch thematisch an den Ausgangspunkt der Appendix, Arabien, wenn nicht zurückgekehrt, so doch diesem zumindest nahe gekommen, woraufhin er die Indiké auch abschließt. Wenn wir jetzt abschließend zusammenfassen, können wir folgendes feststellen: Das Bild, das Arrian von Arabien im letzten Kapitel der Indiké zeichnet, ist komplementär zu dem der Anabasis. Während dort die Vorzüge des Landes in den Mittelpunkt gerückt werden, werden hier die widrigen Verhältnisse herausgehoben. Während dort der Abbruch der drei Forschungsexpeditionen mit der enormen Wegstrecke und der Befürchtung, in ödes Gebiet vorzustoßen, begründet wird, wird hier der Abbruch einer vierten, gegenläufigen Expedition (von der der Leser auch erst hier Kenntnis erhält) deutlich mit den Widrigkeiten des Landes in Verbindung gebracht. Während dort der Fokus mehr auf Seiten der Okkupation Arabiens liegt, tendiert er hier – nicht zuletzt durch den Hinweis sowohl auf die von Alexander ausgesandten Expeditionen, als auch auf Hannos Unternehmen – in Richtung Erforschung der Halbinsel. Nur in der Anabasis erfährt der Leser von den Inseln Arabiens, nur in der Appendix von dessen Festland. Nur in der Anabasis wird mitgeteilt, warum Alexander nach Arabien will, nur in der Appendix, warum er den Zugang auf dem Seeweg sucht. In beiden Werken wird das Arabienunternehmen in einem größeren Rahmen verortet: der Umfahrung Afrikas. In beiden Werken sind im Arabienunternehmen Expansion und Exploration untrennbar miteinander verbunden. Und schließlich wird in beiden Werken eine „Was-wäre-wenn-Situation“ geschaffen, die über den Tod Alexanders hinausweist.

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5. Kapitel: Arrian und Homer Bei unserer Auseinandersetzung mit dem zweiten Proömium der Anabasis1 haben wir dargelegt, welche literarischen Einflüsse für Arrian in seiner Alexandergeschichte von Relevanz sind: Homer, Herodot, Thukydides, Xenophon und das Prosa-Enkomion. Im Verlauf unserer bisherigen Ausführungen konnten wir zeigen, dass sich dieselben Einflüsse auch in der Indiké nachweisen lassen: Arrians Indische Geschichte ist ebenfalls als Lobpreis Alexanders und seiner ἔργα zu lesen; auch in ihr nimmt unser Autor hinsichtlich der Darstellungsstruktur Anleihen bei Xenophon;2 auch in ihr bedient sich Arrian der Thukydideischen Vorlage; auch in ihr ist Herodot ein essenzielles Modell.3 Worauf wir aber bisher noch nicht zu sprechen kamen, ist die Rolle Homers in der Indiké. Auch hierbei wollen wir zunächst einen Blick in die Anabasis werfen. Zwar findet sich in einem Großteil der Sekundärliteratur die Aussage, dass Homer als wichtige Vorlage Arrians gedient habe, aber leider ist eine grundlegende und umfassende Arbeit zu diesem Thema bis 1 2

Siehe oben S. 15–21. Darüber hinaus beschränkt sich Arrians Xenophon-imitatio in der Indiké neben der allerorten zu beobachtenden Verbindung von καί mit einem Demonstrativpronomen (verstärkend/präzisierend) und der Verbindung καί … δέ auf einige wenige Vokabeln und Ausdrücke: ἄλλος καὶ ἄλλος (Ind. 2,3; 16,4; 20,4; 36,9; in Variation: 22,4; 27,5; 41,2); ἀπόμαχος (Ind. 1,4); βλακεύειν (Ind. 23,8); δικαιότης (Ind. 9,7; 9,12); ἐν μέρει (Ind. 14,6); κατακαίνειν (Ind. 7,3; 11,10); κληΐζεσθαι (Ind. 1,6; 2,3; 29,2; 42,4); ναυσίπορος (Ind. 4,6,; 4,16; 5,2); σύσκιος (Ind. 22,8); συνεπηχεῖν (Ind. 24,7); ὠμοβόϊνος (Ind. 16,8; 16,11); vgl. Grundmann, 5; 7–10; Bersanetti, 25ff.; Tonnet, 1988, I 261–66. 3 Arrians imitatio des Herodot in der Indiké (vgl. Boehner, 11; Högemann, 82; Bosworth, 1988, 43; Allison, 206) können wir, neben den im Zusammenhang mit dem Homerischen Wortmaterial aufgeführten Ausdrücken (s. unten S. 277–282), in folgenden Vokabeln und Phrasen ausmachen: ἀτρέμα ἔχειν (Ind. 13,12), γνωσιμαχεῖν (Ind. 13,13), δειμαίνειν (Ind. 40,8), ἐλινύειν (Ind. 29,7; 36,9), κάρτα (Ind. neunmal), ὁ Ἀραβίος κόλπος (Ind. 43,7), ὀπίσω ἀπονοστεῖν (Ind. 43,7), ἄπεδος (Ind. 13,2) und ὑπονοστεῖν (Ind. 29,11; 39,8), wobei wir die beiden zuletzt genannten Vokabeln auch bei Thukydides finden. Außerdem entlehnt Arrian bei Herodot gewisse Einzelphrasen: Vgl. σταδίους δὲ πεντακοσίους κομισθέντες ὁρμίζονται ἐπὶ στόματι λίμνης ἰχθυώδεος (Ind. 41,1) mit μετὰ δὲ ταύτας τὰς χώρας ἰὼν τὰς ἠπειρώτιδας πόλις παρήιε, τῶν ἐν μιῇ λίμνη ἐοῦσα τυγχάνει ὡσεὶ τριήκοντα σταδίων μάλιστά κῃ τὴν περίοδον, ἰχθυώδης τε καὶ κάρτα ἁλμυρή (Hdt. 7,109,2). Vgl. ἅλες δὲ αὐτόματοι γίνονται ἐν τῇ χώρῃ (Ind. 29,14) mit ἅλες τε ἐπὶ τῷ στόματι αὐτοῦ αὐτόματοι πήγνυνται ἄπλετοι (Hdt. 4,53,3). Überhaupt liest sich die Passage des Herodoteischen Skythen-λόγος, der Arrian die Phrase entnommen hat, τῶν δὲ λοιπῶν Βορυσθένης ἐστὶ πολυαρκέστατος, ὃς νομάς τε καλλίστας καὶ εὐκομιδεστάτας κτήνεσι παρέχεται ἰχθῦς τε ἀρίστους διακριδὸν καὶ πλείστους, πίνεσθαί τε ἥδιστός ἐστι, ῥέει τε καθαρὸς παρὰ θολεροῖσι, σπόρος τε παρ' αὐτὸν ἄριστος γίνεται, ποίη τε, τῇ οὐ σπείρεται ἡ χώρη, βαθυτάτη· ἅλες τε ἐπὶ τῷ στόματι αὐτοῦ αὐτόματοι πήγνυνται ἄπλετοι· κήτεά τε μεγάλα ἀνάκανθα, τὰ ἀντακαίους καλέουσι, παρέχεται ἐς ταρίχευσιν, ἄλλα τε πολλὰ θωμάσαι ἄξια (Hdt. 4,53,2f.), wie eine Kontrastfolie zu einem großen Abschnitt des Fischesser-Exkurses: ἔνθα δὲ βαθέα ἐστίν, ὑπολείπεταί τι τοῦ ὕδατος καὶ ἐν τῷδε κάρτα πολλοὶ ἰχθύες, οἱ μὲν πολλοὶ σμικροὶ αὐτῶν, οἳ δὲ καὶ μέζονες· τούτοις περιβάλλοντες τὰ δίκτυα αἱρέουσι. σιτέονται δὲ ὠμοὺς μέν, ὅπως ἀνειρύουσιν ἐκ τοῦ ὕδατος, τοὺς ἁπαλωτάτους αὐτῶν· τοὺς δὲ μέζονάς τε καὶ σκληροτέρους ὑπὸ ἡλίῳ αὐαίνοντες, εὖτ' ἂν ἀφαυανθῶσι, καταλοῦντες ἄλευρα ἀπ' αὐτῶν ποιέονται καὶ ἄρτους, οἳ δὲ μάζας ἐκ τούτων τῶν ἀλεύρων πέσσουσι. καὶ τὰ βοσκήματα αὐτοῖσι τοὺς ἰχθύας ξηροὺς σιτέονται· ἡ γὰρ χώρη ἔρημος λειμώνων οὐδὲ ποίην φέρει. θηρεύουσι δὲ καὶ καράβους πολλαχῆ καὶ ὄστρεια καὶ τὰ κογχύλια· ἅλες δὲ αὐτόματοι γίνονται ἐν τῇ χώρῃ· ἀπὸ τούτων ἔλαιον ποιέουσιν. οἳ μὲν δὴ αὐτῶν ἐρήμους τόπους οἰκέουσιν ἄδενδρόν τε τὴν χώρην καὶ ἄφορον καρπῶν ἡμέρων, τούτοισιν ἀπὸ τῶν ἰχθύων ἡ πᾶσα δίαιτα πεποίηται· ὀλίγοι δὲ αὐτῶν σπείρουσιν ὅσον τῆς χώρης, καὶ τούτῳ κατάπερ ὄψῳ χρῶνται πρὸς τοὺς ἰχθύας· ὁ γὰρ σῖτος αὐτοῖσίν εἰσιν οἱ ἰχθύες (Ind. 29,11−15).

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5. Kapitel: Arrian und Homer

dato ein Desiderat der Forschung. Eine erschöpfende, profunde Aufarbeitung dieser Thematik kann auch die vorliegende Abhandlung nicht leisten − würde es doch den Rahmen unserer Untersuchung sprengen. Im Folgenden werden wir daher nur einige ausgewählte Textpassagen der Anabasis exemplarisch herausgreifen, in denen Arrians Bezugnahmen auf Homer deutlich werden.

Homerreminiszenzen in der Anabasis Von Arrian wird an zwei Stellen der Anabasis eine Beziehung zwischen Achill und Alexander explizit zum Ausdruck gebracht. Zum einen im ersten Buch, zu dem Handlungszeitpunkt, als Alexander Kleinasien erreicht und Ilion besucht. Dort lesen wir: θῦσαι δὲ αὐτὸν καὶ Πριάμῳ ἐπὶ τοῦ βωμοῦ τοῦ Διὸς τοῦ Ἑρκείου λόγος κατέχει, μῆνιν Πριάμου παραιτούμενον τῷ Νεοπτολέμου γένει, ὃ δὴ ἐς αὐτὸν καθῆκεν (An. 1,11,8). Geopfert soll er auch dem Priamos auf dem Altar des Zeus Herkeios haben, um dadurch den Zorn des Priamos gegen das Geschlecht des Neoptolemos abzuwenden ‒ diesem Geschlecht nämlich gehörte er selbst an. Und: οἱ δὲ, ὅτι καὶ τὸν Ἀχιλλέως ἄρα τάφον ἐστεφάνωσεν· Ἡφαιστίωνα δὲ λέγουσιν ὅτι τοῦ Πατρόκλου τὸν τάφον ἐστεφάνωσε· καὶ εὐδαιμόνισεν ἄρα, ὡς λόγος, Ἀλέξανδρος Ἀχιλλέα, ὅτι Ὁμήρου κήρυκος ἐς τὴν ἔπειτα μνήμην ἔτυχε. καὶ μέντοι καὶ ἦν Ἀλεξάνδρῳ οὐχ ἥκιστα τούτου ἕνεκα εὐδαιμονιστέος Ἀχιλλεύς, ὅτι ... (An. 1,12,1f.). Andere berichten, dass Alexander auch das Grab des Achilleus bekränzte, und von Hephaistion heißt es, er habe das gleiche am Grabe des Patroklos getan. Berichten zufolge aber hat Alexander Achill gepriesen, weil ihm in Homer ein Verkünder seines Ruhmes bei der Nachwelt zuteil geworden sei. Und in der Tat, nicht ohne Grund konnte Alexander Achilles glücklich preisen, … Die Aussagen werden zwar von Arrian als Quellenzitate aus der Vulgata gegeben, beinhalten aber in gewisser Weise auch auktoriale Äußerungen: So wird Alexanders Abstammung mütterlicherseits von Achill in An. 1,11,8 freilich als Relativsatz innerhalb der indirekten Rede gegeben; dadurch aber, dass der indikativische Relativsatz markant das Schlusskolon bildet und durch δή noch besondere Betonung erfährt, wird Arrians Dafürhalten zumindest spürbar. Und in An. 1,12,2 wird mit καὶ μέντοι Alexanders Glücklichpreisen des Achill, das im vorhergehenden Satz noch als λόγος präsentiert wurde, von Arrian sozusagen als Faktum näher ausgeführt und bildet den Anker für das zweite Proömium. Expliziter äußert sich unser Autor über die Beziehung Alexander–Achill dann an einer zweiten Stelle des Werkes. Im letzten Buch der Anabasis, im Zusammenhang mit dem Tode Hephaistions, schreibt Arrian: Dass Alexander persönlich sich zu Ehren des Toten das Haar abschnitt, halte ich im Übrigen wohl für möglich; er scheint sich dabei an sein Vorbild Achill gehalten zu haben, dem er seit Kindheitstagen es gleichzutun bemüht war (An, 7,14,4).

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Homerreminiszenzen in der Anabasis

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Und: So war denn auch der Tod Hephaistions für Alexander deshalb ein so großes Missgeschick gewesen, dem er, wie ich glaube, lieber darin vorausgegangen wäre, als dass er es erleben musste, ähnlich wie meiner Meinung nach selbst Achilles lieber vor dem Freund gestorben als dessen Rächer geworden wäre (An. 7,16,8). Ebenso wie im ersten Buch wird auch in An. 7,14,4 die Information von Arrian als Quellenzitat gegeben; diesmal jedoch um eine auktoriale Äußerung erweitert: Auf Basis der Wahrscheinlichkeit hält es Arrian für denkbar, dass sich Alexander aus Trauer um seinen verstorbenen Freund die Haare abgeschoren und damit seinem Vorbild Achill nachgeeifert habe.4 Mit seiner Äußerung in An. 7,16,8 projiziert Arrian gar die Trauer Achills auf Alexander und spielt damit thematisch auf die Klage des Peliden um Patroklos an: Jetzt aber liegst du da, zerfleischt, und mein Herz ist / ungestärkt von Trank und Speise, obwohl sie im Haus sind, / in der Sehnsucht nach dir. Denn nichts anderes, Schlimmeres könnte mir geschehen, / auch nicht, wenn ich von dem Vater erführe, dass er hingegangen (Hom. Il. 19,319−322, Übersetzung: Schadewaldt). Und: Denn früher hoffte mir immer der Mut in der Brust, / dass ich allein hinschwinden werde, fern von Argos, dem pferdenährenden, / hier in Troja; du aber würdest nach Phthia heimkehren (Hom. Il. 19,328ff., Übersetzung: Schadewaldt). Es ist mitnichten Zufall, dass die einzigen Erwähnungen des Achill in der Anabasis sich ausgerechnet im ersten und letzten Buch – in beiden Fällen relativ mittig − finden und jeweils im Zusammenhang mit Alexander stehen. Wird doch so die Anabasis, mit der Arrian des Alexanders, als des zweiten Achill, in heroischem Maße zu gedenken beabsichtigt − wobei das Werk selbst als eine Art zweite Ilias verstanden werden soll −, gerahmt. Durch diese Rahmung bedarf es innerhalb der Anabasis keiner weiteren expliziten Bezugnahmen auf die Beziehung Achill–Alexander. Stattdessen wird von Arrian immer wieder implizit auf Achill, und damit auch auf Homer, Bezug genommen. Besonders deutlich wird das in Alexanders Rede am Hyphasis, bei der es sich, wie von Bosworth, 1988, 123−134 gezeigt, um eine von Arrian frei erfundene Rede handelt: πονούντων τοι καὶ κινδυνευόντων τὰ καλὰ ἔργα, καὶ ζῆν τε ξὺν ἀρετῇ ἡδὺ καὶ ἀποθνήσκειν κλέος ἀθάνατον ὑπολειπομένους. ἢ οὐκ ἴστε ὅτι ὁ πρόγονος ὁ ἡμέτερος οὐκ ἐν Τίρυνθι οὐδὲ Ἄργει, ἀλλ' οὐδὲ ἐν Πελοποννήσῳ ἢ Θήβαις μένων ἐς τοσόνδε κλέος ἦλθεν ὡς θεὸς ἐξ ἀνθρώπου γενέσθαι ἢ δοκεῖν; (An. 5,26,4f.).5

4 5

Alexanders Handlung und Arrians Kommentar beziehen sich auf Hom. Il. 18,26f.: αὐτὸς δ' ἐν κονίῃσι μέγας μεγαλωστὶ τανυσθεὶς / κεῖτο, φίλῃσι δὲ χερσὶ κόμην ᾔσχυνε δαΐζων. Durch die Nennung von Tiryns, Argos, Theben und der Peloponnes sind natürlich auch die anderen Personen des Mythos, denen Alexander nacheifert, mit einbezogen: Perseus (vgl. An. 3,3,1), Herakles (vgl. z.B. An. 2,18,1) und Dionysos (vgl. z.B. An. 5,2,1); zu Alexanders aemulatio dieser Götter und Heroen s. z.B. Stadter, 1980, 103; Montgomery, 175ff.; Ambaglio, 26. – Gerade Arrians Betonung der Nachahmung des Herakles durch Alexander könnte auch als Hommage an Hadrian verstanden werden. So sah sich Hadrian selbst, wie Den Boer, 1955, 128f. zeigt, als Nachfolger des Herakles und Philipps II. von Makedonien (Das makedoni-

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5. Kapitel: Arrian und Homer Mühen und Gefahren führen zu großen Taten, ein Leben in Tapferkeit ist wahrhaft schön, und ein Tod, der bei der Nachwelt Ruhm hinterlässt. Oder wisst ihr nicht, dass unser Vorfahr niemals zu solchem Ruhme gelangt wäre, so dass er, obwohl Mensch, ein Gott wurde oder wenigstens als ein Gott gilt, wäre er in Tiryns oder Argos, auf dem Peloponnes oder in Theben geblieben?

Bosworth, 1995, 350 ist es auch, der darauf hingewiesen hat, dass die zitierte Passage als Variation der Rede Achills zur Bittgesandtschaft des Agamemnon verstanden werden will: (410)

(415)

μήτηρ γάρ τέ μέ φησι θεὰ Θέτις ἀργυρόπεζα διχθαδίας κῆρας φερέμεν θανάτοιο τέλος δέ. εἰ μέν κ' αὖθι μένων Τρώων πόλιν ἀμφιμάχωμαι, ὤλετο μέν μοι νόστος, ἀτὰρ κλέος ἄφθιτον ἔσται· εἰ δέ ' κεν οἴκαδ ἵκωμι φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν, ὤλετό μοι κλέος ἐσθλόν, ἐπὶ δηρὸν δέ μοι αἰὼν ἔσσεται, οὐδέ κέ μ' ὦκα τέλος θανάτοιο κιχείη (Hom. Il. 9,410–16).

Denn die Mutter sagt, die Göttin, die silberfüßige Thetis, / dass mich zweifache Lose fuhren zum Ziel des Todes: / Wenn ich hierbleibe und kämpfe um die Stadt der Troer, / ist mir verloren die Heimkehr, doch wird unvergänglich der Ruhm sein. / Wenn ich aber nach Hause gelange ins eigene väterliche Land, / ist mir verloren der gute Ruhm, doch wird mir lange das Leben / dauern und mich nicht schnell das Ziel des Todes erreichen. (Übersetzung: Schadewaldt) Wie Breebaart, 117 herausarbeitet, wird in der Rede am Hyphasis besonders deutlich, dass Arrian den Wesenskern Alexanders in seiner Verfolgung eines epischen Heldideals gesehen habe. Alexanders Streben nach unsterblichem Ruhm, der nur durch Mühen und Anstrengungen zu erlangen ist, wird in der Rede als ideologischer Kern seines Lebenswerks pointiert. Arrian sieht in den Heldensagen indirekt die Ursache für Alexanders ἔργα − wird Alexander doch erst durch deren Nachahmung zu eigenen Höchstleistungen angetrieben. Darüber hinaus gibt der Mythos den Rahmen vor, in dem Alexanders Leistungen eingeordnet werden müssen: Mythische und historische Welt sind in gewisser Weise damit untrennbar verbunden.6 Arrians Akzent auf Alexanders aemulatio von Göttern und Heroen dient auch dazu, den Charakterzug des Ehrgeizes (im positiven Sinne) bei seinem Protagonisten darzustellen.7 Das in der Rede gepriesene πόνος-Ideal,8 mit seinem Akzent auf Anstrengung und Ausdauer, ist der Ethik des Rittertums und des Adels entlehnt.9 Und genau dieser Ethik fühlt sich Alexander in Arrians Darstellung verpflichtet: Das zeigt sich nicht nur in seiner Großzügigkeit gegenüber besiegten Gegnern (vgl. z.B. An. 1,22,7;

6 7 8

9

sche Herrscherhaus führte sein Geschlecht auf Herakles zurück.), die er bei Einführung in die Eleusinischen Mysterien als Vorbilder angab: post haec per Asiam et insulas ad Achaiam navigavit et Eleusinia sacra exemplo Herculis Philippique suscepit (Vita Hadr. 13,1). Vgl. Breebaart, 109. Vgl. Montgomery, 178; Breebaart, 117. Vgl. An. 5,26,1: πέρας δὲ τῶν πόνων γενναίῳ μὲν ἀνδρὶ οὐδὲν δοκῶ ἔγωγε ὅτι μὴ αὐτοὺς τοὺς πόνους, ὅσοι αὐτῶν ἐς καλὰ ἔργα φέρουσιν. Und An. 5,26,6: ἐπεὶ καὶ ἡμῖν αὐτοῖς τί ἂν μέγα καὶ καλὸν κατεπέπρακτο, εἰ ἐν Μακεδονίᾳ καθήμενοι ἱκανὸν ἐποιούμεθα ἀπόνως τὴν οἰκείαν διασώζειν, Θρᾷκας τοὺς ὁμόρους ἢ Ἰλλυριοὺς ἢ Τριβαλλοὺς ἢ καὶ τῶν Ἑλλήνων, ὅσοι οὐκ ἐπιτήδειοι ἐς τὰ ἡμέτερα, ἀναστέλλοντες; Vgl. Breebaart, 120.

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Homerreminiszenzen in der Anabasis

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2,12,5; 2,15,3f.; 3,22,5), sondern auch in seiner „ritterlichen“ Behandlung der Rhoxane und der Gattin des Dareios (An. 4,19,5), die von Arrian ausdrückliches Lob erfährt:10 Diesen Zug an Alexander habe ich mehr zu loben als zu tadeln. Denn obwohl er im Jünglingsalter war und obendrein in der Hochstimmung seines Erfolges, in dem die Menschen allzu leicht zu Übergriffen neigen, hatte er selbst nicht die Gattin des Dareios begehrt, wie es heißt, die schönste aller Frauen in ganz Asien, oder aber er hatte seine Begierden im Zaum zu halten vermocht. Dass er ihr nichts antat, sondern sie in Scheu verehrte, ist Zeichen eines hohen Maßes an Fähigkeit zu weiser Zurückhaltung und zugleich eines durchaus sinnvollen Strebens nach wirklichem Ruhm (An. 4,19,6). Hinter dem Handeln Alexanders sieht Arrian dessen Streben nach Ruhm wirksam. Nicht nur in der Schlacht will Arrians Alexander αἰὲν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων (Hom. Il. 11,784), sondern auch in anderen Lebensbereichen.11 Doch sind es besonders die Kampfdarstellungen, in denen Arrian dem Leser Alexander als Abbild eines Homerischen Helden präsentiert. So lesen wir etwa im Kontext der Verwundung Alexanders bei den Mallern: δῆλος μὲν ἦν Ἀλέξανδρος ὢν τῶν τε ὅπλων τῇ λαμπρότητι καὶ τῷ ἀτόπῳ τῆς τόλμης, ἔγνω δὲ ὅτι αὐτοῦ μὲν μένων κινδυνεύσει μηδὲν ὅ τι καὶ λόγου ἄξιον ἀποδεικνύμενος, καταπηδήσας δὲ εἴσω τοῦ τείχους τυχὸν μὲν αὐτῷ τούτῳ ἐκπλήξει τοὺς Ἰνδούς, εἰ δὲ μή, καὶ κινδυνεύειν δέοι, μεγάλα ἔργα καὶ τοῖς ἔπειτα πυθέσθαι ἄξια ἐργασάμενος οὐκ ἀσπουδεὶ ἀποθανεῖται – ταῦτα γνοὺς καταπηδᾷ ἀπὸ τοῦ τείχους ἐς τὴν ἄκραν (An. 6,9,5). Er selbst, unverkennbar durch den Glanz seiner Waffen und seine unglaubliche Tollkühnheit, war sich darüber im Klaren, dass er sich an diesem Platze nur sinnlos gefährdete, ohne etwas wirklich Bedeutendes zu leisten, ein Sprung von der Mauer in die Festung hinein aber möglicherweise die Inder verblüffte. Im Falle aber, dies gelinge nicht und es sei nötig, Gefahren zu durchstehen, würde er so wenigstens etwas an Taten vollbringen, die würdig seien, der Nachwelt zur Kenntnis zu gelangen, und nicht ohne tapferen Kampf zugrunde gehen. In solchem Entschluss also sprang er die Mauer hinab in die Burg. Alexanders Gedankengang ist, wie zuerst von Breebaart, 118 gesehen, eine Variation der Worte Hektors an seinen Kontrahenten vor dem tödlichen Kampf mit Achill: μὴ μὰν ἀσπουδί γε καὶ ἀκλειῶς ἀπολοίμην, ἀλλὰ μέγα ῥέξας τι καὶ ἐσσομένοισι πυθέσθαι (Hom. Il. 22,304f.). Wahrhaftig! nicht ohne Mühe und ruhmlos will ich zugrunde gehen, / sondern etwas Großes tun, auch für die Späteren zu erfahren. (Übersetzung: Schadewaldt) Wie in der Homerischen Vorlage lässt Arrian seinen Protagonisten den Wunsch hegen, durch den Ruhm, den große Taten nach sich ziehen, über den eigenen Tod hinaus fortzuleben. Überhaupt weist die ganze Maller-Episode ein Homerische Färbung auf: Gleich zweimal wird der Schild, den Alexander aus Ilion mitgenommen hatte (An. 1,11,7f.), von Arrian erwähnt (An. 10 Vgl. Breebaart, 119; 122. 11 Dass auch bei Homer zum persönlichen Ruhmesstreben eine gewisse Orientierung an den Interessen der Gemeinschaft hinzukommen muss, offenbart sich in der Ilias am Kontext, in dem der Rat des Peleus an seinen Sohn Achill eingebettet ist (Hom. Il. 11,762ff.); vgl. Henze, Sarah, Adel im antiken Drama. Eugeneia bei Aischylos, Sophokles und Euripides, Tübingen 2015, 12693.

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5. Kapitel: Arrian und Homer .

6,9,3 und 10,2), wobei jedes Mal dessen Heiligkeit und Herkunftsort betont werden. Und so wie in der Ilias Agamemnon während seiner Aristie trotz Verwundung weiterkämpft, αὐτὰρ ὃ τῶν ἄλλων ἐπεπωλεῖτο στίχας ἀνδρῶν ἔγχεΐ τ' ἄορί τε μεγάλοισί τε χερμαδίοισιν, ὄφρά οἱ αἷμ' ἔτι θερμὸν ἀνήνοθεν ἐξ ὠτειλῆς (Hom. Il. 11,264ff.). Er aber ging gegen die Reihen der anderen Männer / mit der Lanze und mit dem Schwert und großen Steinen, / solange ihm das Blut noch warm hervorquoll aus der Wunde. (Übersetzung: Schadewaldt) tut es auch Alexander, nachdem er von einem Pfeil getroffen wurde: ὁ δέ, ἔστε μὲν ἔτι θερμὸν ἦν αὐτῷ τὸ αἷμα, καίπερ κακῶς ἔχων ἠμύνετο (An. 6,10,2). Dennoch kämpfte er weiter, solange das Blut warm war, obwohl es ihm schlecht ging. Welche Wirkung der „Homerische Held“ Alexander auf Außenstehende hat, zeigt Arrians Darstellung der Zusammenkunft des Makedonenkönigs mit einer Gesandtschaft aus Nysa: ὡς δὲ ἐπέβη τῇ Νύσῃ Ἀλέξανδρος, ἐκπέμπουσι παρ' αὐτὸν οἱ Νυσαῖοι τὸν κρατιστεύοντα σφῶν, ὄνομα δὲ ἦν αὐτῷ Ἄκουφις, καὶ ξὺν αὐτῷ πρέσβεις τῶν δοκιμωτάτων τριάκοντα, δεησομένους Ἀλεξάνδρου ἀφεῖναι τῷ θεῷ τὴν πόλιν. παρελθεῖν τε δὴ ἐς τὴν σκηνὴν τὴν Ἀλεξάνδρου τοὺς πρέσβεις καὶ καταλαβεῖν καθήμενον κεκονιμένον ἔτι ἐκ τῆς ὁδοῦ ξὺν τοῖς ὅπλοις τοῖς τε ἄλλοις καὶ τὸ κράνος [αὐτῷ] περικείμενον καὶ τὸ δόρυ ἔχοντα· θαμβῆσαί τε ἰδόντας τὴν ὄψιν καὶ πεσόντας ἐς γῆν ἐπὶ πολὺ σιγὴν ἔχειν. ὡς δὲ ἐξανέστησέ τε αὐτοὺς Ἀλέξανδρος καὶ θαρρεῖν ἐκέλευσε, τότε δὴ τὸν Ἄκουφιν ἀρξάμενον λέγειν ὧδε (An. 5,1,3f.). Bei Alexanders Ankunft in Nysa schickten ihm die Nysäer ihren Herrscher namens Akuphis und mit ihm dreißig der Angesehensten als Gesandte entgegen, die ihn bitten sollten, er möge ihre Stadt, dem Gott zu Ehren, in Ruhe lassen. Die Gesandten kamen, wie es heißt, zu Alexanders Zelt und fanden ihn dasitzend, noch staubbedeckt vom Marsch, in voller Rüstung, den Helm auf dem Kopf und den Speer in der Hand. Voller Staunen fielen sie bei diesem Anblick auf den Boden und schwiegen lange, und erst, als Alexander sie aufstehen und Mut fassen hieß, hob Akuphis mit seiner Rede an. Auch in dieser Episode bedient sich Arrian der Homerischen Vorlage. So erinnert die ganze Szene an die Abordnung der Herolde, die von Agamemnon zu Achill ausgesandt werden, um die Briseis abzuholen: (330)

(335)

τὸν δ' εὗρον παρά τε κλισίῃ καὶ νηῒ μελαίνῃ ἥμενον· οὐδ' ἄρα τώ γε ἰδὼν γήθησεν Ἀχιλλεύς. τὼ μὲν ταρβήσαντε καὶ αἰδομένω βασιλῆα στήτην, οὐδέ τί μιν προσεφώνεον οὐδ' ἐρέοντο αὐτὰρ ὃ ἔγνω ᾗσιν ἐνὶ φρεσὶ φώνησέν τε· χαίρετε κήρυκες Διὸς ἄγγελοι ἠδὲ καὶ ἀνδρῶν, ἆσσον ἴτ'· ... (Hom. Il. 1,329−335).

Und ihn fanden sie bei der Hütte und dem Schiff, dem schwarzen, / sitzend, und nicht freute sich, sie zu sehen, Achilleus. Und die beiden standen da, in Furcht und Scheu vor

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Homerreminiszenzen in der Anabasis

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dem König, / und redeten ihn nicht an und befragten ihn nicht. Er aber erkannte es in seinem Sinn und sagte: / Freut euch, Herolde! ihr Boten des Zeus wie auch der Männer! / Kommt näher! (Übersetzung: Schadewaldt) Wie in der Ilias finden die Gesandten Alexander im Zelt vor (Dieser ist vom Marsch noch staubbedeckt – eine wörtliche Anspielung auf Hom. Il. 21,541: κεκονιμένοι ἐκ πεδίοιο.), und wie in der Ilias eröffnet der Aufgesuchte das Gespräch, da es den Besuchern die Sprache verschlagen hat. Der Grund für die Sprachlosigkeit ist freilich ein anderer: θαμβῆσαί ἰδόντας τὴν ὄψιν (An. 5,1,4). Dasselbe erstaunte Betrachten finden wir auch in der Ilias, als Zeus am zweiten Schlachttag in den Kampf eingreift: αὐτὸς δ' ἐξ Ἴδης μεγάλ' ἔκτυπε, δαιόμενον δὲ ἧκε σέλας μετὰ λαὸν Ἀχαιῶν· οἳ δὲ ἰδόντες θάμβησαν, καὶ πάντας ὑπὸ χλωρὸν δέος εἷλεν (Hom. Il. 8,75ff.). Und selber dröhnte er vom Ida her gewaltig, und einen brennenden Glanz / schickte er in das Volk der Achaier. Und die, wie sie es sahen, / erstarrten, und alle ergriff die blasse Furcht. (Übersetzung: Schadewaldt) Der Alexander der Arrianischen Anabasis ist mehr als ein Mensch, was unser Autor im Nekrolog auch unumwunden zugibt: οὐδὲ ἐμοὶ ἔξω τοῦ θείου φῦναι ἂν δοκεῖ ἀνὴρ οὐδενὶ ἄλλῳ ἀνθρώπων ἐοικώς (An. 7,30,2). Nicht zuletzt offenbart sich das Übermenschliche in Alexanders Erscheinungsbild: τό σῶμα κάλλιστος (An. 7,28,1). Auch hierin gleicht er einem Homerischen Helden; lässt doch der Dichter den Achill zu Lykaon sagen (Hom. Il. 21,108): οὐχ ὁράᾳς οἷος καὶ ἐγὼ καλός τε μέγας τε; ‒ Siehst du nicht, wie auch ich schön bin und groß? (Übersetzung: Schadewaldt). Arrian ist sich, wenn er, so wie Homer den Achill, Alexander preist, freilich auch ‒ wie schon der Epiker in der Ilias ‒ der Schwächen seiner Figur bewusst.12 Eine davon ist dessen gelegentlich aufwallender Zorn. So schreibt Arrian im Zusammenhang mit der im Zorn erfolgten Tötung des Kleitos: ἀπελθόντα δὲ [sc. λέγουσιν] ἐς τὴν εὐνὴν κεῖσθαι ὀδυρόμενον, αὐτόν τε τὸν Κλεῖτον ὀνομαστὶ ἀνακαλοῦντα ... φονέα τε τῶν φίλων οὐ διαλείπειν αὑτὸν ἀνακαλοῦντα, ἄσιτόν τε καὶ ἄποτον καρτερεῖν ἔστε ἐπὶ τρεῖς ἡμέρας, οὐδέ τινα ἄλλην θεραπείαν θεραπεῦσαι τὸ σῶμα. καὶ ἐπὶ τούτοις τῶν μάντεών τινες μῆνιν ἐκ Διονύσου ᾖδον, ὅτι ἡ θυσία ἐξελείφθη Ἀλεξάνδρῳ ἡ τοῦ Διονύσου (An. 4,9,3ff.). [Es wird berichtet], er habe sein Lager aufgesucht und dort gejammert, in einem fort den Namen des Kleitos gerufen … Unaufhörlich nannte er sich einen Mörder seiner Freunde, blieb drei Tage ohne Trank und Nahrung und vernachlässigte auch sein körperliches Befinden. Im Zusammenhang damit sprachen einige der Seher in erhabenen Tönen vom Zorn des Dionysos, da Alexander ihm das gebührende Opfer zu bringen unterlassen hatte. Wie von Bosworth, 1995, 64 gesehen, wird im letzten Satz der zitierten Passage wörtlich auf den Beginn der Ilias angespielt: μῆνιν ἄειδε θεὰ Πηληϊάδεω Ἀχιλῆος (Hom. Il. 1,1). Den Zorn singe, Göttin, des Peleus-Sohns Achilleus. (Übersetzung: Schadewaldt) 12 Vgl. Stadter, 1980, 89.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Arrians vorausgehender Bericht über das schlechte Befinden Alexanders nach der Ermordung des Kleitos hat diese Reminiszenz schon beinahe provoziert: Hat sich doch Alexander aus seiner Umwelt zurückgezogen und seinen Emotionen hingegeben. Er ist das Opfer der μῆνις13 des Dionysos − damit indirekt aber auch das des eigenen („Achilleischen“) Zornes.14 Im Hinblick auf Arrians Homeranspielungen in der Indiké wollen wir abschließend noch zeigen, dass die Homerreminiszenzen in der Anabasis nicht allein auf Alexander beschränkt sind, sondern auch in Bezug auf andere Charaktere Anwendung finden. So erfährt der Leser in Arrians Darstellung der Aristie des Ptolemaios auf dem Weg zum Indus: ὁ δὲ [= indischer Anführer] ὡς πελάζοντα ἤδη κατεῖδε τὸν Πτολεμαῖον, αὐτός τε μεταβάλλει ἐς τὸ ἔμπαλιν καὶ οἱ ὑπασπισταὶ ξὺν αὐτῷ. καὶ ὁ μὲν Ἰνδὸς τοῦ Πτολεμαίου διὰ τοῦ θώρακος παίει ἐκ χειρὸς ἐς τὸ στῆθος ξυστῷ μακρῷ, καὶ ὁ θώραξ ἔσχε τὴν πληγήν· Πτολεμαῖος δὲ τὸν μηρὸν διαμπὰξ βαλὼν τοῦ Ἰνδοῦ καταβάλλει τε καὶ σκυλεύει αὐτόν. ὡς δὲ τὸν ἡγεμόνα σφῶν κείμενον οἱ ἀμφ' αὐτὸν εἶδον, οὗτοι μὲν οὐκέτι ἔμενον, οἱ δὲ ... (An. 4,24,4f.). Dieser sah Ptolemaios herankommen, wandte sich um, seine Leibwächter mit ihm, und schoss eine Lanze auf ihn ab, die in den Panzer des Ptolemaios eindrang, von diesem jedoch abgefangen wurde. Darauf aber durchschoss Ptolemaios dem Inder den Schenkel, hieb ihn nieder und nahm ihm die Rüstung ab. Dessen Leute gaben jetzt, als sie ihn so daliegen sahen, den Widerstand auf ‒ die Feinde jedoch … Wie Bosworth, 1995, 162f. und 1996, 45f. darlegt, besitzt diese Passage „Homeric colouring“. Nicht nur ist das Abprallen eines Geschosses ein für Schlachtszenen der Ilias typisches Geschehen (vgl. z.B. Hom. Il. 3,358; 4,136; 7,252; 11,436), sondern es wird überdies auf die Aristie des Patroklos angespielt. Dort wird, so Bosworth, in für die Ilias einmaliger Weise, der sofortige Tod des Gegners in Folge einer Beinverwundung thematisiert:

(310)

ἔνθα δ' ἀνὴρ ἕλεν ἄνδρα κεδασθείσης ὑσμίνης ἡγεμόνων. πρῶτος δὲ Μενοιτίου ἄλκιμος υἱὸς αὐτίκ' ἄρα στρεφθέντος Ἀρηϊλύκου βάλε μηρὸν ἔγχεϊ ὀξυόεντι, διὰ πρὸ δὲ χαλκὸν ἔλασσε· ῥῆξεν δ' ὀστέον ἔγχος, ὃ δὲ πρηνὴς ἐπὶ γαίῃ κάππεσ'· ἀτὰρ ... (Hom. Il. 16,306–11).

Da ergriff Mann den Mann, als sich die Schlacht zerstreute: / jeder der Führer. Und als erster traf des Menoitios streitbarer Sohn / den Areilykos, als er sich eben wandte, in den 13 Arrians Gebrauch der Vokabel μῆνις an dieser Stelle ist umso markanter, als dass er sie zum einen nur wenig später im Text erneut verwendet: καὶ τῷ Διονύσῳ τὴν θυσίαν ἀπέδωκεν, ἐπεὶ οὐδὲ αὐτῷ ἄκοντι ἦν ἐς μῆνιν τοῦ θείου μᾶλλόν τι ἢ τὴν αὑτοῦ κακότητα ἀναφέρεσθαι τὴν ξυμφοράν (An. 4,9,5). Zum anderen findet sich der Ausdruck nur noch in der bereits zitierten Stelle An. 1,11,8, dem Opfer Alexanders an Priamos zur Abwendung dessen Zornes gegen das Geschlecht des Neoptolemos. Hier wie dort wird auf die Ilias Bezug genommen! (Wenn Arrian zudem schreibt, dass der Abfall der Thebaner οὐκ ἔξω τοῦ εἰκότος ἐς μῆνιν τὴν ἀπὸ τοῦ θείου ἀνηνέχθη [An. 1,9,7], sehen wir darin keinen direkten Widerspruch zu unserer Interpretation, da unser Autor sowohl die Information seiner Quelle referiert, als auch in Form einer Synkrisis [An. 1,9,1−8] gerade die historische Dimension der Einnahme Thebens würdigt.) – Nach Mensch/Romm, 327 ist auch Arrians Verwendung des Begriffs ἔρις (An. 2,27,6; 6,24,3 und 7,23,5) an den jeweiligen Stellen der Anabasis von Signifikanz. 14 Vgl. Bosworth, 1995, 64.

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Homerreminiszenzen in der Anabasis

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Schenkel / mit der spitzen Lanze, und durch und durch trieb er das Erz. / Und den Knochen zerbrach die Lanze, und vornüber stürzte er nieder / auf die Erde. (Übersetzung: Schadewaldt) Unterstrichen wird der epische Ton der Episode von Arrian noch zusätzlich dadurch, dass der direkte Anschluss mit ὡς δὲ τὸν ἡγεμόνα σφῶν κείμενον vier Daktylen aufweist, entsprechend dem Versanfang eines Hexameters.15 Eine weitere Homerreminiszenz Arrians können wir bei Eingreifen der Truppenverbände des Krateros in die Schlacht gegen Poros beobachten: καὶ οὗτοι οὐ μείονα τὸν φόνον ἐν τῇ ἀποχωρήσει τῶν Ἰνδῶν ἐποίησαν, ἀκμῆτες ἀντὶ κεκμηκότων τῶν ἀμφ' Ἀλέξανδρον ἐπιγενόμενοι τῇ διώξει (An. 5,18,1). Sie verursachten unter den abziehenden Indern ein nicht geringeres Gemetzel, konnten sie doch, ganz im Gegensatz zu Alexander und dessen ermüdeten Leuten, bei ihrem Eintreffen die Verfolgung mit frischen Kräften aufnehmen. Hier spielt unser Autor wörtlich auf die Aufforderung Nestors an Patroklos an, er solle sich von Achill dessen Waffen geben lassen und die Myrmidonen in den Kampf führen, um den bedrängten Griechen eine Atempause zu verschaffen:16 ῥεῖα δέ κ' ἀκμῆτες κεκμηότας ἄνδρας ἀϋτῇ ὤσαισθε προτὶ ἄστυ νεῶν ἄπο καὶ κλισιάων (Hom. Il. 11,802f.). Leicht mögt ihr Unermüdeten die in der Schlacht ermüdeten Männer / zurückstoßen zur Stadt von den Schiffen und Lagerhütten. (Übersetzung: Schadewaldt) Ebenso wie sich die zitierte Passage bei Homer in der Bitte des Patroklos an Achill (Hom. Il. 16,44f.) noch einmal wörtlich wiederholt findet, wiederholt Arrian dieselbe Homeranspielung in der Rede des Koinos am Hyphasis: ἕψονται δέ σοι ἄλλοι Μακεδόνες καὶ ἄλλοι Ἕλληνες, νέοι τε ἀντὶ γερόντων καὶ ἀκμῆτες ἀντὶ κεκμηκότων, καὶ οἷς τὰ τοῦ πολέμου διὰ τὸ ἀπείρατον ἔς τε τὸ παραυτίκα οὐ φοβερὰ καὶ κατὰ τὴν τοῦ μέλλοντος ἐλπίδα ἐν σπουδῇ ἔσται (An. 5,27,8). Es werden dir dann andere Makedonen folgen und andere Griechen, anstelle der alt gewordenen Soldaten wirst du junge um dich haben, unverbrauchte Männer statt der müde gewordenen, solche, die den Krieg noch nicht kennen und daher für die Gegenwart auch nicht fürchten, in Hoffnung auf das aber, was die Zukunft ihnen bringt. Wie schon in An. 5,18,1 ist auch hier Arrians Homerzitat thematisch mit der Ilias verknüpft: Während das Eingreifen des Krateros den Verbänden Alexanders eine Ruhepause verschafft, zielt die Rede des Koinos als ganze darauf ab, dem kompletten Heer Kampfesruhe zu verschaffen. Bosworth, 1995, 354 weist noch auf eine weitere Parallele zu Homer hin. So wird im direkten Anschluss an die Passage der Ilias, der Arrian das Zitat entnimmt, vom Dichter auf den bevorstehenden Tod des Patroklos verwiesen:

15 Vgl. Bosworth, 1995, 163. 16 Vgl. Bosworth, 1995, 303.

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5. Kapitel: Arrian und Homer ὣς φάτο λισσόμενος μέγα νήπιος· ἦ γὰρ ἔμελλεν οἷ αὐτῷ θάνατόν τε κακὸν καὶ κῆρα λιτέσθαι (Hom. Il. 16,46f.). So sprach er flehend, der groß Kindische. Ja, und er sollte / sich selbst den Tod, den schlimmen, und die Todesgöttin erflehen. (Übersetzung: Schadewaldt)

Auch Koinos, der Wortführer des Heeres gegen Alexander, stirbt kurze Zeit später bei den Vorbereitungen zur Indusfahrt – allerdings an einer Krankheit (An. 6,2,1).

Homerreminiszenzen in der Indiké Wir wollen uns jetzt Arrians Homerreminiszenzen in der Indiké zuwenden. Diese können in gewisser Weise als indirekte Anspielung auf Xenophon gedeutet werden. Dass Xenophons Anabasis als strukturelles Vorbild für den Paráplous-Teil der Indiké diente, haben wir bereits gezeigt; dass dessen Schrift aber auch homerische Anklänge aufweist, hat Manfred Lossau nachgewiesen. So ist Xenophons Einführung des gleichnamigen Protagonisten (Xen. An. 3,1,4: ἦν δέ τις ἐν τῇ στρατιᾷ Ξενοφῶν Ἀθηναῖος) in ihrer „Formelhaftigkeit, zumal in dieser Position, unverkennbar homerisierend“ (Lossau, 49). Lossau zeigt auf, dass Xenophon gerade auf dem Höhepunkt der Krisis des Griechenheeres durch ein Traumzeichen des Zeus zum Handeln erweckt wird (Xen. An. 3,1,11f.); in den daraufhin von ihm gehaltenen beratenden Reden (Xen. An. 3,1,15−25; 35−41; 3,2,7f.) offenbart sich die πολύμητις des Odysseus, die ihm schließlich die Führungsposition im Heer sichert; hinzu kommt ein glückverheißendes Niesen eines Soldaten in der Besprechung der Lochagen (Xen. An. 3,2,9) – „sogleich am Anfang sind die odysseischen Zeichen gesetzt“ (Lossau, 49). Im Fortgang der Anabasis spielt Xenophon mit Odysseischen Motiven: Das erste Gefecht auf dem Rückweg der Griechen (Xen. An. 3,3,6−10) endet wegen eines taktischen Fehlers mit dem Verlust einiger Soldaten; es trägt „gewisse typische Züge des ersten odysseischen, des Kikonen-Abenteuers“ (Lossau, 50). In Xen. An. 3,2,25 und 4,8,20f. klingt die Lotophagenepisode an, Xen. An. 4,7,1‒14 erinnert an das Kyklopenabenteuer. Auch finden sich mit Euylochos (Xen. An. 4,2,21) und Aineas (Xen. An. 4,7,13) zwei Charaktere mit homerischen Namen; ihre Funktion ist die eines stereotypen Personals, das dem Protagonisten hilfreich zur Seite steht.17 Als der griechische Heereszug endlich das Meer erreicht, finden wir eine ähnliche Situation wie beim Aufenthalt des Odysseus bei den Phaiaken: Die Hälfte des Weges ist zurückgelegt, die Irrwege des Heeres sind beendet und Dankopfer und ein gymnischer Agon (Xen. An. 4,8,25−28) markieren das Ende der erlebten Leiden.18 In diesem Zusammenhang lässt Xenophon den Antileon die Worte äußern (Xen. An. 5,1,2): ἐπιθυμῶ δὲ ἤδη παυσάμενος τούτων τῶν πόνων ... πλεῖν τὸ λοιπὸν καὶ ἐκταθεὶς ὥσπερ Ὀδυσσεὺς ἀφικέσθαι εἰς τὴν Ἑλλάδα ‒ Ich begehre jetzt … frei von diesen Plagen den Rest zu fahren und ausgestreckt wie Odysseus nach Griechenland zu kommen (Übersetzung: Müri/Zimmermann). Nicht nur die Erwähnung des Odysseus verweist klar auf die literarische Vorlage; auch der Inhalt der Aussage hat insoweit Zitatfunktion, als dass er auf Homers Darstellung der Abfahrt des Odysseus von Scheria hindeutet: Odysseus legt sich in das von den Phaiaken bereitgestellte Schiff (Hom. Od. 13,75: κατέλεκτο), vergisst die Leiden und schläft ein (Od. 13,92: εὗδε, λελασμένος ὅσσ' ἐπεπόνθει).19 Mit Xen. An. 17 Vgl. Lossau, 50. 18 Vgl. Lossau, 47. 19 Vgl. Lossau, a.a.O.

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Homerisches Wortmaterial in der Indiké

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7,8,20 und dem Schlusssatz der Anabasis (Xen. An. 7,8,24) schafft Xenophon schließlich eine Art Ringkomposition: Das Heer ist wieder an dem Punkt angelangt, von dem es losgezogen war − so wie bei Homer Odysseus.20 Xenophon konnte freilich, so Lossau, „in seiner Schilderung der Wegstrecken über ein gelegentliches Einstreuen derartiger Reminiszenzen beziehungsweise anspielendes Betonen einschlägiger Ereignisse schwerlich hinausgehen“ (Lossau, 51); doch wo „die Gelegenheit der Assoziation oder auch nur der Anspielung sich ergab, wurde sie wahrgenommen, im Detail und, was vorzüglich Beachtung verdient, im Kompositionellen“ (Lossau, 52). Dem typischen antiken Leser, der gewissermaßen mit Homer aufgewachsen ist, dürften diese Anspielungen viel deutlicher ins Auge gefallen sein, als einem modernen Rezipienten. Und so glauben wir, dass auch Arrian die Homeranklänge wahrgenommen haben dürfte. Ob sie für ihn auch einen mehr oder minder großen Stimulus zur aemulatio dargestellt haben dürften, entzieht sich allerdings einer abschließenden Beurteilung. Was sich jedoch über Arrians Odysseereminiszenzen in der Indiké zweifelsfrei sagen lässt, ist, dass sie dazu dienen sollen, beim Leser Assoziationen zur Schrift Homers hervorzurufen. Denn im Hinblick auf das zweite Proömium der Anabasis ist ein Zweck der Indiké gerade darin zu sehen, „to accompany the Anabasis as a small scale Odyssey to A[rrian]ʼs Iliad“ (Brunt, 444).

Homerisches Wortmaterial in der Indiké Wenn wir im Folgenden Arrians Anspielungen auf Homer untersuchen, müssen wir uns zunächst bewusst machen, dass das epische Wortmaterial der Indiké zu weiten Teilen auch von Herodot übernommen ist, der als der Ὁμηρικώτατος der griechischen Historiker galt.21 Um also hinter Herodotanleihen nicht fälschlicherweise Homeranspielungen Arrians zu mutmaßen, müssen erstere zuvor ausgeschieden werden. Dazu bietet die Tabelle im Anhang B einen Überblick, welches epische Vokabular in der Indiké zu finden ist. Es werden dort sämtliche Stellen aufgelistet, an denen die jeweilige Vokabel in der Indischen Geschichte Verwendung findet und, falls sie auch in der Anabasis gebraucht wird, ihre sämtlichen Belegstellen in Arrians opus magnum. Für die entsprechende Vokabel wird zudem jeweils eine Belegstelle in Ilias und/oder Odyssee und gegebenenfalls bei Herodot aufgelistet. Für eine übersichtliche Auswertung der in der Tabelle erhobenen Befunde wollen wir auf ein Balkendiagramm zurückgreifen. In ihm sind auf der Abszissenachse die einzelnen Kapitel der Indiké aufgetragen, die Ordinate gibt die summarischen Werte der epischen Vokabeln innerhalb eines Kapitels wieder (Die ebenfalls abgedruckte Polynomkurve dient allein der besseren Anschaulichkeit der Verteilung.). Das erste Diagramm zeigt die Verteilung derjenigen Vokabeln, die sowohl bei Homer, als auch bei Herodot zu finden sind:

20 Vgl. Lossau, 51. 21 Long. sublim. 13,3: μόνος Ἡρόδοτος Ὁμηρικώτατος ἐγένετο.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Diagramm 1: Episches Wortmaterial in der Indiké aus Homer und Herodot 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1- -4- -7- -10- -13- -16- -19- -22- -25- -28- -31- -34- -37- -40- -43-

Die Aussagekraft des Diagramms wird aber dadurch verfälscht, dass in manchen Kapiteln bestimmte Vokabeln, zumeist thematisch bedingt, mehrfach vorkommen: So findet sich beispielsweise αἰγιαλός allein im 22. Kapitel achtmal. Wenn wir den Mehrfachgebrauch dieser Vokabeln herausrechnen, indem wir jede Vokabel pro Kapitel nur einmal zählen, erhalten wir folgende Verteilung: Diagramm 2: Episches Wortmaterial in der Indiké aus Homer und Herodot bereinigt um den Mehrfachgebrauch einzelner Vokabeln innerhalb eines Kapitels 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1- -4- -7- -10- -13- -16- -19- -22- -25- -28- -31- -34- -37- -40- -43-

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Homerisches Wortmaterial in der Indiké

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Schon in der Tabelle in Anhang B wird ersichtlich, dass bestimmte epische Vokabeln von Arrian allein in der Indiké gebraucht werden, während sie in der Anabasis nicht nachweisbar sind. Graphisch aufbereitet stellt sich deren Verteilung in der Indiké folgendermaßen dar: Diagramm 3: Episches Wortmaterial aus Homer und Herodot, das ausschließlich in der Indiké vorkommt 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1- -4- -7- -10- -13- -16- -19- -22- -25- -28- -31- -34- -37- -40- -43-

In einem weiteren Schritt der graphischen Aufarbeitung können wir das epische Wortmaterial, das ausschließlich auf Homer zurückzuführen ist, hinsichtlich seiner Verteilung in der Indiké in Diagrammform darstellen: Diagramm 4: Homerisches Wortmaterial in der Indiké 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1- -4- -7- -10- -13- -16- -19- -22- -25- -28- -31- -34- -37- -40- -43-

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Abschließend kann noch die Verteilung derjenigen Vokabeln, die auf Homer zurückgehen und sich ausschließlich in der Indiké, nicht aber in der Anabasis nachweisen lassen, dargestellt werden: Diagramm 5: Homerisches Wortmaterial, das ausschließlich in der Indiké vorkommt 5 4 3 2 1 0 -1-

-4-

-7- -10- -13- -16- -19- -22- -25- -28- -31- -34- -37- -40- -43-

Auf Basis unserer graphischen Auswertung wird bereits deutlich, dass sich das epische Wortmaterial in bestimmten Kapiteln der Indiké konzentriert findet. Um allerdings fundierte Aussagen darüber treffen zu können, ob sich hinter den jeweiligen Vokabeln vom Autor intendierte Anspielungen auf Homer verbergen, oder ob Arrian das Wortmaterial allein des archaisierenden ionischen Stils der Indiké wegen gebraucht, müssen die jeweiligen Passagen einzeln analysiert werden. Diese Analyse wurde von uns im Vorfeld vollzogen; bei unserer Aufbereitung der gewonnenen Untersuchungsergebnisse werden wir uns daher im Fortgang größtenteils auf die Stellen beschränken, bei denen unserer Meinung nach Homerreminiszenzen vorliegen. Obgleich Arrians Homeranspielungen in einigen Kapiteln des Paráplous besonders markant und augenfällig sind, werden wir, um der besseren Nachvollziehbarkeit am Text willen, nicht gleich mit diesen anfangen, sondern in der inhaltlich-chronologischen Reihenfolge der Indiké vorgehen. Beginnen wir zunächst mit der ἐκβολή.

Homeranspielungen in der ἐκβολή Bereits zu Beginn des Werks blitzt ein erster Hinweis auf Homer auf. In Ind. 1,2 werden die Inder von Arrian als ἀγαθοὶ ὡσαύτως τὸν θυμὸν bezeichnet. Zugegebenermaßen haben wir es hier mit keiner sofort ins Auge fallenden Homerreminiszenz zu tun; dennoch meinen wir, eine solche ausmachen zu können. Der von ἀγαθός abhängige Accussativus respectus nämlich ist bei Arrian einmalig, bei Homer dagegen selbstverständlich: so z.B. βοὴν ἀγαθὸς Μενέλαος (Hom. Il. 2,408; Od. 3,311). Würde diese grammatikalische Bezugnahme auf das Epos die einzige Homeranspielung Arrians in der Indiké darstellen, würden wir sie mit Sicherheit nicht als solche werten. Da wir allerdings sehen werden, dass im Fortgang der Schrift noch zahlreiche andere Homeran-

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Homeranspielungen in der ἐκβολή

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spielungen zu finden sind, wollen wir besagte Stelle als ein erstes Homerisierendes Element auffassen. Im selben Kapitel der ἐκβολή schreibt Arrian über Nysa und den Berg Meros: καὶ τὸ ὄρος τὸ πρὸς τῇ πόλει, ὅτου ἐν τῇσιν ὑπωρείῃσιν ᾤκισται ἡ Νῦσα, Μηρὸς κληίζεται ἐπὶ τῇ συμφορῇ ᾗτινι ἐχρήσατο εὐθὺς γενόμενος (Ind. 1,6). Und der Berg bei der Stadt, zu dessen Füßen Nysa errichtet ist, wird Meros genannt wegen des Vorfalls, der sich unmittelbar nach der Geburt des Dionysos ereignete. Hier nimmt unser Autor ganz klar Anleihen bei Homers Gründungssage der – passend zu Nysa − mythischen Stadt Dardania, die der Dichter dem Aineas bei dessen Unterredung mit Achill in den Mund legt: Δάρδανον αὖ πρῶτον τέκετο νεφεληγερέτα Ζεύς, κτίσσε δὲ Δαρδανίην, ἐπεὶ οὔ πω Ἴλιος ἱρὴ ἐν πεδίῳ πεπόλιστο πόλις μερόπων ἀνθρώπων, ἀλλ' ἔθ' ὑπωρείας ᾤκεον πολυπίδακος Ἴδης (Hom. Il. 20,215−18). Den Dardanos zeugte zuerst der Wolkensammler Zeus, / und er gründete Dardanië, als noch nicht die heilige Ilios / in der Ebene erbaut war als Stadt von sterblichen Menschen, / sondern noch bewohnten sie das untere Bergland des quellenreichen Ida. (Übersetzung: Schadewaldt) Ebenso wie sich ὑπωρείη bei Homer nur in dem zitierten Vers finden lässt, stellt auch βυσσός ein hapax legomenon in der Ilias dar. Wir finden die Vokabel beim Tauchgang der Iris, als die Götterbotin ihrem Auftrag nachkommt, die Botschaft des Zeus an Thetis zu überbringen, ihren Sohn Achill zur Freigabe des Leichnams des Hektor zu bewegen: ἣ δὲ μολυβδαίνῃ ἰκέλη ἐς βυσσὸν ὄρουσεν (Hom. Il. 24,80). Sie aber fuhr einer Bleikugel gleich in die Tiefe. (Übersetzung: Schadewaldt) Von Arrian wird βυσσός bei der Beschreibung des Flusses Silas aufgegriffen: οὐδὲν εἶναι [sc. λέγει Μεγασθένης] ὅτῳ ἀντέχει τὸ ὕδωρ, οὔτε τι νήχεσθαι ἐπ' αὐτοῦ οὔτε τι ἐπιπλεῖν, ἀλλὰ πάντα γὰρ ἐς βυσσὸν δύνειν· οὕτω τι ἀμενηνότερον πάντων εἶναι τὸ ὕδωρ ἐκεῖνο καὶ ἠεροειδέστερον (Ind. 6,3). Sein Wasser aber sei von der folgenden Beschaffenheit: Es gebe nichts, was das Wasser trage, und nichts schwimme auf ihm und kein Schiff könne auf ihm fahren, sondern alles versinke in der Tiefe. So sei dies Wasser das kraftloseste von allen und der Luft sehr ähnlich. Die ganze Passage Arrians ist mit Homeranleihen gespickt: Neben νήχεσθαι, das in der Odyssee des Öfteren Gebrauch findet, verwendet unser Autor ἀμενηνός, das in der Odyssee nur im Ausdruck „die kraftlosen22 Häupter der Toten“ (z.B. Hom. Od. 10,536: νεκύων ἀμενηνὰ κάρηνα) 22 So übersetzt zumindest Schadewaldt, 1958, 137.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

vorkommt, und ἠεροειδής, das als Attribut zu πόντος mit diesem zusammen bei Homer einen beliebten Versschluss bildet: z.B. ἐπ' ἠεροειδέα πόντον (Hom. Od. 2,262) und ἐν ἠεροειδέϊ πόντῳ (Hom. Od. 13,150). Obgleich der Bericht über den Fluss Silas von Arrian als Megastheneszitat in indirekter Rede gegeben ist, werten wir sämtliche Homeranspielungen darin als Werk unseres Autors. Denn gerade dadurch wird der auf Megasthenes zurückgehende Bericht von Arrian klar als Mythos gebrandmarkt − was im Hinblick auf den von uns bereits diskutierten quellenkritischen Exkurs der Indiké23 eindeutig als Intention unseres Autors verstanden werden muss. Im folgenden Kapitel der ἐκβολή sagt Arrian über den Kulturbringer Dionysos: σπέρματά σφισιν ἔδωκε καρποῦ τοῦ ἡμέρου. βόας τε ὑπ' ἄροτρον ζεῦξαι Διόνυσον πρῶτον καὶ ἀροτῆρας ἀντὶ νομάδων ποιῆσαι Ἰνδῶν τοὺς πολλοὺς καὶ ὁπλίσαι ὅπλοισι τοῖσιν ἀρηίοισι (Ind. 7,7). [Dionysos] gab ihnen den Samen für die Kulturpflanzen. Auch Rinder habe Dionysos als erster vor den Pflug gespannt, und aus den meisten Indern anstelle von Nomaden Ackerbauern gemacht; auch mit Kriegswaffen habe er sie ausgerüstet. Hierbei interessiert es uns weniger, dass mit ἄροτρον und ἀροτήρ zwei Homerische Vokabeln Gebrauch finden; vielmehr erinnern die ὅπλα ἀρήϊα an die Homerischen ἀρήϊα τεύχεα (z.B. Hom. Il. 6,340). Die Parallele wird dadurch umso signifikanter, als dass Arrian ἀρήϊος nur in der Indiké und ausschließlich in der genannten Wortkombination (so auch Ind. 11,9 und 12,1) verwendet. Seine Beschreibung des indischen Kastensystems lässt Arrian mit den Worten beginnen: νενέμηνται δὲ οἱ πάντες Ἰνδοὶ ἐς ἑπτὰ μάλιστα γένεα. ἓν μὲν αὐτοῖσιν οἱ σοφισταί εἰσι, πλήθει μὲν μείους τῶν ἄλλων, δόξῃ δὲ καὶ τιμῇ γεραρώτατοι (Ind. 11,1). Alle Inder werden meist in 7 Klassen eingeteilt: Eine sind bei ihnen die Weisen, an Menge den anderen unterlegen, an Ansehen und Ehre jedoch die vornehmsten. Das Adjektiv γεραρός ist bei Homer nur an einer Stelle belegt, nämlich in der Frage des Priamos an Helena nach dem Anführer der Griechen während der Teichoskopie: ἤτοι μὲν κεφαλῇ καὶ μείζονες ἄλλοι ἔασι, καλὸν δ' οὕτω ἐγὼν οὔ πω ἴδον ὀφθαλμοῖσιν, οὐδ' οὕτω γεραρόν· βασιλῆϊ γὰρ ἀνδρὶ ἔοικε (Hom Il. 3,168ff.). Wahrhaftig! mit dem Haupt sind andere noch größer, / doch so schön habe ich noch keinen gesehen mit den Augen / noch so ehrfurchtgebietend, denn einem königlichen Manne gleicht er. (Übersetzung: Schadewaldt) Die Antwort der Helena ist folgende: οὗτός γ' Ἀτρεΐδης εὐρὺ κρείων Ἀγαμέμνων, ἀμφότερον βασιλεύς τ' ἀγαθὸς κρατερός τ' αἰχμητής (Hom. Il. 3,178f.).

23 Siehe oben S. 75–84.

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Homeranspielungen in der ἐκβολή

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Dieser ist des Atreus Sohn, der weitherrschende Agamemnon, / beides: ein tüchtiger König und ein starker Lanzenkämpfer. (Übersetzung: Schadewaldt) Wie sich bei Homer Agamemnon dadurch als γεραρός auszeichnet, dass er sowohl αἰχμητὴς κρατερός, als auch βασιλεὺς ἀγαθός ist, sind bei Arrian die indischen σοφισταί die γεραρώτατοι δόξῃ καὶ τιμῇ: Wie Agamemnon sind sie die Ehrwürdigsten auf Grund der Vorstellung, die sie bei anderen erwecken (δόξα), und dem Ansehen, das sich in ihrem gesellschaftlichen Rang offenbart (τιμή).24 Eine weitere Homerreminiszenz Arrians können wir in seiner Beschreibung der indischen Elefantenjagd ausmachen: οἱ δὲ ἄγριοι ἐλέφαντες ἡμέρης μὲν οὐ πελάζουσι τοῖσιν οἰκουμένοισι, νύκτωρ δὲ πλανῶνταί τε πάντη καὶ ἀγεληδὸν νέμονται τῷ μεγίστῳ καὶ γενναιοτάτῳ σφῶν ἑπόμενοι, κατάπερ αἱ βόες τοῖσι ταύροισιν (Ind. 13,6). Die wilden Elefanten nähern sich am Tage bewohnten Gebieten nicht, sondern ziehen nachts überall umher und weiden in Herden, wobei sie dem größten und edelsten der ihren folgen, wie Rinder den Stieren. ἀγεληδόν finden wir als Einzelbeleg bei Homer, als sich Patroklos und die Myrmidonen zum Kampf rüsten: (155)

(160)

(165)

Μυρμιδόνας δ' ἄρ' ἐποιχόμενος θώρηξεν Ἀχιλλεὺς πάντας25 ἀνὰ κλισίας σὺν τεύχεσιν· οἳ δὲ λύκοι ὣς ὠμοφάγοι, τοῖσίν τε περὶ φρεσὶν ἄσπετος ἀλκή, οἵ τ' ἔλαφον κεραὸν μέγαν οὔρεσι δῃώσαντες δάπτουσιν· πᾶσιν δὲ παρήϊον αἵματι φοινόν· καί τ' ἀγεληδὸν ἴασιν ἀπὸ κρήνης μελανύδρου λάψοντες γλώσσῃσιν ἀραιῇσιν μέλαν ὕδωρ ἄκρον ἐρευγόμενοι φόνον αἵματος· ἐν δέ τε θυμὸς στήθεσιν ἄτρομός ἐστι, περιστένεται δέ τε γαστήρ· τοῖοι Μυρμιδόνων ἡγήτορες ἠδὲ μέδοντες ἀμφ' ἀγαθὸν θεράποντα ποδώκεος Αἰακίδαο ῥώοντ'· ἐν δ' ἄρα τοῖσιν ἀρήϊος ἵστατ' Ἀχιλλεύς, ὀτρύνων ἵππους τε καὶ ἀνέρας ἀσπιδιώτας. πεντήκοντ' ἦσαν νῆες θοαί, ᾗσιν Ἀχιλλεὺς ἐς Τροίην ἡγεῖτο Διῒ φίλος (Hom. Il. 16,155−69).

Zu den Myrmidonen aber ging und ließ sie sich rüsten Achilleus, / alle durch die Lagerhütten hin mit Waffen. Die aber, wie Wölfe, / rohfressende, denen um das Zwerchfell unsägliche Kraft ist, / die einen Hirsch, einen gehörnten, großen, in den Bergen erlegten / und ihn verzehren, und ihnen allen ist die Wange von Blut gerötet, / und im Rudel laufen sie, um von der Quelle mit schwarzem Wasser / zu lecken mit ihren dünnen Zungen 24 Vgl. Schmidt, 1889, 90. 25 In v. 156 ist auch die Variante πάντῃ statt πάντας tradiert, so dass man auch hierbei unter Umständen an eine Übernahme durch Arrian denken könnte.

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5. Kapitel: Arrian und Homer das schwarze Wasser, / das oberste, erbrechend den Mord des Blutes, und drinnen der Mut / in der Brust ist ohne Zittern, doch rings beengt ist der Bauch; / so waren der Myrmidonen Führer und Berater / um den tüchtigen Gefolgsmann des fußschnellen Aiakiden / eilig bewegt. Und unter diesen stand der streitbare Achilleus, / antreibend die Pferde und die Männer, die schildbewehrten. / Fünfzig Schiffe waren es, schnelle, die Achilleus / nach Troja angeführt hatte, der zeusgeliebte. (Übersetzung: Schadewaldt)

Wir haben die komplette Passage zitiert, weil so ersichtlich wird, dass sich Arrians Homeranspielung nicht allein auf die Verwendung der Vokabel ἀγεληδόν beschränkt. Denn wie die Elefanten dem größten und edelsten von ihnen folgen, so folgen auch die Myrmidonen dem μέγιστος καὶ γενναιότατος von ihnen: Achill – bzw. Patroklos, da Achill zu diesem Handlungszeitpunkt immer noch den Kampf verweigert. Während in der Ilias − in typisch Homerischer Weise − der knappen Hauptaussage (Rüstung der Myrmidonen) ein breit angelegter Vergleich folgt, ist das Verhältnis bei Arrian genau umgekehrt. Dass sich aber unser Autor überhaupt eines Vergleiches bedient (noch dazu eines Tiervergleiches) ist bereits per se auffällig, da Vergleiche nicht zu seinem Standartrepertoire zu zählen sind. Auch für Arrians Vergleich könnte also die Homerpassage Pate gestanden haben.26 Auf eine weitere Homerreminiszenz in Arrians Kapitel über die Elefantenjagd weist Bosworth, 1988, 44 hin. So schreibt unser Autor dort: καὶ τὰ μὲν πρῶτα μάχη ἵσταται κρατερὴ τοῖσιν ἡμέροισι τῶν ἐλεφάντων πρὸς τοὺς ἑαλωκότας ‒ Zunächst beginnt nun ein heftiger Kampf der zahmen Elefanten gegen die gefangenen (Ind. 13,10). Nach Bosworth ahme die Phrase μάχη ἵσταται κρατερὴ ähnliche Ausdrücke Homers nach, beispielsweise ὁμὸν ἵστατο νεῖκος (Hom. Il. 13,333) oder φύλοπις αἰνὴ / ἕστηκε (Hom. Il. 18,171f.).

Homeranspielungen im Paráplous (I) Im Paráplous-Teil, dem wir uns jetzt zuwenden wollen, sind die Homeranspielungen viel häufiger und ausgeprägter als in der ἐκβολή. Gleich am Beginn dieses Abschnitts der Indiké zählt Arrian die Befehlshaber der Trieren der Flotte in einem Schiffskatalog, respektive Kapitänskatalog, auf. Wie in der Ilias der Schiffskatalog der Achaier (Hom. Il. 2,484−785) in dem Moment der Handlung von Homer eingefügt ist, als sich das Griechenheer gesammelt hat und beginnt aufzumarschieren (d.h. bevor der eigentliche Kampf beginnt), bindet Arrian den Kapitänskatalog der Alexanderflotte (Ind. 18,3−10) zu dem Handlungszeitpunkt ein, als der Flottenbau am Hydaspes abgeschlossen ist und der Schiffsverband vor dem Auslaufen steht.27 Arrians Katalog weist folgende Struktur auf: 26 Interessant zu beobachten ist – ohne daraus Rückschlüsse ziehen zu wollen −, dass sich in Homers Vergleich das Wort ἔλαφος (v. 158) findet. Auf die klangliche Ähnlichkeit und Verwechslungsmöglichkeit mit ἐλέφας hat Otto Seel in seiner Untersuchung der „knielosen“ Elche in Cäsars Germanenexkurs hingewiesen; vgl. Seel, Otto, Caesar-Studien, Stuttgart 1967, 37-43. 27 Die Einbindung des Katalogs vor dem Auslaufen der Schiffe lädt natürlich auch zu einem Vergleich mit den Argonautika des Apollonios Rhodios ein. Der Katalog der (ohne Jason) 54 Argonauten (v.20–233) ist, wie Roth, 45ff. zeigt, – neben Anleihen bei Hesiod – nach dem gleichfalls mit einem Musenanruf beginnenden Schiffskatalog bzw. Troerkatalog der Ilias modelliert und weist eine geographische Ringkomposition auf. Daneben bedient sich Apollonios eines zweiten Ordnungsprinzips, das er der Vierten Pythischen Ode des Pindar entlehnt hat: Die Fahrtteilnehmer sind in zwei Reihen zu je 27 Personen gruppiert; jeder Reihe der aus-

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Homeranspielungen im Paráplous (I)

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(3) τριήραρχοι δὲ αὐτῷ ἐπεστάθησαν ἐκ Μακεδόνων μὲν Ἡφαιστίων τε Ἀμύντορος καὶ Λεόννατος ὁ Εὔνου καὶ Λυσίμαχος ὁ Ἀγαθοκλέους καὶ Ἀσκληπιόδωρος ὁ Τιμάνδρου καὶ Ἄρχων ὁ Κλεινίου καὶ Δημόνικος ὁ Ἀθηναίου καὶ Ἀρχίας ὁ Ἀναξιδότου καὶ Ὀφέλλας Σειληνοῦ καὶ Τιμάνθης Παντιάδου. οὗτοι μὲν Πελλαῖοι· (4) ἐκ δὲ Ἀμφιπόλεως ἦγον οἵδε· [ἐκ Κρήτης] Νέαρχος Ἀνδροτίμου, ὃς τὰ ἀμφὶ τῷ παράπλῳ ἀνέγραψε, καὶ Λαομέδων Λαρίχου, καὶ Ἀνδροσθένης Καλλιστράτου· (5) ἐκ δὲ Ὀρεστίδος Κράτερός τε ὁ Ἀλεξάνδρου καὶ Περδίκκας ὁ Ὀρόντεω· Ἐορδαῖοι δὲ Πτολεμαῖός τε ὁ Λάγου καὶ Ἀριστόνους ὁ Πεισαίου. ἐκ Πύδνης δὲ Μήτρων τε ὁ Ἐπιχάρμου καὶ Νικαρχίδης ὁ Σίμου. (6) ἐπὶ δὲ Ἄτταλός τε ὁ Ἀνδρομένεος Τυμφαῖος καὶ Πευκέστας Ἀλεξάνδρου Μιεζεὺς καὶ Πείθων Κρατεύα Ἀλκομενεὺς καὶ Λεόννατος Ἀντιπάτρου Αἰγαῖος καὶ Πάνταυχος Νικολάου Ἀλωρίτης καὶ Μυλλέας Ζωΐλου Βεροιαῖος. οὗτοι μὲν οἱ σύμπαντες Μακεδόνες· (7) Ἑλλήνων δὲ Μήδιος μὲν Ὀξυθέμιδος Λαρισαῖος, Εὐμένης δὲ Ἱερωνύμου ἐκ Καρδίης, Κριτόβουλος δὲ Πλάτωνος Κῷος, καὶ Θόας Μηνοδώρου καὶ Μαίανδρος Μανδρογένεος Μάγνητες, Ἄνδρων δὲ Καβήλεω Τήιος. (8) Κυπρίων δὲ Νικοκλέης Πασικράτεος Σόλιος καὶ Νιθάφων Πνυταγόρεω Σαλαμίνιος. ἦν δὲ δὴ καὶ Πέρσης αὐτῷ τριήραρχος, Βαγώας ὁ Φαρνούχεος. (9) τῆς δὲ αὐτοῦ Ἀλεξάνδρου νεὼς κυβερνήτης ἦν Ὀνησίκριτος28 Ἀστυπαλαιεύς, γραμματεὺς δὲ τοῦ στόλου παντὸς Εὐαγόρας Εὐκλέωνος Κορίνθιος. (10) ναύαρχος δὲ αὐτοῖσιν ἐπεστάθη Νέαρχος Ἀνδροτίμου, τὸ γένος μὲν Κρὴς ὁ Νέαρχος, ᾤκει δὲ ἐν Ἀμφιπόλει τῇ ἐπὶ Στρυμόνι (Ind. 18,3−10). Dass der Schiffskatalog Arrians an den der Ilias erinnert, haben Hammond / Atkins, 328 zumindest erwähnt; dass er sogar nach diesem ausgearbeitet ist, werden wir im Folgenden darlegen. Den Achaierkatalog leitet Homer ein (Hom. Il. 2,493) mit ἀρχοὺς αὖ νηῶν ἐρέω νῆάς τε προπάσας ‒ Die Führer aber der Schiffe will ich nennen und die Schiffe allesamt (Übersetzung: Schadewaldt); anschließend beginnt er mit der Aufzählung der griechischen Kontingente: Βοιωτῶν μὲν Πηνέλεως führlich vorgestellten Argonauten steht dabei ein Heros (Orpheus bzw. Herakles) voran. Die Funktion des Katalogs liege darin, die Argonauten zu begrüßen und „gleichzeitig den gemeinschaftlichen Charakter des Unternehmens, bei dem es keinen herausragenden Führer gibt, deutlich hervor[zuheben]“ (Roth, 46). Gemeinsamkeiten mit dem Kapitänskatalog Arrians sind diesbezüglich nicht zu beobachten. Allenfalls die Tatsache, dass Apollonios seinen Katalog bereits direkt am Anfang seines Epos, d.h. bevor die Handlung einsetzt, einbindet, könnte als verbindendes Element beider Kataloge angesehen werden. Jedoch ist diese Übereinstimmung nur eine scheinbare: Zwar setzt Arrian seinen Katalog direkt an den Anfang des Paráplous, doch gehen diesem schon rein formal gesehen 17 Kapitel der ἐκβολή voraus; andererseits beginnt zwar mit Kapitel 18 die Handlung des Paráplous, jedoch wird durch Arrians Selbstzitat in Ind. 18,1 (s. oben S. 31f.) der Beginn des Paráplous zeitlich eindeutig im Handlungsablauf der Anabasis verortet. Der Paráplous vollzieht sich während der Zeit, die im Buch VI der Alexandergeschichte behandelt wird – die Vorgeschichte wurde von Arrian bereits in der Anabasis erzählt. 28 Zum fehlenden Patronymikon bei Onesikritos s. Pédech, 1984, 165.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

καὶ Λήϊτος ἦρχον / Ἀρκεσίλαός τε Προθοήνωρ τε Κλονίος τε (Hom. Il. 2,494f.) ... οἳ δ' Ἀσπληδόνα ναῖον ἰδ' Ὀρχομενὸν Μινύειον (Hom. Il. 2,511). In der Aufzählung werden von ihm entweder zuerst die Städte bzw. Landschaften, aus denen die Kriegsteilnehmer stammen, und dann die Anführer genannt, oder − was gewöhnlicher ist − in umgekehrter Reihenfolge (z.B. Hom. Il. 2, 645);29 die Ordnung des Katalogs selbst unterliegt geographischen Aspekten.30 Auch Arrians Katalog weist diese Merkmale auf. Anders als Homer jedoch beschränkt sich Arrian auf die Aufzählung der ἀρχοί, genauer gesagt: der τριήραρχοι; Schiffskontingente spielen bei ihm keine Rolle. Weiterhin variiert Arrian die Homerische Vorlage, indem er die zusammenfassenden Abschlussworte des Katalogs (Hom. Il. 2,760: οὗτοι ἄρ' ἡγεμόνες Δαναῶν καὶ κοίρανοι ἦσαν. ‒ Dies also waren die Führer der Danaer und die Gebieter [Übersetzung: Schadewaldt].) nach der Aufzählung der makedonischen Kapitäne, d.h. nach der ersten Hälfte des Katalogs, anklingen lässt. Der zweite Teil des Arrianischen Katalogs, der die griechischen Kommandeure beinhaltet, ist im Aufbau eher schlicht gehalten; man könnte darin eine gewisse Anspielung auf den Homerischen Troerkatalog (Il. 2,816−877) sehen, der ebenfalls einfach gehalten ist und im Umfang dem Achaierkatalog deutlich nachsteht. Ebenso wie Homer, der am Ende des Achaierkatalogs, nach einem zweiten Musenanruf (Hom. Il. 2,761f.: Und wer war nun von denen der weit Beste – du sage es mir, Muse! ‒, / von ihnen selbst und den Pferden, die den Atriden folgten? [Übersetzung: Schadewaldt]), drei der ἄριστοι der Griechen (Hom. Il. 2,763−773: Eumelos, Aias und Achill) herausgreift, tut dies auch Arrian am Ende seines Katalogs. Selbst Arrians Hinweis darauf, dass Nearch zwar aus Kreta stamme, aber in Amphipolis wohne (Ind. 18,10), hat Homer als Vorbild. So erfährt der Leser im Achaierkatalog, dass zwei der genannten Heroen „umgezogen“ sind: Meges (Hom. Il. 2,629) und Tlepolemos (Hom. Il. 2,667). Im Gegensatz zu Homer leitet Arrian seinen Katalog aber nicht mit einem Musenanruf ein. Vielmehr knüpft er ihn an eine Passage, in der er sich selbst zitiert: Ἀλέξανδρος γὰρ, ἐπειδὴ οἱ παρεσκεύαστο τὸ ναυτικὸν ἐπὶ τοῦ Ὑδάσπεω τῇσιν ὄχθῃσιν, ἐπιλεγόμενος ὅσοι τε Φοινίκων καὶ ὅσοι Κύπριοι ἢ Αἰγύπτιοι εἵποντο ἐν τῇ ἄνω στρατηλασίῃ, ἐκ τούτων ἐπλήρου τὰς νέας, ὑπηρεσίας τε αὐτῇσι καὶ ἐρέτας ἐπιλεγόμενος ὅσοι τῶν θαλασσίων ἔργων δαήμονες. ἦσαν δὲ καὶ νησιῶται ἄνδρες οὐκ ὀλίγοι ἐν τῇ στρατιῇ οἷς ταῦτα ἔμελε, καὶ Ἴωνες καὶ Ἑλλησπόντιοι. (Ind. 18,1f.). Als für Alexander die Flotte mit Schiffen am Hydaspis ausgerüstet war, versammelte er die Phönizier, Kyprer und Ägypter, die ihm auf dem Hinweg gefolgt waren. Mit ihnen bemannte er die Schiffe, indem er als Matrosen und Ruderer die in der Seemannschaft am meisten erfahrenen auswählte. Es gab auch nicht wenige Inselbewohner, die sich darauf verstanden, im Heer, neben Ioniern und Bewohnern des Hellesponts. Die Funktion des Selbstzitats hatten wir bereits weiter oben besprochen;31 an dieser Stelle wollen wir es daher nur im Hinblick auf den daran anschließenden Katalog untersuchen. Es scheint uns in Anbetracht der zahlreichen Homerreminiszenzen des Katalogs keineswegs zufällig zu sein, dass Arrian im Gegensatz zu An. 6,1,1, wo sein Fokus auf den Schiffen der Flotte lag, hier die Teilnehmer der nautischen Expedition in den Blick nimmt. Indem er durch die Aufzählung der verschiedenen Nationalitäten deren schiere Menge betont, drängt sich der Gedanke an den Musen29 Vgl. Nilsson, 163f. 30 Siehe dazu Allen, 38ff. 31 Siehe dazu oben. S. 31f.

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Homeranspielungen im Paráplous (I)

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anruf Homers (Il. 2,484−493), mit dem der Achaierkatalog eingeleitet wird, förmlich auf; bittet doch dort der Narrator − von der Größe des Griechenheeres nahezu sprachlos − um göttliche Unterstützung: πληθὺν δ' οὐκ ἂν ἐγὼ μυθήσομαι οὐδ' ὀνομήνω (Il. 2,488) ... εἰ μὴ Ὀλυμπιάδες Μοῦσαι Διὸς αἰγιόχοιο / θυγατέρες μνησαίαθ' ὅσοι ὑπὸ Ἴλιον ἦλθον (Il. 2,491f.) ‒ Die Menge freilich könnte ich nicht künden und nicht benennen, … wenn nicht die olympischen Musen, des Zeus, des Aigishalters, / Töchter, mir ins Gedächtnis riefen, wie viele nach Ilios gekommen (Übersetzung: Schadewaldt).32 Direkt im Anschluss an den Katalog thematisiert Arrian die Opfer Alexanders: δὲ ταῦτα ἐκεκόσμητο Ἀλεξάνδρῳ, ἔθυε τοῖς θεοῖσιν ὅσοι τε πάτριοι ἢ μαντευτοὶ αὐτῷ καὶ Ποσειδῶνι καὶ Ἀμφιτρίτῃ καὶ Νηρηίσι καὶ αὐτῷ τῷ Ὠκεανῷ (Ind. 18,11). Auch diese Passage wurde von uns bereits erörtert;33 hier wollen wir nur noch einen weiteren Aspekt beleuchten: Wie von Bucciantini, 2009, 273 herausgearbeitet, schuf die Trias von Poseidon, Amphitrite und Nereiden die Basis für Alexanders Abkunft von Achill, dem Sohn der Nereide Thetis; die Trias selbst ist eine Art Synthese der Gesamtheit der griechischen Meeresgötter, deren Urvater, Homer zufolge (Hom. Il. 14,201 u. 246), Okeanos ist. Da wir im Oeuvre Arrians Ὠκεανός überhaupt nur in Ind. 18,11 finden können, stellt sich die leider nicht beantwortbare Frage, ob Alexander dem Okeanos wirklich ein Opfer dargebracht hat, oder ob die namentliche Nennung des Gottes an dieser Stelle nur als weitere Homeranspielung Arrians zu verstehen ist. Der direkte Zusammenhang von Homer und Okeanos jedenfalls wird in Herodots Diskussion über die Nilschwemme im Ägyptenλόγος, der Arrian für große Teile der ἐκβολή als Vorlage diente, überdeutlich (Hdt. 2,23,1):

32 Etwas weniger augenfällig als die Homerreminiszenz in Arrians Kapitänskatalog ist die damit zusammenfallende Anspielung auf Herodot. Dieser hatte die in Katalogform gegebene Heerschau des Xerxes bei Doriskos (Hdt. 7,61–80) ebenfalls mit einer Adaption von Il. 2,488 beginnen lassen: : ὅσον μέν νυν ἕκαστοι παρεῖχον πλῆθος ἐς ἀριθμόν, οὐκ ἔχω εἰπεῖν τὸ ἀτρεκές – οὐ γὰρ λέγεται πρὸς οὐδαμῶν ἀνθρώπων (Hdt. 7,60,1). Der Katalog selbst, der nacheinander die Streitkräfte von Infanterie (61–83), Kavallerie (84–88) und Marine (89– 99) aufzählt, orientiert sich stark an Homers Achaierkatalog; vgl. Courtney, 5; Armayor, 8f. Wie Bosworth, 1980, 288 zeigt, diente Herodots Katalog als Vorlage für Arrians Katalog der Truppen des Dareios vor Gaugamela (An. 3,8,3–6). Im Gegensatz zu Herodot listet Arrian in seinem Katalog der Anabasis aber nur die Truppenverbände von Infanterie und Kavallerie auf – da es sich um eine Feldschlacht handelte, nimmt das freilich nicht wunder. Was nun den Kapitänskatalog des Paráplous betrifft, so spielt Arrian aber nicht nur mit seiner Variation von Il. 2,488 auf den Herodoteischen Katalog an; die auf den ersten Blick merkwürdig anmutende Tatsache, dass es sich beim Katalog der Indiké um eine reine Aufzählung von Eigennamen handelt, wird dann verständlich, wenn man auch darin eine Herodotreminiszenz sieht. So schreibt Herodot im Zusammenhang mit den Marinetruppen des Xerxes: τούτοισι πᾶσι καὶ τοῖσι ἐς τὸν πεζὸν τεταγμένοισι [αὐτῶν] ἐπῆσαν ἑκάστοισι ἐπιχώριοι ἡγεμόνες, τῶν ἐγώ, οὐ γὰρ ἀναγκαίῃ ἐξέργομαι ἐς ἱστορίης λόγον, οὐ παραμέμνημαι· οὔτε γὰρ ἔθνεος ἑκάστου ἐπάξιοι ἦσαν οἱ ἡγεμόνες, ἔν τε ἔθνεϊ ἑκάστῳ ὅσαι περ πόλιες τοσοῦτοι καὶ ἡγεμόνες ἦσαν (Hdt. 7,96,1f.). Arrian scheint mit seinem aus Eigennamen bestehenden Kapitänskatalog also gerade diese Lücke, die er in Herodots Darstellung gesehen hat, in seinem Werk nicht aufkommen lassen zu wollen. Arrians Kataloge in Anabasis und Indiké orientieren sich an ein und demselben Katalog Herodots; beide Kataloge ergänzen sich in gewisser Weise, da in dem einen die Landtruppen, in dem anderen der Marineverband Verarbeitung findet, und folgen in Kombination dem Herodoteische Vorbild nach – ja übertreffen dieses sogar, da sie eine Lücke im Original gewissermaßen füllen. Auch bei den beiden Katalogen Arrians wird also erneut deutlich, dass Anabasis und Indiké aufs Engste miteinander verknüpft sind. 33 Siehe oben S. 151–154.

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5. Kapitel: Arrian und Homer Der gelehrte Herr aber, der an den Okeanos glaubt, versteigt sich in die dunkle Fabelwelt und beweist damit nichts. Ich wenigstens kenne keinen Fluss Okeanos und glaube, dass ihn Homer oder irgendein anderer alter Dichter erfunden und in die Dichtung eingeführt hat. (Übersetzung: Braun)

Nachdem in Kapitel 19 eine Zusammenfassung der ersten Kapitel des sechsten Buches der Anabasis gegeben wurde (Wir finden hier allein die auch bei Homer belegte Vokabel ὄχθη [Ind. 19,4] von Arrian gebraucht; sie gehört allerdings zum Standartvokabular von Anabasis und Indiké, weswegen wir ihrer Verwendung keine Bedeutung zumessen.), hebt mit Kapitel 20 die Handlung des Paráplous an. Die Erzählung setzt, wie in der Odyssee, von entlegener Peripherie aus ein, und, gleich dem Homerischen Werk, in Form einer Beratungsrede. Bevor wir uns dieser zuwenden, wollen wir einige Worte über die in die Anabasis eingelegten Reden verlieren.

Exkurs: Die in Anabasis und Indiké eingelegten Reden Neben Alexanders Ansprachen (An. 2,7,3−9: Issos; 2,17,1−4 [d]:34 Tyros; 3,9,5−8: Gaugamela; 5,25,3−26,7 [d]: Hyphasis; 7,9,1−10,7 [d]: Opis),35 Verlautbarungen (An. 2,1,4: Waffenstillstandsbedingungen; 5,11,4 [d] und 5,23,7 [d]: Befehle; 5,24,6: Proklamation der Eroberung Sangalas) und Briefkommunikation (An. 2,14,2f.: Brief des Dareios an Alexander; 2,14,4−9 [d]: Brief Alexanders an Dareios; 7,23,8 [d]: Brief Alexanders an Kleomenes) behandelt ein Gutteil der in die Anabasis eingelegten Reden Alexanders Interaktion mit den verschiedenen Völkern, mit denen er während seines Vormarsches zu tun hat.36 Außerdem finden wir in Redeform gegebene Berichte an den Makedonenkönig (An. 1,23,1ff.; 2,4,5; 2,5,7; 3,2,3−7; 3,7,4; 3,15,1; 3,21,4f.; 3,25,3; 3,25,5; 5,22,1f.; 5,25,1 und 7,20,2ff.), dazu Reden, die Teil von Anekdoten sind,37 und Sehersprüche des Aristandros (An. 1,11,2; 1,25,8; 2,26,6 [d]; 3,7,6; 4,4,3: Aristandros im Gespräch mit Alexander). Entsprechend der Fokussierung Arrians auf seinen Protagonisten stehen (fast)38 alle in die Anabasis eingelegten Reden in einem direkten oder indirekten Zusam34 Mit [d] sind hier und im Folgenden die Reden gekennzeichnet, die im Text in direkter Rede gegeben sind. 35 Alexanders Reden am Hyphasis und in Opis werden von Arrian als Teil einer Debatte dargeboten. Sie werden von anderen Reden flankiert, mit denen zusammen sie im Text Redekomplexe bilden; am Hyphasis: An. 5,25,3−26,7 [d]: Alexander; 5,27,2−9 [d]: Koinos; 5,28,2: Alexander; und in Opis: An. 7,8,1: Alexander; 7,9,1−10,7 [d]: Alexander; 7,11,4: Makedonen; 7,11,6f. [d]: Kallines und Alexander; 7,12,2f.: Alexander. Am augenfälligsten ist diese Komplexbildung bei Arrians Darstellung der Kleitoskatastrophe (inkl. der Proskynesedebatte) zu beobachten: An. 4,8,5−9 [teilweise d]: Kleitos und Alexander; 4,9,4: Alexander; 4,9,7: Anaxarchos; 4,10,4: Philotas und Kallisthenes; 4,11,2−9 [d]: Kallisthenes; 4,12,5 [d]: Kallisthenes. 36 An. 1,1,2: Lakedaimonier; 1,4,7f.: Alexander − Kelten; 1,5,3: Langaros; 1,10,4f.: Alexander zu Gesandten der Athener; 1,29,6: Alexander zu Athenern; 2,25,1ff.: Boten des Dareios – Parmenion – Alexander; 3,30,4: Alexander – Bessos; 4,5,1: Skythen – Alexander; 4,15,4ff.: Pharasmanes – Alexander; 5,1,5f. [d]: Nysaer; 5,2,2f. [teilweise d]: Alexander – Akuphis; 5,19,2f. [teilweise d]: Poros – Alexander – Poros; 6,14,2: Maller. 37 An. 2,12,4f. [d]: τις beantwortet Alexanders Frage; 6,13,5 [d]: ein Böoter; 7,1,6 [d]: Brahmanen; 7,2,2f. Diogenes und Dandamis; 7,14,6 [d]: Alexander nach Tod des Hephaistion; 7,16,6 [d]: Alexander – Chaldäer; 7,26,3 [d]: Alexanders letzte Worte. 38 Ganz selten thematisiert Arrian Vorgänge auf persischer Seite, die nicht unmittelbar mit Alexander in Zusammenhang stehen. Bisweilen gibt er dann auch die Gespräche der Perser untereinander wieder: An. 1,12,10: Arsites; 2,6,3f. und 2,6,6: Amyntas; 4,20,2f. [teilweise d]: Dareios – Eunuch.

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Exkurs: Die in Anabasis und Indiké eingelegten Reden

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menhang mit Alexander. Dies trifft erst recht auf die letzte Klasse von Reden in der Alexandergeschichte zu: die Gespräche innerhalb der obersten Heeresleitung (An. 1,13,3−7 [d]: Parmenion – Alexander; 1,18,6−9: Parmenion – Alexander; 1,25,5−8: φίλοι – Alexander; 2,25,1ff.: Boten des Dareios – Parmenion – Alexander; 3,10,2: Parmenion – Alexander; 3,18,11f.: Parmenion). Den Besprechungen mit Parmenion ist gemein, dass Alexander die militärischen Ratschläge seines Generals jedes Mal in den Wind schlägt, dann aber trotzdem − oder gerade deshalb − im Felde Erfolge feiert. Wir sehen dahinter die Darstellungsabsicht unseres Autors wirken: Alexander wird als brillanter Feldherr präsentiert, als militärisches Naturtalent, das sich auf Grund seines Ingeniums folgenlos über Ratschläge hinwegzusetzen vermag.39 Dazu passt, dass Arrians Bericht über die Besprechung des Dareios mit Amyntas vor der Schlacht von Issos (An. 2,6,3−6) als Kontrastfolie zu Alexanders Handeln angelegt ist: Auch der Großkönig missachtet die Empfehlungen seines militärischen Ratgebers, leitet damit aber seinen Untergang ein. Es ist heftig umstritten, ob Arrian die in die Anabasis eingelegten Reden bereits so in seinen Quellen vorgefunden, oder einer mehr oder minder staken Überarbeitung unterzogen bzw. neu komponiert hat. Eine stichhaltige Untersuchung, zumindest für einige der größeren Reden in der Alexandergeschichte, hat Bosworth, 1988, 113−134 vorgelegt. Er unterscheidet drei mögliche Kompositionstechniken: 1. (S. 113‒123) eine Rede wird aus der Quelle übernommen, das Material von Arrian neu angeordnet, mit wenig eigenem Material ergänzt und rhetorisch neu ausgearbeitet und ausgeschmückt (z.B. die Rede des Kallisthenes in An. 4,11,1‒9); 2. (S. 101‒113) eine Rede wird um einen nucleus (D.h. es ist bekannt, dass die Rede wirklich gehalten wurde; bestimmte Argumente der gehaltenen Rede wurden tradiert.) herum neu komponiert, wobei große Teile des Inhalts frei ergänzt werden (z.B. die an Xenophon angelehnte Rede in Opis in An. 7,9,1‒10,7);40 3. (S. 123‒134) es handelt sich um eine neue, von Arrian frei erfundene Rede, in der Material aus anderen Teilen der Anabasis übernommen ist (z.B. die einige Anachronismen beinhaltende Rede am Hyphasis in An. 5,25,3‒27,9). Wenn wir unseren Blick jetzt wieder der Indiké zuwenden, können wir feststellen, dass wir für die in den Paráplous eingelegten Gespräche zwischen Alexander und Nearch kein wirklich adäquates Gegenstück in der Anabasis finden. Allenfalls die Unterredungen (βουλαί) im makedonischen Hauptquartier laden zu einem Vergleich ein. So lesen wir über Alexanders Beratung mit den φίλοι (An. 1,25,5−8): Er rief daher seine Freunde zur Besprechung zusammen und legte ihnen die Frage vor, was über diesen Alexander zu beschließen sei; sie waren der Ansicht, es sei von vornherein unklug gewesen, die besten Einheiten der Reiterei einem derart unzuverlässigen Menschen anzuvertrauen. Jetzt aber sei dringend nötig, ihn so schnell wie möglich auszuschalten (An. 1,25,4f.). Im Anschluss daran wird von Arrian auf ein göttliches Vorzeichen, das die βουλή der Freunde in Bestürzung versetzt hat, in indirekter Rede näher eingegangen (An. 1,25,6ff.); sodann erfährt der 39 Es besteht somit kein Grund, diese Reden der Anabasis (Sie werden hauptsächlich von Arrian tradiert.), wie Hammond, 1999, 241–46, auf die königlichen ἐφημερίδες zurückzuführen. 40 Nach Iglesias-Zoido, 240 sind auch die Reden Alexanders vor der Schlacht von Issos (An. 2,7,3–9 und 2,10,2) und Gaugamela (An. 3,9,5–8) höchstwahrscheinlich um einen nucleus herum ausgearbeitet.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Leser, dass Alexander die Ausführung des gegebenen Ratschlags in Gang setzt und seinen Namensvetter verhaften lässt (An. 1,25,9f.). Die ganze Passage zeigt uns lediglich, dass zum einen beratende Gespräche im Führungsstab stattgefunden haben − wobei Alexander den Rat der φίλοι beherzigen konnte −, zum anderen, dass bestimmte Quellen Arrians derartige Unterredungen im Hauptquartier tradiert haben müssen. Daraus aber jetzt wie Hammond, 1999, 240 zu schließen, dass die Reden im Paráplous zwingend auf Nearch zurückgehen – wobei Hammond die Möglichkeit bewusst offenlässt, dass es Nearch mit der Wahrheit innerhalb der von ihm tradierten Reden nicht allzu genau genommen haben könnte −, halten wir für verfehlt. Denn nicht nur zeigen gerade die Unterredungen mit Parmenion, dass Arrians Darstellung von derartigen Besprechungen der Intention unseres Autors unterliegen kann, sondern auch der Inhalt der Gespräche zwischen Alexander und Nearch selbst legt zumindest die Vermutung nahe, dass auch diese der Darstellungsabsicht Arrians unterworfen sind. So erkennt Strasburger, 1934, 58 für Ind. 20,2 zwar richtig: „Die mögliche Vernichtung der Flotte lässt Alexander nicht aus menschlichen Rücksichten zögern, sondern aus der Furcht vor Verdunkelung seines Ruhmes“. Strasburger will dann aber aus der Passage eine verborgene Kritik des Nearch, den Arrian seiner Meinung nach nur ausschreibe, an Alexander herauslesen. Jedoch ist der Alexandercharakter der Anabasis, der – wie wir bereits gezeigt haben–41 mit dem Alexander der Indiké identisch ist, von Arrian als eine Art Homerischer Held konzipiert; einem solchen ist Ruhmesstreben freilich immanent. Und so wie Homer seine Figuren zu deren Charakterisierung nicht nur handeln, sondern auch sprechen lässt,42 nutzt auch Arrian die Wiedergabe wörtlicher Äußerungen zu diesem Zweck. Das zeigt sich nicht zuletzt gerade in den internen Gesprächen der makedonischen Heerführung. So lesen wir 1. vor der Schlacht am Granikos: Alexander aber antwortete ihm: „Das alles, Parmenion, sehe ich selbst. Aber ich müsste mich schämen, wenn ich so leicht über den Hellespont gekommen bin und mich nun dieses Bächlein – mit einem solchen Wort machte er den Granikos lächerlich – abhielte, so hinüberzugehen, wie wir jetzt dastehen. Dein Rat wird daher meines Erachtens weder dem Kriegsruhm der Makedonen noch der Schnelligkeit gerecht, mit der ich mit Gefahren fertig zu werden pflege“ (An. 1,13,6f.). 2. nach der Eroberung von Tyros: Als man dies im Rate der Freunde bekanntgab, soll Parmenion zu Alexander geäußert haben, wäre er Alexander, er würde sich damit zufriedengeben, den Krieg beenden und keine weiteren Gefahren auf sich nehmen. Alexander aber habe ihm geantwortet, wenn er Parmenion wäre, würde er in der Tat dies auch tun; aber da er nun einmal Alexander sei, werde er Dareios antworten, so wie er ihm dann auch antwortete (An. 2,25,2).

41 Siehe oben S. 150f.; 155ff.; 166–169; 179. 42 Vgl. Aristot. poet. 24: Ὅμηρος δὲ ἄλλα τε πολλὰ ἄξιος ἐπαινεῖσθαι καὶ δὴ καὶ ὅτι μόνος τῶν ποιητῶν οὐκ ἀγνοεῖ ὃ δεῖ ποιεῖν αὐτόν. αὐτὸν γὰρ δεῖ τὸν ποιητὴν ἐλάχιστα λέγειν· οὐ γάρ ἐστι κατὰ ταῦτα μιμητής (1460a 5−8). ὁ δὲ [=Homer] ὀλίγα φροιμιασάμενος εὐθὺς εἰσάγει ἄνδρα ἢ γυναῖκα ἢ ἄλλο τι ἦθος, καὶ οὐδέν' ἀήθη ἀλλ' ἔχοντα ἦθος (1460a 9−11).

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Exkurs: Die in Anabasis und Indiké eingelegten Reden

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Und 3. vor der Schlacht von Gaugamela: Parmenion aber soll zu ihm ins Zelt getreten sein und geraten haben, die Perser noch in der Nacht anzugreifen: Unvorbereitet und nicht geordnet, wie sie seien, müsse ein solcher Nachtangriff um so größere Panik bewirken. Er aber antwortete, und zwar so, dass es auch andere hören konnten, es sei schändlich, sich einen Sieg erstehlen zu wollen; einem Alexander jedenfalls zieme es, offen und ohne Betrug zu siegen (An. 3,10,1f.). Für Alexander würde es Schande bedeuten, sich von einem Bächlein wie dem Granikos aufhalten zu lassen; es wäre nicht mit Ruhm und Ehre vereinbar. Ebenso ist das Sichzufriedengeben mit bereits Erreichtem kein Konzept, das für den „Homerischen Helden“ Alexander akzeptabel ist. Und sich einen Sieg durch Tricks zu erschleichen ist eben nicht gleichbedeutend mit einem auf dem Schlachtfeld redlich errungenen Sieg. Letztere Aussage wird zudem von Arrian kommentiert, der darin keine Großspurigkeit, sondern mutiges Selbstvertrauen ausmacht: καὶ τὸ μεγαλήγορον αὐτοῦ τοῦτο οὐχ ὑπέρογκον μᾶλλόν τι ἢ εὐθαρσὲς ἐν τοῖς κινδύνοις ἐφαίνετο (An. 3,10,2). Durch die zitierten Textbeispiele sollte deutlich geworden sein, dass die in den Paráplous eingelegten Unterredungen gegenüber der Anabasis keine Besonderheit darstellen, sondern hier wie dort der („Homerischen“) Charakterisierung des Protagonisten dienen43 – im Falle des Paráplous freilich der Charakterisierung beider Hauptakteure (Alexander: Ind. 20,2; Nearch: Ind. 36,6). Da die Gespräche zwischen Alexander und Nearch ausschließlich von Arrian überliefert sind, lässt sich in Ermangelung einer Vergleichsquelle die Frage, ob unser Autor die Reden bereits bei Nearch vorgefunden hat, oder ob und in wie weit sie von ihm überarbeitet bzw. kreiert worden sind, leider nicht abschließend klären. Dass wir in ihnen aber dieselben Charakterisierungsmerkmale wie in den Reden der Anabasis finden, weist zumindest auf eine Überarbeitung durch unseren Autor hin. Mit Sicherheit jedoch können wir sagen, dass sich der prozentuale Anteil der Reden an der gesamten Textmasse des Paráplous in der Höhe bewegt, die wir auch in den Büchern der Anabasis beobachten können (Insofern liegt in Arrians Verwendungshäufigkeit von Reden kein Unterschied zwischen beiden Werken vor.):

43 Auch bei Arrian wird damit deutlich, dass die von Aristoteles getroffene Scheidung von Historiographie und Dichtung (poet. 9) nicht repräsentativ für die antike Geschichtsschreibung war. Vielmehr sah man „schon seit Herodot, Thukydides und Xenophon Historiographie und Tragödie erstens aus ein und derselben Quelle, dem Epos, entsprungen, zweitens mit denselben dezidiert historischen Stoffen befaßt […] und drittens auf dasselbe Ziel ausgerichtet, die moralische Ermahnung der Zuschauer“ (Blösel, 47).

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214

5. Kapitel: Arrian und Homer

Tabelle 9: Anteil der Reden an der Textmasse (gerundet) indirekte Rede

direkte Rede

Anabasis Buch I

5%

2%

Buch II

8%

6%

Buch III

8%



Buch IV

4%

5%

Buch V

4%

14%

Buch VI

1%

0,1%

Buch VII

5%

11%

Paráplous

5%

4%

Abschließend soll noch auf Folgendes hingewiesen sein: Während im sechsten Buch der Anabasis der alleinige Fokus der Darstellung Arrians auf den Aktionen und Taten Alexanders liegt – Reden lässt Arrian seinen Protagonisten in diesem Buch nicht halten −,44 sind im Paráplous, der bekanntlich eine Parallelhandlung zu Buch VI beschreibt, die Gegebenheiten genau umgekehrt. Auch hierin ergänzen sich also beide Werke.

Homeranspielungen im Paráplous (II) Nach diesem knappen Exkurs wollen wir mit unserer Besprechung der Homerreminiszenzen im Paráplous fortfahren. Arrian schreibt, als die Flotte in einem Mündungsarm des Indus auf ein Riff stößt: ἐνθένδε ὁρμηθέντες ἔπλεον οὐκ ἐπὶ πολλόν· ἕρμα γὰρ ἐφάνη αὐτοῖσι κατὰ τὴν ἐκβολὴν τὴν ταύτῃ τοῦ Ἰνδοῦ καὶ τὰ κύματα ἐρρόχθει πρὸς τῇ ἠιόνι, καὶ ἡ ἠιὼν αὕτη τραχεῖα ἦν (Ind. 21,5). Von dort brachen sie auf, fuhren jedoch nicht weit. Denn in dieser Mündung des Indus bemerkten sie ein Riff; die Wellen brandeten gegen das Ufer, das felsig war. Bereits Gronow, 336 hat in seiner Textausgabe auf Arrians wörtliche Anleihe bei Homer aufmerksam gemacht: 44 Die einzigen Reden im sechsten Buch stellen das Lob eines namenlosen Böoters für Alexanders waghalsiges Vorgehen in der Mallerstadt (An. 6,13,5: ὦ Ἀλέξανδρε, ἀνδρῶν τὰ ἔργα.) und die in indirekter Rede gegebene Unterwerfung der Maller dar: συγγνωστὰ δὲ ἁμαρτεῖν ἔφασαν οὐ πάλαι παρ' αὐτὸν πρεσβευσάμενοι· ἐπιθυμεῖν γάρ, ὥσπερ τινὲς ἄλλοι, ἔτι μᾶλλον αὐτοὶ ἐλευθερίας τε καὶ αὐτόνομοι εἶναι, ἥντινα ἐλευθερίαν ἐξ ὅτου Διόνυσος ἐς Ἰνδοὺς ἧκε σώαν σφίσιν εἶναι ἐς Ἀλέξανδρον· εἰ δὲ Ἀλεξάνδρῳ δοκοῦν ἐστιν, ὅτι καὶ Ἀλέξανδρον ἀπὸ θεοῦ γενέσθαι λόγος κατέχει, σατράπην τε ἀναδέξεσθαι, ὅντινα τάττοι Ἀλέξανδρος, καὶ φόρους ἀποίσειν τοὺς Ἀλεξάνδρῳ δόξαντας· διδόναι δὲ καὶ ὁμήρους ἐθέλειν ὅσους ἂν αἰτῇ Ἀλέξανδρος (An. 6,14,2). Dadurch, dass es sich um die einzigen Reden handelt, stechen sie besonders hervor. In beiden wird die Außenwirkung Alexanders thematisiert: ein Mann der Taten und gottgleicher Eroberer.

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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ῥόχθει γὰρ μέγα κῦμα ποτὶ ξερὸν ἠπείροιο δεινὸν ἐρευγόμενον, εἴλυτο δὲ πάνθ' ἁλὸς ἄχνῃ (Hom. Od. 5,402f.). Denn es brandete der große Wogengang gegen das trockene Festland, sich gewaltig brechend, und umhüllt war alles von dem Schaum des Salzes. (Übersetzung: Schadewaldt) Darüber hinaus sind die Arrian- und die Homerstelle thematisch verbunden: Odysseus rettet sich doch, als er an Scheria angespült wird, aus der Felsenbrandung in die Mündung eines Flusses (Hom. Od. 5,441). Eine solche ausgeprägte thematische Verknüpfung weist die zweite Homeranspielung in diesem Kapitel des Paráplous nicht auf. Der Bericht über die merkwürdige Verproviantierung, zu der die Seeleute, als sie wegen eines Sturmes 24 Tage in Sangada ausharren müssen, gezwungenen sind, καὶ [sc. Νέαρχος ] λέγει ὅτι μύας τε ἐθήρων τοὺς θαλασσίους οἱ στρατιῶται, καὶ ὄστρεια δὲ καὶ τοὺς σωλῆνας καλεομένους, ἄτοπα τὸ μέγεθος, ὡς τοῖσιν ἐν τῇδε τῇ ἡμετέρῃ θαλάσσῃ συμβαλέειν· καὶ ὕδωρ ὅτι ἁλμυρὸν ἐπίνετο (Ind. 21,13). Und er berichtet, dass die Soldaten Wasserratten, Muscheln und sogenannte Schwertfische von unglaublicher Größe, gemessen an denen, die man in unserem Meer trifft, gefangen hätten und dass man Meerwasser getrunken habe. hat mit der Homerstelle, der das Zitat entstammt, ὣς ὁ μὲν ἔνθ' ἀπόλωλεν, ἐπεὶ πίεν ἁλμυρὸν ὕδωρ (Hom. Od. 4,511). So ging dieser daselbst zugrunde, nachdem er das salzige Wasser geschluckt. (Übersetzung: Schadewaldt) nur insoweit zu tun, als dass sich der von Menelaos berichtete Tod des Aias durch Ertrinken ebenfalls während eines Sturms ereignete. Das folgende Kapitel zeigt schon auf Grund des achtmaligen Gebrauchs der Vokabel αἰγιαλός eine Homerische Färbung. Bei seiner Beschreibung zweier Klippendurchfahrten der Flotte bedient sich Arrian dazu noch ausgiebig bei der Homerischen Vorlage: καὶ διεκπλώσαντες σκοπέλους δύο, οὕτω τι ἀλλήλοις πελάζοντας, ὥστε τοὺς ταρσοὺς τῶν νεῶν ἅπτεσθαι ἔνθεν καὶ ἔνθεν τῶν πετρέων (Ind. 22,4). Und sie fuhren zwischen zwei Klippen hindurch, die einander so nahe waren, dass die Ruder der Schiffe an beiden Seiten an die Felsen anstießen. Und: ὡς δὲ διὰ τῶν σκοπέλων διεξέπλεον, κύμασι τε μεγάλοις ἐνέκυρσαν καὶ τῇ θαλάσσῃ ῥοώδει (Ind. 22,6). Als sie durch die Klippen fuhren, trafen sie auf große Wellen und Brandung. Die beiden Passagen Arrians spielen auf die Wahl an, die Kirke dem Odysseus für dessen Weiterfahrt von ihrer Insel lässt − entweder den Weg durch die Plankten zu nehmen:

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5. Kapitel: Arrian und Homer ἔνθεν μὲν γὰρ πέτραι ἐπηρεφέες, προτὶ δ' αὐτὰς κῦμα μέγα ῥοχθεῖ κυανώπιδος Ἀμφιτρίτης· Πλαγκτὰς δή τοι τάς γε θεοὶ μάκαρες καλέουσι (Hom. Od. 12,59ff.). In der einen sind Felsen, überhängende, und gegen sie brandet groß die Woge der dunkeläugigen Amphitrite. Plankten nennen diese die seligen Götter. (Übersetzung: Schadewaldt)

Oder aber durch die Meerenge, in der Skylla und Charybdis hausen: οἱ δὲ δύω σκόπελοι ὁ μὲν ... (Hom. Od. 12,73). Auf dem anderen Wege sind zwei Klippen, die eine … (Übersetzung: Schadewaldt) Nun sind σκόπελος, πέτρα, κῦμα und erst recht nicht ἔνθεν so außergewöhnliche Vokabeln, dass sie allein unsere Deutung einer Anspielung Arrians auf die entsprechenden Homerstellen rechtfertigen würden. Dass wir uns dennoch keiner Überinterpretation des Arrianischen Textes schuldig machen, lässt sich mit Ind. 22,6 begründen. Dort zitiert unser Autor nicht nur Homer, sondern auch eine Stelle des Thukydides,45 die in diesem Zusammenhang für sich selbst spricht: ἔστι δὲ ὁ πορθμὸς ἡ μεταξὺ Ῥηγίου θάλασσα καὶ Μεσσήνης, ᾗπερ βραχύτατον Σικελία τῆς ἠπείρου ἀπέχει· καὶ ἔστιν ἡ Χάρυβδις κληθεῖσα τοῦτο, ᾗ Ὀδυσσεὺς λέγεται διαπλεῦσαι. διὰ στενότητα δὲ καὶ ἐκ μεγάλων πελαγῶν, τοῦ τε Τυρσηνικοῦ καὶ τοῦ Σικελικοῦ, ἐσπίπτουσα ἡ θάλασσα ἐς αὐτὸ καὶ ῥοώδης οὖσα εἰκότως χαλεπὴ ἐνομίσθη (Thuk. 4,24,5).

45 Neben den bereits von uns behandelten Stellen können wir die imitatio des Thukydides in der Indiké (vgl. Grundmann, 13; Boehner, 9ff. und Meyer, 18–22) auch in Arrians Verwendung folgender Vokabeln und Ausdrücke ausmachen: ἐκβολή (Ind. 6,1; 17,7), ἐς ἅπαν (Ind. 36,5), θεατής (Ind. 11,3), ἰδέα (Ind. 6,9; 19,5), καταίρειν = „anlegen“ (Ind. siebenmal), passivisch gebrauchtes κέκτημαι (Ind. 14,1), ἄπεδος (Ind. 13,2) und ὑπονοστεῖν (Ind. 29,11; 39,8), wobei wir die beiden zuletzt genannten Vokabeln auch bei Herodot finden. Darüber hinaus entlehnt Arrian aus Thukydides – ebenso wie in der Anabasis (Beispiele bei Meyer, 18ff.) − vorwiegend nautische Ausdrücke: Vgl. καὶ ἐνταῦθα ῥηχίη τραχείη ἦν, καὶ ἐπὶ τῷδε μετεώρους τὰς νέας ὡρμίσαντο (Ind. 23,2) mit καὶ ἅμα ἕῳ πλέοντες καθορῶσι τὰς τῶν Κερκυραίων ναῦς μετεώρους τε καὶ ἐπὶ σφᾶς πλεούσας (Thuk. 1,48,2). Vgl. Νέαρχος δὲ πέμπει κύκλῳ περὶ τὴν νῆσον τριηκόντορον, κελεύσας μὴ κατασχεῖν μὲν ἐς τὴν νῆσον, ἐμβοᾶν δὲ τοῖς ἀνθρώποις ὡς μάλιστα ἐν χρῷ παραπλέοντας (Ind. 31,4) mit οἱ δ' Ἀθηναῖοι κατὰ μίαν ναῦν τεταγμένοι περιέπλεον αὐτοὺς κύκλῳ καὶ ξυνῆγον ἐς ὀλίγον, ἐν χρῷ αἰεὶ παραπλέοντες καὶ δόκησιν παρέχοντες αὐτίκα ἐμβαλεῖν· προείρητο δ' αὐτοῖς ὑπὸ Φορμίωνος μὴ ἐπιχειρεῖν πρὶν ἂν αὐτὸς σημήνῃ (Thuk. 2,84,1). Auch bei militärischen Ausdrücken nimmt Arrian Anleihen bei Thukydides: Vgl. καὶ ταύτην, ἐπεὰν συστάδην καταστῇ αὐτοῖσιν ἡ μάχη – τὸ δὲ οὐκ εὐμαρέως Ἰνδοῖσιν ἐς ἀλλήλους γίνεται – ἀμφοῖν τοῖν χεροῖν καταφέρουσιν ἐς τὴν πληγήν (Ind. 16,9) mit τοιαύταις δὲ προσβολαῖς καὶ οὐ ξυσταδὸν μάχαις οἱ Συρακόσιοι εἰκότως ἐχρῶντο (Thuk. 7,81,5). Vgl. Νέαρχος δείσας τῶν βαρβάρων μή τινες συνταχθέντες ἐφ' ἁρπαγὴν τοῦ στρατοπέδου τραποίατο, ἐκτειχίζει τὸν χῶρον λιθίνῳ τείχει (Ind. 21,12) mit καὶ λέγεται Βρασίδαν, εἰ ἠθέλησε μὴ ἐφ' ἁρπαγὴν τῷ στρατῷ τραπέσθαι, ἀλλ' εὐθὺς χωρῆσαι πρὸς τὴν πόλιν, δοκεῖν ἂν ἑλεῖν (Thuk. 4,104,2). Ebenso geht der Ausdruck ἀπὸ ξυνθήματος (Ind. 24,5; 30,5) auf Thukydides (Thuk. 4,67,4; 6,61,2; 7,22,1; 7,44,4) zurück. Daneben entlehnt Arrian auch einige Einzelphrasen: Vgl. τὸ δὲ ἀτρεκὲς οὐκ ἔχω εἰκάσαι ὅπως ἐκμαθὼν ἀνέγραψεν, οὐδὲ πολλοστὸν μέρος τῆς Ἰνδῶν γῆς ἐπελθών, οὐδὲ ἐπιμιξίης πᾶσι τοῖς γένεσιν ἐούσης ἐς ἀλλήλους (Ind. 7,1) mit μετὰ δὲ τοῦτο ἐπιμειξίας οὔσης ἤδη παρ' ἀλλήλους, οὐ πολλῷ ὕστερον ἔπραξαν αὖθις οἱ αὐτοὶ ἄνδρες (Thuk. 5,78). Vgl. τὰ δὲ βράχεα τὰ πρὸς τῷ αἰγιαλῷ ἐπῴκεον ἄνθρωποι ἐν καλύβαις πνιγηραῖς (Ind. 24,2) mit οἰκιῶν γὰρ οὐχ ὑπαρχουσῶν, ἀλλ' ἐν καλύβαις πνιγηραῖς ὥρᾳ ἔτους διαιτωμένων ὁ φθόρος ἐγίγνετο οὐδενὶ κόσμῳ (Thuk. 2,52,2). Interessanterweise entlehnt Arrian die „stickigen Hütten“ Thukydidesʼ Beschreibung der in Athen grassierenden Pest. Da Thukydides die Epidemie als den Anfang der ἀνομία in Athen bewertet (Thuk. 2,53,1), fügt sich die übernommene Phrase gut in das Bild, das Arrian von den „Tiermenschen“ zu zeichnen sucht.

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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Diese Meerenge liegt zwischen Rhegion und Messene, dort ist Sizilien vom Festland am kürzesten entfernt. Dies ist die so genannte Charybdis, die Odysseus durchfahren haben soll. Wegen der Enge und weil aus zwei großen Meeren, dem Tyrrhenischen und dem Sizilischen, die Wassermassen hier aufeinandertreffen und Strömungen bilden, galt sie mit Recht als gefährlich. (Übersetzung: Vretska/Rinner) Aus dem Kapitel 23 wollen wir für unsere Untersuchung eine Stelle herausheben: τῇ δ' ὑστεραίῃ ἀναχθέντες ἅμα ἡμέρῃ καὶ πλώσαντες σταδίους ἐς τριάκοντα καὶ τετρακοσίους κατάγονται ἑσπέριοι ἐς Κάβανα, καὶ ὁρμίζονται πρὸς αἰγιαλῷ ἐρήμῳ (Ind. 23,2). Als sie durch die Klippen fuhren, trafen sie auf große Wellen und Brandung. Am folgenden Tage stachen sie mit Tagesbeginn in See und fuhren etwa 430 Stadien. Am Abend landeten sie in Kabana und ankerten vor einer unbewohnten Küste. Bei seiner Wortwahl für die Tagesfahrt der Flotte hat sich Arrian eindeutig von Homer inspirieren lassen; lässt doch der Dichter den Telemachos, nachdem er am Morgen auf der von der Stadt abgewandten Seite Ithakas angelandet ist (Hom. Od. 15,495f.), seiner Mannschaft den Tagesbefehl geben: ὑμεῖς μὲν νῦν ἄστυδ' ἐλαύνετε νῆα μέλαιναν, αὐτὰρ ἐγὼν ἀγροὺς ἐπιείσομαι ἠδὲ βοτῆρας· ἑσπέριος δ' εἰς ἄστυ ἰδὼν ἐμὰ ἔργα κάτειμι (Hom. Od. 15,503ff.). Ihr rudert das schwarze Schiff jetzt hin zur Stadt! Ich aber will auf das Land und zu den Hirten gehen. Am Abend komme ich zur Stadt hinab, wenn ich nach meinen Äckern gesehen habe. (Übersetzung: Schadewaldt) Das folgende Kapitel, in dem Nearchs Kampf mit den „Tiermenschen“ thematisiert ist, beginnt mit ἐνθένδε ὁρμηθέντες ἔπλεον ἀκραεί ‒ Von dort brachen sie auf und segelten mit frischer Brise (Ind. 24,1). ἀκραεί wird an dieser Stelle als Adverb gedeutet (vgl. LSJ 54 s.v. ἀκραής); in Anbetracht der Tatsache, dass sich ἀκραεί, wie eine TLG-Recherche zeigt, in der kompletten griechischen Literatur überhaupt nur hier findet, noch dazu in einem Kapitel, das von Homerreminiszenzen geprägt ist, meinen wir in dem Ausdruck eine ebensolche ausmachen zu können. Auch Doukas, 167 verweist in seiner Textausgabe auf die Abfahrt des Telemachos zu Nestor: τοῖσιν δ' ἴκμενον οὖρον ἵει γλαυκῶπις Ἀθήνη, ἀκραῆ ζέφυρον, κελάδοντ' ἐπὶ οἴνοπα πόντον (Hom. Od. 2,420f.). Und es schickte ihnen einen günstigen Fahrwind die helläugige Athene, einen frischen West, der rauschte über das weinfarbene Meer. (Übersetzung: Schadewaldt) Daneben finden wir ἀκραής auch in der Lügengeschichte, die Odysseus dem Eumaios auftischt: ἑβδομάτῃ δ' ἀναβάντες ἀπὸ Κρήτης εὐρείης ἐπλέομεν βορέῃ ἀνέμῳ ἀκραέϊ καλῷ (Hom. Od. 14,252f.).46

46 Der zweite Vers wird in Hom. Od. 14,299 in leichter Variation wiederholt.

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5. Kapitel: Arrian und Homer Am siebenten aber gingen wir zu Schiff und fuhren hinweg von dem weiten Kreta mit einem Nordwind, einem scharf wehenden, schönen. (Übersetzung: Schadewaldt)

Beiden Stellen ist gemein, dass ἀκραής als Attribut zu ἄνεμος47 bzw. zur Bezeichnung der Windrichtung48 gebraucht wird. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass auch in Ind. 24,1 ἄνεμος (gedanklich) ergänzt werden muss, sei es, weil das Substantiv (oder der Name einer Windrichtung) bereits früh in der Überlieferung ausgefallen ist, oder aber eine (fachsprachliche?)49 Ellipse vorliegt. Da aber die Indiké im Ganzen etliche Wörter aufweist, die in der überlieferten griechischen Literatur nur sehr spärlich belegt sind,50 lässt es sich natürlich nicht mit Sicherheit sagen, ob ἀκραεί nicht doch ein reines Adverb ist. Dass gerade beim Zusammentreffen der Alexanderflotte mit den „Tiermenschen“ Wortmaterial aus der Odyssee verarbeitet ist, ist communis opinio.51 Beispielsweise schreibt Arrian: λόγχας δὲ ἐφόρεον παχέας, μέγεθος ὡς ἑξαπήχεας· ἀκωκὴ δὲ οὐκ ἐπῆν σιδηρέη, ἀλλὰ τὸ ὀξὺ αὐτῇσι πεπυρακτωμένον ταὐτὸ ἐποίεε. πλῆθος δὲ ἦσαν ὡς ἑξακόσιοι (Ind. 24,3). Sie trugen dicke, sechs Ellen lange Lanzen. Eiserne Spitzen waren nicht aufgesetzt, sondern ihre zugespitzten Enden waren im Feuer gehärtet, was dasselbe bewirkte. Ihre Anzahl betrug etwa 600. Den von unserem Autor nur hier gebrauchten Ausdruck ἀκωκή finden wir bei Homer etwa bei der Tötung des Ebers, der Odysseus die markante Narbe zugefügt hat: τὸν δ' Ὀδυσεὺς οὔτησε τυχὼν κατὰ δεξιὸν ὦμον, ἀντικρὺ δὲ διῆλθε φαεινοῦ δουρὸς ἀκωκή (Hom. Od. 19,452f.). Odysseus aber stieß zu und traf ihn unter die rechte Schulter, und durch und durch ging des schimmernden Speeres Spitze. (Übersetzung: Schadewaldt) Und das Verb πυρακτόω, bei dem es sich nach Janni, 1992, 165 um eine Art terminus technicus für die Waffenherstellung primitiver Barbaren handelt, begegnet uns in der Odyssee bei der Blendung des Musterexemplars eines Barbaren schlechthin, des Polyphem: οἱ δ' ὁμαλὸν ποίησαν· ἐγὼ δ' ἐθόωσα παραστὰς ἄκρον, ἄφαρ δὲ λαβὼν ἐπυράκτεον ἐν πυρὶ κηλέῳ (Hom. Od. 9,327f.).

47 Von diesem Bezug wird in den Scholien zur Odyssee ausgegangen: ἀνέμῳ ἀκραέϊ] ἄκρως πνέοντι, ὅ ἐστιν ἐπιτηδείως καὶ καθαρῶς (Schol. Hom. Od. 14,253f.). 48 So auch in den Argonautiká des Apollonios: ἦμος δὲ τρίτατον φάος ἤλυθε, δὴ τότ' ἔπειτα / ἀκραεῖ ζεφύρῳ νῆσον λίπον αἰπήεσσαν (Apoll. Rhod. 2,720f.). 49 Im Sinne einer kontextspezifischen Ellipse, die bei Sender und Empfänger gleichbedeutend ist. 50 Spärlich und zumeist spät belegt sind: ἄδενδρος (Ind. 29,15), ἀειφανής (Ind. 25,6), ἁλιτενής (Ind. 21,9; 37,10), ἀμμώδης (Ind. 21,7; 40,2); ἀνακόπτειν = „hemmen“ (Ind. 6,7), ἀνίσχειν = „hervorsprudeln“ (Ind. 4,3; 4,15), ἀπολιμπάνειν (Ind. 13,5), ἀπώλεια (Ind. 35,8), ἄσκιος (Ind. 25,7), δομεῖν (Ind. 7,3), ἐγκελεύεσθαι (Ind. 13,11), ἐπίβολος (Ind. 23,1), ἡμίγυμνος (Ind. 24,8), κλαδοῦν (Ind. 11,10), ματαιότης (Ind. 36,1), νιφετώδης (Ind. 40,5), παραμείβειν = „vorbeiziehen“ (Ind. 37,8; 40,8), ῥικνός (Ind. 34,7), συναφής (Ind. 22,7), σύρροος (Ind. 43,2), συστάδην (Ind. 16,9), τεναγώδης (Ind. 40,10), ὑπονόστησις (Ind. 41,3) und φλογώδης (Ind. 32,12); vgl. Boehner, 13ff. 51 Vgl. z.B. Udai, 1991, 93; González Ponce, 2008, 297ff.

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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Und die machten es glatt. Ich aber trat heran und spitzte es oben zu und nahm es und brannte es alsbald hart am flammenden Feuer. (Übersetzung: Schadewaldt) Die stark behaarten „Tiermenschen“ sind ähnlich wild und gesetzlos, wie Homers Kyklopen und Laistrygonen (vgl. Hom. Od. 9,480‒89 und 10,121‒131), und von ebenso geringer Kulturstufe (vgl. z.B. Hom. Od. 9,108f. und 125f.). Dem listenreichen Odysseus gleich ersinnt Nearch einen Angriffsplan gegen die Barbaren, als er deren Schwachstelle erkennt: αἱ γὰρ τῶν βαρβάρων λόγχαι παχέαι φαινόμεναι ἀγχέμαχοι μέν, ἄφοβοι δὲ ἐς τὸ ἐσακοντίζεσθαι ἦσαν (Ind. 24,4). Denn die dicken Lanzen der Barbaren schienen nur für den Nahkampf geeignet, jedoch harmlos als Schleuderwaffe. Die Vokabel ἀγχέμαχος findet bei Homer nur in den Büchern 13, 16 und 17 der Ilias Verwendung und ist dort ausschließlich im Zusammenhang mit dem Kampf um die Schiffe der Achaier gesagt (z.B. Hom. Il. 16,272); da der Kampf gegen die „Tiermenschen“ von den Schiffen aus stattfindet, ist die Homeranleihe treffend gewählt. Auch das Kriegsgeschrei der Seeleute hat sein Vorbild in der Ilias: Ἐνυάλιος ist dort ein Epitheton des Ares (vgl. z.B. Hom. Il. 2,651). Ferner weist Arrians Darstellung der Stadteroberung im Gebiet der Fischesser einige Homeranspielungen auf. Als sich die Flotte der Stadt nähert, schreibt unser Autor: [sc. Νέαρχος] λέγει ὅτι καταληπτέον σφίσιν εἴη τὸ χωρίον· ἑκόντας τε γὰρ οὐκ ἂν οἴεσθαι δοῦναι τῇ στρατιῇ σιτία, βίῃ τε οὐχ οἷόν τε εἶναι ἐξαιρέειν, πολιορκίης δὲ καὶ τριβῆς δεήσειν, σφᾶς δὲ ἐπιλελοιπέναι τὰ σιτία. ὅτι δὲ ἡ γῆ σιτοφόρος, τῇ καλάμῃ τεκμηριοῦσθαι, ἥντινα οὐ πόρρω τοῦ αἰγιαλοῦ ἀφεώρων βαθέην (Ind. 27,8f.). [Nearch sagte], dass man den Ort überfallen müsse. Denn er glaube nicht, dass man dem Heer freiwillig Getreide geben würde. Mit Gewalt könne man es nicht wegnehmen, denn dazu sei eine Belagerung und viel Zeit notwendig, sie aber seien mit ihren Nahrungsvorräten am Ende. Dass das Land Getreide trage, bezeugten die Halme, die sie nicht fern vom Ufer reichlich sahen. Högemann, 87 nimmt Anstoß an der Passage und argumentiert, dass die Flotte ein στρατός gewesen sei, und man deswegen Lebensmittel hätte fordern können. Wir meinen aber, dass der Inhalt der Passage darauf abzielen soll, beim Leser Assoziationen an Homer zu erwecken. πολιορκίη hat Stichwortfunktion: Die aufreibende Belagerung einer Stadt wird vom griechischen Leser doch fast automatisch mit Troja in Verbindung gebracht. Und wie der Fortgang der Episode zeigt, ist der Plan des Nearch nicht wenig vom listenreichen Vorgehen des Odysseus bei der Eroberung Trojas inspiriert: Nearch ist – etwas überspitzt formuliert − das Trojanische Pferd in persona. Die ebenfalls in der Passage von Arrian gebrauchte Vokabel καλάμη begegnet uns in Ilias und Odyssee je einmal; in beiden Fällen legt sie der Dichter dem Odysseus in den Mund. In der Odyssee finden wir sie in der Lügengeschichte, die der Protagonist dem Eumaios über seine Vorgeschichte erzählt:

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5. Kapitel: Arrian und Homer νῦν δ' ἤδη πάντα λέλοιπεν· ἀλλ' ἔμπης καλάμην γέ σ' ὀΐομαι εἰσορόωντα γινώσκειν· ἦ γάρ με δύη ἔχει ἤλιθα πολλή (Hom. Od, 14,213ff.). Nun aber ist alles dahingegangen, doch erkennst du es gleichwohl, denke ich, wenn du auch nur die Stoppel siehst, denn Elend, wahrlich! hält mich fest genugsam viel. (Übersetzung: Schadewaldt)

In der Ilias wird καλάμη metaphorisch gebraucht: αἶψά τε φυλόπιδος πέλεται κόρος ἀνθρώποισιν, ἧς τε πλείστην μὲν καλάμην χθονὶ χαλκὸς ἔχευεν (Hom. Il. 19,221f.). Schnell kommt an der Schlacht Sattheit die Menschen an, / wo die meisten Halme das Erz zu Boden schüttet. (Übersetzung: Schadewaldt) Die Ilias-Stelle ist Teil der Beilegung des Streits von Achill und Agamemnon; während Achill sogleich den Kampf wiederaufnehmen will, rät ihm Odysseus zuvor doch des Tranks und der Speise zu gedenken: μεμνῆσθαι πόσιος καὶ ἐδητύος (Hom. Il. 19,231). In der Paráplous-Passage werden von Arrian beide Homerstellen kombiniert: Er übernimmt die wörtliche Bedeutung von καλάμη aus der Odyssee und setzt sie in den Kontext der Verpflegung, in dem die Vokabel in metaphorischem Gebrauch in der Ilias auftaucht. Darüber hinaus wird gerade damit, dass Arrian den Ausdruck καλάμη, der bei Homer ausschließlich in den Reden des Odysseus Verwendung findet, dem Nearch in den Mund legt, eine Analogie zwischen Nearch und Odysseus suggeriert. Seine Darstellung der Ausführung des Nearchischen Eroberungsplans lässt Arrian mit den Worten beginnen: αὐτὸς δὲ ὑπολειφθεὶς μετὰ μιῆς νεὼς ἐπὶ θέαν δῆθεν τῆς πόλιος ᾔει. προσάγοντι δὲ αὐτῷ πρὸς τὰ τείχεα φιλίως ξένια ἔφερον ἐκ τῆς πόλιος θύννους τε ἐν κριβάνοισιν ὀπτούς (Ind. 27,10− 28,1). Nearch selbst blieb mit einem zurück und tat so, als ob er sich zur Besichtigung der Stadt anschicke. Als er sich der Stadtmauer näherte, empfing man ihn freundlich und brachte aus der Stadt als Gastgeschenk in einem irdenen Topf gebratene Thunfische. Ob vom Autor intendiert oder nicht – uns jedenfalls erinnert die Kombination von Inaugenscheinnahme und Gastgeschenken an die Reue des Odysseus, den Rat der Gefährten, sich nur heimlich an den Vorräten des Polyphem zu bedienen und sich sofort wieder davonzumachen, missachtet zu haben: ἀλλ' ἐγὼ οὐ πιθόμην – ἦ τ' ἂν πολὺ κέρδιον ἦεν – ὄφρ' αὐτόν τε ἴδοιμι, καὶ εἴ μοι ξείνια δοίη (Hom. Od. 9,229f.). Jedoch ich ließ mich nicht bereden ‒ und es wäre doch viel besser gewesen! ‒, damit ich den Mann selber sähe und ob er mir Gastgeschenke gäbe. (Übersetzung: Schadewaldt) Dass wir diese Verbindung sehen, mag nicht zuletzt auch damit zusammenhängen, dass im Text gerade der Besetzung des Stadttores besondere Beachtung zukommt − anders als in der Kyklopenepisode wird so eine Zugangsmöglichkeit gewahrt.

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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Als schließlich die Stadt von den Griechen eingenommen ist, und sie die Einwohner zur Herausgabe der Vorräte auffordern, schreibt Arrian: οἳ δὲ τὸ μὲν ἀπὸ τῶν ἰχθύων τῶν ὀπτῶν ἀληλεσμένον ἄλευρον πολὺ ἐδείκνυσαν, πυροὺς δὲ καὶ κριθὰς ὀλίγας· καὶ γὰρ καὶ ἐτύγχανον σίτῳ μὲν τῷ ἀπὸ τῶν ἰχθύων, τοῖσι δὲ ἄρτοισιν ὅσα ὄψῳ διαχρεόμενοι. ὡς δὲ τὰ ὄντα ἐπεδείκνυον, οὕτω δὴ ἐκ τῶν παρόντων ἐπισιτισάμενοι ἀνήγοντο, καὶ ὁρμίζονται (Ind. 28,8). Sie zeigten viel Mehl, das aus gebratenem Fisch gemahlen war, aber nur wenig Weizen und Gerste. Denn sie verwendeten Fischprodukte als Speise und Brot als Zukost. Nachdem sie nun das Vorhandene gezeigt hatten, versahen sich die Griechen aus dem, was da war, mit Nahrung und brachen auf. Die Passage bildet einen humoristischen Abschluss der Episode, sofern wir uns Folgendes vergegenwärtigen: Die Eroberung der Stadt hatte zum Ziel, σίτος für die Flotte zu beschaffen. Was man am Ende vorfindet, ist genau das Gegenteil vom dem, was man erwartet hatte: Hauptnahrungsmittel und Zukost sind für griechische Gaumen spiegelverkehrt repräsentiert. Nicht nur steht das als ὄψον verwendete Brot im herrlichen Kontrast zur Zukost, wie sie Homer beschreibt, so z.B.: ὄψα, οἷα ἔδουσι διοτρεφέες βασιλῆες (Hom. Od. 3,480). Zukost, wie die gottgenährten Könige sie essen. (Übersetzung: Schadewaldt) Und: ὄψα μενοεικέα πολλά (Hom. Od. 5,267). Zukost, dem Mute zusagende, viele. (Übersetzung: Schadewaldt) Auch erhält die Phrase, dass man sich ἐκ τῶν παρόντων („aus dem, was halt da war“) versorgt habe, einen amüsanten Beiklang, wenn man in ihr den Homerischen Formelvers für eine fürsorgliche Bewirtung mitschwingen hört: σῖτον δ' αἰδοίη ταμίη παρέθηκε φέρουσα, εἴδατα πόλλ' ἐπιθεῖσα, χαριζομένη παρεόντων (z.B. Hom. Od. 1,139f.). Und die ehrbare Beschließerin brachte Brot und setzte es vor, und tat viele Speisen dazu, gefällig von dem, was da war. (Übersetzung: Schadewaldt) Im Anfang des Kapitels 29 will Pearson, 138 einen „schlechten Ersatz“ für die Lotusesser-Episode der Odyssee ausmachen: ἐνθένδε ἐς Κανασίδα πόλιν ἐρήμην σταδίους ἐς τετρακοσίους, ἵνα τινὶ φρέατι ὀρυκτῷ ἐπιτυγχάνουσι, καὶ φοίνικες ἄγριοι ἐπεφύκεσαν. τούτων τοὺς ἐγκεφάλους κόπτοντες ἐσιτέοντο· σῖτος γὰρ ἐπελελοίπει τὴν στρατιήν (Ind. 29,1f.). Von dort sind es bis zu der verlassenen Stadt Kanasis etwa 400 Stadien. Dort fanden sie einen gegrabenen Brunnen. Es wuchsen dort auch wilde Dattelpalmen. Sie schlugen den Palmkohl ab und aßen ihn, denn dem Heer war das Getreide ausgegangen.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Dass die Seeleute in Ermangelung von Getreide Palmenkohl gegessen haben, stellt für uns allerdings keinen hinreichenden Grund dar, darin eine Anspielung auf die Lotusesser Homers zu sehen. Denn im Gegensatz zu Xenophons Anabasis, wo sich der Bezug der in Xen. An. 4,8,20f. geschilderten Merkwürdigkeiten in der Truppe nach dem Genuss von Bienenwaben auf die Homerepisode klar damit rechtfertigen lässt, dass zuvor im Text das Stichwort „Lotusesser“ (Xen. An. 3,2,25) gefallen ist, ermangelt es der Paráplous-Passage an auf Homer hinweisenden Kennzeichen. Anders dagegen sieht es mit dem darauf folgenden Satz aus: καὶ κακῶς ἤδη ὑπὸ λιμοῦ ἔχοντες ἔπλεον τήν τε ἡμέρην καὶ τὴν νύκτα, καὶ ὁρμίζονται πρὸς αἰγιαλῷ ἐρήμῳ (Ind. 29,2). Sie litten nun Hunger und fuhren Tag und Nacht; schließlich gingen sie an einer einsamen Küste vor Anker. Während sonst überall im Text von Arrian die genauen Fahrtzeiten bzw. -distanzen der Flotte aufgeführt werden, wird hier die simple Tatsache, dass der Schiffsverband aus Verpflegungsmangel länger auf See blieb, um auf diese Art schneller neue Verproviantierungsmöglichkeiten ausfindig machen zu können, ins Epische erhöht: Hunger leidend fuhr man Tag und Nacht. Hierfür sehen wir Homer als Vorbild, über dessen Praxis sich bei Mannsperger die treffliche Formulierung findet: „Alle Daten und Fakten unterliegen grundsätzlich den Erfordernissen der Handlung und Darbietung, sie erfahren irreale Verwandlungen und Verbiegungen wie etwa Pauschalisierung von Zahlenangaben, Raffungen oder Dehnungen von Entfernungen und Zeiträumen, oder auch mythische Überhöhung und Distanzierung“ (Mannsperger, 35). Je mehr sich die Flotte Karmanien nähert, desto stärker wird die Homerische Färbung des Arrianischen Textes. Die chronologische Abfolge der historischen Ereignisse wird von Arrian nicht beibehalten, sondern die Wal-, Nosala- und Maketaepisode en bloc dargeboten (Der Gedanke an die ebenfalls in cumulo wiedergegebenen Abenteuer des Odysseus im Werk Homers tut sich zumindest auf.); zudem erfährt Arrians Wiedergabe der Fahrtzeiten der Flotte eine leichte Verschiebung hin zum Epischen: Mit Ausnahme von Ind. 22,8 finden wir nur in den späteren Kapiteln des Paráplous (Ind. 29,6; 30,2; 33,2; 33,9; 37,5; 37,8; 38,3; 41,2) die Phrase ὑπὸ τὴν ἕω (ἔπλεον o.ä.), der damit beinahe die Valenz des Homerischen Formelverses ἦμος δ' ἠριγένεια φάνη ῥοδοδάκτυλος Ἠώς (z.B. Hom. Od. 3,404) ‒ als aber die frühgeborene erschien, die rosenfingrige Eos (Übersetzung: Schadewaldt) zukommt. Dass sich der Ichthyophagen-Exkurs primär an Herodot orientiert, haben wir bereits gesagt; doch auch darin finden wir vereinzelt Anspielungen auf Homer, so beispielsweise: σιτέονται δὲ ὠμοὺς μέν, ὅπως ἀνειρύουσιν ἐκ τοῦ ὕδατος, τοὺς ἁπαλωτάτους αὐτῶν· τοὺς δὲ μέζονάς τε καὶ σκληροτέρους ὑπὸ ἡλίῳ αὐαίνοντες, εὖτ' ἂν ἀφαυανθῶσι, καταλοῦντες ἄλευρα ἀπ' αὐτῶν ποιέονται καὶ ἄρτους (Ind. 29,12). Die zarten Fische essen sie roh, wie sie sie aus dem Wasser holen. Die größeren und härteren dörren sie in der Sonne, bis sie ausgetrocknet sind. Dann zermahlen sie sie zu Mehl und bereiten aus ihnen auch Brot; einige backen aus diesem Mehl auch Fladen. Wie die Ichthyophagen die Fische in der Sonne dörren lassen, tut das bei Homer Polyphem mit seiner Keule:

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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Κύκλωπος γὰρ ἔκειτο μέγα ῥόπαλον παρὰ σηκῷ, χλωρὸν ἐλαΐνεον· τὸ μὲν ἔκταμεν, ὄφρα φοροίη αὐανθέν. (Hom. Od. 9,319ff.). Da lag von dem Kyklopen ein großer Knüttel bei dem Pferch, grün, von Olivenholz: den hatte er geschnitten, um ihn zu tragen, wenn er getrocknet wäre. (Übersetzung: Schadewaldt) αὐαίνειν ist bei beiden Autoren hapax, Arrians Wortwahl also klar von Homer beeinflusst. Wie schon bei den „Tiermenschen“ wird auch bei den Fischessern über das eindeutig auf die Kyklopenepisode zurückführbare Vokabular eine gewisse Analogie zwischen der Wildheit und Unkultiviertheit der von der Flotte angetroffenen Völkerschaften und der mythischen Gestalten Homers hergestellt. Dem Zusammentreffen mit den Walen in Kapitel 30 hat Arrian durch die Übernahme zahlreicher Vokabeln des Epos einen besonderen Homerischen Anstrich verliehen: (1) Κήτεα δὲ μεγάλα ἐν τῇ ἔξω θαλάσσῃ βόσκεται, καὶ ἰχθύες πολὺ μέζονες ἢ ἐν τῇδε τῇ εἴσω. (2) καὶ λέγει Νέαρχος, ὁπότε ἀπὸ Κυΐζων παρέπλεον, ὑπὸ τὴν ἕω ὀφθῆναι ὕδωρ ἄνω ἀναφυσώμενον τῆς θαλάσσης οἷά περ ἐκ πρηστήρων βίᾳ ἀναφερόμενον ... (3) καὶ τοῖσι ναύτῃσιν ἐκπλαγεῖσιν ἐκ τῶν χειρῶν τὰ ἐρετμὰ ἐκπεσεῖν, (4) αὐτὸς δὲ ἐπιὼν παρακαλεῖν τε καὶ θαρσύνειν, καὶ κατ' οὕστινας παραπλέων ἐγένετο, ἐς μέτωπόν τε κελεῦσαι καταστῆσαι ὡς ἐπὶ ναυμαχίῃ τὰς νέας, καὶ ἐπαλαλάζοντας ὁμοῦ τῷ ῥοθίῳ πυκνήν τε καὶ ξὺν κτύπῳ πολλῷ τὴν εἰρεσίην ποιέεσθαι. (5) οὕτως ἀναθαρσήσαντας ὁμοῦ δὴ πλέειν ἀπὸ ξυνθήματος. ὡς δὲ ἐπέλαζον ἤδη τοῖσι θηρίοισιν, ἐνταῦθα αὐτοὺς μὲν ὅσον αἱ κεφαλαὶ αὐτοῖσιν ἐχώρεον ἐπαλαλάξαι, τὰς δὲ σάλπιγγας σημῆναι, καὶ τὸν κτύπον ἀπὸ τῆς εἰρεσίης ὡς ἐπὶ μήκιστον κατασχεῖν. (6) οὕτω δὴ ὁρώμενα ἤδη κατὰ τὰς πρῴρας τῶν νεῶν τὰ κήτεα ἐς βυθὸν δῦναι ἐκπλαγέντα, καὶ οὐ πολλῷ ὕστερον κατὰ τὰς πρύμνας ἀναδύντα ἀνασχεῖν καὶ τῆς θαλάσσης αὖθις ἀναφυσῆσαι ἐπὶ μέγα (Ind. 30,1−6). (1) Große Wale leben im Ozean und Fische, die viel größer sind als im Mittelmeer. (2) Und Nearch berichtet, dass sie, nachdem sie von Kyiza abgefahren waren, bei Tagesanbruch gesehen hätten, wie Wasser aus dem Meere nach oben geblasen wurde, wie durch die Gewalt einer Windhose hochgerissen. … (3) Den erschreckten Seeleuten seien die Ruder aus den Händen gefallen; (4) er selbst sei herangefahren, habe ihnen gut zugeredet und sie ermutigt. Und allen, an denen er vorbeigefahren sei, habe er befohlen, die Schiffe wie zu einer Seeschlacht in eine Front zu bringen, zugleich mit dem Lärm der Ruder ein Kriegsgeschrei anzustimmen und schnell und mit kräftigem Schlag zu rudern. (5) So ermutigt, seien sie zugleich auf ein Signal hin gefahren. Als sie sich schon den Tieren näherten, da hätten sie nach besten Kräften ein Kriegsgeschrei angestimmt, die Trompeten geblasen und mit einem möglichst weithin hörbaren Schlag gerudert. (6) So seien die schon vor dem Bug der Schiffe sichtbaren Wale erschreckt in die Tiefe getaucht. Kurz darauf seien sie am Heck wieder empor getaucht und hätten wiederum gewaltig Meerwasser ausgeblasen. Daraufhin seien die Soldaten wegen der unerwarteten Rettung in Beifall ausgebrochen zum Lobe des Mutes und der Klugheit des Nearch.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Besonders zwei Passagen der Odyssee finden sich hier wörtlich und motivisch zitiert. Zum einen die Klage des Odysseus in der Felsenbrandung vor Scheria:

(410)

(415)

(420)

ὤ μοι, ἐπεὶ δὴ γαῖαν ἀελπέα δῶκεν ἰδέσθαι Ζεύς, καὶ δὴ τόδε λαῖτμα διατμήξας ἐπέρησα, ἔκβασις οὔ πῃ φαίνεθ' ἁλὸς πολιοῖο θύραζε· ἔκτοσθεν μὲν γὰρ πάγοι ὀξέες, ἀμφὶ δὲ κῦμα βέβρυχεν ῥόθιον, λισσὴ δ' ἀναδέδρομε πέτρη, ἀγχιβαθὴς δὲ θάλασσα, καὶ οὔ πως ἔστι πόδεσσι στήμεναι ἀμφοτέροισι καὶ ἐκφυγέειν κακότητα. μή πώς μ' ἐκβαίνοντα βάλῃ λίθακι ποτὶ πέτρῃ κῦμα μέγ' ἁρπάξαν· μελέη δέ μοι ἔσσεται ὁρμή. εἰ δέ κ' ἔτι προτέρω παρανήξομαι, ἤν που ἐφεύρω ἠϊόνας τε παραπλῆγας λιμένας τε θαλάσσης, δείδω μή μ' ἐξαῦτις ἀναρπάξασα θύελλα πόντον ἐπ' ἰχθυόεντα φέρῃ βαρέα στενάχοντα, ἠέ τί μοι καὶ κῆτος ἐπισσεύῃ μέγα δαίμων ἐξ ἁλός, οἷά τε πολλὰ τρέφει κλυτὸς Ἀμφιτρίτη· οἶδα γὰρ ὥς μοι ὀδώδυσται κλυτὸς ἐννοσίγαιος (Hom. Od. 5,408−423).

O mir! nachdem nun Zeus unverhofft ein Land zu sehen gegeben und ich diese Tiefe bis ans Ende durchmessen habe, zeigt nirgend sich ein Ausstieg aus der grauen Salzflut! Denn außen davor sind spitze Felsen, und ringsher brüllt die Woge brandend, glatt springt der Stein auf, gleich ist tief das Meer und möglich ist es auf keine Weise, mit beiden Füßen hinzustehen und zu entrinnen aus dem Übel. Dass mich nicht, suche ich herauszusteigen, die große Woge hochreißt und an den steinigen Felsen wirft, und nutzlos würde mir mein Andräng! Wenn ich aber weiter seitwärts schwimme, ob ich irgendwo flach bespülte Ufer und Buchten des Meeres finde, so fürchte ich, dass mich abermals ein Wirbel hochreißt und auf das fischreiche Meer trägt, den schwer Stöhnenden. Oder auch, es treibt ein grosses Untier der Daimon aus der Salzflut auf mich, wie sie so viele ernährt die ruhmvolle Amphitrite. Weiß ich doch, wie mir zürnt der ruhmvolle Erderschütterer. (Übersetzung: Schadewaldt) Eine θύελλα hat das Floß des Odysseus zerstört, mit der Gewalt eines πρηστήρ blasen die Wale; Odysseus ist der Zugang zum Ufer versperrt, der Flotte der Weg zur Weiterfahrt; Odysseus fürchtet sich vor einem κῆτος, die Flotte sieht sich gleich mit mehreren konfrontiert; das rauschende Branden des Meeres (ῥόθιος) ist in beiden Texten zu finden – hier wie dort als Einzelbeleg der Vokabel. Zum anderen nimmt Arrians Passage Anleihen bei Homers Geschichte eines maritimen Bedrohungsszenarios schlechthin – der von Skylla und Charybdis:

(205)

ἀλλ' ὅτε δὴ τὴν νῆσον ἐλείπομεν, αὐτίκ' ἔπειτα καπνὸν καὶ μέγα κῦμα ἴδον καὶ δοῦπον ἄκουσα. τῶν δ' ἄρα δεισάντων ἐκ χειρῶν ἔπτατ' ἐρετμά, βόμβησαν δ' ἄρα πάντα κατὰ ῥόον· ἔσχετο δ' αὐτοῦ νηῦς, ἐπεὶ οὐκέτ' ἐρετμὰ προήκεα χερσὶν ἔπειγον.

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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αὐτὰρ ἐγὼ διὰ νηὸς ἰὼν ὤτρυνον ἑταίρους μειλιχίοισ' ἐπέεσσι παρασταδὸν ἄνδρα ἕκαστον (Hom. Od. 12,201‒7). Doch als wir nun die Insel verlassen hatten, sah ich alsbald darauf einen Rauch und eine große Brandungswelle und hörte ein Gedröhn. Sie aber fürchteten sich, und aus ihren Händen flogen die Riemen und rauschten alle in der Strömung hinterdrein. Und das Schiff blieb daselbst liegen, weil sie nicht mehr die vorn geschärften Ruder mit den Händen bewegten. Ich aber ging durch das Schiff und trieb die Gefährten an mit sanften Worten, herangetreten an einen jeden Mann. (Übersetzung: Schadewaldt) Und: αὐτὰρ ἐγὼ καταδὺς κλυτὰ τεύχεα καὶ δύο δοῦρε μάκρ' ἐν χερσὶν ἑλὼν εἰς ἴκρια νηὸς ἔβαινον πρῴρης· ἔνθεν γάρ μιν ἐδέγμην πρῶτα φανεῖσθαι Σκύλλην πετραίην, ἥ μοι φέρε πῆμ' ἑτάροισιν (Hom. Od. 12,228‒31). Sondern [ich] tauchte in die herrliche Rüstung, ergriff zwei lange Speere mit den Händen und stieg am Bug auf das Verdeck des Schiffes. Dort wartete ich, bis mir Skylla zuerst aus dem Stein erscheinen würde, die mir Leid bringen sollte über die Gefährten. (Übersetzung: Schadewaldt) Sowohl bei Homer, als auch bei Arrian fallen den erschrockenen Seeleuten beim Anblick der Bestien die Ruder aus den Händen. In beiden Fällen nähert sich die Gefahr den Schiffen auf der Bugseite (πρῴρη). Hier wie dort gelingt es dem Kommandanten, die entmutigte Mannschaft wieder aufzurichten.52 Die Parallelisierung von Odysseus und Nearch ist augenscheinlich.53 Dass die Nosala-Episode in Kapitel 31 gewisse Berührungspunkte mit dem „Kirkemärchen“ (Hom. Od. 10,135−574) aufweist, darauf hat bereits Jacoby, D 458 hingewiesen. Spätestens seit Pearsons Publikation (S. 136) wird die Episode gerne als Homerischer Anklang im Paráplous gewertet. Man sollte sich jedoch vergegenwärtigen, dass die Parallele zur Odyssee – vom „Odysseusgleichen“ klugen Vorgehen Nearchs einmal abgesehen −54 allein in der inhaltlichen Ähnlichkeit des Nosala-λόγος mit der Kirkegeschichte liegt. Denn in der ganzen Episode begegnen uns

52 Arrian verwendet in Ind. 30,4 dafür die Homerische Vokabel θαρσύνειν, die wir zwar nicht in der Skylla-undCharybdis-Episode finden, aber z.B. in der Polyphem-Geschichte: ἔπεσσι δὲ πάντας ἑταίρους / θάρσυνον, μή τίς μοι ὑποδδείσας ἀναδύη (Hom. Od. 9,376f.). 53 Wie Blösel, 139ff. zeigt, hat Herodot in seine Darstellung der Ereignisse vor der Schlacht von Salamis nicht nur einen nach Homerischem Vorbild ausgearbeiteten Schiffskatalog (Hdt. 8,43–48) eingebunden, sondern das ganze Szenario nach der Kontrastfolie der Διάπειρα in der Ilias (2,1–483) ausgestaltet. Zum dort zu findenden Reichtum an Homerischen Motiven zählt auch die auffällige Parallelisierung von Themistokles und Odysseus. Sollte Arrian Herodots Stilisierung des seefahrenden historischen Akteurs nicht entgangen sein, lässt sich die den ganzen Paráplous durchziehende Parallelisierung von Odysseus und Nearch freilich ebenso als Herodotreminiszenz wie als Homeranspielung werten. 54 Anders als Homer, der besonders auch in Form von Epitheta die für das Charakterbild des Odysseus typischen Eigenschaften des „Vielduldenden“, „Vielverschlagenen“, „Einfalls- und Listenreichen“ und „scharfsinnigen Skeptikers“ (vgl. Mannsperger, 153) dem Leser vermittelt, verzichtet Arrian konsequent auf derartige Beiwörter bei seiner Charakterzeichnung des Nearch. Selbiges können wir auch in der Anabasis für seine Charakterdarstellung des Alexander beobachten.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

mit ἤπειρος und πελάζειν nur zwei Vokabeln, die wir auch bei Homer finden. Diese beiden Wörter sind allerdings nicht als Anspielungen auf den Dichter zu werten, da sie zum Standartwortschatz unseres Autors gehören und von ihm in Anabasis und Indiké vielfach verwendet werden. Es scheint fast so, als habe Arrian die Übereinstimmung der Nosala-Sage mit der entsprechenden Partie der Odyssee als hinreichende Anspielung auf Homer verstanden und bewusst auf wortwörtliche Reminiszenzen verzichtet – vielleicht, um die Episode nicht zu überfrachten. Auch das Streben nach variatio könnte eine Rolle gespielt haben: Zeigen doch gerade die angrenzenden Kapitel 30 und 32 eine besonders hohe Dichte Homerischen Wortmaterials. Aus Ind. 32 wollen wir Arrians Darstellung der Ereignisse an Kap Maketa herausgreifen: (10) Νέαρχος δὲ ὑποκρίνεται νήπιον εἶναι Ὀνησίκριτον, εἰ ἀγνοέει ἐπ' ὅτῳ ἐστάλη πρὸς Ἀλεξάνδρου ὁ στόλος. (11) οὐ γὰρ ὅτι ἀπορίη ἦν πεζῇ διασωθῆναι πάντα αὐτῷ τὸν στρατόν, ἐπὶ τῷδε ἄρα ἐκπέμψαι τὰς νέας, ἀλλὰ ἐθέλοντα αἰγιαλούς τε τοὺς κατὰ τὸν παράπλουν κατασκέψασθαι καὶ ὅρμους καὶ νησῖδας, καὶ ὅστις κόλπος ἐσέχοι ἐκπεριπλῶσαι τοῦτον, καὶ πόλιας ὅσαι ἐπιθαλάσσιαι, καὶ εἴ τις ἔγκαρπος γῆ καὶ εἴ τις ἐρήμη. (12) σφᾶς ὦν οὐ χρῆναι ἀφανίσαι τὸ ἔργον, πρὸς τέρματι ἤδη ἐόντας τῶν πόνων, ἄλλως τε οὐδὲ ἀπόρως ἔτι τῶν ἀναγκαίων ἐν τῷ παράπλῳ ἔχοντας ... (13) ταῦτα ἐνίκα, καί μοι δοκέει περιφανέως σῶσαι τὴν στρατιὴν τῇδε τῇ βουλῇ Νέαρχος (Ind. 32,10−13). (10) Aber Nearch erwiderte, dass Onesikritos ein Narr sei, wenn er nicht wisse, wozu die Flotte von Alexander ausgesandt sei. (11) Gewiss nicht deswegen, weil es unmöglich sei, sein ganzes Heer sicher zu Lande zurückzuführen; er habe die Schiffe vielmehr ausgeschickt, weil er sie die Küsten, an denen sie vorbeiführen, erkunden lassen wollte zusammen mit den Ankergründen und kleinen Inseln und weil er die Buchten, die sich landeinwärts ausdehnen, ausfahren und alle die Städte am Meer erkunden lassen wollte, auch ob ein Land fruchtbar sei oder unwirtlich. (12) Sie sollten das Unternehmen nun nicht zu Fall bringen, da sie schon am Ende ihrer Mühen und darüber hinaus für die Küstenfahrt wohlversehen mit allem Notwendigen seien. … (13) Dies überzeugte, und ich glaube, ganz offenkundig hat Nearch das Heer durch diesen Rat gerettet. Obgleich νήπιος bei Homer ein beliebtes und oft verwendetes Schimpfwort ist, ist doch die bekannteste Stelle, an der die Vokabel Gebrauch findet, der Beginn der Odyssee:

(5)

(10)

ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον, ὃς μάλα πολλὰ πλάγχθη, ἐπεὶ Τροίης ἱερὸν πτολίεθρον ἔπερσε· πολλῶν δ' ἀνθρώπων ἴδεν ἄστεα καὶ νόον ἔγνω, πολλὰ δ' ὅ γ' ἐν πόντῳ πάθεν ἄλγεα ὃν κατὰ θυμόν, ἀρνύμενος ἥν τε ψυχὴν καὶ νόστον ἑταίρων. ἀλλ' οὐδ' ὧς ἑτάρους ἐρρύσατο, ἱέμενός περ· αὐτῶν γὰρ σφετέρῃσιν ἀτασθαλίῃσιν ὄλοντο, νήπιοι, οἳ κατὰ βοῦς Ὑπερίονος Ἠελίοιο ἤσθιον· αὐτὰρ ὁ τοῖσιν ἀφείλετο νόστιμον ἦμαρ. τῶν ἁμόθεν γε, θεά, θύγατερ Διός, εἰπὲ καὶ ἡμῖν (Hom. Od. 1,1−10).

Den Mann nenne mir, Muse, den vielgewandten, der gar viel umgetrieben wurde, nachdem er Trojas heilige Stadt zerstörte. Von vielen Menschen sah er die Städte und lernte

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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kennen ihre Sinnesart; viel auch erlitt er Schmerzen auf dem Meer in seinem Gemüte, während er sein Leben zu gewinnen suchte wie auch die Heimkehr der Gefährten. Jedoch er rettete auch so nicht die Gefährten, so sehr er es begehrte. Selber nämlich durch ihre eignen Freveltaten verdarben sie, die Toren, die die Rinder des Sohns der Höhe, Helios, verzehrten. Der aber nahm ihnen den Tag der Heimkehr. Davon ‒ du magst beginnen, wo es sein mag ‒ Göttin, Tochter des Zeus! sage auch uns! (Übersetzung: Schadewaldt) Nicht nur mit νήπιος scheint uns Arrian auf den Musenanruf Homers anzuspielen. Gleich wie Odysseus die ἄστεα vieler Menschen gesehen hat, so liegt auch ein Aspekt des Forschungsauftrags der Flotte darin, die πόλεις auf dem Wege zu erkunden. Der Leser Homers erfährt zudem, dass Odysseus auf seinen Reisen den νόον πολλῶν ἀνθρώπων kennengelernt habe. In v.3 existiert für νόον auch die auf die Textausgabe des Zenodot zurückgehende Variante νόμον. Wir können natürlich nicht wissen, welche Variante die Textausgabe der Odyssee, die Arrian vorlag, beinhaltete; dennoch ist es interessant zu beobachten, dass in der Doublette der Maketa-Episode in der Anabasis – die, wie viele andere Stellen auch, ergänzend zu lesen ist − gesagt wird, Alexander habe die Flotte auch zur Erkundung der Sitten und Bräuche der indigenen Bevölkerung ausgesandt: ἐπὶ τῷ καταμαθεῖν ... καὶ τὰ νόμαια τῶν ἀνδρῶν (An. 7,20,10). Weniger spekulativ ist dagegen, dass sich das Leid des Odysseus in den πόνοι der Flotte wiederfindet. Generell scheint der Beginn der Odyssee als motivische Vorlage gedient zu haben: Während Homer stark betont, dass die Gefährten des Odysseus − obgleich der Protagonist um ihren νόστος bemüht war − ihren Untergang selbst verschuldet hätten, liegt – in Variation dazu – die Betonung der Paráplous-Passage auffällig auf der Rettung der Flotte durch Nearch; anders als Odysseus war Nearch in der Lage, seine ἑταῖροι sicher nach Hause zu bringen – auf Grund seines klugen Rates. Dass Arrian die Worte des Nearch ausgerechnet mit ταῦτα ἐνίκα enden lässt, verwundert nicht; finden wir doch die Form ἐνίκα nur an einer Stelle der Odyssee − dort, wo Nestor gegenüber Telemachos die μῆτις des Odysseus in der βουλή lobt: ἔνθ' οὔ τίς ποτε μῆτιν ὁμοιωθήμεναι ἄντην ἤθελ', ἐπεὶ μάλα πολλὸν ἐνίκα δῖος Ὀδυσσεὺς παντοίοισι δόλοισι (Hom. Od. 3,120ff.) Da wollte sich keiner mit ihm je ins Angesicht an klugem Rat vergleichen, denn weit überlegen siegte immer der göttliche Odysseus in allen Listen. (Übersetzung: Schadewaldt) Mit Kapitel 33 wird der „Homerische Höhepunkt“ des Paráplous eingeleitet: ἐνταῦθα ἐκβαίνουσί τε ἐκ τῶν νεῶν καὶ ἀπὸ τῶν πολλῶν πόνων ἄσμενοι ἀνεπαύοντο, μεμνημένοι ὅσα κακὰ κατὰ τὴν θάλασσαν πεπονθότες ἦσαν καὶ πρὸς τῇ γῇ τῶν Ἰχθυοφάγων, τήν τε ἐρημίην τῆς χώρης καὶ τοὺς ἀνθρώπους ὅπως θηριώδεες καὶ τὰς σφῶν ἀπορίας ἐπιλεγόμενοι (Ind. 33,3). Hier verließen sie die Schiffe und erholten sich gern von den vielen Mühen. Sie erinnerten sich an die Leiden, die sie auf See erduldeten und bei dem Land der „Fischesser". Dazu bedachten sie die Öde des Landes, die Tieren gleichenden Menschen und ihre eigene Notlage.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Arrian kombiniert hier zwei Passagen aus der Odyssee. Zum einen spielt er auf den Formelvers an, den Homer bei der Weiterfahrt des Odysseus und seiner Männer zur nächsten Station ihrer Abenteuer gebraucht (Er variiert aber Homer, indem er seinen „Formelvers“ nicht bei der Weiterfahrt, sondern bei der Anlandung der Seeleute bringt.): ἔνθεν δὲ προτέρω πλέομεν ἀκαχήμενοι ἦτορ, ἄσμενοι ἐκ θανάτοιο, φίλους ὀλέσαντες ἑταίρους (z.B. Hom. Od. 9,565f.). Und wir fuhren von dort weiter, betrübten Herzens, froh dem Tod entronnen, verlustig lieber Gefährten. (Übersetzung: Schadewaldt) Zum anderen bedient sich Arrian thematisch und motivisch bei der Anrede der Kirke an Odysseus:

(460)

(465)

διογενὲς Λαερτιάδη, πολυμήχαν' Ὀδυσσεῦ, μηκέτι νῦν θαλερὸν γόον ὄρνυτε· οἶδα καὶ αὐτή, ἠμὲν ὅσ' ἐν πόντῳ πάθετ' ἄλγεα ἰχθυόεντι, ἠδ' ὅσ' ἀνάρσιοι ἄνδρες ἐδηλήσαντ' ἐπὶ χέρσου. ἀλλ' ἄγετ' ἐσθίετε βρώμην καὶ πίνετε οἶνον, εἰς ὅ κεν αὖτις θυμὸν ἐνὶ στήθεσσι λάβητε, οἷον ὅτε πρώτιστον ἐλείπετε πατρίδα γαῖαν τρηχείης Ἰθάκης· νῦν δ' ἀσκελέες καὶ ἄθυμοι, αἰὲν ἄλης χαλεπῆς μεμνημένοι· οὐδέ ποθ' ὕμιν θυμὸς ἐν εὐφροσύνῃ, ἐπεὶ ἦ μάλα πολλὰ πέπασθε (Hom Od. 10,456−465).

Zeusentsprosster Laertes-Sohn, reich an Erfindungen, Odysseus! Erregt nicht weiter jetzt die quellende Klage! Weiß ich doch selber auch, wie viele Schmerzen ihr auf dem fischreichen Meer gelitten, und wie viel euch feindliche Männer Schaden getan auf dem festen Lande. Doch auf! esst die Speise und trinkt den Wein, bis ihr von neuem in der Brust Lebensmut fasst, wie damals, als ihr zuallererst das väterliche Land der rauhen Ithaka verlassen. Jetzt aber seid ihr abgezehrt und mutlos, und denkt beständig an die harte Irrfahrt, und nie ist euch der Mut in Frohsinn, da ihr, wahrhaftig! gar viel ausgestanden! (Übersetzung: Schadewaldt) Damit ist der Anfang der Karmanienepisode in Homerischer Weise gemacht; Arrian fährt fort mit: (4) Und einige von ihnen gingen vom Meer weg ins Binnenland, indem sie sich auf der Suche nach diesem und jenem vom Heer entfernten. (5) Da wurde von ihnen ein Mann gesichtet, der einen griechischen Mantel trug und auch sonst wie ein Grieche ausgerüstet war und die griechische Sprache sprach. Die ihn zuerst sahen, sagten, sie hätten geweint: So unglaublich sei es ihnen erschienen, nach all den Leiden einen Griechen zu sehen und die griechische Sprache zu hören. (6) Und sie fragten, woher er komme und wer er sei. Er aber sagte, er sei vom Lager Alexanders versprengt und dass das Lager und Alexander selbst nicht fern seien. (7) Unter Zurufen und Beifall führten sie den Mann zu Nearch. Er berichtete Nearch alles: dass sich das Heer und der König fünf Tagereisen vom Meer entfernt aufhalte. (8) Er versprach, Nearch den Statthalter des Landes zu zeigen, und er zeigte ihn auch. Mit diesem kam Nearch zu dem Entschluss, den König aufzusuchen. (9)

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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Dann begaben sie sich wieder zu den Schiffen. Mit der Morgenröte ließ er die Schiffe auf das Land ziehen (Ind. 33,4−8). Die Homeranspielungen im Text dieser Passage wurden zuerst von Pearson zur Sprache gebracht: Die Episode beginnt mit dem Anlanden der Schiffe in einem guten Hafen (Ind. 33,2: δαψιλέα δὲ ἤδη καὶ πάμφορα ταύτῃ ἦν, πλὴν ἐλαῖαι οὐ πεφύκεσαν.); die Seeleute ruhen sich aus und erkunden die Umgebung. „Any reader who knew the Odyssey would have guessed that something unusual was going to happen“ (Pearson, 134). Und so taucht ein Mann auf, der Griechisch spricht und griechische Kleidung trägt. In typisch epischem Stil wird dem Leser nicht mitgeteilt, dass der Mann Grieche ist; vielmehr muss er darauf warten, dass der Mann auf die für das Epos charakteristische Frage nach dem Namen und dem Herkunftsort antwortet.55 In der Odyssee legt Homer eine solche Frage beispielsweise der Arete bei der Aufnahme des Odysseus bei den Phaiaken in den Mund: ξεῖνε, τὸ μέν σε πρῶτον ἐγὼν εἰρήσομαι αὐτή· τίς πόθεν εἰς ἀνδρῶν; (Hom. Od. 7,237f.). Fremder! zuerst will ich selber dich dieses fragen: wer bist du und woher unter den Männern? (Übersetzung: Schadewaldt) Nachdem der versprengte Grieche auf die Frage geantwortet hat, bringt man ihn zu Nearch, wo er seine Geschichte wiederholt, wobei einige Extradetails eingefügt werden. Eine derartige Erzählbreite finden wir bei Arrian sonst nicht. Wenn in der Anabasis dem Protagonisten eine Information mitgeteilt wird, die dem Leser schon bekannt ist, schreibt unser Autor, Alexander habe τὰ αὐτά erfahren, z.B.: ὁ δὲ Σισίνης ἁλοὺς πρὸς Παρμενίωνος λέγει πρὸς Παρμενίωνα ὧν ἕνεκα ἀπεστάλη· καὶ τοῦτον ἐν φυλακῇ πέμπει Παρμενίων παρ' Ἀλέξανδρον, καὶ πυνθάνεται ταὐτὰ παρ' αὐτοῦ Ἀλέξανδρος ‒ Sisines nun wurde durch Parmenion gefangengenommen und plauderte vor diesem aus, weshalb er gekommen sei. Parmenion schickte ihn unter Bewachung zu Alexander, und dieser erfuhr von Sisines noch einmal das Gleiche (An. 1,25,4). Die breite, detailreiche Ausmalungen von eher nebensächlichen Sujets und Vorgängen,56 wie sie uns in der Beschreibung des Griechen und dessen doppelter Berichterstattung entgegentritt, ist dagegen ein besonders auffälliges Element des homerischen Epos,57 das Arrian nachahmt: Je gemächlicher die künstlerische Darstellung abläuft, umso eindrucksvoller heben sich dann Dramatik und Pathetik davon ab.58 Dazu passt, wie von Pearson, 134 gesehen, dass, entgegen der sonstigen Betonung von Maßangaben im Paráplous, in der Karmanienepisode Zeit- und Entfernungsangaben nur in „heroic vagueness“ geliefert werden.59 So verwundert es auch nicht, dass nach Nearchs Übereinkunft mit dem Statthalter, Alexander aufzusuchen, die Handlung erst einmal pausiert: „Everyone goes back to his ship and, again in Homeric style, we must wait for the next dayʼs dawn“ (Pearson, 134). 55 Vgl. Pearson, 134. 56 Es wird niemals geklärt, was der Grieche eigentlich fünf Tage von Alexanders Lager entfernt macht; Pearson, 135 nennt diesbezüglich das Stichwort „god in disguise“. Ebenso wenig wird klar, wer der Statthalter ist, den Alexander arretieren lässt. Es sind Randfiguren, die, nachdem sie ihre Funktion in der Erzählung erfüllt haben, vergessen werden; vgl. Pearson, a.a.O. 57 Vgl. Mannsperger, 83 58 Vgl. Mannsperger, 90. 59 Die ungenauen Zeitangaben geben auch der Geschichte des Statthalters Zeit, ihr Schicksal zu entfalten; vgl. Whitby, NJ Online, Kommentar zu Ind. 34,3.

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Die Erzählbreite und die Vagheit von Zeit- und Distanzangaben bleiben auch im Fortgang der Darstellung (Kapitel 34) gewahrt: Als aber ein Tag nach dem anderen verging, schien ihm der Bericht, wenn er die Zeit der Meldung in Rechnung stellte, nicht mehr vertrauenswürdig. Nachdem er nacheinander mehrere Männer geschickt hatte, um Nearch her zu geleiten, kamen einige, die nur ein kleines Stück Wegs gegangen waren und niemanden getroffen hatten, unverrichteter Dinge zurück, andere gingen weiter, verfehlten Nearch und seine Begleitung und kamen selbst nicht zurück (Ind. 34,3f.). Ein Tag nach dem anderen vergeht, und Alexander schickt immer neue Suchexpeditionen aus, die mal mehr, mal weniger weit vorstoßen, aber keinen Erfolg vermelden können. Wie einem Homerischen Helden (vgl. z.B. Hom. Il. 1,188: Πηλεΐωνι δ' ἄχος γένετ' ...) überkommt da Alexander ein ἄχος (Ind. 34,5): αὐτὸς δὲ τῇ τε ὄψει καὶ τῇ γνώμῃ δῆλος ἦν μεγάλῳ ἄχει βεβλημένος ‒ Ihm selbst aber war an seinem Aussehen und seiner Stimmung deutlich anzumerken, dass ihm ein großes Leid zugestoßen war. Eine der Suchexpeditionen stößt letztendlich doch auf Nearch und seine Begleiter: (6) Unterdessen trafen einige von denen, die mit Reitpferden und Wagen ausgeschickt waren, um Nearch zu suchen, auf dem Wege Nearch selbst, Archias und fünf oder sechs ihrer Gefährten; dies war seine gesamte Begleitung. (7) Bei der Begegnung erkannten sie weder ihn noch Archias: Sie sahen nämlich so sehr verändert aus mit ihren langen Haaren, verschmutzt und mit Salz bedeckt, voller Runzeln und blass wegen des Mangels an Schlaf und wegen der übrigen Strapazen. (8) Als sie jedoch gefragt wurden, wo Alexander sich aufhalte, teilten sie den Ort mit und zogen weiter. (9) Als Archias darüber nachdachte, sagte er zu Nearch: „Nearch, ich glaube, dass diese Männer in dieser Einsamkeit denselben Weg wie wir einschlagen, kann keinen anderen Grund haben, als dass sie ausgeschickt wurden, uns zu suchen. (10) Dass sie uns nicht erkennen, wundert mich nicht. Denn wir sehen so schlecht aus, dass wir unkenntlich sind. Wir wollen ihnen sagen, wer wir sind, und sie fragen, warum sie diesen Weg einschlagen.“ (11) Dies schien Nearch vernünftig, und sie fragten, wohin sie reisten. Darauf antworteten diese, sie seien auf der Suche nach Nearch und seiner Kriegsflotte. (12) Nearch sagte: „Ich bin Nearch, und dies ist Archias“ (Ind. 34,6−12). Wie Pearson, 135 anmerkt, ist es schon beinahe absurd, dass Nearch nach fünftägiger Reise noch voller Salz ist; ebenso, dass die Suchmannschaft, als sie ihn antrifft, nicht fragt, wer er denn sei. Jedoch erinnert Nearchs verdreckte Aufmachung jeden Leser an Odysseus, speziell an dessen Ankunft bei den Phaiaken.60 Arrians Darstellung spielt bewusst auf diese Szene der Odyssee an. Besonders Arrians Erwähnung der Salzkruste (Ind. 34,7: ἅλμη), die Nearch umgibt, weckt die Erinnerung an das Bild, das Homer vom dem an der Küste Scherias gestrandeten Odysseus zeichnet: σμερδαλέος δ' αὐτῇσι φάνη κεκακωμένος ἅλμῃ, τρέσσαν δ' ἄλλυδις ἄλλη ἐπ' ἠϊόνας προὐχούσας. οἴη δ' Ἀλκινόου θυγάτηρ μένε (Hom. Od. 6,137ff.). 60 Vgl. Pearson, 134.

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Gräulich aber erschien er ihnen, wie er entstellt von der Salzflut war, und zitternd stoben sie hierhin und dorthin auf die vorspringenden Gestade, und allein des Alkinoos Tochter blieb. (Übersetzung: Schadewaldt) Und: αὐτὰρ ὁ ἐκ ποταμοῦ χρόα νίζετο δῖος Ὀδυσσεὺς ἅλμην, ἥ οἱ νῶτα καὶ εὐρέας ἄμπεχεν ὤμους (Hom. Od. 6,224f.). Er aber spülte sich, der göttliche Odysseus, aus dem Fluss die Haut rein von dem Salze, das ihm den Rücken und die breiten Schultern rings bedeckte. (Übersetzung: Schadewaldt) Auch die Vokabel ἀπήνη (Ind. 34,6), die bei unserem Autor ausschließlich in dieser Episode vorkommt, verweist auf das Treffen von Odysseus und Nausikaa; lässt doch Homer die Königstochter gerade mit einem solchen Wagen zum Strand fahren: κούρη δ' ἐκ θαλάμοιο φέρεν ἐσθῆτα φαεινήν. καὶ τὴν μὲν κατέθηκεν ἐϋξέστῳ ἐπ' ἀπήνῃ· μήτηρ δ' ἐν κίστῃ ἐτίθει μενοεικέ' ἐδωδὴν παντοίην, ἐν δ' ὄψα τίθει, ἐν δ' οἶνον ἔχευεν ἀσκῷ ἐν αἰγείῳ· κούρη δ' ἐπεβήσετ' ἀπήνης (Hom. Od. 6,74–78). Das Mädchen aber trug aus der Kammer die schimmernde Gewandung und legte sie auf den gutgeglätteten Wagen. Und die Mutter legte in einen Kasten dem Mut zusagende Speise, mancherlei, und legte Zukost hinein und goss Wein in einen Ziegenschlauch. Und das Mädchen stieg auf den Wagen. (Übersetzung: Schadewaldt) Darüber hinaus verarbeitet Arrian in der Episode eine weitere Szene aus der Odyssee: die Selbstvorstellung des Odysseus am Hofe der Phaiaken. Dort lässt Homer zunächst Arete die Frage stellen: ξεῖνε, τὸ μέν σε πρῶτον ἐγὼν εἰρήσομαι αὐτή· τίς πόθεν εἰς ἀνδρῶν; τίς τοι τάδε εἵματ' ἔδωκεν; οὐ δὴ φῂς ἐπὶ πόντον ἀλώμενος ἐνθάδ' ἱκέσθαι; (Hom. Od. 7,237ff.). Fremder! zuerst will ich selber dich dieses fragen: wer bist du und woher unter den Männern? Wer hat dir diese Kleider gegeben? Sagtest du nicht, du seist als ein Umgetriebener über das Meer hierher gekommen? (Übersetzung: Schadewaldt) Odysseus beantwortet erst den zweiten Teil der Frage; währenddessen bricht die Nacht herein. Bevor es zur Selbstvorstellung des Odysseus kommt, erzählt Homer noch von dessen Aufenthalt bei den Phaiaken am Folgetag. Erst am Abend dieses Tages lässt der Dichter seinen Protagonisten sagen: εἴμ' Ὀδυσεὺς Λαερτιάδης, ὃς πᾶσι δόλοισιν ἀνθρώποισι μέλω, καί μευ κλέος οὐρανὸν ἵκει (Hom. Od. 9,19f.). Ich bin Odysseus, Laertes’ Sohn, der ich mit meinen allfältigen Listen die Menschen beschäftige, und es reicht die Kunde von mir bis zum Himmel. (Übersetzung: Schadewaldt)

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Mit dem für Homer typischen Kunstmittel der Retardation wird vom Dichter der besonders bedeutsame Vorgang der Selbstvorstellung des Odysseus durch einen ablenkenden Einschub in der Schwebe gehalten und dadurch überhöht.61 Dieselbe Technik lässt sich auch in Arrians Darstellung des Treffens von Nearch mit der Suchexpedition ausmachen. Die melodramatische Szene,62 in der die Suchmannschaft schon wieder weiterziehen will und quasi im letzten Augenblick noch aufgehalten wird, das Nichterkennen des Nearch und die Rede des Archias63 fungieren allesamt als retardierende Elemente, die die Selbstvorstellung des Nearch hinauszögern, um sie dann effektvoll in ihrer telegrammartigen Knappheit aufblitzen zu lassen. Und noch eine weitere Parallele besteht zur Odyssee. Denn wie Pearson, 134 richtig erkennt, ist die Reise des Odysseus bei den Phaiaken ebenso wenig zu Ende, wie die Fahrt des Nearch. Und so macht sich Nearch auf den Weg zu Alexander: (1) Nachdem die Soldaten sie auf ihre Wagen hatten steigen lassen, machten sie sich auf den Rückweg. Einige von den Soldaten wollten die Nachricht als erste überbringen, eil– ten voraus und sagten Alexander: „Nearch und mit ihm Archias und fünf weitere kommen zu dir.“ Über das Heer als Ganzes konnten sie jedoch keine Auskunft geben. (2) Daraus schloss Alexander, dass zwar diese wider Erwarten gerettet seien, sein ganzes Heer jedoch untergegangen sei. So war er über die Rettung von Nearch und Archias nicht so sehr erfreut, wie ihn der Verlust des ganzen Heeres betrübte. (3) Kaum hatten die Soldaten ihren Bericht erstattet, als Nearch und Archias ankamen. Alexander erkannte sie nur mit Mühe, als er sie mit ihren langen Haaren und ihrer abgerissenen Kleidung sah. Und dadurch gewann sein Kummer um die Kriegsflotte noch mehr an Gewissheit. (4) Er ergriff die rechte Hand Nearchs und führte ihn allein beiseite, weg von den Gefährten und der Leibwache, und weinte lange Zeit (Ind. 35,1−4). Das Zusammentreffen des Nearch mit Alexander wird von Arrian wiederum durch retardierende Einschübe hinausgezögert; Alexanders ἄχος kann damit noch eine höhere Stufe erreichen. Als Nearch und Archias schließlich eintreffen, gelingt es Alexander nur mit Mühe, sie wiederzuerkennen. Die Wiederkennung Nearchs durch Alexander und deren anschließendes Gespräch bilden den Höhepunkt der Karmanienepisode und des ganzen Paráplous: Wie in der Odyssee spielt die ἀναγνώρισις eine wichtige Rolle.64 Beachtenswert ist, dass Arrian die Wiedererkennung durch Alexander fünf Tage nach dem Aufbruch Nearchs stattfinden lässt;65 auch in der Odyssee 61 Vgl. Mannsperger, 87. 62 Hammond/Atkins, xxxix vermuten, dass sich hinter den melodramatischen Elementen, wie wir sie in dieser Szene und noch beispielsweise in der Rede Alexanders in Opis (An. 7,9f.) finden, vielleicht der Einfluss des römischen Dramas (Seneca) verbergen könnte. 63 Wenn Arrian schreibt, dass der Ratschlag des Archias, sich den angetroffenen Männer vorzustellen, ἐναίσιμος (Ind. 34,11) erschien, dann könnte vielleicht, angesichts der Tatsache, dass die Suchmannschaft schon dabei war weiterzuziehen (Ind. 34,8: οἳ δὲ παρήλαυνον), von Arrian damit auf die Worte des Alkinoos an Odysseus angespielt sein: ξεῖν', ἦ τοι μὲν τοῦτό γ' ἐναίσιμον οὐκ ἐνόησε / παῖς ἐμή, οὕνεκά σ' οὔ τι μετ' ἀμφιπόλοισι γυναιξὶν / ἦγεν ἐς ἡμετέρου· σὺ δ' ἄρα πρώτην ἱκέτευσας (Hom. Od. 7,299ff.). 64 Aristot. poet. 24: ἡ δὲ Ὀδύσσεια πεπλεγμένον (ἀναγνώρισις γὰρ διόλου) καὶ ἠθική (1459b 15). 65 Der versprengte Grieche berichtet Nearch, ὅτι πέντε ἡμερέων ὁδὸν ἀπέχει τὸ στρατόπεδον καὶ ὁ βασιλεὺς ἀπὸ τῆς θαλάσσης (Ind. 33,7). Solange dürfte dann auch Nearchs Anreise gedauert haben. Wir sind geneigt zu glauben, dass die fünf Tage allein der Anspielung auf Homer wegen erwähnt werden; steht doch Nearchs Anreise klar im Widerspruch zu seiner Abreise, die, wie Arrian dem Leser mitteilt, ohne Pause vor sich ging: τῷ δὲ οὐδὲ τὰ τῆς ὁδοῦ τῆς ἐπὶ θάλασσαν ἔξω πόνου ἐγένετο … καὶ δὶς ὦν καὶ τρὶς τῇ αὐτῇ ἡμέρῃ ἄλλοισι καὶ ἄλλοισι τῶν

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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werden fünf Tage auf Ithaka erzählt bis zur Wiedererkennung des Odysseus durch Penelope.66 Um allerdings bei seinen Homeranspielungen eine Gleichsetzung von Penelope und Alexander zu umgehen, gebraucht Arrian bei der Wiedererkennung des Nearch durch den König das Verb ἐπιγιγνώσκειν (Ind. 35,3), das wir im Oeuvre Arrians nur an dieser Stelle finden. Durch die Nichtverwendung der Verben γιγνώσκειν und besonders ἀναγιγνώσκειν, die Homer im Zusammenhang mit Odysseusʼ Wiedererkennung durch Eurykleia (Hom. Od. 19,468: γνῶ) und Penelope (Hom. Od. 23,206: ἀναγνούσῃ) gebraucht, wird eine diesbezügliche Assoziation beim Leser von vorneherein unterbunden. ἐπιγιγνώσκειν dagegen ist unverfänglicher, verwendet es doch Homer für die Wiedererkennung des Odysseus durch Laertes (Odysseus spricht zu Telemachos): αὐτὰρ ἐγὼ πατρὸς πειρήσομαι ἡμετέροιο, αἴ κέ μ' ἐπιγνώῃ καὶ φράσσεται ὀφθαλμοῖσιν, ἦέ κεν ἀγνοιῇσι πολὺν χρόνον ἀμφὶς ἐόντα (Hom. Od. 24,216ff.). Ich aber will meinen Vater auf die Probe stellen, ob er mich erkennt und mit den Augen wahrnimmt, oder nicht erkennen kann, weil ich lange Zeit von ihm getrennt war. (Übersetzung: Schadewaldt) Ein origineller Nebenaspekt der Arrianischen Darstellung des Treffens beider Männer ist, dass das lumpige Auftreten Nearchs den Alexander an den Verlust aller Schiffe und der kompletten Mannschaft denken lässt, d.h. Arrian auch aus der Perspektive seiner Handlungsfigur Alexander eine Parallele zwischen Odysseus und Nearch zieht. Einem Homerischen Helden gleich, der sich durch seine Extravertiertheit auszeichnet,67 bricht Alexander in schmerzerfülltes Weinen aus und sondert sich ab (Ind. 35,4). Ein analoges Verhalten können wir bei Achill beobachten: αὐτὰρ Ἀχιλλεὺς δακρύσας ἑτάρων ἄφαρ ἕζετο νόσφι λιασθείς, θῖν' ἔφ' ἁλὸς πολιῆς, ὁρόων ἐπ' ἀπείρονα πόντον (Hom. Il. 1,348ff.). Aber Achilleus / setzte sich weinend alsbald, abseits von den Gefährten, / an den Strand der grauen Salzflut und blickte auf das grenzenlose Meer. (Übersetzung: Schadewaldt) Arrian lässt Nearch den Alexander über das Wohlergehen von Schiffen und Mannschaft aufklären und schreibt im Folgenden: ἔτι μᾶλλον ἐδάκρυεν Ἀλέξανδρος, καθότι ἀνέλπιστός οἱ ἡ σωτηρίη τοῦ στρατοῦ ἐφαίνετο, καὶ ὅπου ὁρμέουσιν αἱ νέες ἀνηρώτα (Ind. 35,7). Da weinte Alexander noch mehr, weil ihm die Rettung des Heeres so unverhofft kam, und er fragte, wo die Schiffe ankerten. ἀνερωτᾶν ist bei unserem Autor, wie auch bei Homer, hapax legomenon. Letzterer gebraucht es in Helenas Bericht über das Eindringen des Odysseus als Spion in Troja:

βαρβάρων ἐπιφαινομένοισιν ἐς χεῖρας ᾔεσαν, καὶ οὕτως οὐδέν τι ἐλινύσαντες μόλις καὶ χαλεπῶς ἐπὶ θάλασσαν ἀπεσώθησαν (Ind. 36,8f.). 66 Vgl. Latacz, 172. 67 Vgl. Mannsperger, 145.

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5. Kapitel: Arrian und Homer (245)

(250)

αὐτόν μιν πληγῇσιν ἀεικελίῃσι δαμάσσας, σπεῖρα κάκ' ἀμφ' ὤμοισι βαλών, οἰκῆϊ ἐοικώς, ἀνδρῶν δυσμενέων κατέδυ πόλιν εὐρυάγυιαν. ἄλλῳ δ' αὐτὸν φωτὶ κατακρύπτων ἤϊσκε Δέκτῃ, ὃς οὐδὲν τοῖος ἔην ἐπὶ νηυσὶν Ἀχαιῶν· τῷ ἴκελος κατέδυ Τρώων πόλιν, οἱ δ' ἀβάκησαν πάντες· ἐγὼ δέ μιν οἴη ἀνέγνων τοῖον ἐόντα, καί μιν ἀνειρώτευν· ὁ δὲ κερδοσύνῃ ἀλέεινεν (Hom. Od. 4,244−51).

Da hatte er sich selbst mit unwürdigen Hieben schlimm zugerichtet, hatte sich ein schlechtes Wams um die Schultern geworfen, und war so, einem Knechte gleichend, in die weitstraßige Stadt der feindlichen Männer gedrungen, und hatte sich selbst, indem er sich so verbarg, einem anderen Manne gleichgemacht, einem Bettler, wie ein solcher bei den Schiffen der Achaier gar nicht war. Diesem gleichend, tauchte er in die Stadt der Troer, die aber merkten alle nichts. Nur ich erkannte ihn, so wie er war, und befragte ihn. Er aber wich aus mit klugem Sinn. (Übersetzung: Schadewaldt) Auch hier haben wir es mit einer Wiedererkennungsszene zu tun: Der als Bettler verkleidete Odysseus wird von Helena entdeckt und nach dem Grund seines Aufenthalts in Troja befragt. Odysseus gibt zunächst ausweichende Antwort und teilt Helena erst nach deren Schwur, ihn nicht zu verraten (Hom. Od. 4,253: ὤμοσα καρτερὸν ὅρκον), seinen Plan mit. Eine Anspielung auf das κερδοσύνῃ ἀλεέινειν des Odysseus ist von Arrian nicht intendiert; die Parallelen zur Episode Homers sind vielmehr im Erscheinungsbild, der Wiedererkennung und dem Schwur zu sehen. Denn auch Alexander leistet einen „mächtigen Schwur“: Ἀλέξανδρος δὲ τόν τε Δία τὸν Ἑλλήνων καὶ τὸν Ἄμμωνα τὸν Λιβύων ἐπόμνυσιν, ἦ μὴν μειζόνως ἐπὶ τῇδε τῇ ἀγγελίῃ χαίρειν ἢ ὅτι τὴν Ἀσίην πᾶσαν ἐκτημένος ἔρχεται. καὶ γὰρ καὶ τὸ ἄχος οἱ ἐπὶ τῇ ἀπωλείῃ τῆς στρατιῆς ἀντίρροπον γενέσθαι τῇ ἄλλῃ πάσῃ εὐτυχίῃ (Ind. 35,8). Da schwor Alexander beim Zeus der Griechen und beim Amnion der Libyer, dass er sich wahrhaftig mehr über diese Botschaft freue als über den Besitz von ganz Asien. Denn der Schmerz über den Untergang des Heeres sei seinem ganzen übrigen Glück gleich gewesen. In diesem Schwur sieht Hudson, 28 eine Anspielung auf die Rede des Achill zur Bittgesandtschaft des Menelaos: οὐ γὰρ ἐμοὶ ψυχῆς ἀντάξιον οὐδ' ὅσα φασὶν Ἴλιον ἐκτῆσθαι εὖ ναιόμενον πτολίεθρον τὸ πρὶν ἐπ' εἰρήνης, πρὶν ἐλθεῖν υἷας Ἀχαιῶν, οὐδ' ὅσα λάϊνος οὐδὸς ἀφήτορος ἐντὸς ἐέργει Φοίβου Ἀπόλλωνος Πυθοῖ ἔνι πετρηέσσῃ (Hom. Il. 9,401−5). Denn das Leben wiegt mir nichts auf, auch nicht, soviel sie sagen. / Dass Ilios an Gütern besaß, die gutbewohnte Stadt, / vormals im Frieden, ehe die Söhne der Achaier kamen, / noch soviel die steinerne Schwelle des Pfeilschützen im Innern / einschließt, des Phoibos Apollon, in der felsigen Pytho. (Übersetzung: Schadewaldt)

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

Wie Achill alles ablehnt, was ihm von Agamemnon als Geschenk angeboten werden könnte (Hom. Il. 9,378–392), da ihm kein Besitz teurer ist als das Leben, so könnte auch dem Alexander der Besitz ganz Asiens nicht den Verlust der Flotte aufwiegen. Nach der Karmanienepisode finden wir Arrians nächste relevante Homerreminiszenz in seinem Abriss über Klima und Landschaft Persiens (Kapitel 40): καὶ τὴν χώρην [sc. λόγος κατέχει] ποιώδεά τε εἶναι καὶ λειμῶνας ὑδρηλούς, καὶ ἄμπελον πολλὴν φέρειν (Ind. 40,3). Das Land sei reich an Gras, und es gebe saftige Wiesen; auch trage es viele Weinstöcke. Die Passage erinnert an Homers Beschreibung der paradiesischen Insel, die dem Land der Kyklopen gegenüberliegt: ἐν μὲν γὰρ λειμῶνες ἁλὸς πολιοῖο παρ' ὄχθας ὑδρηλοὶ μαλακοί· μάλα κ' ἄφθιτοι ἄμπελοι εἶεν (Hom. Od. 9,132f.). Denn auf ihr sind Wiesen an den Gestaden der grauen Salzflut, feuchte, weiche: da könnten recht wohl unvergängliche Reben sein. (Übersetzung: Schadewaldt) Dass die Homeranspielung intendiert ist, darauf deutet allein die Tatsache hin, dass ὑδρηλός bei Homer ausschließlich an dieser Stelle belegt ist. Dass aber die Homerreminiszenz auf Arrian − und nicht auf seine Quelle − zurückgeht, zeigt ein Vergleich mit Strabon. Denn ganz gleich, ob Nearch68 oder Eratosthenes69 als Vorlage für Arrians Auseinandersetzung mit Persien gedient haben mag, hat sich Strabon derselben Quelle bedient. Bei ihm jedoch finden wir kein Homertypisches Wortmaterial70 (Die wenigen wortwörtlichen Übereinstimmungen sind durch Unterstreichung kenntlich gemacht.) Indiké

Geographie

τὴν δὲ Περσίδα γῆν τρίχα νενεμῆσθαι τῶν ὡρέων λόγος κατέχει. τὸ μὲν αὐτῆς πρὸς τῇ Ἐρυθρῇ θαλάσσῃ οἰκεόμενον ἀμμῶδές τε εἶναι καὶ ἄκαρπον ὑπὸ καύματος, τὸ δὲ ἐπὶ τῷδε ὡς πρὸς ἄρκτον τε καὶ βορέην ἄνεμον ἰόντων καλῶς κεκρᾶσθαι τῶν ὡρέων, καὶ τὴν χώρην ποιώδεά τε εἶναι καὶ λειμῶνας ὑδρηλούς, καὶ ἄμπελον πολλὴν φέρειν καὶ ὅσοι ἄλλοι καρποὶ πλὴν ἐλαίης, παραδείσοις τε παντοίοισι τεθηλέναι καὶ ποταμοῖσι καθαροῖσι διαρρέεσθαι καὶ λίμνῃσι, καὶ ὄρνισιν ὁκόσοισιν

μετὰ δὲ Καρμανίαν ἡ Περσὶς ἔστι ... τριττὴ δ' ἐστὶ καὶ τῇ φύσει καὶ τῇ τῶν ἀέρων κράσει. ἡ μὲν γὰρ παραλία καυματηρά τε καὶ ἀμμώδης καὶ σπανιστὴ καρποῖς ἐστι πλὴν φοινίκων, ὅσον ἐν τετρακισχιλίοις καὶ τετρακοσίοις ἢ τριακοσίοις ἐξεταζομένη σταδίοις καταστρέφουσα εἰς ποταμὸν μέγιστον τῶν ταύτῃ, καλούμενον Ὀρόατιν. ἡ δ' ὑπὲρ ταύτης ἐστὶ πάμφορος καὶ πεδινὴ καὶ θρεμμάτων ἀρίστη τροφός, ποταμοῖς τε καὶ λίμναις πληθύει.

68 So Dognini, 2000, 186. 69 So Reuss, Friedrich, Zur Ueberlieferung der Geschichte Alexanders d. Gr., RhM 57 (1902) 559−598, 580. 70 Das von beiden Autoren gebrauchte χειμέριος ist zwar hauptsächlich bei Homer belegt, findet sich aber u.a. auch bei Herodot (z.B. Hdt. 2,68,1) und Aristoteles (z.B. Aristot. hist. an. 599a 24).

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5. Kapitel: Arrian und Homer

ἀμφὶ ποταμούς τε καὶ λίμνας ἐστὶ τὰ ἤθεα ἵπποισί τε ἀγαθὴν εἶναι καὶ τοῖσιν ἄλλοισιν ὑποζυγίοισι νέμεσθαι, καὶ ὑλώδεά τε πολλαχῆ καὶ πολύθηρον. τὴν δὲ πρόσω ἔτι ἐπ' ἄρκτον ἰόντων χειμερίην τε καὶ νιφετώδεα *** (Ind. 40,2–5) Man berichtet, dass das Land Persien nach dem Klima dreifach geteilt wird. Der am Erythräischen Meer gelegene Teil sei sandig und unfruchtbar wegen der Hitze. Wenn man darauf nach Norden und in Richtung des Windes Boreas geht, sei das Klima angenehm gemäßigt. Das Land sei reich an Gras, und es gebe saftige Wiesen; auch trage es viele Weinstöcke und alle anderen Früchte außer dem Ölbaum. Zahlreiche Gärten gedeihen; reine Flüsse bewässern es und Teiche. Und für Vögel, die sich an Flüssen und Teichen aufhalten, und für Pferde sei es gut; auch alle anderen Zugtiere weideten hier. Das Land verfügt vielerorts über Wälder mit viel Wild. Wenn man jedoch weiter nach Norden geht, sei es kalt und schneereich…

τρίτη δ' ἐστὶν ἡ πρὸς βορρᾶν, χειμέριος καὶ ὀρεινή· πρὸς δὲ ταῖς ἐσχατιαῖς εἰσιν οἱ καμηλοβοσκοί. (Strab. geogr. 15,3,1) Nach Karmanien kommt Persien … Es zerfällt sowohl seiner natürlichen Beschaffenheit als dem Klima nach in drei Teile. Der Küstenstrich ist brennend heiß, sandig und arm an Frucht außer Datteln; er endet erwiesenermaßen nach viertausendundvierhundert oder -dreihundert Stadien an dem größten der dortigen Flüsse, Oroatis genannt. Die Region oberhalb davon trägt jede Frucht, ist eben, eine treffliche Ernährerin von Zuchtvieh und reich an Flüssen und Seen. Die dritte Region ist die nördliche; sie ist winterlich und gebirgig; an ihren Enden wohnen die Kamelhalter. (Übersetzung: Radt)

Im Kapitel 41 vergleich Arrian eine Untiefe, die die Flotte im susischen Küstengebiet passiert, mit der Meerenge bei Leukas: ἐνθένδε ὑπὸ τὴν ἕω ἐκπλώσαντες κατὰ βράχεα ἐκομίζοντο ἐπὶ μιᾶς νεώς· πασσάλοις δὲ ἔνθεν καὶ ἔνθεν πεπηγόσιν ἀπεδηλοῦτο τὰ βράχεα, κατάπερ ἐν τῷ μεσσηγὺς Λευκάδος τε νήσου ἰσθμῷ καὶ Ἀκαρνανίης ἀποδέδεικται σημεῖα τοῖσι ναυτιλλομένοισι τοῦ μὴ ἐποκέλλειν ἐν τοῖσι βράχεσι τὰς νέας (Ind. 41,2). Von dort liefen sie mit der Morgenröte aus und fuhren wegen der Untiefen in Kiellinie. Durch hier und da eingerammte Pfähle waren die Untiefen gekennzeichnet, wie in der Meerenge zwischen der Insel Leukas und Akarnanien Zeichen den Seeleuten den Weg weisen, damit die Schiffe nicht in den Untiefen stranden. Zum einen füllt Arrian mit der Erwähnung von Leukas eine Lücke, die er bei Homer gesehen haben könnte; dort werden nur vier der ionischen Inseln namentlich genannt – Leukas gehört nicht dazu:

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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ναιετάω δ' Ἰθάκην εὐδείελον· ἐν δ' ὄρος αὐτῇ, Νήριτον εἰνοσίφυλλον, ἀριπρεπές· ἀμφὶ δὲ νῆσοι πολλαὶ ναιετάουσι μάλα σχεδὸν ἀλλήλῃσι, Δουλίχιόν71 τε Σάμη τε καὶ ὑλήεσσα Ζάκυνθος (Hom. Od. 9,21−24). Ich wohne aber auf Ithaka, der gut sichtbaren, und ein Berg ist auf ihr, Neritos, der blätterschüttelnde, stark ins Auge fallend. Ringsum aber liegen Inseln viele, gar dicht beieinander: Dulichion und Same und die bewaldete Zakynthos. (Übersetzung: Schadewaldt) Zum anderen verweist er mit ναυτίλλεσθαι auf eine Passage der Odyssee, in der Antinoos zum Mord an Telemachos aufruft: ἀλλ' ἄγε μοι δότε νῆα θοὴν καὶ εἴκοσ' ἑταίρους, ὄφρα μιν αὖτις ἰόντα λοχήσομαι ἠδὲ φυλάξω ἐν πορθμῷ Ἰθάκης τε Σάμοιό τε παιπαλοέσσης, ὡς ἂν ἐπισμυγερῶς ναυτίλεται εἵνεκα πατρός (Hom. Od. 4,669–672). Doch auf! gebt mir ein schnelles Schiff und zwanzig Gefährten, dass ich ihm auflauere, wenn er wiederkommt, und Wache halte an dem Sund von Ithaka und der felsigen Samos, dass er zu einem üblen Ende Seefahrerei betreibe um des Vaters willen! (Übersetzung: Schadewaldt) Natürlich spielt Arrian nicht auf die Mordpläne der Freier in der Homerpassage an – das tertium comparationis liegt in der Meerenge: bei Homer die vor Ithaka, bei Arrian die vor der benachbarten Insel Leukas. Die Nähe von Leukas zu Ithaka ist es, die Arrian dazu bewogen haben dürfte, an dieser Stelle des Paráplous-Textes den Vergleich einzubinden: Denn ebenso, wie Leukas unweit von Ithaka liegt, dem Ausgangs- und Zielpunkt des Odysseus, so hat die Flotte doch mit Susien ein Gebiet erreicht, das unweit ihres Ausgangs- und Zielpunktes liegt. In diesem Kapitel finden sich noch weitere Homeranspielungen: Während dem Odysseus ein κοντός (Hapax bei Homer) bei der Flucht vor den Kyklopen nützliche Dienste erweist, αὐτὰρ ἐγὼ χείρεσσι λαβὼν περιμήκεα κοντὸν ὦσα παρέξ· ἑτάροισι δ' ἐποτρύνας ἐκέλευσα ἐμβαλέειν κώπῃσ', ἵν' ὑπὲκ κακότητα φύγοιμεν (Hom. Od. 9,487ff.). Ich aber ergriff mit den Händen eine gar lange Stange, stieß es querab und trieb die Gefährten und hieß sie sich in die Riemen legen, damit wir dem Unheil entrinnen könnten. (Übersetzung: Schadewaldt) wird die Flotte nicht einmal unter Einsatz selbiger Stangen der Untiefen Herr: κεῖθι δὲ πηλός ἐστιν ἐφ' ἑκάτερα τοῦ πλεομένου βαθὺς καὶ ἰλυώδης, ὥστε οὐδεμιᾷ μηχανῇ ἐποκείλασιν ἦν ἀποσωθῆναι. οἵ τε γὰρ κοντοὶ κατὰ τοῦ πηλοῦ δύνοντες αὐτοὶ οὐδέν τι ἐπωφέλουν (Ind. 41,3f.).

71 Zum Problem der Lokalisierung von Doulichion s. z.B. Visser, Edzard, Homers Katalog der Schiffe, Stuttgart / Leipzig 1997, 58011.

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5. Kapitel: Arrian und Homer Dort aber ist tiefer und zäher Schlick auf beiden Seiten des Fahrwassers, so dass gestrandete Schiffe auf keine Weise freikommen konnten, da die Bootshaken im Schlick versinken und daher nutzlos waren.

Homerisierend fährt Arrian anschließend fort mit: οὕτω δὴ χαλεπῶς διεκπλώσαντες σταδίους ἑξακοσίους κατὰ ναῦν ἕκαστοι ὁρμισθέντες ἐνταῦθα δείπνου ἐμνήσθησαν (Ind. 41,5). So durchfuhren sie unter Schwierigkeiten 600 Stadien, ankerten dort getrennt und nahmen ihre Mahlzeit an Bord ein. Nachdem die Seeleute inmitten der Sandbänke so Schweres erduldet hatten, „gedachten sie des Mahles“ (δείπνου ἐμνήσθησαν). Auch für diesen Ausdruck steht Homer Pate. Beispielsweise ermuntert Odysseus seine Gefährten nach Abfahrt von der Insel Kirke mit den Worten: ἀλλ' ἄγετ', ὄφρ' ἐν νηῒ θοῇ βρῶσίς τε πόσις τε, μνησόμεθα βρώμης μηδὲ τρυχώμεθα λιμῷ (Hom. Od. 10,176f.). Darum auf! solange in dem schnellen Schiff Speise und Trank ist, lasst uns der Speise gedenken und uns nicht quälen mit dem Hunger! (Übersetzung: Schadewaldt) Nach der Verpflegung geht die Fahrt dann weiter: τὴν νύκτα δὲ ἤδη κατὰ βάθεα ἔπλεον καὶ τὴν ἐφεξῆς ἡμέρην ἔστε ἐπὶ βουλυτόν (Ind. 41,6). In der Nacht fuhren sie schon durch tiefes Fahrwasser und den folgenden Tag bis zum Abend. „Bis zum Ausspannen des pflügenden Rindes“, schreibt Arrian; ebenfalls eine homerische Wendung: ἦμος δ' Ἠέλιος μετενίσετο βουλυτόνδε (Hom. Il. 16,779 = Od. 9,58). Als aber die Sonne hinüberging zu der Stunde, da man die Rinder ausspannt … (Übersetzung: Schadewaldt) Ihr Ziel erreicht die Flotte schließlich im folgenden Kapitel: ὡς δὲ προσάγων ἤδη Ἀλέξανδρος ἠγγέλλετο, ἔπλεον ἤδη αὖθις ἐς τὸ ἄνω κατὰ τὸν ποταμόν· καὶ πρὸς τῇ σχεδίῃ ὁρμίζονται, ἐφ' ᾗ τὸ στράτευμα διαβιβάσειν ἔμελλεν Ἀλέξανδρος ἐς Σοῦσα (Ind. 42,7). Als nun gemeldet wurde, dass Alexander schon heranziehe, fuhren sie wiederum weiter flussauf. Dann ankerten sie bei der Schiffsbrücke, über die Alexander das Heer nach Susa führen wollte. σχεδίη bezeichnet hier, wie auch in Hdt. 4,88,1 oder Strab. geogr. 15,3,5, eine Ponton-Brücke. Nach den zahlreichen Homeranspielungen im Text des Paráplous, die gerade auch im vorhergehenden Kapitel in besonderer Dichte auftraten, ist es aber nicht verwunderlich, wenn hier der Leser die Grundbedeutung von σχεδίη (Floß) mitschwingen hört und sich, in Anbetracht des feierlichen Empfangs des Nearch, an den Beschluss des Zeus zu Odysseusʼ Heimkehr erinnert fühlt:

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Homeranspielungen im Paráplous (II)

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Ἑρμεία· σὺ γὰρ αὖτε τά τ' ἄλλα περ ἄγγελός ἐσσι· νύμφῃ ἐϋπλοκάμῳ εἰπεῖν νημερτέα βουλήν, νόστον Ὀδυσσῆος ταλασίφρονος, ὥς κε νέηται, οὔτε θεῶν πομπῇ οὔτε θνητῶν ἀνθρώπων· ἀλλ' ὅ γ' ἐπὶ σχεδίης πολυδέσμου πήματα πάσχων ἤματι εἰκοστῷ Σχερίην ἐρίβωλον ἵκοιτο, Φαιήκων ἐς γαῖαν, οἳ ἀγχίθεοι γεγάασιν· οἵ κέν μιν περὶ κῆρι θεὸν ὣς τιμήσουσι, πέμψουσιν δ' ἐν νηῒ φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν, χαλκόν τε χρυσόν τε ἅλις ἐσθῆτά τε δόντες, πόλλ', ὅσ' ἂν οὐδέ ποτε Τροίης ἐξήρατ' Ὀδυσσεύς, εἴ περ ἀπήμων ἦλθε, λαχὼν ἀπὸ ληΐδος αἶσαν. ὣς γάρ οἱ μοῖρ' ἐστὶ φίλους τ' ἰδέειν καὶ ἱκέσθαι οἶκον ἐς ὑψόροφον καὶ ἑὴν ἐς πατρίδα γαῖαν (Hom. Od. 5,29−42).

Hermes – denn du bist auch in anderem der Bote –: sage der flechtenschönen Nymphe den unfehlbaren Ratschluss: die Heimkehr des duldemütigen Odysseus, dass er nach Hause kehre; weder unter Geleit von Göttern noch von sterblichen Menschen, sondern auf einem vielverklammerten Floße soll er, Leiden leidend, am zwanzigsten Tag zur starkscholligen Scheda kommen, ins Land der Phaiaken, die götternah geboren sind. Die werden ihn wie einen Gott in ihrem Herzen ehren und zu Schiff in sein eigenes väterliches Land geleiten, nachdem sie ihm Erz und Gold genug und Gewandung gegeben, viel, wie Odysseus auch niemals von Troja davongetragen hätte, und wäre er auch−− unversehrt mit dem erlosten Anteil von der Beute heimgekommen. Denn so ist es sein Teil, dass er noch die Seinen sehe und in sein hochbedachtes Haus und sein väterliches Land gelange. (Übersetzung: Schadewaldt) In der Appendix zum Paráplous schließlich ist Homerisches Wortmaterial reichlich vertreten, doch lässt sich nur eine Stelle ausmachen, die als echte Anspielung von Arrian intendiert ist: ἀλλ' ἡ Κυρήνη γὰρ τῆς Λιβύης ἐν τοῖς ἐρημοτέροις πεπολισμένη ποιώδης τέ ἐστι καὶ μαλθακὴ καὶ εὔυδρος (Ind. 43,12). Aber die in den einsamen Gegenden Libyens liegende besiedelte Kyrene ist grasreich [und mild] und hat gutes Wasser. πολίζειν verwendet Arrian in Anabasis und Indiké nur hier. Die Vorlage, inklusive der π-Alliteration, finden wir bei Homer: Δάρδανον αὖ πρῶτον τέκετο νεφεληγερέτα Ζεύς, κτίσσε δὲ Δαρδανίην, ἐπεὶ οὔ πω Ἴλιος ἱρὴ ἐν πεδίῳ πεπόλιστο πόλις μερόπων ἀνθρώπων, ἀλλ' ἔθ' ὑπωρείας ᾤκεον πολυπίδακος Ἴδης (Hom. Il. 20,215−18). Den Dardanos zeugte zuerst der Wolkensammler Zeus, / und er gründete Dardanië, als noch nicht die heilige Ilios / in der Ebene erbaut war als Stadt von sterblichen Menschen, / sondern noch bewohnten sie das untere Bergland des quellreichen Ida. (Übersetzung: Schadewaldt)

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5. Kapitel: Arrian und Homer

Die erste (Ind. 1,6) und die letzte Homerreminiszenz des Paráplous beziehen sich damit auf dieselbe Passage der Ilias: die Gründungssage der mythischen Stadt Dardania. Wie für Odysseus Ausgangs- und Zielpunkt seiner Reise identisch sind − und ebenso für Nearch −, so lässt auch Arrian seine Homeranspielungen in seiner Darstellung der Flottenfahrt an dem Punkt enden, an dem er sie begonnen hatte. Nachdem wir die wichtigsten Homerreminiszenzen Arrians in der Indiké aufgezeigt haben, wollen wir die Quintessenz unserer Betrachtung darlegen: 1. Gemäß dem zweiten Proömium stellt Homer eine wichtige Bezugsgröße für Arrians Anabasis dar. Anspielungen auf das Werk des Dichters sind durchweg zu beobachten; besonders auffällig ist die Parallelisierung von Achill und Alexander. 2. Ebenso finden wir in der Indiké, und zwar sowohl in der ἐκβολή, als auch im Paráplous-Teil, zahlreiche Homerreminiszenzen.72 Im Paráplous sticht vornehmlich die Parallelisierung von Odysseus und Nearch ins Auge; die Parallelisierung von Achill und Alexander aus der Anabasis wird dort von Arrian beibehalten. 3. Arrians Verwendung Homerischen Wortmaterials geschieht in den meisten Fällen nicht um des simplen Gebrauchs willen, sondern um auf bestimmte Passagen von Ilias oder Odyssee zu verweisen. Arrians Textstellen sind oft motivisch und thematisch mit den entsprechenden Stellen bei Homer verknüpft. 4. Homerreminiszenzen in der Indiké finden wir nicht nur in Passagen, die zweifellos auf Arrian zurückführbar sind (z.B. der Vergleich mit Leukas in Ind. 41,2), sondern auch innerhalb von Textabschnitten, die unser Autor als Zitat in indirekter Rede gibt: beispielsweise der auf Megasthenes zurückgehende Bericht über den Fluss Silas (Ind. 6,3), die Walepisode (Ind. 30, 2−7) und die Ereignisse an Kap Maketa (Ind. 32,9−13), die dem Werk des Nearch entstammen, und der Abriss über das Persisches Klima (Ind. 40,2ff.), der unter λόγος firmiert. 5. Für die Homeranspielungen innerhalb von Passagen, die von Arrian als Zitat in indirekter Rede gegeben sind, haben wir zeigen können, dass sie eindeutig auf die Hand unseres Autors zurückgehen, der damit den intendierten Gehalt der jeweiligen Textstelle unterfüttert.

72 Die beiden Werksteile werden nicht wenig durch das θαυμαστόν zusammengehalten. Während der landeskundliche Abschnitt der Indiké die θαύματα Indiens behandelt – natürlich durch den Filter Arrians auf ein Mindestmaß reduziert –, bedient sich der Paráplous, besonders in der Karmanienepisode, des θαυμαστόν des Epos; vgl. Aristot. Poet. 24: δεῖ μὲν οὖν ἐν ταῖς τραγῳδίαις ποιεῖν τὸ θαυμαστόν, μᾶλλον δ' ἐνδέχεται ἐν τῇ ἐποποιίᾳ τὸ ἄλογον, δι' ὃ συμβαίνει μάλιστα τὸ θαυμαστόν, διὰ τὸ μὴ ὁρᾶν εἰς τὸν πράττοντα … τὸ δὲ θαυμαστὸν ἡδύ· σημεῖον δέ, πάντες γὰρ προστιθέντες ἀπαγγέλλουσιν ὡς χαριζόμενοι (1460a 11ff. u. 18f.).

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Zusammenfassung und Ergebnis Ausgehend von der in der gräzistischen Forschungsliteratur seit der Publikation Jacobys zu findenden Behauptung, Arrian habe im Paráplous-Teil der Indiké seine Quelle Nearch auf langen Strecken mehr oder weniger wortwörtlich abgeschrieben, haben wir in der vorliegenden Arbeit das Ziel verfolgt, Arrians historiographisches Wirken in der Indiké unter verschiedenen Blickwinkeln näher zu beleuchten und unseren Autor auch in Bezug auf seine Indische Geschichte als eigenständigen Historiographen mit eigener Zielsetzung und Methodik zu rehabilitieren. Dazu haben wir auf Basis des Textes der Anabasis Erkenntnisse über die historiographische Arbeitsweise Arrians gewonnen, die wir anschließend mit der Indiké verglichen haben. Wir konnten dabei nachweisen, dass Anabasis und Indiké aufs Engste miteinander verknüpft sind und Arrians literarisches Wirken in beiden Werken identisch ist. So haben wir im ersten Kapitel unserer Abhandlung zeigen können, dass sich die von Arrian in den beiden Proömien der Anabasis entworfene Programmatik für die Alexandergeschichte ebenfalls in den beiden Vorverweisen auf die Indiké – die in gewisser Weise selbst Proömiumcharakter aufweisen – nachweisen lässt, d.h. von Arrian der Indiké dieselbe Programmatik wie der Anabasis zu Grunde gelegt wurde (S. 12–21). In Form eines Exkurses haben wir die Positionierung der beiden Vorverweise innerhalb der Anabasis beleuchtet und ihnen eine rahmende Funktion für Arrians Darstellung des Indienfeldzugs Alexanders zugesprochen (S. 21–31). Nachdem wir einige grundlegende Überlegungen zum Aufbau der Indiké (S. 31ff.) und im Speziellen des Paráplous (S. 32f.) angestellt hatten (Wir haben dabei erkannt, dass die Kapitel 18 und 19 als Überleitung von der ἐκβολή zur eigentlichen Fahrtdarstellung, die ihrerseits mittels geographischer Angaben strukturiert ist, zu lesen sind.), haben wir die Querverweise der Indiké auf die Anabasis einer Analyse unterzogen (S. 34–49). Wir konnten sehen, dass Arrians Querverweise zur Anabasis einer Systematik unterliegen: Überwiegend dienen sie dazu, einen geographischen und/oder temporalen Bezug zu den von ihm in seiner Alexandergeschichte dargestellten Ereignissen herzustellen. Darüber hinaus werden in ihnen nachträgliche Informationen zur Anabasis vom Autor geliefert; auch eine gewisse Gliederungsfunktion für den Text kommt ihnen zu. Schon allein die Untersuchung sowohl der beiden Proömien, als auch der Querverwiese beider Werke aufeinander hat gezeigt, dass beide Schriften aufs Engste miteinander verknüpft sind und eine Beschäftigung mit der Indiké, die methodisch korrekt sein soll, ohne Einbeziehung der Anabasis nicht stattfinden darf. Das zweite Kapitel unserer Untersuchung stand ganz im Zeichen der Quellennutzung Arrians. Wir haben dargelegt, dass für Arrian αὐτοψία und πίστις die Auswahlkriterien für die Hauptquellen der Anabasis, Ptolemaios und Aristobul, darstellen (S. 52–55), und dass die Frage nach der Glaubwürdigkeit einer Quelleninformation von Arrian mit Überlegungen zu deren Wahrscheinlichkeit verknüpft wird (S. 56ff.). Dass αὐτοψία und πίστις auch Arrians Auswahl seiner Quellen für die Indiké, Megasthenes und Nearch, bestimmten, haben wir ebenso aufgezeigt, wie die Rolle, die Eratosthenes und Herodot (mit Abstrichen auch Thukydides) in der Indischen Geschichte zukommt (S. 58–62). Wir haben erkannt, dass die Indiké, ebenso wie die Anabasis, auf die Vermittlung von ἀλήθεια ausgerichtet ist und Arrians Darstellung die ἄπιστα seiner Quellen auszuscheiden sucht (S. 62–67). Daraufhin haben wir Arrians Kritik an der

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Zusammenfassung und Ergebnis

Glaubwürdigkeit bestimmter Nachrichten aus Indien sowohl in der Anabasis, als auch in der Indiké untersucht und konnten dabei feststellen, dass, sofern die Information einer Quelle den mythischen Bereich tangiert, die Entscheidung über die Glaubwürdigkeit dem Leser überlassen wird (S. 67–73). Auf Basis der bis dahin gewonnenen Ergebnisse haben wir eine Untersuchung der beiden quellenkritischen Exkurse in Anabasis und Indiké vorgenommen (S. 73–84). Diese ergab, dass die Exkurse komplementär verstanden werden wollen: In beiden Exkursen hebt Arrian die eigene Leistung als Historiograph heraus, der Fokus ist dabei jeweils ein anderer. Für den quellenkritischen Exkurs der Indiké konnten wir zeigen, dass Herodot und dessen „relata refero“-Prinzip Arrian als Vorlage gedient haben. Im Exkurs werden, wie wir gesehen haben, Traditionsvarianten der Quellen Megasthenes, Nearch (subsummiert und maskiert unter dem Begriff πολλὸς λόγος) und Eratosthenes in Herodoteischer Weise gegenübergestellt; erst am Ende nimmt Arrian durch eine subjektive Meinungsäußerung eine gewisse Wertung vor, überlässt aber dem Leser die endgültige Entscheidung. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die im Exkurs behandelten Nachrichten ausschließlich den Mythos betreffen. Explizite Kritik an einem Quellenautor wird von Arrian in der ἐκβολή nur im Falle des Megasthenes geübt (S. 85–88). Besonders in Ind. 15 dient Megasthenes als Kontrapunkt zu Nearch. Wir haben den Befund damit erklärt, dass Arrian auf diese Weise die Glaubwürdigkeit seiner Quelle Nearch besonders hervorzuheben sucht: Nearch ist die einzige Quelle, die Arrian für den Paráplous-Teil der Indiké zur Verfügung steht (S. 89–92); umso wichtiger ist es, deren unbedingte πίστις dem Leser zu suggerieren. Dem Paráplous haben wir uns anschließend zugewandt und die dort von Arrian praktizierte Zitierweise mit der der Anabasis verglichen (S. 92f.). Dabei konnten wir keine Unterschiede feststellen. Bei unserer Untersuchung der von Arrian als Zitat gegebenen Informationen aus der Schrift des Nearch (S. 94) haben wir den kürzeren, im Text frei flottierenden Zitaten Symbolcharakter zugesprochen: Sie sollen beim Leser den Eindruck erwecken, dass sich Arrian getreu an seine Quelle hält. Die Textpassagen des Paráplous, die längere Nearchzitate aufweisen, wurden von uns einem gegenüberstellenden Vergleich mit Parallelüberlieferungen bei Strabon bzw. inhaltlichen Doubletten aus der Anabasis unterzogen (S. 95–106). Als Ergebnis ließ sich feststellen, dass sich die Wortwahl, der Fokus der Darstellung und die Intention der als Zitat gegebenen Passagen von den jeweiligen Paralleltexten stark unterscheiden. Wir haben dahinter Arrians künstlerisches Eingreifen in den Nearchtext sehen wollen. Die Tatsache, dass das in dramatischer Form dargestellte Treffen von Alexander und Nearch in Karmanien (Es bildet den Höhepunkt des Paráplous.) weder bei anderen Historiographen in dieser Form nachweisbar ist, noch durch Nearchzitate von Arrian „belegt“ wird (Stattdessen sollen zwei markante Gruppen von Zitathäufungen vor und nach dieser Episode dem Leser suggerieren, dass sich Arrian getreu an seine Quelle halte.), hat uns zumindest vermuten lassen, dass sich Arrians Darstellung der Ereignisse in Karmanien von der des Nearch durchaus unterscheiden könnte (S. 106f.). Abschließend haben wir noch die Zitathäufigkeiten von Anabasis und Indiké verglichen (S. 107ff.); dabei ließen sich für den Paráplous-Teil keine Differenzen zur Alexandergeschichte ausmachen. Im dritten Kapitel wandten wir unseren Blick dem Protagonisten des Paráplous zu. Dafür haben wir zunächst Arrians Darstellungstechnik in der Anabasis untersucht (S. 112–118). Wir haben gesehen, dass die Hauptfigur Alexander, bis auf einige wenige Ausnahmen, stets im Zentrum der Darstellung steht. Die Anabasis präsentiert sich, wie das gleichnamige Werk des Xenophon, als „march narrative“ (S. 115). Dieses Grundgerüst, das sich in allen Einzelbüchern nachweisen lässt, wird nur selten von Arrian durchbrochen. Passend zum „march narrative“ weist die Anabasis eine Gliederung nach geographischen Gesichtspunkten auf. Desweiteren konnten wir

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Zusammenfassung und Ergebnis

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für die Anabasis zeigen, dass durch die Beschränkung Arrians auf die erste Generation der Alexanderhistoriker als Hauptquellen für seine Schrift das Werk bewusst nur die Verhältnisse, die Jahrhunderte vor der Lebenszeit Arrians liegen, aufgreift und tradiert. Die wenigen im Text zu findenden Anachronismen wurden von uns untersucht und hinsichtlich ihrer Funktion erklärt (S. 119–125). Auch für die Indiké haben wir die zeitliche Beschränkung Arrians auf die Informationen seiner Hauptquellen nachweisen können; ein Vergleich der Anachronismen in der Indischen Geschichte mit denen der Anabasis brachte allenfalls marginale Unterschiede zu Tage (S. 125–129). Dass der Paráplous-Teil eine der Anabasis ähnliche, hodologische Grundstruktur, die ebenfalls nach Xenophontischem Vorbild gestaltet ist, aufweist, haben wir ebenso nachgewiesen, wie Arrians Fokussierung der Darstellung auf ein kollektives „sie“ der Griechen, aus dem Arrian – ganz dem Protagonisten der Anabasis Xenophons entsprechend – bisweilen die Figur des Nearch heraustreten lässt (S. 129–133). Indem wir den Text daraufhin untersuchten, wo und wann die Handlungsfiguren Nearch und Alexander jeweils als Agens fungieren, konnten wir zeigen, dass es sich bei Nearch nur um den vermeintlich alleinigen Protagonisten des Paráplous handelt. Sobald die Figur Alexander handlungsrelevant wird, wird sie von Arrian in der für sie in der Anabasis etablierten Darstellungsweise auch im Paráplous verwendet: Alexander erhält so Protagonistenstatus. Um das Verhältnis zwischen beiden Hauptakteuren etwas ausgeglichener zu gestalten, d.h. eine vollständige Überlagerung des Nearch durch den omnipräsenten Alexander der Anabasis zu vermeiden, bedient sich Arrian beim Aufeinandertreffen beider Protagonisten in seiner Darstellung des Mittels des Redeaustausches (S. 133–141). Da Arrian seine Indiké, neben der Anabasis, als weiteres Werk über Alexander verstanden wissen will, haben wir nach Klärung der Protagonistenfrage im Paráplous unseren Blick noch einmal auf die ganze Schrift geweitet und nach deren Gattungszugehörigkeit gefragt (S. 141–148). Die konstituierenden Gattungselemente des περίπλους haben wir in der Indiké nur bedingt nachweisen können; dagegen begegnet dem Leser Arrians Herodot- und Xenophon-aemulatio im Werk allerorts. Die Strukturübernahmen aus der Períplous-Literatur haben wir daher als ein von Arrian bewusst vollzogenes Spiel mit den Gattungserwartungen des Lesers gedeutet und die Indiké in die Gattung Historiographie verortet. Das vierte Kapitel diente zum einen der Darstellung, dass es nicht Nearch selbst ist, der sich im Paráplous als „geborener Führer“ präsentiert, sondern allein die Darstellung Arrians ihm diese Rolle zukommen lässt. Dazu haben wir wichtige Kernelemente, die die Charakteristik Alexanders in der Anabasis maßgeblich bestimmen – und die wir auch für den Alexander der Indiké nachweisen konnten –, mit der Charakteristik Nearchs verglichen (S. 149–165). Wir konnten zeigen, dass sich die meisten Qualitäten Alexanders in Arrians Darstellung des Nearch in reduzierter, weniger perfekter Form wiederfinden: Was Alexander in der Anabasis im Großen verkörpert, das verkörpert Nearch im Paráplous im kleineren Maßstab; das, was den Alexander der Anabasis in der Darstellung Arrians ausmacht, wird von Arrian mit Abstrichen auf die Figur des Nearch übertragen. Zum anderen diente das Kapitel dazu, aufzuzeigen, dass die „seelischen Stimmungsbilder“ nicht der inneren seelischen Anteilnahme Nearchs an den selbsterlebten Ereignissen entspringen, sondern dem literarischen Wirken Arrians (S. 166–169). Durch einen Vergleich mit der Anabasis haben wir deutlich gemacht, dass der einzige Unterschied zwischen beiden Werken darin besteht, dass Alexanders Gefühlszustände im Paráplous in verdichteter Form präsentiert werden. Die Fokussierung auf die Gemütszustände des Königs haben wir als Kunstgriff Arrians zur Einbeziehung Alexanders in die Handlung gedeutet. Im Zusammenhang mit den Emotionen Alexanders kamen wir auf dessen πόθος und Arrians Verwendung des πόθος-

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Zusammenfassung und Ergebnis

Motivs zu sprechen (S. 170–179). Wir haben festgestellt, dass die πόθος-Formel an zentralen Stellen der Anabasis von Arrian gebraucht wird, um bestimmte Unternehmen Alexanders zu motivieren. Diese Funktion konnten wir auch für die πόθος-Wendung am Beginn des Paráplous nachweisen und in diesem Zusammenhang die indirekte Rede, in der sich die Formel findet, als Nearchzitat ausschließen. Die Behandlung der drei πόθος-Wendungen des siebten Buchs der Anabasis offenbarte, dass diese im Kontext einer „Was-wäre-wenn-Situation“ verortet sind. Eben dieselbe Situation konnten wir auch für die Appendix der Indiké nachweisen (S.179–187): Das Bild, das Arrian von Arabien im Abschlusskapitel zeichnet, ist komplementär zu dem der Anabasis; die Appendix ist auch als ein ergänzender Nachtrag zur Alexandergeschichte zu lesen. Im fünften Kapitel haben wir Arrians Homerreminiszenzen in Anabasis und Indiké untersucht. Wir haben gesehen, dass in der Alexandergeschichte die Charakterisierung des Protagonisten Parallelen zu Homerischen Helden, im Speziellen zu Achill, aufweist (S. 189–196). Durch wörtliche Anspielungen auf Homer verleiht Arrian bestimmten Episoden einen epischen Grundton (S. 196ff.). Wie die Anabasis entsprechend ihrem zweiten Proömium als eine zweite Ilias verstanden werden will, so will Arrian die Indiké als eine zweite Odyssee verstanden wissen. Dafür bedient sich unser Autor zahlreicher Homeranspielungen im Text, mit denen er auf korrespondierende Stellen des Epos verweist. Die Homerreminiszenzen durchziehen das ganze Werk (ἐκβολή: S. 202–206), sind aber im Paráplous (S. 206–210 u. 214–240) besonders ausgeprägt. In letzterem finden wir Reden mit Homerischer Thematik (S. 210–214) und eine konsequente Parallelisierung von Nearch und Odysseus sowie deren Fahrten (v.a. S. 214–234). Den „Homerischen Höhepunkt“ des Paráplous bildet die Karmanienepisode, in der es, wie in der Odyssee, zu einer Wiedererkennung kommt (S. 232ff.). Wir haben gezeigt, dass die Homeranspielungen in ἐκβολή und Paráplous Arrian zuzuschreiben sind und nicht auf seine Quellen zurückgehen (S. 235f.). Abschließend wollen wir jetzt die in unserer Untersuchung gewonnenen Ergebnisse in Hinblick auf die Kompilationsthese auswerten. Gemäß der lex parsimoniae – auch bekannt als Ockhams Rasiermesser –, die bei der Bildung von erklärenden Theorien größtmögliche Sparsamkeit gebietet, ist von mehreren Erklärungsmöglichkeiten für ein und denselben Sachverhalt die einfachste allen anderen vorzuziehen. In Herodoteisch-Arrianischer Weise stellen wir die beiden möglichen Erklärungsmodelle einmal gegenüber: 1.

Im Werk des Nearch fanden sich nicht nur zahlreiche Herodot-, Thukydides- und Xenophonreminiszenzen, die – zufällig genau passend zu der in den Proömien zur Anabasis entworfenen Programmatik – von Arrian ohne Änderung in den Paráplous der Indiké übernommen wurden (Dass wir derartige Reminiszenzen auch in Passagen der ἐκβολή finden, die keinesfalls auf Nearch zurückgehen, wollen wir hierbei einmal unberücksichtigt lassen.). Auch dass der Text des Nauarchen – genauso wie Arrians Anabasis – als ein auf Xenophon zurückgehendes „march narrative“ strukturiert war, hat sich als Glücksfall für unseren Autor, der Nearch wortwörtlich ausschreibt, erwiesen. Günstig für Arrian war auch die Tatsache, dass sich Nearch in seiner Schrift als „geborener Führer“ präsentierte, sich dabei aber soweit selbst zurückgenommen hat, dass er Alexander keinesfalls überstrahlte. Dass in Nearchs Selbstdarstellung genau die Qualitäten, die den Alexander der Anabasis ausmachen, in reduzierter Form zu finden waren, muss Arrian ebenso erfreut haben, wie die Gegebenheit, dass Nearchs „seelische Stimmungsbilder“ wunderbar mit den Stim-

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Zusammenfassung und Ergebnis

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mungsbildern der Anabasis harmonierten. Auch dass im Werk des Nauarchen dieselbe Motivik (Kampfdarstellung, πόθος etc.) wie in der Alexandergeschichte Verwendung fand, dürfte Arrian nicht unwillkommen gewesen sein. Das Nonplusultra des Nearchischen Textes dürften aber die zahlreichen Homerreminiszenzen gewesen sein, ganz besonders die Parallelisierung von Alexander und Achill und die mit Homerischer Thematik angereicherten Reden; Arrian hatte diese Mittel schließlich schon in der Anabasis verwendet. Die von Nearch gebildete Analogie zwischen sich selbst und Odysseus hat dann vollends zur Darstellungsweise unseres Autors in der Alexandergeschichte gepasst. Da Arrian all diese Dinge bei Nearch vorgefunden hat, nimmt es nicht Wunder, dass er – im Gegensatz zur Anabasis – auf jegliche literarische Ambitionen verzichtet und seine Quelle größtenteils wortwörtlich abgeschrieben hat. Strabon dagegen scheint, wie seine auf Nearch zurückgehenden Parallelüberlieferungen zeigen, an all diesen Komponenten weniger Freude gehabt und das Textmaterial des Nauarchen massiv verändert zu haben. 2.

Anabasis und Indiké sind aufs Engste verflochten. Die von Arrian in den beiden Proömien zur Alexandergeschichte entworfene Programmatik wird von ihm in jeglicher Hinsicht auch in der Indischen Geschichte umgesetzt. Er nutzt in der Indiké, sowohl in der ἐκβολή, als auch im Paráplous, seine Quelle(n) mit beträchtlicher Freiheit. Er erschafft aus dem Material ein neues, eigenständiges literarisches Werk.

Wir wollen die Entscheidung aber nicht wie Arrian dem Leser überlassen, sondern uns auf Basis der von uns gewonnenen Untersuchungsergebnisse eindeutig für das zweite Erklärungsmodell aussprechen. Arrian nutzt, wie wir gezeigt haben, seine Quelle Nearch eklektisch, er rekombiniert deren Informationen, arrangiert und gewichtet sie um. Unser Autor zeigt in der Indiké, und im Speziellen im Paráplous, nicht weniger literarische Ambitionen als in der Anabasis. Auch für seine kleinere, mit der Alexandergeschichte aufs Engste verbundene Schrift gilt daher voll und ganz Bosworthʼ Dictum: „The presentation is his own and it must be treated as such” (Bosworth, 1988, 60). Wie wir zu Beginn unserer Ausführungen sagten, kann in Ermangelung der Originalschrift Nearchs eine Widerlegung der Kompilationsthese nur auf dem Wege eines Widerspruchsbeweises stattfinden: Die communis opinio schließt ein kompilatorisches Vorgehen Arrians in der Anabasis aus. Dass allerdings Arrians literarische Arbeitsweise in Anabasis und Indiké identisch ist, haben wir gezeigt. Die Kompilationsthese aber steht dazu im eklatanten Widerspruch und ist folglich zu verwerfen. Die von uns vorgelegte Abhandlung, die aus der Indiké einzelne Punkte selektiv herausgreift und sich bestimmten Detailfragen widmet, kann und will nicht den Anspruch einer vollständigen Interpretation der Indischen Geschichte erheben; sie möge aber als Ausgangspunkt für eine weitere Beschäftigung mit dieser in der gräzistischen Forschung eher stiefmütterlich behandelten Schrift Arrians – und seines Werkes generell – dienen. Ein potentielles Forschungsfeld für die Zukunft wäre etwa ein umfassender Vergleich der ἐκβολή mit Herodots Ägypten-λόγος. Der landeskundliche Abschnitt der Indiké weist viel mehr Herodotanspielungen auf, als wir im Rahmen unserer Untersuchung zeigen konnten: So hat beispielsweise die von Arrian geschilderte Elefantenjagd (Ind. 13f.) ihr Pendant in Herodots Abriss zur Jagd auf Krokodile (Hdt. 2,70); auch ist es

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Zusammenfassung und Ergebnis

mitnichten Zufall, dass die jeweils beschriebenen indigenen Völker von beiden Autoren mit den Lakediamonier verglichen werden (Ind. 10,8f.; Hdt. 2,80). Ein weiteres Desiderat der Forschung ist in einer detaillierten Aufarbeitung der melodramatischen Elemente in Anabasis und Indiké zu sehen; in diesem Zusammenhang wäre auch die Frage nach deren Vereinbarkeit mit der im Proömium der Alexandergeschichte vorgebrachten Methodik Arrians zu klären. Ebenso ermangelt es bis dato einer Spezialschrift, die sich Arrians Homerreminiszenzen in der Anabasis annimmt; aus nicht wenig eigenem Interesse möchten wir dazu besonders anregen. Schlussendlich würden wir uns wünschen, dass die Ergebnisse unserer Abhandlung zu einem allgemein kritischeren Umgang mit den Fragmenten ansonsten verlorener Autoren beitrügen ‒ dürfte doch Arrian mitnichten der einzige antike Autor gewesen sein, der seine Quellen in signifikanter Weise literarisch überformt hat.

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Anhang A: Vergleich der Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké1 Wenn wir im Folgenden die Ergebnisse unserer Untersuchung dokumentieren, werden von uns für die einzelnen Präposition die absoluten Häufigkeiten2 der jeweiligen Präposition in tabellarischer Form sowohl für die Anabasis und deren Einzelbücher, als auch für die Indiké und deren beide Teile angegeben und, sofern die Präposition mehrere Kasus regiert, auch die absoluten Häufigkeiten der betreffenden Kasus und deren prozentuales Verhältnis. Im Anschluss daran werden, um eine Vergleichbarkeit der Werke zu gewährleisten, auf Basis der jeweiligen Textmasse der Indiké und ihrer beiden Teile die relativen Häufigkeiten der Präposition für die Anabasis und deren Einzelbücher tabellarisch aufgelistet. Noch ein Wort zur Vergleichbarkeit von Häufigkeiten in Anabasis und Indiké: Sie sind, wie wir es in anderem Zusammengang unserer Abhandlung (s. oben S. 108) bereits thematisiert haben und an dieser Stelle noch einmal wiederholen wollen, nur dann gegeben, wenn die der Untersuchung zu Grunde liegenden Textmengen in etwa identisch groß sind. Dies ist jedoch bei den von uns betrachteten Werken augenscheinlich nicht der Fall. Um nun aber doch eine Vergleichbarkeit herzustellen, muss man statt mit absoluten, mit relativen Häufigkeiten operieren. Dazu ist es erstens nötig, dass die jeweiligen Texte in fortlaufender Form vorliegen, also z.B. nicht durch Apparate unterschiedlicher Länge zerstückelt sind. Zweitens sollten die Texte ein einheitliches Druckbild aufweisen, sodass Fehler, die durch Unterschiede in Schriftart, Schriftgröße oder Zeilenabstand etc. unweigerlich entstehen, von vorne herein ausgeschlossen sind. Daher bietet es sich an, auf die alten Teubner-Ausgaben von Geier (1873) für die Anabasis und Hercher (1854) für die Indiké zurückzugreifen, die über ein einheitliches Schriftbild und (relativ) ununterbrochenen Textfluss verfügen. (Die beiden Ausgaben bieten überdies den Vorteil, dass der Leser dieser Untersuchung unser Vorgehen problemlos selbst nachvollziehen kann.) Auf die Anabasis entfallen in Geiers Ausgabe 305 Druckseiten, wobei Buch I 50 Seiten, Buch II 41 Seiten, Buch III 45 Seiten, Buch IV 47 Seiten, Buch V 40 Seiten, Buch VI 41 Seiten und Buch VII ebenfalls 41 Seiten umfasst; die Indiké in Herchers Ausgabe weist eine Länge von 55 Seiten auf, von denen 22 dem ἐκβολή und 33 dem Paráplous zuzuschreiben sind (Die Seitenangaben sind jeweils leicht gerundet, wobei der tatsächlich ermittelte Wert zu der gerundeten Seitenangabe 1

2

Auch Mücke, 7–18 bietet eine Untersuchung der Präpositionsfrequenz bei Arrian. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass dessen Arbeit dem Jahr 1887 entstammt, d.h. ihm nicht die Hilfsmittel einer Konkordanz oder Datenbank zur Verfügung standen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die von ihm ermittelten Zahlenwerte im Allgemeinen von den unseren stark nach unten abweichen. Für einen ersten, umfassenden Überblick (Mücke behandelt in seiner Schrift sämtliche erhaltene Werke Arrians.) ist dessen Arbeit dennoch sehr brauchbar. Die absoluten Häufigkeiten der Präpositionen sind mit Hilfe der Arrian-Konkordanz von Stadter und Bolter von uns ermittelt worden. Um die Zahlenwerte nachvollziehen zu können, sollte an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass das überaus nützliche Werk von Stadter/Bolter, abgesehen von dem traurigen Umstand, dass es den Text in lateinischen Majuskeln darbietet und nur als Microfiche vorliegt, leider den Nachteil hat, dass es keine Gliederung nach Lemmata aufweist, sondern alphabetisch geordnet ist, d.h. elidierte und aspirierte Formen der jeweiligen Präposition darin für sich gesondert stehen.

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

maximal um 10 Zeilen, in der Regel aber nicht mehr als um 6 Zeilen divergiert und somit als marginal anzusehen ist.). Hat man dann für die einzelnen Werkteile die absoluten Häufigkeiten der jeweils zu betrachtenden Präposition ermittelt, lassen sich die miteinander vergleichbaren relativen Häufigkeiten einfach in der Weise herstellen, dass man die zu vergleichende Textgrundmengen vereinheitlicht, in unserem Fall also z. B. auf die 33 Druckseiten des Paráplous hinunter bricht.3

3

Vgl. diesbezüglich auch Helbing, 1904, 13, der bei seiner Vergleichsuntersuchung zur Präpositionenfrequenz bei 16 griechischen Historikern, der Anschaulichkeit geschuldet, die jeweilige Grundmenge mit 100 TeubnerSeiten ansetzt.

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Die eigentlichen Präpositionen

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Die eigentlichen Präpositionen ἀμφί Tabelle 1: absolute Häufigkeit von ἀμφί in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 41 21 51 41 20 22 11 207

Genitiv 0 0 0 1 0 0 0 1

Dativ 1 1 2 0 1 3 0 8

Akkusativ 40 20 49 40 19 19 11 198

Verhältnis (in %) 0 : 2 : 98 0 : 5 : 95 0 : 4 : 96 2 : 0 : 98 0 : 5 : 95 0 : 14 : 86 0 : 0 : 100 0 : 4 : 96

Tabelle 2: absolute Häufigkeit von ἀμφί in der Indiké Gesamtzahl

Genitiv

Dativ

Akkusativ

2 12 14

0 0 0

0 2 2

2 10 12

ἐκβολή Paráplous Indiké

Verhältnis (in %) 0 : 0 : 100 0 : 17 : 83 0 : 14 : 86

Tabelle 3: relative Häufigkeiten von ἀμφί Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 45 28 62 48 28 30 15 36

ἐκβολή 18 11 25 19 11 12 6 15

Paráplous 27 17 37 29 17 18 9 22

An dieser Stelle wollen wir ein Anwendungsbeispiel geben, wie die Tabellen zu interpretieren sind: Die Verwendungshäufigkeit der Präposition ἀμφί im Paráplous bewegt sich mit 12 Belegen am unteren Ende der auf Basis der Anabasis ermittelten Werte, in etwa auf Höhe des siebten Buchs. Das Verhältnis der Kasus zueinander entspricht fast genau dem des Buches VI; ein signifikanter Unterschied zur Anabasis liegt demnach nicht vor.

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

ἀνά Tabelle 4: absolute Häufigkeit von ἀνά in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 1 1 4 1 3 0 1 11

Tabelle 5: absolute Häufigkeit von ἀνά in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 0 3 3

Tabelle 6: relative Häufigkeiten von ἀνά Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 1 1 5 1 4 0 1 2

ἐκβολή 0 1 2 0 2 0 1 1

Paráplous 1 1 3 1 2 0 1 1

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Die eigentlichen Präpositionen

ἀντί Tabelle 7: absolute Häufigkeit von ἀντί in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 4 4 8 3 3 2 7 36

Tabelle 8: absolute Häufigkeit von ἀντί in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 3 1 4

Tabelle 9: relative Häufigkeiten von ἀντί Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 4 5 10 4 11 3 9 7

ἐκβολή 2 2 4 1 4 1 4 3

Paráplous 3 3 6 2 7 2 6 4

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

ἀπό Tabelle 10: absolute Häufigkeit von ἀπό in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 49 44 25 35 35 34 48 270

Tabelle 11: absolute Häufigkeit von ἀπό in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 26 55 81

Tabelle 12: relative Häufigkeiten von ἀπό Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 54 59 31 41 48 46 64 49

ἐκβολή 22 24 12 16 19 18 26 20

Paráplous 32 35 18 25 29 27 39 29

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Die eigentlichen Präpositionen

διά Tabelle 13: absolute Häufigkeit von διά in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 31 17 18 21 15 16 11 129

Genitiv 26 11 12 17 10 13 6 95

Akkusativ 5 6 6 4 5 3 3 32

Verhältnis (in %) 84 : 16 65 : 35 67 : 33 81 : 19 67 : 33 81 : 19 55 : 45 74 : 26

Tabelle 14: absolute Häufigkeit von διά in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 6 8 14

Genitiv 4 7 11

Akkusativ 2 1 3

Verhältnis (in %) 67 : 33 88 : 12 79 : 21

Tabelle 15: relative Häufigkeiten von διά Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 34 23 22 25 21 21 15 23

ἐκβολή 14 9 9 10 8 9 6 9

Paráplous 20 14 13 15 12 13 9 14

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

εἰς / ἐς Tabelle 16: absolute Häufigkeit von εἰς / ἐς in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 215 180 187 247 130 178 182 1319

εἰς 16 23 25 8 9 11 19 111

ἐς 199 157 162 239 121 167 163 1208

Verhältnis (in %) 7 : 93 13 : 87 13 : 87 3 : 97 7 : 93 6 : 94 10 : 90 8 : 92

Tabelle 17: absolute Häufigkeit von εἰς / ἐς in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 98 152 250

εἰς 10 5 15

ἐς 88 147 235

Verhältnis (in %) 10 : 90 3 : 97 6 : 94

Tabelle 18: relative Häufigkeiten von εἰς / ἐς Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 237 241 229 289 179 239 244 237

ἐκβολή 95 97 91 116 72 96 98 95

Paráplous 142 145 137 173 107 143 146 142

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Die eigentlichen Präpositionen

ἐν Tabelle 19: absolute Häufigkeit von ἐν in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 140 105 135 141 103 139 102 865

Tabelle 20: absolute Häufigkeit von ἐν in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 53 96 149

Tabelle 21: relative Häufigkeiten von ἐν Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 154 141 165 165 142 186 137 156

ἐκβολή 62 56 66 66 57 75 55 62

Paráplous 92 85 99 99 85 112 82 93

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

ἐκ Tabelle 22: absolute Häufigkeit von ἐκ in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 103 66 66 70 56 53 75 489

Tabelle 23: absolute Häufigkeit von ἐκ in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 20 41 61

Tabelle 24: relative Häufigkeiten von ἐκ Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 113 89 81 82 77 71 101 88

ἐκβολή 45 35 32 33 31 28 40 35

Paráplous 68 53 48 49 46 43 60 53

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Die eigentlichen Präpositionen

ἐπί Tabelle 25: absolute Häufigkeit von ἐπί in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 153 165 169 127 141 123 129 1007

Genitiv 32 46 45 9 25 22 19 198

Dativ 49 45 39 48 30 39 70 320

Akkusativ 72 74 85 70 86 62 40 489

Verhältnis (in %) 21 : 32 : 47 28 : 27 : 45 27 : 23 : 50 7 : 38 : 55 18 : 21 : 61 18 : 32 : 50 15 : 54 : 31 20 : 32 : 49

Tabelle 26: absolute Häufigkeit von ἐπί in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 45 100 145

Genitiv 6 15 21

Dativ 17 38 55

Akkusativ 22 47 69

Verhältnis (in %) 13 : 38 : 49 15 : 38 : 47 14 : 38 : 48

Tabelle 27: relative Häufigkeiten von ἐπί Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 168 221 207 149 194 165 173 182

ἐκβολή 67 89 83 59 78 66 69 73

Paráplous 101 133 124 89 116 99 104 109

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

κατά Tabelle 28: absolute Häufigkeit von κατά in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 72 76 67 47 69 61 55 447

Genitiv 5 5 7 2 2 4 1 26

Akkusativ 67 71 60 45 67 57 54 421

Verhältnis (in %) 7 : 93 7 : 93 10 : 90 4 : 96 3 : 97 7 : 93 2 : 98 6 : 94

Tabelle 29: absolute Häufigkeit von κατά in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 28 60 88

Genitiv 2 3 5

Akkusativ 26 57 83

Verhältnis (in %) 7 : 93 5 : 95 6 : 94

Tabelle 30: relative Häufigkeiten von κατά Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 79 102 82 55 95 82 74 81

ἐκβολή 32 41 33 22 38 33 30 32

Paráplous 48 61 49 33 57 49 44 49

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Die eigentlichen Präpositionen

μετά Tabelle 31: absolute Häufigkeit von μετά in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 6 13 6 6 2 2 6 41

Genitiv 6 12 5 2 0 1 2 28

Akkusativ 0 1 1 4 2 1 4 13

Verhältnis (in %) 100 : 0 92 : 8 83 : 17 33 : 67 0 : 100 50 : 50 33 : 67 68 : 32

Tabelle 32: absolute Häufigkeit von μετά in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 1 4 5

Genitiv 0 4 4

Akkusativ 1 0 1

Verhältnis (in %) 0 : 100 100 : 0 80 : 20

Tabelle 33: relative Häufigkeiten von μετά Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 7 17 7 7 3 3 8 7

ἐκβολή 3 7 3 3 1 1 3 3

Paráplous 4 10 4 4 2 2 5 4

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259

260

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

παρά Tabelle 34: absolute Häufigkeit von παρά in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 66 34 55 41 32 32 30 290

Genitiv 14 15 13 10 12 9 7 80

Dativ 2 2 4 4 6 6 9 33

Akkusativ 50 17 38 27 14 17 14 177

Verhältnis (in %) 21 : 3 : 76 44 : 6 : 50 24 : 7 : 69 24 : 10 : 66 38 : 19 : 44 28 : 19 : 53 23 : 30 : 47 28 : 11 : 61

Tabelle 35: absolute Häufigkeit von παρά in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 14 13 27

Genitiv 2 1 3

Dativ 8 0 8

Akkusativ 4 10 14

Verhältnis (in %) 14 : 57 : 29 9 : 0 : 91 12 : 32 : 56

Tabelle 36: relative Häufigkeiten von παρά Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 73 46 67 48 44 43 40 52

ἐκβολή 29 18 27 19 18 17 16 21

Paráplous 44 27 40 29 26 26 24 31

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Die eigentlichen Präpositionen

περί Tabelle 37: absolute Häufigkeit von περί in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 9 11 4 3 5 6 4 42

Genitiv 3 8 1 1 1 1 3 18

Dativ 2 0 0 0 0 1 1 4

Akkusativ 4 3 3 2 4 4 0 20

Verhältnis (in %) 33 : 22 : 44 73 : 0 : 27 25 : 0 : 75 33 : 0 : 67 20 : 0 : 80 17 : 17 : 67 75 : 25 : 0 43 : 10 : 47

Tabelle 38: absolute Häufigkeit von περί in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 7 7 14

Genitiv 4 1 5

Dativ 3 1 4

Akkusativ 0 5 5

Verhältnis (in %) 57 : 43 : 0 14 : 14 : 72 36 : 28 : 36

Tabelle 39: relative Häufigkeiten von περί Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 10 15 5 4 7 8 5 8

ἐκβολή 4 6 2 1 3 3 2 3

Paráplous 6 9 3 2 4 5 3 5

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262

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

πρό Tabelle 40: absolute Häufigkeit von πρό in der Anabasis Gesamtzahl 17 9 6 2 10 12 6 62

Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Tabelle 41: absolute Häufigkeit von πρό in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 2 3 5

Tabelle 42: relative Häufigkeiten von πρό Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 19 12 7 2 14 16 8 11

ἐκβολή 7 5 3 1 6 6 3 4

Paráplous 11 7 4 1 8 10 5 7

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Die eigentlichen Präpositionen

πρός Tabelle 43: absolute Häufigkeit von πρός in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 79 72 54 78 65 81 72 501

Genitiv 27 16 30 26 28 30 31 188

Dativ 21 10 9 12 7 24 9 92

Akkusativ 31 46 15 40 30 27 32 221

Verhältnis (in %) 34 : 27 :39 22 : 14 : 64 55 : 17 : 28 34 : 15 : 51 43 : 11 : 46 37 : 30 : 33 43 : 13 : 44 38 : 18 : 44

Tabelle 44: absolute Häufigkeit von πρός in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 30 51 81

Genitiv 9 8 17

Dativ 3 26 29

Akkusativ 18 17 35

Verhältnis (in %) 30 : 10 : 60 16 : 51 : 33 21 : 36 : 43

Tabelle 45: relative Häufigkeiten von πρός Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 87 97 66 91 89 109 97 91

ἐκβολή 35 39 26 37 36 43 39 36

Paráplous 52 58 40 55 54 65 58 54

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264

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

σύν / ξύν Tabelle 46: absolute Häufigkeit von σύν / ξύν in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 43 52 53 53 51 46 21 319

σύν 11 7 5 4 4 8 11 50

ξύν 32 45 48 49 47 38 10 269

Verhältnis (in %) 26 : 74 14 : 86 9 : 91 8 : 92 8 : 92 17 : 83 52 : 48 84 : 16

Tabelle 47: absolute Häufigkeit von σύν / ξύν in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 5 9 14

σύν 2 8 10

ξύν 3 1 4

Verhältnis (in %) 40 : 60 89 : 11 71 : 29

Tabelle 48: relative Häufigkeiten von σύν / ξύν Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 47 70 65 62 70 62 28 58

ἐκβολή 19 28 26 25 28 25 11 23

Paráplous 28 42 39 37 42 37 17 35

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Die eigentlichen Präpositionen

ὑπέρ Tabelle 49: absolute Häufigkeit von ὑπέρ in der Indiké Gesamtzahl 25 20 14 23 22 18 31 153

Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Genitiv 22 17 12 16 12 15 24 118

Akkusativ 3 3 2 7 10 3 7 35

Verhältnis (in %) 88 : 12 85 : 15 86 : 14 70 : 30 56 : 44 83 : 17 77 : 23 77 : 23

Tabelle 50: absolute Häufigkeit von ὑπέρ in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 19 15 34

Genitiv 16 10 26

Akkusativ 3 5 8

Verhältnis (in %) 84 : 16 67 : 33 76 : 24

Tabelle 51: relative Häufigkeiten von ὑπέρ Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 28 27 17 27 30 24 42 28

ἐκβολή 11 11 7 11 12 10 17 11

Paráplous 17 16 10 16 18 14 25 17

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265

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Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

ὑπό Tabelle 52: absolute Häufigkeit von ὑπό in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 16 21 10 34 16 31 13 141

Genitiv 10 16 5 27 12 23 12 105

Dativ 4 1 4 3 2 6 0 20

Akkusativ 2 4 1 4 2 2 1 16

Verhältnis (in %) 63 : 25 : 12 76 : 5 : 19 50 : 40 : 10 79 : 9 : 12 76 : 12 : 12 74 : 19 : 7 92 : 0 : 8 75 : 14 : 11

Tabelle 53: absolute Häufigkeit von ὑπό in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 17 20 37

Genitiv 10 10 20

Dativ 7 1 8

Akkusativ 0 9 9

Verhältnis (in %) 59 : 41 : 0 50 : 5 : 45 54 : 22 : 24

Tabelle 54: relative Häufigkeiten von ὑπό Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 18 28 12 40 22 42 17 26

ἐκβολή 7 11 5 16 9 17 7 10

Paráplous 11 17 7 24 13 25 10 15

ὡς ὡς mit Akkussativ, in Bezug auf Personen in Verbindung mit Verben der Bewegung gesagt, findet sich bei Arrian, der zwar ὡς gerne mit ἐπί, ἐς und πρός pleonastisch kombiniert4 (Diese wurden bei unserer Untersuchung stets der jeweiligen Präposition zugeschlagen.), überhaupt nur An. 1,4,6; 1,25,9; 2,8,9; 3,29,7; 4,22,6 und 5,20,7.

4

ὡς ἐπί finden wir 133mal in der Anabasis, in der Indiké zehnmal, ὡς ἐς in der Anabasis 23mal, zweimal in der Indiké und ὡς πρός 16mal in der Anabasis und zweimal in der Indiké. Nur sehr selten ist durch die Hinzufügung von ὡς der Gedanke gefärbt, in aller Regel ist dessen Bedeutung verblasst; vgl. Mücke, 18.

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Die uneigentlichen Präpositionen (Präpositionaladverbien)

Die uneigentlichen Präpositionen (Präpositionaladverbien) εἴσω Tabelle 55: absolute Häufigkeit von εἴσω in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 11 3 4 3 0 2 3 26

Präposition 8 1 1 3 0 2 3 18

Adverb 3 2 3 0 0 0 0 8

Verhältnis (in %) 80 : 20 33 : 67 25 : 75 100 : 0 ----100 : 0 100 : 0 73 : 27

Tabelle 56: absolute Häufigkeit von εἴσω in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 1 4 5

Präposition 0 1 1

Adverb 1 3 4

Verhältnis (in %) 0 : 100 25 : 75 20 : 80

Tabelle 57: relative Häufigkeiten von εἴσω Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 12 4 5 4 0 3 4 4

ἐκβολή 5 2 2 1 0 1 2 2

Paráplous 7 2 3 2 0 2 2 3

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268

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

(ἔμ)προσθεν Tabelle 58: absolute Häufigkeit von (ἔμ)προσθεν in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 5 6 7 6 7 12 11 54

ἔμπροσθεν 0 1 0 0 0 2 1 4

πρόσθεν 5 5 6 + (1)5 6 7 9 + (1) 9 + (1) 50

Verhältnis (in %) 0 : 100 17 : 83 0 : 100 0 : 100 0 : 100 17 : 83 9 : 91 7 : 93

Tabelle 59: absolute Häufigkeit von (ἔμ)προσθεν in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 2 2 4

ἔμπροσθεν 2 0 2

πρόσθεν 0 2 2

Verhältnis (in %) 100 : 0 0 : 100 50 : 50

Tabelle 60: relative Häufigkeiten von (ἔμ)προσθεν Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

5

Indiké 6 8 9 7 10 16 15 10

ἐκβολή 2 3 3 3 4 6 6 4

Paráplous 3 5 5 4 6 10 9 6

Arrian gebraucht in der Anabasis (ἔμ)προσθεν bis auf wenige Ausnahmen überwiegend als Adverb. Die seltenen Fälle der präpositionalen Verwendung sind in der Tabelle als geklammerte Zahlen sichtbar gemacht.

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Die uneigentlichen Präpositionen (Präpositionaladverbien)

ἕνεκα / εἵνεκα / οὕνεκα Tabelle 61: absolute Häufigkeit von ἕνεκα / εἵνεκα / οὕνεκα in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 6 2 7 5 5 3 14 42

ἕνεκα 5 2 6 4 5 3 13 38

εἵνεκα 0 0 1 0 0 0 1 2

οὕνεκα 1 0 0 1 0 0 0 2

Verhältnis (in %) 83 : 0 : 17 100 : 0 : 0 86 : 14 : 0 80 : 0 : 20 100 : 0 : 0 100 : 0 : 0 93 : 7 : 0 90 : 5 : 5

Tabelle 62: absolute Häufigkeit von ἕνεκα / εἵνεκα in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 2 3 5

ἕνεκα 2 2 4

εἵνεκα 0 1 1

Verhältnis (in %) 100 : 0 67 : 33 80 : 20

Tabelle 63: relative Häufigkeiten von ἕνεκα / εἵνεκα / οὕνεκα Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 7 3 9 6 7 4 19 8

ἐκβολή 3 1 3 2 3 2 8 3

Paráplous 4 2 5 4 4 2 11 5

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270

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

ἐντός Tabelle 64: absolute Häufigkeit von ἐντός in der Anabasis Gesamtzahl 2 + (1)6 6 0 0 3 + (3) 1 + (1) 0 17

Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Tabelle 65: absolute Häufigkeit von ἐντός in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 2 1 3

Tabelle 66: relative Häufigkeiten von ἐντός Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

6

Indiké 3 8 0 0 8 3 0 3

ἐκβολή 1 3 0 0 3 1 0 1

Paráplous 2 5 0 0 5 2 0 2

In der Anabasis findet sich der adverbielle Gebrauch von ἐντός selten; in der Tabelle durch Klammerung deutlich gemacht.

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Die uneigentlichen Präpositionen (Präpositionaladverbien)

ἔξω Tabelle 67: absolute Häufigkeit von ἔξω in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 6 5 4 2 4 6 6 33

Präposition 3 5 4 1 3 3 4 23

Adverb 3 0 0 1 1 3 2 10

Verhältnis (in %) 50 : 50 100 : 0 100 : 0 50 : 50 75 : 25 50 : 50 67 : 33 70 : 30

Tabelle 68: absolute Häufigkeit von ἔξω in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 8 6 14

Präposition 6 2 8

Adverb 2 4 6

Verhältnis (in %) 75 : 25 33 : 67 57 : 43

Tabelle 69: relative Häufigkeiten von ἔξω Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 7 7 5 2 6 8 8 6

ἐκβολή 3 3 2 1 2 3 3 2

Paráplous 4 4 3 1 3 5 5 4

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271

272

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

μεταξύ Tabelle 70: absolute Häufigkeit von μεταξύ in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl (2)7 0 1 0 4 0 1 8

Tabelle 71: absolute Häufigkeit von μεταξύ in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 0 (1) 1

Tabelle 72: relative Häufigkeiten von μεταξύ Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

7

Indiké 2 0 1 0 6 0 1 1

ἐκβολή 1 0 0 0 2 0 1 1

Paráplous 1 0 1 0 3 0 1 1

Der seltenere adverbielle Gebrauch von μεταξύ in der Anabasis ist durch die Klammerung gekennzeichnet.

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Die uneigentlichen Präpositionen (Präpositionaladverbien)

273

μέχρι Tabelle 73: absolute Häufigkeit von μέχρι in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl (1)8 0 2 0 2 + (1) 0 1 7

Tabelle 74: absolute Häufigkeit von μέχρι in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 1 6 7

Tabelle 75: relative Häufigkeiten von μέχρι Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

8

Indiké 1 0 2 0 4 0 1 1

ἐκβολή 0 0 1 0 2 0 1 1

Paráplous 1 0 1 0 2 0 1 1

μέχρι gebraucht Arrian in der Anabasis nur selten adverbiell; wieder durch Klammerung in der Tabelle hervorgehoben.

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274

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

πλήν Tabelle 76: absolute Häufigkeit von πλήν in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 4 1 3 0 5 2 5 20

Präposition 4 1 3 0 3 2 1 14

Adverb 0 0 0 0 2 0 4 6

Verhältnis (in %) 100 : 0 100 : 0 100 : 0 ----60 : 40 100 : 0 20 : 80 70 : 30

Tabelle 77: absolute Häufigkeit von πλήν in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 5 4 9

Präposition 1 2 3

Adverb 4 2 6

Verhältnis (in %) 20 : 80 50 : 50 33 : 67

Tabelle 78: relative Häufigkeiten von πλήν Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 4 1 4 0 7 3 7 4

ἐκβολή 2 1 1 0 3 1 3 1

Paráplous 3 1 2 0 4 2 4 2

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Die uneigentlichen Präpositionen (Präpositionaladverbien)

πόρρω / πρόσω Tabelle 79: absolute Häufigkeit von πόρρω / πρόσω in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 5 5 7 6 13 10 8 54

πόρρω 3 2 3 4 2 6 5 25

πρόσω 2 3 4 2 11 4 3 29

Verhältnis (in %) 40 : 60 60 : 40 57 : 43 33 : 67 85 : 15 40 : 60 38 : 62 54 : 46

Tabelle 80: absolute Häufigkeit von πόρρω in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 3 2 3 4 2 6 5 25

Präposition 1 2 1 4 2 3 3 16

Adverb 2 0 2 0 0 3 2 9

Verhältnis (in %) 33 : 67 100 : 0 33 : 67 100 : 0 100 : 0 50 : 50 60 : 40 64 : 36

Tabelle 81: absolute Häufigkeit von πρόσω in der Anabasis Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Summe

Gesamtzahl 2 3 4 2 11 4 3 29

Präposition 0 0 0 1 2 0 1 4

Adverb 2 3 4 1 9 4 2 25

Verhältnis (in %) 0 : 100 0 : 100 0 : 100 50 : 50 18 : 82 0 : 100 33 : 67 14 : 86

Tabelle 82: absolute Häufigkeit von πόρρω / πρόσω in der Indiké ἐκβολή Paráplous Indiké

Gesamtzahl 3 8 11

πόρρω 1 4 + (1) 6

πρόσω 2 (3) 5

Verhältnis (in %) 33 : 67 62 : 38 55 : 45

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275

276

Anhang A: Auftretenshäufigkeit von Präpositionen in Anabasis und Indiké

Tabelle 83: relative Häufigkeiten von πόρρω / πρόσω Buch I Buch II Buch III Buch IV Buch V Buch VI Buch VII Durchschnitt

Indiké 6 7 9 7 18 13 11 10

ἐκβολή 2 3 3 3 7 5 4 4

Paráplous 3 4 5 4 11 8 6 6

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Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké Die folgende Tabelle bietet einen Überblick, welche epischen Vokabeln in der Indiké zu finden sind. Es werden in ihr sämtliche Stellen aufgelistet, an denen die jeweilige Vokabel in der Indischen Geschichte Verwendung findet und, falls sie auch in der Anabasis gebraucht wird, ihre sämtlichen Belegstellen in Arrians opus magnum. Für die entsprechende Vokabel wird zudem jeweils eine Belegstelle in Ilias und/oder Odyssee aufgelistet, wobei hapax legomena bei Homer mit (!) gekennzeichnet sind; sollte die Vokabel auch bei Herodot zu finden sein, wird auch dazu je eine Belegstelle aufgeführt. Tabelle 84: Episches Vokabular in der Indiké ἀγαθός ἀγαπάω ἀγεληδόν ἀγινέω ἄγνωστος ἀγχέμαχος αἰγιαλός

Indiké 1,2; 32,5; 34,1; 40,4 20,7 13,6 8,9; 32,7; 41,7 34,10

αἶνος αἰόλος ἄκανθα

24,4 8mal in 22; 2mal in 23; 2mal in 24; 5mal in 26; 4mal in 27; 2mal in 29; 3mal in 32; 4mal in 33 30,7 15,3; 15,10 29,16

ἀκραεί ἀκωκή Ἀλεξίκακος ἄλκιμος ἅλμη ἁλμυρός ἀλοιφή

24,1 24,3 36,3 15,1 34,7 21,3; 21,13 7,9

Anabasis passim z.B. 2,10,7; 4,4,4 2,25,2; 4,29,4 − − 1,12,5; 5,1,2; 7,16,4 − passim z.B. 2,20,10; 6,23,3

− − 6,22,7 (2mal); 6,22,8 (2mal); 6,23,3 − − − 4,25,3 − − −

Ilias 2,204

Odyssee 15,324

Herodot 1,136

− 16,160 (!) 18,493

21,289 (!) − 17,294

− 2,93 3,89



13,191



13,5 2,210

− 22,385

− 7,59

23,795 19,404 −

21,110 22,300 5,328 (!)

− − 2,96

− 10,373 10,20 (!) 11,483 − − 17,390

14,253 19,453 − − 5,53 4,511 21,179

− − − 5,49 2,12 7,35 −

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ἅλς ἄλσος ἀμενηνός ἀνερωτάω ἁπαλός ἀπήνη ἀρήϊος ἀρίδηλος ἀροτήρ ἄσμενος ἀτασθαλία ἀτάσθαλος αὐαίνω ἄχος βόσκω βουλυτός βυσσός γεραίρω γεραρός γόνυ δαήμων

Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké Indiké 29,14 43,13 6,3 35,7 29,12 34,6; 35,1 7,7; 11,9; 12,1 13,5 7,2; 7,7; 17,5; 40,8 33,3 13,13 13,12 29,12 34,5; 35,3; 35,8 30,1 41,6 6,3 8,5

δασύς

11,1 36,1 11,4; 18,1; 24,5; 32,7 35,4; 35,5; 35,7 22,7; 24,9

δείδω

21,12; 32,12

δεῖπνον διέχω ἐγκύρω

41,5 4,12; 37,7 20,2; 22,6; 32,12; 34,4 30,4; 30,5

δακρύω

εἰρεσίη

Anabasis 1,29,1; 3,4,3 6,29,4 − − − − −

Ilias 9,214 20,8 5,887 − 2,371 24,275 4,98

Odyssee 11,123 6,291 10,521 4,251 (!) 21,151 6,72 16,284

Herodot 4,185 6,75 − − 2,92 − 1,155

7,14,10 −

13,244 18,542

− −

8,65 1,125

4,27,3 7,14,5 6,27,4; 7,1,6; 7,14,3 − −

20,350 4,409 22,418

9,63 1,7 3,207

9,52 2,111 8,109

− 6,413

9,321 (!) 19,167

4,172 2,131

− 2,3,3 − 4,10,7; 4,11,3; 7,23,6 − 6,13,3 4,29,4; 7,28,2

5,162 16,779 24,80 (!) 7,321

12,355 9,58 − 14,437

1,44 − 3,23 5,67

3,170 (!) 21,591 15,411

− 19,450 8,160

− 1,189 −

5,29,1; 7,12,3; 7,12,4 1,2,7; 1,5,6; 3,23,1; 5,11,1; 7,20,3 passim z.B. 2,13,5; 3,13,2 − 3,4,1; 3,20,1 2,11,5; 5,23,5

1,349

20,204

3,14



14,49 (!)

3,32

15,652

5,419

3,135

11,86 5,100 13,145 (!)

9,311 − −

1,119 7,122 2,82



10,78

1,203

1,19,3; 2,21,9 (2mal); 6,3,3 (2mal); 6,3,5; 6,4,5; 6,5,1 (2mal)

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Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké

ἐλαστρέω ἐναίσιμος Ἐνυάλιος ἐπιφράζομαι ἐπομνύω ἐρέσσω ἐρετμόν ἑσπέριος ἕως

ἠεροειδής ἠιών ἤπειρος

Indiké 32,9 34,11 24,7 5,11; 27,8; 34,9 35,8 27,5 30,3 23,2 2,1; 2,2; 2,7; 2,8; 3,3; 3,4; 22,8; 29,6; 30,2; 33,2; 33,9; 37,5; 37,8; 38,3; 41,2 6,3 21,5 (2mal); 21,9; 39,4 31,1; 37,7; 43,8

θαμβέω θαρσύνω θύρετρα καλάμη καταντικρύ

24,2 30,4 30,9 27,9 32,8; 43,9

καῦμα

6,7; 40,2; 43,3; 43,5; 43,12 41,3 36,6

κεῖθι κλέος κομιδή κοντός κοῦφος

34,4; 34,6; 40,10 41,4 17,1; 24,5 (2mal)

Anabasis − − 1,14,7; 5,10,3 3,2,1; 4,8,2

Ilias 18,543 (!) 2,353 2,651 21,410

Odyssee − 10,383 − 8,94

Herodot 2,158 − − 1,48

− − − − passim z.B. 1,4,1; 2,8,2

10,332 9,361 1,435 21,560 3,291

15,437 9,490 11,77 8,29 17,390

1,212 − 8,96 − 4,40

− 6,26,5

23,744 2,92

2,263 5,156

− 8,96

2,13,8; 2,16,5 (2mal); 2,16,6 (2mal); 2,18,3 (2mal); 2,18,4; 2,19,6 5,1,4 − − − 2,13,8; 3,16,8; 5,5,2; 5,11,1; 5,15,3 passim z.B. 2,4,7; 3,7,3

1,485

3,90

1,96

1,199 18,325 2,415 19,222 −

2,155 9,377 18,385 14,214 10,559

1,111 2,141 − 1,194 −

5,865 (!)



2,22

− 2,16,6; 5,26,5 (2mal) 2,13,3; 6,11,2

3,402 4,197

3,116 8,74

2,122 7,220

8,186

14,124

4,134

− passim z.B. 2,4,6; 3,23,2

− 13,158

9,487 (!) 8,201

2,136 1,35

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280

κῦμα λειμῶν

Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké Indiké 21,5; 22,6

μέτωπον

11,7; 29,13; 43,3; 43,13 20,4; 24,9 12,9; 21,6; 43,13 30,4

μήκιστος μήτι ναυτίλλομαι νέω νήπιος νήχομαι ξένια ὀδμή ὀιστός ὀκνέω

30,5; 43,8 10,9 41,2 24,5 14,1; 32,10 6,3; 24,7 26,7; 28,1 13,7 16,7 20,2

μαλακός μαλθακός

ὁπόθεν

33,6

ὀπτός ὀχέομαι ὄχθη

28,1; 28,8 17,2 6,6; 10,3; 18,1; 19,4; 33,10 35,5 9,2 34,1; 34,5

ὀψέ ὀψίγονος ὄψις ὄψον πάσχω

πέλαγος

πελάζω

28,8; 29,15 26,1; 29,7; 32,1; 33,3; 34,1 3,3; 3,5; 21,1; 21,11; 22,7; 32,2; 32,6; 32,8; 37,9 13,6; 13,7; 22,4; 30,5; 30,6

Anabasis 6,4,5; 6,5,2; 6,19,2 6,29,5; 7,1,5; 7,20,2 2,7,5; 7,12,4 3,22,2; 7,17,3

Ilias 1,481

Odyssee 1,162

Herodot 4,110

2,461

4,605

1,126

9,618 17,588 (!)

3,38 −

3,51 −

16,70



1,178

7,155 1,550 − − 2,38 − 11,779 4,415 13,650 5,225

11,309 2,303 4,672 5,344 1,8 7,276 3,490 5,59 1,261 −

− − 1,163 − 1,85 − − 1,47 3,35 7,50



1,406



− 24,713 3,181

4,66 5,54 6,97

1,133 1,31 −

2,22,4; 5,27,1 − passim z.B. 2,3,3; 4,19,4 − passim z.B. 1,13,7; 1,17,9

4,161 16,31 6,468

9,534 1,302 23,94

− 7,3 1,38

9,489 3,99

3,480 1,4

− 3,146

passim z.B. 1,19,9; 2,21,4

14,16

3,91

1,24

passim z.B. 2,21,4; 4,4,5

17,341

8,57

2,19

passim z.B. 1,21,6; 2,10,5 − − − − 2,11,9 7,22,3 − 6,22,5; 6,22,7 2,21,3 passim z.B. 2,6,5; 5,16,2 1,20,1; 5,11,2; 6,1,3 7,17,2 − passim z.B. 2,10,5; 4,3,6

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281

Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké

πέλας πλημμυρίς ποθέω

Indiké 13,8 37,6; 39,8 23,4

πόθος

20,1; 20,4

πολίζω πρωί πρῴρη

43,13 26,4 30,6; 32,3

ῥόθιος ῥοχθέω σχεδίη ταρσός τέρμα τήκω τοι

30,4 21,5 42,7 22,4 32,12 6,7 35,1; 35,5; 36,2 40,2 22,9; 23,1; 37,9 40,3 1,6; 38,6

τρίχα ὑδρεύομαι ὑδρηλός ὑπωρείη ὑψηλός

φθίνω φρέαρ φωνέω χαλινός χεῖλος χειμάρρους

χειμέριος χέρσος χθαμαλός χωρέω

16,5; 22,10; 26,4; 26,10; 38,4 9,8 25,7; 26,5; 29,1 11,6; 33,5 16,10 13,3; 13,4; 13,7 24,1; 38,7; 39,2; 39,6; 39,7 40,5 30,8 4,7 30,5

Anabasis 7,28,3 − passim z.B. 5,27,6; 7,12,4 passim z.B. 2,3,1; 3,3,1 − − passim z.B. 1,19,5; 2,19,1 2,20,8; 6,3,3 − − − − 7,21,4 passim z.B. 4,8,9; 4,20,2 4,24,10 passim z.B. 1,19,7; 2,3,4 − 2,8,7; 2,9,4; 4,24,7 passim z.B. 2,18,2; 4,2,3

Ilias − − 2,703

Odyssee 10,516 9,486 (!) 1,343

Herodot 1,97 8,129 3,36

17,439

4,596

1,165

7,453 8,530 −

− 24,28 12,230 (!)

5,52 9,101 1,194

− − 5,830 11,377 23,323 3,176 6,211

5,412 (!) 5,402 5,33 9,219 8,193 5,396 8,329

− − 4,88 1,179 2,8 3,96 1,9

2,655 −

8,506 7,131

2,38 7,139

− 20,218 (!)

9,133 (!) −

− 2,158

3,384

1,426

1,98

− 6,18,1; 6,20,4; 6,23,1 7,25,6 − −

1,251 21,197 (!)

2,368 −

3,29 6,119

1,201 19,393 (!) 12,52

1,22 − 4,132

1,47 1,215 1,179

6,25,5 (2mal)

11,493



3,81

− − 1,15,1; 1,27,1; 1,27,2; 4,28,3 passim z.B. 2,24,3; 3,7,3

2,294 4,425 13,683

5,485 6,95 12,101

2,24 2,99 −

16,592



1,51

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282

Anhang B: Homerisches Wortmaterial in der Indiké

ψιλός

Indiké 10,4

Ὠκεανός ὠχρός

18,11 34,7

Anabasis passim z.B. 1,2,4; 1,11,3 − −

Ilias 9,580

Odyssee 13,437

Herodot 1,80

21,196 3,35 (!) dort Substantiv

22,197 −

2,21 −

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Literatur Bibliographien Debrunner, Albert, Bericht über die Literatur zum nachklassischen Griechisch aus den Jahren 1907–1929, I. Teil, JAW 236 (1932) 115–226. ʊ ders., Bericht über die Literatur zum nachklassischen Griechisch aus den Jahren 1907–1929, II. Teil, JAW 240 (1933) 1–25. Engelmann, Wilhelm, Bibliotheca scriptorum classicorum, Erste Abtheilung: Scriptores Graeci, Leipzig 81880, 220–224; 519 (umfasst die Jahre 1700 bis 1878). Hager, Johann G., Programma de Fl. Arriano geographo antiquo illiusque periplis, in: ders., Geographische Büchersaal zum Nutzen und Vergnügen eröffnet, Bd.2, Chemnitz 1774, 163–193. Hoffmann, Samuel F.W., Bibliographisches Lexicon der gesammten Literatur der Griechen, Teil I A–D, Leipzig 21838, 376–381 (ND Amsterdam 1961). ʊ ders., Bibliographisches Lexicon der gesammten Literatur der Griechen, Teil II E–N, Leipzig 21838, 614f. (ND Amsterdam 1961). Klussmann, Rudolf, Bibliotheca scriptorum classicorum et Graecorum et Latinorum, Erster Band: Scriptores Graeci, Erster Teil: Collectiones. Abericus bis Homerus, Leipzig 1909, 351–355 (umfasst die Jahre 1878 bis 1896). ʊ ders., Bibliotheca scriptorum classicorum et Graecorum et Latinorum, Erster Band: Scriptores Graeci, Zweiter Teil: Hybrias bis Zosimus, Leipzig 1911, 92 (umfasst die Jahre 1878 bis 1896). Lambrino, Scarlat, Bibliographie de l’antiquité classique 1896–1914, Première partie: Auteurs et texts, Paris 1951, 68f. Marouzeau, Jules, Six années de bibliographie classique 1914–1924, Tome I: Auteurs et texts, Paris 1927, 44f.; 252. Reuss, Friedrich, Jahresbericht über die griechischen Historiker. 1900–1904: Arrian, JAW 127 (1906) 186– 194. ʊ ders., Bericht über die griechischen Historiker. 1905 bis 1908: Arrian, JAW 142 (1909) 188–198. Stadter, Philip A., s.v. Arrianus, Flavius, in: Cranz, Ferdinand E. (Hg.), Catalogus Translationum et commentariorum: Mediaeval and Renaissance Latin Translations an Commentaries, Vol. III, Washington 1976, 1–20.

Konkordanzen Schrader, Carlos, Concordantia in Flavii Arriani Indicam Historiam, Hildesheim et al. 1995. Stadter, Philip A. / Bolter, Jay D., A Concordance to Arrian, Chapel Hill 1978 [Mikrofiche].

(Kommentierte) Textausgaben der Indiké Alexandrides, Demetrios, ‫ۺ܂‬۶‫܅ ܉܄܋܆‬۶‫܆‬۶‫ ܉܄܈ ۿۺ ܇܉܄܀܅‬۶‫۾܆܆‬۶‫ ;܉܄܂‬in: ders., SyllogǺ tȬn en epitomǺ tois palai geographǺthenton typois ekdothentȬn philotimȬ dapanǺ tȬn ex IȬanninȬn adelphȬn ZȬsimadȬn charin tȬn tǺs HellǺnikǺs paideias ephiemenȬn HellǺnȬn, Bd. 1, Wien 1807, 337–373. Biffi, Nicola, L’Indiké di Arriano. Introduzione, testo, traduzione e commento, Bari 2000.

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Literatur

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Index locorum Apollonios Rhodios 1,20–233 ▷ 206 2,720f. ▷ 218

Aristoteles hist. an. 599a 24



393b

128

mund. poet.



235

9 ▷ 213 24 (1459b 15) ▷ 232 24 (1460a 5−8) ▷ 212 24 (1460a 9−11) ▷ 212 24 (1460a 11ff. u. 18f.) ▷ 240

Arrian An. Proöm. 1–3 ▷ 12f. Proöm. 1 ▷ 12, 48, 148 Proöm. 2 ▷ 12f., 54 Proöm. 3 ▷ 13, 21, 48 1,1−7 ▷ 92 1,1,1 ▷ 35, 92 1,1,2 ▷ 210 1,1,4 ▷ 117 1,1,6–12 ▷ 157f. 1,1,8 ▷ 92 1,3,1 ▷ 64 1,3,5 ▷ 172, 174f. 1,3,6 ▷ 37, 64 1,4,5 ▷ 150, 181 1,4,6 ▷ 266 1,4,7f. ▷ 210 1,5,1 ▷ 113 1,5,3 ▷ 19, 61, 210 1,7,9 ▷ 115 1,8,1 ▷ 93 1,9,1−8 ▷ 196 1,9,7 ▷ 196

1,10,4f. ▷ 210 1,10,6 ▷ 61 1,11,1 ▷ 150 1,11,2 ▷ 18, 210 1,11,3 ▷ 117 1,11,3ff. ▷ 116, 131 1,11,5 ▷ 150 1,11,6 ▷ 150, 152 1,11,7 ▷ 16, 150 1,11,7f. ▷ 16, 193 1,11,8 ▷ 150, 190, 196 1,12 ▷ 20 1,12,1–5 ▷ 12, 15 1,12,1 ▷ 16 1,12,1f. ▷ 190 1,12,2 ▷ 19, 149, 190 1,12,4 ▷ 19f. 1,12,5 ▷ 19, 18f., 48 1,12,6 ▷ 64, 115 1,12,8ff. ▷ 112 1,12,9 ▷ 139 1,12,10 ▷ 210 1,13–16 ▷ 130 1,13,3−7 ▷ 211 1,13,6f. ▷ 212 1,15,1 ▷ 37 1,16,3f. ▷ 119 1,17,12 ▷ 21 1,17,3 ▷ 117 1,17,5 ▷ 150 1,18,2 ▷ 150 1,18,6−9 ▷ 211 1,20,5 ▷ 168 1,21,7 ▷ 46 1,22,7 ▷ 98, 192 1,20,10 ▷ 46 1,23,1ff. ▷ 98, 120 1,23,5 ▷ 175 1,24,3 ▷ 117

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302

Index locorum

Arrian An. 1,24,5 ▷ 117 1,25,4 ▷ 229 1,25,4f. ▷ 211 1,25,5−8 ▷ 211 1,25,6ff. ▷ 211 1,25,8 ▷ 210 1,25,9 ▷ 266 1,25,9f. ▷ 212 1,26,2 ▷ 156 1,26,4 ▷ 64, 90, 117 1,27,4 ▷ 127 1,29,1 ▷ 64 1,29,5 ▷ 64 1,29,6 ▷ 210 2,1f. ▷ 115, 175 2,1,4 ▷ 210 2,3 ▷ 117 2,3,1 ▷ 135, 139, 173ff. 2,3,2 ▷ 79 2,3,6 ▷ 175 2,3,7 ▷ 170 2,3,8 ▷ 63, 156 2,4,1 ▷ 115 2,4,3 ▷ 17, 175 2,4,5 ▷ 210 2,4,7 ▷ 64, 91, 171 2,4,11 ▷ 21 2,5,7 ▷ 210 2,5,8 ▷ 150 2,5,9 ▷ 150 2,6,3−6 ▷ 211 2,6–11 ▷ 157 2,6,3f. ▷ 210 2,6,5 ▷ 123, 167 2,6,6 ▷ 156, 210 2,7,3–9 ▷ 210f. 2,7,3 ▷ 163 2,7,4 ▷ 124 2,7,8f. ▷ 17 2,7,9 ▷ 123 2,8,9 ▷ 266 2,8,11 ▷ 17 2,10,2 ▷ 163, 211

2,11,10 ▷ 35 2,12 ▷ 24 2,12,4f. ▷ 210 2,12,5 ▷ 193 2,12,8 ▷ 21, 41, 55 2,13,3 ▷ 180 2,13,4ff. ▷ 115 2,13,5 ▷ 166 2,14,2f. ▷ 210 2,14,4−9 ▷ 210 2,15,3f. ▷ 193 2,16,1–6 ▷ 69, 118 2,16,2f. ▷ 69 2,16,3 ▷ 17, 52, 90 2,16,4 ▷ 69, 119 2,16,5 ▷ 52, 69, 118 2,16,5f. ▷ 126 2,16,6 ▷ 56, 69, 118 2,16,7 ▷ 118 2,17,1−4 ▷ 210 2,18,1 ▷ 117, 156, 191 2,20,3 ▷ 168 2,20,6 ▷ 145 2,21,9 ▷ 145 2,22,3 ▷ 145 2,23,3 ▷ 145 2,24,4 ▷ 46 2,24,6 ▷ 35, 150 2,25,1ff. ▷ 210f. 2,25,2 ▷ 163, 212 2,25,4 ▷ 117 2,26,4 ▷ 117, 169 2,26,6 ▷ 210 2,27,2 ▷ 169, 185 2,27,6 ▷ 196 3,1,1 ▷ 116 3,1,3f. ▷ 116 3,1,4 ▷ 150 3,1,5 ▷ 121, 145, 173ff. 3,2,1 ▷ 55 3,2,3−7 ▷ 210 3,2,4f. ▷ 37 3,3,1 ▷ 117, 152f., 173–176, 191 3,3,5f. ▷ 54 3,3,6 ▷ 57, 79, 156

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303

Index locorum

Arrian An. 3,4,2f. ▷ 64 3,4,5 ▷ 54 3,5 ▷ 123 3,5,2 ▷ 150 3,5,7 ▷ 123 3,6,1 ▷ 117, 150 3,7,1 ▷ 35 3,7,4 ▷ 210 3,7,6 ▷ 150, 210 3,8–14 ▷ 116 3,8,3–6 ▷ 209 3,8,5 ▷ 37 3,9,5−8 ▷ 210 3,10,1f. ▷ 213 3,10,2 ▷ 211, 213 3,10,3f. ▷ 105 3,10,4 ▷ 41 3,11,5 ▷ 38 3,13,1 ▷ 38 3,13,2 ▷ 166 3,15,1 ▷ 210 3,15,6 ▷ 46 3,15,7 ▷ 35 3,16,5 ▷ 150 3,16,7f. ▷ 119 3,16,9 ▷ 150 3,17 ▷ 37 3,17,1 ▷ 27, 37 3,17,2 ▷ 37 3,17,3 ▷ 40 3,17,6 ▷ 37, 92 3,18,11f. ▷ 211 3,18,12 ▷ 41, 102 3,18,3 ▷ 115 3,20,1f. ▷ 164 3,21,4f. ▷ 210 3,21,6 ▷ 164 3,22,2–5 ▷ 117 3,22,3 ▷ 35 3,22,5 ▷ 193 3,23,1–6 ▷ 113f. 3,23,1 ▷ 64 3,24,1 ▷ 38

3,24,2 ▷ 38, 40 3,24,4 ▷ 38 3,25,1 ▷ 150 3,25,3 ▷ 210 3,25,5 ▷ 210 3,25,6 ▷ 131 3,26,1 ▷ 93 3,26,4 ▷ 61 3,27,5 ▷ 124, 150 3,28,1 ▷ 116, 164 3,28,4 ▷ 150 3,28,5f. ▷ 64 3,28,6 ▷ 64, 186 3,28,6f. ▷ 64, 93, 186 3,29,2 ▷ 64 3,29,7 ▷ 266 3,30,4 ▷ 210 3,30,5 ▷ 54 3,30,7ff. ▷ 64 3,30,8 ▷ 17, 52, 63, 90 4,1,1 ▷ 52 4,1,3 ▷ 176 4,2,4 ▷ 115 4,3,2f. ▷ 162 4,4,1 ▷ 150 4,4,3 ▷ 150, 210 4,4,8 ▷ 164 4,4,8f. ▷ 178 4,5,1 ▷ 37, 210 4,5,5 ▷ 164 4,6,2 ▷ 167 4,6,3 ▷ 168 4,6,6 ▷ 38 4,6,6f. ▷ 64 4,7–16 ▷ 118 4,7,1 ▷ 117 4,7,4 ▷ 101 4,7,4f. ▷ 41 4,7,5 ▷ 145, 178, 182 4,8–14 ▷ 91 4,8,1 ▷ 116, 150 4,8,5−9 ▷ 210 4,8,5 ▷ 101, 210 4,9f. ▷ 24 4,9,1f. ▷ 41

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304

Index locorum

Arrian An. 4,9,3ff. ▷ 195 4,9,4 ▷ 210 4,9,5 ▷ 150, 196 4,9,6 ▷ 41 4,9,7 ▷ 210 4,10,1 ▷ 23 4,10,1f. ▷ 41 4,10,2 ▷ 23 4,10,4 ▷ 210 4,11,1‒9 ▷ 211 4,11,2−9 ▷ 210 4,11,9 ▷ 17 4,12,5 ▷ 210 4,12,6f. ▷ 41 4,14 ▷ 54 4,14,1f. ▷ 66 4,14,3f. ▷ 55 4,14,4 ▷ 48, 105, 116 4,15,4ff. ▷ 210 4,15,8 ▷ 117, 150 4,16,7 ▷ 46 4,17 ▷ 137 4,17,1f. ▷ 114 4,17,3 ▷ 114 4,17,5 ▷ 64 4,17,5ff. ▷ 115 4,18,2 ▷ 38 4,18,4 ▷ 117 4,19,5 ▷ 193 4,19,6 ▷ 41, 155, 171, 193 4,20,2f. ▷ 210 4,21,3 ▷ 155, 178 4,21,10 ▷ 164 4,22,6 ▷ 150, 266 4,22,7 ▷ 114 4,23–30 ▷ 67 4,24,3–5 ▷ 114 4,24,3ff. ▷ 137 4,24,4f. ▷ 196 4,25,4 ▷ 89 4,25,6f. ▷ 64 4,26,2 ▷ 161 4,27,2 ▷ 167

4,28ff. ▷ 91 4,28,1 ▷ 70, 91 4,28,2 ▷ 69, 81 4,28,4 ▷ 91, 173–176 4,28,5 ▷ 114 4,29,1f. ▷ 114, 137 4,29,4 ▷ 163 4,29,5 ▷ 161 4,30,1 ▷ 115 4,30,4 ▷ 70, 91, 150, 176 4,30,8 ▷ 67, 114, 135 5,1,1 ▷ 56, 67f. 5,1,1f. ▷ 68 5,1,2 ▷ 56f., 68 5,1,3f. ▷ 194 5,1,4 ▷ 195 5,1,4ff. ▷ 68 5,1,5f. ▷ 210 5,2,1 ▷ 68, 176, 191 5,2,2 ▷ 124 5,2,2f. ▷ 210 5,2,5 ▷ 173–176 5,2,6 ▷ 150 5,2,7 ▷ 55 5,3 ▷ 83 5,3,1–4 ▷ 70 5,3,1 ▷ 52, 56, 69, 71 5,3,2 ▷ 81f. 5,3,3 ▷ 71, 82 5,3,4 ▷ 52, 71, 82f. 5,3,5 ▷ 67, 114 5,3,6 ▷ 150 5,4 ▷ 28 5,4,1 ▷ 24, 42 5,4,1f. ▷ 64 5,4,2 ▷ 48, 52, 66 5,4,3 ▷ 24, 63 5,4,3f. ▷ 24, 28 5,4,3ff. ▷ 64 5,4,5 ▷ 61 5,5,1 ▷ 4, 21–24, 27, 48, 58f., 64, 145 5,5,1f. ▷ 61 5,5,2–5,6,8 ▷ 64 5,5,2–6,8 ▷ 64 5,5,2 ▷ 48

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305

Index locorum

Arrian An. 5,5,2f. ▷ 71 5,5,3 ▷ 71f., 91, 113 5,5,5 ▷ 102 5,6 ▷ 52, 56, 90 5,6,2 ▷ 52 5,6,3 ▷ 56 5,6,5 ▷ 17, 52, 67 5,6,6 ▷ 56, 63f. 5,6,7f. ▷ 64 5,6,8 ▷ 22, 29, 47f., 68, 91 5,7,1 ▷ 54, 57, 89 5,7,2 ▷ 17, 52, 90 5,7,3 ▷ 118 5,7,3ff. ▷ 54, 118 5,8,1 ▷ 54 5,8,2 ▷ 150 5,8,3 ▷ 150 5,9,4 ▷ 64, 66 5,10,4 ▷ 166 5,11,4 ▷ 210 5,13,2 ▷ 162 5,14,5 ▷ 54 5,15,3 ▷ 139 5,16,2 ▷ 170 5,18,1 ▷ 197 5,18,6 ▷ 171 5,19,1 ▷ 77 5,19,2f. ▷ 210 5,19,3 ▷ 35 5,19,5f. ▷ 117 5,19,6 ▷ 37 5,20,1 ▷ 150 5,20,2f. ▷ 54 5,20,7 ▷ 266 5,20,8 ▷ 64 5,20,10 ▷ 57 5,21,3 ▷ 17 5,22,1f. ▷ 210 5,23,1 ▷ 162, 175 5,23,7 ▷ 210 5,24,6 ▷ 210 5,24,8 ▷ 178 5,25–29 ▷ 130

5,25,1 ▷ 210 5,25,1f. ▷ 171 5,25,2 ▷ 168, 171 5,25,3−26,7 ▷ 210 5,25,3‒27,9 ▷ 211 5,25,4ff. ▷ 117 5,26,1 ▷ 164, 171, 192 5,26,1f. ▷ 177 5,26,1ff. ▷ 117 5,26,2 ▷ 102, 145, 182 5,26,4 ▷ 165 5,26,4f. ▷ 191 5,26,5 ▷ 68 5,26,6 ▷ 192 5,27,2−9 ▷ 210 5,27,6 ▷ 172 5,27,8 ▷ 197 5,28,1 ▷ 170 5,28,2 ▷ 115, 210 5,28,4 ▷ 93, 150 5,29,2 ▷ 150, 154 5,29,5 ▷ 150 6,1,1 ▷ 32, 208 6,1,2–6 ▷ 64 6,1,3 ▷ 52, 67, 143 6,2–6 ▷ 32, 46 6,2,1 ▷ 198 6,2,3 ▷ 23, 52, 66, 153 6,2,4 ▷ 89, 93 6,3,1 ▷ 150 6,3,1f. ▷ 151 6,3,3ff. ▷ 47 6,6–12 ▷ 22 6,7,4 ▷ 22 6,7,5f. ▷ 162 6,9,1–6,11,8 ▷ 47 6,9f. ▷ 91 6,9,1 ▷ 47, 115, 162 6,9,3 ▷ 194 6,9,5 ▷ 193 6,10,1 ▷ 89 6,10,2 ▷ 47, 194 6,11 ▷ 24, 66, 80, 83f. 6,11,1 ▷ 74 6,11,2 ▷ 23, 26, 58, 74

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306

Index locorum

Arrian An. 6,11,3 ▷ 74 6,11,4 ▷ 127 6,11,4ff. ▷ 74 6,11,5 ▷ 74 6,11,6 ▷ 74, 128 6,11,7 ▷ 74 6,11,7f. ▷ 74 6,11,8 ▷ 48, 66, 75 6,12,1 ▷ 75 6,12,2 ▷ 166 6,13,4 ▷ 52 6,13,5 ▷ 210, 214 6,14 ▷ 90 6,14,2 ▷ 171, 210, 214 6,14,4f. ▷ 64 6,14,5 ▷ 56 6,15,5–17,2 ▷ 22 6,15,2 ▷ 176 6,16,2 ▷ 155 6,16,5 ▷ 22 6,17,2 ▷ 22, 42 6,18,5 ▷ 102 6,19,4 ▷ 150 6,19,4f. ▷ 152f. 6,19,5 ▷ 104f., 150 6,20,3 ▷ 102 6,21 ▷ 29, 32 6,21,1 ▷ 29, 92 6,21,1ff. ▷ 35 6,21,3 ▷ 30, 36 6,21,4 ▷ 36 6,21,5 ▷ 176 6,22,2 ▷ 44 6,22,3 ▷ 31, 44f. 6,22,4 ▷ 92 6,23–26 ▷ 164 6,23–27 ▷ 35 6,23,1f. ▷ 31 6,23,4 ▷ 26, 31 6,23,5 ▷ 35 6,23,6 ▷ 31 6,24 ▷ 24 6,24,2f. ▷ 52

6,24,3 ▷ 31, 196 6,24,4 ▷ 35, 89 6,24,5 ▷ 35 6,24,8 ▷ 171 6,24,9 ▷ 168 6,25,1 ▷ 171 6,25,2 ▷ 35 6,25,3 ▷ 35 6,25,4 ▷ 102 6,26,1–3 ▷ 35 6,26,1 ▷ 73, 164 6,26,3 ▷ 41, 161 6,27,1 ▷ 45 6,28 ▷ 28 6,28,1f. ▷ 55 6,28,2 ▷ 145 6,28,3 ▷ 23f., 89, 150, 154 6,28,4 ▷ 24 6,28,5 ▷ 24, 26, 30 6,28,5f. ▷ 35 6,28,6 ▷ 21, 23f., 27, 48, 89 6,28,7 ▷ 24 6,29–7,4 ▷ 39 6,29,4–11 ▷ 39 6,29,4 ▷ 17, 168 6,29,10 ▷ 89 6,30,1 ▷ 41, 101 7,1 ▷ 123 7,1,1 ▷ 174ff. 7,1,2 ▷ 48, 145, 177, 182 7,1,2f. ▷ 117, 177 7,1,3 ▷ 123 7,1,4–3,6 ▷ 39 7,1,4 ▷ 57, 178f., 182 7,1,5 ▷ 41 7,1,5f. ▷ 22 7,1,6 ▷ 180, 210 7,2,1 ▷ 128 7,2,2–7,3,6 ▷ 22 7,2,2 ▷ 174f., 177f. 7,2,2f. ▷ 210 7,2,3 ▷ 15, 52, 171 7,3,1 ▷ 23 7,3,6 ▷ 52, 67, 89, 93 7,4–6 ▷ 30, 45

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307

Index locorum

Arrian An. 7,4,6 ▷ 30 7,5 ▷ 29 7,5,2 ▷ 13 7,5,5 ▷ 44 7,5,6 ▷ 30, 35 7,6,2 ▷ 168 7,7,3ff. ▷ 64 7,8,1 ▷ 210 7,9,1−10,7 ▷ 210 7,9f. ▷ 232 7,9,8 ▷ 185, 187 7,9,9 ▷ 185 7,10,2 ▷ 126 7,10,3 ▷ 180 7,10,5ff. ▷ 117 7,10,6 ▷ 37 7,11,4 ▷ 210 7,11,5 ▷ 169 7,11,6f. ▷ 210 7,11,8 ▷ 150 7,12,2f. ▷ 210 7,12,3 ▷ 169, 172 7,12,4 ▷ 172 7,12,6 ▷ 180 7,12,7 ▷ 15, 42 7,13 ▷ 52, 66 7,13,1 ▷ 17, 42, 52, 90 7,13,3 ▷ 55 7,13,4 ▷ 17, 52 7,13,4f. ▷ 57 7,13,5 ▷ 56, 120 7,13,6 ▷ 17, 67 7,14,1 ▷ 93, 150 7,14,4 ▷ 190f. 7,14,6 ▷ 57, 210 7,14,9 ▷ 42 7,14,10 ▷ 42, 150 7,15,1ff. ▷ 39 7,15,2 ▷ 37 7,15,3 ▷ 39, 117, 178 7,15,5 ▷ 52, 124f. 7,15,5f. ▷ 123 7,15,6 ▷ 55, 65, 124

7,16,1 ▷ 177 7,16,1f. ▷ 120, 127 7,16,2 ▷ 102, 174f., 177 7,16,2ff. ▷ 64 7,16,3f. ▷ 121 7,16,4 ▷ 74 7,16,5 ▷ 63 7,16,6 ▷ 52, 210 7,16,7 ▷ 172, 178 7,16,8 ▷ 191 7,18,1 ▷ 90 7,18,3f. ▷ 93 7,19,5–20,10 ▷ 181f. 7,19,5 ▷ 182 7,19,5f. ▷ 104 7,19,6 ▷ 105, 178, 181 7,20 ▷ 98, 104 7,20,1 ▷ 15f., 181 7,20,2 ▷ 176, 181 7,20,2ff. ▷ 210 7,20,3–6 ▷ 182 7,20,3 ▷ 182 7,20,5–10 ▷ 64 7,20,5 ▷ 93 7,20,6 ▷ 182 7,20,7 ▷ 182 7,20,8 ▷ 182 7,20,8ff. ▷ 102 7,20,9 ▷ 52, 145 7,20,9f. ▷ 31, 182 7,20,10 ▷ 182ff., 227 7,21,1–4 ▷ 64 7,23,5 ▷ 150, 196 7,23,7 ▷ 121 7,23,8 ▷ 41, 210 7,24,4 ▷ 150 7,25,1 ▷ 52 7,25,2 ▷ 150 7,25,3 ▷ 115, 150 7,25,4 ▷ 150 7,25,4f. ▷ 150 7,25,5 ▷ 150 7,25,6 ▷ 150 7,26,1 ▷ 171 7,26,3 ▷ 210

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308

Index locorum

Arrian An. 7,26,3 ▷ 210 7,28ff. ▷ 20, 117 7,28,1 ▷ 35, 89, 124, 149f., 162, 164f., 195 7,28,2 ▷ 124, 163f. 7,28,2f. ▷ 157, 165 7,29 ▷ 149 7,29,1 ▷ 123, 155 7,30,1 ▷ 149, 155, 179 7,30,2 ▷ 21, 156, 195 7,30,3 ▷ 12, 20, 23, 149

Bith.

frg. 13 u. 20



Cyn.

87

1,1ff. ▷ 91 5,10f. ▷ 126 5,6 ▷ 48 20,3 ▷ 171 24,1 ▷ 90 30,2 ▷ 17 31,2 ▷ 48

epist. 1 2 4 5

Ind.

▷ ▷ ▷ ▷

23 23 23 23

1–6 ▷ 135 1,3 ▷ 60 1,4 ▷ 189 1,4f. ▷ 61 1,4ff. ▷ 67 1,6 ▷ 189, 203, 240 1,7 ▷ 62f. 2,1–4 ▷ 72 2,3 ▷ 189f. 2,4 ▷ 135 2,8 ▷ 73, 135 2,8f. ▷ 59 2,9 ▷ 48, 135 3,1 ▷ 28, 59f. 3,4–7 ▷ 65 3,10 ▷ 66 4,1−16 ▷ 75

4,1 ▷ 65, 135 4,2 ▷ 75 4,3 ▷ 63, 218 4,6 ▷ 75, 189 4,7 ▷ 64 4,12 ▷ 63, 75 4,13−16 ▷ 75 4,13 ▷ 63f. 4,14 ▷ 63, 126 4,14ff. ▷ 64, 126 4,15 ▷ 63, 128, 218 4,16 ▷ 44, 76, 189f. 5 ▷ 83f., 88 5,1 ▷ 76f. 5,1f. ▷ 76 5,2 ▷ 48, 190 5,3 ▷ 47, 59f., 65, 73, 76f., 135 5,4–7 ▷ 78 5,4 ▷ 78, 86 5,7–13 ▷ 72 5,7 ▷ 135 5,8 ▷ 79ff., 135 5,8f. ▷ 79 5,9 ▷ 79f. 5,10 ▷ 81f., 135 5,11 ▷ 82 5,11f. ▷ 81 5,12 ▷ 81f. 5,13 ▷ 83 6,1 ▷ 73, 77, 83, 88, 135, 216 6,2 ▷ 73, 84 6,2f. ▷ 75 6,3 ▷ 144, 203, 240 6,4–8 ▷ 90 6,4 ▷ 135 6,5 ▷ 135 6,6ff. ▷ 90 6,7 ▷ 218 6,8 ▷ 25 6,9 ▷ 216 7−9 ▷ 25 7,1 ▷ 67, 77, 216 7,3 ▷ 43, 189, 218 7,5–9 ▷ 80 7,7 ▷ 204

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309

Index locorum

Arrian Ind. 7,9 ▷ 136 8,4 ▷ 86 8,6 ▷ 86 8,8 ▷ 73 8,8–13 ▷ 94 8,8f. ▷ 125 8,9 ▷ 128 8,11 ▷ 86 9,1 ▷ 85 9,2f. ▷ 85 9,4–7 ▷ 85 9,4–8 ▷ 72 9,7 ▷ 189 9,8 ▷ 53, 86 9,9ff. ▷ 180 9,10 ▷ 86, 180 9,11 ▷ 136 9,12 ▷ 189f. 10–17 ▷ 135 10,1 ▷ 53 10,6 ▷ 53 11–14 ▷ 88 11f. ▷ 88 11,1 ▷ 204 11,1–8 ▷ 22 11,3 ▷ 216 11,9 ▷ 204 11,10 ▷ 190, 218 12,1 ▷ 204 12,2 ▷ 153 12,4 ▷ 153 13f. ▷ 88 13,2 ▷ 189, 216 13,5 ▷ 218 13,6 ▷ 205 13,7 ▷ 44 13,10 ▷ 160, 206 13,11 ▷ 218 13,12 ▷ 189 13,13 ▷ 189 14,1 ▷ 216 14,4 ▷ 126 14,6 ▷ 126, 189

14,9 ▷ 168 15 ▷ 88 15,1 ▷ 87f. 15,3 ▷ 127 15,4 ▷ 73, 87f. 15,5 ▷ 87 15,7 ▷ 60, 87 15,8 ▷ 88 15,8f. ▷ 88, 127 15,10 ▷ 88, 127 15,11 ▷ 88, 136 16,1 ▷ 42f., 91 16,4 ▷ 189f. 16,8 ▷ 189 16,9 ▷ 216, 218 16,11 ▷ 189f. 17,6 ▷ 28 17,6f. ▷ 29, 59 17,7 ▷ 11, 23, 31, 48, 91, 136, 216 18 ▷ 89, 153, 207 18f. ▷ 153 18,3−10 ▷ 206f. 18,1 ▷ 31f., 46, 89, 136, 207 18,1f. ▷ 208 18,1ff. ▷ 136 18,10 ▷ 208 18,11 ▷ 136, 153, 209 18,11f. ▷ 151–154 19 ▷ 32, 89, 136, 153, 210 19,1–7 ▷ 46, 89 19,4 ▷ 210 19,5 ▷ 216 19,7 ▷ 136 19,8 ▷ 32, 36, 46, 91 19,9 ▷ 47, 73, 89f., 136 20 ▷ 30, 107, 130, 136, 153, 210 20,1–4 ▷ 136 20,1–3 ▷ 92 20,1 ▷ 90, 133, 136, 145, 171, 179 20,2 ▷ 91, 156, 170f., 179, 212f. 20,3 ▷ 163, 170 20,4–8 ▷ 134 20,4 ▷ 92, 133, 162, 172, 190 20,5 ▷ 134, 137, 155 20,5f. ▷ 133

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310

Index locorum

Arrian Ind. 20,6 ▷ 134, 163f. 20,7 ▷ 163 20,8 ▷ 136 20,10 ▷ 145, 153f. 20,11 ▷ 155 21 ▷ 32 21,1 ▷ 29, 35, 92, 136, 153 21,2–5 ▷ 129 21,2 ▷ 44, 133, 154 21,3 ▷ 44 21,5 ▷ 214 21,7 ▷ 218 21,8 ▷ 33, 36, 137 21,9 ▷ 132, 218 21,10 ▷ 133f., 145 21,11 ▷ 44, 137 21,12 ▷ 44, 133, 166, 216 21,12f. ▷ 93f. 21,12ff. ▷ 94 21,13 ▷ 215 22 ▷ 143 22,4 ▷ 215, 190 22,5 ▷ 37, 44 22,6 ▷ 145, 215f. 22,7 ▷ 218 22,8 ▷ 131, 189, 222 22,10 ▷ 33 23,1 ▷ 44, 133, 218 23,1f. ▷ 130 23,2 ▷ 131, 216f. 23,4 ▷ 44, 133, 164, 172 23,5 ▷ 36, 44f., 137, 185 23,5f. ▷ 43f. 23,7 ▷ 137 23,7f. ▷ 44 23,8 ▷ 133, 164, 189 24 ▷ 130 24,1 ▷ 217f. 24,2–9 ▷ 107 24,2–8 ▷ 159 24,2 ▷ 216 24,2f. ▷ 130 24,3 ▷ 218

24,4–7 ▷ 133f. 24,4 ▷ 133, 219 24,5 ▷ 216 24,6 ▷ 127 24,7 ▷ 189 24,8 ▷ 218 24,8f. ▷ 130 24,9 ▷ 43 25,1 ▷ 44, 164 25,3 ▷ 33 25,4–8 ▷ 33 25,4 ▷ 33, 93, 133 25,4ff. ▷ 90, 94 25,6 ▷ 127, 218 25,7 ▷ 133, 218 25,7f. ▷ 90 26,1 ▷ 34 26,1f. ▷ 26 26,2 ▷ 33, 133 26,2ff. ▷ 130 26,4 ▷ 132, 145 26,5 ▷ 164 26,6 ▷ 131 26,7 ▷ 94, 133f. 26,9 ▷ 130 27,1 ▷ 26, 93f., 133 27,2 ▷ 130 27,5 ▷ 130, 164, 190 27,7–28,8 ▷ 160 27,8–28,8 ▷ 107, 133f. 27,8–28,9 ▷ 130 27,8 ▷ 144, 159f. 27,8f. ▷ 160, 219 27,10−28,1 ▷ 220 28 ▷ 35 28,1f. ▷ 166 28,2 ▷ 134, 160 28,8 ▷ 221 28,9 ▷ 132, 161 29,1–8 ▷ 107 29,1 ▷ 95, 130, 135, 145 29,1f. ▷ 221 29,2 ▷ 35, 132, 190, 222 29,3 ▷ 35, 133, 166 29,5 ▷ 164

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311

Index locorum

Arrian Ind. 29,6 ▷ 222 29,7 ▷ 33, 145, 189 29,8 ▷ 33 29,9–16 ▷ 25, 33 29,9ff. ▷ 130 29,11−15 ▷ 189 29,11 ▷ 216 29,12 ▷ 131, 222 29,14 ▷ 189 29,15 ▷ 130, 218 30ff. ▷ 106 30 ▷ 25, 33, 35, 94ff., 158, 226 30,1−6 ▷ 223 30,1 ▷ 26 30,2−7 ▷ 240 30,2 ▷ 92, 95, 133, 222 30,4 ▷ 133f., 164, 226 30,5 ▷ 216 30,8 ▷ 73 31 ▷ 33, 94, 105 31,1–6 ▷ 99 31,1 ▷ 95 31,2 ▷ 101 31,3 ▷ 92, 133 31,4 ▷ 133f., 216 31,5 ▷ 101 31,9 ▷ 99, 101, 164 32 ▷ 26, 226 32,1 ▷ 26, 34, 137, 164 32,2 ▷ 33, 133 32,2f. ▷ 130 32,5 ▷ 44, 130 32,6–13 ▷ 102 32,6–12 ▷ 31 32,6 ▷ 143 32,7 ▷ 44, 183f. 32,8 ▷ 37, 104 32,9−13 ▷ 240 32,9 ▷ 164 32,10−13 ▷ 226 32,11 ▷ 11, 131, 137, 145, 179 32,11ff. ▷ 133f. 32,12 ▷ 164, 166, 183, 218

32,13 ▷ 105, 183, 218 33–36 ▷ 30, 34 33f. ▷ 137 33,2 ▷ 44, 131, 222, 229 33,3 ▷ 164, 227 33,4−8 ▷ 229 33,6 ▷ 137 33,7 ▷ 137, 232 33,8 ▷ 134, 137 33,8ff. ▷ 133, 138 33,9 ▷ 44, 133, 164, 222 33,10 ▷ 133 34,1 ▷ 133, 136f., 167 34,1f. ▷ 137 34,2 ▷ 169 34,3 ▷ 137, 229 34,3f. ▷ 230 34,3ff. ▷ 138 34,5 ▷ 167, 230 34,6−12 ▷ 230 34,6 ▷ 230f. 34,7 ▷ 164, 218, 230 34,8 ▷ 44, 232 34,11 ▷ 133f., 232 35 ▷ 138 35f. ▷ 138 35,1−4 ▷ 232 35,2 ▷ 138, 167, 169 35,2f. ▷ 98 35,2ff. ▷ 138 35,3 ▷ 168, 233 35,4–36,2 ▷ 134 35,4 ▷ 168, 234 35,5 ▷ 138 35,6 ▷ 133f., 137 35,7 ▷ 168, 233 35,8 ▷ 133f., 138, 156, 168f., 218, 234 36 ▷ 138 36,1 ▷ 218 36,1f. ▷ 138 36,2 ▷ 134, 138 36,2f. ▷ 133 36,3 ▷ 134, 138, 154 36,4 ▷ 138, 163f. 36,4ff. ▷ 134

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312

Index locorum

Arrian Ind. 36,5–9 ▷ 133 36,5 ▷ 137, 216 36,5f. ▷ 134, 165 36,6 ▷ 213 36,8 ▷ 134, 138, 164 36,8f. ▷ 233 36,9 ▷ 133, 154, 190 37,1 ▷ 136 37,2 ▷ 94, 131 37,3 ▷ 37 37,5 ▷ 131, 222 37,6 ▷ 145 37,8 ▷ 130, 132, 164, 218, 222 37,10 ▷ 218 37,11 ▷ 130 38–40,8 ▷ 106 38,1 ▷ 33, 130, 133 38,2 ▷ 44, 133 38,2ff. ▷ 130 38,3 ▷ 92, 94, 106, 128, 133, 222 38,4 ▷ 132 38,6 ▷ 130 38,9 ▷ 137, 139, 164 39,1 ▷ 44 39,2 ▷ 44, 131f. 39,4 ▷ 133 39,4f. ▷ 25, 94, 106 39,8 ▷ 145, 189f., 216 39,9 ▷ 26, 93f., 106, 133 40 ▷ 40 40,1–8 ▷ 38 40,1 ▷ 33, 36ff., 43 40,2–5 ▷ 33, 235 40,2 ▷ 218 40,2ff. ▷ 38, 240 40,3 ▷ 130, 235 40,3f. ▷ 130 40,5 ▷ 38, 92, 94, 106, 133, 139, 218 40,6 ▷ 38, 43 40,6ff. ▷ 39 40,7 ▷ 40, 139 40,7f. ▷ 38 40,8 ▷ 39f., 133, 139, 189, 218

40,9 ▷ 93, 133 40,9ff. ▷ 94 40,10 ▷ 218 41,1 ▷ 189 41,1f. ▷ 130 41,2 ▷ 128, 190, 222, 236, 240 41,3 ▷ 128, 218 41,3f. ▷ 128, 237 41,5 ▷ 130, 238 41,6 ▷ 238 41,6f. ▷ 183 41,7 ▷ 130, 184 41,8 ▷ 92, 133 41,9 ▷ 94 42,1 ▷ 132, 139 42,1f. ▷ 27 42,2 ▷ 130 42,3 ▷ 37 42,4 ▷ 33, 189f. 42,5 ▷ 27, 130, 133, 137, 139 42,5f. ▷ 133 42,6 ▷ 133, 154 42,7 ▷ 139, 153, 238 42,8 ▷ 133f., 139, 154 42,9 ▷ 139 42,10 ▷ 30, 91, 140, 184 43 ▷ 34, 184 43,1 ▷ 185 43,2 ▷ 26, 103, 185, 218 43,3 ▷ 185 43,4f. ▷ 185 43,5 ▷ 128 43,5f. ▷ 128 43,6 ▷ 128, 185 43,7 ▷ 185, 189 43,8 ▷ 44, 140, 185 43,8f. ▷ 92 43,9 ▷ 94, 133, 185 43,10 ▷ 140, 179, 181, 186 43,11 ▷ 26, 145 43,11f. ▷ 186 43,12 ▷ 239 43,13 ▷ 47, 135, 140, 186 43,14 ▷ 36, 111, 186

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313

Index locorum

Arrian Parthiká frg. 23



171

per. m. Eux.

1 t.1 ▷ 121 1,1 ▷ 90 4,2 ▷ 144 12,5 ▷ 91 13,4f. ▷ 143 13,6 ▷ 23 15,1 ▷ 17, 90 18,2 ▷ 17 22,1 ▷ 87 23,3 ▷ 48 25,2 ▷ 48

Tact.

1 ▷ 24 32,3 ▷ 23, 34

Cicero fam. 5,12,2

28



Curtius Rufus 9,10,3 ▷ 107 10,1,10–16 ▷ 107

Demosthenes Or. 18,216



124

Diodor 1,2,7 ▷ 14 17,2–18,4 ▷ 16 17,104,3 ▷ 107 17,106,4–107,1 ▷ 106 19,18,3 ▷ 27 19,21,2 ▷ 27 19,48,6 ▷ 27

Eustathios von Thessaloniki ad Dionys. Per. 1143



Herodot Proöm. 1,1,1 1,5,3

▷ ▷

27 ▷ 62 62, 63 19, 61

1,5,3f. ▷ 19 1,75,3 ▷ 80 1,75,4f. ▷ 80 1,120,2 ▷ 111 1,165,3 ▷ 172 1,180 ▷ 89 1,184 ▷ 78 1,189 ▷ 89 1,214,2 ▷ 61 2,23,1 ▷ 209 2,43,1 ▷ 80 2,43,2 ▷ 80 2,43,3 ▷ 81 2,43,4 ▷ 80 2,44 ▷ 80 2,68,1 ▷ 235 2,102–111 ▷ 78 2,106,1 ▷ 79 2,123,1 ▷ 76 2,134 ▷ 63 2,137 ▷ 78 2,143 ▷ 63 3,9,2 ▷ 77 3,15,2 ▷ 180 3,98–106 ▷ 184 3,102 ▷ 25 3,107–113 ▷ 184 3,126,2 ▷ 28 3,133,2 ▷ 111 3,135,1 ▷ 28 4,16,1f. ▷ 77 4,42 ▷ 142 4,42ff. ▷ 183 4,53,3 ▷ 189 4,76 ▷ 78 4,88,1 ▷ 238 4,120–127 ▷ 78 5,36 ▷ 63 5,125 ▷ 63 6,19,1 ▷ 111 7,60,1 ▷ 209 7,61–80 ▷ 209 7,96,1f. ▷ 209 7,109,2 ▷ 189 7,152,3 ▷ 76

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314

Index locorum

Herodot 7,228,3 ▷ 79 8,8,2 ▷ 73 8,8,3 ▷ 73 8,43–48 ▷ 225 9,122,2 ▷ 61

Historia Augusta Vita Hadr. 13,1



192

Homer Od. 1,1−10 ▷ 226 1,139f. ▷ 221 2,262 ▷ 204 2,420f. ▷ 217 3,120ff. ▷ 227 3,311 ▷ 202 3,404 ▷ 222 3,480 ▷ 221 4,244−251 ▷ 234 4,253 ▷ 234 4,511 ▷ 215 4,669–672 ▷ 237 5,29−42 ▷ 239 5,267 ▷ 221 5,402f. ▷ 215 5,408−423 ▷ 224 5,441 ▷ 215 6,74–78 ▷ 231 6,137ff. ▷ 230 6,224f. ▷ 231 7,237f. ▷ 229 7,237ff. ▷ 231 7,299ff. ▷ 232 9,19f. ▷ 19, 231 9,21−24 ▷ 237 9,58 ▷ 238 9,108f. ▷ 219 9,125f. ▷ 219 9,132f. ▷ 235 9,229f. ▷ 220 9,319ff. ▷ 223 9,327f. ▷ 218 9,376f. ▷ 225

9,480‒489 ▷ 219 9,487ff. ▷ 237 9,565f. ▷ 228 10,121‒131 ▷ 219 10,135−574 ▷ 225 10,176f. ▷ 238 10,456−465 ▷ 228 10,536 ▷ 203 12,59ff. ▷ 216 12,73 ▷ 216 12,201‒207 ▷ 224f. 12,228‒231 ▷ 225 13,75 ▷ 198 13,92 ▷ 198 13,150 ▷ 203 14,213ff. ▷ 220 14,252f. ▷ 217 14,299 ▷ 217 15,495f. ▷ 217 15,503ff. ▷ 217 19,452f. ▷ 218 19,468 ▷ 233 23,206 ▷ 233 24,216ff. ▷ 233

Il.

1,1 ▷ 195, 230 1,188 ▷ 230 1,329−335 ▷ 194 1,348ff. ▷ 233 2,1–483 ▷ 225 2,408 ▷ 202 2,484−493 ▷ 209 2,484−785 ▷ 206 2,488 ▷ 209 2,491f. ▷ 209 2,493 ▷ 207 2,494f. ▷ 208 2,511 ▷ 208 2,629 ▷ 208 2,645 ▷ 208 2,651 ▷ 219 2,667 ▷ 208 2,702 ▷ 16 2,760 ▷ 208 2,761f. ▷ 208

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315

Index locorum

Homer

Kallimachos Dem.

Il. 2,816−877 ▷ 208 3,168ff. ▷ 204 3,178f. ▷ 204 3,358 ▷ 196 4,136 ▷ 196 6,150f. ▷ 18 6,340 ▷ 204 6,429f. ▷ 19 7,252 ▷ 196 8,75ff. ▷ 195 9,401–405 ▷ 234 9,410–416 ▷ 192 11,264ff. ▷ 194 11,436 ▷ 196 11,762ff. ▷ 193 11,784 ▷ 193 11,802f. ▷ 197 13,333 ▷ 206 14,201 ▷ 209 14,246 ▷ 209 16,44f. ▷ 197 16,46f. ▷ 198 16,155−169 ▷ 205 16,272 ▷ 219 16,306–311 ▷ 196 16,779 ▷ 238 18,171f. ▷ 206 19,221f. ▷ 220 19,231 ▷ 220 19,319−322 ▷ 191 19,328ff. ▷ 191 20,203f. ▷ 18 20,215−218 ▷ 203 21,108 ▷ 195 21,541 ▷ 195 22,304f. ▷ 193 24,80 ▷ 203

Homerscholien Schol. Od. 14,253f.



218

90f.

128



Longinos sublim. 13,3

199



Photios bibl. 58,17a 28–b 10 ▷ 3 58,17b 5ff. ▷ 78 91,67b 23–68b 41 ▷ 3 92, 73a 27–30 ▷ 3 92,69a 1–72b 39 ▷ 3 92,72b 40−73a 30 ▷ 3 92,72b 40f. ▷ 3

Plinius der Ältere nat. hist. 19,14 19,39

43 186

▷ ▷

Plutarch Alex. 60,13 ▷ 126 66,3 ▷ 107 67,7–68,1u.6

Eum.

14,3





107

27

Properz 4,3,64



43

Sophokles Trach. 11f.



127

Strabon geogr. 8,1,1 ▷ 142 11,13,6 ▷ 40 15,2,11ff. ▷ 95f. 15,2,13 ▷ 99 15,3,1 ▷ 235f. 15,3,5 ▷ 27, 238 16,1,11 ▷ 181 17,3,22 ▷ 186

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316

Index locorum

Thukydides 1,21,1 ▷ 25, 62 1,22,1–23,3 ▷ 19 1,48,2 ▷ 216 1,97,2 ▷ 19 1,138,3 ▷ 157 2,2,1 ▷ 35 2,52,2 ▷ 216 2,53,1 ▷ 216 2,84,1 ▷ 216 2,103 ▷ 117 4,24,5 ▷ 216 4,67,4 ▷ 216 4,104,2 ▷ 216 5,78 ▷ 216 6,61,2 ▷ 216 7,22,1 ▷ 216 7,44,4 ▷ 216 7,81,5 ▷ 216

Xenophon An. 1,2,17 ▷ 135 1,4,1 ▷ 131

2,3,15 ▷ 135 2,3,19 ▷ 139 3,1,4 ▷ 112, 198 3,1,11f. ▷ 198 3,1,15−25 ▷ 198 3,1,35−41 ▷ 198 3,2,7f. ▷ 198 3,2,9 ▷ 198 3,2,25 ▷ 198 3,3,6−10 ▷ 198 4,2,21 ▷ 198 4,7,1 ▷ 132 4,7,1‒14 ▷ 198 4,7,13 ▷ 198 4,7,15 ▷ 133 4,7,18f. ▷ 132 4,8,1 ▷ 133 4,8,20f. ▷ 198, 222 4,8,25−28 ▷ 198 5,1,2 ▷ 198 7,8,20 ▷ 199 7,8,24 ▷ 199

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