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German Pages 428 [432] Year 2010
Analysis 1 von Prof. Dr. Friedmar Schulz Universität Ulm
Oldenbourg Verlag München Wien
Die Grafik auf dem Umschlag wurde von dem Kalligraphen Ren Ping gestaltet. Dargestellt ist das chinesische Zeichen wei, was winzig, klein oder infinitesimal bedeutet wie in weijifen xue, welches die chinesische Bezeichnung für Infinitesimal-, Diefferential- und Integralrechnung oder Calculus ist
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schulz, Friedmar: Analysis / von Friedmar Schulz. - München ; Wien : Oldenbourg 1. - (2002) ISBN 3-486-25557-6
© 2002 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089)45051-0 www. oldenbourg-Verlag, de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Irmela Wedler Herstellung: Rainer Hartl Umschlagkonzeption: Kraxenberger Kommunikationshaus, München Gedruckt auf säure- und chlorfieiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza
Vorwort
Dieses Lehrbuch ist hervorgegangen aus Vorlesungen, welche ich an der Universität Ulm im Wintersemester 1994/95 und im Wintersemester 1998/99 für Studierende der Mathematik und Wirtschaftsmathematik und im Wintersemester 1999/2000 für Physikstudenten gehalten habe. Erkennbar ist sicherlich der Stil meines akademischen Lehrers Professor E. Heinz, dessen Anfangervorlesung ich im Wintersemester 1971/72 an der Universität Göttingen als Student selber gehört und im Wintersemester 1981/82 als Assistent betreut habe. Zum Inhalt hat der vorliegende Text den Standardlehrstoff der Analysis einer Variablen, nämlich die Grundlagen der Analysis, das System der reellen Zahlen, die Theorie der unendlichen Reihen, die stetigen Funktionen, die Differentialund Integralrechnung und das Riemann-Integral. Die wesentlichen Inhalte und Methoden der Analysis werden an Hand von vielen durchgerechneten Beispielen illustriert. Weil sich die elementaren transzendenten Punktionen dazu besonders eignen, werden sie in den Beispielen ausführlich behandelt, um die abstrakten Definitionen und allgemeinen Sätze der Theorie praktisch anzuwenden und einzuüben; nachdem der Apparat der Differentialrechnung bereitsteht, werden sie anschließend noch einmal in einem separaten Kapitel dargestellt. Die zugehörigen Übungsaufgaben finden sich in einem separaten Band, sie können im Internet unter „www.mathematik.uni-ulm.de", dann unter „Abteilung Analysis" abgerufen werden. Das vorliegende Buch soll dem Studierenden als Hilfestellung und ständigen Begleiter beim Ubergang von der Schul- zur Hochschulmathematik dienen, auf welches er auch im späteren Studium immer wieder zurückgreifen mag. Deshalb werden zunächst die Grundlagen der Analysis und in einem vorangestellten nullten Kapitel die Grundlagen der Mathematik schlechthin ausführlicher dargestellt als dies in der Vorlesung selber möglich ist. Mathematische Ideen streng und systematisch zu fassen wird dabei - im Gegensatz zu bloßer Stoffvermittlung - als das eigentliche Ziel des Grundstudiums angesehen. Um dem Studierenden den Zugang zu erleichtern, werden dabei allerdings einige
vi
Vorwort
Kompromisse eingegangen: Anfanglich werden Beispiele aus der Schulmathematik zugelassen, und damit der rote Faden nicht verloren geht, werden Vertiefungen in der Mengenlehre und der konstruktive Aufbau des Zahlensystems in entsprechende Anhänge verwiesen. Ganz bewußt beschränkt sich dieser Text auf die Analysis lediglich einer reellen Variablen. Es wird darauf verzichtet, die reell-eindimensionale, die reellmehrdimensionale und die komplex-eindimensionale Theorie gemeinsam zu entwickeln, wie ich es noch gelernt und anfanglich in meinen Vorlesungen dargestellt habe. Dadurch ergeben sich in den anschließenden Vorlesungen „Analysis II" und „Funktionentheorie" Wiederholungen, welche nicht als unnötig, sondern welche sogar als didaktisch sinnvolle Vertiefungen erachtet werden. Meist 'werden die Begriffsbildungen jedoch so eingeführt, daß sie verallgemeinungsfahig sind: Beispielsweise wird aus genau diesem Grund als Vollständigkeitsprinzip das Cauchysche Konvergenzprinzip dem Supremumsprinzip vorgezogen. Auch werden allgemeine Verfahren bevorzugt: So wird beispielsweise der Weierstraßsche Satz 4.5.3 vom Minimum mit Hilfe des Weierstraßschen Auswahlprinzips bewiesen, weil dies in der Variationsrechnung zu einem allgemeinen Prinzip führt. Auf topologische Begriffsbildungen, welche hier einen sehr eleganten Beweis liefern würden, welche aber erst in der mehrdimensionalen Theorie eine entscheidende Rolle spielen und den Anfänger nur verwirren, wird gänzlich verzichtet. Besonders ausführlich wird auf Reihenentwicklungen von Funktionen eingegangen, welche eine entscheidende Rolle für das Verständnis der Analysis spielen. Hier kommt im sechsten Kapitel die Differentialgleichungsmethode zum Tragen; verzichtet wird allerdings auf die Darstellung der Theorie der Differentialgleichungen und die der Fourier-Reihen. Im dritten Kapitel ist die Theorie der unendlichen Reihen so dargestellt, daß sie sofort auf das Komplexe übertragen werden kann. Allerdings ist der gesamte Text reell, die elementare komplexe Analysis wird in einem Steilkurs in Anhang C behandelt. Der Anfanger sollte unbedingt den Abschnitt C.l über komplexe Zahlen studieren sowie, wenn die Zeit dafür reif zu sein scheint, die komplexe Exponentialfunktion C.6 und die Eulersche Formel in Abschnitt C.7. Danken möchte ich an dieser Stelle Frau H. Runckel für ihre unermüdliche Geduld und ihre Mühe bei der Erstellung des Manuskripts und Herrn Dr. M. Bochniak für seine kundige Unterstützung und sein Engagement bei der Anfertigung der Abbildungen und der endgültigen I^TEX-Gestaltung. Auch danke ich den Hörern meiner Vorlesungen, daß sie mir Korrekturlisten meiner Vorlesungsskripten haben zukommen lassen; und ich bitte die Leser dieses Buches,
Vorwort
vii
mir durch die Zusendung von Verbesserungsvorschlägen und Korrekturen an „[email protected]" bei der Verbesserung des Textes behilflich zu sein.
Ulm
Friedmar Schulz
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen zur axiomatischen Methode
xiii
Vereinbarungen
xv
0 Mengen, Relationen und Abbildungen 0.1 Naive Mengenlehre 0.2 Geordnete Paare und Relationen 0.3 Abbildungen 0.4 Injektive, surjektive und bijektive Abbildungen
1 1 8 13 20
1 Grundlagen der Analysis 1.1 Die natürlichen Zahlen und das Induktionsprinzip 1.2 Abzählbarkeit 1.3 Körper 1.4 Angeordnete Körper 1.5 Das Archimedische Axiom 1.6 Folgen in einem angeordneten Körper 1.7 Vollständigkeit
25 25 33 37 46 51 55 64
2 Das System der reellen Zahlen 2.1 Axiomatische Einführung der reellen Zahlen 2.2 Dezimalbruchentwicklung 2.3 Die allgemeine Potenz einer reellen Zahl 2.4 Weitere Vollständigkeitsprinzipien 2.5 Häufungswerte 2.6 Das erweiterte reelle Zahlensystem
69 69 73 75 81 90 95
3 Unendliche Reihen 3.1 Unendliche Reihen 3.2 Vergleichskriterien
101 101 106
χ 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8
Inhaltsverzeichnis Potenzreihen Partielle Summation Der Umordnungssatz Doppelfolgen Doppelreihen Produkte von Reihen
114 117 119 121 126 133
4 Stetige Funktionen einer Variablen 4.1 Reelle Punktionen 4.2 Polynome und rationale Punktionen 4.3 Der Limes einer Funktion 4.4 Stetige Funktionen 4.5 Stetige Funktionen auf kompakten Intervallen 4.6 Monotone Funktionen 4.7 Gleichmäßige Konvergenz 4.8 Der Weierstraßsche Approximationssatz 4.9 Reihen von Funktionen
139 139 147 153 163 167 170 175 179 184
5 Differentialrechnung einer Variablen 5.1 Differenzierbare Funktionen einer Variablen 5.2 Ableitungsregeln 5.3 Kurvendiskussion und der Mittelwertsatz 5.4 Die de L'Hospitalschen Regeln 5.5 Differentiation von Folgen und Reihen 5.6 Höhere Ableitungen und die Taylorsche Formel 5.7 Lokale Extrema 5.8 Konvexität
187 187 192 197 205 208 211 222 225
6 Die elementaren transzendenten Funktionen 6.1 Die Exponentialfunktion 6.2 Die Hyperbelfunktionen 6.3 Der Logarithmus 6.4 Die allgemeine Potenz 6.5 Die Winkelfunktionen Cosinus und Sinus 6.6 Tangens und Cotangens 6.7 Die Arcusfunktionen 6.8 Polar koordinaten
233 234 240 242 245 250 257 259 264
Inhaltsverzeichnis
xi
7 Integralrechnung 7.1 Stammfunktionen 7.2 Grundintegrale 7.3 Partielle Integration und Substitution 7.4 Integration rationaler Punktionen 7.5 Klassen elementar integrierbarer Funktionen
267 267 269 271 278 282
8 Das Riemannsche Integral 8.1 Das Riemann-Darbouxsche Integral 8.2 Die Riemannsche Definition 8.3 Klassen integrierbarer Funktionen 8.4 Eigenschaften integrierbarer Funktionen 8.5 Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung 8.6 Integralformeln 8.7 Uneigentliche Integrale 8.8 Das Integralkriterium und Anwendungen 8.9 Grenzwertsätze
287 287 296 302 304 309 313 319 322 328
A Mengensysteme, Relationen und Partitionen A.l Mengensysteme A.2 Indizierte Familien A.3 Aquivalenzrelationen und Partitionen A.4 Ordnungsrelationen
333 333 335 338 345
Β Konstruktion der reellen Zahlen B.l Cauchy-Folgen in einem angeordneten Körper B.2 Definition der reellen Zahlen B.3 Der angeordnete Körper der reellen Zahlen B.4 Der Dedekindsche Satz B.5 Das Hilbertsche Programm
349 349 351 353 356 358
C Elementare komplexe Analysis C.l Komplexe Zahlen C.2 Unendliche Reihen komplexer Zahlen C.3 Komplexe Polynome und rationale Funktionen C.4 Komplexe Funktionen C.5 Komplex differenzierbare Funktionen C.6 Die Exponentialfunktion C.7 Die trigonometrischen Funktionen C.8 Der Logarithmus und die allgemeine Potenz
361 361 366 368 374 378 384 385 389
xii
Inhaltsverzeichnis
C.9 Der Fundamentalsatz der Algebra C.10 Integration komplexer Funktionen C.ll Integration komplex-wertiger Funktionen
392 396 400
Literaturverzeichnis
403
Index
405
Vorbemerkungen zur axiomatischen Methode
In der Mathematik werden die Begriffe und Sätze üblicherweise auf ein System von wenigen Grundbegriffen und Grundgesetzen, ein Axiomensystem, zurückgeführt, d.h. logisch deduziert. Axiome werden in der Sprache der Mengenlehre formuliert. Alle aus den Axiomen abgeleiteten Begriffe gelten erst dann als definiert, wenn sie auf den Mengenbegriff reduziert sind. Zur Problematik der axiomatischen Methode sei bemerkt: An ein Axiomensystem werden folgende Anforderungen gestellt: Ein Axiomensystem soll widerspruchsfrei sein, d.h., durch logisches Schließen soll niemals sowohl eine Aussage, als auch ihre Negation gefolgert werden können. Es soll vollständig sein, d.h., jede einschlägige Aussage (die nur die Axiome benutzt) soll entscheidbar, also entweder die Aussage oder ihre logische Negation logisch deduzierbar sein. Außerdem sollen die Axiome unabhängig sein, d.h., keines der Axiome soll aus den übrigen herleitbar sein. Betrachten wir zum Beispiel die Peanoschen Axiome, welche das naive Abzählen wiedergeben bzw. präzisieren, und welche die Arithmetik der natürlichen Zahlen begründen. Wir müssen davon ausgehen, daß sie widerspruchsfrei sind. Dem steht aber Gödels Untersuchung „Uber formal unentscheidbare Sätze der Prinzipia Mathematica und verwandter Sätze" entgegen: Man kann in der Arithmetik der natürlichen Zahlen einschlägige Sätze formulieren, die unentscheidbar, d.h. aus den Peanoschen Axiomen logisch nicht ableitbar sind. Es ist unmöglich, die Widerspruchsfreiheit des Peanoschen Axiomensystems zu beweisen. Genauer gilt: Ist das Peanosche Axiomensystem widerspruchsfrei, dann ist die Aussage „das Peanosche Axiomensystem ist widerspruchsfrei" aus den Peanoschen Axiomen logisch nicht deduzierbar. Damit ist ein zwei Jahrtausende alter Glaube an die Möglichkeit einer streng
xiv
Vorbemerkungen
axiomatischen Begründung der Mathematik endgültig verloren gegangen. Man hat erkannt, daß das Funktionieren eines mathematischen Formalismus prinzipiell ein Operieren außerhalb dieses Formalismus voraussetzt. Mit den Bemühungen der Mathematiker, die Mathematik aus sich selbst zu begründen, scheint es eine ähnliche Bewandtnis zu haben, wie mit den Bemühungen, als physikalischer Beobachter das Geschehen der optischen Wahrnehmung von dem beobachteten objektiven Geschehen prinzipiell zu unterscheiden (Heisenbergsche Unschärferelation), oder wie mit unseren Bemühungen als psychologische Betrachter, unser innerstes Selbst, von dem wir in der ersten Person sprechen, zum Gegenstand der Betrachtung zu machen, um uns unseres eigenen Ich-bin denkend zu bemächtigen (Descartes). Sapere aude! D.h., habe den Mut, deinen Verstand zu
benutzen.
Vereinbarungen
Wir vereinbaren, daß folgende Ausdrücke in verkürzter Schreibweise wie folgt zu verstehen sind: - In Definitionen werden die Wörter „wenn" bzw. „falls" anstelle des Ausdruckes „per definitionem genau dann, wenn" verwendet, in Zeichen: „ .w
.
- Das Zeichen „
" bedeutet „wenn . . . , dann . . . ".
- Das Zeichen „ -ΦΦ- " bedeutet „genau dann, wenn". - Das Ende eines Beweises kennzeichnen wir mit „ • ". - Zur Illustration der Begriffebildungen gehen wir in den Beispielen gelegentlich unsystematisch vor: Dort werden dem Grunde nach Undefinierte Begriffe verwendet, die oft aus der Schulmathematik vertraut sind.
Kapitel O Mengen, Relationen und Abbildungen In der Mathematik ist es üblich, viele Aussagen in der Sprache der Mengenlehre zu formulieren. Dies ist das wenigste, was man über die Mengenlehre sagen kann, will man sie nicht schlechthin als die Grundlage der Mathematik ansehen. Deshalb stellen wir in diesem propädeutischen Kapitel einige Grundbegriffe der Cantorschen naiven Mengenlehre vor und behandeln den für die Analysis wichtigen Abbildungsbegriff. Im Anhang A finden sich einige weitere Tatsachen über Mengensysteme und Relationen, insbesondere über den in der linearen Algebra unabdingbaren Begriff einer Aquivalenzrelation.
0.1
Naive Mengenlehre
Wir gehen von einem intuitiven Mengenbegriff aus, wonach die Grundbegriffe „Menge" und „Element einer Menge" im wesentlichen Undefiniert sind und eine ähnlich unbestimmte Bedeutung haben wie im gewöhnlichen Sprachgebrauch. Zum Einüben der mathematischen Methode gehen wir bei der Formulierung der Begriffe und Aussagen in den Definitionen und Sätzen so systematisch vor, wie es in der Mathematik üblich ist. Zur Illustration der Begriffsbildungen verwenden wir in den Beispielen jedoch häufig Begriffe aus der Schulmathematik, welche dem Grunde nach in der systematischen Theorie noch Undefiniert sind. 0.1.1 „Definition" (G. Cantor). (i) Unter einer Menge X verstehen wir jede Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten x, y,... unserer Anschauung oder unseres Denkens, welche die Elemente von X genannt werden, zu einem Ganzen, einem neuen Objekt X = {x,y,...} unseres Denkens. (ii) Für „ χ ist Element von X " schreiben wir χ € X nicht Element von Xa χ $ X .
und für „ χ ist
2
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
0.1.2 Bemerkung. Die obige „Definition" ist nicht so exakt, wie sonst in der Mathematik üblich. Die Begriffe „Zusammenfassung" und „Objekt unseres Denkens" sind z.B. nicht erklärt. Wir wählen als Ausgangspunkt den Mengenbegriff und wollen ihn nicht auf noch elementarere Begriffe zurückführen; letztlich, weil die Mathematik nicht aus sich selbst streng axiomatisch begründet werden kann. Wir stellen uns auf den naiven Standpunkt, daß Mengen, die wir bilden, sinnvoll sind. Dies ist im wesentlichen durch die Forderung sichergestellt, daß die Elemente einer Menge X bestimmt, d.h. wohlbestimmt sind, d.h., die Aussage „ χ £ X " ist für jedes Objekt χ entscheidbar, also wahr oder falsch. Es gilt: χ £ X oder χ £ X . 0.1.3 Einfache Mengenbeziehungen. (i) Gleichheit: Zwei Mengen X und Y sind genau dann gleich, in Zeichen
wenn sie aus denselben Elementen bestehen, d.h., χ ist genau dann Element von X , wenn χ auch Element von Y ist, in Zeichen χ£Χ
·ΦΦ·
χ ΕY .
(ii) Inklusion: Eine Menge X heißt genau dann Teilmenge der Menge Y oder in der Menge Y enthalten, in Zeichen i c r , wenn alle Elemente von X auch Elemente von Y sind, d.h., wenn χ Element von X ist, dann ist χ auch Element von Υ , in Zeichen χ e X => χ G Y .
0.1.4 Bemerkungen. Die Mengengleichheit X = Y gilt genau dann, wenn die Mengeninklusionen X C Y und Y C X erfüllt sind. D.h., die Äquivalenz χ ΕX
^
χ
€
Y
gilt genau dann, wenn die Schlüsse χ GX wahr sind.
χ ΕY
und
χ €LY =Φ· χ £ Χ
3
0.1 Naive Mengenlehre
0.1.5 Definition. Mit 0 wird die leere Menge bezeichnet, die per definitionem kein Element enthält, d.h, es gilt χ £ 0 für alle Objekte χ . 0.1.6 Lemma. Für jede beliebige Menge X gilt 0CX . Beweis. Die Aussage χ E 0 ist für alle Objekte χ falsch. Also ist die Aussage χ ^ 0 oder χ ζ X immer wahr, der Schluß χ E 0 =Φ· χ E X also gültig, und somit ist die leere Menge Teilmenge jeder beliebigen Menge X . • 0.1.7 Bemerkungen. (i) Formal logisch bedeutet der Schluß χ 6 Χ =Φ· X € Υ , daß die Aussage
χ £ X oder χ Ε Y
wahr ist. Dies bedeutet, daß man für diejenigen χ , welche tatsächlich zu X gehören, auch zeigen muß, daß sie wirklich zu Y gehören, denn dann gilt χ Ε Y ; für diejenigen χ , welche nicht zu X gehören, braucht man das nicht zu zeigen, denn für diese χ gilt schon χ X . In beiden Fällen gilt dann χ £ X oder χ Ε Y . (ii) Insbesondere ist der Schluß χ E Χ => χ Ε Υ wahr, wenn die Voraussetzung, nämlich χ E Χ , falsch ist. Das bedeutet allerdings nicht, daß in diesem Fall die Behauptung, χ Ε Y , wahr ist. So ist beispielsweise der Schluß „wenn die Sonne viereckig ist, dann geht die Welt unter" deshalb wahr, weil die Sonne rund und nicht viereckig ist. Ob die Welt dann untergeht, ist für die Richtigkeit des Schlusses irrelevant. 0.1.8 Charakterisierende Eigenschaft . Statt durch Auflistung der Elemente (X — {i, y,...}) , wobei die Reihenfolge keine Rolle spielt, werden Mengen allgemeiner durch eine kennzeichnende Eigenschaft der Elemente angegeben. So bedeutet X:={x\ £(x)} , daß χ per definitionem genau dann zu X gehört, wenn χ die Eigenschaft S(x) zukommt, in Zeichen χEΧ
:·ΦΦ·
£(x) ist wahr.
4
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
0.1.9 Bemerkung. Damit ist der Mengenbegriff auf einen ähnlich allgemeinen Begriff zurückgeführt, welcher keineswegs einfacher festzulegen ist. Wir wollen immer annehmen, daß unsere Mengen einwandfrei durch charakterisierende Eigenschaften festgelegt sind. Die folgenden Beispiele sollen diese Art der Darstellung illustrieren: 0.1.10 Beispiele. (i) Für die Menge X = {5,6,7,8} kann man auch schreiben X = {χ I χ ist eine natürliche Zahl und 5 < χ < 9} . (ii)
X = {2,3,5} = {χ I χ ist Primzahl und χ teilt 120} ist die Menge der Primteiler von 120 .
(iii) Wir verwenden die folgenden Bezeichnungen der Zahlbereiche: Ν = {1,2,3,...} No = {0,1,2,...}
(natürliche Zahlen) ,
(nicht-negative ganze Zahlen) ,
Ζ = {..., - 2 , - 1 , 0 , 1 , 2 , . . . } Q = {χ I χ = ε, ρ e Ζ, q e Ν}
(ganze Zahlen) , (rationale Zahlen) ,
M = {χ I „ χ ist ein Punkt auf der Zahlengeraden"} (reelle Zahlen). 0.1.11 Elementare Mengenoperationen. (i) Die Vereinigung zweier Mengen X und Y ist die Menge X U Υ := {ζ I χ e Χ oder a; G Y}. (ii) Der Durchschnitt von X und Y ist die Menge
χ η Υ := {χ I χ e X und χ e y } . (iii) Die Differenz von X und Υ ist Χ \ Υ := {χ I χ Ε Χ und χ
Υ}.
Falls Y C Χ , dann heißt die Differenz Χ \ Y auch Komplement von y in X , in Zeichen CY=Cx(Y)
:= X\Y
.
0.1 Naive Mengenlehre 0.1.12 Definition. Zwei Mengen X und Y heißen disjunkt, wenn sie keine gemeinsamen Elemente besitzen, wenn also Χ Π Y = 0 gilt. 0.1.13 Vereinbarung. Wir wollen vereinbaren, daß wir in Definitionen wie oben künftig die verkürzten Schreibweisen „wenn" oder „falls" anstelle von „per definitionem genau dann, wenn" verwenden. Ausführlich geschrieben sind also zwei Mengen genau dann disjunkt, wenn Χ Π Y = 0 gilt. 0.1.14 Veranschaulichung. Man kann sich Mengen und deren Operationen anhand von Venn-Diagrammen bildlich veranschaulichen. In den nachfolgenden Diagrammen sind X und Y durch schraffierte und von Kurven umschlossene Bereiche dargestellt. Die Mengen X U Υ , Χ Π Y und Χ \ Y sind durch sie umschließende fettgedruckte Konturen dargestellt.
XU Y
i n Y
χ \ γ
x n r = 0
0.1.15 Elementare Mengengesetze. Seien Χ,Υ,Ζ die folgenden Gesetze: /.\ («)
XUY χ η γ
= YUX = y nx
Mengen. Dann gelten
. Kommutatlv .. . . ( 8esetz)·
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
6
(Χ υ Υ) υ Ζ = X U (Y υ Ζ) ( χ η γ) η ζ = χ η (y η ζ )
(«)
(ili)
(IV)
(Assoziativgesetz).
χ υ (y η ζ ) = (χ υ y ) η (χ υ ζ ) χ η (y υ ζ ) = ( χ η y) υ (χ η ζ ) Z\{XÖY) ζ\(ΧΠΥ)
= (ζ\χ)η(ζ\γ) = (ζ\χ)υ(ζ\Υ)
(Distributivgesetz).
(de Morgansche Regeln).
Beweis. Wir zeigen lediglich die Inklusion xn(Fuz)
c(xny)u(xnz),
die umgekehrte Inklusion und die weiteren Behauptungen seien dem Leser zur Übung überlassen: Sei χ ein beliebiges Element von Χ Π (y U Ζ) , d.h. χ € χ η (y υ ζ ) . Dann gehört χ zu Χ und zu Y U Z , d.h. χΕX
und χ e Y U Ζ .
Insbesondere gilt χ € Υ oder χ G Ζ . 1. Fall.
1st χ e Y , so gilt χ6X
und
χ € Υ ,
also x e x n Y , und deshalb ie(xny)u(xnz).
2. Fall. Gilt χ 6 Ζ , so schließt man analog, womit insgesamt die behauptete • Inklusion (*) bewiesen ist. 0.1.16 Veranschaulichung.
Man kann sich die Beziehimg
x n ( y u z ) = (x nY)u(x
nz)
7
0.1 Naive Mengenlehre
anhand von Venn-Diagrammen veranschaulichen. Dies stellt zwar keinen Ersatz für einen formalen Beweis dar, aus bildlichen Darstellungen kann sich aber gelegentlich ein solcher ergeben: Zunächst bilden wir separat die Schnittmengen Χ Π Y und Χ Π Ζ, vereinigen sie dann und erhalten so die rechte Seite der Gleichung {X C\Y) VJ {Χ Γ\ Z). Anschließend bilden wir die Vereinigungsmenge Y U Ζ und schneiden sie dann mit X um die linke Seite der Gleichung Χ Π (Y" U Ζ) zu erhalten und stellen fest, daß wir beide Male dieselbe Menge erhalten.
Yuz
χ η (Υ υ ζ ) = (χ η Υ) υ (χ η ζ )
0.1.17 Bemerkung. Gilt Χ,Υ C Ζ , so lauten die deMorganschen Regeln: C(xuy)
= cxnCY,
c(xnY)
=
CXUCY.
8
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
0.2
Geordnete Paare und Relationen
Bei der Menge {x, y} kommt es auf die Reihenfolge der Elemente χ und y nicht an, d.h. es gilt {x, y} = {y, x} . Wir wollen das geordnete Paar (x, y) von χ und y so erklären, daß eine Reihenfolge festgelegt wird: 0.2.1 Definition. Seien X und Y beliebige nicht-leere Mengen. Das geordnete Paar der Elemente χ E X und y £ Y ist die Menge (.x,y) := {{x},{x,y}} . 0 . 2 . 2 . L e m m a . Zwei geordnete Paare (x,y) und (x', y') sind genau dann gleich, wenn ihre jeweiligen Komponenten gleich sind, d.h., (x,y) = (x',y')
O
x = x' und y = y' .
Beweis. (I) „
ySx
für alle χ G Χ , y G Y
bewiesen, so gilt S — R~l , d.h. S ist die zu R inverse Relation. (iii) Man vertauscht gerne die Rollen von χ und y , insbesondere im Fall X =Y: R ' 1 = {(»,*) e Χ 2 I (χ, y) G R} = {(χ, y) G X 2 | (y,x) G X2} , denn χ und y sind ja nur Namen für die Komponenten. Veranschaulicht man sich eine solche abstrakte Relation in der χ, y -Ebene, so entsteht Ralso durch Spiegelung an der Geraden χ = y : 0.2.10 Beispiele. (i) Sei R := < auf Μ , dann ist χχ
= > , denn für alle x,y G R gilt bzw. χ > y
Ό·
y y} . Dies Umbenennen der Komponenten entspricht der Spiegelung an der χ = y -Geraden.
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
12
(ii) Sei R := {(x,y) G Μ2 | (χ - 2)2 + {y - l) 2 = 2} die Kreisscheibe mit Mittelpunkt (2,1) und Radius 2 . Dann ist •fi -1 = =
{(y, χ) G M2 I (y - l) 2 + (ζ - 2)2 = 2} {(x, y) € Κ2 I (a; — l) 2 + (y — 2)2 = 2}
die Kreisscheibe mit Mittelpunkt (1,2) und Radius 2 :
0.2.11 Definition. Eine Relation R auf einer Menge X heißt - reflexiv, wenn für alle χ G Χ : xRx , - symmetrisch, wenn für alle x,y E X : xRy
=>• yRx ,
- anti-symmetrisch, wenn für alle x,y G X : xRy und yRx =>• χ = y ,
0.3 Abbildungen
13
- transitiv, wenn für alle x,y,z G X : xRy und yRz
=>· xRz .
0.2.12 Beispiele. (i) Die Relation = auf X ist reflexiv, symmetrisch, anti-symmetrisch und transitiv. (ii) Die Relation < auf Κ ist reflexiv, anti-symmetrisch und transitiv. (iii) Sei ρ G Ν , ρ φ 1 . Für η,τη G Z sei η ~ m , falls die Division von η durch ρ den Rest πι ergibt. Dann wird auf Ζ durch η ~ m
:·θ·
η = ρ · q + τη
für ein g G Ζ
eine reflexive, symmetrische und transitive Relation erklärt. 0.2.13 Lemma. Sei R eine Relation von X zu Y . Ist R reflexiv (bzw. symmetrisch, anti-symmetrisch oder transitiv), so ist auch R~l reflexiv (symmetrisch, anti-symmetrisch oder transitiv).
0.3
Abbildungen
Seien X und Y nicht-leere Mengen. 0.3.1 Definition. (i) Eine Abbildung / von X in Y ist eine Relation von X zu Υ , d.h. / C Χ χ Υ , für welche die folgende Zuordnungseigenschaft oder der vertikale Linientest gilt: zu jedem χ € X gibt es genau ein y G Y , so daß (χ, y) G / . Wir schreiben y = f (χ) , falls (χ, y) G / gilt. (ii) Die Menge X heißt Definitionsbereich, und Y heißt Wertebereich von / . y = f(x) G Y ist das Bild von χ G Χ , und χ heißt Urbild von y = f(x) . (iii) Eine Abbildung / von X in Y wird als Zuordnung mit f : X bezeichnet, und die Zuordnung der Elemente mit χ y.
Y
14
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
0.3.2 Bemerkungen. (i) Die Bezeichnung Funktion wird vor allem dann verwendet, wenn Y ein Zahlbereich ist. Falls z.B. X C R (bzw. I c R 2 ) und Y C R , so heißt / reellwertige Funktion einer (bzw. zweier) reeller Variablen. (ii) Der Begriff „Abbildung" ist auf den Mengenbegriff zurückgeführt und nicht auf den unbestimmten Begriff „Zuordnung". Unter einer Abbildung bzw. Funktion / verstehen wir gewissermaßen den „Graphen von / ". (iii) Dennoch machen wir uns die Sichtweise zu eigen, daß eine Abbildung / C Χ χ Y „eigentlich" eine Zuordnung wie im üblichen Sprachgebrauch ist und bezeichnen sie dann mit f : X Y . Wir sprechen dann vom „Graphen von / ", wenn wir die bildliche Darstellung meinen. 0.3.3 Veranschaulichung. Seien X = [α, 6] und Y = [c,d\ Intervalle der Zahlengeraden, α, 6, c, d G R . Dann ist in untenstehendem Bild ist der Graph einer sinusähnlichen Funktion als Abbildung / von X in Y veranschaulicht:
0.3.4 Beispiele. (i) / : {rri,a;2,^3}
{yi,y2,y3> mit f(xi) = yi , f(x2) = yi , f{x3) = y3 •
0.3 Abbildungen
15
(ii) / : R -> {0,1} mit / (
0 falls χ rational ist falls χ irrational ist
(iii) Der Graph von / : {(x,y) € M2 | x2 + y2 < 1} ->· Κ mit f{x,y) y/l — χ2 — y2 ist die obere Halbsphäre, welche die Relation x2+y2+z2 1 erfüllt.
0.3.5 Definition. Die Abbildung idx : X —> X mit idx(x) = χ für alle χ £ X heißt Identität auf X . 0.3.6 Lemma. Die folgenden zwei Aussagen sind äquivalent: (i) Zu jedem χ £ X gibt es genau ein y €Y eigenschaft).
mit (x,y) € /
(Zuordnungs-
(ii) Für jedes χ E X gibt es ein y G Y mit (χ, y) ξ. f , und für zwei geordnete Paare (x,y), (x',y') 6 / gilt:
(z,y) φ {χj 1, y') /
χ φ χ' •
0.3.7 Definition. (i) Das Bild einer Teilmenge A C X ist die Menge der Bilder von allen Elementen aus A : f(A)
:= {y £Y \y = f(x)
für ein χ £ A} .
(ii) Das Bild des gesamten Definitionsbereichs, f ( X ) , heißt Bild von / und wird mit Im / bezeichnet.
16
0. Mengen, Relationen
und
Abbildungen
(iii) Das Urbild von Β C Y ist die Menge aller Elemente χ G Χ , deren Bilder in Β liegen: f-^B)
0.3.8 Beispiel. Sei / : R
:= { x € X \ f ( x ) € B } .
R 2 mit
f ( t ) = (x(t),y{t))
= (cosí,sint)
für t 6 M .
Dann gilt nach dem Satz von Pythagoras, daß x2(t)+y2(t)
= cos 2 1 + s i n 2 1 = 2
2
1.
2
Deshalb ist Im / = {{x,y) G R | x +y = 1} die Einheitskreislinie, während der Graph von / eine räumliche Spirale über der Einheitskreislinie ist. Die Abbildung / beschreibt eine gleichförmige Bewegung eines Punktes auf der Einheitskreislinie der x,y -Ebene. Die Komponentenfunktion x(t) — cosí ist die Projektion von / auf die t,x -Ebene, und y(t) = sin i ist die Projektion auf die t, y -Ebene. y
χ
y
Χ " cos t
y = sin t
0.3 Abbildungen
17
0.3.9 Definition. Sei f : X Υ , und seien A C X und Β C Y . Eine Abbildung g : A ->• Β mit g (χ) = f(x) und f(x) G Β für alle χ € A heißt eine Restriktion oder Einschränkung von / . Umgekehrt ist / eine Erweiterung von g . Die Abbildung f\A:A->Y
mit f\A(x)
= f(x)
für χ € A
nennt man die Restriktion von / auf A . 0.3.10 Beispiele. (i) Seien X = Y = R , und sei durch y = f(x) = X2
für χ e R
eine Parabel gegeben. Sei A := IR^" := {x 6 R | χ > 0} . Dann ist durch •y = g(x) = /| R +(z) = χ2
für χ > 0
ein Zweig der Parabel gegeben.
(ii) Die zu / inverse Relation {(y,x) I y = x2} = {(x,y) I y =
, χ > 0}
ist keine Abbildung, die zu g inverse Relation {(y,®) I y = x 2 ,x > 0} = {(χ,y) \ y = +Vx , χ > 0} ist eine Abbildung.
0. Mengen, Relationen und
18
y =
Abbildungen
~VX
0.3.11 Definition und L e m m a . Sei f : X —>Y eine Abbildung. Die inverse Relation Γ1 = { M e y x l | y = M ist genau dann eine Abbildung von Y in X , wenn die folgende inverse Zuordnungseigenschaft oder der horizontale Linientest gilt: zu jedem y € Y gibt es genau ein Urbild χ E X mit y = f(x) . In diesem Falle heißt / - 1 die zu / inverse Abbildung und wird mit f ~ 1 : Y —> X bezeichnet. 0.3.12 Bemerkungen. (i) Für alle χ € X und alle y € Y gilt y = f(x)
&
χ = Γλ(υ)
•
Gilt umgekehrt für zwei Abbildungen / : X —> Y und g : Y —» X Äquivalenz y = f(x) so ist g = f~l
χ = g(y)
die
für alle χ G Χ , y e Y ,
, d.h. g ist die zu f inverse Abbildung.
(ii) Man möchte die Inverse häufig gerne als die „Vorwärtsabbildung" betrachten und vertauscht deshalb die Rollen von χ und g . Im Fall X = Y sieht das z.B. so aus: Γ1
= =
{(y,x)eX2\y {(x,y)eX2\y
= f(x)} = {(x,y)eX2\x = rHx)}
=
f(y)}
bzw. ΓΧ'.Χ-+Χ,
f-1{x):=y
o
f{y) = x
für alle x, y G Χ .
0.3
Abbildungen
19
0.3.13 Beispiele. (i) Wir betrachten noch einmal die Funktion g : R¿" ->•
,
g(x) = x2
für χ > 0 .
Dann ist g-1 = {(y,x) € (Κ)21
y = χ2} = {(χ,y) G (R+) 2 1 y =
bzw. g'1 :
->·
,
g^ix)
= yfx
für alle χ > 0 .
Für alle x,y > 0 gilt y = g{x) = χ2
χ = g'1 (y) = s/y
bzw. y = r1(x)
= Vx
* = /(y) = y 2 ·
^
(ii) Sei R + := {χ G Κ | χ > 0} . Wir betrachten die aus der Schule bekannte Exponentialfunktion / : R ->• R + ,
f(x) = ex
für χ G R .
Die Umkehrfunktion ist der Logarithmus Γ1
= {(y, x) G K + x R | y = e*} = {(x,y) G R + xR\y
= \ogx} ,
bzw. / _ 1 : M+ -)· Ε ,
/ - 1 ( x ) = loga;
für alle χ > 0 .
Für alle I Ê R , y G R+ gilt y = f(x) = ex
Ο
χ = f~l(y)
= log y
bzw. für alle x G R+ , y G Κ gilt y = f~1(x)=
χ = }{y) = ey .
loga;
Dies alles präzise zu zeigen, ist ein wesentlicher Gegenstand dieser Vorlesung. 0.3.14 Definition. Die Komposition gof ist die Abbildung g o f - . X - t Z , wobei {g o /)(a;) := g(f(x))
Y
von f : Χ -ϊ Y und g :Y -ϊ Ζ = g(y)\y=f(x)
für alle x G Χ .
20
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
0.3.15 Beispiele. (i) Sei χ = f(t) = at + c für ί € R mit Konstanten αφ 0 und c G R , und sei y = g(x) = x2 für χ G R . Dann ist y = (9°f)(t)
= 9(x)\x=m
= Ax=at+c = (at + c)2
für
teR
eine verschobene Parabel, welche enger oder weiter geöffnet ist, je nachdem a größer oder kleiner als 1 ist. (ii) Sei χ = f(t) = ut + a für t € R mit ω > 0 und α € R , und sei y — g(x) = sina; für i 6 K . Dann ist y = Í9 0 f)(t)
= 8 Ϊ η ι | Ι = ω ί + α = sin(wí + a)
eine Schwingung mit Anfangsphase a und Frequenz ω . f ist eine Skalentransformation. Schaltet man eine weitere Skalentransformation, nämlich ζ = h(y) = a • y für y G R mit a > 0 hinter, so ist ζ = (ho (g o /)) (t) = asin(a;í + a) eine Oszillation mit Amplitude a . 0.3.16 Lemma. Die Komposition von Abbildungen ist assoziativ, d.h., es gilt: ho(gof)
=
{hog)of,
B e w e i s . Für alle χ G X ist
(h o (g O /)) (χ) = h((gof)(x))
= h (g(f(x))) = (hog)(f(x))
= ((h o g) o f ) (χ) . a
0.4
Injektive, surjektive und bijektive Abbildungen
0.4.1 Definition. (i) Eine Abbildung / : X —> Y heißt injektiv oder eineindeutig, wenn jedes Element y £ Y höchstens ein Urbild χ G X besitzt, d.h., für alle x, x' G X gilt: f(x) = f(x')
^
x = x'
0.4 Injektive, surjektive und bijektive
Abbildungen
21
bzw. χ φ χ'
=•
f(x) Φ f (χ').
(ii) / : Χ —» Υ heifit surjektiv oder Abbildung auf Υ , wenn jedes y € Y mindestens ein Urbild χ £ X besitzt, d.h., zu jedem y Ε Y gibt es ein χ e X mit y = f(x) , m.a.W., wenn die Menge X auf den gesamten Wertebereich Y abgebildet wird, d.h. f { X ) = Y . (iii) Eine Abbildung, welche sowohl injektiv, als auch surjektiv ist, heißt bijektiv, d.h., es gilt die inverse Zuordnungseigenschaft: jedes y £ Y besitzt genau ein Urbild χ € X , m.a.W., / besitzt eine Inverse f~l : Y —> X . 0.4.2 Beispiele. Wir betrachten die Parabel y = χ2 in der x, y -Ebene. (i) Wählen wir X = Υ = Ε , d.h., betrachten wir die Abbildung mit y = fi(x) = x2
/i:R-»R
für
ï ê I ,
dann ist / weder injektiv noch surjektiv. (ii) Wählen wir X = R , Y = K j = {y G R | y > 0} , dann ist h :E
h{x) = χ2 ,
R+ ,
surjektiv, aber nicht injektiv. (iii) Wählen wir X = Kf = {x 6 R | χ > 0} , Υ = E , dann ist f3{x) = x2 ,
/3 : R+ -» R , injektiv, aber nicht surjektiv.
(iv) Wählen wir schließlich X = Y = Eq , dann ist U
:
Κ
Κ
injektiv und surjektiv, also bijektiv.
.
Μχ)
=χ2
.
0. Mengen, Relationen und Abbildungen
22
0.4.3 Lemma. Seien f : X Y und g : Y —» Ζ Abbildungen. Sind sowohl f als auch g injektiv (bzw. surjektiv oder bijektiv), dann ist auch gof injektiv (bzw. surjektiv oder bijektiv). 0.4.4 Lemma. Sei f : X —• Y folgenden Aussagen:
eine bijektive Abbildung. Dann gelten die
(i) / - 1 ist wiederum bijektiv. (r1)-1 = / .
(u)
f~l O / = idx ,
(iii)
f O f-1
= idy .
Beweis von (iii). Sei f : X -*Y bijektiv, und sei f~l Dann folgt für χ € X mit y = f(x) , daß (r'»/)W
= /_1(/(ζ))
die Inverse von / .
= r \ y ) = X = idx(s) ,
d.h., es gilt / - 1 o / = idx . Genauso folgt für y G y mit χ = f~1(y) , daß (/°/_1)(y)
= nrHy))
= fix)
= y = idy(y),
d.h., es gilt / o f - 1 = idy .
•
0.4.5 Satz. Eine Abbildung f : X —>• y ist genau dann bijektiv, wenn es eine eindeutig bestimmte Abbildung g :Y —» X gibt mit 9 ° f = idx ,
/ o g = idy .
(*)
In diesem Fall gilt g = f~l , d.h., g ist im Sinne von Definition 0.3.11 invers zu f . Beweis. Ist / bijektiv, so genügt die Inverse von / , g = / - 1 , den Abbildungsbeziehungen (*) . Sei also umgekehrt g : Y —» X eine Abbildung, welche die Relationen (*) erfüllt. Wir zeigen, daß / dann bijektiv ist, und daß dann g = f~l gilt: (I) Seien χ,χ'Ε
X mit f(x) = f(x') • Dann folgt
χ = idjr(x) = (g o f)(x)
= g(f(x))
= g(f(x'))
= (g o f)(x')
=
x'.
Also ist / deshalb injektiv. Wir zeigen, daß / surjektiv ist: Für jedes y G Y gilt y = idy (y) = (fog)(y) = f{g{y)) = / ( χ ) ,
0.4 Injektive, suijektive und bijektive Abbildungen
23
wobei χ = g(y) € Χ . Also besitzt jedes y Ε Y ein Urbild χ G X f(x) -
mit
y .
(II) Die Eindeutigkeit folgt so: Weil g und / - 1 den Relationen (*) genügen, gilt g = g o idy = g o (/ o f'1)
= ( j o / ) o f'1
= id* o f'1
0.4.6 Bemerkung. Für alle χ € X und alle y €Υ r H f ( x ) ) -
X ,
f ( r \ y ) )
Gelten umgekehrt für zwei Abbildungen f ·. X Beziehungen g(f(x)) =
χ ,
f(g(y)) =
y
für alle
= f'1 .
•
gilt
=
y -
Y und g : Y
X die
χ £ X , y Ε Υ ,
so ist g = / - 1 , d.h. g ist die zu / inverse Abbildung. 0.4.7 Beispiele. (i) Für alle x, y > 0 gilt =
χ ,
(y/y)2 =
y .
Deshalb ist die Wurzelfunktion w :
K+
Kj
,
w(x)
= y/x
für
χ
> 0,
die Inverse der quadratischen Funktion q :
-»·
K^
,
q(x)
= x2
für
χ
> 0.
(ii) Für alle i £ R , y > 0 gilt log(ex) = χ ,
e106^ = y .
Deshalb ist der Logarithmus die Inverse der Exponentialfunktion. Dies allerdings unter dem Vorbehalt, daß wir uns hier im 0. Kapitel noch auf Schulmathematik berufen, und daß die Beispiele lediglich zur Veranschaulichung der abstrakten Begriffebildungen dienen. Die Wurzel, die Exponentialfunktion und den Logarithmus werden wir noch erklären, d.h. präzise definieren. Auch die inversen Beziehungen sind ganz und gar nicht elementar, wir werden sie später beweisen.
Kapitel 1 Grundlagen der Analysis
1.1
Die natürlichen Zahlen und das Induktionsprinzip
Wir setzen die Menge der natürlichen Zahlen Ν als bekannt voraus, sowie die üblichen Rechenoperationen Summe + , Produkt · und die Anordnung < , wollen jedoch die arithmetischen Eigenschaften der natürlichen Zahlen wenigstens erläutern. Zunächst behandeln wir die Peanoschen Axiome und üben den Umgang mit dem Induktionsprinzip ein. Zur Abrundung beschäftigen wir uns im zweiten Abschnitt mit dem Begriff der Abzählbarkeit. 1.1.1 Peanosches Axiomensystem. (i) 1 ist eine natürliche Zahl. (ii) Jede natürliche Zahl η € Ν hat genau einen Nachfolger n ' e N , wobei 1 kein Nachfolger ist und η φ πι =Φ· η' φ ml . (iti) Prinzip der vollständigen Induktion. Sei AcN 1e A ,
ne A
mit
η' e A .
Dann ist A = Ν . 1.1.2 Bemerkungen. (i) Die Peanoschen Axiome (R. Dedekind 1888, ein Jahr später G. Peano) listen die Eigenschaften des Abzählens auf. Aus ihnen lassen sich alle arithmetischen Eigenschaften der natürlichen Zahlen ableiten. Sie können als Fundament des gesamten Zahlensystems dienen. Wird die Mengenlehre als Ausgangspunkt gewählt, dann werden sie zu beweisbaren Sätzen.
1. Grundlagen der Analysis
26
(ii) Genauer setzen wir die Existenz einer Menge Ν mit den oben genannten Eigenschaften voraus, welche sich präziser so formulieren lassen: Es gibt eine injektive Abbildung ' : Ν —• Ν und ein no € Ν mit no £ Im (') mit der folgenden Eigenschaft: Ist A C Ν mit no G A und n e A =>· η' G A , dann ist A — Ν . Zur Illustration führen wir ohne Beweis einige Eigenschaften der natürlichen Zahlen an, welche sich aus den Peanoschen Grundeigenschaften herleiten lassen: 1.1.3 Lemma und Definition. Es gibt genau eine Abbildung + : Ν χ Ν ->· Ν,
(η, m)
n +m ,
die Summe von η und m , so daß n + 1 = η',
n + m' = (η + m)'
Für alle η, m,fcG Ν gelten die folgenden (i) (ii) (iii)
für alle n, m G Ν .
Gesetze:
(n + m) + k = n + (m + k) n +m = m +n n +m = n +k
( Assoziativität).
(Kommutativität).
=J> m = k
(Kürzungsregel).
(iv) Seien n, m G Ν mit η φ m . Dann besitzt entweder die η = m + k oder
Gleichung
m =n +k
eine Lösung k G Ν , welche eindeutig bestimmt ist. 1.1.4 Lemma und Definition. Es gibt genau eine Abbildung •: Νχ Ν
Ν,
(η, m) ι-4 η · m ,
das Produkt von η und m , so daß η·1 = η,
η · m' = η-m + n
Für η, m, k G Ν gelten die folgenden (i) (ii)
Gesetze:
(η · m) · k = η · (m · k) η ·m = m ·η
für alle η, m G Ν .
(Assoziativität).
(Kommutativität).
1.1 Die natürlichen Zahlen und das Induktionsprinzip (iii)
τι · πι = π · k
=> m = k
27
(Kürzungsregel).
1.1.5 Lemma. Für n,m, k G Ν gilt n-(m + k) = n-m + n-k
(Distributivität).
1.1.6 Definition. Seien n, m G Ν . Gilt η = m + k für ein k G Ν , so heißt τη kleiner als η , in Zeichen τη < η , oder η heißt größer als m , in Zeichen n> m . 1.1.7 Lemma und Definition. Auf der Menge Ν der natürlichen Zahlen wird durch m 1. (ti) Sei η € Ν . Dann gibt es kein m € Ν mit η 1 . Dann folgt aus der Monotonie bzgl. + und der Definition 1.1.6 der Anordnung < , daß η+1>1+1>1 gilt, und damit η + 1 € A . Nach dem Induktionsprinzip ist Α = Ν , d.h., für alle η G Ν gilt η > 1 . (II) Angenommen, es gibt ein πι Ε Ν mit η < τη < η + 1 . Daun gibt es k, ί Ε Ν , so daß η +k = m , m +ί =η + 1. Es folgt n +k +£= m +£=n + l , also nach der Kürzungsregel
k+£=1,
d.h., k X gibt. In diesem Fall setzen wir |X| := η . (iii) Die Menge X heißt abzählbar unendlich, wenn es eine bijektive Abbildung f :N-> X gibt. (iv) X heißt abzählbar, falls X endlich oder abzählbar unendlich ist. 1.2.2 Lemma. Sei X eine endliche Menge. Dann ist eindeutig bestimmt Beweis. Seien g : N„ —> X und h : Ν™ zeigen ist, daß η = m gilt:
wohldefiniert, d.h.
X zwei bijektive Abbildungen. Zu
Betrachte / := h~l o g : Ν„ —> Ν„, . Dann ist / ebenfalls eine bijektive Abbildung. Einerseits folgt aus der Injektivität von f , daß
34
1. Grundlagen der Analysis
| { / ( l ) , / ( 2 ) , . . . , / ( n ) } | = η , andererseits gilt wegen der Surjektivität von / , daß | { / ( l ) , / ( 2 ) , . . . , / ( n ) } | = m. Also ist n = m. • 1.2.3 Bemerkungen. (i) Sei X eine echte Teilmenge einer endlichen Menge Υ , d.h. X C Y und Χ φ Y . Dann hat X eine geringere Mächtigkeit als Y : \X\ < | y | . (ii) Dies gilt nicht für unendliche Mengen: Die Menge aller geraden Zahlen {2η I η G Ν} , die Menge aller ungeraden Zahlen {2η + 1 | η € No } und die Menge Ν der natürlichen Zahlen sind gleichmächtig. (iii) Jede Teilmenge einer abzählbaren Menge ist abzählbar. 1.2.4 Lemma. Seien X und Y zwei abzählbar unendliche Mengen. Dann ist das kartesische Produkt Χ χ Y eine abzählbar unendliche Menge. 1.2.5 Beweisskizze. Seien / : Ν —• X mit f(n) = an und g : Ν —^ Y mit g (η) = bn zwei bijektive Abbildungen. Die Elemente von X und Y können also aufgelistet (abgezählt) werden in der Form αι,α2,α3,...,
61,62,63,... .
Betrachte das Schema (αι,&ι) I
(01,62)
(«1,63)
S
s
(01,64) . . . s
(α 2 ,6ι)
(02,62)
(02,63)
(θ2,64) . . .
(03,61)
(03,62)
(03,63)
(03,64) . . .
(04,61) Durch Abzahlung in „Pfeilrichtung" (Cauchysches Diagonalverfahren) ergibt sich eine Auflistung der Elemente von Χ χ Y . Genauer ist die Komposition der in der folgenden Definition 1.2.5 angegebenen Cauchyschen Abzahlung ψ : Ν —• Ν2 von Ν2 mit der bijektiven Abbildung h = f x g: Ν2 ^ Χ χΥ
,
h(k,¿) := (f(k),g(i))
=
(ak,bt)
1.2
35
Abzählbarkeit
eine bijektive Abbildung /ίο (ρ : Ν -+X
xY
.
•
1.2.6 Definition. Die Cauchysche Abzählung ψ : Ν -> Ν2 von Ν2 ist rekursiv definiert durch: (i)
φ(1) := (1,1).
(ii) Ist m .
(II) (Injektivität). Durch vollständige Induktion über η zeigen wir, daß m .
Ist η = τη + 1 , dann gilt die Behauptung.
Induktionsschluß. Gilt die Behauptung für ein η , η > m , dann folgt φ(η + 1 )φ
ψ{η) ,
ψ{η) φ ^n "I"
^ km
Wäre φ (η + 1) = φ(τη) , dann hätte man kfi+i +
1 = ^n
ί-η = · • • = k m + ¿m .
Hieraus ergibt sich, daß km Φ 1 , . . . , kn Φ 1 , also
km+1 — km — 1,fcm+2— km—2i... ,Än+i = A;m+(n_m+1) = km — (n—m+1) ^ im Widerspruch zu (n + 1) = φ(τη) . Es folgt die Injektivität von φ . (III) (Surjektivität). Durch vollständige Induktion über m zeigen wir, daß (,k,i) e Im φ
für alle (fc, i) 6 Ν2
mit fc + ¿ < m + 1 .
Induktionsanfang. (1,1) = y>(l) ist das einzige Paar natürlicher Zahlen (k, £) mit k + 1 < 2 . Deshalb ist der Induktionsanfang gesichert. Induktionsschluß. Sei die Behauptung für ein m 6 Ν wahr. Die Paare (k, ί ) € Ν χ Ν mit k + i = τη 4- 2 können in der Form {m-e
+ 2,£)
für ¿ = l , . . . , m + l
geschrieben werden. Nach Induktionsvoraussetzung gilt (l,m) G Iva. φ . Aus der Konstruktionsvorschrift folgt, daß
(m -f 1,1) € Ιτα,φ , und hieraus, daß (m, 2), (m - 1,3),..., (1, m + 1) € Im φ , womit die Behauptung bewiesen ist.
•
1.2.8 Lemma. Die Menge der rationalen Zahlen Q ist abzählbar unendlich. Beweisskizze. Die positiven rationalen Zahlen = {2 | p, K , (α, 6) α+ 6 , : Κ χ Κ ->· Κ, (ο, δ) Η->· α · δ ,
so daß die folgenden Körperaxiome erfüllt sind: (A) Für alle a, b, c G Κ gelten die Axiome der Addition: (i) (ii)
(α -I- b) + c = α + (b + c) α+ b = b+ a
(Assoziativität) .
(Kommutativität) .
(iii) Es gibt ein Nullelement 0 G Κ , so daß a + 0 = α für alle a € Κ . (iv) Zu jedem α € Κ existiert ein negatives Element —a e Κ mit a + (-α) - 0 . (Β) Für alle a, b, c G Κ \ {0} gelten die Axiome der Multiplikation: (i) (ii)
(a • b) • c = a • (b- c) a • b = δ·a
(iii) Es gibt ein Einselement α G Κ \ {0} .
(Assoziativität) .
(Kommutativität) . 1 G Κ , so daß a • 1 = a für alle
1.3 Körper
39
(iv) Zu jedem a G K\{0} existiert ein inverses Element ¿ = a mit α · α - 1 = 1 .
1
GΚ
(C) Für alle α, b, c € Κ gilt das Distributivgesetz a· (b + c) = a • b + a • c . 1.3.2 Bemerkungen. (i) Genauer wird das Tripel (K, +, ·) als Körper bezeichnet. (ii) Die Axiome der Addition (A) besagen, daß (K, +) eine kommutative Gruppe ist. Zusammen mit der noch zu zeigenden Abgeschlossenheit von Κ \ {0} bezüglich der Multiplikation · , d.h., daß die Eigenschaft a, b φ 0
=>•
a-b^0
für alle α, 6 G Κ
gilt (vgl. 1.3.5 (iii)), besagen die Axiome der Multiplikation (B), daß (K\ {0}, ·) eine kommutative Gruppe ist. Dabei definiert man: 1.3.3 Definition. Eine kommutative oder Abelsche Gruppe ist eine nichtleere Menge G zusammen mit einer Gruppenoperation ο , o: G x G 4
G , (α, 6) η* α o 6 ,
so daß für alle a, b, c G G die folgenden Gruppenaxiome erfüllt sind: (i) (ii)
(a o b) o c = α o (6 o c) aob = boa
(Assoziativität) .
(Kommutativität) .
(iii) Es gibt ein neutrales Element e G G , so daß aoe = a für alle a G G . (iv) Zu jedem α G G gibt es ein Inverses α - 1 G G mit a ο α - 1 = e . 1.3.4 Lemma. Es gelten die folgenden Eigenschaften einer Gruppe; (i) Es gibt genau ein neutrales Element
e GG .
(ii) Zu jedem o G G gibt es genau ein inverses Element ä~l G G . (iii)
e-1 = e .
(iv)
(α-1)-1 = α .
(υ)
(α ο 6 ) - 1 =
οα-1 .
40
1. Grundlagen der Analysis
(vi) Die Gleichung α οχ
=
b
besitzt eine Lösung, nämlich χ = α - 1 o b . (vii) Es gilt die Kürzungsregel ; αοχ
= ao χ'
=>• χ — χ',
d.h., die Gleichung α ο χ = b besitzt höchstens eine Lösung. (viii) Die Gruppenaxiome (Ut) und (iv) können durch die folgende Forderung ersetzt werden: Für gegebene a,b ζ G ist die Gleichung αοχ
—b
lösbar. 1.3.5 Lemma. Seien α, 6 € Κ . Dann gelten die folgenden Eigenschaften eines Körpers: (i)
a•0 = 0.
(ii) (iii)
0 / a,b^0
1. a-b^0,
bzw., es gilt die Nullteilerfreiheit a ·b= 0
=Φ·
o = 0 oder 6 = 0 .
(iv)
(—eR} , i2 = 1 , der komplexen Zahlen. (ii) Sei Z 2 := {0,1} eine Menge von zwei verschiedenen Elementen. Dann ist durch 0 + 0 :=0, 0 • 0 := 0 ,
0 + 1 = 1+ 0 :=1, 0 · 1= 1 · 0:=0,
1 + 1 :=0, 1 · 1 := 1
eine Summe und ein Produkt so erklärt, daß die Körperaxiome erfüllt sind. (iii) Weitere Körper mit unendlich vielen Elementen können beispielsweise dadurch konstruiert werden, daß dem Körper Q der rationalen Zahlen eine irrationale Zahl, d.h. eine reelle aber nicht rationale Zahl, z.B. %/2 , hinzugefügt wird: Die Menge 0(λ/2) : = {ο + λ/2 6 I α, 6 6 Q} mit den Rechenoperationen (a + V2b) + (c + V2d)
:=
(α + c) + V2{b + d) ,
(α + λ/2 6) • (c + λ/2 d)
:=
(ac + 2bd) + y/2{ad + 6c)
ist ein Körper, genannt „ Q adjungiert y/2 ". 1.3.7 Bemerkung. Aufgrund des Assoziativgesetzes 1.3.1 (A)(i) kann drei Elementen a, b, c G Κ eindeutig eine Summe a + b + c := (α + 6) + c = α + (6 + c) zugeordnet werden. Aufgrund des Kommutativgesetzes spielt sogar die Reihenfolge der Elemente keine Rolle. Durch vollständige Induktion nach der Anzahl der Summanden zeigt man: 1.3.8 Lemma. Seien α ϊ , . . . , an € Κ , η > 2 . Dann ist das Ergebnis der Addition dieser Elemente unabhängig davon, wie durch Beklammerung die Reihenfolge der auszuübenden Additionen festgelegt wird. Das Ergebnis der Addition ist unabhängig von der Reihenfolge der Summanden.
42
1. Grundlagen der Analysis
1.3.9 Definition. Die Summe
η αϊ + ... + αη = Σ ak = T. ak fc=l k=l...n
von η Elementen α χ , . . . , αη G Κ ist rekursiv definiert durch 1 n+l /η \ Σ ak := αχ , ^ ak := Ι ^ ak 1 + α η + 1 . k=1 fc=l \fc=l / 1.3.10 Linearität des Summenzeichens. Seien α , a\,... ,an , fei,...,fen G Κ . Dann gelten die folgenden Rechenregeln: η η τι = (*) m (Additivitfit). fc=l fc=l fc=X η η (ii) a j > = ^aojt (Multiplikativität). fc=l Jfc=l 1.3.11 Lemma. Seien η,τη G Ν , und seien οχ,... ,α η , On+i > · • · ) °n+m € Κ . Dann gilt die Summenformel η m n+m Σ k=1
+
Σ an + e ~ Σ ak · ¿=1 A:=l
1.3.12 Lemma. Es gilt die Formel für das Rückwärtssummieren : η η Σ«* k=l
=
Σ α «-*+ι · Jfc-1
1.3.13 Bemerkung. Seien £,n G Ζ , ί < η . Dann ist die Summe η α* + . . . + α„ = Σ k=t in offensichtlicher Weise rekursiv definiert. 1.3.14 Lemma.
insbesondere ist
Für alle m G Ζ gilt die Formel für das Umsummieren η n+m Σ Σα* = k=e fc=M-m η Σ°* k=t
n-M-1 = ^ Ofc+i-1 k=l
1.3
43
Körper
1.3.15 Beispiel. Wir wollen den Beweis des jungen Gauß der Summenformel w
=
(
n
+
1
)
2
k=1
mit Hilfe des Summenzeichens für gerades η = 2m , m G Ν , führen. Es gilt: η
m
2m
m
+ m fc+m
Σ* = Σ*+ Σ * = l> E( > k=1 fc=l fc=m+l /c=l /c=l 2 1= τη 2τη+1 = fc=l ς^+Σ^ " Σ( ) fc=l fc=l m
=
m
TO(2ro
i) =
+
1.3.16 Definition. Für η - m setzen wir
Zahlen ajt¿ , Ar = 1,... ,η , ί = 1, . . . , m ,
:
Σ
αχ,...,
αη ,
6χ,...,
Σ> (Ση
Kk-1
\
Jfc-1 \f=X
1=1...m Seien
η /m
= Σ (Σ«« ·
*=1...η
1.3.17 Lemma. tivgesetz
Ζ
J
\/=l
Κ
bm G
=
/
/
. Dann
gilt das
Distribu-
Σ akbe-
k=l...n 1=1...m
1.3.18 Definition. Das Produkt η οι · · · · · an
=
J I ak
k=1
=
JJ
ak
fc=l...n
von η Elementen ο χ , . . . , a n 6 Κ ist rekursiv definiert durch 1 J J ak := Οχ , k=l 1.3.19 Lemma. duktformel
Seien
αχ,..., η
n+l / η \ JJ ak := I JJ ak I · α η+ χ . k=1 Vfc=l / , α „ + χ , . . . , an+m
an m
α
Π *
Π
k=l
1=1
n+m =
π k=1
α
*·
GΚ.
Dann
gilt die
Pro-
44
1. Grundlagen der Analysis
1.3.20 Definition. Sei α G Κ , und sei η G Ν . (i) Die η -te Potenz αη von ο ist definiert als das η -fache Produkt der η gleichen Faktoren o : η α η := J J α . k=l Wir setzen α° := 1 , insbesondere wird 0o = 1 gesetzt. (ii) Für α φ 0 setzt man weiter α~η := (α"1)11 = (o")"1 . 1.3.21 Lemma. Seien α , ό Ε ΐ , und seien n,m 6 No := Ν U {0} . Dann gelten die Potenzregeln (i)
an • am = an+m ,
(ii)
an-bn
= (α · b)n ,
(an)m = an'm .
(iii)
Sind a und b von Null verschieden, so gelten diese Regeln für alle n,m G Ζ . 1.3.22 Beispiele. (i) Für alle a,b €K mel n
n
und alle η G Ν gilt die geometrische Summenfor-
n l
n 2
a — b = (a — b)(a ~ +a ~ b+..
n 2
n 1
.+ab ~ +b ~ )
η = (a-b) k=ι
an-kbk~l
(ii) Wir beweisen nur die Summenformel für die endliche geometrische Reihe 1 - qn+l Σ ι * = ^TI k—0 für alle q G Κ : Dazu betrachten wir sn := q-ssnn --=
1 +q + q2 + ... + qn , q + q2 + ... + qn + qn+1
Durch Subtraktion folgt (1 -q)sn
= 1 — qn+1 ,
.
45
1.3 Körper und hieraus die Behauptung. Genauer gilt η τι η η+1 1 (l-q)sn = ς , ^ - Σ ^ = Σ « * - Σ « *ι Jfc=0 fe=0 k=O fc=l
= * — ,η+1 — ν
1.3.23 Bezeichnung. Sei a G Κ , und sei η G Ν . Dann ist η · a definiert als die Summe der η gleichen Summanden a : η η· a : = ^ ^ a = a + . . . + a . k=l 1.3.24 Bemerkung. Es ist Vorsicht geboten, denn es kann η · α = 0 , also auch η · 1 = 0 gelten, dabei ist 1 die Eins im Körper Κ . In jedem endlichen Körper ist dies sogar notwendig der Fall: Beispielsweise gilt in dem in 1.3.6 (ii) erklärten Körper Z2 = {0,1} , daß 2 - 1 = 1 + 1 = 0 . Dieses Problem löst sich erst mit der Einführung der Axiome der Anordnung < im folgenden Abschnitt. 1.3.25 Lemma. Für a,b £ Κ gelten die Binomischen Formeln (i)
{a + b)2 = a? + 2ab + b2 .
(ii)
(a - 6)2 = α2 - 2ab + b2 .
(iti)
(a + b) (a — b) = o 2 — 62 .
1.3.26 Definition. Für η, k G N0 heißt
G)-
η! k\{n-k)\
_ η · (η - 1) ·... · (η - k + 1) & • (& — 1) •... · 1
der Binomialkoeffizient „ η über k ". Für η G Ν ist dabei η! := η · (η — 1) · . . . · 1 η -Fakultät, und wir setzen 0! := 1 . 1.3.27 Bemerkung. Die Binomialkoeffizienten lassen sich im Pascalschen Dreieck so anordnen, daß jedes Element im Innern des Dreiecks gleich der Summe der beiden über ihm stehenden Elemente ist. 1 1 1 1 2 1 1 3 3 1 1 4 6 4 1 1 5 10 10 5 1
46
1. Grundlagen der Analysis
1.3.28 Binomialsatz. Seien α, b € Κ . Für alle π G Ν gilt die Binomische Formel (α + &)" = ¿ ι—η \ / *=0
W .
Beweis durch vollständige Induktion. Wir beweisen nur die Formel
(1+or =
ot
SÖ·
(I) Induktionsanfang. Sei η = 1 . Dann ist
a° + (j) α 1 = 1 + a .
(II) Induktionsschluß. Sei die Behauptung für ein η G Ν wahr. Dann gilt
| < |α| + |6|
Beweis der Dreiecksungleichung. und I ± 1| = 1 folgt dann
(Définitheit).
(Multiplikativität). (Dreiecksungleichung). Sei ε := sgn (a + 6) . Wegen α < |α|
|α + 6| = ε(α + b) = ε · a + ε • b < \ε · α\ + \ε · 6| = |α| + |6| . 1.4.16 Lemma. Für alle α, 6, c G Κ gelten die folgenden Eigenschaften: (i)
α < |α| .
(ii) Für αφ 0 gilt α = (—α) = |α| > 0 . (iii) Für αφ 0 gilt I«"1! = M " 1 · (iv)
||α|-|6|| 0 vorgegeben, und sei ein Ν G Ν so gewählt, daß Ν > ì gilt. Dann folgt, daß 0 < - < 4; < ε ~ η ~ Ν
für alle η > Ν . -
Der Satz 1.5.3 (ii) besagt sogar: 1.6.5 Lemma. ( ¿ ) n e N ist genau dann eine Nullfolge, wenn der Körper Κ Archimedisch angeordnet ist. 1.6.6 Beispiel. Sei Κ ein Archimedisch angeordneter Körper. Sei a G Κ , |α| < 1 . Dann gilt α" -> 0 für η oo . Dazu sei b := ^ . Dann ist b > 1 , und aus der Bernoullischen Ungleichung folgt für alle ra G Ν , daß w
I I
.
= „ίί
' < (1 + tu (6 — l)) n ι
l \ \ n
—
1
< 1 +~.fU n(b — 1) ι
1\
Sei ε > 0 , und sei Ν G Ν so gewählt, daß Ν >
—
1
(6 — l)n
. Dann folgt, da£
1. Grundlagen der Analysis
58
1.6.7 Bemerkung. Um die Konvergenz der in 1.5.5 rekursiv definierten Folge (^n)neN ) s n + 1 :=
\
(*„ +
,
für beliebiges α > 0 zu einem beliebigen Startwert XQ beweisen zu können, erweisen sich die bisher behandelten Axiome als unzureichend. Unter Zuhilfenahme des Vollständigkeitsaxioms 1.7.4 ist dies eine interessante Herausforderung, welcher man sich im Anschluß an das noch zu behandelnde Monotonieprinzip 2.4.9 stellen mag. 1.6.8 Satz. Sei (αη)η€Ν deutig bestimmt.
e ne
*
konvergente Folge. Dann ist der Grenzwert ein-
Beweis. Angenommen an —>• α und o„ —> a! für η —> oo . Zu zeigen ist, daß a = a' gilt: Sei ε > 0 . Man wähle Ν, N' G Ν so, daß Ian — a\ < ^
für alle η > Ν ,
|αη — α'| < ^ ¿t
für alle η > Ν' .
Für alle η > Ν " := maχ{Ν, Ν ' } gilt dann |α - a' I < I a - a n | + |a„ - a'| < | + | = ε. Also ist a = a' , denn sonst wäre ja α φ o! , also 0 < |α — α'| < ε was bei der Wahl ε :=
für alle ε > 0 ,
I zu 2 < 1 führt, also zu einem Widerspruch.
•
1.6.9 Lemma. (i) Eine Folge {an)n^ konvergiert genau dann gegen a € Κ , wenn (an — a)„eN bzw. (|an — eine Nullfolge ist. (ii) Seien an —ϊ a und bn -t a . Dann ist (an — bn)neΝ
ezne Nullfolge.
(iii) Sei an α , und sei (6n)n€N eme Folge mit an — bn —• 0 . Dann gilt bn —l· a .
1.6 Folgen in einem angeordneten Körper
59
Beweis. (I) Nach Definition gilt αη —> α genau dann, wenn es für jedes ε > 0 ein Ne Ν gibt mit I |αη — α| — 0| = |αη — α| < ε
für alle n > Ν ,
also wenn αη — α —l· 0 bzw. |αη — α| —l· 0 für η —> oo . (II) Sei ε > 0 . Man wähle Ν e Ν so, daß |αη — a| < ^ und |6n — a| < ^ £
für n > Ν .
Li
Dann gilt für τι > Ν : Κ-ί>η|
< I On - α| + \α - bn\ < ! + ! =
ε.
(III) Sei ε > 0 , und sei Ν € Ν so gewählt, daß |αη - α| < I und |αη - 6„| < |
für η > Ν .
Dann folgt für n> Ν : Ibn - a| < \bn - αη\ + |αη - α\ < | + | = ε .
•
1.6.10 Definition. Sei (a„)neN eine Folge in X , und sei η : Ν —> N, k i-> n(k) = rifc , eine (streng) monoton wachsende Abbildung, d.h., es gilt < η^+ι für alle fceN. Dann heißt (°»H)*eN •= α, ο η eine Teilfolge von (a„)„eN . 1.6.11 Beispiel. Die Folge b : Ν Ν , bn := 2" , der Potenzen von 2 ist eine Teilfolge der Folge α : Ν —)· Ν , αη :—2η , der geraden natürlichen Zahlen: Sei η : Ν Ν , nk : = 2k~l . Dann gilt bk = 2k = 22 fc_1 = a(2k~l) = a(n(k)) = {aon)(k) , also ist 6 = αοη .
60
1. Grundlagen der Analysis
1.6.12 Lemma. Die Folge (a n ) n 6 N konvergiere gegen α G Κ . Dann konvergiert jede Teilfolge (ank)kefi von (on)neN gegen denselben Grenzwert a. Beweis. Sei an —> a für τι —> oo , d.h., für jedes ε > 0 gibt es ein Ν £ Ν mit |α„ — α| < ε
für alle η > Ν .
Wegen Uk > k > Ν gilt auch |anfc — a| < e
für alle k > Ν ,
also ank —> a für k —> oo .
•
1.6.13 Definition. (i) Eine Folge (a n ) n € N in Κ heißt nach oben beschränkt, wenn es eine obere Schranke c G Κ gibt mit an < c
für alle η € Ν .
Ahnlich ist eine nach unten beschränkte Folge und eine untere Schranke erklärt. (ii) (oji)n6N heißt beschränkt, wenn es eine Schranke c € Κ gibt mit |a n | < c
für alle η G Ν .
1.6.14 Lemma. (i) Jede konvergente Folge (a„)rieN ist beschränkt. (ii) Falls lim an =: a > 0 , dann gibt es ein Ν G Ν , so daß η—>oo a an > - > 0
für alle n> Ν .
L·
(iii) Sei (an)neN eine konvergente Folge, und sei an < c für alle η > Ν (für ein Ν G Ν ). Dann gilt lim a < c . n—> oo n Ist an> c , so gilt lim an> c . Aus |a„| < c folgt, daß | lim a n | < c .
1.6 Folgen in einem angeordneten
Körper
61
Beweis. (I) Sei α = lim αη , und sei ε := 1 . Dann gibt es ein TV G Ν mit TL—>00
Io„ — o| < 1
für alle n > Ν .
Es folgt K l < | α η - α | + |α| < 1 + |α| für η > Ν . Also ist |α„| < max{|ai|, |θ2|,..., |ajv|, 1 + |α|} =: c
für alle n € N .
(II) Man wähle ε = § , dann gibt es nach Definition der Konvergenz ein Ν G Ν mit |αη — α| < — für η > Ν . ¿t Hieraus folgt α α 0 O , und sei Ν ' 6 Ν , Ν ' > Ν , so gewählt, daß αη < c
und
|α η — α| < ε
für alle π > Ν' .
Dann folgt für alle n > Ν' : αη — ε < α < αη + ε < c + ε . Deshalb gilt α < c , denn sonst wäre α > c und α < c + ε für alle ε > Ο , also O < α— c < ε
für alle ε > Ο ,
was nicht sein kann.
•
1.6.15 Lemma. Sei (a n ) ne pj eine Nullfolge, und sei (6 n ) n eN eine beschränkte Folge. Dann ist (an • òn)neN eine Nullfolge. Beweis. Sei ε > 0 , und seien c > 0 und TV G Ν so gewählt, daß |bn| < c und |o n | < Dann folgt
d.h. anbn ->· O .
ζ |α η 6 η | < - c = ε c
für alle n > Ν .
für alle η > Ν , •
62
1. Grundlagen der Analysis
1.6.16 Grenzwertsätze. Seien (a n ) ne N und (&n)neN konvergente Folgen, und sei c € Κ . Existieren die Grenzwerte lim o n und lim bn , so existieren n—>00 n—>oo die Grenzwerte lim (an + bn) , lim (c · an) und lim (an • bn) , und es gelten n—>oo n->oo n—>oo die Grenzwertbeziehungen (i)
lim (a + bn) = lim an + lim bn . n-foo n n—>oo n->oo
(ii)
lim (c · an) = c · lim a n . n-foo oo
/'in)
lim (a · 6 ) = lim a n • lim 6n . n—>oo n n n—>oo n—>oo
(iv) Sei
lim 6 =: b φ 0 . Dann gibt es ein Ν € Ν , so daß bn φ 0 /ür alle n—>oo n η > Ν . Setzt man := 0 /ür η < Ν , dann existiert der Grenzwert lim ^ , und es gilt die Grenzwertbeziehung lim — = η->oo bn
lim a n ~ ° lim b n—>oo n
n >0
(v) Gilt an < bn für alle η > Ν (für ein Ν € Ν ), dann ist lim a < lim bn . n—>oo n n—>oo (vi) Die Folge (|on|)neN
¿er Beträge konvergiert, und es gilt lim |a | = lim an n->oo n n—>oo
Beweis. (I) Es gilt I (an + bn) - (a + b) | < |αη - a| + |6n - 6| -y 0
für η -)· oo .
(II) Es folgt: \c-an — c-a\ < |c||a„ — o| —>0
für η —> oo .
(III) Die konvergenten Folgen (an)neN und (6n)neN sind beschränkt, d.h., es gibt ein c > 0 mit |a n | < c und |6n| < c für alle n G Ν . Deshalb folgt \an-bn-a-b\
<
0 für η
oo .
1.6 Folgen in einem angeordneten
63
Körper
(IV) Aufgrund von Lemma 1.6.14 (ii) gibt es ein N e Ν, so daß |δη| > ^ > 0 für alle n > Ν . Deshalb folgt a ~ b bn
an-b-
an
Ν folgt aus Lemma 1.6.14 (iii) unmittelbar die Aussage (v). (VI) Die Behauptung (vi) folgt aus der Dominanz: ||αη| — |α|| < \αη — α| ->• 0
für η —V οο .
•
1.6.17 Beispiele, (i) Wir zeigen, daß lim Y k = ì . n-voo TJ2 Ζ—ι o k=l Wegen ¿ k = k=l
^
k=1
aus Satz L6·16
x
("), daß
7
(ii) Ähnlich folgt aus den Beispielen 1.1.14 (i), (ii), daß lim \ Ϋ k2 = i , n-+oo n ä ' 3 k=1
lim Ϋ 1k3 = \ . n—>oo n 4 ' 4 fe=l
1.6.18 Einschließungskriterium. Seien (an)ne^ , (bn)neν und (c n ) n£ N Folgen mit an < bn < Cn für η > Ν . Sei αη α , Cn —ì α für η —> οο . Dann gilt bn a für η -» οο . Beweis. Sei ε > 0 . Man wähle Ν € Ν so, daß |an - o| < e , \cn — α| < ε
für η > Ν .
Dann folgt —ε < an — a Ν und hieraus |ön - α| < ε
für η > Ν .
•
64
1.
Grundlagen
der
Analysis
1.6.19 Beispiel. Sei (a n ) ne N eine Folge mit αη —> α für π —• oo , und sei ρ G Ν . Dann gilt lim αρη = aP n-too
Dies folgt durch vollständige Induktion aus Satz 1.6.16 (iii), oder direkt mit Hilfe der geometrischen Summenformel aus dem Einschließungskriterium 1.6.18 so: Zunächst wählen wir eine Schranke c > 0 von (a n ) ne N • Dann folgt ρ 0
O , so gelten diese Regeln für alle μ, ν G Q . Außerdem gelten für alle Ο < μ < ν die Ungleichungen (iv)
αμ < av
für α > 1 , av < αμ αμ \
für α > 1, μ > 0 .
•
2.3.8 Beispiel. Sei (a n ) n G fj eine Folge nicht-negativer Zahlen mit a n a für η ->· oo , und sei μ € Q , μ > 0 . Dann folgt aus den Beispielen 2.3.5 (iii) und 1.6.19, daß Um αμ = αμ . n-*oo Ist α > 0 , so gilt diese Grenzwertbeziehung für alle μ G Q . 2.3.9 Definition. Sei α > O , und sei μ G R eine beliebige reelle Zahl. Dann definieren wir die μ -te Potenz von α als αμ \= lim aßn , n—>oo dabei ist (μη)η&Ν eine (beliebige) Folge rationaler Zahlen μ η = ^ p n G Ζ , qn G Ν , mit μη μ für π —> οο .
GQ,
2. Das System der reellen Zahlen
80
Beweis der Wohldefiniertheit. Wir nehmen o.B.d.A. an, daß α > 1 und μ > o gilt. (I) Sei (/¿n)neN eine Folge in Q mit μ„ > 0 und μ η —> μ für π —>• oo . Sei k G Ν , und sei η 6 Ν so gewählt, daß |/in - /i m | < r Κ gilt. Im Fall μη > /¿m folgt dann
für alle n,m > Ν
0 < o"" - aßm = aßm {αμη~μ™ - l) < αμ+1 ( ^ α - l) . Eine ähnliche Abschätzung gilt auch im Fall μη < /xm . Wegen -ξ/α —» 1 für k —> oo folgt, daß (α μη )„ € Ν eine Cauchy-Folge ist, daß also der Grenzwert lim αμη existiert. n—> oo (II) Seien (μη)η€Ν und (^n)neN Folgen rationaler Zahlen mit μη-¥ μ und vn —y μ für η —> oo . Sei k G Ν , und Ν G Ν sei so gewählt, daß |μ η — un\ < % für alle n,m € Ν gilt. Wie in Teil (I) folgt die Abschätzung |α/*» _ α *η| < αμ+1
.
Also ist die Folge (α μη — α" η ) η€ Ν der Differenzen eine Nullfolge, und daher muß lim αμη = lim aUn n—>00 n—>oo gelten. Die μ -te Potenz von α ist also wohldefiniert.
•
Durch einfache Grenzwertbetrachtungen erhalten wir: 2.3.10 Satz. Die Potenzregeln (i)-(iii) und die Ungleichungen (iv), (v) aus Lemma 2.3.7 gelten auch für reelle Potenzen μ,ι/SR. 2.3.11 Beispiele. (i) Sei a > 0 , und sei (μη)η€Ν eine Folge reeller Zahlen mit μη —)• μ für η —> oo . Dann gilt lim αμη = αμ . η—>oo Dazu wählt man eine Folge rationaler Zahlen (fn)neN mit \vn — μη\ < ^ für alle η G Ν . Dann gilt vn μ für η oo , und deshalb folgt aus Definition 2.3.6 im Fall a > 1 , daß \αμη -αμI
<
0
für η ->• οο .
2.4 Weitere
Vollständigkeitsprinzipien
81
(ii) Sei (on)nGN eine Folge nicht-negativer Zahlen mit o n α für η —> oo , und sei μ G Μ , μ > 0 . Dann gilt die Grenzwertbeziehung lim < = αμ . n-foo Ist α > 0 , so gilt sie für alle μ G M . Dazu sei α = 1 und μ > 0 . Weiterhin sei k € Ν mit 0 < μ < k gewählt. Dann gilt 1 < aß < a„
falls
°n > 1 ,
a^ < o{¡ < 1 falls a n < 1 .
Nach dem Einschließungskriterium folgt hieraus, daß lim n-too
= 1
gilt, und durch Betrachten der Folge ( ^ ) n e N erhält man daraus die Grenzwertbeziehung lim α£ = αμ n-yoo n für alle α > 0 und alle μ G Κ . Ist α = 0 und μ > 0 , so sei A; € Ν mit μ> \ gewählt. Dann gilt 0
iV ,
woraus sich die behauptete Grenzwertbeziehung ergibt.
2.4
Weitere Vollständigkeitsprinzipien
2.4.1 Definition. Eine Intervallschachtelung ist eine Folge abgeschlossener Intervalle (In)ne Ν , In = Κ, Κ] , an,bneR, an 0 gibt es ein η G Ν mit \In\ = bn — αη < ε . 2.4.2 Lemma. Es gilt die Eigenschaft (ii)' Zu jedem ε > 0 gibt es ein Ν G Ν mit |/„| = bn—an Ν .
2. Das System der reellen Zahlen
82
Beweis. Die Behauptung folgt aus an < am < bm < bn für alle m>n.
•
2.4.3 Intervallschachtelungsprinzip. Sei (/n)neν eine Intervallschachtelung. Dann gibt es genau ein a G R , das in allen Intervallen enthalten ist, also gilt a G In für alle η G Ν . Beweis. (I) Eindeutigkeit. Angenommen es gibt zwei verschiedene Zahlen α,α' , αφ α' , mit a, a' G In für alle η G Ν . O.B.d.A. sei a < a' . Dann hat man an < a < a' < bn , also bn — an > a' - a > 0
für alle η 6 Ν .
Das aber widerspricht 2.4.1(ii). (II) Existenz. Zuerst zeigen wir, daß (an)neN eine Cauchy-Folge ist: Dazu sei ε > 0 , und Ν G Ν sei so gewählt, daß ε 6„ - α η < -
für alle η > Ν .
L·
Wegen an < am n
gilt für alle πι >n> Ν :
lom-ûnl < \am - bn\ + \bn - an\ < 2 · | 6 „ - α η | < ε . Aufgrund der Vollständigkeit von M besitzt die Folge (an)ngN einen Grenzwert a :— lim an . a ist in allen Intervallen In enthalten, denn aus an < n—»oo am < bn für alle τη > η folgt durch Grenzübergang m —l· oo , daß o-n < o, < bn
für alle η G Ν .
•
2.4.4 Korollar. Sei (c„)neN eine Folge mit Cn G In für alle η G Ν . Dann konvergiert sie gegen a . Beweis. Sei ε > 0 . Wir wählen Ν G Ν so, daß \cn-an\
< |6„-αη| < |
, |α„ - o| < |
für η > Ν .
Dann folgt |cn - a| < \cn - an\ + |α„ - α| < | + | = ε
für alle η > Ν .
•
83
2.4 Weitere Vollständigkeitsprinzipien 2.4.5
Beispiel. Wir betrachten die Folgen
(an)neN
,
2 >
und zeigen, daß die Intervalle I n = [α„,6η] für η > 2 eine Intervallschachtelung bilden. Genauer gilt: (i)
on < α η+ ι < bn+1 < bn
(ii)
0
bn — αη
für alle η > 2 , für π —• 00 :
Daher können wir die Eulersche Zahl e definieren durch e := lim ( l + - λ n—>oo y ηJ
= lim ( 1 η—>00 y η/
(I) Zunächst folgt aus der Bernoullischen Ungleichung wegen - ^ ρ ψ > — 1 , daß 2*1
=
Λ l
>
+
η—
=
n j ^ l + i j V
η
V1
"
ν
(n+l)2J
(n + 1 )V
(II) Ähnlich folgt
w.
ν
» / Ι η
\
1
- » /
n¿ — 1 /
C"2-i)y
= 1.
(III) Es gilt
(IV) Wiederum folgt aus der Bernoullischen Ungleichung wegen daß (1 > 1 - fr gilt, also
—1,
84
2. Das System der reellen Zahlen
2.4.6 Beispiel. Ähnlich wie im vorigen Beispiel beweist man die Existenz der Grenzwerte x\n
( 1+ - ) Daher können wir
η/
( =
lim ( 1 η—>oo V
x\ ~n ) ηJ
ex := lim ( l + - V n->oo V n/
für alle χ h = [ck,dk] mit , dk-Ck
do-CQ = —ψ— »
und für jedes k G Ν ein Folgenglied ank G Ik mit njfc := min{n € Ν | o n G h } • Aus Korollar 2.4.4 folgt dann, daß o njt —> α
für A: ->• oo .
Außerdem gilt ank < o„ t + 1 < α für alle k . Wegen k < Uk für alle k G Ν , gilt auch ajfe < a nfc < a für alle k G Ν . Wir zeigen, daß die ganze Folge (a n )„ e N gegen α konvergiert: Sei ε > 0 . Wir wählen Ν G Ν , so daß Ν = rik für ein k G Ν gilt, und daß — α\ < ε . Für alle n > Ν folgt dann α — ε < αχ < CLn < α , also α„ —> α für η —> oo .
•
2.4.10 Beispiel. (i) Für zwei reelle Zahlen o, b G Μ , α < b , ist das arithmetische Mittel A(a, b) definiert durch Α! ΙΛ
:=
°+ b ~2~ >
und für α, δ > 0 ist das geometrische Mittel G(a, b) definiert durch G(a,b) :=
Vob.
Offensichtlich gilt die Ungleichung zwischen dem arithmetischen und geometrischen Mittel o < G(a,b) < A(a,b) < b.
2.4 Weitere
Vollständigkeitsprinzipien
87
(ii) Seien o,feG Κ , 0 < α < fe . Wir definieren zwei Folgen (a„) ne N , (fen)neN rekursiv durch αϊ := α , α η+ χ := G(an,bn) ,
&ι := fe ,
bn+x := A(an,bn)
für alle η G Ν .
Dann gilt die Ungleichungskette α < αη < α η + ι < fen+i < bn < b
für alle η 6 Ν .
Nach dem Monotonieprinzip existieren die Grenzwerte lim a n n—>oo lim bn . Wegen n—>oo lim b — lim 6 n + i - lim η—>oo n η—>oo η—>oo
¿
und
= ^ ( lim an + lim ò„ì ¿ \n—>00 η—>00 /
gilt Μ(α, fe) := lim α η = lim fen . η—>00 η—>oo Af (α, fe) heißt das arithmetisch-geometrische Mittel von α und fe . 2.4.11 Beispiel. Das endliche Wallissche Produkt ist erklärt durch ûn : = 2 - 2 4 - 4 1-3 3-5 " '
2n-2n ( 2 n - l ) ( 2 n + l)
Λ (2k)2 Π (2k - l)(2k + 1)
für η G Ν . Offensichtlich ist die Folge (a n )„ e N monoton wachsend, und es gilt 4 - = αι fe„ , und deshalb 4n a« < ö 7 0 gibt es ein χ = χ(ε) G A mit χ > α — ε , d.h., α — ε ist keine obere Schranke von A . Ähnlich ist das Infimum oder die untere Grenze b = inf A = inf χ erklärt. xeA
Aus der Definition folgt unmittelbar: 2.4.13 Lemma. Eine reelle Zahl a ist genau dann Supremum einer nichtleeren, nach oben beschränkten Menge A C Μ , wenn a kleinste obere Schranke von A ist, d.h., (i) a ist obere Schranke von A . (ii) Für jede obere Schranke c von A gilt a oo
inf{a n | η € N} =
lim a n .
n—• oo
I η G nJ = 0 , supj^ |π€ν| = m a x j ^ |π€ν| = 1 .
2.4.17 Supremumsprinzip. Jede nicht-leere, nach oben beschränkte Teilmenge A von R besitzt ein Supremum a G R . Jede nach unten beschränkte Teilmenge 0 φ A C R besitzt ein Infimum. Beweis. Sei A nach oben beschränkt, d.h., es gibt ein c , so daß χ < c für alle χ G A . Außerdem sei ein xo € A gewählt. Wir setzen Iq = [οο,δο] ~ [a:o, c] und betrachten die Intervalle 7 « = Oo,
ao + bo
>
oq + bo
_ Jr(2) — 1
,bo
Ist Π A = 0 , so sei /χ := / ^ . Anderenfalls setzen wir Ii := h = [αϊ, ί»ι] . Dann gilt Ii Π Α φ 0 ,
χ In = [a n , &n] mit |/„| = fep2~QQ und einer Folge (xn)neN > so daß xn G In Π Α φ 0 ,
χ oo
lim bn =
n—>oo
lim x n •
n—voo
Dann ist a das Supremum von Α , denn aus χ < bn für alle n G Ν folgt, daß χ < a für idle χ E A gilt, und wegen xn G Α , xn —> a , gibt es für jedes ε > 0 ein N G N mit a — ε < xn < a
für alle η > Ν .
•
90
2. Das System der reellen Zahlen
2.4.18 Bemerkung. In einem Archimedisch angeordneten Körper sind die behandelten Vollständigkeitsprinzipien, - Cauchysches Konvergenzkriterium, - Intervallschachtelungsprinzip, - Monotonieprinzip und das im folgenden Abschnitt noch zu behandelnde - Weierstraßsche Auswahlprinzip alle äquivalent. In einem angeordneten Körper sind sie, zusammen mit dem Archimedischen Axiom, äquivalent zum - Supremumsprinzip, - Dedekindschen Schnittaxiom, aus welchen die Archimedische Eigenschaft folgt. Das Dedekindsche Schnittaxiom, welches sehr anschaulich und auch von historischer Bedeutung ist, behandeln wir als Übungsaufgabe.
2.5
Häufungswerte
2.5.1 Definition. (i) Eine reelle Zahl α € M heißt Häufungswert einer Folge ( a n ) n e N , wenn es eine Teilfolge (anfc)fceΝ gibt mit ank —> α für k —»• oo , d.h., zu jedem ε > 0 gibt es unendlich viele η 6 Ν mit α η G / ε (α) . (ii) o € Κ heißt Häufungspunkt der Folge (a„) ne m , wenn es eine Teilfolge ( a n f c ) * e N gibt mit ank φ α für alle k € Ν und a„k -> α für k oo , d.h., zu jedem ε > 0 gibt es unendlich viele η G Ν mit αη φ α und α„ G Ιε(α) . 2.5.2 Beispiele. (i) Sei ( α η ) η € Ν eine konvergente Folge mit α„ —> α für η —> oo . Dann ist der Grenzwert α der einzige Häufungswert von ( a n ) n e N ·
91
2.5 Häufungswerte (ii) Die Folge (a n )„ eN mit _
Γ 0 für η ungerade \ 1 füi für η gerade
0,1
besitzt die beiden Häufungswerte 0 und 1 . Sie besitzt jedoch keine Häufungspunkte. (iii) Sei (a n ) ne N eine Auflistung der rationalen Zahlen. Dann ist jede reelle Zahl α G R Häufungswert und auch Häufungspunkt dieser Folge. Das folgende Vollständigkeitsprinzip ist auch bekannt als der BolzanoWeierstraßsche Häufungsstellensatz : 2.5.3 Weierstraßsches Auswahlprinzip . Jede beschränkte Folge (a„)„eN reeller Zahlen, d.h., es gibt eine Konstante c > 0 , so daß |an| < c < +00
für alle η Ε Ν ,
besitzt einen Häufungswert, d.h. enthält eine konvergente Teilfolge (anie)k^n • Beweis. Sei (a„)n€N eine beschränkte Folge, und sei c > 0 so gewählt, daß |an| oo
lim inf α η := inf i f . n->oo
2.5.5 Satz. Sei (αη)η6Ν eme beschränkte Zahlenfolge, und sei a G Κ . Dann gilt a = lim sup an genau dann, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: 71—• OO (i) Es gibt eine Teilfolge (anfc)jfceN von (an)neN , die gegen a konvergiert, d.h., es gilt a G H . (ii) Zu jedem c > a gibt es ein Ν — Ν (ε) mit an < c für alle η > Ν , d.h., es gibt nur endlich viele Folgenglieder, die größer als c sind. Eine entsprechende Aussage gilt für den Limes-Inferior b = lim inf an G R . n—>oo
2.5 Häufungswerte
93
Beweis. (I) „ =Φ· " Wegen α = lim sup α η = sup i / gibt es eine Folge (bk)kçν η—>oo in H mit b¡¡ —>• o . Zu jedem fc € Ν gibt es eine Teilfolge von (an)neN mit ae -t bk für ί oo . Zu jedem k € Ν können wir also ein Glied ank der Folge (a n ) ng N finden mit K * ~bk\
< ^
und rik < Uk+i für alle k € Ν . Es folgt IOnt - a| < |a n t - i»fe| + |6fc - a| < ^ + \bk - a|
0
für fc oo .
Also ist α = lim sup αη = lim α η , . η—fee Sei c > α . Dann gibt es ein Ν = N(c) € Ν , so daß an < c
für n > Ν ,
denn anderenfalls gäbe es eine Teilfolge (anJjteN mit ank >c für alle k G Ν . Eine Teilfolge (anfcn
J
lim ( inf am ) = sup ( inf am ) . J \rn>n J
n—>oo y m > n
Sei
bn : = sup am = sup{a m \ τη >n} m>n
2.6 Das erweiterte reelle Zahlensystem
99
für η G Ν . Nach dem verallgemeinerten Monotonieprinzip gilt dann bn J. b G R für η -»· oo und b = inf bn . Sei o := limsupo n . Zu zeigen ist, daß b = α neN
n-foo
gilt. 1. Fall, a G Κ U { - o o } · Wie im Beweis von Satz 2.5.7 zeigt man, daß b < a gilt. Im Fall a — —oo muß deshalb b — a sein. 2. Fall. a e l U {+00} . Wie im 2. Teil des Beweises von Satz 2.5.7 gilt b>a. Im Fall a = +00 muß 6 = 0 sein. Ist a G M , so folgt zusammen mit dem 1. Fall, daß b = a ist. •
Kapitel 3 Unendliche Reihen 3.1
Unendliche Reihen
3.1.1 Definition. Sei (a k ) k e ^ eine Folge reeller Zahlen. Dann heißt die Zahlenfolge oo η := (s„) neN , sn := für alle « e N , Jk=l fc=l die zu (ük)keN gehörende unendliche Reihe. Die Folgenglieder sn heißen Partialsummen, die Zahlen ak sind die Glieder der Reihe. 3.1.2 Definition. (i) Ist die Folge (sn)neN der Partialsummen konvergent, d.h. gilt sn —¥• s € oo R , dann heißt die unendliche Reihe ^ ak konvergent, und sie hat den Jfc=l Wert oder die Summe s , in Zeichen oo η α* := s = lim sn = lim V"a k . n->oo n->oo ' Jfc=l fe=l oo (ii) Divergiert die Folge (sn)neN » dann heißt die unendliche Reihe ak k-l divergent.
Σ
(iii) Ist die Folge (sn)neN uneigentlich konvergent gegen ±oo , d.h., für alle c > 0 gibt es ein Ν — N(c) 6 Ν mit sn > c bzw. sn < —c für alle η G Ν , dann setzen wir J^ajfc := ±oo . k-l
3. Unendliche Reihen
102
oo 3.1.3 Bemerkung. Das Symbol Σ ak t a t zwei Bedeutungen: Zum einen k=l oo bezeichnet es die „formale" Reihe Σ ak , d.h. die Folge ( s n ) n e N der Partifc=l oo alsummen; zum anderen bezeichnet Σ ak > falls existent, die Summe, d.h. den fc=l Grenzwert der Folge der Partialsummen. 3.1.4 Beispiele. (i) Sei q e M mit |çr| < 1 . Dann konvergiert die (unendliche) geometrische oo
Reihe Σ Qk > k=0
UQ
d es gilt die Summenformel oo
1
q k=0 Dazu betrachten wir die Summenformel der endlichen geometrischen Reihe
A Für |ç| < 1 gilt · 0 für η —>· oo , und folglich sn —> y ^ wie
oo
1
ν
-
fr[k(k denn für k € Ν gilt
= 1
η+1
ι -