Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Teil 2, Band 1 [Reprint 2021 ed.] 9783112437261, 9783112437254


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Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Teil 2, Band 1 [Reprint 2021 ed.]
 9783112437261, 9783112437254

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Landrecht. In zwei Theilen oder vier Bänden.

Dritter Band.

Allgemeines 8

andrecht

für die

Preußischen Staaten. Unter Weglassung der obsoleten oder aufgehobenen Borschriften und Einschaltung der jüngeren noch geltenden Bestimmungen, herausgegeben

mit

Kommentar in Anmerkungen von

Dr. C F. Koch. Mit vewtNigung der Herren A. Nauck und Somp.

Zweiter Theil, erster -and.

Berlin, 1854. I. Gnttentag. (X. X r a u t w e i n'scher Buchverlag.)

Erster Titel. von der Ehe.

$. I. Der Hauptzweck') der Ehe ist die Erzeugung und Erziehung der Kinder. 8. 2. Auch zur wechselseitigen Unterstützung allein kann eine gültige Ehe geschloffen werden.

1) Die Abfassung des A. L. R. fällt in eine Zeit, wo die Ehe, lediglich von der £eite des darin enthaltenen natürlichen Bestandtheils, als eine polizei­ liche Anstalt zur Fortpflanzung der Menschen aufgefaßt wurde. (Adelung Wörterbuch, Wort: „Ehe"; Kant metaphysische Anfangsgründe der RechtSlehre, ). 8- 216.

Sollen aber Grundstücke oder Capitalien,

nach gesetzlicher Bestimmung zum Eingebrachten

gehören,

welche

durch

Ehemanne durch gemeinschaftlichen Kaufvertrag daS Eigenthum einer Sache er­ worben hat." Pr. des Ob.-Tr. 1765, v. 7. August 1846. (Entfch. Bd. XIII, Seite 286.) „Der §. 211 ist auf den Fall zu beschränken, wenn eine Ehefrau während der Ehe durch ein besonderes Gewerbe etwas erwirbt." Pr. des Ob.-Tr. 702, v. 17. Juni 1839. Pachtungen fallen gleichfalls unter den Begriff gewerblicher Unternehmungen. Damit steht im Einklang das Pr. 2149, v. 4. Octobcr 1849: „Wenn bei ausgeschlossener Gütergemeinschaft der Ehemann der Ehefrau sein Gut verpachtet, so find die Gläubiger des Ehemannes befugt, wegen ihrer Forderun­ gen auch an die während der Pachtzeit erwachsenen und abgesonderten GutSfrüchte sich zu halten." Zu vergl. die Entsch. v. 27. September "1847,(Rechtsf. Bd. ll,

Seite 248).

8) Gleichviel von wem sie Herkommen, also auch durch Geschenke des Mannes. Für die Meinung, daß die Geschenke des Mannes in das vorbehaltene Ver­ mögen übergehen, giebt eS keinen juristischen Grund. 9) Namentlich Lottcriegewinn, ohne Rücksicht daraus, mit wessen Mitteln das Loos angekaust worden. Der Gewinn wird mithin Eingebrachtes, sowohl dann, wenn die Frau den Einsatz aus dem ihr vom Manne zum Wirthschafts­ betriebe anvertrauten Gelde bezahlt hat (Pr. des Ob.-Tr. v. 7. December 1809, Simon, Rechtsspr. Bd. I, S. 303), wie auch dann, wenn sie mit Geld aus dem Vorbehaltenen gespielt hat. An diesen Fall haben die Vers, des A. L. R. besonders gedacht, indem man die „Glücksfälle", welche im Entw. fehlten, hin­ zufügte, um die Spielsucht der Frauen einzuschränken. (Ges.-Rev. Pens. XV, Seite 147.)

10) Auch dann, wenn der Erblasser nicht mehr als den schuldigen Pflicht­ theil hinterlassen hat. Denn durch die Beilegung der Eigenschaft des Vorbehal­ tenen verliert nur der Mann, und dieser ist nicht Erbe. 11) Die Meinung hierbei ist nicht, daß der mitallegirte §. 210 gleichfalls solle durch Vertrag abgeändert, d. h. noch eine dritte Art von Güterrecht, etwa Miteigentum oder getheiltes Eigenthum, solle geschaffen werden können. Der §. 210 ist aus Unachtsamkeit mit alleqirt worden. Zn vergl, die Entstehungsgeschichte des §. 215, Ges.-Rev. a. a. Ö., S. 148.

76

Zweiter Theil.

Erster Titel.

solche Verträge die Eigenschaft deS Vorbehaltenen, auch in Be­ ziehung auf einen Dritten, erlangen: so müssen sie auf den Namen

der Frau geschrieben werden").

§. 217. WaS die Frau von den Einkünften deö vorbehalte­ nen Vermögens erspart, wächst diesem Vermögen zu.

12) ES ist ganz richtig, daß nach der Meinung der Redaktoren die Grund­ stücke und Kapitalien „als vorbehalten" geschrieben werden muffen, wenn sie nicht als Eingebrachtes von den Gläubigern des Mannes behandelt werden sollen. Außerdem wäre die Vorschrift gegenstandslos. Auch erhellet dieser Sinn auS den Materialien, indem auf die Monita, durch welche die ganze Bestimmung als eine Vorsichtsmaßregel zur Sicherheit der Gläubiger erst veranlaßt worden, Suarez vorschlug, daß qualitas receptitia im Hypothekenbuche vermerkt wer­ den lnüffe, welchem Vorschläge die Fassung des §. 316 entsprechen sollte. (Ges.Rev. Pens. XV, S. 149.) Gewiß ist aber -auch, daß wenn solcher Vermerk unterblieben, daraus noch kein wesentlicher Nachtheil für die Frau abzusehcn ist, da, wenn die Gläubiger des Mannes die Revenuen eines vorbehaltencn Vcrmögensstucks wie die eines Eingebrachten in Angriff nehmen, sie durch den Nach­ weis der wahren Eigenschaft abgewiesen werden können. Bezüglich auf die fraglichen Vermerke sagt Suarez in seinen Schlußvor­ trägen über die §§. 216, 218, 219, 223, 240' 247, 250, 319:

„In Ansehung der Receptitiorum hat die Frau eben die freie falcultatem disponendi, wie eine andere unverheirathete Frauensperson. Ueber die Substanz des Eingebrachten können nur beide Eheleute gemeinschaftlich gültige Verfügungen treffen. Wenn also z. E. der Mann über Receptitia der Frau disponirt, oder wenn er ein Illatum der Frau ohne ihre Zuziehung veräußert, verpfändet re., so ist die Verfügung nichtig und ungültig, und die Frau ist zu allen Zeiten deren Aufhebung zu suchen befugt. Dadurch kann also das Publikum und ein Dritter, der mit dem Manne sich eingelassen hat, besonders wenn beide Eheleute mit ein­ ander kolludiren, oft sehr gefährdet werden. Um diese Gefährdungen zu verhü­ ten, und das Publikum möglichst dagegen sicher zu stellen, sind im Gesetzbuche Verfügungen getroffen, damit die Qualität eines jeden Objekts, ob dasselbe ad illata oder ad receptitia gehöre, durch äußerliche Merkmale erkennbar, und jeder, der sich nur gehörig erkundigt, für Hintergehungen sicher sein möge. Daher ist verordnet:

a) daß nur solche Mobilien zu den Receptitiis legalibus gerechnet werden sollen, denen man eS gleich ansehen

kann, daß

sie der Fran

gehören,

88- 206, 223; b) daß bei Mobilien, die nur durch Vertrag ein Receptitium geworden, die Frau eine einseitige Disposition des Mannes zwar widerrufen könne; jedoch nur gegen Entschädigung des dritten redlichen Besitzers, §. 250;

c) daß über alle blos eingebrächte Mobilien der Mann intuitu tertii liberam facultatem disponendi habe, §. 247; d) daß bei Grundstücken und Kapitalien, an welchen die Frau, eS sei qua illatum oder qua receptitium ein Recht hat, diese Qualität derselben aus dem Hypothekcnbuche oder aus dem Schuldinstrument ersichtlich sein müsse, 88- 216, 218, 219, 232, 233, 252, 253. Diese nöthige Rücksicht auf die Verwahrung des Publici gegen Hintergehungen und Kollusionen wird um so mehr hinreichen, die in diesen §8- 8um Theile lie­ genden Abweichungen von den bisherigen gemeinen Rechten zu rechtfertigen, als auf der andern Seite für die Sicherheit der Frau durch die große Priorität, welche die Gesetze in dem Vermögen ihres Mannes ihr einräumen, hinlänglich gesorgt ist." (Jahrb. Bd. XLI, S. 112.)

77

Von dem Vermögen der Eheleute. 8. 218.

ES muß aber dergleichen Ersparnlß, zur Zeit der

Absonderung deS Vermögens beider Eheleute, auf den Namen der

Frau geschrieben sein; oder eS muß sonst klar erhellen, daS sie nicht aufge­

den Besitz der ersparten Sachen oder Gelder noch geben habe").

§. 219.

Grundstücke und Capitalien, die von den Einkünf­

ten eineS besondern Gewerbes der Frau angeschafft, und zur Zeit der Vermögensabsonderung auf ihren Namen geschrieben sind"),

gehören ebenfalls zum Vermögen der Frau.

§. 220.

Sie haben aber,

wenn das Gewerbe nicht bloß

mit dem vorbehaltenrn Vermögen der Frau getrieben,

ein Anderes ausdrücklich verabredet worden,

oder sonst

nur die Eigenschaft

deS Eingebrachten. §. 221.

In Ansehung deS vorbehaltenen Vermögens

gc- g^*^“,

bühret der Frau die Verwaltung, der Nießbrauch, und die freie vermög"'"

Disposition, wenn sie sich nicht des einen oder deS andern aus­ drücklich begeben hat.

8. 222.

ES sind daher, der Regel nach, die von der Frau

über daS vorbehaltene Vermögen getroffenen Verfügungen auch

ohne die Einwilligung deS Mannes gültig.

8. 223.

Doch soll über Juwelen, Gold, Silber, und andere

bloß zur Pracht bestimmte Sachen,

ohne Unterschied ob sie zum

vorbehaltenen Vermögen gehören, oder nicht, Niemand mit einer Frau, ohne Vorbewußt") deS Mannes, in Pfand- oder Ver­ äußerungsverträge sich einlaffen.

13) „Wenn eS nicht erhellet, so tritt die nirgend aufgehobene Rechtsver­ muthung : quae in domo mariti sunt, praesumuntur esse mariti, in Wirkung," sagt Suarez in der rev. mon. (Ges. -Rev. a. a. O., S. 149.) Von der Eigenschaft des Eingebrachten kann mithin überhaupt nicht Rede sein: das Er­ sparte ist entweder erweislich vorbehaltenes Vermögen der Frau, oder Eigen­ thum des Mannes. 14) Zu vergl. §. 671, Tit. 11, Th. I, und über das Prinzip: Entsch. des Ob.-Tr. Bd. XIII, S. 196.

15) Nur das Vorbewußt, nicht auch die Einwilligung wird erfordert. Man kann darnach folgende Fälle unterscheiden. 1. Die Einlassung geschieht mit Vor­ bewußt deS Mannes, a) Er schweigt dazu und läßt die Verpfändung oder Veräußerung geschehen. Dann ist das Geschäft gültig, b) Er untersagt das beabsichtigte Geschäft, dasselbe wird aber dennoch vollzogen, ehe er eS thatsäch­ lich hindern kann. In diesem Falle sind die Sachen enweder a) für geliehen zu erachten (K. 316): dann kann sie der Mann vindiciren; oder ß) Eigenthum

78

Zweiter Theil. §. 224.

Erster Titel.

Macht die Frau, in Ansehung dcö gesetzlich vor­

sich eines unwirthschaftlichen Betragens verdächtig: so ist der Mann befugt, Maaßregeln zu dessen Ver­

behaltenen Vermögens,

hütung zu treffen").

8. 225.

In Ansehung deS durch Vertrag vorbehaltenen

Vermögens aber, kann der Mann die Frau in ihrer Disposition

nur alsdann

einschränken, wenn sie sich einer wirklichen Ver­

schwendung schuldig macht.

8. 226.

Solchenfalls muß ihr,

gleich andern Verschwen­

dern"), ein Curator gerichtlich bestellt werden.

8. 227.

In der Regel muß der Mann die Curatel, und

mit derselben, in Ansehung deS vorbehaltenen Vermögens, alle Pflichten eines fremden CuratorS übernehmen"). 8. 228.

Die Lasten und Kosten wegen des gesetzlich vor­

behaltenen Vermögens muß der Mann in allen Fällen tragen, wenn die Frau keine vorbehaltenen Capitalien oder Einkünfte be­

sitzt"). 8. 229.

Dagegen müssen die Lasten und Kosten des durch

der Frau: dann kann der Mann gegen die Veräußerung nichts thun. Zwar hat S uarez in der rev. mon. submittirt: „festzusetzen, daß über dergleichen Sachen, wenn solche auch qualitatem receptitiam haben sollten, die Frau ohne Konsens des Mannes dennoch nicht valide disponiren könne." (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 153.) Und die juristische Wirkung davon wäre gewesen, daß der Mann, als ehelicher Vormund in Beziehung aus diese relative Handlungsunfähigkeit der Fran, für die Frau die Sachen hätte wieder abfordern können, nach eben den Grund­ sätzen, welche den Vormund eines Minderjährigen berechtigen, die ohne seinen Konsens unternommenen Veräußerungen deS Mündels umzustoßen (Restitution). Mein die juristische Idee ist m dem Gesetze nicht zum Durchbruch gekommen. 2. Die Verpfändung oder Veräußerung ist ohne Vorbewußt geschehen. "Dann gilt das Gleiche wie in dem Falle 1, b. 16) Was für Maaßregeln? Diese zu bestimmen, hat man nach Suarez' Aeußerung mit Vorbedacht unterlaffen. (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 153.) Zu­ nächst wird der Mann aus eigener Macht die ihm geeignet scheinenden Maaß­ regeln in seinem Hauswesen treffen; er mag z. B. die der Verschleuderung aus­ gesetzten Sachen in seine Obhut nehmen.

17) Es muß mithin ein förmliches Prodigalitäts-Verfahren eintreten. 18) Er ist schon von Rechtswegen der natürliche Vormund seiner zu bevor­ mundenden Frau. §§. 39 und 40, Tit. 18.

19) Oben, Anm. 7 zu §. 187. Es versteht sich, daß die Deserviten deS Rechtsanwalts in Prozessen, welche über gesetzlich vorbchaltenes Vermögen auf Kosten des Mannes vor dessen Tode geführt worden sind, als eine nachgelassene Schuld auch auf dessen Erben übergehen. Dies ist es, was der I. M. in seinem Bescheide vom 18. April 1836 (Zahrb. Bd. XI.VII,.G. 519) sagen will.

Von dem Vermögen der Eheleute.

79

Vertrag vorbehaltenen Vermögens von der Frau aus diesem Ver­

mögen)

bestritten werden.

8. 230.

Prozesse,

welche daS durch Vertrag vorbehaltene

Vermögen betreffen, kann die Frau auch ohne Zuziehung des Mannes gültig betreiben.

§.231.

In Ansehung

Frau hat der Mann

braucherS^l). 8- 232.

deS

alle Rechte

eingebrachten Vermögens der hechte des, und

Pflichten

eines Rieß-

^nae^

(Th. I, Tit. 21, Abschn. 1.) Vermögen. Grundstücke und Gerechtigkeiten, welche zum Ein­

gebrachten gehören, kann der Mann, ohne die ausdrückliche Ein­

willigung 2 2) der Frau, weder veräußern, noch verpfänden, noch sonst etwas damit vornehmen, wodurch denselben eine bleibende^) dingliche Last aufgelegt würde.

20) Und zwar, wenn davon keine Revenüen entfallen, auS der Substanz. Zu vergl. oben Anm. 7 zu §. 187.

21) Hiermit ist das im §. 205 dem Manne im Allgemeinen gegebene Recht der Verwaltung hinsichtlich des Eingebrachten nicht genommen. Vergl. §. 264. Daraus folgt, daß die Frau ihr Eingebrachtes, auch salvo usufructu des Man­ nes, ohne Einwilligung deS Mannes nicht veräußern kann. Paffend sagt daherSuarez in der rev. mon. in Beziehung auf ein desfallsiges Monitum, daß es überflüssig sei, dies ausdrücklich zu verordnen, weil es sich von selbst verstehe. (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 157.) Zu vergl. das R. des I. M. vom 21. Mai 1821 (Jahrb. Bd. XVII, S. 252.) Wenn dagegen der Ehemann in die Veräußerung ausdrücklich willigt, so verliert er nicht bloß die Verwaltung, sondern auch den Nießbrauch. Darauf gründet sich das Pr. des Ob.-Tr. vom 3. Decbr, 1842: „Ein Ehemann, welcher die Jllaten seiner Eheftau auf sein Grundstück hat hypothekarisch eintragen lassen, kann, wenn er die Eession dieser Jllaten an einen Dritten bewilligte, dem Eessionar dieser Forderung nicht entgegen setzen, daß, weil die ccdirende Ehefrau nicht mehr Recht habe übertragen können, als sie selbst gehabt, ihm der Nieß­ brauch an den cedirten Jllaten müsse belassen werden." (Entsch. Bd. IX, S. 391.) Natürlich. Der Ehemann würde ja hinterlistiger Weise, auf Kosten des Eessionar, seinen Nießbrauch verdoppeln. Den Nießbrauch des veräußerten Kapitals würde er behalten, und die bezahlte Valuta, die auch zum Eingebrachten gehört, würde er gleichfalls haben wollen. Wegen der Prozeßkosten: oben Anm. 7 zu §. 187. Hinsichtlich des Erwerbes der Frau: oben Anm. 7 zu §.211 und daS dort a. E. mitgetheilte Pr. des Ob.-Tr. 2149. 22) In derselben Form, welche daS beabsichtigte Geschäft selbst haben muß, also die schriftliche. Pl.-Beschl. (Pr. 1847) des Ob.-Tr. vom 22. März 1847 (Entsch. Bd. XIV, S. 44). Dieser Beschl. bezieht sich zwar unmittelbar auf daS Verhältniß der ehelichen Gütergemeinschaft; das Ob.-Tr. hat aber auch ausgesprochen, daß kein Grund vorhanden sei, in Beziehung auf die Verwaltung des Ehemannes in Betreff der Grundstücke und Gerechtigkeiten andere Grund­ sätze bei bestehender Gütergemeinschaft anzunehmen, als bei nicht vorhandener Gütergemeinschaft gelten sollen. Erk. v. 18. September 1849 (Entsch. Bd.XIX, S. 427). Gegen die Nothwendigkeit der gerichtlichen Form spricht sich auch der I. M. in dem R. vom 22. August 1840 aus. (I. M. Bl. S. 285.) 23) Andere Veränderungen darf er also auf seine Kosten vornehmen.

80

Zweiter Theil.

§. 233.

Erster Titel.

Capitalien 24), welche auf den Namen der Frau,

oder ihrer Erblasser,

oder Geschenkgeber geschrieben sind, kann

der Mann ohne Bewilligung2 5) der Frau nicht einziehen, ver­

pfänden, veräußern, oder sonst abhanden bringen. §. 234.

In die Veräußerung und Verpfändung eingebrach­

ter Güter und Capitalien, desgleichen in die Einziehung der letz­

teren ist die Frau nur in sofern zu willigen verbunden, als noth­ wendige, die Substanz betreffende Ausgaben, welche aus dem

Nießbrauche nicht getragen werden dürfen, dergleichen Verfügung

erfordern. 8. 235.

Ferner alsdann,

wenn der Mann 2«) die Ein­

ziehung eines Capitals wegen besorgter Unsicherheit nöthig findet;

8. 236.

Desgleichen, wenn daS Capital von dem Schuldner

selbst aufgekündigt wird; 8. 237.

Oder wenn der Mann ein Capital auf eine an­

dere Art höher zu nutzen Gelegenheit findet.

8. 238.

Doch ist in den zuletzt benannten drei Fällen der

„Zur Verpachtung der von der Frau in die Ehe inferirten Grundstücke be­ darf der Ehemann ihrer Zustimmung nicht" Pr. des Ob.-Tr. 1796, vom 1. Ok? tober 1846. (Schles. Arch., Bd. VI, S. 509.) Die erfolgte Verpachtung wird auch nicht ungültig, wenn dem Manne die Verwaltung und der Nießbrauch des Eingebrachten aus dem Grunde, weil er der Frau den standesmäßigen Unter­ halt nicht gewahren kann, entzogen wird; diese Veränderung hat nur Einstuß auf die Erhebung des Pachtzinses. §§. 256, 261. (Ebd.) Dagegen kommt bei Auflösung der Ehe der Grundsatz deS §. 33, Tit. 19, Th. I, zur Anwendung. 24) Eine von der Ehefrau eingebrachte Pension gehört nicht zu den auf den Namen der Frau geschriebenen Kapitalien, sondern zu fortlaufenden Ein­ künften, hinsichtlich welcher der Mann nicht durch die Bestimmung dieses 8- 233 beschrankt ist Erk. deS Ob.-Tr. v. 15. Juni 1848. (RechtSf. Bd. IV, S. 159.) Auch Rückstände eines der Eheftau zustehenden Auszuges gehören nicht zu den auf den Namen der Ehefrau geschnebenen Kapitalien im Sinne des §. 233. Erk. des Ob.-Tr. vom ll^Septbr. 1847. (RechtSf. Bd. II, S. 192.) Die noch zu zahlende Valuta eines DarlehnS, welches die Frau als Allein­ oder Mitschuldnerin kontrahirt, ist eben so wenig zu den ausstehenden AktiviS zu rechnen, auf welche sich die SS- 233 und 243 beziehen. Erk. des Ob.-Tr. vom 13. April 1844 (Jur. Wochenschr. 1847, S. 7). Auf diesen Fall finden die Grundsätze über Eingehung von Darlehnen Anwendung. Wem der Gläubiger nicht zahlt, von dem kann er nichts wieder fordern.

25) „Kapitalien, welche auf den Namen der Frau geschrieben find, können ohne Bewilligung der Eheftau von dem Manne nicht gekündigt werden; die RechtSaültigkeit der Kündigung ist vielmehr an die Bewilligung der Frau, diese Bewilligung jedoch an keine Form gebunden. Pr. deS Ob.-Tr. 1095, v. 22. Ja­ nuar 1842.

26) Nur der Mann, als zuständiger Verwalter, hat hierüber zu befinden; die Frau kann ihren Widerspruch um deswillen, weil sie die Sicherheit für hin­ länglich hält, nicht durchsetzen, und das Gericht (§. 239) darf sich auf die Prüftmg der Angabe der Frau nicht einlaffen.

81

Von btm Vermögen der Eheleute.

Mann ein solches Capital anderweil auf den Namen der Frau, entweder bei sich selbst, oder bei einem Dritten, gegen hinläng­

liche 2’) Sicherheit zu belegen verbunden. §. 239.

Wenn die Frau ihre Einwilligung in Fällen, wo

sie dieselbe zu ertheilen schuldig ist, verweigert: so kann diese Ein­

willigung von dem obervormundschaftlichen22) Gerichte, nach vor­ hergegangener Untersuchung der Umstände, ergänzt werden. 8- 240.

Grundstücke und Gerechtigkeiten, welche während

der Ehe aus dem Eingebrachten der Frau angeschafft, oder Capi­

talien, welche von diesem Vermögen auSgethan worden, werben nur in sofern ein Eigenthum der Frau, alS sie auf ihren Namen

geschrieben find22). 8. 241. Außer diesem Falle ist sie, wegen der solchergestalt verwendeten Summen nur alS Gläubigerin deS Mannes anzu­

sehen-'"'). 8- 242.

Doch genießt sie auch deshalb daS in den Gesehen

dem Eingebrachten überhaupt vor anderen Schulden deS Mannes beigelegte Vorrecht.

8- 243. hören,

Sind

Capitalien,

welche zum

Eingebrachten ge­

ohne die Einwilligung der Frau eingezogen worden: so

muß sie sich deshalb zuvörderst an den Mann halten.

8- 244.

Kann st? aber von diesem nicht befriedigt werden:

27) Dabei hat die Frau, als Eigentümerin, eine Stimme, die sie mit Hülfe des Gerichts zur Geltung bringen kann. 28) Suarez sagt: „um Prozesse unter Eheleuten möglichst zu vermeiden, ist hier die Jnterpofition des vormundschaftlichen Gerichts der sonst de jure communi statt findenden Klage ad supplendum consensum substituirt wor­ den." (Jahrb. Bd. XI.I, S. 113.)

29) Wenn die Grundstücke auf den Namen beider Eheleute, ohne Bestim­ mung der Antheile, geschrieben find, so werden Beide Miteigentümer zu gleichen Theilen. Die Vorschrift gehört nicht zu den suspendirten.' R. vom 31. Marz 1802 (Rabe Bd. VII, S. 31). Auch den Redaktoren waren solche Theilnehmungsrcchte ganz unzweifelhaft, so daß Suarez es für unbegreiflich erklärte, wie man in judicando daS Gegentheil habe annehmen können, was nach von Grolmann'S Bemerkung geschehen sein sollte. (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 162.)

30) Auch in dem Falle, wenn der Befitztitel für beide Eheleute berichtigt worden und die Ehefrau daher nur Miteigentümerin zur Halste ist. Um soviel wie mehr als die Halste des ErwcrbSpreises auS ihrem Eingebrachten gezahlt worden, ist fie Gläubigerin des Mannes. Umgekehrt kann auch der Mann das­ jenige, was die Frau'weniger als die Hälfte beigetragen hat, bei der künftigen Auseinandersetzung nach Auflösung der Ehe erstattet verlangen. Koch, Allgemeines Landrecht. HL

6

Zweiter Theil. Erster Titel.

82

so ist sie von dem vorigen Schuldner, welcher ohne ihre Einwil­ ligung^) gezahlt hat, Entschädigung zu fordern, wohl befugt. $. 245. Gerichtliche Angelegenheiten, welche die Substanz deS Eingebrachten betreffen, kann der Mann nur mit Zuziehung der Frau betreiben. 8. 246. Doch hat er in den gehörigen Orts näher bestimm­ ten Fällen die rechtliche Vermuthung, von der Frau bevollmäch­ tigt zu fein, für sich. (Th. I, Tit. 13, Abschn. 1.) WArinA" 8- 247. Ueber die eingebrachten Mobilien31 32) hat der Mann rrach^n^und foie freie Verfügung. ^bUiem0'

19.

Verordnung

über

die Rechte

der

Ehefrau

auf ihre eingebrachten Mobilien gegen die Gläubiger des Mannes. Vom 7. April 1838. (G. S. S. 255.)

Wir rc. rc. Da einige Gerichte aus der Vorschrift deS §. 247, Tit. 1, Th. II, des A. L. R. in Verbindung mit dem §. 77, Tit. 24, Th. I der A. G. O. die irrthümliche Folgerung hergeleitet haben, daß den Gläubigern des Ehemannes die Befugniß zustehe, im Wege der gegen ihn zu vollstreckenden Erekution aus den eingebrachten Mobilien der Ehefrau ihre Befriedigung zu suchen; so verordnen Wir auf den Antrag Unseres Staats-Ministeriums, wie folgt: §. 1. Die in dem 8- 247, Tit. 1, Th. II des A. L. R. dem Ehemanne beigelegte freie Verfügung über die von der Ehefrau ein­ gebrachten Mobilien ist als eine Erweiterung der, demselben in dem §. 205 daselbst ertheilten Verwaltungsrechte anzusehen und lediglich

an seine Person gebunden. §. 2. Haben die Gläubiger des Mannes nicht schon durch Handlungen seiner freien Verfügung ein dingliches Recht an den

31) Wenn die Einwilligung auch nur mündlich ertheilt ist, so schließt sie die TntschädigungSforderung doch vermöge der excepto doli aus. Der An­ spruch ist auch an sich erst dann zulässig, wenn die Frau dem Manne die Ver­ waltung ihres Eingebrachten entzogen und es sich darauf gezeigt hat, daß er außer Stande, ihr daS ihrige herauszugeben. 32) DeS baaren Geldes und der auf den Inhaber lautenden Papiere ge­ schieht nicht Erwähnung. Man hat daher unter Mobilien Alles zu verstehen, was die Frau dem Manne außer Grundstücken, Gerechtigkeiten und auf ihren Namen geschriebene Kapitalien einbringt, woraus denn folgt, daß dem Manne über baareS Geld und auf den Inhaber lautende Geldpapiere, wenn diese nicht auf den Namen der Frau außer KurS gesetzt sind, freie Verfügung zusteht. Von baarem Gelde versteht es sich ohnehin von -selbst, da der Mann Eigenthümer davon durch die Vermischung wird. Hinsichtlich der kurshabenden Papiere folgt es aus dem §. 233. Damit harmonirt auch Suarez, welcher auf das Mo­ nitum: eS müsse hinzugefügt werden, daß die Veräußerung von lettres au porteur zwar rückstchtlich deS Dritten gültig sei, der Frau aber ihre Rechte zur Wiedererlangung oder Entschädigung gegen den Mann vorbehalten blieben, — bemerkte, daß dieser Zusatz überstüsstg sei (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 160, 164), woraus zu schließen, daß er den Zusatz für eine sich von selbst verstehende Sache gehalten hat.

Von dem Vermögen der Eheleute.

83

eingebrachten Mobilien erworben, so ist die Frau ihre EigenthumSrechte an den eingebrachten Mobilien, wenn diese im Wege einer gegen den Mann verhängten Erecution in Beschlag genommen wor­ den, durch eine Interventionsklage zu verfolgen befugt. $. 3. Die in dem §. 257 daselbst den Gläubigern deS Man­ nes ertheilte Befugniß findet auf die eingebrachten Mobilien keine Anwendung.

$. 248. Ueber die vorbehaltenen Mobilien ist er nur mit Bewilligung der Frau zu verfügen berechtigt. z. 249. Einseitige Verfügungen deS Mannes über solche Mobilien, welche zu den gesetzlich vorbehaltenen gehören ($. 206), sind nichtig. $. 250. Dagegen hat, in Ansehung der nur durch Vertrag vorbehaltenen, und von dem Manne einseitig veräußerten Mo­ bilien, die Frau nur in so weit ein Rückforderungsrecht, als dasselbe jedem Eigenthümer gegen einen dritten Besitzer zusteht. (Th. I, Tit. 15.)

§. 251. WaS einmal zum eingebrachten oder vorbehaltenen^@7^ Vermögen ausgesetzt worden, behält diese Eigenschaft, so lange nicht ein Anderes durch ausdrückliche ’ ’) Verträge» 283.

Wird die zum Erbschatze bestellte Summe auf ein

Grundstück angewiesen: so muß der Richter dafür sorgen5 7), daß

sie in daS Hypothekenbuch eingetragen, und die Eigenschaft deS ErbschatzeS dabei vermerkt werde. §. 284. Wird ein Capital zum Erbschatze bestellt: so muß

diese Bestimmung auf dem Instrumente,

und wenn dasselbe ein­

getragen ist, auch im Hypothekenduche bemerkt, und dem Schuld­

ner davon Nachricht ertheilt werden.

8. 285.

Wo die über den Erbschatz

ausgestellten Instru­

mente verwahrt werden sollen, hängt von dem Willen des Be­

stellers ab. 8- 286.

Hat dieser sich nicht erklärt:

so gebührt die Ver­

wahrung der Instrumente demjenigen, welchem der Nießbrauch

deS ErbschatzeS zukömmt. 8. 287. So lange die Ehe, für welche der Erbschatz-aus­ gesetzt worden, besteht, gebühret die Verwaltung und der Nieß-

c) da« Publikum gegen alle Gefährdungen, welche au« der unbekannten Erbschatz-Qualität entstehen könnten, sicher gestellt werde. Da nun auch die Bestellung eines Erbschatze- überhaupt bloß Juris permissivi ist, und niemand dergleichen zu konstituiren gezwungen wird, so dient Liese ganze Theorie nur zur Ergänzung der bisherigen Gesetze und enthält nur eine nähere Modifikation der schon de jure communi einem jeden Vater zu­ kommenden Befugniß, zum Besten seiner Kinder und Enkel Fideikommisse und fideikommiffarische Substitutiones zu errichten. Merkwürdig ist es übrigen-, daß unter 53 Monenten, welche Erinnerungen über den Entwurf des Gesetzbucheingereicht haben, nur zwei sind, welche sich gegen den Erbschatz erklären." (Jahrb. Bd. XU, S. 113.)

57) Der Richter muß hiernach von Amt- wegen die nöthigen Eintragungen verfügen.

Von dem Vermögen der Eheleute.

91

brauch dem Manne; in sofern nicht der Besteller ein Andereausdrücklich verordnet hat.

§. 288. Nach getrennter Ehe fällt der Nießbrauch dem über­

lebenden oder unschuldigen Ehegatten zu. (§. 541 sqq.) §. 289.

Auch daS Eigenthum fällt demselben anheim, wenn

auS der Ehe, für welche der Erbschatz bestimmt war, keine Kinder vorhanden stnd. 8. 290. Sind aber Kinder vorhanden: so erlangen diese daS Eigenthum nach den im folgenden Titel enthaltenen Bestim­

mungen. 8. 291. Der zum Nießbrauch« berechtigte Ehegatte hat, we­

gen der Verwaltung deS ErbschatzeS, nur eben die Rechte, welch« einem Ehemanne in Ansehung der eingebrachten Capitalien seiner

Frau beigelegt sind. 292.

Rur unter denjenigen Umständen, unter welchen

ein solche- Capital von dem Ehemanne, auch ohne den Willen

der Frau, eingezogen werden kann, ist der Nießbraucher deS ErbschatzeS zu dessen Einziehung berechtigt").

8. 293. War aber der Erbschatz nach 8. 282 sqq. gerichtlich versichert: so muß auch die Einziehung gerichtlich geschehen, und

die dafür anderweit zu bestellende Sicherheit gerichtlich regulirt werden. 8. 294.

So lange der Besteller noch am Leben ist,

kann

derselbe, mit Zuziehung5 •) der Eheleute, die Eigenschaft deS Erb­ schatzeS wieder aufheben, und demselben die Eigenschaft deS ein­ gebrachten oder vorbehaltenen Vermögens beilegen. 8- 295.

Ein gänzlicher Widerruf deS ErbschatzeS aber kann

nur von den Gläubigern deS Bestellers, und nur unter eben den

Umständen erfolgen, unter welchen eine Schenkung Schulden hal­ ber widerrufen werden kann. (Th. I, Tit. 11, 8. 1129 sqq.)

8. 296. Ist die zum Erbschatze ausgesetzte Summe dem Ehe­ manne ohne besondere Sicherheit anvertraut worden: so kann er

58) In btn Fällen, wo bei dem Eingebrachten die Bewilligung der Frau erforderlich ist, wird auch wol bei dem Erbschatze die Frau dazu berufen sein sollen. 59) D. h. mit Zustimmung; denn wenn fie bloß zugezogen werden sollten, ihr Widerspruch aber nicht beachtet werden müßte, so bedürfte es auch der Zu­ ziehung nicht.

92

Zweiter Theil.

Erster Titel.

zur Bestellung einer solchen Sicherheit nur in dem Falle, wo er dergleichen für daS Eingebrachte zu leisten verpflichtet ist,

ange­

halten werben. §. 297. Doch gilt, wegen Eintragung eines solchen Erb-

schatzeS auf die Grundstücke deS Ehemannes, eben daS, waS wegen der Eintragung deS Eingebrachten verordnet ist. (8. 254, 255)

8 298.

Nach dem Tode deS Bestellers kann die Substanz

deS ErbschatzeS, auch mit Einwilligung beider Eheleute, nicht ver­

äußert, verpfändet, oder sonst geschmälert werden«"). 8. 299.

Doch können die Eheleute, wenn ste unter ein­

ander einig sind, die Hälfte des ErbschatzeS zur Ausstattung der Kinder verwenden. 8. 300. Wenn aus der Ehe, für welche der Erbfchatz be­ stellt worden, keine Kinder vorhanden, auch nach dem Laufe der

Natur, wegen hohen Alters beider Eheleute, keine mehr zu er­ warten sind: so kann der Erbfchatz mit ihrer gemeinschaftlichen Bewilligung aufgehoben werden.

8- 301.

In allen Fällen, wo nach dem Abgänge deS Be­

stellers eine Veränderung mit dem Erbschatze vorgenommen wer­

den soll, muß der Richter die alödann vorhandenen großjährigen Kinder,

oder einen den Minderjährigen zu bestellenden Curator

zuziehen. 8. 302. Ist die Substanz deS ErbschatzeS keinem der beiden Eheleute in die Hände gegeben,

sondern bei einem Dritten auf

sein Grundstück oder Capital angewiesen worden: so kann derselbe

bei einem über daS Vermögen Eines oder beider Eheleute ent­ stehenden Concurfe, nicht zur Masse gezogen werden.

8- 303.

Hat aber der Gemeinschuldner den Erbschatz in

Händen gehabt: so gebühret demselben,

wenn nicht eine bessere

Sicherheit ausdrücklich bestellt ist, eben daS Vorrecht, welches die Gesetze dem Eingebrachten beilegen. 8. 304.

Reicht die Masse zur Bezahlung des Eingebrachten nicht hin: so wird der Ueberrest

und deS ErbschatzeS zugleich

unter beide, nach Verhältniß ihres Betrages, vertheilt.

8. 305.

Sogleich, als über daS Vermögen deS Verwalter-

und Nießbrauchers eineö ErbschatzeS ConcurS entsteht, und der

60) Nämlich nicht ohne Zustimmung der Kinder. Sind diese damit ein­ verstanden, so giebt e- keinen znm Widerspruche Berechtigten. Bergl. §. 301.

Von dem Vermögen der Eheleute.

93

Richter von dem Dasein einer solchen Stiftung Nachricht erhält, muß er von AmtSwegen dafür sorgen, daß dem Erbschatze6 >) ein Curator bestellt werde.

$. 306. Dieser Curator überkömmt sodann die Verwaltung deS ErbschatzeS. 8. 307. Die Einkünfte' aber müssen nach der Verordnung deS Bestellers, und in deren Ermangelung, nach den Vorschriften der Gesetze, zur Tragung der Lasten deS Ehestandes, besonders zum Unterhalte und zur Erziehung der Kinder, verwendet werden.

8. 308. Bleibt sodann von den Einkünften noch etwas übrig: so gehört eS den Gläubigern des in ConcurS verfallenen Nießbrauchers. 8. 309. Auch an die Substanz können diese Gläubiger sich halten, sobald dieselbe in der Folge dem Gemeinschuldner alS freies Eigenthum anheim fällt.

8. 310. Geschenke unter Eheleuten sind, wie unter Fremden, Don Schen. Eheleuten gültig'-).

61) Nicht der Sache, sondern den berechtigten (bereits vorhandenen oder noch ungeborenen) Personen sollte der Kurator bestellt werden. 62) Gültig, das soll heißen zulässig. In wiefern ste gültig, hängt von der Beobachtung der für die Verträge unter Eheleuten, wodurch die Frau zum Vortheile des Mannes belastet wird, in den §§. 198—201 vorgeschriebenen Form ab. Oben, die Anm. 14, Satz 2, zu §. 198. Es war aber vor Allem nothwendig, die Schenkungen unter Eheleuten für zulässig zu erklären, denn sie waren bis dahin positiv verboten. Als Entstehungsgrund des Verbots ist in neuerer Zeit (Burchardi Possessio civilis etc., im Archiv für Eivil-PrariS Bd. XX, S. 14 ff., in der Zugabe) die rechtliche Natur der alten strengen Ehe wieder hervorgehoben, indem in dieser Ehe die Frau vermögenslos war und ins­ besondere als alieni juris keine possessio civilis haben konnte, woraus das Verbot der Schenkung unter den in strenger Ehe lebenden Eheleuten entstanden und in die freie Ehe mit herübergenommen worden sein soll. v. Savigny (Recht des Besitzes, 6. Aufl., Einl. S. LXVI) bezeichnet diese Ableitung des Verbots als neu. Aber Suarez trägt diese Lehre schon in den Schlußver­ handlungen vor, wo er sagt: „Der Grund, warum Schenkungen unter Ehe­ leuten de jure Romano erst ganz verboten waren, und in der Folge, so lange der schenkende Ehegatte lebte, widerrufen werden konnten, beruhete darin: 1) weil de jure Romano antiquo die Frau gegen den Mann in dem Verhältniß einer filiae familias stand, und also mit ihm pro una persona geachtet wurde; Nie­ mand aber sich selbst etwas schenken kann; 2) weil jure noviori die Ehetren­ nungen bei den Römern so äußerst leicht und willkürlich waren; und man daher besorgte, daß wenn ein Ehegatte den andern durch abgelockte Schenkungen aus­ gezogen hätte, dann aber sich scheiden ließe, der andere Ehegatte in gänzlicher Armuth zurückbleiben möchte. Beide Gründe paffen nicht mehr auf unser Zeit­ alter, und da durch die allgemeinen Gesetze über die Schenkungen gegen Uebereilungen und übertriebene Freigebigkeiten hinlängliche Vorsorge getroffen ist, so hat man nicht nöthig, Eheleute in solche Erweisungen von Liebe und Zuneigung

Zweiter Theil.

94

Erster Titel.

$. 311. Auch der Widerruf ist nur unter solchen Umständen zulässig, unter welchen auch ein fremder Geschenkgeber dazu be­ rechtigt sein würde. $. 312 Doch können Schenkungen eines in ConcurS ver­ fallenen Ehegatten, die auf einer bloßen Freigebigkeit beruhen, ohne Unterschied der Zeit, wann sie gemacht worden, von den Gläubigern desselben widerrufen werden. Anh. §. 74. Der Ausdruck ohne Unterschied der Zeit bezieht sich nur auf den §. 1129 bis 1132, Tit. II, Th. I deS Landrechts, aber nicht auf den §. 1133 eben daselbst, und es können daher die Gläubiger, auch die unter Eheleuten gemachten Geschenke nicht widerrufen, wofern sie ftüher als drei Jahre vor eröffnetem Concurse rechtsgültig erfolgt finb68).

§. 313. Erhellet aber, daß die Schenkung zu einer Zeit geschehen, wo der schenkende Ehegatte noch nicht über sein Ver­ mögen verschuldet war: so findet der Widerruf nur in sofern Statt, als die geschenkte Sache noch in dem Vermögen des be­ schenkten Ehegatten vorhanden ist; oder dieser im Besitze eines

mehr, als Andere, einzuschränken. Nur zur Verhütung von Schenkungen, die in fraudem creditorum geschehen, waren noch einige Maßregeln erforderlich." (Jahrb. Bd. XLI, S. 1*14.) In einer Anm. im gedr. Entw. Th. I, Abth. 1, S. 68 wird der Grund, warum nach R. R. Schenkungen unter Eheleuten un­ gültig waren, einestheilS in der Leichtigkeit der Ehescheidungen bei den Römern und der damit verknüpften Besorgniß, daß eigennützige Ehemänner den Leichtsinn der Frauen mißbrauchen, sie durch abgelockte Schenkungen um das Ihrige brin­ gen, oder auch, aus Unwillen über die Weigerung der Fran, ihr den Scheide­ brief geben möchten, anderentheils in der Besorgniß der Römer gefunden, daß die Schenkungen unter Eheleuten als Prätert zu allerhand Simulationen und Verkürzungen der Gläubiger eines unordentlichen, verschuldeten Ehemannes gemiß­ braucht werden möchten.* Der erste von diesen Gründen falle bei uns weg, der zweite aber finde noch Anwendung; hiernach seien die §8- 211—216 eingerichtet. AuS welcher Quelle Suarez die Mittheilung auS der Röm. Rechtsgeschichte geschöpft hat, habe ich nicht ermittelt. Daß sie ungeschichtlich ist, ergiebt sich schon daraus, daß bei der in manum conventio daS Verbot undenkbar ist, weil daS, was für sich unmöglich, nicht verboten zu werden braucht; daß die Leichtigkeit der Scheidungen nach der angeblichen Besorgniß der Römer doch nur das Verbot der Schenkungen der Frau an den Mann, aber nicht umgekehrt, rechtfertigen würde; und daß eS gegen die zuletzt hervorgehobenen Betrügereien gegen die Gläubiger andere wirksame Rechtsmittel gab. DaS nicht auf einem Prinzipe sondern auf sittlichen Ansichten beruhende Verbot bezweckt die Erhaltung der sittlichen Reinheit der Ehe (L. 1 D. de don. inter vir. et uxor. XXIV, 1) und hat einen streng positiven Charakter, (v. Savigny System, VIII, S. 335.) Die Gründe der Verf. rechtfertigen also die Aufhebung des Verbots alle nicht.

63) Diese Deklaration ist aus der Vergleichung der verschiedenen Stellen Abfassung des Anhangs hervorgegangen. (Ges. - Rev. Pens. XV, Seite 195 ff.)

bei der

Don dem Vermögen der Eheleute.

95

durch die Schenkung erlangten Vortheils sich noch wirklich be­

findet"^). 314. Was der Mann der Frau zum standeSmäßigen Un­ terhalte an Kleidern, oder anderen Sachen gegeben hat, wird ein

freies Eigenthum derselben'").

8- 315. Dergleichen Zuwendungen können auch von den Gläubigern des Mannes, unter dem Vorwande einer Schenkung,

nicht widerrufen werden. 8. 316.

Bei demjenigen hingegen, was die Frau an Ju­

welen, Gold, Silber, oder sonst zur Pracht, von dem Manne er­

halten hat, gilt bei einer erfolgenden Absonderung deS Vermögens die Vermuthung, daß ihr solches nur geliehen worden.

8- 317. Kann die Schenkung erwiesen werden: so gilt auch von solchen Effekten'") alles das,

waS von Schenkungen unter

Eheleuten überhaupt verordnet ist.

8. 318.

DaS vorbehaltene Vermögen kann die Frau, auch

ohne Bewilligung deS Mannes, mit Schulden belasten. 8. 319. Doch muß der, welcher einer Ehefrau auf ihr vor­ behaltenes Vermögen Credit giebt, wenn er seine Befriedigung

während") der Ehe fordern will, dasselbe durch Eintragung in daS Hypothekenbuch,

oder durch Uebergabe deS Obligationsin­

struments, oder der beweglichen Sache, fich besonders versichern

lassen").

64) Der Entw. hatte statt: „oder dieser im Besitze eines durch die Schen­ kung erlangte» Vortheil« fich noch wirklich befindet," die Worte: „oder dieser dadurch noch wirklich reicher ist." Suarez bemerkte dazu in der rev. mon.: „Es wird auf Weglassung der Worte: „oder dieserre." angetragen, weil e« gar zu schwer sei, in concreto zu bestimmen, wenn Jemand durch da« Geschenk noch reicher sei. Allein durch die im Sachenrecht Tit. 13, §§. 232, 233 gegebenen Bestimmungen wird der Zweifel wohl in den meisten Fällen gehoben werden. Allenfalls könnte man statt der monirten Worte setzen: „oder dieser im Besitz eine« durch die Schenkung erlangten Vortheil« sich noch wirklich befindet." sJahrb. Bd. LII, S. 44.) E« ist also ganz dasselbe gemeint, wa« an anderen Stellen mit jenen Worten ausgedrückt wird. 65) Zu vergl. oben §. 206. 66) Zu vergl. oben, Anm. 15 zu §. 13, Tit. 2, Th. I.

67) Rach Auflösung der Ehe kommt der §. 619 d. T. zur Anwendung. Zu vergl. die folg. Anm. 68) „Die Nothwendigkeit der Eintragung oder Uebergabe bei Schulden der Ehefrau bezieht sich bloß auf den im §. 318 angegebenen Fall, wenn die Schul­ den auf daS vorbchaltene Vermöge» derselbe» ohne Bewilligung deS Ehemanne« kontrahirt find." Pr. de« Ob.-Tr. 342, vom 18. September 1837.

shelrut«.

96

Zweiter Theil.

$. 320.

Erster Titel.

In Ansehung deS eingebrachten Vermögens find

oHt6-9) von der Frau,

während der Ehe,

ohne Bewilligung 70)

des Mannes, gemachte Schulden nichtig71).

69) Dieses „alle" bezieht sich zwar nicht auf die aus unerlaubten Hand­ lungen entstandenen Verbindlichkeiten; dennoch aber ist zu behaupten, daß der Ehemann der Tilgung auS dem Eingebrachten zu widersprechen berechtigt ist. DaS alte R. vom 25. Januar 1796 (Rabe Bd. III, S. 250) will das Ge­ gentheil, weil von der allgemeinen Regel des §. 27, Tit. 6, Th. I hier keine Aus­ nahme gemacht werde, vielmehr der Mann sogar verpflichtet sei, die Kosten in Jnjuriensachen und bei Crimmal-Untersuchungen gegen die Frau ex propriis zu tragen (§§. 190, 191); und weil in dem völlig gleichen Falle des väterlichen Nießbrauchs von dem nicht freien Vermögen der Kinder der Ersatz eines durch unerlaubte Handlungen der Kinder Jemanden zugefügten Schadens auch aus dem nichtfreien Vermögen, des väterlichen Nießbrauchs ungeachtet, erfolgen solle (§.203, Tit. 2). Die Gründe sind unzutreffend. Die angerufene allgemeine Verordnung des §. 27, Tit. 6, Th. I, sagt ausdrücklich nur, daß der Schade aus dem Ver­ mögen desjenigen, welcher den Schaden angerichtet hat, ersetzt werden solle; also nicht aus dem Vermögen eines unschuldigen Andern. Von dem Eingebrachten ist aber der Nießbrauch in dem Vermögen eines Andern, folglich kann von der Substanz nichts genommen werden, ohne das Vermögen dieses Andern anzu­ greifen. Die persönliche Verbindlichkeit des Mannes, die Frau in Jnjurienprozeffen und Criminaluntersuchungen auf seine Kosten zu vertheidigen, beweiset nicht das Mindeste, weil der Mann gerade dafür, daß er diese zum Unterhalte der Frau gehörige Last tragt, den Nießbrauch des Eingebrachten seiner Frau hat. Von der Bestimmung des §. 203, Tit. 2, bezüglich auf das nicht freie Vermögen der Kinder ist wegen Ungleichheit der Fälle eine analoge Anwendung unzulässig. Denn cinestheilS rst daS Verhältniß zwischen Vater und Kind nach Entstehung und Inhalt ein anderes, als das auf lästigen Vertrag beruhende zwischen Mann und Frau (§.339 und Anm. 12 dazu), und anderentheils trägt der Erzeuger und Erzieher eines ungezogenen KindeS eine moralische Mitschuld an dessen un­ erlaubten Handlungen. Darauf gründet sich eben die anomale Bestimmung des §. 203. Der Entwurf verordnete das Gegentheil, daß der Damnifikat warten müsse, bis daS nicht freie Vermögen des Kindes von dem Nießbrauch des VaterS frei werde. Allein die hiergegen gerichteten Monita hatten die Umänderung in die Vorschrift des §.203 zur Folge, in Erwägung, daß, unter Anderem, „leicht Fehler bei der Erziehung untergelaufen sein können, wenngleich solche nicht immer auszumitteln sind". (Bornemann System, Bd. II, S. 332.) Bei dem ehemännlichen Nießbrauche ist die allgemeine Regel deS §. 72, Tit. 21, Th. I nicht abgeändert. 70) „Die zur Gültigkeit der Schuld einer Ehefrau erforderliche Bewilligung des Mannes bedarf, auch bei Gegenständen über 50 Thlr., nicht unbedingt, und namentlich nicht bei Darlehnen, der schriftlichen Form." Pl.-Beschl. (Pr. 1842) des Ob.-Tr. vom 1. März 1847, (Entsch. Bd. XIV, S. 33.) *

71) Die Meinungen darüber: ob die Obligation nur in Beziehung auf den Mann, wegen seines Nießbrauchs (relativ), oder absolut nichtig sei, dergestalt, daß sie auch nicht nach Auflösung der Ehe gegen die Fran geltend gemacht werden kann, widersprechen sich. DaS im A. L. R. angenommene System der Güterrechte und die zwar nirgend ausgesprochene, aber doch überall vorausgesetzte ehemänn­ liche Vormundschaft über die Frau führen nothwendig zur absoluten Ungültig­ keit von derselben Art, in welcher die von handlungsunfähigen Personen unter­ nommenen Rechtsgeschäfte überhaupt keine gültige Verbindlichkeit für den Un­ fähigen erzeugen. Die altere Praxis des Ob.-Tr. widersprach sich. (M. s. die beiden Rechtfälle in Hoffmann's Repertorium, Th. III, S. 373 u. 378). Die neuere Praxis ist entschieden für die absolute Ungültigkeit. Pr. v. 6. April 1825 (Simon Rechtsspr. Bd. II, S. 262) und Pr. 67 von 1834: „Aus

87

Von dem Vermögen der Eheleute.

$. 321. Hat jedoch die Frau zu gewöhnlichen HauShaltungS-

geschäften oder Nolhdurften, Waaren oder Sachen72 * *)73 * *auf *74* *75 Borg

genommen: so muß der Mann dergleichen Schuld als die (einige

anerkennen. §. 322.

Hat eine Frau dergleichen Schulden gemacht,

ob

ihr gleich von dem Mann das nöthige Geld zur Besorgung der Wirthschaft eingehändigt worden: so ist der Mann berechtigt, aus ihrem vorbehaltenen, und in dessen Ermangelung, aus der Sub­ stanz deS eingebrachten Vermögens, Ersatz zu fordern.

§. 323. frei,

Kann oder will72) er dieses nicht: so steht ihm

zur Verhütung künftiger Schulden dieser Art, richterliche

Hülfe72) durch öffentliche Bekanntmachung72) nachzusuchen. 8. 324. Hat die Frau Sachen oder Gelder erborgt, und

zum gemeinschaftlichen Besten beider Eheleute nützlich verwendet: so wird dadurch die Schuld verbindlich72). (8-822, 328.)77).

DarlehnSverträgen, Welche von einer Ehefrau ohne Einwilligung deS Ehemannes nicht ausdrücklich auf vorbehaltenes Vermögen geschloffen wurden, kann auch soluto matrimonio nicht geklagt werden, sondern es ist die Klage nur ex versione in rem zulässig. Aus Grund der §§. 210, 320 und 334, Th. II, Tit. 1 des A. L. R. und deö damit korrespondirenden §. 319 des Entwurfs zum Gesetz­ buche, endlich der r» den Motiven zum neuesten Entwürfe des Titels ad §.241 angeführten Materialien." 72) Gelder sind hier mit Vorbedacht nicht mit genannt; auf solche findet nur der §. 324 Anwendung nach den von Bornemann Bd. V, S. 157 mit­ getheilten Materialien. Auch zu vergl. unten, Anm. 79 zu §. 326. 73) Diese Maßregel steht ihm also frei, auch wenn er durch das Vermögen der Frau gedeckt ist. Der Mann kann sich mithin gegen die Entziehung seines ehemännlichen Nießbrauchs durch das richterliche Verbot sichern. Gr kann aber, nach Umständen, auch auf Prodigalitätserklärung antragen. 74) Privathülse, d. h. Privatverbot ist unwirksam; der Richter muß zu­ vörderst die Nothwendigkeit der Maßregel seststcllcn. Dies erhellet aus den Ma­ terialien, indem auf den Vortrag der betreffenden Monita konkludirt wurde: „Der Mann kann sich wegen solcher Verschwendung an die Jllata der Frau halten; kann oder will er daS nicht, so muß er richterliche Hülfe suchen." (Ges.Rev. Pens. XV, S. 205.) Ueber die Form dieser richterlichen Hülfe fehlen die Vorschriften. ES scheint, daß nicht ein förmlicher Prozeß in der Absicht gelegen, vielmehr nur eine Kog­ nition und Bekanntmachung deS Vormundschaftsgerichts gemeint gewesen ist, wie im Falle des §. 239.

75) Die Art derselben ist dem Befinden deS Richters überlasten. 76) Für wen? Auf dieses Monitum antwortete Suarez in üer rev. mon., daß es von den Umständen abhange: ob der Mann die Schuld aus seinem eige­ nen oder dem Vermögen der Frau bezahlen müsse, und daß es zur Auseinander­ setzung gehöre, wem eine solche Schuld zur Last falle. (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 206.) Die Antwort ist ausweichend. Die Frage ist: wer dem Dritten gegenüber haste. Die Antwort darauf ist: der Mann und nur der Mann. Denn Kock, Allgemeines Landrecht,

in.

7

Zweiter Theil. Erster Titel.

98

8. 325. Hat eine Frau, welcher von dem Manne ein Theil seines Gewerbes übertragen worden, während seiner Abwesenheit, zum Betriebe desselben Schulden gemacht: so sind dieselben gültig "st;

wenn gleich weder die Verwendung geschehen, noch der gehoffte

Nutzen daraus erfolgt ist. 8- 326. Hat der Mann sich entfernt, ohne wegen des Un­ terhaltes seiner Familie, oder deS Betriebes seines Gewerbes, hin­

reichende Verfügungen zu treffen: so muß er diejenigen Schulden, welche die Frau zu solchem Behufe hat aufnehmen müssen, alS die

seinigen anerkennen7 9).

8* 327.

Ein Gleiches findet Statt, wenn der Mann durch

eine anhaltende Krankheit völlig außer Stand gesetzt wird, wegen Unterhaltung der HauSwirthschaft, oder zum Betriebe seines Ge­ werbes, die nöthigen Verfügungen zu treffen. §. 328. In vorstehend benannten Fällen (8- 321—327) ist

der Gläubiger, .wegen der von der Frau gemachten Schuld, sich an den Mann") zu halten wohl befugt. §. 329.

Auch wegen

einer solchen Schuld der Frau, in

welche der Mann nur eingewilliget9') hat,

wird seine Person

und Vermögen dem Gläubiger verhafteter).

die Frau hat sich für ihre Person durch Vertrag (durch das Rechtsgeschäft), ohne deS Mannes Einwilligung, nicht verbindlich machen können, und durch die versio in rem kann nur der Gcschästsherr, d. i. der Mann, verbindlich gemacht worden seht. §. 328. 77) Das Allegat muß heißen: „§.321, 322." 29. December 1837 (Jahrb. Bd. L, S. 475).

Augenschein und R. vom

78) Für den Mann nämlich, und zwar vermöge seiner Einwilligung, welche in der Uebcrtragung deS Gewerbes enthalten ist. §. 328 Hat die Frau schlecht gewirthschaftct und ihm geschadet, so ist sie dafür dem Manne, bei der dereinstigen Auseinandersetzung, nach Beschaffenheit des Falles, verantwortlich, aber gegen den Dritten erwachst ihm daraus kein Einwand. 79) Die Bestimmung kann nicht analog angewendet werden auf den Fall, wenn umgekehrt die Frau sich eigenmächtig von dem Manne entfernt Und zu ihrem Unterhalte Schulden gemacht hat.

80) Nicht auch an die Frau.

Oben, Anm. 76 zu §. 324.

81) Ueber die Form der Einwilligung: oben, Anm. 70 zu §.320 d. T. Schon durch die bloße Mitunterschrift des Schuldscheins der Frau Seitens deS Mannes, als ehelichen Beistandes, konsentirt er und wird dadurch aus diesem Ge­ setze (nicht etwa auS dem Rechtsgeschäft der Frau, in daS er durch den bloßen Konsens nicht eingetreten ist), für die Schuld verbindlich. Zu vergl. Entsch. deS Ob.-Tr. Bd. XX,S. 249 und Simon'S Rechtöspr. Bd. I, S. 309. 82) „Die Verhaftung des Ehemannes für kontrahirte Schulden der Ehefrau ist auf solche Schulden, welche die Frau schon vor der Ehe gemacht hat, nicht auszudehnen." Pr. des Ob.-Tr. 1366, vom 25. November 1843.

Von dem Vermögen der Eheleute.

99

$. 330. Ausgenommen ist der Fall, wenn der Mann, bei81 * *)* 83 * * *84* *85 * *86 **

Ertheilung seines Konsenses,

sich gegen die Selbsthaftung aus­

drücklich verwahrt hat. §. 331. AlSdann aber muß der Mann, vermöge seiner Ein­

willigung, geschehen lassen, daß der Gläubiger seine Befriedigung

gegen die Frau, allenfalls auch durch persönlichen Arrest derselben nachsuche. $. 332.

Hat der Gläubiger, wegen der von der Frau ge­

machten Schuld, sich ein Unterpfandsrecht in dem Vermögen der Frau bestellen lassen: so ist ihm, der von dem Manne ertheilten Einwilligung ungeachtet, doch nur das Vermögen der Frau ver­ haftet8^).

§. 333. In allen Fällen, wo der Mann, bloß wegen seiner ertheilten Einwilligung, eine Schuld der Frau bezahlen muß, fin­

det die Verordnung deS $. 322 Anwendung88).

$. 334. Ist eine Schuld der Frau, wegen ermangelnder Einwilligung des Mannes, ganz ungültig88): so kann der Gläu-

„Diese Vorschrift ist nicht allein auf DarlehnS-, Waaren- oder ähnliche Geldschulden der Frau, sondern auch auf Verbindlichkeiten anderer Art zu be­ ziehen, welche für die Frau aus lästigen, mit Konsens des ManneS geschloffenen Verträgen hervorgehen. — Diese Vorschrift gehört nicht zu denen, welche in der Mark suSpendirt sind." Pr. deS Ob.-Tr. 2360, vom 23. Febr. 1852. (Entfch. Bd XXII, S. 347.) „Die gesetzliche Vermuthung: daß wenn eine Manns- und Frauensperson sich in Einem Instrumente als Selbst- oder Mitschuldner verpflichtet haben, der Mann Hanptschuldncr, die Frau aber nur Bürgin sei, greift alsdann nicht Platz, wenn im Schuldschein die Ehefrau allein als Darlehnsempfängerin bezeichnet ist und der Ehemann in demselben Instrumente nur die Genehmigung der Schuld ausgesprochen hat." Pr. des Ob.-Tr. v. 24. September 1850. (Entsch. Bd. XX, Seite 246.) Die Haftung ist solidarisch.

83) Er muß, wenn er den Konsens schriftlich ertheilt, in derselben Urkunde, vor deren Aushändigung, seine Verwahrung vermerken, und wenn er den Kon­ sens durch bloße Mitunterschrift des Schuldscheins seiner Frau als deren Beistand giebt (Shim. 81), muß er sofort beifügen, daß er nicht persönlich hasten wolle.

84) Dieser Fall ist also eine zweite Ausnahme (die erste enthält der §. 330) von der Regel des §. 329. 85) Vorausgesetzt, daß die Frau weder in seinem Auftrage noch ohne Auf­ trag daS Geschäft des Mannes besorgt hat. Denn hätte z. B. die Frau aus Verlangen des Mannes ein Darlehn auf ihren Namen ausgenommen und der Mann, dem Darlehnsgeber gegenüber, nichts weiter gethan, als darin gewilliget, und wäre das gegebene Geld der Frau durch Zufall entkommen: so wäre der Mann auch bloß wegen seiner ertheilten Einwilligung dem Dritten verhaftet. Dennoch würde er sehr gewiß von der Frau keinen Ersatz zu fordern haben.

86) Oben, Anm. 71 zu §. 320 d. T.

Zweiter Theil.

100

Erster Titel.

biger nur dasjenige zurückfordern, waS von den gegebenen Sachen

oder Geldern erweislich noch vorhanden««), oder nützlich verwen­ det««) ist.

(Th. I, Tit. 13, Abfchn. 3.)

§. 335.

Die Schulden einer Frau, die für sich ein eigenes

Gewerbe treibt,

welches seiner Beschaffenheit nach,

Credit und

Verlag erfordert, bedürfen in keinem Falle einer Genehmigung deS Mannes. §. 336. Vielmehr können die Gläubiger einer solchen Ehe-

frau die Erecution in ihr bereitestes Vermögen, so wie gegen ihre

Person, nachsuchen««). 8- 337. Auch der Mann ist ihnen verhaftet««), wenn die Frau die Einkünfte eines solchen besondern Gewerbes stch nicht

ausdrücklich vorbehalten hat. 8. 338. Hat die Frau vor der Heirath Schulden gehabt; so" sind die Gläubiger, sich deshalb an ihre Person«*) und Ver­

mögen ohne Einschränkung zu halten, wohl befugt.

87) Diese Klage (Vindikation, oder Bereicherungsklage) geht gegen die Per­ son, hinter welcher sich die Sachen oder Gelder zur Zeit der Klageanbringung befinden, also auch gegen die Frau, wenn sie solche hinter sich hat.

88) Mit dieser Klage kann nur gegen den Ehemann verfahren werden; sie setzt daher voraus, daß die Frau das Empfangene in den Nutzen des Mannes verwendet hat. In ihren eigenen Nutzen kann die Frau als Unfähige nicht ver­ wenden; könnte sie das, so würde die direkte Klage aus dem Rechtsgeschäft selbst zulässig, d. h. die Schuld würde nicht ungültig sein. Gegen sie ist also nur die Vindikation oder die Bereicherungsklage rechtlich möglich. Zu vergl. die Anm. 17 und 18 zu §. 274, Tit. 13, Th. I.

89) Die 335 und 336 gehören, nach der Meinung des I. M., nicht zu den in der Mark suspendirten Stellen. R. vom 5. März 1798 (Rabe Bd. V, S 54). Ein Gutachten des Ob. -Tr. vom 9. Januar 1781 hielt dafür, daß von der Regel, daß eine Frau wegen ohne Einwilligung des Mannes kontrahirter Schulden nicht in Anspruch genommen werden könne, nur der Fall eine Aus­ nahme mache, wenn die Frau kündbare Handlung treibe, oder bei ihres Mannes langwieriger Abwesenheit in nsum rei familiaris kontrahirt habe. (Rabe I, 1, S. 463.) Diese Auslegung erklärt jenes R. vom 5. März 1798 für zu eng. 90) Wegen seiner Einwilligung in den Gewerbebetrieb, worin auch die Ein­ willigung in die damit verbundenen Schulden enthalten ist.

91) ES findet daher auch der Personalarrest in Fällen, wo derselbe an sich zulässig ist, statt. Oben, Anm. 13 zu §. 196 d. T. In dem Prozeffe aber, wel­ chen der Gläubiger mit der Frau wegen vorehelicher Schulden zu führen hat, muß der Mann die Frau vertreten, gemäß §§. 188, 189 d. T. Zur Vollstreckung des bereits vor Eingehung der Ehe gegen die Frau erlangten erekutorischen Titels bedarf es keines neuen Verfahrens gegen den Mann, auch wegen des in seinen Besitz gekommenen eingebrachten Vermögens nicht, nach Analogie' des §. 7, Tit. 24 der Pr.-O. Zu vergl. R. des I. M. v. 19. Oktober 1838. (Jahrb. Bd. LII, S. 494.) Dieser erklärt die Exekution sogar in das gemeinschaftliche Vermögen ohne neues Urtel für zulässig.

Von dem Vermögen der Eheleute. $. 339.

101

Wird durch solche Schulden, welche die Frau dem

Manne verschwiegen hatte, deren Eingebrachteö vermindert:

so

kann er den Ersatz dieses Abgangs aus dem vorbehaltenen Ver­

mögen fordern»^). 8- 340.

Ein Gleiches findet Statt, wenn die Frau dem

Manne wissentlich»») fremde Sachen als ihre eigenen eingebracht

hat, und dieselben demnächst, während der Ehe, wieder heraus­ gegeben werden müssen. §. 341.

Alles, was die Gesetze bei den Bürgschaften einer D°nMrg.

Frauensperson überhaupt erforvern, gungen einer

muß auch bei den Verbür- Befra­

Ehefrau beobachtet werden»«).

466.

Auch genießt sie,

bei entstandenem Zahlungs-Un­

vermögen deS Mannes, die in der ConcurSordnung17) näher be­

stimmten Vorrechte.

14) Die §§. 459—461 find erst bei der Umarbeitung des Entwurfs hinzu­ gekommen. Der gedruckte Entwurf hatte nur die §$.456—458 (311—313), weshalb man vorschlug: 1) daß das Gegenvermächtniß auf die Hälfte der Jllateu bestimmt werden möchte; 2) daß, wenn man sehe, eS sei nicht auf ein Verhältniß mit den Jllatcn gesehen worden, das Gegenvermächtniß dem Ehevcrmächtniß gleich gesetzt werden möchte; wenn aber 3) kein Ehevcrmächtniß, welches zum Maßstabe dienen könne, vorhanden sei: so würde daS pactum indiscretum sein, und die Frau würde nicht ex pacto, sondern ex lege succediren. (Jahrb. Bd. LII, S. 47.) Daraus sind die drei Paragraphen 459 —461 — willkürliche und unpraktische Bestimmungen — entstanden.

15) Ueber die Veranlassung der §§. 462,463, die gleichfalls im gedr. Ent­ würfe noch fehlten, geben die Materialien keinen Aufschluß. (Ges.-Rev. Pens. XVI, S. 241.) Unter den „eigenen Mitteln" im §. 463 müssen wol Ein­ künfte von eigenem Vermögen und Renten verstanden werden, nicht etwa Kunst­ fertigkeiten, welche nutzbar gemacht werden können. 16) Anders, wenn die Zinsen selbst bis zu einem bestimmten Betrage al« Witthum verschrieben worden sind, ohne daß daS ganze Kapital in Nießbrauch gegeben worden ist (§. 457). Daraus entsteht aber doch ein partieller Nieß­ brauch deS Kapitals, folglich geht ein solchergestalt ausgesetztes Witthum in ein Lcibgcdingc (§. 457) über.

17) §§. 409 ii. 434 ff.

Zweiter Theil.

136 §. 467.

Erster Titel.

So weit jedoch der Mann, zur Zeit der Einräu­

mung dieser Vortheile, erweislich schon über sein Vermögen ver­

schuldet war, muß die Frau damit allen anderen Gläubigern nach­ stehen 18).19 $. 468.

Sind diese Vortheile auf einen nur im Verhältniß

gegen das Ganze bestimmten Theil der Verlassenschast des Manne(pars quota) festgesetzt: so kann die Frau, bei entstandenem Zah­ lungs-Unvermögen deS Mannes, deshalb keinen Anspruch machen.

§. 469.

Nach dem Tode deS Mannes wird daS Gegen-

vermächtniß ein freies und unwiderrufliches Eigenthum der Frau.

§. 470. Leibgedinge und Witthum aber fallen nach dem Tode der Frau an die Erben, oder LehnS« und Fideicommiß-Folger deö

Mannes zurück. §. 471.

Auch lhören Leibgedinge *8) und Witthum20) auf,

wenn die Frau sich wieder verheirathet. $. 472. DaS einer Frau zur Bedingung gesetzte Verbot,

ihren Wittwenstand zu ändern,

wird nicht nur in Ansehung deS

LeibgedingeS oder WitthumS, sondern auch in Ansehung der von einem Dritten ihr unter dieser Bedingung zugewendeten Vortheile, außer dem Falle einer wirklichen Heirath, nur alsdann für über­

treten geachtet, wenn dieselbe einer zum öffentlichen Aergerniß ge­

führten liederlichen Lebensart21) gerichtlich überwiesen worden. §. 473. DaS durch anderweitige Heirath einmal verlorene Recht, lebt in dem darauf folgenden verwittweten Stande nicht

wieder auf.

18) Hierüber treffen die §§. 438 ff. der Conc.-O. noch für verschiedene Fälle Bestimmungen.

19) DaS Leibgedinge kann nicht cedirt sondern, als ein Nießbrauch (§. 457), nur zur Ausübung einem Andern übertragen werden. Zu vcrql. oben, Anm. 17, zu §. 22, Tit. 19, Th. I. 20) DaS Witthum, ein jährlich wiederkehrendes bedingtes Forderungsrecht, ist cessibel. Die Cedentin muß dem Cessionar für den Fall, daß fit nach der Session wieder heirathet, und hierdurch dem Cessionar den fernern Genuß deö Rechts vereitelt, Gewähr leisten; die Gewährleistung aber besteht bloß in Er­ stattung des Empfangenen. Erk. deö Ob.-Tr. vom 14. Oktober 1837 (Entsch. Bd. JII, S. 324). 21) Was darunter verstanden sein soll, ist ungewiß. Eine liederliche Le­ bensart, welche öffentliches Aergerniß giebt, könnte doch nur eine solche sein, Welche in die Oeffentlichkeit tritt, wie z. B. Straßenhurerei, oder öffentlich be­ triebene Lohnhurerei. Denn Liederlichkeiten zwischen eigenen geschloffen»! Privat­ wänden können kein öffentliches Aergerniß geben. Der Ausdruck ist zu unbe­ stimmt.

137

Von Trennung der Ehe durch den Tod. §. 474.

Hat die Frau,

gegen Erhaltung deS LeibgedingeS

oder WitthumS, ihr Eingebrachtes ganz oder zum Theil in der

ErbschastSmasse des Mannes zurücklassen müssen:

so können ihr

jene Vortheile auch auS den §. 471, 472 angegebenen Gründen nicht wieder entzogen werden. §. 475. Ist der Frau die Wahl gelassen:

ob sie ihr Ver­

mögen zurücknehmen, oder Witthum fordern wolle: so ist sie nicht

schuldig, sich vor Ablauf deS Trauerjahres zu erklären. §. 476. Hat sie aber alsdann einmal gewählt: so kann sie von ihrer Erklärung nicht wieder abgehen22).23

§. 477. WaS sie in der Zwischenzeit auS dem Nachlasse deS Mannes erhalten hat, das wird ihr, klärung,

auf ihr Eingebrachtes,

nach Maaßgabe ihrer Er­

oder auf daS Leibgedinge oder

Witthum ungerechnet. §. 478. Ein Vertrag, wodurch Eheleute auS eigenem Ver­ mögen einen Erbschatz bestellen, gilt nur als ein Erbvertrag.

§. 479.

ES kann also dergleichen Bestellung, während deS

Lebens beider Eheleute, mit ihrer gemeinschaftlichen Bewilligung, zu allen Zeiten22); und wenn sie von einem unter ihnen bloß durch einseitige Erklärung geschehen ist, von dem Besteller auch

einseitig widerrufen werden. 8. 480. Wenn aber einer der Ehegatten verstorben ist: so finden wegen der Succession in den Erbschatz

die Vorschriften

8. 541 sqq. Anwendung. Sind keine Verträge, wodurch die Erbfolge bestimmt I. Au« letzt, willigen Derord« nungen. hinterlassene-letzte Willensverordnung zur Richtschnur. §. 481.

wird, vorhanden: so dient die von dem verstorbenen Ehegatten $. 482.

Nur Eheleuten ist eS erlaubt, wechselseitige Testa­

mente über ihren Nachlaß zu errichten22'). K. 614 sqq.)

(Th. I, Tit. 12,

22) Einer besonderen Aeeeptation bedarf hiernach die Erklärung nicht, um j» binden; aber sie muß in schriftlicher Form dem kompetenten Gerichte ein­ gereicht werden, nach Analogie der Erbe-erklärungen. 23) Auch ohne Einwilligung der Kinder, „weil die Bestellung deS Erbschahes, welche von den Eltern geschieht, in Beziehung ans die Kinder eine bloße donatio mortis causa ist". Am», z. gedr. Entw. Th. I, Abth. I, S. 84.

23a) Suarez sagt in bet rev. mon.: „Der Grund davon ist-in den vie­ len Betrügereien zu suche», welche mit solchen Testamenten gespielt werde» können. Wenn z. Ä. der Eine sein Testament heimlich revozirt, und dann lauert, ob er den Andern oder Dieser ihn überleben werde. Die Leute können ja ein Jeder

Zweiter Theis.

138

Erster Titel.

§. 483. Um Betrug und Ueberlistung zu vermeiden, soll-n nur solche Testamente als wechselseitige gelten, welche in Einem Instrumente errichtet worben24 * *).25 **** §. 484. Sind dergleichen Testamente von beiden Theilen unterschrieben, und dem Gerichte übergeben worden: so kommt eS nicht darauf an, wer den Aufsatz selbst gefertigt! habe. 8- 485. Dergleichen wechselseitige Testamente, in so fern dieselben nicht etwa alS ein wirklicher Vertrag errichtet, und mit der bei Erbverträgen vorgeschriebenen Form versehen sind, werden schon durch den Widerruf eines der Ehegatten vernichtet.

§. 486. Hat jedoch der andere Ehegatte weder seines OrtS ausdrücklich widerrufen, noch eine andere letztwillige Verordnung errichtet: so bestehen diejenigen Vermächtnisse, welche er in dem wechselseitigen Testamente anderen als solchen Personen, die bloß mit dem Widerrufenden alS Verwandte oder besondere Freunde verbunden sind, ausgesetzt hat2^). 8- 487. Bloße Aenderungen und Zusätze bei Vermächtnissen und anderen dergleichen Verfügungen, bewirken niemals die Ver­ nichtung deS gegenseitigen Testaments. 8- 488. Sie sind aber ungültig, in so fern sie bloß ein­ seitig gemacht worden, und zum Nachtheile deS überlebenden Ehe­ gatten abzielen.

§. 489.

Wenn die Ehe unter den wechselseitig testirenden

besonders testiren, und ein pactum hereditarium errichten." (Jahrb. Bd. LII, S. 47.) Ja, aber die großen Kosten! Wenn das Tcstamcntmachen nicht ein drückendes Staatsmonopol wäre! Mancher stirbt ohne Testament oder nachträgliches Kodicill bloß deshalb, weil er oder seine Hinterbliebenen wegen der Kosten in Ver­ legenheit kommen würden. Diese Begründung wiederholt S. im Wesentlichen auch in seinen amtlichen Schlußvorträgcn. Oben, Anm. 93 zu 8- 614, Tit. 12, Th. I.

24) Hieraus ist klar, daß hier gleichfalls zwei Testamente verschiedener Per­ sonen gemeint sind, worin Jeder den Andern beruft, wie im §.614, Tit. 12, Th. I, keineSwegeS also zwei Testamente, worin Jeder eine dritte Person einsetzt. Würden zwei solche Testamente in Einer Urkunde errichtet, so würde ein solches Testament nicht ein wechselseitiges, sondern nach seiner Acußerlichkcit ein gemeinschaftliches sein. ES läßt sich daher aus zutreffenden Gründen durchaus nicht, wie cS gleichwohl geschehen ist (Ulrich Archiv, Bd. II, S. 233 ff.), be­ haupten, daß der landrcchtliche Begriff der wechselseitigen Testamente der Ehe­ gatten auch auf solche, worin die Eheleute sich nicht zu Erbe» einsetzen, zu er­ strecken sei. 25) Mar kontrovers. Oben, Anm. 2 zu §. 440 d. T. Zn vergl. die Ent­ scheidung deS Ob.-Tr. vom 3. Mai 1802 (Mathis, Bd. I, S. 416 ff.) und das Erk. dcff. von 1833 (Jur. Wochcnschr. 1835, S. 435). Die Bestimmung gilt mithin auch da, wo die drei ersten Titel des zweite» Theils fuspcndirt- sind.

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

139

Eheleuten durch Scheidung getrennt worden: so verliert das ganze 6) wechselseitige Testament von selbst seine Gültigkeit26 27). 8. 490; Auch nach dem Tode des einen Ehegatten hat der überlebende die Wahl: ob er die Erbschaft anS dem Testamente antreten, oder ausschlagen wolle. 8. 491. Entsagt er der Erbschaft auS dem Testamente: so finden die Vorschriften deS Neunten Titels im Ersten Theile 8. 398 sqq. Anwendung. §. 492. Nimmt er die Erbschaft auö dem Testamente an28):29 so kann er auch von seinen eigenen Verordnungen nicht wieder abgehen, in so fern28) auS der Fassung oder aus den Umständen

26) DaS Ganze, nicht bloß die Erbeseinsctzung.

27) WaS Rechtens sein solle, wenn die geschiedenen Eheleute sich wieder hcirathcn und daS Testament nicht zurückgcnommcn oder widerrufen worden ist, wird nirgend bestimmt. Rach den Grundsätzen deS R. N, über die Ruption der Testamente, bleibt ein rumpirtcS Testament civilrechtlich ungültig, wenn auch die rumpirende Ursache spater wieder weggcfallen; nur gab in solchem Falle der Prätor die bonorum possessio secundum tabulas, d. h. nach dem praktisch geltenden Rechte gelangte das Testament wieder zu Kräften, wie z. B. in dem Falle der Ruption per agnationem postum! (L. 12 pr. D de injusto XXVIII, 3) und in dem der Ruption durch Wlllcnsanderung mittels Errichtung eines neuen nachher wieder vernichteten Testaments (L. 11, §. 2 D. de bon poss. sec. tab. XXXVII, 11). Das A. L. R. hat das Prinzip zu dem seinigen ge­ macht und auf den zweiten Fall unmittelbar angewendet. I, 12, §. 582. Ueber den ersten Fall fehlt eine ausdrückliche Vorschrift, sie ist jedoch in der Bestim­ mung in Beziehung aus Erbverträge in Verbindung mit der dort angehängten Verweisung auf die Grundsätze von elterlichen Testamenten (§§. 443, 444 Tit. 1) enthalten. Der Fall, von welchem hier die Rede ist, kommt im R. R. nicht vor. Folgerecht muß nach dem Grundsätze deS A. L. R. das Testament gültig sein. 28) Dies tritt von selbst ein, wenn der Ueberlebende nicht vor Ablauf der Deliberationsfrist entsagt. I, 9, §. 397, 398, 414. Erk. des Ob.-Tr. v. 1. No­ vember 1847 (Rechtöf. Ill, 63).

29) Sonst aber doch. Darüber: oben, Anm. 91 zu §. 467, Tit. 12, Th. I. Zu vergl. Anm. 18 zu §. 648, Tit. 12, Th. I. Durch die Bestimmung soll die Kontroverse über die Frage entschieden werden: ob der Ueberlebende durch An­ tretung der Erbschaft aus dem wechselseitigen Testamente an seine eigenen Bestim­ mungen über seinen künftigen Nachlaß unwiderruflich gebunden sei. Anm. 2 zu §. 440. Dem Ueberlebende« , welcher die Erbschaft aus jenem Testamente an­ getreten hat, steht die Befugniß zu, über seinen eigenen Vermögensantheil ander­ weit letztwillig zu verfügen, sofern nur dadurch nicht die bereits erworbenen Rechte der Verwandten des Erstverstorbcnen geschmälert werden. (Anm. 91 a. E. zu §. 467, Tit. 12, Th. It) „Der in diesem spätern Testamente des überlebenden' Ehegatten eingesetzte, zugleich mit Legaten beschwerte Erbe ist jedoch, wenn er' diese Erbschaft angetreten, und dieselbe ihm demnächst durch die Ansprüche der substituirten Erben des verstorbenen Ehegatten verringert rmrd, nicht legitimirt, um deswillen die Ungültigkeit deS zweiten Testaments zu behaupten und die Zah­ lung der darin bestimmten Vermächtnisse zu verweigern." Zu diesem Satze ge­ langt das Ob.-Tr. in dem Erk. v. 30. April 1852 (Entsch. Bd. XXIV, S. 48).

140

Zweiter Theil. Erster Titel.

erhellet, daß der Erstverstorbene ihm seinen Nachlaß, in Rücksicht auf diese Verfügungen, zugewendet habe. §. 493. DieS wird hauptsächlich bei solchen Verordnungen deS überlebenden Ehegatten vermuthet, welche zum Besten der ge­ meinschaftlichen Kinder, oder der Verwandten oder besonderen Freunde deS Erstverstorbenen abzielen. §. 494. Wechselseitige Testamente, worin beide Theile sich deS Widerrufs ausdrücklich begeben haben, sind als Erbverträge anzusehen'0). Provinzial$• 495. Haben die Eheleute die Erbfolge weder durch Ver9etatut?mC träge, noch durch letzte Willensverordnungen bestimmt: so wird nach den Statuten oder Provinzialgesetzen deS letzten persönlichen Gerichtsstandes deS Verstorbenen verfahren3 9. Anh. § 78. Von dieser Bestimmung macht auch daS un­ bewegliche") Vermögen der Eheleute keine Ausnahme, ob dieses sich gleich unter einer andern Gerichtsbarkeit befindet33).

§. 496. Haben die Eheleute während der Ehe ihren Wohn­ sitz verändert; so hat der überlebende die Wahl"): ob er nach

Er ist unjuristisch. Der Erbe ist nicht bloß nicht legitimirt zur Anfechtung sei­ nes eigenen Titels, auS dem er die Erbschaft erworben hat; sondern eS giebt dazu überhaupt gar kein Rechtsmittel. Juristisch denkbar wäre nur ein Angriff auf seine eigene ihn verpflichtende Handlung, nämlich die Antretung der Erbschaft auö dem Testamente, durch ein restitutorischeS Rechtmittel ex causa erroris. Aber daS L. R. versagt auch die Restitution gegen die Erbschaftsannahme. 30) Gelten aber als solche nur dann, wenn die für solche vorgeschricbene Form beobachtet worden ist. Zu vcrgl. oben, Anm. 4 zu §. 441 d. T.

31) Zu vergl. oben, die Anm. 29 zu §. 378 d. T. 32) „Bei der Erbfolge der Ehegatten entscheidet auch wegen der Immo­ bilien die Gesetzgebung des persönlichen Gerichtsstandes — selbst dann, wenn in­ ländische Gesetze mit ausländischen kollidiren." Pr. deS Ob.-Tr. 1492, vom 4. Oktober 1844 (Entsch. Bd. X, S. 177). Der Grundsatz beschränkt sich nicht auf die Erbfolge der Ehegatten, er gilt allgemein. Oben, Anm. 30 zu §. 23 der Einl. und Anm. 42 zu §. 32 der Einl. 33) AuS der Entsch. der Ges.-Kommiff. v. 20. Mai 1794 (Rabe Bd. H, Seite 637).

34) Gegen die Bestimmung deS EntwursS, wonach die Gesetze deS letzten DomicilS bestimmend sein sollten (§. 495), waren Erinnerungen gemacht worden. Darüber läßt sich Suarez in der rev. mon. also vernehmen: „Diesem §. wird opponirt, daß durch approbirte Conclusa der Gesetz-Komnussion daS Gegentheil angenommen, und der Grundsatz etablirt worden: daß deficiente pacto dotali die Jntestat-Erbfolge- der Eheleute nach den Statuten deS OrtS rcgulirt „werden muffe, wo der Ehemann zur Zeit der eingeschrittenen Ehe sein Domicilium ge­ habt. — Allein diese Conclusa betreffen eigentlich nur den Fall der Communionis bonorum, wo auch daö Principium beibehalten ist (§. 344, 345, 346).

Don Trennung der Ehe durch den Tod.

141

den Gesetzen des letzten persönlichen Gerichtsstandes deS Verstor­ benen, oder nach den Gesetzen desjenigen OrtS, wo die Eheleute

Hier hat auch solches guten Grund, weil durch die einmal entstandene Kommu­ nion jeder Ehegatte ein Condominium auf das ganze Vermögen erworben hat, Welche- ihm ohne seine ausdrückliche Einwilligung nicht wieder genommen werden kann. Extra casum communionis aber hat kein Ehegatte ein gegenwärtiges und erworbenes Recht auf den Nachlaß des andern. Durch die Veränderung deS Domicilii wird ihm also auch kein jus quaesitum genommen. Der Mann, von dessen freien Willen die Veränderung des Domicilii in der Regel abhängt, kann sich nicht beschweren, wenn er in ein Forum übergeht, wo die SnccessionSRechte ihm minder vortheilhaft sind. Die Frau weiß es, indem sie die Ehe schließt, daß sie die Verbindlichkeit übernehme, dem Manne zu folgen; und dieser hat sich nirgend verpflichtet, sein Domicilium niemals zu verändern. Wollen die Eheleute, daß über ihre künftige Succession die Rechte ihres ersten Wohn­ orts gelten sollen, so mögen sie sich deshalb per pactum prospizircn. Die Regel ist einmal, daß die Succession eines Menschen nach den Rea-ten seines letzten Wohnorts beurtheilt werden müsse, und es würde in vielen Fällen auf große und inertrikable Weiterungen führen, wenn man bei Eheleuten eine Aus­ nahme von dieser Regel statuiren wollte. (Die Antinomie aber mit §§. 344, 45, 46 wird dort zu korrigiren sein.)" Dabei ist vermerkt: „Conti. Der über­ lebende Ehegatte hat die Wahl: ob er ex legibus fori tempore mortis oder tempore initi matrimonii." (Jahrb. Dd. L1I, S. 47.) Daraus ist der §. 496, welcher eine rechtsgrundsatzwidrige Satzung einsührt, entstanden. Zu deren Recht­ fertigung trägt Suarez bei der Schlnßrevision deS Gesetzbuchs Folgendes vor: „In diesem §. ist die dem überlebenden Ehegatten gelassene Wahl neu. Im Ent­ würfe §.331 war die Frage: nach welchen Rechten die Succession eines über­ lebenden Ehegatten zu beurtheilen? gar nicht entschieden. Bei der Umarbeitung schlug die Gesetz-Kommission vor, cs bei den Gesetzen deS Orts zu lassen, wo der Mann tempore initi matrimonii sein Domicilium gehabt; weil dies der Analogie deS Juris communis, besonders in der Lehre von der commumone bonorum am gemäßesten, und durch Conclusa der G. K. angenommen sei, auch insoweit auf gutem Grunde beruhe, als man, wenn Eheleute bei SchUeßung der Ehe durch Vertrage nichts festsetzen, ein Pactum tacitum unter ihnen, wodurch sie sich den Gesetzen deS ersten Wohnorts unterwerfen, supponiren müsse. Da­ gegen hatten andere Moncntcn, besonders Collegia vorgestellt, daß eS die all­ gemeine Regel sei, den Nachlaß eines Verstorbenen nach den Rechten seines letz­ ten Wohnorts zu beurtheilen, daß das Pactum tacitum eine bloße Fiktion fei, daß extra casum communionis bonorum durch die Veränderung deS Do« micilii auch andere Rechte verändert würden; daß der Mann, von dessen freien Willen die Mutatio domicilii abhängt, sich nicht beschweren kann, wenn er in ein Forum übergeht, dessen Succcssionsrechte ihm weniger vortheilhaft sind, und daß die Frau, indem sie die Ehe schließt, eS weiß, daß sic die Verbindlichkeit, dem Manne zu folgen, übernehme, mithin auch gegen die dadurch erfolgende Ver­ änderung ihrer SuccessionSrechtc, wodurch sie ja kein jus jam quaesitum ver­ liert, nicht protestiren darf. Bei einer nochmaligen Konferenz mit der Gesetz­ kommission wurden alle diese Gründe gegen einander gehalten, und endlich auf den Satz deS §.496 konkludirt. Dieser ist im Geiste des Gesetzbuchs, welches überhaupt den überlebenden Ehegatten in der Succession aus den unten noch anzuführenden Gründen, mehr als das Jus romanum begünstigt. Er ist der Bil­ ligkeit besonders gegen die Frau Aemaß, da sie solchergestalt durch eine oft unwillkührliche Mutationem domicilii Successionsrechte nicht verlieren darf, aus welche sie, oder ihre Eltern oder Vormünder, bei Schließung der Ehe wirklich reflektirt, und eben um deswillen die Errichtung von Ehepacten für unnöthig ge­ halten hatten. Auch kann daraus gar keine Weitläuftigkeit oder Verwirrung entstehen, da der Casus existentis communionis bonorum immer ausgenom­ men bleibt." (Jahrb. Bd. XLI, S. 118-119.)

142

Zweiter Theil. Erster Titel.

z»r Zeit der vollzogenen Heirath ihren ersten Wohnsitz genommen haben, erben wolle. §. 497. In zweifelhaften Fällen gilt die Vermuthung, daß der dem überlebenden Ehegatten durch solche Gesetze bestimmte Erbtheil demselben durch Testamente nicht geschmälert oder gar genommen werden sönne35). Hieraus erhellet, daß die Wahl kcineSweges in dem Falle zustehen soll. Wenn die Ehe mit provinzialrcchtlichcr oder statutarischer Gütergemeinschaft (bei der vertragsmäßigen versteht es stch ohnehin von selbst) angefangcn hat. Doch ist darüber gestritten worden und das Ob.-Tr. hat die Frage doch für so zwei­ felhaft angesehen, daß eS folgendes Pr. 120, vom 29. August 1836 eingetragen hat: „DaS in diesen §§.(495,496) dem überlebenden Ehegatten verstattete Wahlrecht findet in dem Falle nicht Anwendung, sondern ist ausgeschlossen, wenn nach den Gesetzen deS ersten Wohnorts die eheliche Gütergemeinschaft zwischen den Eheleuten eingeführt ist." (Entsch. Bd III, S. 45 u. Schl. Arch. Bd. IV, S. 55.) Zu vergl. Entsch. Bd. XII, S. 430. „Diese Vorschrift steht nicht im Widerspruch mit den Grundsätzen des Ge­ meinen Rechts, und kommt darnach auch in denjenigen Provinzen zur Anwendung, wo die Gesetzeskraft der drei ersten Titel Th. II deS A L. R. noch suspendirt ist." Pr. des Ob.-Tr. 1347, v. 9. Okt. 1843. Zu vergl. Publ. Pat. §. XIV, und Suarcz in der 91 tun. 2 a. E. zu §. 440. Wenn der Hinterbliebene Ehegatte sich über die Wahl nicht erklärt, so ist, um die Erbtheilung zum Austrage zu bringen, nicht nothwendig, durch einen vorgängigen Prozeß dem verwittweten Ehegatten durch den Richter einen Ter­ min unter Androhung des Verlustes deS Wahlrechts bestimmen zu lassen. Viel­ mehr ist das Verfahren einfach das, daß die auf Theilung antragcnden Erben die Wohnortsverändcrung ignoriren und nach dem am letzten Wohnorte geltenden Erbrechte die Auseinandersetzung verlangen. Darauf erfolgt dann von selbst die Erklärung des Ueberlebendcn, wenn er nach dem Erbrecht deS ersten Wohnsitzes Theilung halten will. Schweigt er, so geht die Auseinandersetzung nach den Grundsätzen deS Erbrechts am letzten Wohnorte vor sich.

35) Die gesetzliche Erbportion, welche der Hinterbliebene Ehegatte nach Pro­ vinzialrechten zu erhalten hat, ist specifisch einerlei mit derjenigen, welche in Er­ mangelung eines desfallsigen ProvinzialgesetzeS nach dem A. L. R. gebührt. DaS wird hier verkannt. Der provinzialrechtliche oder statutarische Erbtheil soll — wenn nicht das Gegentheil erhellet — ganz und gar als Pflichtthcil gelten, der landrechtliche aber nur zur Hälfte. (§.631.) Einen innern Grund hat diese Zwiespältigkeit des Prinzips nicht; sie ist auch gewiß nicht willkürlich, d. h. mit Bewußtsein, sondern wol nur zufällig verordnet. Eine andere Inkonsequenz fin­ det sich darin, daß die Provmzial- und Statutarrechte im Zweifel nach den Grundsätzen deS A. L. R verstanden und ausgelegt werden sollen (§§. 500,538), und dennoch hinsichtlich des Delationsgrundes eine singulaire AuslegungSregel (etwas anderes ist hier die „Vermuthung" nicht) gegeben wird. Daß man die statutarische Erbportion für einen Pfiichttheil ansicht, hat für die TestamcntSerben den praktischen Vortheil, daß zur 9luSmittelnng der Portion in der Regel nicht die Snbhastation der zur Erbschaft gehörigen Grundstücke gefordert werden kann. Anm. 52 zu §. 89, Tit. 17, Th. I. In Anwendung dieses Grundsatzes sagt daS Ob.-Tr. in dem Pr. 2047, vom 2. Septbr. 1848: „Ein märkischer Ehegatte, der von seinem Rechte, die statutarische Portion zu verlangen, gegen Testamentscrben deS verstorbenen Ehegatten Gebrauch gemacht hat, ist nicht berechtigt, die Snbhastation eines zum Nachlasse des Testators ge­ hörigen, von Letzterem einem der Erben zu einem bestimmten Preise überwiesenen Grundstücks zu verlangen, sondern muß sich begnügen, daß bei Berechnung der statutarischen Hälfte daS Grundstück nach dem Betrage einer aufzunehmendcn Tare zur Anrechnung gebracht wird." (RechtSf. Bd. IV, S. 311.)

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

8. 498.

Wenn also dem überlebenden

143

Ehegatten in dem

Testamente des Erstverstorbenen weniger, als sein statutarischer

Erbtheil beträgt, auSgesetzt worden: so kann derselbe die Ergänzung des Fehlenden aus dem übrigen Nachlasse fordern. §. 499.

Nur in so fern, alö der überlebende Ehegatte ssch

solche Handlungen, die eine Scheidung begründen würden, hat zu Schulden kommen lassen, kann ihm sein statutarischer Erbtheil

durch

letztwillige

werden3 •). 8. 500.

Verordnungen

geschmälert

oder

genommen

Sind wegen der Erbfolge der Eheleute keine oder

nicht hinreichende3 3) Bestimmungen

büchern oder Statuten enthalten:

in den

Provinzial-Gesetz-

R-ch'-n.

so soll nach folgenden allge­

meinen Vorschriften verfahren werden.

§. 501. Zuvörderst werden die in dem Nachlasse befindliehen Lehne und Fideikommisse, nebst Zubehör, demjenigen verabfolgt, auf welchen sie durch den Tod deS letzten Besitzers gediehen sind.

8. 502.

Gleichergestalt nehmen diejenigen, welchen, nach 2)

Provinzialgesetzen oder Statuten, Hcergeräthe, Gerade, oder Nif- Nif,^m>d

tel zukommen, die dazu gehörenden Stücke33). 23. V. (K. O) vom 21. Juni 1805, über die Auf­ hebung des Anfalls des Heergeräthes, der Gerade und Niftel an den Fiskus. (N. Arch. Bd. IV, S. 125; Rabe Bd. VIII, S. 310 ) Bei der landesväterlichen Fürsorge, welche» Se. König!. Maj. von Preußen unablässig auf das Wohl aller Höchsidero getreuen Unterthanen wenden, ist Allerhöchstdenenselben der Nachtheil nicht

36) Zu vergl. unten die §§. 631, 632 d. T. Die Enterbungsursachen müssen „Verschuldungen" sein. Darnach bestimmt sich im vorsommcndc» Falle: ob die §§. 696—698 anerkannten Scheidung-gründe die Enterbung gestatten. 37) Oder zweifelhafte.

Vergl. §. 538 d. T.

38) Suarcz sagt zu den §§.502—539 in den Schlnßvorträgcn: „Diese §§. dienen bloß zur Direktion für die Verfasser der Provinzialgcsetzbücher. Hof­ fentlich werden aber diese die ganze, auf unsere jetzige Zeiten und Sitten gar nicht mehr passende altdeutsche Gerade- und Nistel-Sueccssion abschaffcn." (Jahr­ bücher Bd. XLI, S. 120.) Im gcdr. Entw. Th. I, Abthl. 1, S. 89 ist an­ gemerkt, daß man inzwischen, da Nistel, Gerade und Hcergeräthe in vielen Kö­ niglichen Provinzen üblich sind, und zu vielen Streitigkeiten Anlaß gebe», diese subsidiarische Bestimmungen nöthig gefunden habe. In den mit den preußischen Landen vereinigten eheuialigcn sächsischen Pro­ vinzen und Distrikten ist die durch die Verordnung deS ehemaligen russischen Ge­ neral-Gouvernement- von Sachsen vom 24. Mai 1814 erfolgte Aufhebung der statutarischen und der herkömmlichen Erbrechte der Gerade und de- Hcergeräthedurch da- Publ. Pat. vom 15. November 1816 §. 10 bestätigt.

g-ra«he«.

Zweiter The».

144

Erster Titel.

entgangen, welcher in den Provinzen Allerhöchstdero Staaten, in welchen nach Provinzialgesetzen oder Statuten die Succession in Heergeräthe, Gerade und Niftel stattfindet, den gesetzlich zu einer Veilassenschaft berufenen Erben daraus entsteht, wenn solches in Ermangelung derjenigen Personen, welchen nach diesen Gesetzen und Statuten, Heergeräthe, Gerade oder Nistel zukommt, dem Fisko an­ heimfällt. Aus besonderer landesväterlicher Gnade und in Betracht, -aß dieser Anspruch des Fisci nur selten und dann eintritt, wenn der Erblasser unterlassen hat, durch Verfügung unter den Lebendigen darüber zu disponiren, wollen Se. Königl. Majestät daher denselben hiermit aufgeben. Allerhöchstdieselben verordnen daher und setzen hiermit fest: daß in allen denjenigen Fällen, in welchen gesetzlich berufene Er­ ben zu einer Erbschaft vorhanden sind, Fiskus an dasjenige, was in derselben an Heergeräthe, Gerade und Niftel begriffen sein möchte, niemals fernerhin Ansprüche machen, sondern in Erman­ gelung der nach Provinzialgesetzen und Statuten zur besondern Succession in dieselben berufenen Verwandten, solches alles im Nachlasse unh demjenigen, welcher die übrige Verlassenschaft be­ kömmt, verbleiben solle. Zur Vermeidung alles Mißverständnisses wollen Allerhöchst­ dieselben jedoch hiermit ausdrücklich festsetzen, daß Allerhöchstdero Absicht hierbei kemeSweges dahin gerichtet ist, durch diese Verord­ nung den Kämmereien, Korporationen oder anderen Privatpersonen, welchen in solchen Fällen aus Gesetzen oder Verträgen ein Recht an Heergeräthe, Gerade und Nistel zustehet, diese ihre Gerechtsame zu entziehen, indem solche ihnen vor wie nach ungeschmälert und un­ gekränkt hiermit vorbehalten bleiben. Se. Königl. Majestät befehlen übrigens Jedermann, insbeson­ dere aber sämmlichen Landes-Kollegiis, Magisträten und GerichtsObrigkeiten, sich nach dieser Verordnung in vorkemmenden Fällen gebührend zu achten, zu welchem Ende solche durch den Druck öf­ fentlich bekannt gemacht werden soll.

§. 503.

Heergeräthe verläßt nur eine Person männlichen

Geschlechts dem nächsten Anverwandten von männlicher Seite und männlichem Geschlechte"). §. 504. Sind mehrere männliche Anverwandten in gleichem Grade vorhanden: so hat derjenige, welcher in Kriegsdiensten deS

Staats sich befindet, auf das Heergeräthe vorzüglichen Anspruch.

$. 505. Kann der Streit unter den mehrer» gleich nahen Ver­ wandten nach diesem Bestimmungsgrunde nicht entschieden werden; so hat der ältere, den Jahren nach, den Vorzug.

39) Weil sie sich auf Bewaffnung und Rüstung deS Mannes bezieht, und auS dem Werthe, welche der streitbare Sohn auf die Waffen seines Vaters legte, veranlaßt worden ist. Die dazu gehörigen Stücke, ursprünglich Pferd, Schwert und Kriegskleid, wurden, wenn ein Held gefallen war, heimgesandt. Grimm RechtSalterthümer, S. 568.

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

145

§. 506. Katholische Geistliche und protestantische Prediger, die in einem wirklichen Kirchenamte stehen, nehmen und hinter­ lassen kein Heergeräthe. 8- 507. Die Mitglieder geistlicher, auch katholischer Ritter­ orden, die nicht selbst Priester sind, bleiben hiervon ausgenommen. §. 508. Gerade") nimmt die überlebende Frau auö dem Nachlasse des Mannes. 8. 509. Nistel verläßt eine Frauensperson derienigen Per­ son weiblichen Geschlechts, welche mit ihr durch Weiber am näch­ sten verwandt ist. $. 510. Sind mehrere Verwandtinnen von gleichem Grade vorhanden: so erhalten dieselben die Niftel zu gleichen Theilen. S. 511. Eheliche Töchter schließen die unehelichen, so wie diese alle weitere Verwandtinnen aus. A. 512. Außer der absteigenden Linie begründet die Ver­ wandtschaft durch uneheliche Geburt keinen Anspruch auf die Niftel"). 8- 513. Denenjcnigen, welchen ein Recht auf Heergeräthe, Gerade und Nistel zukömmt, kann dasselbe durch letziwillige Ver­ ordnungen picht entzogen werden. 8- 514. Wohl aber sind Verkäufe, Veräußerungen, und andere Verfügungen unter Lebendigen, sowohl in Ansehung deö Ganzen, alS einzelner dazu gehörender Stücke gültig. 8. 515. Dergleichen Verfügungen können weder unter dem Vorwande einer Simulation, noch einer Verletzung, angefochten werden. 8- 516. Ter bedungene Preis oder Werth tritt auch hier nicht an die Stelle des Veräußerten"). 8. 517. Diejenigen, welchen Heergeräthe oder Niftel zu-

40) Gerade bezicht sich ursprünglich auf Schmuck und Zierrath der Frauen und geht daher mir auf Frau, Frauenstamm und Spillmage über. Grimm a. a. O. Die der Wittwe aus dem Nachlasse des Maunes zufallendc Gerade heißt auch Wittwen-Gerade oder volle Gerade, im Gegensatz zur NiftelGerade, welche aus dem Nachlasse einer Frau solchen weiblichen Personen, die durch Weiber mit der Erblasserin verwandt sind, zufällt, zunächst den Töchtern auS dem Nachlaß der Mutter, in deren Ermangelung den weiteren Spillmagen. (Jungfraucngerade, Niftclgcrade, Mumcngerade, Halthaus) §§.509 ff., 525,528. 41) Gemäß dem Grundsätze des §. 660 Tit. 2 und §. 8 Tit. 3. 42) Pretium non succedit in locum rei. Anm. 26 zu §. 36, Tit. 2, Th. I.

Koch, Allgemeines Landrecht. III.

10

Zweiter Theil.

146

Erster Xitel.

fömnit41), müssen sich binnen Jahresfrist, nach erfolgtem43 44)45 An 46­ falle, zur Ausübung ihres Rechts, bei Verlust desselben, melden. §. 518.

Wer Heergeräthe oder Niftel zu verlassen nicht

fähig ist, der kann auch dergleichen von Andern nicht ziehen.

§. 519.

Nach Provinzen, oder Oertern, wo kein Heerge­

räthe, oder keine Niftel gegeben wird, darf auch dergleichen nicht verabfolgt werden. 8. 520. In allen Fällen, wo Heergeräthe oder Niftel den­

jenigen, welche sonst durch Provinzialgesetze oder Statuten dazu

berufen sind, aus einem oder dem andern der vorstehenden Gründe

nicht verabfolgt werden dürfen, fallen dieselben nicht dem Nächsten nach ihm zu, sondern sie bleiben in dem Nachlasse. Wird jedoch unter mehrer«

§. 521.

gleich nahen Ver-

wandtinnen eine oder die andere, aus den vorstehenden Gründen,

von der Niftel ausgeschlossen: gen zu4»). 8. 522.

so

wächst ihr Antheil den übri­

Wo das Vermögen durch Schulden erschöpft wird,

findet weder Gerade, Niftel, noch Heergeräthe Statt44).

8. 523.

DaS Heergeräthe begreift unter sich das beste Pferd,

den Degen, dessen sich der Verstorbene zum gewöhnlichen Ge­

brauche bedient hat; einen vollständigen Anzug von dessen täglichen

Kleidern; ein Gebctt Bette, nächst dem besten, bestehend auS einem Ober- und Unterbette, einem Pfühl, zwei Kopfkissen, nebst dazu gehörigen Ueberzügen, und zwei Bettlaken; ein Tischtuch, nebst drei Servietten, und zwei Schüsseln von Zinn oder anderem ge­

meinen Metalle.

8. 524.

Bei den in wirklichen Kriegsdiensten stehenden Per­

sonen wird auch das, was sie im Felde, oder in der Garnison,

zu oder bei Verrichtung ihres Dienstes gewöhnlich gebrauchen, so

43) Nicht also auch die Wittwe, welcher die Gerade zukommt. 44) Soll wol heißen: „Mannt gewordenem Anfalle". Die allgemeinen Grundsätze der Verjährung (I, 9, §§. 512 ff.) sind nicht ausgeschlossen.

45) Das AnwachSrccht ist ganz folgerichtig, ans dem in der folg. Anm. angegebenen Grnnde; und der Grundsatz §. 520 steht damit nicht im Widerspruch.

46) Weil das Wesen des Hecrgeräthes und der Gerade darin besteht, daß sie ein wahres Erbrecht, nämlich ein außerordentliches Erbrecht, gründen, und nicht etwa eine Nachlaßschnld. Grimm a. a. O., S. 568. Deshalb fallen ste mehreren gleich Berechtigten in solidum an, woraus das AnwachSrccht (§. 521) nothwendig folgt.

Don Trennung der Ghr durch den Tod.

147

weit e- vorhanden ist, und nicht bei dem Regimente zurückbleiben

muß, zu ihrem Heergeräthe") gerechnet. $. 525. Zur Nistelgerade gehören die zum weiblichen Ge­ brauche allein gewidmeten Geräthe, Kleidungsstücke, Wäsche und

Kostbarkeiten, nebst den dazu gehörigen Behältnissen.

$. 528.

Auch waS zu Leibwäsche oder Kleidungsstücken zu­

geschnitten, in Arbeit gegeben, oder genommen ist, wird zur Niftel

gerechnet. $. 527.

Dagegen hat die

Niftelerbin auf Kostbarkeiten,

welche der Frau von dem Manne zum Gebrauche gegeben wor­

den, und nach obigen Vorschriften nur als geliehen anzusehen

find, keinen Anspruch. $. 528. Die volle Gerade begreift zuvörderst alleS unter stch, waS nach 8. 525, 526 zur Niftelgerade gehört.

§. 529.

Außerdem werden dazu gerechnet die zum alltäg­

lichen Gebrauche in der HauSwirthschaft bestimmten Mobilien. $. 530. Ferner alle Arten von Leinwand, verarbeitet oder

unverarbeitet; wie auch Flachs und Garn, so weit alle diese

Sachen zum Gebrauche in der Wirthschaft bestimmt sind. §. 531.

Auch die zum Hausgebrauch« gewidmeten Vorräthe

an Eßwaaren") werden zur vollen Gerade gerechnet.

8. 532.

Stall- und Kellergeräthschaften gehören nicht zur

Gerade.

8. 533.

Auch Mobilien, die bloß zur Pracht dienen, sind

darunter nicht begriffen.

8. 534.

Rur bei Adlichen werden Kutsche und Pferde,

deren sich die Eheleute zu ihrem persönlichen Gebrauche gewöhn­ lich bedient haben, zur vollen« •) Gerade gerechnet. 8. 535. Sind mehrere Stücke von dieser Art vorhanden:

so kömmt die Wahl der Wittwe zu. 8. 536. Vorstehende Bestimmungen in Ansehung der Ge­ rade, der Niftel, und deS HeergerätheS, gelten insgesammt nur auf den Fall, wenn in den Provinzial- oder statutarischen Ge­ setzen ein Anderes nicht ausdrücklich verordnet iß50 47).48 49

47) Heergeräthe ist die richtige Lesart des G. B. und der ältern Aus­ gaben. Die jiingern Ausgaben haben den Druckfehler „Hau«geräthe."

48) MuStheil (Misdcle) genannt. 49) D. i. zur Wittwen-Gerade.

Sachs. Sp. I, 22.

Oben Anm. 40.

50) Es mag wol kaum «in Provinjialgesetz oder Statut, welches dies«

Zweiter Theil.

148 §. 537.

Erster Titel.

Die Vorschriften der Provinzial- und statutarischen

Gesetze müssen genau nach den Worten angewendet werden: und eö finden dabei keine ausdehnende Erklärungen Statt5I).

8- 538.

Dunkle Vorschriften solcher Provinzial- oder statu­

tarischen Gesetze müssen nach den Grundsätzen dieses allgemeinen

Landrechts erklärt werden 52).

§. 539. In Provinzen, wo bisher kein Heergeräthe oder keine Gerade üblich gewesen sind, sollen dieselben auf den Grund deS gegenwärtigen Landrechts nicht eingeführt werden.

3) ÄeTb’

540. Ferner wird der Erbschatz, wenn dergleichen vor­ handen ist, von dem Nachlasse abgesondert. (§. 276 sqq.)

§. 541.

Weder die Substanz deS ErbschatzeS, noch die da­

von zu ziehenden Nutzungen, können dem überlebenden Ehegatten auf sein gesetzmäßiges Erbtheil angerechnet werden. §. 542. Wohl aber wird in dem Falle deS § 463 bei Be­

stimmung des der überlebenden Ehefrau auSzusetzenden WitthumS,

auf die ihr zu gute kommenden Nutzungen deS ErbschatzeS mit Rücksicht genommen. 4) de« eigen. Vrrmögeni

§. 543.

Auch das eigenthümliche Vermögen des überleben-

den Ehegatten ist von dem

Nachlasse deö Verstorbenen abzu-

r-nden Ehe-sondern.

9 611.

Mit dem Grundstücke, oder der Gerechtigkeit, muß

79) Ohne Zuthun des Mannes, sei eS durch Naturkräfte (Alluvion) oder menschliche Willkür. Denn die Frau ist Eigenthumerm.

80) Nämlich unter der Voraussetzung, daß die Frau weniastenS in schrift­ licher Form und im Beistände eines Sachverständigen, in die Verbesserung ge­ willigt hat. Oben, Anm. 73 zu §. 587. Aber zur Zurücknahme der Verbesse­ rungen salva substantia, vor der Preiöstellung oder Schätzung, ist der Mann auf Grund des §. 586 d. T. berechtigt. Koch, Allgemeines Landrecht. HL

11

162

Zweiter Theil. Erster Titel.

dem Uebernehmer derselben alles gewährt werden, was nach den

Gesetzen alS Zubehör anznsehen ist. §. 612. Insonderheit muß ein Landgut mit dem Viehe und

Ackergeräthe, wie eS zur Zeit der getrennten Ehe beschaffen ge­ wesen, übergeben werden.

§. 613. Offenbaren sich dabei, gegen den Zustand der Ein­ bringung,

Verbesserungen oder Verringerungen:

so finden eben

diese Grundsätze Statt, welche von Verbesserungen oder Verrin­

NiWaiichs'

gerungen überhaupt obstehend vorgeschrieben sind. §• 614. Der Nießbrauch des Mannes in dem Eingebrachten

der Frau nimmt mit dem Tode eines oder des andern Ehegatten ein Ende. §. 615. Sowohl wegen der Nutzungen deS Sterbejahres, als wegen der früheren Jahre, findet alles daö Anwendung, waS

wegen der Auseinandersetzung zwischen dem Nießbraucher und Eigenthümer, nach geendigtem Nießbrauche verordnet ist. (Th. 1, Tit. 21, Abschn. 1.)

§. 616.

Doch 8 >) müssen, bei einem eingebrachten Landgute,

auS den Einkünften des Sterbejahres die Zinsen cruch solcher Ca-

pitalSschulden der Frau, die nicht auf dem Gute selbst hasten, in so fern bezahlt werden, als diese Capitalsschulden überhaupt, nach

den Vorschriften des gegenwärtigen Titelö auch in Beziehung auf den Ehemann gültig sind, die Zinsen aber aus den Einkünften

des übrigen Eingebrachten nicht berichtigt werden können. §. 617.

Auch muß in dem vorhandenen Hause, eS gehöre

dasselbe zum Eigenthum des Mannes oder der Frau, dem über­

lebenden Ehegatten die bis daher inne gehabte Wohnung, wenig­ stens bis zum Ablaufe des nächsten Vierteljahres, nach demjenigen,

in welchem der Sterbefall erfolgt ist, frei81 82) verstattet werden.

r> dir Schul. §. 618. Von der nach obigen Regeln (8. 543 bis 617) ausen' gemittelten Verlassenschaft des verstorbenen Ehegatten müssen, noch vor der Theilung, die Schulden desselben abgerechnet werden.

81) Als wenn durch diese Vorschrift eine Einschränkung oder Ausdehnung jener Verordnungen hier eingcsnhrt werden sollte. Die Vorschrift versteht sich aber nach den Grundsätzen über den Nießbrauch an einem Inbegriffe von Sachen und Rechten ganz von selbst (I, 21, §. 71) und ist nur deshalb für nothwendig gehalten worden, weil das Vermögen der Frau nicht als ein Ganzes, sondern nur als eine Menge einzelner Sachen und Rechte behandelt worden ist. 82) Die Instandhaltung und die Entrichtung der Lasten liegt mithin auch in diesem Vierteljahr den Erben ob, und der Hinterbliebene Ehegatte kann Er­ stattung seiner Auslagen dafür fordern.

Von Trennung der Ehe durch den Tod. §. 619.

163

Für Schulden, welche die Frau während der Ehe

auf ihr vorbehaltenes Vermögen einseitig gemacht hat, kann der Gläubiger nur so weit Bezahlung fordern, als daS bei ihrem Ab­

leben noch vorhandene vorbehaltene Vermögen hinreicht. §. 620. Hat aber die Frau mit Vorwiffen deö Mannes, und ohne dessen Widerspruch, ein besonderes Gewerbe getrieben: so können ihre Gläubiger, die ihr zu diesem Gewerbe Credit ge­

geben haben, bei der Unzulänglichkeit deS vorbehaltenen, auch an

daS eingebrachte Vermögen, nach ihrem Tode sich halten83).84 85 *

8. 621.

Der solchergestalt ausgemittelte reine Nachlaß deS

verstorbenen Ehegatten wird unter die nahen Blutsverwandten und den überlebenden Ehegatten vertheilt"). 8. 622.

Für nahe Verwandte werden diejenigen geachtet,

welche von dem Erblasser nicht weiter, als im sechsten Grade,

voller oder halber Geburt, entfernt sind. 8. 623.

Hinterläßt der Verstorbene Verwandten in abstei­

gender Linie: so ist der überlebende Ehegatte nur Erbe88) zum

vierten Theile.

83) Die §§. 619, 620 bestimmen die Rechte deS Mannes nach dem Tode der Frau. Welche Anwendung sic also auf den Fall deS Konkurses über daS Vermögen deS Mannes sotten finden können, läßt sich nicht ergründen. Der einzige mögliche Fall wäre der, daß der Mann vor der Auseinandersetzung mit den Erben der Frau in Konkurs verfiele und der Konkurskurator an des Man­ nes Stelle träte. Dabei wäre aber durchaus nichts besonderes oder analoges, sondern eö wäre der Fall selbst, für welchen die Bestimmungen gegeben find.

84) DaS A. L. R. giebt dem Hinterbliebenen Ehegatten ein wahres civil­ rechtliches Erbrecht nach dem Vorverstor^encn (Anm. 85), und verläßt darin daS G. N. Schon in einer Anm. zum gedr. Entw. Th. I, Abth. 1, S. 90 wurde als Grund dafür die Natur des genauen, innigen und festen BündniffeS bezeichnet, welches nach unseren Gesetzen zwischen Eheleuten nicht nur in Hinficht aus ihre Person und Neigung, sondern auch auf ihre äußeren Schicksale und Jntereffcn vorwalten soll. Diesem sei eS gemäß, daß sie, auch bei der gesetzlichen Erbfolge, mehr, als nach bisherigen Gemeinen Rechten begünstigt, und entfern­ teren Seitenvcrwandtcn, die mit dem Erblaffer durch kein so inniges Band ver­ bunden waren, vorgezogen würden. In den Schlußvorträgen bemerkt Suarez hierüber noch: „Die Gründe, warum hier die Successio conjugum civilis so sehr zum Vortheil deS überlebenden Ehegatten geändert ist, sind schon im Vor­ stehenden (oben, Anm. 64 zu §. 570) ausgeführt worden. Man durfte auch um so weniger Anstand nehmen, das Jus Romanum in diesem Stücke zu ändern, da wohl sehr wenige Provinzen und Oerter im Preußischen Staate vorhanden sein werden, wo die Römische SuccessionS-Ordnung unter Ehegatten sich noch wirklich im Gange befände, vielmehr jede Provinz, ja fast jede namhafte Stadt hierin ihre eigenen Gesetze und Statuten hat, die insgesammt darin Übereinkom­ men, daß sie den überlebenden Ehegatten mehr, als das römische Recht, begün­ stigen." (Zahrb. 93b. XLI, S. 124.) 85) Aber doch Erbe und zwar wahrer Erbe, welcher zur Universitas in solidum berufen ist. Daraus folgt mit Nothwendigkeit, daß er auch das

5) Successionsvrdnung.

164

Zweiter Theil. Erster Titel.

§. 624.

Sind mehr als drei absteigende Linien vorhanden:

so erbt der überlebende Ehegatte nur KindeS Theil.

8. 625. Hinterläßt der Verstorbene nur Verwandten in auf­ steigender Linie, Geschwister, oder Geschwisterkinder ersten GradeS: so ist der überlebende Ehegatte Erbe zu einem Drittel.

$. 626. Sind nur Verwandte in entferntem Graden vor­ handen: so erbt der überlebende Ehegatte die Hälfte. §. 627. Sind gar keine nahe Verwandten

vorhanden

(8- 622)8e): so erbt der überlebende Ehegatte den ganzen Nachlaß.

8- 628.

In allen Fällen, wo der überlebende Ehegatte mit

Verwandten deS Verstorbenen in der aufsteigenden oder Seiten­ linie an der Erbschaft Theil nimmt, gebührt demselben alles Bettund Tischzeug, welches die Eheleute im gewöhnlichen Gebrauche gehabt haben, zum voraus. §. 629. Ein Gleiches8 ?) gilt von Möbeln und HauSrath,

in so fern dieselben

nicht als Zubehör

eines Grundstücks oder

einer Gerechtigkeit anzusehen find.

$. 630.

Von diesen voraus verschafften Stücken darf der

überlebende Ehegatte, zur Bezahlung der Schulden deö Verstor­

benen, nur in so fern beitragen,

als der übrige Nachlaß dazu

nicht hinreicht.

8- 631.

Die Hälfte der durch daö Gesetz dem überlebenden

Ehegatten bestimmten Erbportion ist als ein Pstichttheil anzu­ sehen88 * *).* * * * * * * * * * * 86 87

AccreSzenzrecht hat, denn dieses Recht ist eben daS untrügliche Merkmal eines wahren Erben. Anm. 2 zu §. 1, Tit. 12, Thl. I, und Anm. 19 zu §. 256 ebd. Nur muß es in seiner rechten Beziehung aufgefaßt werden, mit Rücksicht aus die Berufung der mehreren Erben nach Oluoten. Denn eS ist Grundsatz, daß die zu einem Verhältnißtheile zusammen Berufenen als Verbundene zunächst einander Raum geben. Aber wenn sie sämmtlich wegfallen, so geben sie dem zu einem andern Verhältnißtheile berufenen Einzelnen Raum für daS Ganze. DaS ist daS Verhältniß deS Hinterbliebenen Ehegatten und der „nahen Blutsverwandten" zu einander und zur Erbschaft. Anm. 41 zu §. 284 und Anm. 98 zu §. 368 Tit. 12, Th. I. Bei der Erbfolge deS Hinterbliebenen Ehegatten zeigt sich das auch in dem Falle, wenn neben demselben „nahe Blutsverwandte" vorhanden sind, welche sämmtlich die Erbschaft ausschlagen. Da bleibt der Ehegatte Allein­ erbe. §. 627. 86) Oder schlagen die Vorhandenen alle die Erbschaft auS. Vor. Anm. 85.

87) Also gilt die Vorschrift auch nur von Möbeln und Hausrath, welche die Eheleute im gewöhnlichen Gebrauche gehabt haben. Zn vergleichen oben, §. 529 d. T. 88) Zu vergl. oben, §. 497 und die Anm. 35 dazu.

Von Trennung der Ehe durch den Tod. §. 632.

165

Diesen Pflichtteil kann ein Ehegatte dem Andern

nur wegen solcher Verschuldungen»») schmälern oder gar entziehen,

die ihn berechtiget haben würden, auf Scheidung anzutragen.

§. 633.

UebrigenS gilt von diesem Pflichttheile alles, waS

von der Legitim« überhaupt im folgenden Titel verordnet ist»«). §. 634. Die Gemeinschaft der Güter unter Eheleuten wird v. Bei hdurch den Tod deö Einen von ihnen geendigt»>). ®Ä'Ät 1) der Guter,

89) Zu vergl. eben, Anm. 36 zu §. 499 d. T. 90) Auf den Pflichttheil, welchen ein überlebender Ehegatte ans dem Nach­ lasse deö zuerst Verstorbenen fordert, finden die allgemeinen Vorschriften vom Pflichttheile überhaupt, welche die Einforderung, Belastung und Einriehnng des­ selben, so wie die Anrechnungen darauf, betreffen, Anwendung; nicht aber die Bestimmungen über die Folgen der Uebergehung eines Kindes oder Enkels deS Erblassers in der letzten Willensverordnung. Pr. d. Ob.-Tr. 944, vom 16. No­ vember 1840 (Entsch. Bd. VII, S. 1). Der Satz bezieht stch auf die Ruptiou eineö Testaments durch nachträgliche Erlangung eines Notherben, der kein Kind oder Enkel ist. Ein Wittwer hatte teftirt und seine Kinder berufen, darauf aber wieder geheirathet, und daS Testament ungeändert gelassen. Nach seinem Tode wollte die Wittwe daS Testament, als rnmpirt per agnationem posthumi, ge­ mäß 454, Tit. 2, nicht gelten lassen und verlangte die Jutestaterbfolge. Mit diesem Ansprüche wies nmn sie überall ab, das Ob.-Tr. aus dem im Pr. an­ gegebenen Grunde. Dieser ist zutreffend. DaS A. L. R. hat nämlich auS dem R. N. zwar Pas Prinzip der Succession gewisser Personen gegen den Willen des Erblassers ausgenommen, nicht aber den daneben stehenden formellen Grundsatz, daß diese Personen entweder ausdrücklich bedacht oder ausdrücklich ausgeschlossen werden müssen (nicht übergangen werden dürfen); an dessen Stelle ist vielmehr der Grundsatz getreten, daß der übergangene eben so wie der ohne rechtliche Ursache ausgeschlossene Notherbe gegen den letzten Willen des Erblassers succedire, aber auS diesem Delationsgrunde nicht mehr als den Pflichttheil fordern könne. Daraus folgt, daß der Uebergangene nach dem. A. L. R. nicht so wie nach R. R. die Erbeseinsetzung umstoßen kann, vielmehr nur, daß er neben dem dnrch den Willen des Erblassers berufenen Erben succedirt. Hinsichtlich der Kinder und Enkel galt eine Ausnahme nach R. R. Die Ueber­ gehung kann nämlich entweder auS bloßem Irrthum über das Vorhandensein deS Uebergangenen, sie kann aber auch in bewußter Absicht, aus Lieblosigkeit, ge­ schehen sein. Der Irrthum macht, nach allgemeinen Grundsätzen, die Willens­ erklärung ungültig; das R. R. bezog jedoch die Ungültigkeit nicht auf das ganze Testament, sondern nur auf die ErbeSeinsetzung, nur mit einer hier gleichgültigen Unterscheidung: der Uebergangene trat den Berufenen hinzu (beziehlich andie Stelle deS Fremden). Dies ist in daS A. L. N. ausgenommen. §§. 444—449, Tit. 2. In dem andern Falle aber, wenn das Testament mit bewußter und ge­ wollter Uebergehung gemacht worden war, konnte es nach allgemeinen Grund­ sätzen nicht ungültig sein, vielmehr war dazu eine besondere Rechtsregel erfor­ derlich. Dazu diente im R. R. der formelle Grund betreffs der ausdrücklichen Einsetzung und der Uebergehung. Dieser ist in das A. L. R. nicht übergegangen. Ein anderer besonderer Grund war im R. R. das positive Jnstitnt der querela inofficiosi testamenti, welches sich aber nur auf Kinder und Enkel bezog (L. 3 C. de inoff. testam. III, 28), und dieser ist gleichfalls nur für Kinder und Enkel und dazu nur in zwei Fallen der Lieblosigkeit beibehalten. (§§. 450, 454, Tit. 2.) Folglich mnß eS, nach den Grundsätzen des A. L. R., hinsichtlich anderer Pflichttheilsberechtigten, bei der Regel bleiben: daß eS bei der Erbes­ einsetzung sein Bewenden hat und daß der Pflichttheilsberechtigte nebenher, contra tabulas,1 mit seiner Legitima zur Nachfolge kommt. 91) Mit diesem Ereigniß tritt, bis zur erfolgten Theilnng, die s. g. com-

Zweiter Theil.

166 $. 635.

Erster Titel.

ES muß daher vor allen Dingen daS gemeinschaft­

liche Vermögen von dem, was nicht in die Gemeinschaft gekommen

ist, abgesondert Werben98). §. 636. WaS von Letzterem dem einen oder dem andern Ehegatten eigenthümlich gehört, wird in Ansehung der Erbfolge99),

und sonst, nach den Vorschriften deS gemeinen Rechts beurtheilt. §. 637.

Von dem gemeinschaftlichen Vermögen nimmt der

überlebende Ehegatte die eine Hälfte als fein Eigenthum9«) zurück.

munio bonorum prorogata zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Erben des Verstorbenen ein, welche die Natur einer zufälligen Gemeinschaft (communio incidens) hat. Deshalb kann z. B. kein Einzelner der Mitcigenthümer sich das Stecht der Verwaltung, oder Repräsentation des Ganzen, zu­ schreiben. Es kommen jedoch partikular-rechtliche Abweichungen hiervon vor, z. B. im Ravcnsberg'schen, nach dem Pr. des Ob-Tr. 560, vom 29. September 1838: ,,a) nach den Grundsätzen der in der Grafschaft Ravensberg unter Ehe­ leuten bestehenden statutarischen Gütergemeinschaft wird die Gütergemeinschaft, wenn Kinder aus der Ehe vorhanden sind, durch den Tod des einen Ehegatten nicht aufgehoben, sondern von dem überlebenden Ehegatten mit den Kindern fortgesetzt, b) Wenn der überlebende Ehegatte zur andern Ehe schreitet, so er­ halten die in der vorigen Ehe erzeugten Kinder, bei der alsdann vorzunehmenden Vermögensauseiuandcrsetzung oder Schichtung, zu ihrem Antheile die Hälfte deS nach Abzug der Schulden vorhandenen gemeinschaftlichen Vermögens, c) Für die vor erfolgter Schichtung entstandenen Schulden der Gemeinschaft bleiben die abgcschichteten Kinder jedoch, nach Verhältniß deS empfangenen Antheils, oder wenn die vorzunchmende Schichtung den Gläubigern nicht in Zeiten bekannt ge­ macht worden, mit dem ganzen empfangenen Antheile verhaftet. 92) Nach welchen Gesetzen dabei zu verfahren, wenn die Ehe nicht unter der Herrschaft des A. L. R. geschloffen worden ist, darüber: oben, Sinnt. 35 zu §. XIV deS Publ. Patents.

93) Darüber stnd hier und in den folgenden Sätzen ganz neue und eigen­ thümliche Bestimmungen, bezüglich auf den Hinterbliebenen Ehegatten, getroffen. Suarcz äußert stch darüber in seinen Vorträgen über die Schlußrevision deS Gesetzbuchs wie folgt: „Da die Provinzialgesetze bei der Communione bo­ norum quoad Successionen! fast noch mehr, als bei den inter vivos entste­ henden Verhältnissen von einander abwcichcn, so konnte man hier ganz unbedenk­ lich eine Theorie ans freier Hand bilden, ohne sich für Abweichungen von diesem oder jenem Provinzialrechte zu scheuen. Die nähere Prüfung bei Abfaffung der Provinzial-Gesctzbüchcr wird doch immer erst entscheiden müssen, welche von den hier angenommenen Sätzen in dieser oder jener Provinz werden bcibehalten werden. ES hatte zu nichts geholfen, wenn man sich im Gesctzbuche genau an die Theorie deS einen Rechts, z. E. des Lübischen oder des Kulmischcn, gehalten hätte, da doch die übrigen sich immer daran nicht gekehrt haben würden." (Jahrb. Bd. XLI, Seite 125.) In de» westfälischen Provinzen sind durch das Gesetz v. 8. Januar 1816 mit der ehelichen Gütergemeinschaft auch die Statuten, Observanzen und Provin­ zialgesetze, welche das Erbrecht deS überlebenden Ehegatten auf die gemein­ schaftliche VcrmögenSmaffe betreffen, wieder eingeführt worden. Pr. des Ob.-Tr. 518, vom 27. August 1838. Zu vergl. oben, Sinnt. 2, lit. e, zu §. 345 d. T. 94) DaS rechtliche Verhältniß des überlebenden Ehegatten zu dem Nachlaffe des Vorverstorbencn ist also, unter der Voraussetzung deS §. 638, das eines

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

8. 638.

167

Die andere Hälfte wird als der Nachlaß deS ver­

storbenen Ehegatten angesehen»»). 8. 639.

Hinterläßt der Verstorbene Blutsverwandte in ab­

steigender Linie, welche auS dem gemeinschaftlichen Vermögen noch

nicht abgefunden sind: so muß der überlebende Ehegatte mit seiner

Hälfte sich begnügen.

8. 640.

Doch erhält er die zu seinem eigenen persönlichen

Gebrauche bestimmten Kleidungsstücke, Betten und Leibwäsche, vor

der Theilung zum voraus.

Miteigentümers, nicht das cines Mitcrben. Anm. 91 zu §.634. Auch nach Lnbischem Rechte. R. des I. M. vom 25. August 1834 (Jahrb. Vd. XLIV, S. 151). Folglich hat der Hinterbliebene Ehegatte sich weder zu legitimiren noch über den Antritt zu erklären.

95) Bei bestehender Gütergemeinschaft nach Münsterschen Statutarrechten können Kinder die Rechte, welche sie an dem elterlichen Vermögen durch den Tod eines ihrer Eltern erworben, auch auf dritte Personen vererben, wenn sie mit Tode abgehen, ehe zwischen ihnen und dem sie überlebenden Parens Schicht und Theilung vorgenommen worden. Pr. des Ob.-Tr. 947, vom 16. Rovbr. 1840. — Nach denselben Grundsätzen verbleibt, wenn Kinder aus der Ehe nachgelaffeu sind, der überlebende Ehegatte, so lange er nicht zur anderweitigen Ehe übergeht, zwar im nnberechneten Besitz und Genuß deS ganzen gemeinschaftlichen Vermö­ gens. Dieses Recht ist aber in Beziehung auf den Antheil der Kinder nur ein ausgedehntes Verwaltungsrecht. Das wirkliche Eigenthum dieses Antheils geht mit dem Tode des einen Ehegatten sofort auf die Kinder über. Keineswegs er­ halten sie durch den Tod eine sichere Hoffnung zur künftigen Erbfolge (spem certam succedendi). Pr. des Ob.-Tr. 1497, vom 18. Oktober 1844. Nach den Grundsätzen der Paderbornschen Gütergemeinschaft tritt bei einer Ehe, aus der Kinder nachgelassen sind, durch den Tod deS einen Ehegatten keine gänzliche Vereinigung der Rechte beider Eheleute in der Person des Uebcrlebenden (Konsolidation) ein. Die Kinder gelangen vielmehr sogleich zum Mit­ erbrecht und Miteigentum in Betreff des ihnen gebührenden Antheils; und die Rechte des überlebenden Ehegatten auf dieses Erbtheil der Kinder können nur als ein Nießbrauchs- und ausgedehntes VcrwaltungSrecht angesehen werden. Pr. des Ob.-Tr. 1287, vom 10. April 1843 (Entsch. Bd. VIII, S. 458). Dieses Pr. 1287 gilt auch in Beziehung auf die in Minden und Ravens­ berg hergebrachte eheliche Gütergemeinschaft/ Pr. des Ob.-Tr. 1543, v. 7. Fe­ bruar 1845. DaS Pr. 1287 findet auch auf die, nach der Minden-Ravcnsberg'schen Eigenthums-Ordnung zu beurtheilenden Vermögens-Verhältniffe der Eltern und Kinder Anwendung. Pr. deS Ob.-Tr. 1556, vom 14. März 1845. — „Nach den Grundsätzen der in Minden-Ravensberg und Paderborn geltenden ehelichen Gütergemeinschaft ist der überlebende Ehegatte, welcher die Gütergemeinschaft mit seinen Kindern fortsetzt, auch unter Lebenden nicht befugt, über den ganzen Inbegriff des gemeinschaftlichen Vermögens als solchen und über die Quoten der Kinder an demselben einseitig zu verfügen." Pr. des Ob.-Tr. 2440, vom 5. Ja­ nuar 1853. Nach Dortmunder Statutarrechte geht, wenn daS in der Ehe erzeugte Kind, durch deffen Geburt die allgemeine Gütergemeinschaft bedingt war, bei Lebzeiten beider Eheleute wieder verstorben, beim Ableben des einen Ehegatten auf den überlebenden das gcsammte gemeinschaftliche Vermögen beider Eheleute über, mit Ausschließung der Aszendenten oder sonstigen Verwandten des Verstorbenen. Pr. des Ob.-Tr. vom 27. September 1842 (Ulrich Arch., Bd. X, S.380).

Zweiter Theil.

168

§. 641.

Erster Titel.

Dagegen werden den Kindern des Verstorbenen

die zu dessen persönlichem

Gebrauch

bestimmt gewesenen Klei­

dungsstücke, Betten und Leibwäsche, ebenfalls zum voraus ange­

wiesen. §. 642.

Sind keine unabgefundcne Kinder vorhandeir: so

theilt der überlebende Ehegatte die den Nachlaß deS Verstorbenen

auSmachcndc Hälfte mit dessen nahen Blutsverwandten, nach eben den Verhältnissen, wie eS bei der Erbfolge nach dem gemeinen Rechte vorgeschrieben ist. (§. 625, 626.)

§. 643.

Doch

erhält alsdann

der überlebende Ehegatte,

außer den §. 628, 629 bestimmten Effekten, auch noch diejenigen, die nach §. 640 zu seinem eigenen Gebrauche gewidmet sind, zum voraus. §. 644.

Abgefundene Kinder

haben

bei dieser Erbfolge-

Ordnung, in Beziehung auf den überlebenden Ehegatten, nur mit Seitenverwandten deS ersten"") Grades gleiche Rechte.

§. 645.

In allen

Fällen, wo der überlebende

mit anderen Verwandten als unabgefundene» Kindern,

Ehegatte

an dem

Nachlasse des Verstorbenen Theil nimmt, behält er den Nießbrauch

96) Es ist ungebräuchlich, die Zahlung der Grade in der Seitenlinie von Eins anzufangen, Seitenvcrwandte ersten Grades giebt es daher nicht. Wahr­ scheinlich sind' hier Geschwister damit gemeint. Die Vorschrift des §. 644 ist den Bestimmungen der §§. 373, 374, Tit. 2, widersprechend gesunden und sehr verschieden erklärt worden. Mir scheinen sie ganz gut neben einander zu be­ stehen, keine der vorhandenen Erklärungen aber im Sinne deS Gesetzes zu sein. Der §.644 setzt lauter abgcfundenc Kinder voraus. Diese gelten, neben dem überlebenden Ehegatten, für „Seitcnverwandte des ersten Grades", der Ehegatte erbt mithin von dem Nachlasse des Verstorbenen ein Drittel (§. 625) und von dem Erbtheil der Seitcnverwandten (hier der abgefundenen Kinder) hat er über­ dies den lebenslänglichen Nießbrauch. (§. 645.) Wenn dagegen abgefundene und unabgefundcne Kinder neben dem Ehegatten hinterblieben sind: so kommen die Bestimmungen der §§. 373, 374, Tit. 2, zur Anwendung. Darnach erhält das abgefnndene Kind aus dem Nachlasse nichts, „vielmehr verbleibt dasjenige, was ihm etwa davon, nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, zukommen würde, wenn er nicht zu Gunsten deS andern Ehegatten abgefunden wäre, dem Ucberlebendcn der Acltern". Ob ihm hiernach noch etwas zukommen würde, daS ergicbt die Berechnung nach den Grundsätzen über die Kollation. Denn den übrigen Kindern gegenüber gilt die Abfindung nicht als Abfindung (§. 372), sondern nur als Ausstattung. Gesetzt nun, der Verstorbene hinterließe vier Kin­ der, von welchen das Eine mit einem Gute von 6000 Thlrn. an Werth abge­ funden worden; und sein Nachlaß bestände z. B. aus 2000 Thlr. Sondergut und ans 18,000 Thlr. als der Hälfte des Gemeinguts, zusammen 20,000 T^lr. Davon erhalten zunächst die drei unabgefundencn Kinder jedes 6000 Thlr, um sie dem Ausgestatteten gleich zu machen. Die übrigen 2000 Thlr. fallen allen vier Kindern zu gleichen Theilen zu; aber die davon auf den Abgefundenen tref­ fenden 500 Thlr. erhält nicht dieser, sondern der Ueberlebende der Acltern.

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

169

des gesummten gemeinschaftlich gewesenen Vermögens auf Lebens­ lang 9 7). §. 646.

Die Verwandten des Erstverstorbenen, oder deren

alsdann vorhandene Erben, können also die Ausantwortung ihrer Erbtheile erst nach dem Tode deS Letztlebenden fordern. §. 647.

Sind keine nahe Verwandten des Verstorbenen

(§. 622) vorhanden: so bleibt dem überlebenden Ehegatten daS

ganze gemeinschaftlich gewesene Vermögen eigenthümlich").

§. 648.

Sind in dem zu theilenden gemeinschaftlichen Ver­

mögen Grundstücke

oder Gerechtigkeiten vorhanden: so hat der

überlebende Ehegatte, eben so wie in dem Falle deS §. 571 sqq.,

die Wahl"), selbige für eine von den übrigen Erben"") zu setzende') Tare zu übernehmen.

97) DicS setzt die gesetzliche Erbfolge voraus. „Wenn bei bestandener ehe­ licher Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte die Erbschaft auS dem Testa­ mente des Verstorbenen angetreten hat, so kann derselbe gegen den darin ein­ gesetzten Pstichtthcils-Erbcn auf den lebenslänglichen Nießbrauch am Pflichttheil auS dem Gütergemeinschaftsrecht keinen Anspruch machen." Pr. deS Ob.-Tr. 12x53, vom 5. Januar 1843 (Entsch. Bd. VIII, S. 3l3). Desgleichen „kann der auf den Pflichttheil letztwillig beschrankte Ehegatte den im §. 645 dem über­ lebenden Ehegatten (bei vorhandener Gütergemeinschaft) gewährten Nießbrauch am Nachlasse des Erstverstorbenen nicht fordern; vielmehr findet dieser nur bei eintretender Jnteftatsucccsston statt." Pr. deS Ob.-Tr. 2399, v. 1. Oktbr. 1852 (Entsch. Bd. XXIII, S. 451). 98) Zu vergl. Anh. §. 11 (zu §. 477, Tit. 9, Th. I.).

99) Dieses Wahlrecht des überlebenden Ehegatten findet auch Anwendung: a) bei der Theilung mit unabgefundenen Kindern; und b) bei obwaltender pro­ vinzieller oder statutarischer Gütergemeinschaft, sofern Provinzialgcsetze oder Sta­ tuten nichts Abweichendes bestimmen. Pr. deS Ob.-Tr. 941, v. 9. Novbr. 1840. (Entsch. Bd. VI, S. 325.) In denjenigen Landestheilen, wo das Pr. Landrecht von 1721 Geltung hat, kommt dem überlebenden Ehegatten, bei stattgehabter Gütergemeinschaft, wofern er den größer» Antheil hat, die Befugniß zu, die Uebcrlaffung deS Ganzen für einen durch eine gerichtliche Tare zu bestimmenden Werth zu verlangen. Pr. L. R. von 1721, B. V, Tit. 14, Art. 1, §. 3; Pr. deS Ob.-Tr. 2013, vom 11. Mai 1848 (Entsch. Bd. XVI, S. 292). Eine gleiche Observanz ist auch für die Mark Brandenburg und namentlich in der Neumark behauptet worden; eine solche laßt sich aber als vorhanden nicht annehmen, nach dem Pr. deS Ob.-Tr. 1512, vom 13. December 1844, Der überlebende Ehegatte, welcher in der ehelichen Gütergemeinschaft gelebt hat. ist kein Mitcrbe zu dem Nachlasse deS zuerst Verstorbenen im Sinne deS §. 576, Tit. 18. — Die Ueberlaffung deS Nachlaßgrundstücks ohne Subhastation an den überlebenden Ehegatten ist daher nicht nach diesem Gesetze, sondern nach §. 648, Tit. 1 zu beurtheilen, welcher dem überlebenden Ehegatten daS Recht einräumt, daS Grundstück für eine von den Erben deS zuerst verstorbenen Ehe­ gatten zu setzende Tare zu übernehmen, oder es dafür den Erben zu überlassen." Pr. des Ob.-Tr. 1532, vom 27 Februar 1845. 100) „Die dem überlebenden Ehegatten bei Annahme der gütergemeinschaft­ lichen Grundstücke von den „übrigen Erben" zu bestimmende Tare kann nicht

Zweiter Theil.

170

Anh. 8- 79.

Erster Titel.

Dem Vater 2), welcher sich nach dem Tode sei­

ner Ehefrau mit seinen minorennen Kindern auseinandersetzt, kann

das Eigenthum des auf seinen Namen eingetragenen Grundstücks, gegen

Einwerfung

seines

Erwerbungspreises

in die zu theilende

Masse, unter dem auf das Grundstück einzutragenden Vorbehalte»), daß bei einem höheren Verkaufes dieses Grundstücks daS Mehrere

von Einzelnen derselben, sondern nur von t>er Gesammtheit, oder nur von der Mehrzahl derselben gesetzt werden." Pr. des Ob.-Tr. vom 29. Novbr. 1850 (Entsch. Bd. XX, S. 261). Man vergl. aber oben, Anm. 67 zu §. 577 d. T. 1) Wenn unter den Erben Pflegebefohlene sich, befinden, bedarf es auch in dem Falle, wenn bei bestandener und durch den Tod aufgelöster Gütergemein­ schaft der zurückgebliebene Ehegatte das Nachlaßgrundstück für einen von den Erben gesetzten Werth annimmt, zur rechtsgültigen Uebertragung an den Wittwer oder die Wittwe einer voraufgegangcnen gerichtlichen Tare, um dem Beschlusse des Vormundes über den zu bestimmenden Werth zum Anhalt zu dienen. Pr. deS Ob.Tr. 1575, vom 24. Mai 1845 (Entsch. Bd. XI, S. 333). Zu vergl. das R. vom 2. Juni 1834 (Jahrb. Bd. XL1II, S. 454). 2) Auf die Mutter kann diese Vorschrift nicht ausgedehnt werden. R. vom 2. Juni 1834.

Dass.

3) Dieser Vorbehalt wirkt keine Einschränkung des Eigenthums oder der Verfügungsbcsugniß, sondern begründet eine Obligation, welche in die dritte Rubrik einzutragcn ist, wodurch eine eigentliche Hypothek für die künftige und be­ dingte Forderung auf nachträgliche Theilung des Mehreren erworben wird. Diese Forderung entsteht erst durch den Auseinandersetzungs-Vertrag und ist mcht von Amts wegen, sondern auf Antrag einzutragen. Sie kann zu Streitigkeiten Anlaß geben und hat schon manchen Prozeß verursacht, wenn Verbesserungen aus der Zeit nach der Uebernahme des Grundstücks behauptet werden, welche die Ursach des höheren Verkaufs-Presses sein sollen. Dieser Einwand hat allerdings rechtlichen Grund, nur ist cs schwierig, den auf die Verbesserung treffenden Theil des Kaufgeldeö festzustellen. Die Bestimmung ist, abgesehen von ihrer Abnormi­ tät, kein Segen. Wie soll der Streit entschieden werden, wenn z. B. ein städti­ sches Grundstück abbrennt und viel besser, als cs zuvor war, wieder aufgebaut und daraus zu einem ungleich höhern Preise verkauft wird? Oder wenn durch, aus dem veränderten Verkehr entstandene, Zufälligkeiten der Preis fich später enorm steigert, wie bei Grundstücken, welche bei Eisenbahnanlagen erprovriirt werden? 'Wie kommen die vorigen Miteigcnthümcr dazu, den Gewinn davon für sich zu fordern? Würden sie, wenn umgekehrt Zufälligkeiten den Preis auf Nichts herabgcbracht hätten, den Ausfall mit getragen haben? Gegen den dritten Besitzer kann der Anspruch aus diesem Vorbehalte nicht ohne Weiteres eingeklagt werden. Ein solcher Anspruch setzt vielmehr voraus, daß derselbe zuvor seiner Eriftenz und seiner Höhe nach gegen den Vater fest­ gestellt worden ist. Nach dem Tode des Vaters kann aber ein solcher Anspruch nicht geltend gemacht werden, wenn die Kinder Erben des VaterS geworden sind und der Anspruch durch Confusion erloschen ist. Erk. des Ob.-Tr. v. 29. Oktbr. 1852 (Entsch. Bd. XXIV, S. 118). 4) Die bei der Auseinandersetzung zwischen dem Vater und seinen Kindern vorbedungene Theilnahme der Kinder erster Ehe am höheren Verkaufspreise des, ihrem Vater für den Erwcrbspreis überlassenen gütergemcinschaftlichen Grund­ stücks ist ausgeschlossen, wenn der Vater es nicht bei seinem Leben verkauft hat, sondern erst bei der Auseinandersetzung unter seinen Erben nn höherer Ucberlaffungsprcis erzielt ist. Pr. des Ob.-Tr. 2218, vom 8. Januar 1851 (Entsch. Bd. XX, S. 270). Dort ist angcmcrkt, daß dasselbe in einer schles. Sache laut

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

171

der gemeinschaftlichen Masse zuwachse, ohne gerichtliche Abschätzung oder Subhastation überlassen werdens. 8. 649.

Eben so hängt eS von dem überlebenden Ehegatten

ab, die zum täglichen Hausgebräuche bestimmten Mobilien, in so

fern er dieselben nach 8- 6446*)* *nicht *5 zum voraus empfängt, für eine gehörig aufgenommene Privattare7)8 zu behalten, oder sie zur Theilung zu bringen.

8. 650.

seiner Wahl,

In Ansehung aller übrigen Mobilien steht eS in

entweder auf die Naturaltheilung, oder auf den

öffentlichen Verkauf anzutragen.

8- 651.

Im ersteren Falle legen die Miterben die Theile,

und der überlebende Ehegatte wählt.

8. 652.

Doch müssen in einem solchen Falle den Miterben

deS überlebenden Ehegatten die auf ihren Theil kommenden Mo­ bilien sofort ausgeantwortet werden, und sie sind dem $. 645, 646 verordneten Nießbrauchs nicht unterworfen«). 8. 653.

Bis zur

wirklichen Auseinandersetzung bleibt der

überlebende Ehegatte mit den Verwandten deS Verstorbenen im

Miteigenthume9) der zur Zeit deS Sterbefalls vorhanden gewe­

senen gemeinschaftlichen Masse.

Urtels vom 21. Juni 1850, und laut Urtels vom 3. Januar 1851 in einem Falle angenommen sei, wo das Nachlaßgrundstück nicht einem Erben zugeschlagen, son­ dern an einen Dritten von den Erben insgesammt auS freier Hand verkauft war. Das ist richtig. Die Voraussetzung des §. 79 ist, daß der Vater verkaufe.

5) Auö dem R. vom 1. April 1799 (Rabe Bd. V, S. 394). 6) Das Allegat muß „643" heißen, wie der Augenschein zeigt. 7) Nach einem in den Erg. ad h. §. mitgetheilten Besch, v. 5. Nov. 1833 findet eS der I. M. bedenklich, dem Gerichte zu gestatten, bei Auseinander­ setzungen eines überlebenden Ehegatten mit seinen Kindern die un Nachlasse be­ findlichen Mobilien Jenem für eine Privattare nach §. 649 zu überlassen. Wenn­ gleich diese Stelle eine unter den Eheleuten bestandene G. G. voraussetze, die im Bezirke deS betroffenen Gerichts nicht gelte, so müsse die Vorschrift doch auch da zur Anwendung kommen, wo bei Trennung der Ehe durch den Tod durch die Erbcserklärung deS überlebenden Ehegatten die G. G. hervorgebracht werde. Unverständlich. Nach dem Grunde müßte es im Gegentheil unbedenklich sein. Der Grund aber kann wol nur eine höchst beschränkte Beziehung haben, denn im Allgemeinen kann eS nicht zutrcffen, daß durch die ErbeSerklarung eines Hin­ terbliebenen Ehegatten, der mit dem Verstorbenen in getrennten Gütern gelebt hat, die eheliche Gütergemeinschaft hervorgebracht wird. Die Vorschrift des §.649 findet nicht Anwendung, wenn zwischen den Eheleuten keine Gütergemeinschaft bestanden hat. Durch die Erbeserklärung wird der Hinterbliebene Ehegatte nur Miterbe, und alö solcher hat er nicht bessere Rechte als jeder andere Miterbe.

8) Weil sonst die Erben voraussichtlich zuletzt nichts erhalten würden, in­ dem der Nießbrauch die Mobilien abnutzt.

9) Im Miteigentum (condominium), nicht in einer wahren ehelichen Gütergemeinschaft, welche eben mit der Ehe selbst zu Ende gegangen ist. §. 634.

172

Zweiter Theil.

Erster Titel. i«)

8 654.

WaS also der «ngetheilten Masse zuwächst, oder

von derselben verloren geht, trifft sämmtliche Miteigenthümer, nach Verhältniß ihres Antheils. §. 655.

Geschäfte

Die bei Trennung der Ehe schon angefangenen

werden

nach

den Gesetzen der Handlungsgesellschaft

fortgeführt und beendigt. 656. Der überlebende Ehegatte bleibt, bis zur wirklichen

Auseinandersetzung,

im Besitze und in der Verwaltung deS ge­

meinschaftlichen Vermögens. 657.

Er muß aber von Letzterer, in so fern ihm nicht

nach 8. 645 der Nießbrauch zukommt, seinen Miterben Rechnung legen"). 8. 658.

WaS nach getrennter Ehe durch Erbschaften, Ver­

mächtnisse, Geschenke, oder andere Glücksfälle einem der Ehegatten zu Theil wird, daS gehört nicht mehr zum gemeinschaftlichen Ver­ mögen.

8- 659.

ES kommt dabei auf den Tag an, wann der An­

fall sich ereignet hat; nicht aber auf den, da er bekannt ge­ worden ist.

8. 660. Verstorbenen,

WaS der überlebende Ehegatte, nach dem Tode deS ohne Rücksicht auf den Besitz der Erbschaftsmaffe

erwirbt, darf er nicht zur Theilung bringen. 8. 661. Wegen der Schulden, die auf dem gemeinschaftlichen Vermögen haften, und der Befugnifi der Gläubiger, sich auch nach erfolgter Auseinandersetzung an den

einzelnen Interessenten zu

Zu. vergl. Entsch. Bd. XX, S. 265 u. 275. Davon macht auch der Fall, wenn der überlebende Ehegatte mit seinen und des Verstorbenen Kindern die Gemein­ schaft fortsetzt (Tit. 18 § 410 ff.) keine Ausnahme. DaS Gutachten der Ges.Kommiff. v. 17. April 1805 (Rabe Bd. Vlls, S. 278) nimmt daS zwar an, doch ganz willkürlich und gegen den Inhalt der Materialien wie gegen den Wortlaut des 8- 653. Zu vergl. R. v. 22. Januar 1843 (I. M. Bl. S. 30). Der §. 410 Tit. 18, auf den man sich beruft, beschäftigt sich nicht mit der recht­ lichen Natur der Gemeinschaft, sondern nur mit dem Falle, wo die Fortsetzung gestattet sein soll, und verweist hinsichtlich der erster» lediglich auf die 88- 634 ff. d. T., so daß mithin durchaus nicht ein Verhältniß anderer Natur gemeint ist, als wovon hier gehandelt wird. 10) Davon kann er sich nicht durch die Ausflucht freimachen, daß erwachsene Kinder die Wirthschaft geführt oder gewisse Wirthschaftsrubriken besorgt haben und ihm keine Belege verschaffen könnten. Es geschieht, auf seine Gefahr und Verantwortung, wenn er darin sorglos ist. Verfahren wird gegen ihn nach Vor­ schrift des 8- 7 Tit. 46 der Proz.-O in Verb, mit dem 8- 9. der V. vom 4. März 1834 betr. die Erekution in Civilsachen.

Von Trennung der Ehe durch den Tod.

173

halten, finden eben die Vorschriften, wie bei Erbtheilungen über­ (Th. I, Tit. 17, Abschn. 3.)‘2). § 662. Hat zwischen den Eheleuten nur eine Gemeinschaft

haupt, Anwendung").

der Erwerbes obgewaltet, so muß daS beiderseitige eigenthümliche Vermögen, nach den im Sechsten Abschnitte vorgeschriebenen Grund­

sätzen, von dem Erwerbe abgesondert werden. $. 663. In dem eigenthümlichen Vermögen

deS Verstor­

benen findet wegen der Erbfolge eben daS Statt, waS außerhalb

der Gütergemeinschaft verordnet ist. §. 664. In Ansehung deS gemeinschaftlichen Erwerbes wird nach den §. 637 sqq. gegebenen Vorschriften verfahren.

8. 665. Wird ein Ehegatte durch Urtel und Recht für todt Don Tode-erklärt: so findet die Erbfolge in sein Vermögen eben so Statt,€r,l4tun6tnals wenn er am Tage des publicirten") UrtelS wirklich gestorbm wäre.

11) Persönlich hastet für die. Schulden, mit welchen daS gemeinschaftliche Vermögen belastet wird, nur derjenige der Eheleute, welcher die Schuld gültig kontrahirt oder verursacht hat, und der Mann auch für die Schulden, welche die Frau mit seiner Einwilligung, und in der ihr gesetzlich zustehenden oder ihr auf­ getragenen Stellvertretung seiner Person gemacht hat. Für Schulden, welche der Ehemann eingcht, haftet die Frau aus dem Grunde der Gütergemeinschaft gar nicht. In dieser Beziehung hat das Ob.-Tr. folgende Satze angenommen: a) Eine in allgemeiner Gütergemeinschaft lebende Ehefrau wird für die gemeinschaftlichen Schulden, vermöge der Gütergemeinschaft, nicht persönlich ver> haftet. b) Ein Erkenntniß und ein im Prozeffe geschloffener Vergleich novirt nicht und begründet mithin auch keine persönliche Verbindlichkeit der Ehefrau für eine gemeinschaftliche Schuld. c) Soll eine in allgemeiner Gütergemeinschaft lebende Ehefrau für eine ge­ meinschaftliche Schuld durch ihre Willenserklärung persönlich verhaftet werden, so kann dies nur nach den für Bürgschaften oder Jntcrcesstoncn der Frauens­ personen und Ehefrauen vorgcschriebenen allgemeinen Formen geschehen. d) Der Erbe einer in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau haftet für Gcmeinschaftsschulden auch dann, wenn er Erbe ohne Vorbehalt geworden ist, gleichfalls nicht persönlich und unbeschränkt, sondern nur in so weit, wie seine Erblasserin selbst. Erk. v. 29. Juni 1846 (Schles. Arch. Bd. VI, S. 542). „AuS dem Kondominialprinzip der Minden-Ravcnsberg'schcn Gütergemein­ schaft folgt, daß die mit dem Ucberlcbcnden schichtenden Kinder den Gemeinschaftsglanbigern nicht nur mit der ihnen zugeschichtcten eigentlichen Abfindung, sondern auch mit der ihnen für den Fall, daß sie die Abfindung zur Deckung der Gläubiger hergeben müßten, von dem Ueberlebcnden bei der Schichtung zngefichertcn und im eingetretenen Falle übereigneten Kaution haften." Pr. d. Ob.Tr. v. 13. Mai 1850 (Entsch. Bd. XIX, S. 379).

12) Der Abschnitt 2 ist gemeint. Bd. L, S. 475).

Zu vergl. R. v. 29. Dec. 1837 (Jahrb.

13) Nicht deS publicirten, sondern

des rechtskräftigen Erkenntnisses.

Zweiter Theil.

174 §. 666.

Erster Titel.

Dem andern Ehegatten steht eS alsdann frei, sich

wieder zu verheirathen; und diese Ehe besteht, wenn auch der Verschollene wieder zurückkehrt. 8. 667. Wenn aber die anderweitige Verheirathung nicht geschehen ist, so wird bei erfolgender Rückkehr deS Verschollenen,

die vorige Ehe als fortdauernd angesehen.

Achter Abschnitt. Von Trennung der Ehe') durch richterlichen AuSspruch.

§. 668.

Eine an sich gültige Ehe kann durch richterlichen

AuSspruch wieder getrennt werden.

1) Quelle deS Ehescheidungsrechts ist nicht das R. R., sondern das Mo­ saische. Die Stelle ist 5. Mos. 24, 1. Dort schreibt MoseS die Form der Scheidung vor, setzt aber die dem Manne fteigestellte willkürliche Scheidung (Entlassung der Frau) als herkömmlich voraus: „Wenn Jemand ein Weib nimmt und sie gefallt ihm nicht —: so soll er einen Scheidebrief schreiben" u. s. w. DaS Neue dabei ist die schriftliche Form; vorher konnte die Entlassung mündlich geschehen. MoseS erwähnt dabei einer Ursache, warum ihm die Frau vielleicht nicht gefalle, nämlich wegen Ervath dabar. Daraus hat man eine civilrecht­ liche causa divortii gemacht, und überdies den Ausdruck verschieden erklärt. Wörtlich übersetzt heißt er Blöße eines Dinges, und dle Hebräer bezeichnen damit nicht allein Schändlichkeiten, sondern auch die Schaamtheile. Michaelis Mos. R. Th. II, S. 339. Die Übersetzungen lauten aber verschieden. In der Vulgata: propter aliquam foeditatem; bei Luther: um etwa einer Unlust willen; bei Michaelis: weil er einen Fehler an ihr findet. Die Bedeutung war schon zu Christi Zeit zwischen den beiden Schulen oder Sekten des Hillel und des Schammai streitig. Die Schammaianer schrieben dem Ausdruck die Be­ deutung eines civilrechtlichen Ehescheidnngsgrnndes zu und deuteten ihn von einer Niederträchtigkeit in Wort und That. Die Hillelianer hingegen behaupteten das Ge­ gentheil, setzten die Gebung des Scheidebriefcs lediglich in die Willkür des Man­ nes und deuteten den Ausdruck von Allem, was dem Manne mißfällig, sei eS so gering, wie es wolle, selbst bloße Laune. Darüber ausführlich: Seiden, in uxore ebraica. Jesus, von den Pharisäern mit der Frage über die Eheschei­ dung versucht, gab beiden Schulen Unrecht durch die Anwort: MoseS hat euch freilich die Scheidung nach Willkür erlaubt, wegen eurer HerzenShärtigkeit. Ich aber sage euch: wer sich von seinem Weibe scheidet, eS sei denn eth 7-topvüa., der bricht die Ehe. Denn Eheleute sind nicht zwei, sondern Ein Fleisch und waS Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Matthäi 19, 6—8; 5, 31. 32. Diese Aussprüche fanden verschiedene Auslegungen. Die Scheidung sollte nur ent nopvda zulässig sein. Darunter verstanden die Einen nur den Ehebruch in der gröbsten Form, Andere unterschieden eine moechia carnalis und spiritualis. Weil aber Christus auch die Wicderverheirathung nach der Scheidung mißbilligt (Marci 10, 11.12; Lucä 16,18; Matthäia.a.O.; ferner Römer 7, 3; 1. Corinther 7, 10.11. 39); so entstand auch die Ansicht,

Von Trennung der Ehe durch richterlichen Ausspruch.

8-

669.

175

Doch sollen Ehescheidungen nicht anders als ÜUS Ursachen zur

sehr erheblichen Ursachen Statt finden.

daß das vinculum erst durch den Tod gelöst werde. Diese ist von der tont. Kirche festgehalten und vom Tridentiner Concil bestätigt worden; doch mit Rück­ sicht auf die griechische Kirche, welche dieses Dogma verwirft und wegen Ehe­ bruchs die Scheidung quoad vinculum gestattet, in einer Fassung, daß nicht ein eigentliches Dogma, doch auch nicht eine bloße Disciplin, sondern ein doctrineller Satz festgesetzt wird. Sess. XXIV, c. 7 de sacram. matrim.; K o p p die kotholische Kirche im neunzehnten Jahrhundert (Mainz 1830), S. 358 ff., 397 ff. Aber die katholische Kirche macht von ihrem Lehrsatz doch zwei Aus­ nahmen, wo sie die Scheidung einer gültigen Ehe quoad vinculum zuläßt: wenn von nicht christlichen Eheleuten der Eine zum Christenthum übertritt (1. Corinth. 7, 12 —15); und wenn der eine Ehegatte, vor der Consumation der Ehe, Profcß thut. (c. 27, 28 C. XXVII, qu.' 11; c. 2, 7, 14 X, de conversione conjug. (III, 32); Conc. Trid. sess. XXIV, c. 6 de sacram. matrim.) Der eigentliche Grund der Unauflöslichkeit der Ehe ist streitig: nach einer Meinung liegt er in der Natur der Ehe an sich, nach einer andern folgt er aus der Sacramentalität der Ehe. Die Reformatoren verwarfen die Theorie des can. R. über die Ehescheidung und gaben den biblischen Aussprüchen, welche sie ihrer Lehre zu Grunde legten, eine andere Auslegung. Sic lehrten, daß Christus nur die willkürliche Scheidung des mosaischen Rechts gemißbilligt, kcincsweges aber die obrigkeitliche Trennung für unzulässig erklärt habe. Damit wurde die Ehescheidung den weltlichen Ge­ richten vindicirt. Sie lehrten weiter, daß wo die Trennung ausgesprochen werde, dieselbe auch die Ehe vollständig, dem Bande nach, auflöse und die Wicderverheirathung gestatte. Zulässig sei eine solche Trennung aber nur im Falle der nopveta. Darunter fei jedoch im Sinne Christi nicht allein der Ehebruch in Form der Hurerei zu verstehen, sondern die Untreue in allen Abstufungen, sofern sie animo et corpore vollzogen werde. In Beziehung auf die Scheidung quoad vinculum bestätigten die schmalkaldischen Artikel die Lehre (Tit. de potestate et jurisdictione episcoporum), über die Scheidungsgründc war man nicht einig. Luther erkannte dafür Anfangs Ehebruch, Untüchtigkcit, bösliche Berlassung; später nur wirkliche Hurerei oder Ehebruch an (Luther'S Werke, Aug. v. Walch, Bd. X, S. 797, 908, 949 ff.). Mclanchthon auch noch saevitia, veneficia, insidiae vitae stratae (Molanthon de conjugio). Calvin und Zwingli waren gleichfalls verschiedener Meinung. Die ersten Kirchcnordnungen folgten'meistens der strengen Ansicht. Die brandenburgische Consistorial-Ordnüng von 1573 gestattet die Scheidung wegen Ehebruchs;. Unzucht (womit error qualitatis gemeint ist, welcher Betrug auch unter der nopvsla und unter dem (brä­ tschen firvath dabar mitbegrissen wurde); böslicher Berlassnng, wenn der Ab­ trünnige nicht erreichbar war, sonst sollte er cingcspcrrt werden; natürlicher Un­ tüchtigkeit, welche eigentlich Nichtigkeit der Ehe zur Folge haben soll. Sävitien sollten nur die Einsperrung des Mannes bis zur KantionSleiftung zur Folge haben und wegen versuchter'Vergiftung (Nachstellung nach dem Leben) sollte nach her peinlichen HalSgerichtsordnung verfahren werden. (C. C. M. Th. I, Abth. 1, S. 330 ff. und Paalzow Handbuch Bd. II, S. 605; im Rabe Bd. I, Abth.3, S. 591 sind die betreffenden Kapitel weggelassen.) Die Circ.-V. v. 27. Sept. 1751 (N. C. C. de 1751 S. 157) gestattete auch wegen inimicitiae Capitales et notoriae die Scheidung. Noch mehr vermehrte das Ehescheidunqs-Edict v. 17. Nov. 1782 (N. C. C. 1782, S. 1613) die SchcidungSgründe. Das sich an dasselbe anschließende A. L. R. geht noch weiter. Darüber sagt Suarez in den Schlußverträgen, Jahrb. Bd. XLI, S. 125: „Dieser Abschn. ist ganz aus dem Ehescheidungs-E. genommen; und nur die Strenge des E. ist in einigen Stücken gemildert. Z. G. Impotentia et morbus superveniens, die nach dem E. §. 16 die Scheidung nicht begründen konnten, sind dazu in den §§. 696, 697 des Ges.-B. für hinreichend erklärt. In den

Eheschei­ dung.

Zweiter Theil.

176 3) Ehebruch,

8. 670.

Erster Titel.

Ehebruch, dessen sich ein Ehegatte schuldig macht,

berechtiget den unschuldigen2) Theil, auf Scheidung zu klagens.

8. 671.

Wenn aber die Frau sich des Ehebruchs schuldig

gemacht hat: so kann sie, unter dem Vorwande, daß dem Manne ein gleiches Vergehen zur Last falle, der Scheidung nicht wider­

sprechen^). 8. 672.

Sodomiterei, und andere unnatürliche Laster dieser

Art, werden dem Ehebrüche gleich geachtet. 8. 673.

Eben das gilt von unerlaubtem Umgänge, wodurch

eine dringende Vermuthung der verletzten ehelichen Treue begrün­

det wirb53).4

SS- 706,^707 sind einige neue Causae divortii hinzugekommen. In dem §. 786 sind bei minder schweren Vergehungen die Poenae divortii ermäßigt. Eben so ist in dem §. 797 für den Fall gesorgt, wenn bei der eintretcndcn Successione pactitia der schuldige Theil Gefahr laufen würde, sein ganzes Vermögen in poenam divortii einzubüßen. WaS aber sonst bei dieser Materie in Beziehung auf das E. und auf daS Ges.-B. noch zu bemerken sein möchte, ist in anliegen­ dem Promemoria sub H, enthalten." (Unten in der Anm. 53 zu §. 716.)

2) Von dieser Regel macht der folgende §. 671 eine Ausnahme zu Gun­ sten des Mannes, welche auf der gemeinen Denkungsart, „daß das Ertragehen beim Manne so viel nicht zu bedeuten habe," wie Suarez sich ausdrnckt, be­ ruhet. Die Scheidungsklage der Frau gegen den Mann auf Grund des Ehe­ bruchs kann also von dem Manne durch den Einwand, daß die Klägerin selbst die Ehe gebrochen habe — gleichviel: ob früher oder später — erfolglos ge­ macht werden So hat auch daS Ob.-Tr. die Bestimmung anfgefaßt nach dem Pr. 430, vom 26. Februar 1838: „AuS der Bestimmung des §. 670: „daß Ehe­ bruch, dessen sich ein Ehegatte schuldig gemacht, den unschuldigen Theil be­ rechtigt, auf Scheidung zu klagen," und aus der hiervon im §. 671 gemachten Ausnahme: „daß aber'die Frau, welche sich des Ehebruchs schuldig gemacht hat, der Scheidung unter dem Vorwande, daß dem Manne ein gleiches Ver­ gehen zur Last falle, nicht solle widersprechen können" — folgt, daß die Ehefrau, welche uch deS Ehebruchs schuldig gemacht, wegen des gleichen Vergehens gegen den Ehemann nicht auf Scheidung klagen dürfe, ihre Klage vielmehr, wenn der Ehemann den ihr gemachten Vorwurf darthut, zurückgewiesen werden müsse."

3) Der Scheidungsgrund muß durch Angabe und Beweis einzelner bestimm­ ter Handlungen, welche den Ehebruch darstcllcn sollen, dargethan werden. „Ueber die allgemeine Behauptung: daß von dem Ehemanne (der Ehefrau) Ehebruch getrieben worden, selbst wenn die Person, mit welcher der Ehebruch getrieben sein soll, genannt worden, findet keine Eidesdelation statt." Pr. des Ob.-Tr. 1040, vom 14. September 1841. 4) Der Frau ist hierdurch die int §. 670 gegebene Einrede, daß der Kläger selbst die Ehe gebrochen habe, positiv genommen.

5) Welcher Umgang von dieser Art sei, ist als eine quaestio facti in das richterliche Ermessen gestellt. Man muß jedoch unter dem „unerlaubten Umgänge" auch solche einzelne Handlungen verstehen, welche geeignet sind, eine solche drin­ gende Vermuthung zu begründen. Diese Bestimmungen haben gerade den Zweck, den vollständigen Beweis des konsumirten Ehebruchs in der gröbsten Form

Von Trennung der Eh« durch richterlichen Ausspruch.

177

8. 674.

Bloßer Verdacht ist zur Trennung der Ehe nicht

hinreichend. 8- 675.

Ist jedoch scheinbarer Anlaß zu einem solchen Arg­

wohne vorhanden: so muß dem beschuldigten Ehegatten, auf An­ rufen deS Andern, der fernere Umgang mit der verdächtigen Per­

son gerichtlich untersagt werden. 8. 676. Setzt derselbe, dieses Verbots ungeachtet, einen ver­ trauten Umgang mit der verdächtigen Person fort: so ist dies ein

erheblicher Grund zur Ehescheidung.

8. 677.

Auch wegen böslicher Verlaffung«) kann eine Ehe

getrennt werden. $. 678.

Die bloße Veränderung deS bisherigen Aufenthalts

ist für eine bösliche Verlaffung noch nicht zu achten. 8. 679. Vielmehr ist, wenn der Mann einen neuen Wohn­ ort wählt, die Frau ihm dahin zu folgen verbunden ^).

entbehrlich zu machen, weil er schwierig ist. Würde z. B. eine Ehefrau mit einem fremden Manne zusammen im Bette betroffen, so wäre daS kein vollstän­ diger Beweis für den durch Hurerei wirklich vollzogenen Ehebruch; es müßte noch eine Ergänzung durch einen nothwendigen Eid stattfinden, wenn ein solcher Beweis für erforderlich gehalten würde. Aber diese That ist schon an sich allein Ehe­ bruchs genug. Daher erachtete eine theologische Fakultät, daß dieselbe nach dem Ausspruch Mosis genüge. Denn Ervath dabar heiße soviel als etwas Schänd­ liches; nackt bei einem fremden Manne im Bette zu liegen, fei für eine Ehefrau gewiß etwas Schändliches, folglich zur Ehescheidung genügend. (Michaelis Mos. R. Th. II, S. 350.) Völlig begründet ist daher das Pr. deö Ob.-Tr. 1994, vom 3. April 1848: „Der gesetzliche, auö einem dringend verdächtigen Umgang eines Ehegatten hergenommene Ehescheidungsgrund wird auch durch den Beweis des nicht konsumirten Beischlafs nicht beseitigt."

6) Einer böslichen Verlaffung ist eS gleich zu achten, wenn in dem Falle, wo beide Theile in demselben Hause wohnen, doch der eine (Spotte dem andern die eheliche Gemeinschaft (nicht bloß die eheliche Pflicht) verweigert und solche ver­ hindert. Pr. des Ob.-Tr. 942, vom 9. November 1840. — Zu vcrgl. § 685 und Pr. 1093 unten in der Anm. 14 dazu. 7) Aber sie ist nicht verbunden, mit dem Manne, welcher nicht einen andern Wohnort wählt, sondern ein herumirrcndcS Leben, ohne einen beständigen Wohn­ sitz oder Aufenthalt zu nehmen, treibt, hcrumzuziehen, wenn er nicht etwa schon bei Eingehung der Ehe ein solches Leben führte. Auch läßt sich, — sagt der I. M. in dem Besch, vom 2. September 1815 — daraus, daß die Frau ein und mchreremal dem Manne folgt, noch nicht schließen, daß sie bei allen ferneren Veränderungen ihm nachfolgen und ihr ganzes Leben durch mit ihm in fremden Landen herümzichen muß. '(Jahrb. Bd. VI, S. 5.) Dem ist nach den heutigen Rechtszuständen und LcbenSanfichten bcizustimmen. Schon in einem älteren Besch, vom 5. November 1811 (Erg. ad h. §.) hat der I. M. die Meinung ausgesprochen, daß die Frau, nach unserem §. 679, nicht an jeden einstweiligen Aufenthaltsort, sondern nur dahin dem Manne zu folgen verpflichtet sei, wo derselbe seinen neuen Wohnort wählt und mithin sein beständiges Domicilium aufschlägi. Diese Auslegung ist die richtige. Darnach ist eine Frau auch z. B.

Aoch, Allgemeines Landrecht. III.

12

Zweiter Theil. Erster Titel.

178

§. 680. Wenn sie sich dessen auf ergehend« richterliche Ver­ fügung beharrlich») weigert: so ist der Mann auf Scheidung an­ zutragen wohl befugt. $. 681. Dagegen ist die Frau dem Manne zu folgen nicht schuldig, wenn derselbe, wegen begangener Verbrechen, oder sonst wider die Gesetze'), sich aus den Königlichen Landen entfernt hat.

§. 682.

Jngleichen, wenn der Frau die Pflicht, dem Manne

nicht verpflichtet, sich auf Geheiß des Mannes an einen Ort, wo er eine Woh­ nung gemiethet, in dieselbe zu begeben, während er selbst seinen dauernden Auf­ enthalt oder Wohnsitz anderswo genommen hat; sie braucht dem Maune nur nach seinem neu gewählten Wohnort zu folgen. Erk. des Ob.-Tr. v. 14. Sep­ tember 1839. (Jur. Wochenschr. 1841, S. 417.) — Körperlicher Zwang findet in keinem Falle statt. Die Folgen des Ungehorsams bestimmt der §. 680. Zn vergl. unten, Anm. 15 zu §. 685.

8) Die Beharrlichkeit wird angenommen, wenn auch der richterliche Be­ fehl an die Frau, sich zu dem Manne zu begeben, innerhalb der gesetzten Frist nicht befolgt worden ist. Wie hierbei zu verfahren, schreibt die V. v. 28. Juni 1844 §§. 62 ff. vor. DaS Ob.-Tr. hat ausgesprochen: „Der Ehemann ist die Scheidung zu verlangen berechtigt, wenn die Ehefrau erst nach Ablauf der ihr auf den Antrag des Mannes vom Richter jiit Rückkehr bestimmten Frist sich zu ihm zurückbegiebt, sofern nicht eine Remisp.on des Ehescheidungsgrundes anzu­ nehmen ist. Die Annahme der Ehefrau Seitens des Ehemannes ist ohne den Hinzutritt anderer Umstände für eine Verzeihung nicht zu erachten." Pr. des Ob.-Tr. 916, vom 28. September 1840 (Entsch. Bd. VI, S. 320). Die V. vom 28. Juni 1844, über das Verfahren in Ehesachen (G. S. S. 184) schreibt im §.67 vor, daß wegen der Nichtbefolgung des gerichtlichen Befehls für sich allein die Ehescheidung nicht ausgesprochen, vielmehr ermittelt und befunden wer­ den soll: ob in der That eine bösliche Vcrlassung vorhanden sei, oder ob diese bloß vorgegeben werde. Diese Vorschrift will der Fmgirung dieses Scheidungs­ grundes entgegentrcten; sie ändert mithin die materielle Bestimmung des §. 680 gar nicht, sondern weist nur den Richter an, der Sache auf den Grund zu sehen. ES laßt sich daher nicht behaupten, daß der Spruch des Ob.-Tr. nach dem §. 67 der V. vom 28. Juni 1844 nicht gerechtfertigt sei, zumal in der Sache, auf welche derselbe sich bezieht, wo daran nicht zu denken war, daß durch die Nichtachtung des richterlichen Befehls ein Ghescheidnngsgrund hatte gemacht werden sollen, indem die Frau selbst, auS einem andern Grunde, schon auf Schei­ dung geklagt hatte, und der Mann die causa superveniens, sehr wider den Willen der Frau, zur Kompensation der Schuld gebrauchte.

9) Darnach entbindet die Auswanderung, z. B. nach Amerika, die Frau nicht, dem Manne zu folgen, wenn nur die vorgeschriebenen Bedingungen der Auswanderung beobachtet werden. Dennoch ist es bedenklich, einer Frau, deren Vertrauen zum Manne verloren gegangen ist, eine solche Zumuthung zu machen. Sie ist verloren, wenn sie der unbeschränkten Gewalt des Mannes, gegen welche sie den Schutz nicht findet, unter dessen Voraussetzung sie sich dem Manne an­ vertraute, überliefert wird, nachdem die Innigkeit des ehelichen Verhältnisses aufgehört hat. Die Derf. des A. L. R. konnten diesen damals so gut wie gar nicht vorkommenden Fall nicht vorsehen. Das A. L. R. hat daher für den­ selben eigentlich keine Bestimmung. Nach allgemeinen Grundsätzen ist die Frau nicht verbunden, sich den Lebensgefahren auszusetzcn, welche mit der Auswanderung nach Amerika verbunden sind; ein solches Unternehmen ist wider die Abrede. Zu vergl. Pr. O. Tit. 2, §. 129. Man s. jedoch unten, Anm. 18 zu §. 688.

Von Trennung der Ehe durch richterlichen Ausspruch.

179

zu folgen, durch einen vor der Heirath geschloffenen Vertrag er­ lassen worden'"). $. 683. In allen Fällen ist der Mann die Frau,

welche

an seinen veränderten Wohnort ihm folgen will, anzunehmen in

der Regel verpflichtet. 8. 684. Weigert er sich dessen beharrlich1'), und ohne hin­ reichenden Grund (§. 687): so giebt er dadurch der Frau recht­

mäßigen Anlaß, auf die Scheidung anzutragen1 10 2).13 11 14 8

685.

Verläßt die Frau den Mann ohne dessen Einwilli­

gung") oder rechtmäßigen Grund'«) der Entfernung, so muß sie der Richter zur Rückkehr anhalten *5).

10) In diesem Fall tritt also ein erlaubtes Getrenntlebeu der Eheleute ein. 11) Das Beharren in der Weigerung, welches als ScheiduugSgrund gilt, ist erst daun als fcftgestellt anzusehen, wenn ein richterlicher Befehl an den Mann, die Frau aufzunehmen, erlassen und nicht befolgt worden ist. Zu vergl. die folg. Sinnt. 12, Satz 2. 12) Die Folgen unbegründet verweigerter Annahme der Ehefrau finden auch dann statt, wenn der Mann seinen Aufenthalt nicht verändert hat, beide Eheleute vielmehr nach wie vor an demselben Orte wohnen. Pr. deS Ob.-Tr. 181, vom 20. März 1837. Wenn der Ehemann sich beharrlich der Ausnahme der Frau weigert, und dadurch also der Letztem rechtmäßigen Anlaß gegeben hat, auf Scheidung anzu­ tragen, so kaun daraus allein, daß seit dem Erlasse deS dieSfallfigen richterlichen Befehls an den Mann ein Zeitraum von mehr als einem Jahre verflossen, ohne daß die Frau die Klage angestellt, nicht eine Verzeihung gefolgert und der dieSfallfige EhescheidungSgnmd nicht für verjährt angesehen werden) diese Verjährung kann "vielmehr, so lange der Mann in seinem gesetzwidrigen Verhalten beharrt und die Beleidigung 'fortsetzt, nicht beginnen. Pr. des Ob. -Tr. 529, vom 17. September 1838. In einem auf Grund dieser Gesetzesstelle angestellten Ehescheidungsprozesse ist die erst im Laufe desselben von dem verklagten Theile abgegebene Erklärung, daß er nunmehr die eheliche Pflicht erfüllen, resp, bereit Leistung gestatten wolle, ganz einflußlos, weuu nicht zugleich von Dem klagenden Theile solche acceptirt und die Klage, mit oder ohne Vorbehalt Deren etwaiger Wiederaufnahme, zurück­ genommen wird. Pr. des Ob.-Tr. 2176, vom 1. Februar 1850. Zu vergl. unten, Aum. 16, Satz 2, zu §. 687 d. T.

13) Die Einwilligung sann zu jeder Zeit zurückgenommen werden. „Auch während des Scheidungsprozesses kann die Einwilligung des Ehemannes, daß sich Die Ehefrau von ihm entfernen möge, von Diesem zurückgenommen werden." Pr. deS Ob.-Tr. 403, vom 8. Januar 1838. Zu vergl. §. 723. 14) „Es ist für feine bösliche Verfassung zu achten, wenn eine Ehefrau wegen Savitien auf Scheidung klagt, der Richter ihren zugleich darauf gerich­ teten Antrag: im Wege des Juterimistici von ihrem Ehemanne wahrend des Scheidungsprozesses getrennt leben zu dürfen, — jedoch zurückweiset, weil er die Savitien nicht im Sinne des §. 724 für gefährlich erachtet und sogar auf ein späteres Gesuch des Ehemannes der Richter ein Mandat de revertendo an die sich entfernte Ehefrau erläßt, der Appellations- und resp. Revifionsrichter aber diese Mißhandlungen für so schwere erachtet, daß die Ehe selbst nach §.699 rechtskräftig getrennt worden ist. — Es ist angenommen, daß derselbe Grund,

180

Zweiter Theil. Erster Titel.

§. 686. Bleibt die richterliche Verfügung fruchtlos: so kann der Mann auf Trennung der Ehe dringen. §. 687. In keinem Falle ist der Mann die Frau, welche sich eigenmächtig und ohne rechtmäßigen Grund von ihm getrennt hat, wenn sie in der Folge zurückkehrt, eher anzunehmen schuldig, als bis sie ihren inzwischen geführten unbescholtenen Wandel durch glaubhafte Zeugnisse nachgewiesen hat'«).

welcher zur Trennung der Ehe wegen Sävitien geführt hat, auch als Grund zur Separation der Ehefrau gelten müsse (§.685), und diese daher nicht den Charakter einer böslichen Verfassung begründe." Pr. des Ob.-Tr. 1093, vom 4. Januar 1842.

15) Das heißt nicht, daß die Frau mit Gewalt zu ihrem Manne zurück­ gebracht werden könne. Diese Maßregel für sich allein wäre widersinnig, weil voraussichtlich erfolglos; man müßte noch weiter gehen und sie auch festhalten. Denn welche Frau wird doch bei dem Manne bleiben, in dessen Wohnung sie durch Transporteure gebracht wird, wenn man sie nicht auch dort einspcrrt! ES bat indeß Gerichte gegeben, welche den Transport haben anwenden wollen. Die Consiftorial-Ordnung von 1573 schrieb freilich, da sie das „Weglauffcn" nicht als Scheidungsgrund gelten ließ, körperlichen Zwang, aber zugleich auch folge­ recht Einsperrung desjenigen Theils vor, welcher sich gleichwohl wieder von dem andern abfondern würde, und sollte derselbe „ehe nicht ausgelassen werden, er habe denn sufficientem cautionem de cobabitando gethan". Darin hat sich die Gesetzgebung geändert; das A. L. R. schreibt keine'Gewaltmittel vor, viel­ mehr erhält daS Gesetz durch die Bestimmung des §. 686 seine Perfektion. Der I. M. hat immer in demselben Sinne beschiedcn. Zu verql. R. vom 13. De­ cember 1820 cJahrb. Bd. XVI, S. 227); R. vom 5. N'ovembcr 1811 (Erg. ad §. 679 h. t); R. vom 6. Oktober 1820 (Erg. ad §. 685 h. t.). 16) Der Ehemann muß von der Frau die Beibringung von Zeugnissen über ihre bisherige gute Führung fordern; und erst, wenn sie solche dann nicht beibringt, hat er hinreichenden Grund, ihre Annahme zu verweigern. Pr. deö Ob.-Tr. 1194, vom 19. September 1842. Welchen Ausgang die Sache nehmen solle, wenn die Frau keinen unbeschol­ tenen Wandel geführt hat oder doch nicht nachweisen kann, war streitig. Nach einer Meinung sollte dann dem Manne nur die Wahl bleiben, entweder die Trennung der Ehe und die Erklärung der Frau für den schuldigen Theil auf Grund der widerrechtlichen Entfernung und unterlassenen Rechtfertigung zu ver­ langen, oder — wenn er die Ehe fortsetzen, die vorliegenden Ehcvcrgehen also übersehen wolle — die Frau wieder bei sich aufznnchmen. Weigere er in diesem zweiten Falle die Wiederaufnahme der Frau, so erscheine nunmehr diese Wei­ gerung nicht mehr gerechtfertigt, und die Frau sei nun befugt, auf den Grund einer solchen beharrlichen Weigerung ihrerseits die Scheidung zu verlangen, ge­ mäß §.684. Diese Meinung wird vertreten durch die Mehrheit des Ob.-Tr. in der Entsch. vom 15. Juni 1835 (Simon Rechtsspr. Bd. IV, S. 349). Eine andere Meinung ist gerade entgegengesetzt, indem sie dem Manne schlechthin die Befugniß vindicirt, die Frau zurückzuwcisen und es bei der faktischen Trennung bewenden zu lassen. Diesen Meinungsstreit entscheidet der Pl.-Beschl. (Pr. 2285) des Ob.-Tr. vom 5. Mai 1851: „Eine Ehefrau, welche sich widerrechtlich von dem Manne entfernt hat, und den Nachweis des, während ihrer Trennung geführten unbescholtenen Wandels nicht führen kann, ist nicht berechtigt, ihre Wiederaufnahme von dem Manne zu fordern; dieser ist auch, wenn er die Auf­ nahme versagt, nicht verpflichtet, seinerseits auf Trennung der Ehe zu klagen, oder solche auf den Grund dieser Weigerung in Gemäßheit deö §. 684 d. T. geschehen zu lassen." (Entsch. Bd. XXI, S/l.)

Von Trennung der Ehe durch ,-chterlichen Ausspruch.

181

§. 688. Ist der Aufenthalt deS entwichenen Ehegatten un­ bekannt, oder dergestalt außerhalb der Königlichen Staaten ent­ legen, daß keine richterliche Verfügung zur Wiedervereinigung der getrennten Ehe Statt finden kann: so ist der zurückgebliebene Theil auf öffentliche Vorladung, und wenn auch diese fruchtlos wäre 17), auf Scheidung anzutragen berechtiget18). 8- 689. Doch müssen solche Umstände der Entfernung bescbeiniget werden, die wenigstens eine dringende Vermuthung deS Vorsatzes, den zurückgebliebenen Ehegatten zu verlassen, be­ gründen 19).20 §. 690. Auch kann die öffentliche Vorladung erst nach Ver­ lauf Eines Jahres von der Zeit an, da die Entfernung deS Ent­ wichenen bemerkt worden, nachgesucht werden. Anh. § 80.

Die Ehefrau eines entwichenen Soldaten ist so­

fort, ohne Abwartung irgend einer Frist, auf Trennung der Ehe anzutragen berechtiget. Wenn aber die Frau flch entfernt hat, so

sott nur in besondern Fällen, und bei obwaltenden vorzüglich dringenden Umständen, das Kriegsconststorium^) von der Vorschrift deS allgemeinen Landrechts zu dispenstren, und den Scheidungö-

17) Wenn sie aber nicht fruchtlos wäre und die entwichene Frau kehrte zurück: so tritt die Bestimmung deS vorhergehenden §. 687 in Wirksamkeit. Auf diesen Fall war sogar die Vorschrift bei ihrer Entstehung besonders berechnet. (Ges.-Rev. Pens. XVI, G. 319). 18) Diese Vorschrift kommt auch zur Anwendung, wenngleich der Aufent­ haltsort deS Entwichenen im Auslande bekannt ist, falls dort die gerichtliche Insinuation der Klage nicht zu bewerkstelligen. Doch setzt daS eine wirklich bösliche Verladung voraus. Ist aber der Mann, unter Beobachtung der deSfattsigen gesetzlichen Vorschriften, ausgewandert und die Frau hat ihm nicht folgen wollen (Anm. 9 zu 8-681), so liegt die Verlaffung eigentlich auf der Seite der Frau, und cS kann nicht von einer Entweichung des Mannes, folglich auch nicht von einer böswilligen Verlaffung Seitens desselben Rede sein. Anders, wenn der Mann sich geweigert hatte, die Frau mitzunehmen. Dies muß von der klagenden Frau bescheinigt werden. Aber auch in diesem Falle ist das Forum vor den hiesigen Gerichten, nach der bestehenden Gesetzgebung, nicht zu begründen (Pr O. Tit. 2, §. 129 und Anh. dazu tz. 38), es müßte denn nach §. 43 der (Sinh zum A. L. R. ein Vergeltungsrecht zu begründen sein, wie es z. B. der Fall sein würde, wenn der Mann' seinen Wohnsitz in Frankreich aufgeschlagen hatte, wo zum Nachtheil aller Fremden der Grundsatz gilt, daß sie dort von Einheimischen verklagt werden können. Code civ. Art. 14. 19) Folglich passen die Vorschriften §§. 688, 689 nicht auf den Fall einer ordnungsmäßigen Auswanderung, welcher sich die Frau nicht hat anschließen wollen. Vor. Anm. 18.

20) An dessen Stelle ist der Feldpropst getreten. 12. Februar 1832, I, §§. 1 u. 2 (G. S. S. 69).

Mil.-Kirchen-Ordn. vom

Zweiter Theil.

182

Erster Titel.

prozeß noch vor dem Abläufe der bestimmten Frist zu veranlagn berechtiget fein21).22 §. 691.

Während dieses JahreS muß der zurückgebliebene

Ehegatte alle ihm mögliche Mühe anwenden, den Aufenthalt des

Weggegangenen auSzuforfchen. 8. 692. Erhellet auS den Umständen, daß der abwesende

Ehegatte auS erheblichen

und

erlaubten Gründen

sich

entfernt

habe: so muß der Zurückgebliebene den Zehnjährigen Zeitraum

nach der Entfernung abwarten, und alsdann auf die Todeserklärung

antragen. 8. 693.

Kann von den eigentlichen Gründen der

ersten

Entfernung mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit nichts auSgemittelt werden: so findet die Klage auf Trennung der Ehe, nach Ablauf

zweier Jahre von dem 8- 690 bestimmten Zeitpunkte, und unter der 8. 691 bestimmten Maaßgabe Statt. 3) Versaguibi der etlichen Pflicht.

8. 694.

Halsstarrige und fortdauernde 2 2) Versagung23) der

ehelichen Pflicht soll der böslichen Verkostung gleich geachtet2 *)

werden.

21) Aus dem Publ. vom 14. März 1797 Nr. 7 (Rabe Vd. IV, S. 43). Die Vorschrift paßt zu den heutigen Militairverhältnisscn nicht.

22) Damit halsstarrige und fortdauernde Versagung der ehelichen Pflicht ein Ehescheidungsgrund werde, ist nicht nöthig, daß ein gerichtliches Mandat zur Leistung der ehelichen Pflicht vorhcrgehe. Pr. des Ob. -Tr. 1465, vom 21. Juni 1844. 23) Ob dazu eine wörtlich ausgedrückte Aufforderung Leitens der Frau gehöre, wird von Diesen bejaht, von Jenen verneint. Das Ob.-Tr. hat sich in zwei Pr. darüber vernehmen lassen: a) Pr. 156, vom 28. Februar 1837: Die bloße Nicht leistung der ehelichen Pflicht ist als ScheidnngSgrund nicht anzu­ sehen. b) Pr. 2345, vom 8. September 1851: Wenn auch nach dem Pr. 156 die bloße Nichtleistung der ehelichen Pflicht als Ehescheidungsgrund nicht anzusehcn ist, so bedarf eS doch zur Begründung deS VorwitrfcS „halsstarriger und fortdauernder Versagung verehelichen Pflicht", nicht nothwendig einer aus­ drücklichen, erfolglos gebliebenen Aufforderung zu dieser Leistung von Seiten deS andern Ehegatten, diese Aufforderung kann vielmehr auch in einem ent­ sprechenden Verhalten des Letztern gesunden werden, und es reicht dazu beispiels­ weise völlig hin, wenn die Ehefrau nach Schließung der Ehe, und längere Zeit darauf fortdauernd daS Ehebette mit dem Manne getheilt, dieser aber, ohne kör­ perlich gebindert zu sein, tiS zur Anstellung der Klage niemals mit derselben den Beischlaf vollzogen hat. (Entsch. Bd. XXII, S. 38.) Der Fall, auf wel­ chen sich dieses Pr. bezicht, war der, daß das junge und gesunde Ehepaar (der Mann von 30, die Frau von 19 Jahren) vier Monate zusammen in Einem Bette gelegen hatten. In einem zweiten, am 27. Oktober 1851 nach demselben Grund­ sätze entschiedenen ähnlichen Fall batte die Frau sogar länger als ein Jahr hin­ durch, nach der Trauung, daS Ehebette mit dem Manne getheilt, ohne von ihm berührt worden zu sein. (Ebd. S. 41.) Gegen diesen ScheidnngSgrund ist die Einwendung unzulässig:

Von Trennung der Ehe durch richterlichen Ausspruch. 8- 695. oder

183

Ein Ehegatte, welcher durch sein Betragen, bei

nach der Beiwohnung, die Erreichung deS gesetzmäßigen

Zwecks derselben vorsätzlich hindert, giebt dem Andern zur Schei­

dung rechtmäßigen Anlaß. 8. 696.

Ein, auch während der Ehe erst entstandenes, gänz­ 4) Unver­

liches und unheilbares Unvermögen2 5) zur Leistung der ehelichen

Pflicht2»), begründet ebenfalls die Scheidung2 7).

a) daß der Mann aus Rücksicht auf die Schwächlichkeit der Frau, mithin aus guter Absicht, sieb der ehelichen Pflicht enthalten, falls die Frau nicht eine Schonung in Anspruch genommen hat. Erk. des Ob.-Tr. vom 23. April 1838 (Schlef. Ärch. Bd. II, S. 568); b) daß der Mann nicht im Stande fei, mehr Kinder zu ernähren (Simon Rechtsfpr. Bd. I, S. 399): c) daß der klagende Mann ihr, der beklagten Frau, vor der Trauung die Gestattung des Beischlafs (mündlich) erlassen habe; ein solches Paktum ist wider das Wesen der Ehe vermögender Personen und daher ganz unwirksam. Dagegen kann bei vorhandenem körperlichen Hindernisse, welches auch in Altersschwache einen dauernden Grund haben kann, von halsstarriger Ver­ sagung gar nicht Rede sein. In diesem Falle ist der ScheidungSgrund an sich nicht gegeben. 24) D. h. in seiner Wirkung, als ScheidungSgrund, gleichgeachtet werden. Man hat auö diesem Ausdruck geschlossen, daß auch ein gerichtliche- Mandat, den Beischlaf zu vollziehen, resp, zu gestatten, erforderlich sei, um eine „hals­ starrige und fortdauernde Versagung" anzunehmen. Dagegen: oben, Anm. 22. Nicht einmal eine ausdrückliche Privatausforderung ist absolut nöthig. Bor. Anm. 23. 25) Nämlich ein vorzeitiges, auS besondern Krankheiten hervorgegangeneUnvermögen. Suarez war zwar dieser Meinung nicht. Denn er entscheidet sich über die Frage in der rev. mon. auS von dem Standpunkte der Sittlich­ keit nicht anerkcnnungSwcrthen Gründen für die Bejahung in folgender Betrach­ tung: „Wenn das Unvermögen oder Gebrechen 1) schon vor Schließung der Ehe da gewesen und dem andern Theile nicht verheimlicht worden ist; 2) wenn es erst wahrend der Ehe, aber bloß durch die Natur, z. E. durch da- Alter; oder 3) durch einen bloßen unverschuldeten Zufall entstanden ist; so kann es zweifelhaft scheinen: ob solches alsdann pro justa causa divortii zu achten sei. Rationes pro negativa sind, weil in dem ersten Falle, bei einem schon vor der Ehe vorhandenen und dem Andern bekannten Unvermögen, man annnehmen muß, daß die Ehe bloß ob mirtuum adjutorium geschloffen worden; und weil in den andern beiden Fällen die impotentia superveniens, sobald sie unver­ schuldet ist, unter die NnglückSfälle, welche beide Eheleute zu tragen verbunden sind, gehört. Rationes pro affirmativa könnten daher genommen werden, weil posita impotentia der Anis matrimonii primarius doch immer unerreicht bleibt; weil der gesunde Theil ad delinquendum gereizt wird; und weil dem Staat der Beitrag dieses letzter» zur Population verloren geht. Es scheint rathsam, diese drei Fälle zu unterscheiden, und zwar in allen dreien die Schei­ dung zuznlaffen, aber unter differenten Maaßgaben: 1) Wenn das Unvermögen oder Gebrechen dem andern Theile schon vor Schließung der Ehe bekannt war, und er dennoch auf die Scheidung besteht, so muß er dem andern Theile die vollen poenas divortii entrichten. Nach der Strenge ist er offenbar schuldig, die Ehe zu kontinuiren. Wird ihm also auch ex rationibus utilitatis publicae et pro evitando scandalo die Scheidung nachgegeben, so kann doch der andere Theil dabei nicht- verlieren; und muß also durch die poenas divortii voll-

mögen.

Zweiter Theil.

184 §. 697.

Erster Titel.

Ein Gleiches gilt von andern unheilbaren körper­

lichen Gebrechen r»), welche Ekel und Abscheu erregen, oder die

Erfüllung der Zwecke deS Ehestandes gänzlich verhindern. ’Änfinn“'

§• 698. Raserei und Wahnsinn"), in welche ein Ehegatte verfällt, können die Scheidung nur alsdann begründen, wenn ste

ständig schadlos gehalten werden. 2) Wenn das Unvermögen bloß aus Alter herrührt, so muß der andere Theil, welcher auf die Scheidung besteht, dem an­ dern die halben EhescheidungSstrasen entrichten. Er konnte und mußte, indem er eine schon bejahrte Person heirathete, voraussehen, daß dieselbe nicht mehr lange im Stande bleiben würde, die eheliche Pflicht zu leisten. ES treten also hier eben die Betrachtungen ein, wie im vorigen Falle; nur nicht mit gleicher Stärke, weil hier der andere Theil nicht deliberato animo, sondern allenfalls nur aus Leichtsinn und Unbedachtsamkeit, gefehlt hat. 3) Ist daS Unvermögen oder Ge­ brechen durch Zufall entstanden, so kann der Impotens keine EhescheidungSstrafen, sondern nur alimenta in subsidium fordern, wie cS bei den Rasenden und Wahnstnnigen §. 739 (b. i. §. 759) verordnet ist. Nach der Strenge hat hier der andere Theil ein fundirteS Recht, auf die Scheidung zu klagen, weil der Unvermögende durch einen Zufall, der sich in seiner Person ereignet hat, den finem primarium deS Kontrakts von seiner Seite nicht mehr erfüllen kann. Daß er den Impotentem in subsidium verpflegen muß, gründet sich auf eben die rationes aequitatis, wie bei dem Rasenden." (Jahrb. Bd. LII, S. 49.) — Doch ist man auf diese Unterscheidungen nicht eingegangen. Die Praxis giebt dem §. 696 eine entgegengesetzte Auslegung, indem das Pr. des Ob. - Tr. 935, vom 16. November 1840 den Rechtssatz auSspricht: „Scheidung wegen Unver­ mögens zur Leistung der ehelichen Pflicht findet bei einer, bloß durch hohes Alter hervorgebrachten Impotenz nicht statt." Ob daS vorzeitig cingetretene Unvermögen verschuldet, oder nicht, ist gleich­ gültig. Darin ist der §. 16 des EhescheidungS - Edikts, welches nur daS durch unerlaubte Handlungen verursachte Unvermögen als Scheidungsgrund gelten ließ, abgeändert. Dies verlangten viele Monenten und Suarez erklärte sich damit in der rev. mon. einverstanden und schloß: „UebrigenS würde allerdings der Unterschied: ob das Unvermögen verschuldet oder unverschuldet sei, in Rückficht auf die poenas divortii immer wichtig bleiben." (Ges.-Rev. Pens. XVI, S. 335.) Daher die Bestimmung deS §. 760.

26) Nicht aber das Unvermögen zur. Conception. 27) DaS Gutachten der Ges.-Komm, vom 6. Juni 1786 sagt, daß daS Geständniß deS Mannes über sein gänzliches Unvermögen Hinreiche, um aus Scheidung und Ehescheidungsstrafe zu erkennen. (Rabe Bd. I, Abth. 7, ^Hand Totz getrennt: so findet wegen der Beerdigung und Trauer alle-

T°d.

Statt, was bei vollgültigen Ehen verordnet ist. §. 894. (904.)

Doch darf die Frau zur linken Hand nur

ihrem Stande gemäß begraben werden; und nach dem Tode des Mannes, die Trauer nur so, wie sie unter Leuten ihres Standes gewöhnlich ist, anlegen. §. 895. (905.) Auf den Nachlaß der Frau kann der über­

lebende Mann sich kein Erbrecht anmaßen.

§. 896. (906.)

des Mannes,

Sie kann aber darüber,

auch zum Besten

durch Erbvertrag oder Testament, wie für einen

Fremden, verfügen1 ’). 8. 897. (907.) Sind aus der Ehe zur linken Hand Kinder

vorhanden, so bleibt diesen die in dem Ehe-Contrakte der Mutter

verschriebene Abfindung. §. 898. (908.)

Andere Erben der Frau hingegen können

auf diese Abfindung keinen Anspruch machen. 8. 899. (909.)

Nach dem Tode des Mannes erhält die

überlebende Frau die ihr im Ehe-Cvntrakte verschriebene Abfin­

dung aus dem Nachlasse, als eine Schuld.

8- 900. (910.) Verläßt jedoch der Mann Kinder oder Enkel aus vollgültiger Ehe, und nicht so viel Vermögen, daß dieselben

zusammen wenigstens halb so viel, alS die Abfindung beträgt, zum Erbtheile übrig behalten; so muß daS an dieser Hälfte Fehlende aus der Abfindung ergänzt werden").

10) Die §§. 343, 344 werden gemeint.

(Jahrb. Bd. L, S. 475.)

11) Beide Eheleute können auch durch ein wechselseitiges Testament verfügen. 12) Anwendung des seltsamen Prinzips des §. 1113, Tit. 11, Th. I. nach fällt di« Abfindung desto kleiner aus, je größer fie verschrieben ist.

Dar­

Von der Ehe zur linken Hand.

§. 901. (911.)

225

Ein Gleiches findet Statt, wenn die Ab­

findung in Verpflegungsgeldern besteht, und der Ertrag des den Abkömmlingen übrig bleibenden Nachlasses nicht halb so viel, als

diese Verpflegungsgelder, auSmacht. 8. 902. (912.) Die Frau zur linken Hand behält aber auch

die Verpflegungsgelder, selbst wenn fie wieder heirathet. 8 903. (913.) Außer der Abfindung hat die Frau zur linken

Hand an dem Nachlasse deS Mannes kein gesetzliches Erbrecht. 8. 904. (914.)

Durch Erbvertrag oder Testament") kann

der Mann, zum Vortheile der Frau, wie für einen Fremden ver­

ordnen, wenn er zur Zeit der geschloffenen Heirath keine Kinder aus einer vollgültigen Ehe am Leben hatte. $. 905. (915.) Waren aber damals dergleichen Kinder vor­

handen, so kann, selbst wenn dieselben in der Zwischenzeit gestor­ ben sind"), der Mann seiner Frau zur linken Hand nicht mehr, alö den Zehnten Theil seines eigenthümlichen freien Nachlasses, letzwillig zuwenden. 8. 906. (916.) Die Abfindung aus dem Ehe-Contrakte wird, wenn die Masse zum Behufe der AuSmittelung dieses Zehntheils bestimmt werden soll, als eine Schuld abgerechnet.

8- 907. (917.)

Die Frau erhält also ein solches nach den

Gesetzen zulässiges Vermächtniß") noch über ihre Abfindung. 8. 908. (918.) Beträgt das Vermächtniß mehr als den Zehnten Theil des Nachlasses, so muß dasselbe auf so weit her­

untergesetzt werden. 8. 909. (919.) Die Ehe zur linken Hand kann in eine voll- (®,rfna,n(bn'e gültige Ehe verwandelt werden. to^SuiSc

8. 910. (920.)

Dazu wird die freie Einwilligung beider

Theile, und wenn eine gänzliche") Ungleichheit deS Standes

13) Auch wechselseitiges.

A»m. 11.

14) Dena „was von Anfang an nichtig ist — sagen die Vers, in der Aam. zum Sntw. Th. I, Abth. 1, S. 137 —, kann in der Folge nicht gültig werden. Ueberdem könnte eS der Sicherheit der aus einer vorhergehende» vollgültigen Ehe erzeugten Kinder leicht nachthcilig werden, wenn die Hausfrau ein Jntereffe dabei hätte, daß dieselben den Mann nicht überleben."

15) Die Absicht ist hiernach (§§. 905, 907, 908), daß die Fran nicht als Erbe neben rechtmäßigen Kindern eingesetzt werden kann.

16) Was ist eine gänzliche Ungleichheit? Man kann eS nicht wissen. Eine theilweise StandeSungleichheit ist ein unbekannter Begriff.

Koch, Allgemeine» Landrecht. III

15

226

Zweiter Theil.

Erster Titel.

obwaltet, auch der Consenö der nächste» Anverwandten erfordert. (§. 30—33.)

8> 911* (921.)

Hatten die Aeltern deS Mannes nur in eine

Ehe zur linken Hand gewilligt, so ist zu deren Verwandlung in

eine vollgültige Ehe ein nochmaliger ConsenS derselben nothwendig. $. 912. (923.)

Ueberhaupt

aber muß in allen Fällen die

ausdrückliche Landesherrliche Erlaubniß hinzukommen").

$. 913. (924.)

Auf diese Erlaubniß soll niemals angetragen

werden, wenn die Kinder aus einer vollgültigen Ehe,

zu deren

Begünstigung die Heirath zur linken Hand geschlossen worden, in

der Zwischenzeit gestorben oder sonst abgcgangen sind; und auch nur ein entfernter Verdacht") vorhanden ist, daß dieser Abgang

durch Vernachlässigung, üble Behandlung,

oder auf andere Art,

von Seiten der Aeltern veranlaßt oder befördert worden. §. 914. (925.) Nach erfolgter Landesherrlicher Erlaubniß muß der Mann vor dem Landes-Justizcollegio der Provinz"), oder vor einem Commissario desselben, persönlich erklären, daß er

die Frau nunmehr für seine wirkliche Ehefrau erkenne, und ihr alle mit diesem Stande verbundene Rechte einräume.

8. 915. (927.)

Diese Erklärung muß die Frau, der Regel

nach, in Person annehmen. 8. 916. (928.) Ihr muß darüber eine förmliche Ausferti­ gung ertheilt werden.

8. 917. (929.)

Ein Aufgebot ist so wenig, als eine noch­

malige Trauung nothwendig.

8. 918. (930.)

Doch muß davon dem gehörigen Pfarrer,

zur Eintragung in das Kirchenbuch, Anzeige geschehen.

ritterlichen Ausspruch,

919. (931.)

Die Trennung einer Ehe zur linken Hand

kann, durch richterlichen Ausspruch, nur in eben den Fällen er­

folgen, in welchen eine andere Ehe, nach den Vorschriften deS

Achten Abschnitts, getrennt werden kann.

17) Es ist also auch die Umwandlung einer solchen Ehe nur eine Gnaden­ sache. 18) Wie soll ein solcher festgestellt werden, wenn keine Verfolgung ein­ getreten, oder die Angeschuldigtcn außer Verfolgung gesetzt, oder die Angeklagten sttiaesprochen worden find? Denn „ein entfernter Verdacht" kann immer noch vorhanden sein, nad) subjektiver Ansicht. Wer ist darüber zu urtheilen kom­ petent? Wahrscheinlich der, welcher über den Antrag zu berichten haben würde.

19) Oben, Anm. 5a zu §. 858 d. T.

Von der Ehe zur linken Hand. §. 920. (932.)

Doch

sind Vergehungen,

227 welche zwischen

andern Eheleuten die Trennung der Ehe nach §. 699—703 nur

in einem Hähern Grade begründen können, auch in einem mindern Grade schon hinreichend, den Mann zu dem Anträge auf Schei-

düng einer Ehe zur linken Hand zu berechtigen. §. 921. (933.) Auch muß der Richter, wenn die Frau wegen bloß mündlicher Beleidigungen, oder geringerer Thätlich­

keiten die Scheidung verlangt, auf die Verschiedenheit deS Stan­

des zwischen solchen Eheleuten billige Rücksicht nehmen 2°). §. 922. (934.) Wird die Ehe zur linken Hand durch Urtel und Recht getrennt, und die Frau für den schuldigen Theil er­ klärt, so verliert sie die im Ehe-Contrakte ihr versprochene Ab­ findung. §. 923. (935.) Auch muß sie die Braut- und die von dem

Manne während der Ehe erhaltenen Geschenke, in sofern dieselben

oder sie dadurch noch wirklich reicher ist,

noch vorhanden sind,

zurückgeben. §. 924. (936). Die 8. 889-1) bemerkten Sachen sind jedoch auch in diesem Falle keiner Rückgabe unterworfen. 925. (937)

Kommt dcr Anlaß zur Scheidung zwar von

Seiten der Frau, aber ohne moralisches Verschulden derselben; so behält sie die Geschenke, und der Mann muß ihr die im EheContracte verschriebene Abfindung entrichten.

8 926. (938.)

Ist der Mann der schuldige Theil; so wird

die der Frau gebührende Abfindung nach richterlichem Ermessen bestimmt. z. 927. (939.)

Diese Abfindung kann, bewandtew Umständen

nach, bis auf daö Doppelte der im Ehe - Contracte verschriebenen Summe erhöht werden.

§. 928. (940.)

Giebt der Mann zwar, jedoch ohne sein mo­

ralisches Verschulden, Anlaß zur Scheidung; so findet die Vor­

schrift §. 925 Anwendung. §. 929. (941.) In allen Fällen, wo der Frau Verpflegungs­ gelder statt der Abfindung zuerkannt sind, behält sie dieselben auch nach geschlossener anderweitiger Ehe.

20) D. f). die Frau von niederem Stande, wie zartfühlend sie wol sein möge, muß schon von ihrem rohen Gestrengen einen Puff hinnehmen. Richt mehr als billig. Zu vergl. oben, die Anm. 37 zu §. 701 d. T.

21) Die Ausgabe von 1817 hat da» unrichtige Allcgat 869.

Zweiter Theil. Erster Titel.

§. 930. (942.) Die Frau kann für diese Verpflegung-gelder Einwägung auf die Grundstücke de- Manne- fordern,

§. 931. (943.)

Ist dergleichen

besondere Sicherheit nicht

bestellt, so haben solche Verpflegung-gelder da- Vorrecht der auf

gerichtliche Verschreibung gegründeten Ansprüche. §. 932. (944.)

Von den Rechten und Pflichten der au-

einer Ehe zur linken Hand erzeugten Kinder wird im Achten Ab­

schnitt de- folgenden Titel- gehandelt.

Zehnter Abschnitt. Don den rechtlichen y Folgen

gesetzwidrig

geschlossener Ehen.

»wtffe.

§. 933. (945.)

Ehen, welche wegen obwaltender VerbotS-

gesetze niemals bestehen können, heißen nichtig. $. 934. (946.) Ehen, welchen zwar von Anfang an gesetz­

liche Hindernisse im Wege stehen, die aber doch in der Folge, durch Hebung dieser Hindernisse, verbindliche Kraft erlangen kön­ tigenöicu.'

nen, werden ungültig genannt-). 6- 935. (947.) Nichtig find Ehen, welche innerhalb der durch die Gesetze verbotenen Grade geschloffen worden. ($. 3,4,5.)

$. 936. (948.)

Ferner diejenigen,

bei deren Schließung

Einer oder beide Theile annoch anderweitig verheirathet waren.

(8.16.) 8- 937. (949.)

Ein Gleiche- gilt von Ehen zwischen einer

geschiedenen Person, und derjenigen, welche ste wegen de- zur

Scheidung gegebenen Anlässe-, nach den Gesetzen nicht heirathen

darf. (§. 25—29.)

8.

938. (950.)

Auch solche Ehen, die von Militairpersonen

1) Die Ausgabe von 1832 hat statt „rechtlichen" den Druckfehler: rich­ terlichen. 2) Die hier gemachte Einthcilung der mangelhaften Ehen in nichtige und ungültige ist ohne praktische Bedeutung; denn sie ist, wie e« öfter oder mei­ stens den theoretische» allgemeinen Sätzen im A. L. R. widerfährt, in der An­ wendung nicht beachtet. Der Revisor sagt nicht ohne Grund: „in der Folge kreuzt sich alle» so, daß die ganze Desinition größtentheilS unpassend wird."

(Pens. XV, S. 467.)

229

Von dm Folgen gesetzwidriger Ehen.

ohne die, in Ansehung ihrer, nach den Gesetzen besonders erfor­

derliche Einwilligung geschloffen worden, sind nichtig. ($. 34,35.)

8. 939. (951.)

Fällt weg»).

8. 940. (952.)

Fällt weg«).

§. 941. (953.)

Auch wenn in den Fällen deS 8- 936, 938,

939, 940 daS Ehehinderniß in der Folge gehoben werden könnte,

bleibt die Ehe in der Regel dennoch nichtig.

8. 942. (954.)

Nur in dem Falle des 8- 936, wenn die

vorige Ehe aus einem unverschuldeten Irrthume für getrennt an­ genommen worden, da sie doch noch wirklich bestanden hat, ist die

spätere Ehe keineSwegeS nichtig, sondern nur ungültig»). 8. 943. (955.) ihrer Vollziehung

Wenn also das der spätern Ehe zur Zeit

entgegen gestandene Ehehinderniß

durch eine

nachher wirklich erfolgende Trennung der frühern gehoben worden: so ist die spätere Ehe als von Anfang an gültig anzusehen.

8- 944. (956.) -Für einen unverschuldeten Irrthum ist eS

zu halten, wenn der wirklich noch nicht erfolgte Tod deS vorigen Ehegatten gesetzmäßig bescheinigt war; oder wenn die vorige Ehe

durch ein richterliche- Erkenntniß, dem aber ein wesentliches Er­ forderniß der Gültigkeit ermangelte, für getrennt erklärt worden^ 8. 945. (957.)

Hat aber der vor Trennung der frühern

zu einer nachherigen Ehe schreitende Theil den vorgefallenen Fehler

vorsätzlich, oder durch ein eigenes grobes oder mäßiges Versehen, selbst veranlaßt; so bleibt die Ehe von Anfang an nichtig.

3) Oben. Anm. 39 zu §. 36 und Anm. 51 zu 8- 715 d. T. 4) Oben. Anm. 35 zu §§.30

33 d. T.

5) Die spätere Ehe ist auch dann nichtig oder ungültig. Weint die frühere Ehe nichtig »der ungültig War, d. h. wenn ste für nichtig oder für ungültig hätte erklärt werden können, aber doch nicht erklärt worden ist. Zu vergl. Str. Ges. B. §. 139. Die Frage ist unter den Rechtsgelehrten streitig. Einige halten dafür, daß eine wirklich nichtige Ehe kein Hinderniß bei einer später ein­ zugehenden Ehe, und die gültige Eingehung einer später« Ehe kein Verbrechen (Bigamie) sei. (Quistorp §.467; Wächter Abhandl. S.359; Feuer­ bach §.385; Tittmann §. 584.) Andere sind der entgegengesetzten Meinung; sie unterscheiden jedoch hinsicht­ lich der Strafbarkeit zwischen der eigentlichen und uneigentlichen Bigamie. (Boehmer de art. 121 C. C. §. 1; Quistorp §.467.) DaS A. L.R. übergeht die Frage. Da» Str. G. B. berührt sie auch nicht geradezu, aber der §. 139 setzt eine Wenn auch nur faktisch bestehende Ehe voraus, indem er von der Nichtigerklärung einer der beiden Ehen spricht, folglich auch die nich­ tige erste Ehe für eine in Betracht kommmde Ehe hält.

Zweiter Theil.

230 §. 946, (958.)

Erster Titel.

Soll außer dem Falle des 8. 936 die nich­

tige Ehe nach gehobenem Hindernisse zur Gültigkeit gelangen: so

muß sie auf die in den Gesehen vorgeschriebene Art nochmals feierlich vollzogen werden. §. 947. (959.) Mit dem Zeitpunkte dieser nochmaligen Vollziehung nimmt die Gültigkeit einer solchen Ehe erst ihren

Anfang. $. 948. (960.) Ist eine Ehe, in dem Falle deS §. 8, ohne die erforderliche Dispensation geschlossen worden:

so ist sie nicht

nichtig, sondern nur ungültig; und besteht also von Anfang an, wenn die Dispensation in der Folge ertheilt wird"). §. 949. (961.) Doch finden, wegen deS übertretenen Ehe« gesetzeS, auch in diesem Falle die unten verordneten Strafen statt.

§. 950. (962.) Die Fortsetzung nichtiger Ehen ist der Rich«

ter zu dulden nicht befugt. §. 951. (963.) Vielmehr muß er, sobald dieselben zu seiner Kenntniß gelangen, die Verbundenen von AmtSwcgen trennen, und einen fiskalischen Bedienten anweisen, auf die förmliche Nich­

tigkeitserklärung anzutragen ’).

§. 952. (964.) Aus einer solchen nichtigen Verbindung ent­ stehen daher auch unter den Verbundenen selbst niemals Rechte

und Pflichten, wie aus einer wirklichen Ehe.

§. 953. (965.)

Hat der Mann das Vermögen der Frau in

seine Verwaltung überkommen: so muß er alles leisten und ver­

treten, wozu ein Verwalter fremder Güter verpflichtet ist. (Th. I, Tit. 13, Abschn. 3.)86).7

6) Wenn aber die Dispensation nicht gesucht oder nicht ertbcilt wird; wer soll dann die Ehe anfechtcn, da cs da» Organ des Staats »ach §. 973 nicht darf? Auch wird gefragt: warum dieser Fall der Ungültigkeit nicht unter den ungültigen Ehen (g. 988) vorgetragcn wird? 7) Diese- zu thun ist jetzt der Beruf der Staatsanwaltschaft. Der Fall, wo ein wegen Ehebruch- geschiedener Ehegatte diejenige Person, mit welcher er Ehebruch getrieben hat, ohne Erlaubniß gehcirathet hat, soll nicht ohne Antrag des beleidigten Theils zur gerichtlichen Kognition gezogen werden. 8t. vom 11. März 1799. (Rabe Bd. V, S. 355.) In allen ander» Nichtigkeitsfällen soll nach §.950 von Amt- wegen eingeschritte» werden, aber wenn e- doch nicht geschieht, hat keine Privatperson ei»-Recht, auf die Nichtigkeits­ erklärung der Ehe anzutragen. Erk. des Ob.-Tr. v. 8. Februar 1836 (Entsch. Bd.I, S. 37). 8) Das Allegat ist nnrichtig, e- soll „Tit. 14, Absch. 2" heißen. 29. December 1837. (Jahrb. Bd. L, S. 475.)

9t. vom

Don den Folgen gesetzwidriger Ehen.

§. 954. (966.)

231

Doch darf er von den während dieser Ver­

bindung gezogenen Nutzungen in der Regel keine Rechnung ab­

legen. §. 955. (967.)

Vielmehr werden diese Nutzungen gegen daS,

was zum Unterhalte der Frau verwendet worden, aufgehoben. 8. 956. (968)

Hat aber der Mann das Ehchinderniß ge­

wußt, und der Frau ist selbiges unbekannt gewesen: so wird der

Mann alS ein unredlicher Besitzer deö in seine Verwaltung über­ nommenen Vermögens der Frau angesehen. §. 957. (969.) Er muß also auch wegen der Nutzungen*)

dieses Vermögens alles vertreten, wozu ein unredlicher Besitzer verpflichtet wird; und kann nur daS, waö zum Unterhalte der

Frau, oder sonst in ihren Nutzen erweislich verwendet worden, davon abziehen. §. 958. (970.)

In allen Fällen, wo daS Ehehinderniß der

Frau unbekannt gewesen ist, hat dieselbe zur Sicherheit ihres dem

Manne überlassenen Vermögens daS Vorzugsrecht der Fünften Classe, von dem Tage an, da der Mann die Verwaltung über­

nommen hat"). 8- 959. (971.) Ist daS Ehehinderniß der Frau bekannt, dem

Manne aber unbekannt gewesen: so darf Letzterer, bei seiner Ver­ waltung, nur für ein grobeS Versehen haften. 8- 960. (972.)

Daraus, daß eine Ehe für nichtig erklärt

wird, kann einem Dritten, welchem das obwaltende Ehehinderniß

unbekannt gewesen, niemals ein Nachtheil erwachsen. 8- 961. (973.)

Wer also mit einem oder dem andern der

vermeinten Eheleute redlicher Weise in Geschäfte sich eingelassen

hat, der erlangt daraus eben die Rechte, als wenn unter ihnen eine gültige Ehe bestanden hätte.

8. 962. (974.) Doch können in dem Falle deS $. 936 durch die Verhandlungen eines Dritten mit dem vermeinten zweiten Ehe­

gatten, die Rechte deS ersten und wahren Ehegatten nicht ge­ kränkt werden.

9) So wie wegen der Verschlimmerungen.

10) Daß die Verwaltung später als mit der Vollziehung der Ehe über­ nommen worden sei, liegt denjenigen Gläubigern deS Manne«, welche der Fra« da« Vorrecht auS diesem Grunde bestreiten, zu beweisen ob. Denn wenn di« Frau die Einbringung bei Eingehung der Ehe beweist, so hat ste auch di« Ueber­ lieferung an den vermeintlichen Ehemann dargethan.

232

Zweiter Theil.

Erster Titel.

Wenn ein Theil den andern, durch Ver­

8. 963. (975.)

schweigung oder Verheimlichung deS obwaltenden EhehindernisseS,

oder sonst durch betrügliche Vorspiegelungen, zur Schließung einer nichtigen Ehe verleitet hat; so muß der Schuldige den Unschul­ digen schadlos halten. 8. 964. (976.) Zur Bestimmung dieser Schadloshaltung

dienen die Ehescheidungsstrafen, welche, bei Trennung einer an

stch gültigen Ehe, der schuldige Theil dem Unschuldigen entrichten muß, zum Maaßstabei'). 8. 965. (977.) Doch muß in der Regel auf den höchsten

Satz der Ehescheidungsstrafen erkannt werden.

8.966.(978.)

Fällt weg.")

§. 967. (979.) Hat derjenige Theil, welcher an Schließung einer nichtigen Ehe unschuldig war, während derselben solche Hand­

lungen begangen, welche die Trennung einer gültigen Ehe, und die EhescheiduiigSstrafe nach sich ziehen würden"): so hat er sein Recht auf Schadloshaltung verloren.

n. Don un» 8. 968. (980.) Ungültig sind Ehen, die ein Vormund für 9e»M,ern:

Zweiter Theil. Zweiter Titel.

280 §. 68.

Wie lange

sie

aber dem Kinde die Brust reichen

solle, hängt von der Bestimmung des Vaters ab. §. 69.

Doch muß dieser, wenn die Gesundheit der Mutter

oder deS Kindes unter seiner Bestimmung leiden würde, dem Gut­ achten der Sachverständigen sich unterwerfen.

§. 70.

Vor zurückgelegtem Vierten Jahre kann der Vater

das Kind, wider den Willen der Mutter, ihrer Aufsicht und Pflege

nicht entziehen.

§. 71.

Es wäre denn,

daß es der Mutter an Kräften,

oder am Willen fehlte, ihrer Obliegenheit ein Genüge zu leisten. §. 72. so

muß das

Entsteht darüber

ein Streit unter den Eheleuten:

vormundschaftliche Gericht die Sache

untersuchen,

und den Streit, jedoch ohne Zulassung eines förmlichen Prozesses, entscheidens).

§. 73.

Bei der Untersuchung muß jedoch ein am Orte be­

findlicher Verwandter von Seiten eines jeden der beiden Eheleute, oder in deren Ermangelung, zwei Bekannte und Standeögenoffen

zugezogen werden. 2) wegen der Erziehung und des Unterrichts.

§. 74.

Die Anordnung

der Art,

wie das Kind

erzogen

werden soll, kommt hauptsächlich dem Vater zu. $. 75.

Dieser muß vorzüglich dafür sorgen, daß das Kind

in der Religion und nützlichen Kenntnissen den nöthigen Unter­

richt, nach seinem Stande und Umständen, erhalte. §. 76.

Sind die Aeltern verschiedenen Glaubensbekenntnissen

zugethan: so müssen ®), bis nach zurückgelegtem Vierzehnten Jahre,

5) Hierüber sagt Suarez in seinemSchlußberichtc: „In diesem und ähn­ lichen in der Folge vorkommenden Fallen, hat man die Erörterung bei dem vormundschaftlichen Gericht der Verweisung an den ordentlichen Richter vorgezogcn, weil bei ersterem die Sache glimpflicher, stiller, mit weniger Geräusch und Aufsehen abgemacht und geschlichtet werden kann, als coram judice ordinario; wo sie bald die Gestalt eines förmlichen Prozesses gewinnt, dergleichen mau unter Eheleuten, Eltern und Kindern möglichst vermeiden muß." (Jahrb. Bd. XLI, Seite 134.) Die Voraussetzung ist ein vollständiger Irrthum. Die gerichtlichen Ver­ handlungen haben nicht nach Beschaffenheit des Verfahrens verschiedene und ab­ gesonderte Raume. Vormundschaftliche und prozessualische Verhandlungen werden durcheinander und gleichzeitig in denselben Raumen und mit demselben Geräusch und» Aufsehen gepflogen. Aber daß die Gerichte nicht in eheliche Zwiste gemischt werden sollen, das ist gewiß, hätte aber ganz andere Verordnungen erfordert, als hier gegeben sind. 6) Mussen. Die Meinung Suarez war in der That, dieser Vorschrift eine absolute Geltung von zwingender Natur zu geben. Indeß wurde in Folge

Rechte und Pflichten der Aeltern.

281

die Söhne in der Religion der Vaters, die Töchter aber in dem

Glaubensbekenntnisse der Mutter unterrichtet werden. 2. Dekl. v. 21. November 1803. (N. E. S. Bd. XI, Seite 1931.) Se. König!. Maj. rc. haben in Erwägung gezogen, daß die Vorschrift des A. L. R. Th. II, Tit 2, §. 76, nach welcher bei Ehen zwischen Personen verschiedenen Glaubensbekenntnisses die Söhne in der Religion des Vaters, die Töchter aber in dem Glaubensbekenntmsse der Mutter, bis nach zurückgelegtem vierzehnten Jahre, unterrichtet werden sollen, nur dazu diene, den Religionsunterschied in den Familien zu verewigen, und dadurch Spaltungen zu erzeugen, die nicht selten die Einigkeit unter den Familiengliedern zum großen Nachtheil derselben untergraben. Höchstdieselben setzen daher hierdurch allgemein fest: daß eheliche Kinder jedesmal in der Religlon des Vaters unterrichtet werden sollen, und daß zu Abweichungen von dieser gesetzlichen Vorschrift kein Ehegatte den andern durch Verträge verpflichten dürfe. Uebrigens verbleibt eö auch noch fernerhin bei der Bestimmung des §. 78 a. a. O. des A. L. R., nach welcher Niemand ein Recht hat, den Eltern zu widersprechen, so lange selbige über den ihren Kindern zu ertheilenden Religionsunterricht einig sind. Se. König!. Maj. befehlen sämmtlichen Landes - Justizkolligien uni Gerichten, insbesondere den Konsistorien und vormundschaftlichen Behörden, sich nach dieser Deklaration gebührend zu achten, und soll dieselbe gedruckt und zur allgemeinen Kenntniß gebracht werden7*).* * *

3. K. O. vom 17. August 1825, wegen Anwendung der Dekl. vom 21. November 1803 auf die westlichen Provinzen. (G. S. S. 221.) In den Rheinprovinzen und in Westphalen7") dauert, wie Ich vernehme, der Mißbrauch fort, daß katholische Geistliche von Ver­ lobten verschiedener Konfession das Versprechen verlangen, die aus der Ehe zu erwartenden Kinder, ohne Unterschied des Geschlechts, in der katholischen Religion zu erziehen und ohne dieses Versprechen die Trauung nicht verrichten wollen. Ein solches Versprechen zu forden, kann so wenig der katholischen, als im umgekehrten Falle der evangelischen Geistlichkeit, gestattet werden. In den östlichen Provinzen der Monarchie gilt das Gesetz, daß eheliche Kmder ohne Unterschied des Geschlechts in dem Glaubensbekenntniß des Vaters erzogen werden (Dekl. vom 21. November 1803), in diesen Theilen

heftiger Monita die Einschaltung deS §. 78 bei der Umarbeitung des Entwurfs durchgesetzt. (Ges. -Rev. Pens. XV, S. 39.) Dabei blieb die Fassung des §.76, wahrscheinlich auö Unachtsamkeit, unverändert, daher das unbedingte „müssen" nicht recht paßt.

7) Die Veranlassung zu dieser V. war ein Fall in Schlesien, wo auf Grund des A. L. R. einem katholischen Manne abgeschlagen wurde, seine mit seiner evangelischen Ehefrau erzeugten Töchter, nach der Scheidung von ihr, gleich den Söhnen katholisch zu erziehen. Der König befahl, gegen das Gutachten des I. M., die Abänderung deS L. N. (Gcs.-Rev. Pens. XV, S. 36.)

7a) Nicht bloß dort, sondern überall, weil eö Satzung der kathollscheu Kirche ist. Dazu ist das s. g. Brauteramen vor der Trauung das Mittel.

282

Zweiter Theil.

Zweiter Titel.

des Staats sind und werden ebenfalls gemischte Ehen geschloffen und von katholischen Geistlichen eingesegnet und eö waltet kein Grund ob, dasselbe Gesetz nicht auch in den westlichen Provinzen geltend zu machen. Demgemäß verordne Ich hiermit, daß die Dekl. vom

21. Novbr. 1803 auch in den Rhein- und Westphälischen Provinzen besolgt, und mit dieser Obre in der G. S. und in den Amtsblättern der betreffenden Regierungen abgedruckt werden soll. Die zeither von Verlobten dieserhalb eingegangenen Verpflichtungen sind als un­ verbindlich anzusehen.

§. 77.

Zu Abweichungen von diesen gesetzlichen Vorschrif­

ten kann Keiner der Aeltern den Anderen, auch nicht durch Ver­

träge, verpflichten. §. 78. So lange jedoch Aeltern über den ihren Kindern zu

ertheilenden Religionsunterricht einig sind, hat kein Dritter ein Recht, ihnen darin zu widersprechen«). 8. 79. .AebrigenS benimmt die Verschiedenheit deö kirchlichen Glaubensbekenntnisses Keinem der Aeltern die ihm sonst wegen

der Erziehung zustehenden Rechte.

8. 80.

Auch nach dem Tode der Aeltern muß der Unter­

richt der Kinder in dem

Glaubensbekenntnisse desjenigen von

ihnen, zu dessen Geschlecht sie gehören, fortgesetzt werden»). $• 81.

Auf eine in der letzten Krankheit erst erfolgte Re­

ligionsveränderung wird dabei keine Rücksicht genommen. §. 82.

Hat aber der verstorbene Ehegatte ein zu seinem

Geschlechte gehöriges Kind, wenigstens durch daS ganze letzte Jahr

vor seinem Tode, in dem Glaubensbekenntnisse des andern Ehe­ gatten unterrichten lassen: so muß dieser Unterricht in eben der Art,

auch nach seinem Tode, bis zum vollendeten Vierzehnten

Jahre des KindeS, fortgesetzt werden1 °).

8) Obcn, Sinnt. 6. Die Vorschrift des §. 76 gründete Suarez in einer Sinnt, zum §. 46 deö gedr. Eutw. Th. I, Abth. 1, S. 167 auf schon vorhan­ dene Landeögesetze. (Westpr. Reg. Jnstr. vom 4. September 1773.) Darauf bezieht sich die Rechtfertigung des gegen seine Mciunng hinzugefügten §. 78 in den Schlußvorträgen: „Von diesen Sätzen (§. 76—85) enthalten nur bic §§. 78 und 82 Abweichungen von der bisherigen Praxis, die sich aber nach Grund­ sätzen einer wahren Toleranz vollkommen vertheidigen lassen. ES ist äußerst hart und stört nothwendig den Frieden der Ehe, wenn die Eltern über die Re­ ligion, in welcher das Kind erzogen werden soll, einig sind; ein Dritter aber sich ex officio darin mischen, und ans falschem Religionseifer ihren friedlich verabredeten Erziehungsplan zerrütten will." (Jahrb. Bd. XLI, S. 134.)

9) Abgeändert durch die Dekl., Zus. 2.

Zu vergl. die folg^ Sinnt.

10) Die §§. 80 und 82 setzen die Bcstimmnug des §. 76 voraus und sind nach Veränderung des Prinzips durch die Dekl. v. 21. November 1803 (Zus. 2) nlcht mehr maßgebend. Vielmehr gelten nach diesem ncncn Ges. folgende Grund-

Rechte und Pflichten der Aeltem. 8. 83.

283

Vor zurückgelegtem Vierzehnten Jahre darf keine Re-

ligionSgesellschaft ein Kind zur Annahme, Bekenntnisse einer andern Religion,

oder zum öffentlichen

alS wozu dasselbe nach vor­

stehenden gesetzlichen Bestimmungen gehört, selbst nicht mit Ein­ willigung der Aeltern seines Geschlechts1zulasten.

8. 84.

Nach zurückgelegtem Vierzehnten Jahre hingegen steht

eS lediglich in der Wahl der Kinder,

zu welcher Religionspartei

sie sich bekennen wollen. §. 85.

Auch wenn daS Kind eine andere, als die Religion

beider Aeltern wählt, wird dadurch in den Rechten und Pflichte» der Aeltern, wegen der Erziehung, Verpflegung und Versorgung, nichts geändert").

8. 86.

Die Aeltern sind berechtiget, zur Bildung der Kinder » R««t«

alle der Gesundheit derselben unschädliche Zwangsmittel zu ge-li-h«» 3u
naen ^*n^etn > uach2 5) vorstehenden Grundsätzen, auS dem Nachlasse

UN» Zilwtn- zum voraus gebühret, soll nach folgenden Regeln bestimmt werden, düngen. g 332. Sind baare Gelder oder ausstehende Capitalien

gegeben worden: so ist deren eigentlicher Betrag auSzumitteln2 •). 8 333.

Sind Grundstücke oder Gerechtigkeiten,

stimmung eines Werths,

gegeben worden:

ohne Be­

so muß der Werth,

welchen sie zur Zeit der Zuwendung gehabt haben, nach dem da­

maligen Ertrage derselben auSgemittelt werden22). §. 334. Kann dieser Ertrag, auS Mangel an Nachrichten, nicht mit hinlänglicher Zuverlässigkeit bestimmt werden: so dient

der ehemalige Erwerbungspreis, für welchen der Erblasser daS Grundstück oder- die Gerechtigkeit an sich gebracht hat, zum Maaß-

stabe.

S. 335.

Doch bleibt den Parteien der Nachweis offen, daß

und um wie viel das Grundstück, während der Besitzzeit deS Erb­ lassers, bis zur Zuwendung an das damit auSgestattete oder be­ schenkt« Kind, an seiner Substanz verbessert oder verringert worden.

8- 336. Hat der Erblasser, bei der Zuwendung deS Grund­ stücks oder der Gerechtigkeit,

einen gewissen Werth bestimmt: so

muß dieser zur Richtschnur angenommen werden.

8- 337. Auf diese2 2) Angabe der Parteien, daß dieser Werth

zu hoch oder zu niedrig sei, ist in der Regel keine Rücksicht zu nehmen.

8. 338. Ist jedoch der angeschlagene Werth dergestalt offen­

bar zu niedrig, daß der wahre Werth zur Zeit der Zuwendung, den Anschlag um mehr als die Hälfte22) übersteigt: so muß daS

25) Die Ausgabe von 1832 hat statt „nach" den Druckfehler „noch".

26) Von kurshabenden Geldpapieren bestimmt sich der Betrag nach dem Tageskurse zur Zeit deS Empfanges. Andere auf den Namen ausstehende For­ derungen werden nach dem Nennwerthe genommen, eS Ware denn, daß die Ein­ ziehung alsbald nach dem Empfange begonnen und gehörig betrieben worden Ware und dabei sich ein Ausfall ergeben hatte. Dann kann nur die erhobene Summe angerechnet werden Wird die Einziehung verzögert und cs ereignet sich dann ein Ausfall, so kommen die §§. 434,435 Tit. 11, Th. I zur Anwendung.

27) Ist eine Ertragstare aus jener Zeit vorhanden, so bedarf eS keiner andern Ausmittelung, doch mit Vorbehalt der Einwendungen gegen die Tare, wenn der Begabte zu derselben nicht zugezogen worden ist.

28) Statt „diese" muß eS „die" heißen. 1837 (Jahrb. Bd. L, S. 476).

Ges. B. und R. v. 29. December

29) Von dem wahren Werthe nämlich, wodurch mehr als das Doppelte deS Anschlags dargestellt wird. Wer die Halste auf den Anschlag bezieht, be«

337

Von brr Erbfolge in absteigender Linie.

iMsgestattele Kind sich die Hälfte de- eigentlichen WerchS statt de- Anschläge- anrechnen lassen. §. 339. Sobald daher die übrigen Kinder eine erhebliche Abweichung des angeschlagenen von dem wirklichen Werthe einiger­ maßen bescheinigen können, sind sie auf die AuSmittelung deletztern, nach den Vorschriften §. 333—335, anzutragen wohl befugt.

§. 340. Ein Kind, welches ein Grundstück, oder eine Ge­ rechtigkeit, für einen von dem Erblasser bestimmten Werth einmal übernommen hat, kann diese Bestimmung unter dem Vorwande, daß sie zu hoch sei, niemals anfechten"). §. 341. Hat aber der Erblasser den Werth, nach der Uebernehmung, bloß einseitig»') bestimmt: so ist daS Kind auf die AuS­ mittelung deS wahren Werths, zur Zeit der Uebernehmung an­ zutragen berechtigt. §. 342. Alsdann hat daö ausgestattete Kind die Wahl: ob eS daS Grundstück für den auSgemittelten Werth behalten, und sich denselben anrechnrn lassen, oder ob eS daS Grundstück selbst zur Masse zurückgeben, und alsdann mit seinen Geschwistern gleich theilen wolle. §. 343. Wählt eS daS Letztere: so muß eS die seit der Uebernahme entstandenen Verringerungen, gleich einem redlichen Besitzer, zur Masse vergüten. §. 344. Verbesserungen kann eS gegen solche Verringerungen nur rompensiren; nicht aber Ersatz auS der Masse fordern. §. 345.

Sind Mobilien zur Ausstattung gegeben worden,

hauptet, daß der Begadte noch weniger al« den Anschlag gebe» darf. 3. B. der Anschlag beträgt 1000, der wahre Werth 1600 (über die Halste deS Anschlag­ mehr); folglich müßte der Begabte sich mit 800 befreien können. DaS wäre widersinnig. Die Vorschrift bezweckt den Vortheil der übrigen Kinder; diese können fordern, daß wenn der Anschlag 1000, der wahre Werth aber 2200 be­ tragt, der Begabte 1100 sich anrechnen lassen muß. 30) Diese Bestimmung bezieht sich auf den UebertragungSakt, worin z. B. der Vater sagt, daß er das Grundstück, welches er auf 1000 veranschlage, dem Sohne schenke und der Sohn sich damit einverstanden erklärt.

31) Durch eine Erklärung unter Lebendigen. Geschieht eS bei der testa­ mentarischen Einsetzung, so muß der Begabte eS sich gefallen lassen (§. 385), oder die testamentarische Erbschaft ausschlagen und den Pflichttheil fordern, wo er dann die AuSmittelung des wahren Werths verlangen oder auch das Grund­ stück zurückgeben kann. §. 342.

Koch, Allgemeines Landrecht. III.

22

Zweiter. Theil. Zweiter Titel.

338

und der Erblasser hat den Werth derselben zum Behufe der An­ rechnung bestimmt: so dient dieser Anschlag zur alleinigen Richt­

schnur.

§. 346.

Ist keine solche Bestimmung deS Erblassers vor­

handen: so muß der Werth nur so, wie er zur Zeit der Erbtheilung wirklich ist, angeschlagen werden.

g. 347.

Auf Stücke, die durch den Gebrauch oder sonst,

ohne eigenes grobes Versehen deS auögestatteten KindeS,

ver­

nichtet oder verloren worden, wird bei der Anrechnung der Aus­ stattungen keine Rücksicht genommen ’2). $. 348. Enkel und Abkömmlinge weiterer Grade gelangen e@nM9unb‘r zur Erbfolge nach den Linien, in welchen sie von dem Erblasser

3) Gesetzliche

kommUnge' abstammen. Grade.' $. 349. Sind also Kinder deS ersten Grades, und Enkel oder Urenkel von andern vor dem Erblasser verstorbenen22) Kindern vorhanden: so müssen so viel Theile gemacht werden, alS Linien find, die von dem Erblasser unmittelbar entspringen.

S. 350.

Ein Gleiches muß geschehen, wenn gar keine Kin­

der ersten GradeS, sondern nur noch lauter Abkömmlinge weiterer

Grade vorhanden sind. S. 351. So wie in den ganzen Nachlaß die unmittelbar

von dem Erblasser entspringenden Hauptlinien succediren: so succrdiren die unter einer Hauptlinie stehenden Unterlinien in den

Antheil dieser Hauptlinie. $. 352.

So oft daher in einer Linie der nähere Descendent

nicht Erbe sein kann,

oder will,

fallt sein Erbrecht auf die von

ihm abftammenden weitern Descendenten").

32) Die SS- 346 uni) 347 enthalten, hinsichtlich der Zeit, auf welche bei der Werthbcstimmung behufs der Anrechnung gesehen werden soll, eine Anomalie (Anm. 1, Satz 2) und sind lediglich auf Mobilien zu beschränken. Sie sind durch die Bemerkung von Suarez veranlaßt, „daß offenbar keine billige Gleich­ heit vorhanden sei, wenn man den auSgestattetcn Kindern die vor 10 Jahren erhaltenen Möbel nach dem damaligen Werth anrechnen, und also den unauSgestatteten Kindern, die im väterlichen Hause gelebt und daS väterliche Mobiliar mitgcbraucbt haben, so viel geben wollte, daß sie sich diese Sachen neu anschaffen können." (Bornemann, VI, S. 282.) 33) Hierin ist der sonst nicht ausgesprochene Rechtsgrundsatz enthalten, daß in jeder Linie der dem Grade nach Nähere die hinter ihm stehenden wetteren Desscende nten, der Sohn also den Enkel, der Enkel den Urenkel u. s. w., auSschließt. Eine Ausnahme führt der §. 352 ein. Folg. Anm. 34) Der Grundsatz ist neu und willkürlich. DaS R R. kennt diese Be­ rufung nicht, hat vielmehr den Grundsatz, daß der weitere Abkömmling in einer

Von der Erbfolge in absteigender Linie. 8

339

Enkel gelangen also zur Erbfolge der Großältern,

353.

auch wenn sie ihrer vorher verstorbenen Aeltern Erben nicht ge­ worden sind. Nicht weniger alsdann, wenn ihre Aeltern von den

8. 354.

Großältern enterbt worden sind.

§. 355.

Jnglrichen

alsdann, wenn ihre Aeltern der Erb­

schaft der Großältern entsagt haben.

Wie weit ein Kind der Erbschaft seiner Aeltern

8- 356.

zum Nachtheile seiner Gläubiger entsagen könne, ist nach den all­

gemeinen Grundsätzen von Entsagungen zu beurtheilen. Tit. 16, Abschn. 7.)

8

357.

(Th. I,

Haben Kinder über ihr Erbrecht auf beit Nachlaß

der Aeltern, durch einen mit den Aeltern selbst, oder auch mit

Andern geschlossenen Vertrag verfügt: so können, in so fern sie selbst den Erbanfall erleben, ihre Abkömmlinge dergleichen Vertrag

nicht anfechten.

8. 358.

Sind aber die Kinder, welche dergleichen Vertrag

geschlossen haben, vor wirklich eingetretenem Erbanfalle verstorben: so sind deren Descendenten nur so weit, als sie ihrer Aeltern Erben geworden, an den Vertrag gebunben35).

Linie nur dann erbfolgefähig ist, wenn zwischen ihm und dem Erblasser kein Näherer steht; nur in die Stelle des praedefuncti parentis kann der Ent­ ferntere treten. Bei diesem neuen Grundsätze ist die Frage: ob der Entferntere proprio jure oder jure repraesentationis in die Stelle des Näheren tritt, von prak­ tischer Wichtigkeit. Könnte der Entferntere proprio jure seinen Theil fordern, so dürfte ein reichlich ausgestattetes Kind, welches nichts mehr zu erwarten hat, nur der Erbschaft cntsaanl, um sein Kind zu einem erklecklichen großelterlichen Erbtheile, zum Nachtheile der übrigen unauSgestatteten Kinder des Erblassers, zu verhelfen. Die Vers, haben die Frage mit Vorbedacht nicht ausdrücklich ent­ schieden, sondern die Entscheidung den Rechtsgelchrten überlassen. (Ges.-Rev. Pens. XV, S. 298.) Die Frage ist keine bloße Schulfrage. Die PrariS nimmt als unzweifelhaft an, daß der Gesetzgeber überall von den Grundsätzen des RepräsentativsystcmS, oder aber von der Absicht ausgegangen ist, daß Enkel und weitere Abkömmlinge in jeder Beziehung ganz in die Stelle ihrer verstorbenen Eltern treten, und ein Mehreres, als was diesen gebührt haben würde, niemals in An­ spruch nehmen dürfen (Entsch. des Ob.-Tr. 99b. XVII, S. 311.) Dieses Grundprinzip ist ein nothwendiges und in der That auch zur Anwendung ge­ bracht. $§.359 ff.

35) Der Satz harmonirt nicht mit dem §. 353. Das Erbrecht, welches Enkeln aus eigenem Rechte zustcht und nicht durch ihren unmittelbaren ParenS ans sie tranSmittirt worden ist, kann ihnen durch Vertrag des Letzter» nicht ent­ zogen werden; die Verbindlichkeit auS einem solchen Vertrage ist passive nicht vererblich.

340

Zweiter Theil.

Streiter Titel.

z. 359. In allen Fällen, wo nach den $. 303 sqq. vorge­ schriebenen Grundsätzen, eine Ausgleichung unter den Kinder« ersten Grades wegen der Ausstattungen und Geschenke erfolgen müßte, muß dieselbe auch unter den Linien geschehen; wenn gleich in einer oder der andern Linie nur entferntere Abkömmlinge zur Erbfolge gelangen. 8. 360. So müssen^ z. B., Enkel, die den Großvater unmittelbar beerben, die Ausstattung, die ihr Vater erhalten hat, von dessen Geschwistern sich anrechnen lassen. $. 361. Dagegen sind aber auch, umgekehrt, Enkel von einem unauSgestatteten Kinde, ihres VaterS auSgestatteten Geschwistern das, was diese von dem Erblasser erhalten haben, anzurechnen wohl befugt. $. 362. Bei dieser Ausgleichung unter den Linien macht eS keinen Unterschied: ob die zur Succession gelangenden Ab­ kömmlinge weiterer Grade ihrer unmittelbaren Aeltern Erben ge­ worden sind, oder nicht. 8. 363. WaS Enkel oder Abkömmlinge weiterer Grade, «ährend der Lebenszeit") ihrer unmittelbaren Aeltern, von den Großältern erhalten haben, kann weder den Aeltern, noch ihnen selbst, bei der Theilung mit den andern Linien, angerechnet,J) werden. $♦ 364. Haben aber Großältern, nach dem Tode ihrer Kinder, einem von selbigen hinterlassenen Enkel eine Ausstattung, oder ein nach 8- 328 der Anrechnung überhaupt unterworfenes Geschenk zugewendet: so wird dasselbe der Linie, wozu der AuSgestattete oder Beschenkte gehört, allerdings angerechnet1 *).

8. 365. Unter den Theilnehmern in einer und derselben Linie geschieht die Ausgleichung eben so, als wenn der begünstigte Enkel die Ausstattung oder das Geschenk von seinen unmittelbaren Aeltern erhalten hätte.

36) Darauf kommt eS an. In diesem Falle fehlt die wesentlich erforder­ liche Voraussetzung zur Kollation, daß die Zuwendung auf Abschlag der künftigen Erbschaft gemacht worden sei; denn der Enkel kann in der Regel nicht Erbe werden, so lange der Sohn da ist; und ob eine Ausnahme eintreten werde, laßt stch Nicht voraus wissen. Die Verordnung dieses $. ist daher folgerichtig, ebenso wie die des folg. $>364.

37) Die Ausgabe v. 1832 hat den Druckfehler; „angerecht." 38) Zu vergl. die Anm. 36.

Don der Erbfolge in absteigender Linie.

341

$. 366. Hat der Erblasser in der Gütergemeinschaft gelebt:» so finden, wegen der Auseinandersetzung, zwischen den hinterlaffenen Ehegatten und den Kindern, die Vorschriften deS ersten g-m-inschafV

Titels 8.635 sqq. Anwendung").

$. 367. In demjenigen, was nach diesen Vorschriften der Nachlaß deS Verstorbenen auSmacht, erben dessen Abkömmlinge««) eben so, als vorstehend wegen der gesetzlichen Erbfolge nach ge­ meinem Recht« verordnet ist. 8. 368. Doch steht den Aeltern frei, die Kinder schon bei ihrer Lebenszeit wegen deS Erbrechts an den künftigen Nachlaß abzufinden« *)•

8 369. Dergleichen Abfindung muß aber durch einen förm­ lichen Erbvertrag««) festgesetzt werden. |. 370.

Der Regel nach ersteckt sich die Abfindung nur auf

39) Zur Rechtfertigung sagt Suarez in den Schlußvorträge«: „Von dieser Erbfolge ex communione bonorum, die hauptsächlich nach Grundsätzen dejuris Lubecensis regulirt ist, gilt überhaupt alles, was von der Gemeinschaft der Güter unter Eheleuten ad Tit. I, Sect. VI gesagt worden. Da die Pro­ vinzialgesetze über diese Materie so äußerst verschieden find, so kann hier nur eine Regel aufgestellt und die nöthig gefundenen Abweichungen müssen den ProvinzialGesetzbüchern überlassen werden." (Jahrb. Bd. XLI, S. 142.)

40) Darunter können Kinder aus verschiedenen Ehen, sowie auch uneheliche, verstanden werden. In wiefern diese alle zusammen berufen find, bleibt hier ganz unentschieden. 41) Wenn nämlich eine Einigung darüber zwischen ihnen und den Kindern stattfindet. Denn die Meinung, daß die Kinder gezwungen seien, eine Abgüterung anzunehmcn, ist unhaltbar. Durchgesetzt werden könnte dies nur mittels eines Richterspruchs über die TheilungSgrundsitze, und die Theilung des Vermögens eines Lebenden kennt das Gesetz nicht. Deshalb ist der Satz dieses $. 368 keineSweaeS nichtssagend', sondern eine Anwendung deS fich sonst gar nicht von selbstverstehcnden Grundsatzes, daß man fich über die Erbschaft emeS Lebende» verständigen darf, — auf den PfiichtheilSberechtigten. Der Abqefundene entsagt durch das Abkommen wesentlich der künftigen Erb­ schaft gegen Vergeltung; er wird also nicht Erbe, und damit find die Fragen: ob er den Erbschaftsgläubigern oder Legatarien hafte, von selbst beantwortet. Die Abfindung ist auch keine Schenkung; sie ist ein lästiges Geschäft unter Lebenden und daher nicht wie eine Schenkung widerruflich oder sonst anfechtbar, abgesehen von formellen Mängeln und von bezüglicher Verkürzung der Gläubiger. Auch den PflichttheilSberechtigten ist kein Rechtsmittel gegeben; analoge Anwen­ dungen der querela inoff. don. auf diesen Fall find deshalb nicht statthaft, weil eben die Aehnlichkeit fehlt.

42) Nämlich durch einen renunciativen. Denn es wird eben von derMerzichtleistung auf das künftige Erbrecht, um eine gegenwärtige Abfindung dafür, gehandelt.

342

Zweiter Titel,

Zweiter Theil.

den Nachlaß desjenigen von beiden Aeltern, welcher

zuerst ver­

stirbt«»).

§. 371.

Sie geht aber auf alles,

waö dieser zuerst ver­

sterbende an freiem Vermögen hinterläßt; es mag in die Gemein­

schaft gekommen sein, oder nicht.

In der Regel wird angenommen, daß die Abfindung

8. 372.

nur zu Gunsten deS überlebenden Ehegatten geschehen sei. §. 373.

Stirbt

also

von

eins

abgefundene Kind

so kann daS

an

den

abfindenden

den Nachlaß

Aeltern r

desselben

gar

keinen Anspruch machen.

Vielmehr verbleibt dasjenige, waS ihm etwa noch

§. 374.

von diesem Nachlasse, nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge,

zukommen würde, dem Ueberlebenden der Aeltern««). Stirbt aber auch dieser: so beerbt ihn daS abge­

§. 375.

fundene

Kind

eben

so,

alö

wenn

gar

keine

Abfindung

ge­

schehen wäre. §. 376.

Sind alsdann abgefundene und unabgefundene Kinder

vorhanden: so geschieht zwischen denselben die Ausgleichung, wegen der Abfindung der ersten,

und der aus dem Nachlasse deS erst­

verstorbenen Ehegatten erhaltenen Erbtheile der letztern, nach eben den Regeln, welche 8. 303 sqq. wegen der Ausstattungen vor­ geschrieben find.

8. 377.

Soll durch einen solchen

Abfindungsvertrag

ein

Kind von dem Nachlasse beider Aeltern, auch zu Gunsten seiner

übrigen Geschwister, oder eines Dritten, ausgeschlossen so ist

der Vertrag

nach

den

wegen der Erbverträge

werden: zwischen

Aeltern und Kindern überhaupt vorgeschriebenen Grundsätzen zu

beurtheilen«»).

43) Dieses setzt voraus, daß der Abgefundene beide Eltern zu beerben be­ rechtigt ist. DaS ist jedoch kein Erforderniß bei der Abfindung; eS können auch Kinder des Einen der Ehegatten, namentlich eingebrachte uneheliche Kinder der Frau, abgesundcn werden. Auf diesen Fall paßt der §. nicht. Denn wenn in diesem Falle der Mann zuerst stirbt, so kommt der Wittwe (Mutter des abgcfundenen unehelichen KindeS) die Abfindung weiter nicht zu statten. 44) Oben, Anm. 96 zu §. 644 Tit. 1.

45) Unten §§. 481 ff. Diejenigen, welche durch Vertrag berufen werden sollen, mit Ausschließung des Abgefundenen, müssen als Kontrahenten Mitwirken; außerdem entsteht ihnen kein Recht weder auf die Erbschaft noch aus die Aus­ schließung des Abgcfundcnen davon. Welche Formen zu beobachten, muß der besondere Fall, in Berückfichtigung der Vorschriften §§. 481 ff., ergeben.

Von der Erbfolge in absteigender Linie. §. 378.

343

Von vorstehenden Gesetzen über die Erbfolge der ^Erbfolge

Kinder und weitern Abkömmlinge (§. 300 bis 376) können die Unten au« Aeltern durch letztwillige Verordnungen abweichen. «««