Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Teil 1, Band 2 Landrecht, Band 2 [Reprint 2021 ed.] 9783112432747, 9783112432730


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German Pages 559 [1112] Year 1854

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Zwölfter Titel
Dreizehnter Titel
Vierzehnter Titel
Fünfzehnter Titel
Sechszehnter Titel
Siebenzehnter Titel
Achtzehnter Titel
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Zwanzigster Titel
Einundzwanzigster Titel
Zweiundzwanzigster Titel
Dreiundzwanzigster Titel
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Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Teil 1, Band 2 Landrecht, Band 2 [Reprint 2021 ed.]
 9783112432747, 9783112432730

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Landrecht. In zwei Theilen oder vier Bänden.

Zweiter Band.

Allgemeines

8 andrecht für die

Preußischen Staaten. Unter Weglassung der obsoleten oder aufgehobenen Vorschriften und Einschaltung der jüngeren noch geltenden Bestimmungen, herausgegeben

mit

Kommentar in Anmerkungen von

Dr. C. F. Koch. Mit Bewilligung der Herren A. Nauck und Gomp.

Erster Theil, zweiter Dand.

Berlin, 1853. Verlag der T. Trautwein'schen Buch- und Musikalienhandlung.

(I. Vuttentag.)

Zwölfter Titel. bon treu Titeln ’) zur Erwerbung des Eigenthums, welche

aus Verordnungen von Todeswegen entstehen. §• l Ueber Alles, waS der freien Veräußerung eines Men­ schen unterworfen ist, kann derselbe auch auf den Todesfall nach Gutbefinden verfügen 1 2).

1) Das Vermögensrecht besteht nach seinen Gegenständen auS zwei Theilen, je nachdem der unmittelbare Gegenstand unserer Herrschaft eine Sache an sich (dingliche Rechte), oder eine fremde Handlung (Obligation) ist. Im R. R. erscheint jeder Theil unabhängig von dem andern als Gegenstand der RechtSbestimmungcn. Von dieser Behandlung geht das A.L. R. ab, indem beide Vermögcnstheile in eine solche Beziehung zu einander gebracht sind, daß die ding­ lichen Rechte allein als der eigentliche Gegenstand der Rechtsbestimmungen erschei­

nen und die Obligationen nur als untergeordnete Mittel zur Erwerbung oder Aushebung eines solchen in Betracht kommen. „Denn," sagt der Großkanzler v. Carmer zur Rechtfertigung dieser abwegigen Behandlung, „der Gegenstand eines jeden Kontrakts und die Absicht, warum solcher geschloffen wird, ist die Erwerbung, Ucbertragung oder Aufhebung irgend eines Juris realis. Selbst die eigentlichen sogenannten contractus consensuales zielen dahin ab, daß der eine Kontrahent dadurch entweder daS Eigenthum, oder das Condominium, oder das Nutzungsrecht, oder den Besitz einer Sache zu seiner Sicherheit erhalten soll." (Mathis Bd. XI, S. 206.) Zufolge dieser Behandlung erscheinen denn auch die letztwilligcn Verordnungen hrcr nur als Titel zur Erwerbung deS Eigenthums. Vergl. die Note * zu §. 350 Tit. 9, Bd. I, S. 481.

2) Der Satz, im §. 9 wiederholt, enthält daS aus dem R. R. aufgenommcnc Prinzip, auf welchem die Delation einer Erbschaft beruhet. .Es ist der Wille des Eigenthümcrs; dieser Wille soll, mit einer Ausnahme in Beziehung auf bestimmte Personen (Pstichttheilsbercchtigte), noch nach dem Tode der Person wirksam sein, im vollkommenen Gegensatze zum deutschen Rechte, welches nur die allge­ meine Ncchtsrcgel als ausschließlichen Titel zur Erbschaft gelten läßt. DaS A. L. R. folgt in der gesetzlichen Berufung nur dem präsumtiven Willen deS Erblassers, wenn der Erblasser es unterlassen hat, seinen Willen auSzusprechen. §. 367, Tit. 9. Daher sind die testamentarische und die gesetzliche Erbfolge gleichartig; ungleichartig dagegen die Succession in dem Ausnahmefalle: denn diese tritt wider den Willen des Eigenthümcrs ein. DicS hat seine praktischen Folgen. Vergl. o. die Anm. 28 Satz 3 zu §. 384 Tit. 9. Die drei BerufungSgründe verhalten sich so zu einander, daß daS Testament die Intestaterbfolge Koch, Allgemeines Landrecht.

IT.

1

Erster Theil.

2 §. 2.

Zwölfter Titel.

Dergleichen Verfügungen können sowohl durch einseitige

Willenserklärungen, als durch Verträge getroffen werden.

ausschließt, die absolut gesetzliche (successio contra tabulas) hingegen der testa­ mentarischen, soweit es nöthig, vorgeht, daß aber die letzten Beiden mit einander konkurriren können, wogegen die nothwendige Succession in der Jntestaterbfolge aufgeht. §§. 45, 46, 285 u. 29 d. T. und §§. 433, 436 Th. II, Tit.,2. Der Röm. Rechtsgrundsatz: nemo pro parte testatus, pro parte intestatus de­ cedere potest, — der sich nur auf das Verhältniß der testamentarischen Erb­ folge zur Jntestaterbfolge bezog, wogegen das Testament neben der absoluten Berufung allerdings bestehen konnte (L. 1 pr., 4 pr. n. 19 D. de bonor. poss. contra tab. XXXVII, 4) — ist vermeintlich abgeschafft, mit Bewußtsein und Vor­ bedacht. Zur Rechtfertigung dessen sagt Suarez in den Vorträgen über die Schlnßrevision des G. Ä.: „In Ansehung der Erbeseinsetzung ist das Principium des R. R.: quod nemo pro parte testatus, pro parte intestatus decedere possit, aufgehoben worden. Wie wenig Vernunftmäßiges dieser Grundsatz habe, und was für widersinnige, ja ganz absurde Folgen daraus entstehen, hat Stryck, de caut. test. c. I §. 13 schon gezeigt. Es ist z. E. äußerst empörend für den gesunden Menschenverstand, daß wenn der Testator in seinem Testamente ausdrückuch gesagt hat: Filius soll mein Erbe sein; er soll aber nur die Hälfte meines Nachlasses haben — dieser Filius, jenem Principio zu gefallen, dennoch das Ganze bekommt; ob cs gleich klar ist, daß der Testator die andere Hälfte seines Nachlasses seinen nächsten Verwandten hat lassen wollen. Auf der Abschaffung dieses Principii beruhen die §§. 45, 46, 256—260, 285 u. a. in. Zwar könnte eS scheinen, daß ans eben diesem Grunde auch das ganze jus accrescendi hätte anfgchoben werden sollen, indem dasselbe ursprünglich in der Absicht erfunden worden, zu verhindern, daß die Portion des dcficirendcn Miterbcn nicht an die heredes ab intestato fallen möge. Allein das jus accrescendi hat außer diesem noch einen andern vernunftmäßigen Grund, nämlich die Präsumtion: daß der Testator diejenigen, die er im Testament zu seinen Erben ernennt, mehr geliebt habe, als seine heredes ab intestato; da es nun bei der ganzen Bearbeitung deS neuen Gesetzbuchs regierender Grundsatz war: die bisherigen Rechte soviel als möglich bcizubehaltcn und nicht ohne die erheblichsten Ursachen Neuerungen darin vorzunehmcn, so ist auch das jus accrescendi §§.281 — 287 konservirt, und nur durch Aufhebung der allzu subtilen Unterscheidungen zwischen den verschiedenen Arten dep Konjunktionen möglichst zu simplisiciren gesucht worden." (Jahrb. Bd. XLI, S. 79.) Die Vorstellung, welche S. von dem Begriffe des Erben, der Erbeinsetzung und von dem jus accrescendi an den Tag legt, stimmt die Erwartung von seinen gesetzgeberischen Leistungen im Erbrechte gleich von Ansang sehr herab; wer das jus accrescendi für eine zufällige Erfindung hält, hat keine Einsicht in den inneren Zusammenhang der Dinge. Das Zuwachsrccht gehört zum eigentlichsten Wesen eines Erben, welche Wesenheit darin besteht, daß der Erbe auf daS Ganze die Persönlichkeit des Erblassers in Beziehung auf dessen nachgelassenes Vermögen fortsetzt. Das ist so nothwendig als wenig eine lebende Person mit einem halben oder viertel Vermögen denkbar ist. Sind mehrere Personen zugleich zu Erben berufen, so ist eine Jede auf das Ganze (per universitatem) Fort­ setzer des Verstorbenen. Nur die natürliche Unmöglichkeit, daß ein Jeder die in der Erbschaft befindlichen Gegenstände körperlich alle nnd ganz nehmen kann, schrankt die Wirksamkeit des Erbrechts eines Jeden soweit thatsächlich ein als nöthig ist, um Alle Theil nehmen zu lassen, es tritt eine Kollision ein. Durch das Ausscheiden Einzelner dehnt sich die Wirksamkeit des Rechts der Uebrigen ganz von selbst aus. Dies ist das Zuwachsrecht, ohne welches kein wahres Erb­ recht besteht. Deshalb ist das Erbrecht deS Ehegatten und der unehelichen Kinder anomal. Dies beiläufig. Was die Sache, die Abschaffung jenes Princips: nemo pro parte etc., betrifft, so ist eS bei der Absicht und dem Versuch ge­ blieben. S. die Sinnt. 6. ' W b

Die zulässige Konkurrenz der verschiedenen Anfallsgründe ist nicht als eine

Von Testamenten und Codicillen.

3

Erster Abschnitt. Von Testamenten und Codicillen. §.3. Jede einseitige Willenserklärung, wodurch Jemand ^Wrisse zum Erben 3*)* einer Verlassenschast berufen wird, heißt ein Testa- unlWeunl>* ment4).5 6 §. 4. Jede3) Erklärung eines Testators, woraus erhellet, daß er, nach seinem Tode, den Inbegriff3) seines Nachlasses einer

Kumulation zu denken, so daß mehrere zugleich Geltung haben könnten, vielmehr wirken dieselben immer alternativ. Niemand kann also auS zwei verschiedenen BcrufungSgründcn zugleich Erbe sein. Wer die testamentarische Berufung ange­ nommen hat, kann sich nicht mehr auf seine Pflichtthcilsbcrcchtigung berufen. Auf diesem Grundsätze beruhet das Pr. des Ob.-Tr. 1253, v. 5. Januar 1843: Wenn bei bestandener ehelicher Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus dem Testamente des Verstorbenen angetretcn hat, so kann derselbe gegen den darin eingesetzten Pflichtthcilserben auf den lebenslänglichen Nießbrauch am Pflichttheil, aus dem Gütergemeinschaftsrecht, keinen Anspruch machen. (Entsch. Bd. VUl, S.3I3.) 3) „Erben" heißen in der Rechtssprache, gleich den gesetzlichen Erben, auch die durch den ausdrücklichen Willen des Eigentümers zur Nachfolge in das Ganze berufenen Personen; in der Umgangssprache versteht man darunter ge­ wöhnlich Blutsverwandte oder, in einem noch engern Sinne, nur Kinder. Soll ein Unterschied zwischen den gesetzlichen und den Testamentserben in einer gewissen Hinsicht stattfinden, so muß es angedcutet werden. In Fällen, wo es streitig gewesen ist, ob ein gewisses Recht auf alte Erben ohne Unterschied, oder nur auf die gesetzlichen übergehe, findet sich auch wol das Entgegengesetzte ausgesprochen, wie 'z. B. im §. 318, Tit. 11. — Wer „Erbe" sei, "sagt der §.4. S. u. die Anm. 6. 4) Die letztwilligen Verfügungen werden, nach dem Vorbilde des R. R. in Testamente und Eodicille eingetheilt; die Beibehaltung dieser Eintheilung ist aber überflüssig, es knüpfen sich keine Rechtsverschiedenheiten noch an den Namen. Auch ist es gleichviel, ob der Erblasser seine letztwillige Verfügung ein Testament oder ein Codicill genannt hat; denn auch ein s. g. Codicill gilt als Testament, wenn es eine Erbeinsetzung enthält. S. die folg. Anm. 5. 5) Die, in einem mit den formellen Erfordernissen eines Testaments errichteten Nachzettel zu einem früheren Testamente enthaltene, Disposition ist für sich selbst, auch wenn dieses frühere Testament aus irgend einem Grunde nicht bestehen könnte, als ein gültiges Testament zu erachten, wofern aus derselben der Wille deS Testators, den Inbegriff seines Nachlasses einer gewissen Person zuwenden zu wollen, deutlich erhellet. Pr. des Ob.-Tr. v. 21. Juni 1844. (Entsch. Bd. X, S. 125.) Vcrgl. die vor. Anm.

6) Den Inbegriff, die Verlassenschast als ein Ganzes, dergestalt, daß der Berufene oder die Berufenen ausschließlich den Nachlaß als „Inbegriff" erhalten sollen. Das ist das Wesentliche der Erbcseinsetzung. Die Zuwendung eines Bruchtheils (pars quota) ist keine Erbcseinsetzung, sondern ein Vermächtniß, und ein s. g. Testament, welches z. B. über die Erbcseinsetzung weiter nichts enthielte, als die Bestimmung, daß A. zum Erben ernannt werde und Ein Viertel des Nachlasses erhalten solle, ist ein Codicill. In diesem Falle ist die Jntestaterbfolge, und zwar auf das Ganze, nicht etwa aus drei Viertel eröffnet,

4

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

oder mehreren Personen?) zuwenden wollet, ist für eine ErbeSeinfttzung zu achten. §. 5. Einseitige Willenserklärungen, durch welche Jemand nur über einzelne und bestimmte Stücke, Summen, Rechte oder Pflichtend), auf den Todesfall verordnet, führen den Namen der Codicille. §. 6. Einzelne bestimmte in einem Testamente oder Codicille Jemanden hinterlassene Sachen^) oder Summen "), werden Le­ gate oder Vermächtnisse genannt.

d. h. in daS Ganze, in den „Inbegriff" succcdiren nur die Jntestaterben; nur diese haben das jus accrescendi, Jener kann nie mehr als ein Viertel des reinen Nachlasses erhalten, wenn auch alle zur Jntestaterbfolge Gerufenen die Erbschaft auSschlagen sollten, er ist mithin nur Legatar. §§. 258 und 283 d. T. Der römisch-rechtliche Grundsatz: nemo pro parte etc. gilt also in der Wirklichkeit auch nach dem A. L. R. Vergl. o. die Anm. 2 zu §. 1. Es kann nicht vor­ kommen, daß die Jnteftat- und Testamentserbfolge gleichzeitig eintreten. Denkbar wäre dies etwa so, wenn es z. B. in einem Testamente hieße: A. soll mein Erbe zum vierten Theil meines Nachlasses sein, und auch das Zuwachsrecht haben. Allein dies wäre eine Erklärung, aus welcher erhellete, daß der Testator den Inbegriff des Nachlasses dem A. und denjenigen Personen, welche gesetzlich zur Erbschaft berufen sind, znwenden wolle; cs wäre eine Einsetzung Mehrerer auf das Ganze, und die Bestimmung des Antheils für A. wäre eine TheilnngSvorschrift. Üebrigens ist über die Natur der Berufung eines einzigen s. g. Erben auf ein Verhältnißtheil Meinungsverschiedenheit. Diejenigen aber, welche darin eine wahre Erbeseinsetzung sehen, übergehen daS wesentliche Kriterium eines wirk­ lichen Erben, nämlich das Zuwachsrecht, wodurch die Einsetzung mehrerer Per­ sonen auf das Ganze erst verwirklicht wird. Diese Wesenheit wird auch nicht beachtet in dem R. vom 18. April 1797, worin die Weisung gegeben wird, daß a) wenn Jemand in einem der Form nach gültigen Testamente zum alleinigen Erben in certa quota eingesetzt, ihm jedoch auf sein Erbtheil das Immobile ausdrücklich angewiesen worden, die Berichtigung des Bcsitztitcls für ihn bloß aus den Grund des Testaments erfolgen könne, dagegen aber b) wenn er zwar Erbe genannt, ihm aber bloß das Immobile beschieden fei, er nur pro legatario zu achten und also nach §.60 der Hyp.-O. zu verfahren. (Rabe, Bd. I V, S. 97.) Auch in dem Falle a ist der s. g. Erbe nur Legatar, welcher nichts erhält, wenn die Erbschaft überschuldet ist, folglich das Immobile nicht eigen­ mächtig herausziehen und sich zu Nutze machen kann.

7)

Mit Ausschließung aller Andern. S. die vor. Anm. 8) Wenn dies klar ist, so muß für den benannten Erben die Eintragung deS Besitztitels auf den Grund des der Form nach richtigen Testaments geschehen, ohne sich daran zu kehren: ob von andern übergangenen Notherbcn etwas konstirt, oder nicht. Dies erklärt daS gedachte R. v. 18. April 1797 (Anm. 6) für un­ zweifelhaft. Mir erscheint es sehr zweifelhaft, wenn dem Richter andere Noth­ erben ex actis wirklich bekannt sind. Denn diese sind ja contra,tabulas ipso jure Miterben. 9) Oder Antheile (Quoten). Die Fassung ist ungenau; der §. 46. u. 256 ist darin genauer. S. o. die Anm. 6 zu §. 4. 10) Der Ausdruck „Sachen" ist hier und in dem §. 262 in dem allge­ meinen Sinne der §§. 1 u. 2, Tit. 2 gebraucht, wonach auch Handlungen ic. darunter begriffen werden. (Entsch. des Ob.-Tr. Bd. XI, S. 283.) 11) S. o. die Anm. 9 zu §. 5.

Von Testamenten und Codicillen.

§. 7.

S. 8.

5

Codicille sind auch ohne Testament gültig. WaS ju einer rechtsbeständigen Willenserklärung über­

haupt gehört, wird auch zu einem rechtsgültigen Testamente oder

Codicille erfordert. §. 9.

(Tit. 4.)

So weit Jemand unter Lebendigen über sein 93er« n. an-« bei-

mögen zu verfügen fähig und berechtigt ist,

so weit kann er in

der Siegel12)13auch auf den Todesfall Verfügungen treffen. §. 10. Der Befugniß dazu kann er sich nur durch einen rechtsgültig geschloffenen Erbvertrag begeben.

§. 11.

Die Fähigkeit oder Unfähigkeit") eines Erblassers

muß nach dem Zeitpunkte, wo er seinen letzten Willen errichtet hat, beurtheilt werden.

12) Die Ausnahme machen die Pflichttheilserben. S. o. §. 1 und die Anm. 2. Die in dem R. v. 11. December 1801 (Rabe Bd. VI, S. 685) aus­ gesprochene Meinung, daß die von Eltern, deren kantonpflichtige Söhne aus­ getreten sind, getroffenen letztwilligen Verordnungen nur soweit rechtsbeständig seien, als dadurch die ausgetretenen Söhne nicht im Pflichttheil verletzt würden, hat durch Aufhebung der VermögenSkvnfiskation ihre Beziehung verloren. Nach den Grundsätzen der Münsterschen Gütergemeinschaft können Eheleute, in sofern die Ehe beerbt ist, nur gemeinsam Ktztwillig verfügen. Verfügungen von Todes wegen, welche ein Ehegatte ohne Zuziehung des Andern errichtet hat, sind daher ungültig. Pr. deö Ob.-Tr. 630, v. 23. März 1839. Der Grundsatz des LübischewRechtS: „daß Ehefrauen letztwillig nur sn so­ fern testiren können, als ihnen die Besugniß hierzu von dem Ehemanne aus­ drücklich gegeben worden", ist in den mit Lübischem Rechte bewidmeten Städten des HerzogthumS Alt-, Vor- und Hinterpommern, insbesondere in der Stadt Gollnow, nicht recipirt und zur Geltung gekommen. Pr. des Ob.-Tr. 2130, v. 10. August 1849. 13) Die Fähigkeit oder Unfähigkeit kann in einer Veränderung entweder in den Gesetzen oder in Thatsachen beruhen. Die hier gegebenen Bestimmungen be­ ziehen sich nur auf Veränderungen in Thatsachen (§§. 12—14), an die Ver­ änderung in den gesetzlichen Vorschriften ist nicht gedacht worden. A. Die that­ sächlichen Veränderungen können sich zutragen entweder in den Rechts­ verhältnissen, oder in den physischen Eigenschaften deS Testators. 1. Auf die veränderten Rechtsverhältnisse beziehen sich die §§. 13 und 14. Die Testamentsfähigkeit, welche auf den Rechtsverhältnissen deS Testators beruht, ist ein es theils bedingt durch die Fähigkeit, Vermögen zu haben und zu hinter­ lassen. In dieser Hinsicht sind unfähig: a) Personen, welche das Klostergelübde abgelegt haben (§. 1200, Tit. 11, Thl. II), b) Personen, welchen ihr gegen­ wärtiges und zukünftiges Vermögen abgesprochen worden ist. -Bezüglich auf diese juristische Unfähigkeit gilt nach R. N. die Regel: der juristisch Unfähige kann kein Testament machen und auch nicht hinterlassen, d. h. die Testaments­ fähigkeit muß in beiden Zeitpunkten, bei der Errichtung und zur Zeit deS TodeS, vorhanden sein. Unser §.11 aber giebt die Regel, daß nur auf die Zeit der Errichtung gesehen werden soll. Das widerspricht dem inneren Bedürfniß der Sache und darum wird auch keine Anwendung von dieser Regel gemacht. Denn das Testament einer Person, welche hinterdrein das Klostergelübde ablegt, und vor dessen Aufhebung stirbt, ist unkrästig, weil sie nichts hinterläßt (§. 1200— 1202); und das Gleiche gilt von dem Testamente einer Person, welche in dem nachher eingetretencn Zustande der Vermögensunfähigkeit stirbt. §. 14 d. T. So-

Erster Theil.

ö

§. 12.

Zwölfter Titel.

War zu dieser Zeit der

Erblasser,

wegen eine-

natürlichen Mangels, seinen letzten Willen zu erklären unfähig, so bleibt die Verordnung ungültig, wenn auch dieser Mangel in der Folge gehoben worden"). 8. 13. Stand ihm aber nur daS Verbot eines positiven

Gesetzes, welches sich nicht auf einen Mangel der natürlichen

weit fände sich eine Uebereinstimmung des A. L. R. mit dem R. R. hinsichtlich des aufgestellten Grundsatzes (§. 11) zwar nicht, aber doch des wirklich ange­ wendeten. Abweichung findet fich jedoch in Ansehung der in die Zwischenzeit fallenden Veränderungen der Rechtsverhältnisse: dergleichen zur Zeit des Todes schon wieder weggefallene Veränderungen schaden nach R. R. (L. 1 §. 8 D. de bonor. poss. sec. tab. (XXXVII, 11); L. 6 §- 12 D. de injusto (XXVIII, 3) nicht; das A. L. R. §. 197 d. T. hingegen verordnet über militairische Testa­ mente für den in Rede stehenden Fall das Gegentheil; ob daS -Gleiche auch für andere Testamente gelten soll, ist bei der Principlofigkeit und Inkonsequenz deS A. L. R. in dieser Lehre nicht zu sagen. Zwar kommt zur Zeit darauf nichts an, da der Fall b infolge der Beseitigung der VermögenSeinziehungs-Strafe jetzt nicht eintreten kann. Aber daS kann sich täglich wieder ändern, und wenn auch nicht, so ist ein Grundsatz doch hinsichtlich der unter a gedachten Personen Bedürfniß. Ich halte die Ergänzung aus dem R. R. hier für zulässig; denn sie tritt mit andern Grundsätzen deS A. L. R. nicht in Widerspruch und die analoge Anwendung des §. 197 kann wegen der Unähnlichkeit der Verhältnisse und Zustände bei dem privilegirten militairischcn Testamente in Vergleichung mit einem ordentlichen Testamente nicht entgcgentrcten. Andern theils ist die in Rede stehende Testamentsfähigkeit bedingt durch daS Nichtvorhandensein eines Zustandes, bei welchem ein positives Gesetz die Testamentserrichtung verbietet. Für diesen Fall der Unfähigkeit hat daS A. L. R. wieder eine andere, auch von dem Röm. Grundsätze abweichende, Regel in dem §. 13 d. T., von welcher eine Anwendung gemacht ist auf den Verschwender, im §. 30. Gleiche Anwendung wird derselbe finden auf den Fall der K. O. v. 10. April 1806 (Zus. 1), wenn eine Kloster-Person auStritt und vorher ein Testament gemacht hat, so wie auf den Fall deS §. 35 d. T. und der V. v. 28. Februar 1811 (Zus. 2), wenn ein Ehebrecher zu Gunsten seines Genossen ein Testament gemacht hat, und die Ehe­ brecher fich nachher mit Dispensation heirathen. Andere Anwendungen können zur Zeit nicht vorkommen, weil außerdem keine positiven Verbote vorhanden sind. — 2. In Beziehung auf die natürlichen Eigenschaften und die darauf beruhende Testamentsfähigkeit hat das N. R. den 'Grundsatz, daß das von einem physisch Unfähigen, z. B. einem Wahnsinnigen, errichtete Testament ungültig bleibt, wenn auch nachher der Grund der Unfähigkeit wegfällt. Dieser Grundsatz findet sich im §. 12 wieder. Der Röm. Grundsatz sagt aber ferner, daß wenn die Fähigkeit zur Zeit der Errichtung vorhanden war, daS Testament durch Eintritt der physischen Unfähigkeit auch nicht ungültig wird. Dies findet sich im L. R. nicht ausgesprochen, ist aber in unserm §.11 enthalten. — B. Die Veränderungen in den Gesetzen bezüglich auf die Testamentsfähigkeit können eben so die Rechts­ verhältnisse betreffen, wie j. B., wenn ein neues Gesetz verordnete, daß Kinder in väterlicher Gewalt nlcht sollten testiren können, oder daß Klosterleute vermögens- und verfügungsfähig sein sollten, wie durch die K. O. v. 10. April 1806 (Zus. 1) geschehen ist; als auch die physischen Eigenschaften, wie z. B. wenn ein neues Gesetz den Stummen die Testamentsfähigkeit entzöge, oder die Testamentsmündigkeit verändert würde. Auf solche Gesetzesveränderungen müssen die Vorschriften §§. 11—14 analogisch angewcndet werden. Oben, Bd. I, S. 14. 14) Vergl. die vor. Anm. Verträge, welche wegen natürlicher oder recht­ licher Unfähigkeit eines Kontrahenten ungültig eingegangen sind, müssen wegen der nöthigen'Mitwirkung des Andern immer wiederholt werden. Tit. 5, §§.37,^8.

Von Testamenten und Codiciken.

7

Fähigkeit zur Willenserklärung bezieht, dabei entgegen: so wird die Verordnung gültig, wenn daS Hinderniß in der Folge hin-

weggefallen ist15).16 17 18 19 20 21 I. K O. v. 10. April I 806. Die aus den säcularisirten Klöstern entlassenen Ordensgeistlichen sind, wie andere Staatsbürger, befugt, über ihr Vermögen zu disponiren. (N.E.S. Bd.XII, S. 127) Ich trage kein Bedenken, auf Euern Bericht vom 27. v. M. und bei den daraus ersehenen Gründen, in Absicht der aus den säcularisirten Klöstern entlassenen Ordenögeistlichen, angetragener­ maßen hierdurch festzusetzen, daß selbigen und zwar beiderlei Ge­ schlechts, so wie jedem andern Bürger des Staats, die Befugniß, über ihr bereits erworbenes oder noch zu erwerbendes Vermögen, unter Lebendigen, so wie von Todeswegen, zu disponiren, zustehen, und dem Fiscus kein Recht gebühren soll, auf deu Grund ihres vorigen klösterlichen Verhältnisses und der von ihnen vormals ab­ gelegten Gelübde, diese ihre Dispositionen jemals anzufechten").

8. 14.

In sofern die Unfähigkeit zu testiren, als die Strafe

einer gesetzwidrigen Handlung anzusehen ist,

erstreckt sich dieselbe

auch auf vorher errichtete letztwillige Verordnungen zurück1 ’).

8. 15. 8. 16.

Obsolet"). Minderjährige,

ohne

Unterschied deS

welche das vierzehnte Jahr zurückgelegt haben"),

Geschlechts, können letzt­

willige Verordnungen gültig errichten, ohne daß dazu die väter­ liche^«) oder vormundschaftliche Einwilligung erfordert wird. 8. 17.

Doch sind Personen, welche daS achtzehnte111) Jahr

15) Ueber diese eigenthümliche Regel s. o. die Anm. 13 zu §.11. wendung davon im §. 30.

An­

16) Ein vorher errichtetes Testament einer solchen Person wird hierdurch gültig, gemäß §. 13. S. o. die Anm. 13. 17) Diese Vorschrift bezieht sich auf die Strafe der Vermögenseinziehung, wovon die Testamentsunfähigkeit eine Folge ist; unmittelbare Anwendung hat niemals stattfinden können, weil die Entziehung der Testamentsfahigkeit nicht Strafmittel gewesen ist. Jetzt ist, nach Beseitigung der Konfiskationsftrase, die Vorschrift zwar ganz gegenstandslos, sic enthält aber die Anwendung eines Prinzips (Anm. 13), und'könnte wol wieder anwendbar werden.

18) In Folge der Beseitigung der VermögenskonsiSkationS - Strafe durch §. 19 des Str.-G.-B., und Art. 10 des St.-Grundgcs. v. 31. Jan. 1850. 19) Die Testamentsmündigkeit beginnt, wie die Großjährigkeit, mit Anbruch des ersten Tages des folgenden Jahres. Tit. 3, §. 46; Tit. 5, §. 15.

20) Vergl. §. 18 und die Anm. 23 dazu.

21) Diese Verlängerung einer bedingten Testamentsunmündigkeit gründet sich, nach Suarez's Schlußvortr., auf eine Menge von Monitis gegen den Entwurf, in denen es für bedenklich gehalten wurde, die Vorschrift des R. R., vermöge welcher Puberes nach zurückgelegtem 14ten Jahre gültig testiren können, beizubehalten, da in einem so zarten Alter, dem es in der Regel an Reise.des

8

Erster Theil

Zwölfter Titel.

noch nicht zurückgelegt haben, ihre letztwilligen Verordnungen nicht

anders"') als mündlich,

zum gerichtlichen Protokolle") zu er­

richten befugt. §. 18. So weit Kindern, die noch unter väterlicher Gewalt

stnd, der Mangel des gesetzmäßigen Alters nicht entgegen steht, bedürfen dieselben, auch in Ansehung deS nicht freien Vermögens, keiner Einwilligung des Vaters").

§. 19.

Bei Frauenspersonen ist,

auch an Orten, wo sie

keine Verträge ohne Geschlechtsvormund schließen können, die' Zuziehung eines solchen Kurators bet ihren letzten Willensver­ ordnungen nicht nothwendig").

Verstandes und der Ueberlegung, und an Festigkeit des Charakters noch so sehr fehle, ein solcher Testirer den Kunsttzriffen listiger Verführer und Erbschleicher zu sehr ausgesetzt sei. Da daS Monttnm nicht ganz unerheblich geschienen, und man gleichwohl Bedenken getragen habe, die ganze DiSposttion des R. R. wegen des zur Testamentifikation fähigen Alters auszuhcben, so wäre der Ausweg er­ griffen, solchen Minorennen, die das 18. Jahr noch nicht zurückgelegt haben', nur testamenta nuncupativa zu gestatten; weil bei diesen der Testator dem Richter seinen Willen selbst erklären müsse; dabei der Erbschleicher, der ihn vielleicht verleiten wolle, sein Vermögen den rechtmäßigen Erben zu entziehen, entfernt sei; und der Richter bei der mündlichen Vernehmung weit eher Gelegenheit habe, die Mendes solcher Erbschleicher zu entdecken, und den unerfahrenen Testator da­ gegen zu warnen. (Jahrb. Bd. XLI, S. 78.) 21a) Also auch in keiner privilegirten Form, z. B. nicht vor den Dorfge­ richten. S. u. Anm. 95 zu §. 93 d. T.

22) Die im §. 152 d. T. vorgeschriebene Form, wonach ein offener schrift­ licher Aufsatz gebraucht werden kann, ist hier nicht anwendbar; vielmehr darf der Aufsatz, wenn ein solcher übergeben wird, nur zur Information des Richters benutzt, das Testament muß aber gleichwohl mündlich ausgesprochen und zu Protokoll niedergeschricben werden. Der Aufsatz ist dann unbrauchbar (§. 111) und zurückzugcben. Auch die im §. 47 gestattete Art der Erbeinsetzung ist solchen Testatoren nicht erlaubt, wie auS Suarez's Vortrag (Anm. 21) erhellet.

23) Dadurch ist das R. R., nach welchem ein filius familias nicht testamcntsfähig ist, abgeändert. Bei der Frage, wie cS in Ansehung der Gültigkeit der Testamente minder­ jähriger Personen bei einer Gesetzesveränderung, z. B. bei Einführung deS A. L. R. an Orten, wo bis dahin R. R. gegolten hat, gehalten werden soll, ist zu unter­ scheiden zwischen bloß minderjährigen Personen und Kindern unter väterlicher Gewalt. Hat ein nicht unter väterlicher Gewalt stehendes Mädchen von zwölf Jahren unter der Herrschaft des R. R. testirt und stirbt nach Einführung des A. L. R. vor dem 14. Jahre, so bleibt daS Testament gültig, zufolge §.11 und 12, denn die Testamentsmündigkeit beruhet auf physischen Eigenschaften. Das Gleiche gilt von schriftlichen Testamenten solcher mündiger Personen unter 18 Jahren (§. 17). Dagegen wird das, unter der Herrschaft des R. R. er­ richtete Testament eines in väterlicher Gewalt stehenden Kindes durch Einführung des A. L. R. gültig, gemäß §. 13, weil die Testamentsunfähigkeit einer solchen Person auf deren Rechtsverhältnissen beruhet. Vergl. die Anm. 13 a. E.

24) Die Geschlechtsvormundschast der Frauenspersonen ist zwar aufgehoben, dies Gesetz spricht aber, abgesehen von der cura sexus, einen allgemeinen Grundsatz aus, welcher in den Testamenten der Ehefrauen seinen Gegenstand hat.

Von Testamenten und Codicillen.

9

§. 20. Personen, die nur zuweilen ihres Verstandes beraubt sind, können in lichten Zwischenräumen von Todeswegen rechts­ gültig verordnen

(§, 145.)

Personen aber, die wegen Wahn- oder Blödsinns unter Vormundschaft genommen worden, sind, so lange die Vor­ 8- 21.

mundschaft dauert, letztwillige Verordnungen zu errichten, unfähig.

8. 22.

Haben dergleichen Personen, innerhalb EineS JahreS

vor angeordneter Vormundschaft, eine außergerichtliche oder privilegirte Verordnung über ihren Nachlaß gemacht: so muß derjenige, welcher daraus einen nach den Gesetzen ihm nicht zukommenden Vortheil fordert2•), nachweisen, daß der Verfügende damals, alö er die letztwillige Verordnung errichtete, seines Verstandes mächtig gewesen fei27 25).26 8. 23.

Der Einwand, daß Jemand zur Errichtung seines

25) Bezieht sich auf den periodischen, nicht auf den firen Wahnsinn. Anm. zu 8- 28 Tit. 1. Dies ergeben auch die Materialien der Gesetzgebung. Der ungedruckte Entwurf verordnete bloß: „Personen, die nur zuweilen ihres Ver­ standes beraubt werden, können in lichten Zwischenräumen gültig testiren." S u arez war damit nicht einverstanden; er erinnerte: „Diese zu unzähligen Prozessen An­ laß gebende Disposition muß m. v. den allgemeinen Grundsätzen von Willens­ erklärungen gemäß eingerichtet werden. Nach diesen sind die dispositiones sol­ cher Personen ungültig, ohne Rücksicht, ob sie in dilucido intervallo gemacht worden oder nicht. Daß aber Jemand sich in einem solchen Zustande befinde, ist danach zu beurtheilen, ob er unter Kuratel genommen ist oder nicht." Doch wurde konkludirt: „Der Paragraph bleibt, doch wird beigesetzt, daß die Uebergabe des Testaments cum curatore geschehen, und daß der Richter die von ihm angestellte Prüfung von dem Gemüthszustande des testatoris im Protokoll allegiren müsse. Er kann auch einen andern ehrbaren Mann zum Assistenten machen." Der gedruckte Entwurf brachte jedoch keine entsprechende Vorschrift, sondern nur den Zusatz: „Personen, die wegen anhaltenden Wahn- oder Blödsinns unter Vormundschaft genommen worden, sind letzte Willensverordnungen zu errichten unfähig." Mehrere Monenten schlugen darauf noch den Zusatz vor: daß,.wenn Personen, die in der Folge wegen Wahn- oder Blödsinns unter Vormundschaft genommen worden, vor deren Anordnung eine außergerichtliche oder privilcgirte Disposition errichtet haben, derjenige, welcher daraus ein lucrum prätendire, das ihm die Gesetze nicht zueignen, den Beweis zu übernehmen habe, daß die Verordnung in dilucido intervallo errichtet worden. In Folge dessen wurde der §. 22 hinzugefügt. (Bornemann, Bd. VI. S. 15, II. Ä.) Diese Vor­ schriften enthalten keine erhebliche Abweichung von den §8. 24 ff. Tit. 4. 26) Also auch ein durch das Gesetz zur Nachfolge berufener Erbe, welchem ein größerer Antheil als ihm im Falle der Jntestaterbfolge zukommen würde, oder ein Prälegat zugewendet worden ist.

27) S. o. die Anm. 25 Der Einwand, daß der Testator zur Zeit der Errichtung seines letzten Wil­ lens blödsinnig gewesen sei, findet, wenn er auch nachher wegen Blödsinns unter Vormundschaft gesetzt worden ist, gegen ein gerichtliches Testament nicht statt, bei dessen Aufnahme der Richter sich überzeugt hat, daß der Testator seines Verstandes mächtig sei. Pr. des Ob.-Tr. 1998, v. 27. März 1848. (Rechtsf. Bd. III, S. 450).

10

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

Testaments durch Gewalt und Drohungen gezwungen, oder durch Irrthum, Betrug, in der Trunkenheit,

oder in heftigen Leiden­

schaften verleitet worden, findet gegen gerichtlich aufgenommene28) Verordnungen nicht statt29).30 31 32

§. 24.

Kann jedoch ausgemittelt werden, daß der Richter

um einen solchen Mangel bei der Willenserklärung deS Testators

gewußt, und dieselbe dennoch von ihm an- oder ausgenommen habe: so ist die ganze Handlung von Anfang an nichtig28); bet Richter aber, wegen vorsätzlich verletzter Amtspflicht, nach näherer

Bestimmung der Criminalgesetze verantwortlich.

§. 25.

Wie weit

und

unter welchen Umständen

außer­

gerichtliche oder privilegirte letztwillige Verordnungen wegen eineS

solchen Mangels angefochten werden können, ist nach den allge­ meinen

Grundsätzen von Willenserklärungen

urtheilen.

überhaupt zu be­

(Tit. 4, §. 31—51.)

8. 26.

Tauben oder2') stummen

Personen,

welche sich

schriftlich oder mündlich auödrücken können22), stehen die Gesetze

bei Errichtung ihres letzten Willens nicht entgegen.

28) Oder schriftlich übergebene. Denn die Willenserklärung erhält erst mit der Vollziehung der gerichtlichen Handlung ihre Vollendung. Erklärt der Tastator vor Gericht, wo er nicht unter dem Einflüsse eines Anderen steht, daß die ver­ schlossene Erklärung seinen Willen enthalte, so macht er sie eben dadurch zu seiner freien Willenserklärung, wäre sie auch unter fremdem Einflüsse entstanden. In diesem Sinne sind auch schriftlich übergebene Verordnungen gerichtlich aus­ genommen. Der folg. §. 24 setzt dies auch durch das „an- oder ausgenommen" außer Zweifel.

29) Zur Rechtfertigung sagt Suarez: es sei zwar dagegen erinnert wor­ den, daß, wenn gleichwohl nachgewiesen werden könne, daß ein testamentum privilegiatum in einem solchen Zustande der Trunkenheit errichtet worden, und daß der Richter einen solchen ebrium de facto admittirt habe, die Disposition doch ungültig sein wurde. Allein, da nach §. 28, Tit. 1 nur ein solcher Grad von Trunkenheit, welcher Jemanden den Gebrauch seiner Vernunft raubt, eine Willenserklärung vitiire, wer aber in einem solchen Grade der Trunkenheit ist, gewiß auch nicht im Stande sein werde, eine testamentarische Disposition, selbst eine privilegirte, zu errichten, und den actum depositionis zu vollziehen, so sei zu bezweifeln: ob der von den Monenten angegebene Fall jemals vorkommen könne. (Ges.-Rev. Pens. XVI, S. 82.) Gleichwohl ist der folgende §. 24 hinzugefügt worden, welcher den Angriff unter einer-anderen Formel möglich macht. 30) Der §. 24 widerspricht nicht dem vorhergehenden Satz 23, wie Einige behauptet haben, gestattet vielmehr ein anderes Rechtsmittel-als der §. 23 ver­ sagt: die actio und exceptio doli, die sich ohnehin von selbst versteht. Die Handlung ist in dem vorausgesetzten Falle keine gerichtliche, sie hat nur den äußeren Schein einer solchen, "denn die Gerichtöpersonen haben ihr Amt zu einer Betrügerei gemißbraucht. 31) Taubstumme haben Recht unverändert geblieben.

die Testirfähigkeit nicht. S. die folg. Anm.

Darin ist daö frühere

32) Dies ist Bedingung der Testirfähigkeit, und kann deshalb durch die

Von Testamenten und Codicillen.

8. 27.

11

Personen, welche für Verschwender") erklärt wor­

den, können während der Vormundschaft, zum Nachtheile ihrer gesetzlichen Erben,

verordnen. 8. 28.

nur über die Hälfte ihres Nachlasses gültig

Auch alsdann,

wenn ein Verschwender bloß unter

diesen gesetzlichen Erben testirt,

kann er keinem derselben mehr,

als die Hälfte desjenigen, was ihm nach den Regeln der gesetz­

lichen Erbfolge zukommen würde, entziehen. 8. 29.

Hat ein Verschwender, diesem zuwider, über seinen

ganzen Nachlaß, oder wegen deS gesetzlichen ErbantheilS eines seiner Verwandten verfügt:

so gilt die Verordnung nur so weit,

als er nach vorstehenden Bestimmungen zu verfügen berechtigt war; und im Uebrigen treten die Regeln der Jntestat-Erbfolge ein").

Zeichensprache (91. G. O. Th. II, Tit. 3, §. 7) nicht erseht werden. DaS Gesetz nimmt daS bis dahin gültig gewesene Recht auf. Im älteren R. R. waren Stumme ganz unfähig zu testiren. Justinian hat den Tauben und Stummen für den Fall, daß sie des Schreibens kundig sind, und den bloß Tauben, welche sprechen können, die Testirsähiakeit ertheilt. L. 10 C. qui testam. (VI, 22). Unter keiner anderen Bedingung wird den Personen, welche mit diesen Gebrechen behaftet sind, auch hier die Teftirfähigkeit zugcstandcn. DaS R. v. 24. Juni 1802 (Rabe VII, S. 175), welches die Zeichensprache zulassen Will, hat nicht Gesetzeskraft. Vcrgl. auch u. §. 123 unten die Anm. 19 dazu.

33) Nach R. R. kann der Verschwender kein Testament machen (L. 18 pr. D. qui testam XXVIII, 1; §. 2 J. quibus non est permiss. II. 12; Ulpian., XX, 13), nicht einmal Testamentszeuge kann er sein. (§. 6 J. de test. ord. II, 10). Das ist hier geändert, mit Bedacht. Suarez sagt dar­ über: Die Römer blieben, wenn sie dem Prodigo die Tcstamentisikation ver­ sagten, dem Gleichnisse und der Fiktion, daß ein Verschwender einem Rasenden gleich sei, gar zu treu. Da es einem Menschen um deswillen, weil er ein schlechter und unordentlicher Wirth ist, an der Fähigkeit, vernünftig zu handeln, und seinen Willen zu erklären, noch nicht ermangelt; und die Einschränkungen, die ihm zu seinem eigenen Besten gemacht werden, auf Verfügungen, die ihm selbst unschädlich sind, nicht ausgedehnt werden müssen; so ist fein reeller Grund vor­ handen , einem Prodigo die Testamentifikation ganz zu benehmen. Nur dafür muß gesorgt werden, daß ein solcher Mensch nicht aus gewohntem Leichtsinn, oder vielleicht gar aus Rache gegen seine Familie, die ihn pro prodigo hat erklären lassen, derselben nach seinem Tode Alles entziehe, und solches dem Gefährten seiner Ausschweifungen zuwende. Darauf gründen sich die Vorschriften §§. 27, 28, 29, 32, 33. (Jahrb. Bd. XLI, S. 79.) — Ueber die Widersinnigkeit dieser erfundenen Bestimmungen s. m. Gans, in den Beiträgen, S. 147 ff. Eö ist darin kein juristischer Gedanke.

34) Soll ein juristischer Sinn hineingelegt werden, um eine folgerechte An­ wendung und Kasuistik möglich zu machen; so ist eö der, daß allemal die Jntcstaterbfolge eröffnet sein soll und der Verschwender nur zu Vermächtnissen befugt ist, welche die Erbschaft oder die Erbportion nicht über die Hälfte beschweren. DaS gilt auch von Prälegaten, wofür die ungleiche Betheilung der Jntestaterben genommen werden muß. Wenn z. B. ein Verschwender zwei Geschwister A. u. B. hat und verordnete: A. u. C. (ein Fremder) sollen meine Erben sein, A. zu %

12

Erster Theil. §. 30.

Zwölfter Titel.

Testamente und Codicille, welche ein Verschwender

während der Vormundschaft errichtet hat, erhalten ihre volle Gül­ tigkeit, wenn die Vormundschaft vor dem Tode des Testators wieder aufgehoben worben3 5). 8 31. Ein Gleiches findet statt, wenn der Verschwender

zwar noch unter der Vormundschaft verstirbt, aber weder Ehegatten, noch Verwandten innerhalb des sechsten Grades,

mit Inbegriff

desselben, hinterläßt.

§. 32.

DaS vor angeordneter Vormundschaft gemachte Te­

stament eines nachher gerichtlich erklärten Verschwenders, ist nach

der gegenwärtigen Vorschrift nur in sofern zu beurtheilen,

als

eö erst nach geschehenem Anträge auf die Prodigalitätserklärung

errichtet worden. 8. 33.

Haben die Verwandten eines solchen Menschen, noch

vor der gerichtlich nachgesuchten Prodigalitätserklärung, denselben deSfallS verwarnen, und über diese Warnung ein Notariatsinstru­

ment aufnehmen lassen33 * *): * *35*so*36* wird *37 * * * schon von diesem Zeitpunkte an, wenn in der Folge die Prodigalitätserklärung wirklich erkannt worden, die Befugniß desselben zum Testiren nach obigen Bestim­

mungen (§§. 27, 28) eingeschränkt3').

8- 34.

Auch ein Verschwender kann die

sowohl vor als

und C. zu % so sind A. und der übergangene B. die Erben, jeder zur Hälfte in der Theilung. Was A. über die Halste erhalten soll, ist Prälegat, und waS dem fremden C. zugedacht ist, ist, dem A. und B. gegenüber, Legat. Vergl. die 9ttun. 2 zu §. 1. Bei der Theilung muß nun so verfahren werden, daß zu­ nächst jedem Erben seine Hälfte gelegt wird. Auf der Hälfte des B. haftet daS Prälegat des A. und das Legat des C. B. braucht aber nur die Hälfte seiner Portion dazu herzugeben, und da dieses Viertel vom Ganzen für beide Legate un­ zureichend ist, so theilen sich die Legataricn darin nach Verhältniß ihrer Legate, hier also gleichmäßig, indem das Prälegat des A. wie das Legat des C. ein Viertel des Nachlasses beträgt. Der Fremde C. hat kein Zuwachsrecht, er er­ hält höchstens sein volles Legat (ein Viertel), selbst wenn A. Alles auSschlagcn sollte. Eine Ausnahme würde eintreten, wenn A. und B. entsagten und kein anderer Verwandter vorhanden wäre. §. 31. 35) Anwendung des Grundsatzes §. 13.

S. o. die Anm. 13 zu §. 11.

36) Hierbei hat man vergessen, das Mittel vorzuschreiben, den zu Ver­ warnenden zu zwingen, sich verwarnen und einen Notanatsact darüber aufnehmen zu lassen. Wie soll das wol ausführbar sein, wenn derselbe gegen seine Ver­ wandten und den Notar, die zur Verwarnung sich anschicken, daS Hansrecht gebraucht und sie nicht zu Worte kommen läßt? 37) In den §§. 32 u. 33 äußert sich die Wirksamkeit der allgemeinen Vormundschaft, welcher Jeder unterworfen ist, vor dem Beginne der besonderen Vormundschaft, die erst künftig kommen soll.

Von Testamenten und Codicillen.

13

während der Vormundschaft gemachten letztwilligen Verordnungen widerrufen3^). (§. 563 sqq.) 8. 35. Personen, die Ehebruch oder Blutschande mit ein­ ander getrieben Ijaben3 9), können einander durch letztwillige Ver­ ordnungen nichts hinterlassen, wenn entweder um dieses ver­ botenen Umgangs willen eine Ehe getrennt, oder der Erblasser sonst deS Ehebruchs, oder der Blutschande mit der begünstigten Person, gerichtlich überführt worden. 2. V. v. 28. Febr. 1811. Ehebrecherische Personen, welche nach vorgängiger Dispensation sich geehlicht haben, können für einander letztwillig verfügen. (G.S. 1811, S. 156.) Wir re. haben durch Unsere Kabinets-Ordre v. 15. März 1803 festgesetzt, daß von dem Verbote des A. L. R. Thl. II, Tit. 1, §. 25, nach welchem Personen, die wegen Ehebruchs geschieden stnd, die­ jenigen nicht heirathen dürfen, mit welchen sie Ehebruch getrieben haben, in gewissen besonderen Fällen Dispensation ertheilt werden könne. Da nun hierbei über die Anwendung der Vorschrift des A. L. R. Thl. I, Tit. 12, §. 35, welche den Ehebrechern untersagt, durch letzt­ willige Verordnung einander etwas zu hinterlassen, Zweifel ent­ standen stnd, so finden Wir Uns bewogen, hiermit ausdrücklich zu erklären und zu verordnen: daß Personen, welche nach vorgängiger, auf den Grund Unserer Kabinets-Ordre vom 15. März 1803 ertheilten Dispensation sich geehlichet haben, befugt sein sollen, für einander letztwillig zu verfügen40 38).39

III. Von der

8. 36. Wer im Staate Vermögen zu erwerben fähig und ^in^ten berechtigt ist, dem können auch Erbschaften und Vermächtnisse au^c^f1, hinterlassen werben41). mnunm ' " zu erwerben. 38) Es ist kein Grund vorhanden, welcher diese Vorschrift nöthig oder nützlich macht; das Gegentheil müßte vorgeschrieben werden. Aber die Frage entsteht: ob der Verschwender zur Enterbung aus besonderen Gründen befugt ist? Auf dem unjuristischen Standpunkte der Vcrf. ist ein Ja eben so richtig wie ein Nein, denn man ist keinem leitenden Rechtsprinzipe gefolgt. Man muß von der Jntestabilität des Prodigus ausgehen, denn der Prodigus war bis zur Er­ scheinung des A. L. R. intestabilis. Das A. L. R. ertheilt ihm die Testabilität, aber unvollständig; er ist mithin noch jetzt nicht testirfähig, so weit er es nicht durch die Vorschriften §§. 27—33 geworden ist. Darnach kann er nicht enterben, gar nicht. 39) Die aus einem solchen verbrecherischen Umgänge entstandenen Kinder­ können von ihrem Erzeuger zu Erben berufen werden. §. 36. Pr. des Ob.-Tr. v. I. 1796 in Stengel, Bd. X, S. 3 ff.

40) Vergl. §. 13 u. die Anm. 13 zu 8* H«

41) Von dieser allgemeinen Fähigkeit (testamentifactio passiva) ist zu unterscheiden die Fähigkeit, den zugewcndeten Gegenstand zu besitzen. §§.41, 42. Juristische Personen haben immer höhere Genehmigung nöthig. Ges. v. 13. Mai 1833 (Jus. 3).

Zwölfter Titel.

Erster Theil.

14

§. 37.

Wie weit Kirchen, Klöster, und Ordensleute in An­

sehung der Fähigkeit, Erbschaften und Vermächtnisse zu erwerben, eingeschränkt sind, und welchen Einschränkungen eine Hausfrau^?) in Ansehung solcher Erwerbungen von ihrem Ehemanne unter­

worfen sei, ist gehörigen Orts bestimmt. 18, Th. II. Tit. 1, Abschn. 9.)

8- 38.

(Tit. 11, Abschn. 4, 12,

.

In wiefern Schulen, Universitäten,

ErziehungS-,

Kranken- und Armenanstalten und andere milde Stiftungen, Erb­ schaften und Vermächtnisse zu ewerben fähig sind, ist nach den

Regeln von Schenkungen zu

beurtheilen.

(Tit. 11, §§. 1073,

1074, 1075; Th. II, Tit. 12.)

§. 39.

So weit Corporationen und Gesellschaften überhaupt

Vermögen erwerben können, so weit können ihnen auch Erbschaften und Vermächtnisse hinterlassen werden.

(Th. II, Tit. 6 )

3. Ges. v. 13. Mai 1833, betr. die Schenkungen an Kirchen und geistliche Gesellschaften, sowie an andere Anstalten und Korporationen. (G. S. 1833, S. 49.) Wir rc. re. haben für erforderlich erachtet, die gesetzlichen Be­ stimmungen über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an Kirchen und geistliche Gesellschaften, imgleichen an Lehr-, Erziehungsund Armenanstalten und Hospitäler, einer Reviston zu unterwerfen und auf sämmtliche vom Staate genehmigte Anstalten und solche Gesellschaften auszudehnen, welche Korporationsrechte haben. Wir verordnen demnach für sämmtliche Provinzen Unserer Monarchie, mit Aufhebung aller diesen Gegenstand betreffenden gesetzlichen Vorschriften, auf Antrag Unsers Staatsministeriums und nach erfordertem Gutachten Unsers Staatsraths, wie folgt: §. 1. Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an inlän­ dische öffentliche Anstalten oder Korporationen, sollen von deren Vorstehern der vorgesetzten Behörde angezeigt trerben42 43). §. 2. Beträgt die Zuwendung mehr als Eintausend44) Thaler,

42) Darunter wird eine Frau zur linken Hand verstanden. Das Gesetzbuch gab ihr im §. 862, Tit. 1, Th. II diesen Titel, welcher hier, im §. 37, aus Versehen stehen geblieben ist.

43) Die unterlassene Anzeige einer Zuwendung von 1000 Rthlr. oder weniger wird durch Ordnungsstrafen gegen die Vorsteher gerügt. Vergl. jedoch die Verord. v. 21. Juli 1843/Zus. d. zu 6. 44) Bei Zuwendungen geringeren Betrages bedarf es weder einer Bestätigung, noch überhaupt einer Berichterstattung an das Ministerium; die Anzeige an die Negierung genügt. Schr. des I. M. v. 11. Novbr. 1833 an das geistliche Departement. 'S. auch die V. v. 21. Juli 1843, Zus. b. zu §. 6. Die Einholung der Genehmigung, wenn eine solche erforderlich, geschieht durch das betroffene Ministerium. Vor Einholung sotten, nach einer nicht publicirtcn K. O. v. 1. Februar 1834, mitgetheilt durch ein Schr. des I. M. v. 22. Mai 1834, folgende fünf Punkte genau erörtert und in dem JmmediatBcrichte angezeigt werden: 1. ob nicht das Vermögen des betreffenden In­ stituts rc. durch die Zuwendung, zum Nachtheil des öffentlichen Verkehrs im

Von Testamenten und Codicillen.

15

so ist zur Gültigkeit derselben ihrem vollen Betrage nach, Unsere landesherrliche Genehmigung erforderlich48). a) K. O. vom 22. Mai 1836, betr. die Genehmigung der Geschenke und letztwilligen Zuwendungen zu Messen. (G. S. S. 195.) Zur Vereinfachung des Geschäftsganges bestimme Ich hierdurch, daß in allen Fällen, in denen Schenkungen und letztwillige Zuwen­ dungen zu Messen nach dem Gesetze vom 13. Mai 1833 der landes­ herrlichen Genehmigung bedürfen, diese von jetzt an durch daö Mi­ nisterium der geistlichen Angelegenheiten ertheilt werden soll. DaS Staatsministerium hat diese, das Gesetz vom 13. Mai 1833 ab­ ändernde Anordnung, durch die Gesetz-Sammlung zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. §. 3. Zuwendungen, welche in fortgesetzt wiederkehrenden Prä­ stationen bestehen, werden mit Vier vom Hundert zu Kapital berechnet. §. 4. Erst mit dem Tage, an welchem die landesherrliche Ge­ nehmigung dem Geschenkgeber oder Erben bekannt gemacht worden, nimmt die Verbindlichkeit zur Entrichtung des Geschenks, oder Vermächtniffes, so wie zur Uebergabe der Erbschaft ihren Anfang. Mit der zugewendeten Sache müssen zugleich die davon in dem Zeitraume vom Tage der Schenkung, oder vom Todestage des Erb­ lassers an, wirklich erhobenen Nutzungen verabfolgt werden. 5. Unsere landesherrliche Genehmigung ist ohne Unterschied des Betrages der Zuwendung erforderlich, wenn dadurch eine neue öffentliche Anstalt gestiftet, oder einer vorhandenen Anstalt etwas zu einem andern, als dem bereits genehmigten Zwecke gewidmet werden sott46 * *).* * * 45 Allgemeinen, übermäßig vermehrt werde; 2. ob nicht die betreffende Anstalt Mittel anhäufe, welche deren durch ihre Bestimmung begrenztes Bedürfniß über­ schreite; 3. ob keine gemeinschädliche Anordnung an die Zuwendung geknüpft sei; 4. ob dabei keine Verletzung einer Pflicht gegen' hülfsbedürftige Angehörige; oder 5. eine Ueberredung zur Kränkung der Rechte dritter Personen stattfiude.

45) Eine nicht publicirte, durch ein Schr. des I. M. v. 28. Mai 1836 mitgetheilte K. O. v. 10. April 1836, deklarirt den §. 2 dahin, daß, wenn in einer Schenkungsurkunde oder in letzwilligen Verordnungen Zuwendungen an ver­ schiedene inländische Anstalten oder Korporationen gemacht werden, die unmittel­ bare landesherrliche Genehmigung nur in Betreff derjenigen Zuwendungen, er­ forderlich ist, welche einzeln genommen den Betrag von 1000 Rthlrn. übersteigen; daß ferner, Wenn Jemand zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Urkunden, oder durch verschiedene Handlungen einer und derselben Anstalt oder Korporation Zuwendungen macht, der landesherrlichen Genehmigung es nur in sofern bedarf, als eine einzelne Schenkung mehr als die Summe von 1000 Rthlrn. beträgt, wogegen, wenn in letztwilligcn Verordnungen aus verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Urkunden auf den Todesfall Zuwendungen an Eine und dieselbe Anstalt oder Korporation gemacht sind, diese Zuwendungen als ein Ganzes und als aus einer Urkunde hcrvorgegangen anzusehen sind, mithin die Summen, die Einer und derselben Anstalt oder Korporation hinterlassen worden, zusammen zu rechnen sind, um hiernach zu beurtheilen, ob die landesherrliche Genehmigung hinzutreten müsse. Uebrigens versteht cs sich von selbst, daß, wenn mehrere Per­ sonen in einer und derselben Urkunde, z. B. Miterben einer und derselben Anstalt oder Korporation etwas zuwenden, und die Zuwendungen dieser mehreren Per­ sonen 1000 Rthlr. übersteigen, nur der Betrag der Zuwendungen und nicht die Person entscheidet, von welcher solcher herkommt. (Jahrb. Bd. XLVII, S. 504).

46) Im Falle der Uebertretung dieser Vorschrift treten die civilrechtlichen

16

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§. 6. Zuwendungen, die zwar einer öffentlichen Anstalt oder einer Korporation beschieden, aber zur Vertheilung an Einzelne be­ stimmt fhib47 * *), * es mag diese Vertheilung von dem Geber selbst festgesetzt, oder der bedachten moralischen Person übertragen werden, sind unter den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht begriffen. Dahin gehört auch dasjenige, was für Seelenmessen, die gleich nach dem Tode zu lesen sind, den katholischen Priestern entrichtet wird.

b) V. vom 21. Juli 1843, betr. eine zusätzliche Be­ stimmung zu dem Gesetz vom 13. M*ai 1833 über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an Anstalten und Gesellschaften. (G. S. S. 322.) Wir rc. verordnen zur Ergänzung der §§. 1, 2 und 6 des G. v. 13. Mai 1833 über Schenkungen und letztwillige Zuwendungen an Anstalten und Gesellschaften, auf den Antrag Unseres Staats­ ministeriums und nach vernommenem Gutachten einer aus Mitglie­ dern des Staatsraths ernannten Kommission, was folgt: 1) Soll eine Zuwendung, deren Vertheilung an Einzelne der Geber weder ausdrücklich bestimmt, noch ausgeschlossen hat, nach dem Beschlusse der bedachten Anstalt oder Gesellschaft an Einzelne vertheilt werden, so bedarf es, sofern die Zuwendung nicht mehr als Tausend Thaler beträgt, der im §. 1 des G v. 13. Mai 1833 vorgeschriebenen Anzeige an die vorgesetzte Behörde nicht. 2) Uebersteigt die Zuwendung Tausend Thaler, so ist auch in diesem Falle zu deren Gültigkeit Unsere landesherrliche Genehmi­ gung erforderlich. §. 7. Die landesherrliche Genehmigung erfolgt unbeschadet der Rechte jedes Dritten und ändert daher an sich in den gesetz­ lichen Vorschriften nichts ab, aus denen Schenkungen und letzt­ willige Dispositionen angefochten werden können. §. 8. Würden durch irgend ein Vermächtniß an eine Anstalt oder Korporation Personen, welchen der Erblasser während seines Lebens Alimente zu geben nach den Gesetzen verpflichtet war, wegen Unzulänglichkeit des Nachlasses daran Abbruch erleiden, so sollen die Einkünfte des Vermächtnisses, so weit dieselben dazu erforderlich sind, zur Ergänzung des solchen Personen zukommenden Unterhalts verwendet werden. §. 9. Was vorstehend (§.8.) von Vermächtnissen vorgeschrieben ist, gilt auch von Schenkungen unter Lebendigen oder von Todes­ wegen, insofern überhaupt wegen verkürzten Pflichtcheils, oder ge­ schmälerter Alimente, Schenkungen widerrufen werden können. §. 10. Vorsteher und Verwalter der §. 1. gedachten Anstalten und Korporationen, welche den Vorschriften dieses Gesetzes zuwiver Geschenke, Erbschaften und Vermächtnisse annehmen, ohne sofort bei der ihnen vorgesetzten Behörde auf die Einholung der erforderlichen

Folgen des Gebens zu einem unerlaubten Zwecke (datio ob turpem causam) ein (Tit. 16, §. 205), wenn nicht die Zurückforderung aus Grund deS §. 183 möglich ist, — falls die Genehmigung verweigert wird.

47) Namentlich Schenkungen und Legate welche als Almosen zugcwendet werden. Soll aber nur der Ertrag an die Armen vertheilt werden, so ist die Genehmigung nöthig. R. v. 28. Februar 1849. (M. Bl. der i. V. 1849, S. 44).

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Von Testamenten und Codicillen.

landesherrlichen Genehmigung anzutragen (§. 2 ), haben fiskalische Strafe verivirkt, welche jedoch die Hälfte des angenommenen Be­ trages nicht übersteigen darf. §. 11. An ausländische öffentliche Anstalten und Korpo­ rationen dürfen Schenkungen, Erbschaften und Vermächtnisse, ohne Uwerschieb ihres Betrages, nur mit Unserer unmittelbaren Er­ laubniß verabfolgt") werden, bei Vermeidung einer nach den Um­ ständen zu bestimmenden Geldstrafe, welche jedoch den doppelten Betrag der Zuwendung nicht übersteigen darf.

8- 40. So weit hiesige Einwohner") zur Erwerbung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses in fremden Staaten nach den Gesetzen derselben, für unfähig erachtet werben50 48),*51 49so 52 weit 53 sind auch dortig? Einwohner, von hiesigen Unterthanen, Erbschaften und Vermächtnisse zu erwerben nicht fähig. §. 41. Wer vermöge seines Standes gewisse Sachen oder Güter zu besitzen an sich nicht fähig ist, dem können solche dennoch in einem Testamente oder Codicille zugewendet werden. §. 42. Ein solcher Erbe oder Legatarius muß aber binnen Jahresfrist, nach dem Tode des Erblassers, sich entweder die Fä­ higkeit zum Besitze verschaffen, oder sein auS der letztwilligen Ver­ ordnung erlangtes Recht einem andern Fähigen abtreten. §. 43. Bei Beurtheilung der Fähigkeit eines Erben oder Legatarii muß auf die Zeit des ErbanfallS gesehen werden5 ’). 8 44. Der Erblasser kann in seinem Testamente einen oder iv. Wa«mu> mehrere5 2) Erben zu seinem Nachlasse nach Gutbefindcn ernennen. Testamente §. 45. Er kann auch nur über einen Theil seines Nach- ° verordnet lasses verordnen, und es in Ansehung des Ueberrestes bei der könne, gesetzlichen Erbfolge lassen5 3). 48) Das Verabfolgen setzt voraus, daß der Gegenstand sich im Inlande befinde. §. 195, Tit. II, Th. II. Zuwendungen von ausländischem Vermögen an eine ausländische Anstalt unterliegen der hier vorgeschriebenen Bestätigung nicht. Die Versagung derselben würde auch von der ausländischen Anstalt und dem fremden Landesobcrhaupte nicht beachtet werden.

49) Wenn auch nur indirekt dadurch, daß alle Ausländer ausgeschloffcn Einl. §§. 43, 44. 50) Dem ist gleich zu achten, wenn einem ausländischen Erben als solchem

werden.

gewisse Abzüge gemacht werden, welchen inländische Erben nicht unterworfen sind. Werden aber darin die inländischen Erben mit den ausländischen gleich behandelt, so ist der Fall der Retorsion nicht gegeben. Einl. §. 42.

51) Vergl. Tit. 11, §.452. Die Bestimmung gilt von thatsächlichen Veränderungen in der Person, wie von Veränderungen in der Gesetzgebung. Vergl. o. die Anm. 13 zu §. 11.

52) S. o. die Anm. 2 u. 6. 53) In diesem Falte ist die Jntestaterbfolge eröffnet.

S. o. die Anm. 2 u. 6. Die Erbeinsetzung kann auch von oder bis zu einem gewissen Tage geschehen. §. 259.

Koch, Allgemeines Landrecht. II.

2

18

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

8. 46. Auch ohne Benennung irgend eines Erben kann er über einzelne Theile54)55 oder 56 Stiitfe 57 58 5 5) seines Nachlasses verfügen. 8. 47. Er kann die Person des Erben oder Legatarii durch bloße Beziehung auf einen andern Aufsatz bezeichnen^). 8. 48. Ein solcher Aufsatz muß aber dem Testamente selbst, allenfalls besonders verssegelt, beigelegt werden. 8. 49. Der Willkühr eines Dritten kann die Ernennung eines Erben oder Legatarii nicht überlassen werden^).

54) Dieser Fall ist von dem des vor. §. 45 nicht wesentlich verschieden. Der so Eingesetzte ist, dem Intestaterben gegenüber, als Legatar zu behandeln. Anm. 2 u. 6.

55) Wer auf ein einzelnes Stück oder eine bestimmte Summe eingesetzt ist, wird nicht Miteigenthümer der Erbschaft (des Inbegriffs), wenn er auch Erbe genannt ist. Er wird daher bei Einziehung der Erbschaftssorderungen nicht zu­ gezogen, und kann auch der Berichtigung des Besitztitels für den wahren Erben nicht widersprechen. R. v. 24. Januar 1836 (Jahrb. 23t). XLVII, @.281); v. 8. Januar und 26. Februar 1836 (cbend. S. 284, 289). Zweifelhaft ist dies, wenn der also Bedachte ein Pflichttheilöerbe ist; denn wenngleich er nicht mehr als die gesetzlich bestimmte Portion fordern kann, so ist dieselbe doch nach der Zahl der übrigen Erben verschieden, und außerdem kann ihm für den Fall, daß alle übrigen Erben entsagen, das Zuwachsrecht nicht abgesprochen werden. So in dem Falle, wenn Jemand sein einziges Kind auf den Pflichttheil und neben ihm eine ganz fremde Person einsctzte und diese die Erbschaft ausschlüge. Bergt, o. die Anm. 8. Der I. M. meint in den zuletzt gedachten beiden R., in Uebereinstimmung mit dem alten R. v. 18. April 1797 (Änm. 8), daß ein auf eine bestimmte Summe eingesetzter Pssichttheilsberechtigter als Miteigenthümer des Nachlasses nicht angesehen werden könne. 56) Ist die Bezeichnung unzutreffend und die gemeinte Person zweifelhaft, so ist die Erbeseinsetzung ungültig. Eine Beweisführung über die angebliche wahre Meinung des Testators ist bei der Erbeseinsetzung nicht zulässig. S. aber u. §.540 undÄnm. 44 zu §. 546. Der letzte Wille bliebe doch immer un­ gewiß. Unten, Anm. 68 zu §. 59.

57) Die bloße allgemeine Beziehung auf einen bestimmten, im Nachlasse sich vorfiudcuden Aussatz ist also liltt hinreichend, die Gewißheit des Willens des Testators festzustelten. Auch durch die in einem späteren Testamente, lediglich mittelst einer allgemeinen Bezugnahme auf ein zurückgenommencs, im Nachlasse ausbewahrtes Testament, erfolgte Anordnung von Legaten können die in dem zurückgenommenen Testamente ausgesetzten Vermächtnisse rechtliche Wirkung nicht erlangen. Pr. des Ob.-Tr. v. 28.' December 1849 (Entsch. Bd. XIX, S. 171). — Wird auf einen nicht beigelegten Aufsatz Bezug genommen-, so muß der­ selbe noch später dem Gerichte, wie ein Testament, als Nachtrag zu dem Testa­ mente übergeben werden, sonst ist die Einsetzung des Erben oder Legatars ungültig. 58) Entscheidet einen Meinungsstreit, der sich eben bloß auf die Bestimmung der Person bezog, wegen c. 13 X de testamentis (III, 26). Daß die Be­ stimmung des Erbtheils oder des Gegenstandes des Legats einem Dritten nicht überlassen werden kann, ist nie bezweifelt worden, und versteht sich nach dem Wesen eines letzten Willens so sehr von selbst, daß ein aus gültigen Rechts­ gründen zu führender Streit darüber undenkbar ist. Ein Testament ist eben der eigene, bestimmte, von dem Wollenden selbst ausgesprochene Wille des Indi­ viduums; die Berufung auf einen fremden Willen ist das gerade Gegentheil.

Von Testamenten und Codicillen.

8. 50.

19

Der Erblasser kann in seinem Testamente, außer dem Don Sub­

ersten5 9) Erben, auch den, welcher in bestimmten Fällen an dessen Stelle treten soll, ernennen. 51.

Setzt er fest, wie es gehalten werden solle, wenn der

erst eingesetzte Erbe oder LegatariuS den ihm zugedachten Vortheil

nicht annehmen könnte oder wollte,

so wird dieses eine gemeine

Substitution genannt««). 8. 52.

Wenn gleich die im Testamente enthaltene gemeine

Substitution nur auf den Fall gerichtet ist, daß der erst eingesetzte Erbe nicht Erbe sein könnte,

so ist doch darunter auch der Fall,

wenn er nicht Erbe sein wollte, und umgekehrt, zu verstehen«').

8- 53.

Eine fideicommissarische Substitution ist vorhanden,

wenn dem zuerst eingesetzten Erben oder Legatario die Pflicht auf­

erlegt worden, die Erbschaft, oder das Vermächtniß, in den be­ stimmten Fällen, oder unter den angegebenen Bedingungen, einem Andern«'') zu überliefern«2).

8. 54. tungen gültig

Wie und worüber Familien-Fideicommiffe und Stif­ errichtet werden können, ist gehörigen OrtS be­

stimmt. (Th. II, Tit. 4.)

8- 55.

In Fällen, wo nach den Gesetzen kein Familien-

Fideicommiß stattfindet,

gilt eine fideicommissarische Substitution

nur zum Besten deö ersten und zweiten««) Substituten.

59) Das ist der s. g. direkte oder unmittelbare Erbe, im Gegensatz dem substituirten.

zu

60) S. ii. die §§. 458 ff. 61) Die Bestimmung dieses §. bezicht sich auch auf den Fall, wenn ein Legatar das Legat nicht annchmen kann oder will. Pr. des Ob,-Tr. 1953, v. 20. December 1'847. (Rechtsf. Bd. 111, S. 244.) 61a) Der Andere muß bestimmt angegeben sein.

S. u. Anm. 68 zu 8- 59.

62) Ein solcher Fall ist auch das wechselseitige Testament (testamentum correspectivum), worin sich Eheleute wechselseitig zu Erben cinsctzen, mit der Bestimmung, daß nach dem Tode des Überlebenden bestimmte Personen ihre Erben sein sollen. -Hinsichtlich dessen, was der Ueberlebende von dem Borver­ sterbenden erbt, ist derselbe bloßer Fiduziar. DaS Ob.-Tr. hat durch eine Entsch. v. 2. März 1802 ausgesprochen, daß derselbe auch in Rücksicht seines eigenen Vermögens in das Verhältniß eines fiduziarischen Erben trete. (Stengel, Bd. XV1I1, S. 101.) Der Fall ist jedoch nach G. R. entschieden geyäß der bestrittenen Meinung, daß ein corrcspcctivcs Testament unter Eheleuten die Natur eines Erbvertrages habe.

63) Suarez bemerkt hierzu in seinen Schlußvortr.: die substitutiones fideicommissariae sind in allen Fällen, wo nach den Gesetzen kein FamilienFideikommiß stattfindct, auf 2 Grade eingeschränkt. Ob und in wiefern es nöthig oder nützlich sei, daß der Staat die Befügniß, Familien-Fidcikommiffe zu errich­ ten, durch Gesetze einschränke, wird im Personenrechte vorkommen. So weit

stitutionen.

Erster Theil.

20

Zwölfter Titel.

4. Deklar. v. 10. Februar 1812. (G. S. S. 13.) Wir k. finden uns veranlaßt, zur nähern Bestimmung,des §. IX des Ed. v. 9. Ociober lb07 hierdurch festzusetzen, daß die daselbst gegebene Vorschrift, nach welcher jede Familien- und Fideikommiß- Stiftung dtirch einen Familienschluß beliebig abgcändert, oder gänzlich aufgehoben werden kann, auf diejenigen fideikommifsarischen Substitutionen, die bei der ersten Generation stehen bleiben, den Rechten der Substituten entgegen"), nicht angewendet, jede andere fideikominissarische Substitution hingegen, welche über die erste") Geschlechtsfolge hinausgeht, der Aufhebung durch Familien­ schlüsse ohne alle Rücksicht unterworfen sein soll.

Wer einer substituirten Person

§. 56.

substituirt worden,

ist, wenn diese den ihr zugedachten Vortheil nicht annehmen kann oder will,

auch dem zuerst eingesetzten Erben oder Legatariv für

substituirt zu achten«"). §. 57. Wenn der eingesetzte Erbe oder einer von mehreren Substituirten stirbt, oder sonst abgeht, ehe die Erbschaft oder das Vermächtniß wirklich auf ihn verfällt6 7) worden; so wird er bei

der Bestimmung, wie weit die Substitutionen gelten (§. 55), nicht mit gerechnet. 8. 58.

Unter der fideicommiffarischen Substitution wird alle­

mal die gemeine; unter der gemeinen aber nicht zugleich die fideicommissarische Substitution verstanden.

§. 59.

Wenn es

zweifelhaft ist:

ob der

Erblasser

eine

aber, als solche Einschränkungen einmal gesetzlich bestimmt werden, ist cS wohl natürlich, daß eine Vereitelung dieser gesetzlichen Vorschriften unter dem Titel fideikommiffarischer Substitutionen nicht gestattet werden könne. (Jahrb. Bd. XLI, S. 82.) — Im N. R. sind die Substitutionen durch Justinian auf 4 Grade beschränkt. Nov. 159, c. 3. — Ueber sie Zählung s. u. §. 57. 64) Und wider den Willen der Substituten. Denn sind sie mit der Auf­ hebung einverstanden, so steht ihr kein Hinderniß entgegen. Diese Deklaration ist durchaus keine positive Vorschrift von absolut zwingender Natur, wofür es angesehen worden ist (Jur. Wochenschr. 1841, S. 635), sondern hat nur den Zweck, die Substituirten bei ihren privatrechtlichcn Erwartungen zu schützen. Ein öffentliches Interesse für die absolute Ausrechthaltung der Substitution konkurrirt hier gar nicht.

65) Also kann die für den zweiten Grad angeordnete Substitution wider den Willen der Substituirten aufgehoben werden.

66) Substitutus substituto est substitutus instituto. Der Grundsatz sindct auch auf Familien - Fideikommisse Anwendung. 13. April 1839 (Centralbl. 1840, S. 485.) '

Entsch.

des Ob.-Tr. vom

67) Nicht die Generationen werden gezählt, sondern die Restitutionen. So z. B. zahlt, wenn der Fiduziar die Erbschaft seinem Sohne, dieser wieder seinem Sohne u. s. w. restituiren soll, und der Sohn deö Fiduziars vor diesem stirbt, folglich das Fideikommiß dem Enkel des Fiduziars restituirt werden muß, der vorverstorbene Sohn nicht mit. Nach der zweiten Restitution erlischt das Fidei­ kommiß.

Von Testamentell und Eedicitten.

21

gemeine oder eine fideicommissnrische Substitution verordnet habe, jo wird nur jene vermuthet68).69 8- 60. Die Pupitlarsubstitutiou (Th. II, Tit. 2, Abschn. 7) kann zwar als eine gemeine, aber die gemeine nicht als eine Pupillarsubstitution gelten. 8. 61. Der Erblasser kann das dem Erben oder Legatario zugedachte Recht durch Beifügung einer Bedingung, Bestimmung eines Zwecks, oder Auferlegung einer gewissen Pflicht einschränken. §. 62. Was von bedingten Willenserklärungen überhaupt vorgeschrieben ist, gilt auch bei lehtwilligen Verordnungen. (Tit. 4, 8. 99 sqq.) 8- 63. WaS nach den Gesehen einer Willenserklärung als gültige Bedingung nicht beigefügt werden darf-' daS wird, wenn es in lehtwilligen Verordnungen einem Erben oder Legatario gleichwohl auferlegt worden, für nicht beigefügt angesehen. (Tit. 4, 88. 6-13, 8- 1386 9) sqq.) 68) Die Verordnung des Testators, welche eine Substitution enthält, muß in sich vollständig sein, sonst ist sie wirkungslos. Ein Testator hatte bestimmt, daß dasjenige, was er seinem eingesetzten Erben zuwende, nicht an dessen Jntcstaterbcn fallen solle, ohne zu sagen, wem es zufallen solle. Nach dem Tode des Testamentserbcn traten die Jntestaterben des Testators mit der Forderung auf Herausgabe der Zuwendung auf. Die Entscheidungen der Gerichte wider­ sprachen sich. Das Ob.-Tr. entswied in letzter Instanz für die Wirkungslosigkeit jener Verordnung, wegen Mangels der Bestimmung der Person, an welche die Zuwendung fallen solle, den 29. Januar 1840. (Jur. Wochenschr. 1840, S. 428 ) Dagegen ist geltend gemacht worden, daß jene Verfügung eine still­ schweigende Substitution enthalte, und als solche gültig sei.- (Borne­ mann (II. A.) 93t). VI, 'S. 99.) Die juristische Qualificirung des Falles ist richtig, es handelt sich also nur darum: ob ein fideicommissum tacitum Gel­ tung habe. Das A. L. R. kennt das Institut nicht. Dieser Umstand allein würde freilich noch nicht schlechterdings dagegen entscheiden, wenn überhaupt sonst aus all-gemeinen Rechtsgrundsätzen ein Beweis d afü-r geführt wcrdem konnte. DaS ist nicht der Fall. “ Rechtsgrundsatz ist, daß die Erbeinsetzung, also eben so die Substitution, die Person, welche berufen sein soll, bestimmt und von Andern unterscheidbar bezeichnen muß. Hier fehlte diese Bezeichnung gänzlich, die ge­ meinte Person soll vermuthet werden. Eine Ergänzung der Erdeinsetzung durch Vermuthung der ganz und gar nicht angedeuteten Person widerspricht dem Wesen des Testaments und den entsprechenden Vorschriften, welche Gewißheit in der Person des Berufenen fordern. Aus diesem Grunde galten auch vor dem A. L. R. dergleichen unvollkommene Substitutionen nicht. Die L. 123 1 D. de legat. I behandelt einen solchen Fall. Ein Testator hatte einem Legatar fidei­ kommissarisch aufgetragen, das Vermächtniß unverzüglich herauszugcden, ohne den Begünstigten zu bezeichnen. Der Jurist (Marcell) entscheidet gegen die Gültigkeit des fideicommissi taciti, „cum incertum sit, cui prospectum voluerit“ — da es ungewiß bleibt, wen der Testator habe begünstigen wollen. Dieser Grund ist entscheidend; er gilt noch heute. Daher ist der Ausdruck „vermuthet" ungenau; es soll „angenommen" heißen; denn ein außerhalb der Willenserklärung liegender Beweis ist nicht zulässig. Oben, Anm. 56.

69) Die Ziffer 138 ist ein Druckfehler, cs soll „136" heißen.

R. vom

Ben Be­ dingung, gwcck u s.w.

Erster Theil.

22 §. 64.

Bedingungen,

Zwölfter Titel.

die ganz unverständlich gefaßt,

oder

zwar überhaupt Vorbehalten, aber worin sie bestehen sollen, nicht ansgedrückt worden, sind den unmöglichen gleich zu achten.

§. 65.

Wie weit ein Erblasser in der freien Befugniß über

seinen Nachlaß zu verordnen, durch die Rechte dererjenigen, denen die Gesetze einen Pflichttheil anweisen,

gehörigen OrtS bestimmt.

eingeschränkt werde,

(Th. II, Tit. 1, Abschn. 7;

ist

Tit. 2,

Abschn. 5, 6.) 7°). V. Form der §. 66. JedeS Testament oder Codicill muß in der Regel vom uKotV Testator selbst") den Gerichten übergeben, oder zum gerichtlichen

i) ««richt. Protokolle erklärt werden. liche.' S. Mai 1834 (Jahrb. Bd. XI.HI, S. 445). Vergl. die Anm. zu den ange­ führten Stellen, besonders die Anm. 20 zu §. 9 a. a. O.

70) Auch Abschn. 11 gehört hierher.

S. §. 748, Tit. 2, Th. II.

71) Von dieser Regel, daß der Testator persönlich seine letzte Willensverordnung übergeben muffe, giebt es keine Ausnahme, kein Testament oder Eodicill kann durch einen Bevollmächtigten übergeben werden. Aber von der zur Regel gemachten gerichtlichen Form machen gewisse Codicille eine Ausnahme. §. 161 ff.

72) Ueber die Form der Testamente und Codicille läßt Suarez in seinen Schlußvortr. (Jahrb. Bd. XU, S. 76) sich so vernehmen: „I. In Ansehung der Form der Testamente sind 1. die testamenta privata solennia coram septem testibns abgcschafft; 2. ist festgesetzt: daß letztwillige Verordnungen in der Regel gerichtlich errichtet werden müssen. — Die Abänderung ad 1 dürfte wohl kaum eine besondere Vertheidigung erfordern, da alle denkende Rechtslehrer darin langst einig stnd, daß diese Römische, aus der alten republikanischen Staatsverfaffung entlehnte Form auf unsere Zeiten und Verfassungen gar nicht paffe, und wegen der vielen dabei zu beobachtenden Pointillcn zu Prozessen und frivolen Anfechtungen lctztwilligcr Dispositionen schädlichen Anlaß gebe. Cf. Stryck de caut. test. c. 1, §§. 10, 11. Ad 2 ist es aber auch gewiß, daß in unsern Zeiten die Simplicität unserer alten deutschen Vorfahren bei Errichtung ihrer letzten Willen, welche Stryck loco alleg. so sehr empfiehlt, nicht so ganz beibe­ halten werden könne, ohne das Vermögen und die Vcrlaffenschasten der Ver­ storbenen den Erdichtungen, Unterschiebungen, Verfälschungen und andern Kunst­ griffen listiger Betrüger und Erbschleicher Preis zu geben. Testamente erfordern schon um deswillen einen stärkcrn und zuverlässigern Beweis über die Gewißheit des Willens, folglich auch eine bestimmtere und festere Form als Kontrakte unter Lebendigen, weil die Wahrheit und Richtigkeit der Testamente allemal erst nach dem Tode des Erblassers zur Sprache kommt, wo Niemand mehr vorhanden ist, der über die Sache Auskunft geben, und die Mittel, vorgefallene Betrügereien und Unrichtigkeiten ans Licht zu bringen, suppeditiren kann. Aus diesen Gründen ist die gerichtliche Errichtung oder Niederlegung der Testamente als Regel vorge­ schrieben worden. Das Hauptbedcnken gegen diese Festsetzung könnte darin be­ stehen: daß solchergestalt Testamenti factio zu sehr erschwert werde. Folgende Betrachtungen werden aber dies Bedenken heben können: a) Copia Iudicis ist in einem Staat, wie der unsrige, fast überall leicht und ohne Mühe zu haben, b) Für die Fälle, wo ein von einer tödtlichen Krankheit plötzlich übereilter Mensch nicht mehr Zeit hätte, sich an ein ordentlich besetztes Gericht zu wenden, ist durch die Vorschrift §§. 93—99 gesorgt, wonach Testamente im Nothfall auch vor Dorfgerichtcn und kleinen Magisträten unter gewissen Präkautioncn gültig errichtet werden können, c) Die Testamenta privilegiata aus dem Römischen Rechte sind beibehalten; z. B. die Testamenta militaria §§. 177—197; Tes­ tamenta tempore pestis §§. 198-204; Testamenta peregrinantium §§.205

Von Testamenten und Codicillen.

23

§. 67. Kann oder will der Testator nicht selbst an ordent­ licher Gerichtöstelle erscheinen, so steht eS ihm frei, daS Gericht um die Auf- und Abnahme73 * *) * der * * *Disposition * * * * * * * *an * * dem * * * Orte, * * * * wo ** er selbst sich aufhält, zu ersuchen. §. 68. Dies Gesuch soll in der Regel entweder schriftlich, unter eigenhändiger Unterschrift des Testators, oder durch jtvei74) von ihm abgeordnete Personen, bei dem Richter angebracht werden. § 69. Diese Abgeordnete bedürfen weder einer besondern schriftlichen Vollmacht, noch sind bei den Personen derselben beson­ dere Eigenschaften erforderlich. 8. 70. Auch entsteht bloß daraus, daß bei dem Ansuchen

bis 207; Testamenta Parentum inter liberos, Part. II, Tit. 11, §§. 378—390. d) Außer diesen Füllen verdient die facultas testandi eben keine vorzügliche Begünstigung. Stryck 1. all. behauptet gar, man sollte alle Testamente abschaffen. — II. Auch die Form der Codicille ist verändert. Denn 1) sind die Codicilli ab intestato in Ansehung der äußeren Solennitaeten den eigentlichen Testamenten völlig gleich gesetzt; 2) die Codicilli testamento confirmati sind sehr eingeschränkt; §§. 161—174. Ad 1 hat man die Analogie deS Römischen Rechts, welches bei Codicillis ab intestato auch schon 5 Zeugen und andere Solennitaeten, z. B. unitatem actus, erforderte, vor sich. Bei beiden Punkten aber spricht die gesunde Vernunft für die getroffene Abänderung. Es ist in der That sonderbar, daß nach heutiger Gesetzgebung und PrariS zur Ernennung eines Erben soviel Umstände und Förmlichkeiten erfordert werden; und daß dagegen, wenn nur erst ein Testament vorhanden und darin die Facultas condicilandi rcservirt ist, jeder Zettel oder Wisch, der unter des Testatoris Sachen oder Skripturen gefunden wird, gelten muß; also daß durch dergleichen nacbgcmachtc und untergeschobene Zettel fast über den ganzen Nachlaß (besonders wenn der Abzug der Quartae im Testamente verboten ist) zum Nachtheil des sehr schön und förmlich eingesetzten Erben disponirt werden kann. Es sind daher in dem Gesetzbuchc alle lctztwillige Dispositiones, sie mögen die Erbeseinsetzung selbst, oder Verfügungen über einzelne Stücke, Theile oder Summen des Nachlasses be­ treffen, an einerlei äußere Form gebunden worden. Nur für den Fall -mußte gesorgt werden, wenn ein Sterbender in seinen letzten Stunden noch irgend einem Freunde, einem Domestiken, der ihn z. E. in der letzten Krankheit gepflegt rr,, ein Andenken oder eine Belohnung hinterlassen wollte; und dies ist durch die §§. 161—174 geschehen." 73) Ein Richter hatte ein Testament, nachdem er dem Testator Rath ge­ geben, allein aufgesetzt; der Testator hatte den Entwurf unterschrieben und diesen Äussatz hatte man versiegelt. Dann zog der Richter die zur Besetzung eines Gerichts erforderlichen Schöppen zu und das Testament wurde angenommen. Dieserhalb wurde das Testament wegen Formfehlers angefochten. Das Ob.-Tr. erachtete jedoch das Verfahren für zulässig. Denn in der ersteren Beziehung sei der Richter nicht in seiner richterlichen Qualität thätig gewesen, er habe nur als Privatus gehandelt; seine richterliche Funktion sei erst eingetreten bei dem Akte der Annahme, bei der das Gericht durch Zuziehung der Schöppen besetzt war. Erk. v. 24. August 1841. (Schlcs. Arch. Bd. V, S. 231.)

74) Wird nie beobachtet; die Bestellung geschieht gewöhnlich durch Einen. Dieser bleibt übrigens für die Kosten verhaftet, wenn es sich erweist, daß er ohne Auftrag gehandelt hatte und der angebliche Machtgeber von der GerichtsDeputation kemen Gebrauch macht.

24

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

um die schriftliche Deputation obige Vorschrift (§. 68) nicht genau beobachtet worden, noch keine Ungültigkeit der letztwilligen Ver­ ordnung selbst. S. 71. Vielmehr ist es hinreichend, wenn der Richter auch auf andere Slrt75), oder aus dem Munde des Testators selbst, von dem freien Entschlüsse desselben, sein Testament oder Codicill errichten zu wollen, sich überzeugt hat, sobald nur das Gegentheil nicht ausgemittelt werden kann. Welches G> §. 72. Jedes gehörig besetzte Gericht7 6) ist, innerhalb seines Testament Gerichtssprengels, auch von solchen Personen, welche darunter 'nicht77) gehören, letztwillige Verordnungen aufzunehmen berechtigt. Anh. §. 29. Unter Gerichtssprengel sind die physischen Grenzen der Stadt, des Orts oder Districts zu verstehen, innerhalb deren dem Richter, welcher das Testament aufnimmt, daselbst die Juris­ diction, wenn auch nicht über alle darin befindliche Personen oder Sachen7»), zusteht. 5. K. O. vom 24. April 1812, in Betreff einiger Punkte der Militair-Justizverfassung. (G. S. S. 129.) Auf Ihren, durch die jetzt vorseiende Organisation der BrigadeGerichte veranlaßten, Bericht vom 8. d. M. genehmige ich hierdurch: daß bei den mobil gemachten Truppen von der Zeit ihrer Mobil­ machung, bis zur Zeit ihrer Demobilistrung, förmliche Testamente vor einem kommandirten Kriegesgerichte ausgenommen werden können, wobei es übrigens bei den gesetzlichen Vorschriften von den privilegirten militairischen Testamenten sein Bewenden behält: daß die Brigade- und übrigen Auditeure der mobilgemachten Truppen die Befugniß haben sollen, einseitige Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit solcher Militairpersonen, welche zu den

75) Auf die Form der Kenntnißnahme oder Benachrichtigung des Richters kommt nichts an. Auch die bloß mündliche Bestellung durch einen Abgcschickten und die Unterlassung eines schriftlichen Vermerks in den Akten oder im AnnahmeProtokoll darüber ist kein schädlicher Formfehler. Schles. Arch. Bd. V, S. 227. 76) Jedes ordentliche Gericht Erster Instanz. §8. 22 , 25.

V. v. 2. Jan. 1849,

77) Dabei hat man an die persönliche Qualität (Eremtion) des Testators gedacht; es soll auf dessen 'ordentlichen Gerichtsstand nicht ankommen. Denn ehemals konnte an dem Orte, wo der Testator sich wirklich befand, sowohl das Obergericht als ein Untergericht mit Jurisdiktion versehen sein. Die Meinung des Gesetzes geht dahin, daß ein Erimirter nicht zu seinem ordentlichen, gleich­ falls an dem Orte anwesenden, Richter zu gehen brauche, sondern sein Testament bei dem Unterrichtcr daselbst errichten könne. Jetzt hat das Gesetz nur noch eine untergeordnete Bedeutung für solche Personen, welche sich außerhalb ihres ordent­ lichen Gerichtssprengels vorübergehend aufhalten. 78) Diese Ausnahmefälle, die nach diesem Gesetz (aus Reser, v. 30. Octo­ ber 1797, R. Ed. S. Bd. X, S. 1409) den Begriff des Gerichtssprcngels nicht ändern, sind mit dem erimirten Gerichtsstände weggesallen. S. die vor. Anm.

Von Testamenten und Codicillm.

25

gedachten Truppen gehören, ohne Zuziehung eines zu kommandirenden Offiziers aufzunehmen und zu beglaubigen. C). De kl ar. der vorstehenden K.O., v. 2 7. August 1812. (G. S. S. 174.) Zur Verhinderung der Mißdeutungen, welche aus dem nicht ganz richtigen Abdrucke der Konigl. Kabinetsordre vom 24. April d I. in Betreff einiger Punkte der Militair-Justizverfassung, im 19. Stücke der Gesetzsammlung vom jetzigen Jahre, Seite 129, No. 123 entstehen könnten, wird bekannt gemacht, daß die nach den Worten: „wobei es übrigens bei den gesetzlichen Vorschriften von den privilegirten, militairischen Testamenten sein Bewenden behält/' folgende Bestimmung mit dem Vorhergehenden nicht in einer solchen Verbindung stehet, daß ste als eine Fortsetzung Desselben zu be­ trachten ist, sondern daß die Vorschrift: daß die Brigade- und andere Auditeure der mobil gemachten Truppen die Befugniß haben sollen, einseitige Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit solcher Militairpersonen, welche zu den gedachten Truppen gehören, ohne Zuziehung eiueö zu kommandirenden Offiziers aufzunehmen und zu beglaubigen, eine besondere für sich bestehende Disposition ausmacht.

§. 73. Nimmt der Richter eine solche Disposition in einem fremden Gerichtsbezirke auf, so verliert dieselbe zwar dadurch nichts an ihrer Gültigkeit; §. 74. Der Richter aber, welcher die Grenzen seiner Juris­ diktion überschritten hat, muß dem Richter deS OrtS oder Bezirks die erhobenen Gebühren herausgeben79) und eben so viel dem Fiskus zur Strafe entrichten/^ §. 75. Doch fällt sowohl die Rückgabe als die Strafe weg, wenn der ordentliche Richter deS Ortö oder Bezirks Jntestaterbe des Testators ist; oder dieser ihn zum Testamentserben ernennen will; oder wenn er mit dem Testator in offenbarer Feindschaft lebt; oder wenn sonst zwischen ihm und dem Testator besondere persönliche Verhältnisse 80) bestehen, welche den letztem, sich seines Amts zu bedienen, abhalten.

79) Kann heutzutage nur noch eine analoge Anwendung auf die Diäten oder Kommissionsgebühren des Richters finden. Denn die Voraussetzung, daß die Gebühren dem Richter oder Privatgerichtsherrn zuftießen, ist mit der veränderten Gerichtsverfassung von 1849 weggefallen. Die Gebühren fließen jetzt in allen Fällen und überall zur Staatskasse. 80) Der Umstand, daß der Richter mit dem Testator in einem Verwandt­ schafts- oder Schwägerschafts-Verhältnisse steht, namentlich, daß er mit dem Testator im vierten Grade verschwägert ist, begründet „für sich allein" keine Ungültigkeit des Testaments. Pr. des Ob.-Tr. 2276, v. 5. März 1851 (Entsch. Bd. XX, S. 132). Vergl. A. G. O. Th. III, Tit. 3, §. 13; Th. 1, Tit. 2,

Erster Theil.

26 §. 76.

Zwölfter Titel.

Ferner alsdann, wenn der ordentliche Richter in der

Wohnung deS Testators zur Auf- oder Abnchmung deS Testa­

ments zu erscheinen sich weigert; (§$. 203, 204.) §. 77.

Jngleichen alsdann,

wenn

die Gerichtsbarkeit

an

dem Orte, wo der Testator sich aufhält, streitig ist; §. 78. Fällt weg81).

8 79. in

Ueberhaupt. aber alödann, wenn der Richter, welcher

schleunigen Fällen83) ein Testament außer seinem GerichtS-

sprengel ausgenommen hat, innerhalb Acht Tagen nachher dem ordentlichen Richter davon Nachricht giebt, und diesem daö Testa­ ment, nebst den Verhandlungen darüber, zur Aufbewahrung zu­

sendet. §§. 80 und 81 fallen weg83). Wie das,G°. §. 82. Ein Gericht ist gehörig besetzt, wenn dasselbe wenig» seinmE stenS aus Einer zur Justiz verpflichteten8^) Gerichtöperson und Einem vereideten Protokollführer83) besteht.

§. 143; Anh. §. 40. Der I. M. v. Kircheisett war über die Frage in Zweifel, nach seinem Erl. v. 8. Mai 1815 (Jahrb. Bd. V, S. 3). Der Richter wird dadurch, daß er dem Testator in Beziehung auf das Testamentmachen Rath gegeben hat, oder daß ihm mit seinem Wissen ein Legat verschrieben worden, oder er Schuldner des eingesetzten Erben ist, oder daß er in dem Testamente Unrichtigkeiten gemacht hat, nicht "unfähig, bei diesem Testa­ mente das Amt des Richters zu verrichten. Entsch. des Ob.-Tr. v. 24. Aug. 1841 (Schl. Arch. Bd. V, S. 219). 81) Mehrere ordentliche Gerichtsbarkeiten an einem Orte, auf welche sich die Bestimmung bezieht, kommen seit 1849 nicht mehr vor.

82) Einer Bescheinigung der Dringlichkeit bedarf es nicht; es genügt der bloße Vortrag dringender Umstände, um den angegangenen Richter zur Amts­ handlung zu verpflichten. 83) Der §. 80 fällt weg, weil der Fiskus jetzt überall Gcrichtsherr ist und in allen Fällen die Gebühren erhält, folglich ihm durch die Amtshandlung eines inkompetenten Richters nichts entzogen wird. Der §. 81 ist durch die veränderte Gerichtsverfassung aufgehoben. V. v. 2. Januar 1849, §. 25.

84) Unter diesem unbestimmten Ausdruck versteht man eine zur Verrichtung des Richterdienstes angestcllte Person, gleichviel, ob ste für beständig gegen eine bestimmte Jährlichst, oder nur vorübergehend auf Tagelohn angenommen ist. Nach diesem Grundsätze ist ein Referendarius, welcher als s. g." Hülfsarbeiter bei einem Gerichte eine Zeit lang angenommen worden ist, fähig, die Stelle des Richters bei einer Tcstamentsaufnahme zu vertreten. In dem R. v. 1. Novem­ ber 1819 (Jahrb. Bd. XIV, S. 223), worin der I. M. diesen Satz ausspricht, wird bcigefügt: ,in Absicht derjenigen Rcferendarien, die zu ihrer Ausbildung bei dem Kollegium arbeiten, sei eS indeß nicht gewöhnlich, sie zur Aufnahme von Testamenten oder Verhandlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu dcputircn. Die eigentliche Frage ist "übergangen. Nach jenem Grundsätze ist sie zu verneinen: das Amt befähigt zur Amtshandlung, nicht die Befähigung zur Uebernahme des Amtes. Deshalb ist auch ein Aktuarius, obgleich er als ge-

Von Testamenten und Codicillen.

27

§. 83. Doch kann die Stelle des Protokollführers auch von Zwei vereideten8 6) Schöppen vertreten werden. §. 84. Wo beständige Gerichtsschöppen vorhanden sind, müssen nur diese; andere hingegen, die bloß zu dieser Handlung vereidet tvorben87 * *),* 85 können 86 nur in schleunigen uud dringenden Fällen zugelaffen werden88).

wesener Referendums zur Anstellung als Richter qualifizirt sein würde, nicht fähig, als Richter bei einer Testamentshandlung mitzuwirken; er ist nur für sein Amt als Aktuarius verpflichtet. S. §. 85.

85) Unter dem Ausdrucke: „ein vereideter Protokollführer", soll nach einer von dem O.-T. den 19. Januar 1819 bestätigten Entscheidung jeder vereidete Protokollführer, und nicht ausschließlich der jedesmalige Aktuarius des Gerichts, von welchem das Testament ausgenommen wird, verstanden werden. (Jahrb. Bd. XIV, S. 275). Dies widerspricht dem Grundsatz in der Anm. 84, und auch dem Sinne des Ausdrucks: „Ein vereideter Protokollführer," welches „Ein" sich auf die Personenzahl bezieht: cs brauchen nicht mehr als Einer zu sein. Die Stelle des Protokollführers kann auch ein zweites Mitglied des Gerichts versehen, nicht allein deshalb, weil nach der pr. Gerichtsverfassung der Richter zugleich eine zur Abfassung öffentlich glaubwürdiger, namentlich gerichtlicher Ur­ kunden angestellte Person ist, sondern auch weil, nach diesem 8-, Ein Richter und Ein Protokollführer das Wenigste zu einer genügenden Grrichtsbesetzung ist, und die Besetzung durch Zwei Richter nicht für weniger gelten kann. Die Verrichtungen, welche jedem Mitgliede der Deputation obliegen sollen, sind nicht vorgeschriebcn. Deshalb ist es kein Nichtigkeilsgrund, wenn der Richter und nicht der Protokollführer, oder, im Falle des §. 83, wenn nicht der Richter, sondern ein Schöppe das Protokoll geschrieben hat. Den zweiten Fall entscheidet in diesem Sinne das Pr. des Ob.-Tr. v. 10. September 1846, No. II: „Ebenso ist ein von dem Richter einem der zugczogcnen Schöppen über die Aus­ nahme des Testaments in die Feder diktirtes und von dem Richter nicht selbst nicdergesckriebcnes Protokoll keincswegcs bloß aus diesem Grunde nichtig. (Entsch. Bd. XIII, S. 197). Der Grund ist, weil nach §. 21 Thl. II, Tit. 2 und §. 57 No. 4 Thl. I, Tit. 25 A. G. O. die Zuziehung des Protokollführers oder der Schöppen wesentlich und für die Gültigkeit entscheidend nur bei der Vorlesung, Genehmigung und Vollziehung der Verhandlung erfordert wird. Dieser Grund gilt auch für den Fall des §. 82, das Ob. - Tr. hat auch diesen Fall nach einer Mittheilung der Ges.-Rev. (Pens. XVI, S. 101) eben so entschieden. 86) Sie müssen also bereits vereidet sein, wenn sie als Schöppen zugezogen werden sollen. Aber die geschehene Vereidigung verliert dadurch, daß kein Pro­ tokoll darüber ausgenommen worden, nichts an ihrer Kraft und kann auch ander­ weitig erwiesen werden. Pr des Ob.-Tr. v. 24. August 1841 (Schles. Arch. Bd. V, S. 229). — Es bedarf auch der Vereidung der bei der Errichtung eines letzten Willens statt des Protokollführers zuzuzichenden zwei Schöppen vor Gericht nicht, sondern cs kann deren eidliche Verpflichtung auch vor einer anderen öffentlichen Behörde, namentlich vor. einem königl. Jntcndanturamtc, rechtsgültig bewirkt worden sein. Pr. des Ob.-Tr. 18, v. 9. April 1833. Vergl. die Entsch. v. 24. August 1841, (Schles. Arch. Bd. V, S. 228). Intendantur­ amt ist in der Provinz Preußen die provinzielle Bezeichnung der im Brandenburg'schen „Domainen-Aemter", in Schlesien „Rentämter" geheißenen siskalischen Polizei- und Abgaben-Verwaltungen auf den Domainen. 87) Hierdurch wird die Frage: ob auch bloße Urkundszeugen in Stelle des Protokollführers zugezogcn werden können, ohne der Gültigkeit der Testaments­ handlung zu schaden, verneinend entschieden. Wenn kein Protokollführer und

28

Elfter Theil. Zwölfter Titel.

§. 85. Der Aktuarius oder Gerichtöfchreiber kann die Stelle des Richters niemals, auch nicht, wenn er dazu allgemeinen oder besonderen Auftrag von dem Richter erhalten hat, vertreten. §. 86. Eben so (§§. 8'2, 83) muß auch die Deputation be­ setzt sein, durch welche ein Testament oder Codicill von dem Te­ stator in seiner Wohnung, oder sonstigem Aufenthaltsorte, aufoder abgeuommen werden soll. §. 87. Meldet sich der Testator persönlich an gewöhnlicher Gerichtsstelle, während einer der ordentlichen Versammlungen»") des Gerichts: so stufe die alsdann gegenwärtigen Personen, sobald sie nur ein gehörig besetztes Gericht ausmachen (§§. 82, 83), die Handlung gültig vorzunehmen befugt. §. 88. Soll aber die Handlung durch eine Deputation, es sei an ordentlicher Gerichtsstelle, oder in der Wohnung oder dem Aufenthaltsorte des Testators, vorgenommen werden, so muß der Vorgesetzte des Gerichts, oder der dessen Stelle vertritt, die Mit­ glieder dieser Deputation ernennen"").

auch feine beständige Schöppen vorhanden sind, so müssen zwei geeignete Männer (Pr. O. Tit. 25, §. 53) zu der vorzunehmenden Handlung als Schöppen be­ sonders vereidet werden. Daö R. v. 14. Juni 1796 (Rabe Bd. III, S. 431), wonach — wenn Hei einer Handlung der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt Schöppen bloß Zeugen zugezogen worden, — daraus gemäß §. 40 u. 41, Tit. 3 keine Nichtigkeit folge, bezieht sich nicht auf Testamente, in Beziehung auf welche hier eben besondere Vorschriften gegeben sind. 88) Vor dem A. L. N. gab es keine allgemeine Bestimmung über die Be­ setzung eines Gerichts. Man schloß sich der gemeinen Gerichtspraxis an; denn auch im G. R. fehlt eine solche Vorschrift. Die Praxis aber nahm an, daß ein Richter, der zugleich die Amtsverrichtungen eines Aktuarius zu versehen ver­ pflichtet und angewiesen sei, auch alle gerichtliche Aktus allein gültig aufnehmen könne. Klein Rechtsspr. Bd. II, S. 287 u. Bd. IV, S. 37, u. Leyser Med. 8p. 354. Dies ist auch von dem Ob.-Tr. in der alten Entsch. v. März 1765 li. April 1766 (Behmer nov. jus., controv. obs. LVII, p. 407), u. V. 16. August 1804 (Mathis Bd. I, 137) für richtig erkannt worden. Da­ mit stimmt überein das jüngere Pr. 1111, v. 28. Februar 1842: „Nach der vor dem 1. December 1825 im Fürstenthum Siegen bestandenen UntergerichtsVerfassung konnte der Justiz-Amtmann allein auch Testamente gültig aufnehmen — selbst da, wo ihm ein Aktuarius zur Seite stand." —> Die im entgegen­ gesetzten Sinne ausgefallenen Entsch. aus der vorlandrechtlichen Zeit, nämlich des Kammergerichts v. 28. Mai 1760 (Behmer 1. c. pag. 395), des Ob.-Tr. v. 1769 (1. c. pag. 407); der Ges.-Kommission v. 14. Mai 1786 (Klein Annal. Bd. I, S. 237) u. v. l.Juli 1794 (Klein Bd. XIII, S. 43) gründen sich auf Partikularrecht. 89) Die Auf- oder Annahme von Testamenten in den Gerichtssitzungen vor versammeltem Kollegium ist ganz ungebräuchlich.

90) Schriftlich. Ob auch für jeden einzelnen Fall, oder ob eine allgemeine Ernennung einer Deputation für einen bestimmten Zeitraum genüge, darüber giebt es widersprechende Meinungen. Die Meinung, welche die Ernennung für jeden

Von Testamenten und Codicillen.

29

§. 89. Einzelne Mitglieder oder Subalternen können also, ohne dergleichen besondern Auftrag, zur Auf- oder Abnahme eines letzten Willens sich nicht gebrauchen lassen^). 7. K. O. v. 24. Marz 1839, betr. die Deklaration bet §§. 88, 89 d. T. über die Ernennung der vereideten Protokollführer bei Deputationen zur Auf- und Ab­ nahme letztwilliger Verordnungen. (G. S. S. 155.) Zur Beseitigung der Meinungsverschiedenheit, welche bei meh­ reren Gerichten über die Auslegung der §§. 88, 89, 139 Tit. 12, Thl. 1. des A. L. R. hinsichtlich der Frage obwaltet: ob bei der Ernennung der Deputation zur Alls- und Annahme eineö Testa­ ments oder einer anderen letztwilligen Verfügung nur der richterliche Beamte oder auch der Protokollführer vom Gericht-Dirigenten ernannt sein müsse, deklarire Ich auf den Antrag des Staats­ ministeriums die gedachten gesetzlichen Vorschriften dahin, daß zwar die Ernennung des vereideten Protokollführers, wie die des richter­ lichen Mitgliedes bei der Deputation zur Auf- und Annahme eines Testaments, eines Erbvertrages, einer Ehestiftung, worin über die künftige Erbfolge etwas bestimmt wird, oder einer anderen letzt­ willigen Verordnung, den Anweisungen der §§. 88 und 89 a. a. O. gemäß, so nach wie vor durch den Gerichts-Dirigenten geschehen muß, daß aber, wenn die Zuziehung eineö vereideten Protokoll­ führers ohne vorgängige Ernennung von Seiten des Dirigenten durch das richterliche Mitglied der Deputation erfolgt ist, hieraus keine Ungültigkeit der Verhandlung entsteht. Das Staatsministerkum hat diese Deklaration durch die Gesetzsammlung zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.

einzelnen Fall für nöthig hält, gründet sich auf den Ausdruck: „besondern Auftrag", im folg. §. 89. Die andere Meinung wird haupsächlich auf den §. 3, Tit. 2, Th. II der A. G. O., wonach zu gewissen Arten von Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit beständige Deputationen ein für allemal ernannt werden können, gestützt, wogegen die Vertreter jener Meinung auf die Natur der 88- 88, 89, als besonderer Vorschriften, die den allgemeinen vorgehen, Hin­ weisen. Die zweite Meinung vertritt namentlich der I. M. in einem Schr. v. 13. Juli 1843 (I. M. Bl. S. 190), ver auch in dem von ihm gegebenen Geschäftsregl. v. 18. Juli 1850 §. 19 (I. M. Bl. S. 238) die generelle Er­ nennung beständiger Deputationen (d.h. des Nichter-Commiffars, denn die generelle Ernennung der zweiten Gerichtsperson würde bei dem beständigen Wechsel der Büreaugehülfen vergeblich fehl) für genügend erklärt. Dadurch wird jedoch keine Rechtsanderung bewirkt. Nach der bestehenden Gesetzgebung halte ich die b esond ere Ernennung für jeden einzelnen Fall von dem Gesetzgeber für vorgeschrieben. 91) Eine Frage ist: ob, wenn dies dennoch geschehen, durch eine nach­ trägliche Ernennung — die doch eigentlich nur eine Genehmigung sein kann — der Mangel geheilt wird. Ich meine nein. Ohne Ernennung handelt das Mit­ glied nicht als Gerichtsperson, sie hat keine Jurisdiktion. Das Testament ist also alö ein außergerichtliches in's Dasein getreten. Diese Natur kann durch eine Genehmigung des Dirigenten nicht verwandelt werden. — Ost tritt der Fall ein, daß für einen kranken Landbewohner eine Deputation zur Aufnahme seines Testaments verlangt wird und dann an die cingetroffene Deputation das Begehren gestellt wird, auch das Testament des andern Ehegatten (ein wechselseitiges Testament) auszunehmen. Dazu ist die gehörig abgeordnete Deputation ssir er­ mächtigt zu halten.

Erster Theil. Zwölfter Titel.

30

§. 90. Der Vorgesetzte eines Gerichts kann vor demselben, wenn es nur, auch außer ihm, gehörig besetzt ist, gültig testiren; ingleichen die Deputation zur Auf- oder Abnahme seines eigenen Testaments selbst gültig ernennen. 8. 91. Fällt weg. Anh. §. 30. fällt weg«-). 8. 92. Zu einem gehörig besetzten Kriegsgerichte wird, in Friedenszeiten, der Chef oder Kommandeur, oder ein von diesen dazu kommandirter Offizier, nebst dem Auditeur erfordert92 93). menten'eor §• 93. Dorfgerichte, die aus einem Schulzen und jwet94)95 96 gedesten. vereideten Schöppen bestehen, können, unter Zuziehung eines ver­ eideten Gerichtsschreibcrs, Testamente und Codicille gültig an- und aufnehmen, wenn dergestalt Gefahr im Verzüge vorhanden ist, daß die Herbeikunft des ordentlichen Gerichtshalters nicht ab­ gewartet werden kann"). 8. 94. Der Mangel eines ordentlichen Gerichtsschreibers kann in einem solchen Falle auch durch einen Rechtsanwalt, oder auch durch einen bloßen Notarius, oder durch den Prediger, er­ setzt werden99). 92) Der §. 91 und der Anh. §. 30 sind durch Aufhebung der Patrimonial­ gerichtsbarkeit gegenstandslos geworden.

93) Das Gleiche ist mit dem §. 92 durch Aufhebung der Militair-Civilgerichtsbarkeit eingctretcn. Eine Ausnahme gilt aber noch bei den mobil ge­ machten Truppen. S. o. die K. O. v. 24. April 1824 (Zus. 5 zu §. 72). 94) Ein Schöppe ist in keinem Falle zur Bildung der Dorfgerichte genügend. Bergt. §8. 73, 79 n. 82, Tit. 7, Th. II. M. s. auch das R. v. 29. April 1805 (Mathis Bd. I, S. 149). Ein solches unvollständiges Gericht kann nicht durch einen Schöppen ans einer anderen Gemeinde besetzt werden, weil die Schöppen Gemcindcgliedcr sein müssen. §. 74, Tit. 7, Th. II. Wenn die Dorfgerichtc nicht gehörig besetzt sind, so werden die vorhandenen Gerichts­ personen durch Zurückweisung eines Gesuchs nm Ausnahme eines Testaments nicht verantwortlich. Bergt, den Rcchtsf. in der Jur. Wochcnschr. 1834, S. 444. — Sind mehr als zwei Schöppen vorhanden, so ist das Dorfgcricht zur Auf­ nahme eines Testaments hinreichend besetzt, wenn dasselbe, außer dem Gerichts­ schreiber, von dem Schulzen und zweien vereidete» Schöppen gebildet wird. Pr. des Ob.-Tr. vom 13. März 1838. (Entsch. Bd. IV, S. 80).

95) Vorausgesetzt, daß der Testator vollkommen tcstirfähig ist. Minder­ jährige unter 18 Jahren sind dies nicht; sie können „nicht anders" als zum gerichtlichen Protokoll testiren. §. 17 d. T. Sonst würde der Zweck verfehlt werden, durch die Dorfgerichtc wird er nicht erreicht. „Ein dorfgcrichtlichcs Testament wird dadurch allein, daß die bei dessen Aufnahme zngczogcncn Schöppen das von dem Gerichtsschreiber aufgenommene Protokoll wegen Schrcibeusunkunde nicht mit ihrer Unterschrift vollzogen haben, nicht ungültig." Pl-Beschl. (Pr. 1876) des Ob.-Tr. v. 14. Juni 1847. (Entsch. Bd. XV, S. 17). 96) Dieser

Schriftführer

kann,

wenn

cs

an dem Orte

an einer

dazu

Von Testamenten und Codicillen.

§. 95.

31

Dergleichen Testament oder Codicill müssen jedoch

die Dorfgerichte

dem

Gerichtshalter ohne Zeitverlust einhändi­

gen^); welcher sie über den eigentlichen Hergang der Sache, auf

ihre Pflicht, umständlich vernehmen, und das Protokoll darüber, nebst der Disposition selbst,

in dem gerichtlichen Deposito ver­

wahren muß. 8. Deklar. des §. 95 d. T. v. 10. Juli 1846, betr. die Beförderung eines dorfgerichtlichen Testaments oder Codicillö an den Gerichtshalter. (G. S. S. 263.) Wir re. Zur Beseitigung der Zweifel, welche über die Aus­ legung des §. 95, Tit. 12, Thl. I des A. L. R., in Verbindung mit §. 139 a. a. O. und §. 33 des Anhangs zum A. L. R., obwalten, deklariren Wir, auf den Antrag Unseres Staats-Min. und nach vernommenem Gutachten Unseres Staatsraths, die gedachte Vor­ schrift dahin: daß zwar den Dorf-Gerichten die Verpflichtung obliegt, ein von ihnen auf- oder angenommenes Testament oder Codicill dem Ge­ richtshalter, wenigstens durch eines ihrer Mitglieder persönlich einzuhandigen, jedoch die Rechtsbeständigkeit des Testaments oder Codicills von dieser persönlichen Einhändigung desselben an den Gerichtshalter nicht abhängig ist.

§. 96.

Ist der Testator alsdann noch am Leben, und zu

einer gültigen Willensäußerung noch fähig: so muß der Gerichts­

halter ihm daS mit den Gerichten über den Hergang der Sache

aufgenommene Protokoll vorlegen, und die Richtigkeit deS darin

enthaltenen Hergangs der Sache von ihm genehmigen lassen"«).

geeigneten Person fehlt, durch den Gerichtsschreiber einer benachbarten Gemeinde ersetzt werden. Vergl. die Anm. 94. 97) Die Unterlassung macht das Testament nichtig. Pr. deS Ob.-Tr. v. I. 1805. (Mathis, Bd. I, S. 447.) Der Meinungsstreit über die Be­ deutung des „einhändigen" ist durch die Dckl. v. 10. Juli 1846 (Zus. 8) ent­ schieden. Das Pr. des Ob.-Tr. 273, v. 29. Mai 1837, welches ein Testament für nichtig erklärt, daS von den Dorfgerichten nicht persönlich eingehändigt, sondern dem Richter nur zugesandt worden ist (Entsch. Bd. III, 'S. 119), scheint aus Berschen in das gedruckte Präj.-Buch S. 73 ausgenommen worden zu sein; denn die Dekl. hat auch rückwirkende Kraft. Die Bertretungsverbindlichkcit der Mitglieder eines Dorsgerichts, welche bei Aufnahme eines Testaments die gesetzlichen Förmlichkeiten verabsäumen, beschränkt fich auf den Fall, wenn sic unterlassen, Vas aufgenommene Testament dem Gerichtshalter ohne Zeitverlust einzuhandigen. §§. 83, 84, Tit. 7, Th. II. Pr. des Ob.-Tr. 442, v. 13. März 1838, No. II. (Entsch. Bd. IV, S. 80).

98) Diese Vorschrift setzt eben das persönliche Erscheinen der Dorfgcrichtspersonen (§. 95) voraus, welches die Dekl. v. 10. Juli 1846 (Zus. 8) für un­ wesentlich erklärt. Wenn jene Personen nicht erscheinen und deshalb nicht auf der Stelle vernommen werden können; so würde die Befolgung dieser Vorschrift nicht zweckmäßig, vielmehr es sehr verständig sein, zu allererst den Testator aufzusuchcn und ihn über das Bestellen und Vernehmen der Dorfgerichtspersonen nicht Zeit zum sterben zu lassen. Denn es wird ja der Fall der höchsten Dringlich­ keit überhaupt vorausgesetzt.

32

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§. 97. Die unterlassene Beobachtung dieser Vorschrift (§. 96) bewirkt jedoch für sich allein noch keine Nichtigkeit der lehtwilligen Verordnung selbst; sondern macht nur den Gcrichtshalter, welcher sie aus grobem oder mäßigem Versehen verabsäumt hat, wegen der Kosten eines daraus entstehenden Prozesses verantwortlich. (§. 158 sqq.) §. 98. Außer dem Nothfalle (§. 93) müssen auch Testamente und Codicille gemeiner Landleute durch den Gerichtshalter, mit Zuziehung deS vereideten Protokollführers, oder Zweier vereideter Schöppen, an- und ausgenommen werden. §. 99. Was vorstehend von Testamenten vor Dorfgerichten verordnet ist (§§. 93—98), gilt auch von Testamenten, welche in kleinen Städten, wo nur Eine zur Verwaltung deS Richteramts bestellte Person vorhanden ist, in Abwesenheit derselben von dem Polizei-Magistrate, mit Zuziehung des Stadtsekretarii, oder einer der 8. 94 benannten Personen, ausgenommen worden. 9. K. O. v. 21. Januar 1833, betr. die Errichtung von Testamenten vor den Magistraten. (G. S. S. 13.) Ich habe aus Ihrem Berichte vom 7. d. M. ersehen, daß bei den Gerichten über die Anwendung des §. 99, Tit. 12, Thl 1 des A. L. R., betreffend die Errichtung von Testamenten vor den Ma­ gistraten, Zweifel entstanden sind. Zur Erledigung derselben ver­ ordne Ich hierdurch nach Ihrem Anträge, daß in Städten, wo der Richter nicht am Orte wohnt, oder wo nur Eine zur Verwaltung des Richteramts bestellte Person vorhanden ist, in Abwesenheit der­ selben, Testamente rechtsgültig von einer aus dem Bürgermeister oder dessen Stellvertreter und zwei Magistratsmitgliedern bestehenden Deputation an- und ausgenommen werden dürfen, und daß es außer dem geleisteten Amts-Eide der Mitglieder dieser Deputation, keine besondere Vereidung derselben zu Amtsverrichtungen dieser Art be­ darf. Die Stelle des einen Magistratsmitgliedes kann durch den Stadtsekietair, einen vereideten Gerichtsschreiber, oder eine der §. 94, Tit. 12, Thl. 1 des A. L. R. genannten Personen vertreten werdend»). 10. K. O. v. G. Novbr. 1834, über das Verfahren bei Ausführung der Vorschriften des §. 99 und derK. O.

99) Durch diese Bestimmung ist die Nothwendigkeit, daß die von MagistratsDeputationen aus- oder angenommenen Testamente ohne Zeitverlust dem Richter überliefert werden, nicht aufgehoben. R. v. 10. Juni 1833. (Jahrb. Bd. XLI, S. 427.) — Die Magistrate haben dieselben Gebühren, wie die Dorfgerichte, für die An- oder Aufnahme eines Testaments $ii fordern, welche das R. v. 13. September 1823 bestimmt. (Jahrb. Bd. XXII, S. 92.) Die Einziehung muß, mittelst Maudaisverfahrens, durch das Gericht geschehen. Wie an Orten, wo die Gemeindeordnung v. 11. Marz 1850 (G. S. S. 213) eingeführt ist, die Vorschriften §§. 93—99 u. der K. O. v. 21. Januar 1833 ausgeführt werden sollen, muß noch bestimmt werden.

Von Testamenten und Codicillen.

33

v. 21. Januar 1833 in denjenigen Städten des Großherzogthums Posen, welchen die Städteordnung noch nicht verliehen ist. (G. S. S. 181.) Zur Erleichterung der Auf- und Annahme lehtwilliger Ver­ ordnungen im Grvßherzogthum Posen, setze Ich nach Ihren An­ trägen für diejenigen Städte des Großherzogthums, welchen die Städteordnung vom 17. März 1831 bis jetzt noch nicht verliehen ist, das Verfahren bei Ausführung der Vorschriften §. 99, Tit. 12, Thl. 1 des L. R. und Meiner Ordre vom 21. Januar 1833 dahin fest: daß die Deputationen zur Auf- und Annahme des letzten Willens, aus dem Bürgermeister oder dessen Stellvertreter und aus zwei Rathmännern zu bilden sind, wobei in Stelle des einen Rath­ mannes außer den in Meiner Ordre vom 21. Januar 1833 und in §. 94, Tit. 12, Thl. 1 des A. L. R. bezeichneten Personen auch ein Mitglied des Stadtraths oder ein zur interimistischen Verwaltung einer vacanten katholischen Pfarrstelle von der geistlichen Behörde abgeordneter Kommendarius zugezogen werden kann. Sämmtliche Mitglieder einer solchen Deputation müssen des Lesens und Schrei­ bens der Deutschen Sprache kundig sein; ist der Testator nur der Polnischen Sprache mächtig, und muß daher nach §. 152 der Ver­ ordnung vom 9. Februar 1817 das Protokoll in Polnischer Sprache ausgenommen, und demselben, in Gemäßheit der Verordnung vom 16. Juni d. I. Art. IX, eine deutsche Uebersetzung beigefügt werden; so kommt es bei der Anwendung der Vorschriften des A. L. R. Thl. I, Tit. 12, §§. 125 bis 132, darauf an, ob alle, oder doch wenigstens z w e i Mitglieder der Deputation der Polnischen Sprache kundig sind, in welchem Falle die Deputation selbst das Protokoll in Polnischer und Deutscher Sprache aufzunehmen hat. Ist dagegen nur ein Mitglied der Polnischen Sprache kundig, so bedarf es der Zuziehung Eines vereideten Dollmetschers und, wenn kein Mit­ glied Polnisch versteht, müssen Zwei vereidete Dollmetscher zu­ gezogen werden. gericht­ §. 100. Einem jeden Testator steht frei, sein Testament oderV on lich überi gebenen, Codicill den Gerichten versiegelt 10°) übergeben. (§. 66.) §. 101. Ein dergleichen Aufsatz muß aber von ihm selbst eigenhändig ge-y oder wenigstens unterschrieben2*)1sein.

100) Es schadet der Gültigkeit des Testaments nicht, wenn es auch w versiegelt übergeben und bis zum Tode des Testators unversiegelt bei den Gcrichsactcn'verblieben ist. Anh. §. 33. Pr. des Ob.-Tr. 1586) v. 13. Juni 1845 (Entsch. Bd. XI, S. 263). 1) Auch ein von dem Testator geschriebenes Testament muß von dem Testator unterschrieben sein, sonst ist'es nichtig, wenngleich der Testator in dem

Annahmeprotokolle gesagt hatte, daß er das versiegelt übergebene Testament unter­ schrieben habe. Vergl. Pr. des Ob.-Tr. v. 16. Mai 1836, No. II. (Entsch. Bd. I, S. 81.) Der Richter ist nicht ermächtigt, die Nichtigkeit der Angabe festzustellen. Die Unterschrift des Testators unter dem Vermerke auf dem Um­ schläge, daß hierin sein Testament sich befinde, ersetzt die dem Aufsatze selbst mangelnde eigenhändige Unterschrift des Testators nicht. Deshalb ist der Beweis, daß der unter dem Aufsatze befindliche Name nicht von dem Testator geschrieben sei, allerdings zulässig und erheblich. 2) Ist das Testament von dem Testator eigenhändig unterschrieben, so ist

Koch, Allgemeines Landrecht. II.

3

Erster Theil.

34 102.

Zwölfter Titel.

Ob dieses nothwendige Erforderniß wirklich beob­

achtet worden^ darüber muß der Richter den Testator ausdrücklich vernehmen

§. 103. Außer diesem und dem, was unter §. 145 sqq. ver­ ordnet wird, muß der Richter aller Fragen über den Inhalt deS Testaments sich enthalten, vielmehr dasselbe nur in Gegenwart«) deS Testators überschreiben °); dem Siegel, mit welchem das Testa­ ment auswendig verschlossen ist, daS Gerichtssiegel beifügen; über die Handlung selbst ein vollständiges Protokoll aufnchmen;

und

dieses Protokoll von dem Testator mit unterzeichnen lassen.

eS gleichgültig, von wem cS geschrieben oder verfaßt worden. Selbst wenn dies von dem eingesetzten Erben oder von einem Legatar geschehen wäre, schadet cS der Gültigkeit des Testaments nickt. Vergl. den Rechtsf. und die Entsch. des Ob.-Tr. v. 24. Äugust 1841 im. Schles. Arch. Bd. V, S. 219 ff. M. vergl. auch

Leyser Med. sp. 395, m. 4, 5. 3) Diese Vorschrift gehört nach §. 139 zu denjenigen, von welchen die Gültigkeit des Testaments abhangt und welche in dem §. 33 des Anh. nicht er­ lassen'worden sind. Damit übereinstimmend ist das Pr. deS Ob.-Tr. 213, v. I. 1836: „Die Anwendung dieser Vorschrift (deS §. 102) wird auch in dem Falle nicht ausgeschlossen, wenn sich findet, daß daS Testament wirklich vom Testator unterschrieben worden." In Widerspruch damit setzt sich das un­ eingetragene Pr. deff. v. 25. Januar 1849 Nr. II: „Der (über den Inhalt deS verloren gegangenen Annahme-Protokolls) nicht gelungene Beweis darüber: ob der Richter den Testator ausdrücklich befragt: ob von ihm das übergebene Testament wenigstens selbst unterschrieben worden, zieht nicht die Ungültigkeit des Testaments nach sich." (Entsch. Bd. XVII, S. 224.) Dieser Satz berührt zwar die Frage nicht, denn man kann denken, es sei der Satz: legalia praesumuntur, vorausgesetzt und deshalb schade das Mißlingen jenes Beweises nicht, vielmehr liege dem Gegner der Beweis des Gegentheils ob. So ist es jedoch nicht gemeint; der Grund ist vielmehr der, jenem Pr. 213 gerade ent­ gegengesetzte Satz: die Vorschrift des §. 102 ist unwesentlich. Darüber lassen Es wird S. 229 die Ausdrücke in den Entscheidungsgründen keinen Zweifel. gesagt: „— nicht sämmtliche der in den §§.66 — 138 enthaltenen Vorschriften sind als unerläßlich zur Form gehörig anzusehen, dahin ist denn auch die Vor­ schrift des §. 102 zu rechnen. Sic enthält lediglich eine Anweisung für den Richter., der ein versiegeltes Testament annimmt, sich darnach zu erkundigen: ob der Testator die lcytwillige Verordnung auch selbst wenigstens unterzeichnet habe, um bei etwaigerVcrabsäumung dieses nothwendigen Erfordernisses der Unter­ schrift das Nöthige noch nachzuholen. KcineSwcgeS aber geht der Sinn des Gesetzes dahin, daß, wenn auch festftände, daß der Testator sein Testament viel­ leicht ge- und unterschrieben, der Richter aber versäumt hatte, sich darnach zu erkundigen, ob dies geschehen, und dies im Protokolle zu vermerken, dieser bloßen Verabsäumung wegen das Testament ungültig sein solle." In demselben Sinne hat sich das.Ob.-Tr. schon vor jenem Pr. 213 in einer im Centralbl. 1838, S. 319 ff. mitgetheilteu Entscheidung v. 19. Mai 1829 ausgesprochen. 4) Die Gegenwart ist bei der Bcidrückung des Gerichtssiegels als wesent­ liches Formale erlassen, denn die Beidrückung kann ohne Nachtheil ganz unter­ bleiben. Anh. §.33; Entsch. der Ges.-Kommission vom 13. Februar 1798. (Rabe, Bd. V, S. 52.)

5) Bei dieser Ueberschreibung ist die Gegenwart und Mitwirkung eines Protokollführers nicht erforderlich; denn die Einsiegelung und Ueberschreibung

Von Testamenten und Codicillm.

35

§. 104. Will der Testator seine Verordnung mündlich zum von mündProtokolle erklären, so muß der Richter alles beobachten, waS n nm men en . m , AV r u . , , ' Testamenten, nach Vorschrift der Prozeßordnung zu einem gerichtlichen Protosötte erfordert wirb6*).7 * *8 §. 105. Das Protokoll muß der Testator mit unterzeich­ nen'); der Richter aber muß dasselbe in seiner Gegenwart mit dem GerichtSstegel versiegeln und überschreiben. §. 106. ES hängt von dem Willen deS Testators ab, dem Gerichtssiegel noch sein eigenes oder ein anderes selbstgewähltes Petschaft beizufügen. §. 107. Nebergiebt der Testator sein Testament oder Codicill offen und unversiegelt, so muß et vernommen werden: ob ein solcher Aufsatz nur bei einer mündlich zu errichtenden Disposition zum Grunde gelegt, oder als ein schriftliches Testament angesehen werden solle. §. 108. Will der Testator, daß ein solcher Aufsatz als ein schriftliches Testament gelten solle, so darf der Richter bloß nachsehen: ob derselbe von dem Testator unterschrieben sei; und muß, wenn dieses nicht ist, die Unterschrift fördersamst bewerk­ stelligen lassen. §. 109. Sodann muß er die Erklärung des Testators, daß dieser Aufsatz seine letzte Willensmeinung enthalte, unter dem­ selben verzeichnen6).

kann, unbeschadet der Gültigkeit des Testaments, mangelhaft sein (Entsch. deS Ob.-Tr. v. 21. August 1841, Schles. Arch. Bd. V, S. 220), und selbst ganz fehlen. S. o. die Änm. 100 zu §. 100.

6) ES erzeugt allein noch keine Nichtigkeit eines zum gerichtlichen Protokolle erklärten Testaments, wenn einer der bei dessen Aufnahme zugezogenen GerichtSschöppen sich während der Verhandlung nicht ununterbrochen bei derselben an­ wesend befunden hat, sofern nur das "vollständig besetzte Gericht bei der Vor­ lesung , Genehmigung und Vollziehung des Protokolls gegenwärtig gewesen ist. Pr. 'des Ob.-Tr. 1779, v. 10. September 1846 (Entsch. W XIII, S. 197). Auch ist cs nicht nothwendig, daß das Protokoll in Gegenwart des Testators geschrieben werde. S. auch Schles. Arch. Bd. V, S. 220 ff.

7) Es versteht sich, daß eine mündlich erklärte letzte Witlensverordnung als unvollendet nicht gilt, wenn der Testator vor der Vollziehung des Protokolls stirbt. Ein solcher Rcchtsfall findet sich in Stengel Bd. XV, S. 239. 8) Ein Testator hatte sein schriftliches Testament nur erst in Gegenwart deS Gerichts versiegelt, und es entstand die Frage: ob dasselbe ni'cht wegen un­ terbliebener Verzeichnung der hier im §. 109 vorgeschrittenen Erklärung unter dem noch offenen Aufsatze ungültig sei. Ein R. v. 9. August 1802 weist die Vormund­ schaftsbehörde an, NamenS ihrer Kuranden dieses Testament als zu Recht be­ ständig anzuerkennen, da der fr. Umstand die Glaubwürdigkeit des Aktus nicht

Erster Theil.

36 §. 110.

Hierauf

Zwölfter Titel.

muß der Aufsatz

in Gegenwart») des

Testators mit dem Gerichtssiegel versiegelt, überschrieben, und mit

Aufnehmung deS Protokolls über die Handlung, nach Vorschrift

des 8- 103, weiter verfahren werden. §. 111.

Erklärt aber der Testator, daß der offen übergebene

Aufsatz einen bloßen vorläufigen Vermerk der Punkte, wegen wel­

cher er jetzt mündlich verordnen will, enthalte, so ist derselbe nach erfolgter Aufnahme des mündlichen Testaments, von keinem fer­ nern Gebrauche.

§. 112.

Jedes gerichtlich

aufgenommene

oder

übergebene

Testament und Codicill muß, mehrerer Sicherheit wegen, in dem

Deposita deS Gerichts aufbewahrt"), und dem Testator ein Nekogniti'onsschein über die erfolgte Niederlegung ausgefertigt werden.

verringern könne, wenngleich die nochmalige Beglaubigung nach §. 109 nicht er­ folgt sei. (Rabe, Bd. VII, S. 201.) Dies ist zwar nur eine Verhaltungs­ regel für die Vormundschaft, doch aber auch eine Rechtswahrheit, nicht aus dem angegebenen Grunde, sondern weil der Fall nicht der des §. 107 ist. Wenn ein Testator sein Testament erst noch in Gegenwart der schon eingetroffenen Deputation versiegelt, so ist er mit seinem Testamente noch nicht ganz fertig gewesen, er vollendet es erst noch nach dem Eintreffen. Er übergiebt also nicht einen offenen und unversiegelten Aufsatz, sondern ein gehörig versiegeltes Testament. Daß die Dcpuürten die letzte Handlung zufällig noch gesehen haben, ist selbstverständlich ein sehr gleichgültiger Umstand; der Testator hätte sie auch im Vorzimmer bis nach der Versiegelung warten lassen können. — Wenn aber der Testator den offenen Aufsatz der Deputation wirklich übergiebt und alsdann die Erklärung des Testators: „daß dieser Aufsatz seine letzte WillenSmeinung enthalte," nicht verzeichnet ist, so hat diese Unterlassung allerdings die Nichtigkeit des Testaments zur Folge^ und es kann dieser Mangel nicht durch eine Erklärung im AnnahmeProtokolle ersetzt werden. Pr. des Ob.-Tr. v. 20. November 1849 (Entsch. Bd. XIX, S. 159). Ist sachgemäß. Denn der Aufsatz ohne den vorgeschriebenen Vermerk kann, nach der Publikation, leicht mit einem falschen verwechselt werden. Augenscheinlich kann hiergegen das besondere Protokoll und die nun auf­ gehobene Versiegelung nicht schützen, da der Aufsatz nur als Beilage behandelt wird.

9) S. o. die Anm. 4 zu §. 103. 10) Dadurch, daß der Richter das Testament bis zur Publikation in seinem Privatgewahrsam behalten hat, wird dasselbe nicht ungültig. Anh. §. 33. — Pr. des Ob.-Tr. v. 24. August 1841 (Schles. Arch. V, 220). Denselben Rechts­ satz spricht das jüngere Pr. 1586, v. 13. Juni 1845 so aus: „Ein vorschrifts­ mäßig aufgenommenes oder übergebenes, jedoch demnächst nicht zum gerichtlichen Depositorium gebrachtes, sondern — wenn auch unversiegelt — bei den gericht­ lichen Akten bis zum Tode des Testators aufbewahrtes Testament oder Codicill, über dessen Identität kein Zweifel obwaltet, ist bloß deshalb, weil es. nicht in das gerichtliche Depositorium niedergelegt und nicht versiegelt worden, keineswegeS ungültig." §.33 des Anh. (Entsch. Bd. XI, S. 263.) — Auch in einer, zur Ausnahme eines andern Rechtsgeschäfts bestimmten Verhandlung kann ein Testa­ ment gültig errichtet werden, wenn die in Betreff der gehörigen Besetzung des Gerichts, und der Aufnahme gerichtlicher letztwilliger Dispositionen bestehenden gesetzlichen Vorschriften beobachtet worden sind. Pr. deS Ob.-Tr. v. 21. Decbr. 1848 Nr. II. (Entsch. Bd. XVII, S. 192.)

Von Testamenten und Codicillen.

$. 113.

Blinde,

37

deS Lesens und Schreibens unerfahrene,

imgleichen solche Personen, welche an den Händen gelähmt, oder deren beraubt sind, können nur mündlich zum Protokolle testiren.

»»*

§. 114. Doch steht es ihnen frei, einen schriftlichen Aufsatz ihres letzten Willens, nach Maaßgabe des §. 108, offen zu über­

geben, welchen der Richter dem Testator vorlesen, auch was der­

selbe dabei erklärt hat, in einem dem Aufsätze beizufügenden1 >), und mit ihm zu versiegelnden Protokolle bemerken muß.

8. 115.

In allen Fällen,

über die Erklärung seines

wo der Testator daS Protokoll

letzten Willens,

oder dessen Ueber-

gebung, eS sei auö welcher Ursache eS wolle, nicht selbst unterschreiben sann11 12), 13 14 muß das Handzeichen desselben

durch zwei

dabei") zugezogene glaubwürdige Männer") bezeugt werden.

8. 116.

Diese Zuziehung

und Unterschrift zweier Zeugen

ist auch alsdann erforderlich und hinreichend,

wenn der Testator

auch nur ein bloßeö Handzeichen beizufügen nicht im Stande wäre15).16 8. 117.

Die in allen dergleichen Fällen zuzuziehenden Testa-

mentS-Zeugen müssen überhaupt die Eigenschaften gültiger Jnstrn-

mentö-Zeugen besitzen1 *).

11) DaS heißt hier: unmittelbar unter den Aufsatz schreiben, wie in dem Falle des §. 108 in Gemäßheit des §. 109 geschehen muß. S. die Anm. 8 zu 8 109. Die beiden Fälle stehen sich gleich. 12) Und zwar mit Schristzeichen eines allgemein bekannten Alphabets. Bedient der Testator sich anderer Schristzeichen, so ist er als ein Schreibunfähiger zu behandeln. Dagegen gilt er — was auch das Ob.-Tr. angenommen hat (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 261) — in dem Falle für schreibfähig, wenn er seine Unterschrift zwar mit geführter Hand vollzogen hat, aber doch sonst schreiben kann. In diesem Falle bedarf cS keiner Zeugen.

13) Die Zeugen müssen dabei, bei der Unterzeichnung, gegenwärtig, sein. — ,,Wenn der Testator Handzeichen zu zeichnen im Stande ist, so muß solches, bei Strafe der Ungültigkeit des Testaments, in Gegenwart der zuzuzichenden zwei Zeugen geschehen. Die Erklärung deS Testators vor ^denselben, daß die Handzeichen von ihm gezogen worden, ist nicht hinreichend. Pr. des Ob.-Tr. 491, v. 25. Juni 1838.

14) Frauenspersonen können nicht Tcstamentszcugen sein. Vergl. den Rechtsfall in Simon'S Rechtsspr. (Bd. I, S. 261), und Notar.-O. vom 11. Juli 1845 §. 7. 15) WaS in diesem Falle zu thun sei, sagt u. der §. 122 a. E. Diese Vorschrift ist nicht auf solche Erbverträge zu beziehen und anwendbar, in denen der am Schreiben Verhinderte keine Verfügung über seinen eigenen künftigen Nachlaß trifft. Pr. des Ob.-Tr. v. 27. Mai 1847 (Entsch. Bd. XV, S. 180). Vergl. §§. 617-621. 16) Diese Eigenschaften bezeichnet der §. 7 und 8 der NotariatSordnung v. 11. Juli 1845. S. auch die folg. Anm.



38

Erster Theil. Zwölfter Titel.

§. 118. Insonderheit muß ihnen keiner derjenigen Mängel entgegen stehn, wegen welcher Jemand zur Ablegung eines jeden Zeugnisses überhaupt1 ’), nach Vorschrift der Prozeßordnung, un­ fähig ist. §. 119. Wer selbst in einem Testamente oder Codicille zum Erben eingesetzt, oder mit einem Vermächtnisse darin bedacht wor­ den, der kann bei diesem Testamente oder Codicille als Zeuge nicht gebraucht werden. §. 120. Wer in den eigenen Privatangelegenheiten des

17) Auf dm Grund dieser Bestimmung, in Verbindung mit § 121, hat das Ob.-Tr. den Satz ausgesprochen, d.aß der Vormund eines im Testamente ein­ gesetzten Erben als gültiger Jnstrumcntszeuge bei der Aufnahme des letzten Willens eines des Schreibens unfähigen Testators zugezogen werden könne. Pr. 2083, v. 21. December 1848. (Entsch. Bd. aVII, S. 192.) Est ist wahr, ein Vormund wird in der Notariatsordnunz v. 11. Juli 1845, §§. 7 und 8 (die alte Not.-O. hatte keine spezielle Bestimmungen) nicht für unfähig erklärt, bei einer Verhandlung, bei welcher sein Mündel betheiligt ist, Jnstrumentszeuge zu sein. Doch aber kann er, wenn es zum Streite über die Vollziehung kommt, in demselben kein Zeugniß zu Gunsten seines Mündels ablegen, er muß vielmehr für ihn die Parteistellung übernehmen. Deshalb ist der Satz bedenklich. DaS Ob.-Tr. will den Grund der Unglaubwürdigkcit wegen des Verhältnisses deS Zeugen zum eingesetzten Erben nicht gelten lassen, weil mit dem nämlichen Rechte auch dessen Vater oder Bruder nicht zugelaffen werden dürfte, während doch daS Gesetz ganz ausdrücklich ein solches Verhältniß in der hier in Rede stehenden Beziehung gar nicht berücksichtigt wissen wolle. DaS trifft nicht zu. Eine solche ausdrückliche Vorschrift fehlt gänzlich, sonst wäre ja auch ein vernunftmäßiger Meinungsstreit unmöglich; es ist im Gegentheil im §. 117 als allgemeines Erforderniß eines Testamentszeugen für alle Fälle vorgeschriebcn, daß ein solcher die Eigenschaften gültiger JnstrumentSzeugen besitzen müsse. Nun erklärt die Not.-Ordn. im §. 8 dergleichen Verwandte eines bei der Verhandlung Betheiligten ausdrücklich für unfähig, dabei JnstrumentSzeugen zu sein. Ein Vormund ver­ tritt aber die Stelle des VaterS. (II, 18, §. 240, 235.) Auch der §. 120 d. T. ist der Meinung des Ob.-Tr. entgegen. Dort werden Personen für un­ fähig erklärt, welche in den eigenen Privatangelegenheiten des Richters Wegen persönlicher Verbindung mit selbigem ein „beweisendes" (eigene Meinung deS Ob.-Tr. a. a. O. S. 199) Zeugniß für ihn abzulcgen unfähig sein würden. DieS wird zwar — was auch hervorgehoben wird — nur von dem Verhältnisse zum Richter gesagt; in Beziehung auf den Erben ist der Grund, das Gleiche gelten zu lassen, noch stärker. Daß eS nicht im Sinne deS Gesetzgebers liegt, eine solche Unterscheidung zwischen dem Richter und dem Erben in dieser Be­ ziehung zu machen, wonach zwar der Vormund deS Richters, nicht aber der Vormund des Erben zeugnißunfähia sein würde, — daS erklärt der nämliche Gesetzgeber in einem andern seiner Gesetze, nämlich in der Not.-O. §. 8 und 9. UebrigenS erklärt schon eine alte Entsch. der Ges.-Kommisfion v. 25. November 1783 den Vormund des i.nstituirten Erben für einen gültigen Testamentszeugen. (Rabe, I, 7, S. 375.) Und bei einer Entsch. v. 29. December 1851 hat daS Ob. -Tr. überhaupt den Satz ausgesprochen: „die Fähigkeit eines Testaments­ zeugen ist nicht nach der Notariatsordnung, sondern nach den Vorschriften im 12tcn Titel, Th. I, A. L. R. zu beurtheilen, und es sind daher namentlich minder­ jährige doch cidesmündige Personen, so wie Dienstboten deS Richters, welcher das Testament aufnimmt, an und für sich taugliche Testamentszeugen." (Entsch. Bd. XXII, S. 133.) Zum §. 117 d. T. stimmt das nicht.

Von Testamenten und Codicillen.

39

Richters"), wegen naher Verwandtschaft oder persönlicher Ver­

bindung mit selbigem, ein Zeugniß für ihn abzulegen nach den

Gesehen unfähig sein würde; den darf der Richter bei einem von

ihm auf- oder abgenommenen Testamente als Zeugen nicht zuziehen. §. 121.

Andere Erfordernisse, welche die Gesetze bei einem

zulässigen oder gültigen Bewciszeugen vorschreiben, sind bei einem bloßen TestamentS-Zeugen nicht nothwendig.

§. 122.

Auch kommt es nicht darauf an, ob die Zeugen

von dem Testator oder Richter gewählt worden; und es ist genug, daß sie nur alsdann gegenwärtig sind, wenn der Testator sein Handzeichen beifügt, oder im Fall er dazu nicht im Stande wäre,

auch nur im Allgemeinen erklärt: daß ihm daS Protokoll vor­ gelesen worden sei, und er den Inhalt desselben genehmige.

§. 123.

Tauben, ingleichen Stumme», die an sich kstiren

können (§.26), müsse» die an sie zu lichtenden Fragen schrift- u.Stmmmn,

lich1 ’) vorgelegt, und wenn der Testator stumm ist, auch schriftlich von demselben beantwortet werbe»20 18).21 19 §. 124. Schriftliche Aufsätze eines letzten Willens kann der Testator in jeder ihm bekannten Sprache abfassen.

§. 125.

.»chemÄtig

Wenn aber der Testator, bei der Uebergabe eines

solchen Aufsatzes, sich dem Gerichte nicht verständlich machen kann, so müssen zwei vereidete Dollnietscher, oder zwei beider Sprachen kundige, eidlich zu verpflichtende, Zeugen, mit zugezogen werden.

§. 126.

Will Jemand, dessen Sprache der Richter nicht ver­

steht, mündlich zum Protokolle testiren: so muß seine Erklärung in seiner eigenen2') Sprache, in Gegenwart des Richters, durch

zwei vereidete Dollmetscher oder Zeugen ausgenommen, und von

diesen in die dem Richter bekannte Sprache überseht werden.

18) Vergl. die vor. Anm. 17. 19) Wenn er Geschriebenes nicht lesen kann, so soll, falls er Gedrucktes lesen kann, eine druckahnlichc Schrift angewcndet werden, nach einem R. v. 24. Juni 1802. (Rabe, Bd. VII, S. 175 ) Dasselbe R., so wie ein späteres R. v. 10 Mai 1806 (Nabe, Bd. VIII, S. 591), will auch die Anwendung der „zweifelhaften Zeichensprache" gestatten. Allein das Gesetz erlaubt die letzte Willenserklärung dnrch dieses unsichere Mittel solchen Personen nicht. .S. o. die Anm. 32 zu §. 26. — In dem ersten R. werden die zur Berdollmetschung der Zeichensprache zugezogenen zwei Zeugen auch für ausreichend erklärt, zugleich als Unterschriftszeugen zu dienen. Dagegen ist an sich kein Bedenken. 20) Wenn er dazu nicht fähig ist, so ist er nicht tcstirfähig.

S. die vor. Anm.

21) Eine Ausnahme soll mit den Wenden gemacht werden, weil von Seiten der Staatsverwaltung und Gesetzgebung nichts geschehen müsse, was der Wendi­ schen Sprache den bisher^ nicht gehabten Charakter einer Schriftsprache beilegen

st"»,

Erster Theil.

40

§. 127.

Zwölfter Titel.

DaS, was in beiden Sprachen niedergeschrieben

worden, ist alsdann einzusiegeln und aufzubewahren. Anh.

§. 31.

Die unterlassene zwiefache Niederschreibung deS

Testaments, sowohl in deutscher als in der Muttersprache des Testa­ tors, kann jedoch keine Nullität begründen”).

§. 128.

Ist der letzte Wille des Erblassers in seiner Sprache

niedergeschrieben, und von ihm unterzeichnet2»), so behält derselbe seine Rechtskraft, wenn gleich der Testator vor vollendeter Uebersetzung gestorben wäre. §. 129. Ist die Sprache des Testators

einer von beiden

zur Auf- oder Abnahme des Testaments erforderlichen GerichtS-

pcrsoncn bekannt, so ist die Zuziehung nur Eines DollmetscherS

oder Zeugen hinreichend24). Anh.

§.32.

Die Versicherung der Gerichtspersonen, daß sie

der Sprache deS Testators völlig mächtig sind, ist hinreichend, um

dies für gewiß zu halten2»).

§. 130. standen,

Unter Dollmetschern werden hier solche Leute ver­

welche bei irgend einem Gerichte, oder

öffentlichen Anstalt, zum Uebersetzen

aus

einer andern

einer in die andere

Sprache förmlich angestellt und verpflichtet sind; folglich in einzelnen Fällen einer besondern Vereidung nicht bedürfen.

8. 131.

Die Dollmetscher

oder Zeugen, welche

bei dem

Testamente eines der Sprache des Richters unkundigen Testators

zugezogen werden, müssen mit den §§. 117—120 bestimmten Er­ fordernissen gültiger Testamentszeugen versehen sein.

könnte. Deshalb sind die Testamente und Codicille der Wenden gar nicht in wendischer, sondern bloß in deutscher Sprache niederzuschreiben. Zuzuziehen sind ein wendischer Prediger und ein wendischer Schulze oder Gerichtsmann, welche, auf ihren Amtseid verwiesen, dem Richter den Willen des Testators mündlich übersetzen, und von welchen der Prediger das deutsch niedergeschricbene Protokoll dem Testator in wendischer Sprache verliest oder vorhalt, welches Alles, wie eS geschehen, im Protokolle zu registriren ist. Anh. z. A. G. O. (II, 2, §. 37) 8. 422, aus R. v. 25. September 1795 (N. Ed. S. Bd. IX, S. 2621; Rabe, Bd. VIII, S. 148).

22) Aus R. v. 12. November 1798 (Rabe, Bd. V, S. 237). 23) Nämlich zum gerichtlichen Protokoll niedergeschrieben und unterzeichnet. Ist ein schriftliches Testament übergeben worden, so gehört zur Vollendung des wesentlichen Akts die Unterzeichnung des Annahme-Protokolls.

24) Der §. 38, Tit. 2, Th. II der A. G. O. soll keine hiervon abweichende Bestimmung treffen. R. v. 11. Juni 1824 (Jahrb. Bd. XXIII, S. 184). 25) Weil bei dieser Versicherung, wie in Allem, was die Gerichtspersonen versichern (Jeder für sich), fides judicialis nicht bezweifelt Werden kann. AuS R. v. 12. November 1798 (Rabe, Bd. V, S. 237).

Von Testamenten und Codicillm.

41

Auf die Gültigkeit der Handlung hat eS keinen

§. 132.

Einfluß: ob die Vereidung vor- oder nachher geschehen ist. §. 133. Testamente

In einem schriftlich und versiegelt26) übergebenen B->Testa-

können dem Richter,

so wie jeder andern

bei der

Handlung der Abnahme mitwirkenden Person, Erbschaften und

Vermächtnisse gültig zugewendet werden, ohne daß es weiter einer besondern Form bedarf.

8. 134.

Soll aber in

einem mündlichen Testamente der

Richter selbst2^) zum Erben ernannt werden: so darf sich derselbe mit dessen Ausnehmung gar nicht befassen; sondern er muß den

Testator damit an irgend ein anderes Gericht verweisen. §. 135. Soll nur eine der übrigen bei der Handlung von Amtöwegen") mitwirkenden Personen zum Erben eingesetzt wer-

26) Nicht aber in einem unversiegelt übergebenen schriftlichen Testamente. §. 107. Wie in diesem Falle verfahren werden soll, hat man vorzuschreiben übersehen; denn es ist nur der Fall des schriftlich und versiegelt übergebenen und der des mündlichen Testaments (§. 134) vorgesehen. Der Fall des schrift­ lich aber offen übergebenen Testaments. muß nun, in der in Rede stehenden Beziehung, wie ein mündliches Testament behandelt werden: der Richter muß sich seiner Mitwirkung enthalten (§. 134), sonst ist das ganze Testament ein außerge­ richtliches, also unkräftig (injustum), weil der Richter in seiner eigenen Sache nicht sein Amt verrichten kann. Darüber ist man jedoch nicht einerlei Meinung, manche wollen nur die Erbeseinsetzung ungültig sein, alles Andere aber, wobei der Richter nicht betheiligt und daher auch glaubwürdig sei, gelten lassen. Allein eincstheils kann dieses bloße Faktum als möglich nicht eingcräumt werden, weil den eingesetzten Erben Alles interessirt, was die Erbschaft betrifft; anderntheilS enthält der Grund kein Rechtsprincip. Außerdem ist aus dem §. 138 ersichtlich, daß die Vers, des A. L. R. die Ungültigkeit des ganzen Testaments als sich von selbst verstehend vorausgesetzt haben, sonst könnten sie für den Fall, daß der Richter nicht Erbe, sondern nur Legatar sein solle, nach logischer Denkweise un­ möglich die Verordnung für nöthig erachtet haben, daß in diesem Falle nicht das ganze Testament, sondern nur das Vermächtniß unkrästig sein solle. 27) Oder eine Person, ^in deren Privatangelegenheiten fein Amt zu ver­ richten ihm gesetzlich untersagt ist. A. G. O. III, 3 §. 13; 1,2 §. 143 und Anh. §.40; Notar.-O. v. 11. Juli 1845, §.5. Man wird dies auf Grund dieser allgemeinen Vorschriften anzunchmcn genöthigt, da es doch wol unleidlich sein möchte, daß der Richter die Einsetzung seines leiblichen Sohnes und seiner Ehefrau zu Erben des vielleicht nicht einmal schreibfähigcn Testators sollte be­ glaubigen und legalisiren können. Das Specialgesetz des §. 134 und das darin gebrauchte Wort „selbst" bezicht sich nicht auf diesen Fall: den Gegensatz davon machen nicht seine Angehörigen, sondern die „übrigen bei der Handlung mit­ wirkenden Personen", um zu bestimmen, welche Förmlichkeiten in Beziehung auf diese, noch über die Erfordernisse eines gültigen Protokolls hinaus, beobachtet werden müssen. (§. 135.) Die Frage: ob nicht auch die Angehörigen der „mit­ wirkenden Personen" ebendieselbe Förmlichkeit erfordern als sie selbst, soll hier­ gar nicht entschieden werden; sie wird als anderwärts entschieden vorausgesetzt. Die allgemeinen Erfordernisse eines glaubhaften gerichtlichen Protokolls werden vorausgesetzt, und dazu gehört die Parteilosigkeit der Gerichtspersonen. Vergl. o. die Anm. 17.

28) Wer die von Amtswegen mitwirkenden Personen sind, das ersieht man

Erster Theil.

42

Zwölfter Titel.

den, so muß der Richter dieselbe davon sofort entfernen, und ihre Stelle nach den obigen Vorschriften (§§. 83, 84) durch andere

ersetzen.

8- 136.

Soll in einem solchen mündlichen Testamente dem

Richter oder einer der übrigen bei der Handlung mitwirkenden2 9)

aus den §§.83, 84, auf welche verwiesen wird: es sind der Protokollführer und die Gerichtsschöppen. Die folgende Vorschrift §. 136 beschränkt sich nicht auf diese, sondern trifft alle übrigen mitwirkendcn Personen, wodurch die Erbeinsetzung auffallend leichter als das Vermächtniß behandelt wird, wenn man das „von Amtswegen" nicht mit in den §. 136 hinüb erzieht, vielmehr annimmt, daß die Vers, bei dem §. 136 mit bewußter Absicht den Standpunkt des §. 13a verlassen haben und weiter gegangen sind. S. die folg. Anm. 29) Die Mitwirkung ist hier nicht auf eine Mitwirkung von Amtswegen beschränkt. Das Ob.-Tr. hat angenommen, daß dies mit bewußter Absicht ge­ schehen sei, und daß daher in dem Falle dieses §. 136, nach dem Wortlaute des Gesetzes, lediglich der Begriff der Mitwirkung zur Errichtung cines^ mündlichen Testaments über die Anwendung des §. 136 entscheide, und über die 'thatsächliche Frage, was eine wesentliche Mitwirkung sei, in jedem einzelnen Falle das Ermessen des Richters zu befinden habe. Als Rechtsgrundsatz hat Es ausgesprochen: „Die gesetzliche Vorschrift über die, bei Vermächtnissen, welche in einem gerichtlich aufgcnvmmenen Testamente einer dabei mitwirkcnden Person ausgesetzt werden, zu beobachtende besondere Form, ist nicht auf die bei Anfertigung des Protokolls unmittelbar thätigen Personen zu beschranken, vielmehr kann dieselbe auch auf Andere, welche bei der gerichtlichen Verhandlung selbst zu dem Zustandekommen der letztwilligen Verfügung mitgewirkt haben, Anwen­ dung finden. Äs muß in jedem einzelnen Falle die Erheblichkeit der geleisteten Mitwirkung geprüft werden. Pr. 2329, v. 10. December 1851 (Entsch. Dd. XXI, S. 357). — Der Rechtsfall, welcher zur Gewinnung dieses Grundsatzes Anlaß gegeben hat/war dieser. Der Testator erschien in Beistände eines Andern, über­ gab einen offenen schriftlichen Aufsatz zur Information und der Inhalt desselben wurde ins Protokoll geschrieben. Die als Beistand gegenwärtige Person hatte auch den Aufsatz verfaßt, und darin war ihr ein Legat von 13000 Thlr. aus­ gesetzt. Das Gerichtsprotokoll enthielt von der Entstehung des Aufsatzes nichts und es wurden, bezüglich auf das dem Beistände ausgesetzte Legat, keine besondere Förmlichkeiten beobachtet. Bei der Vollziehung des Protokolls war der Beistand und Legatar nicht mehr zugegen gewesen. Dieses Legat erklärte das Ob.-Tr., in Anwendung jenes bei Beurtheilung des Falles gefundenen Grundsatzes, für ungültig. Die vorigen beiden Stufengerichtc hatten es für gültig erkannt, indem fie das „von Amtswegen" aus dem §. 135 in den §. 136 herübergezogen und angenommen hatten, daß der Begriff der Nothwendigkeit der Mitwirkung zur Herstellung eines formell gültigen Protokolls über die Anwendung des §. 136 entscheide; wogegen das Ob.-Tr. gesunden hat, daß nur der Begriff der Mit­ wirkung überhaupt zur Feststellung der richtigen Bedeutung des §. 136 führe. Das Ergebniß davon ist: daß ein Vermächtniß durch eine auch unnöthige Mitwirkung dcS amtlich nicht zur Mitwirkung beiufenen Legatars unkräflig wird (§. 136), eine Erbeseinsetzung dagegen durch eine solche Mitwirkung des Berufenen nicht, denn hierbei ist die Anwendung der Vorschrift auf eine Mit­ wirkung „von Amtswegen" beschränkt (§. 135). Das ist auch dem Ob.-Tr. ausgefallen, indem das hieraus entstehende Bedenken durch einen Satz erledigt wird, der ganz unverständlich ist. Es heißt: „Anderer Seits kann aus dem Umstande: daß §. 135 nur von Vermächtnissen redet, also der Erbeseinsetzuug eines „Mitwirkenden" darin nicht gedacht ist (es ist das gerade Gegen­ theil der Fall, es muß also wol §. 136 gemeint fein), ein wesentliches Bedenken nicht bereiten (entweder fehlt etwas oder der Vers, ist aus der Construktion ge-

Von Testamenten und Cobicillen.

43

Personen nur ein Vermächtniß ausgesetzt werden, so muß der Testator, daß solches wirklich seine Absicht sei, entweder bei der Unterschrift, oder am Rande, bei der gehörigen Stelle, eigen­ händig bezeugen. §. 137. Kann der Testator nicht selbst schreiben, so muß dieser Vermerk von zwei glaubwürdigen Zeugen eigenhändig bei­ geschrieben werden. 8. 138. Sind diese Vorschriften (88.136, 137) verabsäumt worden, so ist zwar nicht das ganze Testament, wohl aber daö Vermächtniß unkräftig3 °). §. 139. Die vorstehend , SS- 66—138 bestimmte Form eines tocrnbfäuin* Folgen der —, ~ Testaments ist, wo nicht bei einer oder der andern Vorschrift bie,: °).

BomZweckt.

§. 508.

Erhellet aus der Fassung der letztwilligen Verord­

nung, oder auS den Umständen, daß der Erblasser bei demjenigen, was er dem Legatario, oder dem Erben aufgelegt,

den eigenen

Vortheil desselben zur Absicht gehabt habe: so ist eine solche Be­

stimmung nur für einen Zweck ") zu achten. (Tit. 4, §. 152 sqq.)

14) Hierbei kommt es zunächst auf die Unterscheidung der wahren und der nothwendigen (falschen) Bedingungen an. o. §§. 126—128 Tit. 4 und die Anm. 127 das. — Ist die Bedingung eine wahre aber unmögliche, welche eintreffcn soll, so ist die letzte Willenserklärung nichtig. Nach R. R. galt be­ kanntlich der entgegengesetzte Grundsatz bei Testamenten. S. o. Anm. 132 zu §. 131 Tit. 4. Die Verf. haben die Unterscheidung zwischen Verträgen und ein­ seitigen letztwilligen Verordnungen mit bewußter Absicht abgeschafft, weil „der im R. R. hier gemachte Unterschied in der Natur der Sache keinen Grund hat." Entw. Th. II, Abth. 1, S. 31 Anm. zu §. 119. Indeß ist cs mit einem letzten Willen doch eine ganz andere Sache als mit einem Vertrage. M. s. v. Savigny System, Bd. III, S. 198 ff.

15) Dieser Satz ist nicht konsequent. Die Vers, des A. L. R. gehen davon aus, daß der Wille nicht ernstlich gemeint sein könne, wenn er sich durch Bei­ fügung einer Unmöglichkeit widerspreche und dadurch von selbst wieder aufhcbe. Diese Voraussetzung trifft nicht zu, wenn der Testator eine mögliche Bedingung beifügte, die dem Honorirten, ohne Wissen des Testators oder gar erst nach dessen Tode, unmöglich geworden ist. Außer der Folgewidrigkeit hat diese Ent­ scheidung einer bloßen Willensfrage auch die Wahrscheinlichkeit gegen sich , daß der Testator — wenn er die Unmöglichkeit gekannt oder erlebt hätte — die Zu­ wendung dem Bedachten entzogen und.einem Andern, von dem er eben so wenig die Unmöglichkeit möglich machen lassen konnte, gemacht haben würde; vergeben aber mußte er den Hermögenstheil an Diesen oder an Jenen in allen Fällen, für sich behalten konnte er ihn nicht. Das ist bei einem Vertrage anders.

16) Wenn also Jemand so testirt: „A. sott mein Erbe sein, wenn er dem B. zehn giebt", und B. nicht annehmcn will (wörtlich der Fall der L. 3 D. de condit. instit. XXVIII, 7); so wird A. nicht Erbe. S. oben Anm. 114 zu §. 113 Tit. 4. Das gerade Gegentheil des N. N. 17) S. o. Anm. 151 zu §. 152, Tit. 4.

127

Von Testamenten und Codicillen.

§. 509.

Auch der Endzweck, zu welchem Jemanden ein Vor­

theil zugedacht worden,

werden "). §. 510.

muß in der Regel von demselben erfüllt

Kommt der Erbe oder LegatariuS

zu dieser Er­

füllung durch eigenes Verschulden außer Stand:

so verliert er

den ihm zugedachten Vortheil"). 8. 511.

Wird die Erfüllung deS Zwecks ohne Schuld des

Erben oder Legatar» unmöglich: so muß der Vortheil zu einer andern Bestimmung,

welche der auS der Verordnung oder auS

den Umständen sich ergebenden Absicht des TestatorS am nächsten kommt, verwendet werden.

8. 512.

Kann auch dieses nach den Umständen nicht ge­

schehen: so behält der Erbe oder LegatariuS dennoch den ihm zu­

gedachten Vortheil");

8.513.

Es wäre denn, daß aus der Verordnung oder den

Umständen klar erhellete, daß der Erblasser dem Erben oder Legatario den Vortheil gar nicht zugewendet haben würde,

wenn er

die Nichterfüllung des bestimmten Zwecks vorausgesehen hätte. 8. 514. In allen Fällen, wo der Erblasser, bei Hinzu- Von B-. fügung einer Bedingung, oder eines Zwecks, die Beförderung des ober ^jroerf cn gemeinen Besten unmittelbar zum Augenmerke gehabt hat, ist der Staat auf deren Erfüllung zu dringen berechtigt.

8. 515.

Macht Derjenige, welchem, bei unterbleibender Er­

füllung, das Erbtheil oder Vermächtniß zufallen würde, sich eines

Verständnisses mit dem Belasteten zur Vereitelung der gemein­

nützigen Absicht schuldig: so hat der Staat das Recht, für deren

18) Besteht der Modus in einer Handlung, znm Vortheile eines Dritten, so ist dieser als Legatar oder Fideikommissar anzusehen und er kann gegen den Beschwerten klagen. L. 2 C. de bis quae sub modo legata (VI, 45). 19) Der Onerirtc hat in diesem Matte eine Klage auf Rückgabe des auf das Legat sub modo Geleisteten. Ist die Erbschaft selbst sub modo hinterlassen, so ist der Jntestaterbe die Herausgabe der Erbschaft zu fordern berechtigt, wenn kein Substitut ernannt ist.

20) Unverschuldete Nichterfüllung des Modus schadet nicht. L. 92 §. 1 D. de leg. I; L. 8 §. 7 D. de condit. inst. (XXVIII, 7). Darin liegt der Unterschied zwischen Zweck und Bedingung. Ist aber, nach dem Willen des Erblassers, das Legat, wegen des Modus, nicht auf die Bereicherung des Legatars berechnet, so muß auch in diesem Falle das Nichtvcrwendete hcrausgegeben werden. Z. B. Jemand legirt so: „ich bitte Dich, A., meine Leiche von hier nach dort bringen und daselbst bcisetzen zu lassen. Dazu sollst Du 50 Goldstücke aus meinem Nachlasse voraus erhalten/' Was A. davon nicht verbraucht, muß er zurück­ geben. L. 88 §. 1, L. 17 pr. D. de leg. II.

cstn8’

Erster Theil.

128

Zwölfter Titel.

Erfüllung aus der dazu bestimmten Sache oder Summe selbst zu sorgen 2'). Von unbe­ stimmten Be dingungcn.

§. 516. Sind nicht bestimmte Handlungen zu thun oder zu lassen anbefohlen 2 r) worden: so können die nach Art einer Be­ dingung abgefaßten allgemeinen Ermahnungen zur Tugend, Ord­ nung, Sparsamkeit u. s. w. den Erben oder Legatarium nur in

seinem Gewissen verbinden. §. 517.

Hat aber der Erblasser daS Betragen deS Erben

oder Legatarii der Aufsicht gewisser Personen unterworfen;

und

von diesen wird ein dem Willen des TestatorS offenbar zuwider

laufendes Betragen deS Begünstigten dem Richter angezeigt und

nachgewiesen: so geht, nach einer fruchtlos erfolgten gerichtlichen Warnung, die Erbschaft oder das Vermächtniß verloren.

§. 518.

Falsche Benennungen oder Bezeichnungen 2 s) machen

die Verfügung deS Erblassers nicht ungültig, wenn nur sonst2») die wahre Absicht desselben deutlich erhellet2r).

21) Das wird aber doch wol nicht im Verwaltungswege, mit Versagung des rechtlichen Gehörs, geschehen können. Die §§. 514 und 515 sollen wol dem Fiskus kein besseres Äecht beilegen als jede Privatperson durch richterliche Hülfe zur Geltung bringen kann. Der Fiskus wird mithin, gemäß §. 514, nur auf richterliche Bestimmung einer Frist zur Erfüllung einer Potestativbedingung oder eines Modus klagen können; bei zufälligen Bedingungen muß auch er die Entwickelung des Ereignisses abwarten.

22) Nicht im Befehl sondern in der Bestimmtheit der Handlung liegt daS Gewicht dieser Bestimmung, ist die Handlung bestimmt, so kann die Auflage auch in Form der höflichsten Bitte mit Erfolg geschehen. 23) S. o. die Anm. 50 zu §. 151 Tit. 4. 24) Wenn auch aus Erkennungszeichen, welche außerhalb des Testaments liegen. S. die folg. Anm. geschlossen. Vergl. §. 531.

Die sonstige Beweisführung ist nicht unbedingt aus­

25) Hierdurch ist der leitende Grundsatz des R. R. bei letzten Willen, daß Alles auf den wahren Willen des Testators, soweit dieser Wille rechtlich er­ kennbar ist, ankommt (L. 2 §. 7 D. de bonor. poss. sec. tab. XXXVII, 11, L. 4 §.10, L. 17 §. 1 D. de doli mali exe. XLIV, 4), ausdrücklich aus­ genommen. In Folge dessen wird weniger auf die Worte als auf die Absicht gesehen, daher ist der Beweis derselben zuzulassen. „Facit tot um voluntas de-

functi; quid senserit spectandum est.“ L. 35 §. 3 D. de bered, inst. (XXVIII, 5); L. 16 C. de fideicomm. (VI, 42). Diese Regel ist jedoch nicht so zu verstehen, daß gegen eine in sich deutliche und bestimmte Willenserklärung die Behauptung gehört werden müßte, der Testator habe zu andern Zeiten oder bei andern Gelegenheiten etwas Anderes anordnen zu wollen erklärt; denn wenn das auch erwcisuch wäre, so würde solche Erklärung doch ungültig und überdieß würde es völlig ungewiß sein: ob er den darin ausgesprochenen Willen nicht wieder geändert' hätte und daß es somit wirklich sein letzter Wille gewesen sei. Der Fall muß so sein, daß er mit den gebrauchten laber falschen, unbestimmten oder mehrdeutigen) Ausdrücken und Bezeichnungen das gemeint habe, waS als seine

129

Von Testamenten und Codicillen.

$. 519. Ueberhaupt sind letztwillige Verordnungen im zweifelhasten Falle so zu deuten, wie sie nach den Vorschriften der Gesetze am besten bestehen können. 8- 520. Auch muß im zweifelhaften Falle die Auslegung zum Vortheile des eingesetzten Erben gemacht werben26).27 28 8- 521. So weit aber die gesetzliche Erbfolge durch die letztwillige Verordnung nicht aufgehoben worden2?), wird, nach den Regeln der erstem, die in letzterer fehlende Bestimmung ergänzt. 8. 522 Hat der Testator, ohne weitere Bestimmung, seinen26)

wahre Absicht behauptet wird. „Wenn in den Worten keine Mehrdeutigkeit (ambiguitas) liegt, darf die Frage nach der Absicht nicht zugelaffen werden", sagt Paulus L. 25 §. 1 D. de leg. III. Vgl. L. 69 pr. D. eodem. Wie das zu verstehen, zeigen die Anwendungen der Regel. Jemand hatte verordnet: „Ich will, daß dem Publius alle junge Männer (Sclaven), welche ich habe, gegeben werden sollen." Es wird entschieden: der Richter habe Beweis zu erheben: welche Sclaven der Testator mit diesen Worten habe bezeichnen wollen; denn — sagt der Jurist — in Testamentssachen muß man nicht allemal sich schlechterdings an die Begriffsbestimmung halten, da die Testatoren sich häufig mißbräuchlich ausdrückeu, und sich nicht immer der eigenthümlichen Namen und Wörter bedienen. Der Jurist selbst hält denjenigen für einen jungen Mann, der in dem Alter zwischen den zurückgelegten Iüngliugsjahren nnd dem Anfang des Greisenalters ist. L. 69 §. 1 1. c. Ein anderes Beispiel hat die L. 16 C de fideicomm. (VI, 42). Vor Allem ist die eigene spatere, wenngleich formlose Erklärung deS Testators ein zulässiges Beweismittel über den mit dem gebrauchten zweifelhaften Ausdrncke verbundenen Sinn. Z. B. wenn er bei der Person, welcher er ein Vermächtniß gemacht, im Namen geirrt, oder wenn er mehrere Freunde desselben Namens hat, unter welchem er einer Person ein Legat verschrieben, oder wenn er eine bestimmte Sache vermacht hat, deren er mehrere besitzt, so ist eine von ihm herrührende Schrift, worin er mit Bezug darauf die näheren Bestimmnngen und Unterscheidungszeichen dessen, was er im Sinne gehabt hat, andcutet, ein unverwerf­ licher Beweis darüber. Denn, sagt der Jurist", er giebt hierdurch nichts, sondern bestimmt bloß näher, was er gegeben haben will; und hätte er dies unterlassen, so hätte man über das Hinterlassene durch andere Beweise und Schlüffe in'S Reine kommen müssen. L. 21 §. 1 D. qui testam. facere (XXVIII, 1). DaS Alles sind sür uns noch heute Rechtswahrheiten.

26) Dies ist die Regel der L. 17 D. de reg. jur., denn der Erbe ist Debitor. Dazn kommt man aber erst zuletzt, wenn kein anderer Entscheidungsgrund durch die Beschaffenheit des besondern Falles geboten wird.

27) D. h. wenn der Testator nicht über die ganze Erbschaft verfügt, den Testamentserben nicht auf das Ganze berufen hat. Ist das geschehen, so kommen die Vorschriften zur Anwendung, welche bei der Einsetzung mehrerer Erben über ihre nicht näher bestimmten Theilnahmerechte gegeben sind, ohne Rücksicht auf daS Verhältniß, in welchem dieselben ab intestato konkurriren würden. Die Vor­ schrift dieses §. 521 darf also nicht so verstanden werden, daß wenn Verwandte zu Erben berufen sind ohne Bestimmung von Antheilen, alsdann die Bestimmungen von der Jntestaterbfolge als ergänzende Vorschriften angewendet werden müßten. S. o. die Anm. 23 zu §. 261 d. T. 28) Nur auf die eigenen Verwandten des Testators bezieht sich diese Interpretalionsrcgcl; sind die Verwandten eines Andern, ohne nähere Bestimmung, Koch, Allgemeine- Landrecht.

H.

9

regel«.

130

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

Verwandten etwas zugedacht, so fällt dasselbe denjenigen, welche zur Zeit seines Ablebens zu seiner gesetzlichen Erbfolge die näch­

sten oder gleich nahe sind,

ohne Unterschied deS Standes oder

Geschlechts, anheim. 8. 523. Hat er zum Besten oder Flor seiner Familie etwas auSgesetzt:

so ist, bei Adeligen, zu vermuthen, daß die Zuwen­

dung nur seiner männlichen Nachkommenschaft zu gute kommen solle. §. 524.

War aber der Testator nicht von Adel: so kommt

der Vortheil auch seiner Nachkommenschaft von

der weiblichen

Seite zu statten29). 8- 525 Daß und wie in beständigen Familien-Fideicommissen

die Successtonsoronung gesetzmäßig bestimmt werden müsse, ist ge­ hörigen Orts vorgeschrieben. (Th. II, Tit. 4, Abschn. 4.)

8. 526. Unter dem AuSdrucke: Kinder, werden, wenn der­ selbe in einer letztwilligen Verordnung gebraucht worden, in der Regel auch die an deren Stelle tretenden fernern Descendenten,

in so fern denselben nach den Gesetzen ein Pflichttheil auS dem Vermögen ihrer unmittelbaren Aeltern zukommen würde, mit be^

griffen so);

eS mag nun von deS Erblassers eigenen,

oder von

den Kindern des Erben oder Legatar!! die Rede sein. (Tit. 11, 8. 1145, 1146, 1147.) 8r 527.

Hat der Erblasser den Kindern eines Andern, ohne

weitere Bestimmung,

etwaS vermacht,

so

gebührt dasselbe den­

jenigen, welche zur Zeit deS ErbanfallS geboren, oder im Mutter­

leibe vorhanden31) waren.

berufen, so kommt eS auf die Erforschung der wahren Absicht des Testators auS andern Umstanden, in Gemäßheit des leitenden Grundsatzes (Anm. 25) an. An­ gewendet in dem Erk. des Ob.-Tr. v. 21. Marr 1842. (Jur. Wochenschr. 1845, S. 639 ff.) Bergt. §. 540 d. T.

29) Ist auch nur Willensauslegung, für den Fall, daß eine andere Absicht unerweislich ist. 30) Vergl. L. 5, 6 D. de testam. tut. (XXVI, 2). — Nicht mitbegriffen unter dem Ausdruck „meine Kinder" sind Adoptivkinder, wenn der Testator eigene eheliche Kinder hat. Auch — unter dieser Voraussetzung — nicht uneheliche Kinder, sollten sie auch in seiner Familie sich befinden. Hat aber der Testator keine ehelichen Abkömmlinge, so wird feine Redeweise anders zu verstehen sein, je nach Bewandtniß der Umstände; denn es kommt ja darauf an, was Er darunter versteht. Es können möglicherweise selbst Pflegekinder von ihm gemeint sein, und sind sicher gemeint, wenn er keine anderen hat. Kinder, von welchen er glaubte, sie eristirten nicht mehr, können unter dem Ausdrucke nicht verstanden werden, wenn er sich auf andere Personen beziehen läßt. Vergl. L. 16 § 3, 4 D. de

testam. tut. (XXVI, 2), L. 25 pr. D. de lib. et postum. (XXVIII, 2). 31) Diese müßten, nach der vermuthlichen Absicht des Testators, so wenig

131

Von Testamenten und GobidOen.

8- 528. Auch in diesem Falle treten die weitern Abkömm­ linge solcher Kinder, ßie vor dem Erblasser verstorben sind, in

Beziehung auf daS Vermächtniß, Aeltern,

so weit an die

Stelle ihrer

als sie dazu, bei dem Nachlasse ihrer eigenen Großältern,

oder weiteren Ascendenten, berechtigt sein würden. 8 529.

Doch gilt auch dieses nur von solchen weitern Ab­

kömmlingen, welche bei dem Tode deS Testators schon geboren, oder im Mutterleibe vorhanden sind.

8- 530.

Hat der Erblasser den Kindern eines Dritten")

einen gewissen Genuß bestimmt, welcher ganz oder zum Theil erst in künftigen Zeiten fällig wird, so nehmen auch die nachgeborenen

Kinder daran Theil.

8 531.

Erhellet aus der Disposition, oder kann sonst hin­

länglich erwiesen werden"), daß eS der Wille deS Testators ge­ wesen sei, durch ein Legat zugleich die Kinder deS Legatarii zu

bedenken, so treten, wenn auch der LegatariuS vor dem Testator

gestorben ist, die Kinder desselben, so weit sie seine Erben gewor­ den sind, an seine Stelle. 8- 532. Hat der Erblasser etwas für eine gewisse Familie auf künftige Zeiten bestimmt; so ist dergleichen Verordnung der Errichtung eineS Familien-FideicommisseS gleich zu achten.

8. 533.

Wie weil eine solche Verordnung gelten könne, ist

nach den gesetzlichen Vorschriften von Fideicommissen und fidei-

wie die später Empfangenen, mitbegriffen sein, weil der Testator an solche Per­ sonen nicht gedacht haben wird, von welchen er nicht weiß, daß sie vorhanden sind. S. die vor. Anm. a. G. — Die Thatsache deS Vorhandenseins stellt sich nach dem Grundsätze des §. 2 Tit. 2 Th. II fest.

32) Dieser Ausdruck hat keine andere Bedeutung als daS Wort: „Andern" im §. 527. Genau gesprochen sind Kinder eines „Dritten" Kinder, welche weder dem Testator, noch dem eingesetzten Erben, noch einem Legatar angehören, wo­ gegen unter den Kindern eines „Andern" die eines Erben oder Legatars zu ver­ stehen sind, wenn nämlich diese den obligatorischen Verhältnissen angehörige Unterscheidung und Bezeichnung des „Andern" und eines „Dritten" auf einseitige letztwillige Verordnungen angewendet werden soll. Es kommt aber hier auf solche Unterscheidung nicht an, weshalb auf die Verschiedenheit der im §. 527 u. 530 kein Gewicht zu legen ist. 33) Dieser Grundsatz gilt nicht ausschließlich bei Legaten, sondern allgemein. S. o. §. 518 u. die Anm. 24 u. 25 dazu. Der §. 531 machr nur eine Anwendung davon. Nur ist nicht zu übersehen, daß die letzte Willenserklärung selbst schon die Anordnung, auf deren Beweis es ankommen soll, versteckt enthalten muß, sonst würde der Beweis auf eine andere letztwillige Verordnung hinauslaufen, welche wegen der ihr fehlenden rechtlichen Gewißheit (Form) nicht beachtet werden dürfte. Anm. 25 zu §. 518.

132

Erster Theil.

commi'ffarischen Abschn. 3.) §. 534.

Substitutionen

Zwölfter Titel.



beurtheilen.

Ein ohne weitere Bestimmung

(Th. II, Tit. 4, gegebenes Verbot

deö Verkaufs enthält eine Willenserklärung deS Erblassers, baß die Sache bei der Familie des Erben oder Legatarii bleiben solle34).35 36 37 38

$. 535.

Unter dem Verbote des Verkaufs ist jede andere

Veräußerung und Verpfändung begriffen. §. 536. Sind Jemanden mehrere Personen, die ihn auch ohne Testament beerben würden, ohne weitere Bestimmung sub-

stituirt worden; so ist die Verordnung unter den Substituirten nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu deuten. §. 537. Diese Erbfolge wird, bei obwaltender Verschieden­

heit, nach den Gesetzen desjenigen Gerichtsstandes, welchem ein

jeder, dem substituirt worden, für seine Person unterworfen war, beurtheilt33). 8. 538.

Hat Jemand seinen Kindern, welche zur Zeit deS

errichteten Testaments keine Nachkommenschaft hatten, substituirt;

so ist anzunehmen33), daß die Substitution erloschen sei, wenn das eingesetzte Kind erbfähige3') Nachkommen erhalten und hinter­ lassen hat.

8. 539.

Außer diesem Falle33) muß bei der Frage: wann

34) DaS R. R. sieht in dem Verbote der Veräußerung einer hinterlassenen Sache ein stillschweigendes Fideikommiß, doch nur dann, wenn das Verbot zum Vonheilc einer oder mehrerer bestimmten Personen, z. B. der Kinder, Nach­ kommen, Familie ic. gegeben worden war; ein Verbot, ohne eine dergleichen Berücksichtigung einer gewissen Person, war ungültig, weil eben ein Berechtigter fehlte. L. 114 §. 14 D. de leg. I; L. 38 §. 3, 7 D. de leg. III. Die Ver­ fasser des L. N. haben es in der Vorschrift dieses §. übernommen, eine solche mangelhafte Verordnung zu ergänzen. Dergleichen Anordnung gilt also als ein stillschweigendes Fideikommiß zum Vortheil der Kinder oder sonstigen Inteftaterben des Erben oder Legatars. Für den Fideikommissarius ist darin eine Auf­ lage zur weitern Herausgabe an seine Jntestaterben nicht enthalten. Soll sich das Veräußerungsverbot allerdings weiter erstrecken, so ist ein solches stillschweigen­ des Fideikommiß doch der Beschränkung des §. 55 d. T. unterworfen. 35) Anerkennung und Anwendung des Grundsatzes, daß die Jntestaterbfolge sich nach den Gesetzen des letzten Wohnsitzes des Erblassers richtet. S. o. die Anm. 30 zu §. 23 der Einl. 36) Wenn nämlich nicht eine entgegenstehende Absicht des Testators erhellet; denn eine zwingende Vorschrift ist dies nicht, da der Testator den künftigen Kin­ dern seines Kindes keinen Psiichttheil schuldig ist.

37) Dieser Fall ist auch vorhanden, wenn der Institut sein uneheliches Kind legitimirt oder adoptirt. 38) Dies ist nicht so zu deuten, als wenn in diesem Falle der letzte Wille nicht befolgt werden müßte. Im Gegentheil, der §. 538 macht nur eine An-

Von Testamenten und Codicillm.

133

eine fideicommiffärische Substitution eintrete oder erlösche, der Inhalt der letztwilligen Verordnung, so weit die Gesetze nicht entgegen fte&en3 9), genau befolgt werden. 8- 540. Ist es zweifelhaft, wen der Testator durch eine nicht genau bestimmte Ernennung zum Erben oder Legatario be­ rufen habe, so hat unter mehreren derjenige den Vorzug, welcher mit dem Erblasser in näherer Verbindung und Bekanntschaft ge­ standen hat^o). §. 541. Familienverbindungen gehen iif einem solchen Falle bloßen Amts- oder freundschaftlichen Verhältnissen vor. 8. 542. Ist das Verhältniß vollkommen gleich, so muß die Erbschaft oder das Vermächtniß unter diejenigen, auf welche die Beziehung gedeutet werden kann, gleich getheilt werden^). 8. 543. Ist eine untheilbare Sache vermacht, so entsteht in dem 8- 542 bemerkten Falle unter den Personen, welche mit gleichem Rechte darauf Anspruch machen können, ein gemeinschaft­ liches Eigemhum"). (Sit. 17, Abschn. 1.) 8 544. Ist einer von mehreren Erben oder Legatarien, ohne nähere Bestimmung, mit einem weitern Vermächtnisse, oder einer Abgabe belastet: so muß dergleichen weiteres Vermächtniß, im zweifelhaften Falle, von demjenigen geleistet werden, welcher die Gattung von Sachen, zu der das vermachte Stück gehört, überkommen hat. 8- 545. Kann hiernach die Sache nicht entschieden werden: so trifft die Verbindlichkeit zur Entrichtung eines solchen weitern

Wendung von der letztwilligen Verordnung in emem zweifelhaften Falle, nach der vermuthlichen Absicht des Testators. Ist diese Absicht ausdrücklich auch für den vorgesehenen Fall des 8- 538 ausgesprochen, so darf davon nicht abgegangen werden. S. die Anm. 36 zu §. 538.

39) S. o. §. 55 d. T.

Vergl. auch die Anm. 34 zu 8- 534 a. E.

40) Aus diesen Umstanden wird auf die wahrscheinliche Absicht des Testators z. B. auch in dem Falle geschloffen, wenn er ohne nähere Bestimmung die Erben einer andern Person berufen hat. Auf diesen Fall ist der §. 522 nicht anwend­ bar. S. o. die Anm. zu §. 522. Läßt sich nicht feftstellen, wer gemeint ist, so gilt die Einsetzung nicht. L. 62 §. 1 D. de bered, inst.; L. 3 §.7 D. de adimend. 41) In dem vorausgesetzten Falle werden Alle für berufen angesehen, woraus sich das Verhältniß derselben als Miterben oder Mitgenossen (Eollegatarien) von selbst crgiebt. Per folg. §. 543 enthält eine sich von selbst verstehende Vorschrift.

42) S. die vor. Anm. Die Gemeinschaft darf nicht als eine Eigenthüm­ lichkeit dieses Falles angesehen werden.

Erster Theil.

134

Zwölfter Titel.

Vermächtnisses, unter denen, auf welche der Wille deS Erblassers

gedeutet werden kann, denjenigen, der vor den übrigen am meisten begünstigt ifi43). S. 546. Ist die Person deS Legatar»44)45bloß 46

durch sein

Verhältniß gegen den Erblasser bezeichnet; so kann nur der, welcher zur Zeit deS TodeS in einem solchen Verhältnisse mit dem Erblasser gestanden hat, daS Legat von dem Erben fordern; §. 547.

ES wäre denn, daß aus dem Inhalte der Ver­

ordnung, oder sonst auS den Umständen erhellet«, daß der Testator nicht bloß auf dies Verhältniß, sondern zugleich auf persönliche

Zuneigung, bei Aussetzung deS Legats, Rücksicht genommen habe.

§. 548.

WaS an Officianten, Gesinde oder Hausgenossen

des Testators, ohne weitern Beisatz, vermacht worden, gebührt also der Regel nach denjenigen, welche sich bei dem Ableben deS Erblassers in seinem Hause oder Dienste befunden haben43).

8. 549.

Ist jedoch zur Zeit deS TodeS Niemand, welcher

in dem angegebenen Verhältnisse mit dem Erblasser steht, vor­ handen; so kann der, welcher zur Zeit des errichteten Testaments

darin gestanden hat, auf das Vermächtniß Anspruch machen. §. 550. Wenn eine verheirathete oder verlobte Person ihrem

Ehegatten oder Verlobten44), ohne weitern Beisatz, etwas ver-

43) Wenn Alle gleich bedacht sind und man keinen weitern Halt hat, als z. B. die Verordnung: ..Einer der Legatarien soll dem A. zehn Thaler geben"; so muß daS LooS entscheiden. 44) Daß diese Art von Feststellung der Person des Honorirtcn auch bei der ErbeSeinsetzung zulässig sei, muß verneint werden. Hier ist nicht absichtslos bloß vom Legatariüs Rede, wahrend doch in dem Falle des §. 540 auch des Erben gedacht wird. Der Erbe muß aus dem Testamente selbst mit Gewißheit zu er­ kennen sein. Nur im Falle die Bezeichnung der Person auf Mehrere paßt, wird ein Schluß au« den Umständen auf die dem Erblasser im Sinn gewesene Person zugelaffen. §. 540. Dieser Satz ist auS der L. 62 §. I D. de bered, instit. (XXVIII, 5i ausgenommen. Vergl. o. §. 47 d. T. — Mit dem Falle der Ungewißheit, auf welchen sich der §. 546 betreffs der Lcgatarien bezicht, ist nicht der Fall zu verwechseln, wenn der Testator seinen Erben nicht mit Namen, aber durch ein unzweifelhaftes Kennzeichen andeutet, z. B. „mein Bruder soll mein Erbe sein", oder: der jetzige Bürgermeister der Stadt. Vergl. L. 9 §§. 8, 9; L. 58 D. eodem, 45) Diese Regel wird auch auf Vermächtnisse an „meinen Arzt", „an meinen Beichtvater" anzuwenden sein.

46) Da es hier nur auf die Ermittelung der Absicht des Testators ankommt, so wird kein Gewicht darauf zu legen sein, daß kein förmliches Ehegelöbniß stattgesunden hat.

Von Testamenten und Codicillen.

135

macht"); so hat derjenige, welcher erst nach errichtetem Testa­ mente in eine solche Verbindung mit dem Erblasser getreten ist,

auf daS Vermächtniß keinen Anspruch. $. 55l. Wenn eine noch unverheirathete oder unverlobte Person ihrem Ehegatten oder Verlobten etwas vermacht hat; so

ist darunter diejenige Person zu verstehen, welche mit dem Testator zur Zeit seines Ablebens solchergestalt verbunden ist.

§. 552. Eben dieselben AuSlegungs-Regeln (S§. 550, 551) finden statt, wenn dem Ehegatten oder Verlobten eineö Dritten, ohne weitere Bestimmung, etwas vermacht worden.

§. 553.

ES ist also auch in diesem Falle darauf zu sehen:

ob der Dritte zur Zeit deS errichteten Testaments im ehelichen oder verlobten Stande sich befunden habe. §. 554.

Wenn es streitig ist, waS unter der von dem Erb­

lasser bestimmten Qualität oder Quantität einer Sache gemeint sei;

so muß daS Gutachten der Sachverständigen den Ausschlag geben. §. 555.

Kann aber erwiesen werten47 48)49 , 50 daß der Erblasser

mit der im Testamente gebrauchten Benennung eine gewisse Art

von Sachen-» bezeichnen gewohnt4**) gewesen: so geht diese Aus­ legung dem Urtheile der Sachverständigen vor. 8. 556.

UebrigenS finden die bei Willenserklärungen ge­

gebenen Auslegungsregeln

auch

bei

letztwilligen Dispositionen,

theils überhaupt, theils als Richtschnur für die Sachverständigen, in dem Falle des §. .554 Anwendung.

§. 557.

(Tit. 4, §. 65 sqq.)

Hat der Erblasser Jemanden44) die Vollziehung ix. Don

seines letzten Willens aufgetragen4"); so ist derselbe alö ein Be- erekutoren.

47) Oder unter dieser Bezeichnung ihren Erben ernennt. st. E. zu §. 546.

S. die Anm. 44

48) Dieser Beweis kann durch alle nach der Pr.-O. zulässige Mittel ge­ führt werden; denn der Sprachgebrauch, der hier entscheidet, ist eine gewöhnliche Thatsache.

48 a) Beispiele s. m. oben in der Anm. 25 zu §. 518, S. 129. 49) Dieser kann keine Frauensperson sein , weil ein Bevollmächtigter die zur Schließung gültiger Verträge erforderlichen Eigenschaften haben muß, sonst sich ein Dritter, zufolge §. 32, Tit. 13 mir ihm einzulassen uicht schuldig ist, sagt ein R. vom 19. Mai 1804 ad 4. (Ra b e Bd. VIII, S. 60). Der Ausschließungsgrund paßt nicht auf selbstständige chelose Frauenspersonen, und ich halte die Ernennung eines solchen zum Tcstameuts-Vollstrecker keinesweges für ungültig. So gut eine Frau Bevollmächtigte sein kann, ist sic auch fähiger Testa­ mentsvollzieher. Ein Vcrbotsgesetz ist nicht vorhanden. 50) Da ohne besondern Grund Niemand verpflichtet ist, einen Auftrag anzunchmen, so können auch die Gerichte die ihnen in allgemeinen Ausdrücken auf­ getragene Vollziehung letztwilligcr Verordnungen ablehnen, in soweit eine solche

136

Erster Theil.

Zwölfter Titel-

vollmächtigter deS Erblassers, und die letztwillige Verordnung selbst als seineVollmacht und Instruktion5') anzuschen (Tit. 13, Abschn. 1.)

Verordnung nicht etwa Stiftungen ad pios usus oder andere gemeinnützige Zwecke enthält. R. v. 19. April 1806 (Rabe Bd. VIII, S. 512). Die Form dieses Auftrags erfordert keine besonderen Feierlichkeiten; es genügt Gewißheit des Willens, daher die Ernennung eines Testaments - ErekutorS auch in einem an sich gültigen Codicill oder in einer Erklärung unter Lebendigen in glaubhafter Form geschehen kann. R. vom 19. Mai 1804 ad 3. (Rabe, Bd. VIII, S. 60.)

51) Ueber den Umfang der Befugnisse des Testaments - ErekutorS ist Unge­ wißheit. Im Allgemeinen gilt die Regel, daß zu allen Rechtsgeschäften, wozu die Gesetze eine Specialvollmacht erfordern, das Testament den Vollstrecker aus­ drücklich ermächtigen muß. Vor Allem kommt cs daher auf den Inhalt und die Fassung des Testaments in dieser Hinsicht an. Enthält das Testament nichts weiter als den allgemeinen Auftrag zur Vollstreckung des letzten Willens, so ist ihm damit die Bcfugniß zur Verwaltung sowie zur Ausmittelung und Konstituirung des Nachlasses gegeben. Anh. z. A. L. R (II, 18 §.421) $. 157, entnommen aus dem R. v. 25. Januar 1796. (Rabe Bd. III, S. 248.) Vetgl. auch das R. des I. M. v. 13. Mai 1842 ($. M. Bl. S. 138). a) Zur Verwaltung gehört nothwendig die Gewahrsam des Gegenstandes. Deshalb muß der Testamentsvollstrecker in die Erbschaft immittirt, und er kann weder von einem majorennen Erben, noch von der Vormundschaft eines mino­ rennen, zur Deposition von Geldern, Aktiv-Instrumenten und Pretiosen angehalten werden, wenn ihm nicht ein Betragen nachzuweisen ist, wegen dessen ein testamentarischer Vormund removirt werden könnte. Vergl. R. v. 25. Januar 1796 a. E. Die Ermächtigung zur einseitigen, von dem Prinzipal nicht ge­ nehmigten, Veräußerungen ist in der Verwaltung nicht enthalten. b) Was unter Ausmittelung und Konstituirung deS Nachlasses zu verstehen sei; sagt das A. L. R. nicht. Die Pr.-O. erwähnt dieser Geschäfte bei Erbsondcrungen und Auseinandersetzungen (Tit. 46, §§. 12, 24), bei Konkursen (Tit. 50, §§. 73, 194 , 211, 226) und bei erbschaftllichen Liquidationsprozessen (Tit. 51, §. 74 und Anh. dazu §. 382). Danach gehört dazu vorerst die In­ ventur, weshalb es keiner gerichtlichen Inventur bedarf, wenn auch Minderjährige konkurrircn. Anh. z. A. L. R. §. 157. Auch die Versilberung der Masse wird dahin gerechnet, aber nur mittels öffentlicher Versteigerung. Pr. O. Tit. 50, §. 73, Nr. 6, §§. 226, 227. Nicht weniger wird die Einziehung der ausstehenden Kapitalien als ein Theil der Konstituirung der Masse aufgezählt ;§. 233 a. a. O ), doch unter Zuziehung der eigentlich Berechtigten, d. h. in Konkursen unter Zu­ ziehung der Gläubiger (§. 236 das.), in Erbschaftssachen also unter Zustimmung der Erben. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Testaments-Erekutor ergicbt für ihn die Ermächtigung zur Verauktionirung des Mobiliar-Nachlasses, in sofern nicht die Erben anders wollen; zur Einforderung und Einklagung der ausstehenden Kapitalien, aber nur mit Zustimmung der Erben. Diese Zustimmung der Erben bezieht sich jedoch nur aus sein Verhältniß zwischen ihm und den Erben; zur Legitimation ad processum genügt das Testament als Vollmacht, so lange nicht die Erben dazwischen treten und ihm ein Dcsaveu geben. Die Empfangnahme der Zahlung ist durch das allgemeine General-Mandat zur Ver­ waltung nicht aufgetragen, vielmehr ist dazu ein ausdrücklicher Auftrag (SpecialVollmacht) erforderlich. Vergl. Pr. O. Tit. 50, §. 86. Hiermit stimmen folgende Pr. des Ob.-Tr. überein: a) Pr. 600, vom 4. Januar 1839. Der Testaments-Erekutor ist Quittungsund Löschungs-Konsens über gekündigte Hypotheken-Kapitalien nicht anders auszufteltcn befugt, als wenn das Testament ihn hiezu ausdrücklich autorisirt hat (88. 10, 3, 5, 7, Tit. 13), und cS ist die bloße Anweisung des TestatorS: „sich in den Besitz des Nachlasses zu setzen und ihn verordnetermaßen zu ver-

Von Testamenten und Codicillen.

§. 558.

137

Ist mit dieser Vollziehung zugleich die Verwaltung

deS Nachlasses ganz oder zum Theil verbunden; so ist der Voll­ zieher in soweit, als ein Verwalter fremder Güter zu betrachten 52 * *).* * * * * * * * * * * * * * * * * * (Tit. 14, Abschn. 2.) $. 559.

Er ist also zwar schuldig, bei dieser Verwaltung

auf daS Interesse und die Verfügungen deS Erben Rücksicht zu

nehmen; § 560.

So wenig aber, als der Erbe selbst etwas gegen

den Willen deS Erblassers verfügen sann53), so wenig ist der

Vollzieher befugt, in solche Verfügungen deS Erben zu willigen.

Weilen", einer Special-Vollmacht zur Ertheilnng einer Quittung und eines Löschungs-Konsenses nicht gleich zu achten. ß) Pr. 11)44, v. 1. November Ib45. Zu Zessionen von Nachlaßforderungen bedarf der Testaments - Erekutor einer besonderen ausdrücklichen Ermächtigung. (Eutsch. Bd. XII, S. 223.) Was die Legitimation zur Prozeßführung betrifft, so kommt es auf die Sache an. Wird über Activ- oder Passtv-Fordernngen gestritten, so ist der Testaments-Erekutor legitimirr; denn die Feststellung und Liquidemachung der Außen­ stände gehört ganz eigentlich zur Ausmittelung und Konstituirung des Nachlasses. Dagegen kann der Erekutor die Erben nicht in solchen Fällen vertreten, wo der' Rechtsstreit Gegenstände und Rechte betrifft, welche außerhalb der bloßen Ver­ waltung liegen, z. B. Vindikation von Grundeigenthum und andere dingliche Klagen. Noch viel weniger kann mit dem Testamentserekntor über die Gültigkeit des Testaments gestritten werden, gleich wenig, wie mit einem Bevollmächtigten über die von einem Dritten bestrittene Gültigkeit der Vollmacht prozesstrt werden mag: dazu würde eine besondere Vollmacht gehören, wenn nicht ein eigenes per­ sönliches Interesse des Bevollmächtigten in Frage wäre. DaS Gesagte bezieht sich Alles auf die Seite des Rechtsverhältnisses, welche Dritten zugewendet ist (den Legitimationspunkt). Ueber die andere, nämlich die Beziehung zum Erben s. die folg. Anm. 52) Die Vorschrift spricht nur von der Verwaltung als Thatsache, d. h. von dem Falle, wenn eine Verwaltung thatsächlich vorkommt. Daß mit der Testamentsvollziehung die Verwaltung, wenn etwas zu verwalten ist, rechtlich verbunden, sagt der §. 157 des Anh. z. A. L. R. ausdrücklich. S. die vor. Anm. Der Testamentsvollzieher hat als Bevollmächtigter und Verwalter gegen den Erben als Prinzipal, sich nach dessen Vorschriften zu achten, insoweit daS Testament keine Instruktion enthalt (§.559), und Rechenschaft von seiner Ge­ schäftsführung zu geben. §. 562. Dazu gehört u. A. auch, daß er gleich am Anfänge seiner Verwaltung ein Inventarium errichte, dem Erben vorlege und auf Verlangen manifestire. §. 133, Tit. 14 und Pr. O. Tit. 22, §. 29. Diesen Grundsätzen entsvricht daS Pr. des Ob.-Tr. v. 10. September 1846: „Ein Testaments - Erekutor, dem der Testator unter dem ausdrücklichen Verbote jeder gerichtlichen Einmischung die unbeschränkte Verwaltung seines Nachlasses bis zur Großjährigkeit des eingesetzten Erben übertragen hat, ist — wenn auch der er­ nannte Erbe zu dem Testator nicht in dem Verhältnisse eines Pstichttheilsberechtigten steht — dennoch verbunden, dem Vormunde ein, nöthigenfatts eidlich zu manifestirendes Inventarium vorzulegen, oder, nach eigener Wahl, der Vor­ mundschaftsbehörde einzureichen." (Eiitsch. Bd. XIII, S. 376.) 53) Deswegen hat der Erbe, obgleich er Geschäftsherr ist und Rechenschaft fordern kann (s. die vor. Anm.), nicht die Macht, den Testaments-Erekutor, vor

138

Erster Theil. 8- 561.

Zwölfter Titel.

Wenn über den Sinn einer Verordnung deS Erb­

lassers zwischen dem Testamentsvollzieher und dem Erben gestritten

wird; so gebührt, im zweifelhaften Falle, der Meinung deS Erstern

der Vorzug.

8- 562

Sv

weit der Vollzieher

Güter angesehen wird,

ist er auch

als Verwalter fremder

zur Rechnungslegung ver­

pflichtet s*). -Momente

$• 563.

So weit jede Willenserklärung durch Handlungen verliert auch ein

«“tot«" vernichtet, oder durch Zufälle vereitelt wird; rufen werden. tkm Widerrufe

Testament oder Codicill seine rechtliche SBirfung5 s).

8- 564.

Jede einseitige

letztwillige Verordnung kann von

dem Testator, bis zu seinem Ableben, nach Gefallen"), ganz oder

zum Theil widerrufen und abgeändert werden. durch Zu­ rücknahme,

565.

Wenn der Testator

ein gerichtlich

niedergelegtes

Testament oder Codicill zurncknimmt, so verliert dasselbe seine Gültigkeit.

Anh. §. 42. Verlangt der Verschwender die Zurückgabe seines vor der Prodigalitätserklärung nicdergelegten Testaments: so ist diesem Gesuche zu willfahren"). 566.

ES macht dabei keinen Unterschied, wenn gleich der

zurückgenommene Aufsatz noch unentsiegelt, oder sonst unverändert,

in dem Nachlasse vorgefunden wirb58 56).57

Vollziehung deS ihm gemachten Auftrages, willkürlich zu entlassen. Anm. 51, lit. a.

Vergl. die

54) S. die Anm. 52 zu §. 558.

55) Die Satzung ist müßig.

Eine eigenthümliche Aufhebungsart letztwilliger Verordnungen durch bloße Handlung ist das Zerreißen, Verbrennen, Durch­ streichen und dergl. in bewußter Absicht (L. 1, 2 D. de bis quae in test. XXVIII, 4; L. 11 §. 2 D. de bon. poss. sec. tab. XXXVII , 11), bei uns nur anwendbar auf außergerichtliche Verorduungeu. Vergl. §. 596.

56) Diese Willkür wird durch kein Versprechen an den Berufenen (L. 52 §. 9 D. pro socio XVII, 2; L. 61 D. de verb. obl. XLV, 1), und durch keinen Verzicht in dem Testamente selbst — clausula derogatoria (L. 22 pr. D. de leg. III) genommen: der letzte Wille ist unbedingt abänderlich bis zum Tode (L. 32 §. 3 D. de don. inter vir. XXIV, 1; L. 6 C. qui testam. fac. VI, 22); sonst ist das s. g. Testament kein letzter Wille. 57) Aus dem R. v. 2. September 1793.

(Rabe Bd. II, S. 474.)

58) Ein früher gerichtlich deponirtes, aber zurückgenommcnes, jedoch anfbewahrtes Testament hat in Beziehung auf-die darin enthaltenen, den zwanzigsten Theil des Nachlasses nicht übersteigenden Legate, nicht die Wirkung einer im Nachlasse vorgefundenen Privat-Disposition des Erblassers. — Auch durch die in einem spateren Testamente deö Erblassers, lediglich mittelst einer allgemeinen

Von Testamenten und Codicillen.

§. 567.

139

Soll ein zurückgenommenes Testament oder Codicill

anderweitig gerichtlich übergeben werden; so ist dabei alles das zu beobachten, waS bei der Uebergabe eines Testaments oder CodicillS überhaupt vorgeschrieben roorben5 9).

$. 568.

Wenn ein und eben dasselbe Testament bei mehreren

Gerichten niedergelegt worden;

und bei einem derselben, ohne

Zurücknahme, bis zum Absterben des Testators ausbewahrt ge­ blieben ist: so bleibt dasselbe bei Kräften; wenngleich die bei den übrigen Gerichten niedergelegten Eremplare zurückgenommen wären.

569.

Durch die bloße Zurückforderung

wird die nicht

wirklich zurückgenommene Disposition noch nicht entkräftet. §. 570.

Hat der Testator bei der Zurückforderung seinen

Willen, die Disposition aufzuheben oder abzuändern, ausdrück­ lich

erklärt; so ist die Gültigkeit und Wirkung einer solche»

Erklärung nach den wegen dcS ausdrücklichen Widerrufs geschriebenen Regeln zu beurtheilen.

8 571.

vor­

(§. 587 sqq)

Ein gerichtlich niedergelegtes Testament oder Co­

dicill soll nur dem Testator selbst, oder einem von ihm dazu ge­

richtlich*') bestellten Bevollmächtigten zurückgegeben werden*'^).

Bezugnahme auf das zurückgenommene, im Nachlasse aufbewahrte Testament, er­ folgte Anordnung von Legaten können die in dem zurückgcnommenen Testamente ausgesetzten Vermächtnisse rechtliche Wirksamkeit nickt erlangen. Pr. des Ob.-Tr. v. 28. December 1849. (Entsch. Bd. XIX, S. 171.) Vergl. u. die Anm. 62.

59) Hierunter sind diejenigen Förmlichkeiten zu verstehen, welche bei der ersten und ursprünglichen Errichtung eines letzten Willens, die durch Uebergabe eines schriftlichen Aufsatzes erfolgt, zu beobachte« sind. Es kann daher das wieder­ übergebene Testament nur als ein solcher schriftlicher „Aufsatz" nach §§. 101 ff. behandelt werden, selbst wenn eS noch äußerlich in unverändertem Zustande und mit den Gerichtssiegeln verschlossen wäre; und kann also ein deS Schreibens Unkundiger in dieser Weise gar nicht testiren, sondern nach Vorschrift des §. 113 seinen letzten Willen jederzeit nur mündlich zu Protokoll erklären. Pr. des

Ob -Tr. 2172, v. 31. December 1849.

(Entsch. Bd. XIX, S. 178.)

60) Vor gehörig besetztem Gerichte oder in einer privilegirten Form. §. 587 ff. Da die Zurückforderung unter Privatunterschrift in Verbindung mit der dabei ausgesprochenen Aufhebung das Testament nicht ungültig macht, so ist die größte Beschleunigung der Zurückgabe von Seiten der Gerichte nothwendig. Dennoch kommt es vor, daß Testamente, welche nach solchen bestimmten Er­ klärungen nicht mehr den letzten Willen des Testators enthalten, dafür gelten, bloß weil der Testator zufällig vor der Empfangnahme, ja erst unmittelbar vor Vollziehung der Unterschrift des Protokolls, gestorben ist.

61) Diese Vorschrift ist in dem Ges. v. 11. Juli 1845 über die Form einiger Rechtsgeschäfte (G. S. S. 495) ausdrücklich aufrecht erhalten.

62) Auch die Versendung eines Testaments an ein anderes Gericht zur Zurückgabe ist zulässig. Anh. z. A. G. O. §. 429 aus R. v. 1. März 1802.

140 durch^Srri«.

ne m'cnf«lla'

Erster Theil.

§. 572.

Zwölfter Tiiel.

Wird rin neues Testament übergeben, und darin

*m vorigen enthaltene Erbeseinsetzung abgeändert 0^); so ’oev» liert das frühere Testament seine Gültigkeit. 8 573. ES fallen daher auch die in dem frühern Testa­

mente ausgesetzten. Vermächtnisse weg; in sofern dieselben nicht in dem spätern ausdrücklich wiederholt oder bestätigt stnd.

8 574. Hat aber der Testator in dem spätern Testamente deutlich") erklärt, daß auch die ErbeSeinsetzung dcS frühern,bei Kräften bleiben, und also der später eingesetzte Erbe nur zugleich

mit den früher benannten sein Erbe sein solle: so bestehen auch

die Legate auS dem frühern Testamente; in sofern selbige durch daS spätere nicht ausdrücklich aufgehoben sind.

§. 575. zu achten,

Einer solchen ausdrücklichen Aufhebung ist eS gleich

wenn der Testator eben dieselbe bestimmte Sache"),

(Rabe Bd. VII, S. 66.) — Der Akt der Zurückgabe erfordert kein vollständig besetztes Gericht zur Wirksamkeit des Zurückempfanges (§. 565); denn diese dem R. R. unbekannte Aufhebungsart entspricht der physischen Zerstörung, daher ein zurückgenommenes Testament in keiner Hinsicht die allermindefte Kraft hat, wenn es auch ganz unversehrt im Nachlasse vorgefundcn wird. Anm. 58 zu §. 566, und 55 zu §. 563.

63) S. die folg. Anm. 64 zu §. 574. 64) ES kommt also auch hierbei Alles auf die Absicht des Testators an, auf die Thatsache: was er gewollt hat. Deshalb schreibt das Gesetz nicht vor, daß der Testator ausdrücklich, sondern daß er deutlich, nämlich so, daß seine Abficht daraus erkannt werden kann, erklären müsse, daß die frühere Erbeseinsetzuna gültig bleiben solle. Wenn er nun in dem spätern Testamente einen andern Erben schlechthin beruft, so ist dadurch die Erbcscinsetzung in dem frühern Testamente sehr deutlich abgcändert, folglich kommt der §. 572 zur Anwen­ dung. Will dies der Testator nicht, so muß er freilich ausdrücklich sagen, daß er es anders meine. Beruft er aber in dem neuen Testamente eine andere Person nur auf eine Quote, so ist doch gewiß deutlich, daß dieser neue Erbe nicht das Ganze haben soll; man muß sich'daher nach einem Miterben umschen. Welcher Grund könnte dafür sprechen, den in dem frühern Testamente eingesetzten Erben auszuschlitßen und auf den Jntestaterben, gegen den sich der Testator schon er­ klärt hat, zurückzugehen? Keiner. Die in dem vorigen Testamente enthaltene Erbeinsetzung ist nicht ab geändert, sondern der eingesetzte Erbe hat nur einen Miterben erhalten und der Testator hat durch Beschränkung des Letzter» auf eine bestimmte Quote deutlich erklärt, daß Jener durch Diesen nicht verdrängt werden soll. Die Verdrängung würde erst geschehen müssen durch Personen, an welche der Testator gar nicht gedacht hat, außer in sofern, daß er sie nicht zu Erben hat haben mögen. Vcrgl. den §. 575 und die Anm. 65 dazu. Man kann die Berufung auf eine Quote in einem spätern s. g. Testamente auch für ein Legat anschen. Anm. 2 zu §. 1 d. T.

65) Ganz nämlich, nicht zu einem bestimmten Theile. Denn der §.575 handelt von dem Widerrufe eines Legats durch Translation mit Veränderung der Person des Honorirten: der Testator wendet dieselbe Sache einem Andern zu, folglich kann sic der zuerst Bedachte nicht erhalten. Vermacht aber der Testator nicht die Sache ganz, sondern mn zu einem Vcrhältnißthcile dem neuen

Von Testamenten und Codicillen.

141

welche er in dem frühern Testamente einem Legatario vermacht

hat, in dem spätern einem Andern zuwendet.

§. 576.

So weit durch ein späteres Testament das frühere

nach obiger Vorschrift seine Gültigkeit ganz verliert (§. 572), kann

rS den Legatarien auS dem früheren Testamente"") nicht zu statten kommen, wenn gleich in selbigem die sogenannte Codicillarklausel

beigcfügt wäre. §. 577. Hat der Testator in dem spätern Testamente selbst,

oder bei dessen gerichtlicher Uebergabe, ausdrücklich erklärt, daß er die Erbeseinsetzung bloß um deswillen geändert habe, weil der in dem frühern ernannte Erbe gestorben sei; und eS findet sich, daß dabei ein Irrthum zum Grunde gelegen: so ist daS spätere Testa­

ment ungültig").

§. 578.

Ist.in diesem Falle daS frühere Testament in ge­

richtlicher Verwahrung

zurückgeblieben,

so

behält dasselbe seine

völlige Gültigkeit.

§. 579.

Die' in dem spätern Testamente enthaltenen Ver­

ordnungen gelten also nur in so weit, als dadurch Verordnungen

des frühern Testaments, außer' der ErbeSeinsetzung, aufgehoben werden""). §. 580.

Außer

diesem

Falle

(§§. 577, 578) kommt daS

frühere Testament, welches durch ein späteres aufgehoben worden, wenn auch dieses letztere nicht bestehen kann, dennoch nicht wieder

zu Kräften, sondern es findet die gesetzliche Erbfolge statt"").

Honorirte», so entzieht er dieselbe dem erste» Honorirtr» nicht ganz, folglich wird die Person deS Honorirten nicht in Beziehung auf dieselbe Sache ganz »nd gar verändert: Beide sind nun Mitgcnossen (Collegatarc).

66) Aber die frühere» Codicillc werden durch ei» späteres Testament, nach den Grundsätzen des Ä. L. R., nicht ohne ausdrückliche Erklärung anfgchobcn. Pr. des Ob.-Tr. v. 16. Angnst 1798. (Stengel Bd, VI, S. 329; Mathis Bd. VI, S. 204.) Nach R. N. (L. 5 D. de jure cod. XXIX, 7; §. 1 J. de cod. II, 25.) kam eS auf dasselbe heraus: die frühern Codicillc blieben be­ stehen, wenn cs sich zeigte, daß der Testator bei der Errichtung deS später» Testaments von seinem Willen nicht abgewichen war.

67) Vergl. L. 92 D. de bered, instit. (XXVIII, 5) auS welcher diese Vor­ schrift aufgcnommcn ist. Vergl. auch Th. II, Tit. 2, §. 444. 68) In soweit gilt dann das spätere Testament als Codicill oder als Widerruf hi Beziehung auf die Nebeuverordnungen des ältern Testaments.' 69) Die in dem spätern Testamente enthaltenen Vermächtnisse fallen dann dem Jntcstatcrben zur Last. Das R. R. kennt diesen Fall nicht und kann ihn auch bei seiner Tcstamentsform nicht kennen.

142

Erster Theil. §. 581.

Zwölfter Titel.

Wenn aber bei dem spätern Testamente nicht ein­

mal die Erfordernisse eines gültigen Widerrufs anzutreffen sind, so behält daS frühere feine Gültigkeit7").

8. 582. daS frühere

Ist daö spätere Testament zurückgenommen 70*)71 z hingegen in gerichtlicher Verwahrung aufbrhalten

worden; so bleibt letzteres, wenn eS nicht sonst7') auf eine rechtS-

beständige Art widerrufen ist, gültig.

70) Diese Verordnung ist schwierig. Der vorausgesetzte Fall ist dieser: Jemand macht ein neues Testamenr, worin er sagt: „Da der in meinem frühern Testamente eingesetzte Erbe A. verstorben ist, so ernenne ich den B. zu meinem Universalerben." A. Lebt aber noch, waS der Testator nicht weiß (§. 577); denn wüßte er es, so würde das erste Testament aus dem Grunde des §. 572 ungültig sein, indem der Testator einen falschen Beweggrund wissentlich nur als Verwand gebraucht hatte, was ihm frciftand. Bei dieser Errichtung des neuen Testaments nimmt er zugleich das alte zurück: dann ist cs schon aus diesem Grunde vernichtet (§. 580), oder er läßt es in gerichtlicher Verwahrung: dann bleibt es gültig, weil das neue Testament wegen seines Grundirrthums nichtig ist. (§ 578.) Nun kommt der §. 581 und sagt: wenn das spätere Testament nicht einmal die Erfordernisse des Widerrufs hat, so bleibt das frühere gültig. Ist der Fall nun der, daß das frühere zurückgenommen worden ist, so ist die Verordnung gegenstandslos, denn es ist kein früheres Testament vorhanden; ist aber das frühere liegen geblieben, so ist eS ja schon wegen des Irrthums (§. 578) gültig geblieben, folglich kann auf die formelle Beschaffenheit des spätern gar nichts ankommen. Nun bleibt nur eine mögliche Beziehung übrig, auf den Fall nämlich, daß daS frühere Testament liegen geblieben ist und das Neue nicht ein­ mal den Werth eines Widerruft hat. Dann gilt freilich daS rechtlich unwiderrufcne Testament, jedenfalls in Ansehung der Legate (§.279), wenn der Erbe wirklich todt sein sollte; daS versteht sich jedoch von selbst nach andern Vor­ schriften. Dieses Gesetz hat mithin keinen Inhalt, es wäre denn der, daß eS den für sich bestehenden Satz ausdrückt, daß wenn daS spätere Testament un­ gültig sei, das frühere durch dasselbe seine Kraft nicht verloren habe, was sich jedoch auch schon versteht. Vergl. Anh. §. 39. 70a) In diesem Falle ist es physisch zerstört. Ist es aber nur widerrufen, ohne daß dabei erklärt worden ist, daß das frühere wieder hergestellt sein solle; so kann bezweifelt werden, ob dann der Grundsatz des §.582 gleichfalls gilt. Doch muß man dies aus dem in der folg. Anm. angedcuteten Grunde behaupten; denn der Wille des Testators ist kaum anders auszulegen, wenn er das zweite Testament widerruft und das erste unberührt läßt. Vergl. Anh. §. 39.

71) Noch neben der Errichtung des spätern Testaments. Enthielte. daS spätere Testament selbst einen Widerruf, so würde dieser mit der Zurücknahme deS Testaments unwirksam geworden sein. — Die Vorschrift weicht übrigens von dem praktisch gültigen R. R. nicht ab. Zwar blieb ein Testament, welches durch ein späteres umgestoßen worden war, nach Civilrecht rumpirt (§. 2 J. quibus mod. test, intirm II, 17; L 16 D. de injusto XXVIII, 3; L. 36 §.4 D. de testam. mil XXIX, 1); allein wenn der Testator das spätere Testament in der Absicht vernichtet hatte, damit das frühere gelten sollte, so wurde die bonorum possessio secundum tabulas auS demselben ertheilt. L. 11 §. 2 D. de hon. poss. sec. tab. (XXXVII, 11). Der Unterschied zwischen diesem R. R. und der Satzung des §. 582 besteht nur darin, daß nach dem letzter» die Absicht des Testators, daS frühere Testament gelten zu lassen, ohne weiteres angenommen (fingirt) wird.

Von Testamenten und Codicillen.

143

8- 583. Durch spatere Codicille, wodurch bloße Vermächt­ nisse bestimmt worden, werden frühere in der Regel nicht auf­ gehobener). 8. 584. ES müssen also die in beiderlei Codicillen ausgegesetzten Legate entrichtet werden, in so fern nicht die spätere Disposition die frühere ausdrücklich aufhebt, oder sonst von der Art ist, daß die frühere damit unmöglich bestehen kann. (§. 575.) 8 585. Wenn ein Testament und Codieill zugleich über­ geben worden, so wird, wenn nicht auS den beigefügten DatiS ein Anderes erhellet, angenommen^), daß daS Codicill später, als daS Testament errichtet fei. §. 586. Wenn in dem späteren Codicille einer in der frü­ hern Disposition schon bedachten Person ein Legat angewiesen wird, so ist im zweifelhaften Falle, und wenn nicht auS der Fassung der späteren Disposition ein Anderes erhellet, der LegatariuS nur daS spätere Vermächtniß zu fordern befugt. 8. 587. In der Regel kann Jemand nur auf eben die Art, durch aus. wie er testiren kann, auch die einmal errichtete Disposition wider- Widerruf! rufen 74).

72) Weit mehrere Codicille neben einander bestehen können. Deshalb gelten sie auch nach R. R. §. 3 J. de cod. (II, 25.) Nach den Grundsätzen deS A. L. R. versteht eS sich von selbst. 73) Auch dann noch, wenn beide Aufsatze von demselben Tage datirt sind. Die Feststellung der Folge solcher Verordnungen hat nur den Zweck, um die tu dem §. 586 gegebene Vorschrift ohne weitläufige, vielleicht doch mißlingende Beweisaufnahme auf den selten vorkommenden Falt des §. 585 anwenden zu können.

74) Zur Rechtfertigung dieses Satzes sagt Suarez in den Schlußvor­ trägen: Dw Vorschrift deS §. 587, wonach ein Testament nur auf eben die Art, wie es errichtet, auch gültig widerrufen werden kann, stimmt mit der Lehre des R. R. überein. Nur macht Letzteres eine Ausnahme, wenn von Zeit des errichteten Testaments lO Jahre verflossen sind, und läßt alsdann einen Widerruf coram tribus testibus zu. Cf. Hell seid §. 1429. Diese Ausnahme, zu welcher sich gar kein vernünftiger Grund angebcn läßt, und deren Reception in unsern foris streitig ist (Cocceji Lib. XXXIV, tit. 3, qu. 9), hat man hier übergangen. (Jahrb. Bd. XLI, S. 83.) Doch! es läßt sich ein vernünftiger Grund angeben, und ist auch wirklich angegeben, Suarez hatte nur, statt Hellfeld, die Quelle selbst ansehen mögen. Diese ist eine Constitution von Honorius v. I. 418 (L. 6 C. Theod. de testam. et cod.), worin der Kaiser, in Beziehung auf die damalige Hauptform der Mündlichkeit der Testamente, sagt, daß nach Ablauf von IO Jahren vielleicht kein einziger Zeuge mehr vor­ handen sei, folglich es an Mitteln fehle, das Dasein oder doch den Inhalt deS Testaments gehörig feftzustellen. In Betracht dessen, und daß es dem Testator ein Leichtes (bei uns ist es wegen der Umstände und schweren Kosten freilich kein Leichtes) sei, seine alte Anordnung zu erneuern, wenn er bei seinem Willen be-

144

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

8. 588. Doch kann unter eben den Umständen, und mit eben den Erfordernissen, wie Jemand eine privilegirte Disposition errichten kann, auch eine vorher förmlich und gerichtlich errichtete Verordnung widerrufen werden^).

§. 589.

Dagegen kann ein unter gesetzmäßigen Erforder­

nissen einmal errichtetes privilegirteS Testament, unter Umständen,

wo daS Privilegium nicht mehr Anwendung findet, nur mit Be­ obachtung der Erfordernisse eines förmlichen gerichtlichen Testa­

ments widerrufen werden.

8. 590. Die Wirkungen eines unter privilegirten Umstän­ den geschehenen Widerrufs dauern nur so lange, als die Gültig­ keit eines unter gleichen Umständen errichteten Testaments dauern würde7 6).

harre, — verordnete er: ein Testament solle von selbst seine Kraft verlieren, wenn es 10 Jahre alt geworden. Justinian meinte dagegen: es muffe doch wol zunächst der Beurtheilung dcS Testators anheimgegeben bleiben, ob cs nöthig sei, das alte Testament zu erneuern; und er verordnete: der Ablauf von 10 Jahren allein soll das Testament noch nicht entkräften; aber wenn es 10 Jahre alt ge­ worden und der Testator seinen Willen erweislich ausgesprochen habe, daß es nicht mehr gelten solle; so solle dasselbe nunmehr kraftlos sein. Zum Erweise forderte er drei Zeugen oder Niederschreibung der Erklärung in das Gerichts­ protokoll. L. 27 C de testam. (VI, 23.) Das hat einen ganz vernünftigen Zusammenhang. In unser heutiges Recht und auf schriftlich und gerichtlich errichtete kostbare Testamente paßt die Vorschrift freilich, nicht; darauf war sie aber auch nicht berechnet. Nach §. 587 ist es völlig unzweifelhaft, daß ein gerichtlich deponirtes Testament nur. vor einem gehörig besetzten Gerichte, nicht etwa auch notariell, gültig widerrufen werden kann. Pr. deS Ob.-Tr. v. 3. Februar 1844. (Schles. Arch. Bd. V, S. 239.) Es giebt keinen noch so klaren Rechtssatz, der nicht von irgend Jemand einmal bestrttten worden wäre. So ist cs auch dem §. 587 in dem bezeichneten Rechtsfalle ergangen. — Weitere Förmlichkeiten, namentlich Versiegelung, Annahme ad depositum, sind nicht nöthig, um so weniger, als diese nicht einmal bei der Errichtung eines gerichtlichen Testaments

wesentliche Erfordernisse zur Gültigkeit desselben sind. Anh. §. 33 zu §. 139 d. T. — Daß durch einen Erbvertrag das frühere Testament umgeftoßen wird, versteht sich gleichfalls von selbst. S. auch Pr. des Ob.-Tr. v. 1. Fcbr. 1799. (Mathis Bd. III, S. 174.)

75) Dadurch soll die Unbilligkeit abgewendet werden, zu welcher die Consequenz deS 8. 587 leicht fuhren^ kann; sie wird aber dadurch gerade in den am öftesten im menschlichen Leben sich ereignenden Fällen nicht abgewendet. Für die große Zahl von Landreisenden giebt eS keine privilegirte Form. Es ist gewöhnlich, daß man vor dem Antritt einer langen und gefahrvollen Reise sein Testament gerichtlich deponirt. Gesetzt, ein solcher Reisender erkrankt und hat seine Gesinnung in Beriebung auf den eingesetzten Erben geändert; er will es nun bei der Jntestaterbfolge lassen. Wie soll der eS möglich machen, sein Testament nach Vorschrift des L. R. zu widerrufen in einem Lande, wo man dieses L. R. nicht kennt, wo man keine solche Gerichte hat wie hier, und wo auch keine Notare sind? Zeit und Umstände gestatten ihm keine förmliche Testamentshandlung. In solchem Falle muß mithin daS wahre Recht unnöthigen Formen weichen.

76) DaS Testament kommt daher mit Erlöschung des privilegirten Wider­ rufs von selbst wieder zu Kräften. Denn die einmal gültig geschehene Ruption

§. 591.

Don Testamenten und Codicillen.

145

Ist aber das frühere Testament

zurückgenommen

worden: so bleiben die Wirkungen dieser Zurücknahme stehens wenn gleich der ausdrückliche Widerruf, wegen Mangels der ge­

hörigen Erfordernisse, wegen deS Zeitverlaufs, oder sonst, an sich

unkräftig wäre. §. 592. Wenn hingegen der Widerruf an sich mit den ge­ hörigen Erfordernissen versehen ist: so schadet eS der Kraft des­ selben nichts, wenn gleich daS widerrufene Testament selbst nicht

zurückgenommen worden. §. 593. Zum Widerrufe bloßer in einer gerichtlichen Dis- "bd Position errichteter Vermächtnisse ist die vor einem Rotario und "**' zweien Zeugen abgegebene Erklärung des Testators hinreichend.

§. 594.

Ein bloß außergerichtlicher Widerruf deS Testators

kann nur alsdann für hinreichend geachtet werden, wenn derselbe in einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Aufsatze erklärt ist. §. 595.

Ist der den Widerruf enthaltende außergerichtliche

Aufsatz von dem Erblasser bloß unterzeichnet: so kann darauf nur alsdann Rücksicht genommen werden, wenn zugleich der BcwegungSgrund deS Widerrufs angegeben ist, und dieser der Wahr­

heit gemäß befunden wirb’7). §. 596.

Wenn in außergerichtlichen Dispositionen ein Ver-

mächtniß ganz, oder auch nur der Name deS Legatarii, die Sache, u. f. oder daS Quantum, welche vermacht worden, weggestrichen, auS-«ch7n VF­

gelöscht,

oder

sonst

unleserlich79 * *)77gemacht 78 finb79):

so

ist daS oti!nun9tn'

Legat für aufgehoben zu achten.

§. 597.

Auch kann der Inhalt

solcher außergerichtlichen

wirkt nach dem A. L. R. nicht so wie nach R. R. §. 582 und Anm. 71. Vergl. auch den folg. §. 591.

77) Diese Formen des ausdrücklichen Widerrufs sind dem L. R. eigenthüm­ lich. Suarcz sagt dieserbalb bei der Schlußrcvifion: Die Frage: ob Ver­ mächtnisse per nudam voluntatis declarationem ohne alle Form widerrufen werden können? ist unter den Rechtslehrern streitig. Cf. Co cceji in jur. controv. Lib. XXXIV, tit. 4, qu 1. In den §§.593 — 595 sind die verschiedenen Meinungen conciliirt worden. (Iahrb. Bd. XLI, S. 83.) 78) Unleserlich ist nicht bloß das, was man wegen Unkennbarkeit der Schriftzeichen nicht entziffern kann, sondern auch das, was nicht sichtbar ist.

L. 1 §. 1 D. de bis. quae in test. (XXVIII, 4.)

79) Mit Absicht durch den Erblasser oder auf dessen Verlangen durch einen Andern. Ist die Beschädigung durch Zufall oder sonst unabsichtlich entstanden, so schadet sic der Gültigkeit der Verordnung nicht. L. 1, 2 D. eodem. Koch, Allgemeines Landrecht. II.

10

Erster Theil.

146 Verordnungen

durch

bloße

Zwölfter Titel.

entgegengesetzte

Willenserklärungen

widerrufen werden; so bald über dergleichen Erklärung deS Erb­

lassers nur ein in gewöhnlichen Fällen führt werden kann. §. 598. Bloße

hinreichender Beweis ge­

Vermuthungen, daß der

Testator

seinen

letzten Willen habe ändern wollen, verdienen keine Rücksicht.

bem‘@rb? lasser »cr-

§• 599.

Hat aber der Erbe oder Legatarius, durch Vorsatz

oder grobes Versehen, den Tod des Testators verursacht: so wird

''ebcnsver. derselbe, auch ohne ausdrücklichen Widerruf, des ihm zugedachten Vortheils verlustig««).

§. 600.

Doch findet das Gegentheil statt, wenn ausge­

mittelt werden kann, daß der Erblasser dem Erben oder Lcgatario

das Versehen«>),

wodurch der Unglücksfall entstanden ist, ver­

ziehen habe. tt>9eb?rÜ?i*' $• 601. Wie eö zu halten sei, wenn bei dem Ableben des Kiftder, Testators Kinder vorhanden sind, auf welche in dem errichteten

Testamente keine Rücksicht genommen worden, ist gehörigen OrtS vorgeschrieben.

dunh unk» §. 602. TestamniH öcr^oren >

(Th. II, Tit. 2, Abschn. 5.)80 81"). 82 83 Geht ein Testament oder Cvdicill8 -) durch Zufall ist die Ausmittelung deS Inhalts durch Beweis

°d. Codicills. zulässig;

8- 603.

Doch wird dazu ein vollständiger Beweis erfordert,

welcher durch einen Erfüllungseid nicht ergänzt werden kann««).

80) Die Lehre von dem Verluste einer gültig deferirten und erworbenen Erbschaft wegen Unwürdigkcit und Undankbarkeit (Indignität und Jmpietät) ist als Ganzes nicht ausgenommen; auch ein Prinzip ist in dieser Hinsicht nicht aus­ gesprochen, es finden'sich nur einige vereinzelte Fälle der Indignität und Jmpietät. Der 8. 599 reprodueirt den bekannten Fall der Jmpietät, wenn der Berufene den Tod deS Erblassers verursacht hat, aber nur unvollständig, indem nur der Verlust der Vortheile aus einem Testamente eintreten soll, während das R. R. diesen Grund allgemein, also auch im Falle der Jntestaterbfolge wirken läßt. L. 7 §. 4 D. de bonis damnator. (XLVIII, 20.) Es ist nicht zulässig, die Vorschrift des §. 599 auch auf den Jntestaterben auszudehnen; dadurch würde man dem Gesetzgeber in das Amt greifen. 81) Bei vorsätzlicher Tödtung findet also diese Ausnahme nicht statt. 81a) §§. 454 ff. a. a. O. 82) Dies bezieht sich nur auf die wirklichen Theile des Testaments oder Codicills. Das Annahme-Protokoll ist ein solcher Theil nicht. Ueber den Inhalt eines verloren gegangenen Protokolls über die Annahme eines verschlossen über­ gebenen und gehörig überschriebenen Testaments ist auch ein durch den Erfüllungseid ergänzter Beweis statthaft. Pr. des Ob.-Tr. v. 25. Januar 1849. (Entsch.

Bd. XVII. S. 224 ) 83) „Nicht bloß dann, wenn ein gerichtlich deponirtes Testament noch vor­ der Publikation, sondern auch dann, wenn das Testament erst nach erfolgter ge-

Von Testamenten und Gobicttten.

§. 604.

147

Ist die Disposition durch ein grobes oder mäßiges

Versehen der Gerichte verloren gegangen, so müssen diese nicht nur die Kosten der AuSmittelung tragen, sondern auch, nach Ver­

hältniß ihrer erwiesenen Nachlässigkeit, bestraft, oder ihres Amtes entsetzt werden. 8S‘,) §. 605. Wer einen Andern an Errichtung seines Testamentd84 * *)85 * *erweislich * * * * * * * * verhindert * * * * * * * *8* * hat, geht aller Vortheile ver-

w-!.

^den an Ereines

höriger Publikation an die Interessenten, jedoch vor geschehener Ausfertigung desselben verloren gegangen ist, — ist zur Restauration desselben ein vollständiger Beweis erforderlich, der durch einen ErfüllungSeid nicht zu ergänzen ist." Pr. des Ob.-Tr. v. 15. Juni 1848. (Entsch. Bd XVII, S. 208.) — Geht das Original­ testament nach vorschriftsmäßiger Ausfertigung verloren, so giebt jetzt die gerichtliche Ausfertigung den Beweis für den Inhalt desselben; und sollte auch diese verloren sein, so kann der Beweis des Inhalts dieser Ausfertigung nach den gewöhnlichen Beweisregelu geführt werden, eben weil es nunmehr nicht sowohl auf die Fest­ stellung des von dem Testator erklärten Willens selbst, als vielmehr auf die Feststellung des Inhalts derjenigen Urkunde ankommt, welche über den vorher unzweifelhaft schon festgestellt gewesenen Willen des Erblassers vorschriftsmäßig ausgefertigt worden, also selbst nur ein Beweisstück war. So unterscheidet und argumentirt das Ob.-Tr. a. a. O. S. 219. Das Gesetz bestimmt, daß der Beweis über den Inhalt des Testaments zu­ lässig sei, aber vollständig geführt werden müsse. Dies bedeutet nicht, sagt das Ob.-Tr., daß bevor nicht jede einzelne Bestimmung des verloren gegangenen Testaments vollständig erwiesen sei, der Beweis als gar nicht geführt angesehen werden dürfe, sondern nur, daß keine Bestimmung rechtlich wirksam sein kann, als bis sie vollständig erwiesen worden. Wird also z. B. die Erbeinsetzung vollständig erwiesen, die Legate werden es aber nicht, so kommt das Testatnent hinsichtlich der Erbeinsetzung zur Ausführung und die Legatare erhalten nichts. (Ebd. S. 222).

84) Testaments, nicht aber Codicills. Auf Eodicille paßt auch die Vor­ schrift nicht, weshalb nicht ohne Grund nur vom Testament die Rede ist. 85) Nicht bloß denjenigen, welcher den Erblasser an der Errichtung seines Testaments durch physischen Zwang verhindert, sondern auch denjenigen, der sich dazu physiologischen Zwanges bedient hat, trifft der hier angedrohte Verlust der Vortheile aus der gesetzlichen Erbfolge oder aus einem frühern Testamente. Dagegen findet der Verlust nicht statt, wenn die Errichtung des Testaments durch Bitten oder durch Betrug verhindert worden ist. Pr. des Ob.-Tr. v. 4. April 1833. (Simon Rechtsspr. Bd. IV, S. 81.) — Der Unwürdigkeitsgrund ist fast wörtlich auS dem R. R. ausgenommen. L. 1 u. 2 C. si quis aliquem (VI, 34). Es ist daher angemessen, Belehrung darüber: wie das „verhindern" zu verstehen, daher zu holen. Das „Bitten" ist darnach allerdings nicht damit gemeint. Die L. 3 C. eodem sagt ausdrücklich: den letzten Willen der Ehe­ gattin durch eheliches Zureden auf sich zu lenken, ist kein Verbrechen. Eben so Papinian in L. 3 D. eodem. (XXIX, 6). Mit dem Betrüge ist es anders: eine arglistige Verhinderung wird der zwangsweisen völlig gleichgestellt. L. 1 §. 1, L. 2 pr. §. 2 D. eodem. In der That ist das Mittel' der Verhinderung gleichgültig, wenn es nur ein unerlaubtes ist; das Gesetz spricht nur von un­ erlaubter Verhinderung, ohne sich auf eine Unterscheidung der Mittel einzu­ lassen. In einer ältern Entscheidung vom 10. Juni 1805 hat daS Ob.-Tr. einen solchen Unterschied auch nicht gemacht. (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 61).

148

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

öderan dessen lustig, die er vermöge der gesetzlichen Erbfolge, oder eines vorhin

uctwflatt, errichteten Testaments sonst erhalten hätte. Wer zur Beförderung

§. 606.

oder zur Kränkung der

Rechte

eines

seines

eigenen Vortheils,

Dritten, die gerichtliche

Uebergabe eines schon gefertigten Testaments verhindert 86), muß

denen, welche darin bedacht waren, für die entgehenden Vortheile

gerecht werden. an dessen Widerrufe hindert,

§. 607.

Wer Jemanden an dem Widerrufe seines errichteten

Testaments hindert, verliert alle darin ihm verschafften Vortheile, und muß noch außerdem denjenigen, zu dessen Besten der Widerruf

gereicht haben würde, vollständig entschädigen. oder ein Testament

§. 608. Wer ein Testament, oder andere letztwillige Disvcchcimiicht. Position verheimlicht: der verliert nicht nur alle ihm darin zuge­

dachten Vortheile; sondern er muß auch den Betrag desjenigen Vortheils, den er sich durch die Verheimlichung zu verschaffen ge­

dachte, dem-Fiskus zur Strafe entrichten8 7). §. 609.

In Fällen, wo nach Vorschrift §§. 23, 24, 25 ein

B-wug Testament wegen verübten Zwangs, oder bctrüglicher Verleitung

nunt bewirft f'’u" ungültig erklärt werden muß, wird derjenige, welcher einer (,aL solchen unerlaubten Handlung sich schuldig gemacht hat, seines

gesetzlichen Erbrechts ebenfalls verlustig. 8- 610.

Hat er kein gesetzliches Erbrecht, so muß er, nach

Bewandtniß der Umstände, an Gelde, oder am Leibe, nachdrück­

lich bestraft werben88).

n,ngNe»!'

§ 611.

Der Erbe und Legatanus, welcher eine letztwillige

willigen

86) S. die vor. Anm. 84 u. 85. Diese Stelle würde auch auf Eodicille folgerecht Anwendung finden müssen. Aber die Redaktoren haben es nicht ge­ wollt. Denn der entsprechende §. 389 des Entw. Th. II Abth. 2 Tit. 9 sachte: „Testaments oder Codicills." Das „oder Codicills" ist gestrichen. Eine analoge Anwendung der Vorschrift der §§. 606 n. 607 hat das Ob.-Tr. in einer Entsch. v. 10. Juni 1805 auf den Fall gemacht, wo Jemand einen Schenker, welcher einem Dritten zur Ausgleichung einer Verkürzung desselben in seinem Testamente 25000 Rthlr. zu schenken schriftlich versprochen hatte, an der gericht­ lichen Vollziehung der Schenkungs-Urkunde hinderte. (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 61).

87) Der Fiskus erhält hierdurch ein Forderungsrecht, welches er mit einer Civilklagc geltend macht. 88) Ob er unter die Anklage der verletzten persönlichen Freiheit, oder des Betruges zu stellen, muß die Beschaffenheit der angewendeten Mittel in jedem besondern Falle ergeben.

Von Testamenten und Cocidillen. Verordnung einmal anerkannt hat,

kann

149

deren Gültigkeit nicht Verordnung

weiter anfechten *0).

89) Die Lehre von der Anerkennung der Testamente ist dunkel. Hellfeld, eine von den Verf. viel benutzte Autorität, trägt im §. 1427 die damals sehr verbreitete Meinung vor, daß selbst ein von Anfang, aus welchem Grunde immer, nichtiges Testament durch Anerkennung des Jntestaterben convalescire. Daß dies mit den Rechtsquellen im Widerspruch stehe, war von der entgegen­ gesetzten Meinung unwiderlegbar bewiesen. Das Wahre daran war nur dies, daß der Anerkennende durch sein Anerkenntniß das Recht der Anfechtung verlor, indem in dem Anerkenntnisse ein wirksamer Verzicht auf dasselbe gefunden wurde. Aber das rechtlich nicht vorhandene Testament, den nicht zu Recht bestehenden letzten Willen eines Andern, konnte der Jntestaterbe,durch sein Anerkenntniß unmöglich Herstellen. Der Intestaterbe blieb im Rechtssinne Erbe und der eingesetzte Erbe hatte die Erbschaft nicht aus dem Testamente, sondern in Folge des Verzichts des wahren Erben, gleichwie ein Erbschaftskäufer; das Anerkenntniß (der Ver­ zicht) des Jntestaterben ist in der That eine Verfügung über die Erbschaft, indem diese dadurch auf-den eingesetzten Erben übertragen wird. Dagegen verhält es sich mit dem als inofficiosum bloß anfechtbaren (zu reseindirendcn) Testamente anders. Dieses ist nicht null, es bleibt auch bestehen, wenn der bcthciligte Pflichttheilsbcrechtiqte dasselbe anerkennt und damit auf seine Qucrel verzichtet. Dies war der Rechtsstand zur Zeit der Abfassung des A. L. R. S. Mühlen bruch in Glück's Kommentar, Bd. XXX Vlll, S. 134 ff., und Franke im Archiv für civil. Pr. XIX, S. 198 ff. Der ungedr. Entw. von Kirch eisen hatte den Satz: „Wer aus einem Testamente einen Vortheil annimmt, der ihm nach der gesetzlichen Erbfolge nicht zukommen würde, muß sich demselben, seinem ganzen Inhalte nach, soweit die Kräfte dieses Nachlasses reichen, unter­ werfen." Auf was das zielt, ist unklar. Es trägt auch zum Verständniß des L. R. nichts bei, denn in den gedr. Entw. wurde weder dieser Satz, noch eine andere Bestimmung über die Anerkennung eines Testaments ausgenommen. Dies veranlaßte Erinnerungen und Suarcz sagte dazu bei deren Revision: „Der Erbe, welcher eine letztwillige Verordnung einmal anerkannt hat, kann dieselbe nicht weiter anfechten." Dies ist nicht ganz wahr, vielmehr würde der Satz nur so zu fassen sein: Der . Erbe, welcher eine letzwillige Verordnung einmal anerkannt bat, kann deren Gültigkeit in der Regel nicht weiter anfechtcn, doch muß ihm recht­ liches Gehör verstattet werden, wenn er nachweisen kann, daß die Gründe, aus welchen er die Verordnung anfechten will, erst nach dem Anerkenntniß zu seiner Wissenschaft gekommen sind. Ferner heißt es: „Einem ausdrücklichen Anerkenntnisse ist es gleich zu achten, wenn der Erbe ein ihm ausgesetztes Prälegat ohne Vorbehalt angenommen, oder einem Legatario ein Vermächtniß ausgezahlt hat." Am Rande ist noch bemerkt: „es kann zurückgefordert werden", und: „ein Fingerzeig auf die Lehre der Präskription." (Ges.-Rev. Pens. XVI, S. 201.) Um die von Suarez gewollte Ausnahme und die Randbemerkung zu versieben, darf man sich nur an das erinnern, was Paulus L. 5 pr. D. de bis quae ut indignis (XXXIV, 9), sagt, und daran, wie man es versteht. Es heißt: Nach Empfang eines Ver­ mächtnisses kann man ein Testament als falsch und als nicht vorschriftsmäßig errichtet (falsum et non jure factum) anfechten, aber als liebloses (in­ officiosum) anzngreifen ist verboten. Man bezieht dies allgemein auf einen Irrthum des Jntestaterben, welcher bei der Annahme des Legats die Fehler­ haftigkeit nicht kannte, folglich dadurch an der Umstoßung des ungültigen Testa­ ments nicht gehindert werden konnte. Bei dem inosfiziöscn Testament setzt der Jurist keinen Irrthum voraus, da der Notherbe doch wol sein Verhältniß zum Testator kennen mnß. War er aber doch wirklich in einem faktischen Irrthum, so wird durch die Annahme des Legats, nach andern Stellen, die Querel nicht ausgeschlossen, aber ihm kann dann, wenn er sie gebraucht, das empfangene Legat wieder abgefordert werden. Hieraus ersieht man, daß die Verf. sich

kennmiß.

150

XII. Von wechselseiti gen Testa­ menten.

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§. 612. Einem ausdrücklichen Anerkenntnisse ist eS gleich zu achten, wenn der Erbe Vermächtnisse aus dem Testamente ohne Vorbehalt bezahlt, oder wenn der Legatariuö ein solches Vermächtniß ohne Vorbehalt angenommen hat9o). §. 613. Doch muß dem Legatario sowohl, als dem Erben, rechtliches Gehör verstattet werden, wenn sie nachweisen können, daß die Gründe, aus welchen sie die Verordnung anfechten wollen, erst nach dem Anerkenntnisse zu ihrer Wissenschaft gelangt finb91 * *).* * * * * * * * * * * * * * * * 8 614. Wechselseitige Testamente, wodurch Einer den An­ dern, in Rücksicht der von diesem geschehenen Erbeseinsetzung92), des Rechtsstandes bewußt waren uni? wie die Bestimmungen aufzufassen sind welche aufSuarez' Bemerkungen in den §§. 611—613 ausgenommen worden sind. Der §.611 sagt bloß, daß derjenige Erbe oder Legatar, welcher das Testa­ ment anerkannt hat, dessen Gültigkeit nicht mehr anfechten kann, ohne Unterschied der Anfechtungsgründe. Keinesweges wird ausgesprochen, daß dadurch ein un­ gültiges Testament wirklich gültig werde. Daraus folgt: a) das Anerkenntniß steht nur dem entgegen, welcher dasselbe erklärt hat. In Beziehung auf jeden Dritten bleibt das Testament unverändert und kann von Jedem, welcher dabei ein recht­ liches Interesse hat, als rechtlich nicht vorhanden behandelt oder umgestoßen werden, b) Ans die Anerkennung kann sich nur derjenige berufen, welchem gegen­ über sie geschehen ist. Ausgesprochen von dem Ob.-Tr. in dem Pr. v. 24. Juli 1848. (Jnr. Wochenschr. 1848, S. 363.) Das Anerkenntniß hat die rechtliche Natur entweder eines Verzichts auf das Erbrecht und auf die Nullitäts- oder Jnoffiziositätsklage zu Gunsten des Berufenen, oder — wenn eine Abfindung dafür gegeben wird — eines Vergleichs über die Überlassung der Erbschaft, und erfordert zu seiner Gültigkeit die für diese Rechtshandlungen im Allgemeinen vorgeschriebene Form. Gleichfalls an­ erkannt in derselben Entsch. des Ob.-Tr. v. 24. Juli 1848. — Ueber das Ver­ hältniß der Erbschaftsgläubiger in einem solchen Falle s. unten, Anm. 33 zu §. 440 Tit. 16.

90) Dieses stillschweigende Anerkenntniß, ausgenommen aus dem R. R. welches zur Gültigkeit einer solchen Willenserklärung überhaupt keine Form vor­ schrieb (L 95 D. de acq. vel omitt. bered. XXIX, 2), paßt nicht in das landrechtlichc Rechtssyftcm und muß deshalb als eine Ausnahme angesehen werden, welche keine analoge Anwendung auf andere konkludente Handlungen, oder auf andere als in dem Testamente honorirtc Personen, von welchen eben der §. 612 spricht, leidet. In Uebereinstimmung damit sagt das Pr. des Ob.-Tr. v. 3. Juni 1848: „Nur in Ansehung eines in der letztwilligen Verordnung ausdrücklich Honorirten läßt sich aus konkludenten Handlungen desselben auf ein, die weitere Anfechtung der Verordnung ausschließendes Anerkenntniß zurückschließen; nicht aber in Ansehung eines in derselben gänzlich übergangenen Jntestaterben." (Entsch. Bd. XVI, S'. 307.) — UebrigenS aber bezieht sich die Bestimmung nicht bloß auf die Jnoffiziositatsklage, denn sie ist allgemein, so daß ein solches Anerkenntniß nicht bloß dem Notherben, sondern auch jedem andern honorirten Jntestaterben entgegen steht. Sogar ist die Wirksamkeit desselben gegen die auf Ergänzung des Pflichttheils gerichtete Klage des Notherben durch die Spezial­ bestimmung des §. 439 Tit. 2 Th. II ausgeschlossen, indem die bloße Annahme eines Legats als eine Abschlagszahlung auf den Pflichttheil aufgefaßt wird. Vergl. das Ob.-Tr. a. a. O. ®. 314.

91) S. o. die Anm. 89 zu §. 611. . 92) Es ist ungewiß, ob die Verfasser sich hierunter ein s. g. testamentum reciprocum oder s. g. test, correspectivum gedacht haben, denn der Ausdruck

Von Testamenten und Codicillen.

zu seinem Erben ernennt, können nur werden9 3). 8. 615.

unter Eheleuten errichtet

Die nähern Bestimmungen wegen solcher Testamente (Th. II, Tit. 1, Abschn. 7.)

sind gehörigen OrtS vorgeschrieben.

8- 616.

151

Wenn

zwei Personen

Instrumenten zu Erben cinsetzen,

einander in verschiedenen

ohne daß die eine der Ein­

setzungen auf die andere sich bezieht: so ist jede dieser Verordnungen alS ein für sich bestehendes Testament anzusehen.

Zweiter Abschnitt. Von

8. 617. andern,

Erbverträgen.

Auch durch Erbverträge kann ein Kontrahent dem

oder beide einander wechselseitig, Rechte auf ihren künf­

tigen Nachlaß einräumen. 8. 618. Wer Erbverträge

schließen will,

muß mit den

Eigenschaften versehen sein, welche sowohl zur Errichtung eines Testaments,

sind9«). 8. 619.

als

zur Abschließung eines Vertrags,

erforderlich

Ermangeln dem Versprechenden die zum gültigen

Kontrahiren erforderlichen Eigenschaften, so gilt der Erbvertrag auch nicht alö eine einseitige letztwillige Verordnung, wenn gleich

paßt auf seins von Beiden genau, am besten aber noch auf das t. reciprocum, in sofern man darunter ein solches versteht, in welchem sich die mehreren Testirer schlechthin gegenseitig zu Erben einsetzen, wogegen man daS Testament dann ein correspeetiveS nennt, wenn die Verordnung von der Erfüllung bestimmter Anordnnngen eines andern Testaments abhängig gemacht ist. Suarez nennt die hier gemeinten Testamente t. reciproca. S. die folg. Anm. Doch kommt auf die Benennung nichts an.

93) Suarez sagt zu dessen Rechtfertigung,: Dergl. test, reciproca unter Fremden find ein gewöhnlicher Kunstgriff der Erbschleicherei; und es entstehen daraus, wenn der eine von beiden Testatoren seinen Willen einseitig ändert, Eodicille macht, mehrere Legate verläßt rc., mancherlei Weiterungen. Wollen Leute einander wechselseitig bedenken, so können sie es in besondern Testamenten, deren jedes für sich errichtet worden, thun. Wollen sie sich gegenseitig wegen solcher Zuwendungen sicher stellen, so ist es weit natürlicher, daß sie sogleich ein Pactum hereditarium errichten. Nur bei Eheleuten, besonders wenn communio bonorum unter ihnen stattfindet, lassen sich taugliche Gründe zur Errichtung eines solchen testamenti reciproci gedenken. (Jahrb. Bd. Xb«I, S. 82 ) — Damit sind test, correspectiva gemeint. S. o. die Anm. 91 Alinea zu §. 467. 94) Bei einem einseitigen Erbvertrage sind diese Eigenschaften nur für den Kontrahenten erforderlich, welcher über seinen Nachlaß verfügt. §. 619. Der Andere, welcher bloß zu acceptiren hat, kann den ihm zugedachten Vortheil auch als Unmündiger erwerben. Tit. 4, §. 21.

»iss-.

152

Erster Theil.

zu dieser letztem

der

fähig wäre. (Mcfjenflänbe. § 620. durch

Form.

Zwölfter Titel.

Kontrahent

an

sich nach den

Gesetzen

Nur solche Sachen und Rechte, worüber Jemand

einen letzten Willen

zu verfügen

berechtigt ist,

kann er

Zindern durch Erbverträge zuwenden. §. 621. Erbverträge müssen, wie Testamente"), gerichtlich abgeschlossen9 ß), oder von beiden Theilen persönlich den Gerichten übergeben werden. §. 622. Die privilegirte Form von Testamenten findet bei Erbverträgen nicht statt97). 8. 623. Auch bei der Aufbewahrung9"), Eröffnung99), und 95) Daraus folgt: a) Auch bei Ehestiftungen, worin zugleich über die künftige Erbfolge ver­ fügt wird, muß ein Protokollführer zugezogen und das Protokoll ebenso wie ein mündliches Testament vollzogen werden. So sagt auch das R. v. 4. September 1838 (Jahrb. Bd. LII, S. 152), welches zugleich das, fich im entgegengesetzten Sinne aussprechende N. vom 27. December 1796 für nicht gerechtfertigt erklärt. b) Die Handzeichen des schreibensunkundigen Kontrahenten muffen von zweien zugezogcnen Männern bezeugt werden. Pr. des Ob.-Tr. vom 17. Juni 1847. (Rechtsf. Bd. I, S. 276.) Dies gilt aber nicht bei einseitigen Erbverträgen von demjenigen Paciscenten, welcher über seinen künftigen Nachlaß nicht verfügt. Anm. 15 zu §. 116 d. T. und die vor. Änm. 94 zu §. 618, auch unten, Anm. 14 zu §. 648 d. T. c) Auch Erbverträge unter Eheleuten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der bei Testamenten zur Anwendung kommenden Form, selbst dann, wenn die Ehefrau darin von ihren Successtonsrechten nichts aufgiebt. — Soll aber Letzteres geschehen, so ist die bloße gerichtliche Üebergabe des Erbvertrages nicht hinreichend, vielmehr muß die Ausnehmung desselben zum gerichtlichen Protokolle erfolgen, als wohin die Vorschrift des §. 441, Tit. 1, Th. II zu verstehen ist. Pr. des Ob.-Tr. 2321, v. 22. October 1851. (Entsch. Bd. XXI, S. 204.) 96) Der §. 621 verlangt nicht bloß den gerichtlichen Abschluß oder die gerichtliche Üebergabe der Erbverträge, sondern auch insbesondere, daß bei der Aufnahme der Erbverträge der Richter alles das beobachte, was bei den Testa­ menten vorgcschrieben ist. Pr. des Ob.-Tr. 1439, v. 10. Mai 1844. 97) Folglich gelten auch keine dorfgerichtlichen Erbverträge; das ganze Verfahren bei dorfgerichtlichen Testamenten paßt auch nicht auf Erbverträge. Gleichwenig kann ein dorfgerichtlicher Erbvertrag als dorfgerichtliches Testament gelten, denn mau hat ja nicht ein Testament zu machen beabsichtigt. 98) Wenn die Geheimhaltung des Erbvertrages nicht verlangt, vielmehr die Prüfung und Ausfertigung desselben in Antrag gebracht wird, so kann sofort Ausfertigung ertheilt werden und die Versiegelung des Originals unterbleiben. Anh. z. A. G. O. (II, 4, §.15) §.431 aus R. v. 2. Jai'mar 1796 (Rabe Bd. III, S. 226) und v. 21. Juli 1800. (Rabe Bd. VI, S. 211.) Die Aufbewahrung geschieht dann bei den gerichtlichen Akten, da der §. 33 des Anh. (zu §. 139 d. T.) auch auf Erbverträge Anwendung findet. Doch erklärt es der I. M. in seinem Bescheide v. 16. August 1840 für zweckmäßig, auch einen solchen Erbvertrag in dem Teftamenten-Depositorium anfzubewahren, wenn eine Ausfertigung verlangt wird, dieselbe noch im Termine zu besorgen (was sich wol nicht immer ausführen lassen wird), und über die Einsicgelung einen von den Parteien zu unterschreibenden Nachtrag zur Uebergabeverhandlüng aufzunehmen. (I. M. Bl. S. 282.)

Von Erbverträgen.

153

Zurückgabe der Erbverträge, muß der Richter alles daS beobach­

ten, waS bei den Testamenten vorgeschrieben ist. Anh. §. 43.

Auch dadurch, daß der Erbvertrag unversiegelt

den Gerichten übergeben wird, wird die Versiegelung

und über­

haupt die bei den Testamenten vorgeschriebene Form nicht ausge­ schlossen'»»).

§. 624. Durch bloße Erbverträge *) wird die Befugniß der Kontrahenten, über ihr Vermögen unter Lebendigen zu ver- 8j.b™,8rilb.ct

6cntcn-

fügen, nicht eingeschränkt. §. 625.

Doch kann der VertragSerbe Schenkungen, welche

der Erblasser wegen Uebermaaßcs zu

wesen wäre, innerhalb der

widerrufen berechtigt ge­

gesetzmäßigen Friste) zurücknehmen,

99) Die Ausfertigung geschieht, wenn der Erbvertrag unausgefertigt ver­ siegelt und förmlich publicirt worden, von dem letzten persönlichen Richter des Erblassers, wohin der Publicirte Vertrag, wie ein publicirtes Testament, gesendet werden muß. R. v. 3. Mai 1835. (Jahrb. Bd. Xb,V, (S. 417.) 100) Aus Ä. v. 27. December 1796 (Rabe Bd. III, S. 665).

1) Ein Vertrag, wodurch sich Jemand der Einschränkung über noch zu er­ werbendes künftiges Vermögen unterwirft, ist kein Erbvertrag: man hält ihn für erlaubt. Entsch. des Ob.-Tr. v. 24. Mai 1841. (Ulrich Arch. Bd. VIII,

S. 383.) 2) Daraus ist klar, daß der Vertragserbe schon während der Lebenszeit des Andern die Schenkung widerrufen kann. Das ergeben auch die Materialien. Der Entwurf enthielt nämlich keine Einschränkung'der Regel des §.624, und man hatte deshalb monirt, daß die Kontrahenten durch Schenkungen und Ver­ äußerungen den Erbvertrag erfolglos machen könnten. Suarez sagte dazu in der rev. mon.: „Einige Moncnten wollen hier solche dispositiones inter vivos, welche dem Inhalte des Erbvertrages entgegen sind, besonders Schenkungen und andere Veräußerungen ausuehmen, welche in der Absicht geschehen,, den Erbver­ trag zu eludiren. Allein diese Ausnahme hat m. v. keinen Grund. Der Erb­ vertrag hat, seiner Natur nach, bloß den künftigen Nachlaß zum Objekt, und es liegt darin nichts, was die Dispositionen inter vivos einschränken könnte. Ueberdem müßten die Erbverträge wenigstens öffentlich verlautbart werden, wenn sie dem tertio, welcher mit den Paciscenten bona fide kontrahirt, entgegenstehen sollten. Alles, was man in favorem heredis pactitii annehmen könnte, wäre, daß er die Schenkungen des Erblassers, welche dieser wegen Uebermaaßes zu revociren berechtigt gewesen sein wurde, widerrufen könne, wenngleich dieser seinen animum revocandi nicht, sondern vielmehr das contrarium kontrahirt hätte." Darauf wurde beschlossen: „Ausnahmen wegen der Schenkungen finden nicht statt; es steht den Kontrahenten frei, ihre Dispositionen inter vivos einzu­ schränken; der successor pactitius kann pro prodigo erklären lassen; derberes pactitius kann donationes immodicas revociren." (Ges. - Rev. Pens. XVI, S. 216.) Man fügte demgemäß die 625, 626 bei. Aber passend ist der Satz des §. 625 zu Erbverträgen gar nicht. Zunächst kommt der Revocent, wenn der Erbvertrag ganz nach Vorschrift gemacht und aufbewahrt wird, mit dem Nachweise seiner legitimatio ad causam in Verlegenheit, da ja der Erb­ vertrag geheim gehalten wird und versiegelt ist. Sodann könnte der Widerruf im Interesse des Vertragserben doch nur hypothetisch geschehen und müßte wieder wegfallen, wenn die Voraussetzung nicht eintrifft. Denn eö ist völlig ungewiß,

Erster Theil.

154

Zwölfter Titel.

wenngleich der Erblasser sich dieses Widerrufs ausdrücklich begeben hätte.' (Tit. 11, §. 1094.) 8- 626.

Wenn Jemand durch unbesonnene Ausgaben die

Substanz seines Vermögens dergestalt vermindert, daß er nach den Gesetzen für einen Verschwender zu achten ist: so kann der­

jenige, welchem ein Recht auf seinen Nachlaß dtirch Erbvertrag eingeräumt worden^), auf Prodigalitätserklärung wider ihn an­

tragen. 3n reit fern §. 627. Letztwillige Verordnungen finden gegen den Inhalt Vererb» eines Erbvertrags nicht statt4). legen statt§. 628. Doch kann der Erblasser Vermächtnisse bis auf den nnbfn Zwanzigsten Theil seines Nachlasses errichten ^), wenn er nicht

auch dieser Befugniß sich im Vertrage ausdrücklich begeben hat.

§. 629.

Ist der

Erbvertrag nur über

einen

bestimmten

Theil des Nachlasses errichtet: so fällt das übrige Vermögen dem ernannten Testaments- oder, in dessen Ermangelung, dem gesetz­ lichen Erben anheim. 8. 630. Ist in dem Erbvertrage die letztwillige Verfügung

über eine gewisse Sache oder Summe vorbehalten: so finden des­ halb, wenn keine Verfügung getroffen ist, die Verordnungen des Eilften Titels §§. 1087, 1088 Anwendung6). Brecht.

§. 631.

Aus

einem wechselseitigen?)

Erbvertrage erlangt

ob der Widerrufende Erbe des Andern wird, es kann wol auch das gerade Gegentheil cintretcn. Diese Gründe wurden dafür sprechen, daß erst nach Eröffnung der Erbschaft der Widerruf geschehen könne, wenn nicht die Fristbestimmung hin­ zugefügt wäre, nach welcher die Frist schon mit dem Tage der Schenkung zu laufen anfängt. Tit. 11, §. 1093. Die Satzung unseres §. 625 paßt nach dieser Betrachtung weder so noch so, man hat sich den Zusammenhang wol nicht ganz klar gemacht.

3) Dies muß er zu seiner Legitimation nachweisen.

4) Folglich auch keine Schenkungen von Todeswcgcu (Tit. 11, §. 1135 und die Anm. 99 dazu), in soweit sie nicht unter die Ausnahme des §. 628 fallen. 5) Es versteht sich, daß alle Legate und Schenkungen von Todeswegen zusammengenommen diesen Verhältnißtheil des Nachlasses nicht übersteigen dürfen; sonst müssen sie alle verhältnißmäßig reducirt werden.

6) Suarez machte in der Revision der Monita auf den Unterschied zwischen einem Erbvertrage und einer donatio omnium bonorum aufmerksam; es verblieb jedoch dabei, daß für beide Fälle der gleiche Grundsatz gelten sollte. (Jahrh. Bd. LII, S. 17.) 7) Ob aber nicht aus einem einseitigen Erbvertrage der vor dem Erb­ lasser versterbende Vertragserbe sein Erbrecht auf seine Erben transmittire, darüber herrscht kein Einverständniß. Vergl. den Rechtfall im Schles. Arch. Bd. IIJ,

Von Erbverträgen.

155

nur der Ueberlebende ein Erbrecht- und

die Erben oder Nach­

kommen deS Erstverstorbenen haben in so weit auf den künftigen Nachlaß deS Ueberlebenden keinen Anspruch. 8. 632.

Ist aber in dem

Vertrage die

Erbfolgeordnung

nicht bloß zwischen den Kontrahenten, sondern auch in Ansehung ihrer Erben oder Nachkommen bestimmt: so ist eine solche Ver­

ordnung, in sofern ste daS eigene«) Vermögen der Kontrahenten

S. 563 ff. Bei einem wechselseitigen Erbvertrage kann die Frage nicht vor­ kommen; denn da hat ja der Erftverfterbende keinen andern Erben als eben den andern Paciscenten, folglich kann nicht von einer Transmisston auf eine andere Person als Erben Rede sein, oder es müßte ein Fideikommiß verabredet worden sein. §.632. Bei dem einseitigen Erbvertrage kann man wol zu dieser Frage kommen, und man hat für die Bejahung derselben sich auf den §. 631 berufen, indem man dessen Bestimmung als eine Ausnahme für wechselseitige Erbverträge anfgefaßi und argumento a contrario für die einseitigen Erb­ verträge das Gegentheil behauptet hat. Indeß soll der 8- 631 einer andern Annahme vorbeugen, der nämlich, daß in dem wechselseitigen Eebvertrage schon von selbst eine fideikommissarische Anordnung enthalten sei. Ein Gegensatz zu einseitigen Erbverträgen hinsichtlich der Transmission des Erbrechts hat nicht festgestellt werden sollen. Für die Verneinung der Frage bei Erbverträgen über­ haupt, also auch bei einseitigen Erbverträgen, ist der Grund entscheidend, daß der Erbvertrag kein Rechtsgeschäft unter Lebenden ist, daß mithin der dadurch auf den Todesfall des Andern zu dessen Nachfolger Berufene kein in sein Ver­ mögen übergegangenes Recht erwirbt, folglich auch ein solches Recht, wenn er­ den Erbanfall nicht erlebt (Tit. 9, §. 367), nicht auf seine Erben übertragen kann. Dieser Grundsatz ist auch von dem Ob.-Tr., in der Entsch. v. 22. Ian. 1846, als geltend anerkannt. (Ulrich Arch. Bd. XIII, S. 125 ff.) Die Vorschrift dieses 8- 631 kommt im Herzogthum Westphalen auch in dem Falle zur Anwendung, wenn der Erbvertrag vor der Einführung des A. L. R. abgeschlossen ist. Pr. deS Ob.-Tr. 1681, v. 22. Januar 1846.

8) Diese Fassung, namentlich die Bezeichnung „des eigenen Vermögens der Kontrahenten" ergiebt — sagt das Ob. - Tr. — daß das Gesetz das Vermögen beider Kontrahenten getrennt beurtheilt wissen will, und dies folgt auch auS der Natur der Sache. Denn das Recht einer fideikommissarischen Substitution wird nicht eher wirksam als bis ein Nachlaß eristirt, in den der eingesetzte Erbe resp, sein Substitut eintrcten kann, und wird es nur in Beziehung auf einen solchen Nachlaß. (Entsch. Bd. XVIII, S. 34.) Vergl. jedoch die Entsch. v. 1. October 1838 (o. in der Anm. 91 Alinea, zn §. 467 d. T.), wo das Ob.-Tr. diese Auf­ fassung bei wechselseitigen Testamenten für unzulässig erklärt, um einen Grund für den Rechtssatz zu gewinnen, daß die nach dem Tode des Letztverfterbenden Berufenen ihr Successtonsrecht auch in das eigene Vermögen des Letzt­ versterbenden auf ihre Erben transmittiren, wenn ftc auch den Tod desselben nicht erleben. Hier, bei dem wechselseitigen Erbvertrage, braucht das Ob.-Tr. den Grund nicht, weil über die Transmission nicht'zu entscheiden war und bei der Frage: wie die dritten Personen zu dem eigenen Nachlasse des Ueberlebenden gelangen, der Erbvertrag als Vertrag aushalf, denn — heißt es — „das Recht, welches dem Erstverstorbenen in dem Erbvertrage konstituirt war: „zu verlangen, daß der dereinstige Nachlaß deS Ueberlebenden auf die im Vertrage bezeichneten Personen übergehe", geht auf diese seine substituirten Erben mit über." (S. 28 a. a. O.) Damit ist jedoch nicht bewiesen, daß die Substituten ihr Erbfolgerecht in den eigenen Nachlaß des Ueberlebenden auf ihre Erben versenden, wenn sie den Tod des Ueberlebenden nicht erleben. Der Nachlaß des Erst-

laß

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

betrifft, nach den Regeln der Fideikommisse und fideikommissarischen Substitutionen zu beurtheilen'). (Th. II, Tit. 4, Abschn. 3.) 8

633.

Fortwährende Successionsordnungen,

Nachkommen auch in Ansehung ihres

welche die

eigenen Vermögens

ver­

pflichten sollen, können nicht durch bloße Erbverträge, sondern nur durch Familienschlüsse gültig errichtet werden. (Th. II, Tit. 4, Widerruf.

88. 7 sqq.) 8. 634.

Gerichtliche auf den Todesfall eingegangene Erb­

verträge können einseitig nur so, wie Verträge unter Lebendigen 1 °)

widerrufen werden. 8- 635.

Habcn beide Theile sich

die Befugniß, von dem

Erbvertrage nach Gutfinden abzugchen, Vorbehalten, so wird das Geschäft nur als ein Testament angesehen.

8. 636.

Von dem Widerrufe eines solchen Erbvertrags gilt

eben daS, was von dem Widerrufe eines Testaments verordnet

ist. (§. 587 sqq.)

8. 637.

So bald der eine Theil einen solchen Erbvergleich

widerruft, verliert derselbe auch in Ansehung des andern seine Kraft. §. 638.

Hat jedoch

der

andere

weder seines Orts aus­

drücklich widerrufen, noch sonst letztwillig verordnet, so bestehen diejenigen Vermächtnisse, welche von ihm im Erbvertrage andern

Personen, alS solchen, die mit dem Widerrufenden als Verwandte oder besondere Freunde verbunden sind, ausgesetzt worden.

8. 639.

Hat nur ein Theil die Befugniß zum Widerrufe

sich vorbehalten, so wird dadurch der andere, ein Gleiches zu thun, noch nicht berechtigt1 ’)•

verstorbenen freilich entgeht ihnen nicht, das fideikommissarische Folgerecht war ihrem Erblasser (dem Substituten) schon wirklich angefallen. Aber der eigene Nachlaß des Ueberlebendcn? Um an den zu kommen, muß noch ein anderes Prinzip wirken. Dieses liegt in dem correspectiven Testamente Th. II, Tit. I, §8. 492, 493.

9) In einem solchen Falle können die Bestimmungen eines Erbvertrages durch lehwillige Verordnungen des überlebenden Paziszenten, der die Erbschaft aus dem Vertrage anaetreten hat, auch nicht mehr rücksichtlich seines eigenen Vermögens zum Nachtheil der eingesetzten fideikommiffarischen Erben abgeändert werden. Pr. des Ob.-Tr. 1234, v. 5. December 1842. Vergl. auch unten die Anm. 18 zu §. 648 d. T.

S. die vor. Anm. —

10) Also wie Verträge überhaupt, nach den allgemeinen Grundsätzen, nicht etwa wie gewisse Verträge nach den für sie geltenden Specialbestimmungen, wie z. B. Schenkungen wegen Uebermaßes, Undanks u. s. w. 11) Das soll heißen: es steht ihm nicht frei, willkürlich zuerst zu wider­ rufen; aber er darf gleichfalls widerrufen, nachdem der Andere seinerseits wirklich widerrufen hat. §. 640.

Von Erbverträgen. §. 640.

157

So bald aber der erste widerrufen hat, findet in

Ansehung des zweiten die Vorschrift der §8- 637, 638 ebenfalls

Anwendung. 8 641. Bei Erbverträgen kann der überlebende Theil eben so, wie der Testamentserbe, sich der Verlaffenschaft gültig entschlagen12). 8- 642.

Er kann aber alsdann auch seines gesetzlichen")

Erbrechtes sich nicht bedienen. 8. 643.

«'W-"

(Tit. 9, 8- 401.)

Ist in dem Vertrage selbst der Befugniß, die Erb­

schaft auszuschlagen, ausdrücklich entsagt worden: so hat eS zwar

dabei sein Bewenden; 8- 644. Doch kann auch ein solcher Vertragserbe zum An­ tritte der Erbschaft nur unter dem Vorbehalte der RechtSwohlthat

-

des Jnventarii verpflichtet werden. 8- 645. Auch bei der Erbfolge aus Verträgen findet das Pom Rechte Recht des Zuwachses statt. wachse»' §. 646.

UcbrigenS gelten Erbverträge nur unter den

Wirkung der

trahenten als Verträge; in Ansehung eines Dritten aber, dem darin etwas zugedacht worden, und der dem Vertrage nicht mit Dri"«».

Bewilligung der Hauptkontrahenten ausdrücklich beigetreten tfl14),

haben sie nur die Kraft einseitiger letztwilliger Verfügungen"). (Tit. 5,88. 75,76,77.)

12) In diesem Falle nehmen die eigenen Verordnungen des Entsagenden zu Gunsten Dritter den Charakter einseitiger lctzwilligcr Verfügungen an und können willkürlich abgeändert oder zurückgcnommen werden. Bleiben sie un­ verändert bis zum Tode bestehen, so gelten sie als Vermächtnisse. §. 646.

13) Wohl aber, wie daS Allegat zeigt, seines PflichLtheilsrechts. Davon auch Eheleute keine Ausnahme, denn die §§. 648 b. £. u. 448 Titel 1,

machen Th. II lcbende solchen

beziehen sich auch nur auf die Jnteftaterbfolge; nur muß der Ueberseinem Pflichttheilsrechte nickt etwa rechtsgültig entsagt haben. Einen Rechtfall s. Entsch. des Ob.-Tr. Bd. XV,* S. 180 ff.

14) Der Beitritt kann auch weil nur für die Erklärung des geschrieben ist. S. o. die Anm. 15 1817. (Simon Rechtsspr. Bd.

vor Notar und Zeugen gültig erklärt werden, sich Verpflichtenden die Testamentssorm vor­ zu §. 116 d. T. u. Pr. des Ob.-Tr. v. 3. März

III, S. 100.)

15) Der Dritte erlangt mithin nur dann ein Recht daraus, wenn der Wille bis zum Tode des Verfügenden unverändert geblieben ist. Hat der Erstverstorbene dem Andern ein Vermächtniß aufgelegt und tritt der Ueberlebende die Erbschaft aus dem Vertrage an, so kann er die Verordnung nicht vereiteln. Schlägt er die Erbschaft aus, so geht die Last aus der lctztwilligen Verfügung auf den Jntcstaterben über. Ist aber die Verordnung die eigene des Ueberlebenden, so kann er solche willkürlich zurncknehmen, so lange nicht mit seiner Bewilligung der Dritte vertragsmäßig aceeptirt hat.

158

Erster Theil.

§- 047.

Zwölfter Titel.

So weit Testcimentc wegen nicht eintreffender Be­

dingungen, wegen des von dem Erben verursachten TodeS deS Erblassers, oder wegen'Dazwischenkunft ehelicher Kinder"), so

wie überhaupt durch Zufall entkräftet, oder vereitelt werden; so weit werden unter eben den Umständen auch Erbverträge rückgängig.

(88. 478—518, 88- 599, 600, 601, 563.)")

Zwischen'* §• 648. Was bei Erbverträgen zwischen Eheleuten18) Rechdijeieuten. tenö sei, ist gehörigen Orts bestimmt. (Th. II, Tit. 1, Abschn. 7.)

Gntfagunge« »ertrage.

§. 649. Verträge, wodurch einer künftigen bestimmten Erbcntj-flg^ oj)fr t>je Theilung einer solchen Erbschaft im Vor­

aus angeordnet wird, gelten nur unter denjenigen, welche zu einer solchen Erbschaft als gesetzliche Milerben berufen sind").

Aus der Vorschrift des §. 646 folgt auch, daß der als letztwillige Ver­ fügung geltende Erbvertrag nur als eine außergerichtliche wirksam sein kann, wenn der Vertrag ein notarieller Ehe- und Erbvertrag ist; das Vermächtniß hat als­ dann nur dis rum zwanzigsten Theile des Nachlasses Kraft. Pr. des Ob-Tr. v. 3. März 1817. (Simon Nechtsspr. Bd. III, S. 100.) 16) S. ii. die Anm. lb zu §. 648.

17) Nur in Ansehung der Aufhebung werden Erbvertrage, rücksichtlich des Einflusses der Bedingungen, der Jmpietät, der Nachgeborenen und des Zu­ falls den Testamenten gleigestellt, nicht aber in Hinsicht der rechtsgültigen Ent­ stehung der Willenserklärungen, daher die von Verträgen über unmögliche und unerlaubte Bedingungen gegebenen Vorschriften auch bei Erbverträgen gelten. 18) Das durch einen Erbvertrag unter Eheleuten den, aus ihrer Ehe vor­ handenen Kindern verheißene Recht auf den, nach dem Tode beider Eheleute verbleibenden Nachlaß wird, wenn auch der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus deni Erbvertrage angetreten hat, durch die Geburt eines in einer nachfolgenden von ihm cingegangenen Ehe erzeugten, bei seinem Tode noch vorhandenen Kindes, in Beziehung auf seinen Nachlaß zwar rückgängig; der überlebende Ehegatte ist aber nicht berechtigt, selbst durch letztwillige 'Disposition die zu Gunsten der Kinder erster Ehe getroffenen Bestimmungen zu ihrem Nachtheile abzuandcrn; sondern bleibt in sofern beschränkt, daß er cs hinsichtlich dieser Kinder bei der Intestaterbfolge in seinen Nachlaß belassen muß. Pl.-Beschl. (Pr. 2145) des Ob.-Tr. v. 3. October 1849. (Entsch. Bd. XVIII, S. 19.)

19) Diese Vorschrift bezieht sich nur auf den Fall, wenn die mehreren zu einer Verlassenschaft berufenen Erben schon vor dem wirklichen Anfalle der Erb­ schaft einen solchen Entsagungs- oder Erbregulirungs-Vertrag im Voraus, ohne Zuziehung des Erblassers, schließen wollen. Des Falles, wenn der Erblasser­ selbst mit Einem seiner gesetzlichen Erben einen solchen Entsagungs-Vertrag schließt, ist hier, in diesem Titel, nicht erwähnt; dergleichen von dem Erblasser selbst ge­ schlossene Entsagungs-Verträge sind jedoch zulässig (§. 116 £it. 17 u. §§. 482, 484, 488 Tit. 2 Th. II), und müssen im Allgemeinen nach den hier in §§. 649 ff. festgestellten Grundsätzen beurtheilt werden. Pr. des Ob.-Tr. v. 31. Januar 1851. (Entsch. Bd. XX, S. 143,150.) Ueber die Form s. in. §. 653 u. 654, u. die Anm. 21 zu §. 654. Für Entsagungsverträge aber, welche der künftige Erblasser mit einem seiner Kinder schließt, gilt die Specialbestimmung §. 484 Tit. 2 Th. II. S. Pr. 1076 in der Anm. dazu.

Von Erbverlrägen. §. 650.

159

Zu Gunsten eineö Fremden gelten dergleichen Ver­

träge nur alsdann, wenn derjenige, über dessen Nachlaß verfügt

werden soll, dem Vertrage als Mitkontrahent ausdrücklich beitritt2 ‘9. 8. 651. Im letzteren Falle ist aber auch dieser künftige Erb­ lasser an einen solchen Vertrag, wie an seinen eigenen Erbvertrag,

gebunden, und darf, demselben zuwider, so wenig durch Testa­ mente, als durch spätere Erbverträge etwas verfügen.

8 652.

Es begreift also eine dergleichen gültige Entsagung

deS gesetzlichen Erbrechts auch die deS Erbrechts aus einer letz­ willigen Verordnung, so wie umgekehrt, unter sich.

8. 653.

Wenn der, über dessen künftige Erbschaft ein solcher

Vertrag (8. 649) geschloffen wird, eine verbindliche Willenserklärung

abzugeben unfähig ist, so kann zwar der Vertrag, auch ohne seinen

Beitritt, gültig geschlossen werden; 8- 654.

Alsdann ist aber die gerichtliche Ausnehmung und

Abschließung desselben zu seiner Gültigkeit nothwendig 2 >).

8. 655.

Auf Familienverträge,

in so fern dieselben sonst

gültig geschlossen worden, findet die Vorschrift deS 8- 650 nicht

Anwendung, wenn gleich darin auch Entsagungen künftiger Erb-

anfälle enthalten wären. 8- 656. Verträge, wodurch Eltern ihr Vermögen schon bei Lebzeiten ihren Kindern abtreten, sind bloß als Verträge unter

Lebendigen anzusehen e2j.

20) Der künftige Erblasser muß durch seine Willenserklärung dem Fremden ein Erbrecht auf seinen Nachlaß geben; daraus entsteht ein Erbvertrag zwischen ihm und dem Fremden. §.. 651. Durch einen Vertrag, den ein Fremder mit dem muthmaß liehen nächsten Jntestat- oder Tcstamentserben abschließt, kann der Fremde ein Erbfolgcrccht in den Nachlaß deS Dritten unmöglich erwerben. Ein solcher Vertrag würde den Charakter eines Kauft einer künftigen Erbschaft haben und an sich als unsittlich null und nichtig sein. Tit. 11 §. 446. 21) Diese Bestimmung ergänzt den §. 649, hinsichtlich der Form. Ist dcr künftige Erblasser handlungsfähig und erklärt er sich mit dem Uebcreinkvmmcn seiner künftigen Erben einverstanden, so genügt die schriftliche Form unter Privat­ unterschrift; ist er unfähig, so müssen die Erben ihr Abkommen gerichtlich ab­ schließen. — Daß das Allegat 649 im §. 653 ein Druckfehler sei und 650 heißen müßte, ist nicht anzunehmen, weil in diesem Falle dcr Fremde durch die gericht­ liche Form unmöglich Erbfolgcrcchte erwerben kann, welche nur die Willens­ erklärung des künftigen Erblassers zu übertragen vermag. 22) Vcrgl. Anh. 19 (zu §, 646 Tit. 11) und die Anm. dazu. Hinsichtlich der Gutsüberlassungs-Verträge zwischen Eltern und Kindern s. o. die Anm. 69 Alinea zu §. 75 Tit. 5. — Wegen des Wegfalls der Lehnwaarc in solchen Fällen s. Tit. 18 §. 717 u. den Pl. - Befehl. (Pr. 1082) v. 10. Januar 1842, in der Anm. dazu.

160

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

Dreizehnter Titel. Von Erwerbung des Eigenthums vec Sachen und Nechte

durch einen Dritten. 8- 1. Sachen und Rechte können auch durch Handlungen eines Dritten erworben werden *). §. 2. Wie weit überhaupt Jemand aus Verträgen , die zwischen Andern zu seinem Vortheile geschlossen worden, ein Recht erlange, ist im Fünften Titel 8- 74 sqq. vorgeschrieben. 8- 3. In wie fern ein Ehegatte durch den Andern; Väter durch die in ihrer Gewalt befindlichen Kinder; Dienstherrschaften durch ihr Gesinde; Pflegebefohlene durch ihre Vormünder; und Kaufleute durch ihre Handlungöbedienten erwerben; ist gehörigen OrtS bestimmt. (Th. Il, Tit. 1, Abschn. 5; Tit. 2, Abschn. 2; Tit. 5; Tit. 8, Absch. 7; Tit. 18, Abschn. 5.) 8- 4. Außer diesen Fällen wird, wenn durch Handlungen eineS Dritten Jemanden Sachen und Rechte erworben werden

1) Das R. R. kennt keine freie Stellvertretung der Person bei Geschäften und Erwerbungen nach Eivilrecht und hat den Grundsatz: per liberam personam nihil adquiri. §. 5 J. per quas person. (II, 9). Nur auf Grund eines Verhältnisses der juristischen Gewalt konnte die Person vertreten werden. Man erreichte aber die Vortheile der Stellvertretung' durch frcigewähltc Personen auf einem Umwege, indem der Stellvertreter das ihm aufgetragene Geschäft in seinem eigenen Namen machte und das dadurch Erworbene auf den Prinzipal übertrug oder indem umgekehrt der Prinzipal an den Stellvertreter veräußerte und dieser dann weiter das Geschäft mit dem Dritten machte. Aber jene Regel galt nicht von natürlichen Erwerbungen, z. B. der Erwerbmlg des Besitzes und der des Eigenthums durch Besitzergreifung. Das A. L. N. hat durch den 8- 1 jene Regel gütlich abgeschafft und an ihre Stelle tritt allgemein dep Grundsatz der freien Stellvertretung bei allen civilrechtlichen Geschäften und ErWerbungen, mit wenigen Ausnahmen. Eine Folge dieses neuen Grundsatzes ist eine sehr erhebliche Veränderung der Röm. Rechtssätze, welche sich auf das Ver­ hältniß zwischen dem Vertretenen und dem Dritten einerseits, und dem Stell­ vertreter und dem Dritten andererseits beziehen, auch ist das Verhältniß zwischen dem Vertretenen und dem Stellvertreter zum Theil davon betroffen worden. Die R. Rechtsquellen sind daher bei der Auslegung und Anwendung des A. L. R. mit Vorsicht zu benutzen. — In ähnlicher Weise hat sich die Lehre von der Vertretung durch unfreie Personen nmgewandelt durch Untergang der Potcstas im Röm. Rechtssinne. Die Vertretung der Person bei Rechtsgeschäften durch von ihr juristisch Abhängige ist daher im A. L. R. von großer Unerheblichkeit. Aus die Fälle solcher Vertretungen verweist der §. 3.

161

Von Vollmachtsaufträgen.

sollen, in der Regelt ein ausdrücklicher Auftrag dessen, welcher

dadurch erwerben soll, erfordert.

Erster Abschnitt. Von Vollmachtsaufträgen^).

8. 5.

Die Willenserklärung, wodurch Einer dem Andern

das Recht ertheilt, ein Geschäft für ihn und statt seiner zu be­ treiben^), wird Auftrag oder Vollmacht genannt.

2) Der stillschweigende Auftrag macht die Ausnahme. Er setzt ein Verhältniß voraus, von welchem auf den Auftrag geschloffen wird. §§. 129 ff. Auch oben: Anm. zu §.45 Tif. 7. Ein ganz singnlairer Fall ist der deS §. 1060 Tit. 11. 3) Der Auftrag besteht in der Uebertragung und Uebernahme irgend einer Gcschäftsbcsorgung. Die zu besorgenden Geschäfte können sein: gemeine oderhandwerksmäßige Verrichtungen (§. ult. J. de mand. III, 26), deren Auf­ trag jedoch nach den Grundsätzen des A. L. R., wenn nicht ausdrücklich un­ entgeltliche Verrichtung übernommen ist, als unbenanntcr Kontrakt behandelt wird (Tit. 11 §8-871—874); Leistungen der Kunst und Wissenschaft; Rechtsgeschäfte. Auf übertragene Geschäfte rechtlicher Art bezieht sich hauptsächlich dieser Titel. Dabei kommen meistens drei Bcthciligte vor: der Auftraggeber, der Beauftragte und ein Dritter, mit welchem der Beauftragte das Geschäft abmachen soll. Nun kann die Stellung dieser drei Personen auf zweierlei Weise vorkommen. Entweder steht man so, daß der Auftrag lediglich zwischen dem Auftraggeber und Beauf­ tragten stehen bleibt. Dann entsteht ein Verhältniß, wie das Mandatsverhältniß im R. N. überhaupt aufgefaßt ist: der Beauftragte handelt im eigenen Namen mit dem Dritten; zwischen diesem und dem Auftraggeber entsteht kein Rechts­ verhältniß. Beispiele sind: der Auftrag, Bürgschaft zu leisten; einem Dritten zu kreditircn; eine Sache zu vertrödeln. (Tit. 11 §. 526.) Oder der Beauftragte soll die Person des Auftraggebers bei dem Dritten vertreten. Dann ist der Beauftragte eine bloße Mittelsperson und der Auftraggeber ist selbst der Kontra­ hent, wird mithin unmittelbar dem Dritten, mit welchem der Beauftragte das Geschäft schließt, verbindlich gemacht, erwirbt auch seinerseits unmittelbar die Rechte und Klagen aus dem Geschäfte gegen den Dritten. Zur Vermittelung eines solchen unmittelbaren Rechtsverhältnisses ist der Mittelsperson ein Ausweis (Legitimation) bei dem Dritten nöthig, womit ihn der Auftraggeber ausrüsten muß. Dieser Ausweis heißt Vollmacht und von solchen Vollmachlsaufträaen handelt dieser Abschnitt. Die Benennung ist ganz bezeichnend, sie enthält keine Tautologie. 4) Dieser Charakter des Mandats — Uebernahme der Besorgung fremder Gesckäfte — wird bei zusammengesetzten Rechtsgeschäften bisweilen verkannt. Beispiele solcher vermischten Geschäfte sind: a) Die Uebernahme des del credere. „Der Kommissionair, welcher mit dem Abschlüsse eines Waaren-Kaufs- oder Verkaufs-Geschäfts beauftragt worden ist, verliert selbst dadurch, daß er das del credere übernommen hat, noch nicht die Eigenschaft eines Bevollmächtigten des Kommittenten, und es kann ihm des­ halb die übliche Provision, so wie die Erstattung der verauslagten Mäkler­ gebühren nicht versagt werden. Das von ihm im Auftrage des Kommittenten mit einem Dritten eingegangene Geschäft läßt sich nicht so, als ob er eben dies Geschäft mit dem Kommittenten selbst" geschloffen hätte, betrachten." Pr. des Ob. -Tr. v. 22. Febr. 1850. (Entsch. Bd. XIX, S. 185.) Ein solches Auftrags­ geschäft ist nur mit einer Bürgschaft des Bevollmächtigten für den Dritten bei dem Machtgeber verbunden, wodurch das Hauptgeschäft nicht aufhört, Mandat zu sein. Vergl. u. die Anm. 37 zu 8- 61 d. T.

Koch, Allgemeines Landrecht. II.

11

162

Erster Theil. 8. 6.

Dreizehnter Titel.

Wird der Auftrag angenommen, so ist unter beiden

Theilen ein Vertrag vorhanden^"). Beimacht».

S-

1,f*i$enC' forderlich roevbt-

Wo nach den Gesetzen kein schriftlicher Kontrakt er-

ist; da ist der Vollmachtsvertrag für geschlossen

zu

achten, wenn der Eine den mündlichen Auftrag deS Andern auch

nur stillschweigend annimmt.

(Tit. 5, §§. 81, 82) s).

b) Die Verabredung in einem Kaufkontrakte, daß der Andere durch einen Makler die nicht gelieferte Waare anderweit solle ankaufen, beziehungsweise die.nicht abgenommene Waare solle verkaufen können. Dies ist ein Vollmachts­ vertrag. „Wenn bei einem Liefcrungsgeschäft die Bedingung gestellt ist, daß, falls einer von beiden Theilen seinen Verpflichtungen nicht Nachkommen sollte, der eine oder andere Theil berechtigt sein soll, die Sache durch cineu vereideten Mäkler sofort an- oder verkaufen zu lassen, und daß alsdann der dadurch entstaudene Preisunterschied nebst Kosten vom Besteller oder Lieferanten bezahlt werden müsse, so tritt diese Bedingung gegen den Besteller auch dann in Wirksamkeit, wenn der Lieferant die Waare von einem Dritten unter derselben Bedingung angekaust oder angeschafft hat, und auf des Letzteren Veranlassung der Verkauf durch einen Mäkler bewirkt worden ist," Pr. des Ob.-Tr. vom 17. April 1848. (Entsch. Bd. XVII, S. 184). Hier werden durch den Ankauf oder Verkauf die Geschäfte des Ändern besorgt, c) 4a) Die Ertheilung der Instruktion, auf welche im Auftrage Bezug ge­ nommen, ist kein wesentlicher Theil des Vollmachtsvertragcs. Pr. des Ob.-Tr. 2326, I, v. 31. Octobcr 1851. 5) Anm. 97 Nr. 1 zu §. 116 Tit 5. — Die Bestimmung des §. 7 bezieht sich lediglich auf das Verhältniß zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten, und betrifft die Frage: ob der Beauftragte verpflichtet sei, den übernommenen Auf­ trag auszuführen. Vorausgesetzt ist also, daß der Beauftragte noch nichts ge­ than hat. Soll der Beauftragte verbindlich gemacht werden, einen übernommenen Auftrag wirklich auszuführen, so muß er dies in vertragsmäßiger Form ver­ sprochen haben; sonst kann er die Geschäftsbesorgung willkürlich ablehnen. §. 159. WaS hier über die Form vorgeschrieben ist, enthält eine Anwendung, der allgemeinen Vertragsform. Hat aber der Beauftragte den Auftrag aus­ geführt, so kommt auf den Unterschied zwischen mündlichen und schriftlichen Ver­ trägen nichts an, vielmehr müssen nnn beide Theile alle Folgen unter sich gelten lassen. Daher ist a) einerseits der Mandatar schuldig, die in Folge des mündlichen Auf­ trages erworbenen Sachen dem Machtgeber zu überlassen; er kann nicht diesem den Ginwand entgegensetzen, daß der Gegenstand des von ihm ausgeführten Geschäfts einen schriftlichen Kontrakt erfordert habe, und daß ihm eine schriftliche Vollmacht nicht ertheilt worden. Pr. des Ob.-Tr. 1333, vom 8. September 1843. Dies gilt auch dann, wenn der Bevollmächtigte das Geschäft, welches Gegenstand deö Auftrags war, auf seinen Namen geschloffen hat. Pr. 2326, v. 31. October 1851. Auch die ältern Pr. v. 15. Mai 1840 (Schles. Arch. Bd. IV, S. 501) und vom 27. Mai 1842 (Entsch. Bd. VII, S. 368). Des­ halb kann der, welcher für sich und im Auftrage Anderer ein Grundstück kauft und dann dasselbe mit den Auftraggebern mittelst eines mündlichen Vertrages theilt, die übergebenen Theile aus dem Grunde, weil der Auftrag nur münd­ lich ertheilt war, nicht zurückfordern. (Schles. Arch. Bd. V, S. 434 ff.) — Andererseits kann auch b) der Beauftragte — Kommissionair — auch daun, wenn er zum An­ kauf von Waaren zum Werthe von mehr als 50 Rthlrn. bloß einen mündlichen Auftrag hatte, von deni Auftraggeber Erstattung der Auslagen, und als Kauf­ mann Provision fordern. Pr. des Ob.-Tr. 1569, vom 3. Mai 1845 (Entsch. Bd. XI, S. 375); u. Pr. vom 4. October 1847 Nr. II (Entsch Bd. XV S. 197); li. Pr. 1752 o. in der Anm. 38 zu §. 155 Tit. 5. Nicht weniger kann

Von Vollmachtsaufträgm. 8

8.

163

Doch kann auch in solchen Fällen, wo es unter den

handelnden Personen selbst eines schriftlichen Vertrags nicht be­

darf, ein Dritter, welcher mit dem Bevollmächtigten sich ein­ gelassen hat, auf Erfüllung deS mit selbigem geschlossenen Vertrags

gegen den Machtgeber nicht klagen, wenn der Bevollmächtigte nicht durch einen schriftlichen Auftrag desselben legitimirt gewesen ist°). Wohl aber kann er sich an den Bevollmäch­ halten'), und von diesem sowohl Schadloshaltung8 * ), ***67

8. 9. tigten

er Abnahme der in Folge des mündlichen Auftrages übernommenen Verbind­ lichkeiten fordern. In demselben Sinne hat sich schon die vorlandrechtliche Entsch. der Gcsetzkommission vom 3. December 1793 ausgesprochen. (Rabe Bd. II, S. 542). 6) Diese Beglaubigung ist das wesentliche Band zwischen dem Machtgeber und dem Dritten (Anm.. 3), in dessen Ermangelung dieser sich nur an seinen Kontrahenten halten kann. §. 9. Deshalb sollte folgerecht auch zur Leistung der Unterschrift unter einem Instrumente eine schrisliche Vollmacht erforderlich sein. Dies hat daö Ob.-Tr. mehrmals als Grundsatz anerkannt und angewendet. (Pr. v. 23 August 1845, Entsch. Bd. XII, S. 477; Pr. v. 3. August 1848, Entsch. Bd. XVIII, S. 207, Nr. III.) In Folge eines entstandenen Zweifels ist jedoch durch PL. -Bcschl. vom 22. April 1850 das Gegentheil angenommen worden (u. Anm. 11.) — Wenn in dem Vollmachtsauftrage auf eine besondere Instruktion Bezug genommen, so ist die Ertheilung der letzteren kein wesentlicher Theil des Vollmachtsauftrages selbst, sondern nur ein zur Ausführung des über­ tragenen Geschäfts erforderlicher Akt. Pr. des Ob.-Tr. 2326, v. 31. October 1851, (Entsch. Bd. XXII, S. 194.) 7) Die Anwendung dieser Vorschrift fällt fort, wenn, des Mangels der schriftlichen Vollmacht ungeachtet, der Dritte den Machtgebcr, sei cd wegen hinzugetrctener Genehmigung oder aus sonstigen Gründen, auf Erfüllung des mit dem Be­ vollmächtigten cingegangenen Vertrages hat in Anspruch nehmen können. Pr. des Ob.-Tr. 1152, v. 11. Juni 184&. (Entsch. Bd. IX, S. 229). Denn der Bevollmächtigte haftet nicht als Bürge; ist es also dem Dritten rechtlich möglich, den Auftraggeber als Kontrahenten zu belangen, so ist der Vermittler in gar keinem Verhältnisse zu dem Dritten. Aber die Anwendung dieses Rechtssatzes setzt den Fall voraus, daß der angeblich Beauftragte vor Abschließung deS Geschäfts sich als Geschäftsbesorger eines Andern ankündige, und nicht erst hinter­ drein sich durch die Ängabe, daß er für einen Andern gehandelt habe, heranSziehen wolle. Von dieser Art war der Rechtsfall, welcher dieses Pr. veranlaßt hat. Jemand hatte für 115 Rthlr. Schweine gekauft und übergeben erhalten, ohne zu sagen, daß er für einen Andern handele. Als der Abkäuser auf Be­ zahlung belangt wurde, gab er an, daß er für einen gewissen F. gekauft habe, dessen 'Genehmigung er beibrachte. Deshalb wurde der Verkäufer abgewicsen. Er wendete sich nun gegen den F. Dieser ließ sich in contumaciam verurtheilen, war aber vermögenslos und der Verkäufer verlor seine Schweine und auch seine Kausgelderforderuug. Er nahm nochmals den Abkänfer auf Grund des Umstandes, daß er ihn davon, daß er nur als Beauftragter auftrete, nicht in Kenntniß gesetzt habe, auf Schadloshaltung in An­ spruch, und der Appeltationsrichtcr fand den Anspruch begründet. Ob diese actio in factum statthaft sei, kann dahingestellt bleiben, es gehört aber schon zur Eingehung des Rechtsverhältnisses selbst, daß der Verkäufer in die Lage ge­ setzt werden mußte, sich frei zu bestimmen: ob er mit dem versteckten Dritten sich einlaffen wollte oder nicht. Was der Abkäufer bei sich dachte oder meinte, war für den Verkäufer nicht vorhanden. Wer nicht sagt, daß er für einen Andern auftritt, der handelt für seine Person. Deshalb war schon die Ent-

164

Erster Theil.

als9 * )* * * Abtretung *8

seiner

Dreizehnter Titel. Rechte

an

den

Machtgeber10)11 12

fordern. 8- 10. Der Machtgeber kann, auch in diesem Falle, gegen den Dritten, mit welchem der Bevollmächtigte in seinem Namen gehandelt hat, klagen"). §. 11. In Fällen, wo die Gesetze überhaupt einen schrift­ lichen Vertrag erfordern , vertreten die Ertheilung einer schrift­

lichen Vollmacht von der einen, und deren auch nur stillschweigend geschehene Annahme von der andern Seite, die Stelle desselben").

schciduug des Vorprozeffcs nicht recht. Das Ob.-Tr. meinte jedoch, man brauche seinen Kontrahenten nicht zu kennen; es genüge, wenn nach abgeschlossenem Ge­ schäfte ein Dritter herbeikomme und sage: er sei der Mandant; denn nun könne der Machtgeber unmittelbar in Anspruch genommen werden. Das widerspricht dem Rechtsgrundsatze des §. 154 schnurstracks.

8) Für was? Dafür, daß der Dritte sich nicht an den Macktgebcr halten kann. Denn in diesem Falle, welcher voraussetzt, daß der Beauftragte im Namen des Dritten aufgetreten ist und gehandelt hat — fällt das abgeschlossene Geschäft zusammen (§§. 128 n. 171), der Dritte kann daher von dem Bevollmächtigten Ersatz für den ihm daraus entstehenden Schaden fordern. Keineswcges aber ist der Beauftragte ihm für das Interesse wegen der Nichterfüllung des Vertrages zu haften verbunden, sonst würde er eben als Kontrahent behandelt werden, was das Gesetz nicht will. Vergl. u. die Anm. 61 zu §. 96.

9) Der Beauftragte wird befreit durch das Eine oder das Andere. der Dritte kann fordern, welches von Beiden er will.

Aber

10) Diese Rechte bestehen darin, daß der Beauftragte Ersatz der geleisteten oder schuldigen Schadloshaltung von dem Machtgeber fordern kann. Mehr er­ langt der Dritte auch nicht durch die Abtretung Mer Rechte, insbesondere kommt er dadurch nicht dahin, von dem Machtgeber die Erfüllung des von dem münd­ lich Beauftragten für ihn geschlossenen Vertrages zu fordern. 11) Dabei wird vorausgesetzt, daß das Geschäft zwischen dem Beauftragten und dem Dritten formgemäß geschlossen worden ist. Das negotium ist dann elaudicans. Hinsichtlich der dann noch erforderlichen Genehmigung des Machtgcbers hat die Praris folgende Rcchtssätze angenommen: Auch bei Gegenständen über 50 Rthlr. ist ein, von dem mündlich Bevoll­ mächtigten Namens des Machtgebers mit einem Dritten in gültiger Form ge­ schloffener Vertrag für dm Dritteu bis zur erfolgten Erklärung des Machtgebers verbindlich, und erhält durch die Genehmigung des Letzteren für beide Theile vollständige rechtliche Wirksamkeit. Pr. des Ob.-Tr. 1240, vom 17. December 1842. — Streitig war die Form der Genehmigung in solchem Falle, wodurch folgender Pl.-Beschl. (Pr. 2196) des Ob. -Tr. vom 22. April 1850 veranlaßt worden ist: „Eine vertragsmäßige Verbindlichkeit aus einem, von dem Bevoll­ mächtigten abgeschlossenen Geschäfte, wenn derselbe in Fällen, wo es eines schrift­ lichen 'Vollmachtsvertrages bedurfte, ohne schriftlichen Auftrag, jedoch in der gesetzlichen Form gehandelt hat, — kann nicht nur durch eine schriftliche, sondern auch durch eine mündlich oder stillschweigend erklärte Genehmigung des Macht­ gebers dem Dritten gegenüber entstehen." (Entsch. Bd. XIX, (5. 29.) S. jedoch ii. die Anm. 9 zu §. 148 d. T. Eine solche bindende Genehmigung ist es denn auch, wenn der Machtgeber aus dem Rechtsgeschäfte klagt. 12) Doch nur zur Beglaubigung des Bevollmächtigten und zur Herstellung

Von Vollmachtsaufträgen.

165

§. 12. So lange aber ein Abwesender, dem eine Vollmacht zugeschickt worden, sich über die Annahme derselben noch nicht erklärt"), oder doch davon noch keinen Gebrauch gemacht hat"), ist der Vertrag noch nicht für geschlossen zu achten. §. 13. Personen, welche zu Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellt worden1 s), können dieselben nicht anders, als aus erheblichen Ursachen, die sie sogleich anzuzeigen schuldig huldig fei. sind, ablehnen. §. 14. Verzögern sie ihre Antwort, so wird die Vollmacht für angenommen geachtet, und sie werden dem Machtgeber eben so verhaftet, als wenn sie zur Uebernehmung des Auftrags sich ausdrücklich erklärt hätten. §. 15. Auch diejenigen, welche aus Uebernehmung gewisser Arten von Aufträgen, gegen Belohnung, ein Gewerbe machen, sind, wenn sie dergleichen an sie ergehenden Auftrag ablehnen wollen, dem Machtgeber davon sofort Anzeige zu machen ver­ bunden. §'. 16. Unterlassen sie dieses, so findet auch gegen sie die Vorschrift deS §. 14 Anwendung. §. 17. Die Fristen, binnen welchen dergleichen Personen (§§. 13, 15) über die Ablehnung eines ihnen geschehenen Auftrags sich erklären müssen, sind nach den Tit. 5, §§. 90 sqq. gegebenen Regeln zu bestimmen""). §. 18. Alle Privatgeschäfte, die Jemand selbst vorzunehmen^A“®“ _________

eines Aber wenn Anm.

unmittelbaren Verhältnisses zwischen dem Machtgeber und dem Dritten. dazu, um den Bevollmächtigten verbindlich zu machen, das Geschäft, auch er seine Gesinnung geändert hätte, zu besorgen, genügt diese Form nicht. 5 u. §. 159.

13) Wenn er sich zustimmend erklärt hat, ohne doch gleichwohl eine Ver­ bindlichkeit zu übernehmen, so kann er dennoch widerrufen. S. die vor. Anm.

14) Hat er davon Gebrauch gemacht, so hindert ihn ein anderer Grund, nach Willkür jeden Augenblick seine Thätigkeit wieder cinznstellen: die Unzeitigkeit. §. 172. 15) Z. B. Rechtsanwälte, Mäkler, Spediteure, Gesindevermiether und dgl. Gegen die s. g. Kommissionaire ist schon das R. vom 22. November 1809 (Mathis Bd. VIII, S. 559) gerichtet.. Jetzt ist deren Verhältniß durch die Gewerbeordnung geregelt. Alle diese öffentlich als befähigt bezeichnete Personen nehmen zu dem Machtgcber nicht die Stellung eines Staatsbeamten ein, sondern kontrahiren durch die Uebernahme eines Auftrags ein reines Privatvcrhältniß. Da­ her sind z. B. die Manualakten eines Rechtsanwalts nicht dessen oder des Staats Eigenthum, sondern des MachtgebcrS. Pr. des Ob.-Tr. vom 22. April 1844. (Entsch. Bd.X, S. 136.) 15a) Die Verspätung der Ablehnung hat nicht Unzulässigkeit der Ablehnung, sondern nur Schadensersatz zur Folge, wie eine unzcitige Aufsagung.

eine« Voll-

166

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

machttau/. berechtigt»«) ist, können von ihm in der Regel auch einem An-

konnc.

bern übertragen werden. §. 19.

In wiefern, bei Civil- und Criminalprozessen, die

Vertretung der Parteien durch Bevollmächtigte stattfinde, ist in der Prozeß- und Criminalordnung ”) bestimmt. Welche Auf.

§. 20.

Was Rechtens sei, wenn unerlaubte Geschäfte An-

ürernommendern aufgetragen worden, ist im Sechsten Titel 8. 51 sqq. vor-

Men.

geschnoben"). 8. 21.

Sobald der Vortheil deS Machtgebers mit dem Vor­

theile deS Bevollmächtigten in Widerspruch kommt, darf dieser den Auftrag weder annehmen noch behalten.

§. 22.

Eben so wenig kann ein Bevollmächtigter Aufträge

verschiedener Personen, deren Interesse einander entgegen läuft,

annehmen19). 8 23. Personen, welche nach 8.

13 zu Besorgung

ge­

wisser Angelegenheiten öffentlich bestellt sind, müssen in dem Falle

16) Und befähigt ist. Der Röm. Grundsatz ist: welche Rechtsgeschäfte Jemand in Person zu vollziehen fähig ist, kann er in der Regel auch durch seinen Stellvertreter besorgen lassen. §. 8 pr. D. de proc. (III, 3); L. 17 §. 20 D. de injur. (XLVII, 10.) Dieser ist hier ausgenommen. Der Auftrag selbst kann wieder Gegenstand eines Auftrags, den der Beauftragte einem Dritten giebt, sein, ohne daß dazu dH erste Machtgeber seine Genehmigung zu geben braucht; eben so die Annahme eines MondatS eines Dritten für den Machtgeber. Vergl. Entsch. deS Ob.-Tr. vom 25. Juni 1847. (Rechtsf. Bd. II, S. 39). 17) V. v. 3. Januar 1849 u. Ges. v. 3. Mai 1852.

18) Dort ist nur von dem Verhältnisse des Machtgebers und Beauftragten einerseits und dem Dritten andererseits Rede. Aber der Rechtsgrundsatz, daß unerlaubte Geschäfte nicht beauftragt werden können, bedeutet, daß zwischen dem Machtgeber und dem Beauftragten kein Rechtsverhältniß durch einen solchen Auf­ trag entsteht. Wenn also z. B. Jemand einem Andern aufträgt, bei einer öffent­ lichen Licitation die Bictlustigen, zu seinem Vortheil, abzufindcn und dadurch vom Mitbieten abzuhalten; oder wenn Jemand einen Andern beauftragt, für ihu ein ausländisches Lotterieloos zu kaufen und der Andere diesen Auftrag aus­ richtet ; so hat dieser wegen seiner Aufwendungen keinen Anspruch an den Auftraggeber.

19) Das liegt in der Natur der Stellvertretung einer Person. Davon giebt cs gar keine vernünftige Ausnahme. Denn kein Mensch kann mit sich selbst kontrahiren. S. o. Anm. 2 zu §. 1, Tit. 5. Bei einem Rechtsgeschäfte, wodurch Jemanden der Auftrag, einen Kauf zu vermitteln oder zu Stande zn bringen, gegen Vergütung ertheilt wird, bleiben die Vorschriften von Vollmachtsaufträgen, insbesondere der §. 22 d. T., und zwar dieser, wenn ein Fall kollidirender Interessen vorliegt, nicht außer An­ wendung.» Pr. des Ob. - Tr. 1687, vom 30. Januar 1846. Der Fall ist fast gcwöhujich bei der Laudgütermäkclci, daß der Gutsmäklcr von beiden Theilen Versprechungen anuimmt. 'Der Grundsatz des Pr. 1687 ist wiederholt ausgesprochen iu der Etttsch. des Ob.-Tr. v. 23. März 1852 (Entsch. Bd. XXIII, S. 308).

Vo» Vollmachtsaufträgen.

167

deö §. 22 den ersten Auftrag, den sie einmal übernommen haben,

behalten2 °). §. 24.

Andern steht eS frei, nach gehörig erfolgter Auf­

kündigung des früheren Auftrages, den spätern zu übernehmen.

8. 25.

Behält in den Fällen deS §. 21, 22 der Bevoll­

mächtigte den Auftrag, ohne die Beschaffenheit der Sache seinem Machtgeber zur gehörigen Zeit (§. 17) treulich anzuzeigen, so haftet er demselben.für allen daraus entstehenden Schaden.

8- 26.

UeberdieS kommt in dem Falle deö 8. 21 alles, waö

der Bevollmächtigte gethan hat, so weit es Vortheilhaft ist, ledig­

lich dem Machtgeber zu gute.

8- 27.

In dem Falle des 8. 22 sind die Handlungen deö

Bevollmächtigten zum Vortheile dessen, für welchen er daö Ge­

schäft wirklich besorgt hat, gültig, wenn nicht derselbe sich eines Verständnisses

mit dem Bevollmächtigten,

zur Verkürzung der

Andern, schuldig gemacht hat2'). §. 28. In beiden Fällen 88. 21, 22 steht das unerlaubte

Verhalten des Bevollmächtigten, in Uebernehmung solcher Auf­

träge, dem Dritten, welcher sich redlicher Weise mit ihm einge­

lassen hat, in Ansehung deS Machtgebers nicht entgegen. 8. 29.

Nur soweit sich Jemand überhaupt verbindlich machen träge machen

---------------------------

und über­

nehmen

20) Ein Rechtsanwalt, welcher in der frühern Instanz einer Partei bedient können^), gewesen, kann, wenn er auch das Mandat aufgcgeben hat, nicht als Anwalt der Gegenpartei in den folgenden Instanzen oder überhaupt behufs Einwen­ dung eines ordentlichen oder außerordentlichen Rechtsmittels in demselben Pro­ zesse zugelaffcn werden; doch bleiben die von ihm für den Machtgeber besorgten Geschäfte nach §. 27 gültig. Pr. des Ob.-Tr. 359, v. 28. Oktbr. 1837. Das Gleiche muß auS gleichen Gründen auch für das Separatum gelten, welches nur der zweite. Theil des ganzen Rechtsstreits ist. Auch nach erfolgter Abwei­ sung zur Zeit oder angebrachtermaßen verträgt sich die Ablehnung des Mandats und die Uebernahme der Stellvertretung der Gegenpartei in der von Neuem anhängig gemachten Sache nicht mit Treu und Glauben. 21) Einen Fall der Anwendung dieser Vorschrift ergiebt die vor. Anm. — Wie man fich aber überhaupt den Fall des §. 27 zu denken habe, ist zweifel­ haft, wenn man nicht gerade den eines Kommissionairs (Anm. 19) im Sinne gehabt hat. Wenn ein solcher z. B. den Auftrag erhält, ein Gut au einen noch unbekannten Käufer zu verkaufen, und er von Jemand den Auftrag hat oder er­ hält, dasselbe Gut zu kaufen, und in Folge dessen entweder als Stellvertreter des Verkäufers mit dem Käufer selbst, oder umgekehrt als Stellvertreter des Käufers mit dem Verkäufer das Geschäft abschließt, so ist dasselbe, nach dieser Vorschrift, gültig, wenn keine Kollusion vorgefallen ist. Wie aber soll in diesem Falle die Kollusion aufgefaßt und nachgewiesen werden? Die Umstände müssen es ergeben. 22) Das Marginale steht in der ersten authentischen Ausgabe des Gesetz­ buchs ganz richtig neben dem §. 29; in späteren Ausgaben ist es auS Versehen neben §. 28 gesetzt.

168

Erster Theil. Dreizehnter Titel.

kann, wird er durch Ertheilung oder Annahme eines Auftrag­ verpflichtet. §. 30. Wer sich selbst zu verbinden unfähig ist, kann den­ noch durch gehörige Ausrichtung eines aufgetragenen Geschäfts, Rechte gegen seinen Machtgeber erwerben. 8. 31. Rechte2»), die einem gewissen Stande oder Gewerbe eigen sind, können Andern nicht aufgetragen, noch von denselben übernommen werden. 8. 32. Mit einem Bevollmächtigten, welchem die zu Schließung gültiger Verträge erforderlichen Eigenschaften ermangeln23 24), ist ein Dritter sich einzulassen nicht schuldig. §. 33. Hat er es aber gethan, so ist daS von dem Bevoll­ mächtigten seiner Vollmacht gemäß abgeschlossene Geschäft, sowohl für den Machtgeber, als für den Dritten, der Regel nach ver­ bindlich. §. 34. Stand jedoch dem Bevollmächtigten bei Uebernehmung eine- solchen Geschäfts ein Verbotsgesetz entgegen, so ist das Ge­ schäft nichtig. §. 35. Ist aus dem Mangel der Erfordernisse bei dem Be­ vollmächtigten, dem Machtgeber, oder einem Dritten, welcher mit demselben sich eingelassen hat, ein Schade entstanden, so muß die Befugniß des Beschädigten, Ersatz aus dem Vermögen des Be-

23) Nämlich die Ausübung oder Wahrnehmung derselben; denn es ist hier überhaupt nur von der Geschäftsbesorgnng Rede. ' Dergleichen Rechte, welche nicht durch Stellvertreter ausgeübt werden können, sind z. B. gewisse politische Rechte, etwa das Wahlrecht. "Was die gewerblichen Rechte betrifft, so ist die Vorschrift in ihrer Allgemeinheit nicht zu nehmen. Ein Rechtsanwalt kann sehr wohl die Vertretung eines andern Rechtsanwalts in seinen Geschäften übernehmen; desgleichen ein Arzt die eines andern Arztes u. s. w., wie es im Leven auch täg­ lich vorkommt. Vgl. die Gewerbeordnung v. 17. Jan. 1845, §§.51 —55, 63.

24) Unverheiratete Frauenspersonen sind nicht solche Personen, und Ehe­ frauen erhalten die fragliche Eigenschaft durch die Genehmigung der Vollmacht von Seiten des Ehemannes, müssen mithin dann auch zur Geschäftsbesorgung zugelassen werden. R. v. 28. Novbr. 1825 (Jahrb. Bd. XXVI, S. 381). — Wenn eine solche Bevollmächtigte ein Geschäft vollzieht, wozu die allgemeine Handlungsfähigkeit der Frauen nicht ausreicht, und deshalb eine besondere Form vorgeschneben ist, wie namentlich Jntercessionen, so ist doch nur die allgemeine Form anzuwenden. Denn ist der Auftraggeber zur Uebernahme einer Bürg­ schaft in seinem Namen eine Mannsperson, so bedarf es der für Bürgschaften der Frauen vorgeschriebencn Spezialform überhaupt nicht; und ist.er eine Frauens­ person, so muß diese besondere Form schon bei Ertheilung der Vollmacht beob­ achtet worden sein; denn die Anwendung derselben auf den Stellvertreter würde zwecklos sein,

Von VoÜmachtsaufträgen.

169

vollmächtigten zu fordern, nach den im Fünften Titel §. 31 sqq. vorgeschriebenen Regeln beurtheilt werden. §. 36. In Fällen, wo der Dritte Schadloshaltung auö dem Vermögen deS Bevollmächtigten zu fordern berechtigt ist, muß bei dem Unvermögen deö Letztem derjenige, welcher wissentlich einen Unfähigen zum Bevollmächtigten bestellt hat, dem Beschä­ digten haften. 8- 37. Wer einen Auftrag angenommen hat, ist ihn in der Wo«. Regel selbst auSzurichten verbunden. 8. 38. Ueberträgt er das Geschäft25), ohne Einwilligung zwischtll dem deS Machtgebers, einem Andern: so muß er für die Handlungen und Bevoll. und Versehen2«) desselben, wie für seine eigenen, haften. 8. 39. Hat aber der Machtgeber dem Bevollmächtigten die silbstittliren/ Wahl eines Substituten ausdrücklich gestattet, so haftet der Be­ vollmächtigte bloß für ein bei dieser Auswahl 27) 28 begangenes grobes oder mäßiges Versehen. 8. 40, Uebrigens finden alsdann2«) zwischen dem Macht-

25) Die Uebertragung der Geschäftsbesorgung ist nicht als (Session aufzu­ fassen, im Gegentheil, der Substitut hat die rechtliche Eigenschaft eines Bevoll­ mächtigten des Substituenten. Zwischen ihm und dem Machtgeber seines Macht­ gebers besteht gar kein Rcchtsverhältniß. Deshalb hat keiner von Beiden au den Andern einen Rechtsanspruch aus dieser Geschäftsbcsorgung, auch nicht aus der bloßen negotiorum gestio (von in rem versio kann ohnehin nicht Rede sein); denn der Substitut hat lediglich aus Auftrag seines Machtgebers gehan­ delt und nicht fremde Geschäfte ohne Auftrag besorgt. Hiernach ändert sich das, was ich in meinem Priv. R. §. 657 kurz angedeutet habe. Uebrigens sind die Meinungen hierüber verschieden, auch unter den gemeinrechtlichen Juristen. Die L. 28 D. de negot. gest. (III, 5), aus welche man die Meinung stützt, daß der Machtgeber zu dem Substituten in dem Verhältnisse der Geschäftsführung ohne Auftrag stehe, sagt davon gar nichts. — Hat aber der Machtgeber Voll­ macht rur Ernennung "eines Substituten gegeben, so ist der Substitut, wenn auch dessen Person erst von dem Bevollmächtigten bestimmt ist, eigentlich der zweite (eventuelle) Bevollmächtigte des Machtgcbers. §. 40. 26) Aber nicht für den Zufall. Denn die Substitution ist an und für sich nicht eine solche von den Gesetzen gcmißbilligte Handlung, daß gemäß §. 13 Tit. 3 der Zufall vertreten werden müßte. Pr. des Ob.-Tr. 1397, v. 6. Jan. 1844 (Entsch. Bd. IX, S. 370). 27) Dies setzt voraus, daß ihm die Eigenschaften der gewählten Person bekannt waren oder hätten bekannt werden können, wenn er sich danach gehörig erkundigt hätte. Wer also eine ihm unbekannte Person ohne alle Erkundigung annimmt, ist fahrlässig. Außerdem ist derjenige, welcher ohne ausdrückliche Auto­ risation einen Stellvertreter für sich annimmt (§. 46, 47), zur Beaufsichtigung verpflichtet. 28) In diesem Falle, und nur in diesem, stehen der Machtgeber und der Substitut in einem unmittelbaren Verhältnisse. Anm. 25.

170

Erster Theil. Dreizehnter Titel.

geber und Substituten eben die Rechte und Pflichten statt, wie zwischen ersterem, und dem unmittelbaren Bevollmächtigten. 8. 41. Geschäfte eines öffentlichen Amts soll Niemand eigen­ mächtig einem Andern an seiner statt Aufträgen2 9). 8- 42. Ist es dennoch geschehen; so sind die Handlungen deS Substituten nichtig, und er sowohl, als sein Machtgeber, hasten einer für beide und beide für einen, wegen alles daraus entstandenen Schadens. 8- 43. War jedoch der Substitut zur Verrichtung von Amtshandlungen dieser Art an sich qualifizirt: so wird zwar da­ durch, daß der, welchem das Geschäft eigentlich oblag, ihn dazu eigenmächtig substituirt hat, die Handlung selbst noch nicht un­ gültig. 8. 44. Derjenige aber, welcher sich eine solche eigenmäch­ tige Substitutiv» angemaßt hat, soll, nach Bewandtniß der Um­ stände, mit verhältnißmäßiger Geld oder Gefängnißstrafe belegt werden. §. 45. Auch von dieser Strafe bleibt ein Beamter frei, welcher durch Krankheit oder andern Zufall, die Geschäfte seines Amts zu verwalten, auf eine Zeitlang außer Stand gesetzt wor­ den, und auf so lange, bis von seinem Vorgesetzten, wegen einst­ weiliger Versetzung desselben, Anstalten getroffen worden, solche Amtshandlungen, die keinen Aufschub leiden, Andern, welche zu Geschäften von gleicher Art öffentlich bestellt und verpflichtet sind, aufgetragen hat. 8- 46. Ist ein aufgetragenes Geschäft von der Art, daß der Bevollmächtigte selbiges ohne Beihülfe anderer Personen nicht vollziehen kann2»); so haftet er für seine Gehülfen nur so weit,

29) Die Vorschriften der §§. 40—45 gehören nicht in das Privatrecht. 30) Z. B. ein General-Bevollmächtigter, dessen Vollmacht mit auf Wahr­ nehmung der Gerechtsame des Mandanten in Prozessen gerichtet ist, ist auch dann, wenn die Vollmacht die Befugniß zu substituiren nicht ausdrücklich enthält, zur Substitution eines der bei dem Ob.-Tr. angestellten Rechtsanwälte zur Wahrnehmung der Gerechtsame seines Mandanten in den bei dem Ob. - Tr. schwebenden Prozessen befugt, weil zu einer solchen Substitution keine Spezial­ vollmacht erforderlich ist und der General-Mandatar das Geschäft nicht in Per­ son verrichten kann. Pr. des Ob.-Tr. 2033, vom 20. Juli 1848. Denn in diesem Falle kann der Machtgeber nicht lediglich auf den Beauftragten und dessen persönliche Eigenschaften allein-gerechnet, sondern nur erwartet haben, daß der Beauftragte soviel ihm möglich persönlich verrichten, im Uebrigen aber sich tüch­ tige Hülfe verschaffen werde.

171

Von Vollmachtsaufträgen.

als ihm ein mäßiges Versehen bei der Auswahl, oder

bei der

Aufsicht über sie, zur Last fällt. 8. 47. Ein Gleiches findet statt, wenn der Bevollmächtigte,

bei eintretenden persönlichen Verhinderungen, zur Besorgung eines Geschäfts, welches keinen Verzug leidet, sich anderer Personen bedient hat. §. 48.

Wer aber ohne Noth sich fremder Beihülfe zu einem

ihm aufgetragenen Geschäfte bedient, haftet für allen durch solche

Gehülfen verursachten3') Schaden. §. 49. Von der zur Ausrichtung des Geschäfts ertheilten bestimmten Vorschrift deS Machtgebers darf der Bevollmächtigte Bc»°llma-h.

aus eigener Macht nicht abgehen. 8- 50. Ist dieses geschehen, so haftet er dem Machtgeber für allen daraus entstandenen Schaden 31 32).33

8. 51. Hat der Bevollmächtigte, der Abweichung ungeachtet, das Geschäft selbst zum Nutzen deS Machtgebers auSgerichtet, und dieser will den Vortheil daraus sich zueignen: so muß er auch die

Abweichung genehmigen.

z. 52.

Bei übertretener Vorschrift gilt die Vermuthung, daß

der sich ergebende Schade durch die geschehene Abweichung ver­ ursacht worden. 8. 53.

Einschränkungen und Ausdehnungen der Vollmacht,

welche nach der Natur des Geschäfts, oder der bekannten Absicht

deS MachtgcbcrS, nothwendig finb3 3), können nicht alö unerlaubte

Abweichungen von der gegebenen Vorschrift angesehen werden.

8. 54.

Für den AuSgang deS Geschäfts hastet der Bevoll- c^®°bici

Berschens,

31) Wenn auch aus einem nur geringen Versehen. den durch Zufall entstandenen Schaden.

Aber doch nicht für

32) Ein Kommissionair, der eine Waare unter dem ihm gestellten Limitum verkauft, ist, wenn der Kommittent den limitirten Betrag einklagt, und jener da­ für aufzukommen sich nicht für schuldig achtet, weil das Limitum nicht zu er­ reichen , der Verkauf aber dennoch Vortheilhaft für den Kommittenten gewesen, diese Weigerung als eine Einrede zu begründen und zu beweisen verpflichtet Pr. des Öb.-Tr. v. 24. Jan. 1848 (Entsch Bd. XV[, S. 159).

33) Hiernach ist anzunehmen, daß ein Kaufmann, welcher einen andern Kaufmann ersucht hat, ihm wegen einer Quantität Waaren, die er zur See be­ ziehen will, bei einem dritten Handlungshause Kredit zu verschaffen und von diesem Handlungshause die Affckuranz des imaginairen Gewinns besorgen zu lassen, denjenigen, welchen er hierum ersucht hat, auch beauftragt habe, die Ver­ sicherung der Waaren selbst von jenem Handlungshause besorgen zu lassen. Pr. des Ob,-Tr. v. 1806 (Mathiö Bd. HI, S. 523).

172

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

dn Bw!n. wächtigte nur in so weit, als er bei der Uebernehmung oder AuS-stkn nmß. richtung desselben ein Versehen begangen hat. §. 55.

In der Regel ist der Bevollmächtigte,

bei Voll­

ziehung deS Auftrags, zu demjenigen Grade des Fleißes und der

Aufmerksamkeit, welchen er in seinen eignen Geschäften derselben

Art anzuwenden pflegt34), verpflichtet. §. 56. Kann hiernach der Grad seiner Verantwortlichkeit

nicht auSgemittelt werden; oder hat er den Auftrag gegen Be­ lohnung übernommen: so muß jedes mäßige Versehen überhaupt33)

von ihm vertreten werden. §. 57.

Hat er den Auftrag als Kunst- oder Sachverständiger

übernommen: so haftet er auch für ein geringes Versehen.

§. 58.

Doch ist der Kunstverständige, welcher einen Auf­

trag ohne Vergeltung übernommen hat, nur für ein mäßiges Ver­ sehen zu haften schuldig. 8. 59. In allen Fällen , wo die Ausführung des Geschäfts durch Zufall verhindert, oder aufgehalten wird, muß der Bevoll­ mächtigte seinen Machtgeber davon zeitig benachrichtigen.

§. 60.

Ueberhaupt muß er, während des Laufs des Ge­

schäfts, dem Machtgeber über die jedesmalige Lage desselben, auf Rechenschaft

Erfordern, treulich Auskunft geben. S- 61. Nach vollendetem Geschäfte ist er demselben über

ih'b’Ä dessen Ausführung Rechenschaft33) abzulegen verpflichtet3 ?). mächtiqte dem 9)?ad)t* fteber ver­ nichtet ist. 34) Darin weicht das L. R. von dem R. R. ab. Das R. R. geht davon aus, daß eine Gcschäftsbesorgung nicht ohne Sorgfalt des Geschäftsführers Wohl gelingen könne; es nimmt deshalb an, daß derjenige, welcher sich zur Ueber­ nahme eines fremden Geschäfts versieht, sich zur Anwendung alles Fleißes ver­ bindlich gemacht habe. Die Verf. des L. R. legen darauf kein Gewicht; sie haben durch die Vorschrift dieses §. ungeordnet, daß her Machtgeber sich mit dem, dem Beauftragten gewöhnlichen Grade von Sorgfalt begnügen müsse, vor­ ausgesetzt, daß das Rechtsgeschäft reines Mandat ist. Findet ein Gedinge(MiethS-) Verhältniß statt, so gilt die Regel, daß der Geschäftsführer schlecht­ hin ein mäßiges Versehen vertreten muß. §. 56. Uebrigens sind bei zusammen­ gesetzten Rechtsgeschäften, z. B. bei einem aus Mandat und Depositum gemisch­ ten Auftrage, die einzelnen, jedem dieser verschiedenen Rechtsgeschäfte angehörigen Handlungen zu unterscheiden und nach den Grundsätzen von demjenigen Geschäfte, welchem sie angehören, zu beurtheilen.

35) Die prozessualische Stellung ist diese: Der Machtgeber kann Verant­ wortung für ein mäßiges Versehen fordern; der Beauftragte, wenn er ohne Ver­ geltung die Geschäftsbesorgung übernahm, hat den Einwand, daß er die Sorg­ falt angewendet habe, welche er in seinen eigenen Geschäften anzuwenden Pflege; er muß mithin denselben gehörig begründen und beweisen. 36) Die in den §§. 158 und 159 Tit. 14 bestimmte fünfjährige Frist findet keine Anwendung auf diejenige Rechenschaft, welche ein Bevollmächtigter nach

Von Vollmachtsaufträgen.

173

8. 62. Alle Vortheile, welche aus dergleichen aufgetrage­ nem 38)39 Geschäfte entstehen, kommen, so weit nicht ein Anderes verabredet worden, dem Machtgeber allein zu statten33).

vollendetem Geschäfte bei einem einzelnen bestimmten Auftrage abzulegen ver­ pflichtet ist, wenn dieser Auftrag auch die Erhebung von Geldern und deren Verwahrung, Verwendung und Auszahlung zum Gegenstände hat. Pr. des Ob.-Tr. 1892, v. 11. Juni 1847, und Pr. v. 22. April 1839. (Entsch. Bd. IV, S. 343.) Die Rechenschaft, welche ein Bevollmächtigter dem Auftraggeber über die Vollziehung des Auftrages zu geben verpflichtet ist, bringt es nicht mit sich, daß der Bevollmächtigte unter allen Umstanden eine förmliche, mit bündigen Belägen versehene, Rechnung zu legen, d. h. daß er allemal seine Angaben zu beweisen habe. Denn die §§. 61 und 62 entscheiden nicht über das Prinzip der Beweis­ last; vielmehr kommt cs in jedem besonderen Falle aus die Beschaffenheit der Rechenschaft und den rechtlichen Gehalt der dagegen gemachten Ausstellungen an, um über die prozessualische Stellung der Angaben und der Einwendungen da­ gegen zu entscheiden. Vergl. die Entsch. des Ob.-Tr. vom 4. Februar 1848. (Rechtsf. Bd. III, S. 389.) Der Anspruch auf Ablegung der Rechenschaft über die Ausführung eines Auftrages an die Gesammtheit der Berechtigten kann auch von einem einzelnen Miterben des verstorbenen Machtgebers gegen dessen Bevollmächtigten geltend gemacht werden. Pr. des Ob.-Tr. vom 25. Febr. 1850 (Entsch. Bd. XIX, S. 213) und Pl.-Beschl. (Pr. 2325) v. 1. Decbr. 1851 (Entsch. Bd. XXII, S. 136).

37) Diese Verpflichtung hat auch bei dem s. g. Kommissionsgeschäfte del credere der Kommisfionair gegen den Kommittenten, denn es finden auch auf derartige Geschäfte die Vorschriften, die für den Vollmachtsauftraa gegeben sind, Anwendung. Pr. des Ob.-Tr. v. 3. Oktbr. 1850 (Entsch. Bd.xX, S. 159). Vergl. o. die Anm. 4 zu §. 5 d. T. 38) Der Auftrag ist der Grund der Erwerbung für den Machtgeber, die Geldmittel, welche der Bevollmächtigte von dem Machtgeber zu einem andern Zwecke in Händen hatte und zu einem ihm nicht ausgetragenen Geschäfte ver­ wendete, thun dazu nichts. Hierauf beruhet die, dem Ausspruche der früheren Richter widersprechende Entscheidung des Ob.-Tr.,- v. 7. Decbr. 1809: daß ein Lotteriegcwinn Eigenthum der Ehefrau wird, wenn dieselbe das LooS gekauft, das Einsatzgeld aber von dem, ihr von dem Manne zur Bestreitung der Wirthschastskosten anvertrautem Gelde bezahlt hat. (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 303). 39) Der Machtgeber, dessen Bevollmächtigter auf Grund des erhaltenen Auftrages eine Sache von einem Dritten im eigenen Namen erkauft hat, erwirbt durch die in Folge eines solchen Vertrages an den Bevollmächtigten geschehene Uebergabe der Sache nicht sofort das Eigenthum derselben, sondern erlangt nur das persönliche Recht, von dem Bevollmächtigten die Uebergabe des Eigenthums an ihn zu fordern. Pl.-Besebl. (Pr. 2052) des Ob.-Tr. vom 2. Oktbr. 1848 (Entsch. Bd. XVII, S. 19). Vorher hatte man den entgegengesetzten Grund­ satz bei dem Ob. - Tr. mehrmals ausgesprochen und angewendet. (Entsch. Bd. VII, S. 371; Rechtsf. Bd. III, S. 48; Schles. Arch. Bd. IV, S. 434.) Der Plenarbeschl. gründet sich hauptsächlich auf den von natürlichen Erwerbungen (Anm. 1 zu §. 1 d. T.) geltenden Grundsatz des R. R., daß wenigstens der Tradent die Absicht haben muß, das Eigenthum durch Tradition auf den Machtgeber, nicht auf den Mandatar, zu übertragen. L. 13 (nicht 3 wie dort S. 21 allegirt wird) D. de donat. (XXXIX, 5). Freilich, wenn der Tradent von dem Auftrage nichts weiß und den Beauftragten für seinen Kontrahenten hält, oder wenn er überhaupt nur mit ihm selbst das Geschäft abschließen will; so ist jener Grund-

174

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§. 63. Der Bevollmächtigte darf also den erhaltenen Auf­ trag nicht dazu brauchen, sich ohne Einwilligung des MachtgeberS eigene Vortheile dadurch zu verschaffen4»). §. 64. Dagegen kann der Bevollmächtigte, bloß bei Ge­ legenheit des Auftrags, Geschäfte, die mit demselben in keiner Verbindung stehen, zu seinem eigenen Vortheile verhandeln und ausführen. 8- 65. Der Machtgeber muß den Bevollmächtigten für allen dinÄ^oll. bei dem Geschäfte4 *) gemachten Aufwand, in so fern derselbe nöthig oder nützlich gewesen, entschädigen. ® u'ung8' 8 66. Die bei einem Geschäfte gewöhnlichen Ausgaben werden als nützlich angesehen. §. 67. Ausgaben, welche der Machtgeber ausdrücklich unter­ sagt hat, dürfen ihm nur in so fern angerechnet werden, als sie eine wirkliche Verwendung in seinen Nutzen enthalten, mit»42) er sich den dadurch bewirkten Vortheil zueignen will.

satz nicht anzuzweifeln. Das Eigenthum wird in diesem Falle lediglich durch Tradition von dem Mandatar auf den Machtgeber übertragen, und zwar ans Orund deö MandatsverhältniffeS. Ein anderer Titel ist nicht vorhanden und auch nicht nöthig, es bedarf also nicht etwa eines neuen KontraktsabschlnffeS zwischen dem Mandatar und dem Machtgeber, sondern die Eigenthumsübertragnng tritt in die Erscheinung durch die übereinstimmende Erklärung beider Theile, daß der Mandatar die Sache in Folge Auftrages des Machtgebers erworben und an diesen übergeben habe. 40) Der zur Session einer Schuldfordcrung Bevollmächtigte ist nicht befugt, dieses Aktivum wegen einer eigenen Schuld zu verpfänden und damit für sich einem Dritten Sicherheit zu bestellen. Pr. des Ob.-Tr. v. 18. Decbr. 1851 (Entsch. 93b. XXII, S. 185). Das Gegentheil war auf Grund des §.15 Tlt. 20 behauptet und von einem Appellationsgerichte angewendet worden, augen­ scheinlich nicht paffend. 41) Ausschließlich bei dem aufgetragenen Geschäfte. Hat der Beauftragte zugleich sein eigenes Geschäft oder das Geschäft eines Dritten mit besorgt, so muß er die dabei gemachten Aufwendungen verhältnißmäßig vertheilen. Darauf beruhet es, daß ein Rechtsanwalt oder ein Arzt, welcher auf der nämlichen Reise die Angelegenheit mehrerer Auftraggeber besorgt, seine Reisekosten von Jedem nur zum Theil fordern kann. Anm. 5 zu §. 871 Tit. 11. 42) Das „und" ist nicht disjunktiv, sondern kopulativ zu verstehen. Die vorausgehcnden Worte: „als sie eine wirkliche Verwendung in seinen Nutzen enthalten", drücken aber den Gedanken des Gesetzes nicht genau aus. Denn, wenn bereits etwas in den Nutzen eines Andern wirklich verwendet worden, also in sein Vermögen übergegangen ist, so muß. er lediglich aus diesem Grunde dafür aufkommen, soweit er reicher ist. Dies wird auch nur durch das damit verbun­ dene „und" gemeint. Ist der Fall aber so, daß durch die untersagten Ausgaben ein selbstständiger Erwerb gemacht worden ist; dann paßt die Bestimmung buch­ stäblich : cS ist dann eine negotiorum gestio vorhanden; will der Prinzipal den Vortheil für sich nehmen, so muß er auch alle Ausgaben dafür erstatten.

Von Vollmachtsausträgen. $. 68.

175

Nöthige und nützliche Ausgaben, welche die Person

deS Bevollmächtigten angehen, sind nach seiner, und nicht nach

der Qualität deS Machtgebers zu beurtheilen. 8. 69.

Auch

bei

rückgängig

gewordenem Auftrage,

oder

fehlgeschlagener Ausrichtung"), ist der Bevollmächtigte den Er­ satz der zweckmäßig verwendeten Kosten zu fordern befugt.

§. 70.

Wo die Gesetze nicht ein Anderes verordnen, ist der

Bevollmächtigte,

noch vor Beendigung««) deS Geschäfts, $or/

schuß oder Vergütung der bereits gehabten Auslagen zu fordern

berechtigt. §. 71.

Hat er keinen Vorschuß gefordert, so kann er, von

dem Betrage der gehabten Auslagen, landübliche Zinsen nur von

dem Tage an fordern, wo er dem Machtgeber die mit den er­ forderlichen Belägen versehene Berechnung darüber zugestellt hat. 8- 72.

Hat jedoch der Bevollmächtigte Kapitalszahlungen«5)

für den Machtgeber geleistet; so muß ihm der Vorschuß schon von der Zeit der geschehenen Verwendung an landüblich verzinset werden.

8. 73.

Ein Gleiches findet statt, wenn der Machtgeber den

43) Darauf beruhet die Verbindlichkeit einer vertretenen Partei, welche den Prozeß verspielt hat, ihren Mandatar dennoch zu bezahlen. Denn der Man­ datar hat nicht für den Erfolg der aufgetragenen Geschästsbesorgung einzustehen.

44) Daher kann der Bezogene, welcher ohne Deckung acceptirt hat, von dem Aussteller der Tratte auch noch vor bewirkter Zahlung Befreiung von der durch daS Accept gegen den Wechselnehmer übernommenen Verbindlichkeit, und even­ tuell Deckung verlangen. Pr. des Ob.-Tr. 1912, v. 6. Septbr. 1847. (Entsch. Bd. XV, S. 354.)

45) Darunter sind nicht bloß solche Zahlungen zu verstehen, welche aus ver­ zinsliche Schulden des Machtgebers geleistet sind; vielmehr gehören dazu alle Zahlungen, durch welche der Machtgeber von einer Hauptschuld befreit wird. Der Grund der Zinsen ist in diesem Falle nicht Mora, sondern der allgemeinere Grund der gesetzlichen Zinsen überhaupt, nämlich Vergütung für den entzogenen Gebrauch einer Geldsumme zum Vortheile eines Andern, hier des Machtgebcrs. Die Vorschrift des §. 72, welcher aus diesem Grunde, im Gegensatz von Ver­ zugszinsen (§§. 71 und 73), dem Mandatar Zinsen zuspricht, ist entnommen aus der L. 12 §. 9 D, mandati (XVII, 1): „Ebenso, wenn Du mir etwas Auderes (als einen Kauf) aufgetragcn hast und ich deshalb Aufwendung gemacht habe; und nicht allein was ich ausgegeben habe, sondern auch Zinsen davon muß ich erlangen. Zinsen sind aber nicht bloß des Verzugs wegen zulässig; sondern der Richter muß sie ermcffen, wenn ein Beauftragter selbst eine Schuld­ forderung cinzieht und davon für den Machtgeber zahlt, da er davon sehr reich­ liche Zinsen gezogen hatte —; oder wenn er selbst auf Zinsen Geld ausgenommen und bezahlt hat. Aber auch wenn er den Machtgeber nicht von Zinsen frei ge­ macht hat, selbst jedoch auch Zinsen cinbüßt, — so zweifle ich nicht, daß er durch die Auftragsklage Zinsen erlangen müsse." Vergl. L. 19 §. 4 D. de lie­ get. gest. (III, 5).

176

Erster Theil. Dreizehnter Titel.

ihm abgeforderten Vorschuß nicht zur gehörigen Zeit angeschafft hat; oder wenn der Bevollmächtigte vor Vollziehung deS Geschäfts, nach den Umständen des Falles, den nöthigen Vorschuß von dem Machtgeber nicht einziehen konnte. Belohnungen §. 74. Unbedungene Belohnungen") kann der Bevolltonne, mächtigte nur alsdann fordern, wenn die Gesetze selbst einen Preis dafür bestimmen, oder die Ausrichtung solcher Geschäfte zu seinem ordentlichen Gewerbe gehört46 47). §. 75. Wenn Geschäfte, zu welchen eine bestimmte Klaffe von Personen bestimmt ist, von andern, welche zu dieser Klasse nicht gehören, auf eine an sich erlaubte Art gegen eine vor­ bedungene Belohnung übernommen werden: so darf doch auch eine solche Belohnung die den Personen der andern Klaffe vor­ geschriebene Tare niemals übersteigen48). §. 76. Bei Verschaffung von Darlehnen darf also der Be­ vollmächtigte, wenn er auch kein eigentlicher Mäkler ist, sich den­ noch eine das gesetzmäßige Mäklerlohn übersteigende Belohnung niemals vorbedingen. §. 77. Bei Geschäften, wo kein gesetzlicher Maaßstab der Belohnung vorhanden ist, hängt die Bestimmung derselben ledig­ lich von dem Uebereinkommen der Parteien ab.

46) Wenn der Verkäufer eines Guts, »ach bereits geschloffenem Kaufkon­ trakt, Jcniandem schriftlich zusichert, ein ihm für die Bemühungen bei dem Versauf, wenn solcher vollständig bewirkt werde, freiwillig versprochenes belohnendes Geschenk von den Kaigeldern zu zahlen, so ist dies das Versprechen eines Maklerlohns und nicht eines belohnendes Geschenks. Pr. des Ob.-Tr. v. 3. April 1828 (S i m o n Rechtsspr. Bd. II, S. 139). 47) Anm. 4 lit. a zu §. 5 d. T. und Anm. 11 zu §. 874 Tit. 11. 48) Auf Grund dieser Bestimmung hat das Ob.-Tr. ausgesprochen, daß ein mit einer Auktion Beauftragter keine versprochenen Unrathsgelder, sondern nicht mehr an Gebühren, als tarmäßig sind, ungeachtet eines höhern Versprechens, fordern könne. Pr. v. 22. Mai 1841. (Ulrich Archiv, Bd. VII, S. 633.) Dagegen hat es durch das Urtel v. 9. August 1845 erkannt, daß bei aufgetra­ genen Versteigerungen von Immobilien die Bestimmung der Belohnung lediglich von dem Uebereinkommen der Parteien abhange, weil es an einer Tare für Justiz-Kommissarien für den öffentlichen Verkauf von Immobilien überhaupt fehle, überdies aber dergleichen öffentliche Ausgebote von Immobilien keinesweges zu den Geschäften gehörten, zu welchen nur Justiz-Kommissarien bestimmt seien. (Ulrich Archiv Bd. XII, S. 316.) Der erste Grund ist seitdem durch das Gesetz betreffend den Ansatz und die Erhebung der Gebühren der Notare, vom 11. Mai 1851 §.9 zum Wegfall gekommen, und der andere Grund nöthigt nicht, die Voraussetzung des §. 77 — wie cs geschehen — als vorhanden anzunehmcn, da vielmehr das Gegentheil der Fall ist.

177

Von Voümachtsaufträgen. 8- 78.

Ist für ein solches Geschäft eine Belohnung in un­

bestimmten Ausdrücken versprochen worden: so muß, bei ermangeln­ dem Einverständnisse der Parteien, die Belohnung nach richter­ lichem Ermessen bestimmt werben49).50 51 52 53 54

8- 79. ähnliche

Bei diesem Ermessen muß der Richter auf die für

Fälle

vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen, auf die

Beschaffenheit der handelnden Personen, und auf die zur Aus­ richtung

des

Geschäfts

erforderlich gewesene Zeit

und

Müh-

waltung, vernünftige Rücksicht nehmen. §. 80. Unglücksfälle, welche den Bevollmächtigten bei Aus- D°n jafMjrichtung des Geschäfts treffen, ist der Machtgeber nur in so fern

zu vergüten schuldig, als er dazu auch nur durch ein geringes Verfthen Anlaß gegeben hat.

8. 81.

Doch muß der bloß zufällige Schaden auch alsdann

vergütet werden,

wenn der Bevollmächtigte die bestimmte Vor­

schrift des Machtgebers, ohne sich der Gefahr einer solchen Be­ schädigung auszusetzen, nicht hat befolgen können. 8. 82. Der Machtgeber ist schuldig, den Bevollmächtigten d-n «-voll-' von allen Verbindlichkeiten, welche derselbe bei Ausrichtung deS »7»d-ngegen Geschäfts gegen Andere übernommen hat, zu befreien99). 8. 83.

seiner Auslagen und zu fordern habender9') Belohnungen, ein Zurückbehaltungsrecht9 2) in Ansehung derjenigen9 9) Sachen, die

vermöge deS Auftrags, für den Machtgeber in feine Hände ge­ kommen sind.

8- 84.

ncmnentn

Der Bevollmächtigte hat dieserhalb, so wie wegen km-np,

(Tit. 20, Abschn. 2.) Dagegen hat, wenn der Bevollmächtigte dergleichen94)

49) In diesem Falle ist daS Rechtsgeschäft ein unbenannter Kontrakt nach der Regel: facio ut des und muß nach den Regeln von Verträgen über Hand­ lungen bcurtbcilt werden. Der Richter hat bei der Abmessung der Belohnung auf die Ortsüblichkeit Rücksicht zu nehmen, weil die Parteien sich derselben still­ schweigend unterworfen haben. (Line Anwendung hiervon findet sich im §. 181, Tit. 5 Th. II. 50) S. Pr. des Ob.-Tr. 1912 o. in der Anm. 44 zu §. 70 d. T. 51) Dies ist die Lesart der ersten authentischen Ausgabe deS Gesetzbuchs. Spätere Ausgaben des L. 9t. haben: „zu fordernder." Beide Lesarten sind gleich sprachgesetzwidrig. 52) Das Zurückbehaltungsrecht kann durch förmliche Verpfändung der dem Bevollmächtigten anvertrauten Sachen in ein Pfandrecht verwandelt werden. Darin liegt nicht zugleich eine Beschränkung der Ermächtigung des Kommisstonairs zum Verkaufe der Kommissionsgütcr aus freier Hand. Die Vorschriften der 8§. 28 ff. Tit. 20 finden mithin auf diesen Fall nicht Anwendung. Pr. deS Ob.-Tr. v. 22. Mai 1848. (Entsch. Bd. XVII, S. 230, 236.) 53) S. die folg. Anm. 54. 54) Unter dem Ausdrucke: „derjenigen Sachen," „dergleichen Sachen", .find

Koch, Allgemeines Landrecht. II.

12

178

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

Sachen verzehrt, veräußert, oder sonst abhanden gebracht hat, bei einem über sein Vermögen entstehenden Konkurse, der Machtgeber daS Vorrecht der Sechsten Klasse in Ansehung des Werths der­ selben 5 5). äwifftcÄm 8 85. Was der Bevollmächtigte, zufolge des erhaltenen ‘unb*uieemC Auftrags56), mit einem Dritten verhandelt 5'), verpflichtet den »)übe“&t,Machtgeber eben so, als ob die Verhandlung mit ihm selbst vollzogen wäre. hem“"®cm«. §■ 86. Hat Jemand mit dem Bevollmächtigten, auf dem "ein^anbm“' Grunde5 ’*) der noch nicht widerrufenen Vollmacht desselben, und ein Machkqcbcr Andrer mit dem Machtgeber selbst, über einen und eben denselben hIndM "hat, bestimmten Gegenstand Verhandlungen geschloffen, welche mit ein­ ander nicht bestehen können: so gilt in der Regel diejenige, welche früher zu Stande gekommen ist. auch baares Geld und geldwerthe au porteur lautende öffentliche Papiere zu verstehen. Pr. 96, v. I. 1835, vermuthlich v. 27. November (Jur. Wochenschr. 1835, S. 508). In Anwendung dieses Grundsatzes hat das Ob.-Tr. gleich­ förmig erkannt, daß die in die Gewahrsam des Mandatars gekommenen Gelder seines Mandanten, welche bei der Konkurseröffnung über das Vermögen des Erster» nicht vorgefunden worden, in die sechste Klasse zu lociren. Pr. vom 15. August. 1845 (Entsch. Bd. XII, S. 502); v. 2. Mai 1836 (Entsch. Bd. I, S. 178). Eine widersprechende Meinung will das Vorrecht der sechsten Klaffe von der Vindikationsfähigkeit der Sachen, wenn sie noch in Natur vorhanden waren, abhängig machen. Der Grund des Vorrechts ist aber nicht die Be­ schaffenheit der dem Mandatar anvertrauten Sache, sondern dessen Untreue, die Verletzung, des in ihn gesetzten Vertrauens, welches voraussetzt, daß der Man­ datar das Eigenthum seines Machtgebers achten und so bewahren werde, daß es von andern ähnlichen Sachen zu unterscheiden und als das Eigenthum des Machtgebers zweifelsfrei zu erkennen sei. Denn der Bevollmächtigte ist, so weit er für die Aufbewahrung der in seine Gewahrsam gekommenen Sachen des Macht­ gebers zu sorgen hat, einem Verwahrer gleich. §. 109 Tit. 14. Vergl. Entsch. des Ob.-Tr. Bd. I, S. 182. 55) Das Vorzugsrecht der sechsten Klasse steht auch demjenigen, welcher dem Gemeinschuldner Waaren zum V.erkauf in Kommission übergeben hat, für die von diesen daraus gelösten und verzehrten Gelder zu. Pr. des Ob.-Tr. 592, vom 1. December 1638.

56) Nur das was, innerhalb der Grenzen des Auftrags und im Namen Machtgebers vorgenommen worden ist, verbindet den Machtgeber. Ob Überschreitung der Vollmacht stattgefundcn habe, ist nach Inhalt und schaffenheit des aufgetragenen Geschäfts zu befinden. Vergl. §. 53 und 98, die Anm. 33 und 63 dazu.

des eine Be­ und

57) Was nicht durch Verhandlung des Mandatars mit dem Dritten dem Mandatar bekannt wird, verpflichtet den Machtgeber nicht. Ist z. B. dem Man­ datar eines Schuldners bekannt geworden, daß die Bedingung einer seinem Man­ danten obliegenden Zahlung eingetreten, so kann, in sofern nicht etwa der Be­ rechtigte selbst dem Mandatar diese Anzeige gemacht tyat, die Wissenschaft des Mandatars den Schuldner nicht in Verzug setzen. Pr. des Ob.-Tr. 1774, vom 21. August 1846.

57a) Soll heißen: „auf den Grund".

Von Vollmachtsaufträgen.

8 87. handlung

179

Ensteht jedoch aus dem Zurückgehen der spätern Ver­

ein wirklicher Schade für den, welcher sich redlicher

Weise darauf eingelassen hat: so muß der Machtgeber denselben

allemal vertreten.

8 88.

Hat der Machtgeber den Bevollmächtigten von den

Unterhandlungen, in die er selbst über daS Geschäft mit einem Andern getreten ist, nicht benachrichtigt: so gilt die Verhandlung

deS Bevollmächtigten; wenn sie auch später, alö die deS Macht-

geberS, abgeschlossen wäre. §. 89. In diesem Falle

aber muß der Machtgeber dem­

jenigen, mit welchem er selbst ohne Vorbehalt abgeschlossen hat,

nicht nur für den auS-dem Rückgänge des Geschäfts erwachsenden Schaden, sondern auch für den entgehenden Vortheil haften58).59

8- 90.

So

weit der Bevollmächtigte die Gränzen seines

Auftrags überschreitet, wird der Machtgeber durch seine Hand-

hinge» dem Dritten in der Regel nicht verpflichtet. 8-91.

Derjenige,

welcher

mit

dem

(88. 51, 67.) UAmmn

Bevollmächtigten

zu

unterhandeln im Begriff steht, hat deS Recht, die Vorzeigungs *)

der Vollmacht zu fordern.

58) Die §§. 86-89 enthalten ungeschichtliches und daher unpraktisches Recht. Man ist zu diesen Bestimmungen erst bei der Umarbeitung deS gedruckten Entwurfs gekommen, gegen welchen man den Mangel solcher Bestimmungen monirt hatte. Suarez bemerkte darauf in der rev. mon.: „Ad §. 59 des Entwurfs (§. 85 d. T.) tragen einige Monenten darauf an, zu bestimmen, was Rechtens sei, wenn ein und ebendasselbe Geschäft, welches einem Mandatar aufgetragen worden, von diesem mit dem Einen, und von dem Mandanten selbst mit einem Andern vollzogen ward, und wenn beiderlei Verhandlungen zusammen nicht be­ stehen können/welche derselben gültig sei. Herr v. Goßler hält diese Frage für überffüsstg; ich kann Ihm darunter aber nicht beitreten, da der Fall vor­ kommen kann und nicht so ganz klar ist. Meo voto gilt die frühere Verhand­ lung, sie mag mit dem Mandanten oder Mandatar abgeschlossen sein. Der MandanS aber muß denjenigen, dessen Verhandlung solchergestalt rückgängig wird, sein darnnum positivum ersetzen." — Ad marg. ist hierbei bemerkt: der Mandans muß, ehe er abschließt, den Mandatar avertiren, und nicht anders, als sub reservatione abschließen. Hat der Mandatar zur Zeit der erhaltenen Nachricht noch nicht abgeschlossen, so gilt der Kontrakt des Mandanten. Unter­ läßt der Mandans die Benachrichtigung, und schließt pure ab, ohne seinen Mandatar zu avertiren, so gilt der Kontrakt des Mandatars, und der MandanS muß seinem Kontrahenten das lucrum cessans und damnum emergens er­ setzen. (Ges.-Rcv. Pens. XIV, S. 222.) Hieraus sind die §§. 86—89 ent­ standen. In der That ist nicht leicht ein Fall zu denken, wo über eine bestimmte Sache, z. B. über ein bestimmtes Pferd, welches der Machtgeber kaufen will, mit dem Eigenthümer des Pferdes zwei Kaufkontrakte, der eine durch den Man­ datar, der andere durch den Machtgeber selbst, sollten geschloffen werden können, ohne daß der Dritte dies merken sollte. Verhält cs sich umgekehrt, so müßte der Verkäufer aus beiden Kontrakten haften, da beide recht gut nebeneinander bestehen können. Wie der Verkäufer beide erfüllen will, müßte seine Sache sein. 59) Ebenso ist der Beauftragte, welcher gegen den Dritten eine präjudizir-

6(lt

Erster Theil.

180

Dreizehnter Titel.

8. 92.

Bezieht sich die Vollmacht auf eine besondere In­

struktion 8- 93.

so findet in Ansehung dieser ein Gleiches statt. Ist einer besondern Instruktion in der Vollmacht

nicht erwähnt; oder deren Vorzeigung verboten: so ist die Sache zwischen dem Machtgeber und dem Dritten bloß nach dem In­

halte der Vollmacht zu beurtheilen. 8- 94. Bei streitigen Rechtsangelegenheiten ist der Bevoll­ mächtigte seine Instruktion dem Gegentheile vorzuzeigen niemals

verpflichtet. 8. 95.

Auch der Richter ist die Vorzeigung einer zum Ver­

gleiche erhaltenen Instruktion zu verlangen nicht befugt.

§. 96.

Hat der Dritte, mit welchem der Bevollmächtigte

handelt, die Vorschriften 88 91, 92 vernachlässigt: so kann er sich,

wegen eines gegen die Anweisung deö Machtgebers vollzogenen Geschäfts, nur an den Bevollmächtigten halten °>).

liche Erklärung machen soll, sich dazu auszuweisen verpflichtet, widrigenfalls der Dritte die Handlung nicht zu beachten braucht. Z. B. die Kündigung eines Kapitals, eines Pacht- oder Miethsverhältniffcs. S. auch u. die Anm. 71 zu §. 105. Wird einem Schuldner oder Pachter von einem angeblich Beauftragten die Kündigung angedeutet, ohne daß er sich dazu lcgitimirt, so braucht Jener sich darauf nicht cinzulaffen. Legitimirt der Beauftragte sich, so ist der Dritte nicht allein verpflichtet, sich darauf einzulaffen, sondern er ist auch berechtigt, davon gegen den Machtgeber Gebrauch zu machen. Dazu genügt nicht die bloße Vor­ zeigung der Vollmacht, der Dritte muß in die Lage gesetzt werden, das Mandats­ verhältniß gegen den Machtgeber zu beweisen. Ein Handelsreisender z. B., welcher bevollmächtigt ist, Außenstände einzuhebcn, kann nicht Zahlung fordern, wenn er nicht den zur Zahlung bereiten Schuldner in den Stand setzt, gegen den Gläubiger die Zahlung an den gehörig legitimirten Mandatar zu beweisen. Deshalb muß der Dritte die Aushändigung der Vollmacht in Urschrift oder in bcglaubter Abschrift zu fordern berechtigt sein. Ausgesprochen ist der Grund­ satz in Anwendung auf die Kontrahiruilg eines Darlehns, §§. 140, 141 d. T., er gilt aber nicht bloß für dieses eine Geschäft. Vcral. unten die Anm. 71 zu §. 105 d. T. 60) Die Erthcilung derselben ist, wenngleich darauf in der Vollmacht Bezug genommen worden, kein wesentllcher Theil des Vollmachtsvertrages selbst, sondern nur ein zur Ausführung des übertragenen Geschäfts erforderlicher Akt. Pr. des Ob.-Tr. 2326, Nr. 1, v. 31. Oktober 1851. Wenn also der Bevollmächtigte erklärt, daß er die besondere Instruktion, auf welche die Vollmacht hinweist, nicht erhalten habe, so muß der Dritte sich dabei beruhigen, denn er hat, außer der meistens unanwendbaren Nachfrage bei dem Machtgeber, kein Mittel, es festzu­ stellen. Auf diesen Fall kann mithin der §. 96 nicht angewendet werden. 61) Mit Ausnahme des in der vor. Anmerk, erwähnten Falles. Der D ritte muß, zu seiner Sicherheit, die Erklärung des Bevollmächtigten fcststellen, um sie erforderlichen Falles beweisen zu können. Hat der Dritte das Versehen begangen, die Vollmacht nicht gehörig anzu­ sehen, und kaun er sich daher nur an dm Bevollmächtigten halten, so kann er von Diesem doch nicht die Erfüllung des mit ihm geschloffenen Geschäfts for­ dern, vielmehr tritt das gleiche Verhältniß ein wie wenn der Beauftragte gar keine oder doch keine schriftliche Vollmacht gehabt hätte. §. 9. Die Schadlos-

Von VoümachtsauftrZgen. S. 97.

181

Hat aber der Bevollmächtigte nur eine ihm ertheilte

besondere Instruktion, deren in der Vollmacht nicht nicht erwähnt, oder deren Vorzeigung verboten worden, überschritten: so hat eS bei der Vorschrift deS §. 93 sein Bewenden **2).

§. 98.

Wer zu einem gewissen Geschäfte, ohne ausdrücklich

beigefügte Einschränkungen, oder Beziehung auf eine besondere

Instruktion

durch alle

bevollmächtigt

ist,

verpflichtet

den

Machtgeber

zur Vollziehung desselben") unternommene Hand-

Haltung wird nach dem Grundsätze der §§. 128 und 171 bestimmt. Nur im Falle eines Betruges von Seiten des Beauftragten würde der Dritte mit der actio doli fein ganzes Interesse fordern können; außerdem fehlt ihm dazu das geeignete Rechtsmittel. Zur Begründung der actio doli reicht jedoch nicht hin, daß der Beauftragte sich zur Abschließung des Geschäftes für ermächtigt auSg eg eben hat.

62) Hat der Dritte die hier und im §. 93 ihm vorgeschriebene Vorsicht beobachtet, so ist das mit dem Bevollmächtigten abgeschlossene Geschäft für den Machtgebcr bindend, wenn auch der Bevollmächtigte die Grenzen seines Auf­ trags überschritten haben sollte. Dabei kommt es bloß auf die Redlichkeit des Dritten an, die Unredlichkeit des Beauftragten ist einflußlos nach §. 200 d. T., wodurch die Meinung, nach welcher aus Verwechselung des Verhältnisses zwischen den Kontrahenten mit dem Verhältnisse zwischen dem Mandanten und Mandatar, auf den guten Glauben deS Mandatar gesehen werden sollte, verworfen ist. Von der Regel, daß die Redlichkeit deS Dritten entscheidet, gilt jedoch eine Ausnahme. Die Überschreitung der Grenzen einer Vollmacht kann nämlich sowohl hinsichtlich des Gegenstandes, d. i. wenn der Auftrag auf das unternommene Geschäft gar nicht oder doch nicht in der ihm gegebenen Ausdehnung gerichtet ist, als auch in der Zeit, d. i. wenn noch nach der Aufhebung auf Grund der Vollmacht ge­ handelt wird, geschehen. Unter andern Erlöschungsarten macht auch der Widerruf des Machtgebcrs dem Mandat ein Ende. Auf einen Fall bei dieser Aufhebungsart bezicht sich die Ausnahme. Wenn nämlich der Auftrag nicht auf eine Verhand­ lung mit einem bestimmten Dritten lautet und der Machtgeber auch sonst nicht erfahren hat, mit wem der Bevollmächtigte in Verhandlungen über das Geschäft getreten ist, erlischt das Mandat durch den Widerruf des MachtgeberS gänzlich und unbedingt, dergestalt, daß das später dennoch abgeschlossene Geschäft für den Machtgcber unverbindlich ist, wenngleich der Dritte von dem Widerrufe nichts wußte. §. 170 d. T. Doch ist diese Ausnahme auf den Fall zu beschränken, wenn die Unterhandlungen schon vor dem Widerrufe angeknüpft waren und der Abschluß erst nach dem Widerrufe erfolgte. §. 171. Bei spätern Unternehmungen muß eS bei der Regel bleiben. Vergl. Entsch. d. Ob.-Tr. Bd. XXII, S. 208 ff. Diese Ausnahme kennt das R. R. nicht. L. 51 , 34 §. 3 D. de solut. (XLVI, 3).

63) Anwendungen hiervon sind folgende Fälle: a) Wer bevollmächtigt ist, sich nach Gutbefindcn, mit oder ohne Vor­ behalt, als Erbe.zu erklären, ist als bevollmächtigt zu Allem anzusehen, waS zu einer Erbcserklärung ohne Vorbehalt erforderlich ist; und die Erklärung eines solchen Bevollmächtigten über die Antretung der Erbschaft ohne Vorbehalt ist rechtsgültig. R. v. 14. Februar 1820. (Jahrb. Bd. XV, S. 5.) Das Be­ denken bestand darin, ob der Erbe (Machtgcber) auch über die rechtlichen Folgen einer solchen Erbeserklärung vollständig unterrichtet gewesen sei. Dasselbe war deshalb nicht begründet, weil die Gültigkeit eines solchen Erbschaftsantritts nicht bedingt ist durch eine vorausgeqanqene gerichtliche Belehrung deS Erklärenden, Sonst aber s. in. o. die Anm. 24.

machten.

182

Erster Theil.

Dreizehnter Titel,

lungen, in sofern nicht die Gesetze eine Spezialvollmacht dazu er­ fordern*^). §. 99. Eine Spezialvollmacht ist erforderlich**): 1) wenn Eide erlassen, oder für geschworen angenommen werden sollen; Anh. §. 44.

Es macht hierbei keinen Unterschied, ob der Eid

der Partei oder einem Zeugen erlassen werden soll'*).

§. 100. Ferner 2) wenn der Bevollmächtigte einen Eid in die Seele deö MachtgeberS ableisten soll*'); §. 101. 3) Wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits einem schiedsrichterlichen Aussprüche unterworfen werden soll**); §. 102. 4) Wenn über streitige Rechte deS Machtgebers ein Vergleich wirklich abgeschlossen werden soll; §. 103. 5) Wenn ein Recht deS MachtgeberS einem Dritten abgetreten*'), oder Verzicht darauf geleistet werden soll;

b) Wer bevollmächtigt ist, die Rechte eines SubhastationS-Interessenten wahrzunchmen, ist hierdurch auch ermächtigt zur "Abgabe der Erklärungen, wo­ durch die Licitationsbedingungcn festgestellt worden, und es bedarf des besondern Nachweises, wenn eine Ausnahme hiervon angenommen werden soll. Pr. des Ob.-Tr. v. 21. Januar 1848. (Rechtsf. Bd. Ill, S. 300.) c) Die o. in der Anm. 30 zu §. 46 und Anm. 33 zu §. 53 angege­ benen Fälle. 64) Die Vollmacht zum Abschluß eines Kaufvertrages schließt die Ermäch­ tigung zur Verabredung von Konventionalstrafen nicht in sich; zur Gültigkeit einer solchen Festsetzung bedarf eö vielmehr einer Specialvollmacht. Pr. deö Ob.-Tr. 1450, v. 11. Mai 1844.

65) S. die vor. Anm. 66) AuS dem Gutachten der Ges. - Kommission vom 28. Oetober 1800. (Rabe Bd. VI, S. 341.) 67) Um einen erkannten nothwendigen Eid nach dem Tode dessen, dem er auferlegt worden, für geschworen zu erachten, ist es nicht nothwendig, daß von der betreffenden Partei persönlich oder durch einen mit Specialvollmacht versehenen Stellvertreter die ausdrückliche Erklärung, daß sie den erkannten Eid leisten wolle, abgegeben worden sei; sondern es genügt, wenn von ihrem mit ge­ wöhnlicher Prozeßvollmacht versehenen Mandatar diese Erklärung Namens der­ selben erfolgt ist. Pr. deö Ob.-Tr. v. 17. Januar 1848 (Entsch'. XVI, S.485). 68) Die Specialvollmacht zu einem Vergleiche (§. 102) legitimirt nicht zu einem Kompromiß, mithin auch nicht zu dem Anträge, gemäß 100 des Anh. z. A. G. O. (I, 1X §• 20) gleich in der Revisionsinstanz zu entscheiden. Beschl. des Ob.-Tr. v. 14. April 1835 in Sachen Eitner c. Stadler, ergangen an das Gericht zu G log au.

69) Eine Aftervermiethung fällt gleichfalls unter diesen Rechtssatz. Daher ist z. B. eines Miethers Verwalter als solcher nicht ermächtigt, auch nur einen Theil der gemietheten Räume aftermiethsweise abzutreten. Entsch. deS Ob.-Tr. Bd, XX, S. 336.

Von Vollmachtsaufträge».

183

8. 104. In sofern jedoch Verzichtsleistungen unter allge­ meinen Vollmachten gewisser Art, vermöge besonderer Gesetze, mit begriffen sind, oder in dem Laufe deS dem Bevollmächtigten auf­ getragenen Geschäfts mit vorzukommen pflegen 70 * *),71 * ist 72 dazu 73 eine Specialvollmacht nicht erforderlich. §. 105. 6) Wenn der Bevollmächtigte Sachen oder Gelder 7 ’) (Prozeßkosten7?) allein ausgenommen), für den Machtgcber in Empfang nehmen und darüber quittiren soll7 3);

Auch ein TestamentSerekutor bedarf zu Sessionen von Nachlaßforderungen einer besondern ausdrücklichen Ermächtigung im Testamente. S. o. Anm. öl zu §. 557 Tit. 12. 70) Ein mit gewöhnlicher Prozeßvollmacht versehener Mandatar ist auf Grund derselben zur Zurücknahme eines von seinem Machtgeber angemeldeten Rechtsmittels ermächtigt, ohne daß es dazu einer Specialvollmacht bedarf. Pr. des Ob.-Tr. 1920, v. 8. Oktober 1847.

71) Dieser von Sachen und Geldern geltende Rechtssatz wird analog auch im Personenrecht angewendet, namentlich auf die Abforderung eines unehelichen Kindes von Seiten seines Vaters zur eigenen Erziehung. Das Ob.-Tr. hat den Satz ausgesprochen: Wenn der natürliche Vater eines unehelichen Kindes, nach erreichtem vierten Lebensjahre desselben, das Kind in eigene Pflege nehmen will und dessen Verabfolgung von der Mutter nicht persönlich, sondern durch einen dazu Beauftragten, fordert, so bedarf der Letztere mindestens einer schriftlichen Vollmacht. Wenn ohne solche Vollmacht die Mutter die Verabfolgung des Kindes verweigert, so wird der natürliche Vater von der Verpflichtung der fer­ neren Alimentenzahlung durch die an die Mutter ergangene Aufforderung, ihm das Kind zu verabfolgen, nicht befreit. Pr. vom 5. September 1845 (Entsch. Bd. XI, S. 341). Gewiß ist das keine unjuristische Ausdehnung. Vergl. oben die Anm. 59. 72) Nämlich die von dem Gegner zu erstattenden außergerichtlichen Kosten. Deshalb kann der Mandatar einer Partei, Namens derselben, auch ohne be­ sondere Vollmacht, seine eigenen Gebühren von der zur Kostenerstattung verurtheilten Gegenpartei einfordern und in Empfang nehmen. Die Gegenpartei hat nicht den Einwand, daß sie nur die wirklich schon gehabten und bezahlten Auslagen und Kosten zu erstatten schuldig sei; denn sie ist auch schuldig, die Kosten-Schuld des Andern zu erstatten. Vergl. die V. des I. M. v. 3. Oktober 1834. (Jahrb. Bd. XLIV, S. 393.) 73) Vergl. §. 130. — Der Rechtsgrundsatz, daß eine von einem Dritten an einen durch mündliche Eröffnung bezeichneten Bevollmächtigten geschehene Leistung von Demjenigen, welcher in dieser Art die Beauftragung erklärte, an­ erkannt werden muffe/ findet auch auf den Fall Anwendung, wenn der Bevoll­ mächtigte nicht zur Abschließung eines Geschäfts, sondern nur zur Empfangnahme einer bereits feststehenden Zählung dem Dritten mündlich bezeichnet war. So sagt das Ob.-Tr. in dem Pr. 1257 v. 18. Januar 1843 (Entsch. Bd. IX, S. 233). Der darin enthaltene Rechtspunkt ist weit einfacher. Der Bevoll­ mächtigte (Beauftragte) ist hier nicht jener mündlich bezeichnete Zahlungs­ empfänger, sondern der Zahler, der Schuldner selbst: dieser wird beauftragt, an Jenen zu zahlen. Damit verschwindet alle Schwierigkeit und Zweifelhaftig­ keit. Ganz gewiß muß der Gläubiger die nach seinem Willen geleistete Zahlung gelten lassen. Niemand kann den Vollstrecker seines Willens für seinen Willen verantwortlich machen.

Erster Theil.

184 §. 106.

Dreizehnter Titel.

7) Wenn im Namen des Machtgebers Grundstücke

veräußert oder angekauft werden sollen;

8. 107.

8) Wenn im Namen des Gutsbesitzers die Ein­

tragung auf ein Grundstück, oder im Namen des Gläubigers die

Löschung eingetragener Gerechtsame im Hhpothekenbuche, bewilligt werden soll"). 8- 108. Doch ist derjenige, welcher die Zahlung einer ein­

getragenen Post in Empfang zu nehmen gehörig bevollmächtigt war, eben dadurch auch befugt, in die Löschung dieser Post nach

erhaltener Zahlung zu willigen"). 8. 109. 9) Auch zu Schenkungen aller Art, im Namen deS

MachtgeberS, ist eine Specialvollmacht nothwendig. Form derselben.

§. 110. Specialvollmachten müssen von dem Machtgeber eigen­

händig geschrieben und unterschrieben, oder doch erst, nachdem ") bet Vollmachtsauftrag von einem Andern aufgesetzt worden, von dem

Machtgeber eigenhändig unterzeichnet sein. 8-111.

Ist der Machtgeber unfähig zu schreiben; so muh

74) Oder wenn im Namen des Grundstücksbesitzers auf die Löschung einer im Hypothekenbuch eingetragenen getilgten Schuldpost an getragen werden soll, weil der Besitzer nun selbst loco creditoris ist. 75) D.h. cS ist nicht nöthig, daß in der Vollmacht ausgedrückt sei, der Bevoll­ mächtigte solle über die empfangene Zahlung auch quittiren und in die Löschung willigen können. Vcrgl. R. v. 10. April 1820 (Jahrb. Bd. XV, S. 39). Das versteht sich von selbst; man kann nicht Zahlung empfangen sollen, ohne gehörige Quittung darüber zu geben. Die Löschungseinwilligung ist nicht erforderlich, denn die Löschung erfolgt auf gehörige Quittung über geleistete Zahlung und auch — außer dem Falle der Zahlung — auf Konsens des Gläubigers. Hyp-O. Tit. 2 §. 244; A. L. R. I, 20, §§. 521, 525. Aber wenn ohne Zahlungsleistung in die Löschung gewilligt werden soll, so ist dazu ausdrückliche Specialvollmacht erforderlich. §. 107. Meinungsverschiedenheit ist darüber: ob derjenige, welcher zur Einhebung einer Schuldforderung bevollmächtigt ist, dadurch von selbst auch ermächtigt sei, diese Post an einen Dritten freiwillig zu eediren. Ein R. v. 26. April 1806 (Rabe Bd. VIII, S. 514) sagt Ja, ein späteres v. 19. Oktober 1809 (Rabe Bd. VIII, S. 368) hebt Jenes auf und verneint. Die zweite Meinung ist die richtige. Session und Zahlungsempfang sind wesentlich verschiedene Rechts­ geschäfte und haben sehr verschiedene Folgen und Wirkungen. DaS Erstere setzt die Eingehung eines Rechtsverhältnisses (Veräußerungsvertrages) voraus, das Letztere hebt ein bestehendes Schuldverhältniß auf. Zu Jedem von Beiden for­ dert das A. L. R. eine Specialvollmacht. §§. 103 und 105. Dies entscheidet. In gleicher Weise werden zum Kompromiß und zum Vergleiche besondere Specialvollmachten gefordert. §§. 101 u. 102, u. Anm. 68.

76) Wenn eS doch geschieht, so schadet es der Gültigkeit deS auf Grund einer so entstandenen Vollmacht abgeschlossenen Geschäftes nicht, falls der Dritte davon nichts weiß. §. 113,

Von VollmachtSausträgm.

185

die Specialvollmacht nach den allgemeinen im Titel von Verträgen enthaltenen Vorschriften ausgestellt werden.

8- 112.

(Tit. 5, §. 172 sqq.)

Bloße Blanquets, auf welchen nur der Name deS

Machtgebers, ohne Bestimmung des Geschäfts, wozu der Auftrag

gegeben worden,

sich

befindet,

sind

zu Handlungen, die eine

Specialvollmacht erfordern, niemals hinreichend. 8. 113.

Wer aber ein Blanquet, ohne Bemerkung des Ge­

schäfts, zu welchem dasselbe bestimmt ist, auS den Händen giebt, kann gegen eine über die NamenSunterschrist gesetzte Vollmacht,

wenn sie gleich erst nach der Unterzeichnung darüber geschrieben

worden, sich nicht entschuldigen"). 8. 114.

In außergerichtlichen Handlungen ist eS die Sache

des Dritten, welcher mit dem Bevollmächtigten sich einlaffen will, wie er von der Richtigkeit der vorgezeigten Specialvollmacht sich zu überzeugen gedenke.

8. 115.

Wenn aber auf den Grund einer solchen Vollmacht

etwas gerichtlich verhandelt werden soll: so muß der Richter eine

gerichtlich oder vor einem Notario

ausgestellte

oder anerkannte

Vollmacht fordern"').

77) Es wäre denn, daß der Dritte unredlich gehandelt hätte. zu §. 97 d. T.

Anm. 62

77 a) Vollmachten der Ehefrauen für ihre Ehemänner erfordern gleichfalls keine andere Form, namentlich nicht die für Verträge zwischen Eheleuten im §§. 198 und 200 Th. II, Tit. 1 vorgcschriebene gerichtliche Form. Denn die Eheftau übernimmt keine besondere persönliche Verbindlichkeiten gegen den Mann, welche auf das mit dem Dritten in Folge der Vollmacht eingegangene Geschäft Einfluß haben könnten. Der Mann kann alle Angelegenheiten der Frau mit deren Zustimmung besorgen und zur bloßen Genehmigung eines Geschäfts der Eheftau mit einem Dritten ist eben nur die Zustimmung der Frau erforderlich: mit dem Manne kontrahirt die Frau nicht. Die Frau wird durch die Bevollmächtigung ihres Mannes in keiner Beziehung gegen den Mann gebunden, sie kann die Voll­ macht willkürlich widerrufen und der Mann hat keine gültige Forderung daraus an die Person der Frau. In Beziehung auf Prozeßvollmachten ist dieser Grund­ satz sowohl von dem I. M. mehrmals (N. vom 10. Juni 1836, Mannkops L. R. II, 98; R. v. 5. Mai 1843 in der Ocls'cr Sache v. Wittich c. v. Sä'arowitz), als auch von dem Ob.-Tr. ausgesprochen. Pr. 508, v. 27. Juli 1838: „Bei Ausstellung einer Prozeßvollmacht, zur Wahrnehmung der Rechte einer Ehefrau auf ihren Ehemann, bedarf cs nicht der Zuziehung eines Beistandes, wenn auch der Prozeß die eingebrachtcn Grundstücke, Gerechtigkeiten oder auf

den Namen der Eheftau, ihrer Erblasser oder Geschenkgeber geschriebenen Kapi­ talien betrifft." Das Argument a contrario ist hier ganz unzulässig, weil das Pr. lediglich die Entscheidung der vorgelegten Streitfrage, deren Gegenstand eben

eine Prozeßvollmacht war, enthält. Daß derselbe Rechtssatz bei Vollmachten, deren Gegenstand ein anderes Rechtsgeschäft ist, nicht gelten solle, ist damit durchaus nicht angedeutet und hat auch keinen juristischen Grund für sich.

186

Erster Theil.

A nh. §. 45.

Dreizehnter Titel.

Einer attestirten Specialvollmacht bedarf eS nicht,

wenn Kollegia und Institute, deren Beamte öffentlichen Glauben

haben, dieselbe in dieser Eigenschaft ausgestellt, und mit dem Amts­

siegel bedrückt habens.

8. 116.

Aufgehoben.

1. G. über die Form einiger Rechtsgeschäfte vom 11. Juli 1845 (G. S. S. 495). §. 2. Es können fortan auch von einem Notar ausgenommen werden: Vollmachten zur Erhebung von Sachen und Geldern bei Gericht. Der §. 116, Tit. 13, Th. I deS A. L. R. wird aufge­ hoben, dagegen bleibt der §. 571, Tit. 12 — in Kraft.

§. 117. Ist der Empfänger ein Ausländer, so kann auch eine von einem gerichtlich beglaubigten^) Notario attestirte Voll­ macht angenommen werden.

78) Aus dem R. v. 28. September 1795 (Rabe, Bd. HI, S. 150) und v. 9. August 1802 (Rabe, Dd. VII, S. 202). Diese Ausnahme tritt auch ein, wenn die Vollmachts-Verhandlung einer Innung von dem Beisitzer des Ma­ gistrats ausgenommen und von dem Magistrat (Gemeinde-Vorstand) ausgefertigt worden ist, unter dessen Oberaufsicht die 'Innung steht. R. v. 20. November 1840 (I. M. Bl. S. 391).

79) Der aufgehobene §. 116 forderte zu Gelderhebungen eine gerichtliche Vollmacht. Auf die hierzu gemachte Erinnerung, daß in manchen Ländern schlechterdings keine andere als notarielle Vollmachten ausgestellt würden, schaltete Suarez diesen §. 117 ein. Die Fassung ist nach der Absicht und dem Grunde deS Gesetzes augenscheinlich ungenau. Denn nicht auf die Eigenschaft des Aus­ stellers als Ausländers, sondern auf den Ort der Ausstellung der Vollmacht kommt es an. Dies ist jedoch, nachdem die Regel deS §. 116 aufgehoben und damit die Ausnahme des §. 117 weggefallen, unerheblich, eS hätte mithin, in Folge des Zus. 1, dieser §. 117 gleichfalls ausfallen können, wenn er nicht eine Vorschrift für das Ausland über die Erfordernisse einer im Auslande ausgestellten uotariellcu Vollmacht enthielte. Die Vollmacht soll „von einem gerichtlich be­ glaubigten" Notario ausgenommen sein. Aber in gar vielen fremden Ländern haben die Gerichte mit der Beglaubigung der Notare nichts zu schaffen und die fremden Regierungen kehren sich an die Vorschriften des L. R. nicht. Auch wird gefragt: was denn unter „einem gerichtlich beglaubigten" Notario zu verstehen sei und woran diese Eigenschaft des Notar bei der Ansicht der von ihm auf­ genommenen Urkunde hier im Jnlande erkannt werden könne. Die Materialien geben keinen Aufschluß. Man hat gemuthmaßt, Suarez habe dabei an die in vielen vormaligen Reichsländern erforderliche Immatrikulation der von den Pfalzgrafen mitten Notarien gedacht. Dafür giebt es aber hier auch kein Er­ kennungszeichen und außerdem würde für das übrige Ausland die beabsichtigte Vorschrift fehlen. Diese Betrachtung führt dahin, daß das Gesetz einen Aus­ weis darüber verlangt, daß die instrumentirende Person zur Aufnahme solcher Handlungen kompetent, und daß die fragliche Urkunde von ihr verfaßt und aus­ gefertigt worden sei. Wer aber solches im Auslande zu attestiren habe, das kann durch unser L. R. nicht angeordnet werden; darüber hat die ftemde Gesetz­ gebung in ihrem Lande Bestimmung zu treffen. Im Allgemeinen läßt sich daher nicht Vorhersagen: welche ausländische Behörde das Attest zu geben hat. Kommt es aber auf die Bescheinigung der Echtheit der Schriftstücke und der Unterschriften an, so kann solche in letzter Instanz nur durch gesandtschaftliche Personen er-

Von Vollmachtsaufträgen.

Anh. §.46.

187

Die von den preußischen Gesandten und Resi­

denten an auswärtigen

Höfen attestirten Vollmachten») sind den

gerichtlichen gleich zu achten8l * *). 82 * * 83 * 80 84

2. K. O. v. I I. November 1829. (G. S. 1830, S. 2.) Ich will auf Ihren Antrag v. 30. v. M. meinen Konsuln und Konsular-Agenten in den überseeischen Ländern *2) die Befugniß er­ theilen, die gerichtlichen gleich zu achtende Vollmachten meiner Unterthanen aufzunehmen und zu attestiren^).

8. 118.

Auch derjenige, welchem die Besorgung aller 9Iiv e)nc^ojf,Cfl

gelegenheiten des Machtgebers

aufgetragen worden,

verpflichtet machten,

denselben durch Handlungen, die eine Specialvollmacht erfordern^),

nur in sofern, als dieselben in seiner Generalvollmacht auSgebriitft85) sind.

theilt werden. — Man hatte jene gerichtliche Legalisation auch für inländische Notarien in den Landestheilen, wo die A. G. O. und das A. L. R. nicht gilt (Rheinlande, Neuvorpommern), vorgeschrieben. R. v. 18. April 1823 (Jahrb. Bd. XXI, S. 274). Dies ist aber, mit Recht, wieder abgeschafft worden. R. v. 4. Mai 1839 (I. M. Bl. S. 183).

80) Diesseitiger Staatsangehöriger nämlich. Denn über die Bewohner des Auslandes hat der Gesandte keine Gerichtsbarkeit und die Aufnahme der Hand­ lungen derselben würde ein Eingriff in die Befugnisse der dortigen Behörden sein. Bergl. auch die K. O. vom 11. November 1829 (Zus. 2). Uebrigens können diesseitige Staatsangehörige auch vor den dortigen Landesorganen ihre Voll­ machten auöstellen. 81) Aus dem R. v. 17. Nov. 1800 (Rabe Bd. VI, S. 359). Diese Vor­ schrift ist auf die von Gesandten attestirten Vollmachten zu beschränken; es ist nicht beabsichtigt worden, den Gesandten ic. im Allgemeinen die Befugniß zur Aufnahme von Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit beizulegen, wie auch aus der Ausdehnung der Vorschrift auf die überseeischen Konsuln und Kon­ sularagenten durch die K. O. v. 11. Nov. 1829 (Zus. 2) erhellet. R. v. 26. Febr. 1842 (I. 3». Bl. S. 95). 82) Ueber die Glaubwürdigkeit der Verhandlungen und Urkunden der preuß. Kousulate in der Türkei, der Moldau und Wallachei s. R. vom 27. Juli 1846 (I. M. Bl. S. 144).

83) Diese Vorschrift deklarirt zugleich den §. 46. des Anh. dahin, daß derselbe nur von Vollmachten diesseitiger Staatsangehöriger zu verstehen ist.

84) S. Pr. 2033 o. in der Anm. 30 zu §. 46 d. T. Zur Prozeßführung befähigt die General-Vollmacht keinesweges, wenn nicht der General-Bevoll­ mächtigte zu den in §§.119 ff. bezeichneten Personen gehört oder ein Rechtsanwalt ist, der jedoch auch nur bei dem Gerichte, wo er angeftellt ist, persönlich anftrcten kann. R. v. 19. März 1798 (Nabe Bd. V, S. 79); v. 2. Februar 1818 (Jahrb. XI, S. 14); v. 27. April 1837 (Jur. Wochcnschr. S. 372). 85) Die Geschäfte, zu deren Besorgung der Generalmandatar ermächtigt sein soll, müssen hiernach einzeln und bestimmt bezeichnet sein, eine allgemeine Bezugnahme auf die Gesetze, z. B. die Formel: der Bevollmächtigte solle zu allen Geschäften, zu welchen die Gesetze eine Spezialvollmacht erfordern, ermäch­ tigt sein, — genügt nicht; denn das ist nichts weiter als eine Generalvollmacht. Auch die Formel, daß der Bevollmächtigte befugt sein solle, Gegenstände aller

188

Erster Theil.

§• **9.

Dreizehnter Titel.

Anverwandte in auf- und absteigender 2inie85a),

B^ilmachttn. Eheleute, Geschwister und Geschwisterkinder ersten Grades, Schwieger­

eltern und Schwiegerkinder, müssen87) in

Fällen,

Schwäger

die keinen

und Schwägerinnen88),

Aufschub

leiden88),

zur Be-

Art zu verkaufen, zu verpachten und zu vermiethen, ermächtigt ihn nicht zum Verkaufe eines bestimmten Grundstücks. §. 106 d. T. Der Auftrag: Gegen­ stände aller Art zu verkaufen rc., bezieht sich auf diejenigen Verkäufe, welche die Vermögensverwaltung mit sich bringt, und dazu ist die Veräußerung liegender Gründe nicht zu zählen.

85a) Ohne Unterschied des Grades und ohne Rücksicht darauf: ob die Ver­ wandtschaft durch Adoption und Legitimation, oder von Anfang durch recht­ mäßige Ehe begründet worden ist. Bei der unehelichen Verwandtschaft beschränkt sich die Vermuthung aus Mutter und ihre Kinder. Ueber die Adoptivverwandt schast ist nach G. R. Meinungsverschiedenheit. 86) Folglich auch Stiefeltern und Stiefkinder. Anm. 45 zu §. 43 Tit. 1. Doch nur so lange die Ehe dauert, durch welche die Schwägerschast begründet worden ist. Die Frage ist: ob außer den Genannten noch andere Verwandten die Bcfugniß zur Stellvertretung haben. Der I. M. Mähler hat in einem Bescheid v. 8. Oktbr. 1836 (Jur. Wochenschr. 1836, S. 833) gesagt, es seien unbedenklich alle diejenigen Anverwandten zuzulassen, die bis zum dritten Grade der Seiten­ linie einschließlich mit einander verwandt, und außerdem auch die Geschwister­ kinder ersten Grades. Des Vaters oder der Mutter Bruder können sich durch seinen Neffen (Bruder- oder Schwestersohn) vertreten lassen, denn der Neffe sei ein Geschwisterkind. Wenn sich aber der Oheim vom Neffen vertreten lassen könne, so müsse auch auf Grund dieses Verwandtschaftöverhältniffes umgekehrt der Oheim den Neffen vertreten dürfen. Wiederholt in einem Schreiben v. 9. Okt. 1840 (I. M. Bl. S. 337). Das könnte zwar so sein, aber eine an­ dere Frage ist es: ob cS so ist. Das Institut des s. g. präsumtiven Mandats ist keiner Ausdehnung fähig; das präsumtive Mandat ist in Wahrheit gar kein Mandat, sondern eine gesetzliche Befugniß bestimmter Personen, für eine an­ dere Person auszutreten. Das R. R., auS welchem das Institut ausgenommen ist, giebt diese Befugniß gewissen bestimmten Personen, in Prozessen für eine ab­ wesende Partei aufzutrcten, quia publice utile est absentes defendi L. 33 §. 2 D. de proc. (III, 3). Zu den von Rechts wegen dazu Berechtigten ge­ hörten auch rechtmäßige Blutsverwandte, aber von den Seitenverwand'ten 'nur die Geschwister (Brüder) ohne alle Unterscheidung. L. 35 pr. D. eodem. Ge­ schwisterkinder Werden nicht genannt und folglich auch nicht zugelaffen, weil der­ gleichen besondere Rechte keine Ausdehnung gestatten. Gleichwohl sind einzelne gemeinrechtliche Schriftsteller (z. B. Carpzov jur. for. P. I, const. 2 des. 29; Berlich P. I, concl. 14 nr. 38), zu Gunsten der Geschwisterkinder, an­ derer Meinung; und darauf beruhet die Bestimmung dieses §. 119, daß auch Geschwisterkinder ersten Gradeö zu den Berechtigten gehören. Ueber diese Be­ stimmung hinauszugehen fehlt jeder juristische Grund. Noch ein besonderer Fall kommt vor im §. 14 Tit. 4 Th. II. Dagegen ist der Fall des §. 281 Tit. 16 der einer wirklichen Bevollmächtigung.

87) Das „ müssen" kann nur auf Besorgung einseitiger Geschäfte, nament­ lich auf prozessualische Handlungen oder auf Erfüllung einer Bedingung bei be­ reits bestehenden Rechtsverhältnissen, vielleicht auch noch auf die einfache An­ nahme eines Antrages unter Abwesenden, bezogen werden. Bei der Eingehung eines, der freien Entschließung der Kontrahenten anheimgegebenen Vertrages hat eS keinen Sinn; Niemand kann gezwungen werden, mit einem präsumtiven Be­ vollmächtigten in Verhandlungen zu treten. Das R. R. kennt nur präsumtive

Von Vollmachtsaufträgen.

189

sorgung der Angelegenheiten solcher Personen, mit denen sie in einer dergleichen Verbindung stehen, auch ohne ausdrückliche Voll­

macht zugelassen werden. §. 120. Eine gleiche vermuthete Vollmacht haben Miteigen-

thümer gemeinschaftlicher Sachen oder Rechte, ingleichen Mitgenossen eines Prozesses, in dieser gemeinschaftlichen Angelegenheit für sich8 ’).

8. 121.

Fällt weg8«).

§. 122.

Ferner von Verwaltern9 *), Buchhaltern und Haus-

Sachwalter in Prozessen, welche zur Vertheidigung ohne Auftrag zugelaffen wer­ den müssen. Anm. 86. Dies ist hier ganz allgemein auf den Bevollmächti­ gungsvertrag, nicht paffend, übertragen. Ueberhaüpt ist das Institut dieser Stell­ vertretung ganz anders ausgefaßt, als es in seiner Heimath vorkommt. Von einer vermutheten Vollmacht ist gar keine Rede, im Gegentheil, die Voraus­ setzung ist gerade die, daß keine Vollmacht, kein Auftrag gegeben worden sei, und daß eben deshalb eine der gedachten Personen von ihrem Vcrtheidigungsrechte Gebrauch macht; nur ist es Bedingung, daß sie Sicherheit für die Ge­ nehmhaltung bestelle. L. 40 §. 4 D. de proc. (III, 3); L. 3 §. 3 D. judicatum solvi (XLVI, 7). Außerdem gestattete das R. R. Jedem, gegen gehö­ rige Sicherheitsleistung wegen Erfüllung des Erkenntnisses (judicatum solvi), verschieden von jener Sicherheit, als Vertreter einer Partei, ohne Voll­ macht aufzutreten. Einen Ueberrest davon hat die Proz.-O. Tit. 3, §. 26.

88) Der Fall einer vermutheten Vollmacht zum Abschluß eines Rechts­ geschäfts wird nicht allein durch das persönliche Verhältniß des Vertretenden zu dem Vertretenen (als Ehegatte u. s. w.), sondern insbesondere auch dadurch be­ dingt, daß das Geschäft keinen Aufschub erleidet. Nur wo diese Bedingung zutrifft, kann aus der Nichterklärung des benachrichtigten Vertretenen innerhalb der Acceptionöfristen die Genehmigung desselben hinsichtlich des Geschäftes gefol­ gert werden. Pr. des Ob.-Tr. v. 30. März 1849, Nr. I und II. (Ernsch. Bd. XVIII, S. 207). Woran der Andere das Dasein dieser Bedingung — die das Gesetz hier deutlich vorschrcibt — erkennen soll, um sicher zu gehen, das ist nicht zu sagen. Beweisen muß das Vorhandensein des Falles die Partei, welche sich darauf beruft, um das Geschäft aufrecht zu erhalten. Die auf Ver­ träge nicht paffende Bestimmung ist gleichfalls aus der Generalisirung der Re­ geln von Prokuratoren entstanden. S. die vor. Anm. Dies ist ein Grund mehr, das dadurch abnorm gewordene Institut nicht noch über die 'Grenzen, welche ihm das Gesetz steckt, auszudehnen. S. die Anm. 86.

89) S. die V. v. 5. Mai 1838 §. 3 lit. a und dazu den Pl.-Beschl. vom 13. Decbr. 1841 in der Anm. 45 zu Tit. 13 der Proz.-O. 90) In Folge der aufgehobenen Gutsunterthänigkeit.

91) Ein Pächter soll nach der Meinung des I. M. Mähler in Beziehung auf die Gerechtsame der verpachteten Sache jedenfalls zugleich die Rechte und Verbindlichkeiten eines Verwalters — nach §§. 12, 434 Tit. 21 — haben und deshalb nach der Vorschrift dieses §. 122 zu denjenigen Personen gehören, welche ein mandatum praesumtum für sich haben, milhm auch als bevollmächtigte ihres Prinzipals im Prozesse zugelaffen werden müssen. Verf. v. 24. December 1838 (Jahrb. Bd. LII. S. 476). Die Gründe sind nicht überzeugend. Der Pächter hat weder die Rechte noch die Verbindlichkeiten eines Verwalters; Verwaltungskontrakt und Pachtkontrakt begründen wesentlich sehr verschiedene Rechts­ verhältnisse, es ist nicht das Eine in dem Andern enthalten, etwa wie das minus in dem majus. Und das Institut deS mandati pr. leidet keine Ausdehnung über die positiv bestimmten Grenzen.

Erster Theil.

190

Dreizehnter Titel.

offiziaiiten, in Ansehung der von ihren Prinzipalen oder Dienst­

herrschaften ihnen anvertrauten9 2) Geschäfte. §. 123.

Aber auch alle diese Personen (§§. 119—122) sind

zu Handlungen, wozu die Gesetze eine Spezialvollmacht erfordern,

ohne dergleichen Vollmacht nicht berechtigt.

§. 124. Derjenige, welcher, auf den Grund einer vermutheten Vollmacht, Geschäfte für einen Andern besorgt, ist schuldig, dem­ selben davon ohne Zeitverlust Nachricht zu geben, und seine Ge­

nehmigung darüber einzuholen99). §. 125. Derjenige, welcher mit einem solchen vermutheten Bevollmächtigten etwas verhandelt, hat das Recht, denselben zu dieser Benachrichtigung anzuhalten; oder auch selbst den, dessen

Geschäfte verhandelt worden, zur Erklärung darüber unmittelbar

aufzufordern. 126.

Letzterer muß, so bald ihm die Nachricht auf eine

oder die andere Art zugekommen ist, über die Billigung oder Miß­ billigung des Geschäfts innerhalb der im Fünften Titel 8. 90 sqq.

bestimmten Fristen sich erklären. §. 127.

Verabsäumt er diese

Fristen,

so

wird

er

ohne

fernere Widerrede für einwilligend angenommen"). 8- 128.

Erklärt er aber seine Mißbilligung

zur

rechten

Zeit; so kann der Dritte, wegen des auS dem Zurückgehen deS Geschäfts ihm erwachsenden wirklichen Schadens, nur an den ver­

mutheten Bevollmächtigten sich halten. p)

Von still-

8. 129.

Daß Jemanden ein fremder Schuldschein anvertraut

schweigend

92) Nur in Ansehung dieser anvertrauten Geschäfte. Also muß der Hausofficiant entweder überhaupt zur Besorgung der Rcchtsangelegenheiten des Prin­ zipals angestellt sein, oder die Rechtssache muß mit den dem Hausofficianten aufgetragenen bestimmten Geschäften Zusammenhängen. Vergl. die R. v. 6. Nov. 1832 (Jahrb. Dd. XL. S. 425) und vom 10. Mai 1834 '(Jahrb. Bd. XLIII. S. 479).

93) S. o. die Anm. 88 zu §. 119. Der §. 124 setzt also voraus, daß die Person, für welche ein s. g. präsumtiver Bevollmächtigter auftreten will, fähig sein muffe, selbst das Geschäft zu besorgen und, wenn sie wollte, einen ordent­ lichen BollmachtSvertrag abzuschlicßen. 94) Vergl. §. 61 Tit. 4. Die Folge tritt nur dann ein, wenn alle Be­ dingungen der gesetzlich zugelassencn Stellvertretung Zusammentreffen, namentlich das vorausgesetzte gesetzlich erforderte Verhältniß zwischen den Personen, die Dringlichkeit des Falles und eine Handlung, zu welcher eine Spezialvollmacht nicht erforderlich ist. Vergl. das Pr. des Ob.-Tr. vom 30. März 1849 o. in der Anm. 88.

Von Vollmachtsausträgen.

191

worden"), beweiset noch nicht, daß derselbe zur Einhebung der^^», darin verschriebenen Summe berechtigt sei. §

130.

Hingegen ist der, welchem die Quittung über Line

zu bezahlende Summe anvertraut worden, zum Empfange der Zahlung selbst für bevollmächtigt zu achten"). §. 131.

Der, welchem der Verkauf einer beweglichen Sache9 ’)

aufgetragen worden, ist zum Empfange des Kaufgeldes so weit berechtigt, als der Machtgeber ihn in den Stand gesetzt hat, die Sache dem Käufer zu übergeben").

95) Nämlich von dem Gläubiger. Der in §§. 129 und 130 vorgesehene Fall ist der, wo Jemanden von dem Gläubiger ein Schuldschein oder die Quittung über die Zurückzahlung einer ausstehenden Schuldforderung anvertraut worden ist; und es wird die Frage entschieden: ob der bloße Schuldschein, oder doch die Quittung über die zu zahlende Summe zur Einhebung der Forderung für den Gläubiger ermächtige. Ganz verkehrt hat man die Bestimmungen auf den Fall der noch bevorstehenden Eingehung eines Schuldverhältniffes und namentlich einer Darlehensschuld bezogen, und behauptet, daß nach denselben Jemand durch den Empfang des über ein erst noch zu empfangendes Darlehn ausgestellten Schuldscheins und des darin enthaltenen Bekenntnisses über empfangene Valuta ermächtigt werde, Namens des Ausstellers ein Darlehn gültig zu kontrahiren, während doch nach §§. 105 und 140 zur Kontrahirung eines Darlehns eine Spezialvollmacht erfordert wird. In diesem Sinne hat sich auch das Ob.-Tr. ausgesprochen durch das Erk. v. 23. März 1844 (Ulrich Arch. Bd. XI, S. 1 ff.). 96) S. die vor. Anm. Da hiernach die Quittung über eine bezahlte For­ derung zur Empfangnahme der Zahlung bevollmächtigt, so kann der Gläubiger, wenn der Empfänger der Quittung das Geld an ihn nicht abführt, sondern unterschlägt, sich hiernächst nicht mehr an den Schuldner halten. Die prak­ tischen Folgen dieses Rechtssatzes zeigen sich empfindlich bei der Aushändigung von Quittungen an Rendanten öffentlicher Kassen ohne Geld dafür zu empfangen, in den Fällen, wenn der Rendant Defekte gemacht hat und abgesetzt wird. ES ist eine ungebührliche Zumuthung, wenn Zahlungsempfänger die Quittungen vor­ aus einschicken sollen, ehe ihnen Zahlung aus der Kaffe geleistet wird. 97) Mithin auch der, welchem die Cesston einer Forderung, aufgetragen ist, wenn er zugleich daS Schuldinstrument zur Aushändigung an den Cessionar über­ geben erhalten hat.

98) Daß dieser Auftrag zur Empfangnahme des Kanfgeldcs fortdauern solle, wenn nicht sogleich gegen Uebergabe der Sache (Zug um Zug) Zahlung geleistet wird, scheint mit der Absicht des Auftraggebers schwerlich übereinzu­ stimmen. Doch ist im Allgemeinen darüber nicht entschieden worden; es kommt vor Allem auf die Beschaffenheit des besondern Falles an. Ging der Auftrag dahin, daß der Beauftragte nicht kreditiren sollte, er that es aber doch, so kann die Befugniß zur spätern Einhebung des Kanfgeldcs nicht bezweifelt werden, weil der Beauftragte wegen Ueberschreitnng des Mandats verantwortlich ist und das Kreditiren zu seiner eigenen Sache gemacht hat. §. 134 und Anm. 99. Soll aber auf Kredit verkauft werden, so läßt sich schwerlich behaupten, daß allein schon in dem Auftrage zur Abschließung eines solchen Verkaufs auch die Ermächtigung enthalten sei, das später fällig'werdende Kaufgeld, das nunmehr eine ausstehende Forderung des Machtgebers ist, mit rechtlicher Wirkung gegen den Gläubiger, einzuziehen. — In Beziehung auf Handlungsdiener und Lehr­ linge, welche Waaren an Abkäuscr überbringen, enthält der §. 550 Tit. 8 Th. II

192

Erster Theil.

§. 132. nicht

Dreizehnter Titel.

Nur alsdann darf der Käufer an den Bevollmächtigten

zahlen, wenn Einschränkungen deshalb

in der Vollmacht

enthalten sind; oder wenn der entgegengesetzte Wille des Macht­

gebers auch auf andere Art dem Käufer bekannt geworden ist.

§. 133,

Die Vollmacht aber zum Verkaufe einer unbeweg­

lichen Sache enthält noch nicht die Vollmacht, daS Kaufgeld da­

für in Empfang zu nehmen. §. 134.

In keinem Falle wird vermuthet, daß der Bevoll­

mächtigte zum Verkaufe Kredit über daS Kaufgeld zu geben be­ rechtigt fei"). §. 135. Wenn also in dem Falle des §. 133 der Machtgeber

sich nicht erklärt hat, wie er es mit der Zahlung des Kaufgeldes wolle gehalten wissen, so muß zuvörderst die Erklärung desselben eiugeholt werden.

8-

136.

Will

entweder

der

Bevollmächtigte,

oder

der

Käufer, dieses nicht abwarten: so ist der Letztere die Zahlung in das gerichtliche Depositum, auf Kosten deS MachtgeberS, zu leisten

schuldig und berechtigt. 8. 137.

In

allen

Fällen,

wo der Bevollmächtigte ohne

ausdrückliche Erlaubniß deS MachtgeberS das Kaufgeld kreditirt

hat, ist Letzterer an den Vertrag nicht gebunden, sondern kann die Sache zurückfordern 8- 138.

Ist diese bei dem Käufer nicht mehr vorhanden,

so kann der Machtgeber den bedungenen Werth gegen den Käufer

sofort einklagen. §. 139.

Wenn aber daö Geschäft von der Art gewesen ist,

daß diejenigen, welche dergleichen Gewerbe treiben, dabei Kredit zu geben gewohnt sind, so muß der Machtgeber den von dem

eine Specialvorschrift, nach welcher diese Beauftragten nur gegen Ueb ergäbe der Waaren, nicht aber auch noch später zu irgend einer andern Zeit zur Empfang­ nahme des Kaufgeldes ermächtigt sind. Vergl. die Entsch. dcS Ob.-Tr. v. I. 181ä od. 1846 in der Jur. Wochenschr. v. 1846, S. 263.

99) Ein Kommissionair, welcher das Kaufgeld der ihm zum Verkauf ge­ sandten Waaren, ohne Autorisation seines Kommittenten kreditirt, haftet diesem für den Ausfall. Pr. des Ob.-Tr. vom 10. Januar 1816 (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 217). Die Ausnahme enthält der §. 139.

100) Eigentlich sollte der Machtgeber unbedingt sofortige Zahlung fordern können, denn der Käufer hat sich wissentlich Stundung von einem dazu nicht ermächtigten Stellvertreter versprechen lassen.

Von Vollmachtsauströgen.

193

Bevollmächtigten ertheilten Kredit, außer den §. 132 bestimmten Fällen, wider sich gelten lassen y.

8. 140.

Ist Jemand bevollmächtigt,

ein

Darlehn aufzu­

nehmen, so muß die darüber ertheilte Vollmacht dem Gläubiger auSgebändigt werdens.

8. 141.

Enthält aber die Vollmacht mehrere Aufträge; oder

ist das Darlehnsgeschäft bei dem Auftrage nur alS Mittel zum Zwecke anzusehen: so ist eS genug, wenn dem Gläubiger nur

eine beglaubigte Abschrift der Vollmacht zugestellt wirb31).2 8 142. Auch Handlungen, welche der Bevollmächtigte gegen Verpflicht die Vorschrift deS Machtgebers4)5 vollzogen 6 hat, werden durch deS M-»t«e"er, Letzter» nachher erfolgte3) Genehmigung gültig.. ^kommend"' 8. 143. Auch durch nachherige Handlungen deS Macht- ®”ngm1'

gebers kann eine solche Genehmigung erklärt werden.

(Titel 5,

8.185-191.)

8

144.

Wenn also der Machtgeber weiß, daß der Bevoll­

mächtigte die Gränzen seines Auftrags überschritten habe, und sich dennoch den aus dem Geschäfte entstandenen Vortheil zueignet;

oder die aus der eigenmächtigen Handlung des Bevollmächtigten folgenden Leistungen übernimmt: so wird dieses einer ausdrücklichen Genehmigung gleich geachtet.

8- 145.

Sobald der Machtgeber von dem Bevollmächtigten,

oder dem Dritten, mit welchem gehandelt worden-, Nachricht er­ hält, daß Ersterer die Gränzen seines Auftrags überschritten habe;

ist er schuldig, innerhalb der Tit. 5, s. 90 seqq. bestimmten Fristen, über dessen Billigung oder Mißbilligung sich zu erklären3).

1) Diese Bestimmung schließt stch an den §. 134 an. 2) Das muß auf Verlangen des Dritten auch bei andern Rechtsgeschäften geschehen. Anm. 59 zu §. 91 d. T.

3) Die Ertheilung der beglaubigten Abschrift sollte mit Angabe deS Ge­ schäfts, in Ansehung dessen die Abschrift genommen ist, aus dem Originale ver­ merkt werden, um änzudeuten, daß dieser Special-Auftrag erloschen.

4) Oder nach erfolgtem Widerrufe des Auftrags. 7. Juni 1847 (Jur. Wochcnschr. 1847, S. 461).

Pr. deS Ob.-Tr. vom

5) Wenn auch nur stillschweigend oder mündlich erklärte. Pl. - Beschl. (Pr. 2196) v. 22. April 1850, o. in der Anm. 11 zu §. 10 d. T. — Ist mit Vorbehalt der Genehmigung des Machtgebcrs, d. h. mit Bewußtsein des Dritten von dem Sachstande, kontrahirt worden, so ist der Dritte so lange gebunden, bis der Machtgcber sich hat erklären können. Pr. des Ob.-Tr. 1240, vom 17. De­ cember 1842. 6) Ein Machtgeber,

welchem sein Bevollmächtigter die geschehene Ueber-

ttoch. Allgemeiner Landrecht.

II.

13

194

Erster Theil. Dreizehnter Titel.

§. 146. Unterläßt er dieses, so bleibt er dem Dritten, mit welchem gehandelt worden, für allen aus dieser Unterlassung?) entstandenen Schaden verantwortlich. 8. 147. Wenn Jemand gegen einen Dritten schriftlich er­ klärt, daß er einem Andern ein gewisses Geschäft aufgetragen habe; so muß er die Handlungen dieses Andern, welche derselbe mit dem Dritten, in Gemäßheit der schriftlichen Erklärung, vor­ genommen hat, genehmigen; wenn er gleich dem Andern keine wirkliche Vollmacht ertheilt hätte8*).9* * * * * 7 §. 148. Ist die Erklärung gegen den Dritten nur mündlich geschehen: so ist zwar der Erklärende nicht schuldig, die zwischen diesem Dritten und dem angeblich Bevollmächtigten vorgenommenen Verhandlungen und geschlossenen Verträge selbst zu genehmigen8).

schreitrmg des erhaltenen Auftrages anzeigt, ist, wenn er diese Ueberschreitung nicht innerhalb der im § 90 ff. Tit. 5 bestimmten Fristen genehmigt hat> durch eine spätere Erklärung das inzwischen von dem dritten Kontrahenten und dem Bevollmächtigten wieder aufgelösete Geschäft sich zuzueignen oder Entschädigung zu fordern nicht berechtigt. Pr. des Ob.-Tr. v. 31. August 1849 (Entsch. Bd.XVIII, S. 220). — Die Erklärung braucht der Machtgcber uur dem zu geben, der sich an ihn wendet; er ist nicht schuldig, dem Dritten zu schreiben, wenn der Bevoll­ mächtigte ihm Nachricht gegeben hat. 7) Nur für den aus der Unterlassung der Erklärung entstandenen Schaden, für diesen aber auch hauptsächlich, keinesweges bloß subsidiarisch; der Be­ vollmächtigte ist dafür gar nicht verantwortlich. Denn entweder weiß der Dritte die Lage derSache: dann hat der Bevollmächtigte gar keine Verantwortlichkeit; oder die Ueberschreitung ist ihm verheimlicht: dann haftet ihm der Bevoll­ mächtigte für den Schaden, der aus dem Zurückgehen des Geschäftes entsteht. §. 128, 171. 8) Denn die Vollmacht, d. i. die Beglaubigung des Andern bei dem Dritten, ist wesentlich, ja in der glaubhaftesten und zweifellosesten Weise, in der un­ mittelbaren Erklärung deS Geschäftshcrrn enthalten. Der Andere bedarf zur gültigen Abschließung des Geschäfts gar keiner weitern Vollmacht, nicht einmal eines weitern Auftrages. Denn entweder war der Auftrag, wenn auch nur mündlich, vorhergegcben: dann ist von Anfang ein ordentliches Mandatsverhältniß vorhanden; oder der Andere schließt das Geschäft ohne besondern Auftrag an ihn ab: dann dient die Erklärung gegen den Dritten als Vollmacht.

9) Die Vorschrift setzt mithin voraus, daß der mündliche Auftrag nicht die Kraft habe, das in Folge desselben wirklich abgeschlossene, selbst formgemäß ab­ geschlossene Rechtsgeschäft für den Auftraggeber, dem Dritten gegenüber, ver­ bindlich zu machen; und daß es dazu einer nachfolgenden förmlichen Genehmi­ gung bedürfe. Man mag den Satz wenden und drehen wie man will, er bleibt im Widerspruch mit dem Pl.-Beschl. (Pr. 2196) des Ob.-Tr. v. 22. April 1850 (Anm. 5 zu §. 142), und mit vollem juristischen Takte hat die Minorität die RechtSwahrheit dieses Rcchtssatzes der Majorität entgegengehaltcn. Nur wegen der unjuristischen, inhaltleeren Unterscheidung ist die wortreiche Bekämpfung dieses Grundes, Seitens der Majorität, bemerkenswerth. „Diese §§. 147 bis 149 — wird gesagt — handeln nur von der Form einer die Vollmacht anerkennenden Erklärung, nicht von der Form einer Genehmigung des auf Grund der Voll-

Von Vollmachtsaufträgen.

8

149.

195

Hat aber der Dritte dem angeblichen Bevollmäch­

tigten auf den Grund eines solchen Vertrags etwas gegeben, oder

geleistet': so haftet der Erklärende dafür eben so, als wenn er eS selbst auf den Grund eines mündlichen Vertrags erhalten hätte.

(Tit. 5, 8- 155 sqq.) 10 * *).11 * * 12 ***** 8- 150. Wer mit einem Bevollmächtigten weiter, alS eSM^wiw-n

die Gränzen seiner Vollmacht gestatten, wissentlich sich einläßt, hat, mcicbtUjten u. bei erfolgender Mißbilligung des Machtgebers, nur") das Recht,wu»?/ das ganze Geschäft wieder aufzurufen, und das, waS er darauf ^mit.ihm

schon gegeben oder geleistet hat, von dem Bevollmächtigten wieder vornimmt

zurückzufordern").

macht vorgenommencn Geschäfts. Auch kann nicht eingewendet werden, daß die Unverbindlichkeit des Geschäfts wegen Nichtbeachtung der gesetzlichen Form nur durch Erfüllung dieser Letzteren gehoben werden könne; denn für das Geschäft mit dem Dritten mangelt eben die erforderliche Form nicht, sondern nur für die Einwilligung deS Geschäftsherrn. Also die Einwilligung deS eigentlichen Kontrahenten kann fehlen — kann in der wesentlich erforder­ lichen Form fehlen, und doch soll daS von einem Fremden für ihn vorsorglich nach dem Leisten verfertigte OpnS recht für ihn sein? Einen solchen Unterschied kennt die Rechtswissenschaft nicht; diese Unterscheidung hat keinen juristischen Kern. Das mittelbare Band, welches beide Kontrahenten verknüpfen soll, darf nach den Gesetzen der Logik und des Rechts nicht unvollkommener sein als das unmittelbare, wenn cs halten soll. Durch jene Unterscheidung erledigt sich mithin das Bedenken: „daß der eigentliche mündliche Vertrag nicht binden würde, aber Wohl die mündliche Genehmigung eines von einem Andern ohne schriftlichen Auftrag abgeschlossenen Geschäfts, „als unzutreffend" nicht im geringsten; im Gegentheil, das Erledigungsmittcl — die Unterscheidung — ist unzutreffend weil Wescnheitslos, während das Bedenken gegründet und genau zutreffend ist. Vergl. die folg. Anm.

10) Deutlicher und bestimmter kann der Grundsatz: daß ein münd­ lichen Auftrages zwischen dem Beauftragten und dem Dritten, wennglerch form­ gerecht, abgeschlossenes Rechtsgeschäft in Beziehung auf den Machtgeber nur den Werth und die Geltung eines mündlich geschlossenen hat, nicht ausgedrückt werden. S. die vor. Änm. Es versteht sich, daß der Grundsatz sich nicht auf das Verhältniß zwischen dem Machtgcber und dem Beauftragten bezieht: was dieser in Gemäßheit deS mündlichen Auftrages geleistet und deswegen zu fordern hat, das muß Jener ausgleichcn; der actio m. contraria kann er den Einwand der seinem Auftrage mangelnden schriftlichen Form nicht entgegensetzen. Anm. 11 zu §. 10 d. T. Alinea 1. 11) Nur dieses Recht? Gesetzt, Jemand hat den Auftrag, 100 Mispel Weizen zu kaufen; er findet einen Posten von 120 Mispel von vorzüglicher Güte und sehr preiswürdig, er schließt das Geschäft, unter verhoffter Genehmigung des Auftraggebers, auf 120 Mispel ab, nachdem der Verkäufer von dem Inhalte des Auftrags Kenntniß genommen hat. Der Machtgeber genehmigt die Ueberschreitnng nicht. Warum soll der Verkäufer nicht daS Recht haben, auf die Abnahme von 100 Mispel zu bestehen? Ohne Zweifel will das Gesetz dieses Recht nicht nehmen, wenn der Handel ad mensuram abgeschlossen ist. Nur auf den Kauf per aversionem würde das Gesetz anzuwcnden sein.

12) Das Rechtsmittel ist die condictio ob causam.

196

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

Schadloshaltung hingegen kann er auch von dem

§. 151.

Bevollmächtigten nicht verlangen, in sofern sich dieser nicht aus­ drücklich und schriftlich dazu verpflichtet hat"), oder von dessen

Seite ein Betrug mit untergelaufen ist. §. 152. Wie weit ein Machtgeber für den durch den Be­ vollmächtigten bei Vollführung des Auftrags angerichteten Scha­

den haften müsse, ist gehörigen OrtS bestimmt. bis 53.) 8. 153.

(Tit. 6, 88. 50

Wer mit einem Bevollmächtigten kontrahirt

hat,

muß sich wegen Erfüllung deS Vertrags in der Regel an den Machtgeber halten. 8. 154. Hat der Bevollmächtigte

Namen kontrahirt,

bloß in seinem eigenen

so kann der Andere nur von ihm die Er­

füllung") fordern. §. 155. Ausnahmen und nähere Bestimmungen bei kauf­

männischen Geschäften sind im Kaufmannsrechte") festgesetzt. 8. 156.

legenheiten

Hat Jemand, der zur Besorgung gewisser Ange­

öffentlich bestellt ist, dergleichen Geschäfte in seinem

eigenen Namen abgeschlossen; eS ergiebt sich aber auS den zur Zeit

des Kontrakts schon vorhandenen, und dem Andern bekannt ge­ wesenen Umständen, daß der Gegenstand der Verhandlung wirk­ lich Amtsangelegenheiten gewesen sind: so

hat der Andere die

Wahl: ob er sich an seinen Mitkontrahenten, oder an die Kaffe

oder Anstalt, welcher derselbe vorgesetzt ist, halten wolle. 8. 157.

Der Bevollmächtigte

kann, in Abwesenheit deS

Machtgebers, zu Handlungen, wozu ihn sein Auftrag berechtigt1 13 6),14 15

durch den Richter angehalten werden.

13) Dieser Fall ist eine Kautionsleistunq für die Genehmhaltung (cautio ratam rem haberi), woraus die Verbindlichkeit zum Ersatz des aus der Nicht­ genehmigung dem Dritten erwachsenden Schadens entsteht. Unten Tit. 14, §.271. 14) Wirkliche Erfüllung, denn der Beauftragte ist für seine Person als Kontrahent ausgetreten. Von dieser Verbindlichkeit kann er sich durch die erst nach Abschlicßung deS Rechtsgeschäfts gegebene Erklärung, daß er nur als Be­ vollmächtigter gehandelt habe, nicht befreien. Der Andere würde, hätte man ihm das gleich gesagt, sich auf den Handel nicht eingelassen haben. Vergl. o. die Anm. 7 zu tz. 9 d. T.

15) Th. II, Tit. 8, §§. 541—544. waltungs-Verhältniß. Tit. 14 §. 130.

Eine andere Ausnahme macht das Ver-

16) Dies ist ein anderer Ausnahmefall, in welchem die Klage gegen den Bevollmächtigten zulässig ist. Die dadurch verursachten Kosten kann der Bevoll­ mächtigte dem Machtgeber, wenn dieser nicht etwa mit dem Verhalten des Be-

Von Vollmachtsaufträgen.

8- 158.

197

Doch kann der Machtgeber durch den Einwand,

daß der Dritte den Bevollmächtigter zu seiner Pflicht anzuhalten

unterlassen habe, sich von seiner ngenen Verbindlichkeit nicht be­ freien. 8. 159. In der Regel ist sowohl der Machtgeber seinen Auftrag zu widerrufen, als der Bevollmächtigte die Ausführung

des übernommenen Geschäfts dem Machtgeber aufzukündigen t>e»b «uRteu* 8. 160. ES ist nicht nothwendig, daß der Widerruf oder die Aufkündigung unter Gegenwärtigen schriftlich") geschehe.

8> 161.

Wohl aber muß'')

derjenige,

welcher von dem

vollmächtigten einverstanden war, nicht anrcchnen, es wäre denn, daß er dadurch den Nutzen des Machtgebers befördert hätte.

17) Die Bestimmung dieses §. und des 8 160 ist auch auf den Verwaltungsvertrag analog anwendbar. Pr. deS Ob.-Tr. 1708 u. in der Anm. zu §. 109 Tit. 14. Ist in einem zweiseitigen onerosen Kontrakte dem einen der Kontrahenten von dem Andern die Ausführung eines Geschäftes oder Auftrages, für die ganze Dauer des Geschäftes oder für eine bestimmt bezeichnete Zeit übertragen und zu­ gesichert, und dafür eine Gegenleistung versprochen, so kann derjenige, welcher den Auftrag ertheilte, dadurch allein noch nicht von der Gegenleistung frei werden, daß e? sich des Beauftragten nicht ferner zu dem Geschäfte bedienen will; viel­ mehr muß er, sofern nicht andere Gründe der Befreiung eintreten, die seinerseits übernommenen kontraktlichen Pflichten erfüllen, wenn er auch nicht gezwungen werden kann, die Leistungen des andern Kontrahenten anzunehmen. Pr. des Ob.-Tr. 1991, v. 11. Februar 1848 (Entsch. Bd. XVI, S. 166).— Ein solcher Vertrag ist kein Bevollmächtigungs- sondern ein Gedinge-Vertrag. Der Kommissionsvertrag eines Autors mit einem Buchhändler über den Vertrieb des Werks gegen einen bestimmten Rabatt für die Mühwaltung und für die von dem Buchhändler zu bestreitenden Kosten ist gar kein MandatSsondern ein Societäts - Vertrag, welcher nicht einmal vor der Zeit widerrufen werden kann, wenn der Autor dem Buchhändler nicht den Rabatt für alle noch unabgesetzten Exemplare zahlen will. Denn die Societät ist 'für ein bestimmtes Unternehmen eingegangen und die Kosten der Bekanntmachung re. sind für das Ganze verwendet. ‘ 18) Auch eine Prozeßvollmacht kann mündlich zurückgenommcu werden, nur muß der Mandant, daß es geschehen, dem Gerichte anzcigen. §. 162. Der Rechtsanwalt soll dann zur Herausgabe der Manualakten, ohne prozessualische Weitläuftigkeiten, von Aufsichts wegen angehalten werden. R. v. 25. Januar 1817 (Jahrb. Bd. IX, S. 12). Vergl. o. Anm. 15 zu §. 13 d. T.

19) Dieses „muß" ist Folge der Aufhebung des Mandatsverhältniffes und betrifft lediglich das Verhältniß zwischen dem Machtgebcr und dem gewesenen Bevollmächtigten. Ob die Nichterfüllung dieser Verbindlichkeit einen Einfluß und welchen? auf das Verhältniß zwischen dem Machtgeber und dem Dritten, mit welchem der gewesene Bevollmächtigte noch nach dem Widerruf auf Grund der zurückbehaltenen Vollmacht kontrahirt, habe, bleibt hier ganz unentschieden. Auf diese Frage beziehen sich die §§. 162, 167—171. S. die Anm. 21 zu 176.

Erster Theil.

198

Dreizehnter Titel.

Vertrage abgeht, dem Andern die ertheilte schriftliche Vollmacht wieder abfordern, oder zurückgeben. 8. 162. Befindet sich diese Vollmacht bei den gerichtlichen Akten, so

muß die Aufhebung

deS Vertrags von demjenigen,

welcher davon zuerst abgeht, dem Richter angezeigt werden"').

163.

Der Machtgeber, welcher vor vollendetem Geschäfte

die Vollmacht widerruft, ist schuldig, dem Bevollmächtigten nicht nur wegen des bereits gemachten Aufwands, sondern auch wegen

deS dabei auf andere Art erlittenen wirklichen Schadens gerecht zu werden. 8. 164.

Sobald

dem Bevollmächtigten der Widerruf deS

Machtgebers bekannt geworben*20); 21 ist derselbe verpflichtet, dem

Machtgeber selbst, oder demjenigen, welchen dieser zu seinem Nach­ folger ernannt, und ihm

angezeigt hat, über die nocks unvoll­

endeten Geschäfte treulich Auskunft zu geben, und alles, waS zu

deren Fortsetzung gehört, auszuantworten. 8. 165. Er ist nicht schuldig, sich mit fernerer Fortsetzung dieser Geschäfte auf irgend eine Art zu befassen. §. 166.

In so fern aber, als die Fortsetzung angefangener

Handlungen keinen Aufschub leidet, und der Machtgeber darüber nicht besonders verfügt hat; ist der gewesene Bevollmächligte be­ fugt, dieselben so weit zu besorgen, als eS zur Abwendung eines

sonst unvermeidlichen Schadens nothwendig ist. 8. 167. Ist dem Bevollmächtigten die Verhandlung deS Ge­

schäfts mit einer gewissen bestimmten Person aufgetragen; oder ist dem Machtgeber sonst bekannt, mit wem der Bevollmächtigte sich in Unterhandlungen darüber eingelassen habe; so ist der Macht­

geber schuldig, wenn er die Vollmacht widerruft, diesen Dritten

davon zu benachrichtigen2').

19 a) Vergl. Proz.-Ordn. Tit. 3 §. 62. 20) Was derselbe von nun an, außer dem Falle des §. 166, noch thut, macht ihn, dem Machtgebcr gegenüber, zum bloßen negotiorum gesto'r und ver­ schafft ihm nicht die actio mandati contraria. §. 175 d. T.

21) Regel ist, daß das durch einen Stellvertreter erst nach Erlöschung deS Auftrags vollbrachte Geschäft zwischen dem Dritten und dem Machtgcber gültig ist, wenn der Dritte in gutem Glauben gehandelt hat, und das R. R. macht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Grlöschungsarten, in dieser Hinficht. Anm. 62 zu §. 97. So hatten es auch die Verf. des L. R. anfangs im Smne. Der §. 126 des gcdr. Entwurfs sprach den Grundsatz aus. Aber in Folge des Monitums einiger Monentcn, welche die Form des Widerrufs und der Aus-

Von VollmachtSaufträgen. -§. 168.

199

Hat er dieses nicht gethan, so muß er die von

dem Bevollmächtigten auf den Grund der Vollmacht geschloffenen

Verhandlungen wider sich gelten lassen; wenn auch der Abschluß derselben erst nach dem Widerrufe, welcher aber dem Dritten nicht

bekannt geworden, erfolgt wäre. §. 169.

Ist dem Machtgeber daraus Schaden entstanden,

so muß er sich deswegen an den Bevollmächtigten halten.

§. 170.

Außer diesem Falle (§. 167) und wenn dem Macht­

geber nicht bekannt ist, mit wem der Bevollmächtigte in Ver­

handlungen über daS Geschäft sich eingelassen habe, sind die Unter­ nehmungen deS Letztern, deren er sich nach erhaltenem Widerrufe

anmaßt, für den Machtgeber unverbindlicher). §. 171.

Hat der Bevollmächtigte dergleichen2 3) Verhand­

lungen , unter Verschweigung des erhaltenen Widerrufs, mit einem Dritten abgeschlossen, so muß dieser, wegen des aus der Un­ gültigkeit deS Geschäfts erwachsenden Schadens 23‘), an den Be­ vollmächtigten sich halten.

kündigung naher bestimmt wissen wollten, wurde diese Art der Aufhebung deS MandatsverhaltniffeS Gegenstand einer besondern Gesetzgebung. Suarez ver­ merkte am Rande jenes allgemeinen Grundsatzes (§. 126 des Entwurfs): „Bei der Revokation ist zu unterscheiden, ob der Mandatar angewiesen war, mit einem gewissen bestimmten Subjekte zu kontrahiren, oder das Subjekt, mit dem er in Unterhandlungen stand, dem Mandanten bekannt war. Dann muß er avertiren. Sonst muß der Mandatar, welcher post revocationem agirt hat, vertreten." Man fügte die diesem entsprechenden Sätze bei, welche fich in den §§. 167—171 befinden, und strich aus dem allgemeinen Satze des §. 126 die Worte: „von dem Widerrufe der Vollmacht," so daß dieser lautete, wie der §. 200 d. T. zeigt. So ist die int §. 170 enthaltene Ausnahme, welche von der Regel in einem gewissen Falle (Anm. 62 zu §. 97) dann gelten soll, wenn das Mandat durch Widerruf erlischt, entstanden.

22) S. o. die Anm. 62 zu §. 97 und die vor. Anm- 21. In diesem Aus­ nahmefalle macht es auch keinen Unterschied: ob die Originalvollmacht abgefor­ dert und ob fie noch in den Händen des Bevollmächtigten ist, oder nicht. Denn der Machtgeber hat keine augenblicklich zwingende Mittel, den entfernten Bevoll­ mächtigten auö dem Befltz der Legitimationsurkunde zu setzen.

23) Dergleichen, nämlich die bereits vor dem Widerrufe angeknüpften und erst nachher abgeschlossenen Verhandlungen. Die Ausnahme bezieht sich daher auf den Fall eines amgetragencn einzelnen bestimmten Geschäftes. Wenn aber eine allgemeine Geschästsbesorgung übertragen ist, oder doch ein Inbegriff von Geschäften einer gewissen Art, so kann der bloße Widerruf der Vollmacht, ohne Erschütterung des Verkehrs, unmöglich die Wirkung haben, daß alle Diejenigen, welche mit dem Bevollmächtigten, der sich durch Vorzeigung seiner Vollmacht legitimircn kann, in gutem Glauben kontrahirten, bloß gestellt sein sollen; bei einem solchen Rechte konnte sich kein Mensch mit einem solchen Bevollmächtigten einlassen. Das L. R. verordnet dies auch in der That nicht, spricht vielmehr den richtigen Grundsatz, in Anwendung auf den Handelsverkehr, ausdrücklich aus im §. 534 Tit. 8 Th. II. 23a) Vergl. unten §. 271 Tit. 14.

Erster Theil.

200 §. 172.

Dreizehnter Titel.

Der Bevollmächtigte, welcher die ihm übertragene

ist schuldig, die angefangenen Geschäfte oder durch seinen Substituten (§. 38 sqq.) so

Vollmacht aufkündigt,

entweder selbst,

lange fortzusetzen, bis der Machtgeber.dazu andere Vorkehrungen

treffen kann. §. 173.

Dagegen ist aber auch der Machtgeber zur Treffung

solcher Vorkehrungen, sobald die Aufkündigung zu seiner Wissen­ schaft gelangt ist, ohne Zeitverlust verbunden2i).

$. 174.

Von dem Zeitpunkte an, wo der Machtgeber, auch

nur aus mäßigem Versehen, eine Saumseligkeit in Treffung ander­

weitiger Vorkehrungen begangen hat, kann er von dem gewesenen Bevollmächtigten, welcher das Geschäft nicht weiter fortgesetzt hat,

keine Vertretung mehr fordern. §. 175. Hat der Bevollmächtigte nach diesem Zeitpunkt das Geschäft, selbst, oder durch seinen Substituten, weiter fortgesetzt, ohne seine geschehene Aufkündigung ausdrücklich zurückzunehmen:

so ist die Sache nach den Vorschriften des folgenden Abschnitts zu beurtheilen2 5).

so

§. 176. Hat der Auftrag ein gerichtliches Geschäft betroffen, muß der Bevollmächtigte, welcher denselben aufkündigt, zu

gleicher Zeit dem Richter davon Anzeige machen24 2S).26 27 8. 177.

Der Richter muß alsdann, mit Rücksicht auf die

obwaltenden Umstände, eine Zeit bestimmen, während welcher der gewesene Bevollmächtigte daS Geschäft noch fortzusetzen schuldig

sein soll, und den Machtgeber davon2 7) benachrichtigen. 8. 178. Läßt dieser den bestimmten Zeitraum ohne Vor­ kehrung anderweitiger Anstalten verstreichen, so findet die Vor­

schrift deö §. 174 wider ihn Anwendung. §. 179. In außergerichtlichen Angelegenheiten steht dem Be-

24) Das ist nicht so zu verstehen, als hätte der Machtgeber dazu eine wahre Verbindlichkeit. Gr kann thun, was er will, das ist ganz seine Sache. Aber er kann wegen ihm entstehender Nachtheile von Niemand Rechenschaft for­ dern. Das will die Bestimmung sagen. §. 174.

25) S. o. die Anm. 20 zu §. 164. 26) Vergl. oben §. 162. 27) Von der Zeitbestimmung über die Fortsetzung der Geschäftsbesorgung durch den bisherigen Bevollmächtigten als solchen; nicht von der Auskündigung, die dem Bevollmächtigten selbst obliegt. Was der Bevollmächtigte in Folge der richterlichen Verfügung noch thut, ist nach den Vorschriften dieses Abschnitts, nicht nach den des folgenden zu beurtheilen. §. 175.

Von Vollmachtsaufträgen.

201

vollmächtigen frei, die Aufkündigung ebenfalls gerichtlich zu thun,

und sie dem Machtgeber, jedoch auf seine eigene Kosten, gericht­ lich bekannt machen zu lassen. §. 180.

Ist dem Machtgeber dabei nach dem Anträge deö

Bevollmächtigten

Vorkehrungen

eine gewisse

Frist zur Treffung anderweitiger

bestimmt worden;

so hat der Machtgeber, wenn

diese Frist fruchtlos verstrichen ist, die Vermuthung eines schuld­ baren Verzugs wider sich. 8. 181. Der Widerruf der Vollmacht erstreckt sich auch die von dem Bevollmächtigten geschehene Substitution.

8. 182.

«ution.

Ist aber der Substitut von dem Machtgeber selbst

ernannt worden: so folgt aus dem Widerrufe der Hauptvollmacht der Widerruf der Substitution nur alsdann, wenn die Absicht des

Machtgebers, von dem Geschäfte gänzlich abzustehen, erhellet"). 8. 183.

Der Bevollmächtigte kann einen von ihm willkür­

lich bestellten Substituten nach Gutfinden ändern.

8. 184.

Ein Substitut aber, der von dem Machtgeber selbst

ernannt worden, kann ohne Genehmigung des Machtgeberö von dem

Bevollmächtigten,

werden33). §. 185.

außer

dem

Nothfalle,

nicht

geändert

Sobald die Fortsetzung deS Geschäfts mit den fernern ®

Verfügungen deö Machtgebers nicht bestehen kann, ist der Auftrag

bmuf-

für stillschweigend widerrufen anzusehen.

8. 186.

Durch den Tod

eines der beiden Kontrahenten A chur» de»

werden in der Regel alle Aufträge geendigt, welche nicht mit auf

die Erben ausdrücklich gerichtet finb30 28).29

28) Sonst tritt ein solcher Substitut als Hauptbevollmächtigter ein. Dies ist ganz folgerecht, denn der von dem Machtgeber ernannte Substitut ist des Machtgebers Bevollmächtigter in zweiter Reihe. Vergl. §. 184. n. 193. 29) Aus dem in der vor. Anm. angegebenen Grunde. §. 38 d. T.

Anm. 25 a. E. zu

30) Das Pr. des Ob.-Tr. 2022, v. 22. Mai 1848 sagt: „Eine in Han­ delssachen einem Kaufmann, als Vorsteher einer Handlung, für diese übertragene Verkaufs-Kommission wird durch den Tod des Ersteren in der Regel nicht auf­ gehoben." (Entsch. Bd. XVII, S. 230). Der Satz beruhet auf der Idee von der juristischen Persönlichkeit einer Handlung, indem von „derartigen, einer Handlung als solcher übertragenen, Kommissionsgeschäften" u. davon, „wenn die Besorgung einer fortdauernden Handlung anvcrtraut," — „der Auf­ trag weniger einer einzelnen bestimmten Persönlichkeit, als vielmehr dem Vor­ steher der Handlung für diese selbst ertheilt worden ist", gesprochen wird. Die Idee hat keine.Realität. Eine Handlung, in dem hier gemeinten Sinne, ist entweder eine Geschäftseinrichtung, Geschäftslokalität, oder der Gewerbebetrieb im Handeln mit Waaren. Weder das Eine noch das Andere ist eine juristische

Erster Theil.

202

Dreizehnter Titel.

Doch müssen die Erben des Bevollmächtigten nicht

8. 187.

nur den Machtgeber von dem erfolgten Todesfälle sofort benach­

richtigen, sondern auch die angefangenen Geschäfte in der Zwischen­

zeit,

bis

von dem Machtgeber anderweitige Vorkehrungen

ge­

troffen werden können, soweit fortsetzen, alö es zur Abwendung

eines sonst unvermeidlichen Schadens nothwendig ist3*)• Zu letzterem ist der Bevollmächtigte selbst33 * *)34 * *ver *35*­* * * 31 32

188.

pflichtet, wenn durch den Tod des Machtgeberö sein Auftrag ge­

hoben worden. 8. 189. Wenn der Machtgeber, oder dessen Erben, in Vor­ kehrung anderweitiger Anstalten sich einer Saumseligkeit schuldig

machen, so finden die Vorschriften 8. 174 Anwendung. §. 190.

Die Regel, daß durch den Tod deS Machtgebers

der Vollmachtsvertrag aufgehoben werde, leidet eine Ausnahme, wenn daS Geschäft von der Natur ist, daß es erst nach dem Tode

deS Machtgebers ausgeführt werden kann33). 8. 191.

Bei kaufmännischen Geschäften

waltet die

Ver­

muthung ob: daß der, welchem sie anvertraut worden, dieselben

auch nach dem Tode des Machtgebers fortsetzen solle33).

8. 192.

Auch in Prozeßangelegenheiten wird die Vollmacht

durch den Tod deS Machtgebers nicht aufgehoben33).

Person. Zur Begründung jenes Satzes ist aber diese unzulässige Fiktion nicht nöthig, vielmehr ist daS Verhältniß aufzufaffen als eine Substitution des Macht­ gebers für die HandlungSgehülfcn deS Kommissionairs, indem der Auftrag von der Art ist, daß der Beauftragte ihn nicht persönlich besorgen kann und unter dem Ausdruck „Handlung" eben die in dieser Handlung angestellten Handlungs­ bedienten gemeint sind, so daß zwischen den Substituten und dem Machtgeber ein unmittelbares Verhältniß besteht. §§. 193, 40 und Anm. 25 zu §. 38 a. G. — Der Fall des Todes des kaufmännischen Machtgebcrs ist ausdrücklich vorgesehen im 191.

31) Nach dem Vorschläge eines Monenten sollte hier die Beschränkung bei­ gefügt werden: „und ihnen ohne ihren eigenen Nachtheil möglich ist". Sie wurde weggelaffen, weil Suarez sie für bedenklich und für uunöthig hielt — unnöthig deshalb, weil es sich von selbst verstehe, daß auch dem Erben actio mandati contraria gegen ^den Machtgeber kompetire. (Jahrb. 99t). LH, S. 18.)

32) D. h. nicht, wie es ein Richter verstanden hat, persönlich, sondern sogar. 33) War nach G. R. streitig.

34) S. o. im Allgemeinen dung. (Entsch. genommen. L.

die Anm. 30 zu §. 186. — Der GrundsatzdeS §. 191 findet auch auf das Verhältniß deS Trassanten zum Trassaten Anwen­ des Ob.-Tr. Bd. XIII, S. 81.) Er ist aus dem G. R. aus­

17,

§. 2, 3 D. de instit (LXIV, 3.)

35) Der Satz ist aus dem R. R. ausgenommen, obgleich das Prinzip, aus

Von Vollmachtsausträgen.

8- 193.

203

Eben so wenig wird durch den Tod deS Bevoll­

mächtigten eine Substitution enkräftet, die von dem Machtgeber selbst, oder von dem Hauptbevollmächtigten, vermöge der ihm dazu

ausdrücklich ertheilten Befugniß, geschehen ist39).

§. 194.

In allen Fällen, wo nach aufgehobener Haupt­

vollmacht die Substitution fortdauert, ist der Substitut befugt und schuldig, daS Geschäft als Hauptbevollmächtigter so lange fortzu­

setzen, bis der Machtgeber anderweitige Verfügungen getroffen hat. 8. 195. Aufträge, welche Jemanden von Amts wegen er­

theilt worden,

behalten auch nach dem Tode des Machtgebers

ihre Kraft3'). 8. 196. WaS wegen Aufhebung deS Vertrags durch denM^z!^

Tod deS einen oder andern Kontrahenten verordnet ist, gilt auch welchem er folgt, schon im G. R. nicht mehr gilt, noch viel weniger im L. N. Geltung hat. Dies ist das dominium litis, welches durch die Litiskontcftation auf den Prokurator übergeht. „Es findet kein Zweifel statt — sagt die L. 23 C. de procur. (II. 13) —, daß ein Prokurator, nach der Litiskontestation (L. 22 C. eod.), da er dadurch Herr des Prozesses geworden ist, auch nach dem Tode des Auftraggebers, die angefangcne Rechtssache und den Prozeß beendigen könne, da er dann ja — nach der Meinung der Begründer deS alten Rechts (Juristen), auch einen Prokurator (für fich selbst) bestellen kann". Man muß da­ her auch die weiteren Conscquenzen gelten lassen und darnach die Zweifel ent­ scheiden: ob die Prozeß-Vollmacht eines Vormundes durch Eintritt der Groß­ jährigkeit des Pflegebefohlenen wahrend des Prozesses, oder ob die Prozeß-Voll­ macht einer Partei durch eine in ihrer Person oder ihren Eigenschaften und Fähigkeiten eintretende. Veränderung, z. B. durch Verheirathung bei Frauens­ personen, oder durch Bevormundung, erlischt. Die Vollmacht erlischt dadurch folgerecht nicht. §. 196. Die Herkunft des Rcchtssatzes ergiebt aber selbst, daß derselbe nur von Prozeß-Vollmachten gilt. Nach einer Mittheilung im Eentralbl. v. 1837, Sp. 63, soll der I. M. in einem Besch, v. 14. Dccbr. 1835 in dem­ selben Sinne fich ausgesprochen haben. Meinungsverschiedenheit ist darüber, ob die vor die AuseinandersetzungsBehörden reffortireneen gutsherrlich-bäuerlichen Angelegenheiten in Hinficht auf Vollmachten, als Processe anzusehen. Abgesehen davon, daß diese Angelegen­ heiten — gleich den Erbregulirungen, die ja auch in der Prozeßordnung ihren besondern Titel haben — immer 'mit einem Vertrage (Rezeß) endigen und schon deshalb eine Specialvollmacht erfordern, so hat doch das Verhältniß, aus wel­ chem jener Rcchtssatz in das heutige Recht ausgenommen worden ist, bei der­ gleichen Austauschungen und Ausgleichungen, aus welchen die fraglichen Regujirungen zusammengesetzt find, niemals vorkommen können, und es entbehrt die Meinung, welcher eine Prozeßvollmacht zur Vertretung bei diesen zusammen­ gesetzten' Rechtsgeschäften genügen — und folglich den Bevollmächtigten zur Fort­ setzung und Beendigung der Angelegenheit auch nach dem Ableben der Partei berechtigen soll, jeder juristischen Begründung.

36) S. o. die Anm. 29 zu §. 184 d. T. 37) Weil nicht die verstorbene physische Person, sondern die von ihr beklei­ dete Amtsstelle gleichsam als juristische Person der Auftraggeber ist. (Ich sage gleichsam^ weil die fingirte Persönlichkeit ihre eigentliche Bedeutung nur im Vermögensrechte hat.) Wird aber die Stelle aufgehoben, so erlischt mit diesem Untergange der juristischen Person auch der von ihr ausgegangene Auf­ trag, nach der Regel §. 186.

Erster Theil.

204

in dem Falle, wenn

Dreizehnter Titel.

einer derselben seinen eigenen Geschäften

vorzustehen unfähig wirb38). ^fknbnten1’ §• 197. Sobald ein Kaufmann in Konkurs verfällt, oder

Konkurs, nicht mehr zahlen zu können öffentlich erklärt: sind die ihm ge­ gebenen Aufträge für widerrufen zu achten. §. 198. Die gerichtlich bestellten Kuratoren seiner Masse

müssen dem Kommittenten davon unverzüglich Nachricht geben,

und bis dieser weitere Verfügungen treffen kann, das Geschäft nur so weit besorgen, als zur Abwendung eines sonst unvermeid­

lichen Schadens nothwendig ist38). 8. 199. Verfällt der Machtgeber in Konkurs, so muß der

Bevollmächtigte daS Geschäft«"), so weit eS ohne offenbaren Nach­ theil der Masse möglich ist, so lange in Anstand lassen««), bis er von den Kuratoren weitere Anweisung erhält.

$. 200.

Ein

Geschäft,

welches

mit einem Dritten

ab­

geschlossen worden, ehe derselbe von dem Tode oder von der ein­

getretenen Unfähigkeit des Machtgebers Wissenschaft erlangt hat, bleibt gültig, wenn auch der Bevollmächtigte selbst davon bereits unterrichtet gewesen toäre42).

Bevollmuchl tisten.

§• 201.

Wenn mehrere Bevollmächtigte Ein Geschäft gemein»

schastlich«3) übernommen haben: so wird ein jeder derselben dem

Machtgeber, zur Vollziehung, auf daS Ganze verpflichtet.

38) Oder wenn umgekehrt ein Bevormundeter handlungsfähig wird und sein Vormund Vollmacht ertheilt hat. Prozeß-Vollmachten machen aber auch hier eine Ausnahme. Anm. 35 zu §. 192 d. T. 39) Diese Bestimmung hat keinen privatrechtlichen Grund. Die persönlicben Handlungen, zu welchen der Gcmeinschuldncr sich verbindlich gemacht hat, gehören nicht zur Konkursmaffc und fallen mithin auch nicht unter die Verwal­ tung des Konkurs-KuratorS. 40) Sobald er nämlich von der Konkurs-Eröffnung Nachricht erhält. Was er bis dahin thut, gilt als in gültiger Vollmacht vollzogen. Vergl. den §. 200 d. T. und §. 37 Tit. 50 der Proz.-O.

41) Der Konkurs hebt sonach den Vollmachtsaustrag noch nicht auf. Dies ist folgewidrig. ES scheint auch wirklich nicht der Sinn dieses Gesetzes der zu sein, daß der Bevollmächtigte nur auf eine neue Instruktion warten, übrigens aber auf Grund der Vollmacht des Gemeinschuldners weiter zu handeln ermäch-tigt sein solle. Der Kurator muß ihn von Neuem bevollmächtigen.

42) Diese Bestimmung enthält die wahre und richtige Rechtsregel. S. o. die Anm. 21 zu tz. 167 und Anm. 62 zu §. 97 d. T. Nicht entgegen ist der §. 101 der Eint.; die Abschließung von Rechtsgeschäften mit einem Stellvertreter fällt nicht unter diesen allgemeinen Grundsatz; sie hat überdies ihre Spezial­ regeln. , 43) Mehrere mit demselben

Geschäfte Beauftragte hasten dem Auftrag-

Von Vollmachtsausträgen.

205

8. 202. Ist aber der Auftrag von der Art, daß jeder der Uebernehmer nach seinem Gewerbe nur einen bestimmten Theil

deS Geschäfts auSrichten kann: so wird nicht vermuthet, daß sie sich gemeinschaftlich««) zur Ausführung deS Ganzen haben ver­

pflichten wollen. §. 203. Hat einer von mehrer« Bevollmächtigten den Auf­

trag allein gehörig«») ausgerichtet: so befreit er auch die übrigen von der übernommenen Verbindlichkeit. 8- 204.

Von seinen Mitgenossen, deren Geschäfte solcher­

gestalt von ihm nützlich besorgt worden, ist er Vergütung deö ge­ machten Aufwandes zu fordern berechtigt«»).

8. 205.

Der, durch dessen Schuld bei dem Geschäfte ein

Schade entstanden ist, muß seinen Mitgenossen, so weit diese dem

Machtgeber dafür haften müssen«?), gerecht werden.

8- 206.

Die Handlungen Eines von mehreren zu Einem

Geschäfte bestellten Bevollmächtigten sind allemal gültig, wenn

geber in solidum. Der Satz ist aus der L. 60 §. 2 D. mandati (XVII. 1) übernommen. Die bemeinschaftliche Uebernahme begründet, nach der land­ rechtlichen Regel (Tlt. 5 §. 424), die Vermuthung, daß man eine Solidar-Verbindlichkeit habe eingehen wollen, welche Vermuthung durch deutliche Erklärung beseiügt werden kann (§.427 a. a. O.). Sonst aber ist die gemeinschaftliche Eingehung überhaupt nicht nothwendig zur Begründung einer Solidar-Verbindlichkeit; gerade das Mandat ist geeignet, dies sichtbar zu machen. Wenn Jemand zu verschiedenen Zeiten Zweien ein und ebendasselbe Geschäft zu besorgen aus­ trägt, so ist augenscheinlich ein Jeder von ihnen auf das Ganze verpflichtet. Denn Jeder hat den Auftrag ganz übernommen. Wer denselben zuerst gehörig vollzieht, hat dadurch auch den Andern befreit. §. 203 d. T.

44) Das „gemeinschaftlich" hat hier nicht seine gewöhnliche Bedeutung des Gesellschaftlichen," der gegenseitigen oder gleichzeitigen Theilnehmung an der Be­ sorgung, sondern die Bedeutung der Alleinhaftung auf daS Ganze. Vergl. den §. 202, und oben Tit. 5 §. 427 und die Anm. dazu. 45) Wegen des Ungehörigen oder Rückstandes haftet Jeder solidarisch.

46) Die Voraussetzung hierbei ist die gemeinschaftliche Eingehung des Ver­ hältnisses, d. h. eine Eingehung durch eine einzige mit Allen zugleich getroffene Verabredung. Der Fall," wo ohne die gemeinschaftliche Theilnehmung an der Verabredung eine Solidar-Verbindlichkeit mit Mehreren begründet worden ist (Anm. 43 und 44), ist nicht vorgesehen. Tit. 5 §§. 444, 445 und die Anm. dazu. — Daß übrigens Demjenigen, welcher allein das Geschäft besorgt hat, auch allein die actio mandati contraria gegen den Machtgcber zusteht, ist von selbst verständlich. Haben Alle Theil an der Ausrichtung des Auftrages genommen, so haben fie auch das Klagrecht gemeinschaftlich erworben, so daß der einzeln Klagende mit der cxc. plurium litisconsortium zurückgewiesen werden kann.

47) Für die Schuld des Einen haften die Anderen nicht; nur für ein ge­ meinschaftliches Verschulden haften Alle solidarisch. Vergl. L. 60 §. 2 D. man­ dati (XVII, 1).

Erster Theil.

206

Dreizehnter Titel.

es darauf anlomtnt, dem Machtgeber Rechte und Vortheile zu erwerben. §. 207.

Dagegen wird der Machtgeber durch einseitige Hand­

lungen EineS der mehrer« Bevollmächtigten4") wider seinen Willen nicht verpflichtet;

§. 208.

Es wäre denn, nach dem Inhalte der Vollmacht,

die Absicht deS Machtgebers gewesen, die Ausrichtung des Ge­

schäfts den mehrer« Bevollmächtigten entweder zugleich, oder auch jedem von ihnen allein (sammt ober48 49)50sonders) 51 zu übertragen.

§. 209.

In dem Falle deS

§. 202 verpflichtet jeder der

mehreren Bevollmächtigten, für sich allein, den Machtgeber in

dem ihm aufgetragenen Theile des Geschäfts.

$$ia*tr.ecn gcber>!.

§• 210.

Der Bevollmächtigte, welcher von mehrern zugleich

ejncn Auftrag erhalten hat, ist denselben auch nur gemeinschaft­ lich^9) Rede und Antwort zu geben schuldig. (Tit. 5, §. 450—453.) §. 211.

Die mehrern Machtgeber sind, in Ansehung ihrer

Verpflichtung gegen den Bevollmächtigten, alS Mitschuldner an­ zusehen.

(Tit. 5, §. 424 sqq.)*

§. 212.

Erhält er von den mehrern Machtgebern zur Fort­

setzung deS Geschäfts widersprechende Anweisungen: so muß er in

untheilbaren9 4)

Sachen diejenige

befolgen, welche

sämmtlichen

Interessenten am wenigsten nachtheilig ist. 8- 213.

Doch bleibt der Bevollmächtigte außer Verantwor­

tung, wenn er, im zweifelhaften Falle, diejenige Anweisung be-

48) Wenn nämlich dieselben durch einen einzigen gemeinschaftlichen BevollmächtigungSakt — durch eine auf Alle lautende Vollmacht — bestellt worden sind; andernfalls verpflichtet ein Jeder einzeln den Machtgeber. Vgl. Anm. 43 u. 44. 49) D. h. in solidum. Den Gegensatz drückt die Klausel aus: „sammt und sonders^ (si non omnes). Man nennt dies eine bestimmte Bestellung. Lautet die Vollmacht unbestimmt, so versteht sich eine gemeinschaftliche Besorgung. Die Lehre ist hierher aus dem päpstlichen Rechte (c. 6 de procurat. in 6) ausgenommen, wo sie sich aber lediglich auf Sachwalter be­ schränkt. Die Verf. deS L. R. haben sie ganz allgemein für den Bevollmächtl'gungsvertrag eingeführt. 50) S. jedoch o. die Anm. 36 Abs. 3 zu §. 61 d. T. 51) Bei theilbaren Sachen hat der Beauftragte die Anweisung eines Jeden für dessen Theil auszusührem Wenn Jemand z. B. den Auftrag von Zweien zur Einziehung einer gemeinschaftlichen Forderung hat, und von dem Einen die Anweisung zur Stundung, von dem Andern die Anweisung zur sofortigen Ein­ ziehung erhalt, so handelt er instruktionsmäßig, wenn er die Hälfte einzieht und die Hälfte stundet, wenn nicht etwa die Antheile zweifelhaft sind, in welchem Falle er nichts thut.

Von Vollmachtsaufträgen.

folgt,

nach

welcher die Sache in dem

207

bisherigen ©taube er­

halten wird. 8. 214. Die Aufkündigung der Vollmacht muß von dem Bevollmächtigten an sämmtliche Machtgeber geschehen. §. 215.

Der Widerruf Eines Machtgebers hebt so wenig,

als der Tod desselben, die Vollmacht auf52).53 54

§. 216.

Welche Wirkung es unter den Machtgebern selbst

habe, wenn einer von ihnen stirbt, oder die Vollmacht wider­

rufen will, ist nach den Regeln vom gemeinsamen Eigenthume zu beurtheilen.

8 217.

(Tit. 17.) Ein einem Andern in desselben eigenen Angelegen-

Helten55) ertheilter Auftrag ist nur für einen Rath oder für eine Empfehlung.

Empfehlung zu achten. 8. 218.

In der Regel wird nur der, welcher wissentlich55)

einen nachtheiligen Rath oder eine schädliche Empfehlung ertheilt,

für den widrigen Erfolg verantwortlich.

8. 219. Ein Sachverständiger aber haftet, wenn er in An­ gelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft Rath ertheilt, für ein grobes Versehen. §. 220. Aber auch ein mäßiges Versehen muß er vertreten, wenn er seinen Rath gegen Bezahlung oder Belohnung ertheilt hat.

§. 221.

Der, welcher kein Sachverständiger ist, haftet bei

einem, in andern Angelegenheiten, gegen Bezahlung oder Be­ lohnung ertheilten Rath, ebenfalls für ein mäßiges Versehen.

§. 222.

Welche Empfehlungen die Wirkung einer Bürg­

schaft nach sich ziehen, ist gehörigen Orts

bestimmt.

(Tit. 14,

Abschn. 3.)

52) Der Sah ist zwar nach R. R folgerecht, nach dem L. R. aber nicht, welches daher kommt, daß -die Verf. die Konsequenzen ihrer eigenthümlichen Theorie von der aktiven Korreal-Obligation nicht überrechnet und hier daran nicht gedacht haben: hier hat man schlechthin den Röm. Rechtsgrundsatz ausgenommen, ohne weiter dessen Verhältniß zu der sonstigen Theorie des L. R. zu erwägen. Ganz natürlich kann, nach Röm. Auffassung, der Auftrag Mehrerer nicht durch den Tod des Einen erlöschen, weil ja Jeder den Auftrag für sich ganz gegeben hat.

53) So z. V. wenn ein Darleiher dem Darlehnsnehmer sagt: benutze das Geld aus Zinsen, oder lege es in Grundstücken an. Daraus wird kein Anspruch gegen den Darleiher entstehen, wenn der Rath befolgt wird und die Anlegung schlecht ausfallt. L. 2 pr. §. 6, L. 48 §. 2 D. mandati (XVII, 1).

jur.

54) Dann ist die actio (L, 17.)

de dolo

zu begründen.

L. 47 D. de reg.

Erster Theil.

208

§. 223.

Dreizehnter Titel.

Eben so ist wegen der kaufmännischen Empfehlun­

gen daS Nähere im Kaufmannsrechte vorgeschrieben. (Th. II, Tit. 8, Abschn. 6.)5 5). 8- 224. Aufträge, welchen Jemand auf den Befehl dessen,

dem er zu gehorchen schuldig ist, in den Privatangelegenheiten desselben sich unterzieht, werden zwar in der Regel nach den Ge­

setzen von Vollmachtsaufträgen beurtheilt; 8. 225. ES muß daher auch der Untergebene, welcher im Namen seines Vorgesetzten ein Geschäft mit einem Dritten ver­ handeln will, sich dazu durch einen schriftlichen Befehl S8 55)56deS 57

Vorgesetzten legitimiren. 8. 226.

Eines solchen schriftlichen Befehls aber bedarf eS

nicht, wenn das Geschäft zu

denjenigen Obliegenheiten gehört,

zu welchen der Untergebene dem Vorgesetzten, vermöge ihres in den Gesetzen bestimmten Verhältnisses, verpflichtet ist. 8- 227. Nähere Vorschriften wegen der Befehle erlaubten Handlungen

sind im

zu un­

Sechsten Titel §• 45—49s ’)

enthalten.

Zweiter Abschnitt. Von Uebernehmung

fremder Geschäfte

ohne vorher­

gegangenen Auftrag'). Grundsätze.

8. 228.

In der Regel ist Niemand befugt, sich in die Ge-

55) Es muß Abschn. 7 heißen, 6 ist ein Druckfehler; es find die §§. 702 ff. gemeint. 56) Befehl heißt der Auftrag einer Person an Jemand, der unter ihrer rechtlichen Gewalt steht. Im R. R. ist es der Auftrag eines Paterfamilias an einen FiliuSfamilias. Tit. D. XV, 4. 57) In spätern Ausgaben findet stch die unrichtige Ziffer 46; die erste Aus­ gabe des G. B. hat daS richtige Allegat. 1) Die Besorgung fremder Geschäfte ohne Auftrag und die s. g. nützliche Verwendung (versio in rem) find Rechtsinstitute, welche zusammen daS durch einen Bevollmächtigungsvertrag und durch Ausführung des Auftrags unter drei Personen begründete doppelseitige Rechtsverhältniß nachbilden. Das hat muthmaßlich den Verfaffern deS A. L. R. vorgeschwebt, als sie in dem ersten unge­ druckten Entwürfe die Grundsätze, welche'den beiden Instituten angehören, mit einander vermischten und in Einen Abschnitt zusammenstellten. Suarez war jedoch nicht einverstanden mit dieser Behandlung. Er bemerkte dazu: „Dieser Titel (Abschnitt) enthält eigentlich zweierlei Materien, nämlich die Lehre de negotiis gestis, und de versione in rem. Beide kommen darin überein, daß sie aus dem gemeinschaftlichen principio entspringen: quod nemo locupletior

Von Geschästßübernehmung ohne Auftrag.

209

schäfte eines Andern ohne dessen Auftrag oder ein anderes befieri debet cum damno alterius, und daß also derjenige, cujus negotium gestum, und in cujus rem versum est, dem gerenti oder vertenti in quantum locupletior factus est gerecht werden muß. Beide sind aber auch sehr von einander verschieden. Bei der negotiorum gestio erlangt der gerens, welcher in alterius utilitatem etwas vorgenommen hat, ein Recht an den, cujus negotia gestä sunt; bei der Version kommt daS Recht demjenigen zu, ex cujus peculio gestum est. Bei der negotiorum gestio werden regulariter nur ignorantis negotia gerirt; bei der Version kommt es nicht darauf an, ob der, in cujus rem versum est, solches gewußt hat, oder nicht. Die actio de in rem verso tritt hauptsächlich ein, wenn mit Jemanden kontrahirt worden, der zum Kontrahiren unfähig ist. Dieser ist ex contractu nicht ver­ pflichtet; er kann eS aber ex versione sein. Die actio de in rem verso ist also von der actio negotiorum gestorum sehr verschieden, und halte ich eS daher nicht für rathsam, beide Materien so ineinander zu verweben, wie in diesem Titel (Abschn.) geschehen ist, denn hier handeln §. 1 -6 von der negotiorum gestio, §. 7 —10 von der versio in rem, und dann die folgenden wieder von der negotiorum gestio; ich würde beide Materien mehr von einander separiren und 1) von der negotiorum gestio a) propria, quando ignorantis negotia geruntur, b) de subsequenti ratihabitione, c) de gestione negotiorum prohibentis, 2) von der versio in rem handeln." (Ges.-Rev. Pens. XIV, S. 247.) Die Abllcht war hiernach, die Institute so aufzunehmen, wie sie vorgefunden wurden. Bei der negotiorum gestio ersetzt die Verwendung in den Nutzen deS Andern, d. h die Aneignung oder Annahme der Vortheile aus der Ge chäftsbesorgung für ihn, den Mangel deS Mandats, die actio negotiorum gestorum steht mithin der actio mandati contraria zur Seite. Die eigentlich s. g. versio in rem betrifft daS Verhältniß des Geschäftsherrn zu der dritten Person, mit welcher der ohne Auftrag handelnde Stellvertreter das Geschäft abgeschloffen hat; auch hier ersetzt die Verwendung in den Nutzen des Geschäslshcrrn den Mangel der Vollmacht und begründet ein unmittelbares Verhältniß zwischen dem Prinzipal unb dem Dritten; die eigentliche actio de in rem verso steht der actio quod jussu zur Seite, von welcher sie sich nur dadurch unterscheidet, daß sie in quanto nicht schlechterdings auf den verabredeten Betrag geht, sondern durch das in rem versum bestimmt und beschränkt wird. Bei freien Stell-' Vertretern ohne Auftrag war das Institut nicht nöthig, da sie ihre eigene Klage gegen den Geschästsherrn dem Dritten cediren konnten, was bei abhängigen Per­ sonen (HauSsöhnen, Sklaven) nicht möglich war, weil sie keine Klage hatten. Aber man wendete dasselbe doch auch bet unabhängigen Personen an, z. B. wenn Jemand für eine Korporalion gehandelt hatte (L. 27 D. de reb. cred XII, 1), oder sonst ein Freier für einen Andern mit einem Dritten kontrahirt hatte (L. 7 §. 1 C. quod cum eo VII, 26), in welchen Fällen eine actio utilis aus dem Rechtsgeschäft nach den Grundsätzen der Vcrwcndungsklage gegeben wurde. In dieser Einfachheit wurde jedoch daS Institut damals von den Neuern nicht aufgefaßt und noch jetzt wird mitunter von der actio de in rem verso wie von einem subsidiari­ schen Universalklagemittel gesprochen, welches überall da hülfebringend sein soll, wo zwischen zwei Personen etwas in der Art vorgekommen ist, daß die Eine von der Andern Etwas empfangen hat, ohne daß sie dadurch schlechterdings ver­ bindlich gemacht worden. Etwas stark aber nicht ohne Wahrheit vergleicht Seuffcrt in seinen Beiträgen zur Gesetzgebung die von manchen Neuern in dieser Gestalt dargcftellte actio de in rein verso mit einer von Quacksalbern auSgebotencn Uuiversal-Medicin. Anlaß dazu haben hauptsächlich die Fälle ge­ geben, wo eine handlungsunfähige Person, auS einem für sie unverbindlichen Grunde, für sich selbst von dem Ändern Etwas geleistet erhält. An diesen Fall hat auch Suarez gedacht, indem er in seiner Bemerkung sagt: „Die actio de

Koch, Allgemeines Landrecht. 11.

14

210

Erster Theil.

sonders durch ausdrückliche mischen3). §. 229.

Dreizehnter Titel.

Gesetze

Wer dieses thut,

ihm

beigelegtes Recht

zu

macht sich sowohl dem Eigen­

thümer, alö dem Dritten, welcher sich mit ihm eingelassen hat, verantwortlich3). 8 230. Doch darf sich Niemand die Vortheile fremder Sachen

oder Handlungen ohne besonderes Recht zueignen, und sich also knigin/bn

mit dem Schaden des Andern bereichern. 8 231. Wer also aus dem ohne Vollmacht«) von einem

«intMinbmi

Andern besorgten Geschäfte einen wirklichen Vortheil genießt, muß

Auftrag nütz'Andern, llch besorgt.

§

232.

so weit als dieser Vortheil hinreicht, schadlos halten, Für bereichert wird derjenige geachtet, dessen Ver­

mögen durch den Aufwand eineö Andern, oder durch Handlungen,

in rem verso tritt hauptsächlich ein, wenn mit der zum Kontrahiren unfähig ist. Dieser ist ex er kann es aber ex versione sein." Auf diesen rem verso niemals angewendet werden. Darum

Jemanden kontrahirt worden, contractu nicht verpflichtet; Fall konnte die actio de in war jedoch der Andere, auS dessen Vermögen Etwas an den Unfähigen auf Grund einer solchen ungültigen causa gekommen war, nicht durchaus hilflos, ihm stand die auf Billigkeit be­ ruhende Bereicherungsklage zu, die freilich eine andere Begründung erfor­ derte als die, nur bei stattgefundener Stellvertretung, gegen den Dritten (den Prinzipal des unfähigen und ünbeaustragten Stellvertreter) gegebene Kontraktsklage

de in rem verso.

Obgleich man nach Suarez' Aeußerung erwarten könnte, daß auf die fraglichen Falle schlechthin die actio de in rem verso angewendet werden solle, so ist dies in der Wirklichkeit doch nicht geschehen, vielmehr werden in demselben ausdrücklich die Erfordernisse der Bereicherungsklage zur Bedingung des Anspruchs gemacht, d. h. der Unfähige muß zur Zeit der Klage den Ver­ mögensvortheil, sei es unterscheidbar oder doch in seiner VermögenSmasie, wirklich besitzen, er muß um so viel reicher sein, was bei der eigentlichen actio de in rem verso nicht nothwendig ist, indem es genügt, daß der Prinzipal, als handlungsfähige Person, den Vortheil angenommen, wenngleich nachher wieder verloren hat. §. 274 d. T.

2) Oben Anm. 13 zu §. 13 Tit. 3. 3) Dem Dritten gegenüber hastet er

als Kontrahent aus dem Rechts­ geschäfte. Dazu gehört aber, daß er in eigenem Namen kontrahirt habe; sonst handelt er eben als Stellvertreter ohne Vollmacht, als welcher er für die Er­ füllung nicht verbindlich gemacht wird. Wenn z. B. Jemand im Namen eines Andern ohne Auftrag eine Schuldverschreibung über ein, dem Andern von dem Empfänger der Verschreibung gegebenes Darlehn ausstellt, so ist dies kein Ge­ schäft, wodurch der Geschäftsbesorger dem Empfänger des Schuldscheins ver­ bindlich gemacht wird. Wäre dadurch dem DarlehnSgeber ein Schade verursacht worden, so würde dies ein außerhalb dem Falle eines Kontrakts erlittener Schade sein, weswegen die Klage binnen drei Jahren verjährt. Pr. des Ob.-Tr. vom 5. December 1840 (Schlef. Arch. Bd. IV, S. 451).

4) Oder nach erfolgtem Widerruf der Vollmacht. §. 175 d. T. Ebenso nach der Kündigung der Vollmacht. Pr. des Ob.-Tr. vom 22. Mai 1848 (Rechtsf. Bd. IV, S. 6).

Von Geschäflsübemehmung ohne Auftrag.

211

wofür derselbe bezahlt zu werden pflegt, erhalten, vermehrt, oder verbessert worden.

8. 233.

Wenn der Andere durch solche Handlungen nur

daS, wozu er ohnehin verpflichtet war, geleistet hat: so wird der,

zu dessen Nutzen die Verwendung geschehen ist, dadurch noch nicht für bereichert angesehen'). §. 234. Wer die Geschäfte eine- Andern zur Abwendung eines

nach

vernünftigen und wahrscheinlichen Gründen bevor-

stehenden Schadens besorgt, ist berechtigt, zu erwarten, daß der schad',

Eigenthümer solches genehmigen werde. schien ist. 8. 235. Auch wenn die Genehmigung nicht erfolgt, hastet dennoch der Eigenthümer für die zur Verhütung deS Schadens nützlich aufgewendeten Kosten').

8. 236.

DieS findet selbst alsdann statt, wenn die Sache

nachher, ohne Schuld deS Besorgers, dennoch verloren gegangen ist').

8. 237.

Ein solcher Uebernehmer fremder Geschäfte, welcher

sie bloß zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt,

haftet dabei nur für ein grobeS') Versehen. 8. 238. Wer aber die Geschäfte eines Andern, bloß dessen Vortheil zu befördern, ohne Auftrag übernimmt, muß sich um die Genehmigung desselben bewerben.

5) Er kann aber in der That doch bereichert fein. DaS macht jedoch keinen Unterschied. Denn der Rechtspunkt, auf den eS hier abgesehen ist, ist ein anderer. S. die folg. Anm. 6) Der Anspruch fallt aber weg, wenn die Geschäftsbesorgung nicht in der Absicht, den Andern dadurch verbindlich zu machen, vielmehr auS Freundschaft, Liebe, Mildthätigkeit oder Pflichtgefühl unternommen worden ist. Z B. wenn Eltern auS elterlicher Liebe ein Geschäft für ihre (selbstständige) Kinder besorgen (L. II C. de neg. gest. II, 19); wenn d»r Verlobte die Pflege seiner kranken Braut besorgt hat (L. 13 C. eod ); wenn Jemand daS Klnd seiner Schwester ernährt (L 27 §. 1 D. de neg. gest. III, 5). Bei Handlungen gelten die­ selben Vermuthungen wie beim Geben. Tit. 11 §§. 1041 ff. Vergl. §. 280d.T. u. L. 4, 34, 44 D. eodem; L. 5 §. 14 D. de agnosc. et alend. lib. (XXV, 3); L. 12 C. de neg. gest. (II, 19). Die hinterher erfolgte WillenSänderung begründet keinen Anspruch. 7) In dem vorausgesetzten Falle (§. 234) steht der Geschästsbesorger ohne Auftrag dem Beauftragten gleich: er kann Ersatz der nützlich aufgewendeten Kosten fordern, wenn auch der beabsichtigte Erfolg ausgeblieben ist. 8- 69 d. T. Unter dem „nützlich" ist hier, im §. 235, eben das zu verstehen, was im §. 69 unter dem „zweckmäßig." 8) DaS R. R. kennt diese Ausnahme nur für den Fall der dringenden Ge, fahr eines sehr erheblichen Nachtheils, z. B. der erekutivischen Vermögens­ veräußerung in der Abwesenheit deS Andern. L. 3 §. 9D.de neg. gest, (111,5).

Erster Theil.

212 §. 239.

Dreizehnter Titel.

Erfolgt diese Genehmigung ausdrücklich«) und ohne

Einschränkung: so entstehen zwischen beiden eben die Rechte und Pflichten, wie zwischen einem Machtgeber und Bevollmächtigten.

§. 240.

So weit der, dessen Geschäft besorgt worden, die

Genehmigung versagt, muß er sich auch deS aus der Besorgung

entstandenen Vortheils begeben. §. 241. Hat er sich den Vortheil einmal zugeeignet 9 10), 11 un 12 ­

geachtet er weiß, daß derselbe auS der ohne seinen Auftrag ge­

schehenen Besorgung entstanden sei: so muß er dem Besorger, jedoch nur so weit, als der Vortheil hinreicht, wegen Schadens und Kosten gerecht werden. §. 242. Entschlägt sich der, dessen Geschäfte ohne seinen

Auftrag besorgt worden, des Vortheils19* so muß der Besorger die Sache auf seine Kosten wieder in den vorigen Stand setzen,

und den Eigenthümer entschädigen. 8. 243. Kann die Sache nicht mehr in den vorigen Stand gesetzt werden, und wird der Nachtheil von dem Vortheile, welcher

dem Eigenthümer durch die Besorgung des Geschäfts zuwächst, offenbar überwogen: so muß der Eigenthümer sich beides zugleich gefallen lassen").

9) Wenn auch nur mündlich.

Oben Anm. 5 zu §. 142 d. T.

10) Dadurch genehmigt er die Geschäftsbesorgung stillschweigend, welches genügt. Anm. 5 zu §. 142 d. T.

11) Nämlich von Anfang, ohne vorherige Zueignung. Die später eintretende Willensänderung befreit ihn nicht mehr. S. die vor. Änm. 12) Die Verf. der 2. und 3. Aust, der Erg. zum A. L. R. formuliren zu den §§. 242—244 felgende Frage: Tritt die dreijährige Klagcnvcrjährung auch in dem Falle ein, wenn der Geschäftsherr des frühern Verbots ungeachtet, die aus der Geschäftsführung entstandenen Vorheile sich zucignet? und antworten: Kock bejaht. Das ist unrichtig, ich habe das nirgends bejaht, es ist auck nicht angegeben, wo ich es bejaht haben soll. Beigefügt ist der wörtliche Abdruck einer Stelle, welche aus meinem Recht der Forder. Bd. HI, S. 500 drückliches Verbot") übernommen Hatz

der kränkt") die Rechte

fl'®i(iensfn deS Andern, und muß allen auch nur zufälligen Schaden, in so fern derselbe, ohne seine Einmischung, nicht entstanden sein würde"), vergüten. §. 250. Auch haftet er dein Eigenthümer für den Gewinn,

welcher diesem durch seine eigenmächtige Einmischung in daS Ge­ schäft entgangen ist. §. 251. Will aber der Eigenthümer den Vortheil,

welcher

aus dem gegen sein Verbot besorgten Geschäfte entstanden ist, sich

zueignen:

so findet auch in diesem Falle die Vorschrift 8-241

Anwendung1«). §. 252. In allen Fällen, wo Jemand weiß, daß der ab­

wesende oder sonst verhinderte Eigenthümer die Besorgung seiner

Geschäfte

einem

Andern

übertragen habe;

und

einen

solchen

Bevollmächtigten an der Ausrichtung dieses Auftrages durch seine Einmischung verhindert; macht er sich nicht bloß für den wirk­ lichen Schaden, sondern auch für den entgangenen Gewinn ver­

antwortlich 19).

und daS Gleiche gelte» solle, wie in den, andern Falle der stillschweigenden Ge­ nehmigung, welche durch Aneignung des Vortheils kund gegeben worden ist. 8. 241 d. T. 15) DaS Verbot muß gültig sein, nnd seht deS Widersprechenden voraus. DaS Verbot gilt Besorgung eines Geschäfts betrifft, welches im werde» muß, z. B. die Beerdigung einer Leiche, hörigen Zeit keine Anstalten macht. L. 14 §. 13

mithin die Handlungsfähigkeit auch dann nicht, wenn cs die öffentlichen Interesse verrichtet wozu der Verpflichtete zur ge­ D. de religiosis. (XI, 7.)

16) Damit wird die Handlung nur als eine civilrechtlich unerlaubte be­ zeichnet. Vcrgl. Entsch. deS Ob.-Tr. Bd. XIII, S. 510.

17) Vergl. §. 50 d. T.; §. 13 Tit. 3; 16, 25, 26 Tit. 6; §. 241 XU. 7: §• 85 Tit. 8; 85 Tit. 14; §. 131 Tit. 20; §. 251 Tit. 21, und die Anm. zu 8- 13 Tit. 3. 4 18) Auch hierdurch wird ein gemeinrechtlicher Meinungsstreit, der schon unter den klassischen Juristen herrschte und von Justinian (L. ult. C. de neg. gest. II, 19) entschieden wurde, erledigt. Die Vers, sind der billigen Meinung deS Prokulus gefolgt: „ videri me dolum malum facere, qui ex alienä jactura lucrum quaeram." L. 17 §. 4 D. instit. act. (XIV, 3).

19) DaS R. R. hat den Grundsatz: wenn Jemand zur Geschäftsfüh­ rung vorhanden und verpflichtet war, und ein Anderer sich unberufen vor­ drängte, so hat dieser nicht allein die allerbeste Sorgfalt anzuwenden und selbst

Von Geschaftsübernehmung ohne Auftrag. 8. 253.

Wer nach

obigen

215

Grundsätzen, wegen der Ein- Atzung

Mischung in fremde Geschäfte, einem Andern zur Schadloshaltung

verhaftet wird, ist allemal befugt, den demselben verschafften Vor-

theil in Gegenrechnung zu bringen 20).

S- 254. Auftrag

Wer, nach eben diesen Grundsätzen, für die ohne

übernommene Besorgung

fremder Geschäfte Vergütung

zu fordern berechtigt ist, muß sich darauf den Vortheil, selbst

durch

eben

diese

Besorgung

entstanden

ist,

der ihm abrechnen

lassen 21).

für das Liegenlaffen solcher Geschäfte, die andere ordentliche und umsichtige Leute mit beachtet haben würden, einzustehen (L. 6 §. 12 D. de neg. gest. III, 5; L. 17 §. 3 D. commodati XIII, 6), sondern auch seinerseits keinen Koftenersatz zn fordern (L. 2 C. de neg. gest. II, 19), weil nicht angenommen wird, daß ein Solcher sich den Gcschäftsherren habe verbindlich machen wollen, da seine Einmischung ganz unnöthig war und der Verdrängte cs wol noch besser und mit geringerem Aufwande gemacht haben würde (§. 1 J. de obl. quae quasi ex contr. (III, 27), so daß er also dem Geschästsherrn wol nur aus besonderer Affektion habe gefällig sein wollen, wenn er nicht gar einen selbstsüchtigen Zweck gehabt hat. Auf diesen Fall bezieht sich die Bestimmung des §. 253. Voraus­ gesetzt ist nicht lediglich ein reiner Bevollmächtigungsvertrag, sondern es kann jedes Rechtsverhältniß sein, wodurch eine Stellvertretung des Andern begründet wird, um diese Vorschrift darauf anzuwenden. Die Verantwortlichkeit, welche dem Ungerufenen auch für den entgangenen Gewinn aufgelegt wird, begreift die Nachtheile, welche durch daS Liegenbleiben der Geschäfte entstehen, welche mit dem unternommenen Theil der Gcschäftsbesorgung nicht in unmittelbarer Ver­ bindung stehen, aber von dem ordentlichen, umsichtigen Verwalter des Ganzen nicht vernachlässigt worden sein würden. Der Kostenpunkt aber ist übergangen. Die angegebenen' Gründe stehen aber auch nach den Grundsätzen des A. L. R. dem Ansprüche eines solchen Geschäftsführers in diesem Falle entgegen, denn eö läßt sich hier nicht behaupten, daß der Eigenthümer sich unbilliger Weise mit dem Schaden des Geschäftsführers bereichere.

20) Auch wenn verschiedene Geschäfte unternommen werden, die theils ge­ lingen, theils mißglücken, kann Verlust und Vortheil in einander gerechnet wer­ den, so daß nur auf das Gesammtresultat gesehen wird. L. 11 D. de neg. gest. (III, 5).

21) Die Bestimmung bezieht sich auf den Fall, wo der Geschäftsführer fremde und eigene Geschäfte besorgt, ohne daß eine Rechtsgemeinschaft dabei stattstndct; denn ist diese vorhanden, so ist nicht die actio negotiorum gestorum mit ihren Eigenthümlichkeiten, sondern das Judicium communi dividundo oder familiae erciscundae das geeignete Auögleichungsmittcl. § 259 d. T. Vergl. L. 40 D. de neg. gest. (III, 5); L. 6 §.2 D. comm. div. (X, 3); L. 9 §. 4 D. de reb. auct. jud. poss. (XLII, 5). Der §. 254 trifft Bestimmung nur über die eine Art von Anspruch, welche der Geschäftsführer erwerben kann. Dessen Verwendungen können nämlich bestehen nicht bloß in Handlungen (Dienst­ leistungen), sondern auch in Sachen (Gelde). Für Beides kann derselbe Ersatz fordern §.230. Der §.254 spricht von der Vergütung für die Besorgung (Mühwaltung); der folgende §. 255 hat die Kosten zum Gegenstände. Auf die Mühwaltung muß der Geschäftsführer sich zunächst den Vortheil, welchen er sich selbst dadurch verschafft hat, abrechnen; nur den ungedeckt bleibenden Theil kann er von dem Andern vergütet verlangen. Die Kosten aber sollen verhältnißmäßig vertheilt werden.

Erster Theil.

216 §. 255.

Dreizehnter Titel.

Die auf ein solches Geschäft verwendeten Kosten

werden unter beide Interessenten, nach Verhältniß deS einem jeden

daraus erwacksenen Nutzens, vercheilt22). 8- 256. Jeder, welcher fremde Geschäfte besorgt hat, muß von seinen Handlungen,

Einnahmen und Ausgaben,

genaue

Rechenschaft cibkßen23). bf°««bin‘ 257. Wer einmal ein fremdes Geschäft ohne Vorwissen »»KU!c« des EigenthümerS übernommen hat, muß dasselbe bis zur gänztaüte”i liehen Vollendung fortsetzen2 5): wenn nicht der Eigenthümer, auf erhaltene Nachricht, andere Verfügungen zu treffen für gut findet.

8. 258. Wer fremde Geschäfte nur zugleich mit seinen eiges«mÄ"ünd nen, und nur bei Gelegenheit der letzteren besorgt hat, wird

f*ä"e gleich.

dennoch, in Ansehung des fremden Geschäfts, nach vorstehenden Grundsätzen beurtheilt. 8- 259.

Wenn aber daS fremde Geschäft mit dem eigenen

in einer solchen Verbindung stand, daß eines ohne das andere

nicht besorgt werden konnte: so muß daS Verhältniß zwischen dem Besorger und

dem Eigenthümer,

nach den Regeln einer ohne

Vertrag entstandenen Gesellschaft bestimmt werden23).

(Tit. 17,

Abschn. 1.)

8- 260.

Aber auch in diesem Falle haftet derjenige, dessen

Geschäfte besorgt worden, nicht weiter, alS der dadurch ihm zuge­ wachsene Vortheil reicht2^).

22) S. die vor. Anm. zu §. 254.

23) Davon gilt das Gleiche wie von einem Bevollmächtigten.

§. 61 d. T.

u. die Anm. dazu.

24) D. h. als Geschäftsführer ohne Auftrag; daß der Eigenthümer eS ge­ wußt habe, hat keine anderen Folgen als welche im §. 252 d. T. angegeben sind. Die Verbindlichkeit, welche der Geschäftsführer durch die Unternehmung fremder Geschäfte eingeht, wird durch das Wissen des EigenthümerS nicht verändert.

25) Selbst wenn der Eigenthümer stirbt; denn dessen Wille ist nicht die Vollmacht des Geschäftsbesorgerö, vielmehr der eigene. Vergl. L. 21 §.2 D.

de neg. gest. (III, 5). 26) S. o. die Anm. 21 zu §. 254. Wenn bei der mündlichen Verabredung des gemeinschaftlichen Spiels eines Lotterielooses übereingekommen ist, daß nur diejenigen Theilnehmer, welche dem den Ankauf Besorgenden ihre Einsatzbeiträge vor der Ziehung bezahlt hätten, an dem Loose Antheil haben sollten, so kann hinsichtlich derjenigen, welche dies zu thun unterlassen, nicht angenommen werden, daß in dem angckauften Loose ein durch gemeinschaftliche Verwendung erworbenes Eigenthum enthalten sei. Pr. des Ob.-Tr. 1484 v. 13. September 1844.

27) Das ergiebt sich durch Anwendung deS rechten Rechtsmittels von selbst, Anm. 21 zu 254,

Von nützlichen Verwendungen.

8- 261.

217

Ein Irrthum des Handelnden in der Person dessen,

für welchen er ein Geschäft übernommen zu haben glaubt, ändert

nicht- in Beziehung auf das Geschäft selbst, und dessen rechtliche golgen28).

Dritter Abschnitt. Von nützlichen Verwendungen').

8. 262.

Derjenige, auS dessen Vermögen2*)3 1 etwas in den

Nutzen eines Andern2) verwendet worden,

ist dasselbe entweder

28) „Quia aequum est, in damno eum non versari.“ L. 45 §. 2; L. 5 §. 1; L. 6 §. 7, b D. de neg. gest. (III, 5). Die Verbindlichkeit wird auf beiden Seiten re kontrahirt. Auch wenn Jemand fremde Angelegenheiten besorgt in der Meinung, daß er seine eigenen Geschäfte besorgte, ist nach den Grundsätzen des A. L. R. die Forderung auf Erstattung der Kosten, soweit der Andere reicher geworden ist, zulässig; das R. R. gestattete mir die Zurückhaltung der Sache; die gemeine GeiichtsprariS aber ließ eine utilis n. g. actio zu.

1) S. o. die Anm. 1 zum zweiten Abschnitt. Wie dort gesagt worden ist, gehört zur Begründung der Verwendungsklage, daß eine Gcschästsbcsorgung für einen Andern ohne Ermächtigung staltgesunden hat und daß die dadurch ent­ standenen Vortheile, aus den Mitteln deS Dritten, dem Andern wirklich zugewendct worden sind, und zwar in der Absicht, den Andern dadurch verbindlich zu machen, nicht um ihm zu schenken (§.280) oder eine Verbindlichkeit gegen ihn zu erfüllen, nämlich von Seiten des Geschäftsbcsorgers. Hier, im dritten Abschnitte, ist weniger von dem Institute selbst Rede, als vielmehr von dem einen der verschiedenen Ersordcrniffe, nämlich davon, daß der bei der Geschäftsführung beabsichtigte Vortheil dem GeschäftShcrrn auch wirklich zugewendet worden sei, wobei denn die verschiedenen Möglichkeiten der Zuwendung erwähnt werden.

2) Auch Handlungen können das Mittel einer nützlichen Verwendung sein, z. B. wenn Jemand ohne Beruf für einen Andern bei einem Arzt Hülfe sucht, die demselben auch wirklich geleistet wird. Hier kann zwar der Arzt direkt gegen den Besteller klagen, ihm ist aber auch die Verwendungsklage gegen den, welchem die Hülfe geleistet worden ist, vergönnt. „Bei einer durch Leistung von Handlungen bewirkten nützlichen Verwendung genügt der Nachweis, daß die Handlungen ge­ leistet worden sind; es ist nicht erforderlich, daß zur Hervorbringung des Nutzens von dem Kläger Ausgaben gemalt, oder besondere Veranstaltungen getroffen worden sind." Pr. des Ob.-Tr. 1882, vom 4. Juni 1847 (Entsch. Vd. XV, S. 206). Der Satz ist nicht zu bezweifeln, nur war der Rechtssall nicht eine Anwendung der Verwendungsklage. Der Kläger hatte dem Bekl. eine Zeit lang die Kuh melken, Esicn kochen, die Stube reinigen, das Bett machen lassen. Das war eine Geschäftsbesorgung. Die besorgten 'Geschäfte können sowohl faktischer als rechtlicher Art fein.

3) Dieser kann auch eine juristische Person, oder eine Gesellschaft sein. L.27D. de redus cred. (XII, 1). „Zur Begründung des Anspruchs aus Erstattung des einer geduldeten ReligionSgesellschaft hergegebenen und in ihren Nutzen verwendeten DarlchnS ist nicht erforderlich, daß derselben Korporationsrechte verliehen worden. Es genügt, daß die Gesellschaft mit Genehmigung des Staats zusammengetreten ist."

Grundsätze.

218

Erster Theil. Dreizehnter Titel.

in Natur zurück,

oder für den Werth Vergütung zu fordern be­

rechtigt«).

8- 263.

Ist die gegebene Sache in dem Vermögen deS An­

dern noch wirklich vorhanden,

so muß der Geber sich mit dem

Zurückempfange derselben, so wie sie ist, begnügen.

8. 264.

Ist die Sache nicht mehr vorhanden, so haftet der

Andere für den Werth nur so weit, als derselbe in seinen Nutzen

wirklich verwendet iß5). W°« nütz-

8. 265.

Was Jemand, der über sein Vermögen frei ver-

wendungen fügen kann, an Gelde oder Geldeswerth übernommen hat"), ist, ohne ferneren Beweis, für nützlich verwendet zu achten.

Pr. der Ob.-Tr. v. 17. Mai 1847 «Misch. Bd. XV, S. 318). Die nicht gehörig ermächtigten Vorsteher einer Judengemcinde hatten für die Gemeinde ein Darlehen ausgenommen und zur Bezahlung einer Gemeinde-Bauschuld verwendet. Der Darlehnsgeber klagte gegen die Gemeinde mit der Verwendungsklage. Dieser Fall war eine wirkliche versio in rem. 4) Welche Klage angewendet werden kann, hangt davon ab, in welchem Verhältnisse Derjenige, aus dessen Vermögen verwendet worden ist, zu dem Än­ dern, zu dessen Nutzen die Verwendung geschehen ist, steht. Befindet fich eine Mittelsperson (ein nicht ermächtigter Stellvertreter) als Geschäftöbesorger zwischen Beiden, so ist eS die actio de in rem verso (Anm. 3 u. 1); stehen sich Geber und Empfänger unmittelbar gegenüber, so ist eS nach der Beschaffenheit deS be­ sondern Falles entweder die actio negotiorum gestorum, oder eine Condiktion, oder die Bereicherungsklage. So hat in neuerer Zeit auch daS Ob.-Tr. diese verschiedenen Rechtsverhältnisse angesehen, indem es, gerade mit Bezug auf den §. 262 ff. d. T., den Satz ausspricht: „Der Satz, welcher der gemeinrechtlichen condictio sine causa zum Grunde liegt, daß Niemand ein Vermögensstück, welches er von einem Andern an fich genommen hat, ohne allen Rechtsgrund behalten darf, sondern daS Empfangene, soweit er bereichert ist, herausgeben muß, ist auch der Gesetzgebung des preuß. A. L. R. bei Zahlungen, die auS Ver­ anlassung von Verträgen erfolgt sind, nicht fremd. Vergl. Tit. 5 §§. 156 ff. 221. Pr. v. 13. December'1847 (Entsch. Bd. XVI, S. 172). Vergl. u. die Anm. 57

zu §. 199 Tit. IG.

5) Daher kann ein Anspruch auf Zinsen in der Regel nicht stattfinden, wenngleich der unmittelbar Verpflichtete (der Geschäftsbesorger) Zinsen schuldig ist. DaS R. R. läßt eine Ausnahme in dem Falle zu, wenn der Geschäfts­ besorger ein verzinsliches Darlehn ausgenommen hat und dasselbe gehörig in den Nutzen des Eigenthümers verwendet worden ist. L. 10 §. 5 D. de in rem verso (XV, 3). DaS hat, nach der Auffassung der Röm. Juristen, vernünftigen Grund; ohne das Zinsversprechen wäre kein Geld zu haben und folglich dem Eigenthümer nicht zu Helsen gewesen. Hätte der Geschäftsbesorger selbst Geld gehabt und dieses, statt zu leihen, verwendet; so würde er dafür auch Zinsen haben fordern können, wenn der Eigenthümer fich den ihm dadurch verschafften Vortheil hätte gefallen lassen. Nach der beschränkten Auffassung im A. L. R. werden diese Gründe nicht gelten. 6) Der Beweis liegt dem Kläger ob, die Angabe deS Empfängers (der Mittelsperson) ist kein Beweismittel, denn dessen Behauptung kann den Geschäfts­ herrn nicht verpflichten. Es ist Sache des Gläubigers, sich um die Verwendung zu bekümmern. „Curiosus igitur debet esse crcditor, quo vertatur.“ L. o

Von nützlichen Verwendungen.

8> 266.

Kann aber erwiesen werden,

219

daß daS Uebernom-

mene durch einen Zufall verloren gegangen, ehe der Uebernehmer davon wirklich Nutzen gezogen hat: so ist keine Verbindlichkeit

zum Ersähe auS der bloßen Uebernehmung vorhanden'). §. 267. Hat der, in dessen Nutzen etwas verwendet sein soll, die Sache nicht selbst übernommen; oder ist er ein solcher, den die Gesetze in der Fähigkeit, über sein Vermögen zu verfügen,

einschränken: so muß, wenn für die nicht mehr vorhandene Sache Ersatz gefordert wird, die wirklich geschehene Verwendung nach­ gewiesen werden«). 268.

DaS, womit nöthige oder nützliche Ausgaben für

einen Andern bestritten«) werden'"), ist für verwendet in den Nutzen desselben zu achten").

§. 9 D. de in rem verso (XV, 3). Dal)er ist auch daS Bekenntniß deS Empfängers, daß das Empfangene in den Nutzen des Herrn verwendet worden sei, gegen diesen ohne Beweiskraft. 7) Dieser Grundsatz bezieht sich nur auf die Bereicherungsklage. Denn eS ist Regel, daß in allen den Fallen die Verwcndungsklage stattfindet, in welchen ein Geschäftsführer die Klage aus der Geschäftsführung hat. L. 3 §. 2 D. de in rem verso (XV, 3). Wenn der Diener eines AckerwirthS, ohne Auftrag, daS nöthige Saatgetreide kaufte und dem Herrn überlieferte, über Nacht aber der Speicher abbrannte und damit das Saatgetreide verloren ging, so kann nach keinem Gesetze dem Dienstboten das Recht, Ersatz seiner Auslagen zu fordern, abgesprochen werden, der Herr war durch die Üebergabe Herr des Getreides geworden. Hatte nun der Verkäufer, mit Rücksicht auf den Herrn, deffen Geschäft der Diener besorgte, das Getreide ohne Bezahlung verabfolgt, so muß ihm aus gleichem Grunde die actio de in rem verso zustehen. Die Zufälligkeit, daß der Gcschäftsbcsorgcr kein Geld hatte und deshalb sich nicht selbst durch Be­ zahlung zum Gläubiger seines Herrn machte, kann dens Herrn von der durch die Annahme des ihm verschafften nöthigen Getreides kontrahirten Verbindlichkeit nicht befreien. Auch würde die Versagung der Verwendungöklage für den Herrn ohne allen praktischen Erfolg bleiben. Denn der Verkäufer könnte sich an seinen Abnehmer halten und sich bessen Anspruch cediren oder überweisen lassen. Nur wenn der Geschäftsbesorger unfähig gewesen wäre, sich persönlich verbindlich zu machen, würde jener Zufall für den Herrn einen Erfolg haben, ein Zufall, dem auf den Rechtspunkt kein Einfiuß zugestanden werden darf. Nach R. R. ist es unbezweifelter Grundsatz, daß in dem Fragefallc die actio de in rem verso stattftndet. L. 3 §.7, 8, L. 17 pr. D. de in rem verso (XV, 3). Vergl. §. 236 d. T.

8) Anm. 6 zu §. 265 d. T. 9) Oder dergleichen Ausgaben erspart werden „agrum puto colendo, domum fulciendo.“ Paulus sent. II, 9; L. 3 §. 2 D. eodem, verb.: „quotiens aliquid consumsit servus, ut ... rem dominus habuerit — non deteriorem.“

10) Ausgenommen aus L. 3 §. 1, 2, 3, L. 7 §. 5, L. 8, 9 D. eodem. Auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder Last, die Abwendung eines Verlustes oder Schadens gehören hierher. Die Letztere ist im §. 270 mit enthalten. 11) Eine Lohn sorderung wird der kürzeren Verjährung von zwei Jahren

220

Erster Theil. §. 269.

Dreizehnter Titel.

Ausgaben, zu welchen Jemand durch die Gesetze

verpflichtet wird, sind nothwendig").

8- 270.

Eben dafür sind diejenigen, welche nicht ohne Ge­

fahr eineS größern Uebels vermieden werden konnten, zu achten,

8- 271.

Doch sind Ausgaben der letztern Art, wenn sie für

einen Unfähigen gemacht worden, nur alsdann für eine nützliche

Verwendung zu halten, wenn die Gefahr so dringend war, daß der Unfähige nicht Zeit genug hatte, den zu dem Geschäfte sonst erforderlichen ConsenS derjenigen, unter deren Aufsicht er steht,

einzuhvlen'3).

8- 272.

Was den Werth einer Sache, oder sonst die Ver­

mögensumstände eincö Menschen wirklich verbessert, ist demselben nützlich *4). Rechte, die aus der nütz-

8 273.

In der Regel ist eS hinreichend, die Verbindlichkeit

nicht schon dadurch entzogen, daß sie auf eine Bereicherung deS Verklagten durch die geleisteten Dienste gegründet wird. Pr. des Ob.-Tr. 1559, v. 4. April 1845. Die bei der Verwendungsklage geltenden Rechtsgrundsätze finden auf kontrakt­ liche Forderungörechte nicht Anwendung; sie sind nicht allgemeine sudsidiarlsche Grundsätze. §. 277 d. T. 12) Vergl. Th. II, Tit. 2, §§. 129, 130, u. das Pr. 2136 in der Anm. dazu.

13) Die §§. 129, 130 Tit. 2 Th. II enthalten denselben Rechtssatz. S. daS Pr. 2136 in der Anm. das. Diese beschränkende Abweichung von dem R. R. rechtfertigt Suarez in den Schlußvorträgen so: „Unter dem Vorwande der versionis in rem sind bisher alle Gesetze gegen das Leihen und Borgen an Minorenne, filios famiJias, Studenten, Offiziers m. ungestraft lädirt worden. Dergleichen Leute verschwenden das, was ihnen zu ihren Bedürfnissen ausgesetzt war, zu ihren Ausschweifungen und bestreiten ihre Bedürfnisse mit geborgtem Gelde, oder auf Kredit, wo als­ dann auch versio leicht erwiesen wcreen kann. Es ist daher nothwendig ge­ wesen, die rechtlichen Wirkungen der versionis in rem bei solchen Personen mehr cinzuschränken und diesen Einwand nur in Fällen zuzulaffen, wo der Mi­ norenne, wenn er zum Ersatz nicht angehalten werden sollte, wirklich reicher mit dem Schaden des Andern sein würde/' (Jahrb. Bd. 41, S. 50.) Die Ab­ weichung ist nicht so erheblich, wie es scheint. Denn auch nach R. R. begründete die Verschleuderung des Geschäftsbesorgers (Sohnes) zu unnöthigen Dingen keine Vcrwcndungsklage (L. 3 §. 4, 6; L. 7 §. 3 D. de in rem verso); und diese Klage fiel ganz weg, wenn der Vater die Mittel zur Bezahlung der gemachten Schulden gegeben hatte, obgleich sie nicht bestimmungsmäßig verwendet, vielmehr verschleudert worden waren (L. 6 §. 10 D. eodem); so wie auch dann, wenn der Sohn einen eigenen Fonds (Pekulium) vom Vater hatte. Das Eine oder Andere wird bei dem Schuldcnmachen der Söhne meistens zutreffen. S. o. die Anm. 45 zu §. 708 Tit. 11.

14) Nur muß der Vortheil im eigentlichen Zwecke deS Rechtsgeschäfts ge­ legen haben, und nicht etwa durch ein von Jemand abgeschlossenes jenem Zwecke fremdes Rechtsgeschäft veranlaßt worden sein. L. 8 C. de obl. et act. (IV, 10). Vergl. L. 49 D. de cond, ind. (XII, 6).

Von nützlichen Verwendungen.

zum Ersätze zu begründen,

221

lichenVerdaß die Verbesserung durch die ge» Wcllft$n‘nt'

schehene Verwendung einmal bewerkstelligt worden; wenn sie gleich

in der Folge wieder verloren gegangen ist"). 8- 274.

Ein Unfähiger > °) kann aber zum Ersätze nur in

so fern angehalten werden,

als er sich,

Anspruchs1 ’), noch im Besitze deS

zur Zeit deS gerügten

durch die Verwendung be­

wirkten Vortheils befindet").

15) S. o. die $lnm. 7 zu

266 d. T.

16) S. u. die Anm. 18.

17) Der Satz gehört der Bereicherungsklage an, so wie der §. 266. Anm. 7. Die Zeit des gerügten Anspruchs ist der Tag der Klageinsinuation. Das Pr. des Ob.-Tr. 684, vom 10. Juni 1839 sagt: „Diese Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn der Anspruch aus der nützlichen Verwendung noch während der Unfähigkeit, nicht aber, wenn er nach gehobener Unfähigkeit geltend gemacht, wird." Damit soll über die zur Begründung des Anspruchs gehörigen Erfordernisse und über die Beweislast entschieden werden. Der Appcllationsrichter hatte angenommen: die Behauptung, daß der Bekl. reicher sei, gehöre ad fundandam intentionem. Das Ob.-Tr. erklärt dies für herctisch, und stellt jenen Satz als geltenden Rechtssatz hin. (Centralbl. 1840, S. 684 ff.) Der Satz ist jedoch ohne alle juristische Begründung. Die Beendigung der Vormundschaft über einen Schuldner wirkt gar keine Veränderung in seinen Schuldvcrhättniffen; wie ein Schuldverhältniß von Anfang begründet war, so ist es auch noch nach Aufhebung der Vormundschaft. War also ein Anspruch nur in sofern gegen ihn vorhanden, als der Schuldner noch reicher ist, so kann derselbe unmöglich durch Eintritt der Großjährigkeit des Schuldners eine andere Natur annehmen. Nun ist cs aber ein wesentliches Erforderniß jedes lediglich wegen unbilliger Bereicherung zugelaffenen Anspruchs — es ist eine Eigenthüm­ lichkeit deS Instituts —, daß die Bereicherung noch zur Zeit der Klage (nach R. R. zur Zeit der Litiskontestation) vorhanden sein muß, sonst fehlt Grund und Gegenstand der Klage. L. 37 pr. D. de negotiis gestis (III, 5); L 34 pr. D. de minor. (IV, 4). Diesen selben Grundsatz hat unser §. 274 für das prcuß. Recht ausgenommen Vcrgl. auch §. 242 Tit. 14 und die Anm. 65 dazu. Und sieht man auf das Wesen des Instituts, so kann eS rechtlich gar nicht anders sein. Wo Jemand keinen Anspruch als den wegen Bereicherung hat, da eristirt durchaus kein gültiges Rechtsgeschäft — die versio in rem ist noch immer ein Rechtsgeschäft —, aus welchem der Andere Schuldner sein könnte. Die Klage wegen Bereicherung gründet sich ganz allein auf den Dolus des Beklagten, folglich wird vorausgesetzt, daß derselbe noch hinter sich habe, was ihm abge­ fordert wird, oder daß doch seine Arglist Ursache ist, wenn er cs nicht mehr hat. DaS Pr. verstößt gegen das Wesen des Instituts. 18) Oder aus Arglist aufgehört hat, sich noch darin zu befindcn; sonst hat der Kläger die replicatio doli. Vergl. Tit. 15 §. 31. Was der §. 274 bestimmt, ist nicht etwa als eine bloß für einen Unfähigen besonders zubereitete Verwcndungsklage anzusehen, vielmehr ist darin der Grund­ satz aus dem R. R. ausgenommen, daß ein unfähiger Eigenthümer aus der versio in rem eben so wenig wie aus einem andern mit ihm eingegangenen Rechtsgeschäft verbindlich gemacht werden könne, sondern gegen ihn nur der da­ von sehr verschiedene Anspruch wegen Bereicherung zulässig sei. Allgemeine Grundsätze über die Klage wegen Bereicherung finden sich im A. L. R. nicht, Weil den Verf. die eigenthümlichen Verschiedenheiten der Vcrwendungsklage und der Bereicherungsklage nicht im Bewußtsein waren. Daher kommt es, daß

Erster Theil.

222

§. 275.

in

Dreizehnter Titel.

Ist die verbesserte Sache,

nach der Verwendung,

eine- Dritten

einen lästigen Vertrag

daS Eigenthum

durch

übergegangen: so ist dieser^) demjenigen, auS dessen Vermögen

die Verwendung geschehen war, nicht verhaftet.

manche der Letzter» angehörige Grundsätze unter die von der Verwendungsklage geltenden Regeln gemischt sind, und bei andern Auwendungen der BereicherungStlage auf dieselben nicht Rücksicht genommen worden ist, wie z. B. in den §§.'28 — 32 Tit. 15, so daß dieselbe als ein eigenthümliches Institut fast ver­ schwindet. Nachdem aber dasselbe durch den Art. 83 der A. D. W. O. in daS preuß. Rechtssystcm formell eingeführt worden, ist die Unterscheidung desselben von der Vcrwendungsklage unabweisli^. Zur Begründung der Bereiäierungsklage gehört, wie gesagt (Anm. 17), we­ sentlich, daß der Beklagte zur Zeit deS Anspruchs noch im Besitze deS Vortheils, wodurch der Kläger Schaden leidet, sich befinde. Daß nach einer allgemeinen Prozeßregel dem Kläger der Beweis obliegt, ist nicht bestreitbar. Aber die Be­ weisführung kann nach Umständen sich für den Kläger günstiger stellen. Im R. R. ist in dieser Beziehung der Fall besonders vorgesehen, wenn der Vortheil, welcher dem Beklagten verschafft worden ist, in einer Sache bestand, welche der Beklagte in Geld oder in eine andere Sache umgesetzt hat. Dann soll diese Thatsache zur Begründung der Klage genügen (L. 18 D. quod metus causa IV, 2) und dem Beklagten cxcipiendo der Beweis obliegen, daß er den empfan­ genen Werth verloren, verzehrt oder verschenkt habe. L. 23 pr. D. de bered, pet. (V, 3). Sieht man hierin die Anwendung eines Prinzips, so ist es daS der Vermischung mit der übrigen Vermögensmaffe, welche zur Folge hat, daß ein den Beklagten betreffender Verlust als ein solcher dargelegt werden muß, welcher gerade den fraglichen Vortheil wieder entzogen hat. Dabei macht ein Versehen deS Beklagten keinen Unterschied, weil derselbe gegen Niemand ver­ pflichtet ist, in der Verwaltung seines Eigenthums Sorgfalt anzuwendcn. Nur Arglist darf nicht dabei vorgekommen fein. Die zerstreuten Bestimmungen deS A. L. R., welche dem Institute der Bereicherungsklage angehören, sind die §§. 266, 274—276 d. T. und §§. 28—32 Tit. 15. Der §. 32 Tit. 15 spricht den Grund­ satz aus: Der Kläger ist die Herausgabe deS Vortheils zu fordern berechtigt, wenn er Nachweisen kann, daß der Beklagte sich noch wirklich int Vortheile be­ finde. Damit stimmt unser §. 274 ganz überein. Die Uebereinstimmung damit fehlt aber dem §. 276. S. die folg. Anm. 20. Ueber die Beweisführung findet sich eine Anwendung des gedachten Röm. Grundsatzes im Falle der Veräußerung der Sache. §.28 verb. mit §.31 Tit. 15. Der Beklagte soll das, was er bei der Veräußerung gewonnen hat, an den Kläger herausgeben, also wird dem Klä­ ger nicht der Beweis, daß der Beklagte den Vortheil noch besitze, zugemuthet. Gleichfalls wird dem Beklagten der Einwand gegeben, daß er den Vortheil wieder verloren habe, nur mit der Abweichung vom R. R., daß der Verlust durch Zufall entstanden sei. Die auö dieser Betrachtung gewonnenen land­ rechtlichen Grundsätze find: der Bereicherungskläger hat zur Begründung deS Anspruchs zu behaupten und zu erweisen, entweder, daß die Sache, durch welche dem Beklagten ein Vortheil zugekommen ist, noch unterscheidbar im Besitze deS Beklagten befindlich; oder daß dieselbe von ihm entgeltlich veräußert worden; oder, wenn cS fungible Sachen gewesen, daß dieselben mit der VermögenSmaffe des Beklagten vermischt worden. Der Beklagte hingegen hat im zweiten und dritten Falle den Einwand, daß ihm der Vortheil durch Zufall wieder ver­ loren gegangen.

freit.

19) Dieser. Aber der Veräußerer wird durch die Veräußerung nicht be­ S. die vor. Anm.

223

Von nützlichen Verwendungen.

$• 276.

Hat aber der Dritte daS Eigenthum der Sache

so haftet er für die Verwendung so weit, als damals2«) der dadurch bewerkstelligte Vortheil noch wirk­

unentgeltlich überkommen,

lich vorhanden war.

§. 277.

Alles, waS vorstehend von nützlichen Verwendungen

verordnet ist, gilt nur in dem Falle, wenn kein rechtlicher Ver­ trag unter den Parteien vorhanden ist20 21). $. 278. WaS bei einem in der Form mangelhaften Vertrage Rechtens sei, ist int Fünften Titel bestimmt. (Tit. 5, §. 156 sqq.)

§. 279. Wer aus dem Vermögen deS Andern etwas an Gelde oder Geldes Werth durch Betrug an sich gebracht hat, ist jederzeit zur vollständigen Schadloshaltung verbunden.

8 280.

(Tit. 6.)

Was in der deutlich erklärten, oder nach Vorschrift

der Gesetze zu vermuthenden Absicht, wohlthätig oder freigebig zu sein, Jemanden gegeben oder geleistet worden; kann unter dem

Vorwande der geschehenen Bereicherung desselben nicht zurück, noch

Ersatz

oder Vergütung dafür

gefordert werden22).

(Tit. 11,

Abschn. 9.)

20) Also zur Zeit der Erwerbung. Daß in diesem einzelnen Falle eine Ausnahme von dem Prinzip in Beziehung auf die Begründung der Bereicherungs­ klage (Anm. 18) beabsichtigt worden sei, ist unwahrscheinlich und daher nicht anzunehmen. Die Vorschrift ist vielmehr auf die Beweisführung zu beziehen, so daß wenn der Empfang de- Vortheils nachgewiesen wird, auch da- Vorhandensein zur Zeit der Klage vermuthet wird, und dem Beklagten nur der Einwand dezufälligen Verlustes zusteht. S. die Anm. 18. Die BereicherungSklagc geht auch gegen den Dritten, worin ein Hauptunterschied zwischen dieser und der VerwendüngSklage liegt.

21) S. o. die Anm. 11 a. E. zu 8- 268 d. T.

22) Die hinterher erfolgende Sinnesänderung ist ganz wirkung-lo-. o. Anm. 1 zu diesem Abschn. und Anm. 6 zu §. 235 d. T.

Vergl.

224

Erster Theil.

Vierzehnter Titel.

Vierzehnter Titel. von Erhaltung des Eigenthums und der Ncchte.

$. 1.

Das Eigenthum der Sachen und Rechte wird durch

den Besitz derselben, und durch alle die Mittel erhalten, welche

die Gesetze zur Erhaltung der Besitzrechte an die Hand geben.

(Tit. 7, §. 137 sqq )

§. 2.

Auch dadurch, daß ein Anderer die Sache im Namen

deS Eigenthümers in seiner Gewahrsam hat, wird für Letztern daS

Eigenthum derselben erhalten. §. 3.

(Abschn. 1, 2.)

Die Rechte eines solchen Inhabers, der im Namen

eines Andern besitzt, gegen einen Dritten, sind nach den Vor­

schriften der Gesetze (Tit. 7 1. c.) *) und gegen den Eigenthümer

hauptsächlich nach dem unter ihnen obwaltenden Vertrage zu be­

stimmen. §. 4.

Auch gegen künftige Beeinträchtigungen hat der Eigen­

thümer sich deS Schutzes der Gesetze, durch die darin zu deren

Abwendung angegebenen Mittel, zu erfreuen1 2).3 (Abschn. 3, 4, 5.) §. 5.

oder

eines

Derjenige, welchem der künftige Anfall einer Sache

Rechts durch Gesetze oder Willenserklärungen ver­

sichert ist, hat zur Erhaltung dieses seines Anfallsrechtes eben die

Mittel, welche die Gesetze einem jeden Eigenthümer an die Hand geben. 8. 6.

Die

Erhaltung des

EigenthumS der

Sache selbst

aber muß er in der Regel dem zeitigen Eigenthümer überlassen2).

1) §§• 2, 6, 137 ff., 162 ff.

2) Die §§. 1—4 geben nur eine Uebersicht deS Inhalts dieses Titels und enthalten keine Rechtsgrundsätze, welche nicht anderswo festgesetzt worden wären. Insbesondere wird durch den §. 4 nicht etwa der allgemeine Grundsatz, daß gegen künftige Beeinträchtigungen Sicherstellung gefordert werden könne (cautio pro damno infecto), festgesetzt, so daß die besonderen Anordnungen derselben in gewissen Fällen als bloße Anwendungen desselben betrachtet werden könnten, viel­ mehr darf nicht über die für jene Fälle gegebenen Specialvorschristen hinauSgegangcn werden. Zu diesen gehört auch der §. 151 Tit. 7. 3) Die §§.5—8 bezwecken, nach Suarez'S Erklärung, die Sicherung und Erhaltung des schon vorhandenen Rechts zum künftigen Anfalle und die des Gegenstandes dieses Anfalles von einander zu unterscheiden. (Ges.-Revis. Pens. XIV, S. 1.)

Vom VerwahrungSvertrage.

225

§. 7. Wenn jedoch dieser die gesetzmäßigen Mittel selbst vorzukehren verhindert wird, oder sie vernachlässigt: so ist der An­ fallsberechtigte zu deren Anwendung in so weit befugt, als es nöthig ist, um eine Vereitelung oder Verdunkelung des ihm ver­ sicherten Anfalls abzuwenden. 8. 8. Nähere Bestimmungen hierüber sind bei den verschie­ denen Arten der Anfallsrechte festgesetzt.

Erster Abschnitt. Vom VerwahrungSvertrage.

§. 9. Wenn eine Sache Jemanden unter der Verbindlich- »wiff. feit übergeben worden, daß er sie aufbehalten *) und künftig zurück­ geben solle, so ist unter den Parteien ein Verwahrungövertrag vorhanden. §. 10. Zur Gültigkeit dieses Geschäfts bedarf eS keines Form, schriftlichen Kontrakts, sondern es sind auch anderes Beweis­ mittel von dem, waS vorgegangen ist, hinreichend. 8. I I. In allen Fällen ist der Uebernehmer nur verpflichtet,

4) D. h. in feinen Räumen, in seiner Gewahrsam, wo sie hinterlegt wor­ den, zn dulden und künftig wieder zurücknehmen zu lassen. Die Verbindlichkeit des Depositars ist wesentlich negativ. Uebernimmt er eine positive Thätigkeit, ein Handeln, so ist das Geschäft, wenn unentgeltlich, ein Mandat, wenn gegen Ver­ geltung, ein Gedingevertrag. Der in Simo n's Rechtssprüchen, Bd. I, S. 434 ff. mitgetheilte Rechtsfall gehört hauptsächlich der Kasuistik an, und liefert für die Rechtswissenschaft keine Ausbeute. Daß eine „förmliche" Uebergabe der Sacbe erfordert werde, wie der Kasuistiker znr Eingehnng des Depositalkoutrakts meint — wenn er darunter die Anwendung einer bestimmten Form meint, worüber er sich nicht auöläßt — ist, wie der Wortlaut des §.9 ergiebt, nicht wahr: der Depositalkontrakt hat gar keine positive Form, er ist ein Realkontrakt, der selbst dnrch Handlungen geschloffen werden kann, wenn die Kontrahenten in ihren Ab­ sichten und Meinungen zusammentreffen; es ist nicht nothwendig, daß der Depo­ sitar bei der Aufnahme der fremden Sache in seine Gewahrsam mit Worten ausspreche: „ich übernehme die Verpflichtung" u. s. w. Er übernimmt sie schon durch die Einwilligung, daß der Andere seine Sache bei ihm auf beliebige Wie­ derabholung niederlegen oder einstellen darf. 5) Hier ist den Verf. wieder die sehr oft vorkommende Verwechselung der zur Eingehung eines Rechtsgeschäfts wesentlichen Form mit dem Beweismittel begegnet. Die wesentliche Form braucht nicht zugleich Beweismittel zu sein, Wie man an der Röm. Stipulation und an den landrechtlichen Fallen, wo die Schrift ohne Unterschrift als Form gilt (z. B. II, 8, §. 597), sehen kann. Koch, Allgemeines Landrecht. II.

15

Erster. Theil.

226

Vierzehnter Titel.

bei der Auf- die ihm anvertraute Sache mit eben dem Fleiße zu verwahren, als er bei seinen eigenen Sachen von gleicher Art zu thun pflegt«).

§. 12.

Kann hiernach der Grad seiner Verantwortlichkeit

nicht abgemessen werden; und ist die Art der Verwahrung seinem

Gutbeflnden lediglich überlassen worden: so haftet er nur für ein grobes Versehen. §. 13. Ein Gleiches findet statt,

wenn die Art, wie die

Verwahrung geschehen solle, im Vertrage oder sonst, von dem Niederleger selbst bestimmt war, und der Verwahrer darin keine eigenmächtige Veränderung vorgenommen hat. §. 14. Hat er aber dergleichen Veränderung eigenmächtig

und ohne Noth vorgenommen, so hastet er für allen daraus ent­ standenen Schaden'). §. 15. In jedem Nothfalle ist der Verwahrer Ort und Art

der Verwahrung, wenn sie gleich im Vertrage bestimmt sind, zu verändern nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet.

8. 16.

Doch muß

er dem Niederleger,

Aufenthalt' ihm bekannt ist,

in sofern dessen

von einer solchen Veränderung ohne

Zeitverlust Nachricht geben«), und dessen weitere Verfügung ab­

warten. 8. 17.

In allen Fällen, wo die Verwahrung gegen Ent­

gelt übernommen worden«), muß der Verwahrer für ein mäßiges Versehen haften. 8. 18. Ein Gleiches findet statt, wenn sich Jemand

zur

6) Vcrgl. Tit. 3 §§. 24, 25. Indem hierdurch beut Verwahrer eine dili­ gentia suis rebus consueta aufgelegt wird, belastet >uau ihn mehr als es für seine Gefälligkeit nach der Regel geschehen sollte. Grundsätzlich ist er nur für ein grobes Versehen verantwortlich. §. 12. Die diligentia quam suis rebus ist dem Schuldner nur in solchen Verhältnissen Vortheilhaft, wo er für sei« Ver­ schulden schlechthin (mäßiges Versehen) hasten soll: dann ist ihm in gewissen bestimmten Verhältnissen die Ausflucht vergönnt, daß er in seinen eigenen An­ gelegenheiten nicht sorgfältiger sei. Aber wo überhaupt nur für Gewissenlosigkeit und ein ihr gleichstehcndes grobes Versehen eingcstanden zu werden brancht, da ist jene diligentia nicht zweckmäßig ««gewendet. Schwerlich hat diese Ab­ weichung vom R. R. in bewußter Absicht der Verf. gelegen.

7) Auch für die Kosten muß er aufkommen, welche durch die Veränderung z. B. des Orts dem Nicderleger bei der Zurücknahme verursacht werden. Eine Ausnahme macht der Nothfall. §. 15. 8) Sonst haftet er für den durch die Unterlassung herbeigeführten Nachtheil. Z. B. der Nicderleger schickt kostspielige Transportmittel zur Abholung an den Ort der Niedcrlegung nach der Fortschaffung. 9) In diesem Falle ist das Rechtsgeschäft ein Gedingevertrag (Dicnstmiethe).

Vom Verwahrungsvertrage.

227

Verwahrung einer Sache aus eigener Bewegung, ohne Noth, und ohne alle vorhergegangene Aufforderung des NiederlegerS, ange­

boten hat").

§. 19.

Hat Jemand eine Sache unter dem Vorwande, sie

zu verwahren,

unredlicher Weise in Besitz genommen:

er auch wegen zufälligen Verlustes und Schadens, unredlichen Besitzer. (Tit. 7, §. 240, 241, 242.)

so hastet

gleich jedem

$. 20. Der Verwahrer ist, bei entstehender Gefahr des Ver­ lustes, seine eigene Sache der ihm anvertrauten vorzuziehen be­

rechtigt 11). §. 21.

Hat er aber zur Rettung der fremden Sache seine

eigene aufgeopfert, oder einer Beschädigung ausgesetzt: so kann

er dafür Ersatz oder Vergütung fordern. §. 22.

War der Schade, welcher aus dem Verluste der ge­

retteten Sache entstanden sein würde, unwiederbringlich; dergestalt,

daß die Sache ganz verloren gegangen, oder unbrauchbar geworden sein würde: so kann der Verwahrer bis auf den ganzen Werth dieser Sache Vergütung verlangen.

§. 23. Konnte aber der durch die Rettung verhütete Schade durch Verwendung minderer Kosten wieder hcrgestellt werden: so dienen nur diese Kosten zum Maaßstabe der dem Verwahrer zu

leistenden Vergütung. §. 24.

Ohne

Einwilligung des NiederlegerS, oder ohneHAU^s

richterlichen Befehl, darf der Verwahrer die ihm anvertraute Sache

keinem Andern ausantworten").

10) Dann wird angenommen, daß er auch alle Sorgfalt in der Bewahrung anwendcn wolle. Folgerecht sollte schon ein geringes Versehen verantwortlich machen. Vergl. Tit. 9 §. 457, Tit. 13 §. 245; Th.' II, Tit. 18 §§. 166, 278, 280, 281. Nach G. R. war die Frage streitig.

11) Das folgt daraus, daß der Depositar zu keiner besondern Sorgfalt verpflichtet und nur für grobe Nachlässigkeit verantwortlich ist. Hat er in einer Gefahr seine Sachen geborgen und die fremde Sache nicht zugleich bergen können, so läßt sich nicht behaupten, daß diese durch feine grobe Nachlässigkeit zu Grunde gegangen sei. Nach R. R. versteht sich daher der Satz ganz von selbst. Für die landrechtlichc Gesetzgebung ist er nöthig geworden durch die große Meinungs­ verschiedenheit der juristischen Schriftsteller und die verkehrte Ginmengung der diligentia quam suis rebus, auf Grund welcher Manche geradezu behaupteten, der Depositar müsse die fremde Sache zuerst bergen.

12) Soll in ein Depositum aus Antrag des Gläubigers des Deponenten Erekution vollstreckt werden, so ist zwischen fungiblen und individuellen Sachen zu unterscheiden. Bei fungiblen Sachen, namentlich Geldsummen, muß dem Grekutionssucher die Forderung des Deponenten aus dem Depositalkontrakt über-

""»s-

Erster Theil.

228

§. 25.

Vierzehnter Titel.

Thut er es dennoch, so hastet er für die Sache und

deren Werth so lange, bis der Niederlegcr sein Verfahren aus­ drücklich oder stillschweigend gebilligt hat. §. 26. Ist Jemanden eine Sache versiegelt oder verschlossen

zur Verwahrung übergeben worden: so muß er sie in eben dem Zustande.zurückliefern. 8. 27. Wird bei der Zurückgabe das Schloß oder Siegel

unverletzt gefunden: so haftet der Verwahrer für den Inhalt des Behältnisses und die darin befindlichen Stücke nur alsdann, wenn er des Betrugs'-') oder eines groben Versehens überführt wird.

§. 28.

Ist aber das Schloß oder Siegel eröffnet oder ver­

letzt, so hat der Verwahrer die Vermuthung, daß die Oeffnung

oder Verletzung durch sein Zuthun geschehen sei, wider sich. §. 29.

Er bleibt also für allen an

der Sache erweislich

entstandenen Schaden oder Verlust verantwortlich.

§. 30.

Hat er die verschlossen oder versiegelt niedergelcgten

Sachen nach einem Verzeichnisse übernommen: so kann der Nieder­ leger, in Ansehung des Werths der fehlenden Sachen, bei Er­ mangelung anderer Beweismittel, zur eidlichen Bestärkung ") zu­ gelassen werden. §. 31. Hat der Niederleger dem Verwahrer die Beschaffenheit der in dem versiegelten oder verschlossenen Behältnisse befindlichen

Sachen, bei der Niederlegung, auch nur überhaupt «»gezeigt"):

wiesen werden, und wenn der DepositariuS nicht herausgeben will, ist mit der überwiesenen actio mandati gegen ihn zu verfahren. Körperliche Sachen hin­ gegen muß der Depositarius der richterlichen Gewahrsam, mit Vorbehalt seines Rechts, zu überliefern gezwungen werden, wenn er das Depositum nicht bestreitet; und wenn er aus dem Geschäfte Gegenforderungen hat, muß er sie zur Berich­ tigung aus dem Erlöse ungesäumt liquide machen. Bestreitet er aber den Grund des Depositums, so kann nur durch Arrestschlag und Ermächtigung zur Aus­ klagung geholfen werden.

13) Damit ist Dolus (Arglist, Gewiffenlosigkeit), nicht der Betrug im eigentlichen Rechtssinne gemeint. 14) SchatzungSeid (juramentum in litem).

S. die folg. Anm.

15) Also nicht, wie der vor. §. 30 vorauösetzt, nach einem Verzeichnisse übergeben. Damit ist nicht gemeint, daß in jenem Falle, wo noch mehr ge­ schehen ist, als hier zur Zulassung zum Eide über die behauptete Niederlegunq der abgcforderten Stücke vorausgesetzt wird, dieser Eid nicht zulässig sein soll. Vielmehr ist im §. 30 angenommen, daß daö Verzeichniß den vollständigen Beweis über die Niedcrlegung der angegebenen Stücke ergebe. Wäre dies aber nicht, weil etwa das Verzeichniß nicht vorhanden oder aus irgend einem Grunde nicht beweiskräftig, so versteht sich, daß in diesem Falle der Eid über die Niedcr­ legung dem Nicderleger um so eher anvertraut werden muß, wenn nicht der

Vom Verwahnmgsverirage.

229

so ist, wenn die Wahrheit auf andere Art nicht auSgenn'ttelt werden kann, der Eid des NiederlegerS auch über die Anzahl dieser Stücke Zulässig. §. 32. Doch muß alsdann der Niederleger wenigstens so viel bescheinigen, daß er um die Zeit der geschehenen Niederlegung Sachen von dieser Art wirklich besessen habe; und eS muß nach seinem Stande, Gewerbe oder Vermögen, und nach den übrigen ausgemittelten Umständen wahrscheinlich sein, daß er die an­ gegebene Quantität solcher Sachen, besessen haben könne. 8. 33. Obige gegen den Verwahrer streitende Vermuthung (8. 28) fällt weg: wenn der Verwahrer einen Zufall, durch welchen das Schloß oder Siegel verletzt worden, oder doch Umstände, unter welchen dergleichen Verletzungen, ohne fein Zuthun, wahrschein­ lich haben erfolgen können, nachweiset. 8. 34. Doch muß der Verwahrer, welcher sich mit dieser Ein­ rede schützen Will, dergleichen Vorfall dem gegenwärtigen Nieder­ leger, oder in dessen Abwesenheit den Gerichten 1*6),* sofort * anzeigen1 ’). 8- 35. Ueberhaupt muß jeder18)19Verwahrer, 20 in dessen Be­ sitz'8') die niedergelegte Sache beschädigt wird, oder verloren geht, dem Niederleger'8) davon längstens binnen drei Tagen, nach bemerktem Schaden, oder Verlust, Nachricht geben; damit der Niederleger allenfalls auf rechtliche Untersuchung88) des Her­ gangs der Sache, und der dabei vorkvmmenden Umstände, sofort antragen könne. 8. 36. Unterläßt er dieses, und beruft sich erst zur Zeit der

Niedcrlegcr selbst bett Mangel des Verzeichnisses wissentlich verursacht hat. Denn hieraus würde dann der Verdacht einer geflissentlichen Wegschaffung zum Nach­ theil des Verwahrers entstehen, der das Vertrauen zu ihm zerstören müßte. 16) Nach heutiger Gerichtsverfassung wird die Anzeige dem StaatSanwalte zu machen sein, um den Thatbestand fcstznstellen.

17) Vergl. Th. II, Tit. 8 §§. 1736 ff.

18) Diese Vorschrift findet ans Beamte, zu deren AmtSpfiichtcn auch die Aufbewahrung vo» Sache» oder Gelder» gehört, nicht Anwendung. Pr. des Ob.-Tr. 1331, v. 11. September 1843. 18 a) Der Ausdruck ist uttgenau, cs ist Gewahrsam gemeint. 19) Nicht also auch den Gerichten in Abwesenheit des Nicdcrlegers, wie in dem Specialfallc des §. 34, wo der Verschluß verletzt worden ist, ausgenommen im Falle des §. 38. '

20) Für eine solche gerichtliche Utttcrsuchung fehlt die Prozcßform; ste müßte denn als Aufnahme des Beweises zum ewigen Gedächtniß behandelt werden.

Erster Theil.

230

Vierzehnter Titel.

Rückforderung auf die Beschädigung oder den Verlust der Sache,

so muß er nachweisen: daß dieselben durch einen bloßen unab­

wendbaren Zufall, ofync21) ein auch nur geringes Versehen von seiner Seite, entstanden sind. §. 37. Er muß ferner diesen Nachweis vollständig führen, und kann, zu dessen Ergänzung, zu einem nothwendigen Eide

nicht gelassen werden22).23 24 8- 38. Ist zur Zeit deö bemerkten Schadens oder Verlustes der Aufenthalt des Niederlegers unbekannt, oder außerhalb der Königlichen

Staaten, so

muß

der Verwahrer die 8. 35 vor­

geschriebene Anzeige bei den Gerichten des Orts thun. §. 39. Diese müssen den Vorfall summarisch und so weit

untersuchen"), als nöthig ist, die Verdunkelung der Wahrheit durch die Länge des Zeitverkaufs zu verhüten.

8- 40.

Bei der AuSmittelung des zu ersetzenden Werths der

verloren gegangenen Sache finden, nach dem Grade deS Vorsatzes

oder Versehens, welchen der Verwahrer zu vertreten hat, die all­

gemeinen gesetzlichen Vorschriften Anwendung. §. 41. Die Sache muß dem Niederleger mit ihren

Zu­

wüchsen, und auS ihr selbst entstandenen Verbesserungen, zurück­

gegeben werden. 8- 42. Dagegen

hat der Verwahrer

daS Recht, die zur

Erhaltung der Sache verwendeten Kosten, ingleichen den Ersatz

der ihm auch nur durch ein geringes Versehen deS Niederlegers verursachten Schäden zu fordern. §. 43. Ist die Niederlegung wegen

FeuerS-,

Wassers-,

Krieges- oder einer andern dringenden Gefahr geschehen: so haftet

der Niedcrleger, wegen der dem Verwahrer entstandenen Beschädi­

gung, nur für ein mäßiges") Versehen.

21) Ohne ein auch nur geringes Versehen würde die Begebenheit ja kein Zufall sein. Das Sachliche aber ist, daß der Verwahrer auch die Negative eines geringen Versehens beweisen muß, wenn er sich befreien will.

22) Wvhl aber kann er sich auch hier der Eidesdelation bedienen, wodurch in allen Fallen der Beweis vollständig geführt wird, wo die Gesetze nicht aus­ drücklich eine Ausnahme vorschreiben, wie im §. 49 Tit. 4.

23) In welchen Formen und auf weffen Kosten? Anm. 20. Die Vorschrift kann, wenn nicht Anzeigen einer unerlaubten Handlung vorhanden sind, nicht zur Ausführung kommen. Der Richter kann ohne Parteien nicht verhandeln. 24) Eine solche Ausnahme kann das R. R. nicht kennen, weil ihm daö dreigliedrige System von der Culpa nicht bekannt ist. Hier ist sie in Folge eines Monitums beliebt worden. Suarcz trägt darüber in der rev. mon. vor:

Vom VerwahrmigSvertrage.

§. 44.

231

Verbesserungen vorzunehmen, ist der Verwahrer weder

schuldig, noch berechtigt. §. 45. Hat er eö gleichwohl gethan, so ist er nach den Regeln

deS vorigen Titels (§. 238 sqq.) zu beurtheilen. §. 46. In der Regel muß der Empfänger die Sache soAUA,lange verwahren, als im Vertrage2«) bestimmt ist, oder es

die

bekannte Absicht deö NiederlegerS erfordert. §. 47. Wird aber der Verwahrer außer Stand gefcfot26), die Sache mit Sicherheit, oder ohne seinen eigenen Nachtheil, fernerhin zu behalten: so kann er fordern, daß der Niederleger

ihn davon befreie. §. 48. Hat er die Verwahrung gegen Entgelt übernommen2 7), so ist er nur wegen solcher veränderter Umstände, die zur Zeit

deS geschlossenen Vertrags vernünftiger Weise nicht vorauögesehen

werden konnten, denselben aufzukündigen berechtigt. §. 49. Aber auch in diesem Falle muß der Verwahrer die

Kosten, welche dem Niederleger durch die zur anderweitigen Auf­ bewahrung der Sache nothwendigen Anstalten verursacht worden, auf die vorbedungene Belohnung sich abrechnen lassen.

„Daß ht der Regel deponens gegen den depositarium. culpam levissimam vertreten müsse, folgt daraus, well das ganze Geschäft zum Vortheil des deponentis allein gereicht. Es fragt sich aber: ob nicht hiervon bei dem deposito miserabili eine Ausnahme zu machen, so daß bei diesem deponens nur culpam levem prästiren dürfte. Pro affirmativa könnte angeführt werden, daß ein solches depositum miserabile allemal Umstände voraussetzt, welche eine gewisse Gemüthsverwirrung fast unvermeidlich machen und es also hart zu sein scheint, unter solchen Umständen den höchsten Grad der Aufmerksamkeit von dem Depo­ nenten zu verlangen. Pro negativa hingegen streitet, daß denn doch der Depositarius von seiner Gutherzigkeit und Bereitwilligkeit keinen Schaden haben kann, und also, wenn ihm ein solcher Schaden per culpam, licet levissimam, deö deponentis entstanden ist, für seine Schadloshaltung hauptsächlich gesorgt werden muß." Darunter ist vermerkt: „Conti, das monitum wird approbirt." (Jahrb. Bd. L1I, S. 18). Der Grund paßt nicht auf das Verhalten während des Rechtsverhältnisses; denn der Deponent wird doch nicht verwirrt bleiben. Wird dies auf den Augenblick der Nicderlegung bezogen, und sott eine bei der Hinschaffung der Sachen verursachte Beschädigung mit der Gemüthsverwirrung ent­ schuldigt werden, so braucht nur der Andere das Depositum nicht anzunehmcn, um sich seine Entschädigung zu versichern; denn alsdann ist eine Beschädigung außerhalb dem Falle eines Kontrakts vorhanden. Damit würde dem deponiren Wollenden doch wol gar nicht gedient werden.

25) D. h. in der mündlichen Verabredung bei der Niederlegung. §. lOd.T. 26) Der Depositalkontrakt kann wegen veränderter Umstände einseitig auf­ gehoben werden.

27) Dieser Miethskontrakt sollte, nach der Regel, nicht aus diesem Grunde sogleich aufgehoben werden dürfen.

Erster Theil. Vierzehnter Titel.

232 8. 50.

Macht der Niederleger, innerhalb der gesetzmäßigen

Fristen (Tit. 5, §. 90 sqq.), zur Befreiung des Verwahrers von

der Sache nicht die nöthigen Anstalten: so hat Letzterer das Recht, die Sache auf dessen Kosten gerichtlich nieberjukge»28). 8. 51.

Ein Gleiches findet statt, wenn der Aufenthalt des

NiederlegerS unbekannt,

oder außerhalb der Königlichen Lande

befindlich ist29). 8- 52. Ist die Sache von der Beschaffenheit, daß sie nicht in daS gerichtliche Depositum genommen werden kann, so ist der

Verwahrer dieselbe der gerichtlichen Aufsicht zu übergeben berechtigt. 8. 53.

Der Richter muß sodann einen Aufseher auf Kosten

des Niederlegers bestellen; und die Sache ist fernerweit nach den Regeln von gerichtlichen Sequestrationen zu beurtheilen. (§. 92 sqq.)

8- 54. Der Niederleger kann die bloß in Verwahrung ge­ gebene Sache von dem Uebernehmer zu allen Zeiten zurückfordern. 8. 55.

Eine im Kontrakte enthaltene Zeitbestimmung wird,

wenn nicht ein Anderes ausdrücklich verabredet ist, bloß zu Gunsten

2»wimru

des NiederlegerS beigefügt zu sein geachtete §. 50. Auch derjenige, welcher sonst aus Verträgen nicht

wihrlmr«" be(angt werden

kann,

ist dennoch die

seiner Verwahrung an-

vertrallte Sache zurückzugeben rechtlich verpflichtet2").

werdcu.

§. 57.

Doch kann der Niederleger, wenn die Sache selbst

nicht mehr vorhanden ist, deren Werth von einem solchen Verwahrer nur in so weit zurückfordern, als derselbe sich eines Betrugs")

28) Dabei wird nach Vorschrift der §§. 218 , 221, 223 , 224 Tit. 16 verfahren. 29) In diesem Falte tritt das fahren ein.

im §. 217 Tit. 16 vorgeschrlebene Ver­

30) Das dem Niederleger zustehende Rechtsmittel ist nach den Umständen verschieden. Die Kontraktsklage (depositi actio) ist es in keinem Falle. War die hinterlegte Sache eine individuelle, welche der Niederleger im eigenthümlichen Besitz hatte, so kann er die Vindikations- oder die Publicianische Klage an­ wenden. Fungible Sachen können nur, als ohne Rechtsgrund hinter dem Un­ fähigen befindlich, kondicirt werden. Im Falle der Niedcrlegcr kein eigenthüm­ liches Interesse bei der Hinterlegung hatte, muß sein Verhältniß zu dem Herrn der Sache das anzuwcndendc Rechtsmittel bestimmen.

31) Hier ist nicht, wie im §.27, unter Betrug die bloße Gewissenlosigkeit im Verhalten bei einem kontraktlichen Verhältnisse gemeint, denn ein Kontrakts­ verhältniß ist nicht vorhanden; vielmehr ist darunter eine widerrechtliche Hand­ lungsweise zu verstehen, durch welche jede zurechnungsfähige Person zum Ersätze des dadurch einem Andern verursachten Nachtheils / auch außer dem Falle eines Kontrakts, verbindlich gemacht wird. DaS Rechtsmittel kann die doli actio sein, oder auch die gewöhnliche Schädenklage.

Vom Vcrwahrmigsvertrage.

233

schuldig gemacht hat, oder die Sache wirklich in seinen Nutzen verwendet iß32). §• 58. Wenn wegen Feuers-, Wassers-, Kriegs- oder an­

derer dringender Gefahr einer auch sonst zum Köntrahiren un­ fähigen Person etwas in Berwahrung gegeben worden: so haftet

auch sie für den Ersatz deS Werths, wenn sie die Sache selbst verzehrt, oder veräußert hat33).

§. 59. Ist die niedergelegte Sache Mehrern geuiciiifchafllich^'»^^, auvertraut worden, so haften alle für einen, und einer für alle3 «)^d-r Erb-».

§. 60. Eine gleiche Verbindlichkeit findet auch bei mehrcrn Erben deö Verwahrers statt. 8. 61.

Doch muß der Niederleger sich zuerst und haupt­

sächlich an denjenigen Miterben halten, welcher die Sache auS dem Nachlasse in seine Gewahrsam übernommen hat33).

32) Dies ist nichts anderes als eine Anwendung der Bereicherungsklage. Anm. 18 zu §.274 Tit. 13. Hat der zurechnungsfähige Unfähige keine Handlung oder Unterlassung sich zu Schulden kommen lassen, wodurch er wegen Beschädi­ gung außerhalb dem Falle eines Kontrakts verantwortlich geworden sein würde, so giebt es keinen Rechtsgrund als die Bereicherung, aus welchem ein Anspruch an ihn sich begründen ließe. Wäre also, ohne sein Zuthun, die deponirte Sache seinem Vermögen einvcrleibt worden und hinterher durch Zufall wieder verloren gegangen; so 'ist nichts vorhanden, auf was der Andere Anspruch machen könnte; denn eine persönliche Verbindlichkeit ist niemals entstanden. Verliert er z. B. die Sache, so ist er gar nichts schuldig.

33) Diese Bestimmung ist müßig, denn der darin enthaltene Rechtssatz findet sich schon in dem §. 57. Das Depositum hat das Besondere, daß der Gegen­ stand in keiner Weise mit der Eigenthumsmaffe des Empfängers in Gemeinschaft tritt, vielmehr immer als fremdes Eigenthum geachtet werden muß. Wenn nun der Depositarius, mag er fähig oder unfähig sein, wenn nur zurechnungsfähig, — die ihm anvertraute fremde Sache verzehrt oder veräußert, so begeht er ja eine strafbare Unterschlagung. Der Fall ist mithin unter dem „Betrüge" des vorigen §. 57 schon begriffen. * Dieser Fall erschöpft jedoch das mögliche Verbindlich­ werden eines Unfähigen bei dem depositum miserabile nicht. Denn es ist nicht anznnehmen, daß der Unfähige bei dieser Species deö Depositums günstiger habe gestellt werden sollen als bei' dem Depositum überhaupt. Es finden daher auch hier die Grundsätze des §. 57 Anwendung. Anm. 32. Ist der Unfähige auch nicht einmal zurechnungsfähig, so hat der Niederleger, wenn nicht die Bereicherungsklage begründet werden'kann, keinen Anspruch. 34) Deun die Sache ist einem Jeden ganz in Gewahrsam gegeben. Wenn es sich jedoch um Verantwortlichkeit für Gewissenlosigkeit handelt, so ist die Solidarität auf die gemeinschaftliche Arglist zu beschränken; der Schuldlose hat für den Schuldigen nicht einznstehen. — „Si alter dolo non fecerit, et idcirco sit absolutus. — ad alium pervenietur.“ — L, 1 §. 43 D. depositi (XVI, 3).

35) Bei Erben ist die Gewissenlosigkeit des Erblassers zu unterscheiden von den eigenen persönlichen Handlungen der Erben. Die aus der erstem bereits entstandene Schuld wird wie jede andere auf den Nachfolger vererbte Schuld

Erster Theil.

234 §. 62. Meinung,

Vierzehnter Titel.

Haben die Erben eine niedergelegte Sache in der daß sie zum Nachlasse gehöre, redlicher Weise ver­

äußert: so darf dennoch der Niederleger mit dem dafür gelöseten Kaufpreise sich nicht begnügen; sondern eö bleibt ihm der Nach­

weis, daß die Sache zur Zeit der Niederlegung mehr werth ge­ A°NUdtt.""

wesen sei, vorbehalten36). 8. 63. Ist eine Sache von Mehrern gemeinschaftlich nieder-

ltgern.

gC[egt worden; oder durch Erbgangörecht an mehrere Erben ge­

diehen: so muß derjenige unter denselben, welcher sie zurücksordert, Vollmacht von den übrigen beibringen37). §. 64. Hat aber der Verwahrer einen schriftlichen Empfang­

schein an den Erblasser ausgestellt: so ist er befugt, die Sache an

behandelt. Hierauf beziehen sich die hier getroffenen Bestimmungen nicht. Be­ findet sich die dcponirte Sache im Nachlasse und die Erben nehmen sie mit der Erbschaft in ihren Gewahrsam, so werden sie dadurch persönlich Depositarien und hasten mithin nicht als Erben, sondern für sich selbst. Dies ist der Gegen­ stand dieser Bestimmungen. Darnach hastet derjenige, welcher die Sache aus dem Nachlasse an sich nahm, allein, wie es auch die L. 9, 10 D. eodem vor­ schreibt. Der §. 61 sagt, er hafte zuerst und hauptsächlich. Der §. 60 will mithin nur von einer subsidiarischen Verbindlichkeit handeln. Allein auch Das ist ungenau. Denn da jeder Depositarius nur für seinen Dolus und sein grobes Versehen haftet, für einen Andern aber nicht verantwortlich ist, so kann sich die Bestimmung gleichfalls nur auf die ungetheilte Haftung für eine gemeinsame Arglist beziehen. Praktisch stellt sich die Anwendung dieser Grundsätze so: Wird Einer von mehreren Miterben, welcher die Sache nicht in seine Gewahrsam genommen hat, allein oder mit Andern zusammen belangt, so muß er von der Klage ent­ bunden werden, wenn der Kläger nicht Ersatz für die etwa abhanden gekommene Sache fordert und dabei nicht behaupten kann, daß der Beklagte allein oder mit Andern zusammen arglistiger Weise den Verlust verursacht habe. Denn wenn die Sache bei einem andern Miterben ist, so kann der Bekl. auf keine Weise in Anspruch genommen werden: auf Herausgabe nicht, weil er die Sache nicht in seine Gewahrsam übernommen hat; auf Herbeischaffung oder Ersatz nicht, weil er dadurch, daß ein Gleichberechtigter die Verwahrung übernommen hat, Keinem verantwortlich geworden ist; nur böse Absicht und grobe Pflichtverletzung ver­ pflichtet ihn für den dadurch verursachten Schaden. 36) Hierdurch ist ein unbestrittener Grundsatz des R. R. abgeündert. Weil der Depositarius nur durch seine böse Absicht zum Ersatz der nicht mehr vor­ handenen Sache verpflichtet wird, so kann der redlich handelnde Erbe durch den Verkauf an sich wegen der Sache nicht verbindlich werden. Aber wenn er das, was er dafür erhalten oder noch zu fordern hat, behalten wollte, so würde er eben dadurch unredlich handeln. Deshalb ist er gehalten, das Empfangene herauszugeben und seinen etwanigen Anspruch abzutreten. L. 1 §. 47, L. 2 bis 4 D. depositi (XVI, 3). Warum die Verf. eine grundsatzwidrige Bestimmung an die Stelle des bis dahin gegoltenen Rechts gesetzt haben, ist nicht bekannt.

37) Es findet mithin nicht, wie nach R. R. (L. 1 §. 36, 44 D. eodem), eine getheilte Rückforderung oder, bei Unteilbarkeit des Gegenstandes, eine Rück­ forderung des Ganzen durch Einen gegen Sicherheitsbestellung statt. Dies ent­ spricht der landrechtlichen Theorie über das aktive Korrealverhältniß.

Vom Verwahrungsvertragc.

235

den zurückzugeben, der sich nur überhaupt als Miterben legitimirt,

und den Empfangschein in Händen Ijat38).39 40 8 65. Wenn auch die Sache theilbar wäre, so ist dennoch

der Verwahrer mit einzelnen Interessenten über die Rückgabe sich einzulassen nicht schuldig33). 8- 66. Doch kann jeder einzelne Interessent die gerichtliche Niederlegung der ganzen Sache verlangen48).

§. 67.

Die dem Niederleger in Ansehung der Sache selbst,

oder ihres Werths, in dem Vermögen deS Verwahrers bei ent­

stehendem Konkurse zukommenden Vorrechte, sind in der KonkurSorbnung41) bestimmt. 8. 68.

Bei erforderter Zurückgabe der Sache kommt eö nicht 5u%n|“t’

darauf an: ob der Niederleger wirklicher Eigenthümer, oder nur bloßer Inhaber gewesen ist42).

§. 69.

Der Verwahrer kann

also

unter dem Vorwande,

daß einem Andern43) ein besseres Recht auf die Sache zustehe, dieselbe dem Niederlegcr nicht vorenthalten.

38) Nämlich »ach erfolgter Theilung der Erbschaft. Denn es ist nicht beabsichtigt «worden, hier eine besondere Ausnahme von dem allgemeinen Grund­ satz über Erbschaftsaktiv-Fordcrungen (§. 152 Tit. 17) festzusetzcn, vielmehr ist der §. 64 bei der Umarbeitung des gedruckten Entwurfs gerade dazu einge­ schaltet worden, um —- wie Suarez in der rev. monitor. bemerkt — eine Uebereinstimmung unter den zu einer Erbschaft gehörigen Depositis und erbschaftlichen Aktivis überhaupt hcrvorzubringen. (Gcs.-Revis. Pens. XIV, S. 10.) 39) Dies ist die Vervollständigung des im §. 63 ausgesprochenen Grund­ satzes. Anm. 37. 40) Ein Singularrecht jedes Einzelnen. Der Grundsatz ist ausgenommen aus L. 1 §. 36 D. depositi, wo er für den Fall festgesetzt ist, wenn eine untheilbare Sache durch Einen der mehrer» Berechtigten avgefordert wurde, welcher die erforderliche Sicherheit nicht bestellen konnte. Anm. 37.

41) §§. 296, 456. Das Privilegium ist der depositi actio im R. R. ausdrücklich nur in dem Vermögen eines Mcnsularius (Steuererheber) und Rummularius (Geldwechsler, Banguier) zugedacht. L. 24 §. 2 D. de rebus auct. jud. poss.; L. 7 §. 2, 3; L. 8 D. depositi. Man hat aber, wegen der Allgemeinheit deS in der L. 24 angegebenen Grundes: aliud est credere, aliud deponere, — dasselbe dem Depositum an sich beigelegt, und dieser aus­ dehnenden Erklärung sind die Vcrf. des A. L. N. gefolgt.

42) Ganz natürlich deshalb, weil es sich hier um eine vertragsmäßige Ver­ bindlichkeit handelt, die nur vou dem Gläubiger gelöst werden kann, und gegen diesen erfüllt werden muß. Vergl. L. 1 §. 39 D. depositi.

43) Wohl aber aus dem Grunde, daß ihm selbst ein besseres Recht auf die Sache zustehe. Z. B. wenn ein Dieb oder Finder die gestohlene oder ge­ fundene aber verheimlichte Sache unwissentlich bei dem Eigenthümer deponirt und dieser erst hinterher, nach Eingehung deS Kontrakts, sein Eigenthum erkennt.

236

Erster Theil.

8. 70.

Besitzes

Vierzehnter Titel.

Wenn Jemand den

Niederleger eines unredlichen

der Sache beschuldigt, und ein gerichtliches Verbot 44)

der Verabfolgung an den Niederleger auöbringt: so ist der Ver­ wahrer verbunden,

die

Sache den Gerichten zur Untersuchung

und weitern Verfügung zu übergeben. 8- 71. Ein Gleiches findet statt, wenn dem Niederleger die Verwaltung seines Vermögens gerichtlich benommen worden,

8- 72. Wenn der Verwahrer die Rückgabe der Sache ohne gesetzmäßige Ursache verzögert, so hat er von diesem Augenblicke

widerrechtli.

an alle Verbindlichkeiten eines unredlichen Besitzers, und haftet dem Niederleger sowohl für entstandenen Schaden, als entgangenen

Cnc^nui'n."

Vielmehr muß er dieselben, so weit sie zu den §. 117

bemerkten Ausgaben nicht erforderlich sind, zur weitern Verfügung deS Prinzipais aufbewahren, und dabei alle Pflichten eines Ver­

wahrers fremder Sachen beobachten. §. 120.

Verwechselungen der

Münzsorten kann er ohne

Genehmigung deS Prinzipals nur so weit vornehmen, als eS zu

den Ausgaben nothwendig ist. 8- 121. Der Verwalter ist feine Geschäfte eigenmächtig zu übertragen nicht befugt.

8

122.

Dagegen kann er sich

Geschäfte fremder Hülfe bedienen.

einem Andern

fut>iiitui«n

bei Ausrichtung einzelner

(Tit. 13, 88 46, 47, 48.)

8 123. Zu gerichtlichen Klagen und deren Beantwortung ist der allgemeine Auftrag einer Verwaltung') in der Regel nicht ftg-nhcit-n.

hinreichend. 8- 124.

Davon sind die Fälle ausgenommen, wo die Ge­

setze auch einen bloßen Inhaber zur Klage wegen entnommener

oder gestörter Gewahrsam zulqffen. (Tit. 7,8.141- 154, 8 162 sqq.) 8- 125. In andern die Sache betreffenden Rechtsangelegen­ heiten hat der Verwalter die Vermuthung der Vollmacht für sich.

(Tit. 13, 8 119 sqq.)

8. 126.

Baare Darlehne im Namen des Prinzipals

auf-

zunehmen, ist der Verwalter ohne dessen besondere Vollmacht nicht »nr «eben«,

berechtigt.

8. 127.

Kredit für gelieferte Sachen

oder Arbeiten kann

demselben nur so weit gegeben werden, als eS im Laufes der

von ihm betriebenen Geschäfte gewöhnlich ist, oder ohne dergleichen

Kredit das Geschäft selbst nicht gehörig betrieben werden kann. 8. 128. Rur unter gleichen Umständen ist der Verwalter Andern Kredit zu geben berechtigt.

7) Der allgemeine Auftrag zur Verwaltung ermächtigt nur zur Erhebung der verfallenen Revenüm, Abschließung der zum Geschäftsbetriebe nothwendigen Käufe und Verkaufe (88- 127, 128), und zu Zahlungen, welche gleichfalls die laufende Geschäftsführung mit sich bringt. (8: l 17.) Ein Verwalter fremder Güter, als solcher, hat, ohne Spezialvollmacht des Prinzipals, keine Befugniß, noch nicht fällige Einkünfte in Voraus zu erheben. §. 131. Pr. des Ob.-Tr. vom 6. September 1849 (Entsch. Bd. XVIII, S. 214). Vgl. auch Entsch. Bd. XVI, S. 181 und Anm. 11 zu 8- 131 d. T. 8) Nur zur Besorgung der laufenden Geschäfte gilt der Verwalter für beauftragt. S. die vor. Anm. und unten die Anm. I I zu 8- 131.

246 ®t9furTen'

Erster Theil. §• 129.

Vierzehnter Titel.

Wie weit übrigens der Verwalter durch seine Ver-

Sl!ffEn^äge den Principal einem Dritten verpflichte, ist nach den GrundVerträge.

Sätzen von Vollmachtsaufträgen zu beurtheilen"). 8. 130. Sind diese Vorschriften beobachtet, so macht eS keinen Unterschied, wenn gleich der Verwalter den Vertrag auf

seinen eigenen Namen geschloffen hätte, sobald nur aus den Um­ ständen klar ist10), 11 daß er in seiner Eigenschaft als Verwalter

gehandelt habe. §. 131. Doch kann künftige") Lieferungen

der Verwalter durch Verträge über

und Prastationen den Principal, ohne

dessen besondere Einwilligung, nur in so weit verpflichten, als die Schließung solcher Verträge auS seinem Auftrage nothwendig folgt; oder bei Verwaltungen von der ihm aufgetragenen Art im ordinairen Gange der Geschäfte gewöhnlich'ist. Von«».

§. 132.

Ist Jemand zum Verwalter bestellt, welcher für

welche Ver- seine Person sich nicht verpflichten kann, so verpflichtet er dennoch

übernehmen, den Principal durch seine, vermöge des Auftrags, unternommenen

Handlungen. NechnungS-

ä

a'

(Tit. 13, §§. 30—36.)

ß. 133. Dem Verwalter muß Alles, waS seinen Händen anvertraut werden soll, nach einem schriftlichen Verzeichnisse über­

geben werden. 8- 134.

Ist dies nicht geschehen, so

muß der Principal

nachweisen, daß mehr übergeben worden, als von dem Empfänger anerkannt wird.

9) Auch hinsichtlich der Form des Auftrags. Ein durch mündlich getroffene Verabredung angestellter Verwalter steht in dieser Hinsicht dem mündlich Beauf­ tragten gleich. 10) -Wenn also der Verwalter in eigenem Namen kontrahirt, so muß doch in Wahrheit ein Geschäft des Prinzipals besorgt worden sein und außerdem muß dem Andern vorher völlig klar und zweifellos geworden sein, daß der Ver­ walter nicht für sich selbst, sondern nur als Verwalter handele, wenn einerseits der Verwalter außer Anspruch bleiben will, und andererseits der Mitkontrahent berechtigt sein soll, sich an den Priüzipal zu halten. Vergl. §. 154 Tit 13. — Wirthschaftet ein Gutsverwalter für eigene Rechnung, so wird der Prinzipal durch die Verträge desselben gar nicht verbindlich gemacht. Vergl. das Erk. des Ob.-Tr. vom 22. u. 29. October 1847 (Rechtfälle Bd. III, & 54).

11) Bei einer auch unbeschränkten Gutsvetwaltung kann der, vom Verwalter im eigenen Namen, lange vor der Schur, gegen Empfangnahme eines bedeuten­ den Angeldes geschehene Verkauf der gesummten zu erwartenden GutSwolle nicht ohne Weiteres und ohne Hinzutritt besonderer Nebenumstände, für einen, im ordinairen Gange der Geschäfte gewöhnlichen, „den Prinzipal verpstichtenden" Vertrag erachtet werden. Pr. des Ob.-Tr. vom 18. Februar 1848 (Entsch. Bd. XVI, S. 174).

Von Verwaltung fremder Sachen.

§. 135.

Der Verwalter fremder Güter ist verpflichtet, von

allen dahin einschlagenden Geschäften genaue Rechenschaft abzu« legen").

$. 136.

Alle Einnahmen und Ausgaben

muß er in die

dazu bestimmten Bücher ohne Zeitverlust'3) eintragen, und mit bündigen Belägen rechtfertigen. 8. 137.

Unterläßt er dieses, so gilt seine Angabe nur so

weit, als er deren Richtigkeit nachweisen kann. §. 138.

Auch haftet er in diesem Falle für die sämmtlichen

aus der Untersuchung dieser Richtigkeit entstehenden Kosten").

8. 139.

Ein Verwalter muß in der Regel seine Rechnung,

nebst den erforderlichen Belägen, sogleich nach Ablauf eineö jeden

12) S. Pr. 1756 o. in der Anm. 1.

13) Die Ordnung erfordert, daß das Einnahme- und Ausgabc-Verzeichniß von Tag zu Tag dergestalt geführt wird, daß zu jedem Zeitpunkte der Abschluß den wirklichen Kaffenbestand nachweift. Rasuren, Durchürcichungen und (Ein­ schaltungen, so wie verspätete, d. h. au andern Tagen als an welchen die Ein­ nahmen und Ausgaben gemacht worden sind, bewirkte Eintragungen schwächen das Vertrauen zu dem Verwalter. Daß die Posten, wenn die Beläge ganz fehlen, anderweit als richtig nachgewiesen werden müssen, versteht sich schon nach allgemeinen Grundsätzen und.ist noch besonders bestimmt. §. 137. 14) Wird eine außergerichtliche Untersuchung vom Prinzipal vorgenommen, wodurch ihm Kosten erwachsen, so muß derselbe den Verwalter auf Erstattung besonders belangen. Erfolgt aber eine gerichtliche Abnahme der Rechnung, und muß in Folge der Erinnerungen des Prinzipals die Richtigkeit der uubelegten Posten durch eine kostspielige Beweisführung nachgewiesen werden, so kann der Prinzipal verlangen, daß in eben diesem Prozesse zugleich auch über die Tragung und beziehungsweise Erstattung dieser Kosten erkannt werde. Diese Kosten muß der Verwalter tragen, wenn es ihm auch gelingt, alle Posten zu rechtfertigen, so daß die Erinnerungen für erledigt zu erachten sind. Denn der Gegenstand des Rechtsstreits ist hier nicht die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, sondern die Anschaffung einer gehörigen Rechnung, welche dem Prinzipal zugleich die nöthigen Deckungsmittel und Beweise gegen Dritte giebt; und nur als Folge kann sich die Verurteilung zur Zahlung einer Geldsumme anschließen. Es würde den Rechts­ grundsatz des §. 138 verletzen, wenn man nach diesem untergeordneten Erfolge die Kosten solcher Untersuchung und Beweisführung, in Gemäßheit des allgemeinen Grundsatzes über Tragung und Erstattung der Prozeßkosten, dem Prinzipal die Kosten ganz oder zu' einem verhältnißmaßigen Theile auflegte, je nachdem cs

dem schlechten Verwalter gelungen ist, seine unordentliche Rechnung durch weit hergeholte Beweise mehr oder weniger zu rechtfertigen. Doch ist das vorgekommen. Das Ratiborer Appellationsgericht änderte in einem solchen Falle das erstinstanz­ liche Urtel in diesem Sinne'ab und gab als Grund an: „Der §. 138 Titel 14 Th I des A. L. R. ist auf den Prozeß nicht anwendbar." — Da wird wol auch der §. 144 d. T. und noch vieles Andere aus dem L. R. nicht zur Gelt ung kommen können. Das Ob.-Tr. versteht den §. 138 so wie ich, indem es sagt: „wird der Mangel des Belags wirklich monirt, so muß dann der Rendant aller­ dings die Richtigkeit nachträglich aus seine Kosten beweisen." (Entscheidungen Bd. XI, S. 296.)

248

Erster Theil.

Vierzehnter Titel.

Rechnungsjahres") dem Principale einreichen,

und

auf deren

Abnehmung antragen. §. 140. Hat er die Rechnung nicht zur gehörigen Zeit ein­

gereicht, so ist er schuldig, die jedesmaligen Kassenbestände, so weit sie nicht zum fernern nützlichen Betriebe dcS Geschäfts er­

forderlich gewesen, von Sechs Wochen an,

nach dem Jahres­

schlüsse, landüblich zu verzinsen"). $. 141. Auch trägt er von dergleichen Kassenbeständen alle Gefahr. §. 142.

Von seinen Vorschüssen kann er für die Zeit, wo er mit der Abgabe der Rechnung säumig gewesen, keine Zinsen

fordern, wenn er auch sonst nach rechtlichen Grundsätzen dazu

befugt gewesen wäre. 8- 143.

(Tit. 13, 88- 70—73.)

Ist der Principal mit Abnahme") der Rechnung

säumig, so fallen ihm die daraus entstehenden Verdunkelungen der Geschäfte zur Last.

8. 144.

Der Verwalter ist alsdann berechtigt, die gericht­

liche Abnahme der Rechnung auf Kosten des säumigen Principals

zu fordern. 8- 145.

Quittung.

Nach

erfolgter

Abnahme

und

Berichtigung der

Rechnung kann der Verwalter Quittung darüber") fordern. §. 146.

der

Doch wird derselbe durch dergleichen Quittung von

Vertretung unredlicher Handlungen,

oder später entdeckter

RechnungSsehler1 •), wenn gleich denselben in der Quittung aus­

drücklich entsagt worden, nicht befreit.

15) Hierdurch wird das Recht des Prinzipals, zu jeder beliebigen Zeit im Laufe des Jahres den Abschluß der Bucher — denn diese enthalten die Rechnung — und die Ausweisung des sich darnach ergebenden Bestandes zu verlangen, in keiner Art beschränkt. Den» der Verwalter ist als Geschäftsführer der Kontrole des Geschäftsherrn zu jeder Zeit unterworfen; und der Verwalter ist verbunden, den sich dabei ergebenden Defekt sofort zu vertreten. (Entsch. dcS Ob -Tr. Dd. XIII, S. 213.) u. Pr. 1756 o. in der Anm. 1 zu 8 1.

16) Der Grundsatz ist aus der L. 31 §. 3, L. 37 §. 1 D. de neg. gest. (III, 5) ausgenommen und hier näher bestimmt. 17) Abnahme der Rechnung heißt die Erklärung über die abgelieferte Rech­ nung; die stillschweigende Empfangnahme ist keine -Abnahme. 18) Nämlich über gehörig und richtig gelegte Rechnung; denn die Quittung oder Decharge muß das Anerkenntniß des Erklärenden ergeben, daß er gegen die Verwaltung keine Erinnerungen mehr (oder überhaupt) zu mache» habe. 19) Rechnungsfehler (error calculi) im eigentlichen Sinn« ist Verstoß gegen die mathematische Wahrheit oder Mißverhältniß des herausgcbrachten Resultat-

Von Verwaltung fremder Sachen.

8. 147.

249

Dagegen kann aber auch der Verwalter,

wegen

eines spater entdeckten, zu seinem Schaden begangenen RechnungS-

fehlerS, von dem Principale Vergütung fordern. 8. 148.

Auch wegen solcher Angelegenheiten und Geschäfte,

die in der Rechnung nicht mit vorgekommen (mb2 °), kann der Verwalter, der erhaltenen Quittung ungeachtet, zur Verantwor­ tung gezogen werden. §. 149. Noch weniger befreiet die Quittung den Verwalter

von den Ansprüchen eines Dritten2 9, wenn gleich die Forderung desselben auS einem Geschäfte,

über

welches

bereits Rechnung

gelegt worden, entstanden wäre. §. 150. Rechnungen, die einmal abgelegt und quittirt sind, können

nach

Verlauf

von Zehn Jahren

unter keinerlei Vor­

wande22 * *)23 * *mehr * * * * angefochten 20 21 werden. 8. 151.

Nur

wegen

offenbar

im Zusammenrechnen

oder

Abziehen2 9 vorgefallener RechnungSfebi er, und wegen eines bei

zur Aufgabe. Der Grund kann liegen in unrichtiger Zählung der richtigen An­ sätze, oder im unrichtigen Ansätze, indem z. B. eine Ziffer in eine unrichtige Reihe (Groschen in die Thalerreihe und umgekehrt) gesetzt worden ist, oder in beiden Irrthümern zugleich. Geschieht eS mit Bewußtsein, so ist kein Rech­ nungsfehler sondern Betrug vorgefallen. Nicht als Rcchnungsfehler anzusehen und zu behandeln sind Weglaffungen von Einnahmeposten und Ansätze von nicht vorgekommenen Ausgaben (error quantitatis — wenn eS Irrthum ist). Hierauf bezieht sich der §. 148 d. T.

20) S. die vor. Anm. a. E.

21) Vorausgesetzt ist der Fall, daß der Verwalter für seine Person dem Dritten verbindlich gemacht worden ist. §. 130 u. Anm. dazu. Hat der Ver­ walter als dem Dritten bekannter Stellvertreter gehandelt, so kann er von dem Dritten überhaupt nicht in Anspruch genommen werden, wenn er nicht seine Befugniffe überschritten hat. Hier gelten die Grundsätze von Vollmachtsaufträgen. 22) Also weder wegen eigentlicher Rechnungsfehler (Anm. 19), noch wegen Auslastungen, beziehlich unwahrer Ausgabeposten (§ 148), sollte man hiernach denken. Der folg. §.151 berichtigt dieses alsbald; darnach ist der gemeinrecht­ liche Unterschied, hinsichtlich der Verjährung, zwischen eigentlichen Rechnungs­ fehlern und andern Unrichtigkeiten beibehaltcn. Unser §. 1o0 und die dazu ge­ hörigen §8. 152 u. 153 beziehen sich nicht auf Rechnungsfehlcr im eigentlichen Sinne, sondern auf die im §. 148 erwähnten Unrichtigkeiten. Hinsichtlich dieser nimmt man nach G. R., auf Grund der L. 13 §. 1 D. de divers, temporal. (XLIV, 3), eine kürzere Verjährung (20 I., gegen Erben 10 I.) an, und diese lOjähr. Verj. ist hier beibehalten. Wahre Rechnungsfehler (Anm. 19) aber können noch bis zum Ablaufe der ordentlichen (30j.) Verjährung gerügt werden. L. 8 D. de administrat. rer. (L. 8); L. un. C. de errore calculi (II, 5). Eben dieser Grundsatz ist hier und im folg. 8- 151 ausgenommen. 23) S. o. die Anm. 19. Nach den Ausdrücken ist anzunehmen, daß der unrichtige Ansatz, welcher darin besteht, daß eine in die Reihe der Thaler ge­ hörige Ziffer in die Kolonne der Groschen gesetzt worden, nicht berücksichtigt

Erster Theis.

250

Vierzehnter Titel.

der Verwaltung begangenen Betrugs, kann der Principal, auch

nach Ablauf der zehnjährigen Frist, den Verwalter selbst, nicht

aber feine24 * * )* *(Srben * * * * *2*5) *26 ,* *27 in * * Anspruch * * * * * * * * nehmen. 8. 152. Die §. 150 bestimmte Verjährungsfrist nimmt bei solchen Verwaltungen, die durch mehrere Jahre dauern, in An­ sehung deS Verwalters selbst', von dem Zeitpunkte, wo er, nach

seiner Entlassung und gelegter Schlußrechnung2 fi), die letzte oder Generalquittung erhalten hat, ihren Anfang. §. 153.

Zu Gunsten der Erben des Verwalters aber läuft

diese Präscription, in Ansehung einer jeden einzelnen JahreSrechnung, von dem Tage der darüber ausgestellten Specialquittung2 7).

werden dürft. Zwar hat in diesem. Falte gleichfalls ein unrichtiges Zusammen­ rechnen stattgefundcn: der Rechner hat, statt 20 Thaler nur 20 Sgr. mit dem Ucbrigcn zusammengerechnet, und die Rechnungsfehler im eigentlichen Sinne, im Gegensatze der Weglaffung ganzer Posten, sollten der kurzen Verjährung entzogen werden. Allein dies sollte doch nicht ohne Einschränkung gestehen. Der ge­ druckte Entw enthielt nämlich hiervon noch nichts. Deshalb wurde in den Monitis gefragt: ob nach Ablauf der zehnjährigen Frist auch nicht a) crrures calculi, b) Posten, die ex incuria in Einnahme zu stellen unttttassen worden, gerügt werden könnten? Su arez erachtete darauf in der rev. mon.: „Die bestimmte Fassung des Gesetzes schließt Beides aus. Unter dem Vorwand eines Rechnungsfehlers kann der dechargirte unv quittirte Rendant allzu leicht in große Weitläustigkeiten verwickelt werden. Noch mehr Raum erhält die Chikane, wenn angeblich ausgelassene Posten noch sollten nachgetragen werden können. Der Rechnungsnehmer, dem alle erflnnliche Zeit gelassen wird, die Rechnung vor der Abnahme zu prüfen; der nach geschehener Abnahme darüber quittirl, und nun noch io Jahre verstreichen läßt, ohn? den angeblichen Verstoß zu rügen, verstrt offenbar in supina negligentia und kann auf den Schutz der Gesetze, zur Ab­ lehnung seines so gröblich verschuldeten Irrthums, keinen Anspruch machen. Da auch für den casum doli in dem § 150 (151) gesorgt ist, so fällt alle scheinbare Unbilligkeit hinweg." Es wurde jedoch concludtrt: „öffenbare errores calculi im Lateriren oder Summiren werden ausgenommen" (Jahrb. Bd. LII, S. 19). Nun läßt sich von dem unrichtigen Ansätze nicht sagen, weder daß er ein im Lateriren oder Summiren (Zusammenrechnen oder Abziehen) liegender Fehler sei, da er vielmehr einen Gegensatz dazu macht, noch daß er „offenbar" sei, denn ob die 20 in die Thaler- oder in die Groschen-Kolonne gehört, muß erst anderswoher vernommen werden.

24) Sollte „dessen" heißen. 25) Hinsichtlich der Erben verbleibt es in allen Fällen ohne Unterschied bei der zehnjährigen Verjährung. Vergl. o. die Anm. 22.

26) Dieser terminus a quo ist auS dem G. R. beibehalten. L. 13 §1 D. de divers, temporal. (XLIV, 3). Dort ist zwar nur von „rationes subscriptae et expunctae“ Rede, welches auch auf jede einzelne abgenommene rind quittirte Rechnung bezogen werden kann; die Praris hat jedoch angenommen, daß die Verjährung erst vom Schluffe der ganzen Geschäftsführung, also von der Quittirung der letzten Schlußrechnung zu lausen anfange. Ist der Geschäfts­ herr ein Minderjähriger, so versieht sich dies von selbst; bei Großjährigen ist die Nothwendigkeit davon nicht so einleuchtend. 27) Die Ausnahme paßt nicht auf den Fall, wenn der Geschästsherr ein

251

Von Verwaltung fremder Sachen.

$. 154.

Ist eine gehörig gelegte Rechnung durch schuldbare

Verzögerung des Principals innerhalb Fünf Siafjre28 * *)*29*nicht *30 ab-

$. 155.

Es finden also gegen eine solche Rechnung, nach

Ablauf der fünfjährigen Frist von dem Tage der geschehenen Ein­

reichung, nur diejenigen Ausstellungen statt, die auch gegen eine

quittirte Rechnung zulässig sind. 8- 156.

(88. 146, 148.)

Nach andern Zehn Jahren vom Ablaufe der 8- 154

bestimmten Frist, findet auch bei einer solchen Rechnung die Vor­

schrift 88- 150, 151 Anwendung. 8- 157. Hat der Principal dem Verwalter die Rechnungs-

legung erlassen, so kann er gegen die Verwaltung desselben nur solche Ausstellungen, die auf einen begangenen Betrug hinauSlaufen, anbringen3 °).

Minderjähriger ist, dem über die vormundschaftliche Vermögensverwaltung Rechenschaft abgelegt werden soll, welches erst nach erlangter Großjährigkeit möglich ist. Zu der Zeit können die Unrichtigkeiten eines großen Theils der Specialrcchnungen bereits verjährt sein, bevor er zur Durchsicht gelangt. Vergl. die vor. Anm. 28) DaS Ob.-Tr. nimmt diesen Zeitraum für eine Verjährung durch Nicht­ gebrauch, gleichwie den im §. 158, nach drn Pr. 617, vom 25. Februar 1837: „Um die fünfjährige Verjährungsfrist nugrn Nichtabnahme einer gelegten Rech­ nung zur Anwendung zu bringen, muß die Rechnung mit Belägen versehen ge­ wesen seht." Man s. jedoch u. die Anm. 32 zu §. 158.

29) Die Rechnung wird für quittirt „erachtet", d. h. fingirt, angenommen, mag es mit der historischen Wahrheit zusammentreffen, oder'nicht. Der Fall steht gleich der Erlöschung der Servituten durch stillschweigende Einwilligung, §. 43^ Tit. 22, u. dem Erlaß des Lehnsfehlers im §. 630 Tit. 18. Ist die Rechnung vom Rechnungsnehmer monirt worden, so findet in Betreff aller ohne Erinnerung gelassenen Posten die Verjährung von fünf Jahren, vom Tage der gelegten Rechnung an, beziehungsweise der Grundsatz Anwendung: daß sie für quittirt gelten. Pr. deS Ob.-Tr. 1557, v. 22. März 1845 (Entsch. Bd. XI, S. 290). Diese Vorschrift findet nicht bloß auf Privatverwalter, sondern auch auf die Verwaltung öffentlicher Kaffen und Anstalten Anwendung. Pr. des Ob.-Tr. 676, v. 17. Mai 1839. — Auch auf die Rechnungen der Rendanten und Ver­ walter des Vermögens von Korporationen findet die Vorschrift Anwendung. Pr. 1560a, v. 22. Sllärz 1845. Vergl. Entsch. Bd. XI, S. 295. Ein Rechnungsleger, der sich auf die Vorschrift dieses §. berufen kann, ent­ sagt dadurch, daß er im Wege der Klage gegen den Rechnungsnehmer auf ge­ richtliche Abnahme der Rechnung und Ertheilung der Decharge anträgt, noch nicht dem Rechte, welches ihm feite Vorschrift ertheilt. Er kann daher, wenn ihm spater im Laufe des gerichtlichen Verfahrens, von dem Rechnungsnehmer Erinnerungen gegen die gelegte Rechnung gezogen werden, Die er in Gemäßheit jener Vorschrift nicht anerkennen zu dürfen glaubt, sich, der Klage ungeachtet, auf jene Vorschrift noch berufen. Pr. des Ob.-Tr. 1560b v. 22 März 1845.

30) Dieses Anbringen unterliegt keiner kurzen Verjährung.

Rechnung

""M"'

genommen, so wird dieselbe für quittirt geachtet28).

§. 151.

252

Erster Theil.

§. 158.

Vierzehnter Titel.

Einer ausdrücklichen

Erlassung

ist

es

gleich

zu

achten, wenn der Principal dem Verwalter eine Rechnung abzu­

fordern^) durch Fünf Jahre3 2) vernachlässigt hat. 8- 159.

Doch erstreckt sich eine solche stillschweigende Er­

lassung immer nur auf die einzelnen Jahresrechnungen, bei welchen

31) Gerichtlich oder außergerichtlich.

Folg. Sinnt. 32 lit. b.

32) Das Ob. - Tr. sagt in seinem Pr. 606, v. 5. Februar 1839: a) Die Anfjährige Frist, binnen welcher von einem Verwalter Rechnungslegung zu for­ dern ist, widrigenfalls dieselbe für erlaffen erachtet werden soll, ist als eine Art der Verjährung durch Nichtgebrauch anzusehcn. b) Diese Art der Verjährung durch Nichtgebrauch wird auch durch außergerichtliches Abfordern der Rechnung unterbrochen. (Entsch. Bd. IV, S. 341.) Allein der Frist fehlen die Merkmale der Verjährung. Wenn auch das Ob.-Tr. daS Vorhandensein aller Merkmale einer wirklichen Verjährung behauptet, so fehlt doch der Beweis. „Das wesent­ liche Merkmal der Verjährung durch Nichtgebrauch, wird gesagt, besteht darin, daß durch dieselbe ein bestimmter Verpflichteter, einem bestimmten Berechtigten gegenüber, von einem Dulden, Geben, oder Leisten dergestalt befreit wird, daß der bisherige Berechtigte die Befugniß, sein Recht gegen den Verpflichteten ge­ richtlich zu verfolgen, verliert, oder vielmehr dem bisherigen Verpflichteten die Einrede gestattet wird, wie die Verpflichtung inzwischen aufgehoben worden, diese Einrede aber nur beseitigt werden kaun, wenn der Berechtigte den vollständigen Beweis führt, daß nicht nur die Verbindlichkeit fortdauert, sondern auch der Verpflichtete unredlicher Weise und gegen besseres Wissen von der noch fort­ dauernden Verbindlichkeit sich der Erfüllung derselben entziehen wolle." Kurz: daS wesentliche Merkmal der Verjährung besteht in deren Wirkung. Diese Wirkung ist die Einrede: „daß die Verbindlichkeit inzwischen aufgehoben wor­ den." Gegen diese Einrede ist die exceptio doli (in besonderer Gestalt) zu­ lässig. Von Allem ist hier nur der Berechtigte, der Verpflichtete und eine bestimmte Verpflichtung vorhanden. Aber die Erception und die Replik fehlen. Die Erception — die Vermuthung der Tilgung — soll, so meint daS Ob.-Tr. — vorhanden sein, das Gesetz habe aber nur diejenige Art der Aufhebung, deren Vorhandensein vermuthet werden solle, nämlich Erlaß, speciell genannt. Von einer Vermuthung enthält das Gesetz nicht das Mindeste, int Gegentheil, eS sagt ausdrücklich: das Stillschweigen „ist einer ausdrücklichen Erlassung gleichzu­ achten", wie eS im §. 154 heißt: „wird — für quittirt geachtet", d h. eS wird dafür angenommen, es wird fingirt. Von der Replik' ist gar keine Rede und kann auch bei einer Fiktion nicht Rede sein. Ferner: Die Verjährung durch Nichtgebrauch wird durch außergerichtliche Aufforderung nicht unterbrochen. Hier genügt eine solche. Anm. 31. Warum? Weil die Willenserklärung, welche sonst singirt werden würde, bei stattgefundener entgegengesetzter Willenserklärung nicht singirt werden kann, denn eS ist eine wirkliche Willenserklärung thatsächlich vorhanden. Das Ob.-Tr. erklärt eS anders: Die außergerichtliche Aufforderung soll hier deshalb genügen, weil die Verpflichtung zur Rechnungslegung dem Ver­ walter schon durch das Gesetz auferlegt sei. Ist daS hinsichtlich der Wieder­ bezahlung eines Darlehns oder der Erfüllung jeder andern Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht der Fall? Und doch unterbricht hier die außergerichtliche Aufforderung die Verjährung nicht. Hiernach sind die in den §§. 154 u. 158 bestimmten Fristen keine eigentliche Verjährung; sie sind Erklärungsfristen, nach deren Verlauf eine bestimmte Erklärung (Erlaß) singirt wird. Das Gesetz vermeidet auch weislich den Ausdruck Verjährung und Verjährungsfrist. Zu vergl. §. 159.

Von Verwaltung fremder Sachen.

253

der Fünfjährige Zeitraum, von dem Tage an, wo sie hätten ge­

legt werden sollen, verlaufen ist3 3).

8- 160.

Nach erhaltener Quittung muß der Verwalter dem Ausantwor-

Principale alle Bücher und Schriften, welche mit der Administration Rechnung«, in Verbindung stehen, ausantworten.

Sch'rifttn?

§• 161. Dagegen kann der Principal sich nicht entbrechen, diese Bücher und Schriften dem gewesenen Verwalter auf jedes­

maliges Verlangen, jedoch nur innerhalb der §. 150 bestimmten

zehnjährigen Frist, vorzulegen3«). §. 162. anerkennen,

Einnahme - Reste darf der Principal nur so weit

als der Verwalter Kredit zu geben berechtigt ge­

wesen ist33).34 35

8- 163.

Alle andere dergleichen Reste muß der Verwalter

aus eigenen Mitteln entrichten, und sich dagegen an die Restanten halten36).

33) „Die fünfjährige Verjährung bei vernachlässigter Abforderung von Ver­ waltungs-Rechnungen setzt einen Anspruch voraus, welcher gegen die Rechnung des Verwalters in Einnahme oder Ausgabe, falls sie wirklich gelegt worden, zu machen gewesen wäre." Pr. des Ob.-Tr. 2169, v. 31. December 1849 (Entsch. Bd. XIX, S. 192). Damit soll der richtige Rechtssatz ausgedrückt werden, daß der vom Gesetz angenommene (fingirte) Erlaß der Rechnungslegung nicht auf die Entschädigungsforderungen wegen nachlässiger Verwaltung, z. B. wegen unter­ lassener Abwendung eines drohenden Schadens (§. 110), wegen eigenmächtiger Abweichung von der bisherigen Betriebsart (§. 111, 112), wegen Vernachlässigung der ihm anvertrautcn Güter (§. 116), wegen Benutzung der baaren Bestärke

(§§. 118, 119) anzuwenden ist. — Entsprechender drückt wesentlich denselben Rechtssatz aus das Pr. 2191, II, v. 11. Februar 1850: „Der im Falle fünf­ jähriger Vernachlässigung der Abforderung einer Verwaltungsrechnung anzu­ nehmende Erlaß der Rechnungslegung befreit den Verwalter nicht von der Aus­ antwortung der erweislich durch die Verwaltung in seine Hände gelangten Vermögensstücke des Prinzipals, z. B. von der Herausgabe nachweislich er­ hobener Nutzungen." Hier ist weislich der Ausdruck „Verjährung" vermieden, welcher nicht ohne Antheil ist an dem Irrthum, daß alle Ausstellungen gegen den ganzen Umfang der Verwaltung in 5 Jahren verjähren (Entsch. Bd. XIX, S 195), der bei der Auffassung der Bestimmung als Fiktion eines Erlasses der Rechnung nicht Vorkommen kann, da man die Rechnung erlassen aber doch viel zu fordern haben kann. Auf einen einzelnen Vollmachtsauftrag finden die Vorschriften der §§. 157 bis 159 nicht Anwendung. Pr. 1892, o. in der Anm. zu §. 61 Tit. 13.

34) Wenn er alsdann noch im Besitze derselben ist. zur Aufbewahrung hat er nicht.

Die Verbindlichkeit

35) Vergl. §§. 127, 128 d. T.

36) Dergleichen Reste werden , sobald der Prinzipal erklärt, daß er sie nicht übernehmen wolle, die eigenen Forderungen des Verwalters, und der Ver­ walter ist Selbstschnldner des Prinzipals. Der Prinzipal aber ist gehalten, ihm, zur Legitimation, eine entsprechende Erklärung (Cession) zu geben, sonst würde der Verwalter nicht zur Klage zugelaffcn werden. Will der Prinzipal die Rest-

254 Kaution.

Erster Theil.

§. 164.

Vierzehnter Titel.

Hat der Verwalter Kaution bestellt, so hastet die­

selbe bis nach völlig abgenommener und quittirter Rechnung37).38 39 40 Zurückbehaltungerecht.

§. 165. Der Verwalter hat das Zurückbehaltungsrecht auf ^^rwaltete Sache nur wegen der darin verwendeten Vorschüsse und Kosten, ingleichen wegen seiner vorbedungenen und nicht er­

toaUu^gm ohn« Atif.

ras"

haltenen Besoldung3«). (Tit. 20, Abschn. 2.) §• *66. Wer ohne Auftrag des Eigenthümers sich der VcrWallung fremder Sachen anmaßt, der ist nicht nach den Vorschriften des gegenwärtigen, sondern deS Zweiten Abschnitts im

vorhergehenden Dreizehnten Titel, zu beurtheilen. §. 167.

Ebenso ist der von dem Eigenthümer wirklich bestellte

Verwalter, so weit er die durch den Auftrag des Principals, und durch die Vorschriften deS gegenwärtigen Abschnitts ihm vorge­

schriebenen Gränzen überschreitet, nur für einen solchen, der sich tang$atn.b'

tor-n.

fremder Geschäfte ohne Auftrag angemaßt hat, anzusehen. 8 168. Die besondern Bestimmungen wegen der Handlungsfaktoren, als Verwalter fremder Sachen und Geschäfte, sind

im Kanfmannsrechte enthalten. walning'öf.

»uff.» und Anstalten.

§• >69.

(Th. II, Tit. 8, Abschn. 7)3 9).

Auch die Verhältnisse derjenigen, welche die Güter

FiskuS, öffentlicher Corporatiönen, Communen, Kirchen und

Stiftungen zu verwalten haben, sind gehörigen Orts bestimmt. (Th. II, Tit. 6, 11, 14.)"). §. 170. Wenn Personen oder Collegia, denen die Verwal­ tung eines ganzen Inbegriffs von Rechten oder Gütern deS Fis­

kus, oder einer öffentlichen Corporation zukommt, die Besorgung

forderungen dem Verwalter nicht überlassen, so kann er sich wegen derselben an ihn nicht halten.

37) Ist der Verwalter ausgeschieden, ohne daß ihm eine förmliche Rechnung abgenommen worden ist, und der gewesene Prinzipal will die Kaution nicht her­ ausgeben, aber auch nicht mit Ansprüchen hervortreten; so muß Jener diesen ad agendum provociren, um die Sache zum Austrage zu bringen. 38) Wegen anderer Forderungen aus der Verwaltung, z B. Entschädigung, zu welcher der Prinzipal gehalten sein könnte, oder wegen nicht verabredeter Vergeltung steht das Zurückbehaltungsrecht auf die verwaltete Sache nicht zu; ein Gutsverwalter muß daher unbedingt abgehen, wenn er sein Gehalt, seine Vor­ schüsse und Kosten erhält. Wohl aber wird er wegen seiner Entschädigungs­ forderungen an andern Gegenständen, z. B. Papieren, Rechnungen, Büchern, Kassenbeständen — so weit diese zu seiner Deckung erforderlich sind — Vas Re­ tentionsrecht ausüben können.

39) 8§. 497-545.

40) Soweit dort nicht besondere Bestimmungen getroffen find, kommen die allgemeinen dieses Abschnitts zur Anwendung. Ä. s. z. B. Anm. 29 Alinea 3.

255

Von Verwaltung fremder Sachen.

gewisser dahin einschlagender Geschäfte einem Andern als ein be­ ständiges Amt übertragen, so wird derselbe dem Fiskus oder der

Corporation unmittelbar, eben so, wie der Hauptadministrator, verpflichtet.

§. 171.

Dagegen findet zwischen dem Fiskus oder der Cor­

poration, und demjenigen, welcher bloß zur Besorgung eines ein­ zelnen Geschäfts derselben bestellt worden, nur eben das Verhält­

niß, wie zwischen einem Privatmachtgeber und Bevollmächtigten oder Verwalter, statt. §. 172 Weder i>er

können

gegen

Fiskus, noch

solche Handlungen

andere

Corporationen, MnqÄs

ihrer Bevollmächtigten undA"erC°r.

Verwalter, welche dieselben, vermöge ihres Amts oder Auftrags, und innerhalb der Gränzen desselben vorgenommen haben, die t“« uX1* Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fordern. ihrcr"Ä°ml. §. 173. Auch wird durch die Nachlässigkeit der Bevollmäch- niflr(ltl)rcn-

tigten oder Verwalter deS FiskuS, oder anderer mit ihm gleich

privilegirter Corporationen, der Ablauf der Verjährung so wenig

gehindert, als deren rechtliche Wirkung aufgehoben4'). 88. 629 sqq.)

§. 174.

(Tit. 9,

Nur bei Prozessen kommt diesen moralischen Per­

sonen, wenn die Bevollmächtigten oder Verwalter derselben die gesetzmäßigen oder die von dem Richter bestimmten Fristen verab­ säumen, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb

Vier Jahren zu statten41 42).

41) Diese Bestimmung bezieht sich ausdrücklich nur auf die Verjährung, welche die Verwalter in Beziehung auf Dritte haben ablaufen lassen. Aber die Restitution ist auch gegen die Verwalter selbst, wenn gegen diese die Abforderung der Rechenschaft oder der Monirung der Rechnung versäumt worden ist, auf­ gehoben; denn diese Versäumung würde wieder die Nachlässigkeit anderer Ver­ treter fei«. §. 177. Vergl. Entsch. des Ob.-Tr. Bd. XI, S. 295. 42) Auch diese Restitution ist durch die Deklaration vom 6. April 1839, Art. 13 (G. S. S. 131) gemindert. Denn es ist dadurch aufgehoben die Re­ stitution gegen Verabsänmung des Fatale zur Einlegung der Appellation, der Revision, des Rekurses und der Nichtigkeitsbeschwerde;' dagegen ist hinsichtlich der Restitutionsklage wegen anderer gesetzmäßiger oder vom Richter bestimmter Fristen bei Prozessen, der §. 174 d. T. bestehen geblieben, und auch sonst in den Vorschriften der §§. 12—16 Tit. 16 der Pr. O. über die restitutio in integrum ex capite minorennitatis nichts geändert. Pr. des Ob.-Tr. 2138, v. 28. August 1848. — Auch die Restitutionsklage ex capite minorennitatis gegen einen, durch Versäumung des in den §§. 69 ff. Titel 14 der Pr. O. gewährten Re­ stitutions-Gesuches rechtskräftig gewordenen, Kontumacial-Bescheid ist dadurch nicht aufgehoben. Pl.-Befehl. (Pr. 2290) des Ob.-Tr. vom 19. Mai 1851 (Entsch. Bd. XXI. S. 407). — Die in dem Art. 13 der Dekl. vom 6. April 1839 ausgesprochene Aufhebung der Restitution ex capite minorennitatis be-

Erster Theil.

256

Vierzehnter Titel.

§. 175.. Dieser vierjährige Zeitraum wird von dem Tage an gerechnet, wo die verabsäumte Frist zu Ende gegangen ist.

§. 176.

Die Wirkungen dieser Wiedereinsetzung in den vo­

rigen Stand, und das dabei zu beobachtende Verfahren, sind in der Prozeßordnung") vorgeschrieben. H. 177. Vorstehende Verordnungen (§§. 174, 175, 176) finden auch alsdann Anwendung, wenn außer Prozessen, die Ge­

setze die Befugniß zur Ausübung

eines gewissen Rechts, oder

Entgegensetzung eines Einwands,

an eine kürzere als

die ge-

wöhliche Verjährungsfrist") gebunden, und dabei wegen dieser

moralischen Personen keine besondere Ausnahme gemacht haben.

schränkt sich aber nicht bloß auf die durch Verabsaumung der Einlegungsfrist der Rechtsmittel erlittene Läsion, sondern erstreckt sich auch auf die, durch versäumte Einführung und Rechtfertigung der Rechtsmittel erwachsenen Rechtsnachtheile. Pr. des Ob-Tr. 2224, vom 19. Juli 1850. Eine Nichtigkeitsbeschwerde des Fiskus wurde zurückgewiesen, weil der Stell­ vertreter nicht mit einer, nach den gesetzlichen Vorschriften vollzogenen Vollmacht versehen war. Hiergegen wurde eine restitutio in integrum nachgesucht. Diese wies das Ob.-Tr., durch Erkenntniß vom 13. April 1839 aus dem triftigen Grunde zurück, daß die Restitution deshalb, weil das Ob.-Tr. vermeintlich nicht richtig erkannt habe, nicht stattfinde, vielmehr nur dazu bestimmt sei, Nachtheile zu beseitigen, welche handlungsunfähige Personen durch gewisse Versäumnisse ihrer Vertreter erleiden würden. Pr. vom 13. April 1839 (Entsch. Bd. V, S. 180).

43) Tit. 16 §§. 14 ff. 44) Die Fassung dieser Bestimmung läßt es unklar: ob nur eigentliche Ver­ jährungsfristen oder auch andere Zeitbestimmungen zur Ausübung oder Erhaltung gewisser Rechte und Befugnisse gemeint sind. Der gedruckte Entwurf gab im K. 111 d. T. die Restitution bei jeder mindern als der 40 (44) jährigen Präskriptions- Frist, und der §. 112 bestimmte den Anfangspunkt der RestitutionsFrist. Dazu erachtete Suarez bei der rev. mon. Folgendes: „Diese §§. be­ dürfen einer Berichtigung, wenn sie mit der Lehre von der Präskription harmoniren sollen. Dort ist angenommen, daß contra fiscum und die mit ihm gleiche Rechte haben, sowol praescriptio acquisitiva als extinctiva erst in 40 Jahren vollendet werde, daß aber dagegen auch, wenn diese Frist absolvirt ist, keine restitutio in integrum anders, als aus eben den Gründen stattfinde, aus welchen auch ein jeder privatus contra praescriptionem completam restituirt werden muß. Hier also kann nur von besondern Fällen die Rede sein, wo die Gesetze besondere praescriptiones etablirt haben. Dies kommt haupt­ sächlich bei Prozessen vor, wo Fristen, fatalia oder remedia ordinaria verab­ säumt worden. Es giebt aber freilich auch andere Fälle, z. B. die Befugniß, Gewährsmängel zu rügen, selbst das Recht, gegen eine schon quittirte Rechnung, errores calculi zu moniren. Mit einem Worte, es ist nur von solchen Fällen die Rede, wo nicht praescriptio ordinaria, sondern eine kürzere gewöhnliche Präskription stattsindet. Hiernach wird die Fassung zu berichtigen sein." (Ges.-R. Pens. XIV, S. 15.) Hieraus erhellet, daß „Fristen, fatalia in Prozessen, die Frist, Gewährsmängel anzufechten, und die Frist zur Monirung von errores calculi", für besondere praescriptiones gehalten werden, und daß kein Unter­ schied gemacht wird. Dies entspricht auch der landrechtlichen Verjährungs-Theorie, welche kein wesentliches Unterscheidungszeichen zwischen der eigentlichen Verjährung

257

Von Kautionen und Bürgschaften.

Dritter Abschnitt. Von Cautionen und Bürgschaften. $. 178.

Durch Kaution kann sich Jemand der künftigen

Erfüllung der Verbindlichkeit >) eines Andern versichern, oder die Besorgniß künftiger Beeinträchtigungen in seinem gegenwärtigen Eigenthume und Besitzes abwenden. §. 179. Die Befugniß, Kaution zu fordern, kann Jemand und andern Präklusivfristen, mit Einschluß der Prozeßfristen, kennt, vollkommen und cs ist ein ganz vergebliches Bemühen, ein solches festzustellen. Anm. 1 zu §. 500 Tit. 9. 'Das praktische Bedürfniß der fraglichen Unterscheidung ist jedoch nicht abzuweiscn, nur fehlt dem Geschäft der Sonderung die nothwendige sichere Grundlage. Bergt, o. die 91 um. 32 zu §. 158 d. T. Unser §. 177 wird von dem Ob.-Tr. auf die eigentliche Verjährung beschränkt, nach dem Pr. 884, v. 3. Juli 1840: ,,a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb vier Jahren, welche dem FiskuS und den mit ihm gleichprivilegirteu Korporationen gestattet ist, wenn außer Prozessen die Gesetze die Befugniß zur Ausübung eines gewissen Rechts oder Entgegensetzung eines Einwandes an eine kürzere als die gewöhn­ liche Verjährungsfrist gebunden haben, findet nur bei Versäumung wirklicher Verjährungsfristen Anwendung, b) Sie gilt daher namentlich nicht bei Ver­ säumung der gesetzlichen Fristen zur Erklärung über die Ausübung eines Vorkaufs­ rechts. c) Die zur Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts bei Grund­ stücken und Gerechtigkeiten bestimmte zweimonatliche Frist läuft, auch wenn Fiskus der Vorkaufsberechtigte ist, von dem Tage an, wo die Bekanntmachung des ge­ schehenen Kaufs und der Bedingungen desselben der betreffenden fiskalischen Station zugestellt ist." (Entsch. Bd. VI, S. 385.) Auch ist angenommen, daß gegen die kürzeren Verjährungsfristen, welche das Gesetz vom 31. März 1838 eingeführt hat, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ans §. 177 nicht gesucht werden kann. Pr. des Ob.-Tr'. 2387, v. 8. Juli 1852 (Entsch. Bd. XXIII, S. 104). Vergl. o. Anm. zu §. 531 Tit. 9. Dem Fiskus, oder den mit ihm gleichprivilegirteu Korporationen kommt die aus dem §. 177 herzuleitende vierjährige Restitution nur dann zu Statten, wenn sie sich auf diese Rechtswohlthat berufen haben; von Amts wegen ist sie ihnen nicht zu gewähren. Pr. des Ob.-Tr. 1791, vom 22. October 1846. — Die Berufung kann in beiden Prozeßformen — der Klage wie der Einrede — geschehen.

1) Durch die Handlung der Kautionsbeftellung wird das Forderungsrecht, welches gesichert werden soll, selbst noch nicht begründet; die persönliche Ver­ bindlichkeit muß von der Person, welche Schuldner sein sott, durch eine besondere Erklärung entweder schon übernommen worden sein, oder doch, wenn auch in der­ selben Urkunde übernommen werden. So ist z. B. bei nothwendigen Licitationen zur Begründung des Widerspruchs gegen den Zuschlag die bloße Deposition des zehnten Theils des Gebots als Kaution nicht genügend, der Widersprechende muß auch erklären, daß er für das Gebot, allen Nachtheil und die Kosten haften wolle. Pr. des Ob. Tr. 1486, v. 9. October 1844 (Entsch. Bd. X, S. 486). 2) Es muß nicht gerade die Beschädigung einer bestimmten körperlichen Sache sein, gegen welche die Kaution sichern soll, auch für eine Verminderung des Vermögens überhaupt, welche aus einem bestimmten Rechtsverhältnisse oder Rechtsgeschäfte unter gewissen Umständen folgen könnte, kann Garantie Über­ nommen werden. Vergl. o. die Anm. 13 zu §. 151 Tit. 13. Koch, Allgemeines Landrecht.

II.

17

Erster Theil.

258

Vierzehnter Titel.

durch Willenserklärungen, oder auch unmittelbar aus dem Gesetze Gesetzliche Cautionen.

erlangen. §. 180.

Die

Fälle,

wo Jemand

vermöge des

Gesetzes

Kaution zu fordern berechtigt ist, sind bei Bestimmung der Rechte

selbst, welche dadurch versichert werden

sollen,

in

diesem Land

rechte^), und in der Prozeßordnung«) festgesetzt s). §. 181. Wer nur gegen Kaution zur Ueberlieferung einer

Sache schuldig ist, kann diese Sache so lange, bis die Kaution berichtigt worden, zurückhalten, ohne daß ihm die rechtlichen Fol­

gen des Verzugs zur Last fallen. §. 182. Hat er die Sache vor bestellter Kaution abgeliefert, so folgt daraus noch keine Entsagung des Rechts, die Kaution

nachzufordern63).74 5 8- 183. Wen das Gesetz zur Cautionsforderung berechtigt, der ist nicht schuldig, sich mit einem bloßen Angelöbniffe deS An­

dern zu begnügen.

§. 184.

Kaution durch den Eid findet nur alsdann statt,

wenn sie auf andere Art nicht bestellt werden kann'). 3) Th. I, Tit. 4 §. 121 ff.; Tit 5 §. 272,423,449; Tit. 7 §§. 152,153; Tit. 9 §.491; Tit. 11 §§. 223, 501, 759, 760; Tit. 12 §§. 422, 472 (§. 290, 291 ist em Titel »um Pfandrecht); Tit. 14 §. 448; Tit. 16 §. 312; Tit. 17 §§. 149, 303; Tit. 18 §§. 300 , 577; Tit. 20 §§. 126 , 556, 621; Tit. 21 §§. 20, 103,109, 140; Th. II, Tit. 1 §§. 162, 266, 802, 803; Tit. 2 §§. 174, 179,180, 181, 187 u. Anh. 88: Tit. 7 §. 487; Tit. 8 §. 1895, 2286, 2287; Tit. 18 §§. 206, 424, 483, 484, 487; A. D. Wechs O. Art. 25, 73, 98 Nr. 4. 4) Tit. 3 §. 26 ff ; Tit. 14 §.7; Tit. 18. §. 5; Tit. 19, §. 13; Tit. 20 §. 20; Tit. 21 §. 1 ; Tit. 24 §. 146 a. E.; Tit. 28 §. 10; Tit. 29 §. 31 ff.; Tit. 50 §. 407; B. y. 14. December 1833 §. 10. 5) Das Recht, Sicherheitsbestellung zu fordern, ist weder ein Titel zu einem Unterpfandsrechte, noch ein stillschweigendes Pfandrecht, sondern ein Forderungsrecht, welches durch Klage, wie jede andere Forderung, geltend gemacht werden muß, wobei auch die Mittel, wodurch Sicherbeit bestellt werden soll, und die Höhe der Kaution von dem Richter nach den Grundsätzen §§. 183 ff. bestimmt werden müssen. §. 187. Wird in Folge dessen durch Unterpfand (Eintragung oder Hinter­ legung einer beweglichen Sache) die Sicherheitsbestellung ausgeführt, so ist nun­ mehr dadurch ein dingliches Recht dem Gläubiger erworben. Vgl. §. 4 Tit. 20. 6) Die Verbindlichkeit muß in der Art bestehen, daß der Geber gegen Ueberlieferung der Sache Sicherstellung zu fordern berechtigt war. Stand es ihm bloß frei, bei Einräumung des Rechts Kautionsbestellung auszubedingen und hatte er es unterlassen; so kann er hinterher solche nicht mehr fordern; es sei denn aus besondern selbstständigen Gründen. Tit. 4 §§. 121 ff.; Tit. 21 §§. 19, 20. 7) Dergl. Fälle s. m. Pr.-O. Tit. 24 §. 146 a. E.; Tit. 21 §. 11; Tit. 48 §. 14. Daß diese Art der Kautionsbestellung auf diese Fälle zu beschränken sei, ist nach der deutlichen Fassung dieses §. 184, welcher einen Grundsatz feststellt, mit gültigen Gründen nicht zu behaupten, was auch der §. 194 außer Zweifel setzt. — Durch diese Art der Sicherheitsbestellung leistet der Kautionsbesteller nur das Erschwingliche, woraus folgt, daß der Gläubiger, bei einget^etencr Ver­ besserung der Umstände des Schuldners, das Fehlende nachfordern, d. h. gegen Erlaß des Kautionseides Realkaution zu fordern berechtigt ist.

Von Kautionen und Bürgschaften. §. 185.

259

In welchen Fällen, statt des CautionSeideS, mit

persönlichem Verhafte dessen, der die Sicherheit bestellen soll, ver­ fahren werden könne, ist in den Gesetzen«) ausdrücklich bestimmt.

8- 186.

In der Regel muß die gesetzliche Caution von dem

dazu Verpflichteten durch Bürgen oder Pfänder8 9)10bestellt 11 werden.

8

187.

Die Art und Höhe einer solchen Caution ist nach

Verhältniß der Wichtigkeit deS zu versichernden Rechts, oder deS

von

dem Andern zu besorgenden Schadens,

durch richterliches

Ermessen9') zu bestimmen.

8. 188.

Der, welcher eine solche Caution zu fordern hat,

ist, wenn sie durch Verpfändung bestellt werden soll, dieselbe nur

in so weit für hinreichend anzunehmen schuldig, als sie bei Land­

gütern'9) innerhalb der ersten Zweidrittel, bei städtischen Grund­ stücken aber

innerhalb der ersten

Hälfte deS Werths

versichert

werden kann1 *).

8) Proz.-O. Tit. 27 §. 45; Tit. 29 §. 32. — Der Titel 24 kennt die persönliche Hast nur als Zwangsmittel. 9) Ausländer muffen cautio pro expensis durch Niederleguna baarer Gelder, inländischer (sicherer) Schuldinstrumente, oder durch Bürgen oder Pfänder bestellen. Proz.-O. Tit. 21 §. 13. Die Folgeordnung, in welcher das Gesetz die Kautions­ mittel nennt, bestimmt das Recht des Gläubigers; der Schuldner hat nicht die Auswahl, der Richter kann jedoch auf die Umstände Rücksicht nehmen. §. 187. Vergl. §. 198 d. T. u. Tit. 20 §. 4. 9a) Wenn nicht der im §. 247 d. T. vorgesehene Fall vorhanden ist. 10) Darunter werden hier nicht unbewegliche Güter, die außerhalb eines Stadtbezirks liegen, auch nicht Landgüter im eigentlichen Sinne (Inbegriffe von beweglichen und unbeweglichen Sachen zum Zwecke des Ackerbaues und der Vieh­ zucht) verstanden, vielmehr jedes selbstständige Acker-, Wiesen-, oder Garten­ grundstück, dessen Hauptnutzung in Hervorbringung von Naturerzeugniffen besteht, im Gegensatze von Gebäuden. Wo dergleichen Grundstücke liegen, ob in einer Stadt oder auf dem platten Lande, ist in dieser Beziehung unerheblich. Eine s. g. Ackerbürger-Wirthschaft, ein selbstständiger Garten, eine ebensolche Wiese in einem Stadtbezirke, sind in dem hier gemeinten Sinne Landgüter. Ebenso sind Gebäude in einem Dorfe ohne Ackerbesitz, z. B. Krüge (Wirths- oder Gasthäuser), Häuslcrstcllen, Fabrikgebäude, im Sinne des §. 188 städtische Grundstücke. Zusammengesetzte Besitzungen sind nach der Hauptnutzung zu klassificiren. Ein Haus in einer Stadt mit einem dazu gehörigen Garten, eine Mühle (Fabrik) auf dem Lande mit einem kleinen Acker- oder Wiescnflcck, bei welchen eben die Gebäulichkeiten den überwiegenden Nutzen gewähren, folglich auch überwiegend den Werth des Besitzthums bestimmen, gelten für städtische Grundstücke. 'Zn diesem Sinne scheint sich auch ein (in den Erg. zu §. 188 d. T. ab gedruckter) Bescheid des I. M. vom 7. October 1825 im Wesentlichen zu äußern. Auch der I. M. Mühl er hat seine Meinung über den Begriff von Landgütern in einem Bescheide vom 6. Juli 1840 (I. M. Bl. S. 224) ausge­ sprochen, die jedoch unsere Frage eigentlich nicht berührt, sondern nur einer Unter­ scheidung der Ritter- und der Bauergüter, in Hiusicht auf Sicherhcitsbestellung,

entgcgentritt.

11) Daß diese Grundsätze auch bei vertragsmäßiger Verbindlichkeit zur

Erster Theil.

260

§. 189.

thekenbuche

Vierzehnter Titel.

Nur * 2) die mit einer solchen Sicherheit im Hypo­

eingetragenen

Activforderungen

ist der

Cautionsbe-

rechtigte als hinlängliche Versicherung anzunehmen verbunden. I. K. O. v 3. Mai 1821, betr. d ie Annahme von Staatsschuldscheinen als Pupillen- und depositalmäßige Sicherheit. (G. S. S. 46.) Da in Gemäßheit meiner Verordnung-v. 17. Januar 1820 (Gesetzsamml. Nr. 577) für die gejammte Staatsschuld, mithin auch für die bei weitem den größten Theil derselben bildenden Staatöschuldscheine, das gesammte Vermögen und Eigenthum des Staats, insbesondere die sämmtlichen Domainen, Forsten und säkularistrten Güter im ganzen Umfange der Monarchie, bloß mit Ausschluß der, welche für das Kron-Fideikommiß bestimmt sind, zur Sicherheit haften, die regelmäßige Verzinsung derselben aber durch die der Hauptverwaltung der Staatsschulden unter besonderer Verantwort­ lichkeit überwiesenen Revenüen jener Hypothek sicher gestellt ist; so bestimme Ich hiermit, daß zinsbar ausstehende oder unterzubringende Kapitalien der Kirchen, Schulen, milden Stiftungen und aller an­ deren öffentlichen Anstalten — der unter Vormundschaft stehenden Personen, wenn ihre Vormünder oder Kuratoren darauf antragen, sowie endlich der Verlaffenschafts- und Creditmassen, wenn die durch

Kautionsbestcllung gelten, wenn über die Kautionsmittel keine Vereinbarung ge­ troffen worden ist, versteht sich.

12) Keine andere Schuldverschreibungen also ist der Kautionsberechtigte sich genügen zu lassen verpflichtet. Von öffentlichen Geldpapieren haben nur Pfand­ briefe und Rentenbriefe diese Eigenschaften, nicht aber Eisenbahnakticn, Staats­ schuldverschreibungen und städtische oder ständische Obligationen und dergl., be­ sonders wenn cs auf Sicherung für eine lange Zeit ankommt. Der ehemalige Revisions- und Kassationshof zu Berlin hat zwar in einem Rechtsfalle v. I. 1832, durch Entsch. vom 7. Februar 1835, ausgesprochen, daß die in Staatsschuld­ scheinen angebotcuc Kaution als gegenwärtig genügend anzunehmen sei, mit Rücksicht auf den konkreten Fall, wo eine jährliche Rente der einzige Gegenstand der Forderung, die schon durch die Zinsen der Staatsschuldscheine völlig gedeckt, und diese Zinsenzahlung von dem Kurse der Staatsschuldscheine unabhängig, und hiergegen die Möglichkeit, daß der Staat einmal aufhören könnte, Zinsen zu zahlen, nicht in Betracht komme, da theils eine solche Möglichkeit auch jede andere Kaution unzureichend machen, theils im cintretenden Falle auf Verwandlung oder Ergänzung der Kaution angetragen werden könne. (Ulrich Arch. Bd. II, S. 255 ff.) Indeß ist der zweite Grund eine Verletzung des Rechts, welches dem Kautionsberechtigten nach §. 181 d. T. zusteht; der erste Grund aber ist nicht zu­ treffend. Freilich kann die fragliche Möglichkeit auch bei andern Kautionen eintreren, aber dabei ist ja ganz außer Acht gelassen, daß für diesen Fall eben die Rcchtsbülfe eintritt und — dies ist die Hauptsache — daß der Staat ein Schuld­ ner ist, welcher sich der richterlichen Erekution ganz entzieht. Darin liegt der große Unterschied zwischen Privatbürgen und dem Staat. Deshalb kann, ohne ausdrückliches Gesetz, keine Privatperson für schuldig erachtet werden, sich der Sicherhcitsbestellung mit dergleichen öffentlichen unversicherten Schuldpapieren ge­ fallen zu lassen. Eine solche erceptionelle Vorschrift enthält die V. über den Subhastations-Prozeß, vom 4. März 1834 §§. 11, 13, in Beziehung auf noth­ wendige Subhastationen, ohne Zweifel mit Rücksicht auf die kurze Dauer der Kautionsverbindlichkeit.

Von Kautionen und Bürgschaften.

261

den Kurator jedesmal von Amtswegen darüber schriftlich zu be­ fragenden respectiven Erb-Jnteressenlen und Kreditoren es nach der Mehrheit beschließen, zum Ankäufe von Staatsschuldscheinen ver­ wendet werden können. 2. K. O. v. 2 7. Mai 1 838, betr. die Ausdehnung der K. O. v. 3. Mai 1 82 1 auf die konvertirten Pfandbriefe, und die Kur- und Neumärkischen ständischen Obli­ gationen. (G. S S. 280.) Auf Ihren gemeinschaftlichen Bericht v. 10. d. M. bestimme Ich hierdurch nach Ihren Anträgen: 1) Meine Ordre v. 3. Mai 1821 (G. S. S. 46), betreffend die Annahme der Staatsschuldscheine als deposttalmäßige Sicher­ heit, soll auch auf konvertirte Pfandbriefe der landschaftlichen Kreditinstitute, und auf Kur- und Neumärkisch - Ständische Obligationen Anwendung finden; 2) die den General-Depositorien der Gerichte und VormundschaftsKollegien gehörigen Gelder dürfen von ihnen zum Ankauf konvertirter Pfandbriefe verwendet werden; 3. K. O. v. 16. Sept. I 842, betr. die Annah me von Obligationen über vom Staate übernommene pro­ vinzielle Staatsschulden als deposttalmäßige Sicher­ heit. (G. S. S. 249.) Da die, nach der V. v. 17. Jan. 1820 (Eesetzsamml. S. 9) und der Ordre v. 2. Novbr. 1822 (Gesetzsamml. S. 229) vom Staate übernommenen provinziellen Staatsschulden in Betreff der Staatsgarantie sämmtlich den Staatsschuldscheinen gleichgestellt sind, so bestimme Ich auf den Antrag des Staatsministeriums v. 27. v. M., daß die Ordre v. 3 Mai 1821 (Gesetzsamml S. 46), betr. die Annahme der Staatsschuldscheine als deposttalmäßige Sicherdeit, auch auf Obligationen über diese provinziellen Staatsschulden An­ wendung finden soll.

§. 190.

Soll die

Kaution

durch

Einlegung

beweglicher

Pfänder bestellt werden, so ist auf Dreiviertel13) des abgeschätzten

Werths derselben Rücksicht zu nehmen. §. 191.

Soll die Kaution durch Bürgen bestellt werden, so

ist der Berechtigte nur mit solchen Bürgen, die mit Grundstücken14)

angesessen sind, sich einzulaffen verpflichtet.

13) Wenn die Pfandgegenstände nicht mit der Zeit großen Werthveränderungen unterworfen sind, wie z. B. gewisse Produkte, cs sei denn, daß die Dauer nur kurz ist. Zweckmäßiger ist die Specialbcstimmung für Moratorien Tit. 47 8.21. 14) Hier im Lande, versteht sich. Auch der §. 188 setzt Grundstücke vor­ aus , welche der Gewalt des inländischen Richters unterworfen sind. §. 193 b. T. Ucbcrhaupt aber macht der Grundbesitz eine Person als Bürgen nur dann an­ nehmbar, wenn derselbe von verhältnißmäßigem Werthe und auch nicht über­ schuldet ist, wie der §. 192 ergiebt. Aber auch dieser Umstand kann immer noch sehr wenig Sicherheit gewähren. Deshalb genügt die bloße Bürgschaft noch nicht, vielmehr muß der Bürge die übernommene Verbindlichkeit, nach §. 192, auch cintragen lassen, d. h. mit einer Hypothek versichern. Augenscheinlich wird

262

Erster Theil. §. 192.

Vierzehnter Titel.

Die Annehmlichkeit dieser Bürgschaft selbst ist dar­

nach zu beurtheilen, wie sie die von ihnen zu leistende Caution nach der Bestimmung deS §. 188 auf ihre Grundstücke versichern können15). §. 193.

Auch kann

dem Cautionsberechtigten

ein Bürge,

welcher innerhalb der Königlichen Lande nicht belangt, noch zur Zahlung angehalten werden kann16), niemals aufgedrungen werden. 8. 194. Von vorstehenden Regeln (§§. 188—192) ab-

zuweichen, und statt der Realcaution einen

bloßen CautionSeid

anzunehmen, ist dem Richter nur alsdann erlaubt"), wenn keine

Realkaution aufgebracht werden kann, und zwei in gutem Rufe stehende, mit den Umstünden deS Verpflichteten oder deS Bürgen

wohlbekannte Standeögcnoffen, denselben erklären. 8- 195.

für

hinlänglich

sicher

Derjenige, welchem eine gesetzliche Kaution bestellt

worden, kann sich daran, sobalv der Fall eintritt, gegen den er da­

durch gedeckt werden sollte, wegen alles dabei durch den Cautionö-

verpflichteten verursachten Schadens18) halten. 8. 196. Die gesetzliche Caution dauert so lange, alö die Besorgniß >9), daß der Verpflichtete seinen Obliegenheiten nicht

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nachleben werde, nicht gehoben ist20). 8. 197. Auch durch Verträge kann sich Jemand SicherheitS-

Verträgen.

hier mehr geleistet als der Kautionsberechtigte zu fordern hat; es genügt, wenn der Dritte "für die Verbindlichkeit des Verpflichteten bloß Hypothek bestellt, wozu es seiner Verbürgung nicht bedarf. Vergl. Tit. 47 §. 22 der Pr.-O. 15) S. die vor. Anm. a. E. Die hinsichtlich der Versicherung mit städti­ schen Grundstücken abweichende Vorschrift des §. 430 Tit. 18 Th. II ist eine Specialbestimmung für die Vormundschaft, nach 88- 427, 428 cbd. 16) Deshalb müssen seine Grundstücke, womit er für seine Bürgschaft Sicher­ heit bestellt hat, im Jnlande liegen. Anm. 14 zu §. 191 d. T.

17) Wider den Willen des andern Theils nämlich; denn der Richter soll nur entscheiden. Widerspricht der Andere der angebotcnen eidlichen Kaution nicht, so hat der Richter nichts weiter von Amts wegen zu untersuchen. 18) Dazu gehören von selbst auch die Kosten.

19) D. i. der Zu- oder Umstand, bestellung begründet hat.

Vergl. Crim.-O. §. 230.

welcher die Forderung auf Kautions­

20) Die Sicherheit (Pfandrecht, Bürgschaft rc.) erlischt damit nicht ipso jure, vielmehr kann der Kautionsbesteller nur die Aufhebung fordern. Will der Kautionsnehmer das Pfand nicht zurückgeben, den Bürgen nicht durch eine ent­ sprechende Erklärung entlassen; so muß der Kavent auf Löschung der Hypothek, Zurückgabe des Pfandes, beziehungsweise Entlassung deS Bürgen, klagen, und diese Klage auf den Wegfall des Kautionsgrundeö stützen.

Von Kautionen und Bürgschaften.

263

bestellung für seine Sachen oder Rechte durch Bürgen oder Pfänder verschaffen. §. 198.

Sobald die Art der Cautionsbestellung im Gesetze,

durch richterlichen Ausspruch, oder durch Vertrag20") bestimmt ist, können zwar Pfänder statt Bürgen, nicht aber Bürgen statt Pfänder,

wider den Willen deS Berechtigten gegeben werden.

8- 199.

Wie die

Cautionsbestellung durch Pfandverträge

geschehen könne, wird bei den Rechten auf fremdes Eigenthum

näher bestimmt werden.

(Tit. 20 Abschn. 1.)

8- 200. Wird die Sicherheit dadurch verschafft, daß ein Dritter gegen u*«’/'&tg. den Berechtigten, zur Erfüllung der Obliegenheiten deS Verpflichteten2') fd,llft 276. War ihm jedoch zur Zeit der Annahme der Wider­ ruf bereits zugekommen: so ist er dem Angewiesenen Zahlung zu

leisten verbunden, und muß gegen den Anweisenden die Folgen

der, deS Widerrufs ungeachtet, geschehenen Annahme vertreten2'). §. 277.

Der Angewiesene muß, wenn nicht ein Andere-

verabredet worden, die angewiesene Post binnen Vierzehn Tagen, von Zeit der geschehenen Anweisung, einzuziehen sich angelegen sein lassen 2 2).

Summt.

19) Wird die Anweisung nach erfolgter Assignation widerrufen, so ist der Assignat doch nicht befugt, die Zahlung zu verweigern und zu deponiren. Denn er ist unbedingter Schuldner des Asstgnatarius aus dem Aceept, und kann durch Widerruf der Anweisung nicht befreit werden. Der Fall steht nicht so, daß stch zwei Prätendenten über die Forderung streiten, und wegen dieses Streits der Schuldner zur Depositen befugt sein könnte; vielmehr ist die Forderung des Asstgnatarius aus dem Accepte unangesprochen und die Frage nur die: ob der Assignant dem Assignaten aus Grund des zu spät cingetroffenen Widerrufs Ver­ gütung für die übernommene Verbindlichkeit versagen darf. Daraus entsteht für den Assignaten kein Depositionsgrund gegen den Asstgnatarius.

20) Es versteht sich und der folg. §. 276 bestätigt es, daß unter der An­ nahme, von welcher hier wie im §.259 Rede ist, diejenige verstanden wird, welche dem Asstgnatarius gegenüber erklärt worden ist. Oben, Anm. 9, Satz 2. 21) Wie in dem Falle des §. 273.

Oben, Anm. 18.

22) Dazu ist zunächst erforderlich, daß er dem Schuldner die Assignation zur Acceptation vorzeige und, wenn er acceptirt, ihn mahne oder ihm die For­ derung kündige, wenn sie auf Kündigung steht. Hierzu bedarf es keiner besondern Vollmacht des Assignanten; denn die Assignation ermächtigt ja den Assignatar zur eigenen Einziehung, also auch zur Kündigung, d. h. zum Anfänge der Ein­ ziehung. §.251. Dieser erste, vorbereitende"Schritt (die Mahnung oder Kün­ digung) muß binnen 14 Tagen von da angerechner, wo die Assignation vorgezeigt werden konnte (§. 278), geschehen. Ist der Asstgnatarius säumig gewesen, welches angenommen wird, wenn er in der ihm vorgeschriebenen Frist nichts thut, so hastet er für allen daraus ent­ stehenden Schaden und selbst für den Verlust der Forderung, wenn der Assignat inzwischen zahlungsunfähig geworden ist. Etwas Anderes, namentlich der unbe­ dingte Verlust des Regresses, folgt nicht aus der Natur des Rechtsverhältnisses; und positiv vorgeschrieben ist auch kein Anderes. Die entgegengesetzte Meinung ist nicht zu begründen. Diese Obliegenheit und Verantwortlichkeit hat auch Der, welcher sich im Wege der Erekution eine Forderung seines Schuldners durch den Richter zur eigenen Einziehung anweiscn läßt. Daraus folgt, daß wenn er nach längerer Zeit die Assignation ohne Rechenschaft zurückgcebt und unter Verzicht auf die daraus erworbenen Rechte die Fortsetzung der Erekution in andere Gegenstände

Erster Theil.

442 8. 278.

SechSzehnter Titel.

Wohnt der Assignat an einem andern Orte,

wo der Angewiesene sich aufhält:

als

so wird diese Frist von der

Zeit an gerechnet, wo die Anweisung dem Assignaten an seinem Wohnorte vorgezeigt werden konnte. 8. 279. War die angewiesene Schuld zur Zeit der An«

Weisung noch nicht zahlbar: so nimmt die Frist erst mit dem Ver­ falltag« ihren Anfang 2»). Recht« und 8. 280. Verweigert der Assignat die Annahme, so muß der MM Angewiesene dem Anweisenden sofort24) Nachricht davon ertheilen,

erfolgter An. und demselben die weitere Verfügung überlassen. nähme. § 281. Doch hat der Angewiesene, wenn er die assignirte Post im Namen des Anweisenden einklagt2 5), einer Vollmacht für sich. (Tit. 13, §. 119 sqq.)

8- 282.

die Vermuthung

Der Anweisende muß aber auch in diesem Falle,

auf Verlangen seines angewiesenen Gläubigers, die Befriedigung

desselben auf andere Art bewirken,

und dieser ist nicht schuldig,

den Auögang des Prozesses gegen den Assignaten abzuwarten2 •)•

verlangt, der Erequendus mit dem Einwande, daß der Erekutionssucher seine Schuldigkeit vernachlässigt und dadurch die Uneinziehbarkeit der assignirtcn For­ derung verschuldet habe, gehört werden muß.

23) Auf Kündigung stehende Forderungen müssen hiernach binnen 14 Tagen nach der sofort zu bewirkenden Vorzeigung der Anweisung gekündigt, und binnen 14 Tagen nach Ablauf der Kündigung eingeklagt Werden. 24) D. h. binnen 24 Stunden. §. 47 Tit. 3; §..95 Tit. 5.

25) Verpflichtet ist er dazu nicht. Thut er es aber, so müssen ihm die Kosten wie aus einer nützlichen Geschäftsführung erstattet werden. Rathsam ist es, sich mit solcher Einklagung nicht zu besassen, da von einer richtigen Klage das ganze Schicksal des Prozesses abhängt und bei der Substantiirung der Klage leicht etwas versehen werden kann, wodurch man sich Undank verdient. 26) Das folgt aus der Natur der Anweisung, welche an sich nichts weiter als ein Versuch ist, mittels derselben die Schuld an den Assignatariuö — wenn der Fall so liegt — zu tilgen. Mißlingt der Versuch, so ist nichts geschehen, die Forderung des Assignatars besteht unverändert fort. Von selbst versteht sich, daß der Asstgnatarius, welcher auf sein Schuldverhältniß gegen den Assignanten zurückgcht, die Asflgnation, mag sie acceptirt oder nicht aeceptirt sein, znrückgeben muß, wodurch die Frage: ob er später wieder auf den Acceptanten zurückgehen könne, von selbst abgeschnitten ist. Der Fall kann in richtiger Weise nicht vor­ kommen. Möglich ist zwar, daß der Assignant dem Asstgnatarius aus Verlangen die Assignation wieder aushändigt; dies ist aber ein anderer Fall. Dadurch wird die Anweisung erneuert und in ihre vorige Kraft gesetzt. Der Assignat hat kein Recht, aus dem Verhältniß zwischen dem Assignanten und dem Assignatar einen Einwand für sich herzunehmen; dieses Verhältniß ist ein negotium inter alios actum für ihn. Unrichtig ist daher die Entsch. des Ob -Tr. in einem solchen Falle, vom 24. April 1827, worin der Satz ausgesprochen ist: „daß ein Assignatar,

Von Anweisungen.

443

8- 283. Ist die Anweisung zwar angenommen, die Zahlung 3c"ef'ii*etn aber binnen der bestimmten Frist nicht geleistet worden: so hat der Angewiesene die Wahl: ob er sogleich auf den Anweisenden zurückgehen, oder sich an den Assignaten aus der geschehenen An­ nahme halten wolle 27 * *).* * 8- 284. Im ersten Falle finden die Vorschriften §. 280, 281, 282 ebenfalls Anwendung. 8- 285. Will aber auch der Angewiesene gegen den Assig­ naten auS der Annahme klagen: so muß er dennoch dem An­ weisenden 28)29von der unterbliebenen Zahlung, und angestellten Klage, ohne Verzug Nachricht geben. 8. 286. Unterläßt er dieses, so muß er selbst ein geringes, bei dem Betriebe deS Prozesses oder der Erecution begangenes Versehen, gegen den Anweisenden vertreten. §. 287. Hat aber der angewiesene Gläubiger seine gesetz­ mäßigen Pflichten beobachtet: so. kann er zu allen Zeiten die Fortsetzung des Prozesses und der Erecution gegen den Assig­ naten dem Anweisenden überlassen28), und sich nach wie vor an diesen, als seinen Schuldner, halten.

welcher bei unterbliebener Zahlung aus der angenonimcncn Anweisung seine Rechte gegen den Assignaten nicht verfolgte, sondern vielmehr auf den Assignanten zurück­ ging, sich auch nur au diesen letztem halten könne, und dieser nur wieder an den Assignaten." (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 45.)

27) „Ist eine acceptirte Anweisung weiter übertragen, so hat der neue Er­ werber, rücksichtlich der Einziehung dieselben Rechte, welche dem ursprünglichen Assignatar zustehen; er ist daher nicht verpflichtet, die angewiesene «Summe im Wege des Prozesses von dem Assignaten einzuziehen; sondern kann, wenn dieser nicht zahlte, sofort seinen Autor auS dem zwischen ihm und demselben ob­ waltenden Schuldverhältniß in Anspruch nehmen." Pr. deS Ob.-Tr. 1901, vom 16. August 1847 (Entsch. Bd. XV, S. 155). „Durch die bloße Übertragung einer, nicht kaufmännischen (kaufmännische giebt es nicht mehr), Anweisung geht das Recht des Assignatars, im Falle der Nichtannahme oder Nichtzahlung von Seiten des Assignaten, diejenige Forderung, zu deren Deckung die Anweisung bestimmt war, gegen den Anweisenden geltend zu machen, nicht auf den Erwerber der Anweisung über; dieser hat vielmehr den Regreß an den Uebertragenden zu nehmen." Pr. des Ob.-Tr. 2283, vom 30. Januar 1851 (Entsch. Bd. XX, S. 185). Der Regreß ist nur per ordinem zulässig, weil der Regredient seinen Nückanspruch nur auf dasjenige Geschäft gründen kann, aus welchem die Übertragung hervorgegangen.

28) Der Cessionar hat nur dem Cedenten Nachricht zu geben; denn nur an Diesen kann er sich halten, der Vormann des Cedenten geht ihn nichts an. Oben, Anm. 27. Der Ceoent mag in seinem Interesse weiter benachrichtigen. 29) Dieses geschieht zweckmäßig mittels einfacher Anzeige an das Gericht und an den Assignanten, in derselben Weise, wie ein Mandatarius sein Mandat aufkündigt. Eine Frage ist, ob der Bckl. sich die Einschiebung eines andern

Erster Theil.

444

8- 288.

Sechszehnter Titel.

Doch muß er in diesem Falle alles daS beobachten,

waS die Gesetze einem Bevollmächtigten,

welcher vor beendigtem

Geschäfte die Vollmacht aufgekündigt hat, vorschreiben. §. 159 sqq.) 8. 289.

(Tit. 13,

Läßt sich der Angewiesene mit dem Assignaten in

neue Verbindungen'") ein, und versäumt darüber den Betrieb der

Sache innerhalb der gesetzmäßigen Frist"):

so geschieht eS auf

seine Gefahr; und er verliert den Regreß") an den Anweisenden. §. 290.

Ein

Gleiches findet unter

eben den Umständen

statt, wenn der Angewiesene dem Assignaten eigenmächtig Nach­ sicht giebt, oder sich von ihm weiter anweisen läßt.

8. 291.

Uebrigens tritt, sobald die Anweisung angenommen

Gegners gefallen lassen muß, wenn, wie vorausgesetzt wird, der Asflgnatar in sei­ nem eigenen Namen geklagt hat. Nein. Ihm gegenüber kann der Kläger sich von Prozeßkosten und Schäden'nicht willkürlich freimachen. §. 384, Tit. 11. Auch fragt sich: ob ohne Session der Assignant die Rechte aus der Acceptation, die doch nur dem Assignatar für seine Person zustehen, verfolgen kann. Auch das ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht zulässig. Der Assignant kann sein Verhältniß zum Assignaten nicht mit dem des Asflgnatar zu dem Assignaten einseitig vertauschen. Dem Assignatar muß der Assignat, kraft des ihm gegebenen Accepts, freilich unbedingt zahlen, aber dem Assignanten ist er daraus nicht verhaftet; im Gegentheil, dieser ist deswegen vielleicht'sein Schuldner. Könnte der Vorschrift des tz.287 eine ganz allgemeine Geltung zugeschricben werden, so würde die gänzliche Umkehrung des Rechtsverhältnisses durch diese Operation möglich sein, der Schuldner würde sich ipso jure in den Gläubiger und der Gläubiger in den Schuldner verwandeln. Da dieses unmöglich ist, so muß die Vorschrift sich auf eieen besondern Fall beziehen nnd dieser Fall ist der, wenn die Anweisung auf eine bestimmte Forderung gerichtet ist und das Accept nur die Wirkung eines erneueten Schuldanerkcnntnisscs hat (§. 292), dergestalt, daß die Klage des Asstgnatars nicht lediglich aus das Accept, sondern auf das dadurch anerkannte Schuldvcrhältniß des Assignaten zu dem Assignanten gegründet worden ist. Dann wird durch das Eintreten des Letzter» in den Prozeß an Stelle des ausscheidenden AssignatarS die Lage der Sache nicht geändert.

30) Hierunter sind nicht bloß neue Rechtsgeschäfte zu verstehen, sondern Verhandlungen, über welche der Betrieb der Sache liegen bleibt. Daß die aus­ drücklich gegebene Nachsicht die hier bestimmte Folge hat, war und ist nicht zweifelhaft. 8- 290. Aber wenn der Asflgnatar sich auf Vorschläge wegen Er­ ledigung der Sache einläßt und über die Verhandlungen den Betrieb der Sache versäumt, so hat er den Vorwand, daß der eingetretene Zeitverlust durch die Unterhandlungen, welche kürzer zum Ziele zu führen hätten hoffen lassen, gerecht­ fertigt sei, mithin ihm nicht als Nachsicht angcrechnet werden dürfe. Diesen Vor­ wand soll die Vorschrift abschneiden. 31) D. i. die, welche die 88- 277, 278 d. T. bestimmen. 32) Wegen seiner Forderung an den Assignanten.

Er muß sich nun mit der ihm überwiesenen Forderung zufrieden stellen, als wenn er sie in Zahlung angenommen hätte. Dafür tritt er aber in die Rechte und Pflichten eines CessionarS.

Von Anweisungen.

445

ist, der Angewiesene in alle Rechte deS Anweisenden gegen den Assignaten"). (8.266.) §. 292. Ist die Anweisung ausdrücklich als auf eine Schuld, Um-Är womit der Assignat dem Anweisenden verhaftet sei, gerichtet"), und von dem Assignaten ohne Vorbehalt angenommen worden: «jn/rSchuld so hat diese Annahme, zum Besten deS Anweisenden, die Wirkung cnt6al,eeines erneuerten Schuldbekenntnisses. §. 293. Entspringt die Verbindlichkeit des Assignaten gegen den Anweisenden aus einem auf jeden Inhaber lautenden, und in den Händen deS Assignanten") befindlichen Instrumente: so ist Papieren, zur Rechtsbeständigkeit der Assignation die Aushändigung dieses Instruments nothwendig. 8. 294. Der Assignat ist in solchem Falle nur demjenigen, welcher daS Instrument in Händen hat, Zahlung zu leisten be­ fugt und schuldig. §. 295. Sind auf ein und eben dasselbe in den Händen deS Assignaten für Rechnung deS Anweisenden befindliche Objekt, sungen. mehrere Anweisungen ausgestellt und angenommen worden: so hat in Ansehung dieses Objekts derjenige, dessen Anweisung zuerst an­ genommen ist, den Vorzug. 8. 296. Doch bleiben den übrigen Angewiesenen ihre Rechte gegen den Assignaten aus der Annahme desselben Vorbehalten^).

33) Wenn nämlich der Assignat Schuldner deS Assignanten ist, sonst hilft ihm daS nichts. UebrigenS müßte der AssignatariuS, dem eine bestimmte Schuld angewiesen worden ist, nach der Natur und dem Zwecke der Anweisung (§§. 251, 277), znr Einkassirung und folglich zur Ausklagung für seine eigene Rechnung, auf Grund der Anweisung auch' dann befugt sem, wenn der Assignat die An­ nahme verweigert hat. S)aS L. R. hat jedoch den von einer entgegengesetzten Mei­ nung behaupteten Satz ausgenommen, eS muß Prozeßvollmacht nachgebracht werden. §. 281. 34) Nur unter der Voraussetzung, wenn wirklich ein Schuldverhältniß be­ steht und ausdrücklich auf dasselbe die Anweisung gerichtet ist, hat die Annahme die hier bestimmte Wirkung, keinesweges begründet die Annahme einer Anweisung die Vermuthung für das Vorhandensein eines Schuldverhaltniffes, worüber die Meinungen verschieden waren. 35) In spätern Ausgaben steht aus einem Druckfehler: „Assignaten". Das G. B. hat den Fehler nicht.

36) Ist das Objekt eine Quantität, so hat, wenn mehrere Anweisungen auf dieselbe gegeben worden sind, der Vorzug so lange keine Bedcutuna, als der Assignat zahlungsfähig ist. Erst bei vorhandener Unzulänglichkeit des Vermögens und eingctretencr Konkurrenz mit andern Gläubigern ist es, so lange nicht Kon­ kurs eröffnet ist (Pr. O. Tit. 50 §. 40), nützlich/wenn die angewiesene Forderung

446

Erster Theil.

Sechszehnter Titel.

L"nUn

s- 297- Fällt weg. 8 298. Wird die Anweisung nicht zur Tilgung einer Schuld Von Anwei. des Anweisenden an den Angewiesenen gegeben ^7): so finden B ist eine Anwendung DeS, von dem A. L.R. abgeschafften Röm. Grundsatzes: nomina ipso jure divisa. Man scheint hier an die Veränderung dieses Grundsatzes nicht gedacht, oder, was noch wahr­ scheinlicher ist, die Nachtheile davon für Den Verkehr zu mildern beabsichtigt zu haben. Auch auf Erbschaftsforderungen wird der Satz angewendet. §. 308 d. T. 7) Das vermag er sowenig wie er mit dem Gelde deS MitschuldnerS zu zahlen berechtigt ist.

8) Versteht sich von selbst. Der Zweck dieser Vorschrift ist nicht bekannt. Man hat die Meinung ausgesprochen (Ges.-Revis. Pens. XIV, S. 133), der 8. 307 solle einen Zweifel beseitigen, der auS Tit. 5 §§.435, 437 habe ent­ nommen werden können. Der Zweifelsgrund ist nicht einleuchtend. 9) Hier und in Den dazu gehörigen Sätzen wird vorausgesetzt, daß der Erbschaftsschuldner eine persönliche Schuld eines Erben abrechnen will. Der Fall hingegen, wo der Erbschaftsschuldner zugleich eine Forderung an die Erbschaft hat^ ist nicht besonders erwähnt, weil er unter die Regel fällt, da beim Schuldner und Gläubiger Personen-Einheit stattfindet. Zweifelhaft könnte der Fall sein, wenn Die Schuld des Erbschaftsgläubigers erst nach dem Tode des Erblaffers,

Von der Compensatio».

449

berechtigt ist, kann er auch seine Forderung an diesen Erben zu», vollen Betrage auf die Schuld abrechnen. lTit. 17, Abschn. 2.)'«). §. 310. Dagegen kann der Erbschaftöschuldner, wenn einer

der Miterben nach getheilfep Erbschaft daS Ganze von ihm zu fordern berechtigt ist, dasjenige,

waS er an einen andern Mit­

erben zu fordern hat, auch nicht zum Theil compenstren. 8-311. So weit ein Erbschaftsgläubiger seine Befriedigung von jedem unter mehreren Miterben ganz1oder nur nach Ver­

hältniß dessen ErbantheilS, verlangen kann; so weit kann er stch auch der Compensation gegen einen Miterben, welcher eine eigene Forderung wider ihn einklagt, bedienen.

§. 312.

Ist jedoch der, gegen dessen eigene Forderung eine

Erbschaftsschuld abgerechnet werden soll, nur Beneficialerbe, und

die Beschaffenheit deS Nachlasses noch ungewiß: so muß der Erb­

schaftsgläubiger, welcher damit auf das, was er dem Erben schul­

dig ist,

Letzterem wegen seiner Entschädigung

compenstren will,

auf den Fall, daß der Nachlaß zur Tilgung der Erbschaftsschuld

ganz oder zum Theil nicht hinreichte,

annehmliche Sicherheit be­

stellen").

z. B. durch Ankauf eines Nachlaßgegenstandes auS der ungetheilten Erbschaft, entstanden ist. Aber auch in diesem Falle findet die Kompensation statt, vor­ ausgesetzt, daß bei Entstehung der Schuld noch kein erbschaftlicher Liquidations­ prozeß eröffnet war. Pr. des Ob.-Tr. 397, oben in der Anm. 5, Satz 2 zu §. 302. Daß der Satz des §. 308 nicht zu dem Prinzipe deS §. 151 Tit. 17 paffe, ist schon oben, Anm. 6 zu §. 303 angedeutet. Hat Jemand von einem überlebenden Ehegatten dessen ideelle Hälfte eines zur gemeinschaftlichen Masse gehörigen Grundstückes vor der Theilung gekauft und ersteht er dasselbe bei der darauf der Theilung halber erfolgenden Subhastation, so darf er das dem Verkäufer gezahlte Kaufgeld gegen das schuldige Meistgebot, nach Verhältniß des bei der Auseinandersetzung sich ergebenden Antheils deS Erstem kompensiren. Pr. des Ob.-Tr., vom 17. December 1851 (Entsch. Bd. XXII, S. 251). Auch hierdurch widerspricht das Ob.-Tr. sich selbst und dem sonst von ihm immer vertretenen Grundsätze: daß kein Teilnehmer an einer Universitas juris einen bestimmten Antheil an einer dazu gehörigen einzelnen Sache für sich habe, folglich auch nicht mit rechtlicher Wirkung veräußern könne. (Gut­ achten v. 24. April 1840, I. M. Bl. S. 371, u. Erk. v. 17. Decbr. 1841, Entsch. Bd. VII, S. 270.) Sind gemeinschaftliche Schulden vorhanden, so giebt die hier für zulässig erklärte Compensation „nach Verhältniß des Antheils" ein die Rechte der Mittheilhaber verletzendes Resultat.

10) Tit. 17, §§. 152-154. 11) Dies ist zulässig bei Erben ohne Vorbehalt (§. 418 Tit. 9) und in dem Falle des §. 131 Tit. 17.

12) Ist die Abrechnung ohne Sicherheitsbestellung und ohne Vorbehalt vollrogen worden, so findet keine Zurückforderung statt. Der Fall ist gleich demlenigen, wenn der Beneficialerbe eine Erbschaftsschuld ohne Vorbehalt bezahlt hat; er tritt in die Rechte des bezahlten Gläubigers. Koch, Allgemeines Landrecht.

II.

29

Erster Theil.

450 Von cedirten gewiesenen Forderungen.

8- 313.

Sechszehnter Titel.

Gegen eine «bitte Forderung kann der Schuldner

nur das, was er an bett ersten Inhaber vor13) bekannt gemach'



r

.

,

ter (Session zu fordern hatte, inglelchen ferne Forderungen an den

dermaligen Inhaber, abrechnen.

§. 314.

So weit der Schuldner,

erkenntniß des Cessionarii,

nahme,

bei (Sessionen durch An-

und bei Anweisungen durch die An­

seiner Einwendungen,

die er gegen den Cedenten oder

Anweisenden hatte, verlustig wird; so weit kann er Forderungen, welche ihm an diese zustehen, gegen den Cessionarium oder An­

gewiesenen nicht in Abrechnung bringen. §. 315.

Dagegen kann aber auch der Schuldner,

welcher

einen Cesstonarium für seinen Gläubiger angenommen hat, wenn dieser die Forderung ohne seine Zuziehung weiter cedirt, dir Ge­

genforderungen,

die er an ihn hatte,

auch gegen den ferneren

Cesstonarium abrechnen. $. 316.

Außer diesem Falle findet die Compensation einer

Forderung, welche dem Schuldner an einen der Zwischrninhaber, den er aber zu seinem Gläubiger nicht angenommen hat, zustand, gegen den letzten Inhaber nicht stattl4).

13) „Gegen eine cedirte Forderung kaun der Schuldner nur diejenigen ihm an den Cedenten zustehenden Wechselregreßansprüche kompensiren, deren Zahlung er bereits zu der Zeit fordern durfte, wo ihm die Session bekannt gemacht wurde; nicht aber erwachst das Kompensationsrecht mit dem Tage der Ausstellung des Wechsels oder des Giro." Pr. des Ob.-Tr. 1141 c, v. W. April 1842 (Entsch. Bd. VII, S. 354). Die Vorschrift setzt Forderungen und Gegenforderungen aus verschiedenen Schuldverhältnissen voraus; auf cedirte, durch Gegenleistung bedingte Forderungen aus einem wechselseitigen Geschäfte findet sie nicht Anwendung. Pl. - Bcschl. (Pr. 1669) des Ob.-Tr. vom 16. Januar 1846 (Entsch. Bd. XII, S. 10). Darauf gründet sich das Pr. 2275, v. 14. Februar 1840: „Gegenforderungen, welche mit der cedirten Forderung aus demselben Geschäfte herrühren, können' im Wege der Kompensation in Abrechnung gebracht werden, wenn sie auch erst nach bekannt gemachter Session fällig geworden sind. Insbesondere ist der Cessionar einer dem Käufer aus einem Kaufkontrakte zustchendcn Forderung verpflichtet, sich die Zinsen rückständiger Kaufgelder, wenn sie auch erst nach bekannt ge­ machter Session fällig geworden, in Abrechnung bringen zu lassen." (Entsch. Bd. XX, S. 190.) Der Rechtsfall war, daß der Käufer eine Forderung für Gewährsmängel cedirt hatte und der Verkäufer dem Cessionar die erst nach be­ kannt gemachter Session fällig gewordenen Zinsen rückständiger Kaufgelder an­ rechnete. Der angewendete Rechtssatz ist durchaus begründet. Der Cessionar, der auf solche Weise zur Tilgung der Schuld seines Cedenten genöthigt wird, hat, wenngleich er aus der Cession selbst, wegen Verzicht auf Gewährleistung, keinen Anspruch gegen den Cedenten haben sollte, die Rechte eines Zahlers frem­ der Schulden, .vermöge des beneficii cedendarum actionum. 14) Oben, Anm. 40 zu §. 407, Tit. 11.

Von der Kompensation. §. 317.

451

In Concursen findet die Kompensation gegen den

Gläubiger statt, wenn gegenseitige Forderungen zwischen dem Gemeinschulduer und einem Gläubiger desselben, schon vor eröffnetem cur

Concurse, bestanden haben15 16); §. 318.

Ferner, wenn Jemand an die Konkursmasse, oder

an den ganzen Inbegriff der Gläubiger, erst nach eröffnetem Kon­

kurse eine Forderung erlangt hat,

und ihr etwas schuldig ge­

worden ist;

§■ 319.

Jngleichen, wenn Jemand, der dem Gemeinschuldner

schon vor eröffnetem Konkurse etwas schuldig gewesen,

nachher

ein Gläubiger der Konkursmasse geworden ist.

8. 320. Dagegen ist die Kompensation in Konkursen nicht zulässig, wenn Jemand dem Gemeinschuldner vor eröffnetem Kon­

kurse etwas schuldig war, und erst nachher eine Forderung an ihn 1 ’), es sei aus einem neuen Geschäfte, oder durch Kession18) eines andern Gläubigers, erlangte.

15) „Die Vorschriften deS A. L. R. über die Kompensation bei Konkursen beschränken sich, soweit sie von den allgemeinen Regeln abweichcn, auf den Fall des wirklichen Konkurses, und sind auf den erbschaftlichen Liquidations-Prozeß nicht auszudehnen." Pl.-Beschl. (Pr. 1673) des Ob.-Tr. v. 23. Januar 1846 (Entsch. Bd. XII, S. 49). 16) Der Satz ist auf den Fall angewendet wvrden, wenn ein Benefieialerbe wahrend seiner Administration des Nachlasses ausstehende Erbschafts­ forderungen eingchoben und Erbschaftsschuldcn bezahlt hat. Man hat nach hiernächst eröffnetem erbschaftlichen Liquidationsprozeffe die eingezogenen Gelder zu der, unter gerichtliche Administration gestellten Masse von ihm einaefordert und ihm zugemuthet, statt der befticdigten Gläubiger zu liquidiren. Das Ob.-Tr. hat in einem solchen Falle auf Grund dieses §. 317 erkannt, daß dem Erben ein Kompensation-recht gegen die Masse zustehe. Entsch. v. 26. Mai 1828 gegen die gleichlautenden Erkenntnisse der beiden Stufengerichte, nach welchen er gar alle Einnahme zur Masse herausgeben und statt der beftiedigten Gläubiger liquidiren sollte. (Simpn Rechtsspr. Bd. II, S. 63.) Der Fall ist unrichtig beurtheilt; er gehört gar nicht in das Verhältniß von der Komvensation. Der Bencfieialerbe ist Selbsthcrr des Ganzen und cs ist seine RechtSwohlthat, den Liquidationsprozeß eröffnen zu lassen. Wenn er dann auch die Verwaltung mit der Masse abtritt; so hat doch der Kurator gar kein Recht, von ihm etwas mehr zu fordern als er für gut findet abzutreten. Er hat bloß Rechnung zu legen, worin er das auf Schulden Bezahlte in Ausgabe stellt. Sind damit die Gläubiger nicht zufrieden, so haben nicht die Gesammtheit der Gläubiger, sondern nur diejenigen, welche unbefriedigt bleiben, das Recht, ihn wegen schlechter Ver­ waltung oder wegen Befriedigung nachstehender Gläubiger zur Verantwortung zu ziehen, indem'sie die an 'nachgesetzte Gläubiger geleisteten Zahlungen nicht brauchen gelten zu lassen. Das ist Alles. Tit. 9 §§. 444, 453, 454. 17) Der Käufer eines Wechsels oder einer Anweisung, welcher diese Papiere weiter indossirt und von den Abnehmern Zahlung erhalten hat, hinterher aber das Empfangene zurückgeben muß, weil der Wechsel am Verfalltage nicht honorirt worden ist, erwirbt erst durch die wirkliche Befriedigung deS sich an ihn.

Erster Theil.

452 §. 321.

Sechszehnter Titel.

Auch alsdann nicht, wenn Jemand Gläubiger deS

Gemeinschuldners vor eröffnetem Concurse gewesen, und erst nach­

her der Masse etwas schuldig geworden ist19 * *).* * * 18 §. 322.

Doch findet in diesem Falle (§. 321) die Kompen­

sation statt, wenn der Gemeinschuldner die Befugniß zur Compen-

regresstrenden Hintermannes einen Anspruch auf Erstattung der Wechselvaluta gegen den Trassanten; und er kann daher, wenn vorher über daS Vermögen des Letzteren Konkurs eröffnet worden ist, mit einer älteren Schuld beim Gemein­ schuldner nicht kompenstren. Pr. des Ob.-Tr. 2054, v. 22. September 1848. Vergl. das Pr. 1141 c, oben in der Anm. 13 zu §.313.

18) „Für die Frage über die Zulässigkeit der Kompensation gegen den An­ spruch einer Fallitmaffe mit einer nach-eröffnetem Konkurse durch (Session erwor­ benen Forderung, ist es außer Einfluß, sowohl, ob der Konkurs im Auslande eröffnet ist, als auch, ob der Beanspruchte von der Eröffnung des Konkurses zur Zeit der Erwerbung Kenntniß hatte." Pr. des Ob.-Tr. 1312, v. 3. Juni 1843 (Entsch. Bd. IX, S. 477). Ebenda ist noch der Satz formulirt: „Unter Um­ ständen, wo die Eröffnung eines Special-KonkurseS über das inländische Ver­ mögen eines ausländischen KridarS hätte beantragt werden können, aber nicht beantragt und also auch nicht erfolgt ist, darf der von ausländischen Konkurs­ Kuratoren vor inländischen Gerichten in Anspruch genommene Inländer diese seine Eigenschaft bei der Kompensationsfrage nicht geltend machen." Beide Sätze halte ich für unrichtig. Der Rechtsfall war: Ein Wiener Kaufmann macht Bankerutt. Ein Breslauer Kaufmann A. war ihm schuldig und ein anderer BreSlauer Kaufmann B. hatte von ihm zu fordern. A. zahlte an B. gegen jura cessa und machte, als er vom Wiener Konkurskurator belangt wurde, den Einwand der Kompensation mit der ihm cedirten B.schen Forderung, und das Ob.-Tr. verwirft denselben, unter Vernichtung des Appellationsurtels, indem die §§. 663 ff. der Konk. O. mit Unrecht angewendet worden sein sollen. Eine auswärtige Konkursmasse könne einen inländischen Schuldner mit denselben Rechten verfolgen wie eine inländische und die Kompensation gegen sie sei unter denselben Voraussetzungen ausgeschlossen. Aber von der Befugniß zur Rechts­ verfolgung ist auf die Kompensation weder für noch wider Etwas zu folgern. Die Frage ist nicht nach der Zulässtgkeit der Rechtsverfolgung, sondern umgekehrt die: welche Rechte Inländer wegen" ihrer Forderungen gegen einen bankerutten Ausländer haben. Das bestimmen die §§. 663 ff. der Konk. O. Diese sollen nicht Anwendung finden, weil nicht auf einen Specialkonkurs angetragen war. Daraus folgt für das materielle Recht gar nichts. Die Eröffnung des Speeialkonkurses wirkt nur das, daß nicht Ein inländischer Gläubiger vor den Andern aus dem inländischen Vermögen des ausländischen Bankerutteurs sich bezahlt mache, gerade so, wie ein Konkurs überhaupt das Zuvorkommen des Einen vor dem Andern in der Erekution hindert. Das ist Alles. So lange der Konkurs nicht eröffnet ist, kann jeder Gläubiger sich im Wege der Erekution bezahlt machen, d. h. in unserm Falle: so lange der Spccialkonkurs über das inländische Vermögen nicht eröffnet ist, kann jeder inländische Gläubiger die Erekution in dasselbe vollstrecken lassen. Das ist die Folge, nicht aber die Auslieferung deS inländischen Vermögens und die Nachschickung der inländischen Gläubiger. Die weitere Begründung s. m. in m. Beurtheilung der Entscheidungen, S. 670. 19) „Die Kompensation der rückständigen Kaufgelder aus einem Adjudikations­ bescheide, welcher auf die im Wege der Erekution veranlaßte nothwendige Subhastation ergangen ist, mit einer eingetragenen Forderung des Käufers, tritt nicht sofort ipso jure ein, sondern die im §. 19 der V. v. 4. März 1834 erwähnte Konsolidation wird erst von dem Zeitpunkte des abgehaltenen Termins der Kauf­ gelderbelegung ab wirksam." Pr. des Ob.-Tr. 385, v. 9. December 1837.

Von der Kompensation.

453

sation einer gegenwärtigen Forderung, womit er dem Gläubiger verhaftet ist, auf eine künftige Schuld, womit dieser ihm verhaftet werden wirb20), dem künftigen Schuldner,

schon vor eröffnetem

Concurse, ausdrücklich eingeräumt hat. $. 323. Wenn also in einem vor eröffnetem Concurse ge­ schloffenen Pachtkontrakte festgesetzt worden,

baar eingezahlte Caution

daß der Pächter die

auf die letzten Pachttermine soll ab­

rechnen können: so ist der Pächter zu dieser Compensatio» befugt; wenn gleich die letzten Termine schon in die Zeiten nach eröff­

netem Concurse treffen. 8. 324. sationSrechte,

Doch kann der Pächter auch von diesem Compen-

zum Nachtheile der auf daS

gepachtete Gut ge­

richtlich eingetragenen Gläubiger, nur in sofern Gebrauch machen,

als er seine Caution, und das derselben beigelegte CompensationS-

recht, früher, als diese Gläubiger, hat eintragen lassen2'). 8. 325.

Die im Gute gemachten Verschlimmerungen,

etwa sonst von dem Pächter zu vertretenden Mängel,

und

kann der­

selbe gegen die Gläubiger mit seiner dem Gemeinschuldner baär eingezahlten Caution niemals22) compenstren.

8. 326.

Dagegen müssen die Gläubiger die von dem Päch­

ter im Gute gemachten Verbesserungen, so weit sie dieselben über-

20) Nicht in schrankenloser Allgemeinheit. Vielmehr ist der Grundsatz auf ein bestimmtes fortdauerndes Rechtsverhältniß zu beziehen, aus welchem für den Einen (den Gemeinschuldner) sofort fällig werdende (gegenwärtige) Forderungen, und für den Andern erst später Gegenforderungen entstehen, und in welcheRechtsverhältniß die Gläubigerschaft an Stelle des GcmeinschuldnerS eintritt. So verstanden giebt der folg. §. 323 ein paffendes Beispiel. Ein anderes Beispiel ist der Fall, wenn einem Beamten, bevor über sein Vermögen Konkurs eröffnet worden ist, von der ihn besoldenden Behörde ein Darlehn unter der Verabredung gegeben worden ist, daß die Rückzahlung nach und nach durch Abzüge vom Gehalte (Kompensation) erfolge. Auch hier'ist die Dienstbehörde wohlbefugt, noch nach eröffnetem Konkurse ihre Forderung gegen die Konkursmasse, der Verabredung gemäß, zu kompensiren. Wollten die Gläu­ biger das nicht, so mußten sie das ganze Dienstverhältniß aufgcben; sie haben nicht mehr Recht als der Kridarius aus dessen Verträgen mit der Dienstbehörde. Der §. 163 des Anh. zur A. G. O. hat nicht diesen Fall , sondern einen ganz andern zum Gegenstände. Pr. deS Ob.-Tr. v. 14. November 1815 (Simon RechtSspr. Bd. III, S. 128).

21) Unten, Tit. 20 §. 480; Anh. §. 56 und Pr. 258 in der Anm. zu §. 480 Tit. 20. 22) Mithin auch in dem Falle des §. 322 d. T. nicht. Die Kaution ist ein Rechtsverhältniß für sich, in welches die Gläubiger passive nicht eintreten.

454

Erster Theil.

Sechszehnter Titel.

Haupt zu vergüten schuldig sind,

auf die von dem Pächter rück­

ständig gebliebenen Pachtgelder sich allemal2 3) abrechnen lassen. §. 327.

Doch sind die eingetragenen Gläubiger,

welchen

durch diese Abrechnung die Mittel zur Bezahlung ihrer Zinsen

während deS ConcurseS entgehen, ihre Entschädigung dafür auS der Masse, deren Substanz durch die compensirten Verbesserungen einen Zuwachs erhalten hat, mit dem Capitale zugleich zu suchen

wohl befugt24). Sensationen ** Der Bürge kann, außer seinen eigenen ForderunzMchendemgen an beii Gläubiger, auch alles das in Abzug bringen, was und Bürgen,

der Hauptschuldner,

vermöge der Gesetze,

auf die Schuld abzu­

rechnen befugt sein würde23).

$. 329.

Dagegen kann der Hauptschuldner mit dem,

waS

der Gläubiger dem Bürgen schuldig ist, nicht compensiren. enfationb« §• 330. Werden Rechte im Namen eines Dritten ausgeübt, «ordernngen so

können nur Forderungen, welche diesem Dritten entgegen stehen,

in Abrechnung gebracht werden.

Dritten,

S. 331. Gegen den Bevollmächtigten, welcher Forderungen ' seines MachtgeberS einzieht, findet die Abrechnung seiner eigenen

mWttgten'

Schuld nicht statt.

Mündern

332.

Vormündern

kann

auf die

Forderungen

ihrer

Pflegebefohlenen daS, was sie selbst schuldig sind, nicht abgerechnet

werden. §. 333.

Auch findet für oder wider einen Vormund, der

eigene Forderungen einklagt, oder wegen eigener Schulden belangt wird, die Compensation der Schulden oder Forderungen des Pflege­ befohlenen nicht statt.

23) Also auch ohne die im §. 322 vorausgesetzte Verabredung. Proz. O. Tit. 50 §. 258.

Vergl.

24) Die Ausführung der Vorschriften §§. 324 — 327 d. T. erfolgt jetzt im gewöhnlichen Kaufgelder-Liquidationsverfahren; die Auseinandersetzung mit dem Pächter gehört in die Sequestrationssache. 25) Soweit der Gläubiger Deckung hat, verfährt er dolose, indem er die Forderung dennoch einklagt. Oben, Anm. 3 zu §.301. Der in Anspruch ge­ nommene Bürge kann fich mit der exceptio doli schützen. Daran wird er da­ durch nicht gehindert, daß er dem beneficium ordinis entsagt hat oder, was dasselbe ist, als Selbstschuldner eingetreten ist; denn indem er das thut, WaS der Kläger selbst hätte thun sollen, ihm nämlich das bereits Empfangene abrechnct, verweist er den Kläger nicht an einen Andern, sondern behauptet dessen Befrie­ digung. Die Entsagung des Hauptschuldners auf den Einwand der Kompensation macht davon eine Ausnahme, wenn fie vor der Uebernahme der Bürgschaft ge­ schehen ist. §. 374 d. T.

455

Von der Compensation.

8- 334.

Dagegen kann, wenn die Verwaltung der Vormund­

schaft unter Mehrere getheilt ist,

daS mit einem Vormunde in

Angelegenheiten der Pflegebefohlenen rechtsgültig verhandelte Ge­ schäft, auch für oder wider die übrigen Vormünder, die Compen«

sation in Ansehung der Pflegebefohlenen begründen26).27 28 29 30 31

§. 335.

Ein Gleiches findet auch bei der unter mehreren

Personen getheilten Verwaltung deS Vermögens anderer Privat­

personen22) oder Gesellschaften23) statt. 8

336.

Der Ehemann,

(§. 368.)

welcher seine eigenen,

oder For­

derungen der Ehefrau einklagt, muß sich die Schulden der letzter«

in sofern anrechnen lassen, als er dieselben anzuerkennen nach den Gesetzen verpflichtet ist22). §. 337. Auch ist er gegen die Schulden der Ehefrau seine eigenen2") Forderungen zu compensiren berechtigt.

§. 338.

Eben so kann der Ehemann solche Forderungen der

Frau, welche bloß die während der Ehe fälligen Nutzungen und Einkünfte ihres eingebrachten Vermögens3') betreffen,

auf seine

eigenen Schulden allemal compensiren.

8- 339.

Dagegen kann er andere Forderungen der Ehefrau

auf seine eigenen Schulden nur in sofern abrechnen, als er die Einwilligung der Frau dazu in gesetzmäßiger Form herbeischafft32). 8. 340.

Leben Eheleute in der Gütergemeinschaft: so kön­

nen auf ihre Forderungen nur solche Schulden, für welche daS

gemeinschaftliche Vermögen haftet, abgerechnet werden. 8. 341. Schulden und Forderungen der Ehefrau,

welche

bloß ihr vorbehaltenes Vermögen betreffen, können weder für den

26) Weil die Person, für welche die verschiedenen Stellvertreter gehandelt haben, immer dieselbe ist. Dieses Prinzip wird aber doch nicht auf den Fiskus angewendct. §.268d. T.

S. die vor. Anm.

27) Aber nicht beim Fiskus.

28) Ohne Unterschied. Also auch bei Religions- und bei politischen Gesell­ schaften und Korporationen.

29) Th. II, Tit. 1 §§. 321 ff, 329. 30) Mit demselben Rechte, aus welchem er mit seinem eigenen Gelde be­ zahlen könnte. 31) Th. II, Tit. 1 §8. 231 ff.

32) Vergl. 8- 233 a. a. O. der Forderung.

Die Form richtet sich nach der Beschaffenheit

bei Eheleuten.

456

Erster Theil.

Mann, noch,

Sechszehnter Titel.

gegen seinen Willen,

wider ihn in Abrechnung

kommen. 8. 342. Schulden, welche gegen einander abgerechnet wer­ den sollen, müssen so beschaffen sein, daß der, welchem die Kom­

pensation entgegengesetzt wird, an dem, waS er mit Recht zu for­

dern hat, nichts verliere^). b> Nurfal8* 343. Nur fällige3 5) und gleichartige gutartige können gegen einander aufgehoben werden. rungen").

8. 344.

Zwischen

eigentlichen

Zahlungen

Verbindlichkeiten und andern 3°)

Leistungen findet also keine Kompensation statt. §. 345. Auch Leistungen bestimmter Sachen

oder Hand­

lungen^^) können gegen einander nicht compensirt werden.

33) Mit diesem allgemeinen Satze fangt eine andere Gattung von Bedin­ gungen an, welchem die §§. 343 bis 358 untergeordnet sind. Das Marginale b gehört hierher. Durch diesen Satz werden die unvollkommenen Verbindlichkeiten (s. g. Natural-Obligationen) für unfähig zur Kompensation erklärt. Eine be­ schränkte Ausnahme macht §. 558 Tit. 11. Diese Kompensationsunfähigkeit hat die Bedeutung, daß dergleichen Forderungen dem Andern nicht wider dessen Willen ungerechnet werden dürfen. Einl. §.86. Hat er es sich gefallen lassen, so ist es eben so gut als wenn er sie ohne Vorbehalt bezahlt hätte. §. 178 d. T. In den Ergänzungen rum A. L. R. wird zu §. 342 berichtet: ich verneine die Kompcnsationsfähigkeit, im R. der Ford. Bd. II, S. 657, aus Grund des §.377. Dies ist unrichtig, wie manches Andere, was aus meinen Schriften mitgetheilt wird. Ferner eignen sich nach dem Grundsätze dieses §. 342, verb. mit §. 86 der Einl., nicht zur Kompensation: verjährte Forderungen (§. 377), eS müßte denn zuvor die Vermuthung aus der Verjährung für die Tilgung der Forderung, gemäß §§. 468 u. 469 Tit. 9, widerlegt sein; und präkludirte Forderungen (Pr. O. Tit. 32 §.26), mit Ausnahme der im Konkurse präkludirten, die nur von der Konkurrenz bei der Konkursmasse ausgeschlossen sind. Pr. O. Tit. 50 §. 99 Nr. 3 u. §. 145.

34) Dieses Marginale gehört neben den §. 342, (Iahrb. Bd. L, S. 469).

R. v. 29. Decbr. 1837

35) Oben, Anm. 13 zu §. 313 d. T.

36) Diese Bedingung der Gleichartigkeit der Forderungen zur Kompensation darf nicht mit der Wirkung der Kompensation verwechselt werden. Jemand klagte, auf Grund der ihm geleisteten Session, gegen den sich im Besitze des Hypotheken-JnstrnmentS über die cedirte Forderung befindlichen Schuldner, auf Herausgabe desselben. Der beklagte Schuldner wendete ein, die Post sei getilgt, durch Kompensation, darum gehöre das Instrument ihm. Der Appellations­ richter übersetzte dieS: der Bekl. macht den Einwand der Kompensation; der Kläger aber fordert die Herausgabe eines Dokuments. Forderung und Gegen­ forderung sind ungleichartig, folglich muß der Einwand verworfen und der Bekl. verurtheilt werden. Natürlich vernichtete das Ob.-Tr. den Spruch. (Entsch. Bd. XXIII, S. 159.)

37) Nämlich bestimmte, individuelle Handlungen. Fungible Handlungen, z. B. Quantitäten von Robottagen, können kompensirt werden. §. 371 d. T.

Von der

§. 346.

Sind aber

Kompensation.

457

Gegenstand, Zeit und Ort überein­

stimmend: so kommt es auf den Ursprung der wechselseitigen For­ derung nicht an38). 39

8. 347.

WaS Jemand nur unter einer aufschiebenden, noch

nicht eingetretenen Bedingung zu fordern hat, kann er auf das,

was ohne Bedingung von ihm bezahlt werden soll, nicht abrechnen. §. 348. Dagegen kann das, waS Jemand unter einer auf­ lösenden Bedingung zu fordern hat, auf daS, waS er ohne Be­

dingung schuldig ist,

compensirt werden;

in sofern er, der ob­

waltenden Bedingung ungeachtet, daS Recht hat, die Auszahlung

seiner Forderung zu verlangen38). $. 349.

Auch daS, waS Jemand zu einem gewissen Zwecke

zu fordern hat, kann er, sobald die Zahlung fällig i|i40), gegen seine fälligen Schulden abrechnen.

§. 350.

WaS an einem andern Orte zu zahlen ist, kann

nur gegen Vergütung deö Interesse compensirt werden.

8- 351.

Dies Interesse muß, wenn die Parteien sich dar­

über nicht einigen können, der Richter bestimmen4').

8- 352.

Zwischen Forderungen, die zu verschiedenen Zeiten

zahlbar sind, findet gegen den Willen deS einen oder des andern

Theils kein« Compensation statt42). 8- 353.

Wenn jedoch in Concursen Jemand an den Ge­

meinschuldner eine sofort fällige Forderung hat, und dagegen aus

38) Es ist gleichgültig: ob sie aus einem und demselben Rechtsgeschäfte oder aus verschiedenen Geschäften entsprungen sind. Daraus ist aber nicht um­ gekehrt zu schließen, es komme bei wechselseitigen Forderungen aus dem näm­ lichen Rechtsgeschäfte auf Uebereinstimmung deS Gegenstandes und des OrtS der Leistung und Gegenleistung an, um die Forderung wegen Mangels an der Gegenleistung zu lähmen: dazu sind die Bedingungen der Kompensation nicht erforderlich. 39) Oben, Anm. 116 zu §. 115 Tit. 4, u. §. 155 ebd. 40) Der Zweck und dessen Erfüllung betagt oder bedingt die Forderung nicht; Forderung und Zweck verhalten sich zu einander wie schuldige Vorleistung zur Gegenleistung. §§. 153, 154 Tit. 4. 41) Das Interesse muß der Betheiligte unter Angabe der nöthigen Beweis­ mittel, wenn eS deren überhaupt bedarf, liquidircn. Bei Wechselforderungen, welche an verschiedenen Orten zahlbar sind, ist auf die Vorschrift der Wechsel­ ordnung, Art. 50, über den Cours Rücksicht zu nehmen. Um den Betrag des Interesses vermindert sich die anzurechnende Forderung von selbst; die Interessen­ forderung tritt zu ihr nicht etwa in daS Verhältniß der Kompensation.

42) Wenn auch der, welcher die betagte Forderung anrechnen will, daS Znterusurium abziehen will. Nur beim Konkurse gilt eine Ausnahme. §♦ 353 ff.

Erster Theil.

458

Sechszehnter Titel.

einem mit demselben geschlossenen Geschäfte der Masse, jedoch nur

dergestalt verhaftet ist, daß seine Schuld erst nach einem gewissen Zeitverlaufe fällig wird:

so steht eS ihm frei43),

sich des (Som#

pensationSrechtS sofort zu bedienen. 8- 354. Ist aber Jemand dem Gemeinschuldner zu

einer

bereits fälligen Zahlung verhaftet, und hat dagegen eine For­ derung an die Masse, deren Verfalltag noch nicht eingetreten ist: so findet zwar gleichergestalt die Kompensation statt;

$. 355.

Doch muß ein solcher Schuldner der Masse der­

selben wegen der Zinsen für die Zwischenzeit, bis seine Forderung fällig wird, gerecht werden44).45 46

8- 356.

Wer feinem Schuldner freiwillig, oder auf richter­

lichen Befehl Zahlungsfristen gestattet hat, kann daS, waS er dem­ selben in der Zwischenzeit44') schuldig wird,

auf die nächstkünf­

tigen 4 5) Zahlungstermine abrechnen. 8 357. Hat aber der Gläubiger, nach gestatteter Zahlungs­ frist, Schulden, womit ein Dritter seinem

Schuldner verhaftet

war, freiwillig übernommen44): so kann er Letzterem, wenn der­ selbe die übernommene Schuld gegen ihn einklagt, die Compen­ sation aus seiner eignen gestundeten Forderung nicht entgegen setzen.

43) Gr muß sich die Kompensation gefallen lassen, ohne für die Zwischen­ zeit auf das Jnterusurium Anspruch zu haben, weil der Zinsenlauf von seiner Forderung gehemmt ist. Pr. O. Tit. 50 §. 158. 44) Das Jnterusurium besteht in den Zinsen für die Zwischenzeit, nach der Carpzow'schen BcrechnungSart. Pr. O. Tit. 50 §. 159. — Vergl. oben §. 171 d. T.

44a) Auf Schulden, welche älter sind als die Fristbewilliguna, kann, nach dem argumentum a contrario, die gestundete Forderung nicht angerechnet werden. Dabei ist vorauszusetzen, daß die Schuld erst nach der Stundung der Forderung fällig geworden; denn waren Forderung und Schuld schon vorher zahlbar, so bedurfte es, in soweit Beide sich decken, keiner Stundung, da sie kompensirt werden konnten. Wenn dem damals bereits vorhandenen Rechte des Gläubigers nicht ausdrücklich entsagt worden ist, so kann ihm die nachträgliche Kompensation nicht gewehrt werden. 45) Die Bestimmung begünstigt den Schuldner, indem sie, bei bewilligten Terminalzahlungen, verhindert, daß der Gläubiger die letzten Termine auf seine Schuld anrechne und den zunächst fälligen Termin von dem Schuldner beitreibe.

46) Wenn umgekehrt der Gläubiger seine gestundete Forderung cedirt und der Cessionarius Schuldner des Schuldners ist, so fragt sich, in wiefern der Cessionarius diese Forderung auf seine Schuld Jenem anrechnen dürfe. Wäre die Cession nicht vorgefallen, so würde er seine Schuld an denselben haben baar bezahlen müssen; darf er jetzt darauf die ihm cedirte gestundete Schuld anrechnen,

Von der Kompensation.

8. 358.

Nur dann,

459

wenn dem Gläubiger eine Erbschaft

angefallen ist, an welche sein alter Schuldner eine Forderung hat, kann er stch gegen denselben,

wenn er diese Erbschaftsforderung

von ihm als Erben beitreiben will,

mit der Compensation seiner

eigenen, obgleich gestundeten Forderung schützen.

§. 359. Ist die Forderung des Einen eingeräumt, oder sonst sogleich klar, die andere aber wird von dem Gegentheile noch betun9en-

bestritten^): so findet die Compensation nur in sofern statt, als

die bestrittene Gegenforderung nach Vorschrift der Prozeßordnung

sofort48 * *)* *liquide * * * * 47gemacht werden kann.

so wird dem Schuldner das Moratorium vereitelt. Nach allgemeinem Grund­ sätze (§.402 Tit. 11) tritt der Cessionar in alle Rechte und damit verbundene Pflichten des Cedenten, wonach es scheint, daß er eben so wie der Cedent müßte kompensiren können. Doch scheint es nur so. Denn abgetreten ist nur eine ge­ stundete Forderung, die „damit verbundene Pflicht" ist, zu warten. Das be­ schrankte Kompensationsrecht des Fristgebers für seine eigene jüngere Schuld (§. 356) istnicht „damit verbunden"; dieses steht dem Cedenten wegen eines andern Schuld­ verhältnisses zu, und ist nicht mit abgetreten.

47) So lange die eingeklagte Forderung ihrem Grunde oder Betrage nach nicht klar gemacht ist, muß auch mit der Erörterung des bestrittenen KompensationS-EinwandeS fortgefahren werden. 48) „Sofort" heißt bis zum Schluffe der Verhandlung über die Klage. Ist die Sache in Betreff der Forderung des Klägers spruchreif, so darf das Er­ kenntniß nicht nach dem Einwande der Kompensation aufgehalten werden, viel­ mehr muß der Richter zugleich auch über denselben, nach Lage der Sache, er­ kennen. Findet er sie nicht hinlänglich klar gemacht, so muß er den Einwand für unerwiesen erachten und den Bekl. so, als wenn der Einwand nicht vor­ gebracht worden wäre, verurtheilen. Die Verhandlung über die Gegenforderung kann dann in separate fortgesetzt werden. Diese Trennung des Einwandes von der Klage im Prozeßverfahren ist aber nur auf Gegenforderungen aus andern Rechtsgeschäften anwendbar. Denn hat der Einwand mit der Klage einen gemeinschaftlichen Ursprung (eadem causa), und wird er deshalb in der prozessualischen Form der s. g. uneigentlichen Rekonvention geltend gemacht, so entsteht dadurch eine Illiquidität der Klage, nach ihrem Grunde oder Betrage, selbst und der Bekl. kann, rechtlicherweise, nicht auf seiner Seite zur Zahlung genöthigt und mit seiner, die Forderung des Klägers verneinenden Erception zu einem Separatprozeffe verwiesen werden. Anscheinend widersprechend ist das Pr. des Ob.-Tr. 959, v. 14. December 1840: „Die Zu­ lässigkeit der Kompensation setzt in allen Fällen voraus, daß die Gegenforderung,

sie mag aus demselben oder aus einem andern Rechtsgeschäft entspringen, liquide ist, oder doch sofort liquide gemacht werden kann." (Entsch. Bd. VI, S. 233.) Der Rechtsfall, bei dessen Entscheidung dieser Grundsatz gewonnen worden, giebt dazu gar keinen Anlaß. Jemand hatte die Hälfte einer Grube verpachtet und klagte den Pachtzins ein. Der Pächter liquidirte Vorschüsse und Auslagen zu Betriebskosten für die ganze Grube und wollte den auf die nicht mit verpachtete Hälfte der Grube fallenden Theil kompensiren. Daö war eine Gegenforderung nicht aus dem Pachtverhältnisse, sondern aus dem ganz fremdartigen Geschäfte der Geschäftsführung. Zur Entscheidung dieses Falls trägt mithin daS Präjudiz nichts bei; eS kann das gerade Gegentheil davon wahr fein, ohne daß die Ent­ scheidung (Verweisung der Gegenforderung ad separatum) anders ausfallen

460

Erster Theil.

Sechzehnter Titel.

8- 360. So weit dieses nicht zu bewirken ist, muß der Schuldner der liquiden Forderiliig Zahlung leisten, und kann, we­ gen behaupteter Unsicherheit seiner Gegensorderung bei dem An­

dern, nur unter den im dritten Abschnitte bestimmten Umständen") zur Depositton gelassen werden.

8. 361.

Wird aber die

bestrittene Gegenforderung in der

so findet dennoch wegen des Zeitpunkte-,

Folge liquid gemacht:

geschehen, und also die Forderung deS Andern erloschen ist, die Vorschrift deS 8- 301 Anwendung.

wo die Compensation

8. 362.

Ist die Forderung liquid; die Gegenforderung aber

zwar in Ansehung ihres GrundeS eingeräumt,

oder sonst klar;

jedoch in Ansehung ihres Betrages noch streitig: so findet die

Compensation ebenfalls nur so weit statt, als dieser Betrag selbst sogleich klar gemacht werden kann.

SunVcÄ'n wo die (5om*

363.

Der,

welchem etwas in Verwahrung gegeben"),

mußte. In den Gründen geht das Ob.-Tr. noch etwas weiter, indem eS sagt: „Die Pr. O. hat im Tit. 19 §§. 1 ff. obigen Grundsatz des materiellen Rechts nicht a-geändert und ist daher in einem Prozesse, wenn der Bett, der liquiden Forderung des Klägers mit einer uneigentlichen Rekonvention begegnen will, die er nicht sofort liquide zu machen im Stande ist, in reconventione zu ver­ urteilen und mit der Gegenforderung ad separatum zu verweisen." DaS Alles paßt nicht zu jenem Rechtsfalle, welcher eine uneigentliche Rekonvention nicht begründen konnte. Daß die Bedingung der Liquidität in dem hier gemeinten Sinne bei der s. g. uneigentlichen Rekonvention, deren Gesetzmäßigkeit voraus­ gesetzt, nicht gelte, vielmehr der mit der Klage auS dem nämuchen Rechtsgeschäfte entspringende Gegenanspruch mit der Klage zugleich erörtert und beurtheilt werden müsse, weil derselbe eine Verneinung des GrundeS der Forderung, nicht aber einen bloßen Einwand der Tilgung einer für sich begründeten Forderung durch Kompensation enthält, — dies ist von dem Ob.-Tr. in der jüngcrn Sache Namczynowski w. Hildebrandt 625/2506 III, 48 angenommen worden. Ein grundsätzlicher Mcinungskonfiikt findet sich hierbei nicht. Denn jenes Pr. 959 spricht nur eine Bedingung der Kompensation aus, worüber kein Streit ist. Die Frage betrifft etwas Anderes, nämlich die juristische Auffassung eines der Klage entgegengesetzten, mit derselben auS dem nämlichen Rechtsgeschäfte entspringenden Anspruchs. Ueber die prozeßmäßige Behandlung derartiger Einreden und dem davon verschiedenen Einwande der Kompensation s. m. die Pr. O. Tit. 19, Anh. §. 123 (zu §. 63 Tit. 14) u. die Anmerkungen dazu.

49) Die Verweisung auf die im dritten Abschnitte bestimmten Umstände be­ zieht sich auf das dort vorgeschriebene Verfahren, nicht auf die DepofitionSgründe. Denn hier ist der Depositionsgrund ein anderer, nämlich Unsicherheit des Klägers, wie der §. 360 sagt.

50) Der Satz, betreffend die Ausschließung der Kompensation bei dem De­ positum, ist ausgenommen aus §. 30 J. de act. (IV, 6), L. 11 pr. C. depositi (IV, 34), L. 34 §. 1 C. de compens. (IV, 34), obgleich er zu den ver­ änderten Grundsätzen deS A. L. R., wonach das Depositum auch gegen Lohn eingegangen werden kann, nicht paßt.

Von der Compensatio«.

461

oder eine nichts') verbrauchbare Sache geliehen worden, kann sich

gegen die schuldige Rückgabe mit der Compensation nicht schützen. $. 364.

Auch alsdann findet keine Compensation statt, wenn

der Verwahrer, bei der nicht mehr möglichen Rückgabe der nieder­ gelegten Sache selbst, den Werth derselben zu erstatten ver­

pflichtet ist ”). §. 365.

Dagegen kaust auf den zu erstattenden Werth der

geliehenen Sache mit andern Forderungen compenstrt werden. 8> 366. Gegen schuldige Alimentgelder findet keine Com­ pensation, wohl aber der Einwand statt, daß die Gegenforderung zum Unterhalte der zu verpflegenden Person verwendet worden5S).

§. 367.

Aber auch dieser Einwand kann nur rückständigen

Verpflegungsgelrern, und nicht solchen, die für den letzten ss‘) Ter­

min fällig, werden. 8- 368.

oder für die Zukunft bestimmt sind, entgegen gesetzt Forderungen an eine landesherrliche Kasse können

auf Zahlungen,

die an eine andere zu leisten sind,

gerechnet werden"). 8- 369. Auch wenn Forderung

niemals ab­

und Gegenforderung aus

einerlei Geschäfte oder Grunde herrühren, findet dennoch die Com­ pensation nur in so fern statt, alS nach der Kaffeneinrichtung die

Gegenforderung aus demselben Kaffenfond zahlbar ist, an welchen die Schuld abgetragen werden mup5 5).

51) Bei nicht verbrauchbaren Sachen versteht sich Kompensation schon ans einem ander» Grunde. §. 345. einen gemeinrechtlichen Meinungsstreit beseitigen.

die Unzulässigkeit der Die Bestimmung soll

52) Auch wenn der Depositariu« Lohn zu fordern hat. Oben, Anm. 50. 53) Dieser Ginwand unterscheidet sich von dem Einwande der Kompensation wie die Einrede der Zahlung.

53a) Wenn die Beitreibung des letzten Termins sich so in die Länge zieht, daß darüber wieder ein Termin fällig wird, so werden dadurch die Alimente jenes Termins nicht rückständige in dem hier gemeinten Sinne, wie cs sich von selbst versteht, aber in der Wirklichkeit doch bestritten worden ist. 54) „Die Vorschriften der §§. 368 , 369 können wohl von dem FiskuS gegen Privatpersonen zur Anwendung gebracht werden, nicht aber umgekehrt von Privatpersonen gegen den FiSkuS." Pr. des Ob.-Tr. 1150, v. 28. Mai 1842. Vergl. daS Pr. v. 6. Mai 1816 in Simon, Rechtsspr. Bd. I, S. 141. Diese Bestimmung ist ein Privilegium des FiskuS. 55) Ueber die Personcn-Mchrhcit oder Einheit deS FiskuS ist Meinungs­ verschiedenheit. Für die Personen - Mehrheit, nach der Verschiedenheit der Stationen oder Behörden, ist auch die Bestimmung der beide» §§. 368, 369 älS Beweis beigcbracht, welche, wenn die Personen - Mehrheit vorausgesetzt wird, einen bloßen Folgesatz, sonst aber eine Abnormität, ein Privilegium enthalten. Der erste ungedr. Entwurf bestimmte daS Gegentheil und Suarez bemerkte

f*r,btt

462

Erster Theil. 8. 370.

Sechszehnter Titel.

Ein Käufer, welcher das Kauf^eld zur Bezahlung

gewisser Schulden des Verkäufers anzuwenden versprochen hat,

dazu in der rev. mon : „Dieser §. (364) enthält eine Abweichung von dem bisherigen principio: daß eine statio fiscalis sich daS nicht anrechnen lassen dürfe, was eine andere schuldig ist; und daß also z. E. der, welcher 100 Thlr. an die Salzkasse zu fordern hat, und der Accisekaffe 100 Thlr. schuldig ist, nicht kompensiren könne. Daß das hier angenommene Contrarium der analogiae jnris, wonach der Fiskus und alle verschiedene stationes desselben doch nur Eine personam moralem ausmachen, so wie in vielen Fallen der natürlichen Billigkeit gemäß sei, läßt sich wohl nicht bezweifeln. Ob aber dasselbe mit unserer einmal ctablirten Kassen-Verfaffung bestehen könne, ist eine andere Frage. Allenfalls würde der Satz auf Kassen, die mit einander in Berechnung stehen, z. E. auf die General- und die Special-Domainen-Kassen einzuschränken sein." (Jahrb. Bd. LH, S. 21.) Der Großkanzler v. Carmer schreibt hierauf an das General-Direktorium: „Es ist bekanntermaßen eine streitige Rechtsfrage: in wiefern eine siskalische Kasse auf ihre Forderungen an einen Privatum sich das­ jenige kompensiren lassen müsse, waS eine andere Kaffe eben diesem Privato schuldig ist; und diese Frage muß bei der Lehre von Kompensationen in dem neuen A. G. B. nothwendig mit entschieden werden. Nach bloßen theoretischen Grund­ sätzen würde eine solche Kompensation, in sofern nur sonst die legalen Erfor­ dernisse dazu vorhanden sind, allerdings stattfinden müssen, da der Fiskus und alle die verschiedene Stationes desselben doch immer nur Eine moralische Person auSmachen. Ich glaube aber, daß nach unserer Finanz- und Kaffen-Einrichtung, vermöge welcher jede Kaffe ihren besonderen Etat, gewisse ihr privative ange­ wiesenen Einnahmen, und gewisse ihr nur eben so privative obliegenden Aus­ gaben hat, und das Rechnungs-Wesen in Verwirrung gerathen müßte, wenn die Schulden der einen Kaffe gegen die Forderungen einer andern kompensirt werden könnten, das Gegentheil anzunehmen sein werde. Eine andere Frage hingegen ist es: ob, wenn Eine Kasse zugleich Debitor und Creditor eines und eben desselben Privati ist, z. E. wenn der Domainen-Pächter Pacht bezahlen soll, und Remisfion zu fordern hat, oder wenn der kontribuable Unterthan Steuern bezahlen und Vorspanngelder erhalten soll, dem Privato exceptio compensationis, so­ bald die übrigen Requisita vorhanden sind, versagt werden könnet Ich muß bekennen, daß ich hierzu keinen Grund abzusehen vermag, und vielmehr der Meinung bin, daß, wenn die Gegenforderung des Privati liquid, fällig, und von gleicher Art, wie die Forderung der Kaffe Ware, die Kompensation aller­ dings statt finden müsse; indem eS z. E. sehr hart sein würde, wenn der Pächter, der seine ganze Crndte verloren hat, daS volle Pachtquantum bezahlen, und die Bonifikation nur nach Gelegenheit der Kaffe von ihr erwarten sollte. Um in­ zwischen bei der Sache gegen die von Sr. Königl. Majestät etwa ertheilten Kaffenvorschriften und Instructiones nicht anzustoßen, habe ich mir darüber Ew. Erzellcnzien erleuchtetes Sentiment zuvörderst ergebenst ausbitten wollen." DaS General-Direktorium antwortete: „Des rc. Herrn v. Carmer rc. sentiren in Dero geehrtestem Schreiben vom 4. dieses mit vollkommener richtiger Einsicht in die Finanz- und Kaffen-Verwaltung, daß jede Kaffe eine für sich bestehende von den übrigen abgesonderte moralische Person ausmache, und eine so wenig die Rechte der andern sich anmaaßen könne, als die Verbindlichkeiten derselben übernehmen dürfe, folglich ein Privatus seine Schuld an eine Kaffe nicht mit seiner For­ derung an eine andere kompensiren könne. Dieses aber ist, äußerst seltene Fälle ausgenommen, in welchen, wenn sie vorkommen, eine Kaffe, die zugleich Gläu­ biger und Schuldner eines Privati ist, Abrechnung und Kompensation niemals weigert, gewöhnlich der beständige Fall, und trifft besonders auch in den von Ew. Erzellenz angeführten Beispielen ein. Die schuldige Pacht eines DomainenPächterS und seine Remissions-Forderung gehen nicht eine und eben dieselbe Kaffe an, sondern erstere muß er an die Domainen-Kaffe, deren Etat durch Abzüge

Von der Kompensation.

463

kann, zum Nachtheile dieser Gläubiger, mit andern Forderungen an den Verkäufer nicht compensiren5 6).

oder ausbleibende Einnahme alteriret werden würde, zahlen, und letztere hat er aus der Ertraordinarien-Kaffe zu erwarten. Eben so kann ein Kontribuent, der Vorspann-Gelder zu fordern hat, solche nicht mit seiner zu prästirenden Kon­ tribution, die zur Krieges-Kasse stießt, kompenssrcn, sondern muß dieselben auS der March- oder sogenannten Molestien- und Paß-Fuhr-Kasse erwarten. Dieses alles ist den Kassen-Jnstruktionen und der wirklichen Beobachtung gemäß. Hier­ nach wird also die Regel sein, daß wer Fisco schuldig ist, und au denselben zugleich eine Forderung hat, obgleich Schuld und Gegenforderung auS eben der­ selben Causa hcrrührcn, dennoch nicht kompensiren kann, wenn nach den KaffenEinrichtungen die Gegenforderung nicht auS demselben Kaffen-FondS zu zahlen ist, an welchen die Schuld abgetragen werden muß, oder diese Verfassung wird bei den gemeinen Kompensations-Gesetzen als ein jus singulare fisci zu be­ merken sein." (Jahrb. Vd LII, S. 72.) Infolge dessen wurden die §§. 368, 369 ausgenommen, welche den Satz enthalten, daß Forderungen an eine landes­ herrliche Kaffe auf Zahlungen, welche an eine Andere zu leisten sind, nicht ab­ gerechnet werden können; nicht aber das von dem General-Direktorium aus­ gesprochene Prinzip: daß jede Kaffe eine besondere moralische Person ausmache. Die fortdauernde Meinungsverschiedenheit darüber führte auch bei dem Ob.-Tr. zu einem Konflikt, welcher durch den Pl.-Beschl. (Pr. 2242) v. 20. Okt. 1850: „einzelne fiskalische Stationen können gegen einander keine Rechte in Bezug auf das Staatsvermögen durch Verjährung erwerben", entschieden ist. (Entsch. Bd. XX, S. 19.) In dieser Allgemeinheit gilt der Grundsatz nicht. AuS dem Wesen der Sache wird er nicht bewiesen; die Wesenheit wird ganz unberührt ge­ lassen. Denn die als Beweis vorgeführte Gleichstellung der Staatsverwaltung und der verschiedenen Staatsanstalten mit einem Privatmanne und dessen verschiedenen Einrichtungen bei seinen Güterverwaltungen ist völlig unzulässig, deshalb, weil daS in verschiedene Verwaltungen getheilte und getrennte Privatvermögen nur Ei­ nem Eigenthümer gehört. Ob das bei verschiedenen öffentlichen Fonds der Fall sei, ist eine thatsächliche Frage, von deren Entscheidung jener Rechtssatz bedingt ist. Dadurch daß zwei verschiedene Fonds als fiskalische bezeichnet werden, wird nicht bewiesen, daß sie genau einem und demselben Rechtssubjekte angehörcn. DaS Ob.-Tr. selbst hat diese Verschiedenheit unbewußt berührt, ohne davon den ent­ scheidenden Gebrauch zu machen, indem es sagt: „Will man auch zugeben, daß — wie Koch a. a. O. bemerkt — die Personificirung der einzelnen Stationen lediglich in der Willkür deS Staats stehen, so muß doch eine solche Personificirung deutlich hervortreten, wie z. B. in der Bankordnung v. 5. Oktober 1846, §. 114 der Bank, bei welcher auch Privatpersonen sich betheiligen können, und deren Komtoirs und Kommanditen die Eigenschaften juristischer'Personen ausdrücklich beigelegt worden sind, während sich für die einzelnen fiskalischen Stationen eine solche Erklärung nicht findet." S. 27 a. a. O. Alle privatrechtliche Bedeutung, welche eine juristische Person überhaupt hat und haben kann, ist die künstliche Fähigkeit, ein — den im Hintergründe stehenden physischen Personen — gemein­ sames Vermögen zu haben. Dieses Gemeinsame der Vermögensobjekte macht die Einheitlichkeit oder Verschiedenheit des Subjekts (der juristischen Person). Darum ist die Bank eine besondere vom Staatsfiskus verschiedene juristische Person, da sich bei ihr „auch Privatpersonen betheiligen können". In sofern nun ver­ schiedene Staatsanstalten vorkommen, deren eigenthümliche Fonds einem engern und andern Kreise gemeinsam sind als die allgemeinen Staatsfonds, sind die­ selben auch verschiedene Persönlichkeiten, wenn jene besondere, einem engern.Kreise eigenthümliche Fonds auch als fiskalische oder landesherrliche gelten.

56) Oben, Pr. 1406, c, in der Anm. 44 zu §. 412 Tit. 11. das Ges. v. 21. März 1835, unten, Zus. zu §. 54 Tit. 20.

Vergl. auch

464 CompenHand°ung'n.

Erster Theil.

Sechszehnter Titel.

8. 371. Nur zwischen Handlungen, die einen bestimmten Geldwerth haben, und wobei es gleichgültig ist, von wem sie ge­ leistet werben57), kann eine Kompensation statt finden.

Entsagung bcr (Somvcn*

s-tt>°n.

8. 372.

Dem Einwande der Kompensation kann der Schuld-

ner für sich selbst55) gültig entsagen. 8. 373. Ein bloßeS auch eidliches Versprechen, baare Zah­ lung zu leisten, achten55'). 8. 374.

ist für eine solche Entsagung

Zum Nachtheile

noch nicht zu

deS Bürgen ist eine nach über­

nommener Bürgschaft geschehene Entsagung deS Hauptschuldners fnSnbTi

ohne Wirkung55). 8 375. Ist der Schuldner seinem Gläubiger mit mehreren

-Ä'L^n Forderungen verhaftet: so finden bei der Kompensation eben die ikord-rungen.

Grundsätze, wie bei der Zahlung, in so weit statt, als überhaupt

die Kompensation der Gegenforderung gegen mehr als eine der Vermuthung "t-rlaffen-n

(Som-

Forderungen zulässig ist55). § 376. Daraus allein, daß Jemand, ohne seine Gegen-

fot')erun9 in Abzug zu bringen, Zahlung geleistet hat, folgt, ohne

Zutretung anderer Umstände noch nichts),

daß die Gegenfor­

derung unrichtig, bezahlt, oder sonst erloschen sei. Verjährung.

§. 377.

Daß zur Zeit der eingeklagten Forderung die Ge­

genforderung schon verjährt ist, hindert die Kompensation nicht,

57) Also fungible geld werthe Handlungen. Oben, Anm. 37 zu 8.345. Die §§. 345 und Ü71 widersprechen sich weder, noch verhalten sie sich zu ein­ ander wie Regel und Ausnahme; jede dieser Bestimmungen hat ihren besondern Gegenstand. 58) Für seine Person, im Gegensatze solcher Mitverpstichteten, welche be­ rechtigt sind, die Gegenforderungen deS Hauptschuldners anzurechnen. §§. 374, 328, 336 ff.

58 a) Der Satz ist aus den gemeinrechtlichen Lehrbüchern ausgenommen, ohne daß er für uns, wo keine eidliche Bestärkungen der Rechtsgeschäfte vor­ kommen können, die geringste praktische Bedeutung hätte. 59) Oben, Anm. 25 zu

328 d. T.

60) Dieser Grundsatz beweiset, daß die Kompensation durch Willens­ erklärung, und nicht unwillkürlich durch die bloße Thatsache des Vorhandenseins der Gegenforderung vollzogen wird. Anm. 1 zu §. 251. 61) Hierdurch wird der von einigen gemeinrechtlichen Juristen, z. B. Leyser Sp. 173, m. 5 behaupteten Vermuthung für die Tilgung der Gegenforderung entgegengetreten. Es müssen noch andere Umstände Zusammentreffen, welche einen Schluß auf die Tilgung zulaffen. Diese Umstände begründen dann auch noch keine rechtliche Vermuthung, aber sie haben den Werth eines indirekten (In­ dizien-) Beweises.

Von Entsagung der Rechte.

465

wenn nur zu der Zeit, da die erstere zahlbar war, die Verjährung

der letzteren noch nicht vollendet gewesen ist62).

Siebenter Abschnitt. Von

§. 378.

Entsagung

der

Rechte.

Die Erklärung, von einem Rechte keinen Gebrauch

B-griff.

machen zu wollen, wird Entsagung genannt').

8. 379.

Die Entsagung eines bereits

heißt Erlaß2), die eines noch zu

erworbenen Rechts

erwerbenden

aber Verzichts­

leistung.

8- 380.

Was von Verträgen

überhaupt gilt, findet auch Grundsatz«,

auf Entsagungen der Regel6) nach Anwendung.

62) Oben, Sinnt. 33, Satz 2 zu §. 342 d, T. 1) Die „Entsagung" soll ein Gattungsbegriff sein, welcher die beiden Unter­ arten Erlaß und Verzichtleistung hat. §. 379. Die Begriffsbestimmung ist nicht der Wirklichkeit entsprechend und veranlaßt NechtSunsichcrheit. Die Entsagung (renunciatio), der Erlaß (pactum remissorium) und die Ver­ zicht l e i st u n g sind ungleichartige Institute. Der Erlaß ist ein wahrer Ver­ trag; die Entsagung ist Aufgcbung einer Bcfugniß ohne Übertragung auf einen Andern, z. B. die Aufgcbung eines Privilegiums; und Verzichtleistung nennt man die Handlung, wodurch man sich eines Anspruchs begiebt. Der Erlaß kann mithin nur durch Willensübcreinstimmung zweier bestimmter Per­ sonen zu Stande kommen, d. h. die wenn auch nur stillschweigend erklärte Acceptation dessen, dem erlassen werden soll, ist wesentlich nothwendig; die Ent­ sagung ist wesentlich eine einseitige Erklärung, wie z. B. die Erbschafts­ entsagungs der Ausdruck wird aber gleichbedeutend für Verzichtleistungen ge­ braucht; die Verzichtleistung geschieht einer bestimmten Person gegenüber und erfordert gleichfalls die Annahme derselben, wenn sic binden soll. (§. 388.) Daß positive Vorschriften hieran nichts ändern konnten oder nichts geändert hätten, behaupte ich nicht; so lange aber die in diesem Abschnitte zusammen­ geworfenen Bestimmungen über diese drei verschiedenen Institute durch richtige Beziehung ihre sachgemäße Erklärung erhalten können, ist es nicht nothwendig, davon abzugehen und eine positive Veränderung dcS Naturgemäßen vorzuziehcn. 2) Erlaß ist ein Vertrag (Anm. 1), und zwar ein dem Obligationenrechte angehöriger Vertrag, wodurch ein Schuldverhältniß gelöst wird, also ein liberatorischer Vertrag (pactum remissorium). Er hat die Natur der Schenkung. §. 393 und oben, Anm. 5 zu §. 1039 Tit. 11. „Der Erlaß einer Schuld erfordert, wenn auch keine gerichtliche, so doch selbst bei Aushändigung des über die Schuld sprechenden Instruments, nicht bloß eine ausdrückliche, sondern bei Gegenständen über 50 Thlr. auch eine schriftliche Erklärung." Pr. des Ob.-Tr. 1005, v. 17. April 1841. Vergl. u. §. 393 und die Anm. dazu.

3) Eine Ausnahme machen die Entsagungen ans Befugnisse und Rechte, Koch, Allgemeines Landrecht.

II.

30

Erster Theil.

466

8- 381. Von Ent­ sagung der Ein­ wendungen.

Sechszehnter Titel.

Erlaß und Verzichtsleistung erfordern allemal eine

ausdrückliche*) Willenserklärung. 382. Die Entsagung der Einwendungen aber gegen eine

an sich gültige Forderung, kann auch stillschweigend geschehen. 8. 383.

Wer in einem Prozesse von seinen Einwendungen

gegen eine wider ihn ausgeklagte Forderung5*)6 * *innerhalb 74 der durch die Gesetze bestimmten Fristen keinen Gebrauch macht, wird der­ selben auch ohne weitere Entsagung verlustig b).

8. 384.

Welche Arten der Einwendungen auch nach erfolg­

ter rechtskräftiger Entscheidung

noch

gebraucht

werden können,

bestimmt die Prozeßordnung^).

welche dadurch nicht auf einen bestimmten Andern übertragen werden (Anm. 1); und eine andere unbestimmte, aber in keinem Falle auf tzen Erlaß zu beziehende Ausnahme macht unten der 8« 392 d. T. 4) Die Entsagung kann auch stillschweigend geschehen. §§. 382 ff. In der Entscheidung v. 14. März 1816 spricht zwar das Ob.-Tr. den Satz aus: „Entsagungen wohlerworbener Rechte müssen ausdrücklich erfolgt sein." (Simon Rechtsspr. Bd. I, S. 145.) Damit ist aber ein Erlaß gemeint, denn eS wurde um die fortdauernde Befugniß aus einem Vergleiche gestritten. Gin Vertrag, wodurch Jemand gegen Entgelt auf Alimente Verzicht leistet, die an sich zwar bestimmt, unter gewissen, ihrem Eintritt und ihren rechtlichen Folgen nach unbestimmten Bedingungen aber veränderlich sind, ist nicht Ent­ sagung oder Verzichtleistung, sondern Vergleich über künftige Alimente. Pr. deS Ov.-Tr. vom 21. Marz 1ö33 (Simon Rechtsspr. Bd. III, S. 286). Siehe unten, 8> 394). Der Willensausdruck kann unter Umstanden auch stillschweigend geschehen, wenn nicht eine bestimmte Form vorgeschrieben, wie z. B. bei der Aufgebung deS Pfandrechtes durch bloße Zurückgabe deS Pfandstückes. Ueber die Form der Entsagungen und Verzichtleistungen oben, Anm. 15 zu §. 134 Tit. 5. 5) Der Rechtssatz beschränkt sich nicht auf Forderungen im engern Sinne; er gilt von Ansprüchen aller Art. Vergl. folg. Anm. 6) Das Verlustigwerdcn ist der wahre Erlöschungsgrund von Rechts­ einwendungen. Diese müssen im Prozesse zur rechten Zeit vorgebracht werden, sonst werden sie, kraft der peremtorischen Fristen und der darauf folgenden rechts­ kräftigen Entscheidungen, für immer ausgeschlossen, wenn sie nicht zugleich ein selbstständiges Klagerecht begründen. Wenn z. B. ein Käufer aus einer schrift­ lichen Punktation auf authentische Vollziehung des Kontrakts in Anspruch ge­ nommen worden ist und in diesem Prozesse den Einwand, daß das Kaufgeld anders niedergeschrieben als verabredet worden, vorzubringen versäumt; so kann er nach rechtskräftiger Vcrurthcilung zur Vollziehung den Kaufkontrakt aus diesem Grunde klagend oder einwandswcise nicht mehr anfechtcn. Uncingetr. Pr. des Ob.-Tr. v. 22. December 1848 in Sachen Elkner w. Theuerkauf, 182/692 III, 48. Entsteht dagegen aus einem Ereigniß zugleich ein selbstständiges Klage­ recht (actio), so versteht eS sich von selbst, daß hierüber in jenem, ein anderes Klagerccht verhandelnden Prozesse nichts entschieden wird, wenn auch der Bekl. dieses besondere Klagerecht zugleich als Schutzmittel (exceptio) in jenem Prozesse hätte gebrauchen können. Vergl. die Entsch. des Ob.-Tr. vom 20. April 1844 (Jur. Wochenschr. 1846, S. 177).

7) Tit. 24 § 36, doch abgeändert durch die V. v. 4. März 1834 §. 6.

Von Entsagung der Rechte.

467

8. 385. Wie weit Jemand, der seine Verbindlichkeiten erfüllt

hat, ohne von den dagegen ihm zustehenden Einwendungen Ge­ brauch zu machen, daS Geleistete auf den Grund dieser Einwen­ dungen zurücksordern könne? ist nach den in dem Abschnitte von Zahlungen vorgeschriebenen Grundsätzen zu beurtheilen«).

§. 386.

Uebrigens hat eS wegen derjenigen

Entsagung«)

der Einwendungen, welche in einem Vertrage geschieht,

bei den

Vorschriften deö Fünften Titels 8 193 sqq. sein Bewenden.

8 387. So weit ein Vertrag, der bloß mündlich erfolgten Abschließung ungeachtet, gültig ist, so weit ist es auch eine bloß ü6et9e”i,t mündliche Entsagung").

8- 388. WaS von der Annahme einer Schenkung verordnet ist, gilt auch von der Annahme eines Erlasses, oder einer Ver­

zichtsleistung 1 ’)•

(Tit. 11, §. 1058 sqqif. Urkunden der gänzliche Mangel alles RechtS auf Seiten des Ge- tuS'™. gentheils klar nachgewiesen werden kann"). 8. 421. In diesem Falle findet AlleS Anwendung, waS die Prozeßordnung") wegen Anfechtung eines rechtskräftigen Er­ kenntnisses auS neu aufgesundenen 15)16Urkunden vorschreibt.

§. 422.

Vergleiche über Rechte, von welchen sich in der Vergleiche

Folge findet, daß dieselben weder einem noch dem andern Theile, sondern einem Dritten zukommen, sind ohne Wirkung").

aber sei der Irrthum unerheblich. (Glück Kommentar Bd. V , S. 23 u. die dort all. Schr.) Das ist im Wesentlichen eben das, waS die Joller'sche Regel ausdrücken soll, nämlich: der Irrthum, welcher das caput controversuin betrifft, ist unschädlich; der Irrthum in andern, nicht bezweifelt gewesenen, wesentlichen Dingen deS Vertrages macht auch den Vergleich anfechtbar. Vergleicht man hiermit die beiden §§. 417 und 418, so wird der Inhalt klar. Der Irrthum über die Beschaffenheit des streitigen Rechts selbst ist eben der daS caput controversum betreffende Irrthum. Dahin gehört auch der Fall der L. 42 C. de transact. (II, 14). Wird z. B. über die Gültigkeit (Echtheit) einer letzten Willensverordnung gestritten, so ist der Vergleich darüber gültig, wenn sich auch in der Folge ergiebt, daß dieselbe unecht ist. Ist aber die Gül­ tigkeit deS Testaments außer Streit und nur die Auslegung zweifelhaft, so ist ein über diese Auslegung geschloffener Vergleich ungültig, wenn nachher zu Tage kommt, daß das Testament falsch war. Der Grundsatz wird im §. 433 an­ gewendet. Separationsrezeffe über die Aufhebung von Gemeinheiten, Hutungen und Diensten gehören in die Kategorie der Vergleiche und können daher wegen Irr­ thums über die Beschaffenheit der abgcfundenen Rechte oder wegen Verletzung nicht angefochten werden. Pr. des Ob.-Tr. vom Jahre 1804 (Mathis, Bd. IV, S. 205).

12) Dieser Fall war niemals zweifelhaft.

13) Hierüber stritt man damals. Die Entscheidung ist gegen den wahren Inhalt der Rechtsquellen, aber im Sinne der am wenigsten unterstützten Meinung ausgefallen. Vergl. L. 19, 29 C. de transact. (II, 4). 14) Tit. 16 *§§. 17 ff. 15) „Die restitutio in integrum ex capite noviter repertorum gegen ein Judikat, oder gegen einen Vergleich findet nur dann statt, wenn der'Restitntionssucher die betreffende Urkunde im Rechtsstreite oder während der Ver­ gleichsverhandlungen nicht produzirt hat. Die hinsichtlich einer früher vom Restitutionssucher zurückgehaltenen Urkunde vom Gesetz (Pr. O. Tit. 16 §§. 21 und 22) unter Vorbehalt des Kosten- und Schadensersatzes nachgelassene Resti­ tution ist also auf eine bereits früher vorgelegte Urkunde nicht auSzudehnen." Pr. des Ob.-Tr. 1999, v. 14. März 1848.

16) Suarez sagt hierzu in der rev. mon.: „Der Fall ist der, wenn z. B. ein vermeintlicher Jntestaterbe sich mit dem vermeintlichen Testamentserben über die Erbschaft vergleicht und in der Folge sich findet, daß das Testament null und daß ein näherer Jntestaterbe vorhanden fei.'' (Ges.-Rev. Pens. XIV, S. 143).

'

Erster Theil.

476

Sechzehnter Titel.

Eben so verlieren Vergleiche über die streitig ge­

§. 423.

wesenen Folgen eines an sich unbestritten gebliebenen Rechts ihre

Kraft, wenn sich findet, daß das Recht selbst, auf dessen Grund der Vergleich geschloffen worden, nicht vorhanden sei17).

Wird der Berechtigte deS Rechts selbst, über dessen

8. 424.

Folgen der Vergleich geschlossen worden,

kann er die Erfüllung

fordern,e). 8. 425.

nachher verlustig,

von dem Andern

deS Vergleichs

so

nicht

In wie fern aber derjenige, auf welchen daS Recht

übergeht, an den Vergleich gebunden fei, fordern könne:

oder dessen Erfüllung

hängt von der Beschaffenheit deS Besitzes ab, in

welchem der, welcher den Vergleich errichtete, sich befand; so wie

von der Beschaffenheit deS Titels, aus welchem er seines RechtS verlustig geworden, und selbiges an den neuen Besitzer überge­ gangen ist'»).

Vrrgleiche

8- 426.

Vergleiche dürfen über die Befugnisse oder Gegen-

ausd-hn-nd stände, auf welche sie sich beziehen, nicht ausgedehnt werden l9’).

17) Dies ist der Fall gleichs. z. 417.

eines

Irrthums

in

dem Gegenstände des Ver­

18) Hierzu bemerkte Suarez a. a. O. (Anm. 16): „Bei diesem Para­ graphen sind eher Mißdeutungen möglich. Z. B. ES hat sich Jemand mit dem Besitzer des benachbarten Gutes über die Grenzen verglichen, und Letzterer wird hiernächst seines Besitzrechts oder Eigenthums durch Verkauf, durch Eviktion von einem Dritten, durch Konfiskation rc. verlustig. Auch in diesem Falle kann freilich dieser vormalige Besitzer die Erfüllung deS Vergleichs für seine Person nicht fordern. Aber es fragt sich, in wiefern sein Succeffor solche fordern könne, und an den Vergleich gebunden sei. Dies hangt nun freilich theils von der Beschaffenheit des Rechts ab, welches der Transigcnt zur Zeit des geschloffenen Vergleichs hatte, theils von der Beschaffenheit des Titels, aus welchem der neue Besitzer an seine Stelle tritt, und kann also hier nicht ex professo erörtert werden. Inzwischen würde eS doch zweckmäßig sein, hierauf durch einen bei­ gefügten Paragraphen aufmerksam zu machen." Infolge dessen ist der § 425 eingeschoben worden.

19) Ueber die Entstehung dieser Hinweisung s. m. die vor. Anm. Als Regel ist anzunehmen, daß der Succeffor den von seinem Normanne geschloffenen Vergleich für und gegen sich hat. Beispiele sind alle pacta in rem, namentlich die Separations- und Ablösungsrezeffe. Ein anderes Beispiel ist der Vergleich eines Erben mit einem Erbschaftsschuldner, wenn der Erbe die Erbschaft verkaufte. Auch wenn der Schuldner bona fide noch nach dem Verkaufe mit dem Erben transigirt, kann sich der Schuldner „propter ignorantiam suam“ gegen die Klage des Käufers mit der exceptio transacti negotii schützen. L. 17 D. de transact. (II, 15).

19 a) Diese sich für alle Verträge von selbst verstehende Regel ist durch den Meinungsstreit über die Auslegung von Vergleichen veranlaßt worden. Man gab gewöhnlich die Regel: Vergleiche müßten einschränkend auSgelegt werden.

477

Von Vergleichen.

§. 427.

Haben sich die Parteien ausdrücklich über alle ihre

wechselseitigen Forderungen verglichen: so sind alle bisher gehabte

gegenseitige Rechte, sie mögen schon

streitig gewesen sein

nicht, für aufgehoben20 * *)* *zu achten. 8 428. Doch bleiben auch von einem

solchen

oder

Vergleiche

diejenigen Posten ausgenommen, welche einem oder beiden Thei­ len erst nach dem Vergleiche bekannt geworden sind.

§. 429.

Ist über eine streitige

geschloffen worden,

Berechnung

ein Vergleich

so kann derselbe wegen angeblicher in der Rechnung«».

Rechnung entdeckter Irrthümer oder Unrichtigkeiten, nicht ange­

fochten werden2'). 8. 430. Wegen begangenen Betrugs aber findet die Auf­ hebung eines solchen Vergleichs, so wie jedes andern, statt.

8. 431.

Wegen

Rechnungsfehler22)23kann der,

zu dessen

Nachtheile sie gereichen, noch innerhalb zehn Jahren nach geschlosse­

nem Vergleiche auf Berichtigung und Vergütung antragen. 8. 432.

Wegen offenbarer bloß in einem irrigen Zusammen­

oder Abziehen22) bestehender Rechnungsfehler, findet der Anspruch auch nach Zehn Jahren gegen den, welcher den Vergleich ge­ schlossen hat, nicht aber gegen seine Erben statt. 8. 433. Ist nicht die Rechnung selbst der Gegenstand deS

Vergleichs gewesen; sondern nur eine Rechnung, als ungezweifelt richtig, dabei zum Grunde

gelegt worden;

und es findet sich

hiernächst, daß in dieser Irrthümer vorgefallen sind: so kann der,

Die allgemeine Gültigkeit derselben fand Widerspruch, indem sie nur insoweit Anerkennung fand, als eS sich von selbst verstehe, daß Vergleiche nicht auf non cogitata ausgedehnt werden dürften. Diesen Satz nimmt unser §. 426 auf. Er enthält also nichts Besonderes.

20) Die Aufhebung wird hier durch Kompensation vermittelt, so weit sich die gegenseitigen Forderungen decken und nur Einer der Transigenten noch Gläubiger des Andern bleibt. Schwierig wird in diesem Falle die Anwendung des Grundsatzes betreffend die Fortdauer der accefforischen Rechte von einzelnen Forderungen (§§. 445-449), wenn darüber nichts verabredet worden ist. Dann muß der Grundsatz entscheiden, daß für den Bürgen der Vergleich ein ihm fremdes Negotium ist, und daß das Pfand für den Ueberrcst auf den Betrag haftet, für welchen es eingesetzt worden ist. 21) Eine Ausnahme machen die §§. 431 ff.

22) Jeder Art, also auch wegen unrichtigen Ansatzes. Tit. 14, welchen Bestimmungen dieser §. nachgebildet ist. 23) Nicht also auch wegen unrichtigen Ansatzes. die Anm. dazu.

Vergl. §§. 146, 147

Oben Tit. 14 §. 151 und

478

Erster Theil.

Sechszehnter Titel.

welchem diese Irrthümer zum Nachtheile gereichen, noch innerhalb

der Verjährungsfrist fordern").

den

rügen,

Fehler

und

Schadensersatz

§. 434.

In allen diesen Fällen (§. 431, 432, 433) steht eS

dem Andern,

welcher zu dieser Vergütung sich nicht entschließen

will, frei, von dem Vergleiche zurückzutreten24 2S). §. 435. Ist in dem Vergleiche die Summe der verglichenen Forderungen nur zur Bezeichnung derselben angeführt, und die­

selbe auS Irrthum zu hoch oder zu niedrig angegeben worden: so findet wegen deS Unterschiedes kein Anspruch statt26).27 28 29 436.

"ariff?vvn

Sachen.

Ist bei einem Vergleiche über einen Inbegriff von

Sachen22) ein Verzeichniß zum Grunde gelegt worden: so erstreckt sich dec Vergleich nur auf die darin angeführten Stücke26).

§.

437.

Sind jedoch im

Vergleiche die

Grundsätze der

Theilung deS streitig gewesenen Inbegriffs bestimmt: so müssen die

im Verzeichnisse ausgelassenen Sachen nach diesen26) Grundsätzen beurtheilt werden.

§. 438.

Haben die Parteien,

ohne ein Inventarium zum

24) Aus der L. un. C. de errore calculi ausgenommen. Dieser §. 433 macht eine Anwendung von dem im §. 418 ausgesprochenen Grundsätze. Oben §. 11 zu §. 418 d. T.

25) Vor rechtskräftig ausgemachter Sache. Ist einmal über die Vergütung rechtskräftig erkannt, so kann er sich davon durch Auftufung des Vergleichs nicht mehr befreien. Die in dieser Vorschrift gegebene Befugniß hat die Natur einer Rechtseinwendung, welche rechtzeitig vorgcbracht werden muß. 383 d. T.

26) Weil anzunehmen ist, daß der Unterschied, der Bezeichnung liegt, keinen Einfluß auf die Abschließung gehabt hat, weshalb denn eine falsche Beschreibung allein tigkeit einer Willenserklärung nicht schadet. Tit. 4, 8* 151

nur in einer irrigen des Rechtsgeschäftes überhaupt der Gül­ Verb, mit §. 149.

27) Einen solchen Vergleich nennen die gemeinrechtlichen Juristen einen allgemeinen (transactio generalis). L. 29 C. de transact. (II, 4). Der allgemeine Vergleich, dessen der 8* 427 d. T. gedenkt, ist also etwas ganz Anderes. DaS G. R. kennt ihn nicht. 28) Anwendung der Jnterpretationsregel 8- 426. Die übergangenen Stücke bleiben Gegenstand eines Nachtragsverfahrens, ohne daß die in dem Vergleiche vereinbarten Grundsätze auf dieselben angewendet werden müßten; vielmehr ist in Beziehung darauf die Sache in ihrer ursprünglichen Lage. Vergl. L. 3 §. 1, L. 12 i. f. D. de transact. (II, 15). Die L. 35 D. de pactis (II, 14) setzt für den gleichen Fall dolose Verheimlichung voraus, wodurch selbst die Erklä­ rung: daß Alles vertheilt (verglichen) worden und nichts mehr gemeinschaftlich geblieben, unkräftig wird. 29) Gegensatz von der Bestimmung deS vorhergehenden 8- 436. vor. Anm. 28.

S. die

479

Von Vergleichen. Grunde zu legen,

sich verglichen:

so finden keine weiteren Be­

rechnungen oder Nachforderungen statt»«).

8. 439.

Ueberhaupt kann ein Vergleich unter dem Vor­

wande, alS ob ein oder der andere Theil dadurch über oder unter

der Hälfte verletzt worden, nicht angefochten werden»'). §. 440.

Haben Jntestaterben mit solchen, die durch Testa- (Sr^‘ften

mente oder Verträge zu Erben eingesetzt worden, sich verglichen: so werden dadurch die Rechte der Legatarien»»), in sofern diese die Gültigkeit des Testaments oder Erbvertrags nachweisen kön­

nen, nicht verändert»»).

§. 441.

Diese können daher»«) auch an den dem Jntestat­

erben abgetretenen Theil deS Nachlasses sich halten, wenn der Ueberrest zu ihrer Befriedigung nicht hinreicht.

§. 442.

Ueber Erbschaften aus letztwilligen Verordnungen

findet vor Publikation derselben kein gültiger Vergleich statt»»).

30) Ausgenommen auS L. 29 C. de transact. (II, 4) u. L. 12 D. eodem (II, 15). Der Fall des Betruges macht auch hier eine Ausnahme. Oben, Anm. 28 zu §. 436.

31) Darüber ist die Meinungsverschiedenheit unter den gemeinrechtlichen Juristen außerordentlich mannigfach. Nach den Grundsätzen des A. L. R. ver­ steht stch der Satz von selbst. Oben, 91 nm. 37 zu §. 58 Tit. 11. Schon nach der vorlandrechtlichen PrariS des Ob.-Tr. wurde gegen einen Vergleich der Einwand der übermäßigen Verletzung nicht zugelassen. Hymmen Beitr. VII,

S. 70 ff. 32) So wie der Gläubiger des Erblassers.

S. die folg. Anm.

33) Die beiden §§. 440, 441 behandeln den Fall der L. 14 D. de trans act. (II, 15). Der berufene Testamentserbe vergleicht sich mit dem das Testa­ ment angreifenden Jntestaterben. Es wird gefragt: von wem die Gläubiger ihre Bezahlung fordern könnten. Scävola antwortet: sie könnten gegen Beide klagen nach -em Verhältniß der unter ihnen verglichenen Erbtheile, „propter incertum successionis“ und zwar nur mit den analogen Klagen (actionibus utilibus). Denn eS bleibe unentschieden, welcher von Beiden wahrer Erbe sei, man könne sie nur alS possessores pro berede behandeln, und gegen diese fänden die nur gegen den wahren Erben'anwendbaren actiones directae nicht statt. Dieser Fall ist in dem A. L. R. nicht entschieden. Der Fall, wo der bctheiligte Legatar oder Gläubiger die Gültigkeit des Testaments nachzuweisen vermag, war unstreitig. Vcrgl. Voet. Commentar. 11, 15 §. 22, verb. caeterum. Aber wenn er das nicht kann? Dann hat die Entscheidung Scävola's auch nach den landrechtlichen allgemeinen Grundsätzen Geltung.

34) Nicht nur „daher", sondern auch obgleich nicht. Denn wenn sie die Gültigkeit nicht nachweisen können, so ist doch auch die Ungültigkeit nicht ausgemacht, folglich nicht das Erbrecht des Jntestaterben nachgewiesen. Dieser gilt'deshalb, den Legatarien und Gläubigern gegenüber, nur als hereditatis possessor, gleich dem Erbschaftskäufer, und muß mit dem ihm abgetretenen Theil der Erbschaft für alle Erbschaftslasten mit haften. S. die vor. Anm. 33.

35) Ein innerer Grund hiervon läßt sich nicht finden. Der Satz ist aus der falsch verstandenen L. 6 D. de transact. (II, 15), welche in der L. 1 §. 1

Erster Theil.

480 8. 443.

Sechszehnter Titel.

Nach erfolgter und den Parteien bekannt gewor­

dener Publikation aber,

kann keiner derselben den Mangel der

Wissenschaft von dem Inhalte der Verordnung vorschützen. Gerichtliche Vergleiche.

8. 444.

Wegen gerichtlich geschloffener Vergleiche bleibt es

bei den Vorschriften der Prozeßordnung3S). Wirkung eines Veraleichs in 'Bürgen,

8

445.

Nach einem Vergleiche bleibt der Bürge,

dabei zugezogen worden,

verabredet ist,

für die

welcher

in sofern seinetwegen nichts Besonderes

Erfüllung

der

von dem Hauptschuldner

durch den Vergleich übernommenen Verbindlichkeit verhaftet.

§. 446.

Ist der Bürge weder bei dem Vergleiche zugezogen,

noch darin ausdrücklich entlassen worden:

so wird

er zwar da­

durch von seiner Vertretungsverbindlichkeit noch nicht3') frei;

D. testam. quemadm. aper. (XXIX, 3) in einem andern Zusammenhänge wieder vorkommt, entnommen und unter den gemeinrechtlichen Juristen jener Zeit sehr streitig. Wie er hier im §. 442, und sein Gegensatz im §. 443, gefaßt ist, kann er noch andere Kontroversen veranlassen als das G. R. damaliger Zeit aufzuweisen hat. Unstreitig war, daß ein Vergleich über Erbstreitigkeiten auS einem Testamente vor Eröffnung des Testamentes nicht absolut unzulässig, viel­ mehr an sich gültig, wenn die Transigenten den Inhalt des Testamentes vor Abschließung des Vergleichs gekannt hatten. Streitig war nur: ob der Vergleich auch in dem Falle vor der Testamentseröffnung zulässig, wenn man den Inhalt des Testaments nicht genau kannte. Die Vers, des A. L. R. antworten darauf mit dem Satze des §. 442: „es findet kein gültiger Vergleich statt." Das kann als absolutes Verbot aufgefaßt werden, es kann aber auch als Ausspruch eines thatsächlichen Hindernisses verstanden werden, in sofern eS wahr ist, daß man nicht über den unbekannten Inhalt einer Schrift streiten kann. In diesem Sinne würde der Satz nur bestimmen, daß ein vor Publikation geschloffener Vergleich durch die keines Beweises bedürftige Behauptung, daß man den Inhalt des Testaments nicht gekannt habe, umgestoßen werden könne, wenn nicht der Gegner die Kenntniß des Inhalts nachzuweisen vermag. Der Vorschrift jene Bedeutung eines absoluten Verbots beizulegen, dazu fehlt aller Grund, vielmehr spricht Alles für die andere Auffassung. Dahin gehört namentlich der angegebene Rechtsstand zu jener Zeit. Ferner die Meinung von Hellfeld, der vermuthlich auch hier­ bei benutzt worden ist und Lib. II, tit. 15 §.349 sagt: ignorantis non est voluntas, seu consensus. Ergo quoque nulla est transactio super testamcnti tabulis nondum cognitis perspectisve. Si vero cognitae fuerunt tabulae, quamvis nondum inspectae, valet transactio Endlich der Gegen­ satz des §. 442 im §. 443: „Nach erfolgter — Publikation aber kann keiner — den Mangel der Wissenschaft von dem Inhalte vorschützen." Vorher also kann der Mangel vorgeschutzt werden. DaS wäre unnöthig, wenn der §. 442 ein Verbotsgesetz enthielte. Nach dieser Betrachtung ergeben sich aus den §§. 442 und 443 folgende Rechtssätze: a) Ein über Erbschaften aus letztwilligen Ver­ ordnungen vor deren Publikation abgeschlossener Vergleich kann wegen Mangels der Wissenschaft von dem Inhalte der Verordnung umgestoßen werden. Der Mangel der Wissenschaft wird vermuthet, b) Ein solcher nach der Publikation abgeschlossener Vergleich kann aus diesem Grunde nicht angefochten werden. 36) Tit. 24 §. 4 u. V. über die Exekution in Civilsachen, v. 4. März 1834, §. 1.

37) Weil der Vergleich nicht novirt.

Oben, Anm. 1 zu §. 378 d. T.

Aufhebung der Rechte durch Umschaffung.

8. 447.

481

Der Gläubiger kann aber gegen ihn von dem Ver­

gleiche keinen Gebrauch machen33); und eS bleiben ihm alle Ein­ wendungen gegen die ursprüngliche Forderung, deren der Haupt­

schuldner durch den Vergleich verlustig geworden ist,

gegen den

an ihn sich haltenden Gläubiger vorbehalten.

§. 448.

Dagegen kommt dem Bürgen gegen den Gläubiger

der Einwand des Vergleichs, so wie alle übrigen Einwendungen deS Hauptschuldners, allemal zu statten3 9). 8 449.

bestellt;

War für die verglichene Forderung ein Pfandrecht

Mand.

und eS ist darüber in dem Vergleiche nichts Besonderes

verabredet: so haftet dasselbe auch ferner40) noch dem Berechtigten zur Sicherheit der auS dem Vergleiche an den Verpflichteten ihm zustehenden Forderung4').

Neunter Abschnitt. Von

Aufhebung

der

Rechte

und

Verbindlichkeiten

durch deren Umschaffung. §. 450. Rechte und Verbindlichkeiten können auch nach WasNo, ihrem Entstehen, mit Einwilligung der Interessenten'), umgeän- ’,atlonf“' bert2*)1 werden.

38) Versteht sich deshalb, weil die Handlungen des Schuldners den Bür­ gen nicht verbindlich machen. 39) Denn Alles, waS den Schuldner befreit, befreit auch den Bürgen. L. 7 §. 1 D. de transact. (II, 15); L. 68 §. 2 D. de fidejuss (XLVI, 1). Vergl. Tit. 11 §. 147.

40) Oben, Anm. 37 zu §. 446 d. T. Es versteht sich, daß wenn ein Dritter das Pfand bestellt hat, oder wenn nachstehende Hypothekengläubigcr ein Intercffe dabei haben, die verglichene For­ derung anzufechten, ihnen der Vergleich als ein negotium inter alios actum gar nicht im Wege ist. Der dritte Eigenthümer des Pfandes hat aus dem Vergleiche eben die Rechte, welche dem Bürgen zustehen. §. 448.

41) Dies ist die Lesart der Ausgaben seit 1817. In den älteren Ausgaben lautet der Schluß: „zur Sicherheit seiner aus dem Vergleiche an den Verpflich­ teten habenden Forderung." 1) Nur mit Einwilligung der Interessenten. Damit ist nur die s. g. novatio voluntaria anerkannt, hingegen die novatio necessaria durch Litiskontestation (die ohnehin nicht mehr in der Röm. Bedeutung vorhanden ist) und durch rechtskräftige Entscheidung verworfen.

2) Unter der Umänderung oder Umschaffung (§.454) wird, wie die Randbemerkung zu diesem §. sowie die Überschrift des Abschnitts zeigt und auch Koch, Allgemeines Landrecht.

II.

31

482 Grundftbe.

Erster Theil.

§. 451.

Sechszehnter Titel.

Die einer schon vorhandenen Verbindlichkeit in der

Folge hinzutretenden Verabredungen sind im zweifelhaften Falle so zu deuten, daß die ursprüngliche Verbindlichkeit so wenig als

möglich geändert werde. 8. 452. Durch die bloße Ausstellung neuer Urkunden über eine schon vorhandene Schuld wird in der Natur derselben nichts

geändert *). 8 453.

Eben so wenig erfolgt eine Veränderung in der

Natur der Schuld, wenn die Zahlungstermine näher oder anders bestimmt, von einer unzinsbaren Schuld Zinsen versprochen, oder

in Ansehung des Zinssatzes,

oder der für die Schuld bestellten

Sicherheit, veränderte Abreden getroffen worden. §. 454. Wird aber eine neue Verbindlichkeit

ausdrücklich

an die Stelle der vorigen gesetzt^); so erlöscht diese letztere durch

Umschaffung (Novation). 8- 455.

Ist die neue Verbindlichkeit so beschaffen,

daß die

vorige Verbindlichkeit mit ihr zugleich nicht bestehen kann: so er-

der 8-454 ausspricht, die Novation verstanden. Dieses Institut ist aus dem R. R. in das A. L. R. ausgenommen, ohne die Bedingungen seiner Anwend­ barkeit zu schaffen. Novation heißt nämlich die Verwandlung irgend eines speciellen SchuldverhältniffeS in die, dem R. R. eigenthümliche, allgemeine formelle Obligation (verborum obligatio) mittels des Befragungskontrakts (stipulatio). Diese Gattung von Obligation und von Kontrakt kennen wir nicht; wir vermögen «daher keine allgemeine formelle Obligation, welche an die Stelle einer besonderen treten und diese dadurch tilgen könnte, zu schaffen. DaS Institut ist daher nur nominell ausgenommen und die für dasselbe in diesem Abschnitte gegebenen Bestimmungen sind wesenlos. Dieser Abschnitt trägt diejenige Anwendung der Novation vor, bei welcher die Personen nicht gewechselt werden. Diejenigen Anwendungen, wobei die Person des Gläubigers, oder die Person deS Schuldners, oder die Person des Gläubigers und Schuldners zugleich, sich ändern, find bereits im Tit. 14, im dritten Abschnitte Tit. 11 und §§. 264 ff. d. T. vorgekommen.

3) Nämlich in ihrer rechtlichen Natur geändert.

§§. 452, 453.

4) Aus den gemeinrechtlichen Schriftstellern aufgenommen, obwohl die Möglichkeit, die Natur eines bestehenden SchuldverhältniffeS zu ändern, auch nach G. R. ein Problem ist. Anm. 1 zu §. 450. Nach diesem Grundsätze wird durch die Ausstellung eines Schuldscheins auch die kürzere Verjährung, welcher die Schuld nach ihrer Natur unterworfen ist, nicht ausgeschlossen; ste läuft vom Tage der Ausstellung von neuem. Pr. des Ob.-Tr. 2295, v. 5. Juni 1851 (Entsch. Bd. XXI, S. 36). 5) Das zu bewerkstelligen ist eine nicht zu lösende Aufgabe, wenn solches nämlich eine Novation im Röm. Rechtsstnne sein soll. Daö A. L. R. kennt nur Schuldverhältnisse aus speciellen Entstehungsgründen. Sollte also an Stelle einer bestehenden Schuld, z. B. einer MiethSschuld, eine Darlehnsschuld durch bloßen Konsens gesetzt werden, so würde das ganz unmöglich sein.

Aufhebung der Rechte durch Umschaffung.

483

löscht die vorige, wenn auch eine ausdrückliche Aufhebung der­

selben nicht erfolgt wäre'). 8. 456.

So weit der unfähige Schuldner während der Un- Sn wie fern

fähigkeit Zahlung leisten kann;

so weit gilt auch nur eine unter Schuldner,

diesen Umständen von ihm vorgenommene Novation6 7). 8

(§. 40,

41, 42.) 8. 457. So weit einem Gläubiger, welcher in der Ver- ein u»l fähiger fügung über sein Vermögen eingeschränkt ist, Zahlungen mit recht- Gläubiger,

kicher Wirkung nicht geleistet werden sönnen z

der Schuldner

eines solchen Gläubigers

so weit kann auch

keine demselben nach­

theilige Novation mit ihm vornehmen. §. 458. Wenn von mehreren Mitverpflichteten der Eine einer von mit dem Gläubiger eine Novation der ganzen gemeinschaftlichen MUnerpM». Verbindlichkeit vornimmt: so befreit er dadurch die übrigen eben ,etenMet so, wie durch geleistete Zahlung.

§. 459.

Hat von mehreren Mitberechtigten der Eine allein Miibereq.

eine Novation mit dem gemeinschaftlichen Schuldner vorgenommen, »kenfonne. so ist dieselbe nur für seinen Antheil von Wirkung').

6) Der Fall ist möglich, z. B. der Leiher einer Sache miethet dieselbe oder der Miether erhalt sie geliehen. Kommodat und Miethe einer und derselben Sache können unmöglich gleichzeitig nebeneinander bestehen. Auch im R. R. wird dieser Fall behandelt L. 10 pr. D. de acquir. vel omitt. poss. (XLI,2.) Das nennen die Römer aber nicht Novation und können es auch nicht so nennen. Denn die Aufhebung des bestehenden SchuldverhältniffeS wird nicht durch No­ vation bewirkt, sondern in gewöhnlicher Weise durch wechselseitige Einwilligung. An die Aufhebung schließt sich ein anderer spezieller Kontrakt an, der zur Auf­ hebung deS bis dahin bestandenen gar nichts beiträgt. Der Zusammenhang Beider ist bloß äußerlich. Der Satz ist aus dem Konkl. der Ges.-Kommiff. vom 12. Juli 1782 ({Rabe Bd. I, 7, S. 150) bei der Umarbeitung des gedr. Entw. ausgenommen. 7) Der Satz widerspricht den allgemeinen Grundsätzen über lästige Verträge überhaupt und dem richtigen Grundsätze des §. 462 d. T. insbesondere; er ist praktisch unanwendbar. Dieser nicht paffende §. 456 ist sammt den §§. 457 bis 460 bei der Umarbeitung des gedr. Entwurfs von Suarez ohne Recht­ fertigung eingeschaltet. (Ges.-Rev. Pens. XIV, S. 149.) Im gedruckten Entw. Th. II, Abth. 2, S. 562 folgt aus den §. 454 unmittelbar der §. 461. Vielleicht ist bei der Einschiebung des §. 456 die L. 1 §. 1 D. de novat. (XLVI, 1) im Sinne gewesen, wonach ein Pupille ohne Beitritt des Vormundes gültig, d. h. mit der Wirkung, daß die alte Obligation unterging, noviren konnte. Der Gläubiger hatte dann eine unwirksame neue. Dieser Grundsatz gilt aber im L. R. nicht. §§. 462, 463. Es müßte denn der Gläubiger in bewußter Absicht einen solchen Tausch haben machen wollen.

8) Dieser eingeschobene Satz (Anm. 7) harmonirt auch nicht mit dem Grundsätze, daß nomina nicht ipso jure divisa. Tit. 5 §. 450; Tit. 17 §. 151.

Erster Theil.

484

§. 460.

Sechszehnter Titel.

Ausgenommen ist der Fall,

wenn der Schuldner

das Ganze an diesen Mitberechtigten zu zahlen oder zu leisten be­ binÄrän.

fugt gewesen. 8- 461. Was Rechtens sei, wenn die Novation durch Ver-

"Persvm"n änderung der Person des Gläubigers oder Schuldners erfolgt, ist

gehörigen Orts bestimmt. (Tit. 11, Abschn. 3; Tit. 14, §. 399 sqq.; Tit. 16, §. 260 v) sqq.) der Verbind8- 462. Soll die Novation durch eine Veränderung in der Uchkeit. Art der Verbindlichkeit unter eben denselben Personen") erfolgen: so muß der Schuldner nach den Gesetzen fähig1') und berechtigt

sein, eine Verbindlichkeit von dieser Art zu übernehmen. §. 463. Auch der Gläubiger muß fähig und befugt sein,

ein Recht von der Art"), als an die Stelle seines vorigen Rechts treten soll, zu erwerben. §. 464. Ueberhaupt ist eine Novation,

wodurch

an die

Stelle einer Verbindlichkeit eine andere, welche durch Verträge gar nicht übernommen werden kann, gesetzt wird, ohne Wirkung. Folgen der Ungültigkeit einer No­ vation.

§. 465.

Ist die Novation ungültig:

§. 466.

Ein Gleiches findet statt, wenn die Novation nur

unter einer demnächst nicht Wirkungen einer gül­ tigen No­ vation

so bleibt die vorige

Verbindlichkeit bei Kräften. eintreffenden Bedingung

vollzogen

worden. 8. 467. Ist hingegen die Novation gültig: so kann die neue Verbindlichkeit unter dem Vorwande, daß die alte nicht rechtsbeständig gewesen sei, nicht angefochten werden").

9) Muß „262" heißen.

R. v. 29. December 1837 (Jahrb. Bd. L, ger.

496. Wenn der Gläubiger den Bürgen oder dieser jenen |0 TOerb?n jWar tzie gegenseitigen Rechte und Verbindlich­

keiten auS der Bürgschaft'3) aufgehoben; die Verbindlichkeiten deS Hauptschuldners aber bleiben unverändert. §. 497. So weit der Gläubiger und Hauptschuldner ein­

ander beerben, wird zugleich die Verbindlichkeit des Bürgen auf­ gehoben;

auch wenn derselbe schon

rechtskräftig verurtheilt war,

den Haiiptschuldner zu vertreten 1 ’). §. 498. Dagegen verbleibt dem Bürgen sein Recht, den Er­

satz der wegen der Bürgschaft gehabten Schäden nnd Kosten aus dem Vermögen oder Nachlasse deS Schuldners zu fordern. §. 499. Ein Gleiches findet statt, wenn der Bürge, vor er­ folgter Vereinigung, an den Gläubiger für den Hauptschuldner

wchü?ät'btr

schon wirklich Zahlung geleistet hatte. S- 500. Wenn der Erbe in Concurs verfällt, so können die

Sepa^üon

Gläubiger 18) des Erblassers darauf antragen: daß zu ihrem Besten

'ÄnVnV b£r Nachlaß von dem eigenthümlichen Vermögen des Erben abErl'iaffers

gesondert, und zu ihrer Befriedigung vorzüglich verwendet werde19).

cursen.

13) Der Grundsatz gilt nicht für den Fall, wenn zwar dem Gläubiger gegenüber Mehrere solidarisch hasten, unter sich aber Einer dem Andern zur Tilgung der Schuld verpflichtet ist. Daher kann, „wenn ein Erbschaftsverkäufer in Betreff einer in der verkauften Erbschaft begriffenen Nachlaßschuld nachher das Recht des Gläubigers erwirbt, sich der Erbschaftskäufer nicht darauf berufen, die Schuld sei durch Konfusion aufgehoben." Pr. des Ob.-Tr. v. 12. Juni 1849. (Entsch. Bd. XVIII, S. 232.) 14) Oder der Eigenthümer der zum Unterpsande eingesetzten Sache. 15) Vergl. oben §. 237 Tit. 14.

16) Aber nicht aus der Hypothek. §. 484, Anh. §. 52 u. Anm. 6 dazu.

17) Dieser ans dem R. R. aufgenommene Satz hat nach den allgemeinen Grundsätzen des heutigen Rechts über Litiskontestation und rechtskräftige Ent­ scheidung keine Bedeutung, da jeder erst nach rechtskräftiger Vcrurtheilung ein­ tretende Tilgungs- oder Aufhebungsgrund die Erekution hindert. Nach R. R. konnte das zweifelhaft sein, doch fiel die Entscheidung auch hiernach zu Gunsten des Bürgen aus, „quasi omni causa et ad versus reum, et adversus fideussorcm (sc. condemnatum) dissoluta.“

L. 7 §. 1 D. de transact. (II, 15).

18) Auch die Lcgataricn und Fideikommiffarien. Vergl. L. 6 pr. D. de separat. (XLII, 6).

19) Proz.-O. Tit. 50 §§. 272 ff.

Pr. O. Tit. 50 §.277.

Aufhebung der Rechte durch Vereinigung. §. 501.

499

Nur das, waS nach ihrer Befriedigung von dem

Nachlasse noch übrig bleibt, fällt wieder in die Concursmaffe des

Erben jimitf20). 8- 5*02. Durch einen solchen Antrag wird also die Ver­

einigung und Vermischung deS Activvermögens deS Erblassers und

Erben, auch wenn Letzterer von der Rechtswohlthat des Jnven-

tarii keinen Gebrauch gemacht hätte, zum Besten der Erbschafts­

gläubiger verhindert.

§. 503.

Auf diese Absonderung können jedoch nur diejenigen

Gläubiger deö Erblassers antragen, welche vor Ablauf eines Jah­

res, nach dem Absterben2') deS Erblassers, ihre Befriedigung von dem Erben gerichtlich gefordert, und die Erecution wider ihn bis

zum eröffneten Concurse fortgesetzt haben. §. 504.

Erbschastsgläubiger,

welche mit dem Erben eine

Novation22)23vornehmen, werden dadurch des Absonderungörechts

verlustig. §. 505.

Haben einige Erbschastsgläubiger ihr AbsonderungS-

recht erhalten, andere aber selbiges obgedachtermaßen eingebüßt,

so werden erstere aus dem abgesonderten Nachlasse, so weit der­

selbe zureicht, befriedigt, und letztere müssen ihnen, als Gläubiger

des Erben, nachstehen, wenn sie gleich sonst, nach der Qualität ihrer Forderungen, einen Vorzug hätten verlangen können22).

§. 506.

Erbschaftsgläubiger, denen für ihre Forderungen

ein Pfand- oder Hhpothekenrecht in einer zum Nachlasse gehörigen

20) Aus der L. 3 u. 5 D. de separat (XLII, 6) ausgenommen. Reicht die Erbschaft zur Befriedigung der Gläubiger und Legatarien nicht hin, so kann der Ausfall bei dem Konkurse des Erben ohne Vorbehalt liquidirt werden (Pr. O. §. 278 a. a. O.), ein von dem R. R. L. 5, 1 §. 17 u. L. 3 §. 2 D. eodem abweichender Grundsatz. Damit für den Fall der Unzulänglichkeit die Präklusion kein Hinderniß wird, müssen die Erbschastsgläubiger ihren eventuellen Ausfall anmeldcn, auf daß ihnen locus vorbehalten werde.

21) Das Jahr, welches den Gläubigern des Erben gegeben ist, fängt erst von dem Tage der Uebernahme (Antretung oder Ablauf der Deliberationsfrist zur Antretung) der Erbschaft an. §. 508. Die Unterscheidung hat keinen Grund. Denn auch der Erbschastsgläubiger muß mit der Klage bis nach Ablauf der Deliberationsfrist warten.

22) Das R. R., L. 1 §§. 10, 11, 15, 16 und L. 7 D. eodem verlangte nur eine freiwillige Einlassung des Gläubigers mit dem Erben, wegen der Befriedigung. 23) Ausgenommen aus der L. 1 §. 16 I). dc separat (XLII, 6).

Sache bestellt worden, bedürfen zur Erhaltung desselben keiner Ab­ sonderung. 8. 507. Hat Jemand eine verschuldete Erbschaft ohne Vor­ behalt der RechtSwohIthat des Inventar» übernommen^ und ist dadurch außer Stand gesetzt worben24),25 seinen 26 27 eigenen und den Erbschaftsgläubigern zugleich ein Genüge zu leisten: so können, bei einem über ihn entstehenden Concurse, seine Gläubiger auf die Absonderung seines eigenen Vermögens von dem Nachlasse an­ tragen 2 5). §. 508. Zu dergleichen Anträge sind jedoch nur solche Gläubiger deS Erben berechtigt, deren Forderungen älter sind, als der Erbanfall; und die diese Forderungen innerhalb Jahresfrist, nach übernommener2«) Erbschaft, gegen den Schuldner eingeklagt, auch die Erecution bis zum eröffneten Concurse fortgesetzt haben. 8. 509. Die Wirkung dieses AKsonderungsrechtS ist, daß die Gläubiger deS Erben, denen eS zukommt, aus seinem abge­ sonderten Vermögen vorzüglich befriedigt werden müssen. §. 510. Nur an das, waS alsdann von dem Vermögen deS Erben noch übrig bleibt, können die Erbschaftsgläubiger, denen er wegen der ohne Vorbehalt geschehenen Erbesantretung auS eigenen Mitteln verhaftet ist, ingleichen seine eigenen Gläubiger, denen nach 8- 508 daS Absondernngsrecht nicht zukommt, sich halten. 511. Auch hier bedürfen Gläubiger deS Erben, die mit Pfand oder Hypothek gedeckt sind, keines Absonderungsrechts. 8. 512. Dagegen kann auch zum Nachtheile solcher Erb­ schaftsgläubiger, denen der Erbe, vor eröffnetem Concurse, ein Pfand- oder Hypothekenrecht in seinem eigenen Vermögen bestellt hat, auf die Absonderung nicht angetragen werden22).

24) Allererst, oder noch mehr als er cS schon vorher war; denn auch im zweiten Falle steht daS beneficium zu.

25) Nicht so nach R. R., aus dem Grunde, weil keine freie und selbst­ ständige Person von irgend einem Menschen, also auch nicht von seinen Gläu­ biger» gehindert werde» kann, Schulden oder noch mehr Schulden zu machen, folglich auch kein Gläubiger ei» Schutzmittel dagegen in Anspruch nehmen kann, den Fall der Arglist (fraus) ausgenommen.

L. 1 §. 5 D. eodem.

Oben, Anm. 21 zu §. 503. Daß die Erbschaft mir mit Vorbehalt «»getreten worden, sichert die eigenen Gläubiger nicht, da der Erbe sich durch seine Wirthschaft ebenso verantwortlich machen kann, wie ein unbedingter Erbe.

26) D. h. «»getretener Erbschaft.

27) Paßt nicht zu den, Prinzip, auf welches sich der §.507 gründet. Anm. 25.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

501

SLebenzehnter Titel. vom gemeinschasUichen Eigenthums.

Erster Abschnitt. Vom gemeinschaftlichen Eigenthums überhaupt. §. 1. Gemeinschaftliches Eigenthum') ist alsdann vorhan- AUg-m-in« den, wenn dasselbe Eigenthumsrecht über eine Sache, oder ein Recht, mehreren Personen ungetheilt?) zukommt. (Tit. 8, §§. 14, 15, 17.) §.^2. Bei der Gemeinschaft dcS Eigenthums wird ver­ muthet, daß jeder Miteigenthümer gleiches Recht, und eben so viel Recht'), alS der andere, an der gemeinschaftlichen Sache habe., 8. 3. Die ungleiche Theilnehmung an der Sache ändert noch nichts in der Beschaffenheit des Rechts der verschiedenen Miteigenthümer. §. 4. DaS Recht eines jeden TheilnehmerS auf die gemein­ schaftliche Sache gehört zum besondern Eigenthume desselben *).

1) Auch „Miteigenthum" genannt. Es kann sowohl durch vertragsmäßige Uebereinkunst eines Alleineigenthümers mit den zu Miteigenthümern angenommenen Personen, als durch gemeinschaftliche Erwerbung einer Sache oder emeS Rechts begründet werden. Auch die Ersitzung (Usukapion) ist eine geeignete Erwerbungsart für Miteigenthum. §§. ö ff.

2) Die Antheile der Einzelnen sind ideell. 3) Folglich auch eben so viel Lasten und Pflichten. 4) Dieses Sonderrecht kann mithin auch ein jeder Theilnehmer für sich allein, ohne Zuziehung der Uebrigen, gegen Jeden geltend machen. Darauf gründet sich das Pr. des Ob.-Tr. 1871, v. 23. Januar 1841 u. 29. Mai 1847: „Auch ein einzelnes Mitglied einer Gemeinde, welches in der Benutzung eines Kommunalwegcs gestört wird, ist befugt, das diesfällige Recht für sich allein im Wege Rechtens geltend zu machen; es ist nicht erforderlich, daß die ganze Gemeine klagend austrete." Feruer das Pr. v. 25. November 1850: „Einzelne Familienglieder können ihre Fideikommißanwarterrechte gegen ein anderes Familien­ glied, ohne vorhergehenden Familienschluß und ohne Bevollmächtigung durch die ganze Familie, auch dann verfolgen, wenn sie ihre Rechte auf ein Gesammtrecht der Familie gründen." (Entsch. Bd. XX, S. 312.) S. das Weitere u. in der Anm. 5 zu §. 10, ii. in den Anm. zu den §§. 60 u. 69.

Wie Ge. entstehen.

Siebenzehnter Titel.

Erster Theil.

502 §. 5.

Von den Titeln und Erwerbungsarten des Miteigen-

thums gilt in der Regel Alles,

was vom Eigenthumc überhaupt

verordnet ist.

§. 6. werden

Gemeinschaften, die aus Verträgen entstanden sind,

nach

den

Regeln

der

Gesellschaftsverträge

beurtheilt.

(Abschn. 3.)

8. 7. Bei Gemeinschaften, die auS Verfügungen eines Drit­ ten entstehen, muß vorzüglich auf die Verordnungen deö Stifters

Rücksicht genommen werden. §. 8. Bei Gemeinschaften,

die aus einer zufälligen Bege­

benheit entstanden sind, gelten die Vorschriften des gegenwärtigen Abschnitts. §. 9.

Eben diese Vorschriften finden auch alödann Anwen­

dung, wenn die Entscheidung weder auS der Verordnung deS

Stifters, noch aus dem Gesellschaftsvertrage, noch aus den über diese beiden Arten der Gemeinschaften gegebenen besonderen Ge­

setzen entnommen werden kann. Rechte dcr

§. 10.

Kein Theilnehmer kann, ohne Beistimmung der übri-

ubcrhaut't. gen, über die gemeinschaftliche Sache, deren Besitz oder Benutzung,

gültige Verfügungen treffens.

Auch alö Gegenstand seiner freien Verfügung kann jeder Miteigenthümer seinen ideellen Antheil behandeln, soweit dies möglich ist, ohne die Rechte der Andern zu beeinträchtigen. §. 60 u. die Anm. dazu.

5) Die Frage betrifft sowo.hl die Legitimation zur Prozeßsührung als die Befugniß zur Vertragschließung über diese Gegenstände. I. Das Prinzip über die Proreßlegitimation oben, Anm. 40 zu §. 450 Zit. 5. Der Streit betrifft hauptsää)lich den Gebrauch der dinglichen Klagen. Es fällt in die Augen, daß wenn die ganze Sache in die Lage kommt, mit dem geeigneten Rechtsmittel verfolgt oder geschützt zu werden, auch jeder einzelne Miteigenthümer wegen seines ideellen Antheils und Sondereigenthums bedroht ist und in dem Gebrauche seines Rechts nicht von dem Willen der Miteigenthümer abhangen kann. Deshalb muß er berechtigt sein, die dinglichen Rechtsmittel, namentlich also auch die actio negatoria, wegen des Ganzen, in seinem alleinigen Interesse zu gebrauchen. Dadurch kann, man mag die Sache von der Seite der Miteigenthümer oder von der des Dritten (Prozeßgegners) ansehen, Niemand beeinträchtigt werden, der Rechtsgang möge auösalten wie er wolle; denn das Urtel nützt und schadet den Miteigenthümern und gegen die Miteigenthümer nicht. Gewinnt der Miteigenthümer seinen Prozeß, so haben die andern Gemeinschaster doch gewiß keine Beschwerde, sie haben vielleicht den indirekten Vortheil, daß sie für ihre Person nicht weiter behelligt werden, indem der Dritte sich bei dem fehlgeschlagenen Versuch beruhigt. Der unterliegende Dritte verliert auch nichts, da ihm fein Recht gegen die Uebrigen offen bleibt, und wenn er gegen sie durch­ dringt, er deren Stelle einnimmt, so daß er dann Genosse des obsiegenden Ein­ zelnen wird. Verliert der Miteigenthümer den Prozeß, so schadet das den übrigen Miteigenthümern an ihrem Rechte nicht, der obsiegende Dritte tritt höchstens in die Stelle des unterliegenden Gegners.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthmne überhaupt. 8. 11.

503

Selbst durch die Mehrheit der Stimmen können die

übrigen Theilnehmer in ihren Rechten nicht beeinträchtigt werden.

In Beziehung auf die Aktivlegitimation ist dieser Grundsatz von dem Ob.-Tr,. für richtig erkannt und angewendct worden. Dahin gehören: a) Aas Pr. 1050, v. 15. Oktober 1841: „Einzelne Miteigentümer eines pro indiviso besessenen Grundstücks, wovon Jedem von ihnen das Hütungsrecht zusteht, sind wohlbefugt, gegen dritte Personen, die sich zu ihrem Nachtheil eben­ falls Nutzungsrechte anmaßcn, die Negatorienklage anzustellen; der Beitritt der Uebrigcn, beziehungsweise der Majorität, ist nicht erforderlich." b) Das Pr. vom 20. Februar 1849: „Ein einzelner Miterbe ist legitimirt, einen von seinem Erblasser geschloffenen Verklag als ungültig anzufechten und die Rückgabe des Vertragsgegenstandes zur Rachlassenschast zu verlangen." (Cntsch.

Bd. XVIII, S. 242.) c) DaS Pr. vom 25. Februar 1850: „Der Anspruch auf Ablegüng her Rechenschaft über die Allsführung eines Auftrages kann auch von einem einzelnen Mitcrben des verstorbenen Machtgebers gegen dessen Bevollmächtigten geltend gemacht werden." (Entsch. Bd. XIX, S. 213.) Dieser streitige Grundsatz ist durch den Pl.-Beschl. vom 1. December 1851 (Aum. 40 zu §.450 Tit. 5) auf­ recht erhalten. Mit der Passivlcgitimatiou verhalt es sich nicht anders. Wenn ein Servitut: berechtigter von Einem der Miteigenthümcr des gemeinschaftlichen dienenden Grund­ stücks in der Ausübung seiner Servitut gehindert wird, während die übrigen Miteigenthümer sein Recht gar nicht bezweifeln noch thatsächlich hindern: so ist doch jeder vernünftige Grund unfindbar, den Servitutberechtigten zu nöthigen, die actio confessoria gegen Alle anzustelten, wenngleich die Servitut das Ganze betrifft; und andererseits fehlt ebenso jeder denkbare Grund, die friedfertigen Mitbesitzer, die dem Berechtigten gar nichts streitig machen, zu zwingen, sich absolut mit verklagen zu lassen. Deshalb kann dem beklagten Miteigenthümer in solchem Falle die exe. plurium litisconsortium nicht zustehen. Aber hier denkt das Ob.-Tr. anders. Ein Hypothekarius klagte mit der Hypothekenklage gegen zwei Mitbesitzer des verhafteten Grundstücks. Es wurde der Einwand gemacht, daß noch ein dritter Mitbesitzer vorhanden. Der Appellationsrichter fand den Einwand unerheblich und erkannte auf Vollstreckung des Mandats, weil das dingliche Recht des Klägers sich auf das ganze Grundstück erstrecke und dieses ihm in allen seinen Jbealtheilen solidarisch hafte. Das Ob.-Tr. sentirte: Das sei für die Prozeßlegitimation nicht entscheidend, eS verstehe ssch von selbst, daß bei einem Grundstücke, welches sich im gemeinschaftlichen Äksitze Mehrerer befinde, das Mandat zur Zahlung eines Hypotheken-Kapitals nur an sämmtliche Besitzer des verpfändeten Grundstücks erlassen werden könne. Des­ halb seien die Vorschriften Pr. O. Tit. 5 §. 4 Nr. 8 und §. 29; Tit. 9 §. 2, und A. L. R. I, 17 1, 10, 36, sowie I, 19 §. 10 verletzt. Entsch. vom 10. August 1847 (Rcchtsf. Bd. II, S. 87). Es versteht sich aber ganz ebenso von selbst, daß damit gar nichts bewiesen ist. Die Vertreter der entgegengesetzten Meinung können den nämlichen Grund mit ganz gleichem, wenn nicht mit noch größerem Gewichte für ihren Satz gebrauchen, denn es versteht sich erst recht von selbst, daß derjenige, welcher dem Berechtigten sein Recht nicht streitig macht, nicht verklagt werden kann. In wiefern der Satz bei der Hypothckenklage zu modificiren sein möchte, das eben bleibt darzulegeu. Wird das Verhältniß des Hypothekarschuldncrs so aufgefaßt, daß ihm hauptsächlich eine Schuld zu tilgen

obliege; so verletzen alte Mitbesitzer das Recht des Gläubigers, wenn sie nicht zahlen. Materiell ist es aber nicht so; dem Besitzer als solchem liegt nicht die Verbindlichkeit ob, zu zahlen, er muß es nur dulden, daß ihm der Gläubiger die verhaftete Sache entziehe, um sie zu verkaufen. Soweit steht die a. hypothecaria mit der a. confessoria ganz gleich. Aber die Vollziehung des Rechts des Hypothekarius macht eine Aenderung nöthig: der Gläubiger kann nicht selbst sein Recht vollziehen, er muß es durch " den Richter thun lassen, und dieser versteht

Erster Theil.

504 12.

Siebenzehnter Titel.

Wenn eS aber auf Verfügungen über die Substanz

der gemeinschaftlichen Sache, oder die Art ihrer Verwaltung oder

sich dazu nicht, wenn er keinen erekutorischen Titel vor sich hat. Daraus aber folgt durchaus uicht, daß der Hypothekargläubiger, wie in jenem Falle geschehen, mit seiner dinglichen Klage gegen zwei Mitbesitzer abgewiesen werden muß, des­ halb, weil noch ein dritter Mitbesitzer vorhanden. Alles was daraus folgen kann, ist, daß der Richter das Urtel nicht in das Ganze vollstrecken wird und daß deshalb der Gläubiger noch nachträglich gegen den dritten Mitbesitzer einen erekutorischen Titel auswirken muß. Das braucht nicht absolut durch einen Prozeß zu geschehen, auch ein Schicdsmannsvergleich ist gut dazu. Vergl. unten das Pr. 727 in der Anm. 11 zu §. 127. Eine andere Frage ist: ob der Gläubiger vom Ganzen seine Forderung aus dem Jdealantheile eines Einzelnen eintreiben darf. Hierauf scheint der Entscheidungsgrund des Appellationsgerichts zu gehen. Derselbe beweist keincswegcs eine solche Berechtigung des Gläubigers; dem Gläubiger gegenüber stehen die Jdealantheile nicht in einem Correalverhältnisse, sondern sie sind nur Bestandtheile des Ganzen. Unten Anm. 76 zu §. 106. II. Der eigentliche Fall, für welchen die §§. 10 ff. Bestimmung treffen, ist der, wenn ein Theilnehmer über das Ganze, wie über eine eigene oder wie über eine fremde Sache, nicht in Vertretung der Mitberechtigten, verfügt. Von dem Falle der Stellvertretung ist in den §§. 52 ff. Rede. Verfügungen deS Ein­ zelnen über das Ganze binden die Theilnehmer nicht. Darüber ist kein Streit. Die Frage ist: welche obligatorische Wirkung z. B. ein Verkaufskontrakt zwischen den Kontrahenten hat, welchen ein Miteigentümer über das Ganze mit einem Dritten geschlossen hat; näher: ob er gilt, d. h. den Verkäufer verbindlich macht, oder ob er nichtig ist. In Beziehung auf die Jdealantheile der nichtvertretenen Theilnehmer entscheidet sich die Frage nach den Regeln vom Kaufe über fremde Sachen. Die Frage betrifft den eigenen Jdealantheil des unbefugten Verkäufers. Das Ob.-Tr. hat den Satz ausgesprochen: „Wenn ein Theilnehmer ohne Bei­ stimmung der übrigen, über die gemeinschaftliche Sache, deren Besitz oder Be­ nutzung verfügt hat, so ist das eingeaangene Geschäft nur rücksichtlich deS wider­ sprechenden Teilnehmers ungültig. Der Verfügende selbst ist das Geschäft an­ zufechten nicht befugt." Pr. 437, v. 27. Januar 1838 (Entsch. Bd. III, S. 242). Der Rcchtsfall war, daß ein in ehelicher Gütergemeinschaft lebender Mann ein Stück von dem gemeinschaftlichen Grundstücke verkauft hatte und nachher auf Abschreibung belangt wurde, von welcher Verbindlichkeit er sich durch den Ein­ wand der Ungültigkeit des Geschäfts wegen mangelnder Verfügungöbefugniß frei­ machen wollte. Das ist nicht unser Fall. Dieser wird berührt bei Gelegenheit eines Streits über ein ähnliches Geschäft. Jemand hatte für sich und in Ver­ tretung seiner Kinder, jedoch mitVorbehalt der obervormundschaftlichen Genehmigung, das gemeinschaftliche Grundstück verkauft und wurde auf Erfüllung belangt. Die Klage wurde, da die vorbehaltene Genehmigung ausgeblieben war, ganz zurück­ gewiesen, auch in Beziehung auf den eigenen Antheil des Verkäufers. „Den Vertrag in Hinsicht des Antheils des Bekl. für gültig und verbindend zu er­ klären, ist unstatthaft, weil theils die Intention der Kontrahenten auf einen solchen partiellen Vertrag nicht gerichtet gewesen ist, theils auch dazu die wesent­ lichen Requisite des Kaufs: ein gehörig bestimmter Gegenstand und ein bestimmtes Pretium, gar nicht vorliegen." Entsch. v. 30. August 1839 (Schles. Arch. Bd. IV, S. 7). Das ist zutreffend. Hierbei ist kein grundsätzlicher Widerspruch. Der nach beiden Aussprüchen geltende Rechtsgrundsatz ist dieser: der Kontrahent über eine gemeinschaftliche Sache wird, seinem Abkäuser, wegen des Ganzen, aus seinem Kontrakte in der Regel gehalten; wenn aber der Kontrakt über das Ganze ausnahmsweise (etwa wegen Vorbehalts oder gewisser Voraussetzungen) nicht verbindlich ist, so ist er es auch nicht wegen des eigenen Jdealantheils, weil die Effentialien des Kaufes über einen Theil der Sache fehlen.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

505

Benutzung ankommt: so entscheidet in der Regel die Mehrheit")

der Stimmen. §. 13.

Der mindere Theil der Miteigenthümer muß

sich

also dem Schluffe der mehreren unterwerfen6 7),8 oder die Aufhebung der Gemeinschaft fordern.

§. 14.

Wählt der Widersprechende Letzteres: so darf in der

Zwischenzeit, bis zur vollendeten Auseinandersetzung, wider seinen

Willen keine Veränderung vorgenommen werden»). §. 15.

Kann die Gemeinschaft entweder gar nicht, oder in­

nerhalb einer gewissen noch nicht zu Ende gelaufenen Zeit nicht

aufgehoben werden: so ist der Widersprechende9)10befugt, auf rich­ terliche Untersuchung: ob die von den übrigen Theilhabern be­ schlossene Verfügung zum gemeinschaftlichen Besten gereiche,

an-

zutragen.

§. 16.

Findet sich dieses nicht: so darf wider den Willen

auch nur Eines Theilhabers an der Sache, in deren Verwaltung

und Benutzung nichts geändert werden. §. 17.

Findet sich aber, daß die Verfügung zum gemein­

schaftlichen Vortheile gereiche, und dem Widersprechenden unschäd­

lich sei: so muß der Richter die Einwilligung des gänzen'"). §. 18.

Letzteren er­

Ein Gleiches muß geschehen, wenn aus der streitigen,

zum gemeinschaftlichen Vortheile

gereichenden Verfügung,

zwar

einiger besonderer Schade für den Widersprechenden entsteht,

die

übrigen aber, ihn dafür vollständig schadlos zu halten, bereit und

vermögend sind. §. 19. Ob, und wie, bloß zur Erhaltung der gemeinschaft-

6) Eine Ausnahme, in welcher die Minderheit entscheidet, macht der §. 1429 Th. II, Tit. 8.

7) Das R. R. hat den entgegengesetzten Grundsatz. L. 11 D. si servit. vind. (VIII, 5); L. 28 D. communi dividundo (X, 3). 8) Weil der Gegenstand durch die Thcilungstlage litigiös geworden ist. 9) Die prozessualische Form ist eine dem Widersprechenden gegebene Klage auf Untersagung der Ausführung der beschlossenen Maßregel.

10) Auf Antrag der beklagten Mehrheit, in Form der uneigcnttichcn Wicderklagc. Nimmt die Mehrheit diesen Antrag nicht an, so ist der Kläger mit seinem Widerspruche oder Klageantrag« abzuweiscn, welches zur Ausführung des Beschlusses genügt.

Erster Theil.

506

Siebenzehnter Titel.

li/hen Sache Veranstaltungen zu treffen sind, muß schlechterdings nach der Mehrheit1 ■) der Stimmen entschieden werden.

§. 20.

Eben so gilt die Stimmenmehrheit ohne weitere Rück­

frage, wenn die Theilnehmer darüber, daß eine Veränderung ge­ troffen werden müsse, einig sind, und nur über die Art, wie sie

geschehen solle, gestritten wird.

8- 21.

Der Regel nach werden in allen Fällen, wo die

Stimmenmehrheit entscheiden soll,

Personen,

die Stimmen nicht nach den sondern nach Verhältniß der Antheile11 12)13der Inter­

essenten gezählt. §. 22. Wenn es aber auf bloße persönliche Gerechtsame, und nicht auf die gemeinschaftliche Sache selbst, deren Verwaltung und

Benutzung ankommt: so geschieht die Stimmenzählung nach den

Personen. §. 23.

Bei vorhandener

Stimmengleichheit") muß der

Streit durch Kompromiß, oder wenn auch darüber die Theilnehmer sich nicht einigen können, durch richterlichen Ausspruch entschie­

den werden. §. 24.

Der Schiedö- sowohl

als der

ordentliche

Richter

müssen, bei ihrer Entscheidung, nur auf das, was dem gemein­ samen Besten sämmtlicher Theilnehmer am zuträglichsten, und hier­ nächst aus das, was der eigentlichen Bestimmung der Sache am

gemäßesten ist, Rücksicht nehmen l4).

11) Bei Schifföreparaturcn sogar nach bcv Minderheit. Th. II, Tit. 8, §. 1429. 12) Vorausgesetzt, daß die Theilnehmungsrechtc gleichartig sind. Haben die Theilnehmer nicht alle gleiche Rechte (§. 2), so kann das Prinzip dieses §.21 nicht zur Anwendung kommen, vielmehr wird die Stimmenzählung bei ver­ schiedenartigen Rechten nach den Personen geschehen muffen (§. 22). Wegen eines gemeinschaftlichen Patronarsrcchts: unten, Th. II, Tit. 11, §§. 344, 352, 605.

13) In spätern Ausgaben (die ersten und das G. B. haben die richtige Lesart) heißt es aus einem Druckfehler „Stimmenmehrheit". 14) Eine Anwendung von den Grundsätzen der §§. 23 und 24 macht das Pr. des Ob.-Tr. 1711, v. 26. Februar 1846: „Wenn mehrere Erben eines ver­ storbenen Märkischen Ehegatten, der sich mit den Erben des crstverstorbcnen Ehe­ gatten nicht auseinandcrgesetzt, und sich nicht erklärt hatte: ob er den Nachlaß des Erstvcrstorbcnen nach dem Statute, unter Einwcrfung seines eigenen Ver­ mögens theilen wolle, uneinig darüber sind: ob bei der Theilung dieses Nach­ lasses die Einwerfung erfolgen, oder der Nachlaß beider Ehegatten gesondert vertheilt werden solle, muß der Streit nach den Vorschriften des Tit. 17 Th. 1. des Ä. L. N., namentlich bei vorhandener Stimmengleichheit, nach den Bestimmungen der §§.23 und 24 entschieden, insbesondere dabei berücksichtigt werden, ob der

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

507

§. 25. Zur Gewahrsam der Sache sind in der Regel sammtliche Theilnehmer zugleich berechtigt"). §. 26.

Kann die Sache nicht in gemeinschaftlicher Gewahr­

sam gehalten werden: so hat derjenige den Vorzug, welchem der größte Antheil an derselben zukommt.

8. 27.

Sind die Antheile gleich: so hat derjenige, in dessen

Gewahrsam, nach

seiner Lage und

Vermögensumständen, die

Sache am sichersten aufgehoben ist, darauf vorzüglichen Anspruch.

§. 28. Kann auch hiernach der Streit nicht entschieden wer­

den: so muß das LooS den Ausspruch thun1 * 6*).* * * 15 §. 29.

So weit mit der Gewahrsam der Sache theilbare,

oder solche Nutzungen, die nach Gelde geschätzt werden können, verbunden sind, finden die Vorschriften 8- 37 sqq. Anwendung.

8- 30.

Ist aber mit der Gewahrsam eine untheilbare und17)18 19

unschätzbare Nutzung dergestalt verbunden, daß dieselbe ohne die Gewahrsam nicht genossen werden kann i8): so muß letztere unter den Thcilnehmern abwechseln.

8. 31.

Die Dauer der Besitzzeit

eines Jeden richtet sich

alsdann nach dem Verhältnisse seines Antheils an der gemeinschaft­

lichen Sache'»).

Nachlaßmasse des zuletzt verstorbenen Ehegatten die Einwerfung vortheilhaft nachtheilig sein würde." Das zuletzt ausgesprochene Prinzip ist doch zweifelhaft, wenn die Theilnehmer au beiden Massen nicht ganz dieselben Denn was der einen Masse vortheilhaft ist, das ist der andern nachtheilig, deshalb sind die Interessenten eben uneins.

oder wol sind. und

15) Deshalb kann ein nicht im Besitze befindlicher Theilhaber gegen den besttzenden Mitbesitzer nicht auf Herausgabe der Sache klagen. Vielmehr steht ihm nur ein Anspruch auf Einräumung des Mitbesitzes zu, wenn eine gemein­ schaftliche Gewahrsam möglich ist.

16) Darauf muß natürlich rechtskräftig erkannt worden sein. Zur Voll­ ziehung eines solchen Erkenntnisses hat das Gericht auf Antrag einer Partei einen Termin vor einem Richter-Kommissarius anzusctzen, zu welchem eine monitorische Vorladung ergeht. Denn ein Präjudiz ist nicht vorgeschriebcn und auch nicht nothwendig.' Bleiben beide Theile aus, so legt der Richter die Sache bei Seite, der Antrag ist für zurückgezogen zu erachten, und der Richter hat nicht von Amtswcgen das Urtel zu vollstrecken, vielmehr können sich die Parteien außergerichtlich einigen wie sie wollen. Erscheint nur die eine Partei, so zieht diese das Loos, wobei der Richter wohlthun wird, der Ausgebliebenen einen Assistenten von Amtswegcn zu bestellen. Bei der Ziehung kann man sich, ohne den Willen der Gegenpartei, durch einen freigewählten Stellvertreter nicht ver­ treten lassen, weil die Ziehung eine Art Spiel ist, wobei es auf die Hand der Partei selbst ankommt. 17) 18) 19)

Dies ist kumulativ zu verstehen: Beides muß zusammeutreffcn.

Z. B. die Ausübung eines staatsbürgerlichen oder politischen Rechts.

Wenn über die Perioden des Wechsels keine Einigung stattsindct, so müssen dieselben gleichfalls durch den Richter festgesetzt werden.



508

Erster Theil. Siebenzehnter Titel.

§. 32. Wer mit der Gewahrsam den Anfang mache, und wie die Theilnehmer darin einander folgen, ist nach Vorschrift des 8. 26 und 28 zu bestimmen. 8. 33. Ist die unschätzbare Nutzung so beschaffen, daß sie nur in einem gewissen wiederkehrenden Zeitraume (periodisch) ganz genossen werden kann: so kann nur nach dem Ablaufe eineS sol­ chen Zeitraums ein Wechsel in der Gewahrsam statt finden. §. 34. Ein Interessent, welcher in dem ihn betreffenden Zeit­ raume, die unschätzbare Nutzung selbst zu genießen, durch Abwe­ senheit oder sonst gehindert wird, kann sein Recht dazu, wider den Willen der anderen Theilnehmer, keinem Fremden20) übertragen. 8. 35. Wegen deö Besitzes gemeinschaftlicher Familienur­ kunden ist gehörigen OrtS das Nöthige festgesetzt. (Th. II, Tit. 4, Abschn. 1.) Verwaltung. §. 36. Auch die Verwaltung2') der Sache gebührt der Regel nach sämmtlichen Theilnehmern gemeinschaftlich. 8. 37. Findet die gemeinschaftliche Verwaltung nach der Natur der Sache, nach dem Einverständnisse sämmtlicher Theil­ haber, oder nach einer entscheidenden Stimmenmehrheit (§8- 12 bis 18) nicht statt: so muß ein gemeinschaftlicher Administrator bestellt22), oder die Sache für gemeinschaftliche Rechnung ver­ pachtet werden. 8. 38. Können die Theilhaber sich darüber: ob Pacht oder Administration stattfinden solle, nicht vereinigen, so giebt lediglich die Mehrheit der Stimmen den Ausschlag. 8. 39. Steht eö fest, daß die Verpachtung statt haben soll, so hat die Meinung desjenigen, welcher auf öffentliche Versteigerung der Pacht anträgt, den Vorzug. 8. 40. Steht eS fest, daß ein gemeinschaftlicher Administra-

20) Wohl aber einem Theilnehmer. Auch dem Ehegatten kann hiernach das Recht nicht übertragen werden, denn er ist den Theilhaber» ein Fremder. Die eheliche Gütergemeinschaft ändert das aber, und bei getrennten Gütern der Eheleute macht der Nießbrauch den Ehemann zum Mitberechtiglen. 21) Dazu gehört auch die Verfolgung und Vertheidigung eines gemein­ schaftlichen Rechts. Der Legitimationsmangel deS Einzelne» kann nicht durch den Antrag, daß die Leistung des Verpflichteten ad depositum geschehen möge, ergänzt werden. Vergl. die' Enlsch. des Lb.-Tr. Bd. XII, S. 252. 22) D. h. gewählt und von allen Theilnehmern bevollmächtigt werden, in sofern er mit Dritten in Verhandlungen zu treten hat. Auch die Diffentirenden muffen Vollmacht geben oder es muß ihre Einwilligung richterlich ergänzt werden.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

509

tor zu bestellen sei: so hängt die Auswahl der Person desselben

abermals bloß von der Mehrheit») der Stimmen ab.

§. 41.

Bei vorhandener Stimmengleichheit hat der von eini­

gen Theilnehmern zum Administrator vorgeschlagene Mitinteressent

vor einem Fremden den Vorzug. 8- 42. Außer diesem FMe findet die Vorschrift §§. 23, 24

Anwendung. 8- 43.

Auch Veränderungen in der Person deS Administra­

tors hängen von der Mehrheit der Stimmen ab.

8. 44.

Die Heilbaren Nutzungen

einer gemeinschaftlichen

Sache müssen, im Mangel näherer Bestimmungen, allemal nach

Verhältniß der Anrechte eines jeden Interessenten getheilt werden. 8- 45.

Nach gleichem") Verhältnisse muß auch jeder Theil-

nehmer zu den Lasten der Sache, und zu den Kosten, welche darauf zu verwenden find, beitragen. 8. 46. Wer sich seiner Pflicht zur nutzbaren Erhaltung der Sache vorsätzlich entzieht25 23),24sann26) angehalten werden2?), seinen

23) Nicht von der Mehrheit, durch deren Stimmen der Beschluß gefaßt worden ist. Vielmehr müssen, zur Vollziehung dieses Beschlusses, wieder sämmt­ liche Theilnehmer zugezogen und nun muß wieder nach der Mehrheit die Wahl getroffen werden. 24) Wenn ein auf den Namen beider Eheleute im Hypothekenbuche ge­ schriebenes Grundstück von dem Ehemanne allein (aus eigenen Mitteln) bezahlt worden ist, so kann derselbe bei der -Auseinandersetzung die Halste des von ihm bezahlten Kaufgcldes erstattet verlangen. Pr. des Ob.-Tr. 2270 Nr. 71, vom 22. Januar 1852 (Entsch. Bd. XX, S. 250). Wenn verschiedene Alleineigenthümer nur passive iti der Benutzung ihrer Rechte zusammen treffen und für die gemeinschaftliche Beeinträchtigung eines Dritten diesen dafür schadlos halten müssen, z. B. wenn die Wirkung des Grubenbetriebes von mehreren Gewerken darjzr zusammentrifft, daß einem Grundeigenthümer das Wasser entzogen wird, so kann das Sondereigcnthum der verschiedenen Gewerkschaften und der Werth ihrer Bergwerke nicht als Antheil und nicht als Maßstab für die Betheiligung im Sinne des §.44 und §. 45 bei der Aufbringung der Entschädigungssumme angesehen werden. Es müssen gleiche Theile angenommen werden, wenn kein anderes Theilnahme­ verhältniß von den .Verpflichteten nachgcwiesen werden kann. Plenar-Beschl. (Pr. 2153) des Ob.-Tr. v. 7. November 1849 (Entsch. Bd. XVIII, S. 71.)

25) Das geschieht noch nicht durch einen bloßen Verzug; die Weigerung, seine Schuldigkeit zu thun.

es gehört dazu

26) Kann, wenn die Miteigenthümcr wollen; aber der widerwillige Thcilnehmer hat kein Recht, sich von seiner Verbindlichkeit durch Verweisung der Miteigenthümer auf diese ihre Befugniß freizumacheu. So das Pr. des Ob.-Tr. 1990, v. 25. Februar 1848: „Das im §.46 den Miteigenthümern eingeräumte Recht, denjenigen Miteigenthümer, der sich seiner Pflicht zur nutzbaren Erhaltung der gemeinschaftlichen Sache vorsätzlich entzieht, zur Abtretung seines Antheils

Erster Theil.

510

Siebenzehnter Titel.

Antheil den übrigen Miteigenthümern nach einer gerichtlich auf­

genommenen Verkaufstare zu überlassen.

8- 47.

Ein Gleiches findet statt,

wenn ein Theilnehmer

seinen Beitrag zu den gemeinschaftlichen Lasten und Kosten wegen Unvermögens nicht aufbringen, und dieser Beitrag auch aus den

wirklich fälligen Nutzungen seines Antheils nicht genommen wer­

den lann28 * *). *29* * * * * 27 8- 48.

In dem Falle des 8- 46 ist der widerspenstige Theil­

nehmer für die von den andern auf seinen Theil gemachten Aus­ lagen gesetzmäßige Verzugszinsen zu entrichten verbunden.

§. 49.

Außer diesem Falle aber findet für die von einigen

Theilnehmern zum Besten der übrigen gemachten Auslagen land­

übliche28) Verzinsung statt.

(Tit. 11, §. 841.)

8. 50. Der Antheil eines jeden TheilnehmerS an den Nutzun­ gen ist sein auSschließendeS Eigenthum, und die übrigen können ihm nicht vorschreiben, waS er davon für einen Gebrauch machen wolle.

8- 51.

Nur in Fällen, wo wegen der von einem Theil­

nehmer zu den Lasten und Kosten der Sache zu leistenden Bei­

träge, die Uebrigen aus seinen Antheil an der Substanz Anspruch

machen können (8. 46, 47), sind sie auch an die wirklich fälligen

nach einer gerichtlich aufgenommenen Verkaufstare anzuhalten, schließt ihre Befugniß nicht aus, ihn nach Maaßgabe des §.45 auch zur Erfüllung der ihm obliegenden Verbindlichkeit der verhältnißmäßigen Mitwirkung zur nutzbaren Er­ haltung der Sache anzuhalten." Ganz natürlich. Man denke an gemeinschaft­ liche Sachen, die nur lästig sind, z. B. Grenzscheidungen, Brücken. Es wäre nicht übel, wenn sich ein jeder Miteigenthümer davon nach Belieben frei machen und seine Last einem Andern aufbürden könnte. Dieser Andere würde das Gleiche thun können.

27) Das kann geschehen, sobald der widerspenstige Miteigenthümer seinen Vorsatz, sich seiner Pflicht zu entziehen, kund gegeben hat, und die übrigen Mit­ eigenthümer darauf erklärt haben, daß sie von ihrem Rechte Gebrauch machen wollen und die Abtretung fordern. Die Sinnesänderung des Andern kann die Ausführung nicht vereiteln. Die Sache würde sonst auch keinen AuSgang haben, da die Weigerung und die Zurücknahme sich wiederholen könnten. 28) Diese Thatsache wird festgestellt durch den fruchtlosen Versuch der Exe­ kution wegen deffen, WaS durch die Nutzungen nicht gedeckt ist. Die Einziehung aus diesem Grunde kann der unvermögende Miteigenthümer abwenden durch Sicherstellung für die künftigen Beiträge, neben der sofortigen Erlegung der be­ reits fälligen, so lange er zur Ueberlassung noch nicht rechtskräftig verurtheilt ist. AuS Billigkeitsgründen.

29) Ei» praktischer Unterschied zwischen dieser Bestimmung und der deS §. 48 zeigt sich nur in den Fällen, wenn den Miteigenthümern, nach ihren Stan­ desverhältnissen, ein höherer Zinsfuß als der landesübliche gesetzlich erlaubt ist.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthums überhaupt.

511

und ihm noch nicht verabfolgten Nutzungen sich vorzüglich zu hal­ ten berechtigt'").

§• 52.

Gemeinschaftliche Verträge der Theilnehmcr mit einem

Dritten sind, in Ansehung des Letztem, nach den Vorschriften der

Gesetze von Correalverträgen, zu beurtheilen. (Tit. 5, 8 424 sqq.)

8 53.

Wenn ein Theilnehmer, vermöge eines Auftrages der ^5’^''^.

übrigen, oder auch ohne dergleichen Auftrag, in Rücksicht der gemeinschaftlichen Sache, etwas mit einem Fremden verhandelt;

so

werden die Rechte und Pflichten, welche auS einer solchen Handlung zwischen ihm und dem Fremden, so wie zwischen diesem und HAM/''

den übrigen Theilnehmern entstehen,

nach den Vorschriften des

Dreizehnten Titels im Ersten und Zweiten Abschnitte beurtheilt32 30).33 31 §. 54.

In Fällen, wo die Gesetze eine vermuthete Voll­

macht zulasscn; hat der Theilnehmer, welcher in Rücksicht der ge­ meinschaftlichen Sache

etwas

verhandelt, dergleichen vermuthete

Vollmacht für sich. (Tit. 13, §. 119 sqq.) 8. 55.

Was ein Theilnehmer, auch durch Verwendung deS

gemeinschaftlichen Vermögens, für sich selbst und auf seinen eige­

nen Namen erwirbt,

wird kein gemeinschaftliches Eigenthum der

übrigen Theilnehmer").

§. 56.

Es steht aber diesen frei, von dem Erwerbenden die

Abtretung deS MiteigenthumS der ganz oder zum Theil aus ge-

30) Dieser Fall ist keine Ausnahme von der Regel des §. 50. Denn verthcilbarc Nutzungen einer gemeinschaftlichen Sache ergeben sich erst nach Abzug der Lasten und Kosten der Sache. 31) Dies Marginale gehört schon neben den §. 52, mit welchem der Vor­ trag über das Verhältniß der Miteigenthümcr zu Dritten anhcbt.

32) Wenn also z. B. ein Miterbe eine Nachlaßfordcrmig cinhcbt und die­ selbe so verwendet, daß die Mitcrben es gelten lassen müsse», so sind sic Alle insgesammt verbunden, dem Schiildncr eine vorschrifsmäßigc Quittung zu »er­ schaffen und das etwa fehlende Instrument amortisircn zu lassen. Man kann dem Zahler nicht einwenden, daß er ohne Zurückgabe des Instruments nicht hätte zahlen sollen. Der Zahlimgsnchmcr ist verpflichtet, seinerseits Quittung zu leisten mid das Instrument zurückzugebcn oder zu amortisiren. Davon kann sich der Gläubiger auch nicht durch Zurückweisung der Zahlung befreien, was er freilich, bei unserer Einrichtung, bisweilen gern thun möchte, da die Umstände und Kosten der Amortisation bei kleinen Hypothckcnpostc» den Kapitalswcrth weit übersteigen — so verschlingt in manche» Fällen bei uns die Form das Recht. — Demi wollte der Gläubiger die Zahlung nicht annchmen, so würde der Schuldner dcponiren und den Gläubiger zu seiner Schuldigkeit zwingen können.

33) Res non succcdit in locuni pretii.

Oben, Amu. 20 zn §. 36, Tit. 2.

512

Veräuße­ rung ein­ zelner Äntheile.

Erster Theis. Siebenzehnter Titel.

meinschastlichem Vermögen erworbenen Sachen oder Rechte zu fordern 34). §. 57. Wollen sie dieses nicht, so muß der Erwerbende daS Verwendete mit gesetzlichen Verzugszinsen zurückgeben. §. 58. Teilnehmer, deren Miteigenthum ohne ausdrücklichen Vertrag35) entstanden ist, dürfen einander, bei ihren Handlungen oder Unterlassungen in Rücksicht der gemeinschaftlichen Sache, nur für grobe und mäßige Versehen gerecht werden. §. 59. Hat aber ein Theilnehmer ohne Auftrag, oder gar wider den Willen der Uebrigen, etwas vorgenommen, was die ganze gemeinschaftliche Sache betrifft: so haftet er für den dabei entstandenen Schaden, gleich einem Fremden. (Tit. 13, Abschn. 2, 3.) §. 60. Bei gemeinschaftlichem Eigenthume, welches weder durch Vertrag, noch durch Verordnung eines Dritten entstanden, ist jeder Theilnehmer sein Anrecht3«) auch einem Fremden zu über­ lassen wohl befugt37);

34) Dieses Forderungsrecht folgt nicht aus der Natur des Rechtsverhält­ nisses; eö ist eine Anomalie. In dem Rechtsverhältnisse begründet ist dasselbe nur unter der Voraussetzung, daß der Erwerbende gemeinschaftlicher Verwalter ist und die im Verwaltungsfonds befindliche Summe zu dergleichen Erwerbungen auf seinen Ramen verwendet hat.

35) Nämlick unter sich. Ein gemeinschaftlich eingegangener Vertrag Meh­ rerer mit einem Andern über die Erwerbung einer Sache ist kein solcher Vertrag, welcher hier gemeint ist, wenn nicht zugleich in eben diesem Vertrage Verab­ redungen über das gegenseitige Verhältniß der gemeinschaftlichen Erwerber unter­ einander getroffen worden sind. §§. 67, 68. 36) Es fragt sich dabei, worin die Anrechte der Einzelnen bestehen. DaS ist verschieden, je nachdem der Gegenstand der Gemeinschaft eine einzelne Sache, oder ein Inbegriff von Sachen und Rechten ist. Bei einem solchen Inbegriffe, namentlich einer Erbschaft, hat kein Theilnehmer an den in der Universitas be­ griffenen einzelnen Sachen einen bestimmten ideellen Antheil, ein solcher steht ihm nur am Ganzen zu. Dem enspricht: a) daS Pr. des Ob.-Tr. 1084, vom 17. Decbr. 1841: «) „Jedem Einzelnen von mehreren Miterben steht, während der Fortdauer ihrer Gemeinschaft, ein be­ stimmter vcrhältnißmaßiger Antheil an jedem einzelnen Nachlaßstücke, als ein be­ sonderes Eigenthum nicht zu. ß) Die Gläubiger eines Mitcrben können daher im Wege der Erekution nicht auch auf die Veräußerung seines Erbanthcils, son­ dern nur auf die Ermächtigung antragen, ihrerseits die gerichtliche Erbsondcrung unter den Miterben zu dem Zweck nachzusuchen, um hiernächst die Erekution in die, bei der Erbschaftstheilung ihrem Schuldner zufallenden Vermögensstücke voll­ strecken zu lassen." (Cntsch. Bd. VII, @.270.) b) DaS Pr. deff. 1101, vom 14. Januar 1842: „Erst durch die Erbtheilung kann unter mehreren Miterben der Einzelne ein freies Dispositionsrecht über einzelne Nachlaßgegenstände oder Theile derselben erlangen; während der beste­ henden Gemeinschaft aber steht bezüglich auf einzelne Erbschastsstücke überhaupt und die Nachlaßgrundstücke insbesondere, ihm daran noch kein, nach Verhältniß

Dom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

513

§. 61. Doch bleibt den übrigen Theilnehmern^), wenn die­ selben die Gemeinschaft unter sich fortsetzen wollen, das Vorkaufs­ recht Vorbehalten^). 8- 62. Melden sich zur Ausübung dieses RechtS mehrere theilnehmer: so entscheidet unter ihnen die Wahl des Ausschei­ denden *0).

seiner Grbquote bestimmter Antheil, als sein besonderes Eigenthum, zu. Vor der Theilung kann er daher auch nicht mit einem seiner Erbquote entsprechenden An­ theil an einem Nachlaßgrundstücke seinem Gläubiger für dessen Forderung an ihn gültige Hypothek bestellen. Vergl. unten die Anm. 11 zu §.127, u. §. 69. Dieselben Grundsätze gelten auch von dem gemeinschaftlichen Vermögen der Eheleute, welche in allgemeiner Gütergemeinschaft leben. Daraus ergiebt sich, daß die Praxis, nach welcher Hypotheken auf den vermeintlichen ideellen Antheil des einen Ehegatten für dessen Sonderschulden eingetragen werden, eine falsche ist; dergleichen Hypotheken sind nichtig.* Dies ist nicht zu verwechseln mit solchen einseitig kontrahirten Schulden, durch welche die Gütergemeinschaft gültig belastet wird, deren Eintragung im Wege der Erekution durchgefttzt werden kann. S. u. Anm. 76 zu §. 74, Satz II.

37) Der Grundsatz gilt nicht bei der statutarischen — bei der vertrags­ mäßigen ist er schon nach dem Wortlaute ausgeschlossen — Gütergemeinschaft der Eheleute, weil die Natur des ehelichen und Familienlebens die Einmischung eines Fremden znrückstößt.

38) „Das Vorkaufsrecht steht jedem Theilnehmer (Miteigenthümer und Mit­ erben) für sich zu; mithin kann es auch, wenn nach Veräußerung der Antheile aller klebrigen auch nur Einer verbleibt, welcher seinen Antheil nicht veräußern will, von diesem Einen gegen den Erwerber der übrigen Antheile ausgeübt wer­ den. ES ist zur Ausübung desselben nicht erforderlich, daß mehrere Miteigen­ thümer, Behufs Fortsetzung der Gemeinschaft unter sich, übrig bleiben." Pr. deS Ob.-Tr. 1813, vom 30. November 1846. (Entsch. Bd. XIV, S. 260.) Der Satz ist auf Grund des gebrauchten Plurals bezweifelt worden, doch ohne sach­ lichen Grund. Das Vorkaufsrecht hat jeder einzelne Theilnehmer unbedingt (§. 62; Th. II, Tit. 8, §. 1437; §. 3 deS Ed. vom 9. Oktober 1807); eS be­ zweckt den Schutz des EigenthümerS gegen die Aufbringung eines Fremden zum Genossen. Dieser Zweck ist vorhanden auch und noch mehr in dem Falle, wenn nur zwei Gemeinschaster vorhanden sind. Die Fortsetzung der Gemeinschaft ist nicht Bedingung des Vorkaufsrechts. Vergl. die Entsch. des Ob.-Tr. v. 29. Fe­ bruar 1848 (Rechtsf. Bd. III, S. 397). Schon das ältere Pr. 604, v. 7. Sep­ tember 1838 spricht auS: „Dieser §. schließt nicht die Ausübung des Vorkaufs­ rechts aus, wenn auch nur zwei Miteigenthümer vorhanden sind, von denen einer verkauft."

39) Eine Ausnahme gilt im Bergrechte. Th. II, Tit. 16, §. 322. Doch nur bei eigentlichen Bergwerken, nicht bei Hüttenwerken überhaupt und bei Zink­ hütten in Schlesien insbesondere. Pr. des Ob.-Tr. vom 19. Oktober 1846 (Entsch. Bd. XIV, S. 378). 40) Im Seerechte entscheidet die Prävention bei der Meldung. Th. II, Tit. 8, §. 1441. Wählt der Ausscheidende nicht, so muß er Allen gemeinschaftlich den Vorkauf gestatten, wenn sie nicht unter sich einig werden, wer denselben auSüben soll. Das Loos kann nicht ohne besondere Vorschrift, wider den Willen des Einen oder des Andern, als Auseinandersetzungsmittel angewendet werden.

Koch, Allgemeines Landrecht. II.

33

Erster Theil.

514

Siebenzehnter Titel.

Bei einem durch Vertrag oder Verordnung eines

§. 63.

Dritten entstandenen

gemeinschaftlichen Eigenthume,

kann jeder

Theilnehmer sein Anrecht einem Mitgenossen gültig abtreten.

Auch ist die Abtretung des Miteigenthums an einen

8. 64. Fremden,

bei Gemeinschaften, welche durch

Verordnung eines

Dritten entstanden fmb4 •), in der Regel zulässig. §. 65.

Doch haben auch in diesem Falle die übrigen In­

teressenten daS Vorkaufsrecht nach den 8- 61, 62 enthaltenen Be­ stimmungen.

§. 66.

Können und wollen aber die übrigen Interessenten

auf die Theilung sofort antragen;

oder vermögen sie einen aus

der Person des neuen Mitgenossen für sie entstehenden Nachtheil auszuweisen4 2): so findet die Veräußerung an einen solchen Mit­ genossen nicht statt.

8- 67.

Bei Gemeinschaften, die durch Vertrag entstanden

sind, haben eben diese Vorschriften 8- 65, 66 in so weit Anwen­ dung, als der Vertrag bloß die Erwerbung eines gemeinschaftlichen Eigenthums zum Gegenstände hatte.

8. 68.

Hat aber in diesem Vertrage ein Mitglied zugleich

gewisse Handlungen und persönliche Pflichten in Rücksicht deS ge­

meinschaftlichen Geschäfts übernommen41 42): 43 so kann dasselbe seinen Mitgenoffen, durch Veräußerung seines Anrechts, einen Fremden,

wider ihren Willen, dazu nicht aufdringen. Verpfän­ dung derfelben.

8. 69.

In sofern44)

als ein Theilhaber sein Anrecht an

einen Fremden zu veräußern befugt ist, kann er eS auch demselben

verpfänden.

41) Also auch bei Erbschaften und Legaten.

42) „Auszuwcisen" ist kein Druckfehler statt „nachzuwcisen"; vielmehr ein öfter gebrauchter synonymer Ausdruck (j. B. Pr. O. Tit. 24 §. 40) für „nach­ zuweisen", hier besonders für „in Ausstcht stellen", „als bevorstehend nachzu­ weisen", wobei der Nachtheil nur als wahrscheinlicher Erfolg — ob er gewiß eintreten wird, kann natürlich kein Mensch voraus wissen, also auch nicht nach­ weisen — der angcsonnenen Ausnahme des Fremden in die Genossenschaft glaub­ haft vorzustellen ist. 43) Hierdurch nimmt die Gemeinschaft de» Charakter der Gesellschaft an.

44) Diese Begrenzung bezicht sich nicht aus die Fälle der Zulässigkeit der Veräußerung, dergestalt, daß ein Theilhaber, welcher weder veräußern noch auf Theilung antragen darf, auch nicht befugt sein soll, seinen Antheil zu ver­ pfänden. Vielmehr ist sie auf den Umfang des Rechts zu beziehen, welchen der Hypothekarius durch die Unterpfandsbestellung eines solchen Theilhabers erwirbt. Das Hypothckenrecht an sich ist gültig (§. 74), giebt aber dem Gläubiger nicht

515

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt. 8- 70.

Jeder Theilhaber ohne Unterschied kann, auch einem

Fremden, nicht nur seinen Antheil an den bereits gewonnenen Nutzungen abtreten, sondern auch demselben die künftigen Nutzun­ gen für seinen Theil gültig anweisen.

8. 71.

Ueberhaupt sind die Gläubiger eines Theilhabers be­

fugt, an den Antheil der Nutzungen ihres Schuldners aus der

gemeinschaftlichen Sache sich zu halten,

und dessen Herausgabe

von den übrigen Interessenten zu fordern").

mehr oder größere Reckte gegen die Miteigenthümer, als der Hypothekbesteller selbst hat. Nimmt z. B. Jemand auf den idealen Antheil eines MiteigenthümerS, welcher an der Veräußerung oder Theilung auf eine gewisse Zeit rechtlich ge­ hindert ist, Hypothek, so leucktet ein, daß er vor der Zeit nicht die nothwendige Subhasiation des ihm verpfändeten Antheils ausbringen kann. Vergl. die 9L des I. M. v. 16. Juli und 27. August 1821 (Jahrb.'Bd. XVIII, S. 11). — Das alte R. v. 29. November 1790 (Rabe II, 58), wonach die Eintragung einer Schuld eines Mitcigcnthümcrs auf dessen Antheil an dem in communione besessenen Grundstück, ohne Genehmigung der übrigen Miteigenthümer, für un­ zulässig erklärt wird, ist selbstverstanden durch die Bestimmungen der §§.60, 63, 64 d. T. beseitigt. 45) Damit ist auch die Berechtigung zugestanden, Rechnungslegung zu fordern, ohne welche die Abforderung des auf den schuldnerischen Theilhaber entfallenden Theils der Nutzungen unmöglich sein würde. Diese Befugniß ist auf Grund der §§. 217, 218 d. T. bestritten worden. (Jur. Wochenschr. 1838, S^129d) Mit Unrecht. Der dort ausgesprochene^ Grundsatz gilt nicht allgemein von Gemeinschaften überhaupt, sondern nur von Societäten, wegen des besondern persönlichen Verhältnisses, in welchem die Gesellschafter zu einander stehen, und in welches kein Fremder eingeschoben werden kann, ohne die Societät zu ver­ nichten. Bei zufälligen Gemeinschaften findet sich ein solches höchst per­ sönliches Verhältniß der Theilhaber zu einander nicht, die Gemeinschaft an sich ist kein Hinderniß für den Einzelnen, sein Sonderrecht einem Fremden zu über­ tragen, in sofern dadurch die andern Theilhaber in ihren besonderen Rechten nicht beeinträchtigt werden. Jedem nicht selbst verwaltenden Miteigenthümer steht es zu, von dem verwaltenden Theilhaber Rechenschaft, und darnach die Herausgabe des ihm gebührenden NutzungSantheilS zu fordern, weil -er ver­ waltende Theilhaber in Beziehung auf den Idealen Antheil des Andern zugleich der Verwalter einer fremden Sache ist. Daß der nicht verwaltende Mit­ eigenthümer dieses'Recht nur in Person auszuüben berechtigt sei, läßt sich auS Rechtsgründen nicht behaupten; nichts hindert ihn, sein Recht durch einen Be­ vollmächtigten'ausüben zu lassen. Ist das unbestreitbar, so steht es lediglich zwischen ihm und dem Stellvertreter, wenn der Stellvertreter das für sich be­ halten soll, was derselbe dem Verwalter abfordern darf. Bei der Societät steht eö damit ganz anders. Ein Gesellschafter kann sich nicht vertreten lassen; er ist verpflichtet wie berechtigt, nur in eigener Person für die Zwecke der Ge­ sellschaft mitzuwirken; die gemeinschaftlichen Mittel sind eben nur Mittel, nicht — wie bei der zufälligen Gemeinschaft — der Hauptgegenstand des Rechts­ verhältnisses. Darum giebt es eigentlich keine Jdealantheile der Gesellschafter an den einzelnen Mitteln der Gesellschaft, sondern nur ein Theilnahmerecht an dem ganzen Rechtsverhältnisse. Darum kann ein einzelner Gesellschafter nicht über einen Jdealantheil an dem Vermögen der Gesellschaft wie über ein Sonder­ recht verfügen, darum kann er das Recht der Gcsellsckaster, gegenseitig von ihren gesellschaftlichen Geschäften Rechnung zu fordern und zu nehmen (§. 219 d. T.), keinem Fremden übertragen, so lange die Gesellschaft besteht. Die Societät ist ein solches höchst persönliches Verhältniß, welches jedem Fremden unzugänglich ist.

33*

Erster Theil.

516 §. 72.

Siebenzehnter Titel.

ES findet also auch der Arrestschlag auf Nutzungen

statt, wenn nicht gewisse Gesellschaften durch Gesetze davon aus­

drücklich ausgenommen sind. 8. 73. Auf den wirklichen Mitbesitz, oder auf die Mitverwaltung der gemeinschaftlichen Sache, kann der bloße, auch ding­ liche Gläubiger eines Theilnehmers, nicht Anspruch machen.

$. 74.

Eine nothwendige Veräußerung deS dem Schuldner

gehörenden Antheils an der Sache selbst, auf das Andringen sei­

ner Gläubiger, ist nur unter den 8. 60—68 bestimmten Umstän­

den, so wie alsdann zulässig, wenn auf die Theilung deö gemein­ schaftlichen Eigenthums angetragen werden sann46).

46) Die Subhastation auf Andringen der Sondergläubiger eines Theil­ habers ist, nach deutlicher Vorschrift, überhaupt nur unter eben denselben Vor­ aussetzungen zulässig, unter welchen der Theilhaber selbst seinen Antheil würde ver­ äußern dürfen. Sie ist also nicht zulässig: a) wenn nicht auf Theilung angetragen werden darf; b) wenn der schuldnerische Theilhaber rechtlich verhindert ist, sein Anrecht zu veräußern (§. 68, 69 u. Anm. 54). Sind aber die Voraussetzungen vorhanden, so können die übrigen Theilhaber die bevorstehende Subhastation doch durch den Antrag auf Theilung hindern. (§. 66.) Thun sie das nicht, so können sie noch dem Zuschläge an den Meistbietenden wegen eines ihnen aus dessen Mitgenoffenschaft bevorstehenden Nachtheils widersprechen (§.66u.Anm.52), in den Formen deS SubhastationsprozeffeS. Bei Gelegenheit der Frage: ob das Ganze oder nur der ideelle Antheil deS Schuldners subhastirt werden darf, hat man die verschiedenen Gemein­ schaften zusammengeworfen. Man muß unterscheiden die Gemeinschaft einzelner Sachen und die eines Inbegriffs von Sachen und Rechten. I. Die Vorschrift unseres §. 74, welche ausdrücklich von der Subhastation nur des Antheils des Schuldners spricht, bezieht sich nur auf einzelne gemein­ schaftliche Sachen. Die Vorschrift ist bestimmt. Doch ist eine Meinungs­ verschiedenheit darüber hervorgctreten: ob der Gläubiger doch nicht befugt sei, den Verkauf deS Ganzen auszubringen, zwar nicht vermöge seines Pfandrechts — das behauptet Niemand — aber aus dem Rechte des Schuldners, der Theilungs halber den Verkauf des Ganzen in Antrag bringen könnte. (§. 75.) Die Besch, des I. M. v. 21. April 1818 (Jahrb. Bd. XI, S. 218), v. 21. Juli und 10. September 1836 (Jahrb. Bd. XLVIII, S. 208 ff.) erklären sich da­ gegen, ohne des Grundes zu gedenken, auf welchen die entgegengesetzte Meinung gestützt wird. Auch das Ob.-Tr. hat den Grundsatz ausgesprochen: „Die nur gegen Einen mehrerer Miteigenthümer ausgewirkte Verurteilung berechtigt den

Gläubiger noch nicht, im Wege der Erekution auf Subhastation deS ganren gemeinschaftlichen Grundstücks anzutragen." Pr. 1086, v. 27. November 1841. Die Legitimation zum Gebrauche der dem Schuldner zustehenden actio communi dividundo gebricht dem Gläubiger nach den Grundsätzen des preuß. Rechts; dazu wird richterliche Ermächtigung (Ueberweisung) gefordert. Der I. M. sagt jedoch, in Widerspruch mit jenen Bescheiden, in dem R. v. 13. Juni 1836: Der auf einen Antheil eingetragene Hypothekengläubiger habe das Recht, das ganze Grundstück im Wege der nothwendigen Subhastation zum Ver­ kauf zu bringen. (Jahrb. Bd. XLVII, S. 513.) Ich glaube, nein. II. Man hat die Vorschrift auch auf gemeinschaftliche universitates Juris angewendet, namentlich auf Erbschaften und auf eheliche Gütergemeinschaften.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

517

8 75. Die Theilung deS gemeinschaftlichen Eigenthums fiu-Aufhebung bet in allen Fällen statt, wo nicht ausdrückliche Gesetze, Verträge, oder rechtsgültige Verordnungen eines Dritten entgegenstehen 47).

a) Bezüglich auf Erbschaften hat der I. M. in dem Besch, v. 13. April 1833 ausgesprochen, daß der Gläubiger eines Mitcrben nicht befugt sei, das zur ungetheilten Erbschaft gehörige Grundstück zum ideellen Antheil deS Schuldners an der Erbschaft im Wege der Erekution subhastiren zu lassen. (Jahrb. Bd.XI^I, S. 555.) Dagegen ist der I. M. nach seinem Bescheide v. 13. Juni 1836 der entgegengesetzten Meinung: daß ein Miterbe seinen idealen Antheil an einem, zur ungetheilten Erbschaft gehörigen Grundstücke, nach bewirkter Besitztitelvcrichtignng für sämmtliche Erben, allerdings verpfänden, folglich auch ein Gläubiger des Miterben seine Forderung ex judicato auf dessen Anrecht eintragen und dann auch sogar das ganze Grundstück aus dem Rechte deS Schuldners fubhastiren lassen könne. (Jahrb. 93t). XLVII, S. 513.) Das ist ein Irrthum, der in den R. v. 21. Juli u. 10. September 1836, bezüglich auf die Subhastation des Ganzen, zurückgenommen worden ist. (Jahrb. Bd. XI,VIII, S. 208 ff.) In Beziehung auf die Zulässigkeit der Berpfändung eines Ideal­ antheils von einem erbschaftlichen Grundstücke, vor der Erbtheilung, ist diese Meinung durch die, oben in der Anm. 46 zu §. 60 mitgetheilten, Präjudize des Ob.-Tr. beseitigt. Der Umstand, daß der Bcsitztitel für die Erben in communione berichtigt worden, ändert darin nichts, weil dadurch das Grundstück nicht aufhört, ein Bestandtheil der ungetheilten Erbschaft zu sein. Vergl. unten die Anm. 11 zu §. 127. b) Von gütergemeinschastlichen Grundstücken der Eheleute sagt der I. M. das eine Mal, daß die Subhastation eines solchen Grundstücks aus einem, nur gegen den Ehemann ergangenen Erkenntnisse unzulässig sei (R. v. 6. November 1835, Jahrb. XLVI, S. 483), und das andere Mal: daß der Gläubiger nur den Antheil des Schuldners am Grundstücke zur Subhastation bringen könne. R. vom 10. September 1836 (Jahrb. Sb. XLV11I, S. 208 ff.). Beides ist unrichtig. Nur zwei Fälle sind rechtlich möglich: entweder hat der Ehegatte die Gütergemeinschaft gültig belastet, oder sein Schuldkontrakt ist für die Ge­ meinschaft nicht bindend. Im ersten Falle kann das ganze Grundstück zur Subhastation im Wege der Erekution gebracht werden: im zweiten Falle gar nicht, auch nicht zum Antheile des Ehegatten an der Gütergemeinschaft. Denn eS ist mit dem gemeinschaftlichen Vermögen der Eheleute wie mit einer un­ getheilten Erbschaft. Oben Anm. 36

47) Die ThetlungSklage (actio communi dividundo) ist auch in dem Falle anwendbar, wenn nach dem Tode deS einen Ehegatten der überlebende Ehegatte im Besitze des ganzen gemeinschaftlichen Vermögens verbleibt und über dasselbe von Toves wegen verfügt, und die Erben des erstverstorbenen Ehegatten von den Testamentserbcn des Andern die Herausgabe der Hälfte des gemein­ schaftlichen Vermögens fordern, weil das Rechtsverhältniß zwischen den Ehe­ leuten in Beziehung auf ihr Vermögen, im Falle der Gütergemeinschaft, ein ge­ meinschaftliches Eigenthum begründet und durch den Tod des einen Ehegatten die Gemeinschaft aufhört. Weder die Pflichttheilsergänzungsklage, noch die Erbtheilungsklage (actio familiae erciscundae) ist den Erben des Erst­ verstorbenen gegen die Erben des Letztvcrstorbenen zuständig. Entsch. deS Ob.-Tr. vom 26. November 1838 (Ulrich Arch. 1839, S. 8). Ist ein Grundstück, ein Schiff, oder ein Bergwerksantheil , denn auch beim Bergwerkseigenthum ist die Subhastation ans Antrag eines Miteigenthümers, ohne Zustimmung der übrigen Miteigenthümer, Theilungs halber zulässig (R. des I. M. v. 22. November 1836, Zahrb. Bd. XLIX, S. 437) — Gegenstand der Auseinandersetzung: so erfolgt auf den Antrag eines Miteigenthümers die nothwendige Subhastation. V. II, v. 4. März 1834 §. 2 Nr. 3 und V. v. 11. August 1843 (G. S. S. 323).

Erster Theil. $. 76.

Siebenzehnter Titel.

Das Recht auf eine solche Theilung anzutragen, kann

auch durch Verjährung nicht verloren gehen 48 * *).* * * * * * * * * * * * *

8. 77.

Selbst alsdann nicht, wenn ein Theilnehmer der von und letzterer

dem andern angetragenen Theilung widersprochen, sich dabei durch noch so lange Zeit beruhigt hätte.

8. 78. Der bloße Rath oder die Warnung des Stifters, daß die Gemeinschaft fortgesetzt werden möchte, schränkt das Recht der

Theilnehmer, auf Trennung anzutragen, nicht ein.

8. 79.

In allen Fällen, wo die Aufhebung eines an sich

gültigen Vertrages in den Gesetzen verstattet ist,

kann auch die

Verbindlichkeit aus Verträgen, zur Fortsetzung der Gemeinschaft,

aufgehoben werden. 8. 80.

(Tit. 5, 8 349 sqq.)

Eben so

findet die Trennung einer Gemeinschaft,

deren Fortsetzung ein Dritter an sich gültig verordnet hat, in den­ jenigen Fällen statt49), wo ein gültiger Vertrag, wegen Unmög­

lichkeit der Erfüllung,

oder wegen veränderter Umstände, aufge­

hoben werden kann. (Tit. 5, 8- 360—377 sqq.)

8. 81.

Was wegen Trennung

einer unter Eheleuten ent­

standenen Gütergemeinschaft Rechtens sei, ist im Titel von der Ehe vorgeschrieben. (Th. II, Tit. 1, Abschn. 6,7,8.)

$. 82.

So weit Jemand gültige Veräußerungsverträge zu

Verfahren. Der Antrag setzt ein unbestrittene» Miteigenthum voran». Dieses und die Theilhaber muffen in dem Gesuche nachgewiesen werden. Daß der Besitztitel im Hypothekciibuche eingetragen fei, ist nicht nothwendig; cs muß aber ein Titel in authentischer Form vorgelegt werden. Erben muffen da» Erbes-Lcgitiniations-Attcst bcibringcii. Das Gesuch wird den Mitcigcnthümern, gegen welche der Antrag geht, mitgcthcilt und die Einlcitungsvcrfngung erlaffen. Widerspruch kann nur aus einem der im §. 75 bezeichneten Drei Gründe erhoben werden, sonst wird darauf nicht Rücksicht genommen. Ist aber der Widerspruch gehörig substantiirt, so wird, unter Suspenbirung des SubhastativnS-Verfahrens, ei» Termin zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung der Sache in der öffentlichen Audienz angesetzt. Findet der Richter den Widerspruch begründet und auSgcwiesen, so erkennt er auf Aufhebung, im entgegengesetzten Falle aus Fortsetzung der Subhastation, nach Analogie der Vorschrift Tit. 24 §. 40 der Pr. O. — Vergl. die R. des I. M. v. 31. Januar 1839 (I. M. Bl. S. 65), und v. 30. Mai 1840 (I. M. Bl. S. 196).

48) Diese Bestimmung bezieht sich nur auf die Theilungsklagcn. Da» Mitcigcnthumsrecht aber, so wie die hereditatis petitio partiaria, erlischt aller­ dings durch Verjährung. Pr. des Ob.-Tr. 2333, v. 7. Januar 1852 (Entsch. Bd. XXII, S. 32).

49) Auch wider den Willen des einen oder andern Miteigenthümers. Sind Alle einverstanden, so giebt es kein Hinderniß, selbst bei Famiiien-Fidcikommiffen. Ed. v. 9. Oktober 1807 §. 9.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt.

519

schließen fähig ist, kann er auch auf Theilung deS gemeinschaft­ lichen EigenthumS antragen. §. 83. Sind bei einer in den Gesetzen an sich gebilligten Theilung die Interessenten über den Zeitpunkt derselben nicht einige so muß die Theilung bis dahin verschoben werden, wo sie ohne Schaden der Sache, und-mit dem wenigsten Nachtheile für sämmtliche Interessenten erfolgen kann. 8. 84. In der Regel ist derjenige Zeitpunkt abzuwarten, wo sich Nutzen und Lasten der gemeinschaftlichen Sache am füglichsten gegen einander abwägen lassen. §. 85. Wegen bloßer Rückstände5«) in der zur gemein­ schaftlichen Sache gehörenden Einnahme, kann die Theilung selbst nicht aufgehalten werden. §. 86. Wenn mehrere von einander unterschiedene Sachen, deren jede besonders genutzt werden kann, zu theilen sind: so darf deswegen, weil einige noch nicht getheilt werden können, die Thei­ lung der übrigen nicht ausgesetzt bleiben. 8- 87. Was seiner Natur nach theilbar ist50 51), und durch die Theilung seinen Werth nicht »ediert52), muß, wenn nicht ausdrückliche Gesetze entgegenstehen, oder die Interessenten sich auf andere Art deshalb vereinigen, in Natur getheilt werden. 8- 88. Können die Interessenten wegen Zuschlagung der einzelnen Theile sich nicht vereinigen; so entscheidet das Looö. §. 89. Kann zwar die Sache an sich in Natur getheilt, über die Würdigung oder Legung der Theile aber kein Uebereinkommen unter den Interessenten getroffen werden: so ist jeder derselben auf öffentlichen Verkauf anzutragen berechtigt52').

50) Diese sind, wie ausstehende Forderungen, besondere Gegenstände der Theilung.

51) Von Natur theilbar ist Alles, dessen Theile dem Ganzen völlig gleich­ artig bleiben, wie z. B. die Theile eines Ackerstückcs. Nicht theilbar aber in diesem Sinne ist ein ganzes Landgut, wegen der darauf besindlichcn Gebäude, Berechtigungen und Verpflichtungen. Ang. von dem Ob.-Tr. den 29. April 1847 (Rechtsf. Bd. I, S. 108). 52) Wenn auch nur theilweise. Denn auch einen Verlust durch unvcrhältnißmäßige Minderung des Werths der Stücke im Vergleich zum Ganzen ist kein Miteigentümer schuldig, sich gefallen zu lassen. 52 a) Der Antrag findet nicht statt, Behufs Ermittelung des Pflichttheils, in Ansehung eines, zum Nachlasse des Testators gehörigen, von Letzterem einem

«520

Erster Theil.

Siebenzehnter Titel.

§. 90. Dergleichen Ausgebot zum öffentlichen Verkaufe fin­ det in allen Fällen statt53 * *),* *wo* die Theilung in Natur nicht er­ folgen, und auch wegen Ueberlassung der gemeinschaftlich gewe­ senen Sache an einen der Theilnehmer5*), oder an einen Dritten, keine Vereinigung unter den Interessenten erreicht werden kann. 8. 91. Ob für ein geschehenes Gebot der Zuschlag erfolgen, oder die Ausbietung fortgesetzt werden solle, entscheidet die Mehr­ heit der Stimmen55).

der Erben zum ausschließlichen Eigenihume im Testamente über­ wiesenen Grundstücks, sondern ein solches Grundstück muß nach einer Tare zur Anrechnung gebracht werden. Th. II, Tit. 1 §§.497, 49b; Tit. 2 §.436; §. 164 des Anh. — Pr. des Ob. - Tr. vom 3. Januar 1852 lEntsch. Bd. XXII, S. 243).

53) Wenn nicht durch Partikularrechte oder besondere Gesetze ein Anderes vor­ geschrieben ist. So kann z. B. im Lande Siegen kein Eigenthümer eines Hütten­ oder Hammerbetriebs-Antheiles, zum Zwecke der Theilung, auf den Verkauf des betreffenden „ganzen" Hütten- oder Hammerwerkes antragen; denn unter den Eigenthümern der verschiedenen Hütten- oder Hammerbetriebs-Antheile findet kein gemeinschaftliches theilbares Eigenthum statt, dagegen ist der Separatverkauf jedes einzelnen Antheiles zulässtg. Pr. deS Ob.-Tr. 762, v. 6. December lb39. Jedes Hammerwerk stellt nämlich dort einen Zunftverband vor, dessen einzelne Genoffen das gemeinschaftliche Werk nach einem gewissen Turnus und Jeder nur für eine bestimmte Zeit (Hammerzeit) benutzen. (Entsch. des Ob.-Tr. Bd. XIV, S. 382.) Aehnlich ist eS nach §. 74, Tit. 23 bei gemeinschaftlichen Brau­ häusern. — Ebenso kann in der, Mark Brandenburg der Hinterbliebene Ehegatte, der von seinem Rechte, die statutarische Portion zu verlangen, gegen TcstamentSerben des verstorbenen Ehegatten Gebrauch macht, — nicht die Subhastation eines zum Nachlasse gehöngen, von dem Testator einem der Erben überwiesenen Grundstücks verlangen, sondern muß stch mit der Einrechnung deS Werths nach einer aufzunehmenden Tare des Grundstücks begnügen. Pr. des Ob.-Tr. 2047, v. 2. September 1848.

54) Eine solche Ueberlassung hat nicht die Natur eines Kaufs und der Uebernehmer erwirbt nicht durch Tradition in Folge eines Kaufs das Eigenthum, vielmehr ist er schon Eigenthümer und sein Eigenthum, welches durch die Kon­ kurrenz der Mitgenoffen beengt war, dehnt sich von selbst, kraft des Zuwachs­ rechts, in dem Maße aus, als die Uebrigen ausscheiden und Raum geben. Daraus folgt u. A., daß wenn ein Grundstück in Verkaufsfällen laudemialpfiichtig ist, im Falle der bloßen Theilung durch Abfindung der Miteigentümer Seitens deS einen Theilhabers, das Laudemium nicht zu erlegen ist. Man hat darüber gestritten. Schles. Arch. Bd. I, S. 97, 102; Bd. II, S. 24. Das hindert nicht, zwischen den Tranfigenten die Rechte und Pflichten wie aiks einem Kaufe, hinsichtlich der Antheile der Ausgeschiedenen, analogisch gelten zu laffen. §. 97. 55) „Die Vorschriften der §§.91—93 find durch die V. II. v. 4. März 1834, §. 2, für den Fall aufgehoben, wenn in Gemäßheit derselben der Verkauf eines mehreren Personen gemeinschaftlich gehörigen Grundstücks, auf den Antrag eines MiteigenthümerS zum Zwecke der Auseinandersetzung, im Wege der noth­ wendigen Subhastation erfolgt." Pr. des Ob.-Tr. 1022, v. 11. Juni 1841. Der Bereich dieser Vorschriften ist demnach auf andere öffentliche Versteigerungen beschränkt.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthnme überhaupt.

8- 92.

521

Liegt jedoch bei dem Aufgebote88) zum öffentlichen

Verkaufe eine Tare zum Grunde,

welche mit Zuziehung sämmt­

licher Interessenten nach Vorschrift der Prozeßordnung ausgenom­ men worden; und geschieht ein Gebot, wodurch die Tare erreicht

oder gar überstiegen wird: so muß der Zuschlag geschehen, wenn auch nur einer oder etliche Interessenten, welche keine Mehrheit

ausmachen, darauf antragen. 8- 93. Ist die Tare nicht erreicht worden, und die Stim­ men für und wider den Zuschlag sind gleich,

so findet derselbe

nicht statt ö *).

8- 94.

Ist zwar die Theilung zuläsfig, die Veräußerung

an einen Fremden aber verboten: so muß die untheilbare Sache

durch Versteigerung unter den Interessenten selbst in Geld ge­

setzt werden. 8- 95. Bei einer solchen Bietung unter den Interessenten kann derjenige, welcher auf die Theilung dringt, den Zuschlag an

sich selbst, wenn auch sonst seine Stimme das Uebergewicht aus­

macht, doch nicht verlangen, wenn nicht wenigstens der volle Be­ trag einer nach 8- 92 aufgenommenen Tare geboten worden5 8). §. 96. Unter mehreren ein gleiches Gebot abgebenden Theilnehmern entscheidet die Erklärung der übrigen.

Wenn aber außer

ihnen keine Theilnehmer mehr vorhanden sind, oder die übrigen

sich wegen der Entscheidung nicht vereinigen können oder wollen:

so

hat derjenige,

welcher das

höchste Gebot zuerst abgegeben

hat88), den Vorzug.

56) Soll „Ausgebote" heißen.

Bergt. §. 90.

57) Dies ist eine Norm für den erkennenden Richter und hindert nicht das Vormundschaftsgericht in seiner Partcistcllung, aus Nützlichkeitsgründen, in den Zuschlag auch für ein die Tare nicht erreichendes Gebot zu willigen. R. vom 23. Januar 1802 (Rabe Bd. VII, S. 20).

5b) Dadurch soll verhütet werden, daß ein präpotcntcr Theilhaber die Sache den übrigen für einen zu niedrigen Preis abdringc» könnte. Snarcz, rev. monit. (Jährb. Bd. LU, S. 23). 59) Wenn sic gleichzeitig geboten haben, so müssen sie weiter bieten. Bei der Berathung über die Monita und die Suarez'scheu Revisionsbemerkungen wurde über die Frage concludirt: „wenn mehrere zugleich bieten, so müssen sie unter sich von nenen! licitiren; wen» die Sache dadurch keinen exitum gewinnt. Maj." (Jahrb. Bd. LII, S. 23.) Von dem zweiten Theile dieses Beschlusses ist man wieder abgegangen, indem der §. 96 Stimmeneinhcit vorschreibt. Der erste Theil ist nicht ausgenommen, weil sich die, Fortsetzung der Licitatio» vou selbst versteht, wenn durch das Doppclgebot nichts entschieden wird und eine Einigung nicht stattfindet.

522

Erster Theil.

Siebenzehnter Titel.

8. 97. Bei allen Theilungen müssen die Interessenten ein­ ander für den jedem zugeschlagenen Antheil, wie bei Kaufver­ trägen b«), die Gewähr leisten6 8. 98. Bei Theilung gemeinschaftlicher Capitalien finden wegen der Gewährsleistung die Vorschriften von Cessionen An­ wendung. (Tit. 11, Absch. 3, 8- 420 sqq.) 8. 99. Diese Verbindlichkeit der theilenden Miteigenthümer gegen einander (8. 97, 98) wirv nicht geändert, wenn gleich der Dritte, welcher ihnen das gemeinschaftliche Eigenthum übertragen hat, wegen einer künftigen Auseinandersetzung gewisse Vorschriften ertheilt hätte.

8. 100. Wenn aber aus dem Inhalte der Verordnung sich ergiebt, daß der Stifter einem Interessenten, von Anfang an, ge­ wisse Theile als sein besonderes Eigenthum habe anweifen wollen: so findet deshalb keine Gewährsleistung statt62 60).61

60) Dadurch werden die Theilungen nicht zu Kaufen gemacht. Oben, Anm. 54 zu 8. 90. Vergl. §. 126. 61) Die Gewährleistung kann eine andere Ausgleichung der gewesenen Gemeinschaster zur Folge haben. Der einfachste Fall ist der, wenn Einer die Sache ganz behalten und die Andern abgefunden hat. Dann müssen die Abgefundenen nach Maaßgabe ihrer ganzen Abfindungen Gewähr leisten, ohne daß der Uebernehmer beizutragen hat. Denn für seinen Theil ist er schon sein eigener Ge­ währsmann. Wenn aber die Sache in Natur getheilt und nur ein einzelner Antheil evincirt worden ist, so muß die Evictionssumme auf alle ehemalige Theilnchmcr, mit Einschluß des Evictus, vertheilt werden, weil er sonst für seinen Antheil frei ausgehen würde, wozu er kein Recht hat. Werden aber die Theile alle von den Ucbcrnehmern evincirt, so findet kein gegenseitiger Evictionsanspruch statt, denn sie sind Alle gleich gemacht. Meinungsverschiedenheit war über den Fall, wenn der Theil des Einen evincirt wird, und die übrigen Antheile sich in eadem evictionis causa befinden. Nach einer Meinung sollte dann der Evictionsanspruch unzulässig sein, weil, wenn auch die andern Theile noch nicht evincirt worden, es doch genug sei, der Gefahr der Eviction zu unterliegen. Andere waren anderer Äleinung. Das A. L. R. entscheidet den Fall nicht besonders. Die Entscheidung muß jedoch im Sinne der zweiten Meinung ausfallcn, weil eher nicht Evictionsleistung gefordert, folglich auch nicht compensando cntgegengestellt werden kaun, bis die Eviction Thatsache geworden ist.

62) Vergl. §. 126 d. T. u. L. 77 §. 8 D de leg. II. Diese Pandekten­ stelle hat eine Eontroverse veranlaßt, welche die §§. 99 u. 100 entscheiden. Nach Barto l u s und dessen Partei sollte bei vorhandener Vorschrift des Stifters keine Evictionsleistung gefordert werden können, außer per modum exceptionis, gemäß dem Wortlaute der L. 77 §. 8 cit. Die andere Meinung ging dahin, daß Gewährleistung gefordert werden könne, wenn der Stifter nichts weiter­ gethan als die Theilung angelegt und nicht etwa Prälegate zugewendet hatte. Diese Sätze sind hier, in den §§. 99 u. 100, ausgenommen.

Vom gemeinschaftlichen Eigenthums überhaupt.

§. 101.

523

Im zweifelhaften Falle wird letzteres (§. 100) eher,

alS ersteres (§. 99), vermuthet").

§. 102.

In so fern durch die Theilung streitige Punkte ab­

gemacht worden, beurtheilen. 8. 103.

ist sie nach den Gesetzen von Vergleichen zu

Eigenthum und Gefahr in Ansehung des Ganzen

gehen bei Theilungen nur eben so, wie bei Kaufverträgen in An­ sehung körperlicher Sachen *4), und bei Cessionen in Ansehung der

Rechte, auf den Uebernehmer deö Ganzen über. §. 104.

Die Bestimmung der Antheile oder Abfindungen ge­

schieht übrigens nach Verhältniß des dem bisherigen Miteigen-

thümer zugekommenen Anrechts"). (§. 2, 3.) 105.

Durch die Theilung können die in Ansehung der Mrkunz-n

getheilten Sache schon erworbenen Rechte eines Dritten nicht ge- Wi