Ambivalenzen der Sichtbarkeit: Über die visuellen Strukturen der Anerkennung [1. Aufl.] 9783839409930

Mit dem Topos »Sichtbarkeit« greift dieses Buch eine Denkfigur auf, die in den politischen Debatten um die Anerkennung m

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German Pages 200 Year 2015

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Table of contents :
Einleitung. Das Untersuchungsfeld abstecken: Ambivalenzen der Sichtbarkeit
Der Topos Sichtbarkeit
Sichtbarkeit: Politische, epistemologische und ästhetische Fragen
Welche Sichtbarkeit?
Positive Bilder? Analyse der Repräsentationsbedingungen?
Anerkennung
Über die Bildauswahl
Der Aufbau des Buches
Übersetzungsanmerkung
Kapitel 1. Visuelle Kultur als Forschungsfeld: Eine trans/disziplinäre Verortung und ein knapper Forschungsstand
Warum Sehen und Visualität?
Visuelle Kultur als Forschungsfeld
Nicht nur eine neue Bildwissenschaft
Zwischen Redisziplinierung und Zwangstransdisziplinarität – die October-Debatte
Noch einmal Inter- und Transdisziplinarität
Hegemonie des Visuellen? Gegen Bildpaniken als Legitimationsinstrumente
Zusammenfassung
Kapitel 2. Sichtbarkeit = politische Macht?
Einwände gegen erhöhte Sichtbarkeits-Euphoriken: Kontrolle und Affirmation
Unsichtbarkeit = politische Macht oder Überlebensgarant
Extreme Sichtbarkeit als visuelle Überdeterminiertheit
Modulationsverhältnisse: Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit mit Wendy Brown
Zwischenresumée: Für eine reflexive Praxis des Sehens
Visuelle Anerkennung im Konditional 1: Stereotypisieren
Zum Begriff und Konzept des Stereotyps
Das Migrant_innendrama und die deutschsprachige Souveränität: über Yasemin, Aprilkinder, Yara
Das Stereotyp als Raster intertextueller Differenzproduktion
Projektion, Reflexion, Verschiebung: was tun (mit) Stereotypisierungen?
Zusammenfassung
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Ambivalenzen der Sichtbarkeit: Über die visuellen Strukturen der Anerkennung [1. Aufl.]
 9783839409930

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Johanna Schaffer Ambivalenzen der Sichtbarkeit

Studien | zur | visuellen | Kultur Herausgegeben von Sigrid Schade und Silke Wenk | Band 7

2008-10-28 10-42-16 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02b7193089196656|(S.

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) T00_01 schmutztitel - 993.p 193089196664

Johanna Schaffer (Dr. phil.) ist Universitätsassistentin in der Abteilung Kunstgeschichte und Kunsttheorie/Gender Studies an der Kunstuniversität Linz. Sie lehrt, forscht und übersetzt im Feld visueller und materieller ästhetischer Praktiken.

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Johanna Schaffer Ambivalenzen der Sichtbarkeit. Über die visuellen Strukturen der Anerkennung

2008-10-28 10-42-16 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02b7193089196656|(S.

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) T00_03 titel - 993.p 193089196760

Die Dissertation, die Grundlage dieses Buches ist, wurde von Silke Wenk betreut, von ihr und Sabine Broeck begutachtet und am 14. Jänner 2008 vom Promotionsausschuss des ehemaligen Fachbereichs 2 der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg/BRD angenommen. Gedruckt mit Unterstützung durch die Österreichische Forschungsgemeinschaft. Die Buchherstellung wurde zudem gefördert vom Büro für Frauenfragen des Landes Oberösterreich, der Kulturabteilung der Stadt Wien, der Wirtschaftskammer Wien, der Stadt Linz und der Abteilung Soziales (Soziallandesrat Ackerl) des Landes Oberösterreich.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2008 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Jo Schmeiser, © Wien 2008 Satz: Jo Schmeiser Lektorat: Johanna Schaffer Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-993-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

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Einleitung Das Untersuchungsfeld abstecken: Ambivalenzen der Sichtbarkeit 11 Der Topos Sichtbarkeit 11 Sichtbarkeit: Politische, epistemologische und ästhetische Fragen 13 Welche Sichtbarkeit? 15 Positive Bilder? Analyse der Repräsentationsbedingungen? 18 Anerkennung 20 Über die Bildauswahl 21 Der Aufbau des Buches 23 Übersetzungsanmerkung 25 Kapitel 1 Visuelle Kultur als Forschungsfeld: Eine trans/disziplinäre Verortung und ein knapper Forschungsstand 29 Warum Sehen und Visualität? 30 Visuelle Kultur als Forschungsfeld 32 Nicht nur eine neue Bildwissenschaft 34 Zwischen Redisziplinierung und Zwangstransdisziplinarität – die October-Debatte 36 Noch einmal Inter- und Transdisziplinarität 43 Hegemonie des Visuellen? Gegen Bildpaniken als Legitimationsinstrumente 44 Zusammenfassung 47

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Kapitel 2 Sichtbarkeit = politische Macht? 51 Einwände gegen erhöhte Sichtbarkeits-Euphoriken: Kontrolle und Affirmation 52 Unsichtbarkeit = politische Macht oder Überlebensgarant 54 Extreme Sichtbarkeit als visuelle Überdeterminiertheit 55 Modulationsverhältnisse: Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit mit Wendy Brown 56 Zwischenresumée: Für eine reflexive Praxis des Sehens 58 Visuelle Anerkennung im Konditional 1: Stereotypisieren 60 Zum Begriff und Konzept des Stereotyps 61 Das Migrant_innendrama und die deutschsprachige Souveränität: über Yasemin, Aprilkinder, Yara 63 Das Stereotyp als Raster intertextueller Differenzproduktion 67 Projektion, Reflexion, Verschiebung: was tun (mit) Stereotypisierungen? 68 Zusammenfassung 70

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Kapitel 3 Repräsentationskritik als Arbeit an den Bezeichnungspraxen 77 Repräsentation, semiotisch-diskurskritisch 78 Repräsentation als Realitätskonstruktion 81 Die drei Bedeutungsfelder der Repräsentation 83 Politik 83 Epistemologie 84 Ästhetik mit John Tagg, Jean-Louis Comolli und Jacques Aumont 85 Asymmetrien der Repräsentation: Repräsentationslasten umverteilen? 88 Zwischenresumée 91 Visuelle Anerkennung im Konditional 2: Plakatieren 92 Die Kampagnen Einbürgerung und Deutsche gegen rechte Gewalt 93 Einen politischen Topos in das Feld der Visualität rückübersetzen 94 Die Produktion der absoluten Andersartigkeit als sichtbare Wahrheit 99 Regulative Sichtbarkeit, diskursive Auslöschung 102 Eingeschränkte Handlungsfähigkeit im nationalen Bildrahmen 103 Zusammenfassung und Ausblick 104

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Kapitel 4 Das visuelle Vokabular der Anerkennung reformulieren 111 Hegemonialisierung im Feld der Sichtbarkeit 112 Kaja Silverman: Feld der Sichtbarkeit, Blick, Blicken 112 Das Vorgesehene 114 Zum Verhältnis minorisierter und dominanter Systeme der Sichtbarkeit 117 Zur formalen Verfasstheit hegemonialer und oppositioneller Aussagen 121 Die visuellen Strukturen der Anerkennung reformulieren: Porträtieren 122 Kampf um das simple Recht auf eine affirmative Existenz 124 Zwei Taktiken in und gegen ideologische Dominanz 126 Taktik 1: Besetzen Catherine Opies Mike and Sky 128 Taktik 2: Auffalten Del LaGrace Volcanos Tranz Portraits 130 Zusammenfassung: Anerkennende Sichtbarkeit 136

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Kapitel 5 Anerkennung als Praxis des Blickens im Feld der Sichtbarkeit 141 Subjekt, Subjektposition, Subjektivität 143 Kaja Silvermans Konzeption visueller Subjektivität 145 Produktives Blicken 146 Distanzierte Identifikation und aktive Idealisierung 148 Anerkennung mit Judith Butler 151 Übersetzen als Öffnen von Bedeutungen 154 Zusammenfassung 156 Resumée 161 Literaturverzeichnis 167 Bildnachweis 185 Index 187

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Einleitung Das Untersuchungsfeld abstecken: Ambivalenzen der Sichtbarkeit

„Frauenwiderstand sichtbar machen“ Frauenprojektgruppe Erinnern an Ravensbrück, 19981 Neben alternativen Methoden zur Verstärkung des Widerstandes der Migrantinnen wollen wir beweisen, wo Autonomie, Kreativität, Kunst, politische Mitwirkung auf der kulturellen Ebene, Proteste sich im Aufbau eines neuen Sichtbar-Machens der Würde und des Protagonismus der Migrantin summieren. Luzenir Caixeta für maiz, 20022 Während in der UNO die Debatte über sexuelle Orientierung und Menschenrechte bevorsteht, prangen von Genfs Plakatwänden erstmals eng umschlungen ein Männerpaar und ein Frauenpaar. Mit dieser Kampagne will die Genfer Schwulen- und Präventionsorganisation Dialogai Lesben und Schwule sichtbar machen und im Kanton ein Zeichen gegen Homophobie setzen. Die Sichtbarkeitskampagne startet am 24. März. Pink Cross, 19.3.20043

Der Topos Sichtbarkeit Ein Topos ist ein Gemeinplatz. Es ist ein Ort der Allgemeinheit, der herrschenden Meinung. Seine Allgemeingültigkeit ermöglicht es der Sprecher_in4, ihn argumentativ aufzusuchen und einzusetzen, um „in einer konkreten gesellschaftlich zu lösenden Problemsituation das jeweils eigene Interesse mit einer gewissen Überzeugungskraft vertreten zu können“ (Lothar Bornscheuer 1976: 207 in seiner Untersuchung über Topik als Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft). Die Arbeit dieses Buches besteht über weite Strecken darin, den Topos der Sichtbarkeit vom Feld der Allgemeingültigkeit, Selbstverständlichkeit, Gewöhnlichkeit zu verschieben: hin 11

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auf eine analytische Ebene, wo er unselbstverständlich, ungewöhnlich und vor allem unbequem werden soll – also des weiteren Bedenkens der Effekte seines rhetorischen Einsatzes verlangt. Gleichzeitig werden die Prozesse und Prozeduren thematisiert, die Sichtbarkeit als eine Figur der herrschenden Meinung in ihrer Bedeutung und positiven Konnotiertheit mit hoher Unvermeidlichkeit, Selbstverständlichkeit und Offensichtlichkeit ausstatten. ‚Sichtbarkeit‘ ist in den letzten drei Jahrzehnten zu einer zentralen Kategorie oppositioneller politischer Rhetoriken aufgestiegen, ihr Gebrauch allerdings verwischt zumeist die komplexen Prozesse, die sich im Feld der Visualität zwischen dem Zu-Sehen-Geben (vgl. Schade/Wenk 1995: 343; Schade/Wenk 2005), dem Sehen, und dem Gesehen-Werden herstellen. Das vorliegende Buch ist der Rückübersetzung der politischen Kategorie der Sichtbarkeit in den Bereich der Visualität gewidmet. Gleichzeitig besteht es auf der Zentralität, die der Bereich der Visualität als Feld gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion besitzt, und auf der Notwendigkeit, auch diesen Bereich politischen Auseinandersetzungen (d.h. kollektiven Auseinandersetzungen um die Gestaltung gesellschaftlicher Ordnungen) auszusetzen. Ausgangspunkt ist somit die Problematisierung der Vorstellung eines kausalen Zusammenhangs zwischen Sichtbarkeit und politischer Macht, wie sie vor allem in oppositionellen politischen Debatten kursiert. Dort wird oft davon ausgegangen, dass mehr Sichtbarkeit auch mehr politische Präsenz, mehr Durchsetzungsvermögen und mehr Zugang zu den Strukturen der Privilegienvergabe bedeutet. Übersehen werden hier jedoch die komplexen Prozesse auf dem Feld der Visualität, für die höchst relevant ist, wer zu sehen gibt, in welchem Kontext – und vor allem: wie, d.h. in welcher Form und Struktur zu sehen gegeben wird. Auf dem Gemeinplatz der Sichtbarkeit kreuzen sich, wie die eingangs angeführten Zitate beispielhaft belegen, feministische, antirassistische und queere oder lesBischwultranspolitische Rhetoriken. Immer ist er in den Rhetoriken dieser links-aktivistischen oppositionellen und minorisierten5 Politiken positiv besetzt: ‚Sichtbar machen‘ bedeutet hier zuallererst die Forderung nach Anerkennung einer gesellschaftlichen und gesellschaftlich relevanten, d.h. mit Rechten und politischer/gesellschaftlicher Macht ausgestatteten Existenz. Mehr noch: gerade die feministischen, queeren und antirassistischen/ postkolonialen politischen Zusammenhänge haben mit der Affirmation der Sichtbarkeit als positivem Status Sichtbarkeit als politische Kategorie erzeugt. Genau hier liegt eine politische, epistemologische und ästhetische Schnittmenge all dieser politischen Kämpfe. Das, was die Erzeugung von Sichtbarkeit als politischer Kategorie begleitete, waren theoretische Arbeiten, die die Strukturen eines Felds der Sichtbarkeit als kollektives Bilderrepertoire analysierten. Diese Arbeiten wiesen auf die Normativität dieses Feldes hin, arbeiteten seine patriarchal-sexistischen, heteronormativen und rassisierenden Repräsentationsstrukturen heraus und richteten die Aufmerksamkeit darauf, wie bestehende Privilegien durch die Kontrolle der Produktion, Zirkulation und Beschaffenheit visueller Repräsentationen reproduziert werden. Die Schnittmenge dieser unterschiedlichen Wissensformen und Kontexte der 12

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Einleitung

Wissensproduktion – politische, theoretische, bildproduzierende, aktivistische – ist der Ausgangspunkt meiner Untersuchung.

Sichtbarkeit: Politische, epistemologische und ästhetische Fragen Herausfordernd ist eine Untersuchung des Topos Sichtbarkeit, da sich in seinem Feld epistemologische, politische und ästhetische Dimensionen treffen: Das, was der Topos der Sichtbarkeit zuallererst aufruft, ist die in den Gesellschaften des hochindustrialisierten Nordens nach wie vor herrschende moderne epistemologische Verbindung zwischen Sichtbarkeit, Erkenntnis und Wirklichkeit. Tom Holert dazu: Im Unterschied zum alten Postulat von der ‚Unsichtbarkeit des Realen‘, das [Michel] de Certeau als vor-moderne Kondition charakterisiert, herrscht im ‚Mythos‘ der Moderne der Imperativ der Sichtbarkeit, ‚das heißt, geglaubt wird nur, was gesehen wird‘. (Holert 2002: 200)

Diese Verbindung zwischen Glauben und Sichtbarkeit lädt ‚Sichtbarkeit‘ mit immenser rhetorischer Kraft auf. Allerdings bleibt in der alltäglichen rhetorischen Praxis – und eben diese ist das Feld des Gemeinplatzes – generell unbemerkt, dass Sichtbarkeit nie gegeben, sondern immer in einem Zusammenhang aus Wissen und Macht produziert ist und in einem gegenseitigen Modulationsverhältnis zu Unsichtbarkeit steht (s.a. Holert 2000: 20). „Sichtbarkeit ist nicht Transparenz“, schreiben Paula A. Treichler, Lisa Cartwright und Constance Penley, sie ist vielmehr selbst ein Anspruch, der sorgfältig untersucht werden muss: Es gilt, das, was gesehen und neu gesehen wird, zu bestätigen und gleichermaßen wachsam zu sein dafür, was nicht oder nicht mehr gesehen wird. a claim that must be carefully examined: in acknowledging what is seen, and newly seen, we need to be equally vigilant about what is not seen, or no longer seen. (Treichler/Cartwright/Penley 1998: 3)

„Hegemonie des Auges“ (Comolli 1985: 46) und „Ideologie des Sichtbaren“ (Serge Daney, zit. nach Comolli, ebd.) nannten in den 1960er Jahren die Kino- und Ideologietheoretiker Serge Daney und Jean-Louis Comolli diese Funktion des Sehsinns als Erkenntnisinstrument und Wirklichkeitsgarant. Sie wird in zahlreichen Begriffen deutlich, die das Verstehen durch eine okulare Metapher bezeichnen: etwas ist augenscheinlich, offensichtlich, evident, einzusehen etc. Die Problematik dieser epistemologischen Verknüpfung unter der Vorherrschaft des skopischen Regimes der Zentralperspektive ist seit langem wissenschaftliches Thema.6 Hal Foster zählt für die erste Hälfte des 20. Jahr13

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hunderts auf: Erwin Panofsky über die Perspektive als symbolische Form, Martin Heidegger über deren Verwickeltheit mit einem Subjekt der Herrschaft, Maurice Merleau-Ponty über die Körperlichkeit des Sehens, Jacques Lacan über die psychischen Kosten des Blicks, Frantz Fanon über dessen koloniale Dimension (vgl. Foster 1988: xiv). Seit den 1970er Jahren schließen hier die (besonders im englischen Sprachraum, seit Mitte der 1980er aber auch im deutschsprachigen Raum) enorm produktiven feministischen, antirassistischen, postkolonialen Repräsentationskritiken an. Ihre Ergebnisse sind ein wesentlicher Ausgangspunkt dieses Buches. Als politische Forderung postuliert die Vorstellung des Sichtbarmachens ein hierarchisches, von Macht- und Herrschaftsstrukturen durchzogenes Verhältnis zwischen unterschiedlichen Wissenskontexten und Öffentlichkeiten – zwischen minorisierten versus majorisierten, subalternen7 versus hegemonialen8 Zusammenhängen. Meist geht es hier um eine Bewegung, die ausgeht von einer minorisierten oder subalternen Position und einen hegemonialen oder dominanten Zusammenhang herausfordert. Dieses Verhältnis als herrschaftsdurchzogenes und gleichzeitig produktives versuche ich mit einer theoretischen Figur Teresa de Lauretis’, dem space-off, in Kapitel 4 zu fassen. Die politische und die epistemische, das Wissen betreffende Dimension treffen sich dort, wo Forderungen nach Sichtbarmachung sich auf die Repräsentation eines bestimmten Wissen richten, also einklagen, dass ein bestimmter Wissenszusammenhang in die „Ordnung, auf deren Hintergrund wir denken“ (so Foucaults Formulierung für Episteme, Foucault 1990: 25) eingeschlossen werde. Damit ist auch die Frage gestellt, was überhaupt denkbar, sagbar und daher anschaulich ist in dieser Ordnung – und was nicht. Ästhetische Fragen schließlich wirft der Topos auf, weil es bei Sichtbarmachung und Sichtbarkeit notwendig immer auch um die Form des ZuSehen-Gegeben-Seins geht, grundlegend also auch um die Notwendigkeit, sich nicht nur damit, ob, sondern auch damit, wie etwas dargestellt wird, auseinander zu setzen. Die vorliegende Arbeit unternimmt daher auch eine Rückübersetzung des Begriffs der Sichtbarkeit aus dem Feld politischer Rhetoriken in den Bereich visueller Analysen. Selbstredend geht es bei dieser Bewegung, die den Begriff Sichtbarkeit wieder zurückverspannen will in das Untersuchungsfeld der Visualität, keineswegs um eine Löschung der politischen Aufladung, die der Begriff in den letzten Jahren erfahren hat. Ganz im Gegenteil ist es gerade diese politische Aufgeladenheit, die die Rückübersetzung besonders lohnend macht. (Eine ähnliche Aufgeladenheit begleitet, wie ich in Kapitel 3 darstellen werde, den Begriff der Repräsentation, dessen Bedeutungsfelder sowohl politische, epistemologische wie auch ästhetische Dimensionen umfassen. Das macht auch diesen Begriff so geeignet für Diskussionen, die sich für die Analyse der politischen Bedeutung gesellschaftlicher Formen interessieren.)

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Einleitung

Welche Sichtbarkeit? Besonders um die Betonung dieser letzten, der ästhetischen Dimension wird es mir in dem vorliegenden Buch gehen. Denn gerade in aktivistischen politischen Kontexten ist die Reflexion darüber, wie – im Gegensatz zu was – dargestellt wird, noch immer alles andere als selbstverständlich. Und doch gibt es eine mittlerweile wenigstens dreißig Jahre umfassende Tradition kritischer Theorieproduktion über die Ambivalenzen der Kategorie und des Status der Sichtbarkeit, deren Ergebnisse eine vorbehaltlose Affirmation möglicher positiver Effekte von ‚mehr Sichtbarkeit‘ verunmöglichen. Denn wenn der Zusammenhang zwischen visueller Repräsentiertheit und politischer Macht so kausal wäre, wie es diese Annahme nahe legt, folgte daraus, wie die feministische Performance-Theoretikerin Peggy Phelan bemerkt, dass in den Gesellschaften des hochindustrialisierten Nordens die Macht primär in den Händen junger, weißer, halbbekleideter Frauen liegen müsste. „Aber“, so Phelan, die Allgegenwärtigkeit ihres Bildes hat ihnen wohl kaum politische oder ökonomische Macht verliehen. If representational visibility equals power, then almost-naked young white women should be running Western Culture. The ubiquity of their image, however, has hardly brought them political or economic power. (Phelan 1993: 10)

Und dennoch sind jene Positionen nach wie vor weit verbreitet, die die Forderung nach (politischer, juridischer, gesellschaftlicher etc.) Anerkennung minorisierter Existenzweisen im Rahmen einer Forderung nach ‚mehr Sichtbarkeit‘ artikulieren (mehr Sichtbarkeit für Frauen, mehr Sichtbarkeit für Lesben und Schwule, mehr Sichtbarkeit für Migrant_innen) – und sich dann mit Repräsentationen zufrieden zu geben, die in den ästhetischen Formen ihrer Darstellung Gefahr laufen, eine herrschende Ordnung affirmativ zu reproduzieren. Hier setzt die vorliegende Arbeit ein: an der Schnittstelle zwischen politischem, ästhetischem und theoretischem Wissen und im Bestehen darauf, dass politische Forderungen Hand in Hand gehen mit repräsentationskritischen ästhetischen Überlegungen. Im deutschsprachigen Raum wird diese Diskussion gerne in den Kunstbereich verschoben und dort domestiziert. Das ist einer von mehreren im Kapitel 1 ausführlicher dargelegten Gründen, meine Arbeit in einem anderen Kontext verorten zu wollen – dem der visuellen Kultur. Dieses Insistieren auf einer Auseinandersetzung mit den visuellen Ästhetiken, die politische Forderungen begleiten, will vor allem eine vorbehaltlos positive Einschätzung des Modus der Sichtbarkeit problematisieren und gegen quantifizierende Logiken von mehr Sichtbarkeit = mehr politische Macht argumentieren. Was das an Auseinandersetzung mit Visualität und visuellem Material heißen kann, möchte ich sowohl im zweiten Teil des Kapitels 2 über das Stereotypisieren als Bedeutungspraxis wie auch im zwei15

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ten Teil des Kapitels 3 zeigen, das die Bildpolitiken zweier politischer Kampagnen diskutiert. Die hier besprochenen Bildmaterialien stehen alle in Zusammenhang mit einer staatlichen oder wenigstens ‚offiziellen‘ antirassistischen Repräsentationspraxis.9 Aber bei aller Freude über diese ‚staatlich gestützten‘ Repräsentationen migrantischer Subjektpositionen10 und deren affirmative Sichtbarkeit im offiziellen Diskurs der Bundesrepublik Deutschland, sind die Effekte dieser Darstellungen dennoch ambivalent. Denn für die stereotypisierenden Praktiken des Genres des ‚Migrantenkinos‘ (Göktürk 2000) gilt: diese Form der Sichtbarmachung reproduziert, über eine geschlechterdifferentiell ausbuchstabierte Stereotypisierung der als Migrant_innen markierten Charaktere, in Film um Film die dominanten und traditionsreichen orientalisierenden Souveränitätsphantasien eines hochindustrialisierten Nordens/Westens. So ist denn das beste Gegenargument gegen quantitative Sichtbarkeitsargumente der Verweis auf das Stereotyp, das grundsätzlich auf einer hohen Zirkulationsdichte und, als deren Effekt, einer wohl etablierten Intertextualität basiert. Kurz: Mehr ist also nicht notwendig besser. Die in Kapitel 3 besprochenen Plakatkampagnen haben bedeutend mehr von migrantischer Repräsentationskritik gelernt, da sie in ihrer Darstellungsstruktur Subjektpositionen, deren Sichtbarkeit als nicht-weiß produziert wird, nicht neuerlich viktimisieren. Dennoch hält sich bei genauerer Betrachtung die Freude angesichts manch anderer Bedeutungsdimensionen auch dieser Bilder in Grenzen. Im Fall der Plakatkampagnen werde ich argumentieren, dass die Plakate auf einer textuellen Ebene zwar einen Ausbau von Handlungs- und Gestaltungsmacht ankündigen, aber genau diese auf einer visuellen Ebene untergraben. All das sind selbstredend keine Argumente gegen das Streiten um Bilder und die Art, wie sie bedeuten und anders bedeuten könnten. Ganz im Gegenteil will meine Arbeit Argumente und Gründe genau für ein solches Streiten, Verhandeln und auch Kämpfen um andere Formen des Bedeutens bereitstellen. Denn wenn das Ordnende, Klassifizierende, Typisierende, ja selbst das Stereotypisierende als Aktivität des gesellschaftlichen Bedeutens und des Gesellschaft Bedeutens unumgänglich ist (vgl. Dyer 1993: 12), dann geht es nicht um eine nicht-ordnende, nicht-typisierende, nicht-stereotypisierende und damit gerechtere, oder zumindest neutralere Form des Repräsentierens. Wie Richard Dyer sagt, diese Aktivität des Ordnens, inklusive des Gebrauchens von Stereotypen, muss als notwendiger und tatsächlich unvermeidlicher Teil dessen anerkannt werden, wie Gesellschaften sich selbst Sinn geben und sich also faktisch herstellen und reproduzieren. (Die Tatsache, dass all diese Weisen des Ordnens definitionsgemäß partiell und limitiert sind, bedeutet nicht, dass sie unwahr sind – partielles Wissen ist nicht falsches Wissen, es ist schlicht kein absolutes Wissen.)

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Einleitung

this activity of ordering, including the use of stereotypes, has to be acknowledged as a necessary, indeed inescapable, part of the way societies make sense of themselves, and hence actually make and reproduce themselves. (The fact that all such orderings are, by definition, partial and limited does not mean that they are untrue – partial knowledge is not false knowledge, it is simply not absolute knowledge.) (Dyer 1993: 12)

Eine Vielzahl feministischer repräsentationskritischer und wissenschaftstheoretischer Arbeiten haben herausgestellt, dass und warum Wissen und Repräsentation notwendig als positioniert, situiert und nicht absolut zu betrachten ist; dass Wissen/Repräsentation darüber hinaus immer in Machtund Herrschaftsprozesse involviert und an der Produktion und Reproduktion von Gesellschaft beteiligt ist.11 Diese Perspektive ermöglicht Fragen danach, welche Gesellschaften wie durch welche Prozesse der Bedeutungsproduktion re/produziert werden und welche Verhältnisse zwischen welchen Gruppen und Klassen einer Gesellschaft – und wie sich diese Verhältnisse anders produzieren lassen. Diese Fragen verschieben die Aufmerksamkeit weg von einem Bemühen darum, mehr Sichtbarkeit innerhalb bestehender Verhältnisse zu erzielen, hin zu der Erzeugung anderer Repräsentationen anderer Verhältnisse, um, wie Teresa de Lauretis sagt, „die Bedingungen der Sichtbarkeit für ein anderes gesellschaftliches Subjekt“ herzustellen:12 Denn letztlich geht es nicht so sehr darum, ‚das Unsichtbare sichtbar zu machen‘, sondern darum, wie sich die Bedingungen der Sichtbarkeit eines anderen gesellschaftlichen Subjekts herstellen lassen. For what is finally at stake is not so much how ‚to make visible the invisible‘ as to how to produce the conditions of visibility for a different social subject. (De Lauretis 1984a: 8f)

Dieses andere gesellschaftliche Subjekt, an das de Lauretis 1984 hinschrieb, nannte sie ‚feministisch‘, und ich würde es gerne durch: antikapitalistisch, antirassistisch, antihomophob und antitransphob bzw. antisexistisch13 ergänzen. Und das ist eine weitere umfassende Aufforderung, die die politische Rhetorik der Sichtbarkeit dort bereit hält, wo es um Fragen nach den Weisen der Überschneidungen und gegenseitigen Modulationen unterschiedlicher Differenzierungs- und Herrschaftsachsen geht. Das sind Fragen danach, wie sich unterschiedlich fokussierte Politiken gegenseitig stärken können und müssen. Diese Fragen produzieren im rhetorischen Register der Sichtbarkeit und Sichtbarmachung, das häufig identitätslogisch organisiert ist (‚Frauen sichtbar machen‘, ‚Migrant_innen sichtbar machen‘, ‚Schwule und Lesben sichtbar machen‘), eine enorme Herausforderung. Denn oft genug resultiert aus der Konzentration auf eine alleinige Achse der Diskriminierung und ihrer daraus folgenden politischen, analytischen und epistemologischen Privilegierung die Reproduktion anderer Diskriminierungsformen. Das führen gerade identitätspolitisch zentrierte Sichtbarkeitspolitiken immer wieder vor. Dieses Buch unternimmt daher auch den Versuch, eine forschende und schreibende Praxis entlang der Frage zu ent17

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wickeln, wie sich im Rahmen eines rhetorischen Registers der Sichtbarkeit und Sichtbarmachung kritische und analytische Traditionen, die unterschiedliche Minorisierungsachsen thematisieren, gegenseitig stärken können. Und auch wenn sich in dem vorliegenden Projekt diese Traditionen meist noch eher überschneiden denn verbinden und darin Asymmetrien in den Gewichtungen der jeweiligen Traditionen bestehen, so ist hier auch ein ungelöstes Repräsentationsproblem ausgestellt, das auffordert – zum Weiterarbeiten.

Positive Bilder? Analyse der Repräsentationsbedingungen? Auf einer anderen Ebene ist das vorliegende Buch ein Resultat des Weiterarbeitens vieler, denn es beerbt eine grundsätzliche bildpolitische Debatte. Um die 1980er Jahre herum schreiben zahlreiche Theoretiker_innen, denen es um Verbindungen ästhetischer Kritiken und Theorien mit politischen, aktivistischen Zusammenhängen zu tun ist, von derselben Konfliktsituation und einem Zerren in zwei unterschiedliche Richtungen (vgl. z.B. Pollock 1992 u. 1990, de Lauretis 1987a, Bailey 1988). Der wiederkehrende Disput, von dem diese Texte handeln, verläuft zwischen zwei Positionen. Die eine Position, oft die aktivistische, behauptet die Wichtigkeit einer Arbeit an ‚machtvollen Bildern‘ und positiven Identifikationsangeboten. Sie besteht damit auf der Notwendigkeit der Existenz dieser Bilder. Die andere Position, oft die künstlerische oder theoretische, priorisiert die Analyse der Bedingungen und des Materials des Darstellens. Diese Analyse wird hier als Grundlage jeglicher Veränderung verstanden, mit dem Argument, dass es kein Außerhalb oder jenseits dieser Bedingungen gebe, selbst wenn der Kontext, der eine spezielle Situation der Bedeutungsproduktion rahmt, sich noch so sehr jenseits dominanter Strukturen verstehen will.14 Beide Positionen haben als argumentative Möglichkeiten taktisch ihre Einsatzorte. Denn das Bedürfnis nach anderen Bildern kennen einerseits alle, die mit Bildern konfrontiert sind, die ihre eigene Subjektposition als monströs, moralisch schlecht, nicht lebenswert oder sonst wie abgewertet darstellen – und die sich also gegen diese Bilder zur Wehr setzen wollen. (Dieses Bedürfnis kennen auch jene, die die Effekte dieser Konfrontiertheit anderer mit abwertenden Bildern emphatisch nachvollziehen.) Andererseits aber lässt sich aus dem Wissen feministischer und antirassistischer Repräsentationskritiken die Einsicht gewinnen, dass die schiere Vervielfältigung idealisierter Bilder spezifischer Subjektpositionen keineswegs Rückschlüsse auf deren ökonomische und politische Macht in der Gesellschaftsformation zulässt, in der sie zirkulieren. Hier sei an das bereits zitierte Beispiel Peggy Phelans über die Häufigkeit der Zirkulation idealisierter Bilder junger, weißer, knapp bekleideter Frauen in der westlichen hochindustrialisierten Welt erinnert, die wohl kaum Aufschluss darüber gewährt, an welchen Orten und in wessen Händen sich gesellschaftliche, politische, ökonomische Gestaltungs- und 18

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Einleitung

Durchsetzungsmacht ballt (und somit auch keinen Aufschluss darüber, wen oder was diese Bilder strukturell stützen). Wenn ich im Folgenden also von ‚anerkennender Sichtbarkeit‘ spreche, meine ich damit eine Kategorie und Qualität, die nicht deckungsgleich mit ‚positiven, machtvollen Bildern‘ ist, aber damit verwandt, da sie diese Debatte beerbt. ‚Anerkennende Sichtbarkeit‘ markiert eine Position, die davon ausgeht, dass es immer auch der Analysen der Darstellungsbedingungen bedarf – als von Normen durchzogene Bedingungen der Sichtbarkeit und der Intelligibilität; die aber auch darauf besteht, dass die Belehnung mit Wert als schiere Affirmation der eigenen Existenz eine Bedingung des menschlichen Lebens ist und daher als gesellschaftliche Ressource nicht ein Privileg sein darf, auf das manche mehr, manche weniger und andere gar keinen Zugriff haben. Was die politische Forderung nach Sichtbarmachung von Anfang an begleitete, war die Vorstellung von kollektiven bzw. Gruppen-Identitäten und deren strukturelle Ausgrenzungen und Missachtungen. (In den theoretischen Debatten der letzten Jahre wird ‚Sichtbarkeit‘ zunehmend durch ‚Anerkennung‘ ersetzt. Vielleicht ließe sich aber sagen, dass die Schwergewichtsetzung auf einer kollektiven Dimension von Unterdrücktheit das Konzept der Sichtbarkeit von dem der Anerkennung unterscheidet, und dass im Rahmen der Anerkennung tendenziell stärker von den einzelnen ausgehend argumentiert wird.) An diesen gegen Missachtung und Ausschluss gerichteten Impuls der Sichtbarmachungsrhetoriken möchte ich anschließen, dort, wo sie das Herstellen anerkennender und eben nicht: abwertender, stereotypisierender Repräsentationsformen für Existenzweisen fordern, die nicht den normativ idealen und daher gesellschaftlich anerkannten Weisen, das eigene Leben zu gestalten, entsprechen. Mit ‚anerkennender Sichtbarkeit‘ nimmt die vorliegende Arbeit also eine Qualifizierung von ‚Sichtbarkeit‘ vor, um eine affirmative Weise des Repräsentierens zu bezeichnen, im Sinne einer Affirmation und affirmativen Produktion des partikularen Werts einer Person, einer Sache, eines Verhältnisses (mehr dazu unten und in Kapitel 5). Diese anerkennende Sichtbarkeit, die meine Arbeit als Kategorie anhand der oben erwähnten Bildmaterialien verfolgt, interessiert mich im Kontext der Repräsentation minorisierter Subjektpositionen. Mit Judith Butlers Worten geht es damit um ein Reformulieren „jene[r] Möglichkeiten […], die bereits existieren, wenn auch in kulturellen Bereichen, die als kulturell unintelligibel und unmöglich gelten“ (Butler 1991: 218, Hervorh. i. O.). Das Verhältnis zwischen „unintelligiblen, unmöglichen Bereichen“ und „den Diskursen, die das intelligible Kulturleben stiften“ (ebd.) als ein Verhältnis dominanter und subalterner Öffentlichkeiten und ihrer Sichtbarkeiten zueinander wird später mit Teresa de Lauretis’ Konzept des space-off genauer zu bestimmen sein (Kapitel 4). Um dieses Verhältnis als prekäres zu konkretisieren, werde ich im zweiten Teil dieses Kapitels beschreiben, wie spezifische visuelle Bilder und künstlerische Arbeiten – die Fotografien Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies – funktionieren, die, ausgehend von einer Kritik an den Strukturen des dominanten Feldes der Sichtbarkeit, gleichzeitig auf subalterne Existenzweisen und alternative Wahrnehmungszusammenhänge verweisen. 19

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Anerkennung In den theoretischen Debatten vor allem um Gerechtigkeit, Gleichheit und Differenz nimmt der Begriff Anerkennung seit zahlreichen Jahren einen prominenten Ort ein, vor allem in Entgegensetzung zum Begriff Umverteilung. Entlang dieser Entgegensetzung wird vor allem das Verhältnis zwischen Ökonomie und ideologischer bzw. kultureller Hegemonie diskutiert.15 Meine Verwendung des Begriffs Anerkennung folgt den Arbeiten Iris Marion Youngs und Judith Butlers, die den Anerkennungsbegriff umarbeiten, indem sie die Entgegensetzung zwischen Ökonomie und Kultur kritisieren und genau am konzeptuellen Punkt der Anerkennung die grundlegende Verwobenheit beider Gesellschaftsdimensionen herausarbeiten. Ich verwende ‚Anerkennung‘ als Bezeichnung eines gesellschaftlichen Gutes, das als Produkt und Prozess gesellschaftlicher Strukturen und Dynamiken zwei verflochtene Dimensionen ausdrückt. Zum einen ist Anerkennung die Grundlage für die Lesbarkeit und Verstehbarkeit spezifischer Subjektpositionen – im Sinne von Erkennbarkeit. Hier garantiert sie die Wirklichkeit und die Wahrhaftigkeit dessen, was anerkannt wird. Zum anderen sind Verhältnisse der Anerkennung mit der Dimension der Belehnung mit Wert verbunden – und gezielt verknüpfe ich hier einen zentralen Begriff psychoanalytischer Terminologie mit einem zentralen Begriff der Ökonomie. Anerkennung lässt sich also, mit einer alten Lexikon-Definition, verstehen als „die bejahende Erklärung über die Wirklichkeit, Wahrheit und Identität einer Person oder Sache oder eines Verhältnisses“.16 Da Anerkennung jedoch normengeleitet ist und differenziell produziert wird (bestimmte Subjektpositionen, Lebensverhältnisse, Wissenskontexte werden anerkannt, andere fallen aus den jeweilig gültigen Rastern der Anerkennung heraus), lohnt sich, wenn welche an strukturellen Veränderungen interessiert sind, eine Verbindung der Forderung nach Anerkennung mit einer umfassenderen Kritik an den Verhältnissen des Anerkennens. Anders gesagt geht es bei macht- und herrschaftskritischen Kämpfen um Anerkennung nicht allein um die Anerkennung als etwas Bestimmtes (einer bestimmten Identität), sondern um eine Arbeit am gesamten Feld der Normen, die bestimmen, was jemanden anerkennbar macht und was nicht (vgl. Emcke/Saar/Butler 2001: 594). Diese Kämpfe um Anerkennung sind nicht schlicht Kämpfe um Privilegienverteilung, sondern Kämpfe gegen bestimmte Gewaltformen. Denn nicht echt, nicht wirklich, unwahr genannt zu werden ist nicht nur eine Form der Unterdrückung (über die sich im übrigen das Echte, Wirkliche, Wahre bestimmt), sondern eine Form der „entmenschlichenden Gewalt“ („dehumanizing violence“, Butler 2004: 217), die sich über den Status, oder besser: Nicht-Status der Unlesbarkeit herstellt. Wobei Lesbarkeit auch eine Lesbarkeit zu den jeweils eigenen Bedingungen meint, eine Intelligibilität/Lesbarkeit/Sichtbarkeit, die dem entspricht, wie eine_r gelesen werden möchte. Denn auch anhand stereotypisierender oder pathologisierender Intelligibilitätsraster sichtbar zu sein, ist eine Form der Sichtbarkeit/Lesbarkeit. So verschaffen zum Beispiel pathologisierende Intelligibilitätsraster 20

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Einleitung

Transpersonen eine bestimmte Sichtbarkeit, möglicherweise sogar Formen der affirmativen Sichtbarkeit – wenn auch eine affirmative Sichtbarkeit im Konditional. Im Zusammenhang mit rassisierenden und ethnisierenden Darstellungsstrukturen sind diese ‚affirmativen‘ Formen der Sichtbarmachung, die vornehmlich über karitativ verbrämte Ikonografien arbeiten, oft herausgearbeitet worden (‚Elendsvoyeurismus‘ ist beispielsweise ein Begriff für eines dieser Intelligibilitätsraster). Anerkennung im Konditional nenne ich das, was diese stereotypisierenden oder pathologisierenden Darstellungsformen produzieren – also eine bedingte Form der Anerkennung. Bedingt ist diese Anerkennung, da ihre Formen der „Produktion des Souveränitätsgefühls“ (Mankell 2003: 5) ganz anderer Subjektpositionen dienen (nur dann, wenn dieses Souveränitätsgefühl produziert wird, wird Anerkennung verteilt) oder zumindest dieses Souveränitätsgefühl der majoritären Subjektpositionen nicht zur Disposition steht (nur dann, wenn dieses Souveränitätsgefühl nicht angetastet wird, wird Anerkennung verliehen). Siehe dazu besonders die Bildanalysen in Kapitel 2 und 3. Grund genug also, sich genauer mit den Formen der Sichtbarkeit zu beschäftigen und danach zu fragen, wie uns etwas zu sehen gegeben wird und was darin gleichzeitig als Unsichtbarkeit entsteht. Denn einer der politisch wesentlichsten Effekte dieser Formen ist, wie sie Subjektpositionen im Feld hegemonialer Sichtbarkeit erzeugen, z.B. als normative Ideale oder als entwertende Stereotypen. Darüber bestimmen sich gesellschaftlicher Wert und (Subjekt)Status, und dieser inkludiert nicht zuletzt auch die (gesellschaftlich gegebene) Möglichkeit und Fähigkeit, Darstellungsparameter und Repräsentationsstandards (z.B. der eigenen Subjektposition) mitzubestimmen.

Über die Bildauswahl Noch bevor für mich geklärt war, auf welche theoretischen Arbeiten ich mich beziehen würde, stand fest, über welche Bilder und welche spezifischen Fragestellungen, die sich an ihnen für mich auftun, ich schreiben würde. Die Bilder kamen im Verlauf der Arbeit also zuerst, auch wenn der Aufbau des Buches das nicht unbedingt vermuten lässt, da die Diskussion der Bilder so stark in das theoretische Material eingebettet ist. Die Fragen, die das Buch an bestimmte visuelle Praktiken richtet (d.h. an Bilder und den Umgang mit ihnen), resultieren aus Diskussions- und Arbeitserfahrungen in Kontexten in Wien, die als Schnittstellen zwischen politischem Aktivismus und künstlerischer und theoretischer Produktion entstanden. Diese Kontexte sind mit antirassistischen, queer-feministischen Politiken beschäftigt und legen seit Jahren starkes Gewicht auf eine gleichzeitig stattfindende Auseinandersetzung mit visuellen Politiken und mit der Frage, wie in einen Herrschaft artikulierenden Bedeutungszusammenhang visuell interveniert werden kann. Die Dilemmata, die hier für jede Produktion neu und je spezifisch zu diskutieren sind, entstehen, weil auch die kritisch intervenierenden visuellen Produktionen auf die Verwendung genau jenes Formenrepertoires an21

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gewiesen sind, das der Herstellung hegemonialer Bedeutungen dient. Wie also kann die Kritik bestimmender sein als die Affirmation? Und wie kann die visuelle Repräsentation minorisierter Subjektpositionen und Existenzweisen diesen Positionen Anerkennung zuteil werden lassen und sie nicht in der Darstellung erneut minorisieren? Mit einem Interesse für visuelle Formulierungen, die auf minorisierte Existenzweisen verweisen und kritische oppositionelle Politiken artikulieren, untersuche ich drei verschiedene Sets an Bildern und ihre spezifischen Modalitäten. Zum ersten ist das die Modalität des Stereotypisierens in einem Genre des bundesdeutschen Fernsehens, das ich an Deniz Göktürks Arbeit anschließend das ‚Migrant_innendrama‘ nenne (Kapitel 2). Dieses TV-Genre, das seit den 1960er Jahren von öffentlicher Hand gefördert wird, ist insofern antirassistisch motiviert als es ihm darum geht, der Tatsache visuell und narrativ Rechnung zu tragen, dass in Deutschland nicht nur Familien leben, die auf Generationen deutscher Passinhabe verweisen können. Also fördern TV-Redaktionen Filme, die Migrationsprozesse thematisieren. Die Art und Weise dieser Thematisierung, ihre spezifische Form, produziert allerdings Probleme, die dieser antirassistischen Motivation entgegenlaufen. Das zweite Bilderset öffnet ein ähnliches thematisches Feld, allerdings entlang einer anderen Repräsentationsmodalität, nämlich der des Plakatierens (Kapitel 3). Hier geht es um zwei Plakatkampagnen im öffentlichen Raum, die durch öffentliche Gelder im Auftrag eines Ministeriums finanziert (die eine) oder durch dasselbe Ministerium symbolisch unterstützt (die andere) wurden. Diese beiden Kampagnen haben gleichfalls einen, in diesen beiden Fällen sogar sehr expliziten, antirassistischen Hintergrund. Und auch in diesen beiden Fällen produziert die Form der Darstellung Einschränkung, Verknappung, Asymmetrie und Hierarchie. Die Diskussion des dritten Sets an Bildern verfolgt die Frage der politischen Risiken und Ambivalenzen, die visuelle Repräsentationen eingehen, anhand der Modalität des fotografischen Porträtierens (Kapitel 4). Die hier diskutierten Arbeiten Catherine Opies und Del LaGrace Volcanos sind Produktionen, die als künstlerische auch (wenn auch nicht nur) im Kunstfeld zirkulieren. Ebenso wie die bisher verhandelten visuellen Texte bewegen sie sich in einem Feld der Ambivalenzen und Risiken zwischen Affirmation und produktiver Verschiebung. Ihre Weisen der Nutzung dieser Spannung zwischen Reproduktion und Transformation halte ich jedoch für enorm erfolgreich. Erfolgreich heißt zum Beispiel, dass ihre Repräsentationen von den minorisierten Kontexten, die sie darstellen, als Spiegel, und das heißt auch als Formatierungsinstrumente ihrer Subjektivitäten, angenommen werden: und zwar angenommen als gültige Setzungen in einem „Kampf um das simple Recht auf eine affirmative Existenz“ (Schulman 1991: 4, vgl. auch Kapitel 5). Ich möchte noch einmal betonen: Meine Bildauswahl ist durch spezifische Fragen, die sich an den Bildern auftun, begründet. Diese Fragen betreffen Minorisierungen und Majorisierungen im Feld der Sichtbarkeit. Dies sind keine Fragen danach, ob die ästhetischen Formulierungen dieser Bilder künstlerisch besonders herausfordernd sind oder nicht. Mich hat der 22

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Einleitung

Gebrauchsmodus dieser Bilder interessiert. Mich hat das Lesen ihrer spezifischen Verfahrensweisen herausgefordert. Mich haben allerdings besonders die Ambivalenzen und damit das Spannungsgeladene der Ästhetiken aller besprochenen visuellen Arbeiten zu einer genaueren Auseinandersetzung verleitet. Ausgewählt habe ich sie zudem, da ich zahlreiche Aspekte ihrer visuellen Formulierungen für paradigmatisch halte und ihre Analyse daher für weitere Diskussionen im Hinblick auf zukünftige Formulierungen visueller Politiken hilfreich sein kann.

Der Aufbau des Buches Die Einleitung hat das Untersuchungsfeld des Buches aufgespannt. Grundsätzlich wird darin Sichtbarkeit als Topos definiert, der vom Feld des Gemeinplatzes auf eine analytische Ebene verschoben werden soll, auf der seine Ambivalenzen darstellbar und diskutierbar werden. Kapitel 1 verortet die vorliegende Untersuchung im Forschungszusammenhang der visuellen Kultur. Wie dieser Forschungszusammenhang sich definiert und wogegen er sich abgrenzt, wird hier dargelegt. Aufgrund meiner eigenen disziplinären Herkunft gilt spezielle Aufmerksamkeit den disziplinären und um Inter- und Transdisziplinarität ringenden Auseinandersetzungen zwischen den Vertreter_innen kunsthistorisch und kunstwissenschaftlicher Forschung und jenen, die von sich sagen, sie beforschen visuelle Kultur. Kapitel 2 ist der Problematisierung einer vorbehaltlosen Affirmation der Kategorie und des Modus der Sichtbarkeit gewidmet. Es richtet sich gegen eine Vorstellung, die davon ausgeht, dass ein Mehr an Sichtbarkeit auch ein Mehr an gesellschaftlicher Gestaltungsmacht, politischem Durchsetzungsvermögen und sozialer Anerkennung bedeutet. Drei Einwände gegen diese vorbehaltlose Affirmation werden vorgebracht, und eine konzeptuelle Konsequenz aus diesen Einwänden: dass Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit als sich gegenseitig modulierende und auch konstituierende Zustände zu betrachten sind, und selbstredend gleichermaßen als diskursive Produktionen. Daran schließt die erste Diskussion visueller Materialien an: Anhand des deutschsprachigen Film- und TV-Genres des ‚Migrant_innendramas‘ wird das Stereotypisieren als Repräsentationsmodus und –praxis diskutiert, und mit dem Verweis auf die Effekte stereotypisierenden Darstellens ein besonders eingängiges Argument gegen eine Vorstellung von „mehr Sichtbarkeit = mehr politische Macht“ vorgebracht. Diesem Kapitelteil ist neuerlich die Aufforderung implizit, aufmerksam zu sein für die Formen der Repräsentation, viel aufmerksamer als für deren Quantitäten. Im ersten Teil des Kapitels 3 wird ein Repräsentationsbegriff erarbeitet, der meiner Untersuchung zugrunde gelegt ist, und es wird die Praxis der Repräsentationskritik vorgestellt, die die vorliegende Arbeit informiert. Dazu stelle ich zunächst den Zusammenhang zwischen Darstellung, Vorstellung und Stellvertretung und das Zusammentreffen der ästhetischen, der politi23

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schen und der epistemologischen Dimension im Begriff der Repräsentation dar. Die Betonung der vorliegenden Untersuchung liegt dabei auf der ästhetischen Dimension von Repräsentation als welt- und wirklichkeitserzeugend, und auf der Art, wie diese Dimension der Ästhetik mit der Produktion von Normativitäten, Hierarchien und Herrschaft verbunden ist. Mit der Modalität des Plakatierens schließt hier die Diskussion der beiden Plakatkampagnen Einbürgerung. Fair. Gerecht. Tolerant. und Deutsche gegen rechte Gewalt an. Wie schon der erste Teil des Kapitels 2 beschäftigt sich auch dieser Teil des Buches mit einem Modus der Repräsentation, den ich ‚visuelle Anerkennung im Konditional‘ nenne. Ich bezeichne damit visuelle Bilder, die zwar Anerkennung (hier zunächst verstanden als „bejahende Erklärung über die Wirklichkeit, Wahrheit und Identität einer Person oder Sache oder eines Verhältnisses“, Meyers 1889: 562) artikulieren. Gleichzeitig wird aber mit dem Verleihen der Anerkennung an bestimmte Positionen die Souveränität ganz anderer Positionen hergestellt. Und nur dann, wenn die Souveränität dieser ganz anderen Positionen und die Hierarchie der Verhältnisse, die zwischen diesen Positionen hergestellt wird, nicht angetastet ist, wird Anerkennung verliehen. Auch das Kapitel 4 basiert auf einer Zweiteilung. Der erste Kapitelteil stellt anhand theoretischer Figuren Kaja Silvermans und Teresa de Lauretis’ Formulierungen vor, die Hegemonialisierung im Feld der Sichtbarkeit beschreibbar machen. Dazu bedarf es auch eines Konzeptes, das es erlaubt, Verhältnisse zwischen majorisierten und minorisierten Systemen der Sichtbarkeit und der Intelligibilität zu fassen. Dieser Teil des Kapitels endet mit hegemonietheoretischen Bemerkungen zur formalen Abhängigkeit oppositioneller Aussagen von einem hegemonialen Aussagesystem. Teil zwei des Kapitels 4 ist dem Porträtieren als Repräsentationsmodalität gewidmet, und hier spezifisch zwei Arbeiten von Catherine Opie und Del LaGrace Volcano. Beschrieben werden Darstellungstaktiken, die sich sehr explizit innerhalb eines dominanten Repräsentationsvokabulars bewegen – es geradezu okkupieren, so argumentiere ich, um darin unvorhergesehene Möglichkeiten aufzufalten. Das Kapitel 5 verschiebt den Schwerpunkt der Auseinandersetzung von der Materialität und Produktivität visueller Repräsentationen hin Materialität und Produktivität der Praxis des Blickens. Ausgangspunkt ist die Frage, wie ein Sehen seine Ausgerichtetheit an vorherrschenden Normen verändern kann, wenn es dominante Weisen des abwertenden, verachtenden oder gar völlig verwerfenden Blickens nicht wiederholen will. Die theoretischen Kategorien, mit denen ich hier arbeite, sind noch einmal Kaja Silvermans Texten entlehnt, werden hier allerdings durch das Konzept der Anerkennung, wie es vor allem in den Arbeiten Judith Butlers expliziert wird, ergänzt. Das Kapitel endet mit einem Begriff des Übersetzens, der diese Praxis als Möglichkeit des Öffnens von Bedeutung betont. Das Resumée schließlich plädiert noch einmal für eine reflexive Praxis des Sehens und des Darstellens. Es betont aber auch die Produktivität einer Ambivalenz, die entsteht durch die Notwendigkeit, auf dem Recht der Affirmation der eigenen Existenz als Recht aller zu bestehen und gleichzeitig Dis24

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identifikation als Arbeit und Nicht-Anerkennung als Tendenz zu bestärken. Visuelle Unterstützung holt sich das Resumée bei einer Arbeit Jakob Lena Knebls.

Übersetzungsanmerkung Das vorliegende Buch ist Resultat zahlreicher Bewegungen zwischen verschiedenen Praxisfeldern, Wissenskontexten und als Bewegung zwischen Deutschland und Österreich auch zwischen verschiedenen Orten der Produktion. Der letzte Abschnitt des Kapitels 5 handelt explizit von derartigen Bewegungen, definiert sie als Übersetzungen und beschreibt die Praxis des Übersetzens als ein Öffnen von Bedeutungen und damit als Arbeit an den Bezeichnungspraxen (vgl. auch Kapitel 2). Jo Schmeiser hat diese Praxis und ihre ermöglichenden Zwischenräume in ein Bild übersetzt und mir das Bild für das Buchcover geschenkt. So ist nun das Übersetzen an vielen Stellen des Buches präsent: auch in der Zweisprachigkeit, die durch die Übersetzung der englischsprachigen Zitate entstand, und in den Möglichkeiten, die der Raum zwischen den Ausgangszitaten und ihren Übersetzungen anzubieten hat. Alle Übersetzungen der zitierten englischsprachigen Literatur sind von mir angefertigt, diesmal alleine – aber viel lieber mache ich das zu mehrt: für eine queer-feministisch-antirassistisch informierte kollektive Übersetzungspraxis siehe www.genderetalia.sil.at.

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Anmerkungen 1. Titel der Rede zur Ausstellung Schwestern vergesst uns nicht. www.nadir.org/ nadir/periodika/gegendruck/Pages/archiv/gd-23/23_frauen.html (10.06.08, Hervorhebung js) 2. maiz ist ein ‚autonomes Integrationszentrum von und für Migrantinnen‘ in Linz, das, auf der Protagonistinnenposition migrantischer Frauen bestehend, durch die Verknüpfung politischer, kultureller, beraterischer/pädagogischer und theoretischer Arbeit die autonome bzw. selbstorganisierte politische und theoretische Landschaft in Österreich seit Jahren enorm beeinflusst. Für das Zitat vgl. Caixeta 2002 (Hervorhebung js). Vgl. auch Salgado 1999, bzw. über maiz Doucette 2001. 3. Dialogai ist eine Genfer Schwulenorganisation, deren Schwerpunkt auf Polit-, Beratungs- und Präventionsarbeit liegt, Pink Cross die Dachorganisation der Schweizer Schwulengruppen. Für das Zitat vgl. www.los.ch./artikel/artikel.phd?ID=441&rubrik=5 (03.03. 2006, Hervorhebungen js). 4. Für diese schriftliche Form und ihre Begründung vgl. den Text von s_he als Kritik zwangszweigeschlechtlicher symbolischer Formen: „Dagegen möchte ich einen anderen Ort von Geschlechtlichkeit setzen, einen Ort, den es zu erforschen gilt und um den wir kämpfen sollten, er sieht so aus: _.“ (s_he 2003) 5. Die Begriffe ‚minorisierend‘ bzw. ‚minoritär‘ (versus ‚majorisierend‘ und ‚majoritär‘) wurden im deutschsprachigen antirassistischen Diskurs der 1990er Jahre in der Kritik an einer Rede entwickelt, die, obgleich oftmals (z.B. in der Rede von ‚Frauen, Migranten, Behinderten und anderen Minderheiten‘) karitativ verbrämt, unweigerlich das Minderwertige der als Minderheit Bezeichneten impliziert. ‚Minorisierend‘ als Begriffskonstruktion hingegen will den Prozess des strukturellen Disprivilegierens, des Zur-Minderheit-Machens bezeichnen. Die grammatische Form soll also naturalisierenden Ideologien entgegentreten, indem mit ihr auf Prozesse des Gemacht-Werdens verwiesen wird. ‚Majoritär‘ bezeichnet demgegenüber eine Position der strukturellen Privilegiertheit, die an der Schnittstelle unterschiedlicher, aber verzahnter normativer Entsprechungen (weiß, bürgerlich, nichtbehindert, heterosexuell, männlich) als Effekt minorisierender Handlungen entsteht und durch sie abgesichert wird. 6. ‚Scopic Regime‘ ist Martin Jays Begriff, vgl. seine Scopic Regimes of Moderinity (Jay 1988). 7. „Subaltern“, so Encarnación Gutiérrez Rodríguez’ an Antonio Gramscis Arbeit orientierte Definition, „bezeichnet hier die Unterwerfung einer sozialen Gruppe durch die hegemonialen Gruppen. Die Subalternen sind einerseits vom herrschenden Kräfteverhältnis ausgeschlossen, andererseits konstitutiv für ihre [dessen? js] Herausbildung. Dies bedeutet, dass ihre Artikulationsformen zwar Eingang in den herrschenden Kanon finden können, ihre Urheberschaft jedoch nicht benannt wird“ (Gutiérrez Rodríguez 2001a: 22). Gutiérrez Rodríguez in einem weiteren Text: „In vielen Fällen kommt es auch zu einer Entfremdung und Aushebelung ihrer widerständigen Aussagekraft. Ihre Position als Subalterne wird durch den Umgang mit ihren Wissensproduktionen reifiziert. Erst in dieser Abhängigkeitsbeziehung konstituiert sich das Verhältnis von Herrschenden und Subalternen“ (Gutiérrez Rodríguez 2001).

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8. ‚Hegemonial‘ bezeichnet hier die ideologisch führende und herrschende Position in einem gesellschaftlichen Verhältnis. Diese Position, die sich durch Konsensbildung und Zwang herstellt, bedeutet, so schreibt Nancy [Peter] Wagenknecht in seiner Auseinandersetzung mit Gramscis Hegemonie-Theorien, dass eine Gruppierung „die Hoheit über die Anordnung gewinnt, innerhalb der alle anderen ihre Interessen formulieren“ (Wagenknecht 2003: 4). Wagenknecht weiter: „Hegemonie — als politische und ökonomische Tatsache — ist die Verfügung darüber, welche Interessen sich in welcher Weise formulieren können, wie sie sich vermitteln und durchsetzen lassen. Wissensproduktion und individuelle Lebensführung sind wichtige Felder, in denen Hegemonie sich realisiert. Ebenso aber realisiert sie sich in der materiellen Produktion […] und im Einsatz polizeilich-militärischer Zwangsmittel“ (ebd.: 4, Hervorhebung js). Über den Zusammenhang zwischen den Formen der Formulierung und der Produktion von Hegemonie siehe Kapitel 4. 9. Für eine Definition von ‚offizieller Sprache‘ vgl. Bourdieu 1990a: 21. Vgl. auch Kapitel 3, Visuelle Anerkennung im Konditional 2: Plakatieren. 10. Zu ‚Subjektposition‘ siehe den Abschnitt Subjekt, Subjektposition, Subjektivität in Kapitel 5. 11. Für einen Überblick über diese Diskussion und ihre Protagonistinnen (z.B. Sandra Harding, Donna Haraway, Nancy Hartsock u.a.) vgl. Ernst 1999. 12. Dazu vgl. auch Wenk 2006: 99f. 13. Für eine antitransphobe Umarbeitung des Sexismusbegriffs vgl. Fels/Goutrié/ Schaffer 2001. 14. In seinem Text über die Grenzen einer Darstellungspolitik , die sich auf positive Bilder Schwarzer Subjektpositionen konzentriert, hebt Bailey z.B. hervor, dass das Konzept positiver Bilder des Schwarzseins auf einer Vorstellung des authentischen Schwarzseins basiert. Da diese Authentizität eine limitierte Ressource ist, so Bailey, konkurrieren die Bilder, und in diesem Konkurrieren reproduzieren sie dominante Hierarchisierungen dessen, was eine authentischere und eine lange nicht so authentische Schwarze Subjektposition ausmacht (z.B. „eine, die auch schwul, lesbisch oder andersfähig ist“ (Bailey 1988: 43,44)). Teresa de Lauretis 1987a und Griselda Pollock (1992) und (1990) haben das Spannungsverhältnis zwischen einer Forderung nach machtvollen, positiven Bildern und der Forderung nach kritischer Analyse der Repräsentationsordnung für das Feld der feministischen Politiken und feministischen Bildproduktion in den 1980er und 1990er Jahren exemplarisch beschrieben. 15. Vgl. Fraser 1995 und v.a. die Debatten zwischen Nancy Fraser und Axel Honnet (Fraser/Honneth 2003), s. a. Young 1997 u. Frasers Replik (Fraser 1997), sowie Butler 1998 u. Frasers Replik darauf (Fraser 1998).

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16. So schreibt das Meyers Konversations-Lexikon 1894 (Meyers 1894: 562), fast hundert Jahre nachdem Hegel in seiner Phänomenologie des Geistes eine Denktradition begründete, in der das Begehren als Begehren nach Anerkennung beschrieben und Anerkennung als relational sich herstellende Überlebensbedingung gefasst wird. Judith Butler dazu: „Die Hegelianische Tradition bringt das Begehren mit Anerkennung in Verbindung, indem sie behauptet, dass das Begehren immer ein Begehren nach Anerkennung ist und dass wir alle nur durch die Erfahrung der Anerkennung als gesellschaftlich lebensfähig konstituiert werden“. („The Hegelian tradition links desire with recognition, claiming that desire is always a desire for recognition and that it is only through the experience of recognition that any of us becomes constituted as socially viable beings.“ Butler 2004: 2)

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Kapitel 1 Visuelle Kultur als Forschungsfeld: Eine trans/disziplinäre Verortung und ein knapper Forschungsstand

Dieses Kapitel bietet einen knappen Überblick über den Forschungsstand, der die Grundlage, den Hintergrund und die Voraussetzung dieses Buches über die Ambivalenzen der Sichtbarkeit darstellt. Gleichzeitig nimmt das Kapitel eine Verortung meiner Untersuchung in einem Kontext spezifischer Fragestellungen vor, die die gegenwärtigen Politiken und die zukünftigen Räume der Visualitätskritik betreffen. Meine eigene Ausbildungsherkunft in der Kunstgeschichte wird dabei in zweierlei Hinsicht deutlich: zum einen durch eine spezifische Aufmerksamkeit besonders für visuelle Darstellungsformen und -grammatiken, zum anderen gerade in Fragen disziplinärer und transdisziplinärer Ver- und Entortungen als Negativfolie. Denn die Argumentation dieses Kapitels ist auch durch eine Kritik daran formiert, wie der kunsthistorische und kunstwissenschaftliche Untersuchungsrahmen reserviert ist für exklusiv hochkulturell legitimierte Artikulationen. Aber nicht nur die Kritik an einer Verunmöglichung anderer Materialien und Fragestellungen als Untersuchungsgegenstände motiviert den Wunsch nach einer Verortung meiner Studie in einem anderen Forschungszusammenhang. Hierfür bestimmend ist auch, wie das Fach der Kunstgeschichte jene fachübergreifenden Forschungstraditionen kontinuierlich marginalisiert, die von einem kunsthistorischen Rahmen ausgehend über die gesellschaftlichen und politischen Effekte visueller Artikulationen und Repräsentationen sowie deren Beteiligtheiten an Produktion und Vermittlung von Herrschaftsstrukturen arbeiten. Dass die vorliegende Untersuchung diesen kunsthistorischen Rahmen zwar verlässt, aber dort herausgebildete Werkzeuge und eine grundlegende Art und Weise, visuelle Bilder und deren historische Formensprache zu betrachten, nach wie vor beansprucht, verdeutlicht besonders das Kapitel 4 über die im Kunstkontext zirkulierenden Porträtfotografien Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies sowohl methodisch wie auch hinsichtlich der untersuchten Objekte. Was aber den Forschungszusammenhang der visuellen Kultur ausmacht, in deren Kontext ich meine eigene Arbeit ansiedle, 29

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möchte ich im Folgenden darlegen. Nicht zufällig also werden in dieser Beschreibung Auseinandersetzungen um disziplinäre Logiken und Grenzziehungen einen beträchtlichen Raum einnehmen. Ich werde zunächst für zwei zentrale Begriffe des vorliegenden Buches Definitionen anbieten: Sehen und Visualität. Nach der Problematisierung möglicher Versuche, die beiden Begriffe entlang einer dichotomisierenden Natur-Kultur-Differenz anzuordnen, werde ich einen Grund für die Arbeit an diesen Begriffen vorstellen. Diese Arbeit betont vor allem die Unterscheidung zwischen einer Praxis (das Sehen) und einer spezifischen Dimension (das Visuelle) der Bedeutungsproduktion. Ich werde dann visuelle Kultur als Forschungsfeld und Forschungspraxis beschreiben. Institutionellen Kontroversen rund um die Etablierung dieses Forschungszusammenhangs wird spezieller Raum gegeben, besonders dort, wo sie die Konkurrenz zwischen visueller Kultur und der Disziplin der Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft berühren. Auch Zusammenhänge mit bildungspolitischen Aspekten finden hier Erwähnung. Das Kapitel schließt mit der Aufforderung, zurückhaltend mit einer Rede der Hegemonie des Visuellen zu verfahren und aufmerksam zu sein für die Bildpaniken, die sich in dieser Rede tendenziell artikulieren und vornehmlich legitimatorische Zwecke für jeweilige Forschungsfokussierungen zu haben scheinen.

Warum Sehen und Visualität? 1988 erscheint einer der frühesten Sammelbände zum Thema Sehen, Visualität und Sichtbarkeit, der von Hal Foster 1988 für die Kunstinstitution Dia Art Foundation herausgegebene Band Vision and Visuality (Foster 1988). Foster leitet dieses Buch ein mit einer terminologischen Arbeit an den Begriffen Sehen [vision] und Visualität [visuality]. Er beginnt diese Arbeit bei der Unterscheidung beider Begriffe, um sofort jegliche Differenzierung der beiden Begriffe vor allem entlang Kultur-Natur-Dichotomien zu verunmöglichen. Worauf die Unterscheidung allerdings besteht, ist die Differenz zwischen der Art, wie wir sehen, und der Art, wie wir das Sehen sehen. Ich führe Hal Fosters definitorische Arbeit hier in einem ausführlichen Zitat an, weil ich die darin vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Sehen als Praxisform und der Visualität als spezifischer Dimension der Bedeutungsproduktion für ebenso verfolgenswert halte wie die Verunmöglichung jeglicher Naturalisierung auf beiden Seiten dieser Unterscheidung (z.B. der Praxis des Sehens als rein physikalische Tatsache). Darüber hinaus aber werde ich mich im Folgenden vor allem auf die Ebene der Reflexion, mit der Foster Visualität auflädt, beziehen. Hier also Foster:

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Visuelle Kultur als Forschungsfeld

Warum Sehen und Visualität, warum diese Begriffe? Obgleich das ‚Sehen‘ an Sicht als physikalischen Vorgang denken läßt und ‚Visualität‘ an Sicht als soziale Tatsache, verhalten sich die Begriffe nicht als Gegensatzpaar wie Kultur zu Natur: auch das Sehen ist gesellschaftlich und historisch bedingt, und Visualität involviert den Körper und die Psyche. Dennoch sind sie auch nicht identisch: hier signalisiert die Differenz zwischen den Begriffen eine Differenz innerhalb des Visuellen – zwischen der Sichtmechanik und ihren historischen Techniken, zwischen der Gegebenheit des Sehens und seinen diskursiven Determiniertheiten – eine Differenz, viele Differenzen zwischen dem, wie wir sehen, wie wir in der Lage sind und es uns erlaubt wird, zu sehen, oder wie wir sehen gemacht werden, und dem, wie wir dieses Sehen oder das Ungesehene darin sehen. Jedes skopische Regime ist mit seiner jeweils eigenen Rhetorik und den eigenen Repräsentationen darum bemüht, diese Differenzen zu verunmöglichen und aus seinen vielen sozialen Visualitäten ein essentielles Sehen zu machen oder sie in einer natürlichen Hierarchie der Sichtweisen anzuordnen. Why vision and visuality, why these terms? Although vision suggests sight as a physical operation, and visuality sight as a social fact, the two are not opposed as nature to culture: vision is social and historical too, and visuality involves the body and the psyche. Yet neither are they identical: here, the difference between the terms signals a difference within the visual – between the mechanism of sight and its historical techniques, between the datum of vision and its discursive determinations – a difference, many differences, among how we see, how we are able, allowed, or made to see, and how we see this seeing or the unseen therein. With its own rhetoric and representations, each scopic regime seeks to close out these differences: to make of its many social visualities one essential vision, or to order them in a natural hierarchy of sight. (Foster 1988: ix)

Die Unterscheidungen, die Foster zwischen den beiden Begriffen vision und visuality trifft, spreizen sich in ihrem Widerstand gegen Binarismen gegen eine leichte Eingängigkeit. Deutlich aber werden zwei Impulse: Zum einen besteht der Text darauf, dass das Treffen einer klaren Unterscheidung zwischen einem biologisch oder rein physikalisch begründbaren Akt des Sehens und seiner historisch-gesellschaftlichen Diskursivierungen und technisch spezifischen Mechanismen eine Unmöglichkeit ist. Fosters Unterscheidung zwischen Sehen und Visualität argumentiert, dass die möglichen Qualifizierungen der verschiedenen Ebenen und Dimensionen sowohl des Sehens wie auch der Visualität als technisch oder sozial, bzw. psychisch oder körperlich sich letztlich nicht einer Seite zuordnen lassen, sondern für beide Seiten gleichermaßen relevant sind. Als Unterscheidung hat diese Differenzierung zwischen Sehen und Visualität aber nicht nur antiessentialisierende Gründe und Effekte, sondern richtet zudem ihre Aufmerksamkeit auf Prozesse der Hegemonialisierung. Denn Foster besteht auch auf der Tatsache verschiedener Arten des Sehens, während er gleichzeitig auf Mechanismen und Prozesse verweist, die diese Verschiedenartigkeiten und Differenzen unterdrücken, um daraus die eine, naturalisierte und essentialisierte Wahrnehmung produzieren. Denn, so Foster, hegemoniale Ordnungen (die skopischen Regime)1 löschen die Differenz sowohl zwischen 31

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gesellschaftlich unterschiedlichen Weisen des Sehens, wie auch zwischen den Weisen des Sehens (Produkten eines Sehend-Gemacht-Werdens) und der Überlegung darüber, wie die Strukturen dieses Sehen-GemachtWerdens beschaffen sind. Mit Hal Foster ist auf diesem die Reflexion befördernden Zwischenraum zu bestehen, da er Fragen danach eröffnet, wie unterschiedliche Formierungen und Formatierungen des Sehens beschaffen sind. Ganz grundsätzlich ermöglicht dieser Zwischenraum zudem die Frage, ob wir einverstanden sind mit der Art und Weise, in der wir sehend gemacht werden, und was an Alternativen existent oder denkbar ist. In diesem Zwischenraum der Reflexion ist, wie ich herausstellen möchte, auch die visuelle Kultur als Forschungsfeld angesiedelt.

Visuelle Kultur als Forschungsfeld Als Forschungsfeld wurde visuelle Kultur vornehmlich im englischen Sprachraum produziert, mit zunehmender Publikationsintensität vor allem seit Mitte der 1990er Jahre.2 In einem der kanonischen Sammelbände, die als Reader ab 1995 das Feld auch unterrichtsdidaktisch aufzubereiten begannen, nämlich dem von Mirzoeff 1998 herausgegebenen Sammelband Visual Culture, veröffentlicht Irit Rogoff einen Text über die Praxis einer kritischen Auseinandersetzung mit visueller Kultur (Rogoff 1999). Dieser Text, Studying Visual Culture, schlägt eine Definition des Forschungsfeldes und der Forschungspraxis der visuellen Kultur vor, die hilfreich ist, weil sie die unterschiedlichen Instanzen visueller Bedeutungsproduktion sortiert. Visuelle Kultur wird von Rogoff zunächst charakterisiert als Feld, das von der Zentralität des Sehens und der Visualität für die Herstellung gesellschaftlicher Wirklichkeit ausgeht. Dieses Feld wird, so Rogoff weiter, von wenigstens drei Komponenten definiert – „den entstehenden Bildern, die von unterschiedlichen, oft widerstreitenden Geschichten mit Ansprüchen belegt werden“, „den Apparaturen des Sehens, die uns zur Verfügung stehen und durch kulturelle Modelle wie Narration oder Technologie gelenkt werden“, und schließlich „den durch Identifikation, Begehren oder Verwerfung hergestellten Subjektivitäten, von denen aus wir blicken und durch die das, was wir sehen, informiert ist“ (Rogoff 1999: 18). First, there are the images that come into being and are claimed by various, and often contested histories. Second, there are the viewing apparatuses that we have at our disposal that are guided by cultural models such as narrative or technology. Third, there are the subjectivities of identification or desire or abjection from which we view and by which we inform what we view. (Ebd.)

Rogoff formuliert Verhältnisse zwischen Bildern, Apparaturen des Sehens und zwischen Repräsentation(slogiken), Subjektkonstitution und Identitätsstrukturen als Praxis und als Forschungsfeld3 der visuellen Kultur. Diese Formulierungen möchte ich um die Benennung eines grundsätzlichen For32

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schungsinteresses als Basis der visuellen Kultur ergänzen, das die Produktion von Sichtbarkeitsverhältnissen in ihren historischen und materiellen Dimensionen betrifft. Teil dieses Forschungsinteresses sind Fragen nach der Hergestelltheit von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, wie sie meine hier vorliegende Arbeit stellt. Das sind Fragen nach deren historischen, technischen, sozialen und politischen Herstellungsprozessen und ihren Involviertheiten in die Produktion von Körpern, Subjektivitäten, ökonomischen und politischen Verhältnissen. Und es sind Fragen nach den Verhältnissen zwischen Sichtbarkeiten und Unsichtbarkeiten, zwischen Lesbarkeiten, Halblesbarkeiten und Nicht-Lesbarkeiten auch als Verhältnissen verschiedener Regime der Sichtbarkeit, die sich gegenseitig bedingenden und modulierenden, in jeweils historisch, kulturell, gesellschaftlich sich verändernden Anordnungen. Grundlegend für Untersuchungen in diesem Feld, das deutet sich auch in Rogoffs Charakterisierung an, sind jene umfassenden und reichhaltigen Forschungstraditionen, die das Verhältnis zwischen Subjektkonstitution, Repräsentation(slogiken) und Identitätsstrukturen untersuchen. Besonders im englischsprachigen Raum wurden diese Zusammenhänge von psychoanalytisch informierten feministischen Filmtheorien,4 feministischen und marxistischen Fototheorien,5 sowie antirassistischen, postkolonialen6 und queeren7 Theorien vielfältig ausbuchstabiert. (Die Kapitel 2. Sichtbarkeit = politische Macht?, 3. Repräsentationskritik als Arbeit an den Bezeichnungspraxen und 4. Das visuelle Vokabular der Anerkennung reformulieren werden sich in der vorliegenden Arbeit mit diesen Theorien näher beschäftigen und sie mit der Lektüre spezifischen visuellen Materials verknüpfen.) Während im englischen Sprachraum mit visueller Kultur als Forschungsund Lehrgegenstand8 anhand spezifischer Fragestellungen die letzten fünfzehn Jahre hindurch ein transdisziplinäres und thematisch reiches, hinsichtlich seiner methodologischen Konsequenzen allerdings noch umstrittenes und ungeklärtes Forschungsfeld definiert wurde, entwickelt sich im deutschsprachigen Forschungsraum ein systematischer Bestand an Literatur erst langsam.9 Hier haben vor allem die feministischen Kunstwissenschafter_innen, immer auch im Erproben und kritischen Hinterfragen der Grenzziehungen ihrer Disziplin, das Sehen als gesellschaftlich, historisch kulturell bedingten Prozess herausgestellt und vor allem seine Verschränktheit mit geschlechterdifferentiellen Konstruktionen herausgestellt.10 Wesentlich ist dieser Forschungsbereich von den Arbeiten Michel Foucaults und seinem Bestehen auf dem Zusammenhang zwischen Sichtbarkeit und ihren gesellschaftlichen und epistemologischen Bedingtheiten inspiriert (z.B. Foucault 1976, 1994). Tom Holert charakterisiert ein Sichtbarkeitskonzept, das sich wesentlich auf Foucaults Arbeiten stützt, folgendermaßen:

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„Sichtbarkeit“ verdankt sich gesellschaftlichen und epistemologischen Möglichkeitsbedingungen, mit anderen Worten: Verhältnissen von Macht und Wissen. Dies können wissenschaftliche Versuchsanordnungen sein oder architektonische Räume, die – wie Jeremy Benthams panoptisches Gefängnisrund mit seinem unsichtbaren Wachpersonal oder dessen Nachfolger, videoüberwachte öffentliche und private Architekturen – einen spezifischen, disziplinierenden Typ der Sichtbarkeit und Sichtbarmachung hervorbringen. (Holert 2000: 20)

Besonders die feministische Theorie hat hier anknüpfend einen spezifischen Begriff der Visualisierungstechnologien entwickelt. Carol A. Stabile beispielsweise beschreibt, wie in den 1990er Jahren im Zuge einer neuerlichen Dominanz rechtskonservativer Politiken durch spezifische Visualisierungstechnologien der Fötus als Subjekt erzeugt wird, um die weiblichen Körper, die Frauen und ihre Rechte auszulöschen (Stabile 1997). Neue Sichtbarkeiten können alte verdrängen oder überschreiben. Sichtbarkeit ist also keinesfalls gleichzusetzen mit schlichtweg gegebener Transparenz. Die Reflexivität, die dem Projekt der visuellen Kultur eingeschrieben ist, impliziert auch eine Kritik an einer Disziplinierung des Wissens, die das Visuelle zuallererst als gesonderten Bereich erzeugt hat. Denn, wie Jonathan Crary es formuliert: Jedes kritische Unterfangen und jedes akademische Gebiet (wie auch immer sein Name), das die Kategorie der Visualität bevorzugt behandelt, wird danebengehen, wenn es sich nicht um andauernde Kritik an den Prozessen der Spezialisierung, Separierung und Abstrahierung bemüht, durch die die Vorstellung der Visualität zu eben jenem intellektuell verfügbaren Konzept wurde, das es heute ist. So vieles an dem, was eine Domäne des Visuellen zu konstitutieren scheint, ist ein Effekt anderer Kräfte und Machtbeziehungen. Thus any critical enterprise or new academic precinct (regardless of its label) that privileges the category of visuality is misguided unless it is relentlessly critical of the very processes of specialization, separation, and abstraction that have allowed the notion of visuality to become the intellectually available concept that it is today. So much of what seems to constitute a domain of the visual is an effect of other kinds of forces and relations of power. (Crary 1996: 33)

Nicht nur eine neue Bildwissenschaft Als jemand, die kritische Wissenschaften betreibt, eine Grundausbildung in der Kunstgeschichte absolviert und in Kulturwissenschaften promoviert hat, investiere ich selbst spezifische Interessen in ein Forschungsfeld der visuellen Kultur: da ist zuallererst einmal ein Interesse an der Möglichkeit, die dieses Feld verspricht, sich im Gegensatz zur Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft entschieden nicht allein auf Repräsentationen dessen, was als Hochkultur klassifiziert wird, zu konzentrieren – wiewohl die Weisen der Unterscheidung zwischen Kunst und Nicht-Kunst, samt ihrer gesellschaft34

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lichen Konsequenzen11, sehr wohl zum Feld der visuellen Kultur zählen. „Disziplinäre Grenzen“, schreibt beispielsweise Svetlana Alpers, „sind, wie die Unterschiede zwischen künstlerischen Medien, ein Thema der Untersuchung und nicht der Verleugnung“. („Disciplinary boundaries, like differences between artistic mediums, are a subject of investigation, not of denial.“ Alpers 1996: 26). Das lässt sich ebenso für die Unterscheidung zwischen Kunst und Nicht-Kunst sagen. „De-aestheticizing assumptions and methods“ („ent-ästhetisierende Annahmen und Methoden“) nennt Abigail Solomon-Godeau diese Perspektive und spricht damit für eine Herangehensweise, für die „die Bestimmung der Qualität, Originalität und der stilistischen Evolution“ keine zentrale Wichtigkeit besitzen. Befragt werden hingegen „die komplexen Bezüge zwischen kulturellen Artefakten und der Ideologie, der Rezeption und politischen, kulturellen und psychosexuellen Formationen“. („[…] determinatins of quality, originality, and stylistic evolution are not of central importance. Instead, one examines the complex relations of cultural artifacts to ideology, reception, and to political, cultural and psychosexual formations.“ Solomon-Godeau 1997: 8) Entgegen einer bei Solomon-Godeau jedoch anklingenden und besonders im deutschsprachigen Raum häufig anzutreffenden Einschränkung12 lässt sich das Forschungsfeld der visuellen Kultur als wesentlich umfassenderes Projekt denn schlicht das einer erweiterten Bildwissenschaft oder Bildkulturwissenschaft beschreiben. Denn unter anderem die Arbeiten von Jonathan Crary (1991), Anne Friedberg (1993), Linda Williams (1997) und Linda Hentschel (2001) haben herausgestellt, dass die Untersuchung der historisch/politisch/kulturell bedingten Gegebenheiten, Strukturen und Apparaturen des Sehens und der Sichtbarkeit nicht ident sind mit und sich nicht reduzieren lassen auf die Untersuchungen der Bilder, ihrer Effekte und Verwendungsweisen. Jonathan Crary beispielsweise unterstreicht diese Differenz zwischen seiner eigenen historischen Arbeit über das Sehen und einer historischen Wissenschaft der Bilder im Zusammenhang eines Forschungsfeldes der visuellen Kultur: Was ich unter anderem in meiner Arbeit zu tun versucht habe, ist, darauf zu insistieren, dass historische Probleme, die mit dem Sehen zu tun haben, sich von einer Geschichte der Repräsentationsartefakte unterscheiden. Wie oft auch immer sich die beiden überschneiden mögen, sind es doch fundamental verschiedene Projekte. One of the things I have tried to do in my work is to insist that historical problems about vision are distinct from a history or representational artifacts. No matter how often the two may seem to overlap, they are fundamentally dissimilar projects. (Crary 1996: 33)

Die Mehrheit der hier angeführten Arbeiten gründen zudem in der Überzeugung, dass sich Fragen des Sehens und der Sichtbarkeit nicht trennen lassen von Fragen der Subjektivität und der gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse. Anders gesagt ist das Forschungsfeld der visuellen 35

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Kultur durch eine starke Tradition der Herrschaftskritik formiert. Das hat zweifelsohne mit seinem engen, und für die eigene Herausbildung zentralen, Verhältnis zu den Cultural Studies zu tun – und mit feministischen und antirassistischen/postkolonialen Theorien, die wesentlicher Antrieb für die Entwicklung zentraler und definitorischer Fragestellungen der visuellen Kultur sind und waren.13 So beziehen sich zahlreiche Texte, die das theoretische Projekt der visuellen Kultur zu umreißen suchen, auf Feminismus als begründend für das neu entstehende Forschungsfeld – nicht zuletzt, da gerade viel der „dynamischen Kraft“ feministischen theoretischen Denkens aus einer Kritik der Disziplinierung des Denkens resultiert (vgl. Mirzoeff 2002: 5). Ella Shohat und Robert Stam weisen zudem darauf hin, dass das entstehende Feld der visuellen Kultur die Möglichkeit „eines Bruchs mit dem Eurozentrismus“ bereit hält, und zwar sowohl mit dem Eurozentrismus einer „konservativen Kunstgeschichte des ‚guten Auges‘“, wie auch mit dem eines „vorgeblich radikalen hochmodernistischen Avantgardismus“ („The emerging field of ‚visual culture‘, for us, potentially represents a break with the Eurocentrism not only of conservative ‚good eye‘ art history but also with presumably radical, high-modernist avant-gardism“, Shohat/Stam 2002: 27). Eröffnet wird hier auch die Möglichkeit, sich thematisch nicht immerfort allein auf Europa und US-Amerika als Referenzrahmen zu beziehen. Die Frage allerdings „wie sowohl die Kunstgeschichte wie auch die visuelle Kultur so narrativisiert werden, dass spezifische Orte und Geografien im Verhältnis zu anderen privilegiert werden“ (ebd.), ist, so heben Shohat und Stam als wichtigen Punkt hervor, sehr wohl wesentlicher Bestandteil visueller Kultur (ebd.).

Zwischen Redisziplinierung und Zwangstransdisziplinarität – die October-Debatte Die Diskussionen um die Etablierung des Forschungsfeldes der visuellen Kultur sind wesentlich auch durch Bewegungen gekennzeichnet, in denen es um die Neubestimmung, Überschreitung oder Redefinition disziplinärer Grenzziehungen innerhalb der Akademia geht – und das heißt immer auch um die Verteilung ökonomischer Ressourcen.14 Für Forschende und Lehrende, die wie ich ihre Arbeit im Feld der visuellen Kultur verorten, disziplinär aber eine Herkunft (von vielleicht mehreren Herkünften) in der Kunstgeschichte und den Kunstwissenschaften haben und sich dort wenigstens teilweise auch gerne weiter verorten würden (selbst wenn oder auch gerade weil die Gegenstände ihrer Arbeit nicht dem disziplinären Kanon entsprechen), ist besonders das prekäre Verhältnis zwischen visueller Kultur und Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft notwendiges Thema einer Auseinandersetzung. Vor allem im Rahmen der deutschen und österreichischen Akademia, in der die visuelle Kultur noch keine nennenswerte Institutiona36

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lisierung aufweist, ist die Beschäftigung mit gegenseitigen Definitions- und Kompetenzbedrängnissen unumgänglicher Bestandteil, besonders hinsichtlich des Widerstands der Kunstgeschichte gegen den jungen Forschungszusammenhang und damit auch gegen die eigene Arbeit. Ich möchte daher einer Diskussionssituation breiteren Raum geben, die zwar im US-amerikanischen Kontext verortet ist, an der sich aber bestimmte auch für den deutschsprachigen Raum gültige Punkte des prekären Verhältnisses zwischen Kunstgeschichte/Kunstwissenschaft und visueller Kultur paradigmatisch festmachen lassen. Vorneweg sei daran erinnert, dass der erste dokumentierte Verwendungskontext des Begriffs ‚visuelle Kultur‘ ein kunsthistorischer ist, allerdings ein spezieller, englischsprachiger, an gesellschaftskritischen Fragestellungen interessierter Zusammenhang: 1983 erscheint der Begriff gedruckt in Svetlana Alpers Untersuchung The Art of Describing (Alpers 1983: xxv), mit Dank an Michael Baxandall, von dem sie den Begriff entlehnt (vgl. Dacosta Kaufmann 1996: 45f u. Alpers 1996).15 1996 veröffentlicht die US-amerikanische, vor allem im Feld der zeitgenössischen Kunstwissenschaft, Kunstkritik und Ästhetik argumentierende Zeitschrift October Antworten auf einen von ihr verschickten Fragebogen über das neu entstehende Forschungsfeld der visuellen Kultur (October 1996: 25).16 October, so sollte vorneweg gesagt werden, war seit seiner Gründung 1976 über Jahrzehnte als Veröffentlichungsorgan wesentlich beteiligt an der Verbreitung semiotischer, poststrukturalistischer und psychoanalytischer Theorien innerhalb der Kunstgeschichte und der Kunstkritik. Die Zeitschrift galt als links, kritisch, reflexiv und wesentlich von feministischen, semiotischen, poststrukturalistischen Theorietraditionen inspiriert. Vier Thesen über visuelle Kultur hatte die Kunstzeitschrift zur Stellungnahme an ausgewählte Theoretiker_innen und Künstler_innen verschickt. Knapp wiedergegeben sind die zentralen Argumente der Thesen: Visuelle Kultur orientiere sich nicht mehr an dem Modell der Geschichte sondern dem der Anthropologie; stelle aber doch eine überlebensnotwendige Erneuerungsmöglichkeit für die alten Disziplinen dar; seine Konzeption des entkörperten Bildes produziere Subjekte für das nächste Stadium des globalisierten Kapitals; und innerakademisch herrsche Druck, sich hin zur Interdisziplinarität der visuellen Kultur zu bewegen. Allesamt sind diese Argumente charakterisiert von einem merkwürdigen Unterton, der von Verlust spricht. Rogoff beschreibt diesen Unterton als einen des „Verlusts historischer Genauigkeit, materieller Fundierungen und feststehender Konzeptionen hinsichtlich Qualität und herausragender Leistung etc.“ („the loss of historical specificities and of material groundings and of fixed notions of quality and excellence, etc.“ Rogoff 1999: 18f). Dementsprechend kritisieren viele, keineswegs aber alle, der Rücksendungen die October-Thesen für ihren impliziten Aufruf zur Re-disziplinierung innerhalb der Kunstgeschichte. Sie bestehen stattdessen auf der Interdisziplinarität oder auch Transdisziplinarität der methodenübergreifenden Forschungsansätze der visuellen Kultur. Spannend sind allerdings auch die Aufrufe zur Vorsicht, was eine unumwunden positive Bewertung des interdisziplinären Potenzials der visuel37

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len Kultur per se betrifft. Silvia Kolbowski beispielsweise warnt davor, den Verlust oder das Verwischen von Grenzen als prinzipiell progressiv zu verstehen (Kolbowski 1996: 49). Die Effekte einer Auflösung der Kategorie Kunst beispielsweise (die, so Kolbowski, in keinem Widerspruch steht zu der Tatsache, dass Kunst weiterhin in den Netzwerken des kapitalistischen Marktes zirkulieren wird) seien zunächst ohne vorschnelle Euphorie zu untersuchen – z.B. dahingehend, ob „die kulturellen Positionen, die Kunst im Gegensatz zu jeglicher anderen Praxis einnehmen könnte, durch andere gesellschaftlich signifikante hybride Praktiken ersetzt werden“ („[w]hether the unique yet always contingent capacity of art to occupy positions in the culture unlike that of any other practice will be supplanted by socially significant hybrid practices“, ebd., Hervorh. i. O.). Und D. N. Rodwick weist darauf hin, dass die Ressourcenknappheit der Bildungsinstitutionen längst schon zu Forderungen geführt habe, Spezialisierungen zugunsten einer breiten und finanziell unaufwendigeren Versorgung vieler abzubauen. Die sogenannte Interdisziplinarität der visuellen Kultur unterstütze diesen Trend der Demontage kleiner, spezialisierter Fachbereiche (Rodwick 1996: 60). Diese Überlegungen gemahnen zur Vorsicht hinsichtlich einer vorbehaltlosen Bejahung der Interdisziplinarität, besonders in Zeiten, da ‚Interdisziplinarität‘ gegen angeblich gesellschaftlich (lies: wirtschaftlich) unnötige Spezialisiertheiten ins Feld geführt wird. Denn weit verbreitet und enorm erfolgreich ist wie im englischsprachigen auch im deutschsprachigen Raum der ideologische Angriff auf jegliche Intellektualität, die sich nicht unmittelbar verzwecken und kapitalisieren lässt. Unter dem immer ideologischen Argument der Ressourcenknappheit wird hier die (schul- und studiengebührenfreie) Produktion von Intellektualität am Punkt ihrer Spezialisiertheit attackiert. Diese Spezialisiertheit, die sich gegen das Diktat einer ökonomischen Verwertbarkeit sperrt und sich dennoch als notwendiges Gut demokratischer Gesellschaftsordnungen versteht, wird als volkswirtschaftlich untragbar belastendes und gesellschaftlich vernachlässigbares Element konstruiert. So berichtet beispielsweise die österreichische christlich-konservative Tageszeitung Die Presse am 18.09.2004 von einer fünfzigprozentigen Reduktion sämtlicher geisteswissenschaftlichen Professuren an der Hamburger Universität, die der Hamburger Stadtsenat angekündigt habe. Der Text zitiert daraufhin den Österreichischen Gewerbeverein mit einer Stellungnahme zum Hamburger Uni-Konzept: „Auch Österreich wäre gut beraten, seine Uni-Landschaft auf arbeitsmarktkompatible Absolventen oder vermarktungsfähige Erkenntnisse hin zu evaluieren“. Als Beispiel wird die Studienrichtung Finno-Ugristik an der Uni Wien angeführt, die man „mit Sicherheit“ an einer Budapester Universität effektiver studieren könne als in Wien.17 Dieser Angriff auf Fähigkeiten und Räume der Intellektualität, wie er sich unter dem Diktat einer Verkapitalisierung von Wissen artikuliert, ist allererst ein Angriff auf den Raum gesellschaftlicher Selbstreflexion.18 Diesem Angriff aber mit einem Aufruf zur Redisziplinierung zu begegnen – und das könnte eine taktische Motivation einer Rede gegen die Etablierung 38

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eines eigenen Forschungszusammenhangs der visuellen Kultur sein – bedeutet jedoch, die Verunmöglichung von Reflexion zu verdoppeln. Denn damit wird versucht, Fragen, die nicht zuletzt auch aus einer Kritik an den hochkulturellen Schranken der Kunstgeschichte und aus einer Analyse der Grenzziehungen und Grenzverhandlungen des Kunstfeldes entstanden, in ihrer Weiterentwicklung zu visueller Kultur entweder zu unterbinden oder neuerlich kunsthistorisch einzugemeinden. Diese Unterbindungs- und auch diese Eingemeindungsversuche finden sich in den October-Thesen und in einigen der darauf veröffentlichten Stellungnahmen. Die zweite der vier Thesen beispielsweise ist getragen von dem Gedanken der Erneuerung der Disziplinen als Disziplinen: Es heißt, dass visuelle Kultur dieselbe Bandbreite an Praktiken umfasst, die das Denken einer frühen Generation von Kunsthistorikern wie Riegl und Warburg antrieb, und dass das Zurückkehren zu dieser frühen intellektuellen Möglichkeit einen unerlässlichen Bestandteil der Erneuerung der unterschiedlichen Medien-basierten historischen Disziplinen wie Kunst, Architektur und der Geschichte/n des Kinos darstellt. It has been suggested that visual culture embraces the same breadth of practice that powered the thinking of an early generation of art historians – such as Riegl and Warburg – and that to return the various medium-based historical disciplines, such as art, architecture, and cinema histories, to this earlier intellectual possibility is vital to their renewal. (October 1996: 25)

Diesem Erneuerungsgedanken der Disziplinen durch eine Rückbesinnung auf ihre umfassenden Wurzeln (Bandbreite versus Interdisziplinarität?) antworten einige der Stellungnahmen mit sekundierenden Phantasien über die potentielle Auflösung der Kunst/Geschichte durch visuelle Kultur. Susan Buck-Morss beispielsweise beginnt ihre Antwort auf den Fragebogen mit: Die Produktion eines Diskurses der visuellen Kultur beinhaltet die Liquidierung [sic! js] der Kunst wie wir sie kennen. The production of a discourse of visual culture entails the liquidation of art as we have known it. (Buck-Morss 1996: 29)

Und Tom Crow ist überzeugt, dass eine Geschichte der Kunst zugunsten einer Geschichte der Bilder aufzugeben bedeutet tatsächlich ein De-Skilling der Interpretation, ein unvermeidliches Verkennen und Missrepräsentieren eines Bereiches profunden menschlichen Bemühens. To surrender a history of art to a history of images will indeed mean a de-skilling of interpretation, an inevitable misrecognition and misrepresentation of one realm of profound human endeavor. (Crow 1996: 36)

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Ich habe weiter oben dargelegt, dass visuelle Kultur als Forschungsbereich wesentlich umfassender begriffen werden kann als schlicht eine ‚Geschichte der Bilder‘. Und selbstredend ist der zu Beginn dieses Kapitels eingeführte Reflexionsraum zwischen dem „wie wir sehen, […] wie wir sehend gemacht werden, und dem, wie wir dieses Sehen oder das Ungesehene darin sehen“ (Foster 1988: ix) kein Raum, den die Fragen rund um visuelle Kultur erst erzeugt hätten. Ganz im Gegenteil teilt die visuelle Kultur diesen Raum mit den Kunstwissenschaften, jedenfalls in ihren gesellschaftskritischen linken, antirassistischen, feministisch-queeren Praxisformen, und ebenso selbstredend mit allen anderen Disziplinen wie z.B. den Film-, Performance-, Medien- und Theaterwissenschaften, die sich mit Prozessen des Sehens beschäftigen. Zudem ist James Elkins Beobachtung eines weit verbreiteten Desinteresses bezüglich historischer Fragestellungen bedenkenswert, das er an einem Forschungsgebiet visueller Kultur bemerkt, welches sich auf populäre Bildkulturen seit Mitte des 20. Jahrhunderts konzentriert und diese mit ein wenig zeitgenössischer Kunst mischt (vgl. Elkins 2003: 36.).19 Diese Gründe sind jedoch nicht gut genug, um davon abzulassen, die Disziplinierungen und Territorialisierungen von Wissen mit Plädoyers für Forschungssituationen zu konfrontieren, in der die Forschungsgegenstände durch die Fragen der Forschenden und eben nicht durch disziplinäre Gewohnheiten hergestellt werden. In diesem Sinne interdisziplinär ist das Versprechen der visuellen Kultur zu verstehen, mit Irit Rogoff via Roland Barthes: Vielleicht nähern wir uns dann endlich Rolands Barthes Beschreibung von Interdisziplinarität: anstatt ein bestimmtes Objekt mit zahlreichen wissenschaftlichen Forschungsmodi zu umzingeln, ein neues Objekt des Wissens zu konstituieren. Perhaps then we are at long last approaching Roland Barthes’s description of interdisciplinarity not as surrounding a chosen object with numerous modes of scientific inquiry, but rather as the constitution of a new object of knowledge. (Rogoff 1999: 15)

Auf diese Form der Interdisziplinarität, in der nicht alte Forschungsgegenstände mit einem neuen Mix an Fragen angegangen, sondern entlang aktuell sich stellender Fragen neu konstituiert werden, werde ich zum Ende dieses Kapitels noch einmal zurückkommen. Hier aber erst noch einige Bemerkungen zu deutschsprachigen Wissenschaftskontexten. Denn auch im deutschsprachigen Raum zeichnet sich in Zeiten der Verknappung ökonomischer Ressourcen eine umfassende Tendenz zur Redisziplinierung ab, bei gleichzeitigem Druck, Spezialisiertheit zugunsten einer spezifischen Form von Inter- oder sogar Transdisziplinarität aufzugeben. Silke Wenk hat dieses vor allem gegen Spezialisiertheit gerichtete Umarbeiten der Bedeutung von Inter- und Transdisziplinarität und auch von Reflexivität im Zuge einer Reartikulation dominanter Werte auf allgemeinerer hochschulpolitischer Ebene an einem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur untersucht. Dieser ministerielle Erlass fordert, im Zuge universitärer Umstrukturierungen Forschung und Lehre 40

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weg von einer einzeldisziplinären Arbeit in „Einsamkeit und Freiheit“ in Richtung eines transdisziplinären Arbeitens zu bewegen (so der Erlass, zit. nach Wenk 2001: 108). Transdisziplinarität wird hier zudem mit Interdisziplinarität kontrastiert, die laut Erlass einer rein additiven und daher disziplinenaffirmativen Logik folgt. Demgegenüber sei Transdisziplinarität durch ein „stärkeres Moment gesellschaftlicher Rechenschaftslegung und Reflexivität“ (Wortlaut des Erlasses, zit. nach ebd.: 115) bestimmt. Was diese Gesellschaft sei, so Wenk, und wozu Rechenschaft abgelegt werden solle, bleibt unbenannt. Nicht-Benennung bzw. Aufrechterhaltung von Unmarkiertheit aber sind wohlerprobte Strategien der Aufrechterhaltung gegenwärtiger Dominanzstrukturen eines Status Quo (und dessen Privilegierung spezifischer, hinsichtlich Vergeschlechtlichung, Rassisiertheit, Sexualität und Klassenzugehörigkeit unmarkierter Existenzweisen).20 Dem stellt Wenk Transdisziplinarität als Perspektive entgegen, der es um eine Form der gesellschaftlichen Reflexivität zu tun ist, die bei ihr explizit als Herrschaftskritik benannt ist (im Gegensatz zur inhaltlichen Ungefülltheit und Unbestimmtheit des Begriffs der „gesellschaftlichen Reflexivität“ des niedersächsischen Erlasses). „Transdisziplinarität ist eine Perspektive, um die gestritten werden muß“, schreibt Wenk (ebd.: 116), und bestimmt als eines ihrer zentralen Dimensionen die Reflexion der Prozesse und der Ausschlüsse, durch die die jeweiligen Disziplinen ihre Gegenstände definieren. Wenk fordert Aufmerksamkeit für die unbenannten und folglich unbefragten, aber wirkmächtigen Wissenstraditionen, und plädiert für eine eigene Position des ‚Dazwischen‘: Zu analysieren sind Vorstellungen, die stillschweigend aufbewahrt sind, in und zwischen den Disziplinen und jederzeit abrufbar und mobilisierbar sind. Das genaue Hinsehen ist nötig, um Konzepte der Transdisziplinarität konkretisieren und weiterentwickeln zu können – gegen Bedeutungsverschiebungen, die die Reproduktion von existierenden Machtbeziehungen stützen, kurz, um zu intervenieren und dazwischen zu bleiben. (Ebd.: 117)

Wenk formuliert hier eine Ebene der Reflexion und eine Form der Reflexivität, die sich in zahlreichen Texten über visuelle Kultur als Forschungspraxis finden. Diese reflexive Praxis fordert ein Nachdenken über die ver- und ausschließenden Effekte, die den Prozessen disziplinierender Grenzziehung implizit sind. Dieser Aufmerksamkeit für die Selbstsetzungen der Disziplinen durch ihre Unterscheidung von einem konstitutiven Außen wird oft begleitet durch ein Bestehen auf diesem Außen als Möglichkeitsraum der Bedeutungsstiftung, der Fragestellung, der Perspektivierung uvm. Aber zurück zum Verhältnis Kunstgeschichte und visuelle Kultur. Den Redisziplinierungsstrategien im Bereich der deutschsprachigen Kunstgeschichte geht Sigrid Schade in einem 2001 veröffentlichten Text zum Wunsch der Kunstgeschichte, Leitwissenschaft zu sein nach. Sie hält fest, dass der deutschsprachigen Kunstgeschichte ihr Status als Disziplin, die traditionell für Bilder zuständig ist, zusehends abhanden kommt, während sich andere mit Bildern beschäftigte Forschungsfelder wie die der „Kultur-, Film- und 41

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Medienwissenschaften, der angewandten Informatik u.a.“ (Schade 2001: 369) etablieren. Für diese „Entmächtigung“ (ebd.) sei die Kunstgeschichte allerdings selbst zuständig. Denn an den Rand gedrängt, erhebt die Disziplin zwar Ansprüche auf Leitwissenschafts-Status. Jedoch schenkt sie nach wie vor sowohl den „neuen (Massen)Medien und deren Effekten auch auf künstlerische Produktionen“ kaum Beachtung, wie sie auch immer noch kontinuierlich disziplinen-interne Verschließungen gegen inter- und transdisziplinäres Arbeiten betreibt. Folglich hat sie einen geringfügigeren „Anteil an der Umformulierung ihres Feldes zur Kulturwissenschaft als andere ‚Geisteswissenschaften‘“ (ebd.). Selbstredend, so sei hier Schades Überlegungen hinzugefügt, betrifft das zuallererst die Umformulierung des Feldes der Kunstgeschichte zu dem der visuellen Kultur. Den Verschließungen gegen inter- und transdisziplinäres Arbeiten implizit ist auch die Ignoranz des kunsthistorischen Mainstreams gegenüber dem „breite[n] Spektrum feministischer Forschung in der Kunstgeschichte“, „aus dem transdisziplinäre Projekte hervorgegangen sind, die aber innerhalb der Institutionen immer noch zu selten einen Ort finden“ (ebd.). Schade resümiert: Mit anderen Worten: die Marginalisierung der Fragestellungen im Bereich der Geschlechterforschung innerhalb des Fachs hat zur Marginalisierung der Kunstgeschichte selbst beigetragen. (Ebd.)

Was Schade für die Marginalisierung der feministischen Forschung innerhalb der Kunstgeschichte festhält, lässt sich ebenso über die Marginalisierung queerer, antirassistischer, antikapitalistischer, oder generell jeglicher Forschung im Feld der Kunstgeschichte sagen, die einen gegenwärtigen gesellschaftlichen Status Quo und seine historischen Bedingungen kritisch thematisiert: die Marginalisierung dieser Forschungen innerhalb der Kunstgeschichte und der Kunstwissenschaften tragen zur Marginalisierung des gesamten Faches bei. Besonders bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch die Verdrängung der visuellen Kommunikation (bzw. für die deutschsprachige Kunstgeschichte ist hier wohl eher vom gründlicheren psychischen Vorgang der Verwerfung zu reden). Dieses Reformfach, das vor allem von pädagogisch und didaktisch Interessierten in den späten 1960ern und frühen 1970ern entwickelt wurde, war an einem Zugang zu visueller Bildung und Kunst für möglichst alle ausgerichtet und entstand als Antwort auf „die Frage nach Inhalten, Sinn und gesellschaftlicher Relevanz des Unterrichtsfaches ‚Bildende Kunst‘“ (Möller 1974: 363). „In einer Welt, in der wirksame Kommunikation Existenzbedingung ist“ (ebd.: 364) und angesichts eines „weitverbreiteten ‚visuellen Analphabetismus‘“ (ebd.) machte die Visuelle Kommunikation sich vornehmlich und herrschaftskritisch „das Durchsichtigmachen von Funktionen und Wirkungsmechanismen der optischen Informationsträger“ (ebd: 365) zur Aufgabe.21

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Noch einmal Inter- und Transdisziplinarität Mein Buch unternimmt eine Rückübersetzung des Topos der Sichtbarkeit als Bestandteil politischer Rhetoriken in den Bereich der Visualität, während es gleichzeitig die visuellen Strukturen der Anerkennung als Voraussetzung politischer Handlungsfähigkeit thematisiert. Die Arbeit des Buches ist durch Fragen bestimmt, die sich um „Präsenzen und Absenzen, Unsichtbarkeit und Stereotypen, Begehrensformen, Verdinglichungen und Objektivierungen“ (Rogoff 1999: 17) drehen, und genau so definiert Irit Rogoff in oben bereits zitiertem Text den Forschungszusammenhang der visuellen Kultur: Das Entstehen einer relativ neuen Arena wie jener der visuellen Kultur beinhaltet die Möglichkeit, einige der Fragen, mit denen wir uns in Bezug auf Präsenzen und Absenzen, Unsichtbarkeit und Stereotypen, Begehrensformen, Verdinglichungen und Objektivierungen auseinander gesetzt haben, aus dem Rahmen jener disziplinären Felder [...] zu lösen, die ihren Status als Texte und Objekte zuerst artikuliert haben. Damit werden sie auch aus dem Rahmen konventioneller Bewertungen als entweder höchst geschätzt oder höchst marginalisiert oder sich völlig jenseits des Bereichs sanktionierter Wahrnehmung befindend gelöst. The emergence of a relatively new arena such as visual culture provides the possibility of unframing some of the discussions we have been engaged in regarding presences and absences, invisibility and stereotypes, desires, reifications and objectifications from the disciplinary fields [...] which first articulated their status as texts and objects. Thereby unframing them from a set of conventional values as either highly valued or highly marginalized or outside of the scope of sanctioned vision altogether. (Ebd.: 17)

Weiter oben habe ich bereits auf Irit Rogoffs (via Roland Barthes und auch Gayatri Spivaks Arbeit entwickeltes) Konzept einer Interdisziplinarität verwiesen, die nicht vom Material, sondern von Fragen ausgeht (Rogoff 1999: 16). Zweck eines Herauslösens bestimmter Fragen aus disziplinären Rahmen kann also sein, zu bewerkstelligen, dass es die Fragen sind und nicht die Disziplinen, die das Entstehen neuer Forschungsobjekte ermöglichen. Der Wunsch, disziplinäre Eigendynamiken und Reproduktionszwänge zurückzudrängen zugunsten einer höchstmöglichen Fokussierung auf die jeweiligen Fragen, die sich der Forschenden stellen, ist als Motivation selbstredend nicht neu, aber gleichbleibend aktuell – und innerhalb der disziplinär organisierten Akademia kontinuierlich eine Herausforderung. Das belegen in jüngster Zeit beispielsweise die Probleme jener Wissenschafter_innen, die auf die Produktion queerer Theorien oder auch medienübergreifender Medientheorien spezialisiert sind, ihre Arbeit im Rahmen eines akademischen Forschungsbetriebs zu finanzieren und zu verfolgen. Hinzufügen möchte ich Rogoffs Formulierung, dass eben jene Fragestellungen in Bezug auf Präsenzen und Absenzen, Unsichtbarkeit und Stereotypen, Begehrensformen, Verdinglichungen und Objektivierungen lange 43

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schon durch kritische theoretische und politische Projekte provoziert und produziert wurden und werden, für die sich das Problem eines Herauslösens aus disziplinärem Rahmen nicht stellt, da der Rahmen der Akademia sie ohnehin in das Außen verweist: Dies sind die nicht oder flüchtig institutionalisierten Wissensproduktionen selbstorganisierter aktivistischer antirassistischer, feministischer, queerer, lesBischwultranspolitischer, antikapitalistischer Kontexte (s. a. Wenk 2001: 108). Rogoff schreibt auch, dass die forschungsleitenden Fragen der visuellen Kultur wiederum bestimmt werden durch „die unterschiedlichen dringlichen kulturellen Bedingungen und kulturellen Problematiken, mit denen wir es tagtäglich zu tun haben. („Those issues in turn are determined by the various urgent cultural conditions and cultural problematics with which we are faced every day.“ Rogoff 1999: 23) Alltäglichkeit als notwendige Vorbedingung für Dringlichkeit ist ein schwieriges Kriterium, denn es verlangt nach einer Klärung, wessen Alltäglichkeit oder welche Art davon gemeint ist. Die Fragen, mit denen ich die hier vorliegende Untersuchung begann, waren Fragen an visuelle Bilder als Arbeit an den gesellschaftlichen Strukturen der Anerkennung. Diese Fragen sind mit einem Diskussionsraum verbunden, der zwischen theoretischer Arbeit rund um Repräsentationskritik, politischem Aktivismus und dem, was uns täglich als visuelle Bildwelt und Arten und Weisen des Sehend-gemacht-Werdens offeriert wird, besteht. Für die vorliegende Studie ist also relevant, dass in diesem Herauslösen von Fragestellungen und Theorietraditionen aus etablierten Disziplinen ein Diskussionsraum entsteht, um folgende Fragen der visuellen Kultur zu erörtern: Wie geschieht visuelle Minorisierung und Majorisierung? Wie sind Bilder an der Aufrechterhaltung eines gesellschaftlichen Status Quo beteiligt? Und wie können minorisierte Existenzweisen und Subjektpositionen anerkennend zur Anschauung gebracht werden, ohne dass allein in der Struktur ihrer Darstellung der Status Quo bestätigt wird? Diese Fragen sind allerdings auch motiviert durch eine Leidenschaft in der Auseinandersetzung mit visuellem Material und dem Wunsch, beschreiben zu können, wie bestimmte Bilder arbeiten und was ihre Effekte sind.

Hegemonie des Visuellen? Gegen Bildpaniken als Legitimationsinstrumente Meine Argumentation führt die Alltäglichkeit und die praktische Dimension bestimmter Fragen an, die ein Nachdenken über visuelle Formen der Bedeutungsproduktion begleiten, und sie bezieht sich auf eine Neugier an der Spezifizität des Visuellen und daran, wie Bilder Bedeutung produzieren. Dies ist eine andere Argumentation als jene der Hegemonie des Visuellen, und es ist entschieden eine andere Rede als jene (euphorische oder apokalyptische) von der Übermacht der Bilder in einer vollständig vom Visuellen beherrschten globalisierten Kultur der Gegenwart. Von Marshall McLuhan über Guy Debord und Vilém Flusser, Jean Baudrillard und Paul Virilio – hier nur 44

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einige der bekanntesten Namen, die für eine (zuweilen durchaus apokalyptisch getönte) Rede von der Übermacht der Bilder stehen. Martin Jay hat mit seinem Buch Downcast Eyes. The Denigration of Vision in Twentieth-Century French Thought dem „antivisuellen Diskurs […] als beherrschendem wenn auch allgemein ignoriertem Phänomen westlichen Denkens des 20. Jahrhunderts“ (Jay 1994: 14) eine umfassende Arbeit gewidmet. Und Sigrid Schade weist auf die Kontinuität der Rede von der Übermacht der Bilder bzw. des Visuellen und kulturpessimistischen Kommentaren hin, die die Popularisierung der Fotografie, des Films und der Massenmedien generell im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert begleiteten (Schade 2001: 372). Vor allem aber funktioniert ‚die Übermacht der Bilder‘ als legitimierendes Argument, um Forschungskontexte, die definitionsgemäß mit der Untersuchung von Bildern befasst sind, mit Gewicht aufzuladen. Das gilt allerdings nicht nur für die Kunstgeschichte (und ihren Wunsch, Leitwissenschaft zu sein) sondern auch für manche Proponent_innen der visuellen Kultur. Jedoch hat diese Rede auch ihre Kritiker_innen. Drei Kritiker_innen und drei unterschiedliche Argumentationen gegen die Vorstellung einer Übermacht der Bilder führe ich abschließend an: als Problematisierung einer kategorialen Unterscheidung zwischen Bild und Text zum einen, und zum anderen als Aufforderung zu analytischer, politischer und historischer Genauigkeit. Schade argumentiert in ihrem bereits angeführten Text Vom Wunsch der Kunstgeschichte, Leitwissenschaft zu sein, dass im Zuge eines semiotischen bzw. semiologischen Forschungsinteresses22 als einem Interesse, das den grundsätzlichen Zeichencharakter von Kommunikation betont, die fundamentale Opposition zwischen Text und Bild, auf der die Vorstellung von der Übermacht der Bilder basiert, hinfällig ist: Aus de Saussures Beschreibung, wie sich das (sprachliche) Zeichen konstituiert, geht bereits die Doppelstruktur des Zeichens hervor, die gewissermassen das Relais bildet, in dem Text und Bild verschaltet sind. […] In der Semiologie werden Zeichen-Systeme untersucht, innerhalb derer Text und Bild bereits in unauflösbarer, wenn auch nicht immer sichtbarer Beziehung zueinander gedacht werden. Wenn also in diesem Sinne von Sprache, Text, Textualität etc. die Rede ist, so ist damit ein Geflecht aus bedeutungsstiftenden Elementen, immer schon Bilder und Begriffe, gemeint, das Bedeutung aus der spezifischen Kombination der Elemente erzeugt. (Schade 2001: 376f)

Selbst W. J. T. Mitchell wendet sich gegen die oftmals bemühte Vorstellung einer Hegemonie des Sehens und der visuellen Medien. Dabei hatte Mitchell selbst Anfang der 1990er Jahre den Ausdruck des ‚pictorial turn‘ geprägt und damit sowohl die „reale technische Möglichkeit“ einer „Kultur, die vollständig von Bildern beherrscht wird“ (Mitchell 1997 (1992): 18) wie auch eine Verschiebung in den vordem angeblich so sprachzentrierten Kulturund Geisteswissenschaften hin zu bildlichen Repräsentationen konstatiert. Zehn Jahre später kontert er die Aussage „wir leben in einer vorherrschend visuellen Ära“, die einen Punkt seiner Liste der „zehn Mythen über visuelle Kultur“ (ebd.) ausmacht, mit folgender Gegenthese: 45

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Wir leben nicht in einer einzigartig visuellen Ära. Der ‚visual‘ oder ‚pictorial turn‘ ist eine wiederkehrende Trope, die eine moralische und politische Panik auf Bilder und sogenannte visuelle Medien verschiebt. We do not live in a uniquely visual era. The ‚visual‘ or ‚pictorial turn‘ is a recurrent trope that displaces moral and political panic onto images and so-called visual media. (Mitchell 2002: 91)

Mitchell folgert, dass die Vorstellung des Sehens als hegemoniale Instanz und Kapazität ein viel zu grobschlächtiges Instrument sei, um historisch oder kritisch differenziertes Wissen zu produzieren.23 Er äußert sich hier nicht näher über die Art der moralischen und politischen Panik, die auf Bilder und visuelle Medien verschoben wird. Aber die von Schade angedeutete Kontinuität einer Rede der Übermacht der Bilder lässt zumindest vermuten, dass sich darin auch eine Abwehr des Demokratisierungsversprechens tradiert, das einer möglichen hohen Verfügbarkeit der Bilder für eine möglichst hohe Zahl an Betrachter_innen implizit ist. Auch Kaja Silverman kritisiert die Vorstellung einer gegenwärtigen Übermacht der Bilder als historisch unzutreffend: Meines Erachtens beruht diese Auffassung [wir seien heute stärker durch Bilder geprägt als es Menschen zu früheren Zeiten waren] auf einer völligen Fehleinschätzung dessen, was am Feld des Sehens [ field of vision] historisch veränderlich ist. […] Daß Subjektivität und Welt sich widerspiegeln, und darüber erst begründen, ist also kein Merkmal unserer Epoche. Epochenspezifisch sind die Bedingungen, zu denen das geschieht: Die Darstellungslogik, die unseren Blick auf die Objekte bestimmt und die Gestalt, die wir selbst annehmen, sowie der Wert, den ein inzwischen komplexer organisiertes visuelles Feld diesen Darstellungen beimißt. (Silverman 1997: 42, Übers. leicht verändert, js)

Auf Kaja Silvermans Theorien über das Feld der Visualität und seinen Zusammenhang mit der Herstellung von Subjektivität werde ich im ersten Teil des Kapitels 4 (Das visuelle Vokabular der Anerkennung reformulieren) und in Kapitel 5 (Anerkennung als Praxis des Blickens) ausführlich eingehen. Hier führe ich ihre Überlegungen an, wie Mitchells und Schades auch, um meine eigene Untersuchung entschieden abzugrenzen von einer Rede der totalen Bilderflut in einer globalisierten Welt. Mein Projekt frägt danach, welche Bilder in überaus hohem Ausmaß zirkulieren (so z.B. im Kapitel 2 über Stereotypisierung als Darstellungsmodus), welche Art von Darstellungsstrukturen weitergegeben werden in Projekten, auch wenn diese mit bestimmten Darstellungstraditionen brechen wollen (Kapitel 2, Kapitel 3 und besonders Kapitel 4), und generell, was die normativen Vorgaben unseres zeitgenössischen, kulturell spezifischen Visuellen sind. Im Beantworten dieser Fragen läuft mein Projekt zwar Gefahr, das zu betreiben, was James Elkins die Elstern-Interdisziplinarität nennt („Magpie Theory of interdisciplinarity“), die „Methoden, Themen und Texte aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenflickt und das Resultat ‚visuelle Kultur‘ nennt“. („[I]t cobbles methods, subjects, and texts from various disciplines and calls the collection ,visual 46

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culture‘.“ Elkins 2003: 27) Genauso lässt sich aber sagen, dass hier Theorien und Ansätze versammelt werden, die Fragen nach einer Untersuchung der (Reproduktion der) Normativität des Feldes der Sichtbarkeit und darin wirksamen Minorisierungs- und Herrschaftsprozessen24 ermöglichen und sie mit der Analyse spezifischer Bilder und Medien verknüpfbar machen. Mit dem Aufzeigen dieser Prozesse verstehe ich meine Untersuchung als repräsentationskritisch. Was damit gemeint ist – sowohl begrifflich wie auch methodisch und hinsichtlich einer eigenen Forschungsperspektive, möchte ich im nächsten Kapitel erläutern. Dort werde ich noch einmal auf eine Argumentationstradition eingehen, die oft mit der Rede von der Übermacht der Bilder verknüpft ist. Gemeint sind jene Argumentationen, die auf einer kategorialen Unterscheidung zwischen Bild und Text bzw. zwischen Visualität und Sprache bestehen. Auch diese Argumentationen haben ihren strategischen Ort im Zusammenhang disziplinärer Grenzkämpfe und Bemühungen um die exklusive Reservierung von Arbeitsbereichen. Anhand der oben zitierten Überlegungen Schades lässt sich die Abwehr semiotisch basierter Theorien, die über eine Diskreditierung der disziplinäre Grenzen reflektierenden und verschiebenden Projekte geschieht, verstehen als Strategie zur Produktion und Reklamation eines Untersuchungsterrains, in dem dann die Vormachtstellung der Bildwissenschaften behauptet wird.25

Zusammenfassung Ich habe in diesem Kapitel den Forschungsbereich und die Forschungspraxis der visuellen Kultur vorgestellt und eine mögliche Haltung gegenüber ihren Themen beschrieben. Sichtbarkeitsverhältnisse in ihren historischen und materiellen Dimensionen habe ich als Gegenstand der visuellen Kultur besonders betont. Diese Sichtbarkeitsverhältnisse werden aus Verhältnissen zwischen Apparaturen des Sehens, Bildern, Repräsentationslogiken, Subjektkonstitutionen und Identitätsstrukturen gebildet. Damit sind Fragen rund um die (technisch/sozial/politisch/kulturelle) Hergestelltheit von Sichtbarkeit zentraler Bestandteil visueller Kultur; weiters auch Fragen danach, wie sich Sichtbarkeiten mit Unsichtbarkeiten und verschiedene Regime der Sichtbarkeit untereinander verschalten und modulieren; und wie diese Verhältnisse der Sichtbarkeit beteiligt sind an der Re-Artikulation spezifischer Körperverhältnisse, psychischer Beziehungen und materieller und politischer Bedingungen. Diese Fragen eröffnen einen Diskussionsraum, der notwendig inter- und transdisziplinär ist. Dass aber auch Interdisziplinarität und Transdisziplinarität umkämpfte und zu sehr unterschiedlichen Zwecken eingesetzte Begriffe sind, habe ich dargelegt – mit einem speziellen Augenmerk auf die Debatten zwischen Vertreter_innen der Kunstgeschichte und denen der visuellen Kultur.

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Anmerkungen 1. Der Begriff des skopischen Regimes, der sich hier auf Martin Jays Arbeit bezieht, ist der Kinotheorie Christian Metz’ (Metz 2000) entlehnt. Jay beschreibt ein hegemoniales skopisches Regime als „umkämpftes Terrain“, das durch „eine Differenzierung unterschiedlicher visueller Subkulturen charakterisiert werden kann“ (Jay 1988: 4). 2. Vgl. die Sammelbände Holly/Moxey/Bryson 1994; Jenks 1995; Mirzoeff 1998; Sturken/Cartwright 2001; vgl. auch Elkins 2003, der die Genealogie der visual culture anhand der Publikationen und Lehrangebote nachzeichnet. 3. Vgl. Mirzoeff, der für den Begriff der ‚visual culture‘ als Bezeichnung der Forschungspraxis plädiert, da dieser Begriff, anders als jener der ‚visual studies‘, die Trennung zwischen Kritik/Theorie und Praxis vermeidet (in Holert 2000a: 34). 4. Z.B. de Lauretis 1984a, 1984b, 1987; Gledhill 1997; Haraway 1992; Kuhn 1994 (1992), Lummerding 1994; Phelan 1993; Silverman 1983, 1992, 1996, 1997. 5. Z.B. Holland/Spence/Watney 1986; Krauss 1998; Solomon-Godeau 1991, 1994; Tagg 1993. 6. Z.B. Bhabha 1994, Golden 1994; Hall 1997, 1997a; Mercer 1986 u. 1991. 7. Z.B. Bad Object-Choice 1991; de Lauretis 1991, Grover 1989, Mercer 1991; Mayne 1991, Hennessy 1995, Walker 1993 u. 2001, Fraser M. 1999. 8. Beispielsweise in Großbritannien, schreibt Elkins, wird visuelle Kultur an nahezu jeder Universität und jedem Polytechnikum unterrichtet (Elkins 2003: 9). Vgl. ebd. für einen kurzen internationalen Überblick über das universitäre Angebot zu visueller Kultur. 9. Vgl. z.B. Holert 2000, Hentschel 2001, Mörtenböck 2003, Hentschel 2008; vgl. auch die seit 2006 bei transcript von Sigrid Schade und Silke Wenk herausgegebene Buchreihe Studien zur visuellen Kultur, in deren Rahmen mein Buch verlegt ist. Für das Editorial dieser Reihe u. die dortige Definition von visueller Kultur vgl. http://www.transcriptverlag.de/main/prg_kul_svk_edi.htm [15.04.2008]. 10. Vgl. zuallererst die Dokumentationen der deutschsprachigen Kunsthistorikerinnentagungen, des weiteren beispielsweise Schade/Wenk 1995; Schade/Wenk 2005; Lummerding 2005 u.v.a. 11. Zu den sozialen Konsequenzen ästhetischer Klassifikationen im Zuge der Aufrechterhaltung der Klassengesellschaft vgl. die Arbeiten Pierre Bourdieus, z.B. 1990 u. 1991. 12. So z.B. bei Diederichsen, der sich Visual Studies und Visual Culture als „allgemeine Bildwissenschaft oder Bilderkulturwissenschaft, die die Trennung zwischen Kunst und Nichtkunst aufhebt“ (2000: 71) vorstellt. Dieser Wunsch nach einer allgemeinen Bilderkulturwissenschaft, die keine Unterschiede mehr macht „zwischen künstlerischen und nichtkünstlerischen Bildphänomenen“ (ebd.) ignoriert jedoch, dass es auch um die Untersuchung dieser Unterscheidung geht. Zum ersten Wunsch vgl. auch Holert, der von „neuen Bildkulturwissenschaften“ spricht (Holert 2000: 21), denen er allerdings zuspricht, programmatisch „nicht an dem Wesen der Bilder, sondern den Praktiken und Interaktionen, an denen Bilder beteiligt sind“ ausgerichtet zu sein (ebd.).

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13. Für die Cultural Studies vgl. z.B. Stuart Halls Text über den Feminismus als die Cultural Studies radikal reorganisierende „Intervention“ und als „Einbruch“ (Hall 1992: 282). Als gleichermaßen „einbrechend“ und „unterbrechend“ und darin die bisherige Arbeit der (britischen) Cultural Studies dezentrierend, neu formierend beschreibt Hall die Auseinandersetzung mit Anti/Rassismus und Rassisierung (ebd). 14. Elkins geht soweit zu behaupten, dass gerade der Kampf um Ressourcenverteilung primärer Grund des zwischen der Kunstgeschichte und den Vertreter_innen der visuellen Kultur herrschenden Misstrauens ist (Elkins 2003: 24). 15. Thomas Dacosta Kaufmann gibt in seiner Beantwortung des October-Fragebogens die Arbeit des Kunsthistorikers Michael Baxandall (genauer, sein 1972 erschienenes Buch Painting and Experience in Fifteenth Century Italy) als erste an, in der die Grundzüge des Konzepts der ‚visual culture‘ entworfen werden, auch wenn der Begriff selbst in dem Buch noch nicht vorkommt (Dacosta Kaufmann 1996: 45). Auch die Kunsthistorikerin Svetlana Alpers, die den Begriff 1983 in ihrem Buch The Art of Describing explizit verwendet, verweist auf Baxandall als jenem Forscher, von dem sie den Begriff übernommen habe. W.J.T. Mitchell führt seine 1991 abgehaltene einführende Lehrveranstaltung ‚Art 101‘ als erste der University of Chicago an, die als Lehrveranstaltung über visuelle Kultur dort angeboten worden sei (Mitchell 2002: 101, fn 27). Soweit die kunsthistorisch basierte genealogische Erzählung (vgl. a. Elkins 2003: 2). Mirzoeff hingegen, entschieden kein Kunsthistoriker, verweist auf Marshall McLuhan als jenen Autor, der in seinem 1964 erschienenen Buch Understanding Media den Begriff ‚visual culture‘ erstmals verwendet habe (Mirzoeff 2002a: 17). 16. Über diese Debatte vgl. auch Rogoff 1999: 18-21, Elkins 2003: 18-20, Schade 2001: 371f. 17. Vgl. http://www.diepresse.at/home/diverse/archiv/162926/index.do (10.06.08). 18. Alex Demirovi´c schreibt, dass das, was im Zuge der gegenwärtigen Restrukturierung der Universitäten als Orte der Intellektualität im bundesdeutschen Raum geschieht, vor allem auch die Auflösung der historischen Verbindung zwischen kritisch-materialistischer Theorie und den Hochschulen ist (Demirovi´c 2005). 19. Elkins Argument eines Desinteresses an historischen Fragestellungen markiert eine Leerstelle, die der Beachtung wert ist. Dieses Argument ist jedoch nicht ident mit der Argumentation Rosalind Krauss‘ (einer der October-Herausgeber_innen), die in einem berüchtigten Text in atemberaubender Geschwindigkeit unter dem Schlagwort Deskilling Folgendes miteinander verbindet: den Machtverlust der Gewerkschaften, eine strukturbedingte Massenarbeitslosigkeit aufgrund des Verlusts der Fachkenntnisse (deskilling) der Arbeitnehmer_innen, selbstgefällige Konsumorientiertheit und schließlich das Ende der Fachkenntnisse aufgrund der Erosion der einzelnen universitären Disziplinen wie z.B. der Kunstgeschichte (vgl. Krauss 1995). 20. Zu Unsichtbarkeit als Dominanzstrategie vgl. die Arbeit von Amesberger/ Halbmayr 2005. 21. Diedrich Diederichsen weist darauf hin, dass die visuelle Kommunikation eine Rückkehr zu den Arbeiten Kracauers und Benjamins vorschlug, während heute dort, wo visuelle Kultur sich als erweiterte Bildwissenschaft versteht (und so will auch Diederichsen sie verstanden wissen) eine Rückkehr auf Aby Warburg und Alois Riegl propagiert wird: „Selbst der eher Visual-Culture-feindliche Fragebogen in October baut Visual Culture diese Brücke […]“ (Diederichsen 1999: 46).

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22. Um genau dieses Forschungsinteresse (das neben einem diskurs- und psychoanalytischen Ansatz für feministische Auseinandersetzungen mit Bildern zentral war und ist) geht es Schade: „Die deutschsprachige Kunstgeschichte dagegen ist [im Gegensatz zur englischsprachigen, js] – bis auf einzelne Ausnahmen – von einer Absenz semiotischer Ansätze gekennzeichnet“ (Schade 2001: 371). 23. In diesem Text ist Mitchell darum bemüht, den Ausdruck ‚pictorial turn‘, den er selbst Anfang der 1990er geprägt hatte (vgl. Mitchell 1994) und der fester Bestandteil eines Hegemonie-des-Visuellen-Vokabulars ist, zurecht zu rücken. Er habe damit nicht gemeint, dass die Moderne sich durch eine Obsession mit dem Visuellen auszeichnet, sondern auf den Gemeinplatz einer „Wende zum Visuellen“ hinweisen wollen – auf eine Sprechfigur also, die unreflektiert und allerorts Verwendung findet (vgl. Mitchell 2002: 94). 24. Meine Begriffe der Macht und der Herrschaft sind angelehnt an Michel Foucaults Überlegungen zu Macht als vielfältigen Kräfteverhältnissen und -prozessen, die „den gesamten Gesellschaftskörper“ durchlaufen (Foucault 1992: 115). Herrschaft ist dementsprechend die Fixierung und Stillegung dieser Prozesse und Dynamiken (vgl. ebd.: 244ff). 25. Vgl. Lummerding 2005: 16ff, die umfassend auf die repräsentationstheoretischen Konsequenzen dieser Abwehr eingeht.

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Kapitel 2 Sichtbarkeit = politische Macht? Ein zentraler Ausgangspunkt des vorliegenden Buches ist die Infragestellung eines direkten, kausalen Zusammenhangs zwischen Sichtbarkeit und politischer Macht. Das bedeutet zu allererst eine Hinterfragung der Annahme, mehr Sichtbarkeit bedeute mehr politische Präsenz oder Durchsetzungsvermögen (und damit mehr Zugang zu den Strukturen der Privilegienvergabe). Obgleich diese Annahme in oppositionellen politischen Debatten einen prominenten Ort einnimmt, übersieht sie dennoch, dass mehr Sichtbarkeit auch eine höhere Einbindung in normative Identitätsvorgaben und Parameter der Kontrolle und Disziplinierung bedeutet. Ich möchte also im ersten Teil dieses Kapitels drei in der theoretischen Literatur oft genannte Einwände gegen eine allzu euphorische Bewertung des Modus der Sichtbarkeit vorstellen. Damit soll die vorbehaltlos positive Konnotiertheit problematisiert werden, die den Begriff ,Sichtbarkeit‘ auf der Ebene oppositioneller politischer Rhetoriken oft begleitet. Gemeinsamer Ausgangspunkt aller drei Einwände ist die Kritik an einer Anordnung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit als binärer Opposition, die allein einen der beiden Begriffe, den der Sichtbarkeit, aufwertet und mit positivem Vermögen und Gewicht assoziiert, während der andere Term, Unsichtbarkeit, gänzlich negativ besetzt ist. Soll die Kritik an dieser Anordnung effektiv werden, ist allerdings nicht nur eine Umbewertung beider Begriffe notwendig. Vielmehr gilt es, Sichtbarkeit und ebenso Unsichtbarkeit als diskursive Konstruktionen zu verstehen, die sich gegenseitig bedingen und modulieren. Teil Eins des Kapitels endet mit einer Verschiebung: Von mehr Sichtbarkeit hin zu einer reflexiven Repräsentationspraxis (des Wahrnehmens ebenso wie des Darstellens), die auf ihre Positioniertheit, Bedingtheit und Vorläufigkeit besteht. Der zweite Kapitelteil, übertitelt mit Visuelle Anerkennung im Konditional 1: Stereotypisieren, wird mit dem Verweis auf stereotypisierendes Darstellen ein besonders eingängiges Argument gegen eine quantifizierende Vorstellung von mehr Sichtbarkeit = mehr politische Macht darlegen. Teil Zwei wird folglich die im ersten Kapitelteil erarbeitete Kritik an einer dichotomisierenden Anordnung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit weiter führen. Anhand spezifischer visueller Repräsentationen wird gezeigt, dass nicht jede Form der Sichtbarkeit und nicht jede Struktur eines Zu-SehenGegeben-Seins den dargestellten Subjektpositionen uneingeschränkt aner51

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kennende Sichtbarkeit zuteil werden lässt, selbst wenn die Bilder die repräsentierten Subjektpositionen zunächst zu affirmieren scheinen. (Auch das folgende Kapitel 3 setzt sich mit visueller Anerkennungsproduktion im Konditional auseinander, unter dem Titel Visuelle Anerkennung im Konditional 2: Plakatieren.) Darlegen werde ich, wie im Fall der spezifischen Stereotypisierungspraxis des ‚Migrant_innendramas‘ die Produktion einer konditionalen Anerkennung mit dem Bereitstellen einer Subjektivierungsform zu tun hat, die majoritäre Souveränitätsphantasien unterstützt. Aber zunächst zu der Kritik an einer dichotomen Anordnung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit.

Einwände gegen erhöhte Sichtbarkeits-Euphoriken: Kontrolle und Affirmation Der erste Vorbehalt gegen eine ausschließlich positive Einschätzung des Modus und Status der Sichtbarkeit formuliert sich in dem Hinweis, dass mehr Sichtbarkeit sowohl eine höhere Einbindung in normative Identitätsvorgaben bedeutet wie auch Kontroll- und Disziplinierungsmaßnahmen leichteren Zugriff gewährt. Für minorisierte Subjektpositionen und Wissenskontexte bedeutet mehr Sichtbarkeit zudem die Affirmation genau jener Repräsentationsordnung, die sie minorisiert. Denn genau weil Sichtbarkeit und Sichtbarmachung immer auch notwendig einen Rückgriff auf bereitstehende, vorformulierte und im Zuge des Zitierens sich reartikulierende Repräsentationsparameter und -standards bedeutet, produziert die Praxis der Sichtbarmachung minorisierter Positionen immer auch die paradoxe Situation der Affirmation der jeweiligen Minorisierung. Kerstin Brandes paraphrasiert das politische Dilemma minorisierter Subjektpositionen für das Feld des Visuellen folgendermaßen: Um (politisch) sichtbar zu werden, müssen sich (gesellschaftliche) Subjekte mit ‚ihren‘ Repräsentationen identifizieren; sie müssen sich in die Bilder einschreiben, durch die sie bezeichnet und intelligibel gemacht sind. Damit bestimmt sich die Sichtbarkeit marginalisierter [...] Subjekte einerseits eben genau als eine Sichtbarkeit am Rand; andererseits rücken sie dort ins Zentrum, wo sie als ‚Bild‘ fixiert sind – als Spiegel, als Projektionsfläche und Abgrenzungsfigur, über die sich ein hegemoniales Subjekt konstituiert. (Brandes 2004: 149)

Eine strukturell ähnliche Kritik gegen die unumwundene Affirmation der Sichtbarkeit, da diese bestehende Repräsentationsvorgaben bestätigt, wird in den letzten Jahren aus queerer Perspektive bzw. genauer aus einer queerlesbischen Femme-Position1 formuliert. Ausgehend von einer Problematisierung der herrschenden rhetorischen Verbindung zwischen dem epistemischen Bereich der Wissbarkeit oder Erkennbarkeit und dem Bereich des Sehens (vgl. Fuchs 2002: 56) kritisieren Lisa Walker und Sabine Fuchs 52

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eine politische Privilegierung der Sichtbarkeit. Gemeint ist eine Privilegierung sichtbarer körperlicher Markierungen, wie sie vor allem im Zuge identitätspolitisch argumentierender, z.B. Schwarzer oder lesBischwuler Zusammenhänge zum Tragen kommt und sich in Slogans wie ‚Out and Proud‘2 und ‚Black is Beautiful‘ artikuliert (vgl. Walker 1993: 868). Diese Art der Sichtbarkeitspolitik produziert neuerlich spezifische Unsichtbarkeiten, so Walkers und Fuchs’ Kritik. Denn hier werden jene Existenzweisen und (Selbst)Repräsentationsformen minorisiert, die als normentsprechend durchgehen/passen – beispielsweise als weiß oder als heteronormativ weiblich. Sabine Fuchs dazu: Ich gehe von der These aus, dass der politisch eingesetzte Begriff der ,Sichtbarkeit‘ als unbewusste Metonymie für ,Erkennbarkeit‘ verwendet wird. Diese einschränkende Verwendung trägt dazu bei, ein Repräsentationssystem aufrecht zu erhalten, das visuelle Repräsentation privilegiert und Verkörperungen, die keine visuelle Evidenz für ihre geschlechtliche/sexuelle Devianz liefern, ignoriert oder marginalisiert. (Fuchs 2002: 56, Hervorh. i. O.)

Und hier Lisa Walkers Argument (auf das sich auch Sabine Fuchs bezieht): Im Falle von Identitätskonstruktionen, die bestimmte Zeichen mit politischem Wert besetzen, werden Figuren, die diese Zeichen nicht aufweisen, oft vernachlässigt. Wenn es darum geht, Marginalisierung zu verstehen, werden Subjekte, die ‚passen‘/als normal durchgehen, leicht als nur randständig verstanden, weil sie jene Sichtbarkeitskategorien, mittels derer Identität hergestellt wird, überschreiten. Within the constructs of a given identity that invests certain signifiers with political value, figures that do not present those signifiers are often neglected. Because subjects who can „pass“ exceed the categories of visibility that establish identity, they tend to be regarded as peripheral to the understanding of marginalization. (Walker 1993: 868, Hervorh. i. O.)

Die hier versammelten Einwände mahnen zur Vorsicht hinsichtlich einer ausschließlich positiven Bewertung der Effekte von Sichtbarkeitspolitiken. Denn diese unterstützen eine herrschende Repräsentationsordnung in ihrer Gleichsetzung zwischen Sichtbarkeit ist gleich Evidenz ist gleich Wahrheit. Diese Repräsentationsordnung naturalisiert Sichtbarkeit und ebenso Evidenz und Wahrheit, und sie negiert, dass das, was zu sehen ist, ein Produkt diskursiver Prozesse ist – also ein Zu-Sehen-Gegebenes (für diesen Begriff vgl. Schade/Wenk 1995: 343 u. Schade/Wenk 2005). Diese Privilegierung des Sehens, die als wahr erklärt, was sichtbar ist, ermöglicht darüber hinaus die Naturalisierung historisch spezifischer Identitäts- und Differenzkonstruktionen. Diese Identitäten und Differenzen werden als historisch/gesellschaftlich hergestellte negiert und statt dessen als körperlich sichtbare Evidenzen und körperliche Eigenheiten behandelt (vgl. Mercer 1995 und Die Produktion der absoluten Andersartigkeit als sichtbare Wahrheit in Kapitel 3). Sichtbarkeitspolitiken, die sich affirmativ auf die Sichtbarkeit von Identitäts53

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und Differenzkonstruktionen beziehen, tragen daher tendenziell zur Naturalisierung genau jener minorisierenden Bedingungen bei, gegen die sie sich richten. Zudem bestätigen sie die Minorisierung und/oder den Ausschluss jener Existenzweisen und Subjektpositionen aus dem oppositionellen Sichtbarkeitsraum, die die körperlich zu repräsentierenden Identitätskategorien nicht repräsentieren können oder wollen, die als Grundlage kritischer oppositioneller Sichtbarkeitspolitiken gelten.3

Unsichtbarkeit = politische Macht oder Überlebensgarant Ein zweiter Einwand gegen eine vorbehaltlose Affirmation des Modus der Sichtbarkeit findet sich im Hinweis darauf, dass und wie manche Weisen der Unsichtbarkeit sowohl reale Macht und ein enormes Privileg4 beinhalten, während andere Arten der Unsichtbarkeit für manche Existenzweisen eine schiere Überlebensnotwendigkeit darstellen. Über Unsichtbarkeit als Überlebensgarant schreibt Pat Califia in ihrer/seiner Einführung des Buches Forbidden Passages, das Texte von Radical-Sex-Autor_innen5 und –Aktivist_innen versammelt, deren Arbeiten in Kanada zensiert wurden: Ich habe keine Belege dafür. Ich habe keine Statistiken, die ich zitieren könnte oder Untersuchungen, die in einer Fußnote anzuführen wären. Entweder weißt du, wovon ich rede, oder eben nicht. […] Entweder du siehst dich in lichtdurchfluteten Kathodenröhren dessen, was lachend Zivilisation genannt wird, oder du weißt, dass du ein Geist in der Maschine bist, und dass Unsichtbarkeit eine der wenigen Dinge ist, die dir Sicherheit garantieren. I don’t have any documentation fort his. I don’t have any statistics to quote or studies to put in a footnote. Either you know what I am talking about, or you don’t. [...] You either see yourself in the cathode-ray tube of what’s laughingly called civilization, or you know you are a ghost in the machine, and that invisibility is one of the very few things that might guarantee your safety.6

Califias Bemerkungen stehen in einem S/M-Kontext und beschreiben Daseinsbedingungen sexueller Existenzweisen, die als pervers klassifiziert werden. Für diese ist Unsichtbarkeit ein Sicherheits- und oft genug auch ein (z.B. beruflicher) Überlebensgarant. Califia schreibt dies im und für den nordamerikanischen Kontext, wo ideologische Konflikte über legitime und illegitime Sexpraktiken in Form von „moralischer Panik“ (Rubin 1993 (1984): 25) noch sehr viel häufiger als in West- und Mitteleuropa auch Dimensionen lebensgefährdender Gewalt annehmen.7 Genauso zutreffend sind diese Bemerkungen für Personen, die unter den Zeichen und Bedingungen der Kriminalisierung, der Sucht und der Illegalisierung leben.

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Ethnisierte und rassisierte Unmarkiertheit als Unsichtbarkeit einer spezifischen Rassisiertheit, nämlich jener des Weißseins, ist Grundlage des Privilegiensystems, das Weißsein als gesellschaftliche Norm begleitet.8 Besonders deutlich wird in den kritischen Arbeiten zu Weißsein auch, dass Verhältnisse der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit historisch und lokal variabel sind. So erinnert beispielsweise Ruth Frankenberg daran, in der Rede von der Macht der Unsichtbarkeit des Weißseins die Historizität und Lokalität dieser Identitätskonstruktion, deren Unsichtbarkeit mit Privilegiertheit, Normativität und Dominanz verbunden ist, mit zu bedenken: Die Rede von der ‚unsichtbaren Rasse‘, so zutreffend sie uns oft erscheinen mag, spiegelt selbst eine gewisse historische Blindheit wider. Weißsein ist nur dann und dort ‚unsichtbar‘, wo die Überordnung von Weiß über Nicht-Weiß hegemonial geworden ist, und selbst dann bleibt diese Unsichtbarkeit eine instabile Angelegenheit. Zu Zeiten und an den Orten, wo Whiteness und Weiße Dominanz etabliert oder wiederhergestellt werden, sind sie extrem sichtbar. Sie sind keineswegs ‚unsichtbar‘ oder einfach ‚normativ‘, sondern werden offen benannt und eingefordert. (Frankenberg 2001)9

Extreme Sichtbarkeit als visuelle Überdeterminiertheit Ebenso wie Unsichtbarkeit ein Privileg oder auch ein Überlebensfaktor sein kann, gibt es Weisen des Sichtbarseins, die mit Ohnmachts-, Zwangs- und Gewalterfahrung zu tun haben – das ist der dritte Einwand gegen eine rein positive Bewertung des Modus der Sichtbarkeit. Araba Johnston-Arthur beispielsweise weist auf die „Ambivalenz zwischen extremer Sichtbarkeit bei gleichzeitiger Unsichtbarkeit“ als „markantes Merkmal der Schwarzen Erfahrungen im deutschsprachigen Raum“ hin (Johnston-Arthur 2004: 19). In Kapitel 3 zitiere ich im Zusammenhang einer Diskussion antirassistischer Plakatkampagnen Eve Kosofsky Sedgwicks Formulierung der Gleichzeitigkeit einer höchst regulativen Sichtbarkeit einerseits und einer diskursiven Auslöschung andererseits (Kosofsky Sedgwick 1991: 6, Fn 8). Diese Formulierung, die extreme Sichtbarkeit mit gleichzeitiger Unsichtbarkeit an dieselbe Subjektposition koppelt, macht beschreibbar, wie in bestimmten gesellschaftlichen Feldern, besonders im Kultur- und Unterhaltungssektor, nicht-weißen Subjekten durchaus ein Platz bereitgestellt ist – als Spektakel. In anderen Feldern hingegen, vor allem in jenen, in denen es um die politische Verhandlung und Bestimmung gesellschaftlicher Strukturen und die Aufteilung der gesellschaftlichen Ressourcen und Güter geht, werden diese Plätze nicht nur nicht bereitgestellt. Darüber hinaus wird der Kampf minorisierter Zusammenhänge und Subjekte um die Etablierung dieser Plätze diskursiv gelöscht, also unsichtbar gemacht. Den klassischen Fall einer visuellen Überdeterminiertheit bei gleichzeitiger diskursiver Löschung stellt das Stereotyp dar. Diesem Repräsentationsmodus, in dem sich Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit auf spezifische 55

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Weise begegnen, ist der zweite Teil dieses Kapitels gewidmet. Dort wird es anhand eines spezifischen Sets an deutschsprachigen Filmen, die türkisierende Repräsentationen produzieren, vor allem um das Stereotypisieren als Bedeutungspraxis gehen. Besonders herausstellen werde ich die projektive Funktion und das reflexive Potenzial des Stereotyps als eine Repräsentationsform, die sich einer Aufrechterhaltung von Herrschaftssituationen bzw. einer darin impliziten Souveränitätsstruktur als besonders dienlich erweist.

Modulationsverhältnisse: Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit mit Wendy Brown Um die politischen und gesellschaftlichen Effekte und Implikationen spezifischer Sichtbarkeiten einschätzen zu können, lohnt es sich also, auch die Effekte und Bedeutungen spezifischer Unsichtbarkeiten in ihren je spezifischen Kontexten zu bedenken. So kann Unsichtbarkeit Unmarkiertheit und daraus folgende Majorisiertheit ebenso bedeuten wie sie auch gleichzeitig, wie im Falle der Stereotypisierung, an Hypervisibilität und damit zusammenhängende Entwertungs- und Gewalterfahrungen gekoppelt sein kann. Beide Modi, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, sind folglich nicht als binäre Oppositionen zu betrachten, die sich jeweils gegenseitig ausschließen, sondern als Verhältnis sich gegenseitig bedingender und modulierender Zustände, die zudem beide gleichzeitig herrschen können. Peggy Phelans zur Vorsicht gemahnende Bemerkungen angesichts binärer Sichtbarkeits- und Unsichtbarkeitskonstruktionen öffnen einen Raum für ein komplexeres Verständnis der verschiedenen Effekte des Sichtbarseins: [Die] Binarität zwischen der Macht der Sichtbarkeit und der Ohnmacht der Unsichtbarkeit führt in die Irre. Es liegt reale Macht darin, unmarkiert zu bleiben, ebenso wie einer visuellen Repräsentiertheit als politischem Ziel schwerwiegende Grenzen gesetzt sind. Sichtbarkeit ist eine Falle [...]. Sie ruft Überwachung und das Gesetz auf, provoziert Voyeurismus, Fetischismus und einen kolonialistischen/imperialistischen Appetit nach Besitz. [The] binary between the power of visibility and the impotency of invisibility is falsifying. There is real power in remaining unmarked; and there are serious limitations to visual representation as a political goal. Visibility is a trap [...]; it summons surveillance and the law; it provokes voyeurism, fetishism, the colonialist/imperial appetite for possession. (Phelan 1993: 6)

Wendy Brown führt ähnliche Überlegungen in ihrem Text Freedom’s Silences für das Begriffspaar Sprechen und Schweigen aus (Brown 1998). Diese Überlegungen möchte ich hier ausführlicher darstellen, da ihre Kritik an einer Anordnung von Schweigen und Sprechen, die die beiden als Oppositionen und eben nicht als gegenseitige Modalitäten begreift und vor allem dem zweiten Begriff alleiniges emanzipatives Potenzial zuspricht, sich auf 56

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gängige Vorstellungen einer binär-hierarchischen Opposition zwischen Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit übertragen lässt.10 Brown beschreibt eine zeitgenössische Tendenz des „zwanghaften Einfügens bisher verborgener oder privater Erfahrungen in den öffentlichen Diskurs“ („compulsive putting into public discourse of heretofore hidden or private experiences“, ebd.: 314) und meint damit sowohl die zunehmende Zirkulation der Geschichten aus dem Privatleben öffentlicher Personae wie auch ein zwanghaftes Ausstellen und Katalogisieren der Details marginalisierter Lebensweisen, das marginalisierte Sprecher_innen selbst betreiben. Zwangsdiskursivierung („compulsory discursivity“, ebd.: 315) bei gleichzeitiger Abwertung des Schweigens durch seine ausschließlich negative Besetzung nennt Brown diese Form der Wahrheitsproduktion. Sie ist, so Brown, eine „für unser Zeitalter spezifische Regulierungs- und Entpolitisierungsmodalität, die nicht nur Beichtcharakter hat, sondern das private Leben in die öffentliche Sphäre entleert“ („a modality of regulation and depoliticization specific to our age that is not simply confessional, but that empties private life into the public domain“, ebd: 314). Problematisch daran ist allerdings nicht nur, dass die zunehmende Privatisierung des Politischen (und seine Kommerzialisierung) gesellschaftliche, politische und ökonomische Machthierarchien unangetastet lässt. Vielmehr gilt gerade für das Darstellen marginalisierter Existenzweisen, dass diese emanzipatorisch verstandene Form der Wahrheitsproduktion die Regulierung dieser Lebensweisen zunehmend antreibt, während gleichzeitig die Bedingungen dieser Existenzweisen entpolitisiert werden. Eines der Beispiele Browns über die Ambivalenz des Schweigens (ambivalent, da das Schweigen einerseits vor herrschaftlichen Zugriffen schützt, aber andererseits auch die herrschaftlichen Zugriffe schützt) ist der Vergleich einer relativen Freiheit jener heute im hochindustrialisierten Norden/Westen schwul oder lesbisch genannten Praktiken mit historisch-kulturellen Kontexten, in denen kein formaler Diskurs über diese Praktiken existierte.11 Brown führt Michel Foucaults Untersuchung Geschichte der Sexualität Bd 1. an, in der für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert in abendländischen Gesellschaften auf eine doppelte Funktion des Schweigens hingewiesen wird. Einerseits ermöglicht das Schweigen die Ausübung extremer Strenge (bis hin zur Todesstrafe) und gleichzeitig lockert es auch die Zugriffe, schafft Spielräume, ermöglicht „eine sicher sehr weite Toleranz (die man indirekt aus der Seltenheit gerichtlicher Verurteilungen schließen und direkt in Zeugnissen über Männergesellschaften in der Armee oder an Höfen wahrnehmen kann)“ (Foucault 1992: 123). Das Brechen des Schweigens – und mit dem Schweigen ist eben genau eine spezifische Verzahntheit von Schutz der Gewalt wie Schutz vor Gewalt gemeint – durch die Produktion eines neuen öffentlichen und auch juridischen Diskurses über diese Praktiken ersetzt die alte Anordnung durch eine neue. Und auch diese verknüpft wieder spezifische Freiheiten mit spezifischen Unfreiheiten. Denn diese Diskursform ermöglicht das Sprechen von und über Praktiken und den daraus abgeleiteten Identitätsformen. Anders gesagt ermöglicht sie deren Sichtbarkeit. Gleichzeitig kann sie „Andersheit 57

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gewaltsam in die Existenz setzen ebenso wie dadurch die so bezeichneten Subjekte der Verwerfung, Zensur oder dem Reguliertwerden ausgesetzt werden.“ („[A] silence broken [...] may bring Otherness violently into being as it brings a designated subject respectively into abjection, censure, or regulation.“ Brown 1998: 316) Auch Christina Nord weist auf eine Verzahntheit von ermöglichenden und repressiven bzw. entwertenden und gewaltvollen Momenten in Prozessen der Sichtbarmachung hin, wenn sie betont, dass neue Sichtbarkeiten auch neue Unsichtbarkeiten erzeugen, wenn beim traditionellen Lesbenfrühlingstreffen Jahr für Jahr erbittert darum gestritten wird, ob transsexuelle Lesben teilnehmen dürfen oder nicht; wenn bei den großen AIDS-Benefiz-Veranstaltungen zwar reichlich Prominenz, nicht aber von Sozialhilfe lebende Kranke vertreten sind; wenn sich bürgerliche Zeitungen endlich dazu bequemen, über die Belange der homosexuellen Minderheit zu berichten, dabei aber vergessen, dass sich diese Minderheit nicht nur aus schwulen Männern zusammensetzt (Nord 2000: 170)

Wenn Sichtbarkeit als Konzept und Modus gegen Nichtrepräsentanz Sinn machen soll, so Nords Schlussfolgerung, dann ist eine kontinuierliche Befragung und auch Revision der Effekte jeweils gewählter Zeichen erforderlich, um die Produktion von Klischees und Identitätszwängen zu vermeiden. In entschiedener Abkehr von einer reinen Affirmation von Sichtbarkeitspolitiken plädiert Christina Nord damit für eine andere Praxis im Umgang mit Sichtbarkeit bzw. mit den Zeichen, die eben diese erzeugen. Denn wenn Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit sich gegenseitig modulieren und die Produktion von Sichtbarkeit immer auch die Produktion von Unsichtbarkeit bedeutet; und wenn Sichtbarkeit immer ein ambivalenter Status ist, ebenso wie Unsichtbarkeit, dann kann es nicht um immer mehr Sichtbarkeit gehen, sondern um eine andere, eine reflexive Praxis. Diese inkludiert die Reflexion einer Positioniertheit jeglichen Darstellens und Wahrnehmens und als Konsequenz daraus, mit Christina Nords Formulierung, „Bilder, die gegen eine permanente Revision nichts einzuwenden haben“ (Nord 2000: 170).

Zwischenresumée: Für eine reflexive Praxis des Sehens François Wahl formuliert für eine reflexive Praxis des Sehens, die ausgeht vom Sehen als Ausdruck seiner strukturalen Bedingungen: Mehr sehen heißt, leere Stellen auf der Oberfläche des Textes selbst erkennen und, aufgrund einer neuen Grammatikalisierung der Frage, wie man es nennen könnte, die Zeichen so neu zu verteilen, daß die alten Lücken durch das zurückgewonnen werden, was immer nur ein anderer Text, eine andere Oberfläche der Rede sein wird, jedoch den Fehler der ersten sagt. (Wahl 1981: 374)

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Dieses mehr Sehen als reflexive Praxis des Sehens plädiert vor allem für eine Markierung der Ausschlüsse eines Textes. Ich werde später mit Teresa de Lauretis’ Konzept des space-off (Kapitel 4) noch einmal auf diese Vorstellung der Lücken einer Repräsentation zurückkommen und sie dort nützen, um ein Verhältnis zwischen minorisierten und majorisierten Öffentlichkeiten, subalternen und hegemonialen Kontexten der Wissensproduktion in einer ästhetischen Form vorstellbar zu machen. Auch dort werde ich der Vorstellung, es ginge darum, etwas bisher Ungesehens sichtbar zu machen, eine andere ästhetische Figur entgegen setzen, die vor allem Verhältnisse der Sichtbarkeit theoretisiert. Ich habe hier verschiedene Einwände gegen eine vorbehaltlose Affirmation der Sichtbarkeit und den darin impliziten Binarismus versammelt. Sie alle verdeutlichen, dass Überlegungen über mögliche Zusammenhänge zwischen Sichtbarkeit, Unsichtbarkeit und politischer Gestaltungsmacht und darüber, was Verhältnisse der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit mit der Produktion gesellschaftlicher Ungleichheiten, Vereinnahmungen und Ausschlüsse zu tun haben, sich für die Ambivalenzen der Sichtbarkeit interessieren müssen. Was derartige Überlegungen im Kontext visueller Repräsentationen bedeuten können, möchte ich im nächsten Teil dieses Kapitels zeigen. Dieser Kapitelteil wird mit seiner Untersuchung des Stereotypisierens als Darstellungspraxis ein besonders eingängiges Argument gegen eine quantifizierende Logik des Mehr = Besser im Feld der Visualität vorstellen. Denn was auch immer das Stereotyp erzeugt – und es ist ein außerordentlich schillernder, ambivalenter Repräsentationsmodus, daher lohnt die Auseinandersetzung mit seinen Verfahrensweisen nach wie vor – es ist kein Modus, der dafür bekannt ist, besondere Wertschätzung zu artikulieren. Ganz im Gegenteil wird in repräsentationskritischen Texten das Stereotyp als Repräsentationssituation theoretisiert, die ein Herrschaftsverhältnis anzeigt. Ich werde diesen Darstellungsmodus anhand eines filmischen Genres diskutieren, das bundesdeutsche öffentliche TV-Anstalten erzeugt haben und das die Germanistin und Filmwissenschafterin Deniz Göktürk ‚das Migrantenkino‘ nennt. Ausgangsmaterial der folgenden Diskussion sind also bildliche Repräsentationen von Subjektpositionen, die entlang rassisierter und ethnisierter Differenzachsen minorisiert werden. Ausgangsthese ist, dass nicht jede Form der Sichtbarkeit, auch wenn sie zunächst spezifische Subjektpositionen zu affirmieren und anzuerkennen scheinen, diesen Subjektpositionen unumwunden und uneingeschränkt anerkennende Sichtbarkeit zuteil werden lässt.

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Visuelle Anerkennung im Konditional 1: Stereotypisieren Wie kommt es, dass Türken im deutschen Kino jahrzehntelang so undifferenzierte, unwandelbare Rollen zu spielen hatten? Deniz Göktürk12

Der folgende Kapitelteil ist dem Stereotypisieren als Darstellungspraxis gewidmet. Untersuchen werde ich hier die Produktion des türkisierenden Stereotyps in einem Genre des deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen TVs, das ich, in Anlehnung an Deniz Göktürks Begriff des ‚Migrantenkinos‘ (Göktürk 2000), das Migrant_innendrama nennen werde. Das grundlegende Argument, das dem folgenden Text unterlegt ist, richtet sich dabei gegen ein Repräsentationsverständnis, das Darstellungen, Texte wie Bilder, an ihrer Wirklichkeitstreue misst. Epistemologischer Realismus wird dieses Repräsentationsverständnis auch genannt, das auf der Vorstellung eines Gegenübers von Sprache bzw. Repräsentation und Welt basiert und letztere als vorgängig und sprachunabhängig setzt. Dementgegen interessiert mich die ambivalente, repetitive und reduktive Struktur des Stereotypisierens, weil sie ermöglicht, über Repräsentationen als Arten und Weisen der Wirklichkeitsproduktion nachzudenken, die bestimmten Betrachter_innenpositionen die Identifiziertheit mit der Fantasie unbedingter Souveränität ermöglicht – bei gleichzeitiger Verunmöglichung der Beanspruchung dieser Fantasie für andere Betrachter_innenpositionen. Im Folgenden wird es also nicht um ‚negative Bilder‘ als offensichtlich negativ stereotypisierende Darstellungen gehen. Vielmehr möchte ich zeigen, wie Bilder, die zwar bestimmte minorisierte Subjektpositionen affirmieren und mit Wert belehnen, bzw. mit einer „bejahende[n] Erklärung über die Wirklichkeit, Wahrheit und Identität“ (Meyers 1889: 562, vgl. auch die Abschnitte zu Anerkennung in der Einleitung und in Kapitel 5) ausstatten, dennoch nur eine bedingte Form der Anerkennung produzieren – eine Anerkennung im Konditional. Bedingt ist sie, da sie vor allem der „Produktion des Souveränitätsgefühls“ (Mankell 2003: 5) majoritärer Subjektpositionen dient. Bedingt heißt: nur dann, wenn die Bestätigung des Souveränitätsgefühls majoritärer Subjektpositionen nicht zur Disposition steht, wird Anerkennung verliehen. Bevor ich mit den Filmen beginne, rahmend und einleitend noch einige Anmerkungen zum Begriff und Konzept des Stereotyps, die meine Ausführungen zu diesem Repräsentationsmodus perspektivieren sollen.

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Zum Begriff und Konzept des Stereotyps Der Begriff ‚stereotyp‘, aus dem griechischen ‚stereos‘, fest, und ‚typos‘, Zeichen, gebildet, ist, so der Brockhaus in seiner Ausgabe von 1996, von einem drucktechnischen Verfahren (Druck mit gegossenen fest stehenden Typen) abgeleitet und bedeutet ‚formelhaft, klischeehaft‘ (Brockhaus 1996). Sander Gilman betont in seiner fundierenden Arbeit über Stereotypen aus den frühen 1980er Jahren diese Verbindung zwischen der Etymologie des Begriffs und der Herstellung von Texten, da sie es ermöglicht, die kritische Aufmerksamkeit sofort auf die Ebene der Produktion von Repräsentationen zu lenken. Damit lässt sich unterstreichen, dass das Problem an dem Darstellungsmodus, der mit dem Begriff des Stereotyps bezeichnet wird, nicht eine Frage seiner klischierten, verzerrten oder unangemessenen Wirklichkeitswiedergabe ist. Mein anschließend am Genre des Migrant_innendramas ausgeführtes Argument bezieht sich also nicht auf das Verhältnis zwischen Repräsentation und Realität, Darstellung und Wirklichkeit. Ausgangspunkt sind vielmehr Überlegungen danach, welche Wirklichkeiten bestimmte Repräsentationen herstellen. Im Zusammenhang mit dem Stereotyp besonders relevant ist zudem die Verknappung diskursiver Möglichkeiten – also die Wiederholung einer, und eben nur einer, Darstellungsformel, immer wieder und immer wieder nur so und nicht anders. Diese Aufmerksamkeit für Verknappungen ermöglicht es beispielsweise, nach Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Repräsentation von Vielfältigkeit und Individualität zu fragen bzw. danach, welchen Identitätskonstruktionen und Subjektpositionen Vielfalt und Individualität im Diskurs zugestanden wird, und welchen eben nicht. Damit unterscheiden sich diese Überlegungen und der theoretische Kontext, aus dem sie sich speisen, von Forschungszusammenhängen, die das Stereotyp bzw. in diesen theoretischen Zusammenhängen üblicher: den Stereotyp als Darstellungseinheit untersuchen, die die Herstellung von Vorurteilen unterstützt, indem sie fehlinformiert, verzerrt, verfälscht. In der Sozialpsychologie und Kognitionswissenschaft beispielsweise wird der Begriff dementsprechend seit dem frühen 20. Jahrhundert im Zuge der Wissensund Vorurteilsforschung verwendet (vgl. Winkler 1993, kritisch dazu Pickering 2001: 22ff und Gilman 1985: 16). Der Stereotyp selbst wird hier meist als „defizitäre Wissenseinheit“ (so Pickerings Ausdruck, ebd.: 24) verstanden. Diese Forschungstradition wird in repräsentationskritisch informierten Texten oft kritisiert. Mark Terkessidis beispielsweise weist darauf hin, dass eine mit Vorurteilskonzeptionen operierende Rassismusforschung gemeinhin vernachlässigt, dass und wie Rassismus (ebenso wie dessen Erforschung) Subjekte und Objekte als Wissenseinheiten herstellt. Damit ignoriert sie, dass rassistisches Wissen eine Form sozialer Erkenntnis ist. Dieses Wissen verzerrt oder fälscht nicht einfach Realität, sondern gibt für die Mitglieder der hegemonialen Gruppe die Beziehung zwischen den gesellschaftlichen Gruppen einleuchtend wieder, und zwar so, dass die Aufrechterhaltung ihrer eigenen Dominanz legitimiert wird (vgl. Terkessidis 1998).

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Abb. 1, Aprilkinder: Mutter (Serif Sezer), Tochter Dilan (Senem Tepe) und die Söhne Cem (Erdal Yildiz) und Mehmet (Bülent Esrüngün) Ich werde im Folgenden ein Set von Filmen vorstellen, die sich als Versuche lesen lassen, antirassistische Filme für den Mainstream herzustellen, d.h. für die majoritäre, weiße Zuschauer_innenposition, die das bundesdeutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen projiziert. Diese antirassistische Filmproduktion hat ein wiederkehrendes Problem – sie verlässt sich auf Stereotypisierung. Im Falle des vorliegenden Filmmaterials handelt es sich dabei vor allem um das türkisierende Stereotypisieren bzw. die stereotype Türkisierung. Jean-Louis Leutrat definiert als ‚Genre‘ solche Filme/Texte, die „durch eine Struktur miteinander verbunden sind, die eine Kontinuität herstellt und sich in einer historischen Serie manifestiert“ (zit. nach Neale 1996: 51).13 Dem entsprechend lässt sich behaupten, dass das Genre des Migrant_innendramas durch das türkisierende Stereotyp bzw. die stereotype Türkisierung hergestellt wird. Denn dieses türkisierende Stereotyp produziert seine intertextuell verbindende Genrestruktur. Mein Ausgangspunkt für die folgenden Darlegungen ist eine Definition des Stereotypisierens als Darstellungsform und seiner Effekte, die Stuart Hall entwickelt: Das Stereotypisieren ist eine Repräsentationsform, die gesellschaftlich produzierte Differenzen reduziert, essentialisiert, naturalisiert und festschreibt (vgl. Hall 1997: 257).

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Das Migrant_innendrama und die deutschsprachige Souveränität: über Yasemin, Aprilkinder, Yara Im Oktober 2002 sendete 3SAT, der Gemeinschaftssender der öffentlichrechtlichen Schweizer, deutschen und österreichischen Fernsehanstalten ZDF, ORF, SRG und ARD, den Programmschwerpunkt Jung, deutsch und türkisch: „Neue Fernseh- und Kurzfilme sowie Dokumentationen von jungen deutschtürkischen Regisseuren zeigen den Stand der politischen, religiösen und künstlerischen Selbstbilder junger Deutschtürken“, so die Ankündigung des Senders zum Schwerpunkt.14 Gezeigt wurde beispielsweise Yasemin, Hark Bohms 1986 fertig gestellter, immens erfolgreicher Spielfilm – der Film wird bis heute über die Goethe-Institute weltweit als deutsches Kulturprodukt vertrieben (Göktürk 2000: 335). Hier eine kurze Synopse des Films von Deniz Göktürk: Die ‚Romeo und Julia‘-Geschichte spielt in Hamburg. Yasemin (gespielt von Ay˛se Romey) ist eine lebhafte Siebzehnjährige und eine gute Schülerin. […] Beim Judo kämpft sie mit großem Geschick und legt manchen Jungen auf die Matte. Dort taucht eines Tages Jan auf (gespielt von Uwe Bohm, dem Sohn des Regisseurs), der ihr zunächst aufgrund einer Wette nachstellt, sich jedoch bald in sie verliebt. Doch Yasemin führt ein Doppelleben, wie es in jenen Jahren vielen türkischen Mädchen zugeschrieben wurde: „morgens Deutschland abends Türkei“ (Tebbe 1981). Wenn sie in den Gemüseladen des Vaters zurückkehrt, lässt sie den hochgesteckten Rock herunter, zieht sich einen Pullover über das ärmellose Sommerkleid und wird zur pflichtbewussten türkischen Tochter. [...] Die Mutter, gespielt von Emine Sevgi Özdamar, überzeugt schließlich den Vater von Yasemins Studienplänen. Allerdings schlägt das freundliche Klima radikal um, als Yasemins Schwester in ihrer Hochzeitsnacht kein blutbeflecktes Laken vorweisen kann – den Beweis, dass sie noch Jungfrau ist. In seiner Ehre getroffen, verwandelt sich der liebevolle Vater plötzlich in einen brutalen Patriarchen, der seine älteste Tochter verstößt und Yasemin einsperrt, um sie dann bei Nacht und Nebel leichtbekleidet aus dem Bett zu zerren und in die Türkei zu verfrachten. (Göktürk 2000: 337f)15

Der Film endet mit einer Rettung: Jan fährt mit dem Motorrad vor, Yasemin springt auf, und beide fahren in die deutsche Nacht davon. „Die Arbeit der Erzählung besteht also darin, Differenzen, und zwar spezifisch und zu allererst Geschlechterdifferenz, in den jeweiligen Text einzutragen“, schreibt die Filmtheoretikerin Teresa de Lauretis vor über zwanzig Jahren. („The work of narrative, then, is a mapping of differences, and specifically, first and foremost, of sexual difference into each text“. De Lauretis 1984b: 121) Im hier besprochenen Filmbeispiel veranschaulicht sich jedoch eine erzählerische Arbeit, in der Geschlechterdifferenz ein Konstruktionsvehikel für die Nachdrücklichkeit der Konstruktion ethnisierter/rassisierter Differenzen bildet. Dabei basiert die ethnisch markierte, türkisierte Seite dieser Differenz, im Gegensatz zur majoritär weißen, in Yasemin auf stereotypen Darstellungen. Aus dem Film herausgreifen möchte ich hier eine im Hinblick auf stereo63

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Abb. 2, Yasemin: Die Mutter (Emine Sevgi Özdamar) und Yasemin

typisierendes Darstellen besonders signifikante Szene. Dieses Motiv besitzt in den Filmen dieses Genres eine derart hohe Zirkulationsdichte, dass ihm nahezu emblematischer Status zukommt: die Kopftuch tragende Mutter am ärmlichen Esstisch (Abb. 2). Vor dieser in Abb. 2 wiedergegebenen Einstellung, die dieses emblematische Motiv aufscheinen lässt, liegt eine Szene, die zum ersten Mal Yasemins familialen Kontext und dessen Räume zeigt. Die Szene beginnt, indem die Kamera in halbnaher Einstellung Yasemin folgt, die von der Straße erst das halböffentlich/halbprivate Lebensmittelgeschäft des Vaters und dann die an das Geschäft anschließende Wohnung betritt.16 In dem Laden, den Yasemin betritt, sitzt der Vater mit dem Onkel. Sie begrüßt den Vater, will ihn zum Gruß auf die Wangen küssen. Der Vater, mit einem Blick auf den strengen und strenggläubigen Onkel, bringt die Tochter dazu, sich zu beugen und ihn auf die Hand zu küssen. Gesprochen wird türkisch und deutsch. Yasemin geht weiter, vom Geschäft in die angeschlossenen Wohnräume. Ausführlich ist hier bereits stereotyp türkisiert worden. Dann betritt Yasemin die schmale dunkle Küche, deren Beengtheit Ärmlichkeit konnotiert, und trifft dort auf die hausarbeitende Mutter in langer dunkler Kleidung und Kopftuch (Abb. 2). Yasemin spricht sie an, deutsch, die Mutter antwortet, türkisch. Genau dieses filmische Setting – die beengte, ärmliche Küche, in der die hausarbeitende, Kopftuch tragende Mutter steht und türkisch spricht, ist ein sich wiederholendes Motiv in zahlreichen Filmen, die im 3SAT-Schwerpunkt gesendet werden. Es findet sich beispielsweise auch im zwölf Jahre später entstandenen Aprilkinder (Yüksel Yavuz, D 1998).17 Nach einer langen Kamerafahrt eine Hamburger Straße entlang, über die die Filmtitel gelegt sind, beginnt die Erzählung des Films mit genau diesem Setting: In der ärm64

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Abb. 3, Yara – Seelenschmerz: Die Tante (Füsun Demirel), der Onkel (Halil Ergün), die Kusine und Hülya (Yelda Reynaud) lichen Küche kocht die Kopftuch tragende Mutter, am Tisch sitzt der jüngere Sohn in Rippunterhemd. Der herrscht seine jüngere Schwester auf Deutsch an, sie trotzt auf Deutsch zurück, die Mutter fährt auf Türkisch dazwischen. Und schließlich am Esstisch: die beiden Söhne, die Tochter, die Kopftuch tragende, verhärmte Mutter (Abb. 1). Das gleiche Motiv, diesmal allerdings direkt in die Türkei verschoben, wird auch in Yara (Yilmaz Arslan, D 1998) aufgerufen. (Abb. 3) Hülya, die Protagonistin des Films, wird von ihrem in Deutschland lebenden Vater gezwungen, Deutschland und das Leben in der Großstadt zu verlassen und in der Türkei bei ihrem Onkel am Land zu leben. Nach einem kurzen Vorspann, der in Deutschland spielt, beginnt der Film mit der Darstellung der Lebenssituation Hülyas bei der Familie des Onkels in einer ländlichen Gegend der Türkei: Das Haus des Onkels ist ärmlich, in der beengten Küche steht die Kopftuch tragende Frau und kocht. Und schließlich sitzen am ärmlichen Esstisch der Onkel, die Kusine, Hülya und die Kopftuch tragende, verhärmte Tante (Abb. 3). Anhand dieser drei zwischen 1986 und 1998 entstandenen Beispiele lässt sich beschreiben, wie filmische Türkisierung innerhalb des bundesdeutschen Film- und TV-Genres des Migrant_innendramas vonstatten geht.18 Verschiedene Achsen der Minorisierung überschneiden sich in diesem stereotypen Setting der ‚Kopftuch tragenden Mutter am Esstisch‘, des ‚patriarchalen gemüsehandelnden Vaters‘ und der ‚aufbegehrenden Tochter‘ und rassisierend-kulturell-historische Stereotypen werden geschlechterdifferenziell ausbuchstabiert. Das Türkische wird vor allem durch eine konservativrückständige geschlechterspezifische Rollenaufteilung konnotiert. Die Weiblichkeit der ersten Generation ist auf den Ort der reproduktiven Arbeit 65

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im sozialen Raum der Privatheit verwiesen. Zudem ist das Setting klassenspezifisch markiert: Es ist immer proletarisch oder bäuerlich und arm und ungebildet. (Die meisten Filme dieses Genres koppeln zudem ethnisierte Differenzen an eine Stadt-Land-Differenz, in der die deutschen Zusammenhänge urban-großstädtisch und die türkischen ländlich kodiert sind.) Dieses Setting produziert die Männer der ersten Generation als mehr oder weniger freundliche Patriarchen, die Frauen der ersten Generation als Unterworfene. Die Töchter sind es, die Frauen der zweiten Generation, um deren Befreiung aus unterdrückerischen Strukturen es geht. Denn diese werden als Figuren gezeigt, die sich unter Mühen und eingezwängt in Gewaltstrukturen von der türkischen Archaik hin zur westlich-aufgeklärten Post/Moderne entwickeln, quasi sozial-evolutionär. „Innerhalb dieses Modells lässt sich Integration nur durch einen radikalen Bruch zwischen der sogenannten ersten und zweiten Migrantengeneration denken“, schreibt Göktürk: Tatsächlich war diese Haltung in der deutschen Ausländerpolitik jener Jahre weit verbreitet: ‚Man muß sich um die bemühen, die sich integrieren lassen. Die erste Generation ist sowieso verloren, aber die zweite Generation kann noch gewonnen werden‘. (Göktürk 2000: 336)

Die Figuren, an denen sich diese darwinistische, quasi-biologische Vorstellung einer Transformation des Sozialen filmisch festmacht, sind weiblich. Es sind die Frauen und Mädchen der zweiten Generation, die in diesen Narrationen als Figuren im Zwischen-Raum konstruiert werden. „Zwischen den Stühlen“ ist die Metapher dieser Jahre, die die Position dieser Form der Subjektivität als Zerissene zwischen fix definierbaren Kulturen als Entitäten beschreiben soll. (Mit „auf allen Stühlen“ konterkariert Otyakmaz 1995 dieses Bild im Titel einer Forschungsarbeit über das Selbstverständnis junger türkischer Migrantinnen in Deutschland, vgl. Otyakmaz 1995.) Evolutionäre Emanzipation wird hier mit der Befreiung der (jungen) Frauen kurzgeschlossen. Das Türkische wird in diesem Setting also antimodern, d.h. archaisch hergestellt, und vor allem als von patriarchaler Gewalt geprägt. Im Gegenzug dazu entsteht das Deutsche als modern, aufgeklärt, urban, und vor allem antisexistisch bzw. als Raum der freien Entfaltungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen. In ihrem Text Subnationale Mitleidskultur oder transnationale Rollenspiele beschreibt Deniz Göktürk die Filme des von ihr so bezeichneten „Migrantenkinos“ als Produkte einer bestimmten öffentlichen Förderkultur vor allem der Redaktion des Kleinen Fernsehspiels beim ZDF: Um der Förderung teilhaftig zu werden, reproduzierten in Deutschland lebende Autor/innen und Regisseur/innen ausländischer Herkunft in ihren Drehbüchern und Filmen häufig Klischees über die ,eigene‘ Kultur und deren archaische Sitten und Bräuche. Wer aus der Türkei stammte und in Deutschland Filme machen wollte, hatte lange Zeit nur Chancen mit einem Drehbuch, das von der Unterdrückung rückständiger Landbevölkerung handelte. (Göktürk 2000: 333)

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Diese Rückständigkeit findet ihre besondere Ausformulierung und Betonung in der filmischen Konstruktion einer streng patriarchalen Geschlechteranordnung. Es zirkulieren primär Bilder türkischer Frauen als durch patriarchale Väter, Brüder, Ehemänner Unterdrückte, als aus der Öffentlichkeit Ausgeschlossene und in verschlossenen Räumen Eingesperrte. Meist funktioniert deren Narration, so Göktürk, über die Errettung türkischer Frauen durch deutsche Männer: Die Befreiung der armen Türkin aus Gefangenschaft, Unterdrückung, Abhängigkeit oder gar Prostitution ist eine populäre Phantasie, die dem Überlegenheitsgefühl des deutschen Publikums entspringt. Das Mitleid mit den Opfern der gewalttätigen anderen Kultur dient in erster Linie der eigenen Selbstbestätigung. (Göktürk 2000: 336)

Beschrieben wird hier eine Form stereotypisierender Darstellung, in der es nicht durchgängig um die Produktion abwertender Bilder geht – also das, was im englischen Sprachraum in den 1970ern und 80ern in den politisch inspirierten Diskussionen um stereotypes Darstellen ‚negative images‘ genannt wurde. Die Repräsentationen der türkischen Frauen lassen sich nicht entlang der Kategorie ‚negative Bilder‘ beschreiben. Aber sie sind ein Beispiel für „die Möglichkeit“, wie Patchen Markell in seiner Auseinandersetzung mit der Frage anerkennender Repräsentationen schreibt, „dass auch affirmative Bilder Anderer/der Andersheit sich mit Ungerechtigkeit als konsistent erweisen können oder als deren Vehikel dienen können“ („the possibility, that even affirmative images of others could be consistent with, or serve as vehicles of, injustice“, Markell 2003: 5). In seiner Untersuchung über asymmetrische gesellschaftliche Anerkennungsverhältnisse betont Patchen Mankell, diese Bilder seien eben nicht als das „systematische Versagen einiger Leute, die Identitäten anderer anzuerkennen/zu erkennen“ zu lesen, „sondern als Weise der Strukturierung und Ordnung der Welt, die einigen Leuten und Gruppen erlaubt, den Anschein souveräner Handlungsfähigkeit zu geniessen – zu Lasten anderer“ („not as systematic failures by some people to recognize others’ identities, but as ways of patterning and arranging the world that allow some people and groups to enjoy a semblance of sovereign agency at others’ expense“, Markell 2003: 5).

Das Stereotyp als Raster intertextueller Differenzproduktion Als „Raster intertextueller Relationen“19 (Winkler 1993) ist das Stereotyp bezeichnet worden. In einem stereotypenkritischen Text aus den späten 1970er Jahren plädiert der Filmtheoretiker Steve Neale dafür, diese intertextuellen Verbindungen eben nicht als Wiederholung und Variation desselben zu analysieren, denn damit würde auf der analytisch-kritischen Ebene genau das wiederholt, was dem Stereotyp vorgeworfen werde – Reduktionismus und Wiederholung des Immergleichen (Neale 1979/80: 36). Die kritische Auf67

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merksamkeit sei vielmehr auf die Prozesse der Produktion von Differenz zu richten. Anders gesagt und auf das Genre des Migrant_innendramas übertragen bedeutet das, den Fokus der Kritik nicht auf die endlos wiederkehrende Repräsentation türkischer Männer als machistisch-patriarchal und türkischer Mädchen als Unterdrückte zu richten. Das wäre der Ansatz einer Kritik, die der Stereotypisierung mit dem Argument der Produktion negativer Bilder entgegen tritt. Weit mehr an analytischen Möglichkeiten öffnen sich hingegen, wenn die Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird, wie in diesem visuellen Material Linien der Differenz gezogen werden, die alles, was türkisch markiert ist, der Seite des Archaischen und Patriarchalen zuschlagen und das Deutsch-Unmarkierte als fortschrittlich, liberal und in Opposition zum ethnisch markierten Patriarchat als antisexistisch anordnen.20 Dann lässt sich auch danach fragen, ob das, was die gehäufte filmische Wiederholung türkisierter patriarchaler Gewaltverhältnisse auf der Ebene mehrheitsdeutschsprachiger Repräsentationen21 ermöglichen, nicht allererst eine Verschiebung ist? Denn verschoben wird die Gewalt: aus dem ethnisch unmarkierten kulturellsozialen Raum des Deutschen hinaus und hinein in einen anders markierten Raum. Weiters lässt sich fragen, ob dadurch nicht eine majoritäre Betrachter_innenposition bereit gestellt wird, die es ermöglicht, moralisch ungefährdet und unreflektiert dennoch genau diese Gewalt ausagiert zu sehen? Das hieße, dass diese Verschiebung zum einen die Reinigung des deutsch-unmarkierten Raums von den Spuren jeglicher sexistischen Gewalt gewährleistet. Zudem wird den Zuschauer_innen, die diese Betrachter_innenposition annehmen, ermöglicht, dennoch auf moralisch legitime Weise die Herrschaft männlich konnotierter Figuren über weibliche zu konsumieren – legitimiert durch die Narration, durch Genrekonventionen, die diese Herrschaft ‚anderswo‘ situieren.

Projektion, Reflexion, Verschiebung: was tun (mit) Stereotypisierungen? „Falsche Projektion“ ist Horkheimers und Adornos Begriff, mit dem sie diesen psychischen Vorgang des Verschiebens fassen, der Grundlage „stereotyper Schemata“ ist (Horkheimer, Adorno 1991: 196 u. 201). Sie bezeichnen damit einen Modus, der sich die Umwelt ähnlich macht (im Gegensatz zur echten Mimesis, die sich der Umwelt ähnlich macht) und „Regungen, die vom Subjekt als dessen eigene nicht durchgelassen werden und ihm doch eigen sind, dem Objekt [zuschreibt]“ (ebd.: 196). Horkheimer und Adorno untersuchen diese projektiven Prozesse und die daraus folgende Stereotypenproduktion für das Regime des Antisemitismus, aber auch als Grundlage orientalisierender bzw. türkisierender Produktion von Andersheit sind sie effektiv. Denn seit dem frühen 18. Jahrhundert konstituiert sich die moderne westliche Rationalität in expliziter Abgrenzung von östlicher, orientalisierter Irrationalität. Von Montesquieu bis Habermas – traditionell reflektiert die westlich-bürgerliche Gesellschaft ihre politischen, religiösen, 68

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normativen Werte vor der Folie des Orients, besonders des Islam, dem entgegen sie sich als progressiv, zivil, (post)modern, demokratisch und zunehmend auch antipatriarchal darstellen kann.22 Gerade die sogenannte ‚Kopftuchdebatte‘ funktioniert als Verdichtungspunkt exakt dieser hegemonialen Selbstversicherung eines hochindustrialisierten, christlich säkularisierten Nordens/Westens. Die ethnozentristisch-rassistischen Projektionen westlicher Werte, das zeigt eben gerade diese jüngste Ausprägung, artikulieren sich oft genug als paternalistisch/patriarchales Sprechen über und für andere, in deren angeblichem Interesse, und an ihrem Ort. Das, so haben feministische, antirassistische und postkoloniale Texte herausgestellt, konstituiert eine Situation der rhetorischen und der Repräsentationsgewalt, selbst wenn sich dieses Sprechen als humanistisch, wohlmeinend und fürsorglich präsentiert.23 Mit dem Anspruch, Repräsentationen sollten realitätsentsprechend sein und hätten die Wirklichkeit angemessen und wertneutral widerzuspiegeln, hat die hier dargelegte Lesart des türkisierenden Stereotypisierens und seiner Repräsentationseffekte nichts zu tun. Wesentlich ist hier eher die Überlegung, ob die Frage danach, wie bestimmte Darstellungen eine Realität angemessen und korrekt widerspiegeln, Analysen dessen verstellen, was spezifische Darstellungen ermöglichen, wen sie ermächtigen, wen oder was sie überhaupt zulassen, was sie eröffnen, was sie ausschließen.24 Diese Fragen eröffnen ein anderes Diskussionsfeld als jene Forderungen, die beanspruchen, Darstellungen hätten die Wirklichkeit präzise, unverzerrt, wertneutral und in aller Vielfalt wiederzugeben. Steve Neale beispielsweise hebt hervor, dass Kritiken an Darstellungen bestimmter Subjektpositionen als bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zugehörige (bei ihm sind das, ganz in der Diktion der späten 1970erJahre, „Schwarze, Schwule, Lesben und Frauen“ bzw. „blacks, gays and women“, Neale 1979/89: 35) als reduzierend oder abwertend oft der Anspruch an mimetischer Wirklichkeitstreue implizit ist. Unbeachtet bleibt damit nicht nur, so Neale weiter, wie diese Repräsentationen innerhalb spezifischer Diskursmodi konstruiert und definiert werden. Mehr noch, die Unterschiede, mittels derer Gruppen definiert werden, bleiben unbemerkt. Das einzige, was letztlich aus dieser Perspektive zählt, sind die Individuen innerhalb der Gruppe, und nicht die Gruppen als Gruppen. What ultimately matter, from this point of view, are not the groups as groups but only the individuals within them. (Neale 1979/89: 35)

Was hier verunmöglicht wird, ist ein identitätskritisches Lesen, das aufmerksam ist für die Art und Weise, wie, und vor allem in Abgrenzung wozu Identitäten konstruiert werden. Wie Einladungen und Stereotype ablehnen, frägt Mireille Rosello („how to decline invitations and stereotypes“, Rosello 1998: 11), wenn doch genau der Punkt an Stereotypen ist, dass sie als Effekt eine vergnügliche Form des Gemeinsamseins produzieren. („Part of the difficulty is that stereotypes are constructed as effecting a pleasurable form of 69

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togetherness“, ebd.). Ein Nachdenken, das stereotypes Darstellen als Praxis der Produktion eines gemeinschaftlichen und majoritären Konsens betrachtet und untersucht, wie durch Repräsentationen Gruppen produziert werden, ist notwendiger Ausgangspunkt, um einem disidentifikatorischen Wunsch zu folgen, in diese Form des Gemeinsamseins genau nicht inkludiert zu sein, an diesem Gefühlskonsens nicht zu partizipieren. Um es noch einmal anders zu formulieren: der hier dargestellte kritische Umgang mit stereotypen Repräsentationsformen ankert nicht in der Aburteilung dieser Formen als falsch, verzerrend, abwertend, sondern in einer Auseinandersetzung damit, welche unterschiedlichen kollektiven Positionen in einem Macht- und Herrschaftsverhältnis sie re-konstruieren, und wie sie das tun. Er basiert also auf dem Reflexionspotenzial des stereotypisierenden Darstellens. Denn „das Stereotyp“, schreibt Bhabha im Zusammenhang seiner Auseinandersetzung mit der Repräsentationsordnung des Kolonialismus, „ist ein Abwehrschild, das an einem Ort steht, an dem eine Gesellschaft einen Spiegel für (Selbst)Reflexion benötigt“ (Bhabha 1994a: 110).

Zusammenfassung Bhabha entfernt sich am weitesten sowohl von Fragen nach einer Entsprechung zwischen Darstellung und Wirklichkeit wie auch von Fragen danach, wie abwertend, entmächtigend oder negativ konnotiert stereotype Darstellungen sein mögen. Um eine Verschiebung stereotypen Darstellens zu erreichen – und um diese geht es ihm, als eine Bewegung, die ausgeht vom Ort der Minorisierung und der Andersheit (ebd.: 67), bedarf es einer Auseinandersetzung mit den „Subjektivierungsprozessen, die durch den stereotypen Diskurs ermöglicht (und plausibel gemacht) werden“ (ebd.). Ich habe argumentiert, dass das von einem ‚offiziellen‘ deutschen Kontext für einen deutschsprachigen majoritären Kontext produzierte Filmgenre des Migrant_innendramas eine Form von Differenzproduktion darstellt, die allein eine Seite der Differenz mit Souveränität auflädt. Ich habe dargelegt, wie in einem bestimmten Set stereotyper Repräsentationen der Türkisierung im Genre des deutschsprachigen Migrant_innendramas eine über Vergeschlechtlichung modulierte rassisierte Differenz hergestellt wird, die das ethnisch Markierte mit den Konnotationen der Archaik und des Patriarchalen ausstattet und das ethnisch Unmarkierte mit den Konnotationen der liberalen, aufgeklärten, frauenfördernden Fortschrittlichkeit. Ich habe dieses Ergebnis mit repräsentationskritischen Überlegungen kurzgeschlossen, die die Aufmerksamkeit von den abwertenden oder fehlrepräsentierenden Effekten des Stereotypisierens in Richtung einer Beachtung der Arten und Weisen verschiebt, wie durch die Repräsentationspraxis des Stereotypisierens aus einer majoritären Position Unterschiede und Hierarchien zwischen Gruppen konstruiert werden. Diese Differenzproduktion geschieht so, dass sie den Genuss und die Identifikation mit der Perspektive der Überlegenheit bzw. der Souveränität bestimmten Subjektpositionen wesentlich erleichtert 70

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wenn nicht sogar nahe legt. Darüber hinaus indiziert und zementiert das Verfahren des Stereotypisierens nicht nur eine Situation gesellschaftlicher Ungleichheit, sondern wirft Fragen nach Hegemonie- und majoritärer Konsensproduktion auf. Während also der erste Teil dieses Kapitels vor allem der Kritik einer binären Anordnung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit gewidmet war und drei Einsprüche gegen eine vorbehaltlose Bejahung des Modus der Sichtbarkeit in politischen Rhetoriken vorbrachte, ging es im zweiten Kapitelteil darum, diese Problematisierung einer naiven Vorstellung von „mehr Sichtbarkeit = mehr politische Macht“ in einer Diskussion visuellen Materials weiterzuführen. Die Ergebnisse der Untersuchung des Genres des Migrant_innendramas belegen die Möglichkeit, dass auch affirmative Bilder minorisierter Subjektpositionen deren Minorisierung reproduzieren – ich habe das einen Fall von Anerkennung im Konditional genannt. Beide Kapitelteile enden mit einem Plädoyer für eine reflexive Praxis des Sehens. Der erste Kapitelteil übersetzt dazu die Figur des Mehr-Sehens in eine Reflexion der Ausschlüsse jeglicher Bedeutungsproduktion, während der zweite Teil des Kapitels Sichtbarkeit = politische Macht das Stereotyp als Reflexionsinstrument für die Untersuchung der Arten und Weisen majoritärer Konsensproduktion einsetzt.

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Anmerkungen 1. Vgl. Dagmar Finks enorm produktive Definition von Femme als queeres Geschlecht: „Wenn ich von Femmes spreche, meine ich jene, die sich selbst lustvoll weiblich inszenieren, wobei sie in der Repräsentation ihres Geschlechts mit Zeichen traditioneller, (hetero-)normativer Weiblichkeit arbeiten, um diese aus der Norm heraus oder innerhalb der Norm umzuarbeiten, um Weiblichkeit zu verschieben, zu nutzen, zu resignifizieren und schließlich, um sich selbst machtvoll als queere Weiblichkeit zu setzen. Und damit ist auch schon gesagt, dass ich femme Weiblichkeiten oder Femmeninities als queere Geschlechter betrachte.“ (Fink 2005) Hier sei auch auf die schöne, materialreiche Website PlanetFemme auf www.viniasteaparty.de hingewiesen, auf der neben Finks Text eine Fülle an Material zum Thema Femmeninities publiziert ist. 2. Über das Paradox des Coming out, das das Im-Schrank-Sein, also das Verstecken der sexuellen Identität, immer neu produzieren muss, vgl. Judith Butler: „Denn ‚out‘ zu sein, hängt immer in gewisser Weise damit zusammen, ‚in‘ (the closet, js) zu sein; es gewinnt seine Bedeutung nur innerhalb dieser Polarität. Daher muss das ‚Out-Sein‘ das Closet ständig neu produzieren, um sich als ‚out‘ zu behaupten. Dadurch kann ‚OutSein‘ nur neue Undurchsichtigkeit produzieren, und das Closet produziert das Versprechen einer Enthüllung, die per definitionem nie stattfinden kann.“ (Butler 1996: 19, Hervorh. i. O.) Vgl. auch Nord 2000: 170. 3. Für dieselbe Kritik an einer Privilegierung sichtbarer Identitätsmarkierungen als Grundlage politischer Konzeptionen, die jene, für die ‚Sichtbarkeit‘ keine politische Option ist, ausschließt, vgl. Miriam Frasers Überlegungen des komplexen Verhältnisses weißer Frauen aus der Arbeiter_innenklasse zur Anerkennung und Repräsentation ihrer Arbeiterinnenidentität (Fraser 1999). 4. Vgl. z.B. die Arbeit von Amesberger/Halbmayr (2005), die das Privileg der Unsichtbarkeit weißer Personen in Kontexten, in denen Weiß-sein hegemonial ist, diskutiert. Vgl. hierzu auch Richard Dyers fundierende Arbeit White (Dyer 1997). 5. Im Englischen und US-Amerikanischen zirkulieren unterschiedliche Begriffe: sex positive sein, pro sex sein, ein_e sex radical sein. Was sie eint, ist die Kritik an einer in den christlich sozialisierten Gesellschaften des Nordens/Westens endemischen „SexNegativität“, die davon ausgeht, dass „Sex eine gefährliche, zerstörerische, negative Kraft“ ist, und „nahezu jede sexuelle Praxis anhand ihrer schlechtesten Ausdrucksform konstruiert und beurteilt“ (Rubin 1993 [1984]: 11) – eine Kultur, die darüber hinaus, so Califia, ihre ungleiche „Privilegienvergabe an das Anerkennen ihrer moralischen Codes [knüpft] und jede sexuelle Entscheidung als eine Frage der Moral behandelt“ (Califia 1994: 11). 6. Califia 1995, zit. nach Hart 1998: V. Pat Califia ist heute Patrick Califia. Ich zitiere ihn dennoch mit seinem ehemaligen Voramen und setze dem männlichen das weiblichen Pronomen hinzu, da dieses der in der Entstehungszeit des Textes gültigen Autor_innenpersona entspricht.

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7. Vgl. die Reports der National Coalition of Anti-Violence Programs in den USA über Gewalttaten gegen lesbische, schwule, bisexuelle, queere, Transgender Personen. Der Report 2007 berichtet von 21 homo- und transphob motivierten Morden in den USA, wobei über die Hälfte der ermordeten Personen People of Color waren. Mit 65% den größten prozentualen Anstieg gemeldeter Vorfälle verzeichnet der Report in der Kategorie ‚Meldungen von Transmännern‘ (wobei darauf hingewiesen ist, dass ein Anstieg der Daten nicht nur ein Ansteigen der Gewalt und des Hasses reflektiert, sondern auch eine mögliche Zunahme der Bereitschaft der Opfer, Meldung zu erstatten bzw. auch eine mögliche Zunahme des Bekanntheitsgrades der LGBTQ-Antigewalt-Projekte.) Vgl. http: //www.ncavp.org/common/document_f iles/Reports/2007HVReportFINAL.pdf (20.06.08) 8. Vgl. den grundlegenden Sammelband Eggers/Kilomba/Piesche/Arndt 2005; Amesberger/Halbmayr 2005; Dyer 1997; Morrison 1992; Wollrad 2005 uvm. 9. Zu der vor allem in den 1990er Jahren boomenden aber bis heute gängigen Praxis, das englischsprachige race mit dem deutschsprachigen Begiff ‚Rasse‘ zu übersetzen, gibt es ein Statement auf der Webseite des Übersetzungskollektivs gender et alia: „Race wird oft als Rasse oder bestenfalls unter Anführungszeichen, die die Übersetztheit markieren sollen, als „Rasse“ übersetzt – obwohl doch gemeinhin Einverständnis darüber besteht, dass das deutsche Wort Rasse unumgänglich den Verweis auf den Holocaust und faschistische Ideologien vollzieht. Den englischsprachigen Begriff race kennzeichnet zudem eine jahrzehntelange Geschichte der politischen und theoretischen Umarbeitung und Wiederaneignung durch ethnisierte, rassisierte SprecherInnen. (Vgl. dazu die Übersetzerin Heidi Armbruster, die darauf hinweist, dass der Begriff race auch im britischen/US-amerikanischen Raum keineswegs als absolut unproblematische Kategorie diskutiert wird.) Für die Übersetzung des Begriffs race wählen wir den in zeitgenössischen deutschsprachigen rassismuskritischen Texten verwendeten Begriff der Rassisierung. (Andere zeitgenössische deutschsprachige Texte entscheiden sich für Rassialisierung oder Rassifizierung.) Dieser Begriff verweist in seiner grammatikalischen Form auf den Prozess des Konstruierens. Auf der Ebene der Vorstellung wie auch der Alltagspraxis bedeutet er die soziale Praxis des rassistischen Markierens. Der Begriff ermöglicht so eine Denaturalisierung rassistischer Typologisierungen, die immer Manifestationen von Rassismus sind. Vgl. Fußnote Heidi Armbrusters in Tate 2002: 48/9. Vgl. dazu auch Übersetzungskollektiv gender et alia in Trinh 2001: 15.“ (http: //www. genderetalia.sil.at/diskussionspraxis.htm, 10.06.08) 10. Vgl. auch Nicola Lauré al-Samarai über Schweigen als gleichberechtigt mit dem gesprochenen Wort agierend – und in dieser Interaktion zwischen Schweigen und Sprechen eine schwarze deutsche Subjektposition markierend, in einem dominanten Referenzrahmen, der diese Subjektpositionen entweder gänzlich löscht oder stereotypisierend repräsentiert (Lauré al-Samarai 2005: 49). Den diskursiven Status des Schweigens und Schweigen als Aktivität haben vor allem postkoloniale Arbeiten herausgestellt. Vgl. z.B. Trinh 1994: 42, bzw. ausführlich über das komplexe Verhältnis zwischen Sprache, Schweigen und Gewalt vgl. Dhawan 2007.

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11. Dank an dieser Stelle an Lüder Tietz und seinem in zahlreichen Diskussionen geäußerten (und seine eigenen Arbeiten kennzeichnenden, vgl. z.B. Tietz 2001, 2004 u. 2004a) Beharren auf sozial- und kulturgeschichtlicher Genauigkeit. In einer E-mailDiskussion im Sommer 2005 wies er mich z.B. auf die Unterschiedlichkeit der Reaktionen verschiedener Kulturen auf sexuelles Handeln zwischen Männern bzw. zwischen Frauen hin und darauf, dass die Inexistenz ‚formaler Diskurse‘ nicht gleichbedeutend ist mit der Inexistenz von Bezeichnungen und Namen. Denn Namen und Begriffe für sexuelle Praktiken von ‚Mann mit Mann‘ oder ‚Frau mit Frau‘ gibt es, so Tietz, seit Jahrtausenden in vielen Kulturen, selbst wenn diese keinen ,formalen Diskurs‘ über Homosexualität entwickelten. 12. Göktürk 2000: 331. 13. Über die Genealogie des filmischen Genre-Begriffs und Genre als Ordnungsmuster/rahmen vgl. Mühr 2008 (vorauss. Erscheinungsdatum). Über den Zusammenhang zwischen Genre- und Geschlechterkonstruktionen in der Filmwahrnehmung vgl. Braidt 2008. 14. Vgl. http://www.3sat.de/specials/09883/ index.html (10.06.08). Jung, deutsch und türkisch. Die zweite und dritte Einwanderergeneration wurde vom 26. September bis 11. Oktober 2000 gesendet. Neben den hier besprochenen Filmen wurden laut Website auch gezeigt: Gräfin Sophia Hatun, Kurzfilm von Ayse Polat; Lebewohl, Fremde, Fernsehfilm von Tevfik Baser; Seraps Ehre, Dokumentation von Nura Chrystal Baisch; Sieben Freundinnen, Dokumentarfilm von Antonia Lerch; Kopftuch und Minirock, Dokumentation von Jana Matthes und Andrea Schramm; Ich Chef, du Turnschuh, Fernsehfilm von Hussi Kutlucan; Deutschländer, Dokumentarfilm von Irina Hoppe; Sommer in Mezra, Fernsehfilm von Hussi Kutlucan; Ein Mädchen im Ring, Dokumentarfilm von Aysun Bademsoy; Getürkt, Kurzfilm von Fatih Akin; Mein Vater, der Gastarbeiter, Dokumentarfilm von Yüksel Yavuz; Berliner Begegnungen, Gesprächssendung, Cem Özdemir zu Gast bei Peter Huemer; Dealer, Fernsehfilm von Thomas Arslan; Zwischen Kebab und Karriere, Reportage von Yvonne Kalinowsky und Norbert Korn; Deutsche Polizisten, Dokumentarfilm von Aysun Bademsoy; Geschwister-Kardesler, Fernsehfilm von Thomas Arslan; Wir sind stolz, Kanaken zu sein, Dokumentation von Michael Richter. 15. Zitiert wird hier Tebbe, Krista (Kunstamt Kreuzberg) (Hg.): morgens Deutschland abends Türkei. Berlin 1981. 16. Apropos kleines Lebensmittelgeschäft: dies ist freilich in der heteronormativ rassisierenden Ordnung der Türkisierung das der Kopftuch tragenden Mutter in ärmlicher Küche entsprechende visuelle Stereotyp für türkisierte Männlichkeit. Heike Kühn nennt es Mein Türke ist Gemüsehändler in ihrem gleichnamigen Text (Kühn 1995): „Das gutgemeinte Klischee unterscheidet sich von der xenophoben Unterstellung allein durch die Behauptung seiner Gutartigkeit“ (ebd: 51). Stereotypenkritisch über Yasemin vgl. auch Knut Hickethier (1995) und Stefan Reinecke (1995). Alle drei Texte beschäftigen sich mit der Frage nach der Projektion des Fremden, Anderen, Türkisierten, die das deutsche ‚Migrantenkino‘ (Göktürk 2000) herstellt, ohne allerdings die Funktion dieser Projektion für die Herstellung des jeweiligen Deutschen breiteren Raum zu geben.

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17. Der älteste Sohn Cem (Erdal Yildiz) arbeitet als Schweinemetzger in einem Schlachthaus und verliebt sich in eine mehrheitsdeutsche Frau, die als Prostituierte arbeitet, und die er als Kunde kennenlernt. Mehmet, der jüngere Bruder, handelt mit Drogen, und die freche kleine Schwester Dilan hat ein Auge auf seinen Partner geworfen. Cem wird am Ende mit einer jungen Frau aus dem kriegsgeschädigten und fast verlassenen kurdischen Heimatdorf verheiratet. (Für die Synopse vgl. Göktürk 2000: 341) 18. Selbstredend gibt es eine Weiterentwicklung innerhalb dieses Genres und auch eine filmische Kritik innerhalb seines Rahmens genau gegen die orientalisierend-patriarchalen Effekte dieses Genres. Göktürks Text (Göktürk 2000) beschreibt in seinem letzten Teil zahlreiche Filmproduktionen, die dieses Grundschema des Migrant_innendramas kritisch verschieben. Besonders herauszuheben sind hier vor allem die Filme Thomas Arslans, z.B. Ein schöner Tag, D 2000 oder Goran Rebic´s, z. B. sein früher Film Gekommen bin ich der Arbeit wegen, A 1987. Dennoch wird dieses Grundschema, im Übrigen quer durch die verschiedensten Genres, von Talkshows bis Werbeclips etc., beharrlich reaktualisiert. 19. „Stereotypen nämlich bilden sich nie innerhalb eines einzelnen Textes heraus, sondern sie werden nur dann überhaupt Kontur gewinnen, wenn sie in einer größeren Menge von Texten identisch oder strukturähnlich – wiederholt auftreten.“ (Winkler 1993: 13) 20. Ein prominentes jüngeres Beispiel ist hier auch Fatih Akins Film Gegen die Wand (D, 2004), der zahlreiche türkisierenden Stereotype des Migrant_innendrama-Genres wiederholt (einschließlich des mehrheitsdeutschen Helden als Retter der unterdrückten und nach Freiheit strebenden deutsch-türkischen Heldin). Hatice Ayten hat die Rezeption des Films in der deutschen Presse nachgezeichnet, die ihren eigenen stereotypen Vorstellungen auf den Leim geht und z.B. von der Provoziertheit konservativer türkischer Familien sowohl in Deutschland wie auch in der Türkei schreibt, obwohl, wie der türkische Verleih des Films irritiert festhält, „der Film doch mit Begeisterung in der Türkei aufgenommen [wurde]“ (Ayten 2005). 21. Damit sind hier Darstellungen gemeint, die ein mehrheitsdeutsches oder mehrheitsösterreichisches Publikum samt seiner Sehgewohnheiten und Wertvorstellungen adressieren. 22. Diese Funktion der orientalisierenden Projektionen ebenso wie die Involviertheit westlicher, v.a. auch wissenschaftlicher Konstruktionen ‚des Orients‘ in koloniale und neo-koloniale politische und ökonomische Herrschaft hat allen voran Edward Saids Arbeit herausgestellt (vgl. Said 1995). Vgl. auch Reina Lewis 1996 u. Malek Alloula 1994. Zur Kritik eines westlich-christlich-bürgerlichen Diskurses, der das (westliche) Europa als zivilisiert und tolerant repräsentiert, indem vor allem muslimische Kontexte als gewalttätig, misogyn und homophob repräsentiert werden, und der Involviertheit großer westlich-europäischer schwul-lesbischer Organisationen in diese Form der Repräsentationspolitik vgl. Petzen/Erdem/Haritaworn/Petzen o.J. und Petzen 2005. 23. Über diese Form der paternalisierenden Repräsentationsgewalt vgl. den Kommentar von Erdem/Haritaworn/Petzen o.J.; vgl. auch de Lauretis 1987a; über die damit zusammenhängende epistemische Gewalt vgl. Johnston-Arthur 2004: 20ff.

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24. Klassisches repräsentationspolitisches Beispiel hierzu ist die langjährige Debatte eines politischen Feminismus darum, in wessen Namen Forderungen formuliert werden: wen bestimmte Forderungen repräsentieren (z.B. ‚die Frauen‘) und welche Differenzen in den so entstehenden Repräsentationen immer schon minorisiert sind und bestenfalls noch hinzuaddiert werden können (z.B. als ‚Frauen und Migrantinnen‘).

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Kapitel 3 Repräsentationskritik als Arbeit an den Bezeichnungspraxen

Vor allem im bildanalytischen Teil des letzten Kapitels war an zahlreichen Stellen bereits von der herstellenden und wirklichkeitsproduzierenden Dimension von Repräsentationen die Rede. Dieser Rede ist ein bestimmtes Repräsentationskonzept implizit, das ich im Folgenden genauer darlegen möchte. Eine Konsequenz dieses Konzepts ist, Sichtbarkeit als Repräsentation zu verstehen, das heißt auf der Ebene der Darstellung ebenso wie auf jener der Vorstellung als diskursives Produkt. Im ersten Teil des folgenden Kapitels wird es um eine Beschreibung dessen gehen, was mit dem Begriff der Repräsentation und mit dem der Repräsentationskritik im vorliegenden Zusammenhang gemeint ist und wofür sich beide als nützlich erweisen. Dazu werde ich zunächst eine semiotisch und diskurskritisch basierte Definition des Begriffs und Konzepts der Repräsentation anbieten, um gleichzeitig die damit einhergehende Forschungsperspektive auszustellen. Ich tue das in einiger Ausführlichkeit, da es mir auch darum geht darzulegen, welche Art und Dimension von Kritik dieses spezifische Verständnis von Repräsentation im Zusammenhang einer Auseinandersetzung mit visuellem Material ermöglicht. Ich werde drei Dimensionen der Repräsentation unterscheiden – die politische, die epistemologische und die ästhetische. Anhand der foto- und filmtheoretisch inspirierten Diskussion um die realitätserzeugende Kraft bestimmter Darstellungskonventionen und um Realität als Darstellungskonvention werde ich vor allem die dritte Dimension, die ästhetische, besonders betonen. Der erste Kapitelteil schließt mit einer Verbindung verschiedener Ebenen gesellschaftlicher Ungleichheiten, auch wenn diese Ebenen „radikal diskontinuierlich“ (Spivak 2003: 43) sind. Auf beidem, Zusammenhang wie Diskontinuität, ist zu bestehen. Der zweite Teil des vorliegenden Kapitels nimmt sich als visuelle Grundlage Bilder der staatlich unterstützten Kampagnen Einbürgerung und Deutsche gegen rechte Gewalt. Auch hier wird es, wie bereits im vorherigen Kapitel, um Formen der Sichtbarmachung von Subjektpositionen gehen, die entlang rassisierender Differenzierungspraktiken minorisiert werden. Im Falle der diskutierten Kampagnen hat mich besonders interessiert, von einem explizit politischen, nämlich antirassistischen Versprechen beider Kampagnen aus77

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zugehen. Meine Überlegungen zu den Bildern orientieren sich an Fragen danach, ob die repräsentierten Positionen innerhalb gesellschaftlicher Gewaltverhältnisse und Herrschaftsstrukturen, aber auch gegen diese als handlungsfähig und handlungsmächtig ins Bild gesetzt werden. An beiden Kampagnen interessieren mich zudem ihre Ambivalenzen: d.h. das Spannungsfeld, das sich auftut zwischen einerseits ihrer enorm gekonnten Fotografie und dem, was sie als antirassistische Sichtbarkeitspolitiken tatsächlich an antirassistischem Wissen und antirassistischen Repräsentationskritiken in ihren Kampagnen übersetzen; und andererseits, was sie dennoch auch an gegenläufigen, z.B. re-rassisierenden Bedeutungselementen herstellen. Beide Kampagnen sind somit besonders spannende Beispiele, um an ihnen Fallen und Stolpersteine hegemonialer Repräsentationsformen und -strukturen zu diskutieren, auf die visuelle Produktionen treffen, wenn sie minorisierte Existenzweisen als politisch handlungsfähig zur Anschauung bringen wollen. Aber erst einmal zur Klärung des Begriffs Repräsentation im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung zu Ambivalenzen der Sichtbarkeit.

Repräsentation, semiotischdiskurskritisch Repräsentieren, aus dem lateinischen repraesentare (vergegenwärtigen) hergeleitet, bedeutet wörtlich etwas Abwesendes anwesend machen. Dieses Konzept der Vergegenwärtigung von Abwesendem betrifft sowohl die Ebene der Darstellung wie die der Vorstellung und die der Stellvertretung. Verbreitet sind drei, allerdings grundlegend verschiedene, Weisen, dieses Verhältnis der Repräsentation zu denken – und vorherrschend sind die ersten beiden Annahmen, die Repräsentation mit Nachahmung in Verbindung bringen: Ein Umgang mit Repräsentation also, der diese entweder erstens als Widerspiegelung der Wirklichkeit begreift oder zweitens als Ausdruck einer auktorialen Intention. Die dritte Art, über Repräsentation nachzudenken, ist Grundlage meiner Untersuchung. Sie basiert auf einer semitisch-konstruktivistischen Definition des Repräsentierens und interessiert sich für die Wirklichkeitseffekte von Darstellungen.1 Repräsentationen werden hier als organisierte Einheiten von Zeichen, die bedeuten, verstanden. Allerdings: „Man darf bedeuten“, so Roland Barthes, nicht mit mitteilen verwechseln: bedeuten heißt, dass die Objekte nicht nur Informationen transportieren, sonst würden sie mitteilen, sondern auch strukturierte Zeichensysteme bilden, das heißt im wesentlichen Systeme von Unterschieden, Oppositionen und Kontrasten. (Barthes 1988: 188)

Repräsentation in diesem Sinn als Prozess der Herstellung von Bedeutung zu verstehen, ist eine sehr andere Vorstellung als die des Widerspiegelns.

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Denn sie bezeichnet, wie Stuart Hall sagt, die aktive Arbeit des Auswählens und Präsentierens, des Strukturierens und Formgebens: also nicht einfach das Übermitteln einer bereits existierenden Bedeutung, sondern die aktivere Arbeit des Dinge-etwas-bedeuten-Machens. active work of selecting and presenting, of structuring and shaping: not merely the transmitting of an already-existing meaning, but the more active labour of making things mean. (Hall 1982: 64)

Halls anschaulicher Ausdruck des „making things mean“ (Dinge-etwasbedeuten-Machen) betont die Herstellung von Bedeutung, ist aber missverständlich, solange diese Herstellung einzig als (bewusste oder unbewusste) Tätigkeit der Autor_innen oder Rezipient_innen eines Textes verstanden wird. Denn angeleitet und bestimmt wird die Produktion von Bedeutung auch durch jeweils spezifische Materialitäten, Medialitäten und Technizitäten, wie auch durch die Kontexte, innerhalb derer Zeichen zirkulieren. Gertrud Koch hat für diesen Raum der aktiven Entscheidung menschlicher Akteur_innen, an der allerdings allerlei materiell-technische Objekte und technische Logiken als Aktanten2 mitwirken, Formulierungen gefunden, die ich hier ausführlich zitieren will. Denn ihre Formulierungen über Repräsentationen als Resultate von Entscheidungsprozessen registrieren auch die Spezifik von Materialität, Medialität und Technizität, im vorliegenden Fall der des Films. Kochs Bemerkungen verdeutlichen, dass die Bilder, die gerade im Falle indexikalischer Medien wie Film, Fotografie und Video als Abdruck der Wirklichkeit verstanden werden, im Zusammenspiel aus verschiedenen Auswahlschritten entstehen, die ihrerseits wiederum auf die Eigenheiten von Material und technischem Apparat reagieren: Einstellung (englisch: shot) bezeichnet ein kontinuierlich belichtetes und ungeschnittenes Stück Film, das aus einer seiner Länge entsprechenden Abfolge von Einzelbildern besteht. Das Maß einer Einstellung ist die Laufzeit der Kamera. Bevor diese abgefahren wird, wird sie eingerichtet, eingestellt, das heißt ihre Optik, von der die Größe des Bildausschnittes abhängt (Detail-, Groß-, Nah-, Total-, Panoramaeinstellung etc.), wird als entsprechende Linse präpariert, ihr Standpunkt bestimmt (Augenhöhe, Aufsicht, Untersicht etc.) und ihre Bewegung (Schwenk, Fahrt etc.) ermöglicht (Schulter, Schiene, Kran, Dolly etc.). Zur Einrichtung einer Einstellung gehört auch das Setzen von Licht, möglicherweise die Einrichtung für Tonaufnahmen etc., die Platzierung von Akteuren etc. Die Einstellung umfasst also bereits jede Menge intentionaler Handlungen, die darauf ausgerichtet sind, aus der Technizität der Aufnahmeapparatur und der Physikalität der Objektwelt ein drittes, das filmische Bild zu konstruieren. [...] Die technische Einstellung ist eine intentionale Einstellung, Ergebnis einer Kette von Detailentscheidungen: Die Einstellung ist die Einstellung. Die Einstellung von etwas und die Einstellung zu etwas. (Koch 1992: 9)

Dieser Textausschnitt ist Kochs Untersuchung zu visuellen Konstruktionen des Judentums entnommen. Hier liegt enormes Gewicht auf Intentionalität, zu79

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ungunsten aller unbewusster Strukturiertheit antisemitischer (und anderer gesellschaftlich gestützter und geteilter) Ressentiments und Vorurteile. Ich werde in Kapitel 5 mit Kaja Silvermans Konzeptionen eine theoretische Arbeit vorstellen, die darum bemüht ist, auch die unbewusste Strukturiertheit psychischer Vorgänge einer Veränderbarkeit zu öffnen. Gertrud Kochs Zitat aber lässt sich, wenn Aufmerksamkeit und Betonung leicht verschoben werden, vor allem auch auf die Fülle an Interaktionen zwischen Objekten und deren immer auch semiotisch bedeutender Materialität (Filmmaterial, Kamera, Objektiv, Schiene, Kran, Dolly, Licht, Tonaufnahmeapparaturen uvm.) und menschlichen Akteur_innen hin lesen, die die Grundlage der Entscheidungen über die Entstehung einer Darstellung sind.3 Dieser Ebene der technisch-medial-materiellen Bestimmtheit von Repräsentationen (und individueller Repräsentationsentscheidungen) möchte ich die Ebene einer anderen gesellschaftlichen Materialität hinzustellen, die der Diskurse, Institutionen und gesellschaftlichen Apparate. Ein Augenmerk auf diese Ebene und somit auf die Fragen danach zu legen, wie jeweils historisch spezifisch und in Zusammenhang mit welchen Institutionen und Apparaten der Bedeutungsproduktion und in welchen Verschränkungen von Macht- und Wissensstrukturen Bedeutungen „kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert“ (Foucault 1977: 7) werden, heißt, einen semiotischen mit einem diskurskritischen Ansatz zu verbinden. Wenn Stuart Hall also festhält, dass der semiotische Ansatz sich mit dem Wie der Repräsentation auseinandersetzt, damit, wie Sprache Bedeutung produziert – dem, was ihre ‚Poetik‘ genannt wird, während hingegen der diskursive Ansatz sich mehr mit den Effekten und Konsequenzen der Repräsentation beschäftigt – ihrer Politik, that the semiotic approach is concerned with the how of representation, with how language produces meaning – what has been called its ‚poetics‘; whereas the discursive approach is more concerned with the effects and consequences of representation – its ‚politics‘ (Hall 1997: 6),

dann wird es mir in der vorliegenden Arbeit darum gehen, in einer Untersuchung, die die visuelle Produktion von Bedeutung betont, diese beiden Perspektiven miteinander zu verbinden. Denn beispielsweise im zweiten Teil dieses Kapitels wird wichtig sein, welche Darstellungsformen die Bilder der Kampagne Einbürgerung.Fair.Gerecht.Tolerant verwenden und was sie an Darstellungsformaten zitieren und dadurch reproduzieren. Relevant ist hier auch ihre Eingelassenheit in den ‚offiziellen Diskurs‘ der Bundesrepublik Deutschland und somit auch die Art, wie ihre Bilder Teil dieses Diskurses sind und seine Politiken nicht nur reproduzieren sondern performativ vollziehen. Im Folgenden möchte ich näher auf die Wirklichkeit erzeugende Dimension von Repräsentationen eingehen, die diesem semiotischen und diskurskritischen Konzept der Repräsentation implizit ist.

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Repräsentation als Realitätskonstruktion Mit Susanne Lummerdings umfassender Definition von Repräsentation als Realitätskonstruktion ist Repräsentation „nicht die Darstellung von etwas (von dieser Darstellung unabhängigen) ‚Realem‘, sondern bezeichnet den gesamten Komplex der Realitätskonstruktion“ (Lummerding 1994: 14f). Dabei verläuft die Produktion von Bedeutung, sei sie bildlich oder verbal, immer diakritisch und immer klassifikatorisch: Insofern funktionieren Bild wie Sprache gleichermaßen als Text nicht in rigidem linguistischen Sinn als bloße Codierung und Decodierung, sondern als Prozeß der Bedeutungsproduktion, die gleichzeitig eine Produktion von sozialen Gruppen, Subjekten, Positionen, Werten, Grenzen und damit Ausdruck und Konstitution von Macht- und Marktverhältnissen ist, welche gleichermaßen Wert und Inhalt der symbolischen Produkte bestimmen. (Ebd.)

Dieses Verständnis des Textes 4 als Produktionsinstanz subjektiver wie gesellschaftlicher, machtpolitischer und ökonomischer Verhältnisse besteht auf einem strukurellen Zusammenhang zwischen dem Herstellen von Bedeutung und, über Prozesse des Unterscheidens und Klassifizierens, dem Herstellen von Realität. Dies gilt für visuelle wie für im engeren Sinn sprachlich-linguistische Weisen des Bedeutens. Zwei methodologische ebenso wie wissenspolitische Konsequenzen dieser Betonung visueller wie sprachlichtextueller Repräsentationen als Realitätskonstruktion möchte ich besonders festhalten. Erstens resultiert aus der Betonung des strukturellen Zusammenhangs zwischen Bedeutungs- und Realitätskonstruktion eine erkenntnistheoretische Perspektive, die davon ausgeht, „dass etwas, also der betreffende Diskurs, der Gegenstand oder das betreffende Verhältnis nicht ‚an sich‘, von sich aus so ist, wie es ist“ (so Waltraud Ernsts Formulierung, 1999: 155). Vielmehr wird Wirklichkeit und Welt als bedeutende – d.h. als lesbare, verstehbare – als durch gesellschaftliche Prozesse bzw. durch Repräsentationspraktiken hergestellte verstanden. An diesen Prozessen und Praktiken sind unterschiedliche Akteur_innen und Aktanten beteiligt. „Aus der Sicht menschlicher AkteurInnen“, so Donna Haraway (1995: 313), „muss diese Welt immer durch situiertes Wissen artikuliert werden“. Für ein wissenschaftliches Arbeiten, das feministische, queere und antirassistische Perspektiven teilt, geht es folglich nicht um eine objektive Beschreibung der Welt, sondern darum, wie und in wessen Namen, aufgrund der Autorität welcher sozialer Prozesse welche Wirklichkeit repräsentiert, kurz: effektiv wird – oder eben nicht (vgl. Ernst 1999: 262). Zweitens impliziert ein Verständnis von Repräsentation als diakritischer, klassifizierender Prozess der Wirklichkeitskonstruktion, das bildliche wie sprachliche, visuelle und textuelle Bedeutungsproduktion umfasst, eine Absage an kategoriale Unterscheidungen zwischen Bild und Sprache. Im ersten Kapitel wurden bereits verschiedene argumentative Strategien kritisch 81

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diskutiert, die zum Einsatz kommen, wenn es darum geht, eine exklusiv den Bildern zugehörige Forschungsdomäne samt Vorrangstellung der Kunstgeschichte in ihrer Reformulierung als primäre Bildwissenschaft sicher zu stellen. Auch die kategoriale Unterscheidung zwischen visuellen, oder genauer: visuell-bildlichen und textuellen Formen der Bedeutungsproduktion hat hier ihren strategischen Ort. Mit Verweis auf die Arbeit Roland Barthes stellen Sigrid Schade und Silke Wenk heraus, dass die (z.B. in der dominanten deutschsprachigen Kunstwissenschaft) häufig anzutreffende und zahlreichen zeitgenössischen künstlerischen Praktiken völlig entgegenlaufende Behauptung einer absoluten Differenz zwischen Bild und Text „einer durch die institutionellen Diskurse gesetzten ‚Zensur‘“ entspricht, der „eine Verkennung der Relaisfunktion des Zeichens zugrunde [liegt], in dem Text und Bild verschaltet sind“ (Schade/Wenk 2005: 148). Ebenso verkannt wird, dass das Bild nur existiert in der „Erzählung, die ich von ihm wiedergebe; oder in der Summe und der Organisation der Lektüren, zu denen es mich veranlasst“ (Barthes, zit. nach Schade/Wenk: ebd.).5 Wenn aber Repräsentation Wirklichkeitskonstruktion ist und es Gründe und ein Interesse daran gibt, eine herrschende Wirklichkeit anzufechten, dann ist vor allem das Herausstellen der Produziertheit dieser Wirklichkeit notwendige Grundlage der Veränderbarkeit eines herrschenden Status Quo. Denn der Verweis auf die gesellschaftliche Beschaffenheit von Wirklichkeiten verunmöglicht jegliche Argumentation, die den Erhalt einer gültigen oder präferierten Wirklichkeit durch den Bezug auf eine ihr vorgängige Instanz (ob göttlicher oder sonstiger Natur) garantieren und absichern will. Mit Susanne Lummerding ist genau hier das Politische als Voraussetzung von Politik anzusetzen: in der grundsätzlichen Offenheit und Unverschließbarkeit jeglicher Setzung (vgl. Lummerding 2005). Der Begriff des Politischen, den Lummerding via Jacques Lacans psychoanalytischer Theorie und Ernesto Laclaus Hegemonietheorie erarbeitet, ist von der Politik, den politischen Praktiken und Institutionen unterschieden. Das Politische, als Moment der letztendlichen Offenheit und Unentscheidbarkeit definiert, ist der Grund, dass gültige Normen und Realitäten allesamt anfechtbar sind – und dass sie neu formuliert werden können. Daraus folgt, dass sich die symbolische Effektivität von Repräsentationen umso nachhaltiger für den Erhalt von Herrschaft nützen lässt, je besser diese Offenheit und grundsätzliche Indeterminiertheit verschlossen werden. Durch ein Verdecken ihrer Hergestelltheit werden auch die Formen des Unterscheidens und der Oppositionenbildung, ihre Ausgewähltheit, Präsentiertheit und Strukturiertheit dem Disput entzogen. Im Folgenden möchte ich noch einmal auf die drei Bedeutungsdimensionen der Repräsentation zurückkommen, um ausgehend von der performativen Kraft von Repräsentationen für jede Dimension auf die spezifischen Effekte sowohl einer Verdeckung des Konstruktionscharakters wie auch der Durchstreichung des Kampfes um die Durchsetzung spezifischer Repräsentationen als spezifischer Wirklichkeiten einzugehen. Herausstellen möchte ich dabei vor allem die Ebene der Ästhetik als jener, durch die nicht nur die Hergestelltheit, sondern auch die Art und Weise der Produziertheit 82

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von Wirklichkeit, ihre spezifische Form, diskutierbar werden, ebenso wie jene Prozesse des Unterscheidens, die diese Form und ihr Ausgeschlossenes erzeugen.

Die drei Bedeutungsfelder der Repräsentation Darstellung, Vorstellung und Stellvertretung sind die drei Bedeutungsfelder, die der Begriff Repräsentation umfasst. Korrespondierend damit öffnen sich mit dem Begriff Repräsentation die Dimensionen der Ästhetik, der Epistemologie und der Politik (vgl. Heath 1991). Auf allen drei Ebenen bezeichnet er einen Prozess des Stellvertretens und Einstehens für etwas Abwesendes. Diese Bedeutungsspannweite vom Ästhetischen zum Politischen macht den Begriff der Repräsentation besonders geeignet für alle, die sich interessiert zeigen an den politischen Dimensionen ästhetischer Prozesse und den ästhetischen Dimensionen politischer Prozesse. Auf allen drei Ebenen ist der Begriff Repräsentation allerdings mit einer herrschenden Auffassung verbunden, die davon ausgeht, etwas von der Repräsentation Unabhängiges werde durch eben diese dargestellt, und strittig daran sei primär, ob die Repräsentation der/dem Repräsentierten angemessen oder entsprechend sei. Durch diese Auffassung verunmöglicht wird die Frage der verschiedenen Wirklichkeiten als Verhältnis zwischen verschiedenen Repräsentationen, und danach, welche Positionen, Verhältnisse, Subjektivitäten jeweils, zuungunsten anderer, in welchen Repräsentationen begründet werden.

Politik Auf der Ebene der Politik bezeichnet Repräsentation in den parlamentarischen Demokratien die Vertretung der Bürger_innen in den Entscheidungsgremien des Staates durch gewählte Repräsentant_innen. Diese Repräsentant_innen handeln stellvertretend für die Repräsentierten und in deren Auftrag. Die im Zusammenhang mit politischen Prozessen übliche Verdeckung des Konstruktionscharakters der Repräsentation findet statt, wenn Repräsentation im Sinne von ‚Vertreten‘ von der Vorstellung ausgeht, es gäbe die Möglichkeit, klar bestimmbare Interessen einer identifizierbaren Gruppe darzustellen und zu vertreten. Verdeckt wird hier, dass in diesem Prozess der Repräsentation sowohl die Interessen wie auch die Identität der Repräsentierten als Gruppe allererst formiert werden, und das von Akteur_innen, deren jeweilige Interessen an der Formierung dieser Interessens- und Identitäts-Konstruktionen beteiligt sind (vgl. Wenk 2005: 100).Verdeckt wird hier zudem, dass dieser Prozess der Konstitution einer Gruppe und ihrer Interessen im repräsentativen Prozess notwendig auf Ausschlüssen basiert. Besonders dieser Punkt und die 83

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sich daraus ableitende Forderung nach erhöhter Reflexivität in Bezug auf die Formen und Grenzen jeweiliger politischer (Selbst-)Setzungen hat sich als zentraler Diskussionspunkt der feministischen und der diese Diskussion konsequent weiterdenkenden queeren Theorien und Politiken der letzten zwanzig Jahre erwiesen.6

Epistemologie Auch auf der Ebene der Epistemologie kommt dem Begriff der Repräsentation Bedeutung zu, da ihm ein Verhältnis zwischen Wissen und Wirklichkeit implizit ist, denn „Wissen ist eine Repräsentation der Welt“ (Heath 1991: 19). Aber auch auf dieser Ebene umgibt den Begriff ein Spannungs- und Konfliktfeld, denn was erlangt Gültigkeit als Grundlage der Korrespondenz zwischen Repräsentation und Wirklichkeit, und wieso gelten manche Repräsentationen als wahr und wirklich und andere nicht? Ideologiekritische und hegemonietheoretische Arbeiten legen dar, dass die Wirklichkeitsgültigkeit von Repräsentationen durch Prozesse der Hegemonialisierung produziert werden, die den Glauben an die Wahrhaftigkeit und Gültigkeit spezifischer Repräsentationen herstellen. Hier wird herausgearbeitet, wie Wirklichkeit als wahrgenommene und daher immer schon dem Bereich der Repräsentation angehörende, mit Foucaults Formulierung, ein Effekt des „Nexus von Macht-Wissen“ (Foucault 1992a: 33) ist. Dort aber, wo dieser Macht-Wissens-Nexus verdeckt wird und das Verhältnis zwischen Wissen bzw. Repräsentation und Welt als eindeutig, neutral und durch allseitige Transparenz charakterisiert verstanden wird, kommen, um dieses Verständnis auch durchzusetzen, bestimmte Darstellungskonventionen zum Einsatz. Das sind gegenwärtig besonders jene Darstellungskonventionen, die den abbildlogischen Effekt des Bildes als Fenster oder Spiegel der Welt möglichst erhöhen und die Aufmerksamkeit von der Medialität der Darstellungen weitgehend ableiten – darauf werde ich im folgenden Unterkapitel näher eingehen. Hier also berührt sich die epistemologische Ebene mit der ästhetischen, denn das, was eine Darstellung mit Wirklichkeitsgültigkeit ausstattet und ebenso mit Wirklichkeitsähnlichkeit, sind Darstellungskonventionen und kulturelle Codes. So ist zum Beispiel das Primat der Wirklichkeitsähnlichkeit eine historisch-politisch spezifische und keineswegs eine universell gültige Konvention (vgl. hierzu Aumont 1997: 154f, Eco 1989). Dieser Zusammenhang zwischen Darstellungskonvention und Realitätsgültigkeit ist im Bereich der Repräsentationskritik, ausgehend von der Film- und Fototheorie insbesondere im franko- und anglophonen Sprachraum, vor allem anhand des Begriffs Realismus diskutiert worden. Meine hier folgenden Verweise auf diese Diskussion werden besonderes Augenmerk auf den in ihr herausgestellten Zusammenhang zwischen spezifischen Darstellungskonventionen und der Herstellung von Wirklichkeitsgültigkeit legen. Im Kontext einer Auseinandersetzung um Sichtbarkeitspolitiken ist dies interessant, da sich 84

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sehr wohl sagen lässt: je höher die Befolgung jener Darstellungskonventionen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, als wirklich wahrgenommen zu werden – anders gesagt: desto größer das Ausmaß an Sichtbarkeit. Aber dies ist dann auch eine Form der Sichtbarkeit, die durch hegemoniale Bedeutungsproduktion formatiert ist. Diesen Zusammenhang zwischen Sichtbarkeit und hegemonialen Formen der Bedeutungsproduktion werde ich in Kapitel 4 (Das visuelle Vokabular der Anerkennung reformulieren) weiter verfolgen.

Ästhetik mit John Tagg, Jean-Louis Comolli und Jacques Aumont Von einem semiotisch und diskurskritisch orientierten Rahmen ausgehend impliziert der Begriff der Repräsentation notwendig immer auch die Ebene der Ästhetik – d. h. jene Dimension, auf der es um Gestaltung und Reflexion der Strukturen, Prozesse und Effekte des Darstellens, Sichtbarseins und Wahrgenommenwerdens geht. Denn Fragen nach Hergestelltheit und Gemachtheit von Repräsentationen verweisen immer auch auf Fragen nach den Arten der Gemachtheit und ihren spezifischen Formen und Strukturen. Prozesse des Verdeckens allerdings kommen genau dort zum Einsatz, wo generell die Ebene der Hergestelltheit und damit auch die Diskussion, wie spezifische Repräsentationen beschaffen sind und operieren, verschlossen wird und Repräsentationen als Wirklichkeitswiderspiegelungen naturalisiert und enthistorisiert werden. Ausgangspunkt einer semiotisch-diskurskritischen Repräsentationskonzeption ist also die Kritik an einem Verständnis von Repräsentationen als Ab- und Ausdruck der Realität. Ein derartiges Verständnis geht zum einen von einem objektiven Wirklichkeitsverständnis – der einen, erfassbaren Realität –, sowie von einer kategorialen Trennung zwischen Wirklichkeit und Repräsentation aus, um dann Repräsentationen als mehr oder weniger zutreffende Widerspiegelungen der Wirklichkeit zu beurteilen. Dieser kategorialen Trennung zwischen dem Feld des Wirklichen und dem der Darstellung begegnet eine semiotisch und diskurskritisch basierte Repräsentationskritik mit Untersuchungen darüber, wie das, was jeweils als wirklich verstanden wird, abhängig ist davon, wie diese Wirklichkeit dargestellt wird; und zum anderen mit Untersuchungen zur Historizität und kulturellen Spezifik des gegenwärtig gültigen Widerspiegelungsstandards. Diese stellen dem Widerspiegelungsparadigma andere Repräsentationsstandards gegenüber, die zu anderen Zeiten und in anderen kulturellen Kontexten gelten (Eco 1989, Aumont 1997: 157ff, als früher Text vgl. Panofskys Die Perspektive als symbolische Form in: ders. 1985 [1924/25]). Im englischsprachigen Raum haben hier vor allem die film- und fototheoretischen Diskussionen über Realismus als hegemoniale Ästhetik einen Raum eröffnet, um zu diskutieren, wie bestimmte Vorstellungen von Wirklichkeit mit bestimmten Darstellungskonventionen verbunden sind – und 85

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vice versa, wie bestimmte Darstellungskonventionen spezifische Realitätskonzeptionen erzeugen und stützen (z.B. Heath 1991: 19, und besonders MacCabe 1985: 43). Diese Arbeiten dekonstruieren ein Verständnis von realistischer Darstellung als Wirklichkeitswiderspiegelung (das ist der umgangssprachliche Gebrauch des Begriffs ‚realistisch‘, im Gegensatz zu den zahlreichen, sehr unterschiedlichen Realismus-Definitionen philosophischer und ästhetischer Provenienz), indem sie Realismus als ‚Repräsentationspraxis‘ herausstellen. John Tagg beispielsweise nennt Realismus eine „Form diskursiver Produktion“ (Tagg 1993: 99), die in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft den dominanten Modus der Bedeutungsproduktion ausmacht. Er charakterisiert sie als eine Form der Produktion, die den passiven Konsum statt der aktiven Lektüre von Bildern provoziert, indem sie dazu anregt, ein Bild eben genau nicht als ein Bild sondern als widergespiegelte Wirklichkeit zu verstehen (ebd.). Auch Jacques Aumonts Realismus-Definition ist an einer ästhetischen Fassung hegemonialer Wirklichkeitsproduktion ausgerichtet. Er beschreibt Realismus als ein Set von gesellschaftlich etablierten Regeln, die das Verhältnis zwischen Repräsentation und Wirklichkeit so regulieren, dass Darstellungen entlang eines dominanten Repräsentationsstandards als mehr oder weniger entsprechend gewertet werden (Aumont 1997: 75 u. 157). Im Verweis auf Überlegungen des Filmtheoretikers Jean-Louis Comolli betont Aumont, dass die gegenwärtig im hochindustrialisierten Norden gültigen Repräsentationsstandards das Resultat einer ideologischen Verbindung zwischen Wirklichkeit und Sichtbarkeit sind, die sich seit der Renaissance herausgebildet hat (ebd.: 159). „Die Ideologie des Sichtbaren“ nennt JeanLouis Comolli diese ideologische Verbindung zwischen dem, was gesehen werden kann und dem, was als wirklich gilt, bereits Ende der 1960er Jahre. Denn schließlich, so Comolli, sei es alles andere als zufällig, dass der Begriff ‚Objektiv‘ als Teil der Aufnahmetechnologie indexikalischer Bilder mit dem Begriff ‚objektiv‘als synonym für sachlich, unvoreingenommen in eins fällt (Comolli 1985). Comolli beschreibt einen Repräsentationsapparat – und meint mit Apparat die Gesamtheit symbolischer und sozialer Formen, die das Verhältnis zwischen Betrachter_in und Bild regulieren. Dieser Repräsentationsapparat wird durch die Kamera metaphorisiert. Jean-Louis Comollis Arbeit über die Ideologie des Sichtbaren und die Arbeit Erwin Panofskys über die Perspektive als symbolische Form 7 zusammenfassend, schreibt Jacques Aumont: [D]as System, das unsere Kultur seit der Enstehung der perspectiva artificialis im 15. Jahrhundert dominiert, ist um ein Kopieren dessen bemüht, was als natürliche, im menschlichen Auge von Statten gehende Perspektive gilt. Dieses Kopieren ist jedoch kein unschuldiges, denn es macht das Sehen zur Vorlage aller Formen der Repräsentation. Selbst wenn wir es die meiste Zeit vergessen, ist die Zentral- oder photographische Perspektive der Beweis, dass es eine ideologische – oder, lockerer gesprochen, eine symbolische Entscheidung ist, das Sehen als Maß jeglicher Form der Repräsentation zu verstehen.

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[T]he system which has dominated our culture since the emergence of perspectiva artificialis in the 15th century has been an attempt to copy what is assumed to be the natural perspective at work in the human eye. However, this is not an innocent copy and it makes vision into the template for all forms of representation. Centred or photographic perspective is evidence that, even if we forget it most of the time, it is an ideological – or more loosely, a symbolic – choice which makes sight the measure of any and all representation. (Aumont 1997: 162)

Ich führe das Zitat hier an, um an eine alte apparatustheoretische Einsicht zu erinnern – dass sich Ideologie nicht nur auf der Ebene der Darstellungsinhalte findet. Vielmehr ist Repräsentation auf jeder Ebene, nicht zuletzt auf der Ebene der Technologien ihrer Herstellung, eine durch und durch ideologische bzw. symbolisch-gesellschaftliche Angelegenheit. Das stellt somit den Zusammenhang zwischen Sichtbarkeit und Wahrheit nicht nur als einen in gesellschaftlichen Konventionen begründeten heraus, sondern unterstreicht auf einer sehr grundsätzlichen Ebene, dass es auch eine spezifische Form und ein spezifischer Modus der Sichtbarkeit ist, die als wahrheitsgültig gelten. Zum Beispiel steigt der Wirklichkeits- und Wahrheitswert eines Bildes, wenn es sich an die Regeln der Zentralperspektive hält. Die spezifische ideologische Funktion der Regeln der Zentralperspektive haben unter anderem feministische Repräsentationskritiken dargelegt8– vgl. beispielsweise Linda Hentschels Arbeit darüber, wie in der modernen Geschichte der Seh- und Repräsentationsapparate diese Apparaturen aktiv an der Erziehung des Augensinns arbeiteten (Hentschel 2001). Denn begründet wurde hier eine Repräsentationsanordnung, so weist Hentschel nach, die das Sehen in Analogie zur Sextechnik der Penetration strukturiert und Räume als penetrierbare konstruiert und sexualisiert. Damit einher geht eine metonymische Überlagerung von medialem Raum und weiblichem Körper und ebenso eine metaphorische Gleichung zwischen Blick, Penetrator und männlicher Subjektposition.9 Diese Prozesse wiederum eignen sich bestens zur Stabilisierung patriarchaler, sexistischer und heteronormativer Verhältnisse. Die Überlegungen über einen Zusammenhang zwischen Hegemonialisierung von Wissen und dessen Darstellungsstrukturen und Formen werde ich in Kapitel 4 anhand der queeren Umarbeitung des Darstellungsformats Porträtfotografie durch Catherine Opies und Del LaGrace Volcanos Arbeiten wieder aufgreifen. Hier möchte ich abschließend noch die Verschränkung zweier anderer Dimensionen der Bedeutungsproduktion adressieren. Die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Sozialem und Symbolischem ist klassisches theoretisches Terrain linker, besonders marxistisch/sozialistisch orientierter Repräsentationskritiken und Ästhetiken. Ich werde im Folgenden auf ein Verhältnis zwischen ungleichen Zugangsmöglichkeiten zu den Mitteln der Produktion und Zirkulation speziell von visuellen Repräsentationen und einer Dimension der Ungleichheit auf der Ebene symbolischer Bedeutungsproduktion verweisen. Hergestellt werden soll damit ein nicht-kausaler, nicht-deterministischer, sondern kontingenter, dynamischer Zusammenhang (vgl. Engel 2002: 131f) zwischen den drei oben

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erwähnten Dimensionen der Repräsentation – der epistemologischen, der politischen und der ästhetischen.

Asymmetrien der Repräsentation: Repräsentationslasten umverteilen? In seinem mit der „Last der Repräsentation“ betitelten Buch untersucht John Tagg die Geschichte und Rolle fotografischer Gebrauchsweisen als Mittel gesellschaftlicher Regulierung.10 Er legt dar, wie die Etablierung der Fotografie als Beweismittel, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stattfindet, engstens mit der Etablierung neuer Überwachungs- und Kontrollinstitutionen und der Etablierung neuer Sozialwissenschaften wie Kriminologie, Psychiatrie, Anthropologie, vergleichende Anatomie, Bakteriologie, Gesundheitswesen etc. verbunden ist.11 Anhand des Zusammenhangs fotografischer und kontrollierender bzw. katalogisierender und typologisierender Praktiken stellt er so, der Arbeit Foucaults folgend, das reziproke Verhältnis zwischen Wissen und Macht heraus. Das heißt, Tagg veranschaulicht, wie die Produktion neuer Wissensformen neue Machtformen generiert, ebenso wie die Ausübung spezifischer Machtformen neue Wissensformen über den zu transformierenden Gesellschaftskörper ermöglicht. In einem knappen Absatz beschreibt Tagg hier zudem die Produktion einer bestimmten gesellschaftlichen Differenz, eine neue gesellschaftliche Asymmetrie zwischen Haben und Sein, jedoch nicht auf dem Terrain der Ökonomie, sondern dem der Repräsentation. Diese neue Asymmetrie artikuliert sich zwischen einem „Bedeutung-Haben und Produzieren“, das bestimmten Subjektpositionen zukam und einem „Bedeutung-Sein“, das anderen Positionen zugeteilt wurde: Das, was das Regime, in dem der fotografische Beweis entstand, also charakterisierte, war eine komplexe administrative und diskursive Umstrukturierung, die auf einer gesellschaftlichen Trennung basierte – zwischen der Macht und dem Privileg, Bedeutung zu produzieren und zu haben und der Last, Bedeutung zu sein. What characterised the regime in which photographic evidence emerged, therefore, was a complex administrative and discursive restructuring, turning on a social division between the power and privilege of producing and possesing and the burden of being meaning. (Tagg 1993: 6)

Was dieses „Bedeutung Sein“ auf der Ebene einer visuellen Repräsentationsgrammatik impliziert, findet eine Ausbuchstabierung in einem 1992 veröffentlichten Text der Künstlerin Lorraine O’Grady. Der Text geht der Frage nach, was im Rahmen einer westlichen Repräsentationsgrammatik, die für Schwarze weibliche Subjektpositionen Hypervisibilität bei gleichzeitiger Auslöschung bereithält, ein kritisch-ermächtigendes Handeln als Schwarze Frau sein könne. Denn für diese Repräsentationsgrammatik be88

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schreibt der Text die Funktionalisierung Schwarzer Weiblichkeit zugunsten der Produktion weißer männlicher und weiblicher Subjektpositionen bei gleichzeitigem Ausschluß einer Schwarzen weiblichen Position aus der Ordnung der sexuellen Differenz. Und auch wenn eine Vielzahl an Schwarzen, antirassistischen und postkolonialen textuellen und visuellen Arbeiten die funktionalisierende und ausschließende Arbeit einer dominanten Repräsentationsgrammatik des Westens/Nordens beständig verschieben, besteht der von O’Grady benannte Mechanismus als strukturgebende Tendenz fort: Der weibliche Körper ist im Westen kein einheitliches Zeichen. Wie eine Münze hat er eine Vorder- und eine Rückseite: auf der einen Seite ist er weiß; auf der anderen nichtweiß oder prototypisch schwarz. Die zwei Körper können nicht getrennt werden, und im Rahmen einer westlichen metaphorischen Konstruktion der „Frau“ kann keiner der beiden getrennt vom anderen verstanden werden. Weiß ist das, was die Frau ist. Nicht-Weiß (samt aller Stereotypen, die Nicht-Weiß versammelt) ist das, was sie besser nicht sein sollte. Selbst in einer angeblich postmodernen Ära ist die nicht-weiße Frau ebenso wie der nicht-weiße Mann symbolisch und sogar theoretisch aus der sexuellen Differenz ausgeschlossen. Ihre Funktion besteht nach wie vor darin, durch ihr Chiaroscuro den Unterschied zwischen weißen Männern und weißen Frauen stärker hervor zu heben. The female body in the west is not a unitary sign. Rather, like a coin, it has an obverse and a reverse: on the one side, it is white; on the other, not-white or, prototypically, black. The two bodies cannot be separated, nor can one body be understood in isolation from the other in the West’s metaphoric construction of „woman.“ White is what woman is; not-white (and the stereotypes not-white gathers in) is what she had better not be. Even in an allegedly postmodern era, the not-white woman as well as the notwhite man are symbolically and even theoretically excluded from sexual difference. Their function continues to be, by their chiaroscuro, to cast the difference of white men and white women into sharper relief. (O’Grady 1992: 14)

Und tatsächlich lässt sich in Bezug auf die Ungleichheit hinsichtlich der Verteilung von Lasten und Privilegien bzw. mit O’Grady hinsichtlich von Einschlüssen und Ausschlüssen auf der Ebene einer hegemonialen Repräsentationsgrammatik sexueller Subjektpositionen eine Korrelation zwischen den unterschiedlichen Ebenen der Repräsentation herstellen. O’Grady spricht die symbolische Ebene an, auf der bestimmte Bedeutungskonstruktionen vor allem reproduktiv konnotiert sind und instrumentelle Funktionen übernehmen.12 Ella Shoat setzt hier die ökonomische und die materielle Dimension der Produktion von Repräsentationen dazu, wenn sie darauf hinweist, dass die „Macht über die Repräsentation“ nicht in den Händen marginalisierter Gruppen liegt – und damit auch nicht die Kontrolle über die Bilder bzw. die Möglichkeit der Selbstrepräsentation marginalisierter Existenzweisen. Dieser Ausschluss auf der Ebene der Produktion der Bilder – und dieser korreliert keineswegs mit einem Nichtvorhandensein der Bilder, also einer Unsichtbarkeit – ist, so Shohat (1995: 170), gekoppelt an einen Ausschluss auf der Ebene politischer Repräsentation:

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Den Subalternen die ästhetische Repräsentation zu versagen, ist eine historische Begleiterscheinung zu der buchstäblichen Versagung einer ökonomischen, rechtlichen und politischen Repräsentation. Der Kampf ‚für sich selbst zu sprechen‘ kann nicht von einer Geschichte des Gesprochen-werdens, von einem Kampf zu sprechen und gehört zu werden, getrennt werden. The denial of aesthetic representation to the subaltern has historically formed a corollary to the literal denial of economic, legal, and political representation. The struggle ‚to speak for oneself‘ cannot be separated from a history of being spoken for, from the struggle to speak and be heard. (Shohat 1995: 173)

Shohats Aufmerksamkeit gilt hier der Ebene der Selbstrepräsentation, das heißt der Frage, ob die gesellschaftlichen Gruppen, die repräsentiert werden, selbst auch die Produktionsmittel ästhetischer Repräsentationen in der Hand haben (d.h. die technischen Möglichkeiten der Produktion, Reproduktion und Zirkulation) – oder eben nicht. Selbstredend ist allein der Zugang zu den Produktionsmitteln kein Garant einer Repräsentationsordnung, die Lasten symmetrischer verteilt. Genauso selbstredend aber muss dieses Zur-Verfügung-Stehen eine Voraussetzung einer anderen Repräsentationsordnung sein. Denn Shohats Bemerkung verweist auf eine historische Verbindung der verschiedenen Dimensionen der Repräsentation aufgrund der Geschichte eines majoritär-kolonial-imperialen Fürsprechertums und Stellvertretertums. Vor allem die Ebene des Einstehens-für-etwas-Abwesendes funktioniert als effektiver Ausschluss minorisierter und, wie Gayatri Spivak sagt, subalterner Positionen und Gruppen auch auf der Ebene politischer und ästhetischer Repräsentation – bei gleichzeitiger Vereinnahmung.13 Diese Gleichzeitigkeit von Vereinnahmung und Ausschluss hat Edward Said in seiner 1978 erstmals veröffentlichten, grundlegenden Arbeit Orientalism. Western Conceptions of the Orient umfassend beschrieben. Diese Analyse eines historischen und nach wie vor immens wirkmächtigen Nexus beschreibt die Verbindung von Instrumentalisierungen und Ausschlüssen entlang der verschiedenen Ebenen – epistemologisch, ästhetisch und politisch – der Repräsentation. Said benennt neben Inkorporierung und Assimilation auch Substitution und Verschiebung als Teil dieses Repräsentationsprozesses, der vor allem die Präsenz der repräsentierenden Position erhöht – auf der Grundlage einer konstitutiven Absenz dessen, worauf die Repräsentation verweisen soll: Damit will ich sagen, dass der Orient in den Diskussionen des Orient zur Gänze absent ist, während man hingegen den Orientalisten und das, was er sagt, als Präsenz spürt; wir sollten jedoch nicht vergessen, dass die Präsenz des Orientalisten durch die effektive Absenz des Orients ermöglicht wird. I mean to say that in discussions of the Orient, the Orient is all absence, whereas one feels the Orientalist and what he says as presence; yet we must not forget that the Orientalist’s presence is enabled by the Orient’s effective absence. (Said 1995: 208)

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Araba Johnston-Arthur hält denselben Mechanismus fest, wenn sie die „extreme Sichtbarkeit“ eines durch einen hegemonialen Diskurs „geschaffenen, sprachlos gemachten Schwarzen Objektes der ‚Andersartigkeit‘“ benennt, „das als solches in den herrschenden eurozentristischen Diskurs gestellt wird“, bei gleichzeitiger „völliger Unsichtbarkeit Schwarzer selbstbestimmter Subjektivität und einer u.a. damit einhergehenden Abwesenheit der Präsenz Schwarzer Selbstdefinition und selbstbestimmter Bilder“ (JohnstonArthur 2004: 32). Hinzufügen lässt sich mit Said, dass es sich hier um eine konstitutive Absenz handelt, dass also eine bestimmte Sprecher_innenposition und die von ihr hergestellte Repräsentationsform die Absenz des bezeichneten Objekts geradezu benötigt.

Zwischenresumée Verschiedene Ergebnisse lassen sich aus dem bisher Gesagten zusammen tragen, um Repräsentationskritik als Arbeit an den Bezeichnungspraxen14 zu beschreiben: alle zitierten Texte handeln von Asymmetrien und Korrelationen von Asymmetrien entlang der verschiedenen Ebenen der Repräsentation. Mit den Asymmetrien auf der Ebene eines Zugangs zu den Produktionsmitteln der Repräsentation auf politischer wie epistemologischer Ebene einher geht eine Asymmetrie in Bezug auf das Zirkulieren ganz bestimmter Repräsentationen. Anders gesagt erzwingt die herrschende Form der Sichtbarkeit die Unsichtbarmachung anderer Repräsentationen bzw. verunmöglicht die Produktion anderer Formen der Sichtbarkeit. Daraus ließe sich folgern: umzuverteilen sind nicht nur die Produktionsmittel, und zu öffnen die Zugänge zur Produktion von Repräsentationen, sondern ebenso sind die Formen der Sichtbarkeit als Formen einer partizipatorischen Produktion aller auszusetzen. Nachdem aber die prinzipielle Möglichkeit der Teilhabe aller Anwesenden an der Gestaltung gesellschaftlicher Strukturen zwar eine Voraussetzung aber noch lange keine Garantie für eine Veränderung von strukturellen Ausschlüssen und Hierarchisierungen ist, bedarf es darüber hinaus als weiterer Voraussetzung einer Reflexion hegemonialer Darstellungs- und Wahrnehmungsformen. Denn, wie Nancy Wagenknecht formuliert, Hegemonie — als politische und ökonomische Tatsache — ist die Verfügung darüber, welche Interessen sich in welcher Weise formulieren können, wie sie sich vermitteln und durchsetzen lassen. (Wagenknecht 2003, Hervorhebung js)

Hegemonie ist also allererst auch eine Frage der Form, ist ein Durchsetzen spezifischer Formen der Repräsentation und damit der Wirklichkeits- und Gesellschaftsproduktion als einzig gültiger – so und nicht anders, um wahrnehmbar zu sein. Hegemonie bedeutet somit auch, auf spezifische Formen der Bedeutungsproduktion angewiesen zu sein, um überhaupt als existent zu gelten, wahrnehmbar und sichtbar zu sein. Darauf – wie auch auf Nancy Wagenknechts Überlegungen – werde ich in Kapitel 4 zurückkommen. 91

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Ein Fokus dieses Buches liegt auf der Untersuchung hegemonialer Repräsentationsformen und -grammatiken und auf Arten des kritischen Umgangs mit deren Repräsentationsvorgaben. Besondere Aufmerksamkeit erfahren Bilder, die die Minorisierung bestimmter Subjektpositionen zu kritisieren scheinen und letztlich dennoch Herrschaftsstrukturen reaffirmieren. Davon handelte das vorangegangene Kapitel und auch der hier folgende Kapitelteil führt eine ähnliche Auseinandersetzung. (Erst im Kapitel 4 wird von visuellen Praktiken die Rede sein, deren kritische Wendung hegemonialer Repräsentationsvorgaben ich als erfolgreich bewerte.)

Visuelle Anerkennung im Konditional 2: Plakatieren Die folgende Diskussion ist den beiden Kampagnen Einbürgerung. Fair. Gerecht. Tolerant und Deutsche gegen rechte Gewalt gewidmet. Anhand einer Diskussion der Plakatmotive beider Kampagnen möchte ich verdeutlichen, was ich mit der zu Beginn in der Einleitung angeführten Figur der Rückübersetzung eines Topos aus dem Bereich der politischen Rhetoriken in den visuellen Bereich meine. Das Schwergewicht der folgenden Auseinandersetzung mit beiden Kampagnen wird darauf liegen herauszuarbeiten, wie zwei Projekte, die auf eine visuelle Strategie setzen, die sich durchaus als anerkennend diskutieren lässt, dennoch konträre Bedeutungen herstellen. Denn die Anwesenheit nicht-weißer Bürger_innen in der bundesdeutschen Gesellschaft wird in beiden Plakatkampagnen explizit affirmiert, und die Darstellungen der Personen, die als Abgebildete für die nicht-weiße Bürger_innenschaft und deren Subjektposition einstehen, sind durchaus idealisierend. Was sich aber zunächst als anerkennende Sichtbarkeit liest, ist bei genauerer Betrachtung der Darstellungsformen eine Anerkennung im Konditional (siehe Zusammenfassung Kapitel 2 und ausführlich dazu Kapitel 5). Denn in der Sichtbarkeit, die hier produziert wird, werden Strukturen der Minorisierung wiederholt. Das möchte ich anhand dreier Strategien der Verknappung darlegen. Diese Strategien nenne ich die Produktion der absoluten Andersartigkeit als sichtbarer Wahrheit, regulative Sichtbarkeit versus diskursive Auslöschung und eingeschränkte Handlungsfähigkeit im nationalen Bildrahmen. Nachdem beide Plakatkampagnen von staatlicher, ministerieller Seite lanciert oder unterstützt wurden, wird es also auch im folgenden Teil meiner Arbeit, wie bereits im zweiten Teil des vorangegangenen Kapitels, um den offiziellen Diskurs gehen. In seiner Untersuchung Was heißt Sprechen definiert Pierre Bourdieu „die offizielle Sprache“ als jene, die „innerhalb der territorialen Grenzen einer [bestimmten politischen] Einheit allen Staatsangehörigen als die einzig legitime vorgeschrieben ist“ (Bourdieu 1990a: 21). Anders gesagt ist es jene Sprache, oder weiter gefasst, jener Diskurs, der am meisten Autorität beansprucht und am leichtesten diesen Anspruch auf Autorität auch durchsetzen kann, um seine Vorstellung (Repräsentation) von der 92

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sozialen Welt als Darstellung (Repräsentation) dieser Welt durchzusetzen und damit die Realität eben dieser Welt zu gestalten. Insofern sind Untersuchungen der Ambivalenzen und der Möglichkeiten, die dieser Diskurs kritischen Repräsentationspolitiken und Sichtbarkeitsprojekten zu bieten hat, aufgrund seiner Wirkmächtigkeit besonders lohnend. Denn so eröffnet sich die Möglichkeit einer Nutzung ästhetischer Einsichten für politisches Denken und Handeln.

Die Kampagnen Einbürgerung und Deutsche gegen rechte Gewalt Die politischen Kampagnen Einbürgerung (Abb. 4, 5 und 6) und Deutsche gegen rechte Gewalt (Abb. 7, 8, 9) wurden beide Ende des Jahres 2000 auf Webseiten, Postkarten und Plakaten veröffentlicht. Grundlage der folgenden Diskussion sind die Plakate. Porträtfotografien bilden die visuellen Grundlagen der Kampagnen, die beide in engem Zusammenhang mit dem Amt der Bundesbeauftragten für Ausländerfragen Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen)15 entstanden: Auf den vier verschiedenen Plakatmotiven der Kampagne Einbürgerung nehmen besonders die sorgfältig ausgeleuchteten Gesichter und Oberkörper der dargestellten Personen, durch die Größe ihres Bildausschnitts Nähe und Intimität suggerierend, große Teile der Bildfläche ein. Lichtführung und Bildaufbau heben die Gesichter aus relativ undifferenzierten Hintergründen hervor und rücken sie ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Undeutlich sind die verschiedenen Settings erkennbar: Ein Paar, Mann und Frau, eng an einander gelehnt, vor Zugbahnsteig und Geleisen (Plakattext: „Inländerin mit ausländischem Pass. Nicht rechtlos. Aber mit weniger Rechten. Einbürgerung: Fair. Gerecht. Tolerant. Typisch Deutsch. Soon-Sa C., 40 Jahre, in Seoul aufgewachsen, seit 12 Jahren in Deutschland“) (Abb. 4); eine junge Frau, lächelnd, umgeben von den Reflexen der Neonbeleuchtung eines öffentlichen Innenraums („Inländerin mit ausländischem Pass. Spricht deutsch. Denkt deutsch. Träumt deutsch. Einbürgerung: Fair. Gerecht. Tolerant. Deutsche Türkin. Sema A., Verkäuferin, 37 Jahre, geboren in der Türkei, seit 29 Jahren in Deutschland“) (Abb. 5); drei junge Frauen vor einer Parklandschaft („Kinder ausländischer Eltern. Hier zu Hause. Einbürgerung: Fair. Gerecht. Tolerant. Typisch Deutsch. Vorfahren aus Warschau, Brazzaville und Istanbul“). (Abb. 6) Auch für Deutsche gegen rechte Gewalt (Abb. 7, 8, 9) bilden Porträtaufnahmen den Bildgrund der Kampagne. Alle sieben Porträtmotive, die je einzeln die Bildgründe der Poster und Plakate abgaben, finden sich auf der Homepage der Kampagne, jedes mit einem Eigennamen versehen (David, Ramanan, Alex, Christian, Haruk, Jean-Claude, Nico, Alex). Die dargestellten Figuren, alle männlich, alle in Bezug auf einen majoritär-weißen Kontext und seine dominanten Körperkoordinaten durch dunkle Haut- und Haarfarbe ethnisch markiert, sorgfältig ausgeleuchtet und inszeniert, entgegnen 93

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Abb. 4, Plakat der Kampagne Einbürgerung. © Hansen Kommunikation, Köln in selbstbewusster Pose dem Blick der Kamera/der Betrachter_innen. Im Vergleich zu den Porträtaufnahmen der ersten Kampagne haben hier die Oberkörper, besonders Arme und Hände, weitaus mehr Gewicht. Auffällig ist auch die wesentlich kontrastreichere Ausleuchtung der Figuren, deren dramatischer Effekt durch das Pathos der Schwarz-Weiß-Fotografie zusätzlich unterstützt wird: Auf den Gesichtern stehen helle Lichtreflexe neben tiefen Schattenpartien, die auch von hinten beleuchteten Körper in weißen T-Shirts springen aus einheitlich dunklem Hintergrund hervor. Auf den TShirts prangt in Brusthöhe der Bundesadler, eingerahmt von einem FrakturSchriftzug: Ich bin stolz ein Deutscher zu sein.

Einen politischen Topos in das Feld der Visualität rückübersetzen Um bestimmte Fragestellungen, die in den politischen Debatten der letzten Jahre oft anhand des Topos Sichtbarkeit diskutiert werden, in den Bereich der Visualität zurück zu übersetzen und die so entstehenden Einsichten neuerlich einer politischen Arbeit verfügbar zu machen, möchte ich zunächst diese im engeren Sinn politischen Debatten noch einmal aufrufen. Ich zitiere eine Frage Encarnación Gutiérrez Rodríguez’ (2001b), die sie in einem Text formuliert, der die Politik der Selbstbenennung subalterner Gruppen im Kontext der Migration untersucht:

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Abb. 5, Plakat der Kampagne Einbürgerung. © Hansen Kommunikation, Köln Inwieweit können [...] subalterne Erklärungs- und Darstellungsweisen von Welt sichtbar gemacht werden, ohne durch den offiziellen Diskurs vereinnahmt zu werden? (Gutiérrez Rodríguez 2001b: 52, Hervorhebung js)

Anhand der beschriebenen ministeriell gestützten Kampagnen will ich den „offiziellen Diskurs“ als auch visuell wirksamen verstehen. Gutiérrez Rodríguez’ Begriff des offiziellen Diskurses ist zweifelsohne durch ein hegemonietheoretisches Denken formatiert, wird aber in ihrem Text nicht näher definiert. Ich verwende den Begriff zunächst einmal ganz einfach als „dienstliche, von einer Behörde ausgehend, amtlich“ gestützte Form der Bedeutungsproduktion, die damit auch institutionalisiert und herrschend ist. „Die offizielle Sprache ist den gleichen Interessen verpflichtet wie der Staat“, schreibt Pierre Bourdieu (Bourdieu 1990: 21), und auch diese Dimension ist im vorliegenden Untersuchungskontext zweier Kampagnen, die von staatlichen Stellen gestützt sind, angebracht. Erinnert sei jedoch daran, dass auch der „offizielle Diskurs“ als bewegliche, veränderbare, widersprüchliche Verflechtung unterschiedlichster Herrschaftsverhältnisse zu denken ist, in der sich auch progressive oder subversive Bedeutungselemente finden lassen – in aller Vorsicht. Denn, wie Gutiérrez Rodríguez festhält, ist die Position Subalterner dadurch bestimmt, einerseits vom herrschenden Kräfteverhältnis ausgeschlossen, andererseits konstitutiv für seine Herausbildung [zu sein]. Dies bedeutet, daß ihre Artikulationsformen zwar Eingang in den herrschenden Kanon finden, ohne daß jedoch ihre Urheberschaft benannt wird. (Gutiérrez Rodríguez 2001a: 2)

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Abb. 6, Plakat der Kampagne Einbürgerung. © Hansen Kommunikation, Köln So misst sich der Erfolg des Aufgenommenwerdens subalterner Wissensformen in den offiziellen Diskurs auch an den damit einhergehenden Enteignungsprozessen. Denn durchaus hat ein kritisches Wissen selbstorganisierter antirassistischer und migrantischer Kontexte Eingang in die hier diskutierten Kampagnen gefunden: Dies sind zum ersten Darstellungen der Anwesenheit nicht-deutscher Bürger_innen in der bundesdeutschen Gesellschaft. Es sind darüber hinaus Darstellungen, die ein kriminalisierendes oder viktimisierendes Repräsentationsformat unterbrechen, das in deutschsprachigen majoritären Bildzirkulationsräumen besonders häufig eingesetzt wird, um ethnisierte und rassisierte männliche Subjektpositionen darzustellen. Als Forderung an Darstellungsweisen werden diese beiden Punkte seit vielen Jahren in antirassistischen, migrantischen Kontexten formuliert.16 Gleichzeitig sind es genau diese Zusammenhänge, die vom staatlich eingerichteten bzw. gestützten Antirassismus eines offiziellen Diskurses als Kontexte der Wissensproduktion entnannt werden. Denn auf sie als Orte der Wissensproduktion und der politischen Praxis findet sich in beiden Kampagnen keinerlei Verweis. Die Kampagne Einbürgerung: Fair. Gerecht. Tolerant bewarb die von der rot-grünen Regierung in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführte Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und richtete sich zuallererst an (bestimmte17) Personen, die ohne deutschen Pass in Deutschland leben: Die Kampagne ist ein Angebot an die in Deutschland lebenden Ausländer, sich einbürgern zu lassen – als aktive, teilhabende, gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft. (Zitat aus www.einbuergerung.de, Hervorhebung js)

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Die im selben Jahr lancierte und im Jahr darauf von zwei internationalen Jurys prämierte Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt unternimmt den Versuch der Umarbeitung eines „Nationalbewusstseins“, das ohne eine „Legitimierung in rassisch, ethnischen Motiven“ (www.deutschegegenrechtegewalt. de) auskommt. Zitat aus der Homepage: „Wir lassen uns nicht von rechten Gewalttätern vorschreiben, was deutsch ist und was nicht.“ Mit diesen Worten eröffnete am 5. November 2000 in Berlin die Ausländerbeauftragte [...] die Kampagne der Initiative DEUTSCHE GEGEN RECHTE GEWALT. [...] Die Motive zeigen Araber, Schwarze, Asiaten. Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe dem klassischen Feindbild der Neonazis entsprechen. Die aber alle eines gemeinsam haben: sie sind Deutsche, sie fühlen sich als Deutsche und sind stolz auf ihr Land – jedoch auf ein Land ohne Gewalt, Intoleranz und Fremdenhass. [...] Die Kampagne wirbt für eine Neuorientierung unseres Nationalbewusstseins, das nicht länger von einem selbstherrlichen Deutschlandbild geprägt sein sollte, welches seine Legitimierung in rassisch, ethnischen Motiven sucht. Denn deutsch zu sein ist keine Frage der Hautfarbe. (www. deutschegegenrechtegewalt.de)

Beide Kampagnen möchte ich in ihrem antirassistischen Anspruch und Angebot ernst nehmen und fragen, inwieweit es ihnen gelingt, einen „aktiven, teilhabenden“ und vor allem auch „gleichberechtigten“ (siehe obiges Zitat aus der Homepage www.deutschegegenrechtegewalt.de) Bürger_innenstatus ethnisierter Subjektpositionen visuell zu signifizieren. Wenn man auf der Ebene positiver Bilder diskutiert – und freilich das Problem des nationalistischen Bildrahmens beiseite stellt – dann erreichen diese beiden Kampagnen in der Tat einiges. Denn es sind Darstellungen der Anwesenheit nicht-weißer Personen in der bundesdeutschen Gesellschaft, jenseits von Opferschema, Mitleidsdiskurs und Kriminalisierung. Hervorzuheben ist daher, wie viel die beiden Kampagnen gerade in Bezug auf eine Vermeidung viktimisierender und kriminalisierender Darstellungen von antirassistischen und durch migrantische politische Kontexte oft artikulierte Repräsentationskritiken gelernt haben. In beiden Fällen geht es also darum, im offiziellen Diskurs anerkennende Repräsentationen nicht-weißer Staatsbürger_innenschaft herzustellen. Die Frage ist, was daran gelingt. Marth und Jo Schmeiser haben die Bilder der Einbürgerungs-Kampagne zum ersten Mal untersucht 18 und daraus folgenden Anspruch an kritische Bilder formuliert: Eine Repräsentationspolitik, die nicht riskieren will, die Bedingungen, die sie angreift, indirekt zu reproduzieren, erfordert Darstellungsstrategien, die ihre politischen Forderungen als strukturelles Repräsentationselement enthalten. A policy of representation free of the risk of indirectly reproducing the conditions it attacks requires strategies of representation which incorporate as a structural representational element their political claims. (Marth/Schmeiser 2001: 2)

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Abb. 7, Plakat der Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt. © Scholz & Friends, Berlin Das Konzept des „strukturellen Repräsentationselements“ bleibt im Text von Marth und Schmeiser unbestimmt. Schwierig ist es, wenn es als Versuch verstanden wird, auf der Ebene der Repräsentationsstruktur und deren Grammatiken widerständige Elemente fixieren und fix installieren zu wollen – schwierig, da dieser Versuch des Fixierens die Ebene der Kontextualität, der Ambivalenz und der Unentscheidbarkeit (d.h. die Ebene der Rhetorik) als jene Ebene, auf der Widerständigkeit sich kontextuell und konkret formuliert, verdrängt.19 Festhalten möchte ich aber den Impuls, der sich in diesem Zitat artikuliert: Aufmerksamkeit zu fordern für die ästhetische Dimension der Bedeutungsproduktion, um zu vermeiden, dass sich im Zusammenhang einer Kritik an minorisierenden Repräsentationsstrukturen Minorisierung wiederholt. Wenn es also die politische Forderung beider Kampagnen ist, eine antirassistische Konzeption von StaatsbürgerInnenschaft zu entwerfen, dann lässt sich, Marths und Schmeisers Anspruch zitierend, an die Repräsentationspolitiken der Kampagnen die Frage richten: Gelingt es den Kampagnen, auf der Darstellungsebene so zu verfahren, dass sie die repräsentierten Subjektpositionen „als aktive, teilhabende, gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft“ (www.einbürgerung.de) konstruieren – dass sie diese aktive, gleichberechtigte Mitgliedschaft, Zugehörigkeit und Partizipation an der Gesellschaft für nicht-weiße Subjektpositionen herstellen? Um das Ergebnis meiner Analyse vorweg zu nehmen: das Gegenteil ist der Fall. Denn was sich bereits auf der formalen, juridischen Ebene als Konditional formuliert, nämlich die Verleihung der Staatsbürger_innenschaft an bestimmte Konditionen zu binden (vgl. Anm. 17), wiederholt sich auf der Ebene der bildlichen Repräsentation dieser Staatsbürger_innenschaft im Konditional: Durch Strategien der Verknappung wird auf der Repräsenta98

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Abb. 8, Plakat der Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt. © Scholz & Friends, Berlin tionsebene eine Einschränkung von Handlungsfähigkeit der repräsentierten Subjektpositionen visuell hergestellt. Anders gesagt: Hier werden bestimmte Existenzweisen erneut minorisiert. Im Folgenden werde ich auf drei Weisen der visuellen Verknappung der Handlungsfähigkeit nicht-weißer Staatsbürger_innenschaft im offiziellen bundesdeutschen Diskurs eingehen. Dies sind die Produktion der absoluten Andersartigkeit als sichtbare Wahrheit, sowie regulative Sichtbarkeit, diskursive Auslöschung und eingeschränkte Handlungsfähigkeit im nationalen Bildrahmen.

Die Produktion der absoluten Andersartigkeit als sichtbare Wahrheit Bereits der Text der Homepage Deutsche gegen rechte Gewalt produziert im Klartext eine Anordnung, deren Konsequenzen ich hier im Hinblick auf Minorisierungsstrategien diskutieren will: „Die Motive zeigen Araber, Schwarze, Asiaten“ (www.deutschegegenrechtegewalt.de). Und auch für die Einbürgerungs-Kampagne verlief das Casting der Figuren und die entsprechende Klassifikation ihrer abgebildeten Körper via Herkunftsangabe sorg99

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Abb. 9, Plakat der Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt. © Scholz & Friends, Berlin fältig entlang einer rassisierenden Typologie: je einmal die Türkin, die Osteuropäerin, die Asiatin, die schwarze Frau aus dem Kongo. Die Repräsentationsstrategien beider Kampagnen wiederholen damit visuell, was Kobena Mercer die Fantasie der sichtbaren Wahrheit einer absoluten Andersartigkeit („the fantasy of the visible truth of absolute difference“) nennt (Mercer 1995: 25f). Diese Fantasie, die in den Diskursen der Physiognomie, der Medizin und der Anthropologie des 19. Jahrhunderts gründet, reduziert die historisch spezifischen Konstruktionen und Konstruiertheiten der Rassisiertheit, des Geschlechts und der Sexualität auf die Wahrnehmung visueller Differenzen. Ihre Bedeutung, die gesellschaftlich hergestellt ist, gilt damit, so Mercer, als offensichtlich, unmittelbar und dem nackten Auge einsichtig. Die dominante Ordnungsweise von Differenzen verortet den Ursprung der Diskriminierung in der ‚Andersartigkeit‘, die als körperlich eingeschrieben verstanden wird [...]. obvious, immediate, and intelligible to the naked eye. The dominant ordering of dif ference attributes the origin of discrimination in the ‚otherness’ that is held to be bodily inscribed [...]. (Mercer 1995: 25/6)

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Diese Fantasie wird unterstützt durch das Genre des Porträts, mit dem beide Kampagnen arbeiten. Gerade dieses Genre charakterisiert in der westlichen Bildtradition das Verständnis, in der bildlichen Repräsentation des Gesichts sei die Essenz der dargestellten Person zu fassen. Darüber hinaus wurde historisch gerade durch die Porträtfotografie in ihren unterschiedlichen Funktionen ein typologisierendes Archiv produziert, das die Differenzkategorien einer bürgerlichen, heteronormativen, rassistischen Gesellschaft als sichtbare, d.h. evidente bis heute visuell bedient und ihren unterschiedlichen regulatorischen und kontrollierenden Funktionen zuführt. Allan Sekula beschreibt in seinem Text Der Körper und das Archiv das mit dem Aufkommen der Fotografie im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts einsetzende Auffalten der Porträtfotografie in zwei prinzipielle Funktionsweisen: der ehrenden, also der Porträtfotografie im klassischen Sinn, und der repressiven (z.B. Fahndungsfotografie, typologische Fotografie, die z.B. ,den Juden‘, ,den Homosexuellen‘, ,den Buschmann‘, den ,Kriminellen‘ erzeugt) zum Zwecke regulativer Kontrolle (Sekula 2003 bzw. 1989). Als Antwort auf die Anforderungen der Kriminologie und der Kriminalistik, der Physiognomie, der Phränologie, und, so wäre den Forschungen Sekulas hinzuzufügen, der Anthropologie entsteht ein fotografisches Archiv typologischer Ordnung, das, so Sekula, das gesellschaftliche Terrain zur Gänze umfasst, während es Individuen innerhalb dieses Terrains positioniert. [...] Das [...] Archiv enthält notwendigerweise sowohl die Spuren der sichtbaren Körper der Helden, Führer, moralischer Vorbilder und Berühmtheiten als auch die der Armen, der Kranken, Verrückten, Kriminellen, der Nichtweißen, Frauen und sämtlicher anderer Verkörperungen der Unwürdigen. (Sekula 2003: 347, Übersetzung leicht verändert, js)

Zurückverfolgen lässt sich die Entstehung einer typologisierenden Ordnung eines fotografischen Archivs beispielsweise zu den um 1880 entstandenen fotografischen Anordnungen Francis Galtons. Galton erfand nicht nur den Begriff Eugenik. Darüber hinaus etablierte er auch ein fotografisches Genre: Die Composite-Photographie war ein Verfahren der Mehrfachbelichtung, mit dessen Hilfe Galton typologische Porträts generierte, die die typischen Eigenschaften bestimmter gesellschaftlicher Gruppen – ,des Juden‘, ,des Homosexuellen‘, ,des Gewaltverbrechers‘ etc. – als visuellen Typus produzieren sollten (siehe Abb. 13 in Kapitel 4). In einer „simplen Gleichsetzung von Erscheinung und Wahrheit, Beschreibung und Wissen“ (Green 1985: 8) entstehen auf der Grundlage von Rassisierung, Kriminalisierung und Konstruktion sexueller Perversion in der Tat sorgfältig konstruierte Bilder, die die ‚typischen‘ visuellen Charakteristika bestimmter gesellschaftlicher Gruppen herstellen. Diesem Darstellungsraster des typologisierenden Archivs folgen beide Kampagnen. Als visuelle Praktiken, die dem offiziellen Diskurs angehören, operieren sie an einer Stelle des Bildarchivs, nämlich der Stelle visueller Re/Konstruktion geschlechtlich unterschiedlich ausbuchstabierter ethnischer Markiertheit und Rassisiertheit, die durch eine Überfülle strukturell 101

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sich gleichender Formulierungen charakterisiert ist – und keineswegs durch Vielfalt, also etwa sich auch widersprechende, antagonistische, zueinander konfliktreich verhaltende Darstellungen.

Regulative Sichtbarkeit, diskursive Auslöschung Fragen nach Sichtbarkeit versus Unsichtbarkeit oder danach, ob Bilder negativ, d.h. abwertend, entmächtigend versus positiv, d.h. ermächtigend sind, fassen die Problematik einer Herrschaftsstrukturen artikulierenden Repräsentationsgrammatik nicht hinreichend. Wesentlicher Bestandteil dieser Strukturen ist darüber hinaus ein Element, das Eve Kosofsky Sedgwick die Gleichzeitigkeit einer höchst regulativen Sichtbarkeit einerseits und diskursiver Auslöschung andererseits nennt (1991: 6, Fn 8). Hito Steyerl hat diese spezifische Mechanik der dominanten Sichtbarmachung in zahlreichen Texten wiederholt beschrieben (z.B. 1997): In bestimmten gesellschaftlichen Feldern, besonders im Kultur- und Unterhaltungssektor, ist ethnisierten und rassisierten Subjektpositionen durchaus ein Platz bereitgestellt – als Spektakel (regulative Sichtbarkeit: nur dort, und nur auf diese Weise). In anderen Feldern hingegen, vor allem in jenen, in denen es um die politische und politisch legitimierte Aushandlung gesellschaftlicher Strukturen und Ressourcenverteilung geht, werden diese Plätze nicht nur nicht bereit gestellt sondern darüber hinaus wird der Kampf minorisierter Zusammenhänge um die Etablierung dieser Plätze diskursiv gelöscht.20 Höchst regulative Sichtbarkeit heißt in diesem Kontext aber auch, in dethematisierender Weise nicht die unterwerfenden Strukturen und Personen, sondern wieder und wieder die Targets, die Deprivilegierten dieser unterwerfenden Strukturen und Handlungen, in den Blick zu rücken – und damit die diskriminierenden Strukturen ebenso wie die Non-Targets, Täter und Privilegierte, auszusparen. Genau diese Art der regulativen Sichtbarkeit wiederholen beide Kampagnen. Alle in Deutsche gegen rechte Gewalt dargestellten Männer sind nicht-weiß, und jede Frau, jedes Kind der Einbürgerungs-Kampagne wird durch die Zuweisung einer nicht-deutschen Herkunft im Bildtext als different gesetzt. Unmarkiert und damit jenseits der Klasse jener, die durch Ausweisung ihrer Herkunft als anders erzeugt werden, bleibt im übrigen der einzige Mann der Einbürgerungs-Kampagne, als Verweis auf die Selbstverständlichkeit einer unmarkierten Norm.

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Eingeschränkte Handlungsfähigkeit im nationalen Bildrahmen Auffällig ist die unterschiedliche geschlechtliche Ausformulierung der beiden Kampagnen: Die dargestellten Personen der Deutsche gegen rechte Gewalt-Kampagne sind alle männlich, die Protagonist_innen der Einbürgerungs-Kampagne sind Frauen und Kinder. Silke Wenk und Anne McClintock haben jeweils die Geschichte der Repräsentation von Nationen untersucht und diesbezüglich eine geschlechterdifferenzielle Teilung der Repräsentationsarbeit festgestellt. In einem Text, der die Abhängigkeit nationaler von geschlechtlichen Metaphoriken untersucht, umreißt Silke Wenk diese Teilung der Repräsentationsarbeit mit der Formel: „Men fight battles, women concern themselves with reproduction“ (Wenk 2000: 63). Das beinhaltet auch die symbolische Reproduktion ideologischer Werte. Dieser ikonographischen Tradition folgend lassen sich die Frauen der Einbürgerungskampagne als Figuren verstehen, die für eine neu zu bildende Tradition der deutschen Nation als „fair, gerecht, tolerant“ einstehen, während die Figuren der Deutsche gegen rechte Gewalt-Kampagne im Kontext eines „Handelns gegen“ als Akteure auftreten. Die Männer also kommen als Kämpfer ins Bild, Weiblichkeiten werden hingegen in die Politik des nationalen Körpers eingenäht, indem sie symbolisch Raum und Grenze dieses nationalen Körpers markieren. Denn an der „Gestalt des weiblichen Körpers handelt das westliche Repräsentations- und Gesellschaftssystem traditionellerweise seine Schranken und Grenzen aus“ (Linda Hentschel 2001: 13, an Silke Wenks (1996) Arbeit anschließend). Die Einbürgerungs-Kampagne also, die buchstäblich eine um Grenzen, d.h. Zugangsgrenzen zu den Ressourcen des Nationalstaats ist, wird von Frauen dargestellt – „as its boundary and metaphoric limit“, wie McClintock (1995: 354) es nennt. Zudem verrichten die Frauenfiguren in ihrer unterschiedlichen Ethnisiertheit eine Übersetzungsarbeit, die Richard Wilk „das staatliche Ziel einer ‚Domestizierung der Differenz‘“ nennt: „eine Kanalisierung potentiell gefährlicher gesellschaftlicher Differenzen in das Reich der Ästhetik und des Geschmacks“(Wilk, zit. nach Young 2000: 429).21 Aber letztlich wird auch in der Deutsche gegen rechte Gewalt-Kampagne die Repräsentation der ethnisch markierten und rassisierten männlichen Figuren als Akteure der Nation untergraben. Dramatisch ausgeleuchtet und frontal dem Blick präsentiert sind junge, schlanke Männerkörper zu sehen, die durchaus dem Rahmen einer männlichen Schönheitsnorm entsprechen. Die frühe feministische Filmtheorie hat exzessive Zurschaugestelltheit als eine feminisierte Position im visuellen Darstellungssystem beschrieben. Tobe-looked-at-ness ist Laura Mulveys in den 1970er-Jahren entwickelter Begriff dafür (Mulvey 1985: 309).22 Zweifelsohne haben sich die Repräsentationsgewohnheiten seit den 1970er-Jahren verändert, und to-be-looked-at-ness ist heute sicher nicht mehr alleiniges Privileg weiblicher Subjektpositionen. Dennoch lädt das explizite Inszenieren der männlichen Körper als Blickobjekte diese über die Annahme einer weiblich konnotierten Position im (heteronormativen) Blicksystem nicht zuletzt über die implizite Passivisie103

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rung auch heute noch mit sexueller Ambivalenz auf. Gestützt wird die Blickobjekthaftigkeit zudem durch die Passivität oder reaktive Abwehr anstelle aktiven Angriffs konnotierenden Haltungen der dargestellten Körper: fünf der sieben Männer sind mit vor Bauch, Brust oder hinter dem Rücken verschränkten Armen und Händen dargestellt. Selbst wenn also Männlichkeit strukturell aktives Handeln zugewiesen ist, so wird diese Position im Fall der Bilder der Deutsche gegen rechte Gewalt-Kampagne tendentiell durch den passivisierenden, feminisierenden Darstellungsmodus unterlaufen. Und doch ist die Darstellung vielschichtiger und in ihren Effekten ambivalenter. Denn in den Bildern schwingt neben der visuellen Passivisierung und Feminisierung auch ein geradezu gegenläufiger Code mit: jener der Hiphop- und Rap-Kultur, aufgerufen durch Körperhaltung, dramatische Lichtregie und besonders durch das Casting der ethnisch markierten jungen Männerkörper. In diesem Bilderkanon Schwarzer männliche Subjektpositionen wird der oben beschriebene passivisierende und feminisierende Darstellungsmodus mit aggressiv als bedrohlich inszenierter Hypermaskulinität durchkreuzt. Dieser Effekt wird im Falle der Kampagnenfotos noch durch die relative Untersichtigkeit der Bilder unterstützt. Allerdings erfährt das Echo dieses Codes in den hier besprochenen Plakaten seine eindämmende Rahmung durch die Spektakularisierung der hier je einzeln vorgeführten und darin die Signifizierung kollektiver Handlungsfähigkeit vermeidenden Männerkörper.23

Zusammenfassung und Ausblick Der erste Teil des Kapitels 3 hat mit der Darlegung eines Repräsentationsverständnisses begonnen, das sich für den performativen Aspekt der Repräsentation in ihrer politischen, epistemologischen und ästhetischen Dimension interessiert. Diese Beschreibung von Repräsentation als Wirklichkeitskonstruktion fand ihre Zuspitzung in Überlegungen zu Wirklichkeit als Darstellungskonvention. Dabei wurden immer wieder Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Dimensionen der Wirklichkeitskonstruktion thematisiert, um gleichzeitig verschiedene Dimensionen der Produktion gesellschaftlicher Ungleichheiten und Ausschlüsse im Feld der Repräsentation zu verknüpfen. Dabei ging es auch darum, die performativ-ästhetische Ebene der Repräsentation mit der Ebene ihrer Herstellungsbedingungen zu verbinden, auch wenn diese Verbindung kontingent, nicht-kausal, diskontinuierlich ist (vgl. Spivak 2003:43 und Engel 2002:131). Denn die Konstruktion von Minorisiertheit ist sowohl Produkt wie auch Prozess ihrer Repräsentation (im Darstellen wird Minorisierung hergestellt, im Herstellen von Minorisierung wird sie dargestellt), ließe sich in einer Übertragung einer berühmten Formulierung Teresa de Lauretis’24 hier abschließend und mit Blick auf zukünftige Diskussionen festhalten. Diese auf einen umfassenderen Anspruch gerichtete Übertragung kanonischen feministischen Wissens – eines herrschaftskritischen Denkens also, das die Herstellung von 104

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Geschlecht fokussiert, richtet sich programmatisch an Diskussionszusammenhänge, die vielfache und verflochtene Prozesse gesellschaftlicher Minorisierung denken wollen. Dabei geht es mir darum, für solche Diskussionen (bild-)analytisches Werkzeug bereitzustellen. Die beiden hier diskutierten Kampagnen habe ich ausgewählt, weil die Problematiken ihrer Bildpolitiken exemplarisch sind für zahlreiche zeitgenössische Projekte, denen es darum geht, vor allem Subjektpositionen, die durch Rassisierung und Ethnisierung minorisiert werden, anerkennende Sichtbarkeit zuteil werden zu lassen. Das Dilemma, in der Sichtbarmachung auf spezifische Weisen (drei häufig aufscheinende wurden hier beschrieben) besonders in der fotografisch, filmisch oder videotechnisch basierten Repräsentation Strukturen der Minorisierung zu wiederholen, begleitet dabei häufig, wenn auch keineswegs ausschließlich, die staatlich sanktionierten oder von öffentlicher Hand geförderten Projekte, oder, allgemeiner gesprochen, jene Projekte, deren Produktions- und Zirkulationswerkzeuge fest in majoritärer Hand liegen. (Und hier sind große Werbeagenturen ebenso gemeint wie kleine Produktionseinheiten aus dem Kunst-/Kulturbetrieb.) Visuelle Projekte, die die oben genannten Fallen einer Darstellungslogik reflexiv zu umgehen oder durchzuarbeiten suchen, arbeiten mit Verweigerung (keine Bilder rassisiert markierter Körper) oder dem expliziten Einsatz typologisierender Darstellungslogiken (Hypostasierung oder Dekonstruktion der Typologisierung). Und sie kommen oft aus Kontexten, in denen Personen mit Erfahrungen struktureller Minorisiertheit beträchtlichen Mitbestimmungsanteil an Produktion und/oder Rezeption haben.

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Anmerkungen 1. Diese Unterscheidung der drei unterschiedlichen Repräsentationskonzeptionen folgt Stuart Hall 1997: 24ff. 2. Aktanten, so erklärt Donna Haraway, sind nicht dasselbe wie Akteur_innen, denn: „Wie Terence Hawkes in seiner Greimas-Einführung erklärt, operieren Aktanten auf der Ebene der Funktion, nicht der Figuren. Mehrere Figuren in einer Erzählung können einen einzigen Aktanten ausmachen. Die Struktur der Erzählung generiert ihre Aktanten.“ (Haraway 1992: 331, Fn. 11) Den Greimas’schen Begriff des Aktanten nützt Haraway für ein Verständnis von Handlungsfähigkeit, das nicht ausschließlich Mensch-zentriert ist. Schließlich: „Handlungsfähigkeit ist nicht so sehr ein ontologisches als vielmehr ein semiotisches Problem.“ (Ebd.) 3. V.a. in den Arbeiten des Wissenschaftssoziologen Bruno Latour finden sich theoretische Formulierungen zur Beschreibung der Interaktion von „Menschen und Materialien als gemeinsamen Konstrukteuren gesellschaftlicher Verhältnisse“ (Schaffer/ Buergel/Latour 1999: 150). 4. Vgl. auch Roland Barthes methodische Anmerkungen zum Text, im Gegensatz zum Werk, als sozialer Praxis, Produktionsaktivität und Untersuchungsgegenstand in seinem De l’oeuvre au texte (Barthes 1984). 5. Diese Aufmerksamkeit für eine institutionelle Zensur, die die Untersuchung gemeinsamer Grundlagen bildlicher und sprachlich-linguistischer Bedeutungsproduktion unterbindet, soll keinesfalls die Wichtigkeit der Untersuchung der Art und Weise negieren, wie spezifische Materialitäten signifizieren. Die Diskussionen um die indexikalische Komponente in der (Öl)Malerei, dort, wo die sichtbaren Spuren des Pinsels auf die Geste und also die Präsenz und Subjektivität der Maler_in verweisen, ist ein besonders anschauliches Beispiel einer solchen Diskussion. Und tatsächlich hält Hubert Damisch gerade der Kunstkritik und Kunstgeschichte vor, vor der materiellen Dimension ihrer Untersuchungsgegenstände zurückzuweichen und „den Akzent auf das ikonische Element der Malerei zu legen, auf Kosten ihrer sinnlichen Erscheinung und mit der Folge, dass Bild und Gemälde verwechselt wurden“ (Vgl. Damischs Einleitung zu Krauss 1998: 10). Zur Verschaltetheit von Text und Bild aber vgl. Schade 2001. 6. Für feministisch-queere Kritiken eines Zusammenhangs zwischen einem politischen Repräsentationsanspruch und einem mimetischen Verständnis von Repräsentation (z.B. im Falle eines Feminismus, der beansprucht, die Interessen der Frauen zu vertreten und sie, die bis dato gar nicht oder verfälschend, stereotypisierend etc. dargestellt waren, im Zuge dieses politischen Prozesses zudem unverfälscht und angemessen darzustellen) vgl. Butler 1991: 15ff; über den Zusammenhang zwischen politischem Repräsentationsanspruch und gleichzeitigem Anspruch der Durchsetzung einer spezifischen Repräsentation (Vorstellung) derer, die politisch vertreten (repräsentiert werden) im Zusammenhang lesbischer Identitätspolitiken vgl. Sabine Hark 1999: 51ff. Antke Engel wiederum arbeitet die jeweils unterschiedlichen Weisen heraus, wie sowohl Butler als auch Hark „eine Verbindung zwischen (politischem) Repräsentationsanspruch und Identitätspolitik her[stellen], um beide mit dem Verweis auf die (linguistische) Repräsentationsillusion [d.h. die Abbildillusion, js] zu problematisieren“ (Engel 2002: 16f). Engel selbst betont Repräsentation als „materiell-semiotischen Prozess“ (ebd: 19), über den verändernd in Herrschaftsverhältnisse interveniert werden kann.

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7. Vgl. Panofsky 1985, vgl. auch Merleau-Pontys Kritik des einäugigen Sehens in seinem 1945 erstmals erschienenen Text Der Zweifel Cézannes, in: Merleau-Ponty 2003. 8. Die zweite wichtige Kritiktradition der ideologischen Effekte der Zentralperspektive findet sich in den oben mit der Arbeit Comollis schon angesprochenen französischen Apparatustheorien, vgl. besonders Jean-Louis Baudry über den Zusammenhang zwischen Zentralperspektive und transzendentalem Subjekt bzw. „Absicherung der Installation des ‚Subjekts‘ als aktivem Sitz und Ursprung des Sinns“ (Baudry 1993: 36). 9. Für die nahe liegende Radikalisierung, dass ein Körper als weiblicher genau dadurch entsteht, dass er als durchdringbarer Raum konzipiert und konnotiert wird, und die Kritik an der hier implizierten Gewaltstruktur vgl. die frühen Arbeiten de Lauretis’, besonders de Lauretis 1984b u. 1987c sowie Marcus 1992. Für ein mögliches Repräsentationsdilemma, das aus dieser prinzipiellen Codierbarkeit jedes Körpers als weiblich in einer heteronormativen Darstellungsgrammatik entsteht, und für eine den vorigen Arbeiten verwandte Gewaltkritik, vgl. Schaffer 2000 bzw. die übearbeitete Version Schaffer 2001. 10. In einem anderen Diskussionsfeld ist von einer anderen Last der Repräsentation die Rede – „the burden of representation“ ist ein Konzept, das sich in Schwarzen Theorien, z.B. bei Henry Louis Gates (1997), Kobena Mercer (1994) und Lola Young (1998) findet und dort vor allem die Last bezeichnet, zwangsläufig als Einzelne_r zum Guten oder Schlechten die Gruppe zu repräsentieren – „die gemütliche Vorstellung“, schreibt Gates ironisch über diese Wahrnehmungskonvention, „dass eine_r die Gruppe der gleichermaßen Rassisierten repräsentiert, dass also die eigenen Handlungen diese Gruppe verraten oder ehren“ („the homely notion that you represent your race, thus that your actions can betray your race or honor it.“ Gates 1997: xvii). 11. Für ein vergleichbares Projekt vgl. Sekula 2003. 12. Vgl. auch Toni Morrisons grundlegende Arbeit Playing in the Dark (Morrison 1992), darin besonders das Kapitel Romancing the Shadow, in dem sie die Konturen einer Aufmerksamkeit dafür umreißt, wie „Afrikanismus“ als eurozentristische Konstruktion von Schwarzsein und der „strategische Gebrauch schwarzer Figuren“ dazu dient, „die Ziele weißer Figuren zu definieren und ihre Qualitäten zu verstärken“ (ebd: 52f). Über einen „weißen Diskurs“, der „das nicht-weiße Subjekt unerbittlich auf eine Funktion des weißen Subjekts reduziert“, vgl. auch Dyer 1997: 13. Dyer: „At the level of representation, whites remain, for all their transcending superiority, dependent on non-whites for their sense of self, just as they are materially in so many imperial and post-imperial, physical and domestic labour circumstances“ (ebd: 24). Zur Funktion einer spezifischen „afrikanistischen“ (Morrison) Repräsentation im postnationalsozialistischen und postkolonialen Kontext Österreichs vgl. Vida Bakondys und Renée Winters Arbeit über den Film „Omaru“ aus dem Jahr 1955. Bakondy und Winter analysieren die im damaligen Österreich produzierte afrikanistische Repräsentation als „moralische Rehabilitierung [in Bezug auf die nationalistische Vergangenheit]“ (Bakondy, Winter 2005: 207). 13. María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan weisen darauf hin, dass es mit Spivaks Kritik an der epistemischen Gewalt kolonialer wie authochtoner patriarchaler Verhältnisse nicht darum gehen kann, einer zum Schweigen gebrachten subalternen Position zum Sprechen zu verhelfen (weil diese Position als essentialistische, einheitliche und sich selbst kennende eben genau nicht besteht) – sondern um eine Reflexion der hegemonialen Strukturiertheit des Hörens (Castro Varela, Dhawan 2005: 55-81).

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14. „Eine Praxis der Repräsentation als Arbeit an den Bezeichnungspraxen“ ist Silke Wenks Formulierung (2005: 106). 15. Einbürgerung: Fair. Gerecht. Tolerant entstand im Auftrag und unter der Herausgeber_innenschaft der Bundesbeauftragten für Ausländerfragen (seit 2003 umbenannt in Bundesbeauftragte der Regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration), wurde konzipiert und gestaltet von der PR-Agentur Hansen Kommunikation, Köln und fotografiert von Uli Grohs und Klaus Hansen. Deutsche gegen rechte Gewalt wurde von der Werbeagentur Scholz & Friends, Berlin entwickelt. Auftraggeberin war laut Homepageangabe eine Initiative, die denselben Namen wie die Kampagne trägt und von zahlreichen Unternehmen, Privatpersonen und der Bundesbeauftragten für Ausländerfragen unterstützt wurde. Letztere ist auch als Kontakt auf der Homepage angegeben. Als Sprecher der Kampagne fungierte Cem Özdemir, Bündnis 90/Die Grünen. 16. Vgl. z.B. die Texte auf dem von Araba Johnston-Arthur kuratierten Weblog Here to stay! (http://2005.diagonale.at/dia-log/main.jart@rel=de&content-id= 1103557290135.htm [21.9.2008]. Die Textsammlung beginnt bei diesen repräsentationspraktischen Forderungen, öffnet jedoch in ihren antirassistischen Repräsentationskritiken, die sich besonders gegen eine gegen Schwarze Personen gerichtete Repräsentationsgewalt richten, einen weit darüberhinaus gehenden Denkraum. Vgl. z.B. die Texte von Dominic Mariochukwu Umeri (2005), Vlatka Frketic´ (2005), Abi-Sara Machold (2005). 17. Personen, die weder Sozial- noch Arbeitslosenhilfe empfangen, ein unauffälliges polizeiliches Führungszeugnis sowie Kenntnis der deutschen Sprache nachweisen können und seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben. 18. Anlässlich eines von Sabine Strasser und Chantal Mouffe 2000 an der Universität Wien organisierten internationalen Workshops zu Feminismus und Multikulturalität. 19. Zu diesem Verhältnis zwischen Rhetorik und Grammatik vgl. De Man 1986. 20. Mark Terkessidis benennt ein verwandtes Paradox: gesellschaftlicher Ausschluss als Einbeziehung, z.B. in der Form von Versklavung, Kolonisierung und auch Arbeitsmigration. Dieser Ausschluss als Einbeziehung produziert eine spezifische Weise der Repräsentation und Produktion institutionellen Wissens: „Durch den Ausschluß im Inneren der Institutionen werden bestimmte Bevölkerungssegmente als ,Objekte‘ sichtbar – wie etwa Juden, ,Zigeuner‘, Schwarze, Migranten etc.“ (Terkessidis 1998: 12) Zur Gleichzeitigkeit von Hypervisibilität und Unsichtbarkeit Schwarzer Personen in Österreich vgl. Johnston-Arthur 2004: 10. 21. Wilk trifft diese Überlegung im Zusammenhang einer Untersuchung von Schönheitswettbewerben in Belize.

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22. Mulveys 1975 erstmals publizierte und für die Entwicklung feministischer Repräsentationskritiken fundierende Theoreme sind oft kritisiert und in dieser Kritik weiterentwickelt worden. Während Mulvey mit ihrem Konzept der to-be-looked-at-ness den Objektstatus in einem dominanten Visualitätsregime für Frauen reserviert (und den Status des aktiven, blickenden Subjekts für Männer), formuliert beispielsweise Kaja Silverman Jahre später: „Die Krux an der Repräsentation ist nicht, daß Frau so oft als Objekt der Begierde dient (wir alle fungieren gleichzeitig als Subjekt und Objekt), sondern daß der männliche begehrende Blick (look) seinen eigenen Mangel auf das weibliche Subjekt überträgt und sich gleichzeitig als Blickregime (gaze) zu verkleiden sucht.“ (Silverman 1992: 143, übersetzt von und zitiert nach Ruth Noack (1997), die in ihrem Text die durchaus auch widersprüchlichen sexistischen und rassisierenden Subjekteffekte eines dominanten Blickregimes rekonstruiert und an einem konkreten visuellen Beispiel, Mike Sales fotografischer Arbeit Nigga Luvva, deren mögliche Unterlaufung re/konstruiert.) 23. Zahlreiche meiner Diskussionspartner_innen bestanden darauf, dass der Ironie und dem Witz der Darstellungen Raum zukommen sollte. So lässt sich argumentieren, dass die Pose der ethnisch markierten Körper in ihrer Dekoriertheit mit den Zeichen rechtsnationaler Rhetorik (die Kombination der Phrase mit der Frakturschrift und dem Bundesadler auf dem T-Shirt) im Zwischenraum von Parodie und Parodiertem Handlungsfähigkeit und Ermächtigung wenigstens vis-a-vis der Codes signifiziert; dass weiters in dem hier geschehenden Aneignen und Umdeuten von Zeichen die Möglichkeit der Denaturalisierung und Brechung genau jener gewaltvollen nationalistischen Rhetorik geschieht , die die Rechte aufgebracht hat, auch wenn sie längst nicht ihr alleiniges Übungsfeld ist. Schwierig ist, dass der Witz nur witzig ist dort, wo er sich auf einen essentialisierenden dominanten Diskurs über Schwarze Subjektpositionen verlässt – als wäre ein Schwarzer Typ mit einer deutschnationalen ideologischen Haltung eine Undenkbarkeit, oder anders gesagt, als gäbe es einen quasi natürlichen Bruch zwischen einer rassisierten männlichen Subjektposition und einer deutschnationalen ideologischen Haltung. 24. „The construction of gender is both the product and the process of its representation.“ (De Lauretis 1987b: 5)

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Kapitel 4 Das visuelle Vokabular der Anerkennung reformulieren

Die Kapitel 2 und 3 legten anhand einer kritischen Lektüre verschiedener visueller Materialien dar, warum die Vorstellung, bisher unsichtbaren Wissensformen und Positionen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen, zu kurz greift. Sie boten zudem Argumente an, um Forderungen nach mehr Sichtbarkeit so zu verschieben, dass sie eher mit reflexivem Potenzial denn quantitativem Gewicht aufgeladen werden. Der folgende Teil meiner Untersuchung aber konzentriert sich darauf, der Figur eines Reformulierens „jene[r] Möglichkeiten […], die bereits existieren, wenn auch in kulturellen Bereichen, die als kulturell unintelligibel und unmöglich gelten“ (Butler 1991: 218, Hervorh. i. O.) sowohl auf theoretischer wie auch auf visuellbildlicher Ebene nachzugehen. Der erste Teil des Kapitels wird sich mit theoretischen Formulierungen zur Fassung des Verhältnisses zwischen unterschiedlichen Öffentlichkeiten oder Wissenskontexten beschäftigen. Dabei gehe ich von einem Verhältnis zwischen „unintelligiblen, unmöglichen Bereichen“ und „den Diskursen, die das intelligible Kulturleben stiften“ (ebd.) als einem von Hegemonialisierungsprozessen gekennzeichneten und damit konflikthaften und hierarchisierenden Verhältnis aus. Dieser Teil endet mit ideologie- und hegemonietheoretischen Überlegungen, die darauf bestehen, dass Hegemonie zuallererst durch die Verfügung über die Formen von Aussagen entsteht. Teil 2 des Kapitels wird mit je einer Porträtarbeit Catherine Opies und Del LaGrace Volcanos zwei fotografische Praktiken diskutieren, die ihren Einspruch gegen die entwertenden Effekte spezifischer hegemonialer Aussageformen und -systeme genau im Rahmen dieser Systeme und inmitten des von ihnen begünstigten visuellen Vokabulars formulieren. Die Aufmerksamkeit meiner Untersuchung gilt dabei besonders den Risiken und Ambivalenzen dieser Sichtbarkeitspolitiken zwischen einer Affirmation oder Dekonstruktion von Herrschaftsprozessen.

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Hegemonialisierung im Feld der Sichtbarkeit Ich möchte zunächst mit dem Feld der Sichtbarkeit, dem Blick, dem Blicken und dem Vorgesehenen einige theoretische Konzepte der Filmtheoretikerin Kaja Silverman vorstellen, die es erlauben, Macht- und Herrschaftsverhältnisse auf der Ebene des Sehens und der Visualität theoretisch zu beschreiben. Silvermans Modell bleibt allerdings im Hinblick auf die Beschreibung dieser von Asymmetrien durchzogenen Verhältnisse genau in Bezug darauf, wie sich die Dimensionen und Seiten der Verhältnisse als konfligierende zueinander verhalten, an zentralen Stellen unbefriedigend. Daher werde ich ihm mit Teresa de Lauretis’ space-off eine Denkfigur hinzustellen, die besonders geeignet ist, um das Konflikthafte an Hegemonieproduktion und das Ausschließende hegemonialer Texte zu denken. Und vielleicht noch wichtiger: Mit dem space-off lässt sich auch der formative Anteil des Ausgeschlossenen an der Produktion hegemonialer Texte markieren. Abschließend werde ich mit einem Verweis auf ideologie- und hegemonietheoretische Überlegungen noch einmal die Aufmerksamkeit auf ästhetische Formen und Strukturen richten. Hier wird es mir besonders darum gehen darzulegen, dass Hegemonie, also ideologische Herrschaft, vor allem über die Verfügungsgewalt über die Form und Struktur von Aussagen aufrechterhalten wird.

Kaja Silverman: Feld der Sichtbarkeit, Blick, Blicken Besonders in ihrem 1996 erschienenen Buch The Threshold of the Visible World legt die feministische Filmtheoretikerin Kaja Silverman eine umfassende Konzeption der Möglichkeiten und Bedingungen der Veränderung gesellschaftlich dominanter Weisen des Sehens und Wahrnehmens dar. Silverman unterscheidet dazu drei verschiedene Dimensionen, screen, gaze und look, die sie jeweils auf ihre strukturellen, unveränderbaren und auf ihre historisch geformten Dimensionen hin befragt. Die drei Dimensionen gemeinsam umfassen Darstellungstechnologien und Repräsentationspraktiken, historisch ebenso wie strukturell bedingte Subjekteffekte und schließlich das subjektive Blicken.1 Auf allen drei Ebenen geht es Silverman darum, das Potenzial für Veränderbarkeit herauszustellen.2 Ich möchte im Folgenden alle drei Dimensionen, wie sie Silverman entwickelt, kurz rekapitulieren. Silvermans von Lacan abgeleiteter Begriff screen wird meist mit Bildschirm übersetzt. Die ÜbersetzerInnen Natascha Noack und Roger M. Buergel schlagen kulturelles Bilderrepertoire als Übersetzung für screen vor (vgl. den von ihnen übersetzten Text Silverman 1996). So definiert Silverman selbst diesen Begriff in ihrer umfangreichen Arbeit Male Subjectivity at the Margins (Silverman 1992): als „kulturell generiertes Bild oder Bildrepertoire, durch das Subjekte nicht nur konstituiert sondern auch differenziert 112

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werden in Bezug auf Klassenzugehörigkeit, Rassisiertheit, Sexualität, Alter und Nationalität“ (ebd.: 150). In dem vier Jahre später erscheinenden Threshold of the Visible World (1996) erfährt die Definition des screen allerdings eine wesentliche Erweiterung. Erstens betont Silverman nun, dass mit dem Bildschirm die Gesamtheit des kulturellen Bilderrepertoires gemeint ist, die oft wiederholten, normativ fungierenden Darstellungen ebenso wie alternative oder oppositionelle Bilder. Zudem ist der screen nicht mehr nur Bilderrepertoire. Er umfasst nun die Gesamtheit materieller Repräsentationspraktiken ebenso wie die spezifische Repräsentations- und Wahrnehmungslogiken einer gegebenen Gesellschaft. Ich werde screen im Folgenden als Feld der Sichtbarkeit übersetzen, da dies ein wesentlich breiteres, der Umfassendheit des Konzepts durchaus angemessenes Assoziationsfeld ermöglicht.3 Das Feld der Sichtbarkeit steht somit für den Gesamtkomplex an Repräsentationsparametern und -praktiken sowie Weisen des Wahrnehmens und Wahrgenommenwerdens, die Sichtbarkeit und Lesbarkeit ebenso wie Unsichtbarkeit und Unlesbarkeit bestimmen. Als Rahmen des Wahrnehmbaren, Sichtbaren, Intelligiblen bestimmt das Feld der Sichtbarkeit, wie die einzelnen sich als Selbst und als Subjekt wahrnehmen und wie sie die Welt und Realität als solche sehen. Dieser Prozess des Sehens als ein Prozess des Erkennens ist jedoch grundsätzlich von Verkennen charakterisiert. Denn verkannt wird genau dies: dass jegliches Sehen, jegliches Wahrnehmen durch gesellschaftliche Konventionen – das Feld der Sichtbarkeit – bedingt und mediiert ist. Als strukturierende Matrix des V/Erkennens (misrecognition) beschreibt Kaja Silverman das Spiegelstadium, das sie mit Jacques Lacan als fundamentalen Aspekt der Art, wie sich Subjektivität formuliert, versteht. Das Spiegelstadium bezeichnet bei Lacan jenen Prozess, durch den ein Wesen sich als Selbst ,erkennt‘, indem es ein Bild, das durch einen Spiegel produziert wird, als sein eigenes annimmt, d. h. sich damit identifiziert, und damit die Mediiertheit, Alterität und Exteriorität dieses Bildes verkennt.4 Das Selbst ist somit sowohl technologisch vermittelt, durch ein angenommenes Bild produziert, wie auch fiktiv.5 Im Zuge der Unterscheidung zwischen strukturellen und sozial determinierten und damit veränderbaren Parametern der Subjektkonstitution im Feld des Visuellen erfährt allerdings Lacans Spiegel als Instrument der Selbst/v/erkenntnis bei Silverman eine auf Historisierung abzielende Umarbeitung. Denn Silverman beschreibt Spiegelverhältnisse als wechselseitige Grundlage für Subjektivität und Welt, betont aber, dass die Bedingungen dieser Spiegelverhältnisse kontingent sind bzw. dass „die Darstellungslogik, die unseren Blick auf die Objekte bestimmt und die Gestalt, die wir selbst annehmen, sowie der Wert, den ein inzwischen komplexer organisiertes visuelles Feld diesen Darstellungen beimisst“ (Silverman 1997: 42) gesellschaftlich-historisch-technologisch bestimmt ist. Der screen umfasst diese Darstellungslogik, als Feld der Sichtbarkeit bestimmt er ebenso die Gestalt der jeweiligen Selbstrepräsentationen wie auch deren Wert. Und jeder Spiegel, so arbeitet Silverman heraus, ist ein screen bzw. Teil des screens. Er ist, anders gesagt, ein gesellschaftlich bedingtes Formatierungsinstrument, ein Medium der Bündelung historisch kontingenter 113

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ebenso wie struktureller Wahrnehmungselemente, das aber durch die Struktur des V/Erkennens charakterisiert ist, d.h. in Verkennung seiner Wahrnehmung formatierenden Eigenschaften als gänzlich neutrales Instrument gebraucht wird.6 Erfasst und eingeschrieben in das Feld der Sichtbarkeit werden die einzelnen durch den Blick als Instanz eines letztlich unbestimmbaren Außen und imaginären Anderen. Der Blick lässt, einem Scheinwerfer gleich, das Subjekt durch Illumination erscheinen und ist gleichzeitig Instanz der Präsenz der anderen als solcher, die auf die Unumgänglichkeit der Abhängigkeit von anderen verweist – und keinesfalls zu verwechseln ist mit der Tätigkeit des optischen Organs Auge. Die Form, die die Erfahrbarkeit des Blicks nimmt, ist dabei aber kontingent.7 (Für die Gesellschaftsformation des hochindustrialisierten Nordens ist es laut Silverman übrigens die Kamera, die der gültigen Weise der Wahrnehmbarkeit des Blicks eine Form gibt.8) Den Blick unterscheidet Silverman schließlich vom look, dem singulären, situativen Blicken oder Sehen der Einzelnen, das eine psychische, und damit eine von Begehren, Mangel und Phantasie (bzw. Imaginärem) gezeichnete ebenso wie eine visuelle Kategorie ist (Silverman 1996: 134). Vor allem um diese Kategorie wird es mir noch einmal in Kapitel 5 gehen. Im Zusammenspiel zwischen Feld der Sichtbarkeit, und Blick und Blicken arbeitet Silverman drei Aspekte der visuellen Konstitution von Subjektivität heraus, die kontingent (und gegenwärtig in höchsten Ausmaß durch die Subjekteffekte der Fotografie bestimmt) sind: die Art, wie die Welt gesehen wird, wie der Blick wahrgenommen wird und wie die einzelnen ihre Sichtbarkeit erfahren (1996: 134). Jene Wahrnehmungsweisen allerdings, die sich mit einer gewissen Unvermeidlichkeit aufdrängen, folgen dem Vorgesehenen.

Das Vorgesehene Die Kategorie des Vorgesehenen (der Begriff given-to-be-seen ist Silvermans Übersetzung für Jacques Lacans donné-a-voir) beinhaltet einen Teilbereich des Feldes der Sichtbarkeit, nämlich jene Parameter der Sinnherstellung und jene Bilder, die sich nachdrücklich und unvermeidlich aufdrängen, weil sie durch häufige und emphatische Wiederholung enorm präsent sind. Das Konzept des Vorgesehenen kann gleichgesetzt werden mit einem hegemonietheoretischen Konzept, das Silverman in einer früheren Arbeit entwickelt: dem der dominanten Fiktion. Mit dem Begriff der dominanten Fiktion, den Silverman in Anlehnung an ein Hegemoniekonzept Jacques Rancières bereits 1992 in Male Subjectivity at the Margins ausführt, schließt sie an eine Definition von Ideologie als auf der Herstellung eines gesellschaftlichen Konsens basierender Formation an. Dieser Konsens wird mit Silverman produziert, indem ein spezifisches Repräsentationssystem als wahrhaftig und die Realität widerspiegelnd kollektiv geglaubt und als Identifikationsrahmen angenommen wird. Gesellschaftlicher Konsens entsteht also durch die kollektive Identifikation mit Bildern und Erzählweisen. Für die gegenwärtig gültige 114

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Gesellschaftformation ankern diese Bilder und Narrationen, so Silverman, in der Affirmation und der metaphorischen Aneinanderkettung von Männlichkeit, Weißsein, Heteronormativität und Macht (1992: 38ff u. 1996: 178). Was in Silvermans Konzeption unbedacht bleibt ist die Art und Weise, wie die unterschiedlichen Elemente einer dominanten Fiktion durchaus auch in widersprüchlichen Verhältnissen zueinander stehen können. Sinnvoll ist daher wohl eher eine Konzeption, die von dem Plural hegemonialer Repräsentationen und ihrer Strukturen, kurz: von dominanten Fiktionen ausgeht (vgl. Lummerding 2005: 68, Fn 122).9 Mit dem Vorgesehenen bzw. den dominanten Fiktionen werden im Feld der Sichtbarkeit, das ja als Gesamtheit aller in einer Gesellschaft zur Verfügung stehenden Bilder, Repräsentationsgrammatiken und –praktiken definiert ist, die herrschenden Darstellungspraktiken und Wahrnehmungsstrukturen benennbar. Darüberhinaus impliziert allein logisch schon das Konzept herrschender Repräsentationspraktiken die Existenz minorisierter oder subalterner Formen und Praktiken.10 Anders gesagt ermöglicht diese Unterscheidung es, minorisierte Bilder, Praktiken und „Systeme der Intelligibilität“ (1996: 179) oder subalterne Arten des Bedeutens und Wahrnehmens als existent und strukturierend, das heißt als Teil des Bildschirms, zu behaupten. Ein derartiges Verhältnis als Herrschaftsverhältnis auf der Ebene der Sinnproduktion benennt beispielsweise auch Herbert Marcuse: „Der Zugang zur Sprache wird denjenigen Wörtern und Ideen versperrt, die anderen Sinnes sind als der etablierte“, schreibt Herbert Marcuse 1965: Andere Wörter können zwar ausgesprochen und gehört, andere Gedanken zwar ausgedrückt werden, aber sie werden nach dem massiven Maßstab der konservativen Mehrheit…sofort „bewertet“ (das heißt: automatisch verstanden) im Sinne der öffentlichen Sprache – einer Sprache , die „a priori“ die Richtung festlegt, in welcher sich der Denkprozess bewegt. (Marcuse 1968: 107)

Wie aber lässt sich dieses Verhältnissen zwischen konfligierenden, etablierten und minorisierten Bedeutungen und Formen genauer beschreiben? Bei Silverman sind es Licht- und Hell/Dunkel-Metaphoriken, die das Verhältnis zwischen „Wörtern, die anderen Sinnes sind als der etablierte“ und einer „öffentlichen Sprache“ als Verhältnis zwischen unterschiedlich hierarchisierten, d.h. majorisierten und minorisierten Repräsentationspraktiken und Bildern beschreibbar machen. Bestimmte Bilder werden durch wiederholte Blickzuwendungen wie durch Scheinwerfer erleuchtet und aufgeladen – so artikuliert sich das illuminative Potenzial der Blicke. Dominante Bilder erhalten ihren Wahrhaftigkeitsstatus durch unhinterfragte, häufige und emphatische Wiederholung bzw. Aufladung und lagern an heller erleuchteten Orten (Silverman 1996: 221). Eine Veränderung des Feldes der Sichtbarkeit impliziert, so Silverman, dass bisher marginalisierte Elemente des Bildschirms hervortreten und dominante Elemente ins Dunkle verwiesen werden (vgl. ebd.: 223). Unter diesen Bedingungen einer sich verändernden Blickpraxis auf kollektiver Ebene lassen sich die Weisen der Darstellung der Welt verändern: 115

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Sollte sich unser Blick mit ausreichend vielen anderen Blicken treffen, dann ist er in der Lage, den Bildschirm [das Feld der Sichtbarkeit, js] neu zu konfigurieren, wobei bislang unbeleuchtete Teile in den Vordergrund rücken und diejenigen, die heute als normative Darstellungen auftreten, abgedunkelt werden. (1997: 59)11

Schwierig an dieser Beschreibung und ihrer Abhängigkeit von Hell/DunkelMetaphoriken ist die Wiederholung einer in der christlich sozialisierten Welt des industrialisierten Nordens üblichen Farbenlehre, in der die positive, um nicht zu sagen: heilsversprechende Bewertung alles Hellen bei gleichzeitiger Abwertung des Dunklen als Unheil parallel läuft mit einer rassistischen Aufwertung des Weißseins und Abwertung des Schwarzseins (vgl. Dyer 1997: 14ff). So bietet das Modell zwar die Möglichkeit, im Feld der Sichtbarkeit verschiedene Systeme der Sichtbarkeit zu verorten. Das ist notwendig, wenn es nicht per se um die Sichtbarmachung von etwas vorher Unsichtbarem geht, sondern um bereits bestehende Positionen und Bedeutungen, die allerdings aus hegemonialer Perspektive nicht oder nur in abgewerteter Form repräsentiert und wahrgenommen werden. Dieses Verhältnis als eines des Ausschlusses, der Verunmöglichung und des Kampfes, aber mehr noch: auch als eines der Interdependenzen und des Bedeutungstransfers lässt sich mit Silvermans Modell nicht fassen. Beschreiben lassen sich nicht die Prozesse des Hierarchisierens und Verwerfens von Formen/Bedeutungen zwischen verschiedenenen Sichtbarkeitssystemen, und auch nicht deren Interdependenzen, zum Beispiel als Bedeutungsverhandlungen oder Bedeutungskämpfe zwischen Subkulturen und Mainstream bzw. zwischen verschiedenen Subkulturen.12 Um derartige Ökonomien, Interdependenzen und Verhältnisse denkbar zu machen, möchte ich Silvermans Modell eine Figur hinzustellen, die Teresa de Lauretis erarbeitet hat. Denn Silvermans Feld der Sichtbarkeit ist durch eine merkwürdig konfliktfreie Flächigkeit charakterisiert, auf der „Teile“ neben einander liegen und vor- bzw. zurücktreten können, je nach Aufmerksamkeitsquantität. Mit Teresa de Lauretis Konzept des space-off kann das Feld der Sichtbarkeit jedoch als vieldimensionales gedacht werden, wobei die Vieldimensionalität seiner Teile, Zonen, Bereiche oder Ebenen in ihrer Plastizität vor allem konfliktdurchzogen und durch Herrschaftsverhältnisse artikuliert ist.

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Zum Verhältnis minorisierter und dominanter Systeme der Sichtbarkeit Wie ist das Verhältnis zwischen minorisierten und herrschenden Repräsentations- und Wissenssystemen zu denken? Wie das Verhältnis zwischen einem dominanten Wissenssystem und einem anderen Ort oder Kontext der Wissensproduktion, der in der dominanten Ordnung nicht aufscheint? Nancy Fraser beispielsweise fordert, „sowohl die Vielfalt der öffentlichen Räume in den zeitgenössischen spätkapitalistischen Gesellschaften als auch ihre spezifischen Machtunterschiede theoretisch [zu] berücksichtigen“ und „zwischen der offiziellen Regierungsöffentlichkeit, der Öffentlichkeit der Massenmedien, der Gegenöffentlichkeit und den informellen öffentlichen Räumen im Alltag [zu] unterscheiden und [zu] zeigen, wie einige dieser öffentlichen Räume andere marginalisieren“ (Fraser 1994: 42). Allerdings ist diesem Verhältnis ein Darstellungsproblem eingeschrieben, das Fraser nicht thematisiert. Denn nicht nur stehen diese unterschiedlichen Öffentlichkeiten als Orte der Wissensproduktion zueinander in einem hierarchischen Verhältnis, auch die Begriffe und Beschreibungslogiken, die diese Kontexte produzieren, sind mit asymmetrischen Wertigkeiten aufgeladen. Wie aber minorisierte Öffentlichkeiten beschreiben in den Begriffen einer dominanten Darstellungsgrammatik hegemonialer Öffentlichkeiten, wenn diese Begriffe genau die Instrumente der Abwertung und Minorisierung der minorisierten Öffentlichkeiten sind? Teresa de Lauretis hat 1987 eine Formulierung dieses Verhältnisses und seiner Darstellungsproblematik erarbeitet, das diese anderen Orte oder besser: Nicht-Orte (eben nicht repräsentierbare Orte innerhalb einer dominanten Darstellungsstruktur) beschreibt – und sie dezidiert nicht als ein ‚Außerhalb‘ des Diskurses, der Ideologie, der dominanten Darstellungsgrammatik fasst.13 De Lauretis‘ Fassung dieses Verhältnisses ist an der Arbeit (und der Situiertheit dieser Arbeit) von Feministinnen orientiert, lässt sich aber generell für minorisierte Praktiken produktiv machen, die ausgehend von einer spezifischen und als solchen markierten Situiertheit von Wissensproduktion an einer Redefinition von Gesellschaftlichkeit und der von ihr formulierten Subjektivitäten beteiligt sind.14 De Lauretis beschreibt ein „elsewhere“, das nicht als Position außerhalb dominanter Diskurse und ihrer Grammatiken und unbeeinflusst von ihren Logiken zu verstehen ist. Dieses „Anderswo“ ist, so de Lauretis, weder irgendeine mythische Vergangenheit noch eine utopische Zukunft [und ebenso wenig ein idealisiertes gegenwärtiges Außerhalb, js]. Es handelt sich um das Anderswo im Diskurs hier und jetzt, um die blinden Flecken oder den toten Winkel seiner Repräsentationen. not some mythic distant past or some utopian future history: it is the elsewhere of discourse here and now, the blind spots, or the space-off, of its representations. (De Lauretis 1987b: 25)

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Diese Nicht-Orte des „elsewhere“ entstehen in den Lücken und Brüchen, an den Rändern hegemonialer Diskurse, ihrer Institutionen und Apparaturen der Wissensproduktion. Es sind Lücken, die durch minorisierte Kritiken erzeugt werden – Kritiken, die sich gleichzeitig in den und durch die Diskurse bewegen, die kritisiert werden, und, da sie in ihnen nicht aufgehen und auf ein anderswo verweisen, auch außerhalb dieser Diskurse. Sie sind die Grundlage minorisierter, feministischer, antirassistischer und queerer Disartikulationen und Rekonfigurationen von Wissen, die im Zuge von Bewegungen zwischen den verschiedenen Wissensfeldern und den verschiedenen Wissen produzierenden Verfahren hergestellt werden – zwischen jenen Feldern, die die dominanten Diskurse herstellen und durch sie hergestellt werden, und jenen Nicht-Räumen, Lücken, Brüchen und Unstimmigkeiten, die die dominanten Diskurse durchziehen. Sie sind innerhalb der Repräsentationsvorgaben, die diese Diskurse bestimmen, nicht darstellbar und werden dennoch durch kritische Praktiken hergestellt und nutzbar gemacht. Diese Bewegungen, die mikropolitischen Alltagspraktiken ebenso eingeschrieben sind wie auch kulturellen Produktionen, sind somit nicht einfach als Bewegungen von einem diskursiven Feld in ein anderes zu verstehen. De Lauretis nennt dies Bewegungen aus dem Raum, der von/in einer Darstellung, von/in einem Diskurs oder von/in einem Sex-Gender-System dargestellt wird, in den Raum, der darin nicht dargestellt wird, ihm aber (ohne sichtbar zu sein) implizit ist. from the space represented by/in a representation, by/in a discourse, by/in a sexgender system, to the space not represented yet implied (unseen) in them. (Ebd: 26)

Dabei ist dieser implizite Raum nicht Raum, space, sondern space-off, ein Abseits, eine Art toter Winkel. Der Begriff space-off ist, so de Lauretis, der filmtheoretischen Terminologie entnommen. Er bezeichnet den Raum, der in einem Kader nicht sichtbar ist, der aber erschlossen werden kann durch das, was der Kader sichtbar macht. Im klassischen und kommerziellen Kino wird der space-off tatsächlich gelöscht, oder besser: durch die kinematischen Narrativisierungs-Regeln wieder ins Bild eingeschrieben und darin versiegelt (am wichtigsten dafür ist das Schuss-Gegenschuss-System). Das Avantgarde-Kino jedoch zeigt, dass der spaceoff gleichzeitig mit dem repräsentierten Raum und neben ihm entlang laufend exisiert […], und es zeigt, dass der space-off nicht nur die Kamera (Artikulationsort und perspektivischer Fluchtpunkt, von dem aus das Bild konstruiert wird), sondern auch die Zuschauer_in (den Ort, an dem das Bild in/als Subjektivität rezipiert, re-konstruiert und re-produziert wird) einschließt.

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the space not visible in the frame but inferable from what the frame makes visible. In classical and commercial cinema, the space-off is, in fact, erased, or, better, recontained and sealed into the image by the cinematic rules of narrativization (first among them, the shot/reverse-shot system). But avant-garde cinema has shown the space-off to exist concurrently and alongside the represented space, has made it visible by remarking its absence in the frame or in the succession of frames, and has shown it to include not only the camera (the point of articulation and perspective from which the image is constructed) but also the spectator (the point where the image is received, re-constructed, and re-produced in/as subjectivity). (Ebd.)

Für de Lauretis geht es in diesen Bewegungen um das Setzen der Begriffe und Bedingungen einer anderen Geschlechterkonstruktion, die aber notwendig und unvermeidlich im Verhältnis zu bestehenden Definitionen erarbeitet werden. Das Subjekt dieser Bewegungen, für de Lauretis das Subjekt des Feminismus, unterscheidet sich sowohl von Der Frau [Woman] als Repräsentation einer essenziellen Weiblichkeit wie auch von Frauen [women] als historischen Individuen, die in gesellschaftlichen Verhältnissen weiblich vergeschlechtlicht werden: Das Subjekt des Feminismus […] lässt sich eben genau nicht auf diese Weise definieren. Seine Definition oder Konzeption wird beständig erarbeitet, in diesen und in anderen feministischen Texten; und wie Althussers Subjekt ist dieses Subjekt ein theoretisches Konstrukt (eine Art des Konzeptualisierens, Verstehens, Beschreibens von Prozessen, nicht von Frauen). Aber anders als das Subjekt Althussers, das völlig ‚innerhalb‘ der Ideologie ist und sich selbst außerhalb und frei von ihr wähnt, ist das Subjekt, das ich in zeitgenössischen Texten und Debatten innerhalb des Feminismus entstehen sehe, ein Subjekt, das gleichzeitig in und außerhalb der Geschlechterideologie ist, und sich darüber bewusst ist, sich dieses beidseitigen Zugs, dieser Trennung, dieses doppelten Sehens bewusst ist. The subject of feminism […] is one not so defined, one whose definition or conception is in progress, in this and other feminist critical texts; and, to insist on this point one more time, the subject of feminism, much like Althusser’s subject, who, being completely „in“ ideology, believes himself to be outside and free of it, the subject that I see emerging from current writings and debates within feminism is one that is at the same time inside and outside the ideology of gender, and conscious of being so, conscious of that twofold pull, of that division, that doubled vision. (De Lauretis 1987b: 10)

Das, was de Lauretis hier mit der Figur des doppelten Sehens als (epistemologische ebenso wie politische) Position für den Feminismus beschreibt, ist ein Topos, der in verwandter Form auch in Schwarzen und postkolonialen Theorien aufscheint. Paul Gilroy beispielsweise reaktiviert die Figur des doppelten Bewusstseins [double consciousness], die W. E. B. Du Bois in seinen zu Anfang des 20. Jahrhunderts publizierten politischen, philosophischen und literarischen Arbeiten entwickelt, für seine eigene Arbeit über den Schwarzen Atlantik.15 Du Bois spricht im Rahmen rassisierter Herrschaftsverhältnisse von einem doppelten Bewusstsein und dem zweiten Sehen/Gesicht 119

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[second sight] als (Selbst)Wahrnehmung einer Schwarzen Subjektposition in US-Amerika (zit. nach Gilroy 1993: 134). Und Gilroy bindet diese Wahrnehmung direkt an politische Widerstandsformationen – in einer Frage, die in hohem Maße der oben zitierten und dort positiv als politisches Potenzial gewendeten Setzung de Lauretis’ ähnelt: W. E. B. Du Bois’ Konzept des ‚doppelten Bewusstseins‘ ist schlicht die meist rezipierte Auflösung eines bekannten Problems, das auf die zentrale Dynamik rassisierter Unterdrückung und die fundamentale Antinomie Schwarzer Personen in der Diaspora hinweist. Wie hat diese von Richard Wright ,furchtbare Objektivität‘ genannte Doppeltheit, die daraus entsteht, sich sowohl innerhalb wie außerhalb des Westens zu befinden, das Verhalten politischer Bewegungen gegen rassisierte Unterdrückung und für eine Schwarze Autonomie beeinflusst? W. E. B. Du Bois’s concept of ,double consciousness‘ is only the best-known resolution of a familiar problem which points towards the core dynamic of racial oppression as well as the fundamental antinomy of diaspora blacks. How has this doubleness, what Richard Wright calls the ,dreadful objecitivity‘ which flows from being both inside and outside the West, affected the conduct of political movements against racial oppression and towards black autonomy? (Gilroy 1993: 121)

Auch Patricia Hill Collins verwendet das Bild einer Doppeltheit, und wie de Lauretis bindet sie es an das Sehen: Aber paradoxer Weise verleiht die Tatsache, dass sie wie ein unsichtbares Anderes behandelt werden, Schwarzen Frauen einen spezifischen Blickwinkel, eine Außenseiterin-im-Inneren-Position, die zahlreichen Afrikanisch-Amerikanischen intellektuellen Frauen als Quelle immenser Kraft dient. But paradoxically, being treated as an invisible Other gives Black women a peculiar angle of vision, the outsider-within stance that has served so many African-American women intellectuals as a source of tremendous strength. (Hill Collins 1991: 94)

Hier sollen nicht die profunden Unterschiede verwischt werden, die zwischen historisch unterschiedlichen Formationen politischer Kämpfe bestehen. Verwiesen sei allerdings darauf, dass sich in diesen unterschiedlichen und immer wieder auch verbindenden und überkreuzenden Formationen vergleichbare Formulierungen finden lassen, um die Positionen minorisierten Wissens zu fassen. Mit einem generellen Problem haben allerdings alle diese Positionen zu tun – dass die Repräsentation ihres Wissens, dort wo es nicht nur Markierung von Lücken bleiben soll, in seiner fass- und sichtbaren Setzung auf eine dominante Darstellungsgrammatik angewiesen bleibt.

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Zur formalen Verfasstheit hegemonialer und oppositioneller Aussagen Louis Althusser benennt dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen systemkritischen Aussagen und dem gesellschaftlich herrschenden System und seinen Darstellungsstrukturen folgendermaßen: Was meinen wir, wenn wir mit Marx sagen, dass die bürgerliche Ideologie andere Ideologien und speziell die Ideologie der Arbeiterklasse dominiert? Wir meinen, dass der Protest der Arbeiterklasse gegen die Ausbeutung sich innerhalb der Struktur der dominanten bürgerlichen Ideologie innerhalb ihres Systems, und zum großen Teil mit ihren Repräsentationen und ihren Referenzbegriffen ausdrückt. What do we mean when we say, with Marx, that bourgeois ideology dominates other ideologies, and in particular working-class ideology? We mean that working-class protest against exploitation expresses itself within the very structure of the dominant bourgeois ideology, within its system, and in large part with its representations and terms of reference. (Althusser 2003 [1965], Hervorh. i. O.)

Interessant an dieser Formulierung Althussers ist ihre Aufmerksamkeit für die formale Verfasstheit hegemonialer ebenso wie oppositioneller Aussagen und Aussagesysteme – und für die Abhängigkeit oppositioneller Aussagen von einer dominanten Repräsentationsordnung. Ideologische Herrschaft bedeutet dementsprechend, dass sich Darstellungsstruktur und Vokabular der Ideologie der herrschenden Klasse soweit durchgesetzt haben, dass auch der Widerstand gegen die herrschende Klasse sich innerhalb ihres Darstellungssystems und Vokabulars ausdrücken muss – auf diesen Gedanken werde ich auf den nächsten Seiten im Zuge einer Diskussion der ‚ideologischen Arbeit‘ der dort diskutierten Bilder Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies zurückkommen. Eine Formulierung Nancy [Peter] Wagenknechts, die von Antonio Gramscis Hegemonietheorien ausgeht, enthält einen Hinweis auf die ästhetische Dimension und formale Verfasstheit hegemonialisierender Prozesse. Er schreibt, dass Hegemonie als „Verfügung darüber, welche Interessen sich in welcher Weise formulieren können, wie sie sich vermitteln und durchsetzen lassen“ verstanden werden kann (Wagenknecht 2005, Hervorhebung js). Hegemonie stellt sich her, wenn es der hegemonialen Gruppe bzw. dem hegemonialen Block gelingt, alle auftretenden Fragen so zu stellen, dass durch ihre Beantwortung das gesellschaftliche Allgemeine oder Allgemeininteresse in einer Weise formuliert wird, mit der die Kräfte des Blocks ihre partikularen Interessen im Wesentlichen durchsetzen können. (Wagenknecht 2005, Hervorhebung js)

Noch umfassender lässt sich sagen, dass Hegemonie grundsätzlich dadurch entsteht, dass Formen von Aussagen und Strukturen von Aussagesystemen, 121

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oder anders, spezifische Referenzrahmen und das dazugehörige Vokabular als Bedingung einer Diskussion um gesellschaftliche Verhältnisse durchgesetzt werden. Durchgesetzt werden diese Formen als Bedingungen einer Diskussion beispielsweise, „indem sie das hervorbringen, was im Bereich des Öffentlichen als ein ernstzunehmendes sprechendes Subjekt und als eine vernünftige Meinung beurteilt wird und was nicht“ (Butler 2005: 15). Diese Herstellung ernstzunehmender Sprecher_innen und vernünftiger Meinungen und gleichzeitig all dessen, was als unvernünftig nicht ernst zu nehmen ist, über „Taktiken, die Beschämung auslösen“ nennt Judith Butler als „Strategie zur Unterdrückung des Dissens“ eine besonders effektive Form der Zensur (ebd.).16 Grund genug, den Formen der Aussagen analytisches Interesse zukommen zu lassen. Anders gesagt: nicht allein, dass etwas sichtbar wird, sondern wie es das wird – und was dadurch verdrängt wird, lohnt der Aufmerksamkeit. Formen des Einspruchs gegen das Durchsetzen spezifischer Aussageformen und -systeme als hegemonial werden auf vielen Ebenen und auf vielfältigste Weisen produziert. Wenn ich im zweiten Teil dieses Kapitels zwei visuelle Praktiken diskutiere, die ihren Einspruch gegen ein Wissens- und Repräsentationssystem exakt im Rahmen der kritisierten Ideologie formulieren, inmitten des von ihr begünstigten (visuellen) Vokabulars und entlang der akzeptierten Darstellungsgrammatik, dann möchte ich keinesfalls behaupten, dies wäre die einzige oder auch nur eine besonders effektive Möglichkeit des Einspruchs gegen hegemoniale Formen der Formulierung visueller Aussagen. Was ich allerdings sehr wohl herausarbeiten möchte ist, wie diese widerständigen Formulierungen, um die es im nächsten Kapitel gehen wird, ihre jeweils sehr eigenen Formen der Risiken (d.h. der Möglichkeit, in Affirmation umzukippen) eingehen, eben weil sie explizit hegemoniale Strukturen und Formen der Bedeutungsproduktion reartikulieren.

Die visuellen Strukturen der Anerkennung reformulieren: Porträtieren ‚Ein Porträt von sich machen lassen‘ war einer der symbolischen Akte, durch den Individuen der aufsteigenden gesellschaftlichen Klassen ihren Aufstieg sich selbst und anderen gegenüber sichtbar machten und sich unter jene einreihten, die sozialen Status genießen. To ‘have one’s portrait done’ was one of the symbolic acts by which individuals from the rising social classes made their ascent visible to themselves and others and classed themselves among those who enjoyed social status. (Tagg 1993: 37)

Statusgenuß mittels Visualisierungsstrategie: in seiner Untersuchung des Zusammenhangs zwischen fotografischen Praktiken und gesellschaftlichen Regulierungen verweist John Tagg auf eine Gebrauchsweise des visuellen 122

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Formats Porträt, die sehr konkret mit der Re-Artikulation gesellschaftlicher Hierarchien zu tun hat. Dabei geht die Demokratisierung des Porträts durch die Fotografie aber nicht nur mit der Fixierung der Herrschaft der bürgerlichen Klasse Hand in Hand. Gleichzeitig entsteht entlang des fotografischen Porträts eine neue „politische Achse der Repräsentation“ (Tagg 1993: 59). Denn dem Privileg eines Bildes von sich stehen nun andererseits diverseste Praktiken des Bildernehmens gegenüber, die unter Ausübung von Zwang wenn nicht sogar Gewalt und oft zum Zwecke polizeilicher oder wissenschaftlicher Identifikation stattfinden. Die beiden Porträtarbeiten Catherine Opies und Del LaGrace Volcanos, um die es auf den folgenden Seiten gehen wird, bewegen sich entlang dieser Achse der Repräsentation. Wenn aber, wie auf den vorigen Seiten behauptet, Hegemonie sich grundlegend über das Durchsetzen bestimmter Formen und Strukturen des Bedeutens herstellt, dann entwickeln die hier diskutierten Bilder eine visuelle Praxis, indem sie innerhalb einer dominanten Repräsentationsgrammatik gegen dieses herrschende Wissen agieren – mit den Formen, mit dem Vokabular dieses herrschenden Wissens. Dabei nutzen die fotografischen Arbeiten dieses Vokabular für ganz andere als die vorgesehenen Zwecke der dominanten Fiktionen. Denn hier wird an der Reformulierung der Strukturen visueller Anerkennung gearbeitet, zugunsten von Subjektpositionen, die laut einer herrschenden Grammatik im Feld der Sichtbarkeit nicht dort verortet werden, wo Normentsprechung, Idealität und Anerkennung als Belehnung mit Wert lagern. Besetzen und Auffalten nenne ich die zwei Taktiken des Nützens dominanter Ordnungsstrategien, die in den im Folgenden zu diskutierenden Arbeiten zum Einsatz kommen. Beide Male geht es dabei um das Produzieren anerkennender Repräsentationen für Personen in transmännlichen Subjektpositionen. Ich folge diesen visuellen Praktiken, weil sie mich anziehen und ich herausarbeiten möchte, wie diese Anziehungskraft mit Spannungen zu tun hat, die in den Arbeiten verhandelt werden – Spannungen, die sich in der Reartikulation herrschender Repräsentationsformen zu queeren und transpolitischen Zwecken auftun. Methodische Inspiration zu diesem Vorgehen findet sich bei Roland Barthes wegweisender Praxis im schreibenden Umgang mit „PHOTOGRAPHIE“ (Barthes 1989: 11): […] ich mag/ich mag nicht: wer von uns hätte nicht seine ureigene Skala von Vorlieben, Abneigungen, Unempfindlichkeiten? Ich habe freilich schon immer Lust verspürt, meine Stimmungen zu begründen; nicht um sie zu rechtfertigen; weniger noch, um den Ort des Textes mit meiner Individualität zu füllen; sondern im Gegenteil, um diese Individualität einer Wissenschaft vom Subjekt zur Verfügung zu stellen […]. So beschloß ich, die Anziehungskraft, die bestimmte Photos auf mich ausübten, zum Leitfaden meiner Untersuchung zu machen: dieser Anziehungskraft war ich mir zum mindesten sicher. (Ebd. 1989: 26)

Von der Anziehungskraft der fotografischen Arbeiten Opies und LaGrace Volcanos geleitet, wird mich also interessieren, wo diese widerständigen visuellen Formulierungen ihre jeweils sehr eigenen Formen der Risiken eingehen, genau weil sie sich mitten hinein bewegen in hegemoniale Struktu123

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ren der Bedeutungsproduktion. Das Herausarbeiten derartiger Ambivalenzen und Risiken halte ich für eine notwendige Aufgabe, wenn es nicht schlicht um Einschluss in die gängigen Strukturen der Privilegienvergabe (und damit deren Bestätigung), sondern auch um eine Kritik daran gehen soll, wie diese Strukturen Herrschaft begünstigen.

Kampf um das simple Recht auf eine affirmative Existenz Vom „Kampf um das simple Recht auf eine affirmative Existenz“ schreibt Sara Schulman, US-amerikanische Schriftstellerin und lesbisch-feministische Aktivistin, 1991 in ihrem Vorwort zu einem Buch mit Fotografien von Della Grace (heute Del LaGrace Volcano): In einer Kultur, die die Arbeit Robert Mapplethorpes verdammt und jene Norman Rockwells und Lord Lichfields adelt, muss jede entrechtete Personengruppe für das schlichte Recht auf eine affirmative Existenz kämpfen. In a culture that condemns the work of Robert Mapplethorpe and elevates that of Norman Rockwell and Lord Litchfield, any disenfranchised group of people must struggle for the simple right of affirmative existence. (Schulmann 1991: 4)

Ich werde zwei spezifische visuelle Praktiken diskutieren, die „das simple Recht auf eine affirmative Existenz“, so die Behauptung, mit fotografischen Bildern einfordern und bestätigen. Dabei wird mir besonders daran gelegen sein herauszuarbeiten, wie diese visuellen Arbeiten gleichzeitig an einer Reformulierung der visuellen Strukturen der Anerkennung beteiligt sind. Dass es Del LaGrace Volcano und Catherine Opie, deren Arbeiten im folgenden besprochen werden, in der Tat um eine Arbeit an den visuellen Strukturen der Anerkennung geht, belegen Selbstaussagen der beiden Künstler_innen in Texten und Interviews: Ich bemühe mich darum, Leute so zu präsentieren, dass sie mit einem extremen Ausmaß an Würde ausgestattet sind. Sie werden immer angestarrt werden, aber ich versuche, die Porträts zurückstarren zu lassen. Genau darum geht es in diesem Verhältnis. I try to present people with an extreme amount of dignity. I mean, they’re always going to be stared at, but I try to make the portraits stare back. That’s what the relationship is all about. (Opie, in Ferguson 2000: 45)

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Und Del LaGrace Volcano: [...] und Teil dessen, worum meine Arbeit geht, ist, den Leuten zu zeigen, dass auch sie schön sind. Ganz einfach. [...] and part of what my work is about is to show people that they are beautiful as well. Very simple. (LaGrace Volcano 1998)17

Und genau so, als idealisierende, anerkennende Repräsentationen werden die fotografischen Porträts Opies und LaGrace Volcanos von Kritiker_innen mit ähnlichem politischen Horizont und (sub)kulturellen Hintergrund auch gelesen. Zum Beispiel schreibt Judith Jack Halberstam, oft zitierte QueerTheory-Protagonist_in, über die Fotografien Catherine Opies und Del LaGrace Volcanos: [D]ie Subjekte in ihrer opulenten Umgebung sind wahrlich königlich, und die farbenreiche Darbietung ihrer Tatoos und Körpermarkierungen machen sie zu Auserwählten fotografischen Ruhms. Der Blick der Betrachtenden wird gezwungen, bewundernd und wertschätzend zu sein statt einfach objektivierend und voyeuristisch. [...] Immer gewährt Grace, wie auch Opie, ihren Modellen Würde, Macht und Schönheit, obgleich sie sie dem Blick aussetzt. [T]he subjects are positively regal in their opulent settings, and their colorful displays of tattoos and body markings single them out for photographic glory. The stare of the spectator is forced to be admiring and appreciative rather than simply objectifying and voyeuristic. [...] Grace [...], as does Opie, [...] always grants her models dignity, power and beauty even as she exposes them to the gaze. (Halberstam 1997: 183f)

Diese Praxis des Idealisierens als Ausstatten mit Würde, Macht und Schönheit, auf die Judith Jack Halberstam reagiert, geschieht in einer und wider eine Ordnung, die genau die Subjektpositionen, die Opie und LaGrace Volcano repräsentieren, aus dem Rahmen des gesellschaftlich Anerkannten und Anerkennungswerten in die Sphären des Absonderlichen, Abnormen, Krankhaften, Perversen, Amoralischen und damit auch des Angestarrtwerdens verweist. Ausgangsthese des Textes ist also, dass die hier besprochenen Fotografien im Rahmen eines visuellen Vokabulars und auf der Grundlage einer Grammatik operieren, die visuell Normalität und Abnormes produziert; dass sie dies tun, indem sie ein herrschendes Vokabular nutzen, für ganz andere als die vorgesehenen Zwecke. Und dass sie darin erfolgreich sind. Als primärer Maßstab des Erfolges gilt mir die Tatsache der Popularität der Bilder in jenen Kontexten, Communities und Subkulturen, auf die die Fotografien verweisen und die sie repräsentieren. Erfolg heißt also ganz simpel, dass die repräsentierten Personen und Kontexte ihre von LaGrace Volcano und Opie gefertigten fotografischen Bilder als gültige Repräsentationen ihrer Selbst und ihrer Kontexte annehmen. Dass dem so ist, belegt die Häufigkeit der Reproduktion ihrer Arbeiten, die schiere Zirkulationsdichte der Bilder in spezifischen vor allem queer-lesbischen Publikations125

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kontexten besonders der 1990er Jahre. Diese Zirkulations- und Zitationsdichte verleiht den Bildern in den lesbisch/queer-trans-Szenen des hochindustrialisierten Nordens zu einer spezifischen Zeit nahezu ikonenhaften Charakter und Status. Damit meine ich, dass diese Bilder zu einer spezifischen Zeit ein Höchstmaß an Bekanntheit erreichen, und dass sie deshalb so bekannt werden, weil sie sich als besonders geeignete Produktions- und Projektionsfläche eines Gefühls queerer Zugehörigkeit erweisen. Anders gesagt zirkulieren diese Bilder zum Zwecke der Produktion einer queeren visuellen Bezüglichkeit und als gültige Spiegel im Sinne des vorangehenden Kapitelteils, d.h. als Formatierungsinstrumente, die queere Selbstverhältnisse in Bezug auf spezielle sexuelle Milieus, Subkulturen, Communities herstellen.18 Beschreiben werde ich nun, wie diese Verhältnisse und Bezüglichkeiten, die die Bilder herstellen, auf einem queeren Umgang mit visuellen Strukturen des Anerkennens beruhen. Was also und wie ist die ideologische und ästhetische Arbeit dieser Bilder?

Zwei Taktiken in und gegen ideologische Dominanz Mit Louis Althussers Formulierungen habe ich am Ende des ersten Teils dieses Kapitels 4 auf die formale Verfasstheit hegemonialer ebenso wie oppositioneller Aussagen und die Abhängigkeit oppositioneller Aussagen von einer dominanten Repräsentationsordnung hingewiesen. Ideologische Herrschaft bedeutet folglich, dass sich Darstellungsstruktur und Vokabular der Ideologie des herrschenden Blocks so sehr durchgesetzt haben, dass auch der Widerstand dagegen innerhalb seines Darstellungssystems und Vokabulars ausgedrückt werden muss. Hegemonie wird also grundsätzlich durch das Durchsetzen von Aussageformen produziert, und dadurch, dass spezifische Referenzrahmen samt dazugehörigem Vokabular als einzig gültige gelten, um an einer Verhandlung gesellschaftlicher Verhältnisse zu partizipieren – und keine anderen als passend, möglich, vernünftig oder realistisch bestehen können. Wie aber können sich minorisierte Positionen in einem hegemonialen Zusammenhang darstellen, wenn eben dieser Zusammenhang samt aller seiner zur Verfügung gestellten Darstellungsformen eben diese Positionen minorisiert? Dieses Repräsentationsproblem ist drängend, weil es hier nicht schlicht um das Vorenthalten gesellschaftlicher Privilegien geht – wobei es darum sehr grundsätzlich auch geht. Es drängt, weil wir hier, auf der Ebene der Reproduktion von Formen, in fundamentale gesellschaftliche Gewaltverhältnisse verwickelt sind: Denn nicht echt, nicht wirklich, unwahr (kein echter Mann, keine echte Frau, dieses Begehren eine jugendliche Spinnerei) genannt zu werden, ist nicht nur eine Form der Unterdrückung, über die sich im übrigen das Echte, das Wirkliche, das Wahre bestimmt. Dieses Fehl/Benennen repräsentiert darüber hinaus eine Form der „entmenschlichenden Gewalt“ („dehumanizing violence“, Butler 2004: 217), die sich über den Status, oder besser: Nicht-Status der Unlesbarkeit herstellt. Wie 126

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also lesbar werden, wenn doch die Formen, die zur Verfügung stehen, die jeweilige Unlesbarkeit produzieren? Dieses Problem möchte ich übersetzt für die Ebene der visuellen Grammatik anhand Allan Sekulas Überlegungen noch einmal ausführlich darstellen (noch einmal, da diese Überlegungen weiter oben mit den Beobachtungen John Taggs über das fotografische Porträt und dessen politische Achse der Repräsentation bereits kurz Erwähnung fanden): Mitte der 1980er Jahre veröffentlicht der Fotograf und Fotografietheoretiker Allan Sekula einen grundlegenden fotografietheoretischen und -historischen Text darüber, wie die (Porträt-)Fotografie an der Ausformulierung dessen beteiligt ist, was Michel Foucault die Disziplinargesellschaft nennt (Sekula 2003 [1986]). In diesem Text beschreibt er, wie sich die Porträtfotografie in der bürgerlichen Gesellschaft im 19. Jahrhundert in zwei Seiten teilt: zum einen in die ehrende Seite der traditionellen Porträtfotografie, die wesentlich beteiligt ist an der Herausformulierung des bürgerlichen Subjekts. Gleichzeitig, und damit engstens verknüpft als deren Rückseite, entsteht durch die typologisierende Fotografie der Sexualwissenschaften, der Anthropologie, der Kriminologie, der Eugenik ein immenses visuelles Archiv der kriminalisierten, rassisierten, (pervers) sexualisierten, als krank klassifizierten Andersheiten. Diese zweigeteilte visuelle Ordnung samt ihrer diversen typologisierenden Logiken und ebenso das Konzept der Ablesbarkeit von Identitäten an Körpern bestimmt unsere visuelle Ordnung bis heute. Mich interessiert, auf der Grundlage dieser Geschichte visueller Formen, die Arbeit an einer Verschiebung dieser Ordnung in Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies Fotografien. Beiden gemeinsam ist ein Arbeiten an der Erzeugung anerkennender, ‚ehrender‘ Sichtbarkeiten für Leute, die mit ihren Körperbildern sexuelle Existenzweisen repräsentieren, die minorisiert, abgewertet, deprivilegiert, kriminalisiert werden. Ich möchte im Folgenden beschreiben, auf welche Weise in diesen visuellen Praktiken die Anordnung der Zweiteilung einer ehrenden und einer repressiven fotografischen Erfassung von Körpern und Gesichtern verunsichert wird. Catherine Opies Fotos tun dies, indem sie die dargestellten Objekte von der einen Seite – der Produktion der Andersheiten – auf die andere Seite hinüber ziehen und so den Rahmen der ehrenden bürgerlichen Porträts zwingen, Queerness aufzunehmen. Diese Taktik – das Besetzen des Rahmens – konserviert zwar das Format der bürgerlichen Porträtfotografie – aber sie hypostasiert es auch, macht es überdeutlich, überdehnt es fast, in aller expliziten Bezugnahme auf selbst die malerischen Ursprünge dieses Formats. Del LaGrace Volcanos Arbeiten agieren auf der gegenteiligen Seite des visuellen Archivs, im Terrain der höchst regulierten und auf Gleichförmigkeit und Uniformität ausgerichteten typisierenden Produktion von Andersheiten. Aber innerhalb der dort eingesetzten regulativen visuellen Raster faltet seine Arbeit Vielfalt und Überfülle auf.

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Taktik 1: Besetzen Catherine Opies Mike and Sky Mike and Sky, 1993. Chromogenic print, edition 7 of 8, 20“ x 16“ sind die Titelund Format-Angaben des Porträts zweier Männer, veröffentlicht im Hardcover-Katalog einer Einzelausstellung Opies in London: Eine Studioaufnahme, deren Präzision Professionalität, Aufwendigkeit, Luxus konnotiert (siehe Abb. 10). Wir sehen die Büsten zweier Männer vor kobaltblauem Hintergrund. Die Details der Oberkörper und Gesichter haben viel zu erzählen: Tattoos, Piercings, Kleidung, deren dichte Einzelheiten vor dem satten, undifferenzierten Hintergrund deutlich hervorspringen. Die Männer sind unmittelbar hintereinander platziert, die Körper posieren in der horizontalen Achse nach hinten verdreht dreiviertel ansichtig, die Gesichter frontal. Dieser „elaborierte Code für Körperhaltung und Pose“ (Tagg 1993: 35f) hat eine Geschichte in der Ikonografie aristokratischer Porträts (im Gegensatz zur als ,ungehobelt‘ konnotierten rigiden Frontalansicht der niedrigeren Klassen, vgl. Tagg ebd.). Frontal halten die Männer ihren Blick mir, der Betrachter_in, entgegen (Blicken ist ein Thema hier)19. Mit breiten Schultern und starken Oberarmen sind sie ausgestattet, die Brustkörbe ausladend, die Köpfe kräftig. Ihre massige Präsenz wird durch das enge, den Block ihrer Körper anschneidende Hochformat der Darstellung noch unterstützt. Der vordere Mann trägt neben weißem Rippunterhemd einen dunklen, getrimmten Vollbart, Crew Cut 20 und viel buntes Tattoo, das sich über den muskulösen, der Kamera entgegengedrehten Oberarm und die Schulter zieht. Der hintere Mann in schwarzem ärmellosen T-Shirt ist mit schwarzer Bandana21 um den Kopf geschmückt und mit großem, rund gebogenen Barbell22 im linken Ohr. Sein Gesicht ziert ein leichter Oberlippenbart und ein kleines, spitzes Bärtchen unter der Unterlippe (Goatee heißen diese bei den angloamerikanischen Dandys). Crew-Cut, Goatee, Bandana, Tattoos, Piercing-Schmuck, Ripp-Hemd, T-Shirt: Die Attribute der Körper, ihre Stilisierung weisen in die Richtung einer queeren, schwulen und S/M-Subkultur. Von Detail zu Detail hangelt sich mein Blick – die Falten zwischen den Nasenwurzeln des hinteren Mannes hinunter und die Brusthaare entlang, die unter dem weißen Ripphemd des vorderen Mannes hervorlugen, weiter über die roten Blüten des üppigen Lilientatoos auf dem Arm des hinteren Mannes. Rechts und links haben sie nicht viel Raum, die beiden Männer, aber nach oben hin öffnet sich viel blauer Hintergrund. Nach unten ist das Bild auf Brusthöhe der Männer beschnitten, genauer, auf Brusthöhe des vorderen Mannes, dort, wo sich auf seinem Busen Brüste nach vorne zu wölben beginnen. Die angeführten Angaben zu der Fotografie beinhalten Titel und Anzahl der Abzüge und ihre Größe. Das sind Angaben (besonders die von der Künstlerin autorisierte Abzugsmenge), die den Konventionen des Kunstmarktes und des Feldes für künstlerische Fotografie entsprechen – und damit die Arbeit Opies auch genau dort verorten. Notiert ist auch das Material: dass es sich um einen Kodachrom-Abzug handelt. Kodachrom-Filme sind extrem 128

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Abb. 10, Catherine Opie: Mike and Sky, 1993. Chromogenic print, edition 7 of 8, 20“ x 16“ feinkörnig und eignen sich besonders für die Aufzeichnung genauester Details. Ihre Abzüge erfordern ein spezielles und enorm aufwändiges Entwicklungsverfahren und sind für jahrzehntelange Farbbeständigkeit berühmt. Viel näher heran an den Anspruch der Ölmalerei kann das Medium der Fotografie kaum kommen. Das betone ich, weil es somit auch auf der Ebene des Materialeinsatzes um die Beanspruchung eines Darstellungsformats samt seiner Tradition geht, das laut Allan Sekula dem Zweck der „ehrenden Präsentation des bürgerlichen Selbst“ gewidmet ist. The flemish school hat Catherine Opie Mike and Sky in einem anderen Buch übertitelt (Golding 1997: 201). Bezug nimmt sie damit auf die seit dem 15. Jahrhundert als distinkte visuelle Tradition geltende Repräsentationskultur und Kunst Flanderns, die bekannt wurde für die hohe Bedeutung, die genauer Beobachtung, minutiöser Detailschilderungen, Farbenreichtum und technischer Kunstfertigkeit dort zukamen. Flandern ist bekannt als einer jener kulturellen Räume, in dem die höfische Tradition der Porträtmalerei umschlug in eine Repräsentationsform, die vom Bürgertum zum Zwecke seiner Selbstrepräsentation angeeignet wurde. Der Bezug ist somit explizit die Entstehungsgeschichte des bürgerlichen Porträts, und genau dieses visuelle Format des bürgerlichen Subjekts wird hier, samt seiner Bildtradition, entlang seines Repräsentationsmodus und besonders hinsichtlich seiner Funktion 129

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beansprucht – und in dieser Beanspruchung pervertiert. Denn der Ort des ehrenden Porträts ist besetzt mit den Repräsentationen von Subjektpositionen und Körpern, die der historischen Grammatik zufolge dort nicht nur nicht hingehören, sondern durch deren Darstellung der eigentlich der gegenteilige, inverse Ort bestimmt wird: Transmänner, deren Körper und Stilisierungsformen auf einen queeren, perversen, sich mit S/M beschäftigenden subkulturellen Kontext verweisen.

Taktik 2: Auf falten Del LaGrace Volcanos Tranz Porträts In Del LaGrace Volcanos 2000 veröffentlichtem Bildband Sublime Mutations sind unter der Kapitelüberschrift Tranz Portraits auf vier aufeinander folgenden Seiten fotografische Porträts in Serie montiert (siehe Abb. 11 und 12). Die Bildausschnitte der nebeneinander aufgefädelten Porträts konzentrieren sich auf die Gesichter, alle in Nahaufnahme, zwei mal vier Stück pro Doppelseite, jedes davon in Passbildausschnitt. Links und rechts unten am Rand der Doppelseite stehen die klein gesetzten Bildunterschriften: Bear 1996, Russel 1996, Adam 1996, Oskar 1998, David 1999, Harry 1999, James 1997, Garuth 1997. Sie versehen die aus unterschiedlichen Aufnahmewinkeln fotografierten Einzelporträts mit männlichen Eigennamen und Jahreszahlen. Alle der abgebildeten Männer blicken frontal der Kamera/der Betrachter_in entgegen. Und tatsächlich ist es das Montageraster, über das starke Vereinheitlichung entsteht: gleich große Bildstücke stehen nebeneinander, pro Doppelseite acht Stück in der oberen Reihe, acht Stück in der unteren Reihe. Innerhalb dieses Rasters aber gibt es beträchtliche Unterschiedlichkeiten der Aufnahmen: die Aufnahmewinkel variieren stark, Ansichten auf gleicher Augenhöhe wechseln sich mit untersichtigen und mit aufsichtig aufgenommenen ab. Von Bild zu Bild unterscheiden sich auch die Belichtungsqualitäten – stark geblitzte und einheitlich ausgeleuchtete Gesichter stehen neben sehr uneinheitlich belichteten. In ihrer technischen Unterschiedlichkeit wirkt das Nebeneinander der Porträts zunächst informell und schnappschussartig, als hätte jemand freundliche Männergesichter in Passbildformat ausgeschnitten und wie Memory-Karten nebeneinander gelegt. Ein Porträt-Tableau öffnet sich damit auf den aufgeschlagenen Buchseiten, dessen formale Gesamtanordnung eine Fülle informeller Unterschiedlichkeiten verhandelt. Diese Spannung zwischen formaler Rigidität und loser Informalität überkreuzt sich mit anderen Spannungsmomenten, die allesamt mit dem Medium Fotografie und der Geschichte seiner Gebrauchsweisen zu tun haben. Denn was tut sich an Spannung auf, wenn der Künstler, Fotograf, Transaktivist Del LaGrace Volcano Einzelporträts von Männern zusammen sammelt, nebeneinander stellt, unter der Kapitelüberschrift Tranz Portraits ausstellt, einen Zeigegestus inszenierend, der sagt: schaut her, das sind Transmänner, und so schauen sie aus? Anders gesagt, was bedeutet es, wenn 130

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Abb. 11, Del LaGrace Volcano, Tranz Portraits Stephen 1998, Jake 1998, Jude 1996, Joe 1996 Jordy 1996, Adam 1996, Alex 1998, Scott 1998

ein Fotograf, der zahlreichen Selbstaussagen zufolge ein Projekt verfolgt, dem es um anerkennende Sichtbarkeit zu tun ist, mit Typologisierung als Darstellungspraxis arbeitet? Noch einmal zurück zu Allan Sekula. Sekula argumentiert, dass die Porträtkamera nicht nur ein höchst zentrales Instrument regulatorischer Kontrolle ist, über das diskursive Kategorien von Andersheit und Normalität als visuelle Wahrheiten erzeugt werden. Darüber hinaus hat sie Teil an der Produktion eines visuellen Archivs, das grundlegend auf der Operation der Typologisierung oder Typisierung beruht. Typologisierung, oder wie der Soziologe Alfred Schütz es nannte, „typification“, ist notwendig ein Bestandteil der Bedeutungsproduktion – wir verstehen ‚das Spezifische‘ anhand seines ‚Typus‘ (vgl. Hall 1997: 257). Sekula allerdings spricht von einem spezifischen Typisierungsvorgang – einer Einkörperung von Eigenschaften und Qualitäten im Zuge einer neuen „Spezifizierung der Individuen“ (so Foucaults Ausdruck, in ders. 1992: 58). So ist eine Funktion des neuen Mediums der Fotografie im 19. Jahrhundert zum Beispiel „the visualisation of socio-sexual deviance as an image of the body“ (Merck 1991: 24). Diese Visualisierung sexueller Devianz als Körperbild steht im größeren Kontext einer „vollständig gewandelten Ökonomie der Sichtbarkeit“ mit Entstehen der Disziplinargesellschaft, in der „die Umkehrung der Ökonomie der Sichtbarkeit gerade diejenigen sichtbar [macht], die den Rand der Gesellschaft bevölkern“ (Hark 1999: 42,43). Hierin liegt ein weiterer guter Grund, der Vorstellung mehr Sichtbarkeit bedeute mehr politische Macht eine heftige Prise Skepsis und ihren Formen und Kontexten Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. 131

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Abb. 12, Del LaGrace Volcano, Tranz Portraits Bear 1996, Russel 1996, Adam 1996, Oskar 1998 David 1999, Harry 1999, James 1997, Garuth 1997

An der Reproduktion sexueller Identität als Körperidentität und Identitätskörper sind LaGrace Volcanos Tranz Portraits beteiligt. Sie wiederholen damit das grundlegende Paradox kritischer Identitätspolitiken: dass sie sich bestätigend, affirmativ auf das beziehen, was „Instrument und Effekt normalisierender und disziplinierender Machttechniken“ (Hark 1999: 17) ist, um die Strukturen und Effekte eben dieser Macht- und Herrschaftstechniken anzugreifen. Auf das Feld des Visuellen bezogen bedeutet das für die hier diskutierten Fotografien: Sie sind beteiligt an der Affirmation einer Geschichte der Fotografie als Werkzeug sozialer Typisierung. Und das bedeutet die Reproduktion einer Repräsentationslogik, die einen Bereich der Lesbarkeit der Typen und einen Bereich der Nicht- oder Halb-Lesbarkeit all dessen, das den bereitstehenden Typen nicht entspricht, reproduziert. Die Logik der Typisierung der Körper und Gesichter, durch die gesellschaftlich und historisch spezifisch produzierte Differenzen als physiognomische und physische Differenzen ausbuchstabiert wurden und werden, ist Instrument und Erbe eines naturwissenschaftlich-biologistischen Determinismus des 19. Jahrhunderts. Dieser Determinismus war und ist zentraler Bestandteil der Naturalisierung einer gesellschaftlich und historisch spezifischen Produktion von Differenzen, z.B. entlang der Achsen der Rassisiertheiten, Vergeschlechtlichungen und Sexualisiertheit. Diese Naturalisierung beruht wesentlich auf der Evidenzproduktion einer Ideologie der Sichtbarkeit (vgl. die in Kapitel 3 bereits zitierte Arbeit Kobena Mercers, Mercer 1995).

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Und das ist das Dilemma an Del LaGrace Volcanos Taktik: das Typisieren ist ein enorm ambivalenter Repräsentationsmodus. Denn genealogisch ist dieser Modus mit der Naturalisierung gesellschaftlich erzeugter Differenzen und deren Übersetzung in angeblich sichtbare Evidenzen der Körper verbunden. Zudem ist das Typisieren Teil einer normalisierenden Repräsentationsgrammatik. Richard Dyer, der unterschiedliche Modi der Typisierung untersuchte, arbeitete anhand zweier Typisierungsmodi dieses Moment der normalisierenden Repräsentation heraus (Dyer 1977). Er unterscheidet dazu den social type und den stereotype. Social types, so Dyer, sind offener, vorläufiger, beweglicher, um den Eindruck von Freiheit, Entscheidungsmöglichkeit, Selbstdefinition für jene, die sich innerhalb der Grenzen der Normalität bewegen, zu erzeugen. Die Grenzen selbst müssen aber klar gezogen werden, und daher sind Stereotypen, als ein Mechanismus der Grenzerhaltung, charakteristischerweise festgeschrieben, eindeutig identifizierbar und unveränderbar. Und, so Dyer: einen sozialen Typus kann man sich in gewissem Maße aussuchen, zu einem Stereotyp wird man verdammt (ebd.). Beide Modi der Typisierung aber sind „Produktionsinstanzen der Normalisierung, sie stellen her, was innerhalb und außerhalb der Normalität liegt“ (Dyer 1977: 29). Aber entlang dieses Repräsentationsdilemmas ist wichtig darauf zu verweisen, dass das Feld der Typisierung im politischen ebenso wie im visuellen Archiv auch die Spuren und Traditionen eines genau gegenteiligen, emanzipativen, progressiven und widerständigen Gebrauchs aufweist. Auch diese widerständigen Gebrauchsweisen einer dominanten Repräsentationstechnik lagern im Archiv, wenn auch nicht an besonders leicht zugänglichen und prominenten Stellen. So basieren beispielsweise auch die emanzipativaufklärerisch orientierten Publikationen des Sexualwissenschaftlers Hans Magnus Hirschfeld, der für die sexuellen Rechte auch jener Personen eintrat, die einem heteronormativen Raster nicht entsprechen können oder wollen, wesentlich auf typologisierenden Fotografien (vgl. z.B. Hirschfeld 1918; zu den Spuren der Umarbeitung in Hirschfelds Fotografien vgl. Sykora 2005). Anders gesagt gibt es eine widerständige Geschichte des Umgangs mit diesem Repräsentationsdilemma, in das LaGrace Volcanos Fotos verspannt sind, und auf diese Geschichte beziehen sich LaGrace Volcano und seine Kommentator_innen auch (vgl. z.B. Preciados Begleittext in LaGrace Volcanos jüngster deutschsprachiger Bildbandpublikation, Preciado 2006). Dieses Repräsentationsdilemma typologisierend argumentierender Bilder entsteht, da sie über die Typologisierung als Repräsentationstechnik Teil haben an der Reartikulation einer normalisierenden Darstellungsgrammatik und an der Affirmation einer Verbindung zwischen sichtbarer Körperevidenz und Naturalisierung gesellschaftlich produzierter Bedeutungen/ Differenzen. Gleichzeitig arbeiten Del LaGrace Volcanos Reinszenierungen und visuelle Affirmationen transmännlicher Subjektivitäten diese dominante Repräsentationstechnik aber auch um. Denn als taktisches Operieren im Herrschaftsraster des Typologisierens vollziehen diese Bilder eine sehr andere Bewegung als die klassischen typologisierenden Aufnahmen beispielsweise des Eugenikers Francis Galton. Für dessen Ende des 19. Jahrhunderts 133

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Abb. 13, Francis Galton, Composites, made from Portraits of Criminals convicted of Murder, Manslaughter or Crimes of Violence

erstellten Composite-Photographien, mit denen er den Typus ,des Kriminellen‘ und ebenso ‚des Juden‘ oder auch ‚des Homosexuellen‘ zu erzeugen suchte, überblendete Galton diverse Porträtaufnahmen, um daraus den absoluten Typen zu ‚destillieren‘. Galton war also um Kondensierung, Konzentration und damit Reduktion bemüht. Auf der Bildtafel Composites, made from Portraits of Criminals convicted of Murder, Manslaughter or Crimes of Violence (ca. 1878, vgl. Abb. 13) ist nicht nur die Anordnung der Porträts auf einem gerasterten Tableau, sondern zudem das Schema der Aufnahme auf höchste Uniformität und Gleichheit ausgerichtet: gleicher, leicht aufsichtiger Aufnahmewinkel, gleiche Beleuchtung, gleicher neutraler Hintergrund. Die Bewegung der Fotografien Del LaGrace Volcanos ist genau gegenteilig. Sie geht aus von einem Typus, dem des ‚Transmann‘, um von dort aus Vielfalt und Verschiedenheiten aufzufächern. Das habe ich in meiner oben angeführten Lesart betont. Wo Galton also Kondensierung und Uniformität herstellt, verwendet die Arbeit Del LaGrace Volcanos den Raster und faltet darin Möglichkeiten auf, um damit auf Überfülle, Vielfalt und Unendlichkeit zu verweisen. Tatsächlich ist die Möglichkeit des Verweises auf Unendlichkeit und unendliche Vielfalt, im vorliegenden Fall eine unendliche Vielfalt an transmännlichen Existenzweisen, rein logisch dem Raster als Ordnungsstruktur implizit. Denn der Raster dehnt sich logisch gesehen in die 134

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Unendlichkeit aus (vgl. Krauss 1985: 18). Jegliche Grenzen, die ihm auferlegt werden, können demgemäß nur zufällig sein. Ein gegebenes Bild, das sich auf den Raster als ordnende Grundlage verlässt, ist also immer nur ein Ausschnitt, ein kleines Stück, ausgeschnitten aus einem unendlich viel größeren Zusammenhang, auf den es somit implizit verweist. Diesem theoretisch argumentierenden Verweis auf Trans-Überfülle und unendliche Trans-Vielfalt möchte ich abschließend noch eine andere Referenz hinzustellen. Das Register des theoretischen zugunsten des emphatischen Argumentierens verlassend, möchte zur Frage der Angezogenheit durch die oben beschriebenen Bilder zurück kehren und die Beschreibung eines spezifischen Begehrens zitieren. Kathy Bobula, von Patrick Califia in einem Text über die Partner_innen von Transpersonen zitiert, ist Herausgeberin eines Newsletters für die Lebensgefährt_innen von Transmännern, und das ist ihre Beschreibung: Anfang des Jahres gingen Silas und ich zu einem Treffen einer Gruppe von Transgender Leuten, die hier in der Gegend leben. Auf dem Treffen wollten drei Transfrauen über Operationen sprechen. […] Eine der Transfrauen sah ziemlich butchy aus und wirkte, als ob sie genau weiß, was sie will. Ich merkte, dass ich mich von ihr sexuell angezogen fühlte und witzelte blöd mit Silas herum, dass ich vielleicht wirklich auf Transsexuelle stehe. Hahaha. Im August fuhren wir zur ersten Internationalen Transmänner-Konferenz in San Francisco, und ich dachte, mir ziehts die Schuhe aus. Nie zuvor in meinem Leben hatte ich mich in einem Raum befunden, in dem ich so viele Leute sexuell anziehend fand. Ich stehe auf Transsexuelle – primär auf Transmänner, aber butche Transfrauen mit einer dominanten Ader sind mir auch recht. Earlier this year, Silas and I attended a meeting of a local transgender group where three MTFs were going to speak on surgeries. […] One of the MTFs was a very „butchy“ looking woman with an attitude. I found myself sexually attracted to her and began joking to Silas that maybe I was actually into transsexuals. Ha, ha. In August, we attended the First International FTM Conference in San Francisco, and my mind was blown! I had never before in my life been in a room with so many people to whom I was sexually attracted. I am attracted to transsexuals – mostly to FTMs, but butch MTFs with a dominant streak are all right too! (Califia 1997: 21)

Aus zweierlei Gründen führe ich Babulas Begehrensbeschreibung hier an: Zum einen möchte ich mit meinem Forscherinneninteresse und dem Begehren, das es durchzieht, auf keinen Fall mit Francis Galton verwechselt werden. Darum hänge ich mich an Bobulas Worte an. Zum anderen will meine zitierende und verweisende Textgeste ein Begehren wie das von Kathy Bobula Beschriebene als existierende und wertgeschätzte Möglichkeit feiern und anerkennend unterstützen. Damit geht es mir auch darum, der Ebene der Umarbeitung des visuellen Rahmens, an der Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies Porträts beteiligt sind, eine weitere Dimension der Bedeutungsproduktion hinzuzustellen – die Dimension derer, die begehrend blicken. (Mehr zur Kategorie des produktiven Blickens als Möglichkeit einer aktiven Belehnung mit Wert im Kapitel 5.) 135

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Zusammenfassung: Anerkennende Sichtbarkeit Meine Diskussion der beiden fotografischen Arbeiten Del LaGrace Volcanos und Catherine Opies war vor allem daran orientiert, Spannungen zu verfolgen, die durch das Zitieren spezifischer hegemonialer Formen zwischen einer Affirmation und einer Kritik bzw. Verschiebung herrschender Verhältnisse entstehen. Diese Spannungen haben allesamt mit dem Medium Fotografie und der Geschichte seiner Gebrauchsweisen zu tun. Interessiert hat mich, wie diese medienimmanenten23 Spannungen ausgetragen werden im Rahmen eines kritischen Sichtbarkeitsprojekts, das für transmännliche Subjektpositionen in einem Feld der Sichtbarkeit an einem visuellen „Vokabular der Anerkennung“ (Butler 1997: 10) arbeitet und sich dafür das Medium der Fotografie als Träger und Material des Bedeutens sucht. Mit der Produktion anerkennender Sichtbarkeit meine ich hier Formen der Sichtbarkeit und Strukturen eines Zu-Sehen-Gegeben-Seins, die Subjektpositionen und Wissenskontexte affirmiert und mit Wert belehnt. Die beiden hier besprochenen fotografischen Projekte arbeiten dazu vorhandene Darstellungsformate und –konventionen um (mein Argument ist, dass sie sie besetzen und auffalten) und operieren damit an einer Reformatierung von Wahrnehmung. Be- und umgearbeitet wird dabei das, was Kaja Silverman mit der Kategorie des Vorgesehenen (given-to-be-seen) theoretisiert – die herrschenden Repräsentationsweisen. José Esteban Muñoz nennt diese Arbeit, die hier geschieht, die „Arbeit der Disidentifikation“: „[…] ein gleichzeitiges Arbeiten an, mit und gegen dominante ideologische Strukturen“ (Muñoz 2007: 35). Muñoz versteht sie als Tätigkeit, „mithilfe derer minoritäre Subjekte sich eine neue Art, in der Welt zu sein, herstellen“ (ebd.). Das nächste Kapitel wird eine theoretische Arbeit vorstellen, die die Möglichkeit konzipiert, Repräsentationsparameter als Wahrnehmungsstandards aus majorisierter Position zu verschieben – und auch für diese Bewegung möchte ich Disidentifikation als veränderungsversprechende Arbeit reklamieren.

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Anmerkungen 1. Subjektives Blicken ist nicht individuelles Blicken, sondern das Blicken eines Subjekts, bzw. genauer: Blicken in und aus einer Subjektposition, also ein spezifischen psychischen und gesellschaftlichen Bedingungen unterworfenes Blicken. Siehe dazu Kapitel 5, Abschnitt Subjekt, Subjektposition, Subjektivität. 2. Dazu vgl. auch Engel 2002: 149ff. 3. Susanne Lummerding paraphrasiert den screen als „Rahmen des kulturell Vorstellbaren“ (1998: 54) und öffnet damit eine vergleichbar umfassende Dimension. 4. Den fundierenden Text dieser Formulierung bildet Lacans Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion – „als ersten strategischen Punkt, den wir gegen die theoretische Bevorzugung des vorgeblich autonomen Ich aufgestellt haben“ (Lacan 1980: 183f, zit. nach Hevers 1999: 128). 1949 in schriftlicher Form veröffentlicht, bleibt das Konzept des Spiegelstadiums beständiger Referenzpunkt der Arbeiten Lacans, der allerdings im Laufe der Jahre wesentliche Überarbeitungen erfährt. 1936 zum ersten Mal vorgetragen (als, wie Edda Hevers schreibt, „Lacans erster offizieller Auftritt in der psychoanalytischen Bewegung“), basiert die schriftliche Form dieser Überlegungen auf einem 1949 in Rom referierten Vortrag. 1966 wurden sie in Lacans Écrits zum ersten Mal einem größeren Publikum verfügbar gemacht. Vgl. dazu Hevers 1999: 128, die auch darauf hinweist, dass Lacans Écrits, Foucaults Ordnung der Dinge und Jacques Derridas Grammatologie somit gleichzeitig erschienen. 5. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei hier darauf hingewiesen, dass die verschiedenen Bedeutungsfelder des Begriffs ‚fiktiv‘ (von ‚eingebildet‘ über ‚erdichtet‘ bis zu ‚angenommen‘) keineswegs den Schluss erzwingen, die Rede sei hier von Illusion im Gegensatz zu Realität. Ein Verständnis von ‚fiktiv‘ als ‚angenommen‘ unterstützt die folgende Konzeption Lacans: dass es um eine psychische Realität geht, die durch das Annehmen eines Bildes, das von Außen kommt, als Innere sich bildet. Das zugrunde liegende lateinische Verb ist hier fingere, ,bilden, formen, ersinnen, erheucheln‘. 6. Vgl. Sigrid Schades frühen Text Der Mythos des „Ganzen Körpers“ (Schade 1987), der das Verkennen feministischer Bildkritiken auf einer repräsentationstheoretischen Ebene herausarbeitet, wenn diese Kritiken fragmentierte Darstellungen weiblicher Körper als Fragmentierungen weiblicher Körper angreifen. Diesen Kritiken zugrunde liegt, so Schade, ein Anspruch an Bilder als Garanten einer weiblichen Ganzheit/Authentizität, der verkennt, dass diese Ganzheit keine ursprüngliche sondern eine phantasmatische, durch den Spiegel produzierte ist. Zudem sei dieser normativ und moralisch argumentierte ästhetische Anspruch an Bilder und künstlerische Produktionen nicht nur patriarchal sondern auch totalitär strukturiert. Für eine Reaktualisierung der zentralen Argumente dieses Textes und der damit zusammenhängenden Kontroversen vgl. Wenk 2006. 7. Während die frühe feministische Filmtheorie noch von der Möglichkeit einer Ineinssetzung des Betrachters (sic!) mit der Kamera ausging und damit von „einer autoritären, souveränen Position eines exemplarischen Betrachters“ (Lummerding 1998: 54), ziehen spätere TheoretikerInnen_innen Lacans vor allem in Vom Blick als Objekt Klein a (Lacan 1987) entwickelte Konzeption der Spaltung zwischen Auge und Blick/Kamera heran, um die Annahme der Möglichkeit Betrachter = Kamera als von patriarchalen Ideologien begünstigte Illusion herauszustellen.

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8. Das Bild des Photo-graphiert werdens, das auch Lacan verwendet, metaphorisiert den illuminierenden Blick als generalisierbare und subjektkonstitutive Instanz durch die Kamera – eine historisch/kulturell spezifische Darstellungstechnologie mit spezifischen (Subjekt)Effekten. Nach Silverman begründet sich Lacans Wahl dieser Metapher durch eine enorm überdeterminierte Verbindung der beiden Begriffe Blick (gaze) und Kamera. Denn seit dem frühen 19. Jahrhundert fungiere die Kamera, als Darstellungsinstrument durch höchste Objektivität und Wirklichkeitstreue konnotiert, als primäre Trope, durch die der Blick für das westliche Subjekt wahrgenommen wird (Silverman 1996: 135). Durch diese Metaphorisierung des Blicks mittels Kamera, das deutet Kaja Silverman bereits an und Susanne Lummerding arbeitet es präzise heraus, verschränkt sich allerdings eine strukturelle und als nicht-repräsentierbar definierte Funktion, der Blick (gaze), mit einer konkreten technischen Apparatur, durch die die Funktion ihre Effekte zeitigt und die das „wie“ dieser Funktion bestimmt. Damit, so Lummerding, „erscheint [der Blick] auf dem Bildschirm, bzw. präziser: er verschränkt sich mit der Funktion des Bildschirms und ist insofern sowohl als Repräsentationssystem wie auch als Netzwerk materieller Praktiken zu begreifen“ (Lummerding 1998: 55). In einer jüngeren Arbeit unterstreicht Lummerding allerdings das Problem an dieser auch von Silverman forcierten Gleichsetzung zwischen Kamera und Bildschirm („[D]ie Kamera repräsentiert den Bildschirm durch den wir den Blick [gaze] wahrnehmen“, schreibt Silverman 1996: 195f). Mit dieser Gleichsetzung, in der das Lacansche Konzept des Blicks, der als notwendig grund- und gestaltlos gedacht werden muss, eine Form erhält, gehe das verloren, was den Blick als Effekt des Realen ausmache – Abwesenheit, grundsätzliche Nichtrepräsentierbarkeit und Uneinnehmbarkeit. Genau dieser Dimension aber lässt Lummerdings spätere Arbeit zentralen Stellenwert zukommen – als das Politische, d.h. als grundlegendes „Moment der Kontingenz und Unentscheidbarkeit“, als Unmöglichkeit ultimativer Kohärenz und notwendigem Scheitern einer ultimativen Schließung von Bedeutung (Lummerding 2003: 259f). Diese Ebene des Politischen geht, so Lummerding, als notwendige Möglichkeit der Konfrontation verloren, wenn der Blick in seiner buchstäblichen Übersetzung mit der Kamera in den Bereich des Symbolisch-Imaginären bzw. des Technischen verschoben wird. Mit aller Vorsicht, den Zwischenraum zwischen Blick und Kamera zu erhalten, bleibt dennoch der von Silverman in eine historische Dimension übersetzte Lacan’sche Gedanke in aller Paradoxie enorm evokativ: Dass die Kamera die kontingente und historisch spezifische Form der Erfahrung des Blicks als Bestimmtheit von Außen ist. 9. Schwierig an Silvermans 1992 vorgestelltem Begriff der dominanten Fiktion ist darüber hinaus, dass darin die Binarität zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit und damit korrespondierend die Gleichung zwischen Phallus und Penis als fundamentalster, und historisch nachhaltigster Ankerpunkt gesetzt ist. Aus antirassistischer, postkolonialer und queerer Perspektive lässt sich – und das geschieht ja seit Jahrzehnten auch vehement – politisch über dieses Sexismusprimat streiten. Zudem wird damit auch leicht die Frage danach verstellt, was zu unterschiedlichen Zeiten jeweils unterschiedlich Männlichkeiten und Weiblichkeiten und andere mögliche Geschlechtlichkeiten bedeuten, und durch welche Modulationen mit welchen anderen historisch spezifischen Differenzierungsachsen sie entstehen.

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10. An manchen Stellen ist Silvermans Text (1996) ungenau, da er immer wieder die Unterscheidung zwischen Feld der Sichtbarkeit und Vorgesehenem verwischt bzw. beide in eins setzt. Gäbe es nur das Vorgesehene, und streckenweise liest sich der Text auch so, dann ginge es darum, neue, dem Feld der Sichtbarkeit noch unbekannte Weisen des Wahrnehmens und Sichtbar-Werdens zu erfinden. Für eine Untersuchung von Hegemonialisierungs- und Minorisierungsprozessen zwischen verschiedenen bestehenden Wissens- und Repräsentationskontexten ist die Kategorie der Neuheit jedoch nicht nur nicht hilfreich sondern geradezu eine falsche Fährte. Daher möchte ich die Bedeutsamkeit der Unterscheidung zwischen Feld der Sichtbarkeit und Vorgesehenem, wie sie sich in Kapitel 5 von Threshold of the Visible World findet, besonders betonen. 11. Der hier zitierte Text wurde für die Publikation Privileg Blick (Kravagna 1997) von Natascha Noack und Roger Buergel ins Deutsche übersetzt und entspricht dem letzten Kapitel aus Threshold (Silverman 1996). 12. Vgl. Engel 2000 für eine Rekonstruktion derartiger Verhandlungsprozesse rund um die begrenzte Ressource Maskulinität in lesbischen und transgender Subkulturen. 13. Für eine ausführlichere Darlegung dieses Konzepts von de Lauretis vgl. Engel 2002: 35ff und Schaffer 1996: 64ff. 14. Das Konzept des situierten Wissens hat Donna Haraway als spezifische feministische Ojektivitätskritik und Ojektivitätskonzeption in ihrer Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen als sozialen Prozessen entwickelt. Gemeint ist damit eine Objektivität, die auf der notwendigen Partialität von Wissen und Erkenntnis besteht, da deren Entstehung sich immer soziopolitischen ebenso wie materiellen (d. h. auch an Körper und epistemische Subjekte gebundenen) Bedingungen verdankt (vgl. Haraway 1995a). Für eine spannende Kritik und Weiterführung dieses Konzepts vgl. Ernst 1999. 15. The Black Atlantic ist Gilroys Metapher für eine antiessenzialisierende Beschreibung der Erfahrung und der Positionen Schwarzer Existenzweisen im Kontext und als Bestandteil der Moderne. 16. Bei Pêcheux findet sich ein ähnlicher Gedanke über Beschämung als Form der Reproduktion von Herrschaft: Die herrschende Ideologie dominiert von Innen die Kämpfe antagonistischer Positionen (lies, bei Pêcheux, der Arbeiterklasse), „und zwar mit hilfe verschiedener formen, in denen sich wiederzuerkennen sie den beherrschten ideologien großzügig vorschlägt“ (Pêcheux 1983: 63). Eine dieser Formen besteht darin, eine Vorstellung (d. h. Repräsentation) der „beherrschten ideologien … als parodistische und lächerliche metapher“ der herrschenden Ideologie zu produzieren, um dann fragen zu können: „ihr wollt doch nicht etwa damit regieren?“ (ebd., Hervorh. i. O.) 17. Etwas Ähnliches schreibt auch Loren Cameron Mitte der 1990er Jahre über seine eigene fotografische Arbeit für und über Transmännlichkeit. „Impulsively, I began to photograph other transsexuals that I knew, feeling compelled to make images of their emotional and physical triumphs. I was fuelled by my need to be validated and wanted, in turn, to validate them. I wanted the world to see us, I mean, really see us.” (Cameron 1996: 11) Josch Hoenes diskutiert die visuellen Politiken der Fotografien Camerons, ihre Ambivalenzen und herrschaftskritischen Potenziale (Hoenes 2007).

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18. Apropos Milieu/Subkultur/Community: Die Diffusität des Begriffs ‚Milieu‘ bietet durchaus Vorteile, erklärt Elsbeth Probyn, sich auf Deleuze beziehend, denn dieses „besteht […] aus Eigenschaften, Substanzen, Kräften und Ereignissen“ (Probyn 1995: 59). ‚Subkultur‘ ist demgegenüber spezifischer, weil die Subkultur sich vor allem durch ihre Differenz zur dominanten Ordnung bestimmt – und damit allerdings die Minorisierung als wesentlichstes definitorisches Element beinhaltet. Über die Unterscheidung zwischen ‚Subkultur‘ und ‚Community‘ vgl. Sue Ellen Case, in der Übersetzung Marcella Stechers: „‚Community‘ betont Zusammenhalt, während ‚Subkultur‘ die Ausbildung einer Gruppe als Prozess von Diskontinuität gegenüber der dominanten Ordnung hervorhebt. Communities überwachen diejenigen, die zusammenkommen, während Subkultur die Distanz zur dominanten Ordnung registriert/vermerkt. (…) Damit baut die Community auf Identität als Grundlage ihrer Formulierung und erweist sich aufgrund der hegemonialen Kräfte als explizit in ihren Ausschlüssen.“ (Case, zit. nach Stecher 2001: 132) 19. Aus ganz offensichtlichen Gründen spielen Blickverhältnisse als Bestandteil von Anerkennungsökonomien gerade für minorisierte Subjekte eine zentrale Rolle. „Angestarrt werden“, „übersehen werden“, „den Blick senken“, „zurückstarren“ etc. – auch die sprachlichen Figuren sind enorm reich und vielfältig in der Benennung der Arten und Weisen, wie sich über Blickpraxen Verhältnisse herstellen. Das Blicken als diskriminierende, privilegierende, erkennende, anerkennende, subjektkonstituierende und Subjekte verwerfende Tätigkeit, immer auch durch Begehren strukturiert, ist daher eine zentrale Figur der Beschreibung von Bezüglichkeiten besonders in Texten, die minorisierter Subjektpositionen/das Minorisieren von Subjektpositionen artikulieren. Kapitel 5 ist der Praxis des Blickens gewidmet. 20. Strenger, militärischer Kurzhaarschnitt mit flachem Oberkopf. 21. Bandanas sind in Batiktechnik gefärbte Hals-/Schnupf-/Kopftücher aus Baumwolle, deren jeweils verschiedene Farben von schwulen S/M-Kontexten als Codes entwickelt wurden, um die jeweils präferierten Sexpraktiken der Träger zu bezeichnen. 22. Piercing-Schmuckstück. 23. Mit ‚medienimmanent‘ ist hier die Sedimentierung der Geschichte der Gebrauchsweisen eines Mediums im Medium gemeint.

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Kapitel 5 Anerkennung als Praxis des Blickens im Feld der Sichtbarkeit

Die vorangehenden Kapitel waren einer Verschiebung des Topos der Sichtbarkeit samt seiner positiven Konnotationen vom Feld des Gemeinplatzes auf eine analytische Ebene gewidmet, um dort die vielfältigen Ambivalenzen des Konzepts der Sichtbarkeit darzulegen. Durchgängig basierte meine Untersuchung auf einer Argumentation gegen Arten und Weisen, die Produziertheit von Bedeutungen durch Naturalisierungsprozesse abzuschleifen und sie dann mit Evidenz als Gegebenheit des Offensichtlichen aufzuladen. Diese Naturalisierungen gesellschaftlicher Unterscheidungen und die damit einhergehenden Hierarchien sind mythisch (mit Roland Barthes 1964) oder ideologisch (mit Michel Pêcheux): Denn „[e]s ist die Ideologie“, schreibt Pêcheux, „die die Evidenz bereitstellt, mit der jede_r weiß, was ein Soldat ist, oder eine Arbeiter_in, eine Chef_in, eine Fabrik, ein Streik usw., die Evidenz, die ein Wort oder eine Äußerung das bedeuten macht, was sie eben bedeuten, und dadurch in der Transparenz der Sprache … die materielle Beschaffenheit der Bedeutung von Wörtern und Äusserungen maskiert“ (Pêcheux 1982: 111).1 Bisher ging es also um die Wirkmächtigkeit von Sichtbarkeitskonzeptionen, um die Materialität von Bedeutungskonstruktionen und um Bilder, die als produktiv behandelt wurden. Das letzte Kapitel meines Buches wird einen Schwerpunktwechsel vornehmen. Abschließend möchte ich Produktivität im Feld der Sichtbarkeit auf der Ebene menschlicher Akteur_innen diskutieren. Dabei gilt es allerdings, die Dimension menschlicher Produktivität, Praxis und Handlungsfähigkeit als zutiefst gesellschaftlich und strukturell bedingte zu denken. Wenn also dieses fünfte Kapitel meines Buches das Sehen als materielle Praxis und das Feld der Sichtbarkeit als Arena der Blickpraktiken theoretisiert, dann wird gleichzeitig ein Begriff des Blickens zu entwickeln sein, der das subjektive Blicken als Sehen in und aus einer Subjektposition betont und damit als den jeweiligen Bedingungen eines Feldes der Sichtbarkeit unterworfenes Sehen. Im Zusammenhang der in meiner Arbeit geführten Diskussion um die Ambivalenzen der Sichtbarkeit interessiert mich das Feld der Sichtbarkeit besonders als Produktionsort, in dem die aktive Belehnung eines Objekts mit 141

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Wert hergestellt wird. Dieser möglichen Aktivität eines Belehnens mit Wert folge ich, da sie als Teil sozialer Wertproduktion die Möglichkeit eines Handelns gegen gesellschaftliche Entwertungsprozesse verspricht. Für die aktive Belehnung eines Objekts mit Wert schlägt Kaja Silverman den Begriff des Idealisierens vor, ich werde jedoch an dieser Stelle den Begriff der Anerkennung einsetzen, wie er vor allem in Arbeiten Judith Butlers verwendet wird. So soll bereits auf der Ebene der gewählten Begriffe eine klassische linke politiktheoretische Unterscheidung zwischen den ökonomisch-materiellen Themen der Verteilungsgerechtigkeit und denen der ‚Kulturpolitiken‘ durchkreuzt werden. Denn diese Unterscheidung erschwert es, Fragen der Bedeutungsproduktion und der Ästhetik als fundamentalen Bestandteil jeglicher gesellschaftlichen Dimension und Sphäre zu beschreiben – auch der ökonomischen, auch der materiellen. Mit einer Aufmerksamkeit für Sprechen und Sehen als Produktionsprozesse wird aber jegliches Sprechen und Blicken als Teil eines diskursiven Settings deutlich, das sowohl den Gegenstand, über den gesprochen wird/der betrachtet wird, bestimmt, wie auch den diskursiven Rahmen, innerhalb dessen Sprechen und Blicken stattfindet, bis hin zu den Sprechenden und Blickenden selbst. Damit sind Sprache und Blick nicht mehr bloßes Mittel der Beschreibung und Beobachtung, sondern selbst „konstitutives Kraftfeld“ (Pêcheux 1983: 384f, Hervorh. i.O.) heterogener, widersprüchlicher, asymmetrischer ideologischer Prozesse. Ausgehend von der Einsicht, dass menschliche Wesen in ihrer Subjektivität ebenso Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse sind wie sie diese ihrerseits auch produzieren, wird also zunächst das Feld der Sichtbarkeit als gesellschaftliches Produktionsverhältnis von Subjektivität, Subjektstatus und den dazugehörigen Positionen des Sehens zu fassen sein. Dazu werde ich, nach einer Klärung der Begriffe Subjekt, Subjektivität und Subjektposition, noch einmal ausführlich zu dem Modell visueller Subjektivität zurückkehren, das die Filmtheoretikerin Kaja Silverman in Anlehnung an Jacques Lacans psychoanalytische Konzeptionen entwickelt. Folgendes interessiert mich daran: Wenn subjektives Sehen als Sehen in und aus einer Subjektposition in hohem Maße unbewusst angeleitet ist, wie kann sich ein Sehen, das an herrschenden Idealen orientiert ist, verändern, wenn es dominante Weisen des abwertenden, verachtenden oder gar völlig verwerfenden, d.h. Blindheit produzierenden Blickens nicht wiederholen will? Was sind die Möglichkeiten der Disidentifikation mit herrschenden Darstellungsparametern? Wie kann eine Verschiebung des wahrnehmenden Selbst weg von herrschenden Perspektiven nicht nur ermöglicht, sondern sogar begünstigt werden? Aber zunächst also zu den Begriffen Subjekt, Subjektivität und Subjektposition, und von da aus zu dem gegenseitigen Konstituierungsverhältnis von Subjektivität und Visualität, wie es in den Arbeiten Kaja Silvermans formuliert wird.

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Subjekt, Subjektposition, Subjektivität Die an der Schnittstelle zwischen psychoanalytischen und semiotischen Theorien erarbeitete Konzeption des Subjekts, mit der meine Arbeit argumentiert, behauptet die Zentralität und Interdependenz dreier Begriffe für die Beschreibung der (Produktion gesellschaftlicher) Wirklichkeit: Bedeutungsproduktion, Diskurs und Subjekt. Grundlage dieser Subjektkonzeption ist ein Verständnis, das davon ausgeht, „dass Bedeutungsproduktion nur durch Diskurse geschieht, dass Diskurse ein Subjekt erfordern, und dass das Subjekt selbst ein Effekt von Diskursen ist“, („that signification occurs only through discourse, that discourse requires a subject, and that the subject itself is an effect of discourse“, Silverman 1983: vii). Das Subjekt, das hier theoretisiert wird, ist also keinesfalls austauschbar mit den Begriffen des Individuums oder der Person. Als kritische Kategorie wendet es sich gegen ein traditionell humanistisches Verständnis des Subjekts der Vernunft, das sich als Meister seines Selbst und seiner Bedeutungsproduktion, als souveränes Zentrum seiner Handlungen und Handlungsfähigkeit imaginiert. Dem wird ein Subjekt entgegen gestellt, das als Effekt von Strukturen in höchstem Maße äußerlich und gesellschaftlich bestimmt ist. Meist wird es als sprachliche Kategorie bzw. als symbolischer ‚Ort‘ (bzw. als im Symbolischen bereitgestellter Ort) theoretisiert, durch den sich die gesellschaftlichen Strukturen in ihrer jeweiligen historischen Formiertheit z.B. als Diskurse des Rechts, der Medizin, der Migration, der Sexualität etc. artikulieren. Wichtig ist hier allerdings eine weitere Ergänzung. Die Vorstellung des Subjekts als lokalisierbarer Ort in der Sprache, im Symbolischen, wird von Theorien kritisiert, die Jacques Lacans Unterscheidung zwischen Subjekt und Subjektposition (und, analog dazu, seiner Unterscheidung zwischen Realem und Symbolischem) folgen.2 Denn diese Theorien betonen, dass die Einnahme dieses symbolischen Ortes nie gänzlich erfolgreich stattfindet und vielmehr von einem grundsätzlichen Verfehlen geformt ist. Das Subjekt als „‚leerer Platz der Struktur‘ , als Lücke, die durch die Geste der Subjektivierung geschlossen werden soll“ (Lummerding 2005: 109), ist gerade der Punkt des Scheiterns der Subjektivierung. Die ‚Orte‘, die durch die Subjektivierung als Einfügung in das Symbolische eingenommen werden, sind also genauer mit dem Begriff ‚Subjektposition‘ bezeichnet. In diesem Sinn findet der Begriff in meiner Arbeit Verwendung. ‚Subjektpositionen‘ bezeichnen hier ‚Orte‘ , die diskursiv in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich und widersprüchlich bereitgehalten sind und durch Identifikationen eingenommen werden. Der Begriff der Subjektivität schließlich umfasst sowohl die Notwendigkeit für jede_n Einzelne_n, sich, um existent bzw. sichtbar zu sein, gesellschaftlichen Regeln und Bedeutungssystemen zu unterwerfen, und ebenso die Arten und Weisen, wie dieses Unterworfen-Sein erfahren und produktiv genützt wird. Mit Emile Benvenistes linguistisch-semiotischer Definition lässt sich Subjektivität als durch Permanenz definierte psychische Einheit 143

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verstehen, die mehr ist als schlicht das Produkt der Gesamtheit der Identifikationen und Erfahrungen der Einzelnen. Dieses Subjektivitätskonzept, das auf Permanenz setzt, impliziert zudem eine radikale Abhängigkeit von der gegebenen Struktur der Bedeutungsproduktion und der Art und Weise, wie diese es jede_r ermöglichen, ihr_sein „Ich“ zu formulieren.3 Subjektivität ist die Fähigkeit, sich als Subjekt in der Sprache zu setzen – eine Fähigkeit aber, die zuallererst durch die Sprache bereitgehalten und garantiert wird. Die feministische Filmtheoretikerin Teresa de Lauretis, selbst auch an einer semiotischen Definition von Subjektivität arbeitend, betont die Prozessualität und Unabgeschlossenheit von Subjektivität – und das heißt immer auch ihre Veränderbarkeit. Zudem besteht sie auf der Notwendigkeit, die Schnittstelle zwischen Subjektivität und Sprache bzw. den Institutionen der Bedeutungsproduktion zu theoretisieren. Diese Schnittstelle nennt sie ‚Erfahrung‘. Im Gegensatz zu umgangssprachlichen Gebrauchsweisen bezeichnet Erfahrung in ihrem theoretischen Modell nicht etwas Individualistisches, das eine_r exklusiv gehört, auch wenn andere ähnliche Erfahrungen machen. Sie verwendet den Begriff allgemeiner für „einen Prozess, durch den Subjektivität für alle gesellschaftlichen Wesen konstruiert wird“ („a process by which, for all social beings, subjectivity is constructed“, de Lauretis 1984a: 159, Hervorh. i. O.). Durch diesen Prozess verortet sich jede_r in der Wirklichkeit, oder wird darin verortet, und nimmt als subjektiv (auf sich selbst beziehend oder sogar im Selbst entstehend) wahr oder versteht als subjektiv jene materiellen, ökonomischen und interpersonellen Beziehungen, die tatsächlich gesellschaftlich und unter einer größeren Perspektive betrachtet historisch sind. Dieser Prozess ist kontinuierlich, seine Ergebnisse bleiben unabgeschlossen oder werden täglich erneuert. Subjektivität ist daher für jede Person eine andauernde Konstruktion und nicht ein fixer Ausgangs- oder Ankunftspunkt, von dem aus die Interaktion mit der Welt stattfindet. Ganz im Gegenteil ist sie der Effekt dieser Interaktion, den ich Erfahrung nenne, und wird daher nicht durch äußerliche Ideen, Werte oder materielle Ursachen produziert, sondern durch ein persönliches, subjektives Sich-Einlassen in die Praktiken, Diskurse und Institutionen, die den Ereignissen der Welt Bedeutung (Wert, Signifikanz und Affekt) verleihen. Through that process one places oneself or is placed in social reality, and so perceives and comprehends as subjective (referring to, even originating in, oneself) those relations – material, economic, and interpersonal – which are in fact social and, in a larger perspective, historical. The process is continuous, its achievement unending or daily renewed. For each person, therefore, subjectivity is an ongoing construction, not a fixed point of departure or arrival from which one then interacts with the world. On the contrary, it is the effect of that interaction – which I call experience; and thus it is produced not by external ideas, values, or material causes, but by one’s personal, subjective, engagement in the practices, discourses, and institutions that lend significance (value, meaning, and affect) to the events of the world. (De Lauretis 1984a: 159)

An diese semiotisch basierte Definition von Subjektivität möchte ich anknüpfen. Subjektivität ist demnach eine sich in kontinuierlicher Interaktion 144

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mit Diskursen, Dingen, Personen und Bildern herstellende Konstruktion, die allerdings ihre eigene Permanenz und folglich ihre eigene Erfahrungsund Gefühlsstruktur aufweist. Mit dieser Definition als Grundlage möchte ich nun auf Kaja Silvermans Diskussion um die visuellen Grundlagen der Konstitution von Subjektivität eingehen.

Kaja Silvermans Konzeption visueller Subjektivität Vor allem Jacques Lacans Arbeiten haben sich als reiche Quelle für jene erwiesen, die daran interessiert sind, Subjektivität als Produkt visueller Verhältnisse zu beschreiben. Allen voran waren das in den 1970er, 80er und 90er Jahren feministische Filmtheoretiker_innen aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum. Sie griffen Lacans Theorie auf, die „das Ego als Produkt spiegelnder Verhältnisse“ betont (Silverman 1996: 14), um die dort angelegten Konzeptionen visueller Subjektivität weiter zu entwickeln. Damit stellen sie den sprachzentrierten Modellen, auf die sich zahlreiche feministische Theoretiker_innen stützen, einen anderen Schwerpunkt und nicht zuletzt auch einen anderen Lacan gegenüber – jenen Lacan, der davon ausgeht, „dass wir im Schauspiel der Welt angeschaute Wesen sind“ (Lacan 1987: 81). Denn „[w]as uns zum Bewusstsein macht, das setzt uns auch mit demselben Schlag ein als speculum mundi“ (ebd.). So entstehen Subjektpositionen und ihr Sehen in fundamentaler Abhängigkeit von gesellschaftlich orchestrierten Prozessen bzw. gesellschaftlichen Verhältnissen des Zu-Sehen-GegebenSeins – mehr noch, sie sind deren Effekt und Produkt. Auch hier geht es folglich, ebenso wie in den sprachzentrierten Kritiken, grundlegend um eine Revision dessen, wie Subjekt und Subjektivität gedacht werden. In dieser Revision entsteht die Konzeption eines dezentrierten Subjekts, eines „gesellschaftliche[n] Subjekt[s], dessen/deren Subjektivität und psychische Struktur“, wie Teresa de Lauretis formuliert, und hinzugefügt sei hier: dessen/deren Handlungsfähigkeit, „sich in entscheidender Weise aus gesellschaftlichen Technologien, Repräsentationssystemen und Praktiken ableiten lässt“ (De Lauretis 1997: 99). Silvermans Texte, die sich wesentlich auf die Arbeiten Jacques Lacans stützen, verknüpfen psychoanalytische, semiotische und ideologie- bzw. hegemoniekritische Überlegungen, um herauszuarbeiten, wie das Sehen gleichzeitig Instrument und Effekt gesellschaftlicher Macht- und Herrschaftsstrukturen ist und Subjektivität im und durch das Feld der Visualität entsteht. Das vorangehende Kapitel 4 präsentierte bereits Teile aus Silvermans 1996 veröffentlichtem Buch Threshold of the Visible World. Mithilfe der Definition des Feldes der Sichtbarkeit und des Vorgesehenen bzw. der dominanten Fiktionen stellte es Begrifflichkeiten zur Verfügung, die für die Dimension der Visualität Prozesse der Hegemonialisierung als Verhältnisse zwischen verschiedenen Öffentlichkeiten und Wissenskontexten beschreibbar machen. Im Folgenden werde ich mich noch einmal auf ihr Buch beziehen. 145

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Nun aber werde ich mich auf einen jener Aspekte konzentrieren, die darin in Bezug auf Bedingungen und Möglichkeiten der Veränderung von Wahrnehmung herausgearbeitet werden: den des subjektiven Blickens. Dabei interessiert mich besonders Silvermans Konzeption eines Blickens, das zunächst gesellschaftlich dominanten Parametern der Wahrnehmung folgt, sich dann aber verändert in Richtung einer der Identifikation mit Andersheit und mit dieser Veränderung dominante Identifikationsstrukturen dezentriert.4 Kaja Silvermans Theorie wohnt ein doppeltes Versprechen inne. Sie formuliert erstens ein Lösungsangebot: wie sich Herrschaftsverhältnisse im Bereich des Visuellen verändern lassen. Als Voraussetzung dieses Angebots aber, und das scheint mir für eine weitere Diskussion mindestens so lohnend, erarbeitet sie Kategorien, die diese Herrschaftsverhältnisse zuallererst theoretisch fassbar und auf die Möglichkeit ihrer Veränderbarkeit hin untersuchbar machen. Die im Folgenden vorgestellten Begriffe konzipieren das Sehen als Tätigkeit, die Subjektivität und gesellschaftliche Verhältnisse herstellt. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Sehen als Produktionsweise zukommen, die sich in Anerkennungsökonomien einmischt. Dazu werde ich zunächst auf Silvermans Konzept des produktiven Blickens eingehen, daraufhin auf das heteropathische Identifizieren, und auf dessen Grundlage aufbauend schließlich zur Idealisierung kommen. Den Begriff der Idealisierung werde ich dann durch den der Anerkennung ersetzen, wobei dieser Anerkennungsbegriff materiell-semiotisch-ökonomisch ausgerichtet und von Ambivalenz durchzogen ist.

Produktives Blicken 1996 veröffentlicht Kaja Silverman mit Threshold of the Visible World ihre Kritik an Disidentifikations-Konzepten Brecht’scher Provenienz und schlägt eine andere Grundlage für eine politische Theorie des Kinos und im Weiteren der Sichtverhältnisse generell vor (Silverman 1996). Die am Brecht’schen Verfremdungseffekt orientierte politische Ästhetik habe, so Silverman, Distanz erzeugende ästhetische Strategien privilegiert, da diese die Identifikation der Betrachter_in mit dem Dargestellten verhindern sollten. Ziel dieser Ästhetik war vor allem ein Aktivieren intellektueller Reflexion. Diese Abkehr von Identifikationen und Idealisierungen, die eine an Brechts Verfremdungsästhetik angelehnte politische Ästhetik vornimmt, war jedoch, so argumentiert Silverman, ein strategischer Fehler. Denn vernachlässigt wurde so die Frage, ob und wie Identifikation und Idealisierung Mittel sein könnten, um aus einer normativen Subjektposition heraustretend eine psychische Bewegung zu beginnen, die das Selbst exzentriert und gleichzeitig gesellschaftlich entwertete Subjektpositionen affirmiert, ohne sie aber zu vereinnahmen. Dazu entwickelt Silverman das Konzept des produktiven Blickens. Freilich sind Identifikation und Idealisierung, so Silverman, psychische Prozesse, deren Verlauf nicht bewusst steuerbar ist. Die Veränderung ihres Verlaufs bedürfe 146

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vielmehr der textuellen bzw. visuellen Aufforderung – also anderer Bilder. (Silverman betont, dass das Blicken generell vornehmlich unbewusst und ‚textuell angeleitet‘ (ebd.: 2) verläuft.) Eine andere Art des Sehens ist also nicht alleine eine Frage der Entscheidung, auch wenn sie in der Tat einer bewussten Auseinandersetzung mit den Bedingungen und Verläufen des eigenen Blickens bedarf. Vielmehr ist sie Resultat eines Sich-Aussetzens an Bilder, die in die Erinnerung aufgenommen werden und als Bestandteil des Gedächtnisses dem eigenen Blicken andere Verlaufsspuren legen können. So öffnen beispielsweise Manuela Bojadˇzijev und Alex Demirovi´c dem Bemühen um eine antirassistische Subjektivität eben nur die Ebene des kontrollierten und willentlichen Selbstzugriffs, wenn sie auf die Wichtigkeit der Reflexion der eigenen Denkstrukturen verweisen, also darauf, „die rassistischen Regungen und Denkmuster an sich selbst zu beobachten. Es bedarf der kritischen Reflexion auf die Eigenanteile, die so viele an sich kennen“ (Bojadˇzijev/Demirovi´c 2002: 23). Gleichzeitig bestehen sie angesichts der weiten Verbreitung der Rassismen darauf, „dass […] niemand sich einfach per autoritativem Willensakt davon freisprechen kann“ (ebd.). Silverman aber stellt der ‚kritischen Reflexion der eigenen Regungen und Denkmuster‘ den (selbst)reflexiven Umgang mit Weisen der Idealisierung und Identifikation hinzu. Das impliziert, das eigene Unbewusste für andere Bilder und andere Repräsentationsparameter offen zu halten. Denn so können psychische Prozesse der Dezentrierung und Veränderung auf Ebenen unterstützt werden, die einem normativen Argumentieren schlicht verschlossen bleiben.5 Anders gesagt geht es auch darum, hegemonial bestätigte libidinöse Bindungen, Verhältnisse und Besetzungen zu durchkreuzen und ihnen andere Bindungsstrukturen und Verhältnisse entgegenzusetzen. Auch Silverman besteht auf der kritischen Reflexion der eigenen Wahrnehmungsmuster. Jedoch beinhaltet ihre Kategorie des „produktiven Blickens“ ein Öffnen jener psychischen Ebenen für Veränderungen, durch die Wahrnehmung unbewusst gelenkt wird. [D]as produktive Blicken [...] erfordert zunächst ein Ringen um das Erkennen unserer unfreiwilligen Akte der Inkorporation und Verwerfung und unserer impliziten Affirmation der dominanten Elemente des Feldes der Sichtbarkeiten, um dann noch einmal und anders sehen zu können. Das produktive Blicken beinhaltet aber zudem notwendiger Weise, das Unbewusste für die Andersheit zu öffnen. Niemand von uns kann dieses Projekt allein aufgrund guter Intentionen umsetzen, denn wir können den Prozess nicht voluntaristisch steuern, aufgrund dessen ein visuelles Detail im Zuge seiner Inkorporierung in unser Erinnerungsreservoir resemantisiert wird (oder umgekehrt, aufgrund dessen unser Erinnerungsreservoir rekonfiguriert wird, indem es das, was ihm fremd ist, assimiliert).

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[P]roductive looking necessarily requires [...] the struggle, first, to recognize our involuntary acts of incorporation and repudiation, and our implicit affirmation of the dominant elements of the screen, and, then, to see again, differently. However, productive looking necessarily entails, as well, the opening up of the unconscious to otherness. None of us can effect this project merely through good intentions, since we cannot voluntarily direct the process whereby a visual detail comes to be resemanticized through its incorporation into our memory reserve (or, conversely, how our memory reserve is reconfigured through its assimilation of what is alien to it). (Silverman 1996: 184)

Hier deuten sich bereits Spannungsverhältnisse zwischen widersprüchlichen Momenten an. Diese Spannungsverhältnisse übernehmen in Silvermans ästhetischem Modell tragende Funktion: Das ist zum einen die Spannung zwischen Reflexion und unbewussten Vorgängen, sowie, korrespondierend, die Spannung zwischen Entscheidung und Verführung, auf deren notwendiger Verschränkung Kaja Silvermans Text besteht. Zum anderen entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen Silvermans Absage an Brecht’sche Distanzstrategien und ihrem Re-Installieren von Distanz vor allem als Selbstverhältnis und weiters als Verhältnis zwischen Subjekt und betrachtetem Objekt. Denn Distanz wird bei Silverman zu einem notwendigen Bestandteil einer Haltung und Praxis des Identifizierens und Idealisierens, die aus einer dominanten Subjektposition heraus erfolgt und sich auf Subjektpositionen und Existenzweisen richtet, deren Körperparameter nicht nur anders sind als die der dominanten Subjektposition, sondern entlang herrschender Ideale abgewertet werden.

Distanzierte Identifikation und aktive Idealisierung Silverman folgt der klassischen psychoanalytischen Beschreibung der Identifikation als Herstellungsgrundlage des Ichs, die als zunächst (wenn auch nicht ausschließlich)6 unbewusster Prozess vonstatten geht. Dieser Prozess folgt im Falle einer „erwachsenen normativen Subjektivität“ (ebd.: 23) einer inkorporierenden Logik und beinhaltet zwei Möglichkeiten des Umgangs mit Andersheit, die Silverman beide mit Gewalt in Verbindung bringt: Verwerfung oder „mörderisch assimilatorische Identifikation, durch die das Selbst sich erzeugt und befestigt“ („murderously assimilatory identification through which the self creates and fortifies itself“, ebd.: 23). Diese Art der Identifikation nennt Silverman im Anschluss an die Begrifflichkeit des Philosophen Max Schelers7 idiopathisch, und sie beruht auf einem auslöschenden Verhältnis zu Andersheit: Das, was den eigenen Körperparametern angepasst werden kann, wird „geschluckt“8 – mehr noch, das Ego bzw. moi konsolidiert sich auf der Grundlage der Assimilation körperlicher Andersheit (ebd.: 23). Was nicht assimilatorisch einverleibt werden kann, wird verworfen (ebd.: 24).9 Es ist vor allem diese Widerspenstigkeit eines Selbst, sich aus einer dominanten Subjektposition mit Körperbildern zu identifizieren, die 148

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entlang einer herrschenden Werteskala minorisiert und abgewertet sind, die Silverman interessiert. Denn hier manifestiere sich eine enorme Eingeschränktheit identifikatorischer Beweglichkeit (ebd.: 2). Dies also ist der Angelpunkt des ästhetischen Modells, das Silverman entwickelt: das Modell ist daran orientiert, die psychischen und ästhetischen Bedingungen herauszuarbeiten, unter denen sich ein zunächst entlang normativer Idealisierungen ausgerichtetes Selbst mit Formen der Andersheit identifizieren kann, die entlang dominanter sozialer Normen abgewertet sind. Den assimilierenden und inkorporierenden Prozessen der Identifikation mit Andersheit aber stellt Silverman eine das Selbst seiner gewohnten Koordinaten entäußernde, ex-statische Bewegung entgegen. Heteropatische Identifikation nennt sie dies mit Max Scheler (ebd.: 23f), oder auch, an anderen Stellen: eine Identifikation, die der Distanz bedarf (identification-ata-distance). Diese Identifikation-auf-Distanz ist eine „profunde Form der Sympathie“ (ebd.: 23). Mehr noch: sie involviert eine Form der Idealisierung, die der herrschenden Form der Idealisierung eine andere Praxis der WertBelehnung entgegen hält. „Aktives Idealisieren“ nennt Silverman diese Form des Idealisierens als „Belehnung“ (ebd.: 94f), die sie aus einer Lesart des Benjamin’schen Aura-Konzeptes gewinnt. Diese aktive Belehnung brauchen wir, da […] Idealisierung etwas ist, ohne das wir nicht auskommen, denn unter den richtigen Umständen […] ist es sie alleine, die eine genuine Beziehung zu de_r Anderen ermöglicht. Gleichermaßen wichtig schließlich ist, dass sie Identifikationen eröffnen kann, die ansonsten aufgrund der Imperative normativer Repräsentationen und des Ichs verworfen würden. Die Idealität kann aber nur dann in dieser entscheidenden Weise fungieren, wenn sie in größtmöglicher Distanz zum Selbst verliehen wird, und wenn diese Verleihung nicht passiv sondern aktiv geschieht. […] idealization is something we cannot do without because under the right circumstances […] it alone makes possible a genuine relation to the other. Finally, and equally importantly, it can open up identifications which would otherwise be foreclosed by the imperatives of normative representation and the ego. However, ideality can only serve these vital functions when it is bestowed at the greatest possible distance from the self, and when that bestowal is active rather than passive. (Ebd.: 40f, Hervorh. i. O.)

‚Aktives Idealisieren‘ meint eine selbstreflexive Form der Idealisierung, die ein Objekt wie mit einem Leuchten mit Idealität ‚belehnt‘. Grundlegend für Silvermans Modell ist, Idealität zu entnaturalisieren und sie als verliehen zu verstehen. Für diese Idealisierungsform ist Distanz ein notwendiger Faktor. Denn Nähe („nearness“, ebd.: 97ff) als Subjektpositioniertheit in Bezug auf ein Objekt begünstigt nicht nur die Möglichkeit der Aneignung, sondern, mehr noch, die Möglichkeit der vollständigen Assimilation anderer Existenzoder Repräsentationsparameter an den jeweils eigenen Referenzrahmen. Distanz hingegen belässt die Andere in ihrem Kontext, betont ihre Unvertrautheit, ihre Alterität und alles, was „nicht-mein“ ist („not-me“, ebd.: 99). Was Silverman propagiert, ist eine Haltung im Umgang mit Idealität, die 149

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um die Produziertheit und die Produktivität von Idealen weiß (ebd.: 103). Dieser Umgang, den sie „improvisierend“ nennt, ist durch eine bewusst gesuchte und bewusst gehaltene Distanz zu den Idealen als solchen und durch ein reflexives Verhältnis zur Tätigkeit des Idealisierens charakterisiert. Diese Reflexivität gründet im Wissen, dass Ideale unerreichbar sind – für alle und jede_n (1997: 60). Daher hat niemand per se mehr, und ebenso niemand weniger, Anspruch auf Idealität, und keine Subjektposition oder Existenzweise ist geeigneter oder unzulänglicher im Hinblick auf das Erreichen von Idealität. Susanne Lummerding hat Silvermans Modell einer auf Selbstdezentrierung und improvisierender Idealisierung gründenden Ästhetik zu Recht dafür kritisiert, die Kontingenz jeglicher Bedeutungsproduktion und jeglicher Subjektivität zu wenig zu betonten. Letztlich laufe ihr Text zudem weniger auf eine „radikale Relativierung von Werten“, sondern mehr auf eine „bloße Herabsetzung der Schwelle zur Erreichung [...] genau dieser Werte“ hinaus (Lummerding 1998:58). Im Rahmen eines Nachdenkens über eine Praxis des Blickens, das, ausgehend von einer Orientierung an hegemonialen Normen, sich verändern will, möchte ich dennoch an bestimmten ethischen Überlegungen Silvermans festhalten, um sie dann aber über den Begriff ‚Anerkennung‘ mit einem anderen Begriffsregister und dessen explizit politischen Konnotationen zusammen zu schließen. Denn Silvermans ethisch-ästhetisches Modell der Dezentrierung einer Wahrnehmung und eines Sehens, das sich wegorientieren will von einer Ausgerichtetheit an hegemonialen Idealen und Normen, ist provokativ und reichhaltig. Es ist herausfordernd und vielschichtig, da das Modell unterschiedliche und widersprüchliche Momente auf einer psycho-sozialen Ebene miteinander verspannt: bewusste Reflexion wird mit unbewussten Strukturiertheiten und Prozessen verknüpft; damit zusammen hängen die Dimension der Entscheidung und die eines Sich-Verführen-Lassens, die verbunden werden; und schließlich werden die Nähe- und Distanzverhältnisse, die einer politischen Ästhetik Brecht’scher Provinienz implizit sind, reorganisiert. Im Zuge dieser Reorganisation wird Distanz zum zentralen Mechanismus einer Selbsttechnik, die das Selbst der Verfremdung aussetzt, und zum zentralen Mechanismus eines emphatischen Verhältnisses zu Andersheit und Anderen. Wenig an Begrifflichkeiten und Theorie anzubieten hat das Modell Silvermans allerdings auf der Ebene der Kollektivierung von Veränderungsweisen. Dort steht bei Silverman nur Mengenlehre: wenn mehr Blicke sich treffen, dann ändert sich das Feld der Sichtbarkeit. Ich möchte daher abschließend noch ein anderes Begriffsregister öffnen, und in das Feld des Sehens, so wie es Kaja Silverman theoretisiert, Prozesse der Anerkennung einfügen. Den Anerkennungsbegriff wähle ich genau deshalb, weil er, anders als das Konzept der Idealisierung, mit dem Silverman arbeitet, dezidiert in einer Debatte um die Produktion und Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen angesiedelt ist.

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Anerkennung mit Judith Butler Unter Anerkennung verstehe ich, mit einer Lexikon-Definition, „die bejahende Erklärung über die Wirklichkeit, Wahrheit und Identität einer Person oder Sache oder eines Verhältnisses“ (Meyers Konversations-Lexikon 1889). Das schreibt das Meyers Konversations-Lexikon 1889, fast hundert Jahre, nachdem Georg Wilhelm Friedrich Hegel in seiner Phänomenologie des Geistes eine Denktradition begründete, in der das Begehren10 als Begehren nach Anerkennung beschrieben und Anerkennung als relational sich herstellende Überlebensbedingung gefasst wird. Judith Butler stellt fest: „Die Hegelianische Tradition bringt das Begehren mit Anerkennung in Verbindung, indem sie behauptet, dass das Begehren immer ein Begehren nach Anerkennung ist und dass wir alle nur durch die Erfahrung der Anerkennung als gesellschaftlich lebensfähig konstituiert werden“. („The Hegelian tradition links desire with recognition, claiming that desire is always a desire for recognition and that it is only through the experience of recognition that any of us becomes constituted as socially viable beings”, Butler 2004: 2) Mein Anerkennungsbegriff knüpft also an eine Tradition der Bestimmung von Anerkennung als „bejahende Erklärung“ und „affektive, aber partikulare Wertschätzung“ an (so Katrin Meyers Präzisierung, 2001: 125, in Abgrenzung zu einer schlichtweg grundsätzlichen und daher leeren Solidarität mit allem Menschlichen)11 – und an ein Konzept von Anerkennung als gesellschaftliche Ressource und als Überlebensbedingung. Diesem Anerkennungsbegriff hinzustellen möchte ich die psychoanalytisch ebenso wie ökonomisch inspirierte Formulierung eines „Belehnens mit Wert“, die aus Silvermans Idealisierungskonzept gewonnen ist (vgl. besonders Silverman 1996:94f). Als Begriff gegenwärtiger Debatten ist Anerkennung vor allem im Zusammenhang mit der Konzeption eines ex-zentrischen Subjekts relevant geworden, dessen Subjektivität und Handlungsfähigkeit als radikal äußerlich und gesellschaftlich ebenso wie medial begründet gedacht wird und als vorwiegend von Intersubjektivität abhängig bestimmt ist.12 Ich beziehe mich vor allem auf Judith Butlers Ausführungen (und deren Weiterentwicklung durch andere), die umfangreiche Formulierungen zu Anerkennung als begrifflicher Fassung normgeleiteter intersubjektiver Verhältnisse anbieten. Butler definiert Anerkennung als normatives Ideal und als prozessuales Ergebnis von Kommunikation (Butler 2004: 131f). In Formulierungen, die in hohem Maße an Kaja Silvermans Projekt einer auf Distanz beruhenden Identifikation, die Andersheit nicht auslöscht, erinnert, beschreibt Butler ihr Anerkennungsideal als reziproken Prozess, der das Selbst über seine inkorporierenden und destruktiven Dispositionen hinaus in Richtung eines Verständnisses eines anderen Selbst bewegt, wobei die Markierung der Differenz zwischen diesem anderen Selbst und mir einen ethischen Imperativ darstellt.

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reciprocal process that moves selves beyond their incorporative and destructive dispositions towards an understanding of another self whose difference from us is ethically imperative to mark. (Ebd.: 144)

Anerkennung wird jedoch zunächst von Butler als normengeleiteter Prozess herausgearbeitet, und als fundamentale Produktionsstruktur, in der Subjekte, Personen, Menschen erzeugt werden – und solche Positionen, die eben nicht ganz Subjekte, nicht ganz Personen und nicht ganz Menschen sind. Diese Normen haben weit reichende Konsequenzen dahingehend, wie wir das Modell des Menschen als mit Rechten ausgestattet oder in der Partizipationssphäre politischer Überlegungen verstehen. [...] Bestimmte Menschen werden als weniger denn menschlich anerkannt, und diese Form qualifizierter Anerkennung resultiert nicht in Lebensfähigkeit. Bestimmte Menschen werden nicht als menschlich anerkannt, und daraus resultiert wiederum eine andere Ordnung eines nicht möglichen Lebens. [...] Wenn die Anerkennungsmuster, die uns zur Verfügung stehen, solcher Art sind, dass sie die Person ‚zunichte machen‘, indem sie sie anerkennen, oder die Person ‚zunichte machen‘, indem ihr Anerkennung vorenthalten wird, dann wird Anerkennung zu einem Ort der Macht, an dem das Menschsein differentiell produziert wird. These norms have far-reaching consequences for how we understand the model of the human entitled to rights or included in the participatory sphere of political deliberation. [...] Certain humans are recognized as less than human, and that form of qualified recognition does not lead to a viable life. Certain humans are not recognized as human at all, and that leads to yet another order of unlivable life. [...] [I]f the schemes of recognition that are available to us are those that ,undo‘ the person by conferring recognition, or ,undo‘ the person by withholding recognition, then recognition becomes a site of power by which the human is differentially produced. (Butler 2004: 2)

Dieses Bestehen auf Anerkennung als materielle Lebensgrundlage verschiebt eine der Grundlagen linker politischer Debatten – die Unterscheidung zwischen kultureller/symbolischer und ökonomischer Ungleichheit, die durch das Forderungspaar ‚Anerkennung‘ und ‚Umverteilung‘ ausgedrückt wird.13 Ein Anerkennungskonzept, das Anerkennung als gesellschaftliche (Überlebens)Ressource versteht, über die nicht nur bestimmt wird, was wertvoll ist, sondern auch, was überhaupt als Mensch und menschlich gilt, durchkreuzt die klassische politiktheoretische Trennung zwischen den materiellen Prozessen der politischen Ökonomie und den symbolischen Prozessen der Kultur.14 Im Rahmen dieser Trennung ist die Schwergewichtsetzung auf das wichtigere Geschäft der politischen Ökonomie üblich, der dann die Kulturpolitiken hinterher gereicht werden. Was durch diese Trennung jedoch entschärft wird, ist die Notwendigkeit, symbolische und imaginäre Verhältnisse als zentrale Bestandteile politischer, d.h. kollektiv ausfechtbarer Prozesse zu behandeln. Denn es sind diese symbolischen und imaginären Verhältnisse, die das, was als gesellschaftliche Wirklichkeit gilt, und ebenso die Vorstellungen ihrer Veränderbarkeit erzeugen. Das betrifft 152

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auch die Ebene der Anerkennungsstrukturen: welche Existenzweisen als Subjektpositionen normativ bestätigt werden oder verworfen werden, ist eine Frage dieser bedeutungsproduzierenden Prozesse und Strukturen. So ist einer der politisch wesentlichsten Effekte dieser Prozesse und Strukturen der Bedeutungsproduktion, wie welche Subjektpositionen im Feld der dominanten Sichtbarkeit verfügbar sind – als normative Ideale oder als entwertende Stereotypen. Denn darüber bestimmen sich gesellschaftlicher Wert und (Subjekt)Status – und dieser inkludiert nicht zuletzt auch die (gesellschaftlich gegebene) Fähigkeit, die eigenen Darstellungsparameter und damit gültige Repräsentationsstandards mitzubestimmen. Daher betont Judith Butler, dass es in den Kämpfen um Anerkennung nicht nur um die Anerkennung als etwas Bestimmtes (einer bestimmten Identität) gehen kann, sondern um eine Arbeit am gesamten Feld der Normen, die bestimmen, was jemanden anerkennbar macht und was nicht: Wenn wir zum Beispiel über Menschen und ihr angeblich nicht-normatives, nicht normenkonformes Geschlecht sprechen, stellt sich die Frage, ob ihre Menschlichkeit anerkannt wird. Wenn wir über Bevölkerungen sprechen, sehen wir, dass ein Teil der Bevölkerung als Bürgerinnen und Bürger anerkannt sind und ein anderer Teil einen mehrdeutigen Status zwischen Legalität und Illegalität innehat. Innerhalb einer Bevölkerung haben einige den Bürgerschaftsstatus, andere haben ihn nicht ganz, und es gibt immer die Lebewesen, die genau an der Grenze dessen leben, was (an)erkennbar ist. (Emcke/Saar/Butler 2001: 594)

Schwierig ist allerdings, dass die theoretischen Formulierungen Butlers den hegemonialen Bedeutungsraum bzw. den „offiziellen Diskurs“ bzw. die dominanten Fiktionen absolut setzen. Das wiederholt sich auch dann, wenn sie über die Ambivalenzen der Anerkennung spricht: Manchmal sind die verfügbaren Anerkennungsbegriffe hochambivalent, und eine soziale Existenz wird nur um einen hohen Preis versprochen, und eine Art Opfer wird gefordert. Ich würde sogar sagen, ein bestimmter Entfremdungseffekt ist der Preis dafür, einen solchen Ort überhaupt einnehmen zu können. Nur so können wir im Raum des Lesbaren, Intelligiblen, Anerkennbaren handeln. (Ebd: 592f)

Hier gibt es nur einen Raum des Lesbaren, Intelligiblen, nur ein ‚Regime der Anerkennung‘ (mit einem Ausdruck Sally Westwoods, vgl. Westwood 2001). Mit einem Interesse dafür, Widerständigkeit nicht schlicht dem Spiel der Signifikanten oder zufälligen Versprechern im System zu überlassen, sondern sie auch in intentional widerständig handelnden Kontexten der Bedeutungsproduktion zu verorten, ist diese Denkbewegung, die Intelligibilität in einer dominanten Repräsentationsordnung mit Intelligibilität überhaupt gleich setzt, wenig hilfreich. Denn hier wird die Existenz alternativer Wissenskontexte, Öffentlichkeiten und Systeme der Intelligibilität durchgestrichen. Antke Engel formuliert denselben Einwand:

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Das Problem an Butlers Argumentation ist nicht, dass sie die hegemoniale Perspektive zum Ausdruck bringt bzw. rhetorisch inszeniert, sondern dass sie sie verabsolutiert und keine anderen diskursiven und sozialen Konzepte wahrnimmt oder stark macht. (Engel 2002: 29f)

Damit werden Widersprüche und Konflikte zwischen hegemonialen und marginalisierten Repräsentationen und Wissenskontexten, wie auch die Zonen und Übergänge, in denen diese Widersprüche verhandelt und übersetzt werden (vgl. Engel 2002: 30f) nicht mehr beschreibbar. Ich habe im vorherigen Kapitel mit Kaja Silvermans Vorgesehenem und Teresa de Lauretis‘ Konzept des space-off zwei theoretische Konzeptionen vorgestellt, die die Effekte dieser konfliktreichen Prozesse des Hegemonialisierens und Minorisierens auf der Ebene der Repräsentation benennbar und beschreibbar machen. Ich möchte abschließend ein Konzept besonders hervorheben, das Butlers Arbeit an anderer Stelle sehr wohl zur Verfügung stellt – eine Vorstellung, ein Begriff, der die Bewegung zwischen verschiedenen, auch konfligierenden Bedeutungskontexten als Praxis benennt: dies ist der Begriff des Übersetzens. Und an der Ethik bzw. Haltung, die diese Praxis mit Judith Butler ermöglicht, erinnert viel an Silvermans Konzept des heteropathen Identifizierens.

Übersetzen als Öffnen von Bedeutungen Das Schwergewicht dieses Kapitels über Anerkennung im Feld der Sichtbarkeit liegt auf der Theoretisierung der Bedingungen einer Blickpraxis, die ihre eigene Ausgerichtetheit an hegemonialen Strukturen des Anerkennens und, damit verbunden, des Entwertens verändern will. Damit öffnet sich auch die Möglichkeit, ihr Potenzial des Aufwertens wider die gesellschaftlichen Abwertungen minorisierter Positionen einzusetzen. Auch hier sind meine Überlegungen also an einer Reformulierung bereits bestehender Möglichkeiten ausgerichtet und gehen davon aus, dass diese Reformulierungen durch bereits vorhandene Wissenskontexte angeregt werden. Daher möchte ich abschließend mit dem Übersetzen auf eine Tätigkeit verweisen, die in der Bewegung zwischen verschiedenen, auch zueinander hierarchisch angeordneten Wissenskontexten andere Bedeutungen generiert und neue Bedingungen für andere Wissensformen ermöglicht, indem sie Wissenskontexte aneinander hin übersetzt. Wie sich die Praxis des Übersetzens mit einer von Judith Butler zitierten Konzeption Gloria Anzaldúas und mit Überlegungen von Rada Ivekovi´c und Encarnación Gutiérrez Rodríguez verstehen lässt, möchte ich hier kurz darlegen. In einem Aufsatz, der sich mit der Frage gesellschaftlicher Transformation beschäftigt, zitiert Judith Butler Gloria Anzaldúas Buch Borderlands/La Frontera, in dem die Fähigkeit, zwischen Welten zu vermitteln, als Quelle gesellschaftlicher Transformation bestimmt wird (Anzaldúa 1987, zit. nach Butler 2004: 228). Diese vermittelnde Fähigkeit als transformatorische Pra154

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xis ist mit Rada Ivekovi´c als Tätigkeit zu verstehen, der es nicht darum geht, „die Texte zu übersetzen sondern die Kontexte“ (Ivekovi´c 2002: 2). Dabei hebt Ivekovi´c hervor, dass das Übersetzen als Tätigkeit keine Vollständigkeit verspricht, sondern ein Öffnen von Bedeutung (ebd.). Damit ist das Übersetzen, wie auch Encarnación Gutiérrez Rodríguez betont, ein ambivalentes Projekt, das von der Unmöglichkeit des Übersetzens ebenso begleitet wird wie von deren Möglichkeit (vgl. Gutiérrez Rodríguez 2006: 8). Zudem erschließt es als ambivalentes Projekt eine reflexive Methode, nämlich die „Methode, die Momente der Unübersetzbarkeit der Existenz innerhalb des normativen Rahmens der Übersetzbarkeit zu lesen“ (ebd.). Übersetzen lässt sich also als Praxis des Vermittelns zwischen Welten verstehen. Als Tätigkeit ist sie an Kontexten und deren Öffnungen ausgerichtet, und als Praxisfeld hält sie eine spezielle Aufmerksamkeit für das Unmögliche und Verunmöglichende des eigenen normativen Rahmens bereit. Judith Butler weist darauf hin, dass diese Praxis des Übersetzens nach einer Selbsthaltung verlangt, die sich immer am Rande dessen, was eine_r weiß, aufhält, und nach einer Ethik, die die eigenen epistemologischen Sicherheiten permanent in Frage zu stellen bereit ist (vgl. Butler 2004: 228). Sie ist damit das Gegenteil einer an dauerhafter Kohärenz und Geschlossenheit orientierten Position (Butler nennt es die des „unitary subject“), die bereits weiß, wer sie ist; die, wenn sie ein Gespräch beginnt, dieselbe ist wie die, die es beendet; der es nicht gelingt, ihre eigenen epistemologischen Gewissheiten im Zusammentreffen mit der Anderen zu riskieren; und die somit bleibt, wo sie ist, ihren Ort bewacht, und zu einem Sinnbild des Besitzes und des Territoriums wird und Selbstveränderung ironischerweise im Namen des Subjekts verweigert. The unitary subject is the one who knows already what it is, who enters the conversation the same way as it exits, who fails to put its own epistemological certainties at risk in the encounter with the other, and so stays in place, guards its place, and becomes an emblem for property and territory, refusing self-transformation, ironically, in the name of the subject. (Ebd.)

Dieser auf Kohärenz bestehenden Haltung entgegen steht ein Selbstverhältnis, das im Zusammentreffen mit anderen Positionen bereit ist, eigene Wissensgewissheiten zu riskieren und sich möglichen Veränderungen auszusetzen. Die Art, wie Butler diese Ethik und Subjektivität des Übersetzens konzipiert, gleicht in hohem Maße Silvermans oben dargelegtem ethischästhetischem Modell der Dezentrierung einer Wahrnehmung und eines Sehens, das sich wegorientieren will von einer Ausgerichtetheit an hegemonialen Idealen und Normen. Rückbinden möchte ich daher abschließend diese Ethik und Subjektivität einer Praxis des Übersetzens an genau jene Dimensionen des Modells Silvermans, durch die verschiedene und widersprüchliche Momente auf einer psycho-sozialen Ebene miteinander verknüpft werden: bewusste Reflexion und unbewusste Strukturiertheiten und Prozesse; damit zusammenhängend die Dimension der Entscheidung und die des Sich-Verführen-Lassens; und schließlich eine Reorganisation 155

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Brecht’scher Nähe- und Distanzverhältnisse, durch die Distanz zum zentralen Mechanismus einer Selbsttechnik wird, die das Selbst der Verfremdung aussetzt, ebenso wie Distanz nun eine zentrale Funktion in emphatischen Verhältnissen zu Andersheit und Anderen übernimmt.

Zusammenfassung Dieses Kapitel hat die Praxis des Blickens als Produktivität menschlicher Akteur_innen im Feld der Sichtbarkeit diskutiert. Dabei ging es darum, das Blicken als gesellschaftlichen Wert generierende Tätigkeit zu verstehen und damit als Möglichkeit, gesellschaftlichen Prozessen des Entwertens durch die Produktion anderer Bedeutungen zu entgegnen. Nachdem aber das Blicken zu großen Teilen auch unbewusst verläuft und darin oftmals an hegemonialen Idealen orientiert ist, war es notwendig, zunächst im Feld der Sichtbarkeit die Verbindung zwischen Subjektivität und äußerlicher Bestimmtheit und Bedingtheit zu beschreiben, um dann noch einmal anhand Kaja Silvermans Arbeit Begriffe vorzustellen, die bewusste Reflexion und unbewußte Strukturiertheit und die Ebenen der Entscheidung mit der der Verführung verbinden. Silverman ist dabei auch an einer Umarbeitung eines Umgangs mit Idealisierung orientiert. Ich habe an der Stelle, an der Silverman mit Idealisierung arbeitet, statt dessen den Begriff der Anerkennung eingesetzt, um damit auch auf der Ebene der gewählten Begriffe eine Verbindung zwischen den meist als klar geschiedenen gesellschaftlichen Bereichen der Ökonomie, der Politik und des Kulturell-Symbolischen zu provozieren. Anerkennung im Feld der Sichtbarkeit lässt sich dann als eine reflexive Praxis verstehen, als Effekt eines produktiven Blickens, dessen Resultat die aktive Belehnung eines Objekts mit Wert ist. Diese Belehnung als zu größten Teilen unbewusster und normengeleiteter Prozess lässt sich dennoch für Veränderungen öffnen durch Bilder/Texte/Begegnungen, die den Verlauf des Anerkennens reformulieren. Ein durchgängiges Interesse der Arbeit dieses Buches richtet sich an die Frage, wie das Verhältnis zwischen verschiedenen, hierarchisierenden und konfligierenden Kontexten der Bedeutungsproduktion beschreibbar ist, und wie die Bewegungen zwischen diesen Kontexten als Bewegungen der Veränderung thematisierbar sind. Ich habe hier abschließend daher mit dem Begriff des Übersetzens auf eine Praxis der Vermittlung verwiesen, die auf Ambivalenz und Unvollständigkeit basiert und die Ebene der Reflexion über die eigene Unmöglichkeit bereithält. Diese vermittelnde Praxis erfordert eine Haltung, die bereit ist, die eigenen Gewissheiten und Kohärenzbedürfnisse reflexiv auszusetzen. Abschließend möchte ich allerdings Ambivalenz als Moment der Anerkennungsdynamiken auf einer anderen Ebene noch einmal affirmieren. Distanz als die notwendige Voraussetzung einer reflexiven Übersetzungspraxis ebenso wie einer Praxis des aktiven Idealisierens ist sowohl Bedingung wie auch Effekt der Arbeit der Disidentifikation. José Esteban Muñoz greift die156

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sen bereits von Michel Pêcheux (vgl. Pêcheux 1984) und Griselda Pollock (vgl. Pollock 1988) verwendeten Begriff auf, um „eine Arbeit zu beschreiben, welche die in der dominanten Kultur materielle und psychisch verankerten Plätze weder zurückweist, noch sich mit ihnen vollständig identifiziert“ (Muñoz 2007: 35, s. a. Zusammenfassung Kapitel 4). Und er betont Disidentifikation als „das utopische Unternehmen, die Vergangenheit umzuschichten, um die Gegenwart zu kritisieren und eine queere Zukünftigkeit denkbar werden zu lassen“ (ebd.). Michel Pêcheux allerdings, auf den sich Muñoz auch bezieht, erinnert uns daran, dass Disidentifikation, bzw., wie der deutsche Übersetzer Pêcheux’ vorschlägt, die „ent-identifizierung“ das bezeichnet, „was innerhalb des prozesses der proletarischen revolution die ideologische form der tendenz zum nicht-staat konstituiert“ (Pêcheux 1984: 65). So lässt sich folgern, dass Disidentifikation für queer-feministisch antirassistische Projekte immer auch die Tendenz zur Nicht-Identifikation, Nicht-Idealisierung, Nicht-Anerkennung und schließlich: Nicht-Sichtbarkeit bedeutet. Diese Negativität ist zentral für radikaldemokratische Unterfangen. Denn sie ist die Grundlage eines Widerstands gegen Essentialisierungen, Verschließungen und gegen den Ausschluss allen dessen, was als unaussprechlich, unlesbar und undenkbar gesellschaftlich verworfen wird (vgl. Butler 1997: 263ff).

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Anmerkungen 1. „It is ideology that supplies the evidentness with which ,everyone knows‘ what a soldier is, or a worker, a boss, a factory, a strike, etc., the evidentness that makes a word or an utterance ,mean what it says‘ and thereby masks in the ,transparency of language‘ what I shall call the material character of the meaning of words and utterances.“ (Pêcheux 1982: 11, Hervorhebung im Original, js) 2. Z.B. Lummerding 2005. Für eine politische Begründung der Notwendigkeit, auf der Unmöglichkeit der Schließung dieser Lücke, also dem Subjekt als Punkt des Scheiterns von Subjektivierung zu bestehen, vgl. Lummerding 2005: 135ff. 3. Benveniste: „Die ‚Subjektivität‘, die wir hier diskutieren, ist die Fähigkeit de_r Sprecher_in, sich als ‚Subjekt‘ zu positionieren. Sie wird nicht durch das Gefühl definiert, das jede_r darin erfährt, sich selbst zu sein [...] sondern als jene psychische Einheit, die die Totalität der tatsächlichen Erfahrungen, die sie versammelt, übersteigt und die die Permanenz des Bewusstseins ausmacht. Nun meinen wir, dass ‚Subjektivität‘ einzig das Aufscheinen einer fundamentalen Eigenschaft der Sprache im jeweiligen Sein ist. ,Ich‘ ist die, die ‚ich‘ sagt. Das ist es, wo wir die Basis von ‚Subjektivität‘ sehen, die durch den linguistischen Status der ‚Person‘ bestimmt wird.“ (The ‚subjectivity‘ we are discussing here is the capacity of the speaker to posit himself as ‚subject‘. It is defined not by the feeling which everyone experiences of being himself … but as the psychic unity that transcends the totality of the actual experiences it assembles and that makes the permanence of the consciousness. Now we hold that that ‚subjectivity‘ … is only the emergence in the being of a fundamental property of language. ‚Ego‘ is he who says ‚ego.‘ That is where we see the foundation of ‚subjectivity,‘ which is determined by the linguistic status of ‚person‘. Emile Benveniste, Problems in General Linguistics, zit. nach Silverman 1983: 1) 4. Diese Ausrichtung an der Frage, wie sich ein Blicken, das sich zunächst mit hegemonialen Ausrichtungen des Blickens identifiziert, verschieben kann, unterscheidet Silvermans Arbeit von der zweier anderer prominenter psychoanalytisch und semiotisch informierter Theoretikerinnen, die sich mit Anschauungsverhältnissen und der Frage, wie Intelligibiltät entsteht, beschäftigen: Judith Butler (auf deren Annerkennungskonzept ich weiter unten eingehen werde) und Teresa de Lauretis, deren in Kapitel 4 vorgestelltes Konzept des space-off, ähnlich wie Silvermans Texte, das Verhältnis zwischen dominanten Repräsentationsvorgaben und alternativen oder kritischen Wahrnehmungsund Darstellungsweisen konzipiert. Sowohl Butlers wie auch de Lauretis’ Fassungen ankern grundlegend in subalternen oder minorisierten Perspektiven und Erfahrungen, die auch in expliziter Weise (als lesbisch/queer/trans/pervers) benannt und als Theorieressource ausgewiesen sind. Silverman hingegen ist, zumindest in ihren beiden großen Arbeiten 1992 und 1996, um eine visuelle Ethik und eine Politik visueller Repräsentation bemüht, die sich mit der Dezentrierung, wenn nicht sogar (Selbst-)Auflösung einer dominanten Perspektive auseinandersetzt.

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5. In Threshold besteht Silverman darauf, dass eine Ethik und eine Politik des Idealisierens, die auf der Einsicht fußen, dass Idealität ein notwendiges aber immer unerreichbares Konstrukt ist, nicht notwendig verlangen, sich am Gegenteil der Idealität, nämlich Mangel und Unzulänglichkeit sowie den zugehörigen Gefühlen der Unlust und Selbstverachtung auszurichten (1996: 224). Wenige Jahre zuvor widmete Silverman ein ganzes Buch produktiven Weisen, sich mit Mangel und Unzulänglichkeit zu identifizieren – produktiv in Hinblick auf Lustempfinden und Genießen wie auch auf Destabilisierung einer patriarchalen, heteronormativen Ordnung: Male Subjectivity at the Margins (1992) untersucht Formen der Subjektivität von Bio- oder Cis-Männern (Personen, denen bei ihrer Geburt das männliche Geschlecht zugeteilt wurde), die sich an Weiblichkeit, Mangel, Alterität, Kastration und Masochismus orientieren. 6. Dass dieser Prozess eben nicht ausschließlich unbewusst verläuft, sondern halbbewusste und bewusste Identifikationen in ihm eine Rolle spielen, darauf besteht beispielsweise Teresa de Lauretis. Denn anders lässt sich, so de Lauretis, die Unterscheidung zwischen der Fantasie und dem Blickwinkel, die ein spezifischer Film herstellt, und der Fantasie und dem Blickwinkel einer Betrachter_in, die u.U. überhaupt nicht von dem Film angesprochen wird und sich mit keiner der darin angebotenen Positionen identifizieren kann, nicht treffen (eine Unterscheidung im übrigen, die sich bei entsprechender medienspezifischer Umarbeitung auf alle Arten von Repräsentationen umlegen lässt). Wichtig ist diese Unterscheidung, um zu klären, wessen Fantasie (die Fantasie welcher Subjektposition) und welchen Blickwinkel ein Film/eine Repräsentation anbietet und welche anderen eben nicht. (Vgl. de Lauretis 1997: 112f) 7. Vgl. Max Schelers Arbeit Wesen und Formen der Sympathie, die 1912 zum ersten Mal als phänomenologische Beschreibung von Mitgefühl, Liebe und Hass veröffentlicht wurde. 8. Rubia Salgado verwendet und verdreht dieses Bild des ‚Schluckens‘ der (in ihrem Fall migrantischen) Andersheit durch einen Mehrheitskontext in ihrem Konzept der Anthropophagie (der Menschenfresserei), das Strategien einer feministischen, antirassistischen Praxis aus migrantischer Perspektive beschreibt: „Selbstverständlich werden wir euch weiterhin fressen. Um unter der Herrschaft einer Dominanzkultur etwas zu produzieren, das keine gemäß den von den Machthabern vorgeschriebenen Regeln ‚erlaubte‘ Wiedergabe ist, muss zuerst der Andere wie eine Beute assimiliert werden. Ich benutze absichtlich das Verb assimilieren, um es im Einklang mit der dargestellten Strategie gleichzeitig als Beispiel einzusetzen. Die Assimilation ist eine sehr bekannte Aufforderung der breiten Öffentlichkeit an die MigrantInnen. [...] Ich nehme dieses Wort und benutze es in meinem Sinn, aus meiner Perspektive, und erinnere euch gleichzeitig an die Perspektive der Angehörigen der Dominanzkultur. Diesmal haben wir jedoch die Rolle der Protagonistinnen übernommen: wir assimilieren euch, wir drohen euch, wir fressen euch. [...] Die Anthropophagie ist unsere Antwort.“ (Salgado 1999: 24, Hervorh. i. O.)

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9. Vgl. Judith Butlers Arbeit über die Art, wie hegemoniale Subjektpositionen über die Verwerfung minorisierter Positionen und Möglichkeiten entstehen und abgesichert werden: z.B. durch den Prozess des Verwerfens homosexueller Möglichkeiten zugunsten der Annahme einer normativ heterosexuellen Subjektposition. Dieses Verwerfen, so Butler, produziert die maskuline Lesbe [dyke] und den femininen Schwulen [fag] als „Höllenfiguren“ einer hegemonialen heteronormativen Ordnung (Butler 1997: 149) – „Schreckfiguren einer verwerflichen Homosexualität“ (Engel 2002:167), die der heteronormativen Regulierung geschlechtlicher und sexueller Identifikationen dienen. 10. ‚Begierde‘ ist Hegels Begriff, in den Kommunikationsprozessen zwischen deutsch-, französisch- und englischsprachigen Hegelbezügen, via der Rezeption der Theorien Alexandre Kojèves und Jacques Lacans, hat sich Begehren als Übersetzung von désir bzw. desire etabliert. 11. Katrin Meyer, die sich u.a. auf Charles Taylors Kritik einer „blinden“ Solidarität bezieht (Taylor 1997), arbeitet heraus, dass Axel Honneths synonyme Verwendung von ‚Solidarität‘ und ‚Wertschätzung‘ (z.B. Honneth 1994: 211) „den systematischen Unterschied zwischen verallgemeinerbarer, aber ‚leerer‘ Solidarität und affektiver, aber partikularer Wertschätzung verwischt“ (Meyer 2001: 123). Indem er Solidarität als prinzipielle gegenseitige Wertschätzung setzt, postuliert er zudem ein Ideal, das von der Analyse der ihm impliziten Macht- und Herrschaftsstrukturen ablenkt (Meyer 2001: 125). 12. Als „Schlüsselbegriff unserer Zeit“ diene die „ehrwürdige Kategorie der Hegelschen Philosophie, wieder zum Leben erweckt durch die politische Theorie“ als „normative Basis politischer Ansprüche“, die die Abhängigkeit „individuelle[r] Autonomie von intersubjektiver Zustimmung“ erfassbar macht, schreiben Nancy Fraser und Axel Honneth (Fraser/Honneth 2003: 7). 13. Vgl. vor allem die Debatte zwischen Judith Butler und Nancy Fraser (Butler 1998, Fraser 1998). Vgl. auch Youngs Kritik an Frasers Modell (Young 1997). 14. Vgl. Laurent Berlants und Michael Warners queer orientierte Warnung, Anerkennungspolitiken nicht als Gegensatz zu einem Kampf um verteilende Gerechtigkeit bzw. Umverteilung zu konstruieren: „Sie [diese queeren Kulturen, js] ausschließlich als Selbstausdruck oder als Forderung nach Anerkennung zu verstehen, würde bedeuten, die grundlegend ungleichen materiellen Voraussetzungen zu übersehen, über die die Institutionen sozialer Reproduktion mit Formen der Heterokultur gepaart werden.“ (Berlant/Warner 2003: 97)

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Resumée Wie können minorisierte Subjektpositionen visuell repräsentiert werden, ohne in der Form ihrer Repräsentation Minorisierung zu wiederholen? Das ist die Ausgangsfrage dieses Buches. Als brisante Frage stellt sie sich angesichts einer nach wie vor (besonders in identitätspolitisch argumentierenden oppositionellen Politiken) anzutreffenden unbedingten Affirmation des Modus der Sichtbarkeit und seiner angeblich emanzipatorischen und antirepressiven Effekte. Brisant ist die Frage, da diese vorbehaltlose Affirmation die Ambivalenzen der Sichtbarkeit ignoriert, indem sie übersieht, dass jegliches Sichtbarwerden immer auch eine Affirmation gegebener Strukturen der Sichtbarkeit und damit genau der kritisierten minorisierenden Logiken bedeutet. Somit schreibt meine Arbeit gegen die Vorstellung an, es wäre demokratiepolitisch hilfreich (oder auch nur möglich), bisher Unsichtbares in das Feld der Sichtbarkeit zu bringen oder zu zwingen. Eine binäre Anordnung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit kritisierend und problematisierend, besteht meine Untersuchung darauf, dass beide Modalitäten, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Teil derselben diskursiven Anordnung sind und sich gegenseitig modulieren. Denn in jeder Sichtbarkeitsproduktion wird Unsichtbarkeit hergestellt, und neue Sichtbarkeiten verdrängen und löschen alte Sichtbarkeiten. Damit geht es nicht mehr um ein Mehr an Sichtbarkeit, sondern um die Untersuchung und Abwägung der Bedingungen und Effekte spezifischer Sichtbarkeiten. Zurück zur Ausgangsfrage: wie also in Verhältnisse der visuellen Minorisierung intervenieren, ohne diese zu reproduzieren? Meine Untersuchung stellt heraus, dass und wie sich Hegemonie grundlegend über ästhetische Formen herstellt und reproduziert, und mehr noch, dass jegliche oppositionelle und kritische Aussage auf ein hegemoniales Aussagesystem angewiesen ist. Aus diesem Abhängigkeitsverhältnis folgt für eine kritische Praxis, die eine Veränderung hegemonialer Verhältnisse intendiert: diese Praxis muss sich zuallererst auf eine Arbeit an hegemonialen ästhetischen Formen einlassen, und zwar genau auf jene Formen, die als minorisierende „aktuell und manifest“1 sind. Ein zweites, hier anschließendes Ergebnis meiner Studie ist die Erarbeitung theoretischer Formulierungen, um Verhältnisse zwischen verschiedenen, konfligierenden und um Vorherrschaft ringenden Öffentlichkeiten, Wissenskontexten und Systemen der Intelligibilität fassen zu können. Diese theoretischen Formulierungen halte ich für eine politische 161

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Notwendigkeit, wenn wir Widerständigkeit nicht nur den zufällig entstehenden Brüchen und Lücken im System überlassen, sondern sie auch als Effekte intentional widerständig handelnder Kontexte beschreiben wollen. Aus den Ergebnissen meiner Untersuchung lässt sich ein weiteres praktisches Prinzip ableiten, das anstelle des Wunsches nach Mehr-Sichtbarkeit ein Üben des Mehr-Sehens unterstützt. Mehr-Sehen ist eine riskante begriffliche Setzung. Sie lehnt sich an eine ökonomistische Wertvorstellung des Mehr = Besser an, um sich aber von dort aus im Sinne François Wahls in Richtung einer Re-Grammatikalisierung zu bewegen, die daran orientiert ist, die „leere[n] Stellen auf der Oberfläche des Textes selbst [zu] erkennen“ und „die Zeichen so neu [zu] verteilen, dass die alten Lücken durch das zurück gewonnen werden, was immer nur ein anderer Text, eine andere Oberfläche der Rede sein wird, jedoch den Fehler der ersten sagt“ (Wahl 1981: 374). Mehr-Sehen bedeutet also eine reflexive Praxis des Sehens und eine reflexive Repräsentationspraxis. Noch einmal einen Schritt zurück. Denn traditionell wird die politische Forderung nach ‚mehr Sichtbarkeit‘ von einer Kritik an der strukturellen Deprivilegierung, Ausgrenzung und Missachtung spezifischer kollektiver oder Gruppen-Identitäten begleitet. An diesen Impuls schließt meine Arbeit an, und hier beerbt sie eine alte Debatte feministischer, antirassistischer und lesBischwuler Repräsentationskritiken – die Debatte um positive Bilder. Gleichzeitig besteht sie auf der Notwendigkeit einer Analyse der Bedingungen der Sichtbarkeit. Die Forderung nach positiven Bildern übersetzt mein Buch in ein Beharren auf dem Recht der Affirmation der eigenen Existenz im Sinne einer Belehnung mit Wert als Recht aller. Mit dem Ausdruck der ‚anerkennenden Sichtbarkeit‘ nimmt mein Text eine Qualifizierung des Modus der Sichtbarkeit vor, um eine Weise des Repräsentierens zu bezeichnen, durch die eine Person, eine Sache, ein Kontext mit Wert belehnt wird. Diese Belehnung mit Wert erfolgt unter anderem über Blickpraxen, die durch gesellschaftliche Vorgaben und Normen formiert sind und nicht gänzlich aber weitgehend unbewusst verlaufen. Eine Praxis des Blickens, die sich verändern will, und sich darüber einmischen will in eine Umverteilung im Rahmen hegemonialer Anerkennungsökonomien, bedarf jedoch eines reflexiven Raumes. Notwendige Voraussetzung dieses reflexiven Raumes, den ich als Übungsfeld einer Praxis des Mehr-Sehens verstehe, ist eine emphatische Distanznahme. Der queere Performance-Theoretiker José Esteban Muñoz nennt diesen Modus der Distanznahme Disidentifikation, um „eine Arbeit zu beschreiben, welche die in der dominanten Kultur materiell und psychisch verankerten Plätze weder zurückweist, noch sich mit ihnen vollständig identifiziert“ (Muñoz 2007: 35). Michel Pêcheux allerdings, marxistischer Ideologietheoretiker, auf den sich Muñoz auch bezieht, erinnert uns daran, dass Disidentifikation das bezeichnet, „was innerhalb des prozesses der proletarischen revolution die ideologische form der tendenz zum nicht-staat konstituiert“ (Pêcheux 1984: 65). So lässt sich folgern, dass Disidentifikation für queer-feministisch antirassistische Positionen bei allem Wunsch nach Anerkennung und allem Begehren nach Bildern einer affirmativen Existenz 162

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Abb. 14, Jakob Lena Knebl: Melanie klein/groß, Fotoarbeit, in Zusammenarbeit mit Hans Scheirl entstanden, fotografiert von Heidi Harsieber, A 2006 immer auch eine Tendenz zur Nicht-Identifikation, Nicht-Idealisierung, Nicht-Anerkennung, Nicht-Sichtbarkeit und also zur Un_Form beinhaltet. Die Un_form ist eine Referenz an George Batailles informe: ein Adjektiv (Yves-Alain Bois und Rosalind Krauss übersetzen es als formless, vgl. Bois/ Krauss 1997), das, so Bataille, „servant a déclasser“ (Bataille, zit. nach Bois/ Kraus 1997: [9]), das also deklassifizierend und deklassierend funktioniert, Klassifikationen ebenso wie Hierarchien durcheinander bringt. „Das Formlose ist ein Arbeitsvorgang“, schreibt Bois dazu („The formless is an operation“, Bois 1997: 18). Es ist damit nicht die neue Form der Nicht-Form, sondern eine Handlung: die Un_Form ist das Un_formende. Disidentifikation als Arbeit und Nicht-Staat, Nicht-Subjekt und Nicht-Anerkennung als ideologische Tendenz können alternative visuelle Texte gut zu ihrer Unterstützung brauchen. Enden möchte ich daher mein Buch zu den Ambivalenzen der Sichtbarkeit und den visuellen Strukturen der Anerkennung mit einem ironisch deklassifizierenden und deklassierenden visuellen Zitat: Jakob Lena Knebls Melanie klein/groß als queere visuelle Übersetzung der Tendenz zum Un_Formenden (Abb. 14).2 Die Arbeit zeigt zwei Künstler_innen, links im Bild Jakob Lena Knebl und rechts Hans Scheirl, die in 163

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ihrer Arbeit die Dekonstruktionen sexueller Identitäten verhandeln, wobei ihre eigenen Körper zentrale Rollen spielen. Beide verstehen sich als Teil einer queeren (Sub-)Kulturszene, und beiden kommt immer wieder auch hohe gesellschaftliche Anerkennung zu.3 In dieser fotografischen Darstellung performen sie als Figuren nicht nur visuelle Deklassifizierung entlang geschlechtlicher Eindeutigkeit und Uneindeutigkeit. Ebenso umarmen sie die mit dieser Tendenz zur Un_Form einhergehende Deklassierung, eine wahrlich riskante soziale Praxis, der ich hiermit Anerkennung zollen will.

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Anmerkungen 1. Das sind Sigmund Freuds Begriffe, die Andrea Fraser zitiert, um (in Formulierungen, die für jegliche veränderungsorientierte Praxis suggestiv sind) die künstlerische Praxis der Institutionskritik zu beschreiben: „Wenn man etwas verändern will, ein Verhältnis, besonders ein Machtverhältnis, ist der erste, wenn nicht der einzige Weg zu einer solchen Veränderung, in die Verwirklichung dieses Verhältnisses zu intervenieren. Wie die Psychoanalyse können künstlerische Interventionen effektiv nur an Verhältnissen arbeiten, die in einer gegebenen Situation, in den Worten Freuds, ‚aktuell und manifest‘ sind: ‚denn schließlich kann niemand in absentia oder in effigie erschlagen werden‘.“ (Fraser o.J.) 2. Melanie klein/groß ist Teil eines Fotoprojekts Jakob Lena Knebls. Das Projekt entstand in Kooperation mit Hans Scheirl und wurde von Heidi Harsieber fotografiert. Für ein weiteres visuelles Zitat dieser Arbeit vgl. das von Sushila Mesquita, Helga Hofbauer und mir produzierte Fanzine Monster machen? (Das Fanzine entstand für das Katalogobjekt der vom Künstler_innenkollektiv organisierten Ausstellung Die QueerulantInnen innen/außen im , Wien 2006, vgl. http://www.parking-lot.org/ about.html [11.06.2008].) Fanzine auf http://wahnsinnigdagegen.frauenweb.at/ wordpress/?page_id=18 [11.06.2008] 3. Jakob Lena Knebel, im Bild links liegend, arbeitet als Künstlerin und Modedesignerin, ist Teil des Künstler_innenkollektivs und des Modelabels House of the Very Island’s Royal Club Division Middlesex Klassenkampf but the question is, where are you, now?, das wichtige nationale und internationale Preise gewinnt. Hans Scheirl, im Bild rechts sitzend, ist der erste Künstler mit Professur an einer Kunstuniversität in Österreich, der auch transgender ist.

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Homepages der zitierten Webseiten Anders Fernsehen. Jung, deutsch und türkisch, die zweite und dritte Einwanderergeneration, vom 26. September bis 11. Oktober 2000: www. 3sat.de/specials/09883/index.html [30.06.2008] Arranca! Zeitschrift für eine linke Strömung, herausgegeben von der Gruppe FelS: http://arranca.nadir.org [10.06.2007] Anarchopedia, offenes Wissensportal von AnarchistInnen für AnarchistInnen und am Anarchismus interessierte Personen: http://de.anarchope dia.org [30.06.2008] auto. der neue kunstraum: www.parking-lot.org [30.06.2008] Deutsche gegen rechte Gewalt. Kampagne gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenhass: www.deutschegegenrechtegewalt.de [30.06.2008] Dia-Log 2005: http://2005.diagonale.at/dia-log/main.jart@rel=de&contentid=1103557290135.htm [21.9.2008]Einbürgerung: fair, gerecht, tolerant: www.einbuergerung.de [30.06.2008] Europäisches Institut für progressive Kulturpolitik – eipcp: www.eipcp.net [30.06.2008] Evangelischer Pressedienst epd.de: www.epd.de [30.06.2008] gender et alia, Feministisches Übersetzungskollektiv: www.genderetalia. sil.at [30.06.2008] IG Kultur Österreich: www.igkultur.at [30.06.2008] Linksnet – Kooperationsprojekt linker Zeitschriften und Netzwerke für Politik und Wissenschaft: www.linksnet.de [30.06.2008] Planet Femme, Femmes verque(e)ren Gender: www.viniasteaparty.de [30.06.2008] Nadir, ein Informationssystem zu linker Politik und sozialen Bewegungen im Internet: www.nadir.org [30.06.2008] National Coalition of Anti-Violence Programs: www.ncavp.org [08.10.2008] Next genderation Network: www.nextgenderation.net [30.06. 2008] ÖGS – Österreichische Gesellschaft für Sexualforschung: www.oegs.or.at [10.06.2008] Phase 2: http://phase2.nadir.org [10.06.2008] Pink Cross, Dachverband der homosexuellen Männer in der Schweiz: www.pinkcross.ch [10.06.2008] translate. eicpc. net. Beyond Culture: The politics of translation. http:// translate.eipcp.net/ [10.04.2008] transcript-Verlag: http://www.transcript-verlag.de/main/index.htm [15.05. 2008] wahnsinnig dagegen – helga_h: film, images, text: http://wahnsinnig dagegen.frauenweb.at/wordpress [30.06.2008]

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Bildnachweis Abb. 1: Aprilkinder (D 1998), Regie: Yüksel Yavuz. (Foto Boris Laewen), © zero one film GmbH [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 2: Yasemin (D 1989), Regie: Hark Bohm (Videostill) [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 3: Yara (D 1999) Regie: Yilmaz Arslan, © Yilmaz Arslan Filmproduktions GmbH (Videostill) [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 4: Plakat der Kampagne Einbürgerung. (D 1999/2000) © Hansen Kommunikation, Köln [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 5: Plakat der Kampagne Einbürgerung. (D 1999/2000) © Hansen Kommunikation, Köln [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 6: Plakat der Kampagne Einbürgerung. (D 1999/2000) © Hansen Kommunikation, Köln [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 7: Plakat der Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt. (D 2000) © Scholz & Friends, Berlin [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 8: Plakat der Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt. (D 2000) © Scholz & Friends, Berlin [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 9: Plakat der Kampagne Deutsche gegen rechte Gewalt. (D 2000) © Scholz & Friends, Berlin [SW-Reproduktion eines Farbbildes] Abb. 10: Catherine Opie, Mike and Sky, 1993. C-print, 50,8 x 40,6 cm. Ed. of 8. Courtesy Regen Projects, Los Angeles Abb. 11: Del LaGrace Volcano, aus dem Kapitel Tranz Portraits, in: Volcano 2000: 118, 119 Abb. 12: Del LaGrace Volcano, aus dem Kapitel Tranz Portraits, in: Volcano 2000: 120, 121 Abb. 13: Francis Galton, Composites, made from Portraits of Criminals convicted of Murder, Manslaughter or Crimes of Violence. (ca. 1878) Bildtafel 27 aus Karl Pearson, The Life, Letters and Labours of Francis Galton, Bd. 2.: Researches of Middle Life, Cambridge: Univ. Press 1924. Abb. 14: Jakob Lena Knebl, Melanie klein/groß, Fotoarbeit, Zusammenarbeit mit Hans Scheirl, Fotografiert von Heidi Harsieber, A 2006. © Heidi Harsieber

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Index Adorno, Theodor W., 68 Aktant, 79, 81, 160Fn2 Akteur_in, 79, 80, 81, 83, 103, 106Fn2, 141, 156 Aktivismus, aktivistisch, 12, 13, 15, 18, 21, 44, 54, 124, 130 Alloula, Malek, 75Fn22 Alpers, Svetlana, 35, 37, 49Fn15 Althusser, Louis, 119, 121, 126 Ambivalenz/-en, 15, 22, 23, 24, 55, 57, 78, 93, 98, 104, 111, 124, 139Fn17, 141, 146, 153, 156 Amesberger, Helga, 49Fn20, 72Fn4, 73Fn8 Anerkennung, 12, 15, 19, 20, 21, 23, 24, 28Fn16, 33, 43, 44, 60, 67, 72Fn8, 111, 122, 123, 124, 125, 136, 140Fn19, 141, 142, 146, 150, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 160Fn14, 162, 163 Anerkennung im Konditional, 21, 24, 27Fn9, 60, 71, 92 antihomophob, 17 antikapitalistisch, 17, 42, 44 antirassistisch, 12, 14, 16, 17, 18, 21, 22, 25, 26Fn5, 33, 36, 40, 42, 44, 55, 62, 69, 77, 78, 81, 88, 96, 97, 98, 108Fn16, 118, 138Fn9, 147, 157, 159, 162 antisexistisch, 17, 66, 68 antitransphob, 17, 27Fn13 Anzaldúa, Gloria, 154 Apparatustheorie, 87, 107Fn8 Aprilkinder, 63, 64, 72 Armbruster, Heidi, 73Fn9

Arslan, Thomas, 74Fn14, 75Fn18 Arslan, Yilmaz, 65 Ästhetik, 15, 23, 24, 37, 82, 83, 85, 87, 103, 142, 146, 150 Aumont, Jacques, 84, 85, 86 Auslöschung, 55, 88, 92, 99, 102 Ayten, Hatice, 75Fn20 Bad Object-Choices, 48Fn7 Bailey, David, 18, 27Fn14 Bakondy, Vida, 107Fn12 Barthes, Roland, 40, 43, 78, 82, 106Fn4, 123, 141 Bataille, Georges, 163 Baudry, Jean-Louis, 107Fn7 Belehnung, 19, 20, 123, 141, 142, 149, 156, 162 Benveniste, Emile, 143, 158Fn8 Berlant, Lauren, 160Fn14 Bhabha, Homi, 48Fn6, 70 Bild, 48Fn12, 50Fn22, 52, 58, 59, 60, 66, 67, 68, 75Fn19, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 84, 86, 87, 89, 91, 92, 97, 101, 102, 103, 104, 106Fn5, 113, 114, 115, 118, 120, 121, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 130, 133, 135, 137Fn5, 137Fn6, 138Fn8, 141, 145, 147, 156, 159Fn8, 162, 163, 165Fn8 Bilderrepertoire, 112, 113 Bild/er/wissenschaft, 34, 35, 47, 48Fn12, 49Fn21, 82 Blick, 14, 46, 87, 103, 104, 109Fn22, 112, 113, 114, 115, 116, 125, 128, 137Fn7, 108Fn37, 140Fn19, 141, 142, 150, 154, 162 187

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Blicken, das, 24, 46, 112, 114, 116, 128, 135, 137Fn1, 140Fn19, 141, 142, 146, 147, 150, 156, 158Fn4, 162 produktives Blicken, 146, 147, 156 Bobula, Kathy, 135 Bohm, Hark, 63 Bois, Yves-Alain, 163 Bojadˇzijev, Manuela, 147 Bornscheuer, Lothar, 11 Bourdieu, Pierre, 27Fn9, 48Fn11, 92, 95 Braidt, Andrea, 74Fn13 Brandes, Kerstin, 52 Brecht, Bertolt, 146, 148, 150, 156 Brown, Wendy, 56, 57, 58 Bryson, Norman, 48Fn1 Buck-Morss, Susan, 39 Buergel, Roger M., 106Fn3, 112, 139Fn11 Butler, Judith, 19, 20, 24, 27Fn15, 28Fn16, 72Fn2, 106Fn6, 111, 122, 126, 136, 142, 151, 152, 153, 154, 155, 157, 158, 160Fn9, 160Fn13 Caixeta, Luzenir, 11, 26Fn2 Califia, Pat [Patrick], 54, 72Fn5, 72Fn6, 135 Cameron, Loren, 139Fn17 Castro Varela, María do Mar, 107Fn13 Certeau, Michel de, 13 Community, 140Fn18 Comolli, Jean-Louis, 13, 86, 107 Composite-Photographie, 101, 134Abb.13 Crary, Jonathan, 34, 35 Crow, Thomas, 39 Cultural Studies, 36, 49Fn13 DaCosta Kaufmann, Thomas, 37, 49Fn15 Daney, Serge, 13 Darstellungskonvention, 77, 84, 85, 104

de Lauretis, Teresa, 14, 17, 18, 19, 24, 27Fn14, 48Fn4, 48Fn7, 59, 63, 75, 104, 107Fn9, 109Fn24, 112, 116, 117, 118, 119, 120, 139Fn13, 144, 145, 154, 158, 159Fn6 de Man, Paul, 108Fn19 Demirovi´c, Alex, 49Fn18, 147 Demokratie, radikale, 83 Deutsche gegen rechte Gewalt, 24, 77, 92, 93, 97, 98Abb.7, 99, 99Abb.8, 100Abb.9, 102, 103, 104, 108Fn5 Deutsch/-land, 16, 22, 25, 36, 49Fn18, 59, 60, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 70, 73Fn10, 74, 75Fn17, 75Fn20, 75Fn21, 80, 92, 93, 94, 96, 97, 99, 103, 108Fn17 Dhawan, Nikita, 73Fn10, 107Fn1310 Dialogai, 11, 26Fn3 Diederichsen, Diedrich, 12Fn48, 49Fn21 Disidentifikation, 136, 142, 146, 156, 157, 162, 163 Diskriminierung, 17, 100 diskursive Auslöschung, 55, 92, 99, 102 Disziplinierung bzw. Redisziplinierung, 34, 36, 37, 38, 40, 41, 51, 52 dominante Fiktion, 114, 115, 123, 138, 145, 153 Dominanz, 34, 41, 49Fn20, 55, 61, 159Fn8 double consciousness, 119, 120 doubled vision, 119 Doucette, Erika, 26Fn2 Dyer, Richard, 16, 17, 72Fn4, 73Fn8, 107Fn12, 116, 133 Eco, Umberto, 84, 85 Eggers, Maureen Maisha, 73Fn8 Einbürgerung.Fair.Gerecht.Tolerant., 24, 77, 80, 92, 93, 94Abb.4, 95Abb.5, 96, 96Abb.6, 97, 98, 99, 102, 103, 108Fn15

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Elkins, Thomas, 40, 46, 47, 48Fn2, 48Fn8, 49Fn14, 49Fn15, 49Fn15, 49Fn16, 49Fn19 Emcke, Carolin, 20, 153 Engel, Antke, 87, 104, 106, 137Fn2, 139Fn12, 139Fn13, 153, 154, 160Fn9 Episteme, 14 Erdem, Esra, 75Fn22, 75Fn23 Erfahrung, 28Fn16, 55, 57, 105, 138Fn8, 139Fn15, 144, 151, 158Fn3, 158Fn4 Erinnerung, 147 Ernst, Waltraud, 27Fn11, 81, 139Fn14 ethnisierend, 21, 105 ethnisiert, 55, 59, 63, 66, 73 Evidenz, evident, 13, 53, 101, 132, 133, 141 Fanon, Frantz, 14 Feld der Sichtbarkeit, 22, 24, 112, 113, 114, 115, 116, 123, 136, 139n10, 141, 142, 150, 156, 161 Fels, Eva, 27Fn13 Feminismus, feministisch, 12, 14, 15, 17, 18, 21, 25, 27Fn14, 33, 34, 36, 37, 40, 42, 44, 49Fn13, 50Fn22, 69, 76Fn24, 81, 83, 87, 103, 104, 106Fn6, 108Fn18, 109Fn22, 112, 117, 118, 119, 124, 137Fn6, 137Fn7, 139Fn14, 144, 145, 157, 159, 162 Femme, 52, 72Fn1 Ferguson, Russel, 124 Filmtheorie, Filmtheoretiker_in, 33, 63, 67, 77, 86, 103, 112, 118, 137Fn7, 142, 144, 145 Fink, Dagmar, 72Fn1 Flandern, 129

Form, 12, 13, 14, 15, 16, 20, 21, 22, 23, 26Fn4, 26Fn5, 27Fn8, 41, 44, 51, 57, 59, 60, 61, 66, 67, 69, 70, 73Fn9, 75Fn22, 75Fn23, 77, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 91, 95, 111, 112, 114, 115, 116, 121, 122, 123, 126, 127, 131, 136, 138Fn8, 139Fn16, 149, 152, 157, 159Fn5, 161, 162, 163 Foster, Hal, 13, 14, 30, 31, 32, 40 Fotografie, 19, 45, 78, 79, 88, 94, 101, 114, 123, 124, 125, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 136, 139Fn17 Foucault, Michel, 14, 33, 50Fn24, 57, 80, 84, 88, 127, 131, 137Fn4 Frankenberg, Ruth, 55 Fraser, Andrea, 165Fn1 Fraser, Mariam, 48Fn7, 72Fn3 Fraser, Nancy, 27Fn15, 117, 160Fn12, 160Fn13 Friedberg, Anne, 35 Frketi´c, Vlatka, 108Fn16 Fuchs, Sabine, 53 Galton, Francis, 101, 133, 134, 134Abb.13, 135 Gates, Henry Louis, 107Fn10 gaze, 109Fn22, 112, 125, 138Fn8 gender et alia, 73Fn9 Genre, 16, 22, 23, 59, 60, 61, 62, 64, 65, 66, 68, 70, 71, 74Fn13, 75Fn18, 75Fn20, 101 Gewalt, 20, 24, 54, 55, 56, 57, 66, 67, 68, 69, 73Fn7, 73Fn10, 75Fn23, 78, 97, 107Fn9, 107Fn13, 108Fn16, 109Fn23, 123, 126, 148 Gilman, Sander, 61 Gilroy, Paul, 119, 120, 139Fn15 Gledhill, Christine, 48Fn4 Göktürk, Deniz, 16, 22, 59, 60, 63, 66, 67, 74Fn12, 74Fn16, 75Fn17, 75Fn18 Golden, Thelma, 48Fn6 Golding, Sue, 129 Goutrié, Claudie, 27Fn13

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Ambivalenzen der Sichtbarkeit

Grace, Della [vgl. Del LaGrace Volcano], 19, 22, 24, 29, 87, 111, 121, 123, 124, 125, 127, 130, 131Abb.11, 132Abb.12, 132, 133, 134, 135, 136 Gramsci, Antonio, 26, 27Fn8, 121, Green, David, 101 Grover, Jan Zita, 48Fn7 Gutiérrez Rodríguez, Encarnación, 26Fn7, 94, 95, 154, 155 Halberstam, Judith, 125 Halbmayr, Brigitte, 49Fn20, 72Fn4, 73Fn8 Hall, Stuart, 48Fn6, 49Fn13, 62, 79, 80, 106Fn1, 131, 158 Haraway, Donna, 27Fn11, 48Fn4, 81, 106Fn2, 139Fn14 Haritaworn, Jinthana, 75Fn22, 75Fn23 Hark, Sabine, 106Fn6, 131, 132 Harsieber, Heidi, 163Abb.14 Hart, Lynda, 72Fn6 Heath, Stephen, 83, 84, 85 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, 28Fn16, 151, 160Fn10, 160Fn12 hegemonial, 14, 21, 22, 24, 26Fn7, 27Fn8, 31, 46, 48Fn1, 52, 55, 59, 61, 69, 72, 84, 85, 86, 89, 91, 92, 107Fn13, 111, 112, 115, 116, 117, 118, 121, 122, 123, 126, 136, 140Fn18, 147, 150, 153, 154, 154, 155, 156, 158Fn4, 160Fn9, 161, 162 hegemonialisieren/-d, Hegemonialisierung, 24, 31, 87, 111, 121, 139Fn10, 145, 154, Hegemonie, 20, 27Fn8, 71, 82, 84, 91, 95, 111, 112, 114, 121, 123, 126, 145, 161 Hegemonie des Auges, 13 Hegemonie des Visuellen, 30, 44, 45, 50Fn23 Heidegger, Martin, 14 Hennessy, Rosemary, 48Fn6 Hentschel, Linda, 35, 48Fn9, 87, 103

Herrschaft, 14, 17, 20, 21, 24, 29, 35, 36, 47, 50Fn24, 56, 59, 68, 70, 75Fn22, 78, 82, 92, 95, 102, 106Fn6, 111, 112, 115, 116, 119, 121, 123, 124, 126, 132, 133, 139Fn16, 145, 146, 159, 160Fn11 herrschaftskritisch, Herrschaftskrtik, 36, 41, 42, 104, 139 heteronormativ, Heteronormativität, 12, 53, 74, 87, 101, 103, 107Fn9, 115, 133, 159Fn5, 160Fn9 heteropathisches Identifizieren, 146, 154 Hevers, Edda, 137Fn4 Hill Collins, Patricia, 120 Hirschfeld, Hans Magnus, 133 Hoenes, Josch, 139Fn17 Holert, Tom, 13, 33, 34, 48Fn3, 48Fn9, 48Fn12 Holland, Patricia, 48Fn4 Holly, Michael Ann, 48Fn2 Honneth, Axel, 27Fn15, 160Fn11, 160Fn12 Horkheimer, Max, 68 Hypervisibilität, 56, 88, 108Fn20 Ideal, idealisier/-en/-d, 18, 19, 21, 92, 117, 123, 125, 142, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 153, 155, 156, 157, 159Fn5, 160, 163 Identifikation-auf-Distanz, 149 Identifikation, 25, 32, 70, 114, 123, 143, 144, 146, 147, 148, 149, 151, 159Fn6, 160Fn9 Identifikationsangebote, 18 Identitätspolitik, identitätspolitisch, 17, 53, 106Fn6, 132, 161 Ideologie, 26Fn5, 35, 73Fn9, 87, 114, 117, 119, 121, 122, 126, 137Fn7, 139Fn16, 141 Ideologie des Sichtbaren bzw. der Sichtbarkeit, 13, 86, 132 Ideologiekritisch, 84 Intelligibilität, intelligibel, 52 interdisziplinär, Interdisziplinarität, 37, 38, 39, 40, 41, 43, 46, 47 Ivekovi´c, Rada, 154, 155

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Jay, Martin, 26Fn6, 45, 48Fn1 Jenks, Chris, 48Fn2 Johnston-Arthur, Araba Evelyn, 55, 75Fn23, 91, 108Fn16, 108Fn20 Kamera, 64, 79, 80, 86, 94, 114, 118, 128, 130, 131, 137Fn7, 138Fn8 Knebl, Jakob Lena, 25, 163, 163Abb. 14, 165Fn2 Koch, Gertrud, 79, 80 Kolbowski, Silvia, 38 Konditional, 21, 24, 52, 60, 71, 92, 98 Krauss, Rosalind, 48Fn5, 49Fn19, 106Fn6, 135, 163 Kravagna, Christian, 139Fn11 Kuhn, Annette, 48Fn4 Kühn, Heike, 74Fn16 Kulturwissenschaft/-en, 34, 42 Kunstgeschichte, Kunstwissenschaft/-lich, 23, 29, 30, 33, 34, 36, 37, 39, 40, 41, 42, 45, 47, 49Fn14, 49Fn15, 49Fn19, 50Fn20, 82, 106Fn5 Kunst, künstlerisch, 11, 15, 18, 19, 21, 22, 34, 35, 38, 39, 40, 42, 48Fn12, 63, 82, 105, 128, 129, 137 Künstler_in, 37, 88, 124, 128, 130, 163, 165Fn1, 165Fn2, 165Fn3 Lacan, Jacques, 14, 82, 112, 113, 114, 137Fn4, 137Fn5, 137Fn7, 138Fn8, 142, 143, 145, 160Fn10 LaGrace Volcano, Del, 19, 22, 24, 29, 87, 111, 121, 123, 124, 125, 127, 130, 131Abb.11, 132Abb.12, 132, 133, 134, 135, 136 Latour, Bruno, 106Fn3 Lauré al-Samarai, Nicola, 73Fn10 Lesbarkeit, 20, 33, 113, 126, 127, 132 Lesbe/-n, lesbisch, 11, 15, 17, 27Fn14, 52, 57, 58, 69, 73Fn7, 106Fn6, 124, 125, 126, 158Fn4, 160 lesBischwul, lesBischwultrans, 12, 44, 53, 75, 162 Lewis, Reina, 75Fn22

look, 109Fn22, 112, 114 Lummerding, Susanne, 48Fn4, 48Fn10, 50Fn25, 81, 82, 115, 137Fn3, 137Fn7, 138Fn8, 143, 150, 158Fn2 MacCabe, Colin, 85 Machold, Abi-Sara, 108Fn16 Macht, 12, 13, 14, 15, 17, 18, 20, 23, 34, 35, 41, 50Fn24, 51, 54, 55, 56, 57, 70, 80, 81, 84, 88, 89, 112, 115, 117, 125, 131, 132, 145, 152, 160Fn11, 165Fn1, maiz, 11, 26Fn2 majoritär, 21, 26Fn5, 52, 60, 62, 63, 68, 70, 71, 90, 93, 96, 105 majorisierend, 22, 26Fn5, 44 majorisiert, 14, 24, 56, 59, 115, 136 Marcus, Sharon, 107Fn9 Marcuse, Herbert, 115 Markell, Patchen, 67 Marth, 97, 98 marxistisch, 33, 87, 162 Mayne, Judith, 48Fn7 McClintock, Anne, 103 mehr Sehen bzw. Mehr-Sehen, 58, 59, 71, 162 Mehr Sichtbarkeit, 12, 15, 17, 23, 51, 52, 58, 111, 131, 162 Melanie klein/groß, 163, 163Abb.14, 165Fn2 Mercer, Kobena, 48Fn6, 48Fn7, 53, 100, 107Fn10, 132 Merck, Mandy, 131 Merleau-Ponty, Maurice, 14, 107Fn7 Metz, Christian, 48Fn1 Meyer, Katrin, 151, 160Fn11 Meyers Konversations-Lexikon, 24, 28Fn16, 60, 151 Migrant_innen, 15, 16, 17 Migrant_innendrama, 22, 23, 52, 60, 61, 62, 65, 68, 70, 71, 75Fn18, 75Fn20 Migrantenkino, 16, 59, 60, 66, 74 Migration, 22, 94, 108Fn20, 143 Mike and Sky, 128, 129, 129Abb.10 Milieu, 126, 140Fn18 minorisierend, 26Fn5, 54, 98, 161 191

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minorisiert, 12, 14, 15, 19, 22, 24, 44, 52, 53, 55, 59, 60, 71, 76Fn24, 77, 78, 90, 99, 102, 104, 105, 115, 117, 118, 120, 126, 127, 140Fn19, 149, 154, 158Fn4, 160Fn6, 161 minoritär, 26Fn5, 136 Mirzoeff, Nicholas, 32, 36, 48Fn2, 48Fn3, 49Fn15 Mitchell, W. J. T., 45, 46, 49Fn15, 50Fn23 Möller, Heiner R., 42 Morrison, Toni, 73Fn8, 107Fn12 Mörtenböck, Peter, 48Fn9 Moxey, Keith, 48Fn2 Mühr, Patricia, 74Fn13 Mulvey, Laura, 103, 109Fn22 Muñoz, José Esteban, 136, 156, 157, 162 Nachahmung, 78 naturalisiert, 31, 53, 62 naturalisierend, 26Fn5, 30, 53, 54, 73Fn9, 85, 109Fn23, 132, 133, 141 Neale, Steve [Stephen], 62, 67, 69 negative Bilder, 60, 68 Noack, Natascha, 112, 139Fn11 Noack, Ruth, 199Fn22 Nord, Christina, 58, 72Fn2 normativ, Normativität, 12, 24, 47, 51, 55, 113, 116, 137Fn6, 146, 147, 148, 149, 151, 153, 155, 160Fn9, 160Fn12 Norm/-en, 19, 20, 24, 55, 72Fn1, 82, 102, 123, 149, 150, 151, 152, 155, 156, 162 normalisierend, Normalisierung, 133 October, 37, 39, 49Fn15, 49Fn19, 49Fn21 offizieller Diskurs, offizielle Sprache, 16, 27Fn9, 80, 92, 95, 96, 99, 101, 153 O’Grady, Lorraine, 88, 89 Ökonomie, 20, 88, 116, 131, 140Fn19, 146, 152, 156, 162

Opie, Catherine, 19, 22, 24, 29, 87, 111, 121, 123, 124, 125, 127, 128, 129, 129Abb.10, 135, 136 österreichisch, Österreich, 25, 26Fn2, 36, 38, 63, 75Fn21, 107Fn12, 108Fn20, 165Fn3 Otyakmaz, Berrin Özlem, 66 Panofsky, Erwin, 13, 85, 86, 107Fn7 pathologisierend, 20, 21 patriarchal, 12, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 75Fn18, 87, 107Fn13, 137Fn6, 137Fn7, 159Fn5 Pêcheux, Michel, 139Fn16, 141, 142, 157, 162 performativ, 80, 82, 104 Penley, Constance, 13 Petzen, Jennifer, 75Fn22, 75Fn23 Phelan, Peggy, 15, 18, 48Fn4, 56 Pickering, Michael, 61 Pink Cross, 11, 26Fn3 Plakat, plakatieren, 11, 16, 22, 24, 55, 92, 93, 104 Politische, das, 82, 138Fn8 Pollock, Griselda, 18, 27Fn14, 157 Porträt, porträtieren, 22, 24, 29, 87, 93, 94, 101, 111, 122, 123, 124, 125, 127, 128, 129, 130, 131, 131Abb.11, 132Abb.12, 134, 134Abb.14, 135 positive Bilder, 18, 19, 27Fn14, 97, 162 postkolonial, 12, 14, 33, 36, 69, 73, 89, 107Fn12, 119, 138Fn9 Praxis, Praktiken, 13, 17, 24, 25, 30, 32, 38, 40, 41, 48Fn3, 58, 70, 72, 73, 58, 96, 106Fn4, 123, 125, 141, 148, 149, 159, 161, 164, 165Fn1 Bedeutungs-/Repräsentationspraxis, 15, 16, 23, 24, 51, 52, 56, 59, 69, 70, 108Fn14, 131, 162

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Index

Praxis des Blickens, 24, 115, 140Fn19, 150, 154, 156, 162 Übersetzungspraxis, 25, 154, 155, 156 Forschungspraxis, 30, 32, 41, 47, 48Fn3 reflexive Praxis des Sehens, 24, 58, 59, 71, 162 reflexive Praxis, 41, 58, 156 Preciado, Beatriz, 133 Probyn, Elspeth, 140Fn18 Psychoanalyse, psychoanalytisch 20, 37, 50Fn22, 82, 137Fn4, 142, 143, 145, 148, 151, 158Fn4, 165Fn1 queer, 12, 21, 25, 33, 40, 42, 43, 44, 52, 72Fn1, 73Fn7, 81, 84, 87, 106Fn6, 118, 123, 125, 126, 127, 128, 130, 138Fn9, 157, 158Fn4, 160Fn14, 162, 163, 164, 165Fn2 rassisierend, Rassisierung, 12, 21, 101, 49Fn13, 65, 74Fn16, 77, 78, 100, 105, 109Fn22 rassisiert, Rassisiertheit, 41, 55, 59, 63, 70, 73Fn9, 96, 100, 101, 102, 103, 105, 107Fn10, 109Fn23, 113, 119, 120, 127, 132 rassistisch, Rassismus, 49Fn13, 61, 69, 73Fn9, 101, 116, 147 Realismus, 60, 84, 85, 86 Realität, 61, 69, 77, 81, 82, 85, 93, 113, 114, 137Fn5 realitäts-/wirklichkeits-/erzeugend, 77, 80 Realitätsgültigkeit, 84 Realitätskonstruktion, 81, 82 Rebi´c, Goran, 75Fn18 Reflexivität, 34, 40, 41, 83, 150 reflexive Praxis, 41, 58, 156 reflexive Praxis des Sehens, 24, 58, 59, 71, 162 Reinecke, Stefan, 74Fn16

Repräsentation, 14, 15, 16, 17, 19, 22, 24, 29, 31, 32, 33, 34, 45, 52, 56, 59, 60, 61, 67, 68, 69, 70, 72Fn1, 72Fn3, 76Fn24, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 97, 98, 101, 103, 104, 106Fn6, 107Fn9, 107Fn12, 108Fn14, 108Fn20, 109Fn22, 115, 117, 119, 120, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 133, 136, 137Fn6, 139Fn16, 149, 154, 159Fn6, 161 ästhetische Dimension, 85, 90 epistemologische Dimension, 84, 87, 90, 91 Last der Repräsentation, 88, 90, 107Fn10 politische Dimension, 83, 87, 89, 90, 91, 106Fn6 Repräsentation, visuelle, 12, 22, 24, 51, 53, 59, 87, 158Fn4 Repräsentationsapparat, 86, 87 Repräsentationsform, 19, 23, 53, 62, 70, 78, 86, 91, 92, 123, 129 Repräsentationsformat, 96 Repräsentationsgewalt, 69, 75Fn23, 108Fn16 Repräsentationsgrammatik, 88, 89, 92, 98, 102, 107Fn9, 115, 117, 120, 122, 123, 125, 133, 108Fn19, 127, 130, 133 repräsentationskritisch, Repräsentationskritik, 14, 15, 16, 17, 18, 23, 47, 55, 59, 61,. 70, 77, 78, 84, 85, 87, 109Fn22, 162 Repräsentationspraxis, 16, 51, 70, 81, 108Fn14, 112, 113, 115, 162 Repräsentationslogik, 47, 132 Repräsenationsmodalität, 22, 24, Repräsentationsmodus, 23, 59, 60, 129, 133 Repräsentationsordnung, 27Fn14, 52, 53, 70, 90, 121, 126, 153 Repräsentationsparameter, 149 repräsentationspolitisch, Repräsentationspolitik, 75Fn22, 76Fn24, 93, 97 193

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Ambivalenzen der Sichtbarkeit

Repräsentationsstandard, 21, 85, 86, 153 Repräsentationsstrukturen, 12, 98 Repräsentationssystem, 53, 114, 117, 112, 138Fn8, 145 Repräsentationsvorgaben, 52, 92, 118, 158Fn4 Rhetorik, rhetorisch, 12, 13, 14, 17, 18, 19, 31, 43, 51, 52, 69, 71, 92, 98, 108Fn19, 109Fn23, 154 Rodwick, D. N., 38 Rogoff, Irit, 32, 33, 37, 40, 43, 44, 49Fn16 Rosello, Mireille, 69 Rubin, Gayle, 54, 72Fn5 S/M, 54, 128, 130, 140Fn21 s_he, 26Fn4 Saar, Martin, 20, 153 Said, Edward, 75Fn22, 90, 91 Salgado, Rubia, 26Fn2, 159Fn8 Schade, Sigrid, 12, 41, 42, 45, 46, 47, 48Fn9, 48Fn10, 49Fn16, 50Fn22, 53, 82, 106Fn5, 137Fn6 Scheirl, Hans, 163Abb.14, 163, 165Fn2, 165Fn3 Scheler, Max, 148, 149, 159Fn7 Schließung, 138Fn8, 158Fn2 Schmeiser, Jo, 25, 97, 98 Schulman, Sarah, 22, 124 Schütz, Alfred, 131 Schwarz/-sein, 27Fn14, 53, 55, 69, 73Fn10, 88, 89, 91, 97, 99, 100, 104, 107Fn10, 107Fn12, 108Fn16, 108Fn20, 109Fn23, 116, 119, 120, 139Fn15 Schweigen, 56, 57, 73Fn10, 107Fn13 schwul, Schwule/-r, 11, 15, 17, 26Fn3, 27Fn14, 57, 58, 69, 73Fn7, 128, 140Fn21, 160Fn9 screen, 112, 113, 137Fn3, 148 Sedgwick, Eve Kosofsky, 55, 102 Sehen, das, 12, 14, 24, 30, 31, 32, 33, 35, 40, 45, 46, 47, 53, 58, 59, 71, 86, 87, 107Fn7, 112, 113, 114, 119, 120, 141, 142, 142, 145, 146, 147, 150, 154, 155, 162

Sekula, Allan, 101, 107Fn11, 127, 129, 131 Semiotik, semiotisch, 37, 45, 47, 77, 80, 85, 106Fn2, 106Fn6, 143, 144, 145, 146, 158Fn4 Sexismus, sexistisch, 12, 27Fn13, 68, 87, 109Fn22, 138Fn9 Shohat, Ella, 36, 89, 90 Sichtbarkeit, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 23, 30, 33, 34, 35, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 71, 72Fn3, 77, 84, 85, 86, 91, 102, 111, 113, 127, 141, 161, 162 affirmative, 16, 21 als Ideologie bzw. Ideologie des Sichtbaren, 86, 132 als politische Kategorie, 12 als Topos, 11, 13, 23, 43, 94, 141 Ambivalenzen der, 29, 59, 78, 141, 161, 163 anerkennende, 19, 59, 92, 105, 131, 136, 162 Bedingungen der, 17, 19, 162 Feld der, 19, 22, 24, 47, 112, 113, 114, 115, 116, 123, 139Fn10, 141, 142, 145, 147, 150, 153, 156 Form der, 59, 84, 87, 91, 136 hegemoniale bzw. dominante, 21, 91, 153 Herstellung bzw. Hergestelltheit der, 33, 77, 136 im Konditional, 21 Ökonomie der, 131 Regime der, 33 Systeme der, 24, 116 Sichtbarkeitspolitik/-en, 17, 53, 54, 58, 78, 84, 111 Sichtbarkeitsverhältnisse, 33, 47 Silverman, Kaja, 24, 46, 48Fn4, 80, 109Fn22, 112, 113, 114, 115, 116, 136, 138Fn8, 138Fn9, 139Fn10, 142, 143, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 154, 155, 156, 158Fn3, 158Fn4, 159Fn5 skopisches Regime, 13, 31, 48Fn1, Solomon-Godeau, Abigail, 35, 48Fn5 194

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Souveränität/s/-phantasien/-gefühl/-struktur, 16, 21, 24, 56, 60, 70 space-off, 14, 19, 59, 112, 116, 117, 118, 119, 154, 158 Spence, Jo, 48Fn5 Spiegel, 22, 52, 70, 84, 113, 126, 137Fn6 Spivak, Gayatri Chakravorty, 43, 77, 90, 104, 107Fn13 Sprache, 45, 47, 60, 73Fn10, 80, 81, 92, 95, 115, 141, 142, 143, 144, 158Fn3 Stabile, Carol, 34 Stam, Robert, 36 Stecher, Marcella, 140Fn18 stereotypisieren, Stereotyp, 15, 16, 19, 20, 21, 22, 23, 43, 46, 51, 55, 56, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 67, 68, 69, 70, 71, 74Fn16, 75Fn19, 75Fn20, 89, 106Fn6, 133, 153 Steyerl, Hito, 102 Sturken, Marita, 48Fn2 subaltern, 14, 19, 26Fn7, 59, 90, 94, 95, 96, 107Fn13, 115, 158 Subjekt, 14, 17, 34, 37, 52, 53, 55, 58, 61, 68, 81, 107Fn8, 107Fn12, 109Fn22, 112, 113, 114, 119, 122, 123, 125, 127, 129, 136, 137Fn1, 138Fn8, 139Fn14, 140Fn19, 142, 143, 144, 148, 151, 152, 155, 158Fn2, 158Fn3 Subjekteffekte, 112, 114, 138Fn8 Subjektivierung/-sform, 52, 70, 143 Subjektivität, 22, 32, 33, 35, 46, 66, 83, 91, 106Fn5, 113, 114, 117, 118, 133, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 150, 151, 155, 156, 158Fn2, 158Fn3, 159Fn5 Subjektkonstitution, 32, 33, 47, 113, 138Fn8, 140Fn19

Subjektposition, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 27Fn10, 27Fn14, 44, 52, 54, 55, 59, 60, 61, 69, 70, 71, 73Fn10, 77, 87, 88, 89, 92, 96, 98, 99, 102, 103, 104, 105, 109Fn23, 120, 123, 125, 130, 136, 137Fn1, 140Fn19, 141, 143, 145, 146, 148, 150, 153, 159Fn6, 160Fn9, 161 subjektives Blicken bzw. Sehen, 141, 142, 145 Subjektstatus, 142, 153 Subkultur, 48Fn1, 116, 125, 126, 128, 130, 139Fn12, 140Fn18 Sykora, Katharina, 133 Tagg, John, 48Fn5, 86, 88, 122, 123, 127, 128 Tate, Shirley, 73Fn9 Taylor, Charles, 160Fn11 Tebbe, Krista, 63, 74Fn15 Technologie, technologisch, 32, 34, 86, 87, 112, 113, 138Fn8, 145 Terkessidis, Mark, 61, 108Fn20 Tietz, Lüder, 74Fn11 to-be-looked-at-ness, 103, 109Fn22 Topos, 11, 13, 14, 23, 43, 92, 94, 119, 141 trans, 126, 135, 158 Transaktivist, 130 Transdisziplinarität, transdisziplinär, 23, 29, 33, 37, 40, 41, 42, 47 Transmann, transmännlich, 73Fn7, 123, 130, 133, 134, 135, 136, 139Fn17 transgender, 73Fn7, 135, 139Fn12, 165Fn3 Transpersonen, 21, 73Fn7, 135 transpolitisch, 123 Transsexuell, 58, 135, 139Fn17 Transparenz, 13, 34, 84, 141, 158Fn1 Tranz Portraits, 130, 131Abb.11, 132, 132Abb.12 Treichler, Paula, 13 Trinh T. Minh-ha, 73Fn9, 73Fn10

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türkisieren/-d, Türkisierung, 56, 60, 62, 65, 68, 69, 70, 75Fn16, 75Fn20 türkisiert, 63, 64, 68, 74Fn16 typologisieren, typisieren, 16, 73Fn9, 88, 100, 101, 105, 127, 131, 132 Übersetzung, rück-/übersetzen, 12, 14, 24, 25, 43, 71, 73Fn9, 78, 92, 94, 112, 113, 127, 133, 138Fn8, 154, 155, 156, 157, 162, 163 Umeri, Dominic Mariochukwu, 108Fn16 Un_Form, 163, 164 unintelligibel, 19, 111 Unlesbarkeit, 20, 113, 126, 127 Unsichtbarkeit, 13, 21, 33, 43, 47, 49Fn20, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 71, 72Fn4, 89, 91, 102, 108Fn29, 113, 161 v/erkennen, 39, 113, 114, 137Fn6 Verschließungen, 42, 157 Verwerfung, verwerfen, verworfen, 24, 32, 42, 58, 116, 140Fn19, 142, 147, 148, 149, 153, 157, 160Fn9 Visualität, 12, 14, 15, 29, 30, 31, 32, 34, 43, 46, 47, 59, 94, 112, 142, 145 Visuelle Kommunikation, 42, 49Fn21 Visuelle Kultur, 23, 30, 32, 36, 37, 39, 40, 41, 45, 46, 48Fn8, 49Fn15, 49Fn21 Vorgesehene, das, 112, 114, 115, 123, 125, 136, 139Fn10, 145, 154 Wagenknecht, Nancy [Peter], 27Fn8, 91, 121 Wahl, François, 58, 162 Walker, Lisa, 48Fn7, 53 Warner, Michael, 160Fn14 Watney, Simon, 48Fn4 Weiß/-sein 15, 18, 26, 53, 55, 62, 63, 72Fn3, 72Fn4, 88, 89, 93, 107Fn12, 115, 116

Wenk, Silke, 12, 27Fn12, 40, 41, 44, 48Fn9, 48Fn10, 53, 82, 83, 103, 108Fn14, 137 Westwood, Sallie, 153 Williams, Linda, 35 Winkler, Hartmut, 61, 67, 75Fn19 Winter, Renée, 107Fn12 Wollrad, Eske, 73Fn8 Yara, 65, 65Abb.3 Yasemin, 63, 64, 64Abb.2, 74Fn16 Yavuz, Yüksel, 64, 74Fn14 Young, Iris Marion, 20, 27Fn15, 160Fn13 Young, Lola, 103, 107Fn10 Zentralperspektive, 13, 87, 107Fn8 Zu-Sehen-Gegebenes, 12, 14, 51, 53, 136, 145 zwangszweigeschlechtlich, 26Fn4

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Dank an

Silke Wenk / Sabine Broeck / Elke Koch / Lilly Axster / Lisa Udl / Renée Winter / Franziska Schultz / Antke Engel / Elisabeth Schaffer / Bernhard Schaffer / Renate Lorenz / Richard Ferkl / Sushila Mesquita / Josch Hoenes / Katarina Streiff / Christiane Zeiler / Susanne Lummerding / Octavia Ess-Dietz / Persson Baumgartinger/ Helga Hofbauer / Herbert Posch / Dagmar Fink / Marcella Stecher / Christine Aebi / Jutta Braidt / Barbara Paul / Silvia Stoller / Beatrix Bakondy / Gabriella Hauch / Carmen Mörsch / Tanja Maier / Thomas Bohuslav / Anıl Üver / Derek Holteman / Nina Arzberger / Vlatka Frketi´c / Anna Kowalska / Tania Araujo / Arif Akkılıç / Marth Jo Schmeiser für das Coverbild und den Buchsatz. Den Promotionsstudiengang Kulturwissenschaftliche Geschlechterstudien an der Universität Oldenburg als akademischen Kontext. Die politischen, künstlerischen und theoretischen Zusammenhänge: , Gesprächsvorgänge 2 (Künstlerinnen/ Theoretikerinnen-Kollektiv), gender et alia, FrauenLesbenMigrantinnenbündnis, postborder feminists, gendertalk. Hansen Kommunikation, Köln / Scholz & Friends, Berlin / Regen Projects, Los Angeles / Yilmaz Arslan Filmproduktions GmbH, Berlin / zero one film GmbH, Berlin für das Überlassen von Bildvorlagen. Del LaGrace Volcano / Catherine Opie / Jakob Lena Knebl / Jo Schmeiser für die Erlaubnis, ihre Arbeiten in und auf meinem Buch zu reproduzieren.

ZfK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften

Birgit Althans, Kathrin Audem, Beate Binder, Moritz Ege, Alexa Färber (Hg.)

Kreativität. Eine Rückrufaktion Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 1/2008 März 2008, 138 Seiten, kart., 8,50 € ISSN 9783-9331

ZFK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften Der Befund zu aktuellen Konzepten kulturwissenschaftlicher Analyse und Synthese ist ambivalent: Neben innovativen und qualitativ hochwertigen Ansätzen besonders jüngerer Forscher und Forscherinnen steht eine Masse oberflächlicher Antragsprosa und zeitgeistiger Wissensproduktion – zugleich ist das Werk einer ganzen Generation interdisziplinärer Pioniere noch wenig erschlossen. In dieser Situation soll die Zeitschrift für Kulturwissenschaften eine Plattform für Diskussion und Kontroverse über Kultur und die Kulturwissenschaften bieten. Die Gegenwart braucht mehr denn je reflektierte Kultur, historisch situiertes und sozial verantwortetes Wissen. Aus den Einzelwissenschaften heraus kann so mit klugen interdisziplinären Forschungsansätzen fruchtbar über die Rolle von Geschichte und Gedächtnis, von Erneuerung und Verstetigung, von Selbststeuerung und ökonomischer Umwälzung im Bereich der Kulturproduktion und der naturwissenschaftlichen Produktion von Wissen diskutiert werden. Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften lässt gerade auch jüngere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu Wort kommen, die aktuelle fächerübergreifende Ansätze entwickeln.

Lust auf mehr? Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften erscheint zweimal jährlich in Themenheften. Bisher liegen die Ausgaben Fremde Dinge (1/2007), Filmwissenschaft als Kulturwissenschaft (2/2007) und Kreativität. Eine Rückrufaktion (1/2008) vor. Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften kann auch im Abonnement für den Preis von 8,50 € je Ausgabe bezogen werden. Bestellung per E-Mail unter: [email protected] www.transcript-verlag.de

Studien zur visuellen Kultur Antke Engel Bilder von Sexualität und Ökonomie Queere kulturelle Politiken im Neoliberalismus Dezember 2008, ca. 250 Seiten, kart., ca. 23,80 €, ISBN: 978-3-89942-915-2

Anja Zimmermann Ästhetik der Objektivität Genese und Funktion eines wissenschaftlichen und künstlerischen Stils im 19. Jahrhundert November 2008, 250 Seiten, kart., zahlr. Abb., 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-860-5

Johanna Schaffer Ambivalenzen der Sichtbarkeit Über die visuellen Strukturen der Anerkennung November 2008, 200 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN: 978-3-89942-993-0

Jennifer John, Sigrid Schade (Hg.) Grenzgänge zwischen den Künsten Interventionen in Gattungshierarchien und Geschlechterkonstruktionen Oktober 2008, 200 Seiten, kart., zahlr. Abb., 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-967-1

Corinna Tomberger Das Gegendenkmal Avantgardekunst, Geschichtspolitik und Geschlecht in der bundesdeutschen Erinnerungskultur 2007, 362 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,80 €, ISBN: 978-3-89942-774-5

Tanja Maier Gender und Fernsehen Perspektiven einer kritischen Medienwissenschaft 2007, 280 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-689-2

Marion Hövelmeyer Pandoras Büchse Konfigurationen von Körper und Kreativität. Dekonstruktionsanalysen zur Art-Brut-Künstlerin Ursula Schultze-Bluhm 2007, 284 Seiten, kart., zahlr. Abb., 30,80 €, ISBN: 978-3-89942-633-5

Yvonne Volkart Fluide Subjekte Anpassung und Widerspenstigkeit in der Medienkunst 2006, 302 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-585-7

Sigrid Adorf Operation Video Eine Technik des Nahsehens und ihr spezifisches Subjekt: die Videokünstlerin der 1970er Jahre März 2008, 400 Seiten, kart., zahlr. Abb., 36,80 €, ISBN: 978-3-89942-797-4

Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de

2008-05-27 12-26-20 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02a8179786122216|(S.

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) T00_02 seite 2 - 746.p 179786122240