Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Teil 2, Band 2 [Reprint 2021 ed.] 9783112437223, 9783112437216


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German Pages 1184 Year 1855

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Table of contents :
Vorrede
Zweiter Theil
Neunter Titel. von den Pflichten und Liechten des Adelstandes
Zehnter Titel. von den Rechten und Pflichten der Diener des Staats
Einleitung
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Dienstvergehen und deren Bestrafung
Zweiter Abschnitt. Von dem Disziplinarverfahren
Dritter Abschnitt. Vorläufige Dienstenthebung
Vierter Abschnitt. Nähere und besondere Bestimmungen in Betreff der Bearmten der Justizverwaltung
Fünfter Abschnitt. Besondere Bestimmungen in Betreff der Gemeindebeamten
Sechster Abschnitt. Besondere Bestimmungen in Betreff der Beamten der Militairverwaltung
Siebenter Abschnitt. Besondere Bestimmungen in Betreff der Entlassung von Beamten, welche auf Widerruf angestellt sind, der Referendarien u. s. w
Achter Abschnitt. Verfügungen im Interesse des Dienstes, welche nicht Gegenstand eines Disziplinarverfahrens sind
Neunter Abschnitt. Allgemeine und Uebergangs-Bestimmungen
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Dienstvergehen der Richter und deren Bestrafung
Zweiter Abschnitt. Von dem Disziplinarverfahren
Dritter Abschnitt. Von der Amtssuspension
Vierter Abschnitt. Don der unfreiwilligen Versetzung auf eine andere Stelle
Fünfter Abschnitt. Von der unfreiwilligen Versetzung in den Ruhestand
Sechster Abschnitt. Nähere Bestimmungen, betreffend die Auseinandersetzungs- Behörden, das Generalauditoriat und die Auditeure
Eilfter Titel. Von den Rechten und Pflichten der Lirchen und geistlicheu Gesellschafte
Erster Abschnitt. Von Kirchengesellschaften überhaupt
Zweiter Abschnitt. Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften
Dritter Abschnitt. Von den Obern und Vorgesetzten der Kirchengesellschaften
Vierter Abschnitt. Von den Gütern und dem Vermögen der Kirchengesellschaften
Fünfter Abschnitt. Von Parochien
Sechster Abschnitt. Von dem Pfarrer und dessen Rechten
Siebenter Abschnitt. Von weltlichen Kirchenbedienten
Achter Abschnitt. Von Kirchenpatronen
Neunter Abschnitt. Bon der Verwaltung der Güter und des Vermögender Pfarrkirchen
Zehnter Abschnitt. Von Pfarrgütern und Einkünften
Eilfter Abschnitt. Don Zehenten und aüdern Pfarrabgaben
Zwölfter Abschnitt. Bon geistlichen Gesellschaften überhaupt
Dreizehnter Abschnitt. Von katholischen Domstiften und Kapiteln
Vierzehnter Abschnitt. Von Collegiatstiften
Fünfzehnter Abschnitt. Von Klostergesellschaften
Sechszehnter Abschnitt. Vom geistlichen Ritterorden
Siebzehnter Abschnitt. Von weltgeistlichen Eanonicis
Achtzehnter Abschnitt. Von Mönchen und Ordensleuten
Neunzehnter Abschnitt. Von den Mitgliedern der geistlichen Ritterorden
Zwanzigster Abschnitt. Von protestantischen. Stiften, Klöstern, Ritterorden, und deren Mitgliedern
Zwölfter Titel. von niedern und Hähern Schulen
Dreizehnter Titel. von den Rechten und Pflichten des Staats überhaupt
Vierzehnter Titel. von den Staatseinkünften und fiskalischen Rechten
Fünfzehnter Titel. von den Rechten und Regalien des Staats in Ansehung der Landstraßen, Ströme, Hasen und Meererufer
Erster Abschnitt. Von Land- und Heerstraßen
Zweiter Abschnitt. Von Strömen, Hafen und Meeresufern
Dritter Abschnitt. Von der Zollgerechtigkeit
Vierter Abschnitt. Vom Postregal
Fünfter Abschnitt. Von der Mühlengerechtigkeit
Sechszehnter Titel. von den vechten des Staats auf herrenlose Güter und Sachen
Erster Abschnitt. Von den Rechten des Staats auf Herrnlose Grundstücke
Zweiter Abschnitt. Don den Rechten des Staats auf erblose Verlassenschaften
Dritter Abschnitt. Vom Jagdregal
Vierter Abschnitt. Vom Bergwerksregal
Siebenzehnter Titel. von den stechten und Pflichten des Staats zum besondern Schutze seiner Unterthanen
Erster Abschnitt. Von der Gerichtsbarkeit
Zweiter Abschnitt. Von Auswanderungen, Abfahrts- und Abschoßgeldern
Achtzehnter Titel. von Vormundschaften und Luratklen
Einleitung
Erster Abschnitt. Von den Personen, welchen Vormünder oder Curatoren bestellt werden müssen
Zweiter Abschnitt. Bon denjenigen, welchen die Bestellung der Vormünder und Curatoren zukommt und obliegt
Dritter Abschnitt. Von den Personen, welche das Amt eine- Vormundes zu übernehmen schuldig, und dazu fähig sind
Vierter Abschnitt. Von Verpflichtung und Bestätigung -er Vormünder
Fünfter Abschnitt. Von den Rechten und Pflichten der Vormünder überhaupt
Sechster Abschnitt. Von der Sorge fürden Unterhalt, und die Erziehung der Pflegebefohlnen
Siebenter Abschnitt. Bon der Vorsorge für daS Vermögen der Pflege- befohlnen
Achter Abschnitt. Von Aufhebung der Vormundschaften
Neunter Abschnitt. Von den Rechten und Pflichten der Curatoren
Neunzehnter Titel. von Ärmenanstalten und andern milden Stiftungen
Zwanzigster Titel. von den verbrechen und deren Strafen
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen
Zweiter Abschnitt. Bestimmungen über die Kompetenz und da- Verfahren in Strafsachen
3. Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten
Erster Theil. Von der Bestrafung der Verbrechen und Vergehen im Allgemeinen
Zweiter Theil. Don den einzelnen Verbrechen und Vergehen und deren Bestrafung
Dritter Theil. Von den Uebertretungen
Nachträge
Zum Ersten Bande
Zum Zweiten Bande
Zum Dritten Bande
Zum Vierten Bande
Inhalts -Verzeichnis
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Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Teil 2, Band 2 [Reprint 2021 ed.]
 9783112437223, 9783112437216

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Landrecht. In zwei Theilen oder vier Bänden.

Vierter» Bernd.

Allgemeines

8 andrecht für die

Preußischen Staaten. Unter Weglassung der obsoleten oder aufgehobenen Borschristen und Einschaltung der jüngeren noch geltenden Bestimmungen,

herausgegeben mit

Kommentar in Anmerkungen von

Dr. G F. Koch. Mit Bewilligung der Herren A. Nauck und Gomp.

Zweiter Theil, zweiter -and.

Berlin, 1854. I. Guttentag. (L. Trautwein'schrr Buchverlag.)

Vorrede. Die Aufgabe war, wie der Titel sagt, das A. L. R.

in seiner gegenwärtigen Geltung mit einem Kommentar in Anmerkungen vorzulegen. Der erste Theil der Auf­

forderte

gabe

also

einestheils

die Weglassung

aller

Stellen, welche außer Kraft getreten sind, anderntheils

die Einrückung der neuern Gesetze und Verordnungen,

welche den Platz jener Stellen eingenommen, oder sonst

das Bestehende verändert, oder etwas Neues eingeführt haben.

Die Einschaltungen

gehörigen Orts unter­

scheiden sich von dem alten Text des A. L. R. durch

kleinere Schrift.

betrifft,

Was den andern Theil der Ausgabe

so hat der Inhalt der Anmerkungen

reserirenden

und

einen

einen

raisonnirenden Bestandtheil.

Vermöge des ersten Bestandtheils stellen die Anmer­

kungen die Rechtsanwendungen des obersten Gerichts­ hofes und der verwaltenden Centralstellen, sowie In­

struktionen und regulative Vorschriften der Letzteren, aus

den verschiedenen Sammlungen gehörigen Orts

zusammen,

theils für sich allein,

theils in gewisser

Verbindung mit kommentirenden oder kritischen Bemer­

kungen.

Wo

zu

mitgetheilten Rechtssätzen

ans der

Praxis gar nichts bemerkt worden, ist das ein Zeichen

meines

Einverständnisses.

Der

der Anmerkungen durfte, des

zweite

Bestandtheil

außerordentlich großen

VI

Stoffreichthums ungeachtet, eine gewisse Grenze nicht

überschreiten, welche durch den praktischen Zweck vor­

gezeichnet war.

kungen meistens

Deshalb beschränken sich die Bemer­ auf die Andeutung des juristischen

Grundsatzes oder Gesichtspunkts ohne erschöpfende Aus­ führung.

Dem Praktiker ist dies genug, um in der

angegebenen Tonart fortzufahren; der Forscher bedarf nur des Materials. Die große Ausdehnung des Werks und die lange

Zeit, welche über die Abfaffung hingegangen ist, brin­

gen bei unabgeschlossenen, in dem Stadium fortschrei­

tender Entwickelung stehenden Einrichtungen Verände­

rungen mit sich, an welche bei der Abfassung noch nicht zu denken war, auch übersieht die menschliche Fehlbar-

keit bei einem so umfangreichen Material leicht Ein­ zelnes. Dadurch sind die dem letzten Bande angehäng­

ten Nachträge, worin zugleich die bisher bemerkten sinn­ entstellenden Druckfehler angegeben sind,

geworden.

nothwendig

Vermöge dieser Nachträge wird das Werk

mit der Gesetzgebung und Praxis bis zu Ende Juli 1854 kurrent, wenn der Bitte nachgegeben wird, davon gehörigen Orts Notiz zu nehmen. Neisse, im August 1854.

Der Verfasser.

Neunter Titel. von den Pflichten und Liechten des Adelstandes *). $. I

Fällt weg.

Bestimmung des Adel-

1. Vers. Urkunde für den Preuß. Staat. 31. Januar 1850. (G. S. S. 17.)

Vom

stand««.

Art. 4. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standes­ vorrechte finden nicht statt. Die öffentlichen Aemter sind, unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen, für alle dazu Befähigten gleich zugänglich.

8. 2.

Zum Adelstände werden nur diejenigen gerechnet, Erlegung

denen der GeschlechtSadel durch Geburt oder Landesherrliche Ver­ leihung zukommt. 8. 3.

Durch die Geburt kommt er allen zu, die von einem i> durch ®«.

adlichen Vater aus einer Ehe zur rechten Hand erzeugt, oder darin geboren sind1 2).

8. 4.

Der Adel wird also durch den Vater fortgepflanzt,

auch wenn die Mutter nicht von Adel ist. 8. 5. Auch das von einem adlichen Vater außer der Ehe erzeugte Kind, wird durch gesetzmäßige Vollziehung einer Ehe zur rechten Hand mit der Mutter, ingleichen durch eine derselben

gleich zu achtende gerichtlich« Erklärung deS Vaters, deS Adel­ standes theilhaft. (Tit. 2, §. 596, 597.) 8. 6.

Eben daS geschieht,

wenn die Mutter durch Urtel,

und Recht für die Ehefrau deS adlichen Vaters erklärt wird. (Ebd. 8. 592.)

1) Zu sergl. oben, die Anm. 3 zu Tit. 7.

2) Wenn nicht bei der Verleihung ein Anderes festgesetzt worden ist, wie bei den Standescrhöhungen, welche bei Gelegenheit der Huldigung im Jahre 1840 vorfielen, vorgekommen ist. Allg. Pr. Staatszeit. 1840, Nr. 287. Koch, Allgemeine- Landrecht. IV.

1

Htirath;

2

Zweiter Theil.

8 7.

Neunter Titel.

In wie fern durch Landesherrliche Hpgifimation, oder

durch Annahme an Kindesstatt, der Adel erlangt werde,

ist ge­

hörigen OrtS bestimmt. (Ebend. §. 603, 604, 605, §. 682—685.) 8. 8.

Wenn eine Person weiblichen Geschlechts auS einem

niedern Stande sich mit einer Mannsperson von Adel zur rechten

Hand verehlicht:

so erlangt sie dadurch die äußern Rechte deS

Adels, (Der Schluß fällt weg.)3). imibtwrr§ 9- Nur das Oberhaupt des Staats kann einem Unter» ‘Berufung l*)an'

welcher den Adel durch die Geburt nicht hat, denselben

verleihen. 8. 10.

Auch nur ihm allein kommt eS zu,

Jemanden von

einer niedern Stufe deS Adels in eine höhere zu erheben.

8. 11.

Die vom Landesherrn verliehene Standeserhöhung

kommt auch den alsdann schon vorhandenen Kindern,

sie mögen

noch unter väterlicher Gewalt sein, oder nicht, zu statten; sobald dieselben nicht ausdrücklich ausgenommen sind.

§. 12.

Standeserhöhungen der Frauen und Wittwen haben

auf ihre Kinder keinen Einfluß. 8- 13. Kein Unterthan des Staats soll,

ohne Erlaubniß

seines Landesherrn, Standeserhöhungen bei fremden Staaten suchen; oder deren, welche ihm etwa aus eigener Bewegung von selbigen verliehen werden, in hiesigen Landen sich bedienen. Anh. §. 118. Kein Unterthan des Staats soll ohne Erlaub­ niß deS Landesherr« Standeserhöhungen bei fremden Staaten suchen, oder von ihnen annehmen; darf daher auch, wenn ihm solche etwa aus eigener Beivegung von selbigen verliehen werden,

dieser Standeserhöhungen sich nicht bedienen«),

8. 14.

Niemand, welcher den Adelstand nicht durch Geburt,

oder Landesherrliche Begnadigung, erlangt hat, darf adliche Prä­

dikate3) und Vorrechte sich anmaßen").

3) In Folge der Gleichberechtigung aller Preußen vor dem Gesetz« (Zus. 1 zu 8-1), wodurch die Untersagung deS ConnubiumS zwischen Mannspersonen von Adel und Weibspersonen aus dem Bauerstandc wirkungslos geworden ist. Amu. 35 zu §. 30, Tit. 1.

4) Aus dem R. vom 29. September 1798 (Rabe Bd. V, S. 213). 5) Das Prädikat „Hochwohlgeboren" ist kein ausschließlich adeliges; e» kann jeder andern Person gegeben werden, auch hat kein Adeliger ein Recht, das Prädikat für sich zu fordern.

6) Die Gerichte (Staatsanwälte) sollen bei vermeintlicher Anmaßung des Adels oder einer Hähern Adelsstufe nicht sogleich mit einer Untersuchung vor-

Vom Adelstände.

§.•15.

3

Eben so wenig darf Jemand auS dem niedern Adel

Rechte oder Prädikate der Hähern Stufen sich eigenmächtig bei­

legen.

§. 16. Niemand darf fich eines adlichen FamtlienwappenS7*)* * * * * bedienen, welcher nicht zu der Familie gehört, der dieses Wappen

entweder ausdrücklich beigelegt ist, Zeiten her geführt hat. §. 17.

oder die dasselbe von alten

Die Aufnahme in adliche Ritterorden und Stifter

zu adlichen Stellen; zu Turnieren; zur Ritterbank auf den Land­ tagen und in den Collegien;

so wie zu adlichen Hofämtern, be­

weiset den einer Familie zukommenden GeschlechtSadel. §. 18.

Wer

entweder selbst,

oder wessen Vorfahren im

Jahre 1740 im wirklichen Besitze deS Adels sich befunden,

und

desselben nach der Zeit nicht verlustig gemacht haben, der soll in seinen adlichen Rechten durch den FiSkuS nicht beunruhigt wer­ den 8). (Th. I, Tit. 9, §. 641 sqq.)

§. 19. Wer entweder selbst, oder wessen Vorfahren Vier unY vierzig Jahre hindurch sich adlicher Prädikate und Vorrechte ruhig bedient, und also ein ausdrückliches oder stillschweigendes

Anerkenntniß deS Staats für sich haben, für den streitet die recht­ liche Vermuthung, daß ihm der GeschlechtSadel wirklich zukomme.

§. 20.

Dagegen ist die nur ein- und andereömal geschehene

Beilegung adlicher Prädikate, in gerichtlichen oder andern öffent-

schreiten, sondern zuvor den Beweis der Zuständigkeit deS Adels fordern und nach Befinden vorher eine Verwarnung an das betreffende Jndividuuin erlassen, bei obwaltenden Bedenken aber vorgängig an den Z. M. Behufs Rückfrage bei dem Min. des königl. Hauses berichten. Nur wenn die Warnung fruchtlos bleibt, soll die Untersuchung eingeleitet werden. R. deS I. M. vom 16. Febr. 1838. (Iahrb. Bd. I.I, S. 177.)

7) Nur das einer vorhandenen Familie eigene Wappen darf fich Niemand beilegen. Sonst ist die Annehmung und Führung eines Wappens eine res merae facultatis, worauf adelige Personen kein Erclufivrecht haben.

8) Der Befitz an fich selbst, in den Normaljahren, ist auch der Titel (la possession vaut titre); nach der Beschaffenheit des Besitzes wird nicht gefragt. Oben, Anm. 80 zu §. 641, Tit. 9, Th. I. — Der §. 17 spricht vom Beweise des Adels, und die §§. 18 und 19 entgegengesetzt bloß vom Besttze deS Adels­ standes. Der Beweis des Adels kann noch immer auf die im §. 17 angege­ bene Art bewiesen werden. Denn dazu ist es nicht erforderlich, daß noch gegen­ wärtig Ritterbanken auf den Landtagen und in den Kollegien vorhanden find. Auch der Beweis der Aufnahme zur Ritterbank, wo dieselbe noch vorhanden, war (vor 1807), ist ein genügender Ausweis des Adels.

Ausweis des Adels.

Zweiter Theil.

Neunter Titel,

lichen Ausfertigungen, zum Beweise deS GeschlechfSadelS für sich Von altem

”n«"ei.

allein noch nicht hinreichend«). $. 21. In Ansehung der wesentlichen Rechte und Eigenschäften deS Adelstandes ist zwischen älterem und neuerem Adel kein Unterschied. S. 22. Wo aber Statuten, Privilegien, oder daS ununter­ brochene Herkommen eines Ordens, KapitulS, oder einer andern Corporation, einen stiftö- oder turniermäßigen Adel erfordern, hat

eS dabei auch ferner fein Bewenden. §. 23. Die im Ahnenbriefe Jemanden

ertheilten

Ahnen

werden in einem solchen Falle der Regel nach nicht mitgezählt.

§. 24. Auch muß, bei Nachweisung der Ahnen, in der Regel, die adliche Geburt der Vorfahren von beiderlei Geschlecht dargethan werden. S. 2d. Der zuerst geadelte Vorfahr, so wie seine etwa mit

ihm zugleich in den Avelstand erhobenen Descendenten werden, bei

der Nachweisung der Ahnen, in der Regel nicht gerechnet.

§. 26.

Wie viel Ahnen nachgewiesen, und wie die Nach­

weisungen geführt werden müssen, bleibt hauptsächlich der nähern Bestimmuitg der Statuten, der Privilegien, und deö Herkommens

bei einem jeden Orden"), Stifte oder Corporation überlassen. §. 27.

Wo jedoch hierdurch über die Art der Führung deS

Nachweises nichts Gewisses festgesetzt ist, da muß die Ahnentafel hauptsächlich mit beglaubten Auszügen aus Kirchenbüchern, Tauf­ oder TrauungSregistern, belegt werden.

8. 28.

Wo diese, besonders für ältere Zeiten, nicht herbei-

9) Es beweist kaum irgend etwas. Der Expedient adreffirt den Bescheid auf Gesuche genau so wie die Unterschrift lautet. Die Gerichte sollen zwar, nach der Anweisung der K. O. v. 20. September 1830 und der Min. Berf. v. 20. December 1830 (Iahrb. Bd. XXXVI, S. 293), mit Vorsicht verfahren, indeß fehlt cs dazu an den nöthigen Organen. In Schlesien ist eS nicht so ungewöhnlich, daß Leute, selbst ganze Familien, deren Adel überhaupt biswei­ len noch in Zweifel gezogen werden kann, an dem simpeln „Herrn von" nicht genug haben, sie lassen sich „Baron" nennen. Gegen diesen Unfug ist eine be­ sondere Vers, des Obcrprasidcnten vom 28. April 1842 (M. Bl. f. die innere V., S. 178) gerichtet. Vielleicht kommen auch wir noch einmal dahin, daß Jeder sich betiteln darf wie es ihm gefällt; nur daß er Andern darin nichts vorschrciben kann. 10) Die Wichtigkeit deS Vorrechts deS alten Adels ist in Deutschland durch die auf den Frieden mit Frankreich v. 1803 und die darauf erfolgte Jndemnisation und Sekularisation fast ganz erloschen. ReichS-Dep.-Hauptschluß v. 25. Februar 1803.

Vom Adelstand«.

5

geschafft werden können, da sind für die in der Ahnentafel vor­ kommenden Heirathen und Abstammungen, auch Eheberedungen,

Erbrezeffe, Lehnbriefe, und andere unverdächtige Familienurkunden, alS Beweismittel zulässig. §. 29.

WaS solchergestalt nicht vollständig

nachgewiesen

werden kann, mag durch daS eidliche Zeugniß, wenigstens Zweier Personen von bekanntem ritterbürtigen und stistSmäßigen Adel,

denen von der Familie, in welcher der Beweis geführt werden soll, nähere Kenntniß beiwohnt, ergänzt werden. $. 30.

In wie fern noch außerdem die eidliche Versicherung

deS BeweiSführerS: daß, nach den ihm bekannten Familiennach­ richten, die vorgelegte Ahnentafel ihre Richtigkeit habe, erforderlich oder zulässig sei, ist nach den allgemeinen Grundsätzen vom Be­ weise zu beurtheilen.

8- 31.

So weit die Ahnentafel aus einer andern entnom­

men ist, die eben derselbe Orden, dasselbe Kapitel, oder dieselbe

Corporation schon einmal richtig befunden hat, bedarf eS darüber

keiner besondern Beweisführung. $. 32. Die einem Collegio oder einer Corporation von dem Landesherrn beigelegten, oder mit einem Amte verbundenen ad-

lichen Rechte, können über die wörtliche Bestimmung deS GnadenbriefeS nicht ausgedehnt werden"). 8. 33. Dergleichen Rechte werden durch die Geburt nicht fortgepflanzt. SS. 34 bis 37.

Fallen weg.

® des Adel».

$. 38.

Welches adliche Güter sind, ist durch die besondern

Verfassungen einer jeden Provinz bestimmt. $. 39 bis 42. Fallen weg. 8> 43.

Ihnen * ?) kommen die

mit dem Kirchenpatronate

verbundenen Ehrenrechte zu. 8. 44. Sie müssen also mit ihrer Familie in daS Kirchen­ gebet ausdrücklich eingeschloffen, und die Kirchentrauer, wo die­ selbe üblich ist, muß für sie angelegt werden.

$. 45.

Sie mögen nach dem Gute sich nennen, und in Ur-

11) Sn Preußen giebt eS keinen persönlichen Adel.

12) Nämlich den adligen Gutsbesitzern, von deren Vorrechten hinsichtlich der Jagd und der Gerichtsbarkeit die vorhergehenden §§. 41 und 42 handeln.

Zweiter Theil.

6

Neunter Titel.

künden, oder bei öffentlichen Gelegenheiten, fich des Besitzes da­

von als eines besondern Titels bedienen. $. 46.

DaS Recht, in den Versammlungen deS Adels auf

Kreisrund Landtagen zu erscheinen,

und über die daselbst vor­

kommenden Angelegenheiten zu stimmen, gebührt in der Regel nur

dem angesessenen Adel"). $§. 47 bis 50.

Fallen weg.

2. Ges. über die persönliche Fähigkeit zur Aus­ übung der Rechte der Standschaft, der Gerichtsbar­ keit") und des Patronats. Dom 8. Mai 1837. (G. S. S. 99.) Wir re. re. haben Uns auf den Antrag Unseres Staatsmini­ steriums und nach eingeholtem Gutachten Unseres Staatsraths be­ wogen gefunden, über die persönliche Fähigkeit zur Ausübung der Rechte der Standschaft, der Gerichtsbarkeit und des Patronats für sämmtliche Provinzen Unserer Monarchie Folgendes zu verordnen: §. 1. Nur Personen von unbescholtenem Rufe sind fähig, für sich oder Andere die Rechte der Standschaft, der Gerichtsbar­ keit oder deS Patronats auszuüben oder in ihrem Namen ausüben zu lassen. §. 2 In Ansehung der Standschaft verbleibt es in dieser Beziehung bei den darüber vorhandenen besonderen Verordnungen. §. 3. Wer nach Maaßgabe jener Verordnungen wegen Man­ gels unbescholtenen Rufs von der Ausübung der Standschaft aus­ geschlossen worden ist, soll auch der Ausübung der Gerichtsbarkeit oder des Patronats (§. 1) verlustig gehen. §. 4. In einem solchen Falle hat die Regierung, in deren Bezirk das berechtigte Gut liegt, wegen fernerer Verwaltung der genannten Rechte sofort das Erforderliche zu veranlassen. §. ö. Wirv ein zur Standschaft gehörender Gutsbesitzer der Gerichtsbarkeit oder des Patronats durch Kriminal-Erkenntniß für verlustig erklärt, so liegt dem Gerichte"-) ob, sofort nach beschrittener Rechtskraft des Erkenntnisses, dem Ober-Präsidenten der Provinz davon Kenntniß zu geben, damit auch die Ausschließung von der Standschaft in dem geordneten Wege veranlaßt werden kann. §. 6. Wo mit dem Besitze eines Landguts zwar Gerichts­ barkeit oder Patronat, nicht aber auch Standschaft verbunden ist, soll die Unfähigkeit zur Ausübung der zuerst genannten Rechte jederzeit eintreten, wenn der Besitzer durch rechtskräftiges Er­ kenntniß zur Zuchthausstrafe verurtheilt, oder ihm

13) Dieses Recht gebührt jetzt jedem Besitzer eines stimmberechtigten Rittergutes. 14) Die Patrimonial-Gerichtsbarkeit ist zwar aufgehoben, jedoch gilt das, was in Beziehung auf dieselbe verordnet ist, jetzt noch in Betreff der PolizeiVerwaltung. 14 a) Jetzt der Staatsanwaltschaft.

Dom Adelstände.

7

die Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit untersagt worden ist").

§. 7. Die Regierung hat, sobald einer der vorstehend bezeich­ neten Fälle zu ihrer Kenntniß gelangt, denselben von Amtswegen zu verfolgen und nach vorgängiger Vernehmung des Besitzers, auch nach näherer Untersuchung, wo eine solche noch erforderlich erscheint, in einer Plenarsitzung auf den schriftlichen Vortrag des Justitiars einen Beschluß über die Anwendung des Gesetzes abzufaffen, und solchen dem Besitzer in einer Ausfertigung mitzutheilen. 8 8. Gegen den Beschluß der Regierung findet nur der Re­ kurs an das Ministerium des Innern und der Polizei Statt, ohne Beschränkung auf eine bestimmte Frist. Das Ministerium hat in Verbindung mit denjenigen Ministerien, zu deren Reffort die Ver­ waltung der Gerichtsbarkeit oder des Patronats gehört, die Be­ schwerde zu prüfen und darüber zu entscheiden. Der Rekurs hält jedoch die Ausführung des Beschlusses der Regierung nur dann auf, wenn er innerhalb sechs Wochen, vom Tage der erfolgten Zu­ stellung desselben an gerechnet, bei dem Ober-Prästdenten ange­ bracht worden ist.

§. 9. Wenn die Unfähigkeit des Besitzers ausgesprochen ist, so wird fortan und auf die Dauer seines Besitzes die Ver­ waltung der Gerichtsbarkeit oder des Patronats in Unserem Auf­ trage geführt und die damit verbundenen Lasten und Kosten werden, ohne daß hierüber ein Prozeß zulässig ist, aus dem Vermögen des Besitzers bestritten. War der Letztere zur Ausübung der genannten Rechte nur für Andere berufen, so fällt die Verwaltung diesen oder deren anderweit zu bestellenden Vertretern anheim. §. 10. In sofern nach besonderer Lehnsverfassung der Mangel unbescholtenen Rufs schon zu dem Besitz eines Lehnguts und zur Beleihung überhaupt unfähig macht, behält es auch ferner dabei sein Bewenden. §. 11. Nur eine ausdrücklich von Uns Allerh. selbst ausge­ sprochene Wiedereinsetzung in die verloren gegangenen Rechte macht zu deren Wiederausübung fähig. Der bloße Erlaß oder die Ver­ wandlung erkannter Strafen, oder die Wiederverleihung der aber­ erkannten National-Kokarde hebt die Wirkungen der Unfähigkeit nicht auf. §. 12. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auch auf die — Patronats-Rechte Anwendung, welche einzelnen Personen oder Familien, ohne Verbindung mit dem Besitze eines Gutes, zustehen.

$$. 51 bis 62. Aufgehoben *«). Anh. §. 119.

Aufgehoben.

88. 63 bis 71. Aufgehoben. 88 72 bis 79. Aufgehoben' ^).

15) Str. G. B. §8. 11, 12 u. 22. 16) Durch 8 1 de« Ed. v. 9. Oktober 1807. 17) Durch die SS- 1, 2, 6 u. 7 de« Ed. v. 9. Oktober 1807.

Von bürge» litten Besitzern adlicher Güler. Einschränhingen deS Adels.

8 R'«t-und m

Zweiter Theil.

Neunter Titel.

8- 80. Besondere Rechte und Pflichten deS Adels, theils als ganzer Stand betrachtet, theils der einzelnen Mitglieder demselben,

in Rücksicht auf ihre Person und Vermögen, sind nach Verschie­

denheit der Provinzen durch besondere Gesetze und Verfassungen bestimmt. . 8- 8l. $. 82.

Aufgehoben"). Noch mehr findet dieses Statt"), wenn Jemand

von adlicher Geburt eine unehrbare,

oder auch nur eine solche

Lebensart wählt, wodurch er sich zu dem gemeinen Volke herabsetzt. §. 83. Wer sich von Jemanden niedern Standes an KindeSstatt annehmen läßt, und dabei seinen adlichen Namen ver­

ändert, kann ohne besondere Dispensation deS Landesherrn den Adel nicht beibehalten. §. 84. Personen weiblichen Geschlechts verlieren die per­ sönlichen Vorrechte deS Adels, wenn sie durch Verheirathung mit einem Unadlichen ihren GeschlechtSnamen ändern. 8. 85. Auch nach getrennter Ehe treten sie, der Regel nach,

in den Adelstand nicht wieder zurück.

§. 86. Ist jedoch die Frau bei der Trennung der Ehe durch richterliches

Erkenntniß nicht für den schuldigen Theil erklärt

worden: so steht ihr frei, in ihren angebornen Adelstand wieder einzutreten. (Tit. 1, §. 138—742.)

,

8. 87.

Wenn eine Person adlicher Geburt,

nachdem ihre

Ehe mit einem Bürgerlichen durch den Tod, oder durch richte« licheS Erkenntniß getrennt worden, wiederum einen Adlichen zur

rechten Hand heirathet:

so kann ihren Abkömmlingen auS dieser

Ehe, wegen der vormaligen Heirath derselben mit einem Bürger­ lichen,

auch in Ansehung der Rechte deS alten Adels, in der

Regel keine Ausstellung gemacht werden. 8. 88.

(§. 90.)

Wird die Ehe einer Person von adlicher Geburt mit

einem Bürgerlichen für nichtig erklärt: so kann sie ihren adlichen

Stand und Familiennamen wieder annehmen.

18) Durch §. 2 de» Ed. v. 9. Oktober 1807. vom 20. Juli 1816 (Jahrb. Bd. VIII, S. 8).

Zu vergl. R. de« I. M.

19) Nämlich der Verlust de« Adel«. Der I. M. v. Kamptz war in den Besch, v. 31. Oktober 1831 und 23. Januar 1832 der Meinung, daß die Be­ stimmung des §. 82 durch den §. 2 des Ed. v. 9. Oktober 1807 nicht aufgehoben sei. Jahrb. Bd. XXXIX, S. 139.) Darnach müßte die in Wcstpreußen sehr zahlreiche Klaffe von adligen Dienstboten und Handarbeitern ihren adligen Na­ men verloren haben.

9

Dom Adelstände-

$. 89.

Ist sie aber für den schuldigen Theil erklärt,

kann sie daraus,

durch Zurücktretung in den Adelstand,

so

keinen

Vortheil ziehen.

§. 90.

Ist die Person adlicher Herkunft, welche einen Bür­

gerlichen geheirathet hatte,

bet der Trennung und Nichtigkeits­

erklärung dieser Ehe ausdrücklich für den schuldigen Theil erkannt worden:

so kann dieselbe, wenn sie hiernächst wieder einen Ad-

lichen heirathet, zum Besten der Abkömmlinge auS dieser spätern Ehe, unter den weiblichen Ahnen nicht mitgerechnet , werden.

8. 91.

Wegen grober Verbrechen kann Jemand deS Adels

durch richterliches Erkenntniß entsetzt werden.

8. 92.

In welchen Fällen darauf erkannt werden müsse, be­

stimmen die Criminalgesehe2"). 8- 93.

Diese Strafe trifft die Kinder2 J), welche vor dem

Erkenntnisse schon vorhanden gewesen sind,

nur in

denjenigen

Fällen, wo eS die Gesetze ausdrücklich vorschreiben22 20 ). 21 23 24 25

8- 94.

Durch den bloßen Nichtgebrauch adlicher Rechte und

Titel geht der Adel selbst nicht verloren22).

8- 95.

Wenn eine adliche Familie sich in zwei GeschlechtS-

folgen ihres Adels nicht bedient hat;

so muß derjenige,

welcher

davon wieder Gebrauch machen will, sich bei dem LandeS-Justiz« rollegio der Provinz melden, und seine Befugniß dazu nachweisen.

Anh. §. 120. Den Landescollegiis steht nicht die Befugniß zu, die in dem angezeigten Falle wegen des Adels geführte Nach­ weisung für hinreichend zu erklären, und auf deren Grund die nachsuchende Familie zu autoristrrn, daß sie sich deS Adels wiederum bedienen könne; vielmehr bleibt dies der näheren Beurtheilung deS

Lehnsdepartements14) vorbehalten22).

20) '). 8. 25. Dergleichen ein bürgerliches Gewerbe tteibende Militairpersonen (8. 23) müssen alle bürgerliche Lasten und Pflichten

tragen, sich zur Zunft halten, und in Handwerks-, Polizei-, Ser­ vis- und Einquartierungösachen der ObrigkeitdeS OrtS Folge

leisten1 15 7).18 16 19 8. 26. Aufgehoben"), in «nfeeung 8 27. Den Unteroffizieren und Soldaten sollen, Srundstückkisie

so lange

in wirklichen Kriegsdiensten stehen, weder bürgerliche Grund­

stücke und Häuser, noch Ackerwirthschaften, ohne ausdrückliche Geneh­

migung deS Regiments-Commandeurs übergeben") werden.

15) Zur Unternehmung eines bürgerlichen Gewerbes bedürfen die Militairpersonen der Erlaubniß ihrer vorgesetzten Dienstbehörde, und außerdem haben sie die Vorschriften der Gewerbeordnung zu beobachten. G. O. v. 17. Januar 1845, §. 19. (Oben Zus. 8 zu Tit. 8.) — Gensd'armen müssen auch die Geneh­ migung ihrer vorgesetzten Civildienstbehörde beibringen. Jnstr. v. 30. Decbr. 1820, §. 18.

16) Einer Genehmigung der OrtSpolizei-Behörde bedarf es überhaupt nicht mehr zum Betriebe eines Gewerbes. 17) Diese Vorschrift besteht unverändert fort. 18) Durch die in der Anm. 13 zu §. 16 angegebenen Gesetze. 19) Also die Erwerbung unbeweglichen Eigenthums durch Uebergabe, aus Grund eines besondern Titels, ist ihnen untersagt; sie werden mithin nicht Eigenthümer, wenn ihnen dennoch übergeben wird. Damit ist die Abschließung der Verträge, welche die künftige Erwerbung bezwecken, nicht unbedingt verboten. Ein Kaufkontrakt, worin ausgemacht wäre, daß die Uebergabe erst nach der Entlastung vom Militair vollzogen werden solle, würde, die Erfordernisse eines gültigen Kaufs an sich vorausgesetzt, vollkommen bündig sein für beide Theile. Auch ist es unbedenklich, daß ein solcher Vertrag durch freie Übereinkunft der Kontrahenten, ohne Genehmigung des Vorgesetzten des Soldaten wieder aufge­ hoben werden kann, wie auch das Ob. Tr. in dem Erk. v. 13. April 1847 bei­ läufig ausspricht. (Entsch. Bd. XIV, S. 182.) Die civilrechtlichen Folgen der verbotswidrig vollzogenen Uebergabe sind nach Verschiedenheit der Fälle verschieden. Auszugehen ist davon, daß 'das Ge­ schäft der Uebergabe nicht ein negotium claudicans im eigentlichen Sinn, d. h. ein solches, woraus der Unfähige seinerseits Rechte aber keine Verbindlich­ keit hat, vielmehr ein unvollendetes und daher unwirksames ist. Die

Bon den Dienern des Staat».

8 28.

41

So lange dieser ConsenS nicht, beigebracht ist, darf

kein Richter den ErwerbungSvertrag einer solchen Militairperson

bestätigen;

noch ihren Besttztitel im Hypothekenbuche vermerken;

noch auch dieselbe bei gerichtlichen

zulafsen. $. 29.

Licitationen zum Mitgebote

Keine Gutsherrschaft ist schuldig, eine solche Mili­

tairperson zu einer unterthänigen Stelle, von welcher Natural­

dienste zu leisten sind, alS Käufer und Gewährsmann anzunehmen. §. 30.

Dagegen können auch Unteroffiziere

und gemeine

Soldaten alle Grundstücke, welche sie bei dem Eintritte in die

Kriegsdienste bereits inne hatten, ferner besitzen.

§.31.

Auch können

sie von der Uebernehmung

solcher

Grundstücke, die ihnen während deö SoldatenstandeS durch Erb­

schaft, Vermächtniß, Schenkung, oder Heirath zufallen, nicht aus­

geschlossen werden. 8. 32.

Sind ihnen dergleichen Grundstücke nur mit andern

Miterben gemeinschaftlich zugefallen: so finden, wenn sie dieselben

al- ihr alleiniges Eigenthum übernehmen wollen, die Vorschriften

8. 27, 28, 29 Anwendung.

8. 33.

In allen

Fällen müssen Militairpersonen,

welche

Grundstücke besitzen, nicht nur die darauf haftenden Abgaben ent­ richten, sondern auch die damit verbundenen persönlichen Prästa­

tionen gleich andern leisten. 8. 34.

(8. 19.)

Werden sie, letzteres selbst zu thun, durch ihre Kriegs­

dienste verhindert:

so müssen sie dazu für sich andere taugliche

Personen stellen. §. 35. Ihre Grundstücke können

Unteroffiziere und Sol-

Uebergabe begründet daher nur einen faktischen Zustand. Bleiben beide Thüle bis nach der Dienstentlassung des Soldaten einig, so ist Niemand berufen, da­ zwischen zu treten; das Geschäft der Uebergabe muß hiernächst aber, um es in ein bindendes Rechtsgeschäft zu verwandeln, von beiden Theilen ausdrücklich an­ erkannt werden. Kommen die Betheiligtcn vorher in Streit, so kann sowohl der Geber die Sache zurückfordern, als der Soldat (Uebernehmer) solche zurück­ geben. Im erstern Falle hat der Verkäufer das bezahlte Kaufgeld mit Zinsen zurückzuzahlen; der Soldat aber hat nur die Sache, wie ste ist, zurückzugcben, weiter ist er aus dem Geschäfte, weil eS nichtig ist, nichts schuldig. Nur wegen Bereicherung oder wegen unerlaubter Beschädigung ist ein Anspruch rechtlich möglich. Will der Soldat zurücktreten, so gilt von seiner Verbindlichkeit das gleiche; nur der Verkäufer steht hier darin besser, daß er keine Zinsen, außer Verzugs­ zinsen vom Tage der Abforderung, von dem empfangenen Gelde schuldig ist. Denn der Soldat hat nur eine Condictio» (condictio sine causa), welche an sich nicht auf Zinsen geht.

Zwester Theil.

42

Zehnter Titel.

baten, ohne schriftliche unter dem RegimentSstegel ertheilte Ein­ willigung deS —Commandeurs, nicht veräußern noch verpfänden. 5. K. O. vom 25. September 1809, betr. die Auf­ hebung der Beschränkungen derSoldaten imGebrauche des Eigenthums. (G. S. 1809, S. 584.) Seine König!. Majestät stnd mit dem General-Auditoriate da­ hin einverstanden, daß die gesetzlich bisher Statt gehabte Be­ schränkung der Disposition der Unteroffiziere und gemeinen Sol­ daten, und deren Ehefrauen über ihr Vermögen und Zinsen, bei der jetzigen Militairverfassung, nach welcher die Armee aus lauter sichern Leuten bestehen wird, nicht mehr nöthig sei, wollen daher diese Beschränkung des Soldaten im Gebrauch seines Eigenthums hierdurch gänzlich aufheben, und sowohl den Unteroffizieren und gemeinen Soldaten, als deren Ehefrauen, gleich andern Unterthanen des Landes, den freien Gebrauch ihrer Kapitalien nebst Zinsen gestatten^

6. V. vom 18. März 1811, betr. die Freiheit fcer Unteroffiziere und gemeinen Soldaten, über ihr Ver­ mögen zu verfügen. (G. S. 1812, S. 5.) Da über die Ausdehnung der den Unteroffizieren und gemei­ nen Soldaten durch Unsere Kabinets-Ordre vom 25. September 1809 gestatteten Freiheit, über ihr Vermögen zu disponiren, Zwei­ fel entstanden, so bestimmen Wir Folgendes. §. 1. Den Unteroffizieren und gemeinen Soldaten und deren Ehefrauen ist gleich andern Unterthanen der freie Gebrauch ihrer Kapitalien nebst Zinsen gestattet, wie die Kabinetsordre vom 25. September 1809 bereits festsetzt. §. 2. In Rücksicht der Erwerbung und Veräußerung der Grundstücke hat es bei den Vorschriften des Allg. Landr. Xg. II, Tit. 10, §§. 27—32 und 35 das Verbleiben. Nach der jetzigen Einrichtung bei der Armee tritt aber anstatt der Genehmigung des Regiments-Chefs, die deS Kommandeurs des Regiments oder Bataillons ein. Der Kommandeur soll auch die Genehmigung zur Veräußerung eines Grundstücks nur verwei­ gern, wenn der Soldat sich schon einmal des Verbrechens der De­ sertion schuldig gemacht hat, oder derselbe der Entweichung ver­ dächtig ist.

S- 36. 37-

Aufgehoben. Veräußerungen und Verpfändungen,

bei welchen

die Vorschrift deö §. 35 nicht beobachtet worden, stnd nichtig. 8. 38. Aufgehoben. 8. 39.

Ueber die — Einkünfte der Grundstücke, können

auch Unteroffiziere und gemeine Soldaten frei verfügen. n Ansehung z. 40. Auch bei der Einnahme von ihrem übrigen Gewerbe Gkschaste; find sie keinen besondern Einschränkungen unterworfen.

8. 41.

Die besondern Rechte der Militairpersonen in An­

sehung der Verjährung, deS Schuldenmachens, der letztwilligen

Von den Dienern deS Staat».

43

Verordnungen, ihrer Heirathen, und der Bevormundung ihrer

Kinder, sind gehörigen OrtS bestimmt.

(Th. I, Tit. 9, §.522;

Tit. 11, §§. 678-703; Tit. 12, §§. 177 sqq.;

Th. II, Tit. I,

§§. 34, 35, 950; Tit. 18, Abschn. 2.)

§. 42. personen

bei

Von der Aussetzung der Prozesse gegen MilitairauSgebrochenem Kriege —

handelt die Prozeß­

ordnung §. 43. Weiber und Kinder der Unteroffiziere und Solbaten, welche sich bei ihren Männern oder Vätern in der Gar- ^somn.'

nison nicht aufhalten, Wohnorts.

bleiben unter

dem Gerichtsstände ihres

§. 44. Doch finden in Ansehung der Weiber die §§. 27 bis 36 bestimmten Einschränkungen, wie bei den Männern, Statt.

$. 45.

Rechtsangelegenheiten

solcher

Weiber

mit

ihren

Männern gehören, wenn auch die Frau ihrem Manne in die

Garnison nicht gefolgt ist, dennoch vor den Gerichtsstand des Mannes. §§. 46 und 47.

§. 48.

Fallen weg2 *)•

Kantonisten,

die

bei

dem Regimente noch nicht ^«toniften.

einrangirt und verpflichtet sind, gehören noch nicht zum Soldaten­ stande. 7. Strafgesetzbuch für das preuß. 3. April 1845, Lh. II. (G. S. S. 330.)

Heer,

vom

§. 5. Der MilitairgerichtSstand beginnt für die Personen des Soldatenstandes 1) wenn sie zur Ergänzung des HrereS aus der militairpflich» tigen Mannschaft ausgehoben werden, a) mit dem Zeitpunkt, wo sie zur Einstellung in einen bestimmten Truppentheil von Seiten der Ersatzbehörde dem zu ihrem Empfang beauftragten Kommando über­ geben werden, und b) bei denen, welche nicht durch ein Militairkommando den Lruppentheilen zugeführt werden, mit dem Tage, wo ihre Verpflegung durch die Militairverwaltung beginnt; 2) wenn sie freiwillig, sei es zur Ablösung ihrer gesetzlichen Militairverpflichtung oder zum dauernden Militairdienst ein-

A» Tit. 20, §8. ll ff., 23; §§. 42 ff. 21) In Folge der Aufhebung der Militairgerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen.

Zweiter Theil.

44

Zehnter Titel.

treten, mit dem Zeitpunkte ihrer Einstellung in den Truppentheil. Für die Militairbeamten beginnt derselbe mit ihrer defini­ tiven Anstellung oder vertragsmäßigen Annahme.

S. 49.

Doch dürfen stch dergleichen Leute, ohne Vorwiffen

deS Landraths oder Magistrats des OrtS, nicht aus ihrer Hei-

math;

und. ohne Vorwiffen

der Regierung,

nicht aus der

Provinz entfernen. §. 50.

Haben sie eS dennoch gethan, und können sie er­

forderlichen Falls auch von ihren Aeltern und Verwandten nicht

gestellt, oder nachgewiesen werden:

so entsteht daraus die recht­

liche Vermuthung wider sie, daß sie, um dem Kriegsdienste sich zu entziehen, aus dem Lande gegangen sind.

8. 51.

Fällt weg - 2).

22) Der §. 51 beschrankte die Kantonpflichtigen in der Wahl der Lebens­ art, worüber das Kantonregl. v. 12. Februar 1792, §§.34—41 nähere Vor­ schriften gab. Durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht sind diese Be­ schränkungen gefallen und eine allgcm. Vers. deS M. d. Inn., der Fin. und deS Krieges v. 15. October 1816 ordnet über die eingetretenen Modifikationen wie folgt: „Durch die neue Militairverfaffung haben die sonstigen Beschränkungen wegen der Aufenthalts- und W ohnsitzveränderungen nachstehende Mo­ difikationen erhalten: 1) Aufenthalts - und Wohnfitzveränderungen innerhalb der Provinzen des Preußischen Staats sind nicht beschränkt. Alle Unterthanen, welche ihre Militairpflichtigkeit durch resp, ein- oder drei­ jährigen Dienst bei dem stehenden Heere erfüllt haben oder welche noch nicht daS 20. Jahr zurückgelegt haben, stehen in dieser Hinsicht in keiner Verbindung mit den Militairbehördcn. Nur die Administrationsbehörden, von welchen alle solche Veränderungen rcffortiren, sind in sofern dabei interessirt, daß durch dergleichen Wohnsitzveränderungen keine nachthciligen Mißverhältnisse unter den Provinzen entstehen. Die zu den Landwehren und zum Landsturm bezeichneten und nach Regi­ mentern eingetheilten Unterthanen sind ebenfalls in der oben bemerkten Hinsicht keiner Genehmigung einer militairischen Behörde unterworfen; jedoch müssen die Landwehrmänner, zur Aufrechthaltung der übersichtlichen Ordnung, der ihnen zunächst vorgesetzten Landwchrmilitairbehörde Nachricht von der Statt findenden Veränderung geben. Solche Unterthanen allein, welche wirklich zum stehenden Heere gehören, also auch die Kriegsrescrven, bedürfen zu dergleichen Veränderungen der aus­ drücklichen Genehmigung der Militairbehörde.

2) Aufcnthaltsvcränderungcn, welche sich außerhalb der Preußischen Staaten erstrecken, wohin auch vorzüglich Schifffahrt und Handwerker­ wanderungen gehören, sind folgenden Einschränkungen unterworfen. Die Paffe zu zeitigem Aufenthalt im Auslande werden von den Ad­ ministrationsbehörden gegeben, und zwar a) allen Personen unter 20 Jahren in der Art, daß dem Staate die Erfüllung der künftig eintretenden Militairpflichtigkeit Vorbehalten,

Von den Dienern des Staats.

45

8. 52. Aufgehoben"). 8. -Gesetz vom 3. September 1814, betreffend die allgemeine Verpflichtung zum Kriegsdienste. (G. S. S. 79.) Die allgemeine Anstrengung Unsers treuen Volkes ohne Ausnahme und Unterschied, hat in dem so eben glücklich been­ deten Kriege die Befreiung des Vaterlandes bewirkt; und nur auf solchem Wege ist die Behauptung dieser Freiheit und der ehrenvolle Standpunkt, den sich Preußen erwarb, fortwährend zu sichern. Die Einrichtungen also, die diesen glücklichen Erfolg her­ vorgebracht, und deren Beibehaltung von der ganzen Nation gewünscht wird, sollen die Grundgesetze der Kriegsverfassung des Staats bilden und als Grundlage für alle Kriegseinrichtungen ' dienen, denn in einer gesetzmäßig geordneten Bewaffnung der Nation, liegt die sicherste Bürgschaft für einen dauernden Frieden. Die bisher, über die Ergänzung der Armee bestandenen, älteren Gesetze werden daher hiermit aufgehoben und dagegen festgesetzt:

1.

Jeder") ELngeborne, sobald er das 20.35) Jahr voll-

und in Fallen, wo eine absichtliche Entziehung dieser Verpflichtung wahrscheinlich ist, durch vollständige Sicherhcitsgewährung die Rückkehr gesichert wird;

b) allen Personen vom 20. bis nach zurückgelegtem 25. Jahre nur in den besondern Fallen: a) wenn sie ihrer Militairverpflichtung schon vollständig durch resp, drei-, oder sofern sie freiwillig nach der gesetzlichen Be­ stimmung sich eingestellt haben, durch einjährigen Dienst bei den Fahnen genügt haben, oder

ß) wenn sie wegen körperlicher Gebrechen durch Militairbehördcn kompetenter Art als zum Dienst gänzlich oder zur Zeit un­ fähig erkannt werden; c) allen Personen nach zurückgelegtem 25. Jahre, sofern sie nachweisen können, daß sie die vorschriftsmäßige Dienstleistung bei den Fahnen erfüllt haben, oder durch die kompetente Behörde für unfähig zum Dienst anerkannt, oder die bei den Aushebungen zum Dienst auS gesetzlichen Gründen, welche ihre Zurücklaffung motivirt haben, niemals cingefordert worden sind." (Magd, und Brcsl. Amtöbl. von 1816, S. 493 und S. 409.) Die allgemeine Wehrpflicht (Zus. 8) ist kein Hinderniß, ein bürgerliches Gewerbe zu unternehmen, sich ohne Konsens irgend einer politischen oder Militairbchörde zu verhcirathen und Grundbesitz zu erwerben. Aber dadurch wird keine Befreiung von der Militairpflicht erworben. R. v. 3. Januar 1817 und K. O. v. 19. April 1824 (v. K. Ann. Bd.I, H. 2, S. 282 u. Bd. VIII, S. 619 )

23) An die Stelle der Kantonreglcments , auf welche der §. 52 verwies, find die hier eingeschalteten Verordnungen getreten. 24) Ausnahmen machen die mediatisirten vormals reichsunmittelbaren Fa­ milien (Jnftr. v. 30. Mai 1820, §. 13 (Zus. 4 zu Tit. 9); die Anhänger der Secten, welchen nach ihren Religionsgrundsätzen der Waffengebrauch nicht erlaubt ist (Mennoniten), über deren Verhältnisse mehrere besondere Ver-

46

Zweiter Theil. Zehnter Titelendet hat, ist zur Vertheidigung des Vaterlandes verpflichtet. Um diese allgemeine Verpflichtung indeß besonders im Frieden, auf eine solche Art auszuführen, daß dadurch die Fortschritte der Wissenschaften und Gewerbe nicht gestört werden, so sollen in Hinsicht der Dienstleistung und Dienstzeit folgende Abstufungen stattfinden. 2. Die bewaffnete Macht soll bestehen: a) aus dem stehenden Heere, b) der Landwehr deS ersten Aufgebots,

c) der Landwehr des zweiten Aufgebots, d) aus dem Landsturm. 3. Die Stärke des stehenden Heeres und der Landwehr wird nach den jedesmaligen Staatsverhältniffen bestimmt.

4. Die stehende Armee ist beständig bereit ins Feld zu rücken, sie ist die Hauptbildungsschule der ganzen Nation für den Krieg, und umfaßt alle wissenschaftliche Abtheilungen des HeereS.

5.

Die stehende Armee besteht

1) aus denjenigen, die sich mit Rücksicht auf weitere Be­ förderung, zum Dienst melden, und den in dieser Hinsicht vorgeschriebenen Prüfungen unterwerfen; 2) aus den Freiwilligen, die sich dem Kriegsdienste widmen wollen, aber keine Prüfung bestehen können; und 3) aus einem Theile der jungen Mannschaft der Nation vom 20. bis zum 25. Jahre.

6. Die drei ersten Jahre befindet sich die Mannschaft des stehenden Heeres durchgängig bei ihren Fahnen, die beiden letzten Jahre wird sie in ihre Heimath entlassen, und dient im Falle eines entstehenden Krieges zum Ersatz des stehenden Heeres"). 7. Junge Leute aus den gebildeten Ständen, die sich selbst kleiden und bewaffnen können, sollen die Erlaubniß bekommen, sich in die Jäger- und Schützenkorps27 * *)25aufnehmen 26 zu lassen").

ordnungen bestehen, und die zu Zuchthaus Verurtheilten oder mit dem Verluste der bürgerlichen Ehre Bestraften. Str. G. B. §. 12. 25) In der Provinz Westphalen soll, bei der dort bestehenden Einrichtung, die Aushebung der militairipfiichtigen Leute erst mit 21 Jahren, auch das Nichteinziehcn zu den Uebungen des ersten Aufgebots der Landwehr erst nach dem zurückgclcgtem 33. Lebensjahre stattfinden. K. O. vom 30. Januar 1834 (G. S. S. 20).

26) Ueber die Berechnung dieser Dienstzeit zu vergl. unten, Zus. zu §. 94 der Jnstr. vom 30. Juni 1817 und §. 7 der K. O. v. 3. Nov. 1833 (Zus. 9).

27) Oder auch bei jeder andern Waffengattung, nicht bloß als Kombattant, sondern auch als Nicht-Kombattant, nämlich als Chirurg, Thierarzt oder Phar­ maceut. Solches verordnet hinsichtlich a) der Chirurgen die K. O. vom 7. August 1820 (v. K. Ann., Bd. XI, S. 249). Ebend. schreibt eine M. Jnstr. vom 16. Juli 1822 die Ansprüche vor,

Von den Dienern deS Staats.

47

Nach einer einjährigen") Dienstzeit können sie zur Fortsetzung

welche an solche zu machen sind, die sich nicht durch eine Approbation als Wund­ arzt von der obersten Landes - Medicinal- Behörde, oder durch Dokumente über erlangte und landcSgesetzlich gültige Promotion als Doktor der Medicin und Chirurgie ausweisen können. Nach ihrer Entlassung verbleiben diese Personen in ihren Verhältnissen auch bei der KriegS-Reserve und bei der Landwehr. R. d. M. d. Inn. und des Kr. v. 31. Juli 1825. (v. K. Ann., Bd. IX, S. 779.) b) der Thierärzte die K. O. v. 19. März 1821. (Ebd. Bd. VII, S. 422.) Die M. Vers. v. 17. März 1823 (ebd.) und v. 29. September 1838 (Bd. XXI, S. 819) schreibt die Qualifikation vor. c) der Pharmaceuten die K. O. v. 18. Nov. 1830. (v. K. Ann., Bd. XV, S. 154, wo auch ein Verzeichniß der Dispensir-Anstalten, in welchen dergl. junge Leute zum einjährigen Dienst zugelaffen werden können, gegeben ist.) Ueber die Bedingungen und den Nachweis der Befähigung verhalten sich die M. Vers, v. 19. und 26. Marz 1831 und vom 25. Nov. 1837. (Bd. XV, S. 158 und XXI, S. 1120.)

28) Die Anmeldung muß jedesmal vor dem 1. August des Jahres, in welchem die Altersklasse, zu der die betr. Individuen gehören, zum ersten Male zur Ersatz-Aushebung konkurrirt, erfolgen. Schr. des M. d. Inn. und d. Kr. v. 18. Mai 1826. (v. K. Ann. Bd. X, S. 457.) Wenn das Regiment, bei welchem Freiwillige dienen, in eine andere Provinz verlegt wird, so können sie, in sofern eS ihre individuelle Lage nothwendig macht, zu einem in der Provinz verbleibenden oder einrückenden Regimente übergehen. V. des M. d. Inn. und d. Kr. v. 8. April 1817. (v. K. Ann. Bd. I, H. 2, S. 280.) Die Infanterie-Bataillone des stehenden Heeres dürfen jedes nicht mehr als 40 Freiwillige annehmen. In Betreff der übrigen Waffengattungen ist keine Beschränkung der Zahl der Freiwilligen angeordnet. K. Ö. vom 25. November 1837. (v. K. Ann. Bd. XXI, S. 1122.) 29) Bei Schulamts - Kandidaten und Schullehrern ist die Dienstzeit auf Sechs Wochen herabgesetzt, durch folgende K. O. v. 29. October 1827: „ Des Königs Majestät haben in Betreff der Miliiair - Dienstpflicht der Schulamts-Kandidaten mittelst Allerh. Kab. O. v. 29. October d. I. Folgendes allergnadigst zu bestimmen geruht:

1. Alle Schulamtskandidaten sollen der Militair - Dienstpflicht unterworfen bleiben; und zwar: a) müssen diejenigen, welche ihre Ausbildung nicht in Haupt- und NebenSeminarien erhalten haben, ihrer Verpflichtung vollständig, das heißt durch Ein­ stellung in das stehende Heer genügen;

b) diejenigen aber, welche in Haupt- und Neben-Seminarien ausgebildet worden, können ihre militairische Ausbildung durch eine sechswöchentliche Uebung erlangen. Wenn sie durch das Loos für den Dienst in der Linie oder in der Kriegsreserve bestimmt worden, so haben sie jene sechswöchentliche Uebung bei einem Truppentheile des stehenden Heeres zu machen. In beiden Fällen werden sie zur Kriegsreserve entlassen, und nur erst bei einem entstehenden Kriege ist darüber, ob sie vor dem dazu gesetzlich bestimmten Alter zur Landwehr über­ gehen sollen, nach dem alsdann stattfindendcn Bedürfnisse in einer oder der andern Art definitiv zu entscheiden. Werden sie aber durch das Loos schon für die Landwehr bestimmt, so treten sic als Rekruten derselben beim ersten Aufge­ bot ein. c) Schulamts- Kandidaten, welche bereits angestellt find, sollen die Vorrechte wirklicher Schulbeamten haben, so lange sie dem Schulamte vorstehen. Wenn aber dieses Verhältniß aufhört, so find sie ohne Einschränkung, gleich allen übrigen Landwehr-Männern, zu den Landwehr-Uebungen verpflichtet.

48

Zweier Theil.

Zehnter Titel.

ihres Berufs, auf ihr Verlangen, beurlaubt werden30^. Nach den 2. Wirklich angestellte Schullehrer können in keiner Art mehr zum Dienste int, stehenden Heere herangezogcn werden. Sie sollen vielmehr, wenn ste einmal in dies Verhältniß übergcgangcn find, sogleich dem ersten Aufgebote der Land­ wehr angehören, wenn fie durch das Loos zum Dienste berufen werden, oder früher dem stehenden Heere angehörten. Haben fie noch keine milttairische Ausbildung erlangt, so machen fie die Vorübung als Rekruten bei der Landwehr, und bleiben demnächst, wie alle übrigen verpflichtet, den Uebungen der Landwehr beizuwohnen, wenn fie dazu berufen werden. Se. Majestät haben jedoch dabei nachzugebcn geruhet, daß diejenigen, welche einzeln stehen und nicht durch andere vertreten werden können, die Uebung aber in eine Zeit fällt, wo der volle Unterricht gegeben wird, zurück­ gelassen werden können, in sofern die Nothwendigkeit ihrer Zurücklassung vom Landwchrdienste von den Behörden gehörig nachgewiesen wird. 3. Wenn aber Schulamts - Kandidaten vor zurückgelegtem 32. Jahre stch entweder durch ein unangemessenes' Betragen, oder durch Nachlässtgkeit in Fort­ setzung ihrer Studien oder ihres Amtes der ihnen zu Theil gewordenen Begün­ stigung unwürdig machen, oder zu einem andern Stande oder Gewerbe über­ gehen, so sollen selbige sofort nachträglich zum dreijährigen Dienste bei den Fahnen gestellt werden, und demnächst nicht bloß 2 Jahre m der Kriegsreserve, sondern späterhin auch noch 7 Jahre im ersten Aufgebot der Landwehr bleiben, um, ihrer späteren Einstellung ungeachtet, ihre 12jährige Dienstzeit im stehenden Heere und in der Landwehr ersten Aufgebots vollständig abzuleisten." (Ann. Bd. XI, S. 1028.) Eine K. O. v. 24. December 1829 bestimmt in dieser Beziehung weiter: „Des Königs Majestät haben auf den Antrag des Königl. Ministeriums der Geistlichen rc. Angelegenheiten in Betreff der in Seminarien ausgebildeten Schulamts-Kandidaten, die zur Erfüllung ihrer Militair-Dienstpflicht nach der Aüerb. K. O. v. 29. October 1827, als Rekruten der Kriegsreserve oder der Landwehr resp, zu 6- und 4 wöchentlicher erster Ausbildung eingezogen werden, unterm 24. December 1829 noch nachzugeben geruhet, daß diejenigen derselben, welche für die militairischen Uebungen tauglich find, von den Militärbehörden zu jeder Zeit zur Uebung angenommen werden können. Diese Individuen werden demnach, in Gemäßheit der deshalb den Provinzial-Militairbehörden vom Königl. Kriegsministerium ertheilten Weisung, nicht bloß zu der Zeit, wo die Kriegsreserve uiiD Landwehr-Rekruten allgemein zur ersten Uebung einkommen, sondern auf den Antrag der betreffenden Behörden auch sofort nach ihrem Austritte aus den Seminarien zur militairischen Ausbildung angenommen werden, damit dem Bedürfnisse, die Elementar-Schullehrer-Stellen immer bald mit tauglichen Lehrern zu versehen, möglichst schnell genügt, und zu­ gleich vermieden werden könne, schon angestellte Schullehrer zur ersten Uebung einzuzichen. Dies zu erleichtern und bei den Truppen allen Verlegenheiten wegen der Verpflegung dieser zu jeder Zeit zur Ausbildung anzunehmenden Leute zu begegnen, ist Seitens des Königl. Kriegs-Ministeriums gestattet worden, daß selbige, in sofern ste als Kriegs-Reserve-Rekruten die erste Ausbildung erhalten, nicht in der Zahl der per Infanterie-Bataillon jährlich einzuziehenden üOKriegSReserve-Rckruten begriffen, sondern sowohl beim stehenden Heer als bei der Land­ wehr crtraordinair über den Uebungs-Etat zu verpflegen seien. Da sie übrigens nicht als Freiwillige eintretcn, auch in der Regel nicht im Stande sein werden, sich selbst auSzurüsten und zu verpflegen, so haben sie zwar nicht die Wahl des Truppentheils, bei dem sie zur ersten Ausbildung eintreten wollen, jedoch wird, um ihnen, wenn sie beim stehenden Heere auSgebildet werden, weite Märsche zu ersparen, aus ihre Wünsche billige Rücksicht genommen werden. Als Landwehr-Rekruten kommen sie ohnehin bei demjenigen Bataillon, in dessen Bezirk sie ihren Aufenthalt haben, zur ersten Ausbildung, (v. K. Ann. Bd. XIV, S. 290.) 30) Zur Ausführung dieser Anordnung ist folgende Ministerial-Jnstruktion v. 19. Mai 1816 ergangen:

Von den Dienern deS Staats.

49

abgelaufenen drei Dienstjahren treten sie in die Landwehr deS

„Der freiwillige Eintritt in das stehende Heer kann auf eine doppelte Weife erfolgen: entweder so, daß junge Leute sich selbst bekleiden und bewaffnen, oder daß sie in der gewöhnlichen Art, sei eS zum Eintritt auf weitere Beförderung, oder um die ihnen obliegende dreijährige Dienstzeit zu erfüllen, sich bei einem Regimente melden und so, wie alle andere Soldaten, die Bekleidung und BewaMiung von dem betreffenden Truppentheil erhalten. Für beide Gattungen find schon in dem erwähnten Gesetze selbst die mit dem freiwilligen Eintritt ver­ bundenen Vorrechte und Begünstigungen festgesetzt, und eS bedarf hier nur noch über das beim Eintritt zubeobachtende Verfahren der nachstehenden Bestim­ mungen: 8. 1. Alle freiwillig eintretende junge Leute find berechtigt, die Waffen­ gattungen, und die Abtheilung der Linientruppen zu wählen, bei der sie dienen wollen; jedoch find die Jäger- und Schützen-Bataillone hauptsächlich für die­ jenigen Freiwilligen bestimmt, die fich selbst kleiden und bewaffnen können.

§. 2. (Aufgehoben durch K. O. vom 3. Juni 1841, wonach bei allen Truppenth eilen deS Garde-CorpS in den Terminen v. 1. April, 1. Aug. u. 1. Okt. einjährige Freiwillige angenommen werden können. M. Bl. d. i. V. S. 197.)

8 3. Eigene Jäger-DetaschementS, wie solche in den letzten Kriegen statt­ fanden, werden be^ keiner Truppcnabtheilung gebildet, sondern die Freiwilligen treten während ihrer activen Dienstzeit in die Kompagnien und Schwadronen derjenigen Truppenabtheilungen ein, welche sie gewählt haben.

8- 4. Diejenigen Freiwilligen, welche fich selbst auSrüsten, können solches auf eine zwiefache Weise bewirken: entweder, daß fie ihre Kleidung, Waffen und sämmtliche Ausrüstungsgegenstände mitbringen, oder der Truppenabtheilung, bei' der fie eintreten, eine nach dem Bedürfniß berechnete baare Geldsumme zahlen, wofür ihnen alle Gegenstände vollständig und neu verabreicht werden. Die dieSfalfigen Zahlungssätze find im weiterhin folgenden 8- 7 dieser Jnstr. nach den verschiedenen Gattungen der Waffen und der Truppentheile genau fest­ gesetzt, und bei der Cavallerie ist darunter zügleich der Werth des Pferdes mit­ berechnet.

8. 5. Wenn ein Freiwilliger seine Bekleidung, Waffen, Lederzeugstücke und dergl. selbst mitbringt' oder durch eigene Besorgung bei den Truppen anschafft, so geschieht dieses in soweit auf seine"Gefahr, daß, wenn diese Gegenstände nicht vorschriftsmäßig angefertigt sein sollten, fie vom Regimente nicht angenommen werden dürfen.

8. 6. Ein Freiwilliger bei der Kavallerie, welchem seine Verhältnisse eS Wünschenswerth machen, sein eigenes Pferd mitzubringen, muß solches der Beur­ theilung unterwerfen, ob eS auch v öllig dienstbrauchbar ist und die nach der ge­ wählten Gattung der Reiterei vorgeschriebene Größe hat, widrigenfalls dasselbe nicht angenommen werden kann. §. 7. Wenn ein Freiwilliger seine eigne Equipirung nicht durch Mit­ bringung der Gegenstände in natura, sondern durch Erlegung der baaren An­ schaffungskosten bewirkt, so geschieht solcheswird nachgezahlt folgenden Sätzen: a) bei dem Gardejäger-Bataillon 58 bestimmten Thlr. 14 Gr. 10 Pf.

g) bei der Fuß-Artillerie

54 56 50 43 42 41

— 6 — — 18 — — 7 — — 3 — — 7 — — 6—

2— 3— 7— 8— 1 — 9 —

h) bei dem Pionierkorps i) bei einem Cürasfier-Regiment

42 214

— 17 *— — 13 —

- — 9—

b) bei jedem der übrigen Jäger-Bataillone c) beim Gardeschützen-Bataillon d) bei jedem der übrigen Schützen-Bataillone. e) bei einem Musketier-Bataillon f) bei einem Füffelier-Bataillon . ....

Koch, Allgemeine- Landrecht. IV.

4

50

Zweiter Theil.

Zehnter Titel.

ersten Aufgebots, wo sie nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und

k) bei einem Dragoner-Regiment

l) bei einem Husaren-Regiment m) bei einem Uhlanen-Regiment n) bei der reitenden Artillerie

185 .... 179 178 175

Thlr. 3 Gr.

- Pf.

— 7 — — 18 — — 4 —

8 — 5 — 4 —

Bei diesen Zahlungssätzen ist ein Kürassiervferd von nicht unter 5 Fuß 2 Zoll Größe zu 110 Thlr. (jetzt 150 Thlr. K. O. v. 22. Febr. 1844); ein Dragoner- und Uhlancnpferd von 5 Fuß zu 100 Thlr., so wie ein Husarenpferd, welches nicht unter 4 Fuß 11 Zoll sein darf, zu 100 Thlr. angenommen. Auch für die bei der reitenden Artillerie einzustellcnden Pferde ist der Satz von 100 Thlr. (jetzt 140 Thlr. für jedes Pferd der übrigen Kavallerie. K. O. v. 22. Febr. 1844) bestimmt. Unter dem bemerkten Größenmaaß, welches nach rheinländischem Maaß angenommen ist, dürfen die einzustellenden Pferde nicht fein. Höhere als die hier resp, bestimmten Sätze dürfen weder von den Freiwil­ ligen gezahlt, noch von den Truppen angenommen werden. K. O. vom 5. März 1820. Ich bestimme hierdurch, daß die auf einjährige Dienstzeit eintretenden Freiwilligen hinführo nicht mehr gehalten sein sollen, fich Waffen und Lederzeugstücke aus eigenen Mitteln zu beschaf­ fen, sondern daß ihnen dieselben aus den Vorräthen mit der Bedingung gegeben werden, sie nach vollendeter Dienstzeit in einem völlig brauchbaren Zustande zurückzuliefcrn. Dagegen fallen diese Freiwilligen bei der Geldund Brodverpflegung aus und erhalten fernerhin auf öffentliche Kosten nur freies Quartier. Um indessen armen Studirenden oder anderweitigen zum einjährigen Dienst berechtigten jungen Männern die Ablösung ihrer Dienst­ pflicht zu erleichtern, ist gestattet, daß in einzelnen außerordentlichen Fällen die HülsSbedürftigften in die Verpflegung ausgenommen werden, wenn sie ihre Bedürftigkeit den Regimentskommandeuren durch glaubwürdige Atteste nachwei­ sen, und sie von dem Brigade-Divisionskommandeur und Gcnral genehmigt worden. Diese sollen dann nicht allein vollständig verpflegt, sondern auch auf König!. Kosten mit Waffen re. versehen werden, wogegen sie fich die Be­ kleidung, wie bisher, zu beschaffen haben. Solche Freiwillige gehören zur etatsmäßigen Stärke der Truppentheile; alle übrigen werden als überzählig geführt. Bei der Kavallerie findet obige Bestimmung aber keine Anwen­ dung; vielmehr sollen die bei dieser Waffe eintretenden Freiwilligen jeder­ zeit aus der Verpflegung wegfallen und überzählig sein. In Beziehung auf die Berechtigung zum Eintritt bleibt eS genau bei den bisherigen Ver­ fügungen. (G. S. S. 59.)

8. Sämmtliche Ausrüstungsgegenstände, mit Einschluß des DienstpferdeS bei der Kavallerie, sie mögen von dem Freiwilligen in natura mitge­ bracht oder ihm für die erlegte Geldsumme verabreicht sein, bleiben ein unbe­ streitbares Eigenthum des Freiwilligen, und derselbe kann, nach Beendigung seiner aktiven Dienstzeit, willkürlich darüber disponiren. Wenn während der Dienstzeit eines Freiwilligen dessen Pferd in Folge deö Gebrauchs im Dienste fällt, so wird dafür ein anderes Dienstpfcrd zum Ge­ brauch gegeben, doch kann auf einen Ersatz kein weiterer Anspruch gemacht werden.

§• 9. Die Annahme der Freiwilligen im Sinne deS Edikts vom 3. Sep­ tember 1814 und die Bewilligung der 'ihnen darin zugesicherten Vorrechte hat vorzüglich den Zweck: jungen Leuten aus den gebildeten Ständen, die sich den Wissenschaften und einer höhern Ausbildung widmen, eine zweckmäßige Vereinigung ihres weitern Studiums mit ihrer zu lösenden Verpflichtung zum aktiven Militärdienste möglich zu machen. Die bloße Fähigkeit, seine eigene Equipirung zu bewirken, ist daher in keinem Falle zur Annahme eines sich selbst anSrüsten-

Von den Dienern de? Staals.

51

den Freiwilligen und rum Genuß der selbigem zustehenden Vorrechte entscheidend, sondern er muß auch bereits einen solchen Grad von wissenschaftlicher Bildung erworben haben, der seine Fähigkeit zu einer höhern Ausbildung bekundet und die Erreichung des Zwecks sichert, um deffentwillen der Staat ihm die Ver­ günstigung angedeihen läßt. Unter dem hier bedingten Grade v-)n Bildung wird eine solche wiffenschastliche Vorbereitung verstanden, die einen jungen Mann zum Eintritt in die höhe­ ren Klaffen' eines Gymnasiums eignet.

Aus eben der obigen Rücksicht ist auch denjenigen Jünglingen, welche sich schon in einer der drei höhern Klaffen eines Gymnasiums befinden und die ihre Studien künftig auf der Universität fortsetzen wollen, zu ihrem eigenen Wohl und zur Beförderung einer gründlichen Kultur der Wissenschaften überhaupt anzurathen, den Zeitpunkt zum Eintritt als Freiwillige nur so zu wählen, daß sie erst ihren Gymnasialkursus völlig absolvirt haben, um dann nach Beendigung ihres aktiven Militairdienstcs eine Universität zu beziehen. Da die Leistung des Dienstes in diesem Zeitraume für die künftigen Ver­ hältnisse des sich den Wiffenschasten widmenden jungen Mannes die nützlichste ist, so wird sämmtlichen Behörden die möglichste Beachtung einer diesfallsigen Mit­ wirkung angelegentlichst empfohlen, um so mehr, als bei den meisten jungen Leuten die Beendigung ihres Gymnasialkursus zwischen das 17. und 20. Alters jähr treffen wird, und viele von ihnen während ihres Militairdicnstes in einer Stadt, wo sich eine Universität befindet, füglich die Gelegenheit benutzen können, nebenbei die wissenschaftlichen Vorlesungen abzuwarten und dadurch großen Theils in einem ununterbrochenen Studio zu bleiben.

§. 10. Diejenigen Jünglinge, welche ihren Unterricht auf einem Gymnasio empfingen, müssen zur Beglaubigung ihrer bis zu dem im vorhergehenden §. bezeichneten Grade gewonnenen wissenschaftlichen Ausbildung die Zeugnisse der Schulanstalten, diejenigen jungen Leute aber, welche ihre Unterweisung auf einem andern Wege gewonnen, die Atteste ihrer Lehrer beibringcn, oder sich, nach den Umständen, der Prüfung eines Sachkundigen unterwerfen. §. 11. Bei denjenigen Leuten, welche freiwillig bei den Kavallerieregimen­ tern eintreten, kann in sofern eine begünstigende Nachsicht in Ansehung ihrer wissenschaftlichen Vorbereitung stattsinden, wenn der junge Mann sich durch be­ reits erworbene Fertigkeit im Reiten oder wenigstens durch eine hervorstechende Anlage, sich in dieser Kunst zu vervollkommnen, auSzeichnet. §. 12. Die Anmeldung zum freiwilligen Eintritt in den Dienst geschieht schriftlich oder persönlich bei dem Kommandeur des Regiments oder Bataillons, bei welchem der Gintritt gewünscht wird. Dieser Meldung müssen beigefügt oder bei der persönlichen Ansuchung über­ reicht werden:

a) b)

der Erlaubnißschcin der Eltern oder Vormünder;

das Zeugniß deS Gymnasiums oder der Lehrer über den wissenschaft­ lichen Unterricht im Sinne des §. 10 und zugleich Bescheinigungen über den dabei bewiesenen Fleiß und sittliche Aufführung;

c) eine Erklärung, in welcher Art der Freiwillige, wenn er seine eigene Gquipirung bewirkt, solche zu beschaffen gedenkt;

d) wenn eine schriftliche Meldung erfolgt, so ist zugleich ein Zeugniß eines RegimentSchirurgus oder eines Stadt- und KreisphysikuS beizufügcn, daß nicht allein der sich meldende mit keinem körperlichen Gebrechen behaftet, sondern auch sonst von hinlänglich robustem Körperbau ist, um die Beschwerden deS Militair­ dienstcs ertragen zu können. Wer sich persönlich gestellt hat und mit den zu seiner Annahme erforderlichen Ausweisungen nicht versehen ist, hat es sich selbst beizumeffen, wenn H die Reise vergebens gemacht hat, oder wenigstens der Be-

52

Zweiter Theil.

Zehnter Titel.

schluß über seine Annahme bis zur Beibringung der nöthigen Atteste ausgesetzt bleibt. §. 13. Sobald der Regiments- oder Bataillonskommandeur in die An­ nahme eines Freiwilligen einwilligt, so wird darüber eine schriftliche Verhandlung ausgenommen, in welcher zugleich die Pflichten und Vorrechte deS Freiwilligen nebst dem Termine seiner Entlassung auS dem aktiven Militairdienste bemerkt werden. DaS Original dieser von dem Freiwilligen eigenhändig zu unterzeichnenden Verhandlung bleibt nebst den beigebrachten Attesten bei den Akten des Regi­ ments oder Bataillons; eine vidimirte Abschrift davon aber wird dem Frei­ willigen eingehändigt. Entstehen über die Zulässigkeit der Annahme eines Freiwilligen Zweifel, so gehören solche zur Entscheidung deS kommandirenden Generals der Provinz, zu welcher sie sowohl durch den Kommandeur, als auch durch den Freiwilligen selbst und dessen Angehörige gebracht werden können.

§. 14. Wer kein Zeugniß seiner guten Aufführung beizubringen vermag, wenn er auch übrigens völlig nach der Vorschrift qualificrrt wäre, oder wer we­ gen entehrender Verbrechen bereits Gefängnißstrafe erlitten hat, darf durchaus keine Annahme als Freiwilliger erwarten. Wenn Jemand, der sich als Frei­ williger meldet, verschweigt, daß er schon in dieser Art Strafe auSgestanden hat und durch solches Verschweigen seine Annahme betrüglicher Weise zu bewir­ ken sucht, so wird derselbe bei der hiernächstigen Entdeckung noch besonders zur Bestrafung dafür dem Eivilgerichte übergeben. §. 15. Da durch das Gesetz vom 3. September 1814 der Eintritt als Freiwilliger vom 17. bis 20. Altersjahre nachgegcben ist, so bleibt die Wahl deS Jahres zum Eintritt innerhalb dieses Zeitraums jedem Freiwilligen belie­ big überlassen, und besonders wird es denjenigen Freiwilligen, welche sich selbst equipiren und die daher nur ein Jahr in dem aktiven Militärdienst zubringen dürfen, von großem Vortheil für ihre Verhältnisse sein, vom 17. bis zum 20. Jahre das Jahr ihres aktiven Militärdienstes wählen zu können. §. 16. Bei einer jeden Brigade werden Einrichtungen zu besonderm Un­ terricht für specielle Militairdicnst-Kenntniffe getroffen, damit diejenigen Freiwil­ ligen, welche einst in die Lage kommen könnten, dem Vaterlande bei der Land­ wehr zu dienen, sich die zu einem Offizier erforderlichen Kenntnisse zu erwerben vermögen. Ueberhaupt wird es den Regiments- und Bataillonskommandeurs hiermit zur Pflicht gemacht, sämmtlichen freiwillig zum aktiven Militairdienst eingetre­ tenen jungen Leuten jeden möglichen Vorschub zur Fortsetzung ihrer künftigen Berufsbildung zu leisten und dergleichen jungen Männern eine besonders für­ sorgende Aufmerksamkeit zn widmen.

§. 17. In der Regel kann die Aufnahme von Freiwilligen bei den Linien­ truppen nur zu der Zeit geschehen, wo die Ersatzmannschaften gestellt werden; jedoch wird den BrigadechesS nachgelassen, in besonderen Fällen auch AusnahmeNihierunter Statt zu geben. (Rumpfs, Dienst- und Rechtsverhältnisse, Ohne weitere Prüfung werden auch die aus den höheren Bürger- und Realschulen mit dem Zeugnisse der Reife entlassenen Zöglinge zum einjährigen Dienst zugelaffen, gemäß Verf. d. Min. d. I., des Kr. u. d. Pol. vom 1. Decbr. 1836 (v. K. Ann. Bd. XX, S. 1097). Gin Verzeichniß der höhern Bürger- und Real­ schulen, welche zu Entlassungs-Prüfungen, nach dem Regl. v. 8. Mai 1839, ermächtigt sind, befindet sich im M. Bl. d. V. v. 1842, S. 65. Die Mitthei­ lung hier ist unterblieben, weil seitdem schon wieder Veränderungen eingetreten sind und überdieß die Beschaffenheit einer Schule in ihrem Orte eine bekannte Sache ist, der Fall aber selten vorkommt, wo ein Freiwilliger aus einer so ent­ legenen Gegend herkommt, daß seine Schule am Orte seiner Einstellung nicht bekannt wäre.

Wer nicht durch da4 Abgangszeugniß eines Gymnasiums oder einer höhern

Von den Dienern des Staats.

53

Verhältnisse, die ersten Ansprüche auf die Ofstjierstellen haben sollen").

Bürger- oder Realschule seinen Anspruch auf Zulassung zum einjährigen Dienst begründen kann, muß sich von ber Prüfungs-Kommission prüfen lassen. M. st die Min. Verf. über die Einrichtung vom 25. December 1825 u. Jnstr. vom 21. Januar 1822. (v. K. Ann. Bd. IX, S. 1107.) j31) Ueber die Behandlung und Ausbildung der einjährigen Freiwilligen, mit Rücksicht auf deren Bestimmung für den Offizier- und Unteroffizier-Dienst in der Landwehr, ist die folgende, durch K. O. vom 1. März 1843 autorisirte Jpstr. des Kr. M. v. 21. März 1843, ergangen:

„Da es sich gezeigt hat, daß in den Truppentheilen nicht nach gleichen Grundsätzen bei Ausbildung der einjährigen Freiwilligen verfahren und diesem, für die bewaffnete Macht höchst wichtigen Gegenstände nicht immer die nöthige Aufmerksamkeit gewidmet wird, so setzt das Kriegsministerium, auf Grund der früheren über dieses Verhältniß bereits gegebenen Verordnungen, und in Folge der Bestimmung der Allerh. K. O. vom 1. März d. IS. hierdurch Folgen­ des fest:

S. 1 DaS Dienstjahr der Freiwilligen hat in militairischer Hinsicht den Hauptzweck, die, durch ihre allgemeine Bildung dazu geeigneten jungen Leute zu Offizieren und Unteroffizieren der Landwehr auSzuvilden; es kommt also hauptsächlich darauf an, ihnen die nöthigen Begriffe über ihre künftigen Ver­ hältnisse beizubringen, und ihnen auf Grund derselben auch die praktische Fer­ tigkeit zur Ausübung ihrer künftigen Pflichten anzueignen. 8. 2. Die Annahme einjähriger Freiwilligen findet, gemäß der Allerh. K. O. v. 1. März c., bei allen Truppen nur am 1. April und 1. Okt. jeden Jahres statt; in Rücksicht auf besondere Umstände können jedoch, namentlich in diesem Jahre, ausnahmsweise dergleichen Freiwillige auch am 1. August ange­ nommen und eingestellt werden. 8. 3. Die Freiwilligen werden bei ihrer Annahme zwar bei den Kom­ pagnien und Eskadronen eingetheilt, allein zu ihrer Ausbildung per Regiment oder per Bataillon einem besonders dazu ausgewählten Offizier überwiesen. Ist d!e Zahl der Freiwilligen groß, so können zwei Offiziere dazu bestimmt werden, und dies muß jedenfalls geschehen, sobald ihre Zahl mehr alö zwan­ zig beträgt. 8. 4. ES müssen hierzu Offiziere auSgewählt werden, welche nicht allein die nöthige praktische und theoretische Dienstkenntniß, sondern auch die selbststän­ dige Umstcht besitzen, um gebildeten jungen Leuten zum Vorbilde zu dienen.

8. 5. Zu ihrer Hülfe werden nach Maßgabe der Zahl der Freiwilligen die nöthigen zuverlässigen Unteroffiziere kommandirt. 8. 6. Den Unterricht im Exerzieren, im Reiten, und in der Dienst- und Waffen-Kenntniß erhalten die Freiwilligen durch den zu ihrer Führung bestimm­ ten Offizier. Sobald ein Freiwilliger nach Maßgabe seiner Fähigkeiten ausge­ bildet ist, tritt er in seine Kompagnie oder Eskadron ein, und thut als Gemei­ ner Dienste. 8. 7. Die Freiwilligen bleiben aber auch während dieser Zeit in Hinstcht auf ihre theoretische Ausbildung der besonderen Aufsicht deS ihnen vorgesetzten Offiziers untergeben, auf welches Verhältniß, sowohl von dem Kompagnie(Gskadron-) Chef, als auch von dem betreffenden Offizier, wechselseitig Ruck­ ficht genommen werden muß. ' 8* 8. Nach Verlauf dreier Monate, von dem Diensteintritt an gerechnet, werden sämmtliche Freiwillige dem Bataillons-, resp. Regiments-Kommandeur vorgestellt, und dabei diejenigen zu Unteroffizieren in Vorschlag gebracht, welche durch ihre erworbene Drenstkenntniß, so wie durch ihre Neigung und Führung

3weiter Theil.

54

Zehnter Titel.

8. Die Landwehr beS ersten Aufgebots ist bei entstehen­ dem Kriege zur Unterstützung des stehenden Heeres gestimmt, sie

fich dazu eignen, als Unteroffiziere Dienste zu leisten. Diese werden hierauf bei den Kompagnien und Eskadronen als Vice-Unteroffiziere angestellt, und thun dort mit den übrigen Unteroffizieren Dienste» Im allgemeinen bleiben ste auch hier fortdauernd unter der Aufsicht des Offiziers, der ihnen in den freien Stun­ den Unterricht über die Pflichten deö Unteroffiziers, sowohl im innern Dienst, als im Felddienst zu geben hat. §. 9. Diejenigen Freiwilligen, welche fich nicht zu Vice-Unteroffizieren eignen, treten zu ihren Kompagnien und Eskadronen zurück, und dienen die übrigen neun Monate als Gemeine, wobei sie von der bisherigen Aufsicht des Offizier- ent­ bunden werden. Im Reserve- und Landwehr-Verhältniß sind dergleichen Frei­ willige, indem sie dargethan haben, daß es ihnen noch an der militärischen Aus­ bildung gebricht, vorzugsweise zu den Uebungen der Landwehr heranzuziehen.

§. 10. Die Vice-Unterofsiziere werden nach Verlauf von abermals drei Monaten sämmtlich dem Bataillons- resp. Regiments-Kommandeur vorgestellt, und auf den Grund der Zeugnisse ihrer Hauptleute und Rittmeister, so wie deS die Aufsicht führenden Offiziers, diejenigen ausgewählt, welche hoffen lassen, daß sie sich künftig zu Landwehr-Offizieren oder Vice-Feldwebeln eignen werden, und sind diese alsdann sofort zu überzähligen Unteroffizieren zu ernennen.

§. 11. Dieselben thun nun die auch übrigen 6 Monate als wirkliche Unter­ offiziere Dienste, müssen aber außerdem auch besonders in den Dienstpflichten eines Offiziers unterrichtet und geübt werden. 12. Zu diesem Zweck müssen sie nicht allein mit der Aufsicht und Füh­ rung von Korporalschaften oder Beritten beauftragt, sondern auch häufig im Zugführen geübt werden und einige detachirte Wachten thun. Endlich muß ihnen, wenn sie Fähigkeiten dazu besitzen, unter der Aufsicht ihres Führers das Ausererziren eines Rekruten gezeigt werden. §. 13. Da eS wichtig ist, daß diese Freiwilligen die Führung einer Tirailleur- oder Flankeur-Linie, sowie den Felddienst genauer kennen lernen, so haben die Regiments- und Bataillons-Commandeure dahin zu sehen, daß ihnen hierzu 'die Gelegenheit, so viel als es erforderlich ist, gegeben werde.

§. 14. Die zu Unteroffizieren beförderten Freiwilligen erhalten während der Zeit zugleich von ihrem Führer einen theoretischen Unterricht, a) in den Pflichten eines Offiziers,

und b) in der richtigen Behandlung der Soldaten, mit besonderer Rücksicht auf die Verhältnisse der Landwehr. §. 15. Vor der Beendigung ihrer Dienstzeit werden diese Freiwilligen nach den bereits bestehenden Vorschriften einer Prüfung unterworfen und nach Maß­ gabe des Ausfalls derselben bei ihrem Abgänge mit einem Zeugniß über ihre Qua­ lifikation entweder zum Landwehr-Offizier oder zum Vice-Feldwebel, resp. ViceWachtmeister, versehen, wodurch sie die Berechtigung erlangen, für solche Stellen bei der Landwehr gewählt zu werden. Wer von ihnen in der Prüfung die Befähigung hierzu nicht zeigt, tritt als Unteroffizier bei der Landwehr ein.

§. 16. Die Führer der Freiwilligen erhalten durch die ihnen hier gestellte Aufgabe, die, jedem auf höhere Dienststellen Anspruch machenden Offizier unent­ behrliche, Gelegenheit vielseitige Menschenkenntniß zu erwerben, und sich durch ihr Benehmen zu einer.außerordentlichen Beförderung zu empfehlen; auch sollen die­ jenigen Staabs-Ofsiziere, Hauptleute und Rittmeister, welche diesen wichtigen Gegenstand zweckmäßig leiten, Sr. Majestät dem Könige besonders namhaft ge­ macht werden. §. 17.

Die Königlichen General-Kommando'ö haben jährlich , und zwar

Don den Dienern des Staats.

55

dient gleich diesem, im Kriege, im Zn- und Auslande; im Frieden ist sie dagegen, die zur Bildung und Uebung nöthige Zeit aus­ genommen, in ihre Heimath entlassen. Sie wird ausgewählt: a) aus allen jungen Männern vom 20. bis 25. Jahre, die nicht in der stehenden Armee dienen, b)' aus denjenigen, die in den Jäger- und Schützen-Bataillons ausgebildet worden, c) aus der' Mannschaft von dem 26. bis zurückgelegtem 32. Jahre. Die Uebungen der Landwehr des ersten Aufgebots sind zwiefach: a) zu gewissen Tagen in kleinen Abtheilungen in der Heimath, b) einmal des Jahres, in größeren Abtheilungen in Verbindung mit Theilen des stehenden Heeres, welche zu diesem Zwecke auf den Sammelplatz der Landwehr rücken. 9. Um im Allgemeinen körperliche und wissenschaftliche Aus­ bildung so wenig als möglich zu stören, ist das vollendete 20. Jahr zum Anfang des Kriegsdienstes festgestellt, es bleibt aber jedem jungen Manne überlassen, nach vollendetem 17. Jahre, wenn er die nöthige körperliche Stärke hat, sich zum Kriegsdienste zu melden, wodurch er dann um eben so viel Jahre früher wieder aus den verschiedenen Verpflichtungen heraustritt.

im Monat Marz, einen Bericht über diesen Gegenstand dem Kriegs-Ministerium zu erstatten, dem eine namentliche Liste beizufügen ist, auö welcher hervorgeht, welche einjährige Freiwillige in dem verstossenen Jahre von jedem Truppentheil entlassen worden sind, welche davon zu Landwehr-Offizieren, Vice-Feldwebeln, Vice-Wachtmeistern, Landwehr-Unteroffizieren rc. geeignet waren, und welchen Ständen dieselben ihren Civil-Verhältniffen nach angehören. §. 18. ES ist auch ernstlich darauf zu sehen, daß die Freiwilligen, außer der Erfüllung ihrer Dienstpflicht, mit Nückstcht aus ihre besonderen Verhältnisse immer richtig behandelt, und ihnen in den Kompagnien und Eskadronen von Niemanden, unter keinem Vorwande, irgend etwas mißbräuchlich abgefordert oder zugemuthet werde, worüber die Herren Generale und Stabs-Offiziere auf das Strengste zu wachen haben. Die militairische Ausbildung muß zwar in dem Dienstjahre der Freiwilligen als Hauptsache angesehen werden, wo fich indeß, nach der dazu erforderlichen Zeit, noch Gelegenheit findet, daß der Freiwillige einige Stunden seiner ander­ weiten Bildung widmen kann, ist dieses jederzeit von den Vorgesetzten zu berückstchtigen. Zum Wachtdienst dürfen die einjährigen Freiwilligen nur in so weit heran­ gezogen werden, als dies zu ihrer dienstlichen Ausbildung nothwendig ist.

§. 19. Die ärztlichen Atteste über Freiwillige, durch welche letztere wäh­ rend ihrer Dienstzeit, nachdem sie durch die Ersatz-Kommission für tauglich be­ funden waren, für invalide oder vorläufig für dienstunbrauchbar erklärt werden, find sehr sorgfältig zu prüfen, damit sich hierbei kein Mißbrauch einschleiche. §. 20. Die obigen Vorschriften gelten mit den durch die speziellen Dienst­ verhältnisse erforderlichen Modifikationen für die bei allen Waffenarten cintretenden Freiwilligen." (V. Min. Bl. 1843. S. 135.)

Zweiter Theil.

56

Zehnter Titel.

10. Die Landwehr des zweiten Aufgebots ist im Kriege entweder bestimmt, die Garnisonen oder Garnison-Bataillone durch einzelne Theile zu verstärken oder sie wird nach dem augen­ blicklichen Bedürfniß auch im Ganzen zu Besatzungen und Ver­ stärkungen des Heeres gebraucht. Sie wird auS allen Männern, die sowohl aus der stehenden Armee, als aus der Landwehr deS ersten Aufgebots heraustreten und aus den Waffenfähigen bis zum zurückgelegten 39. Jahre ausgewählt. 11. Da die Landwehr des zweiten Aufgebots größtentheilS auS gedienten Männern besteht, so wird sie in Friedenszeiten nur in kleinen Abtheilungen und qn einzelnen Tagen jederzeit in ihrer Heimath versammelt. Wenn an den Uebungen der Land­ wehr des zweiten Aufgebots Jünglinge vom 17. bis 20. Jahre Theil nehmen wollen, so soll ihnen dies gestattet werden, ohne .daß sie dadurch in die Landwehr vor dem erreichten 20. Jahre eintreten. 12. Diejenigen Leute, welche in der Landwehr dienen, können, wenn ihre bürgerliche Verhältnisse eS erfordern, nach vorherge­ gangener Anzeige an ihre Vorgesetzte, ungehindert ihren Wohn­ ort verändern, und treten alsdann in die Landwehr des OrteS, wo sie ihren Aufenthalt wählen. 13. Der Landsturm tritt nur in dem Augenblick, wenn ein feindlicher Anfall die Provinzen überzieht, auf Meinen Befehl zu­ sammen; im Frieden ist es einer besondern Bestimmung unterwor­ fen, wie er von der Regierung zur Unterstützung der öffentlichen Ordnung in einzelnen Fällen gebraucht werden kann; er besteht auS allen Männern a) bis zum 50. Jahre, die nicht in die stehenden Heere und die Landwehr eingetheilt sind, b) auS allen Männern, die aus der Landwehr herauSgetreten sind, c) auS allen rüstigen Jünglingen vom 17. Jahre an. 14. Der Landsturm theilt sich ein: a) in die Bürger-Kompagmen in den großen Städten, b) in die Land-Kompagnien, welche nach Maßgabe der in­ nern Kreiseintheilung, in den mittlern, kleinen Städten, und auf dem platten Lande gebildet werden.

15. Im Frieden bestimmen als Regel, die in den obigen Ge­ setzen angegebenen Jahre den Ein- und Austritt in die verschiedenen HeereS-Abtheilungen, im Kriege hingegen, begründet sich dies durch das Bedürfniß, und alle zum Dienste aufgerufene Abtheilungen werden von den Zurückgebliebenen und Herangewachsenen nach Verhältniß deS Abgangs ergänzt. 16. Diejenigen, welche freiwillig in das stehende Heer treten, erhalten dafür die Begünstigung, sich die Waffengattung und das Regiment zu wählen; dahingegen die, welche von den dazu verord­ neten Behörden zum Kriegsdienste aufgerufen sind, durch das Kriegsministerium vertheilt werden. 17. Wer in dem stehenden Heere nach dem Ablauf seiner dreijährigen Dienstzeit länger fortdienen will, verpflichtet sich dazu auf sechs Jahre8a) und bekommt dafür eine äußere Auszeichnung, 32) * Der

Soldat

ist in Beziehung auf seine freiwillige Entschließung,

Von den Dienern des Staats.

57

-ei einer zweiten Verlängerung seiner Dienstzeit bekommt er eine Soldzulage und den Anspruch auf eine Versorgung, wenn er zum weitern Dienst unfähig geworden.

18. Diejenigen, die nach der gesetzlich zurückgelegten Dienst­ zeit im 1. oder 2 Aufgebot der Landwehr aus eigenem Antriebe länger fortdienen wollen, erhalten ebenfalls eine äußere Auszeichnung und die Ansprüche auf die, ihren Fähigkeiten angemessenen Beför­ derungen in ihren Regimentern.

19. Um diese verschiedenen Eintheilungen der waffenpflichtigen Mannschaft mit Ordnung und Gerechtigkeit zu leiten, soll in einem jeden Kreise eine Behörde gebildet werben, die aus einem Offizier, dem Landrath und ländlichen und städtischen Gutsbesitzern besteht^). 9. K. O. vom 3. November 1833, enthaltend er­ läuternde Bestimmungen in Bezug auf die künftige Ergänzungsweise der Truppen. (G. S. S. 293.)

Die Erfahrung der letzten Jahre, wo die äußern Verhältnisse eS nothwendig machten, einen großen Theil der Truppen auf die Kriegsstärke zu bringen, hat gezeigt, daß bei dem Friedens-Etat, welchen die Finanzkräfte des Staats gestatten, die Ergänzung in der Kriegs-Reserve und Landwehr nicht in dem Maaße erfolgen kann, als es das Bedürfniß der Truppen erheischt. Um diesem für die Sicherheit deS Vaterlandes so wichtigen Uebelstande gehörig zu begegnen, und da durch die Art, wie das Gesetz vom 3. September 1814 bisher angewendet worden, eine große Ungleichheit in der Erfüllung der allgemeinen Dienstpflicht stattgefunden hat, so be­ stimme Ich auf Ihren Bericht vom 22. v. M. hiermit Folgendes:

1) Da nach dem unzweideutigen Sinne des Gesetzes vom 3. September 1814 jeder Dienstpflichtige 5 Jahre im stehenden Heere und in der KriegSreserve und 7 Jahre in der Landwehr des ersten Aufgebots dienen soll, und nach §. 9 Denjenigen, welche vor dem vollendeten 20. Lebensjahre in den Kriegsdienst treten, nachgegeben ist, um eben so viele Jahre früher aus jenen Verpflichtungen wieder­ um heraus zu treten; so folgt daraus, daß Diejenigen, welche nach dem vollendeten 20. Lebensjahre in den Kriegsdienst treten, auch nur um eben so viele Jahre später aus jenen Verpflichtungen wieder heraustreten können. 2) Unteroffiziere, Spielleute und Gemeine, welche nach §. 1 wegen unverschuldeten verspäteten Eintritts in den Militärdienst noch über das vollendete 32. Lebensjahr hinaus im ersten Aufgebot der Landwehr verbleiben müssen, sollen zur Friedenszeit vom zurück-

im stehenden Heere noch fortdienen zu wollen, als großjährig zu betrachten und ist mithin die Zustimmung seiner Eltern und Vormünder hlerzu nicht erforder­ lich. (K. O. vom 10. Februar 1825, G. S. S. 15). 33) Dieser Vorschrift gemäß find in jedem Kreise Ersatz-Kommissionen ein­ gerichtet, welchen zwei sehr ausführliche Ministerial-Jnstruktionen, vom 30. Juni 1817 u. vom 13. April 1825, gegeben sind, die sich in dem Amtsbl. der Re­ gierungen abgedruckt finden. M. s. auch v. K. Aun. Bd. I, H. 2, S. 285 u.

58

Zweiter Theil.

Zehnter Titel.

gelegten 32. Lebensjahre ab nicht mehr mit dem ersten Aufgebot zu großen Uebungen herangezogen werden, sondern nur zur Ergänzung ihres Truppentheils bei ausbrechendem Kriege verbleiben.

3) Dagegen hört die Verpflichtung zum zweiten Aufgebot der Landwehr mit dem zurückgelegten 39. Lebensjahre allgemein auf. Davon ausgenommen stnd nur solche Leute, welche ausgetreten ge­ wesen stnd, oder sich sonst dem Dienste böswillig entzogen hatten, indem diese auch im zweiten Aufgebot ihrer Dienstpflicht vollständig während 7 Jahre zu genügen haben.

4) Dienstpflichtige, welche nach der Ersatz-Instruktion vom 30. Juni 1817 als alleinige Ernährer ihrer Familien, auf Ein Jahr und nach Befinden der Umstände wiederholt zurückgestellt werden, sollen künftig nach dreimaliger Zurückstellung in gewöhn­ lichen Friedensverhältnissen gar nicht mehr zur Aushebung, weder für das stehende Heer, noch zur Ergänzung der Kriegsreserve oder Landwehr herangezogen, vielmehr nur noch der allgemeinen Ersatz­ reserve, zur Benutzung für den Fall eines Krieges oder einer Mo­ bilmachung der Armee nach Maaßgabe des alsdann stattfindenden Bedürfnisses, überwiesen werden. 5) Aufgehoben.

K.O. vom 23. April 1844.

(M.Bl.d.i.V. S.214.)

Auf Ihren Bericht vom 12. d. M. will Ich, unter Auf­ hebung der Bestimmung ad 5 der K. O. vom 3. Novbr. 1833, hiermit festsetzen, daß Dienstpflichtige, welche wegen Körper­ schwäche ober sonstiger Uebel drei Mal zurückgestellt stnd, sofort in die für den Fall eines Krieges oder einer Mobilmachung der Armee bestehende allgemeine Ersatz-Reserve übertreten sotten34). 6) Die obigen Bestimmungen finden auf Diejenigen, welche bei deren Bekanntmachung schon aus dem ersten Aufgebot der Land­ wehr ausgeschieden waren, keine Anwendung.

7) Die Militair-Dienstzeit soll überall erst von dem Tage des wirklichen Eintritts bei den Fahnen gerechnet, und daher die­ jenige Zeit, welche die Mannschaften nach erfolgter Aushebung noch in heimathlichen Verhältnissen zubringen, nicht zur Dienstzeit ge­ zogen werden. 10. K. O. vom 26. Februar 1824, betr. die Militairdienstverpfichtung derjenigen, welche auf Kosten

34) Es versteht stch, daß diese Bestimmung auch auf solche, welche sich zum einjährigen Dienst gemeldet und qualifieirt haben, Anwendung findet, da körper­ liche Fähigkeit die erste Bedingung zum Kriegsdienste ist. Das Schr. des M. des Kr. u. d. I. v. 18. Mai 1844 (M. Bl. S. 214), womit diese K. O. übersendet wird, bemerkt, daß der Uebertritt zur ErsatzNcserve ohne Rücksicht erfolge, ob das betr. Individuum seiner Loosnummer nach zu den Primologisten oder Neberzähligcn gehöre. Auch die wegen genosse­ ner Erziehungsgclder m. sonst zu einer längeren Dienstzeit Verpflichteten seien davon nicht ausgeschlossen; desgleichen diejenigen nicht, welche bei der ersten Ge­ stellung in besonders dringenden Fällen zurückgestellt seien, und demnächst un­ brauchbar befunden würden.

Von den Dienern des Staats.

59

deS Staats in Malitair - Waisenhäusern, ErziehungSund Bildungs-Anstalten erzogen und ausgebildet worden, (v. K. Ann. Bd. VIII, S. 296.)

Um die verschiedenen Grundsätze über die besondere MilitairDienstverpflichtung in Folge der, auf Kosten des Staats genossenen Erziehung und Bildung, mit einander in Uebereinstimmung und zugleich auf sämmtliche Militair-Bildungs-Institute gleichmäßig in Anwendung zu bringen, bestimme Ich: 1) Ein jeder Militairzögling oder Schüler, welcher auf Kosten des Staats unterhalten und unterrichtet worden ist, soll ver­ pflichtet sein, für jedes Jahr, das er diese Wohlthat genossen hat, zwei Jahre mit den auf Kosten des Staats erworbenen Kenntnissen im stehenden Heere zu dienen. 2) Derjenige, welcher aber einen Theil dieser Kosten selbst ge­ tragen hat, soll statt obiger zwei Jahre nur Ein Jahr dienen. 3) Mit dem Eintritt in eine neue Anstalt hebt auch die besondere Dienstverpflichtung von Neuem an, doch soll sie in keinem Falle das Maaß von Neun Jahren übersteigen. 4) Die allgemeine Dienstpflicht bleibt außerdem nach den gesetz­ lichen Bestimmungen mit resp, drei oder einem Jahre abzu­ leisten.

Der erste Grundsatz findet Anwendung auf alle MilitairWaisenhäuser, auf das Soldaten-Knaben-Erziehungs-Institut zu Annaburg, auf die Kadettenanstalt (unter Ausnahme der ganzen Penfionaire und derjenigen Zöglinge, die ihren Eltern vor dem 18. Jahre zurückgegeben werden), auf die Divistonsschulen, die ver­ einigte Artillerie- und Ingenieurschule, die allgemeine Kriegsschule, (wobei die in Meiner Ordre vom 27. April 1820 gegebene Be­ stimmung, daß der Aufnahme in die allgemeine Kriegsschule allemal eine dreijährige Dienstzeit als Offizier vorangehen muß, bestehen bleibt), ferner auf die Zöglinge des medizinisch-chirurgischen FriedrichWilhelm-Jnstituts, auf diejenigen Compagnie-Chirurgen, welche mit Beibehaltung ihres Gehalts diesem Institute attachirt worden, und nicht nur den öffentlichen Unterricht, sondern auch kostenfreien PriVat-Unterricht bei der medizinisch-chirurgischen Akademie für das Militgir empfangen haben, und endlich auf die wirklichen Eleven der Thierarzneischule, welche zu Kurschmieden oder Roßärzten ge­ bildet werden.

Der zweite Grundsatz ist anzuwenden: auf die ganzen Pen­ fionaire der Kadettenanstalt, fie mögen Ausländer oder Einländer sein, auf diejenigen, welche als Zöglinge der medizinisch-chirurgischen Akademie keinen Unterhalt, sondern nur freien Unterricht genossen haben, und auf die Volontaire bei der Thierarzneischule, welche ebenfalls nur freien Unterricht empfangen haben. Bei Anwendung des vierten Grundsatzes soll die einjährige Dienstzeit zu Statten kommen allen, welche beim Eramen das Zeug­ niß der Reife zum Offizier unbedingt erhalten haben, den Zöglin­ gen der medizinisch-chirurgischen Akademie, denen, welche als Roß­ ärzte qualifizirt befunden worden sind, und endlich den Zöglingen des medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelm-Instituts, welchen letzteren aber ihre in der Charite als Subchirurgen geleisteten ein-

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Zw/iter Theil.

Zehnter Titel.

jährigen Dienste, da sie dort sehr häutig der Ansteckung und Lebens­ gefahr ausgesetzt sind, darauf angerechnet werden sollen. 5) Es versteht sich von selbst, daß die Jahre der Erziehung oder des Unterrichts nicht als Dienst gerechnet werden können) in­ deß will Ich in Ansehung der Divistonsschüler und der von der Artillerie- und Ingenieurschule hiermit bestimmen, daß bei Berechnung der besonderen Dienstpflicht nur die wirklich in den resp. Schulen zugebrachte Zeit zum Grunde gelegt wer­ den soll.

6) Ausnahmen von diesen allgemeinen Festsetzungen muffen in jedem besonderen Falle bei Mir nachgesucht und gehörig be­ gründet werden; demjenigen aber, der sich schon jetzt in den genannten Anstalten befindet und sich den hier ausgesprochenen Bedingungen nicht unterwerfen will, soll freistehen, dieselben zu verlassen, in sofern nicht derselbe schon, wie solches nament­ lich bei dem medizinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelm-Jnstitut der Fall ist, durch höhere Bestimmungen einer besonderen Dienstverpflichtung unterworfen ist, indem diese jedenfalls er­ füllt werden muß rc. 11. K. O. vom 30. Juli 1824, betr. die Ausdeh­ nung der K. O. vom 26. Februar 1824 auf alle Söhne von Militairpersonen, zu deren Erziehung aus Staats­ kassen beigetragen. (Ann. IX, S. 767.)

Ich finde es auf Ihren Bericht vom 15. d. M. angemessen, in Folge der allgemein ausgesprochenen Verpflichtung für die, in Militair-Erziehungs-Anstalten auf Kosten des Staats gebildeten jungen Leute, zur verlängerten Dienstliestung im stehenden Heere, diese Verpflichtung auch auf die Söhne von Militairs und MilitairBeamten auszudehnen, zu deren Erziehung aus Staatskassen bei­ getragen wird, und genehmige die, von Seiten des Kriegs-Ministerii dieserhalb vorgeschlagenen Grundsätze dahin, daß die dem Sohne eines Unteroffiziers oder Soldaten im Betrage, von 50 Rthlrn. gewährten Verpflegungsgelder, dem einjährigen Aufenthalt im Potsdamschen Militair-Waisenhause gleich geachtet, die für den Sohn eines Offiziers oder Militair-Beamten mit 250Rthlrn. gewährte Unterstützung aber dem einjährigen Aufenthalte in Kadettenhäusern gleich geachtet, und die besondere Dienstpflicht für dergleichen junge Leute nach diesem Verhältniß berechnet werde.

12. V. über das Verfahren bei eintretender Mo­ bilmachung der Armee zur Herbeischaffung der Pferde durch Landl'ieferung. Vom 24. Februar 1834. (G. S. Seite 56.) Obgleich das durch die Mhliussche Ediktensammlung publizirte Reglement vom 17. April 1789 schon die Bestimmungen enthält, daß bei eintretender Mobilmachung die zur Ausrüstung der Armee erforderlichen Pferde durch Land-Lieferung beschafft werden sollen; so finden Wir Uns doch, in Erwägung des Umstandes, daß jenes Edikt eines Theils die Verpflichtung zur Gestellung der Pferde nicht für sämmtliche, sondern nur für die damals der Kon­ skription unterworfenen Unterthanen begründet, andern Theils aber auch in den neuen Provinzen nicht publizirt worden ist, auf den Antrag der Ministerien des Innern und der Polizei und des Krieges

Von ben Dienern des Staats.

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bewogen, zur Beseitigung aller Zweifel über bie Verpflichtung ber Unterthanen, bei einer Mobilmachung ber Armee bie zum Kriegsbienst geeigneten Pferde herzugeben, für sämmtliche Landestheile Unserer Monarchie Folgendes anzuordnes: 1) Sobald Wir es für angemessen erachten, bie Armee, ober auch nur einzelne Theile derselben, auf den Kriegsfuß setzen zu lassen, tritt für sämmtliche Unterthanen Unsers Reichs die Ver­ pflichtung ein, die zum Kriegsdienst tauglichen Pferde auf die deß­ halb an sie ergehende Aufforderung der Behörden sofort unweigerlich zu gestellen. 2) Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind nur die Dienst­ pferde der Beamten und Posthalter, weil hier der Staatsdienst und das öffentliche Interesse Ausnahmen nothwendig machen. Bei ben. Beamten kann jedoch nur die zur Ausführung der ihnen obliegen­ den Dienstgeschäfte wirklich nothwendige Zahl von Pferden, und bei den Posthaltern nur diejenige Zahl verschont bleiben, deren Haltung ihnen kontraktlich zur Förderung der Posten obliegt. Bei eintretenden diesfälligen Zweifeln entscheidet der Kreislandrath. Seiner Bestimmung ist, mit Vorbehalt des Rekurses wegen einer etwanigen Entschädigung, einstweilen sofort Folge zu leisten. 3) Alle übrigen Pferde, sowohl Lurus- als Arbeitspferde, und ohne jeden Unterschied der Besitzer, müssen, so weit es der Bedarf für die Armee nöthig macht, hergegeben werden. Damit aber diese Ermittelung bei Zeiten und für das Land so schonend als möglich gemacht werden möge, wird der Minister des Innern und der Po­ lizei einer jeden Provinz das (Kontingent bekannt machen, welches sie zu liefern hat. Der Oberpräsidenl der Provinz hat darnach in Uebereinstimmung mit dem kommandirenden General die näheren Bestimmungen über die Art der Gestellung. Auswahl und Ab­ schätzung der Pferde, so wie über die sonstigen Maßregeln, welche für den ordnungsmäßigen Gang des Geschäfts nothwendig sind, unter Berücksichtigung der dieserhalb schon ergangenen Festsetzungen, nach den Verhältnissen der einzelnen Landeetheile für jede Provinz in ein besonderes Reglement zusammenzufassen. Diese ProvinzialReglements sind, nachdem sie die Genehmigung der Ministerien des Innern und der Polizei und des Krieges erlangt haben werden, durch die Amtsblätter' zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. 4) Wo nicht die Ablieferung des vollen Bedarfs und in annehmlicher Qualität zur Zufriedenheit des kommandirenden Gene­ rals gesichert ist, und eine Mobilmachung eintritt, da sollen auf die erste Aufforderung alle nicht unter 2 ausgenommene Pferde sofort an diejenigen Orte gestellt werden, welche die Behörde zu ihrer Auswahl und resp. Abnahme bestimmen wird. 5) Für den Transport der Pferde bis zum Gestellungsort und für die Kosten ihrer Fütterung bis zur Abnahme wird keine Ver­ gütung gezahlt. Die Gestellungsorte sollen jedoch so bestimmt wer­ den, daß den Pferdebesitzern jede Belästigung erspart werde, die nicht durch den Zweck der Maßregel ausdrücklich geboten werden, oder den Umständen nach irgend zu vermeiden sein möchte.

6) Alle Pferde, welche die mit Leitung dieses Geschäfts be­ auftragte Kommission zum Kriegsdienst tauglich findet, sind von ihren Eigenthümern, so weit sie gebraucht werden, sofort zur DiS-

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Zweitet Theil.

Zehnter Titel.

Position der Militairbehörde zu stellen. Da der Bedarf für die Armee vollständig erreicht werden muß, so hat die Kommission für dessen Aufbringung zu sorgen.

7) Die Eigenthümer der ausgehobenen Pferde erhalten für die Überlassung derselben aus Staatskassen eine angemessene Vergütigung. Die Vergütigungssumme wird von einer unpartheiischen Kommission durch Abschätzung festgestellt. Die Abschätzung darf aber nicht auf die durch die augenblickliche Konjunktur bei einer Mobilmachung gesteigerten Preise der Pferde gerichtet, sie muß viel­ mehr nach den im gewöhnlichen Verkehr des Friedens stattfindenden Preisen regulirt werden. Das Maximum der Tare eines einzustellenden Pferdes darf ferner in der Regel die Summe von Einhundert Thalern Preuß. Kourant nicht übersteigen. Pferde, die höher abgeschätzt werden, müssen zunächst von der Einstellung zurückgewiesen werden. Nur dann, wenn unter der Masse der zur Aushebung vorgestellten Pferde nicht so viele, als daö Kontingent des KreiseS beträgt, in dem Werthe von Einhundert Thalern und darunter vorhanden oder sonst zu beschaffen sein sollten, kann auf höher tarirte Pferde, jedoch immer nur bis zum Werthe von Einhundert und Zwanzig Thalern Preuß. Kourant zurückgegangen werden. Selbst wenn noch theurere Pferde genommen werden müßten, vergütigt die Staatskasse doch nicht mehr als Einhundert Zwanzig Thaler Preuß. Kourant.

8) Die Abschätzungs-Kommission besteht aus drei sachverstän­ digen in gutem Ruf stehenden und zu diesem Geschäfte eigends vereideten Taratoren. 9) Die Bezahlung der Pferde nach ihrem abgeschätzten Werthe soll sofort aus den bereitesten Mitteln der Staatskassen erfolgen.

10) Wir hegen zwar zu Unseren getreuen Unterthanen daS Vertrauen, daß sie, die Nothwendigkeit einer solchen, die Sicherheit des Vaterlandes für den Fall eines Krieges befördernden Maßregel anerkennend, keinen Augenblick zögern werden, sich derselben zu fügen; da indessen die regelmäßige und schleunige Gestellung und Ablieferung der Pferde von dem wichtigsten Einflüsse auf die Mo­ bilmachung der Armee ist, so wollen Wir hiermit den Provinzial­ behörden die Mittel zur kräftigen Durchfühnmg dieser Anordnungen in die Hand geben, und dieselben ermächtigen, nicht blos gegen diejenigen Eigenthümer von Pferden, welche sich in deren Gestellung säumig finden lassen, eine polizeiliche Geldstrafe von 5 bis 50 Thlr. festzusetzen, sondern auch sofort alle Zwangsmaßregeln eintreten zu lassen, welche die Umstände und die unverzügliche Erreichung des Zweckes gebieten. (Der Schluß fällt weg.) 11) Die vorstehenden Anordnungen beziehen sich überall nur auf die Aushebung der zum Bedarf des stehenden Heeres und der Garde-Landwehr erforderlichen Pferde. Hinsichtlich der Provin­ zial-Landwehr behält es aber bei der schon durch die LandwehrOrdnung vom 21. Nov. 1815 begründeten Bestimmung dahin sein Bewenden, daß jeder Landwehr-Bataillons-Bezirk die zur Ausrü­ stung seiner Landwehr nöthigen Pferde unentgeltlich beschaffen muß. Den Beschlüssen der Kreisstände bleibt es überlassen, ob sie ihre Kontingente an Landwehr-Pferden durch Aushebung in der-

Von den Dienern des Staats.

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selben Art wie für die Linie, oder im Wege deS Ankaufs be­ schaffen wollen. In dem ersten Falle bleibt aber denjenigen Eingesessenen, deren Pferde zur Landwehr ausgehoben werden, dafür Vergütigunz nach der Tare zu gewähren. Die Gesammtkosten der Gestellung der Pferde zur Ausrüstung der Provinzial-Landwehr sollen von den Kreisen in der nämlichen Art aufgebracht werden, wie durch unsere Ordre v. 17. Septem­ ber 1831 (Zus. 14) in Betreff der Kosten der Gestellung der Pferde zu den Landwehr-Uebungen festgesetzt worden ist.

12) Die gegenwärtige Verordnung, zu deren Ausführung die Ministerien des Innern und der Polizei und deS Krieges die ProVinzial-Behörden mit näherer Instruktion zu versehen haben35), 36 ist 37 durch die G. S. und zugleich durch die Amtsblätter zu publiziren. 13. Landwehrordnung. (G. S. 1816, S. 77.)33)

Vom 21. November 1815.

14. K.O. v. 17. September 1831, betr. die Gestel­ lung der Pferde zu den Landwehrübungen. (G. S. S. 223.) Auf den Bericht des Staatsministerii vom 30. Juli C; be­ stimme Ich, daß wegen der Gestellung der Pferde zu den LandwehrUebungen die nachfolgenden, schon bisher befolgten Grundsätze künftig allgemein in Anwendung gebracht werden sollen: 1) Die Sorge für die Gestellung der Pferde zu den Uebungen der Landwehr-Kavallerie, ist Sache der Landwehr-BataillonsBezirke ; 2) die Bevölkerung, nach welcher die Landwehrmannschaften zu gestellen sind, giebt auch den Maaßstab der Verpflichtung zur Gestellung der Pferde ab; 3) da jedoch die Pferde da zu entnehmen sind, wo sie sich am geeignetsten finden, so muß die Reparation derselben zwar auf die zu einem Landwehr-Bataillons-Bezirk gehörigen Kreise oder Kreis­ theile nach dem Pferdebestande angelegt, dagegen aber unter den einzelnen Kreisen eine Ausgleichung dadurch bewirkt werden, daß diejenigen Kreise, welche mehr Pferde gestellen, als sie nach dem Verhältnisse der Bevölkerung zu gestellen haben würden, dafür von den andern Kreisen, die weniger Pferde hergeben, nach billigen Vergütungssätzen, welche die Negierungen, mit Rücksicht auf pro­ vinzielle und örtliche Verhältnisse, pro Pferd und Tag zu reguliren haben, entschädigt werden3');

35) In Folge dieser Anweisung sind für die einzelnen Provinzen Regle­ ments zur Gestellung und Abschätzung der MobilmachungSpfcrde im Jahre 1837 erschienen und in den Amtsblättern veröffentlicht worden. 36) DaS praktische Interesse steht mit dem Raume, welchen dieses G. ein­ nimmt, nicht im Verhältniß, weshalb cs hier nur nachgewiesen wird.

37) Jeder Kreis kann aber auch die auf ihn, nach dem Maaßstabe der Bevölkerung repartirten Pferde selbst beschaffen, wenn er auf die Gestellung der­ selben aus andern Kreisen nicht eingehen will. Besch, d. M. d. Inn. u. d. Pol. v. 21. Juli 1833 (Ann. Bd. XVII, S. 840).

Zweiter Theil.

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Zehnter Titel.

4) eine Gestellung der Pferde im Wege der Konskription ist zwar nicht zulässig, und es kann daher auch die Gestellung, durch Entrepreneurs in Fällen, wo solche zur Erreichung deS Zwecks unumgänglich erforderlich ist, z. B. in großen Städten oder in Fabrikgegenden, nicht gänzlich ausgeschloffen werden; die Regie­ rungen und Kreisbehörden sind jedoch verpflichtet, darauf zu sehen und nach Möglichkeit dahin zu wirken, daß die Pferde, soweit eS nach den Umständen thunlich ist, nicht durch Entrepreneurs, sondern vom Lande gegen angemessene Vergütigungssätze gestellt werden'*),

38) DaS dadurch begründete RechtSverhältniß ist Sachmiethe, welche zwi­ schen dem Pferdebesitzer als Vermiether und der Kreis-Kommune als Miether eingegange« wird. Die Frage wegen Entschädigung für während der Uebung ruinirte, erkrankte oder gefallene Pferde ist mithin nach den Grundsätzen über die Sachmiethe zu entscheiden. Der, Miether haftet nur für ein mäßiges und grobes Versehen; der außer dem Falle eines solchen Versehens entstehende Schade ist Zufall, wofür der Vermiether Niemand verantwortlich machen kann. Da nun die Kreiskommune, welche sich die Pferde zu dem jedem Vermiether bekann­ ten Zwecke miethet, nicht leicht in den Fall kommen kann, Schaden zu verursa­ chen und für die Versehen derjenigen, welchen die Pferde gestellt werden, nicht verantwortlich ist; so kann sie nicht in die Lage kommen, ein beschädigtes Pferd ersetzen zu müssen. Deshalb hat der Staat, auS Billigkeit, die Entschädigung für die bei den Uebungen verunglückten, erkrankten oder beschädigten Pferde nach folgenden Grundsätzen übernommen:

1. Die Pferde werden den Landwehr-EskadronS mit einem nach dem an­ liegenden Schema (b) «»gefertigten Nationale unter Zuziehung eines Thierund RoßarztcS übergeben. Dieses Nationale muß mit der Unterschrift der Civilbehörde, nämlich des Landraths, oder in den Städten der den letzter» vertre­ tenden Behörde und der Taratoren versehen sein. Der Kommandeur der Es­ kadron übernimmt die Pferde nach diesem Nationale, seht seine Bemerkungen in die letzte Kolonne und unterzeichnet dasselbe ebenfalls 2. Mit Ausnahme eines leichten gewöhnlichen Kropfes werden Pferde, welche irgend einen Krankheitszustand zeigen, unter keiner Bedingung angenomlncn. 3. Nach beendigter Uebung werden die Pferde ebenfällS unter Zuziehung eines Thier- und RoßarztcS zurückgegeben und darüber ein Protokoll ausgenom­ men. Dieses von dem Eskadron-Kommandeur und dem Landrath rc. zu unter­ zeichnende Protokoll muß enthalten:

a) daß die Pferde alle gesund zurückgegeben, b) oder welche davon gefallen, erkrankt oder beschädigt worden sind,

c)

worin die Krankheit oder Beschädigung besteht.

4.

Gewöhnlicher leichter Kropf ist nicht als Krankheit und kleine äußer­ liche Beschädigungen, die den augenblicklichen Gebrauch nickt hindern und keine nachtheiligen Folgen zurücklassen können, sind glicht als solche zu betrachten, für welcke aus Staatskassen Entschädigung gewährt wird. Nach dem Schluß des Protokolls wird in der Regel keine Vergütigung für irgend etwas gegeben, was bei Aufnahme desselben nicht zur Sprache gekommen ist. Wenn jedoch hei denjenigen Pferden, welche Landwehrreitern eigenthümlich gehören und von ihnen geritten werden, innerhalb 48 Stunden nach Schließung des Protokolls innere Krankheiten zum Ausbruch kommen, darf auf Vergütigung d«r Kur-Kosten rc. angetragen werden. Es ist aber dann außer einem beglau­ bigten AuSzuge auS dem früher gedachten Nationale noch eine Krankheitsgeschichte des Thierarztes hinzuzufügen, damit ein Gutachten der Thierarzneischule einge­ zogen werden kann, ob die Krankheit zufällig gewesen, oder ihre.Entstehung auS

-Son den Dienern des Staats.

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welche den Landwehrkavalleristen, die ihre, oder ihrer Angehörigen Pferde zur Uebung mitbringen, oder den KreiS-Eingefeffenen, welche zu diesem Zwecke Pferde hergeben, zu gewähren sind;

der Zeit der Uebung herzuleiten ist, und nur in dem letztern Falle wird eine Entschädigung erfolgen.

5. In Ansehung der kranken und beschädigten Pferde treten folgende VerfahrungSarten ein, je nachdem die eine oder die andere zweckmäßig erscheint.

a) Die Militair- und Civilbehörde einigt sich mit dem Eigenthümer über eine billige Entschädigung und bringt solche zu Protokoll. Außer dieser Entschädigung werden keine andere Kosten vergütigt. b) Die kranken Pferde werden da, wo eS die Umstände nur irgend ge­ statten, bei dem Stamme in die Kur genommen, oder bei nahe stehen­ den Kavallerie-Regimentern, welche von dem DivisionS-Kommandeur ein für allemal die Anweisung zur Annahme der kranken Pferde der mit ihnen zusammen oder ganz in der Nähe stehenden Stämme erhalten.

Nur in einzelnen besonderen Fällen, wenn die Heilung weder bei dem Stamme, noch in Ermangelung einer nahen KavallerieGarnison in einer solchen bewirkt werden kann, darf fie auf andere Weise geschehen. o) Das Pferd wird von der Civil-Behörde meistbietend verkauft und die Differenz des Verkaufs-Preises gegen die Tare liquidirt. DaS letz­ tere Verfahren ist in der Regel bei allen denjenigen Pferden anzu­ wenden, von welchen sich eine baldige und gänzliche Wiederherstellung nicht erwarten läßt, oder welche durch irgend eine bleibende Beschä­ digung am Werthe verloren haben, ohne jedoch einer Kur zu bedür­ fen und über welche man mit dem Eigenthümer wegen einer Entschä­ digung nicht einig werden kann.

6.

Bei der Liquidirung ist übrigens Folgendes zu beobachten:

Jeder Liquidation ohne Ausnahme ist ein beglaubter Auszug aus dem ad 1 gedachten Nationale und dem ad 3 bemerkten Protokolle beizufügen. Die Liquidationen über die meistbietend verkauften Pferde sind mit dem AuktionsProtokolle zu belegen. Die ad 5 a erwähnten Entschädigungen werden gleich nach erfolgter Einigung von den betreffenden Landwehr-Bataillonen gezahlt. Die Liquidationen über die eben gedachten Entschädigungen, so wie der Kosten für die Pferde, welche bei den Landwehr-Stämmen geheilt werden, sind von denselben unmittelbar an die Intendantur deS betreffenden Armee-Korps zu senden. Die Liquidationen der Kosten für die Pferde, welche bei der Linien-Kavallerie geheilt werden, müssen dem betreffenden Landwehrstamme übermacht und von diesem, nachdem die vorgedachten Auszüge aus dem Nationale und Proto­ kolle beigefügt worden sind, an die Intendantur gesandt werden.

In den einzelnen Fällen, wo die kranken Pferde nicht bei den LandwehrStämmen oder bei der Kavallerie geheilt werden, müssen die Liquidationen an die Regierungen gesandt werden, wo die Kur- und Medizin-Kosten nach der Tare und die Futter-Kosten nach den Marktpreisen zu revidiren und festzustellen und die Liquidationen dann der betreffenden Intendantur zu übergeben sind. An Futter kann übrigens nicht mehr liquidirt werden, als der Betrag einer gewöhnlichen Ration, k 2% Metze Hafer, 5 Pfund Heu und 8 Pfund Stroh, oder verhältnißmäßig diejenigen anderweiten Nahrungsstoffe, welche die Krank­ heit nöthig machen und der Thierarzt verordnen könnte. Die Intendanturen sammeln die Spezial-Liquidationen, revidiren solche, fertigen davon eine General-Nachweisung ati, und senden letztere mit sämmtlichen

Koch, Allgemeine- Landrecht. IV.

5

Zweiter Theil.

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Zehnter Titel.

5) die Aufbringung der Kosten, welche die Gestellung der Pferde zu den Uebungen der Landwehrkavallerie /veranlaßt, ist als eine Kreis-Kommunal-Last zu behandeln, und muß daher in der nämlichen Art erfolgen, wie es in Hinsicht der übrigen KreisKommunal-Bedürfnisse geschieht"). 15. V. über den Landsturm, vom 21. April 1813 (G. S. S. 79) und N. vom 17. Juli 1813 in Betreff der Modifikationen des Landsturm-Edikts v. 21 April d. I. (G. S. S. 89.) 40)./5=-

8- 53. Beamte, die zwar nicht zu wirklichen Kriegsdiensten, aber doch zum Kriegswesen bei der Ärmee oder in der Garnison verpflichtet sind, gehören zum Soldatenstande

Spezial-Liquidationen und Belagen an das Allgemeine Kriegsdepartement zur weitern Verfügung. Verf. d. M. d. Kr. vom 19. Mai 1826 (Ann. Bd. XX,

S. 1056). Man hat, in Fällen, wo Pferde bei der Uebung erkrankten, auch Ansprüche auf Entschädigung der Eigenthümer solcher Pferde für die entbehrte Nutzung oder für die Versäumung während der Dauer der Kur an den Staat gemacht, aus gleichem Grunde, aus welchem der Staat die Kosten für die Kur und Fültcrung trage. Diese Forderung ist, nach dem vorhin Gesagten, ohne rechtlichen Grund, und das Kr. M. hat die Entschädigung mehrmals abgelehnt, aus dem zutreffenden Grunde, weil der Eigenthümer den Zufall zu tragen habe, d. h. in obligatorischen Verhältnissen, weil der Schuldner dem Gläubiger nicht für den Zufall hafte, wobei zutreffend darauf hingcwiesen wird, daß daraus, daß der Staat schon, ohne verbindlich machenden Rechtsgrund, die gefallenen Pferde er­ setze und die erkrankten Pferde heilen lasse, kein Grund erwachse, noch mehr zu leisten und sogar für die Dauer der Kur die entbehrten Nutzungen des Pferdes zu er­ statten. Besch, d. M. d. I. u. d. Pol. v. 20. Dezember 1833 (Ann. Bd. XVII, S. 1125) und Besch, d. M. d. Inn. v. 31. Januar 1845 (M. Bl. S. 108). Das ist richtig, ohne Unterschied der Ursache der Erkrankung des Pferdes. Denn zwischen den einzelnen Pferdevermiethern und dem Staate besteht gar fein Rechtsvcrhältniß und wenn eine einzelne Person die Krankheit des Pferdes ver­ ursacht hat, so ist diese und nicht der Staat dafür verantwortlich. Folgerichtig verweiset daher der erstgedachte Besch, v. 20. Dee. 1833 die Gesteller der Pferde mit ihrer Entschädigungsfordcrung an die Kreise, und überläßt es lediglich den Kreisversammlungen: welche Entschädigungen diese etwa jenen gewähren wollen. Auch die Hinweisung auf die Willkür der Kreisversammlungen ist sachgemäß, nicht deshalb, well dieselben etwa keinen Richter über sich hätten — denn die Entschädigungsfragc ist eine Juftizsache —, sondern weil die Pferdcvermiether, aus den oben angegebenen Gründen, von Rechts wegen, gar nichts zu fordern haben. Die KreiSversammlungcn pflegen jedoch auf die vielfach vorkommendcn Anforderungen, auS Gründen der Zweckmäßigkeit, etwas zu bewilligen, weil, wenn sie es zu genau nehmen wellten, sich wenig Pferdevermiethcr finden oder die Miethsprcise enorm steigern würden.

39) Es darf daher für die Aufbringung dieser Kosten kein besonderer, von dem allgemeinen Repartitions-ModnS der Kreis-Kommunalbedürfnisse ab­ weichender Modus festgcftellt werden. Besch, d. M. d. Inn. u. d. Pol. v. 10. No­ vember 1834. (Ann. Bd. XVIII, S. 1134).

40) Oben, Anm. 36. 41) Zum Soldatenstande im weitern Sinne nämlich.

Im engern Sinne aber unterscheidet das Gesetz (Beil. A zum Strafg. B. für das preuß. Heer,

Von den Dienern des Staats.

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8. 54. Ob sie die Rechte der Ober- oder Unteroffiziere haben, bestimmt der Rang, der ihnen bei der Armee angewiesen iß42).

G. S. 1845, S. 375) 1. Personen des SoldaLenstandes (Kombattanten) und 2. Militairbcamte. Von den für das Bedürfniß des Heeres oder für militairifche Zwecke angestellten, nicht zum Soladtenstande gehörenden Personen werden nur folgende als Militairpersonen betrachtet: 1. die Beamten der Militairintendanturen,

2. die Militairprediger und Militairküster, 3. die Auditeure und Militairgerichts-Aktuarien,

4. die Militair-Medizinalbeamten,

5. zur Zeit einer Mobilmachung: alle bei der Feldadministration oder in anderer Art bei den mobilen Truppen angestellten Personen für die Dauer die­ ser Anstellung,

6. der Plankammer-Jnspektor, 7. die Fortifikationsbauschreiber und die übrigen unter dem Ingenieur vom Platz in den Festungen stehenden Beamten, 8. die Ober- und Unteraufseher bei den Baugefangenen-Anstalten und bei den FestungS-Stubengcfangencn, 9. die bei einzelnen Truppentheilen angestellten Stallmeister,

10. die Beamten des Telegraphenkorps, 11. die Gießdirektoren der Geschützgießereien, 12. die Zeughausbüchsenmacher, sowie die bei den Truppentheilen — mit der Verpflichtung, ihnen sowohl ins Feld, als beim Garnisonwcchsel zu folgen — kontraktlich angenommenen Büchsenmacher und Sattler. Anmerkung. a) Von diesen Militairpersonen stehen die unter 1—5 genannten sämmt­ lich in einem doppelten Unterordnungsverhältniß, beziehungsweise zu den ihnen vorgesetzten Militairbefehlshabern und den ihnen vorgesetz­ ten höheren Beamten oder Verwaltungsbehörden, wogegen die unter 6—12 aufgeführten nur ihren vorgesetzten Militairbefehlshabern unter­ geordnet sind.

b) Diejenigen Beamten der Militairverwaltung, welche nicht zu den vor­ stehend genannten Militairpersonen gehören, sind Civilpersonen. c) Diejenigen Personen, welche ihrer Militairverpflichtung in einens Be­ amtenverhältniß (z. B. als Militairchirurgen oder als Pharmazeuten in den Militairlazarethen) genügen, gehören, gleich den unter 1 — 12 aufgeführten Militairbeamten, zn den Militairpersonen.

Diese Militairpersonen stehen alle unter dem Militair-Strafrechte (Str. G. B. für das pr. Heer, Th. I, §§. 83—86 u. 193—196) und unter der MilitairGerichtöbarkeit (Th. II. §§. 20, 68-72, 211 ff.). 42) Hierüber verordnet das G. a, a. O. S. 279:

„Einen bestimmten Militairrang (den einer bestimmten Militaircharge) ha­ ben von den oberen Militairbeamten nur folgende: a) die General-Stabsärzte den eines Obersten,

b) die Generalärzte den eines Majors,

c) die Regimentsärzte (auch die Ober-Stabsärzte u. Garnison-Stabs­ ärzte, in sofern Letzteren der Charakter als Regimentsarzt verliehen ist) den eines Hauptmanns, — und zwar hinter dem jüngsten Haupt­ mann —,

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Zweiter Theil. Zehnter Titel.

55. Sie sind jedoch den Kriegsartikeln nicht unterworfen; in so fern diese nur für diejenigen Militairpersonen gegeben sind, welche zur Fahne zu schwören pflegen.

d) die Bataillon-ärzte (auch die Garnison-Stab-ärzte, welchen nicht der ' Charakter als Regimentsarzt beigeleat ist) den eines Sekondelieutenants, — und zwar hinter dem jüngsten Sekondelieutenant.

Von den untern Militairbeamten haben nur die Kompagnie- und GskadronChirurgen einen bestimmten Militairrang, und zwar in der Art, daß dieselben vor den Unterofstzieren ohne Portepee, hinter den Portepee-Fähnrichen, rangiren."

Zur Vereidigung der Militärärzte find, mittelst Vers. deS I. M. vom 21. April 1834, folgende Eidesformeln mitgetheilt:

Eidesformel für die Regiments- und BataillonS-Aerzte. Ich N. N. schwöre zu Gott, dem Allwissenden und Allmächtigen, einen körperlichen Eid, daß, nachdem ick zum Regiments- (Bataillons-) Arzt ernannt und bestellt worden bin, ich Sr. Majestät dem Könige von Preußen, meinem Allergnädigsten Herrn, in allen Vorfällen, zu Lande und zu Wasser, in Kriegs­ und FriedenSzciten, und an welchen Orten es immer fei, treu und redlich dienen, Allerhöchstdero Nutzen und Bestes fördern, Schaden und Nachtheil aber abwenden, und die mir ertheilten Vorschriften und Befehle genau befolgen will. In­ sonderheit will ich meine Pflichten bei den Kranken und Verwundeten bei Tag und Nacht gewissenhaft erfüllen und darauf Acht haben, daß ste die von mir verordneten Arzneien in guter Qualität erhalten, daß für die vor­ schriftsmäßige Verwendung von den Unter-Chirurgen Sorge getragen, und da­ von nichts veruntreut werde, und die Kranken und Verwundeten überhaupt ge­ hörig abgewartet werden. Desgleichen will ich, wenn ich in Kriminalfällen bei legalen Besichtigungen und Obduktionen zugezogen werden sollte, mich bei den­ selben der größten Sorgfalt und Genauigkeit befleißigen, und meine Zeugnisse darüber, so wie überhaupt jedes ärztliche Attest, mit Erwägung aller Umstände nach bester Einficht und Ueberzeugung pflichtmäßig und gewissenhaft abgeben. Ferner will ich in den Feldzügen, bei vorfallenden Schlachten und Belagerungen, in den Lazarethen, oder wohin ich sonst in meinem Amte kommandirt werden kann, willig und unverdrossen sein, und keine Gefahr, so groß fie auch sein mag, scheuen, sondern mit Hintenaüsetzung meines eigenen Lebens mich der Kranken und Blesfirten treulich annehmen und ihnen zu Hülfe kommen. Meinen Vorgesetzten will ich Ehrfurcht und Gehorsam beweisen, und mich überhaupt so betragen, wie es einem rechtschaffenen und gewissenhaften Regiments- (Bataillons-) Arzt zukommt und gebührt. So wahr mir Gott helfe ic.

Eidesformel für die Kompagnie- und Eskadron-Chirurgen.

Äch N. N. schwöre zu Gott, dem Allwissenden und Allmächtigen, einen körperlichen Eid, daß, nachdem ich als Kompagnie- (Eskadron-) ChirurguS an­ gestellt worden bin, ich Sr. Majestät dem Könige von Preußen, meinem Aller­ gnädigsten Herrn, in allen Vorfällen, zu Lande und zu Wasser, in Kriegs- und Friedenszeiten, und an welchen Orten , es immer fei, treu und redlich dienen, Allerhöchstdero Nutzen und Bestes befördern, Schaden und Nachtheil aber ab­ wenden will. Insonderheit will ich die mir ertheilten Vorschriften und Befehle genau befolgen, meinen Vorgesetzten Ehrfurcht und Gehorsam beweisen, von den mir anvertrauten Arzneien und Verbandgegenständen nichts veruntreuen, die Kranken und Verwundeten mit aller Sorgfalt pflegen, und darauf halten, daß die bei denselben angestellten Wärter ihre Schuldigkeit überall erfüllen. Ferner will ich in den Feldzügen, bei vorfallenden Schlachten und Belagerungen, in den Lazarethen, oder wohin ich sonst in meinem Amte kommandirt werden kann, willig und unverdrossen sein, und keine Gefahr, so groß ste auch sein mag, scheuen, sondern mit Hintenansetzung meines eigenen Lebens mich der Kranken und Blesfirten treulich annehmen und ihnen zu Hülfe kommen, und mich über-

Von den Dienern deS Staats.

$. 56.

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Die bei dem Kriegswesen verpflichteten niedern Be­

amten und Knechte werden,

so lange sie im Solde stehen,

den

gemeinen Soldaten gleich geachtet.

$. 57 bis 59. Aufgehoben«'). $. 60. Andere Personen, welche dem Lager folgen^ ohne zum Kriegswesen verpflichtet zu sein, gehören nicht zum Soldaten« b‘f"^ean8.ec stände. $.61.

Sie stehen aber unter der MilitairgerichtSbarkeit, so

lange sie bei der Armee sich befinden.

§. 62.

Sind dergleichen Personen bei gewissen Regimen­

tern, oder andern KriegScorpS, bei Feldlazarethen, Feldmagazinen, und Bäckereien u. s. w. ordentlich angestellt: so haben sie nach Beschaffenheit ihres Ranges mit den $. 53, 56 beschriebenen Be­

dienten gleiche Rechte.

$. 63.

Dagegen wird bei Eivttbeamten, welche nur bei er­

folgendem AuSmarsche der Armee zum KriegScommiffariate, oder

und demnächst durch diese einst­

andern dergleichen Anstalten abgeordnet worden,

zu ihrer eigentlichen Bedienung zurückkehren,

weilige Abordnung in ihren Privatrechten, so wie in ihrem Ge­ richtsstände, nichts geändert. $. 64.

Der Soldatenstand, und die damit verbundenen Rechte

und Pflichten, hören durch den Tod, und durch die ausdrückliche

Entlassung aus den Kriegsdiensten auf. 15. Strafgesetzbuch für das preuß. Heer, v. 3. April

1845 (G. S. S. 287).

Th. II. §. 16.

Der MilitairgerichtSstand hört auf 1) bei Offizieren:

a. durch Verabschiedung ohne Pension, mit der Beschrän­ kung, daß diejenigen ohne Pension verabschiedeten Offiziere, denen die Erlaubniß ertheilt worden ist, die Militairuniform zu tragen, bei den nach der Verord. vom 20. Zuli 1843 zu be-. strafenden Herausforderungen und Duellen den MilitairgerichtS­ stand behalten; b. durch Kassation, Entfernung auS dem Offizierstande und Dienstentlassung; 2) bei Unteroffizieren und Gemeinen: mit dem Ausscheiden

Haupt so betraqen, wie eS einem rechtschaffenen und gewissenhaften Kompagnie(ESkadron-) EhirurguS zukommt und gebührt. So wahr mir Gott helfe ic. (Jahrb. Bd.XI.HI, S. 564.) Hiernach ist auch der Eid für die jetzt beim Heere angestellten Asfistenz-Aerzte zu normiren.

43) Anh. j. A. G. O. (I, 2, §. 48) $$. 12 ff., 19.

Sol. vom 18. April 1825 ad Nr. 3 (unten, Anm. 12), daß von neuen Gehalten der kurrente PensionSbeitrag erst nach Ablauf des ersten Monats anfangen soll, weil für diesen Monat daS Ge­ halt als M jährlichen Betrages schon ganz zum PenfionSfondS fließt, wird aufgehoben. Es ist vielmehr künftig der laufende Pensionsbeitrag auch in dem ersten Monat, in welchem ein neues Gehalt bewilligt ist, zu berechnen, dagegen ist aber nicht der 12. Theil des ganzen bewilligten neuen Gehalts, sondern nur der 12. Theil des nach Abzug des lausenden jährlichen Pensionsbeitragö von dem jährlichen Gehalte übrig bleibenden Restes zum Pensionsfonds einzuziehen. Diese Veränderung betrifft nur die Form der Berechnung, keineSwegeS aber die Resultate dessen, was überhaupt zum PensionSfoudS zu entrichten ist. (Hier folgt ein Beispiel.) 7. Wegen deS zum PenfionSfondS einzuziehenden 12. Theils von bewilligten Zulagen ist ganz in derselben Art zu verfahren, wie ad 6 Rücksichtö der neuen Gehalte verordnet.

8. Was bei den Justiz-Salarienkaffen durch den Abzug deS 12. Theils von neuen Gehalten und Zulagen einkommt, wird ferner, wie bisher, vierteljährlich an die General-Staatskaffe oder an die betreffende RegierungS-Hauptkaffe abge­ liefert. 9. Wenn der Bestimmungen ad 1 — 5 ungeachtet der Fall eintreten sollte, daß bei einer Justiz-Salarienkaffe an laufenden Pensionsbeiträgen mehr eingehen sollte, als im letztvollzogenen Etat überhaupt berechnet find, so ist dieser Mehr­ betrag in gleicher Art, wie die ad 8 bemerkten Abzüge, vierteljährlich zur General-StaatSkaffe, oder der betreffenden RegierungS-Hauptkaffe abzuliefern. Ein solcher Fall würde z. B. der sein, wenn eine Stelle, bei welcher im

Von den Dienern des Staats.

125

beiträge von den Aussterbegebältern und Persön­ lichen Zulagen. (Jahrb. Bd. XXX, S. 138.)

Da es bisher noch an den allgemeinen Vorschriften ge­ fehlt hat, ob und in wiefern die von den Aussterbegehältern und persönlichen Zulagen der Beamten fälligen Pensionen wie­ der auf den Pensions-Aussterbe-Etat zu übernehmen sind; so finde Ich Mich veranlaßt, das hierunter zu beobachtende Ver­ fahren in folgender Art näher festzusetzen. 1) Wenn Beamte mit ihrer Besoldung ganz auf dem Aussterbe-Etat stehen, mithin lediglich in Stellen fungiren, die künftig eingehen; so ist auch bei eintretender Pensionirung die Pension derselben wieder auf den Pensions-Aussterbe-Etat zu übernehmen. 2) Sind auch auf den Pensions - Aussterbe - Etat die Pensionen von solchen persönlichen Zulagen, oder Gehaltszu­ schüssen zu vertheilen, welche die normalmäßig im Etat aufge­ führten Beamten zur Erfüllung des unter fremden Regierungen gehabten Einkommens und nach dem Reichs-Deputationsschluffe, beziehen, so daß dann nur die Pension von dem eigentlichen Gehalt der Stelle, dem laufenden Pensionsfonds verbleibt. Dagegen sind,

3) alle persönlichen Zulagen der in bleibenden Stellen aufgeführten Beamten, welche aus Organisations- und Dienst­ veränderungen herrühren, sowie Zuschüsse, welche wegen Ver­ dienste, oder sonstiger besonderer Berücksichtigung bewilligt sind, bei der Pensionirung mit dem etatsmäßigen Gehalte der betreffenden Stelle zusammen zu werfen, und wird dann die da­ von grundsätzlich zu bewilligende. Pension ganz dem laufenden Pensionsfonds überwiesen; es versteht sich dabei jedoch von selbst, daß nach dem Pensions-Reglement §. 15 ad 1 diejenigen persönlichen Zulagen, welche ursprünglich nur aus'Gnaden bewilligt worden, mit dem Betrage, um welchen dadurch das künftige höchste Normalgehalt der Dienstkategorie der betreffen­ den Beamten überstiegen wird, ganz unberücksichtigt bleiben müssen.

Etat, der persönlichen Verhältnisse des bisherigen Inhabers wegen, kein PenfionSbeitrag ist, während der Etatsperiode einem andern zum Pensionsbeitrag ver­ pflichteten Beamten verliehen würde. (Jahrb. Bd. XXX, S. 364.) Hierzu bestimmt das R. v. 14. April 1828 nachträglich, daß, wenn ein Beamter sein Einkommen aus mehreren Kaffen bezieht, das, was er aus einer andern noch zu beziehen hat, in den Etats vor der Linie bemerkt werden muß, und in solchen Fällen der Penstonsbeitrag in jedem Etat, nach dem für daS ganze Einkommen geltenden Prozentsätze, abzusctzen ist. Bei den im Laufe der EtatSperiode etwa entstehenden Vakanzen muß dann aber dem Nachfolger, wenn er nicht das ganze Einkommen seines Vorgängers erhalten, und er daher einen geringern Pensionsabzug zu erleiden haben sollte, daS im Etat zuviel abgesetzte bis zur nächsten Etatsregulirung besonders vcrgütigt werden, welche Vergütigunci'äuS dem V, an Abzügen von neuen Gehalten und Zulagen zu ent­ nehmen. (Jahrb. Bd. XXXI, S. 282.)

Zweiter Theil.

126 d) Durch Ab-

neuenÄsoldüngen und

Mg/n."

Zehnter LiM.

§.25. Ferner soll jeder neu attgestellte Beamte, auf welchen das gegenwärtige Reglement Anwendung leidet (88. 2, 3, .4 und 5), den 12. Theil der ihm bewilligten jährlichen Besoldüng") im Laufe des ersten DienstjahreS in monatlichen oder nach Maaßgabe der erfolgenden Gehaltszahlung in vierteljähr­ lichen Raten zum Penstonsfonds einzahlen; auch wird von den Gehaltserhöhungen, welche den hierher gehörenden Beamten be­ willigt werden/ der Betrag des ersten MonatS zum Besten deS Penstonsfonds zurückbehalten").

11) Werden Beamte, deren bisheriges Amt keinen PenstonSanspruch gab, in ein solches versetzt, welches diesen Anspruch gewährt, so ist der Zwölftelabzug von dem ganzen Einkommen der Stelle zu nehmen. R. v. 8. Mat 1828 (Jahrb. Bd. XXXI, S. 284).

Auch der auf sein Ansuchen aus dem unmittelbaren Staatsdienste entlassene Beamte hat bei seiner Wiederanstellung in demselben, wenn auch die Jahre deS mittelbaren Staatsdienstes oder der Zwischenzeit nicht in Anrechnung kommen, doch das Zwölftel von der neuen Besoldung nur nach Abzug des Gehalts, welches er in seiner früheren Stellung zuletzt gehabt hat, und zwar ohne Unter­ schied: ob er im Militair- oder Civttdienst angestellt gewesen, zu entrichten. Dabei muß die Entrichtung deS Zwölftels von dem frühern Gehalte nachge­ wiesen werden. R. v. 11. September 1835. (Jahrb. SBt). XLVI, S. 131.) Äon einem neu angestellten Beamten, der bald nach seiner Anstellung und ohne das ihm beigelegte Gehalt ein ganzes Jahr hindurch bezogen zu haben, wieder ausgeschieden, oder auf eine, zum gesetzlichen PenstonSanspruch nicht berechtigende Stelle übergegangen ist, ist das xX> Zum Penstonsfonds nicht von dem ganzjährigen Gehalte, sondern nur von demjenigen Theile, welchen er inner­ halb des Jahres wirklich bezogen hat, zu fordern. R. v. 10. Februar 1835. (Jahrb. Bd. XLV, S. 227.)

12) Das Staatsministerium hat beschlossen, daß

1) den Behörden, von welchen die Anstellung eines Beamten auSgeht, über­ lassen bleibt, den von dem neuen Beamten zum PenstonS-FondS zu leistenden Abzug des xXa deS Gehalts, im Falle der Bedürftigkeit, nach billigem Ermessen auf mehrere monatliche oder vierteljährliche Terminal zahluntzen zu vertheilen, wobei jedoch nach Möglichkeit dahin zu sehen, daß drese TerminalzahlunHen die Dauer deS Rechnungö-JahreS, in welchem die An­ stellung erfolgt ist, nicht überschreiten; 2) auch bei solchen Anstellungen, welche in eine etatsmäßige Dienststelle, aber nur auf Probezeit erfolgen, der Abzug sofort und ohne den Ablauf der Probezeit abzuwarten, angeordnet werden müsse; dagegen dem Angestellten, wenn er nach Ablauf der Probezeit wieder entlassen wird, die bis dahin schon geleisteten Zahlungen erstattet werden müssen; 3) (aufgehoben, oben, Anm. 10, Nr. 6);

daß ferner

4) bei Anstellungen von Militairpersonen im Civildienst nicht der ganze Be­ trag deS ihnen in dieser Anstellung zu Theil werdenden Gehalts, sondern nur der Ueberschuß deS letztern gegen ihr früheres militairischeS Dienst­ einkommen den Abzug bestimmen dürfe, welchen fie zu erleiden haben. Circ. D. v. 18. April 1825. An Stelle der mit diesem StaatSministerialbeschl. gegebenen Nachweisung hat das Staatsmin. durch Beschl. vom 19. Januar 1854 folgenden Tarif deS jährlichen Einkommens der verschiedenen Grade im Militair, Behufs Berechnung deS GehaltS-BerbefferungS-AbzugS bei Anstellungen im Civil, vorgeschrieben.

I.

Offiziere. Jeder im Civildienst zur Anstellung gelangende Offizier

Don den Dienern des Staats.

127

5 26. Die bereits vorhandenen Korporations-Anstalten,nL®(i,naeIne welche die Unterstützung entlassener Civilbedienten oder Arbeiter mungTn. »um Zweck haben, j. B. die Knappschaftskassen u. f. w., werdena) durch gegenwärtige Verordnung, nicht ausgehoben. bcMmro KorporationS-Verbindungen.

-------------bat durch ein Attest seines früheren Truppenteils darzuthun, welches Einkommen (Gehalt u. Servis, bei dem ersten Garde-Regiment zu Fuß und dem Regimente Garde du Corps auch Tafel- u. Kleidergeld) er bei seinem Ausscheiden aus dem Militairdienste bezogen hat.

II. Oberfeuerwerker, Wachtmeister, Feldwebel und Ober­ meister, mit Ausnahme der ad III bezeichneten Feldwebel bei Znvaliden-Kompagnien und Reserve-Bataillonen.

a) Wachtmeister vom Regiment Garde du Corps

....

b) Feldwebel vom ersten Garde-Regiment zu Fuß

..

290 Rthlr.

..

270



c) Die vorbezeichneten vier Chargen bei den übrigen Truppen­ teilen .............................................................................................

250



III. Etatsmäßige und überzählige Feldwebel der JnvalidenKompagnien und Jnvalidenhäuser, überzählige Feldwebel der kombinirten Reserve-Bataillone, Portepee-Fähnriche, Feuer­ werker und Sergeanten (incl. Bize-Feldwebel und Vize-Wachtmeister). a) Sergeanten erster GehaltSklaffe vom ersten Garde-Regiment zu Fuß, dem Garde-Jäger und Garde-Schützen-Bataillon, den Garde-Kavalleric-Regimentern, sowie sämmtliche Feuer­ werker erster GehaltSklaffe............................................................... 190 Rthlr.

b) Die sub III bezeichneten Chargen bei den übrigen Truppen­ teilen .................................................................................................170



' IV. Unteroffiziere, Bombardiere, Oberpionire und Trom­ peter (Regiments- und Bataillons - Tamb oure, StabShornisteii der Artillerie und Jäger, etatsmäßige Hautboisten). 160 Rthlr. V. Gefreite und Gemeine aller Waffen (3. M. Bl. 1854, S. 28.)

....

100



Feldjäger vom reitenden Korps, auch wenn ste bei ihrer Anstellung als Oberförster sich nicht mehr im Dienststande befinden 300 Rthlr. Schr. d. M. d. k. Hauses v. 8. Dec. 1837.

(Ann. Bd. XXI, S. 901.)

Mit Rückstcht auf die Bestimmung des vorstehenden R. sub 4 ist, wenn diese Offiziere im Civildienste angestellt werden, bei der Berechnung und Be­ stimmung des zum PenstonSfondS einzuziehenden 12. Theils der Besoldung von dem Landwehrdienst-Verhältnisse und den damit verknüpften Kompetenzen, des­ gleichen wenn der anzustellende Offizier aus frühern diesseitigen oder fremdherr­ lichen Militairdienst-Verhältnissen eine Pcnfion beziehen soltte, auch von dieser Penston gänzlich zu abstrahiren und find jedesmal die aufgestellten DiensteinkommenSsätze, nach Maßgabe der im aktiven Militairdienste zuletzt bekleideten Charge, bei der Berechnung des VerbefferungSabzugS zum Grunde zu legen. R. vom 10. Dec. 1830. (Jahrb. Bd. XXXVI, S. 324.)

Auch in den Fällen, wo ein ehemaliger Militair, welcher ohne Penston, Wartegeld oder Versorgungsansprüche verabschiedet ist, demnächst im Civildienste angestellt wird, ist bei der Berechnung deS ZwölftelabrugS das frühere Militaireinkommen nach Maßgabe des R. v. 18. April 1825 in Abzug zu bringen. Dies findet jedoch nicht Anwendung auf die Militairverhältniffe, welche nur so lange stattgefunden haben, um der allgemeinen gesetzlichen Militairpfficht zu ge­ nügen. R. d. Fin. M. v. 12. Septbr. 1837 (Ann. Bd. XXI, S. 592.) Na­ mentlich nicht auf das Landwehrdienstverhältniß. Verf. d. M. d. Inn., d. Pol. und d. Fin. v. 20, Nov. 1838. (Ann. Bd. XXII, S. 862.)

128

Zweiter Theil.

Zehnter Titel.

b) Die foe* dellen Be­ rechtigungen einzelner ' Stände wer­ den nicht aufgehoben.

§. 27. Die Grundsätze, welche durch die bestehenden Ge­ setze über die Bewilligung von Gnadengehalten für Geistliche u. s. f. festgestellt sind, bleiben unverändert. Eben so verbleiben die den aus fremden Diensten übernommenen Beamten in Folge von Staatsverträgen hinsichtlich der Pensionsbewilligung zuge­ sicherten Berechtigungen auch für die Zukunft in Kraft, und treten bei ihnen die Vorschriften der gegenwärtigen Verordnung nur in soweit ein, als sie für dergleichen Beamte günstiger sind, jedoch finden auf dieselben die Vorschriften der §§. 21 bis mit 25 völlige Anwendung.

6) Abzug an bcn toeicbe außerhalb Landes geyen.

§. 28. Die Pensionairs, welchen künftig die Erlaubniß, ihre Pension außerhalb der Monarchie verzehren zu dürfen, von Uns ertheilt wird, erleiden einen Abzug von Zehn Prozent von bem Betrage der Pension, welcher der Staatskasse, Behufs der Bildung des Pensionsfonds, zu gute geht.

d) Aufhören eg14e). '

§. 55. Bevor dem Anträge der Staatsanwaltschaft stattgegeben werden kann, muß der.betreffende Richter unter Mittheilung deS An­ trages mit einer vierwöchentlichen Frist zur schriftlichen Erklärung auf­ gefordert werden. Ein weiteres Verfahren findet nicht statt.

Fünfter Abschnitt. Von

der unfreiwilligen Versetzung

in den Ruhestand.

56. Ein Richter, welcher durch Blindheit, Taubheit oder ein sonstiges körperliches Gebrechen, oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, muß in den Ruhestand versetzt werden.

§. 57. Sucht der Richter in einem solchen Falle seine Versetzung in den Ruhestand nicht nach, so findet das in den nachstehenden Para­ graphen vorgeschriebene Verfahren statt.

§. 58. Der Richter oder sein nöthigenfalls hierzu besonders zu bestellender Kurator wird von dem Vorsitzenden des Gerichts, dessen Mitglied er ist, schriftlich unter Angabe der Gründe darauf aufmerksam gemacht, daß der Fall der Versetzung in den Ruhestand vorliege. In Ansehung der Einzelrichter hat den Beruf hierzu der Präsident oder Direktor desjenigen Gerichts erster Instanz, in dessen Gerichts­ sprengel der Einzelrichter angestellt ist; in Ansehung der Präsidenten oder Direktoren der Gerichte erster Instanz der Erste Präsident des Appellationsgerichts; in Ansehung der Ersten Präsidenten der Appella­ tionsgerichte der Erste Präsident des obersten Gerichtshofes.

§. 59. Die in dem vorhergehenden Paragraphen vorgeschriebene Eröffnung geschieht durch den zuständigen Vorsitzenden von Amtswegen oder auf den Antrag der Staatsanwaltschaft. Wird sie nicht vorgenommen, so beschließt dgs unmittelbar höhere Gericht, oder wenn es sich um den Ersten Präsidenten eines Appella­

tionsgerichts oder ein Mitglied eines obersten Gerichtshofes handelt, dieser Gerichtshof in seiner Plenarversammlung, von Amtswegen oder auf den Antrag der Staatsanwaltschaft, daß sie stattfinden solle, und in diesem Falle muß sie von dem Ersten Präsidenten des beschließenden Gerichts vorgenommen werden. Dem Ersten Präsidenten eines obersten Gerichtshofes kann die Er­ öffnung nur auf Grund eines Beschlusses dieses Gerichtshofes gemacht werden, welcher alsdann von dem gesetzlichen Stellvertreter des Ersten Präsidenten vollzogen wird.

§. 60. Wenn der Richter oder dessen Kurator nicht innerhalb sechs Wochen von dem Tage der ihm in Gemäßheit der §§. 58 oder 59 gemachten Eröffnung seine Versetzung in den Ruhestand freiwillig nach­ sucht, so muß, wenn es sich um ein Mitglied eines obersten Gerichts14e) Aus dem vorhin (Anm. 14b zu §.18) angegebenen Grunde.

Don den Dienern des Staats.

155

hofeS oder um den Ersten Präsidenten eines Appellationsgerichts handelt, oder wenn in Gemäßheit des §. 59 ein Beschluß des obersten Gerichts­ hofes ergangen ist, dieser Gerichtshof, in allen übrigen Fällen das Appeüalionsgericht, nachdem ihm die etwaige Gegenerklärung des betreffen-den Richters vorgelegt worden ist, in einer Plenarversammlung darüber Beschluß fassen, ob dem Verfahren Fortgang zu geben sei oder nicht.

§. 61. Beschließt das Gericht die Fortsetzung des Verfahrens, so ernennt dessen Erster Präsident einen Richter-Kommissar. Dieser hat die Thatsachen, durch welche die Versetzung in den Ruhestand be­ gründet- werden soll, zu erörtern, die erforderlichen Zeugen und Sach­ verständigen eidlich zu vernehmen, und zum Schlüsse den Richter oder dessen Kurator mit seiner Erklärung über das Ergebniß der Erörte­ rung zu hören. §. 62. Die geschloffenen Akten werden dem Gerichte 'vorgelegt, welches in seiner Plenarversammlung nach Anhörung der Staats­ anwaltschaft darüber Beschluß faßt, ob der Fall der Versetzung in den Ruhestand vorliege. Das Gericht kann vor Abfassung dieses Be­ schlusses die Vorladung der Zeugen und der Sachverständigen zum Zwecke ihrer mündlichen Vernehmung in der Sitzung verordnen. Dem Gericht steht es jederzeit zu, das Erscheinen des betheiligten Richters unter der Warnung zu verordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Anwalt zu seiner Vertretung nicht zugelassen wird.

§. 63. Der Beschluß ist einem Rechtsmittel nicht unterworfen. Er wird dem Justizminister übersandt, welcher, wenn derselbe dahin lautet, daß der Fall der Versetzung in den Ruhestand vorliege, das Weitere zu veranlassen hat. §. 64. Die Versetzung in den Ruhestand findet bei Richtern, welchen reglementsmäßig eine Pension zu bewilligen ist, nur unter Gewährung der reglementsmäßigen Pension statt. Es wird ihnen das volle Gehalt noch bis zum Ablaufe desjenigen Vierteljahres fort­ gezahlt, welches auf den Monat folgt, in dem ihnen die schließliche Verfügung über die erfolgte Versetzung in den Ruhestand mitgetheilt worden ist.

Sechster Abschnitt. Nähere Bestimmungen, betreffend die Auseinander­ setzungs-Behörden, das Generalauditoriat und die Auditeure.

§. 65. Die Vorschriften dieser Verordnung sind mit den folgen­ den näheren Bestimungen anwendbar:

1) pif die Präsidenten, Dirigenten und übrigen Mitglieder des Revisionskollegiums für Landeskultur-Sachen, der General­ kommissionen und landwirthschastlichen Regierungsabtheilungen; 2) auf den Generalauditeur, die übrigen Mitglieder des Generalauditoriates und die Auditeure. §. 66. Die Bestimmungen, welche die Gerichte erster Instanz betreffen, finden auf die Generalkommissionen und landwirthschaftlichen Regierungsabtheilungen Anwendung. Von dem Revistonskollegium werden die Verrichtungen wahr­ genommen, welche den Appellationsgerichten zustehen. Das Obertribunal und dessen Erster Präsident üben bk ihnen

156

Zweiter Theil. Zehnter Titel.

beigelegten Befugnisse auch in Ansehung der genannten Auseinander» setzungs-Behörden auS. §. 67. In den Fällen deS §♦ 21 verweiset das Obertribunal die Sache an ein Appellationsgericht. §. 68. Die unfreiwillige Versetzung eines Mitgliedes des Re­ visionskollegiums auf eine andere Stelle kann an eine Provinzial­ behörde erfolgen, für die dasselbe die gesetzliche Qualifikation besitzt. Der in Gemäßheit des §. 54 vorzulegende Befehl wird von dem Justizminister und dem Minister für landwirthschaftliche AnLelegenheiten erlassen. An diese Minister wird auch im Falle des §♦ 63 der Beschluß eingesanht. §. 69. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft bei dem Re­ visionskollegium werden von der Staatsanwaltschaft bei dem Appel­ lationsgerichte wahrgenommen, in dessen Bezirke das Revisionskollegium seinen Sitz hat. §. 70. Das Generalauditoriat ist das zuständige Disziplinar­ gericht für die Auditeure. Es erledigt in derjenigen Zusammensetzung, welche für seine Ent­ scheidungen überhaupt vorgeschrieben ist, auch die Disziplinarsachen. Es ist befugt, ohne förmliches Disziplinarverfahren, Warnungen, Verweise und Geldbußen bis zu zehn Thalern gegen Auditeure end­ gültig zu verhängen. §. 71. Die in dem §. 13 dieses Gesetzes vorgeschriebene Ver­ richtung wird in Ansehung des Generalauditeurs von dem Ersten Präsidenten des ObertribunaleS, in Ansehung der übrigen Mitglieder des Generalauditoriates und der Auditeure von dem Generalauditeur wahrgenommen. 8- 72. Das Obertribunal ist das zuständige Disziplinargericht für die Mitglieder des Generalauditoriates. Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Generalauditoriates und die Berufung von dessen Enscheidungen, soweit die eine oder die andere zulässig ist, geht an das Obertribunal.

§. 73. Dem Obertribunale stehen die ihm in den SS* 21, 22 und 26 beigelegten Befugnisse auch in Ansehung des Generalaudito­ riates zu. Die Verweisung (§. 21) geschieht an ein Appellationsgericht. 8. 74. Die unfreiwillige Versetzung eines Mitgliedes deS Ge­ neralauditoriates kann an ein Appellationsgericht erfolgen. Der Be­ schluß darüber, ob der Fall der unfreiwilligen Versetzung vorliege, wird von dem Obertribunal erlassen. In Ansehung der Auditeure steht dieser Beschluß dem Generalauditoriate zu. Ist ein DivisionSauditeur zum Felddienst untauglich geworden, so kann die Versetzung in eine Auditeurstelle geschehen, zu deren Ver­ waltung die Felddienstfähigkeit nicht erforderlich ist. Der in Gemäßheit des 8- 54 vorzulegende Befehl wird von den Ministern der Justiz und des Krieges erlassen. §. 75. Ueber die unfreiwillige Versetzung Jn den Ruhestand

-Von den Dienern des Staats.

157

wird hinsichtlich der Auditeure von dem Generatauditoriate, und in Ansehung der Mitglieder des Generalauditoriates von dem Ober­ tribunale Beschluß gefaßt. Die in dem §. 58 vorgeschriebene Eröffnung wird in Ansehung des Generalauditeurs von dem Ersten Präsidenten des Obertribunales, in Ansehung der übrigen Mitglieder des Generalauditoriates und der Auditeure von dem Generalauditeur vorgenommen. Dem Obertribunale stehen die ihm durch die §§. 59 bis 61 bei­ gelegten Befugnisse auch in Ansehung der Mitglieder des General­ auditoriates und der Auditeure zu. Im Falle des §. 63 wird der Beschluß an die Minister der Justiz und des Krieges gesandt.

8- 76. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft bei dem Generalauditoriate werden von einem durch die Minister der Justiz und des Krieges zu bezeichnenden Beamten wahrgenommen, welcher die Qualifikation zum höheren Richteramte besitzt. 77. Hinsichtlich der Auditeure finden die 88- 43, 44 der Ver­ ordnung vom 21. Oktober 1841 (G. S. S. 325) mit der Maaßgabe Anwendung, daß die Ordnungsstrafen nie in Arreststrafen bestehen dürfen. Für die Zeit des Krieges sind die Bestimmungen der Verordnung vom 24. September 1826 Nr. 2 anwendbar.

8. 78. In dem Bezirke des Rheinischen ApPellationsgerichtShofeS zu Köln findet wegen Dienstvergehen, welche Untersuchungs­ richter oder Friedensrichter als Beamte der gerichtlichen Polizei be­ gehen, lediglich eine Bestrafung und ein Verfahren nach den Bestim­ mungen dieser Verordnung statt. 8. 79. Die Untersuchungen, welche zur Zeit der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes im Wege des gewöhnlichen Strafverfahrens oder des Disziplinarverfahrens bereits eröffnet sind, werden in der bisherigen Weise zu Ende geführt. Die Untersuchung wird als er­ öffnet betrachtet, wenn der Beschuldigte als solcher vernommen oder Behufs seiner Vernehmung vorgeladen ist. Die ergangenen Strafurtheile werden ohne Rücksicht auf die Be­ stimmungen dieses Gesetzes vollstreckt.

8. 80. Handelt es sich um die Suspension wom Amte (88-44 ff.), so gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes. Ueber das Fortbestehen oder die Aufhebung einer Suspension, welche von einem anderen Gerichte, als dem nach den Vorschriften dieses Gesetzes zuständigen Disziplinargerichte bereits verfügt ist, geht die Beschwerde zunächst an dieses Disziplinargericht. 8- 81. Alle diesem Gesetze entgegenstehenden Vorschriften wer-< den aufgehoben. Dagegen wird durch dasselbe in der Befugniß der Aufsichtsbehörden, im Aufstchtswege Beschwerden Abhülfe zu ver­ schaffen oder Richter zur Erfüllung ihrer Pflichten in einzelnen Sachen anzuhalten, und dabei alles zu thun, wozu sie nach den bestehenden Gesetzen ermächtigt sind, nichts geändert; ebensowenig in der Befugniß höherer Gerichte, in diesen Fällen Rügen auszusprechen, und Richter zum Ersätze von Kosten und unter Vorbehalt des Rechtsweges zum Ersätze von Schäden anzuhalten.

158

Zweiter Theil. §. 104.

Zehnter Titel.

Civilbediente werden in ihren Privatangelegenheiten

.b^»nt-^in „ach eben den Gesetzen und Rechten, wie andere Bürger

drS

-E Staats, beurtheilt"). 8. 105.

Fällt weg.

8. 106. Sie > *) stehen unter eben den Gesetzen, welchen die übrigen von der gemeinen Gerichtsbarkeit ausgenommenen Per­

sonen derselben Provinz oder desselben OrtS unterworfen sind. 8. 107.

Fällt weg.

8. 108.

Beamte, die nicht unmittelbar in den Diensten des

Staats, sondern anderer demselben untergeordneten Collegien, Corporationen und Gemeinen stehen, haben in der Regel keinen pri«

vilegirten Gerichtsstand,

und werden nach den Gesetzen' ihres

Wohnorts beurtheilt.

8. 109. Standes,

In so

fern jedoch dergleichen Beamte adlichen

oder vom Landesherr» mit einem Charakter bekleivet

sind, genießen sie, gleich den Königlichen Beamten, die Rechte deS privilegirten Gerichtsstandes.

8. 110.

Ein Gleiches findet in Ansehung derjenigen Stztt,

die eine Königliche und eine andere Civilbedienung zugleich ver­ walten.

8. 111.

Ausnahmen von den 8.109, 110 festgesetzten Re­

geln müssen durch besondere Privilegia und Verordnungen nach­ gewiesen werden.

S§. 112 und 113.

aSoii8b«e'

§• 114-

Fallen weg.

Wenn mehrere1 ’) Beamte in ein Collegium zu-

Ä-amten. sammengezogen sind: so gilt wegen ihrer Versammlungen, Be-

rathschlagungen und Schlüsse"), in der Regel eben das, was im

15) Zu vergl. die Gewerbeordnung v. 17. Januar 1845, §. 19 (Zus. 8 zu Tit. 8). Die Genehmigung des Dienstvorgesetzten zum Betriebe eines Gewerbes hangt davon ab, ob solcher Gewerbebetrieb mit den Verhältnissen des Staats­ dieners als solchen, ohne Nachtheil für den Dienst oder daS Amtsansehen zu vereinigen ist. 16) Nämlich „königliche Beamte," von deren privilegirten Gerichtsstände im vor. §. Rede war.

17) Wieviel Beamte zu einem Kollegium erforderlich sind, war früher nir­ gend bestimmt; die Praxis nahm drei an. Später ist die Zahl in den verschie­ denen organischen Verordnungen hinsichtlich der Gerichte festgesetzt worden. 18) Wegen anderer Gegenstände und Angelegenheiten aber kann nicht un­ bedingt auf die Grundsätze von juristischen Personen und Korporationen zurück­ gegangen werden. Zn vergl. o. Anm. 1 zu Tit. 6.

Von den Dienern'des Staats.

159

Sechsten Titel von öffentlichen Gesellschaften und Corporationen

verordnet ist. §. 115. Doch können dergleichen Collegia die von dem Landesherrn oder ihrer vorgesetzten Instanz gemachten Einrich­ tungen, auch durch einmnthige Beschlüsse, nicht ändern"). 8. 116.

Eben so wenig können sie über Grundstücke,

Ge­

rechtigkeiten, Capitalien und Einkünfte des ganzen Collegii eigen­

mächtig Verfügung treffen. 8. 117. Ueber die Rechte deS Collegii können sie, ohne Ge­ nehmigung der vorgesetzten Instanz, keinen Vergleich schließen.

8. 118.

Gegenstände, welche zur Behandlung deS Collegii

gehören, müssen nach

werden. 8. 119.

der Mehrheit der

Stimmen

entschieden

Auch der unmittelbare Vorgesetzte deS Collegii muß

in Sachen, die zur collegialischen Bearbeitung gehören, der Mehr- Kollegien,

heit der Stimmen sich unterwerfen19 20). 8. 120.

Dem Vorgesetzten des Collegii kommt nur das

Recht zu, die Stimmen zu sammeln,

und den Schluß nach der

Mehrheit derselben abzufassen.

8. 121.

Wenn aber die Stimmen der Mitglieder Über einen

Gegenstand der Berathschlagungen gleich sind: so giebt er durch

die seinige den Ausschlag2 0"). 8. 122. Aeußere Ordnung bei dem Collegio, und waö dahin gehört, hängt lediglich von der Direction des Vorgesetzten ab.

8. 123.

Doch darf er von der bisherigen Ordnung nicht

19) Natürlich. Die Beamten sind nur Beauftragte und Stellvertreter, an Welcher Eigenschaft dadurch, daß mehrere zusammen handeln und ihren Gesammtwillen durch Schlüffe finden und seststellen sollen, nichts geändert werden kann.

20) Insoweit nickt die besonderen Dienstordnungen eine Ausnahme machen. M. vergl. z. B. A. G. O. III, 2, §. 18; Reg.-Insir. v. 23. Oktober 1817, §. 39, Nr. 3 u. K. O. v. 31. December 1825, Nr. V, VII. 20a) Ueber die §§. 120, 121 sagt Suarez in der revis. monitor.: # „Nach diesen Vorschriften hat der Präsident in regula gar kein Votum, sondern entscheidet blos dann, wenn vota paria für zwei verschiedene Meinungen im Kollegio vorhanden sind. Verschiedene Monenten und besonders Herr v. Grolmann meinen, daß dadurch dem Präsidenten an seinem nöthigen Amtsansehen zuviel entzogen werde. Die Sache hat allerdings zwei Seiten; ich würde aber bei dem Texte stehen bleiben, weil das Uebcrgcwicht der Präsidenten ost allzu­ gefährlich werden kann." (Ges.-Rev. Pens. XII, S. 77.) — Der Satz gehört jedoch zu denjenigen theoretischen, von welchen keine Anwendung gemacht worden ist. M. vergl. z. B. in Beziehung auf den Hauptfall, nämlich die JnstizKollegien, den §. 17, Tit. 2, Th. III der A. G. O.

160

Zweiter Theil.

Zehnter Titel.

abgehen, wenn durch eine Veränderung der Lauf der Geschäfte unterbrochen oder aufgehalten würde. §. 124. Die dem Collegio ausdrücklich vorgeschriebene In­

struction darf er eigenmächtig nicht ändern. §. 125.

Die §. 120, 121 bestimmten Verhältnisse deS Vor­

gesetzten bei der Stimmensammlung kommen auch demjenigen zu,

welcher bei der Abwesenheit deS Erstern desselben Stelle vertritt. §. 126.

Dagegen darf dergleichen bloß einstweiliger Vor­

gesetzter in der bisher bei dem Collegio. beobachteten Ordnung nichts ändern. §• 127. Geschäfte, ,tit

welche dem

ganzen Collegio obliegen,

müssen von allen Mitgliedern desselben vertreten werden. §. 128.

In wie fern die Mitglieder für einen durch Vor­

satz oder Versehen entstandenen Schaden als Mitschuldner,

oder

ein Jeder nur für seinen Antheil, haften, ist nach allgemeinen ge­ setzlichen Vorschriften zu bestimmen21).

(Th. I, Tit. 6, §. 29 sqq.)

8- 129. Kann in Fällen, wo jedes Mitglied nur für seinen Antheil haftet22),23von einem oder dem andern dessen Antheil an

der Entschädigung nicht beigetrieben werden: so müssen die übrigen denselben zu gleichen Theilen vertreten.

§. 130.

Der Einwand,

daß ein Versehen durch den un­

richtigen Vortrag eines Mitgliedes; oder durch die von demselben

geschehene Abfassung einer dem Schluffe deS Collegii nicht ge­ mäßen Verfügung;

oder durch andere Pflichtwidrigkeiten

Fahrlässigkeiten desselben entstanden sei,

oder

befreit das Collegium22)

nicht von der Einlassung auf die Klage.

21) In Ermangelung besonderer Vorschriften. Dergl. find aber: Hyp.-O. Tit. I, §§. 76, 77; Dcp.-O. Tit. 1, §. 54; Reg.-Jnstr. v. 23. Oktober 1817, §§. 34-36. Die Fassung deS §. 128 ist übrigens aus Unachtsamkeit widersprechend so­ wohl den bezeichneten allgemeinen Grundsätzen al» dem nachfolgenden §. 129 ausgefallen; denn nach Th. I, Tit. 6, §§. 29 ff. kann der Fall nicht eintreten, daß mehrere nur pro rata hasten. 22) Kann nach §. 128 niemals vorkomme».

Vor. Anm. 21.

23) Soll heißen: die Mitglieder des Kollegiums, welche an dem schädli­ chen Schluffe Theil genommen haben und ihre abweichende Stimme nicht nach­ weisen können. Denn das Kollegium als solches kann nicht auf Schadensersatz belangt werden, weil damit die durch das Kollegium vertretene Person (der Staat, Fiskus) in Anspruch genommen sein würde, diese aber für die Versehen ihrer Vertreter nicht verantwortlich ist. Das Gesetz sichert den Beschädigten nicht hinlänglich. Dieser ist, da er fich nicht in der Lag« befindet, den eigentlich Schuldigen zu kennen, genöthigt,

Von dm Dienern deS Staat».

161

S 131. Findet sich aber bet der Untersuchung, daß dieser Einwand seine Richtigkeit Haber so muß der Kläger an dasjenige Mitglied, welches solchergestalt das Versehen unmittelbar begangen hat, vorzüglich sich halten. §. 132. Nächst diesem haftet der Vorgesetzte, wenn er durch Anwendung der ihm vermöge seines Amts obliegenden Aufmerk­ samkeit (8. 90) daS vorgefallene Versehen hätte verhüten oder ab­ wenden können. 8. 133. Die übrigen Mitglieder haften nur, in Erman­ gelung beider, und nur in so fern, alS besondere Gesetze ihnen eine vorzüglich eigene Aufmerksamkeit auf die Handlungen ihrer Collegen bei Geschäften dieser Art, ausdrücklich zur Pflicht ge­ macht haben24 * *).* * * * *

alle Mitglieder, welche Theil genommen haben, zu belangen. Wenn nun Einem oder Einigen der im §. 131 gestattete Einwand zu statt kommt, so wird zwar kein verständiges Gericht die Klage angebrachtermaßen abweisen, sondern nur diejenigen, welche den Einwand bewiesen haben, von der Klage entbinden und die Uebrigen verurtheilen. Wer aber soll die Kosten für den Theil der Ersteren tragen und erstatten? Doch wohl der Beschädigte. Wie kommt der dazu? Der Grundsatz ist unrichtig. Zu vergl. die folg. Anm. 24) ES ist nicht leicht, sich einen praktischen Fall für diese Bestimmung zu veranschaulichen; der Satz ist eben so unpraktisch und unklar wie die ganze Theorie von der VcrtretungSverbindlichkeit. Die im Entw. vorgeschlagenen Grundsätze waren praktischer. Der §. 95 (§. 128 d. T.) hatte den Grundsatz: Jedes Mitglied haftet für seinen Antheil; der §. 96 schrieb subsidiarische Haf­ tung für Unvermögende vor, und §.97 (§. 130) verordnete: Hat eines der Mit­ glieder, durch unrichtigen Vortrag oder sonst, daS Versehen veranlaßt, so haben die übrigen den Regreß an ihn. Hiergegen waren Monita eingegangen, worüber Suarez in der rev. mon. berichtete: „Dieser Satz (§.97) wird von vielen Monenten allzuhart gefunden. Es ist allerdings nicht möglich, daß bei einem Vortrage aus weitläuftigcn Akten jedes Mitglied den Decernenten kontrolliren kann, sondern eS muß sich nach der Natur der Sache auf ihn verlassen. Eben so wenig können die Mitglieder des Kollegii dafür, wenn der Decernent daS Dekret nicht dem Konkluso gemäß abfaßt, oder wenn er die Sache nach dem Vortrage liegen läßt. In dem Falle dieses §. würden also m. v. die übrigen Mitglieder in subsidium und auch so nur alsdann haften, wenn ihnen beson­ dere Gesetze einen vorzüglichen Grad von Aufmerksamkeit auf Sachen dieser Art zur Pflicht gemacht hatten und sie nach der Verfassung des Kollegii diesen Grad anzuwenden im Stande waren, z. B. wenn über die Sache schriftlich hätte votirt werden sollen." (Ges.-Rev. Pens. XII, S. 81.) Dies hatte die Verän­ derung der ganzen Theorie zur Folge; an die Stelle der §§. 95—97 des Entw, traten die heutigen §§. 128—133. Diese ergeben folgende Grundsätze: 1) HauptschuldneL ist der, welcher das Versehen begangen oder veranlaßt hat (§§. 130 und 131); 2) hülfswcise haftet der Vorgesetzte, welcher die pflichtmäßige Beauf­ sichtigung versäumt hat (§. 132); 3) alle Uebrigen haften erst unter den im §. 133 bestimmten Voraussetzungen. Diese find: a) die Ermangelung Beider, nämlich deS Decernenten und des Vorgesetzten. Was heißt: „in Ermangelung Beider"? Der Wortsinn ist: wenn fie nicht vorhanden find, was doch nicht gemeint sein kann, da — wenn man auch an den Todesfall derselben denken wollte — doch ihre Erben aufkommen müssen. §. 145. Man kann darunter

Koch, Allgemeine-Landrecht. IV.

11

Zweiter Theil.

162 §. 134.

Zehnter Titel.

Hat der Vorgesetzte daS Geschäft ohne Zuziehung

deS Collegii, oder nur mit Zuziehung einiger Mitglieder vorge­

nommen: so ist derselbe nur allein, oder nur mit den zugezogenen

Mitgliedern verantwortlich.

8. 135.

Die nicht zugezogenen Mitglieder sind nur alSdann

zur Vertretung gehalten, wenn hiernächst das Geschäft dem Collegio vorgetragen, und zu einer Zeit, da dem Versehen noch ab­ geholfen werden konnte, von selbigem genehmigt worden.

§. 136. Hat daS Collegium die Besorgung der verschiedenen

Arten seiner Geschäfte unter seine Mitglieder eigenmächtig vertheilt: so ändert dieses nichts in der Vertretungsverbindlichkeit der Mitglieder gegen die Partei.

8. 137.

Doch bleibt den übrigen der Regreß gegen die­

jenigen Mitglieder vorbehalten,

welche die Besorgung deS Ge­

schäfts ausschließend übernommen, und dabei das Versehen be­ gangen haben. 8. 138. Sind aber durch Gesetze, Amtsinstruktionen, oder höhere Anweisungen,

gewisse Arten von Geschäften einem oder

etlichen Mitgliedern zur ausschließenden Besorgung angewiesen:

so müssen diese für ein dabei begangenes Versehen, und zwar,

wenn ihrer mehrere sind, nach Vorschrift 8. 127, 128,129 hasten.

8. 139.

Ist dem einen die eigentliche Besorgung deS Ge­

schäfts, den übrigen aber eine besondere Aufsicht über ihn solcher­

gestalt angewiesen: so werden letztere nur für die Vernachlässigung dieser Aufsicht verantwortlich.

8. 140.

Sind dergleichen zu einem gewissen Geschäfte be­

sonders verordnete Mitglieder oder Subalternen zum Schadens-

also nur den Fall des Unvermögens verstehen; b) wenn dm Uebrigen, durch besondere Gesetze, eine vorzügliche Beaufsichtigung über ihre Kollegen zur Pflicht gemacht ist. Dergleichen Gesetze sind nicht vorhanden, und eine solche Beauf­ sichtigung ist auch mit der Natur der Kollegialität völlig unverträglich. Das Beispiel des schriftlichen Votircns, welches S. giebt, gehört dahin nicht. Denn ganz richtig bemerkt schon der Revisor a. a. O.: wenn schriftlich votirt wird, so ist Jeder Decernent; wenn aber nicht schriftlich votirt wird, obgleich eS vor­ geschrieben ist, so handelt Jeder, welcher auf den mündlichen Vortrag eines Mit­ gliedes seine Stimme giebt und nicht vielmehr Verwahrung gegen die Ordnungs­ widrigkeit deS Verfahrens einlegt, pflichtwidrig, mithin sind wieder Alle in gleicher Schuld. Der §. 133 ist mithin gegenstandslos. — Wenn aber ein Hall, für welchen er gegeben ist, wirklich vorkäme, so müßte angenommen werden, daß Alle nur pro rata und eventualiter solidarisch haften; denn dieser Grundsatz liegt im Falle eines bloßen Versehens hier im Hintergründe, jedenfalls hat man ihn, wie er im Entwürfe ausdrücklich ausgesprochen war, im Sinne behalten, wie der §. 129 zeigt; auch läßt sich dafür der §. 31, Tit. 6, Th. I anrufen.

Von d. Rechten u. Pflichten der Kirchen u. geistl. Gesellschaften. 163 ersähe nicht vermögend, so hasten der Vorgesetzte und die übrigen

Mitglieder nur in so fern, alS bei der Auswahl oder Bestellung deS Subjekts ein grobes oder mäßiges Versehen begangen,

oder

die über das Geschäft zu führende allgemeine Aufsicht vernach­ lässigt worden.

8. 141. In keinem Falle sind Mitglieder eines Collegii zur

Vertretung gehalten, wenn ihnen bei dem Geschäfte, worin daS Versehen vorgefallen ist, kein Votum zukam; §. 142.

Auch alsdann nicht, wenn sie mit Vorwiffen und

Genehmigung deS Vorgesetzten abwesend waren;

8. 143.

Ferner alsdann nicht,

wenn sie durch Krankheit

der Versammlung deS Collegii beizuwohnen verhindert worden;

$. 144.

Endlich alSdann nicht, wenn sie überstimmt wor­

den, und ihr Votum schriftlich, unter Anführung der Gründe, zu

den Akten gebracht haben. 8- 145.

Auch die Erben der Mitglieder haften für den dem

Erblasser obliegenden Ersatz, eben so, wie für andere Schulden

desselben25).

Eilfter Titel. bon den Rechten und Pflichten der Lirchen und geistlicheu Gesellschaften').

8. 1. Die Begriffe der Einwohner deS Staats von Gott Allgemeine und göttlichen Dingen, der Glaube und der innere Gottesdienst ®runbfll6e' können kein Gegenstand von ZwangSgefetzen feilt.

25) Eine Ausnahme macht der §. 304, Tit. 18. 1) Dieser Titel tritt in die Stelle deS kanonischen Rechts, Welches unter den „anderen fremden subsidiarischen Rechten und Gesetzen," auf welche nach §. I deS Publ.-Pat. nicht mehr zurückgcgangen werden darf, mit verstanden ist. Damit ist jedoch dasselbe nicht durchgängig und in allen Stücken abgeschafft. In Sachen des bürgerlichen Rechts war dasselbe schon durä) das Corp. jur. Frid. aufgehoben worden, welches im P. I, lib. 1, Tit. 2 §. 12 verordnete: „Da nach dem Westfälischen Friedens-Schluß Unsere katholische Unterthanen nach ihren Princip iis in GlaubenS-Sachen gerichtet werden sollen: so muß auch daS kanonische Recht in so weit vim legis behalten. — In allen weltlichen Sachen aber wollen Wir daS jus canonicum hierdurch aufgehoben haben, außer waS die officia und dignitates und davon dependirende jura bei den Stiftern, item die Zehent - Sachen betrifft, welche nach den kanonischen Rechten auch bei den

11*

164

Zweiter Theil. S. 2.

(Stiftet Xitel.

Jedem Einwohner im Staate muß eine vollkommene

Glaubens- und Gewissensfreiheit, gestattet werden. 8. 3.

Niemand ist schuldig, über seine Privatmeinungen in

Religionssachen Vorschriften vom Staate anzunehmen.

8. 4.

Niemand soll wegen seiner Religionsmeinungen be­

unruhigt, zur Rechenschaft gezogen, verspottet,

oder gar verfolgt

werden. 8. 5.

Auch der Staat kann von einem einzelnen Unterthan

die Angabe: zu welcher Religionspartei sich derselbe bekenne, nur

alsdann fordern, wenn die Kraft und Gültigkeit gewisser bürger­

lichen Handlungen davon abhängt. 8. 6.

Aber selbst in diesem Falle können mit dem Geständ­

nisse abweichender Meinungen nur diejenigen nachtheiligen Folgen für den Gestehenden verbunden werden, welche aus seiner dadurch, vermöge der Gesetze, begründeten Unfähigkeit zu gewissen bürger­

lichen Handlungen oder Rechten von selbst fließen. 1. Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850. Art. 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Ver-

Evangelischen dijudicirt werden sollen." DaS von der Gesetzgebung hierdurch ausgesprochene Principium ist im A. L. R. nirgend aufgehoben, vielmehr ist das­ selbe von den Redaktoren festgehalten worden, wie die Materialien ergeben. Der Entw. schlug nämlich, bezüglich auf die Geistlichen, den Satz (§. 66 d. T.) vor: „Ihre Rechte und Pflichten bei Ausübung ihres geistlichen Amts find bei den Katholiken durch die Vorschriften des kanonischen Rechts, bei den Protestan­ ten aber durch die Kirchenordnungen bestimmt." Carmer gab diesem Satz folgende Fassung: „Die Rechte und Pflichten eines katholischen Priesters find durch die Vorschriften des kanonischen Rechts; der protestantischen Geistlichen aber durch die Konfistorial- und Kirchenordnung bestimmt." Dagegen erinnerte Suarez: „Durch Wegstreichung der Worte: bei Ausübung ihres Amts, bekommt der §. einen schiefen oder gar falschen Sinn. Denn nur ratione internorum officii gelten die Dorsch ri ft en des kanonischen Rechts; nicht in Ansehung der äußern Verhältnisse undGerechtsame." (Jahrb. 53t). LVIII, S. 61.) Dies ist das nämliche, was der ge­ dachte §. 12 a. a. O. des corp. jur. Frid. als gesetzliches Princip hingestellt hatte. DaS A. L. R. hat nur auch noch die dort gemachte Ausnahme von der Aufhebung des kanonischen Rechts „in weltlichen Sachen," nämlich: „was die officia und dignitates und davon dependirende Jura bei den Stiftern, item die Zehent - Sachen betrifft," dadurch aufgehoben, daß auch über diese Gegenstände gesetzlich verordnet worden ist. Hiernach kommen die Bestimmungen des kanonischen Rechts jetzt noch in folgenden Verhältnissen und Fällen zur Anwendung: 1) in Glaubens-Sachen; 2) in Ansehung der besondern Rechte und Pflichten der ka­ tholischen Geistlichkeit in geistlichen Amtssachen (§§. 66, 107); 3) in den Fäl­ len, wo das A. L. R. darauf verweist. (§§. 980, 1126, 1135.) Dies geschieht auch durch Bezugnahme auf Gewohnheiten und Herkommen, in sofern solche Ge­ wohnheiten und Herkommen in der Anwendung von Bestimmungen des kanonischen Rechts bestehen, was gewöhnlich oder doch sehr oft der Fall ist; so wie durch Verweisung auf die Grundsätze der Kirche (§. 107) und auf die ReligionsGrundsätze oder Vorschriften der Kirchenordnung.

Bon d. Rechten u. Pflichten der Kirchen u. geistl. Gesellschaften. 165 einigung zu Religionsgesellschasten (Art. 30 it. 31) und der gemein­ samen häuslichen und öffentlichen Religions-Uebung wird gewähr­ leistet. Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Re­ ligionsfreiheit kein Abbruch geschehen.

Art. 13. Die Religionsgesellschaften, so wie die geistlichen Ge­ sellschaften, welche keine Korporationsrechte haben, können diese Rechte nur durch besondere Gesetze erlangen. Art. 14. Die christliche Religion wird bei denjenigen Ein­ richtungen deS Staats, welche mit der Religionsübung im Zusam­ menhänge stehen, unbeschadet der im Art. 12 gewährleisteten Re­ ligionsfreiheit, zum Grunde gelegt. Art. 15. Die evangelische und die römisch-katholische Kirche, so wie jede andere Religionsgesellschaft, ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig und bleibt im Besitz und Genuß der für ihre Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds. Art. 16. Der Verkehr der Religionsgesellschasten mit ihren Oberen ist ungehindert. Die Bekanntmachung kirchlicher Anord­ nungen ist nur denjenigen Beschränkungen unterworfen, welche alle übrigen Veröffentlichungen unterliegen. §. 7. Jeder Hausvater kann seinen häuslichen Gottesdienst nach Gutbefinden anordnen?). tewieniu.'

$ 8.

Er kann aber Mitglieder, die einer andern Religions­

partei zugethan find, zur Beiwohnung desselben wider ihren Willen nicht anhalten.

8.9.

Fällt weg").

Wohl aber können mehrere Einwohner des Staats RMg>°n««e. — »*) zu Religionsübungen sich verbinden. WcH««. 8. 10.

8

11.

Religionsgesellschaften, welche sich zur öffentlichen«) «irch-ng«.

2) Dabei hat derselbe nur die Vorschriften des Ges. über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauche drS Versammlungs- und Vercinigungsrechtes, v. 11. März 1850 (Zus. 2 zu Tit. 6) zu beobachten. Die K. O. v. 9. März 1834, wonach Zusammenkünfte zu außerkirchlicken Religionsübungen verboten und mit Strafen bedroht waren (Ann. Bd. XVIII, S. 76), ist schon durch den §. 4 der V. v. 6. April 1848 über einige Grundlagen der preuß. Verfassung außer Kraft gesetzt worden. Vers, d. Min. d. C. u. d. Inn. v. 18. Mai 1848. (M. Bl. d. i. V. S. 196.)

3) Das Ges. v Vor. Anm. 2.

11. März 1850 (Zus. 2 zu §. 10 Tit. 6) ist maßgebend.

3 a) Der hier im authentischen Tert vorgeschriebenen Genehmigung des Staats bedarf eö nach dem Art. 12 des Staatsgrundgesetzes (Zus. 1) nicht mehr; man hat nur die Vorschriften des Ges. v. 11. März 1850 zu beobachten. Vgl. Entsch. des Ob.-Tr. Bd. XXV, S. 228. 4) D. h. gemeinschaftlichen, in gewissen dazu bestimmten Gebäuden, int Gegensatze zu den Hauöandachten in Privatwohnungen. §. 23.

Zweiter Theil. .Eilfter Titel.

166

Feier des Gottesdienstes verbunden haben, werden Kirchengesellschasten genannt. «MU« 8- 12. Diejenigen, welche zu schift«».

gewissen andern besondern

Religionsübungen vereinigt sind, führen den Namen der geistlichen Gesellschaften.

Erster Abschnitt. Von Kirchengesellschaften überhaupt.

8. 13.

Grundsatz.

Jede Kirchengesellschaft ist verpflichtet,

ihren Mit­

gliedern Ehrfurcht gegen die Gottheit, Gehorsam gegen die Gesetze, Treue gegen den Staat, und sittlich gute Gesinnungen gegen ihre Mitbürger einzuflößen. Unerlaubte Kirchenge-

§. 14.

Religionsgrundsätze, welche diesem zuwider sind, sollen

skllschaften. jm Staate nicht gelehrt, und weder mündlich,

noch in BolkS-

schriften, auSgebreitet werden. 8. 15.

sätze,

Nur der Staat5) hat das Recht, dergleichen Grund­

nach angestellter Prüfung, zu verwerfen, und deren Aus­

breitung zu untersagen. 8. 16.

Privatnreinungen einzelner Mitglieder machen eine

Religionsgesellschaft nicht verwerflich. «Slgenom. $• 1?» Die vom Staate ausdrücklich aufgenommenen Kirchenm«n«.

gesellschaften haben die Rechte privilegirter Korporationen6). 8. 18.

Die von ihnen zur Ausübung ihres Gottesdienstes

gewidmeten Gebäude werden Kirchen genannt; und sind als pri-

vilegirte7)8 Gebäude des Staats anzusehen.

8- 19.

Die bei solchen Kirchengesellschaften zur Feier deS

Gottesdienstes und zum Religionsunterrichte bestellten Personen,

haben mit andern

Beamten im Staate gleiche Rechte.

5) Nicht die Oberen der ausdrücklich aufgenommenen Kirchengesellschaften. 6) Pr. des Ob.-Tr. 1816, unten in der Anm. zu §. 237. 7) DaS soll heißen: öffentliche Gebäude. §• 174.

8) Die Voraussetzung wäre hiernach, daß die Geistlichen gleichfalls un­ mittelbare Staatsbeamten seien. So ist es jedoch nicht gemeint, auch werden die katholischen Geistlichen sich dazu schwerlich machen lassen. Die Bestimmung will nur sagen, daß die Geistlichen, welche ein Kirchenamt haben (§§. 96, 97), die Prärogative der Staatsbeamten genießen sollen. Diese besonderen Rechte bestehen jetzt nur noch in der Recht-gemeinschaft mit den früher Ärimirte», und in dem Privilegium der Kompetenz bei Grekutiouen. Aber die Pfarrer find in

Von Kirch,ngesellschaften überhaupt.

167

8* 20. Eine.Religionsgesellschaft, welche der Staat geneh­ migt'), ihr aber die Rechte öffentlich aufgenommener Kirchen­ gesellschaften nicht beigclegt hat, genießt nur die Befugniß gedul­ deter Gesellschaften"). (Tit. 6, §. 11 sqq.)"). 8. 21. Aufgehoben > ?). §. 22. Einer geduldeten Kirchengesellschaft ist die freie Aus­ übung ihres Privat-GotteSdiensteS verstattet. §. 23. Zu dieser gehört die Anstellung gottesdienstlicher Zusammenkünfte in gewissen dazu bestimmten Gebäuden, und die Ausübung der ihren Religionsgrundsätzen gemäßen Gebräuche, sowohl in diesen Zusammenkünften, als in den Privatwohnungen der Mitglieder. §. 24. Eine bloß geduldete Kirchengesellschaft kann aber daS Eigenthum solcher Gebäude ohne besondere Erlaubniß deS Staats nicht erwerben"). 8. 25. Ihr ist nicht gestattet, sich der Glocken zu bedienen, oder öffentliche Feierlichkeiten außerhalb der Mauern ihres VersammlungShauseS anzustellen. 8. 26. Die von ihr zur Feier ihrer Religionshandlungen bestellten Personen genießen, als solche, keine besondern persön­ lichen Rechte").

der Eigenschaft als EivilstandSbcamtc wirkliche Staatsdiencr. Alle übrigen ste­ hen in der Kategorie dcr mittelbaren Staatsbeamten, da die Kirchensysteme und geistlichen Kollegien in gewisser Hinsicht in die Staatsvcrsaffung eingrcifen. DaS Gleiche spricht Suarcz ans, indem er sagt: „Sobald ich mir einen protestantischen Geistlichen gedenke, denke ich mir allemal eine Gemeine, bei welcher er als Pre­ diger, Lehrer oder Seelsorger bestellt ist. Qua talis gehört er zu den mittel­ baren Beamten des Staats, und hat als solcher gewiffe Rechte und Pflichten." (Jahrb. Bd. LV1II, S. 63.) ■

9) Duldet. 3 u. 3 a.

Die Genehmigung ist nicht mehr erforderlich.

Anm. 2,

10) Dergl. Gesellschaften sind, außer dcr jüdischen Nation, die Herrenhuter, die Mennonisten, die Böhmische Brüdergemeinde, nach dem Rel. Ed. v. 9. Juli 1788, §. 1. (R abc Bd. VII, S. 726.) Dazu kommen aus dcr neuesten Zeit die freien und die christkatholischcn Gemeinden.

11) Zu vergl. oben, Anm. 18 zu §. 14, Tit. 6. 12) Oben, Anm. 2, 3 u. 9.

13) Nämlich unter der Kollektiv-Benennung einer Gesellschaft (juristischen Person). Auf den Namen der einzelnen Gesellschafter zu erwerben ist unver­ schränkt. 14) Zu vergl. oben Anm. 8. — Die Religionsdiener dcr Privatgesellschaf­ ten sind bloße Privatbcamte». Sic haben daher namentlich nicht daS den öffent­ lichen Beamten zustehendc Privilegium der Kompetenz bei Erekutionen. Zu vgl.

Geduldet«.

Zweiter Theil.

168 D«r»mi>ik

§. 27.

Eilst« Titel.

Sowohl öffentlich aufgenommene, als bloß geduldete

geftllschaften Religion-- und Kirchengesellschaften müssen sich, in allen Ange6et"«t'n legenheiten, die sie mit andern bürgerlichen Gesellschaften gemein haben, nach den Gesetzen des Staats richten. §. 28.

Diesen Gesehen sind auch die Obern, und die ein­

zelnen Mitglieder, in allen Vorfällen des bürgerlichen Lebens un­ terworfen. 8. 29.

Soll denselben,

wegen ihrer Religionömeinungen,

eine Ausnahme von gewissen Gesetzen zu statten kommen: so muß

dergleichen Ausnahme vom Staate ausdrücklich zugelassen sein. 8. 30.

Ist dieses nicht geschehen: so kann zwar der An­

hänger einer solchen Religionsmeinung etwas gegen seine Ueber­

zeugung zu thun nicht gezwungen werden; 8. 31.

Er muß aber die nachtheiligen Folgen, welche die

Gesetze mit ihrer unterlassenen Beobachtung verbinden, sich ge­ fallen lassen. $. 32. Die Privat- und öffentliche Religionsübung einer jeden Kirchengesellschast ist der Oberaufsicht deS Staats unter­

worfen 15).

8. 33.

Der Staat ist berechtigt,

von demjenigen, was in

den Versammlungen der Kirchengesellschaft gelehrt und verhandelt wird, Kenntniß einzuziehen

§. 34.

Die Anordnung öffentlicher Bet-, Dank- und an­

drer außerordentlichen Festtage hängt allein vom Staate ab.

8. 35. In wiefern die bereits angeordneten Kirchenfeste mit Einstellung aller Handarbeiten und bürgerlichen Gewerbe begangen

werden sollen, oder nicht, kann nur der Staat bestimmen1 •).

Me Btsch. d. M. d. C. «. d. I. v. 24. April 1821 »md 14. März 1823. (Ann. Bd. V. S. 366 «. Bd. VH, S. 898.) 15) Vermöge des juris majestatis circa sacra. Dieses Hoheitsrecht ist keineöweges, wie behauptet worden ist (Jahrb. Bd. XXXI, S. 25), ein solches Attribut deö Selbstherrschers, welches aus dessen Eigenschaft als oberstem Bi­ schöfe stießt. Denn wenn das Wahrheit Ware, würde ihm das Aufsichtsrccht nur in.der Kirche zuftchen, zu welcher er sich bekennt, da daö erste Erforderniß eines Bischofs die Mitgliedschaft seiner Kirche ist. Aber daS fr. Hoheitsrecht steht unbestritten in Beziehung auf die Kirchengesellschaften aller Konfessionen und Religionen dem Staate zu. — DaS Aufsichtsrecht berechtigt übrigens nicht zur Geschäftsführung für die Gesellschaften. Schl. Arch. Bd. III, S. 533.

16) Darüber find eine Reihe von Bestimmungen ergangen. lichen find:

Die wesent­

Don Kirchengesellschaften überhaupt.

169

2. K. O. vom 7. Februar 1837, über die Befugniß der Behörden durch polizeiliche Bestimmungen die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage zu be­ wahren. (G. S. S. 19.) Zur Beseitigung der Zweifel, welche nach dem Berichte des Staatsministerii, vom 15. v. M. über die Befugniß der Behörden,

a) Das Publ. des M. d. G., u. u. M. Angel, v. 31. Mai 1818 (Ann. Bd. II, S. 249): Auf mehrfach eingegangene Klagen beider ReligionS-Theile über Entwei­ hung der Sonn- und Festtage, hat, in Folge eines von dem Königl. Konsistorio erstatteten Berichts, das Ministerium der Geistlichen-, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten in einer an das Ober-Präsidium der Provinz er­ lassenen Verfügung vom 10. März d. I. Folgendes festgesetzt;

1) Die Abhaltung der Jahrmärkte an Sonn- und Festtagen ist nicht zu gestatten, sondern sie sind auf den nächsten Montag, wie ftüher bereits verfügt, zu verlegen.

2) Die Abhaltung der Wochenmärkte an Sonn- und Festtagen ist nur in jenen Gegenden zu dulden, wo der Abschaffung jenes Gebrauchs wichtige polizeiliche Gründe entgegen stehen. In keinem Falle aber ist zu gestatten, daß während des feierlichen Gottesdienstes (des hohen Amts "und der Predigt) Markt gehalten wird.

3) Wenn auf den Dominial-WirthschastSämtern während des sonn- und festtäglichen Gottesdienstes Geschäfte getrieben werden, wodurch die GutSUntersaffcn von dem Besuche der Kirche abgehalten werden; so ist dieser Mißbrauch eben so den Gesetzen als den Gesinnungen Sr. Majestät deö Königs zuwider.

4) Eben so kann dem Gesinde die Bestellung d'eS sogenannten Gefinde-AckerS während des Gottesdienstes nicht gestattet werden.

5) Treibjagden dürfen an Sonn - und Festtagen, ohne ausdrückliche Erlaub­ niß, gar nicht, und andere Jagden nicht während des öffentlichen Gottes­ dienstes gehalten werden.

b) K. O. v. 14. März 1818, welche verordnet, daß die Entheiligung der Vorabende großer Kirchenfeste durch Bälle und ähnliche Lustbarkeiten nicht stattfinden soll. Darunter sollen begriffen sein: die drei großen Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten, der Charfreitag, der evan­ gelische allgemeine Bettag und die, dem Andenken der Verstorbe­ nen gewidmeten, evangelischen und katholischen Jahrestage, welche sämmtlich an den Vorabenden eingeläutet werden sollen. (Ann.

Bd. II, S. 348.) c) K. O. v. 26. Febr. 1826, welche festsetzt, daß auch am Charfreitag und Buß- und Bettaq keine Bälle und ähnliche Lustbarkeiten gestattet sind. (Ann. Bd. X, S. 86.)

d) K. O. v. 20. März 1826, wonach an den Orten, wo es bisher üblich und hergebracht gewesen, an den ersten Feiertagen des Weihnachts-, Oster­ und Pfingstfestes Schauspiel-Vorstellungen, Bälle und ähnliche Lustbarkei­ ten nicht stattfinden zu lassen, es ferner bei dieser Ordnung und Gewohn­ heit bleiben, und die in der K. O. v. 26. Febr. für den Charfreitag und den allgemeinen Buß- und Bettag enthaltene Bestimmung dahin ausge­ dehnt werden soll, daß auch an dem Tage des Festes zum Andenken an die Verstorbenen keine der erwähnten oder ähnliche Lustbarkeiten stattfinden dürfen. (Ann. Bd. X, S. 87.)

e) K. O. v. 26. Febr. 1837. Untersagung von Bällen und ähnlichen Lust-

170

Zweiter Theil.

Eilster Titel.

durch polizeiliche Bestimmungen, die äußere Heilighaltung der Sonnund Festtage zu bewahren,. in einigen Landestheilen bisher obge« walket haben, setze Ich für den ganzen Umfang der Monarchie hierdurch fest, daß die Regierungen, die nach den Verhältnissen der

barkeiten an mehreren, ernster Feier gewidmeten Tagen und deren Vor­ abenden. (Ann. Bd. XXI, S. 83.)

Durch Meine an Sie, den Staats-Min., Freiherrn v. Altenstein und an den Staats-Min. v. Schuckmann am 13. Dec. 1817, 14. März 1818, 26. Febr. u. 20. März 1826 erlassenen Ordres ist festgesetzt, daß am Vor­ abende der drei großen Feste: Weihnachten, Ostern und Pfingsten, deS Eharfreitags, des allgemeinen Buß- und Bettages und deS dem Andenken der Verstorbenen gewidmeten Jahrestages, so wie auch an den Abenden dieser drei letzten Tage keine Bälle oder ähnliche Lustbarkeiten stattfinden sollen. Ich will es nicht nur hierbei belassen, sondern auch diese Bestimmung auf die ganze Eharwoche ausdehnen, und zugleich verordnen, daß eben so wenig am Ascher­ mittwoche Bälle gegeben werden sollen. Zur Erläuterung dieser K. O. eröffnet ein Besch. deS M. d. G., U. u. M. Ang. v. 7. Decbr. 1837: daß eS bei dem Erlaß der A. K. O. v. 26. Febr. d. I. nicht in der Absicht Sr. Maj. deS Königs gelegen hat, früher ergangene Bestimmungen über die stille Begehung der hohen Festtage und ihrer Vorabende, namentlich aber diejenigen, welche in dem A. Bef. v. 20. März 1826 enthalten sind, auszuheben oder zu modifiziren. Unter Bezugnahme auf die über diesen Gegenstand schon vorhandenen Verordnungen haben vielmehr Se. K. Maj. aus­ drücklich anszusprechen geruht, daß Allerhöchstdieselben eS dabei belassen, und als erweiternde Vorschrift festsetzen wollen, daß jene Bestimmungen auf die ganze Eharwoche und den Aschermittwoch ausgedehnt werden sollen. Da nun in der A. Ordre v. 20. März 1826, deren Gültigkeit als fortdauernd betrachtet wer­ den muß, bestimmt ist: daß an den Orten, wo bisher an den ersten Festtagen des Weihnachts-, Oster- und Pfingstfestes theatralische Vorstellungen (d. h. Theatervorstellungen im eigentlichen Sinne, nicht ähnliche Lustbarkeiten, z. B. Seiltänzer-Darstellungen, nach dem Besch, v. 19. Juli 1837, Ann. Bd. XXI, S. 85), Bälle und ähnliche Lustbarkeiten nicht stattgefnnden, es ferner bei dieser Ordnung und Gewohnheit verbleiben soll, so ergiebt sich von selbst, daß eS auch ferner dabei zu belassen ist, und also dergleichen rauschende Vergnügungen an den gedachten hohen Festtagen in Orten, wo sie vor der A. Ordre v. 20. März 1826 nicht üblich gewesen, auch nach dem Erscheinen des A. Befehls v. 26. Febr. d. I. nicht zu gestatten sind. (Ann. Bd. XXI, S. 971.)

Der Ausdruck: „ähnliche Lustbarkeiten" in der K. O. v. 26. Februar 1837 soll auf Schauspiel-Vorstellungen nicht zu beziehen sein, diese sollen vielmehr am Charfreitage und am Buß- und Bettage ganz unterbleiben, wogegen sie am Gedächtnißtage der Verstorbenen, in sofern sie ernsten Inhalts sind, stattfinden dürfen. Eire. Vers. ders. M. v. 16. März 1838 (Ann. Bd. XXI, S. 83). Auch sollen unter dem gedachten Ausdrucke nur solche Lustbarkeiten zu verstehen fein, bei welchen die Theilnchmer selbstthätig mitwirken (Besch, d. M. d. I. u. d. Pol. v. 4. April 1838 (Ann. Bd. XXII, S. 401). f) K. O. v. 19. Angust 1837 (Ann. Bd. XXI, S.972):

Auf Ihre Anfrage v. 19. v. M. eröffne Ich Ihnen, daß Meine Ordre v. 26. Febr. d. I., durch welche das Verbot der Bälle und ähnlicher Lust­ barkeiten auf die ganze Eharwoche erweitert ist, auf Lokal-Observanzen, wie sie in Breslau durch die stille Begehung der letzten acht Tage in der Advent­ zeit und während der letzten Hälfte der Fastenzeit hergebracht sind, keine Be­ ziehung haben, und es nicht Meine Absicht gewesen ist, in solchen Lokal-Ob­ servanzen etwas abzuändern. Die Heilighaltung der Sonn - und Feiertage ist in neuerer Zeit wiederholt eingeschärft.

Von Kirchengesellschastcn überhaupt.

171

einzelnen Orte oder Gegenden ihres Bezirk« zu diesem Zwecke er­ forderlichen Anordnungen zu erlassen und deren Befolgung durch Strafverbote, welche jedoch die im §.10”) ihrer Dienst-Instruk­ tion vom 23. Oktober 1817 vorgeschriebene Grenze nicht über­ schreiten dürfen, zu sichern befugt sein sollen.

8. 36. Mehrere Kirchengesellschasten, wenn sie gleich zu äXnct)?n|“e einerlei Religionspartei gehören, stehen dennoch unter sich in keiner f'Wf«*;

nothwendigen Verbindung. 8. 37. Kirchengesellschasten dürfen so wenig, als einzelne Mitglieder derselben, einander verfolgen oder beleidigen. 8. 38. Schmähungen und Erbitterung verursachende Be­ schuldigungen müssen durchaus vermieden werden. ‘ 39. Protestantische18) Kirchengesellschasten deS

AugS-

burgfchen Glaubensbekenntnisses sollen ihren Mitgliedern wechsel­

seitig die Theilnahme auch an ihren eigenthümlichen ReligionShandlungen

nicht versagen,

wenn dieselben keine Kirchenanstalt

ihrer eigenen Religionspartei, deren sie sich bedienen können, in

der Nähe haben. 6. 40.

Jedem Bürger deS

Staats,

welchen

die Gesetze

fähig erkennen, für sich selbst zu urtheilen, soll die Wahl der Re-

ligionSpartei, zu welcher er sich halten will, frei stehen.

(Tit. 2,

8- 74 sqq.)

8. 41.

Der Uebergang von einer Religionspartei zu einer

andern geschieht in der Regel durch ausdrückliche Erklärung.

8. 42.

Die Theilnehmung an solchen Religionshandlungen,

wodurch eine Partei sich von der andern wesentlich unterscheidet"),

17) Nicht der §. 10, sondern 11 hat allegirt werden sollen. StaatSmin. v. 24. Decbr. 1838 (G. S. 1839, S. 19).

Publ. deS

18) Ueber diese Bezeichnung, für welche schon das corp. jur. Frid. P. I, lib. 1, Tit. 2, §. 12 den richtigen Ausdruck „evangelisch" hat, sagt die K. O. v. 3. April 1821: „Die Benennung: Protestanten, protestantische Religion, für die Bekenner und das Bekenntniß der evangelischen Lehre, ist Mir stets anstößig gewesen; sie gehört der Zeit an, in welcher sie aufkam. Das evangelische Glau­ bensbekenntniß gründet sich lediglich auf die heilige Schrift, der Name muß also davon ausgehen. Im gemeinen Leben läßt sich eine alt gewordene Benen­ nung schwer vertilgen, im GeschaftSstyl aber, bei der Censur von Druckschriften und der öffentlichen Blatter soll darauf gehalten werden, die Benennung: evan­ gelisch, statt protestantisch — Evangelische, statt Protestanten, zu gebrauchen, weil eben dadurch der alte unpassende Name nach und nach verschwinden wird." (Ann. Bd.V, S. 341.) 19) Das Merkmal ist viel zu nnbesiimmt. Die Meffe ist doch gewiß eine solche Religionshandlung, wodurch die Katholiken sich wesentlich von jeder an­ dern Religionspartei unterscheiden. Dennoch wird es gewiß keinem einfallen, zu denken, daß ein Jude oder ein Puritaner, oder sonst ein Andersgläubiger,

Zweiter Theil.

172

Eisfter Xitel.

hat die Kraft einer ausdrücklichen Erklärung,

wenn nicht das

Gegentheil aus den Umständen deutlich erhellet. (§. 39.)

§. 43. - Keine Religionspartei soll die Mitglieder der andern

durch Zwang oder listige Ueberredungen zum Uebergange zu ver­ leiten sich anmaßen. 8. 44.

Unter dem Vorwande des Religionseifers darf nie­

mand den Hausfrieden stören, oder Familienrechte kränken. 8. 45.

Keine Kirchengefellfchast ist befugt, ihren Mitgliedern

Glaubensgesetze wider ihre Ueberzeugung aufzudringen. 8> 46.

Wegen der äußern Form und Feier des Gottes­

dienstes kann jede Kirchengesellschaft^") dienliche Ordnungen ein­

führen. 8. 47. Dergleichen Anordnungen müssen jedoch dem Staate zur Prüfung, nach dem 8-13 bestimmten Grundsätze, vorgelegt

werden.

welcher einer katholischen Meffe beigewohnt hat, dadurch katholisch geworden. Selbst das Abendmahl ist unter den verschiedenen evangelischen Konfessionen nicht so wesentlich verschieden in der äußern Form, daß die Theilnahme eines Luthe­ raners an der Abendmahlsseier der Mitglieder der preußischen Landeskirche für ein sicheres Zeichen deö UebertrittS zur Union angesehen werden kann. 20) Ob unter diesem Ausdruck eine „Kirchengemeine", oder der Inbegriff einer Religionspartei (Konfession) zu verstehen, darüber ist Streit geführt wor­ den, um auszumachen: ob jede Kirchengemeinde sich eine Kirchenagende unb Kir­ chenpolizei-Ordnung geben dürfe oder" von einer andern Autorität empfangen müsse. Diese andere Autorität soll nach der Meinung Einiger der Landesherr sein. Die Meinung ist in ihrer Allgemeinheit entschieden unrichtig: kein Lan­ desherr als solcher kann der katholischen Kirche eine Kirchenordnung vorschreiben. Aber auch in Beziehung auf die evangelischen Glaubensgenossen ist die Meinung nicht unbedingt richtig; denn die dafür aus dem Episkopalsystem hergenomme­ nen Gründe sind für alle die Konfessionen gewichtloö, zu welchen der Landesherr selbst sich nicht bekennt. Man kann diese "Meinung auch durch den Art. 12 deS

Staatsgrundges. für beseitigt arischen, wo der Grundsatz verbürgt ist, daß die evangelische und die römisch-katholische Kirche, so wie jede andere ReligionSgesellschast, ihre Angelegenheiten selbstständig ordnet. Keine ReligionSgesellschast hat sonach ihre Kirchcnordnungen, Agenden und Liturgien von irgend "einer Autorität außer ihr anzunehmen. Wer aber innerhalb der Gesellschaft dazu berufen ist, solche zu geben, läßt der §. 46 ganz unentschieden. Der Ausdruck „Kirchenge­ sellschaft" ist zur Schöpfung dieser Entscheidung ungeeignet, indem er sowohl eine Kirchengemeine als eine ganze Rcligionspartei bedeutet. Eö ist auch nicht die Absicht dieses Gesetzes, hierüber Bestimmung zu treffen, weil der Beruf zu jenen Anordnungen innerhalb einer gestimmten Gemeine oder einer bestimmten Re­ ligionspartei wesentlich mit deren Verfassung zusammenhängt. Die Frage kann mithin nur in Beziehung auf eine bestimmte Religionspartei und eine bestimmte Kirchengemeine gethan und entschieden werden. Ueber die Annahme und Einführung der Agende in die Kirchengemeinden der preußischen Staatskirche s. in. die K. O. v. 9. Juli 1825 und 27. Febr. 1826, u. die Min. Vers. v. 29. Octb. 1825 u. v. 14. April 1826. (Ann. Bd.IX,

S. 1015; Bd. X, S. 348.)

Von Kirchengtsrllschasttn überhaupt.

$. 48.

173

Nach erfolgter Genehmigung haben sie mit andern

Polizeigesetzen gleiche Kraft und Verbindlichkeit.

§. 49. Sie können aber auch ohne Genehmigung des.Staats nicht verändert, noch wieder'aufgehoben werden.

8- 50.

Jedes Mitglied einer Kirchengesellschaft ist schuldig,

sich der darin eingeführten Kirchenzucht zu unterwerfen. §. 51.

Dergleichen Kirchenzucht soll bloß zur Abstellung

öffentlichen Aergernisses abzielen.

8- 52.

Sie darf niemals in Strafen an Leib, Ehre, oder

Vermögen der Mitglieder auSarten.

8. 53.

Sind dergleichen Strafen zur Aufrechthaltung der

Ordnung, Ruhe und Sicherheit in der Kirchengesellschaft noth­

wendig: so muß die Verfügung der vom Staate gesetzten Obrig­ keit überlassen werden.

8. 54.

Wenn einzelne Mitglieder durch öffentliche Hand­

lungen eine Verachtung des Gottesdienstes und der Religions­ gebräuche zu erkennen geben, oder andere in ihrer Andacht stören: so ist die Kirchengesellschaft befugt, dergleichen unwürdigen Mit­

gliedern, so lange sie sich nicht bessern, den Zutritt in ihre Ver­ sammlungen zu versagen 2i).

21) Hiermit ist keine Exkommunikation im kanonischen Sinne gemeint. An­ fangs ging die Absicht auf eine solche, denn der gedr. Entw. verordnete in dem entsprechenden §. 44: „Einzelne Kirchengesellschaften können unwürdige Mitglieder von ihrer Gemeinschaft ausschließen." Hiergegen hatten sich jedoch Bedenken erhoben, worüber Suarez in der rev. mon. berichtet: Einige Monenten wollen den Kirchengesellschaften daS hierin liegende Jus excommunicandi gar nicht gestatten. Ändere verlangen nähere Bestimmungen, was unwürdige Mitglieder find. Ad prius liegen die meisten Einwendungen wohl in einem Mißverständ­ nisse des Worts Kirchengesellschaft. DaS kann man füglich wohl nicht gestatten, daß irgend eine einzelne Kirchcngesellschaft berechtigt sein sollte, eins ihrer Mitglieder dergestalt auszuschließcn, daß auch keine andere Gesellschaft von ihrer Religionspartci ihn admittircn dürfe. Wenn die Gemeine dcS Kirchspiels A. einen auöschließt, so kann sie der Gemeine des Kirchspiels B. nicht wehren, denselben dennoch bei sich zu admittiren. Aber der einzelnen Kirchengemeinde kann man dies jus excludendi so wenig als anderen Gesellschaften nehmen. Pon. ergo statt „Kirchengesellschaft" Kirchcngemeine. Verschiedene Monenten wollen die ÄuSübung dieses Juris excludendi bloß dem Staate überlassen. Dazu ist aber kein Grund. Genug, daß dem Excluso nach §. 46 (56) der Rekurs an den Staat offen steht. Wenn immer beim Staat geklagt werden müßte, so würde ost ein unnöthigeS und schädliches Auf­ sehen entstehen. WaS diejenigen Monenten betrifft, welche nähere Bestimmungen verlangen, was ein unwürdiges Mitglied sei, so könnte man ihnen zu Gefallen wohl folgende Erklärung beifügen: vid. d. U. Hieraus wurden die §§. 54, 55 dahin gefaßt: §. 54. Einzelne Kirchengemeinen können unwürdige Mitglieder von ihrer Gemeinschaft ausschließen.

174

Zweiter Theil.

Eilster-Titel.

§. 55. Wegen bloßer, von dem gemeinen Glaubensbekennt­ nisse abweichender, Meinungen, kann kein Mitglied ausgeschlossen werden. 8. 56. Wenn über die Rechtmäßigkeit der Ausschließung Streit entsteht: so gebührt die Entscheidung dem Staate2 2). 8- 57. Soweit mit einer solchen Ausschließung nachtheilige Folgen für die bürgerliche Ehre des Ausgeschlossenen verbunden sind, muß vor deren Veranlassung die Genehmigung des Staats eingeholt werden2 3).

Zweiter Abschnitt. Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften. Geiftliche 8- 58. Die Kirchengesellschaft besteht aus geistlichen und 19 lC " weltlichen Mitgliedern. 3. Militair - Kirch en ordn ung vom 12. Februar 1832. (G. S. S. 69.) Um die kirchlichen Verhältnisse in der Armee mit den Veränderun­ gen^ welche seit dem Erscheinen des Militair - Kirchenreglements vom 28. März 1811 in der Verfassung des Heeres Statt gefunden haben, in Uebereinstimmung zu bringen, und für die religiösen Bedürfnisse der Armee auf eine, ihrer gegenwärtigen Einrichtung entsprechende Weise zu sorgen, soll an die Stelle des erwähnten Reglements nachstehende Mi­ litair - Kirchen - Ordnung treten. I.

Von der Militairgeistlichkeit.

§. 1. Die Zahl der während des Krieges für die Armee, deren einzelne Abtheilungen und in den Festungen anzustellenden, evangelischen

$. 55. Dies gilt besonders von denjenigen, die durch öffentliche Handlun­ gen eine Verachtung des Gottesdienstes und der Religionsgebräuche zu erkennen geben und andere in ihrer Andacht geflissentlich stören. Aber Grol mann sagte dazu: „8-54. Was soll das heißen? Unwürdige Mitglieder von der Gemeinschaft der Kirchengemeine ausschließen? Doch nicht ihnen die Kirchen zuschließen, sie herausweisen oder sie vom Abendmahle abweisen. Ist jemand ein unbesonnener Störer der Ruhe und Ordnung der Gemeine, so sind dagegen andere Gesetze und der Staat straft ihn." In Folge dessen er­ hielten die §§. 54, 55 ihre gegenwärtige Fassung. Schr. des I. M. an den M. dcö Cult. v. 16. August 1824. (Erg. ad h. §.)

22) Durch die Gerichte.

Oben, Anm. 32 zu §. 44, Tit. 6.

23) Die Exkommunikation der römischen Kirche (die evangelische kennt eine solche im eigentlichen Sinne nicht, §. 54) hat gar keine nachtheilige Folgen für die bürgerliche Ehre, daher die weltliche Obrigkeit keine Kenntniß davon nimmt.

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

175

und katholischen Geistlichen, wird nach dem dann eintretenden Bedürf­ nisse bestimmt. Im Frieden ist die Anzahl der evangelischen Militairgeistlichen fol­ gende :

a) ein Feldprobst für die ganze Armee; b) bei jedem Armeekorps ein Militair-Oberprediger, und für jede der beiden Divisionen zwei Divistonsprediger. Bei denjenigen Armee­ korps, wo die katholische Konfession in Hinsicht der Seelenzahl überwie­ gend ist, wird jedoch daS Amt des Oberpredigers einem der vier Di­ visionsprediger des Korps mit übertragen, also kein eigener Oberprediger angestellt; c) eme Anzahl von Garnisonpredigern, nämlich einer in jeder der drei Gouvernementsstädte (Berlin, Königsberg und BreSlau), so wie in denjenigen Festungen, wo entweder kein Militairprediger der unter b) bezeichneten Klassen sich befindet, und die Seelsorge für die Besatzung nicht einem evangelischen Ortsgeistlichen übertragen werben kann, oder wo die Rücksicht auf die religiösen Bedürfnisse der in der Festung be­ findlichen Militair-Strafanstalten die Anstellung eines eigenen Festungs­ oder Garnisonpredigers erfordert; endlich d) die Prediger einzelner Militair-Jnstitute, nämlich der Invaliden­ häuser, der Kadettenkorps und des Militair-Waisenhauses. §. 2. Die Bestimmung des FeldprobsteS ist nicht bloß für die Zeit des Krieges, wo er der Armee ins Feld zu folgen die Verpflich­ tung hat, sondern auch während des Friedens: a) die eines unmittelbaren Vorgesetzten der gesummten Militairgeistlichkeit; b) eines Vertreters der militairkirchlichen Interessen; c) eines Organs der, dem Militair-Kirchenwesen in höherer In­ stanz vorgesetzten Ministerien der geistlichen Angelegenheiten und deS Krieges, in Bezug auf die dasselbe betreffenden Gegenstände. Soweit diese zum Reffort des erstgedachten Ministeriums gehören, nimmt der Feldprobst in Friedenszeiten, als Referent oder Korreferent, an deren Bearbeitung Theil. Er muß in Folge seines amtlichen Berufs, auf Aus­ führung und Befolgung der, die militairkirchlichen Angelegenheiten be­ treffenden Vorschriften, auf die Tüchtigkeit der anzustellenden Militair­ geistlichen, auf deren Amtsführung, so wie auf ihr sittliches Verhalten, seine sorgfältige Aufmerksamkeit richten, und, so wie einerseits sämmtliche Militairgeistliche seinen Aufforderungen zu genügen haben, so können sie auch andererseits in einzelnen Amtssachen, zu ihrer Belehrung und etwanigen Vertretung, Anträge und Anfragen an ihn richten, die er, nach Umständen, entweder unmittelbar beantworten, oder im Departement der geistlichen Angelegenheiten zum Vortrage bringen wird. Er hat jedoch diesem auch im ersten Falle von dem Inhalte seiner amtlichen Erlasse Kenntniß zu geben. Während des Krieges gehen in Bezug auf die kirchlichen Verhältnisse der im Felde stehenden Truppen, alle sonst den Konsistorien zustehenden Befugnisie und obliegenden Pflichten auf den Feldprobst über. Der jedesmalige Feldprobst versieht in der Regel zu­ gleich die Funktion eines Oberpredigers des Garbekorps. In wiefern außerdem die Hof- und Garnison-Predigerstelle zu Potsdam ihm mit übertragen sein soll, bleibt, im Fall deren Erledigung, der jedesmaligen Königlichen Bestimmung vorbehalten. Der Feldprobst ist, als solcher,

176

Zweiter Theil.

Eilster Xitel.

nur den Ministerien der geistlichen Angelegenheiten und deS Krieges un­ mittelbar untergeordnet.

§. 3. Der Militair -Oberprediger eines Armeekorps ist dem Generalkommando desselben zugeordnet, bei dem er die militairkirchlichen Angelegenheiten des Armeekorps, soweit das Generalkommando in militairischer Beziehung darauf Einfluß haben kann, zu vertreten, auch dem­ selben, auf dessen Aufforderung, in den bei dem Generalkommando in Bezug auf jene Angelegenheiten, vorkommenden Geschäften, mündlich, oder den Umständen nach schriftlich, Vortrag zu machen hat.

Zu den Divisionspredigern des Armeekorps, so wie zu den in des­ sen Bezirk sich befindenden Garnison- und sonstigen Militairpredigern, steht er in dem Verhältnisse eines Superintendenten zu den Geistlichen seiner Diöcese. In dem Konsistorio der Provinz hat. er Sitz und Stimme und ist bei demselben Organ und Vertreter für alle, die mili­ tairkirchlichen Verhältnisse des Armeekorps betreffenden Angelegenheiten. Aus Vorstehendem ergiebt sich, daß die bisherige Unterordnung der Militairgeistlichen unter die Superintendenten und die Aufsicht der letz­ teren über erstere aufhört.

Von Seiten der Ministerien der geistlichen Angelegenheiten und deS Krieges wird den Militair-Oberpredigern, zur Belehrung über ihre eigen­ thümlichen Amts-Obliegenheiten und Verhältnisse eine besondere Instruk­ tion ertheilt werden. Beim Ausmarsche des Armeekorps inS Feld bleibt der MilitairOberprediger am Sitze des Generalkommandos zurück, um sämmtliche Militair-, Kirchen- und Schulangelegenheiten in der Provinz fortwäh­ rend zu beaufsichtigen und zu leiten. Seine Pflichten und Befugnisse in Bezug auf die kirchlichen Angelegenheiten der ins Feld rückenden Truppentheile des Armeekorps und deren Geistliche, werden während dieser Zeit einem der Divisionsprediger desselben, welcher zu diesem Behufe sich stets im Hauptquartiere des Armeekorps befindet, vom Feldprobste übertragen.

§. 4. Eben so wie die Militair-Oberprediger den Generalkomman­ dos, sind die Divisionsprediger den Divisionskommandos zugeord­ net und dieselben, im Kriege sowohl als im Frieden, zu begleiten ver­ pflichtet, wogegen der Aufenthalt der Garnisonprediger bleibend, und von keinem Wechsel der Garnison abhängig ist.

§. 5. In denjenigen Garnisonstädten, wo keiner der im §. 1 be­ zeichneten Militairgeistlichen angestellt, aber eine evangelische Civilgemeinde vorhanden ist, wird die Seelsorge für den evangelischen Theil der Gar­ nison einem evangelischen Civilgeistlichen des Orts übertragen, dem dann auch, in Bezug auf diese Seelsorge, alle Pflichten und Befugnisse eines Militairgeistlichen, beziehungsweise obliegen und zustehen. Auf gleiche Weise und mit denselben Wirkungen wird in denjenigen Garnisonorten, wo katholische Geistliche sich befinden, einem derselben die Seelsorge für die katholischen Militairpersonen der Besatzung übertragen.

Wie es in Hinsicht der Seelsorge für die evangelischen und katho­ lischen Militairpersonen gehalten werden soll, wenn an ihrem Garni­ sonorte kein Geistlicher ihrer Konfession vorhanden ist, wird im §. , bestimmt.

58

§. 6. Einem Militair-Ober- oder Divisionöprediger ist nicht er­ laubt, mit Beibehaltung seiner militairischen Gemeinde, eine Stadt- oder

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

1-7

Landpfarre anzunehmen. Veranlassen aber besondere Umstände zu Gun­ sten eines Garnisonpredigers einen Antrag dieser Art, so muß das be­ treffende Konsistorium dazu die Genehmigung der Ministerien der geist­ lichen Angelegenheiten und des Krieges einholen. H.

Berufung und Anstellung der Militairgeistlichen.

8- 7. Die Wahl und Ernennung zur Stelle des Felvprobstes, in­ gleichen zu der des Garnisonpredigers zu Berlin, bleibt, bei deren Erle­ digung, ausschließlich der König!. Bestimmung vorbehalten.

$• 8. Eben so erfolgt die Ernennung zu den Militair-Oberprediger-Stellen durch Königl. Genehmigung, auf gemeinschaftlichen Vorschlag der Ministerien der geistlichen Angelegenheiten und des Krieges, welche dabei aus die ausgezeichneteren und verdienteren Divistons- und Gar­ nisonprediger vorzugsweise Rücksicht zu nehmen haben. Bei denjenigen Armeekorps, wo nach §. 1 das Amt des OberpredigerS mit dem eines Divisionspredigers vereinigt sein soll, ist der zu jener Funktion gewählte Militairprediger, Falls er nicht bereits bei der am Sitze deS General­ kommandos garnisonirenden Division steht, zugleich zu derselben zu ver­ setzen, indem der Regel nach, d. h. wenn nicht besondere Rücksichten eine Ausnahme nothwendig machen, der Oberprediger eines Armeekorps wäh­ rend deS FriedenSverhältniffes sich mit dem Generalkommando desselben an einem Orte befinden muß. Don der durch Tod, oder auf andere Weise erfolgten Erledigung einer Militair-Oberpredigerstelle, hat das Konfistorium der Provinz dem erstgedachten Ministerio sofort Anzeige zu machen.

§. 9. Die Besetzung der übrigen evangelischen Militair - Prediger­ stellen erfolgt dagegen in der Art, daß das Konsistorium der Provinz ein, nach den §§. 13 und 14 dazu geeignetes Individuum äuS den wahlfähigen Kandidaten des Predigeramts auSwählt und dasselbe, nach gehaltener Probepredigt vor der ihm zu übertragenden Militairgemeinde, und demnächst erfolgter Zustimmung des betreffenden Militairbefehlshabers (beziehungsweise des Divisionskommandeurs, des Gouverneurs, deS Kommandanten rc. ic.), unter Einsendung der Prüfungsarbeiten, der Probepredigt und der Erklärung des Befehlshabers, dem Ministerio der geistlichen Angelegenheiten zur Bestätigung vorschlägt. Wird eine solche Militair-Predigerstelle durch Tod oder auf andere Weise erledigt, so hat der Militair-Befehlshaber davon sofort dem Ober­ prediger deS Armeekorps und dieser dem Konsistorio, zur Veranlassung der Wiederbesetzung, Anzeige zu machen. §. 10. Während des Krieges modifizirt sich daS im vorstehenden 8. bestimmte Verfahren, in Hinsicht der zu den mobilen Truppen gehö­ renden Divisions-Prrdigerstellen, dahin, daß die Anzeige von deren Er­ ledigung, von Seiten deS nach 8- 3 den Oberprediger bei dem Armee­ korps im Felde vertretenden Divisionspredigers, nicht dem Konsistorio, sondern allein dem Feldprobste gemacht wird, der dann bei dem Mini­ sterio der geistlichen Angelegenheiten die schleunige Wiederbesetzung ver­ anlaßt. Ueberhaupt darf während des Krieges die Anstellung der evan­ gelische« und katholischen Militairgeistlichen bei den mobilen Truppen, zu denen auch die dann bei den Militairlazarethen im Felde anzustellenden Geistlichen gehören, imgleichen ihre Abberufung oder Versetzung nicht anders, als durch den Feldprobst bewirkt werden. Diesem ist eS auch gestattet, nach den jedesmaligen Bedürfnissen

stech, Allgemeines randeecht. IV.

12

178

Zweiter Theil.

Eilster Titel.

und nach vorheriger Genehmigung des kommandirenden / General- der mobilen Armee, die einstweilige Versetzung oder Detaschirung eines Militairgeistlichen zu einer andern Division, zu einem andern Armeekorps oder zu einem Feldlazarethe zu verfügen. Von Seiten des Chefs des Generalstabes der Armee ist daher der Feldprobst sowohl von der Etablirung, Verlegung oder Aufhebung der Feldlazarethe, als auch von den in der Zusammensetzung der Korps vor­ gehenden Veränderungen, soweit diese auf die kirchlichen Verhältnisse der Truppentheile von Einfluß sein können, immer in Kenntniß zu setzen. Tritt im Kriege der Fall ein, daß die Truppentheile einer Division, in Folge der stattfindenden Märsche und Operationen, von einander ge­ trennt werden, so ist eS der Bestimmung des Divisionskommandeurüberlassen, ob einer der evangelischen Divistonsprediger, und wenn ein katholischer Militairgeistlicher bei der Division vorhanden ist, dieser den detaschirten Theil der Division begleiten soll. 3m letztern Falle hat jedoch der Divisionskommandeur, wenn diese Detaschirung von einiger Dauer ist, den als Oberprediger des Armeekorps fungirenden Divistons­ prediger, und dieser den Feldprobst davon zu benachrichtigen. Die An­ stellung der Geistlichen bei den Feldlazarethe» wird gleichfalls ausschließ­ lich von dem Feldprobste bei dem Ministerio der geistlichen Angelegen­ heiten veranlaßt, und zu diesem Behufe, wenn bei einem Feldlazarethe ein Geistlicher mit Tode oder auf andere Weise abgeht, von Seiten der Lazarethdirektion dem Feldprobste davon Anzeige gemacht. Die int §. 9 vorgeschriebene Probepredigt findet bei den int Felde stehenden Truppen nur dann statt, wenn die Umstände eS erlauben.

§. 11. Bei jedem Todesfälle eines Militairgeistlichen int Kriege oder im Frieden, muß der betreffende Militairbefehlshaber die in dessen Verwahrsam gewesenen amtlichen Papiere und Geräthe an sich nehmen und bis zur geschehenen Wiederbesetzung aufbewahren lassen. §. 12. Im Kriege darf kein Militairgeistlicher eineS mobilen Korps im Falle einer anderweitigen Beförderung, feine Stelle bei der Armee, vor erhaltener Erlaubniß deS Feldprobstes verlassen. Im Frieden ist eS Pflicht des betreffenden Konsistoriums, bei Versetzung eineS Militairpredigers gleichzeitig auch die Ernennung seines Nachfolgers zu veranlassen, indem der wirkliche Abgang des Versetzten nicht eher erfolgen darf, alS bis dessen Nachfolger in das Amt eingeführt worden ist. §• 13. Bei Auswahl der ass Militairgeistliche anzustellenden In­ dividuen ist darauf zu sehen, daß sie nicht allein die nach den allgemei­ nen, auch bei ihnen zur Anwendung kommenden Vorschriften, zur Ueber­ nahme des PredigeramtS erforderlichen Eigenschaften in vorzüglichem Grabe, sondern auch die außerdem, zur wirksamen Führung des AmtS als Militair predig er unentbehrlichen persönlichen Eigenschaften, na­ mentlich die Gabe des freien Vortrages, besitzen und, in sofern sie zur Klaffe der im §. 1 unter b. u. e. bezeichneten Militairgeistlichen gehö­ ren, die zur Ertragung der Beschwerden des FeldlebenS erforderliche körperliche Kräftigkeit damit vereinigen. §. 14. Außer der vor der gewöhnlichen geistlichen EraminationSKommifsion als Prediger zu überstehenden Prüfung, müssen die zu DivisionSpredigern bestimmten Geistlichen, in Rücksicht auf die nach $.83 H"en in Bezug auf die Divistonsschulen obliegenden Pflichten, auch noch

Von den Mitgliedern der KirchengeseÜschasten.

176

einer wissenschaftlichen Prüfung") vor der wissenschaftlichen EraminationSKommission, nach den darüber ertheilten besondern Vorschriften, sich un­ terwerfen, indem Niemand als Divisionsprediger angestellt werden darf, der nicht außer dem zur Erlangung des Wahlfähigkeits-ZeugnisseS erfor­ derlichen Examen pro Ministerio, auch die vorgedachte Prüfung bestan­ den und in Folge derselben, von der Prüfungskommission daS Zeugniß völliger Tüchtigkeit rum Lehrer der im §. 83 bezeichneten Unterrichtsge­ genstände erhalten yat, welches Zeugniß von dein Konsiston'o, durch welches die Anstellung erfolgt, dem betreffenden Militairbefehlshaber jedes­ mal mitgetheilt roerden muß.

Bei Besetzung der Divistons-Predigerstellen ist daher vorzugsweise die Wahl auf solche Individuen zu richten, welche ihre Fähigkeiten int Lehrfache schon als Lehrer an einem Gymnasto bewährt haben, voraus­ gesetzt, daß sie auch die zum geistlichen Amte in einer Militairgemeinde erforderlichen Eigenschaften damit verbinden. §. 15. Die im vorstehenden §. erwähnte wissenschaftliche Prüfung muß auch dann stattfinden, wenn ein Civilprediger als Divisionsprediger angestellt wird. $. 16. 3n Hinsicht der Vozirung und Ordinirung der evan­ gelischen Militairprediger, kommen die für die evangelischen Civilprediger vorhandenen Vorschriften zur Anwendung. Die förmliche Einführung der Militair-Oberprediger in ihr Amt geschieht durch einen Deputaten deS Konsistorii, die der übrigen Militairprediger im Auftrage deS Konststorii, durch den betreffenden Militair-Oberprediger, bei den mobilen Truppen im Kriege aber durch den nach §. 3 dessen Funktion versehen­ den Divistonsprediger, auf Anweisung des Feldprobstes.

Der Einführende hat darauf zu sehen, daß dem neuen Prediger die Kirchenregistratur und die Kirchenbücher, über deren Einrichtung und zweckmäßige Führung der letztere besonders sorgfältig zu instruiren ist, imgleichen die heiligen Geräthe und sonst etwa vorhandenen Amtseffec­ ten, von dem abgehenden Prediger, oder dem Befehlshaber, der sie nach $. 11 in Verwahrung genommen hat, richtig übergeben werden, und dem­ nächst darüber, so wie über die geschehene Einführung, dem Konststorio, während des Krieges aber dem Feldprobste, Bericht zu erstatten. §. 17. WaS die bei den Feldlazarethen im Kriege anzustellenden Prediger betrifft, so kann deren Einführung vom Feldprobste, wenn er selbst sie zu verrichten durch Entfernung oder andere Umstände verhin-

24) Diese Prüfung muß zunächst nach den Vorschriften des Regl. vom 20. April 1831 für die Prüfungen der Kandidaten des höheren Schulamts er­ folgen, dabei muß aber auch das Regl. deS Kriegs-Min., bestätigt durch die K. O. v. 3. Januar 1837, über die bei den Prüfungen zum Portepee-Fahndrich und zum Offizier zu machenden Anforderungen berücksichtigt werden, woraus sich ergiebt, daß von dem DivisionSpredigcr dasselbe zu fordern ist, wie von dem Oberlehrer eines Gymnasii. Verf. des Min. d. G., U. u. M. Angel, vom 20. Fcbr. 1837 (Ann. Bd. XXI, S. 92). Die Vorschrift des §. 14 soll auf alle, zu irgend einer Militair-PredigerStelle ausgewählte Geistliche ausgedehnt werden, so daß auch die zu den Gar­ nisonpredigern bestimmten Geistlichen an die betr. wiffenschaftliche PrüfungSKommission zu verweisen sind, welche dieselbe gleichfalls nach Vorschrift der B. v. 20. Febr. 1837 zu prüfen hat. Verf. deff. M. v. 18. April 1838. (Ann. Bd. XXII, S. 639.)

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Zweiter Theil.

Eilfter Titel.

dert wird, einem andern Militairprediger übertragen, oder, wenn auch dazu keine Gelegenheit sein sollte, der Prediger nach geschehener Ordinirung auf Requisition des Feldprobstes, von der Lazarethdirektion bei seiner Gemeinde und in sein Amt eingeführt werden. §. 18. Für die während des Krieges bei den mobilen Truppen anzustellenden römisch-katholischen Militairgeistlichen kommen, in Hinsicht ihrer Qualistkation und Vozirung, im Allgemeinen die, in Hinsicht der Besetzung der katholischen Civilpfarren, geltenden Grundsätze und Bestimmungen gleichfalls zur Anwendung. Die desfalls erforderlichen Einleitungen geschehen auf Veranlassung des Ministerii der geistlichen Angelegenheiten, durch die betreffenden Konsistorien bei den bischöf­ lichen Behörden.

§. 19. Jeder neu angestellte, imgleichen jeder in ein anderes militair-geistliches Amt versetzte Militairprediger muß vor Antritt des­ selben sich bei dem Militairbesehlshaber, dem er, in Folge dieses Amtes, unmittelbar untergeordnet wird (siehe §. 21), persönlich melden. §. 20. Die nach §. 5 mit der Seelsorge für die evangelischen oder katholischen Militairpersonen einzelner Garnisonen zu beauftragen­ den Civilgeistlichen, werden von dem Konsistorio der Provinz (in Hinsicht der katholischen Geistlichen unter Konkurrenz der betreffenden bischöflichen Behörde), sorgfältig ausgewählt, und wenn sie diese Seelsorge zu übernehmen sich bereit erklärt haben, dem Ministerio der geistlichen Angelegenheiten zur Genehmigung vorgeschlagen. Ihrer besondern Vozirung und Jntroduzirung in das Amt eines stellver­ tretenden Militairgeistlichen bedarf es jedoch eben so wenig, wie der im §. 15 bemerkten besondern Prüfung. Die Konsistorien haben da­ her in allen einzelnen Garnisonorten ihrer Provinz das in dieser Beziehung nach den Lokalumständen, für die evangelischen und katho­ lischen Glaubensgenossen der Besatzung Erforderliche, unter Berathung mit den Befehlshabern, so wie beziehungsweise mit der bischöflichen Behörde, anzuordnen, und demnächst an das Ministerium der geist­ lichen Angelegenheiten ausführlich darüber zu berichten, auch etwa vorgehende Abänderungen besonders anzuzeigen. HI. Von den Dienstverhältnissen der Militairgeistlichen.

8. 21. Die Militairprediger sind, in Hinsicht aller, sich un­ mittelbar auf die Ausübung ihrer geistlichen Amtsobliegenheiten be­ ziehenden Angelegenheiten den geistlichen Behörden (§. 24), in allen sich zunächst aus ihre Verhältnisse als Militairbeamte beziehenden An­ gelegenheiten aber dem, einem jeden von ihnen unmittelbar vorgesetzten Militairbesehlshaber, nämlich der Oberprediger dem kommandirenden General des Armeekorps, der Divisionsprediger dem Divisions-Kom­ mandeur, und der Garnisonprediger dem Kommandanten, so wie, wenn am Orte ein Gouverneur vorhanden ist, diesem, mittelbar aber dem Vorgesetzten dieser Befehlshaber untergeordnet. Aus Vorstehendem folgt, daß diejenigen Militair-Oberprediger, welche zugleich Divisionsprediger sind, in einem doppelten Subordinationsverhältniffe sich befinden, nämlich als Oberprediger und als Divisionsprediger. Zu den Befehlshabern der einzelnen, ihre Gemeinde bildenden Truppentheile stehen dagegen die Militairgeistlichen in keiner Hinsicht in einem Subordinationsverhältnisse. §. 22. Der Militairvorgesetzte eines Militairgeistlichen ist nicht befugt, ihm in Absicht auf hie eigentliche Verwaltung seiner geistlichen

Don den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

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Amtsgeschäfte Vorschriften zu ertheilen. Die Autorität deS erstem beschränkt sich vielmehr in kirchlichen und gottesdienstlichen Angelegen­ heiten auf Anordnungen für die Militairgemeinde nach den bestehen­ den äußern kirchlichen Einrichtungen. Den von ihm in dieser Beziehung ausgehenden Anweisungen muß der Militairgeistliche un­ weigerlich Folge leisten. §. 23. Eben so hat er den von seinem Militairvorgesetzten, in Bezug auf sein Verhältniß als Militairbeamter für nöthig erachteten Bestimmungen sich zu fügen; insonderheit auch im Felde nach den, den Marsch, die Lagerung, die Verpflegung rc. betreffenden Anord­ nungen, so weit selbige ihn mit angehen, genau sich zu richten. Von den Militairbefehlshabern ist jedoch darauf zu sehen, daß die Militairgeistlichen, bei Anwendung solcher Vorschriften auf sie, und überhaupt in ihren militairischen Verhältnissen, stets mit den ihrem Amte schul­ digen Rücksichten behandelt werden.

§. 24. In allen geistlichen Amtsangelegenheiten, also in allen, nicht das äußere militairdienstliche Verhältniß, sondern ihre Amts­ führung als Prediger betreffenden, stehen die Divisions- und Garnison­ prediger zunächst unter dem Oberprediger des Armeekorps, und, mit diesem, sowohl unter dem Konsistorio der Provinz, als auch unter dem Feldprobste, in höherer Instanz aber unter dem Ministerio der geistlichen Angelegenheiten. Insbesondere stehen die Militairprediger in allen Angelegenheiten, welche auf die Ausübung und das Formelle des Militairgottesdienstes und die Beobachtung der darüber gegebenen Vorschriften Bezug haben, unter dem Feldprobste, dem es besonders obliegt, die Gleichförmigkeit in der Ausübung des Militair-Gottesdienstes bei allen Armeekorps zu bewirken. Zu den Provinzial-Regierungen befinden sich die Militairgeistlichen von jetzt an in keiner dienstlichen Beziehung, indem die militairkirchlichen Angelegenheiten, soweit sie bisher zum Ressort der erstern gehörten, ganz zu dem der Konsistorien übergehen. §. 25. Daß die Militair - Oberprediger zu den ihnen unter­ geordneten Divisions- und Garnisonpredigern in demselben Verhält­ nisse stehen, wie die Superintendenten zu den Predigern ihrer Diöcese, ist bereits im §. 3 bestimmt worden. Die Oberprediger haben daher auf die Amtsführung und den Wandel der ihnen untergeordneten Divisions- und Garnisonprediger sorgfältig zü wachen, sie in derselben Art, wie für die Superinten­ denten, in Beziehung auf die Geistlichen ihres Sprengels, vorgeschrieben ist, zu visitiren, ihre Kirchenbücher zu revidiren und jährlich eine ge­ wissenhafte Konduitenliste über diese Militairprediger dem Konsistorio vorzulegen, welches dieselbe mit seinen Bemerkungen und seinem Ur­ theile über den Oberprediger begleitet, nicht allein an das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten einsendet, wodurch sie zugleich zur Kenntniß des Feldprobstes gelangen, sondern auch den ProvinzialRegierungen, in deren Bezirk die einzelnen Militairprediger sich be­ finden, in Rücksicht auf die, den erstern nach §. 107 obliegende Sorge für die Weiterbeförderung dieser Prediger zur Kenntnißnahme mittheilt. §. 26. Jeder Divisions- und Garnisonprediger muß in Friedens­ zeiten jährlich, und zwar am Schluffe des Jahres, einen genauen Be­ richt über seine Amtsführung und die besondern Angelegenheiten seiner Gemeinde an seinen Oberprediger erstatten, und Abschrift einer von

182

Zweiter Theil.

Güster Xitel.

ihm in dem abgelaufenen Jahre gehaltenen Predigt, und eine wissen­ schaftliche Abhandlung seinem Berichte beischließen. Von dem Ober­ prediger sind diese Berichte, nebst den Predigten und Abhandlungen, mtf einem von ihm, in Bezug auf seine Amtsführung und Gemeinde, zu erstattenden ähnlichen Berichte, dem Konsistorio, und von letzterem dem Ministerio der geistlichen Angelegenheiten vorzulegen. Im Kriege müssen von den im Felde stehenden Militairgeistlichen solche Berichte in der Regel monatlich erstattet, und an den Feldprobst eingesandt werden, auch ist ihnen von Zeit zu Zeit eine Pre­ digt beizufügen. §. 27. So wie beim Ausbruche eines Krieges die Anzahl der, während desselben bei der Armee anzustellenden, katholischen Militair­ geistlichen bestimmt werden wird, so werden dann auch jedesmal die nähern Bestimmungen über deren geistliche Amtsverhältniffe, für die Dauer dieser Anstellung, erfolgen. §. 28. Auf die nach §. 5 als Militairprediger fungirenden evan­ gelischen Civilgeistlichen haben die in den §§. 25 und 26 enthaltenen Bestimmungen nur in soweit Anwendung, daß auch sie den, in Bezug auf diese ihnen übertragene Seelsorge durch den betreffenden MilitairOberprediger ihnen zugehenden Verfügungen und dessen Anweisungen Folge zu leisten verpflichtet sind. . Der ihnen übrigens vorgesetzte Superintendent hat seine Visitationen mit aus die Ausübung dieser Seelsorge zu erstrecken und seine etwanigen Bemerkungen darüber dem Konsistorio vorzutragen. Eben diese Pflicht liegt bei den mit der Seelsorge für den katho­ lischen Theil des Militairs beauftragten katholischen Geistlichen ihrem Amtsvorgesetzten ob. Die auf diese Seelsorge sich beziehenden Vor­ schriften erhalten sie, auf Veranlassung des betreffenden Konsistorii, durch die bischöfliche Behörde. 29. In Hinsicht der Amts-Entsetzung oder unfreiwilligen Ent­ fernung aus ihren amtlichen Verhältnissen kommen auch für die Militairgeistlichen die, in der Verordnung vom 12. April 1822 (Zus. 21 zu §. 533) enthaltenen Vorschriften zur Anwendung. Ihre Suspension wird, wegen eigentlicher Amtsvergehen vom betreffenden Konsistorio, wegen gemeiner, so wie wegen etwaniger auf ihre militärischen Dienst­ verhältnisse sich beziehenden Vergehen aber, von diesem und dem be­ treffenden Generalkommando gemeinschaftlich verfügt. Können beide sich nicht darüber einigen, oder beschwert der Militairgeistliche sich deshalb, so wird gemeinschaftlich von den Ministerien der geistlichen^ Angelegenheiten und des Krieges darüber entschieden.

Daß im Kriege in Hinsicht der bei den mobilen Truppen sich befindenden Militairgeistlichen die eben erwähnten Befugnisse der Konsistorien dem Feldprobste zustehen, folgt aus dem, was im §. 2 über dessen amtliche Wirksamkeit während des Krieges bestimmt wor­ den ist.

Die Suspension eines solchen Militairgeistlichen uyd dessen Ent­ fernung von der Armee bedarf dann jedoch, aus welchem Grunde sie auch geschehen möge, allemal der Zustimmung des kommandirenden Generals der Armee. §. 30. Die Entlassung eines MilitairpredigerS mit Pension er­ folgt in vorkommenden Fällen durch das Kriegsministerium und wird der diesfälljge Antrag vom kommandirenden General, unter Zustim-

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

183

mung deS Konststorii der Provinz, bei diesem Ministerio gemacht. DaS Konsistorium hat aber auch seinerseits deshalb an daS Ministerium der geistlichen Angelegenheiten gleichzeitig Bericht zu erstatten. §• 31. Ihren Gerichtsstand in Criminal- und Jnjuriensachen haben die Militairprediger auch künftig in erster Instanz bei dem General - Auditoriate, in zweiter bei dem Criminal - Senate deS Kammergerichts. § 32. Wenn der Militairgeistliche iy Amts - Angelegenheiten verreisen muß, so hat er dem Militairbefehlshaber davon zuvor An­ zeige zu machen und dessen Zustimmung dazu zu erbitten. Zum Ver­ reisen in eigenen Angelegenheiten bedarf er allemal eines Urlaubs von seinem Militairvorgesetzten, der denselben, wenn die Abwesenheit nicht über acht Tage dauern soll, ohne weiteres und bei längerer Abwesenheit unter Zustimmung des Oberpredigers, oder wenn dieser verreisen will, des Konsistorii, welche der den Urlaub Nachsuchende zuvor einzubolen hat, ertheilt. Macht die Abwesenheit eines Militairpredigers dessen Stellvertretung nöthig, so ist letztere bei dem Konsistorio durch den Oberprediger nachzusuchen, und dieser hat dem Militairvorgesetzten von der getroffenen Verfügung Anzeige zu machen. Im Kriege darf er in eigenen Angelegenheiten, außer im Falle einer Krankheit, seine Gemeinde nie verlassen. 8» 33. Zu seiner Verheirathung hat der evangelische Militair­ prediger die Exlaubniß bei dem ihm vorgesetzten Konsistorio nach­ zusuchen. IV.

Don den Militairgemeinden. A.

Im Allgemeinen.

$. 34. Zu den Militairgemeinden überhaupt gehören: - 1) sämmtliche im aktiven Dienst befindliche Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten; 2) die mit JnaktivitätSgehalt, Wartegeld oder Pension entlassenen Offiziere, so lange sie den Militairgerichtsstand behalten; 3) alle Militairbeamte und Militairhandwerker, welche ihrer Be­ stimmung nach den Truppen ins Feld und beim Garnisonwechsel folgen müssen; 4) die Festungsbeamten und die in den Festungen angestellten Militair-Oekonomie-Beamten; 5) die Zeughausbeamten, sowohl in Festungen, als in offenen Städten; 6) die Militair-Lazareth-Beamten; 7) die Militair-Kirchendiener und Garnison-Schullehrer; 8) die Frauen sämmtlicher unter 1 bis 7 genannten Personen, und ihre Kinder, so lange letztere sich im väterlichen Hause befinden").

25) Ferner die LandgenSd'armen (§.38u.R.deSM.d. G.A.v. 19.Aprül844, M. Bl. d. i. D. S. 168); die zum besoldeten Landwehrstamme gehörigen Mllitairpersonen (R. deff. M. v. 27. Februar 1845, M. Bl. S. 60); die Beamten des Telegraphenkorps in dem Falle, wenn an ihrem Aufenthaltsorte ein Mültawprediger oder ein mit der Seelsorge für das Militair ausdrücklich beauftragter Civilgeistlicher ist. (R. deff. M. v. 27. Februar 1844, M. Bl. S. 61.)

Zweiter Theil.

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(Stiftet Xitel.

Die unter 2 bis 6 und 8 erwähnten Personen gehören jedoch nur dann zu den Militairgemeinden, wenn an ihrem/Aufenthaltsort ein Militairprediger, oder ein mit der Seelsorge für das Militair ausdrücklich beauftragter Civil-Geistlicher sich befindet.

§. 35. Alle ohne Pension oder Wartegeld entlassene Offiziere scheiden mit dem Augenblicke ihrer Entlassung aus den Militair-

gemeinden. Mit dem Tode einer Militairperson treten deren Wittwe und Kinder zur Civilgemeinde über. 8. 36. Die Dienstboten der Militairpersonen gehören nur, wenn sie ihrer Herrschaft inS Feld folgen, während dieser Zeit zu den Mi­ litairgemeinden. 8. 37. Die von der etatsmäßigen Friedensstärke des HeereS auf bestimmte Zeit Beurlaubten sind, ohne Rücksicht auf den Ort ihres einstweiligen Aufenthalts, auch während der Dauer dieses Ur­ laubes, zur Gemeinde des Truppenteils, von welchem sie beurlaubt worden, zu rechnen; alle auf unbestimmte Zeit Beurlaubten, mithin auch die zur Kriegsreserve Entlassenen, sowie die beurlaubten Indi­ viduen der Landwehr und des TrainS scheiden dagegen, wo sie sich auch befinden mögen, mit dem Urlaube für die Dauer desselben, auS der Militairgemeinde. Die, nach erfolgter Aushebung und Vereidigung einstweilen wie­ der in ihre Heimath beurlaubten Rekruten deS stehenden Heeres gehen erst mit dem Augenblicke ihrer wirklich erfolgenden Einstellung zur Militairgemeinde über. B.

Gemeinde der einzelnen Militairgeistlichen.

8. 38. Zu der Gemeinde der beiden Prediger einer Division gehören, außer dem Personale des Divisionsstabes, sämmtliche Truppentheile der Division; zu der eines Militair-OberpredigerS, außer dem militairischen und Beamten-Personale deS Generalkommando'S, alle nicht im Divisionsverbande sich befindende Truppentheile deS Armee­ korps, also das Reserveregiment, die Artillerie, Pionire, Jäger oder Schützen, imgleichen die im Bezirke des Armeekorps statiomrte LandGensd'armerie. Die Konfession der einzelnen Individuen ist aus diese Parochialverhältnisse von keinem Einflüsse. In welcher Art unter die beiden Prediger einer Division die Gemeinde derselben und die dabei vor­ kommenden geistlichen Amts-Geschäfte vertheilt werden sollen, wird von dem Generalkommando und dem Konsistorio gemeinschaftlich, nach Maaßgabe der besondern Verhältnisse, bestimmt. Bei denjenigen Divisionen, wo einer der Divisionsprediger zugleich als Oberprediger des Armeekorps sungirt, ist dabei auf die ihm in letzterer Eigenschaft zustehende Gemeinde Rücksicht zu nehmen. 8. 39. Diese normalen Grenzen für den Parochialbezirk der Militair-Ober- und Divistonsprediger kommen jedoch unbedingt nur dann zur Anwendung, wenn die zu demselben gehörenden Truppen­ theile entweder mit an dem Garnison-Orte des betreffenden MilitairPredigers sich befinden, oder an einem Orte stehen, wo weder ein Garnisonprediger, noch ein, nach 8-5, mit der Seelsorge für sie be­ auftragter Civilgeistlicher sich befindet, in welchem Falle sie, voraus­ gesetzt, daß sie ganz oder theilweise aus evangelischen Individuen

Von den Mitgliedern der Ktrchengesellschaften.

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Lestehen, von dem betreffenden Ober- oder Divistonsprediger zweimal im Jahre, zur Abhaltung deS Gottesdienstes und der Kommunion, zu bereisen sind. Garnisoniren die beziehunsweise vom Stabe des General- oder Divisions - Kommando's entfernten Truppentheile dagegen an einem Orte, wo entweder ein Militairprediger, oder ein mit der Seelsorge für das Militair beauftragter Civilgeistlicher vorhanden ist, so wer­ den sie, so lange dieses Dislokationsverhältniß dauert, zu dessen GeGemeinde gerechnet, und der normale Parochke-AnneruS mit ihrem Militair-Ober- oder Diviflonsprediger beschränkt während dieser Zeit sich auf die zum Behufe der Führung der Kirchenbücher, nach den 8§. 41 und 42 zu machenden Mittheilungen. 40. Aus Vorstehendem schon ergiebt sich, daß zu der Ge­ meinde der Garnisonprediger, sowohl in den Gouvernementsstädten, als in den Festungen, diejenigen daselbst garnisonirenden Truppentheile und einzelnen Militairpersonen gehören, deren, nach den nor­ malen Parochialgrenzen (§. 38), kompetenter Militairprediger nicht mit am Orte sich befindet. Eben so gehören dazu auch sämmtliche am Orte wohnenden, nach §. 34 den Militairgemeinden angehörenden Personen, welche, weil sie weder zu einem Truppentheile, noch zum Personale eines General- oder Divistonskommando's gehören, keinen eigenen Militairprediger haben, sowie in den Festungen das gesammte Festungspersonale, imgleichen sämmtliche Festungsgefangene. In den Garnisonorten, wo kein Garnisonprediger vorhanden ist, aber ein Generalkommando sich befindet, hat der Oberprediger deS Armeekorps, in den detaschirten Divisionsquartieren der ältere der beiden Divistons­ prediger, in den übrigen Garnisonen aber, der mit der Seelsorge für das Militair beauftragte evangelische Civilgeistliche die eben erwähnten Parochialrechte eines Garnisonpredigers. Die nach einem Orte kommandirten Militairpersonen sind zur Garnison desselben in kirchlicher Beziehung nur dann zu rechnen, wenn die Dauer deS Kommando's auf wenigstens ein Jahr bestimmt ist; im entgegengesetzten Falle bleiben sie in ihrem frühern Parochialverhältniffe. 8. 41. In allen Garnisonen, wo nach §. 5 einem katholischen Geistlichen die Seelsorge für die katholischen Individuen der Besatzung übertragen ist, übt derselbe, in Hinsicht ihrer, die Parochialrechte in derselben Art aus, wie in Hinsicht der Civilmitglieder seiner Gemeinde. Bei den in diesem militairischen Theile derselben von ihm zu verrichtenden Taufen und Trauungen muß er^ jedoch nicht allein die in der gegenwärtigen Militair - Kirchenordnung, in Hinsicht dieser kirchlichen Akte gegebenen Vorschriften gleichfalls beobachten, sondern auch, wenn am Orte ein evangelischer Militairgeistlicher sich befindet, unmittelbar nach vollzogener Handlung, entgegengesetzten Falls aber am Schluffe des Jahres, dem Militairgeistlichen, zu dessen Parochie die betreffenden Individuen, nach den im 8- 38 enthaltenen Bestim­ mungen, gehören, durch abschriftliche Mittheilung der, während deS abgelaufenen Jahres, für diese ihm übertragene Militairgemeinde ge­ führten Tauf- und Trauungsregister, denen auch eine Abschrift deS Sterberegisters beizufügen ist, zum Behufe der Eintragung in daS Militairkirchenbuch, Anzeige machen. 8. 42. Eben diese jährliche Mittheilung hat auch der für die

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Zweiter Theil.

Güster Titel.

detaschirten Garnisonen mit der Seelsorge beauftragte evangelische Civilgeistliche, imgleichen jeder Garnisonprediger dem ^betreffenden Mliltair-Ober- oder Divisionsprediger in Hinsicht der zu dessen Ge­ meinde gehörenden Truppen-Abtheilungen zu machen. §. 43. Da die Divisionsprediger beim Ausmarsche ihrer Di­ vision, diese ins Feld zu begleiten verpflichtet sind, so werden während ihrer Abwesenheit alle in der Garnison zurückbleibende Personen ihrer Gemeinde, bis zu ihrer Rückkehr, in dem Garnisonorte des nach $. 3 zurückbleibenden Militair - Oberpredigers zur Gemeinde desselben, in den übrigen Garnisonen aber, wenn daselbst ein Garnisonprebiger sich befindet, zu dessen Gemeinde gerechnet, und wo ein solcher nicht vorhanden ist, wird die einstweilige Seelsorge für sie nach $. 5 einem der Ortsgeistlichen von dem Konststorio übertragen.

§. 44. Wenn Militairpersonen eine Taufe oder Trauung von einem andern Geistlichen, als dem, zu dessen Gemeinde sie nach Vor­ stehendem gehören, verrichtet zu sehen wünschen, so bedürfen sie dazu eines Dimissoriale von Seiten ihres kompetenten Seelsorgers. Da eine solche Handlung jedoch allemal in das Kirchenbuch der Militairgemeinde, welcher das betreffende Individuum angehört, eingetragen werden muß, so ist der sie verrichtende Geistliche, er mag vom Militair oder Civil sein, verpflichtet, zu diesem Behufe dem kompetenten Geistlichen, nach ihrer Vollziehung, davon sofort Anzeige zu machen. Sind Mitglieder einer Militairgemeinde in Ansehung einer außer­ halb ihres gewöhnlichen Garnison- oder Wohnortes vorzunehmenden geistlichen Amtshandlung von ihrem kompetenten Geistlichen dimittirt, so kann der Militair-Geistliche des Orts, wo die Handlung vorge­ nommen werden soll, nicht verlangen, daß sie von ihm verrichtet werde, sondern diese darf daselbst, ohne daß dazu ein nochmaliges Dimisso­ riale von Seiten des letztern erforderlich ist, auch von einem Civil­ geistlichen vollzogen werden. Der kompetente Militairgeistliche hat daher in solchen Fallen sein Dimissoriale ganz allgemein, auf jeden zu der betreffenden Handlung berechtigten Geistlichen seiner Konfession auszustellen. §. 45. Römisch-katholische Mitglieder der Militairgemeinden bedürfen, um die sie betreffenden actus ministeriales von einem Geist­ lichen ihrer Konfession verrichten zu lassen, niemals eines Dimissoriale von dem evangelischen Militairprediger, zu dessen Gemeinde sie, ihrem Dienstverhältnisse nach, gehören. Ist jedoch die Seelsorge für sie, nach 8.5, einem katholischen Civilgeistlichen übertragen worden, so darf eine solche Handlung von einem andern katholischen Civilgeistlichen nicht anders, als nach zu­ vor von Seiten des erstern erfolgtem Dimissoriale, verrichtet werden.

§. 46. Die den römisch-katholischen Mitgliedern der Militair­ gemeinden zustehende Befugniß, alle sie betreffende geistliche Handlungen durch einen Geistlichen ihrer Konfession verrichten zu lassen, schließt indessen die Befugniß und Verpflichtung des evangelischen Militairpredigers, zu dessen Gemeinde sie nach den §§. 38 bis 40 gehören, wenn sie es wünschen sollten, diese Handlung, vorausgesetzt, daß sie zu den auch in der evangelischen Kirche vorkommenden gehört, nach dem Ritus derselben zu verrichten, nicht aus.

§. 47. Eben so wenig, wie eS einem Militairprediger erlaubt ist, geistliche Amtshandlungen bei Mitgliedern einer andern Militair-

Von den Mitgliedern der Ktrchengesellschasten.

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oder Civilgemeinde, ohne Genehmigung des kompetenten Geistlichen vorzunehmen, eben so wenig darf dies von einem Civilgeistlichen Lei Mitgliedern einer Militairgemeinde geschehen. Eines förmlichen Dimissoriale bedarf es jedoch, sowohl für die Militair-, wie für die Civilgeistlichen, nur bei Taufen und Trauungen. Hinsichts der übrigen geistlichen Amtshandlungen (der Beichte, des Abendmahls, imgleichen der Einsegnung der Kinder und ihrer Vorbereitung dazu), bei denen eS, in Folge besondern persönlichen Vertrauens oder anderer indivi­ duellen Rücksichten, den sie betreffenden Personen wünschenswert sein kann, sie von einem andern Geistlichen, als dem, zu dessen Gemeinde sie gehören, verrichten zu lassen, ist, wenn der letztere wider Ver­ muthen nicht geneigt sein sollte, ausdrücklich oder stillschweigend darein zu willigen, das Konsistorium auf den desfallsigen gehörig motivirten Antrag der die Handlung wünschenden Militair- oder Civilperson von dieser Einwilligung zu dispensiren befugt. Daß von der Nothwendigkeit eines Dimissoriale, oder einer Dis­ pensation von Seiten des Konsistorii die Fälle ausgenommen sind, wo Gefahr im Verzüge ist, wie z. B. bei Sterbenden, versteht sich von selbst.

§. 48. In allen Fällen, wo eine geistliche Amtshandlung von einem andern, als dem, nach Vorstehendem, kompetenten Geistlichen verrichtet worden, hat derjenige Prediger, dem sie eigentlich zukommt, nicht aber derjenige, der sie verrichtet, dieselbe in sein Kirchenbuch einzutragen. Die Kirchenbücher eines Militairpredigers dürfen daher keine andere Amtshandlungen enthalten, als die bei wirklichen Mit­ gliedern seiner Gemeinde vorgefallenen; über alle von ihm bei Andern verrichteten, hat er besondere Listen zu führen, aber auch dem Militairoder Civilgeistlichen, zu dessen Kompetenz sie eigentlich gehören, so­ fort nach der Vollziehung, die erforderlichen Data zur Eintragung in daö Kirchenbuch mitzutheilen.

V. Von den Amtsgeschäften der Militairprediger. $. 49. Die Amtspflichten der Militairprediger beziehen sich theils auf die ihnen übertragene geistliche Seelsorge, theils auf die ihnen obliegende Wirksamkeit bei den Militair-Unterrichts-Anstalten.

A.

Geistliche Amtspflichten.

1.

Militair - Gottesdienst.

§. 50. In ersterer Beziehung besteht das Hauptgeschäft der Militairprediger in der Abhaltung des Militair-Gottesdienstes, nach der für die Armee vorgeschriebenen Liturgie. Zn FriedenSzeiten muß in jeder Garnison, die einen eigenen Militairprediger hat, außer an den hohen kirchlichen Festtagen, der sonntägliche Militair-Gottesdienst so oft abgehalten werden, daß im Lauf eines Monats alle Truppenteile der Garnison einmal daran Theil nehmen können. Die nach Maaßgabe der besondern Ortsver­ hältnisse in dieser Hinsicht erforderlichen Anordnungen bleiben dem Uebereinkommen des Generalkommandos und . des Konsistorii der Provinz überlassen. S- 51. Da, wo eine eigene Garnisonkirche sich befindet, wird diese, wie sich von selbst versteht, zum Militair-Gottesdienste benutzt, wo aber eine solche nicht vorhanden ist, eine Civilkirche des OrtS

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Zweiter Theil.

Gilster Titel.

von dem Konsistorio, im Einverständnisse mit dem Generalkommando, dazu ermittelt, in welcher dann, Falls der Raum eS erlaubt, für die Garnison abgesonderte Plätze anzuweisen sind. Wo dagegen die räumlichen Verhältnisse dies nicht gestatten, ist der Militair-GotteSdienst zu einer dem Civil-Gottesdienste nicht zu nahen Stunde ab­ zuhalten, damit nicht gegenseitige Störungen veranlaßt werden.

§. 52. Ist am Orte eine eigene Garnisonkirche vorhanden, so hängt die Wahl der, zur Feier des gewöhnlichen sonntäglichen MilitairGottesdienstes, ein für allemal ru bestimmenden VormittaaSstunde, von dem Befehlshaber der Garnison ab. Bei besonderen militairischen Feierlichkeiten, so wie bei Zusammenziehung einer Division oder eines Armeekorps, ist der Kommandeur befugt, die Abhaltung eines außerordentlichen Militair-Gottesdienstes zu verfügen, und Zeit und Ort desselben zu bestimmen, doch hat er darüber, so weit es möglich ist, bei Zeiten mit dem Prediger Abrede, und darauf Rücksicht zu nehmen, daß dieser sich auf seinen Vortrag gehörig vorbereiten könne, und die gottesdienstliche Feier auf eine würdige Weise gehalten werde, so wie auch während des Gottesdienstes die Befehlshaber sorgfältig darauf zu achten verpflichtet sind, daß alle Störung der Andacht und Erbauung vermieden werde. §. 53. In denjenigen Garnisonen, wo die Seelsorge für daS evangelische Militair einem Civilprediger übertragen ist, nimmt das­ selbe in der Regel an dem gewöhnlichen Civil-Gottesdienste Theil, indem es der Abhaltung eines besondern Militair-GotteSdienstes nur dann bedarf, wenn örtliche Verhältnisse, z. B. Mangel an Raum, eS nothwendig machen. Die desfallsige Anordnung geschieht in Folge beS §. 20 von Seiten deS Konsistorii der Provinz, nach vorheriger Einigung mit dem Generalkommando. Die in Hinsicht der Benutzung der Ckvilkirchen durch daS Militair im §. 51 enthaltenen Bestimmungen, kommen dabei gleichfalls in Anwendung. 54. Im Felde wird, in sofern eS die Umstände gestatten, an jedem Sonn- und hohen kirchlichen Festtage für beide Konfessionen Gottesdienst gehalten. Die Bestimmung der Zeit und deS Orts dazu hängt allein von den Befehlshabern ab, die dabei jedoch das in dieser Beziehung im §. 52 Gesagte zu berücksichtigen haben. Außer dem Gottesdienste sind die Militairgeistlichen beider Kon­ fessionen im Felde auch zu täglichen, Morgens unh Abends abzu­ haltenden, Andachten verpflichtet.

§. 55. Kein Milktairgeistlicher darf im Kriege, wegen der bann mit seinem Berufe verknüpften Beschwerlichkeiten und Gefahren, sich der Erfüllung seiner Amtspflichten entziehen, und seine Gemeinde, ohne ausdrückliche Erlaubniß oher bestimmten Befehl seines MilitairBefehlshabers, verlassen. Wenn die Umstände es gestatten und der Befehlshaber es wünscht, hat er, vor dem Beginnen eines Gefechtes, den versammelten Truppen mit einigen kräftigen Worten nochmals ihre Pflichten für König und Vaterland, bei dem bevorstehenden ent­ scheidenden Augenblicke vorzuhalten. Nimmt das Gefecht seinen An­ fang, so müssen sich die Militairgeistlichen soviel als möglich dahin begeben, wo die beweglichen Lazarethe in Thätigkeit sind, um die Schwerverwundeten oder Sterbenden durch die Tröstungen der Re­ ligion aufzurichten, auch ihre etwanigen Wünsche und Aufträge zu erfahren und nach Möglichkeit zu erfüllen.

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

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$. 56. Jeder evangelische Militairprediger hat seiner Gemeinde die reine und unverfälschte Lehre Jesu Christi, wie solche in der heiligen Schrift enthalten ist, in Gemäßheit des kirchlichen Lehrbegriffö der evangelischen Konfession, in einer ungekünstelten, faßlichen und herzlichen Sprache vorzutragen, seine Vorträge, so weit die Zeit es irgend gestattet, mit dem gewissenhaftesten Fleiße auszuarbeiren, und dabei sowohl die Beförderung etnes ächtchristlichen Sinnes über­ haupt, als auch die dem Stande ferner Zuhörer besonders obliegenden Pflichten zu seinem Hauptaugenmerke zu machen.

8. 57. In Friedenszeiten wird das heilige Abendmahl von dem Militairprediger in seiner Garnison, nach den Umständen viertel­ öder halbjährlich, nach vorhergegangener Beicht-Andacht, den Vor­ schriften der Liturgie gemäß, feterlich gehalten. Acht Tage vorher muß dieses bei der Parole bekannt gemacht werden. Auch hat der Militair­ prediger dafür zu sorgen, daß die Kommunikantenlisten ihm von den Feldwebeln oder Wachtmeistern bei Zetten eingereicht werden, damit, Falls einer oder der andere von denen, die kommuniziren wollen, ihm als einer besondern Ermahnung bedürftig, bekannt ist, oder angezeigt wird, er noch Zeit habe, denselben zu sich kommen zu lassen, um sie ihm auf eine angemessene Weise zu ertheilen. Die Kosten für Brod und Wein zur Kommunion sind von dem Prediger, nach den dar­ über vorhandenen besondern Vorschriften, bei der Intendantur des Armeekorps zu liquidiren. 8. 58. Die in dem vorstehenden 8» enthaltenen Bestimmungen kommen auch in denjenigen Garnisonen, wo die Seelsorge für das Milttair einem evangelischen Civilgeistlichen übertragen ist, für diesen in Anwendung.

Diejenigen Garnison-Orte dagegen, wo eine solche Uebertragung, in Ermangelung eines evangelischen Oriögeistlichen, nicht Statt stnden kann, muffen, wenn deren Besatzung ganz oder zum Theile evange­ lischer Konfession ist, zweimal im Jahre von dem Militair-, Ober­ oder Diviftonspredlger, zu dessen Gemeinde die Besatzung nach 8- 38 gehört, zur Abhaltung des Gottesdienstes und der Kommunion be­ reifet werden, und- eben solche Bereisungen, wenn die Besatzung theilweise aus katholischen Individuen besteht und kein katholischer Geist­ licher sich am Orte befindet, dem die Seelsorge für sie, nach 8 5, übertragen werden kann, von dem Geistlichen einer der nächstgelegenen katholischen Gemeinden geschehen. Das Konsistorium der Provinz hat über das in letzterer Beziehung Erforderliche, mit der bischöflichen Behörde eine Ueberetnkunst zu treffen und demnächst dem General­ kommando davon Mittheilung zu machen, welches seiner Seils dem Kriegsnunisterio zum Behuf der Anweisung der Kosten, über welche der 8. 99 das Nähere enthält, darüber Bericht erstatten wird. Der Zeitpunkt solcher Bereisungen durch den Militairprediger oder einen katholischen Geistlichen, muß dem Befehlshaber der be­ treffenden Garnison, durch die ihm vorgesetzte Militärbehörde, bei Zetten angezeigt werden, damit die im 8- 57 vorgeschriebene Bekannt­ machung und Anfertigung der Kommunikanten-Listen zur rechten Zeit geschehen könne.

2.

Taufen.

8. 59. Dem evangelischem Militairprediger steht die Taufe jedes

190

Zweiter Theil.

Eilfter Titel.

in seiner Gemeinde gebornen ehelichen Kindes zu, deffey Vater zur evangelischen Konfession gehört. Die allgemeine Vorschrift, daß uneheliche Kinder auf den Namen der Mutter getauft und auch auf ihren Namen in das Taufregister eingeschrieben werden müssen, findet auf die unehelichen Kinder der Militairpersonen gleichfalls Anwendung. Der Militairprediger darf demnach die Taufe eines solchen Kindes nur dann verrichten, wenn die Mutter zur Militairgemeinde gehört, also Tochter einer Militairperson ist, und noch im väterlichen Hause sich befindet. Der Name des Vaters ist jedoch, wenn derselbe die Vaterschaft anerkannt hat, in daS Kirchenbuch zu vermerken, um das künftige Erbfolgerecht des auf den Namen der Mutter zu taufenden unehelichen Kindes zu sichern. §. 60. Die im vorstehenden §. enthaltenen Bestimmungen sind von den mit der Seelsorge für das Militair beauftragten Civilgeist­ lichen gleichfalls zu beobachten. 3. Trauungen.

$. 61. Die in den beiden §§. 59 u. 60 gegebenen Bestimmungen gelten analogisch auch bei den Trauungen. Alle zu einer Militairgemeinde gehörenden Personen, ohne Unter­ schied des Geschlechts und der Konfession, müssen, wenn sie sich verheirathen wollen, von dem mit der Seelsorge für sie beauftragten Geistlichen proklamirt werden. Bei den detaschirten, einem Garnison- oder evangelischen Civilprediger überwiesenen Trüppentheilen, imgleichen bei den römischkatholischen Individuen der Militairgemeinden, geschieht die Prokla­ mation daher nicht von dem Militairprediger, zu dessen Gemeinde sie, nach den im §. 38 bemerkten normalen Parochialverhältnissen gehören, sondern von dem Garnisonprediger, oder dem mit der Seelsorge für sie beauftragten evangelischen oder katholischen Civilgeistlichen. In Hinsicht auf die Proklamirung der Beurlaubten und Kommandirten kommen die, beziehungsweise im §. 37 und am Schlüsse des §. 40, enthaltenen Bestimmungen zur Anwendung. Das Aufgebot einer Militairperson braucht übrigens nur an dem Orte zu geschehen, wo der Truppentheil, zu dem sie gehört, zur Zeit in Garnison steht, auch wenn sie noch kein Jahr sich daselbst befindet. §. 62. Der nach vorstehendem §. zur Proklamirung befugte und verpflichtete Geistliche verrichtet, wenn der Bräutigam zu der ihm übertragenen Gemeinde gehört, auch die Trauung, indem in den Mi­ litairgemeinden die Trauung ausschließlich dem Pfarrer des Bräuti­ gams zusteht, und dieselbe daher, wenn zwar die Braut zur Militair­ gemeinde, der Bräutigam aber zur Civilgemeinde gehört, nicht vom Militairprediger, sondern vom Civilgeistlichen geschehen muß, eS sei denn, daß letzterer dem Bräutigam ein Dimissoriale ertheilte. Ein Dimissoriale kann übrigens nur auf die Kopulation, nie auf die Pro­ klamation sich erstrecken, indem letztere nirgends anders, als in den Gemeinden, zu welchen der Bräutigam und die'Braut gehören, ge­ schehen darf. 63. Alle sonst in Hinsicht auf das Aufgebot und die Trauung erlassene, oder künftig erfolgende allgemeine Verordnungen, kommen bei den Verheirathungen in den Militairgemeinden gleichfalls zur An­ wendung. Die Militairprediger sind daher verpflichtet, sich mit den­ selben sorgfältig bekannt zu machen und danach zu achten.

Don den Mitgliedern der Kirchengesellschasten.

191

Außerdem haben sie in dieser Beziehung folgende Bestimmungen zu beobachten: §. 64. Die Militairprediger und die mit der Seelsorge beim Militair beauftragten evangelischen und katholischen Civilgeistlichen dürfen keine Trauung verrichten, auch kein Dimissoriale dazu aus­ fertigen, wenn ihnen nicht vorher a) bei einem Offizier der königliche HeirathskonsenS, bei einem Unteroffizier oder Soldaten der Konsens seines Kommandeurs, bei einem Militair-Beamten aber die Genehmigung der demselben vorge­ setzten Militairbehörde; b) ein von dem Prediger der Braut ausgefertigter Schein, daß die Proklamation, in Bezug auf sie, regelmäßig und ohne Einspruch geschehen; c) wenn der Bräutigam oder die Braut, oder beide Ausländer sind, ein Attest des Civilgerichts über die bei demselben von ihnen eidlich abgelegte Versicherung ihres ehelosen Standes; vorgelegt worden ist, welche Atteste der Prediger in seiner KirchenRegistratur aufzubewahren hat. $. 65. In Hinsicht der Dispensation vom öffentlichen Aufge­ bote kommen in den Militairgemeinden die allgemeinen Bestimmungen gleichfalls zur Anwendung. Für alle zur Klasse der Unteroffiziere und Soldaten gehörende Militairpersonen, ingleichen für die, mit ihnen im gleichem Range stehenden, niedern Militairbeamten, erfolgt diese Dispensation unentgeldlich. Im Falle eines ganz nahen Aus­ marsches, oder einer gefährlichen Krankheit, so wie im Felde, und überhaupt unter Umständen, welche die Anwendung der in Hinsicht deö öffentlichen Aufgebots, oder der Einholung einer Dispensation bestehenden allgemeinen Vorschriften, unthunlich machen, ist der Militairvorgesetzte des betreffenden Predigers, nach vorheriger sorgfältiger Prü­ fung der Umstände und Verhältnisse, die Dispensation zu ertheilen befugt. §. 66. Wenn die aus bestimmte Zeit Beurlaubten, oder die auf weniger als ein Jahr, nach einem andern Orte kommandirten und daher nach den §§. 37 bis 40 fortwährend yir Gemeinde ihres Truppentheils gehörenden Individuen sich am Orte des Urlaubs oder Kommando's verheirathen wollen, so bedürfen sie dazu eines Dimissoriale von Seiten ihres kompetenten Militairpredigers, oder des mit der Seelsorge für sie in ihrer eigentlichen Garnison beauftragten evangelischen oder katholischen Civilgeistlichen, welches dieser ihnen jedoch erst nach dem von ihm in seiner Kirche geschehenen Aufgebote ertheilen darf. Die Vorzeigung des im §. 64 erwähnten ProklamationSscheineS der Braut, an den das Dimissoriale ertheilenden Geistlichen, ist indessen in solchen Fällen nicht erforderlich, um ihn zur Ausstellung desselben zu berechtigen, sondern die Pflicht, sich die an ihrem Aufenthaltsorte geschehene Proklamation der Braut nach­ weisen zu lassen, liegt dann allein dem kopulirenden Geistlichen ob. $. 67. Die im §. 37 erwähnten beurlaubten Rekruten bedürfen zwar, weil sie noch keiner Militairgemeinde angehören, bei ihrer Verheirathung weder eines Aufgebots in der Militairkirche, noch eines Dimissoriale von dem Militairprediger, zu dessen Gemeinde ihr Truppentheil gehört, wohl aber eines Heiraths-Konsenses von Seiten des LandwehrbataillonS-Kommandeurs, in dessen Bezirk ihre Heimath sich befindet. Kein Prediger darf daher, bevor ihm dieser Konsens vor­ gezeigt worden ist, einen solchen Rekruten proklamiren oder gar kopuliren.

Zweiter Theil.

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(Stifter Titel.

Für die Individuen der Kriegsreserve und deS beurlaubten Theilder Landwehr ist dagegen zu ihrer Verheirathung ein militairischer Heiraths-Konsens nicht erforderlich. §. 68. Da übrigens die Militairbefehlshaber bei Ertheilung des Heiraths-Konsenses nur zu prüfen haben, ob die Heirath in mili­ tairischer Beziehung zulässig, nicht aber, ob sie es auch in Hinsicht der übrigen gesetzlichen Erfordernisse ist, sondern letzteres ganz allein dem kopulirenden Geistlichen obliegt, so folgt daraus, daß dieser sich davon, ohne Rücksicht auf den etwa ertheilten militairischen HeirathsKonsens, die Ueberzeugung verschaffen, mithin die, außer diesem Kon­ sense, wo derselbe nach Vorstehendem erforderlich ist, zur Trauung gesetzlich nöthigen Dokumente, als: Taufschein, Einwilligung der Eltern, oder der vormundschaftlichen Behörde, Auseinandersetzung mit Kindern einer frühern Ehe, Todtenscheine des ersten Gatten, rechts­ kräftig gewordenes Scheidungs- Erkenntniß bei Geschiedenen u- s. w. beibringen lassen muß, indem er allein für die Gesetzmäßigkeit der von ihm zu verrichtenden Trauungen verantwortlich ist. Bei allen ihm dabei, so wie überhaupt in seiner geistlichen Amtsführung, in rechtlicher oder gesetzlicher Beziehung vorkommenden Zweifeln, kann er zunächst das Gutachten des seinem Befehlshaber zugeordneten Auditeurs, der ihm in dieser Amtsführung auf Verlangen mit seiner Rechts- und Gesetzkenntniß zu Hülfe kommen muß, sich erbitten, oder die Sache beziehungsweise zur Belehrung oder Entscheidung, an den ihm vorgesetzten Oberprediger, oder durch denselben an das Konsisto­ rium, im Kriege aber an den Feldprobst bringen. 4)

Andere geistliche Amtsverpfiichtnngen.

S. 69. An zwei Tagen in der Woche unterrichtet der Militairprediger in seiner Behausung diejenigen Kinder seiner Gemeinde, welche das dreizehnte Jahr zurückgelegt haben und zu seiner Konfession ge­ hören, im Christenthum, und segnet sie, nach vollendetem Unterrichte, welcher wenigstens ein volles Jahr dauern muß, wenn sie tüchtig be­ funden worden, in der zum militairischen Gottesdienste bestimmten Kirche öffentlich und feierlich ein. Daß sämmtliche, ihrem Alter nach sich dazu eignende Kinder seiner Gemeinde, diesen Religionsunterricht erhalten, und zur rechten Zeit eingesegnet werden, dafür ist er verantwortlich; er hat daher sie durch ihre Eltern, erforderlichen Falls unter dem Beistände der Militairbehörde, dazu anzuhalten, oder sich von den Eltern nachweisen zu lassen, daß der Religionsunterricht und die Einsegnung einem andern Prediger übertragen, und von diesem wirklich geschehen ist. §. 70. Wenn ein Militairprediger von einem Gerichte zum Sühne-Versuch bei uneinigen Eheleuten aus seiner Gemeinde aufgesordert wird, so muß er sich diesem Auftrage und zwar bei Unter­ offizieren, gemeinen Soldaten und den untern Militairbeamten unentgeldlich unterziehen, und von dem Erfolge desselben dem Gerichte schriftliche Anzeige machen.*) §. 71. Eben so ist er auch verbunden, wenn er gerichtlich zur *) Wegen der zu machenden Anzeige findet die Vorschrift nur noch in den Fällen Anwendung, wo die Wiederherstellung des ehelichen Lebens zwischen ge­ trennt lebenden Eheleuten auf Requisition des Gerichts versucht werden soll. In andern Fallen ist nur der klagenden Partei ein Attest zu geben. V. v. 28. Juni 1844, S$. 10 ff.

Non den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

193

Eidesschärfung bei Personen auS seiner Gemeinde requirirt wird, dieser Aufforderung zu genügen. §. 72. Bei Fahnenweihen und andern militairischen Feier­ lichkeiten hat der Militairprediger, auf die von Seiten seines Militairvorgesetzten deSfalls an ihn ergehende Aufforderung, mit dessen Ein­ verständnisse, die in gottesdienstlicher Hinsicht nöthigen Einrichtungen zu treffen, und eine, der Bedeutung und Feierlichkeit der Handlung entsprechende Rede zu halten. §. 73. Eine der wichtigsten Berufspflichten der Militairgeistlichen ist, die Kranken ihrer Gemeinde nicht nur auf deren Ver­ langen, sondern auch unaufgefordert, vorzüglich in den Lazarethen, sowohl im Frieden als int Kriege fleißig zu besuchen. §. 74. Leichen- oder Standreden bei Verstorbenen seiner Gemeinde ist der Militairprediger gleichfalls, in dazu geeigneten Fallen, zu halten verpflichtet. 8. 75. Die in den vorstehenden 88- 69—71, imgleichen 73 und 74 enthaltenen Bestimmungen kommen auch für die mit der Seel­ sorge für das Militair beauftragten evangelischen und katholischen Civilgeistlichen zur Anwendung. 5) Führung der Kirchenbücher.

8- 76. Die Führung der Kirchenbücher ist ein Geschäft, welches von jedem Militairprediger mit der strengsten Gewissenhaftigkeit und mit der größten Genauigkeit besorgt werden muß. Diese Kirchenbücher bestehen: 1) in einem Taufregister; 2) einem Trauungsregister; 3) einem Todtenregister; 4) einem Konfirmandenregister; von welchem die unter 1 bis 3 erwähnten, von den Militairpredigern, so wie von den mit der Seelsorge für das Militair beauftragten evan­ gelischen und katholischen Civilgeistlichen doppelt, und für jeden zu ihrer Gemeinde gehörenden, für sich bestehenden Truppentheil, be­ sonders geführt werden müssen. Von diesen beiden Eremplaren bleibt das eine stets in den Händen des Predigers, oder seines Nachfolgers im Amte, das andere aber wird, wenn in Folge eines Garnison­ wechsels, einer Mobilmachung, oder einer in der Formation der Di­ vision oder deS Armeekorps eintretenden Veränderung, ein Truppen­ theil auS seiner Gemeinde scheidet, von ihm dem Prediger übergeben, zu dessen Gemeinde der Truppentheil durch diese Veränderung tritt. Die Militair-Oberprediger, deren Pflicht es ist, darauf zu halten, daß diese Aushändigung in gehöriger Ordnung erfolge, haben, wenn sie geschehen ist, dem vorgesetzten Konsistorium davon Anzeige zu machen. 8- 77. Beim Ausmarsche in das Feld ist von den DivisionSpredigern nur ein Eremplar ihrer Kirchenregister mitzunehmen, daS Duplikat aber von ihnen, nebst den während des Krieges entbehr­ lichsten Papieren ihrer Kirchen-Registratur, zu denen auch das Kon­ firmandenregister gehört, dem zurückbleibenden Oberprediger zu über­ senden, um bei demselben, bis zur Rückkehr der Truppen aufbewahrt, oder, wenn einzelne Truppentheile oder Individuen des Armeekorps oder der Division zurückbleiben, und deren Seelsorge, nach 8» 43, Koch, Allgemeine- Landrecht. IV.

13

194

Zweiter Theil.

Eilfier Titel.

einstweilen einem andern Geistlichen übertragen wird, diesem zur weitern Fortführung in seinem Namen eingehändigt zu Werden. Nach Wiedereintritt des Friedensverhältnisses erhalten die Divisionsprediger, mit den übrigen Papieren, die Duplikate ihrer Kirchenregister, soweit nicht etwa inzwischen in der Formation des Armeekorps oder der Division Veränderungen eingetreten sind, wieder zurück, um beide Exemplare aus einander zu kompletiren. §. 78. Wegen der Art und Weise, sowie wegen der Form, nach welcher übrigens diese Kirchenbücher zu führen sind, werden die Militairprediger auf die hierüber erlassenen, oder künftig ergehenden allgemeinen Verordnungen verwiesen. §. 79. Zum Behufe der Eintragung in die Todtenregister muß dem Militairprediger, oder dem, mit der Seelsorge für das Militair beauftragten evangelischen oder katholischen Civilgeistlichen, von jedem in seiner Gemeinde Gestorbenen, durch dessen nächsten Vorgesetzten, also für verstorbene Unteroffiziere und Soldaten, durch deren Kom­ pagnie- oder Eskadrons-Chef, eine schriftliche Anzeige des Namens, Vaterlandes, Alters, der Krankheit und des Todestages übersandt werden. Für die Vollständigkeit und Genauigkeit dieser Mittheilungen, sowohl im Frieden als während des Krieges, sind die Militairbefehlshaber auf das Strengste verantwortlich, indem auch hauptsächlich im Kriege die Todtenregister mit der gewissenhaftesten Sorgfalt geführt werden müssen, und daher die Befehlshaber verpflichtet sind, besonders nach vorgefallenen Gefechten oder Schlachten, die Gebliebenen mit Gewißheit zu ermitteln, und über sie dem betreffenden Militairprediger die obenerwähnte Mittheilung baldmöglichst zugegen zu lassen. Die in den Lazarethen eintretenden Todesfälle sind von Seiten der Lazareth-Direktion, am Schluffe jedes Monats, den Befehlshabern, unter deren Kommando die Verstorbenen gehörten, anzuzeigen, damit diese dann dem betreffenden Divisionsprediger, zur Vervollständigung seiner Todtenregister, davon Mittheilung machen. Außerdem muß in jedem Lazarethe, und zwar wenn dasselbe einen besondern Prediger hat, durch diesen ein allgemeines Todtenregister nach dem, was im Vorstehenden über deren Führung überhaupt bestimmt worden ist, geführt werden. Für dieRichtigkeit und Vollständigkeit derselben, sowie der eben erwähnten Mittheilungen, sind die Lazarethdirektionen, gemeinschaft­ lich mit den Lazarethpredigern, wo deren vorhanden sind, verant­ wortlich. 6) Ausstellung von Attesten. §.'80. Aus den, nach Vorstehendem, von ihnen zu führenden Kirchenbüchern, sind die Militairprediger und die mit der Seelsorge für das Militair beauftragten Civitgeistlichen berechtigt, Atteste zu öffentlichen Beglaubigungen, nach den über die Art ihrer Anfertigung erlassenen Vorschriften unter Beidrückung des Kirchensiegels, auszu­ stellen, welches letztere von der Art sein muß, daß dadurch die Ge­ meinde des Predigers gehörig bezeichnet wird. Die mit der Seelsorge für das Militair beauftragten evange­ lischen und katholischen Civilgeistlichen bedienen sich dabei zwar ihres gewöhnlichen Kirchensiegels, doch müssen sie bei ihrer Namensunter­ schrift bemerken, daß das Attest in Folge dieser ihnen übertragenen Seelsorge ausgestellt, und aus ihren militairischen Kirchenbüchern ertrahirt sei.

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschafterr.

195

§. 81. Die Duplikate der Kirchenbücher dürfen zur Ausfertigung von Attesten nur dann benutzt werden, wenn sie entweder nach §. 76 bei Dislokations - Veränderungen abgegeben, - oder nach §. 77 beim Ausmarsche ins Feld, dem Oberprediger überliefert sind. Die Aus­ fertigung der Atteste aus ihnen erfolgt sodann von dem Geistlichen, in dessen Händen das Duplikat, in Folge der oben erwähnten Be­ stimmungen, sich befindet.

Lebensatteste können, wenn selbige z. B. zum Behufe von Geld­ erhebungen gewünscht werden, gleichfalls von den Militairpredigern an Personen ihrer Gemeinde ertheilt werden, wenn diese ihnen hin­ länglich bekannt sind, widrigenfalls sie dieselben an die Militair- oder die Orts-Polizeibehörde zu verweisen haben. §. 82. Bei Ausfertigung von kirchlichen Attesten muß der Militairprediger die gesetzlichen Bestimmungen in Hinsicht der Stempelpflichtigkeit beobachten, in sofern sie nicht Personen betreffen, denen gesetzlich die Kostenfreiheit in ihren Rechts-Angelegenheiten zusteht. Ist der Militairprediger in einem besondern Falle über die Stempelpflichtigkeit eines von ihm auszustellenden Attestes zweifel­ haft, so hat er sich nach §. 68 an den Auditeur zu wenden.

B. Amtsobliegenheiten der Militgirprediger in Bezug auf die Militair-Unterrichts anstalten. 1) Bei den DivifionSschulen. §. 83. Die Militair-Ober- und Divistonsprediger sind ver­ pflichtet, bei den Divistonsschulen in den Lehrgegenständen, welche nicht zu den rein-militairischen gehören, namentlich in der Geschichte, Geographie, deutschen und französischen Sprache, so wie in der Elementar-Mathematik, wöchentlich acht bis zehn Stunden Unterricht zu ertheilen, ohne dafür auf eine besondere Vergütung Anspruch machen zu können. Zu ihrer Aufmunterung wird ihnen jedoch, wie dies schon bisher geschehen, auch für den innerhalb dieser Stundenzahl von ihnen ertheilten Unterricht, wenn sie sich demselben mit erfolgreichem Eifer widmen, von Zeit zu Zeit, auf den jedesmaligen Vorschlag des Divisionskommandeurs, eine verhältnißmäßige außerordentliche Grati­ fikation aus dem dazu disponiblen Fonds zu Theil werden.

§. 84. In Bezug auf diesen Unterricht befinden die Militairprediger sich zu dem Divisionskommandeur und zu der Schuldirektion in demselben Verhältnisse, wie alle übrigen Lehrer der Divifionsschule, sie haben daher die für diese, nicht allein in Bezug auf die Schulordnung, sondern auch auf Umfang, Plan und Methode des Unterrichts gegebenen Vorschriften gleichfalls zu befolgen. Bei Bestimmung der Unterrichts­ stunden, sowohl in Hinsicht des Gegenstandes, als der Zeit, sind jedoch die individuellen Dünsche der Prediger möglichst zu berücksichtigen, und daher von der Direktion diese Stunden mit ihnen zu verabreden. Außer diesem Unterrichte sind die Militair-Ober- und DivisionSprediger auch verpflichtet, an der Direktion der Divisionsschule Theil zu nehmen. 8. 85. Die Entfernung eines Militairpredigers auS diesen beiden Funktionen des Lehrers und Mitdirektors der Divisionsschule, kann nicht anders als durch gemeinschaftliche Verfügung des Generalkommando'S und des Konststorii geschehen, und nur wenn, nach der pflichtmäßigen 13*

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Zweiter Theil. Eilfter Titel.

Ueberzeugung deS Divistons-Kommandeurs, für daS dienstliche Interesse Gefahr beim Verzüge sein sollte, darf er den Prediger /einstweisen von diesen Funktionen entbinden, muß aber sofort dem Generalkommando, zur weitern Veranlassung, Anzeige davon machen. 2) Pflichten der Militairprediger in Bezug auf den Elementar­ unterricht für die Kinder der Unteroffiziere und Soldaten.

§. 86. In jeder Garnison soll für den Elementar-Unterricht der daselbst vorhandenen schulfähigen Kinder der aktiven Unteroffiziere und Soldaten und der mit ihnen im gleichen Range stehenden niederen Militairbeamten in der Art gesorgt werden, daß, wo nicht besondere Gar­ nisonschulen eristiren, oder selbige nicht ausreichen, eine, oder den Um­ ständen nach, mehrere Civil-Elementarschulen zur Aufnahme dieser Kinder, gegen Bezahlung eines Schulgeldes, bestimmt werden, wobei jedoch den­ jenigen der gedachten Eltern, welche nach den gesetzlich bestimmten Grund­ sätzen, auf freien Schulunterricht für ihre Kinder keinen 'Anspruch haben, die Wahl der dazu zu benutzenden Schule unbenommen bleibt. §. 87. Daß der vorstehenden Bestimmung in jeder Garnison und bei jedem Truppentheile vollständig genügt, also nicht allein den Eltern der erwähnten Klaffen Gelegenheit zum Schulunterrichte für ihre schul­ fähigen Kinder gegeben, sondern dieselbe auch gehörig von ihnen benutzt werde, dafür sind der Befehlshaber der Garnison und der mit der Seel­ sorge für sie beauftragte Militairprediger oder Civilgeistliche verantwortlich.

In denjenigen Garnisonen, wo zu dem gedachten Behufe die Be­ nutzung einer oder mehrerer Civilschulen erforderlich ist, hat der Be­ fehlshaber darüber an das Generalkommando zu berichten, damit dieses bei der betreffenden Regierung die Bestimmung ^und Anweisung der Schulen veranlasse. Außer dem Schulgelde darf übrigens zur Unterhaltung dieser Civil­ schulen oder ihrer Lehrer, für diese Kinder, weder von deren Eltern, noch vom Militair-FondS, mit Ausnahme des Falles, wo zum Behufe der Mitaufnahme der Militairkinder, eine Erweiterung des Schullokals unumgänglich nothwendig sein sollte, irgend ein Beitrag verlangt werden. §. 88. Die unmittelbare Aufsicht auf den Schulbesuch der Mili­ tairkinder liegt, ohne Unterschied, ob für sie eine Militair- oder Civil­ schule benutzt wird, und ob die Staatskassen, oder ihre Eltern, die Kosten des Unterrichts tragen, dem Militairprediger oder dem als solcher fungirenden Civilgeistlichen ob, zu dessen Gemeinde sie gehören. Zu dem Ende ist ihm alle halbe Jahre von den Kommandeuren der einzelnen Truppen-Abtheilungen seiner Gemeinde, eine Liste der bei denselben be­ findlichen schulfähigen Kinder zu übergeben, nach welcher der Prediger diese der betreffenden Schule überweiset. Seine Pflicht ist es, sich die Ueberzeugung zu verschaffen, daß sie diese Schule regelmäßig besuchen und in derselben zweckmäßig beschäftigt werden) diejenigen Kinder, welche sich in dem Schulbesuche säumig finden lassen, hat er dem Kommandeur anzuzeigen, damit dieser sie durch ihre Eltern zum fleißigeren Besuche anhalle.

§. 89. Wo eigene.Garnisonschulen sich befinden, stehen diese, in­ sofern nicht für sie besondere Kuratorien stistungsmäßig bestehen, unter der unmittelbaren Leitung des Garnisonpredigers, oder des nach §. 40 die Funktion eines solchen ausübenden Geistlichen, und unter Oberauf­ sicht des am Orte kommandirenden Militairbefehlshabers. Ersterer ist

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

107

für deren zweckmäßige Einrichtung speziell verantwortlich und verpflichtet, den ihm untergeordneten Lehrern derselben, nicht allein durch Anwei­ sungen, sondern auch praktisch, zur Anwendung einer guten Lehrmethode behülflich zu sein, so wie auch daS Materielle des Unterrichts, der sich jedoch nicht über die Elernentarkenntniffe hinaus erstrecken darf, zu be­ stimmen, und über die Aufrechthaltung der Schuldisziplin zu wachen. In Bezug auf die Ausübung dieser Amtspflicht ist er von den ihm vorgesetzten geistlichen Behörden, also respektive dem Oberprediger und dem Konststorio, besonders zu kontrolliren.

Der Provinzial-Schulrath hat auf seinen Reisen auch die Garnison­ schulen zu revidiren, und etwanige Erinnerungen und Bemerkungen über den Zustand derselben und den Unterricht, durch das Konsistorium bei dem betreffenden Generalkommando zur Sprache zu bringen, welches nach Befinden der Umstände jene Bemerkungen sogleich selbst erledigt, oder darüber an das Kriegsministerium berichtet. Zu den Provinzial­ regierungen stehen dagegen diese Garnisonschulen in keiner Beziehung.

§. 90. Die Besetzung der Garnison-Schullehrerstellen geschieht vom Kriegsministerio, auf gemeinschaftlichen Vorschlag des Befehlshabers und deS Predigers der betreffenden Garnison, die ihren desfallstgen Antrag an das Generalkommando der Provinz einzureichen haben, welches den­ selben nach vorheriger Kommunikation mit dem Konststorio, wenn dieses seinerseits gegen die getroffene Wahl nichts zu erinnern findet, dem Kriegsministerio zur Genehmigung vorlegt. Die, zunächst dem Garnisonprediger zustehende Wahl, hat derselbe auf solche Individuen zu beschränken, welche in den Schulseminarien einen vollständigen Lehrkursus gemacht haben, und für anstellungsfähig erklärt worden stnd. Findet der Garnisonbefehlshaber sich durch besondere Gründe ver­ anlaßt, der vom Prediger getroffenen Wahl seine Zustimmung zu ver­ sagen, so haben beide für sich beziehungsweise an das Generalkommando und durch den Oberprediger an das Konsistorium darüber zu berichten.

§. 91. Daß der Militairprediger auf die für den Unterricht der Militairkinder bestimmten Civilschulen nicht unmittelbar einwirken kann, versteht sich von selbst; er ist jedoch berechtigt und verpflichtet, sie, in Bezug auf die Theilnahme dieser Kinder, von Zeit zu Zeit zu besuchen, und auf deren Fortschritte und sittliches Verhalten zu achten. Findet er, daß sie in denselben nicht angemessen beschäftigt werden, so hat er seine desfallstgen Bemerkungen durch den Oberprediger dem Konststorio vor­ zutragen, von welchem sie der betreffenden Regierung zur weitern Ver­ anlassung mitzutheilen sind. §. 92. Welche Anordnungen in Hinsicht des Schulunterrichts für die Militairkinder in den einzelnen Garnisonen getroffen sind, ist einer­ seits von den Befehlshabern derselben an das Generalkommando, an­ dererseits von den Militairpredigern und den mit der Seelsorge für daS Militair beauftragten evangelischen und katholischen Civilgeistlichen, durch den Oberprediger des Armeekorps dem Konststorio anzuzeigen, und beide Provinzialbehörden, das Generalkommando und daS Konsistorium der Provinz, haben, sobald diese Angelegenheit in sämmtlichen Garnison­ orten derselben regulirt worden ist, eine vollständige Uebersicht von jenen Anordnungen beziehungsweise an das Kriegsministerium und an daS Ministerium der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten einzusenden, auch die etwa darin eintrelenden Abänderungen zu ihrer Zeit anzuzeigen.

198

Zweiter Theil.

Gilster Titel.

Eben so müssen die nach §. 26 von den Militairpredigern jährlich ein­ zusendenden Berichte über ihre Amtsführung sich auch/ besonders über diesen Theil mit erstrecken. §. 93. Auf die in einigen Garnisonorten, in Folge besonderer Stiftungen, fundirten Militair- Elementarschulen, finden die in den vor­ stehenden §§. enthaltenen Bestimmungen gleichfalls Anwendung, in sofern deren Verhältnisse nicht durch besondere landesherrliche Verordnungen festgesetzt sind, welche bis auf Weiteres in Kraft bleiben. VI.

Von den Diensteinkünften, Stolgebühren und Weiterbeförderung der Militairgeistlichen.

der

A. Diensteinkünste. §. 94. Sämmtliche wirkliche Militairgeistliche erhalten, sowohl wäh­ rend des Friedens, als im Kriege, ein festes Gehalt, dessen Betrag:

a) für den Feldprobst, bei künftiger Erledigung dieser Stelle, der Königlichen Bestimmung nach den jedesmaligen Umständen Vorbehalten bleibt) derselbe hat die Verpflichtung, die Oberpredigerstelle des Garde­ korps und die Stelle des Hof- und Garnisonpredigers zu Potsdam dafür mit zu versehen) b) die Militair-Oberprediger beziehen ein jährliches Gehalt von 800 Thalern. Sind sie zugleich Divistonsprediger, so erhalten sie für die Verwaltung des Oberpredigeramts, zu ihrem Gehalte als Divistons­ prediger, eine jährliche Zulage von 300 Thalern;

c) die schon während des Friedens angestellten Divisionsprediger bekommen ein jährliches Gehalt von 500 Thalern; d) die Garnisonprediger, mit Ausnahme des? zu Berlin, imgleichen sämmtliche, nur für die Dauer des Krieges bei der Armee oder den Lazarethen anzustellenden evangelischen und katholischen Geistlichen, jährlich 400 Thaler; e) der Garnisonprediger zu Berlin aber erhält jährlich 60Ö Thaler. Diese Gehalte werden sämmtlich in monatlichen Raten gezahlt. §. 95. Außer dem Gehalte beziehen an Servis und Zrrfchuß:

der Feldprobst den eines Regimentskommandeurs der Infanterie: ein Militair-Oberprediger, imgleichen diejenigen Divisionspredi­ ger, welchen das Amt desselben mit übertragen ist, den der KorpSauditeure;

die übrigen Divisions- und Garnisonprediger aber (mit Aus­ nahme des zu Berlin, welcher wie bisher jährlich 300 Thaler an Servis und Zuschuß erhält), den der Divisionsauditeure, mit der für diese zum Behufe eines Geschästölokals ausgesetzten Zulage von drei Thalern monatlich. Diese Serviszahlungen erhalten die Militairprediger nach den für ihren Garnisonort regulirten Sätzen, mit Rücksicht auf die Sommer­ und Winterperiode, und unter Anwendung der für den Fall, wo eine Amtswohnung vorhanden ist, geltenden allgemeinen Bestimmungen. § 96. Die mit mobilgemachten Truppen ins Feld gehenden Di­ visionsprediger bekommen:

a) zur Mobilmachung, außer dem ihnen in Gemäßheit der allge­ meinen Bestimmungen zu zahlenden Mobilmachungsgelde, drei Pferde

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

199

(nämlich zwei für sich, eines für den Küster) nebst zweien Trainsoldaten mit der gewöhnlichen Bekleidung; b) während der Dauer des Feldetats, als Feldzuschuß eine monat­ liche Zulage von 20 Thalern, das Traktament für zwei Trainsoldaten, vier Brot- und Victualienportionen (eine für sich, eine für ihren Küster und zwei für die Trainsoldaten) nebst drei leichten Rationen.

Will der Prediger sich auf seine eigene Kosten einen Wagen an­ schaffen, so ist es ihm gestattet, sich der beiden Pferde als Wagenpferde zu bedienen, in welchem Falle er, außer seinen Effekten, auch den Küster auf diesem Wagen fortzuschaffen, mit dem dritten Pferde und dem zwei­ ten Trainsoldaten aber den Truppen auch dann zu folgen hat, wenn die Wagen zurückbleiben müssen. Auf die bei den mobilgemachten Truppen anzustellenden katholi­ schen Militairgeistlichen kommen diese- Bestimmungen gleichfalls zur An­ wendung. Der Feldprobst dagegen erhält, außer dem regulativmäßigen Mo­ bilmachungsgelde, einen Wagen nebst Geschirren, oder das Geld zu deren Anschaffung, fünf Pferde (nämlich vier für sich und eins für den Küster), zwei Trainsoldaten nebst Bekleidung und Traktament für dieselben, vier Portionen, fünf Rationen und monatlich 41 Thaler 20 Sgr. Feldzulage, wofür er seine Bureaukosten mit zu bestreiten hat. §. 97. Die mit der Seelsorge für das Militair beauftragten Ci­ vilgeistlichen haben, da sie nach §. 103 für die bei diesem militairischen Theile ihrer Gemeinde zu verrichtenden geistlichen Amtshandlungen, die im §. 100 und ff. bestimmten Stolgebühren ohne Einschränkung beziehen, auf ein festes Honorar für diese Seelsorge nur da Anspruch, wo den Umständen nach, jene Stolgebühren nicht als eine genügende Entschä­ digung für die Bemühungen derselben betrachtet werden können, wozu na­ mentlich die Fälle zu rechnen sind, wo nach §. 53 für das Militair be­ sonderer Gottesdienst gehalten werden muß. Ob in Rücksicht auf solche Umstände und Verhältnisse, dem betreffenden Civilgeistlichen ein Hono­ rar zu bewilligen ist, und in welchem Betrage, bleibt für jeden speziellen Fall der Einigung der Ministerien der geistlichen Angelegenheiten und des Krieges, auf Grund der darüber von der geistlichen Oberbehörde und dem Generalkommando der betreffenden Provinz zu erstattenden gutacht­ lichen Berichte vorbehalten.

§. 98. Den Civilgeistlichen, welche" mit treuem Eifer die Pflichten dieser Seelsorge erfüllen, soll derselbe, bei vorkommenden Gelegenheiten, zum besonderen Verdienste angerechnet werden. §. 99. Die Ober- und Divisionsprediger, imgleichen die katholi­ schen Geistlichen, welche nach §. 58 die Garnisonen, in denen es an einem Ortsgeistlichen der betreffenden Konfession fehlt, bereisen, erhalten, da sie ihren Küster mitnehmen müssen, für diese Reisen eine dreispän­ nige Ertrapostfuhre vergütigt; die katholischen Civilgeistlichen aber, da jene Reisen nicht, wie bei den Militawpredigern, zu ihren Parochialverpflichtungen gehören, außerdem für jeden Tag, den sie auf der Reise zubringen müssen, an Diäten 1 Thaler 15 Sgr. für sich, und 20 Sgr. für den sie begleitenden Altardiener; in jeder von ihnen zu »bereisenden Garnison aber noch überdies eine Remuneration von 4 Thalern aus dem Militairfonds, welche Kosten von ihnen, nach jeder vorschriftsmäßigen Bereisung, bei der Intendantur deS betreffenden Armeekorps zu liquidiren sind.

200

Zweiter Theil. Eilftex Titel. B.

Stolgebnhren.

100. Die Taufgebühren in den Militairgemeinden betragen, wenn der Vater des KindeS zur Klasse der Individuen vom Felbwebel abwärts und der mit demselben in gleichem Range stehenden niedern Militairbeamten gehört, 10 Sgr., nämlich 7 2 Sgr. für den Prediger und 2% Sgr. für den Küster, bei den Kindern der Offiziere und der im Offiziersrange stehenden obern Militairbeamten aber einen Thaler für den Prediger und 10 Sgr. für den Küster.

§. 101. Bei Verheirathungen werden von Unteroffizieren, Solda­ ten und den niedern Militairbeamten für die Proklamation 7 % Sgr., für die Kopulation aber 1 Thaler 10 Sgr. bezahlt, wovon der Prediger l Thaler und der Küster 10 Sgr. erhält. Die Offiziere und obern Militairbeamten zahlen für die Proklama­ tion 1 Thaler, für die Kopulation aber 3 Thaler an den Prediger und 1 Thaler an den Küster.

§. 102. Opfer bei Taufen und Trauungen bleiben, wo ste üblich sind, lediglich freiwillige Gaben, wofür in den Militairgemeinden in kei­ nem Falle Entschädigung gefordert werden darf. §. 103. Als allgemeine Regel gilt der Grundsatz, daß die in vor­ stehender Art festgesetzten Stolgebühren demjenigen Geistlichen, er mag wirklicher Militairprediger sein oder zu den mit der Seelsorge für das Militair beauftragten evangelischen und katholischen Civilgeistlichen gehö­ ren, zukommen, welcher nach den im Abschnitt IV. dieser Militair-Kir­ chenordnung enthaltenen Bestimmungen zu der in Rede stehenden geist­ lichen Handlung berechtigt ist, ohne Unterschied, ob er selbst sie verrich­ tet, oder ein Dimissoriale dazu ertheilt, indem es den dasselbe Nachsu­

chenden anheim gestellt bleiben muß, sich mit dem in Folge deS Di­ missoriale die Handlung verrichtenden Geistlichen dafür besonders ab­ zufinden. Hiervon sind jedoch die auf kürzere Zeit als ein Jahr nach einem andern Orte kommandirten, imgleichen die auf bestimmte Zeit beurlaub­ ten und daher fortwährend der Gemeinde ihres Truppemheils angehö­ renden Militairpersonen, Falls die Beurlaubung nicht freiwillig ist, aus­ genommen, indem diese, wenn sie am Orte ihres Kommandos oder Ur­ laubs sich verheirathen wollen, für das nach §. 66 dazu erforderliche Dimissoriale dem dimittirenden Prediger für sich und seinen Küster nur die Hälfte der im §. 101 bestimmten Gebühren, soweit ste die Kopulation betreffen (indem die Gebühren für die Proklamation allemal der dieselbe verrichtende kompetente Geistliche ungetheilt erhält), die andere Hälfte aber dem die Handlung verrichtenden Geistlichen für sich und seinen Küster zu entrichten haben. Mehr als die Hälfte darf der letztere, er mag Militair- oder Civilgeistlicher sein, von den genannten Individuen nicht fordern.

§. 104. Für die Einsegnung der Kinder der Unteroffiziere und Soldaten, so wie für deren Vorbereitung dazu, findet keine Remuneration statt; bei den Kindern der Offiziere und Beamten bleibt ste der Billig­ keit und den Vermögensumständen der Eltern überlassen.

§. 105. Eben dies gilt auch bei Leichen- oder Standreden. Für Beerdigungen, bei denen der Militairprediger oder der mit der Seelsorge für das Militair beauftragte Civilgeistliche zu einer solchen Rede nicht aufgefordert ist, kommen ihm keine Gebühren zu.

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

201

$. 106. Die Gebühren für Tauf-, TrauungS-, Todten- und Le­ bensatteste betragen, mit Ausschluß des Stempels, wo dieser nach §. 82 erforderlich ist, für Unteroffiziere, Soldaten, niedere Militairbeamte und deren Angehörige 10 Sgr., für Offiziere, obere Militairbeamte und deren Angehörige aber 20 Sgr. Für Personen, deren Armuth nachgewiesen oder sonst dem Predi­ ger bekannt ist, müssen diese Atteste, namentlich sämmtliche zur Liquidirung der Kinderpflege- und Schulgelder, für die Hazu berechtigten Kinder, beizubringende Taufzeugnisse, da deren Zweck schon an und für stch die Dürftigkeit der betreffenden Individuen bekundet, imgleichen für alle im Felde gebliebene und gestorbene Militairpersonen die Todtenscheine, ge­ bührenfrei ertheilt werden. C.

Weiterbeförderung.

§. 107. Da den Militairprediger» künftig die Aussicht auf eine ehrenvolle Auszeichnung und eine bedeutende Verbesserung in Hinsicht ihres Gehaltes durch Beförderung zu den Militair-Oberpredigerstellen offen steht, so ist zu erwarten, daß sie sich ihrem wichtigen Berufe mit um so thätigerem und beharrlicherem Eifer widmen werden. Diejenigen Divistons- und Garnisonprediger, denen diese Beförderung nicht zu Theil werden kann, imgleichen die Prediger der einzelnen Militair-Institute, haben nach zehn Jahren treuer Amtsführung und unbescholtenen Wan­ dels, auf eine angemessene Versorgung durch eine gute Civilpredigerstelle Anspruch. Eben so können die Militair-Oberprediger, wenn sie als solche zehn Jahre im Amte gestanden haben, auf ihre Versetzung in eine erledigte Superintendentur antragen. Den Regierungen wird hierdurch zur Pflicht gemacht, bei Wiederbesetzung erledigter Superintendenturen und guter Civilpfarren, auf die gedachten Militairprediger, und auf die sie betreffenden Empfehlungen der Konsistorien, besondere Rücksicht zu nehmen, worauf das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten seiner­ seits sorgfältig zu wachen hat. Von jeder beabsichtigten Berufung eines Militairgeistlichen in ein Civilamt, hat die Regierung das betreffende Konsistorium zuvor in Kenntniß zu setzen.

§. 108. Die nur während deS Krieges, für die Dauer desselben, bei der Armee oder den Lazarethen angestellten evangelischen und katho­ lischen Geistlichen, deren Amt mit dem Ablaufe des Feldetats aufhört, haben, wenn sie in der Erfüllung ihrer Pflichten treu, und in ihrem Wandel untadelhaft befunden sind, Anspruch auf eine angemessene wei­ tere Versorgung, biS zu deren Eintritt ihnen die Hälfte ihres GehaltS, als Wartegeld, gelassen werden muß, in sofern sie nicht in das, vor dem Kriege gehabte Amt zurück, oder gleich in ein anderes Amt über­ treten. VII. Verhältnisse der Militairküster.

§. 109. Jede Militairgemeinde, bei welcher ein wirklicher Militairprediger angestellt ist, erhält auch einen eigenen Militairküster, zu deren Stelle vorzugsweise halbinvalide Unteroffiziere, welche sich dazu eignen, bestimmt sind. Die Attswahl dazu geschieht von dem Militairprediger, bei dem die Anstellung stattfinden soll; den von ihm Gewählten hat er seinem Militairbefehlshaber zur Bestätigung vorzuschlagen, welche dieser nicht ohne besondere militairische Gründe verweigern darf. Die erfolgte Anstellung wird sodann von Seiten deS Predigers dem Militair-Oberprediger, und durch diesen dem Konflstorio, von Seiten der Militairbehörde aber dem Militair-Oekonomie-Departement des Kriegs-

202

Zweiter Theil.

Gilster Titel.

ministem angezeigt, damit dasselbe die Anweisung des Gehalts und der übrigen Emolumente veranlassen kann. 1

§. HO. Jeder Militairküster erhält, außer den in dem §. 100 und ff. bestimmten Gebühren, ein festes Gehalt von 8 Thlr. IO Sgr. mo­ natlich, oder 1O0 Thlr. jährlich, und außerdem den Servis eines Feld­ webels der Infanterie nebst einer Brotportion, im Felde aber einen mo­ natlichen Feldzuschuß von 4 Thlr. §.111. Außer der Bestimmung, dem Militairprediger bei Aus­ übung seiner geistlichen Funktionen zu asststiren, haben die Militairküster noch die besondere Verpflichtung, wenn sie dazu aufgefordert werden, an Ertheilung des Unterrichts, welcher in den Regimentsschulen für Unter­ offiziere und Soldaten gegeben wird, thätigen Antheil zu nehmen,, wofür ihnen, neben ihren übrigen Einkünften, eine verhältnißmäßige Remunera­ tion aus dem Fonds der betreffenden Unterrichtsanstalt zu zahlen ist. §. 112. In Sachen ihres Amts hängen die Militairküster zunächst von dem ihnen vorgesetzten Militairprediger ab; demnächst stehen sie, gleich diesem, unter dem Oberprediger des Armeekorps und unter dem Konsistorio der Provinz, welches auch bei vorfallenden Dienstvernachlässigun­ gen oder anstößigem Verhalten, ihre Korrektion und Bestrafung verfü­ gen, oder ihre Amtsentsetzung, nach den darüber vorhandenen allgemei­ nen Vorschriften veranlassen kann. Daß die Militairküster, als Kirchen­ diener, sich eines ehrbaren Lebenswandels und eines in jeder Beziehung anständigen Betragens befleißigen, so wie einer einfach anständigen Klei­ dung bedienen müssen, versteht sich von selbst.

VIII. Von den Militairkirchen und der Verwaltung ihres Vermögens. §. 113. Die eigentlichen Militair - oder Garnisonkirchen sind Ei­ genthum des Staats, und stehen ausschließlich unter dem landesherrlichen Patronate; ihre Unterhaltung ist daher, da die Mitglieder der Militairgemeinde nicht zu Beiträgen dafür herangezogen werden dürfen, in allen denjenigen Fällen, wo die Einkünfte des Kirchen-Aerariums nicht dazu ausreichen, auf Kosten des Staats zu bewirken. In soweit die desfallstgen Ausgaben für einzelne Kirchen nicht bereits etatsmäßig fundirt sind, erfolgen selbige aus dem, besonders dafür gebildeten Titel des Militairetats, der nach dem wirklichen Bedürfnisse zu dotiren ist. Das Kriegsministerium, welches innerhalb der Vorschriften des A. L. R. die Oberaufsicht über die Verwaltung und Verwendung des Kir­ chenvermögens und der Kirchenrevenüen führt, hat jedoch die Pflicht, darauf zu achten, daß demselben diese Last nur da aufgebürdet werde, wo die Einkünfte der einzelnen Garuisonkirchen nicht zur Bestreitung der Unterhaltungskosten hinreichen.

§. 114. Zum Behuf dieser Verwaltung soll bei jeder Garnison­ kirche, wo es nicht bereits geschehen ist, und wo es nicht bei der herge­ brachten Verfassung verbleiben, oder diese mit dem Geiste der jetzigen Ordnung nicht in Einklang gebracht werden kann, ein Kuratorium oder Kirchenkollegium aus drei Personen gebildet werden, nämlich: a) dem ersten Kirchenvorsteher und ersten Kassenkurator, dessen Stelle überall dem Kommandanten oder dem die Befugnisse desselben ausüben­ den Befehlshaber der Garnison zusteht, vorausgesetzt, daß derselbe nicht katholischer Konfession ist,, in welchem Falle er unter den höheren Offi­ zieren der Garnison einm Stellvertreter zu ernennen hat;

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

203

b) dem zweiten Kirchenvorsteher und Kaffenkurator, welches stets der Garnisonprediger, oder der nach §. 39 die Funktion eines solchen ausübende Militairprediger sein muß; c) dem dritten Kirchenvorsteher und Rendanten, wozu ein rech­ nungsführender Offizier, oder nach Befinden der Umstände ein am Orte permanent stationirter Beamter der Militair - Verwaltung gewählt wer­ den kann.

Die Vorschläge zur Bildung dieses Kirchenkollegii gehen durch den Kommandanten an das Generalkommando, welches dem Kriegsministerio darüber Bericht erstattet.

§. 115. Die Funktionen der zwei ersten Kirchenvorsteher beschrän­ ken sich auf die Oberaufsicht; sie haben darauf zu achten, daß das Ver­ mögen der Kirche gehörig sicher gestellt, die Einnahmen eingezogen und zum Aerario gebracht werden. Sie revidiren monatlich die Kirchenkaffe, zu der jeder der drei Kirchenvorsteher einen besonderen Schlüssel hat, und die daher nur im Beisein Aller geöffnet und wieder geschloffen wer­ den darf; eben so kontrolliren sie die Buchführung, beseitigen die dir,ei­ nigen Mängel und berathen gemeinschaftlich mit dem Rendanten über die Unterbringung der Kapitalien, so wie die in Antrag zu bringenden nothwendigen Reparaturen und Anschaffungen, indem zu der ihnen an­ vertrauten Verwaltung des Kirchenvermögens auch die Aufsicht über die Kirchengeräthe und das ganze Kirchen-Jnventarium gehört. Der Rendant besorgt seinerseits die Einnahmen und Ausgaben, so wie die Buchführung und Rechnungslegung, auf Grund jener, und der von ihm zu sammelnden Beläge. Alle diese Funktionen müssen als Eh­ renämter betrachtet, und daher unentgeldlich verrichtet werden. In Hin­ sicht der den Vorstehern obliegenden Vertretungs-Verbindlichkeit kommen die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, namentlich die des §.623 Thl. II, Tit. 2 des A. L. R, zur Anwendung.

§. 116. Die Ausgaben dürfen übrigens, wo es auf Anschaffung von Gerätschaften, auf Reparaturen und Bauten der Kirche und Kir­ chengebäude ankommt, sie also nicht zu den gewöhnlichen und feststehen­ den kleinen Ausgaben gehören, welche ohne weitere Autorisation bestrit­ ten werden können, nicht eher gemacht werden, als bis solche der In­ tendantur des Korps vorgelegt worden sind, welcher es obliegt, ihre Zu­ lässigkeit nach den bestehenden Vorschriften zu prüfen und festzustellen, oder'aber, wo diese Vorschriften nicht ausreichen, die Ausgabe jedoch gehörig gerechtfertigt wird, dazu die Genehmigung deS Kriegsministerii einzuholen.

§. 117. WaS die Revision der Garnison-Kirchenrechnungen be­ trifft, so gehen diejenigen, welche nach ihrem Betrage und den desfallS bestehenden oder noch zu erlassenden Vorschriften, nicht zum Reffort der Ober-Rechnungökammer gehören, an daö betreffende Generalkommando zur Decharge, nachdem vorher die Intendantur dieselben vorbereitet und die Revision bewirkt hat.

Die Decharge wird demnächst von der Intendantur kontrasignirt und von ihr dem kommandirenden General zur Vollziehung vorgelegt. Daß das Kriegsministerium sowohl befugt wie verpflichtet ift> sich von dem Zustande des Kirchenvermögens und den laufenden Einnahmen und Ausgaben, durch Einsicht der Rechnungen und periodisch einzufordernde Uebersichten, in Kenntniß zu erhalten, folgt auS dem im §. 113 Ge­ sagten.

Zweiter Theil.

204

Güster Xitel.

$. 118. Wegen Ausübung deS Patronats der Garnisonkirche zu Berlin und der Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam, tagen Verwal­ tung ihres Vermögens und sonstiger Verhältnisse, soll ganz in der bis­ herigen herkömmlichen Art verfahren und darin nichts geändert werden, so wie überhaupt die Bestimmungen dieser Militair-Kirchenordnung bei jener Hof- und Garnisonkirche nur in soweit Anwendung finden, alS sie mit den für dieselbe und die dortigen Militairkirchen- und Schulanstalten bestehenden, oder künftig erfolgenden, besondern landesherrlichen Vor­ schriften vereinbar sind. §. 119. Bei den Civilkirchen, welche von den Militairgemeinden benutzt werden, kann von einem Militairkirchen - Vermögen nur in sofern die Rede sein, als, in Folge des mit der Civilgemeinde stattfindenden Abkommens, die während des Militair-GottesdiensteS angestellten Samm­ lungen nicht dem Kirchen-Aerario zufließen, oder observanzmäßig eine andere Bestimmung haben, sondern ausschließlich zum Besten der Militairgemeinde verwendet werden, in welchem letztern Falle über deren Ver­ waltung und Verrechnung, nach Maaßgabe der Umstände, vom KriegSministerio zu bestimmen ist. Zu den persönlichen Parochiallasten und Beiträgen, von welcher Art sie auch sein mögen, dürfen übrigens die Mitglieder der Militairgemeinden, ohne Unschied, ob sie an dem CivilGottesdienste Theil nehmen, oder für sie besonderer Militair-Gottesdienst in der Civilkirche abgehalten wird, auf keinen Fall herangezogen werden, vielmehr sind sie bei allen solchen, nach den allgemeinen Landesgesetzen von den Mitgliedern der Gemeinden persönlich zu leistenden Beiträgen, vom Militairfonds zu vertreten.

§. 120. Bei den dem Militair und Civil mit gleichen Befugnissen zur gottesdienstlichen Benutzung eingeräumten oder sogenannten Simul­ tankirchen ist, wenn in Folge dieses Simultaneums ein gemeinschaftlicheKirchenvermögen vorhanden ist, auch die Verwaltung desselben einem gemischten Kirchenkollegio zu übertragen und nach Maaßgabe der Um­ stände, wo solches noch nicht feststeht, von den Ministerien der geistlichen Angelegenheiten und deS Krieges gemeinschaftlich zu bestimmen, ob die Revision und Dechargirung der Rechnungen der Militärverwaltung, oder der betreffenden Regierung zufallen, und nur ein Eremplar der jedes­ maligen Rechnung, nebst einer beglaubigten Abschrift deS Abnahmepro­ tokolls, an die Intendantur deS Armeekorps eingesandt werden soll.

8. 59.

Diejenigen, welche

bei

einer christlichen Kirchen­

gemeine zum Unterrichte in der Religion,

zur Besorgung deS

Gottesdienstes, und zur Verwaltung der Sacramente bestellt sind, werden Geistliche genannt.

^kordttniffe

$. 60.

Niemand darf

ohne Vorwiffen und Genehmigung

derjenigen, deren Einwilligung zur Wahl einer Lebensart erfor­

dert wird,

zu einem

geistlichen Amte sich bestimmen.

(Tit. 2,

8. 109 sqq.; Tit. 18, Abschn. 6.) §. 61.

Ohne vorhergegangene genaue Prüfung 25a) seiner

25 a) Bestimmungen und Anweisungen über die Prüfung:

Don den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

205

Kenntnisse, und seines bisher geführten Wandels, soll Niemand zu einem geistlichen Amte gelassen werden.

I. Hinsichtlich der evangelischen Predigtamts-Kandidaten:

a) Publ. vom 24. Febr. 1817 (Ann. Bd. I, H. 1, S. 131), älteren Bestimmungen von bedeutender Ausdehnung zusammenstellt.

welches die

b) Vers, des Min. des Kultus v. 18. April 1823 (Ann. Bd. VII, S. 1), wonach dem Prüfungsgesuche ein Zeugniß beigefügt werden muß, daß der Kan­ didat die theologischen Kollegia gehörig besucht, sittlich gelebt, und an dema­ gogischen und burschenschaftlichen Verbindungen keinen Theil genommen habe.

c) Vers. deff. Min. vom 6. September 1823, daß die Kandidaten so viel Hebräisch wissen müssen, daß sie mit Anwendung der nöthigsten Hülfsmittel den hebräischen Koder verstehen und davon bei Auslegung deö Neuen Testaments Gebrauch machen können. (Ann. Bd. VII, S. 844.)

d) Die Vers. deff. Min. vom 19. Februar und 25. März 1824, wonach, wenn ein Kandidat bei der Prüfung pro ministerio nicht wahlfähig befunden worden, dies in dem Prüfungöatteste ausgedrückt und den übrigen ProvinzialKonsistorien mitgetheilt werden soll, so wie, daß die auf Zeit Zurückgewiesenen nicht vor Ablauf derselben wieder zugelaffen, auch bei der wiederholten Prüfung ganz besonders auf die Disziplinen, in welchen sich der Kandidat bei. der vorhergcgangcnen ungenügend vorbereitet gezeigt hat, zu achten, oder, wenn Aus­ stellungen gegen die Sittlichkeit die Zurückweisung veranlaßt haben, die zuver­ lässigsten Zeugnisse gefordert werden sollen. (Ann. Bd. VIII, S. 149, 782.) e) Berf. deff. Min. vom 4. Marz 1838, wonach in Beziehung auf die Be­ stimmung, baß die Konsistorien nur diejenigen Kandidaten zu prüfen haben, welche innerhalb ihres Verwaltungsbezirks geboren sind oder ihr ordentliches Domicil haben (Circ. V. vom 30. Mai 1833), — festgesetzt wird, daß auch der Aufenthaltsort, den der Kandidat als Hauslehrer genommen hat, in dieser Hin­ sicht als Wohnort gelten soll. (Ann. Bd. XXII, S. 91.)

f) K. O. vom 11. April 1845 und Circ. V. deff. M. vom 6. Septbr. 1845, betreffend die Zulassung ausländischer Theologen. Die Vorschrift der A. O. vom 7. Decbr. 1839, durch welche die Zu­ lassung auswärtiger Theologen zu den diesseitigen theologischen Prüfungen all­ gemein ausgeschlossen ist, hat von verschiedenen Seiten her Wünsche und An­ träge auf eine Modifikation derselben hervorgerufen. Ich habe davon Ver­ anlassung genommen, an des Königs Majestät ausführlich zu berichten und unter Berücksichtigung der Beziehungen zu andern deutschen Bundesstaaten, so wie der Wahlfreiheit der Privat-Patrone, solche Grundsätze in Antrag ge­ bracht, welche bei gerechter Würdigung der Ansprüche der diesseitigen Unter­ thanen, doch eine wechselseitige Beziehung der verschiedenen evangelischen Lan­ deskirchen in Deutschland zu einander nicht auSschlicßen. Des Königs Majestät haben sich mittelst Allerh. Ordre vom 11. April d. I. mit diesen Anträgen einverstanden zu erklären geruhet und ergehet dem­ zufolge an sämmtliche Königl. Konsistorien hiedurch die Anweisung, wegen Zu­ lassung auswärtiger Theologen zu den diesseitigen Prüfungen und in inlän­ dische Pfarrämter für die Zukunft nach folgenden Grundsätzen zu verfahren.

1) Zu der ersten theologischen Prüfung (pro facultate concionandi) vor einer preußischen Prüfungsbehörde sind die Unterthanen anderer deutscher Bundesstaaten in dem Falle zu verstatten, wenn dieselben im Stande sind, alle diejenigen Bedingungen zu erfüllen und diejenigen Nachweise zu erbringen, welche nach den darüber bestehenden Vorschriften von Preußischen Unterthanen gefordert werden. 2) Zu der zweiten theologischen Prüfung (pro ministerio) find die Un­ terthanen anderer deutscher Bundesstaaten zu verstatten, wenn sie a) eine erste theologische Prüfung (pro facultate concionandi) vor einer

Zweiter Theil. Eilfter Titel.

206

§. 62. Die übrigen Erfordernisse zu einem geistlichen Amte bleiben, nach Verschiedenheit der ReligionSparteietr, den vom diesseitigen Prüfung- - Kommission, oder vor einer kollegialisch besetzten Prüfung-behörde ihrer Hcimath bestanden haben;

b) den Nachweis erbringen, daß sie ihrer Militairpsticht nach den Gesetzen ihrer Heimath genügt haben, oder nach denselben von der Militairpsticht befreit sind und zugleich das 25. Lebensjahr vollendet haben;

c)

imgleichcn, daß ihnen von einem Privat - Patron eine Anwartschaft auf eine inländische Pfarrstelle eröffnet worden;

d)

endlich alle sonst von inländischen Kandidaten geforderten Zeugnisse ihrer wissenschaftlichen und praktischen Vorbildung für das Predigtamt und ihres sittlichen Wohlverhaltens bcibringen.

In Bezug auf die sub b geforderten Bedingungen ist der Minister der geistlichen Angelegenheiten in besonderen Fällen zu diSpensiren ermächtigt. 3) Die Berufung auswärtiger Predigtamts-Kandidaten aus dem Be­ reiche der deutschen Bundesstaaten zu inländischen Pfarrstcllcn ist den PrivatPatronen und wahlberechtigten Gemeinden gestattet, wenn der in Aussicht genommene Kandidat die diesseits verordnete zweite theologische Prüfung nach Maßgabe der Vorschriften in Nr. 2 bestehet und in derselben eine der beiden ersten Zeugniß-Nummern erhält. Im Üebrigen muß der Berufene die nach den allgemeinen Landesgesetzen erforderlichen Eigenschaften zur Aufnahme in den diesseitigen Untcrthanenverband besitzen. 4) Wegen der Berufung eines bereis in einem geistlichen Amte stehenden, ordinirtcn evangelischen Geistlichen in eine inländische Pfarrstelle, Privat-Patronats, behält cS bei der Vorschrift der Recs.-Jnstr. vom 23. Oct. 1817, 8 15 litt, a und der A. O. v. 31. Dec. 1825, litt, b Nr. 3, dahin sein Be­ wenden, daß vor der Bestätigung des Berufenen das Konsistorium sich von dessen Qualifikation zu überzeugen hat. Dem Ermessen des Konsistoriumbleibt cS überlassen, sofern nicht die Qualifikation des Berufenen anderweitig schon außer Zweifel ist, zu diesem Zwecke ein besonderes Colloquium mit demselben abzuhalten.

5) Die Berufung auswärtiger Kandidaten oder Pfarrgeistlichen zu einer Pfarrstelle Königl. Patronats bedarf nach der A. O. vom 31. Dec. 1825, litt, b Nr. 3, der Genehmigung des Min. der geist. Ang. (V. M. Bl. 1846, S. 5.)

g) Circ. V. deff. M. v. 30. Januar 1842, wodurch die Verf. v. 24. Oc­ tober 1827, daß die Kandidaten deS Prcdigtamts auch im Fache der Pädagogik eraminirt werden sollen, erweitert wird. (M. Bl. d. i. V., S. 64.) Denjenigen, welche sich auch in diesem Fache bewähren, soll bei den Wahder Vorzug gegeben werden.

n.

HinsichtS der katholischen Kandidaten deS geistlichen Standes:

a) Circ. Verf. deS StaatSministerii, v. 31. Juli 1820. Durch die Instruktion für die Konsistorien v. 23. October 1817, §.4, Nr. 5 ist die Beaufsichtigung der Prüfungen, denen die römisch-katholischen Kandidaten deS geistlichen Standes von Seiten der geistlichen Behörden un­ terworfen werden, den Ober-Präsidien aufgetragen. Da über die Bedeutung und den Umfang dieses Auftrage- Zweifel entstanden sind, so wird zu deren Erledigung hierdurch festgesetzt:

1) Die Ober - Präsidenten und Konsistorien haben darauf zu halten, daß niemand wissenschaftliche Privatschulen halte, welcher nicht die Erlaubniß der Provinzial-Schulbehörde dazu erhalten hat, die in der Regel nur im Vor­ gang einer ordentlichen Prüfung ertheilt wird.

Von den Mitgliedern der Kirchengesellschaften.

207

2) Darauf zu achten, daß die Stadtschulen und kleineren Gamnasien, die zur Universität zu entlassen nicht befugt sind, diese ihnen gesetzten Schranken nicht überschreiten, mithin kein Abituricntenzeugniß für solche ausstellen, welche auf einer Universität oder andern höheren Lehranstalt studiren wollen. 3) Sowohl auf den Universitäten, als bei den übrigen zum Vortrage der Theologie und Philosophie berechtigten höheren Lehranstalten dürfen in der Regel nur diejenigen in die Zahl der Studirenden ausgenommen und zu den Vorlesungen zugelaffcn werden, die ein zur Entlassung auf die Universität be­ rechtigtes Gymnasium besucht und eines der durch die Verordnung über die Abiturienten-Prüfungen vorgeschricbenen Zeugnisse erhalten haben. Wenn sie . kein solches Zeugniß aufweisen können, entweder weil sie kein derartiges Gym­ nasium besucht/oder es ohne geprüft zu sein verlassen haben; so müssen sie am Sitze der Universität oder der höheren philosophisch-theologischen Lehran­ stalt, bei welcher sie studiren wollen, eine Prüfung bestehen, und werden, wenn sie darin nicht genügen, ermahnt, entweder zum Gymnasium oder in das bür­ gerliche Leben zurückzutretcn. Lassen sie sich durch diese Ermahnung nicht ab­ halten, so sollen sie zwar an der Fortsetzung ihrer Studien nicht gehindert werden, aber auch das Placitum zu ihrer Ordination und Anstellung als Geistliche nur auf besondere Verfügung des Ministerii der geistlichen Angele­ genheiten, und nicht ohne neue Prüfung erhalten. Da bei den Universitäten bereits dergleichen Prüfungskommissionen bestehen, so kommt es nur noch dar­ auf an, solche auch für die übrigen zum Vortrage der Philosophie und Theo­ logie berechtigten höheren Lehranstalten anzuordncn. Die Dekane der Theo­ logie und PUosophie, desgleichen der Direktor und einer der Oberlehrer deS am Orte der Universität oder höheren philosophisch-theologischen Lehranstalt befindlichen katholischen Gymnasii, können mit diesem Geschäfte beauftragt, und der Vorsitz kann einem katholischen Konsistorial- und Schulrathe, mit Rücksicht auf die OrtSentfernung und auf die Persönlichkeit, übertragen werden. Hiernach sind die Vorschläge zur Bildung dieser'Kommission zu fassen und bei dem Ministerio der geistlichen ic. Angelegenheiten zur Genehmigung einzurcichcn.

4) So lange in den bischöflichen Seminarien zu Trier und Köln die theoretische Theologie gelehrt wird, dürfen in diese Anstalten nur solche junge Leute zugelaffcn werden, welche den im vorigen §. verzeichneten Erfordernissen genügen und cS haben die Aspiranten sich deshalb bei den daselbst bestehen­ den Prüfungsbchörden auszuweisen.

5) Ein Gleiches gilt von den Alumnaten zu Gnesen, Posen und Kulm­ see; hingegen bei den Seminarien zu Münster, Paderborn, Breslau und BraunSberg, die sich auf die Vorbereitung zum Empfang der Weihen und' auf die ausübende Theologie beschränken, genügt eS, daß bei der Nachsuchung deS placiti regii zur Aufnahme in den geistlichen Stand daS Studien- und Sittcnzcugniß der Universität resp, der zum Vortrage der Theologie und Phi­ losophie berechtigten höhcrn Lehranstalt, welche der Kandidat besucht hat, nebst einem curriculo vitae, dem Ober-Präsidio eingereicht werde.

6) Wer außer Landes seine theologischen und philosophischen Studien gemacht hat, muß darüber ebenfalls durch Zeugnisse sich ausweiscn, und eS bleibt dem Ermessen des Ober-Präsidii überlassen, ihn in Beziehung auf all­ gemeine wissenschaftliche Bildung noch einer besonderen Prüfung zu unter­ werfen ic. (Ann. Bd. V, S. 622.) b) Verf. d. M. d. Kultus ö. 11. März 1824, daß kein ausländischer Pfarr­ amts-Kandidat, Pfarrer oder Pfarrvikar in einem Kirchenamte anzustellen, bevor derselbe ein Qualifikationszeuqniß von der zuständigen Landesbehörde beigebracht hat. (Ann. Bd. VIII, S. 1061.)

Zweiter Theil.

208

Staate genehmigten

Mster Titel.

Grundgesetzen und Verfassungen derselben

vorbehalten2 •). Bestall«»». $. 63. Die Befugniß zur Ausübung aller geistlichen AmtSverrichtungen wird durch die Ordination2 ••) verliehen.

8. 64.

Landesunterthanen

sollen,

ohne besondere Erlaub­

niß22), die Ordination zu geistlichen Aemtern bei auswärtigen

Behörden nicht nachsuchen, oder annehmen. 4. K.O. vom 23. December 1845, betreffend die Ausschließung derjenigen Preuß. Unterthanen von jeder künftigen Anstellung im Vaterlande, welche sich im Auslande zu Priestern weihen lassen. (G. S. 1846, 338. Auf den bloßen, mit keinen erheblichen Gründen unterstützten, Widerspruch einzelner Mitglieder der Gemeine, soll keine Rücksicht genommen werden. §. 339.

Wenn aber ein Subjekt wenigstens Zwei Drittel

der Stimmen sämmtlicher Gemeineglieder gegen sich hat,

soll er

zu der Pfarrstelle nicht anders gelassen werden, als wenn sich

bei der Untersuchung findet,

daß der Widerspruch durch bloße

Verhetzungen und Aufwiegeleien veranlaßt worden 2‘).

20) Nach einer Vers, des M. d. Geistl. Ang. v. 26. Januar 1839 soll die Vernehmung der Kirchengemeine über daS von dem Patron zum Pfarrer anSgewählte Subjekt nicht in der Art erfolgen, daß sie sich zu einer Wahlabstim­ mung zwischen diesem und andern Subjekten gestaltet, vielmehr sollen dabei die 88.336, 338, 339 gehörig berücksichtigt werden. (Ann. Bd. XXIII, S. 98.) Dort ist jedoch kein Modus der Vernehmung vorgeschrieben, und es ist nicht findbar, wie anders als durch Abstimmung herausgebracht werden soll: ob die Gemeine mit dem Patrone uneinS sei. Der §. 339 weiset auch ausdrücklich auf eine Abstimmung hin. 21) Ueber die Entstehung dieses 8- berichtet Suarez in den Vorträgen über die Schlußrevision: „Bekanntermaßen war durch verschiedene, in den letzten

Zweiter Theil.

254 $. 340.

meine aber

Mister Titel.

Ist der Patron dem römisch-katholischen, die Ge­ dem protestantischen Glaubensbekenntnisse zugethan,

oder umgekehrt:

so muß der Patron wenigstens Drei Subjekte

zur Probepredigt zulassen.

8. 341.

Demjenigen unter diesen, welcher bei ter Gemeine,

nach der Mehrheit der Stimmen derselben, den vorzüglichsten Bei­

fall hat, kann er die Vocation nicht versagen. $. 342.

In diesem sowohl,

als in allen übrigen Fällen,

wo eS hergebracht ist, daß der Patron der Gemeine mehrere Subjekte zur Auswahl Vorschläge, muß die Gemeine nothwendig eins derselben wählen, in so fern ste nicht allen Dreien erheb­

liche Einwendungen nach Vorschrift 8. 330, 337, 338 entgegen­ setzen kann. 8. 343.

Eben dieS findet, im umgekehrten Falle, in An­

sehung deS Patrons Statt,

wenn nach wohlhergebrachter Ver­

fassung demselben mehrere Subjekte zur Auswahl von der Ge­ meine vorgeschlagen werden.

§. 344.

Nehmen mehrere Patronen mit gleichem Rechte an

Besetzung der Pfarren Theil22): so entscheidet, wenn fie sich nicht vereinigen sönnen, die Mehrheit der Stimmen.

8- 345.

Ist keine überwiegende Mehrheit der Stimmen vor­

handen: so müssen die geistlichen Obern den Patronen aufgeben,

Regierungsjahren des hochseligen Königs ergangene K. O. daS Recht der Pa­ trone in "Besetzung vakanter Pfarrstellen dergestalt eingeschränkt worden, daß eS fast lediglich auf die Gemeine (oder vielmehr auf einige präponderirende und unruhige Mitglieder derselben) ankam: in wiefcrn ste den von dem Patron rechtmäßig vocirten und in jeder Rücksicht hinlänglich qualificirten Pfarrer annehmen wollten oder nicht. Diese ohnehin nur in einzelnen Fällen deklarirte und nie in die Form eines wirklichen Gesetzes übergeaangene Principia nach ihrem ganzen Umfange in das Gesetzbuch aufzunehmen, hielt man für bedenklich, weil dadurch in der That die wesentlichsten jura quaesita deS Patronats, ohne die Berechtigten darüber zu hören, evertirt wurden. Dagegen ward eS für billig, dem Zweck des Predigtamts gemäß, und sogar zur Schonung der durch die Nachgiebigkeit deS hochseligen Königs bei den "Mitgliedern sehr" vieler Kirchengemeincn einmal in Umlauf gebrachten Ideen für nothwendig angesehen, nicht zu gestatten, daß ein Patron einer Gemeinde ein subjectum anfdringen könne, gegen welches bei einer überwiegenden Mehrheit derselben ein deklarirter Wider­ wille obwaltet; wenn auch dieser Widerwille just nicht auS legalen Gründen, selbst wenn er aus einem Borurthcile entspringt, sobald nur nicht eine unerlaubte und unlautere Quelle deffelben nachgewiesen werden kann. Daraus entstand der §. 339." (Jahrb. Bd. XLI, S. 177.) DaS paßt nur auf evangelische Gemeinden.

22) M. s. die Anm. 24 u. 25 zu

352.

255

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

sich, binnen rindr gewissen nach den Umständen zu bestimmenden

Frist, über ein vorzuschlagendes Subjekt zu vereinigen. 8. 346.

Erfolgt in der bestimmten Frist kein Einverständ-

niß: so fällt die Besetzung der Stelle für diesmal den geistlichen

Obern anheim. 8. 347. Diese müssen aber di« Stelle in der Regel einem Dritten, welcher von keinem der uneinigen Patrone vorgeschlagen

worden, verleihen. 8. 348.

Hat eine eigentliche Tochterkirche einen besondern

Patron: so muß dieser in der Regel dem Patrone in der Mutter­

kirche beitreten, wenn er nicht gegen das von letzterem auSgewählte Subjekt erhebliche Einwendung nach 8. 336, 337 machen sann23).24 8 349. Wenn in dem Falle des 8. 340, 342 der Gemeine von

den mehrern Patronen drei Subjekte vorgeschlagen werden sollen: so finden, wenn die Patrone sich über diese Auswahl nicht ver­

einigen können, die Vorschriften 8. 344—347 Anwendung. 8. 350.

Wenn also die mehrern Patrone

ohne ein vor­

handenes Uebergewicht von Stimmen auf mehr als Drei Sub­

jekte Rücksicht nehmen: so müssen die geistlichen Obern der Ge­ meine drei andere vorschlagen.

8. 351.

Wenn jedoch alle

oder die meisten Patrone sich

über ein oder zwei Subjekte vereinigt hatten: so müssen diese auch von den geistlichen Obern mit vorgeschlagen; und nur statt

derjenigen,

wegen welcher kein solches Einverständniß getroffen

werden kann, andere genommen werden. 8. 352. In allen Fällen, wo eö auf die Stimmenmehrheit unter den Patronen ankommt, werden die Stimmen, wenn das Patronatrecht bloß persönlich ist, nach den Personen"); wenn eS

23) D. h. der Patron der Tochtcrkirche hat eigentlich keine eigene Wahl­ stimme, sondern nur ein WidcrspruchSrecht, wenn er gegen den von dem Patron der Mnttcrkirchc gewählten Kandidaten Einwendungen in Gemäßheit der §§. 336, 337 machen kann. Beide Stimmen zähle», wenn Patrone mehrerer vereinigter Mutterkirchen konkurrircn, nur für Eine. Besch, des GroßkanzlcrS v. 12. April 1802. (Rabe, Bd. VII, S. 137.)

24) Nach den Personen oder der Kopfzahl werde» die Stimmen gezählt, wenn die ursprünglichen Patrone zu wählen haben. Sterben sie aber und ver­ erben ihr Patronätrccht, so wird in stirpes succedirt und votirt. „Flures ab uno ex patronis ecclesiae relicti bereites vocem dumtaxat unius babe­ bunt.“ — „In plures heredes unius ex pluribus patroni transit jus pa-

Zweiter Theil.

256

Güster Titel.

aber auf Gütern haftet, nach den Gütern, ohne Rücksicht auf den gezählt25); irt so fern nicht,

Werth oder die Größe Derselben,

vermöge vorhandener Verträge, oder einer rechtSverjährten2") Gewohnheit, ungleiche Antheile für die mit dem Patronatrechte

versehenen Güter bestimmt sind. wuch?kc?»-"n Patron

353.

Bei Kirchen, welche keinen eigenen Patron haben,

gebührt der Regel nach die Wahl deS Pfarrers der ©ttncine27).

$. 354.

In diesem Falle müssen die Kirchenvorsteher der

Gemeine Drei Subjekte Vorschlägen.

8. 355.

Bei diesem Vorschläge aber müsset sie nur auf

solche Subjekte, die der Gemeine durch Probepredigten oder sonst hinlänglich bekannt sind, Rücksicht nehmen; und besonders solche,

von welchen sie Ursache haben,

zu glauben,

daß mehrere Mit­

glieder der Gemeine Zuneigung und Vertrauen gegen sie hegen, nicht übergehen.

8. 356.

Bei, der Wahl selbst hat in der Regel jedes Mit­

glied der Gemeine,

welches nicht einem mitwählenden Familien­

haupte untergeordnet22) ist, ein Stimmrecht22).

tronatus per stirpes.“ CI. 2 de jure patron. (III, 12.) Dieser Grundsatz ist auch angewendet von dem Ob.-Tr. in dem Erk. v. 5. Decbr. 1825. (Simon, RechtSspr. Bd. III, S. 140.) 25) Zu vergl. §. 605. Hier im $. 352 und dort im §. 605 ist der Fall vorausgesetzt, wenn mehreren selbstständigen Gütern das Patronatrecht gemein­ schaftlich zusteht. Der Fall aber, wo daö Patronatrecht Einem Gute zusteht, dieses aber mehrere zu ungleichen ideellen Theilen gemeinschaftlich besitzen, ist nicht ausdrücklich vorgesehen. Nach allgemeinen Grundsätzen über gemeinschaft­ liches Eigenthum werden die Stimmen der Mitbesitzer nach Verhältniß der Antheile gezählt. Dies ist auch anerkannt von dem Ob.-Tr. in dem vorhin gedachten Rechtsfall. (Anm. 23.) Zu vergl. Simon, RechtSspr. Bd. IV, S. 244.)

26) Observanzen in kirchlichen Gemeincverhältniffen können zwar.schon aus zwei gleichartigen Fällen erwiesen werden, bedürfen jedoch eines verjährungs­ mäßigen, wenn auch nicht eben dreißigjährigen Zeitverlaufs. Erk. deS Ob.-Tr. vom 19. Juni 1848. (Entfch. Bd. XVII; S. 365.) Man verlangt ein longum tempus oder 10 Jahre. Ebd. S. 371. Zu vergk. §. 242 d. T. 27) Wenn zwei ungleich große Schwestergemcinen einen Pfarrer zu Wah­ len haben, so hat die kleinere Gemeine so viele Repräsentanten zu wählen, daß die Gesammtzahl ihrer Presbyter und Repräsentanten sich zu den Presbytern und Repräsentanten der größeren Gemeine so verhalte, wie die Seelenzahl der kleinen Gemeine zur Seelenzahl der größer» Gemeine sich verhält, in sofern nämlich die hergebrachte Verfassung nicht irgend ein Anderes mit sich bringt. Besch, des Min. d. G. k. Ang. vom 28. August 1840. (M. Bl. d. i. V. S. 351.)

28) Minderjährige stimmen durch ihre Vormünder. 1801. (Rabe, Bd. VII, S. 62.)

R. v. 13. Novdr.

29) Es sollen nicht Stimmen für einen Bewerber um die Pfarrstelle durch

Don dem Pfarrer und dessen Rechten.

257

Anh. 8- 129. Auch Wittwen und nnverheiratheten Frauen­ zimmern ist hierbei, und unter der gedachten Einschränkung, die Concurrenz durch qualificirte Stellvertreter") nicht zu versagen"). §. 357.

Durch Streitigkeiten über die Befugnisse zum Stimm­

rechte soll die Wahl niemals aufgehalten werden. $. 358.

Wer entweder selbst schon in einem ähnlichen Falle

ein Stimmrecht bei der Gemeine auögeübt hat; oder wer zu einer

Classe gehört, deren Mitglieder in vorigen, ähnlichen Fällen zum Stimmen zugelassen worden, dem muß auch bet der gegenwärtigen

Wahl die Abgebung seiner Stimme verstattet werden.

$. 359.

Ein Gleiches gilt von demjenigen, der ein Grund­

stück besitzt, dessen vorige Inhaber, als Glieder der Gemeine, in

ähnlichen Fällen zur Wahl gelassen worden. 8. 360.

Niemand aber kann ein Stimmrecht sich anmaßen,

der zu ^iner andern als derjenigen Religionspartei gehört, für welche der Pfarrer gewählt werden soll.

$. 361.

Die Festsetzung: wie nach diesen Grundsätzen ein

streitig gewordenes Stimmrecht in dem gegenwärtigen Falle auSgeübt werden soll, kommt den geistlichen Obern zu.

§. 362.

Die

Entscheidung

über das streitige

Stimmrecht

selbst aber gehört vor den ordentlichen weltlichen Richter.

$. 363.

Die nach der Festsetzung der geistlichen Obern vor­

genommene Wahl (§. 361) verliert für den gegenwärtigen Fall

nichts von ihrer Gültigkeit, wenn auch hiernächst durch richter­ liche- Erkenntniß Jemanden daS ausgeübte Stimmrecht ab-, oder wenn dasselbe einem Ausgeschlossenen zugesprochen wird.

8. 364.

WaS vorstehend 8- 357—363 wegen eines über

daö Stimmrecht gewisser Gemeineglieder entstehenden Streits ver­ ordnet ist, gilt, jedoch mit Ausschließung des S-360, auch in Fällen,

wo unter mehrern Patronen3 2) das Berufsrecht streitig

wird3 3).

Unterschriften gesammelt werden. Bd. II, S. 80.

Vers. deff. M. v. 15. August 1817.

(Ann.

30) In Person können Wittwen und ledige Frauenzimmer, qua mulieres, nicht stimmen. Der Stellvertreter muß sich selbstverständlich durch Vollmacht au-weisen. 31) Aus der Entsch. der Ges.-Kommiff. v. 5. Februar 1802. Bd. VII, S. 62.)

(Rabe,

32) Wenn auch der FirkuS unter de» Patronen ist und die Regierung bei der Wahl handelt und entscheidet. Denn — so wird angenommen — die Reg.

Stoch, Allgemeine» Vandrecht. IV.

17

258

Eilfter Titel.

Zweiter Theil.

§. 365.

UebrigenS findet, bei der von einer Gemeine an­

zustellenden Pfarrwahl, dasjenige Statt, waS wegen Verhandlung und Entscheidung gemeinschaftlicher Angelegenheiten bei Gemeinen überhaupt verordnet ist. $. 366.

(Tit. 6, §. 167, 168.)

Nehmen mehrere Gemeinen an der Pfarrwahl Theil r

so find, wenn nicht ein Vertrag, oder eine seit rechtSverjährter3*) Zeit wohl hergebrachte Gewohnheit etwas Anderes bestimmt, die Mitglieder der

Filialgemeine ihre Stimmen unter der Haupt­

gemeine abzugeben befugt. §. 367. Sind mehrere Pfarrgemeinen unter einem gemein­

schaftlichen Pfarrer vereinigt: so hat jede solche Gemeine nach der Regel ihre eigene Stimme. 8 368. Entsteht durch Zählung der Stimmen dieser ver­ einigten Kirchengemeinen keine überwiegende Mehrheit: so müssen die einzelnen Stimmen der Mitglieder,

ohne Rückficht auf die

verschiedenen Gemeinen, gezählt werden.

$. 369.

In allen Fällen,

wo keine entscheidende Mehrheit

der Stimmen zu finden ist, gebührt den

geistlichen Obern die

Ernennung, unter den mit gleich vielen Stimmen gewählten Per­

sonen.

8. 370.

Mitglieder bloß zugeschlagener Gemeinen nehmen,

wenn nicht bei der Zuschlagung nach 8- 297 ein Anderes fest­ gesetzt worden, an der Pfarrwahl keinen Theil.

8- 371.

Doch ist, wenn von den übrigen Gemeinen ein

Pfarrer gewählt worden, zu welchem der größere Theil der Gast­

gemeine kein Vertrauen hat, dieses für einen erheblichen Grund,

aus welchem letztere auf die Wiederabtrennung antragen kann, zu achten. §. 372.

UebrigenS kommt es, auch bei Pfarrwahlen, der

GerichtSobrigkeit35 * *)33des 34 Kirchspiels in allen Fällen zu, die Wahl zu dirigiren, und auf Ruhe und Ordnung dabei zu sehen.

handelt hierbei nicht al» Patron, sondern al« Ober-AuffichtSbehörde. de« I. M. ». 23. September 1831. (Erg. ad h. §.)

Besch,

33) Auch ein Possessorien - Prozeß findet nicht statt, obgleich der FiSku« zu den mehreren Patronen gehört und die Regierung zum Bortheil desselben ent­ scheidet. Vor. Aum.

34) Oben, Aum. 26 zu §.352 d. T. 35) Darunter ist nach Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit die OrtSPolizei-Verwaltung zu verstehen.

25-

Don dem Pfarrer und deffen Rechten. 8- 373.

in dem Kirchspiele mehrere GerichtSobrig-

Sind

leiten vorhanden r so gebührt die Wahldirection der GerichtSobrig-

keit deS OrtS, wo jede Stimmensammlung geschieht. 8. 374. Demjenigen, welcher von dem Patron, oder der Dotation. Gemeine, zu der erledigten Pfarrstelle rechtmäßig gewählt worden,

muß eine schriftliche Vocation zugefertigt werden 3 •). 8 375. Wo es bisher gebräuchlich gewesen,

daß die

Bocation erst nach erfolgter Prüfung ertheilt worden, da muß dem Gewählten

schriftliche Bekanntmachung, welche die künftig zu ertheilenden Vocation enthält,

eine

Bedingungen

zur

geschehen. 8. 376.

Die Ausfertigung der Vocation gebührt dem Pa«

trone, und in deffen Ermangelung den Kirchenvorstehern. 8. 377. Die Bestimmung der Zeit, binnen welcher der Berufene stch über die Annahme der Vocation erklären muß, ist

willkührlich; und hängt von dem Gutbestnden der Wählenden ab.

8. 378.

Kommt binnen dieser Frist die Erklärung deS Beru­

fenen nicht ein: so sind der Patron, oder dir Gemeine, zu einer neuen Wahl zu schreiten sofort berechtigt.

6. 379.

Ist keine Zeit zur Erklärung bestimmt: so kann

der Berufene die Vocation so lange annehmen, als ihm nicht ein geschehener Widerruf derselben bekannt gemacht worden.

8. 380.

Hat er sich aber

binnen Vierzehn Tagen,

nach

erhaltener Vocation, über die Annahme derselben nicht erklärt;

und sind, nach Verlauf dieser Frist, der Patron und die Gemeine zu einer neuen Wahl geschritten:

so hat eine später

erfolgte

Annahme keine rechtliche Wirkung. 8. 381. UebrigenS gelten von der Annahme der Vocationen, die von der Annahme bei Verträgen überhaupt vorgeschriebenen

Gesetze. (Th. I, Tit. 5, §. 78 sqq.) 8. 382. Ist die Vocation von mehrer» auSgefertigt: so ist

eS hinlänglich, wenn die Annahme auch nur gegen Einen der­

selben erklärt worden. 8. 383. Die von dem Berufenen einmal gültig angenom­ mene Vocation kann ohne erhebliche Ursachen nicht widerrufen werden.

36) Erst durch Ertheilung und Annahme der Dotation wird der Dienst­ kontrakt geschloffen; vorher hat der Gewählte keinen Anspruch auf die Stelle.

17»

Zweiter Theil.

260

Eilfter Titel.

§. 384. Nur aus eben den Gründen, auS welchen ein schon bestellter Pfarrer seines Amts entsetzt werden kasin, ist auch der Widerruf einer zu rechter Zeit angenommenen Vocation zulässig.

8- 385. ES macht dabei keinen Unterschied: ob diese Gründe schon vor Erlassung der Vocation vorhanden und bekannt gewesen, oder ob sie erst nachher entstanden, oder zur Wissenschaft deS

ft»?au'«n

Patrons oder der Gemeine gelangt sind. $• 388. So bald der Berufene die Vocation angenommen

hat, muß er den geistlichen Obern der DiözeS, oder deS Depar«

tementS, zur Bestätigung präsentirt werden. 8- 387. Die Präsentation muß von dem Patrone, und wo deren mehrere sind, von allen geschehen, welche zur Theilnehmung an der Wahl und Vocation berechtigt sind. 8- 388. In Ermangelung von Patronen geschieht die Prä« sentation durch die Vorsteher. 8- 389. Der Präsentation muß eine Abschrift der ertheilten

oder noch zu ertheilenden Vocalion, ingleichen daS Protokoll über die Probe« oder Gastpredigt, beigelegt werden.

8. 390.

In allen Fällen, wo eine Wahl der Gemeine statt

gefunden hat, ist auch die Beilegung deS Wahlprotokolls erfor« derlich.

8. 391.

Wird von den geistlichen Obern der Präsentirt«

untauglich, oder die Wahl unregelmäßig befunden: so muß eine neue Wahl und Präsentation erfolgen 3 ’).

8- 392.

Ist der Patron, welcher ein untaugliches Subject

vorgeschlagen hat, selbst ein Geistlicher; so verliert er für diesen Fall sein PräsentationSrecht, und die Besetzung der Pfarre geschieht durch die geistlichen Obern. 8- 393. Die Präsentation zu einem erledigten Pfarramte

muß innerhalb Sechs Monaten von Zeit der Erledigung geschehen. 8- 394. Ist der Pfarrer auswärts verstorben: so läuft die Frist von der Zeit an, wo sein Tod dem Patrone oder den Kir« chenvorstehern bekannt geworden.

8- 395.

Während der Vakanz muß der Gottesdienst in der

37) Die Bestätigung hängt lediglich von dem Ermessen der Behörde über die Tauglichkeit des Bocirten ab und kann deshalb nicht durch den Richter erzwungen werden. Weder der Patron noch die Gemeine hat ein Klagerecht und der Rechtsweg ist an sich unzulässig. Zu vergl. Besch. deS I. M. v. 20. Juli 1830 (Jahrb. Bd. XXX, S. 141).

Don dem Pfarrer und dessen Rechten.

261

Pfarrkirche, auf Veranstaltung deS ErzpriesterS oder KreiSinspectorS, durch dazu qualificirte Personen versehen werden.

§. 396.

In der Regel sind bei Pfarrkirchen, wo nur ein

Geistlicher angesetzt ist, die benachbarten Pfarrer derselben Jnspcction, nach der Anweisung deS Erzpriesters oder Inspektors, gegen

die hergebrachte Vergütung aus den Einkünften

der

erledigten

Pfarre, dazu verpflichtet.

8. 397. Auch bei Kirchen, wo mehrere Geistliche sind, findet eine solche Vertretung der vacanten Stelle Statt, wenn nach dem Befinden deS Inspektors die übrigen Geistlichen die Arbeit allein

nicht bestreiten können.

$. 398.

Kommt die Präsentation innerhalb Sechs Monaten

nicht ein; und ist auch vor Ablauf dieser Frist eine Verlängerung

derselben nicht gesucht, oder nicht zugestanden worden: so fällt die Besetzung der Pfarre für diesen Fall den geistlichen Obern anheim.

8 399.

Wenn ein hiernächst bei der Prüfung

befundenes Subject präsentirt worden;

untauglich

und darüber die gesetz­

mäßige Frist verlaufen ist: so kommt, außer dem Falle deS 8- 392,

dem Präsentirenden noch eine Nachfrist von Sechs Wochen zu statten.

8- 400.

Muß nach 8 343 die Gemeine dem Patron Sub­

jecte zur Auswahl Vorschlägen; oder muß, nach 8- 340, 342, ein solcher Vorschlag der Gemeine von dem Patron geschehen: so fällt

nur daS Recht desjenigen, welcher in seiner Obliegenheit säumig

gewesen ist, den geistlichen Obern anheim. 8. 401.

So lange die geistlichen Obern von ihren Anfalls­

rechten noch keinen Gebrauch gemacht haben, kann der Patron ober die Gemeine das Versäumte nachholen. 8. 402.

Auch die geistlichen Obern müssen, so oft ihnen die

Ernennung deS Pfarrers anheim fällt, wegen Auswahl eines tauglichen

Subjects,

die

allgemeinen

gesetzlichen

Vorschriften

beobachten. 8- 403. Ist der Präsentirte bestätigt: so muß ihm die Ordi- Drbination,

Nation, wenn er selbige nicht wegen eines vorher bekleideten geist­

lichen Amts schon erhalten hat, verliehen werden. 8. 404.

Der erwählte und bestätigte Pfarrer muß in sein mnweis«»,.

262

Zweiter Theil.

Eilfter Xitel.

Amt, und zu allen Verrichtungen desselben, ordentlich eingewiesen werden "). 8. 405. Die Einweisung wird, der Regel nach, durch den Erzpriester oder KreiSinspector vollzogen. 8. 406. Die Kosten der $ocation38 39), 40 Präsentation 41 und Einweisung, wozu auch die Reisekosten der zur Einweisung nöthi­ gen Personen gehörenmüssen, wo nicht besondere Provinzial­ verordnungen ein Anderes festsetzen, auS den Einkünften der Kirche, und in deren Ermangelung, von der Gemeine bestritten werden. 8. 407. Die Kosten der Prüfung und Ordination hin­ gegen^ *) muß der neue Pfarrer tragen. §. 408. Auch muß, der Regel nach, der neue Pfarrer sich auf seine eigene Kosten an den Ort seiner Bestimmung hin­ begeben.

8. 409. Wo eS aber durch Provinzialgesetze, oder nach einem ununterbrochenen Herkommen, eingeführt ist, daß die Reise-

38) Die evangelischen Geistlichen sollen nach der Vers. d. M. d. G. rc. A. v. 24. April 1815 folgenden Diensteid leisten: „Ich N. N. schwöre einen Eid zu Gott, dem Allwissenden und Heiligen, daß, nachdem ich zum evangelischen Prediger bei der Gemeine N. berufen worden bin, in diesem und in jedem andern geistlichen Amte, zu welchem ich künftig berufen werden möchte, ich, so wie eS einem Diener der christlichen Kirche und des Staats geziemt, Sr. Königl. Majestät von. Preußen (Name des Königs), meinem allergnädigsten Könige und Herrn, und dem Königl. Hause treu und gehorsam sein, daö Wohl deS Landes in dem mir angewiesenen oder noch anzüweisenden Wirkungskreise, so viel in meinen Kräften steht, befördern, die mir wohlbekannten Pflichten des mir anver­ trauten Amts mit Gewissenhaftigkeit erfüllen, und in meiner Gemeine als ein treuer Seelsorger mit allem Ernst und Eifer bemüht sein will, durch Lehre und Wandel daS Reich Gottes und meines Herrn und Meisters Jesu Christi zu bauen. Alles, so wahr mir Gott helfe, durch Jesum Christum! Bei dieser Formel ist eS auch nach Erlaß der K. O. v. 5. Novbr. 1833 (Zus. 2 zu §. 3, Tit. 10), betr. den Diensteid der Beamten, verblieben, indem diese K. O. aus die Geistlichen und Schullehrer nicht Anwendung finden soll. B. deS M. d. Geistl. h. Ang. v. 24. April 1835. (Ann. Bd. XIX, S. 386.) Wenn ein evangelischer Geistlicher den StaatSeid noch nicht geleistet hat, so soll er bei seiner Einführung in ein neues Amt auf denselben verpflichtet werden. Schr. deff. Min. vom 5. Juli 1838. (Ebd. Bd. XXII, S. 640.)

39) Nicht aber die Bestätigungskosten. Unten, Anm. 41. 40) So wie die Diäten und Reisekosten der Superintendenten für Anhö­ rung der Gast- undj Probepredigten der Pfarramts-Kandidaten. Besch, deff. M. v. 14. Decbr. 1837. (Ebd. Bd. XXI, S. 958.)

41) Auch die Kosten für die Bestätigung der Vokation. v. 7. Februar 1820. (Jahrb. Bd. XIV, S. 279 ff.)

Erk. dcö Ob.-Tr.

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

263

kosten auS der Kämmerey- oder Gemeinecaffe gegeben, oder daß die Fuhren von den Mitgliedern der Gemeine unentgeldlich ver­ richtet werden; da hat eS noch ferner dabei sein Bewenden.

8- 410.

Doch soll in keinem Falle der Gemeine zugemu«

thet werden, einen Prediger, welchen sie nicht selbst gewählt hat, weiter, als in einer Entfernung von zwei Tagereisen, abzuholen.

8. 411. An Orten, wo die Gemeine den Prediger zu holen schuldig ist, muß sie auch die zu seiner Familie gehörenden Per­

sonen, und waS er an Kleidung, Wäsche, HauSrath, und Büchern

mitbringt, herbeiführen.' 8. 412. Die Berufung der Feld- oder Garnisonprediger ®eMung geschieht von dem RegimentSchef oder Gouverneur: und dieser Garnison" steht dabei gegen die geistlichen Obern deS MilitairstandeS in eben

dem Verhältnisse, wie der Patron gegen daS Konsistorium"). 8. 413.

Die Pfarrer müssen sich bei ihren Kirchen bestän-

dig aufhalten, und dürfen die ihnen anvertrauete Gemeine, selbst

bei einer drohenden Gefahr, eigenmächtig nicht verlassen.

8. 414.

Wenn sie zu verreisen genöthigt sind: so kann eS

nur mit Vorwiffen und Erlaubniß deS JnspectorS oder Erzprie«

sterS geschehen««). 8. 415. Dieser muß die Genehmigung der geistlichen Obern einholen, wenn die Zeit der Abwesenheit mehr, als Einen Sonn­ tag, in sich begreift««).

8. 416.

In allen Fällen muß der Pfarrer, unter Direktion

deS ErzpriesterS öder Inspektors, solche Veranstaltungen treffen,

daß die Gemeine bei seiner Abwesenheit nicht leide.

8. 417.

Bei seiner Amtsführung muß der Pfarrer alle den

Geistlichen überhaupt vorgeschriebenen Pflichten sorgfältig beob­ achten. 8.418. Dagegen hat er daS Recht, von den Eingepfarrten") D-m Pfarr-

42) Zu vergl. Mil.-Kirchenordnung v. 12. Februar 1832, §§.7 — 10, 16 u. 19. (Oben Zus. zu §. 58 d. T.) 43) Hinsichtlich der Mil. - Prediger s. m. §. 32 a. a. O. (vor. Anm.); in Betreff der Mvil-Geistlichen trifft die Reg.-Jnstr. v. 23. October 1817 § 18 Bestimmung. 44) Zu vergl. unten, §. 508 d. T. 45) Zu vergl. oben, die §§. 277 ff. u. die Anm. dazu. Die Oberbürgermeister, wenngleich sic landesherrlich bestätigt werden müssen, sind doch Kommnnalbeamte und daher so wenig wie die übrigen Kommunal-

Zweiter Theil.

264

Eilfter Titel.

zu fordern, daß sie sich in ihren Religionshandlungen, zu deren Vollziehung eS der Mitwirkung eines Pfarrers bedarf, nur feines

Amtes bedienen sollen. 419.

Dieser Verbindlichkeit können auch einzelne Einge-

pfarrte, ohne besondere Erlaubniß der geistlichen Obern, sich nicht entziehen. §. 420.

Dergleichen Erlaubniß

soll

nur auS erheblichen

Gründen, besonders aber alsdann ertheilt werden, wenn auS den Umständen erhellet, daß die Amtshandlungen dieses Pfarrers bei

den Eingepfarrten den Zweck der moralischen Besserung verfehlen dürften").. 8. 421.

Auch soll, wenn nicht nachgewiesen ist, daß die

Schuld davon auf der Seite deS Pfarrers sei, für die Entschä­

digung .desselben gehörig gesorgt werden. 8. 422.

Auch in einzelnen Fällen dürfen Eingepfarrte ihre

Trauungen, Taufen und Begräbnisse durch einen andern, alS den in ihrer Parochie bestellten Pfarrer, ohne dessen Einwilligung")

nicht vornehmen lassen. Stolgebühren.

8. 423.

Der Pfarrer hat für dergleichen Handlungen die

festgesetzten Stolgebührcn zu fordern; und der Richter muß ihm dazu, nöthigenfallS, auf gebührendes Anmelden verhelfen").

beamten von dem Pfarrzwange befreit. Besch. deS M. der Geistl. rc. Ang. v. 13. Juli 1828. (Ann. Bd. XII, S. 682.)

46) Die §§. 418 — 421 betreffen den Fall der gänzlichen Befreiung ein­ zelner Eingepfarrten von dem Pfarrzwange. Eine solche kann nur durch die geistlichen Obern, und zwar auch ohne Einwilligung des Pfarrers (§. 422), aus­ gesprochen werden. Zu vergl. Besch, d. M. d. Geistl. rc. Ang. v. 6. April 1839. (Ann. Bd. XXIII, S. 374.)

47) Die Einwilligung heißt Dimifforiale. Das Einschreiten der geistlichen Obern kann bei diesem Falle nur dann vorkommen, wenn der Pfarrer .die Ertheilung des DimifforialeS auS Eigensinn oder Begehrlichkeit entweder ver­ weigert oder ungebührlich verzögert. (Ebders. Min -Besch.) Zu vergl. §. 428. Bei geistlichen Amtshandlungen, welche auf Grund eines Staatskonsenses von einem der Konfession desjenigen, der die Amtshandlung nachsucht, nicht zugethanen Geistlichen vorgenommcn werden, ist weder ein Dimifforiale des zustän­ digen Pfarrers, noch die Vorausbezahlung der Stolgebührcn erforderlich, viel­ mehr vertritt in solchen Fällen der Staatskonsens die Stelle deS DimifforialS. Besch, deff. Min. v. 26. Februar 1844. (M. Bl. d. i. B. S. 67.) 48) Im Wege deS MandatSprozeffcS, auf Grund eines beizubringenden Festsetzungs-Dekrets. K. O. v. 19. Juni 1836 Nr. 5. (G. S. S. 198.) Das Bcichtgeld soll als ein allgemein anstößiges Accidenz allgemein abge­ schafft und die Geistlichkeit dafür, nach dem Durchschnittscrtrage, aus den Kir­ chen- oder Gemeindekaffen, wo diese, ohne neue Auflagen und die Gemeine es

Don dem Pfarrer und dessen Rechten.

$. 424.

265

Er kann aber diese Gebühren niemals voraus

fordern, noch deshalb die von ihm begehrte Amtshandlung ver­ schieben. 8. 425.

Das Recht, eine Tarordnung für die Stolgebühren

vorzuschreiben, selbige zu erhöhen, oder sonst zu ändern, gebührt allein dem Staate.

§. 428. Kirchenbediente, welche sich mit den ihnen angewie­

senen Gebühren nicht begnügen, sollen um den drei- bis zehn­ fachen Betrag des zu viel Geforderten fiskalisch") bestraft werden.

8. 427.

Kein Geistlicher darf dergleichen Handlungen, die

einer andern Parochie zukommen, ohne ausdrückliche Bewilligung

des gehörigen Pfarrers vornehmen. 8. 428. Dieser aber darf, gegen Empfang der ihm zukom­ menden Gebühren, die Einwilligung nicht versagen. §. 429.

Diese Einwilligung muß schriftlich ertheilt, und eS

dürfen dafür keine besondere Gebühren gefordert werden.

§. 430.

Eine dergleichen Einwilligung berechtigt jeden zu

dergleichen Handlungen überhaupt befugten Geistlichen, die Hand­ lung vorzunehmen.

8. 431.

Soll aber bei einem protestantischen Eingepfarrten

die Handlung von einem katholischen Geistlichen, oder umgekehrt,

verrichtet werden; so ist dazu die Erlaubniß des Staats ") erfor­ derlich.

8. 432.

Soll ein Pfarrer

eine an

sich

ihm

gebührende

Handlung in dem Sprengel eines andern Pfarrers von seiner Religionspartei vornehmen: so muß dazu die Einwilligung des

diesem Sprengel vorgesetzten Pfarrers eingeholt werden. 8. 433. Dieser letztere ist schuldig, die Einwilligung gegen

Empfang, der halben Gebühren zu ertheilen; dem die Handlung

vermögen, und wo sie eS nicht vermögen, aus den Staatskassen entschädigt wer­ den, nach der K. O. v. 27. Mai u. 27. Novbr. 1816. (Ann. Bd. I, H. 1, S. 126.) Dies hat sich jedoch noch nicht überall durchführen lassen.

49) Die Strafe fließt zur Staatskasse (anders in Ostpreußen nach Znf. 181 des Prov. - R.); die Festsetzung aber geschieht durch die geistliche Amtsbehörde, im Disziplinarwege.

50) Die kosten - und stempelfreie Grtheilung dieser Erlaubniß war für die evangelischen Geistlichen den Superintendenten, und für die katholischen Geistli­ chen den Landrathcn übertragen. K. O. vom 6. November 1841 (M. Bl. d. i. B. 1842, S. 60, 12) u.' Besch, des Fin. Min. v. 7. Septbr. 1842 (ebb. S. 359). Nach der Circ.-Berf. d. Min. des Kultus v. 11. März 1849 bedarf es jedoch zu gegenseitigen Parochial-Handlungen der evangelischen und katholi­ schen Geistlichen der Staatserlaubniß nicht mehr. (M. Bl. d. i. B. S. 44.)

Zweiter Theil.

Gilfter Titel,

selbst vollziehenden Pfarrer aber darf deswegen an seinen Gebüh­

ren nichts abgezogen werden. $. 434. Ein Pfarrer welcher, obigen Vorschriften zuwider, eine vor einen andern Pfarrer gehörende Handlung ohne dessen Einwilligung vornimmt, soll um den doppelten Betrag der erhal­ tenen Gebühren fiskalisch2') bestraft, der gehörige Pfarrer aber Trauungen.

von dem Eingcpfarrten entschädigt werden. $. 435. Die Trauung gebührt der Regel nach dem Pfar­

rer der Braut22). 8. 436. Wenn ein Theil der Verlobten zur deutsch-reformirten, und der andere zur französisch-reformirten Kirche gehört: so kommt die Trauung dem Pfarrer deS Bräutigams zu.

§. 437.

Gehört der Bräutigam zur Militärgerichtsbarkeit:

so muß die Trauung von dem Feld- oder Garnisonprediger ge­ schehen; und zwar ohne Unterschied, zu welcher Religionspartei

der Bräutigam sich bekenne.

8. 438.

Gehört der Bräutigam zum Civil-, die Braut aber

zum Militairstande: so gebührt die Trauung dem Pfarrer deS

OrtS, zu dessen Kirchsprengel der Bräutigam gehört. 8. 439.

Soll jedoch die Trauung an einem andern Orte,

als wo der Pfarrer des Bräutigams wohnt, geschehen: so ist

auch in diesem Falle der Pfarrer der Braut dazu berechtigt22).

51) Zu vergl. oben, Sinnt. 49 zu

426.

52) Großjährige, nicht unter väterlicher Gewalt stehende Bräute kön­ nen nach eigener Willkür ihren Wohnsitz vor der Hochzeit verändern und bann von dem Pfarrer des neuen Wohnsitzes getraut werden; stehen sie unter väter­ licher Gewalt, so kann mit Bewilligung ihres Vaters das Gleiche geschehen. — Minderjährige, unter väterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehende Frauenspersonen können nur durch die Heirath selbst, oder durch förmliche Aus­ wanderung ihren gesetzlichen Wohnsitz am letzten Wohnorte ihrer Eltern verän­ dern, und gebührt daher die Trauung derselben dem Pfarrer dieses gesetzlichen Wohnsitzes auch dann, wenn die Braut schon vor der Hochzeit, mit Bewilligung ihrer Eltern oder Vormünder, an den Wohnort ihres Bräutigams verzogen ist. C. V. d. Min. der Geistl. ic. Ang. vom 19. Januar 1843. (M. Bl. d. i. V. Seite 7.) Selbstverständlich ist vorausgesetzt, daß der Vater seine noch minder­ jährige Tochter nicht ausdrücklich und förmlich der väterlichen Gewalt entlassen (Tit. 2, §. 230) und deren Majorennitätserklärung bewirkt hat (Tit. 18, §. 715, vergl. mit Sinnt. 10 zu §. 89 des Anh. zu §. 216, Tit. 2), was ihm völlig frei­ steht. Dann gilt von solchen Bräuten das Gleiche, was von großjährigen und selbstständigen. Wegen Trauungen von Ausländern mit diesseitigen Unterthaninnen: oben, Tit. l, §:44 u. Zuf. Nr. 15 daselbst, so wie die Sinnt, dazu.

53) Zu vergl. die neuern Bestimmungen der 88* 59 — 64 der Mil. - Kirchenordnung vom 12. Febr. 1832. (Zus. zu 8- 58 d. T.)

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

8. 440.

Jeder

267

Pfarrer, welcher ein Aufgebot oder eine

Trauung verrichten soll, muß die darüber vorhandenen gesetzlichen

Vorschriften genau beobachten, und sorgfältige Erkundigungen ein­ ziehen: ob die rechtlichen Erfordernisse einer gültigen Ehe vor­

handen, oder-ob Ehehinderniffe im Wege sind. (Tit. 1, Abschn. 1,2.)

§. 441.

Wenn mit Erlaubniß deS ordentlichen Pfarrers die

Trauung durch einen andern Geistlichen verrichtet, und diesem

der gehörige Aufgebotsschein vorgelegt worden: so wird der trau­ ende Pfarrer nur wegen solcher Mängel und Ehehindernisse ver­ antwortlich, von denen er überführt werden kann, daß sie ihm

wirklich bekannt gewesen sind. 8. 442.

Wenn ein katholischer.Pfarrer Anstand nimmt, eine

Ehe, welche nach den Landeögesetzen erlaubt ist, um deswillen,

weil die Dispensation der

geistlichen Obern nicht

nachgesucht,

oder versagt worden, durch Aufgebot und Trauung zu vollziehen: so muß er sich gefallen lassen, daß diese von einem andern Pfar­ rer verrichtet werben54).

8. 443.

Die Bezirks-Regierung55)56 ist in einem solchen

Falle, so wie auch alsdann schon, wenn der katholische Pfarrer daS Aufgebot aus einem solchen Grunde versagt, wohl befugt,

beides einem andern Pfarrer, allenfalls auch von einer verschie­

denen Religionspartei, aufzutragen. Anh. §. 130. ES 'macht keinen Unterschied, ob nur einer oder ob beide Theile der katholischen Religion zugethan sind").

§. 444.

UebrigenS sind die katholischen Pfarrer bei fiskali­

scher Ahndung verbunden, die von ihren geistlichen Obern ihnen

54) Der katholische Pfarrer, welcher Aufgebot, Trauung und Laßschein verweigert, muß diese Weigerung schriftlich mit Aufführung deS kanonischen Grundes von sich geben. Beruhet Vie Weigerung bloß auf ReligionSvcrschiedenheit und darauf, daß ein Theil die Erziehung der Kinder in der katholischen Religion nicht versprechen wollen; so können die evangelischen Pfarrer auf Grund dieser Weigerung, welche als Dimifforial vient und aufzubewahren ist, die Trauung voll­ ziehen. Werden noch andere kanonische Gründe angegeben oder wird eine schrift­ liche Erklärung verweigert; so hat der evangelische Geistliche dies der Regierung (folg. Anm.) vorzulegen und Erlaubniß einzuholen. R. d. M. d. Kult, vom 20. Januar 1817. (Sinn. Bd. I, H. 2, S. 116.)

55) R. v. 5. Oktober 1811 und 27. November 1813. Seite 17.)

(Jahrb. Bd. II,

56) Aus,der Entsch. d. Ges.-Kommiss, v. 15. Februar 1799 und dem R. v. 15. März 1799. (Rabe, Bd. V, S. 376.) Zu vergl. oben, Tit. 1 $$.11, 12, 734, 735 u. die Anm. dazu.

268

Eilster Titel.

Zweiter Theil.

zukommenden-Dispensationen, ehe

sie davon Gebrauch machen,

der ^Regierung57)58der 59 60 Provinz 61 62 vorzulegen.

§. 445.

Kein Pfarrer darf, ohne besondere Erlaubniß deS

geistlichen Departements, fremde Ofstziere, die in hiesigen Landen

heirathen wollen, aufbieten oder trauen. Don Tauf«.

$. 446.

Die Taufe'«) ehelicher Kinder gebührt in der Regel

dem Pfarrer deS VaterS.

Anh. §. 131 Kinder christlicher Aeltern sollen längstenSechs Wochen nach der Geburt getauft werden"). §. 447.

Sind die Aeltern von verschiedener ReligionSparteir

so gebührt die Taufe — der Regel nach dem Pfarrer deS VaterS. (Der Schluß fällt weg)*«). §. 448. Die Taufe der

unehelichen Kinder kommt dcns

Pfarrer der Mutter zu*7). $. 449.

Steht in beiden Fällen der Vater unter Militair«

gerichtSbarkeit: so muß die Taufe von dem Feld- oder Garnison«

Prediger, ohne Unterschied der ReligionSpartei deS VaterS, ver­ richtet werden *8). $. 450.

Ist die Niederkunft nicht an dem Orte geschehen,

wo der gehörige Pfarrer sich aufhält: so kann auch der Pfarrer

57) Oben, Anm. 55 zu §. 443.

58) Boi der Taufe sollen nicht über 5 Gevattern zuqezoqeii und für jede« überzähligen 7 Sgr. 6 Pf. von den Eltern de- Kindes entrichtet werden. Vers, d. M. d. Geistl. ic. Ang. v. 20. Juli 1812 (AmtSbl., im Surrn. S. 408). Auch ist bei Taufen die Beilegung nur solcher Vornamen gestattet, welche entweder zu den unter Christen üblichen Taufnamen gehöre», oder, falls ste neu gebildet, an sich einen Sinn und in ihrer Bedeutung nicht- Anstößige« haben. Familienzunamen, die nicht zugleich übliche Taufnamen sind, dürfen den Täuf­ lingen nicht beigelegt werben. Vcrf. d. M. d. Inn. v. 25. n. 28. Octbr. 1816. (Amt-bl, im Surrn. S. 390.) 59) Au« der S. O., welche durch da« R. v. 23. Februar 1802 mitgetheitt ist. (Stabe, Bd. VH, S. 63.) Dort ist gesagt, daß Eltern, welche den Vor­ stellungen kein Gehör geben, und sich nicht von der Kirche ganz trennen, und bloß geduldet sein wollen, gleichsam al« Wahnsinnige betrachtet, daß daher ihren Kindern Vormünder bestellt ugd durch diese dafür gesorgt werden müsse, daß die Unvernunft der Eltern den Kindern nicht nachtheilig werde. Bei der Zwang-taufe wird die vom Vater vollzogene Taufe nicht berücksichtigt. — In diesem Falle ist also die Zwang-taufe eine Wicvcrtaufe. 60) Dekl. v. 21. November 1803.

(Oben, Zus. zu §. 76, Tit. 2.)

61) Zn vergl. §§. 642, 643, Tit. 2. 62) Zu vergl. §§. 59 ff. der Mit, - Kirchenordnung v. 12. Februar 1832 (oben, Zus. zu §. 58 d. T-).

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

268

des Orts der Niederkunft die Taufe ohne weitere Rückfrage ver­ richten. S. 451.

Hat eine Nothtaufe geschehen müssen : so muß dem

ordentlichen Pfarrer davon unverzüglich Anzeige gemacht werden.

$. 452.

Für die Handlungen oder Gebräuche, welche hier­

nächst, nach Verschiedenheit der ReligionSparteien, bei einet« sol­

chen am Leben bleibenden Kinde vorgenommen werden, hat der

Pfarrer eben die Gebühren, wie für eine Taufe, zu fordern.

8- 453. Jeder Eingepfarrte muß der Regel nach in seiner Do«B«. Parochie begraben werden6y). gtaimfftn.

8 454.

Stirbt Jemand außer seiner Parochie, jedoch an

eben demselben Orte: so hat der Pfarrer seines Kirchspiels daS

Recht, zu fordern, daß die Beerdigung in seiner Parochie geschehe. 8- 455.

Stirbt er aber an einem andern Orte: so haben

die Hinterlassenen die Wahl, ob sie ihn da, wo er gestorben ist, begraben, oder in seine ordentliche Parochie zurückbringen lassen wollen. 8. 456.

Ueberhaupt kann jeder Eingepfarrte sein und der

Seinigen Begräbniß auch außerhalb seiner Parochie wählen. 8. 457.

Hat der Verstorbene selbst gewählt: so ist eS hin­

reichend, wenn nur seine WillenSmeinung mit genügsamer Ge­

wißheit bekannt ist.

8. 458.

Außer den Fällen deS 8- 454, 455 müssen aber

nicht nur dem Pfarrer und der Kirche, wo die Beerdigung ge­ schieht, sondern auch dem Pfarrer und der Kirche, denen sie eigentlich zukommt, die Gebühren entrichtet werden.

8. 459.

Doch haben letztere, wenn nach 8- 457 der Ver­

storbene selbst gewählt hat, nur solche Gebühren zu fordern, die, nach der Verfassung jedeS OrtS, von allen Begräbnissen derjeni­ gen Classe, zu welcher die Leiche gehört, nothwendig zu entrich­ ten sind. 8- 460.

Soll eine Leiche, auf bloßes Verlangen der Hin-

63) Da- öffentliche Au-stcllen der Leichen und die Oeffnnng der Särge bei den Begräbniß - Ceremonien ist al- ein der Gesundheit höchst nachtheiligcr Ge­ brauch allgemein verboten. Circ. d. gcistl. Dep. v. 16. März 1802. (Rabe, Bd. VII, S. 80.) Mehrere Kirchen, welche einen gemeinschaftlichen Kirchhof haben, nehmen an den Gebühren für Grabstcllen verhältnißmäßig Theil. Erk. de- Ob.-Tr. »om 23. Decbr. 1847. (Rechtsf. Bd. III, S. 257.)

270

Zweiter Theil.

Gilfter Titel.

terlassenen, außer der gehörigen Parochie begraben werden; so müssen letztere dem Pfarrer und der Kirche dieser Parochie, außer

den nothwendigen Gebühren, auch diejenigen Handlungen und Feierlichkeiten, welche sie bei der fremden Kirche vornehmen lassen, tarmaßig bezahlen. 8. 461. Wer ein Erb- oder Familienbegräbniß außerhalb deS Kirchspiels hat, kann verlangen, daß sein und der Seinigen

Leichname dahin abgeführt werden. 8. 462. Doch sind auch alödann der

Kirche

und

dem

Pfarrer, für welche daS Begräbniß eigentlich gehören würde, der Regel nach, die ihnen nach 8- 459 zukommenden Gebühren ohne

Abzug zu entrichten. 8- 463. In allen Fällen, wo eine Leiche durch einen an­ dern Gerichtsbezirk geführt werden soll, muß bei dem Obergerichte

der Provinz ein Leichenpaß gesucht werden. 17. K. O. vom 9. Juni 1833, betr. die Ausstellung der Leichrnpässe. (®. S. S. 73.) Nach dem Anträge der Minister der Polizei und der Justiz bestimme Ich, daß die Leichrnpässe, «eiche auf den Grund deS §. 463, Tit. 11, JP. II, A. L. R. von dem Obergerichte der Pro­ vinz ertheilt werden, fernerhin durch die Regierungen als ProvinzialPolizeibehörde, nach vorgängiger medizinalpolizeilicher Untersuchung, ausgefertigt werden sollen. Wird die Leiche durch mehrere Pro­ vinzialbezirke geführt, so ist die den Paß ausfertigende Behörde verpflichtet, den Regierungen der andern Bezirke von der Ertheilung des Passes Nachricht zu geben, auch die auf dem Wege zunächst berührten Polizeibehörden deS benachbarten RegierungS-DepartementS davon zu benachrichtigen.

8. 464.

Kann ein solcher Paß nicht vorgezeigt werden: so

hat die ordentliche Obrigkeit jedes OrtS der Durchfuhre daS Recht, zu verlangen, daß der Sarg geöffnet, und ihr die Besichtigung der Leiche gestattet werde®4).

64) Dieses Gesetz, welche- nur die Verhütung der Verheimlichung einer ge­ waltsamen TodeSart bezweckt, untersagt nicht unbedingt den Leichentransport durch einen andern Gericht-bezirk ohne Leichenpaß, sondern knüpft daran nur die Folge, daß die Obrigkeit (Polizei), deren Sprengel berührt wird, berechtigt sein soll, die Oeffnung de- Sarge- Behufs Besichtigung der Leiche zu ver­ langen. E- versteht sich hiernach, daß der Durchgang auch bei mangelndem Leichcnpaffe ohne Besichtigung der Leiche gestattet werde» kann, wenn auf irgend andcrm Wege genügende Ueberzeugung von einer unverfänglichen Bewandtniß der Sache verschafft wird. Ein zur Vermeidung von Weiterungen gereichendeAuskunft-mittel läßt sich auch in der Art treffen, daß den die Leiche begleitenden Personen eine, in Fällen der Zugehörigkeit der Leich« »ach dem Orte ihrer Be-

Bon dem Pfarrer und dessen Rechten.

271

Z. 465. Die Pfarrer, durch deren Kirchspiel die Leiche ge­ bracht wird, können davon weder für sich, noch für die Kirche Gebühren fordern. §. 466. Jeder Pfarrer, von welchem, bei Gelegenheit der Durchfuhr«, gewisse Amtshandlungen oder andere Feierlichkeiten ausdrücklich verlangt werden, hat davon die Gebühren, für sich und die Kirche, nach der Tare des OrtS zu fordern"). $. 467. Ist der Todte an einer ansteckenden Krankheit ver­ storben, so daß durch Wegbringung der Leiche die Ansteckung verbreitet werden könnte: so muß die Leiche schlechterdings, und ohne Unterschied der Fälle, da, wo sie ist, beerdigt werden. $. 468. AlSdann sind aber auch die Gebühren nur dem Pfarrer und der Kirche der Parochie, wo die Beerdigung wirk­ lich geschehen ist, zu entrichten. $. 469. Jeder Todesfall muß dem Pfarrer deS Kirchspiels, in welchem er erfolgt ist, angezeigt werden. $. 470. Eben das gilt auch bei Personen, die sonst keiner Parochie unterworfen sind*'). 8. 471. Auch von todtgebornen, oder vor der Taufe ge­ storbenen Kindern, muß die Anzeige dem Pfarrer geschehen. 8. 472. Auch solche Kinder dürfen, ohne Vorwiffen deS Pfarrers, nicht außerhalb dem öffentlichen Kirchhof begraben werden.

stimmung wol genügende Legitimationöbefcheinigung nur von der Polizeibehörde deS Sterbeorts mitgegeben, und das Erforderniß förmlicher Leichenpäffe sonach nur auf den seltenen Fall deS Transports aus einem überhaupt fremden Bezirk beschrankt wird. Besch, d. Min. d. Geist, rc. Ang., deS Inn. u. d. Pol. vom 12. Juli 1838. (Ann. Bd. XXII, S. 725.) 65) Um dergleichen Ansprüche zu verhindern, setzt daS Min. d. Inn. in die von ihm zu ertheilenden Urkunden folgenden Zusatz: Zugleich wird in Uebereinstimmung mit dem K. Minister!» der geistlichen k. Angelegenheiten darauf hingewiesen, daß, der Vorschrift der §§. 465 u. 466, Tit. 11, Th. II deS Allg. Landrechts zufolge, die Pfarrer, durch deren Kirch­ spiel die Leiche gebracht wird, nicht berechtigt stnd, in Beziehung auf diesen Transport für stch oder für die Kirche Gebühren zu fordern, es fei denn, daß gewisse Amtshandlungen oder andere Feierlichkeiten ausdrücklich verlangt werden. Die K. Reg. find aufgefordert, in die auf Grund der K. O. vom 9. Juni 1833 auch Ihrer SeitS in vorkommenden Fallen zu ertheilenden Leichenpäffe künftig einen ähnlichen Zusatz aufzunehmen. V. d. Min. d. G. Ang. und d. Inn. vom 31. August 1844. (V. Min. Bl., S. 269.) 66) Juden und Dissidenten haben die Todesanzeigen dem Gerichte zu machen. Oben, Zus. 10 zu §. 136 Tit. 1.

Zweiter Theil.

272 8. 473.

Eilfter Titel.

Der hinterlassenen Familie, und in deren Ermange­

lung dem Wirthe des Hauses, in welchem der Todesfall erfolgt ist, liegt eS ob, denselben attzuzeigen. 8- 474. Der Pfarrer muß sich nach der TodeSart erkundi­

gen, und dem Todtengräber aufgeben, bei der Einlegung der Leiche in den Sarg, und bei dessen Zufchlagung gegenwärtig zu fein.

8 475.

So

lange eS noch im' geringsten zweifelhaft ist:

ob die angebliche Leiche wirklich todt fei, muß daS Zuschlägen deS SargeS nicht gestattet werden. 8. 476.

Die nähern Bestimmungen, wegen der zur Ver­

hütung deS Lebendigbegrabens nöthigen Vorsichten, bleiben den

besondern Polizeiverordnungen vorbehalten6 7).

8- 477. sichtigung der

Alle gewaltsame TodeSarten, so wie deren bei Be­

Leiche sich

ergebende

Vermuthungen,

muß

der

Pfarrer der ordentlichen Obrigkeit schleunigst anzeigen und, vor erfolgter ilntersuchung, weder daS Begräbniß, noch die Abfuhre

gestatten").

8. 478.

Ist dem

Pfarrer

bekannt, daß

der

Verstorbene

minderfährige, wahn- oder blödsinnige, oder auS andern gesetz­ lichen Gründen unter Vormundschaft zu setzende Kinder,

oder

sonstige Erben hinterlasse: so muß er der Obrigkeit davon An­ zeige machen.

8- 479.

Die Anzeige muß der Regel nach derjenigen Be­

hörde, unter welcher der Verstorbene seinen persönlichen Gerichts-

67) M. s. die sehr umfangreiche Instruktion (ein Gutachten deS Ober-Kol­ legium Sanitatis) vom 31. Oktober 1794 über die Kennzeichen deS wirklich er­ folgten Todes zur Vermeidung des Begrabens lebender Menschen. (Rabe, Bd. XIII, S. 270.) — Die Verf. d. Min. d. Inn. u. d. Pol. vom 27. März 1827, ordnet, bei der Unauöführbarkeit der früheren Bestimmungen, an: 1) daß eS zwar bei der Vorschrift, nach welcher Niemand vor Ablauf von 72 Stunden nach seinem Ableben beerdigt werden darf, der Regel nach ver­ bleiben müsse; 2) daß aber ein früheres Beerdigen, außer den Fällen, wo ein solches sogar geboten sei, wie z. B. bei Epidemien ic., auch in den Fällen nachgegeben werden könne, wenn: a) entweder ein approbirter Arzt oder Wundarzt .bezeugt, daß die Leiche alle Spuren des wirklichen Todes an stch trage, b) oder an Orten, wo kein Arzt ist, der Bürgermeister oder der Dorffchulz mit zwei erfahrnen Mannern, mit Rücksicht auf die in dem Gutachten deS Ober-Kollegium Sanitatis vom 31. Oktober 1794 angegebenen VorfichtSmaaßregcln, die Verhältnisse untersucht und die frühere Beerdigung gestattet hat. (Ann. Bd. XI, S. 168.) 68) Zu vergl. Crim. O. §§. 149,1&0.

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

273

stand hatte; wenn aber diese dem Pfarrer unbekannt, oder außer­

halb der Provinz ist, dem nächsten Gerichte geschehen. $. 480.

Sowohl der Pfarrer deS Kirchspiels, in welchem

der Todesfall erfolgt, als der, wo die Beerdigung geschehen ist,

find zu dieser Anzeige verpflichtet.

8.481.

Die Pfarrer sind schuldig, richtige Kirchenbücher8 •)

zu halten, und darin alle von ihnen besorgte, ingleichen alle die Eingepfarrten betreffende und ihnen angezeigte Aufgebote, Trau­

ungen, Geburten, Taufen und Begräbnisse deutlich und leserlich einzuschreiben. 8. 482. Die Eintragung muß sogleich nach vorgenommener Handlung oder geschehener Anzeige erfolgen, und daS

Datum

muß mit Buchstaben auSgedrückt werden.

8. 483.

Bei Trauungen müssen die Vor-, Zu- und Ge-

fchlechtSnamen, ingleichen daS Alter beider Verlobten; auch ob sie b‘iu®",,rr‘1' schon verheirathet gewesen, oder nicht; ob sie noch unter Aeltern Trauungen;

und Vormündern stehen, oder nicht, verzeichnet werden88'). 8- 484. Stehen die Verlobten, oder einer von ihnen, noch

unter Aeltern oder Vormündern: so muß der Pfarrer dabei be­ merken: wie ihm die Einwilligung derselben nachgewiesen worden. 8. 485.

Bei Geburten und Taufen muß der Pfarrer den ter taufen;

Vor-, Zu- und GeschlechtSnamcn, und den Stand der Aeltern,

ingleichen den Namen und

Stand

der

gegenwärtig gewesenen

Taufzeugen, nebst den Namen, welche dem Kinde selbst beigelegt worden, mit eintragen. 8. 486. Auch muß er dabei die Angabe der Aeltern, oder in deren Ermangelung, der Hebamme, von dem Tage und Stunde

der Geburt, bemerken. 8. 487. Giebt die Mutter eineS unehelichen KindeS den

Vater nicht an: so muß eS der Pfarrer zwar dabei bewenden lassen69 70); zugleich aber sich sorgfältig erkundigen: ob auch die

69) Formulare dazu schreibt vor die V de« Min. d. G. k. Ang. vom 11. No». 1819. (Pos. Aml«bl. 1820, S. 127.) Außer de» Kirchenbüchern sollen die Geistlichen auch Pfarrregistrandcn hal­ ten, worin sie den wesentlichen Inhalt der an sic ergehenden Vers, der Behör­ den vermerken. Publ. v. 18. Sept. 1826. (Ann. Bv. X, S. 745.)

69a) Oben, Sännt, zu §. 596, Tit. 2. 70) Zu vergl. oben, Anm. 21 zu §. 614, Tit. 2. Koch, Allgemeine« Landrecht.

XV.

18

Zweiter Theil.

274

Stifter Titel.

Mutter daS Kind zu verpflegen und zu erziehen hinlängliche Mittel habe. 8- 488.

Findet er dabei ein Bedenkenr so muß er selbigeS

der Obrigkeit deS Orts anzeigen. §. 489. Wird der Vater deS unehelichen KindeS angegeben: so muß der Pfarrer denselben darüber vernehmen; und wenn er sich dazu bekennt, den Namen desselben, so wie die Art, wie dieS

Bekenntniß an ihn, den Pfarrer, gelangt ist, in daS Kirchenbuch

mit eintragen 71).72 8 490. Widerspricht der genannte Vater der Angabe der Mutter; oder kann derselbe, weil sein Aufenthalt entfernt oder unbekannt ist, nicht vernommen werden: so darf der Pfarrer

seinen Namen in daS Kirchenbuch nicht einschreiben. 8. 49l. Er muß aber den Fall der Obrigkeit deö OrtS, zur Untersuchung und Obsorge für daS Beste deS KindeS, sofort anzeigen. »er Todt«. 8. 492. Bei Todesfällen muß der Name, der Stand und f4U‘" daS Alter deS Verstorbenen, der Tag deS TodeS, die Krankheit

oder sonstige TodeSart, nach der dem Pfarrer geschehenen Anzeige, eingeschrieben werden. 8. 493. Hat der Pfarrer den Verstorbenen nicht persönlich

gekannt: so muß er sich durch die Aussagen glaubwürdiger Per­ sonen so viel alS möglich versichern, daß derselbe wirklich derjenige

gewesen sei, für den er ihm angegeben worden.

8. 494.

Wie er zu dieser Versicherung gelangt sei, muß in

dem Kirchenbuche mit vermerkt werben.

8- 495.

Den Tod

muß der Pfarrer,

und die Beerdigung

eineS

Fremden

wenn sonst Niemand vorhanden ist, welcher

davon in die Hcimath desselben Nachricht geben könnte, zu diesem

Behufe dem nächsten Gerichte anzeigen, vinwagunü §. 496. In allen Fallen, wo dem Pfarrer eine Handlung, antrnn ^!r. pix in einer andern Parochie vorgcnommcn werden soll, bloß an-

HanuünA-n stcic*ßt wird, muß er dennoch diese Anzeige, mit Bemerkung deS OriS, wo die Handlung selbst erfolgen soll, in sein Kirchenbuch

tinzeichnen7 -).

71) Zu »ttfll. Anh. §.94 (ju §.592, Tit. 2) und Sinnt. 4 dazu.

72) Zu vcvjl. §. 48 Oer MU. rAitchenordnung vom 12. Febr. 1832 (Zus. zu §. 58 o. T.).

Don dem Pfarrer und dessen Rechten.

275

8. 497. Don solchen bloßen Anzeigen aber muß er, bei Fertigung der jährlichen Listen, keinen Gebrauch machen. $. 498. Diejenigen, welche einer bloß geduldeten, mit keiner eigenen Kirchenanstalt versehenen Religionspartei zugethan sind, müssen die unter ihnen vorkommenden Geburten, Hcirathen und Sterbesälle, dem Pfarrer deS Kirchspiels, in dessen Bezirk sie wohnen, zur Eintragung in daS Kirchenbuch anzeigend').

$. 499. Dergleichen Anzeigen gehören mit in die jährlichen Listen. $. 500. Wenn bei einer Kirche mehrere Geistliche angesetzt sind: so muß dennoch nur der eigentliche Pfarrer das Kirchen­ buch führen. 8. 501. Der Küster muß ein Duplikat deS Kirchenbuchs Dur«,-« halten, und darin die von dem Pfarrer eingetragenen Vermerke betu*?.‘n'

getreulich abschreiben. $. 502. Am Ende eines jeden JahreS muß der Pfarrer dies Duplikat mit feinem Kirchenbuche vergleichen, und die be­ fundene Richtigkeit darunter bezeugen. $. 503. Sodann muß dieses Duplikat bei den Gerichten deS OrtS verwahrlich niedergelegt werden. 8.504. Kirchenzeugnisse") müssen jedoch aus dem von dem «irch-n. icugniffe.

73) Oben, Anm. 66 zu §. 470 d. T. 74) In Betreff der AuSferligung der Taufscheine für uneheliche und durch nachfolgende Ehe legitimirte Kinder schreibt die V. des Min. d. G. re. Ang. v. 23. Aug. 1819 (Ann. Bd. III, S. 725), im Einverständniß mit dem I. M., und daS R. deS I. M. v. 17. Oktober 1831, unter Mittheilung einer Vcrf. des Min. der G. ic. Ang. v. 30. Septbr. 1831 (Jahrb. Bd. XXXVIII, S. 291) vor, daß der Pfarrer sich auf die Ausstellung eines Taufzeugnisses nach Lage des Kirchenbuchs beschranken und den Interessenten überlassen' muß, sich über daS Familicnvcrhältniß da, wo cs verlangt wird, naher auszuweisen; daß jedoch in dem Kirchenbuche auf Grund deS KopulationSschcinS (wenn der Ehe­ mann daS unehelich gcborne Kind anerkennt) oder bcigebrachter gerichtlich be­ glaubigter Atteste, oder der Verhandlung über daS Anerkenntniß der Vaterschaft (Anm. 21 zu §. 614 Tit. 2), welche Beweisstücke beim Kirchenbuche verbleiben müssen, von dem Pfarrer ein, den bctr. Inhalt deS Attestes re. kurz angcbcnder, Vermerk gemacht, und demnächst in daS auSzustcllende Taufzeugniß mit aus­ genommen werden soll. Hinsichtlich der Todt en sch eine dec Ausländer ist von dem Min. d. G. Ang., der I., der auswärt. Ang., deS Kr., des Inn. und der Pol., nach dem Erl. vom 19. December 1836 (Jahrb. Bd. XLV11I, S. 487) beschlossen, daß wenn ein Ausländer a) in diesseitigen Militair- oder Civil-Lazarethcn, in Hospitälern, Ge­ fängnissen, Lehr-, Erwerb-, milden, Invaliden- oder Straf-Instituten und wie die Anstalten sonst heißen mögen, oder b) an einem Orte verstirbt, wo er keine Verwandte oder Bekannte hat,

276

Zweiter Theil. Eilster Titel.

Pfarrer geführten Originale, und nur in dessen Ermangelung all­ dem Duplicate ertheilt werden. §. 505. Auch in diesen Zeugnissen soll, zur Vermeidung aller Zweifel und Verfälschungen, da- Datum, worauf eS ankommt, nicht bloß mit Zahlen, sondern zugleich mit Buchstaben ausgedrückt, und die Zeugnisse selbst müssen mit dem Kirchensiegel bestärkt werden. 18. St. O. vom 5. August 1833, betr. die gebühren» freie Ausstellung der den Gerichten als Vormund» schaftsbehörden erforderlichen Atteste auS den Jtir» chenbüchern bei Armen-Vormundschaften. (G.S.S.87.) Nach Ihrem Anträge vom 15. v. M. setze Ich fest, daß die Geistlichen verpflichtet sind, die bei der vormundschaftlichen Ver» Wallung erforderlichen Alteste auS den Kirchenbüchern, namentlich Tauf-, Trau- und Todtenscheine, nach dem Verlangen der Gerichte, alS obervormundschaftlichen Behörden, gebührenfrei auSzustellen, wenn die betheiligien Pflegebefohlenen entweder gar kein Vermögen haben, oder die Vormundschaft zu denjenigen gehört, für deren Verwaltung — keine Gerichlskosten angesetzt werden dürfen").

»nw

8- 506. Ein Pfarrer, der nur bei einer einzelnen Hand» h»ng, oder nur auf kurze Zeit, sein Amt selbst zu verrichten ge­ hindert wird, kann sich dabei durch einen andern Geistlichen, welcher zu solchen Handlungen an und für sich befugt ist, ver» treten lassen. 8. 507. Soll die Vertretung länger alS Drei Tage dauern: so muß dem Erzpriester oder dem KreiSinspector Anzeige davon geschehen.

welche den Todtenschcia einlösen und ihn an die heimathlich« Familie fcnöcn können, der Todtenschein desselben stets von Amts 'wegen auSgefertigt, und dem Min. d. auSwart. Angel, zur weitern Beförderung eingereicht werden soll. Die Gerichte find von der Ginsendung in den Fällen entbunden, wo die Geistlichen und Kirchenbcdienten den Todtenschein bereits an die Regierung ein­ gesandt haben. R. vom 17. Januar 1838. (Jur. Wochenschr. S. 403.) — Rur in Betreff der hier versterbenden dänischen Unterthanen ist angeordnet, daß immer das Gericht den Todtenschein znsenden und dabei über die Berlaffenschast und muthmaßlichen Erben Nachricht geben soll. Circ. V. d. M. d. C. vom 7. Scptbr. 1846 u. des I. M. v. 30. April 1847. (B. M. Bl. 1846, S. 198 und I. M. Bl. 1847, S. 147.)

75) Gebührenfrei ausgestellt werden müssen auch die Taufscheine a) Behufs Berichtigung der Stammrollen, nach einem vorgeschriebenen Schema, um den Gebrauch zu anderen Zwecken zu verhüten (R. vom 15. Juli 1827, Ann. Bd. XI, S. 666) j b) Behufs der Befreiung von der Klassensteuer, gemäß R. vom 19. Febr. 1835. (Ann. Bb. XIX, S. 104.)

Don dem Pfarrer unb dessen Rechten.

277

$. 508. Ist die Vertretung auf länger als Vierzehn Tage erforderlich: so muß der Erzpriester oder Inspektor eS an,daS Eonsiüorium berichten, und die genommenen Maaßregeln zur Ge­ nehmigung anzeigend«). $. 509. Verrichtet der Stellvertreter eine Amtshandlung, die inS Kirchenbuch eingetragen werden muß: so ist er schuldig, seinen eignen Namen, mit der Angabe seine- AmtS, und der Ur­ sache der Vertretung, zu unterzeichnen. $. 510. Ein katholischer Pfarrer kann, unter Approbation Gardine, seine- vorgesetzten Consistorii, einen beständigen AmtSgehülfen oder Capellan annehmen. $. 511. Er muß aber dazu ein Subjekt wählen, gegen dessen Person, Lehre und Wandel der Patron so wenig, als die Gemeine, etwas Erhebliches einwenden können. $. 512. Der Pfarrer kann einem solchen Capellan, wenn derselbe die Ordination erhalten hat, alle Arten seiner AmtSgeschäfte ohne Unterschied auftragen. §. 513. Die Verkeilung der Geschäfte selbst, die Dauer der Vertretung, und die dem Kapellane dafür zukommende Belohnung, wird lediglich durch den zwischen ihnen, unter Approbation der geistlichen Obern, geschloffenen Vertrag bestimmt. §. 514. Ein solcher Capellan kann jedoch, wenn die Pfarr­ stelle selbst erledigt wird, auf die Nachfolge darin keinen rechtlichen Anspruch machen. $. 515. Ein protestantischer Pfarrer kann, mit Vorwissen MarrdeS Consistorii, einen Candidaten zu seiner Vertretung, jedoch 9t',ulfttt'

nur bei dem Unterrichte der Gemeine, nicht aber bei andern Amts­ handlungen, annehmen7 7). 8 516. Wird er durch Krankheit, Schwachheit, oder Alter verhindert, sein Amt nach dessen ganzen Umfange selbst gehörig zu verwalten; und verlangt er daher einen beständigen Gehülfen zu allen seinen Amtsverrichtungen: so muß er dieses demjenigen, welchem bei einer erfolgenden Erledigung der Pfarre das Wahl­ recht zusteht, anzeigen.

76) Zu vergl. oben, $.415.

77) Dergleichen Pfarrgehülfen soll eine Aussicht ans die dereinstige Amts­ folge nicht gemacht werden. Circ. d. M. d. G. rc. Angel, vom 17. März 1841. (M. Bl. d. i. V. S. 115.)

278

Zweiter Theil,

«ilster Titel.

$. 517. Alsdann muß, bei der Bestellung eines solchen Amtsgehülfen, alles daS beobachtet werden, waS bei der Wahl eines neuen Pfarrers erforderlich ist.

8- 518.

Ehe jedoch zur Wahl geschritten wird, muß dem

zu bestellenden Substituten sein auskömmlicher Unterhalt auS den Einkünften der Pfarre bestimmt werden.

8. 519.

Dieser Aussatz darf niemals in einem Antheile der

einzelnen Pfarreinkünfte (pars quota) bestehen; sondern er muß auf einen gewissen Betrag an Gelde oder Naturalien, welche der

Pfarrer dem Substituten, oder dieser jenem abzugeben hat, be­ stimmt werben78).

§. 520.

Ein solcher Substitut tritt, wenn die Pfarre er­

ledigt wird, sofort an die Stelle und in alle Rechte eines wirk­ lichen Pfarrers.

8. 521.

Dagegen hat ein nicht förmlich gewählter, sondern

nur von dem Pfarrer selbst, mit Erlaubniß der geistlichen Obern, wenn auch unter Einwilligung deS Patrons oder der Gemeine,

angenommener Substitut,

kein Recht zur Nachfolge in die er­

ledigte Pfarre. 8- 522. Auch ohne daS

Gesuch des Pfarrers kann dem­

selben ein Substitut gegeben werden, wenn auS der Anzeige deS Patrons, der Vorsteher, oder der Gemeine, oder auch deS KreiS-

inspcetorS, bei einer deshalb von den geistlichen Obern zu ver­

anlassenden Untersuchung sich ergixbt, daß der Pfarrer, auS einem

der 8. 516 angeführten Gründe, seinem Amte vollständig vorzu­ stehen, nicht mehr vermögend sei.

awM-

S- 523. Wenn ein Pfarrer sein Amt niederlegen will: so muß er dem Patrone und der Gemeine davon Anzeige machen, und die Genehmigung der geistlichen Obern nachsuchen.

§. 524.

Finden diese dabei nichts zu erinnern, so gebührt

weder dem Patrone,

sprüche. §. 525.

noch der Gemeine,

ein Recht zum Wider­

Nimmt jedoch ein Pfarrer, innerhalb Zehn Jahren

von Zeit seiner Bestellung,

einen anderweitigen Ruf an:

so ist

er schuldig, der Kirchencaffe, und der Gemeine, alle bei seiner Ansetzung und seinem Anzuge verwendete Kosten zu erstatten.

78) Zu »ergl. unkn, §. 529 d. T.

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

$. 526.

279

Auch nach erhaltener Genehmigung der geistlichen

Obern darf der Pfarrer sein Amt nicht eher verlassen, als bis sein Nachfolger bestellt und eingewiesen worden.

$. 527. Sind erhebliche Gründe vorhanden, warum dieses nicht abgewartet werden kann: so muß der Erzpriester oder In­ spector, unter besonderer Approbation des Conststorii, für die Ver-

sehung deS Amts in der Zwischenzeit sorgen.

8. 528.

Einem Pfarrer, der sein untadelhaft geführtes Amt

wegen AlterS oder Krankheit niederlegen muß, gebührt ein lebenSwieriger Gnadengehalt 79). 8 529. Bei ermangelnder Vereinigung über den Betrag und Fonds desselben, muß das.Gehalt auf ein Drittel der sämmt­

lichen Pfarreinkünfte, nach einem gemäßigten Anschläge festgesetzt, und der AmtSfolger zu dessen Entrichtung auf die 8 519 be­

stimmte Art angewiesen werden.

8. 530.

Geringere Amtsvergehungcn

der Pfarrer müssen

von drn geistlichen Obern auf die 8. 125 bestimmte Art geahndet werden. 8. 531.

Hat ein Pfarrer, ohne bösen Vorsatz, durch unvor­

sichtiges Betragen, daS Vertrauen seiner Gemeine verloren: so müssen die geistlichen Obern seine Versetzung an einen andern Ort veranstalten ^0).

791 (Sine allgemeine Pensionsanstalt, in der Art wie für die Staatsbeamten, bestebt nicht für die Geistlichen. Jever eincritirte Geistliche muß ans Oer Pfründe­ erkalten werden. In der Provinz Brandenburg ist mittels K. O vom 29. No­ vember 1847 (G. S S. 22) ein Unterstntzungsfondö für die emeritirten evan­ gelischen Geistlichen gegründet. In Betreff des P nstvnswesens der em ritlrten evangelischm Geistlichen in den sechs östlichen Provinzen tst durch .ft D. vorn 23 April 1847 ein Regl. für einen Unterstützungsfonds bestätigt. (M. Bl. d. i. D. S. 161.)

80) Eine solche Versetzung ist nicht als Strafe zu verhängen, sondern nur als eine Maaßregel der amtlichen Nolhwendigfeit und nur unter hiernach abgemeffenen Modalitäten der Versetzung oder der bei allgemeiner Dienstuufahigkeit deS Denunciaten etwa anzuordnen den Emeritirung zu verfügen. Zu veral. der Besch, d. M. d. I. v. 29. Juli lb40, woriu über die bei Diociplinar-Be­ strafungen z u nebmenden Rücksichten und auzuweudeudeu Grundsätze Beleh.ung gegeben wird. (M. Bl. d. i. B. S. 2*9.) Ebendarüber verhalt sieb auch der Besch d. M. d. Geistl. Angel, vom 21. Juli lh-10. (Ebd. S. 28b.) Der Strafver se tzun g kann, wenn sie unvollziehbar ist, die Strafemeritirung nur durch daS Min. snbstituirt werden, weshalb sie bei demselben nach­ gesucht werden muß. DaS Verfahren der Provinzialbehörde ist hiernach dteseS, daß dieselben auch in den nach ihrer Ansicht zur Strafemeritirnng geeigneten Fällen ihren DiSciplinarbeschluß zunächst auf Strafversetzung deS Angeklag­ ten, nach Befinden des Falles mit Ausschließung eines Anspruchs desselben auf

Zweiter Theil.

280

Eitster Titel.

z. 532. Hat ein Pfarrer in seinem Amte grobe Erceffe begangen: so müssen die geistlichen Obern ihm die Führung seineAmtS vorläufig untersagen; wegen dessen Wahrnehmung die er­ forderlichen Anstalten treffen; die nähere Untersuchung verhängen; und nach dem Befunde derselben ihm die Entsetzung andeuten8 >).

§. 533.

Aufgehoben.

19. K. O. vom 17. Deebr. 1805, betr. die Dienst­ entlassung der Geistlichen bei eingetretener Unfähig­ keit, dem Amte vorzustehen. (Rabe, Bd. VIII, S. 427 ) Nach Meinen wiederholten Aeußerungen über die Entlassung solcher Geistlichen, von denen man die moralische Ueberzeugung hat, daß sie ihrem wichtigen Berufe keine Genüge leisten können, härte eS der Anfrage in Eurem Berichte vom 13. d. M. über die

Erhaltung des bisherigen Einkommens, oder mit bestimmter Festsetzung seiner Translokation in eine geringere Stelle, zu richten, und dieser Entscheidung nur den Vorbehalt deS beabsichtigten eventuellen Antrages auf Substitution einer Strafemeritirung beizufügen hat. Wird gegen da- Resolut der Rekurs eingelegt, so ist bei Einsendung der Akten der gutachtliche Antrag auf Strafemeritirung, unter Anzeige über da- Einkommen der Stelle und über die sonst einschlagenden Verhältnisse, mit in den Bericht aufzunehmen; unterbleibt die Einlegung des Rekurses, so wird der Antrag, nach eingetretener Rechtskraft deRcsol^, besonders angebracht. R. des M. d. G. ic. Angel, vom 21. März 1831. (Ann. Pd. XV, S. 47.) — Dagegen ist bei unfreiwilligen Emeritirungen wegen Altersschwäche oder Krankheit das'abzufaffende Resolut nicht erst auf Versetzung,

vorbehaltlich der dafür zu substituirenden Emeritirung, sondern gleich auf die Emcritirung und auf Festsetzung des EmeritengchaltS zu richten. Besch, deff. Min. vom '28. Februar 1844. (M. Bl. d. i. V. S. 67.)

81) Suarez berichtet in den Schlußvorträgen über die §§. 532, 533 u. 534 Folgendes: „Hier wird von der bisherigen' Vorschrift dahin abgewichen, daß das Konsistorium einen Prediger nicht nur suSpendiren, sondern auch seines Amtes wirklich entsetzen kann, und es darauf ankommt: ob er sich bei der Di­ mission beruhigen oder, auf förmliches richterliches Erkenntniß provociren-will. Der Grund der Abweichung ist: 1) weil nach den, Tit. 10, §§. 93 seq. von Sr. Königl. Majestät selbst vorgeschriebcnen Grundsätzen den obern Behörden der Eivilbeamten mehr Gewalt bei deren Entlassung beigelegt ist, und also nach der Analogie auch den geist­ lichen Obern etwas mehr Einstuß eingeräumt werden muß; 2) weil eine solche bloß vom Konsistorio veranlaßte Untersuchung und er­ theilte Dimission weniger Aufsehung und Aergerniß verursacht, die Ehre deö Predigers weniger darunter leidet, und ihm noch eher die Hoffnung, ein ander­ weitiges Unterkommen zu finden, übrig bleibt, als wenn eine förmliche gericht­ liche, mit vielem Geräusch und Kosten verbundene Untersuchung- vorhergegangen, und die Kassation per sententiam erfolgt ist; mithin zu erwarten steht, daß Prediger, denen ihr Gewissen sagt, daß fie durch ihre Vergehungen ihr Amt ver­ wirkt haben, sich bei der Verfügung deS Konfistorii beruhigen werden, und also die Sache in der Stille, ohne sonderliche Kosten wird abgemacht werden können; wohingegen 3) wenn der Jnknlpat sich unschuldig weiß, ihm der Rekurs an den Richter stets offen bleibt, und also nicht iu besorgen ist, daß die Konfistoria sich eineL wMllhrlichcn Versahrens gegen lhre Prediger anmaßen dürfen." (Jahrb. Bd. XLl, S. 177.)

Don dem Pfarrer und dessen Rechten.

281

Entlassung deS Predigers nicht bedurft. ES hat nicht das geringste Bedenken, daß, des absolutorischen Erkenntnisses ungeachtet, diese Frage vom Oberkonsistorio, unter Eurem Vorsitz, bloß nach Grün­ den, die das Beste der Kirchenzucht bezwecken, entschieden werden kann und muß, und eS ist nicht einmal nöthig, die Sache vor den versammelten Staatsrath zu bringen, da jedes Departement dessel­ ben das, was das Beste seines Theiles des Dienstes erfordert, am besten beurtheilen kann. Wie ich überhaupt über die Dienstent­ lassung in solchen Fällen denke, wo die Unfähigkeit, einem Amte vorzustehen, zur Sprache kommt, ist in der Halleschen allgem. Lite­ raturzeitung Nr. 302, besonders S. 343 und 344, sehr gut ent­ wickelt. Ich empfehle Euch diese Recension zur näheren Beherzigung. Beilage.

Crtract aus der Halleschen allgem. Literaturzeitung v. Jahre 1805, Nr. 302, S. 343 und 344.

Gedanken und Meinungen über Manches int Dienste, besonderim Preuß., und über andere Gegenstände. (Ohne Druckort. 1804.) Wenn die Dienerschaft auf der einen Seite auf die besondere Fürsorge des Regenten Anspruch machen kann, so ist sie auf der andern Seite auch einer besondern Aufsicht in einem weit engern Sinne unterworfen, als andere Unterthanen, die nur unter der allgem. Polizeiaufsicht stehen. Die eigenmächtige Gesetzgebung eini­ ger Schriftsteller und ein durch besondere Verhältnisse in kleinen, willkürlich und schlecht regierten Ländern veranlaßter Gerichtsgebrauch des K. Kammergerichts hat in einem großen Theile von Deutsch­ land das Vorurtheil erzeugt, als ob jeder, der zu einem öffentlichen Amte gelangt ist, desselben nicht ohne prozessualisches Verfahren und richterliche Sentenz verlustig werden dürfte. Die Verwaltung eines Theils der öffentlichen Gewalt, und der Genuß der dafür bestimmten Belohnung, sollen nach diesen Grundsätzen behandelt werden als ein Eigenthum! Die Würde eines Staatsdienstes als eine Pfründe! In diesen Worten legt sich schon das Widersprechende der Behauptung an den Tag. Im Dienste begangene Verbrechen der Veruntreuung, Bestechung re. müssen untersucht und bestraft werden, wie andere gemeine Ver­ brechen, wenn nicht in der Verfassung deS Landes etwas Besonderes für einzelne Fälle festgesetzt ist. Aber die Unfähigkeit, einem Amte vorzustehen, die Vernachlässigung der wichtigsten und nöthigsten Geschäfte, die in den meisten Fällen leicht versteckt, und der Unter­ suchung eines gewöhnlichen Richters entzogen werden kann; dieses und manche andere Dinge, die den größten Einfluß auf die Ver­ waltung der öffentlichen Angelegenheiten haben, können nur von den Vorgesetzten im Dienste beurtheilt werden. Es ist sehr zu wünschen, daß diese ganze Sache durch zweckmäßige Gesetze regulirt werde, wodurch auch die Dienerschaft auf der andern Seite gegen die nachtheiligen Folgen leidenschaftlicher Willkühr gesichert werde. Es ist hier der Ort nicht, in das Einzelne darüber einzugehen. Für den Preuß. Staat ist der Hauptpunkt im neuen Gesetzbuche zweckmäßig entschieden.

282

Zweiter Theil.

Eilfter Titel.

20. Cirk. des Min. deS Inn. v. 24. Novbr. 1809, betr. die Befugniß des Min. deS Inn., Geistliche und öffentliche Lehrer ihres Amt zu entsetzen. (Rabe, Bd. X, S. 192.) Des Königs Mas. haben vermöge höchster K. O. v. 10. Octbr. d. I. zu erklären geruhet, daß die dem ehemaligen Oberkonsistorium nach Inhalt der höchsten K. O. vom 17. Decbr. 1805 ertheilte Befugniß, Geistliche und öffentliche Lehrer aus Gründen der Kirchenzucht, oder sonst wegen unanständigen Wandels und nachlässigen Beneh­ mens in ihrem Amte, sogar gegen ein ergangenes absolutorischeS Erkenntniß, zu entsetzen. auf die Sektion des CultuS und öffentlichen Unterrichts übergegan­ gen sei, und von derselben in Zukunft unter näheren in der höchsten K. O. enthaltenen Bestimmungen außgeübt werden soll. Die geistliche und Schuldeputation E. K. Reg. wird beauf­ traget, dieses der Geistlichkeit aller Confessionen und dem Lehrstande durch die betreffenden Obern und Vorsteher bekannt zu n»achen, und dabei zu erklären: wie die Sektion von der ihr anvertrauten Befugniß in dazu geeigneten Fällen mit gewissenhafter Strenge unerbittlich Gebrauch machen werde; so wünsche sie, daß alle Diener der Religion und alle öffentliche Lehrer durch einen anständigen Wandel und treue Erfüllung ihrer Pflichten sie dieser traurigen Nothwendigkeit ent­ heben mögen. Was endlich die geistlichen und Schuldeputationen der Regie­ rungen betrifft, so liegt ihnen die Pflicht ob, Geistliche und Schul­ lehrer, welche sich solche Vergehen zu Schulden kommen lassen, daß ihnen ihr Amt nicht länger anvertraut werden kann, sogleich ab officio zu sußpendiren. Von der geschehenen Suspension haben dieselben unverzüglich der unterzeichneten Sektion Anzeige zu machen und ihr ausführliches Gutachten über den Fall hinzuzufügen, damit die Sektion das Weitere wegen der wirklichen Entsetzung zu ver­ fügen im Stande sei. Durch diese Anordnung erhält nunmehro der §. 44 der Instruktionen für die Regierungen seine vollständige Erledigung. 21. K. O. v. 12 April 1822, betr. daS Verfahren bei der im administrativen Wege erfolgenden AmtSentsetzung der Geistlichen und Lehrer. (G. S. S. 105.)

Es ist mir angenehm gewesen, daß das Staats-Ministerium in dem Berichte vom 22. Dec. pr. Vorschläge zu einem zweckmäßi­ geren Verfahren bei Amts-Entsetzung der Geistlichen und Jugend­ lehrer gemacht hat. Im Allgemeinen stimme Ich den hierüber aufgestellten Ansich­ ten und den darauf gegründeten Anträgen ganz bei. Ich ertheile daher Ihnen, dem Minister der Geistl. u. Unt. Ang., durch gegen­ wärtige Ordre, nach dem Vorschläge deS Staats-Ministeriums, eine bestimmtere Einwirkung auf die Amts-Entsetzung der genannten Beamten um so mehr, als Sie nur dadurch die Richtung der Lehre zu leiten, so wie die pünktliche Befolgung der den Lehrern gegebenen Anweisungen zu sichern vermögen, und als sich bei der bisherigen

Don dem Pfarrer imb dessen Rechten.

283

Einrichtung oft ein gerichtliches Verfahren zwischen die anfängliche und endliche disziplinelle Entscheidung gestellt hat, wodurch die bei Meiner Ordre vom 17. Decbr. 1805 vorschwebende Absicht, ohne nachtheilige Weitläufigkeiten unwürdige Subjekte von dem wichtigsten Amte der Religionßlehre und Zugendbildung sofort zu entfernen, vereitelt worden ist. Um nun diese Absicht wirklich zu erreichen, setze ich Folgendes fest: 1) Gegen die, nach §. 532, Th. II, Tit. 11 deö A. L. R. von den geistlichen Obern, resp, von den Consistorien und Regierungen angedcutete Entsetzung eines Pfarrers wegen begangener Ercesse in seinem Amte, soll der im §. 533 1. c. begründete Antrag auf förm­ liche gerichtliche Untersuchung und Entscheidung nicht mehr statt­ finden, sondern nur ein Rekurs an den Min. der geistlichen und Unterrichts - Angelegenheiten. 2) Zn diesem, so wie in allen Fällen, wo wegen Amtsver­ gehen die Versetzung over Amtsentsetzung eines Geistlichen oder eines bei einer öffentlichen Unterrichtsanstalt angestellten Lehrers in Antrag gebracht wird, sind die gehörig instruirten Akten von der Provinzialbehörde, mittelst eines ausführlichen, daö Resultat der Ausmittelungen vollständig darstellenden Berichts, mit ihrem Gut­ achten dem Minister der Geistl. und Unt. Ang. zur weitern Ent­ scheidung einzusenden. 3) Ein Gleiches muß geschehen, wenn die wegen gemeiner Vergehen gegen Geistliche und Zugendlehrer geführten gerichtlichen Untersuchungen die Amtsentsetzung des Angeklagten zwar nicht zur Folge gehabt haben, die Provinzialbehörde aber, des völlig absolutorischen Erkenntnisses ungeachtet, die Entsetzung oder Versetzung aus Gründen der Kirchenzucht und der Dienstbisziplin für noth­ wendig erachtet. 4) Die Entscheidung für diese Fälle steht Ihnen, dem Min. der Geistl. und Unt. Ang., in demselben Maße zu, wie solche in Meinen frühern Ordres den damaligen höchsten Behörden dieses Verwaltungszwei^es übertragen war. Ich überlasse Ihnen solche um so mehr, als nur Sie Mir für die Meinen Absichten entsprechende Verwaltung Ihres Departements verantwortlich sind, und indem Ich auf diese Art die bisherige Einrichtung abändere, stelle Zch Ihrem Pflichtgefühle anheim, in wie weit Sie die Gutachten der vortragenden Räthe in der betreffenden Abtheilung Ihres Ministe­ riums, welche aber in jedem Falle ihre Meinung viritim zu den Akten zu geben haben, beachten wollen. Dem Beamten, welcher demnächst durch Sie entfernt oder versetzt wird, steht der Rekurs an den Staatskanzler und an Mich frei. 5) Bei Beamten, deren Ernennung zum Amte nur durch Mich erfolgen kann, muß, vor der Entlassung oder Versetzung als Strafe, ein Vortrag im Staats-Ministerium stattfinden und letzteres dem­ nächst Meine Entscheidung einholen. Die von dem Staatsministerium ausgesprochene Ansicht, daß die jetzige bewegte Zeit keine Motive an die Hand gebe, die Bande der Disciplin zu lösen und die Einwirkung der die Oberaufsicht führenden Behörde auf diejenigen, welche durch Rede und Schuft

284

Zweiter Theil.

Eilfter Titel.

einen mächtigen Einfluß auf das Volk üben, zu schwächen, daß eS vielmehr rathfam sei, jene Bande schärfer anzuziehen unb diese Ober­ aufsicht zu verdoppeln, ist auch die Meinige. Ich habe darüber Meine Ansichten dem Staatsministerium in Meiner Ordre vom II. Ian. 1819 ausführlich eröffnet. Von der Richtigkeit dieser Aeußerungen bin ich noch mehr durch die Ermittelungen überzeugt worden, welche bei den Untersuchungen über die demagogischen Umtriebe gemacht sind. Zu Meinem Leidwesen hat sich hierbei erge­ ben, daß auch in Meinem Staate mehrere öffentliche Lehrer den Verirrungen der Zeit huldigen, anstatt wahre Intelligenz, welche die Grundlage des Staats außmacht und auf jede Weise beför­ dert werden muß, zu verbreiten, die Ausartungen derselben begün­ stigen, einen Oppositionsgeist gegen Meine Anordnungen zeigen und sich namentlich auf Angelegenheiten der Staatsverfassung und Ver­ waltung eine nähere oder entferntere Einwirkung anmaßen, welche mit der pflichtmäßigen Führung eines Lehramts unverträglich ist. Ich kann und will die weitere Verbreitung solcher Verirrungen nicht dulden, da Ich, denselben vorzubeugen und abzuhelfen, den übrigen deutschen Regierungen schuldig bin; auch die Pflicht fühle, die gegenwärtige und kommenden Generationen vor Verführung zu bewahren und nicht minder die Ehre deS Lehrstandes und der Lehrinstitute es erfordert, von denselben unwürdige, Meinen landeSväterlichen Absichten und ihrem hohen Berufe nicht entsprechende Individuen auszuschließen. Ich weise daher Sie, den StaatS-Minister Freiherrn v. Alten­ stein, an, gegen Geistliche und Lehrer dieser Art, ohne dehalb einen Antrag von den zunächst vorgesetzten Behörden abzuwarten, die Ihnen durch gegenwärtige Ordre ertheilte Befugniß rücksichtslos in Ausübung zn bringen und zuvörderst gegen diejenigen, gegen welche wegen vermutheter oder erwiesener Theilnahme an demago­ gischen Umtrieben, von Seiten des Staats, Maaßregeln genommen worden sind, sofort um so mehr zu verfahren, als gegenwärtig alle dieserhalb seit dem Jahre 1819 eingeleitete Untersuchungen beendigt sind. Sie haben hierüber mit dem Minister d. I. u. d. P. Rück­ sprache zu nehmen und Ich gebe Ihnen, dem StaatSminister von Schuckmann, auf, dem Staatsminister Freiherrn v. Altenstein nicht nur alle die gegen Beamte seines Ressorts bisher ermittelte oder vielleicht künftig noch vorkommende Data, sondern auch ins­ besondere diejenigen öffentlichen Lehrer anzugeben, welche Ihrer Ansicht nach von ihren Posten zu entfernen sind. Sie beide haben über gänzliche Entfernung oder Versetzung definitiv zu entscheiden, in soweit die betreffenden Beamten zu der oben ad 5 bezeichneten Kategorie nicht gehören. Die Mitglieder der betreffenden Abtheilung im Min. der Geistl. und Unt. Ang. haben in jedem Falle ihre Ansicht schriftlich zu den Akten zu geben. Sollten Sie beide sich zu einem gemeinschaftlichen Beschlusse nicht vereinigen können, so haben Sie die Sache beim StaatSministerium und zwar dergestalt zur Sprache zu bringen, daß der betreffende Direktor in Ihrem, des Staatsministers Freiherrn v. Al­ tenstein, Ministerium der Referent und der Direktor der PolizeiAbtheilung im Ministerio deS Innern der jedesmalige Korreferent ist. DaS Staatsministerium entscheidet in diesem Falle.

Von dem Pfarrer und dessen Rechten.

285

Die Ausführung deS Beschlusses bleibt jedoch immer Ihnen, dem Staatsminister Freiherrn v. Alt en st ein und dem StaatSminister v. Schuckmann überlassen. Wenn dagegen von einem Beamten der oben ad 5 angege­ benen Kategorie die Rede ist, so haben Sie, die genannten jtroci Staatsminister, in sofern Sie sich zu einem gemeinschaftlichen Beschlusse vereinigen, ohne Dazwischenkunft des Staatsministeriums unmittelbar an Mich zu berichten und Meine Entscheidung einzu­ holen. Können Sie stch nicht vereinigen, so ist die Sache auf die eben bezeichnete Art im Staatsministerium zu erörtern und letzteres hat demnächst zur Entscheidung an mich zu berichten. Da Ihnen, dem Staatsminister Freiherrn v. Alten st ein, die nähern Data über etwa verdächtige Individuen nicht bekannt sein und hiernach in Ihrem Departement ohne Ihre Schuld, Anstel­ lungen und Beförderungen, die Meinen Absichten nicht entsprechen, Vorkommen können, so beauftrage Ich Sie, von jetzt ab fünf Jahre lang vor einer neuen Anstellung oder Beförderung eines öffentlichen Lehrers, so wie Sie dieS zu Meiner Zufriedenheit auch bisher schon oft gethan haben, die Aeußerung des Ministers des Inn. und der Pol. über das betreffende Individuum einzuholen. Ich überlasse Ihnen beiden, sich zu vereinigen, in welchen Fällen, die nach dem Grade des LehrerS und den individuellen Verhältnissen der Pro­ vinzen nicht allgemein bestimmt werden können, eine solche vor­ gängige Kommunikation unterbleiben kann, doch muß solche jedes­ mal dann stattfinden, wenn zu der Dienstveränderung oder neuen Anstellung Meine Genehmigung erforderlich ist. Wie dies geschehen, ist in dem Berichte Mir anzuzeigen.Sie, der Staatsminister Freiherr v. Alten stein, haben nach deren Inhalte angemessene Verfügungen an die betreffenden Behör­ den zu erlassen und eine zweckmäßige Andeutung in jede neue Bestallung aufzunehmen. Ich erwarte von Ihnen, dem Staatsminister Freiherrn v. Alten stein, gemeinschaftlich mit dem Staatsminister v. Schuckmann nach drei Monaten Bericht über das, was Sie bis dahin in Folge gegenwärtiger Ordre gethan haben.

Ich erkläre hierbei Meinen ernstlichen Willen, daß die Theilnehmer oder Beförderer der demagogischen Umtriebe jeder Art in Meinen Staaten nicht angestellt oder befördert werben und auch auS öffentlichen Fonds, welche nur für Meine treuen Unterthanen eine Abhülfe gewähren können, nicht unterstützt werben sotten. Nach diesem Grundsätze ist bei allen Departements zu verfahren. Der Minister deö Innern und der Polizei wird den betreffenden Chefs, auf deren Erfordern, die verdächtigen Beamten ihrer resp. ReffortS angeben. 22. K. O. vom 27. April 1830, wegen unfreiwil­ liger Emeritirung oder Penfionirung in Untersuchung gewesener Gestlicher und Schullehrer. (G. S. S. 81.) Auf Ihren Bericht vom 3 l. März c. bestimme Ich , daß gegen Geistliche und Schullehrer, deren Vergehen nach dem Resultate einer, in Gemäßheit Meiner Ordre v. 12. April 1822 geführten Disziplinar-Untersuchung nicht mit der Amts-Entlassung, sondern nur mit einer Strafversetzung zu ahnden sein würde, wenn letztere

286

Zweiter Theil.

(Stiftet Titel.

wegen h-heren Alter-, oder wegen sonst verminderter Dienstfähigkeit deS zu Versetzenden nach Ihrem pflichtmäßigen Ermessen für nicht anwendbar zu erachten ist, statt der Strafversetzung, deren unfreiwillige Emeritirung oder Penstonirung mit einem nach dem Grade ihrer Verschuldung abzumeffenden geringeren Emeritengehalte, oder Penstonsbetrage. als demselben außerdem gebühren würde, von Ihnen festgesetzt werden soll.

23. K. O. v. 29. Marz 1837, betr. die Uebertragung der Entscheidungen im Rekursverfahren wider diszi­ plinarisch bestrafte Elementar - Schullehrer an die Ober - Präsidien als Präsidenten der ProvinzialSchnlkollegien und wegen des dabei zu beobachtenden Verfahrens. (G. S. S. 70.) Auf den Antrag deS Staatsministeriums bestimme Ich hier­ durch zur Vereinfachung und Beschleunigung deS Verfahrens, daß die durch Meine Befehle vom 12. April 1822 (G. S. S. 105) und vom 27. April 1830 (G. S. S. 81) dem Minister der Geistl. und Unt. Ang. beigelegte letzte Entscheidung über die Amtsentsetzung, Versetzung oder Straf-Emeritirung von Elementar-Schullehrern, auch dann, wenn diese zugleich zu den niedern Kirchenbeamten gehö­ ren, von jetzt an in jeder Provinz dem Ober-Präsidenten, als Präsident des Provinzial-Schulkollegiums, zustehen soll. Der OberPräsident, welcher künftig in diesen Sachen an dem Beschlusse in der ersten Instanz niemals Antheil nimmt, hat in jedem Falle zwei schriftliche Vorträge aus den Akten durch einen Justitiarius und durch einen Schulrath des Provinzial-Schulkollegii, oder einer Regie­ rung, welche bei der ersten Entscheidung nicht mitgewirkt haben, abgesondert anfertigen zu lassen, die Beachtung ihrer, diesen Rela­ tionen beizufügenden Gutachten bleibt jedoch seinem pflichtmäßigezr Ermessen anheimgestellt. $. 534.

Fällt weg.

$. 535.

Bei katholischen Pfarrern gebührt daS Erkenntniß

dem geistlichen Gerichte. 8. 536.

(Die Schlußbestimmung fällt weg.)

Hat ein Pfarrer sich bürgerlicher Verbrechen, die

eine Criminaluntersuchung nach sich ziehen, schuldig gemacht:

so

müssen die geistlichen Obern ihn suSpendiren, und die Sache der

ordentlichen Obrigkeit zur weiteren Verfügung anzeigen. §. 537.

ES kann aber auch die bürgerliche Obrigkeit, ohne

erst die Anzeige abzuwarten, sich deS Verbrechers sofort bemächti­

gen, und ihm den Prozeß machen. §. 538.

Doch muß sie den geistlichen Obern davon Nach­

richt geben, damit diese wegen der AmtSversehung daS Nöthige verfügen können. Neben­ geistliche

539.

Die bei größern Parochialkirchen bestellten Neben­

geistlichen machen mit dem Pfarrer ein Collegium auS, worin dem letztern der Vorsitz und die Direction gebührt.

Don weltlichen Kirchenbrdienten.

§. 540.

287

Die Vertheilung der Geschäfte und Einkünfte unter

sie, so wie ihr Verhältniß gegen den Pfarrer und die Gemeine, ist nach den Verfassungen einer jeden solchen Kirche besonderbestimmt.

8. 541. Der Regel nach sind die Nebengeistlichen der Auf­ sicht und der Anweisung deS Pfarrer- in allen ihren Amt-ge­ schäften unterworfen. 8. 542. Weltgeistliche, die zur Abwartung deS Gottesdienstebei einer Capelle oder bei einem Altar bestellt sind, dürfen sich keine Parochialverrichtungen anmaßen.

§. 543. Auch mehrere dergleichen bei einer Kirche bestellte Capelläne machen dennoch unter sich kein Collegium auS.

UebrigenS aber haben sie die allgemeinen Rechte

§. 544.

und Obliegenheiten der Geistlichen. 8. 545. Weltgeistliche, die kein bestimmte- geistliche- Amt

bei einer Gemeine oder Kirche haben, sollen von den Bischöfen

nicht ohne erhebliche Ursache bestellt, oder in ihre DiüzeS ausge­ nommen werden. 8- 546. Sie stehen in Ansehung ihrer geistlichen Functio­ nen unter dem Bischöfe; und dieser muß dafür sorgen, daß sie

weder Unordnung oder Aergerniß anrichten, noch sonst dem Staate zur Last fallen.

8. 547.

So lange sie bei einer Gemeine oder Kirche nicht

wirklich angeseyt sind, haben sie auf die äußern Vorrechte der Geistlichen §. 96, 97 keinen Anspruch.

8. 548.

Schiff-prediger sieben unter den geistlichen Obern

der Provinz, wohin da- Schiff gehört; und Gesandtschaftsprediger unter den geistlichen Obern derjenigen Provinz, deren Landeö-

Justizcollegio der Gesandte in seinen persönlichen Angelegenheiten unterworfen ist. 8. 549. Beide haben, in Ansehung der ihnen angewiesenen

Kirchengesellschaft, die Rechte und die Glaubwürdigkeit eine- wirk­

lichen Pfarrer-.

Siebenter Abschnitt. Von weltlichen Kirchenbedienten.

8. 550.

Personen, welche zwar zum Dienste der Kirche,

aber nur in mechanischen Verrichtungen, oder weltlichen Ange-

288

Zweiter Theil.

legenheiten

bestimmt sind,

Eilst« Titel.

haben nicht die Rechte

der

Geist­

lichen. §. 551.

Insonderheit werden sie durchs ihre Kirchenbedie­

nungen von der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht ausgenommen. KirchenVorsteher.

§. 552.

Kirchenvorsteher werden der Regel nach von dem

Patron bestellt; wo aber dergleichen nicht vorhanden ist, von der

Gemeine, unter Genehmigung der ordentlichen Gerichtöobrigkeit, gewählt.

8> 553. Wo nach bisheriger Observanz die Bestellung der Dorsteher von andern Personen oder Behörden abgehangen, hat eS deshalb, so wie in Ansehung der Dauer deS Amts, bei dieser

hergebrachten Gewohnheit sein Bewenden.

8. 554.

Nur Mitglieder der Gemeine können zu Kirchen­

vorstehern bestellt werden. 8. 555. Von der Verbindlichkeit deS ausgewählten Mit­ glieds, dergleichen Amt zu übernehmen, und von den ihm dagegen

zu statten kommenden Entschuldigungsursachen,

gilt alles daS,

waS wegen der Beamten der Corporationen überhaupt, und der

Bürgergemeinen insonderheit, oben verordnet ist. 162; Küster.

(Tit. 6, $. 161,

Tit. 8.)

8- 556.

KüsterM), und andere dergleichen niedere Kirchen­

bediente, werden der Regel nach von dem Patron bestellt"). 8- 557. Dieser muß zwar den Pfarrer mit seinem Gutachten über daS zu bestellende Subjekt hören; er ist aber an dessen Vor­

schläge nicht gebunden. S. 558.

Doch darf dem Pfarrer kein Subjekt aufgedrängt

werden, welches mit Ihm in offenbarer Feindschaft lebt, oder sich gröblich wider ihn vergangen hat.

S. 559.

Ist der Küster zugleich Vorleser oder Vorsänger:

so muß er eine Probe vor der versammelten Gemeine ablegen.

8. 560.

Die Gemeine hat in diesem Falle ein Recht zum

Widerspruche, wenn sie den geistlichen Obern erhebliche Gründe

82) Die Amtstracht der Küster, der evangelischen nämlich, ist ein schwarzeKleid nebst dergl. Mantel, ohne Halskrause, und ein schwarze- Käppchen. K. £). v. 20. März 1811 (Merseburg. Amtsbl. 1817, S. 97); Vers, de- M. der Geistl. Ang. v. 2. Juni 1817 (Ann. Bd. I, H. 2, S. 121). 83) Der Patron, wenn er eine Privatperson, ist nicht verpflichtet, versorgunqSberechtigte Militair-Invaliden anzustellcn. Bcsch. deS Min. d. G. A. u. d. Kr. v. 19. Juni 1839. (Ann. Bd. XXIII, S. 373.)

Don Kirchenpatronrn.

289

gegen die Tüchtigkeit oder Würdigkeit des vorgeschlagetten Sub­ jekts anzeigen und nachweisen kann.

$. 561. Ist der Küster zugleich Schulhalter: so finden wegen Vorschriften des folgenden

seiner Prüfung und Bestellung die Titels Anwendung.

§. 562.

Bei Kirchen, welche keinen eignen Patron haben,

gebührt die Bestellung der niedern Kirchenbedienten dem Pfarrer

und den Kirchenvorstehern; in so fern nicht dieselbe, nach wohl­ hergebrachter Gewohnheit deS OrtS, letzter» allein, oder auch der

ganzen Gemeine zukommt. 8. 563.

Bestellung

In allen Fällen muß der Pfarrer die

eines solchen

geschehene

Kirchenbedienten dem Erzpriester oder

KreiSinspector anzeigen.

8> 564.

Ist von einem Küster die Rede: so muß derselbe,

ehe er in daS Amt wirklich eingesetzt wird, dem Erzpriester oder Inspektor zur Prüfung vorgestellt werden.

8- 565.

Die Pflichten und Verrichtungen der niedern Kir-

chenbedienten sind in den Provinzialkirchenordnungen, und durch

die besondern Verfassungen einer jeden Parochialkirche bestimmt. 8- 566.

Sie stehen in ihrem Amte zunächst unter der Auf­

sicht und Direktion deö Pfarrers, und müssen den Anweisungen desselben bereitwillige Folge leisten84).

8. 567.

UebrigenS gilt von der Aufsicht der geistlichen

Obern über sie, von ihrer Bestrafung bei vorkommenden AmtSvergehungen, ingleichen von ihrer Entsetzung alles, was im vori­ gen Abschnitte in Ansehung der Pfarrer verordnet ist. (§. 530

-538.)

Achter Abschnitt. Von Kirchenpatronen. 8. 568.

Derjenige, welchem die unmittelbare Aufsicht über

«ine Kirche, nebst der Sorge für deren Erhaltung und Verthei­

digung obliegt, wird der Kirchenpatron genannt.

84) Sn Amt-verrichtungen ist der Küster der Diener de- Geistlichen und auch wohl der Kirchenkanzellist; er ist ihm daher in Amt-sachen Achtung und Folgsamkeit schuldig.

Koch, Allgemeine- Landrecht. IV

19

Begriff,

Zweiter Theil.

290

«rwtt»«ng

§. 569.

Gilfter Äitel.

Wer eine Kirche bauet,

oder hinlänglich dotirt,

nalrechts. erlangt dadurch ein Recht zum Patronat.

§. 570.

Eben dergleichen Recht erlangt derjenige, welcher

eine verfallene oder verarmte Kirche wieder aufbaut, oder von neuem dotirt. §. 571.

Hat eine solche Kirche bereit- einen Patron: so

erlangt der neue Wohlthäter mit demselben gleiche Rechte; doch nur in so fern, als der bisherige Patron die Kosten deS Auf­

baues und der Dotation, nicht hat übernehmen können oder wollen. 8- 572.

Auch durch den Auftrag einer Kirchengesellschaft,

die bisher unter keinem besondern Patrone gestanden hat,

kann

Jemand ein Recht zum Patronat erhalten.

§. 573.

Doch wird in allen vorstehenden Fällen ($. 569

— 572) daS Kirchenpatronat selbst erst durch die Verleihung deS

Staats erworben. 8. 574.

Außerdem

kann daS Kirchenpatronat auch durch

Verjährung erlangt werben8 5).

8. 575.

Soll eine dergleichen Erwerbung desselben, gegen

den Staat, oder die Kirchengesellschaft nachgewiesen werden88): so müssen die Erfordernisse der bei Regalien stattfindenden Ver­ jährung vorhanden sein.

8. 576.

Wenn aber zwei oder mehrere Privatpersonen über

den Besitz deS PatrouatrechtS mit einander streiten8 *): so ist die gemeine Verjährung hinreichend. §. 577.

Alle dergleichen über die Zuständigkeit deS Patro­

natrechts entstehende Streitigkeiten gehören zum Erkenntnisse deS ordentlichen weltlichen Richters88).

85) Zur Ersitzung des Patronatrechts gehört, daß der Patron in der Verjährungszeit auch hinsichtlich der dem Rechte anklebcnden Verpflichtungen (§. 584 , 720) sich als Patron gerirt habe. Erk. des Ob.-Tr. v. 5. Februar 1849. (Entsch. Bd. XVII, S. 15.)

86) Praescriptio constitutiva.

87) Bezicht sich auf die s. g. praescriptio translativa, und setzt voraus, daß nicht der Fiskus, verschieden zu denken von dem Staat im §. 573 u. 575, der Vorgänger des Verjährenden im Patronate ist; denn dem FiSkuS kommt immer die außerordentliche Verjährung zu statten. 88) Zwischen dem Prediger — welcher dem Patron das Patronatrechk bestreitet — und dem Patron ist ein solcher Prozeß durchaus nicht statthaft, sagt der I. M. in einem Besch, v. 17. Januar 1834 (Erg. ad h. §.). Ein Grund

Don Kirchenpatronen.

8. 578.

In wie fern daS Patronatrecht

291 nur der Person

deS Erwerbers und seinen Erben, oder einer gewissen Familie zu­

komme; oder mit einem Amte, oder mit dem Besitze eines Guts verbunden sei; ist in vorkommenden Fällen nach den darüber sprechenden Erwerbungsurkunden zu bestimmen. 8. 579. Im zweifelhaften Falle wird vermuthet, daß daS Kirchenpatronat auf einem Gute oder Grundstücke hafte. 8. 580.

Dergleichen Patronat kann von dem Gute, auf

welchem eS bisher gehastet hat, ohne ausdrückliche Einwilligung

der geistlichen Obern, nicht abgesondert werden. 8- 581. Mit dem Gute zugleich aber geht dasselbe auf jeden

Besitzer, ohne Unterschied der Religionspartei, wozu er sich bekennt, über8*). 24. K. O., die nicht ferner zu gestattende Mitveräußerung der Patronatsrechte beim Verkauf der Do­ main en betr. L. 9. Januar 1812. (G. S. S. 3.) Aus den Mir von Ihnen vorgetragenen Gründen, welche sowohl in Betrachtung der kirchlichen Verfassung und einer guten KirchenS, als in finanzieller Rücksicht der bisher stattgefundenen Verrung der Patronatrechte bei dem Verkauf Meiner Domainen und der aufgehobenen geistlichen Güter entgegenstehen, will Ich hiermit den §. 16 der Veräußerungs - Instruktion v. 25. Oct. 1810 in diesem Stücke aufheben, und befehle Ich, daß künftig bei Veräußerung der Domainen und geistlichen Güter die PatronatSrechte nicht mit verkauft, sondern dem Staate Vorbehalten, die Patronatslasten der zu veräußernden Güter aber, nach ihrem jähr­ lichen Durchschnitte veranschlagt, als Kanon auf die Güter gelegt, und von den Erwerbern .derselben jährlich zum Kirchen- und Schu­ len- und Unterhaltungs-Fonds an die Regierungen gezahlt werden sollen.

wird nicht angegeben; ich kenne keinen. Die Frage ist nach Analogie der Grund­ sätze über die actio confessoria zu beantworten. Warum sollte ein Berechtig­ ter, welchem sein Recht von Jemand in einer bestimmten Weise und Beziehung streitig gemacht wird, sich des Schutzmittels, welches ihm in der confessorischen Klage gegeben wird, nicht bedienen dürfen. Freilich muß damit irgend ein prak­ tischer Zweck erreicht werden sollen. Das ist aber auch bei dem Pfarrer hin­ sichtlich des Patronats denkbar, z. B. der Pfarrer verweigert dem Patron die Ehrenrechte, weil er ihm das Patronat bestreitet. Warum soll hier wieder daS Disziplinarverfahren regeln? Denn Einen Weg muß eS doch geben. 89) Die Eintragung ist nicht Bedingung des UebergangeS des Patronat­ rechts auf den neuen Erwerber; und mit dem Patronatrccht gehen nothwendig auch die Lasten desselben mit über. Denn wenn auf den neuen Erwerber des mit einer Rcallast behafteten Grundstückes ein Recht mit übergegangen ist, zu welchem sich die Reallast als Ausfluß und korrefpondirende Gegenverpflichtung verhält, z. B. ein auf einem Gute haftendes Patronatrecht, welches die Patronatverpflichtungen nach sich zieht, und deren Dinglichkeit erhält, so wird

19*

Zweiter Theil.

292 §. 582.

Stifter Titel.

Doch können Personen, welche zu keiner von den

im Staate aufgenommenen oder geduldeten christlichen Religions­

parteien gehören, daS Patronatrecht über eine Kirche nicht auS-

üben. *$. 583.

ES steht ihnen zwar frei, diese Ausübung einem

Andern während ihrer Besitzzeit zu übertragen; die Beiträge und Leistungen aber, welche aus dem Patronate fließen, müssen in

allen Fällen aus den Einkünften des Guts bestritten werden. 25. V. v. 30. August 1816, wegen Verwaltung deS Patronatrechts über christliche Kirchen auf solchen Gütern, die sich im Besitzthume jüdischer Glaubens­ genossen befinden. (G. S. S. 207.) Wir rc. rc. Thun kund und fügen hiermit zu wissen: Nachdem durch Unsere Verordnung v. 11. März 1812 den Juden in den damaligen Provinzen Unseres Staates, mit dem StaatSBürgerrechte die uneingeschränkte Befugniß, Grundstücke zu acquiriren, ertheilt ist, und sie daher auch Grundstücke, mit denen daS Patronat über christliche Kirchen verbunden ist, erwerben; so erfor­ dern solche, bei Anfertigung des A. L. R nicht vorhanden gewesene Fälle, eine anderweite Bestimmung.

Wir verordnen daher für die Provinzen, wo zu Folge deS Gesetzes vom 11. März 1812 den Juden bereits die unbeschränkte Befugniß, Grundstücke zu erwerben, ertheilt ist, so wie da, wo ihnen solche künftig ertheilt werden wird, Folgendes und deklariren dadurch die Bestimmungen des A. L. R. Th. II, Tit. 11, §§.581-583 dahin, daß 1) das auf Gütern und Grundstücken, die sich im Besttzthum jüdischer Glaubensgenossen befinden, haftende Patronatrecht über christliche Kirchen, für die Besitzzeit jüdischer Erwerber und deren Benutzung, so lange gänzlich ruhe; daß daher 2) der Pfarrer und die Kirchenbedienten, auch der Schullehrer in evangelischen Gemeinen von der Provinzialbehörde, und in katho­ lischen von den Bischöfen, ganz in derselben Art bestellt werde, als ob kein Patron vorhanden oder dessen Recht auf sie über­ gegangen sei. 3) Eben so soll es auch mit der Aufsicht über das Kirchen­ vermögen und mit der Abnahme der Kirchenrechnungen gehalten werden. 4) Die Beiträge und Leistungen aber, zu denen der Patron verbunden ist, müssen in allen Fällen aus den Einkünften des Guts bestritten werden. 5) Wo das Patronat einer Kommune zusteht, können die jüdidischen Mitglieder derselben an dessen Ausübung keinen Theil neh-

dadurch der Uebergang solcher Reallast auf den neuen Besitzer ohne Eintragung S* 31*7 )' Erk. des Ob.-Tr. v. 29. Novbr. 1849, Nr. 5. (Entsch. Bd. XVIII,

Von Kirchenpatronen.

293

men; sie müssen aber die damit verknüpften Reallasten von ihren Besitzungen gleich andern Mitgliedern der Kommune tragen, so wie sie auch als ansäßige Dorfs- oder Stadtgemeinde-Mitglieder, von ihren Grundstücken gleich andern christlichen Besitzern zur Erhaltung der Kirchen-Systeme beizutragen verpflichtet sind, da diese sonst, wegen der Ansiedelung der jüdischen Staastbürger Gefahr laufen, ein* zugehen.

$. 584.

Die dem Patrone obliegende Sorge für die Erhal- ^Rechte und

hing der Kirche") begreift die Pflicht, dazu, bei Ermangelung eines P»ir°n«. hinlänglichen Kirchenvermögens, auö eigenen Mitteln beizutragen,

in sich ° >). $. 585.

Dagegen ist aber auch der Patron berechtigt, die

Verwalter92 90)91des Kirchenvermögens zu bestellen, und Rechnungs­

legung von ihnen zu fordern. §. 586.

Dem Patrone, als Wohlthäter und Erhalter der

Kirche, kommen in Ansehung derselben gewisse Ehrenrechte zu.

8. 587.

Er hat daS Recht, bei Erledigung der Pfarrstelle

den neuen Pfarrer zu präsentiren. (§. 327 sqq.) 8. 588.

Er ist befugt, seinen Kirchstuhl im Chore, oder

sonst an einem vorzüglichen Orte der Kirche zu haben. 8. 589.

Der Patronen und ihrer Familien muß im öffent­

lichen Kirchengebete besonders gedacht werden.

8- 590.

Auch bei der Beerdigung gebührt dem Patrone,

seiner Ehefrau, ehelichen Abkömmlingen, und bei ihm wohnenden Seitenverwandten ein Platz in dem Begräbnißgewölbe. §, 591.

Kann in diesem die Beerdigung nach den Gesetzen

deS Staats nicht Statt finden: so kann der Patron die unent-

geldliche Anweisung einer vorzüglichen Stelle auf dem der Kirchen­

gesellschaft zustehenden Begräbnißplatze fordern.

(8. 185.)

90) „Die Obliegenheit de» Patron- für Erhaltung der „Kirche" zu sorgen, ist auf Erhaltung der Kirchengebäude zu beschränken." Pr. de» Ob.-Tr. 1896, v. 16. August 1847. (Entsch. Bd. XIV, S. 471.) Zn vergl. §§. 720 ff., 789, 790 d. T. 91) „Patronat-lasten, die von einem Gute zu tragen sind, mit welchem da» Patronat subjektiv dinglich verbunden ist, sind al-Rcallastcn anzusehcn; und die Rückstände derselbe» können gegen jeden dritten Besitzer, der da- Gut per subhastationem necessariam acqnirirt hat, geltend gemacht werden." Pr. de» Ob.-Tr. 1318 v. 26. Juni 1843. — Zu vergl. oben, Anm. 89 zu §. 581.

92) Die Au»g. waltung."

v.

1806 u.

1817 haben hier den Druckfehler „Ver­

Zweiter Theil.

294

§. 592.

Stifter Titel.

Auch ist er berechtigt, Ehrenmäler für sich unb seine

Familie in der Kirche zu errichten. 8. 593. Bei seinem und seiner Ehegattin Absterben findet, durch den nach jede- OrtS Gewohnheit bestimmten Zeitraum, das Trauergeläute Statt. 8. 594. Wo die Kirchentrauer für den Patron und seine

Familie bei deren Absterben hergebracht ist, hat es dabei auch fernerhin sein Bewenden.

8. 595.

Verarmte Patrone genugsam dotirter Kirchen haben

aus dem Kirchenschatze nothdürftigen Unterhalt zu fordern. 8. 596.

Doch ist die Kirche zu dieser Competenz nur in so

fern verpflichtet,

alS die Einkünfte des Vermögens, womit sie

dotirt worden, nach Abzug aller zur Unterhaltung ihrer Anstalten

erforderlichen Ausgaben, dazu hinreichen.

8- 597. Auch tritt die Verbindlichkeit der Kirche nur als­ dann ein, wenn außer ihr Niemand mehr vorhanden ist, der zur Ernährung deS verarmten Patrons nach den Gesetzen verpflichtet

wäre. Ausübung §• 598.

Die

Ausübung deS

auf einem

Gute haftenden

Patronatrechts gebührt demjenigen, welchem daS bürgerliche Eigen-

“euum*’ ihum (Dominium civile) des Guts93)94zukommt"). 95 8. 599. Wem die Gesetze die Verwaltung deS Inbegriffs der Güter und Gerechtsame eines Andern übertragen haben, der ist auch daS dazu gehörende Kirchenpatronat in dessen Namen auSzuüben berechtigt'").

93) Des Guts. DaS berechtigte Subject ist also immer das Gut, ohne dasselbe kann das Patronatrccht Keinem zustchcn. Frage ist, wie cs damit zu halten, wenn daS Gut ganz und gar zerstückelt worden ist, dergestalt, daß die damit verbundenen politischen und kirchlichen Rechte keinem einzelne» Trcnnstücke vorbehalten worden stnd. Das R. des M. des Inn. u. b. Justiz v. 5. März 1809 $. 949. In der Regel kommen dem Staate eben die Rechte

über sie zu, wie über die Kirchengesellschasten. 8. 950. Sie genießen, gleich diesen, in ihren RechtSange-

legenheiten einen privilegirten Gerichtsstand, in Ansehung 8- 951. DaS ihnen vom Staate zugewrndete oder über'm»g-n«7 lassen« Vermögen, muß zur Aufrechthaltung ihrer geistlichen An­

stalten, nach der vom Staate gebilligten Verfassung, und zum Un­ terhalte der Mitglieder verwendet werden.

8. 952.

Sie sind dabei eben den Einschränkungen unter­

worfen, und genießen eben dir Vorrechte, wie Kirchengesellschasten. 8. 953.

Doch haben sie, in Ansehung ihrer beständig fort­

laufenden jährlichen Hebungen, auf da- den Kirchengesellschasten §. 229 verliehene besondere Privilegium keinen Anspruch. 8. 954.

Die Verwaltung deS gemeinschaftlichen Vermögens

kommt dem Capitel zu, welches, zur Besorgung der dabei vor­ fallenden Einnahmen und Ausgaben,

Unterbediente zu bestellen

berechtigt ist. atafeffung 055. Die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der geist« 8 lichen Corporation«» werden in ihren Zusammenkünften oder Capiteltagen verhandelt.

8- 956.

Dem Vorsteher gebührt der Vorsitz und die Di­

rektion in dem Capitel; er muß aber, bei Abfassung der Schlüffe, sich nach der Mehrheit der Stimmen richten.

D-rsamm.

8- 957.

Die Schlüffe selbst müssen nothwendig im versam­

melten Capitel abgefaßt werden.

8. 958.

Die

ordinairen Zusammenkünfte oder Capiteltage

find nach der besondern Einrichtung einer jeden Corporation fest­

gesetzt, und zur Verhandlung desjenigen bestimmt, was zur Ver­ waltung und Conservation der Rechte und innern Verfassung der Corporation gehört. 8. 959.

So oft in der Grundverfaffung des Stifts etwas

geändert werden soll, wird eine außerordentliche Zusammenbe­ rufung des Capitels, die Einwilligung des Bischofs der DiözeS,

und die Genehmigung deS Staats erfordert.

6) Der jüngste und wichtigste Staatsvertrag in dieser Beziehung ist Bulle de salute aunnarum vom 16. Juli 1321. (G. S. S. 113.)

Von geistlichen Gesellschaften überhaupt.

Z. 960.

351

Eben die- findet Statt, wenn unbewegliche Güter,

Kostbarkeiten, oder Rechte der Stiftung vertauscht, verpfändet oder veräußert werden sötten. 8. 961.

Geistliche Gesellschaften dürfen,

ohne ausdrückliche

Erlaubniß de- Staat-, weder Capitalien außerhalb Lande- ver«

leihen,

noch weniger auswärtigen geistlichen Obern

oder Stif­

tungen, etwas von ihrem Vermögen, bei einer gleich hohen Geld­ strafe, zuwenden. 8. 962. Di« Verwendung der au- dem. StiftSvermögen den einzelnen Mitgliedern bestimmten Hebungen zu andern Zwecken,

kann nur in außerordentlichen Zusammenkünften, mit einmüthiger Bewilligung sämmtlicher Mitglieder, beschlossen werden. $. 963. Auch die Wahl eine- neuen Vorgesetzten, Beamten,

oder Mitglieds der Corporation, kann nur in solchen außerordent­

lichen Zusammenkünften geschehen. $. 964.

Abwesende Mitglieder deS Capitel- oder Convent­

müssen zu dergleichen außerordentlichen Versammlungen besonders

eingeladen werden.

$. 965.

Ist diese- unterlassen worden: so können fie dieser

Uebergehung wegen (ob contemtum) auf Vernichtung deS von den übrigen Mitgliedern gefaßten Schlusses antragen. $. 966.

ES ist aber genug, wenn die Einladung nur in die

gewöhnliche Wohnung oder Curie solcher abwesenden Mitglieder insinuirt wird.

§. 967.

Ein Mitglied deS Capitels,

welches persönlich zu

erscheinen verhindert ist, kann seine Stimme nur einem andern

Mitgliede auftragen. 8- 968.

Wer auf gehörige Einladung weder selbst erscheint,

noch einen qnalificirten Bevollmächtigten bestellt,

muß sich das­

jenige gefallen lassen, waö von den übrigen Mitgliedern beschlossen worden. §. 969. In gewöhnlichen Angelegenheiten und Zusammen­ künften entscheidet die Mehrheit der Stimmen der gegenwärtigen

Mitglieder. 8. 970.

In wie fern,

und

bei welchen Geschäften,

die

Mehrheit der Stimmen sämmtlicher Mitglieder, oder eine gewisse

überwiegend« Mehrheit erfordert werde, Verfassung einer jeden Corporation

vorkommen.

ist nach der besondern

bestimmt,

Md wird unten

352 Rechte

m

Dor eher».

Zweiter Theil.

Eilster Xitel.

§. 971. Eben so bestimmt die Verfassung einer jeden geistgorporatjon, tö