Aktiengesetz: Lieferung 26 §§ 84-91; Nachtrag zu § 93 9783110922745


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Aktiengesetz: Lieferung 26 §§ 84-91; Nachtrag zu § 93
 9783110922745

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Bearbeiter der 4. Auflage Universitätsprofessor Dr. Heinz-Dieter Assmann, LL. M., T ü b i n g e n Dr. Harald Baum, Privatdozent, Wiss. Referent a m Max-Planck-Institut für ausländisches u n d internationales Privatrecht, H a m b u r g Rechtsanwalt und Notar a. D. Dr. Gerold Bezzenberger, Berlin Rechtsanwalt beim B G H Dr. Oliver C. Brändel, Karlsruhe Wirtschaftsprüfer u n d Steuerberater Dr. Dr. Herbert Brönner, Berlin Rechtsanwalt Dr. Christian E. Decher, Frankfurt/Main Universitätsprofessor Dr. Ulrich Ehricke, LL. M. (London), Μ. Α., Köln Universitätsprofessor Dr. Holger Fleischer, Dipl.-Kfm., LL. M., Bonn Universitätsprofessor Dr. Kaspar Frey, Frankfurt/Oder Richter a m B G H Dr. Markus Gehrlein, Lehrbeauftragter an der Universität Mannheim, L a n d a u Universitätsprofessor Dr. Dr. Stefan G r u n d m a n n , LL. M. (Berkeley), Berlin Universitätsprofessor Dr. Mathias Habersack, Mainz Rechtsanwalt Dr. Kai Hasselbach, Köln Rechtsanwalt Dr. Peter Hemeling, M ü n c h e n Richter a m B G H a. D. Professor Dr. Hartwig Henze, Recklinghausen Universitätsprofessor Dr. Heribert Hirte, LL. M. (Berkeley), H a m b u r g Universitätsprofessor Dr. Dr. Dr. h . c . mult. Klaus J. Hopt, H a m b u r g Universitätsprofessor Dr. Peter M. Huber, M ü n c h e n Universitätsprofessor Dr. Michael Kort, A u g s b u r g Universitätsprofessor Dr. Hanno Merkt, LL. M. (Univ. of Chicago), Freiburg i. Br. Universitätsprofessor Dr. Peter 0 . Mülbert, Mainz Rechtsanwalt Richard L. Notz, C h i c a g o Universitätsprofessor Dr. Hartmut Oetker, Kiel Universitätsprofessor Dr. Dr. h . c . Harro Otto, Bayreuth Notar Professor Dr. Hans-Joachim Priester, H a m b u r g Vors. Richter a m B G H i. R. Dr. h . c . Volker Röhricht, Karlsruhe Dr. Markus Roth, Wiss. Referent a m Max-Planck-Institut für ausländisches u n d internationales Privatrecht, H a m b u r g Rechtsanwalt Dr. Michael Schlitt, Frankfurt/Main Universitätsprofessor Dr. Dres. h. c. Karsten Schmidt, Präsident der Bucerius Law School, Hamburg Universitätsprofessor Dr. Rolf Sethe, LL. M. (London), Halle-Wittenberg Rechtsanwalt Professor Dr. Winfried Werner ( f ) , Frankfurt/Main Universitätsprofessor Dr. Herbert W i e d e m a n n , Köln Universitätsprofessor Dr. Christine Windbichler, LL. M. (Berkeley), Berlin

Um in der Erscheinungsweise nicht festgelegt zu sein und auf diese Weise Bedürfnissen der Praxis besser gerecht werden zu können, wird darauf verzichtet, die Bände durchgehend zu paginieren. Durch Verwendung der Randnummern sind Seitenzahlen - vor allem für das Zitieren - entbehrlich. Die einzelnen Lieferungen werden in der Reihenfolge des Erscheinens durchnumeriert; die Folge wird also von derjenigen des Gesamtwerkes abweichen. Sobald ein Band vollständig ist, werden jeweils Einbanddecken geliefert. Der Verlag Erscheinungsdatum: D e z e m b e r 2006 ISBN-13: 978-3-89949-384-9 ISBN-10: 3-89949-384-2 © Copyright 2006 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. J e d e Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung u n d Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. — Konvertierung: WERKSATZ, Schmidt & Schulz, D-06773 Gräfenhainichen. — Druck: H. Heenemann G m b H & Co., D-12103 Berlin. — Bindearbeiten: Buchbinderei Bruno Helm, Berlin.

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 8 4

§ 8 4

Bestellung und Abberufung des Vorstands (1) 'Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. 2Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. 3Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. 4 Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluss vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. 5Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, dass er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt. (2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen. (3) 'Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 2 Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. 3Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. 4 Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. 5 Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften. (4) Die Vorschriften des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 347) - Montan-Mitbestimmungsgesetz - über die besonderen Mehrheitserfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung eines Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung bleiben unberührt. Übersicht Rdn I. Zweck und Inhalt der N o r m ; Gesetzesgeschichte 1. Z w e c k und Inhalt der N o r m a) Z w e c k der N o r m

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b) Inhalt der N o r m c) Normadressaten

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2. Gesetzesgeschichte a) Rechtslage vor dem A k t G 1 9 3 7

.

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3. Beschlussfassung des Aufsichtsrats a) Allgemeines

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b) Zuständigkeit des Gesamtaufsichtsrats

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c) Mehrheitserfordernis

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d) Stimmverbot nach § 3 4 B G B analog

b) A k t G 1 9 3 7

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e) Keine Bindung des Aufsichtsrats

c) A k t G 1 9 6 5

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II. Bestellung des Vorstandsmitglieds auf höchstens fünf Jahre (§ 8 4 Abs 1 Satz 1)

a) Trennungstheorie b) Unterscheidung zwischen Bestellung und Vollmachtserteilung . .

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5. Einverständnis 6. Formerfordernisse

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7. Anzahl der zu bestellenden Vorstandsmitglieder

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8. Gesetzliche Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder

43

9. Statutarische Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder

.

44

10. Keine sonstige Bindung des Aufsichtsrats

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d) Enge Verknüpfung von Bestellung und Anstellung

. . . .

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c) Verhältnis bestellungsrechtiicher Rechte und Pflichten zu den anstellungsvertraglichen Rechten und Pflichten

bei der Beschlussfassung 4. Bedingung und Befristung

1. Wesen der Bestellung und deren Abgrenzung zur Anstellung

(1)

Rdn 2 . Ausschließliche Bestellungszuständigkeit des Aufsichtsrats

11. Amtszeit des Vorstandsmitglieds 25

Michael Kort

a) Telos der Amtszeitbegrenzung . .

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§ 8 4

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft Rdn b) Fünfjahresfrist c) Ermessen des Aufsichtsrats bei der Amtszeitfestlegung aa) Keine Möglichkeit einengender Satzungsregelung bb) Mindestdauer d) Möglichkeiten und Grenzen vorzeitiger Beendigung der Amtsstellung

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aa) Telos von § 84 Abs 3 Satz 1 . bb) Vermeidung von Überzähligkeit

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cc) Keine analoge Anwendung von § 105 Abs 2 dd) Keine ordentliche Kündigung ee) Verlängerung der Amtszeit nach Wiedereinsetzung . . . 12. Rechtsfolgen der Bestellung a) Allgemeine Rechte und Pflichten der Vorstandsmitglieder b) Treuebindung 13. Fehlerhafte Bestellung a) Fehlerquellen b) Lehre von der fehlerhaften Organstellung c) Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organstellung aa) Geschäftsunfähigkeit . . . . bb) Beschränkte Geschäftsfähigkeit cc) Vorstandsunfähigkeit . . . . dd) Kollusives Zusammenwirken ee) Zuständigkeit des Aufsichtsrats

Rdn 1. Erfordernis eines Aufsichtsratsbeschlusses 2. Weitere Anforderungen an die Ernennung 3. Ermessen des Aufsichtsrats 4. Stellvertretender Vorstandsvorsitzender 5. Rechtsstellung des Vorstandsvorsitzenden

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6. Abgrenzung zum Vorstandssprecher V. Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied (S 84 Abs 3)

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d) Rechtsfolgen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organbestellung aa) Erstreckung auf Innen- und Außenverhältnis bb) Bloß vorläufige Wirksamkeit der Organbestellung cc) Erforderlichkeit eines Beendigungsakts ΠΙ. Verlängerung der Amtszeit und Wiederbestellung (§ 8 4 Abs 1 Satz 2 bis 4) 1. Unterscheidung von Amtszeitverlängerung und Wiederbestellung . . 2. Voraussetzungen der Amtszeitverlängerung und der Wiederbestellung a) Erfordernis eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses b) Zeitpunkt der Beschlussfassung . c) Wiederholte Amtszeitverlängerung oder Wiederbestellung d) Bedeutung der Fünfjahresgrenze (§ 8 4 Abs 1 Satz 4) 3. Keine schuldrechtliche Bindung der AG hinsichtlich der Verlängerung . 4. Neufestsetzung der Amtszeit . . . . IV. Ernennung des Vorstandsvorsitzenden (§ 8 4 Abs 2)

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1. Übersicht 2. Beschluss des Aufsichtsrats a) Ausschließliche Kompetenz des Aufsichtsrats b) Mitbestimmte AG c) Anhörung des Betroffenen . . . 3. Abgrenzung zur Suspendierung . . 4. Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis 5. Vorliegen eines wichtigen Grundes a) Umfassendes Erfordernis . . . . b) Telos des Erfordernisses c) Zwingendes Erfordernis d) Abwägung e) Kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich wichtigen Grundes . . . f) Abberufungsermessen g) Fallgruppen des wichtigen Grundes für die Abberufung aa) Allgemeines bb) Grobe Pflichtverletzung . . . cc) Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung . dd) Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung aaa) Wegfall des Vertrauens . bbb) Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses

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Stand: 1. 10. 2 0 0 6

9.

ccc) Entlastungsverweigerung ddd) Keine offenbare Unsachlichkeit eee) Ermessen des Aufsichtsrats ee) Überschneidung der im Gesetz genannten Fallgruppen . . . ff) Weitere Fallgruppen aaa) Subjektive Gründe . . . bbb) Objektive Gründe . . . Zugang des Widerrufs FehlerhafterWiderruf Bedeutung von § 8 4 Abs 3 Satz 4 a) Einschränkende Auslegung . . . b) Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes Rechtsschutz des Vorstandsmitglieds im Abberufungsfall a) Klage gegen die AG

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(2)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

Rdn

Rdn b) Fehlen eines wichtigen Grundes aa) Wiedereinsetzung des Vorstandsmitglieds bb) Nachschieben von Gründen . cc) Revisionsinstanz dd) Erneuter Abberufungsbeschluss nach Verfahrensabschluss c) Andere Abberufungsfehler aa) Feststellungsklage bb) Einstweiliger Rechtsschutz d) Klage nach Amtszeitbeendigung e) Streitwert f) Beweislast g) Kollision zweier Vorstandsmitglieder 10. Auswirkungen der Abberufung auf das Anstellungsverhältnis 11. Abberufung des Arbeitsdirektors . . VI. Widerruf der Ernennung des Vorstandsvorsitzenden VII. Widerruf der Einsetzung als Vorstandssprecher V m . Amtsniederlegung des Vorstandsmitglieds 1. Allgemeines 2. Erfordernis eines wichtigen Grundes IX. Einvernehmliches Ausscheiden aus dem Vorstandsamt X . Einseitige Suspendierung der Vorstandsmitgliedschaft 1. Auslegung der einseitigen Suspendierung 2. Zulässigkeit der einseitigen Suspendierung 3. Aufsichtsratsbeschluss 4. Grund für die einseitige Suspendierung 5. Zeitraum der Suspendierung . . . . 6. Kein Wahlrecht des Aufsichtsrats . 7. Rechtsfolgen der einseitigen Suspendierung XI. Einvernehmliche Suspendierung . . . . ΧΠ. Weitere Fallgruppen der Beendigung oder Fortsetzung des Vorstandsamts 1. Amtszeitende 2. Tod oder Verlust der Geschäftsfähigkeit 3. Eintritt eines Ausschlussgrundes . . 4. Insolvenz 5. Abwicklung und Auflösung . . . . 6. Umwandlungsrechtliche Vorgänge . 7. Nichtigerklärung 8. Enteignung 9. Beendigung des Anstellungsvertrags ΧΙΠ. Anstellungsverhältnis 1. Wesen des Anstellungsverhältnisses a) Schuldrechtliche Vertragsbeziehung b) Anstellungsvertrag als besonderer Dienstvertrag

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§ 8 4

aa) Verhältnis bürgerlichrechtlicher und aktienrechtlicher Normen bb) Abgrenzung gegenüber dem Arbeitsvertrag cc) Keine Kaufmannseigenschaft des Vorstandsmitglieds . . . dd) Abgrenzung gegenüber gewöhnlichen Dienstverhältnissen

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ee) Besonderes Treue- und Fürsorgeverhältnis 2 . Umfang und Grenzen der anstellungsvertraglichen Gestaltungsfreiheit . . 3. Verhältnis korporationsrechtlicher und anstellungsvertraglicher Bestimmungen a) Keine korporationsrechtlich wirkende Bindung im Anstellungsvertrag

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b) Einfluss korporationsrechtlicher Bestimmungen auf den Anstellungsvertrag

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4. Zustandekommen des Anstellungsvertrags a) Abschluss des Anstellungsvertrags; Abschlusskompetenz aa) Zuständigkeit des Aufsichtsrats

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bb) Erforderlichkeit eines Beschlusses cc) Einschaltung eines Aufsichtsratsausschusses dd) Einschaltung einzelner Aufsichtsratsmitglieder b) Zugang der Willenserklärungen . c) Formfreiheit 5. Fehlerhafter Anstellungsvertrag a) Keine durchgängige Fehler- oder Fehlerfolgenidentität b) Fallgruppen der Fehlerhaftigkeit aa) Beschlussmängel bb) Inhaltliche Mängel c) Teilweise fehlerhafter Anstellungsvertrag d) Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsvertrag? e) Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis f) Voraussetzungen der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt g) Rechtsfolgen der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt h) Fehlerhafte Vertretung der AG bei Vertragsabschluss i) Vertretung der AG gegenüber dem Vorstandsmitglied j) Beendigung des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses

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§ 8 4

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft Rdn k) Fortwirkung des fehlerhaften Anstel lungs Verhältnisses . . . . 6. Drittanstellung, insbesondere im Konzern a) Unterschiede zum GmbH-Recht b) Autonome Leitungsbefugnis des Vorstands c) Mitbestimmte AG d) Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats e) Differenzierung nach Erscheinungsformen aa) Allgemeines bb) Drittanstellungsverträge mit außenstehenden Dritten . . . cc) Drittanstellungsverträge mit einem faktisch konzernverbundenen Unternehmen . dd) Drittanstellungsverträge mit einem beherrschungsvertraglich verbundenen Unternehmen f) Fazit 7. Dauer des AnstelIungsverhältnisses a) Ursprünglicher Anstellungsvertrag aa) Höchstdauer bb) Mindestdauer b) Verlängerung c) Neufestsetzung der Dauer der Amtszeit 8. Regelung von Vergütungsfragen a) Regelungsgegenstand b) Angemessenheit der Vergütung und deren zukünftige Sicherung . c) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Angemessenheitsgebot d) Anspruch auf Bezügeerhöhung? . e) Ruhegehalt aa) Charakter des Ruhegehalts . bb) Erfordernis ausdrücklicher Regelung cc) Keine Beeinflussung des Aufsichtsrats bei Wiederbestellung dd) Anwendung des BetrAVG . . ee) Vereinbarungen über Voraussetzungen und Berechnung des Ruhegehalts aaa) Vereinbarungen über Entstehungsvoraussetzungen bbb) Vereinbarungen über die Ruhegehalthöhe . . . . ccc) Wertsicherung und Anpassung der Altersversorgung ff) Minderung, Ausschluss und Verlust des Ruhegehalts aaa) Reduzierung von Ruhegeldzahlungen

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Rdn bbb) Reduzierung von Ruhegeldanwartschaften . . ccc) Schlechtleistung und Pflichtverletzung . . . . ddd) Existenzgefährdung der AG eee) Insolvenzsicherung . . . gg) Hinterbliebenenversorgung . f) Auslagenersatz g) Regress bei persönlicher Haftung des Vorstandsmitglieds? h) Straftaten und Ordnungswidrigkeiten i) Ausmaß des Ersatzes von Verfahrenskosten j) Erstattungsvereinbarungen . . . k) Weitere Fragen der Vergütungsleistung aa) Erfüllungsort bb) Verjährung cc) Kosten- und Streitwert . . . dd) Pfändungsschutz 9. Entgeltzahlung im Falle der Nichtleistung 10. Urlaub a) Allgemeiner Urlaubsanspruch . . b) Entsprechende Anwendung einzelner Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes

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S t a n d : 1. 1 0 . 2 0 0 6

c) Umfang und zeitliche Lage des Urlaubs Zeugnis Pflichten des Vorstandsmitglieds a) Ex lege bestehende Pflichten aa) Einzelne Pflichten bb) Generalpflicht b) Vertragliche Pflichten aa) Nebentätigkeitsverbot . . . . bb) Verpflichtung zu zusätzlicher Tätigkeit cc) Herausgabepflichten . . . . dd) Modifizierungen des Wettbewerbsverbots ee) Nachwirkende Pflichten . . . „Directors and Offices-Versicherung (D & O) a) Allgemeines b) Inhalt und Zweck der D & O-Versicherung c) Rechtsvergleich d) Rechtstatsächliche Fragen der D & Ο-Versicherungen e) Stellung der Organmitglieder bei der D & O-VerSicherung . . . . f) Erforderlichkeit einer Beteiligung der Hauptversammlung? . . . . g) Keine Fürsorgepflicht der AG . . h) Selbstbehalt Anwendung arbeitsrechtlicher Normen und Grundsätze auf den Anstellungsvertrag?

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(4)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 8 4

Rdn a) Ausdrückliche Regelung der Unanwendbarkeit arbeitsrechtlicher N o r m e n aa) Betriebsverfassungsrecht . . bb) Mitbestimmungsrecht . . . . cc) Kündigungsschutzrecht . . . dd) Arbeits- und sozialgerichtliches Verfahren ee) Weitere arbeitsrechtliche Normen b) Anwendung sonstiger N o r m e n und allgemeiner arbeitsrechtlicher Grundsätze? aa) Allgemeines bb) Schwerbehindertenschutz . . cc) H a f t u n g bei betriebsbezogener Arbeit dd) Betriebsübergang ee) Wettbewerbsverbot ff) Nachweisgesetz gg) Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz und betriebliche Ü b u n g Keine Sozialversicherungspflichtigkeit a) Keine Beschäftigung iS von § 7 S G B IV b) Ausdrückliche Regelung der Versicherungsfreiheit K ü n d i g u n g des Anstellungsverhältnisses a) Kündigung seitens der Gesellschaft aa) Ordentliche Kündigung a a a ) Zusammenspiel mit der Beendigung der O r g a n stellung bbb) Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung . . . ccc) Grenzen der ordentlichen Kündigung ddd) Kündigungsfristen . . . eee) Änderungskündigung fff) Auswirkung auf die Organstellung bb) Außerordentliche K ü n d i g u n g a a a ) Anforderungen im Überblick bbb) Wichtiger Grund a a a a ) Begriff des wichtigen Grundes . . bbbb) A n g a b e des wichtigen Grundes . . cccc) Interessenabwägung dddd) Erforderlichkeit eines personenbezogenen wichtigen Grundes eeee) Fallgruppen wichtiger G r ü n d e . .

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Anstellungsvertragliche Modifizierungen des „wichtigen G r u n d e s " . ccc) Frist für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung a a a a ) Bedeutung der Zwei-Wochen-Frist bbbb) Kündigungsrelevante Tatsachen . cccc) Aufsichtsrat als Kündigungsberechtigter . . . . dddd) Beginn der ZweiWochen-Frist . . eeee) Kenntnis aller maßgeblichen Tatsachen ffff) Dauertatbestand gggg) H e m m u n g der Zwei-Wochen-Frist hhhh) Mitbestimmte AG ddd) Anhörung und Abmahnung a a a a ) Anhörung . . . . bbbb) A b m a h n u n g . . . eee) Befristung der außerordentlichen Kündigung und weitere Vereinbarungen über die außerordentliche Kündigung a a a a ) Kündigungsfrist ex lege? bbbb) Vereinbarte Kündigungsfrist . . . cccc) Vertragsstrafe . . fff) Nachschieben von Kündigungsgründen . . . . ggg) Fortbestand des Anstellungsverhältnisses bei Fehlen der Kündigungsvoraussetzungen . . . . cc) Beschlusserfordernis für die Kündigung dd) Grenzen der Zuständigkeit des Aufsichtsrats ee) Ausspruch und Z u g a n g der Kündigung ff) F o r m gg) Eindeutige Z u o r d n u n g . . . hh) Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung; Darlegungs- und Beweislast . . . b) Kündigung des Anstellungsverhältnisses seitens des Vorstandsmitglieds aa) Ordentliche K ü n d i g u n g . . . bb) Außerordentliche Kündigung a u s wichtigem Grund a a a ) Kündigungsgründe . . .

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft Rdn bbb) Zwei-Wochen-Frist . . cc) Sonderkündigungsrecht nach § 87 Abs 2 Satz 3 dd) Verhältnis der Kündigung durch das Vorstandsmitglied zur Amtsniederlegung . . . . c) Kündigung des Anstellungsvertrags vor Amtsantritt . . . . d) Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung e) Rechtsfolgen der Kündigung des Anstellungsverhältnisses aa) Rechtsfolgen der rechtmäßigen Kündigung bb) Rechtsfolgen der rechtswidrigen Kündigung . . . . cc) Schadensersatz im Falle der durch vertragswidriges Verhalten veranlassten Kündigung . f) Wirksame Abberufung bei unwirksamer Kündigung 17. Sonstige Gründe der Beendigung des Anstellungsverhältnisses a) Befristung und auflösende Bedingung

Rdn

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aa) Befristung bb) Auflösende Bedingung . . . b) Aufhebungsvertrag c) Auswirkungen des Fehlens oder des Wegfalls der Bestellungsvoraussetzungen sowie des Vorliegens von Bestellungshindernissen nach § 76 Abs 3 auf das

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Anstellungsverhältnis 18. Beendigung des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses 19. Rechtsstreitigkeiten in Hinblick auf das Anstellungsverhältnis a) Rechtsweg b) Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen c) Schiedsvereinbarung XIV. Europäische Gesellschaft (SE) 1. Dualistische SE 2. Monistische SE 3. Gemeinsame Vorschriften für die dualistische und die monistische SE X V . Ausländisches Recht 1. Österreichisches Recht 2. Italienisches Recht 3. US-amerikanisches Recht

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Schrifttum Achenbach Ausweitung des Zugriffs bei den ahndenden Sanktionen gegen die Unternehmensdelinquenz, wistra 2002, 441; Adam Die Begrenzung der Aufsichtspflichten in der Vorschrift des § 130 OWiG, wistra 2003, 285; Adams Aktienoptionspläne und Vorstandsvergütungen, ZIP 2002, 1325; Aden Wissenszurechnung in der Körperschaft, NJW 1999, 3098; Albers/Bielert Kostenminimale Gestattung von finanziellen Nebenleistungen für Führungskräfte, ZfB 1996, 459; Altmeppen Gestattung zum Selbstkontrahieren in der GmbH, NJW 1995, 1182; ders Haftung der Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft für Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, ZIP 1995, 881; ders Verbandshaftung kraft Wissenszurechnung am Beispiel des Unternehmenskaufs, BB 1999, 749; ders Ungültige Vereinbarungen zur Haftung von GmbH-Geschäftsführern, DB 2000, 261; ders Zur Disponibilität der Geschäftsführerhaftung in der GmbH, DB 2000, 657; Armbrüster Wettbewerbsverbote im Kapitalgesellschaftsrecht, ZIP 1997, 1269; Baeck/Hopfner Schlüssige Aufhebungsverträge mit Organmitgliedern auch nach Inkrafttreten des § 623 BGB, DB 2000, 1914; Ballerstedt Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977, 156; Balzereit/Kassebohm/Kettler Umwelthaftung und Versicherungsschutz, BB 1996, 117; Bartram Die Praxis unternehmerischen Risikomanagements von Industrie- und Handelsunternehmen, FB 1999, 7; Bartsch Computerviren und Produkthaftung, CR 2000, 721; Bastuck Enthaftung des Managements: corporate indemnification im amerikanischen und deutschen Recht (1986); Bauer Kündigung und Kündigungsschutz vertretungsberechtigter Organmitglieder, BB 1994, 855; ders Rechtliche und taktische Probleme bei der Beendigung von Vorstandsverhältnissen, DB 1992, 1413; Bauer/Arnold Vorstandsverträge im Kreuzfeuer der Kritik - Zulässigkeit der vorzeitigen Wiederbestellung, von „Change-in-Control"-Klauseln und der Drittvergütung von Vorstandsmitgliedern unter Berücksichtigung der verschärften Publizitätspflichten, DB 2006, 260; Bauer/Baeck/Lösler Schriftform- und Zuständigkeitsprobleme beim Aufstieg eines Angestellten zum Geschäftsführer einer GmbH, ZIP 2003, 1821; Bauer/Diller Karenzentschädigung und bedingte Wettbewerbsverbote bei Organmitgliedern, BB 1995, 1134; dies Koppelung von Abberufung und Kündigung bei Organmitgliedern - Zulässige Gestaltung oder sittenwidrige Falle?, GmbHR 1998, 809; dies Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit GmbH-Geschäftsführern, GmbHR 1999, 885; dies Nachvertragliche

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Wettbewerbsverbote: Änderungen durch die Schuldrechtsreform, NJW 2002, 1609; BauerlGopfert! Siegrist Abberufung von Organmitgliedern: Wegfall der variablen Vergütung?, DB 2006, 1774; Bauerl Göpfert/Krieger Diskriminierungsrisiken bei Organmitgliedern, DB 2005, 595; Bauer/Krieger Formale Fehler bei Abberufung und Kündigung vertretungsberechtigter Organmitglieder, ZIP 2004, 1247; Bauer/Krets Gesellschaftsrechtliche Sonderregeln bei der Beendigung von Vorstands- und Geschäftsführerverträgen, DB 2003, 811; Bauer/Steinau-Steinrück Haftung von Organmitgliedern und sanktionierender „Widerruf" von Versorgungszusagen, ZGR 1999, 314; Baums Der Geschäftsleitervertrag (1987); Becker Innovative Vergütung: Wie Unternehmen eine Vergütungsstrategie entwickeln, BuW 2002, 36; Beckmann Termingeschäfte und Risikomanagement, FB 2000, 787; Beckmann/Miller Online übermittelte Informationen: Produkte i. S. des Produkthaftungsgesetzes?, M M R 1999, 14; Bedkowski Gesetzlicher Pflichtenkatalog für Geschäftsleiter versus Generalklausel - Vorschläge für ein Statement of Directors' Duties im Rahmen der Grundsatzreform des britischen Gesellschaftsrechts, RIW 2003, 105; Bednarz Die Kundgabe von Beschclüssen des Aufsichtsrats durch den Aufsichtsratsvorsitzenden - ein Fall des § 174 S. 1 BGB?, N Z G 2005, 418; BehrlKindl Zur Vertretung der Aktiengesellschaft gegenüber ehemaligen Vorstandsmitgliedern DStR 1999, 119; Berndt Erfolgreiches Risk-Management von Produktinnovationen, Innovatives Management (2000), S 243; Bernhardt Keine Aufsicht und schlechter Rat? - Zum Meinungsstreit um deutsche Aufsichtsräte, ZfB 1994, 1341; Bernhardt/Witt Unternehmensleitung im Spannungsfeld zwischen Ressortverteilung und Gesamtverantwortung, ZfB 1999, 825; Bettin Zur Berücksichtigung aufgelöster Rücklagen bei der Bemessung der dividendenabhängigen Vorstandstantieme, DB 2000, 263; Beuthien Gibt es eine organschaftliche Stellvertretung?, NJW 1999, 1142; T. Bezzenberger Der Vorstandsvorsitzende der Aktiengesellschaft, ZGR 1996, 661; Bierbaum Altersvorsorge: Lebenszyklus-Anlageprogramme für Führungskräfte und Freiberufler, Die Bank 2000, 668; Biletzki Die deliktische Haftung des GmbHGeschäftsführers für fehlerhafte Buchführung, ZIP 1997, 9; ders Das Prinzip der gesellschaftspolaren Haftungsorientierung - ein die Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers beschränkender Grundsatz?, NZG 1999, 286; ders Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers - Im Blickpunkt: § 823 Abs 2 BGB iVm § 41 GmbHG, BB 2000, 521; Binz/Sorg Erfolgsabhängige Vergütungen von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft auf dem Prüfstand - Zugleich eine Kritik an der ausufernden Gewährung von Aktienoptionen, BB 2002, 1273; Bittmann Keine Strafbarkeit nach § 266 a Abs 1 StGB ohne Lohnzahlung, wistra 1999, 441; ders Haftung für rückständige Arbeitnehmeranteile - Zur rechtsstaatlichen Anwendung des § 266 a Abs 1 StGB, DStR 2001, 855; Bittner/Krause E-Commerce und Risk-Management, BFuP 2001, 124; Bitz Abgrenzung des Risiko-Frühwarnsystems ieS nach KonTraG zu einem umfassenden Risiko-Managementsystem im betriebswirtschaftlichen Sinn, BFuP 2000, 231; Boemke Das Dienstverhältnis des GmbH-Geschäftsführers zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht, ZfA 1998, 209; Brebeck/Herrmann Zur Forderung des KonTraGEntwurfs nach einem Frühwarnsystem und zu den Konsequenzen für die Jahres- und Konzernabschlussprüfung, Wpg 1997, 381; Brooks Die Bedeutung der OECD-Konvention gegen internationale Korruption für den Aufsichtsrat, Vorstand und Abschlussprüfer einer deutschen Aktiengesellschaft, FS Peltzer (2001) S 27; Buchner/Schlobach Die Auswirkung der Umwandlung von Gesellschaften auf die Rechtsstellung ihrer Organpersonen, GmbHR 2004, 1; Buchta Die Haftung des Vorstands einer Aktiengesellschaft - aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung, DStR 2003, 694, 740; Burger/Buchhart Zur Berücksichtigung von Risiko in der strategischen Unternehmensführung, DB 2002, 593; Cahn Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für die Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, ZGR 1998, 367; Claussen/Korth Anforderungen an ein Risikomanagementsystem aus der Sicht des Aufsichtsrats, FS Lutter (2000) S 327; Clemm Macht, Verantwortung und Kontrolle in der Wirtschaft, BFuP 1992, 519; Clemm/Dürrschmidt Gedanken zur Schadensersatzpflicht von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Aktiengesellschaft für verlustverursachende Fehlentscheidungen, FS W. Müller (2001) S 67; Dauner-Lieb Wissenszurechnung im Gewährleistungsrecht - Ethische Neutralisierung der Arglist?, FS Kraft (1998) S 43; Deilmann Fehlen einer Directors &c Officers (D & O) Versicherung als Rücktrittsgrund für ein Organmitglied einer Aktiengesellschaft, N Z G 2005, 54; Densch/Kahlo Zur Ausschlußfrist des § 626 Abs 2 BGB bei fristloser Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers durch die Gesellschafterversammlung; DB 1983, 811; Deutscher/Körner Die strafrechtliche Produktverantwortung von Mitgliedern kollegialer Geschäftsleitungsorgane - Eine Einführung unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH, wistra 1996, 292, 327; Diederichs/Reichmann Risikomanagement und

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Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Risiko-Controlling in der Praxis - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, Controlling 2003, 229; Diller Kündigung des GmbH-Geschäftsführers wegen Spesenbetrugs - Von wichtigen, weniger wichtigen und gesuchten Kündigungsgründen, GmbHR 2006, 333; Dirks Die Umweltschutzbeauftragten im Betrieb, DB 1996, 1021; Doehring Zwangsarbeit und Reparationen, AG 2000, 69; Doleczik/Drewes Risikomanagement in Sportunternehmen und dessen Prüfung - Das Beispiel professioneller deutscher Fußballklubs, DB 2003, 1005; Dollmann Die Rückkehr zum ruhenden Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers durch § 623 BGB - Vertragliche Gestaltungsanforderungen angesichts einer zu erwartenden Modifikation der BAG-Rechtsprechung, BB 2003, 1838; Dose Die Rechtsstellung der einzelnen Vorstandsmitglieder in einem mehrgliedrigen Vorstand der AG, 3. Aufl (1975); Dreher Die Rechtsnatur der D &c O-Versicherung, DB 2005, 1669; ders Unternehmensbeauftragte und Gesellschaftsrecht - Der gesetzliche Bestellungszwang für Unternehmensbeauftragte, die gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit und die Zuständigkeits-, Informations- und Haftungsordnung der Gesellschaften, FS Claussen (1997) S 69; ders Die persönliche Haftung des GmbHGeschäftsführers für Sozialversicherungsbeiträge - Wider die Fortschreibung einer überkommenen Rechtsmeinung, FS Kraft (1998) S 59; ders Die Besteuerung der Prämienleistungen bei gesellschaftsfinanzierten Directors and Officers-Versicherungen, DB 2001, 996; ders Der Abschluss von D & O-Versicherungen und die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung, ZHR 165 (2001), 293; ders Change-of-control-Klauseln bei Aktiengesellschaften, AG 2002, 214; Dreher/Görner Der angemessene Selbstbehalt in der D &c O-Versicherung, ZIP 2003, 2321; Drexl Wissenszurechnung im Konzern, ZHR 161 (1997), 491; Drygala/Drygala Wer braucht ein Frühwarnsystem? - Zur Ausstrahlungswirkung des § 91 Abs 2 AktG, ZIP 2000, 297; DVKA Scorecard for German Corporate Governance, 2000; Eckardt Die Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung in Kapitalgesellschaften (1989); ders Koppelung der Beendigung des Anstellungsvertrages eines AG-Vorstandsmitgliedes an den Bestellungswiderruf?, AG 1989, 431; Eggemann/Konradt Risikomanagement nach KonTraG aus dem Blickwinkel des Wirtschaftsprüfers, BB 2000, 503; Ehrich Die gesetzliche Neuregelung des Betriebsbeauftragten für Abfall, DB 1996, 1468; Ehricke Zur Teilnehmerhaftung von Gesellschaftern bei Verletzungen von Organpflichten mit Außenwirkung durch den Geschäftsführer einer GmbH, ZGR 2000, 351; Emmerich Risikomanagement in Industrieunternehmen - gesetzliche Anforderungen und Umsetzung nach dem KonTraG, zfbf 1999, 1075; Erdmann Ausländische Staatsangehörige in Geschäftsführungen und Vorständen deutscher GmbHs und AGs, NZG 2002, 503; Faßbender/Netthaus Zum aktuellen Stand der Diskussion in der Frage der Wissenszurechnung, WM 2002, 1253; Feldhaus Die Rolle des Betriebsbeauftragten im Umwelt-Audit-System, BB 1995, 1545; Fischer Geschäftsführerdienstverträge und Urkundenprozess, NJW 2003, 333; ders Die Bestellung von Arbeitnehmern zu Organmitgliedern juristischer Personen und das Schicksal ihres Arbeitsvertrags, NJW 2003, 2417; Fissenewert Die Haftung des Vorstands der AG, BÜW 2003, 858; Flatten Dauer von Geschäftsführerverträgen - Ein Leitfaden für Vertragsverhandlungen, GmbHR 2000, 922; Fleck Die Drittanstellung des GmbH-Geschäftsführers, ZHR 149 (1985), 387; ders Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften in der Rechtsprechung des BGH, WM 1968, Sonderbeilage Nr. 3, WM 1981, Sonderbeilage Nr. 3, WM 1985, 677, WM 1994, 1957; ders Das Organmitglied - Unternehmer oder Arbeitnehmer?, FS Hilger/ Stumpf (1983) S 197; ders Zur Beweislast für pflichtwidriges Organhandeln, GmbHR 1997, 237; Fleischer Bestellungsdauer und Widerruf der Bestellung von Vorstandsmitgliedern im in- und ausländischen Aktienrecht, AG 2006, 429; ders Gelöste und ungelöste Probleme der gesellschaftsrechtlichen Geschäftschancenlehre, NZG 2003, 985; ders Anhörungsrechte bei der Abberufung von Geschäftsleitern im US-amerikanischen, englischen, französischen und schweizerischen Aktienrecht: Ein Vorbild für Deutschland?, RIW 2006, 481; ders Haftungsfreistellung, Prozesskostenersatz und Versicherung für Vorstandsmitglieder, WM 2005, 909; ders Unternehmensspenden und Leitungsermessen des Vorstands im Aktienrecht, AG 2001, 171; ders Zum Grundsatz der Gesamtverantwortung im Aktienrecht, NZG 2003, 449; ders Vorstandsverantwortlichkeit und Fehlverhalten von Unternehmensangehörigen - Von der Einzelüberwachung zur Errichtung einer Compliance-Organisation, AG 2003, 291; ders Zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit faktischer Organe, AG 2004, 517; ders Zur organschaftlichen Treuepflicht der Geschäftsleiter im Aktien- und GmbH-Recht, WM 2003, 1045; ders Zur Leitungsaufgabe des Vorstands im Aktienrecht, ZIP 2003, 1; Flore Steuerstrafrechtliche Risiken und Haftungsfolgen in der GmbH, GmbHR 1999, 163; Fonk Die betriebliche Altersversorgung für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, FS Semler (1993) S 139; ders

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Rechtsfragen nach der Abberufung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern, N Z G 1998, 408; Frank Verwaltungskompetenz des Testamentsvollstreckers und Organkompetenz - Zur Vereinbarkeit der Befugnisse eines fremdnützigen Vermögensverwalters mit dem Amt des Vorstands und des Aufsichtsrats in der AG, N Z G 2 0 0 2 , 898; Franzen Deliktische Haftung für Produktionsschäden, J Z 1999, 702; Frels Die Geschäftsverteilung im Vorstand der AG, Z H R 122 (1959), 8; ders Überweisung von Vertretungsmacht an einzelne Mitglieder des Vorstands der AG, Z H R 122 (1959), 173; Frerk Praktische Gedanken zur Optimierung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats, AG 1995, 212; Fruehauf Geschäftsverteilung in der Unternehmenspraxis, Z G R 1998, 407; Füser/Gleißner/Meier Risikomanagement (KonTraG) - Erfahrungen aus der Praxis, DB 1999, 753; Gebhardt Entwicklungen in der Berichterstattung über das Risikomanagement unter Einsatz derivativer Instrumente bei deutschen Industrie- und Handelsunternehmen, RIW 1997, 390; Gehm Haftung der gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigten für Abgabenverbindlichkeiten nach §§ 69, 34 und 35 AO, BuW 1999, 894; Gehrlein Strafbarkeit von Vorständen wegen leichtfertiger Vergabe von Unternehmensspenden, N Z G 2 0 0 2 , 463; Geißler Strittige Restanten bei der Haftung des GmbH-Geschäftsführers aus culpa in contrahendo, ZIP 1997, 2184; ders Die Haftung des faktischen GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 2003, 1106; Gernoth Die Überwachungspflichten des Aufsichtsrats im Hinblick auf das Risiko-Management und die daraus resultierenden Haftungsfolgen für den Aufsichtsrat, DStR 2001, 299; Gieseke Interessenkonflikte der GmbH-Geschäftsführer bei Pflichtenkollisionen, GmbHR 1996, 486; Glaum Die Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach HGB, US-GAAP und IAS: Neue Entwicklungen, DB 1997, 1625; Glaum/Förschle Finanzwirtschaftliches Risikomanagement in deutschen Industrie- und Handelsunternehmungen, DB 2000, 581; dies Rechnungslegung für Finanzinstrumente und Risikomanagement: Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, DB 2000, 1525; Glaum/Wirth Finanzinstrumente und Risikomanagement - Publizitätspflichten und Anforderungen an Treasury-Informationssysteme, ZfB 1998, ErgH 2, S 201; Gleißner Risikopolitik und Strategische Unternehmensführung, DB 2 0 0 0 , 1625; ders Wertorientierte Analyse der Unternehmensplanung auf Basis des Risikomanagements, FB 2 0 0 2 , 417; Gleißner/Füser Moderne Frühwarn- und Prognosesysteme für Unternehmensplanung und Risikomanagement, DB 2 0 0 0 , 933; Glöckner/Müller-Tautphaeus Rückgriffshaftung von Organmitgliedern bei Kartellrechtsverstößen, AG 2001, 344; Goette Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast der objektiven Pflichtwidrigkeit bei der Organhaftung, Z G R 1995, 648; ders Das Organverhältnis des GmbHGeschäftsführers in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, DStR 1998, 938; ders Das Anstellungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, DStR 1998, 1137; ders Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers in der Rechtsprechung des BGH, DStR 1998, 1308; ders Zur Umdeutung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung des GeschäftsführerAnstellungsvertrages, DStR 2 0 0 0 , 525; ders Leitung, Aufsicht, Haftung - zur Rolle der Rechtsprechung bei der Sicherung einer modernen Unternehmensführung, FS 5 0 Jahre BGH (2000) S 123; ders Der Geschäftsführerdienstvertrag zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, FS Wiedemann (2002) S 873; Götz Die Überwachung der Aktiengesellschaft im Lichte jüngerer Unternehmenskrisen, AG 1995, 337; ders Das „Überwachungssystem" im Sinne des § 91 Abs 2 AktG, DBW 2001, 393; ders Die vorzeitige Wiederwahl von Vorständen Kritisches zur Wiederbestellung vor Beginn des Jahreszeitraums des § 84 Abs 1 Satz 3 AktG, AG 2 0 0 2 , 305; ders Gesamtverantwortung des Vorstands bei vorschriftswidriger Unterbesetzung, ZIP 2 0 0 2 , 1745; Gran D & O-Versicherung in Deutschland und in den USA, DAJV-NL 1/2005, S 6; Grobys/Littger Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied einer AG - Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts im Anstellungsvertrag, BB 2 0 0 2 , 2 2 9 2 ; Groß Deliktische Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers, Z G R 1998, 551; Grumann/Gillmann Abberufung und Kündigung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft, DB 2003, 770; Grunewald Die Abberufung von Gesellschaftergeschäftsführern in der GmbH, FS Zöllner (1998) S 177; Haas Die Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes nach § 4 Abs 2 GmbHG, NJW 1997, 2854; ders Unwirksame Amtsniederlegung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers bei Insolvenz der GmbH, DStR 2001, 454; Habersack Die Freistellung des Organwalters von seiner Haftung gegenüber der Gesellschaft, FS Ulmer (2003) S 151; Hahn/Weber/Friedrich Ausgestaltung des Risikomanagementsystems in mittelständischen Unternehmen, BB 2 0 0 0 , 2620; Hartmann Der Sicherheitsbeauftragte, BuW 2003, 613; Haß Die persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei Wettbewerbsverstößen und Verletzung gewerblicher Schutzrechte, GmbHR 1994, 666; Heermann Unternehmerisches

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Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Ermessen, Organhaftung und Beweislastverteilung, ZIP 1998, 761; Heidenhain Nachvertragliches Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers, NZG 2002, 605; Heil/Russenschuck Die persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers - Im Blickpunkt: Grundsätze der sogenannten „Managerprodukthaftung", BB 1998, 1749; von Hein Grenzüberschreitende Produkthaftung für „Weiterfresserschäden": Anknüpfung an den Marktort ist interessengerechter, RIW 2000, 820, ders Die Rolle des US-amerikanischen CEO gegenüber dem Board of Directors im Lichte neuerer Entwicklungen, RIW 2002, 501; ders Vom Vorstandsvorsitzenden zum CEO?, ZHR 166 (2002), 464; Heinemann Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, BuW 2001, 113; Heller Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Geschäftsführern, GmbHR 2000, 371; Helmschrott Der Notgeschäftsführer - eine notleidende Regelung, ZIP 2001, 636; Henssler, Das Anstellungsverhältnis der Organmitglieder, RdA 1992, 289; Henze Aktienrecht - höchstrichterliche Rechtsprechung, 5. Aufl. (2002); ders Leitungsverantwortung des Vorstands - Überwachungspflicht des Aufsichtsrats, BB 2000, 209; ders Sachsenmilch: Ordnungsgemäße Besetzung eines nach zwingender gesetzlicher Vorgabe zweigliedrigen Vorstands bei Wegfall eines Mitglieds, BB 2002, 847; Hermanns/Tsambikakis Strafrechtliche Einstandspflichten beim Betrieb von GmbH und GmbH &c Co. KG, GmbHR 2001, 857; Heß Entschädigung für NS-Zwangsarbeit vor US-amerikanischen und deutschen Zivilgerichten, AG 1999, 145; Hey/Reck § 266 a StGB - Kein Ende der Diskussion?, GmbHR 1999, 760; Hirte Die Organisationsverfassung der italienischen Aktiengesellschaft nach neuem Recht - aus Sicht des deutschen Juristen, FS Raiser (2005), S 839; Hölters/Weber Vorzeitige Wiederbestellung von Vorständen, NZG 2005, 909; Hoffmann-Becking Zum einvernehmlichen Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern - Bemerkungen im Anschluss an die Entscheidung BGHZ 79, 38 „Poullain/WestLB", FS Stimpel (1985) S 589; ders Zur rechtlichen Organisation der Zusammenarbeit im Vorstand der AG, ZGR 1998, 497; ders Gestaltungsmöglichkeiten bei Anreizsystemen, NZG 1999, 797; ders Vorstandsvorsitzender oder CEO?, NZG 2003, 745; Holst/Holtkamp Risikoquantifizierung und Frühwarnsystem auf Basis der Value at Risk-Konzeption, BB 2000, 815; Holzkämper Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für nicht abgeführte Beiträge zur Sozialversicherung und der Einwand der Zahlungsunfähigkeit der GmbH, BB 1996, 2142; Hommelhoff Risikomanagement im GmbH-Recht, FS Sandrock (2000) S 373; ders Satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, BB 1977, 322; Hommelhoff/Mattheus Risikomanagement im Konzern - ein Problemaufriss, BFuP 2000, 217; Hommelhoff/Schwab Die Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers und sein Regress gegen die Gesellschafter, FS Kraft (1998) S 263; Hommelhoff/Timm Insolvenzschutz für die Geschäftsleiter-Betriebsrente, KTS 1981,1; Hopf Die Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat Zugleich ein Beitrag zur corporate governance-Debatte, FS Mestmäcker (1996) S 909; ders Europäisches Gesellschaftsrecht und deutsche Unternehmensverfassung - Aktionsplan und Interdependenzen, ZIP 2005, 461; Horstmeier Können angestellte Leitungsorgane von Gesellschaften ohne vorherige Abmahnung außerordentlich gekündigt werden?, GmbHR 2006, 400; Hucke Managerversicherungen: Ein Ausweg aus den Haftungsrisiken?, DB 1996, 2267; Hucke/Schröder Umwelthaftung von Konzernen, DB 1998, 2205; Hueck Die Rechtsstellung der Mitglieder von Organen der juristischen Personen, DB 1954, 275; G. Hueck Bemerkungen zum Anstellungsverhältnis von Organmitgliedern juristischer Personen, FS Hilger und Stumpf (1983) S 365; Hufnagel Softwareund Business-Patente - Herausforderung für das juristische Risikomanagement, M M R 2002, 279; Jacobi/Reufels Die strafrechtliche Haftung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen, BB 2000, 771; Jaeger Die Zuständigkeit des ArbG und Geltung des Kündigungsschutzes für Geschäftsführer, NZA 1998, 961; Jäger Die Haftung für Steuerverbindlichkeiten und Steuervergehen im Unternehmen - Ein Überblick aus Steuer-, zivil- und strafrechtlicher Sicht, BiBu 1995, 183; ders Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung für Organmitglieder juristischer Personen, DStR 1995, 724; ders Umweltrecht im Unternehmen Ein Überblick aus verwaltungs-, haftungs- und strafrechtlicher Sicht, BiBu 1996, 18; ders Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Gesellschafter-Geschäftsführers und des Gesellschafters, DStR 1996, 108; Jaeger/Luckey Das Zweite Schadensersatzrechtsänderungsgesetz - Ein Überblick über das neue Recht, MDR 2002, 1168; Jahns Effektives und schlankes Controlling für mittelständische Unternehmen, DStR 2000, 1239; Jakob Erfindungen eines Gesellschafters oder GesellschafterGeschäftsführers im Geschäftsbereich der GmbH, DStR 2000, 1122; Jander/Plecher Risikomanagement bei Finanzderivaten, WiB 1995, 137; Janke Risikomanagement - Kann das Risikomanagement

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

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halten, was es verspricht?, BuW 2000, 941; ders Stärkung der Rolle der Internen Revision in deutschen Unternehmen als Folge der Globalisierung - Neue Anforderungen an die Interne Revision, BuW 2002, 265; ders Neue Anforderungen an die Interne Revision, BuW 2003, 573; Janzen Vorzeitige Beendigung von Vorstandsamt und -vertrag, NZG 2003, 468; Jestaedt Die Vergütung des Geschäftsführers für unternehmensbezogene Erfindungen, FS Nirk (1992) S 493; ders Neue und alte Aspekte zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Sozialversicherungsbeiträge, GmbHR 1998, 672; Joecks Steuerstrafrechtliche Risiken in der Praxis - Ermittlungsschwerpunkte und Verschärfung der Rechtslage, DStR 2001, 2184; Jula Geschäftsführerhaftung gemäß § 43 GmbHG: Minimierung der Risiken durch Regelungen im Anstellungsvertrag?, GmbHR 2001, 806; Käppiinger Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit von Abfindungszahlungen, NZG 2003, 573; Kästner Aktienrechtliche Probleme der D & O-Versicherung, AG 2000, 113; ders Steuerrechtliche Probleme der D & O-Versicherung, DStR 2001, 195; Kagermann/Moritz „Managerial Compensation" als Instrument zur wertorientierten Unternehmensführung - Ein Praxisbericht der SAP AG, BFuP 1999, 603; Kaligin Angst vor der Steuerfahndung?, BB 2001, 2142; Kamanabrou Das Anstellungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers im Licht neuerer Rechtsprechung, DB 2002, 146; Kapp Dürfen Unternehmen ihren (geschäftsleitenden) Mitarbeitern Geldstrafen bzw -büßen erstatten?, NJW 1992, 2796; Kau/Kukat Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern bei Pflichtverletzungen nach dem Aktiengesetz, BB 2000, 1045; Kauffmann-Lauven Das ruhende Arbeitsverhältnis im Aktienrecht, NZA 2000, 799; Kessler Die Leitungsmacht des Vorstands einer Aktiengesellschaft, AG 1995, 61 und 120; Kieser/Kloster Wissenszurechnung bei der GmbH, GmbHR 2001, 176; Kieser/Spindler/Walgenbach Mehr Rechtssicherheit durch normative Managementkonzepte und Organisationsordnung?, zfbf 2002, 395; Kießling/Eicbele Amtsniederlegung des GmbH-Geschäftsführers und Registerlöschung, GmbHR 1999, 1165; Kiethe Persönliche Haftung von Organen der AG und der GmbH - Risikovermeidung durch D 8c O-Versicherung?, BB 2003, 537; ders Höchstgrenzen für Vorstandsbezüge im Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Aktienrechtsreform 2003 - verfassungswidrig und standortgefährdend, BB 2003, 1573; ders Das Recht des Aktionärs auf Auskunft über riskante Geschäfte (Risikovorsorge), NZG 2003, 401; ders Die Haftung von Geschäftsleitern für Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung in der Krise des Unternehmens, ZIP 2003, 1957; Kind Darf der Vorstand einer AG Spenden an politische Parteien vergeben?, NZG 2000, 567; Kless Beherrschung der Unternehmensrisiken: Aufgaben und Prozesse eines Risikomanagements, DStR 1998, 93; Klöbb Das interne Kontrollsystem im Rahmen der Jahresabschlussprüfung: IDW PS 260 versus ISA 400, DStR 2002, 415; Knapp Neues Umweltstrafrecht und betriebliche Praxis, BB 1994, 2219; Koch Das Abmahungserfordernis bei der außerordentlichen Kündigung von Organmitgliedern, ZIP 2005, 1621; ders Haftung der Unternehmensleitung für verspätete Datums- und Euroumstellung, ZIP 1998, 1748; Kort Voraussetzungen der Zulässigkeit einer D &c O-Versicherung von Organmitgliedern, DStR 2006, 799; Kögel Die Not mit der Notgeschäftsführung bei der GmbH, NZG 2000, 20; Kossbiel Überlegungen zur Effizienz betrieblicher Anreizsysteme, DBW 1994, 75; Kraft/Niederprüm Ist die Vergütung von Managern im Zeitablauf flexibler geworden?, zfbf 1999, 787; Krause Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB beim Aufstieg eines Arbeitnehmers zum Organmitglied, ZIP 2000, 2284; Kreutz Aufgaben und Stellung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten, BuW 2001, 918; Krey Qualitätssicherung in der Internen Revision, DB 2001, 2460; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats (1981); ders Zahlungen der Aktiengesellschaft im Strafverfahren gegen Vorstandsmitglieder, FS Bezzenberger (2000) S 211; Kromschröder/Lück Grundsätze risikoorientierter Unternehmensüberwachung, DB 1998, 1573; Kronstein Vorstandsbestellung und Vorstandsanstellung ZB1HR 1932, 127; Kropff Zur Information des Aufsichtsrats über das interne Überwachungssystem, NZG 2003, 346; Küppers/Dettmeier/Koch D & O-Versicherung: Steuerliche Implikationen für versicherte Personen?, DStR 2002, 199; Kuhl/Nickel Risikomanagement im Unternehmen - Stellt das KonTraG neue Anforderungen an die Unternehmen?, DB 1999, 133; Kuhn Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, WM 1955, 12; Kukat Vorsicht ist besser als Nachsicht - Praktische Hinweise zur Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer und zur Anrechnung anderweitigen Erwerbs, BB 2001, 951; Kullmann Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Produkthaftpflichtrecht, NJW 1999, 96, NJW 2000, 1912, NJW 2002, 30, NJW 2003, 1908; Kutzer Prozesspfleger statt Notgeschäftsführer - ein praktikabler Ausweg in Verfahren gegen organlose Kapitalgesellschaften, ZIP 2000, 654; Lange Die D & O-Versicherungsverschaffungsklausel im Manageranstellungsvertrag, ZIP 2004, 2221: ders Praxisfragen der D &c O-

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Versicherung, DStR 2002, 1626 und 1674; ders D 8c O-Versicherung: Innenhaftung und Selbstbehalt, DB 2003, 1833; ders Die Eigenschadenklausel in der D 8c O-Versicherung, ZIP 2003, 466; Laub Grenzen der Spendenkompetenz des Vorstands, AG 2002, 308; Laupenmühlen/Münz Die neue SEC-Berichtsvorschrift zum Marktrisiko, DB 1998, 2025; Lehmann Zur rechtlichen Beurteilung von Vorstandsverträgen mit nicht beschlussfähigem Aufsichtsratsausschuss, FS Barz (1974) S 189; Lehner/Schmidt Risikomanagement im Industrieunternehmen, BFuf 2000, 261; Link Die Amtsniederlegung durch Gesellschaftsorgane (2003); Leuchten Zur vorzeitigen Wiederbestellung von Vorständen, NZG 2005, 909; Linker/Zinger Rechte und Pflichten der Organe einer Aktiengesellschaft bei der Weitergabe vertraulicher Unternehmensinformationen, NZG 2002, 497; Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht (1996); Lohr Die Beschränkung der Innenhaftung des GmbH-GF, NZG 2000, 1204; ders Die fristlose Kündigung des Dienstvertrages eines GmbHGF, NZG 2001, 826; ders Die Amtsniederlegung des GmbH-Geschäftsführers - Voraussetzungen der Niederlegung und Folgen für das Anstellungsverhältnis, DStR 2002, 2173; ders Die Amtsniederlegung des GmbH-Geschäftsführers, RNotZ 2002, 164; Louven Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialrechtlichen Status des GmbH-Geschäftsführers, DB 1999, 1061; Lück Elemente eines Risiko-Managementsystems - Die Notwendigkeit eines Risiko-Managementsystems durch den Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), DB 1998, 8; ders Der Umgang mit unternehmerischen Risiken durch ein Risikomanagementsystem und durch ein Überwachungssystem - Anforderungen durch das KonTraG und Umsetzung in der betrieblichen Praxis, DB 1998, 1925; ders Managementrisiken im Risikomanagementsystem, DB 2000, 1473; ders Chancenmanagementsystem - neue Chancen für Unternehmen, BB 2001, 2312; Lück/Jahns Controlling zur Führungsunterstützung mittelständischer Unternehmen, Wpg 1997, 126; Lück/Schüttrich Zusammenarbeit von Interner Revision und Abschlussprüfer in den USA, DBW 1993, 361; Lüke/Mulansky Sozialversicherungsbeiträge im Insolvenz- und Strafrecht, ZIP 1998, 673; Lutter Gefahren persönlicher Haftung für Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, DB 1994, 129; ders Haftungsrisiken des Geschäftsführers einer GmbH, GmbHR 1997, 329; ders Haftung und Haftungsfreiräume des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 2000, 301; ders Corporate Governance und ihre aktuellen Probleme, vor allem: Vorstandsvergütung und ihre Schranken, ZIP 2003, 737; Lutter/Krieger Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl (2002); Mageiii/Masotto Organe der Societa per Azioni nach der Reform des italienischen Gesellschaftsrechts, RIW 2004, 903; Magrini Italienisches Gesellschaftsrecht (2004); Manger Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 2001, 89; Mankowski Organpersonen und Internationales Arbeitsrecht, RIW 2004, 167; Martens Allgemeine Grundsätze zur Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes, AG 1976, 112; ders Der Grundsatz gemeinsamer Vorstandsverantwortung, FS Fleck (1988) S 191; ders Die außerordentliche Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnis, FS Werner (1984) S 495; Medicus Die interne Geschäftsverteilung und die Außenhaftung von GmbH-Geschäftsführern, GmbHR 1998, 9; ders Deliktische Außenhaftung der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer, ZGR 1998, 570; ders Neue Rechtsprechung zur Außenhaftung von GmbH-Geschäftsführern wegen der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, GmbHR 2000, 7; ders Die Außenhaftung des Führungspersonals juristischer Personen im Zusammenhang mit Produktmängeln, GmbHR 2002, 809; Meier/Pech Bestellung und Anstellung von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften und Geschäftsführern in einer GmbH, DStR 1995, 1195; Meilicke Selbstkontrahieren nach europäischem Gemeinschaftsrecht, RIW 1996, 713; Mennicke Zum Weisungsrecht der Gesellschafter und der Folgepflicht des Geschäftsführers in der mitbestimmungsfreien GmbH, NZG 2000, 622; Mensch Risikomanagement - Aufgaben und Lösungsansätze im Controlling, BuW 2003, 485; Menzer Umweltrisiken und Managementhaftung in der GmbH beispielhafte Betrachtung nach dem BImSchG, GmbHR 2001, 506; Merkt Unternehmensleitung und Interessenkollision, ZHR 159 (1995), 423; Mertens Der Vorstand darf zahlen - Zur Beteiligung von Aktiengesellschaften an der Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft: „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", AG 2000, 157; ders Verfahrensfragen bei Personalentscheidungen des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZGR 1983, 189; Meyer Die neue BGH-Rechtsprechung zur Produkthaftung gegenüber Kindern, DStR 1999, 1319; Miller Mindestdauer und Kündigungsfristen des Anstellungsvertrages von AG-Vorstandsmitgliedern, BB 1973, 1088; Mochty/Gorny Anforderungen an die externe und interne Überwachung in Zeiten organisatorischen Wandels, Wpg 2001, 537; Möllers Qualitätsmanagement, Umweltmanagement und Haftung, DB 1996, 1455; Morawietz Die Abberu-

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Bestellung und Abberufung des Vorstands fung der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zweipersonen-GmbH bei tiefgreifendem Zerwürfnis, GmbHR 2000, 637; Moll Zur Insolvenzsicherung der Betriebsrenten von Gesellschafter-Geschäftsführern, ZIP 1980, 453; Mosiek Risikosteuerung in Unternehmen und Untreue, wistra 2003, 370; Müller-Hengstenberg Risikomanagement in DV-Projekten, CR 1999, 789; Nagel Internationales Produkthaftungsrecht im transatlantischen Konflikt der Rechtsordnungen, DB 2001, 1075; Nebendahl Ansprüche eines GmbH-Geschäftsführers aus betrieblicher Übung?, NZA 1992, 289; Neelmeier/Huth Ausländer als Geschäftsführer einer GmbH, GmbHR 2005, 1409; Neusei Die persönliche Haftung des Geschäftsführers für Steuern der GmbH, GmbHR 1997, 1129; ders Lohnsteuerhaftung: Beratungshinweise für den GmbH-Geschäftsführer, GmbHR 1998, 731; Neye/Teichmann Der Entwurf für das Ausführungsgesetz zur Europäischen Aktiengesellschaft; AG 2003, 169; Niehues Negativ-Tantiemen als Alternative zu Stock-Options, DB 2002, 2395; Niewiarra Verträge zwischen Vorstand und Aktionär, BB 1998, 1961; Nonhoff Rechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Director's &c Officer's-Versicherung - Effektiver Schutz von Vorständen und Aufsichtsräten gegen Haftungsrisiken, NJW 2003, 1350; Oberrath Anwendung von Arbeitsrecht auf den GmbH-Geschäftsführer, MDR 1999, 134; Oetker Neues zur Arbeitnehmerhaftung durch § 619a BGB?, BB 2002, 43; Olbertz Die Lohnsteuer-Haftung des Arbeitgebers, DB 1998, 1787; Pahlke Risikomanagement nach KonTraG - Überwachungspflichten und Haftungsrisiken für den Aufsichtsrat, NJW 2002, 1680; Pape/Voigt Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer, WiB 1996, 829; Peltzer Rechtsprobleme beim unfreiwilligen vorzeitigen Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften und Geschäftsführern von Gesellschaften mbH, BB 1976, 1249; ders Wider den „greed" - Betrachtungen zu §§ 86 und 87 AktG, FS Lutter (2000) S 571; Penner Tod eines Wiedergängers? „Vorsätzliche" contra „wissentliche" Pflichtverletzung in der D & O-Versicherung, VersR 2005, 1359; Pesch Der Urkundsprozess als prozesstaktisches Mittel bei der außerordentlichen Kündigung von Organmitgliedern, NZA 2002, 957; Peus Haftungsgefahren für GmbH-Geschäftsführer im laufenden Geschäftsbetrieb, besonders aufgrund öffentlich-rechtlicher Pflichtenstellung, DStR 1998, 684; Philipp Darf der Vorstand zahlen? - Die Zwangsarbeiter und das Aktienrecht, AG 2000, 62; ders Entschädigung von Zwangsarbeitern im rechtsfreien Raum? - Notizen zu einem Gesetzentwurf, AG 2000, 353; Plagemann/Radtke-Schwenzer GmbH-Geschäftsführer: „Arbeitnehmerähnlich"? - Zur Rentenversicherungspflicht mitarbeitender Gesellschafter gem. § 2 Nr. 9 SGB VI, NZG 2006, 281; Pollanz Konzeptionelle Überlegungen zur Einrichtung und Prüfung eines Risikomanagementsystems Droht eine Mega-Erwartungslücke?, DB 1999, 393; ders Ganzheitliches Risikomanagement im Kontext einer wertorientierten Unternehmensführung (Risk Adjusted Balanced Scorecarding), DB 1999, 1277; Pollen Anwendbarkeit der Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit auf den GmbHGeschäftsführer?, BB 1984, 989; Preussner/Becker Ausgestaltung von Risikomanagementsystemen durch die Geschäftsleitung - Zur Konkretisierung einer haftungsrelevanten Organisationspflicht, NZG 2002, 846; Preusner/Zimmermann Risikomanagement als Gesamtaufgabe des Vorstands, AG 2002, 657; Priester Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses bei unterbesetztem Vorstand, FS Kropff (1997) S 591; Pritsch/Hommel Hedging im Sinne des Aktionärs - Ökonomische Erklärungsansätze für das unternehmerische Risikomanagement, DBW 1997, 672; Pröpper Durchsetzung des Vergütungsanspruchs von Geschäftsführern und Vorständen nach fristloser Kündigung im Urkundenprozess, BB 2003, 202; Pusch Vollmachtsnachweis bei Abberufung und Kündigung von Vorstandsmitgliedern, RdA 2005, 170; Raiser Kenntnis und Kennenmüssen von Unternehmen, FS Bezzenberger (2000) S 561; von Randow Derivate und Corporate Governance, ZGR 1996, 594; Ranft „Vorenthalten" von Arbeitnehmerbeiträgen - Bemerkungen zur Auslegung des § 266 a Abs 1 StGB, DStR 2001, 132; Ransiek Strafrecht im Unternehmen und Konzern, ZGR 1999, 613; Reck Neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur zur Strafbarkeit der Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge, BuW 2000, 157; ders Neue Rechtsprechung zur Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer, ZInsO 2002, 16; Reese Die Haftung von „Managern" im Innenverhältnis, DStR 1995, 532; ders Die Haftung von „Managern" im Außenverhältnis, DStR 1995, 688; ders Anspruchsgrundlagen und Probleme der Umwelthaftung, DStR 1996, 24; Rehbinder Rechtliche Schranken der Erstattung von Bußgeldern an Organmitglieder und Angestellte, ZHR 148 (1984), 555; Reinecke Klagen von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern vor den Arbeitsgerichten, ZIP 1997, 1525; Reiserer Der GmbH-Geschäftsführer in der Sozialversicherung Scheinselbständiger, Arbeitnehmerähnlicher oder freier Unternehmer?, BB 1999, 2026; ders Der

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

GmbH-Geschäftsführer - ein Arbeitnehmer? - Eine völlige Kehrtwende in der Rechtsprechung, DStR 2000, 31; ders Die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags des GmbH-Geschäftsführers, BB 2002, 1199; Reiserer/Vorholt Geringfügige Beschäftigung: ein Fall für den Staatsanwalt?, BB 2001, 1843; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse (1986); Reuter Bestellung und Anstellung von Organmitgliedern im Körperschaftsrecht, FS Zöllner (1998) S 487; Röder/Lingemann Schicksal von Vorstand und Geschäftsführer bei Unternehmensumwandlungen und Unternehmensveräußerungen, DB 1993, 1341; Rönnau Die Strafbarkeit des Arbeitgebers gemäß § 2 6 6 a Abs 1 StGB in der Krise des Unternehmens, wistra 1997, 13; Rotsch Unternehmen, Umwelt und Strafrecht - Ätiologie einer Misere, wistra 1999, 321 und 368; Rottnauer Konstituierung der HV durch einen „unterbesetzten Vorstand", N Z G 2000, 414; ders Einbeziehung aufgelöster Gewinnrücklagen bei Ermittlung einer dividendenabhängigen Vorstandstantieme, N Z G 2001, 1009; Säcker Die Anpassung der Satzung der Aktiengesellschaft an das Mitbestimmungsgesetz, DB 1977, 1791; ders Kompetenzstrukturen bei Bestellung und Anstellung von Mitgliedern des unternehmerischen Leitungsorgans, BB 1979, 1321; ders Rechtsprobleme beim Widerruf der Bestellung von Organmitgliedern und Ansprüche aus fehlerhaften Anstellungsverträgen, FS G. Müller (1981) S 745; Salzberger Die Überwachung des Risikomanagements durch den Aufsichtsrat - Überwachungspflichten und haftungsrechtliche Konsequenzen, DBW 2000, 756; Sandmann Zur haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit des „Prokuristen" bei gemischter Gesamtvertretung, N Z A 1999, 457; Schäfer Beschlussanfechtbarkeit bei Beschlussvorschlägen durch einen unterbesetzten Vorstand, Z G R 2003, 147; Scbäferhoff/Gerster Die Strafbarkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsbefugnis wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmersozialbeiträgen, ZIP 2001, 905; Scharfenberg Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG für Arbeitgeberzuschüsse zur Rentenversicherung von Vorstandsmitgliedern, DStR 1998, 1623; Scharpf Die Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers einer G m b H - Pflicht zur Einrichtung eines Risikomanagement- und Überwachungssystems aufgrund der geplanten Änderung des AktG auch für den GmbH-Geschäftsführer, DB 1997, 737; Scharpf/Epperlein Risikomanagement derivativer Finanzinstrumente, BFuP 1995, 209; Scherer Können die „Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmungsleitung (GoU)" zu einer Verbesserung der Managementpraxis beitragen?, BFuP 2000, 84; Scherer/Butt/Reimertshofer Risiken der internationalen Produkthaftung aus der Sicht eines deutschen Unternehmers, DB 1999, 469; Schiedermair Der ausländische Geschäftsführer einer GmbH, FS Bezzenberger (2000) S 393; Schley Französisches Produkthaftungsrecht - fehlerhafte Umsetzung der Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG, RIW 2002, 785; Schlutz Haftungstatbestände des Produkthaftungsrechts, DStR 1994, 707, 791 und 1811; Schmalenbach-Gesellschaft Projekte, Projektorganisation und Projektüberwachung, DB 2002, 281; Ch. Schmid Die gemeinschaftsrechtliche Überlagerung der Tatbestände des Missbrauchs der Vertretungsmacht und des Insichgeschäfts, AG 1998, 127; F. A. Schmid Vorstandsbezüge, Aufsichtsratsvergütung und Aktionärsstruktur, ZfB 1997, 67; Schmidbauer Risikomanagement im Kontext wertorientierter Unternehmensführung, DB 2000, 153; Schmidt-Salzer Öko-Audit und sonstige Managementsysteme in organisationsrechtlicher, haftungsrechtlicher und versicherungsrechtlicher Sicht, WiB 1996, 1; Schmitz/Glöckner D&O-Versicherungen: Aktuelle Entwicklungen auf dem D 8c O-Versicherungsmarkt, AG-Report 2003, 206; 17. H. Schneider Gesellschaftsrechtliche und öffentlich-rechtliche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unternehmensorganisation - Zur Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch öffentlichrechtliche Verhaltenspflichten und öffentlich-rechtliche Strukturnormen, DB 1993, 1909; ders Die Überlagerung des Konzernrechts durch öffentlichrechtliche Strukturnormen und Organisationspflichten - Vorüberlegungen zu „Compliance im Konzern", Z G R 1996, 225; ders Abmahnung des Geschäftsführers vor Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund?, GmbHR 2003, 1; ders Compliance als Aufgabe der Unternehmensleitung, ZIP 2003, 645; ders Haftungsmilderung für Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer bei fehlerhafter Unternehmensleitung?, FS Werner (1984) S 795; Schnelle Wettbewerbsverbot für Gesellschafter-Geschäftsführer bei Unternehmensverkauf, G m b H R 2000, 599; Schockenhoff/Topf Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen an die Abberufung eines Vorstandsmitglieds und die Kündigung seines Anstellungsvertrags, DB 2005, 539; Schroeder Darf der Vorstand der Aktiengesellschaft dem Aktienkäufer eine Due Diligence gestatten?, DB 1997, 2161; Schüppen/Sanna D & O-Versicherungen: Gute und schlechte Nachrichten!, ZIP 2002, 550; Schuhmann Zur Amtsniederlegung eines GmbH-Geschäftsführers, N Z G 2002, 706; Schulz Umweltrechtliche Haftung von Vorständen und Geschäftsführern, DB 1996, 1663; Schumacher-Mohr Das Abmahnungserfordernis im Fall der außerordentlichen Kündigung von Organmitgliedern - Was gilt

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

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nach der Schuldrechtsreform?, DB 2002, 1606; dies Fristprobleme bei der außerordentlichen Kündigung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft, ZIP 2002, 2245; Schuster-Bonnot Die Rechtsnatur des zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied geschlossenen Anstellungsvertrages, FS Kastner (1972) S 421; Schwager Der Interne Revisor - Ein Beitrag zur Prüfung eines Vorurteils, DB 2000, 2337; ders Neueste Entwicklungen in der internen Revision - Anmerkungen zum Revisionsstandard des Deutschen Instituts für Interne Revision zum Rahmenwerk des Institute of Internal Audits und zur Innovationsfunktion, DB 2001, 2105; ders Outsourcing der Internen Revision, DB 2003, 2133; Schwalbach Entwicklung der Managervergütung, BFuP 1999, 592; Schwalbach/Graßhoff Managervergütung und Unternehmenserfolg, ZfB 1997, 203; Schwarz Die Gesamtvertreterermächtigung - Ein zivil- und gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut, N Z G 2001, 529; ders Rechtsfragen der Vorstandsermächtigung nach § 78 Abs 4 AktG, ZGR 2001, 744; ders Die satzungsmäßige Aufsichtsratsermächtigung zur Bestimmung der Anzahl der Vorstandsmitglieder zur richtlinienkonformen Auslegung des § 76 Abs 2 Satz 2 AktG, DStR 2002, 1306; ders Vertretungsregelungen durch den Aufsichtsrat (§ 78 Abs 3 Satz 2 AktG) und durch Vorstandsmitglieder (§ 78 Abs 4 Satz 1) - Zur Richtlinienkonformität des aktienrechtlichen Organvertretungsrechts, Z H R 166 (2002), 625; Schwerdtfeger Änderung der beschränkten Steuerpflicht für Geschäftsführer, Vorstände und Prokuristen im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2001, IStR 2002, 361; Schwetzler Shareholder Value Konzept, Managementanreize und Stock Option Plans, DBW 1999, 332; Schwintowski Kapitalanlage und Risikoüberwachung im werbenden Unternehmen, FS Schimansky (1999) S 761; Seibert Die Entstehung des § 91 Abs 2 AktG im KonTraG -„Risikomanagement" oder „Frühwarnsystem"?, FS Bezzenberger (2000) S 427; Semler Leistungs- und erfolgsbezogene Vorstandsvergütungen, FS Budde (1995) S 599; ders Die Überwachung des RisikomanagementSystems durch den Aufsichtsrat, DBW 2001, 391; ders Entscheidungen und Ermessen im Aktienrecht, FS Ulmer (2003) S 627; ders Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft: die Leitungsaufgabe des Vorstands und die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, 2. Aufl (1996); Sieg Tendenzen und Entwicklungen der Managerhaftung in Deutschland, DB 2002, 1759; Simon Die nur teilweise Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot und das Handelsregister, G m b H R 1999, 588; Slabschi Die Einhaltung der Frist des § 626 Abs 2 BGB als Voraussetzung der Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses?, ZIP 1999, 391; Spannagl/Häßler Ein Ansatz zur Implementierung eines Risikomanagement-Prozesses, DStR 1999, 1826; Spohr Vorstandsmitglieder im Sozialversicherungsrecht und Aktiengesellschaften im Internationalen Privatrecht, BB 2005, 2745; Stein Das faktische Organ (1984); dies GmbH-Geschäftsführer: Goldesel für leere Sozialkassen? - Die Haftungsfalle des § 266 a StGB, DStR 1998, 1055; dies Die Grenzen vollmachtloser Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern, AG 1999, 28; dies Die neue Dogmatik der Wissensverantwortung bei der außerordentlichen Kündigung von Organmitgliedern der Kapitalgesellschaften, ZGR 1999, 264; Sprung/Wenzel Studien zu § 75 Abs 1 Satz 3 Aktiengesetz 1965, FS Krejci (2001) S 868; Steinbeck/Menke Kündigungsklauseln in Vorstandsanstellungsverträgen, DStR 2003, 940; Steitz/Seethaler Performancemessung und Benchmarking als Entscheidungshilfe für den Finanzvorstand bei der strategischen Ausrichtung im Währungsmanagement, FB 2002, 576; Stelter/Roos Wertorientierte Anreizsysteme als Bestandteile eines integrierten Wertmanagement, DStR 1999, 1122; Stichler Rechtswegzuständigkeit bei Führungskräften, BB 1998, 1531; Sturm Geschäftsführer-Innenhaftung: Dispositivität der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 4 3 Abs 4 GmbHG, G m b H R 2003, 573; Terlau Das Jahr-2000-Problem und das Risikomanagement im Unternehmen - Ein Beitrag zur Verantwortlichkeit von Managern, CR 1999, 284; Theisen Risikomanagement als Herausforderung für die Corporate Governance, BB 2003, 1426; Theobald Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern in der Aktiengesellschaft, FS Raiser (2005) S 421; Thümmel/Sparberg Haftungsrisiken der Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Beiräte sowie deren Versicherbarkeit - Anmerkungen zu Directors' und Officers' Policen in Deutschland, DB 1995, 1013; Thüsing Geltung und Abdingbarkeit des BetrAVG für Vorstandsmitglieder einer AG, AG 2003, 484; ders Die Angemessenheit von Vorstandsvergütungen - Mögliche Handlungsoptionen zur Sicherstellung, DB 2003, 1612; ders Auf der Suche nach dem iustum pretium der Vorstandstätigkeit - Überlegungen zur Angemessenheit im Sinne des § 87 Abs 1 Satz 1, ZGR 2003, 457; Tröger Neues zur Anfechtung bei Informationspflichtverletzungen, N Z G 2002, 211; Trölit&ch Die Amtsniederlegung von Geschäftsführern in der Krise der GmbH, GmbHR 1995, 857; Uhlenbruck Die Kündigung und Vergütung von Beratern, Vorständen und Geschäftsführern in der Unternehmensinsolvenz, BB 2003, 1185;

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Ulmer Stimmrechtsschranken für Aufsichtsratsmitglieder bei eigener Kandidatur zum Vorstand, NJW 1982, 2288; Vagts Das Gefalle bei den Gehältern von Spitzenmanagern - Amerika gegen den Rest der Welt, FS Lutter (2000) S 767; van Venrooy Das strafrechtliche Risiko des Geschäftsführers bei Verletzung von Geheimhaltungspflichten, GmbHR 1993, 609; Vetter Aktienrechtliche Probleme der D 8c O-Versicherung, AG 2000, 453; Vogler/Engelhard/Gundert Risikomanagementsysteme Stand der Umsetzung - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, DB 2000, 1425; Vogler/ Gundert Einführung von Risikomanagementsystemen - Hinweise zur praktischen Ausgestaltung, DB 1998, 2377; Vollmer Die Gewinnbeteiligung von konzernleitenden Vorstandsmitgliedern, FS Großfeld (1999) S 1269; Vonnemann Organisations- und Informationspflichten der Unternehmensleitung einer AG oder GmbH im Zusammenhang mit dem Jahr-2000-Problem, DB 1999, 1049; Wächter Ausländer als GmbH-Gesellschafter und -Geschäftsführer, ZIP 1999, 1577; ders Amtsniederlegung von GmbH-Geschäftsführern, GmbHR 2001, 1129; Waclawik Modulare Erfolgsvergütung von Vorstandsmitgliedern börsennotierter Aktiengesellschaften, DB 2002, 1461; Wagenhofer/ Riegler Gewinnabhängige Managemententlohnung und Investitionsanreize, BFuP 1999, 70; D. Wagner Personalvorstände (Arbeitsdirektoren) in mitbestimmten Unternehmen DBW 1993, 647; K.-R. Wagner Führungskräftebeteiligungsmodelle: Bausteine unternehmerischer Führung auch außerhalb von Shareholder Value, NZG 1998, 127; Wagner/Grawert/Langemeyer Cafeteria-Systeme als Möglichkeit der Flexibilisierung und Individualisierung von Entgeltbestandteilen für Führungskräfte, BFuP 1992, 255; Wall Kompatibilität des betriebswirtschaftlichen Risikomanagement mit den gesetzlichen Anforderungen? - Eine Analyse mit Blick auf die Abschlussprüfung, Wpg 2003, 457; Wank Der Fremdgeschäftsführer der GmbH als Arbeitnehmer, FS Wiedemann (2002) S 587; Weber Gewinnund Verlustbeteiligung des Vorstands, BB 1994, 1088; ders Neue Perspektiven des Controlling, BB 2000, 1931; Weber/Burmester Die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit bei Streitigkeiten von Organvertretern mit „ihrer" juristischen Person, GmbHR 1997, 778; Weber/Dahlbender Die Verlängerung von Anstellungsverträgen mit Vorständen, DB 1996, 2373; Weber/Schäffer Sicherstellung der Rationalität von Führung als Aufgabe des Controlling?, DBW 1999, 731; Weber/Weißenberger/Liekweg Ausgestaltung eines unternehmerischen Chancen- und Risikomanagements nach dem KonTraG, DStR 1999, 1710; Wegner Neue Fragen bei § 266 a Abs 1 StGB - eine systematische Übersicht, wistra 1998, 283; Weidemann/Wieben Zur Zertifizierbarkeit von Risikomanagement-Systemen, DB 2001, 1789; Weimar Grundprobleme und offene Fragen um den faktischen GmbH-Geschäftsführer, GmbHR 1997, 473 und 538; Weisner/Kalling Herausforderung für den Aufsichtsrat: Herabsetzung von Vorstandsbezügen in Zeiten der Krise, NZG 2003, 465; Wenger/Knoll Aktienkursgebundene Management-Anreize: Erkenntnisse der Theorie und Defizite der Praxis, BFuP 1999, 565; von Werder Organisation der Unternehmensleitung und Haftung des Top-Managements, DB 1987, 2265; ders Management: Mythos oder regelgeleitete Kunst des Möglichen? - Plädoyer für die Formulierung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoU), DB 1995, 2177; ders Vorstandsentscheidungen nur auf der Grundlage „sämtlicher relevanter Informationen"? - Zur sachgerechten Konkretisierung der „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" durch Grundsätze ordnungsmäßiger Entscheidungsfundierung, ZfB 1997, 901; von Werder/Maly/Pohle/Wolff Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU) im Urteil der Praxis - Ergebnisse einer Erhebung bei deutschen Top-Managern, DB 1998, 1193; Westermann Vom Gläubigerschutz zum Gläubigerprivileg - Betrachtungen zur Haftung des Geschäftsführers für die Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, FS Fikentscher (1998) S 456; Westhoff Das Amtsende des Arbeitsdirektors nach dem Mitbestimmungsgesetz, DB 1980, 2520; von Westphalen Neue Aspekte der Produzentenhaftung, MDR 1998, 805; ders Warn- oder Rückrufaktion bei nicht sicheren Produkten: §§ 8, 9 ProdSG als Schutzgesetz iS von § 823 Abs 2 BGB - Rechtliche und versicherungsrechtliche Konsequenzen, DB 1999, 1369; Weyel Risikomanagement - aktiv gestalten, FB 1999, 77; Wiedemann Studie „Finanzielles Risikomanagement in Unternehmen", FB 2000, 382; Wilhelm Selbstwahl eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand, NJW 1983, 912; Willemer Die Neubestellung von Vorstandsmitgliedern vor Ablauf der Amtsperiode, AG 1977, 130; Winter Informationsoffenheit und die Vergütungszufriedenheit von Führungskräften, DBW 1996, 541; ders Möglichkeiten der Gestaltung von Anreizsystemen für Führungskräfte, DBW 1997, 615; Wissmann/Adolphs Direktanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer bei der D & O-Versicherung, StudZR 2005, 489; Wo//~Erstellung eines Risikomanagementhandbuchs - Ziele und Funktionen, Inhalt und Aufbau, DStR 2002, 466; ders Poten-

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 8 4

ziale derzeitiger Risikomanagementsysteme, DStR 2 0 0 2 , 1 7 2 9 ; ders Möglichkeiten der Integration assoziierter Unternehmen in das Risikomanagement des beteiligten Unternehmens, W p g 2 0 0 2 , 7 9 9 ; Wolz Z u m Stand der Umsetzung von Risikomanagementsystemen aus der Sicht börsennotierter Aktiengesellschaften und ihrer Prüfer - Eine empirische Studie, W p g 2 0 0 1 , 7 8 9 ; Zacher Beschränkungen und Missbrauch der Vertretungsmacht des GmbH-Geschäftsführers, G m b H R 1 9 9 4 , 8 4 2 ; Ziemons Die Weitergabe von Unternehmensinterna an Dritte durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft, AG 1 9 9 9 , 4 9 2 ; Zimmer Kündigungen im Management: § 6 2 3 BGB gilt nicht für GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände, BB 2 0 0 3 , 1175; Zöllner Lohn ohne Arbeit bei Vorstandsmitgliedern, FS Koppensteiner ( 2 0 0 1 ) S 2 9 1 ; Zunk Das Limit-Management als Teil des Risikomanagements in der Treasury von Unternehmen, F B 2 0 0 0 , 1 6 4 ; ders Die Finanzplanung als Frühwarnsystem für Unternehmen, F B 2 0 0 0 , 5 5 7 ; ders Risikomanagement im Treasurymanagement von Unternehmen, F B 2 0 0 0 , 7 5 4 ; ders Währungsmanagement als Teil des Risikomanagements in der Treasury von Unternehmen, F B 2 0 0 2 , 9 0 ; Zwissler Einstweiliger Rechtsschutz bei Abberufungskonflikten mit dem GmbH-Geschäftsführer, G m b H R 1999, 3 3 6 .

I. Zweck und Inhalt der Norm; Gesetzesgeschichte 1. Zweck und Inhalt der Norm a) Zweck der Norm § 8 4 geht von der grundsätzlichen Trennung des Akts der organschaftlichen Bestel- 1 lung des Vorstandsmitglieds und des rein schuldrechtlichen Geschäfts des Abschlusses eines Anstellungsvertrags aus. Diese beiden Vorgänge sind - trotz mancher gegenseitiger Abhängigkeiten - im Grundsatz scharf voneinander zu unterscheiden. Ungeachtet ihrer verschiedenartigen rechtlichen Struktur fallen sowohl die Bestellung als auch die Anstellung in den Kompetenzbereich des Aufsichtsrats. Nur der Aufsichtsrat ist für die Bestellung und die Anstellung der Vorstandsmitglieder zuständig. Personalentscheidungen von einem Gewicht wie die Vorstandsmitgliedschaft können nicht von der insofern zu schwerfälligen Hauptversammlung getroffen werden. 1 Es besteht daher nach § 84 eine ausschließliche Personalkompetenz des Aufsichtsrats.

2

b) Inhalt der Norm Nach § 8 4 Abs 1 Satz 1 erfolgt die Bestellung eines Vorstandsmitglieds auf höchstens fünf Jahre. § 8 4 Abs 1 Satz 2 sieht eine Wiederholung der Bestellung als Vorstandsmitglied bzw eine Verlängerung der Amtszeit des Vorstandsmitglieds vor. Auch für diese Wiederholung besteht eine ausschließliche Personalkompetenz des Aufsichtsrats, wie § 84 Abs 1 Satz 3 deutlich zeigt, indem diese Norm das Erfordernis eines „erneuten Aufsichtsratsbeschlusses" aufstellt. § 84 Abs 1 Satz 3 bringt zugleich zum Ausdruck, dass auch die erstmalige Bestellung des Vorstandsmitglieds eines Beschlusses des Aufsichtsrats bedarf. § 84 Abs 1 Satz 3 Zweiter Halbsatz und § 8 4 Abs 1 Satz 4 zeigen in ihrem Zusammenspiel, dass das Gesetz gewährleisten will, dass einerseits der Aufsichtsrat spätestens alle fünf Jahre (erneut) Personalentscheidungen treffen kann, andererseits aber auch dieser Fünf-Jahres-Zeitraum ausgeschöpft werden kann.

3

Es ist nicht möglich, diesen Fünf-Jahres-Zeitraum künstlich dadurch zu verlängern, dass bereits bei der erstmaligen Bestellung als Vorstandsmitglied über eine Verlängerung

4

1

Ähnlich MünchKommAktGHe/erraeM/

Spindler2 1.

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Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

der fünfjährigen Amtszeit durch einen Vorratsbeschluss entschieden wird. § 84 Abs 1 Satz 3 Zweiter Halbsatz sieht eine erneute Beschlussfassung vielmehr nur innerhalb des letzten Jahres der noch laufenden Amtszeit vor, also bei regelmäßiger fünfjähriger Amtszeit nur im fünften Jahr. § 84 Abs 1 Satz 4 besagt, dass eine Verlängerung oder Wiederbestellung ohne erneuten Beschluss des Aufsichtsrats möglich ist, wenn die laufende Bestellung und die Verlängerung insgesamt nicht mehr als fünf Jahre betragen. Automatische Verlängerungsklauseln sind demnach nur in den Grenzen von § 84 Abs 1 Satz 4 zulässig. 2 5

§ 84 Abs 1 Satz 5 ordnet die „sinngemäße" Anwendung von § 84 Abs 1 Satz 1 bis 4 für den Anstellungsvertrag an. Damit zeigt diese Norm, dass einerseits zwischen Bestellung und Anstellung deutlich zu trennen ist, dennoch aber andererseits von einem Gleichlauf von Bestellung und Anstellung auszugehen ist. Dieser Gleichlauf geht allerdings nicht so weit, dass der Aufsichtsrat nach Ablauf der erstmaligen Bestellung als Vorstandsmitglied erneut über den Anstellungsvertrag entscheiden muss, vielmehr räumt § 84 Abs 1 Satz 5 die Möglichkeit ein, dass im Anstellungsvertrag dessen automatische Verlängerung für den Fall der wiederholten Bestellung als Vorstandsmitglied vorgesehen werden kann. 3

6

§ 84 Abs 2 eröffnet dem Aufsichtsrat bei einem mehrköpfigen Vorstand die Möglichkeit, ein Mitglied des Vorstands zum „Vorsitzenden des Vorstands" zu ernennen. Auch bei dessen Ernennung handelt es sich - ebenso wie bei der Bestellung der einzelnen Vorstandsmitglieder - um einen organschaftlichen Akt und nicht etwa um ein bloß schuldrechtliches Geschäft.

7

Die Systematik des Aktiengesetzes und das Zusammenspiel der Organe bei der Aktiengesellschaft haben einerseits zur Folge, dass die Personalkompetenz für die Vorstandsmitglieder ausschließlich beim Aufsichtsrat liegt, andererseits muss aber auch gewährleistet sein, dass der Vorstand als weisungsunabhängiges Organ Geschäftsführungs- und Leitungsaufgaben ( § § 7 6 Abs 1, 77) während der jeweiligen Amtszeit der Vorstandsmitglieder im Grundsatz unabhängig von den anderen Organen (vorbehaltlich der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats) ausüben kann. Dabei darf es nicht dazu kommen, dass der Aufsichtsrat qua Personalkompetenz den Vorstand gängelt. 4 Daher beschränkt § 84 Abs 3 Satz 1 die Möglichkeit des Aufsichtsrats, während der laufenden Amtszeit des Vorstandsmitglieds (bzw des Vorsitzenden des Vorstands) die Bestellung (bzw die Ernennung des Vorsitzenden des Vorstands) zu beenden, auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Abgesehen von den durch das Zusammenspiel der Organe bei der Aktiengesellschaft geprägten Besonderheiten kommt hierin auch ein allgemeines Prinzip zum Ausdruck: Dauerrechtsverhältnisse wie die Bestellung eines Vorstandsmitglieds können für eine bestimmte, nicht zu lange bemessene Zeit fest vereinbart werden, ohne dass während dieser Zeit die Möglichkeit der ordentlichen Beendigung des Dauerrechtsverhältnisses besteht. Die Möglichkeit zur außerordentlichen Beendigung aus wichtigem Grund muss jedoch erhalten bleiben. 5 Das Gesetz nennt in § 84 Abs 3 Satz 2 nicht abschließend drei Fälle, in denen ein solcher wichtiger Grund vorliegt: die grobe Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds (bzw des Vorsitzenden des Vorstands), die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und den nicht offenbar unsachlichen Vertrauensentzug durch

2 3

4

MünchKommAkiG-Hefermebl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 Hüffer7 15, 6, 12. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 Hüffer7 8.

3. 4;

5

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 92ff; Hüffer7 23.

5;

Stand: 1. 10. 2006

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§84

die Hauptversammlung. Nach § 84 Abs 3 Satz 4 führt lediglich die rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs zum Wiederaufleben des Organverhältnisses des Vorstandsmitglieds. 6 Die Trennung von Bestellung und Anstellung trotz weitgehenden Gleichlaufs zeigt sich anschließend in § 84 Abs 3 Satz 5: Trotz Widerrufs der Bestellung gelten für Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag die „allgemeinen Vorschriften". Damit ist gemeint, dass der Widerruf der Bestellung nicht automatisch auch zu einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses führt. Der Anstellungsvertrag muss vielmehr nach den für Dienstverträge geltenden Regelungen beendet werden. Bis zu der Beendigung des Anstellungsverhältnisses bestehen die Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag trotz Beendigung der Bestellung als Vorstandsmitglied im Grundsatz fort.

8

§ 84 Abs 4 sieht schließlich vor, dass die Vorschriften des Montan-Mitbestimmungsgesetzes über die besonderen Erfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung des Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung - gemeint sind § 13 Abs 1 Satz 2 und Satz 3 Montan-MitbestG - „unberührt" bleiben. Nach diesen Vorschriften kann der Arbeitsdirektor gegen die Stimmen der Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmervertreter weder bestellt noch abberufen werden.

9

§ 84 Abs 4 hat lediglich klarstellende Funktion, denn bereits aus dem Spezialitätsgrundsatz ergibt sich, dass § 13 Abs 1 Satz 2 und 3 Montan-MitbestG den allgemeinen Vorschriften gemäß § 8 4 vorgehen. 7

10

c) Normadressaten Normadressaten von § 8 4 sind der Vorstand und der Aufsichtrat als Organe sowie sämtliche Vorstandsmitglieder einschließlich der Vertreter (§ 94). Normadressat ist ferner der Vorstandsvorsitzende (§ 8 4 Abs 2 und 3), nicht aber der Vorstandssprecher (zu dieser Unterscheidung Rdn 126 und 2 2 0 f).

11

2. Gesetzesgeschichte a) Rechtslage vor dem AktG 1937 Vor Inkrafttreten des AktG 1937 war es nach § 182 Abs 2 Nr 4 H G B zulässig, der Hauptversammlung in der Satzung das Recht zur Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder zu übertragen. 8 Jedoch zeigte sich in der Praxis, dass die Hauptversammlung nicht das geeignete Organ zur Auswahl der Personen, die die AG leiten, ist. Deshalb wurden die Vorstandsmitglieder schon vor 1937 in aller Regel nicht von der Hauptversammlung, sondern vom Aufsichtsrat bestellt. 9

12

Vor Inkrafttreten des AktG 1937 fand sich oft eine Bestellung des Vorstandsmitglieds auf Lebenszeit oder zumindest auf längere Zeit als fünf Jahre. 1 0 Diese Regelungen führten häufig zur Schwerfälligkeit und Inflexibilität der Aktiengesellschaft, also Nachteilen, die die Vorteile der durch die langfristige Bestellung gewährleisteten Kontinuität überwogen.

13

6 7 8

Hüffer7 31. Hüffer7 43. BegrRegE bei Kropff 1965 S 105.

(19)

9 10

BegrRegE bei Kropff 1965 S 105. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 Hüffer7 1, 6.

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2;

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

b) AktG 1937 14

In § 75 1937 wurde die Bestellung auf höchstens fünf Jahre begrenzt. Ferner bestimmte § 75 Abs 2 Satz 1 AktG 1937, dass der Aufsichtsrat die Bestellung nur aus wichtigem Grund widerrufen kann. 11 Auch im Übrigen entsprach § 75 AktG 1937 im Wesentlichen § 84 AktG 1965, 1 2 so etwa in Hinblick auf die ausschließliche Personalkompetenz des Aufsichtsrats. c) AktG 1965

15

§ 84 Abs 1 bis 3 stimmt im Wesentlichen mit § 75 AktG 1937 überein. 13 Während sich jedoch § 75 Abs 1 Satz 2 AktG 1937 darauf beschränkte, eine wiederholte Bestellung des Vorstandsmitglieds für zulässig zu erklären, gestattet § 84 Abs 1 auch die Verlängerung der Amtszeit 14 . § 84 Abs 1 Satz 3 bis 5 klärt eine Reihe von Zweifelsfragen iS der bis 1965 schon herrschenden Lehre. 15 § 75 Abs 1 Satz 3 AktG 1937 ist nunmehr in § 76 Abs 3 aufgenommen worden. Die Aufzählung, wann ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt, ist in § 84 Abs 3 Satz 2 um den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung aus offenbar nicht unsachlichen Gründen erweitert worden. Das entspricht der schon bis 1965 herrschenden Lehre. 16 Neu gegenüber § 75 AktG 1937 ist § 84 Abs 4. 1 7

Π. Bestellung des Vorstandsmitglieds auf höchstens fünf Jahre (§ 84 Abs 1 Satz 1) 1. Wesen der Bestellung und deren Abgrenzung zur Anstellung a) Trennungstheorie 16

Vorstandsmitglieder stehen in einer doppelten Beziehung zur Aktiengesellschaft. Diese Beziehung ist zum einen organisationsrechtlicher (gesellschaftsrechtlicher) Natur, zum anderen schuldrechtlicher Art. Die organisationsrechtliche (oder: sozialrechtliche) Seite des Verhältnisses manifestiert sich im Akt der Bestellung,18 die schuldrechtliche Seite im Abschluss des AnstellungsVertrags.

17

Durch die Bestellung als korporationsrechtlichen Akt erlangt der Bestellte die Rechtstellung als Vorstandsmitglied sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis. 19 Der korporationsrechtliche Akt der Bestellung ist nach der ganz herrschenden, auch im Gesetz in § 84 Abs 1 Satz 1 und Satz 5, Abs 3 Satz 1 und Satz 5 zum Ausdruck kommenden Trennungstheorie 20 von der (schuldvertraglich vermittelten) Anstellung des Vorstandsmit-

11 12 13 14 15

16 17

18 19

Dazu näher Fleischer AG 2 0 0 6 , 429, 4 3 0 . MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 1. Baumbach/Hueck13 1. Baumbach/Hueck13 1. Baumbach/Hueck13 1; von Godin/Wilhelmi4 Anm 1. Baumbach/Hueck13 1. Baumbach/Hueck13 1; von Godin/Wilhelmi4 Anm 1. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 7. BGHZ 3, 90, 92; MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 7.

20

BGHZ 78, 82, 84; 79, 38, 41; 89, 48, 52; BGH NJW 1989, 2 6 8 3 ; BGH NJW 2 0 0 3 , 351; OLG Schleswig AG 2001, 651; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 8; KK-Mertens2 2; Hüffer7 2; Bauer DB 1992, 1413 f; Henze Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Aktienrecht 5 342; Fleck W M 1981, Sonderbeilage 3 S 3; teilweise kritisch Reuter in FS Zöllner 1998, S 487.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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glieds zu unterscheiden. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Telos von § 8 4 enthalten keine ausreichenden Anhaltspunkte 2 1 für die in den achtziger Jahre des 2 0 . Jahrhunderts wieder von Baums vertretene, in der älteren Literatur vielfach befürwortete Einheitstheorie, 2 2 nach der die zwischen Vorstandsmitglied und Aktiengesellschaft bestehenden Beziehungen auf einem einheitlichen Rechtsverhältnis beruhen. b) Unterscheidung zwischen Bestellung und Vollmachtserteilung Die Bestellung unterscheidet sich von der Vollmachtserteilung dadurch, dass sie den Bestellten nicht nur Rechte verschafft, sondern die Amtseinsetzung auch Pflichten begründet. 2 3 Hierzu zählen sämtliche im Aktiengesetz genannten Pflichten eines Vorstandsmitglieds, insbesondere die Pflicht zur Leitung der Gesellschaft in eigener Verantwortung (§ 76 Abs 1) und zur Geschäftsführung der Aktiengesellschaft (§ 7 7 ) , aber auch alle sonstigen Vorstandsmitgliedspflichten.

18

c) Verhältnis bestellungsrechtlicher Rechte und Pflichten zu den anstellungsvertraglichen Rechten und Pflichten Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorstandsmitglied und der AG werden nicht allein durch die Bestellung festgelegt. Aus der Organstellung als Vorstandsmitglied resultieren insbesondere noch nicht die Einzelheiten der üblichen Pflichten der AG gegenüber dem Vorstandsmitglied zur Gewährung von Leistungen, insbesondere zur Leistung einer bestimmten Vergütung. Die Regelung der Vergütung des Vorstandsmitglieds sowie seiner Alters- und sonstigen Versorgung, aber auch die inhaltliche Beschreibung seiner Pflichten gegenüber der AG ist vielmehr Gegenstand des Anstellungsvertrags. 24 Der Anstellungsvertrag dient der Sicherung der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds, mithin seinem Individualschutz. 25

19

Bestellung und Anstellung stehen im Verhältnis des Gleichlaufs bei grundsätzlicher Trennung beider zueinander. Trotz dieses Gleichlaufs besteht aber zwischen der AG und dem Vorstandsmitglied nicht bloß ein einziges Rechtsverhältnis, wie die Einheitstheorie (dazu bereits oben Rdn 18) annimmt. Wollte man annehmen, es bestünde ein einziges Rechtsverhältnis, so müsste man dieses zwangsläufig als eine Art zweiseitigen Bestellungsvertrag ansehen. 2 6

20

Zutreffend ist, dass in der Praxis Bestellung und Anstellungsvertrag eng verbunden sind. Der Anstellungsvertrag wird nur im Hinblick auf die organschaftliche Bestellung abgeschlossen. Deshalb ist es eine für die AG sehr missliche Situation, wenn der Anstellungsvertrag nach Ablauf der Amtszeit des Vorstandsmitglieds noch weiterläuft. Aus dem Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung, die zu tatsächlichen und rechtlichen gegenseitigen Auswirkungen aufeinander führen kann, 2 7 folgt jedoch nicht, dass es sich bei dem Verhältnis des Vorstandsmitglieds zur AG um ein einziges Rechtsverhältnis handelt, das in jeder Beziehung nur einheitlich betrachtet werden kann. 2 8

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24

BegrRegE bei Kropff S 106; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 8. Baums Geschäftsleitervertrag 1987 S 3 ff; kritisch Hiiffer7 2; HdbVorstandsR-Tfcwsmg § 4 , Iff. MünchKommAktG-He/ewieW/SpiW/er2 7; Hüffer1 4. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 5, 8.

(21)

25

26 27

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Hüffer7 16; MünchHdbAG- Wiesner1· § 20, 14. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 8. BGHZ 89, 48, 52; 79, 38, 41; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 15. BGH NJW 1989, 2683; OLG Schleswig AG 2001, 651; MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 8; ferner BGH DStR 2002, 2182,

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22

Vielmehr handelt es sich bei dem Verhältnis von Bestellung und Anstellung um ein Verhältnis der Überschneidung, aber auch der Ergänzung. Z u beachten ist dabei allerdings stets, dass für die Beurteilung gesellschaftsrechtlicher Aspekte der Beziehung des Vorstandsmitglieds zur A G das körperschaftsrechtliche Bestellungsverhältnis Vorrang vor dem Anstellungsverhältnis h a t . 2 9

23

D i e Richtigkeit der T h e s e , dass Bestellung und Anstellung grundsätzlich zwei verschiedene Rechtsverhältnisse sind (Trennungstheorie), zeigt sich daran, dass Bestellung und Anstellung nicht einheitlich behandelt werden müssen. D a s ergibt sich schon aus dem Gesetz selbst, das für die Verlängerung des Bestellungsverhältnisses einen Aufsichtsratsbeschluss verlangt, für die Verlängerung des Anstellungsverhältnisses hingegen nicht (§ 8 4 Abs 1 Satz 5, im Einzelnen zum Anstellungsverhältnis unten R d n 2 7 1 ff). Ferner zeigt § 8 4 A b s 3 Satz 5, dass der W i d e r r u f der Bestellung nicht automatisch zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses und damit zum Erlöschen von Ansprüchen aus dem Anstellungsvertrag führen m u s s . 3 0 Vielmehr ist zwischen dem W i d e r r u f der Bestellung und der Kündigung des Anstellungsverhältnisses zu unterscheiden.

24

D a h e r ist von einer Trennung von Bestellung und Anstellungsverhältnis auszugehen. Es handelt sich nicht um ein einheitliches Rechtsverhältnis, auf das bei Nichtigkeit eines der beiden Teile die Vermutung des § 1 3 9 B G B anzuwenden wäre. 3 1 D i e Bestellung k a n n trotz U n w i r k s a m k e i t des Anstellungsvertrags w i r k s a m sein, die U n w i r k s a m k e i t der Bestellung führt umgekehrt nicht a u t o m a t i s c h zur Unwirksamkeit des Anstellungsvertrags (dazu im Einzelnen unten R d n 7 9 f f , 3 0 0 f f ) . d) Enge Verknüpfung von Bestellung und Anstellung

25

Die rechtliche Trennung von Bestellung und Anstellung besagt freilich nicht, dass Bestellung und Anstellung in der Praxis nicht sehr eng miteinander verknüpft sein k ö n nen. So k a n n der Aufsichtsrat gleichzeitig über Bestellung und Anstellung beschließen, das Vorstandsmitglied k a n n die Bestellung und den Anstellungsvertrag gleichzeitig a n n e h m e n . 3 2 Ist das Anstellungsverhältnis, etwa durch außerordentliche Kündigung seitens der Gesellschaft, beendet w o r d e n , so wird sich das Vorstandsmitglied in der Regel veranlasst sehen, auch sein Vorstandsamt niederzulegen, da es o h n e die anstellungsvertragliche Grundlage seiner Vorstandstätigkeit nicht länger nachgehen m u s s . 3 3

26

Auch ansonsten bestehen enge Beziehungen zwischen Bestellung und Anstellung. So wird das Vorstandsmitglied selbst dann, wenn seine Anstellung der Bestellung nachfolgen soll, schon bei seiner Bestellung versuchen, in groben Z ü g e n die Bedingungen seiner Anstellung mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, dem Präsidium oder dem Personalausschuss des Aufsichtsrats abzustimmen, selbst wenn das rechtlich bindend nicht möglich i s t . 3 4 U m g e k e h r t k a n n der Anstellungsvertrag der Bestellung vorgehen. Auch in einem solchen Fall ist allerdings der Gleichlauf von Bestellung und Anstellung dann relevant, wenn der Aufsichtsrat die K o m p e t e n z zum Abschluss des Anstellungsvertrags auf einen

29

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2183; BGHZ 89, 48, 52 f; 79, 38, 41; 78, 82, 84 (letztere jeweils entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer). BGH NJW 1989, 2683; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 15. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 8; Hüffer7 38. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 15.

32 33

34

MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 16. BGHZ 89, 48, 52; 79, 38, 41 ff; BGH LM Nr 5 zu § 75 AktG 1937; Fleck ZHR 149 (1985) 387, 390; MünchHdbAG-Wiesner 1 % 20, 15. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 16; Hoffmann-Becking in FS Stimpel 1985, S 589, 596 f.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Aufsichtsratsausschuss übertragen hat. Dann darf der Aufsichtsratsausschuss den Anstellungsvertrag nämlich nur unter der aufschiebenden Bedingung der nachfolgenden Bestellung abschließen, da der Aufsichtsratsausschuss andernfalls der zwingend dem Gesamtaufsichtsrat nach § 107 Abs 3 Satz 2 zugewiesenen Bestellungsentscheidung vorgreifen würde (dazu im Einzelnen Rdn 54, 2 8 9 ff). 35 2. Ausschließliche Bestellungszuständigkeit des Aufsichtsrats § 84 Abs 1 Satz 1 sieht vor, dass der Aufsichtsrat die Vorstandsmitglieder bestellt. Hierbei handelt es sich um eine Kompetenznonn: 36 Der Aufsichtsrat ist für die Bestellung der Vorstandsmitglieder ausschließlich zuständig. Die Regelung ist gemäß § 23 Abs 5 zwingend. 37 Die Satzung kann daher die Bestellungskompetenz nicht einem anderen Organ zuweisen oder die Beteiligung eines anderen Organs an der Bestellung vorsehen. Auch die Hauptversammlung kann keine abweichende Zuständigkeit beschließen oder gar selbst die Bestellung der Vorstandsmitglieder vornehmen. Eine solche Satzungsbestimmung oder ein solcher Hauptversammlungsbeschluss wären vielmehr nichtig (§ 134 BGB). 3 8

27

Nichtig wäre auch die Bestellung durch ein anderes nicht zuständiges Organ oder durch einen Dritten. Aus der ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats folgt ferner, dass der Aufsichtsrat die Bestellung von Vorstandsmitgliedern nicht auf ein anderes Gesellschaftsorgan oder einen Dritten, auch nicht auf den Vorstand selbst, übertragen darf. Ein Recht des Vorstands auf Zuwahl (Kooptationsrecht) würde zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Beschneidung von Aufsichtsratskompetenzen führen. 39 Ferner folgt aus der ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern, dass die Bestellung nicht von der Zustimmung oder Mitwirkung eines anderen Gesellschaftsorgans oder eines Dritten abhängig gemacht werden kann. 40

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Die zwingende ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats besteht auch in der Insolvenz der AG, 41 zumal der Vorstand in der Insolvenz keine Verfügungsbefugnisse mehr hat. 4 2

29

Anders als über die Bestellung kann über die Anstellung auch ein Aufsichtsratsausschuss beschließen (dazu näher unten Rdn 289ff). 4 3 Ebenfalls nicht in die (zwingende) Zuständigkeit des Gesamtaufsichtsrats fällt die Zuweisung von Geschäftsbereichen. Diese gehört nicht zur Bestellung, sondern zur Geschäftsverteilung, die in der Geschäftsordnung oder in einem (davon getrennten) Geschäftsverteilungsplan erfolgt (dazu GroßkommAktG/Kort 4 % 77 Rdn 64ff). 4 4

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BGHZ 89, 48, 56; 79, 38, 4 2 ; BGH ZIP 1989, 1190, 1191; KK-Mertens110 und § 107, 138; Hüffer7 40, 2; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 16. Hüffer7 3. KK-Mertens 1 8; Hüffer7 5; Lutter/Krieger4 332. MünchKommAktG-Hefermeht/Spindler2 9; KK-Mertens 2 9; Lutter/Krieger4 334; Hüffer7 5; aA noch Schlegelberger/ Quassowski3 § 75, 3. MünchKommAktG-He/ermeM/Spmd/er 2 10. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 9.

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OLG Nürnberg AG 1991, 4 4 6 , 4 4 7 (Maxhütte); MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 9; Hüffer7 5. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 9. BGHZ 65, 190, 191; 41, 282, 285; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 14, 49; KK-Mertens 1 10, 47; Hüffer7 12; Lehmann in FS Barz 1974, S 189. MünchKommAktG-He/ermeW/Sp/W/er 2 16; KK-Mertens1 4; Hüffer7 3; Mertens ZGR 1983, 189, 196ff; aA Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtrats 1981, S 192 ff; Lutter/Krieger4 389.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

3. Beschlussfassung des Aufsichtsrats a) Allgemeines 31

§ 84 Abs 1 Satz 1 erfordert implizit die Durchführung aller Akte, um die Vorstandsmitgliedschaft korporationsrechtlich zu begründen. Hierzu zählt der erforderliche Aufsichtsratsbeschluss nach § 108, die Kundgabe dieses Beschlusses an das Vorstandsmitglied, die Erklärung des Einverständnisses durch das Vorstandsmitglied und die Entgegennahme dieses Einverständnisses durch den Aufsichtsrat. b) Zuständigkeit des Gesamtaufsichtsrats

32

Zwingend gesetzlich zuständig für die Beschlussfassung nach § 108 ist der Gesamtaufsichtsrat. 45 Die Übertragung an einen Ausschuss ist gemäß § 107 Abs 3 Satz 2 anders als noch nach dem Aktiengesetz 1937 - nicht möglich. 46 Hingegen kann die bloße Vorbereitung der Beschlussfassung einem Aufsichtsratsausschuss übertragen werden. 47 c) Mehrheitserfordernis

33

Für die Beschlussfassung ist eine einfache Mehrheit ausreichend. Die Satzung darf keine strengeren Mehrheitserfordernisse (qualifizierte Mehrheit) verlangen. Eine solche Satzungsbestimmung wäre nichtig (§ 134 BGB), 4 8 denn bereits sie würde das Recht des Aufsichtsrats, aus eigener Entscheidung die Vorstandsmitglieder zu bestellen, zu sehr einschränken.

34

Bei AG, die der Mitbestimmung nach dem MitbestG 1976 unterfallen, unterliegt der Bestellungsbeschluss § 31 Abs 1 bis 4 MitbestG. Daher bedarf es für den Bestellungsbeschluss zunächst (in einem ersten Beschlussgang) einer nach der Ist-Stärke zu bemessenden Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 31 Abs 2 MitbestG. Findet der Beschluss über die Bestellung nicht einmal die einfache Mehrheit, so ist das Bestellungsverfahren beendet. Erreicht er hingegen zwar die einfache, nicht aber die Zwei-Drittel-Mehrheit, so finden weitere Beschlussgänge nach § 31 Abs 3 und Abs 4 MitbestG statt. Dabei kann der nach § 27 Abs 3 MitbestG zu bildende Vermittlungsausschuss (§ 31 Abs 3 Satz 1 MitbestG) die Monatsfrist des § 31 Abs 3 Satz 1 MitbestG voll ausschöpfen. d) Stimmverbot nach § 34 BGB analog

35

Beim Beschluss über die Bestellung von Vorstandsmitgliedern soll nach herrschender Auffassung ein Aufsichtsratsmitglied auch dann mitstimmen dürfen, wenn es um dessen eigene Wahl in den Vorstand geht. 49 Jedoch ist es gegenüber dieser Ansicht vorzugswürdig, der Bestellung wegen des Erfordernisses der Annahme durch den Betroffenen den Charakter eines „Rechtsgeschäfts" im Sinne von § 34 BGB beizumessen und unter

45

46 47 48

49

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 13, KK-Mertens2 8. Hüffer7 18. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 13. MünchKommAkcG-Hefermehl/Spindler1 15; KK-Mertens2 $ 108, 46; Hüffer7 4; Baumbach/Hueck13 § 108, 4; HdbVorstandsRThüsing ξ 4, 2 2 . KK-Mertens2 $ 108, 50; Hachenburg/Kaiser

GmbHG 8 § 52, 78 (entsprechend für GmbH-Geschäftsführer); Lutter/Krieger4 128, 2 4 8 ; GroßkommAktG-Hopi/Rof/> 4 § 108, 56; Wilhelm NJW 1983, 912, 915; aA Hüffer7 § 108, 9; Ulmer NJW 1982, 2288, 2 2 9 0 ; Baumbach/Hueck/ZoWiier/Noacfe GmbHG 1 8 § 52, 86 (entsprechend für GmbH-Geschäftsführer).

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

entsprechender Anwendung von § 3 4 B G B ein Stimmverbot für ein Aufsichtsratsmitglied anzunehmen, wenn es um dessen Bestellung in den Vorstand geht. 5 0 e) Keine Bindung des Aufsichtsrats bei der Beschlussfassung Der Aufsichtsrat muss frei über die Bestellung entscheiden können. Jede rechtsgeschäftliehe Bindung, die seine Beschlussfreiheit einengt, ist unzulässig und damit nach § 134 B G B nichtig. 5 1 Der Vorstand kann zwar im Einzelfall von sich aus oder nach Aufforderung durch den Aufsichtsrat Vorschläge für die (Wieder-)Besetzung eines freien Vorstandsmitgliedspostens machen, die Satzung kann jedoch weder ein generelles noch ein bloß unverbindliches Vorschlagsrecht des Vorstands einführen. 5 2

36

4. Bedingung und Befristung Eine Bestellung unter einer aufschiebenden Bedingung oder zu einem zukünftigen festen Termin ist möglich. 5 3 Die Bestellung kann in einem solchen Fall entweder sofort unter Angabe des zukünftigen Termins oder nach Erreichen des zukünftigen Termins gemäß § 81 zum Handelsregister angemeldet werden. 5 4 Bei der Festsetzung einer aufschiebenden Bedingung oder bei einer Befristung für die Bestellung ergibt sich allerdings aus dem Rechtsgedanken des § 8 4 Abs 1 Satz 3, dass der zukünftige feste Termin für den Beginn der Amtszeit oder der Termin bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingungen für die Bestellung nicht mehr als ein Jahr betragen darf (dazu näher Rdn 5 9 ) . 5 5

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5. Einverständnis Bei der Bestellung handelt es sich um eine Maßnahme der körperschaftlichen SelbstVerwaltung der Aktiengesellschaft, die der Mitwirkung (dem Einverständnis) des Betroffenen bedarf. 5 6 Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie dem Betroffenen verkündet wird und dieser zustimmt. Die Zustimmung muss dem Aufsichtsrat zugehen. Eine einseitige Bestellung ohne Zustimmung des Betroffenen ist nicht möglich, da das Amt als Vorstandsmitglied nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten mit sich bringt und der Betroffene daher mit der Amtsinhaberschaft einverstanden sein muss. 5 7

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Die Einverständniserklärung des Betroffenen hat rechtsgeschäftlichen Charakter. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass es sich um einen „Vertrag" im Sinne privatautonomen Aushandelns von Rechtsfolgen handelt. Vielmehr lässt sich mit Hüffer58 bei der Bestellung und bei der Einverständniserklärung mit der Bestellung von zwei einseitigen, aber inhaltlich aufeinander bezogenen Rechtsgeschäften sprechen. Die Wirksamkeit der Bestellung hängt vom Zugang der zweiten dieser beiden Erklärungen ab. Erfolgt erst der

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 15; § 108, 117 ff. MünchKommAitG-Hefermehl/Spindler2 9; KK-Mertens 1 9; Hüffer7 5. KK-Mertens2 9; Hüffer7 5; Meier/Pech DStR 1995, 1195; teilweise aA MüchKommAktGHefermebl/Spindler2 11 für ein den Aufsichtsrat nicht bindendes und nicht in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigendes Vorschlagsrecht; ähnlich Meyer-Landrut in Vorauflage 2; Hoffmann/Lebmann/ Weinmann MitbestG § 31, 9.

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53 54 55

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MünchHdbAG-Wiesner3 § 20, 17. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28; KK-Mertens2 15; Hüffer7 6; Lutter/Krieger4 358; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 127f; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 17. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 18; Hüffer7 4. UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 17; Hüffer7 3 f. Hüffer7 4 im Anschluss an BGHZ 52, 316.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Beschluss über die Bestellung und dessen Verkündung gegenüber dem Betroffenen, so wird die Bestellung mit Zugang der Einverständniserklärung wirksam. 5 9 Die Einverständniserklärung, die keiner Form bedarf (dazu auch unten Rdn 41), muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann auch konkludent, insbesondere durch Aufnahme der Tätigkeit als Vorstandsmitglied, erklärt werden. 6 0 Erfolgt umgekehrt erst die (ausdrückliche oder konkludente) Einverständniserklärung, so wird die Bestellung mit der Kundgabe des nachfolgenden Bestellungsbeschlusses wirksam. 6. Formerfordernisse 40

Der Beschluss über die Bestellung als Vorstandsmitglied bedarf der Form des § 108. Eine konkludente Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Bestellung ist nicht möglich. 61 Die Satzung darf weitere Formerfordernisse für den Bestellungsbeschluss aufstellen, etwa die notarielle Beurkundung verlangen. 62 Zwar führt ein Verstoß gegen solche in der Satzung enthaltene Formerfordernisse nicht zur Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses, die Formerfordernisse haben somit keinen konstitutiven Charakter. Jedoch kann sich der Vorsitzende des Aufsichtsrats weigern, dem Betroffenen eine formwidrige Bestellung zu verkünden. 63

41

Die Verkündung des Beschlussergebnisses gegenüber dem Betroffenen bedarf ihrerseits keiner besonderen Form. Daher kann diese Verkündung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, ein (anderes) Mitglied des Aufsichtsrats oder durch einen Dritten 6 4 erfolgen, und zwar mündlich oder schriftlich. Auch das Einverständnis des Vorstandsmitglieds mit der Bestellung durch den Aufsichtsrat sowie die Annahme dieser Einverständniserklärung durch den Aufsichtsrat bedürfen keiner Form. 7. Anzahl der zu bestellenden Vorstandsmitglieder

42

Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, die gesetzlich oder in der Satzung vorgeschriebene Zahl an Vorstandsmitgliedern zu bestellen. Bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern in mitbestimmten Gesellschaften gelten § 13 Abs 1 Satz 2 Montan-MitbestG bzw § 31 MitbestG. 8. Gesetzliche Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder

43

Vorstandsmitglieder können von Gesetzes wegen nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen sein (§ 76 Abs 3 Satz 1, dazu bereits GroßkommAktG/iCorf 4 § 76 Rdn 207ff). Da das Amt des Vorstandsvorsitzenden nur persönlich ausgeübt werden kann, können weder juristische Personen noch Personengesellschaften Vorstandsmitglieder sein. Auch Aufsichtsratsmitglieder kommen - vorbehaltlich § 105 Abs 2 - als Vorstandsmitglieder nicht in Betracht (§ 105 Abs 1; dazu näher GroßkommAktG/Kori 4 § 76 Rdn 219). Ferner können verschiedene öffentlichrechtliche Funktionsträger nicht oder nur unter gewissen Voraussetzungen Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft werden (dazu näher GroßkommAktG/Kort 4 § 76 Rdn 2 2 0 ) . 6 5 „Ungeschriebenes" gesetzliches 59

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 18; Hüffer7 4. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 18; Hüffer7 4. BGHZ 41, 2 8 2 , 2 8 6 = NJW 1964, 1367; OLG Dresden AG 2 0 0 0 , 43, 4 4 ; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 15; Hüffer 7 5.

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler1 KK-Mertens 2 28. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 KK-Mertens2 Vor § 76, 10. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

15; 15; 14. 26.

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Erfordernis ist ferner die jederzeitige Einreisemöglichkeit des Vorstandsmitglieds nach Deutschland. 66 Wird eine Person oder Personengesamtheit, die kraft Gesetzes das Vorstandsamt nicht bekleiden kann, zum Vorstandsmitglied bestellt, so ist die Bestellung nichtig (dazu näher GroßkommAktG/iCori 4 § 76 Rdn 221). 9. Statutarische Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder Neben gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen finden sich in der Satzung häufig weitergehende Eignungsvoraussetzungen oder Auswahlrichtlinien. Das Recht des Aufsichtsrats zur freien Personalauswahl bei der Vorstandsbestellung darf durch solche statutarischen Eignungsvoraussetzungen oder Auswahlrichtlinien im Grundsatz nicht eingeschränkt werden (dazu näher GroßkommAktG/Kori 4 § 76 Rdn 222 ff). 6 7 Daher darf die Satzung für die Vorstandsbestellung keine Einflussnahme Dritter auf den Aufsichtsrat vorsehen. Insbesondere dürfen in der Satzung für die Bestellung als Vorstandsmitglied keine Vorschlagsrechte, Weisungs- oder Zustimmungsvorbehalte, seien es solche anderer Organe oder solche Dritter, aufgestellt werden. 68

44

Da die Personalentscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats rechtlich unbeschränkbar ist, 69 kann die Satzung aber auch Eignungsvoraussetzungen, die sich auf die Person der zu bestellenden Vorstandsmitglieder beziehen, nur in engen Grenzen aufstellen (dazu näher GroßkommAktG/iCori 4 § 76 Rdn 222 ff). In der Praxis finden sich zB statutarische Eignungsvoraussetzungen, die sich auf eine bestimmte Aktionärsstellung des Kandidaten (häufig dabei auf das Halten eines bestimmten Aktienpakets), auf die Zugehörigkeit des Kandidaten zu einem bestimmten Personenkreis (deutsche Staatsangehörigkeit, inländischer Wohnsitz, bestimmtes Lebensalter, bestimmte Berufsqualifikationen, zB DiplomKaufmann oder Kauffrau, Diplom-Wirtschaftsjurist oder Volljurist etc) beziehen. Solche persönlichen oder sachlichen Eignungsvoraussetzungen in der Satzung dürfen keinen diskriminierenden Charakter tragen (dazu näher Großkomm AktG/fCori 4 § 76 Rdn 222) und dürfen letztlich nur als Auswahlrichtlinien aufgestellt werden (dazu näher GroßkommAktG/iCori4 § 76 Rdn 223). Demgemäß dürfen sie auch bei nicht der Mitbestimmung unterfallenden Aktiengesellschaften nicht das Auswahlermessen des Aufsichtsrats bei der Bestimmung der Vorstandsmitglieder zu sehr einengen. 70

45

Zwar sind Auswahlrichtlinien auch bei mitbestimmten Aktiengesellschaften zulässig. Bei mitbestimmten Aktiengesellschaften gelten jedoch strengere Kriterien für Auswahlrichtlinien als bei nicht mitbestimmten Aktiengesellschaften (dazu näher GroßkommA k t G / K o r t 4 § 76 Rdn 223). 7 1

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Auswahlrichtlinien sind nur wirksam, wenn sie weder einzeln noch in ihrem Zusammenspiel die Personalentscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats zu sehr einengen oder den Aufsichtsrat zu einem bloß ausführenden Organ bei der Auswahl der Vorstandsmitglieder degradieren. Demgemäß sind nur solche statutarischen Eignungsvoraussetzungen zulässig, die in sachlichem Zusammenhang mit dem Gesellschaftszweck oder dem Unternehmensgegenstand stehen und im Hinblick auf die Art und Größe des Unternehmens

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AA Neelmeier/Huth GmbHR 2 0 0 5 , 1409 (entsprechend für GmbH-Geschäftsführer). MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 23; KK-Mertens2 § 76, 116; Hüffer7 § 76, 26. Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler MitbestG 2 § 31, 16; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 12 f; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 5.

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KK-Mertens1 9. KK-Mertens2 9; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 2 0 , 6. AA MunchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 23; MünchHdbAG- Wiesner1· § 20, 6.

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

sinnvoll sind oder durch die Art der Ressort- und Bereichsverteilung im Vorstand, also durch die Geschäftsverteilung, bedingt sind. Es muss mithin ein sachlich nachvollziehbarer Grund 7 2 für die Aufstellung statutarischer Eignungsvoraussetzungen erkennbar sein, so insbesondere bei den Erfordernissen einer bestimmten (Fach-)Ausbildung oder der Zuverlässigkeit, 73 ähnlich wie etwa gesetzlich geregelt im Kreditwesen bzw in der Versicherungsbranche (§ 7 a VAG). 48

Angesichts fortschreitender Globalisierung gewinnt auch das Kriterium der Auslandserfahrung jedenfalls bei größeren Aktiengesellschaften zunehmend an Gewicht. 74 Bei kleineren (Familien-)Aktiengesellschaften ist die persönliche Eigenschaft der Familienzugehörigkeit als Auswahlkriterium dann zulässig, wenn sie bei ansonsten gleichwertigen Kandidaten den Ausschlag geben soll, 75 nicht aber, wenn das Kriterium der Familienzugehörigkeit über andere Kriterien, insbesondere solche der fachlichen Eignung, gestellt wird. 76 Als nicht sachbezogen ist das Erfordernis anzusehen, dass sich der Kandidat bereits in einem konzernverbundenen Unternehmen „bewährt" haben muss, denn es ist nicht ersichtlich, wieso die Bestellung bereits im Konzern tätiger Personen in den Vorstand eines konzernverbundenen Unternehmens Vorteile gegenüber der Bestellung konzernexterner Dritter haben soll. 77

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Selbstverständlich dürfen Eignungsvoraussetzungen nicht deutschen und europäischen Diskriminierungsschutzbestimmungen widersprechen, 78 also etwa nach Rasse und ethnischer Zugehörigkeit differenzieren 79 oder nach Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung. 80

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Werden zulässige statutarische Eignungsvoraussetzungen bei der Personalentscheidung des Aufsichtsrats missachtet, führt das anders als die Missachtung zwingender gesetzlicher Eignungsvoraussetzungen nicht zur Nichtigkeit der Bestellung (dazu GroßkommAktG/Kori 4 § 76 Rdn 226). 8 1 Da derartige statutarische Eignungsvoraussetzungen lediglich den Charakter von Auswahlrichtlinien tragen, ist die Bestellung eines Vorstandsmitglieds auch bei Nichtberücksichtigung dieser satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzungen wirksam. Allerdings macht sich der Aufsichtsrat ggf schadensersatzpflichtig, denn er handelt bei Missachtung sachlich sinnvoller Eignungsvoraussetzungen außerhalb der Grenzen seines Auswahlermessens. Ferner ist der Aufsichtsrat bei einer Bestellung,

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 23 und § 76, 89. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler1 27. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 23; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/ Henssler MitbestG 2 § 3 1 , 1 5 ; Fitting/ Wlotzke/Wissmann MitbestG § 31, 13; MünchHdbAG- Wiesner3 § 2 0 , 7. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 23; MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 7; Beierstedt ZGR 1977, 156; Ulmer/Habersack in Ulmer/ Habersack/Henssler MitbestG 2 § 31, 15; aA Fitting/Wlotzke/Wissmann MitbestG § 31, 12; Hachenburg/Mertens GmbHG 8 § 35, 2 0 (entsprechend für GmbH-Geschäftsführer). MünchKommAktG-He fermebl/Spindler1 § 76, 89; dazu auch Großkomm AktG-Kori 4 § 76, 2 2 2 .

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KK-Mertens2 § 76, 116; aA Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler MitbestG 2 § 31, 15; Martens AG 1976, 120. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 23; HdbVorstandsR-Tfc«ii«g § 4, 15; auch Bauer/Göpfert/Krieger DB 2 0 0 5 , 595. Richtlinie 2 0 0 0 / 4 3 / E G des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft vom 2 9 . 6 . 2 0 0 0 ABl EG Nr L 180 vom 19.7.2000 S 2 2 ff. Richtlinie 2 0 0 0 / 7 8 / E G des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 2 . 1 2 . 2 0 0 0 ABl EG Nr L 3 0 3 vom 2 . 1 2 . 2 0 0 0 S 16 ff. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 24; Hüffer7 § 76, 2 6 ; Baumbach/Hueck13 § 76, 9; von Godin/Wilbelmi4 § 76 Anm 8.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

die zulässigen statutarischen Eignungsvoraussetzungen widerspricht, berechtigt, diese Bestellung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Abs 3 Satz 1 zu widerrufen. 8 2 10. Keine sonstige Bindung des Aufsichtsrats Aus der Personalentscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats folgt außerdem, dass niemand ein Sonderrecht auf die Bestellung von Vorstandsmitgliedern eingeräumt werden darf. Ferner ist sogar die Begründung eines unverbindlichen Vorschlagsrechts in der Satzung unzulässig (dazu schon oben Rdn 4 4 ) , weil bereits unverbindliche Vorschlagsrechte einen de facto-Druck auf den Aufsichtsrat erzeugen können.

51

Unzulässig ist ferner die schuldrechtliche Bindung der Gesellschaft gegenüber Dritten, bestimmte Personen zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen. Weder die AG selbst noch die Mitglieder ihres Aufsichtsrats können eine derartige Stimmbindung eingehen. 83 Zulässig ist es hingegen, dass mehrere Aktionäre aufgrund gemeinsamer Absprache versuchen, auf die Bestellung bestimmter Vorstandsmitglieder (mit zulässigen Mitteln) hinzuwirken. 8 4

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Vorschläge zur Vorstandsmitgliedsbestellung, die nicht auf einem in der Satzung verankerten Vorschlagsrechte beruhen, die also spontan oder auf Anfrage des Aufsichtsrats hin erfolgen, sind zulässig und finden sich in der Praxis häufig. Allerdings sind solche Vorschläge rechtlich in keiner Weise verpflichtend. Sie binden nicht nur nicht den Aufsichtsrat, sondern schränken auch sein Auswahlermessen unter keinem Gesichtspunkt ein. 8 5

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Auch ein Aufsichtsratsausschuss darf gemäß § 107 Abs 3 Satz 2 durch sein Verhalten nicht die Personalentscheidungskompetenz des Gesamt-Aufsichtsrats bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder beeinflussen. 86 Daher darf der Aufsichtsratsausschuss, der im Gegensatz zum Bestellungsverhältnis das Anstellungsverhältnis durch Abschluss des Anstellungsvertrags begründen darf (dazu Rdn 2 8 9 f f ) , nicht durch die Anstellung eines zukünftigen Vorstandsmitglieds dessen spätere Bestellung vorwegnehmen oder ansonsten durch frühzeitigen Abschluss des Anstellungsvertrags die Bestellungsfreiheit des GesamtAufsichtsrats einengen. Deshalb muss in einem solchen Fall der Anstellungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung des späteren Vorstandsmitglieds abgeschlossen werden (dazu näher unten Rdn 2 9 2 ) . 8 7 Auch kann der Aufsichtsratsausschuss weder allein noch im Einvernehmen mit dem Vorstandsmitglied dessen Bestellung beenden. 8 8 Der Aufsichtsratsausschuss ist insofern abhängig von der Entscheidung des Gesamt-Aufsichtsrats und hat daher lediglich eine Annexkompetenz.

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Die Personalentscheidungsfreiheit des Gesamt-Aufsichtsrats besteht auch bei der Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds gemäß § 84 Abs 1 Satz 2 (dazu allg Rdn 100 ff). 8 9 Auch bei der Wiederbestellung dürfen weder der Gesamt-Aufsichtsrat selbst noch ein Aufsichtsratsausschuss dem Recht des (späteren) Gesamt-Aufsichtsrats auf freie Entschei-

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 24; MünchHdbAG-Wiesner3 § 20, 9; Ulmer/ Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler MitbestG 2 § 31, 44; auch GroßkommAktGKort4 § 76, 226; aA KK-Mertens 1 § 76, 118. KK-Mertens2 9. MünchKommAktG-He fermehl/Spindler2 12; KK-Mertens 1 9. KK-Mertens1 9; Hüffer7 5.

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GroßkommAktG-Hopi/Äoi/j4 §107, 380 ff. MünchKommAktG-He fermehl/Spindler1 49; KK -Mertens1 53; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 170; Fonk in Semler/von Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder2 § 9, 85. KK-Mertens1 10. BGHZ 3, 90, 93; 10, 187, 195; 41, 282, 290; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 37.

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

dung über die Wiederbestellung zum Wiederbestellungszeitpunkt vorgreifen, indem etwa dem Vorstandsmitglied im Anstellungsvertrag unangemessene Leistungen für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand gemacht werden. 9 0 So kann dem Vorstandsmitglied nicht zugesagt werden, es werde seine Vergütung auch nach Beendigung des Vorstandsamts weiterbeziehen. 91 Die Zusage eines angemessenen Ruhegehalts oder eines Übergangsgeldes im Anstellungsvertrag ist jedoch zulässig, soweit dadurch nicht die Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats beeinträchtigt wird. 9 2 Ferner kann dem Vorstandsmitglied eine Anstellung als leitender Angestellter oder als freier Berater nach Ende seiner Vorstandsmitgliedschaft zugesagt werden, ohne dass hierin eine Beschränkung des Rechts des Gesamt-Aufsichtsrats auf eine freie Entscheidung über die Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds zu sehen ist. 9 3 56

Wird die Entscheidungsfreiheit des Gesamt-Aufsichtsrats durch anstellungsvertragliche Leistungs- oder Postenzusagen unangemessen beeinträchtigt, so ist die dahingehende Anstellungsvertragsbestimmung nichtig. 94 11. Amtszeit des Vorstandsmitglieds a) Telos der Amtszeitbegrenzung

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Der Aufsichtsrat bestellt die Vorstandsmitglieder nach § 84 Abs 1 Satz 1 auf höchstens fünf Jahre. Mit der Begrenzung auf fünf Jahre wird gesichert, dass die Einflussmöglichkeiten des Aufsichtsrats auf das Vorstandshandeln erhalten bleiben, 95 denn bei sehr langfristiger oder gar bei lebenslanger Bestellung bräuchte das Vorstandsmitglied außer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes den Widerruf seiner Bestellung, also seine Abberufung, nicht zu fürchten. 96 Hätte der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat bloß das Recht eingeräumt, nach gewissen Zeiträumen den Anstellungsvertrag zu kündigen, 97 so wäre dieses Ziel nicht in demselben Maß erreicht wie bei Befristung der Bestellung, denn aus der langfristigen Bestellung hätte das Vorstandsmitglied trotz wirksamer Kündigung des Anstellungsvertrags noch Rechte herleiten können. 9 8 Dem Aufsichtsrat soll mit der zeitlichen Begrenzung der Bestellung in regelmäßigen und nicht zu langen Abständen die Möglichkeit eröffnet werden, die Qualität des Vorstandshandelns zu prüfen und daraus Konsequenzen im Sinne einer Beibehaltung als Vorstandsmitglied durch Wiederbestellung oder aber umgekehrt im Sinne einer Beendigung der Vorstandsstellung zu ziehen. 99 b) Fünfjahresfrist

58

Mit der Fünfjahresfrist in § 84 Abs 1 Satz 1 sind Amtsjahre des Vorstandsmitglieds, nicht etwa Geschäftsjahre der AG, gemeint. 1 0 0 Die Befristung soll bewirken, dass der Aufsichtsrat spätestens nach fünf Jahren erneut Erwägungen über die Qualität der Arbeit eines Vorstandsmitglieds anstellt und der Gesellschaft die Möglichkeit eingeräumt

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BGH W M 1968, 1041; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 41. BGHZ 8, 348, 360; KK-Mertens 1 11. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 41. KK-Mertens1 11. RG DR 1944, 4 8 8 ; BGH NJW 1957, 1278; 2 41. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 2; Hü ff er 7 1, 6.

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Hüff er 7 1. BGHZ 10, 187, 195; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 2. AA wohl MünchKommAktG-He/er»jeW/ Spindler2 2. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2· 3; Hüffer7 6. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

wird, sich ohne rechtliche Auseinandersetzung von einem Vorstandsmitglied trennen zu können. 1 0 1 Als Beginn der Fünfjahresfrist des § 84 Abs 1 Satz 1 ist weder der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bestellung noch derjenige der Registereintragung nach § 81 anzusehen, sondern der Beginn der Amtszeit. 1 0 2 Der Bestellungsbeschluss kann einen späteren Zeitpunkt für den Beginn der Amtszeit festlegen (dazu bereits oben Rdn 37). Darin liegt keine Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Vorstands gemäß § 82 Abs 1, vielmehr rückt das Vorstandsmitglied erst später in seine organschaftliche Stellung ein. Allerdings ist bei einer Befristung der Bestellung der Rechtsgedanke des § 8 4 Abs 1 Satz 3 (dazu näher unten Rdn 105) entsprechend anwendbar. 1 0 3 Diese Norm will bei der Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds zu lange Bindungen vermeiden. Dieselbe Überlegung gilt aber auch für die erstmalige, befristete Bestellung: Der Zeitpunkt des vorgesehenen Amtsantritts darf nicht mehr als ein Jahr nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bestellung liegen. Andernfalls würde der Zweck der Begrenzung der Amtszeit, dem Aufsichtsrat alle fünf Jahre ein erneutes Recht zur Überlegung einzuräumen, ob jemand für das Vorstandsamt geeignet ist, unterlaufen werden. 1 0 4

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Ist eine Befristung der Bestellung im Bestellungsbeschluss dahingehend vorgesehen, dass der Amtsantritt erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden soll, so lässt sich eine solche aufschiebend befristete Bestellung auch im Handelsregister eintragen. 1 0 5 Das Rechtsverhältnis einer Bestellung zum Vorstandsmitglied wird nämlich nicht bloß erwartet, ohne dass sein Eintritt gewiss ist, sondern der Eintritt ist nach Fristablauf sicher. Daher ist auch bei einer solchen aufschiebenden Befristung eine Handelsregistereintragung schon möglich. 1 0 6

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Die Amtszeit des ersten Vorstands gemäß § 3 0 Abs 4 beginnt bereits mit der Bestellung, nicht erst mit der Eintragung der AG nach § 41 Abs l . 1 0 7

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Wird gegen § 8 4 Abs 1 Satz 1 verstoßen, ist also eine Bestellung für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre vorgesehen, so ist die Bestellung nicht nichtig, sondern wirksam. Sie wird aber nach Ablauf von fünf Jahren ex lege, also ohne dass ein Widerruf nach § 84 Abs 3 Satz 1 erforderlich wäre, unwirksam. 1 0 8

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Auch eine Bestellung auf unbestimmte Zeit ist nicht nichtig, sondern wirksam. Sie ist als Bestellung auf fünf Jahre anzusehen. 1 0 9 Ist allerdings die Bestellung nicht ausdrücklich auf unbestimmte Zeit vorgesehen, sondern - wie in solchen Fällen üblich - lediglich ungeregelt geblieben, wie lange die Amtszeit betragen soll, so steht der Seite, die sich auf eine kürzere Bestellungsdauer als fünf Jahre berufen will, der Beweis einer solchen kürzeren Geltungsdauer offen. 1 1 0

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 32; KK-Mertens2 13; Hüffer7 6. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 35; Hüffer7 7. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28; KK-Mertens2 15; Hüffer7 6; Lutter/ Krieger4 358; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 127 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 28.

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 29. BGHZ 3, 90; 10, 187, 195; BGH WM 1957, 846; BGH WM 1962, 109, 112; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 31; KK-Mertens 2 13; Baumbach/Hueck " 5. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 31; KK-Mertens1 16; Hüffer7 7; von Godin/ Wilhelmz'4 Anm 5; Grumann/Gillmann DB 2003, 770; für das österreichische Recht auch ÖstOGH AG 2001, 100. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 31.

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§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

c) Ermessen des Aufsichtsrats bei der Amtszeitfestlegung aa) Keine Möglichkeit einengender Satzungsregelung 64

Im Hinblick auf die Dauer der Amtszeit besteht eine Festlegungsfreiheit des (Gesamt-) Aufsichtsrats. Daher kann die Satzung weder eine bestimmte Dauer der Amtszeit noch eine Mindest- oder Höchstgrenze für die Amtszeit bestimmen. Ferner kann das Recht des Aufsichtsrats, ein Vorstandsmitglied nach § 84 Abs 1 Satz 2 erneut zu bestellen (dazu allg unten Rdn 100 ff), nicht in der Satzung eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden. 1 1 1 Erst recht kann die Fünfjahresfrist nicht in der Satzung abbedungen werden. 112 bb) Mindestdauer

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Gesetzlich ist eine Mindestdauer für die Bestellung als Vorstandsmitglied nicht vorgesehen. Jedoch darf die Dauer der Bestellung nicht beliebig kurz sein. 113 Zu unterscheiden sind Fälle einer regulären Bestellung als Vorstandsmitglied von solchen, bei denen es um die Überbrückung einer kurzen Zeitdauer bis zum Amtsantritt eines anderen Vorstandsmitglieds zwecks Vermeidung einer gerichtlichen Ersatzbestellung nach § 85 geht. Bei der regulären Bestellung eines Vorstandsmitglieds darf die Amtszeit von Vorstandsmitgliedern nicht so kurz bemessen werden, dass die Vorstandsmitglieder damit praktisch zu Marionetten des Aufsichtsrats würden und eine Leitung der Gesellschaft nicht mehr durch einen unabhängigen Vorstand, sondern de facto durch den Aufsichtsrat erfolgen würde. 1 1 4 Außerdem würde durch eine sehr kurz bemessene Amtsdauer der Grundsatz, dass das Vorstandsamt kurzfristig nur aus wichtigem Grund beendet werden kann (§ 84 Abs 3 Satz 1), ausgehebelt. 115

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Als Richtwert ist anzunehmen, dass eine Zeit von einem Jahr ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht unterschritten werden darf. 1 1 6 Unterschreitet der Aufsichtsrat diese Grenze, so kann er sich ggf schadensersatzpflichtig nach § 116 machen. 1 1 7 Die Bestellung des Vorstandsmitglieds ist aber auch in einem solchen Fall nicht nichtig. Aus Rechtssicherheitsgründen geht es nicht an, die zu kurz bemessene Amtsdauer auf einen angemessenen Mindestzeitraum (etwa dem von einem Jahr) auszudehnen, vielmehr ist das Vorstandsmitglied dann für den vorgesehenen, wenn auch rechtlich unzulässig kurzen Zeitraum bestellt. 118

67

Geht es hingegen bei der kurzfristigen Bestellung eines Vorstandsmitglieds lediglich um die Überbrückung einer Vakanz zwecks Vermeidung einer gerichtlichen Ersatzbestellung, so ist auch eine kürzere Amtszeit als ein Jahr zulässig. 119

111

112 113

114

115 116

MündiYLommAktG-Hefermebl/Spindler2 31; KK-Mertens 2 17; von Godin/Wilhelmi4 5. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 32. Hü ff er 7 7; Fleischer AG 2 0 0 6 , 429, 4 3 5 mwN. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 30; KK-Mertens2 20; Baumbach/Hueck13 5; von Godin/Wilhelmi4 Anm 5; MünchHdbAG- Wiesner3 § 2 0 , 31; Miller BB 1973, 1088, 1089 f. MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er 2 30. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 30;

117

118

119

Hüffer7 7; weitergehend (Mindestfrist) Heidbüchel WM 2 0 0 4 1317, 1318. OLG Karlsruhe AG 1973, 310, 311; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 30; KK-Mertens 2 20; Hüffer7 7; Steinbeck/ Menke DStR 2 0 0 3 , 940, 943. MünchKomm AktG-Hefermebl/Spindler2 30; KK-Mertens 2 20; Hüffer7 7; MünchHdbAGWiesner3 § 2 0 , 31; Fleischer AG 2 0 0 6 , 429, 434. KK-Mertens 2 20; Hüffer7 7.

Stand: 1. 10. 2006

(32)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

d) Möglichkeiten und Grenzen vorzeitiger Beendigung der Amtsstellung aa) Telos von § 8 4 Abs 3 Satz 1 Während der vorgesehenen Amtszeit besteht von Gesetzes wegen die Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung der Amtsstellung lediglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 84 Abs 3 Satz 1; dazu näher unten Rdn 127ff). Das System einer festen Amtsdauer von in der Regel mindestens einem und einer Höchstdauer von fünf Jahren und der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes darf nicht ausgehebelt werden. Demgemäß kann weder eine auflösende Bedingung für die Bestellung als Vorstandsmitglied noch die jederzeitige (ordentliche) Kündbarkeit der Bestellung vorgesehen werden. 1 2 0 Würde man die Beendigung der Amtszeit durch eine auflösende Bedingung zulassen, könnte diese Bedingung nicht mehr der Prüfung unterzogen werden, ob es sich hierbei um einen wichtigen Grund im Sinne von § 84 Abs 3 Satz 1 handelt. Das Gesetz räumt aber nicht die Möglichkeit ein, den Inhalt des Begriffs des „wichtigen Grundes", etwa in der Satzung, frei zu bestimmen. 1 2 1 Zwar hat der B G H mit Urteil vom 2 4 . 1 0 . 2 0 0 5 die Bestellung eines Geschäftsführers einer G m b H unter einer auflösenden Bedingung für zulässig erachtet. 1 2 2 Jedoch lässt sich das nicht auf das Aktienrecht übertragen, weil § 8 4 Abs 3 im Gegensatz zu § 38 G m b H G zwingend auf das Vorliegen eines „wichtigen Grundes" abstellt.

68

bb) Vermeidung von Uberzähligkeit Eine Ausnahme hiervon ist nur dann zu machen, wenn ein Vorstandsmitglied anstelle eines gemäß § 84 Abs 3 Satz 1 abberufenen Mitglieds bestellt wird und es später zu dem unwahrscheinlichen - Fall einer gerichtlichen Wiedereinsetzung des abberufenen Vorstandsmitglieds kommt. In einem solchen Fall muss die AG die Möglichkeit haben, das neue Vorstandsmitglied zur Vermeidung einer Überzähligkeit der Vorstandsmitglieder (dazu GroßkommAktG/Kort 4 § 7 7 Rdn 198) wieder aus dem Vorstand entfernen zu können. Hierzu kann eine Bestellung des neuen Vorstandsmitglieds unter der auflösenden Bedingung der gerichtlichen Wiedereinsetzung des abberufenen Vorstandsmitglieds dienen, 1 2 3 falls eine solche Wiedereinsetzung droht.

69

cc) Keine analoge Anwendung von § 105 Abs 2 Hingegen ist § 105 Abs 2 auf Vorstandsmitglieder nicht analog mit der Folge anzuwenden, dass ganz grundsätzlich „kommissarische" Vorstandsmitglieder unter der auflösenden Bedingung der Bestellung regulärer Mitglieder bestellt werden könnten. Vielmehr ist dann nur eine kurzfristige (Überbrückungs-) Bestellung ohne auflösende Bedingung möglich (dazu oben Rdn 6 7 ) . 1 2 4

70

dd) Keine ordentliche Kündigung Ebenfalls einen Verstoß gegen den Grundgedanken der eingeschränkten Beendbarkeit der laufenden Amtszeit würde die Vereinbarung eines Rechts zur ordentlichen Kündigung der Bestellung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes bilden. Eine jederzeitige

120

121 122

(33)

MünchKommAktG Hefermehl/Spindler2 KK-Mertens 1 21 f. MüncbKommkktG-Hefermehl/Sptndler1 BGH BB 2 0 0 6 , 14.

92;

123

93.

124

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 118; KK-Mertens1 21. KK-Mertens1 21.

Michael Kort

71

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Kündbarkeit kann nicht vorgesehen werden, 1 2 5 und zwar weder von Anfang an noch nach Ablauf einer bestimmten Frist. Ist jemand Vorstandsmitglied, soll er für die Dauer der Amtszeit eine starke und unabhängige Leitungsposition bekleiden, über der nicht die Gefahr der jederzeitigen Beendbarkeit der Stellung als Vorstandsmitglied schweben darf. ee) Verlängerung der Amtszeit nach Wiedereinsetzung 72

Die vorgesehene Amtszeit des Vorstandsmitglieds verlängert sich im Falle der gerichtlichen Wiedereinsetzung nach einer Abberufung nicht um den Zeitraum zwischen der Abberufung und der Wiedereinsetzung. 126 Bei Hinzurechnung des Zwischenzeitraums würde der Fünfjahreszeitraum für die Bestellung nämlich angesichts regelmäßig langer gerichtlicher Auseinandersetzungen um die Frage einer Wiedereinsetzung regelmäßig überschritten. Eine so langfristige Bindung des Aufsichtsrats ist aber nicht gewollt, wie § 84 Abs 1 Satz 2 und 3 zeigt.

73

Dem Vorstandsmitglied steht gegen eine rechtswidrige Abberufung die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung. 127 Endet die Amtszeit des Vorstandsmitglieds während der Dauer des (Haupt-)Verfahrens, so ist seine gegen die Abberufung gerichtete Klage nicht in der Hauptsache erledigt, 128 sondern das Gericht kann nach Umstellung des Klageantrags feststellen, dass die Abberufung rechtswidrig war. 1 2 9 12. Rechtsfolgen der Bestellung a) Allgemeine Rechte und Pflichten der Vorstandsmitglieder

74

In der Regel wird der Bestellte mit dem Zugang seiner Einverständniserklärung zur Bestellung Vorstandsmitglied (dazu bereits oben Rdn 39). Hat er jedoch sein Einverständnis antizipiert erteilt, wird er im Allgemeinen bereits mit Verkündung des Bestellungsbeschlusses ihm gegenüber Vorstandsmitglied (dazu ebenfalls bereits oben Rdn 39). Diese Grundregeln gelten allerdings nur, wenn keine besonderen Abmachungen über einen späteren Beginn der Amtszeit getroffen worden sind. Ist ein späterer Beginn der Amtszeit vorgesehen (dazu oben Rdn 59), erlangt der Bestellte die Stellung als Vorstandsmitglied erst mit diesem späteren Zeitpunkt. Er wird somit erst ab Beginn der Amtszeit Vorstandsmitglied mit allen Rechten und Pflichten.

75

M i t Beginn der Amtszeit ist der Bestellte berechtigt und verpflichtet, die Geschäfte der Aktiengesellschaft zu führen (§ 77), insbesondere aber auch, die Gesellschaft zu leiten (§ 76 Abs 1). Ferner ist er berechtigt und verpflichtet, die AG organschaftlich zu vertreten ( § 7 8 ) und die gesetzlich nicht abdingbaren Mindestzuständigkeiten eines Vorstandsmitglieds (dazu Großkomm AktG/Kort 4 § 7 7 Rdn 3 0 ff) wahrzunehmen. 1 3 0 b) Treuebindung

76

Aus der korporationsrechtlichen Stellung als Vorstandsmitglied ergibt sich auch eine Treuebindung des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG, die nicht mit der Treuebindung

125

126

127

MüncbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 92; KK-Mertens 1 115; Lutter/Krieger4 364. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 115; KK-Mertens 1 24; Peltzer BB 1976, 1249, 1250. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 117; KK-Mertens 1 24.

128

129 130

AA MünchKommAktG-He/ewjeM/ Spindler1 115, der aber die gesonderte Feststellung, dass der Anstellungsvertrag wegen Unwirksamkeit der Kündigung weiterhin Bestand hat, zulässt. KK-Mertens1 24. Hüffer7 8.

Stand: 1. 10. 2006

(34)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

der einzelnen Aktionäre gegenüber der AG oder der einzelnen Aktionäre untereinander gleichgesetzt werden darf. Während diese letztgenannten Treuebindungen und daraus resultierende Treuepflichten der Aktionäre aus deren Stellung als Gesellschafter resultieren, gründet sich die Treuebindung des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG auf seine Stellung als Mitglied eines Organs der AG. Es handelt sich daher um eine organschaftliche Treuepflicht, die wesentlich intensiver ist als die Treuepflicht des Aktionärs. Während der Aktionär in der Regel bloß „kapitalistische" (Investitions-)Interessen verfolgt, und zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, aktiv den Gesellschaftszweck zu fördern, sind die Vorstandsmitglieder als Verwalter fremden Vermögens schon kraft ihrer damit einhergehenden Treuhänderstellung (zur principal-agent-Theorie GroßkommAktG/Kort 4 vor § 76 Rdn 37) in viel größerem Ausmaß als die Aktionäre auf eine aktive Verfolgung des Gesellschaftszwecks unter Beachtung des Unternehmensinteresses verpflichtet. 131 Problematisch ist es, diese Treuepflicht der Vorstandsmitglieder als rechtsgeschäftlich begründet anzusehen. 132 Zwar sind die Bestellung des Vorstandsmitglieds und dessen Einverständniserklärung mit der Bestellung als rechtsgeschäftsähnlich anzusehen (dazu bereits oben Rdn 39). Daraus folgt aber nicht, dass die einzelnen aus der Bestellung resultierenden Rechte und Pflichten, so auch die organschaftliche Treuepflicht, rechtsgeschäftlich vermittelt wären. Vielmehr folgt die organschaftliche Treuepflicht in gesetzlich zwingender Weise aus dem korporationsrechtlichen Wesen der Bestellung, die einer privatautonomen Gestaltung durch die Gesellschaft und das einzelne Vorstandsmitglied gerade nicht zugänglich ist. 133

77

Somit erklärt sich der Inhalt der organschaftlichen Treuepflicht des einzelnen Vorstandsmitglieds gegenüber der AG aus dessen gesetzlicher Treuhänderstellung und der Pflicht, die Gesellschaft in deren Interesse zu leiten. Die organschaftliche Treuepflicht der Vorstandsmitglieder besteht nicht nur gegenüber der AG, sondern - mit allerdings anderem Inhalt - auch gegenüber den anderen Organen der AG, mit denen der Vorstand vertrauensvoll zusammenarbeiten muss. 134 Die organschaftliche Treuepflicht der Vorstandsmitglieder geht schon deshalb weit über den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB hinaus, 135 weil sich § 242 BGB bloß auf ein normales Schuldverhältnis bezieht, es aber bei der organschaftlichen Treuepflicht um ein korporationsrechtliches Verhältnis zwischen einem Organ (bzw seinen Mitgliedern) und der AG geht. Teilweise hat die organschaftliche Treuepflicht der Vorstandsmitglieder sogar im Gesetz eine Konkretisierung erfahren, so beim Wettbewerbs verbot gemäß § 88 und bei der Verschwiegenheitspflicht nach § 93 Abs 1 Satz 3. 136

78

131

132

(35)

Hüffer7 8; MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 § 93, 43; U Η Schneider ZIP 2 0 0 3 , 645, 648 f; Fleischer AG 2003, 291, 299. So aber teilweise MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 76 (Treuepflicht zugleich vertragliche Pflicht auf Grund des Anstellungsvertrags); Hüffer7 9; KK-Mertens 2

133

134 135 136

§ 93, 3; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 163 f; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 6. AA MünchKommAktG-He/emieW/ Spindler2 76. Hüffer7 9. Hüffer7 9. Hüffer7 9.

Michael Kort

§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

13. Fehlerhafte Bestellung a) Fehlerquellen 79

Die Bestellung eines Vorstandsmitglieds kann fehlerhaft sein. 137 So passieren bereits bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Bestellung als Vorstandsmitglied häufig Fehler. 138 Bei den Mängeln des Bestellungsbeschlusses ist zu unterscheiden: Inhaltliche Gesetzes- oder Satzungsverstöße sowie Verstöße gegen wesentliche Verfahrensvorschriften führen zur Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses. Wenn hingegen ein weniger gravierender Verfahrensverstoß, etwa die Teilnahme Dritter an der Sitzung des Aufsichtsrats entgegen § 109, vorliegt, ist der Aufsichtsratsbeschluss bloß vernichtbar.

80

Ein Beschlussfehler liegt etwa vor, wenn ein Beschluss gefasst wird, ohne dass der Aufsichtsrat beschlussfähig ist oder die erforderliche Mehrheit erreicht wird. Ferner ist es möglich, dass der Bestellungsbeschluss unzulässig nicht von dem Gesamtaufsichtsrat, sondern bloß von einem Aufsichtsratsausschuss gefasst wurde (dazu oben Rdn 54). 139 Eine konkludente oder stillschweigende Zustimmung oder Meinungsäußerung des Aufsichtsrats ist nicht als Beschlussfassung zu werten (dazu bereits oben Rdn 40). 1 4 0

81

Eine fehlerhafte Bestellung liegt ferner vor, wenn das Vorstandsmitglied zwar zunächst wirksam bestellt wurde, jedoch ohne (erneuten) Aufsichtsratsbeschluss iS von § 84 Abs 1 Satz 2 (dazu Rdn 101 ff) nach Ablauf der Amtszeit seine Tätigkeit mit bloßer Billigung des Aufsichtsrats fortsetzt. 141 Auch ist es denkbar, dass zwar der Bestellungsbeschluss wirksam gefasst wird, jedoch eine Einverständniserklärung des Bestellten fehlt. 142 b) Lehre von der fehlerhaften Organstellung

82

Die von der Rechtsprechung 1 4 3 behandelten Fälle fehlerhafter Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitgliedern und der AG betreffen im Allgemeinen nicht die fehlerhafte Bestellung als korporationsrechtlichen Akt, sondern das nach der Trennungstheorie (dazu oben Rdn 16 ff) davon getrennt zu betrachtende schuldrechtliche Anstellungsverhältnis (zur Behandlung von dessen Fehlerhaftigkeit unten Rdn 300ff).

83

Die fehlerhafte Bestellung als korporationsrechtlicher Akt beurteilt sich nach der Lehre von der fehlerhaften Organstellung. 144 Nach dieser Lehre, die enge Verbindungen zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft aufweist, ist unter bestimmten Bedingungen von einer vorläufigen Wirksamkeit der fehlerhaften Bestellung auszugehen. Voraussetzung für die Anerkennung der vorläufigen Wirksamkeit der Bestellung trotz Fehlerhaftigkeit ist nach der Lehre von der fehlerhaften Organstellung zunächst das beidseitige Vorliegen von auf die Bestellung gerichteten, wenn auch fehlerhaften Willensakten. Es muss also seitens des Aufsichtsrats überhaupt eine auf die Bestellung des Vorstandsmitglieds gerichtete, wenn auch fehlerhafte Willenserklärung vorliegen, seitens des Vorstandsmitglieds eine Willensäußerung oder ein (konkludent einen Willen zum Ausdruck bringendes) 137

138 139

140 141

142 143

MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler 2 196, Hüffer7 4, 10. Hüffer7 % 108, 4. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 14; KK-Mertens2 10; Hüffer7 5. Hüffer7 5. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 18; Hüffer7 10. Hüffer7 4. Rechtsprechungsübersicht bei Stein Das faktische Organ S 5 ff.

144

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 202; KK-Mertens2 29 ff; Hüffer7 10; MünchHdbAG-W*>s«er 3 § 20, 35; monografisch Stein Das faktische Organ; Baums Der Geschäftsleitervertrag 1987 S 153 ff, 163 ff, 204 ff; Lutter/Krieger4 360; zum Aufsichtsrat G r o ß k o m m A k t G - H o p t / R o t h 4 § 101, 217, 228.

Stand: 1. 10. 2006

(36)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84

H a n d e l n , das irgendwie auf ein Einverständnis mit der Bekleidung des Vorstandsamts schließen lässt. Liegt überhaupt kein Bestellungsakt vor, so sind die Grundsätze über die fehlerhafte Organbestellung nicht anwendbar. D a s ist etwa der Fall, wenn j e m a n d sich wie ein Vorstandsmitglied geriert, o h n e dass auch nur der Anschein seiner Bestellung ersichtlich ist. Schwierig zu beurteilen sind die Fälle, in denen j e m a n d nach Ablauf der vorgesehenen Amtszeit oder nach A b l a u f der gesetzlich vorgesehenen Bestellungshöchstdauer (§ 8 4 Abs 1 Satz 1) weiter als Vorstandsmitglied handelt. D a für eine Verlängerung der Amtszeit oder für eine Wiederbestellung ein Willensakt des Aufsichtsrats erforderlich ist, ist bei völligem Fehlen einer Willensäußerung des Aufsichtsrats nicht von einer (wenn auch fehlerhaften) Verlängerung der Amtszeit oder von einer (wenn auch fehlerhaften) Wiederbestellung auszugehen, da die Grundsätze über die fehlerhafte Organbestellung in einem solchen Fall nicht eingreifen k ö n n e n . 1 4 5

84

Werden Aufsichtsratsmitglieder zu Vorstandsmitgliedern bestellt, ist die Lehre von der fehlerhaften Organbestellung nicht anwendbar, da andernfalls § 1 0 5 Abs 1 ausgehebelt würde. V i e l m e h r steht die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern zu Vorstandsmitgliedern auch o h n e ausdrücklich dahingehende Bestimmung unter der aufschiebenden Bedingung der wirksamen Niederlegung des A u f s i c h t s r a t s m a n d a t s . 1 4 6

85

Für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organbestellung ist es außerdem erforderlich, dass die Tätigkeit als Vorstandsmitglied bereits tatsächlich a u f g e n o m m e n worden ist, das Amtsverhältnis muss mithin in Vollzug gesetzt worden s e i n . 1 4 7

86

c) Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organstellung aa)

Geschäftsunfähigkeit

W i e bei der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bestehen auch bei der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organstellung allerdings Grenzen. Die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organstellung ist ausgeschlossen, wenn ihr höherrangige Schutzinteressen der Allgemeinheit oder Einzelner e n t g e g e n s t e h e n . 1 4 8 Es gibt somit Fälle, bei denen die Organstellung nicht als vorläufig w i r k s a m im Innen- und im Außenverhältnis betrachtet werden k a n n , so insbesondere beim Schutz Geschäftsu n f ä h i g e r . 1 4 9 W i r d ein Geschäftsunfähiger zum Vorstandsmitglied bestellt, so ist seine Bestellung nach § 1 3 4 B G B nichtig. Willenserklärungen des Geschäftsunfähigen sind nach § 1 0 5 B G B n i c h t i g . 1 5 0 Eine Verantwortlichkeit der Gesellschaft für Erklärungen eines Geschäftsunfähigen, der als Vorstandsmitglied bestellt worden ist, ist auch nach den Grundsätzen des veranlassten Rechtsscheins nicht m ö g l i c h . 1 5 1

87

Eine Ausnahme vom Ausschluss der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften O r g a n Stellung auf Geschäftsunfähige kann allerdings in seltenen Fällen bestehen, so z B dann, wenn bei einem mehrköpfigen Vorstand nur ein Vorstandsmitglied geschäftsunfähig ist und der Aktiengesellschaft ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zugeht. D a n n ist ein Schweigen der Vorstandsmitglieder als Z u s t i m m u n g zu w e r t e n . 1 5 2

88

14J 146 147 148 149

150

(37)

IE ähnlich KK-Mertens 2 31. Großkomm AktG-Hopf/RofA>4 § 105,21 f. Hüffer7 10. MünchHdbAG-W;'es«er3 § 20, 36. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 197. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 197.

151

152

BGHZ 53, 210, 215; RGZ 145, 155, 159; MünchKommAkt G-Hefermehl/Spindler2 197. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 197.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

bb) Beschränkte Geschäftsfähigkeit 89

Auch bei der Bestellung eines beschränkt Geschäftsfähigen geht dessen Schutz, der auch in § 76 Abs 3 Satz 1 seinen Niederschlag gefunden hat, vor. Auch der beschränkt Geschäftsfähige kann somit nicht die Stellung eines Vorstandsmitglieds nach der Lehre von der fehlerhaften Organbestellung bekleiden. Jedoch kann sein Handeln durch Umdeutung als dasjenige eines Bevollmächtigten zu werten sein (§§ 140, 165 BGB, 5 4 HGB). Die AG kann daher bei Handeln des beschränkt Geschäftsfähigen innerhalb der ihm erteilten Vollmacht gebunden sein und bei Überschreitung der Vollmacht durch den beschränkt Geschäftsfähigen eine Genehmigung gemäß § 177 B G B erteilen. 1 5 3 cc) Vorstandsunfähigkeit

90

Eine fehlerhafte, aber vorläufig wirksame Organbestellung liegt nicht vor, wenn das bestellte Vorstandsmitglied ex lege vorstandsunfähig ist. 1 5 4 Wird etwa eine juristische Person oder eine Personengesamtheit entgegen § 76 Abs 3 Satz 1 zum Vorstandsmitglied bestellt, so entsteht kein zwar fehlerhaftes, dennoch aber vorläufig wirksames Bestellungsverhältnis. Auch bei der Bestellung einer Person, bei der ein Ausschlussgrund nach § 7 6 Abs 3 Satz 2 bis 4 vorliegt, verhindern Schutzinteressen der Allgemeinheit eine Anerkennung der Bestellung als Vorstandsmitglied als vorläufig wirksam. Anderenfalls könnte sich der Aufsichtsrat wissentlich über Berufsverbote und sonstige Ausschlussgründe von § 76 Abs 3 Satz 2 bis 4 hinwegsetzen. dd) Kollusives Zusammenwirken

91

Eine Kenntnis der einen oder anderen Seite vom Bestellungsmangel schließt die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organstellung nicht aus. 1 5 5 Liegt allerdings ein kollusives Zusammenwirken vor, so greifen die Grundsätze über die fehlerhafte Organbestellung nicht ein. Vielmehr sind dann im Innenverhältnis Akte des vermeintlichen Vorstandsmitglieds nichtig, im Außenverhältnis sorgen § 15 Abs 3 H G B sowie die (sonstigen) Grundsätze eines veranlassten Rechtsscheins und die dadurch bewirkte Zurechnung eines Handelns des vermeintlichen Vorstandsmitglieds für einen ausreichenden Verkehrsschutz. ee) Zuständigkeit des Aufsichtsrats

92

Auch dann, wenn eine Anerkennung der Bestellung als zwar fehlerhaft, dennoch aber vorläufig wirksam wegen vorrangiger Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen ausscheidet (dazu oben Rdn 87), ist der Aufsichtsrat das gegenüber dem vermeintlichen Vorstandsmitglied handelnde Organ. Wenn der Aufsichtsrat etwa Schritte unternehmen muss, um das vermeintliche Vorstandsmitglied an dessen weiterem Auftreten für die Aktiengesellschaft zu hindern, so ist der Aufsichtsrat zur Vertretung der AG gemäß § 112 befugt, auch wenn es sich bloß um ein vermeintliches Vorstandsmitglied handelt. 1 5 6

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 197. 154 MünchKommAktG-He/eiTweW/SpiW/er2 199 (mit zusätzlichen Hinweis auf die Unanwendbarkeit von $ 15 Abs 3 HGB). 153

155 156

KK-Mertens129. KK-Mertens 2 31; GroßkommAktGHopt/Roth4 § 112, 40.

Stand: 1. 10. 2006

(38)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

d) Rechtsfolgen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organbestellung aa) Erstreckung auf Innen- und Außenverhältnis Greifen die Grundsätze über die fehlerhafte Organbestellung ein, liegen also auf die 9 3 Bestellung gerichtete, wenn auch fehlerhafte, Willenserklärungen vor und ist die Tätigkeit als Amtsinhaber aufgenommen (In-Vollzug-Setzen des Vorstandsamts), so hat das zur Folge, dass das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied einem fehlerfrei bestellten Vorstandsmitglied (vorläufig) in vollem Umfang gleichgestellt wird. Die Handlungen des Vorstandsmitglieds sind sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis als vorläufig wirksam anzusehen. Das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied hat sowohl Geschäftsführungsbefugnis als auch Vertretungsbefugnis. Im Außenverhältnis ist der Rechtsverkehr nicht etwa bloß nach Rechtsscheingrundsätzen, insbesondere nach $ 15 Abs 3 HGB, geschützt,157 sondern das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied hat rechtlich wirksame, wenn auch nur vorläufig bestehende, Vertretungsmacht. Das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied hat in jeder Hinsicht dieselben Rechte und Pflichten wie das fehlerfrei bestellte Mitglied. 158 Das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied ist zur Beschlussfassung im Vorstand 9 4 berechtigt. So ist etwa ein Jahresabschluss, an dem ein fehlerfrei bestelltes Vorstandsmitglied mitgewirkt hat, nicht schon wegen der Fehlerhaftigkeit seiner Bestellung nichtig.159 Das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied hat während der Zeit seiner Tätigkeit Anspruch auf Vergütung. Dieser kann sich selbst dann aus dem Anstellungsvertrag ergeben, wenn der Anstellungsvertrag seinerseits fehlerhaft sein sollte (dazu unten Rdn 300 ff) oder aber sich - unabhängig vom Anstellungsvertrag - nach billigem Ermessen aus den Umständen ergeben.160 Im Außenverhältnis berechtigen und verpflichten die Rechtshandlungen des fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglieds die AG.

95

bb) Bloß vorläufige Wirksamkeit der Organbestellung Rechtsfolge der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Organbestellung ist allerdings bloß die vorläufige Wirksamkeit des Amts als Vorstandsmitglied im Innen- und im Außenverhältnis. Das Bestehen eines Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrunds, der das Bestellungsverhältnis fehlerhaft macht, räumt dem Aufsichtsrat die Möglichkeit ein, das fehlerhafte Bestellungsverhältnis ex nunc, also nicht rückwirkend, zu beenden.161 Ein wichtiger Grund für die Beendigung der fehlerhaften Bestellung muss im Gegensatz zum Widerruf der fehlerfreien Bestellung (§ 84 Abs 3 Satz 1; dazu unten Rdn 127ff) somit nicht vorliegen.

96

cc) Erforderlichkeit eines Beendigungsakts Jedoch bedarf es auch bei der Beendigung des fehlerhaften Bestellungsverhältnisses seitens des Aufsichtsrats eines explizit auf die Beendigung des korporationsrechtlichen Bestellungsverhältnisses gerichteten Formalakts. 162 Die Beendigung der fehlerhaften 157

158

159

(39)

So aber MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 197. BGHZ 41, 282, 287; 47, 341, 343; teilweise abweichend MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 200 ff. Stein Das faktische Organ S 129; aA MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er2 200.

160 161 162

KK-Mertens 2 29. MünchHdbAG-W(es«er3 § 20, 36. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 200; KK-Mertens2 30; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 36; Lutter/Krieger4 360; HdbVorstandsR-77wsmg § 4, 48.

Michael Kort

97

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Amtsinhaberschaft kann daher entgegen der älteren Rechtsprechung des B G H zum Aktiengesetz 1 9 3 7 1 6 3 nicht bereits dadurch erfolgen, dass das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied nicht m e h r weiterbeschäftigt w i r d . 1 6 4 Letztlich ist also bei einer Beendigung der fehlerhaften Organstellung seitens der A G ein Widerruf wie bei § 8 4 Abs 3 Satz 1 1 6 5 erforderlich, nur dass dafür kein wichtiger G r u n d vorliegen muss. 98

D e r Aufsichtsrat muss die fehlerhafte Bestellung durch Beschluss des Gesamt-Aufsichtsrats (§ 1 0 7 Abs 3 Satz 2 analog) b e e n d e n . 1 6 6 Hierzu ist er jederzeit in der Lage. Bei mitbestimmten Aktiengesellschaften ist § 31 A b s 5 M i t b e s t G zu b e a c h t e n , denn die Anforderungen an die Beendigung der fehlerhaften Organstellung entsprechen wegen der rechtlichen Gleichstellung der fehlerhaften mit der fehlerfreien Bestellung den Anforderungen an die Beendigung der fehlerfreien Bestellung, also den Widerrufsanforderungen.

99

W i l l das Vorstandsmitglied das fehlerhafte Amtsverhältnis beenden, so bedarf es dazu ebenfalls eines Formalakts, der demjenigen bei Beendigung der fehlerfreien Bestellung entspricht, also einer ausdrücklich erklärten Amtsniederlegung (dazu unten R d n 2 2 2 f f ) . 1 6 7

III. Verlängerung der Amtszeit und Wiederbestellung (§ 84 Abs 1 Satz 2 bis 4) 1. Unterscheidung von Amtszeitverlängerung und Wiederbestellung 100

§ 8 4 Abs 1 Satz 2 räumt die M ö g l i c h k e i t ein, die erstmalige Amtszeit des Vorstandsmitglieds zu verlängern oder eine Wiederbestellung vorzunehmen. S c h o n der W o r t l a u t dieser Vorschrift zeigt, dass das Gesetz o f f e n b a r zwischen der Verlängerung der Amtszeit und der Wiederbestellung unterscheidet. 1 6 8 Unter der Verlängerung der Amtszeit ist die kontinuierliche Fortsetzung der laufenden Amtszeit zu verstehen, unter Wiederbestellung die erneute Bestellung nach A b l a u f der vorangegangenen Amtszeit. 2 . Voraussetzungen der Amtszeitverlängerung und der Wiederbestellung a) Erfordernis eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses

101

Die M ö g l i c h k e i t der Verlängerung der Amtszeit und diejenige der Wiederbestellung unterliegen gesetzlichen Grenzen. N a c h § 8 4 Abs 1 Satz 2 sind sowohl die wiederholte Bestellung als auch die Verlängerung der Amtszeit - ebenso wie die erstmalige Bestellung nur für einen Z e i t r a u m von höchstens fünf Jahren möglich. N a c h § 8 4 A b s 1 Satz 3 bedürfen sowohl die Verlängerung der Amtszeit als auch die wiederholte Bestellung eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein J a h r vor A b l a u f der bisherigen Amtszeit gefasst werden k a n n . D a m i t will das Gesetz die M ö g l i c h k e i t einer a u t o m a t i schen Verlängerung ausschließen. 1 6 9

102

Allerdings eröffnet § 8 4 A b s 1 Satz 4 bei einer Bestellung auf weniger als fünf J a h r e die M ö g l i c h k e i t einer Verlängerung der Amtszeit ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluss, solange die gesamte Amtszeit (also einschließlich der Verlängerung oder Wiederbestellung) nicht m e h r als fünf J a h r e b e t r ä g t . 1 7 0 163 164 165 166

BGHZ 47, 341, 343. Wie hier KK-Mertens 2 30. KK-Mertens 2 30. GroßkommAktG-Hopf/Roifc 4 § 107, 387; MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler 2 203; KK-Mertens 1 30; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 36; Lutter/Krieger4 360; HdbVorstandsR-TYräsmg § 4, 48.

167 168 169

170

MünchHdbAG-W/esner 3 § 20, 36. Hüffer7 6. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler 2 32 f; Hüffer7 6. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler 2 38.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(40)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Der Beschluss über die Verlängerung der Amtszeit bzw über die Wiederbestellung unterliegt denselben Anforderungen wie der Aufsichtsratsbeschluss über die erstmalige Bestellung. 171 Er muss den Anforderungen von § 107 genügen, muss also in einer Sitzung des Aufsichtsrats, über die eine Niederschrift anzufertigen ist, gefasst werden. Gemäß § 107 Abs 3 Satz 2 kann der Verlängerungs- oder Wiederbestellungsbeschluss nur vom Gesamt-Aufsichtsrat gefasst werden. Die Stimmabgabe beim Beschluss über die Verlängerung oder über die Wiederbestellung muss schriftlich, also ausdrücklich, erfolgen. 1 7 2 Eine Verlängerung der Amtszeit durch bloße Duldung des Aufsichtsrats ist mithin nicht möglich. 1 7 3 Für den Zeitpunkt des Verlängerungs- bzw Wiederbestellungsbeschlusses ist der Ein-Jahres-Zeitraum des § 84 Abs 1 Satz 3 zu beachten. Erfolgt ein Verlängerungsoder Wiederbestellungsbeschluss zu einem früheren Zeitpunkt, so ist er unwirksam, führt also nicht zur Verlängerung oder Wiederbestellung. 174

103

b) Zeitpunkt der Beschlussfassung Aus einer Gesamtschau von § 84 Abs 1 ergibt sich, dass eine Verlängerung der Amtszeit über die Fünf-Jahres-Grenze des § 84 Abs 1 Satz 1 hinaus nicht privatautonom in der Weise erfolgen kann, dass die Amtszeit als verlängert gilt, wenn eine Abberufung nicht erfolgt. 1 7 5 Eine dahingehende Vereinbarung wäre vielmehr nichtig, da das Gesetz bezwecken will, dass der Aufsichtsrat alle fünf Jahre die Möglichkeit des Verbleibs des Vorstandsmitglieds im Amt erwägt und sich mit ihr in einer Beratung auseinandersetzt. 1 7 6

104

Allerdings kann der Aufsichtsratsbeschluss in den Fällen, in denen der Aufsichtsrat durch Beschluss erneut entscheiden muss (§ 84 Abs 1 Satz 3), bereits bis zu einem Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit des Vorstandsmitglieds gefasst werden, so dass eine maximal sechsjährige Bindung des Aufsichtsrats an seine Personalentscheidung besteht.

105

§ 84 Abs 1 Satz 3 enthält einen Kompromiss zwischen der Maxime, dass der Aufsichtsrat an sich spätestens nach fünf Jahren (wieder) über die Besetzung von Vorstandsposten entscheiden soll, und den Vorteilen der Kontinuität der Amtsinhaberschaft: Um die Möglichkeit des Verbleibens des bisherigen Amtsinhabers zu gewährleisten, sieht § 84 Abs 1 Satz 3 einerseits eine Vorlaufzeit von bis zu einem Jahr vor, damit sich der Aufsichtsrat nicht zu überstürzten Eilentscheidungen am Ende der bisherigen Amtszeit des Vorstandsmitglieds gezwungen sieht und es für das Vorstandsmitglied nicht - oft unzumutbar - bis zum Ende seiner Amtszeit ungewiss bleibt, ob diese verlängert wird oder nicht. 1 7 7 Andererseits dient die in § 84 Abs 1 Satz 3 vorgesehene Höchstzeit von einem Jahr für den Aufsichtsratsbeschluss über die Verlängerung bzw über die Wiederbestellung der Vermeidung von Umgehungen des Grundsatzes, dass der Aufsichtsrat nicht langfristig, sondern bloß mittelfristig, nämlich auf fünf Jahre, an seine Personalentscheidung gebunden sein soll.

106

171

172 173

(41)

B G H Z 10, 187, 194; 41, 2 8 2 , 2 8 5 ; 47, 3 4 1 , 3 4 3 ; B G H W M 1 9 6 0 , 8 0 3 , 8 0 5 ; MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler1 33; entsprechend für das österreichische Recht trotz abweichender Gesetzesfassung auch Sprung/Welzel in FS Krejci 2 0 0 1 , S 8 6 9 , 8 9 0 ff. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

33. 33.

174 175

176

177

MunchKomm AktG-Hefermebl/Spindler1 34. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 32, 39. B G H Z 10, 187, 1 9 4 f; Hüffer7 6; entsprechend für das österreichische Recht trotz abweichender Gesetzesfassung auch Sprung/Welzel in FS Krejci 2 0 0 1 , S 8 6 9 , 8 9 0 ff. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

Michael Kort

34.

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

c) Wiederholte Amtszeitverlängerung oder Wiederbestellung 107

§ 84 Abs 1 Satz 2 stellt außerdem klar, dass nicht nur eine einmalige Verlängerung oder Wiederbestellung, sondern auch eine wiederholte, also mehrmalige Verlängerung oder Wiederbestellung möglich ist („jeweils für höchstens fünf Jahre"). d) Bedeutung der Fünfjahresgrenze (§ 84 Abs 1 Satz 4)

108

Beträgt die laufende Amtszeit weniger als fünf Jahre, so kann eine Verlängerung dieser Amtszeit nach § 84 Abs 1 Satz 4 ohne neuen Aufsichtsratsbeschluss erfolgen, wenn trotz der Verlängerung die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Nach einer erstmaligen Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann somit eine automatische Verlängerung ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluss erfolgen, wenn dadurch die gesamte (erstmalige) Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. 1 7 8

109

So kann zB der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied auf drei Jahre mit der Maßgabe bestellen, dass sich dessen Amtszeit um zwei Jahre verlängert, falls die Bestellung auf drei Jahre nicht spätestens drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen drei Jahre widerrufen wird. Nicht zulässig ist es hingegen zB, das Vorstandsmitglied auf vier Jahre zu bestellen und eine zweijährige Verlängerung vorzusehen, falls kein Widerruf erfolgt, denn hierin läge eine Überschreitung der Fünfjahresgrenze des § 84 Abs 1 Satz 4 . 1 7 9 Ebenfalls nicht zulässig ist es zB, eine Bestellung auf zunächst drei Jahre vorzusehen, die, falls nicht ein Widerruf erfolgt, jeweils um zwei Jahre verlängert wird, denn auch hierin läge ein Verstoß gegen das Gebot der fünfjährigen Bindungshöchstgrenze des § 84 Abs 1 Satz 4 . 1 8 0 Erst recht unzulässig ist es, das Vorstandsmitglied auf unbestimmte Zeit zu bestellen, und bloß die Möglichkeit eines Widerrufs, etwa jeweils zum Jahresende oder nach Ablauf eines Fünfjahreszeitraums, vorzusehen. 3. Keine schuldrechtliche Bindung der AG hinsichtlich der Verlängerung

110

Aus dem Grundsatz, dass der Aufsichtsrat seine Personalentscheidung in der Regel spätestens alle fünf Jahre (und wegen § 84 Abs 1 Satz 3 jedenfalls spätestens nach sechs Jahren) erneut völlig frei treffen soll, folgt auch, dass dem Vorstandsmitglied anstellungsvertraglich oder auf andere Weise kein Anspruch auf Verlängerung seiner Bestellung eingeräumt werden kann. Die AG kann sich daher gegenüber dem Vorstandsmitglied, gegenüber ihren Organen oder gegenüber Dritten nicht dahin binden, eine Wiederbestellung eines bestimmten Vorstandsmitglieds nach Ablauf von dessen Amtszeit vorzunehmen. 1 8 1 Eine solche Bindung wäre vielmehr nach § 134 BGB nichtig. 182 Wenn der Aufsichtsrat einem Vorstandsmitglied bloß in Aussicht gestellt hat, es nach Ablauf der Amtszeit wiederzubestellen, so besteht unter keinem Gesichtspunkt ein Ersatzanspruch des Vorstandsmitglieds gegen die AG, falls die Verlängerung oder Wiederbestellung nicht erfolgt. 1 8 3

111

Aus dem Grundsatz der Bindungsfreiheit bei der ersten und jeder weiteren Bestellung eines Vorstandsmitglieds folgt ferner, dass auch einem Vorstandsmitglied, das für weni-

178

179 180

BGH W M 1980, 1139, 1140; MünchKoramAktG-Hefermehl/Spindler 2 38; KK-Mertens 2 13; MünchHdbAG-Wiesner 3 $ 2 0 , 33; Steinbeck/Menke DStR 2003, 940, 943. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 39. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 39.

181

182 183

BGHZ 3, 90, 93; 10, 187, 195; 41, 2 8 2 , 2 9 0 ; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 37. UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 37. OLG Düsseldorf DB 1951, 4 0 8 ; MünchKommMatG-Hefermehl/Spindler2 40; KK-Mertens 2 19.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(42)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

ger als fünf Jahre bestellt worden ist, nicht zugesagt werden kann, seine Amtszeit bis zu einer Gesamtzeit von fünf Jahren zu verlängern. 184 Vielmehr muss der Aufsichtsrat entscheiden, ob er gleich eine längere Amtszeit vorsehen will, ob er eine automatische Verlängerungsklausel will, die innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums zulässig ist, oder ob er eine Verlängerung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 84 Abs 1 Satz 4 ins Auge fassen will. 4. Neufestsetzung der Amtszeit Probleme bereitet die sogenannte Neufestsetzung der Amtszeit während einer laufenden Amtsperiode des Vorstandsmitglieds. Ist etwa ein Vorstandsmitglied auf fünf Jahre bestellt, so ist fraglich, inwiefern der Aufsichtsrat innerhalb dieses Fünf-Jahres-Zeitraums, zB nach drei Jahren, eine „Neufestsetzung" der Amtszeit auf (neue) fünf Jahre festlegen kann. Das Vorstandsmitglied bliebe in diesem Beispielsfall dann insgesamt acht Jahre im Amt. Rechtstechnisch erfolgt eine solche Neufestsetzung durch Abberufung und Neubestellung. 185

112

Teilweise wird eine solche Neufestsetzung, die anders als die Verlängerung der Amtszeit nicht an die bisherige (abgelaufene) Amtszeit anschließt, bei Einverständnis des Vorstandsmitglieds mit der Neufestsetzung für zulässig erachtet, ohne dass § 84 Abs 1 Satz 3 beachtet werden müsste. 186

113

Gegen diese Auffassung spricht jedoch, dass damit § 84 Abs 1 Satz 3, der angesichts seines Wortlauts und seiner Entstehungsgeschichte solche Fälle nicht erfasst, umgangen werden könnte. 1 8 7 Ferner ist zu berücksichtigen, dass bei der Ermöglichung einer Neubestellung ohne Beachtung von § 84 Abs 1 Satz 3 ein Aufsichtsrat fast für eine volle Amtsperiode einem ihm nachfolgenden Aufsichtsrat noch die Vorstandsmitglieder vorgeben könnte. Ein solches Vorgehen könnte sich negativ auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat auswirken. 1 8 8 Außerdem würde die Einräumung der Möglichkeit einer jederzeitigen Neubestellung der Bestellungsentscheidung des Aufsichtsrats den gebotenen Ernst nehmen. 1 8 9 Auch bei einer Neufestsetzung der Amtszeit muss daher § 84 Abs 1 Satz 3 beachtet werden, 1 9 0 ist also analog anzuwenden.

114

Nach Ziffer 5.1.2 Abs 2 Satz 2 des Deutschen Corporate Governance Kodex idF vom 12.6.2006 soll eine Wiederbestellung vor Ablauf eines Jahres vor dem Ende der Bestelldauer bei gleichzeitiger Aufhebung der laufenden Bestellung nur bei Vorliegen besonderer Umstände erfolgen, etwa bei Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden oder bei einem Angebot von dritter Seite. 191 Ziffer 5.1.2 Abs 2 Satz 2 DCGK ist bedenklich, da auch bei einer Neufestsetzung der Amtszeit § 84 Abs 1 Satz 3 analog zu beachten ist (dazu oben Rdn 114).

115

184

185 186

187 188 189

(43)

KK-Mertens 1 19; aA MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 40. Leuchten NZG 2005, 909. So Hölters/Weber AG 2005, 629, 631 ff; Bauer/Krets DB 2003, 811, 817; Willemer AG 1977, 130 ff; Krieger Personalentscheidung des Aufsichtsrats 1981, S 126 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 36. KK-Mertens 2 18 KK-Mertens2 18.

190

191

So iE auch MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 36; KK-Mertens 2 18; Hüffer7 7; Götz AG 2002, 305, 306; Leuchten NZG 2005, 909, 911. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 36; Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex 2 Rdn 950; kritisch Peltzer, Deutsche Corporate Governance 2 Rdn 246 („öffnet damit aber Missbrauch Tür und Tor").

Michael Kort

% 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

IV. Ernennung des Vorstandsvorsitzenden (§ 84 Abs 2) 1. Erfordernis eines Aufsichtsratsbeschlusses 116

Bei einem mindestens zweiköpfigen Vorstand kann der Aufsichtsrat ein Mitglied oder auch mehrere Mitglieder des Vorstands zu(m) Vorstandsvorsitzenden ernennen (§ 84 Abs 2; dazu allg GroßkommAktG/Kort4 § 77 Rdn 49ff). Hierfür ist ein Beschluss des Gesamt-Aufsichtsrats nach § 107 Abs 3 Satz 2 erforderlich. Eine Delegation auf einen Aufsichtsratsausschuss ist damit ausgeschlossen.192 Der Ernennungsbeschluss des Aufsichtsrats bedarf angesichts des § 29 MitbestG auch dann bloß der einfachen Mehrheit, wenn es sich um eine dem Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes unterfallende AG handelt. Bei mitbestimmten Gesellschaften gilt zwingend das Prinzip des einfachen Mehrheitsbeschlusses gemäß § 29 Abs 1 MitbestG, bei nicht mitbestimmten Aktiengesellschaften kann an Stelle des § 108 Abs 1 unterlegten Prinzips der einfachen Beschlussmehrheit auch ein anderes Mehrheitserfordernis vorgesehen werden.193

117

§ 31 MitbestG, der eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Aufsichtsrats für die Beschlussfassung verlangt, bezieht sich ausweislich von seinem Abs 1 lediglich auf die Bestellung von Vorstandsmitgliedern, nicht aber auf die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden.194 Fällt die Bestellung zum Vorstandsmitglied allerdings mit der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden in einem Beschluss zusammen, so gilt für diesen Beschluss § 31 MitbestG.195 2. Weitere Anforderungen an die Ernennung

118

Für die Beschlussfassung und die Verkündung des Ergebnisses des Beschlusses über die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden gelten die Grundsätze, die oben (Rdn 31 ff) für die Beschlussfassung und die Verkündung des Beschlusses bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern dargelegt worden sind, entsprechend.196 119 Ebenso wie bei der Bestellung zum Vorstandsmitglied ist bei der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden ein Einverständnis des Betroffenen, das dem Aufsichtsrat zugehen muss, erforderlich.197 Die Ernennung des Vorstandsvorsitzenden kann auch in einer vom Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung gemäß § 77 Abs 2 (dazu GroßkommAktG/ Kort4 § 77 Rdn 65) erfolgen, nicht aber in einer vom Vorstand erlassenen Geschäftsordnung, da sich der Vorstand angesichts der in § 84 Abs 2 eindeutig dem Aufsichtsrat zugewiesenen Organkompetenz zur Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden nicht selbst einen Vorstandsvorsitzenden geben darf.198 3. Ermessen des Aufsichtsrats 120

Der Aufsichtsrat ist das einzige Organ, das einen Vorstandsvorsitzenden ernennen kann. Das Recht, einen Vorstandsvorsitzenden zu ernennen oder eine solche Ernennung zu unterlassen, steht im Ermessen des Aufsichtsrats.199 Es kann dem Aufsichtsrat in der 192 193

194

GroßkommAktG-Hopi/Roifc 4 § 383. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 81; KK-Mertens 2 87. GroßkommAktG-Oei&er § 31 MitbestG Rdn 19; MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler1 81; KK-Mertens 2 87; Hüffer7 20; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 24, 2; aA Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats (1981) S 2 5 4 .

195 196 197

198 199

Hüffer7 2 0 . Hüffer7 20. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 81; Hüffer7 20; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 24, 6. KK-Mertens2 85. GioSkommAktG-Hopt/Roth4 % 116, 105.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(44)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Satzung weder vorgeschrieben noch umgekehrt verboten werden, einen Vorstandsvorsitzenden zu ernennen. 2 0 0 Nach Ziffer 4.2.1 Satz 1 des Deutschen Corporate Governance Kodex idF vom 121 12.6.2006 soll bei börsennotierten AG ein Vorstandsvorsitzender (oder ein Vorstandssprecher; dazu unten Rdn 126) ernannt werden, 2 0 1 eine Abweichung hiervon ist nach § 161 begründungsbedürftig. 4. Stellvertretender Vorstandsvorsitzender Neben dem Recht zur Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden steht dem Aufsichtsrat das ungeschriebene Recht zu, einen oder mehrere stellvertretende(n) Vorsitzende(n) des oder der Vorstandsvorsitzenden zu ernennen. Der Stellvertreter bekleidet das Amt des Vorstandsvorsitzenden nur für den Fall von dessen Verhinderung. 202 Wie schon dem Wortlaut von § 84 Abs 2 zu entnehmen ist, müssen sowohl Vorstandsvorsitzende als auch ihre Vertreter Mitglieder des Vorstands sein.

122

5. Rechtsstellung des Vorstandsvorsitzenden Die durch die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden erlangte Rechtsstellung beschreibt das Gesetz nur unzureichend. Der Vorstandsvorsitzende ist nach § 80 Abs 1 Satz 2 auf den Geschäftsbriefen als solcher zu bezeichnen, ferner nach § 285 Satz 1 Nr 10 HGB im Anhang zum Jahresabschluss zu nennen. Der Vorstandsvorsitzende hat die Befugnisse, die dem Vorsitzenden eines Kollegialorgans üblicherweise zukommen. Er repräsentiert das Kollegialorgan nach außen, beruft die Sitzungen des Vorstands ein und leitet sie (s auch GroßkommAktG/Kori 4 § 77 Rdn 50). 2 0 3 Er ist Koordinator der Vorstandsarbeit und legt die Tagesordnungspunkte bei den Sitzungen des Vorstands vorläufig fest. Die Satzung nach § 77 Abs 1 Satz 2 oder eine Geschäftsordnung nach § 77 Abs 2 können die Rechtsstellung des Vorstandsvorsitzenden näher konkretisieren. Zu beachten ist jedoch stets, dass der Vorstandsvorsitzende bloß primus inter pares ist und ihm deshalb im Grundsatz keine wesentlich stärkeren Rechte eingeräumt werden können als anderen Vorstandsmitgliedern. Allerdings kann er - als einziger oder neben anderen Vorstandsmitgliedern - bei der Regelung der Geschäftsführungsbefugnis oder der Vertretungsbefugnis privilegiert werden, etwa kann er Einzelgeschäftsführungsbefugnis oder Einzelvertretungsbefugnis erhalten, die anderen Vorstandsmitglieder hingegen nicht (dazu ausführlich GroßkommAktG/Kort4 § 77 Rdn 49 ff). In der Praxis vor allem größerer und global operierender Unternehmen nimmt der Vorstandsvorsitzende in jüngerer Zeit oft eine Rolle ein, wie sie im US-amerikanischen Recht dem Chief Executive Officer (CEO) zukommt (dazu näher GroßkommAktG/Kori 4 § 77 Rdn 52 ff). Der vollständigen Übernahme von CEO-Strukturen in das deutsche Recht stehend das Prinzip der Gesamtverantwortung 2 0 4 und Kollegialhaftung im Vorstand sowie die inzwischen gewachsene Bedeutung des Aufsichtsrats entgegen. Lediglich de lege ferenda ist eine gesetzliche Gestaltung denkbar, die dem Vor-

200

201

(45)

MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 80; KK-Mertens2 88; aA Dose Die Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder einer AG 1975, 28 ff; differenzierend Lutter/Krieger4 440: die Satzung kann die Ernennung eines Vorstandsvorsitzenden anordnen (allerdings nicht in bestimmter Person), nicht aber untersagen. Dazu Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/von

202 203

204

Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex 2 Rdn 669 ff. MünchKammAktG-Hefermehl/Spmdler1 80. MünchKommAktG-He fermehl/Spindler2 82; Hüffer7 21; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 244 ff; Bezzenberger Z G R 1996, 661, 662 ff. Dazu Fleischer ZIP 2003, 1, 7 f.

Michael Kort

123

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

standsvorsitzenden in CEO-gleicher Weise einen operativen Durchgriff in alle Unternehmensbereiche sichert (etwa durch ein direktes Weisungsrecht gegenüber Bereichsleitern). 205 Im Übrigen werden in jüngerer Zeit auch in den USA die Vorzüge der starken Stellung des CEO in Frage gestellt. 206 124

Umgekehrt darf dem Vorstandsvorsitzenden keine weniger weit reichende Geschäftsführungsbefugnis oder Vertretungsbefugnis als den anderen Vorstandsmitgliedern eingeräumt werden. Für den Vorstandsvorsitzenden kann ein Recht zum Stichentscheid und bei nicht mitbestimmten Gesellschaften - ein Vetorecht (dazu jeweils GroßkommAktG/ Kort4 § 77 Rdn 56) vorgesehen werden. 207 Kraft Amtes hat der Vorstandsvorsitzende solche Rechte aber nicht.

125

§ 81 findet auf den Vorstandsvorsitzenden keine Anwendung. 208 Seine Ernennung ist daher nicht zum Handelsregister anzumelden. 209 Das schließt jedoch seine Eintragung gemäß § 43 Nr 4 HRV nicht aus. 210 6. Abgrenzung zum Vorstandssprecher

126

Ein Vorstandssprecher (dazu GroßkommAktG/Kori 4 § 77 Rdn 57 f) kann - vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in einer Geschäftsordnung für den Vorstand, die der Aufsichtsrat erlassen hat - vom Vorstand aufgrund seiner eigenen Geschäftsordnungskompetenz bestimmt werden. 211 Seine Bestimmung unterliegt nicht § 84 Abs 2. Ist ein Vorstandsvorsitzender vom Aufsichtsrat ernannt, so kann der Vorstand keinen Vorstandssprecher mehr bestimmen. Der Vorstand ist bei der Bestimmung der Aufgaben und Befugnisse des Vorstandssprechers frei, nur dürfen diese nicht so gestaltet sein, dass der Vorstandssprecher wie ein Vorstandsvorsitzender agiert, denn der Vorstand kann nicht durch die Bestimmung eines Vorstandssprechers, der wie ein Vorstandsvorsitzender auftritt, in die Kompetenzen des Aufsichtsrats eingreifen. Trotz dieser Gestaltungsgrenzen können dem Vorstandssprecher Sitzungsleitungs- und Repräsentationsfunktionen zukommen (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/iCort4 § 77 Rdn 57). 2 1 2 V. Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied (§ 8 4 Abs 3) 1. Übersicht

127

§ 84 Abs 3 Satz 1 sieht die Möglichkeit des Widerrufs der Bestellung zum Vorstandsmitglied (Abberufung) aus wichtigem Grund vor. § 84 Abs 3 Satz 2 nennt nicht abschließend drei besonders relevante Fälle des wichtigen Grundes: die grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, falls dieser nicht aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt. Flankierend bestimmt § 84 Abs 3 Satz 3, dass diese Möglichkeit des Widerrufs der Bestellung als Vorstandsmitglied aus wichtigem Grund auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand gilt. § 84 Abs 3 Satz 4 legt fest, dass der Widerruf auch bei einem Rechtsstreit um seine Wirksamkeit vorläufig, dh bis zur rechtskräftigen Feststellung seiner Unwirksamkeit, wirksam ist.

Rieger in FS Peltzer 2 0 0 1 , S 3 3 9 , 3 4 9 f; kritisch Fleischer N Z G 2 0 0 3 , 7 4 5 , 7 5 0 .

209

MündiKommAktG-Hefermehl/Spindler2

82.

210

206

Schiesst Z H R 1 6 7 ( 2 0 0 3 ) , 2 3 5 , 2 4 4 f.

211

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler2

82. 83.

207

Hüffer7

205

208

21. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2

212

Hüffer7

22.

§ 81, 7.

Stand: 1. 10. 2006

(46)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

2 . Beschluss des Aufsichtsrats a) Ausschließliche K o m p e t e n z des Aufsichtsrats D e r W i d e r r u f zielt auf eine Beendigung der korporationsrechtlichen Organstellung des Vorstandsmitglieds a b und ist daher als solcher - ebenso wie die Bestellung - seinerseits ein korporationsrechtlicher A k t . D a s R e c h t zum W i d e r r u f der Bestellung g e m ä ß § 8 4 Abs 3 Satz 1 steht ebenso wie das R e c h t zur Bestellung keinem anderen O r g a n als ausschließlich dem Aufsichtsrat zu. D i e Satzung kann das R e c h t des Aufsichtsrats zum W i d e r r u f der Bestellung weder einschränken n o c h aufheben noch a u f einen Dritten übert r a g e n . 2 1 3 Ebensowenig ist es möglich, in der Satzung vorzusehen, dass der W i d e r r u f der Bestellung von der Z u s t i m m u n g eines anderen Organs oder eines außenstehenden Dritten abhängen soll. Auch der Alleinaktionär hat nicht - selbst nicht in N o t s i t u a t i o n e n wie bei Handlungsunfähigkeit oder Handlungsunwilligkeit des Aufsichtsrats - ein R e c h t zum W i d e r r u f der Bestellung.

128

G e m ä ß § 1 0 7 Abs 3 Satz 2 steht das R e c h t zum W i d e r r u f der Bestellung dem G e s a m t Aufsichtsrat zu, der dieses R e c h t nicht a u f einen Aufsichtsratsausschuss übertragen kann.214

129

b) Mitbestimmte AG Bei A G , die der M i t b e s t i m m u n g nach dem M i t b e s t G 1 9 7 6 unterliegen, erfolgt der W i d e r r u f der Bestellung g e m ä ß § 8 4 A b s 4 nach § 31 M i t b e s t G . § 31 Abs 5 M i t b e s t G verweist für den Abberufungsbeschluss auf die für den Bestellungsbeschluss geltenden Bestimmungen des § 31 Abs 1 bis 4 M i t b e s t G . 2 1 5 D a h e r bedarf es für den W i d e r r u f zunächst (in einem ersten Beschlussgang) einer nach der Ist-Stärke zu bemessenden Z w e i Drittel-Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder g e m ä ß § 31 A b s 2 M i t b e s t G . Findet der Beschluss über den W i d e r r u f der Bestellung nicht einmal die einfache M e h r heit, so ist das Abberufungsverfahren beendet. Erreicht er hingegen zwar die einfache, nicht aber die Z w e i - D r i t t e l - M e h r h e i t , so finden weitere Beschlussgänge nach $ 31 A b s 3 und Abs 4 M i t b e s t G statt. D a b e i kann der nach § 2 7 Abs 3 M i t b e s t G zu bildende Vermittlungsausschuss (§ 31 Abs 5 M i t b e s t G in Verbindung mit § 31 Abs 3 Satz 1 M i t bestG) die M o n a t s f r i s t des § 31 Abs 3 Satz 1 M i t b e s t G voll ausschöpfen. Die für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses relevante Zwei-Wochen-Frist des § 6 2 6 A b s 2 B G B (dazu unten R d n 5 0 5 ff) läuft nämlich nicht an, solange das mehrstufige Widerrufsverfahren nach § 3 1 M i t b e s t G noch nicht beendet ist. 2 1 6

130

c) A n h ö r u n g des B e t r o f f e n e n Wegen des Grundsatzes der vertrauensvollen Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ist es in aller Regel geboten, das Vorstandsmitglied vor dem Beschluss über den W i d e r r u f seiner Bestellung anzuhören, jedoch ist eine solche A n h ö r u n g des abzuberufenden Vorstandsmitglieds nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für den W i d e r r u f . 2 1 7 D e r Aufsichtsrat k a n n sich allerdings, wenn er eine gebotene A n h ö r u n g unterlässt, schadensersatzpflichtig m a c h e n . Eine vorherige A n h ö r u n g des Vorstandsmitglieds ist

213

214

(47)

RGZ 144, 384, 388; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 85; KK-Mertens 1 93, 115; Lutter/Krieger4 363. OLG Stuttgart AG 2003, 211, 212; Hüffer 7 25.

215 216

217

GroßkommAktG-Oeifcer § 31 MitbestG, 16. Für die Hemmung der Frist MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 89; MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 41. KK-Mertens 2 96.

Michael Kort

131

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

schon deshalb opportun, weil die Umstände der Beendigung der Organstellung für die Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt (dazu unten Rdn 134 ff), nach der Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen sind. 218 3. Abgrenzung zur Suspendierung 132

Vom Recht zum Widerruf der Bestellung ist die Möglichkeit zu unterscheiden, dass der Aufsichtsrat durch eine einseitige Maßnahme ein Vorstandsmitglied zur Klärung einer Angelegenheit vorläufig suspendiert. Voraussetzungen und Wirkungen einer solchen einseitigen Suspendierung sind unten (Rdn 2 3 3 ff) gesondert zu behandeln. 4. Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis

133

Wenn einem Vorstandsmitglied das bislang eingeräumte Recht auf Einzelgeschäftsführungsbefugnis genommen wird und es bloß noch - zusammen mit einem oder mehreren anderen Vorstandsmitgliedern - Gesamtgeschäftsführungsbefugnis hat, ist das nicht formell als Widerruf der Bestellung zu werten. Materiell handelt es sich um einen „Teilwiderruf", der aber nicht § 84 Abs 3 unterliegt. Ein solcher „Teilwiderruf" ist unzulässig, wenn die Satzung jedem Vorstandsmitglied Einzelgeschäftsführungsbefugnis einräumt. 219 5. Vorliegen eines wichtigen Grundes a) Umfassendes Erfordernis

134

§ 84 Abs 3 Satz 1 verlangt einen wichtigen Grund für die Abberufung des Vorstandsmitglieds. Liegt ein wichtiger Grund nicht vor, ist der Widerruf allerdings aus Rechtsicherheitsgründen gemäß § 84 Abs 3 Satz 4 dennoch wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt worden ist (dazu unten Rdn 187ff). Ein wichtiger Grund für die Abberufung ist sogar nach der Bestellung eines Vorstandsmitglieds, das sein Amt noch gar nicht angetreten hat, erforderlich. Das Gesetz sieht auch für diesen Fall keine ordentliche Beendigung vor. 2 2 0

135

Das Erfordernis eines wichtigen Grundes besteht auch bei AG, die der Mitbestimmung nach dem MitbestG 1976 unterliegen, denn die in § 31 MitbestG enthaltenen Verfahrensvorschriften für die Beschlussfassung sollen ersichtlich nicht die inhaltlichmateriellen Erfordernisse an den Widerruf (insbesondere das Vorliegen eines wichtigen Grundes) ersetzen, sondern sie ergänzen. 221 b) Telos des Erfordernisses

136

Mit dem Erfordernis eines wichtigen Grundes für die Abberufung soll gewährleistet werden, dass der Vorstand seine Arbeit unabhängig leisten kann, also die Gesellschaft eigenverantwortlich leiten kann, und während der Dauer seiner Amtszeit nicht ständig bei Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft die Beendigung seiner Position fürchten muss. 2 2 2

218 219 220 221

BGH W M 1962, 811 f; KK-Mertens2 96. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 86. KK-Mertens2 102. KK-Mertens 2 102; GroßkommAktG-Oeffeer s 31 MitbestG, 17.

222

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 92; Hüffer7 26; BegrRegE bei Kropff S 106.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

c) Zwingendes Erfordernis Das Erfordernis des wichtigen Grundes für die Abberufung ist zwingend. Weder die Satzung noch die Hauptversammlung können dem Aufsichtsrat die Befugnis zur jederzeitigen Beendigung der Organstellung von Vorstandsmitgliedern ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes einräumen. Die Satzung oder die Hauptversammlung können das Erfordernis des Vorliegens eines wichtigen Grundes auch nicht dahingehend modifizieren, dass der Widerruf einer Bestellung nur bei Vorliegen eines besonders wichtigen Grundes möglich ist. Der Umfang der Fälle, die dem (allerdings seinerseits sehr unbestimmten, ausfüllungsbedürftigen) Begriff des „wichtigen Grundes" unterfallen, kann weder erweitert noch verengt werden. 2 2 3

137

Auch ein genereller oder auf die konkrete Abberufung bezogener Verzicht des einzelnen Vorstandsmitglieds auf das Erfordernis eines wichtigen Grundes für die Abberufung ist nicht zulässig. 224

138

Ferner darf das Erfordernis eines wichtigen Grundes für die Abberufung nicht umgangen werden. Deshalb darf die Bestellung zum Vorstandsmitglied nicht unter einer auflösenden Bedingung erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob die auflösende Bedingung einem „wichtigen Grund" im Sinne von § 84 Abs 3 entspricht oder nicht. 2 2 5 Das gesetzliche Erfordernis eines Widerrufsbeschlusses soll nämlich bewirken, dass sich der Aufsichtsrat beim Widerrufsbeschluss über das Vorliegen eines wichtigen Grundes und über die Zumutbarkeit einer Fortdauer der Bestellung für die AG Gedanken macht. Eine solche Abwägung von Kriterien wäre aber bei einer automatisch wirkenden auflösenden Bedingung ausgeschlossen. Eine Bestellung unter einer auflösenden Bedingung ist daher nur für den Ausnahmefall zulässig, dass ein Vorstandsmitglied als Ersatz für ein aus wichtigem Grund abberufenes Mitglied unter der auflösenden Bedingung bestellt wird, dass die Unwirksamkeit der Abberufung rechtskräftig festgestellt wird. 2 2 6

139

d) Abwägung Für die Beantwortung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt, muss der Aufsichtsrat untersuchen, ob die Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zur Beendigung der regulären Amtszeit unzumutbar ist. 227 Hierfür hat der Aufsichtsrat die Interessen der Gesellschaft und des abzuberufenden Vorstandsmitglieds gegeneinander abzuwägen. 228 § 84 Abs 3 lässt keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennen, dass nur die Interessen der Gesellschaft, nicht aber auch die Individualinteressen des Vorstandsmitglieds zu berücksichtigen wären. Bei der Beendigung jeglicher Art von Dauerrechtsverhältnis aus wichtigem Grund ist stets eine Abwägung der Interessen aller beteiligter Parteien vorzunehmen. Eine Beschränkung der Abwägung der beiderseitigen Interessen nur auf die Kündigung des Anstellungsverhältnisses unter Ausklammerung des Bestellungsverhältnisses ist daher nicht geboten. 2 2 9

140

Zwar sind bei der Interessenabwägung die Interessen der AG überwiegend zu berücksichtigen. 230 Jedoch lässt sich ein Argument dafür, dass nur die Interessen der Gesell-

141

223

224 225 226 227

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BGHZ 8, 348, 351; BGH W M 1955, 1222; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 93. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 92. ΜünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 93. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 92. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 95; KK-Mertens 1 103; Hüffer7 26.

228

229 230

Hüffer7 26; aA MünchKommAktG-He/ermebl/Spindler2 95. Hüffer7 26. KK-Mertens 1 103; Hüffer7 26; Säcker in FS Gerhard Müller 1981, S 745, 746 ff.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Schaft, nicht aber auch die Individualinteressen des Vorstandsmitglieds zu berücksichtigen sind, entgegen Wiesrter2il nicht daraus herleiten, dass gemäß § 8 4 Abs 3 Satz 2 der nicht offenbar unsachliche Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung als wichtiger Grund für die Abberufung anzusehen ist. Bei der Prüfung, ob offenbar unsachliche Gründe für den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung vorliegen, sind nämlich implizit Interessen auch des Vorstandsmitglieds zu berücksichtigen. 2 3 2 142

Der dienstvertragsrechtliche Kündigungsschutz ist ein Aspekt der Interessenabwägung bei der Beendigung des Anstellungsverhältnisses, ersetzt aber nicht die Berücksichtigung der Interessen des Vorstandsmitglieds auch beim Widerruf der Bestellung.

143

Auch das Auseinanderfallen des „wichtigen Grundes" für den Widerruf der Bestellung und des kündigungsschutzrechtlich engeren Begriffs des „wichtigen Grundes" für die Kündigung des Anstellungsvertrags mit dem Vorstandsmitglied (dazu näher unten Rdn 4 8 2 ff) lässt nicht den Schluss zu, dass die Interessen des Vorstandsmitglieds lediglich bei der Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund zu beachten wären. Zwar ist es zutreffend, dass der Kreis der Voraussetzungen, unter denen eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags nach § 6 2 6 B G B möglich ist (dazu unten Rdn 4 8 2 ff), enger gezogen ist als der Kreis der Gründe, die den Widerruf der Organstellung erlauben. Jeder Grund, der als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags ausreicht, bildet auch einen wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung. Umgekehrt ist aber ein wichtiger Grund für den Widerruf nicht immer auch ein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrags. 2 3 3

144

Der Kreis der „wichtigen Gründe" für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses ist somit im Kreis der „wichtigen Gründe" für die Beendigung der Organstellung enthalten. 2 3 4 Daraus folgt aber nicht, dass die Interessen des Vorstandsmitglieds bei der Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes für die Beendigung der Organstellung ausgeblendet werden müssten. Auch daraus, dass geprüft werden muss, ob die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist, lässt sich nicht eine einseitige Interessenberücksichtigung nur des Gesellschaftsinteresses herleiten. Die Zumutbarkeitsprüfung erfordert vielmehr geradezu eine Abwägung der Interessen beider Seiten. e) Kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich wichtigen Grundes

145

Für den Aufsichtsrat besteht bei der Prüfung, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt, kein Beurteilungsspielraum. Vielmehr ist die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes in vollem Umfang gerichtlich nachprüfbar. 2 3 5 f) Abberufungsermessen

146

Hingegen hat der Aufsichtsrat nach beurteilungsspielraumfreier Feststellung des Vorliegens eines wichtigen Grundes ein Ermessen, ob er das Vorstandsmitglied abberuft oder nicht. Dieses Abberufungsermessen drückt sich im Wortlaut von § 8 4 Abs 3 Satz 1 aus ( „ . . . kann.. .widerrufen...").

147

Das Ermessen des Aufsichtsrats hinsichtlich der Abberufung selbst kann allerdings reduziert sein. Der Aufsichtsrat handelt pflichtwidrig und kann sich schadensersatz231 232

233

MünchHdbAG- Wiesner1· § 20, 43. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 104; Hüffer7 29 f. Hüffer7 38 f.

234 235

MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 43. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 94; KK-Mertens2 104; Hüffer7 26.

Stand: 1. 10. 2006

(50)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

pflichtig machen, wenn er eine gebotene Abberufung trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht vornimmt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die grobe Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds (§ 84 Abs 3 Satz 2 Erster Fall; dazu näher unten Rdn 154 ff) oder die Unfähigkeit des Vorstandsmitglieds zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 8 4 Abs 3 Satz 2 Zweiter Fall; dazu näher unten Rdn 158f) evident sind. Hingegen bleibt dem Aufsichtsrat vor allem für den Fall eines Vertrauensentzugs durch die Hauptversammlung (§ 84 Abs 3 Satz 2 Dritter Fall; dazu näher unten Rdn 160 ff) regelmäßig ein breiter Ermessensspielraum bei der Entscheidung der Frage, ob er das Vorstandsmitglied abberufen will oder nicht. 2 3 6 Dieser breite Ermessensspielraum resultiert zum einen daraus, dass sich das für die Entscheidung des Aufsichtsrats maßgebliche Unternehmensinteresse nicht mit dem für die Hauptversammlungsentscheidung ausschlaggebenden (Mehrheits-)Aktionärsinteresse decken muss, 2 3 7 zum anderen aber auch daraus, dass der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung inhaltlich an geringere Voraussetzungen geknüpft ist. Der Vertrauensentzug darf nur nicht offenbar unsachlich sein (§ 84 Abs 3 Satz 2; dazu näher unten Rdn 166).

148

Das Ermessen des Aufsichtsrats bei der Abberufung kann sich nicht nur auf die Frage beziehen, ob überhaupt ein Vorstandsmitglied abzuberufen ist, sondern ggf auch - insbesondere bei Störungen der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand - auf die Frage, welches von mehreren in Betracht kommenden Vorstandsmitgliedern abberufen werden soll. 2 3 8

149

Der Aufsichtsrat darf und muss ggf sogar auch dann ein Vorstandsmitglied trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes im Amt belassen, wenn der Schaden, den die Gesellschaft bei seiner Abberufung erleiden würde, die Nachteile einer Belassung im Amt überwiegen würde. 2 3 9 Dieses Resultat ergibt sich vor allem aus der Prüfung der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Organstellung. 2 4 0

150

g) Fallgruppen des wichtigen Grundes für die Abberufung aa) Allgemeines § 84 Abs 3 Satz 2 führt drei Fallgruppen an, bei denen „namentlich" ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds vorliegt: die grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und den nicht offenbar unsachlichen Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Hierbei handelt es sich lediglich um Beispiele für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. 2 4 1 § 84 Abs 3 Satz 2 ist somit nicht abschließend, sondern es kommen weitere Fälle, die nicht einer dieser drei genannten Gruppen unterfallen, als wichtiger Grund für eine Abberufung in Frage (dazu unten Rdn 169 ff). 2 4 2

151

Bei den in § 84 Abs 3 Satz 2 genannten Fallgruppen handelt es sich jedoch nicht um beliebig vom Gesetzgeber herausgegriffene Konstellationen. Wie schon das Wort „namentlich" in § 84 Abs 3 Satz 2 deutlich macht, geht es vielmehr um ausdrücklich hervorgehobene Fallgruppen, bei denen in der Regel ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt und daher der Aufsichtsrat nicht noch besondere Gesichtspunkte anhand

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237 238

(51)

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 94; KK-Mertens1 104. So KK-Mertens 2 104. O L G Stuttgart AG 2 0 0 3 , 2 1 1 , 2 1 2 ; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 94; KK-Mertens1 104.

104.

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KK-Mertens2

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 95; Hüffer7 27. Hüffer7 27. MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er2 97; Hüffer7 27.

241 242

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

aller U m s t ä n d e des Einzelfalls eruieren muss, um zu klären, o b ein wichtiger G r u n d gegeben i s t . 2 4 3 Allerdings befreit die Aufzählung in § 8 4 Abs 3 Satz 2 den Aufsichtsrat letztlich nicht gänzlich von der bisweilen schwierigen Subsumtionsarbeit, denn bei den Begriffen der „groben Pflichtverletzung" und der „Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen G e s c h ä f t s f ü h r u n g " (§ 8 4 A b s 3 Satz 2 Erster und Z w e i t e r Fall) handelt es sich um sehr unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Bedeutung nicht viel klarer ist als die Bedeutung des Begriffs des „wichtigen G r u n d e s " . 153

Eine Pflichtverletzung oder ein Verschulden des Vorstandsmitglieds sind weder für die in § 8 4 Abs 3 Satz 2 aufgeführten Fallgruppen n o c h für sonstige Fälle des Vorliegens eines wichtigen Grundes e r f o r d e r l i c h . 2 4 4 Es k o m m t bei der Prüfung der U n z u m u t b a r k e i t der Fortsetzung der Organstellung und somit bei der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes auch nicht auf die subjektive U n z u m u t b a r k e i t der Person des Abzuberufenden an, sondern a u f die objektive U n z u m u t b a r k e i t der Fortsetzung des Organverhältn i s s e s . 2 4 5 An einer objektiven Z u m u t b a r k e i t fehlt es nicht, wenn das Vorstandsmitglied zwar darauf beharrt, weiter Alleinvorstand zu sein, aber zur sachlichen Z u s a m m e n a r b e i t auch in Z u k u n f t bereit i s t . 2 4 6 b b ) G r o b e Pflichtverletzung

154

Bei der Prüfung der Fallgruppe der groben Pflichtverletzung (§ 8 4 A b s 1 Satz 2 Erster Fall) ist in jedem Einzelfall zu prüfen, o b es sich um eine grobe Verletzung von Pflichten, die aus der Organstellung resultieren, handelt. D a b e i k a n n im Grundsatz auch die Kasuistik der Rechtsprechung und Literatur zu § 6 2 6 B G B und zu § 3 8 G m b H G herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Vorstandsmitglied einer A G im Hinblick a u f seine Organstellung eine wesentlich herausgehobenere Position innehat als etwa ein (leitender) Angestellter oder ein Geschäftsführer einer (kleinen) G m b H . Im Hinblick auf den Pflichtenkreis des Vorstandsmitglieds sind daher einerseits besonders h o h e Anforderungen an das Vorstandsmitglied zu stellen. Andererseits muss das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft aber oft schnell und gezielt unternehmerische Entscheidungen von erheblichem G e w i c h t treffen, ohne wie ein Arbeitnehmer „ r ü c k f r a g e n " zu k ö n n e n . D a h e r sind die arbeitsrechtliche Kasuistik zu § 6 2 6 B G B und die Kasuistik zu § 3 8 G m b H G nur vorsichtig zur Beurteilung der Frage heranzuziehen, o b ein g r o b e r Pflichtverstoß eines Vorstandsmitglieds, der zum W i d e r r u f der Bestellung berechtigt, vorliegt.

155

Z u r Fallgruppe der groben Pflichtverletzung (§ 8 4 Abs 1 Satz 2 Erster Fall) k ö n n e n etwa folgende Beispiele zählen: Die Weigerung, der Berichterstattungspflicht nach § 9 0 n a c h z u k o m m e n ; die A b g a b e einer falschen oder offenbar unvollständigen Berichterstattung nach A b m a h n u n g ; 2 4 7 ganz generell auch die mangelnde Offenheit gegenüber dem A u f s i c h t s r a t ; 2 4 8 die Aneignung von Gesellschaftsvermögen zu eigenen Z w e c k e n ; 2 4 9 die Schädigung des guten R u f s der Gesellschaft durch dubiose S p e k u l a t i o n s g e s c h ä f t e ; 2 5 0 die

243 244 245

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247

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 95. MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 45. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 96; Hüffer7 27. OLG Hamm AG 1991, 399, 4 0 0 f; Hüffer7 27. LG München AG 2005, 131; Hüffer7 § 90, 15; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 46.

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250

BGHZ 20, 239, 246; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 98; Hüffer7 28; entsprechend für das österreichische Recht auch öOGH AG 2001, 100, 104. BGH WM 1984, 29 f (entsprechend für GmbH); auch OLG Stuttgart AG 2003, 211, 213; Hüffer7 28. RGZ 53, 266, 267; BGH W M 1956, 865.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Täuschung anderer Vorstandsmitglieder über erhebliche Tatsachen; 2 5 1 die Ausnutzung der Stellung als Vorstandsmitglied für private Z w e c k e ; 2 5 2 Manipulationen der Bilanz oder des Inventars; 2 5 3 die persönliche Insolvenz eines Vorstandsmitglieds; 2 5 4 die Fälschung von Belegen; 2 5 5 die Herbeiführung einer unangemessen hohen Verschuldung der AG. Ferner zählen zu dieser Fallgruppe auch strafbare Handlungen, und zwar auch solche im privaten Bereich. 2 5 6 Allerdings ist bei Straftaten im privaten Bereich eine Abberufung ohne weiteres nur möglich, wenn die Straftat im privaten Bereich allgemein auf die Unzuverlässigkeit des Vorstandsmitglieds schließen lässt (so insbesondere bei Vermögensdelikten) oder aber generell eine für die AG imageschädigende Wirkung hat (so etwa stets bei vorsätzlicher Körperverletzung, nicht aber in jedem Fall bloß fahrlässiger Körperverletzung). Sogar der Umstand, dass das Vorstandsmitglied in den bloßen Verdacht einer strafbaren Handlung gerät, kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - als grobe Pflichtverletzung zu werten sein.

156

Ferner können folgende Verhaltensweisen als grobe Pflichtverletzung in Betracht kommen: Bestechlichkeit; 2 5 7 das unberechtigte Nehmen von U r l a u b ; 2 5 8 der Versuch, persönliche Vorteile in Zusammenhang mit der Tätigkeit für die AG zu erlangen, 2 5 9 sowie unzulässige Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen. 2 6 0 Auch die Vornahme verbotener Insidergeschäfte 261 sowie die Weigerung, nach allgemein anerkannten Corporate Governance-Grundsätzen, insbesondere denjenigen des Deutschen Corporate Governance Kodex, zu handeln, können eine grobe Pflichtverletzung sein.

157

cc) Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung Beispiele für die Fallgruppe der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 84 Abs 3 Satz 2 Zweiter Fall) sind etwa: eine persönliche Unverträglichkeit, die eine kollegiale Zusammenarbeit erschwert oder sogar ganz ausschließt; 2 6 2 das Fehlen notwendiger Fachkenntnisse; 2 6 3 die Unfähigkeit zur Führung der AG in besonderen Situationen wie etwa bei einer gebotenen Sanierung, 2 6 4 nicht hingegen das bloß einmalige Versagen bei einem bestimmten Sanierungskonzept, wenn das Vorstandsmitglied ansonsten erfolgreich war. 2 6 5 Auch eine lang andauernde Krankheit kann ein wichtiger Grund zur Abberufung wegen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung sein, 2 6 6 denn auf ein Verschulden des Vorstandsmitglieds kommt es nicht an.

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OLG Düsseldorf AG 1982, 225; MünchHdbAG-'Wiesner3 § 20, 46. BGH WM 1956, 865; BGH WM 1967, 679; auch BGH ZIP 1985, 1484; MünchHdbAGWiesner3 § 20, 46. OLG Düsseldorf WM 1992, 14,19; MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 46. Hüffer7 28. OLG Hamm GmbHR 1985, 119 (LS) (entsprechend für GmbH); Hüffer7 28. BGH WM 1967, 251; BGH LM BGB § 626 Nr 8; BayObLG NJW 1955, 1678; Hüffer7 28. BGH WM 1967, 679. RG WarnR 1906, 237; KK-Mertens1 131. KK-Mertens1 131. BGH WM 1984, 29; KK-Mertens 1 131. Dazu KK-Mertens1 133.

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BGH WM 1984, 29 (für GmbH); OLG Karlsruhe NZG 2000, 264, 265 f (Für Zweipersonen-GmbH); auch OLG Köln ZIP 1987, 1120; entsprechend für das österreichische Recht auch ÖOGH AG 2001, 100, 104; MünchKommAktG-Hefermebl/ Spindler2 99; Hüffer7 28. OLG Stuttgart GmbHR 1957, 59, 60; Hüffer7 28; MünchHdbAG-Wiener3 § 20, 46. MüncbKommAktG-Hefermehl/Sptndler2 99; Hüffer7 8; MünchHdbAG-Wiesner3 § 20, 46; Semler Leitung und Überwachung2 (1996) S 132 f. OLG Köln WM 1988, 974, 979; MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 46. KK-Mertens2 134; Hüffer7 28.

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§ 84

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Häufig bildet der wichtige Grund zur Abberufung wegen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung - ebenso wie der wichtige Grund zur Abberufung wegen grober Pflichtverletzung - zugleich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses.267 Zwingend ist dieser Gleichlauf aber nicht (dazu auch unten Rdn 4 8 0 , 502f) 2 6 8 dd) Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung aaa) Wegfall des Vertrauens

160

Als wichtiger Grund für die Abberufung als Vorstandsmitglied kommt ferner der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung (§ 84 Abs 3 Satz 2 Dritter Fall) in Betracht. Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung ist jedoch nur dann Abberufungsgrund, wenn er nicht aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgte (§ 84 Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz).

161

Die Abberufung wegen Vertrauensentzugs kommt sowohl bei nicht mitbestimmten als auch bei mitbestimmten AG in Frage. 2 6 9 Das Vorstandsmitglied nimmt sein Amt als Treuhänder fremden Vermögens, nämlich desjenigen der Aktionäre, wahr. Wenn ihm die Aktionäre als seine Treugeber nicht mehr die ordnungsgemäße Verwaltung des ihm von ihnen anvertrauten Kapitals zutrauen, so besteht darin, also im Wegfall des Vertrauens selbst, bereits ein wichtiger Grund für die Abberufung und nicht etwa erst in dem Vorliegen der Umstände, die einem solchen Vertrauensentzug zugrunde lagen.

162

Es ist nicht erforderlich, dass der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung seinerseits nachprüfbar sachlich gerechtfertigt ist, es liegt vielmehr ein wichtiger Grund für die Abberufung wegen Vertrauensentzugs auch dann vor, wenn die sachliche Berechtigung des Vertrauensentzugs zweifelhaft ist. 2 7 0 Für die Abberufung aus wichtigem Grund wegen Vertrauensentzugs der Hauptversammlung bedarf es keiner zusätzlichen Begründung. Sie ist insbesondere auch möglich, wenn dem Vorstandsmitglied subjektiv kein Vorwurf gemacht werden kann, und sogar dann, wenn das Vorstandsmitglied bei einer Auseinandersetzung über Unternehmensentscheidungen objektiv im Recht ist. 2 7 1 Hingegen kann ein Irrtum über den dem Vertrauensentzug zugrunde liegenden Tatbestand oder gar das bloße Vorschieben eines Tatbestands für den Vertrauensentzug dazu führen, dass der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung offenbar unsachlich ist (dazu unten Rdn 166). bbb) Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses

163

Formal bedarf es für den Vertrauensentzug grundsätzlich eines Beschlusses der Hauptversammlung. Das ergibt sich bereits aus § 118 Abs 1. Dabei ist eine Vollversammlung nach § 121 Abs 6 unter Befreiung der Einhaltung der Vorschriften der §§ 121 bis 128 ausreichend, aber zur Vermeidung von Unsicherheiten auch erforderlich. 272 Demgemäß reicht der nicht im Beschlussweg erfolgende Vertrauensentzug durch einen Mehrheitsaktionär oder eine Gruppe von Aktionären nicht aus. 2 7 3 Erst recht reicht ein Ver267

268 269 270

271

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 140; KK-Mertens 2 134. Hüffer7 39. KK-Mertens2 105. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 106; KK-Mertens 2 105; Hüffer7 29. MünchKommAktG-He fermehl/Spindler 2 104; Hüffer7 29.

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Zweifelnd MünchKommAktG-Hefermehl/ Spindler2 105; wie hier Hüffer7 30. BGH W M 1962, 811; KK-Mertens2 106; Hüffer7 30; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 50; aA Henze Höchstrichterliche Rechtsprechung 5 331 für Entschluss des Allerinaktionärs oder Absprache von zwei Aktionären außerhalb der Hauptversamm-

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

trauensentzug durch den Aufsichtsrat nicht als wichtiger Grund für die Abberufung aus. 274^ Da der wichtige Grund zum Zeitpunkt der Abberufungserklärung vorliegen muss, genügt es nicht, wenn die Hauptversammlung das Vertrauen erst nach der Abberufung des Vorstandsmitglieds entzieht, also quasi die Abberufung bloß genehmigt. 2 7 5 Vielmehr muss der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung vor der Abberufungserklärung erfolgen. 2 7 6

164

ccc) Entlastungsverweigerung Die Entlastungsverweigerung nach § 120 ist dem Vertrauensentzug regelmäßig gleichzustellen. 2 7 7 Aus dem Erfordernis eines Beschlusses für den Vertrauensentzug folgt nicht, dass der Beschluss als Vertrauensentzug bezeichnet werden muss. Daher ist auch ein Beschluss über die Verweigerung der Entlastung, obwohl nicht als „Vertrauensentzug" bezeichnet, als Beschluss über die Entziehung des Vertrauens zu werten. 2 7 8 Die Entlastung als Billigung der Verwaltung enthält regelmäßig ein Element der Aussprache von Vertrauen, umgekehrt bedeutet die Verweigerung der Entlastung Entziehung (im Sinne von Nichtgewährung) von Vertrauen. Die Billigung betrifft zwar vergangenes Verhalten, daraus kann aber entgegen Hüffer279 nicht der Schluss gezogen werden, aktuell oder zukunftsbezogen könne dennoch ein Vertrauen der Hauptversammlung in die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds bestehen.

165

ddd) Keine offenbare Unsachlichkeit Der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung darf gemäß § 8 4 Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz nicht offenbar unsachlich sein. Damit stellt das Gesetz klar, dass nicht der nur möglicherweise oder erst nach längerer Prüfung als unsachlich erscheinende Vertrauensentzug, sondern nur der Vertrauensentzug, dessen Unsachlichkeit auf der Hand liegt, als wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung ausscheidet. Wegen des Erfordernisses, dass die offenbare Unsachlichkeit des Beschlusses überprüfbar sein muss, muss die auf die Entziehung des Vertrauens gerichtete Beschlussfassung auf konkrete Gründe gestützt worden sein. 2 8 0 Ein offenbar unsachlicher Grund für den Vertrauensentzug liegt etwa vor, wenn die Hauptversammlung das Vorstandsmitglied abberuft, weil es rechtswidrige Weisungen der Hauptversammlung nicht befolgt hat. Offenbar unsachlich ist ferner ein Vertrauensentzug, der quasi „auf Vorrat" nur deshalb erfolgt, weil die Hauptversammlung befürchtet, dass andere Abberufungsgründe, die der Aufsichtsrat geltend macht, nicht stichhaltig sein könnten. 2 8 1 Wegen der Ähnlichkeit des Vertrauensentzugs und der Verweigerung der Entlastung ist auch ein Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung offenbar unsachlich, der sich auf dieselben Umstände stützt, in deren Kenntnis die Hauptversammlung dem Vorstand zuvor die Entlastung erteilt h a t . 2 8 2

274

275

276 277

(55)

lung; auch Säcker in FS Gerhard Müller 1981, S 751. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 50; aA OLG München AG 1986, 234, 235. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 105; Hüffer7 30. Hüffer7 30. KK-Mertens2 105; aA LG München I AG 2005, 701, 702; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 20, 50; einschränkend auch Hüffer7 30.

278

279

280 281 282

AA MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 105; Hüffer6 30; wie hier KK-Mertens 2 105. Hüffer7 30; auch MünchKommAktG-He/'ermehl/Spindler2 105. KK-Mertens1 105. KK-Mertens2 105. So auch MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 106; KK-Mertens2 105.

Michael Kort

166

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

eee) Ermessen des Aufsichtsrats 167

Ebensowenig wie beim Widerruf der Bestellung wegen grober Pflichtverletzung oder wegen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung besteht beim Widerruf wegen Vertrauensentzugs durch die Hauptversammlung eine Automatik dahingehend, dass der Aufsichtsrat bei Vorliegen eines solchen Grundes stets die Abberufung vornehmen muss. 2 8 3 Wenn der Beschluss über den Vertrauensentzug willkürlich oder rechtsmissbräuchlich ist, also offenbar unsachlich im Sinne des Gesetzes, besteht kein Widerrufsgrund, 284 also kein Ermessen des Aufsichtsrats zur Abberufung. Wenn der Vertrauensentzug hingegen nicht offenbar unsachlich ist, kann der Aufsichtsrat aus eigener Verantwortung die Abberufung aussprechen, muss aber nicht abberufen. 285 Bei seiner Entscheidung muss er sich - anders als die Aktionäre beim Vertrauensentzug - nicht nur an den Aktionärsinteressen orientieren, sondern auch und sogar maßgeblich am Unternehmensinteresse. 286 Wenn allerdings keine Gründe für ein Auseinanderfallen der Interessen, die die Hauptversammlung bei ihrem Beschluss über den Vertrauensentzug bestimmt haben, und dem Unternehmensinteresse als Richtschnur des Aufsichtsratshandelns zu erkennen sind, ist das Ermessen des Aufsichtsrats hinsichtlich der Entscheidung über die Abberufung reduziert. ee) Uberschneidung der im Gesetz genannten Fallgruppen

168

Die Fälle, bei denen ein wichtiger Grund für eine Abberufung gegeben ist, lassen sich oft nicht nur einer oder jedenfalls nicht eindeutig nur einer Gruppe zurechnen. So indiziert eine grobe Pflichtverletzung regelmäßig die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, umgekehrt deutet die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oft auf eine grobe Pflichtverletzung hin. Eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung sind ihrerseits häufig Anlass für einen Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. ff) Weitere Fallgruppen

169

Auch kann es sein, dass sich Fälle keiner der drei Gruppen zuordnen lassen. So kommen sowohl weitere subjektive, in der Person des Abzuberufenden liegende, Gründe außerhalb der gesetzlich genannten Fallgruppen als auch weitere objektive, außerhalb der gesetzlichen Fallgruppen liegende Gründe, die mit der Person oder dem Verhalten des Abzuberufenden direkt nichts zu tun haben, als Abberufungsgründe in Frage. aaa) Subjektive Gründe

170

Zum Beispiel kann der Fortfall persönlicher Eigenschaften, die etwa in (zulässigen) Auswahlrichtlinien in der Satzung (dazu oben Rdn 44 ff) vorgesehen sind, als Abberufungsgrund in Frage kommen. 2 8 7 Auch die Zugehörigkeit zu einer radikalen, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden politischen Partei 288 oder Gruppierung kann

283 284

KK-Mertens 2 107. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2

106.

285

286

287

288

BGHZ 13, 188, 193; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 106; KK-Mertens2 107. Ähnlich BGHZ 13, 188, 193; MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler 2 106; KK-Mertens1 105 ff.

KK-Mertens 2 134; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 99. BGHZ 8, 348, 363 (NSDAP); BGHZ 12, 337; BGH W M 1965, 9 7 8 ; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 101.

Stand: 1. 10. 2006

(56)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

einen Grund zur Abberufung des Vorstandsmitglieds bilden. Die private politische Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds ist im übrigen aber kein Abberufungsgrund, es sei denn, es handelt sich bei der AG, für die das Vorstandsmitglied tätig ist, um ein Tendenzunternehmen, dessen politische Ausrichtung den politischen Aktivitäten des Vorstandsmitglieds zuwider läuft. Eine ansonsten unbedenkliche private politische Aktivität eines Vorstandsmitglieds kann ferner dann Abberufungsgrund sein, wenn sie einen Umfang annimmt, der die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds für die AG gefährdet. 2 8 9 Sonderregeln gelten allerdings in diesem Zusammenhang für die Wahrnehmung eines Bundestagsmandats. Art 48 Abs 2 GG verbietet jede Behinderung der Übernahme eines solchen Mandats. Unter einer solchen Behinderung ist nicht nur die Kündigung von Dienstverträgen zu verstehen, erst recht nicht bloß die Kündigung von Arbeitsverträgen, sondern auch die Beendigung der korporationsrechtlich vermittelten beruflichen Stellung, also auch die Beendigung der Bestellung eines Vorstandsmitglieds. 290 Zwar ist das Vorstandsmitglied während des Bestehens eines Bundestagsmandats ex lege von seinen Vorstandspflichten befreit, es kann aber nicht abberufen werden. Der Aufsichtsrat hat für eine Erledigung der Aufgaben, die das Vorstandsmitglied wegen seines Bundestagsmandats ggf nicht mehr erfüllen kann, durch eine entsprechende Geschäftsverteilung zu sorgen. Neben dem Aufsichtsrat trifft diese Pflicht auch alle Vorstandsmitglieder, und zwar insbesondere auch das betroffene Vorstandsmitglied. Sorgt es nicht für die Wahrnehmung seiner Aufgaben durch einen Vertreter, kann das seinerseits ein wichtiger Grund für seine Abberufung sein. 291

171

Als personenbezogener Grund außerhalb der Fallgruppen des § 84 Abs 3 Satz 2 kann ferner bei Vorstandsmitgliedern einer aufsichtspflichtigen Aktiengesellschaft der Vertrauensentzug durch eine Aufsichtsbehörde in Betracht kommen. 2 9 2 Außerdem kann es aus Imagegründen gerechtfertigt sein, ein Vorstandsmitglied wegen bestimmter Vorkommnisse auszuwechseln, die ein schlechtes Licht auf die AG geworfen haben, auch ohne dass das Vorstandsmitglied sich etwas zu Schulden hat kommen lassen. 293 Hierbei sind ähnliche Maßstäbe wie im politischen Leben heranzuziehen, so dass ein Vorstandsmitglied unter dem Gesichtspunkt, die Verantwortung für bestimmte Ereignisse tragen zu müssen, auch ohne Pflichtverstoß und ohne Verschulden abberufen werden kann.

172

Neben dem Wegfall des Vertrauens der Öffentlichkeit oder eines Vertragspartners kann als Abberufungsgrund auch der Vertrauensentzug durch die Arbeitnehmerschaft der AG in Frage kommen. Auch hierbei kommt es nicht darauf an, ob das betroffene Vorstandsmitglied pflichtwidrig oder schuldhaft gehandelt hat. So ist zwar ein Streik, der geführt wird, um ein Vorstandsmitglied entfernen zu lassen, in der Regel schon wegen seiner Rechtswidrigkeit als solcher kein wichtiger Grund zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds. 294 Wenn jedoch der Arbeitsfrieden nur durch die Entlassung des Vorstandsmitglieds wiederhergestellt werden kann, ist zwar nicht der rechtswidrige Streik, wohl aber das Ziel einer Wiederherstellung des Arbeitsfriedens als wichtiger Grund für die Abberufung anzusehen. 2 9 5 Nach Auffassung des OLG München 2 9 6 kann ein

173

289

MüncUKommAktG-Hefermehl/Sptndler2

293

290

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

294

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

295

100. 291

296

100. 292

(57)

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 108.

100.

BGH W M 1961, 527; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 102. OLG München N Z G 2006, 313, 314. OLG München N Z G 2006, 313.

MünchKomm AktG-Hefermekl/Spindler2 101; KK-Mertens 2 108.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

wichtiger Grund für eine Abberufung vorliegen, wenn eine Bank die Verlängerung eines der AG gewährten Kredits von der Abberufung eines bestimmten Vorstandsmitglieds abhängig macht. Dem ist nur angesichts der besonderen Bedingungen des Einzelfalls (unmittelbare Existenzgefährdung der AG) zuzustimmen. 174

Nicht als ein in der Person des Vorstandsmitglieds liegender Grund für eine Abberufung ist es anzusehen, wenn das Vorstandsmitglied in schwieriger Situation, die außergewöhnliche Sensibilität verlangt, einmalig versagt. 2 9 7 Ein wichtiger Grund für eine Abberufung liegt ferner nicht vor, wenn ein Vorstandsmitglied in angemessener Form negative Angaben über den Mehrheitsaktionär macht. 2 9 8 bbb) Objektive Gründe

175

Als objektiver, von der Person des Abzuberufenden unabhängiger Grund für die Abberufung außerhalb der im Gesetz genannten Fallgruppen kommt etwa eine grundlegende Umstrukturierung des Betriebs oder des Unternehmens in Betracht. So können eine Verschmelzung oder eine sonstige Umwandlung, aber auch eine Betriebsänderung oder eine (Teil-)Betriebseinstellung einen wichtigen Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds bilden. 2 9 9

176

Auch können Streitigkeiten zwischen den Vorstandsmitgliedern einen wichtigen Grund für die Abberufung einzelner Mitglieder bilden, 3 0 0 nicht aber Streitigkeiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, soweit sich der Vorstand in den Grenzen seines unternehmerischen Ermessens bewegt. Würde man dem Aufsichtsrat bei Auseinandersetzungen mit dem Vorstand generell das Recht zum Widerruf der Bestellung von Vorstandsmitgliedern einräumen, bestünde die Gefahr, dass die Vorstandsarbeit über die Möglichkeit des Zustimmungsvorbehalts nach § 111 Abs 4 Satz 2 hinaus vom Aufsichtsrat bestimmt würde. Der Aufsichtsrat darf aber, wie § 111 Abs 4 Satz 1 zeigt, Maßnahmen der Geschäftsführung nicht an sich ziehen, und zwar auch nicht indirekt durch ein zu weit gestaltetes Abberufungsrecht. Daher sind Streitigkeiten zwischen Aufsichtsrat und Vorstand im Allgemeinen nicht geeignet, eine Basis für die Abberufung von Vorstandsmitgliedern zu bilden. Vielmehr bleibt dem Aufsichtsrat in solchen Fällen nur der Weg, einen Beschluss der Hauptversammlung über einen Vertrauensentzug (§ 84 Abs 3 Satz 2 Dritter Fall; dazu oben Rdn 160ff) gemäß § 111 Abs 3 Satz 1 herbeizuführen. 301

177

Personelle Veränderungen des Kreises der Aufsichtsratsmitglieder oder der Aktionäre bilden weder direkt noch indirekt einen Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds. Ein Mitgliederwechsel im Aufsichtsrat oder eine Veränderung der Zusammensetzung des Aktionärskreises sind als solche kein wichtiger Grund für eine Abberufung. 302 Selbst der Wechsel des Mehrheitsaktionärs oder der Mehrheitsgruppe der Aktionäre, der oft den Wunsch nach personellen Veränderungen im Vorstand mit sich bringt, berechtigt

297 298

299

300

BGH W M 1966, 9 6 8 ; KK-Mertens2 110. BGHZ 15, 71, 78; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 102. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 99; KK-Mertens 2 103; HdbVorstandsRThüsing § 5, 10; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 2 0 , 46. BGH W M 1984, 2 9 f (für GmbH); OLG Karlsruhe N Z G 2 0 0 0 , 264, 265 f (für Zweipersonen-GmbH); auch OLG Köln ZIP 1987, 1120; entsprechend für das öster-

301

302

reichische Recht auch öOGH AG 2001, 100, 104; MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 99; Hüffer7 28. KK-Mertens2 § 111, 27; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 133 f; kritisch Semler Leitung und Überwachung 2 (1996) S 125 f sowie MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 48. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 102.

Stand: 1. 10. 2006

(58)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

als solcher nicht zu der Abberufung eines Vorstandsmitglieds. 303 Das gilt nicht nur für privatwirtschaftlich geführte Unternehmen, sondern auch für Unternehmen, bei denen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft Mehrheits- oder Alleinaktionär ist. Auch ein politischer Machtwechsel und eine damit einhergehende Austauschung des Aufsichtsrats bei Aktiengesellschaften unter Beteiligung der öffentlichen Hand rechtfertigen als solche nicht die Abberufung von Vorstandsmitgliedern. 304 Ein Abberufungsgrund besteht entgegen Mertens305 auch nicht bereits dann, wenn nach einem Mehrheitswechsel Zweifel daran bestehen, dass das Vorstandsmitglied sein Leitungsermessen unter loyaler Berücksichtigung unternehmenskonformer Interessen der neuen Mehrheit ausüben wird, etwa weil es sich in außergewöhnlichem Maße mit der alten Mehrheit identifiziert hatte. Vielmehr muss sich das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und (neu besetztem) Aufsichtsrat oder zwischen Vorstand und (neu zusammengesetzter) Hauptversammlung in weiteren Tatsachen manifestieren, die dann ihrerseits einen wichtigen Grund zur Abberufung bilden können. Stets bleibt es der Hauptversammlung unbenommen, Zweifel an der Loyalität des Vorstandsmitglieds als Grundlage für einen Beschluss über den Entzug des Vertrauens anzusehen, einen solchen Beschluss herbeizuführen und auf diese Weise einen wichtigen Grund für die Abberufung des Vorstandsmitglieds herbeizuführen. 306

178

6. Zugang des Widerrufs Wie die Bestellung muss auch der Widerruf dem Vorstandsmitglied verkündet werden. Erst dann wird der Widerruf im Außenverhältnis wirksam (§ 130 Abs 1 Satz 1 BGB). Die Verkündung kann - ebenso wie die Verkündung der Bestellung - durch den Aufsichtsratsvorsitzenden oder ein anderes Aufsichtsratsmitglied aufgrund Vollmacht erfolgen. Der Aufsichtsratsvorsitzende gilt in aller Regel als bevollmächtigt zur Verkündung des Widerrufs. 307

179

Der Aufsichtsrat kann für die Verkündung des Widerrufs den Vorstand nicht als StellVertreter einsetzen. Der Grundsatz der persönlichen Amtswahrnehmung durch den Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs 5 steht einer Stellvertretung entgegen. Auch gegen die bloße Einsetzung des Vorstands als (Erklärungs-)Boten 308 bei der Widerrufskundgabe spricht, dass sich der Aufsichtsrat damit vom Erklärungsverhalten des Vorstands abhängig machen würde. 3 0 9

180

Der Widerruf ist eine Willenserklärung, deren Zugang nach Treu und Glauben nicht verhindert werden darf. Wird der Zugang treuwidrig verhindert, gilt er als erfolgt.

181

7. Fehlerhafter Widerruf Bei den Mängeln des Beschlusses des Aufsichtsrats über den Widerruf der Bestellung ist zu unterscheiden: Inhaltliche Gesetzes- oder Satzungsverstöße sowie Verstöße gegen wesentliche Verfahrensvorschriften führen zur Nichtigkeit des Widerrufsbeschlusses. Hierbei sind die Wertungen der §§ 241 ff nicht heranzuziehen. 310 Wenn hingegen ein 303 304 305

306 307

(59)

KK-Mertens 2 109. KK-Mertens 1 109. KK-Mertens1 109; ebenso MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 102. AA KK-Mertens 1 109. KG HRR 1935 Nr 1477; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 90; GroßkommAktG-Hopt/Roth 4 § 107, 112 f, ξ 112, 85.

308

309

310

BGHZ 12, 327, 3 3 4 ; OLG Stuttgart AG 2 0 0 3 , 211, 212; KK-Mertens 1 96; auch Stein AG 1999, 28, 36. So auch MünchKommAktG-He/emieW/ Spindler1 90 und Hüffer7 25. BGHZ 122, 342, 3 4 7 f; 124, 111, 115; Hüffer7 § 108, 19.

Michael Kort

182

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

weniger gravierender Verfahrensverstoß vorliegt, etwa die Teilnahme Dritter an der Sitzung des Aufsichtsrats entgegen § 109, ist der Aufsichtsratsbeschluss bloß vernichtbar. 183

Die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses über den Widerruf hat nicht - etwa in spiegelbildlicher Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Bestellung (dazu oben Rdn 79 ff) zur Folge, dass der Widerruf trotz Fehlerhaftigkeit als (vorläufig) wirksam gilt, sondern führt zur Unwirksamkeit des Widerrufs. 311 Das gilt trotz § 84 Abs 3 Satz 4, 3 1 2 da sich diese Norm bei der gebotenen einschränkenden Auslegung (dazu im Einzelnen unten Rdn 187ff) nur auf die Feststellung der Unwirksamkeit wegen Fehlens eines wichtigen Grundes bezieht, nicht aber auf die Feststellung der Unwirksamkeit, die nicht auf einem fehlenden Grund beruht, sondern etwa aus einem Mangel des Beschlusses über den Widerruf resultiert.

184

Die Lehre von der fehlerhaften Organbestellung (dazu oben Rdn 79 ff) findet auf den Widerruf keine Anwendung. Ein Verkehrsschutzinteresse für eine vorläufige Wirksamkeit des fehlerhaften Widerrufs besteht nicht in demselben Ausmaß wie für die vorläufige Wirksamkeit der fehlerhaften Bestellung (zur beschränkten Bedeutung von § 84 Abs 3 Satz 4 s unten Rdn 187ff).

185

Ist der Beschluss über den Widerruf nichtig oder unheilbar fehlerhaft, kann jedes Mitglied des Aufsichtsrats, aber auch das abzuberufende Vorstandsmitglied selbst, die Feststellung der Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses geltend machen, und zwar auch im Verfahren der einstweiligen Verfügung. 313 Ist der Aufsichtsratsbeschluss bloß auf die Rüge eines Aufsichtsratsmitglieds hin vernichtbar und ist eine solche Rüge unverzüglich erfolgt, so ist der Widerruf unwirksam und das betroffene Vorstandsmitglied hat einen Anspruch auf Wiedereinsetzung, der wiederum mit einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann.

186

Der Aufsichtsrat hat die Möglichkeit, den unwirksamen Widerruf durch erneute Beschlussfassung in nunmehr wirksamer Weise zu wiederholen. 8. Bedeutung von § 84 Abs 3 Satz 4 a) Einschränkende Auslegung

187

Gemäß § 84 Abs 3 Satz 4 ist der Widerruf der Bestellung wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Wörtlich genommen scheint das so gemeint zu sein, als ob jeder Widerruf, unabhängig von der Art und Intensität eines später festgestellten Fehlers des Widerrufs, aus Rechtssicherheitsgründen zunächst wirksam sei und seine Unwirksamkeit erst ex nunc mit rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit eintrete.

188

Unstreitig bezieht sich § 84 Abs 3 Satz 4 entgegen seinem zu weit geratenen Wortlaut jedoch ausschließlich auf den Fall, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf fehlt, nicht aber auf andere Unwirksamkeitsgründe. 314 Ist der Widerruf einer Bestellung aus anderen Gründen unwirksam, zB wegen Fehlens eines Beschlusses des Gesamt-Aufsichtsrats 315 oder wegen Ladungsfehlern oder Fehlern bei der Information der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 316 so findet § 84 Abs 3 Satz 4 keine Anwendung. 317 Der Widerruf ist 311

312 313

314

BGH W M 1968, 5 7 0 (für GmbH); MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 88; Hüffer7 25. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler1 88. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 109, 117; KK-Mertens 1 98 f. OLG Stuttgart AG 1985, 193; MünchKommkktG-Hefermehl/Spindler2 109;

315

316

317

Hüffer7 31; MünchHdbAG-Wfe«er 3 § 20, 52. LG München I AG 1986, 142 f; MünchHdbAG-Wiesner 3 % 20, 52. OLG Stuttgart AG 1985, 193; MünchHäb kG-Wiesner3 % 20, 52. MüncKKommkktG-Hefermehl/Spindler2 109.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

vielmehr dann, wenn es sich nicht lediglich um geringe M ä n g e l handelt, als von Anfang an unwirksam anzusehen. § 8 4 A b s 3 Satz 4 schließt eine sofortige Unwirksamkeit des Widerrufs auch für den Fall nicht aus, dass sich der Aufsichtsrat mit dem Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht befasst hat oder sich der Aufsichtsrat bei der Abberufung auf einen G r u n d beruft, der offensichtlich nicht als wichtiger G r u n d in Betracht k o m m t . D a n n handelt es sich nämlich um eine bloße Willkürhandlung des Aufsichtsrats, auf die § 8 4 Abs 3 Satz 4 keine Anwendung findet. Vielmehr k a n n das Vorstandsmitglied in einem solchen Fall sein Verbleiben im A m t mittels einstweiliger Verfügung feststellen lassen.

189

Angesichts des Umstands, dass ein lediglich mit geringen Mängeln behafteter Widerrufsbeschluss zwar nicht nichtig, aber mittels Rüge vernichtbar ist (dazu bereits oben R d n 1 8 5 ) , stellt sich die Frage des Verhältnisses dieser Vernichtungsmöglichkeit zu § 8 4 A b s 3 Satz 4 : § 8 4 Abs 3 Satz 4 findet keine Anwendung, wenn es nicht um das Fehlen eines wichtigen Grundes geht, sondern darum, o b der Widerrufsbeschluss fehlt oder verfahrensfehlerhaft ist. 3 1 8 § 8 4 Abs 3 Satz 4 lässt sich daher nicht entnehmen, dass leichte Fehler des Widerrufsbeschlusses nicht auch (nach Rüge) zur sofortigen Unwirksamkeit des Widerrufs führen k ö n n e n .

190

b) Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes Aus 8 4 A b s 3 Satz 4 folgt, dass die Bestellung auch bei Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abberufung mit Z u g a n g der Abberufungserklärung endet, also bis zur rechtskräftigen Feststellung des Gegenteils der W i d e r r u f als wirksam anzusehen ist. A b diesem Z e i t p u n k t der Abberufung ist der Abberufene nicht mehr Vorstandsmitglied. 3 1 9 Er darf nicht mehr als Vorstandsmitglied auftreten und kann sich bei weiterem Handeln als Vorstandsmitglied schadensersatzpflichtig m a c h e n . 3 2 0 D e r Aufsichtsrat und der Vorstand dürfen den Streit über die Abberufung nicht berücksichtigen. Vielmehr muss der Vorstand die Beendigung der Organstellung g e m ä ß § 81 A b s 1 zum Handelsregister anmelden. D a s Registergericht prüft das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht n a c h . 3 2 1

191

Aus dem Z w e c k von § 8 4 Abs 3 Satz 4 ergibt sich, dass eine einstweilige Verfügung auf Feststellung der Unwirksamkeit der Abberufung wegen Fehlens eines wichtigen Grundes nicht in Frage k o m m t . 3 2 2 Die Abberufung o h n e wichtigen G r u n d hat vorläufige Gestaltungswirkung, o h n e dass im Wege einer gerichtlichen Eilentscheidung in die A b berufungsentscheidung eingegriffen werden k a n n . D a s Gesetz eröffnet lediglich die M ö g lichkeit, im Hauptsacheverfahren nach umfassender Erörterung und Abwägung aller Argumente eine gerichtliche Entscheidung über das Fehlen eines wichtigen Grundes und damit über die Unwirksamkeit der Abberufung zu t r e f f e n . 3 2 3

192

Die Abberufung trotz Fehlens eines wichtigen Grundes ist meistens endgültig, weil sich der Rechtsstreit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes oft bis zum Ende der durch den Rechtsstreit nicht verlängerten Amtszeit e r s t r e c k t . 3 2 4

193

318

319

OLG Stuttgart AG 1985, 193; LG München I AG 1986, 142 f; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 109; KK-Mertens2 98; Hüffer7 31; MünchHdbAG-Wiesner3 § 20, 52. MünchKommAktG-He/ermeW/Sp/W/er 2 107; Grumann/Gillmann DB 2003, 770, 771.

(61)

MünchKommAktG-Hefermehl/Sptndler2

320

107. 321

322

323 324

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 107; KK-Mertens 2 18. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 108; Littbarski S 147. KK-Mertens 2 97. KK-Mertens 2 97.

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

9. Rechtsschutz des Vorstandsmitglieds im Abberufungsfall a) Klage gegen die AG 194

Das Vorstandsmitglied kann sich gegen seine Abberufung mit einer Klage gegen die AG, vertreten durch den Aufsichtsrat, zur Wehr setzen. 3 2 5 Richtet sich die Klage gegen die AG, vertreten durch den Vorstand, so liegt ein Vertretungsmangel vor, der die Klage unzulässig macht. 3 2 6 b) Fehlen eines wichtigen Grundes aa) Wiedereinsetzung des Vorstandsmitglieds

195

Die Klage, die sich auf das Fehlen eines wichtigen Grundes stützt, hat keinen Suspensiveffekt. Die Vorstandsmitgliedschaft ist beendet. Das klagende Vorstandsmitglied darf also nicht (vorläufig) die Amtsgeschäfte weiterführen. 3 2 7 Solange die Amtszeit noch nicht abgelaufen ist, also noch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung des Vorstandsmitglieds in das Vorstandsamt besteht, handelt es sich bei der Klage, die darauf gestützt wird, dass ein wichtiger Grund für die Abberufung nicht vorliegt, um eine Gestaltungsklage, 3 2 8 die darauf gerichtet ist, dass der Abberufene wieder Vorstandsmitglied wird. Streitgegenstand ist in einem solchen Fall das Recht des Vorstandsmitglieds auf die Amtsinhaberschaft. 3 2 9

196

Stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Abberufung mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes fest, bedarf es nicht eines Bestellungs- oder Wiedereinsetzungsbeschlusses des Aufsichtsrats, sondern das abberufene Vorstandsmitglied rückt automatisch wieder in sein Vorstandsamt ein. 3 3 0 bb) Nachschieben von Gründen

197

Hat das Gericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abberufung zu prüfen, so sind nur die im Aufsichtsratsbeschluss angegebenen Gründe zu berücksichtigen, zu deren Ausfüllung das Gericht allerdings andere Gründe als Hilfstatsachen heranziehen kann. 3 3 1

198

Die AG kann zwar neue Gründe für die Abberufung in den Prozess einführen, ein solches Nachschieben von Widerrufsgründen bedarf allerdings eines Beschlusses des Aufsichtsrats. 3 3 2 Nachgeschoben werden dürfen jedenfalls Gründe, die dem Aufsichtsrat beim ursprünglichen Abberufungsbeschluss nicht bekannt waren, 3 3 3 weil es bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abberufung ausschließlich darum geht, ob der Aktiengesellschaft ein bestimmtes Vorstandsmitglied noch zumutbar ist oder nicht. 3 3 4 Ein Nachschieben ist aber auch bei Gründen, die dem Aufsichtsrat schon beim Widerruf bekannt waren, nicht generell ausgeschlossen. Der Verwirkungsgedanke greift vielmehr nur in

325

326

327

BGH NJW 1981, 2748, 2749; BGH WM 1984, 532; OLG Koblenz AG 1980, 282; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 110; Hüffer7 33. MunchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 110; Hüffer7 33. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 110.

328

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 110; Hüffer7 34; KK-Mertens 1 116, 123.

KK-Mertens2 116. KK-Mertens 2 116. 331 MüncbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 112; KK-Mertens 2 120. 332 MündiKommAktG-Hefermehl/Spindler2 112; KK-Mertens 2 121; Hüffer7 34. 333 Hüffer7 34. 3 3 4 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 112; KK-Mertens2 121. 329

330

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

gravierenden Fällen ein, etwa dann, wenn die Gründe dem Aufsichtsrat schon über einen langen Zeitraum bekannt waren. 3 3 5 Stets können bereits bekannte, aber nicht geltend gemachte Gründe eine gerichtliche Berücksichtigung als Hilfstatsachen zur Ausfüllung der im ursprünglichen Widerrufsbeschluss angeführten Gründe finden, so zB nachgeschobene Gründe, die Aufschluss über die persönlichen Eigenschaften oder über das Verhalten des Vorstandsmitglieds geben. 3 3 6 Hat der Aufsichtsrat auf sein Widerrufsrecht zu einem bestimmten Zeitpunkt verzichtet, so können die Gründe, die dem Aufsichtsrat zu diesem Zeitpunkt bekannt waren, einen Widerruf nicht mehr nachträglich stützen. 3 3 7

199

Entstehen Gründe für die Abberufung erst nachträglich, also nach der Abberufung, so kann der Aufsichtsrat diese Gründe nicht im Prozess nachschieben, sondern muss erneut eine Abberufung aussprechen. 3 3 8

200

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes hat die Gesellschaft im Prozess zu beweisen, hingegen trifft im Falle des Vertrauensentzugs das abberufene Vorstandsmitglied die Beweislast dafür, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist. 3 3 9

201

cc) Revisionsinstanz Das Revisionsgericht prüft im Rechtsstreit lediglich, ob der Tatrichter aus dem festgestellten Sachverhalt ohne Rechtsirrtum schließen konnte, dass ein wichtiger Grund vorlag bzw nicht vorlag. 3 4 0 Wenn der Tatrichter den Begriff des wichtigen Grundes rechtlich richtig verwandt hat und alle dafür wesentlichen Umstände frei von inneren Widersprüchen und ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze berücksichtigt hat, darf die Revisionsinstanz keine abweichende Würdigung des Sachverhalts vornehmen. 3 4 1

202

dd) Erneuter Abberufungsbeschluss nach Verfahrensabschluss Ein nach rechtskräftigem Abschluss eines Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit einer Abberufung ergangener erneuter Abberufungsbeschluss kann sich nicht mehr auf Gründe stützen, die im ursprünglichen Prozess vorgebracht wurden oder hätten vorgebracht werden können. 3 4 2 Ein auf solche Gründe gestützter Aufsichtsratsbeschluss ist in der Regel nichtig.

203

Entzieht die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied jedoch nachträglich das Vertrauen aus einem Grund, den der Aufsichtsrat als wichtigen Grund wegen Verwirkung nicht mehr geltend machen kann, so ist zu unterscheiden: Z w a r kann der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, der auf einen Grund gestützt wird, den der Aufsichtsrat nicht mehr geltend machen kann, seinerseits auch einen neuen Grund für eine Abberufung bilden, wenn er nicht offenbar unsachlich ist. 3 4 3 Jedoch ist bei einem Vertrauens-

204

335

336 337

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339

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MünchKommAktG-He/fermeM/SpiW/er 2 112; Hüffer7 34. KK-Mertens2 121. B G H W M 1962, 109; M ü n c h K o m m A k t G Hefermehl/Spindler2 113; KK-Mertens1 121; M ü n c h H d b A G - W i e s n e r 3 § 20, 55; aA noch RG Seuff Arch 92 Nr 9. B G H W M 1966, 968, 970; Hüffer7 34; M ü n c h H d b A G - W i e s n e r 3 § 20, 55. B G H AG 1975, 2 4 2 , 2 4 4 ; MünchHdbAG-

340

341

342

343

Wiesner3 § 20, 55; entsprechend für das österreichische Recht auch ö O G H N Z G 1998, 729, 730. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 114; KK-Mertens1 125. B G H W M 1962, 201 f; KK-Mertens1 125; MünchHdbAG- Wiesner1· § 20, 55. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 113; KK-Mertens 2 122. K K - M e r t e n s 1 122.

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

entzug, der sich auf Gründe stützt, die der Aufsichtsrat wegen Verwirkung nicht mehr geltend machen kann oder die das Gericht als nicht ausreichend für eine Abberufung aus wichtigem Grund erachtet hat, eine Willkürlichkeit und damit offenbare Unsachlichkeit des Vertrauensentzugs sehr nahe liegend. 344 Dient der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung nur dazu, verwirkten Abberufungsgründen Geltung zu verschaffen, so ist der Vertrauensentzug rechtsmissbräuchlich. 345 c) Andere Abberufungsfehler aa) Feststellungsklage 205

Eine Feststellungsklage liegt vor, wenn das Vorstandsmitglied geltend macht, der Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats sei aus anderen Gründen als wegen Fehlens eines wichtigen Grundes für die Abberufung fehlerhaft oder fehle gar ganz. Einen solchen Rechtsstreit kann der Aufsichtsrat allerdings durch Herbeiführung der Erledigung der Hauptsache beenden, indem er nach § 2 4 4 analog einen bestätigenden Abberufungsbeschluss fasst. 3 4 6 bb) Einstweiliger Rechtsschutz

206

Während angesichts von § 84 Abs 3 Satz 4 eine einstweilige Verfügung wegen Fehlens eines wichtigen Grundes für die Abberufung ausscheidet, ist einstweiliger Rechtsschutz bei anderen Fehlern der Abberufung denkbar. 3 4 7 Jedoch scheidet bei bloß formellen Mängeln des Abberufungsbeschlusses in der Regel die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes aus, da nicht durch Eilentscheidungen des Gerichts zu sehr in die Gestaltungskompetenz des Aufsichtsrats eingegriffen werden darf. 3 4 8 Eine einstweilige Verfügung ist daher im Allgemeinen nur zulässig, wenn ein Aufsichtsratsbeschluss über die Abberufung gänzlich fehlt oder ein besonders schwerer Fehler bei Zustandekommen des Aufsichtsratsbeschlusses geltend gemacht wird. 3 4 9 Ein Verfügungsgrund liegt in einem solchen Fall stets vor, da sich die Überprüfung in einem ordentlichen Verfahren durch drei Instanzen über mehrere Jahre erstrecken kann. 3 5 0 d) Klage nach Amtszeitbeendigung

207

Auch nach Ablauf der Amtsperiode sowie dann, wenn das Vorstandsmitglied nicht mehr sein Amt wahrnehmen will und es deshalb niederlegt, muss es ihm möglich sein, die Unwirksamkeit und damit Rechtswidrigkeit der Abberufung mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes gerichtlich geltend zu machen. 3 5 1 Dabei handelt es sich um eine Feststellungsklage, die darauf gerichtet ist, dass die Abberufung rechtswidrig war. e) Streitwert

208

Für den Streitwert der Klage des Vorstandsmitglieds gegen die Abberufung und für die Beschwer ist nach §§ 3, 5 4 6 Abs 2 ZPO nur auf das Interesse des Vorstandsmitglieds

344 345

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Hüffer7 29. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 113. OLG Stuttgart AG 2 0 0 3 , 211, 212; Hüffer7 34. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 117.

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351

MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 108; KK-Mertens 2 97; Littbarski S 147 f. Teilweise aA Hüffer7 34, 32. OLG Stuttgart AG 1985, 193; Hüffer7 34; MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 54. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 110; Janzen N Z G 2 0 0 3 , 4 6 8 , 4 7 2 .

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

an der Amtsinhaberschaft, nicht aber auf die Frage der materiellen Konsequenzen der Abberufung für das Vorstandsmitglied oder auf die Höhe seiner Vergütung abzustellen. 352 f) Beweislast Das Vorliegen eines wichtigen Grundes hat die AG im Prozess zu beweisen. Im Falle des Vertrauensentzugs trifft hingegen das abberufene Vorstandsmitglied die Beweislast dafür, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist.

209

g) Kollision zweier Vorstandsmitglieder Probleme kann es bereiten, wenn das Gericht die Abberufung eines Vorstands- 2 1 0 mitglieds während dessen Amtszeit für unwirksam erklärt, das Vorstandsmitglied somit ex lege wieder in sein Amt einrückt, aber inzwischen ein anderes, neu berufenes Vorstandsmitglied dessen Aufgaben bekleidet. Dieser wegen der langen Verfahrensdauer selten praktische Fall führt im Allgemeinen zu einem Nebeneinander des alten, wieder eingesetzten und des neu eingesetzten Vorstandsmitglieds. Eine solche ungewollte Vergrößerung des Vorstands muss die AG hinnehmen, zumal die Amtszeit des alten, wiedereingesetzten Vorstandsmitglieds nach lang währender Dauer des Rechtsstreits oft nur noch sehr kurz ist. 353 Die AG ist nicht berechtigt, gegenüber dem alten, wieder eingesetzten Vorstandsmitglied als wichtigen Grund für eine erneute Abberufung den Umstand anzuführen, dass an seine Stelle bereits ein anderes Vorstandsmitglied getreten ist. 354 Ein erneuter Widerruf der Bestellung aus diesem Grund wäre wegen ersichtlicher Rechtsmissbräuchlichkeit nicht, auch nicht bloß vorläufig, wirksam. Ein solches Vorgehen würde den Sinn der Wiedereinsetzung konterkarieren und ist selbstverständlich nicht zulässig. § 84 Abs 3 Satz 4 wäre mithin auf einen solchen Fall nicht anwendbar. 3 5 5 Umgekehrt ist auch eine Abberufung des neuen Vorstandsmitglieds, das anstelle des 211 abberufenen Vorstandsmitglieds bestellt wurde, bloß wegen der Wiedereinsetzung des abberufenen Vorstandsmitglieds nicht möglich, da die Wiedereinsetzung des alten Vorstandsmitglieds keinen wichtigen Grund für die Abberufung des neuen Vorstandsmitglieds bildet. 356 Vielmehr muss die AG für einen solchen Fall bereits bei der Bestellung des neuen Vorstandsmitglieds Vorsorge tragen, etwa dadurch, dass sie die Bestellung des neuen Vorstandsmitglieds unter die - hier ausnahmsweise zulässige - auflösende Bedingung der Wiedereinsetzung des alten Vorstandsmitglieds in sein Amt stellt. Da die Abhängigkeit der Bestellung von einer auflösenden Bedingung Ausnahme bleiben muss, ist es nicht zulässig, ein neues Vorstandsmitglied unter der auflösenden Bedingung zu bestellen, dass das alte Vorstandsmitglied mit der Feststellungsklage über die Unwirksamkeit der Abberufung Erfolg hat. Vielmehr kann als auflösende Bedingung lediglich die Wiedereinsetzung in das Amt qua Gestaltungswirkung in Betracht kommen. Scheidet eine solche Gestaltungswirkung des Urteils aus, insbesondere wegen Ablaufs der Amtszeit des klagenden Vorstandsmitglieds, so steht einer Beibehaltung des neuen Vorstandsmitglieds nichts im Wege, seine Bestellung kann nicht unter die auflösende Bedingung der Unwirksamkeit der Abberufung des alten Vorstandsmitglieds als solcher gestellt werden. 3 5 7 352

353 354

BGH WM 1995, 1316 f; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 116; Hüffer7 34. KK-Mertens 2 123. MünchKommAktG-He fermehl/Spindler 2 118.

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355 356

357

KK-Mertens 2 123. MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er 2 118; aA KK-Mertens 1 123. KK-Mertens 1 124; aA wohl MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 118.

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§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

10. Auswirkungen der Abberufung auf das Anstellungsverhältnis 212

Der Widerruf beseitigt nach der herrschenden Trennungstheorie (dazu oben Rdn 16 ff) lediglich die Organstellung als Vorstandsmitglied, er führt aber nicht auch zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses. 358 Dementsprechend besteht der Vergütungsanspruch einschließlich des Anspruchs auf variable Vergütungsbestandteile 359 grundsätzlich bis zum Ende des Anstellungsvertrags fort. Erklärt die AG allerdings nicht gesondert die Kündigung des Anstellungsverhältnisses, so ist insbesondere in Hinblick darauf, dass auf das Anstellungsverhältnis die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 6 2 6 Abs 2 Satz 2 BGB Anwendung findet (dazu näher unten Rdn 505 ff), der Widerruf gleichzeitig auch als schlüssige Erklärung einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses zu werten. 3 6 0 Wenn die AG hingegen dem Vorstandsmitglied eine einvernehmliche Aufhebung seines Anstellungsvertrags anbietet, liegt im Widerruf der Bestellung keine konkludente außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags. 361

213

Auch kann umgekehrt die Kündigung des Anstellungsverhältnisses gleichzeitig als Widerruf des Bestellungsverhältnisses anzusehen sein, wenn die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für einen Widerruf eingehalten worden sind, also insbesondere eine Kündigung des Anstellungsvertrags durch den Gesamt-Aufsichtsrat aufgrund Beschlusses erfolgt. 3 6 2 11. Abberufung des Arbeitsdirektors

214

Die Abberufung des Arbeitsdirektors unterliegt grundsätzlich denselben Voraussetzungen wie die Abberufung jedes anderen Vorstandsmitglieds. Allerdings kommt gemäß § 84 Abs 4 die mitbestimmungsrechtliche Norm des § 31 Abs 5 MitbestG zur Anwendung. 363 Der Widerruf der Bestellung des Arbeitsdirektors durch Beschluss des Aufsichtsrats unterliegt demgemäß dem besonderen Verfahren von § 31 Abs 2 bis Abs 4 MitbestG.

215

Da § 31 MitbestG die Funktion des Arbeitsdirektors schützen will, sind die dort vorgesehenen Verfahrensvoraussetzungen auch einschlägig, wenn der Arbeitsdirektor nicht als Vorstandsmitglied abberufen werden soll, sondern bloß seine Funktion als Arbeitsdirektor, also als Leiter des Bereichs „Arbeit und Soziales", verlieren soll. Eine solche Funktionsentkleidung unterfällt § 31 Abs 5 MitbestG analog. 3 6 4

216

§ 84 Abs 4 bezieht sich ferner auf § 13 Abs 1 Satz 3 Montan-MitbestG und auf § 13 MitbestErgG. Nach diesen Normen kann der Arbeitsdirektor einer montanmitbestimmten AG nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat abberufen werden. Da auch diese Normen die Funktion des Arbeitsdirektors sicherstellen sollen, gelten auch sie analog für den Fall, dass der Arbeitsdirektor nicht abberufen werden soll, sondern lediglich seine Funktion verliert, aber Vorstandsmitglied bleibt.

358

359

360

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 87; KK-Mertens 1 94; Hüffer7 24; für das österreichische Recht entsprechend öOGH AG 1996, 39, 41. Dazu Bauer/Göpfert/Siegrist DB 2 0 0 6 , 1774. BGHZ 12, 337, 3 4 0 (für GmbH); 18, 3 3 4 (beide zur konkludenten Beschlussfassung über die Kündigung); ferner BGH W M 1973, 6 3 9 ; BGH N J W 1999, 3 2 6 6 ff; auch

361 362 363

364

OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 48 (für GmbH); MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 87; KK-Mertens2 94; Hüffer7 2 4 ; MünchHdbAG-Wiesner 3 $ 21, 73; aA Janzen N Z G 2 0 0 3 , 468, 4 7 2 . KK-Mertens1 94. KK-Mertens1 94. GroßkommAktG-Oei&er MitbestG § 31, 16 ff. KK-Mertens1 150.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84

VI. Widerruf der Ernennung des Vorstandsvorsitzenden Für den Widerruf der Ernennung des Vorstandsvorsitzenden ist - ebenso wie für die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden (dazu oben Rdn 116) - ein Beschluss des Aufsichtsrats erforderlich. Für den Abberufungsbeschluss genügt auch bei mitbestimmten Gesellschaften die einfache Mehrheit. 3 6 5

217

Ferner bedarf die Abberufung des Vorstandsvorsitzenden gemäß § 84 Abs 3 Satz 1 ebenso wie der Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied (dazu oben Rdn 134 ff) eines wichtigen Grundes. Die Bestimmung des Kreises wichtiger Gründe für den Widerruf der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden erfolgt autonom, dh der Begriff des wichtigen Grundes für die Abberufung als Vorstandsmitglied ist nicht mit dem Begriff des wichtigen Grundes für den Widerruf der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden identisch. Dennoch gibt § 84 Abs 3 Satz 2 Anhaltspunkte für die Bestimmung des wichtigen Grundes für den Widerruf der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden. Ein wichtiger Grund für einen solchen Widerruf kann insbesondere in der Person des Vorstandsvorsitzenden liegen, etwa bei einer groben Verletzung seiner Pflicht als Vorstandsvorsitzender oder bei der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben eines Vorstandsvorsitzenden. Ein Pflichtverstoß oder ein Verschulden des Vorstandsvorsitzenden sind aber nicht unbedingt erforderlich. So kann etwa auch eine krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Erledigung der Aufgaben eines Vorstandsvorsitzenden einen Widerrufsgrund bilden.

218

Ein wichtiger Grund für die Untragbarkeit als Vorstandsvorsitzender muss nicht stets ein wichtiger Grund für die Abberufung auch als Vorstandsmitglied sein. 3 6 6 Der isolierte Widerruf nur der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden unter Beibehaltung der Bestellung zum Vorstandsmitglied ist in der Praxis allerdings sehr selten.

219

VE. Widerruf der Einsetzung als Vorstandssprecher Im Gegensatz zum Widerruf der Ernennung als Vorstandsvorsitzender bedarf der Widerruf der Einsetzung als Vorstandssprecher keines wichtigen Grundes. Der Widerruf der Einsetzung als Vorstandssprecher kann vielmehr jederzeit ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen (s schon G r o ß k o m m A k t G / K o r f 4 § 77 Rdn 5 8 ) . 3 6 7 Wenn ein Vorstandsvorsitzender ernannt wird, endet das Amt eines Vorstandssprechers automatisch, denn wegen des Vorrangs der Stellung eines Vorstandsvorsitzenden kann es ein Nebeneinander von Vorstandsvorsitzendem und Vorstandssprecher nicht geben (s schon GroßkommAktG/iCori 4 § 77 Rdn 58). Die Abberufung des Vorstandsvorsitzenden ist eine Geschäftsführungsmaßnahme, die den Vorschriften über die Geschäftsführung im Vorstand genügen muss (dazu Großkomm AktG/Korf 4 § 77 Rdn 5 7 ) . 3 6 8

220

Ist einem Vorstandsmitglied anstellungsvertraglich die Stellung eines Vorstandssprechers zugesichert worden, so ist der dennoch erfolgende Widerruf dieser Stellung zwar nicht unzulässig, denn der Vorstand kann sich in Geschäftsführungs- und Geschäftsordnungsangelegenheiten nicht schuldvertraglich binden, der ehemalige Vorstandssprecher hat jedoch in einem solchen Fall einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung seines Anstellungsvertrags. 3 6 9

221

365

366

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 120; KK-Mertens2 126. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 120; KK-Mertens 2 126 .

367

368 369

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 83; M ü n c h H d b A G - W / e w r 3 § 24, 6. KK-Mertens 2 89. M ü n c h H d b A G - W W e r 3 § 24, 6.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Vin. Amtsniederlegung des Vorstandsmitglieds 1. Allgemeines 222

Bei der Amtsniederlegung handelt es sich um die einseitige, zugangsbedürftige 3 7 0 Erklärung des Vorstandsmitglieds, aus dem Organverhältnis ausscheiden zu wollen. Die Zulässigkeit der Amtsniederlegung 3 7 1 ergibt sich schon daraus, dass niemand bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu der Beibehaltung eines Dauerrechtsverhältnisses gezwungen werden kann, ferner aber auch daraus, dass die Stellung als Organmitglied eine besondere organschaftliche Treuebindung zur Gesellschaft (dazu oben Rdn 7 6 ff) begründet. Entfällt ein intaktes Vertrauensverhältnis als Grundvoraussetzung für diese Treuebindung, muss sich das Organmitglied aus der Bindung lösen können.

223

Die Amtsniederlegung des Vorstandsmitglieds erfolgt gegenüber der AG, vertreten durch den Aufsichtsrat (§ 1 1 2 ) . 3 7 2 Die Amtsniederlegung wird wirksam mit Zugang der Erklärung. Dem Zugangserfordernis ist regelmäßig Genüge getan, wenn die Amtsniederlegung dem Aufsichtsratsvorsitzenden gegenüber erfolgt. 3 7 3 Die Amtsniederlegung bewirkt die Beendigung der Organstellung des Vorstandsmitglieds, muss aber nicht gleichzeitig zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses führen. 3 7 4 Insbesondere kann das Vorstandsmitglied ausdrücklich erklären, nur die Organstellung durch Amtsniederlegung beenden zu wollen, ohne dass es gezwungen ist, gleichzeitig den Anstellungsvertrag zu kündigen. Die isolierte Beendigung nur der Organstellung durch das Vorstandsmitglied bildet allerdings ihrerseits regelmäßig für die AG einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrags. 2 . Erfordernis eines wichtigen Grundes

224

Wie die Beendigung der Bestellung seitens der AG erfordert auch die Amtsniederlegung seitens des Vorstandsmitglieds das Vorliegen eines wichtigen Grundes. 3 7 5 Hierfür ist ein Pflichtverstoß seitens der Gesellschaft oder eines ihrer Organe oder von deren Mitgliedern nicht erforderlich. Der wichtige Grund für die Amtsniederlegung kann auch auf objektiven Umständen beruhen, etwa einer betrieblichen oder gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung. 3 7 6 Zu fragen ist stets, ob es dem Vorstandsmitglied zumutbar ist, sein Amt bis zum Ablauf des Bestellungsverhältnisses innezuhaben. Hierbei sind die Interessen des Vorstandsmitglieds gegenüber den Interessen der AG abzuwägen. Da das Vorstandsmitglied kein ungeschriebenes Recht auf Abschluss einer D & O-Versicherung hat, ist das Fehlen einer solchen Versicherung allenfalls bei einer entsprechenden vertraglichen Zusage und erfolgloser Fristsetzung nach § 314 Abs 2 B G B analog ein wichtiger Grund für die Amtsniederlegung. 3 7 7

225

Beruft sich das Vorstandsmitglied auf einen wichtigen Grund, streiten sich die Parteien aber über das Vorliegen dieses wichtigen Grundes, so ist die Amtsniederlegung in entsprechender Anwendung von § 8 4 Abs 3 Satz 4 als vorläufig wirksam anzusehen, dh die Organstellung endet (vorläufig) mit Zugang der Erklärung der Amtsniederlegung, selbst wenn das Vorliegen eines wichtigen Grundes hierfür fraglich ist. 3 7 8 370

371 372 373 374

MunchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 1 2 4 ; Link S 2 0 6 ff. Dazu Link S 8 6 ff. Link S 2 0 5 . KK-Mertens 2 1 6 4 . Missverständlich M ü n c h K o m m A k t G - H e / e r mehl/Spindler2 1 2 4 , 165.

375

376 377 378

AA MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 1 2 4 ; K K - M e r t e n s 1 1 6 3 ; Hüffer7 36. Hüffer7 3 6 ; Link 2 0 0 3 S 1 5 9 ff. Hüffer7 36; Deilmann N Z G 2 0 0 5 , 5 4 , 5 5 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 165; KK-Mertens2 1 6 3 ; Hüffer7 3 6 .

Stand: 1. 1 0 . 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Mit der neueren Rechtsprechung des BGH zur Amtsniederlegung des GmbHGeschäftsführers 379 ist darüber hinaus § 84 Abs 3 Satz 4 selbst dann analog anzuwenden, wenn sich das Vorstandsmitglied bei seiner Amtsniederlegung nicht auf einen wichtigen Grund beruft. Allerdings bedeutet auch diese Erweiterung der analogen Anwendung von § 84 Abs 3 Satz 4 nicht, dass die Amtsniederlegung stets, also auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, als vorläufig wirksam anzusehen ist. 380 Zwar kann das Vorstandsmitglied schon angesichts von § 888 Abs 2 ZPO nicht gezwungen werden, für die AG tätig zu werden. Die Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund ist aber nicht bloß unwirksam, sondern führt ggf auch zu Sanktionen. So kann sich das Vorstandsmitglied, das ohne wichtigen Grund sein Amt niederlegt, schadensersatzpflichtig machen. 3 8 1

226

Auch ist es eine zwar möglicherweise für das Vorstandsmitglied harte, entgegen Mertens382 aber keineswegs unhaltbare Konsequenz der Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund, dass das Vorstandsmitglied nach gerichtlicher Feststellung der Unwirksamkeit der Amtsniederlegung wieder an das Wettbewerbsverbot des 5 88 gebunden ist. Das Wettbewerbsverbot des § 88 ist Rechtsfolge der Amtsinhaberschaft, die sich ohne wichtigen Grund nicht beenden lässt. 383

227

Angesichts dessen, dass bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Unwirksamkeit der Amtsniederlegung von deren Wirksamkeit auszugehen ist (dazu oben Rdn 225 f), dürfte die erneute Bindung des Vorstandsmitglieds an sein Amt nach rechtskräftiger Entscheidung ohnehin bloße Theorie sein. Für die Zwischenzeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung hat das Vorstandsmitglied jedenfalls keine organschaftlichen Pflichten, unterliegt also auch keinem Wettbewerbsverbot.

228

Eine rechtsmissbräuchliche Amtsniederlegung ist unabhängig davon, ob sie auf einen wichtigen Grund gestützt wird oder nicht, auf jeden Fall unwirksam. 3 8 4 Eine Amtsniederlegung, für die zwar ein wichtiger Grund besteht, die jedoch zur Unzeit erfolgt, ist hingegen wirksam (§ 723 Abs 2 BGB analog). 385 Jedoch kann das Vorstandsmitglied, das zur Unzeit sein Amt niederlegt, schadensersatzpflichtig sein.

229

IX. Einvernehmliches Ausscheiden aus dem Vorstandsamt Stets, also auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, ist eine einvernehmliche Beendigung der Stellung als Vorstandsmitglied möglich. 386 Seitens des Aufsichtsrats ist hierfür ein Beschluss des Gesamt-Plenums erforderlich. 387 Gemäß § 107 Abs 3 Satz 2 muss der Gesamt-Aufsichtsrat über die Beendigung der Organstellung des Vorstandsmitglieds durch Widerruf entscheiden. Entsprechend ist § 107 Abs 3 Satz 2 aber auch auf den Fall eines einvernehmlichen Ausscheidens anwendbar: 3 8 8 Diese Norm enthält 379

380 381

382 383

384

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BGHZ 121, 257, 261; BGH AG NJW 1995, 2850; ferner OLG Düsseldorf FGPrax 2001, 82; anders noch BGHZ 78, 82, 84. So aber KK-Mertens2 163. Dazu Lohr DStR 2002, 2173, 2177 f; Haas DStR 2001, 454. KK-Mertens2 163. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 165. OLG Düsseldorf FGPrax 2001, 82 (für GmbH); KK -Mertens1 163; Hüffer7 36; aA Grobys/Littger BB 2002, 2 2 9 2 f.

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388

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 124; KK-Mertens1 163. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 125; Hüffer7 37. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 125. MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er 2 125; Hüffer7 37; GroßkommAktG-Hop// Roth4 § 107, 386.

Michael Kort

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

den Rechtsgedanken, dass wichtige Personalentscheidungen des Aufsichtsrats nur vom Gesamt-Plenum getroffen werden können. 231

Handelt es sich um eine mitbestimmte AG, ist das Verfahren des § 31 MitbestG zu beachten. Zwar bezieht sich § 31 MitbestG ausweislich seines Absatzes 1 direkt lediglich auf den Widerruf der Bestellung. Diese die Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei wichtigen Personalentscheidungen sichernde Norm muss jedoch entsprechende Anwendung auch auf den Fall der einvernehmlichen Aufhebung der Organstellung finden. 3 8 9

232

Der Aufsichtsrat muss bei der Ausübung seines Ermessens bei der Frage, ob er einem Ausscheiden des Vorstandsmitglieds aus seinem Amt zustimmt, prüfen, welche Konsequenzen das Ausscheiden des Vorstandsmitglieds für die AG hat. Dabei kann es ua darum gehen, ob überhaupt auf dieses Vorstandsmitglied verzichtet werden kann, ob kurzfristig ein geeigneter anderer Kandidat gefunden werden kann oder darum, welcher Schaden der AG durch einen Wechsel des bisherigen Amtsinhabers zu einem Konkurrenten der Gesellschaft entstehen könnte. 3 9 0

X . Einseitige Suspendierung der Vorstandsmitgliedschaft 1. Auslegung der einseitigen Suspendierung 233

Die einseitige Suspendierung der Vorstandsmitgliedschaft ist - ebenso wie die Amtsniederlegung und die einvernehmliche Beendigung der Organstellung - im Aktiengesetz nicht angesprochen. Bereits der Begriff der Suspendierung ist nicht unproblematisch. Faktisch handelt es sich bei der einseitigen Suspendierung um eine vorläufige Amtsenthebung des Vorstandsmitglieds.391 Rechtlich kann die einseitige Suspendierung in dreifacher Weise verstanden werden: Erstens kann sie als befristeter Widerruf der Bestellung angesehen werden. Folge dieser Auffassung ist, dass die Suspendierung alle Voraussetzungen des Widerrufs erfüllen muss, sie also eines Beschlusses des Gesamt-Aufsichtsrates bedarf, der dem Vorstandsmitglied verkündet werden muss, sowie eines wichtigen Grundes. 3 9 2

234

Eine zweite Auffassung stellt lediglich eine Modifikation dieser ersten Ansicht dar. Nach ihr unterliegt eine Suspendierung ebenfalls sämtlichen Anforderungen an den Widerruf der Bestellung, erfolgt jedoch stets nur als kurzzeitige, bloß vorläufige Amtsenthebung. 393 Diese Auffassung unterscheidet sich somit von der erstgenannten Ansicht nicht in den Voraussetzungen für eine Suspendierung, sondern in den begrenzteren Rechtsfolgen.

235

Nach einer dritten Meinung bedarf es hingegen für die Suspendierung nicht sämtlicher Widerrufsvoraussetzungen. 394 So braucht anders als beim Widerruf kein wichtiger Grund vorzuliegen, sondern eine Suspendierung ist bereits möglich, wenn lediglich der schwerwiegende Verdacht des Vorliegens von Umständen besteht, die als solche einen wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung bilden würden. Ein solcher Verdacht kann insbesondere aus dem Verhalten des Vorstandsmitglieds resultieren. 395 389

390 391

MünchHdbAG- Wiesner3 § 2 0 , 57; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 148; Westhoff DB 1980, 2 5 2 0 , 2522. MünchHdbAG- Wiesner3 § 2 0 , 57. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 122; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 61.

392 393

394 395

Hüffer7 35. KG AG 1984, 24, 25; OLG München AG 1986, 2 3 4 , 235. KK-Mertens1 152. Hüffer7 35.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Gegen die erstgenannte Auffassung spricht, dass nach ihr der Suspendierung gegenüber dem W i d e r r u f der Organstellung keine eigenständige Bedeutung z u k o m m t , da sie dieselben Voraussetzungen hat wie der W i d e r r u f , 3 9 6 insbesondere das Erfordernis eines wichtigen Grundes. Gerade wegen der nach dieser Ansicht bestehenden Deckungsgleichheit der Voraussetzungen von W i d e r r u f und Suspendierung ist sie dem Einwand ausgesetzt, dass die Erforderlichkeit einer rechtlichen Zulassung der Suspendierung neben dem W i d e r r u f fraglich i s t . 3 9 7 W e n n ein wichtiger G r u n d für eine Abberufung besteht, muss der Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, o b er abberufen will oder nicht. D e r Herbeiführung eines Schwebezustands durch Zulassung eines befristeten Widerrufs steht die gesetzliche Regelung des § 8 4 Abs 3 entgegen, die nur einen endgültigen W i d e r r u f vorsieht.

236

Die zweite Auffassung weicht zwar in ihren Rechtsfolgen (nur kurzfristige Amtsenthebung) von den Widerrufsfolgen a b , jedoch unterliegt auch nach ihr die Suspendierung denselben Anforderungen wie die Abberufung, so dass auch ihre Zulassung angesichts der prima facie abschließenden Regelung in § 8 4 Abs 3 fraglich erscheint.

237

Lediglich d a n n , wenn m a n der dritten Auffassung folgt, kann die Suspendierung als eigenständiges Instrument neben dem W i d e r r u f angesehen werden. Eine vorläufige, befristete Amtsenthebung an Stelle eines endgültigen Widerrufs ist allerdings nur dann sinnvoll und berechtigt den Aufsichtsrat nur dann zu einem Abweichen von der im Grundsatz bestehenden Pflicht, endgültige und nicht b l o ß vorläufige Personalentscheidungen zu treffen, wenn ein wichtiger G r u n d (noch) nicht feststeht, sondern b l o ß deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes b e s t e h e n . 3 9 8 In einem solchen Fall kann ein endgültiger W i d e r r u f g e m ä ß § 8 4 A b s 3 (noch) nicht erfolgen. D a n n ist die einseitige Suspendierung ein M i t t e l , dem Vorstandsmitglied vorläufig seine Organfunktionen zu n e h m e n . 3 9 9 § 8 4 Abs 3 steht der einseitigen Suspendierung wegen des schwerwiegenden Verdachts des Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht e n t g e g e n . 4 0 0

238

2 . Zulässigkeit der einseitigen Suspendierung § 8 4 Abs 3 spricht wegen seines insofern abschließenden C h a r a k t e r s lediglich gegen eine Suspendierung bei nach Auffassung des Aufsichtsrats feststehendem Vorliegen eines wichtigen Grundes. Liegt aus Sicht des Aufsichtsrats ein wichtiger G r u n d vor, muss der Aufsichtsrat endgültig und nicht b l o ß vorläufig entscheiden, o b er das Vorstandsmitglied beibehalten will oder nicht. Liegt hingegen aus Sicht des Aufsichtsrats kein wichtiger G r u n d vor, so ist insbesondere im Hinblick auf parallele Wertungen im Arbeitsrecht eine einseitige Suspendierung zulässig. Wegen der (vorläufig) abberufungsgleichen oder zumindest abberufungsähnlichen W i r k u n g e n der Suspendierung (dazu R d n 2 5 0 ff) sind jedoch an den G r u n d für die Suspendierung h o h e Anforderungen zu stellen (dazu unten Rdn 2 4 2 ff).401 3.

Aufsichtsratsbeschluss

Die einseitige Suspendierung bedarf eines Beschlusses des Gesamt-Aufsichtsrats. § 1 0 7 A b s 3 Satz 2 will verhindern, dass wichtige Personalentscheidungen von Aufsichtsratsausschüssen getroffen werden. Diese N o r m ist daher analog auf die einseitige Suspendie-

396 397 398

(71)

239

Hü ff er 7 35. Hüffer7 35. MünchKommAkzG-Hefermehl/Spindler2 122.

399

400 401

So aber MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 122. Zweifelnd Hüffer7 35. MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 61.

Michael Kort

240

§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

rung anwendbar. 402 Der Aufsichtsratsvorsitzende oder das Aufsichtsratspräsidium haben keine Notzuständigkeit für die Suspendierung bis zur Beschlussfassung durch den Gesamt-Aufsichtsrat. 403 241

Bei der einseitigen Suspendierung von Vorstandsmitgliedern mitbestimmter AG ist wie beim Widerruf § 31 Abs 5 MitbestG zu beachten. § 31 MitbestG, der die (quasi) paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei wichtigen Personalentscheidungen gewährleisten will, findet auf den Fall der einseitigen Suspendierung entsprechende Anwendung. 404 4. Grund für die einseitige Suspendierung

242

Eine einseitige Suspendierung ist unter Heranziehung der Grundsätze der Suspendierung von (leitenden) Arbeitnehmern möglich, wenn schwerwiegende, nicht ad hoc zu klärende Umstände auftreten, die für das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die endgültige Beendigung der entsprechenden Stellung sprechen. 405 Dann ist die einseitige Suspendierung oft die einzig richtige Reaktion (dazu auch unten Rdn 2 4 6 f f ) . 4 0 6 5. Zeitraum der Suspendierung

243

Die Suspendierung darf sich nur über einen Zeitraum erstrecken, in dem eine endgültige Klärung der Umstände, die einen wichtigen Grund für eine Abberufung bilden könnten, durchgeführt werden kann. Eine Suspendierung über diesen Zeitraum hinaus wäre rechtsmissbräuchlich. 407 Jedoch braucht die Suspendierung nicht von Anfang an einen bestimmten Zeitpunkt für ihre Beendigung vorsehen. Die Festlegung eines solchen Zeitpunkts ist gerade angesichts der Ungeklärtheit der Umstände oft gar nicht möglich.

244

Im Allgemeinen darf die Suspendierung allerdings unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit einen Zeitraum von einem Monat nicht überschreiten. 408 Nur ausnahmsweise, etwa bei schwieriger Klärung von Verdachtsmomenten, ist ein längerer Zeitraum für die Suspendierung zulässig. Wird der zulässige Zeitraum überschritten, verliert die Suspendierung ihre Wirkung, so dass das Vorstandsmitglied wieder automatisch in alle Rechte und Pflichten der Amtsinhaberschaft einrückt. 409

245

Erfolgt eine Suspendierung „bis zum Ablauf der Amtszeit", so ist eine solche Erklärung nicht als Widerruf der Bestellung zu werten, denn der Widerruf der Bestellung muss eindeutig und klar erfolgen, außerdem bedarf er der Eintragung im Handelsregister gemäß § 81 Abs 1. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine wegen der Überschreitung des zulässigen Zeitraums unzulässige und damit nichtige Suspendierung. 6. Kein Wahlrecht des Aufsichtsrats

246

Der Aufsichtsrat hat bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abberufung keine Wahl zwischen einseitiger Suspendierung und Abberufung. Liegt ein wichtiger Grund für die Abberufung vor, so darf der Aufsichtsrat nicht wegen dieses Grundes bloß eine einseitige Suspendierung aussprechen. 410 Zwar mag es im Interesse des Vorstandsmitglieds 402

403 404 405

BGHZ 79, 38, 43 f; Hüffer7 37; MünchHdbAG- Wiesner3 § 2 0 , 63; HoffmannBecking in FS Stimpel 1985, S 589, 593; GroßkommAktG-Hopt/Roth4 § 107, 384. KK-Mertens2 156. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 63. HdbVorstandsR-TfcäsOTg § 5, 43.

406 407 408

409 410

KK-Mertens2 152. KK-Mertens1 152. KK-Mertens1 152; MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 62. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 62. AA wohl KK-Mertens 1 153.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(72)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

liegen, dass nicht sofort die definitive Abberufung ausgesprochen wird, jedoch macht das Gesetz deutlich, dass die Entscheidung des Aufsichtsrats, das Vorstandsamt einseitig zu beenden, im Grundsatz endgültig sein muss (§ 84 Abs 3). Auch aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen darf der Aufsichtsrat die Suspendierung nicht dem Widerruf vorziehen. Der Aufsichtsrat darf also nicht (vorläufig) bloß suspendieren, weil er sich erst noch Klarheit darüber verschaffen will, ob er zweckmäßigerweise von dem Abberufungsgrund Gebrauch machen will oder nicht. 4 1 1 In einem solchen Fall kann nämlich der AG die Weiterbeschäftigung des Vorstandsmitglieds zugemutet werden.

247

Außer bei bloßem Verdacht des Vorliegens eines wichtigen Grundes kann allerdings auch in einer Übergangszone zwischen einem (bloßen) Verdacht des Vorliegens eines wichtigen Grundes und dessen tatsächlichem Vorliegen eine Suspendierung (zunächst) geboten sein. Das ist etwa der Fall, wenn ein Verdacht als solcher schon als wichtiger Grund für die Abberufung ausreichen würde, jedoch die Schwere des Vorwurfs gegenüber dem Vorstandsmitglied noch nicht hinreichend geklärt ist und sich vielleicht noch Anhaltspunkte zugunsten des Vorstandsmitglieds finden lassen werden. 4 1 2

248

Hingegen scheidet eine bloße Suspendierung im Allgemeinen aus, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung gegeben ist und zusätzlich der Verdacht auf ein weiteres Fehlverhalten des Vorstandsmitglieds im Raum steht. 4 1 3 In einem solchen Fall muss der Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen zunächst entscheiden, ob er das Vorstandsmitglied wegen des jedenfalls gegebenen Grundes abberufen will oder nicht. Will er es wegen dieses Grundes nicht abberufen, kommt eine Suspendierung wegen des Verdachts eines weiteren Abberufungsgrundes nur in seltenen Fällen in Betracht, denn mit der Entscheidung, an dem Vorstandsmitglied trotz Vorliegens des jedenfalls gegebenen Grundes festhalten zu wollen, hat der Aufsichtsrat deutlich gemacht, dass der AG ein Verbleiben des Vorstandsmitglieds zumutbar ist.

249

7. Rechtsfolgen der einseitigen Suspendierung Rechtsfolge der einseitigen Suspendierung ist das formale Verbleiben im Amt bei Bestehen des Verbots, die Organrechte wahrzunehmen. 4 1 4 So darf das suspendierte Vorstandsmitglied weder die Geschäfte der AG führen noch die AG vertreten.

250

Da das Vorstandsmitglied die Geschäfte der Gesellschaft nicht mehr führen darf, erfolgen Akte der Gesamtgeschäftsführung und Einstimmigkeit voraussetzende Beschlüsse wirksam ohne seine Mitwirkung. 4 1 5

251

Die Gesellschaft muss sicherstellen, dass sie auch ohne das suspendierte Vorstandsmitglied ordnungsgemäß vertreten werden kann. Eine Suspendierung ist mithin nur möglich, wenn die gesetzliche Vertretung der Gesellschaft sichergestellt ist. Ggf muss die Vertretung der AG durch die Bestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds gewährleistet werden. 4 1 6

252

Da die Suspendierung lediglich interne Wirkung hat, ist sie nicht als Abberufung unter Widerrufsvorbehalt anzusehen. Zwar darf das suspendierte Vorstandsmitglied die AG vorläufig nicht mehr vertreten, im Außenverhältnis entfällt die Vertretungsmacht des suspendierten Vorstandsmitglieds aber nicht. Verstößt das suspendierte Vorstandsmit-

253

411 412 413 414

(73)

Insofern wie hier KK-Mertens 1 154. KK-Mertens 2 154. AA KK-Mertens 1 154. KG AG 1984, 24, 25; OLG München AG 1986, 234, 235.

415 416

KK-Mertens2 KK-Mertens1

Michael Kort

155. 157.

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

glied gegen das Verbot, die Gesellschaft zu vertreten, so ist sein Handeln dennoch der Gesellschaft zuzurechnen. 254

Die Vornahme einer Geschäftsführungs- oder Vertretungsmaßnahme trotz Suspendierung kann eine Schadensersatzpflicht des suspendierten Vorstandsmitglieds zur Folge haben.

255

Trotz des Wegfalls der Rechte des Vorstandsmitglieds kann dieses jedoch auch während der Suspendierungsphase gehalten bleiben, die dem Vorstand im öffentlichen Interesse auferlegten Pflichten zu erfüllen. 417 Wegen des formalen Verbleibens im Amt bleibt das suspendierte Vorstandsmitglied im Handelsregister eingetragen und ist gemäß § 80 Abs 1 Satz 1 auf den Geschäftsbriefen und gemäß § 285 Satz 1 Nr 10 HGB im Anhang des Jahresabschlusses zu nennen. 418

256

§ 84 Abs 3 Satz 4 ist auf die einseitige Suspendierung nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Das Recht zur einseitigen Suspendierung geht über § 84 Abs 3 hinaus, daher muss die AG das Risiko einer unberechtigten Suspendierung tragen. 419 Die Suspendierung ist also nicht bis zur Beendigung eines etwa über sie geführten Rechtsstreits als vorläufig wirksam anzusehen.

XI. Einvernehmliche Suspendierung 257

Neben dem einvernehmlichen Ausscheiden des Vorstandsmitglieds aus dem Amt (dazu oben Rdn 2 5 0 ff) ist als minus dazu auch eine einvernehmliche Suspendierung denkbar. 420 Hierzu ist aus denselben Gründen wie bei der einseitigen Suspendierung (dazu oben Rdn 230ff) ein Beschluss des Gesamt-Aufsichtsrats und außerdem bei mitbestimmten Gesellschaften die Einhaltung der Anforderungen von § 31 MitbestG erforderlich. 421

258

Die einvernehmliche Suspendierung unterliegt auch im Übrigen denselben Voraussetzungen wie die einseitige Suspendierung, sie ist also nur bei Vorliegen von Umständen zulässig, die sich nach näherer Prüfung als Abberufungsgrund herausstellen könnten. 4 2 2 Auch ist die einvernehmliche Suspendierung nur in demselben engen zeitlichen Rahmen möglich wie die einseitige Suspendierung (dazu oben 2 4 3 ff). Ist ein Vorstandsmitglied für längere Zeit, etwa wegen einer Erkrankung oder wegen eines Strafverfahrens, 423 an der Ausübung seines Amtes gehindert, kommt daher keine einvernehmliche Suspendierung, sondern nur eine einvernehmliche Dienstbefreiung in Betracht, die allerdings voraussetzt, dass das Vorstandsmitglied noch in der Lage ist, seinen Pflichten im Rahmen der Gesamtverantwortung des Vorstands nachzukommen. 424 Das ist bei länger andauernder Verhinderung des Vorstandsmitglieds, in gebotener Weise für die AG tätig zu sein, nur selten der Fall. Daher kommt eine solche Dienstbefreiung, die ebenfalls seitens des Aufsichtsrats eines Beschlusses des Gesamt-Plenums bedarf und überdies bei mitbestimmten Gesellschaften § 31 MitbestG unterliegt, nur ganz ausnahmsweise in Betracht. Hierfür ist eine Prognose zu stellen, ob die Verhinderung des Vorstandsmitglieds zwar langfristig ist, ihr Ende aber dennoch absehbar ist, und ein deutliches Interesse der AG an der Beibehaltung des Vorstandsmitglieds besteht. 425 417 418 419 420

421

KK-Mertens 2 155. MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 62. KK-Mertens 2 155. YX.-Mertens2 159; Hüffer7 35, 37; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 64. KK-Mertens2 159.

422

423 424 425

MänchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 159; Lutter/Krieger4 381. MünchKommhktG-Hefermehl/Spindler2 98. KK-Mertens2 160. KK-Mertens 2 160.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(74)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

ΧΠ. Weitere Fallgruppen der Beendigung oder Fortsetzung des Vorstandsamts 1. Amtszeitende Selbstverständlich endet das Vorstandsmitgliedsamt mit dem A b l a u f der vorgesehenen

259

Amtszeit sowie mit der vereinbarten Aufhebung der O r g a n s t e l l u n g . 4 2 6 2 . Tod oder Verlust der Geschäftsfähigkeit Die Bestellung endet außerdem im Fall des Todes des Vorstandsmitglieds sowie bei Verlust seiner unbeschränkten Geschäftsfähigkeit. 4 2 7

260

3 . Eintritt eines Ausschlussgrundes Auch der Eintritt eines Ausschlussgrundes für die Bestellung g e m ä ß § 7 6 Abs 3 Satz 2 bis 4 (dazu G r o ß k o m m A k t G / K o r i 4 § 7 6 R d n 2 2 1 ) beendet die Organstellung e x l e g e . 4 2 8

261

4 . Insolvenz Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A G (dazu auch o b e n R d n 2 9 ) oder über das Vermögen des Vorstandsmitglieds (dazu auch o b e n R d n 1 5 5 ) führt hingegen nicht zur Beendigung seines A m t s als V o r s t a n d s m i t g l i e d . 4 2 9

262

5. Abwicklung und Auflösung Die bloße Auflösung der A G führt nicht zur Beendigung der Organstellung der Vorstandsmitglieder. 4 3 0 Die Auflösung der A G ist auch nicht als wichtiger G r u n d für einen W i d e r r u f der Bestellung anzusehen. Befindet sich die A G in Liquidation, so werden die Vorstandsmitglieder nach § 2 6 5 Abs 1 vorbehaltlich von § 2 6 5 A b s 3 als Abwickler tätig. Werden andere Personen als Vorstandsmitglieder als Abwickler bestellt (§ 2 6 5 Abs 3), so müssen die Vorstandsmitglieder g e m ä ß § 2 6 6 Abs 1 kraft nachwirkender öffentlichrechtlicher Pflicht in vertretungsberechtigter Z a h l die Abwicklung zum H a n delsregister a n m e l d e n . 4 3 1

263

Hingegen endet das A m t als Vorstandsmitglied mit der Vollbeendigung der Gesellschaft, etwa durch Erlöschen nach ihrer Abwicklung (§ 2 7 3 A b s 1 Satz 2 ) . 4 3 2

264

6 . Umwandlungsrechtliche Vorgänge Das A m t als Vorstandsmitglied endet, falls die AG im Sinne des Umwandlungsgesetzes durch Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung oder Formwechsel als Rechtsträger e r l i s c h t . 4 3 3 D e r Anstellungsvertrag besteht hingegen auch im Fall der U m w a n d lung f o r t . 4 3 4 G g f ist das bisherige Vorstandsmitglied verpflichtet, für eine aus dem Umwandlungsvorgang hervorgegangene neue Gesellschaft tätig zu w e r d e n . 4 3 5 426

427

428

429

(75)

MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler1 167. OLG München J Z 1990, 1029; auch BGH DB 1981, 1823 (entsprechend für GmbH); MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 59. MüncbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 167, 19. BGH WM 1983, 120, 121; BayObLG AG 1988, 303; MünchKommAktG-He/'ermefc// Spindler2 168, 190: KK-Mertens 1 25; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 20, 60; Uhlenbruch BB 2003, 1185, 1187.

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 168. 4 3 1 KK-Mertens 1 25; Hüffer7 § 267, 3. 4 3 2 MünchHdbAG-W/esner 3 § 20, 59. 433 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 168. 4 3 4 Zu Beendigungsmöglichkeiten Buchneri Schlobacb GmbHR 2004, 1, 6 ff. 4 3 5 KK-Mertens 2 25. 430

Michael Kort

265

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

266

Bei einem Formwechsel der AG in einen Rechtsträger anderer Form findet die Organstellung als Vorstandsmitglied mit Wirksamwerden des Formwechsels ihr Ende. 4 3 6 Eine Kontinuität der Organstellung etwa in dem Sinne, dass die Vorstandsmitglieder nunmehr Geschäftsführer einer in eine GmbH umgewandelten AG würden, gibt es nicht, da eine solche Kontinuität zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen erheblichen Veränderung der Stellung der (bisherigen) Vorstandsmitglieder führen würde.

267

Bei einer Verschmelzung durch Neugründung (§§ 36ff UmwG) endet die Bestellung der Vorstandsmitglieder der beteiligten AG, bei einer Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 4 f f UmwG) wird hingegen nur die Bestellung der Vorstandsmitglieder der übertragenden AG, nicht aber auch diejenige der Vorstandsmitglieder der übernehmenden AG, beendet. 437 Die Aufspaltung einer AG führt zu deren Erlöschen und damit zu einer Beendigung der Organstellung ihrer Vorstandsmitglieder, die bloße Abspaltung sowie die Ausgliederung von Vermögensteilen führen hingegen nicht zur Beendigung der Organstellung bei der abspaltenden bzw bei der ausgliedernden AG. 7. Nichtigerklärung

268

Die Nichtigerklärung der AG auf eine Nichtigkeitsklage nach § 275 hin führt nicht zum Wegfall der Organstellung der Vorstandsmitglieder, da Rechtsfolge der Eintragung der Nichtigkeit gemäß § 277 lediglich die Abwicklung der AG ist (dazu oben Rdn 263), nicht aber ihr sofortiges Erlöschen. 8. Enteignung

269

Das Amt des Vorstandsmitglieds endet nicht bei gegen die AG gerichteten Enteignungsmaßnahmen fremden Rechts, falls diese vom deutschen Recht nicht anerkannt werden. Vielmehr verbleibt es dann bei der Bestellung des Vorstandsmitglieds, allerdings verlängert sich der Zeitraum seiner Bestellung auch nicht durch die enteignende Maßnahme. 4 3 8 9. Beendigung des Anstellungsvertrags

270

Die Beendigung des Anstellungsverhältnisses wegen des vertraglich vorgesehenen Ablaufs des Anstellungsverhältnisses oder wegen Kündigung des Anstellungsvertrags führt nicht zu einer Beendigung der Organstellung, 439 sondern kann allenfalls einen wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung bilden (dazu oben Rdn 127ff).

ΧΠΙ. Anstellungsverhältnis 1. Wesen des Anstellungsverhältnisses a) Schuldrechtliche Vertragsbeziehung 271

Wie sich bereits aus § 84 Abs 1 Satz 5 ergibt, ist das Anstellungsverhältnis des Vorstandsmitglieds der AG von seinem Amtsverhältnis zu trennen (Trennungstheorie, dazu schon oben Rdn 16 ff). Während das Amtsverhältnis ein korporationsrechtliches Verhält436

168.

437 438

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

MünchHdbAG- Wiesner3 § 20, 59. OLG Frankfurt W M 1967, 7 9 0 ; KG W M

439

1965, 908; OLG Celle W M 1964, 2 8 9 f; KK-Mertens 2 26; anders OLG Frankfurt NJW 1954, 6 4 4 f. MünchHdbAG- Wiesner3 § 2 0 , 60.

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

nis ist, das durch den Akt der Bestellung zustande kommt, handelt es sich beim Anstellungsverhältnis um ein schuldrechtliches Austauschverhältnis zwischen Vorstandsmitglied und AG, nämlich im Allgemeinen um eine durch die Besonderheiten des Vorstandsamts charakterisierte dienstvertragliche Beziehung. 440 Nach der Trennungstheorie (dazu bereits oben Rdn 16 ff) steht das Vorstandsmitglied einerseits in einem Organverhältnis zur Gesellschaft, andererseits aber auch in einem Dienstverhältnis zu ihr. b) Anstellungsvertrag als besonderer Dienstvertrag aa) Verhältnis bürgerlichrechtlicher und aktienrechtlicher Normen Dem Dienstverhältnis liegt der Anstellungsvertrag mit dem Vorstandsmitglied zugrunde. Dieser regelt die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorstandsmitglied und der AG. Hierbei handelt es sich im Allgemeinen um einen entgeltlichen Vertrag, in der Regel um einen Dienstvertrag. 441 Auf ihn finden in erster Linie die bürgerlichrechtlichen Normen der §§ 611 ff, 675 B G B Anwendung, da der Anstellungsvertrag als entgeltlicher Vertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, anzusehen ist. 4 4 2 Ist der Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds ausnahmsweise unentgeltlich, so unterliegt er den bürgerlichrechtlichen Normen über den (unentgeltlichen) Auftrag, also §§ 6 6 2 ff B G B . 4 4 3 Wegen der Vermutungsregel des § 612 Abs 1 BGB ist jedoch eine solche Unentgeltlichkeit nur dann anzunehmen, wenn der Anstellungsvertrag ausdrücklich eine Tätigkeit als Vorstandsmitglied ohne Vergütung vorsieht.

272

Als leges speciales gehen die aktienrechtlichen Normen über den Anstellungsvertrag, etwa §§ 8 4 Abs 1 Satz 5, Abs 3 Satz 5, 87, 88 und 89, den allgemeinen bürgerlichrechtlichen Normen über den Dienstvertrag vor. Der Anstellungsvertrag mit dem Vorstandsmitglied ist somit in der Regel ein besonders geregelter Dienstvertrag.

273

bb) Abgrenzung gegenüber dem Arbeitsvertrag Der Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds ist von dem Anstellungsvertrag eines Arbeitnehmers zu unterscheiden. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob und inwiefern die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des BGB und diejenigen arbeitsrechtlicher Spezialgesetze auf den Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds (analog) Anwendung finden können. 4 4 4 Das Vorstandsmitglied ist kein Arbeitnehmer der AG, 4 4 5 und zwar auch kein leitender Angestellter, wie sich etwa aus § 5 Abs 2 Nr 1 BetrVG in Verbindung mit § 78 Abs 1 ergibt.

274

Vielmehr bekleiden, arbeitsrechtlich gesehen, sowohl der Vorstand selbst als auch seine einzelnen Mitglieder Arbeitgeberfunktion. Zwar ist formal betrachtet die AG als solche Arbeitgeber; da sie aber als juristische Person nicht selbst, sondern nur durch ihre Organe handeln kann, wird ihre Rolle als Arbeitgeber vom Vorstand (und damit von dessen Mitgliedern) ausgeübt. Das Vorstandsmitglied wird arbeitsrechtlich nicht zugleich als Arbeitgeber und als Arbeitnehmer der AG angesehen, vielmehr ist es ausschließlich Arbeitgeber. Diese Arbeitgeberfunktion des Vorstandsmitglieds schließt seine anstellungsvertraglich bestehende Pflicht zur Leistung versprochener Dienste (§ 611 Abs 1 BGB)

275

440 441

442

(77)

Hü ff er7

11. MiinchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 4 2 ; Hüffer7 11. MiinchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 42; Hüffer7 11; M ü n c h H d b A G - W f e n e r 3 § 21, 1.

443

MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er2 4 2 ; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 1.

444

Dazu allg M ü n c h K o m m A k t G - H e / e r m e W / Spindler2 4 3 ff. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 43.

445

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

nicht aus. Aus dem rechtstatsächlichen Befund, dass GmbH-Geschäftsführer oft wie leitende Angestellte agieren oder umgekehrt leitende Angestellte oft de facto dieselbe oder eine ähnliche Stellung innehaben wie GmbH-Geschäftsführer, lässt sich schon im GmbH-Recht nicht der Schluss ziehen, dass GmbH-Geschäftsführer rechtlich als oder wie Arbeitnehmer zu behandeln wären. Erst recht geht es nicht an, eine solche Schlussfolgerung im Aktienrecht zu ziehen mit der Konsequenz, dass die Vorstandsmitglieder aller oder diejenigen bestimmter Aktiengesellschaften als Arbeitnehmer gelten könnten oder doch zumindest wie solche zu behandeln seien. Schon für das GmbH-Recht ist der Schluss von der de facto-Gleichstellung von GmbH-Geschäftsführern und leitenden Angestellten auf deren rechtliche Gleichstellung problematisch. Erst recht ist dieser Schluss im Aktienrecht, das dem Vorstandsmitglied eine weisungsunabhängige Position einräumt (§ 76 Abs 1) unzulässig. 446 276

Der Anstellungsvertrag mit dem Vorstandsmitglied ist vielmehr auf die Leistung unabhängiger Dienste gerichtet. Insofern steht er zwischen dem Arbeitsvertrag, von dem er sich durch die Unabhängigkeit der Diensterbringung unterscheidet, 447 und dem (Dienst-) Vertrag mit einem Selbständigen, von dem er sich dadurch unterscheidet, dass er ein Dauerschuldverhältnis begründet, das durch die spezifische Treuebindung 4 4 8 des Vorstandsmitglieds als Verwalter fremden Vermögens gekennzeichnet ist. cc) Keine Kaufmannseigenschaft des Vorstandsmitglieds

277

Vorstandsmitglieder als solche sind keine Kaufleute. Nicht sie selbst, sondern die AG, deren Organ „Vorstand" sie angehören, betreibt ein Handelsgewerbe (und ist schon angesichts § 3 Abs 1 (Form-)Kaufmann). § 1 Abs 1 H G B findet daher auf Vorstandsmitglieder keine Anwendung. Jedoch können die Vorstandsmitglieder nach § 109 Abs 1 Nr 3 GVG zu Handelsrichtern bestellt werden. Vorstandsmitglieder sind auch keine Handlungsgehilfen. §§ 59 ff HGB, insbesondere §§ 74 ff HGB, sind daher auf Vorstandsmitglieder nicht anwendbar (dazu näher GroßkommAktG/Kori 4 § 88 Rdn 1 2 3 ) . 4 4 9 dd) Abgrenzung gegenüber gewöhnlichen Dienstverhältnissen

278

Von einem gewöhnlichen Dienstverhältnis unterscheidet sich das Anstellungsverhältnis mit einem Vorstandsmitglied in einer Reihe von Punkten. So ist das gewöhnliche Dienstverhältnis nicht immer ein Dauerschuldverhältnis, sondern oft, wie zB beim einmaligen Arztbesuch, lediglich auf einen punktuellen Leistungsaustausch gerichtet. Aber selbst dann, wenn das gewöhnliche Dienstverhältnis, wie etwa bei der Mandatierung eines Rechtsanwalts, auf eine Leistungsbeziehung über einen längeren Zeitraum hin angelegt ist, unterscheidet es sich vom Anstellungsverhältnis mit dem Vorstandsmitglied dadurch, dass der Dienstleistungserbringer dem Dienstberechtigten regelmäßig nicht die volle Erbringung seiner ganzen Leistungskraft schuldet. 450 Das Vorstandsmitglied ist hingegen anstellungsvertraglich ähnlich wie ein Arbeitnehmer verpflichtet, dem Dienstnehmer seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. 451 Diesbezüglich ähnelt das Anstellungsverhältnis des Vorstandsmitglieds dem Arbeitsverhältnis. Das Entgelt dient dem Vorstandsmitglied - ähnlich wie dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt - als Lebensgrundlage. Das Vorstandsmitglied ist damit regelmäßig von der AG wirtschaftlich, 452 wenn auch nicht rechtlich, ähnlich abhängig wie ein Arbeitnehmer. 446 447 448 449

IE ebenso KK-Mertens 2 34. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 KK-Mertens2 38.

450

43. 46.

451 452

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

46. 46. 46.

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

ee) Besonderes Treue- und Fürsorgeverhältnis Ferner ist das Anstellungsverhältnis durch ein besonderes T r e u e - und Fürsorgeverhältnis gegenüber der A G geprägt. Dieses Treue- und Fürsorgeverhältnis ist nicht anstellungsvertraglich vermittelt, sondern ergibt sich korporationsrechtlich aus der Stellung des Vorstandsmitglieds als Mitglied eines O r g a n s der A G . J e d o c h w i r k t dieses k o r p o r a tionsrechtlich vermittelte Treue- und F ü r s o r g e v e r h ä l t n i s 4 5 3 auch anstellungsvertraglich, denn es ist bei der Auslegung des schuldrechtlichen Anstellungsvertrags nach § 2 4 2 B G B zu berücksichtigen. D e m g e m ä ß ist das Vorstandsmitglied Verwalter fremden Vermögens und damit eine Art T r e u h ä n d e r der A G (dazu bereits o b e n R d n 7 6 ) .

279

Umgekehrt besteht aufgrund der engen Bindung des Organmitglieds an die A G auch eine Treue- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied, die ebenfalls bei der Auslegung des Anstellungsvertrags zu berücksichtigen i s t . 4 5 4 Für die Auslegung ist dabei von Bedeutung, wie lange das Vorstandsmitglied schon als solches für die A G tätig i s t . 4 5 5 Bei langfristiger Tätigkeit für die A G kann es nahe liegen, dem Vorstandsmitglied in einzelnen Beziehungen einen dienstvertragsrechtlichen Schutz zu gewähren, der an den Schutz des Arbeitnehmers h e r a n r e i c h t . 4 5 6 D e n n o c h wird das Vorstandsmitglied auch bei langjähriger Tätigkeit für die A G nicht zum Arbeitnehmer oder in jeder Beziehung ähnlich schützenswert wie ein Arbeitnehmer. Vielmehr bleibt zu beachten, dass das Vorstandsmitglied viel stärker als ein Arbeitnehmer, auch stärker als ein leitender Angestellter, die einzelnen Rechte seines Anstellungsvertrags, insbesondere die ihm gewährte Gegenleistung, aushandeln kann. Daher ist es nicht geboten, Bestimmungen eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung oder eine für die Arbeitnehmer relevante M a ß n a h m e mit kollektivem Bezug (zB eine Gesamtzusage) qua arbeitsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz oder qua betrieblicher Übung auf Vorstandsmitglieder a n z u w e n d e n . 4 5 7 Besteht somit kein Z w a n g , qua arbeitsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz die Vorstandsmitglieder den Arbeitnehmern gleich zu stellen, so ist dennoch der (allgemeine) Gleichbehandlungsgrundsatz auf das Verhältnis der einzelnen Vorstandsmitglieder zueinander, also innerhalb der Gruppe der Vorstandsmitglieder, in ähnlicher Weise wie im Arbeitsrecht anzuwenden, etwa bei Ruhegeldzusagen (dazu unten R d n 3 4 3 f f ) . 4 5 8 Hingegen bestehen generelle Bedenken gegen eine Heranziehung des arbeitsrechtlich geprägten Instituts der betrieblichen Ü b u n g . 4 5 9

280

Sehr w o h l lässt sich aus der Treue- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied der Schluss ziehen, dass das Vorstandsmitglied ein Recht auf Gleichbehandlung mit den anderen Vorstandsmitgliedern hat. So k a n n ein Vorstandsmitglied zB auch dann, wenn ihm ein Ruhegehalt nicht zugesagt worden ist, eine Altersversorgung verlangen, wenn diese (ohne Zusage) allen anderen Vorstandsmitgliedern bisher gewährt worden ist (zur Altersversorgung der Vorstandsmitglieder s näher unten R d n 3 5 1 ff) 4 6 0

281

453

454 455

456

457 458

MünchKommAktG-Hefertnehl/Spitidler2 46; MünchHdbAG- Wiesner1 § 21, 12 f. Hüffer7 9; YX-Mertens1 37. BGHZ 16, 50; MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 46. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 46; KK-Mertens 2 77. KK-Mertens2 37. Dazu BGH AG 1995, 188 f; MünchKomm-

(79)

459

460

AktG-Hefermehl/Spindler 2 45; für den GmbH-Geschäftsführer auch Wank in FS Wiedemann 2002, S 587, 610 f; Boemke ZfA 1998, 209, 227. So aber BGH AG 1995, 188, 189; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 45. Insofern wie hier MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 45.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

2. Umfang und Grenzen der anstellungsvertraglichen Gestaltungsfreiheit 282

Der Inhalt des Anstellungsvertrags bestimmt sich in erster Linie nach den parteiautonom getroffenen Vereinbarungen. Jedoch müssen die zwingenden Bestimmungen des Aktiengesetzes und anderer Gesetze beachtet werden. 3. Verhältnis korporationsrechtlicher und anstellungsvertraglicher Bestimmungen a) Keine korporationsrechtlich wirkende Bindung im Anstellungsvertrag

283

Der Anstellungsvertrag darf die Freiheit der Gesellschaft und ihrer Organe zur autonomen Rechtsetzung nicht einengen.461 Dem gemäß kann sich die AG nicht im Anstellungsvertrag verpflichten, die Satzung oder die Geschäftsordnung des Vorstands in bestimmter Weise zu ändern. 462 Auch kann im Anstellungsvertrag keine Verpflichtung vorgesehen werden, den Vertragspartner zum Vorstandsmitglied zu bestellen oder dessen Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden vorzusehen. Autonome korporationsrechtliche Kompetenzen in Hinblick auf Personalentscheidungen, die qua Beschluss des jeweiligen Organs ausgeübt werden, lassen sich nicht in schuldrechtlicher Weise anstellungsvertraglich einengen. 463 Jedoch sind Anstellungsverträge in der Regel geltungserhaltend so auszulegen, dass eine schuldrechtliche Bindung korporationsrechtlicher Vorgänge nicht gewollt ist. 4 6 4 b) Einfluss korporationsrechtlicher Bestimmungen auf den Anstellungsvertrag

284

Umgekehrt müssen die zulässigerweise in der Satzung oder in der Geschäftsordnung geregelten Bestimmungen bei der inhaltlichen Gestaltung des Anstellungsvertrags beachtet werden. Die Geschäftsordnung für den Vorstand oder die Satzung können korporationsrechtliche Bestimmungen treffen, die auch anstellungsvertraglich relevant sind. 465 Das gilt vor allem für die Ressortverteilung und -Zuweisung (dazu bereits GroßkommAktG/ Kort4 § 77 Rdn 93). Sieht der Anstellungs vertrag die eindeutige Zuweisung eines bestimmten Ressorts in der Weise vor, dass das Vorstandsmitglied ausschließlich verpflichtet ist, dieses Ressort wahrzunehmen, so führt eine neue Ressortverteilung in der Geschäftsordnung für den Vorstand, die Art oder Umfang des anstellungsvertraglich vorgesehenen Ressorts ändert, zwar korporationsrechtlich zur Neuverteilung der Ressorts (dazu bereits GroßkommAktGAKort4 ξ 77 Rdn 93). Anstellungsvertraglich besteht jedoch dann ein Recht des Vorstandsmitglieds zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags (dazu unten Rdn 547 ff) und korporationsrechtlich ein Recht zur Amtsniederlegung aus wichtigem Grund (dazu oben Rdn 222 ff). 4 6 6

285

Der Aufsichtsrat, der für den Abschluss des Anstellungsvertrags zuständig ist (dazu unten Rdn 287), kann eine anstellungsvertragliche Ressortverteilung allerdings nur dann vornehmen, wenn er selbst eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlassen hat, also von seiner Geschäftsordnungskompetenz Gebrauch gemacht hat. Besteht hingegen eine Geschäftsordnung, die sich der Vorstand selbst gegeben hat, oder existiert überhaupt keine Geschäftsordnung, so wäre eine anstellungsvertragliche Ressortzuweisung als unzulässiger Eingriff in die Geschäftsordnungskompetenz des Vorstands zu werten, da der Aufsichtsrat ausdrücklich von seiner Kompetenz zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand Gebrauch machen muss und nicht etwa durch die Ressortzuweisung in

461 462 463

KK-Mertens2 42. KK-Mertens 2 41. KK-Mertens 2 42 .

464 465 466

KK-Mertens 2 46. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 53. KK-Mertens 2 43.

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

den Anstellungsverträgen der Vorstandsmitglieder quasi konkludent eine Geschäftsordnung erlassen k a n n . 4 6 7 Eine solche anstellungsvertragliche Zuweisung von Ressorts ohne die korporationsrechtliche Grundlage einer vom Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung für den Vorstand ist nur zulässig, wenn der Vorstand einstimmig zustimmt. 4 6 8 Diese Grundsätze gelten auch für die Bestimmung eines Vorstandssprechers, die ebenfalls dem Bereich der Geschäftsordnungskompetenzen zuzurechnen i s t . 4 6 9 Im Übrigen können aber weder die Satzung noch die Geschäftsordnung für den Vorstand das Ermessen des Aufsichtsrats bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Anstellungsvertragsbedingungen einengen. Das gilt sowohl für AG, die der Montan-Mitbestimmung oder der Mitbestimmung nach dem MitbestG unterliegen, als auch für nicht mitbestimmte AG. So sind in der Satzung enthaltene Regelungen, die die Art oder Höhe der Vergütung der Vorstandsmitglieder oder deren Angemessenheit nach § 87 betreffen, für den Aufsichtsrat nicht verbindlich. Auch in der Satzung oder in der Geschäftsordnung enthaltene Bestimmungen über Wettbewerbsverbote von Vorstandsmitgliedern im Sinne von § 88 binden den Aufsichtsrat bei der Gestaltung des Anstellungsvertrags nicht. Dasselbe gilt für Regelungen über die Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder nach § 89. Die Satzung oder die Geschäftsordnung können diesbezüglich nicht nur keine verbindlichen Vorgaben machen, sondern dürfen auch nicht der Hauptversammlung entsprechende Einwilligungs- oder Mitspracherechte einräumen. 4 7 0 Auch derartige Zustimmungsrechte gefährden nämlich die Entscheidungsautonomie des Aufsichtsrats.

286

4 . Zustandekommen des Anstellungsvertrags a) Abschluss des Anstellungsvertrags; Abschlusskompetenz aa) Zuständigkeit des Aufsichtsrats Nach § 84 Abs 1 Satz 5 Erster Halbsatz sind die für den korporationsrechtlichen Akt der Bestellung geltenden Bestimmungen von § 8 4 Abs 1 Satz 1 bis 4 sinngemäß auf den Anstellungsvertrag anzuwenden. Dem gemäß gilt nach § 8 4 Abs 1 Satz 5 in Verbindung mit Satz 1, dass der Aufsichtsrat für den Abschluss des Anstellungsvertrags zuständig ist. Der Aufsichtsrat wird dabei nach § 112 als Vertreter der Gesellschaft tätig, und zwar auch in der Insolvenz der A G . 4 7 1 Die Abschlusskompetenz des Aufsichtsrats ist ausschließlich. Die Satzung kann somit nicht der Hauptversammlung das Recht zum Abschluss des Anstellungsvertrags einräumen oder auch nur ein Recht zur Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des Anstellungsvertrags vorsehen. 4 7 2 Die ausschließliche Kompetenz des Aufsichtsrats in Hinblick auf den Anstellungsvertrag besteht nicht nur für den ursprünglichen Vertragsabschluss, sondern auch für jede Vertragsänderung. 4 7 3 Eine solche Änderung des Anstellungsvertrags kann auch in einer Änderung der Vergütungsbestimmungen bestehen, so zB bei Aktienoptionsplänen (dazu näher Großkomm AktG/Kort4 § 87 Rdn 1 4 6 f f ) . 4 7 4

467 468 469

470 471

(81)

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 9 f. KK-Mertens 2 44. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 83; KK-Mertens 2 45. KK-Mertens2 49. OLG Nürnberg AG 1991, 446, 447; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 48; Hüffer7 12; aA noch GroßkommAktG 1937-Meyer-Landrut § 75 Anm 3 (jedoch

472

473

474

soll das Fehlen der Zustimmung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags haben). BGHZ 41, 282, 285; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 47; KK-Mertens 2 49. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 48; Hüffer7 12. MünchKommAktG-He/ermeMApiW/er2 48; Hüffer7 12.

Michael Kort

287

§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

bb) Erforderlichkeit eines Beschlusses 288

Seitens des Aufsichtsrats ist für den Abschluss des Anstellungsvertrags ein Beschluss nach § 108 erforderlich. 475 Dieser Beschluss muss nicht zwingend vom Gesamt-Aufsichtsrat gefasst werden, denn § 107 Abs 3 Satz 2 nimmt zwar auf § 84 Abs 1 Satz 1 und Satz 3 Bezug, nicht aber auf § 84 Abs 1 Satz 5. cc) Einschaltung eines Aufsichtsratsausschusses

289

Aus diesem Fehlen einer Bezugnahme sowie aus dem Grundsatz, dass nur bestimmte wichtige korporationsrechtliche Maßnahmen dem Gesamt-Aufsichtsrat vorbehalten sind, folgt, dass der Aufsichtsrat sowohl die Vorbereitung des Anstellungsvertrags als auch die Entscheidung über dessen Abschluss einem Ausschuss überlassen kann. 4 7 6

290

Falls ein Aufsichtsratsausschuss über den Abschluss oder die Änderung des Anstellungsvertrags entscheidet, muss dieser mindestens drei Mitglieder haben. 4 7 7 Beschließende Ausschüsse erfordern ein Quorum von mindestens drei Mitgliedern, da andernfalls § 108 Abs 2 Satz 3 umgangen werden könnte. 4 7 8 Ein lediglich aus zwei Personen bestehender Ausschuss oder ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied können den Anstellungsvertrag also bloß vorbereiten, 479 haben aber keine Abschlusskompetenz. 480

291

Der Aufsichtsratsausschuss kann im Anstellungsvertrag keine Ressortzuweisung vornehmen, da die Ressortzuweisung Teil der Geschäftsordnungskompetenz ist, die nach § 107 Abs 3 Satz 2 dem Gesamt-Aufsichtsrat bzw dem Vorstand zusteht. 481 Die Geschäftsordnungskompetenz betrifft nicht nur die abstrakte Einteilung der Ressorts und die Zuweisung bestimmter Aufgaben zu den einzelnen Ressorts, sondern auch die konkrete Bestimmung, welche Person welches Ressort bekleiden soll. 4 8 2

292

Ein Aufsichtsratsausschuss hat lediglich in den oben (Rdn 289 ff) beschriebenen Grenzen die Befugnis zum Abschluss des Anstellungsvertrags, darf aber nicht in die ausschließlich dem Gesamt-Aufsichtsrat zustehende Bestellungskompetenz (dazu oben Rdn 27 ff, 54) eingreifen, und zwar auch nicht indirekt. Deshalb darf ein Aufsichtsratsausschuss den Anstellungsvertrag nicht ohne weiteres bereits vor der Bestellung abschließen, da er mit einem solchen Vorgreifen die freie Entscheidung des Gesamt-Aufsichtsrats über die Bestellung de facto beeinflussen könnte. 4 8 3 Allerdings steht dem Aufsichtsratsausschuss die Möglichkeit offen, bereits vor der Bestellung einen Beschluss über den Anstellungsvertrag zu fassen und ihn unter der aufschiebenden Bedingung der nachfolgenden Bestellung abzuschließen. 484

475 476

477

478

Hüffer7 12. BGHZ 41, 2 8 2 , 285; 65, 190, 192 f; BGH ZIP 1991, 869; MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 4 9 ; Hüffer7 12; Fleck W M 1994, 1957; Rellermeyer Aufsichtsratsausschüsse 1986, S 88 ff; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 80 ff; Lehmann in FS Barz 1974, S 189; GroßkommAktG-Hopt/Roth 4 § 107, 325 ff, 381 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 49; Hüffer7 13. BGHZ 65, 190, 192 f; BGH NJW 1989, 1928, 1929; BGH AG 1991, 398, 399; Großkomm AktG-Hopi/Roifc 4 § 107, 271; Hüffer7 13; aA Schäfer DB 1966, 229, 232.

479 480

481

482 483

484

UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 51. MänchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 4 9 f; KK-Mertens 2 54. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 49; KK-Mertens2 47; Hüffer7 12. KK-Mertens2 47; Hüffer7 12. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 49; Hüffer7 12. UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 49; KK-Mertens 2 53; Baums Geschäftsleitervertrag 1987 S 79; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtrats 1981, S 170; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 17; GroßkommAktG-Hopt/Roth4 § 107, 382.

Stand: 1. 10. 2006

(82)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84

Oft beschäftigt sich der Aufsichtsratsausschuss (meist als Personalausschuss bezeichnet) erst nach dem Bestellungsbeschluss des Gesamt-Aufsichtsrats mit den Einzelheiten des Anstellungsvertrags. Dann tritt zwischen der Bestellung und dem Abschluss des Anstellungsvertrags ein vertragsloser Zustand ein, der eine Ungewissheit für das Vorstandsmitglied mit sich bringt. Zur Vermeidung oder zumindest zur Abmilderung dieser Unwägbarkeiten werden häufig seitens des Ausschusses, des Aufsichtsratspräsidiums oder des Aufsichtsratsvorsitzenden Vorgespräche mit dem künftigen Vorstandsmitglied geführt, in denen über die wichtigsten Fragen des Anstellungsvertrags (Grundgehalt, Tantiemen, Ruhegehaltsansprüche, Aktienoptionen) bereits Einigkeit erzielt wird. Regelmäßig erhält das Vorstandsmitglied sogar schon einen Vertragsentwurf. Solche Vorgespräche und Vorabklärungen geben dem Vorstandsmitglied zwar häufig kein Recht auf Abschluss des Anstellungsvertrags zu den dort vorgesehenen Bedingungen. Ein späteres Abweichen der AG von den ursprünglich ins Auge gefassten Eckdaten kann aber einen Schadensersatzanspruch des Vorstandsmitglieds zur Folge haben.

293

dd) Einschaltung einzelner Aufsichtsratsmitglieder Es ist nicht möglich, einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied die Kompetenz zur EntScheidung über den Abschluss des Anstellungsvertrags oder zu dessen inhaltlicher Gestaltung, Änderung oder Ergänzung zu übertragen. 4 8 5 Jedoch kann ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied, insbesondere der Vorsitzende des Aufsichtsrats, bevollmächtigt werden, den Anstellungsvertrag zu unterzeichnen. 4 8 6 Das einzelne Aufsichtsratsmitglied hat zwar kein Recht, ergänzende Vertragsabreden mit dem Vorstandsmitglied zu treffen, wohl aber hat der Aufsichtsratsvorsitzende das Recht, den in allen entscheidenden Punkten ausgehandelten Vertrag in der Endfassung zu fixieren. 4 8 7

294

b) Zugang der Willenserklärungen Der Anstellungsvertrag als besonderer Dienstvertrag kommt nach allgemeinen Regeln zustande. Es ist also der Zugang des Angebots auf Abschluss eines Dienstvertrags erforderlich (§ 130 Abs 1 Satz 1 BGB), ebenso dessen Annahme, die ebenfalls zugangsbedürftig (§ 130 Abs 1 Satz 1 BGB) ist. 4 8 8 Mit dem Zugang der Annahmeerklärung kommt der Anstellungsvertrag zustande, wenn die Parteien keine aufschiebende Bedingung (dazu Rdn 3 3 2 ) vereinbart h a b e n . 4 8 9

295

c) Fonnfreiheit Weder § 84 noch sonstige Normen schreiben eine bestimmte Form für den Anstellungsvertrag vor. Der Anstellungsvertrag bedarf keiner F o r m . 4 9 0 Schon aus Gründen der Rechtssicherheit ist jedoch ein schriftlicher Anstellungsvertrag ratsam. Wegen der Bedeutung des Anstellungsvertrags für das Vorstandsmitglied ist ein Recht des Vorstandsmitglieds auf schriftliche Fixierung des wesentlichen Inhalts des Anstellungsvertrags anzunehmen, ähnlich wie der Arbeitnehmer aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit aufgrund des Nachweisgesetzes eine schriftliche Fixierung der wichtigsten Arbeitsbestimmungen verlangen kann.

485

486 487

(83)

MünAKommAktG-Hefermehl/Spmdler1 49; KK-Mertens 2 48; Hüffer7 13; GroßkommAktC-Hopt/Roth4 § 112, 92. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 50. Baums Geschäftsleitervertrag 1987, S 79 f;

Fleck WM 1981 Sonderbeilage 3 S 3 f; MünchHdbAG-W«'es«er 3 § 21, 18.

488 489 490

MünchKommAktG-Hefermehl/Sptndler2 Hüffer7 11. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

Michael Kort

42. 52.

296

§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

297

Wenn ein schriftlicher Anstellungsvertrag ganz ausnahmsweise nicht geschlossen wird und auch keine explizite mündliche Abrede besteht, kann mit der Aufnahme der Tätigkeit ein konkludenter Anstellungsvertrag zustande kommen. 491

298

Wegen der Bedeutung, die die Parteien dem Abschluss des Anstellungsvertrags in aller Regel beimessen, ist bei der Annahme eines (allerdings durchaus möglichen) konkludenten Anstellungsvertragsabschlusses Zurückhaltung geboten. Solange die Parteien die Vertragsbedingungen noch nicht schriftlich fixiert haben, ist daher im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass sie sich über alle Vertragspunkte geeinigt haben und dementsprechend schon ein Vertrag zustande gekommen ist. 4 9 2

299

Kommt ein Anstellungsvertrag nicht wirksam zustande, weil es entweder an zwei sich deckenden Willenserklärungen fehlt oder Nichtigkeitsgründe oder eine erfolgreiche Anfechtung vorliegen, so beurteilt sich die dennoch erfolgte Tätigkeit für die Gesellschaft als Vorstandsmitglied nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Anstellung (dazu im Einzelnen unten Rdn 3 0 0 ff). 5. Fehlerhafter Anstellungsvertrag a) Keine durchgängige Fehler- oder Fehlerfolgenidentität

300

Der Anstellungsvertrag kann mit verschiedenen Arten von Mängeln behaftet sein. 4 9 3 Wegen der grundsätzlich gebotenen Trennung zwischen dem korporationsrechtlichen Bestellungsverhältnis und dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis ist bei Bestellung und Anstellung zwar häufig, aber nicht durchgängig von einer Fehler- oder Fehlerfolgenidentität auszugehen. Eine rechtlich fehlerfreie Bestellung kann manchmal mit einem mangelbehafteten Anstellungsvertrag einhergehen, umgekehrt kann der Anstellungsvertrag in manchen Fällen fehlerfrei sein, die Bestellung hingegen mangelbehaftet. Wie oben (Rdn 82 ff) dargelegt, beurteilt sich die Behandlung der fehlerhaften Bestellung nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Organisationsakt. Das fehlerhafte Organverhältnis wird im Allgemeinen so behandelt, dass eine Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit nicht ex tunc, sondern lediglich ex nunc wirkt (dazu im Einzelnen oben Rdn 96). Ähnliche Überlegungen gelten auch für die Behandlung des fehlerhaften Anstellungsvertrags (dazu im Einzelnen unten Rdn 309). b) Fallgruppen der Fehlerhaftigkeit aa) Beschlussmängel

301

Der Anstellungsvertrag kann zB fehlerhaft sein, weil ein wirksamer Beschluss des Aufsichtsrats oder eines Aufsichtsratsausschusses fehlt. So machen etwa die ungenügende Besetzung des Aufsichtsratsausschusses 494 oder ein sonstiger Beschlussmangel den Anstellungsvertrag fehlerhaft. 495 Schließt der Aufsichtsratsvorsitzende ohne einen ausdrücklichen Aufsichtsrats- bzw Aufsichtsratsausschussbeschluss einen Anstellungsvertrag ab oder verlängert er einen Anstellungsvertrag ohne Aufsichtsrats- bzw Aufsichtsratsausschussbeschluss, so ist der Anstellungsvertrag fehlerhaft. 496

491

492

OLG Stuttgart AG 2 0 0 3 , 211, 213; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 52. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 19; aA OLG Stuttgart AG 2 0 0 3 , 211, 213; MünchKomraMaG-Hefermehl/Spindler2 52.

493 494 495 496

Hüffer7 19. Hüffer7 19. Hüffer7 19, 12 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 204.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(84)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

bb) Inhaltliche Mängel Ferner sind inhaltliche Mängel des Anstellungsvertrags wie ein Gesetzesverstoß, ein Sittenverstoß, Anfechtungsgründe aller Art sowie Dissens denkbar.

302

c) Teilweise fehlerhafter Anstellungsvertrag Handelt es sich bei den Fehlern des Anstellungsvertrags bloß um einzelne nichtige oder anfechtbare Vertragsbestimmungen, so bleiben übrigen Vertragsbedingungen (dauerhaft) wirksam, die nichtigen oder angefochtenen Teile werden mittels ergänzender Vertragsauslegung ersetzt. § 139 B G B ist nicht anwendbar. 4 9 7 Eine auf isolierte Teile des Anstellungsvertrags begrenzte Fehlerhaftigkeit führt, soweit nicht die essentialia negotii betroffen sind, unter keinem Gesichtspunkt zu einer vorzeitigen Beendigung oder gar zu einer ex-tunc-Nichtigkeit des Anstellungsvertrags. Vielmehr ist der Vertrag für die vorgesehene Vertragsdauer wirksam. 4 9 8 Außerdem kann der Aufsichtsrat auf der Basis des bestehenden, wenn auch teilweise fehlerhaften Anstellungsvertrags verpflichtet sein, angemessene Vertragsbedingungen anstelle der fehlerhaften Bedingungen anzubieten. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann er sich nicht nur schadensersatzpflichtig machen, sondern es kann auch ein Recht des Vorstandsmitglieds bestehen, sein Amt niederzulegen. 4 9 9

303

d) Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsvertrag? Liegen hingegen inhaltliche Vertragsfehler vor, die nicht im Wege ergänzender Auslegung beseitigt werden können, oder bestehen Abschlussfehler, etwa Vertretungsmängel, so fragt sich, wie ein solchermaßen fehlerhafter Anstellungsvertrag zu behandeln ist. Einigkeit besteht, dass ein derartiger Vertrag nicht in jeder Hinsicht wie ein normales mangelbehaftetes bürgerlichrechtliches Rechtsgeschäft behandelt werden kann, sondern ein gewisser Bestandsschutz zu gewähren ist. Im Allgemeinen werden hierfür die Grundsätze über das fehlerhafte Arbeitsverhältnis herangezogen. Diese besagen, dass ein zwar fehlerhaftes, aber in wesentlichen Vertragspunkten vom Willen der Parteien getragenes Arbeitsverhältnis nach tatsächlicher Aufnahme der Tätigkeit (In-Vollzug-Setzen) bei Berufung auf den Fehler abweichend von den allgemeinen Fehlerfolgenregeln nicht als von Anfang an nichtig angesehen werden k a n n . 5 0 0 Vielmehr muss dem Umstand, dass gearbeitet worden ist, vorbehaltlich des Schutzes bestimmter Einzelner und der Allgemeinheit, durch eine Anerkennung des Arbeitsverhältnisses als vorläufig wirksam und nur ex nunc vernichtbar Rechnung getragen werden.

304

e) Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ Verhältnis Fraglich ist allerdings, ob es sinnvoll ist, diese stark vom Arbeitnehmerschutz geprägte Lehre auf den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds anzuwenden, 5 0 1 oder nicht vielmehr die Behandlung des fehlerhaften Anstellungsvertrags auf eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis (dazu oben Rdn 8 2 ff) gestützt werden kann. Wie oben dargelegt, können grundlegende gesellschaftsrechtliche Organisationsakte wie die Bestellung eines Organmitglieds nicht nachträglich ex tunc als null und nichtig

497

498 499

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BAG ZIP 1987, 595; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 27. Hüffer7 19. KK-Mertens 2 53.

500 501

KK-Mertens 2 52; Hüffer7 19. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 204.

Michael Kort

305

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

betrachtet werden, wenn ihnen ein (wenn auch fehlerhafter) Willensentschluss zugrunde liegt und sie bereits in Vollzug gesetzt worden sind. Zwar liegt dem Anstellungsverhältnis lediglich ein schuldrechtlicher Vertrag (Anstellungsvertrag) zugrunde, der von dem korporationsrechtlichen Geschäft der Bestellung zu trennen ist (dazu oben Rdn 16ff). Dennoch ist trotz seines bloß schuldrechtlichen Charakters auch das Anstellungsverhältnis angesichts des zwar nicht durchgängig, dennoch aber im Allgemeinen bestehenden Gleichlaufs von Bestellung und Anstellung nach den Grundsätzen über den fehlerhaften gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt und damit nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Organmitgliedschaft zu behandeln. 5 0 2 306

Hinsichtlich der Rechtsfolgen gleichen sich die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsvertrag und die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt auf den Anstellungsvertrag, nur scheint es angesichts der engen Verbindung von Bestellung und Anstellung näher liegend, gesellschaftsrechtliche Bestandsschutzüberlegungen auch für den fehlerhaften Anstellungsvertrag fruchtbar zu machen, als auf ihn arbeitsrechtliche Grundsätze anzuwenden. f) Voraussetzungen der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt

307

Voraussetzung für eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt ist zunächst, dass der Anstellungsvertrag vom Willen der Parteien getragen ist. Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe allein schließen das nicht aus. Wichtig ist nur, dass die Anstellung des Vorstandsmitglieds mit Wissen und Wollen beider Parteien erfolgt.

308

Außerdem ist ein In-Vollzug-Setzen erforderlich, also eine tatsächliche Aufnahme der Arbeit als Vorstandsmitglied. Vor einem solchen In-Vollzug-Setzen ist eine ex tunc wirkende Anfechtung oder Berufung auf die Nichtigkeit des Anstellungsvertrags möglich. Der Schutz Geschäftsunfähiger und Minderjähriger schließt eine Anwendung der Grundsätze über den fehlerhaften Organisationsakt zu deren Lasten aus. Zu ihren Gunsten kann aber eine Wertung des fehlerhaften Anstellungsvertrags als vorläufig wirksam in Frage kommen. Auch der Schutz der Allgemeinheit kann - insbesondere bei strafrechtlich relevanten Vertragsmängeln - die Anerkennung des Anstellungsverhältnisses als vorläufig wirksam ausschließen, so in dem eher theoretischen Fall, dass die Betätigung des Vorstandsmitglieds auf illegale Aktivitäten ausgerichtet sein soll. Hingegen schließt die Verletzung zwingender aktienrechtlicher Vorschriften die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt nicht aus. 5 0 3 g) Rechtsfolgen der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt

309

Wenn keiner der genannten Ausschlussgründe (dazu entsprechend für die fehlerhafte Bestellung oben Rdn 87 ff) vorliegt, kann die Fehlerhaftigkeit des Anstellungsvertrags nach dessen Invollzugsetzung nicht mehr rückwirkend geltend gemacht werden. Eine Berufung auf die Nichtigkeit führt somit zur zwar sofort wirkenden, aber nicht rückwirkenden Lösung vom Vertrag. Auch eine echte Anfechtung wirkt bloß ex nunc.

310

Eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags ist nicht erforderlich, aber unter Berufung auf den Vertragsfehler möglich. Das Vorstandsmitglied kann jedoch auch ohne Kündigung jederzeit (vorbehaltlich einer Verwirkung der Beru-

502

Ähnlich MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 2 0 4 .

503

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 204.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(86)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

fung auf den Mangel) unter Berufung auf die Fehlerhaftigkeit des AnstellungsVertrags aus seiner Stellung entfernt werden. 5 0 4 Die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Organstellung hat zur Folge, dass das Vorstandsmitglied bis zum Zeitpunkt der Berufung auf den Anstellungsvertragsfehler als Vorstandsmitglied mit allen Rechten und Pflichten, wie sie im (fehlerhaften) Anstellungsvertrag vorgesehen sind, zu betrachten ist. 5 0 5 Dem gemäß obliegen ihm die gesetzlich und anstellungsvertraglich vorgesehenen Pflichten eines Vorstandsmitglieds. Das fehlerhaft angestellte Vorstandsmitglied muss seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters erfüllen (§ 93 Abs 1 Satz 1). Es unterliegt den Sorgfalts-, Schweige- und Treuepflichten wie ein fehlerfrei angestelltes Mitglied des Vorstands. 5 0 6 Auch kann das Vorstandsmitglied etwa einem Wettbewerbsverbot (§ 88) unterliegen. Verletzt das Vorstandsmitglied seine Pflichten, macht es sich in derselben Weise schadensersatzpflichtig wie ein Vorstandsmitglied mit fehlerfreiem Anstellungsvertrag.

311

Umgekehrt hat das Vorstandsmitglied bis zur Geltendmachung des Fehlers alle ihm gesetzlich und anstellungsvertraglich zustehenden Rechte, insbesondere das Recht auf Vergütung seiner Tätigkeit. Die Vergütung bemisst sich nach den parteiautonom festgesetzten Regeln, im Zweifelsfall nach § 612 Abs 1 BGB, nicht aber nach Kondiktionsrecht (§§ 812ff BGB), da ein vorläufig wirksames Anstellungsverhältnis trotz Fehlerhaftigkeit besteht. 507

312

Solange das Vorstandsmitglied für die AG tätig ist, muss sich die Gesellschaft sein Verhalten Dritten gegenüber zurechnen lassen. Das fehlerhaft angestellte Vorstandsmitglied hat somit in jeder Hinsicht (vorläufig) dieselbe Rechtsstellung wie ein fehlerfrei angestelltes Vorstandsmitglied.

313

h) Fehlerhafte Vertretung der AG bei Vertragsabschluss War die Gesellschaft bei Abschluss des Anstellungsvertrags nicht ordnungsgemäß vertreten, so unterliegt der Anstellungsvertrag den oben (Rdn 300ff) beschriebenen Regeln, ist also dennoch vorläufig wirksam. Der Aufsichtsrat kann dem fehlerhaften Anstellungsvertrag in einem solchen Fall jedoch endgültig Wirksamkeit durch nachträgliche Genehmigung verschaffen. Eine solche Genehmigung bedarf eines ausdrücklichen Beschlusses des Aufsichtsrats bzw Aufsichtsratsausschusses, 5 0 8 kann also nicht ihrerseits als konkludent erfolgt aus dem In-Vollzug-Setzen des Anstellungsverhältnisses geschlossen werden. Sowohl bei der Annahme, es läge ein konkludenter Abschluss eines Anstellungsvertrags vor, als auch bei der Annahme, es läge eine konkludente Berichtigung oder konkludente Genehmigung eines Anstellungsvertrags vor, ist entgegen Mertens509 Vorsicht geboten. Der Vertragsabschluss und die Vertragsänderung, damit aber auch die Berichtigung und die Genehmigung, erfordern grundsätzlich einen ausdrücklichen Beschluss.

314

Liegt ein Vertretungsfehler oder ein sonstiger Mangel vor, der aus der Sphäre der Gesellschaft stammt, ist die AG gegenüber dem Vorstandsmitglied verpflichtet, den Mangel nachträglich möglichst zu beseitigen, um dem Anstellungsvertrag endgültige (und nicht bloß vorläufige) Wirkung zu verschaffen.

315

504

MüncYiKommAktG-Hefermebl/Spmdler2

507

205. 505

506

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

508

204. MünchHdbAG-W/es«er 3 § 21, 27.

204.

509

KK-Mertens2 54.

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 204.

(87)

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

i) Vertretung der AG gegenüber dem Vorstandsmitglied 316

Während der Dauer der fehlerhaften Anstellung wird die Gesellschaft gegenüber dem fehlerhaft angestellten Vorstandsmitglied nur vom Aufsichtsrat vertreten (§ 112), da das fehlerhaft angestellte Vorstandsmitglied während seiner Anstellung in jeder Hinsicht dieselbe Rechtsposition innehat wie ein fehlerfrei angestelltes Organmitglied. 510 Geht es um die endgültige Abwicklung der Tätigkeit als Vorstandsmitglied, so ist gegenüber dem aus seinem Amt bereits entfernten Vorstandsmitglied ebenfalls nur der Aufsichtsrat, entgegen der Rechtsprechung des BGH 5 1 1 nicht aber auch der Vorstand, zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. 512 j) Beendigung des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses

317

Die jederzeit mögliche Beendigung des fehlerhaften Anstellungsvertrags erfordert eine entsprechende Beendigungserklärung entweder seitens des Vorstandsmitglieds oder seitens des Aufsichtsrats bzw des Aufsichtsratsausschusses.513 k) Fortwirkung des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses

318

Teilweise wirkt der fehlerhafte Anstellungsvertrag sogar noch über den Zeitpunkt seiner Beendigung durch Berufung auf den Fehler hinaus. So bestehen Ruhegeldansprüche über diesen Beendigungszeitpunkt hinaus fort, wenn die Fehlerhaftigkeit des Anstellungsvertrags erst zu einem Zeitpunkt geltend gemacht wird, zu dem bereits eine gesetzliche oder vertragliche Unverfallbarkeit entsprechender Anwartschaften (dazu im Einzelnen unten Rdn 364) eingetreten ist. 514 Ferner sind Ruhegeldzahlungen weiterhin zu leisten, wenn die Fehlerhaftigkeit des Anstellungsvertrags erst im Zeitpunkt des Ruhestands des Vorstandsmitglieds aufgedeckt wird. Hinter diesen Erwägungen steht der Gedanke, dass sich das Vorstandsmitglied die Ruhegeldanwartschaft bzw -Zahlung trotz Fehlerhaftigkeit des Anstellungsvertrags erdient hat (zu Ruhegeldfragen näher unten Rdn 351 ff). 515 6. Drittanstellung, insbesondere im Konzern a) Unterschiede zum GmbH-Recht

319

Anders als im Recht der GmbH, bei der ein Anstellungsverhältnis zwischen dem GmbH-Geschäftsführer und einem Dritten, insbesondere einem konzernverbundenen Unternehmen oder der KG im Falle der GmbH & Co KG, rechtlich zulässig 516 und in der Praxis nicht selten anzutreffen ist, ist es im Aktienrecht höchst zweifelhaft, ob die Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds rechtmäßig ist. 517 Eine ähnlich detaillierte Rege510

511 512

513 514 515

516

MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler1 2 0 6 ; KK-Mertens 1 31 f. BGHZ 47, 341, 344. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 2 0 6 ; KK-Mertens 1 52; aA Behr/Kindl DStR 1999, 119 ff unter Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 112. KK-Mertens2 52. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 27. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 2 0 5 ; KK-Mertens1 52; Hüffer7 19. BGHZ 75, 209, 210 = NJW 1980, 595; BGH W M 1964, 1320; BAG NJW 1998, 2 6 0 , 261; BAG BB 1973, 91; BAG ZIP 2003,

1010, 1014; MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 54; Fleck Z H R 145 (1985), 387, 388 f; Hachenburg/Sie!« GmbHG 8 § 35 Rdn 174; Baumbach/Hueck/Zö/Mer GmbHG 1 8 § 35 Rdn 93. Bejahend MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 2 ff; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981 S 186 f; Lutter/Krieger4 411; Martens in FS Hilger/Stumpf 1983, S 437, 4 4 2 ; aA KK-Mertens 1 51; Baums Der Geschäftsleitervertrag 1987, S 73 f; Theobald FS Raiser 2 0 0 5 , S 421, 4 3 5 ff; HdbVorstandsR-T^Kiwig § 4 Rdn 68 f.

Stand: 1. 10. 2006

(88)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

lung der Bestellung, aber auch der Anstellung (qua Verweis), wie sie § 8 4 enthält, k e n n t das G m b H - R e c h t nicht. Auch gilt im G m b H - R e c h t anders als im Aktienrecht nicht der Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 2 3 A b s 5 ) . D a m i t stellt das G m b H - R e c h t für die Bestellung und Anstellung von G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r n wesentlich flexiblere Instrumente zur Verfügung als das Aktienrecht. D a s Auseinanderfallen von Bestellungs- und Anstellungspartner ist im G m b H - R e c h t somit zulässig, im Aktienrecht hingegen erheblichen Bedenken ausgesetzt. 5 1 8 Z u m einen zeigen bereits die Verweise in § 8 4 A b s 1 Satz 5 und A b s 3 Satz 5 auf die Bestellungsund Widerrufsregeln die sehr enge Verknüpfung der Kompetenz- und Verfahrensregelungen für die Bestellung einerseits und die Anstellung andererseits. Es ist nahe liegend, daraus zu schließen, dass auch die Anstellung zwingend in die Zuständigkeit des Bestellungsorgans, also des Aufsichtsrats der A G , f ä l l t . 5 1 9 Auch lässt sich aus der o b e n (Rdn 2 9 0 ) angestellten Überlegung zur Umgehung von Kompetenzen des Aufsichtsrats bei der Tätigkeit eines Ausschusses, der weniger als drei Mitglieder hat, folgern, dass erst recht eine Umgehung zwingender Aufsichtsratskompetenzen vorliegt, wenn der Aufsichtsrat überhaupt nicht a m Abschluss des Anstellungsvertrags beteiligt wird, sondern der Vertragsschluss durch einen außenstehenden Dritten erfolgt.

320

b) A u t o n o m e Leitungsbefugnis des Vorstands Auch sprechen weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit eines Anstellungsvertrags mit einem Dritten: D a s in einem solchen Vertrag möglicherweise enthaltene R e c h t , dem Vorstandsmitglied Anweisungen zu erteilen, k a n n die nach § 7 6 dem Vorstand eingeräumte Befugnis zur autonomen Leitung der Gesellschaft gefährden. 5 2 0 Aktienrechtlich sind als Instrumente der Einschränkung der Weisungsunabhängigkeit des Vorstands lediglich korporationsrechtlich wirkende Instrumente, nämlich der Beherrschungsvertrag (§ 3 0 8 ) und die Eingliederung (§ 3 2 3 ) , vorgesehen. Die unternehmensvertragliche Beherrschung und die Eingliederung unterliegen aktienrechtlich einem weitgehend zwingend geregelten R e g i m e von Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Ein Drittanstellungsvertrag kann aber nicht - b l o ß schuldrechtlich wirkend - dieselben Rechtsfolgen (Einschränkung des R e c h t s des Vorstands zur a u t o n o m e n Leitung der Gesellschaft) haben wie das ausgewogene System zwingender aktienkonzernrechtlicher Regelungen organisationsrechtlich wirkender Instrumente wie der unternehmensvertraglichen Beherrschung oder wie der Eingliederung. 5 2 1 Dieses Bedenken ist dann besonders evident, wenn es sich bei dem Drittanstellungsvertrag - wie etwa im Konzern - um einen Arbeitsvertrag handelt und dem Dritten mithin ein arbeitsrechtliches Weisungsrecht zusteht. D a n n ist die G e f a h r besonders g r o ß , dass der G e b r a u c h arbeitsrechtlicher Instrumente (Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Dritten; keine Gehaltserhöhung etc) die Personalkompetenz des Aufsichtsrats der A G in unzulässiger Weise b e e i n t r ä c h t i g t . 5 2 2

321

c) Mitbestimmte AG V o r allem bei mitbestimmten Aktiengesellschaften ist - ebenso wie bei mitbestimmten G m b H - § 31 M i t b e s t G zu b e d e n k e n . 5 2 3 D e m Telos dieser N o r m entsprechend ist ein 518

519 520

521

Wie hier MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 54. KK-Mertens 1 51. MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er 2 54; KK-Mertens2 51. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 3.

(89)

522

523

KK-Mertens2 51; Baums Geschäftsleitervertrag 1987 S 62; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 3. KK-Mertens2 51; aA insofern MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 3.

Michael Kort

322

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Auseinanderreißen von Bestellungs- und Anstellungskompetenzen bei AG, die der quasiparitätischen Mitbestimmung im Aufsichtsrat nach dem MitbestG unterliegen, noch fragwürdigerer als bei nicht dem MitbestG unterliegenden AG. Drittanstellungsverträge unterliegen bei AG, die dem MitbestG unterfallen, somit noch größeren Bedenken als entsprechende Verträge bei nicht § 31 MitbestG unterfallenden AG. d) Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats 323

Eine Anstellungskompetenz Dritter ist selbst dann fraglich, wenn die Satzung der AG vorsieht, dass der Aufsichtsrat ein Recht auf Zustimmung zu dem mit einem Dritten abgeschlossenen Anstellungsvertrag hat. e) Differenzierung nach Erscheinungsformen aa) Allgemeines

324

Dennoch ist es angesichts des rechtstatsächlichen Befunds, dass Drittanstellungsverträge auch mit Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften abgeschlossen werden, fraglich, ob solchen Drittanstellungsverträgen mit der scharfen Rechtsfolge der Nichtigkeit begegnet werden muss. Sinnvoller erscheint es, zwischen verschiedenen Erscheinungsformen der Drittanstellung zu differenzieren: der Drittanstellung außerhalb eines Unternehmensverbunds oder einer AG & Co KG, der Drittanstellung bei einem faktisch mit der AG verbundenen Unternehmen bzw bei der KG einer AG & Co KG und der Drittanstellung bei einem Unternehmen, mit dem ein Beherrschungsvertrag besteht, bzw bei einer Hauptgesellschaft, in die die AG eingegliedert ist. bb) Drittanstellungsverträge mit außenstehenden Dritten

325

Drittanstellungsverträge mit außenstehenden Dritten sind in aller Regel wegen der oben (Rdn 3 2 0 f) dargelegten Bedenken nichtig. Das gilt auch dann, wenn sie mit dem Alleinaktionär abgeschlossen worden sind, es sei denn, es handelt sich um eine ganz besondere Konstellation, die etwa gegeben ist, wenn ein Wirtschaftsunternehmen, zB ein Versorgungsunternehmen, von der öffentlichen Hand betrieben wird. In solchen Fällen kommt es vor, dass die Vorstandsmitglieder bei der öffentlichen Hand, die Alleinaktionär ist, angestellt sind (bzw Beamte sind). 5 2 4 Das kann nicht als generell unzulässig angesehen werden. Im Fall des Abschlusses des Anstellungsvertrags mit dem Alleinaktionär wird allerdings häufig ohnehin die zweite der oben (Rdn 324) genannten Kategorien (Drittanstellung bei einem faktisch verbundenen Unternehmen) einschlägig sein, da der Alleinaktionär in der Regel herrschendes Unternehmen im Sinne des Konzernrechts ist. cc) Drittanstellungsverträge mit einem faktisch konzernverbundenen Unternehmen

326

Ist der Drittanstellungsvertrag mit einem faktisch konzernverbundenen Unternehmen oder mit der KG einer AG Sc Co KG abgeschlossen, so bildet diese Unternehmensverbindung bzw gesellschaftsrechtliche Typenvermischung nicht etwa per se einen Rechtfertigungsgrund für die Drittanstellung. Vielmehr ist auch bei einer solchen Konstellation ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Personalkompetenz des Aufsichtsrats der AG und eine Gefährdung des Rechts des Vorstands auf unabhängige Leitung der AG anzunehmen. Das Unterlassen des Abschlusses eines Anstellungsvertrags mit dem Vorstandsmit-

524

MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 2.

Stand: 1. 10. 2006

(90)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

glied und das Dulden der Drittanstellung durch den Aufsichtsrat stellen eine Pflichtverletzung d a r , 5 2 5 die zu einer Schadensersatzpflicht des Aufsichtsrats gemäß § 116 führen können. Das Vorstandsmitglied hat mithin einen Anspruch auf Abschluss eines AnstellungsVertrags mit der AG. Dieser Anstellungsvertrag darf seinerseits auf Regelungen des Drittanstellungsvertrags Bezug nehmen, Anstellungsvertrag und Drittanstellungsvertrag können somit nebeneinander Bestand haben. So kann der Anstellungsvertrag etwa vorsehen, dass das Entgelt für die Vorstandstätigkeit durch die Vergütung abgegolten wird, die das Vorstandsmitglied aufgrund seines Anstellungsverhältnisses mit einem anderen konzernverbundenen Unternehmen erhält. 5 2 6 Allerdings ist hierfür erforderlich, dass der Aufsichtsrat der AG dem Drittanstellungsvertrag zustimmt und die Vergütung § 87 Abs 1 entspricht. 5 2 7 Andernfalls ist die Bezugnahme auf die Vergütung im Drittanstellungsvertrag wirkungslos und die Vergütung des Vorstandsmitglieds bemisst sich nach § 612 Abs 1 B G B , dh das Vorstandsmitglied erhält die übliche Vergütung.

327

Probleme bereitet die Vereinbarung einer konzernweiten Versetzungsbefugnis im Drittanstellungsvertrag. Wegen des Vorrangs der Rechtsfolgen der organschaftlichen Bestellung vor denjenigen der bloß schuldrechtlich wirkenden Drittanstellung läuft eine solche Versetzungsklausel im Drittanstellungsvertrag häufig ins Leere. 5 2 8

328

dd) DrittanstellungsVerträge mit einem beherrschungsvertraglich verbundenen Unternehmen Lediglich dann, wenn bei der unternehmensvertraglichen Beherrschung aufgrund von § 3 0 8 Abs 1 oder bei der Eingliederung aufgrund von § 3 2 3 Abs 1 ohnehin ein Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens bzw ein Weisungsrecht der Hauptgesellschaft existiert, bestehen keine Bedenken gegen eine (ausschließliche) Drittanstellung. 529 Immerhin droht in solchen Fällen nicht die Gefahr einer unzulässigen Einflussnahme auf die Leitung der AG auf der Basis des Drittanstellungsvertrags, denn die Möglichkeit einer Einflussnahme besteht rechtlich abgesichert ohnehin schon aufgrund des Unternehmensvertrags bzw aufgrund der Eingliederung.

329

Jedoch ist auch in einem solchen Fall ein reiner Drittanstellungsvertrag nicht ratsam, da es auch dabei zu einem Auseinanderfallen von Bestellung und Anstellung kommen kann, etwa bei einer Kündigung des Anstellungsvertrags, die nicht automatisch zum Widerruf der Bestellung berechtigt, oder dann, wenn die unternehmensvertragliche Konzernierung bzw die Eingliederung beendet wird. In solchen Fällen wird das Vorstandsmitglied versuchen, sich an die herrschende Gesellschaft bzw an die Hauptgesellschaft zu halten, die das Vorstandsmitglied aber ihrerseits an dessen AG verweisen w i r d . 5 3 0

330

f) Fazit Angesichts der rechtlichen, aber auch praktischen Bedenken ist von der Vereinbarung von Drittanstellungsverträgen abzuraten. Im Anwendungsbereich des § 31 MitbestG dürfte sie gänzlich unzulässig sein (dazu bereits oben Rdn 322).

525

526 527 528

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MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 3.

KK-Mertens2 51. MünchHdbAG- Wiesner1 § 21, 3. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 3.

529

530

MünchKommAktG->4/i»ieppe« 2 § 308, 140 ff. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 4.

Michael Kort

331

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

7. Dauer des Anstellungsverhältnisses a) Ursprünglicher Anstellungsvertrag aa) Höchstdauer 332

Nach § 84 Abs 1 Satz 5 Erster Halbsatz in Verbindung mit § 84 Abs 1 Satz 1 Erster Halbsatz kann der Anstellungsvertrag für höchstens fünf Jahre abgeschlossen werden. 5 3 1 Die vertraglich vorgesehene Dauer des Anstellungsverhältnisses muss sich nicht mit der Dauer des Bestellungsverhältnisses decken, jedoch ist im Zweifel, insbesondere mangels konkreter Regelung im Anstellungsvertrag, anzunehmen, dass der Anstellungsvertrag für denselben Zeitraum gelten soll wie die Bestellung. 5 3 2 Die Frist für die Berechnung der Höchstdauer beginnt grundsätzlich mit dem Zugang der Annahmeerklärung, es sei denn, es ist im Vertrag ein anderer Anfangstermin vorgesehen. Wie die Bestellung (dazu oben Rdn 37, 59) kann auch die Anstellung aufschiebend befristet oder aufschiebend bedingt werden, der Anfangstermin für die Anstellung also herausgeschoben werden. Insbesondere kann anstellungsvertraglich vorgesehen werden, dass das Anstellungsverhältnis unter der aufschiebenden Bedingung der Bestellung steht. 5 3 3

333

Angesichts des Telos von § 84 Abs 1 Satz 3 ist jedoch - ebenso wie bei der Bestellung (dazu oben Rdn 37, 59) - anzunehmen, dass der Abschluss des Anstellungsvertrags nicht mehr als ein Jahr vor dem vorgesehenen Beginn der Anstellung liegen darf. 5 3 4 Ist im Anstellungsvertrag keine Laufzeit oder eine längere Laufzeit als fünf Jahre vorgesehen, so ist der Anstellungsvertrag nicht nichtig, sondern die Dauer der Anstellung orientiert sich dann an der Dauer der Bestellung (dazu bereits oben Rdn 3 3 2 ) . 5 3 5 bb) Mindestdauer

334

Gesetzlich ist eine Mindestdauer der Anstellung ebenso wenig wie eine Mindestdauer der Bestellung (dazu oben Rdn 65 ff) vorgesehen. 536 Jedoch wird man außer in Ausnahmefällen ähnlich wie bei einer entsprechend kurz bemessenen Bestellung (dazu oben Rdn 66) von einer Pflichtverletzung des Aufsichtsrats ausgehen müssen, wenn dieser das Vorstandsmitglied lediglich für einen sehr kurz bemessenen Zeitraum anstellt. Die Beendigung der Anstellung führt zwar nicht zu einer automatischen Beendigung der Bestellung, gibt dem Vorstandsmitglied aber ein Recht zur Amtsniederlegung (dazu oben Rdn 2 2 2 f). Daher darf angesichts des Grundsatzes, dass die Bestellung nicht zu knapp bemessen sein darf, auch die Anstellung nicht nur für ganz kurze Zeit erfolgen. 5 3 7 Das Vorstandsmitglied kann seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Leitung und Vertretung der Gesellschaft nur bei einer gewissen Mindestdauer der Anstellung nachkommen. 5 3 8 Als einen solchen Mindestzeitraum wird man wie bei der Bestellung in der Regel ein Jahr anzusehen haben, es sei denn, es liegt ein sachlicher Grund für eine noch kürzere Befristung vor, etwa bei einer dringenden Anstellung und Bestellung zur Vermeidung einer gerichtlichen Bestellung nach § 85.

531

532

533 534

MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 5 5 ; KK-Mertens2 5 ; Hüffer7 15. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 5 7 ; KK-Mertens2 5 0 ; Hüffer7 15. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 57. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 5 5 , 2 8 ; KK-Mertens2 15; Hüffer7 6.

535

536

537 538

Insofern aA MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 2 0 (Ende mit Ablauf der gesetzlichen Fünfjahresfrist). MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 3 0 , 57. MünctiKommAktG-Hefermehl/Spindler2 30. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 52.

S t a n d : 1. 1 0 . 2 0 0 6

(92)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Auch die Vereinbarung einer Probezeit, also eine Anstellung auf Probe, ist nicht möglieh. 5 3 9 Das besondere, durch gegenseitige Treue- und Fürsorgepflichten geprägte Vertrauensverhältnis zwischen dem Vorstandsmitglied und der AG steht der Vereinbarung einer Probezeit entgegen.

335

b) Verlängerung Anders als bei der Bestellung, bei der eine automatische Verlängerung nicht vorgesehen werden kann (dazu oben Rdn 101), kann für die Anstellung nach § 84 Abs 1 Satz 5 Zweiter Halbsatz vertraglich vereinbart werden, dass der Anstellungsvertrag für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit, also eine Verlängerung der Bestellung, bis zu deren Ablauf weiter gilt. § 84 Abs 1 Satz 5 Zweiter Halbsatz zeigt mit dieser engen Anbindung der Verlängerung der Anstellung an die Verlängerung der Bestellung deren regelmäßigen Gleichlauf auf, verlangt aber für die Verlängerung der Anstellungszeit nicht eine erneute Entscheidung des Aufsichtsrats. Falls die Bestellung verlängert wird, verlängert sich vielmehr - bei Bestehen einer Verlängerungsklausel - das Anstellungsverhältnis automatisch. Verlängerungsklauseln im Anstellungsvertrag können etwa vorsehen, dass sich der Anstellungsvertrag jeweils für die Zeit verlängert, für die das Vorstandsmitglied wiederbestellt wird. 5 4 0 Ferner ist es umgekehrt zulässig, die Anstellung in der Weise an die Bestellung anzubinden, dass der Widerruf der Bestellung oder eine sonstige Beendigung der Bestellung automatisch zu einer Beendigung auch des Anstellungsverhältnisses führen (zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses unten Rdn 572).

336

Anstellungsvertragliche Klauseln, die die Verlängerung der Anstellungsdauer nicht an eine Verlängerung der Bestellung knüpfen, sondern eine Verlängerung der Anstellung für den Fall vorsehen, dass das Anstellungsverhältnis nicht zu einem bestimmten Termin gekündigt wird (Fortsetzungsklauseln), sind rechtlich bedenklich. Sie sind unzulässig, wenn sie so gestaltet sind, dass sie zu einer Verlängerung des Anstellungsverhältnisses über die Höchstfrist von fünf Jahren hinaus ohne erneuten Aufsichtsratsbeschluss führen. 541

337

Wenn der Anstellungsvertrag keinerlei Verlängerungsklausel enthält, ergibt sich aus einer Verlängerung der Bestellung oder aus einer Wiederbestellung nicht automatisch auch eine Verlängerung des Anstellungsverhältnisses. 542 Das folgt schon aus § 84 Abs 1 Satz 5 Zweiter Halbsatz („[der Anstellungsvertrag] kann jedoch vorsehen, dass er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weiter gilt."). Aus der Trennung von Bestellungs- und Anstellungsverhältnis folgt, dass über die Anstellung, insbesondere über die einzelnen Bedingungen der Anstellung, auch bei erneuter Bestellung neu verhandelt werden muss. 5 4 3 Daher besteht ohne Anhaltspunkte im Anstellungsvertrag keine Veranlassung anzunehmen, der Anstellungsvertrag verlängere sich automatisch bei einer Wiederbestellung. Ebenso wenig besteht - wiederum vorbehaltlich der Möglichkeit einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung - kein Anlass, anzunehmen, der Anstellungsvertrag stehe automatisch unter der auflösenden Bedingung eines Widerrufs der Bestellung. 544

338

Enthält der Anstellungsvertrag keine Verlängerungsklausel, so ist angesichts des Verweises in § 84 Abs 1 Satz 5 auf § 84 Abs 1 Satz 3 eine Verlängerung durch Beschluss des

339

539 540

541 542

(93)

MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 21. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 23. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 23. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 KK-Mertens 2 50.

543

56;

544

KK-Mertens 2 50. BGH W M 1980, 1139, 1140; 50.

56;

Michael Kort

KK-Mertens2

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Aufsichtsrats (oder eines Aufsichtsratsausschusses (dazu oben Rdn 2 8 9 f f ) frühestens ein Jahr vor Ablauf des Anstellungsvertrags möglich. 545 340

Setzt das Vorstandsmitglied seine Tätigkeit nach Ablauf des Anstellungsvertrags fort und besteht noch eine wirksame Bestellung bzw Verlängerung der Bestellung, so ist hierin angesichts des Erfordernisses, dass der Aufsichtsrat jedenfalls nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist erneut über die Anstellung entscheiden muss, keine konkludent vereinbarte Verlängerung des Anstellungsverhältnisses zu sehen. Wohl aber kann der Beschluss über die Verlängerung der Bestellung bzw über die Wiederbestellung implizit eine Entscheidung über die Verlängerung der Amtszeit beinhalten. Insofern ist ein entsprechender Aufsichtsratsbeschluss auslegungsfähig.546 Die Fortsetzung der Tätigkeit des Vorstandsmitglieds über die vorgesehene Anstellungszeit hinaus beurteilt sich jedenfalls nicht nach § 625 BGB, da diese auf einen Fortfall der Befristung abzielende Regelung auf Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern nicht nur dann unanwendbar ist, wenn durch die Anwendung von § 625 BGB die Fünf-Jahres-Frist des § 84 Abs 1 Satz 1 überschritten würde. Vielmehr findet § 625 BGB ganz allgemein auf Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern keine Anwendung. 547

341

Ist im Anstellungsvertrag ein Ruhegehalt (dazu im Einzelnen unten Rdn 351 ff) vorgesehen, so spricht das im Zweifel dafür, dass das Anstellungsverhältnis ebenso lang wie die Bestellung dauern soll. 548 c) Neufestsetzung der Dauer der Amtszeit

342

Eine Neufestsetzung der Länge der Laufzeit des Anstellungsvertrags, also quasi ein Neuabschluss des laufenden Anstellungsvertrags, wird von § 84 Abs 1 Satz 5 in Verbindung mit Abs 1 Satz 3 nicht erfasst. Eine solche Neufestsetzung ist aber dennoch nur zulässig, wenn sie nicht zu einer Umgehung von § 84 Abs 1 Satz 3 führt. Ein Neuabschluss ist daher zulässig, soweit er nicht insgesamt zu einer längeren Laufzeit des Anstellungsverhältnisses als fünf Jahre führt. 5 4 9 8. Regelung von Vergütungsfragen a) Regelungsgegenstand

343

Der Anstellungsvertrag bestimmt in erster Linie Art und Höhe der den Vorstandsmitgliedern zustehenden Vergütung. Neben dem festen (Grund-)Gehalt wird häufig ein Anspruch auf Gewinnbeteiligung oder sonstige Tantiemen vorgesehen. Neben einer solchen Gewinnbeteiligung können als weitere Vergütungsbestandteile anstellungsvertraglich Aufwandsentschädigungen, Nebenleistungen jeder Art wie etwa Versicherungsentgelte, ferner auch Provisionen vorgesehen werden. 5 5 0 Ferner kommen Sachbezüge (Dienstwagen, Dienstwohnung etc) in Betracht. In jüngerer Zeit findet sich zunehmend auch die Vereinbarung eines Entgelts in Aktienoptionen (stock options; dazu näher GroßkommAktG/JCori 4 § 87 Rdn 146 ff). 5 5 1 Üblich ist es ferner, ein Ruhegehalt für Vor-

545 546 547

MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 2 0 . MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 2 0 . MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 57; KK-Mertens2 14; aA OLG Karlsruhe AG 1996, 2 2 4 , 2 2 7 ; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 171; MünchHdbAG-Wetter 3 § 21, 20; offengelassen von BGH W M 1967, 540.

548 549

550

551

MünchKommAktG-He fermebl/Spindler2 57. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 32 ff und 58. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 § 87, 8. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 71; MünchKommAkt G-Hefermehl/Spindler2 % 87, 2 7 ff.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

standsmitglieder entweder bereits im Anstellungsvertrag oder in einer späteren, gesonderten Vereinbarung vorzusehen (dazu näher unten Rdn 351 ff). b) Angemessenheit der Vergütung und deren zukünftige Sicherung Stets richtet sich die Höhe der Gesamtbezüge nach § 87, der dem Schutz der GesellSchaft sowie ihrer Gläubiger, Aktionäre und Arbeitnehmer vor überhöhten Vorstandsmitgliedsbezügen dient (dazu näher GroßkommAktG/iCort 4 § 87 Rdn 19ff).

344

Für die Prüfung der Angemessenheit der Bezüge nach § 87 sind alle Bezüge zusammenzurechnen. Für die Angemessenheitsprüfung ist zum einen subjektiv auf den Umfang der Aufgaben des Vorstandsmitglieds, zum anderen aber auch objektiv auf die Lage der Gesellschaft abzustellen. Die Satzung darf keine Vorgaben über die Angemessenheit der Vorstandsbezüge enthalten, über diese entscheidet vielmehr ausschließlich der Aufsichtsr a t . 5 5 2 Die Entwicklung der Vergütungshöhe kann durch Spannungsklauseln, die die Vorstandsvergütung zu einem bestimmten, vergleichbaren Gehalt ins Verhältnis setzen, oder durch Wertsicherungsklauseln, etwa unter Bezugnahme auf die Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex, bestimmt werden. 5 5 3 Wertsicherungsklauseln finden sich lediglich bei Ruhegeldzusagen häufig, hingegen bei laufenden Bezügen ganz selten. Ist die Entlassung eines Vorstandsmitglieds selbstverschuldet (dazu näher unten Rdn 4 8 6 ff), kann eine Wertsicherungsklausel für ein Übergangsgeld unbeachtlich werden. 5 5 4

345

c) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Angemessenheitsgebot Ein Verstoß gegen § 87 führt nicht zur (Gesamt-) Nichtigkeit der anstellungsvertragliehen Vergütungsregelung und hat nicht einmal eine Teilnichtigkeit der „überschießenden" Vereinbarung zur Folge. Vielmehr hat das Vorstandsmitglied einen anstellungsvertraglichen Anspruch auf die überhöhten Bezüge, jedoch können sich die Aufsichtsratsmitglieder schadensersatzpflichtig nach § 116 machen, wenn sie einen Anstellungsvertrag unter Verletzung von § 87 abschließen (dazu näher GroßkommAktG/Kori 4 § 87 Rdn 70).

346

Fehlt ausnahmsweise eine besondere anstellungsvertragliche Regelung über die Höhe der Bezüge, so steht den Vorstandsmitgliedern ex lege ein Anspruch auf angemessene Vergütung z u . 5 5 5 Einen solchen Anspruch auf angemessene Vergütung hat auch das nach § 85 Abs 3 gerichtlich bestellte Vorstandsmitglied. Da der Anspruch des Vorstandsmitglieds auf angemessene Vergütung nicht zugunsten des Vorstandsmitglieds gesetzlich zwingend ist, kann er anstellungsvertraglich eingeschränkt oder gänzlich ausgeschlossen werden, jedoch bedarf es dazu einer expliziten und eindeutigen Regelung.

347

Ein Verstoß des Vorstandsmitglieds gegen seine gesetzlichen Pflichten, etwa gegen das Wettbewerbs verbot des § 88, oder gegen anstellungsvertragliche Pflichten, führt nicht ohne weiteres zu einer Verkürzung oder gar Verwirkung des Vergütungsanspruchs. 5 5 6

348

d) Anspruch auf Bezügeerhöhung? Ein automatischer Anspruch des Vorstandsmitglieds auf Vergütungserhöhung bei einer Verbesserung der allgemeinen gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse oder der wirtschaftlichen Verhältnisse der AG besteht nicht. Insbesondere kann sich ein Vorstands552

553 554

(95)

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 65; MünchHdbAG-Wies«er3 § 21, 32. KK-Mertens1 56. BGH WM 1970, 1394, 1398; KK-Mertens 1 56.

55S 556

KK-Mertens 1 55. KK-Mertens 1 55.

Michael Kort

349

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

mitglied nicht auf Tariflohnerhöhungen der Arbeitnehmer oder eine betriebliche Übung berufen, die zu einer Gehaltsanpassung bei allen Arbeitnehmern in Anlehnung an die entsprechende Tariflohnerhöhung führt. Das Vorstandsmitglied ist kein Arbeitnehmer (dazu schon auch Rdn 453 ff), auf die Mitglieder des Vorstands sind daher weder das Tarifvertragsrecht noch arbeitsrechtliche Institute wie die der betrieblichen Übung oder der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz anwendbar (dazu schon oben Rdn 465). 5 5 7 350 Eine Anpassung der Bezüge erfolgt in der Praxis oft dadurch, dass der Aufsichtsrat anstellungsvertraglich verpflichtet wird, in regelmäßigen (etwa jährlichen oder zweijährigen) Abständen die Höhe der Bezüge zu überprüfen. 5 5 8 Auch eine solche anstellungsvertragliche Überprüfungspflicht beinhaltet aber keinen Rechtsanspruch des Vorstandsmitglieds auf Gehaltserhöhung, sondern lediglich auf Überprüfung. 5 5 9 Jegliche Überprüfung der Bezüge unterliegt dem Angemessenheitsgebot des § 87. e) Ruhegehalt aa) Charakter des Ruhegehalts 351

Es ist durchgängig üblich, Vorstandsmitgliedern vertraglich ein Ruhegehalt zuzusagen. 5 6 0 Das Ruhegehalt hat primär Entgeltcharakter.561 Seine Zusage dient primär der Abgeltung erbrachter Betriebstreue, soll allerdings auch die künftig zu erwartende Betriebstreue honorieren. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Zusage einer Altersrente, auch als Pension oder Ruhegeld bezeichnet, die ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt wird. 5 6 2 Damit wird häufig, allerdings nicht durchgängig, eine Witwen- bzw Witwerrente und eine Waisenrente verknüpft, ferner findet sich oft eine Invaliditätsrente. 563

352

Von dem Ruhegeld im engeren Sinn ist die Gewährung eines Entgelts für den Fall einer Überbrückung der Zeit zwischen dem Ende der Vorstandsmitgliedschaft und dem Eintritt des Versorgungsfalls (dem Beginn der Zahlung des Ruhegelds) zu unterscheiden: Für den Fall, dass die Bestellung aus einem nicht vom Vorstandsmitglied zu vertretenden Grund nicht verlängert wird, sieht der Anstellungsvertrag häufig die Zahlung eines so genannten Übergangsgelds vor. 5 6 4 bb) Erfordernis ausdrücklicher Regelung

353

Die Ruhegeldzusage bedarf im Allgemeinen einer ausdrücklichen Regelung. Diese kann im ursprünglichen Anstellungsvertrag oder später gesondert erfolgen. 354 Gegen die Möglichkeit konkludenter Ruhegehaltszusagen spricht schon, dass § 6 a EStG sogar ausdrücklich, aber bloß mündlich erteilte Ruhegehaltszusagen unberücksichtigt lässt. 565 Die Schriftform der Ruhegehaltszusage ist zwar kein Wirksamkeitserfordernis, 566 wohl aber Voraussetzung für ihre steuerliche Anerkennung nach § 6 a Abs 1 N r 3

557

558 559 560 561

562 563

AA MünchKommAktG-He/mneM/ Spindler2 45. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 65. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 35. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 69. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler2 185; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 45. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 60. Fonk in FS Semler 1993, S 139, 145 f.

564

565 566

BGH W M 1997, 68; BGH W M 1975,1237, 1239; LAG Hamm DB 1987, 2210; MünchKomm AktG-ffe/ermeW/SpiW/er 2 61; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 45; Fonk in FS Semler 1993, S 139,145 f. KK-Mertens 2 60. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 170.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

E S t G . 5 6 7 Eine schriftliche A n n a h m e der Z u s a g e ist für die steuerliche Anerkennung nicht erforderlich.568 Aus betrieblicher Ü b u n g lässt sich eine Ruhegeldzusage für Vorstandsmitglieder nicht ableiten, denn sie trägt bei Vorstandsmitgliedern individuelle Züge, die eine Übertragung arbeitsrechtlicher Grundsätze auf das Anstellungsverhältnis des Organmitglieds verbiet e n . 5 6 9 Ist jedoch einem Vorstandsmitglied, das vor seiner Organmitgliedschaft bereits (leitender) Angestellter der Gesellschaft war, zum Zeitpunkt seiner Arbeitnehmereigenschaft ein Ruhegehalt ausdrücklich oder konkludent gewährt w o r d e n , so kann der Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds so auszulegen sein, dass er auch eine konkludente Fortsetzung der Ruhegehaltsverpflichtung der Gesellschaft enthält.

355

Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Vorstandsmitglieder untereinander (dazu oben R d n 2 8 1 ) lassen sich Ruhegehaltsansprüche auch o h n e ausdrückliche vertragliche Fixierung ableiten, falls einzelnen Vorstandsmitgliedern ein Ruhegeld zugesagt w u r d e . 5 7 0 Hingegen ist es nicht möglich, im Hinblick auf das Ruhegehalt aus Betriebsübung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Schlüsse auf eine Gleichbehandlung der Vorstandsmitglieder mit Arbeitnehmern zu ziehen. Ähnlich wie Ansprüche auf sonstige Vergütungsbestandteile lässt sich auch der Ruhegeldanspruch als solcher nicht auf den Grundsatz der betrieblichen Ü b u n g oder auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

356

E b e n s o wenig ist es möglich, einen Ruhegeldanspruch des Vorstandsmitglieds o h n e anstellungsvertragliche Anhaltspunkte allein aus der Fürsorgepflicht der Gesellschaft abzuleiten.571

357

Aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 2 4 2 B G B ) k a n n ganz ausnahmsweise eine Pflicht der Gesellschaft zur Ruhegeldzahlung resultieren. D a s kann je nach den Umständen des Einzelfalls etwa dann anzunehmen sein, wenn die schriftliche Fixierung der Ruhegehaltszusage nach entsprechenden Verhandlungen nur n o c h als bloße Formsache erscheint, oder etwa dann, wenn das Vorstandsmitglied zwar nicht sämtliche, dennoch aber alle wesentlichen Voraussetzungen für einen Ruhegehaltsanspruch erfüllt. J e d o c h ist bei der Herleitung einer Ruhegeldzusage aus § 2 4 2 B G B äußerste Z u r ü c k haltung geboten. Ein auf § 2 4 2 B G B gestützter Ruhegehaltsanspruch besteht zB nicht, wenn das Vorstandsmitglied nach Beendigung seines Amtes eine Tätigkeit aufnimmt, für die ihrerseits eine Pensionsberechtigung vorgesehen ist, und zwar selbst dann nicht, wenn es diese Pensionsberechtigung (aus einem von ihm zu vertretenden Grund) wieder verliert.572

358

Ist der Anstellungsvertrag fehlerhaft (dazu oben R d n 3 0 0 f f ) , so bleiben unter Anwendung der Grundsätze über den fehlerhaften Anstellungsvertrag e r w o r b e n e Ruhegeldanwartschaften und -ansprüche bestehen, soweit eine Gegenleistung für sie e r b r a c h t worden ist.

359

567 568

569

(97)

MünchHdbAG-Wiesner 3 % 21, 46. BFH GmbHR 2005, 1311 (entspr für GmbH-Geschäftsführer). BGH WM 1984, 1313; BGH WM 1981, 1344; BGH DB 1969, 1057; BGH WM 1969, 686; Fleck WM 1981 Sonderbeilage 3 S 14 f; Nebendahl NZA 1992, 289, 293 f; MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er 2 170; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 46.

570

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572

BGH NJW-RR 1994, 357, 358; Fleck in FS Hilger/Stumpf 1983, S 197, 214; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 46. BGHZ 16, 50, 51 ff; 22, 375, 380 f; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 170; KK-Mertens 2 60. KK-Mertens1 60.

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§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

cc) Keine Beeinflussung des Aufsichtsrats bei Wiederbestellung 360

Eine Ruhegeldzusage darf nicht das Recht des Aufsichtsrats beeinflussen, über die Verlängerung der Bestellung oder die Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds frei zu entscheiden.573 Eine Ruhegeldzusage, die nicht auf die üblichen Versorgungsfälle (Erreichen einer Altersgrenze; Eintritt von Invalidität) zugeschnitten ist, sondern unabhängig davon schon für den Fall des bloßen Ausscheidens aus dem Vorstandsamt gewährt wird, kann die Personalkompetenz des Aufsichtsrats zu sehr einschränken und daher unwirksam sein. 574 dd) Anwendung des BetrAVG

361

Nach § 17 Abs 1 Satz 2 BetrAVG können §§ 1 bis 16 BetrAVG analog für Ruhegeldvereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern einschlägig sein. 575 Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn sie der AG nicht so stark verbunden sind, dass sie das Unternehmen als ihr eigenes betrachten können. 576 Auf Mehrheitsaktionäre finden §§ 1 bis 16 BetrAVG daher keine Anwendung. Hält das Vorstandsmitglied umgekehrt bloß einen sehr geringen Anteil, so sind § § 1 bis 16 BetrAVG jedenfalls anwendbar. Handelt es sich um eine Beteiligung von einigem Gewicht, ohne dass jedoch eine echte Mehrheitsbeteiligung vorliegt, so ist zu unterscheiden: Wenn das Vorstandsmitglied allein oder zusammen mit anderen Aktionären über eine aus der Beteiligungshöhe resultierende oder ansonsten tatsächlich bestehende, institutionell verfestigte Mehrheitsmacht verfügt, finden §§ 1 bis 16 BetrAVG keine Anwendung, ansonsten jedoch schon. 577

362

Gemäß § 17 Abs 3 Satz 3 BetrAVG ist eine vertragliche Abweichung von den Bestimmungen des BetrAVG zuungunsten des Arbeitnehmers nicht möglich. Arbeitnehmer im Sinne dieser Bestimmung sind auch die Vorstandsmitglieder, auf die das BetrAVG Anwendung findet (dazu oben Rdn. 361 ). 5 7 8 Ist das BetrAVG anwendbar, so erlangt das Vorstandsmitglied unter den in § 1 b BetrAVG genannten Voraussetzungen eine unverfallbare Ruhegeldanwartschaft. Vertragliche Unverfallbarkeitsabreden, die über die in § 1 b BetrAVG genannten Zeiträume hinaus höhere Anforderungen an die Betriebstreue stellen, sind insofern unwirksam.579 Dem gemäß hat die vertragliche Vereinbarung längerer als im Gesetz vorgesehener Wartezeiten keinen Einfluss auf die Unverfallbarkeit.580

Hingegen ist ein Abweichen von den Voraussetzungen des § 1 b BetrAVG zugunsten des Vorstandsmitglieds zulässig. So kann etwa eine Versorgungszusage den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorverlegen und somit eine Verkürzung der Unverfallbarkeitszeiträume bewirken. 581 364 Ist eine Ruhegeldzusage unverfallbar, so erlischt die entstehende Anwartschaft nicht mit der Beendigung des Anstellungsvertrags.582 Vielmehr besteht die Anwartschaft in der

363

573 574 575

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577

MündiKommAktG-Hefermehl/Spindler2 59. KK-Mertens 1 60. MünchKommAktG-Hefermebl/Sptndler2 175. BGHZ 77, 94, 101 ff; s auch MünchHdbAGWiesner3 § 21, 47; Fleck WM 1981 Sonderbeilage 3 S 20; ders in FS Hilger/Stumpf 1983, S 197, 222 f; Hommelhoff/Timm KTS 1981, 1 ff und 289 ff; Moll ZIP 1980, 422. KK-Mertens1 62; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 47.

578 579

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AA jetzt MünchHdbAG-Wiesner3 § 21, 48. BGH NJW-RR 2000, 1275, 1277; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 175; abweichend jetzt MünchHdbAG- Wiesner 3 S 21, 49. BGH NJW-RR 1993, 608, 609; BGH NJW 1984, 234, 235; MünchHdbAG- Wiesner1 % 21, 49. MünchHdbAG-Wiesner3 § 21, 49. KK-Mertens1 62.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

in § 2 BetrAVG vorgesehenen H ö h e fort. A u f den G r u n d des Ausscheidens k o m m t es im Z u s a m m e n h a n g mit der Entstehung von R e c h t e n g e m ä ß § § 1 ff BetrAVG nicht an. Auch wenn der Ausscheidensgrund aus der Sphäre des Vorstandsmitglieds herrührt, kann eine (Teil-) Anwartschaft auf Ruhegeld g e m ä ß § § I f f BetrAVG entstehen. Von dieser zwingenden Rechtsfolge kann die Ruhegeldvereinbarung nicht a b w e i c h e n . 5 8 3 Aus dem in § 1 b Abs 1 Satz 3 BetrAVG enthaltenen Grundsatz der Einheit der Versorgungszusage folgt ferner, dass eine Änderung, insbesondere eine E r h ö h u n g , der Versorgungszusage w ä h r e n d der D a u e r des Anstellungsverhältnisses keine neue Unverfallbarkeitsfrist in G a n g s e t z t . 5 8 4 Die (wiederholte) Verlängerung des Anstellungsverhältnisses führt zu einer Z u s a m m e n r e c h n u n g der Z e i t e n , die für die Wartezeit im Sinne von § 1 b A b s 1 Satz 1 BetrAVG relevant sind. E b e n s o ist die Z e i t , die ein Vorstandsmitglied vor seiner Organtätigkeit als (leitender) Angestellter für die A G tätig war, für die Berechnung nach § 1 b Abs 1 Satz 1 BetrAVG zu berücksichtigen, es sei denn, zwischen der Z e i t als Angestellter und der Z e i t als Vorstandsmitglied besteht eine (nicht ganz kurzfristige) U n t e r b r e c h u n g . 5 8 5 Für die Frage, o b Unverfallbarkeit im Sinne von § 1 b Abs 1 BetrAVG vorliegt, ist nicht auf den Z e i t p u n k t der Beendigung der Bestellung, sondern auf denjenigen der Beendigung der Anstellung a b z u s t e l l e n . 5 8 6

365

ee) Vereinbarungen über Voraussetzungen und Berechnung des Ruhegehalts aaa) Vereinbarungen über Entstehungsvoraussetzungen Die Parteien des Anstellungsvertrags k ö n n e n vorsehen, dass ein Vorstandsmitglied einen Versorgungsanspruch nur bei einer bestimmten D a u e r der Organmitgliedschaft erwirbt oder nur dann erwirbt, wenn es im Z e i t p u n k t des Eintritts des Versorgungsfalls noch Vorstandsmitglied i s t . 5 8 7 Allerdings ist für den Fall, dass das BetrAVG Anwendung findet (dazu o b e n R d n 3 6 6 ) , zu berücksichtigen, dass dessen Unverfallbarkeitsvorschriften zuungunsten des Vorstandsmitglieds nicht a b ä n d e r b a r sind. D e m g e m ä ß behält das Vorstandsmitglied eine Versorgungsanwartschaft bei Anwendbarkeit des BetrAVG auch dann, wenn das Anstellungsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet und das Vorstandsmitglied bereits das 3 0 . L e b e n s j a h r vollendet hat und die Versorgungszusage für das Vorstandsmitglied mindestens fünf J a h r e bestanden hat. Ist das BetrAVG anwendbar, so sind Abweichungen zuungunsten des Vorstandsmitglieds nicht m ö g l i c h . 5 8 8

366

bbb) Vereinbarungen über die Ruhegehalthöhe D e r Anstellungsvertrag enthält oft eine Regelung der B e r e c h n u n g der H ö h e des R u h e gehalts. Die Berechnung der Ruhegehaltshöhe ergibt sich in erster Linie aus dem in der Ruhegehaltszusage zum Ausdruck k o m m e n d e n Parteiwillen. Dieser geht - auch im R a h men einer Ergänzung unvollständiger Regelungen oder einer Auslegung mehrdeutiger Bestimmungen - einer Orientierung der Ruhegehaltshöhe an Billigkeit und Üblichkeit v o r . 5 8 9 Z u r Vermeidung von Unklarheiten ist es r a t s a m , eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Die Versorgungszusage k a n n etwa darin bestehen, dass dem Vorstandsmitglied von Anfang an eine in ihrer H ö h e feste Leistung zusteht, deren Fälligkeit mit

583 584

585

(99)

KK-Mertens1 62. BGH WM 1981, 1344, 1346; BAG WM 1981, 1063; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 49. BAG NJW 1991, 1197; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 49.

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KK-Mertens2 62. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 177, 173. UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 171. KK-Mertens 2 64.

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367

§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

dem Versorgungsfall e i n t r i t t . 5 9 0 J e d o c h k a n n auch vorgesehen werden, dass sich das Ruhegehalt a m Gehalt des Vorstandsmitglieds orientiert. 5 9 1 In einem solchen Fall ist unter dem „ E n d g e h a l t " das feste Grundgehalt einschließlich Tantiemen zu verstehen. A k t i e n o p t i o n e n , sowie Sachbezüge und (andere) Nebenleistungen sind hingegen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, es sei denn, es besteht eine dahingehende ausdrückliche oder stillschweigende V e r e i n b a r u n g . 5 9 2 368

Die Parteien k ö n n e n vereinbaren, dass auf das Ruhegehalt andere E i n k ü n f t e des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds einschließlich einer Karenzentschädigung für ein nachvertragliches W e t t b e w e r b s v e r b o t (dazu G r o ß k o m m AktG/Kori 4 § 8 8 R d n 1 5 3 f f ) anzurechnen s i n d . 5 9 3 Die Anrechnung anderweitiger Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, k o m m t wegen des Auszehrungsverbots des § 5 A b s 2 BetrAVG bei Anwendbarkeit dieses Gesetzes (dazu o b e n R d n 3 6 1 ) allerdings nicht in B e t r a c h t . 5 9 4 Fehlt es an einer vertraglichen Anrechnungsklausel, sind anderweitige Einkünfte auf Versorgungsleistungen generell nicht a n z u r e c h n e n . 5 9 5

369

Bisweilen wird die H ö h e des Ruhegehalts an der H ö h e der Beamtenversorgung orient i e r t . 5 9 6 Erfolgt diese Bezugnahme in der Weise, dass auf eine beamtenrechtliche Besoldungsgruppe oder allgemein auf beamtenrechtliche Versorgungsgrundsätze Bezug g e n o m m e n wird, so sind beamtenrechtliche Z u s c h l ä g e , Z u l a g e n und Sonderzuwendungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn sie vergleichbaren Beamten gewährt w e r d e n . 5 9 7 So sind Amtszulagen schon nach § 4 2 Abs 2 Satz 2 Bundesbesoldungsgesetz Teil des Grundgehalts und damit einzubeziehen. Eine Berücksichtigung von Zuschlägen, Zulagen oder Sonderzuwendungen scheidet dagegen aus, wenn nur auf das Grundgehalt einer bestimmten Gruppe von Beamten Bezug g e n o m m e n w i r d . 5 9 8

370

W i r d im Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds diesem für die Beendigung des Dienstverhältnisses eine Versorgung „ n a c h beamtenrechtlichen Vorschriften nach A n g a b e der für B e a m t e auf Z e i t jeweils geltenden Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes" gewährt, so liegt darin in der Regel eine Vollverweisung auf die entsprechenden B e a m t e n gesetze.599

371

Stets ist für die Frage, o b eine Einbeziehung von Zuschlägen etc in B e t r a c h t k o m m t , auf die Vergleichbarkeit der Stellung des Vorstandsmitglieds und des B e a m t e n , etwa im H i n b l i c k a u f dieselbe familiäre Situation, abzustellen. Keine Berücksichtigung finden Sonderzuwendungen, die nicht allen B e a m t e n der entsprechenden Gruppe zustehen. Deshalb k a n n etwa ein Stellenplananpassungszuschlag keine Berücksichtigung finden, der lediglich dazu dient, diejenigen Versorgungsempfänger, die nicht m e h r in den Genuss bestimmter Beförderungsmöglichkeiten gelangen, durch G e w ä h r u n g eines pauschalierten Erhöhungsbetrags zu e n t s c h ä d i g e n . 6 0 0

372

Wenn nicht auf eine Besoldungsgruppe des Bundesbesoldungsgesetzes oder einer Landesbesoldungsordnung Bezug g e n o m m e n wird, sondern auf die Pension eines B e a m t e n , der

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594 595

KK-Mertens 2 63. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 180 KK-Mertens 2 64; MünchHdbAG-Wiesner 3 S 21, 50. OLG Hamburg W M 1992, 786; MünchHdbAG- Wiesner3 $ 21, 50. KK-Mertens2 69. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 181.

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 180. KK-Mertens2 66; aA MünchHdbAGWiesner3 § 21, 52. KK-Mertens2 67. BGH W M 2 0 0 6 , 688. BAG BB 1978, 714; KK-Mertens 1 66; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 51.

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

eine bestimmte Funktion a u s ü b t (zB der Präsident einer bestimmten Behörde), so führt eine H ö h e r s t u f u n g dieser Funktion auch zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für das Ruhegehalt des Vorstandsmitglieds. 6 0 1 Probleme bereitet bei einer Bezugnahme auf beamtenrechtliche Versorgungsleistung die Anerkennung früherer Dienstzeiten des Vorstandsmitglieds. Jedenfalls Dienstzeiten des Vorstandsmitglieds bei Unternehmen, die mit der Aktiengesellschaft konzernverbunden sind, sind mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung als Dienstzeiten für den Vergleich mit bestimmten beamtenrechtlichen Dienstaltersstufen anzurechnen. Aber auch für Dienstzeiten bei anderen, nicht mit der A G verbundenen Unternehmen gilt, dass diese in entsprechender Anwendung von §§ 4 ff Beamtenversorgungsgesetz für die Berechnung eines vergleichbaren Dienstalters bei der Bezugnahme auf die Beamtenversorgung Berücksichtigung f i n d e n . 6 0 2

373

ccc) Wertsicherung und A n p a s s u n g der Altersversorgung Vertragliche Vereinbarungen über die Wertsicherung des Ruhegehalts unterliegen Schranken. Echte Wertsicherungsklauseln, die auf die Veränderung des Lebenshaltenskostensindex Bezug n e h m e n , 6 0 3 unterliegen § 2 Preisklauselgesetz iV mit der Preisk l a u s e l V O . 6 0 4 Sie sind somit genehmigungsbedürftig, in aller Regel aber auch genehmig u n g s f ä h i g . 6 0 5 Von den echten Wertsicherungsklauseln sind die so genannten Spannungsklauseln zu unterscheiden. Diese nicht § 2 Preisklauselgesetz iV mit der PreisklauselVO unterliegenden Vereinbarungen nehmen für die A n p a s s u n g der H ö h e des Ruhegehalts Bezug auf die Beamtenversorgung oder auf T a r i f g r u p p e n . 6 0 6

374

Die Wahl der Bezugsgröße unterliegt weitgehend der Parteiautonomie, soweit die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Leistungen im wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar s i n d , 6 0 7 w a s etwa bereits dann der Fall ist, wenn der Vergleich mit einer Vergütung für laufende Dienste im R a h m e n eines Dienstverhältnisses e r f o l g t . 6 0 8 Eine Vergleichbarkeit der Berufsbilder ist hingegen nicht erforderlich.

375

Die Anbindung an den Lebenshaltungskostenindex oder an sonstige Bezugsgrößen muss je nach Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarung nicht automatisch zu einer steten Veränderung des Ruhegehalts führen, sondern kann auch so gemeint sein, dass eine A n p a s s u n g in Stufen jeweils dann erfolgt, wenn eine Mindestveränderung der Vergleichsgröße eingetreten i s t . 6 0 9 Außerdem kann die Anbindung an Vergleichsgrößen auch lediglich so gemeint sein, dass eine bestimmte Mindestveränderung lediglich eine Verpflichtung zur Neuverhandlung der H ö h e des Ruhegeldes zur Folge h a t . 6 1 0

376

M i t der A n p a s s u n g bezwecken beide Parteien im Allgemeinen eine Angleichung der Ruhegehaltsentwicklung an die allgemeine Gehaltsentwicklung. Eine darüber hinausgehende Erhöhung ist in aller Regel von den Parteien nicht gewollt. Auch mit einer Bezugnahme auf die beamtenrechtliche Versorgung (dazu oben Rdn 3 6 9 ff) ist im Allgemeinen lediglich eine A n p a s s u n g an die generelle Gehaltsentwicklung bzw an die Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards gewollt, nicht aber eine möglichst beamten-

377

601

602 603

KK-Mertens 67; MünchHdbAG-Wiesner 3

§ 21, 52. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 52. Dazu KK-Mertens2 70.

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

180. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 53.

606

608 609

610

BGH WM 1996, 2290; BGH WM 1984, 900; Fleck WM 1981 Sonderbeilage 3 S 17 f; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 53. BGHZ 14, 306, 310. KK-Mertens 2 70. KK-Mertens2 70. KK-Mertens 2 70.

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§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

ähnliche Ausgestaltung der Versorgung. 611 Bei einer Erhöhung der Bezugsgröße, die wesentlich stärker ist als die allgemeine Gehaltsentwicklung, darf das ruhegeldpflichtige Unternehmen die Erhöhung zumindest vorübergehend aussetzen, wenn es andernfalls in finanzielle Schwierigkeiten geraten würde. 6 1 2 Bei einem krassen Auseinanderfallen der allgemeinen Gehalts- und der Ruhegeldentwicklung kann sogar eine Änderung der Anpassungsklausel unter dem Gesichtspunkt einer Änderung der Geschäftsgrundlage in Frage kommen. 6 1 3 378

Eine weitere Variante der vertraglich vorgesehenen Anpassungspflicht bilden die so genannten Leistungsvorbehalte, die ebenfalls nicht § 2 Preisklauselgesetz iV mit der PreisklauselVO unterfallen und daher nicht genehmigungsbedürftig sind. Ist ein Leistungsvorbehalt vorgesehen, so erfolgt keine automatische Anbindung an bestimmte Bezugsgrößen, sondern die Erhöhung bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses oder einer erneuten Vereinbarung, wobei der Aufsichtsrat nach billigem Ermessen handeln muss, ihm also bei seiner Entscheidung ein erheblicher Spielraum zukommt. 6 1 4

379

Wenn das BetrAVG einschlägig ist (dazu oben Rdn 361), besteht eine gesetzliche Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG. 615 Die Anpassungsprüfung bezieht sich lediglich auf die Ruhegeldzahlungen, nicht aber auf Ruhegeldanwartschaften. § 16 Abs 1 BetrAVG sieht alle drei Jahre eine Pflicht zur Prüfung der Anpassung der laufenden Leistung der betrieblichen Altersversorgung vor. Bei Erfüllung bestimmter, im Einzelnen in § 16 Abs 2 BetrAVG aufgeführter Kriterien gilt die Prüfungspflicht als erfüllt. § 16 Abs 3 BetrAVG enthält Ausnahmen von der Anpassungspflicht.

380

Bei der Prüfung gemäß § 16 BetrAVG sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage der AG zu berücksichtigen. 616 Für die Anpassungsprüfung bei einer abhängigen AG kann ggf auch die wirtschaftliche Lage der Mutter von Bedeutung sein. 617

381

Selbst ohne eine solche gesetzliche Anpassungspflicht und ohne eine vertragliche Anpassungspflicht kann die AG nach Treu und Glauben (§ 2 4 2 BGB) ausnahmsweise gehalten sein, das Ruhegeld und anders als bei § 16 BetrAVG 6 1 8 sogar Ruhegeldanwartschaften anpassen zu müssen. 619 ff) Minderung, Ausschluss und Verlust des Ruhegehalts aaa) Reduzierung von Ruhegeldzahlungen

382

Das Ruhegehalt ist eine Gegenleistung für die Arbeitskraft, die das Vorstandsmitglied der AG langfristig zur Verfügung gestellt hat, es trägt insofern Entgeltcharakter. 620 Angesichts des Entgeltcharakters des Ruhegehalts besteht zwar theoretisch die Möglichkeit seiner Reduzierung nach ähnlichen Kriterien, wie sie allgemein für eine Minderung oder einen Fortfall des Dienst- bzw Arbeitsentgelts gelten. Jedoch kommt schon angesichts

611 612 613

614 615

BAG BB 1978, 714; KK-Mertens2 70. KK-Mertens 2 70. KK-Mertens 1 70; zum GmbH-Geschäftsführer entsprechend BGH BB 1974, 101 f. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 54. MünctiKommAktG-Hefermehl/Spindler2

182.

616

MünchKommAktG-He fermehl/Spindler 184; MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 § 87, 62 ff.

2

617

618 619

620

BAG NJW 1995, 2127; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 55. Dazu MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 55. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 54; Fleck W M 1981 Sonderbeilage 3 S 18 mwN. BGHZ 108, 330, 335 ff; BGH NJW-RR 1989, 2 8 6 , 2 9 0 ; BGH NJW 1984, 1529, 1530; MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 185; MünchHdbAG-Wiesner 3 S 21, 56.

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

von § 87 Abs 2 Satz 1, der nicht auf § 8 7 Abs 1 Satz 2 verweist (dazu näher G r o ß k o m m A k t G / K o r i 4 § 8 7 Rdn 3 0 4 ) , eine Reduzierung von Ruhegeldzahlungen nur ganz ausnahmsweise nach allgemeinen Kriterien (dazu GroßkommAktG/iCori 4 § 8 7 Rdn 3 0 5 ) in Betracht. bbb) Reduzierung von Ruhegeldanwartschaften Auch eine Reduzierung bloßer Ruhegeldanwartschaften ist selbst dann, wenn das BetrAVG nicht einschlägig ist, nur in engen Grenzen möglich, falls Ruhegeldanwartschaften bereits unverfallbar geworden sind.

383

ccc) Schlechtleistung und Pflichtverletzung Eine Reduzierung des Ruhegehalts wegen Schlechtleistung kommt nur eingeschränkt in Betracht. 6 2 1 Ist anstellungsvertraglich oder gesetzlich bereits die Unverfallbarkeit einer Ruhegeldanwartschaft eingetreten, so kann wegen der existentiellen Bedeutung, die das Ruhegeld für das Vorstandsmitglied hat, eine Reduzierung oder gar ein Fortfall des Ruhegelds nur in besonderen Fällen eintreten. Sehr schwere Verletzungen der Pflichten des Vorstandsmitglieds können allerdings insbesondere dann, wenn sie zu einer Existenzgefährdung der Gesellschaft geführt haben (so etwa bei der Annahme hoher Schmiergelder für riskante Geldanlagen oder ein ruinöser Wettbewerb), 6 2 2 zu einem Widerruf der Versorgungszusage und damit zu einer Versagung von Versorgungsansprüchen f ü h r e n . 6 2 3 Das gilt selbst dann, wenn die Versorgungszusage keinen ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt enthält. Allerdings ist stets eine Abwägung der Interessen der Gesellschaft an einem solchen Widerruf der Ruhegeldzusage und den Interessen des Vorstandsmitglieds an der Aufrechterhaltung seiner Anwartschaften und Ansprüche zu treffen. Dem gemäß kann es nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch bei schwersten Dienstpflichtverletzungen des Vorstandsmitglieds geboten sein, dessen Ruhegeldzusage nur zu kürzen, anstatt ihm das Ruhegehalt vollständig zu versagen. 6 2 4 Die Abwägung hat sich am M a ß s t a b von Treu und Glauben (§ 2 4 2 BGB) zu orientieren. 6 2 5 Einen fragwürdigen Grenzfall bildet eine Entscheidung des O L G M ü n c h e n , 6 2 6 die die Möglichkeit des Widerrufs einer Versorgungszusage trotz Verurteilung zu langjähriger Haftstrafe wegen Schmiergeldannahme und einem Schaden von 10 M i o Euro mangels Existenzgefährdung der AG verneint.

384

Weniger weit reichende Verletzungen der Pflichten als Vorstandsmitglied rechtfertigen keine Kürzung oder den Wegfall von Ruhegeldanwartschaften und -Zahlungen, und zwar selbst dann nicht, wenn die Versorgungszusage einen Widerrufsvorbehalt enthält oder die Pflichtverletzung zwar ausreicht, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags zu bilden, es sich aber dennoch nicht um eine ganz außergewöhnlich schwere Verfehlung h a n d e l t . 6 2 7

385

621

622 623

624

MünchKommAktG-He fermehl/Spindler2 185. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 56. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 186; MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 § 87, 62 ff zur Bestandsgefährdung. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 187.

(103)

625

626

627

BGH NJW 1984, 1529, 1530; OLG Hamburg AG 1980, 275, 281 f; Rose DB 1993, 1286, 1290; MünchHdbAG-Wiesner3 § 21, 56. OLG München DB 2005, 2198 mit zurecht krit. Anm von Greth und von Schumann, aaO. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 87; MünchHdbAG-Wiesner 2 · § 21, 56.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

ddd) Existenzgefährdung der AG 386

Neben sehr schweren Verfehlungen des Vorstandsmitglieds kann Grund für eine Kürzung oder einen Wegfall des Ruhegeldanspruchs auch die existenzgefährdende wirtschaftliche Notlage der Gesellschaft sein. 628 Rechtsgrundlage für eine solche Reduzierung ist nicht § 87 Abs 2, denn § 87 Abs 2 nimmt nur auf § 87 Abs 1 Satz 1 Bezug, nicht aber auf § 87 Abs 1 Satz 2 (dazu näher GroßkommAktG/iCort 4 § 87 Rdn 304). Vielmehr ist Rechtsgrundlage für eine Kürzung oder Einstellung von Ruhegehaltszahlungen wiederum der Grundsatz von Treu und Glauben, verbunden mit der nachvertraglichen Pflicht des Vorstandsmitglieds, auf die wirtschaftliche Situation der ruhegehaltsverpflichteten AG Rücksicht zu nehmen 6 2 9 oder der Gedanke der Störung der Geschäftsgrundlage (dazu GroßkommAktG/Kort 4 § 87 Rdn 305). Zu beachten ist bei Anwendung allgemeiner bürgerlichrechtlicher Normen allerdings stets, dass § 87 Abs 2 Satz 1 nur auf § 87 Abs 1 Satz 1 verweist und sich in dieser Beschränkung der Verweisung die gesetzgeberische Wertung manifestiert, dass die Reduzierung zumindest von Ruhegeldzahlungen ultima ratio sein soll.

387

Voraussetzung einer Kürzung oder Einstellung von Ruhegehaltszusagen ist, dass die Kürzung oder Einstellung ex ante betrachtet zur wirtschaftlichen Gesundung der AG beitragen kann. 6 3 0 Da die Gesellschaft bei der Kürzung oder (zeitweiligen) Einstellung von Ruhegehaltszahlungen nach Treu und Glauben (§ 2 4 2 BGB) handeln muss, entfällt die Kürzung oder vorläufige Einstellung der Ruhegehaltszahlungen, wenn eine ggf damit zu finanzierende Sanierung der Gesellschaft scheitert. 631

388

Nach § 7 Abs 1 Satz 3 Nr 5, Satz 4 BetrAVG in seiner bis 1998 geltenden Fassung bestand außerdem die Möglichkeit, die Versorgungsleistungen wegen wirtschaftlicher Notlage des Unternehmens zu kürzen oder einzustellen und stattdessen den Träger der Insolvenzsicherung zur Weiterzahlung des Ruhegehalts zu veranlassen. 632 Zwar ist diese Möglichkeit mit der Neuregelung von § 7 Abs 1 BetrAVG 1999 entfallen. Daraus folgt aber nicht, dass die AG nunmehr überhaupt keine Möglichkeit der Herabsetzung von Ruhegeldleistungen mehr hätte. 6 3 3 eee) Insolvenzsicherung

389

§ 7 BetrAVG in seiner ab 1.1.1999 geltenden Fassung hat die Insolvenzsicherung von Ruhegeldanwartschaften auf eine wesentlich veränderte Grundlage gestellt. Auch für Vorstandsmitglieder, die nach § 17 Abs 1 Satz 2 BetrAVG in den Anwendungsbereich der §§ 1 bis 16 BetrAVG fallen, 634 gilt die Insolvenzsicherung nach § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG. Es verbleibt allerdings nach § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG dabei, dass die Insolvenzsicherung im Insolvenzfall durch einen Übergang von Ansprüchen der Versorgungsempfänger auf den Träger der Insolvenzsicherung gewährleistet ist. Unterfällt ein Vorstandsmitglied nach § 17 Abs 1 Satz 2 BetrAVG der Insolvenzsicherung, so sind dessen Ansprüche im Insolvenzverfahren in derselben Weise zu behandeln wie Arbeitnehmeransprüche. 635 628

629

630

631

632

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 186; MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 § 87, 62 ff. MüncbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 S 87, 62. BGHZ 93, 383, 289; BGH W M 1979, 250, 251; BGH W M 1961, 299, 300. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 S 87, 64. Dazu MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 57.

633

634

635

So auch MünchKommAktG-He/emieW/ Spindler2 § 87, 62. Dazu BGHZ 77, 94, 96; 77, 233, 236 ff; BGH NJW 1980, 2 4 6 8 ; BGH NJW 1981, 2465, 2 4 6 6 ; BGH N Z G 2003, 327, 328; KK-Mertens1 36; Hüffer7 18; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 7; Fleck in FS Hilger/Stumpf 1983, S 197, 2 2 2 f; den W M 1994, 1957, 1967 ff. BGH N Z G 2 0 0 3 , 327, 328 f; Hüffer7 18.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Als Versorgungsempfänger im Sinne von § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG ist auch derjenige anzusehen, der bei Eintritt des Insolvenzfalls versorgungsberechtigt ist, aber noch keine Ruhegehaltszahlung erhalten hat oder über die Altersgrenze (dazu sogleich R d n 3 9 1 ) hinaus weitergearbeitet h a t . 6 3 6 D e r Eintritt der Insolvenzsicherung erfolgt lediglich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens, bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels M a s s e , bei einem außergerichtlichen Vergleich zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens unter Z u s t i m m u n g des Trägers der Insolvenzsicherung und bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit. Hingegen ist es anders als nach altem R e c h t (§ 7 Abs 1 Satz 3 N r 5, Satz 4 BetrAVG aF) nicht mehr möglich, eine Verpflichtung des Trägers der Insolvenzsicherung dadurch zu begründen, dass die wirtschaftliche N o t l a g e , die zur Kürzung oder Einstellung von Versorgungsleistungen führt, gerichtlich festgestellt wird oder die Kürzung vom Träger der Insolvenzsicherung genehmigt wird.

390

Von der Insolvenzsicherung wird das Ruhegehalt allerdings nach der Rechtsprechung des B G H nur erfasst, wenn der Berechtigte das 6 3 . L e b e n s j a h r vollendet hat oder Invalidität e i n t r i t t . 6 3 7 Für Zahlungen vor diesem Z e i t p u n k t handelt es sich hingegen um ein nicht insolvenzgeschütztes - Ubergangsgeld. Allerdings k a n n die Insolvenzsicherung nach § 7 BetrAVG nach Auffassung des B G H ausnahmsweise auch dann schon eingreifen, wenn eine Z a h l u n g des Ruhegelds schon a b einem Z e i t p u n k t zwischen dem 6 0 . und 6 3 . L e b e n s j a h r allgemein und nicht nur für den Fall unverschuldeten Ausscheidens vorgesehen ist. D a s ist der Fall, wenn eine derartig vertragliche Vorverlegung des Versorgungsfalltermins auf sachlichen, nicht außerhalb des Dienstverhältnisses liegenden Gründen beruht.638

391

N i c h t nur die Versorgungsansprüche, sondern auch die Versorgungsanwartschaften sind im Insolvenzfall gesichert. § 7 A b s 2 BetrAVG sieht vor, dass Anwartschaften, die zum Z e i t p u n k t des Eintritts des Sicherungsfalls bereits unverfallbar waren, erhalten bleiben und gegenüber dem Träger der Insolvenzsicherung fortbestehen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Wartezeit nach § 1 b Abs 1 BetrAVG erfüllt ist (gesetzliche Unverfallbarkeit). Für die Insolvenzsicherung von Ruhegeldanwartschaften genügt deren b l o ß vertragliche Unverfallbarkeit (mit einer kürzeren als der in § 1 b Abs 1 BetrAVG vorgesehenen Wartefrist) n i c h t . 6 3 9

392

Für die Insolvenzsicherung von Ruhegeldanwartschaften sind Vordienstzeiten zu berücksichtigen, wenn auch für diese eine Versorgungszusage bestand und das neue Dienstverhältnis unmittelbar an die Vordienstzeiten a n k n ü p f t . 6 4 0

393

Die Berechnung der H ö h e der laufenden Leistungen, die der Träger der InsolvenzSicherung schuldet, ergibt sich aus § 7 A b s 3 BetrAVG. Sie beträgt das Dreifache der im Z e i t p u n k t der ersten Fälligkeit maßgeblichen Bezugsgröße g e m ä ß § 18 S G B IV, somit das Dreifache des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten im vorvergangenen Kalenderjahr. Die Versicherungshöchstgrenze liegt damit für Vorstandsmitglieder häufig unter der Versorgungszusage. Eine anderweitige Absicherung der Ruhegehaltszusage, zB durch die Verpfändung von Immobilien, Wertpapieren oder Forderungen, kann daher empfehlenswert sein.641

394

636

637

BGHZ 77, 233, 245 f; 78, 73, 74; 108, 330, 336; BGH WM 1980, 1116; BGH WM 1981,1344; MünchHdbAG-Wiesner3 § 21, 58. BGH WM 1981, 762, 764; KK-Mertens 1 72; MünchHdbAG-W/estter 3 § 21, 58; Fonk in FS Semler 1993, S 139, 145.

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638

639 640

641

BGH WM 1984, 1324; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 58. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 59. BAG WM 1984, 162; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 59. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 60.

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§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

gg) Hinterbliebenenversorgung 395

Zwar nicht stets, aber regelmäßig enthält die Versorgungszusage gegenüber einem Vorstandsmitglied auch eine Hinterbliebenenversorgung (Witwen- oder Witwerrente, Partnerrente sowie Waisenrente). Ist eine Witwen- oder Witwerrente (oder Partnerrente) zugesagt, so erwirbt der überlebende (Ehe-)Partner im Todesfall des Vorstandsmitglieds gemäß § 331 Abs 1 B G B ein unmittelbares Recht auf die Hinterbliebenenleistung und damit ein eigenes Forderungsrecht gegen die AG. Dennoch wird die Gesellschaft auch gegenüber den Hinterbliebenen vom Aufsichtsrat nach § 112 vertreten, da der Zweck von § 112, eine unbefangene Wahrung der Gesellschaftsbelange sicherzustellen, 6 4 2 auch gegenüber den Hinterbliebenen eines verstorbenen Vorstandsmitglieds Berücksichtigung finden muss. 6 4 3

396

Zu Lebzeiten des Vorstandsmitglieds entsteht noch kein Anwartschaftsrecht des (Ehe-)Partners oder von Kindern auf die zukünftige Hinterbliebenenrente. Die Zahlung einer Witwen- oder Witwerrente kann vertraglich unter die Bedingung gestellt werden, dass die Ehe mindestens zwei Jahre besteht. 6 4 4 Nach Auffassung des LG K ö l n 6 4 5 kann auch eine Witwen- oder Witwerrente (selbst ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung) gekürzt werden, wenn der Versorgungsberechtigte später einen Partner heiratet, der wesentlich jünger ist als er, allerdings muss der Altersunterschied beträchtlich sein. Dem dürften auch aus heutiger Sicht keine Bedenken wegen (Alters-)Diskriminierung entgegenstehen. f) Auslagenersatz

397

Schon aus dem Charakter des Anstellungsvertrags als eines auf eine entgeltliche Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstvertrags ergibt sich ein Anspruch des Vorstandsmitglieds auf Vorschuss für die erforderlichen Aufwendungen nach § 6 6 9 B G B sowie ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach § 6 7 0 B G B . 6 4 6 Zu den Aufwendungen nach § 6 7 0 B G B sind nicht nur freiwillige Vermögensopfer zu rechnen, sondern auch unfreiwillige Vermögensopfer, also Schäden, die das Vorstandsmitglied ohne eigenes Verschulden bei seiner Tätigkeit erlitten h a t . 6 4 7 Das Vorstandsmitglied muss seine Auslagen ordnungsgemäß belegen. Andernfalls besteht - vorbehaltlich anders lautender vertraglicher Vereinbarungen - kein Anspruch auf Auslagenersatz. Eine Mitwirkung des Vorstandsmitglieds am Zustandekommen eines Jahresabschlusses, in dem ein Auslagenersatz nicht berücksichtigt worden ist, bedeutet noch keinen Verzicht auf den Auslagenersatz. 6 4 8

398

Die Pflicht der Gesellschaft, Auslagenersatz zu gewähren, umfasst auch die Pflicht, das Vorstandsmitglied von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten zu befreien (§ 2 5 7 Abs 1 BGB). g) Regress bei persönlicher Haftung des Vorstandsmitglieds?

399

Bei einem Handeln des Vorstandsmitglieds im Außenverhältnis kann ggf dessen persönliche Haftung gegenüber Dritten in Betracht kommen. Fraglich ist dann, inwiefern das Vorstandsmitglied anstellungsvertraglich für einen von ihm zu leistenden Schadens-

642

643 644 645

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 S 112, 2, 32. MünchHd bAG- Wiesner3 § 21, 61. BAG NZA 1988, 158. LG Köln DB 1985, 2252.

646

647 648

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 73; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 62. MünchHdbAG-W«s«er3 § 21, 62. OLG Hamburg Soergel Rspr 1910, 754; MiincÜKommAktG-Hefermehl/Spindler2 73.

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

ersatzanspruch Regress bei seiner AG nehmen k a n n . E x lege, also o h n e anstellungsvertragliche oder sonstige einzelvertragliche Regelung, k a n n ein solcher Regressanspruch allenfalls dann bestehen, wenn das Verhalten des Vorstandsmitglieds nicht als schuldhafte Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft anzusehen i s t . 6 4 9 Diese Fälle sind aber selten, da das Vorstandsmitglied ein gesetzmäßiges Verhalten gegenüber Dritten in der Regel auch gegenüber der Gesellschaft schuldet, so dass sich ein haftungsbegründendes Verhalten gegenüber Dritten im allgemeinen auch als schuldhafte Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft darstellt und somit nicht zu Regressansprüchen führen k a n n . D a h e r k ö n n e n Vorstandsmitglieder von ihrer Außenhaftung, etwa nach § 1 1 7 oder nach § § 8 2 3 , 8 2 6 B G B , nicht im Anstellungsvertrag im Vorhinein pauschal freigestellt werden. Allerdings k a n n es Fälle geben, bei denen die R e c h t m ä ß i g k e i t des Vorstandshandelns zweifelhaft ist. Stellt sich in einem solchen Fall das Vorstandsmitglied auf einen für die Gesellschaft günstigen R e c h t s s t a n d p u n k t , wozu es angesichts seiner Pflicht, das Unternehmensinteresse zu fördern, sogar gezwungen sein m a g , und muss dieses Verhalten des Vorstandsmitglieds dennoch aber e x post gegenüber Dritten als Pflichtverletzung angesehen werden, so kann eine Regresspflicht der Gesellschaft in Hinblick auf Haftungsansprüche Dritten gegen das Vorstandsmitglied ausnahmsweise b e s t e h e n . 6 5 0

400

Ein Pflichtverstoß des Vorstandsmitglieds gegenüber der A G ist im Innenverhältnis dann nicht anzunehmen, wenn der v o m Vorstandsmitglied eingenommene Standpunkt ex ante betrachtet nicht eindeutig rechts- oder pflichtwidrig ist und für die Gesellschaft die M ö g l i c h k e i t der Verwirklichung großer wirtschaftlicher C h a n c e n b i e t e t . 6 5 1 Ferner k a n n es im Innenverhältnis an einer Pflichtverletzung fehlen, wenn ein unverzügliches Handeln des Vorstandsmitglieds geboten ist oder das Handeln des Vorstandsmitglieds im Außenverhältnis einer Gefährdungs- oder Erfolgshaftung unterliegt, im Innenverhältnis aber (noch) nicht als Pflichtverletzung anzusehen i s t . 6 5 2

401

h) Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Im Übrigen resultieren jedoch aus einem im Außenverhältnis rechtswidrigen Verhalten des Vorstandsmitglieds keine Freistellungs- oder Regressansprüche gegenüber der Gesellschaft, selbst wenn das Verhalten des Vorstandsmitglieds im Unternehmensinteresse lag. S o muss das Vorstandsmitglied Geldstrafen oder Geldbußen im Allgemeinen selbst tragen, kann also keinen Regress n e h m e n . 6 5 3

402

Eine Pflicht zur Erstattung von Geldstrafen und Geldbußen und damit zusammenhängenden Verfahrens- und Anwaltskosten (zu letzteren auch unten R d n 4 0 7 ) besteht nicht bereits aus dem Gesichtspunkt des Unternehmens- und Betriebsrisikos. Bei der Übertragung der aus dem Arbeitsrecht stammenden Betriebsrisikolehre auf das Verhältnis von Gesellschaft und Vorstandsmitglied (dazu auch unten R d n 4 1 7 ) ist eine gewisse Z u rückhaltung geboten. Abgesehen davon lassen sich gegen das Vorstandsmitglied im R a h men seiner Tätigkeit verhängte Geldstrafen oder Geldbußen ohnehin nicht generell als Teil des Betriebsrisikos ansehen, das nur die Gesellschaft, nicht aber das Vorstandsmitglied trifft. D a h e r besteht eine Erstattungspflicht der Gesellschaft aus Betriebsrisikogesichtspunkten allenfalls dann, wenn das Bußgeld angesichts seiner H ö h e nicht nur das Vorstandsmitglied, sondern auch die Gesellschaft treffen s o l l . 6 5 4

403

649 650 651 652

KK-Mertens 1 77. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 Ähnlich KK-Mertens 2 77. KK-Mertens 2 77.

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653

74. 654

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 74; KK-Mertens 2 79; Baumbach/Hueck13 8. KK-Mertens 2 79.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

404

Abgesehen davon, dass das Vorstandsmitglied mit einen gegen das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht verstoßenden Verhalten ohnehin regelmäßig zugleich seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt, 6 5 5 schließt der Sinn und Z w e c k des strafund ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktionensystems einen zivilrechtlichen Regress des Täters a u s . 6 5 6 D a h e r k a n n sich die Gesellschaft auch nicht anstellungsvertraglich oder aufgrund besonderer Vereinbarung vor der Begehung einer Straftat oder einer ordnungswidrigen H a n d l u n g verpflichten, ggf anfallende Geldstrafen oder Geldbußen zu übern e h m e n . 6 5 7 Solche Erstattungszusagen sind nach § 1 3 4 B G B nichtig, weil sie auf die Begehung einer Strafvollstreckungsvereitelung nach § 2 5 8 Abs 2 S t G B gerichtet s i n d . 6 5 8

405

Hingegen ist die nachträgliche Übernahme von Geldstrafen und Geldbußen auch dann, wenn der T ä t e r diese n o c h nicht beglichen hat, keine Strafverfolgungsvereitelung im Sinne von § 2 5 8 Abs 2 S t G B . 6 5 9 Eine solche straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlich unbedenkliche nachträgliche Ü b e r n a h m e einer Geldstrafe oder Geldbuße ist j e d o c h gesellschaftsrechtlich auch an Sinn und Z w e c k von § 9 3 zu m e s s e n . 6 6 0 D a h e r k o m m t eine vertragliche Verpflichtung zur nachträglichen Ü b e r n a h m e von Geldstrafen und Geldbußen nur in Betracht, wenn die Tat entweder keine schuldhafte Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft ist, w a s in der Regel nur bei fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeiten der Fall sein k a n n , oder aber die Tat zwar eine schuldhafte Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft ist, jedoch das Verfahren nach § 9 3 Abs 4 eingehalten wird. 6 6 1

406

Auch bei Verhängung von Strafen und Geldbußen im Ausland gilt grundsätzlich nichts anderes. Ein Verstoß des Vorstandsmitglieds gegen ausländische Straf- oder Ziviln o r m e n ist in der Regel, w e n n auch nicht durchgängig, in demselben A u s m a ß wie ein Verstoß gegen inländische N o r m e n zugleich ein Pflichtverstoß gegenüber der Gesellschaft. D a s gilt lediglich dann nicht, wenn das ausländische R e c h t e r k e n n b a r von einem gegenüber dem deutschen R e c h t grundsätzlich abweichenden Verständnis von Strafrechts-, Zivilrechts- oder Wirtschaftsrechtsfragen a u s g e h t . 6 6 2 i) A u s m a ß des Ersatzes von Verfahrenskosten

407

Z u den Aufwendungen, die dem Vorstandsmitglied seitens der A G zu ersetzen sind (dazu allg o b e n R d n 3 9 7 ) , k ö n n e n auch die K o s t e n für die Führung eines zivilrechtlichen Rechtsstreits oder die Kosten für eine Verteidigung in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren g e h ö r e n . 6 6 3 Allerdings besteht eine Aufwendungsersatzpflicht der Gesellschaft im Allgemeinen nicht, wenn sich das Verhalten des Vorstandsmitglieds, das Anlass des Verfahrens ist, als schuldhafter Pflichtverstoß gegenüber der Gesellschaft darstellt. Begeht etwa ein Vorstandsmitglied bei seiner Tätigkeit für die Gesellschaft eine Straftat, zu der es rechtskräftig verurteilt wird, so k a n n es die Strafverteidigungskosten selbstverständlich nicht von der Gesellschaft ersetzt verlangen. Anders ist die Lage zu beurteilen, wenn der G r a d des Verschuldens gering ist oder unklar bleibt, o b überhaupt ein schuld-

655

656 657

658 659

KK-Mertens 2 79, 81; Bastuck Enthaftung S 141 ff; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 63. KK-Mertens 2 79. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 74; Bastuck Enthaftung S 137; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 63; Kapp NJW 1992, 2796, 2798; Rehbinder ZHR 148 (1984) 555, 573 f. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 63. BGH NJW 1991, 990, 992; MünchKomm-

AktG-Hefermehl/Spindler2 74; KK-Mertens 2 82; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 63. 660 NlünchKommAVtG-Hefermehl/Spindler1 74. 6 6 1 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 74; KK-Mertens 1 81; MünchHdbAG- Wiesner 3 % 21, 63; Rehbinder ZHR 148 (1984) 555, 569 ff. 6 6 2 Teilweise aA KK-Mertens2 79. 663 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 74; KK-Mertens 2 80.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

haftes Verhalten gegenüber der Gesellschaft vorliegt. Vor allem bei Ordnungswidrigkeiten k a n n die Verantwortlichkeit - trotz grundsätzlicher Geltung des Verschuldensprinzips auch im Ordnungswidrigkeitenrecht - so weit gehen, dass sie im Ergebnis auf eine Verantwortlichkeit schon für ein b l o ß e s Erfolgsunrecht hinausläuft. E b e n s o , wie es in solchen Grenzfällen ausnahmsweise geboten sein k a n n , dass die A G dem Vorstandsmitglied eine ihm auferlegte Geldbuße ersetzt (dazu o b e n R d n 4 0 2 f f ) , 6 6 4 k a n n die A G verpflichtet sein, in solchen Fällen einer Verurteilung des Vorstandsmitglieds dessen Rechtsverteidigungskosten zu ersetzen. In jedem Fall hat das Vorstandsmitglied ein R e c h t , von der Gesellschaft einen Kostenvorschuss iS von § 6 6 9 B G B für Anwalts- und Verfahrenskosten zu verlangen, wenn es einen zivilrechtlichen Rechtsstreit wegen der I n a n s p r u c h n a h m e durch Dritte führt oder ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das Vorstandsmitglied eingeleitet i s t . 6 6 5 j)

ErstattungsVereinbarungen

Besteht somit e x lege im Allgemeinen nur dann eine Pflicht der Gesellschaft zur Erstattung von Kosten bei zivilrechtlichen Ansprüchen Dritter gegenüber dem Vorstandsmitglied sowie in Z u s a m m e n h a n g mit Straf- und Ordnungswidrigkeiten, wenn das Verhalten des Vorstandsmitglieds nicht eine schuldhafte Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft ist, so fragt sich, o b die A G dem Vorstandsmitglied eine Erstattung darüber hinaus auf vertraglicher Basis zusagen k a n n . S o w o h l vertragliche, auf zukünftige Fälle bezogene generelle Freistellungserklärungen als auch die nachträgliche freiwillige Begleichung von Kosten stoßen vielfach auf B e d e n k e n .

408

Soweit es sich bei entsprechenden Vereinbarungen nur um eine vertragliche Übernahme schon ex lege bestehender Erstattungspflichten der A G handelt, sind sie jedoch unbedenklich. Wenn es hingegen u m die vertragliche Ü b e r n a h m e von Erstattungspflichten geht, die e x lege nicht bestehen, kann dem § 9 3 e n t g e g e n s t e h e n . 6 6 6 D e r Kreis der Pflichten, dessen Erfüllung das Vorstandsmitglied der Gesellschaft schuldet, kann nicht durch vertragliche Vereinbarung eingeschränkt werden. Ist daher das schuldhafte Verhalten des Vorstandsmitglieds im Außenverhältnis - wie im Regelfall - zugleich eine schuldhafte Pflichtverletzung im Innenverhältnis, so steht einer vertraglichen Erstattungspflicht im allgemeinen das Telos von § 93667 _ vorbehaltlich von § 9 3 Abs 4 Satz 3 - entgegen.668

409

D a s R e c h t zur Geltendmachung von Rechtsmitteln kann die Gesellschaft dem Vorstandsmitglied nicht durch vertragliche Einräumung eines Erstattungsanspruchs „ a b k a u f e n " , 6 6 9 w o h l aber k a n n die Gesellschaft, wenn Anlass zu der begründeten A n n a h m e besteht, ein durch Geldbuße sanktioniertes Verhalten des Vorstandsmitglieds sei keine Pflichtverletzung ihr gegenüber, mit dem Vorstandsmitglied vereinbaren, dass dieses o h n e Einlegung von Rechtsmitteln die Geldbuße h i n n i m m t , die die A G ihm erstattet.

410

k ) Weitere Fragen der Vergütungsleistung aa)

Erfüllungsort

D e r Erfüllungsort für die Leistung der Vergütung und für eventuelle Rückzahlungsleistungen des Vorstandsmitglieds bei einer unberechtigten Vergütungszahlung ist der 664 665 666

KK-Mertens1 79. KK-Mertens 2 80. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 § 93, 134 ff.

(109)

667

668 669

Dazu allg MünchKommAktG-Hefermehl/ Spindler2 § 93, 1. Ähnlich KK-Mertens2 81. KK-Mertens2 81.

Michael Kort

411

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

O r t , an dem die Gesellschaft den Zahlungsverkehr mit dem Vorstandsmitglied erfasst und abwickelt, also in aller Regel der Sitz der A G . 6 7 0 bb) Verjährung 412

Die Ansprüche auf das laufende G e h a l t sowie die Ruhegeldansprüche der Vorstandsmitglieder verjähren nach § 1 9 5 B G B in drei J a h r e n . cc) Kosten- und Streitwert

413

D e r K o s t e n w e r t 6 7 1 bei Vergütungs- und Ruhegehaltsklagen bemisst sich nach § 17 A b s 4 G K G , 6 7 2 da das Vorstandsmitglied insofern wie ein Arbeitnehmer zu behandeln i s t . 6 7 3 Im Gegensatz zu diesem Kostenwert bemisst sich der Streitwert nach § 9 Z P O . 6 7 4 dd) Pfändungsschutz

414

Pfändungsrechtlich unterliegen nach neuerer Rechtsprechung des B G H die laufenden Bezüge eines Vorstandsmitglieds den Pfändungsschutzbestimmungen der § § 8 5 0 ff Z P O . 6 7 5 D e m ist zuzustimmen, denn in dieser Hinsicht ist das Vorstandsmitglied ähnlich schutzwürdig wie ein A r b e i t n e h m e r . 6 7 6 D a s Gehalt des Vorstandsmitglieds unterliegt somit ua den Pfändungsfreigrenzen des § 8 5 0 c Z P O . 6 7 7 9. Entgeltzahlung im Falle der Nichtleistung

415

D e r Anstellungsvertrag unterliegt als Dienstvertrag § § 6 1 1 ff B G B . D e m g e m ä ß werden wie bei jedem Dauerschuldverhältnis §§ 3 2 3 ff B G B teilweise durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung (gemäß § 6 2 6 B G B ; dazu im Einzelnen unten R d n 4 8 1 ff) verdrängt. § 3 2 3 B G B findet, falls das Vorstandsmitglied die Leistung, zu der es verpflichtet ist, unverschuldet nicht erbringen k a n n , nur begrenzt Anwendung. Wenn etwa ein Vorstandsmitglied für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Z e i t unverschuldet an der Erbringung seiner Arbeitsleistung aus einem in seiner Person liegenden G r u n d verhindert ist, so gilt § 6 1 6 B G B . 6 7 8 In einem solchen Fall sind dem Vorstandsmitglied dessen Bezüge auch dann für einen verhältnismäßig nicht erheblichen Z e i t r a u m weiterzugewähren, wenn von Anfang an feststeht, dass die Verhinderung über diesen Z e i t r a u m hinaus f o r t b e s t e h t . 6 7 9 O b ein Z e i t r a u m unerheblich ist oder nicht, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden.

416

Im Fall der Erkrankung des Vorstandsmitglieds ist das Entgeltfortzahlungsgesetz sinng e m ä ß a n z u w e n d e n . 6 8 0 Hingegen k o m m t - vorbehaltlich einer abweichenden anstellungsvertraglichen Regelung - selbst dann, wenn das Vorstandsmitglied schon über einen längeren Z e i t r a u m für die Gesellschaft tätig ist, eine Vergütungsfortzahlung über den

670

671 672

673

674

675

MünchHdbAG-Wiesner 3 $ 21, 28; auch BGH WM 1985, 283 (entsprechend für GmbH). Dazu BGH W M 1978, 1106 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 69; Hüffer7 18. Hüffer7 18; Fleck in FS Hilger/Stumpf 1983, S 197, 209. BGH WM 1978, 1106 f; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 69; Hüffer7 18. BGH NJW 1978, 756; auch Hüffer7 18;

676 677

678 679

680

KK-Mertens 1 58; anders noch BGHZ 41, 282, 283. MündriKommAktG-Hefermehl/Spindler1 69. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 69; KK-iWertens2 36; Hüffer7 18. Mün&iKommkkiG-Hefermehl/Spindler1 66. BGHZ 10, 187, 192; KK-Mertens 1 57; kritisch MünchKommAktG-He/enweW/ Spindler1 66. AA MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler1 68.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(110)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

in § 3 Abs 1 Entgeltfortzahlungsgesetz enthaltenen S e c h s - W o c h e n - Z e i t r a u m nicht in Bet r a c h t , 6 8 1 denn das Vorstandsmitglied verdient auch unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht zwischen der Gesellschaft und d e m Organmitglied keinen Schutz, der weiter reicht als der Schutz n o r m a l e r Arbeitnehmer, die im Gegenteil in g r ö ß e r e m A u s m a ß schutzwürdig s i n d . 6 8 2 Ferner k ö n n e n in gewissem U m f a n g auf das Anstellungsverhältnis die aus dem Arbeitsrecht stammenden Grundsätze des Betriebs- und Unternehmensrisikos Anwendung finden, soweit dem nicht die besondere Stellung des Vorstandsmitglieds entgegens t e h t . 6 8 3 D e m g e m ä ß sind einem Vorstandsmitglied auch dann dessen Bezüge weiterzuzahlen, wenn das Vorstandsmitglied selbst leistungsbereit ist, die Gesellschaft aber o h n e eigenes Verschulden aufgrund eines innerbetrieblichen oder von außen a u f den Betrieb oder das Unternehmen einwirkenden, jedoch in der Sphäre der Gesellschaft liegenden Umstands gehindert ist, die angebotene Leistung a n z u n e h m e n . 6 8 4

417

Trifft das Vorstandsmitglied an der Unmöglichkeit der Erbringung seiner Dienstleistung ein Verschulden, so entfällt sein Anspruch auf Vergütung. Eine Kürzung des Vergütungsanspruchs bei Schlechtleistung nach Teilunmöglichkeitsregeln oder unter A n w e n dung der Grundsätze der Schlechtleistung scheidet im Allgemeinen aus, j e d o c h kann die A G einen Schadensersatzanspruch nach § 9 3 haben. H a t die Gesellschaft die Unmöglichkeit der Erbringung der Dienstleistung ihrerseits zu vertreten oder befindet sie sich g e m ä ß § 6 1 5 B G B in Annahmeverzug, so muss sie das Gehalt des Vorstandsmitglieds weiter zahlen. Allerdings gebieten § 3 2 6 Abs 2 Satz 2 B G B und § 6 1 5 Satz 2 B G B , dass sich das Vorstandsmitglied Ersparnisse und anderweitige Bezüge anrechnen lassen m u s s . 6 8 5 Eine Gehaltskürzung nach Treu und Glauben (§ 2 4 2 B G B ) k o m m t hingegen in einem solchen Fall nicht in B e t r a c h t . 6 8 6

418

Wenn die Gesellschaft den Anstellungsvertrag unberechtigt gekündigt hat (dazu unten R d n 5 6 3 f) oder das Vorstandsmitglied unberechtigt beurlaubt hat, so setzt ein W i d e r spruch des Vorstandsmitglieds hiergegen die Gesellschaft in Annahmeverzug, falls das Vorstandsmitglied weiterhin leistungsbereit i s t . 6 8 7 Ein ausdrückliches Angebot der Leistung g e m ä ß §§ 2 9 4 , 2 9 5 B G B ist dann nicht m e h r e r f o r d e r l i c h . 6 8 8

419

N a c h § 6 2 9 B G B hat die Gesellschaft die Pflicht, dem Vorstandsmitglied vor seinem Ausscheiden angemessene Z e i t zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.689

420

10. Urlaub a) Allgemeiner Urlaubsanspruch D a s Bundesurlaubsgesetz findet auf Vorstandsmitglieder nicht in t o t o Anwendung (zur entsprechenden Anwendung einzelner Bestimmungen des Gesetzes s unten R d n 4 2 3 ) . D e n n o c h besteht bereits e x lege, also o h n e besondere vertragliche Vereinbarung, ein Anspruch des Vorstandsmitglieds auf U r l a u b . 6 9 0 Dieser Urlaubsanspruch ergibt sich aus

681 682

683 684

AA wohl KK-Mertens 1 57. Insofern wie hier MünchKommAktG-He/ermehl/Spindler2 66. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 66. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 66; kritisch Zöllner in FS Koppensteiner 2001, S 291, 295 f (nur Annahmeverzug kommt in Betracht).

(Iii)

685 686 687 688 689 690

KK-Mertens2 58. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 67. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 67. MimcbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 67. KK-Mertens2 74. Teilweise aA MünchKommAktG-He/ermebUSpindler1 72.

Michael Kort

421

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

der Treue- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied, 691 das seine gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft schuldet und daher auch ohne dahingehende vertragliche Vereinbarung - insofern durchaus arbeitnehmerähnlich - einen Anspruch auf Erholungsurlaub hat. 422

Der Urlaubsanspruch ist auf Freizeitgewährung zum Zweck der Erholung und der Fortzahlung der Bezüge gerichtet. 692 Für den Umfang der dem Vorstandsmitglied im Einzelnen zustehenden Ansprüche und für die Ausgestaltung des Urlaubs ist in erster Linie die anstellungsvertragliche Parteivereinbarung relevant. 693 Bei Fehlen von Abreden sind die für die Urlaubsansprüche leitender Angestellter der AG geltenden Grundsätze entsprechend heranziehbar. 694 b) Entsprechende Anwendung einzelner Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes

423

Obwohl das Bundesurlaubsgesetz - wie dargelegt (Rdn 421) - nicht in toto Anwendung findet, lassen sich einzelne seiner Grundgedanken auch für den Urlaubsanspruch des Vorstandsmitglieds heranziehen. So gilt § 7 Abs 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz entsprechend, dh der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. 695 Dringende betriebliche oder in der Person des Vorstandsmitglieds liegende Gründe können eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr statthaft machen (§ 7 Abs 3 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz analog). 6 9 6 Auch § 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz findet entsprechende Anwendung. Daher tritt in dem Fall, dass der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, an die Stelle des Urlaubsanspruchs ein Urlaubsabgeltungsanspruch. Das gilt allerdings nicht, wenn der Urlaub deshalb nicht genommen werden kann, weil das Anstellungsverhältnis wegen eines groben Pflichtverstoßes des Vorstandsmitglieds fristlos gekündigt worden ist 6 9 7 (zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrags s unten Rdn 481 ff). c) Umfang und zeitliche Lage des Urlaubs

424

Ist der Umfang des Urlaubs nicht anstellungsvertraglich festgelegt, so entscheidet der Aufsichtsrat nach billigem Ermessen über den Urlaubsumfang. Geht es hingegen um die zeitliche Lage des Urlaubs, so entscheidet hierüber der Aufsichtsrat nicht generell, sondern nur im Rahmen seiner Kompetenz zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand. Ansonsten ist es Sache der Vorstandsmitglieder, sich hinsichtlich der zeitlichen Lage und der Verteilung des Urlaubs sowie über Urlaubsvertretungen untereinander abzustimmen. 698 Richtschnur für die Verteilung ist stets das Unternehmensinteresse. Bei wichtigen Entscheidungen des Gesamtvorstands kann auch ein im Urlaub befindliches Vorstandsmitglied verpflichtet sein, an einer Abstimmung mitzuwirken. 699

691

692 693 694

695 696

Dazu M ü n c h K o m m A k t G - H e f e r m e h l / Spindler2 44. MünchKommAktG-Hefermekl/Spindler2 MünchKommAkcG-Hefermehl/Spindler2 MunchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 KK-Mertens1 74. MünchKammAktG-Hefermehl/Spindler2 MunchKommAktG-He fermehl/Spindler2

697 698

72. 72. 72; 72. 72.

699

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 72. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 72; Zöllner in FS Koppensteiner 2 0 0 1 , S 2 9 1 ; HdbVorstandsR-Tfcüsi'tfg § 4, 7 7 ; aA noch Meyer-Landrut in Vorauflage Anm 5 8 (Aufsichtsrat entscheidet nach billigem Ermessen). KK-Mertens2 74.

S t a n d : 1. 1 0 . 2 0 0 6

(112)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

11. Zeugnis Das Vorstandsmitglied hat nach § 630 BGB einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses, 700 das nach § 112 vom Aufsichtsrat ausgestellt wird. Der Anspruch auf Zeugniserteilung besteht unabhängig davon, ob das Vorstandsmitglied sich noch im Amt befindet oder bereits ausgeschieden ist. 701 Die Zeugniserteilung hat bei Vorstandsmitgliedern allerdings geringe praktische Bedeutung. 7 0 2

425

12. Pflichten des Vorstandsmitglieds a) Ex lege bestehende Pflichten aa) Einzelne Pflichten Die Pflichten als Vorstandsmitglied resultieren aus dem Gesetz und dem Anstellungsvertrag 7 0 3 . Als ausdrücklich gesetzlich geregelte Pflichten sind zunächst die Pflicht zur Leitung der Gesellschaft unter eigener Verantwortung (§ 76 Abs 1; dazu GroßkommA k t G / K o r t 4 § 76 Rdn 28ff), die Pflicht zur Geschäftsführung (§ 77, dazu GroßkommAktG/Korf 4 § 77 Rdn 3f) und die Pflicht zur Vertretung der Gesellschaft (§ 78) zu nennen. Ferner sieht das Gesetz in § 88 ein während der Amtszeit des Vorstandsmitglieds bestehendes Wettbewerbsverbot vor, das sowohl dem Schutz der Gesellschaft vor einem anderweitigen Einsatz der Arbeitskraft des Vorstandsmitglieds als auch ihrem Schutz vor Wettbewerbshandlungen dient (dazu ausführlich GroßkommAktG/iCorf 4 § 88 Rdn 3). § 90 enthält Berichtspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat als Ausprägungen der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats (dazu GroßkommAktG/Kori 4 § 90 Rdn 1). Im Rahmen dieser Berichtspflichten können sich die Vorstandsmitglieder nicht auf die ansonsten bestehende Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs 1 Satz 3 berufen. Die Verschwiegenheitspflicht nach § 93 Abs 1 Satz 3 besagt, dass Vorstandsmitglieder über vertragliche Angaben und Geheimnisse der AG Stillschweigen zu wahren haben. Hierbei handelt es sich um eine Präzisierung der organschaftlichen Treuepflicht.

426

bb) Generalpflicht Uber die genannten gesetzlichen Einzelpflichten hinaus sieht § 93 Abs 1 Satz 1 vor, dass die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen, gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben. Diese N o r m umschreibt einerseits den an die Vorstandsmitglieder anzulegenden Verschuldensmaßstab, andererseits aber auch generalklauselartig objektive Verhaltenspflichten, aus denen durch Konkretisierung Einzelpflichten erwachsen können. 7 0 4

427

Außerdem bestehen aufgrund des organschaftlichen Akts der Bestellung ex lege organschaftliche Treuebindungen des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG. Diese reichen über § 242 BGB h i n a u s 7 0 5 und begründen eine Treuepflicht des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG. 7 0 6 Daraus folgt, dass das Vorstandsmitglied nicht seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen darf, sondern die Interessen der Gesell-

428

700

LG Wuppertal vom 16.4.1985 - 11 Ο 79/84 (nicht veröffentlicht); MünchKommAktG-

702

Hefermehl/Spindler2 76; MünchHdbAG-

704

3

Wiesner

§ 21, 65; iE ebenso, aber zwei-

felnd Hüffer7 17. 701

703

§ 93, 17. 705

MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er 2

73; KK-Mertens2 75.

(113)

MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 65. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 76. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 § 76, 14.

706

MünchKommAktG-Hefermehl/Sptndler1

Michael Kort

77.

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

schaft wahrnehmen muss. 7 0 7 Dem entsprechend darf das Vorstandsmitglied nicht an der AG vorbei auf eigene Rechnung und zu eigenem Vorteil Geschäfte machen. 7 0 8 Aus der Treuepflicht kann ferner folgen, dass das Vorstandsmitglied nicht versuchen darf, Ansprüche durchzusetzen, die ihm der Aufsichtsrat nicht gewähren wollte. 7 0 9 Hingegen folgt aus der Treuepflicht nicht, dass das Vorstandsmitglied eigene Mittel einsetzen muss, um gewinnbringende Geschäfte der AG zu sichern. 710 429

Die Treuepflicht des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG besteht - wenn auch in weniger intensiver Ausprägung - auch noch nach seinem Ausscheiden bzw seiner Pensionierung. 711 b) Vertragliche Pflichten

430

Die ex lege ohnehin bestehenden Pflichten des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG werden aufgrund des Anstellungsvertrags zugleich zu vertraglichen Pflichten, 712 deren Erfüllung ebenfalls an § 93 Abs 1 Satz 1 zu messen ist. aa) Nebentätigkeitsverbot

431

Häufig finden sich im Anstellungsvertrag jedoch noch weitere Pflichten. So kann im Anstellungsvertrag ausdrücklich vorgesehen werden, dass das Vorstandsmitglied der Gesellschaft seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat. 7 1 3 Damit zusammenhängend sieht der Anstellungsvertrag oft vor, dass Nebentätigkeiten der Zustimmung der Gesellschaft bzw der Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Zustimmung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats bedürfen. 714 Ein Verbot nicht genehmigter Nebentätigkeiten kann sich auf entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeiten, so zB Publikationsund Vortragstätigkeiten, aber auch auf die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten erstrecken. Ist vorgesehen, dass eine Nebenbeschäftigung nur mit Zustimmung der Gesellschaft ausgeübt werden darf, so erstreckt sich dieser Zustimmungsvorbehalt im Zweifel auf jegliche entgeltliche Tätigkeit, die während der Freizeit ausgeübt wird. 7 1 5 bb) Verpflichtung zu zusätzlicher Tätigkeit

432

Umgekehrt kann der Anstellungsvertrag vorsehen, dass das Vorstandsmitglied zu bestimmten, nicht schon ohnehin aus dem Vorstandsamt ex lege resultierenden (Neben-) Tätigkeiten oder der (sonstigen) Wahrnehmung von Ämtern verpflichtet ist. So kann das Vorstandsmitglied verpflichtet werden, auf Wunsch des Vorstands Aufsichtsratsmandate oder Beiratsmandate bei anderen Gesellschaften wahrzunehmen oder ehrenamtliche Aufgaben bei Verbänden, der die Gesellschaft angehört, zu übernehmen, aber auch wieder aufzugeben. Ferner kann der Anstellungsvertrag eine Residenzpflicht des Vorstandsmitglieds einschließlich einer Pflicht zur Mitteilung bei Ortsabwesenheit sowie die Einhaltung bestimmter Dienstzeiten vorsehen. 716 Für Diensterfindungen kann die Geltung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes mit entsprechender Pflichtenstellung des Vorstands-

707 708 709 710 711 712

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 KK-Mertens 2 § 93, 3; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 66.

77. 77. 77. 77. 77. 76;

713 714

715 716

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 46. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 76, 78. KK-Mertens2 84. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 76; KK-Mertens 2 84.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

S 84

mitglieds vereinbart werden. Für die schuldhafte Verletzung anstellungsvertraglicher oder gesetzlicher Pflichten des Vorstandsmitglieds kann ferner die Zahlung einer Vertragsstrafe vertraglich vorgesehen werden. 7 1 7 cc) Herausgabepflichten Außerdem kann der Anstellungsvertrag Auskunfts- und Herausgabepflichten generell oder detailliert regeln. Schon ex lege ergeben sich aus dem Verweis in § 6 7 5 BGB auf die Normen über den Auftrag nach §§ 6 6 2 ff B G B solche Pflichten. 7 1 8 So bestehen nach § 6 6 6 B G B Benachrichtigungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten. Nach § 6 6 7 B G B hat das Vorstandsmitglied alles herauszugeben, was es in Ausübung seiner Tätigkeit erlangt. Auch bei der Annahme von Schmiergeldern ist das Vorstandsmitglied nach § 6 6 7 B G B verpflichtet, sie an die Gesellschaft herauszugeben. 7 1 9 Außerdem trifft das Vorstandsmitglied eine Verzinsungspflicht nach § 6 6 8 B G B . 7 2 0 Das Vorstandsmitglied hat diesbezüglich kein Zurückbehaltungsrecht. 7 2 1 Allerdings kann im Einzelfall ein Herausgabeverlangen der AG rechtsmissbräuchlich sein, 7 2 2 wenn die Gesellschaft ihrerseits - etwa gegenüber einem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied - eine Auskunftspflicht oder eine Pflicht zur Gewährung der Einsicht in Unterlagen trifft. 7 2 3

433

Im Zusammenhang mit der allgemein dem Vorstandsmitglied obliegenden Pflicht, Unterlagen und Geschäftspapiere sorgfältig aufzubewahren und geheim zu halten, kann anstellungsvertraglich vorgesehen werden, dass das Vorstandsmitglied alle Geschäftsunterlagen und geschäftlichen Schriftstücke einschließlich Kopien, Dateien, Disketten, C D - R O M etc hiervon unter Verschluss zu halten und sie jederzeit, bei Beendigung des Anstellungsvertrags auch ohne ausdrückliche Aufforderung, herauszugeben h a t . 7 2 4 Ein Zurückbehaltungsrecht des Vorstandsmitglieds an diesen Geschäftsunterlagen, das nach der Rechtsprechung des B G H 7 2 5 ohnehin nicht besteht, kann jedenfalls anstellungsvertraglich ausgeschlossen werden.

434

dd) Modifizierungen des Wettbewerbsverbots Auch kann das in § 88 vorgesehene Wettbewerbsverbot während der Amtszeit als Vorstandsmitglied anstellungsvertraglich unter Beachtung der Grenzen von § 88 Abs 1 Satz 3 erweitert werden (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/jKori 4 § 88 Rdn 119 ff). Außerdem kann im Anstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Zeit nach dem Ausscheiden des Vorstandsmitglieds vereinbart werden. Für dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot gelten - anders als für ein Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer - die Schutzvorschriften der §§ 7 4 f f H G B , § 110 GewO weder unmittelbar noch entsprechend (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/Kori 4 § 88 Rdn 140). Jedoch sind die Wertungsmaßstäbe, die §§ 7 4 f f H G B , § 110 GewO zugrunde liegen, in ihren Grundzügen auch bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit Vorstandsmitgliedern zu berücksichtigen (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/Kort 4 § 88 Rdn 141).

717 718 719 720 721

722

KK-Mertens 1 84. BGH WM 1963, 161. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 79. KK-Mertens2 84. BGH WM 1968, 1325; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 72. BGH BB 1990, 507 (für die Berechnung von Erfindervergütungen); MünchHdbAGWiesner3 § 21, 72.

(115)

723

724

725

OLG Frankfurt DB 1991, 272; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 79; MünchHdbAG-Wiesner3 § 21, 72. Fonk in Semler/von Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder2 § 9, 107. BGH WM 1968, 1325; auch MünchKommMitG-Hefermehl/Spindler2 79; aA KG LZ 1910, 166.

Michael Kort

435

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Stets ist bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Bindung der gewerblichen Betätigung nach Ende des Anstellungsverhältnisses stellt (dazu im Einzelnen Großkomm AktG/Kort 4 § 88 Rdn 136 ff). ee) Nachwirkende Pflichten 436

Auch ansonsten können Pflichten des Vorstandsmitglieds Nachwirkung für die Zeit nach dem Ende der Amtszeit entfalten, und zwar entweder ex lege oder aufgrund gesonderter vertraglicher Vereinbarung. Wenn der Anstellungsvertrag nachvertragliche Pflichten vorsieht, so bestehen diese im Grundsatz auch dann nach Ende der Amtszeit fort, wenn das Anstellungsverhältnis seitens der Gesellschaft außerordentlich, also aus wichtigem Grund, beendet wird (zur außerordentlichen Kündigung im Einzelnen unten Rdn 481 ff). 7 2 6 Erfolgt jedoch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses seitens der AG ungerechtfertigt oder hatte das Vorstandsmitglied seinerseits einen wichtigen Grund zur Beendigung der Bestellung oder Anstellung, so unterliegt es im Zweifel nur noch der Schweigepflicht nach § 93 Abs 1 Satz 3, nicht aber sonstigen nachvertraglichen Pflichten, insbesondere auch nicht mehr einem vertraglich vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/iCort 4 § 88 Rdn 136ff). Allerdings ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. 727 So kann aus dem Grundsatz von Treu und Glauben einerseits resultieren, dass sich die AG bei einer durch sie erfolgten berechtigten Kündigung des Anstellungsverhältnisses nicht auf nachwirkende Vertragspflichten berufen darf, oder andererseits, dass das Vorstandsmitglied trotz unberechtigter Kündigung durch die Gesellschaft oder trotz berechtigter Amtsniederlegung nachvertraglichen Pflichten unterliegt. 728 13. „Directors and Officers "-Versicherung (D & O) a) Allgemeines

437

Wegen der enormen Haftungsrisiken von Vorstandsmitgliedern empfiehlt sich häufig der Abschluss einer speziellen Haftpflichtversicherung als „Directors and Officers"-Versicherung (D &c O). D &c O-Versicherungen für Vorstandsmitglieder finden sich bei deutschen Aktiengesellschaften inzwischen häufig. Aus dieser rechtstatsächlichen Feststellung allein lässt sich allerdings nicht ohne weiteres der Schluss ziehen, die Frage der Zulässigkeit des Abschlusses solcher Versicherungen sei aus Sicht der Praxis rechtshistorisch. 729

438

Die Pflicht zum Abschluss einer solchen Versicherung kann im Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds vorgesehen werden, und zwar als Pflicht des Vorstandsmitglieds zum Abschluss einer entsprechenden Versicherung unter Prämientragung durch das Vorstandsmitglied oder aber umgekehrt als Pflicht der AG, zugunsten des Vorstandsmitglieds eine solche Versicherung unter Übernahmen der Prämienzahlung durch die AG abzuschließen. 7 3 0 Ohne anstellungsvertragliche Regelung besteht weder eine Pflicht des Vorstandsmitglieds, eine solche Versicherung abzuschließen bzw die entsprechenden Prämien zu tragen, noch umgekehrt eine Pflicht der AG gegenüber dem Vorstandsmitglied zum Abschluss einer solchen Versicherung und zur Prämientragung.

726 727 728

KK-Mertens 2 166 . MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 46. KK-Mertens2 166 .

729

730

So aber Mutter in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, § 33, 110. Dazu Lange ZIP 2 0 0 4 , 2221.

Stand: 1. 10. 2006

(116)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Bereits die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex ging 2 0 0 1 von der grundsätzlichen Zulässigkeit von D & O-Versicherungen in Deutschland aus. 7 3 1 Die früheren Bedenken des ehemaligen Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen gegen den Abschluss derartiger D Sc O-Versicherungen haben sich durch die Deregulierung des Versicherungsmarkts erübrigt. 7 3 2 Daher bestehen heute aus versicherungsrechtlicher Sicht keine generellen Einwände mehr gegen den Abschluss derartiger Versicherungen. Allerdings werfen die D Sc O-Versicherungen in Deutschland insofern versicherungstechnische Probleme auf, als sie häufig auch die Innenhaftung der Organmitglieder erfassen, da versicherungsökonomisch der Frage begegnet werden muss, wie eine allzu große Sorglosigkeit im Gefolge einer solchen D Sc O-Versicherung vermieden werden k a n n 7 3 3 . Nicht nur aus versicherungsrechtlicher, sondern auch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht wird der Abschluss von D Sc O-Versicherungen für Organmitglieder juristischer Personen heute für zulässig erachtet (s auch G r o ß k o m m A k t G / K o r t 4 § 87 Rdn 2 2 5 f f ) , 7 3 4 auch wenn in der rechtswissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zur Problematik der D Sc O-Versicherungen ausgeführt wird, dass deren Abschluss - je nach konkreter Ausgestaltung - möglicherweise einen risikoaversen Charakter in Hinblick auf das Handeln des von der D Sc O-Versicherung begünstigten Organmitglieds haben könnte. In diesem Zusammenhang spielt insbesondere die Frage eine Rolle, ob ein Selbstbehalt erforderlich ist, um das gesetzlich vorgesehene Haftungsregime von Innen- und Außenhaftung der Organmitglieder nicht durch den Abschluss einer D Sc O-Versicherung zu sehr zu konterkarieren (dazu auch Großkomm A k t G / K o r i 4 S 87 Rdn 2 3 6 ff).

439

b) Inhalt und Zweck der D & O-Versicherung Die D Sc O-Versicherung schützt Organmitglieder vor der Inanspruchnahme wegen fahrlässig begangener Pflichtverletzungen. In aller Regel werden solche Versicherungen nicht durch die einzelnen Organmitglieder, sondern durch die Gesellschaft abgeschlossen. Sie sichern üblicherweise alle Verwaltungsmitglieder, also Vorstand und Aufsichtsrat, sowie alle sonstigen Leitstungsverantwortlichen wie etwa Prokuristen. Der Anspruch aus der Versicherung steht den Versicherten meistens als Versicherung auf fremde Rechnung nach § 74 W G z u . 7 3 5 Wichtig ist insbesondere, dass sich der Deckungsschutz - anders als in den USA - nicht nur auf die Haftung im Außenverhältnis, sondern auch auf die Haftung im Innenverhältnis bezieht. 7 3 6

440

Die D Sc O-Versicherung dient zum einen dem Schutz der Organmitglieder vor einer Inanspruchnahme auf Schadensersatz schon bei leichter Fahrlässigkeit, zum anderen aber auch dem Schutz der Gesellschaft angesichts der Sorge um die Grenzen der Solvenz der Organmitglieder als potentielle Schuldner. 7 3 7 Allerdings erfasst die D Sc O-Versicherung

441

731

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734

735

Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 75. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 § 93, 91. Dazu MünchKommAktG-He/ermeM/ Spindler2 § 93, 92; Kästner AG 2000, 113, 115; Dreher ZHR 165 (2001) 293, 297 ff. GroßkommAktG-Hopt 4 § 93, 518; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 $ 93, 93. OLG München WM 2006, 452; Mutter in

(117)

736

737

Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG § 22, 108. Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex 2 Rdn 514; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 § 93, 91. Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex 2 Rdn 515; Dreher/Görner ZIP 2003, 2321, 2323.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

nicht jeden Schaden aus unternehmerischer Fehlentscheidung. Versicherungsschutz besteht vielmehr nur, wenn eine unternehmerische Fehlentscheidung wegen Pflichtwidrigkeit auch haftungsbegründend ist. 7 3 8 442

Der Versicherungsschutz erfasst nur fahrlässige Handlungen oder Unterlassungen. Vorsätzliche Handlungen oder Unterlassungen sind vom Versicherungsschutz hingegen ausgeschlossen. Ferner gibt es häufig Einzelausschlüsse, die sich etwa auf Umweltschäden oder Produkthaftung beziehen. Auch werden bisweilen Haftungsobergrenzen vereinb a r t . 7 3 9 Versicherungsschutzeinschränkungen finden sich insbesondere bei der Haftung für Ansprüche aus der Innenhaftung. Hintergrund hierfür ist die Befürchtung der Versicherungen, dass die Gesellschaft als Versicherungsnehmer und das Organmitglied als Schadensverursacher gemeinsam den Schaden aus unternehmerischer Fehlentscheidung auf die Versicherung abwälzen. Dem versuchen Versicherungen teilweise durch sogenannte „Öffentlichkeitsklauseln" Rechnung zu tragen, die dafür sorgen, dass Innenhaftungsansprüche nur gedeckt sind, wenn sie auf Veranlassung der Hauptversammlung hin geltend gemacht werden. 7 4 0 Eine Besonderheit von D & O-Versicherungen ist, dass die im deutschen Versicherungsrecht sonst üblichen Anknüpfungspunkte des pflichtwidrigen Handelns oder Unterlassens, also das Verstoßprinzip, oder des Schadensereignisses, also das Schadensereignisprinzip, nicht gelten, sondern vielmehr die Geltendmachung eines Schadens (claims made) durch den Geschädigten 7 4 1 relevant ist. c) Rechts vergleich

443

Die D & O-Versicherung für Organmitglieder stammt aus den U S A . 7 4 2 Sie ist inzwischen jedoch auch in weiteren Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises, aber auch in Kontinentaleuropa, weit verbreitet, wenn auch noch nicht allgemein üblich. Wesentliche Unterschiede zu dem US-amerikanischen System der D & O-Versicherung ergeben sich insbesondere daraus, dass in den USA das Außenhaftungsrisiko deutlich im Vordergrund steht. 7 4 3 d) Rechtstatsächliche Fragen der D Sc O-Versicherungen

444

Obwohl D & O-Versicherungen auf dem deutschen M a r k t noch keine lange Tradition haben, 7 4 4 findet sich inzwischen in Anstellungsverträgen von Organmitgliedern häufiger die Zusage der Gewährung von Versicherungsschutz für Haftpflichtfälle. 7 4 5 D & O-Versicherungen setzen sich inzwischen zumindest bei börsennotierten Gesellschaften durch.

445

Rechtstatsächlich ist auffällig, dass häufig kein Selbstbehalt vorgesehen ist (dazu näher G r o ß k o m m A k t G / K o r t 4 § 87 Rdn 2 3 6 ff). 7 4 6 Ein derartiger Selbstbehalt wird in Ziff 3.8 Abs 2 des Deutschen Corporate Governance in der Fassung vom 2 . 6 . 2 0 0 5 für börsennotierte AG empfohlen.

738

739

740

741

Doralt in Semler/von Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratmitglieder2 § 13, 163. Doralt in Semler/von Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratmitglieder2 § 13, 176. Doralt in Semler/von Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratmitglieder2 § 13, 177. Peltzer in Semler/Peltzer, Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder2 § 9, 247.

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GroßkommAktG-Hopi4 § 93, 518. Dazu näher Kort DStR 2006, 799, 800. Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex 2 Rdn 512. Schmitz/Glöckner, AG-Report 2003, S 206, 208. Dazu Kort DStR 2006, 799, 800.

Stand: 1. 10. 2006

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

e) Stellung der Organmitglieder bei der D & O-Versicherung Es besteht, soweit dies nicht ausdrücklich anstellungsvertraglich oder ansonsten vertraglich vorgesehen ist, kein Anspruch der Organmitglieder auf Abschluss einer D & OVersicherung. 747 Das Organmitglied ist in der Regel nicht Versicherungsnehmer, sondern die Gesellschaft. Die Gesellschaft wird beim Abschluss des Versicherungsvertrags durch das übliche Vertretungsorgan vertreten, also bei der AG durch den Vorstand. 748 Die Prämientragung erfolgt bei der D & O-Versicherung regelmäßig nicht durch das Organmitglied, sondern durch die Gesellschaft selbst. 749 Angesichts der regelmäßigen Prämientragung durch die Gesellschaft handelt es sich bei der D & O-Versicherung formal um eine Versicherung für fremde Rechnung nach §§ 74 ff W G . 7 5 0

446

f) Erforderlichkeit einer Beteiligung der Hauptversammlung? Es ist nicht erforderlich, dass die Hauptversammlung über den Abschluss einer D & OVersicherung beschließt oder der Abschluss einer solchen Versicherung in die Satzung aufgenommen wird. 751 Der Abschluss einer D & O-Versicherung ist vielmehr eine Maßnahme der laufenden Geschäftsführung.

447

g) Keine Fürsorgepflicht der AG Nicht unproblematisch ist es, den aus steuerrechtlichen Überlegungen resultierenden 4 4 8 Schluss, dass es sich bei den Versicherungsprämienzahlungen in vollem Umfang um Fürsorgeaufwendungen handelt 7 5 2 , in der Weise auf das Gesellschaftsrecht zu übertragen, dass der Abschluss einer D 8c O-Versicherung auch dann gesellschaftsrechtlich unbedenklich ist, wenn kein Selbstbehalt vereinbart wird. 7 5 3 Zwar treffen das Organmitglied organschaftliche Loyalitätsbindungen gegenüber der 4 4 9 Gesellschaft, die häufig - allerdings eher missverständlich, da mit der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht des Gesellschafters verwechselbar - als Treuepflicht oder Treuebindungen der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft bezeichnet werden. Umgekehrt gibt es aber keine Treuebindungen und keine Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Organmitglied, aus der ein Anspruch des Organmitglieds auf Fürsorge erwachsen könnte, der über die Verpflichtung der Gesellschaft zur Gegenleistung für die Leistung des Organmitglieds, also die Vergütungspflicht der Gesellschaft nach § 87, hinausgehen würde. h) Selbstbehalt Ein Selbstbehalt ist rechtlich geboten, und zwar nicht nur für börsennotierte AG. 754 Gegen diesen Befund lässt sich nicht einwenden, dass der mit einem Selbstbehalt verbundene Aufwand meist in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen für eine gute Corporate Governance steht. 755 Abgesehen davon, dass sich die potentiell verhaltens747

748 749

750

Peltzer in Semler/Peltzer, Arbeitshandbuch für Vorstandsmitglieder (2005) § 9, 245; Lange WAR 2 0 0 4 , III, 276. Ε Vetter AG 2 0 0 0 , 453, 4 5 7 f. Doralt in Semler/von Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratmitglieder 2 § 13, 165. OLG München W M 2 0 0 6 , 452; Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance K o d e x 2 Rdn 515.

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 § 93, 95; aA Kästner AG 2 0 0 0 , 113, 117 f. Dazu Schüppen/Sanna ZIP 2 0 0 2 , 5 5 0 , 553. In diese Richtung gehend auch GroßkommAktG-Hopt/Roth4 § 113, 5 3 sowie Lutter/ Krieger4 868. Zurückhaltend Fleischer W M 2005, 909, 919 f. So aber Pfitzer/Ortb in Pfitzer/Oser/Orth, Deutscher Corporate Governance 2 S 96.

Michael Kort

450

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

steuernde Wirkung eines solchen Selbstbehalts nicht nach der Höhe des mit dem Selbstbehalt verbundenen Aufwands bemisst, ist der Aufwand für die Berechnung einer angemessenen Höhe des Selbstbehalts nicht so groß, wie bisweilen angenommen wird. 451

Ebenfalls nicht stichhaltig ist die Überlegung, dass gerade die Vereinbarung eines Selbstbehalts zu einer Risikoaversion der Organmitglieder führt. 7 5 6 Ohne Selbstbehalt besteht vielmehr die Gefahr, dass die Organmitglieder pflichtwidrige risikohafte Geschäfte eingehen. 7 5 7

452

Gegen das Erfordernis eines Selbstbehalts wird ferner argumentiert, ein solcher Selbstbehalt liege nicht im Unternehmensinteresse, da der Gesellschaft im Allgemeinen keine Vorteile in Form von Prämienersparnissen entstünden. 7 5 8 Selbst wenn sich jedoch die Vereinbarung eines Selbstbehalts nicht prämienersparend auswirkt, so hat der Selbstbehalt dennoch eine die Organmitglieder disziplinierende, nämlich an ihre Pflichten ermahnende Funktion und liegt schon aus diesem Grund im Unternehmensinteresse. 14. Anwendung arbeitsrechtlicher Normen und Grundsätze auf den Anstellungsvertrag? a) Ausdrückliche Regelung der Unanwendbarkeit arbeitsrechtlicher Normen aa) Betriebsverfassungsrecht

453

In einer Reihe arbeitsrechtlicher Gesetze ist die Frage ihrer Unanwendbarkeit auf Vorstandsmitglieder explizit geregelt. So gilt das Betriebsverfassungsrecht für Vorstandsmitglieder nicht (§ 5 Abs 2 Nr 1 BetrVG). 7 5 9 bb) Mitbestimmungsrecht

454

Auch nach § 3 Abs 1 Satz 2 MitbestG iV mit 5 Abs 2 Nr 1 BetrVG sind Vorstandsmitglieder als Organmitglieder juristischer Personen nicht als Arbeitnehmer anzusehen. cc) Kündigungsschutzrecht

455

Nach § 14 Abs 1 Nr 1 KSchG gilt der gesamte erste Abschnitt des KSchG für Vorstandsmitglieder als Organmitglieder juristischer Personen nicht. Damit findet der Kündigungsschutz bei sozial ungerechtfertigten Kündigungen auf Vorstandsmitglieder keine Anwendung. 7 6 0 Auch gelten Vorstandsmitglieder nach § 17 Abs 5 Nr 1 KSchG bei anzeigepflichtigen Entlassungen im Hinblick auf die Anzeigepflicht des Arbeitgebers nicht als Arbeitnehmer. 7 6 1 dd) Arbeits- und sozialgerichtliches Verfahren

456

Nach § 5 Abs 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz sind Vorstandsmitglieder keine Arbeitnehmer im Arbeitsgerichtsverfahren. 7 6 2 Vielmehr zeigen § § 2 2 Abs 2 Nr 1, 3 7 Abs 2 und 4 3 Abs 3 Arbeitsgerichtsgesetz sowie § § 1 6 Abs 4 Nr 2 , 35 Abs 1 und 4 7 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz, dass Vorstandsmitglieder im Arbeits- und Sozialgerichtsverfahren als der Arbeitgeberseite zugehörend angesehen werden. Sie können zu ehrenamtlichen Arbeitsbzw Sozialrichtern aus dem Kreise der Arbeitgeber bestellt werden. 756

757 758

Dazu Pfitzer/Orth in Pfitzer/Oscr/Orth, Deutscher Corporate Governance2 S 96. Näher Kort DStR 2006, 799, 803. So Peltzer, Deutsche Corporate Governance2 Rdn 71.

759 760 761 762

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

Stand: 1. 10. 2006

44. 44. 44. 44.

(120)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

ee) Weitere arbeitsrechtliche Normen Das Arbeitszeitgesetz findet lediglich auf Arbeitnehmer Anwendung (§ 2 Abs 2 ArbZG), gilt also nicht für Vorstandsmitglieder. 7 6 3 Auch das Bundesurlaubsgesetz (dazu bereits oben Rdn 421) kann nicht in toto auf Vorstandsmitglieder angewandt werden (§ 1 BUrlG: „Arbeitnehmer"). 7 6 4 Ferner findet das Vermögensbildungsgesetz keine Anwendung (§ 1 Abs 3 lit a 5. VermBG). 7 6 5 Auch gilt das Arbeitnehmererfindungsgesetz (dazu schon oben Rdn 432) nicht ohne weiteres für Vorstandsmitglieder. Allerdings kann eine ergänzende Vertragsauslegung - je nach den Umständen des Einzelfalls - seine analoge Anwendung gebieten. 7 6 6

457

b) Anwendung sonstiger N o r m e n und allgemeiner arbeitsrechtlicher Grundsätze? aa) Allgemeines Ebenso wie das kodifizierte Recht lässt sich auch das nicht kodifizierte, von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte entwickelte Arbeitnehmerschutzrecht nicht auf Vorstandsmitglieder anwenden. Einer solchen Anwendung von Arbeitnehmerschutzrecht stehen sowohl die organisationsrechtliche Stellung des Vorstandsmitglieds als weisungsunabhängiges Mitglied eines Organs der AG als auch der Charakter des Anstellungsvertrags als freier Dienstvertrag entgegen. Jedoch folgt aus diesem Grundsatz nicht, dass das Vorstandsmitglied nicht in einzelnen Beziehungen zu einem gewissen Grad ähnlich schutzbedürftig sein kann wie ein Arbeitnehmer. 7 6 7

458

Ein dem Schutz der Arbeitnehmer ähnlicher Schutz steht den Vorstandsmitgliedern aber nur zu, wenn ein ähnliches Schutzbedürfnis zur Sicherung der persönlichen und wirtschaftlichen Existenz des Vorstandsmitglieds wie bei einem Arbeitnehmer besteht. 7 6 8 Der Rechtsgrund für einen solchen Schutz besteht nicht in einer Übertragung des spezifisch arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichtgedankens, sondern in den gegenseitigen Treuebindungen zwischen Vorstandsmitglied und Gesellschaft. 7 6 9

459

bb) Schwerbehindertenschutz Mangels vergleichbarer Schutzbedürftigkeit unterfallen Vorstandsmitglieder nicht dem spezifischen Schutz des Schwerbehinderten Arbeitnehmers (§§ 71 ff SGB IX) einschließlich des spezifischen Kündigungsschutzes des Schwerbehinderten Arbeitnehmers (§§ 85ff SGB IX), 7 7 0 sondern nur dem allgemeinen Schutz Schwerbehinderter Menschen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Individualschutz des Schwerbehinderten Vorstandsmitglieds als auch für die Berechnung der Anzahl der Pflichtarbeitsplätze nach § 71 Abs 1 SGB IX, bei der ein schwerbehindertes Vorstandsmitglied nicht zu berücksichtigen ist. 7 7 1

763 764

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767

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 43. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 34 iVm 162. BFH DB 1970, 714. BGH GRUR 1965, 202; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 43; KK-Mertens2 38; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 10; Fleck in FS Hilger/Stumpf 1983, S 197, 217; Hennsler RdA 1992, 289, 297; Jestaedt in FS Nirk 1992, S 493 ff. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 43, 46; Hiiffer 7 17.

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771

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 43, 46. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 6. ErfurterKomm-RoZ/i6 SGB IX § 85, 3; s auch BSG GmbHR 1993, 357 und VGH Kassel NZA 1997, 658 (entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer). S VGH Kassel NZA 1997, 658 (entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer).

Michael Kort

460

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

cc) Haftung bei betriebsbezogener Arbeit 461

Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung bei betriebsbezogener Arbeit finden auf Vorstandsmitglieder keine Anwendung, da sich der Sorgfalts- und Verantwortungsmaßstab von Vorstandsmitgliedern ausschließlich nach § 9 3 (hierzu G r o ß k o m m A k t G / H o p t 4 § 93 Rdn 7 2 ff) bemisst. 7 7 2 Die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung bei betriebsbezogener Arbeit gelten auch dann nicht, wenn es nicht um den eigentlichen Bereich der Leitung des Unternehmens geht, 7 7 3 da auch dann dieses Institut wegen seiner spezifisch arbeitnehmerschützenden Funktion unanwendbar ist. dd) Betriebsübergang

462

Das Anstellungsverhältnis des Vorstandsmitglieds geht bei einem Betriebsübergang nicht auf den neuen Betriebsinhaber über, da § 613 a B G B auf Organmitglieder keine Anwendung findet. 7 7 4 ee) Wettbewerbs verbot

463

Auch die Normen des H G B und der GewO über das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung von Handlungsgehilfen und anderen Arbeitnehmern (§§ 7 4 f f H G B , § 110 GewO) sind auf Vorstandsmitglieder nicht entsprechend anwendbar, weil das Vorstandsmitglied nicht entsprechend schutzbedürftig ist (s bereits oben Rdn 4 3 5 sowie GroßkommAktG/Kori 4 § 88 Rdn 140). ff) Nachweisgesetz

464

Das für den Arbeitnehmerschutz relevante NachweisG findet auf Vorstandsmitglieder keine Anwendung. 7 7 5 gg) Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz und betriebliche Übung

465

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz lässt sich nur ausnahmsweise auf den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds anwenden. 7 7 6 Das gilt insbesondere im Hinblick auf eine Gleichstellung von Vorstandsmitgliedern mit Arbeitnehmern qua arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder qua Betriebsübung. Da Arbeitnehmer und Vorstandsmitglieder in ganz unterschiedlicher Weise schutzbedürftig sind, können sie nicht aufgrund dieser allgemeinen arbeitsrechtlichen Instrumente Arbeitnehmern gleichgestellt werden. 7 7 7

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BGH WM 1975, 467, 468; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 44; Fleck WM 1985, 677, 679; MünchHdbAG-Wfewr 3 § 21, 9. Strittig; dazu Pollen BB 1984, 989, 991; U Η Schneider in FS Werner 1984, S 795, 812 f. BAG ZIP 2003, 1010, 1012 ff; ErfurterKnmm-Preis6 BGB § 613a, 67; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 9; Hennsler RdA 1992, 289, 297. Ebenso für den GmbH-Geschäftsführer Baumbach/Hueck/ZöZ/ner/Noacfe GmbHG 18

776 777

§ 35, 168; RothIAltmeppen GmbHG 5 § 6, 42; teilweise aA Oberrath MDR 1999, 134, 135. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 45. BGH WM 1984, 1313; BGH WM 1981, 1344; BGH WM 1973, 506; BGH WM 1955, 183; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 9; auch Henssler RdA 1992, 289, 299; aber offengelassen von BGH WM 1996, 2290, 2291; s auch BGH AG 1995, 188 f zur Anwendung des Grundsatzes der betrieblichen Übung beim Ruhegehalt.

Stand: 1. 10. 2006

(122)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

D e r Inhalt von Kollektiwereinbarungen, wie Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, lässt sich daher nicht qua Gleichbehandlungsgrundsatz oder qua Betriebsübung für das Anstellungsverhältnis des Organmitglieds heranziehen. A b e r auch andere kollektive M a ß n a h m e n , wie z B eine Gesamtzusage, sind rein arbeitsrechtliche Rechtsgestaltungsfaktoren, die für Vorstandsmitglieder nicht gelten.

466

Ferner lassen sich die Grundsätze des (arbeitsrechtlichen) Gleichbehandlungsgrundsatzes oder der betrieblichen Ü b u n g auch nicht auf das Verhältnis der Vorstandsmitglieder untereinander (also o h n e einen Vergleich mit einzelnen oder allen Arbeitnehmern) anwenden. Hingegen k a n n eine willkürliche Ungleichbehandlung von Vorstandsmitgliedern bei der Regelung des Inhalts ihres Anstellungsvertrags dem Grundsatz der Treuebindung zwischen der Gesellschaft und ihren Vorstandsmitgliedern widersprechen. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung besteht insofern, als im Unternehmen oder Konzern eine bestimmte gleichmäßige H a n d h a b u n g für alle Vorstandsmitglieder existiert, etwa im Hinblick auf eine Ruhegehaltszusage (dazu auch R d n 2 8 1 , 3 5 6 ) . 7 7 8

467

Eine schematische Gleichbehandlung von Vorstandsmitgliedern, wie sie bei Arbeitnehmern arbeitsrechtlich weitgehend geboten ist, ist jedoch für Vorstandsmitglieder abzulehnen.

468

N a c h Auffassung des B G H 7 7 9 kann eine betriebliche Übung im Hinblick a u f die Person des Vorstandsmitglieds entstehen und bei der Auslegung des Anstellungsvertrags, z B bei Ruhegeldfragen, eine R o l l e spielen. Dagegen spricht aber, dass es sich bei der betrieblichen Ü b u n g um ein Institut handelt, das ausschließlich aus Arbeitnehmerschutzgesichtspunkten entwickelt wurde. Jedenfalls ist bei der A n n a h m e einer betrieblichen Ü b u n g für Ansprüche von Vorstandsmitgliedern äußerste Z u r ü c k h a l t u n g geboten (dazu auch R d n 2 8 0 , 3 5 5 f).

469

15. Keine Sozialversicherungspflichtigkeit a) Keine Beschäftigung iS von § 7 SGB IV Vorstandsmitglieder sind keine Beschäftigten iS von § 7 S G B I V und daher auch in keinem Z w e i g der gesetzlichen Sozialversicherung (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung) sozialversicherungspflichtig. 7 8 0 D e r Eintragung der A G in das Handelsregister k o m m t für die Befreiung konstitutive Bedeutung z u . 7 8 1 Differenzierungen, die im G m b H - R e c h t angeb r a c h t sind (Unterscheidung nach Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer, weitere Unterscheidung nach der H ö h e der Beteiligungsquote und nach dem Ausm a ß des Einflusses auf die G m b H ) sind bei Vorstandsmitgliedern im Hinblick auf die Frage nach deren Sozialversicherungspflichtigkeit nicht angebracht, da sich die Stellung als Vorstandsmitglied einer A G strukturell von derjenigen eines G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r s unterscheidet, denn das Vorstandsmitglied ist im Gegensatz zum G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r nicht von Weisungen a b h ä n g i g . 7 8 2 Vorstandsmitglieder üben keine abhängige, sondern eine selbständige und unternehmerische Tätigkeit aus und sind daher nicht versicherungspflichtig. 7 8 3 Auch stellvertretende Vorstandsmitglieder (§ 9 4 ) sind nicht sozialversicherungspflichtig. 7 8 4 Ferner sind Vorstandsmitglieder ausländischer „Aktiengesellschaft e n " mit Sitz im Inland in der Regel sozialversicherungsfrei. 7 8 5 778

779 780

BGH WM 1990, 1461, 1462; BGH WM 1955, 183; KK-Mertens 2 37; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 10. BGH AG 1995, 188 f. MünchKommAktC-Hefermehl/Spindler2 44.

(123)

781 782 783 784 785

SG Frankfurt NZG 2004, 1119. MüncbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 Hessisches LSG AG 1999, 190. KK-Mertens2 40. Spohr BB 2005, 2745, 2747 f.

Michael Kort

44.

470

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

b) Ausdrückliche Regelung der Versicherungsfreiheit 471

Teilweise ist die Versicherungsfreiheit der Vorstandsmitglieder sogar ausdrücklich gesetzlich hervorgehoben, so für die Rentenversicherung in § 1 Satz 4 SGB VI und für die Arbeitslosenversicherung in § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III. Die genannten Normen befreien nicht etwa die Vorstandsmitglieder von einer an sich bestehenden Sozialversicherungspflicht aufgrund einer „Beschäftigung" iS von § 7 Abs 4 SGB IV, sondern stellen vielmehr für die betreffenden Versicherungszweige nochmals klar, was ohnehin schon aus § 7 SGB IV folgt: Die Vorstandstätigkeit ist keine Beschäftigung iS der Sozialversicherung. Angesichts der ausdrücklichen Regelung in § 1 Satz 4 SGB VI hat das Urteil des BSG vom 2 4 . 1 1 . 2 0 0 5 7 8 6 zur Rentenversicherungspflicht bestimmter GmbH-Geschäftsführer für Vorstandsmitglieder keine Bedeutung. 787

472

Allerdings gilt die Versicherungsfreiheit nur für die Vorstandstätigkeit der Vorstandsmitglieder für die AG bzw für den Konzern (etwa iS von § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III) sowie für eine zusätzliche - außerhalb der Vorstandstätigkeit liegende - Tätigkeit für die AG bzw für den Konzern, dem die AG angehört, nicht aber für eine sonstige Tätigkeit, die nicht für die AG oder den Konzern erbracht wird. 7 8 8 Da Vorstandsmitglieder in keinem Beschäftigungsverhältnis zur AG iS von § 7 SGB IV stehen, haben sie auch keine Ansprüche auf Arbeitgeberzuschüsse zur Krankenversicherung nach § 2 5 7 SGB V und zur Pflegeversicherung nach § 61 Abs 1 und 2 SGB X I . 7 8 9 16. Kündigung des Anstellungsverhältnisses a) Kündigung seitens der Gesellschaft aa) Ordentliche Kündigung aaa) Zusammenspiel mit der Beendigung der Organstellung

473

Endet das Anstellungsverhältnis nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit der Beendigung des Organverhältnisses (dazu unten Rdn 572), mit Zeitablauf (dazu schon oben Rdn 332 ff) oder aufgrund einvernehmlicher Absprache zwischen Vorstandsmitglied und AG (dazu unten Rdn 573 ff), so bedarf die Beendigung einer Kündigung. Das Anstellungsverhältnis kann seitens der AG unter bestimmten Voraussetzungen (dazu im Einzelnen unten Rdn 477ff) ordentlich gekündigt werden. Jedoch sind dabei die Besonderheiten des Zusammenspiels zwischen dem Widerruf der organschaftlichen Bestellung (dazu oben Rdn 127ff) und der Beendigung des schuldrechtlichen Anstellungsverhältnisses zu beachten. Gemäß § 84 Abs 3 Satz 1 bis 4 ist nämlich ein Widerruf der organschaftlichen Bestellung lediglich aus wichtigem Grund möglich (dazu im Einzelnen oben Rdn 134ff). Hingegen enthält § 84 keine Vorgaben für die Beendigung des Anstellungsvertrags durch eine ordentliche Kündigung seitens der AG. Es heißt lediglich in § 84 Abs 3 Satz 5, dass für Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag die allgemeinen Vorschriften gelten. 790

474

§ 84 Abs 3 lässt sich entnehmen, dass die Beendigung des organschaftlichen Bestellungsverhältnisses nicht zu einer automatischen Beendigung des schuldrechtlichen An786 787

788

BSG GmbHR 2 0 0 6 , 367. BSG GmbHR 2 0 0 6 , 367, 372; HillmannStadtfeld GmbHR 2 0 0 6 , 4 7 0 , 4 7 3 ; Stefan Müller DB 2 0 0 6 , 614; Hidalgo/Schmid BB 2 0 0 6 , 602, 606; Plagemann/RadtkeSchwenzer NZG 2 0 0 6 , 281, 285. Hessisches LSG AG 1999, 190, 191.

789

790

BSG DB 1989, 2 0 7 4 ; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 4 4 ; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 14; aA wohl BSG DB 1993, 4 4 2 ff. MünchKommAktG-Hefermehl/Sptndler2 127; Hüffer7 38.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Stellungsverhältnisses führt, somit das Anstellungsverhältnis auch nach Beendigung des Bestellungsverhältnisses noch weiterlaufen kann und eine autonome Beendigung erfordert, die allerdings ihre Wurzel durchaus in der Beendigung der Organstellung haben kann.791 bbb) Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses seitens der AG unter Einhaltung einer Kündigungsfrist (dazu im Einzelnen unten Rdn 4 7 8 ) steht nicht in Widerspruch zu § 8 4 Abs 3 Satz 1, wonach der Widerruf der organschaftlichen Bestellung nur aus wichtigem Grund erfolgen k a n n . 7 9 2 Z w a r folgt aus § 8 4 Abs 3 Satz 1, dass ein Widerruf der Bestellung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht möglich ist. Aus § 8 4 Abs 3 Satz 1 folgt hingegen nicht, dass auch das Anstellungsverhältnis stets nur außerordentlich, also lediglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, gekündigt werden kann.

475

Auch aus § 8 4 Abs 1 Satz 5 iV mit § 8 4 Abs 1 Satz 1 folgt nicht, dass eine Beendigung des Anstellungsvertrags durch ordentliche Kündigung generell ausscheidet. Vielmehr besagt diese N o r m (dazu im Einzelnen oben Rdn 3 3 2 f) lediglich, dass der Anstellungsvertrag - ebenso wie die Bestellung - höchstens für fünf Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit) abgeschlossen werden k a n n . 7 9 3 Im Anstellungsvertrag kann jedoch wie bei einem sonstigen befristeten Dienstvertrag auch die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist vereinbart w e r d e n . 7 9 4

476

ccc) Grenzen der ordentlichen Kündigung Ist somit die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses seitens der Gesellschaft bei entsprechender anstellungsvertraglicher Vereinbarung nicht generell ausgeschlossen, so unterliegt sie dennoch sehr engen Grenzen. Z w a r bedarf die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags als solche wegen der herausgehobenen Vertrauensstellung des Vorstandsmitglieds keiner inhaltlichen Rechtfertigung. Ihre Wirksamkeit hängt insofern nur von der Ordnungsgemäßheit des Verfahrens a b . 7 9 5 Jedoch gebietet der aus § 8 4 Abs 3 Satz 1 folgende Gleichlauf von Bestellung und Anstellung, dass eine ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags nur bei ihr vorangehender oder gleichzeitiger Beendigung der Bestellung möglich ist. Da die Bestellung ihrerseits angesichts von § 8 4 Abs 3 Satz 1 nur aus wichtigem Grund widerrufen werden kann, ist eine ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags in der Regel nur dann möglich, wenn ein wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung vorliegt. Angesichts dessen bedarf somit letztlich auch die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses regelmäßig eines wichtigen G r u n d e s . 7 9 6 Angesichts der Kompliziertheit des Zusammenspiels zwischen der Beendigung der Bestellung und der ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist von der ordentlichen Kündigung abzuraten. 7 9 7

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

794

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 132. MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er2 136.

795

791

126.

792

793

(125)

796 797

MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er2 136. Insofern wie hier BGH NZG 2004, 90 f; Hüffer7 17. So auch LG München AG 2005, 131, 133. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 84.

Michael Kort

477

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

ddd) Kündigungsfristen 478

In den engen Grenzen, in denen eine ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses seitens der Gesellschaft überhaupt theoretisch möglich und praktisch von Bedeutung ist, gilt für Kündigungsfristen nicht § 6 2 1 B G B , sondern § 6 2 2 B G B . 7 9 8 Z w a r handelt es sich bei dem Anstellungsvertrag um einen freien Dienstvertrag, j e d o c h ist das Vorstandsmitglied im Hinblick auf die Bedeutung des Anstellungsverhältnisses insofern persönlich und wirtschaftlich ähnlich gebunden wie ein Arbeitnehmer, als das Vorstandsmitglied der Gesellschaft seine ganze Arbeitskraft schuldet. D a h e r ist es, soweit es um Kündigungsfristen geht, in arbeitnehmerähnlicher Weise s c h u t z w ü r d i g . 7 9 9 D a s gilt auch, wenn das Vorstandsmitglied an der A G maßgeblich beteiligt ist - ein allerdings eher unwahrscheinlicher K ü n d i g u n g s f a l l . 8 0 0 Bei der Berechnung der Kündigungsfrist nach § 6 2 2 B G B ist die gesamte Tätigkeit des Vorstandsmitglieds für die A G zu berücksichtigen, dh auch eine Tätigkeit v o r der Bekleidung des Vorstandsamts, etwa als (leitender) Angestellter der A G , ist hinzuzurechnen. 8 0 1 eee) Änderungskündigung

479

Gegenüber der ordentlichen Kündigung kann als milderes Mittel eine Anderungskündigung des Anstellungsverhältnisses d e n k b a r sein, die ggf zu einer Veränderung des anstellungsvertraglich vorgesehenen Aufgabenkreises führt, falls das Vorstandsmitglied die in der Änderungskündigung vorgeschlagenen Änderungen seiner anstellungsvertraglichen Arbeitsbedingungen a k z e p t i e r t . 8 0 2 fff) Auswirkung auf die Organstellung

480

Die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses führt als solche wegen der Trennung von organschaftlicher Bestellung und schuldrechtlicher Anstellung nicht automatisch auch zu einer Beendigung der O r g a n s t e l l u n g . 8 0 3 J e d o c h ist die Kündigung des Anstellungsverhältnisses regelmäßig als Widerruf der Bestellung anzusehen, ebenso wie umgekehrt der W i d e r r u f der Bestellung als (konkludente) Kündigung des Anstellungsvertrags gewertet werden k a n n . 8 0 4 Jedenfalls dann, wenn - wie regelmäßig - die Abberufung bzw vice versa die Kündigung des Anstellungsverhältnisses als Ausdruck des Vertrauensverlustes anzusehen ist, ist anzunehmen, dass mit dem Ausspruch der Kündigung oder der Abberufung zugleich eine Beendigung des jeweils anderen Rechtsverhältnisses, mithin ein E n d e der gesamten Rechtsbeziehung zwischen Gesellschaft und Vorstandsmitglied, gewollt i s t . 8 0 5

MünchKommAktG-Hefermehl/Sptndler2 137; s auch BGHZ 91, 217, 219 f (entsprechend für GmbH-Geschäfstführer). 7 9 9 MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 11. 800 Hü ff er7 17; auch BGHZ 91, 217, 221 entsprechend für GmbH. 801 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 137; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 11. 8 0 2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 134. 798

MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 73; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Sie;« GmbHG 8 § 38, 19. 8 0 4 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 126. 8 0 5 BGHZ 112, 337, 340; BGH W M 1973, 639; KK-Mertens2 94; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 73. 803

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

bb) Außerordentliche Kündigung a a a ) Anforderungen im Uberblick O b w o h l die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses unter den oben ( R d n 4 7 3 ff) beschriebenen Voraussetzungen möglich ist, bleibt sie angesichts der engen Verzahnung mit dem W i d e r r u f der Bestellung, der seinerseits nur aus wichtigem G r u n d möglich ist (§ 8 4 Abs 3 Satz 1) der Ausnahmefall. Bei der weit überwiegenden Anzahl der Kündigungen seitens der A G handelt es sich vielmehr um eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund, die den Anforderungen von § 6 2 6 Abs 1 und Abs 2 B G B genügen muss. Ferner sind - ebenso wie bei der ordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch die Gesellschaft - ein Beschluss des Aufsichtsrats oder eines Aufsichtsratsausschusses über die außerordentliche Kündigung erforderlich sowie eine Erklärung der Kündigung gegenüber dem betroffenen Vorstandsmitglied.

481

bbb) Wichtiger Grund a a a a ) Begriff des wichtigen Grundes Die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses erfordert als W i r k s a m keitserfordernis das Vorliegen eines wichtigen Grundes iS von § 6 2 6 Abs 1 B G B . 8 0 6 D e r Begriff des „wichtigen G r u n d e s " iS von § 6 2 6 Abs 1 B G B ist a u t o n o m auszulegen. Er ist nicht mit dem Begriff des „wichtigen G r u n d e s " für den W i d e r r u f der Bestellung (dazu o b e n R d n 1 3 4 f f ) 8 0 7 i d e n t i s c h . 8 0 8 Vielmehr ist der Begriff des wichtigen Grundes bei der Kündigung des Anstellungsvertrags enger als der Begriff des wichtigen Grundes beim W i d e r r u f der Bestellung. M i t h i n ist jeder wichtige G r u n d für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses auch ein wichtiger G r u n d zum W i d e r r u f der B e s t e l l u n g , 8 0 9 nicht aber umgekehrt.810

482

bbbb) Angabe des wichtigen Grundes Die Angabe des wichtigen Grundes in der Kündigungserklärung ist hingegen keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche Kündigung (arg § 6 2 6 Abs 2 Satz 3 B G B ) . 8 1 1 Die N i c h t a n g a b e des Grundes k a n n jedoch zu einem Schadensersatzanspruch des Vorstandsmitglieds f ü h r e n . 8 1 2 cccc)

Interessenabwägung

Ein wichtiger G r u n d liegt nur vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer der A G unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses bis zu dessen ordentlicher

MünchKommAktG-Hefertnehl/Spindler 2 132, 140. 8 0 7 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 97 ff. 8 0 8 BGH NJW 1989, 2683, 2684; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 77. 8 0 9 BGH NJW-RR 1996, 156; OLG Düsseldorf WM 1992, 14, 19; KK-Mertens2 103, 127; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 77. 8 1 0 BGH NJW 1989, 2683, 2684; BGH WM 1978, 109, 110; OLG Stuttgart WM 1979, 806

(127)

483

811

812

1296, 1297; MünchKommAktG-Hefermehl/ Spindler2 140; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 77. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spmdler2 139; entsprechend für das GmbH-Recht BGH NJW-RR 1995, 669 f mwN; OLG Celle GmbHR 1995, 728, 729; Hachenburg/Sfem GmbHG 8 § 38, 81. BGH NJW 1984, 2689; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 139.

Michael Kort

484

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Beendigung nicht zugemutet werden kann. 8 1 3 Die Interessenabwägung hat die Schwere der Verfehlungen des Vorstandsmitglieds, deren Folge für die AG, die sozialen Folgen einer außerordentlichen Kündigung für das Vorstandsmitglied, 814 dessen bisherige Leistungen für die AG sowie eine etwa gegebene Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen. 815 Für die Interessenabwägung ist ferner von Bedeutung, ob die AG durch das Verhalten des Vorstandsmitglieds geschädigt worden ist. 8 1 6 485

Die Interessenabwägung ist nach objektiven Kriterien vorzunehmen. 817 Auf die subjektive Sicht des Kündigenden (hier: des Aufsichtsrats) kommt es nicht an. Ist eine Pflichtverletzung objektiv nicht geeignet, aus der Sicht der Gesellschaft einer weiteren Zusammenarbeit die Vertrauensgrundlage zu entziehen, 818 so reicht sie auch nicht als wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus. 8 1 9 Für die Interessenabwägung kann es auch von Bedeutung sein, ob das Anstellungsverhältnis nur noch kurze Zeit läuft. Dann sind strengere Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu stellen. 8 2 0 dddd) Erforderlichkeit eines personenbezogenen wichtigen Grundes

486

Ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses liegt anders als beim Widerruf der Bestellung nur vor, wenn ein solcher Grund in der Person des Vorstandsmitglieds besteht. 821 Daher reicht es nicht aus, wenn der Gesellschaft der Verbleib des Vorstandsmitglieds zwar nicht zugemutet werden kann, der Grund hierfür aber nicht in der Person des Vorstandsmitglieds liegt, sondern aus den Verhältnissen der Gesellschaft oder sonstigen objektiven, nicht personenbezogenen Umständen resultiert. 822 In einem solchen Fall kann zwar die Bestellung widerrufen werden, nicht aber das Anstellungsverhältnis außerordentlich gekündigt werden.

487

Aus dem Umstand, dass der wichtige Grund in der Person des Vorstandsmitglieds liegen muss, folgt allerdings nicht zwingend, dass stets eine Pflichtverletzung oder ein Verschulden seitens des Vorstandsmitglieds vorliegen muss. 8 2 3 Vielmehr ist - insofern ähnlich wie beim Widerruf der Bestellung (dazu oben Rdn 153) - das Vorliegen eines wichtigen Grundes auch denkbar, wenn eine Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds nicht vorliegt. Ist das Vorstandsmitglied etwa aufgrund einer plötzlich auftretenden schweren Erkrankung ohne Besserungsmöglichkeit dauerhaft an der Ausübung seiner Vorstandstätigkeit gehindert, so kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses bestehen. 8 2 4 Allerdings sind das Fehlen einer Pflichtverletzung oder das Fehlen eines Verschuldens bei der Interessenabwägung zu Ungunsten der Gesellschaft zu berücksichtigen. Allgemein besteht in einem Fall, in dem die Abberufung des Vorstandsmitglieds aus einem in der Person des Vorstandsmitglieds liegenden Grundes gerechtfertigt ist, auch ein Grund für die außerordentliche Beendigung seines

813

814 815

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 140; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 78. Hüffer7 40. BGH NJW-RR 1996, 156; BGH NJW 1993, 4 6 3 ; BGH W M 1 9 8 4 , 1 1 2 0 , 1121; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 78. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 141; aA entsprechend für das GmbH-Recht OLG Karlsruhe NJW-RR 1988, 1497; Hachenburg/Sfei« GmbHG 8 § 38, 58. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 39.

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Dazu Hüffer7 4 0 . S entsprechend für das GmbH-Recht Hachenburg/Sfem GmbHG 8 § 38, 58. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 78. Hüffer7 27, 39. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/S^/« GmbHG 8 § 38, 57. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 140; Hüffer7 40. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 99; KK-Mertens2134; Hüffer7 4 0 , 28.

Stand: 1. 10. 2006

(128)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Anstellungsverhältnisses, jedoch ist das nicht durchgängig so. So mag etwa ein geringer Grad an Verschulden des Vorstandsmitglieds Basis für eine Abberufung sein, aber für eine fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses nicht ausreichen. 8 2 5 Der strenge Maßstab für das Vorliegen eines wichtigen Grundes wird nicht von dem Umstand beeinflusst, dass die Parteien vor Ausspruch der Kündigung schon zu einer dann allerdings nicht zustande gekommenen - einvernehmlichen Aufhebung des Anstellungsvertrags bereit waren. 8 2 6

488

Besonders hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes sind zu stellen, wenn die Kündigung in diffamierender Weise erfolgt. 8 2 7 Dann fällt die Interessenabwägung regelmäßig zu Ungunsten der AG aus.

489

eeee) Fallgruppen wichtiger Gründe Die wichtigen Gründe, die für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags in Betracht kommen, lassen sich in Fallgruppen 8 2 8 aufteilen, allerdings sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls, vor allem bei der Interessenabwägung, zu berücksichtigen. 8 2 9 Als größte und wichtigste Fallgruppe ist diejenige der gröblichen Pflichtverletzungen zu nennen (dazu unten Rdn 491), ferner gibt es die Fallgruppe der Unfähigkeit zur Amtsführung (dazu unten Rdn 4 9 2 f) und diejenige des Vertrauensbruchs gegenüber der AG (dazu unten Rdn 4 9 4 ff).

490

In die erste Gruppe der gröblichen Pflichtverletzungen fallen alle Arten der schwerwiegenden Verletzung von Pflichten, die dem Vorstandsmitglied kraft seines A m t e s 8 3 0 oder kraft seines Anstellungsvertrags auferlegt sind. 8 3 1 Hierbei sind für die Interessenabwägung das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit und der Grad des Verschuldens von besonderer Bedeutung. Strafbare Handlungen, auch solche im privaten Bereich, können eine solche gröbliche Pflichtverletzung sein, 8 3 2 in besonders gravierend gelagerten Fällen sogar der bloße Verdacht einer Straftat. 8 3 3 Ferner sind der Spesenbetrug, 8 3 4 die Fälschung von Rechnungen oder von Belegen, 8 3 5 das Ausnutzen der Stellung als Organmitglied für private Geschäfte auch ohne Schädigung der AG, 8 3 6 das unberechtigte Nehmen von Urlaub, 8 3 7 die unberechtigte Amtsniederlegung, 838 eine irreführende oder falsche Rechnungslegung, 8 3 9 die Überschreitung einer Kreditlinie, 8 4 0 die Ausschüttung

491

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831

S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Siein GmbHG8 § 38, 57. BGH NJW 1993, 463, 464 (entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer). MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 149, 103; Hüffer7 28; entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch BGH WM 1962, 811; Hachenburg/Sfein GmbHG8 § 38, 58. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 141. 2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 95; KK-Mertens2 129; Hüffer7 28. Hierzu MünchKommAktG-He/emieW/ Spindler2 76 ff. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler 2 144.

(129)

832 833

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835

BGH NJW 1956, 1513. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spmdler 2 149; KK-Mertens 2 131. Dieler GmbHR 2006, 333 (entsprechend für GmbH-Geschäftsführer). OLG Hamm GmbHR 1985, 119; Hüffer7 28.

MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler2 98; KK-Mertens2 131. 837 MünchKomm AktG-Hefermehl/Spmdler2 98; KK-Mertens2 131. 8 3 8 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 141; Hüffer7 40; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 79. 8 3 9 MünchHdbAG-Wiesner3 § 21, 79. 8 4 0 BGH WM 1974, 131; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 79. 836

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

einer garantierten Dividende vor D e c k u n g s e i n g a n g , 8 4 1 Bilanz- und Warenlagermanipulat i o n e n , 8 4 2 eine h o h e V e r s c h u l d u n g , 8 4 3 die mangelnde Offenheit oder Z u s a m m e n a r b e i t mit dem A u f s i c h t s r a t , 8 4 4 die unzulässige E n t n a h m e von G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n 8 4 5 , die M i s s a c h t u n g der K o m p e t e n z anderer O r g a n e , 8 4 6 die Verlagerung privater Risiken auf die A G 8 4 7 sowie der Versuch der persönlichen V o r t e i l s n a h m e 8 4 8 als gröbliche Pflichtverletzungen anzusehen, die einen wichtigen G r u n d für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses bilden k ö n n e n . Auch ein grober Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot iS von § 8 8 kann ein wichtiger G r u n d für eine Kündigung sein. 492

Als weitere Fallgruppe ist diejenige der (verschuldeten oder nicht verschuldeten) Unfähigkeit zur Amtsführung zu n e n n e n . 8 4 9 Hierbei ist zu beachten, dass eine objektiv unzureichende Arbeitsleistung als solche jedenfalls bei Fehlen eines Verschuldens n o c h nicht als wichtiger G r u n d für eine außerordentliche Kündigung in Betracht k o m m t . 8 5 0 Ausreichend ist aber etwa die Unfähigkeit zur Amtsführung wegen lang andauernder K r a n k h e i t (dazu schon oben R d n 1 5 8 , 2 1 8 ) . 8 5 1 Stets ist zu beachten, dass die Unfähigkeit zur Amtsführung aus der Person des Vorstandsmitglieds resultieren m u s s . 8 5 2 D a h e r reichen eine B e t r i e b s e i n s t e l l u n g 8 5 3 oder eine betriebliche U m s t r u k t u r i e r u n g 8 5 4 als b l o ß objektive, außerhalb der Person des Vorstandsmitglieds liegende Gründe für die Verhinderung an der Amtsausübung nicht als wichtiger G r u n d für die außerordentliche Kündigung a u s . 8 5 5

493

D a s Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung ist bei b l o ß fahrlässiger Schlechtleistung der Arbeit (außer in A u s n a h m e f ä l l e n ) 8 5 6 oder bei einer Z u r ü c k b e h a l t u n g der Arbeitsleistung des Vorstandsmitglieds wegen m e h r m o n a t i g e n Ausstehens von Gehaltszahlungen 8 5 7 zu verneinen.

494

Als dritte Fallgruppe k o m m t schließlich der Bruch des Vertrauens der A G gegenüber dem Vorstandsmitglied in B e t r a c h t . 8 5 8 D a mit einem solchen Vertrauensbruch häufig zugleich eine gröbliche Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds einhergeht, überschneidet sich diese Fallgruppe allerdings häufig mit derjenigen der gröblichen Pflichtverletzung.859

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849 850

BGH WM 1970, 1394; BayObLG NJW 1995,1678, 1679; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 98; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 79. OLG Düsseldorf W M 1992, 14, 19. OLG Hamburg BB 1954, 978; KK-Mertens 1 131; Hüffer7 28. BGHZ 20, 239, 246; KK-Mertens 1 131; Hüffer7 28; entsprechend für das österreichische Recht auch öOGH AG 2001, 100, 104. BGH W M 1984, 29 f (für GmbH); KKMertens2 131. OLG München AG 2005, 776. KG AG 2005, 737. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 76; KK-Mertens 2 131. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 99. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Sfem GmbHG 8 § 38, 62.

KK-Mertens2 134. MändnKommAktG-Hefermebl/Spindler1 99. 8 5 3 S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Siein GmbHG 8 § 38, 62. 8 5 4 MünchKommAktG-He/ermeW/SpiW/er 2 146. 855 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 146; KK-Mertens2 131. 856 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 99; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 79. 857 MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 160; entsprechend für den GmbHGeschäftsführer auch Hachenburg/Sie!« GmbHG 8 § 38, 62. 8 5 8 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 149. 8 5 9 Deswegen auch vielfach dort behandelt, zB MunchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 97 ff, 76 ff. 851 852

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Z u der Fallgruppe des Vertrauensbruchs sind etwa zu rechnen: verbotener Wettbew e r b , 8 6 0 mangelnde Offenheit oder mangelnde Kooperationsbereitschaft gegenüber anderen G e s e l l s c h a f t s o r g a n e n , 8 6 1 die Weigerung des zunächst abberufenen Vorstandsmitglieds, bei n o c h fortlaufendem Anstellungsverhältnis seine Tätigkeit als O r g a n mitglied nach Fortfall von Hindernissen wieder a u f z u n e h m e n 8 6 2 oder das beharrliche Unterlassen, Neueinstellungen v o r z u n e h m e n . 8 6 3 Ferner kann ein Vertrauensbruch bei einer Teilnahme des Vorstandsmitglieds an unehrenhaften oder zu riskanten G e s c h ä f t e n 8 6 4 oder bei der V o r n a h m e verbotener Insidergeschäfte v o r l i e g e n . 8 6 5

495

In Fragen der inhaltlichen Gestaltung des Anstellungsverhältnisses darf das Vorstandsmitglied zwar eigennützig handeln, jedoch nicht versuchen, die A G zu hintergehen oder sich auf sonstige Weise unangemessene Vorteile zu v e r s c h a f f e n . 8 6 6 Die R e c h t s w a h r nehmung in eigener Sache stellt keinen Vertrauensbruch dar. D a h e r bildet die Androhung einer Klage zwecks Verfolgung anstellungsvertraglicher Interessen jedenfalls dann keinen wichtigen G r u n d für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses, wenn der R e c h t s s t a n d p u n k t des Vorstandsmitglieds nachvollziehbar i s t . 8 6 7

496

D e r Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, der einen W i d e r r u f der Bestellung rechtfertigen m a g (dazu o b e n R d n 1 6 0 ff), ist nicht durchgehend als ein G r u n d zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses a n z u s e h e n . 8 6 8 Vielmehr k o m m t es auf den G r a d des Verschuldens bei dem Verhalten des Vorstandsmitglieds an, das dem Vertrauensentzug zugrunde liegt. Bei geringem Verschulden rechtfertigt der Vertrauensentzug keine außerordentliche K ü n d i g u n g . 8 6 9 Auch Differenzen zwischen den O r g a n e n der A G oder eine Missbilligung durch den M e h r h e i t s a k t i o n ä r reichen nicht a u s , 8 7 0 es sei denn, sie resultieren aus Pflichtverletzungen des Vorstandsmitglieds. Insbesondere k a n n es einem Vorstandsmitglied nicht verwehrt werden, sich über die Ungeeignetheit eines (Mehrheits-)Aktionärs für einen Vorstandsposten zu äußern, es sei denn, die Äußerung ist als solche, etwa wegen ihrer diffamierenden F o r m , als gröbliche Pflichtverletzung a n z u s e h e n . 8 7 1 Ferner ist ein rechtswidriger Streik, der a u f die Entfernung des Vorstandsmitglieds aus seinem A m t gerichtet ist, nicht als wichtiger G r u n d für eine außerordentliche Kündigung anzusehen, wenn sich das Vorstandsmitglied sozial a d ä q u a t verhalten h a t . 8 7 2 Auch unter Heranziehung der (ihrerseits fragwürdigen) arbeitsrechtlichen Grundsätze über die D r u c k k ü n d i g u n g k o m m t in solchen Fällen eine außerordentliche Kündigung nicht in F r a g e . 8 7 3 Eine ausnahmsweise einmal zulässige D r u c k k ü n d i gung liegt hingegen vor, wenn die A G das Anstellungsverhältnis beendet, weil ein Kreditgeber der A G die Prolongation eines existenziell wichtigen Kredits von der Beendigung der Mitgliedschaft eines bestimmten Vorstandsmitglieds abhängig m a c h t . 8 7 4

497

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spitidler2 76; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 79. MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er 2 78, 98 f. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 79. BGH WM 1978, 319; BGH WM 1966, 968; MünchKommAktG-He/ernieW/Sp;W/er 2 76, 99; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 79. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 98; KK-Mertens2 133. KK-Mertens2 133. KK-Mertens 2 135. MünchKomm AktG-He/ermeW/SpiW/er 2 99; KK-Mertens1 135.

(131)

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MunchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 140; Hüffer7 40. BGHZ 15, 71, 75; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 128, 143. MünchKomm AkcG-Hefermehl/Spindler2 145. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spmdler2 99. BGH WM 1961, 527; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 102, 147. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 147. OLG München NZG 2006, 313.

Michael Kort

§ 84 498

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

A u ß e r h a l b der genannten Fallgruppen stehend oder jedenfalls nicht in eine der Fallgruppen eindeutig einzuordnen sind die Fälle, in denen wegen einer U n t e r n e h m e n s u m strukturierung oder einem wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmens kein B e d a r f mehr für eine Tätigkeit des Vorstandsmitglieds b e s t e h t . 8 7 5 Allerdings ist in solchen Fällen bei der A n n a h m e eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung schon deshalb große Z u r ü c k h a l t u n g geboten, weil die erforderliche H e r k u n f t des Kündigungsgrundes aus der Person des Vorstandsmitglieds k a u m ersichtlich ist. Vielmehr liegt es nahe, diesen U m s t a n d als objektiven, a u ß e r h a l b der Person des zu kündigenden Vorstandsmitglieds liegenden G r u n d anzusehen und damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine Kündigung zu verneinen. ffff) Anstellungsvertragliche Modifizierungen des „wichtigen Grundes"

499

D i e Parteien k ö n n e n in gewissem U m f a n g im Anstellungsvertrag eine Vereinbarung darüber treffen, was als wichtiger G r u n d für die außerordentliche Kündigung gelten s o l l . 8 7 6 N i c h t als Modifizierung von § 6 2 6 A b s 1 B G B ist es anzusehen, w e n n n anstellungsvertraglich ein Anhörungsrecht für den Kündigungsfall vorgesehen i s t . 8 7 7 Eine Verkleinerung des Kreises der Kündigungsgründe iS von § 6 2 6 Abs 1 B G B , dessen gesetzlicher U m f a n g oben (Rdn 4 8 2 ff) beschrieben wurde, ist allerdings angesichts des allgemeinen Grundsatzes, dass Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund stets außerordentlich k ü n d b a r sein müssen, nicht möglich.

500

Hingegen ist eine Erweiterung des Kreises der Gründe, auf die eine außerordentliche Kündigung gestützt werden k a n n , möglich. So k ö n n e n die Parteien im Anstellungsvertrag insbesondere vereinbaren, dass alle Gründe, die für den W i d e r r u f der Bestellung ausreichen, auch als wichtige Gründe für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses anzusehen s i n d . 8 7 8 Hingegen k ö n n e n Gründe, die nicht einmal für die A b b e r u f u n g ausreichen, nicht als wichtige Gründe für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses vereinbart werden, weil hierdurch die Abberufung in einer Weise präjudiziert würde, der § 8 4 Abs 3 Satz 1 e n t g e g e n s t e h t . 8 7 9

501

D e r B G H 8 8 0 will in allen Fällen, in denen die Kündigung nicht aufgrund eines nach den gesetzlichen M a ß s t ä b e n des § 6 2 6 Abs 1 B G B , sondern nur aufgrund Parteivereinbarung „ w i c h t i g e n " Grundes erfolgt, § 6 2 2 Abs 1 B G B a n w e n d e n , 8 8 1 also letztlich die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der ( M i n dest-)Frist des § 6 2 2 Abs 1 B G B umdeuten (zur Umdeutung einer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung s unten R d n 5 5 8 ) . Ein derartig starker Kündigungsschutz ist aber bei der Kündigung des Anstellungsverhältnisses eines Vorstandsmitglieds nicht erforderlich.

502

Es kann vereinbart werden, dass die Abberufung selbst wichtiger G r u n d für die außerordentliche Kündigung sein s o l l . 8 8 2 Allerdings ist auch dann eine außerordentliche Kündigung des Dienstvertrages nicht möglich, wenn zwar die Abberufung erfolgt ist, es ihr aber ihrerseits an einem wichtigen G r u n d mangelt.

875

876

877 878

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 99; entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Sie/K GrabHG 8 § 38, 61. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 144; KK-Mertens 2 138. KG AG 2005, 205. BGH NJW 1981, 2748, 2749; BAGE 2,

879 880 881

882

333, 341; MünchKommAktG-He/emeW/ Spindler2 144; KK-Mertens 2 138; Hüffer7 40. KK-Mertens2 138. BGH W M 1981, 759 f. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 144. KK-Mertens2 138.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(132)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Die Koppelung der Kündigung des Anstellungsverhältnisses an die Abberufung bedeutet zwar eine Erweiterung des Kreises der Gründe für die außerordentliche Kündigung auf solche Gründe, die „an sich", dh von Gesetzes wegen, eine außerordentliche Kündigung iS von § 6 2 6 B G B nicht zu stützen vermögen. Sie führt zu einer Erweiterung des Kreises wichtiger Gründe für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags auf alle wichtigen Gründe, die für den Widerruf der Bestellung ausreichen, 8 8 3 und ist nicht unproblematisch, da die Kündigungsmöglichkeit iS von § 6 2 6 B G B nicht in einer Weise ausgedehnt werden darf, dass der bei der ordentlichen Kündigung durch die Einräumung von Kündigungsfristen bezweckte Kündigungsschutz des § 6 2 2 B G B unterlaufen w i r d . 8 8 4 Jedoch wird mit der Anbindung an die Abberufung, die immerhin auch das Vorliegen eines (wenn auch weiter als bei der Kündigung zu verstehenden) wichtigen Grundes erfordert, der Schutz des § 6 2 2 B G B nicht in einem relevanten M a ß unterlaufen.

503

Daher ist entgegen der Rechtsprechung 8 8 5 für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung auf einen (vereinbarten) Kündigungsgrund gestützt wird, der an sich, also von Gesetzes wegen, lediglich die Abberufung stützen würde, eine Anwendung von § 6 2 2 B G B nicht geboten.

504

ccc) Frist für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung aaaa) Bedeutung der Zwei-Wochen-Frist Die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags unterliegt der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist des § 6 2 6 Abs 2 B G B . 8 8 6 Die Nichteinhaltung dieser Frist führt zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Die außerordentliche Kündigung kann dann allenfalls in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, falls deren Voraussetzungen vorliegen (zur Umdeutung unten Rdn 5 5 8 ) .

505

Die außerordentliche Kündigung muss nach ξ 6 2 6 Abs 2 Satz 1 und 2 B G B innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des wichtigen Grundes erfolgen. Nach § 6 2 6 Abs 2 Satz 2 B G B beginnt die Zwei-Wochen-Frist mit dem Zeitpunkt, „in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt". Dabei ist die Frage nicht unproblematisch, welche Tatsachen und wessen Kenntniserlangung für den Anlauf der Frist relevant sind (dazu unten Rdn 510 f f ) . 8 8 7 Angesichts dieser Problematik und angesichts des Umstands, dass die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags regelmäßig mit dem Widerruf der Bestellung verknüpft ist, kann die Gesellschaft in Zeitnot geraten. Wegen der gegenüber normalen Arbeitnehmern geringeren sozialen Schutzbedürftigkeit von Vorstandsmitgliedern ist daher eine einschränkende Auslegung von § 6 2 6 Abs 2 B G B für die Kündigung des Anstellungsvertrags vorgeschlagen w o r d e n . 8 8 8 Da jedoch die Rechtsprechung keine generelle Einschränkung von § 6 2 6 Abs 2 B G B bei der außerordentlichen Kündigung eines Anstellungsverhältnisses

506

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Dazu MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 156 und entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/ Stein GmbHG 8 § 38, 60 iVm 18. Hierzu MünchKommAktG-He/ermeW/ Spindler2 144. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW 1981, 2748, 2749; BGH NJW 1989, 2683, 2684; OLG München,

(133)

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WM 1984, 896, 897; OLG München GmbHR 1995, 232; auch BGHZ 112, 103, 115; ferner Hachenburg/Siem GmbHG 8 § 38, 9; Bauer BB 1994, 855, 856. MünchKommAktG-Hefermebl/Spmdler2 138; Hüffer7 41. UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 138. Martens in FS Werner 1984, S 495 ff.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

vornimmt, ist in der Praxis weiterhin mit einer strengen Handhabung der Frist zu rechnen. 8 8 9 bbbb) Kündigungsrelevante Tatsachen 507

Problematisch ist bereits, was als kündigungsrelevante Tatsache iS von § 6 2 6 Abs 2 Satz 2 B G B anzusehen ist. Anders als bei Arbeitnehmern entwickelt sich bei Vorstandsmitgliedern die kündigungsrelevante Sachlage oft erst allmählich, sie setzt sich mithin vielfach aus einer Reihe kleinerer oder mittelschwerer Vorfälle zusammen, von denen erst der letzte „das Fass zum Überlaufen" bringt, also nur in einer Gesamtschau in Verbindung mit den davor liegenden Vorfällen einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung bildet. 8 9 0 Die für das Arbeitsrecht typische Unterscheidung zwischen einem plötzlich auftretenden, einmaligen und zeitlich genau fixierbaren Vorfall als wichtigem Grund für eine außerordentliche Kündigung und einer sich erst allmählich entwickelnden Sachlage als typischer (wenn auch nicht in jedem Fall gegebener) Konstellation bei der ordentlichen Kündigung gibt es bei der Beendigung von Anstellungsverhältnissen mit Vorstandsmitgliedern in dieser Weise nicht. Vielmehr wird sich dort auch ein „wichtiger Grund" oft erst über einen längeren Zeitraum entwickeln. 8 9 1

508

Hinzu kommt, dass das Vorstandsmitglied einen weiten Spielraum unternehmerischen Ermessens hat, so dass es für den Kündigungsberechtigten, hier also den Aufsichtsrat und seine Mitglieder, oft schwierig ist, angesichts der Bandbreite unternehmerischen Ermessens beim Handeln des Vorstandsmitglieds einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung auszumachen. Außerdem hat der Kündigungsberechtigte häufig nicht die Möglichkeit, sich von der Arbeit des Vorstandsmitglieds ein ähnlich genaues, zeitnahes Bild zu verschaffen wie der Kündigungsberechtigte von der Tätigkeit eines normalen Arbeitnehmers. Oft braucht somit der Kündigungsberechtigte vor der Kündigung des Anstellungsverhältnisses einen längeren Zeitraum zur Ermittlung des kündigungsrelevanten Sachverhalts. 8 9 2 cccc) Aufsichtsrat als Kündigungsberechtigter

509

Ferner wird die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist dadurch erschwert, dass - anders als bei normalen Arbeitnehmern - nicht eine einzelner Person kündigungsberechtigt ist, sondern der Aufsichtsrat als zuständiges Organ (bzw ein Aufsichtsratsausschuss) über den Ausspruch der Kündigung Beschluss fassen muss (dazu oben Rdn 4 8 1 ) . 8 9 3 Der Beschluss muss sich eindeutig auf den Ausspruch der Kündigung (und nicht bloß auf ein Erwägen einer Kündigung) beziehen. 8 9 4 Die Rechtsprechung trägt dieser Problematik nur sehr eingeschränkt Rechnung, 8 9 5 indem sie die Anforderungen an den Anlauf der Frist gegenüber den arbeitsrechtlichen Anforderungen an den Fristanlauf leicht erhöht (dazu im Einzelnen unten Rdn 510 ff).

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 138; Hüffer7 41. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 13 9. IE ebenso MünchKommAktG-Hefertnehl/ Spindler2 139. MünchKommAkcG-Hefermebl/Spindler1 139; s entsprechend für den GmbHGeschäftsführer auch Hachenburg/Siem GmbHG8 § 38, 65.

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OLG Karlsruhe AG 2005, 210; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Sieiw GmbHG8 § 38, 65. OLG Karlsruhe AG 2005, 210. S die entsprechende Wertung für den GmbH-Geschäftsführer bei Hachenburg/ Stein GmbHG8 § 38, 67.

Stand: 1. 10. 2006

(134)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

dddd) Beginn der Zwei-Wochen-Frist Die Zwei-Wochen-Frist des ξ 626 Abs 2 Satz 1 BGB beginnt nach § 626 Abs 2 Satz 2 5 1 0 BGB zu dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den maßgebenden Kündigungsgründen durch den „Kündigungsberechtigten". Da die AG bei der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch den Aufsichtsrat bzw einen Aufsichtsratsausschuss als Kollegialorgan vertreten wird, fragt es sich, auf wessen Kenntnis für den Anlauf der Zwei-Wochen-Frist abzustellen ist: auf die Kenntnis aller Mitglieder des Aufsichtsrats bzw des zuständigen Aufsichtsratsausschusses oder auf die Kenntnis eines Mitglieds, zweier Mitglieder (Rechtsgedanke des § 110 Abs 2 aF) oder auf die Kenntnis des Aufsichtsrats- (bzw Ausschuss-)Vorsitzenden? 896 Keinesfalls ausreichend ist die Kenntnis eines anderen Gesellschaftsorgans oder ein- 511 zelner seiner Mitglieder, etwa einzelner Vorstandsmitglieder. 897 Auf die Kenntnis eines Mitglieds des Vertretungsorgans der AG, also des Vorstands, kommt es auch unter dem Gesichtspunkt der sogenannten „Wissenszurechnung der Gesellschaft" als eigentlich Kündigungsberechtigter nicht an. Vielmehr ist auf die Kenntnis des zur Kündigung berechtigten Organs, also des Aufsichtsrats (oder Aufsichtsratsausschusses), abzustellen. 898 Ebenfalls nicht ausreichend ist, dass lediglich ein Aufsichtsrats- bzw Aufsichtsratsausschussmitglied Kenntnis von dem Kündigungsgrund erlangt. 8 9 9 Wenn ein Kollegialorgan über die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags beschließt, kann es für die Kenntnis der Voraussetzungen für diese Entscheidung nicht lediglich auf die Kenntnis eines seiner Mitglieder ankommen.

512

Auch auf die bloße Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden (bzw des Aufsichtsratsausschussvorsitzenden) kann es nicht ankommen, 9 0 0 denn auch dieser ist lediglich ein einzelnes, wenn auch herausgehobenes Mitglied des Kollegialorgans, das über die außerordentliche Kündigung zu entscheiden hat. Aus dem Umstand, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Passiwertreter der AG ist, der zumindest kraft Gewohnheitsrecht als ermächtigt gilt, Willenserklärungen gegenüber der Gesellschaft entgegenzunehmen und damit den Zugang von Erklärungen gegenüber der Gesellschaft zu bewirken, lässt sich für die Frage, wessen Kenntnis der kündigungsrelevanten Tatsachen iS von § 626 Abs 2 BGB von Bedeutung ist, nichts herleiten, da ein Schluss von dem Personenkreis, der zur Passivvertretung der AG befugt ist, auf den Personenkreis, der für die Kenntnis kündigungserheblicher Tatsachen iS von § 626 Abs 2 BGB relevant ist, nicht möglich ist. 901

513

Ferner kann auch nicht die Kenntnis von zwei Aufsichtsratsmitgliedern entscheidend sein. Aus dem Selbsthilferecht des § 110 Abs 2 aF, der die Möglichkeit zur Einberufung des Aufsichtsrats auf Verlangen von zwei Aufsichtsratsmitgliedern vorsah, lässt sich ohnehin kein Schluss auf die Wissenszurechnung für den Beginn der Zwei-Wochen-Frist ziehen. Außerdem ist § 110 Abs 2 aF durch Art 1 Nr 8 TransPuG vom 19.7.2002 geändert worden.

514

896 897

898

Dazu allg KK-Mertens 2 144; Hüffer7 42. KK-Mertens2 144; MünchHdbAG- Wiesner 3 § 21, 80. BGH NJW 1980, 2411, 2412; BGH NJW 1981, 166; BGH NJW 1993, 463, 464; BGH NJW 1996, 1403; BAGE 29, 158, 163 ff; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Sie/n GmbHG 8 § 38, 71.

(135)

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901

GroßkommAktG-Hopt/Roth4 § 112, 78; AA noch die ältere Rechtsprechung, s BGHZ 41, 282, 287. AA KK-Mertens2 144; offengelassen bei Fleck WM 1981 Sonderbeilage 3 S 3, 13. AA KK-Mertens2 145.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

515

Vielmehr ist für den Fristanlauf die Kenntnis derjenigen Personen relevant, die die Entscheidung über die außerordentliche Kündigung fällen, also die Aufsichtsratsmitglieder (bzw die Mitglieder des Aufsichtsratsausschusses). Das sind grundsätzlich alle Mitglieder. Nach einer Entscheidung des O L G München vom 14.7.20 0 5 9 0 2 muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme des gesamten Aufsichtsrats von den Kündigungsgründen ausgesprochen werden.

516

Mindestens aber ist eine Kenntnis aller zur Mitwirkung an der Willensbildung über die anstehende Entscheidung, also die Kündigung, berufenen Mitglieder erforderlich. 9 0 3 Für die Kenntniserlangung reicht daher bei ordnungsgemäß einberufener Aufsichtsratssitzung eine Information der anwesenden Aufsichtsratsmitglieder a u s . 9 0 4

517

Allerdings kann nicht nur die in der Sitzung erlangte Kenntnis für den Fristablauf von Bedeutung sein. Vielmehr lässt auch ein aus der Sphäre des Aufsichtsrats stammendes schuldhaftes „Sichverschließen" vor der Kenntnis der kündigungsrelevanten Tatsachen die Zwei-Wochen-Frist anlaufen, so etwa dann, wenn ein Aufsichtsratsmitglied, das von den kündigungsrelevanten Tatsachen erfährt, nicht unverzüglich den Aufsichtsratsvorsitzenden unterrichtet, damit dieser eine ordentliche Willensbildung im Aufsichtsrat (bzw im Aufsichtsratsausschuss) durch Anberaumung einer Aufsichtsratssitzung (bzw einer Aufsichtsratsausschusssitzung) ermöglicht. 9 0 5 Nimmt der Aufsichtsratsvorsitzende als erster Kenntnis von den kündigungsrelevanten Umständen, läuft daher die ZweiWochen-Frist somit zwar noch nicht mit dessen Kenntnis an (dazu oben Rdn 513), wohl aber mit dem frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem der Vorsitzende des Aufsichtsrats nach Kenntniserlangung eine Aufsichtsratssitzung hätte einberufen k ö n n e n . 9 0 6 Nach einer Entscheidung des O L G M ü n c h e n 9 0 7 liegt eine unangemessene Verzögerung jedenfalls vor, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende bereits zweieinhalb Monate vor der Einberufung des Aufsichtsrats Kenntnis von den Kündigungsgründen gehabt hat. Nach einer Entscheidung des O L G Karlsruhe 9 0 8 liegt eine unangemessene Verzögerung jedenfalls vor, wenn über ein halbes Jahr bis zur entscheidenden Aufsichtsratssitzung vergeht.

518

Selbst wenn jedoch nicht der Aufsichtsratsvorsitzende, sondern ein normales Mitglied des für die Kündigung zuständigen Kollegialorgans außerhalb einer Sitzung des Kollegialorgans Kenntnis von den kündigungsrelevanten Umständen erlangt hat, beginnt ggf der Fristlauf nicht erst mit der Aufsichtsratssitzung (bzw der Aufsichtsratsausschusssitzung), sondern schon zu dem Zeitpunkt, zu dem der Aufsichtsrats- oder der Ausschussvorsitzende bei frühestmöglicher Information durch das Mitglied des Kollegialorgans eine Aufsichtsratssitzung bzw eine Aufsichtsratsausschusssitzung hätte einberufen k ö n n e n . 9 0 9 Eine Unterscheidung zwischen der Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden und anderer Mitglieder ist insofern nicht vorzunehmen, 9 1 0 vielmehr müssen alle Mitglieder des Kollegial-

902 903

904

905

OLG München ZIP 2005, 1781. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Siem GmbHG8 § 38, 73. BGH NJW 1981, 166; Wiesner BB 1981, 1533, 1540; Densch/Kahlo BB 1983, 811, 813; GroßkommAktG-Hopt/Roth4 § 112, 79. OLG München ZIP 2005, 1781; auch schon OLG Köln DB 1994, 471; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 80; Densch/Kahlo BB 1983, 811, 813; Wiesner BB 1981, 1533, 1540.

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 138; wohl auch MünchHdbAG-Wiesnei·3 § 21, 80. OLG München ZIP 2005, 1781. OLG Karlsruhe AG 2005, 210, 212. GroßkommAktG-Hopf/Koifc4 § 112, 79; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Siem GmbHG8 § 38, 75. Densch/Kahlo BB 1983, 811, 817; wohl auch OLG Düsseldorf AG 1982, 225, 228; entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Sie*'« GmbHG8 § 38, 75.

Stand: 1. 10. 2006

(136)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

organs auf dessen Einberufung drängen. Somit beginnt die Zwei-Wochen-Frist stets zu dem Zeitpunkt, zu dem die kollektive Willensbildung bei gebotener Beschleunigung frühestens hätte einsetzen können. Dieser Zeitpunkt ist der frühestmögliche Sitzungstermin des Aufsichtsrats. 911 Das bloße Kennenmüssen des Aufsichtsrats (bzw Aufsichtsratsausschusses) reicht nicht aus, die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. 912

519

eeee) Kenntnis aller maßgeblichen Tatsachen Die Zwei-Wochen-Frist beginnt mit der positiven und sicheren Kenntnis des Kündigungsberechtigten von den Tatsachen, die für den wichtigen Grund relevant sind. Dabei ist nicht die Kenntnis einzelner Elemente der kündigungsrelevanten Tatsachen, sondern die Kenntnis des kündigungsrelevanten Sachverhalts insgesamt, also aller maßgeblichen Tatsachen für die Kündigung, erheblich. 913 Nach der Rechtsprechung des BGH 9 1 4 ist es hierfür erforderlich, dass der Kündigungsberechtigte alles erfahren hat, was für ihn nach verständigem Urteil notwendige Grundlage für eine das Für und Wider abwägende Entscheidung über den Fortbestand oder die Auflösung des Dienstverhältnisses sein kann. 9 1 5 Dieses Kriterium der Rechtsprechung ist sehr unbestimmt. Die Entscheidung ist aus der Sicht des Aufsichtsrats nur ex ante zu fällen, kann sich aber für das ex post urteilende Gericht später ganz anders darstellen. 916

520

Der Anlauf der Frist setzt eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung voraus. Eine 5 2 1 ggf zur Sachverhaltsaufklärung erforderliche Anhörung des Vorstandsmitglieds (dazu Rdn 526) oder sonstige Formen der Sachverhaltsaufklärung können den Anlauf der Kündigungsfrist herausschieben bzw den Lauf der Zwei-Wochen-Frist hemmen. 9 1 7 Allerdings muss bei Erforderlichkeit einer Anhörung das Vorstandsmitglied mit der gebotenen Eile gehört werden, 918 im Falle der Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen müssen diese zügig durchgeführt werden. Soll eine Kündigung wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen schweren Verfehlung ausgesprochen werden, so läuft die Zwei-Wochen-Frist mit sicherer Kenntnis von dem Verdacht an, so insbesondere, wenn ein Geständnis abgelegt wurde. 9 1 9 Liegen hingegen die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung nicht vor, sondern wird die Kündigung auf die Begehung einer Straftat gestützt, so kann es sein, dass die Zwei-Wochen-Frist eventuell erst mit Rechtskraft eines Strafurteils anläuft, falls sich die kündigungsrelevanten Tatsachen nicht anderweitig aufklären lassen. 920

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BGH NJW 1981, 166; OLG Düsseldorf AG 1982, 2 2 5 , 228; Wiesner BB 1981, 1533, 1538 f; s entsprechend für den GmbHGeschäftsführer Hachenburg/Sie/« G m b H G 8 § 38, 75. M ü n c h K o m m A k t G - H e f e r m e h l / S p i n d l e r2 138. BGH ZIP 1996, 636; Hüffer7 42. BGH ZIP 1996, 636; BGH W M 1976, 77, 78. BAG NJW 1989, 733, 7 3 4 . MünchHdbAG-Wieiner 3 § 21, 81.

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9,7

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919

920

BGH DB 1992, 260, 261; BGH W M 1984, 1187; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 80. KK-Mertens 2 147; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH GmbHR 1985, 112, 113; Hachenburg/Siem G m b H G 8 § 38, 65. BGH NJW 1976, 7 9 7 (entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer); MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 139; KK-Mertens1 145. BAG NJW 1976, 1766 (entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer).

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

ffff) Dauertatbestand 522

Handelt es sich bei dem Kündigungsgrund nicht um einen einmaligen Vorfall, sondern um einen Dauertatbestand, so beginnt die Zwei-Wochen-Frist erst mit Ende des Zustande.921 Es reicht somit aus, wenn die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach dem letzten Einzelakt erfolgt, der Bestandteil eines Gesamtverhaltens des Vorstandsmitglieds ist, das insgesamt gesehen der AG nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann es zu einer solchen „Zusammenrechnung" von Einzelvorfällen nur kommen, wenn diese Einzelakte in einem inneren Zusammenhang stehen und nicht einzelne von ihnen bereits für eine außerordentliche Kündigung ausgereicht hätten. Durch die Zusammenrechnung kann nämlich nicht erreicht werden, dass alten Einzelakten, für deren Geltendmachung als Kündigungsgrund die Zwei-Wochen-Frist versäumt worden ist, im Wege der Zusammenrechnung doch noch Bedeutung verschafft wird. Solche Einzelakte können daher allenfalls noch unterstützend herangezogen werden, wenn ein späterer Vorfall von nicht unerheblichem Gewicht als Kündigungsgrund geltend gemacht werden soll. gggg) Hemmung der Zwei-Wochen-Frist

523

Die Zwei-Wochen-Frist kann hingegen dadurch gehemmt sein, dass das Vorstandsmitglied, dessen Anstellungsverhältnis gekündigt werden soll, das Verstreichenlassen der Frist zu verantworten hat. Das ist etwa der Fall, wenn der Aufsichtsrat dem Vorstandsmitglied auf dessen Wunsch eine Frist zur Prüfung einer einvernehmlichen Beendigung des Anstellungsvertrags einräumt 922 und sofort nach ergebnislosem Ablauf der Bedenkzeit kündigt. 923 Eine Berufung des Vorstandsmitglieds auf das Verstreichenlassen der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs 2 BGB würde in einem solchen Fall gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.

524

Eine Hemmung der Zwei-Wochen-Frist kommt hingegen nicht in Betracht, wenn die Hemmung auf Tatsachen gestützt werden soll, die aus der Sphäre der Gesellschaft stammen. Selbst bei einer Existenzgefährdung der AG in einer wirtschaftlichen Krise ist die Zwei-Wochen-Frist nicht gehemmt, und zwar auch dann nicht, wenn die Gesellschaft noch kein qualifiziertes neues Vorstandsmitglied als Ersatz für das ausscheidende Vorstandsmitglied gefunden hat und sich dadurch die Existenzgefährdung der AG fortsetzt oder sogar noch verschlimmert. 924 Der Gesellschaft bleibt dann vielmehr nur der Weg, Vergleichsverhandlungen mit dem bisherigen Vorstandsmitglied zu führen. Diese können, soweit ein konkretes Interesse des Vorstandsmitglieds an einer einvernehmlichen Lösung bejaht werden kann, ggf die Zwei-Wochen-Frist hemmen. 925 Nach Scheitern der Verhandlungen ist jedoch die außerordentliche Kündigung sofort auszusprechen. hhhh) Mitbestimmte AG

525

Bei Aktiengesellschaften, die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, kann es zu einem Konflikt zwischen der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs 2 BGB und der Monatsfrist des

921

922

923 924

BGH NJW 1995, 2850, 2851; BGH NJW 1975, 1698; BAGE 24, 383, 3 9 6 ff; MünchKommAkt G-Hefermehl/Spindler2 139; KK-Mertens 1 146. Hierzu MünchKommAktG-Hefermehl/ Spindler2 139; Hüffer7 37. KK-Mertens 2 147. S entsprechend für den GmbH-Geschäfts-

925

führer auch Hachenburg/Sie*'« GmbHG 8 § 38, 77. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Siem GmbHG 8 § 38, 77; zur Frage einer konkludenten einvernehmlichen Verlängerung der Frist durch die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen s Martens in FS Werner 1984, S 495, 516 ff.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(138)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

§ 31 Abs 3 Satz 1 M i t b e s t G k o m m e n , da die außerordentliche Kündigung regelmäßig mit dem ihr vorangehenden oder gleichzeitig erfolgenden W i d e r r u f der Bestellung verk n ü p f t ist. Gegen die Auffassung, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 6 2 6 Abs 2 B G B durch den Beginn des Verfahrens in dem Vermittlungsausschuss g e m ä ß § 31 A b s 3 Satz 1 M i t b e s t G für höchstens einen M o n a t g e h e m m t i s t , 9 2 6 spricht, dass die Frist des § 6 2 6 A b s 2 B G B streng einzuhalten i s t . 9 2 7 So ist es etwa im Arbeitsrecht bei einer außerordentlichen Kündigung erforderlich, den Betriebsrat innerhalb der Zwei-Wochen-Frist anzuhören. § 31 M i t b e s t G gilt zwar nach dessen Abs 5 auch für den W i d e r r u f der Bestellung, gebietet aber nicht, die M o n a t s f r i s t des § 31 A b s 3 Satz 1 M i t b e s t G auch auf die Abberufung zu erstrecken. D e m Vermittlungsausschuss ist es vielmehr im Fall der außerordentlichen Kündigung zuzumuten, sofort ein Urteil über die Berechtigung und Z w e c k m ä ß i g k e i t der A b b e r u f u n g zu treffen und eine entsprechende Stellungnahme abzugeben.928 ddd) Anhörung und Abmahnung aaaa)

Anhörung

Eine vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erfolgende A n h ö r u n g des Vorstandsmitglieds ist keine generelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche K ü n d i g u n g . 9 2 9 Wenn allerdings die außerordentliche Kündigung a u f den Verdacht des Vorliegens einer Straftat oder einer sonstigen groben Pflichtverletzung gestützt wird (Verdachtskündigung), ist eine vorherige A n h ö r u n g des Betroffenen erforderlich, da andernfalls die Interessenabwägung regelmäßig zuungunsten der A G ausfallen w i r d . 9 3 0

526

bbbb) Abmahnung Auch eine Abmahnung ist nur selten e r f o r d e r l i c h . 9 3 1 W ä h r e n d im Arbeitsrecht eine A b m a h n u n g auch bei einer außerordentlichen Kündigung häufig W i r k s a m k e i t s v o r a u s setzung einer Kündigung ist, ist das bei der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses eines Vorstandsmitglieds trotz ξ 3 1 4 A b s 2 B G B nur ausnahmsweise der F a l l . 9 3 2 Z w a r k a n n m a n nicht davon ausgehen, dass § 6 2 6 B G B gegenüber § 3 1 4 A b s 2 B G B lex specialis i s t , 9 3 3 jedoch ist eine A b m a h n u n g häufig wegen § 3 1 4 Abs 2 Satz 2 iV mit § 3 2 3 Abs 2 N r 3 e n t b e h r l i c h . 9 3 4 Allerdings k a n n in minder schweren Fällen von Pflichtverletzungen oder bei geringgradigem Verschulden des Vorstandsmitglieds eine vorherige A b m a h n u n g erforderlich s e i n . 9 3 5 Besonders schwere Pflichtverstöße und

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Hüffer7 25; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 83; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 180; Martens in FS Werner 1984, S 495, 510. Wie hier LG Ravensburg EWiR 1985, 415; Κ Κ-Mertens 2 143; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler MitbestG2 § 31, 43. KK-Mertens2 143. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 142; KK-Mertens 2 137; entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Stein GmbHG 8 § 38, 59. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 142; KK-Mertens 2 137; entsprechend für

(139)

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den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Stein GmbHG 8 § 38, 59. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 139, 142. AA Horstmeier GmbHR 2006, 400, 405. So aber MünchKommAktG-Hefermehl/ Spindler2 139. Hüffer7 39; ähnlich Koch ZIP 2005, 1621, 1625 ff. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW 1993, 463, 464; Hachenburg/Siem GmbHG 8 § 38, 59.

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527

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

gravierende Fälle des Vertrauensbruchs erfordern hingegen keinesfalls eine Abmahnung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung. 936 eee) Befristung der außerordentlichen Kündigung und weitere Vereinbarungen über die außerordentliche Kündigung aaaa) Kündigungsfrist ex lege? 528

Bei der Annahme, es könne bei einer außerordentlichen Kündigung, für die vertraglich keine Kündigungsfrist vorgesehen ist (zu dieser Möglichkeit Rdn 529), eine Kündigungsfrist ex lege bestehen, 9 3 7 ist Zurückhaltung geboten, denn einer solche Annahme steht das System der Zweiteilung in die außerordentliche Kündigung einerseits und die ordentliche Kündigung andererseits (bei jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen) entgegen. Vielmehr liegt entweder eine wirksame außerordentliche Kündigung vor oder es ist eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung geboten, falls eine ordentliche Kündigung zulässig ist (zur Umdeutung im Einzelnen unten Rdn 558). bbbb) Vereinbarte Kündigungsfrist

529

Im Anstellungsvertrag kann auch vorgesehen werden, dass die außerordentliche Kündigung, die ex lege fristlos erfolgt, einer Kündigungsfrist unterliegt. 938 Ist diese Frist allerdings relativ lang bemessen, etwa in Anlehnung an § 6 2 2 BGB, so kann sie das Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung unter Umständen zu stark einschränken (oder auch umgekehrt das entsprechende Recht des Vorstandsmitglieds, wenn die Kündigungsfrist auch für eine Kündigung durch das Vorstandsmitglied gelten soll). Sie ist in solchen Fällen unbeachtlich. cccc) Vertragsstrafe

530

Eine Vertragsstrafe kann im Anstellungsvertrag für den Fall einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung durch die AG unabhängig von der Vertragsstrafenhöhe nicht vorgesehen werden, da die Vereinbarung einer solchen Vertragsstrafe das Abberufungsrecht nach § 84 Abs 3 Satz 1 beeinträchtigen könnte. 9 3 9 fff) Nachschieben von Kündigungsgründen

531

Für das Nachschieben von Kündigungsgründen gelten ähnliche Regeln wie im Arbeitsrecht. 9 4 0 Gründe, die bei Ausspruch der Kündigungserklärung noch nicht existierten, können nicht nachgeschoben werden. Jedoch können solche nach Ausspruch der Kündigung auftretenden Umstände die bislang geltend gemachten Kündigungsgründe verstärken, wenn sie mit diesen in einem inneren Zusammenhang stehen und somit geeignet sind, die geltend gemachten Kündigungsgründe zu profilieren. 941

537

S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer OLG München BB 1994, 735, 736; Hachenburg/Sie«» GmbHG 8 § 38, 59. So KK-Mertens1 139 in Anlehnung an BGH W M 1981, 759 f und BGH W M 1975, 761; ferner Fleck W M 1981, Sonderbeilage 3 S 3,

12.

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939 940

941

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1 137. KK-Mertens1 140. MüncbKommAktG-Hefermehl/Spindler2 129. OLG Stuttgart DB 1979, 884, 885 f; KK-Mertens2 149.

Stand: 1. 10. 2006

(140)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Im Übrigen hängt die M ö g l i c h k e i t des N a c h s c h i e b e n s von Kündigungsgründen vom Einzelfall ab. Andere als die in der Kündigungserklärung angegebenen Gründe k ö n n e n bei der außerordentlichen Kündigung nur nachgeschoben werden, wenn sie dem Aufsichtsrat nicht früher als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung b e k a n n t gewesen waren. Einen solchen Kündigungsgrund k a n n auch ein einzelnes Mitglied des Kollegialorgans, das mit der Prozessführung betraut ist, ohne erneuten Beschluss des Aufsichtsrats (oder des zuständigen Aufsichtsratsausschusses) als Kündigungsgrund n a c h s c h i e b e n . 9 4 2 Ein N a c h s c h i e b e n von Kündigungsgründen ist wegen § 2 4 2 B G B nicht m e h r möglich, wenn das Vorstandsmitglied die berechtigte A n n a h m e hegen dürfte, die Kündigung werde sich auf die angegebenen Gründe b e s c h r ä n k e n . 9 4 3 In der Revisionsinstanz ist ein N a c h s c h i e b e n von Kündigungsgründen generell ausgeschlossen. 9 4 4

532

ggg) Fortbestand des Anstellungsverhältnisses bei Fehlen der Kündigungsvoraussetzungen K o m m t wegen des Auseinanderfallens der Anforderungen an den wichtigen Grund für die Abberufung und an den wichtigen G r u n d für die außerordentliche Kündigung (dazu oben R d n 1 3 4 ff) lediglich eine A b b e r u f u n g , nicht aber eine außerordentliche K ü n digung des Anstellungsvertrags in Betracht, k a n n die Gesellschaft trotz Abberufung wegen des (vorläufigen) Weiterlaufens des Anstellungsverhältnisses von dem Vorstandsmitglied verlangen, dass es weiterhin der Gesellschaft seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verfügung stellt. 9 4 5 D a s gilt auch für den Fall, dass zwar ein wichtiger G r u n d für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses des abberufenen Vorstandsmitglieds bestand, dieser G r u n d j e d o c h nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 6 2 6 A b s 2 B G B geltend gemacht worden ist (dazu R d n 5 0 5 ff).

533

cc) Beschlusserfordernis für die Kündigung Für den Ausspruch der Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist seitens der A G ebenso wie für den W i d e r r u f der Bestellung - der Aufsichtsrat oder ein Aufsichtsratsausschuss zuständig. 9 4 6 Die Kündigung des Anstellungsvertrags erfolgt aufgrund eines Beschlusses des Aufsichtsrats nach § 1 0 8 . 9 4 7 Anders als beim W i d e r r u f der Bestellung (dazu oben R d n 1 2 9 ) kann die Zuständigkeit für die Kündigung des Anstellungsvertrags einem Aufsichtsratsausschuss übertragen werden, denn § 8 4 Abs 3 Satz 5 wird in § 1 0 7 Abs 3 Satz 2 nicht g e n a n n t . 9 4 8 Allerdings darf ein d e m g e m ä ß zuständiger Aufsichtsratsausschuss eine Entscheidung über den W i d e r r u f der Bestellung durch den hierfür zwingend zuständigen Gesamt-Aufsichtsrat nicht p r ä j u d i z i e r e n . 9 4 9 Dem Personalausschuss k o m m t insofern lediglich eine akzessorische Regelungskompetenz in Fragen des Anstellungsvertrags z u . 9 5 0 D a h e r darf der Personalausschuss auch dann, wenn er für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses zuständig ist, eine Kündigung nicht aussprechen, solange der Gesamt-Aufsichtsrat noch keinen Beschluss über den W i d e r r u f gefasst hat.

942 943

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KK-Mertens2 149. BGHZ 27, 220, 2 2 5 f; BGH DB 1978, 353 f; KK-Mertens 2 149. BayObLG NJW 1955, 1678, KK-Mertens 2 149. BGH DB 1966, 1306; BGH WM 1978, 319, 320; KK-Mertens2 141. MunchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 129.

(141)

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 129; Hiiffer7 38. Hüffer7 38. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 130. BGHZ 89, 48, 56; 83, 144, 150; 79, 38, 44; Hüffer7 38; MünchHdbAG-VWeswr3 § 21, 73; Säcker BB 1979, 1321, 1322 f.

Michael Kort

534

§ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

535

Auch k a n n die Kündigung seitens des Aufsichtsratsausschusses nicht unter der aufschiebenden Bedingung erfolgen, dass der Gesamt-Aufsichtsrat einen Beschluss über den W i d e r r u f der Bestellung fasst. D e m steht die Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung als Gestaltungserklärung entgegen. 9 5 1 Hingegen ist es zulässig, dass der Aufsichtsratsausschuss zwar die Kündigung vor dem Beschluss des Aufsichtsrats-Plenums über den W i d e r r u f der Bestellung beschließt, j e d o c h der Aufsichtsratsvorsitzende lediglich ermächtigt wird, die Kündigung erst dann zu erklären, wenn das Plenum über den W i d e r r u f der Bestellung Beschluss gefasst h a t . 9 5 2

536

Auch bei einer einvernehmlichen Beendigung der Bestellung, die ebenfalls einen Beschluss des Gesamt-Aufsichtsrats erfordert (dazu R d n 2 3 0 ) , darf die Beschlussfassung über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch einen Aufsichtsratsausschuss nicht die Beschlussfassung des Plenums über die Beendigung der Bestellung präjudiz i e r e n . 9 5 3 Insofern gelten für die einvernehmliche Beendigung der Organstellung und des Anstellungsvertrags dieselben Grundsätze über das Kompetenz-Verhältnis zwischen Aufsichtsratsausschuss und Plenum wie für den W i d e r r u f der Bestellung und die Kündigung.954

537

Falls keine gesellschaften, Plenums nach Beschluss über

Kompetenzübertragung auf einen Ausschuss erfolgt, k a n n bei Aktiendie dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, der Kündigungsbeschluss des dem Verfahren von § 2 9 M i t b e s t G erst gefasst werden, wenn zuvor ein den W i d e r r u f der Bestellung n a c h § 31 M i t b e s t G gefasst w o r d e n i s t . 9 5 5

dd) Grenzen der Zuständigkeit des Aufsichtsrats 538

D e r Aufsichtsrat (bzw Aufsichtsratsausschuss) bleibt auch dann für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses zuständig, wenn die Kündigung (ausnahmsweise) nicht gleichzeitig mit dem W i d e r r u f der Bestellung ausgesprochen wird, sondern erst nach der Beendigung der Organstellung e r f o l g t . 9 5 6 Eine K o m p e t e n z des Vorstands zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied besteht insofern noch nicht. Hingegen besteht eine K o m p e t e n z des Vorstands für die Kündigung, wenn das Anstellungsverhältnis mit dem Vorstandsmitglied einvernehmlich in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis überführt w o r d e n ist und dieses neue Anstellungsverhältnis seinerseits gekündigt werden soll, da es sich dann um die Kündigung eines gewöhnlichen Arbeitsverhältnisses h a n d e l t . 9 5 7

539

N a c h der Rechtsprechung des B G H 9 5 8 soll der Vorstand auch dann für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses zuständig sein, wenn das Vorstandsmitglied vorher sein A m t niedergelegt hat. D a s ist fragwürdig, weil auch nach der Amtsniederlegung

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Hüffer1 38; MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 7 3 ; Hoffmann-Becking in FS Stimpel 1985, S 589, 5 9 5 ; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 179; Martens in FS Werner 1 9 8 4 , S 4 9 5 , 5 0 4 . Hüffer7 38; MünchHdbAG-Wiesner 1 § 21, 7 3 ; Hoffmann-Becking in FS Stimpel 1985, S 5 8 9 , 595. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 130. B G H Z 79, 38, 41; Hüffer7 38; Fleck W M 1981 Sonderbeilage 3 S 10, 14; Säcker DB 1979, 1321, 1322; teilwiese kritisch Hoff-

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mann-Becking in FS Stimpel 1985, S 5 8 9 , 5 9 3 ff. MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 75; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 175 f. MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 131. BGH N J W 1987, 2 5 4 ; BGH W M 1984, 5 3 2 ; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 76; Fleck W M 1985, 677, 679. B G H Z 78, 82, 84; 47, 341, 3 4 4 ; 2 6 , 2 3 6 ; ferner MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 76.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(142)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

n o c h ein Anstellungsverhältnis als Dienstverhältnis mit einem Vorstandsmitglied und nicht etwa b l o ß ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis wie mit einem n o r m a l e n Arbeitnehmer besteht. D a h e r ist es entgegen der Ansicht des B G H vorzugswürdig, auch für den Fall der vorhergehenden Amtsniederlegung eine Kündigungskompetenz des Aufsichtsrats, nicht aber eine solche des Vorstands, a n z u n e h m e n . 9 5 9 ee) Ausspruch und Zugang der Kündigung Von der Beschlussfassung über die Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist der Ausspruch der Kündigung zu trennen. Die Kündigung ist eine einseitige, rechtsgestaltende Willenserklärung, die mit ihrem Z u g a n g nach § 1 3 0 Abs 1 Satz 1 B G B w i r k s a m wird. D e r Aufsichtsrat gibt kraft seiner Vertretungsbefugnis nach § 112 die Kündigungserklärung gegenüber dem Vorstandsmitglied ab. Z u r A b g a b e der Erklärung k a n n der Aufsichtsrat eines seiner Mitglieder, etwa den Aufsichtsratsvorsitzenden, als Erklärungsboten e i n s e t z e n . 9 6 0 Es ist sogar möglich, den Vorstand zum Erklärungsboten zu m a c h e n , 9 6 1 jedoch ist ein solches Vorgehen nicht ratsam, da dann der Aufsichtsrat v o m Erklärungsverhalten des Vorstands abhängig i s t . 9 6 2 Ist das betroffene Vorstandsmitglied bei der Beschlussfassung über die Kündigung anwesend, bedarf es ihm gegenüber keiner gesonderten Kündigungserklärung. 9 6 3 Eine zufällige Kenntnisnahme des Vorstandsmitglieds von der Kündigung des Anstellungsvertrags reicht nicht aus. D i e K u n d g a b e der Kündigung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden unterliegt entgegen einer Entscheidung des O L G D ü s s e l d o r f 9 6 4 nicht § 1 7 4 Satz 1 B G B , da der Aufsichtsratsvorsitzende bereits kraft Amtes zur Übermittlung der Kündigung ermächtigt i s t . 9 6 5

540

ff) F o r m Die Kündigung des Anstellungsvertrags wird in aller Regel schriftlich erfolgen, unterliegt aber keinem gesetzlichen Schriftformerfordernis, da § 6 2 3 B G B auf den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds keine Anwendung f i n d e t . 9 6 6

541

gg) Eindeutige Zuordnung Es muss eindeutig e r k e n n b a r sein, o b die Kündigung als ordentliche oder als außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses ausgesprochen werden soll. Eine U m d e u t u n g einer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ist grundsätzlich möglich (dazu unten R d n 5 5 8 ) , hingegen steht der Umdeutung einer ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung entgegen, dass die Umdeutung einer nichtigen Willenserklärung in eine andere Willenserklärung nur möglich ist, wenn letztere in Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht weiter reicht als erstere.

MimchKommAktG-Hefermehl/Spmdler1

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131. 960

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MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 129; Hüffer7 38; GroßkommAktG-Hopi/ Roth4 § 112, 88. BGHZ 12, 327, 334; OLG Stuttgart AG 2003, 211, 212; Hüffer7 38 iVm 25; MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 74. Hüffer7 25.

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965 966

BGHZ 52, 316, 321; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 74. OLG Düsseldorf NZG 2004, 141; dazu Schockenhoff/Topf DB 2005, 539; Pusch RdA 2005, 170; Bauer/Krieger ZIP 2004, 1247, 1248 f. Bednarz NZG 2005, 418, 425. Baeck/Hopfner DB 2000, 1914; Zimmer BB 2003, 1175.

Michael Kort

542

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

hh) Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung; Darlegungs- und Beweislast 543

Die Unwirksamkeit einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung kann durch Erhebung einer Feststellungsklage vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. Eine Verbindung dieser Klage mit einer Klage auf Feststellung der U n w i r k s a m k e i t des Widerrufs der Bestellung ist m ö g l i c h . 9 6 7 Allerdings wirkt das Urteil bei der Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs e x nunc (§ 8 4 A b s 3 Satz 4 , dazu o b e n R d n 1 8 7 f f ) , bei der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Anstellungsvertrages hingegen e x tunc, so dass ggf Bezüge des Vorstandsmitglieds nachzuzahlen sind.968

544

Die A G hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu beweisen. Im Falle des Vertrauensentzugs trifft hingegen das abberufene Vorstandsmitglied die Beweislast dafür, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist.

545

D i e A G trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Kündigung rechtzeitig, also innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 6 2 6 Abs 2 B G B , erfolgt ist, falls das Vorstandsmitglied die Rechtzeitigkeit der Kündigung b e s t r e i t e t . 9 6 9 D a f ü r hat die A G Tatsachen vorzutragen, aus denen sich der Z e i t p u n k t und die U m s t ä n d e der Kenntniserlangung k o n k r e t e r g e b e n . 9 7 0 b) Kündigung des Anstellungsverhältnisses seitens des Vorstandsmitglieds a a ) Ordentliche Kündigung

546

Ist der Anstellungsvertrag auf unbestimmte Z e i t abgeschlossen w o r d e n , so k a n n das Vorstandsmitglied ihn unter Einhaltung der Frist des § 6 2 1 B G B 9 7 1 ordentlich kündigen, und zwar gegenüber dem Aufsichtsrat als Vertreter der A G nach § 1 1 2 . 9 7 2 W i e stets bei der Passivvertretung genügt die A b g a b e der Willenserklärung (Kündigungserklärung) gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied (Rechtsgedanke des § 7 8 Abs 2 Satz 2 ) . 9 7 3 bb) Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund aaa)

547

Kündigungsgründe

Außerdem k a n n ein Vorstandsmitglied das Anstellungsverhältnis unabhängig davon, o b es befristet ist oder nicht, aus wichtigem Grund kündigen (5 6 2 6 B G B ) . D a s Vorliegen eines wichtigen Grundes beurteilt sich einzelfallbezogen, j e d o c h lassen sich Fallgruppen b i l d e n : 9 7 4 So k a n n der wichtige Grund aus der Sphäre der Gesellschaft stammen. E t w a k a n n ein vertragswidriges oder gesetzeswidriges Verhalten der A G und ihrer O r g a n e als wichtiger G r u n d in Betracht k o m m e n , so bei einem grundlosen W i d e r r u f der Bestell u n g , 9 7 5 bei einer teilweisen oder vollständigen Nichtleistung von B e z ü g e n , 9 7 6 bei einer 967

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MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2 159; Hüffer7 34, 33. MünchKommAktG-He/eraeW/SpiW/er 2 152. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH GmbHR 1985, 112; BGH NJWRR 1990, 1330, 1331; BAGE 24, 383, 393 f; Hachenburg/Sie!« GmbHG 8 § 38, 78. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 159; Hüffer7 34, 33. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 161; Grobys/Littger BB 2002, 2292, 2293.

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975

976

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 161, 136. Hüffer7 § 112, 4; auch BGH NZG 2 0 0 2 , 43, 44. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 160. BAG DB 2002, 2273; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 160. BAG DB 2002, 2273; MünchKommAktGHefermehl/Sptndler2 160.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(144)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

grundlosen oder willkürlichen Verweigerung der E n t l a s t u n g 9 7 7 oder bei unzulässigen Eingriffen des Aufsichtsrats oder anderer O r g a n e in die G e s c h ä f t s f ü h r u n g . 9 7 8 Ferner k o m m e n als G r ü n d e für eine außerordentliche Kündigung auch der Verlust der eigenverantwortlichen Entscheidungsbefugnis als Folge des Abschlusses eines Beherrschungsvertrages (§ 3 0 8 Abs l ) , 9 7 9 eines Betriebsführungsvertrages oder einer Eingliederung (§ 3 2 3 Abs l ) 9 8 0 in B e t r a c h t . 9 8 1 Auch der Vertrauensentzug durch die H a u p t v e r s a m m lung oder die nachträgliche Einengung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung oder durch den Aufsichtsrat ( § § 111 Abs 4 , 7 7 Abs 2 ) 9 8 2 k ö n n e n wichtige Gründe für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch das Vorstandsmitglied bilden. Ferner k o m m e n als wichtige Gründe auch Umstände in Frage, die aus der Sphäre des Vorstandsmitglieds resultieren, so etwa eine lang andauernde E r k r a n k u n g oder die anhaltende Verfeindung mit anderen Vorstandsmitgliedern. 9 8 3 Hingegen reicht es nicht als wichtiger G r u n d für eine außerordentliche Kündigung seitens des Vorstandsmitglieds aus, dass es sich bei einer A b s t i m m u n g im Vorstand (§ 7 7 Abs 1) oder gegenüber dem Aufsichtsrat, der seine Z u s t i m m u n g nach § 111 Abs 4 Satz 2 nicht erteilt hat, nicht hat durchsetzen k ö n n e n . 9 8 4

548

N e b e n den genannten Fallgruppen bzw Fällen lassen sich als weitere Gründe für eine außerordentliche Kündigung seitens des Vorstandsmitglieds nennen: eine unberechtigte außerordentliche Kündigung durch die A G , die seitens anderer O r g a n e v o m Vorstandsmitglied verlangte V o r n a h m e ungesetzlicher H a n d l u n g e n 9 8 5 sowie schwerwiegende, unhaltbare persönliche Vorwürfe seitens anderer V o r s t a n d s m i t g l i e d e r 9 8 6 oder seitens eines Mitglieds eines sonstigen O r g a n s der A G . 9 8 7

549

Bei der Frage, o b dem Vorstandsmitglied ein R e c h t zur außerordentlichen Kündigung zusteht, ist im Übrigen die arbeitsrechtliche Rechtsprechung zur außerordentlichen K ü n digung von Arbeitsverträgen zurückhaltend-vorsichtig heranziehbar. D a b e i ist j e d o c h stets die besondere Stellung des Vorstandsmitglieds und die Treuebindung des Vorstandsmitglieds an die A G zu beachten.

550

bbb)

Zwei-Wochen-Frist

Auch das Vorstandsmitglied muss im Falle der Eigenkündigung die Kündigungserklärungsfrist von zwei W o c h e n des § 6 2 6 Abs 2 Satz 1 B G B einhalten. D e r Fristlauf beginnt mit Kenntniserlangung von den konkreten Tatsachen, die einen wichtigen G r u n d für die außerordentliche Kündigung bilden. Tatsachen, die länger als zwei W o c h e n zurückliegen, k ö n n e n daher allenfalls unterstützend geltend gemacht werden, wenn das Vorstandsmitglied die außerordentliche Kündigung a u f eine Tatsache, die n o c h innerhalb

977 978 979

980

981 982

983

MünchHdbAG- Wiesner3 § 21, 86. KK-Mertens2 161. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler1 160. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdler2 160; Baums Geschäftsleitervertrag 1987, S 405. MünchHdbAG-Wiesner 3 § 21, 86. 2 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 160. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 160.

(145)

984

985

986

987

MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler2 160. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW 1978, 1435, 1436; Hachenburg/Siel« GmbHG 8 § 38, 146. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW-RR 1992, 992 f; Hachenburg/Stein GmbHG 8 § 38, 146. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer LG Frankfurt NJW-RR 1988, 221; Hachenburg/Sfem GmbHG 8 § 38, 146.

Michael Kort

551

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

des Zwei-Wochen-Zeitraums liegt, stützen kann, die als solche einen wichtigen Grund iS von § 626 Abs 1 BGB bildet. 9 8 8 Will das Vorstandsmitglied die außerordentliche Kündigung auf eine Tatsache stützen, die sich über längere Zeit entwickelt, so liegt eine Kenntniserlangung erst bei Beendigung dieses Zustande vor, sodass die Zwei-Wochen-Frist des § 6 2 6 Abs 2 BGB erst dann zu laufen beginnt. 9 8 9 cc) Sonderkündigungsrecht nach § 87 Abs 2 Satz 3 552

Das Vorstandsmitglied hat ferner nach § 87 Abs 2 Satz 3 ein Sonderkündigungsrecht, wenn die AG dessen Gesamtbezüge wegen einer wesentlichen Verschlechterung ihrer Verhältnisse nach § 87 Abs 2 Satz 1 herabgesetzt hat. 9 9 0 Bei dem Recht gemäß § 87 Abs 2 Satz 3 handelt es sich um ein Recht zur außerordentlichen, aber befristeten Kündigung mit einer Frist von sechs Wochen für den Schluss des letzten Kalenderjahres (dazu im Einzelnen Großkomm AktG/Kort 4 § 87 Rdn 308 ff).

553

Nach § 87 Abs 2 Satz 1 berechtigt eine Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft, die so wesentlich ist, dass eine Weitergewährung der Bezüge der Vorstandsmitglieder eine schwere Unbilligkeit für die Gesellschaft sein würde, zu einer angemessenen Herabsetzung der Bezüge (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/Kori 4 § 87 Rdn 284ff). Jedoch wird der Anstellungsvertrag hiervon nach § 87 Abs 2 Satz 2 nicht berührt. Die Gesellschaft kann somit die wesentliche Verschlechterung ihrer Vermögensverhältnisse als solche nicht zum Anlass nehmen, die Anstellungsverträge der Vorstandsmitglieder ordentlich oder außerordentlich zu kündigen. Hingegen steht umgekehrt dem Vorstandsmitglied gemäß § 87 Abs 2 Satz 3 ein Recht zur außerordentlichen, aber befristeten Kündigung seines Anstellungsverhältnisses wegen der Herabsetzung seiner Bezüge infolge der Krise der AG zu. 9 9 1 Das Vorstandsmitglied kann den Anstellungsvertrag für den Schluss des nächsten Kalendervierteljahrs mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen kündigen (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/Kort 4 § 87 Rdn 308 ff).

554

Versäumt das Vorstandsmitglied den Ausspruch der Kündigung zum erstmöglichen Kündigungstermin, steht ihm kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der AG und der damit einhergehenden Herabsetzung seiner Bezüge nach § 87 Abs 2 Satz 1 zu (dazu auch GroßkommAktG/iCori 4 § 87 Rdn 322). Das dem Vorstandsmitglied in § 87 Abs 2 Satz 3 eingeräumte Recht begünstigt es insofern nicht bloß, sondern belastet es auch.

555

Nur bei rechtmäßiger Herabsetzung der Bezüge nach § 87 Abs 2 Satz 1 schließt das Sonderkündigungsrecht des § 87 Abs 2 Satz 3 die Möglichkeit des Vorstandsmitglieds, das Anstellungsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen (§ 6 2 6 BGB) aus, im Übrigen aber nicht. Erfüllt die Herabsetzung der Vorstandsbezüge infolge der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft im Einzelfall nicht die Voraussetzungen des § 87 Abs 2 Satz 1, wohl aber diejenigen eines „wichtigen Grundes" iS von § 6 2 6 Abs 1 BGB, so kann eine außerordentliche, fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch das Vorstandsmitglied nach § 6 2 6 BGB in Frage kommen (dazu im Einzelnen Großkomm AktG/Kori 4 § 87 Rdn 322). 988

989

S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW-RR 1992, 9 9 2 f; OLG Düsseldorf ZIP 1984, 1476, 1480; Hachenburg/Stein GmbHG 8 § 38, 146. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW 1995, 2 8 5 0 , 2851; Hachenburg/Sie;« GmbHG 8 § 38, 146.

990

991

BAG DB 2 0 0 2 , 2273, 2 2 7 5 (entsprechend für GmbH). MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler1

160, 161.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

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Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84

dd) Verhältnis der Kündigung durch das Vorstandsmitglied zur Amtsniederlegung Angesichts der Trennung von Anstellungsverhältnis und organschaftlichen BestellungsVerhältnis impliziert die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch Kündigung seitens des Vorstandsmitglieds nicht automatisch eine A m t s n i e d e r l e g u n g . 9 9 2 Die (außerordentliche) Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch das Vorstandsmitglied ist mithin zwar r e g e l m ä ß i g , 9 9 3 aber nicht durchgängig als konkludente Amtsniederlegung zu werten. So k a n n etwa eine (außerordentliche) Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch das Vorstandsmitglied, die auf Einzelheiten des Anstellungsvertrags beruht, etwa auf Bezügeregelungen, ausnahmsweise so verstanden werden, dass sie nicht zugleich eine Amtsniederlegung umfasst , so zB, wenn die M ö g l i c h k e i t nicht fern liegt, dass die A G einen erneuten Anstellungsvertrag unter verbesserten Konditionen abzuschließen bereit ist.

556

c) Kündigung des Anstellungsvertrags vor Amtsantritt Eine Kündigung des Anstellungsverhältnisses vor Amtsantritt ist seitens der Gesellschaff oder seitens des Vorstandsmitglieds möglich, allerdings ist sie, wenn der Anstellungsvertrag - wie üblich - befristet abgeschlossen worden ist, nur als außerordentliche Kündigung d e n k b a r . 9 9 4

557

d) Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung Die außerordentliche Kündigung k a n n insbesondere wegen Fehlens eines wichtigen Grundes oder wegen Versäumnis der Zwei-Wochen-Frist unwirksam sein. Die U m d e u tung einer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags ist grundsätzlich möglich (dazu bereits o b e n R d n 5 0 1 , 5 0 5 , 5 2 8 , 5 4 2 ) . Eine Umdeutung nach § 1 4 0 B G B ist auch dann möglich, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vorliegt, aber die Frage einer Beendigung des Anstellungsvertrags durch ordentliche Kündigung nicht streitgegenständlich w a r . 9 9 5

558

e) Rechtsfolgen der Kündigung des Anstellungsverhältnisses aa) Rechtsfolgen der rechtmäßigen Kündigung Im Falle einer rechtmäßigen Kündigung seitens der Gesellschaft enden sämtliche R e c h t e und Pflichten der Parteien mit A u s n a h m e nachwirkender R e c h t e und Pflichten. Insbesondere verliert das Vorstandsmitglied seine laufenden Gehaltsansprüche. 9 9 6

559

Hingegen ist der Verlust der Ruhegeldansprüche nicht automatische Folge einer außerordentlichen Kündigung seitens der G e s e l l s c h a f t . 9 9 7 So k a n n anstellungsvertraglich ein Fortbestehen von Ruhegeldanwartschaften und Ruhegeldansprüchen auch für den Fall der außerordentlichen Kündigung vereinbart w e r d e n . 9 9 8 W i r d vereinbart, dass der

560

992

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994

995

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 1 165. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 165. Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats 1981, S 184; MünchHdbAGWiesner3 § 21, 85. S entsprechend für den GmbH-Geschäfts-

(147)

996

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998

führer OLG München NJW-RR 1995, 740 f; Hachenburg/Sie/« GmbHG 8 § 38, 10. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 151. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 151, 173. BGHZ 8, 348, 367.

Michael Kort

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Ruhegeldanspruch entweder bereits mit dem Anstellungsvertragsabschluss oder jedenfalls mit Ablauf einer bestimmten Dienstzeit entsteht, und lediglich die Fälligkeit an den Eintritt besonderer Voraussetzungen geknüpft ist (bestimmtes Lebensalter etc), so entfällt der Ruhegeldanspruch auch nicht im Falle einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags seitens der Gesellschaft. 9 9 9 561

Allerdings darf dadurch weder das Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung in wesentlichen Punkten eingeschränkt werden, denn eine solche Einschränkung verstieße gegen das Postulat, dass die außerordentliche Kündigung von Dauerrechtsverhältnissen durchgängig möglich sein muss, noch darf das Vorstandsmitglied angesichts besonders günstiger Regelungen des Fortbestehens von Ruhegeldansprüchen nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses zu einem treuwidrigen oder vorsätzlich schädigenden Verhalten, das seinen Pflichten als Vorstandsmitglied widerspricht, animiert werden. 1 0 0 0

562

Das Telos der außerordentlichen Kündigung, die zwar durchgängig möglich sein muss, aber auch besonderen - gesetzlich zwingend geregelten - Voraussetzungen unterliegt, darf nicht durch vertragliche Vereinbarungen über das Fortbestehen von Rechten und Pflichten über die Beendigung des Anstellungsvertrags hinaus untergraben werden. bb) Rechtsfolgen der rechtswidrigen Kündigung

563

Hat die Gesellschaft das Anstellungsverhältnis außerordentlich gekündigt, lag aber kein wichtiger Grund für die Kündigung vor oder war die Kündigung ansonsten rechtswidrig, so bestehen - vorbehaltlich der Möglichkeit der Umdeutung in eine rechtmäßige ordentliche Kündigung (dazu Rdn 558) - die Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag fort, insbesondere hat das Vorstandsmitglied weiterhin einen Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge. Nimmt die Gesellschaft die Dienste des Vorstandsmitglieds wegen der vermeintlich wirksamen Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht mehr an, so befindet sie sich nach § 615 Satz 1 BGB in Annahmeverzug. 1001 Das Vorstandsmitglied muss sich dann allenfalls nach § 615 Satz 2 BGB den Wert desjenigen anrechnen lassen, was es infolge des Unterbleibens seiner Vorstandstätigkeit erspart oder anderweitig erworben oder zu erwerben böswillig unterlassen hat. 1 0 0 2

564

Außerdem steht dem Vorstandsmitglied ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser kann sich ua auch auf einen Imageschaden gründen, der dadurch entsteht, dass das Vorstandsmitglied eine adäquate Stellung, die es bei einer ordentlichen Kündigung gefunden hätte, bei einer außerordentlichen Kündigung nicht erlangen kann. 1 0 0 3 cc) Schadensersatz im Falle der durch vertragswidriges Verhalten veranlassten Kündigung

565

Sowohl bei der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses seitens der Gesellschaft als auch umgekehrt bei der außerordentlichen Kündigung durch das Vor999

1000

1001

1002

BGHZ 8, 348, 366; RG DR 1939, 1527 (für Genossenschaft); MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 151. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 151. MünchKommAktG-He fermehl/Spindler2 152. UünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 152; s entsprechend für den GmbHGeschäftsführer auch BGH W M 1978, 319,

1003

320 sowie BGH BB 2 0 0 2 , 2 6 2 9 , 2 6 3 0 ; aA BAG ZIP 2 0 0 2 , 2186, 2187 f, das bei Fehlen eines vertraglichen Vorbehalts einen Erlassvertrag annehmen will. BGH W M 1961, 569, 5 7 3 ; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch BGH DStR 2 0 0 2 , 2182, 2183; OLG Karlsruhe N Z G 2 0 0 3 , 4 8 0 , 481 f (in concreto aber ablehnend).

Stand: 1. 10. 2006

(148)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

standsmitglied k a n n ein Schadensersatz in Betracht k o m m e n , wenn die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des jeweils anderen Vertragspartners iS des § 6 2 8 Abs 2 B G B veranlasst ist. Z u ersetzen ist d e m g e m ä ß der Schaden, der durch die Beendigung des Anstellungsvertrags entsteht. W i r d die Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Vorstandsmitglieds bewegt, so beurteilt sich die Schadensersatzpflicht des Vorstandsmitglieds nach § 9 3 .

566

Kündigt umgekehrt das Vorstandsmitglied wegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens von Organmitgliedern der Gesellschaft außerordentlich, so muss sich die Gesellschaft das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten ihrer Organmitglieder, zB anderer Vorstandsmitglieder oder Aufsichtsratsmitglieder, nach § 3 1 B G B zurechnen l a s s e n . 1 0 0 4 Auch leitende Angestellte der Gesellschaft k ö n n e n für die O r g a n h a f t u n g gegenüber den Vorstandsmitgliedern nach § 31 B G B in Betracht k o m m e n , nicht jedoch einzelne A k t i o n ä r e oder A k t i o n ä r s g r u p p e n . 1 0 0 5

567

Das Vorstandsmitglied kann sowohl einen Verdienstausfallschaden als auch den Ersatz aller sonstigen Nachteile verlangen, die aus der vorzeitigen Beendigung des Anstellungsvertrages resultieren, denn der Schadensersatzanspruch des Vorstandsmitglieds ist auf den Ersatz des Erfüllungsschadens g e r i c h t e t . 1 0 0 6

568

f) W i r k s a m e Abberufung bei unwirksamer Kündigung Wenn zwar ein wichtiger G r u n d für den Wegfall der Bestellung vorliegt und die Abberufung auch erfolgt, aber kein wichtiger G r u n d für die außerordentliche Beendigung des Anstellungsverhältnisses vorliegt (zum Auseinanderfallen des „wichtigen G r u n d e s " bei der Beendigung der Bestellung und bei der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses s oben R d n 4 8 2 ff), so k a n n es sein, dass das Vorstandsmitglied nicht mehr alle Rechte aus dem Anstellungsvertrag geltend machen kann, o b w o h l das Anstellungsverhältnis nicht bzw nicht rechtswirksam gekündigt worden ist.

569

Einen Anspruch auf Beschäftigung als Vorstandsmitglied hat der Betroffene in einem solchen Fall nicht mehr, w o h l aber einen Anspruch, in leitender Stellung seinen Kenntnissen und Fähigkeiten g e m ä ß eingesetzt zu werden. Diese leitende Stellung kann naturg e m ä ß nicht mit der Vorstandstätigkeit gleichwertig sein, muss ihr aber nahe k o m m e n . 1 0 0 7 D a s Gehalt ist dem Vorstandsmitglied in der bislang vorgesehenen H ö h e der Vorstandsbezüge weiter zu z a h l e n . 1 0 0 8 Lehnt das Vorstandsmitglied eine ihm zumutbare Tätigkeit nach rechtmäßigem Widerruf der Bestellung ab, so kann dieses Verhalten seinerseits einen wichtigen G r u n d für eine außerordentliche Kündigung des noch fortbestehenden Anstellungsverhältnisses b i l d e n . 1 0 0 9

570

1004

1005

1006

S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGH NJW-RR 1992, 992, 993; Hachenburg/Siem GmbHG 8 § 38, 148. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer LG Frankfurt NJW-RR 1988, 221; Hachenburg/Stern GmbHG 8 § 38, 148. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spindler2 152; s entsprechend für den GmbHGeschäftsführer auch OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 1259, 1260 f; Hachenburg/ Stein GmbHG 8 § 38, 148.

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1009

BGH AG 1966, 366; MünchKommAktGHefermehl/Spindler2 154; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch BGH WM 1978, 319, 320; aA Jaeger NZA 1998, 961, 966 sowie Zöllner in FS Koppensteiner 2001, S 291, 300 f (grundsätzlich unzumutbar). MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 152. MünchKomm AktG-Hefermehl/Spmdler2 154.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

17. Sonstige Gründe der Beendigung des Anstellungsverhältnisses a) Befristung und auflösende Bedingung aa) Befristung 571

Neben der Beendigung des Anstellungsvertrags durch Kündigung kommt als weitere Möglichkeit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses vor allem die Beendigung durch Fristablauf bei befristeten Anstellungsvertragen in Frage. 1 0 1 0 Hierbei handelt es sich um den Normalfall der Beendigung, denn der Anstellungsvertrag wird in aller Regel schon angesichts von § 84 Abs 1 Satz 5 als befristeter Dienstvertrag abgeschlossen. Die Parteien können innerhalb der durch § 84 Abs 1 Satz 5 gesteckten Grenzen (dazu oben Rdn 334) die Dauer der Befristung im Grundsatz frei wählen, jedoch ist eine gewisse Untergrenze für die Laufzeit des Anstellungsvertrags einzuhalten (dazu oben Rdn 334). Die konkrete Festlegung der Laufzeit des Anstellungsvertrags kann durch die Bestimmung einer Amtsperiode, eines Endtermins oder einer Altersgrenze erfolgen. 1011 bb) Auflösende Bedingung

572

Der Anstellungsvertrag kann ferner durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung beendet werden, wenn das vertraglich vereinbart wird. 1 0 1 2 Der Eintritt der auflösenden Bedingung hat ebenso wie der Fristablauf (dazu oben Rdn 571) zur Folge, dass das Anstellungsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. 1 0 1 3 Aus der im Grundsatz bestehenden Trennung von Bestellung und Anstellungsverhältnis (dazu oben Rdn 16 ff) folgt, dass der Anstellungsvertrag im Zweifel nicht unter der auflösenden Bedingung der Beendigung der Bestellung steht. 1 0 1 4 Jedoch kann im Wege einer sogenannten Kopplungsvereinbarung vorgesehen werden, dass der Widerruf auflösende Bedingung für das Anstellungsverhältnis ist. Eine solche Kopplung ist nicht als unzulässige Ausdehnung von § 6 2 6 BGB anzusehen. Zwar reichen die Gründe, die zu einem Widerruf der Bestellung führen, über die Gründe hinaus, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses berechtigen können. Jedoch ist es anstellungsvertraglich möglich, in bestimmten Grenzen (dazu oben Rdn 4 9 9 ff) den Begriff des „wichtigen Grundes" erweiternd zu definieren. Die wirksame Abberufung kann daher nicht nur als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses vorgesehen werden, sondern auch als auflösende Bedingung für das Anstellungsverhältnis. 1015 b) Aufhebungsvertrag

573

Ferner kann das Anstellungsverhältnis durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag beendet werden. Zuständig für den Abschluss des Aufhebungsvertrags ist seitens der AG das für den Abschluss des Anstellungsvertrags zuständige Gremium, also der Aufsichtsrat bzw ein Aufsichtsratsausschuss, regelmäßig der Personalausschuss. 1016 Das ergibt sich schon daraus, dass der Aufhebungsvertrag materiell eine Änderung bzw Ergänzung des Anstellungsvertrags ist. 1010

1011

1012

1013

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 156. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Siem GmbHG 8 § 38, 150. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 156. BGH N J W 1989, 2 6 8 3 f; s entsprechend

1014

1015

1016

für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Stein GmbHG 8 § 38, 150. KK-Mertens 2 50; Eckardt AG 1989, 431, 432. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 157. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 166.

Stand: 1. 10. 2006

(150)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§ 84

Die Beteiligung des für den Aufhebungsvertrag zuständigen G r e m i u m s erfordert eine Beschlussfassung dieses G r e m i u m s , also des Aufsichtsrats oder des zuständigen Aufsichtsratsausschusses. Eine Beschlussfassung durch einen ggf zuständigen Aufsichtsratsausschuss (Personalausschuss) darf nicht der dem Aufsichtsratsplenum vorbehaltenen Entscheidung über den W i d e r r u f der Bestellung vorgreifen. Insofern ist es bei einer der Abberufung vorhergehenden Beschlussfassung eines Aufsichtsratsausschusses über den Aufhebungsvertrag und seine Konditionen, insbesondere seine finanziellen Auswirkungen, erforderlich, den Aufhebungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung abzuschließen, dass das Aufsichtsratsplenum später einen Beschluss über die Abberufung f a s s t . 1 0 1 7

574

Auch ein v o m einzelnen Aufsichtsrats- oder Aufsichtsratsausschussmitglied abgeschlossener Aufhebungsvertrag ist nach § 1 7 7 B G B genehmigungsfähig. 1 0 1 8 Allerdings ist für eine solche Genehmigung erforderlich, dass sich das zuständige G r e m i u m bei seiner Beschlussfassung, so etwa beim Abberufungsbeschluss, überhaupt bewusst wird, dass auch ein Aufhebungsvertrag zu genehmigen i s t . 1 0 1 9

575

Wegen der grundsätzlichen T r e n n u n g von Bestellung und Anstellung bleibt es dem Gesamt-Aufsichtsrat bei entsprechender Zuständigkeit auch für das Anstellungsverhältnis unbenommen, nur das Anstellungsverhältnis im Einvernehmen mit dem Vorstandsmitglied zu beenden, nicht aber dessen Bestellung. Ferner ist es m ö g l i c h , dass die Bestellung durch einseitigen R e c h t s a k t (Abberufung seitens der Gesellschaft, Amtsniederlegung seitens des Vorstandsmitglieds) endet, die Anstellung hingegen einvernehmlich beendet wird oder auch umgekehrt Einvernehmen über die Beendigung der Bestellung erzielt wird, die Anstellung a b e r durch einseitigen A k t (Kündigung) beendet w i r d . 1 0 2 0 Auch ansonsten k ö n n e n das Bestellungsverhältnis und das Anstellungsverhältnis ein unterschiedliches Schicksal h a b e n : So kann es der Gesellschaft selbst bei unberechtigter Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied und damit der M ö g l i c h k e i t der A b b e r u f u n g ggf zuzumuten sein, das Anstellungsverhältnis bis zu dem in einem Aufhebungsvertrag vorgesehenen Beendigungszeitpunkt f o r t z u f ü h r e n . 1 0 2 1 Ein auf einen späteren Beendigungszeitpunkt bezogener, aufschiebend befristeter Aufhebungsvertrag steht der Abberufung oder der Amtsniederlegung nicht entgegen.

576

D e r R ü c k t r i t t des Vorstandsmitglieds v o m Aufhebungsvertrag kann ebenso wie die näher liegende - M ö g l i c h k e i t zur Anfechtung g e m ä ß § § 119, 1 2 3 B G B ein automatisches Wiedereinrücken des Vorstandsmitglieds in das Anstellungsverhältnis zur Folge h a b e n , 1 0 2 2 nicht jedoch ein Wiedereinrücken in das organschaftliche Bestellungsverhältnis. Die Fehlerhaftigkeit des schuldrechtlichen Aufhebungsvertrags hat nämlich die gewöhnliche zivilrechtliche K o n s e q u e n z des Wiedereinrückens in die ursprüngliche (schuldvertragliche) Position zur Folge, also ein Wiederaufleben des Anstellungsverhältnisses. Ein Wiedereinrücken in das Anstellungsverhältnis wird m a n allerdings lediglich dann als Folge der R ü c k a b w i c k l u n g des Aufhebungsvertrags bejahen k ö n n e n , wenn noch kein allzu langer Z e i t r a u m seit der vermeintlich rechtmäßigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses verstrichen ist, andernfalls hat das Vorstandsmitglied allenfalls einen auf Geld gerichte-

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1017

1018

1019 1020

Ähnlich MünchHdbAG-W/esner 3 § 21, 88; OLG Nürnberg BB 1991,1512, 1513. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Sie/« GmbHG 8 § 38, 151. BGHZ 113, 237, 248. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer OLG Frankfurt GmbHR 1995, 897,

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1021

1022

899; OLG Celle GmbHR 1995, 728, 729; Hachenburg/Stem GmbHG 8 § 38, 151. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer OLG Celle GmbHR 1995, 728, 729; Hachenburg/Sfem GmbHG 8 § 38, 151. Insofern aA für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Sie/n GmbHG 8 § 38, 151.

Michael Kort

ξ 84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

ten Schadensersatzanspruch. Die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit eines Aufhebungsvertrags durch ein Vorstandsmitglied kann im Übrigen - je nach Fallgestaltung - auch treu widrig sein. 1 0 2 3 c) Auswirkungen des Fehlens oder des Wegfalls der Bestellungsvoraussetzungen sowie des Vorliegens von Bestellungshindernissen nach § 76 Abs 3 auf das Anstellungsverhältnis 578

Das anfängliche Fehlen oder der spätere Wegfall der Bestellungsvoraussetzungen des § 76 Abs 3 (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/Korf 4 § 76 Rdn 2 0 7 ff), zB der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit, sowie das Vorliegen von Bestellungshindernissen (Betreuung, Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat; Berufsverbot) führen zur automatischen Beendigung der Bestellung ex lege, ohne dass es einer Abberufung bedarf. 1 0 2 4 Treten die Bestellungsvoraussetzungen wieder ein oder fallen die Bestellungshindernisse weg, bedarf es einer erneuten Bestellung des Vorstandsmitglieds. Ein automatisches (Wieder-)Einrücken in die Organstellung ist nicht möglich. 1 0 2 5

579

Hingegen hat das Fehlen oder der Wegfall von Bestellungsvoraussetzungen oder das Vorliegen von Bestellungshindernissen nicht zur Konsequenz, dass das Anstellungsverhältnis gar nicht erst wirksam entsteht bzw später wieder wegfällt. Vielmehr haben das Fehlen von Bestellungsvoraussetzungen und das Vorliegen von Bestellungshindernissen als solche keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags. 1026 Das gilt für gesetzliche und für statutarische Bestellungsvoraussetzungen und Bestellungshindernisse. Allerdings wird bei Fehlen oder späterem Wegfall einer gesetzlichen oder statutarischen Eignungsvoraussetzung oft ein Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags und ggf sogar ein Recht zur (allerdings bloß ex nunc wirkenden) Anfechtung des Anstellungsvertrags (dazu unten Rdn 581) bestehen. 18. Beendigung des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses

580

Der Anstellungsvertrag kann inhaltliche Fehler aufweisen, die in einer Satzungs- oder Gesetzeswidrigkeit bestehen können. Bei Fehlern ist zwischen solchen zu unterscheiden, die nach allgemeinen bürgerlichrechtlichen Normen (§§ 134, 138 BGB) zur Nichtigkeit des Vertrages führen und solchen, die lediglich Grundlage für eine erfolgreiche Anfechtung (§§ 119, 123 BGB) sind. Nach den Grundsätzen über fehlerhafte Dauerrechtsverhältnisse ist bei Berufung auf einen gesetzlichen Nichtigkeitsgrund allerdings nicht anzunehmen, dass das Anstellungsverhältnis als von Anfang an nichtig anzusehen ist und lediglich nach Rückabwicklungsgrundsätzen zu behandeln ist. 1 0 2 7 Vielmehr führt die Berufung auf Nichtigkeitsgründe bloß zu einer Nichtigkeit ex nunc, es sei denn, besondere Umstände wie etwa der Schutz Minderjähriger oder Geschäftsunfähiger gebieten eine Behandlung des Anstellungsverhältnisses als von Anfang an nichtig.

1023

BGHZ 65, 190, 194; 113, 237, 2 4 9 ; s entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer auch Hachenburg/Sfem GmbHG 8 § 35,

1024

S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BGHZ 115, 78, 80; BayObLGZ 1993, 57, 61; BayObLG DB 1982, 2129; OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 114; OLG München NJW-RR 1990, 1450 f; Hachenburg/Stern GmbHG 8 § 38, 153.

188.

S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer BayObLGZ 1993, 57, 62; Hachenburg/Stein GmbHG 8 § 38, 153. 1026 5 entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Siem GmbHG 8 § 38, 153. 1027 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 204.

1025

Stand: 1. 10. 2006

(152)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Entsprechendes gilt, wenn der Anstellungsvertrag wegen Vorliegens eines Anfechtungsgrundes erfolgreich angefochten wird. Die Anfechtung wirkt dann - außer bei Schutz von besonderen Personengruppen wie Minderjährigen und nicht Geschäftsfähigen in der Regel lediglich ex nunc. In besonders krassen Fällen der Anfechtung wegen Täuschung kann jedoch auch eine rückwirkende Anfechtung in Betracht kommen, da dann das Vertrauen der Gegenseite auf einen Bestand des Anstellungsvertrags nicht schützenswert ist. Im Allgemeinen führen das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen und die erfolgreiche Anfechtung aber bloß zu einer Beendigung des Anstellungsvertrags ex nunc.

581

Lediglich vor Aufnahme der Tätigkeit als Vorstandsmitglied entfalten die Berufung auf die Nichtigkeit oder die erfolgreiche Anfechtung Wirkung ex tunc.

582

Die zwischen dem Vorstandsmitglied und der Gesellschaft bestehende Treuebindung kann ausnahmsweise einer Berufung einer der beiden Seiten auf Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe entgegenstehen. 1 0 2 8 Auch dann muss das Anstellungsverhältnis allerdings nicht bis zum ggf vorgesehenen Beendigungszeitpunkt fortgeführt werden. Vielmehr ergibt sich in aller Regel aus dem Gesichtspunkt der Treuebindung zwischen Vorstandsmitglied und AG allenfalls die Pflicht, das Anstellungsverhältnis nur noch für eine Übergangszeit fortzusetzen. 1 0 2 9

583

Die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen oder die erfolgreiche Anfechtung führen automatisch zur Beendigung des Anstellungsvertrags, es bedarf also keiner Kündigung. 1 0 3 0

584

Aus den Grundsätzen über fehlerhafte Dauerrechtsverhältnisse folgt ein Fortbestand aller Rechte und Pflichten des Vorstandsmitglieds bis zur ex nunc erfolgenden Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Dem Vorstandsmitglied steht somit bis dahin die vereinbarte Vergütung einschließlich solcher Ruhegeldansprüche zu, die es während der Zeit seiner Tätigkeit für die Gesellschaft erworben hat. 1 0 3 1 Hierbei findet § 2 BetrAVG Anwendung. 1 0 3 2

585

19. Rechtsstreitigkeiten in Hinblick auf das Anstellungsverhältnis a) Rechtsweg Vorstandsmitglieder sind keine Arbeitnehmer iS von § 5 Abs 1 Satz 3 ArbGG (dazu schon oben Rdn 4 5 6 ) . 1 0 3 3 Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten besteht somit nicht. Vielmehr ist für Streitigkeiten aus dem Anstellungsverhältnis der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.

586

Macht das Vorstandsmitglied nach Ende seiner Amtszeit Ansprüche geltend, so ist allerdings zu unterscheiden: Wenn sich diese Ansprüche auf das Anstellungsverhältnis als Vorstandsmitglied beziehen, so ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, handelt es sich hingegen um Ansprüche aus einem an den Anstellungsvertrag zeitlich anschließenden Arbeitsvertrag als leitender Angestellter der AG, so ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. 1 0 3 4 Geht umgekehrt dem Anstellungsverhältnis ein Arbeitsvertrag voraus, so kann nach der Rechtsprechung des BAG das Arbeitsverhältnis

587

1028

1029

1030

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 205. S entsprechend für den GmbH-Geschäftsführer Hachenburg/Sie/« GmbHG8 § 35, 188. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 205.

(153)

1031 1032 1033

1034

KK-Mertens 2 52; Hüffer7 19. KK-Mertens 2 52. MünchKommAktG-Hefermehl/Spmdter2 44. KK-Mertens 2 85.

Michael Kort

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

neben dem Anstellungsverhältnis als Vorstandsmitglied als sogenanntes „ruhendes Arbeitsverhältnis" fortbestehen. Wird in einem solchen Fall während der Laufzeit des Anstellungsvertrags eine Kündigung ausgesprochen, so sind die Arbeitsgerichte für die Kündigungsschutzklage, soweit sich diese (auch) gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses richtet, zuständig. 1 0 3 5 b) Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen 588

Für Klagen aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Bestimmungen. Zuständig für Streitigkeiten zwischen dem Vorstandsmitglied und der AG ist bei dem Landgericht die Kammer für Handelssachen (§ 95 Abs 1 Nr 4 a GVG). Das Vorstandsmitglied hat seine Pflichten am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen, dieser Ort ist daher Erfüllungsort iS von § 2 9 Z P O . Als besonderer Gerichtsstand für Klagen aus unerlaubten Handlungen kommt der Tat- oder Erfolgsort nach § 32 Z P O in Frage. 1 0 3 6 c) Schiedsvereinbarung

589

Eine Schiedsvereinbarung über anstellungsvertragliche Rechtsstreitigkeiten ist nur in engen Grenzen möglich. Angesichts der Verzahnung zwischen Anstellungsverhältnis und Bestellung ist ein Rechtsstreit über anstellungsvertragliche Fragen oft zugleich ein Rechtsstreit über organschaftliche Aspekte der Bestellung. Eine Schiedsvereinbarung kann Wirkung aber nur für Streitigkeiten über Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag entfalten, die nicht zugleich körperschaftliche Fragen der Bestellung betreffen. Schiedsgerichtsvereinbarungen können sich nicht auf organschaftliche Fragen beziehen, weil die gesellschaftsrechtliche Ordnung der AG und ihrer Organe zueinander und damit auch die organschaftliche Zuordnung von Rechten und Pflichten zwingend ist und sowohl bei mitbestimmten als auch bei nichtmitbestimmten AG der Kontrolle durch die staatlichen Gerichte vorbehalten bleiben muss.

590

Auch der Grundsatz der Satzungsstrenge steht Schiedsvereinbarungen über organschaftliche Fragen entgegen. Eine Schiedsklausel für das Anstellungsverhältnis kann sich somit nur auf Fragen beziehen, die nicht zugleich organschaftlicher Natur sind. So kann einem Schiedsgericht etwa die Entscheidung von Einzelheiten eines Wettbewerbsverbots oder einer Nebentätigkeitszulassung vorbehalten werden. Hingegen ist es fragwürdig, auch die Festlegung der Höhe einer Abfindung einem Schiedsgericht zu überlassen, 1 0 3 7 denn eine solche Abfindung ist nach der Rechtsprechung Bestandteil der Gesamtbezüge des Vorstandsmitglieds, deren Festsetzung dem Aufsichtsrat nach § 87 (dazu im Einzelnen GroßkommAktG/iCorf 4 § 87 Rdn 3 3 2 f f ) obliegt.

XIV. Europäische Gesellschaft (SE) 1. Dualistische SE 591

Nach Art 3 9 Abs 2 Erster Unterabsatz SE-VO werden die Mitglieder des Leitungsorgans vom Aufsichtsorgan bestellt und abberufen. Nach Art 3 9 Abs 2 Zweiter Unterabsatz SE-VO können die Mitgliedstaaten jedoch vorschreiben oder vorsehen, dass in der Satzung festgelegt werden kann, dass die Mitglieder des Leitungsorgans von der Haupt-

1035 1036

KK-Mertens 1 85. KK-Mertens2 85.

1037

So aber KK-Mertens2

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

86.

(154)

Bestellung und Abberufung des Vorstands

§84

Versammlung unter den Bedingungen, die für Aktiengesellschaften mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet gelten, bestellt und abberufen werden. Art 3 9 Abs 3 S E - V O sieht eine Inkompatibilität vor. D a n a c h darf niemand zugleich Mitglied des Leitungsorgans und Mitglied des Aufsichtsorgans der S E sein.

592

Von der in Art 3 9 Abs 2 Zweiter Unterabsatz S E - V O vorgesehenen M ö g l i c h k e i t , die Bestellungskompetenz v o m Aufsichtsrat a u f die Hauptversammlung zu verlagern, hat der

593

deutsche Gesetzgeber keinen G e b r a u c h g e m a c h t . Dies beruht auf seinem Bestreben, einen möglichst umfassenden Gleichklang zwischen den auf die deutsche A G und den auf die S E anwendbaren Vorschriften herzustellen. 1 0 3 8 2 . Monistische SE Art 4 3 Abs 3 S E - V O sieht vor, dass die Mitglieder des Verwaltungsorgans von der Hauptversammlung bestellt werden. Art 4 7 Abs 4 oder eine etwaige nach M a ß g a b e der Richtlinie 2001/86/EG geschlossene Vereinbarung über die M i t b e s t i m m u n g der Arbeitnehmer bleibt hiervon unberührt.

594

N a c h § 2 9 A b s 1 S E A G k ö n n e n Mitglieder des Verwaltungsrats von der HauptverSammlung mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen jederzeit abberufen werden. Entsandte Mitglieder k ö n n e n v o m Entsendungsberechtigten nach § 2 9 Abs 2 S E A G jederzeit abberufen werden. D a n e b e n besteht die M ö g l i c h k e i t der gerichtlichen Abberufung nach § 2 9 Abs 3 S E A G . D a m i t entspricht § 2 9 S E A G weitgehend § 1 0 3 AktG.1039

595

3 . Gemeinsame Vorschriften für die dualistische und die monistische SE N a c h Art 4 6 A b s 1 S E - V O dürfen die Mitglieder der O r g a n e der Gesellschaft für höchstens sechs J a h r e bestellt w e r d e n . 1 0 4 0 N a c h Art 4 6 Abs 2 S E - V O k ö n n e n die M i t glieder einmal oder mehrmals für den in der Satzung festgelegten Z e i t r a u m wiederbestellt werden.

596

Eine Besonderheit des europäischen R e c h t s ist, dass nach Art 4 7 A b s 1 S E - V O auch eine Gesellschaft oder andere juristische Personen Mitglieder eines O r g a n s der S E sein k ö n n e n . Ferner regelt Art 4 7 Abs 2 bis 4 S E - V O normative und satzungsmäßig festlegbare Anforderungen an die Person eines Organmitglieds.

597

XV.

Ausländisches Recht

1. Österreichisches Recht § 7 5 ö A k t G regelt ähnlich wie § 8 4 des deutschen A k t G nicht nur die organschaftliehe Bestellung und Abberufung des Vorstandsmitglieds, sondern auch dessen schuldrechtliche Beziehung zur A G . 1 0 4 1 Für die Bestellung des Vorstandsmitglieds ist der Aufsichtsrat ausschließlich z u s t ä n d i g . 1 0 4 2 Bei der Bestellung hat der Aufsichtsrat ähnlich wie

Neye/Teichmann AG 2003, 169, 176; Frodermann in Jannott/Frodermann, Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft Societas Europaea - 2 0 0 5 § 5, 19. 1039 Frodermann in Jannott/Frodermann, Hand1038

(155)

1040 1041 1042

buch der Europäischen Aktiengesellschaft Societas Europaea - 2 0 0 5 § 5, 150. Dazu näher Fleischer AG 2006, 429, 433. Dazu MünchKommAktG-iCij/ss2 207. MünchKommAktG-Ka/ss 2 210.

Michael Kort

598

§84

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

im deutschen Recht ein Ermessen. 1 0 4 3 Das Vorstandsmitglied kann bis maximal fünf Jahre bestellt werden, eine wiederholte Bestellung ist zulässig. 1 0 4 4 599

Auch für den Abschluss des Anstellungsvertrags ist der Aufsichtsrat zwingend zuständig. 1 0 4 5 Wie im deutschen Recht ist eine Abberufung des Vorstandsmitglieds nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Ähnlich wie im deutschen Recht zählt zu den wichtigen Gründen der nicht offenbar unsachliche Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. 1 0 4 6 Auch der Anstellungsvertrag kann - ähnlich wie im deutschen Recht aus wichtigem Grund beendet werden. Ferner kommt wie im deutschen Recht ausnahmsweise eine Suspendierung in Betracht. 1 0 4 7 Wie im deutschen Recht kann nach § 75 Abs 3 öAktG ein Vorstandsvorsitzender ernannt werden. 2 . Italienisches Recht

600

Nach der Gesellschaftsrechtsreform 2 0 0 3 sieht der Codice civile die Wahl zwischen dem dualistischen System und dem monistischen System vor. 1 0 4 8 Die Bestellung der Vorstandsmitglieder erfolgt nach Art 2 3 6 4 Codice civile durch die Gesellschafterversammlung. Die Vorstandsmitglieder können für bis zu drei Jahre bestellt werden. 1 0 4 9 Eine Wiederwahl ist nach Art 2 3 8 3 Abs 3 Codice civile zulässig. Die Gesellschafterversammlung ist jederzeit befugt, bei Vorliegen eines ausreichenden Widerrufgrunds die Bestellung zu widerrufen. Eine Begründungspflicht besteht zwar grundsätzlich nicht, jedoch fordert die jüngere Rechtsprechung eine Pflicht zur Darlegung der tragenden Umstände für das Bestehen eines ausreichenden Grundes. Erfolgt die Abberufung ohne ausreichenden Grund oder ist ein solcher Grund nicht nachweisbar, kann das Vorstandsmitglied einen Schadensersatzanspruch haben (Art 2 3 8 3 Abs 3 Codice civile). 1 0 5 0 Art 2 3 9 0 Abs 2 Codice civile nennt als Grund für einen Widerruf das dort geregelte Wettbewerbsverbot. Art 2 3 8 6 Codice civile regelt die Rechtsfolgen einer Unterbesetzung des Vorstands (ua Kooptationsrecht). 1 0 5 1 3. US-amerikanisches Recht

601

In den USA bestehen heute in den meisten Gliedstaaten großzügige gesetzliche Abberufungsmöglichkeiten für directors. Hierbei bestehen richterrechtliche Anhörungsrechte der Betroffenen. 1 0 5 2 Für die vertraglichen Beziehungen zwischen Gesellschaft und boardMitgliedern ist in den USA insbesondere der Abschluss einer D & O-Versicherung seit längerem üblich. Um die Risiken persönlicher Inanspruchnahme der board-Mitglieder zu begrenzen, werden schon seit einer Reihe von Jahren regelmäßig derartige D & O-Versicherungen abgeschlossen. 1 0 5 3

MünchKommAktG-Kij/ss 2 216. Dazu näher MünchKommAktG-iGi/ss 2 217 f. 1 0 4 5 MünchKommAktG-Kij/ss 2 223. 1 0 4 6 Dazu näher MunchKommAktG-Ka/ss 2 228. 1 0 4 7 Dazu näher MünchKommAktG-Kö/ss 2 2 3 4 f. 1 0 4 8 Dazu Magrini Italienisches Gesellschaftsrecht 2004, S 43 ff. 1049 Magrini Italienisches Gesellschaftsrecht 2 0 0 4 , S 103. 1043

1044

1050 yiagfini Italienisches Gesellschaftsrecht 2004, S 103. 1051

1052 1053

Dazu im Einzelnen Magrini Italienisches Gesellschaftsrecht 2 0 0 4 , S 103 f; Hirte in FS Raiser 2005, S 839, 846 f; Mageiii/Masotto RIW 2004, 903, 908. Hierzu näher Fleischer RIW 2006, 481 f. Dazu im Einzelnen Ringleb in Ringleb/ Kremer/Lutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex 2 Rdn 509 ff; Gran, DAJV-NL 1/2005, S 6.

Stand: 1. 10. 2006

(156)

Bestellung durch das Gericht

§ 8 5

§85

Bestellung durch das Gericht (1) 'Fehlt ein erforderliches Vorstandsmitglied, so hat in dringenden Fällen das Gericht auf Antrag eines Beteiligten das Mitglied zu bestellen. 2 Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (2) Das Amt des gerichtlich bestellten Vorstandsmitglieds erlischt in jedem Fall, sobald der Mangel behoben ist. (3) 'Das gerichtlich bestellte Vorstandsmitglied hat Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für seine Tätigkeit. 2 Einigen sich das gerichtlich bestellte Vorstandsmitglied und die Gesellschaft nicht, so setzt das Gericht die Auslagen und die Vergütung fest. 3 Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. 4 Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. s Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung statt.

Rdn I. Zweck und Inhalt der Norm; Gesetzesgeschichte 1. Zweck und Inhalt der Norm 2. Gesetzesgeschichte Π. Gerichtliche Ersatzbestellung (§ 85 Abs 1) 1. Fehlen eines erforderlichen Vorstandsmitglieds (§ 85 Abs 1 Satz 1) a) Fehlen b) Erforderlichkeit des Vorstandsmitglieds (§ 85 Abs 1 Satz 1) aa) Erforderlichkeit für die Vertretung bb) Erforderlichkeit für die Geschäftsführung 2. Dringlichkeit der gerichtlichen Bestellung (S 85 Abs 1 Satz 1) a) Allgemeines b) Prozessvertretung c) Spaltgesellschaften 3. Verfahren der gerichtlichen Bestellung a) Zuständigkeit b) Antrag c) (Materiell) Verfahrensbeteiligte . . d) Prüfung durch das Gericht . . . . e) Befugnis des Gerichts f) Bekanntgabe, Annahme und Eintragung

Rdn

1 5 ΙΠ. 10

IV. 15 20

26 30 31

V. VI.

37 38 42 43 48

VII.

4. Rechtsstellung des gerichtlich bestellten Vorstandsmitglieds 5. Rechtsmittel gegen den Bestellungsbeschluss (§ 85 Abs 1 Satz 2) 6. Kosten Beendigung der Bestellung 1. Beendigung nach § 85 Abs 2 2. Abberufung aus wichtigem Grund . . 3. Befristung 4. Amtsniederlegung Anspruch auf Auslagenersatz und Vergütung (§ 85 Abs 3) 1. Rechtsnatur des Anspruchs gemäß § 85 Abs 3 Satz 1 2. Inhalt des Anspruchs 3. Gerichtliche Festsetzung Konkurrenzen Europäische Gesellschaft (SE) 1. Dualistische SE 2. Monistische SE Ausländisches, Europäisches und Internationales Recht 1. Österreichisches Recht 2. Europäisches Recht 3. Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften

62 65 71 72 76 80 81

82 83 85 87 89 90

91 95 97

56

Schrifttum 1. Allgemeines Brandes Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf d e m Gebiet des Aktienrechts, W M 1 9 8 4 , 2 8 9 ; Brenner Die vorläufige gerichtliche Bestellung von Mitgliedern des gesetzlichen Vertretungsorgans bei eingetragenen Vereinen, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, Diss Bamberg (1995); Fichtner Voraussetzungen der Bestellung eines Notgeschäftsführers, BB 1 9 6 4 , 868; Heidbüchel D a s Aufsichtsratsmitglied als Vorstandsvertreter, W M 2 0 0 4 , 1317; Helmschrott Der N o t -

(157)

Michael Kort

§85

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

geschäftsführer - eine notleidende Regelung, ZIP 2001, 636; Hohlfeld Der Notgeschäftsführer der GmbH, GmbHR 1981, 181; Jäger Rechtsprechungsbericht: Die Entwicklung der Judikatur zur AG in den Jahren 1 9 9 9 - 2 0 0 0 , NZG 2001, 97; ders Aktiengesellschaft (2004); Kögel Die Not mit der Notgeschäftsführung bei der GmbH, NZG 2000, 20; Meininger/Gänzle Rückforderung europarechtswidriger Registergebühren, BB 2000, 844; Mertens Zulässigkeit der Bestellung eines Arbeitsdirektors nach § 85 AktG trotz vorhandenem Personalvorstand?, AG 1979, 334; Schäfer Beschlussanfechtbarkeit bei Beschlussvorschlägen durch einen unterbesetzten Vorstand, ZGR 2003, 147; 'Westermann Der Notgeschäftsführer der GmbH - der Mann zwischen den Fronten, FS Kropff (1997) S 681; Wiedemann in: Lorz/Pfisterer/Gerber (Hrsg) Beck'sches Formularbuch Aktienrecht 2 0 0 5 Form G III; Wolf Zum Rückerstattungsanspruch wegen EG-rechtswidrig erhobener Handelsregistergebühren im deutschen Recht, ZIP 2000, 949. 2. Ausländisches Recht Pöltner Der Notgeschäftsführer, 2 0 0 2 ; ders Zum Entlohnungsanspruch des Notgeschäftsführers, WBL 2000, 102; Schummer Zum Entlohnungsanspruch gerichtlich bestellter Funktionsträger, insbesondere des Notgeschäftsführers, N Z 1990, 113; Wünsch Der Notgeschäftsführer iS § 15 a GmbHG, GesRZ 1985, 157.

I. Z w e c k u n d I n h a l t d e r N o r m ; G e s e t z e s g e s c h i c h t e 1. Z w e c k und Inhalt der N o r m 1

N o r m z w e c k von § 8 5 ist die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Vorstands (s entsprechend für den Aufsichtsrat G r o ß k o m m A k t G / H o p i 4 § 1 0 4 R d n 8). D i e A G muss als juristische Person aus rechtlichen und aus praktischen Gründen durchgehend handlungs- und prozessfähig sein. Die Handlungs- und Prozessfähigkeit der A G wird durch die Existenz des Vorstands gewährleistet, der als O r g a n der A G handelt. 1

2

D a s Gesetz sorgt bereits vor der Handelsregistereintragung der A G , durch die die A G g e m ä ß § 4 1 Abs 1 entsteht, dafür, dass die Gesellschaft einen Vorstand hat ( § § 3 0 A b s 4 , 3 6 Abs 1, 3 9 ) . Für die eingetragene Gesellschaft sieht § 8 4 die Ergänzung des unvollständigen Vorstands durch die Bestellung neuer Vorstandsmitglieder vor. D e n n o c h gibt es Fälle, in denen die Gesellschaft nicht m e h r über die erforderliche Z a h l an Vorstandsmitgliedern verfügt. Ein solches M a n k o beeinträchtigt zwar nicht die Existenz der A G als juristische Person, sie bleibt vielmehr rechtsfähig, k a n n aber handlungs- und prozessunfähig sein. 2

3

D e r Aufsichtsrat ist somit nach § 8 4 verpflichtet, fehlende Vorstandsmitglieder durch Bestellung zu ergänzen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht k a n n zu Schadensersatzansprüchen nach § § 116, 9 3 führen. 3 Ordnungsstrafen sieht das A k t G hingegen nicht vor. M ö g l i c h ist vielmehr - neben der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nur die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder nach § 1 0 3 .

4

Flankierend sieht § 8 5 vor, dass auf Antrag eines Beteiligten ein erforderliches Vorstandsmitglied anstatt v o m Aufsichtsrat v o m Gericht bestellt wird. Die gerichtliche Bestellung erforderlicher Vorstandsmitglieder ist in § 8 5 abschließend geregelt. 4 § 85 A b s 2 regelt die D a u e r der Bestellung, § 8 5 Abs 3 die Vergütung des gerichtlich bestellten Vorstandsmitglieds.

1

2

MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2 Hüffer7 1. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler2

1;

3 4

MünchKummAktG-Hefermehl/Spindler1 MünchKommAktG-Hefermebl/Spindler2

1. 3.

1.

Stand: 1. 10. 2 0 0 6

(158)

Bestellung durch das Gericht 2.

§85

Gesetzesgeschichte

Vorgängervorschrift zu § 8 5 w a r § 7 6 A k t G 1 9 3 7 . Vor § 7 6 A k t G 1 9 3 7 galt, da das Aktienrecht des H G B keine § 7 6 A k t G 1 9 3 7 entsprechende, besondere N o r m enthielt, lediglich § 2 9 B G B , der auch im Aktienrecht Anwendung fand. H e u t e ist § 85 als l e x specialis gegenüber § 2 9 B G B anzusehen. 5

5

Ähnlich wie n u n m e h r § 8 5 Abs 1 Satz 1 setzte der bis 1 9 3 7 für das Aktienrecht einschlägige § 2 9 B G B für die gerichtliche Ersatzbestellung des Mitglieds des Vorstands eines eingetragenen Vereins nicht voraus, dass ein zur Vertretung der Gesellschaft erforderliches Mitglied fehlt. 6

6

N a c h § 7 6 A k t G 1 9 3 7 durfte hingegen das Gericht ein Vorstandsmitglied nur bestellen, wenn „die zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen" Vorstandsmitglieder fehlten. Demgegenüber ist nach § 8 5 Abs 1 Satz 1 n u n m e h r eine gerichtliche Ersatzbestellung schon dann möglich, wenn „ein erforderliches Vorstandsmitglied fehlt" (zu den Konsequenzen dieser Unterscheidung R d n 10 ff). 7

7

J e d o c h enthält § 8 5 aber auch Einschränkungen gegenüber § 7 6 A k t G 1937. Eine Einschränkung der Ersatzbestellungsbefugnis des Gerichts besteht darin, dass eine solche Ersatzbestellung bei nur vorübergehender Verhinderung eines Vorstandsmitglieds nach Ansicht des Gesetzgebers des A k t G 1 9 6 5 entgegen der bis dahin herrschenden Auffassung nicht möglich ist. Diese Einschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem insofern gegenüber dem T e x t des § 7 6 A k t G 1 9 3 7 unveränderten W o r t l a u t des § 8 5 , w o h l aber nach zutreffender Auffassung des Gesetzgebers aus § 1 0 5 Abs 2 Satz 1. W ä h r e n d § 8 5 ebenso wie schon § 7 6 A k t G 1 9 3 7 nur v o m „ F e h l e n " eines Vorstandsmitglieds spricht, wird in § 1 0 5 A b s 2 Satz 1 neben dem Fehlen ausdrücklich auch die Verhinderung ( „ B e h i n d e r u n g " ) eines Vorstandsmitglieds erwähnt. D a s W o r t „ F e h l e n " kann daher anders als nach dem unter Geltung des A k t G 1 9 3 7 herrschenden Verständnis - nicht m e h r auch die Verhinderung eines Vorstandsmitglieds umfassen. 8 D a h e r sind unter „Fehl e n " iS von § 8 5 A b s 1 nur n o c h die Fälle zu fassen, in denen das Vorstandsmitglied endgültig ausgeschieden ist oder eine neue Vorstandsstelle n o c h nicht besetzt ist. 9 Bei b l o ß vorübergehender Verhinderung des Vorstandsmitglieds, etwa wegen K r a n k h e i t oder längerer Abwesenheit, ist daher eine Ersatzbestellung durch das Gericht nicht m ö g l i c h . 1 0 Zutreffend w a r der Gesetzgeber diesbezüglich der Auffassung, dass bei b l o ß vorübergehender Verhinderung eines Vorstandsmitglieds auch kein Bedürfnis für eine gerichtliche Ersatzbestellung bestehen würde, da § 1 0 5 A b s 2 Satz 1 dem Aufsichtsrat die M ö g l i c h k e i t einräumt, für einen - begrenzten - Z e i t r a u m eines seiner Mitglieder zum Stellvertreter eines verhinderten Vorstandsmitglieds zu bestellen. 1 1

8

Ferner stellt § 8 5 Abs 1 Satz 1 die unter Geltung von § 7 6 A k t G 1 9 7 6 strittige Frage klar, dass das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ersatzbestellung diese vornehmen muss, also kein Ermessen dahingehend hat, o b es ein Vorstandsmitglied bestellt oder nicht (s entsprechend für die Ersatzbestellung eines Aufsichtsratsmitglieds GroßkommAktG/Hopf4 § 104 Rdn 15).12

9

5

6 7 8

MünchKomm AktG,-Hefermebl/Sptndler1 Hü ff er7 1. BegrRegE Kropff S 107. MünchKommAktG-Hefermebl/Spmdler1 BegrRegE Kropff S 108; s auch Baumbach/Hueck13 2.

(159)

3;

9 10 11

2.

12

MünchKommAktG-He/ermeM/SpiW/er 2 4. BegrRegE Kropff S 108; Hüffer7 2. MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler 2 4. BegrRegE Kropff S 108.

Michael Kort