Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949: BAND 5 Januar 1949 - September 1949 9783486718393, 9783486491616


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Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949: BAND 5 Januar 1949 - September 1949
 9783486718393, 9783486491616

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Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949

Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland

1945-1949

Herausgegeben von Bundesarchiv und Institut für Zeitgeschichte

R. O L D E N B O U R G V E R L A G M Ü N C H E N WIEN 1981

Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949

BAND 5 Januar - September 1949

bearbeitet von HANS-DIETER KREIKAMP

R. O L D E N B O U R G V E R L A G M Ü N C H E N W I E N 1 9 8 1

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland : 1945-1949 / hrsg. von Bundesarchiv u. Inst, für Zeitgeschichte - München ; Wien : Oldenbourg NE: Bundesarchiv Bd. 5. Januar - September 1949 / bearb. von Hans-Dieter Kreikamp. - 1981. ISBN 3-486-49161-X NE: Kreikamp, Hans-Dieter [Bearb.]

© 1 9 8 1 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege sowie der Speicherung und Auswertung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben auch bei auszugsweiser Verwertung vorbehalten. Werden mit schriftlicher Einwilligung des Verlages einzelne Vervielfältigungsstücke für gewerbliche Zwecke hergestellt, ist an den Verlag die nach § 54 Abs. 2 Urh.G. zu zahlende Vergütung zu entrichten, über deren Höhe der Verlag Auskunft gibt. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, Kirchheim

ISBN 3-486-49161-X

Inhaltsverzeichnis Einleitung

1

I. GRUNDZÜGE DER POLITIK DER WESTLICHEN BESATZUNGSMÄCHTE

...

I I . VERFASSUNGSRECHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN DER MINISTERPRÄSIDENTEN I I I . DIE POLITISCHE ORDNUNG IN DEN WESTZONEN

a) Die Lage in der französischen Zone b) Die Entwicklung in der Bizone I V . DAS BIZONALE GESETZGEBUNGSWERK

a) Entscheidungen zur Wirtschaftspolitik b) Entscheidungen zur Finanzpolitik c) Entscheidungen in der Sozialpolitik V . ÜBERLEITUNGSMASSNAHMEN DER

1

7 10

11 13 20

22 25 30

MINISTERPRÄSIDENTEN

FÜR DIE KÜNFTIGE BUNDESVERWALTUNG

36

a) b) c) d)

37 38 39 40

Der Technische Ausschuß Der Juristische Ausschuß Der Finanzausschuß Der Organisationsausschuß

V I . DIE ÜBERGABE DER REGIERUNGSGESCHÄFTE VÖN DER VERWALTUNG DES VEREINIGTEN WIRTSCHAFTSGEBIETS AUF DIE BUNDESREGIERUNG . .

42

V I I . BEMERKUNGEN ZUR DOKUMENTENAUSWAHL UND ZUR QUELLENLAGE

44

Verzeichnis der Dokumente

51

Verzeichnis der Abkürzungen

73

Dokumente

79

Quellen-und Literaturverzeichnis

1109

Personenindex

1121

Sachindex

1136

Einleitung Mit dem Jahre 1949 erfährt die deutsche Nachkriegsgeschichte eine markante Zäsur: Das Provisorium der zonalen und bizonalen Verwaltung und die Herrschaft der Militärregierungen werden abgelöst von der beschränkten Souveränität eines neuen deutschen Staates auf dem Territorium der drei Westzonen Deutschlands - der Bundesrepublik Deutschland. Die Vorgeschichte der Bundesrepublik findet damit ihren Abschluß. Am Ende der mehrjährigen Entwicklung von der Besatzungsherrschaft zum westdeutschen Staat, welche mit dieser Editionsreihe dokumentiert wird, steht eine Fülle von richtungsweisenden Ereignissen, die den reibungslosen Übergang zur Bundesrepublik im September 1949 ebneten und ihre Geschichte zumindest in den ersten Jahren ihres Bestehens maßgeblich beeinflußten. Grundlegende Stationen im Jahre 1949 waren die Verkündung des Ruhrstatuts und des Besatzungsstatuts, das Abkommen über verbotene und beschränkte Industrien sowie als überragendes innenpolitisches Ereignis die Verabschiedung und Ratifizierung des Grundgesetzes, aber auch das Inkrafttreten einer großen Anzahl von Gesetzen des bizonalen Gesetzgebers zur Konsolidierung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland. Wie auf internationaler Ebene durch Übereinkommen der drei westlichen Regierungen und der von ihnen vertretenen Militärgouverneure die Rahmenbedingungen für die Gründung der Bundesrepublik geschaffen wurden, nachdem die Grundentscheidung zur Schaffung eines westdeutschen Separatstaates bereits im Jahre 1948 gefallen war und auch die Pariser Außenministerkonferenz vom Juni 1949 eindrucksvoll dokumentierte, daß weder die westlichen Siegermächte noch die politischen Kräfte in Westdeutschland bereit waren, hiervon abzurücken, so fanden auf nationaler Ebene nach der Ratifizierung des Grundgesetzes die Vorbereitungen für den westdeutschen Staat ihre Ergänzung in den Überleitungsausschüssen der Ministerpräsidenten sowie in der Ausarbeitung eines Wahlgesetzes zum ersten Deutschen Bundestag, der schließlich am 14. 8. 1949 gewählt wurde. Alle Einzelschritte im Jahre 1949 führten kontinuierlich hin zur Konstituierung der Bundesrepublik. Sie war weitgehend das Ziel des politischen Handelns in diesem Jahr. I. GRUNDZÜGE DER POLITIK DER DREI WESTLICHEN BESATZUNGSMÄCHTE

Die entscheidenden Impulse für die politische Entwicklung der drei westlichen Zonen Deutschlands waren von der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz über Deutschland vom 23. 2. bis 6. 3. und 20. 4. bis 2. 6. 1948 ausgegangen1. Den dort eingeschlagenen Weg zur Gründung eines deutschen Weststaates hatten die Besatzungsmächte seither konsequent fortgesetzt. Dabei gingen sie freilich davon aus, daß dieser künftige deutsche Staat gewisse Beschränkungen seiner Souveränität und spezifischen Kontrollen mit dem Ende der direkten Besatzungsherrschaft hinnehmen müsse, ohne daß deutschen Vertretern Gelegenheit geboten wurde, auf die Ausgestaltung dieser Siehe Schlußkommuniqui der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz über Deutschland vom 7.6.1948 in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 1.

1

Einleitung

Maßnahmen direkten Einfluß zu nehmen. Wenngleich die Beratungen alliierter Regierungsvertreter in den abgedruckten Dokumenten nur einen indirekten Niederschlag finden, indem sich deutsche Politiker über den Stand der Verhandlungen zu erkundigen versuchten und dabei gewisse Stellungnahmen einfließen ließen, so werden doch die grundlegenden Abstimmungs- und Einigungsschwierigkeiten auf Seiten der Westmächte deutlich. Der langfristigen Kontrolle der deutschen Schwerindustrie galt ein besonderes Augenmerk der Siegermächte. Bereits im Dezember 1948 konnten sich die Westmächte auf ein Ruhrstatut einigen, welches freilich auf deutscher Seite auf heftige Kritik stieß2. Zwar wurde das Sicherheitsinteresse gegenüber Deutschland, welches vor allem seitens der französischen Regierung wirkungsvoll vertreten wurde, auf deutscher Seite anerkannt und für berechtigt gehalten3, doch empfand man das vorgesehene Ausmaß der alliierten Kontrollen der Kohleförderung sowie der Eisen- und Stahlerzeugung einschließlich deren Veredelung als zu weitgehend. Obgleich künftig deutsche Vertreter der Internationalen Ruhrbehörde angehören sollten, betrachtete man die Begrenzung der Kontrollen auf die deutsche Wirtschaft unter Verzicht auf eine gesamteuropäische Lösung als schwerwiegende Diskriminierung und tendenzielle Fortsetzung der alliierten Besatzungspolitik. Es war mithin primär die Beschränkung des Ruhrstatuts ausschließlich auf die deutsche Schwerindustrie und weniger die Tatsache, daß langfristige Kontrollen auf alliierter Seite für notwendig erachtet wurden, welche die Kritik deutscher Politiker hervorrief, schien dies doch eine folgenschwere Belastung der politischen wie auch der ökonomischen Entwicklung des künftigen westdeutschen Staates zu bedeuten. Wie schwer den Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten eine Einigung über die Reduzierung ihrer Kontrollen fiel und wie hinhaltend die französische Regierung gegen die Aufhebung der Besatzungsvollmachten operierte, zeigt auch die langwierige Debatte über das Besatzungsstatut, welche einherging mit den Beratungen über das Washingtoner Abkommen über beschränkte und verbotene Industrien. Wie im Falle des Ruhrstatuts wandten sich Oberdirektor Pünder4 und die Ministerpräsidenten der drei Besatzungszonen 5 nicht grundsätzlich gegen die Einführung wirksamer Kontrollen durch die westlichen Siegermächte. Das Sicherheitsbedürfnis und der Schutz vor einer deutschen Wiederaufrüstung könne, so wurde argumentiert, nicht nur durch Verbote und Beschränkungen befriedigt werden. Überdies gefährde eine derartige Politik die wirtschaftliche Gesundung der Westzonen und stehe im Gegensatz zu den Zielen des Marshallplans. Die Wiederzulassung verbotener Industrien sei darüber hinaus auch für den europäischen Wiederaufbau von grundlegender Bedeutung. Die deutsche Forderung nach Aufhebung der Industriebeschränkungen war verbunden mit dem Bestreben, die Demontagen zu reduzieren. Sofern Eingriffe in die Struktur der deutschen Industrie überhaupt für unausweichlich erachtet wurden, sollten allein wirtschaftliche Gesichtspunkte gelten. Ein alliiertes militärisches Sicherheitsamt, dessen Errichtung am 17. 1. 1949 bekanntgegeben worden war6, wurde als 2

Siehe Dok.Nr. 10 B, TOP 4.

3

Siehe Dok.Nr. 10 B, TOP 5. Dok.Nr. 2, TOP 1. Dok.Nr. 10 B, TOP 5. Siehe Europa-Archiv 1949, S. 2163 ff. sowie die Analyse des DBfF vom 28. 1. 1949 in: Ζ 35/394, Bl. 1-6.

4 5 6

2

Einleitung

nicht erforderlich angesehen, konnten doch die zuständigen deutschen Stellen die notwendigen Maßnahmen in eigener Regie ausführen und die Alliierten sich auf die zentrale Überwachung beschränken. Der von der bizonalen Verwaltung ebenso wie von den Ministerpräsidenten unternommene Versuch, die Sicherheitserwägungen auf einen politischen Kern zu reduzieren und einer neuen Betrachtungsweise unter Verzicht auf Verbots- und Demontagemaßnahmen zum Durchbruch zu verhelfen, war nur bedingt erforderlich. Zwar wurde durch das Washingtoner Abkommen vom 12.4. 1949 der Umfang der vorgesehenen Reparationen und Demontagen reduziert, doch blieben Kapazitätsbeschränkungen, die bei Eisen und Stahl 20% unter der Produktion von 1936 lagen, im Prinzip erhalten 7 . In einer auf Export ausgerichteten Wirtschaftsstruktur mußte dies als schwerwiegende Behinderung der Gesundung und des Wachstums bewertet werden. Vor diesem Hintergrund bemühten sich deutsche Politiker sogleich, nachdem das Washingtoner Abkommen bekannt geworden war, um dessen Revision. Allen voran legte Oberdirektor Pünder eine bemerkenswerte Initiative an den Tag. In mehreren Schreiben an die Militärgouverneure 8 griff er die Demontagefrage auf und wies auf die Inkonsequenz in der alliierten Politik hin, obwohl ihm mehrfach bedeutet worden war, daß dieses Problem nicht Gegenstand deutsch-alliierter Debatten sein könne9. Das überzeugende und selbstbewußte Auftreten Pünders ebenso wie sein konsequentes Festhalten an der für richtig erachteten Politik gegenüber den Militärregierungen setzte in diesem frühen Stadium westdeutscher Politik wesentliche Akzente, ohne daß sich der erhoffte Erfolg sogleich einstellte. Wenn Konrad Adenauer aber sehr kurz nach seinem Amtsantritt bereits am 23. 11. 1949 mit dem Petersberger Abkommen' 0 einen ersten großen außenpolitischen Erfolg in der Demontagefrage verbuchen konnte, so war dies gewiß nicht ohne die vorangegangenen intensiven Bemühungen Pünders möglich. Zu den Vorberatungen der westalliierten Regierungsvertreter über das Besatzungsstatut monierten die deutschen Politiker, daß sie nicht - wie von der Militärregierung angekündigt - über den Fortgang laufend informiert wurden. Die Westmächte wollten nicht das Ausmaß ihrer Uneinigkeit offenkundig werden lassen". Zwar blieb der Inhalt des Statuts hinter den optimistischen Erwartungen und Vorstellungen, wie sie vom Deutschen Büro für Friedensfragen ausgegangen waren, zurück, doch waren andererseits die Vorbehalte der Alliierten nicht so einschneidend, daß heftige Proteste bei den Militärgouverneuren angebracht gewesen wären. Auf den Inhalt des Besatzungsstatuts konnte man keinen direkten Einfluß nehmen, wohl aber auf den Zeitpunkt der Verkündung. Damit wurde verhindert, daß die alliierten Vorbehalte - wie es zeitweilig den Anschein hatte12 - erst nach Ratifizierung des Grundgesetzes bekannt gegeben wurden. Wegen der Erklärung der westlichen Außenminister gegenüber dem Parlamentarischen Rat, daß das Besatzungsstatut erst nach der Einigung über das Grundgesetz in Kraft treten würde13, flöß die Debatte um seinen Verkündungszeit7 8 9 10

"

Siehe Harmssen, Demontagen, S. 168 ff. Dok.Nr. 36, TOP 4; Dok.Nr. 63, TOP 19, Dok.Nr. 68, TOP 4. Siehe Dok.Nr. 36, Anm. 23. Vgl. Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 282 ff. Dok.Nr. 7, TOP 2.

12

Dok.Nr. 10 B, TOP 10; Dok.Nr. 17, TOP 8.

13

Foreign Relations 1949/III, S. 186.

3

Einleitung

punkt auch in die deutsch-alliierte Kontroverse über die endgültige Form des Grundgesetzes ein14. Die deutsche Stellungnahme zum Besatzungsstatut, wie sie von den Ministerpräsidenten formuliert und vom Parlamentarischen Rat übernommen wurde, war indes im Tenor positiv. Ohne näher auf die unerfüllten deutschen Wünsche einzugehen, wurde der Akzent auf die in der praktischen Anwendung erhofften Möglichkeiten zur „Wiedererlangung der Souveränität des deutschen Volkes" und zur gleichberechtigten „Einordnung Deutschlands in die europäische Völkerfamilie"15 gelegt. Die sechste Tagung des Rates der Außenminister der vier Siegermächte vom 23. 5. bis 20. 6. 1949 in Paris16 zählte zu den hervorragenden Ereignissen in der alliierten Deutschlandpolitik des Jahres 1949. Obwohl mit der Verabschiedung des Grundgesetzes und der Verkündung des Besatzungsstatuts die weitere Entwicklung in den Westzonen klar vorgezeichnet war, wurde hier scheinbar noch einmal der Versuch unternommen, die deutsche Einheit zu wahren. Da die westlichen Siegermächte fest entschlossen waren, die unter ihrem Einfluß stehenden Besatzungszonen zu verschmelzen und zu einer eigenen staatlichen Existenz gelangen zu lassen, wurden alternative Möglichkeiten zu diesem Zeitpunkt in voller Übereinstimmung mit den politischen Vertretern auf deutscher Seite kaum noch ernsthaft erwogen. Für beide Seiten war der sowjetische Vorschlag, die gescheiterte Viermächteverwaltung wiederherzustellen und die Wirtschaftsorganisation in den West- und in der Ostzone miteinander zu verschmelzen, unannehmbar. Auf westlicher Seite hätte der Verzicht oder nur die Zurückstellung der Weststaatlösung einen erheblichen Prestigeverlust zur Folge gehabt, ohne daß nach den Erfahrungen der Jahre 1946 bis 1949 eine realistische Aussicht auf eine gemeinsame Lösung bestand. Die westliche Gegenforderung nach Abhaltung freier Wahlen unter Betonung individueller und politischer Freiheitsrechte als Voraussetzung für Konzessionen stieß auf sowjetischer Seite gleichermaßen auf Ablehnung17. Die Westmächte unterstellten der Sowjetunion eine rein propagandistische Absicht. Sie verwahrten sich gegen ein Übergreifen in den eigenen Einflußbereich; die Regelung der politischen Verhältnisse in den drei westlichen Besatzungszonen wurde von den westalliierten Regierungen als ihre innere Angelegenheit angesehen. Angesichts dieser Ausgangslage mußte der Versuch fehlschlagen, die deutsche Einheit noch zu erhalten. Tiefes verbreitetes Mißtrauen gegenüber den Absichten der sowjetischen Regierung verhinderte, daß amerikanische und deutsche Politiker, ungeachtet ihrer Parteizugehörigkeit, eine Verschiebung des Wahltermins zum ersten Deutschen Bundestag erwogen, um die Tragfähigkeit des sowjetischen Vorschlages zu testen. Dieses von den Regierungschefs der Länder der US-Zone abgegebene Bekenntnis stellte bereits im Vorfeld künftiger Adenauerscher Westpolitik und sowjetischer Neutralitätsofferten eine eindeutige Stellungnahme zugunsten des Weststaates dar. Hinzu kam, daß seit der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz vom Juni 1947 politische Vertreter aus der sowjetischen Zone von westdeutschen Politikern nicht als legitimierte Gesprächs- oder Verhandlungspartner akzeptiert wurden, da ihnen jegliche demokratische Legitimation fehle und sie als Agenten der sowjetischen Militärverwaltung zu betrachten seien. 14 15 16 17

4

Vgl. Grabbe, Grundgesetzentwurf, S. 398 ff. Dok.Nr. 26. Sitzungsberichte in: Foreign Relations 1949/III, S. 915 ff. Vgl. Dok.Nr. 41, Anm. 10 und 17.

Einleitung

An dieser Verhärtung der Fronten scheiterte auch der Vorstoß des Vorsitzenden der Deutschen Wirtschaftskommission der sowjetischen Besatzungszone ( D W K ) , Heinrich Rau, der am 4 . 7 . 1 9 4 9 der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes auf der Grundlage des auf der Pariser Außenministerkonferenz erarbeiteten „modus vivendi" das Angebot zur Errichtung eines „gesamtdeutschen Wirtschaftsausschusses" unterbreitete 18 . Durch engere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit auf dem Wege der Verstärkung von Warenaustausch und Handelsverkehr sollten die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Zusammenschluß aller Besatzungszonen Deutschlands geschaffen werden. Zu diesem Zeitpunkt liefen bereits in Berlin Verhandlungen zwischen der D K W und der Verwaltung des V W G über ein Interzonenhandelsabkommen, so daß auf westlicher Seite der Vorstoß Raus als ein gezieltes politisches Manöver gewertet wurde. Die Entscheidung über die Schaffung eines gesamtdeutschen Wirtschaftsausschusses wollte indes der Verwaltungsrat nicht treffen, sondern überwies sie an die künftige Bundesregierung". Während die Deutsche Wirtschaftskommission diese Haltung als Anerkennung der Spaltung Deutschlands in politischer Hinsicht interpretierte, war der Verwaltungsrat nicht gewillt, die Vorbereitungen zur Konstituierung der Bundesrepublik an der vagen Hoffnung einer gesamtzonalen Lösung scheitern zu lassen oder diese auch nur zeitlich zurückzustellen. Während unmittelbare politische Erfolge nicht erzielt werden konnten, führten die Wirtschaftsverhandlungen in materieller Hinsicht aber bald zum Abschluß eines Interzonenhandelsabkommens. Bereits am 26. 3. 1949 hatten die Vorsitzenden des Präsidiums des Deutschen Volksrates - W. Pieck, O. Nuschke und H. Kastner - in einem Telegramm an den Badischen Landtag vor der „tödlichen Gefahr für die nationale Existenz" durch die Bildung eines Weststaates gewarnt". Um dessen Konstituierung zu verhindern, schlugen die Vorsitzenden die Errichtung eines gemeinsamen Gremiums vor, dem 60 Mitglieder - Vertreter des Deutschen Volksrates, des Parlamentarischen Rates und des Wirtschaftsrates - angehören sollten. Das erste Treffen sollte am 8. 4. 1949 in Braunschweig stattfinden. Beraten werden sollte über die Forderung an die Alliierten, mit Deutschland bald einen Friedensvertrag abzuschließen und ihre Truppen aus Deutschland abzuziehen, sowie darüber, wie die Einheit Deutschlands und „die friedliche Entwicklung in Deutschland durch Demokratisierung des öffentlichen Lebens" gesichert werden könne. Auch dieser Vorstoß von Vertretern der sowjetischen Zone blieb erfolglos, schienen doch die damit verfolgten Absichten zu leicht durchschaubar. Die von den Westalliierten vorgegebene Weststaatlösung hatte sich auch auf deutscher Seite nach anfänglichen Bedenken so weit verfestigt, daß Alternativen hierzu nicht mehr in Betracht kamen, selbst dann nicht, wenn damit der latenten Gefahr der Spaltung Einhalt geboten werden konnte. Nicht zuletzt die Einschätzungin Übereinstimmung mit der Lagebeurteilung von General Clay - , daß sich der sowjetische Einfluß allmählich verringern würde, ließ quer durch alle maßgeblichen politischen Gruppierungen in den Westzonen die Hoffnung aufkommen, daß die politische und wirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik Deutschland die Vereinigung mit der sowjetisch besetzten Zone nahezu zwangsläufig herbeiführen würde. Daß die Weststaatenlösung auch die außenpolitische Orientierung der künftigen Bundesrepublik nach sich ziehen würde, stieß ebenso wie die vorläufige Zurückstellung einer

18

Dok.Nr. 60, Anm. 58.

"

Dok.Nr. 63, Anm. 17; Dok.Nr. 67, TOP 3; Dok.Nr. 74; TOP 1.

5

Einleitung

deutschen Wiedervereinigung auf einen breiten politischen Konsens der führenden Parteien in den Westzonen. Ungeachtet des Scheiterns der Pariser Außenministerkonferenz beleuchteten die intensiven Kontakte und die gezielten Konsultationen westdeutscher Politiker durch die westalliierten Regierungen den seit 1945 eingetretenen Wandel im Verhältnis der Siegermächte zu den Deutschen. Die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten erklärten sich erstmals seit Kriegsende bereit, deutsche Politiker, wenn auch nicht an der Konferenz selbst zu beteiligen, so doch ständig über den Stand und den Verlauf der Konferenz in Kenntnis setzen zu wollen20. Darüber hinaus legten sie zunehmenden Wert darauf, ihre Position von deutscher Seite bestätigt zu erhalten, so daß im Ergebnis nichts gegen den expliziten Willen der deutschen Politiker entschieden wurde. Dabei verdient die Grundstimmung besondere Beachtung, die auf deutscher Seite jenseits parteipolitischer Grenzen angesichts der gerade überwundenen kommunistischen Bedrohung durch die Blockade Berlins bestand. Diese Konsultationsgespräche und eie Art und Weise, wie sie in einem deutschalliierten Konsultativrat geführt wurden, war Ausdruck eines wachsenden Selbstbewußtseins deutscher Politiker gegenüber den alliierten Vertretern, die zunehmend ihre deutschen Gesprächspartner als gleichberechtigte Teilnehmer an einer gemeinsamen Sachdiskussion zu akzeptieren begannen. Der Übergang vom autoritären Stil der Besatzungsherrschaft zu partnerschaftlichen Formen wurde allmählich vollzogen. Auf diese Weise wurde zugleich der Katalog gemeinsamer Einschätzungen, Beurteilungen und Zielsetzungen vergrößert, so daß deutsche und alliierte Politiker in den grundlegenden Fragen miteinander harmonierten, ohne daß hierzu die besondere Autorität der Siegermächte hätte eingesetzt werden müssen. Die deutsche Politik war bereits vor der Gründung der Bundesrepublik fest an westlichen Vorstellungen orientiert. Die Erfahrungen der Spaltung Deutschlands und der Blockade Berlins legten die deutsche Politik frühzeitig auf einen antikommunistischen Grundkurs fest21. Zunächst blieb diese Grundhaltung noch ohne materielle Konsequenzen für die Westzonen, stand doch ein militärischer Beitrag Deutschlands im sich verschärfenden Kalten Krieg, in dem die beiden Teile Deutschlands durchaus als Kräftepotentiale eingesetzt wurden, zunächst noch nicht zur Diskussion, wenngleich mehrere militärische Planer in den Vereinigten Staaten bereits bemüht waren, die Vorbereitungen hierfür zu schaffen 2 ". Zunächst lag die militärische Verantwortung allein bei den Militärregierungen, die hierfür Besatzungskosten von der Verwaltung des VWG und den Ländern der französischen Zone forderten. In einem Schreiben an den Militärgouverneur von Nordrhein-Westfalen, General Bishop, hob Oberdirektor Pünder hervor, daß diese sich für die Bizone auf DM 125,— pro Kopf beliefen22. Dem standen Zuwendungen an GARIOA- und ERP-Geldern in Höhe von rund DM 100,— pro Kopf gegenüber. Daraus war zu folgern, daß von jedem Einwohner in der Bizone rund DM 25,- mehr zu zahlen waren als für ihn aufgewandt wurden. Zwar betonte Pünder in zwei Schreiben an General Bishop und den Parlamentarischen Staatssekretär im

1,a

StA Freiburg A 1/445, Bl. 60-65.

20

Siehe Dok.Nr. 66.

21

Vgl. hierzu das Gespräch zwischen Gen. Clay und ODir. Pünder vom 10. 5. 1949, Dok.Nr. 32.

2,a

Vgl. Schwabe, Aufrüstung der Bundesrepublik, S. 17.

22

Siehe Vermerk von Rieck vom 11. 12. 1948 in: Ζ 13/150, Bl. 103.

6

Einleitung

Foreign Office, Christopher Mayhew, vom 13.1.1949 23 , daß mit dieser Feststellung die alliierte Hilfeleistung für die Westzonen nicht herabgesetzt werden solle, doch bat er um Verständnis, daß das Gewicht der durch die Besatzungskosten auferlegten Lasten nicht unterschätzt werden dürfe. Hierauf entgegnete General Bishop am 25. 1. 1949, daß dieser Betrag wohl relativ gering sei, "to pay for the defence of the country which is today the responsibility of the Occupying Powers"24. Ohne die Diskussion über die Höhe der Besatzungskosten vertiefen zu wollen, dankte Pünder am 25. 2. 1949 für diese „Äußerung über den Schutz unseres Landes, eine Frage, über die wir bisher sehr wenig hörten und die uns zu manchem bangen Zweifel Anlaß gegeben hat"23. In globalpolitischer Hinsicht und insbesondere angesichts der durch die Blockade Berlins verstärkten antikommunistischen Grundhaltung in der westdeutschen Bevölkerung bildete die Übernahme einer militärischen Schutzfunktion durch die westlichen Siegermächte die sicherheitspolitische Grundlage für die westdeutsche Staatswerdung. Neben dem vorenthaltenen außenpolitischen Vertretungsrecht war die Inanspruchnahme der Siegermächte bei der Verteidigung des Staatsterritoriums die wesentliche Einschränkung der künftigen deutschen Souveränität. Damit sind zugleich die beiden wichtigsten Aufgaben künftiger Politik der Bundesrepublik Deutschland beschrieben. II. VERFASSUNGSRECHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN DER MINISTERPRÄSIDENTEN

Die im Mai 1949 erzielte Einigung des Parlamentarischen Rates über das Grundgesetz markiert in besonderer Weise den Übergang zur eigenstaatlichen Existenz der Bundesrepublik. Obgleich die Verfassungsberatungen im Parlamentarischen Rat nicht in diesem Band der Editionsreihe thematisiert werden, finden sie doch an verschiedenen Stellen ihren Niederschlag26. Da das Grundgesetz, dessen Schaffung den Ministerpräsidenten übertragen worden war, von den Militärregierungen genehmigt werden mußte und diese in intensivem Kontakt zu den Ministerpräsidenten standen, blieb die Einigung im Parlamentarischen Rat über das Grundgesetz und die deutsch-alliierte Kontroverse über die endgültige Fassung bestimmter Verfassungsbestimmungen nicht auf den Parlamentarischen Rat beschränkt. Zwar vermieden es die Länderchefs, sich in die Belange der verfassungsgebenden Versammlung einzumischen sowie Ratschläge oder Empfehlungen zu erteilen27, doch waren die strittigen Punkte - Ländergrenzen und Finanzverfassung - von solcher Bedeutung für die künftige föderalistische Struktur der Bundesrepublik, daß den Ländern der Ausgang dieser Debatten nicht gleichgültig sein konnte. Ihre Regierungschefs ließen sich daher fortlaufend über den jeweiligen Stand der Beratungen informieren, bestätigten dabei jedoch stets die alleinige Kompetenz des Parlamentarischen Rates für das Grundgesetz28. Zusätzlich bemühten sich die Militärregierungen, allen voran die französische, bei den Ministerpräsidenten ihrer jeweiligen Zone um Verständnis für die als Kompromiß zustande gekommene 23

Ebenda, Bl. 81-84.

24

Ebenda, Bl. 78-79.

25

Ebenda, Bl. 69-70.

26

Dok.Nr. 10, B, TOP 8; Dok.Nr. 19, TOP 1; Dok.Nr. 22, TOP 1; Dok. Nr. 28 B, TOP 3; Dok.Nr. 30, TOP 1; Dok.Nr. 34; Dok.Nr. 35, TOP 2.

27

Vgl. Dok.Nr. 10 B, TOP 8.

28

Siehe insbesondere Dok.Nr. 22, TOP 1.

7

Einleitung

Haltung der drei Militärgouverneure, wie sie durch das Memorandum vom 2.3.1949 zum Entwurf des Grundgesetzes' zum Ausdruck gekommen war29. Auch aus ihrem Selbstverständnis als Hüter der nationalen Belange über parteipolitische Interessen hinweg blieben die Ministerpräsidenten mit den Beratungen über das Grundgesetz verbunden. Schließlich erkannten sie auch, daß sie als einziges zentrales Exekutivorgan in den Westzonen die aus dem Grundgesetz erwachsenden vorbereitenden Maßnahmen durchführen mußten30. Es war aus diesen Gründen ebenso wie aus formalrechtlichen Notwendigkeiten geboten, daß die Ministerpräsidenten bei der formellen Genehmigung des Grundgesetzes durch die Militärgouverneure vertreten waren3'. Zu einem begrenzten Konflikt mit dem Parlamentarischen Rat geriet die nach der Verabschiedung vorgesehene weitere Verfahrensweise. Da die Ministerpräsidenten davon ausgingen, daß sie den ihnen erteilten Auftrag zur Ausarbeitung eines Grundgesetzes lediglich delegiert hatten, behielten sie sich auch die Entscheidung über die Form der Ratifizierung - Volksabstimmung oder Zustimmung der Länderparlamente vor. Ebenso war zeitweilig strittig, wer autorisiert sein sollte, den Militärgouverneuren das Grundgesetz zur Genehmigung vorzulegen32. Hinter dieser scheinbar formalen und verfahrenstechnischen Frage verbarg sich die politische Machtfrage, welche Seite Ministerpräsidenten oder Parlamentarischer Rat - die führende Rolle in der Phase des Übergangs bis zur Konstituierung der Bundesrepublik in den Westzonen ausüben würde. Während die Ministerpräsidenten der drei Zonen sich einerseits nicht als Kontrolleure des Parlamentarischen Rates in den materiellen Fragen des Grundgesetzes betrachteten, waren sie andererseits nicht gewillt, die politische Leitfunktion in den drei Westzonen dem ambitionierten Präsidenten des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer, abzutreten. Der Versuch, das Fortbestehen des Parlamentarischen Rates auch nach der Verkündigung des Grundgesetzes und der Erledigung des erteilten Auftrages zu unterbinden, scheiterte weitgehend, obwohl sich insbesondere der französische Militärgouverneur vehement gegen die „Verewigungstendenz" des Parlamentarischen Rates wandte und damit die Etablierung einer westdeutschen Zentralgewalt noch vor der Konstituierung der Bundesrepublik bekämpfte 33 . Zu sehr war diese Institution zu einem Kristallisationspunkt politischer Auseinandersetzung in den Westzonen geworden, so daß die Versuche der Länder erfolglos verliefen, den Parlamentarischen Rat durch Versagung weiterer Finanzmittel zur Auflösung zu zwingen und dadurch seine politische Bedeutung zu eliminieren34. Es war aber unumgänglich, daß die Ministerpräsidenten Vertreter des Parlamentarischen Rates an den Beratungen in den Überleitungsausschüssen beteiligten, die einzusetzen der Parlamentarische Rat aus eigener Initiative noch auf seinen letzten Sitzungen beschlossen und damit seine Existenz über seine eigentliche Auflösung hinaus aus eigener Macht verlängert hatte35. 2

'

30 31 32 33 34 35

8

Vgl. Dok.Nr. 19, TOP 1. Vgl. Dok.Nr. 35, TOP 2-4. Siehe Dok.Nr. 34. Dok.Nr. 10 B, TOP 8; Dok.Nr. 35, TOP 2. Vgl. die kritischen Bemerkungen von Gen. Koenig in: Dok.Nr. 51, TOP 2. Dok.Nr. 46, TOP 3. Dok.Nr. 35, TOP 3; Dok.Nr. 39, TOP 3; Dok.Nr. 46, TOP 4; Dok.Nr. 43, TOP 4; Dok.Nr. 49 A; Dok.Nr. 61 A; Dok.Nr. 73, TOP 21; Dok.Nr. 78, TOP 2.

Einleitung

Auch bei der Ausarbeitung eines Wahlgesetzes versuchte der Parlamentarische Rat, seine Kompetenzen zu erweitern. Zwar war unstrittig, daß er befugt sein sollte, die Grundzüge des Wahlsystems in das Grundgesetz aufzunehmen 36 , doch widersetzten sich die Ministerpräsidenten den Bestrebungen, der verfassungsgebenden Versammlung auch die Wahldurchführung und die Festlegung des Modus zu überlassen37. Auf Einwirkung der Militärgouverneure, wobei insbesondere General Clay das föderalistische Element einer ländereigenen Wahlgesetzgebung in Analogie zu der beanstandeten zentralistischen Tendenz des Grundgesetzes betonte38, wurde der Kompetenzkonflikt auf deutscher Seite tendenziell zugunsten der Ministerpräsidenten entschieden39, die freilich darauf verzichteten, das vom Parlamentarischen Rat erarbeitete Wahlgesetz grundlegend zu revidieren. Sie gingen ebenso wie die Militärgouverneure vom Modellcharakter des vorgegebenen Gesetzes aus, um die Einheitlichkeit des Wahlsystems zu gewährleisten, das von ihnen gemeinsam beschlossen und durch Zustimmung aller Länderparlamente für jedes Land in Kraft gesetzt werden sollte. Auch ließen sich die Regierungschefs nicht dazu verleiten, den Parlamentarischen Rat gänzlich von der weiteren Arbeit auszuschalten. Sie plädierten vielmehr dafür, ihm gewisse Kompetenzen bei der Festlegung der Gesamtmandatszahl und der Verteilung der einzelnen Sitze auf die Länder sowie bei der Bestimmung des Wahlsystems zu belassen. Dabei sollte sich der Parlamentarische Rat aber nach der Auffassung der Ministerpräsidenten um einen breiten Konsens bemühen, der mit einer ^-Mehrheit angesetzt wurde, um einen parteipolitischen Alleingang zugunsten eines Kompromisses der beiden großen Fraktionen von CDU/CSU und SPD zu verhindern™. Nachdem dieser Wunsch der Ministerpräsidenten vom Parlamentarischen Rat nicht erfüllt, vielmehr der Versuch eines fait accompli unternommen worden war 4 ', fiel die Entscheidung über die Verteilung der Kompetenzen den Militärgouverneuren zu, die sich zur Annahme des am 10. 5. 1949 vom Parlamentarischen Rat verabschiedeten Wahlgesetzes42 im Prinzip einverstanden erklärten, jedoch die Ministerpräsidenten ermächtigten, eine Reihe von Änderungen durchzuführen 43 . Damit setzte eine eingehende Einzelerörterung von Gesetzesbestimmungen ein44, die schließlich zu einigen Veränderungen führte, wobei die Wiedereinführung einer Sperrklausel auf Landesebene von 5% und die Erhöhung des Anteils der Direktmandate bei der Aufschlüsselung aller Bundestagsmandate besonders hervorzuheben sind. Allerdings zögerten die Ministerpräsidenten, wobei sich die parteipolitischen Gegensätze in den prinzipiellen Fragen des Wahlsystems doch bemerkbar machten, das von ihnen geänderte Gesetz aus eigener Autorität in Kraft zu setzen. Auf Drängen der der

36

Dok.Nr. 7, TOP 3.

37

Dok.Nr. 30, TOP 1; Dok.Nr. 34, Anm. 16; Dok.Nr. 35, TOP 13.

3

Dok.Nr. 30, TOP 1.

39

Siehe Schreiben der MilGouv. vom 14.4.1949 in: Dok.Nr. 22, Anm. 127 sowie Genehmigungsschreiben an SenPräs. Kaisen zum GG in: Dok.Nr. 34, Anm. 16. Stellungnahme der MilGouv. vom 28.5.1949 in: Dok. Nr. 42, Anm. 7.

"

40

Siehe Entschließung der MinPräs. vom 24. 3. 1949 in: Dok.Nr. 22, TOP 5.

41

Dok.Nr. 35, TOP 13; Dok.Nr. 46, TOP 1.

42

Pari. Rat-Drucks. Nr. 924.

43

Siehe Schreiben der MilGouv. an die MinPräs. vom 1. 6. 1949 in: Dok.Nr. 43, Anm. 63.

44

Vgl. Dok.Nr. 46, TOP 2.

9

Einleitung

SPD angehörenden Ministerpräsidenten wurde in der Präambel des am 15. 6. 1949 verkündeten Wahlgesetzes auf die alliierten Einwirkungen ausdrücklich hingewiesen45. Die Diskussion über das Wahlgesetz belegt indes auf eindrucksvolle Weise, daß der Anspruch der Ministerpräsidenten, Politik für alle drei Westzonen losgelöst von parteipolitischen Interessen betreiben zu können, doch nicht durchgängig realisierbar war. Auch in der Auseinandersetzung über den Sitz der künftigen Bundesregierung46 zeigt sich, daß eine unzureichende Konsensbildung im Parlamentarischen Rat aufgrund von parteipolitischen Gegensätzen nicht durch eine Stellungnahme des vergleichsweise sachbezogeneren Gremiums der Ministerpräsidenten ersetzt werden konnte. Für die Entwicklung der Nachkriegszeit war überdies bedeutsam, daß die Ministerpräsidenten - wie anhand der Tätigkeit der Überleitungsausschüsse noch zu zeigen sein wird47 - jenes Maß an zentraler Entscheidungsbefugnis für die deutschen Belange nicht an ein anderes politisches Gremium abtraten. Zwar verlagerte sich die politische Auseinandersetzung vor allem im Zeichen des heraufziehenden Wahlkampfes zum ersten Deutschen Bundestag auf die politischen Parteien und die von ihnen beeinflußten Institutionen, doch war damit die Stellung der Ministerpräsidenten nicht zwangsläufig tangiert. Da allein ihnen exekutive Befugnisse zur Verfügung standen, bereiteten sie nicht nur die Bundestagswahlen vor und bestimmten die Termine für das erste Zusammentreten von Bundestag, Bundesrat und Bundesversammlung. Darüber hinaus begannen sie auch mit der praktischen Ausfüllung der neuen Verfassung. Indem die Ministerpräsidenten die Qualifikationsmerkmale für das Amt des Bundesratspräsidenten und die Inkompatibilität von Bundestag- und Bundesratsmandat einvernehmlich berieten48, leisteten sie einen ersten grundlegenden Beitrag zur Interpretation des Grundgesetzes in der Verfassungspraxis der Bundesrepublik Deutschland.

III. DIE POLITISCHE ORDNUNG IN DEN WESTZONEN

Die Kompetenzen der politischen Institution in den drei westlichen Besatzungszonen blieben im Zeitraum vom Januar bis zum September 1949 unverändert. Grundlage der bizonalen Entwicklung bildeten die Proklamation Nr. 7, bzw. die Verordnung Nr. 126 der amerikanischen und britischen Militärregierungen über die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes45. Die darin festgelegten Kompetenzen für die Gesetzgebungsarbeit des Wirtschaftsrats wurden jedoch zunehmend flexibler ausgelegt und durch Verfügungen auf begründeten Einzelantrag wiederholt ausgedehnt. In der französischen Zone waren die Länder demgegenüber nicht in einer übergreifenden zonalen politischen Institution organisiert. Sie unterhielten lediglich Verbindungsbüros bei der französischen Militärregierung in Baden-Baden, bauten allerdings die 45

Es bedurfte einer erneuten Versicherung der MilGouv. vom 13. 6. 1949 (Dok.Nr. 49 B, Anm. 5), um die MinPräs. zur Verkündung des Wahlgesetzes zu bewegen. Siehe auch Dok.Nr. 49 B, Anm. 17.

46

Dok.Nr. 39, TOP 4; Dok.Nr. 56, TOP 4; Dok.Nr. 61 A.

47

Siehe Kapitel V der Einleitung.

48

Dok.Nr. 73, TOP 15; Dok.Nr. 78, TOP 3 und 5.

49

Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. I, S. 1; Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 23, S. 686.

491

Abdruck der ergänzenden Anweisungen der Militärregierungen Nr. 1-15 in: Wörtliche Berichte und Drucksachen des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1947-1949, Bd. 1, Erschließungsband, S. 19 ff.

10

Einleitung

Institution der Fachministerkonferenzen auf zonaler Ebene aus. Die Fusion mit der Bizone zur Trizone war zwar nach der Einigung der Außenminister vom 12. 4. 1949 über die Vereinigung der Zonen politisch nicht mehr aufzuhalten50, doch konnte ihr in der Praxis gravierende Hindernisse in den Weg gestellt werden, so daß bis zum Ablauf der Zonenzeit die Trizone weder in praktischer noch in politischer Hinsicht Wirklichkeit wurde. Wiederholt warnte General Koenig, der parallel zu den monatlichen Besprechungen der Generäle Clay und Robertson mit den Ministerpräsidenten der Bizone einerseits sowie den Vertretern von Wirtschaftsrat, Länderrat und Verwaltungsrat andererseits mit nahezu gleicher Regelmäßigkeit die Regierungschefs der Länder der französischen Zone zu Unterredungen empfing, vor den aus seiner Sicht abträglichen Folgen einer Angleichung an das wirtschaftliche System der Bizone". Zusammenarbeit und Kooperation über die Zonengrenze hinweg wurden daher zwar eingeleitet, doch eine tatsächliche Angleichung blieb weitgehend aus. Allein die Konferenzen der Ministerpräsidenten fanden auf trizonaler Basis statt. Diese setzten für bestimmte Aufgaben informelle Arbeitsausschüsse ein, so daß die fehlenden trizonalen Institutionen zumindest in einigen wesentlichen Bereichen, wie dem Flüchtlingswesen und dem Kriegsgefangenenproblem 52 , durch eine Kooperation der Länderregierungen ersetzt werden konnten. Von zonenübergreifender Wirkung waren ferner die Beratungen des Parlamentarischen Rates, die jedoch, wie bereits angedeutet, nicht Gegenstand dieser Edition sind. Auch das Bemühen der Länderregierungen in der französischen Zone, grundlegende Gesetzesvorhaben der Bizone für die französische Zone zu übernehmen, fand nicht die ungeteilte Unterstützung der französischen Militärregierung53, da sie befürchtete, daß damit der Einfluß der bizonalen Institutionen und der von dort ausgehende Zentralismus die Selbständigkeit in Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern verringern und die jahrelangen Bestrebungen der französischen Militärregierung zunichte machen würde. Die Wahrung der Einflußmöglichkeiten über das Ende der Besatzungsherrschaft hinaus war gewiß auch ein wesentliches Motiv für die französische Regierung, den Plänen für eine Neuordnung der südwestdeutschen Länder eine Absage zu erteilen54. Dabei leistete die Uneinigkeit der deutschen Regierungschefs den französischen Absichten Vorschub. a) Die Lage

in der französischen

Zone

Infolge der faktisch nicht vollzogenen Verschmelzung der französischen Zone mit der Bizone - entgegen der Ankündigung von General Koenig vom 15. 1. 194955 - erfüllten auch die von den Länderregierungen der Zone erwarteten und dringend benötigten wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Verbesserungen nicht die hochgesteckten Hoffnungen. Zwar war nicht zu verkennen, daß bereits die Einbeziehung der OFICOMEX in die JEIA die Ausfuhr durch Verfahrensvereinfachungen ansteigen

50 51 52 53 54 55

Foreign Relations 1949/III, S. 181. Dok.Nr. 19, TOP 6. Dok.Nr. 10 B, TOP 2 und 6; Dok.Nr. 28 A, Anm. 43; Dok.Nr. 51, Anm. 37; Dok.Nr. 73, TOP 2-4. Dok.Nr. 4, TOP 4; Dok.Nr. 12, TOP 12; Dok.Nr. 19, TOP 4; Dok.Nr. 51, TOP 5. Dok.Nr. 4, TOP 7; Dok.Nr. 12, TOP 12; Dok.Nr. 19, TOP 1; Dok.Nr. 28 B, TOP 4; Dok.Nr. 51, TOP 3. Dok.Nr. 4, TOP 1.

11

Einleitung

ließ und auch die Zuteilungen von Kohle sowie Stahl in Absprache mit den bizonalen Verwaltungen 56 die wirtschaftliche Entwicklung in der französischen Z o n e belebte, doch konnte der Vorsprung der Bizone in der Kürze der Zeit nicht aufgeholt werden. D i e Länder der französischen Z o n e partizipierten nicht im entsprechenden Maße am allgemeinen Wirtschaftsaufschwung. Ursache hierfür war die halbherzige Haltung der französischen Militärregierung, die wiederholt vor den „Sirenenklängen" der Bizone warnte und einen Bedeutungsverlust der wirtschaftlich schwächeren Länder der französischen Z o n e im Sog der Bizone befürchtete, wie auch die spezifischen Probleme dieser Länder, deren Wirtschaft anhaltender als die der amerikanischen und britischen Zone unter der Last der Kriegsfolgen litt. Die teilweise erheblichen Haushaltsdefizite, die aus einem geringen Steueraufkommen bei gleichzeitig hoher Belastung durch Besatzungskosten 58 resultierten - eine Tatsache, die General Koenig freilich in von ihm vorgelegten Berechnungen zu widerlegen versuchte", - sowie der Mangel an Krediten 60 behinderten eine Konsolidierung in den Ländern der französischen Z o n e , zumal die französische Militärregierung die D e m o n tagen nicht stärker als durch die Washingtoner Vereinbarungen vorgesehen einschränkte 61 . Dabei sahen sich die Regierungschefs der französischen Z o n e auf der anderen Seite mit neuen Problemen konfrontiert. Wie von General Koenig seinen britischen und amerikanischen Kollegen zugesagt, sollten sich die Länder der französischen Zone zu Beginn des Frühjahrs 1949 an der Bewältigung des Flüchtlingsproblems beteiligen, von dem sie bislang nahezu verschont geblieben waren 62 . Dies bedeutete für sie neue Belastungen, die sie angesichts der erheblichen Kriegszerstörungen und des geringen Wiederaufbaus der eigenen Industrie glaubten nicht verkraften zu können. Sie forderten daher, daß die Länder des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zuvor Zugeständnisse im Bereich des trizonalen Lastenausgleichs machen müßten 63 . Nicht zuletzt die chronischen Finanznöte sämtlicher westdeutscher Länder verhinderten, daß eine umfassende Lösung des Flüchtlingsproblems erzielt wurde. Lediglich einer begrenzten Personengruppe wurde der Zuzug in die französische Z o n e gestattet. Als Folge dieser Haushaltslage kam auch ein Länderfinanzausgleich nicht zustande, der vor allem in der französischen Z o n e zu einer spürbaren Reduzierung der relativ hohen Besatzungskosten hätte führen können 64 . D i e Ministerpräsidenten waren im Prinzip gewillt, beide Problemkomplexe zu lösen. Es fehlte jedoch ein hinreichender Finanzspielraum, so daß jedes Land den höheren Beitrag vom anderen Land verlangte,

56

Dok.Nr. 4, Anm. 9; Dok.Nr. 12, TOP 6; Dok.Nr. 19, TOP 6.

57

Dok.Nr. 19, TOP 6.

58

Rund 50% des Haushaltsvolumens mußten für Besatzungskosten bereitgestellt werden. Siehe Altmeier an alle MinPräs. der Länder vom4.5.1949 in: LHA Koblenz 860/1651. Zur Höhe der Lasten (im Juli 1949: DM 13,5 Mio) siehe Oberst Noury an den FinMin. von Rheinland-Pfalz vom 8. 4. 1949, ebenda 860/90. Darin betont dieser, daß die Preissteigerung der letzten Monate eine Erhöhung des monatlich fälligen Beitrags erforderlich mache. Dok.Nr. 4, Anm. 30; Dok.Nr. 51, TOP 4.

59 60

Dok.Nr. 19, TOP 5; Dok.Nr. 28 A, TOP 1.

61

Dok.Nr. 12, TOP 13; Dok.Nr. 28 A, TOP 5.

62

Dok.Nr. 19, TOP 2.

63

Dok.Nr. 28 A, TOP 8; Dok.Nr. 51, TOP 5.

64

Dok.Nr. 51, TOP 4 und 5.

12

Einleitung

konnte doch jede Landesregierung eine Vielzahl spezifischer Kriegsfolgelasten für das eigene Land als Grund für die besondere Hilfsbedürftigkeit anführen 65 . Infolge der unvollständigen Verbindung mit der Bizone durchliefen die Länder der französischen Zone bis zum September 1949 nach wie vor eine Sonderentwicklung. Zwar war die anfängliche Isolation weitgehend überwunden und die Rechtsangleichung trotz Widerstandes der französischen Militärregierung auf dem bedeutenden Gebiet der Milderung der Kriegsfolgen (Kriegsopfergesetz und Lastenausgleichsgesetz)66 eingeleitet, doch war damit die Leitfunktion der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes für die Westzonen nicht aufgehoben. Sie war daher auch der Kontinuitätsträger für die neue Bundesverwaltung. Für das Klima im Umgang französischer Besatzungsbehörden mit deutschen Stellen war charakteristisch, daß der politische Bewegungsspielraum der Deutschen scharf eingegrenzt war und die Einhaltung der Beschränkung nachdrücklich kontrolliert wurde. So übte Gouverneur de Boislambert in einem Schreiben an Ministerpräsident Altmeier vom 3. 12. 1948 Kritik an der laschen Durchführung von Vorschriften der Militärregierung67. Nachdem diese akzeptiert hatte, daß die Zeit zur Prüfung der Tagesordnung für die jeweils nächste Landtagssitzung auf zwei Tage beschränkt bleiben sollte, „um alsdann den Landtag zu verständigen, ob eine Debatte zu jedem einzelnen der auf dieser Tagesordnung vorgesehenen Punkte eröffnet werden könne", sollten französische Übersetzungen nicht nur an der Tagesordnung, die hiernach nicht mehr geändert werden durfte, sondern auch der zur Beratung anstehenden Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Auf deutscher Seite versuchte man jedoch diese Vorschriften, die bereits eine Erleichterung gegenüber der bisherigen Regelung darstellten, zu umgehen und sich den Kontrollen zu entziehen.68 In die gleiche Richtung zielten die Versuche der französischen Militärregierung, die Regierungschefs durch getrennte Unterredungen und Absprachen möglichst wenige Gemeinsamkeiten entwickeln zu lassen und für eine effektive Kontrolle zu sorgen. Die Einladungen zu Gesprächen mit Vertretern des französischen Außenministeriums, die nacheinander und einzeln an die Ministerpräsidenten der französischen Zone im Frühjahr 1949 ergingen69, sind Zeugnis dieser Grundhaltung und Ausdruck der uneingeschränkten Betonung des föderalistischen Prinzips. b) Die Entwicklung in der Bizone Durch die Währungsreform vom 20. 6. 1948 und die schrittweise Aufhebung der Bewirtschaftung war die im Herbst 1947 begonnene Stabilisierung der westdeutschen Wirtschaft fortgesetzt worden70. Die „Verwaltung der Not", welche kennzeichnend für die ersten Nachkriegsjahre gewesen war71, wurde allmählich durch eine gezielte und 65

Dok.Nr. 73, TOP 4. Eine besondere Stellung nahm hierbei Schleswig-Holstein ein, das an die Verwaltung des VWG den Antrag richtete, zum Notstandsgebiet erklärt zu werden. Siehe Dok. Nr. 1 A, TOP 4; Dok. Nr. 14, TOP 7; Dok.Nr. 18, TOP 2; Dok.Nr. 31, TOP 9; Dok.Nr. 63, TOP 8; Dok. Nr. 77, TOP4.

66

Dok.Nr. 4, TOP 4; Dok.Nr. 19, TOP 4. LHA Koblenz 860/1596. Siehe auch Konstanzer, Weisungen, S. 207 ff.

67 68 69 70

71

Ebenda. Vgl. Dok.Nr. 51, Anm. 1. Vgl. Abelshauser, Wirtschaft in Westdeutschland, S. 61; Ambrosius, Durchsetzung der sozialen Marktwirtschaft, S. 182. Vgl. Akten zur Vorgeschichte 1, S. 10.

13

Einleitung

planvolle Wirtschafts- und Finanzpolitik abgelöst, nachdem die krisenhafte Zuspitzung der Preisentwicklung gegen Ende des Jahres 1948 überwunden worden war. Allerdings wirkten die gewaltigen Nachkriegsprobleme noch lange nach. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Brennstoff war zwar nicht mehr vorrangig wesentliche Erleichterungen hatte hier der Marshallplan bzw. dessen Vorläufer, das GARIOA-Programm, gebracht - , doch galt es, durch gezielte Maßnahmen das Erreichte langfristig zu sichern und den Prozeß der wirtschaftlichen Gesundung zu festigen. Das Ausmaß der eingetretenen Normalisierung wird auf eindrucksvolle Weise dadurch belegt, daß in der Bizone binnen weniger Jahre ein Kartoffelüberschuß produziert wurde, der nicht für den Konsum benötigt wurde72. Dessen ungeachtet blieben viele Probleme auch im Verlauf des Jahres 1949 ungelöst. Hierzu zählte der Mangel an Wohnungen 73 , die Zahl von mehr als einer Million Arbeitsloser74, der gesamte Komplex der ungelösten Kriegsfolgelasten sowie die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Konsolidierung entgegenstehenden Investitionsprobleme75. Die Lösung der letzteren Aufgabe war dabei die Voraussetzung für Verbesserungen in anderen Bereichen. War nämlich erst einmal eine gesunde Finanzbasis geschaffen und flössen Investitionen in größerem Umfang, so würden zwangsläufig auch mehr Arbeitsplätze geschaffen, der Wohnungsbau nachhaltig angekurbelt und die Ansiedlung und Integration der Flüchtlinge wesentlich erleichtert werden. Das sprunghafte Ansteigen der Arbeitslosenziffer im Vereinigten Wirtschaftsgebiet von 462 482 im April 1948 auf 1 256 996 im August 1949 war indes keineswegs Anzeichen einer ungünstigen konjunkturellen Entwicklung76. Obwohl im gleichen Zeitraum die Beschäftigtenzahl um 187 000 wuchs, konnte die Flut der arbeitsuchenden Menschen nicht sogleich in neue Arbeitsplätze vermittelt werden. Hatte noch der erste Ansturm der Vertriebenen - mehr als 9 Millionen Menschen zum Zeitpunkt der Volkszählung vom 29.10.1946- den Arbeitsmarkt kaum belastet, so war eben dies seit der Währungsreform verstärkt eingetreten. Zudem waren weitere Vertriebene und Flüchtlinge - am Tage der Volkszählung vom 13. 9.1950 weitere 2 Millionen Menschen - in die Westzonen geströmt und hatten hier um Unterkunft und Arbeit nachgesucht77. Diesem geballten Ansturm war die Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes nur dann gewachsen, wenn die Zahl der Arbeitsplätze aufgrund umfänglicher Investitionen erheblich erweitert werden konnte. Daher erschien das Arbeitslosenproblem in erster Linie als ein Investitionsproblem. In gleicher Weise war der Fehlbestand von rund 4 Millionen Wohnungen nur durch ein öffentliches Finanzierungsprogramm abzugleichen 78 . Der deutsche Kapitalmarkt war jedoch nicht ergiebig genug, um die Vielzahl der anstehenden Aufgaben erfüllen zu können. Ein Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung in der Bizone ging daher von der gezielten Verwendung der Gelder aus dem Marshallplan aus. Dabei machten die

72

Dok.Nr. 33, TOP 8.

73

Dok.Nr. 17, TOP 10; Dok.Nr. 42, TOP 4.

74

Dok.Nr. 23, TOP 10; Dok.Nr. 56, TOP 2.

75

Dok.Nr. 27 A; Dok.Nr. 48, TOP 1.

76

Siehe Schreiben von ODir. Pünder an BICO vom 10. 9. 1949 in: Dok. Nr. 81, Anm. 22. Vgl. Nellner, Hauptergebnisse der Statistik, S. 75 und 83.

77

Siehe Bericht der VfW „Wohnungsbauprogramm 1949/50 bis 1952/53 für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet vom 1. 3. 1949" in: Nachl. Pünder/708.

14

Einleitung

Militärgouverneure Clay und Robertson wiederholt deutlich, daß die Mittel nahezu ausschließlich für Investitionszwecke eingesetzt werden müßten, um dann in kumulativer Weise Folgeinvestitionen nach sich zu ziehen 79 . Die von deutscher Seite oftmals beantragte Verwendung zum Ausgleich der immer wieder im ordentlichen Haushalt auftretenden Lücken wurde von den Militärregierungen konsequent abgelehnt 80 , da auf diese Weise die Gelder ihre beabsichtigte Wirkung der langfristigen Verbesserung der Wirtschaftslage mit dem Ziel der wirtschaftlichen Eigenständigkeit einbüßen würden. Überdies wurde von alliierter Seite gefordert, daß die Bewilligung von Marshallplan-Geldern von der Bereitstellung deutscher Investitionsmittel begleitet sein müsse, damit der Normalisierungsprozeß nicht ausschließlich auf fremde Kredite gegründet werde81. Die Erschließung deutscher Investitionsmittel stieß jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten, obwohl alle erdenklichen Quellen genutzt wurden. Auch konnten auf deutscher Seite die für das dritte Quartal 1949 erarbeiteten Zahlen nicht mit letzter Sicherheit verifiziert werden, da von verschiedenen Stellen die Verläßlichkeit der Angaben in Zweifel gezogen wurde. Das Zweimächtekontrollamt ( B I C O ) drängte indes ebenso wie E C A und die O E E C darauf, die von der Verwaltung des V W G genannten Zahlen für die Investitionsfinanzierung „als internationale Verpflichtung der Bizone" bestätigt zu sehen 82 . Unter diesem Gesichtspunkt blieb die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes um Überprüfung der eigenen Angaben sowie um eine Vorausberechnung für das vierte Quartal 1949 bemüht. Zu Zeiten der Bizone konnten diese Berechnungen aber nicht mehr abgeschlossen werden; die Zuteilung wurde zunächst zurückgestellt. Der Marshallplan konnte daher seine beabsichtigte Wirkung noch nicht voll entfalten. Die Beseitigung von Engpässen und Defiziten hatte noch Vorrang vor einer langfristigen Investitionspolitik, die das wirtschaftliche Wachstum in der Bizone hätte festigen können. Über die Grundzüge der einzuschlagenden Wirtschafts- und Finanzpolitik traten Divergenzen zwischen den Leitern der bizonalen Verwaltungsämter auf. Bei der Frage, welche binnenwirtschaftlichen Maßnahmen zur Schaffung von Investitionen ergriffen werden sollten, waren die Direktoren Erhard und Hartmann von verschiedenen Positionen ausgegangen. Während der Direktor der Verwaltung für Finanzen dafür eintrat, durch Drosselung des Konsums die Sparbereitschaft in der Bevölkerung zu fördern, Kaufkraft abzuschöpfen und gleichzeitig durch steuerliche Maßnahmen die konjunkturelle Entwicklung nicht überschäumen zu lassen, wandte sich Erhard gegen derartige „verkrampfte Konstruktionen" 83 . E r setzte vielmehr auf das belebende Element eines gesteigerten Konsums; eine künstliche Drosselung der seit der Währungsreform eingetretenen Entwicklung und eine verstärkte Kaufkraftabschöpfung lehnte er nachdrücklich ab. Durch eine Hebung des Verbrauchs würden, so betonte Erhard, zugleich die Voraussetzungen für eine breite Spartätigkeit geschaffen werden. Allen Befürchtungen zum Trotz, daß die Wirtschaftsentwicklung in der Bizone durch einen ungezügelten Verlauf Rückschläge erleiden könnte, setzte sich die auf weitge-

79

Dok.Nr. 3, TOP 6; Dok.Nr. 72, TOP 1.

80

Dies war u. a. zur Subventionierung unrentabler Steinkohlenzechen vorgesehen. Siehe Dok.Nr. 1 A, TOP 3; Dok.Nr. 33, TOP 4; Dok.Nr. 36, TOP 3; Dok.Nr. 37, TOP 13; Dok.Nr. 53, TOP 18; Dok.Nr. 65 B .

81

Dok.Nr. 25, TOP 1; Dok.Nr. 27 A.

82

Vgl. Dok.Nr. 77, T O P 8.

83

Dok.Nr. 5, Anm. 22.

15

Einleitung

hende Liberalisierung abgestellte Politik Erhards in der Praxis durch, wenngleich nicht zu übersehen ist, daß die von ihm erwartete Intensivierung der privaten Spartätigkeit im Verlauf des Jahres 1949 noch nicht erreicht wurde84. Das zukünftige Wirtschaftssystem für die Bundesrepublik Deutschland spielt in den politischen Debatten in der Endphase der bizonalen Verwaltung keine wesentliche Rolle mehr. Die Frage der Sozialisierung war kaum noch aktuell; die marktwirtschaftliche Konzeption schien sich allgemein durchzusetzen. Die deutschen Gewerkschaften und die SPD leisteten nur noch hinhaltenden Widerstand. Zur Abrundung und Ausfüllung dieses theoretischen Ansatzes in der Wirtschaftspolitik gehörten die 1949 verstärkt einsetzenden Beratungen zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage gegen wirtschaftliche Machtstellungen. Obwohl bereits im Februar 1948 der erste Entwurf eines Gesetzes über die Auflösung und Beaufsichtigung wirtschaftlicher Machtstellung (Josten Entwurf/Fassung Koppel) in der Verwaltung für Wirtschaft erarbeitet worden war, wurden die Beratungen erst durch die Einsetzung eines Sachverständigenausschusses zur Ausarbeitung einer deutschen Monopolgesetzgebung am 25. 2. 1949 vorangetrieben 85 . Das Ergebnis bildeten zwei Gesetzentwürfe zu einem Gesetz zur Sicherung des Leistungswettbewerbs sowie zu einem Gesetz über das Monopolamt, welche von Erhard am 5. 7 . 1 9 4 9 vorgelegt wurden86. Der dabei entwickelte „neoliberale Kurs" postulierte das generelle Verbot von Handelsbeschränkungen. Ein zu schaffendes Monopolamt sollte die als grundlegenden Bestandteil der Wirtschaftspolitik zu formulierende Wettbewerbsordnung aufrechterhalten und kontrollieren. „Nicht der Wirtschaftsminister solle die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs steuern, sondern diese Steuerung sollte ausschließlich der Preis übernehmen. Ein freier Preis könne sich aber nur in einer freien Wettbewerbswirtschaft bilden. Infolgedessen sei die Aufgabe des Monopolamtes ausschließlich die Herstellung und Aufrechterhaltung der Möglichkeit zur Bildung eines solchen freien Preises". Wo sich Monopole bildeten, müßte der Wettbewerb wieder dadurch hergestellt werden, „daß diese Machtträger gezwungen werden, sich so zu verhalten, als wenn Wettbewerb bestünde" 87 . Obwohl B I C O der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes am 29. 3. 1949 einen Auftrag zur Vorlage eines Gesetzentwurfes gegen Handelsmißbräuche erteilt hatte und eine klare wirtschaftspolitische Konzeption zur Begrenzung wirtschaftlicher Machtstellungen erarbeitet worden war, verzögerte sich die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes. Es war Ausdruck der dilatorischen Behandlungsweise durch die bizonale Verwaltung, daß das BICO-Memorandum erst am 1 5 . 8 . 1 9 4 9 beantwortet und dann noch eine weitere Zurückstellung angekündigt wurde, da zusätzliche Konsultationen erforderlich seien 88 . Auf deutscher Seite scheint nicht die Absicht bestanden zu haben, das Gesetzesvorhaben noch zu Zeiten der Bizone verabschiedungsreif zu machen. Freilich wurden auch die Widerstände gegen ein derartiges

84

Dok.Nr. 48, TOP 1.

85

Dok.Nr. 1 A, TOP 6; Dok.Nr. 25, T O P 11; Dok.Nr. 68, T O P 5. - Josten und Koppel waren Referenten in der VfW.

86

Siehe Β 102/17088 und 17071 (1).

87

Ausführungen von Prof. Franz Böhm, Ordinarius für Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt, anläßlich einer Besprechung über die Schaffung eines deutschen Kartellgesetzes am 28. 6. 1^49 im Rektorat der Universität Frankfurt, an der u.a. auch Vertreter der amerik. Dekastellisierungskommission teilnahmen. Vermerk von Günther vom 30. 6. 1949 in: Β 102/17071 (2).

88

Dok.Nr. 68, TOP 5.

16

Einleitung

Gesetzesvorhaben mit der genannten wirtschaftspolitischen Konzeption verstärkt vorgetragen. Die bis zur Konstituierung der Bundesrepublik vorgelegten Entwürfe, die gegen Jahresende noch um weitere Referentenvorlagen gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Günther-Entwürfe) ergänzt wurden, bildeten sicherlich eine Basis für die weitere Diskussion, welche weit in die 50er Jahre hineinreichte und bei der dann das Mißbrauchsprinzip gegenüber einem unbedingten Kartellverbot stärker in den Vordergrund rückte8'. Parallel zu der ordnungspolitischen Frage der Monopole verlief die Diskussion über die Dekartellisierung der deutschen Industrie, welche auf Wunsch der Militärregierungen ungeachtet der durch das Besatzungsstatut bestätigten alliierten Vorbehalte künftig unter Einschaltung einer deutschen Abteilung bei der Dekartellisierungskommission von BICO erfolgen sollte. Obwohl die Verantwortung für die Entflechtung ausschließlich bei den Militärregierungen verblieb, wurde auf deutscher Seite bereits die Beteiligung als weiterer Schritt zur Verwirklichung der Eigenverantwortlichkeit der deutschen Verwaltung gewürdigt90. Eine umfassende Konzeption für die praktische Durchführung stand im Laufe des Jahres 1949 indes nicht zur Diskussion. Eine konkrete Ausprägung der Neuordnungsvorstellungen fand für den Bereich der deutschen Kohlewirtschaft statt, für die die amerikanischen und britischen Militärregierungen am 10. 11. 1948 das Gesetz Nr. 75 zur Umgestaltung des deutschen Kohlenbergbaus und der deutschen Eisen- und Stahlindustrie erlassen hatten". Unter grundsätzlicher Wiederherstellung der Eigentumsverhältnisse sollte durch das Gesetz eine übermäßige Konzentration von Wirtschaftskraft verhindert werden. Die Durchführung der gestellten Aufgabe wurde deutschen Organen übertragen. Für den Bereich der Eisen- und Stahlindustrie war dies der Stahltreuhandverband 92 , während für die Kohlewirtschaft die Deutsche Kohlenbergbauleitung (DKBL) zuständig wurde. Die Ernennung der Stahltreuhänder erwies sich als relativ unproblematisch, doch stellte die Beauftragung der DKBL mit dieser Aufgabe in den Augen des Deutschen Gewerkschaftsbundes keine angemessene Lösung dar. In der DKBL sahen die Gewerkschaften nicht die geeignete repräsentative deutsche Organisation für Neuordnung der deutschen Kohlewirtschaft93. Vornehmlich ging es hierbei nicht um eine abstrakte Organisationsfrage, sondern um die gewerkschaftliche Forderung nach Parität in sämtlichen Entscheidungsorganen 94 , waren doch Gewerkschaftsvertreter nur im Beirat der DKBL paritätisch vertreten. Der schließlich erzielte Kompromiß kam den Forderungen der Gewerkschaften weit entgegen95, wenn auch keine analoge Organisation zum Stahltreuhandverband gegründet wurde. Damit hatten die deutschen Gewerkschaften gewichtige Ausgangspositionen bei der Neuordnung der deutschen Montanindustrie bezogen, die als wesentliche Voraussetzungen für die Durch-

89

Vgl. Hüttenberger, Kartellgesetzgebung, S. 292 ff.

90

Dok.Nr. 25, TOP 11; Dok.Nr. 68, Anm. 22. Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. L, S. 22.

91 92 93

94 95

Dok.Nr. 17, TOP 9. Siehe Entschließung des Bundesvorstandes und des Beirats des DGB vom 23. 3. 1949 sowie die Stellungnahme der Gewerkschaften vom 29. 4. 1949 in: Ζ 13/198, Bd. 1, H. 4. Siehe Dir. Erhard an ODir. Pünder vom 15 . 7. 1949, ebenda. Es wurden sieben Ausschüsse zur Beratung der verschiedenartigen Problemkomplexe gebildet, deren Mitglieder von einer paritätisch besetzten Kommission berufen werden sollten. Die Ausschüsse selbst waren hingegen nicht paritätisch besetzt. Siehe Prot, der Beiratssitzung der DKBL vom 19.7.1949,ebenda.

17

Einleitung

setzung der paritätischen Mitbestimmung in diesem Industriezweig angesehen werden müssen. Die Sicherung dieser Position war zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Wirtschafts- und Unternehmensstruktur zwar im Prinzip für die Zukunft festgeschrieben, nicht aber verhärtet war. Diese grundlegenden ordnungspolitischen Vorentscheidungen wurden von einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung in der Bizone begleitet. Die Verbesserung der Rohstoffversorgung, der relativ rasche Produktionsanstieg seit der Währungsreform und die gemäßigten gewerkschaftlichen Lohnforderungen hatten bereits zum Jahreswechsel 1948/49 zu einer Beruhigung des Preisniveaus geführt96. Krisenhafte Zuspitzungen oder neuerliche Engpässe sind im Jahre 1949 nicht festzustellen; der Metallarbeiterstreik in Bayern war nur eine Episode, und der Eisenbahnerstreik in Berlin hatte eindeutig politische Hintergründe 97 . Angesichts der immensen Aufgaben des Wiederaufbaus stellten die Tarifpartner Verteilungskämpfe zurück. Gleichwohl war der Vorstoß der SPD-Fraktion im Wirtschaftsrat bemerkenswert, das Prinzip „gleiche Arbeit - gleiche Leistung - gleicher Lohn" gesetzlich zu verankern 98 . Von geringem Erfolg blieben jedoch die Bemühungen, auf den internationalen Märkten wieder Fuß zu fassen. Einerseits wehrte sich die bizonale Verwaltung gegen Exportrestriktionen 99 , da nur vermehrte Exporte j ene Devisen einbringen konnten, die für die Zahlung der Importe an Rohstoffen und an Lebensmitteln dringend erforderlich waren. Andererseits hatte die uneingeschränkte Einbeziehung in den Welthandel zur Folge, daß künftig für den Ankauf von Lebensmitteln auf dem Weltmarkt erheblich höhere Preise gezahlt werden mußten, waren doch die Nahrungsmittelpreise bislang künstlich niedrig gehalten worden. Die von BICO am 20. 1. 1949 geforderte stufenweise Angleichung der Inlandspreise100, die verhindern sollte, daß weiterhin Mittel aus den Gegenwertfonds zum Preisausgleich eingesetzt würden, wodurch erhebliche Mittel für vordringlich erachtete Investitionszwecke verlorengingen, stellte die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ebenso wie die Länderregierungen in der französischen Zone101 vor erhebliche Probleme. Entschloß man sich, die erhöhten Einstandspreise voll auf den Verbraucher abzuwälzen, so drohte das gesamte Preisgefüge in Unordnung und der noch labile Aufschwung ins Stocken zu geraten. Als Alternative hierzu erbot sich nur die Subventionierung der Einfuhren aus öffentlichen Mitteln. Hierzu mußte die Höhe der erforderlichen Beträge ermittelt102 und in den bizonalen Haushalt eingesetzt werden. Zwar versuchte die bizonale Verwaltung, bei den Militärregierungen eine Aussetzung des Datums der Umstellung zu erreichen, doch ließen diese sich nicht von den gesteckten Investitionszielen, welche durch den Marshallplan vorgegeben waren, abbringen. Auch konnten keine Erleichterungen durch eine deutsche Teilnahme am Weltweizenabkommen erzielt werden103. Da die Länder der Bizone ihre anfängliche Bereitschaft zurückzogen, die Subventionskosten 96

Vgl. Dok.Nr. 7, TOP 9.

97

Dok.Nr. 15, TOP 11; Dok.Nr. 51, Anm. 8.

98

Dok.Nr. 33, TOP 8.

99

Dok.Nr. 17, TOP 2; Dok.Nr. 23, TOP 7; Dok.Nr. 27 B, TOP 1.

100

Dok.Nr. 3, TOP 6; Dok.Nr. 8, TOP 1; Dok.Nr. 9, TOP 1; Dok.Nr. 11, TOP 1; Dok.Nr. 13, TOP 1. Dok.Nr. 19, TOP 3.

101 102

In starkem Maße wurde diese Aufgabe von der agrarpolitischen Kommission des Preisrats wahrgenommen. Siehe Dok.Nr. 37, TOP 14; Dok.Nr. 55, TOP 7; Dok.Nr. 63, TOP 10.

103

Dok.Nr. 65 A, TOP 2.

18

Einleitung

zu übernehmen™, mußte ein erheblicher Anteil des insgesamt auf DM 162 Mio geschätzten Betrages in den bizonalen Haushalt übernommen werden. Dadurch wurde der Ausgleich des durch eine Vielzahl von Subventionsleistungen außerordentlich stark belasteten bizonalen Haushalts noch weiter erschwert. Verstärkt wurde die Misere durch überregionale Förderungsaufgaben, wie den Deichbau in SchleswigHolstein und die Finanzierung überregionaler Forschungsinstitute'05. Darüber hinaus drängte das Bipartite Control Office auf Einhaltung der haushaltstechnischen Anweisungen und engte dadurch den finanztechnischen Aktionsspielraum weiter ein. Angesichts dieser Lage war es naheliegend, daß die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes sich neue Einnahmequellen aus den Zöllen und der Umsatzausgleichssteuer zu sichern trachtete, zumal ihr auch die Aufgabe zufiel, eine Zolleitstelle sowie den Zollgrenzdienst zu errichten106. In der für das Jahr 1949 zentralen Frage der Kapitalbildung überschnitten sich Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wie eng die Problembereiche miteinander verknüpft waren, wird durch das Zurückdrängen von Bewirtschaftungs- zugunsten von Preisfragen verdeutlicht. Ebenso wird dies durch das deutsche Begehren dokumentiert, für die aus der Bizone exportierte Kohle den vollen Weltmarktpreis zu erhalten107. Für das Wirtschaftsjahr 1949/50 wurde dabei ein Kohleexport von rund 20 Millionen Tonnen veranschlagt, obwohl die innerdeutsche Kohleversorgung noch nicht gänzlich reibungslos verlief. Durch höhere Exporterlöse zu Weltmarktpreisen hätte die bizonale Haushaltslage um rund $ 40 Mio verbessert werden können. Dadurch wäre ein gewisser Ausgleich zur Finanzierung der Lebensmittelimporte zu Weltmarktpreisen sowie für Subventionen und Investitionen beim Kohlenbergbau geschaffen worden. Darüber hinaus hätte diese Maßnahme als ein wesentlicher Schritt zur wirtschaftlichen Integration der Westzonen in die Weltwirtschaft und ferner als richtungsweisendes Indiz für die Gleichbehandlung angesehen werden können. Tatsächlich scheint aber die spezifische Interessenlage der westeuropäischen Nachbarstaaten an billiger westdeutscher Kohle verhindert zu haben, daß ein entsprechendes bizonales Gesetz die Zustimmung der Militärregierungen finden konnte. So wurde die Widersprüchlichkeit der alliierten Wirtschaftspolitik offenbar, waren die Regierungen Westeuropas doch nicht uneingeschränkt davon überzeugt, daß die Gesundung der westdeutschen Wirtschaft mit dem Ziel der volkswirtschaftlichen Eigenständigkeit, wie es den Richtlinien und den Zielsetzungen des Marshallplans entsprach, nötigenfalls auch negative Folgen für ihre nationalen Volkswirtschaften zeitigen könnte. Vor allem die westeuropäischen Nachbarstaaten benötigen für ihren eigenen Wiederaufbau deutsche Rohstoffe. Darüber hinaus verhehlten selbst in der Deutschlandabteilung des State Department einige Beamte nicht ihre Skepsis gegenüber der forciert betriebenen Politik des politischen und wirtschaftlichen Aufbaus Westdeutschlands, die ihnen als "too much, too soon" erschien'08. 104

Vgl. Dok.Nr. 65 Β, Anm. 18.

105

Dok.Nr. 18, TOP 2; Dok.Nr. 21, TOP 1.

106

Dok.Nr. 11, TOP 2; Dok.Nr. 20, TOP 12.

107

Dok.Nr. 13, TOP 2.

108

Siehe Office Memorandum von R. M. Cheseldine an den Leiter der Deutschlandabteilung im US-State Department, Henry A. Byroade, vom 14. 12. 1949, in dem er auf eine Unterredung mit Murphy, Dorr, Vorhees und Byroade und ein von ihm unterbreitetes Memorandum vom Vorabend der Pariser Außenministerkonferenz Bezug nimmt. NA, Record Group 59, Decimal Files State Department, 740 00119 Control (Germany)/12-1449 CS/H.

19

Einleitung

IV. DAS BIZONALE GESETZGEBUNGSWERK

Die bizonalen Gesetzgebungsorgane Wirtschaftsrat, Länderrat und Verwaltungsrat erarbeiteten im Laufe des Jahres 1949 ein umfängliches Gesetzeswerk. Die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes war am 9. 2. 1948 letztmalig umstrukturiert worden und hatte in ihrer dritten Organisationsphase ,09 eine erweiterte Gesetzgebungskompetenz erhalten, die überdies durch die Militärregierungen noch ausgedehnt werden konnte. Auf dieser Grundlage entfaltete sie eine geordnete und umfangreiche Verwaltungstätigkeit, die in starkem Maße von den Fachverwaltungen für Arbeit, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Finanzen, Post- und Fernmeldewesen, Verkehr sowie Wirtschaft wahrgenommen wurde. Sie bereitete auch in steigender Anzahl Rechtsvorschriften vor, die den parlamentarischen Gremien zur Entscheidung vorgelegt wurden. Geht man von dem Datum ihrer Veröffentlichung aus, so waren bis zum Ende des Jahres 1947 lediglich sechs Gesetze verkündet worden. Im Laufe des Jahres 1948 kamen weitere 49 Gesetze hinzu. Vom 1.1. 1949 bis zur Auflösung des Wirtschaftsrates schwoll dann das Gesetzgebungswerk um weitere 76 Gesetze an. Alle Gesetze bedurften der Genehmigung der Militärregierungen bzw. des Bipartite Board, die in acht Fällen diese versagte, bei 18 Gesetzen zusätzliche Änderungen forderte und 18 weitere Gesetzesvorhaben der Entscheidung durch die künftigen Bundesorgane vorbehielt1'0. Überdies erließ die Exekutive - der Verwaltungsrat - noch zahlreiche Verordnungen zur Durchführung der erlassenen Gesetze. Diese Verwaltungs- und Gesetzgebungstätigkeit wird in den vorliegenden Dokumenten anhand der Sitzungen des Verwaltungsrates belegt, der in der Regel wöchentlich zusammentrat und dabei eine recht umfängliche Tagesordnung bewältigte. Dabei fällt auf, daß die Exekutive von ihrem Gesetzesinitiativrecht, das formal dem Vorsitzenden und den Direktoren neben dem Wirtschaftsrat und dem Länderrat zustand, lebhaften Gebrauch machte. Bevor Gesetzesvorhaben an den Wirtschaftsrat gelangten, mußten sie nach der Zustimmung des Verwaltungsrates dem Länderrat zur Stellungnahme zugeleitet werden. Unter dem zunehmenden Termindruck der bevorstehenden Auflösung der bizonalen Verwaltung vestärkte sich jedoch die Praxis, Gesetzesvorlagen gleichzeitig den beiden Organen der Legislative zuzuleiten. Deren weitere Beratung und Entscheidung im Wirtschaftsrat und im Länderrat wird in der Regel nicht weiter kommentiert, lediglich kontroverse Meinungsbildung wird bisweilen bis in die Sitzungen der Fachausschüsse verfolgt. Gegen Ende der Tätigkeit der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und seiner Gesetzgebungsorgane häufen sich dann die Fälle, daß Gesetze durch die Militärregierungen abgelehnt wurden111. Ursache für das deutsche Bemühen, noch eine möglichst große Anzahl gesetzlicher Regelungen in der Bizonenzeit in Kraft zu setzen, war die Annahme, daß die neu zu konstituierenden Bundesorgane eine nicht unerhebliche Zeitspanne bis zur Entfaltung einer geregelten Geschäftstätigkeit benötigen würden112. Dem stand das Bestreben der Militärregierung entgegen, nur das Nötigste an gesetzlichen Vorschriften als Präjudizierung der

109

Vgl. Pünder, Interregnum, S. 133 ff.

1,0

Ebenda, S. 195 und 227.

111

Zum Genehmigungsverfahren durch Bipartite Board siehe Rundschreiben des Justitiars des LR, MinR. Lehmann, an die Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses des LR vom 25. 1. 1949 in: Ζ 4/2 a.

112

Dok.Nr. 65 Β, TOP 8.

20

Einleitung

Wirtschafts- und Sozialordnung der künftigen Bundesrepublik Deutschland verbindlich werden zu lassen. Um den Entscheidungsspielraum der künftigen Bundesregierung nicht zu sehr einzuengen, verweigerte sie solchen Gesetzen die Zustimmung, die grundsätzlichen Charakter zu haben schienen. Gleichwohl prägte das Gesetzgebungswerk der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in wesentlichen Zügen bereits die spätere Wirtschafts- und Sozialordnung. E s war zugleich eine der Voraussetzungen für einen reibungslosen Übergang zur Bundesrepublik Deutschland. Nach Artikel 127 des Grundgesetzes konnte das Recht der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes als Bundesrecht fortbestehen. Auf diese Weise blieb ein Katalog wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischer Gesetzesmaßnahmen gültig, so daß das „bizonale Interregnum" mehr als eine bloße Episode in der deutschen Nachkriegsgeschichte darstellte. Die zweifellos häufig unterschätzte Eigenbedeutung der Geschichte des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, die sich keineswegs allein aus der Tatsache der Präjudizierung der Wirtschafts- und Sozialordnung ergibt, sondern in starkem Maße auch in der selbständigen Verwirklichung politischer Ziele zu sehen ist, wird allerdings durch den Einfluß der Besatzungsmächte relativiert, so daß diese Gesetzgebung „nur begrenzt als eigenständige deutsche Leistung oder gar Leistung eines einzelnen (Dr. Erhard) angesehen werden darf"" 3 . Gewiß durften angestrebte Gesetzesmaßnahmen nicht gegen erklärte Vorstellungen der Besatzungsmächte verstoßen, so daß nur in besonders markanten Fällen tiefgreifende Ziel- oder Interessenkonflikte zwischen deutschen und alliierten Vertretern aufbrachen. Am ehesten traten diese dann auf, wenn die Militärregierungen versuchten, wie bei der Auseinandersetzung über das Beamtengesetz sowie bei den Differenzen um die Gewerbefreiheit und die Gewerbezulassung, deutsche Traditionen zu durchbrechen. Die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes füllte mit ihrem Gesetzesprogramm einen umfänglichen Rahmen aus, indem sie den freigebliebenen Handlungsspielraum zunehmend zur politischen Gestaltung der Westzonen nutzte. Ungeachtet parteipolitischer Gegensätze zu einigen grundlegenden Gesetzesvorhaben (ζ. B . Steuerreform) herrschte im Wirtschaftsrat ein Grundkonsens, deutsche Gesetze im möglichst großen Umfang an die Stelle von Bestimmungen der Militärregierungen zu setzen. Der Eindruck der relativen Geschlossenheit der deutschen Organe wird nur gelegentlich durchbrochen durch Einsprüche des Länderrats, der sich wiederholt gegen zu starke Exekutivkompetenzen der Fachverwaltungen und ihrer Direktoren wehrte" 4 . D a die „Regierungskoalition" von C D U / C S U und F D P nicht nur sämtliche Direktoren der Verwaltungen einschließlich des Oberdirektors stellte, sondern auch im Plenum des Wirtschaftsrates über eine stabile Mehrheit verfügte, konnte das Gesetzgebungsverfahren recht konfliktarm abgewickelt und ein hohes Maß an Kontinuität bei der Regierungsübernahme durch die C D U / C S U unter Konrad Adenauer hergestellt werden. Gleichwohl entzündete sich im Wirtschaftsrat in grundlegenden Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik, wie anläßlich der Verlängerung des Leitsätzegesetzes" 5 und des Gesetzes über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung 116 ,

113

Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 91 f.

114

Vgl. Dok.Nr. 6, Anm. 24.

115

WR-Wörtl. Bet., S. 1292 £.

116

Ebenda, S. 1695 ff.

21

Einleitung

auch eine lebhafte parteipolitische Debatte, die jedoch nicht zu einer unaufweichbaren Verhärtung der Fronten führte. Die parteipolitischen Auseinandersetzungen über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der künftigen Bundesrepublik finden allerdings nur geringen Niederschlag in der hier abgedruckten Dokumentenauswahl, da die Debatten im Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes nicht näher thematisiert werden. Für die Öffentlichkeit konzentrierte sich indes die Parteipolitik auf den Wahlkampf zum ersten Deutschen Bundestag. Die Gesetzestätigkeit des Wirtschaftsrates blieb davon nahezu unberührt, zumal die beiden künftigen Kontrahenten in der deutschen Politik Konrad Adenauer und Kurt Schumacher - nicht Mitglieder des Wirtschaftsrates waren. a) Entscheidungen zur Wirtschaftspolitik Die wichtigsten Entscheidungen, welche die Erhardsche Konzeption der sozialen Marktwirtschaft inhaltlich ausfüllten, reichen zurück in das Jahr 1948. Das Gesetz über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform vom 24.6.1948 bildete die Ergänzung zu der von den Militärregierungen verfügten Währungsreform"'. Ausgehend vom Bewirtschaftungsnotgesetz vom 30. 10. 1947"8, sollte der Versuch unternommen werden, „die natürliche Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung"" 9 wiederherzustellen und die Sicherung des Leistungswettbewerbs zum wirtschaftspolitischen Entscheidungskriterium zu erheben. Mit dem Gesetz wurde die Bewirtschaftung von Waren grundsätzlich aufgehoben. Der Freigabe der Preise wurde der Vorzug vor einer behördlichen Festsetzung gegeben. Dem Prinzip des Leistungswettbewerbs sollte gemeinhin Geltung verschafft werden; lediglich Hauptnahrungsmittel und Rohstoffe sollten weiterhin bewirtschaftet werden. Diese gesetzliche Grundlage für die Wirtschaftspolitik im Vereinigten Wirtschaftsgebiet war zunächst bis zum 31.12.1948 befristet, wurde jedoch durch Gesetz vom 3. 2. I949120 bi s z u m 31 \2. 1949 verlängert. Eine Ausweitung erfuhr das Gesetz durch die Änderung vom 25. 7. 1949, in dem die Vorschriften über die Bewirtschaftung von Hauptnahrungsmitteln und Rohstoffen in „Kann"-Vorschriften umgewandelt wurden121. Die Festsetzung durch die zuständige Behörde sollte nur dann erfolgen, wenn hierzu Anlaß gegeben war. Der Zwang zur Bewirtschaftung und Preisbindung wurde hierdurch aufgehoben 122 . Es entsprach dieser Entwicklung, daß der Direktor der VfW sich zunehmend um die Aufhebung einzelner Bewirtschaftungen und Preisfestsetzungen bemühte. Im Rohstoffsektor bewirkte dies die Aufhebung oder Lockerung der Bewirtschaftung von Textil-, Häute- und Lederstoffen sowie für Seife und Reifen. Das Änderungsgesetz hatte darüber hinaus Auswirkungen auf die Gesetzesinitiative zur Aufhebung der Eisenbewirtschaftung 123 , womit ein äußerst sensibler und für die

117

WiGBl. 1948, S. 59, vgl. Ambrosius, Durchsetzung der sozialen Marktwirtschaft, S. 171 ff.

"» WiGBl. 1948, S. 3. Präambel zum Leitsätzegesetz (vgl. Anm. 117). 120

WiGBl. 1949, S. 13.

121

Dok.Nr. 25, Anm. 11; Dok.Nr. 65 A , TOP 4.

122

Siehe Begründung zum Gesetzentwurf des VR, WR-Drucks. Nr. 1119.

123

Dok.Nr. 27 A , T O P 1; Dok.Nr. 29, TOP 13; Dok.Nr. 60, TOP 14; Dok.Nr. 53, TOP 10; Dok.Nr. 63, TOP 16.

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Einleitung

weitere wirtschaftliche Entwicklung richtungweisender Wirtschaftssektor in das marktwirtschaftliche System einbezogen werden sollte. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln trat zunehmend zugunsten der Preisgestaltung in den Hintergrund, schienen doch hinreichende Quantitäten verfügbar. Die weitere Steuerung des Marktes sollte nicht länger durch restriktive Eingriffe, sondern durch dessen selbstregulierende Kräfte erfolgen. So beriet der Verwaltungsrat ausführlich über die Freigabe der Schweine- und Schafpreise sowie über die Gestaltung des Zuckerrübenpreises' 24 . Ungeachtet des fortschreitenden Abbaus der Bewirtschaftungsmaßnahmen, strebte die VfW eine Dezentralisierung der verbleibenden Angaben auf „Fachliche Wirtschaftsstellen" als nachgeordnete Dienststellen der bizonalen Verwaltung an. Ihnen sollte die Zuteilung von Mangelwaren, die Bearbeitung von Export- und Importangelegenheiten sowie die Erteilung von Devisengenehmigungen obliegen125. Die mit Wirkung vom 1. 1. 1949 aus eigener Initiative durch die VfW als angegliederte Dienststellen gegründeten 16 Fachstellen stießen auf heftige Kritik, da die rechtliche Grundlage des Erlasses von Erhard vom 6. 12. 1948 in Zweifel gezogen wurde126. Die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes sah sich daher gezwungen, für die Fachstellen eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Es erschien hierzu unumgänglich, sie auf nachgeordnete Dienststellen der VfW herabzustufen. Dies geschah durch das Gesetz über die Errichtung von Fachstellen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft vom 6. 5. 1949127. Gleichwohl hatte das Land Hessen am 12. 2. 1949 Klage auf Rechtsungültigkeit des Erlasses vom 6. 12. 1948 beim Deutschen Obergericht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet erhoben, diese jedoch am 14. 6. 1949 zurückgezogenIM. Ergänzt wurde die Liberalisierung der Wirtschaftspolitik durch den Abbau von Preisbildung und Preisüberwachung im gewerblichen Bereich, obwohl noch am 3. 2. 1949 das Preisgesetz vom 10. 4.1948, das die Zuständigkeit des Wirtschaftsrates für die allgemeinen Grundsätze der Preispolitik festgelegt hatte, bis zum 31. 12. 1949 verlängert worden war12'. Die Beruhigung des Preisklimas zum Jahreswechsel 1948/49 war ein deutliches Anzeichen dafür, daß das nach Einführung der Währungsreform vorhandene Ungleichgewicht von Einkommen und Warenangebot' 30 sich zunehmend ausglich. Den vom Länderrat und der SPD-Fraktion im Wirtschaftsrat ausgehenden Bestrebungen nach durchgreifenden Preisvorschriften und Bildung eines zentralen Preisamtes13' trat Erhard mit dem Hinweis entgegen, daß die Preispolitik ein untrennbarer Bestandteil der von ihm zu verantwortenden Wirtschaftspolitik sei. Eine Durchbrechung des marktwirtschaftlichen Prinzips in diesem Teilbereich hätte den Erfolg seiner Politik gefährden können. Gleichwohl war es mit seinen „ordoliberalen" Vorstellungen vereinbar, wenn die Verwaltung für Wirtschaft Einfluß auf die Preisstabilisierung zu nehmen versuchte132. Ein wichtiges Instrument war hierbei der am 16.11. 124

Dok.Nr. 24, TOP 10; Dok.Nr. 25, TOP 3; Dok.Nr. 29, TOP 14; Dok.Nr. 44, TOP 13; Dok.Nr. 75, TOP 5; Dok.Nr. 81, TOP 1.

125

Vgl. Vogel, Westdeutschland II, S. 211. Dok.Nr. 6, TOP 1; siehe auch Huster, Politik der SPD, S. 127 ff.

126 127 128 129 130 131 132

WiGBl. 1949, S. 73. Dok.Nr. 76, TOP 1. WiGBl. 1948, S. 27; Dok.Nr. 1 B, Anm. 8. Vgl. Pünder, Interregnum, S. 307 f. Dok.Nr. 1 B, TOP 1. Vgl. Erhard, Wohlstand für alle, S. 34 ff.

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Einleitung

1948 errichtete interministerielle Preisrat133, der, wie ζ. B. anläßlich der Berechnung des Subventionsbedarfs für die Lebensmitteleinfuhren, Vorarbeiten für die Entscheidungen des Verwaltungsrat leistete134. Für die lediglich allmähliche Steigerung der Binnennachfrage bei gleichzeitiger Preisstabilität war auch das nur langsam steigende Einkommen breiter Bevölkerungsschichten verantwortlich. Der seit 1936 in Deutschland bestehende Lohnstop war durch Gesetz vom 3. 11. 1948'33 aufgehoben worden. Zusätzlich wurde durch Änderungsgesetz vom 20.4.1949 die Übergangsfrist für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern zum Schutz gegen einen unbegründeten Lohnabbau verlängert136. Generell wurden Regelungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit außer Kraft gesetzt. Die behutsame Freigabe von Preisen und Löhnen war Ausdruck „der neuen Konzeption vom Primat der Wirtschaft und privatwirtschaftlich orientierter Stimulation (Preis- und Gewinnsteigerung)"137. Die inhaltliche Gestaltung der sozialen Marktwirtschaft fand eine Ergänzung in der Diskussion um ein Gewerbezulassungsgesetz, welches der Wirtschaftsrat bereits am 9. 7.1948 beschlossen hatte und von der Militärregierung mit der Begründung abgelehnt worden war, daß einer späteren Zuständigkeitsregelung nicht vorgegriffen werden sollte'38. Im Laufe des Jahres 1949 wurde die Debatte zunächst fortgesetzt, nachdem sich gezeigt hatte, daß hinter dieser Begründung unterschiedliche Auffassungen über das Ausmaß der zu gewährenden Gewerbefreiheit standen. Die amerikanische Militärregierung wollte dabei dem Prinzip des freien Handels und Gewerbes uneingeschränkte Geltung verschaffen, während die deutsche Seite die gewerbliche Tradition der Prüfung von Bedürfnis, Sachkunde und persönlicher Zuverlässigkeit gewahrt wissen wollte. Seit der Ablehnung des Wirtschaftsratsgesetzes vom 9. 7.1948 hatte die OMGUS-Direktive vom 29. 11. 1948139 die „Maßstäbe zur Beurteilung deutscher Zulassungsgesetze und -verfahren"140 abgegeben. Zwar hatte die deutsche Seite diese Entscheidung der Militärregierung nicht widerspruchslos hingenommen, vielmehr die Initiative zu einem Rahmengesetz über die Gewerbefreiheit' 4 ' ergriffen, doch schienen die Aussichten trotz der spürbaren Konzilianz von General Clay für ein derartiges deutsches Gesetzesvorhaben nicht günstig. Die weitere Beratung wurde daher zugunsten einer Entscheidung durch die Bundesregierung für alle drei Zonen zurückgestellt. Auch das vom Wirtschaftsrat am 17.12.1948 verabschiedete Patentgesetz ragte in die politische Diskussion des Jahres 1949 hinein, hatte doch die französische Militärregierung dem trizonal ausgelegten Gesetz seine Zustimmung verweigert142. Dies führte zu einer heftigen Kontroverse vor allem mit der amerikanischen Militärregierung. Die 133

Vgl. Vogel, Westdeutschland II, S. 205 ff.

134

Dok.Nr. 37, TOP 14.

135

WiGBl. 1948, S. 117.

136

Dok.Nr. 15, TOP 6.

137

Vgl. Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 112.

138

Vgl. Pünder, Interregnum, S. 89.

13

« Ζ 4/36.

140

Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 89.

141

Dok.Nr. 5, TOP 12; Dok.Nr. 8, TOP 3.

142

Dok.Nr. 23, TOP 3; Dok.Nr. 27 B, TOP 7.

24

Einleitung

teilweise gegensätzlichen Auffassungen der Besatzungsmächte in der Reparationsfrage wie auch hinsichtlich der Verwertung der Patente und Warenzeichen wurden an diesem Beispiel gleichermaßen deutlich wie die äußerst effektive französische Obstruktionspolitik, welche Clay verschiedentlich brandmarkte und die ihn nicht zuletzt bewog, wiederholt seinen Rücktritt anzubieten. Indes war das bizonale Patentgesetz (Gesetz über die Errichtung eines Patentamtes im Vereinigten Wirtschaftsgebiet) darauf ausgerichtet, eine geordnete Anmeldung und Nutzung deutscher Patente und Warenzeichen zu ermöglichen. Die vom Wirtschaftsrat verabschiedeten gesetzlichen Überleitungsvorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes waren nur dann anwendbar, wenn zuvor das Patentamt in München errichtet worden war143. Inhaltlich sollten die Vorschriften des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts neu geordnet und die Voraussetzungen für das Prüfungsverfahren des künftigen Patentamtes geschaffen werden144. Eingeschlossen wurden Bestimmungen über die Tätigkeit von Patentanwälten. Diese Einzelbestimmungen wurden von Bipartite Board noch vor Genehmigung des Gesetzes über die Errichtung eines Patentamtes gebilligt145. Die Zustimmung zu dem grundlegenden Gesetz wurde von einschränkenden Regelungen für die Gewährung von Patenten abhängig gemacht, welche im Sinne des Abkommens über verbotene und beschränkte Industrien dem Verbot oder der Kontrolle der Besatzungsbehörden unterlagen. Als Folge dieser Verzögerung konnte das Patentamt erst am 1. 10. 1949 in München eröffnet werden; eine Zweigstelle sollte in Berlin bestehen bleiben146. Gleichwohl wurde noch zu Zeiten der bizonalen Verwaltung eine neue rechtliche Grundlage geschaffen und ein höheres Maß an Rechtssicherheit erzielt. Überdies wurde eine Vielzahl von Einzelbestimmungen aus der NS-Zeit und der unmittelbaren Nachkriegszeit außer Kraft gesetzt. Der damit gesicherte Innovationsschutz trug gewiß zur weiteren dynamischen Entwicklung der westdeutschen Wirtschaft bei. b) Entscheidungen zur Finanzpolitik Ähnlich wie die wirtschaftspolitischen Entscheidungen des Jahres 1949 ergänzten auch die finanzpolitischen den mit der Währungsreform eingeschlagenen marktwirtschaftlichen Kurs, den es durch flankierende Steuer- und kreditpolitische Maßnahmen abzusichern galt. Die Grundlage für die Neuordnung aller Steuergesetze in der Bizone hatten die Militärregierungen bereits am 20. 6.1948' 47 geschaffen. Dabei war das vom Alliierten Kontrollrat bestätigte System der Steuersätze14* einschließlich des Zuschlages von rund 20% weitgehend übernommen worden, obwohl dadurch Verzerrungen bei den mittleren Einkommen auftraten. Durch das „Zweite Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern" vom 20.4.1949 14 ' wurde eine Reform dieses Systems in Angriff genommen, durch die die bisherigen 143

Dok.Nr. 65 A, TOP 5.

144

Dok.Nr. 24, TOP 3.

145

Dok.Nr. 56, TOP 1; Dok.Nr. 72, TOP 3.

144

Dok.Nr. 50, Anm. 9; Bekanntgabe über die Eröffnung des Deutschen Patentamtes im VWG vom 25. 8. 1949, WiGBl. 1949, S. 251.

147

Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung der Steuergesetzgebung, Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. K, S. 10. Siehe auch Winkel, Wirtschaft, S. 63.

148

Kontrollratsgesetz Nr. 12 vom 11.2. 1946, Amtsbl. Kontrollrat, Nr. 4, S. 60.

14

' Dok.Nr. 1 B, TOP 2; Dok.Nr. 13, TOP 3.

25

Einleitung

Steuerlasten reduziert werden sollten, ohne daß eine Senkung der Steuertarife erfolgte. Zugleich sollte die Steuermoral verbessert werden. Für das Reformgesetz war charakteristisch, daß es durch erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten (§ 7 b EStG) verstärkt einkommensteuerliche Anreize schuf, um dadurch die Investitionsneigung in der westdeutschen Wirtschaft zu erhöhen. Die Selbstfinanzierung der Wirtschaft wurde begünstigt'50 und Impulse zur Lösung der akuten Probleme des Wohnungsbaus und der Arbeitslosigkeit ausgelöst, war doch die Reform darauf ausgerichtet, eingesparte Steuerbeträge zu reinvestieren. Im Zeichen einer investitionsfreundlichen Finanzpolitik sahen die Gesetzesbestimmungen steuerliche Erleichterungen für nicht entnommenen Gewinn bei Gewerbetreibenden, Rücklagevergünstigungen zur Kapitalbildung neben den Abschreibemöglichkeiten für landwirtschaftliche Gebäude, bewegliche Anlagegüter sowie für Neuinvestitionen vor. Zugleich wurde mit der Einführung einer Steueramnestie die Grundlage für einen steuerpolitischen Neubeginn geschaffen. Als umfassende Ziele der Steuerreform formulierte daher Direktor Hartmann: „die Erhöhung der Produktivität der deutschen Volkswirtschaft, die Förderung der Kapitalbildung und die Einschränkung des überflüssigen Verbrauchs" 1 ". Da die Verwaltung für Finanzen davon ausging, daß die dem Staat zufließenden Steuern vom Umsatz und Einkommen „keineswegs der Höhe der Produktion entspreche" und ihr ein wesentlicher Teil der Steuern vorenthalten werde, glaubte sie, durch eine Verbesserung der Steuermoral die nominellen Mindereinnahmen de facto ausgleichen zu können. Indes bezifferte Finanzminister Hilpert (Hessen) die steuerlichen Einbußen der Steuerreform auf rund 20%152. Erfolg oder Mißerfolg der neuen Steuerpolitik würden sich erst in der Zukunft erweisen, zunächst schien der günstige Konjunkturverlauf diese Politik zu bestätigen. Ihre reformerischen Bestrebungen setzte die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes fort, indem sie im Bereich der Verbrauchssteuern - Tee- und Zuckersteuer153 die vom alliierten Kontrollrat geschaffenen Steuergesetze durch deutsches Recht ersetzte und dabei zugleich die Tarife senkte. Geringfügige Korrekturen sollten bei der Umsatz-, Erbschafts-, Zündwaren- und der Branntweinsteuer vorgenommen werden154. Die von den Militärregierungen geforderte Vorlage eines Katalogs aller vorgegebenen fiskalischen Maßnahmen, durch den das Ausmaß der Änderungen erkennbar werden sollte155, führte indes nicht zur Ausarbeitung eines umfassenden Steuerreformwerkes. Zu sehr blieben Einzelvorhaben auch auf deutscher Seite umstritten. Nachdrücklich zeigt sich dies bei der Vermögenssteuer, deren Erhebung im Rahmen des Zweiten Neuordnungsgesetzes zunächst für ein Jahr ausgesetzt werden sollte. Um den Eindruck einer Abschaffung der Vermögenssteuer auf dem Wege einer nur vorübergehenden Aussetzung zu vermeiden, sperrte sich die SPD-Fraktion im Wirtschaftsrat gegen dieses Gesetz. Die Verwaltung für Finanzen brachte daraufhin im Verwaltungsrat den Entwurf eines Gesetzes über die Vermögenssteuer-Veranlagung

150

Vgl. Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 101.

151

Dok.Nr. 13, TOP 3.

152

Dok.Nr. 27 A.

153

Dok.Nr. 13, Anm. 18.

154

Dok.Nr. 37, TOP 15; Dok.Nr. 50, TOP 6, 28 und 29; Dok.Nr. 53, TOP 2.

155

Dok.Nr. 13, TOP 3, Dok.Nr. 25, TOP 14.

26

Einleitung

ein, durch den der Vermögenswert neu ermittelt werden sollte'54. Die fortgeschriebenen Einheitswerte für Grundbesitz sollten erhalten bleiben, während die für Betriebsvermögen und sonstige Vermögen wegen des Zusammenhangs mit dem Lastenausgleich und der DM-Eröffnungsbilanz neu festgesetzt werden mußten. Mit dem Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (D-Mark-Bilanzgesetz) und dem Gesetz zur Bereinigung des Wertpapierwesens (Wertpapierbereinigungsgesetz) vom 19. 8. bzw. 21. 8.1949 wurde die Geschäftstätigkeit der Unternehmen, ihre Buchführung und ihre Kapitalbasis neu geregelt'57. Durch das DM-Bilanz-Gesetz wurden die Geld- und Sachwerte der Unternehmen neu bewertet und alle Gewerbetreibenden verpflichtet, für den 21. 6.1948, dem Datum der Währungsreform, eine Eröffnungsbilanz aufzustellen. „Allgemeiner Bewertungsgrundsatz war, daß die Vermögensgegenstände höchstens mit dem Wert angesetzt werden durften, der ihnen am Stichtag der Eröffnungsbilanz beizulegen war. Das Prinzip der Bilanzkontinuität wurde also durchbrochen'" 58 . Die neuen Wertansätze, wobei die sich aus der Neufestsetzung ergebenden Veränderungen steuerfrei waren, bildeten dann die Ausgangswerte für die künftigen Steuerberechnungen, für Abschreibungsmöglichkeiten sowie für die Bemessung der Lastenausgleichsverpflichtungen'5®. Infolge der Kriegsereignisse waren zahlreichen Eigentümern ihre Wertpapiere abhanden gekommen. Sie waren dadurch nicht in den Genuß von Zinsen und Gewinnanteilen gelangt. Vielen Gesellschaften und Gewerbetreibenden war es zugleich unmöglich, ordnungsgemäße Bilanzen aufzustellen. Auch konnten sich die Stimmrechtsverhältnisse bei Aktiengesellschaften verschieben; nicht verfügbarer Wertpapierbesitz stand zur Finanzierung von Wiederaufbauvorhaben nicht zur Verfügung. Um diesen Zustand zu beseitigen, sollten Wertpapiere, die im Bereich des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ausgestellt worden waren, umgestellt werden. Die Wertpapiere, bei denen eine unrechtmäßige Verwendung nicht wahrscheinlich war, blieben in Kraft, alle übrigen hingegen wurden für kraftlos erklärt. An Stelle der ungültig gewordenen Wertpapiere sollte der wahre Eigentümer zunächst eine Globalurkunde erhalten, die später durch einzelne Wertpapierurkunden zu ersetzen war. Der Anmeldung des Besitzrechts und der Prüfung der Ansprüche war in dem Gesetz breiter Raum gewidmet. Trotz erheblicher Probleme bei der Überprüfung wurde davon ausgegangen, daß nach zwei bis drei Jahren das gesamte Wertpapierwesen bereinigt sein werde161. Damit konnte auch für diesen Sektor des Wirtschaftslebens ein richtungsweisender Schritt zur Bewältigung der Kriegs- und Nachkriegsprobleme geleistet werden, stellte doch die Konsolidierung des Wertpapiermarktes eine wesentliche Voraussetzung für eine verstärkte Investitionstätigkeit dar. Darüber hinaus wurde die privatwirtschaftliche Ausrichtung des Wirtschaftssystems weiter festgeschrieben.

156

Dok.Nr. 21, T O P 12.

157

Dok.Nr. 37, T O P 1.

158

Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 111.

159

Hartwich (ebenda, S. 111) weist zu Recht darauf hin, daß den Unternehmen ein relativ breiter Spielraum für die Neubewertung eröffnet wurde, so daß sie diese mit der Aussicht auf künftige Erträge vornehmen konnten. Auf diese Weise seien sie geradezu politisch auf den Fortbestand des neuen Wirtschaftssystems fixiert worden. Der Privatwirtschaft sei dadurch eine „fast verlustlose Umstellung" ermöglicht worden.

160

Dok.Nr. 18, T O P 12; D o k . N r . 48, T O P 3; D o k . N r . 50, T O P 5.

161

Vgl. die Ausführungen des Stellv.Dir. Kriege auf der 39. W des W R vom 19 /20. 7.1949, WR-Wörtl. Ber., S. 1914 ff.

27

Einleitung

Zu den Reformvorhaben des Jahres 1949 zählte auch die Einführung eines zentralen Zolldienstes für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet. Zur effektiven Bekämpfung des Schmuggels war General Clay zu Beginn des Jahres für eine Verbesserung der Grenzkontrollen eingetreten162, an der künftig deutsche Stellen verstärkt beteiligt werden sollten. Mit der Errichtung einer Zolleitstelle bei der Verwaltung für Finanzen sollten die Zuständigkeiten von Grenzschutz und Zolldienst vereinheitlicht werden163. Dabei wurde das ursprüngliche Vorhaben eines Zollgrenzschutzes im Vereinigten Wirtschaftsgebiet zugunsten der umfassenderen Lösung einer Zolleitstelle, der der Zollgrenzschutz ebenso wie der Zolldienst nachgeordnet wurde, preisgegeben. Gegen diese Kompetenzübertragung aus der Verantwortung der Länder auf eine zentrale Institution des Vereinigten Wirtschaftsgebietes erhoben die Länder Bayern und Hessen Bedenken, da sie in diesem Schritt eine Präjudizierung ihrer föderalistischen Kompetenzen auf dem Gebiet der Polizeihoheit erblickten164. Es war vor allem dem nachdrücklichen Eintreten von BICO zuzuschreiben'66, daß diese einheitliche Regelung, nachdem das entsprechende Gesetz bereits am 11.4.1949 in Kraft getreten war, zum 1. 7.1949 praktisch wirksam werden konnte, wenngleich die Diskussion hierüber fortdauerte. Da der bizonalen Verwaltung mit der Wahrnehmung der Zollangelegenheit eine neue Aufgabe zufiel, sicherte sie sich auch die Einnahmen hieraus. Zwar erhob der Länderrat Einspruch gegen die Abtretung der Aufkommen aus Zöllen und Umsatzausgleifhssteuer, doch wurde dieser vom Wirtschaftsrat zurückgewiesen166. Obgleich beide Maßnahmen eine Stärkung zentraler Befugnisse bedeuteten und nicht nur die französische Militärregierung föderative Elemente um jeden Preis zu stärken versuchte, genehmigte das Zweimächtekontrollamt beide Gesetze und folgte dabei pragmatischen Zweckmäßigkeitserwägungen. Die Verbesserung des Zollwesens erschwerte Schwarzmarktgeschäfte und trug dadurch weiter zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Westzonen bei, da auf die Länder in der französischen Zone ein gewisser Druck ausgeübt wurde, die Schritte in der Bizone durch entsprechende Regelungen zu ergänzen. Nicht nur in organisatorischer Hinsicht wurde durch intensivierte deutsche Grenzkontrollen ein weiteres Kapitel unmittelbarer Nachkriegsgeschichte neu geregelt. Mit der Stärkung deutscher Befugnisse war ein allmählicher Rückzug alliierten Personals aus diesem Sektor polizeilicher Gewalt verbunden. Angesichts der bis zum 15. 5. 1949 fortdauernden Blockade Berlins zählte die Unterstützung Berlins aus Mitteln des Gegenwertfonds und des Haushalts des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zu einer der vordringlichsten politischen Aufgaben. Selbst nach Aufhebung der Blockade war die Stadt Berlin nicht in der Lage, die ihr zufallenden Aufgaben aus dem eigenen Steueraufkommen zu bewältigen. Die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes glaubte, den Zuschußbedarf von DM 360 Mio auf DM 250 Mio im Haushalt 1949 kürzen zu können, da die Lage sich im Sommer 1949 zu verbessern schien. Als Einnahmequelle standen ihr dabei Sonderabgaben nach dem Gesetz zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" zur Verfügung, durch

162

Dok.Nr. 7, TOP 1.

163

Dok.Nr. 9, TOP 7; Dok.Nr. 11, TOP 2.

164

Dok.Nr. 13, TOP 4.

165

Dok.Nr. 36, TOP 7.

166

Dok.Nr. 29, TOP 12.

28

Einleitung

welche die Beförderung von Postsendungen (mit Ausnahme von Drucksachen und Geschäftspapieren) mit einem Zuschlag von zwei Pfenningen belegt wurde167. Darüber hinaus wurde Arbeitnehmern, zur Einkommenssteuer Veranlagten und Körperschaften eine Abgabe abverlangt, die j e nach Verdienst bzw. Einkommen unterschiedlich gestaffelt war. Das am 8. 11. 1948 verkündete Gesetz sah zunächst vor, das Notopfer vom November 1948 bis zum Februar 1949 zu erheben. Es wurde erstmals bis zum März/April 1949 und dann über den 30. 4. 1949 hinaus verlängert. Weitere Änderungen, die lediglich das Erhebungsverfahren vereinfachten, machten das „Notopfer Berlin" zu einem festen und fortwährenden Bestandteil der Finanzpolitik der Westzonen' 68 . Mit dem Notopfer allein war aber die prekäre Finanzlage Berlins nicht zu lösen, zumal B I C O nach der Aufhebung der Blockade die bizonale Verwaltung verpflichtete, die indirekten Kosten der Luftbrücke in ihren Haushalt zu übernehmen. Darüber hinaus versagte sich das Zweimächtekontrollamt einer weiteren Verwendung der Gegenwerte zum Ausgleich des Haushaltsdefizits und trat damit für eine konsequente Durchführung der Ziele des Marshallplanes ein, nachdem die akute Bedrohung Berlins beseitigt war169. Das dadurch vergrößerte Budgetdefizit konnte zu Zeiten der bizonalen Verwaltung nicht ausgeglichen werden und ging somit als langfristige Aufgabe auf die Bundesverwaltung über. Der Belebung des Kapitalmarktes diente eine Fülle von Maßnahmen im Bereich der Finanzpolitik. Das Gesetz über den Kapitalverkehr regelte diesen nach einheitlichen Gesichtspunkten 170 . Der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die am 5 . 1 1 . 1 9 4 8 gegründet worden war und am 2. 1.1949 ihre Tätigkeit aufgenommen hatte, fiel die Aufgabe zu, die DM-Beträge der Counterpart Funds zu übernehmen „und sie allen Zweigen der Wirtschaft als mittelund langfristige Darlehen für die Durchführung von Wiederaufbauvorhaben zur Verfügung zu stellen" 171 . Darüber hinaus sollte sie Mittel für Wiederaufbaukredite durch Ausgabe von Anleihen auf dem Kapitalmarkt beschaffen. Indem sie am 15. 9. 1949 eine steuerbegünstigte Wiederaufbauanleihe in Höhe von D M 200 Mio und eine steuerfreie Wohnungsanleihe von D M 300 Mio zur Zeichnung in allen drei Zonen auflegte172, leistete sie einen grundlegenden Beitrag zu der von alliierter Seite geforderten Aufbringung deutscher Mittel zu Investitionszwecken. Die Kreditanstalt veranlaßte überdies ein Förderungssofortprogramm, das zunächst aus Mitteln des GARIOA-Gegenwertfonds finanziert wurde. Durch die Genehmigung der Satzung für die Kreditanstalt für Wiederaufbau wurde der Gründungsprozeß des Instituts abgeschlossen173 und die Vergabe von Krediten erleichtert; es konnte fortan seine Förderungsprogramme aus den Gegenwertmitteln des Marshallplanes intensivieren. Durch die Errichtung einer Rentenbank und einer Deutschen Genossenschaftskasse 174 wurden weitere Instrumente zur Intensivierung der Investitionstätigkeit geschaffen.

167

Dok.Nr. 18, TOP 1; Dok.Nr. 42, T O P 3.

168

Dok.Nr. 13, TOP 6; Dok.Nr. 18, TOP 1; Dok.Nr. 63, TOP 14.

m

Dok.Nr. 67, TOP 1; Dok.Nr. 68, TOP 1; Dok.Nr. 72, TOP 1; Dok. Nr. 74, T O P 2; Dok.Nr. 75, TOP 1.

170

Dok.Nr. 37, TOP 5.

171

Pünder, Interregnum, S. 247.

172

Dok.Nr. 33, TOP 1; Dok.Nr. 68, TOP 3.

173

Dok.Nr. 74, TOP 7.

174

Dok.Nr. 44, TOP 14; Dok.Nr. 60, TOP 1.

29

Einleitung

c) Entscheidungen in der Sozialpolitik Nachdem die dringlichsten materiellen Nöte in den Westzonen Deutschlands beseitigt schienen und sich die Versorgung mit Lebensmitteln kontinuierlich besserte, stellte sich die soziale Fürsorge für die von Kriegs- und Nachkriegsgeschehnissen betroffenen Menschen als vordringliche Aufgabe. Zerstörungen, Verarmung und Vertreibung bildeten eine schwere Hypothek für den künftigen westdeutschen Staat. Zwar hatten sich in den Jahren 1946-1948 die Besatzungsmächte und die Länderverwaltungen bereits um eine Linderung der sozialen Not bemüht, doch war der Erfolg angesichts desolater Währungsverhältnisse gering geblieben. Erst geordnete wirtschaftliche Bedingungen schufen die Grundlage für eine durchgreifende Sozialpolitik. Es entsprach der politischen Entwicklung in den Westzonen, daß die Regelungen auch auf diesem Sektor mehr und mehr in die Verantwortung deutscher Stellen fielen. Dabei bemühten sich diese sowohl um eine Fortschreibung und Weiterentwicklung traditioneller Vorstellungen und Maßnahmen deutscher Sozialpolitik als auch um die Erarbeitung neuer Konzeptionen, wie sie vor allem bei der Lösung des Flüchtlings- und Vertriebenenproblems vonnöten waren. Darüber hinaus mußten im gesamten Bereich der Sozialversicherung die Konsequenzen aus der Währungsumstellung gezogen werden. Wie eng beide Komplexe miteinander verzahnt waren, zeigt in besonderer Weise das Problem des Lastenausgleichs, durch den sowohl die Schäden und Verluste infolge der Vertreibung aus den Ostgebieten und der Zerstörungen der Kriegs- und Nachkriegszeit abgegolten als auch die Härten infolge der Neuordnung des Geldwesens gemildert werden sollten17'. Daher war es naheliegend, die Währungsreform mit einer Lastenausgleichsregelung zu verbinden. Dies scheiterte jedoch am Einspruch der amerikanischen und britischen Militärregierung. Den bizonalen Institutionen wurde statt dessen der Auftrag zur Vorlage eines Gesetzes bis zum Ende des Jahres 1948 erteilt, der mit der Verabschiedung des „Ersten Lastenausgleichsgesetzes" durch den Wirtschaftsrat am 14. 12. 1948 erfüllt wurde. Die Genehmigung des Gesetzes, das bewußt darauf verzichtet hatte, der endgültigen Regelung des Lastenausgleichs vorzugreifen, und ganz darauf abgestellt war, „die Mittel nicht nur durch unmittelbare Zahlungen an die einzelnen Geschädigten (Einzelhilfe) zu verwenden, sondern auch Maßnahmen vorzusehen, die den Geschädigten mittelbar zugute kommen (Gemeinschaftshilfe)" 176 , umso eine möglichst weitgehende produktive Verwendung der Mittel zu gewährleisten, blieb jedoch aus, obwohl von deutscher Seite wiederholt auf die Dringlichkeit des Gesetzes hingwiesen wurde177. Wie die Währungsreform war auch das Lastenausgleichsgesetz, wenngleich nur für die Bizone verabschiedet, als ein trizonales Vorhaben konzipiert worden178. Unstimmigkeiten vor allem mit der französischen Militärregierung, die bei der Durchführung des Gesetzes erneut föderative Gesichtspunkte gewahrt wissen wollte, führten zunächst zur Verzögerung und später zur eingeschränkten Genehmigung des Gesetzesvorhabens. Inhaltlich mußte hiernach der Gedanke eines kurzfristigen Sofortprogramms gegenüber der Vorstellung eines langfristigen Lastenausgleichs deutlicher akzentuiert 175

Vgl. Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 190 f.

176

Begründung zum Ersten Lastenausgleichsgesetz in: Ζ 13/128, Bd. 6, H. 2.

177

Dok.Nr. 3, TOP 4; Dok.Nr. 17, TOP 4.

178

Dok.Nr. 12, TOP 11; Dok.Nr. 19, TOP 4.

30

Einleitung

werden, „um der Not der Währungsgeschädigten Abhilfe zu tun". Als Ausdruck dieses Provisoriums firmierte das Gesetz in der Neufassung unter der Bezeichnung „Soforthilfegesetz" , ohne daß der Forderung nach einem Verzicht auf individuelle Entschädigung Folge geleistet wurde'79. Die Militärregierungen akzeptierten die vornehmlich formale Veränderung nicht ohne Unwillen. „ D i e Bürokratie der Alliierten war über das deutsche Ausweichmanöver verstimmt, das dem Diktat nur formell nachgab. Man rächte sich durch die Verzögerung der Genehmigung, die länger als zwei Monate auf sich warten ließ"1®'. Die vom Gesetz erfaßten Notstände beruhten im wesentlichen auf dem Verlust der beruflichen Existenzgrundlage bei Erwerbsfähigen, dem Verlust ausreichender laufender Altersversorgung, dem Mangel an Wohnraum und erforderlichen Hausrat sowie dem Verlust der Mittel für eine angemessene Ausbildung der Jugendlichen. Demgemäß waren Hilfsmaßnahmen zur gezielten Notstandsbeseitigung durch Renten an Alte und Erwerbsunfähige, Hausratshilfen, Aufbaudarlehen zur Existenzsicherung und zum Wohnungsbau vorgesehen181. Die Mittel wurden aus einer gestaffelten Vermögensabgabe gewonnen, die nach der Höhe der vorhandenen Sachwerte berechnet wurde. Man ging davon aus, daß diese bei der allgemeinen Abwertung durch die Währungsumstellung nicht betroffen worden waren und daß ein Ausgleich zur Unterstützung besonders bedürftiger Bevölkerungsgruppen gerechtfertigt sei. Die Sonderabgabe für den Lastenausgleich stellte lediglich eine vermögenspolitische Teilkorrektur dar; die gegebene Vermögensstruktur blieb unangetastet. Da zudem die Ausgleichsabgabe steuerlich abzugsfähig wurde, belief sie sich de facto auf weitaus weniger als die im Gesetz vorgesehenen 50% des Wertes des am 21. 6. 1948 vorhandenen Vermögens182. Die Abgabe wurde überdies aus dem erwirtschafteten Gewinn entrichtet, so daß die Substanz der Vermögenswerte erhalten blieb. Die Zahlungen an die Betroffenen, die vom Hauptamt für Soforthilfe abgewickelt wurden, waren überwiegend Unterhaltshilfen, für die keine Schadensfeststellung erforderlich war. Indem aber der Gedanke der Sozialleistung gegenüber dem Entschädigungsaspekt für erlittene Schäden deutlicher akzentuiert wurde, vollzog man einen wesentlichen konzeptionellen Wandel, der maßgeblich auf die Intervention der Besatzungsmächte zurückzuführen war. Andererseits blieb das Soforthilfegesetz keineswegs wirkungslos. A n Unterhaltshilfe, die für eingliederungsfördernde Vorhaben (Geschäftsgründung, Wohnungsbau u.a.) allein aufgrund des Status und der Würdigkeit des Antragstellers, der Nützlichkeit des Objekts und der zur Verfügung stehenden Mittel zuerkannt und bewilligt wurden, zahlten die Soforthilfeämter insgesamt D M 2,15 Mrd und zur Förderung des Wohnungsbaus weitere 2,7 Mrd. Insgesamt wurde bis zum 31. 8. 1952 eine Soforthilfe in Höhe von D M 6,016 Mrd geleistet183. Über die materielle Hilfe hinaus förderte die Soforthilfe die Integration der Vertriebenen und Flüchtlinge in den Westzonen. „ D i e Empfänger lagen nicht mehr den Wohlfahrtsverbänden auf der Tasche, sie brachten Gelder aus einer eigens erschlossenen Quelle in die Aufnahmegemeinden und

Dole.Nr. 30, TOP 2; Dok.Nr. 33, T O P 11, Dok.Nr. 37, T O P 9. 180

Nahm, Lastenausgleich, S. 820; siehe auch Dok.Nr. 48, T O P 2; Dok.Nr. 65 A , T O P 11.

181

Vgl. 20 Jahre Lastenausgleich, S. 15 f.

182

Vgl. Hartwich, Sozialstaatpostulat, S. 191 f.

183

Vgl. Nahm, Lastenausgleich, S. 821.

31

Einleitung

errangen damit in ländlichen Gebieten eine das soziale Klima verbessernde Wirkung"184. Verstärkt wurde die Integration vor allem der aus landwirtschaftlichen Berufen stammenden Vertriebenen und Flüchtlinge durch das Flüchtlingssiedlungsgesetz vom 10. 8.1949, durch das zur Ansiedlung in den Westzonen finanzielle Beihilfen gewährt wurden185. Damit wurde unterstrichen, daß die Lösung des Flüchtlingsproblems als eine gesamtstaatliche Aufgabe aller westdeutschen Institutionen angesehen wurde und es nicht hinreichte, nur für eine gleichmäßige Verteilung auf die verschiedenen Länder zu sorgen. Andererseits erfüllte der später vom Bundesgesetzgeber ausgebaute Lastenausgleich zu keinem Zeitpunkt die Funktion, die aus der Währungsumstellung resultierenden vermögenspolitischen Mißverhältnisse zu korrigieren. Zwar enthielt das Gesetz wegen der Sonderabgabe auch eine fiskalische Komponente, doch war diese gegenüber der herausragenden sozialpolitischen von geringerer Relevanz. Der Lastenausgleich war in erster Linie ein Instrument der Sozialpolitik und nicht der Vermögenspolitik. Im Bereich der sozialen Rentenversicherung wurden im Laufe des Jahres 1949 wichtige Verbesserungen durchgeführt, nachdem die Rentner durch die Umstellung der Nominalbeträge im Verhältnis von 10 : 1 im Zuge der Währungsreform und dem wachsenden Sozialprodukt einen stetigen Kaufkraftverlust hatten hinnehmen müssen. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten war eine globale Rentenanhebung ohne Berücksichtigung des Einzelfalls unumgänglich186. Alle Versichertenrenten wurden um DM 15, alle Witwenrenten um DM 12 und alle Waisenrenten um DM 6 erhöht. Gleichzeitig wurde eine Mindesthöhe der Renten festgelegt: bei Versichertenrenten mindestens DM 50, alle Witwenrenten mindestens DM 40 und alle Waisenrenten mindestens DM 30. Vorrangiges Ziel dieser Maßnahmen war, „daß diejenigen Menschen, die zu 50% und mehr erwerbsunfähig sind, ein Einkommen erhalten, das ihnen die Lebenserhaltung ermöglicht"187. Da die Rentenversicherung über keinen Kapitalstock mehr verfügte und die Ausgaben aus den eingehenden Beiträgen finanziert werden mußten, war eine völlige Neuordnung der Rentenversicherung nicht möglich; dies blieb einer späteren deutschen Gesetzgebung vorbehalten. Die begrenzte materielle Aufbesserung der Renten war als erster Schritt auf dem Wege zu einer durchgreifenden Rentenreform zu werten, für die durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung eine weitere rechtliche Grundlage geschaffen werden sollte. Dieses Vorhaben fand jedoch nicht die Zustimmung der Militärregierungen, nachdem auch die Länder eine Regelung zum gegebenen Zeitpunkt nicht für erforderlich erachtet hatten188. Der bizonale Gesetzgeber nahm sich frühzeitig auch der Verfolgten des Nationalsozialismus an, für die im Rahmen der Sozialversicherung (Gesetz vom 22. 8. 1949) eine

184

Ebenda.

185

Dok.Nr. 44, TOP 8.

186

Vgl. Orda, Rentenreform, S. 100. Zum Sozialversicherungsanpassungsgesetz vom 17. 6. 1949 und zum Knappschaftsversicherungsanpassungsgesetz vom 30. 7. 1949, die beide am 1. 6. 1949 wirksam geworden waren, siehe Dok.Nr. 13, TOP 8; Dok.Nr. 25, TOP9; Dok.Nr. 27 B, TOP6, Dok. Nr. 36, TOP 6;Dok.Nr. 53, TOP 8.

187

Ausführungen von Dir. Storch in: Dok.Nr. 27 B, Anm. 36.

188

Dok.Nr. 2, TOP 4.

32

Einleitung

Wiedergutmachung für erlittene Schäden gewährt wurde, soweit diese in bezug auf Ansprüche im Bereich der Sozialversicherung erwachsen waren' 89 . Insbesondere sollten verlorengegangene Versicherungszeiten zur Anrechnung gelangen, vorenthaltene Leistungen nachgezahlt und Verluste in der Rentenhöhe ausgeglichen werden. Freilich war die Finanzierung der Mehraufwendungen, die den Versicherungsträgern aus Mitteln der Länder erstattet werden sollten, umstritten 190 . Dabei wurde auch die Zuständigkeit der Verwaltung für Arbeit des Vereinigten Wirtschaftsgebietes bestritten, da die Wiedergutmachung nur im Rahmen des Grundgesetzes geregelt werden könne. Ferner wurde darauf verwiesen, daß die Regelung - wie das vom Länderrat der US-Zone am 28. 9. 1948 beschlossene Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zeige191 - den Ländern übertragen worden sei. Gleichwohl trat das Gesetz nach intensiven Ausschußberatungen mit einigen Abänderungen am 22. 8. 1949 in Kraft. Indes kam ein Gesetzentwurf über die Leistungen an Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene, durch den Leistungsverbesserungen bei der Witwenversorgung und der Elternversorgung sowie Regelungen für den Fall des Zusammentreffens von Kriegsrenten mit Sozialversicherungsrenten angestrebt worden waren, nicht zur Verabschiedung192. Eine umfassende Rechtsangleichung auf dem Gebiet der Sozialversicherung und des Kriegsopferrechts konnte daher nicht verwirklicht werden. Der Versuch, die Leistungen an Körperbeschädigte und Hinterbliebene durch Kriegsfolgen auf breiter Front zu verbessern' 93 und die in der amerikanischen und britischen Zone getrennt erlassenen Bestimmungen zu harmonisieren, scheiterte nicht am Willen der bizonalen Gesetzgebungsorgane, die Leistungen für diese Bevölkerungsgruppe verbessern zu wollen. Die finanziellen Auswirkungen einer derartigen Regelung auf die Länder wurden jedoch als untragbar angesehen. Angesichts der ungünstigen Finanzlage war es bemerkenswert, daß in Ergänzung zum Sozialversicherungsanpassungsgesetz und zur Anpassung an das veränderte Lohn- und Preisgefüge, auch die Renten der Unfallversicherung angehoben und mit dem Gesetz über Verbesserung der gesetzlichen Unfallversicherung zugleich eine Reihe von kriegsbedingten Vorschriften auf diesem Gebiet außer Kraft gesetzt wurden194. Zwar blieb das bizonale Gesetzeswerk vor allem wegen fehlender Verbesserungen im Krankenversicherungswesen unvollständig, doch wurden Schritte zur Bewältigung der Kriegs- und Nachkriegsfolgen eingeleitet" 5 . Die Grundzüge der staatlichen Sozialpolitik für die Bundesrepublik Deutschland wurden zu Zeiten der bizonalen Verwaltung in ihren Konturen vorgezeichnet. Die Lösung der sozialen Kriegsfolgen wurde als eine staatliche Aufgabe erkannt und in Angriff genommen. Dabei wurde deutlich, daß durchgreifende materielle Leistungen an die Vielzahl der Betroffenen von der weiteren konjunkturellen Entwicklung abhingen.

189

Dok.Nr. 2, TOP 3; Dok.Nr. 29, TOP 1. Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der VfA vom 17. 4. 1949 in: Ζ 13/92, Bd. 4.

,91

Siehe Stellungnahme der Länder des V W G , ebenda.

192

Dok.Nr. 50, TOP 22.

193

Dok.Nr. 53, TOP 9.



Dok.Nr. 80, TOP 14.

195

Dok.Nr. 50, TOP 19-20. Zur Neuordnung des Krankenversicherungssystems siehe Holler, Krankenversicherung, S. 305 ff.

33

Einleitung

Nur ein wirtschaftlich gefestigter Staat war in der Lage, die Mittel zur Linderung der sozialen Not aufzubringen. Die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes nahm sich der Aufgabe an, obwohl ihre Haushaltsmittel knapp waren und eine Vielzahl weiterer Probleme anstanden. Mit dieser politischen Akzentuierung setzte sie zweifellos Maßstäbe für die Zukunft. Während durch das Tarifvertragsgesetz vom 9. 4 . 1 9 4 9 das Arbeitsrecht der Weimarer Republik letztlich wiederhergestellt und Tarifordnungen, Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien bestätigt sowie diesbezügliche Anordnungen aus der NS-Zeit außer Kraft gesetzt wurden, mündete die gesetzliche Regelung für den öffentlichen Dienst in der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in einen Konflikt zwischen bizonalem Gesetzgeber und den Besatzungsbehörden. In dem Bemühen, das von nationalsozialistischen Ideen durchsetzte Deutsche Beamtengesetz von eben diesen Bestandteilen zu säubern und durch Bestimmungen zu ersetzen, die den sich entwickelnden demokratischen Zuständen in den Westzonen entsprachen, war der Wirtschaftsrat vor allem in seinen Ausschußberatungen von den „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums" ausgegangen, welche auch in Artikel 33 (5) des Grundgesetzes bestätigt wurden. Als die Beratungen im Wirtschaftsrat über ein so konzipiertes Gesetz, das die Rechtsstellung der Beamten, Angestellten und Arbeiter des Vereinigten Wirtschaftsgebietes regeln sollte, nicht zuletzt auf Drängen der Militärregierungen, bereits weit vorangetrieben worden war, überraschten die Militärgouverneure Clay und Robertson die bizonalen Vertreter am 15. 2. 1949 mit der Mitteilung, daß sie ein Beamtengesetz der Militärregierungen unterschrieben hätten, welches am 15. 3. 1949 in Kraft treten sollte. Auf deutscher Seite wurde die Form des alliierten Vorgehens als Brüskierung des bizonalen Gesetzgebers empfunden196. Das Gesetz der Militärregierung bedeutete einen Bruch mit traditionellen deutschen Rechtsvorstellungen; der Versuch des bizonalen Gesetzgebers, bestehende Strukturen festschreiben zu wollen, wurde somit von der Militärregierung in Frage gestellt. Der grundlegende Unterschied bestand darin, daß in dem Gesetz Nr. 15 der Militärregierung nur noch zwischen Beamten und Arbeitern unterschieden und die Berufsgruppe der Angestellten abgeschafft wurde. Für die Verwendung in der öffentlichen Verwaltung wurde das Bekenntnis des Bewerbers zur demokratischen Grundordnung durch seine gesamte Haltung gefordert. Auf diese Weise glaubten die Besatzungsbehörden, die Demokratisierung des Beamtenapparats bewirken zu können. Verstärkt wurde dieser Ansatz durch eine Reihe von Einzelbestimmungen, welche Vorschriften über Anstellung, Beförderung, Entlassung, die Bekanntgabe freier Stellen sowie die Ermittlung der fachlichen und persönlichen Eignung durch Prüfung und Auslese betrafen. Bei der Stellenbesetzung sollte das starre Laufbahnsystem tendenziell durchbrochen werden, indem in einem „angemessenen Verhältnis" auch solche Bewerber zu berücksichtigen waren, „welche die für die vorgesehene Verwendung erforderliche Eignung durch ihre Lebens- und Berufserfahrung außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben haben"" 7 . Neu war auch, daß ein Beamter im Falle zurückbleibender Leistungen finanzielle Konsequenzen und im extremen Falle sogar die Entlassung befürchten mußte. Darüber hinaus durfte er sich nicht als Kandidat für die Wahl zu einem öffentlichen Amt aufstellen lassen, wodurch eine strenge Auslegung des Inkompatibilitätsangebots durchgesetzt werden sollte.

196

Dok.Nr. 13, TOP 9; vgl. Pünder, Interregnum, S. 232 ff.

197

§ 18, Abs. 1 des MilReg. Gesetzes Nr. 15 in: Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 2.

34

Einleitung

Zum zentralen Punkt deutscher Kritik an dem alliierten Gesetz wurde indes die durch das Gesetz aufgewertete Stellung des Personalamtes 198 . Es widersprach zutiefst deutschem Rechtsdenken, daß mit dieser Institution „quer über alle Verwaltungszweige" ein Beamter nicht seinem unmittelbaren dienstlichen Vorgesetzten, sondern dem Leiter des Personalamtes unterstellt wurde. Besonders deutlich wurde die hervorgehobene Stellung des Personalamtes durch die Entscheidungsbefugnis bei Beschwerden gegen Dienststrafmaßnahmen. Entgegen der deutschen Verwaltungstradition war, auf amerikanischen Vorstellungen fußend, das Personalamt als eine „unabhängige unparteiische Stelle" errichtet worden'". Die bereits vorhandene Abneigung gegen dieses Amt und seinen Leiter, Ministerialdirektor Oppler, wurde durch die Kompetenzerweiterung aufgrund des Gesetzes Nr. 15 noch verstärkt. Tatsächlich gelang es durch das Zusammenwirken von Wirtschaftsrat, Länderrat und Verwaltungsrat, bald eine Teilkorrektur des Gesetzes der Militärregierungen zu bewirken. Die erste Änderung zum Gesetz Nr. 15 vom 20. 5 . 1 9 4 9 ließ die grundlegenden Bestimmungen unangetastet 200 . Trotz fortbestehender Bedenken entschlossen sich die bizonalen Verwaltungen, gemeinsam mit dem Personalamt an der inhaltlichen Ausgestaltung des Beamtengesetzes mitzuwirken. Zunächst galt es, das passive Wahlrecht der Beamten zu regeln, die Bestimmungen über die politische Überprüfung einzustellender Beamten neu zu gestalten sowie die Ausnahmen bei der Stellenausschreibung zu bestimmen 201 . Darüber hinaus wurde durch mehrere Durchführungsbestimmungen u. a. das Verfahren bei der Ernennung von Beamten, der Erholungsurlaub der Beamten, die Überleitung von Angestellten in Dauerstellen des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes, die öffentliche Bekanntmachung freier Stellen, die Aufteilung der Stellen für Arbeiter und Beamte sowie die Überleitung von Angestellten in Dauerstellen des höheren Dienstes festgelegt2"2. Bei der Durchführung des Gesetzes, insbesondere bei der notwendigen Überführung der Angestellten in Arbeiter· bzw. Beamtenstellen, sahen sich die Verwaltungen vor das Problem gestellt, für jede Tätigkeit eine Einstufung vornehmen zu müssen. Hierfür war ihnen von den Militärregierungen eine Frist von nur vier Monaten eingeräumt worden2"3. Während noch die Durchführung des alliierten Gesetzes voranschritt, reiften bereits die Überlegungen, es durch ein neues deutsches Gesetz zu ersetzen. Der Juristische Ausschuß der Ministerpräsidenten zählte das Beamtenrecht zu den vordringlichen Aufgaben für den künftigen Gesetzgeber 21 ", und es war daher nicht überraschend, daß das deutsche Beamtenrecht von 1937 modifiziert wieder in Kraft gesetzt wurde, bis mit dem Bundesbeamtengesetz von 1953 eine Neuordnung erfolgte, zumal das bizonale Beamtengesetz auf die Verwaltungsangehörigen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes beschränkt blieb und auch als Besatzungsrecht nach dem Inkrafttreten des Besatzungsstatuts nicht für die Bundesrepublik fortgalt2"5. Das Personalamt fand keinen Nachfolger in der Bundesverwaltung. 1,8

Dok.Nr. 16.

199

Gesetz über das Personalamt vom 23. 6. 1948, W i G B l . 1948, S. 7.

200

Dok.Nr. 18, T O P 13; Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. N. S. 3.

201

Dok.Nr. 21, T O P 6; Dok.Nr. 24, T O P 17; Dok.Nr. 25, T O P 4 und 5; Dok.Nr. 33, T O P 9.

202

Dok.Nr. 33, T O P 10; Dok.Nr. 44, T O P 11; Dok.Nr. 50, T O P 33; Dok.Nr. 76, T O P 6 und 9.

203

Dok.Nr. 40, T O P 2.

204

Dok.Nr. 69, T O P 6, A , 5.

205

Vgl. Hartwich, Sozialpostulat, S. 146; Pünder, Interregnum, S. 293f.

35

Einleitung

Am Beispiel des als Gesetz der Militärregierungen erlassenen Beamtengesetzes für die Verwaltungsangehörigen des Vereinigten Wirtschaftgebietes wird deutlich, daß alliierte und deutsche Vorstellungen nicht immer deckungsgleich waren. Die Besatzungsbehörden bemühten sich, nur im äußersten Fall in die Arbeit des bizonalen Gesetzgebers einzugreifen und dabei vor allem grundsätzliche Entscheidungen zu beeinflussen. Ihren Anspruch, die politischen Verhältnisse in den Westzonen demokratisieren zu wollen, hatten sie nicht gänzlich preisgegeben. Solange sich die deutschen Stellen bemühten, die verschiedenartigen Probleme der Nachkriegszeit durch geeignete Neuregelungen zu lösen, schritten sie nicht ein. Wenn aber die Entwicklung zu sehr ihren eigenen Vorstellungen widersprach, wobei keineswegs das Ausmaß angestrebter Reformen oder Neuordnungen ausschlaggebend war, scheuten sie sich nicht, lenkend in das Geschehen einzugreifen, selbst wenn dadurch die Autorität der von ihnen geschaffenen Institutionen unterminiert wurde. Darüber hinaus blieben die Militärregierungen bemüht, den Umfang der politischen Grundsatzentscheidungen so gering wie möglich zu halten. Gewiß leiteten auch Wirtschaftsrat, Länderrat und Verwaltungsrat keine Umwälzungen ein, sondern waren bestrebt, durch Festschreibung des Überkommenen aus der Zeit der Weimarer Republik den Boden für eine neue staatliche Ordnung zu bereiten. Dabei lag gerade in der Fülle der bis in scheinbar nichtige Verwaltungsvorschriften hineinreichenden Details, die vor allem die Direktorialsitzungen des Verwaltungsrates kennzeichneten, jene immense Arbeit, die dazu beitrug, daß demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf breiter Front und in allen Verwaltungsbereichen die teilweise fortbestehenden, von der NS-Ideologie und den Erfordernissen der Kriegswirtschaft durchsetzten Richtlinien und Bestimmungen ablösten. In der Begründung und Festigung einer neuen politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Ordnung lag das Hauptverdienst von Legislative und Exekutive des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. Wenngleich diese keine durchgreifende Umstrukturierung einleiteten, so muß doch gewürdigt werden, daß im Rahmen der traditionellen Strukturen durchaus neue Akzente gesetzt wurden. Betrachtet man hingegen die Geschichte des Vereinigten Wirtschaftsgebietes primär oder gar ausschließlich unter dem Aspekt der Restauration2"5', so liegt darin trotz der aufgezeigten Einschränkungen eine Verkürzung und unzulässige Verengung der Betrachtungsweise. V. ÜBERLEITUNGSMASSNAHMEN DER KÜNFTIGE BUNDESVERWALTUNG

MINISTERPRÄSIDENTEN

FÜR

DIE

Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Ministerpräsidenten und Parlamentarischem Rat über das Wahlgesetz setzten sich fort, als die Vorbereitungen für die Bundesorgane auch in materieller Hinsicht eingeleitet werden mußten. Obwohl der Parlamentarische Rat mit der Ratifizierung des Grundgesetzes den ihm übertragenen Auftrag erfüllt und damit seine weitere Existenzberechtigung eingebüßt hatte, versuchte er seinen politischen Einfluß über dieses Datum hinaus zu sichern206. Gegen diese „Verewigungstendenzen" des Parlamentarischen Rates und seines Präsidenten, Konrad Adenauer,

205a

Siehe Badstübner/Thomas, Die Spaltung Deutschlands; Schmidt, Verhinderte Neuordnung; Schmidt/ Fichter, Der erzwungene Kapitalismus; Huster/Kraiker u. a., Determinanten.

206

Dok.Nr. 35, TOP 3; Dok.Nr. 39, TOP 3; Dok.Nr. 43, TOP 4.

36

Einleitung

verwahrten sich die Ministerpräsidenten, zumal ihnen die exekutiven Befugnisse übertragen worden waren, die Tätigkeit der Bundesbehörden vorzubereiten 207 . Allerdings waren sie nicht darauf bedacht, den Parlamentarischen Rat zu übergehen. Der schließlich zustande gekommene Kompromiß ermöglichte den Abgeordneten des Parlamentarischen Rates die Teilnahme an den Beratungen der unter der Leitung der Ministerpräsidenten stehenden Überleitungsausschüsse 208 . Die Absicht, die dort erarbeiteten Vorschläge in sogenannten „technischen Ausschüssen" und abschließend in einem „Hauptausschuß" weiterzuberaten, gelangte nicht zur Durchführung. Während im Technischen Ausschuß, im Organisationsausschuß, im Juristischen und im Finanzausschuß - den eigentlichen Überleitungsausschüssen - eine eingehende Beratung auf der Ebene der aus den Länderverwaltungen stammenden Fachbeamten einsetzte, widmeten sich die Politiker des Parlamentarischen Rates mehr und mehr dem Wahlkampf zum ersten Deutschen Bundestag. Daher konnten die Erörterungen weitgehend in sachbezogener Form stattfinden und von parteipolitischen Einflüssen freigehalten werden, wenngleich die Entscheidung für Bonn als dem vorläufigen Bundessitz immer wieder Kontroversen auslöste, die nicht nur aus der Sorge um eine möglichst günstige Unterbringung der Bundesbehörden in Bonn resultierten. a) Der Technische Ausschuß Angesichts der Tatsache, daß die Entscheidung des Parlamentarischen Rates, in Bonn den vorläufigen Sitz der Bundesregierung zu errichten, von den Ministerpräsidenten nicht revidiert wurde21", war der Technische Ausschuß der Ministerpräsidenten kein Organ zur Fortsetzung dieser parteipolitischen Kontroverse. Indem die Stadt Bonn gemeinsam mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen unter der Leitung von Ministerialdirektor Wandersieb in Bonn Schritte zur Unterbringung von Parlament, Parlamentariern und Bundesbehörden unternahm, oblag es dem Ausschuß nur noch, den Raumbedarf der einzelnen Dienststellen zu ermitteln, ihre Unterbringungsmöglichkeiten anhand der zur Verfügung stehenden Gebäude zu begutachten und die Finanzplanung des gesamten Vorhabens zu überprüfen 2 '". Allerdings lag in diesen „Sachfragen" noch genügend politischer Zündstoff, da sich der Vergleich zu Frankfurt immer wieder neu aufdrängte, das für den Ausbau zum Bundessitz geringere Finanzmittel benötigte, wurden doch viele Gebäude bereits von der bizonalen Verwaltung genutzt und waren doch ihre Beamten bereits in Wohnungen der Stadt und ihrer Umgebung untergebracht. Da in Bonn die Mehrzahl der Gebäude und Einrichtungen neu geschaffen oder erheblich verbessert werden mußte, konnte der Ausschuß nicht umhin, das Angebot beider Städte in Augenschein zu nehmen. Der hessische Finanzminister Hilpert exponierte sich in den Sitzungen als besonderer Kritiker der Entscheidung für Bonn und wurde dabei von mehreren Landesregierungen unterstützt. Letztlich war die Entscheidung für Bonn aber von diesem Gremium nicht revidierbar 2 ". Dies hätten bestenfalls die Ministerpräsidenten vermocht, die sich jedoch hierzu nicht durchringen konnten. Ihr auf der Konferenz in Schlangenbad

207

Dies war anläßlich der Billigung des GG durch die MilGouv. geschehen (Dok.Nr. 34).

208

Dok.Nr. 49 A.

209

Dok.Nr. 56, TOP 4; Dok.Nr. 61 A; Dok.Nr. 61 B, TOP 1.

210

Dok.Nr. 45, TOP 2 und 3; Dok.Nr. 64, TOP 3.

211

Dok.Nr. 71; Dok.Nr. 79.

37

Einleitung

gefaßter Beschluß, die Investitionen in Bonn auf das Notwendigste zu beschränken, begegnete nur der Kritik, in Bonn würden Steuermittel verschleudert. In sachlicher Hinsicht brachte er weder eine Revision der Entscheidung zugunsten von Frankfurt noch beschleunigte er die Bauplanung und -ausführung in Bonn. Unstrittig war indes, daß der Parlamentarische Rat als verfassungsgebendes Organ nicht berufen war, die Frage des künftigen Bundessitzes zu entscheiden. In dieser kritischen Phase war es vornehmlich dem Einsatz von Ministerpräsident Arnold zuzuschreiben, daß eine gegenteilige Beschlußfassung unterblieb und die endgültige Entscheidung dem noch zu wählenden Deutschen Bundestag überwiesen wurde. Indem der Landtag von Nordrhein-Westfalen aber bereits vorgesehene Haushaltsmittel unter Berufung auf den Schlangenbader Beschluß zurückbehielt, mußten die Vorbereitungen in Bonn unzureichend und für die Parlaments- und Regierungsarbeit unzulänglich bleiben. Je näher aber der 1. 9. 1949 als voraussichtlicher Termin für die Konstituierung der Bundesorgane rückte, um so unangreifbarer wurde die Wahl Bonns zum vorläufigen Bundessitz, hätte doch jede kurzfristige Änderung zu einem erheblichen Maß an Verunsicherung geführt. Die Schwierigkeiten des Ausschusses, sich auf einen gemeinsamen Abschlußbericht zu einigen, waren Ausdruck der fortdauernden Meinungsverschiedenheiten. Vor allem die Befürworter der Frankfurter Regelung waren darauf bedacht, aus optischen Gründen die Alternative Frankfurt in angemessener Weise darzustellen. Als Folge der ungewissen politischen Entscheidung und der fehlenden Mittel bereitete dem Ausschuß der Fortgang der Bauten in Bonn erhebliche Probleme. Insbesondere konnte nicht abgesehen werden, ob bis zur Aufnahme der Parlamentsarbeit und der Regierungstätigkeit genügend Büroraum vorhanden sein würde. Der genaue Termin für die Fertigstellung von Erweiterungs- und Umbauarbeiten ließ sich schwer ermitteln. Dies konnte der Ausschuß jedoch lediglich konstatieren. Einen unmittelbaren Einfluß auf den Fortgang der Arbeiten besaß er nicht. In Abstimmung mit den Planungs- und Baustäben fiel ihm die Verteilung der Diensträume auf die einzelnen Bundesbehörden und alliierten Stäbe zu, wobei freilich der Zeitpunkt der Umsiedlung der Behörden von Frankfurt nach Bonn einen gewissen zeitlichen Spielraum ließ. Die bizonalen Verwaltungsämter begnügten sich anfangs damit, relativ kleine „Vorkommandos" nach Bonn zu entsenden 212 , so daß die Raumnot anfänglich nicht überdeutlich zu Tage trat. b) Der Juristische Ausschuß Die Beratungen im Juristischen Ausschuß waren beherrscht von der Aufgabe, für den künftigen Bundesstaat ein einheitliches Rechtssystem zu schaffen. Ausgangspunkt war eine Bestandsaufnahme sowohl des bizonalen als auch des Besatzungsrechts 213 . Der Artikel 127 des Grundgesetzes ermöglichte ein vereinfachtes Verfahren, das Recht der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes auch für die französische Zone einzuführen; die Zusammenstellung des bizonalen Rechts konkretisierte die Übertragung. Zur Schaffung größerer Rechtssicherheit diente die Übersicht über das geltende Besatzungsrecht, durch das dem Rechtssystem der Bundesrepublik gewisse Grenzen auferlegt wurden214. Darüber hinaus legte der Ausschuß eine Liste von Gesetzesvorha-

212

Vgl. Dok.Nr. 79, Anm. 41.

213

Dok.Nr. 58, TOP 5-10; Dok.Nr. 69, TOP 2 und 3.

214

Dok.Nr. 69, TOP 4.

38

Einleitung

ben vor, die vom Bundesgesetzgeber möglichst bald nach dessen Konstituierung verwirklicht werden sollten. Hierzu zählten Initiativen, die entweder von den Militärregierungen oder vom Wirtschaftsrat selbst zugunsten einer Entscheidung durch die Bundesorgane zurückgestellt worden waren215. Ferner regte er eine Reihe neuer regelungsbedürftiger Vorhaben, wie ζ. B. ein Gesetz über die politischen Parteien, zur Beratung durch die Bundesorgane an. Schließlich befaßte sich der Ausschuß auch mit der Interpretation und Ausfüllung des Grundgesetzes, indem er Empfehlungen für die Wahl des Bundesratspräsidenten und des Bundespräsidenten sowie für die Geschäftsordnung von Bundestag und Bundesrat aussprach. Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes über die Errichtung des Bundesverfassungsgerichts präzisierte er, indem er praktische Vorschläge zur Durchführung erarbeitete, wenngleich die Frage, ob mangels vorhandener Bundesgerichte ein vorläufiges oder endgültiges Verfassungsgericht zu gründen sei, nicht entschieden wurde 2 ". Mit seinen Empfehlungen, die eine erste materielle Ausgestaltung der Grundgesetznormen darstellten, gab der Ausschuß der Bundesregierung einen Katalog an die Hand, der sogleich nach deren Konstituierung in die Praxis umgesetzt werden konnte. Durch den nahtlosen Übergang vom bizonalen bzw. zonalen zum Bundesrecht wurde ein Höchstmaß an Kontinuität auch auf rechtlichem Gebiet realisiert. c) Der Finanzausschuß Der Finanzausschuß beschäftigte sich teilweise parallel zum Organisationsausschuß mit der Organisation der künftigen Bundesfinanzverwaltung und ging dabei insbesondere auf das Verhältnis von Bundes- und Landesfinanzverwaltung ein. Grundlegend waren darüber hinaus Vorbereitungen für den künftigen Bundeshaushalt durch diesen Ausschuß217. Ausgehend von der Tatsache, daß die zu errichtenden Bundesbehörden zum Zeitpunkt ihrer Errichtung noch nicht über Rücklagen und Einnahmen verfügten, war für eine gewisse Übergangszeit eine Sonderregelung zu erarbeiten. Die Bundesverwaltung konnte daher auch nicht sogleich alle ihr durch die Verfassung zugewiesenen Aufgaben 218 erfüllen. Das Haushaltsjahr sollte demgemäß für den Bund erst am 1. 4. 1950 beginnen, so daß für die Zeit bis zu diesem Datum ein Rumpfhaushalt aufgestellt wurde, der im wesentlichen mit dem Haushaltsplan des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, der für den gesamten Zeitraum aufgestellt worden war, identisch war219. Für den künftigen Bundesfinanzminister hatte die Verwaltung für Finanzen darüber hinaus eine Übersicht über den Bundeshaushalt im Rechnungsjahr 1950/51 erarbeitet. Von dem Zeitpunkt an, zu dem der Bund voll in seine Aufgaben eintreten würde, stellte sich das Problem der Verteilung der Einkommen- und Körperschaftssteuer zwischen Bund und Ländern. Auch hierzu legte der Ausschuß Empfehlungen vor220. Seine haushaltsmäßigen Überlegungen und Vorbereitungen rundete er ab durch die Vorlage eines Gesetzentwurfs über die vorläufige Haushaltsführung des Bundes im

2,5

Dok.Nr. 69, TOP 6.

216

Dok.Nr. 69, TOP 5.

217

Dok.Nr. 59, TOP 2-4.

2,8

Vgl. Art. 120 (2) GG.

219

Dok.Nr. 70, TOP 5.

220

Dok.Nr. 70, TOP 4 und 6.

39

Einleitung

Rechnungsjahr 1949. „Die Bundesbehörden waren somit in der Lage, nach den bizonalen Plänen weiterzuarbeiten bzw. neu zu beginnen"22'. Neben dem vertikalen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern beriet der Finanzausschuß auch über den horizontalen Ausgleich der Länder untereinander. Diese grundlegende Problematik war zwar schon von den Ländern der Bizone ausgegangen und auch ansatzweise in einem Abkommen gelöst worden222. Nach dem Scheitern dieses Abkommens hatten sich die Länder lediglich auf ein Gesetz zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 verständigen können, durch das die Aufwendungen für Besatzungs- und Flüchtlingskosten von den Ländern durch abgestufte Beiträge mitgetragen wurden223. Sowohl der angestrebte Flüchtlingsausgleich als auch die besonders hohen Zahlungen der Länder der französischen Zone an Besatzungskosten machten es erforderlich, daß die unterschiedlichen Belastungen ausgeglichen und die Integration der Länder vor allem der französischen Zone vorangetrieben wurde. Ziel einer Regelung war die „Milderung der regionalen Finanzkraft- und Bedarfsunterschiede, nicht eine Nivellierung der Länderfinanzen" 224 . d) Der

Organisationsausschuß

Das umfänglichste Beratungsprogramm wurde vom Organisationsausschuß absolviert, der Organisationspläne für die Bundesministerien einschließlich der Kanzleien für Bundespräsident, Bundesrat und Bundestag erarbeiten sollte. Damit fiel ihm die Aufgabe zu, die Zahl der zu errichtenden Ministerien zu ermitteln sowie Art und Umfang ihrer Aufgaben gegeneinander abzugrenzen225. Dabei standen zunächst grundsätzliche Erwägungen über die Grobstruktur der Bundesverwaltung auf der Basis der verfassungsrechtlichen Bestimmungen und des daraus resultierenden erweiterten Tätigkeitskatalogs im Vordergrund, die von mehreren Gutachten des Rechnungshofes des Vereinigten Wirtschaftsgebietes getragen waren226. Übereinstimmend gingen die Ausschußmitglieder davon aus, daß das künftige Bundeskabinett so klein wie möglich gehalten werden und nicht mehr als die „klassischen Ressorts" umfassen sollte. Lediglich die Auswärtigen Angelegenheiten konnten infolge des Besatzungsstatuts nicht selbständig ressortieren. Generell sprach sich der Ausschuß gegen Spezialministerien (Flüchtlingsministerium, Wiederaufbauministerium) aus. Die Aufgaben von Post und Verkehr sollten hingegen gemeinsam in einem Ministerium bearbeitet werden. Über den Umfang und die Kompetenzausstattung des Arbeitsministeriums konnte sich der Ausschuß nicht einigen. So wurde die Errichtung eines reinen Arbeitsministeriums alternativ zu einem Arbeits-, Aufbau- und Wohlfahrtsministerium vorgeschlagen227. Für alle Ressorts wurden Organisationspläne unter Feststellung der jeweiligen Kompetenzen erarbeitet. Daran wurde die personelle Ausstattung geknüpft. Bei seinen Empfehlungen suchte der Ausschuß, Erfahrungen sowohl aus der Weimarer Republik

221

Pünder, Interregnum, S. 281.

222

Dok.Nr. 30, TOP 3.

223

WiGBl. 1949, S. 235.

224

Dok.Nr. 70, TOP 6.

225

Dok.Nr. 47, Anm. 9.

226

Dok.Nr. 52 A, TOP 2.

227

Dok.Nr. 54 A, TOP 4; Dok.Nr. 57 C, TOP 2; Dok.Nr. 62 B, TOP 2 und 4; Dok.Nr. 62 C, TOP 1.

40

Einleitung

als auch aus den Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes einzubringen und für die künftige Gestaltung der Bundesverwaltung nutzbar zu machen. Vor allem die Ausführungen der Direktoren der einzelnen Verwaltungen, die vom Ausschuß als Gäste geladen wurden, trugen dazu bei, daß die gewachsenen Organisationsstrukturen fortgeschrieben und übertragen werden konnten. Dabei wurden zugleich die von den Behördenleitern bislang verfolgten Grundsätze ihrer Politik erläutert. Bei den Beratungen spielte die Zuordnung der Auswärtigen Angelegenheiten und der Aufbau der Kanzlei des Bundeskanzlers eine besondere Rolle228. Übereinstimmend ging man davon aus, daß der Bundeskanzler mit keiner Ressortarbeit belastet werden dürfe, er andererseits aber die ihm laut Grundgesetz zustehende Richtlinienkompetenz ausfüllen müsse. Als eine der vornehmlichsten Aufgabenbereiche wurde hierbei die Außenpolitik bzw. die Regelung der Beziehungen zu den künftigen Hohen Kommissaren angesehen. Es erschien daher zweckmäßig, diesen bedeutenden Teil künftiger deutscher Politik möglichst eng an die Person des Bundeskanzlers zu binden. Der Organisationsausschuß empfahl demzufolge die Errichtung eines Bundesamtes für Auswärtige Angelegenheiten, das von einem Staatssekretär geleitet werden sollte, der seinerseits dem Bundeskanzler unmittelbar zu unterstellen war, ohne daß dieser in die Bundeskanzlei eingegliedert werden sollte. Im gleichen Zusammenhang wurde auch die Bildung eines Außenhandelsministeriums oder eines Ministeriums für zwischenstaatliche Beziehungen erwogen. Wegen der starken Überschneidung außenwirtschaftlicher Aufgaben - Ruhrstatut, Sicherheitsamt, Industriebeschränkung und Demontagen, Besatzungswesen und -recht, Außenwirtschaftsvertretung und ERPFragen - mit der reinen Außenpolitik, dessen Ausmaß zunächst ohnehin limitiert war, trat vor allem Pünder für ein selbständiges Ressort ein. Er begründete dies auch damit, daß ein parlamentarisch nicht verantwortlicher Staatssekretär für zwischenstaatliche Beziehungen nicht der Bedeutung der Aufgaben gerecht werde und er im extremen Fall gegen den Bundeskanzler eine eigene Politik betreiben könnte229. Es schien der politischen Lage der künftigen Bundesrepublik angemessen, auf dem handelspolitischen Feld besondere Aktivitäten zu entfalten. Demgegenüber hielt der Organisationsausschuß diese Schwerpunktbildung nicht für ratsam. Pünder wandte indes ein, daß den außenwirtschaftlichen Problemen bei der Vertretung der Bundesrepublik in der Pariser ERP-Organisation durch die Berufung eines Bundesministers Rechnung getragen werden müsse230. Es war in gewisser Weise symptomatisch für die Bedeutung der Überleitungsausschüsse, die einen wesentlichen Beiträg zur „Vorgeschichte" der Bundesrepublik Deutschland leisteten, daß ihre Tätigkeit kaum gewürdigt und ihre Ergebnisse durch den Gang der politischen Ereignisse bald überholt wurden. Nachdem der Hauptausschuß von Parlamentarischem Rat und Ministerpräsidenten die Berichte lediglich zur Kenntnis genommen hatte231, wurde eine Reihe von Überlegungen, wie sie vor allem vom Organisationsausschuß angestellt worden waren, durch koalitionspolitische

228

Dok.Nr. 52 A , T O P 2 und 4; Dok.Nr. 52 B, T O P 2 ; Dok.Nr. 54 C, T O P 3 ; Dok.Nr. 57 A , T O P 3 ; Dok.Nr. 62 C, TOP 7; Dok.Nr. 62 D , TOP 4 und 5.

229

Vgl. Vermerk von v. Elmenau vom 31. 8. 1949 in: Nachl. Pünder/265, Bl. 72.

230

Vgl. ODir. Pünder an Bundeskanzler Adenauer vom 5 . 9 . 1949, ebenda, Bl. 77 sowie Stellungnahme von Martini zu den Empfehlungen des OrgA. vom 2. 9. 1949, ebenda, Bl. 73-76.

231

Dok.Nr. 78, TOP 2.

41

Einleitung

Erwägungen bei der Regierungsbildung im August/September 1949 bereits hinfällig. Dies berechtigt jedoch keinesfalls zu dem Urteil, den Ausschüssen generell jegliche Bedeutung abzusprechen. Die meisten Vorschläge, insbesondere zur Rechts- und Finanzpolitik, bildeten die Basis für die künftige Gesetzesarbeit. Auch der Beschluß des Organisationsausschusses, kein Bundespersonalamt zu errichten, weil eine derartige Zusammenballung von Macht einem demokratischen Staatswesen widerspreche232, sondern die Personalangelegenheiten dem Innenministerium, das Besoldungs- und Versorgungsrecht dem Finanzministerium zu übertragen, blieb bestehen. Nicht realisierbar war hingegen die Vorstellung des Organisationsausschusses, die Bundesbehörden personell möglichst klein auszustatten, um damit den Gedanken des Provisoriums Bundesrepublik Deutschland auch nach außen hin zum Ausdruck zu bringen. Ihr rasches Expandieren konnte auf Dauer nicht aufgehalten werden. Ebenso erwiesen sich die baulichen Vorbereitungen bestenfalls für den Augenblick als hinreichend. Eine geordnete Parlaments- und Regierungsarbeit war längerfristig nicht ohne zusätzliche Ausbauten möglich. Die Überleitungsausschüsse hatten aus dieser Perspektive nur das Notwendigste vorzubereiten versucht und dabei stets Wert darauf gelegt, daß sie nur technische Hilfe zu leisten hatten.

VI. DIE ÜBERGABE DER REGIERUNGSGESCHÄFTE VON DER VERWALTUNG DES VEREINIGTEN WIRTSCHAFTSGEBIETES AUF DIE BUNDESREGIERUNG

Während der Wirtschaftsrat und der Länderrat durch das Gesetz Nr. 25 der amerikanischen und die Verordnung Nr. 201 der britischen Militärregierung233 unter Berufung auf Artikel 122 GG vom 1. 9. 1949 aufgelöst wurden, blieben die übrigen bizonalen Einrichtungen noch über den Zeitpunkt des Zusammentritts des Bundestags hinaus bestehen. Erst mit dem Inkrafttreten des Besatzungsstatuts am 21. 9.1949 wurde auch der Verwaltungsrat aufgelöst, der am 6. 9. 1949 zum letzten Mal tagte234. Wenngleich dieser selbst keine förmliche Überleitung der Geschäfte vornahm, war in vielfacher Hinsicht die Kontinuität der Geschäftstätigkeit dennoch gewährleistet. Durch Artikel 130 GG wurden Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienende Einrichtungen der Bundesregierung unterstellt. Den Direktoren und den Leitern der Ämter dankte Pünder am gleichen Tag, an dem auch die Bundesregierung ihre Geschäfte aufnahm, für die geleistete Arbeit235. Er führte u.a. aus: „19 Monate lang sind wir zusammen unseren schweren Pflichten nachgekommen. Ohne tatsächlich schon Regierung zu sein, hatten wir die Verpflichtung und fühlten sie, nach dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes, einer kommenden staatlichen Autorität Deutschlands den Boden zu ebnen. Gestützt auf eine nur kleine Mehrheit im Wirtschaftsrat, oft im Widerstreit mit dem Länderrat, in sachlichem Ringen mit den - im übrigen zur Mitarbeit mit uns gern bereiten - Dienststellen der Besatzungsmächte um deutsche Zuständigkeiten und nicht

232

Dok.Nr. 57, B, TOP 4.

233

Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. O, S. 17.

234

Vgl. Pünder, Interregnum, S. 288; Dok.Nr. 81.

235

ODir. Pünder an die Direktoren der Verwaltungen und die Leiter der bizonalen Ämter vom 14. 9.1949 in: Nachl. Pünder/272, Bl. 26-28.

42

Einleitung

zuletzt gegen fortgesetzten heftigsten Widerstand einer starken Opposition hat wohl in erster Linie unser Verwaltungsrat aus Not, Elend und Trümmern heraus wieder zu den ersten Ansätzen gesunden Wiederaufbaues beigetragen. Ein fast verzweifeltes Volk konnte nicht zuletzt durch unsere gemeinsame Arbeit mit neuer Zuversicht erfüllt werden. In vertrauensvoller Zusammenarbeit ist es uns trotz unzureichender Zuständigkeit gelungen, durch - wie ich wohl sagen darf - zielklare, solide und zähe Arbeit dem deutschen Namen im Ausland wieder neue Achtung zu verschaffen. Dies hat zweifellos mit dazu beigetragen, daß die früheren Feindmächte sich allmählich bereitfanden, in den Aufbau eigener deutscher Bundesorgane einzuwilligen. Auch konnten auf manchen Gebieten internationaler Zusammenarbeit einige erste Erfolge erzielt werden, wobei ich vor allem an die deutsche Eingliederung in das System des Marshallplans und das Demontageproblem denke. Es wird die Zeit kommen, in der man dieser Aufbauarbeit unseres Verwaltungsrates in den Jahren 1948/49 mehr als heute gerecht werden wird. Wir haben nicht für Dank und Anerkennung gearbeitet, können aber mit dem stolzen Gefühl einwandfrei erfüllter Pflicht auf die getane Arbeit zurückschauen. Sie alle, meine verehrten Kollegen, waren von dem Geist alter Beamtentreue erfüllt, und Sie haben es vermocht, diesen Geist auch auf die neuen Verwaltungskörper unserer vielen und großen Dienststellen zu übertragen. Ich betone dies ausdrücklich, gerade weil dies weithin unbekannt ist oder gar bestritten wird. Uns selber hat eine beispielhafte Kollegialität laufend umfangen. Vor allem in unseren allwöchentlichen Direktorialsitzungen haben wir in ernster Arbeit um die Probleme gerungen, aber kaum je abgestimmt. Unsere Stimmen wurden nicht gezählt, sondern gewogen". Die Übergabe der Dienstgeschäfte an Bundeskanzler Adenauer vollzog Pünder mit Schreiben vom 16. 9. 1949, dem er zwei Listen über die am 15. 9. 1949 schwebenden Geschäftsvorgänge und der offenen Probleme seiner Tätigkeit beifügte236. Darin war eine Unterteilung nach Gesichtspunkten des politischen und verwaltungsmäßigen Schwergewichts vorgenommen worden. Die Liste 1 umfaßte diejenigen schwebenden Fragen, „die von besonderer Wichtigkeit sind und der Richtlinienbefugnis des Bundeskanzlers unterstehen dürften", während die zweite Liste die Vorgänge aufzählte, die von Pünder nach Vorschlägen der sachlich zuständigen Ressorts behandelt worden und von geringerer, nicht grundsätzlicher Bedeutung waren. Pünder fügte hinzu: „Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß die anliegenden Aufstellungen geeignet sind, Ihnen einen Überblick über die zahlreichen und verschiedenartigen in der Direktorialkanzlei des Verwaltungsrates behandelten Aufgaben zu vermitteln und die Überleitung der Geschäfte auf die Regierung der Bundesrepublik zu erleichtern." Bezüglich der legislativen Aufgaben verwies Pünder auf die Empfehlungen des Juristischen Ausschusses. Mit einem weiteren Schreiben vom 17. 9. 1949 an Adenauer237 überreichte Pünder eine nach den jeweils zuständigen Ressorts aufgeschlüsselte Übersicht über diejenigen gesetzgeberischen Vorhaben, welche dem Wirtschaftsrat und dem Länderrat zur Beschlußfassung vorgelegen hatten, jedoch nicht mehr verabschiedet worden waren. Mit zwei Ausnahmen, so ergänzte Pünder, seien diese Vorlagen nicht in den Empfehlungen des Juristischen Ausschusses enthalten. Hierbei handele es sich um Gesetzesvorhaben aus dem laufenden Geschäftsbereich der

Ebenda, Bl. 43-50. Nachl. Pünder/265, Bl. 93-96.

43

Einleitung bisherigen Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. Schließlich übersandte Pünder ebenfalls am 17. 9. 1949 dem Bundeskanzler 238 Vorgänge seiner Dienststelle zum Marshallplan. Darin enthalten war der Entwurf eines Beitrages zur Regierungserklärung sowie einer Verbalnote an die O E E C und an die Alliierte Hohe Kommission, durch welche der Weg zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur O E E C an Stelle der die Bizone bislang vertretenden Militärgouverneure angeregt wurde239. Am 26. 9. 1949 dankte Adenauer namens der Bundesregierung sowie im eigenen Namen Pünder für die geleistete Arbeit, „die Sie in Ihrer Eigenschaft als Oberdirektor in den letzten Jahren geleistet haben. Diese Jahre gehören mit zu den schwersten in der Geschichte Deutschlands. Ungewöhnliche Aufgaben waren infolge der Ernährungsschwierigkeiten auf allen Gebieten des wirtschaftlichen, politischen und sozialen Lebens gestellt. Wenn wir heute den Aufbau unter günstigeren Voraussetzungen in Angriff nehmen können, so hat Ihre mit großer Umsicht und Energie geleistete Arbeit hieran besonderen Anteil" 240 . Es war Ausdruck des nicht spannungsfreien Verhältnisses zwischen Pünder und Adenauer, daß die verdienstvolle Tätigkeit Pünders in der neuen Bundesregierung nicht fortgesetzt werden konnte und langjährige Erfahrungen in der ersten Regierung Adenauer nicht nutzbar gemacht wurden. VII. BEMERKUNGEN ZUR DOKUMENTEN AUSWAHL UND ZUR QUELLENLAGE Die Auswahl der in diesem Band der Editionsreihe zum Abdruck gelangenden Hauptdokumente erfolgte nach den in der Einleitung der Herausgeber im ersten Band festgelegten Prinzipien. Mit Ausnahme der Besprechungsprotokolle für die französische Besatzungszone waren Dokumente zonaler Provenienz nicht mehr zu berücksichtigen. Es entsprach der politischen Entwicklung, daß sich in der britischen und amerikanischen Zone das Geschehen auf die bizonalen Institutionen verlagert hatte, obwohl die zonalen Einrichtungen von Zonenbeirat der britischen Zone und Länderrat der US-Zone rudimentär bestehen blieben. Der Zonenbeirat der britisch besetzten Zone, der am 29. 6. 1948 seine letzte Plenumstagung abgehalten hatte, existierte noch in mehreren Ausschüssen 241 , denen jedoch eine nennenswerte politische Bedeutung nicht mehr zukam. Der Länderrat der US-Zone, der formal durch Beschluß der Ministerpräsidenten der amerikanischen Zone am 19. 8 . 1 9 4 8 seine Tätigkeit zugunsten des Koordinierungsbüros der Länder mit Wirkung vom 30. 9. 1948 eingestellt hatte, war ebenfalls noch existent. Gerade das Jahr 1949 brachte noch einmal verstärkte Aktivitäten des Koordinierungsbüros und des Länderrats, wenngleich noch zu Beginn des Jahres O M G U S die vorliegenden Anträge des Länderrats, Ländergesetze und -Verordnungen zoneneinheitlich zu regeln, dilatorisch behandelt hatte242. Die amerikanische Militärregierung änderte jedoch ihre Einstellung zum Länderrat der US-Zone, als sie zu Beginn des Jahres festzustellen glaubte, daß die Entwicklung in Bonn in Richtung auf eine westdeutsche Regierung doch nicht so rasch wie erwartet verlaufen würde. Anläßlich

238

Ebenda, Bl. 97-99.

239

Nachl. Pünder/704.

240

Nachl. Pünder/272, Bl. 62.

241

Vgl. Dorendorf, Zonenbeirat, S. 46.

242

Siehe Prot, der internen Direktoriumssitzung vom 20. 1. 1949 in: Ζ 1/21, Bl. 73.

44

Einleitung

der Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone am 31. 1.1949 in Frankfurt, der sich getrennte Beratungen auf zonaler Ebene anschlossen, gab General Clay seinem Bedauern Ausdruck, daß er den Kontakt zu den Ministerpräsidenten der US-Zone ein wenig verloren habe. Auf der internen Länderratssitzung vom 15. 2. 1949243 berichtete Ministerpräsident Maier hierüber und gab bekannt, daß General Clay beabsichtige, „diese Besprechungen wieder mehr zu pflegen". Clay habe zugesagt, verstärkt in die materielle Prüfung der vorliegenden rund 30 Gesetze und Verordnungen eintreten zu wollen. Der dadurch dokumentierte Wandel in der Grundhaltung war eingetreten, nachdem die Erwartung General Clays, durch Abbau des Länderrates Druck auf die britische Zone zur Auflösung der dortigen „stark zentralistischen Einrichtungen" auszuüben, nicht eingetreten war. Die amerikanische Militärregierung gewann im Gegenteil den Eindruck, daß diese Stellen entgegen der Zusicherung durch die britische Militärregierung noch intensiver als zuvor tätig seien, „weil man in der britischen Zone hoffe, diese fertigen Einrichtungen nach Bildung einer Bundesregierung in die bundesstaatlichen Organisationen hineinwachsen lassen zu können" 2 ·". Um dieser Entwicklung vorzubeugen, sah sich General Clay veranlaßt, die Gesetzgebungsarbeit des Länderrates der US-Zone wieder stärker zu berücksichtigen. Darüber hinaus war die gesetzliche Koordinierungsarbeit des Länderrates, der sich bei sehr vielen Gesetzen mit den beiden übrigen Westzonen abzustimmen versuchte, auch in sachlicher Hinsicht geboten. So konnte auf einer Reihe von Gebieten eine Rechtszersplitterung vermieden werden, wenngleich eine vollständige Rechtsangleichung nicht realisierbar war. Immerhin kamen im Jahre 1949 noch 17 zonale und 10 zonenangeglichene Gesetze des Länderrates der US-Zone zustande. Wenn trotz dieser umfangreichen Arbeit der Länderrat der US-Zone in diesem Editionsband nicht durch den Abdruck von Hauptdokumenten repräsentiert wird, so ist dies mit der politischen Entwicklung auch in der amerikanischen Zone zu begründen, daß der zonale Länderrat nur noch dort eingriff, wo die bizonalen Institutionen keine Zuständigkeit besaßen. Es mag als Ausdruck der bekannten föderalistischen Grundhaltung der süddeutschen in Konkurrenz zu den eher zentralistischen norddeutschen Ländern gewertet werden, daß sie die Kompetenzen, die der Länderrat in Frankfurt nicht besaß, zum Erlaß von zoneneinheitlichen Gesetzen (ζ. B . beim Gesetz über Leistungen an Körpergeschädigte, Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts 245 ), nicht freiwillig preisgeben wollte. Tatsächlich wickelte der Länderrat der US-Zone aber im Laufe des Jahres 1949 vorwiegend schwebende Vorhaben des Vorjahres ab und konzentrierte seine neuerlichen Beratungen auf übergreifende Probleme der Sozialpolitik, wie der Flüchtlingsfragen, des Suchdienstes und der Freilassung deutscher Kriegsgefangener. Die eigentlichen politischen Entscheidungen hatten sich von Stuttgart wegverlagert. Clay unterstrich dies durch sein weiteres Fernbleiben. Auch handelte es sich bei den behandelten Materien in starkem Maße um länderspezifische Angelegenheiten. Die Tagesordnungen waren auffallend häufiger von gesundheitspolitischen Fragestellungen bestimmt244. 243

Prot, in Ζ 1/19, B l . 36.

244

Ausführungen von Ehard, ebenda, B l . 39.

245

Siehe Prot, der 77. Tagung des Direktoriums des L R der U S - Z o n e vom 2 0 . 1 . 1 9 4 9 in: Ζ1/165. Bl. 291; Prot, der 81. Tagung vom 1 1 . 4 . 1949, ebenda, B l . 94; Prot, der 82. Tagung vom 17. 5. 1949. ebenda, B l . 5 6 - 5 7 .

246

Vgl. Prot, der 83. Tagung des Direktoriums des L R der U S - Z o n e vom 17. 6. 1949, ebenda, Bl. 1.

45

Einleitung

In der Endphase der Zonenzeit erlebten die Länder der französischen Zone erstmals ein Zusammenwirken über ihre Grenzen hinweg. Dennoch entsprach es der Politik der französischen Militärregierung, die Eigenständigkeit der einzelnen Länder nach Möglichkeit zu fördern. Daher war es als großer Fortschritt anzusehen, daß General Koenig überhaupt zu regelmäßigen Besprechungen mit allen drei Regierungschefs seiner Zone zusammentraf und dadurch im Ansatz eine zentrale Einrichtung für seine Zone schuf. Im übrigen scheute sich die französische Regierung jedoch nicht, die Regierungschefs der drei Länder getrennt zu Beratungen nach Paris einzuladen. Der Abdruck der monatlichen Besprechungen in Baden-Baden eröffnet die Möglichkeit, sowohl die Politik der französischen Militärregierung in Deutschland als auch die Entwicklung in dieser Zone im Verhältnis zu den beiden übrigen aufzuzeigen. Die weitaus größte Anzahl der abgedruckten Dokumente besteht aus den Ergebnisprotokollen des Verwaltungsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, der seine Direktorialsitzungen in kabinettähnlicher Form abhielt - an ihnen nahmen nicht nur die Direktoren der Verwaltungen und die Leiter der bizonalen Ämter, sondern häufig auch eine größere Zahl von Fachbeamten teil. Angesichts der recht knappen Form der Protokollführung, welche zumindest teilweise auf die Tatsache zurückzuführen ist, daß die Aufzeichnungen den Militärregierungen zugänglich gemacht werden mußten und die deutschen Stellen ihre Verhandlungsposition gegenüber den alliierten Partnern nicht frühzeitig offenbaren wollten247, kommt der Kommentierung eine besondere Bedeutung zu, da oftmals nur durch recht ausführliche Erläuterungen die Sachzusammenhänge erschlossen werden können. Das scheinbare Mißverhältnis von Protokolltext und Kommentar war daher unvermeidbar. Bei der Kommentierung der einzelnen Gesetzesvorhaben wurde versucht, die wesentlichen Beratungsstationen aufzuzeigen, ohne daß ausführlich auf den parlamentarischen Prozeß eingegangen werden konnte, es sei denn, daß dort Einsprüche oder bedeutende Änderungen eingebracht wurden. Die Fülle der behandelten Themen, die das volle Ausmaß der von diesem Gremium geleisteten Regierungs- und Verwaltungstätigkeit dokumentieren soll und daher bewußt nicht einschneidend gekürzt worden ist, hatte zur Folge, daß die Ziele und die Wirkung einzelner Vorhaben und Maßnahmen nicht immer in ihrem gesamten Implikationszusammenhang dargelegt und erläutert werden konnten. Die Angabe zusätzlicher Archivsignaturen soll jedoch dem Spezialisten die weiterführende und detailliertere Quellenarbeit erleichtern. Damit erfüllt der vorliegende Editionsband - so hoffe ich - auch teilweise die Funktion eines Inventars. Die weiterführenden Hinweise wie auch bisweilen die Materialien zu den Kommentaren beziehen sich nicht nur auf Aktenbestände aus der Zonenzeit. Obgleich der einschlägige Bestand der Direktorialkanzlei im Bundesarchiv vollständig überliefert und auch erschlossen ist, reichten diese Materialien zur Kommentierung nicht aus. Insbesondere für die beiden großen Verwaltungen für Wirtschaft sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die gleichwohl zwei umfängliche Bestände (Z 6 und Ζ 8) gebildet haben, fehlen wichtige Akten aus der Endphase ihres Bestehens. Die sehr wichtige Verwaltung für Finanzen hat hingegen einen kaum erwähnenswerten Aktenbestand für die Zonenzeit gebildet (Z 28). Für die Verwaltung für Arbeit fehlt dieser schließlich gänzlich. Das hohe Maß an verwaltungsmäßiger Kontinutiät wird auf überzeugende Weise durch die Tatsache belegt, daß die Akten der bizonalen Fachres-

247

46

Vgl. Dok.Nr. 8, Anm. 2.

Einleitung

sorts von Frankfurt als Vorakten in die Bonner Bundesministerien übernommen wurden und erst in späteren Jahren als Abgaben dieser Ressorts an das Bundesarchiv abgeliefert wurden. Die Lokalisierung der Vorakten aus der Zonenzeit stößt in der Praxis noch auf erhebliche Probleme 2472 . Das vom Verwaltungsrat initiierte Gesetzgebungsprogramm war zusammen mit Exekutivmaßnahmen der bizonalen Verwaltung Gegenstand monatlicher Besprechungen von Vertretern dieser Verwaltungen, des Wirtschaftsrates und des Länderrates auf deutscher Seite mit den Militärgouverneuren Clay und Robertson, die ihrerseits ihren Beraterstab hinzuzogen. Die Tagesordnung für diese Besprechungen wurde gemeinsam aufgestellt. Die deutsche Seite erarbeitete in der Regel für die von ihr angeregten Punkte Vorlagen, welche den Militärgouverneuren schriftlich im voraus vorgelegt werden mußten. Zuvor waren diese und andere Punkte mit den BICO-Chairmen erörtert worden, die weitgehend darüber befanden, ob eine Angelegenheit überhaupt auf die höhere Ebene gelangen sollte. Eine Reihe technischer Fragen wurde von ihnen vorab entschieden. Nur wenn sie von so grundlegender Bedeutung waren, daß die Militärgouverneure selbst konsultiert werden mußten, wurde die weitere Behandlung zugelassen. Da es mithin zu thematischen Überschneidungen zwischen den Besprechungen bizonaler Vertreter mit den Militärgouverneuren einerseits und den B I C O Chairmen andererseits kam, wurden die Protokolle der BICO-Besprechungen nicht als Hauptdokumente aufgenommen. Statt dessen wurde versucht, prägnante Diskussionsverläufe in den Unterredungen mit den BICO-Chairmen in den Anmerkungen zu den zwei bis drei Tage später stattfindenden Besprechungen der Militärgouverneure wiederzugeben. Dies brauchte jedoch dann nicht vorgenommen zu werden, wenn sich die Argumentationen in beiden Sitzungen weitgehend deckten und sich deshalb eine Wiederholung erübrigte und wenn auf den BICO-Konferenzen abschließend behandelte und entschiedene Fragen in der nachfolgenden Sitzung mit den Militärgouverneuren nicht erneut zur Sprache gebracht wurden. Gleichwohl werden die wichtigsten Entscheidungen und Interventionen auf beiden Ebenen dokumentiert, zumal als weitere Provenienz die regelmäßigen Konferenzen der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes hinzutreten. Hier wurden sowohl solche Fragen behandelt, welche die Ministerpräsidenten in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Länderrates zur bizonalen Gesetzgebung interessierten, als auch Exekutivmaßnahmen (Wohnungsbau, Flüchtlingsausgleich) angeschnitten, für welche die Länderregierungen allein zuständig waren. Auch waren die Ministerpräsidenten stärker als der Verwaltungsrat selbst nach der Einschätzung der Militärgouverneure das im eigentlichen Sinne politische Gremium, das sich in einer nationalpolitischen Verantwortung sah, so daß hier außenpolitische Fragestellungen vorrangig erörtert wurden. Es war charakteristisch für die Bedeutung der Ministerpräsidenten als Diskussionspartner der Militärgouverneure, daß ihnen die Kritik an der Grenzregelung durch die Westmächte sowie die Initiative zufielen, zum Besatzungsstatut Stellung zu nehmen248. Den westlichen Verbündeten fiel es daher nicht sonderlich schwer, erstmals seit Kriegsende deutsche Vertreter offiziell zu außenpolitischen Vorgängen auf der Ebene der Außenminister zu konsultieren. Anders als in den vorausgegangenen Editionsbänden spielt die Außenpolitik in diesem Band eine herausragende Rolle in den Besprechungen, an denen deutsche Politiker beteiligt waren.

24,i

Vgl. Werner, Editionen.

248

Dok.Nr. 17, T O P 3; Dok.Nr. 26.

47

Einleitung

Schließlich werden für die trizonale Ebene die Protokolle der Ministerpräsidentenkonferenzen sowie die Sitzungen der Überleitungsausschüsse abgedruckt, wobei letztere Gruppe als einzige neue Quellengruppe für das Jahr 1949 hinzutritt. Obwohl die Überleitungsausschüsse keine Entscheidungsorgane waren, wurden ihre Sitzungsprotokolle dennoch in diesem Band berücksichtigt, weil die Gegenstände ihrer Beratungen ein bedeutendes Feld der Vorbereitungen auf die Bundesrepublik darstellen und die „Vorgeschichte" im engeren Sinne umgreifen. Mit neun Konferenzen entfalteten die Ministerpräsidenten der drei Zonen in den neun Monaten des Jahers 1949 eine bemerkenswerte Aktivität. Nach dem Scheitern der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz vom Juni 1947 hatte sich dieses Gremium bei den Vorbereitungen für die Verfassung und den Parlamentarischen Rat als durchaus wirkungsvoll und arbeitsfähig erwiesen. Angesichts der sich hieran anschließenden Probleme um die Verkündung eines Wahlgesetzes und der Federführung bei den Überleitungsausschüssen erlebte die gemeinsame Konferenz, die überdies eine Fülle länder- und zonenübergreifender Probleme behandelte, eine Neubelebung. Es waren dies die letzten Zeichen dafür, daß die politische Verantwortung in den Westzonen auf deutscher Seite einmal nahezu ausschließlich in Händen der Regierungschefs der Länder gelegen hatte und nun allmählich an andere zentrale Einrichtungen überging. Die Überlieferung zu den Ministerpräsidentenkonferenzen ist uneinheitlich. Zwar stand mit dem Büro der Ministerpräsidenten eine zentrale Koordinierungsstelle zur Verfügung, doch war diese nicht uneingeschränkt in der Lage, die ihr zufallende Aufgabe gegenüber den Länderverwaltungen zu erfüllen. Es mag als symptomatisch angesehen werden, daß die abschließende Konferenz vom 25./26. 8.1949 in Koblenz24' zwar von zwei in der Anwesenheitsliste genannten Stenographen protokolliert wurde, dieses Protokoll aber offensichtlich nicht mehr ausgefertigt wurde. Selbst der Entwurf des knappen Kurzprotokolls wurde anscheinend nicht in eine Reinschrift übertragen und - wie es ansonsten üblich war - den Länderregierungen als im Umdruck vervielfältigte Ausfertigung zur Kenntnis gebracht. In dieser Phase war der Umzug nach Bonn vorrangig; die in dieser und in anderen Dienststellen tätigen Beamten waren auch um die Sicherung eines Arbeitsplatzes in der neuen Bundesverwaltung bestrebt. Aus den genannten Gründen mußten die Überlieferungen der Länderregierungen als wichtige Quellenbasis hinzugezogen werden. Insbesondere für die Vorgänge in der französischen Zone mußte vollkommen auf die Länderüberlieferungen zurückgegriffen werden. Grundlage der Kommentierung für alle genannten Provenienzgruppen bilden staatliche Schriftgutbestände und Nachlässe der Staatsarchive der Länder, des Bundesarchivs, des Parlamentsarchivs des Deutschen Bundestages, des Stadtarchivs Bonn, der Stiftung Bundeskanzler Adenauer Haus und des Archivs der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die fortschreitende Verfilmung der OMGUS-Akten in den Vereinigten Staaten begünstigte die Anreichung des Kommentars und die Vertiefung des Kenntnisstandes für Vorgänge auf der Ebene der Militärregierungen über den Rahmen der veröffentlichten Quelleneditionen - Foreign Relations und Clay Papershinaus. Freilich wurde von dem außerordentlich reichhaltigen Angebot nur zurückhaltend Gebrauch gemacht, da im Vordergrund der Betrachtungen gemäß den Zielen der Editionsreihe die Entscheidungsbildung deutscher Gremien steht. Hinzu kommt, daß die Bedeutung der Militärregierung für die politische Praxis in den Westzonen 249

48

Dok.Nr. 78.

Einleitung

allmählich schwand. Die deutschen Stellen wuchsen zunehmend in die ihnen gewährte Verantwortung hinein. Die Konflikte der Militärregierungen untereinander treten dabei in den Hintergrund, obwohl auch sie, insbesondere wenn als ihre Folge Entscheidungen ausblieben, die Haltung und das Vorgehen der deutschen Seite beeinflußten. Der vorliegende Band setzt die Editionstechnik fort, die in der Einleitung zu Band 1 der Editionsreihe ausführlich erläutert worden ist250. Ich danke allen Damen und Herren in den Archiven und Institutionen, deren Schriftgutbestände ich für diesen Band der Aktenedition einsehen und auswerten durfte, für die zuvorkommende und großzügige Hilfe. Ohne ihre Unterstützung wäre diese Arbeit gewiß nicht zustande gekommen. Mein besonderer Dank gilt allen Kollegen des Bundesarchivs, die mir in ihren verschiedenen Funktionen mit Auskünften und Ratschlägen geduldig zur Verfügung gestanden haben. Für die außerordentliche Bereitschaft zur Diskussion und ihre kritische Offenheit in allen Sachfragen danke ich Herrn Dr. Walter Vogel und Herrn Dr. Wolfram Werner, die mir ihre vielfältige Erfahrung bei der Bearbeitung der vorangegangenen Bände zugänglich gemacht haben und mir so eine rasche Einarbeitung ermöglichten. Herr Dr. Werner stand mir darüber hinaus mit wohlwollender Kritik und seinen freundschaftlichen Ratschlägen bei der Korrektur der Einleitung zur Seite. Auch den Mitarbeitern im Institut für Zeitgeschichte, Herrn Dr. Günther Plum und Herrn Dr. Christoph Weisz, bin ich zu Dank für die kollegiale Zusammenarbeit an diesem gemeinsamen Projekt verpflichtet. Mein abschließender Dank gilt Frau Richmud Wesselmann, die mit großem Geschick mein Manuskript übertragen hat. Koblenz, im Juni 1980

250

Hans-Dieter Kreikamp

Siehe Akten zur Vorgeschichte 1, S. 88 ff.

49

50

Verzeichnis der Dokumente Nr. 1

5. 1. 1949 Frankfurt 42. Direktorialsitzung Α

79

Allgemeiner Teil

1. Begrüßung. 2. Seefrachtordnung. 3. Subventionen an unrentable Steinkohlengruben. 4. Notlage Schleswig-Holsteins und Mittel für die Deichinstandsetzung. 5. Aufgabenverteilung auf dem Gebiet der Statistik. 6. Einrichtung einer deutschen Verbindungsstelle für Dekartellisierungsfragen. 7. Finanzierung der Nachzahlung für das vor der Getreidepreiserhöhung abgelieferte Korn. 8. Entwurf eines Gesetzes über die Versorgung der Beamten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Versorgungsgesetz). 9. Stellungnahme zu Art. 143 des Entwurfs für ein Grundgesetz der Bundesrepublik. 10. Personalfragen. 11. Leitung des Hauptausgleichsamtes in Homburg. 12. Schaffung der Stelle eines Sparbeauftragten für das VWG. Β

Vertraulicher Teil

85

1. Behandlung des Vetos des Länderrates gegen Preisgesetz und Leitsatzgesetz. 2. Steuerfragen. 3. Versorgung der ausscheidenden Direktoren. 4. Vorbereitungen der Monatsbesprechung mit den Herrn Militärgouverneuren. 5. Schaffung der deutschen Zentralstelle für das Flüchtlingswesen. Nr. 2

12. 1. 1949 Frankfurt 43. Direktorialsitzung

89

1. Abkommen über verbotene Industrien. 2. Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Maß-, Gewichts- und Eichwesens. 3. Gesetz über die Behandlung der Opfer des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung. 4. Gesetz zur Wiederherstellung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung. 5. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes. 6. Gesetz über den Reichsmarkabschluß und das Geschäftsjahr. 7. Organische Brotpreisgestaltung. 8. Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftstechnischer Angelegenheiten. 9. Verkündung von Rechtsverordnungen. 10. Auslandsmessen im Jahre 1949. 11. Rechtsmittel gegen Verwaltungsentscheidungen der Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. 12. Personalfragen. 13. Gesetz betreffend Erhebung einer Ausfuhrabgabe für Kohle. 14. Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen. 15. Reichsbahnkredite. 51

Verzeichnis der Dokumente

Nr. 3

14. 1. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern

97

1. Bedarf an Grubenholz. 2. Walfang. 3. Jagdwesen. 4. Lastenausgleichsgesetz. 5. Stromlieferungen nach Bayern. 6. Warenimporte.

Nr. 4.

14. 1. 1949 Baden-Baden Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone

106

1. Ausweitung der deutschen Kompetenzen auf dem Wirtschaftssektor. 2. Verschleppte Personen. 3. Wahl des Vorsitzenden des Eisenbahnverkehrsrates. 4. Kriegsopfergesetz. 5. Stromexport nach Frankreich. 6. Rückgabe von Wehrmachtsvermögen. 7. Zusammenschluß der drei Länder des südwestdeutschen Raumes. 8. Kohlenversorgung. 9. Südwestfunk. 10. Demontagen. 11. Beamtengesetzgebung.

Nr. 5

20. 1. 1949 Frankfurt 44. Direktorialsitzung

120

1. Besetzung der Zentralstelle für das Flüchtlingswesen. 2. Ehemalige Mitglieder der NSDAP in der Verwaltung des VWG. 3. Stellungnahme zu Art. 143 des Entwurfs für ein Grundgesetz der Bundesrepublik. 4. Gesetz über eine landwirtschaftliche Betriebszählung 1949. 5. Gesetz über die Gleichstellung der in das zivile Arbeitsverhältnis überführten ehemaligen Kriegsgefangenen. 6. Gesetz über die Bestimmung eines Zeitpunktes für das Erlöschen ruhender Arbeitsverhältnisse. 7. Gesetz zur Besteuerung besonderen Aufwandes. 8. Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlich-technischer Angelegenheiten. 9. Haushalts· und Stellenplan der Verwaltung für Wirtschaft für 1949. 10. Erste Anordnung nach § 79 des Ersten Lastenausgleichsgesetzes. 11. Leitung des Hauptausgleichsamtes in Homburg. 12. Rahmengesetz über die Gewerbefreiheit. 13. Behandlung der Festkonten. 14. Leipziger Messe. 15. Personalfragen.

Nr. 6.

26. 1. 1949 Frankfurt 45. Direktorialsitzung

128

1. Verordnung über die Errichtung von Fachstellen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft. 2. Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlich-technischer Angelegenheiten. 3. Personalfragen. 4. Haushaltplan der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949.5. Notlage der Lokomotiv-Industrie. 6. Leitung von Handelsvertragsverhandlungen. 7. Gesetzgebungskompentenz des Wirtschaftsrates. 8. Protokollberichtigung. 52

Verzeichnis der Dokumente

Nr. 7

31. 1. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

133

1. Bekämpfung des Schmuggels. 2. Besatzungsstatut. 3. Wahlgesetz. 4. Flüchtlingsausschuß. 5. Grenzveränderungen. 6. Berlin. 7. Ruhrstatut. 8. Kriegsgefangene. 9. Preisbewegung. Nr. 8

2. 2. 1949 Frankfurt 46. Direktorialsitzung

147

1. Neue Berechnung der GARIOA-Importe zu Weltmarktpreisen. 2. Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlich-technischer Angelegenheiten. 3. Rahmengesetz über die Gewerbefreiheit. 4. Personalfragen. 5. Treibstoffsteuergesetz. 6. Erste Anordnung nach § 79 des Ersten Lastenausgleichsgesetzes. 7. Finanzierung der Forschungsinstitute. 8. Mitteilung des Vorsitzers des Verwaltungsrates über Fragen des Sozialen Wohnungsbaues. 9. Besprechungspunkte mit den Militärgouverneuren. 10. Bürgschaft für die Rhein-Main-Donau-AG. 11. Behandlung der Counterpart-Funds. 12. Besprechungen zum Ruhrstatut und Haushaltsrede des Oberdirektors. 13. Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates. Nr. 9

9. 2. 1949 Frankfurt 47. Direktorialsitzung

154

1. Zahlung der Importe in Weltmarktpreisen. 2. Steigerung der industriellen Produktion durch Einführung der Sieben-Tage-Woche. 3. Notlage der Lokomotiv-Industrie. 4. Dritte Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen. 5. Anwendung der Reichsgrundsätze über Einstellung, Anstellung und Beförderung der Beamten. 6. Bürgschaft für die Rhein-Main-Donau-AG. 7. Zollverwaltung und Zolleitstelle. Nr. 10

11./12. 2. 1949

Hamburg

Ministerpräsidentenkonferenz Α Öffentliche Eröffnungssitzung vom 11.2.1949

161

Β Nichtöffentliche Plenarsitzung vom 11./12. 2. 1949 167 1. Begrüßung durch Bgm. Brauer. 2. Rückkehr der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion. 3. Westdeusche Grenzfragen. 4. Ruhrstatut. 5. Stellungnahme zur Errichtung eines alliierten militärischen Sicherheitsamtes in Deutschland. 6. Flüchtlingsfragen und die Übernahme der Suchkartei des dänischen Roten Kreuzes. 7. Verschiedenes. 8. Stand der Beratungen im Parlamentarischen Rat. 9. Bundessitz. 10. Besatzungsstatut. 11. Organisation der Gesundheitsverwaltung in der Trizone. 12. Verabschiedung der Entschließungen. 53

Verzeichnis der Dokumente

Nr. 11

C Öffentliche Schlußsitzung vom 12.2.1949.

205

14. 2. 1949 Außerordentliche Direktorialsitzung

210

1. Neuberechnung der Importpreise. 2. Zolleitstelle und Zollgrenzschutz. 3. Zentralstelle für das Flüchtlingswesen. 4. Personalfragen. Nr. 12

14. 2. 1949 Baden-Baden Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone

212

1. Kinderhilfe. 2. Post, Telegraph, Telephon. 3. Metereologisches Zentralamt. 4. Beteiligung der französischen Zone an dem Kontrollausschuß für Emissionen. 5. Verwaltungsakademie Speyer. 6. Erweiterung der deutschen Befugnisse bei der Verteilung der Rohstoffe. 7. Steuererhöhung und Einführung neuer Steuern. 8. Kostenlose Ausbildung an den Lehreroberschulen. 9. Mitwirkung der französischen Zone bei der Gesetzgebung der Bizone. 10. Lage des deutschen Rundfunks nach den Beschlüssen der Kopenhagener Wellenkonferenz. 11. Lastenausgleichsgesetz. 12. Zusammenschluß der süddeutschen Länder. 13. Demontage. 14. Termin für die nächste Besprechung. Nr. 13

15. 2. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern

223

1. Zahlung von D-Mark für Einfuhren von Kategorie „A" Importen. 2. Erhöhung der Exportpreise für Kohle. 3. Bizonale Steuerpolitik. 4. Zollverwaltung. 5. Gesetz über Abschlagszahlungen bei der Einkommensteuer. 6. Notopfer Berlin. 7. Lastenausgleich. 8. Sozialversicherungsanpassungsgesetz. 9. Beamtengesetz. Nr. 14

16. 2. 1949 Frankfurt 48. Direktorialsitzung

234

1. Beamtengesetz. 2. Personalfragen. 3. Entwurf eines Gesetzes über die Flurbereinigung. 4. Entwurf eines Gesetzes über die Wählbarkeit zum Betriebsrat. 5. Zollfreiheit für Importe der Kategorie A-, ERP- und andere Einfuhren. 6. Wirtschaftliche Notlage der Deutschen Hochseefischerei. 7. Erklärung Schleswig-Holsteins zum Notstandsgebiet. 8. Errichtung einer Druckerei der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. 9. Beschlagnahme des Deutschen Reisebüros in Berlin durch die Sowjet. Militärregierung. 10. Zusätzliche Hausbrandversorgung für Eisenbahner. 11. Einführung der Sommerzeit. 12. Gesetz über die landwirtschaftliche Betriebszählung. Nr. 15 54

23. 2. 1949 Frankfurt 49. Direktorialsitzung

241

Verzeichnis der Dokumente

1. Wirtschaftliche Notlage der Deutschen Hochseefischerei. 2. Bericht über Stand, Aussichten und etwaige neue Pläne hinsichtlich der Fleischversorgung im VWG. 3. Energienotgesetz. 4. Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der tierischen Erzeugung (Tierzuchtgesetz). 5. Gesetz über die Bestimmung eines Zeitpunktes für das Erlöschen ruhender Arbeitsverhältnisse. 6. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Lohnstops. 7. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes. 8. Zollfreiheit für Kategorie A-, ERP- und andere Einfuhren. 9. Personalfragen. 10. Ausschuß für Fragen des Ruhrstatuts. 11. Metallarbeiterstreik in Bayern. 12. Protokollberichtigung. Nr. 16

23. 2. 1949 Frankfurt Besprechung zwischen Vertretern der Militärregierungen und bizonaler Stellen

246

Beamtengesetz Nr. 17

1. 3. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

251

1. Rückgabe von Fischdampfern. 2. Außenhandel. 3. Grenzberichtigung. 4. Lastenausgleich. 5. Patentgesetz. 6. Deutsche Kulturinstitute in Italien. 7. Auslieferung von Deutschen. 8. Besatzungsstatut. 9. Treuhandverwaltung Eisen und Stahl. 10. Wohnungsbau. 11. Flüchtlingswesen. Nr. 18

2. 3. 1949 Frankfurt 50. Direktorialsitzung

264

1. Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin". 2. Bereitstellung von 10 Millionen DM für Zwecke des Deichbaus und der Wasserwirtschaft in Schleswig-Holstein aus Haushaltsmitteln der Verwaltung des VWG. 3. Ausscheiden von Stellv.Dir. Kaufmann. 4. Gesetz über die Gleichstellung der in das zivile Arbeitsverhältnis überführten ehemaligen Kriegsgefangenen. 5. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes. 6. Abwicklung des Büros für Währungsfragen. 7. Besprechungspunkte mit den BICO-Chairmen und Herren Militärgouverneuren am 10. bzw. 15. 3. 1949. 8. Entwurf eines Schreibens des Vorsitzers des Verwaltungsrates an die Finanzberater der Militärregierung wegen Kreditanstalt für Wiederaufbau. 9. Personalfragen. 10. Einladungen zu den Sitzungen des HptA. des WR. 11. Treibstoffsteuergesetz, 12. Wertpapierbereinigungsgesetz. 13. Bericht über Abänderungsvorschläge zum Gesetz Nr. 15 der Militärregierung - Beamtengesetz.

Nr. 19

11. 3. 1949 Baden-Baden Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone

268 55

Verzeichnis der Dokumente

1. Ausführungen zur politischen Lage. 2. Erleichterungen zum Zuzug von Flüchtlingen. 3. Erhöhung der Einfuhrkredite von Getreide und Düngemitteln. 4. Lastenausgleich. 5. Mangel an Geldmitteln und Krediten. 6. Übertragung neuer Befugnisse auf dem Wirtschaftssektor an die deutsche Verwaltung. 7. Einheitliche Lebensmittelkarten und Schulspeisung. 8. Zölle für Einfuhren. 9. Kohleversorgung. 10. Deutsches Büro in Paris für den Marshallplan. 11. Verfall von Marshallplan-Krediten.

Nr. 20

15. 3. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern

284

1. Auslandsbetätigung der deutschen Versicherungen. 2. Export-DevisenBonus „B" für Berlin. 3. Bau von zwei Fischdampfern. 4. Lastenausgleich.

Nr. 21

16. 3. 1949 Frankfurt 51. Direktorialsitzung

289

1. Finanzierung der Forschungsinstitute. 2. Treibstoffsteuergesetz. 3. Anordnung zur Änderung der Preise für Gas und elektrischen Strom. 4. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes. 5. Beschlüsse des Wirtschaftsrates vom 4. 3.1949 über Ruhegehaltsbezüge der heimatvertriebenen Beamten, der Flüchtlingsbeamten und der Beamten ohne Dienstherr. 6. Passives Wahlrecht der Beamten. 7. Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlichtechnischer Angelegenheiten. 8. Eingliederung des Amtes für die Erfassung der Kriegsopfer in die Zentralverwaltung für innere Angelegenheiten der westdeutschen Regierung. 9. Einrichtung eines Wirtschaftspolitischen Ausschusses zur Beratung der Verwaltung des VWG. 10. Benennung eines Vertreters des VWG zur Teilnahme an der Eröffnung einer ERP-Ausstellung in London. 11. Verbindungsstelle zur JEIA. 12. Gesetz über Vermögenssteuerveranlagung. Nr. 22

24. 3. 1949 Königstein Ministerpräsidentenkonferenz

296

1. Stellungnahme zum Memorandum der MilGouv. zum Entwurf des Grundgesetzes. 2. Wahlgesetz. 3. Ländergrenzen. 4. Allgemeine Aussprache. 5. Beratung zu den Entschließungen. 6. Verschiedenes. Nr. 23

30. 3. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

329

1. Schiffsbau, Demontage. 2. Lastenausgleich. 3. Patentgesetz. 4. Reparationsfragen. 5. Fischbewirtschaftung. 6. Auslandsreisen. 7. Außenhandel. 8. Auslieferung von Deutschen. 9. Deutsche Kulturinstitute in Italien. 10. Arbeitslosigkeit. 56

Verzeichnis der Dokumente

Nr. 24

30. 3. 1949 Frankfurt 52. Direktorialsitzung

336

1. Besprechung mit den Militärgouverneuren. 2. Gesetz über die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Dentisten und Krankenkassen. 3. Erstes Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. 4. Neugestaltung der politischen Überprüfung. 5. Bericht über die Verhandlungen mit den Ländern über die Angleichung der Versorgung der verdrängten Pensionäre an die der einheimischen Pensionäre. 6. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Raumforschung. 7. Tätigkeit des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) im internationalen Straßenverkehr. 8. Personalfragen. 9. Gesetz über die Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates und ihrer Hinterbliebenen. 10. Preisfreigabe für Schweine und Schweinefleisch. 11. Zuckerpreisfrage. 12. Entwurf einer Anordnung über den Ausgleich von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastung des Hausbesitzers. 13. Leitsätze für die Ausrichtung von Gesetzgebung und Verwaltung auf die Ziele des Marshallplans. 14. Gesetz über eine Abgabe auf die Ausfuhr von Kohlen. 15. Deutscher Sachverständiger beim Tourism-Comittee bei der OEEC. 16. Notlage der Lokomotiv- und Waggon-Industrie. 17. Richtlinien des Personalamtes zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. Nr. 25

6. 4. 1949 Frankfurt 53. Direktorialsitzung

345

1. Kapitalbildung. 2. Besprechung mit den Militärgouverneuren. 3. Freigabe der Preise für Schweinefleisch. 4. Neugestaltung der politischen Überprüfung. 5. Stellenausschreibung gemäß Militärregierungsgesetz Nr. 15. 6. Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich. 7. Errichtung eines vorläufigen Hauptausgleichsamtes. 8. Angleichung der Versorgung der verdrängten Pensionäre an die der einheimischen Pensionäre. 9. Beschluß des Wirtschaftsrates vom 24. 3. 1949 betreffend Weiterbehandlung des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes. 10. Finanzierung der Lokomotiv- und Waggon-Industrie. 11. Neuordnung der Dekartellisierung unter Beteiligung deutscher Stellen. 12. Errichtung eines Wirtschaftspolitischen Ausschusses zur Beratung der Verwaltung des VWG. 13. Personalfragen. 14. Zweites Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern. 15. Protokollberichtigung. Nr. 26

12. 4. 1949 Bonn Ministerpräsidentenbesprechung

352

Besatzungsstatut Nr. 27

13. 4. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern Α Sonderbesprechung Fragen der Kapitalbeschaffung

355 57

Verzeichnis der Dokumente

Β Monatliche Besprechung

368

1. Freigabe der Bewirtschaftung von Schuhen und Textilien. 2. Zweites Steueränderungsgesetz. 3. Lastenausgleich. 4. Ziviler Luftverkehr. 5. Kohleneinfuhr. 6. Sozialversicherungsanpassungsgesetz. 7. Patentamt. 8. Flüchtlingsaustausch. 9. Bau von Fischdampfern.

Nr. 28

22. 4. 1949 Baden-Baden Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone Α

Monatliche Besprechung

378

1. Kreditpolitik. 2. Außenhandel der französischen Zone. 3. Übertragung von Vollmachten auf dem Wirtschaftssektor. 4. Frankfurter Verbindungsstelle. 5. Demontage. 6. Rundfunkrat. 7. Trizonale Verschmelzung der Gewerkschaften. 8. Augenblickliche Lage des Flüchtlingsproblems. Β

Sonderbesprechung

389

1. Besatzungsstatut. 2. Wahlgesetz. 3. Zur Lage in Bonn. 4. Zur Frage Württemberg-Baden. 5. Stellungnahmen der Ministerpräsidenten.

Nr. 29

27. 4. 1949 Frankfurt 54. Direktorialsitzung

393

1. Gesetz über die Behandlung der Verfolgten des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung. 2. Gesetz über die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Dentisten und Krankenkassen. 3. Gesetz über die Bildung von Gesamthafenbetrieben. 4. Ergänzungsvorlagen zum Haushaltsvorschlag 1949. 5. Erklärung des Verwaltungsrates zu der revidierten Demontageliste und zum Industrieabkommen. 6. Kaufpreis für die bizonale Getreidereserve. 7. Finanzierung des bizonalen Bauprogramms. 8. Senkung der Zuckersteuer. 9. Angleichung der Pensionen der verdrängten Beamten an die der einheimischen Beamten. 10. Treibstoffsteuergesetz und Küstenfischerei. 11. Personalfragen. 12. Gesetz über die Verwaltung der Zölle und der Umsatzausgleichsteuer. 13. Aufhebung der Verbrauchsregelung für Spinnstoffwaren und Schuhe. 14. Freigabe der Preise für Schweine- und Schaffleisch. 15. Richtlinie Nr. 1 des Personalamtes.

Nr. 30

29. 4. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone Α

Gemeinsame Sitzung

398

1. Grundgesetz. 2. Lastenausgleich. 3. Finanzausgleich. 4. Blockade Berlin. 58

Verzeichnis der Dokumente

Β Besprechung von General Clay mit den Ministerpräsidenten der US-Zone 405 Verabschiedung von Gen. Clay Nr. 31

4. 5. 1949 Frankfurt 55. Direktorialsitzung

408

1. Besetzung der deutschen Vertretung für ERP-Fragen in Washington. 2. Ergänzungsvorlagen zum Haushaltsvoranschlag 1949. 3. Finanzhilfe für die Elbe- und Donauschiffahrt. 4. Besprechung mit den Militärgouverneuren und den BlCO-Chairmen. 5. Bericht der Verwaltung für Finanzen über das Wertpapierbereinigungsgesetz. 6. Verwaltung von Reichseigentum. 7. Richtlinien über die Einstellung und Beförderung von Verwaltungsangehörigen in der Verwaltung des VWG. 8. Gesetz über Grundsätze der Lohnregelung und Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen für Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. 9. Notstandsprogramm für Schleswig-Holstein. 10. Gesetz über die Steuerfreiheit der Wiederaufbauanleihe. 11. Protokollberichtigung. Nr. 32

10. 5. 1949 Frankfurt Unterredung zwischen General Clay und Oberdirektor Pünder

412

Zur künftigen politischen Entwicklung Nr. 33

11. 5. 1949 Frankfurt 56. Direktorialsitzung

416

1. Gesetz über die Steuerfreiheit der Wiederaufbauanleihe. 2. Reichsbahnanleihe. 3. Warentransportbegleitscheine nach Berlin. 4. Subventionen an unrentable Zechen. 5. Finanzprobleme des Kohlenbergbaus. 6. Angliederung der Akademie für Raumforschung an das Stat. Amt des VWG. 7. Steuerermäßigung für Generatorkraftfahrzeuge. 8. Abwicklung der E. - und L. Verträge für Kartoffeln. 9. Durchführung des Militärregierungsgesetzes Nr. 15. 10. Durchführungsbestimmungen Nr. 1, 2, 3 und 4 zu dem Gesetz Nr. 15 der Militärregierung. 11. Lastenausgleich und Soforthilfegesetz. 12. Rechtstellung der bei den Militärregierungen beschäftigten deutschen Arbeitnehmer. 13. Sozialversicherungsleistungen an Einwohner der an Holland abgetretenen Gebiete. Nr. 34

12. 5. 1949 Frankfurt Konferenz der drei Militärgouverneure mit Vertretern des Parlamentarischen Rates und der Ministerpräsidenten

423

Genehmigung des Grundgesetzes Nr. 35

13. 5. 1949 Bad Godesberg Ministerpräsidentenkonferenz

429 59

Verzeichnis der Dokumente

1. Begrüßung. 2. Ratifizierung des Grundgesetzes. 3. Überleitungsmaßnahmen. 4. Unterrichtung der Vertreter des Pari. Rats und der Landtagspräsidenten. 5. Kriegsgefangenenbüro. 6. Gemeinsamer Schritt in der Auswanderungsfrage. 7. Deutsche Kulturinstitute in Italien. 8. Annahme von Transporten aus dem Osten. 9. Übernahme bei der politischen Befreiung tätiger Personen auf Bahn und Post. 10. Memorandum des Kuratorium zur Erforschung der nationalsozialistischen Politik. 11. Aufnahme illegaler Grenzgänger. 12. Spielbanken. 13. Stellungnahme zum Wahlgesetz. 14. Auslieferung Deutscher an die Oststaaten. Nr. 36,

16. 6. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern

440

1. Flüchtlingsausgleich. 2. Wählbarkeit von Beamten. 3. Steinkohlenzechen. 4. Durchführung der Washingtoner Vereinbarung. 5. Treibstoffsteuer. 6. Sozialversicherungsanpassungsgesetz. 7. Zollgrenzschutz. 8. Bizonale Gesetzgebung. Nr. 37

18. 5. 1949 Frankfurt 57. Direktorialsitzung

448

1. Gesetz über DM-Eröffnungsbilanz und Umstellungsmaßnahmen (Bilanzumstellungsgesetz). 2. Gesetz über die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Dentisten und Krankenkassen. 3. Gesetz über die Wählbarkeit zum Betriebsrat. 4. Gesetz über die Wiedereinführung der genossenschaftlichen Prüfungspflicht. 5. Gesetz über den Kapitalverkehr. 6. Gesetz über vorübergehende Gewährung von Zollbegünstigungen. 7. Gesetz über die Steuerfreiheit der Wiederaufbauanleihe. 8. Gesetzentwurf über einmalige Sonderzahlung an die Rußlandheimkehrer. 9. Bericht der Verwaltung für Finanzen über die Abänderung des Gesetzes zur Milderung dringender sozialer Notstände (Soforthilfegesetz). 10. Gesetz über die Flurbereinigung. 11. Gesetz über die Bildung von Gesamthafenbetrieben. 12. Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft. 13. Finanzprobleme des Kohlenbergbaus. 14. Gutachten der Agrarpolitischen Kommission des Preisrates. 15. Erhöhung der Umsatzsteuer. 16. Subventionen an unrentable Kohlenzechen. 17. Durchführungsbestimmung zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. Nr. 38

23. 5. 1949 Bad Godesberg 1. Sitzung des Technischen Auschusses der Ministerpräsidenten

456

Konstituierung Nr. 39

23-/24. 5. 1949 Bad Godesberg Ministerpräsidentenkonferenz

460

1. Begrüßung und Feststellung der Tagesordnung. 2. Zusammensetzung der Politischen Kommission. 3. Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Parlamen60

Verzeichnis der Dokumente

tarischen Rates. Fortsetzung zu TOP 3: Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Parlamentarischen Rates. Fortsetzung zu TOP 2: Zusammensetzung der Politischen Kommission. 4. Bundessitz. 5. Fragen zur Tagesordnung. 6. Wahltermin. 7. Annahme von Transporten aus dem Osten. 8. Aufwertung von Altgeldguthaben der Flüchtlinge. 9. Kriegsgefangenen- und Heimkehrerfragen. Nr. 40

25. 5. 1949 Frankfurt Vertrauliche Direktorialsitzung

471

1. Bonn - Frankfurt. 2. Militärregierungsgesetz Nr. 15. 3. Politische Überprüfung. 4. Gesetz zur Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates und ihrer Hinterbliebenen. 5. Berichte von Erhard und Knappstein. Nr. 41

29. 5. 1949 Königstein Unterredung zwischen Vertretern der amerikanischen Militärregierung, den Ministerpräsidenten der US-Zone und dem Präsidenten des Wirtschaftsrates

474

Stand der Pariser Außenministerkonferenz Nr. 42

31. 5. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

488

1. Stand der Verhandlungen in Paris. 2. Wahlgesetz. 3. Berlin. 4. Wohnungsbau. Nr. 43

31. 5./1. 6. 1949 Bad Schlangenbad Ministerpräsidentenkonferenz

496

1. Begrüßung. 2. Bericht über die Konferenzen mit General Hays und Außenminister Schuman. 3. Wahlgesetz. 4. Überleitungsausschüsse. 5. Wahltermin. Nr. 44

1. 6. 1949 Frankfurt 58. Direktorialsitzung

533

1. Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich. 2. Besprechung mit den BICOChairmen. 3. Material für eine Rede des Oberdirektors. 4. Überleitungsausschüsse. 5. Bestellung der Mitglieder zum Kontrollausschuß und zum ständigen Beirat bei dem Hauptamt für Soforthilfe. 6. Soforthilfegesetz. 7. Gemeinsame Anordnung der Verwaltung des VWG zur Ausführung von Statistiken. 8. Gesetz zur Eingliederung der Heimatvertriebenen in die Landwirtschaft (Flüchtlingssiedlungsgesetz). 9. Aufnahmegesuch des AVD (Automobil-Club von Deutschland) in die „Federation Internationale d'Automobile". 10. Neugestaltung der politischen Überprüfung. 11. Durchfüh61

Verzeichnis der Dokumente

rungsbestimmung zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. 12. Ernennung des Vizepräs, der Schuldenverwaltung. 13. Freigabe der Schweinepreise. 14. Beschlüsse auf Grund der Gesetze über Landwirtschaftliche Rentenbank und Deutsche Genossenschaftskasse. 15. Gesetz über die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Dentisten und Krankenkassen. 16. Übernahme des Meteorologischen Amtes für Norddeutschland in die Verwaltung des VWG. 17. Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Wertpapierwesens. 18. Gesetz über die Abführung von Ersparnissen des „Zentralbüros für Mineralöl GmbH" in Hamburg bei dem Vertrieb eingeführter fertiger Mineralöle. 19. Aufträge der Deutschen Reichsbahn. Nr. 45

2. 6. 1949 Bad Godesberg 2. Sitzung des Technischen Ausschusses der Ministerpräsidenten

540

1. Begrüßung und Protokollberichtigung. 2. Übersicht über den Raumbedarf für deutsche Regierungsstellen, für Besatzungsmächte und für Wohnungen. 3. Finanzierung von Wohnungsbauten, Wiedererrichtung von beschädigten Wohnräumen und Hausratbeschaffung. 4. Organisation des Büros Bundeshauptstadt. 5. Besichtigungsfahrt. 6. Schlußbesprechung. Nr. 46

10. 6. 1949 Bad Schlangenbad Ministerpräsidentenkonferenz

547

1. Frage der Zuständigkeit für das Wahlgesetz. 2. Stellungnahme zu den Beschlüssen der Landeswahlleiter. 3. Mittel für den Parlamentarischen Rat. 4. Gemeinsame Sitzung mit Vertretern des Parlamentarischen Rates. Nr. 47

11. 6. 1949 Wiesbaden 1. Sitzung des Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten

556

Konstituierung und Beratung über das Arbeitsprogramm Nr. 48

14. 6. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern

562

1. Finanzierung der Investitionen. 2. Soforthilfegesetz. 3. Wertpapierbereinigungsgesetz. 4. Nächste Sitzung des Wirtschaftsrates. 5. Deutsche Vertreter im Auslande. 6. Wohnungsbau. Nr. 49

14./15. 6. 1949 Bad Schlangenbad Ministerpräsidentenkonferenz Α Besprechung mit Vertretern des Parlamentarischen Rates und des Wirtschaftsrates 577 Überleitungsausschüsse Β

Besprechung der Ministerpräsidenten

1. Wahlgesetz. 2. Bundessitz. 62

592

Verzeichnis der Dokumente

Nr. 50

15. 6. 1949 Frankfurt 59. Direktorialsitzung

597

1. Verwendung der im Haushalt 1949/50 vorgesehenen 33 Mio DM für Wohnungsbauten. 2. Einrichtung einer Importausgleichsstelle. 3. Errichtung eines deuschen Patentamtes in Berlin. 4. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Ausgleich volkswirtschaftlicher Demontagefolgen (Demontageausgleichsgesetz). 5. Gesetz zur Bereinigung des Wertpapierwesens. 6. Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes. 7. Gesetz zur Änderung des Erbschaftssteuergesetzes. 8. Gesetz über die Bildung eines vorläufigen Verwaltungsrates der Deutschen Reichsbahn. 9. Gesetz zur Aufhebung einiger Verordnungen und Bestimmungen des Binnenschiffahrtrechts. 10. Verordnung zur Durchführung des Bewirtschaftungsnotgesetzes auf dem Gebiet des Straßenverkehrs. 11. Gesetz über eine Handwerkszählung im VWG. 12. Gesetz über Lohnstatistik. 13. Gesetz betr. Übertragung von Zuständigkeiten der ehemaligen Reichstreuhänder und Sondertreuhänder der Arbeit und des ehemaligen Reichstreuhänders für den öffentlichen Dienst. 14. Gesetz zur Verbesserung der gesetzlichen Unfallversicherung. 15. Kündigungsschutzgesetz. 16. Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenhilfe für Heimkehrer (Heimkehrergesetz). 17. Heimarbeitsgesetz. 18. Knappschaftsversicherungsanpassungsgesetz. 19. Gesetz über die Aufhebung von Vorschriften auf dem Gebiet der Krankenversicherung. 20. Gesetz über die Aufhebung des Erlasses des früheren Reichsministers vom 31. 10. 1944 betr. Ersatzkassen-Mitgliedschaft usw. 21. Gesetz über die Soforthilfe für die gesetzliche Krankenversicherung. 22. Gesetz über die Leistungen an Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene. 23. Gesetz über Maßnahmen auf besoldungsrechtlichem und versorgungsrechtlichem Gebiet zur Durchführung des Gesetzes Nr. 15 der Militärregierung. 24. Reichsbeteiligung an der neuen Norddeutschen und Vereinigten Elbe-Schiffahrts-A.G., Hamburg. 25. Angleichung der Pensionen der verdrängten Beamten an die der einheimischen Beamten. 26. Ausschreibung freier Stellen. 27. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau. 28. Gesetz zur Änderung des Zündwarensteuergesetzes. 29. Gesetz über die Steuerbefreiung von Branntwein zur Herstellung von Treibstoff. 30. Gesetz zur Regelung des Tabakkleinplanzeranbaus für das Erntejahr 1949. 31. Überleitungsausschüsse. 32. Gesetz zur Änderung und Neufassung des Gesetzes über die Einrichtung von Dienststrafkammern. 33. Durchführungsbestimmung zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. Nr. 51

16. 6. 1949 Baden-Baden Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone 610 1. Stand der Pariser Außenministerkonferenz. 2. Bildung der Bundesregierung. 3. Vereinigung von Baden und Württemberg. 4. Besatzungskosten. 5. Flüchtlingsübernahme. 6. Wahlgesetz.

N r . 52

17./18. 6. 1949 Bad Schlangenbad 2. und 3. Sitzung des Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten

63

Verzeichnis der Dokumente

A

2. Sitzung: 17. 6. 1949

619

1. Begrüßung. 2. Grundsätzliches zum Aufbau der Bundesverwaltung. 3. Bundespräsidialkanzlei. 4. Bundeskanzlei. Β

3. Sitzung: 18.6.1949

642

1. Vorbereitung der nächsten Arbeitssitzung. 2. Bundeskanzlei. 3. Bundestag. 4. Bundesrat. Nr. 53

22. 6. 1949 Frankfurt 60. Direktorialsitzung

649

1. Gesetz zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes und des Gesetzes zur Deckung der Kosten für den Umsatz ernährungswirtschaftlicher Waren. 2. Gesetz zur Änderung des Erbschaftssteuergesetzes. 3. Gesetz über Holzeinsparung und Holzschutz. 4. Zentralkasse für Handwerk, Handel und Gewerbe für das VWG. 5. Gesetz zur Änderung einiger Verordnungen und Bestimmungen des Binnenschiffahrtsrechts. 6. Angleichung der Pensionen der verdrängten Beamten an die der einheimischen Beamten. 7. Anordnung über Preise für eingeführte Güter (Einfuhrpreisanordnung). 8. Knappschaftsversicherungsanpassungsgesetz. 9. Körperbeschädigtenleistungsgesetz. 10. Aufhebung der Verbräuchsregelung für Seife und Reifen sowie der Bewirtschaftung der Textil-, Häute- und Lederstoffe und der Lockerung der NE-Metallbewirtschaftung. 11. Angliederung des deutschen Verdingungsausschusses für Bauleistungen an die Verwaltung für Verkehr. 12. Vertretung der Verwaltung des VWG. 13. Anordnung über die Beseitigung von Vorrechten aus Wehr- und Reichsarbeitsdienst. 14. Ausleseverfahren bei Bewerbungen. 15. Finanzierung der Mechernicher Werke. 16. Personalfragen. 17. Gesetz über den Ausschluß des Umtausches und der Bareinlösung außer Umlauf gesetzter Postwertzeichen. 18. Vorschüsse für den Steinkohlenbergbau aus dem früheren Haushalt der britischen Zone. 19. Überleitungsausschüsse. Nr. 54

23.-25. 6. 1949 Bad Schlangenbad 4. bis 6. Sitzung des Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten A

4. Sitzung: 23. 6. 1949

657

1. Begrüßung. 2. Finanzministerium. 3. Justizministerium. 4. Arbeitsministerium. Β

5. Sitzung: 24.6.1949

667

1. Innenministerium. 2. Post- und Verkehrsministerium. C

6. Sitzung: 25.6.1949

674

1. Bemerkungen zur TO. 2. Rechnungshof. 3. Auswärtige Angelegenheiten. 4. Festlegung der nächsten Arbeitssitzung. 64

Verzeichnis der Dokumente

Nr. 55

29. 6. 1949 Frankfurt 61. Direktorialsitzung Α

Allgemeiner Teil

678

1. Bestellung der Mitglieder des Kontrollausschusses und des ständigen Beirats bei dem Hauptamt für Soforthilfe. 2. Vertretung der Verwaltung des VWG. 3. Entwicklung des internationalen Fremdenverkehrs in Deutschland. 4. Erweiterung des Handelspolitischen Ausschusses durch ein Mitglied des Länderrats. 5. Bestellung der Stellvertreter der Kommissare für die Landwirtschaftliche Rentenbank und die Deutsche Genossenschaftskasse. 6. Errichtung der Importausgleichsstelle. 7. Subventionsbedarf für die Lebensmittelimporte nach dem 1. 7. 1949. 8. Preise für Düngemittel. 9. Finanzierung der Max-Planck-Gesellschaft. 10. Personalfragen. 11. Ernennung des Stellvertreters des Direktors der VfW. 12. Errichtung der Befrachtungs- und Speditionsstelle für Zentrale Einfuhren des VWG. 13. Gesetz zur Änderung der Seefrachtordnung. 14. Durchführungsbestimmung zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. Β

Vertraulicher Teil

686

1. Untersuchungsausschuß gegen ODir. Pünder. 2. Überleitungsausschüsse. Nr. 56

30. 6. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

689

1. Genehmigung von Gesetzen. 2. Arbeitslosigkeit und Kapitalmarkt. 3. Importpreise für Getreide. 4. Sitz der Bundesregierung. Nr. 57

30. 6.-4. 7. 1949 Bad Schlangenbad 7. bis 11. Sitzung des Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten A

7. Sitzung: 30. 6. 1949

699

1. Begrüßung. 2. Rechnungshof. 3. Auswärtige Angelegenheiten Β

8. Sitzung:

1.7.1949

705

1. Verhältnis zur Presse. 2. Wirtschaftsministerium. 3. Rechnungshof. 4. Personalamt. 5. Statistisches Amt. 6. Bewerbungen für die Bundesverwaltung. 7. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Fortsetzung zu TOP 2: Wirtschaftsministerium. 8. Wohnungswesen und Raumplanung. Fortsetzung zu TOP 2: Wirtschaftsministerium. Fortsetzung zu TOP 7: Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. C

9. Sitzung:

2.7.1949

720

1. Wirtschaftsministerium. 2. Arbeitsministerium. Fortsetzung zu TOP 1: Wirtschaftsministerium. Fortsetzung zu TOP 2: Arbeitsministerium. 65

Verzeichnis der Dokumente

D

10. Sitzung:

3.7.1949

742

1. Ministerium für Post- und Fernmeldewesen. 2. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 3. Raumordnung. 4. Beteiligung des Rechnungshofes. Ε

11. Sitzung: 4.7.1949

749

1. Verkehrsministerium. 2. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Fortsetzung zu TOP 1: Verkehrsministerium. 3. Ministerium für Post- und Fernmeldewesen. 4. Beratungen zur Verfahrensweise. Nr. 58

1. 7. 1949 Tübingen 1. Sitzung des Juristischen Ausschusses der Ministerpräsidenten

761

1. Begrüßung und Geschäftsführung. 2. Übersicht über die verschiedenen Überleitungsausschüsse. 3. Aufgaben des Juristischen Ausschusses. 4. Bildung von Sachverständigengruppen. 5. Vorbereitung von vordringlichen Gesetzen gemäß dem GG. 6. Vorbereitung sonstiger vordringlicher Bundesgesetze. 7. Ausdehnung des Geltungsbereichs von Gesetzen des Wirtschaftsrates auf die französische Zone. 8. Ausdehnung zonalen Rechts, also partiellen Bundesrechts auf das ganze Bundesgebiet. 9. Verlängerung der Geltungsdauer befristeter Gesetze des Wirtschaftsrates. 10. Überprüfung des Besatzungsrechts. 11. Unterlagen für die Ausschußmitglieder und Terminplanung. Nr. 59

4. 7. 1949 Stuttgart 1. Sitzung des Finanzausschusses der Ministerpräsidenten

773

1. Eröffnung der Sitzung. 2. Aufgabenstellung des Ausschusses. 3. Organisation des künftigen Bundesfinanzministeriums 4. Bundeshaushaltsplan. 5. Finanzausgleich. 6. Bildung von Unterausschüssen. 7. Terminplanung. Nr. 60

6. 7. 1949 Frankfurt 62. Direktorialsitzung

785

1. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse. 2. Nachtragshaushalt 1949. 3. Stellungnahme des Verwaltungsrates zu einem Initiativ-Antrag auf Verbilligung der Bunkerkohle. 4. Fortfall der 6%igen Gehaltskürzung. 5. Militärregierungsgesetz Nr. 15 - Wegfall der Planstellen. 6. Besprechung mit den BICO-Chairmen und den Militärgouverneuren. 7. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. 8. Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter. 9. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich. 10. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Veranlagungs- und Ablieferungswesens in der Landwirtschaft. 11. Entwurf eines Kündigungsschutzgesetzes. 12. Durchführungsbestimmung zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. Gesetz 66

Verzeichnis der Dokumente

über den Betrieb von Hochfrequenzgeräten. 14. Gesetz über die Aufhebung der Bewirtschaftung von Textil- und Lederstoffen. 15. Schreiben des Vorsitzenden der Deutschen Wirtschaftskommission. Nr. 61

6. 7. 1949 Bad Schlangenbad Ministerpräsidentenkonferenz Α

Sitzung des Hauptausschusses

795

Sitz der Bundesregierung. Β

Besprechung der Ministerpräsidenten

803

1. Stellungnahme zu den Empfehlungen des Hauptausschusses. 2. Nächste Konferenz der Ministerpräsidenten. Nr. 62

9. - 13. 7. 1949 Bad Schlangenbad 12. bis 16. Sitzung des Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten A

12. Sitzung: 9. 7. 1949

805

1. Begrüßung. 2. Ministerium für Post- und Fernmeldewesen. 3. Rolle des politischen Staatssekretärs. 4. Beratungen des Finanzausschusses. 5. Bewerbungen für den Bund. 6. Stellungnahme des Rechnungshofes. 7. Justizministerium. 8. Finanzministerium. Β

13. Sitzung: 10.7.1949

818

1. Bundesrat. 2. Arbeitsministerium. 3. Stellungnahme von MinPräs. Stock. Fortsetzung zu TOP 2: Arbeitsministerium. 4. Flüchtlingswesen. 5. Fürsorgewesen. 6. Wohnungs- und Siedlungswesen. 7. Gesundheitswesen. 8. Raumordnung. Fortsetzung zu TOP 2: Arbeitsministerium. 9. Bundespressestelle. C

14. Sitzung:

11.7.1949

831

1. Arbeitsministerium. 2. Innenministerium. 3. Wirtschaftsministerium. 4. Bundesrat. 5. Übernahme in das Beamtenverhältnis. 6. Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. 7. Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten. D

15. Sitzung: 12.7.1949

840

1. Überleitung der Verwaltung des VWG. 2. Verkehrsministerium. 3. Ministerium für Post- und Fernmeldewesen. 4. Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten. Fortsetzung zu TOP 2: Verkehrsministerium. 5. Bundeskanzlei. 6. Rechnungshof. 7. Lastenausgleich. Ε

16. Sitzung: 13.7.1949

866 67

Verzeichnis der Dokumente

1. Generalbericht. 2. Beamtenfragen. 3. Aufgabenabbau. 4. Abänderung der Dienstbezeichnung. 5. Gemeinschaftseinrichtungen. 6. Verabschiedung des Rechnungshofes. 7. Oberbehörden. 8. Überleitungsmaßnahmen. Nr. 63

13. 7. 1949 Frankfurt 63. Direktorialsitzung

872

1. Militärregierungsgesetz Nr. 15 - Wegfall der Planstellen. 2. Gesetz über den Wegfall der Kürzung der Dienst- und Versorgungsbezüge nach der ersten Gehaltskürzungsverordnung. 3. Personalfragen. 4. Gesetz über den Betrieb von Hochfrequenzgeräten. 5. Versorgung der Mitglieder des VR. 6. Antwort des Verwaltungsrates an den Vorsitzenden der Deutschen Wirtschaftskommission für die Sowjetische Besatzungszone. 7. Technische Fragen der Überleitung auf die Bundesrepublik Deutschland. 8. Notprogramm für Schleswig-Holstein. 9. Kündigungsschutz. 10. Höhe der für GARIOAEinfuhren nach dem 1.7.1949 erforderlichen Subventionen und Tragung der Kosten. 11. Gesetz über das Speditionsgewerbe. 12. Bildung eines Reichsbahnbeirates. 13. Subventionen für die Elbe- und Donauschiffahrt. 14. Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin". 15. Leitung der Vertretung Berlin des VWG. 16. Gesetz über die Aufhebung der Eisenbewirtschaftung. 17. Gesetz über die Branntweinsteuerbefreiung des an Bergleute abgegebenen Trinkbranntweins. 18. Verlängerung der Richtlinien Nr. 1 des Personalamtes. 19. Demontagedenkschrift. Nr. 64

14. 7. 1949 Bad Godesberg 3. Sitzung des Technischen Ausschusses der Ministerpräsidenten

882

1. Verfahrensfragen. 2. Stand der Bauarbeiten in Bonn. 3. Raumbedarf. 4. Unterbringung der alliierten Stäbe. Nr. 65

15. 7. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern Α

Monatliche Besprechung

888

1. Begrüßung des Hohen Kommissars der Vereinigten Staaten durch Präs. Köhler. 2. Berechnung der Importpreise zu den Preisen des WeltweizenAbkommens oder zu den inner-amerikanischen Stützungspreisen. 3. Verteilung des UFA-Vermögens auf die Länder. 4. Entscheidung über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. 2.1949. 5. Patentamt. 6. Divergenz zwischen Wirtschaftsratsgesetz Nr. 15 und der Kontrollratsdirektive Nr. 50. 7. Fragen der Zulassungspflicht der Steuerberater und Helfer in Steuersachen in der amerikanischen Besatzungszone. 8. Unerledigte Gesetze. 9. Preise der aus der Sowjetzone eingeführten Waren. 10. Haushaltsplan. 11. Soforthilfegesetz. 12. OEEC-Vertretung in Paris. 13. Nächste Konferenz. 68

Verzeichnis der Dokumente

Β

Sonderbesprechung

902

Haushaltsfragen

Nr. 66

16. 7. 1949 Frankfurt Schlußsitzung des Konsultativrates

909

Ergebnis der Pariser Außenministerkonferenz

Nr. 67

21. 7. 1949 Frankfurt 64. Direktorialsitzung

913

1. Untersuchungsausschuß gegen ODir. Pünder. 2. Gesetz über Gebühren für Maßnahmen im Straßenverkehr. 3. Antwort des Verwaltungsrates an den Vorsitzenden der Deutschen Wirtschaftskommission für die Sowjetische Besatzungszone. 4. Antrag des Gewerkschaftsrates auf Erhöhung der Devisenzuteilung. 5. Subventionierung von Ölstaaten und Düngemitteln. 6. Finanzhilfe für Berlin. 7. Versorgung der Mitglieder des VR. 8. Leitung der Vertretung Berlin des VWG. 9. Subventionen für die Elbe- und Donauschifffahrt.

Nr. 68

27. 7. 1949 Frankfurt 65. Direktorialsitzung

918

1. Finanzhilfe für Berlin. 2. Übernahme der Staatsdruckerei Berlin. 3. Wiederaufbau- und Wohnungsbauanleihe der KfW. 4. Weiterbehandlung der Demontagedenkschrift. 5. Einrichtung einer deutschen Dekatellisierungsstelle. 6. Gesetz über Schifferdienstbücher. 7. Vorläufiges Gesetz zur Ordnung des Eisenbahnwesens (Vorläufiges Eisenbahngesetz). 8. Mitgliedschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in der European Travel Commission (ETC) Paris. 9. Auslandsreisen der Beamten der Verwaltung des VWG. 10. Psychologische Eignungsprüfung durch das Personalamt. 11. Bestellung der Mitglieder des Kontrollausschusses beim Hauptamt für Soforthilfe. 12. Monatliche Gehaltsauszahlungen an die Verwaltungsangehörigen des VWG. 13. Personalfragen.

Nr. 69

27. 7. 1949 Königstein 2. Sitzung des Juristischen Ausschusses der Ministerpräsidenten

924

1. Begrüßung und Geschäftsordnung. 2. Ausdehnung der Gesetzgebung des WR auf die franz. Zone. 3. Ausdehnung bisher nur zonalen Bundesrechts. 4. Besatzungsrecht. 5. Verfassungsrechtliche Fragen. 6. Vordringliche Bundesgesetze. 7. Abschluß der Beratungen. Nr. 70

1. 8. 1949 Stuttgart 2. Sitzung des Finanzausschusses der Ministerpräsidenten

950 69

Verzeichnis der Dokumente

1. Beratungsstand. 2. Organisation der Bundesfinanzverwaltung. 3. Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzministeriums. 4. Grundsätze für die künftige Gestaltung der Bundes- und Länderfinanzverwaltung. 5. Haushaltsfragen. 6. Finanzausgleich. 7. Presseerklärung. Nr. 71

2. 8. 1949 Frankfurt 4. Sitzung des Technischen Ausschusses der Ministerpräsidenten

972

Vorentwurf des Berichts an die Ministerpräsidentenkonferenz Nr. 72

4. 8. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

977

1. Finanzhilfe für Berlin. 2. Soforthilfegesetz. 3. Patentgesetz. 4. Bundeswahlscheine. 5. Vorbereitung der Bundesregierung. Nr. 73

5. 8. 1949 Wiesbaden Ministerpräsidentenkonferenz

986

1. Begrüßung und Tagesordnung. 2. Verteilung der Transporte aus Gebieten jenseits der Oder-Neisse und der Tschechoslowakei. 3. Illegale Grenzgänger. 4. Generelle Lösung des Flüchtlingsproblems. 5. Finanzierung des Deutschen Rates der Europäischen Bewegung. 6. Abschluß der Finanzierung des Parlamentarischen Rates. 7. Dokumentation Ausschreitungen gegen Deutsche im Osten. 8. Räumung der DP-Lager. 9. Stellungnahme zum Staatsabkommen über die Finanzierung wissenschaftlicher Forschungsinstitute und über den Beitritt Berlins. 10. Stellungnahme zu einem Staatsabkommen über das Deutsche Institut zur wissenschaftlichen Erforschung des Nationalsozialismus. 11. Bericht über Schritte zur Befreiung der Kriegsgefangenen. 12. Wahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zum ersten Bundestag. 13. Auslegung der §§ 10 und 24 des Bundeswahlgesetzes. 14. Wahl auf Wahlscheinen außerhalb des Wahlgebietes. 15. Einberufung des Bundestags und der Bundesversammlung. 16. Koordinierung von Statistiken des Schul- und Hochschul, Medizinal-, Justiz- und Fürsorgewesens. 17. Verhütung von Wildschaden. 18. Rückerstattung des Gegenwertes bei der Gefangennahme abgenommener und quittierter Geldbeträge in fremder Währung. 19. Verlängerung des Etats des Büros der MinPräs. 20. Aufruf zur Durchführung eines sachlichen Wahlkampfes. 21. Fortführung der Überleitungsarbeiten. 22. Bewerbungen für den Bund. 23. Verschiedenes. Nr. 74

8. 8. 1949 Frankfurt 66. Direktorialsitzung

1033

1. Schreiben des Stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Wirtschaftskommission für die sowjetische Besatzungszone. 2. Finanzhilfe für Berlin. 3. Besuch der Leipziger Messe. 4. Besprechung mit den BICO-Chairmen und den Militärgouverneuren. 5. Vermögen des ehemaligen Reiches und es 70

Verzeichnis der Dokumente Landes Preußen (Gesetz Nr. 19 der US-Militärregierung). 6.Einfuhrpreisgesetz. 7. Genehmigung der Satzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau. 8. Zollbürgschaftserklärung für den Deutschen Touring-Club. 9. Beflaggung von Dienstgebäuden. 10. Zahlungstermine nach dem Soforthilfegesetz. 11. Leitung des Hauptamtes für Soforthilfe. 12. Errichtung eines Deutschen Reisebüros in den U S A . 13. Personalfragen. 14. Protokollberichtigungen. Nr. 75

16. 8. 1949 Frankfurt Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern

1040

1. Finanzhilfe für Berlin. 2. Gesetz über den Wegfall der Kürzungen der Dienst- und Versorgungsbezüge nach der ersten Gehaltskürzungsverordnung. 3. Güterfernverkehrsgesetz. 4. Worte zum Abschied von der bizonalen Verwaltung. Nr. 76

17. 8. 1949 Frankfurt Außerordentliche Direktorialsitzung

1049

1. Beantragung eines Kostenurteils im Rechtsstreit des Landes Hessen gegen die Verwaltung des V W G wegen der Bildung von Fachstellen. 2. Oberprüfungsamt für den höheren technischen Verwaltungsdienst. 3. Betriebsmittel der Reichsbahn. 4. Preisverbilligung der Zusatzlebensmittelversorgung für den Kohlenbergbau. 5. Demontage Salzgitter. 6. Liste der Beamtenernennungen bzw. -beförderungen der Verwaltungen und Ämter des V W G . 7. Gesetz über den Wegfall der Kürzung der Dienst- und Versorgungsbezüge nach der ersten Gehaltskürzungsverordnung. 8. Erhöhung des Benzinpreises. 9. Einweisung der Angestellten in Beamtenstellen. 10. Überleitung der Beamten und Angestellten der Verwaltung des V W G . 1 1 . Entwürfe für neue Briefmarken. 12. Einführung der Bezeichnung „Deutsche Bundesbahn". 13. Protokollergänzung. Nr. 77

24. 8. 1949 Frankfurt 67. Direktorialsitzung

1054

1. Preisverbilligung der Zusatzlebensmittelversorgung für den Kohlenbergbau. 2. Erhöhung des Benzinpreises. 3. Übernahme der Staatdruckerei Berlin. 4. Notlage Schleswig-Holstein. 5. Gestaltung des Zuckerrübenpreises. 6. Durchführungsbestimmungen zum Militärregierungsgesetz Nr. 15. 7. Beamtenbezeichnungen bei der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost. 8. Vorgriff auf Mittel aus den Counterpart Funds. 9. Termin für die letzte Direktorialsitzung. 10. Protokollberichtigung. Nr. 78

25./26. 8. 1949 Koblenz Ministerpräsidentenkonferenz

1059

1. Begrüßung und Tagesordnung. 2. Stellungnahme zum Beschluß des Hauptausschusses. 3. Endgültige Festsetzung der Einberufungstermine von Bundestag, Bundesrat und Bundesversammlung. 4. Gemeinsamer Schritt in 71

Verzeichnis der Dokumente

der Demontagefrage. 5. Einrichtung von Vertretungen der Länder im Bundesrat. 6. Entschließung der Ministerpräsidenten aus Anlaß der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland. 7. Beileidstelegramm an den französischen Hohen Kommissar. 8. Schlußansprache von MinPräs. Altmeier. Nr. 79

30. 8. 1949 Bad Godesberg 5. Sitzung des Technischen Ausschusses der Ministerpräsidenten

1068

Beratungen über den Abschlußbericht Nr. 80

1. 9. 1949 Frankfurt Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone

1091

1. Vorbereitungen für die Bundesorgane. 2. Demontage der Flughallen in Lemwerder. 3. Amnestie. 4. Presseangelegenheiten. Nr. 81

6. 9. 1949 Bonn 68. Direktorialsitzung

1110

1. Gestaltung des Zuckerrübenpreises. 2. Arbeitsergebnisse des Preisrates. 3. Erhöhung des Benzinpreises. 4. Verminderung der Arbeitslosigkeit. 5. Umgestaltung und Neuordnung der öffentlichen Betriebe der Gas- und Elektrizitätswirtschaft. 6. Ufa-Dekartellisierung. 7. Personalfragen. 8. Weiterer Subventionsbedarf für Nahrungsmitteleinfuhren. 9. Einführung der Sommerzeit. 10. Oberprüfungsamt für den höheren technischen Verwaltungsdienst. 11. Hebung und Reparatur gesunkener Schiffe. 12. Internationalisierung der August Thyssen-Hütte. 13. Einstellung von Eignungsprüfern beim Personalamt.

72

Verzeichnis der Abkürzungen Abg. Abs. Abschn. Abt. a.D. ADAC AHK amerik. Amtsbl. AmtsgerR. Anh. Anl. Anm. ArbMin. Art. ASD Ass. Ausf. Ausg. AvD

Abgeordneter Absatz Abschnitt Abteilung außer Dienst Allgemeiner Deutscher Automobilclub Alliierte Hohe Kommission amerikanisch Amtsblatt Amtsgerichtsrat Anhang Anlage Anmerkung Arbeitsminister, Arbeitsministerium Artikel Archiv der Sozialen Demokratie Assessor Ausfertigung Ausgabe Automobilclub von Deutschland

BA Bad. BASF BauDir. BauR. Bayer. Bd. BdL. beglaub. Ber. Bevollm. BEWAG BGB Bgm. BICO Bl. BMWi Botsch. BotschR. BR brit. BRT BT Bundesreg. Β ürgerschaftspräs.

Bundesarchiv Badisch Badische Anilin- und Soda-Fabrik Baudirektor Baurat Bayerisch Band Bank deutscher Länder beglaubigt Bericht Bevollmächtigter Berliner Elektrizitäts-Werke A.G. Bundesgesetzblatt Bürgermeister Bipartite Control Office (Zweimächtekontrollamt) Blatt Bundesministerium für Wirtschaft Botschafter Botschaftsrat Bundesrat britisch Β ruttoregistertonne Bundestag Bundesregierung Bürgerschaftspräsident 73

Verzeichnis der Abkürzungen

CCG/BE CDU CIO Col. CPF CSU

Control Commission for Germany/British Element Christliche Demokratische Union Congress of Industrial Organization Colonel (Oberst) Counterpart Funds (Gegenwertmittel) Christlich Soziale Union

DBfF DENA DGB Dir. DirK. DKBL Dok. DP DP dpd Drucks. DVP DWK DZ

Deutsches Büro für Friedensfragen Deutsche Nachrichtenagentur Deutscher Gewerkschaftsbund Direktor Direktorialkanzlei Deutsche Kohlenbergbauleitung Dokument Deutsche Partei Displaced Persons Deutscher Pressedienst Drucksache Deutsche Volkspartei Deutsche Wirtschaftskommission Doppelzentner

ECA ELF Ergebnisprot. ERP

Economic Cooperation Administration Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ergebnisprotokoll European Recovery Program (Marshallplan)

FARDIP FDP Fernschr. FinA. FINAG FinMin. FinPräs. FinSen. fm. franz. Frankf. Rdsch.

Bizonal I.G. Farben Dispersal Panel Freie Demokratische Partei Fernschreiben Finanzausschuß Finanzierungsaktiengesellschaft Finanzminister, Finanzministerium Finanzpräsident Finanzsenator Festmeter französisch Frankfurter Rundschau

g GARIOA

Gramm Government Aid and Relief in Occupied Areas (Hilfsfond für die besetzten Gebiete) Geheimrat gekennzeichnet General Generaldirektor Gesandter gezeichnet Grundgesetz Gemeinsame Geschäftsordnung

GehR. gekennz. Gen. GenDir. Ges. gez. GG GGO 74

Verzeichnis der Abkürzungen

Gouv. GRT GS GVOB1.

Gouverneur gross registered tonnage (Bruttoregistertonne) Generalsekretär, Generalsekretariat Gesetz- und Verordnungsblatt

H. handschr. HaushA. Hess. HICOG Hon.-Prof. ΗΡΑ HptA. HptRef. HptVerw. HStA

Heft handschriftlich Haushaltsausschuß Hessisch United States High Commissioner for Germany Honorarprofessor Handelspolitischer Ausschuß Hauptausschuß Hauptreferent Hauptverwaltung Hauptstaatsarchiv

i.A. IMin. IRO JEIA JuristA. JustDir. JustMin.

im Auftrag Innenminister, Innenministerium International Refugee Organization (Internationale Flüchtlingsorganisation) Joint Export Import Agency Juristischer Ausschuß Justizdirektor Justizminister

Kap. KfW KPD KultusMin. Kurzprot. Kwh

Kapitel Kreditanstalt für Wiederaufbau Kommunistische Partei Deutschlands Kultusminister, Kultusministerium Kurzprotokoll Kilowattstunde

LandesbezPräs. Landesdir. LandesK. Landespräs. Landesreg. LandgerDir. LandgerR. Landschaftsdir. Landtagsdir. Landtagspräs. LPD LegR. LHA LT Ltd. MagDir. LR

Landesbezirkspräsident Landesdirektor Landeskanzlei Landespräsident Landesregierung Landesgerichtsdirektor Landgerichtsrat Landschaftsdirektor Landtagsdirektor Landtagspräsident Liberal-Demokratische Partei Legationsrat Landeshauptarchiv Landtag Leitender Magistratsdirektor Länderrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 75

Verzeichnis der Abkürzungen

LRGS LRUS

Sammlung der Länderratsgesetze Länderrat des amerikanischen Besatzungsgebietes

MagDir. Mdl MilGouv. MilReg. Min. MinDir. MinDirig. MinPräs. MinPräs.Konf. MinR. Mio.

Magistratsdirektor Ministerium des Innern Militärgouverneur Militärregierung Minister Ministerialdirektor Ministerialdirigent Ministerpräsident Ministerpräsidentenkonferenz Ministerialrat Million

NA Nachl. nachm. Nds. NE-Metalle nichtöffentl. NKWD NRW NSDAP NWDR

National Archives (Washington D.C.) Nachlaß nachmittags Niedersächsisch Nicht-Eisen-Metalle nichtöffentlich Volkskommissariat für innere Angelegenheiten, auch Geheimpolizei Nordrhein-Westfalen Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nordwestdeutscher Rundfunk

OBgm. ODir. OEEC öffentl. OFICOMEX OFinPräs. Olnsp. OLandesgerR. OMedR. OMGUS OPräs. ORegR. OrgA.

Oberbürgermeister Oberdirektor Organization for European Economic Cooperation öffentlich Office du Commerce Exterieur Oberfinanzpräsident Oberinspektor Oberlandesgerichtsrat Obermedizinalrat Office of Military Government, United States Oberpräsident Oberregierungsrat Organisationsausschuß

PA Pari. Rat PDR polit. Präs. Presseref. Prot.

Parlamentsarchiv Parlamentarischer Rat Prisonniers, Departes, Refugies (Verschleppte Personen) politisch Präsident Pressereferent Protokoll

76

Verzeichnis der Abkürzungen

RAnw. RegBauDir. RegDir. RegPräs. RegR. Ref. RG RGBl. RGCO RM RMin. RVO RWM

Rechtsanwalt Regierungsbaudirektor Regierungsdirektor Regierungspräsident Regierungsrat Referent Record G r o u p Reichsgesetzblatt Regional Government Coordinating Office Reichsmark Reichsminister, Reichsministerium Reichsversicherungsordnung Reichswirtschaftsministerium

schriftl. SED Sekr. Sen. SenK. SenPräs. SenSynd. SHG Sitzungsprot, Slg. SMAD Sowjet. SPD StA StadtR. StadtvVorst. Stat. A m t STBKAH StGB StEG Stellv. Stellv. Dir. Stellv. Vors. Sten.Ber. Stenograph. StK. StMin. StPräs. StR. StReg. StS.

schriftlich Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sekretär Senator Senatskanzlei Senatspräsident Senatssyndikus Soforthilfegesetz Sitzungsprotokoll Sammlung Sowjetische Militäradministration sowjetisch Sozialdemokratische Partei Deutschlands Staatsarchiv Stadtrat Stadtverordnetenvorsteher Statistisches A m t Stiftung Β undeskanzler-Adenauer-Haus Strafgesetzbuch Staatliche Erfassungsgesellschaft (für öffentliches G u t ) Stellvertreter Stellvertretender Direktor Stellvertretender Vorsitzender Stenographische Berichte stenographisch Staatskanzlei Staatsminister, Staatsministerium Staatspräsident Staatsrat Staatsregierung Staatssekretär

TASS TechnA.

Telegrafenagentur der Sowjetunion Technischer Ausschuß 77

Telegr. Tit. to TO TOP

Telegramm Titel Tonne Tagesordnung Tagesordnungspunkt

u.a. Ufa UK UN undat. UNESCO ungez. UNICEF UP US

und andere Universum-Film-AG United Kingdom United Nations undatiert United Nations Educational, Scientific and Cultural Education ungezeichnet United Nations International Children's Emergency Fund United Press United States

VELF vervielf. VerwDir. VfΑ VfF VfPuF VfV VfW Vizepräs. VO vorl. Vortr. LegR. VortrR. Vors. VR W VWG

Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vervielfältigt Verwaltungsdirektor Verwaltung für Arbeit Verwaltung für Finanzen Verwaltung für Post und Fernmeldewesen Verwaltung für Verkehr Verwaltung für Wirtschaft Vizepräsident Verordnung vorläufig Vortragender Legationsrat Vortragender Rat Vorsitzer, Vorsitzender Verwaltungsrat Vollversammlung Vereinigtes Wirtschaftsgebiet

Wahlp. WiA. WiGBl. WiMin. Wörtl. Wortprot. WR

Wahlperiode Wirtschaftsausschuß Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wirtschaftsminister, Wirtschaftsministerium Wörtlich Wortprotokoll Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes

z.D. z.d.A. zeitw. Ziff. ZPO

zur Disposition zu den Akten zeitweise Ziffer Zivilprozeßordnung

78

Dokumente

42. Direktorialsitzung

5. 1. 1949

Nr. Ι Α

Nr. 1 42. Direktorialsitzung in Frankfurt 5. Januar 1949 Α

A l l g e m e i n e r Teil

BA Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 15-18. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 6. 1. 1949" TO: Ebenda, Bl. 10-1l 2 Anwesend1: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Scheuble, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth (VR) Stellv.Dir. Niklas, MinDir. Staab, MinDirig. Bretschneider (zeitw.), Winkelstern (zeitw.) (VELF); Stellv.Dir. Kriege, MinR. Meyer (zeitw.) (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDir. Schalfejew (VfW) MinDir. Oppler (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (Stat. Amt) MinDir. Krautwig, MinDir. Knappstein, MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich (DirK.) Landesdir. Suchan (Schleswig-Holstein)4

[1. Begrüßung] Einleitend gibt ODir. Pünder seiner Freude über die bisher gute Zusammenarbeit des Verwaltungsrates Ausdruck und entbietet den Mitgliedern des Verwaltungsrates sowie ihren Stellvertretern seine Neujahrswünsche. [2. Seefrachtordnung9] Nach Vortrag von Dir. Frohne wird dem Antrag der Verwaltung für Arbeit auf Vertretung im Seefrachten-Ausschuß (Art. 1, § 2, Abs. 3 des Entwurfes 6 ) zugestimmt. Der Verwaltungsrat billigt die Vorlage und beschließt ihre Zuleitung an den Länderrat zur Stellungnahme 7 . 1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau in: Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 27-30.

2

Da die für den 20. 12. 1948 vorgesehene Direktorialsitzung ausgefallen war, wurde eine neue TO erstellt.

3

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 26.

4

Zeitweise als Gast.

5

Mit dem Gesetz zur Änderung der Seefrachtordnung (mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 104-105) sollten die aus dem Jahre 1930 stammenden Bestimmungen der geltenden allgemeinen Rechtslage angepaßt werden. Den Ländern der brit. Zone war aufgrund der VO Nr. 57 der brit. MilReg. vom 1. 12. 1946 (Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 15, S. 344) die Gesetzgebungsbefugnis auf dem Gebiet der Seefrachtordnung versagt. Nunmehr sollte der Dir. der VfV zum Erlaß von Durchführungsbestimmungen ermächtigt werden, wobei er der Zustimmung des Ausschusses für die Seefrachtordnung (siehe Anm. 6) bedurfte.

6

Gemäß Art. I, § 2 (3) des Gesetzentwurfes sollte der Ausschuß aus je einem Vertreter des Dir. der VfW, der obersten Behörden der Küstenländer, der Reeder, der See-Berufsgenossenschaft, der chemischen Industrie, der Wissenschaft und der Arbeitnehmer gebildet werden.

7

Die Zuleitung erfolgte durch die DirK. am 7. 1. 1949 (Z 4/110). Die Bevollm. der Länder erteilten ihre schriftl. Zustimmung (ebenda). Der Bevollm. des Landes Hessen wies jedoch darauf hin, daßder Dir. der VfV „eine besonders starke Stellung" erhalte, und daß es angebracht erscheine, „dem Seefrachtausschuß mehr Gewicht zukommen zu lassen". Bremen wollte die Vorlage als Übergangslösung angesehen wissen. Nach Inkrafttreten des Besatzungsstatuts, wenn nämlich die VO Nr. 57 der brit. MilReg. aufgrund des § 7 des Besatzungsstatuts aufgehoben werden würde, schien ein Gesetz des VWG nicht mehr begründet. Der VR zog daher seinen Gesetzentwurf zurück (vgl. Dok.Nr. 55 A, TOP 13).

79

Nr. Ι Α

5. 1. 1949

42. Direktorialsitzung

[3.] Subventionen an unrentable Steinkohlengruben Nach Vortrag von MinDir. Schalfejew und längerer Aussprache wird beschlossen, dem Wirtschaftsrat und Länderrat eine Nachtragsvorlage zum Haushaltsplan 1948 zugehen zu lassen, in welcher die gewünschten Subventionen 8 eingesetzt sind und auf der Passivseite des Haushaltes zur Deckung der Ausgaben in Höhe der letzteren ein Ausfuhrzoll für Kohle erscheinen'. D i e Verwaltung für Wirtschaft wird den Entwurf eines Schreibens der Direktorialkanzlei an den Wirtschaftsrat betr. Nachtragshaushaltsvorlage 1948 vorlegen. Der Vorschlag der Direktorialkanzlei eines Antwortschreibens an Bipartite Control Office wird vom Verwaltungsrat gebilligt10. [4. Notlage Schleswig-Holsteins und Mittel für die Deichinstandsetzung] [ODir. Pünder gibt bekannt, daß er auf Anregung von MinPräs. Lüdemann der Teilnahme von Landesdir. Suchan an diesem Teil der Sitzung zugestimmt hat.] Landesdir. Suchan berichtet über die Notlage Schleswig-Holsteins und die Notwendigkeit, einen Antrag auf Freigabe von 10 Mio D M aus Mitteln der Gemeinsamen Außenhandelskasse für Deichinstandsetzungen an die Allied Banking Commission zu

8

In einem BICO-Memorandum vom 15. 12. 1948 (Z 13/87, Bd. 13, Bl. 108-110) hatten es die MilReg. für erforderlich gehalten, die Zahlung von Subventionen an unrentable Gruben nicht weiter hinauszuschieben, um im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage die Fördermenge an Steinkohle nicht nur zu halten, sondern weiter zu erhöhen. Der Präs. des WR, Köhler, wurde angewiesen, einen Betrag von DM 34 Mio in den Nachtragshaushalt der Bizone für 1948/49 einzusetzen, um entstandene Betriebsverluste für die Zeit vom 1. 7. 1948 bis zum 31. 3. 1949 auszugleichen. Der DKBL sollten unverzüglich und ungeachtet einer langfristigen Lösung des Problems DM 22 Mio gezahlt werden. Mit Schreiben vom 17. 12. 1948 hatte Köhler daraufhin um Überprüfung der ausgesprochenen Anweisung gebeten (WR-Drucks. Nr. 857), doch bestätigte BICO mit Memorandum vom 22. 12. 1948 (WR-Drucks. Nr. 858) die getroffene Entscheidung. Pünder erhielt auf sein Schreiben an BICO vom 17. 12. 1948 (Z13/198, Bd. 2a, H. 2), in dem er die Zahlung von Subventionen zum gegebenen Zeitpunkt weder für durchführbar noch für erforderlich bezeichnete, am 23. 1. 1949 (ebenda) ebenfalls eine Bestätigung der alliierten Anweisung. Die DKBL indes bezeichnete in einem Schreiben an die VfW vom 11. 12. 1948 (B 102/3315) die Bereitstellung von Subventionen für zwingend erforderlich. Die Haltung der VfW, die Verluste der unrentablen Zechen aus den Mehrerlösen der übrigen, rentablen Zechen zu decken, erläuterte Schalfejew auf einer gemeinsamen Sitzung des Haushahsausschusses, des Sonderausschusses zur Behandlung von Fragen der Kohlenförderung sowie des Enquöte-Ausschusses zur Prüfung der Preise für Steinkohle, Eisen, Stahl und Braunkohle des WR am 6. 1. 1949 (Wortprot., ebenda). Weitere Materialien in: Β 102/4307-4309.

9

Der WR stimmte der Kreditgewährung auf seiner 30. VV am 7. 1. 1949 (WR-Drucks. Nr. 873 neu) grundsätzlich zu und ersuchte den VR, „zur Ermöglichung der Bereitstellung dieser Kreditmittel einen Gesetzentwurf über die Erhebung einer Abgabe auf Kohle" (vgl. Dok.Nr. 2, TOP 13) vorzulegen. Aufgrund dieser Verbindung konnte der im Einzelplan VI, Kap. Ε11, Tit. 9a des Nachtrages zum Haushalt des VWG für das Rechnungsjahr 1948 ausgewiesene Finanzbedarf auf DM 12 Mio beschränkt werden, was freilich die Genehmigung des Gesetzes voraussetzte. Der WR billigte den Nachtrag am 18. 2. 1949 (WRDrucks. Nr. 935), und der LR stimmte am 2. 3. 1949 zu (Z 4/154, Bl. 33).

10

In seinem Schreiben an Köhler vom 5 . 1 . 1949 (Z13/198, Bd. 2b, H. 2) bekräftigte Pünder die Auffassung des VR, „daß die Zahlung von Subventionen entbehrlich wäre, wenn eine den Gegebenheiten entsprechende Lenkung der Exporterlöse, die das Defizit der Randzechen mehr als decken, vorgenommen werden könnte". Man habe sich dennoch entschlossen, im Nachtragshaushalt die geforderten Mittel einzusetzen, „um aufgrund der Anweisung der MilReg. den gesetzgebenden Körperschaften die Möglichkeit zur zuständigen Entscheidung zu geben". Eine Abschrift dieses Schreibens sandte Pünder an BICO. Damitsei, so hob er in seinem Anschreiben vom 5. 1. 1949 (ebenda) hervor, die Durchführung der alliierten Anweisung in die Wege geleitet.

80

42. Direktorialsitzung

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Nr. Ι Α

stellen". Der Verwaltungsrat beschließt, diesen Antrag unverzüglich einzureichen' 2 . Ferner beschließt der Verwaltungsrat, die Verwaltung für Verkehr zu beauftragen, eine Tarifermäßigung für Zone 1 (Südschleswig) durchzuführen und wegen der Tarifgestaltung für Zone 2 in Tarifverhandlungen einzutreten. Der Direktor der Verwaltung für Verkehr stellt in Aussicht, seinen Tarifreferenten für Verhandlungen wegen Zone 2 baldigst zu entsenden und weist darauf hin, daß die Tarifänderungen von der Militärregierung genehmigt werden müssen. Wegen der Straßenbrücke über die Elbe bei Artlenburg und der Kreditfrage werden Verhandlungen stattfinden". Landesdir. Suchan wird MinPräs. Lüdemann unterrichten. [5.] Aufgabenverteilung auf dem Gebiet der Statistik Nach Vortrag von MinDirig. Fürst wird beschlossen, dem entsprechend den Vorschlägen der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Rechtsamtes' 4 berichtigten Entwurf zuzustimmen und seine Veröffentlichung im „Öffentlichen Anzeiger" für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet zu veranlassen 15 . [6.] Einrichtung einer deutschen Verbindungsstelle ffir Dekarteüisierungsfragen Der Verwaltungsrat pflichtet nach Vortrag von Stellv. Dir. Kaufmann dem Vorschlag der Verwaltung für Wirtschaft bei, der Errichtung einer deutschen Abteilung beim Zweimächteausschuß für Dekartellisierungsfragen zuzustimmen' 6 und dem im Memo-

11

In einem Schreiben vom 18. 10. 1948 an Pünder (Z 13/318), hatte der MinPräs. des Landes SchleswigHolstein auf den „besonderen Notstand" seines Landes aufmerksam gemacht. Die VfW berichtete am 18. 11. 1948 (ebenda) zur Frage der bevorzugten Berücksichtigung mit Rohstoffen, und die VELF über die Kontakte mit dem Direktor der Food, Agriculture and Forestry Group, Andrews, hinsichtlich wasserwirtschaftlicher Maßnahmen (ebenda). Dabei konnte Obereinstimmung erzielt werden, daß eine sofortige Unterstützung erfolgen müsse, um bereits laufende Projekte weiterführen zu können. Schlange-Schöningen konnte ferner anführen, daß die von der VELF an die Food, Agriculture and Forestry Group weitergeleiteten Anträge der Landesreg. vom 19. 10. und 12. 10. 1948,DM8Miofürwasserwirtschaftliche Maßnahmen und DM 2 Mio für Siedlungsmaßnahmen bereitzustellen, von dieser befürwortet worden waren. Seinem Schreiben vom 10. 11. 1948 (ebenda) hatte der Leiter der Group jedoch hinzugefügt, daß es sehr schwierig sein und große Mühe kosten werde, die Finanzbehörden bei der MilReg. davon zu überzeugen, DM 10 Mio aus Counterpart Funds zur Verfügung zu stellen.

12

Siehe Pünder an BICO vom 8. 1. 1949 mit Zusammenstellung der dringend erforderlichen im Lande Schleswig-Holstein durchzuführenden wasserwirtschaftlichen Maßnahmen (ebenda). Mit Schreiben vom 15. 2. 1949 (ebenda) lehnte BICO jedoch trotz Anerkennung der Dringlichkeit des Projekts die Finanzierung ab. Die Mittel müßten aus allgemeinen Steuereinnahmen zu Lasten des bizonalen Haushalts bereitgestellt werden. Der VR folgte dieser Anregung am 2. 3. 1949 (vgl. Dok.Nr. 18, TOP 2), reduzierte jedoch das Volumen auf DM 5 Mio.

13

Vgl. Ζ 13/173 sowie zum Fortgang Dok.Nr. 15, TOP 2. Siehe Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 117-120. Siehe Öffentlicher Anzeiger, Nr. 13, S. 2. Vgl. die Behandlung dieses Punktes auf der 26. Direktorialsitzung vom 24. 8. 1948(Z 13/87, Bd. 6, Bl. 143), in der Besprechung der MilGouv. mit bizonalen Vertretern am 15. 11. 1948 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 239) sowie Memorandum von Erhard vom 21. 10. 1948 (B 102/17041). Im Herbst 1948 war auf die Vorlage einer Vorschlagsliste gemäß der alliierten Anforderung verzichtet worden, da der VfW Informationen zugegangen waren, daß „die Übertragung der mit der Dekartellisierung verbundenen Aufgaben auf deutsche Stellen in naher Zukunft bevorzustehen schien" (Kaufmann an die DirK. vom 27. 12. 1948 in: Ζ13/87, Bd. 13, Bl. 121-123). Nunmehr trat die VfW für eine Einflußnahme der zentralen deutschen Wirtschaftsverwaltung auf die Durchführung der Dekartellisierung ein, auch um die unterschiedlichen Entwicklungen in den

14 15 16

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Nr. Ι Α

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42. Direktorialsitzung

randum der Militärregierung vom 4. 8. 1948 angeregten Vorschlag" nunmehr beizutreten. Die Verwaltung für Wirtschaft wird der Direktorialkanzlei Entwurf eines Schreibens zur Beantwortung des BICO-Memorandums vom 4. 8. 1948 [. . .] baldigst übermitteln18. [7. Finanzierung der Nachzahlung für das vor der Getreidepreiserhöhung" abgelieferte Kom] Nach Vortrag von MinDir. Staab erklärt der Direktor der Verwaltung für Finanzen, daß neue Steuermittel erforderlich wären20, um den von Bipartite Control Office mit Schreiben vom 13. 12. 1948 angeforderten Betrag aufzubringen21 und schlägt vor, in bezug auf die früheren Zusagen der Food, Agriculture and Forestry Group22 an die Militärregierungen heranzutreten und einen Ausgleich aus Mitteln der Gemeinsamen Außenhandelskasse anzustreben23. Die Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird im Benehmen mit der Verwaltung für Finanzen dem Oberdirektor Entwurf eines Schreibens an Bipartite Control Office vorschlagen24.

beiden Zonen, trotz Bestehens einer gemeinsamen Zweimächte-Dekartellisierungskommission, zu vereinheitlichen. In dem Schreiben von Kaufmann an die DirK. hieß es weiter: „Es ist zu befürchten, daß durch die Einflußnahme amerikanischer Besatzungsdienststellen unter Hinweis darauf, daß die Dekartellisierung von den Wirtschaftsministern nicht in genügendem Maße unterstützt wurde, eine Direktive des amerikanischen Militärgouverneurs zur Errichtung solcher Ämter erlassen wird". Er wies ferner auf die tiefgreifenden prinzipiellen Unterschiede zwischen der amerikanischen und britischen Auffassung über die Durchführung der Dekartellisierungsbestimmungen hin. Dieser Entwicklung, die „wegen der Abtrennung der Dekartellisierung von der allgemeinen Wirtschaftspolitik" sich nur zum Schaden für die Wirtschaft des VWG auswirken könne, müsse nunmehr entgegengetreten werden. 17

Danach sollte der VR geeignete Personen vorschlagen, die für die deutsche Abteilung der Dekartellisierungskommission berufen werden könnten (vgl. Ζ 13/12).

18

Erhard übersandte Pünder den Entwurf einer Antwort am 29. 1. 1949 (Z13/185). Neben einem Stellenplan enthielt dieser Entwurf auch den Vorschlag, den bisherigen Leiter des Kartellreferats der VfW, Eberhard Günther, zum Leiter der deutschen Stelle zu ernennen. Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 25, TOP 11.

"

Die Erzeugerfestpreise für Getreide waren mit Wirkung vom 1. 10. 1948 erhöht worden und lagen nun im Durchschnitt um etwa DM 44 je Tonne höher. Es ergaben sich Benachteiligungen für die Landwirte, die ihr Getreide vor der Preiserhöhung abgeliefert hatten.

20

Vgl. Schreiben von Schlange-Schöningen an Pünder vom 30. 12. 1948 (Z 13/106): „Da diese Benachteiligung weder wirtschaftlich noch politisch vertretbar ist, bestand sowohl beim Ernährungsausschuß des Wirtschaftsrates wie auch bei der Militärregierung Übereinstimmung darüber, daß im Interesse einer gleichmäßigen und gerechten Behandlung, sowie im Interesse einer geordneten Erfassung die inzwischen eingetretene Preiserhöhung für Getreide [. . .] nachträglich vergütet werden muß". Siehe auch Prot, der Sitzung des Ausschusses für ELF des WR vom 26. 11. 1948 in: Ζ 3/78, Bl. 138.

21

Mit Memorandum vom 13. 12. 1948 (Z13/12) hatte BICO abgelehnt, die für den Ausgleich erforderlichen Mittel aus der Außenhandelskasse (noch nicht abgerechnete Reservebestände an Importweizen) bereitzustellen. Sie sollten vielmehr aus ordentlichen Haushaltsmitteln beschafft werden.

22

Vgl. die Ausführungen von Schlange-Schöningen in seinem Schreiben an Pünder vom 30. 12. 1948 (vgl. Anm. 20), wonach ihm die Finanzierung aus den Reservebeständen von Vertretern der MilReg. zugesagt worden war. Der Einspruch sei nun von der Alliierten Bankenkommission ausgegangen. Der gesamte Finanzbedarf wurde von der VELF mit DM 22 Mio angegeben. Davon konnten DM 12 Mio aus ursprünglich für andere Zwecke vorgesehenen Abgaben finanziert werden. Die restlichen DM 10 Mio mußten über einen Nachtragshaushalt aufgebracht werden; jedoch fehlte hierfür jegliche Deckung.

23

24

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Schlange-Schöningen legte den mit der VfF abgestimmten Entwurf mit Schreiben vom 11. 1. 1949 (Z13/ 106) vor, den Pünder in unveränderter Form am 14. 1. 1949 (ebenda) an BICO weiterreichte. Nachdem hierin auf die angespannte Haushaltslage eingegangen worden war, wobei darauf verwiesen wurde, daß eine Deckung nur durch Erschließung neuer Einnahmequellen zu schaffen sei, und zwar nach Lage der Dinge nur durch die Erhebung neuer Verbrauchsabgaben, wurde die Bitte wiederholt, die restlichen DM 10

4 2 . Direktorialsitzung

5. 1. 1949

Nr. Ι Α

[8.] Entwurf eines Gesetzes fiber die Versorgung der Beamten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Versorgungsgesetz) [Nach Vortrag von MinDir. Oppler stimmt der V R der Vorlage25 trotz einiger inhaltlicher Änderungen grundsätzlich zu und überweist sie zugleich zur weiteren Verhandlung unter Federführung des Personalamtes an die Verwaltungen26. Im Falle einer Einigung soll der Entwurf gleichzeitig dem W R und dem L R zugeleitet werden27. Anderenfalls werde sich der V R nochmals damit befassen müssen28.] [9.] Stellungnahme zu Art. 143 des Entwurfes für ein Grundgesetz der Bundesrepublik Das Personalamt hat ein Gutachten zu dem Entwurf von Art. 143 des Grundgesetzes29 ausgearbeitet. Das Gutachten30 soll in einer Besprechung der Stellvertretenden Direktoren beraten31 und bei Übereinstimmung als Stellungnahme des Verwaltungsrates an den Parlamentarischen Rat gesandt werden32. Mio aus den Erlösen der in der Bizone gelagerten und noch nicht abgerechneten Reservebestände an Importweizen bereitzustellen. BICO lehnte dieses Ersuchen mit Schreiben vom 25. 1. 1949 (ebenda) jedoch erneut mit der Begründung ab: „Nach Ansicht der Militärregierung würde die von Ihnen vorgeschlagene Art der Beschaffung dieses Betrages bei den augenblicklichen Verhältnissen geradezu inflationistische Auswirkungen haben. Auch werden Sie verstehen, daß die Erhaltung dieser Mark-Erlöse als Investititionskapital wichtig ist. Die Militärregierung hat es sich zum Grundsatz gemacht, Mittel aus dem Deferred Import Account nur für Investitionszwecke oder in Notfällen zu bewilligen". Der Verwaltung des VWG schien daraufhin die Einsetzung des Betrages in den Nachtragshaushalt unvermeidlich (vgl. Krautwig an die VELF und die VfF vom 28. 1. 1949, ebenda). Der Haushaltsausschuß des WR stimmte dem am 2. 2. 1949 zu (vgl. Hartmann an Pünder vom 11. 2. 1949, ebenda). 25

Wortlaut des Gesetzentwurfes nebst allgemeiner Begründung sowie besonderen Erläuterungen in: Ζ13/87, Bd. 13, Bl. 39-103.

26

Die Stellv. Dir. vertraten dabei übereinstimmend die Ansicht (vgl. Vermerk von v. Gülich vom 10. 1. 1949 in: Ζ 13/256, Bd. 3, H. 2), eine Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, „daß den aus politisch, rassisch oder religiösen Gründen verfolgten Beamten bei Wieder-Übemahme in das Beamtenverhältnis die außerhalb des Beamtenverhältnisses liegende Zeit auf ihre Versorgungsdienstzeit angerechnet werden soll".

27

Dem LR und dem WR wurde der Entwurf mit Schreiben der DirK. vom 10. 1. bzw. 14. 1. 1949 (ebenda) vorgelegt.

28

Durch den Erlaß des Gesetzes Nr. 15 der MilReg. (Beamtengesetz in: Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 2) wurden Änderungen erforderlich, wie sie im Beamtenrechtsausschuß des WR am 26. 4. 1949 (Prot, in: Ζ 13/256, Bd. 3, H. 2) erörtert wurden. Fortan firmierte das Gesetzesvorhaben unter dem Titel „Gesetz über Maßnahmen auf besoldungsrechtlichem und versorgungsrechtlichem Gebiet zur Durchführung des Gesetzes Nr. 15 der Militärregierungen".

29

Der Art. 143c GG, in dem die Verhältnisse der Beamten der zonalen und bizonalen Behörden abweichend von den Bestimmungen des bestehenden Beamtenrechts geregelt werden sollten, war in seiner ursprünglichen Fassung in der 1. Lesung des HptA. des Pari. Rates gestrichen worden. Der Redaktionsausschuß hatte die Frage jedoch erneut aufgegriffen und eine Neufassung des Art. vorgeschlagen (Wortlaut in: Ζ13/87, Bd. 13, Bl. 127), die dem HptA. für die 2. Lesung vorgelegt werden sollte (vgl. Adenauer an Pünder vom 18. 12. 1948 in: Ζ13/323). Die Stellungnahme des VR zu den neuen Art. 143c 1 und 143c 2 hatte Pünder mit Schreiben an Adenauer vom 21. 12. 1948 (ebenda) mit Rücksicht auf die Auffassungen der übrigen Direktoren zwar vorbereiten, dann aber zurückstellen lassen.

30

Das Gutachten des Leiters des Personalamtes, Oppler, vom 5. 1. 1949 (mit Anlage in: Ζ 13/324) ging vor allem auf die Bestimmungen des Art. 143c 2 ein, durch den Beamte und Richter bis zum I . I I 950 in den Ruhestand versetzt sowie bestehende Dienst- und Arbeitsverhältnisse innerhalb von scchs Monaten nach Inkrafttreten des GG widerrufen bzw. aufgelöst werden konnten.

31

Hierüber konnten Vorgänge nicht ermittelt werden.

32

Mit Schreiben vom 10. 1. 1949 übermittelte Pünder Adenauer das vom Personalamt ausgearbeitete Gutachten (Z 13/323). Dabei verwies er besonders auf die Anlagen, welche belegten, daß der Art. 143c

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Nr. Ι Α

5.1.1949

42. Direktorialsitzung

[10.] Personalfragen [Ernennung und Berufung von Beamten] [11.] Leitung des Hauptausgleichsamtes in Homburg D i e E n t s c h e i d u n g w i r d bis z u r R e c h t s k r a f t d e s 1. G e s e t z e s z u m A u s g l e i c h v o n K r i e g s und Kriegsfolgeschäden33 zurückgestellt34. [12.] Schaffung der Stelle eines Sparbeauftragten für das V W G D e r Verwaltungsrat stimmt zu, daß Vizepräsident MinDir. Joseph Mayer, der mit der L e i t u n g d e s b i z o n a l e n R e c h n u n g s h o f e s b e a u f t r a g t ist, z u m S p a r b e a u f t r a g t e n f ü r d a s V W G e r n a n n t wird 3 5 . [...]

praktisch nur rund 400 Beamte des VWG betreffe. Adenauer übersandte am 17. 1. 1949 die vom HptA. in 2. Lesung revidierte Fassung der Art. 143c 1 und 143c 2 (ebenda). Hierüber beriet der VR am 20. 1. 1949 (vgl. Dok.Nr. 5, TOP 3). 53

Das erste Lastenausgleichsgesetz lag den MilGouv. zur Genehmigung vor (vgl. Dok.Nr. 3, TOP 4).

34

Zum Fortgang vgl. Dok.Nr. 5, TOP 11.

35

Der WR hatte auf seiner 22. VV am 27. 9. 1948 (WR-Beschluß Nr. 22/15) beschlossen, bei der VfF mit sofortiger Wirkung die Stelle eines Sparbeauftragten zu schaffen, der „alle Verwaltungsabteilungen des VWG auf ihre sachliche Notwendigkeit, sowie auf den sachlichen und personellen Umfang zu untersuchen" hatte. Vgl. Vogel, Westdeutschland I, S. 108.

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4 2 . Direktorialsitzung

Β

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Nr. I B

Vertraulicher Teil

BA Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 19-21. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez., undat. Ergebnisprot.1 TO: Ebenda, Bl. 9* Anwesend1: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Scheuble, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth (VR) Stellv.Dir. Niklas (VELF); SteUv.Dir. Kriege (V£F); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDir. Schalfejew (VfW) MinDir. Krautwig, MinDir. Knappstein, MinDir. a. D. Schniewind, MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gttlich (DirK.)

[1.] Behandlung des Vetos des Länderrates gegen Preisgesetz und Leitsatzgesetz4 Dir. Erhard betont, sich mit einem selbständigen Preisamt nicht einverstanden erklären zu können. Im Falle einer künftigen Koalition kann der Oberdirektor, dem das Preisamt nach Vorschlag des Länderrats unterstellt sein soll, einer anderen politischen Richtung als der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft angehören, so daß eine einheitliche Wirtschafts- und Preispolitik nicht mehr möglich wäre. Ein Preisumbruch kündigt sich auf allen Gebieten an, der im Falle seiner Errichtung dem Preisamt zugute gehalten werden würde, obwohl er ausschließlich der organischen Preispolitik der Verwaltung für Wirtschaft zu verdanken ist. Hinter dem Länderrat steht in diesem Falle ausschließlich die SPD, deren Angriffe auf die Wirtschaftspolitik abgewiesen werden müssen 5 .

1

Entwurf vom 7. 1. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 31-32.

1

Ursprünglich waren laut Schreiben von Krautwig an die Dir. der Verwaltungen und den Leiter des Rechtsamtes vom 20. 12. 1948 (ebenda, Bl. 24-25) als Gegenstand der vertraulichen Besprechung vorgesehen: „1. Tagesordnung der Besprechung vom 10. 1. 1949 zwischen den Mitgliedern des VR und der CDU/CSUFraktion [. . .] 2. Wunsch der CDU-Parteileitung nach einer Aussprache über grundlegende Fragen der Wirtschaftspolitik".

3

Eine Anwesenheitsliste mit Unterschriften liegt für diesen Teil der Sitzung nicht vor.

4

Der LR hatte in seiner 11. nichtöffentl. Sitzung vom 23. 12. 1948 (Prot, mit Erläuterungen in: Ζ 4/154, Bl. 160-161 und 171) Einspruch sowohl gegen das „Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform vom 24. 6. 1948" (Leitsatz- oder Leitsätzegesetz) als auch gegen das „Gesetz zur Verlängerung des Übergangsgesetzes über Preisbildung und Preisüberwachung" (Preisgesetz) eingelegt. Im zweiten Fall hatte der LR zugleich einen Initiativantrag für ein neues Preisgesetz vorgelegt (WR-Drucks. Nr. 820). Da das zu errichtende Preisamt unabhängig von den Verwaltungen arbeiten sollte, sah dieser Antrag abweichend von der vom WR vorgeschlagenen Regelung vor: „Für die Preismaßnahmen des VWG tritt an Stelle des Direktors der VfW die oberste Preisbehörde, deren Leiter vom Vorsitzenden des VR ernannt wird und diesem verantwortlich ist (§ 2). Die oberste Preisbehörde hat die gleichen Befugnisse, wie sie der Direktor der VfW bisher hatte. Sie trifft ihre Anordnungen nicht unabhängig von den fachlich zuständigen Verwaltungen, sondern nur im Einvernehmen mit ihnen. Die oberste Preisbehörde ist daher eine besondere Behörde des VR mit koordinierenden Aufgaben; im Falle mangelnder Einigung zwischen ihr und den Verwaltungen entscheidet der VR (§ 4)" (Siehe Hansen an Köhler vom 23. 12. 1948 in: Ζ 4/151; Initiativantrag des LR als Anlage). Zum Preisrat siehe Vogel, Westdeutschland II, S. 205 ff.

5

Der LR hatte seine Ablehnung mit der bereits am 18. 11. 1948 einstimmig vertretenen Auffassung begründet (Z 4/151), daß die Lage eine grundlegende Änderung der Preispolitik erforderlich mache und daß „der Versuch, eine funktionierende Marktwirtschaft herzustellen, auf den kritischen Mangelgebieten vorläufig als gescheitert betrachtet werden muß, weil sich die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt haben". Der WR sollte daher den Dir. der VfW anweisen, „Preisvorschriften in Kraft zu setzen, die zur Sicherung

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Nr. I B

5. 1. 1949

42. Direktorialsitzung

Nachdem Ο Dir. Pünder seine Zustimmung betont hat, erklärt Dir. Schlange-Schöningen, daß er sich aus Gründen der Loyalität dem Standpunkt von Erhard anschließe6. Bezüglich des Leitsatzgesetzes wird beschlossen, auf die Verlängerung zu verzichten7, wenn das Veto des Länderrates nicht überstimmt werden kann8. Auf Antrag von Stellv.Dir. Kaufmann wird eine Entschließung des Wirtschaftsrates zur Wirtschaftsund Preispolitik beschlossen, welche die wirtschaftspolitischen Grundsätze des Leitsatzgesetzes unter Anpassung an die derzeitigen Notwendigkeiten enthält. Dieser Antrag zu einem Beschluß des Wirtschaftsrates soll von der Fraktion der C D U ausgehen. Der Vorschlag zu einem entsprechenden Beschluß wird von der Verwaltung für Wirtschaft unverzüglich ausgearbeitet und von Kaufmann der C D U übermittelt werden9. [2.] Steuerfragen Nach eingehendem Bericht von Dir. Hartmann erteilt der Verwaltungsrat seine Zustimmung, daß der Direktor der Verwaltung für Finanzen die Einzelvorlage über die Neugestaltung der Einkommensteuer (Begünstigung der Kapitalbildung, Verstärkung der Abschreibungsmöglichkeiten u. dgl. mehr) ausarbeitet10 und mit den Finanzausschüssen des Wirtschaftsrates und des Länderrates bespricht". Der Aufhebung der

der Lebenshaltung der breiten Bevölkerungsschichten unerläßlich sind". Allerdings stützte sich die Ablehnung auf einen Antrag des Landes NRW, den MinPräs. Arnold (CDU) im LR vorgetragen hatte. Die Zurückweisung des Einspruches durch den WR bezeichnete Pünder in einem Schreiben an Adenauer vom 19. 1. 1949 (Nachl. Pünder/606, Bl. 33) als „ärgerliche Niederlage" Arnolds. 6

Schlange-Schöningen hatte die Vorstellungen des LR und der SPD-Fraktion im WR unterstützt (Pünder, Interregnum. S. 308). Der WR wies am 19. 1. 1949 den Einspruch des LR zurück (WR-Wörtl. Ber., S. 1361). BICO genehmigte das Gesetz am 31. 1. 1949 (WR-Drucks. Nr. 940). Am 3. 2. 1949 trat es in Kraft (WiGBl. 1949, S. 14).

7

Bereits am 14. 12. 1948 hatte Pünder ein Schreiben an Köhler unterzeichnet (Z 13/181, Bd. 2, H. 2), mit dem er namens des VR den vorgelegten Entwurf zurückziehen wollte. Das Schreiben wurde jedoch nicht versendet.

8

Auf seiner 31. W vom 19. 1. 1949wiesderWRdenEinspruchdesLRzurück(WR-Wörtl.Ber.,S.1361f.). BICO genehmigte das Gesetz am 31. 1. 1949 (Z13/181, Bd. 2, H. 2). Es trat am 3. 2. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 13).

® Der Antrag zu den Wirtschaftsgrundsätzen wurde dem WR für die 31. VV vom 19. 1. 1949 vorgelegt. Nach der Abstimmung über das Leitsätzegesetz (vgl. Anm. 6) betrachtete der WR jedoch die weitere Behandlung als überflüssig (WR-Wörtl. Ber., S. 1362). 10

Bereits seit einigen Monaten arbeitete die VfF an einer „organischen" Steuerreform (siehe Antrag des VR an den WR vom 1. 12. 1948, WR-Drucks. Nr. 785), die eine Einkommensteuertarifsenkung, eine Amnestie und eine Verschärfung der Steuerstrafen umfassen sollte (Wortlaut des überarbeiteten Gesetzentwurfs vom 17.1. 1949 eines „zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern", WR-Drucks. Nr. 892). Am 19. 1. 1949 beschloß der VR in außerordentl. Direktorialsitzung (Kurzprot. in: Ζ13/87, Bd. 14, Bl. 11), „an seiner Vorlage festzuhalten und die Beratung des Entwurfs nach Möglichkeit nicht zu verschieben". Zuvor hatte Hartmann daraufhingewiesen (siehe Vermerk von v. Gülichvom20. 1. 1949 in: Z13/128,Bd. 9), daß nach den Beratungen im FinA. des WR (Prot, der Sitzung vom 12. 1. 1949 in: Ζ 3/85) die SPD der vorgesehenen Tarifsenkung nicht zustimmen werde. Ungeachtet der Bekräftigung durch den Beschluß des VR, an dem verabschiedeten Entwurf festzuhalten, trat der FinA. des WR für ein modifiziertes Gesetz ein (vgl. Dok.Nr. 13, TOP 3).

11

Siehe Prot, der gemeinsamen Sitzung der FinA. von WR und LR vom 10. 2. 1949 in: Ζ 4/555, Bl. 125-127 sowie die Einzelberatungen der beiden Ausschüsse in: Ζ 4/555 und Ζ 3/85. Zu einer Aussprache über allgemeine Steuer- und wirtschaftspolitische Fragen waren bereits am Vortag Vertreter des WR, des LR,

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42. Direktorialsitzung

5. 1. 1949

Nr. I B

Vermögenssteuer stimmt der Verwaltungsrat grundsätzlich zu12. Die Luxussteuer soll im Rahmen der übrigen Steuervorlagen behandelt werden". Über eine Benzinsteuer wird eine gesonderte Vorlage der Verwaltungen für Wirtschaft, für Finanzen und für Verkehr vorbereitet werden, die demnächst dem Verwaltungsrat zugeht14. [3.] Versorgung der ausscheidenden Direktoren Unter Würdigung der Einwendungen des Länderrates beschließt der Verwaltungsrat, die Verwaltung für Finanzen mit einer Umarbeitung der Vorlage zu betrauen15, welche eine Angleichung an das Reichsministergesetz von 1930" zum Gegenstand hat. Sodann erfolgt in Kürze abermalige Vorlage an den Verwaltungsrat17.

der Verwaltungen des VWG, der BdL, der Industrie- und Handelskammern und der Gewerkschaften in Königstein zusammengetroffen (Wortprot. in: Ζ 13/63). Auf dieser Tagung hatte Hartmann das Reformvorhaben ausführlich erläutert. Er berichtete auch über die Stellungnahme der Finance Group von BICO: „Das Geldvolumen sei auf 154 gestiegen im Verhältnis von 100 zur Zeit der Währungsreform, die Industrieproduktion auf 100 [Indexziffern]; aus diesem Unterschied von 154 zu 122 erkläre sich das Ansteigen der Preise. Es sei dringend Kapitalbildung auf lange Sicht nötig. Der Marshallplan sähe für das Jahr 1949 eine Kapitalinvestierung aus privaten Quellen in Höhe von 8 Milliarden DM vor. Wir kämen aber nur auf höchstens 3,5 Milliarden DM, einschließlich der DM-Gegenwerte aus Einfuhren nach dem Marshallplan. Es fehlten also 4-5 Milliarden an Kapitalbildung. Es sei unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, diese fehlenden 4-5 Milliarden Kapitalbildung zu schaffen, wenn Deutschland die Rolle spielen wolle, die ihm im Marshallplan zugewiesen ist und wenn es jemals Investierungen ausführen wolle, von denen der Marshallplan seit langem ausgeht. Es schiene der Militärregierung nicht möglich, derartig hohe Beträge im Wege des freiwilligen Sparens zu erreichen. Natürlich müßten in der Steuervorlage weitere Anreize zum Sparen und zu Investitionen gegeben werden, aber man habe Bedenken, ob das ausreichen würde. Man solle also überlegen, ob man nicht ein Zwangssparen einführen sollte, also den Weg der Einkommensteuer, das Instrument der Finanzämter dazu benutzen, um zwangsweise in der gesamten Wirtschaft bei Selbständigen und Unselbständigen eine höhere Sparquote zu erreichen. Es bliebe dann theoretisch noch der dritte Weg aus angesammelten Haushaltsüberschüssen der öffentlichen Etats. Es wurde ganz klar gesagt, wir müßten den Konsumenten in jeder Weise davon abhalten, weiter in diesem Umfange Verbrauchsgüter zu kaufen, sondern es müsse jeder Weg gegangen werden, um den Konsumenten zum Sparen, entweder in der Form des Geldsparens oder in der Wirtschaft zur Investierung zu bringen. Die Wirtschaft solle ermutigt werden, aber das Kapital zum Aufbau der Wirtschaft müsse auf irgend eine dieser Arten beschafft werden. Die ganze Frage der Steuerrevision müsse in diesen großen Zusammenhängen betrachtet werden". Hartmann unterstützte diese Politik der Konsumzurückhaltung und der stärkeren Kaufkraftabschöpfung. 12

In Abschnitt 2, § 7 war vorgesehen, die Vermögenssteuer für ein Jahr auszusetzen. Die SPD-Fraktion im FinA. des WR (vgl. Vermerk von v. Gülich vom 14. 2. 1949 in: Ζ 13/134) widersetzte sich jedoch dieser Steuererleichterung.

13

Anläßlich der Aussprache vom 4. 1. 1949 (vgl. Anm. 11) hatte Hartmann hierfür den Begriff „Aufwandsteuer" geprägt. Am 20. 1. 1949 verabschiedete der VR den Gesetzentwurf zur Besteuerung besonderen Aufwandes (vgl. Dok.Nr. 5, TOP 7).

14

Vgl. zum Fortgang Dok.Nr. 8, TOP 5.

15

Auf seiner vertraul. Sitzung vom 20. 10. 1948 (Prot, in: Ζ13/87, Bd. 9, Bl. 122) hatte der VR den Entwurf eines „Gesetzes über die Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes" verabschiedet. Der LR hatte gegen die Gewährung eines Obergangsgeldes keine Einwendungen erhoben, jedoch „erhebliche Bedenken gegen die Bestimmungen über das lebenslängliche Ruhegehalt" angemeldet. Er trat für eine Angleichung an die bis 1933 geltende Regelung für Reichsminister ein (vgl. Pünder an die Dir. der Verwaltungen vom 30. 12. 1948 in: Ζ 13/87, Bd. 13, Bl. 128).

16

Vom 27. 3. 1930, RGBl. 1930 I, S. 96.

17

Vgl. Dok.Nr. 8, TOP 13.

87

Nr. I B

5. 1. 1949

42. Direktorialsitzung

[4.] Vorbereitung der Monatsbesprechung mit den Herren Militärgouverneuren

[Der VR beschließt eine sieben Punkte umfassende TO für die Besprechung mit den BICO-Chairmen am 8. 1. 194918.] [5.] Schaffung der deutschen Zentralstelle für das Flüchtlingswesen

ODir. Pünder schlägt OPräs. a. D. Lukaschek für die Leitung der Zentralstelle für das Flüchtlingswesen vor. Dir. Hartmann hält Lukaschek [für] geeigneter zur Leitung des Hauptausgleichsamtes, weshalb er bereits mit ihm Fühlung aufgenommen hat. Die Frage bleibt offen, da Lukaschek Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden soll".

18

Die Besprechung fand am 10. 1. 1949 statt und wies eine 15 Punkte umfassende TO auf. Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 201-210.

19

Hans Lukaschek war Vizepräs, des Obersten Gerichtshofes für das VWG. Erwogen wurde auch die Kandidatur von Peter Paul Nahm (vgl. Vermerk von v. Elmenau vom 12. 1. 1949 in: Ζ13/298). Tatsächlich wurde die Leitung dem früheren Landespräs, von Memel Ottomar Schreiber angetragen, der auch berufen wurde (vgl. Dok.Nr. 5, TOP 1).

88

43. Direktorialsitzung

12. 1. 1949

Nr. 2

Nr. 2 43. Direktorialsitzung in Frankfurt 12. Januar 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 65-70. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 13. 1. 1949' TO mit Nachtrag: Ebenda, Bl. 62-64 Anwesend1: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Kaufmann, Stellv.Dir. Niklas, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) MinDir. Staab (zeitw.), Winkelstern (zeitw.) (VELF); Stellv.Dir. Scheuble, MinR. Dobbernack (zeitw.) (VfA); Stellv.Dir. Kriege (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller, MinR. Conrad (zeitw.), MinR. Schreiber (zeifw.) (VfV); MinDir. Schalfejew, MinDir. Josten (zeitw.), RAnw. Risse (zeitw.) (VfW) MinDir. Oppler (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim, ORegR. Ophüls (Rechtsamt); MinDir. a. D. Harmening, MinR. Schmölder (zeitw.) (Büro für Währungsfragen) MinDir. Krautwig, MinDir. Knappstein, MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinR. v. Elmenau (DirK.)

[1. Abkommen über verbotene Industrien] Vor Eintritt in die Tagesordnung führt Stellv.Dir Kaufmann aus, daß bezüglich der verbotenen Industrien in London im Laufe der nächsten Woche Beschlüsse gefaßt werden würden3. Kaufmann schlägt vor, daß an Bipartite Control Office unverzüglich ein Schreiben des Verwaltungsrates gerichtet werden soll, welches das Sicherheitsbedürfnis der Alliierten voll und ganz anerkennt und ihm in jeder Weise Rechnung tragen zu wollen erklärt. Der Verwaltungsrat beschließt, daß, soweit seine Zuständigkeit gegeben ist, nichts unversucht bleiben soll, um dem Sicherheitsbedürfnis der Alliierten zu genügen. Ein entsprechendes Schreiben wird die Verwaltung für Wirtschaft unverzüglich dem Oberdirektor vorlegen 4 , welches gegebenenfalls in der Besprechung mit den Militärgouverneuren Erwähnung finden solls.

1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau in: Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 74-78.

2

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 73. Das Abkommen über verbotene und beschränkte Industrien wurde nicht durch die in London von Januar bis April tagenden Verhandlungsdelegationen (siehe Foreign Relations 1949/III, S. Iff.), sondern von den Außenministern am 8. 4. 1949 in Washington unterzeichnet. Wortlaut des Washingtoner Abkommens in: Harmssen, Am Abend der Demontage, S. 168ff. In einem Memorandum der VfW vom 12. 1. 1949 (Z 13/2, Bd. 3, Bl. 73-75) wird eingangs auf Ziff. 6des Londoner Schlußkommuniquös vom 28. 12. 1948 (Wortlaut in: Europa-Archiv 1949, S. 2197f.) verwiesen, aus dem im Zusammenhang mit der Verkündung des Ruhrstatuts die Absicht der Westmächte interpretiert wird, durch ein Abkommen die notwendigen Verbote und Beschränkungen der deutschen Industrie festzulegen. Die Verbotsbestimmungen waren im ersten Industrieniveauplan vom 28. 3. 1946 (Wortlaut in: Documents on Germany, S. 113ff.) enthalten gewesen und im revidierten Industrieniveauplan vom 26. 8. 1947 (Wortlaut in: Germany 1947-1949, S. 356 ff.) ausgeklammert worden. Betroffen war insbesondere die industrielle Erzeugung und Verarbeitung von Aluminium, Beryllium, Vanadium, Magnesium, Kugellagern, synthetischem Ammoniak, synthetischem Gummi, sowie synthetischem Treibstoff und Öl. In dem Memorandum wurden diese Industrien als für die deutsche Wirtschaft von großer Wichtigkeit bezeichnet. Die MilGouv. werden ersucht, sich bei ihren Regierungen dafür einzusetzen, die bestehenden Verbote und Beschränkungen aufzuheben. Darüber hinaus wird um Lockerung der festgelegten Beschränkungen für den deutschen Schiffbau sowie der Größen und Typen des schweren Maschinenbaus gebeten. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß die im ersten Plan festgelegten Verbote und Beschränkungen unter der Voraussetzung aufgestellt wurden, „daß Deutschland als wirtschaftliche Einheit zu behandeln sei und der Bedarf an den Erzeugnissen der genannten Industrien durch Importe gedeckt werden sollte".

3

4

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Nr. 2

12. 1. 1949

43. Direktorialsitzung

[2.] Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Maß-, Gewichts· und Eichwesens [Nach Vortrag von MinDir. Josten stimmt der VR der Vorlage unter Abänderung von § 1 und § 4 der ursprünglichen Fassung6 zu und beschließt die unverzügliche Einreichung beim WR7.]

Weiter heißt es zur Begründung: „Nachdem einerseits mit einer Herstellung dieser wirtschaftlichen Einheit in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann, die deutschen Westzonen aber andererseits in den Marshallplan einbezogen worden sind und hierdurch große zusätzliche Wirtschaftsaufgaben zu erfüllen haben, die bei der Aufstellung des 1. Industrieplans nicht bekannt sein konnten, erscheint die Revision der Verbotsbestimmungen des 1. Industrieplans, die auch in dem 2. Industrieplan aufrecht erhalten worden sind, dringend erforderlich. Der gegenwärtige Zustand der Unsicherheit führt zu einer Lähmung der industriellen Initiative auf wichtigen Wirtschaftsgebieten, die eine Gesundung der deutschen Wirtschaft erheblich beeinträchtigt. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Weltwirtschaftslage hinsichtlich der Erzeugnisse der obengenannten Gebiete eine solche ist, daß in absehbarer Zeit Importe, die den Bedürfnissen der deutschen Wirtschaft entsprechen, nicht durchführbar sind, weil der Bedarf der Länder so groß ist, daß ausreichende Importe nach Deutschland nicht möglich sind. Ausführliche Begründungen zu der Bedeutung der einzelnen oben erwähnten Industrien für die Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes können von der Verwaltung für Wirtschaft jederzeit zur Verfügung gestellt werden. Auf deutscher Seite besteht die Bereitschaft, gemeinsam mit Dienststellen der Militärregierungen für die oben bezeichneten Industrien ein wirksames System der Kontrolle einzurichten, durch das verhindert werden soll, daß die oben erwähnten Industriezweige in irgendeiner Weise für Rüstungsaufgaben ausgenutzt werden können. Der Verwaltungsrat ist bereit, dem Wirtschaftsrat den Erlaß eines Gesetzes vorzuschlagen, durch das die Produktion der obigen Industrien unter strenge Kontrolle gestellt wird. Es wird vorgeschlagen, daß Einzelheiten eines derartigen Kontrollsystems, durch das auch jede zukünftige Gefährdung der Sicherheit ausgeschlossen werden soll, mit deutschen Sachverständigen so bald wie möglich ausgearbeitet werden. Auf deutscher Seite besteht die Bereitschaft, an der Einrichtung und Durchführung derartiger wirksamer Kontrollen in enger Weise mit den Dienststellen der Militärregierungen bzw. mit für die obigen Gebiete zu errichtenden internationalen Kontrollorganisationen zusammenzuarbeiten und die Durchführung derartiger Kontrollen bei den oben erwähnten Industrien in jeder Weise zu unterstützen. Es erscheint jedoch dringend erforderlich, die Frage der im 1. Industrieplan verbotenen Industrien durch die Einrichtung derartiger wirksamer Kontrollen und nicht durch die Aufrechterhaltung von Verboten und Beschränkungen zu regeln, durch die der Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft und ihre Beteiligung am europäischen Wiederaufbau in schwerer Weise beeinträchtigt werden müßten". 5

Nochaml2. 1. 1949 übermittelte Pünder dieses Memorandum BICO (Z13/2, Bd. 3, Bl. 72). Dabeibetonte er, „daß die Wiederzulassung gewisser verbotener Industrien von entscheidender Bedeutung für die Durchführung der Aufgaben ist, die den Westzonen im Rahmen des europäischen Wiederaufbaus zufallen". Pünder bat zugleich darum, diese Frage nachträglich auf die TO der nächsten Besprechung mit den MilGouv. zu setzen, um dem VR Gelegenheit zu geben, etwaige Fragen der MilGouv. beantworten zu können. Die MilGouv. hielten dies jedoch für „untunlich" (vgl. Vermerk der DirK. vom 13. 1. 1949, ebenda, Bl. 7), da hierfür die alliierten Regierungen zuständig seien.

6

Gesetzentwurf in der Fassung der VfW vom 2. 12. 1948 mit Begründung in: Z13/87,Bd. 14, Bl. 79-81. Das Gesetz zielte insbesondere darauf ab, die durch den staatlichen Aufbau im VWG sich ergebenden Zuständigkeiten neu zu regeln, die Kriegsgesetzgebung auf diesem Gebiet aufzuheben und die durch regionale Gesetzgebung nach der Kapitulation entstandene Rechtszersplitterung zu beseitigen. Der Gesetzesantrag wurde dem WR am 14. 1. 1949 (WR-Drucks. Nr. 921) übersandt und von diesem am 3. 5. 1949 verabschiedet. Der LR legte jedoch am 18. 5. 1949 Einspruch ein (zu den Bedenken des LR siehe Schreiben von Hansen an Pünder vom 24. 11. 1948 in: Ζ 4/152, Bl. 104-106). Gegen die daraufhin erstellte Neufassung legte der LR am 8. 7. 1949 erneut Einspruch ein, der jedoch vom WR am 20. 7. 1949 zurückgewiesen wurde. Die MilReg. lehnten die Vorlage am 5. 8. 1949 ab, so daß das Gesetz nicht in Kraft trat. Weiteres Material hierzu: Ζ 13/181, Bd. 1, H. 2.

7

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Nr. 2

[3.] Gesetz Aber die Behandlung der Opfer des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung Nach Vortrag von MinR. Dobbernack stimmt der Verwaltungsrat zu und beschließt die Zuleitung der Vorlage an den Länderrat zur Stellungnahme8. [4.] Gesetz zur Wiederherstellung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung' Nach Vortrag von MinR. Dobbernack kommt zum Ausdruck, daß die Mitglieder des Verwaltungsrates die von den Ländern vorgebrachten Einwendungen, welche mit der Einladung zur Direktorialsitzung zugestellt wurden10, noch nicht zur Kenntnis nehmen konnten. Ebenso ist vom Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Bauernverbände, RMin. a. D. Hermes, ein Schreiben eingegangen, welches Einwendungen gegen den Entwurf enthält11. Der Verwaltungsrat beschließt demgemäß, die Vorlage zwar grundsätzlich zu verabschieden, jedoch die Stellvertreter der Direktoren zu bitten, die von den Ländern und den Bauernverbänden vorgeschlagenen Änderungswünsche noch gesondert zu überprüfen und dem Entwurf die endgültige Fassung zu geben. Sodann soll die Zuleitung an den Wirtschaftsrat unverzüglich erfolgen12. [5.] Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes Nach Vortrag von MinDir. a. D. Harmening beschließt der Verwaltungsrat, daß aufgrund von § 47 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates der Finanzausschuß des Länderrates mit der Vorlage befaßt werden soll13. Sofern dort keine Bedenken bestehen, wird der Entwurf der Bank deutscher Länder

8

9

Entwurf der V£A mit Begründung in: Ζ 12/87, Bd. 14, Bl. 82-88. Überholter Entwurf mit Begründung ebenda, Bl. 89-94. Ziel des Gesetzesvorhabens war die Wiedergutmachung von Schäden, die Opfer des Nationalsozialismus in ihren Ansprüchen gegen die Sozialversicherung durch diskriminierende Maßnahmen des NS-Regimes erlitten hatten. Bislang waren hierzu nur vorläufige Verwaltungsmaßnahmen ergangen, die nun durch eine endgültige und gesetzlich verankerte Regelung für das gesamte VWG ersetzt werden sollten. Vor der Verabschiedung durch den WR wurde vom VR eine Neufassung erstellt (Vgl. Dok.Nr. 29, TOP 1). Alltrag der SPD-Fraktion im WR vom 1. 12. 1948 (WR-Drucks. Nr. 829).

10

Eine Reihe von Ländern wandten in der Stellungnahme (Z 12/87, Bd. 14, Bl. 105-109) grundsätzlich ein, daß eine gesetzliche Regelung zum gegebenen Zeitpunkt nicht erforderlich sei. Darüber hinaus wurden einzelne Bestimmungen kritisiert.

11

Mit Schreiben an Pünder vom 5. 1. 1949 (Z 13/92, Bd. 3, Η. 1) übersandte Hermes eine ausführliche Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes.

12

Der Antrag des VR an den WR datiert vom 17. 1. 1949 (WR-Drucks. Nr. 898). Dabei ergaben sich Änderungen vor allem im Hinblick auf die Bestimmungen für die Organe der Versicherungsträger. Im WR wurde der Entwurf vom Ausschuß für Arbeit (Z 3/86) beraten. Der LR setzte einen Unterausschuß zur Beratung des Gesetzes ein (Kurzbericht der Sitzung vom 1. 2. 1949 in: Ζ 4/173, Bl. 223-224). Der WR verabschiedete den Entwurf, gegen den der LR am 14. 6. 1949 Einspruch einlegte (WR-Drucks. Nr. 1327), am24. 5. 1949. Der WR wies daraufhin den Einspruch am 23. 6. 1949 zurück, doch lehnten die MilReg. am 18. 8. 1949 das Gesetz ab und empfahlen die Überweisung an den Bund (WR-Drucks. Nr. 1649).

13

§ 47 (2) der am 1. 10. 1948 in Kraft getretenen GO des VR (Z 13/76, Bd. 2) schrieb vor, daß vor der Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen, die den Ländern oder den Gemeinden unmittelbar oder mittelbar Kosten verursachen können, über die finanzielle Seite der Angelegenheit mit den Ländern verhandelt werden soll, wenn nicht die Verwaltung des VWG die Mehrbelastung übernimmt. Indes lag der Entwurf der VO in der Fassung vom 17. 12. 1948 (Z 13/87, Bd. 14, Bl. 110-115) bereits vor.

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Nr. 2

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zur weiteren Veranlassung bei der Allied Banking Commission übersandt werden14. Im Zusammenhang damit beschließt der Verwaltungsrat, daß über die Frage der [Bereinigung im Kreditgewerbe durch Verringerung der Zahl der Geldinstitute15] im Vereinigten Wirtschaftsgebiet das Büro für Währungsfragen, die Verwaltung für Finanzen, die Verwaltung für Wirtschaft und die Kreditanstalt für Wiederaufbau ins Benehmen treten und Material über die grundsätzliche und technische Seite der Angelegenheit zusammenstellen sollen, da und solange eine zentrale Kreditaufsicht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet nicht besteht16. [6.] Gesetz fiber den ReichsmarkabschluB und das Geschäftsjahr Nach Vortrag von MinDir. a. D. Harmening wird dem Gesetz17 [unter Änderung zu § 1, Abs. 3 sowie unter Wegfall von § 2, Abs. 2 zugestimmt.] Über die Art der Weiterbehandlung des Entwurfs wird das Büro für Währungsfragen dem Vorsitzer des Verwaltungsrates nach Fühlungnahme mit der Allied Banking Commission Vorschlag machen18.

14

Da der W R a m l 9 . 1. 1949 (WR-Beschluß Nr. 31/4) Bedenken wegen der Regelung für die Flüchtlingsbanken anmeldete, bat Pünder mit Schreiben vom 14. 2. 1949 (vgl. Vermerk der Währungsabtlg. der BdLvom 18. 2. 1949 in: Ζ 4/555, Bl. 305-306) den Zentralbankrat, die erneute Stellungnahme des VR abzuwarten (vgl. Dok.Nr. 15, TOP 7). Zuvor legte die Währungsabteilung der BdL, die ohnehin Ergänzungen zu dem vorliegenden Entwurf wünschte (BdL an den Präs. des Zentralbankrates vom 24. 2. 1949, ebenda, Bl. 281-282), einen überarbeiteten Entwurf mit Begründung (ebenda, Bl. 283-304) vom 16. 2. 1949 vor.

15

Berichtigt aus: Kontrolle der Kreditinstitute, gemäß Dok.Nr. 6, TOP 8.

16

Die benannten Materialien konnten nicht ermittelt werden. Zur weiteren Beratung über die VO siehe Dok.Nr. 15, TOP 7.

17

Gesetzentwurf mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 125-128. In der Begründung wird darauf hingewiesen, daß im Zuge der Währungsreform und der damit erfolgten Umstellung der Altgeldguthaben und fast aller sonstigen Reichsmarkforderungen und -Verbindlichkeiten außer den Geldinstituten auch alle anderen Kaufleute einen ReichsmarkabschluB auf den 20. 6. 1948 und eine DM-Eröffnungsbilanz auf den 1. 6. 1948 vornehmen müßten. Da die Zeit für Vorschriften über die handelsrechtliche DM-Eröffnungsbilanz noch nicht gekommen sei, befasse sich der Entwurf nur mit dem ReichsmarkabschluB. Im Tätigkeitsbericht des Büros für Währungsfragen an den ODir. vom 19. 10. 1948 (Z13/144, Bl. 47-54) wird das Gesetz als „wirtschaftliches Grundgesetz" mit überragender Bedeutung für die künftige Bilanzierung der gesamten Westzonenwirtschaft bezeichnet.

18

Das Gesetz war zunächst als Durchführungsverordnung zum MilReg. Gesetz Nr. 63 (Umstellungsgesetz) vom 20. 6. 1948 - Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 25, S. 862)konzipiert und vom Zentralbankrat der BdL der Allüerten Bankkommission zum Erlaß unterbreitet worden. Diese hatte mündlich Bedenken wegen der Zuständigkeit geäußert. Da sich trotz nachhaltiger Intervention deutscher Stellen die Bankkommission unnachgiebig zeigte, schien der Weg eines bizonalen Gesetzes unter Verzicht auf eine trizonale Regelung allein realisierbar, zumal die im Gesetzentwurf genannten Fristen zur Eile trieben (siehe Schreiben von v. Arnim an die DirK. vom 8. 1. 1949 in: Z26/185, Bl. 61). Ungeachtet der Tatsache, daß die Alliierte Bankkommission am 13. 1. 1949 unter der Voraussetzung, daß die MinPräs. der franz. Zone dem Entwurf zustimmen sollten, ihre Zuständigkeitsbedenken zurückstellen wollten, beantragte Pünder mit Schreiben an BICO vom 17. 1. 1949 (ebenda, Bl. 31), dem WR die Zuständigkeit zum Erlaß des Gesetzes zu erteilen. Daraufhin zogen es die MilReg. vor (siehe OMGUS an die MilReg. der amerik. Zone vom 24. 3. 1949 in: Ζ 4/521), die Regelung als 17. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz zum 1. 3. 1949 (Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 28, S. 1118) in Kraft zu setzen.

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Nr. 2

[7.] Organische Brotpreisgestaltung Nach Vortrag von Stellv. Dir. Niklas spricht sich der Verwaltungsrat für differenzierte Brotpreisregelung aus und stellt fest, daß die Preise der einzelnen Brotsorten regional von den Landespreisbildungsstellen festgesetzt werden sollen". Die Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird gebeten, der Vorlage sowohl die Form eines Beschlusses des Wirtschaftsrates zu geben20 - falls das Preisgesetz doch verlängert wird2' - als auch ein Gesetz über den Brotpreis vorzubereiten, für den Fall, daß eine Verlängerung des Preisgesetzes vorerst nicht stattfindet22. Über die Art der Weiterbehandlung der Vorlage wird am 19. 1. 194923 entschieden werden. [8.] Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlichtechnischer Angelegenheiten24 [Zurückgestellt] [9.] Verkündung von Rechtsverordnungen Nach Vortrag von ORegR. Ophüls stimmt der Verwaltungsrat der Vorlage25 zu und bittet das Rechtsamt, einen Entwurf anzufertigen26. Zugleich beschließt der Verwal-

"

Der Entwurf rum Beschluß des VR (Z13/87, Bd. 14, Bl. 129-132) sah eine Staffelung der Preise für Mehl und Backschrot aus Weizen und Roggen für die Länder des VWG vor. Für Bayern (vgl. Vorstoß der Bayer. Landesreg. mit Schreiben von Seelos an die Bayer. StK. vom 21. 12. 1948 in: Bayer. HStA München MA 130571) sollten jedoch im allgemeinen höhere Preise gelten. Zur Begründung wurde angeführt, daß sich der bislang geltende einheitliche Brotpreis nicht organisch aus den Getreidepreisen errechnet habe. „Oer Weißbrotpreis wurde vielmehr einseitig beträchtlich erhöht, um den bisherigen durchschnittlichen Roggenbrotpreis beibehalten und die Erhöhung des Mischbrotpreises auf einen geringfügigen Betrag beschränken zu können". Daher sei ein kompliziertes Ausgleichsverfahren erforderlich gewesen, das nicht länger beibehalten und durch ein, die tatsächlichen Getreidepreise berücksichtigendes System ersetzt werden sollte. Zuvor hatte der Preisrat am 3. 1. 1949 (Prot, in: Ζ 13/192) hierüber beraten und beschlossen, im Interesse einer tendenziellen Preissenkung von der Festsetzung von Höchstpreisen abzusehen.

20

Der Entwurf zum Beschluß des VR (vgl. Anm. 19) war in dieser Form konzipiert.

21

Zur Zurückweisung des Einspruchs des LR gegen das Preisgesetz siehe Dok.Nr. 1 B, TOP 1.

22

Aufgrund von §2 des Preisgesetzes vom 10. 4. 1948(WiGBl. 1948, S. 27), das durch Gesetz vom 3. 2. 1949 (WiBGl. 1949, S. 14) verlängert wurde, erließ die VELF die Anordnung PR Nr. 50/49 vom 8. 7. 1949 (Amtsbl. ELF 1949, S. 189) über Preise für Getreide, ohne daß der WR eingeschaltet worden war. Infolge der Verlängerung des Preisgesetzes wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Neuordnung der Preise für Mehl und andere Mehlerzeugnisse sowie für Brot und andere Backwaren (Z 13/101, Bd. 2, Η. 1) hinfällig.

23

Weitere Beratungen im VR fanden offensichtlich nicht statt.

24

Vermerk von Krautwig als Vorlage in: Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 137-140.

25

Sie beruhte auf Rechtsausführungen des Justitiars des LR, MinR. Lehmann, der vorschlug, alle Rechtsverordnungen und sonstige Vorschriften, die nicht als reine Verwaltungsanordnungen zu bezeichnen waren, künftig nur noch in einem Organ - anstelle der Amtsblätter der einzelnen Verwaltungen - , dem „Öffentlichen Anzeiger für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet", zu verkünden. Das Rechtsamt war dieser Auffassung beigetreten (Z13/87, Bd. 14, Bl. 141-143). Mit Schreiben an die DirK. vom 23. 12. 1948 (Z13/ 276, Bd. 2, Η. 1) hatte die VfF den Erlaß eines diesbezüglichen Gesetzes vorgeschlagen.

24

Entwurf des Rechtsamtes eines Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen mit Begründung, ebenda; Stellungnahmen des Justitiars des LR, der VfA und VfV, ebenda. Infolge der Einwände hielt es das Rechtsamt mit Schreiben an die DirK. vom 6. 7. 1949 nicht für wünschenswert, das Gesetz noch den bizonalen Organen zu überweisen und schlug stattdessen vor, den JuristA. damit zu befassen. Dieser nahm das Vorhaben in seine Empfehlungen über verfassungsrechtliche Fragen (vgl. Dok.Nr. 69, TOP 5 und 9) auf.

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tungsrat, daß die Errichtung von Dienststellen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, soweit diese nicht durch Gesetz eingerichtet werden, künftig im „Öffentlichen Anzeiger" vom Vorsitzer des Verwaltungsrates bekannt gemacht werden soll. [10.] Auslandsmessen im Jahre 1949 Von der Vorlage der Direktorialkanzlei 27 wird Kenntnis genommen. E s herrscht Einverständnis, daß die Auslandsreisen der Direktoren im Verwaltungsrat abgestimmt werden sollen. Die Mitglieder des Verwaltungsrates bzw. ihre Stellvertreter werden dem Verwaltungsrat von Auslandsreisen rechtzeitig Mitteilung machen. [11.] Rechtsmittel gegen Verwaltungsentscheidungen der Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Nach Vortrag von MinR. v. Arnim28 erklären die Verwaltungen, noch Stellung nehmen zu müssen. Die Frage wird vertagt. Das Rechtsamt wird darauf zurückkommen, wenn neuerliche Beratung im Verwaltungsrat angebracht erscheint 2 '. [12.] Personalfragen [Ernennung und Berufung von Beamten]

27

In der Vorlage vom 1. 12. 1948 (Z13/87, Bd. 14, Bl. 144) wurde darauf hingewiesen, daß im Frühjahr 1949 zwei bedeutsame internationale Ausstellungen stattfänden - die Deutsche Industrieschau in New York und die Internationale Mailänder Messe an denen eine Beteiligung des V W G angeraten erscheine. Insbesondere wäre zu prüfen, „ob Herr Oberdirektor nicht die beiden ausländischen Veranstaltungen zum Anlaß nehmen will, einmal in New York und Mailand persönlich zu erscheinen und bei Gelegenheit dieser wirtschaftlichen Veranstaltung gewisse politische Fühlungnahme einzuleiten".

28

In dem als Vorlage dienenden Schreiben des Rechtsamtes an die DirK. vom 7. 1. 1949 (ebenda, Bl. 146) wurde die Auffassung vertreten und begründet, daß Beschwerden gegen Entscheidungen der Verwaltungen an den Direktor der betreffenden Verwaltung zu richten seien. Gegen Entscheidungen der Direktoren, die nur dem WR verantwortlich waren, könne mangels einer Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Beschwerde geführt werden. „Lediglich soweit Verwaltungsgerichte der Länder sich mit der Anwendung oder Auslegung von Gesetzen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes oder der Gültigkeit, Anwendung oder Auslegung dazu ergangener Ausführungsbestimmungen befassen, ist gegen ihre endgültigen Entscheidungen Revision an das Obergericht [. . .] gegeben".

29

Weitere Beratungen im V R konnten nicht ermittelt werden. Am 14. 2. 1949 ersuchte der WR den V R jedoch (WR-Drucks. Nr. 939), „unverzüglich gesetzgeberische Maßnahmen vorzuschlagen, um eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes sicherzustellen". Im Rahmen der gesetzgeberischen Vorarbeiten legte das Rechtsamt am 23. 3. 1949 eine Studie zur Problemlage vor (Z13/276, Bd. 2, H. 2). Die Referenten der Rechtsabteilungen der bizonalen Verwaltungen und Vertreter des Rechtsamts kamen am 8. 4. 1949 überein (Kurzprot., ebenda), einen Überblick zu erstellen, welche Verwaltungsakte mit Einwirkung auf Rechte einzelner im Bereich der verschiedenen Verwaltungen vorgenommen werden. Am 14. 7. 1949 regte die DirK. an, die Arbeiten im Hinblick auf die baldige Auflösung der bizonalen Stellen einzustellen und die gesetzliche Regelung dem Bund zu überweisen (ebenda). Dies sollte über den Jurist A. erfolgen, der das Vorhaben in die Liste vordringlicher Gesetzesaufgaben aufnehmen sollte. Das Rechtsamt stimmte dieser Anregung mit Schreiben an die DirK. vom 18. 7. 1949 (ebenda) zu. Der JuristA. nahm das Vorhaben allerdings nicht in seine Empfehlungen (vgl. Dok.Nr. 69) auf.

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Nr. 2

[13.] Gesetz betreffend Erhebung einer Ausfuhrabgabe für Kohle Der Vorlage wird grundsätzlich zugestimmt30. Die Verwaltungen für Wirtschaft und für Finanzen werden den Entwurf unter Berücksichtigung der im Verwaltungsrat vorgetragenen Gesichtspunkte überarbeiten und eine Begründung beifügen. Sodann erfolgt gleichzeitig Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat31. [14.] Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen32 [Zurückgestellt] [15. Reichsbahnkredite] Außerhalb der Tagesordnung wird auf Antrag des Direktors der Verwaltung für Verkehr über die Frage der Reichsbahnkredite beraten. Dir. Frohne schildert die schwierige Kredit- und Beschäftigungslage der Waggonbauindustrie, bei welcher die Ausstellung von 15 000 Arbeitern droht33. Der Verwaltungsrat gibt der Meinung Ausdruck, daß eine Entlassung dieser Beschäftigten auf keinen Fall in Frage kommen

30

Nachdem der WR am 7. 1. 1949 (WR-Drucks. Nr. 873) beschlossen hatte, zur Kreditgewährung an unrentable Bergbauuntemehmen in Erfüllung der BICO-Anweisungen vom 15. 12. und 22. 12. 1948 (WRDrucks. Nr. 843 und 858) einen Ausfuhrzoll auf Kohle zu erheben, und den V R ersucht hatte, ein entsprechendes Gesetz umgehend vorzulegen (vgl. Dok.Nr. 1 A , TOP 3), übermittelte die VfF mit Schreiben vom 8. 1. 1949 (Z 13/87, Bd. 14, Bl. 147) an Pünder einen diesbezüglichen Gesetzentwurf (ebenda, Bl. 148), der einen Ausfuhrzoll von DM 0,30 für einen Doppelzentner Steinkohle vorsah.

31

Die Beratungen zwischen VfF und VfW führten dazu, daß für die Exportkohle in Höhe von 1,2 bis 1,4Mio. Tonnen je nach Kohlensorte unterschiedliche Zollabgaben von DM 3,00 bzw. 4,00 je Tonne vorgeschlagen und ein überarbeiteter Gesetzentwurf mit Begründung vorgelegt wurde (Z 13/128, Bd. 5), den Pünder mit Schreiben vom 17. und 18. 1. 1949 den Vorsitzenden von WR und L R (ebenda) übersandte. Die VfW hatte allerdings in den Beratungen mit der VfF Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des Gesetzes angemeldet. Über die Auffassung der VfW berichtete die VfF mit Schreiben an Pünder vom 17. 1. 1949 (ebenda): „Das Gesetz hat bei seiner Durchführung aller Voraussicht nach lediglich eine Minderung der an die D K B L gezahlten Ausfuhrerlöse zur Folge, die der gleichen D K B L dann wieder als angebliche Subvention zugeführt wird. Es wird damit lediglich ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand verursacht, ohne die Finanzlage des Bergbaues auch nur im geringsten zu verbessern. Namhafte Vertreter der Militärregierung, insbesondere der UK/US Coal Control Group, haben bereits zu erkennen gegeben, daß sie die Vorlage als eine Umgehung ihrer Subventionsanweisung für den Bergbau betrachten. Nach diesen Informationen kann mit Sicherheit angenommen werden, daß die Militärregierung das Gesetz nicht genehmigen wird".

32

Vorlage: Schreiben des Personalamtes an Pünder vom 10. 1. 1949in: Z13/87,Bd. 14,Bl. 116-119;Entwurf einer Dritten Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen, ebenda, Bl. 120-124. - V g l . Dok.Nr. 21, TOP 5.

33

Die schwierige Lage der Waggonindustrie war durch Kreditmangel entstanden. Der Vorschlag der Hauptverwaltung der Eisenbahnen des amerik. und brit. Besatzungsgebiets, den Engpaß im Wege der Rediskontierung von Wechseln bei den Banken zu lösen, war von der BdL abgelehnt worden. Auf die dadurch entstehende kurzfristige Gefährdung von 17 000 Arbeitsplätzen hatte Generaldirektor Busch mit Schreiben vom 10. 1. 1949 an Pünder (Z13/166, Bd. 2, Η. 1) aufmerksam gemacht und zugleich betont,daß zum ersten Mal eine geschlossene Industrie durch Stillegung bedroht sei. Die Waggonindustrie decke nicht nur den zweifellos notwendigen Bedarf an neuen Fahrzeugen, sondern sei auch berufen, die Verkehrsaufgaben der nahen Zukunft zu fördern und dadurch als Devisenbringer zu wirken.

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Nr. 2

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43. Direktorialsitzung

kann, und daß Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden müssen34. Die Verwaltung für Verkehr wird um Weiterführung ihrer Verhandlungen mit der Bank deutscher Länder und gegebenenfalls um Mitteilung hierüber gebeten35.

34

Mit Memorandum vom 23. 12. 1948 (Z 13/166, Bd. 2, H. 2) hatte BICO dem VR sowohl einen kurz- als auch einen langfristigen Kreditplan zur Sanierung der Reichsbahnfinanzen unterbreitet. Den Kreditbedarf ermittelte unterdessen ein Sachverständigenausschuß, dem Vertreter der VfW, VfW, VfF, der BdL und der Reichsbahn angehörten (vgl. Schreiben der BdL an die DirK. vom 6. 1. 1949, ebenda). Die KfW stellte zugleich im Einvernehmen mit der VfW einen Plan über die ersten Sofortkredite in Höhe von DM 70 Mio auf. Davon sollten DM 50 Mio zur Bezahlung der vom Ausland gelieferten Waggons und DM 20 Mio zur Durchführung des Reichsbahnprogramms bei den deutschen Waggonfabriken verwandt und damit der dringende Investitionsbedarf der Reichsbahn gedeckt werden (siehe Vermerk von Martini für v. Gülich vom 7. 2. 1949, ebenda).

35

Fortsetzung der Erörterungen hierzu in Dok.Nr. 6, TOP 5.

96

MilGouv. mit bizonalen Vertretern

14. 1. 1949

Nr. 3

Nr. 3 Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern in Frankfurt 14. Januar 1949 BA Ζ 4/212, Bl. 199-205. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 14. 1. 19491 TO: Ebenda, Bl. 206 Anwesend2: Gen. Clay, Gen. Adcock (amerik. MilReg.); Gen. Brownjohn, Gen. MacReady (brit. MilReg.) Präs. Köhler, Abg. Blücher, Abg. Horn, Abg. Kriedemann (WR) Bevollm. Hansen, Bevollm. Seelos, GS Troeger (LR) ODir. Pünder, Dir. Erhard, Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) RegR. v. Ritter-Groenesteyn (DirK.); u.a.

[Beginn: 16.30 Uhr] 1. Bedarf an Grubenholz3 Erhard: Wir haben eine Bilanz über den Bedarf an Grubenholz aufgestellt und dabei eine Fehlmenge von 850 000 fm für 1949 ermittelt4. Alle Möglichkeiten zur Deckung dieses Bedarfs, die in unserer Macht stehen, sind erschöpft5. Insbesondere ist die Verwendung von Eisen und Eisenbahnschienen an Stelle von Holz berücksichtigt, außerdem sind Sparmaßnahmen gegen den Holzverbrauch vorgesehen. Schon immer war die deutsche Wirtschaft auf die Einfuhr von Grubenholz angewiesen. So wurden ζ. B. im Jahre 1939 200 000 fm eingeführt. Die Abschnürung von der Ostzone bedeutet eine Fehlmenge vom 50-70 000 fm.

'

Von Troeger mit handschr. Vermerk „Vertraulich" sowie Verteilerschlüssel vom 17. 1. 1949 versehen. Parallelüberlieferung: von v. Ritter-Groenesteyn gez. Prot, vom 15. 1. 1949in: Ζ13/2, Bd. 3, Bl. 1-4, sowie Stenograf. Notizen von Pünder ebenda, Bl. 20-28.

2

Im Prot, werden für die jeweiligen Institutionen die Genannten als „unter anderen" anwesend bezeichnet. Insbesondere auf Seiten der MilReg. pflegte der Teilnehmerkreis (vgl. Dok.Nr. 48) größer zu sein. Die vorliegende Anwesenheitsliste wurde um den Namen von v. Ritter-Groenesteyn ergänzt (vgl. Anm. 1). Das Problem hatten die bizonalen Vertreter bereits am 10. 12. 1948 mit den BlCO-Chairmen (Prot, in: Ζ 13/2, Bd. 3, Bl. 260-264) erörtert. Dabei hatte Gen. Adcock erklärt, daß der Antrag auf Einfuhr von Grubenholz abgelehnt worden sei. Zur Lösung des Problems hatte er vorgeschlagen, den Gruben Eisenbahnschienen zur Verfügung zu stellen, die als Eisenstempel Verwendung finden könnten. Ferner sollte mehr Holz in deutschen Wäldern geschlagen werden, was überdies auch Devisen sparen würde. Bis zur weiteren Klärung wurde der Punkt von der TO der Besprechung mit den MilGouv. abgesetzt. Mit Schreiben vom 27. 12. 1948 an BICO hatte Pünder daraufhin (ebenda, Bl. 10-12) die Gründe für die deutsche Forderung noch einmal ausführlich erläutert.

3

4

Siehe Vermerk der VfW vom 30. 10. 1948 in: Ζ13/2, Bd. 3, Bl. 232. In seinem Schreiben vom 27. 12. 1948 (vgl. Anm. 3) war Pünder davon ausgegangen, daß die Erhaltung und Steigerung der Kohlenproduktion im Ruhrgebiet von den MilGouv. wiederholt verlangt worden sei (vgl. Konferenz mit den MilGouv. vom 15. 9. 1948, Prot, in: Ζ 4/211, Bl. 54). Clay und Robertson hatten dem zuletzt auf eindringliche Weise anläßlich ihrer Inspektionsreise durch das Ruhrgebiet am 11. 10. 1948 bei der UK/US Coal Control Group (Prot, in: Ζ 13/198, Bd. 1, Η. 1, Bl. 40-59) Ausdruck gegeben.

5

Zur Höhe des genehmigten Grubenholzeinschlages siehe Ζ 13/123. Zum Holzeinschlagplan 1948/49 siehe Schreiben der VELF an BICO vom 26. 4. 1949 in: Ζ 13/122.

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Nr. 3

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Es liegt auch ein außenhandelspolitisches Interesse vor, auf die Einfuhr von Grubenholz nicht zu verzichten. Unsere traditionellen Lieferstaaten sind Schweden6, Finnland, Österreich und Jugoslawien. Sie haben uns bei den Handelsvertragsverhandlungen Grubenholz angeboten 7 . Der Import von Grubenholz nach Deutschland wäre für uns eine Möglichkeit, dagegen deutsche non-essential-goods8 zu liefern. Der Devisenbedarf beträgt 14-15 Mio Dollar®. Ein Teil davon stünde aus den Millionen des 2. Quartals zur Verfügung, der Rest müßte im 2. Halbjahr gedeckt werden. Wir sehen keinen anderen Weg für die Befriedigung des Bedarfs an Grubenholz. Brownjohn: Wir haben Ihre Vorlage geprüft und Ihre Ausführungen aufmerksam angehört. Zu den von Ihnen vorgetragenen Schätzungen möchte ich zwei Bemerkungen machen: Sie schätzen den Bedarf an Grubenholz auf etwa 33 cbm Holz für 1000 to Kohle, d. i. nach unserer Kenntnis einer der höchsten Anschläge in ganz Europa. Nach meinen Informationen könnte der Bedarf bei vernünftigen Sparmaßnahmen um mehr als 10% gesenkt werden. Sie wollen bei der Versorgung mit Grubenholz wieder zu dem Vorkriegsstand zurückkehren und eine Reserve von neun Monaten halten. Das ist ein sehr hoher Reservebestand. Es dürfte ohne Gefahr möglich sein, mit einem kleineren Reservebestand auszukommen. Wenn Sie die Reserve auf sieben Monate beschränken und außerdem sparsam wirtschaften, dann müßte es möglich sein, den Bedarf an Grubenholz im Jahre 1949 zu decken10. Außerdem muß ich darauf hinweisen, daß der OEEC-Plan die Einfuhr von Grubenholz nach Deutschland nicht vorsieht". Wir haben Ihnen vor zwei Tagen darüber einen Brief geschrieben, den Sie wohl noch nicht erhalten haben12. Darin wird Ihnen mitgeteilt, daß es uns nicht möglich ist, der Einfuhr von Grubenholz zuzustimmen, jedenfalls nicht in diesem Jahr. Erhard: Der höhere Bedarf an Grubenholz beruht auf dem Raubbau in den vergangenen Jahren und auf den Lieferungen von schlechterem Holz. Es handelt sich zum Teil um nasses Holz und zum Teil um falsche Abmessungen, die eine gewisse Verschwendung bedeuten. Der augenblickliche Vorrat reicht für etwa 50 Tage. Die Frist von neun Monaten ist gerechnet vom Holzeinschlag bis zur Verwendung in der Grube. Der Vorrat für 50 Tage hat abnehmende Tendenz. Es ist mir bekannt, daß im OEEC-Plan die Einfuhr von Grubenholz nicht vorgesehen ist, obwohl wir dies immer wieder

6

Anläßlich der Besprechung vom 10. 12. 1948 (vgl. Anm. 3) hatte Pünder darauf hingewiesen, daß die Handelsvertragsverhandlungen mit Schweden gerade aus dem Grund gescheitert seien, daß jeglicher Holzimport von den Alliierten abgelehnt worden war.

7

Zu den Handelsvertragsverhandlungen mit Schweden siehe Ζ 13/237, Bd. 3, H. 2, mit Österreich ebenda, H. 3, mit Jugoslawien ebenda, H. 3, sowie Ζ 8/1357-61. Nicht lebensnotwendige Güter.

8

*

In der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen am 10. 1. 1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 201-210) hatte Erhard als jährlichen Gesamtbetrag Importe in Höhe von Dollar 12-14 Mio genannt. Gen. MacReady hatte vorgetragen, daß Westdeutschland - berechnet auf die Produktion von 1000 to Kohle - in Europa den höchsten Holzverbrauch habe. Außerdem sei nach alliierten Berechnungen eine Holzreserve von etwa neun Monaten vorhanden, was den Vorkriegsverhältnissen entspreche. Daher seien Importe im großen Umfang nicht erforderlich. Im Rahmen von Handelsvertragsvereinbarungen könnten allerdings kleinere Mengen zugelassen werden.

10

Vgl. die Ausführungen von Gen. MacReady anläßlich der Vorbesprechung vom 10. 1. 1949 (vgl. Anm. 9).

11

OEEC-Plan für das Finanzjahr 1. 7. 1948 - 30. 6. 1949 in: Ζ 8/1351.

12

In ihrem Schreiben vom 12. 1. 1949 (Z 13/11, Bd. 1) forderte die MilReg. die deutschen Stellen zu vermehrter Sparsamkeit beim Holzverbrauch auf.

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Nr. 3

vorgeschlagen haben. Ich darf aber darauf hinweisen, daß bei den Besprechungen in Paris13 die Intensivierung des deutschen Außenhandels mit den skandinavischen Ländern und den Oststaaten gefordert wurde. Das ließe sich bei der Einfuhr von Grubenholz ermöglichen. Storch: Der Industrieverband Bergbau hat mich darauf hingewiesen, daß die aufsteigende Tendenz der Kohlenförderung eine Unterbrechung erfahren muß, wenn die Bergleute nicht die Gewähr für die erforderliche Sicherheit haben. Das Grubenholz, das jetzt verwandt wird, ist vielfach zu frisch. Grünes Holz hat eine um 30% verringerte Tragfähigkeit. Dieses Holz verfault auch schneller und muß daher früher ausgewechselt werden. Mein Amt fordert daher immer wieder die ausreichende Lieferung von trockenem Grubenholz. Clay: Sie sind bei Ihren Ausführungen nicht sehr realistisch. Es besteht allgemein Knappheit an Grubenholz. Die Einfuhr nach Deutschland könnte daher nur zu Lasten der bestehenden Abmachungen im Rahmen des E R P erfolgen". Wenn Sie durch die Straßen dieser Stadt gehen, dann werden Sie sehen, daß viel Holz zum Bau von Häusern verwandt wird. Daher muß auch Grubenholz zur Verfügung stehen. Sie müssen sich an die Tatsache halten, daß eine Einfuhr von Grubenholz in diesem Jahre nicht in Betracht kommt. Vielleicht können wir die Frage im nächsten Jahre wieder vornehmen. 2. Walfang Schlange-Schöningen: Die Frage der Zulassung der Deutschen zum Walfang ist hier schon öfter behandelt worden 15 . Es ist mir daher nicht ganz angenehm, sie noch einmal zur Sprache zu bringen. Leider sind die meisten Fragen, die ich hier vortragen muß, für mich nicht angenehm. Wenn ich es trotzdem tue, so aus der dringenden Notwendigkeit heraus. Ich weiß, daß Sie mir antworten werden, daß das gesamte Fett in einen gemeinsamen Topf geht, so daß wir aus dem eigenen Walfang doch nichts haben würden 16 . Ich kenne auch die anderen Schwierigkeiten in dieser Frage17, doch glaube

13

Bei der OEEC.

14

Anläßlich der Vorbesprechung vom 10. 1. 1949 (vgl. Anm. 9) hatte Gen. MacReady den Grundsatz aufgestellt, „daß nichts importiert werden soll, was in Deutschland gewonnen werden kann".

15

Im Zusammenhang mit der deutschen Forderung nach Neubauten von Fischdampfern hatte SchlangeSchöningen zuletzt am 15. 9. 1948 gegenüber den MilGouv. (Prot, in: Ζ 4/211, Bl. 54-55) darauf hingewiesen, daß größere deutsche Fischfänge eine Verringerung der Importe zur Folge haben würde.

16

Der Fettüberschuß wurde weltweit vom International Emergency Food Council in Washington verwaltet und verteilt. Da zudem die zum Fang freigegebene Menge an Walen festgelegt und die vorhandenen Fangkapazitäten ausreichten, vertrat BICO die Auffassung (vgl. Schreiben des Ernährungsrates der deutschen Ärzteschaft an die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 30. 3. 1948 in: Ζ13/ 107), daß die Zulassung zum Walfang den deutschen Fetthaushalt nicht verbessern würde. Auf der Vorbesprechung vom 10. 1. 1949 (vgl. Anm. 9) hatte Gen. Adcock daher ausgeführt: „Bei der großen Knappheit an Fett in der Welt müßten Sie erwarten, daß Ihnen die Mengen bei der Zuteilung wieder abgezogen würden, die Sie durch den Walfang gewinnen wollen".

17

Die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO war bei ihrer Ablehnung des deutschen Antrages (vgl. Anm. 16) davon ausgegangen, daß eine Wiederherstellung der deutschen Walfangflotte den Bestimmungen des Potsdamer Protokolls (Art. II, 11, IV, B) zuwider laufe. Daher sei die Wiederzulassung ungeachtet der Tatsache, daß der Mangel an Fett die alliierten Steuerzahler belaste, in das alleinige Ermessen der alliierten Behörden gestellt (vgl. Food, Agriculture and Forestry Group an den Ernährungsausschuß der deutschen Ärzteschaft vom 5. 5. 1948 in: Β 116/541).

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ich, daß wir zu einer Vergrößerung des gesamten Aufkommens an Walfett beitragen würden. In jedem Falle würde der deutsche Walfang unsere Zahlungsbilanz und unser Devisenaufkommen verstärken. Das scheint mir deswegen besonders berechtigt zu sein, weil wir immer wieder aufgefordert werden, einen Beitrag zur Selbsthilfe zu liefern. Ich kenne auch den anderen Einwand, daß die Walbestände nicht zu sehr angegriffen werden dürfen. Dazu möchte ich bemerken, daß südlich von Australien große Strecken vorhanden sind, die bis jetzt kaum bearbeitet werden. Dort würde durch den deutschen Walfang eine Verminderung der biologischen Bestände kaum zu befürchten sein. Schließlich kommt hinzu, daß viele tüchtige Seeleute durch den Walfang zur Arbeit gebracht werden könnten, die jetzt auf der Straße liegen. Schließlich möchte ich auf die unterschiedliche Behandlung gegenüber Japan hinweisen18. Ich habe heute ein Telegramm aus Bremen erhalten, in dem ich von dem Bürgermeister gebeten wurde, für die Genehmigung des Walfanges einzutreten". Ich glaube, daß Bürgermeister Kaisen wohl einer der am ruhigsten denkenden Menschen ist, die es überhaupt in Deutschland gibt. Er hat mich aufgefordert, bei den Militärgouverneuren um die Genehmigung des Walfanges zu bitten, weil sonst ein Gefühl der Minderwertigkeit für die deutschen betroffenen Kreise entstehen wird, das aber dem Radikalismus dienen kann. Ich bitte daher zu erwägen, ob es nicht möglich ist, uns eine gewisse Freiheit einzuräumen. Clay: Auch ich wünsche mir, daß hier angenehme Fragen erörtert werden, die zu angenehmen Antworten führen. Ich stimme mit Ihnen über die charakterliche Beurteilung des Bürgermeisters von Bremen überein; er tut alles für seine Stadt. Allerdings ist mir der Gedanke neu, daß das Verbot des Walfanges zu einer Radikalisierung führen müßte. Wenn dies aus so kleinem Anlaß zu befürchten wäre, dann müßten wir die Gefahr hinnehmen. Im Ernst gesprochen muß ich Ihnen sagen, daß zur Zeit über die große Frage der deutschen Seeschiffahrt verhandelt wird20. Solange diese Frage nicht entschieden ist, können wir auf einem Teilgebiet kein Entgegenkommen zeigen. Wir hoffen jedoch, daß in einigen Wochen oder vielleicht einigen Monaten darüber eine endgültige Entscheidung vorliegt. 3. Jagdwesen

Schlange-Schöningen: Auch diese Frage ist hier schon öfter besprochen worden21. Insofern liegt sie gleichartig wie bei dem Walfang. Doch glaube ich, daß ein 18

In einem Vermerk der VELF vom 6. 1. 1949 (Z 13/2, Bd. 3, Bd. 13) war insbesondere daraufhingewiesen worden, daß in Japan ein neues Walfangschiff von 3500 BRT vom Stapel gelaufen sei. Dieses Schiff könne 150 to Walöl und 1800 to gefrorenes Walfleisch laden. Außerdem besitze Japan bereits zwei größere Walfangmutterschiffe. Hierauf berief sich auch die VELF in ihrem Antrag an die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 22. 12. 1948 (B 116/541).

19

Das Telegramm konnte nicht ermittelt werden.

20

Im Zusammenhang mit den in London geführten Beratungen über verbotene und beschränkte Industrien (vgl. Dok.Nr. 2, Anm. 4). Das Washingtoner Abkommen brachte u. a. neue Bestimmungen für den Bau von Fischereifahrzeugen, ohne daß damit zugleich die Wiederzulassung zum Walfang erfolgte (vgl. Vermerk von Meseck vom 24. 11. 1949 in: Β 116/541). Auf die vermehrten Wildschäden hatte zuletzt Köhler auf der Monatsbesprechung bizonaler Vertreter mit den MilGouv. am 14. 5. 1948 (Prot, in: Ζ 4/211, Bl. 142 und 151) hingewiesen und die Ausgabe von Jagdgewehren in größerer Zahl beantragt.

21

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Unterschied besteht, indem die Herren Militärgouverneure hier selbst entscheiden könnten. Die Dringlichkeit ergibt sich aus den großen Wildschäden. Ich möchte glauben, daß eine Gefährdung der Besatzungsmacht nicht vorliegen kann, wenn einige 10 000 deutsche Jäger mit Gewehren ausgestattet würden, zumal dies in der Hauptsache Schrotgewehre wären22. Wir müssen ernsthaft daran gehen, die Wildschäden zurückzudrängen. Da ich seit dem 11. Lebensjahre Jäger bin, kann ich die Frage aus eigener Erfahrung beurteilen. Man kann den Wildschaden mit großen Jagden nicht vermeiden. Man kann das auch nicht allein durch die Förster erreichen. Die einzige Möglichkeit besteht durch Privatjäger. Ich gebe dazu einige Zahlen, die gewiß nicht übertrieben sind: Der Bestand an Schwarzwild wurde 1939 auf 13 000 Stück geschätzt, heute sind es mindestens 50 000 Stück. Der Wildschaden wurde 1938 mit 2,5 Mio Mark ermittelt, heute sind es 9 Mio Mark. Dazu kommen Ausfälle und Verluste bei der Jagdpacht, bei den Jagdsteuern, bei Versicherungen, durch Raubwildschäden usw. Es geht eine Menge Geld verloren. Der Gesamtschaden wird jährlich auf 75 Mio Mark geschätzt23. Es geht uns aber auch eine Menge Wildbret verloren. 1939/40 wurden geschossen: 21 000 Stück Rotwild 358 000 Stück Rehwild 1 100 000 Stück Hasen 10 000 Stück Schwarzwild24. Im Verhältnis zu dem gesamten Fleischverbrauch ist der Anfall an Wild nicht sehr groß. Es wäre aber bei 400 g Fleisch im Monat praktisch eine schöne Zugabe. Brownjohn: Unsere Richtlinien zum Jagdwesen25 werden zur Zeit einer Revision unterzogen. Ich kann Ihnen daher nur eine interimistische Antwort geben. Nach meiner Kenntnis gibt es in jedem Regierungsbezirk der britischen Zone einen Ausschuß für Schädlingsbekämpfung. Dieser sollte Jagden organisieren und Jagdscheine ausstellen. Leider geschieht das selten oder nie. Solange es eine Besatzungsmacht in Deutschland gibt, muß sie für sich die Ausgabe von Waffen und die Kontrolle von solchen Genehmigungen beanspruchen. Ich spreche zugleich im Namen von Geneneral Clay, wenn ich Ihnen sage, daß wir eine großzügigere Haltung in dieser Frage einnehmen werden, insbesondere bei der Erteilung von Jagdscheinen an Landwirte26.

22

Gleichwohl hatte Gen. MacReady auf der Vorbesprechung vom 10. 1. 1949 (vgl. Anm. 9) den Waffenbesitz - und sei es nur von Jagdwaffen - als eine delikate Angelegenheit für die Westmächte bezeichnet, da die Vorschriften zur Entmilitarisierung Deutschlands berührt seien.

23

Detaillierte Angaben zu Wildbestand, Wildschäden und Nutzungsausfall im Bericht der VELF über die Schwarzwildschäden in der Bizone vom 1. 11. 1948 (Z 13/2, Bd. 3, Bl. 65), im Schreiben der VELF an die DirK. vom 5. 1. 1949 (ebenda, Bl. 35-37) und im Statement des VR für die Besprechung mit den MilGouv. vom 13. 1. 1949 (ebenda, Bl. 14-15).

24

Die genannten Zahlen wurden den MilGouv. auch schriftlich in dem Statement (vgl. Anm. 23) vorgelegt.

25

Laut Alliiertem Kontrollratsgesetz Nr. 43 vom 30. 12. 1946 (Amtsbl. Kontrollrat, Nr. 13, S. 234) war die Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr und Lagerung sämtlicher Waffen im Sinne von Kriegsmaterial verboten. Darüber hinaus sollte zum 1. 2. 1949 das Gesetz Nr. 13 der US-MilReg. vom 17. 11. 1948 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. L, S. 2) in Kraft treten, durch das das Reichsjagdgesetz vom 3. 7. 1934 (RGBl. 19341, S. 549) aufgehoben wurde. Die Neuregelung des Jagdrechts blieb hiernach den Ländern überlassen.

26

Die Liberalisierung des Jagdwesens in der brit. Zone erfolgte durch VONr. 190vom 1. 7. 1949(VOBl.brit. Zone 1949, S. 280). Vorbehaltlich der von der MilReg. in jedem Einzelfall zu erteilenden Ermächtigung konnten danach deutsche Staatsbürger Jagdwaffen besitzen.

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Clay: Es ist bisher nur über die Aushändigung von Jagdgewehren gesprochen worden. Daran hängt aber die andere Frage der Herstellung von Waffen und Munition. Ich glaube, daß dies angesichts der beschränkten wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland keine wirtschaftliche Produktionsaufgabe wäre. Wir haben Ihnen ja aber gewisse Erleichterungen zugesagt. Schlange-Schöningen: Die deutsche Jägervereinigung schlägt vor, daß Waffen aus Belgien oder England oder andersher importiert werden sollen27. Die Devisen, die dazu erforderlich sind, könnten durch den Export von Fellen aufgebracht werden. Wir wären dankbar, wenn damit jedenfalls ein Anfang gemacht würde. Clay: Nach unseren Erfahrungen kann man mit der Jagd Devisengeschäfte nicht machen28. 4. Lastenausgleichsgesetz Köhler: Ich habe Ihnen am 15. Dezember das vom Wirtschaftsrat und Länderrat beschlossene Erste Lastenausgleichsgesetz überreicht2'. Damals hat General Robertson eine baldige Prüfung in Aussicht gestellt. Die Vollversammlung des Wirtschaftsrats in der nächsten Woche soll die Durchführungsverordnung zu dem Gesetz verabschieden30. Die Anspruchsberechtigten warten natürlich auf die Durchführung des Gesetzes. Ich wollte mir daher die Frage erlauben, wann etwa mit der Genehmigung oder mit einer Stellungnahme zu dem Gesetz zu rechnen ist. Clay: Die wirtschaftliche Schwierigkeit bei dieser Angelegenheit liegt darin, daß es ein Dreimächtegesetz ist31. Der französische Kollege hat um Aussprache darüber gebeten; sie findet morgen statt. Ich kann natürlich das Ergebnis dieser Aussprache nicht voraussagen32.

27

Zu den Vorschlägen der Arbeitsgemeinschaft der Jagdverbände in der amerik. und brit. Besatzungszone Deutschlands siehe Ζ 13/122,

28

Da bis zum Juli - die brit. VO war noch nicht verkündet - keine grundlegende Änderung des Zustandes trotz Bekanntgabe des Besatzungsstatuts und Übertragung der Zuständigkeit auf das Militärische Sicherheitsamt erfolgt war, griff Schlange-Schöningen in der Besprechung der bizonalen Vertreter mit den BICO-Chairmen vom 12. 7. 1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 46) die Angelegenheit wieder auf. Eine der neuen Regelung in der brit. Zone angeglichene Änderung des Rechts in der amerik. Zone wurde dabei nicht in Aussicht gestellt. Gen. Adcock erklärte sich darüber hinaus nicht damit einverstanden, daß die Frage erneut mit den MilGouv. erörtert wurde. Siehe Prot, der Monatsbesprechung bizonaler Vertreter mit den MilGouv. vom 15. 12. 1948 (Z 4/211, Bl. 6). Tags zuvor hatte der WR zu den Abänderungsanträgen des LR Beschluß gefaßt (WR-Wörtl. Ber., S. 1265 ff.) und das Lastenausgleichsgesetz in Form der WR-Drucks. Nr. 824 verabschiedet.

29

30

Der WR stimmte am 19. 1. 1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1375 ff.) der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Lastenausgleichsgesetz (WR-Drucks. Nr. 899 und 900) zu.

31

Obgleich als bizonales Gesetz verabschiedet, stellte das Lastenausgleichsgesetz die stets angestrebte Ergänzung zur trizonalen Währungsreform dar. Daher waren auch Vertreter der franz. Zone an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt worden (vgl. Dok.Nr. 19, TOP 4), wie der WR überhaupt davon ausging, daß die Bestimmungen des Gesetzes auf die franz. Zone übernommen werden würden (vgl. Sitzungsprot. des WR-Ausschusses für Lastenausgleich in: Ζ 3/85 sowie Stellungnahme des Abg. Bucerius anläßlich der 2. und 3. Lesung des Gesetzes in: WR-Wörtl. Ber., S. 1186).

32

In Abwesenheit von Gen. Robertson verständigten sich die MilGouv. Clay und Koenig, das Gesetz ihren Regierungen mit den später präzisierten Abänderungsvorschlägen (vgl. Dok.Nr. 30, TOP 2) zur Annahme zu empfehlen (siehe Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 633). Die vorgesehene Frist von einer Woche für die alliierte Zustimmung konnte jedoch nicht eingehalten werden. Zur franz. Haltung siehe Dok.Nr. 12, TOP 11.

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Köhler: Ich möchte noch darauf hinweisen, daß das Gesetz für die Bizone deswegen eine besondere Bedeutung hat, weil die Flüchtlinge wohl in der Bizone, nicht aber in der Trizone untergebracht sind. Ich wollte darum bitten, daß dieser Gesichtspunkt bei der morgigen Besprechung berücksichtigt wird. Clay: Ich weiß wohl, daß gerade wir auf die Verabschiedung des Gesetzes gedrängt haben33. Trotzdem müssen wir unsere Entscheidung bis nach der Aussprache mit dem französischen Kollegen zurückstellen. Sollten sich dabei Differenzen ergeben, so werden wir in den nächsten Tagen eine Aussprache mit Ihren Vertretern veranlassen34. 5. Stromliefeningen nach Bayern Erhard: Ich erhalte dringende Hilferufe aus Bayern. Aus der russischen Zone sind bisher nach Bayern 75 000 kW elektrischer Strom geliefert worden35. Diese Lieferung soll am 15. Januar eingestellt werden, wenn die aus der russischen Zone bestellten Aggregate, insbesondere Kessel, nicht ausgeliefert werden dürfen. Diese Aggregate sind fertiggestellt und ablieferungsbereit. Der Ablieferung steht das Ausfuhrverbot36 nach der russischen Zone entgegen. Die Mittel zur Bezahlung der Aggregate sind auf einem Sonderfonds bereitgestellt, der aus Zahlungen für die Stromlieferungen nach Bayern aufgefüllt worden ist. Das Land Bayern kommt in größte Schwierigkeiten bei der Zuteilung von Nachtstrom und Wochenendstrom, was besonders die Großchemie treffen würde. Ich nenne dazu nur Zahlen: Die Großchemie erhält zur Zeit nur 10% des Strombedarfs am Tage, die übrige gewerbliche Wirtschaft nur 30%. Bayern hatte immer eine Stromeinfuhr aus dem jetzt russisch besetzten Gebiet. Ein Anschluß des bayerischen Versorgungsnetzes an die britische Zone ist zur Zeit nicht möglich37. So

33

Zur von den Besatzungsmächten verhinderten Koppelung von Währungsreform und Lastenausgleichsregelung, die den deutschen Stellen dann jedoch mit einer Frist von sechs Monaten in Auftrag gegeben wurde, siehe Nahm, Lastenausgleich, S. 819 f. Dieser Bruch mit den Plänen aus Anlaß der Währungsreform veranlaßte Clay am 20. 12. 1948 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 612), beim Armeeministerium Protest einzulegen. Er empfand die Haltung des Ministeriums als einen unverständlichen Positionswandel, der das Verhältnis zu seinen Kollegen und den deutschen Stellen nachhaltig trübe. Zwar befolgte er den Befehl aus Washington, "which will greatly damage military government's prestige as it makes its words meaningless", doch scheint ihn diese Situation bewogen zu haben, verstärkt um seine Ablösung nachzusuchen (ebenda, Dok.Nr. 621).

34

Da grundlegende Divergenzen zwischen den Vertretern der drei Besatzungsmächte auf der Besprechung vom 15. 1. 1949 (vgl. Anm. 20) nicht auftauchten, fand die zusätzliche Unterredung wohl nicht statt. Die Ursache für die bis zum 30. 4. 1949 hinausgeschobene Bekanntgabe der alliierten Einwände (vgl. Dok.Nr. 30, TOP 2) scheint in Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Regierungen über Form und Ausmaß der Änderungsvorstellungen auch im Hinblick auf die gleichzeitigen Erörterungen über das Besatzungsstatut sowie über das Abkommen über verbotene und beschränkte Industrien gelegen zu haben.

35

Zur energiewirtschaftlichen Lage in der Bizone siehe Schreiben Erhards an den Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 20. 11. 1948 mit Aufstellung der VfW über die Abgabeleistung der Elektrizitätswerke in der Bizone vom 18. 11. 1948 (Z13/208) sowie Schreiben der VfW an BICO zur Stromknappheit vom 22. 11. 1948 (ebenda).

36

Im Rahmen der von den Besatzungsmächten verhängten Gegenblockade.

37

Vgl. Anm. 40.

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MilGouv. mit bizonalen Vertretern

erklärt es sich auch, daß Bayern im wirtschaftlichen Aufbau zurücksteht38. Daher unterstütze ich den Wunsch Bayerns auf Freigabe der Aggregate im Interesse der Aufrechterhaltung der Stromlieferungen aus der russischen Zone. Clay: Erst an dem Tage, an dem Lebensmittel und Kohle wieder an die belagerte Bevölkerung39 geliefert werden können, wird das Embargo aufgehoben werden, und nicht einen Tag früher40. 6. W a r e n i m p o r t e

Brownjohn: Wir wollen Ihnen eine Maßnahme ankündigen, die Ihnen in den nächsten Tagen schriftlich mitgeteilt wird. Es handelt sich um den deutschen Export41 für die importierten Lebensmittel, Düngemittel, Saatgut usw. Die deutschen Inlandspreise für diese Waren liegen weit unter den Weltmarktpreisen. Wir können dem Zustand, daß die importierten Waren zu den niedrigeren Inlandspreisen an den Handel abgegeben werden, nicht weiter unsere Zustimmung geben. Nach unseren Vorschlägen sollen Sie in zwei Etappen vorgehen. Zunächst sollen von den Preisen alle diejenigen Beträge in Abzug gebracht werden, die verteuernd wirken, und dann müssen die Preise auf der Basis von 30 Dollarcents für 1 D M festgesetzt werden42. Der Zweck der Maßnahme ist, den unnatürlichen Zustand der Preisdifferenz abzuschaffen. Es wird damit zugleich eine antiinflationistische Wirkung erzielt, und es werden Mittel für die Kapitalbildung gewonnen, die der Wiederaufbaubank zugeführt werden können.

38

Allerdings waren die Planungen für den Ausbau der Energieversorgung in Bayern seit Beginn des Jahres 1948 weit fortgeschritten (siehe Ζ 8/1502 und 1503). Zur Erweiterung der Elektrizitätswerke in der Bizone wies BICO mit Schreiben vom 15. 2. 1949 (Z 8/1516, Bl. 164) den Vorstand der KfW an, im Jahre 1949 DM 220 Mio nötigenfalls aus Mitteln des ERP-Gegenwertfonds zur Verfügung zu stellen. Tatsächlich produzierte Bayern einer Statistik der VfW für den Monat Oktober 1948 zufolge (Z 8/1514, Bl. 44) wöchentlich 27 Mio kWh.

39

Gemeint ist West-Berlin. Anläßlich der 30. Koordinierungsbesprechung für die Zusammenarbeit der bayerischen Ministerien mit den bizonalen Stellen stellte ORegR. Emminger am 17. 1. 1949 (Kurzprot. in: Bayer. HStA MünchenMA 130 003) fest, daß Bayern als Ersatz für die von Clay abgelehnten Gegenlieferungen Aushilfslieferungen aus der brit. Zone erhalten werde (vgl. Die Welt vom 18. 1. 1949). Zur Verbesserung der Stromversorgung in Bayern siehe Vorschläge des Bayer. Bevollmächtigten für das VWG vom 19.1. 1949 an den VR sowie Stellungnahme der VfW mit Schreiben an Pünder vom 1. 3. 1949 in: Ζ 13/207.

40

41

Tatsächlich handelte es sich darum, daß die deutschen Abnehmer der mit ERP-Mitteln finanzierten Importe (in US-Dollar) den Gegenwert in DM in einen Fond bei der Bank deutscher Länder zum niedrigeren Inlandspreis einzahlten. Auf diese Weise drohten, die zur Kapitalbildung bereitgestellten Gelder des MarshaUplanes zu Subventionen zu werden. Wollte man dennoch das binnenwirtschaftliche Preisniveau erhalten, so mußten die Mittel haushaltsmäßig bereitgestellt werden.

42

Das BICO-Memorandum vom 20. 1. 1949 (Z13/13, Bl. 210-213) enthielt unter Ziff. 4 folgende Auflagen für die bizonale Verwaltung: „(a) Vom 1. März ab muß die deutsche Verwaltung an den bei der Bank deutscher Länder unterhaltenen DM-Counterpart-Fund Beträge zahlen, die für die betreffende eingeführte Ware dem entsprechenden Inlandspreis an der Grenzübergangstelle [. . .] entsrpechen. (b) Vom 1. Mai 1949 ab muß die deutsche Verwaltung an den bei der Bank deutscher Länder unterhaltenen DM-Counterpart-Fund den vollen Wert der Einfuhren c. i. f. Grenzübergangstelle zum Umrechnungssatz von 30 ί = 1 DM zahlen".

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MilGouv. mit bizonalen Vertretern

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Nr. 3

Clay: Wir haben Einfuhren im Werte von 2 Mrd Mark. Über den Gegenwert ist in mannigfacher Weise verfügt worden, so daß nur etwa 400 Mio Markerlöse für Investitionszwecke vorhanden sind. Wenn wir die gesamten Markerlöse für Investitionen verwenden wollen, wozu sie gebraucht werden, dann müssen wir sie dafür freimachen43. [Ende: 18.30 Uhr]

43

Die deutsche Stellungnahme zu den alliierten Vorstellungen trug Pünder auf der folgenden Konferenz mit den MilGouv. vor (siehe Dok.Nr. 13, TOP 1). Am 26. 1. 1949 vertrat Köhler vor der Frankfurter Pressekonferenz (Prot, in: Ζ 17/5, Η. 3) die Auffassung, daß diese einschneidende Maßnahme auf volkswirtschaftlichem, finanz- und sozialpolitischem Gebiet mit großer Zurückhaltung auf deutscher Seite behandelt werden müsse. Man müsse bestrebt sein, „etwa bedenklich erscheinende Auswirkungen auf ein Minimum zu beschränken". Zuvor hatte die VELF in einem Schreiben an die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 24. 1. 1949 (Nachl. Pünder/257, Bl. 43) auf die möglichen Auswirkungen der Anordnung auf das Preisgefüge hingewiesen. Diese bestätigte mit Schreiben vom 27. 1. 1949 (ebenda, Bl. 41), daß keine Erhöhung der Agrarpreise stattfinden sollte. 105

Nr. 4

14. 1. 1949

G e n . K o e n i g mit Regierungschefs d e r franz. Z o n e

Nr. 4 Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone in Baden-Baden 14. Januar 1949 StA Freiburg A 2/8951. Von Müller und Donndorf im Entwurf gez., undat. Prot. 1 . Anwesend2: Gen. Koenig, Gouv. de Boislambert 3 , Gouv. Widmer 4 (franz. MilReg.) StPräs. Wohleb (Baden); MinPräs. Altmeier (Rheinland-Pfalz); StPräs. Müller, ORegR. Donndorf (Württemberg-Hohenzollern)

1. Ausweitung der deutschen Kompetenzen auf dem Wirtschaftssektor5 Gen. Koenig führt aus, es sei das Bestreben der Militärregierung, die Entscheidungsbefugnisse der deutschen Verwaltung immer mehr auszuweiten. Bisher sei die Mitwirkung an den wirtschaftlichen Entscheidungen auf die Länderbasis beschränkt geblieben. Der Augenblick sei gekommen, wo ein weiterer Schritt getan werden könne. Er habe daher entschieden, daß auf dem Gebiet der bisher durch die Militärregierung vorgenommenen Verteilung auf die Länder, Programmierung, Planung aller Art usw. die Befugnisse auf die deutschen Stellen übergehen sollen6. Die Militärregierung werde sich künftig lediglich ihr Einverständnis mit den deutschen Vorschlägen vorbehalten. Zur Bewältigung dieser Arbeiten könnte von den deutschen Stellen in erster Linie das auf diesem Sektor bereits tätige Personal eingesetzt werden7, das aus den Landesverwaltungen und den Wirtschaftsorganisationen zu ergänzen sei. Außerdem werde aber,

1

Als „Vertraulich" gekennz. Aktenvermerk mit handschr. Zusatz „Az. 7701, Staatskanzlei Württbg.Hohenzollern". Die Form des Prot. - Ausführungen von Koenig und Bemerkungen der Regierungschefs zu dem jeweils angesprochenen TOP nach der Beratungspause - deutet darauf hin, daß sich die Besprechung in zwei Teile gliederte, wobei Koenig seine Darlegungen en bloc vortrug und den deutschen Vertretern nach der Pause die Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde. Die Form der Protokollführung ist uneinheitlich. Es überwiegt jedoch die des Ergebnisprotokolls.

2

Anwesenheitsliste rekonstruiert aufgrund der Wortbeiträge.

3

Hettier de Boislambert, MilGouv. von Rheinland-Pfalz.

4

Guillaume Widmer, MilGouv. von Württemberg-Hohenzollern.

5

Zu diesem TOP siehe Aufzeichnung der Erklärung von Gen. Koenig, welche der Leiter der Verbindungsstelle der Wirtschaftsministerien der franz. Zone, MinR. v. Süßkind-Schwendi, Pünder am 7. 2. 1949 überreichte (Z 13/214, Bd. 2, H. 4).

6

Am IS. 12. 1948 (ebenda) hatte BICO den bizonalen Stellen mitgeteilt, daß als Ergebnis von Besprechungen der drei westlichen MilGouv. über die Zweckmäßigkeit der Aufnahme von Verbindungen zwischen den deutschen Behörden des VWG und den Ländern der franz. Zone die Länder dieser Zone ersucht worden seien, Sachverständige zu benennen, die zur Fühlungnahme mit Beamten der Verwaltung des VWG zur Verfügung ständen. Diese sollten gemeinsam über einheitliche Maßnahmen auf dem Gebiet der Wirtschaft und der Finanzen beraten. Eine Namensliste der Sachverständigen (ebenda) wurde den bizonalen Stellen übermittelt. Inzwischen war aber bereits Anfang August 1948 die Verbindungsstelle der Wirtschaftsministerien der franz. Zone bei der VfW mit Sitz in Frankfurt errichtet worden (Vogel, Westdeutschland II, S. 93 f.). Mit der Zusicherung von Gen. Koenig wurde nunmehr bestätigt, daß Regierungsvertreter der franz. Zone unmittelbar für Wirtschaftsverhandlungen zuständig seien.

7

Neben der bereits erwähnten Verbindungsstelle handelte es sich hierbei wohl in erster Linie um die Stelle des Beauftragten für den Außenhandel der drei Länder der franz. Zone (Vogel, Westdeutschland II, S. 94 ff.).

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um der deutschen Verwaltung zu helfen, ein großer Teil der Hilfskräfte zur Verfügung gestellt werden, welche bisher für die Militärregierung tätig gewesen seien und die mit dem Aufgabengebiet schon vertraut seien8. In dem Zwischenstadium bis zur Bildung der Trizone hätten die Regierungen durch diese Maßnahme die Möglichkeit, geeignete Kräfte für die zukünftigen Verhandlungen unter den deutschen Ländern auszubilden, welche später in den Bundesorganen Verwendung finden könnten, um die Interessen ihrer Länder wahrzunehmen. Die jetzt neu einzurichtenden Organe sollten auch in die Verhandlungen mit der Bizone eingeschaltet werden, um eine gemeinsame Auswertung und gerechte Verteilung aller Rohstoffe und sonstigen Hilfsquellen zu erreichen. Auf alliierter Seite sei hierfür ein Beispiel in der Verschmelzung der OFICOMEX mit JEIA gegeben worden®. In Zukunft finde eine unmittelbare und zweifellos wirksame Mitwirkung der deutschen Stellen bei der Verteilung der Rohstoffe aus der Bizone und der Einfuhren aus dem Ausland statt10. [Gen. Koenig weist darauf hin, daß mit seiner Erklärung einige Vorschläge zur TO hinfällig geworden seien.] Die Regierungschefs würden in der Lage sein, künftig durch ihre Wirtschaftsminister alle Abschlüsse mit OFICOMEX-JEIA genau zu verfolgen, ebenso die Verteilung unter den Ländern11. Auch die Verteilung von Eisen und Kohle werde nach dem neuen System geregelt werden. Die weiterhin französischerseits mit der JEIA zu treffenden Abkommen würden in Fühlungnahme mit den zuständigen deutschen Stellen abgeschlossen werden. Anschließend bittet Gen. Koenig die Regierungschefs um eine kurze Stellungnahme zu seinen Erklärungen [. . .]. Nach der Beratungspause dankt StPräs. Müller Gen. Koenig für seine Erklärungen, die

8

So wurde vor allem Personal beim OFICOMEX (vgl. Anm. 9) frei.

'

Das Office du Commerce Extdrieur (OFICOMEX) war durch Abkommen der drei MilGouv. vom 1. 10. 1948 in die JEIA eingegliedert worden (vgl. VO Nr. 189 vom 30. 10. 1948 in: Journal Officiel 1948, S. 1761; siehe auch Vogel, Westdeutschland II, S. 165 ff.).

10

Bereits am 3. 2. 1949 fand eine Besprechung der WiMin. der franz. Zone mit einem Beauftragten der VfW in Baden-Baden statt, auf der über die künftige Organisation der Bewirtschaftung in der franz. Zone beraten wurde (Prot, in: Ζ 13/214, Bd. 2, H. 4). Zur praktischen Verwirklichung des grundsätzlich in Aussicht genommenen einheitlichen Rationierungs- und Bewirtschaftungssystems wurden dabei weitere Besprechungen gemeinsamer Ausschüsse für die Kohlenwirtschaft sowie für die Eisen- und Stahlwirtschaft vereinbart (siehe Prot, des Arbeitsausschusses Kohlenversorgung vom 10. 2. 1949, ebenda). Eine Vereinbarung zwischen der VfW und den Wirtschaftsministerien der Länder der franz. Zone über die Eisen- und Stahlbewirtschaftung wurde bereits am 11. 2. 1949 abgeschlossen (ebenda). Auf diese Weise wurde die gemeinsame Verteilung von Kohle und Eisen für das 2. Quartal 1949 geregelt und für das 3. Quartal fortgeschrieben (siehe Β 102/5074). Zur Angleichung auf dem Gebiet der Landwirtschaft siehe Prot, einer Besprechung vom 4. 2. 1949 in Frankfurt (Z 13/115), auf der die Bildung von sechs gemeinsamen Ausschüssen beschlossen wurde.

11

Erst am 11. 4. 1949 bzw. 15. 7. 1949 wurde das Ein- und Ausfuhrverfahren für die franz. Zone von den Vorschriften der OFICOMEX auf die Anweisungen der JEIA umgestellt (vgl. Vogel, Westdeutschland II, S. 159 und 165 f.). In einer Anlage zum Schreiben vom 2. 2. 1949 an die StK. bemerkte das Bad. Ministerium der Wirtschaft und Arbeit (StA Freiburg A 2/8951): Es wäre wünschenswert, wenn auch die Bewirtschaftungsbestimmungen in den Ländern der franz. Zone so gelockert würden „daß die Kompetenz der deutschen Stellen, unter der übergeordneten Kontrolle der französischen Verwaltung, erweitert werden. Für eine Übergangszeit wird von der JEIA-Stelle Baden-Baden ein Außenhandelsverfahren angewandt, das den Export der Wirtschaft der französischen Zone im Vergleich zur Bizone erheblich behindert. Diese Interimsperiode sollte möglichst abgekürzt werden, um auch die Firmen der französischen Zone in den Genuß einer grundsätzlich freien Ausfuhr zu setzen. Sonst besteht die Gefahr, daß Exporte aus der französischen Zone über die Bizone laufen und die Dollarbeträge unserer Zone verlorengehen".

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einen großen Fortschritt auf dem Gebiet bedeuten, dessen bisherige Regelung für die deutsche Verwaltung sehr unbefriedigend gewesen sei. Insbesondere erhofften sich die deutschen Stellen mehr Einblick und Einwirkung auf das von der JEIA-OFICOMEX bearbeitete Gebiet der Ein- und Ausfuhr. Dadurch könne die augenblicklich noch bestehende Benachteiligung der französischen Zone nach und nach beseitigt werden12. Die Erklärungen Gen. Koenigs seien aber so unerwartet gekommen, daß die Regierungschefs nicht in der Lage seien, im einzelnen Stellung zu nehmen. Gen. Koenig dankt für die Ausführungen von StPräs. Müller, f. . .] Er schlägt vor, eine gemeinsame Sitzung mit den Wirtschaftsministern in ungefähr 14 Tagen festzulegen13. In circa acht Tagen werde durch die Militärgouverneure eine Note mit Einzelheiten über die neuen Zugeständnisse und Bestimmungen über die praktische Durchführung der Überleitung vom jetzigen Zustand in das künftige System den deutschen Stellen übergeben werden. 2. [Verschleppte Personen] Gen. Koenig führt aus: Alle von der französischen Militärregierung unternommenen Schritte bei den internationalen Organisationen zielten dahin, die Frage der PDR14 durch deren Auswanderung aus Deutschland möglichst schnell endgültig zu regeln. Augenblicklich verließen monatlich durchschnittlich 500-1000 PDR die Zone15. Die von der IRO16 bestellten Schiffe hätten allerdings leider infolge der Ereignisse in China" für andere Zwecke verwendet werden müssen, so daß eine gewisse Stockung eingetreten sei, die aber vermutlich bald behoben sein dürfte. Inzwischen würden für

12

Wie v. Süßkind-Schwendi in seinem Schreiben an Pünder vom 7. 2. 1949 (vgl. Anm. 5) betonte, konnte die Erklärung von Koenig keine sofortige völlige Angleichung des gesamten Wirtschaftssystems in der franz. Zone an das der Bizone zur Folge haben, da einer „en bloc Übertragung" staatsrechtliche Grundsätze entgegenstanden. Allerdings waren die Länder bereit, ihre wirtschaftlichen Grundsätze weitmöglichst den Regelungen im VWG anzupassen.

13

Auf dieser Besprechung vom 3. 2. 1949 (vgl. v. Süßkind-Schwendi an Pünder vom 7. 2. 1949, Anm. 5) zwischen Vertretern der Wirtschaftsverwaltung der franz. MilReg. und den WiMin. der franz. Zone sowie den Leitern der Wirtschaftsverwaltungen der MilReg. in den drei Ländern wurde mitgeteilt, „daß die franz. Militärregierung bereit sei, so schnell als es die technischen Möglichkeiten zuließen, auf alle Bewirtschaftungsmaßnahmen ihrerseits zu verzichten und die deutschen Regierungsstellen mit der vollen Verantwortung für die Wirtschaftsgestaltung zu belasten". Insbesondere sollten die bisherigen Zuständigkeiten der Section Production Industrielle der franz. MilReg. auf dem Gebiet der Verteilung und Planung auf die WiMin. übergehen (siehe Schreiben des WiMin. Württemberg-Hohenzollern an die MilReg. Württemberg vom 9. 3. 1949, in: Ζ 13/214, Bd. 2, H. 4). Infolge dieser Erklärung wurden die Beratungen mit den Vertretern des VWG über Bewirtschaftungsfragen aufgenommen. Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 12, TOP 6.

14

Prisonniers, D6part6s, R£fugi6s - summarische Bezeichnung: Verschleppte Personen (Displaced Persons).

15

A m i . 3. 1949 befanden sich 33 698 DP's in der franz. Zone (Institut für Besatzungsfragen, DP-Problem,S. 53).

16

International Refugees Organisation, am 15. 12. 1946 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen ins Leben gerufen (Institut für Besatzungsfragen, DP-Problem, S. 24 ff.).

17

Gemeint ist der Konflikt in China zwischen Mao Tse-tung und Tschiangkaischek.

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die verbleibenden P D R eine Anzahl Maßnahmen getroffen, die den deutschen Wünschen 18 Rechnung tragen und von denen er die wichtigsten mitteilen wolle. Ab 1. 1. 1949 werden die in Lagern oder sonstigen Zentren lebenden P D R der gleichen Behandlung in allen drei Westzonen unterworfen. Die nicht in Lagern oder sonstigen Sammelunterkünften lebenden P D R werden ab 1. 2. 1949 die gleichen Lebensmittelrationen erhalten wie die deutsche Zivilbevölkerung. Besondere Einfuhren zugunsten der P D R müßten von diesen bezahlt werden. An Rauchwaren sollten die PDR dieselben Rationen bekommen, wie die deutsche Bevölkerung. [Zur Zeit würden die Unterbringungsmöglichkeiten überprüft". Die eingerichteten besonderen Schulen sollten bei zu geringer Schülerzahl geschlossen und das Verwaltungspersonal reduziert werden. In der ärztlichen Betreuung seien die P D R den deutschen Sozialversicherungsbestimmungen unterworfen. Sie erhielten kostenlose ärztliche Behandlung. Für alle arbeitsfähigen P D R bestände Arbeitspflicht; sie sollten ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Ihre Integration in den Arbeitsprozeß der örtlichen Wirtschaft, des Ursprungslandes oder eines fremden Landes werde angestrebt20.] Alle diese Maßnahmen zielten dahin, die PDR-Lasten der Länder zu verringern. Allerdings dürfe man nicht vergessen, daß beim derzeitigen Stand der Dinge die französische Zone in Bezug auf die P D R bei Bildung der Trizone sich schlechter stellen werde als bisher21. 3. Wahl des Vorsitzenden des Eisenbahnverkehrsrats22 [Gen. Koenig empfiehlt den Regierungschefs, sich hinsichtlich der Wahl des Vorsitzenden auf einen Kandidaten zu einigen23.] 4. Kriegsopfergesetz Gen. Koenig führt aus, dieser Punkt sei auf Wunsch von Rheinland-Pfalz auf die Tagesordnung gesetzt worden. Die Kriegsopfergesetze in Rheinland-Pfalz und Würt-

18

In einem Vermerk vom 6. 1. 1949 war der Bad. FinMin. nachdrücklich für eine Senkung der Kosten für verschleppte Personen eingetreten (StA Freiburg A 2/8951). Eine Fortsetzung der bevorzugten Behandlung sei nicht länger gerechtfertigt. Die Ausländer hätten inzwischen zurückkehren können. „Im Lande Baden sind deshalb wohl zum größten Teil nur diejenigen Ausländer verblieben, die entweder aus politischen Gründen die Rückkehr in ihre Heimat nicht wünschen oder aber ein Leben ohne Arbeit auf Kosten des Landes Baden einer ordentlichen Berufstätigkeit vorziehen". Hieran knüpfte sich die Forderung nach gleicher Lebensmittelzuteilung, Auswanderung und Berufsausbildung für die dann noch verbliebenen verschleppten Ausländer.

"

Siehe hierzu Schreiben von MinPräs. Altmeier an Gen. Brozen-Faverau, Stellv. MilGouv. von RheinlandPfalz, vom 28. 1. 1949 in: LHA Koblenz 860/83. Zur Unterbringung, Versorgung der verschleppten Personen sowie zu ihren Arbeitsverhältnissen siehe Institut für Besatzungsfragen, DP-Problem, S. 59 ff.

20

21

Die Zahl der DP's in der amerik. Zone betrug am 1. 3. 1949 235 484. In der brit. Zone befanden sich 142 472 Personen, in der franz. Zone „nur" 33 698.

22

Prot, des Eisenbahnverkehrsrates der Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen in: Z29/198 u. 199. Der Verkehrsrat hatte sich bereits am 10. 9. 1947 konstituiert.

23

In Aussicht genommen war das CDU-Mitglied des Bad. Landtages, Eisenbahnamtmann Alfred Bross.

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temberg-Hohenzollern seien von ihren Landtagen bereits angenommen24. In Baden sei dies bis jetzt noch nicht der Fall. Von seiner Seite werde die Wichtigkeit des Kriegsopfergesetzes nicht verkannt. Er halte aber, obwohl die Einnahmen der Länder in den letzten zwei bis drei Monaten merklich gestiegen seien, den Zeitpunkt für eine Erhöhung der Belastungen des Staates nicht für günstig. Das Defizit in RheinlandPfalz habe am 30. 11. 1948 94 Mio DM betragen und, obwohl die Steuereinnahmen im Dezember auf 52 Mio DM gestiegen seien (übrigens gegen 63 Mio RM im Dezember 1947 bei einem Defizit von 102 Mio RM), dürfe man nicht vergessen, daß die Mehrausgaben durch das Kriegsopfergesetz sich in Rheinland-Pfalz auf ungefähr 60 Mio DM jährlich belaufen würden25. Andererseits wisse er, daß die Regierung von Rheinland-Pfalz die Beibehaltung der Weinsteuer beim Landtag erreicht habe26 und eine Kultursteuer einzuführen beabsichtige27. Für diese Bemühungen danke er vielmals. Er wiederhole aber, daß ihm der Zeitpunkt für eine Erhöhung der Belastung schlecht gewählt erscheine. Seien die Schleusen einmal geöffnet, so wisse man nicht, ob und wie man sie wieder schließen könne. Er bitte erneut sehr nachdrücklich um größte Vorsicht. Seiner Ansicht nach sei es zweckmäßig, noch ein Vierteljahr zu warten, um zu sehen wie ein Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben erreicht werden könne. Das Aufkommen im ersten Vierteljahr 1949 werde im Gegensatz zu der Zeit zwischen Juni und Dezember 1948 eine gewisse Basis für einen Voranschlag bilden können. Am 1. 4. 1949 sehe man klar, ob die Ausgaben erhöht werden könnten. Er bedauere nochmals, gezwungen zu sein, erneut diesen Appell an die Vorsicht zu machen. Er verkenne die politische und psychologische Seite nicht und wisse, daß verschiedene Kreise der Bevölkerung auf das Inkrafttreten des Kriegsopfergesetzes drängten. Auf der anderen Seite stehe aber die Stabilität der Währung auf dem Spiel.

24

Landesgesetz für Rheinland-Pfalz zur Versorgung der Opfer des Krieges vom 8. 4. 1948 (LHΑ Koblenz 860/1946, S. 213-223). Die Verkündung des Gesetzes (Landtag Rheinland-Pfalz, Sten. Ber., 1. Wahlp., 26. Sitzung vom 8. 4. 1948, S. 589 ff.) war im Hinblick auf seine finanziellen Auswirkungen aufgeschoben worden. Mit Schreiben an de Boislambert vom 11. 1. 1949 (LHA Koblenz 860/1946, S. 161-165) hatte Altmeier die umgehende Verkündigung des Gesetzes beantragt, welche die franz. MilReg. bislang unter Hinweis darauf, daß die erheblichen Kosten für die vorgesehenen Zusatzrenten das Gleichgewicht des Staatshaushaltes gefährden würden, zurückgestellt hatte (de Boislambert an Altmeier vom 31. 12. 1948 in: LHA Koblenz 860/1953).

25

In seinem Schreiben an de Boislambert vom 11. 1. 1949 (vgl. Anm. 24) hatte Altmeier die ursprüngliche Kostenschätzung, die anläßlich der Verabschiedung des Gesetzes aufgestellt worden war, in Höhe vonDM 88,915 Mio als überholt bezeichnet. Zugleich wies Altmeier die Forderung, zu den sozialen Mehrleistungen entsprechende Mehreinnahmen nachzuweisen, zurück, da diese „nur im Rahmen der gesamten Finanzgebarung des Landes geschaffen werden" könnten. Er betonte weiter, daß sich die Steuereinnahmen des Landes von rund DM 27,75 Mio im August 1948 auf DM 57,85 Mio im Dezember 1948 erhöht hätten. In ihrer Stellungnahme zum Haushalt 1949/50 des Landes Rheinland-Pfalz vom 7. 3. 1949 (LHA Koblenz 860/89) wies die franz. MilReg. darauf hin, daß dieser mit einem Gesamtdefizit von rund DM 99 Mio abschließe. Dies stehe im Widerspruch zu § 77 der VO Nr. 190 vom 26. 6. 1948 (Journal Officiel 1948, S. 1537).

26

Der Landtag von Rheinland Pfalz hatte am 16. 12. 1948 (Landtag Rheinland-Pfalz, Sten. Ber., 1. Wahlp., 46. Sitzung, S. 1173) die Verlängerung des Landesgesetzes über die Erhebung der Weinabgabe von DM 0,40 pro Liter beschlossen. Dabei hatte sich gezeigt, daß der Landtag zunächst dieser Verlängerung nicht entsprechen wollte, so daß die Landesregierung die ausstehende Genehmigung des Kriegsopfergesetzes als Argument für die Verlängerung des Weinabgabegesetzes einsetzen mußte. Mit Schreiben an Altmeier vom 31. 12. 1948 (LHA Koblenz 860/1953) hatte de Boislambert das Gesetz für die franz. MilReg. genehmigt. Das Landesgesetz vom 10. 1. 1949 trat am 1. 1. 1949 in Kraft (GVOB1. Rheinland-Pfalz 1949, S. 9).

27

Ein diesbezügliches Gesetz wurde nicht rechtswirksam. Entwurf eines Landesgesetzes über die Erhebung von Abgaben zur Förderung kultureller Einrichtungen in: StA Speyer L 5/7.

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Selbstverständlich könnte deutscherseits als Lösung zur Verbesserung der Finanzlage eine weitere Herabsetzung oder der Wegfall der Besatzungskosten vorgeschlagen werden28. Die Regierungschefs wüßten aber, daß weder er noch seine Kollegen diese Lösung annehmen könnten. Andererseits werde er sich bei der morgigen Besprechung mit dem britischen und dem amerikanischen Militärbefehlshaber für einen Ausgleich der Besatzungskosten unter den elf Ländern einsetzen. Er wisse natürlich nicht, ob er bei seinen Bemühungen Erfolg haben werde. Er beabsichtige vorzuschlagen, für die Durchführung dieses Ausgleichs nicht erst die Bildung einer Bundesregierung oder der Trizone abzuwarten29. Er sei übrigens der Meinung, daß der Unterschied in der Belastung nicht allzu groß sei, denn die Höhe der Besatzungskosten pro Angehöriger der Besatzungsmacht sei in der französischen Zone erheblich niedriger als in den beiden anderen Zonen30. MinPräs. Altmeier nimmt zu den Ausführungen von Gen. Koenig nach der Beratungspause eingehend Stellung. Er legt dar, daß das Inkrafttreten des Kriegsopfergesetzes für Rheinland-Pfalz keine erhebliche Mehrbelastung bedeute. Ein Vergleich mit den Zahlen früherer Jahre könne nicht angestellt werden, da inzwischen viele Versehrte Kriegsgefangene heimgekehrt und zahlreiche Todeserklärungen erfolgt seien. Das Steueraufkommen in Rheinland-Pfalz habe sich wesentlich gebessert und sei weiter im Steigen begriffen. Außerdem liege dem Landtag ein Gesetzentwurf der Regierung über die Einführung einer Benzinsteuer vor. Die Besatzungskosten hätten im Januar zum ersten Mal ohne Schwierigkeiten bezahlt werden können. Das Kriegsopfergesetz sei schon am 8. 4. 1948 vom Landtag verabschiedet worden31. Die politischen Auswirkungen im Falle einer Ablehnung oder weiteren Verzögerung in der Genehmigung des Gesetzes seien voraussichtlich sehr weittragend. Gouv. de Boislambert unterstützt die Ausführungen von MinPräs. Altmeier. Gen. Koenig gibt daraufhin seine Genehmigung zu dem Gesetz, das lediglich noch in Artikel 17 und 18 geändert werden müsse, womit sich MinPräs. Altmeier einverstanden erklärt32. StPräs. Müller bittet, auch für Württemberg-Hohenzollern die Genehmigung zum Erlaß des Gesetzes zu geben33. Er legt dar, daß aufgrund der Vorstellungen der Regierung die ursprünglichen Forderungen des Landtags ermäßigt worden seien. Die 28

29

30

31 32

Für den Monat Dezember 1948 hatten die Besatzungskosten für die franz. Zone DM 30 Mio betragen (de Boislambert an Altmeier vom 8. 1. 1949 in: LHA Koblenz 860/59). Der Umfang aller mit der Besatzung zusammenhängenden Ausgaben betrug indes für das Land Baden im Februar 1949 rund DM 17 Mio. Dies stellte rund zwei Drittel des gesamten Steueraufkommens dar (Schreiben des Bad. FinMin. an StPräs. Wohleb zur Weiterleitung an die franz. MilReg. vom 4. 5. 1949 in: StA Freiburg A 2/8951). Der Vorschlag von Koenig auf der Sitzung der drei MilGouv. vom 15. 1. 1949 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 633), "That occupation costs in the french zone be thrown into a common pool when the new budget comes into effect on 1 April", stieß auf die Ablehnung von Clay und Robertson. Dies sei nur möglich, wenn die Verschmelzung aller drei Zonen bis zu diesem Zeitpunkt verwirklicht worden sei. Im Verhältnis zum Steueraufkommen der einzelnen Zonen machten die Besatzungskosten für die franz. Zone 38%, für die amerik. Zone 32% und für die brit. Zone 22% aus. Auch bezogen auf die Zahl der erwerbstätigen Einwohner lag die franz. Zone an der Spitze der Belastung (Institut für Besatzungsfragen, Besatzungslasten, S. 6 ff.). Da die Besatzungskosten die Steuereinnahmen der Länder der franz. Zone in starkem Maße aufzehrten, mußten sich die Länder zur Finanzierung durch Anleihen entschließen. Siehe hierzu ausführlich Dok.Nr. 52, TOP 4. Siehe Anm. 24. Das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Landesversorgungsgesetz) trat am 18. 1. 1949 in Kraft (GVOB1. Rheinland-Pfalz 1949, S. 11).

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Leistungen in Baden für die Körperbeschädigten seien aber seit Jahren doppelt so hoch wie in Württemberg-Hohenzollern und blieben auch nach dem neuen Gesetz noch immer um ein Drittel über den Sätzen von Württemberg-Hohenzollern. In Württemberg-Hohenzollern hätten die Aufwendungen bisher 26 Mio DM betragen, nach dem neuen Gesetz werde mit 40 Mio DM gerechnet. Baden gebe dagegen jährlich 70 Mio DM für die Körperbeschädigten aus. Gen. Koenig erwidert darauf, daß die Lage von der in Rheinland-Pfalz verschieden sei. Dort habe MinPräs. Altmeier durch sein persönliches Eintreten vor dem Landtag die Beibehaltung der Weinsteuer erreicht34. Die Währungsgesetze gestatteten eine Erhöhung der Ausgaben nur bei gleichzeitiger Erhöhung der Einnahmen35. StPräs. Müller teilt mit, im Dezember hätten die Steuereinnahmen in WürttembergHohenzollern ungefähr 26 Mio DM betragen. Es sei zu hoffen, daß im Januar die Einkünfte gleich hoch seien. Er glaube allerdings nicht, daß die Steuereinnahmen noch weiter steigen und bringe dies zum Ausdruck selbst auf die Gefahr hin, daß diese Aussage nachteilige Folgen für die Gewährung der von ihm vorgetragenen Bitte habe. Er sei der Ansicht, daß der Höhepunkt im Steueraufkommen erreicht sei. Gen. Koenig bittet StPräs. Müller, sich noch kurze Zeit zu gedulden. Er müsse die prinzipielle Frage einer Erhöhung der Ausgaben ohne entsprechende Steigerung der Einnahmen erst prüfen lassen. Die Antwort werde voraussichtlich positiv ausfallen und könne vermutlich schon in wenigen Tagen gegeben werden36. Gouv. Widmer regt an, in den drei Westzonen einen einheitlichen Grundlohn bei der Körperbeschädigtengesetzgebung zugrundezulegen. Anderenfalls laufe man Gefahr, daß ein Land das andere in seinen Leistungen überbiete. Eine Lösung werde wohl am besten durch Angleichung des Begriffes der Kriegsbeschädigung an den der entsprechenden Arbeitsinvalidität erreicht. 5. Stromexport nach Frankreich

[. . .]' Gen. Koenig teilt mit, die Darlegung der Sachlage von StPräs. Wohleb, bzw. Min. Lais, gehe von falschen Voraussetzungen aus37. Der Gesamtexport an Strom aus den drei Westzonen nach Frankreich mache 2,8% des Gesamtverbrauches der drei Zonen aus. Baden würde also bei einem Gesamtverbrauch von 63,7 Mio kwh im Dezember demnach ca. 1,4 Mio kwh mehr verbrauchen können, wenn kein Export nach

33

Das Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte (KB-Leistungsgesetz) war vom Landtag WürttembergHohenzollern am 17. 12. 1948 verabschiedet worden (Verhandlungen des Landtags für WürttembergHohenzollern, 50. Sitzung vom 17. 12. 1948, S. 850 ff.).

34

Vgl. Anm. 26.

35

Vgl. VO Nr. 190 vom 26. 6. 1948 (Journal Officiel 1948, S. 1537).

36

Die Genehmigung des Gesetzes verzögerte sich jedoch (vgl. Dok.Nr. 51, Anm. 40).

37

In einem Beitrag für die Besprechung mit Gen. Koenig vom 6. 1. 1949 hatte der Bad. Wirtschafts- und Arbeitsminister Lais die Problemlage dargelegt (Der Bericht konnte nicht ermittelt werden.). Mit Schreiben an die StK. vom 12. 1. 1949 ergänzte er seine Ausführungen (StA Freiburg A2/8951) und wies auf den zusätzlichen Elektrizitätsbedarf der Wirtschaft des Landes hin. Das gesamte Stromkontingent Badens für die Industrie betrage 26,9 Mio kwh. „Es ist nicht möglich, aus diesem Kontingent auch nur einen Bruchteil des notwendigen Bedarfs zuzuweisen". Anderenfalls seien erhebliche Produktionseinbußen zu befürchten.

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Frankreich stattfände 38 . Der Stromexport nach Frankreich sei aber in dem französischen Handelsabkommen mit den Westzonen vom 16. 11. 1948 vorgesehen, und zwar werde der Strom aufgrund dieses Abkommens, das für die Zeit vom 1. 11. 1948 30. 6. 1949 einen Export im Werte von 9 Mio Dollar vorsehe, sehr teuer bezahlt". Im Dezember 1948 seien aus Baden nach Frankreich 52 Mio kwh geliefert worden, gegenüber 115 Mio kwh im Dezember 1947. Der Export sei also wesentlich gesunken, während der Verbrauch in den Westzonen im Dezember 1948 um 23% höher gelegen habe als im Dezember 1947. Er gehe auf diese Frage so ausführlich ein, weil Gerüchte im Umlauf seien, daß Frankreich deutschen Strom stehle. Dies entspreche nicht den Tatsachen. Er werde zur Aufklärung von Mißverständnissen den drei Regierungen eine Note mit dem entsprechenden Zahlenmaterial zugehen lassen40. Wieweit diese Gerüchte verbreitet seien, habe er mit Bedauern kürzlich feststellen müssen, als einer der Teilnehmer an dem deutsch-französischen Studententreffen in Isny ihm gegenüber hartnäckig gerade auf dieser Behauptung bestanden habe, daß Frankreich in unrechtmäßiger Weise Strom aus Deutschland entnehme. StPräs. Wohleb bringt zum Ausdruck, von einem Handelsabkommen zwischen Frankreich und den Westzonen sei ihm bis jetzt nichts bekannt 41 . Die gegenwärtigen Verhältnisse hätten aber verheerende Folgen für die badische Industrie 42 . 6. Rückgabe von Wehrmachtvermögen Gen. Koenig nimmt zu der diesbezüglichen Note von Württemberg-Hohenzollern 43 wie folgt Stellung: Die Besatzungsarmee hätte die Wohnungen, Gebäude usw. mit Beschlag belegen können, ohne daß jemand Nutzen davon gehabt hätte. Sie habe aber das vorgenannte Wehrmachtvermögen der deutschen Wirtschaft zur Verfügung gestellt und sich damit begnügt, lediglich eine Hypothek darauf beizubehalten. Es sei durchaus verständlich,

38

Angaben über Liefermengen in: Β 102/791. Zur Stromerzeugung siehe Β 102/789.

39

Handelsabkommen zwischen dem amerik., dem brit. und dem franz. MilGouv. für Deutschland und der franz. Regierung vom 18. 11. 1948 in: Ζ 13/237, Bd. 1, H. 2.

40

Die franz. Note konnte nicht ermittelt werden.

41

Vgl. Anm. 39.

42

Am 2 . 3 . 1949 griff der Bad. Wirtschafts- und Arbeitsminister gegenüber der StK. das Problem erneut auf und wies auf den Energiemangel und den damit verbundenen Produktionsrückgang hin (StA Freiburg A2/ 8951): „Eine wesentliche Verbesserung wäre [. . .] durch eine Einschränkung der Stromlieferung aus den badischen Erzeugeranlagen am Hochrhein nach Frankreich um etwa 50% zu erreichen". Zeitungsberichte, wonach Frankreich selbst wieder Strom in die Schweiz exportiere, würden gewiß zu einer erheblichen Beunruhigung in badischen Wirtschaftskreisen führen.

43

In einem Schreiben an Gen. Koenig vom 11. 1. 1949 (StA Sigmaringen Wü 6/82) hatte Müller darauf hingewiesen, daß mehrere Wehrmachtsanlagen von der franz. MilReg. zur Rückgabe an das Land Württemberg-Hohenzollern zugesagt worden waren. Dabei handelte es sich um Objekte von mehreren Millionen DM. Die formelle Übergabe sollte erst nach Fertigstellung eines Übergabeprotokolls erfolgen, wodurch die Angelegenheit sehr lange verzögert worden war. Darüber hinaus schien sich die bedingungslose Freigabe in eine vorübergehende gewandelt zu haben. Auch schien sich die Direction du Ginie eine verwaltungsmäßige Geschäftsführung über die Anlagen sichern zu wollen. Auch wurde nun eine Entschädigung an den franz. Staat verlangt. Gegen alle diese Forderungen erhob Müller Einspruch und verlangte die uneingeschränkte und entschädigungslose Rückgabe der Wehrmachtsanlagen.

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daß die Genietruppe44 diese Vermögen weiter verwalte. Die erhobene Pacht stelle keinen Verlust für das Land dar, denn wenn die beschlagnahmten Güter in Händen der Armee verblieben wären, hätten sie den Ländern nichts eingebracht. Für die Handhabung der Bestimmungen sei die Vermietung der zur Kategorie III gehörenden Kasernen, in welchen die Mainzer Universität untergebracht sei, und für welche lediglich eine symbolische Miete erhoben werde, ein Beispiel. Es sei möglich, daß das Besatzungsstatut eine Änderung in der Position der alliierten Armeen in bezug auf das ehemalige Wehrmachtvermögen bringe. In diesem Fall sei er damit einverstanden, mit seinen Kollegen eine gemeinsame, die Rückgabe des Wehrmachtvermögens betreffende gesetzliche Regelung zu besprechen. Inzwischen gebe er Anweisung, die Besatzungsarmee möge den derzeitigen Status im Hinblick auf diese spätere Regelung im Rahmen der gegenwärtigen Möglichkeiten überprüfen45. Mehr könne er im Augenblick nicht zusagen. 7. Zusammenschluß der drei Länder des südwestdeutschen Raums Hierzu führt Gen. Koenig ungefähr folgendes aus46: Frankreich vertritt immer die Auffassung, daß ein föderalistischer Aufbau Deutschlands nur aus Ländern möglich ist, die vom geschichtlichen, geographischen und wirtschaftlichen Standpunkt aus lebensfähig sind. Ich kenne die Gründe, die den Ausschuß für die Überprüfung der Ländergrenzen veranlaßt haben, seine Tätigkeit auf den südwestdeutschen Raum zu beschränken47 und ich werde auf Ihre Frage bezüglich des Zusammenschlusses der drei südwestdeutschen Länder in aller Offenheit antworten mit der Bitte, das Gesagte vertraulich zu behandeln. Ich glaube, es wäre klug, erst wieder ein Baden und ein Württemberg herzustellen, d. h. den Zustand, wie er vor der Besetzung war. Die damals mit Rücksicht auf die Zonengrenzen getroffene Lösung war schlecht. Das ist immer meine Ansicht gewesen.

44

Services du Ginie (Direction des Traveaux du Ginie) = Pionier-Dienststelle, zugleich mit der Verwaltung der beschlagnahmten Gebäude beauftragt.

45

Am 18. 7. 1949 bestätigte Gouv. Widmer (StA Sigmaringen Wü 6/82), daß insgesamt acht Grundstücke in die Kategorie C der früheren Wehrmachtvermögen eingereiht worden seien und „demnach unverzüglich der deutschen Wirtschaft kostenlos und endgültig wieder zur Verfügung gestellt werden" würden. Zuvor hatte StPräs. Müller Minister Poher am 8. 7. 1949 (ebenda) nochmals das Anliegen des Landes Württemberg-HohenzoUern vorgetragen und dabei die drei unterschiedlichen Kategorien für die Verwaltung des Liegenschaftsvermögens beschrieben. Danach umfaßte die Kategorie Α Vermögen, „das weiterhin von der Besatzungsmacht beschlagnahmt bleibt", während in die Kategorie Β Vermögen fiel, „das zwar beschlagnahmt bleibt, jedoch vorübergehend den deutschen Ländern zur Verfügung gestellt wird". Allein Vermögen der Kategorie C sollte den deutschen Ländern endgültig rückerstattet werden. Angesichts der verfolgten Praxis, von den franz. Truppen nicht benötigte Objekte der Kategorie Α und Β an Privatpersonen zu vermieten oder zu verpachten und die eingehenden Erlöse selbst in Anspruch zu nehmen, erhob Müller Einspruch gegen das gesamte Verwaltungssystem, welches dem Lande erhebliche Belastungen bringe und es finanziell schlechter als zuvor stelle. Überdies hebe sich diese Regelung gegenüber der in der amerik. Zone deutlich ab. Müller bat daher um allgemeine Rückgabe der Liegenschaften der ehemaligen deutschen Wehrmacht, sofern diese von den Besatzungstruppen nicht mehr benötigt würden.

46

Vgl. hierzu: Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 144 f.

47

Zu den Verhandlungen des Ausschusses der MinPräs. zur Überprüfung der Ländergrenzen sowie dessen Planungsgruppe siehe Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 16,17,18,21,22 und 23 sowie Ζ12/66. Der Bericht des Ausschusses, der auf der Konferenz der MinPräs. vom 31. 8. 1948 erstattet wurde (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 24) enthält vornehmlich Empfehlungen zur Vereinigung der südwestdeutschen Länder, obwohl auch die übrigen Ländergrenzen diskutiert worden waren.

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Nachdem dieses gesagt ist, möchte ich auf die Ergebnisse der Arbeiten des Ländergrenzenausschusses zurückkommen. Die Entschließung des Ausschusses sieht den unmittelbaren Zusammenschluß der beiden früheren Länder vor48. Wenn diese Lösung von der Bevölkerung abgelehnt wird, sollen die beiden früheren Länder wieder jedes für sich hergestellt werden4'. Die Entschließung sieht dann noch eine dritte Lösung vor, nämlich den Zusammenschluß von Württemberg-Baden mit Württemberg-Hohenzollern unter Isolierung des jetzigen Landes Baden 50 . Ich kann Ihnen sagen, daß, was meine Person anbetrifft, ich diese Lösung niemals gutheißen werde, weil sie bedeuten würde, daß ein unerfreulicher Zustand durch einen anderen unerfreulichen Zustand abgelöst werden würde. Die Regelung dieser Frage wird wahrscheinlich von der Abstimmung durch die Bevölkerung abhängen. Ich wiederhole „wahrscheinlich", denn es ist möglich, daß zwei Militärbefehlshaber beschließen, das alte Württemberg und das alte Baden wiederherzustellen51. StPräs. Wohleb sagt, dies wäre die beste Lösung. Ich weiß nicht, ob StPräs. Müller derselben Meinung ist. Wie dem auch immer sei, die Frage ist noch völlig in der Schwebe. Es ist sicher, daß in dem Augenblick, wo die Termine der Londoner Empfehlungen52 nicht eingehalten wurden, große Schwierigkeiten aufgetreten sind, die vielleicht Gegenstand von Hin- und Herverhandlungen unter den Alliierten sein werden. Dies ist der augenblickliche Stand. In nicht allzulanger Zeit wird den beteiligten Ländern eine feste Entscheidung der Alliierten unterbreitet werden können. Der Parlamentarische Rat in Bonn arbeitet zur Zeit eine Verfassung aus. Nach den letzten Nachrichten ist er mit seinen Arbeiten ein ziemliches Stück vorwärtsgekom-

48

Der Ausschuß war für die Vereinigung der drei Länder Baden, Württemberg-Baden und WürttembergHohenzollem eingetreten (ebenda, Dok.Nr. 21). Dies bedeutete die Verschmelzung der beiden ehemaligen Länder Baden und Württemberg.

49

Diese Alternative ergab sich aus der vorgesehenen wahlweisen Fragestellung bei der Volksabstimmung (vgl. Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 124 f.). Der Ausschuß hatte sich am 27. 8. 1948 (Bericht über die Tätigkeit des Ausschusses zur Überprüfung der Ländergrenzen vom 1. 10. 1948 in: Ζ12/67, Bl. 134) auf den Zusatz geeinigt, „daß bei der Fragestellung verschiedene Fragen gestellt werden könnten". Ungeachtet der eindeutigen Priorität einer Verschmelzung aller drei Länder berieten die Regierungschefs in Bühl und Bebenhausen weiter die Formulierungen der alternativen Fragestellung. Die dabei erzielte Übereinkunft wurde von den MinPräs. auf ihrer Konferenz vom 1. 10. 1948 auf dem Jagdschloß Niederwald (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 28) gebilligt. Die Wiederherstellung der Länder Baden und Württemberg für den Fall, daß die Vereinigung der drei Länder von der Bevölkerung nicht gebilligt werden sollte, ging dabei auf das Mehrheitsvotum von Wohleb und Müller zurück.

50

Auf der Konferenz vom 1. 10. 1948 (vgl. Anm. 49) hatte Maier dem Minderheitsvotum zugestimmt.

51

Im Anschluß an die Konferenz der drei MilGouv. vom 15. 1. 1949 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 633) beriet Koenig mit Clay über den Tausch von Nordbaden, das Bestandteil des Landes Württemberg-Baden in der amerik. Zone war, gegen die Gebietsteile Südwürttemberg als Teil des Landes Württemberg-Hohenzollern in der franz. Zone. Das Bemühen von Koenig um ein geschlossenes franz. Besatzungsgebiet stieß jedoch auf den entschiedenen Widerstand von Clay, der vor allem Prestigeeinbußen der Amerikaner in Deutschland befürchtete.

52

Gemeint sind die Frankfurter Dokumente (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4). In Dok.Nr. II war zur Länderneugliederung bestimmt worden, daß die Empfehlungen zur Änderung spätestens zum Zeitpunkt der Wahl der Mitglieder des Pari. Rats der Bevölkerung vorgelegt werden sollten. Dieser Termin wurde zweimal bis zum 15. 10. 1948 verlängert (ebenda, Dok.Nr. 19; siehe auch Schreiben der Niedersächsischen Landesregierung an MinPräs. Stock vom 18. 9. 1948 in: Ζ 12/67, Bl. 81-83). Mit der Verabschiedung der Vorschläge durch die MinPräs. am 1. 10. 1948 wurde diese Frist eingehalten (siehe Aktenvermerk von Bergner über eine Besprechung mit dem amerik. Verbindungsoffizier Simons vom 11. 10. 1948 in: Ζ12/67, Bl. 142-143).

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men. Vielleicht wird der Parlamentarische Rat in ein bis zwei Monaten in der Lage sein, uns einen Entwurf vorzulegen. Dann müssen die Militärbefehlshaber diese Verfassung prüfen und ihre Einwilligung oder Ablehnung bekanntgeben. Die Frage Württemberg-Baden muß jedenfalls geregelt sein, ehe die Verfassung zur Volksabstimmung53 kommt, denn so ist es in den Londoner Empfehlungen vorgesehen54. Infolgedessen denke ich, daß ich Ihnen in ein bis zwei Monaten die Entscheidung über diese für Sie wichtige Frage bekanntgeben kann. Ich beabsichtige, meine Kollegen zu drängen, daß sie eine Entscheidung treffen. Ich habe Ihnen meine Gedankengänge offen mitgeteilt und auch die meiner alliierten Kollegen. Ich bitte Sie nachdrücklich, meine Ausführungen streng vertraulich zu behandeln. Ich glaube, daß es gut ist, wenn Sie wissen, wo die Schwierigkeiten liegen und an welchem Punkt die Behandlung dieser Frage angelangt ist. Sie ist nicht weit fortgeschritten. In diesem Zusammenhang wäre ich froh, von Württemberg-Hohenzollern und Baden eine Antwort auf eine ganz präzise Frage zu bekommen. Bei der Abstimmung gibt es für die Fragestellung mehrere Möglichkeiten. Die Frage über den Gesamtzusammenschluß oder die Wiederherstellung der alten Länder (die dritte Frage wird nicht gestellt werden) kann gleichzeitig zur Abstimmung gestellt werden oder in zwei verschiedenen Abstimmungen 55 . Meine Meinung geht dahin, daß diese Frage an demselben Tag bei einer einzigen Abstimmung gestellt werden soll. Diese Lösung wäre am klarsten und am ehrlichsten. Ich habe aber den Eindruck, daß in gewissen alliierten Kreisen die Meinung vorherrscht, man müsse die Frage an zwei verschiedenen Terminen zur Abstimmung stellen. Ich bitte, mir Ihre Ansicht hierüber zu sagen. StPräs. Müller legt ausführlich die Gründe dar, die zu der einmütigen Beschlußfassung durch die Ministerpräsidenten in Niederwald und die drei Regierungschefs in Bühl geführt haben56. Demnach könne die Abstimmung über Gesamtzusammenschluß oder Wiederherstellung der alten Länder nicht auf einmal stattfinden57. Er könne sich aber mit einer einzigen Abstimmung einverstanden erklären, wenn im Falle der Ablehnung des Gesamtzusammenschlusses die früheren Länder von den Militärbefehlshabern im Verwaltungswege wieder hergestellt würden. StPräs. Wohleb: Ich bin von Anfang an der Meinung gewesen und bin es auch heute noch, daß die Alternativfragestellung in einem Wahlgang das Richtige wäre und zwar würde ich zwei Wahlzettel vorschlagen: a) Wollen Sie die Wiederherstellung des alten Landes Württemberg, bzw. Baden? b) Wollen Sie den Gesamtzusammenschluß? Ich kann mich aber mit dem Vorschlag von StPräs. Müller einverstanden erklären,

53

Zum Ratifizierungsmodus siehe Dok.Nr. 10 B, Anm. 109.

54

Vgl. Dokument Nr. II der Frankfurter Dokumente in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4.

55

Angesichts der Präferenz für die Vereinigung der drei Länder hatten sich die Regierungschefs auf zwei getrennte Abstimmungen geeinigt, wobei bei negativem Votum zum Gesamtzusammenschluß eine zweite Abstimmung mit der Fragestellung der Mehrheits- und Minderheitsvoten (vgl. Anm. 49) stattfinden sollte.

56

Die Beschlüsse der Regierungschefs der drei Länder vom 16. 9. 1948 in Bühl und vom 28. 9. 1948 in Bebenhausen waren von den MinPräs. auf der Konferenz vom 1. 10. 1948 (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 28) gebilligt worden.

57

Vgl. Anm. 55.

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wenn es dabei bleibt, daß eine Ablehnung des Gesamtzusammenschlusses die Wiederherstellung der alten Länder bedeutet. Gen. Koenig: Ich sehe mich gezwungen, eine zweite Frage zu stellen. Warum stellt man als erste Frage die des Gesamtzusammenschlusses? Und warum stellt man nicht als erste Frage die der Wiederherstellung der früheren Länder? StPräs. Müller: Diese Formulierung wurde gewählt, weil wir den Militärbefehlshabern die Entscheidung erleichtern wollten, denn vom Standpunkt Württemberg-Badens aus sehen die Dinge anders aus. Der amerikanische Militärbefehlshaber scheint MinPräs. Maier gegenüber erklärt zu haben, daß er eine Trennung von Nord-Baden und NordWürttemberg nicht zulassen werde58. Wenn also überhaupt eine Klärung in dieser Frage, die die Bevölkerung sehr stark beschäftigt, erzielt werden soll, glaube ich, daß die von den Ministerpräsidenten einstimmig mit der Stimme von StPräs. Wohleb vorgeschlagene Formulierung gutgeheißen werden sollte. StPräs. Wohleb: Wenn die von MinPräs. Maier gegebene Information stimmt, erkläre ich, daß die ganze Abstimmung nichts anderes ist als eine Farce, die mit Demokratie nichts zu tun hat. StPräs. Müller: Ich glaube, daß diese Auffassung meines Kollegen Wohleb nicht richtig ist. Wenn die Haltung der Amerikaner tatsächlich so ist, wie uns berichtet wurde, bleibt ja nur die Frage des Gesamtzusammenschlusses; außer man wollte überhaupt jede Abstimmung verhindern, was, wie mir fast scheint, die Absicht meines Kollegen Wohleb ist. StPräs. Wohleb: Jawohl. Gen. Koenig: Ich möchte noch eine Frage aufwerfen. Glauben Sie, daß folgende Frage zuerst gestellt werden könnte: „Wollen Sie den Gesamtzusammenschluß von Baden und Württemberg?" Aber mit einer Erklärung der Militärbefehlshaber, die besagt, daß im Falle einer Ablehnung die alten Länder wiederhergestellt werden, so daß die Bevölkerung dies von vornherein wüßte. StPräs. Müller: Dieser Fragestellung könnte ich sofort zustimmen. StPräs. Wohleb: Ich ebenfalls. Gen. Koenig: Ich glaube, auf diese Weise könnte die Angelegenheit elegant gelöst werden. Was die Auswertung anbetrifft, so war doch die Mehrheit der durchgezählten Stimmen in den früheren Ländern Baden und Württemberg maßgebend? Ich bin mir jetzt über diese Frage ziemlich im Klaren und verspreche Ihnen, daß ich in Frankfurt mein Möglichstes tun werde, um die Endlösung bald herbeizuführen. Ich bitte Sie, das oben Besprochene vorläufig vertraulich zu behandeln. Vielleicht kann ich Sie in wenigen Tagen ermächtigen, darüber zu sprechen 5 '.

58

Auf der Konferenz der drei MilGouv. vom 15. 1. 1949 (vgl. Anm. 51) wiederholte Clay seine Konzeption einer Drei-Mächte-Kontrolle in jedem Land. Im übrigen seien die USA bereit, dem Wunsch der deutschen Bevölkerung nach einem einheitlichen Land Württemberg-Baden zu entsprechen und es unter gemeinsame Kontrolle zu stellen. Falls die Deutschen diese einheitliche Lösung ablehnen sollten, sei man auch bereit, "similar arrangements in the two separate states of Wuerttemberg and Baden" zu akzeptieren. Entschieden Schloß Clay eine Preisgabe Nordbadens durch die amerik. MilReg. aus.

59

Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 12, TOP 12.

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8. Kohlenversorgung MinPräs. Altmeier bittet um die Genehmigung, im Einvernehmen mit dem Provinzgouverneur auch gewissen Gemeinden in Rheinland-Pfalz von weniger als 3000 Einwohnern Hausbrandkohle zuzuweisen60. Gen. Koenig erklärt hierzu, daß ab sofort die Kohleverteilung in den Ländern der französischen Zone Angelegenheit der deutschen Verwaltung sei. Diese solle von jetzt an die Programmierung selbst vornehmen. Eine Erhöhung der Kohlelieferungen aus der Bizone sei Gegenstand von Verhandlungen mit den bizonalen Stellen, die künftig ebenfalls deutscherseits geführt würden61. 9. Sftdwestfunk Auf Anfrage von StPräs. Müller teilt Gen. Koenig mit, daß die neue Zusammensetzung des Rundfunkrats in den nächsten Tagen im Journal Officiel veröffentlicht werde62. Vertreter könnten sofort benannt werden. 10. Demontagen Abschließend gibt Gen. Koenig noch folgende Erklärung ab: Es sei nunmehr endgültig entschieden, daß die Demontageliste vom Oktober 194763 keine Erweiterung erführe und auch keine neuen Demontagelisten aufgestellt würden. Die alliierten Sachverständigen, insbesondere die Humphrey-Kommission64, hätten aufgrund der Oktoberliste ihren Bericht ausgearbeitet. Die Frage der Demontagen könne endgültig geregelt

60

Altmeier hatte am 30. 12. 1948 (LHA Koblenz 860/1529) de Boislambert um Aufhebung der Anordnung der franz. MilReg. gebeten, wonach Orte mit weniger als 3000 Einwohnern nicht mit Hausbrand versorgt werden durften. Zugleich gab er einen Überblick über die aktuelle Versorgungslage. Während in der Bizone zwölf Zentner Steinkohleneinheiten (SKE) als Hausbrand pro Haushalt zugeteilt würden, erhielten die Haushalte in Rheinland-Pfalz lediglich 2,7 Zentner. Wenn man die Orte unter 3000 Einwohnern unberücksichtigt ließe, würden sich für die übrigen Haushalte eine Zuteilung von sechs Zentnern SKE ergeben, so daß erst 50% der vorgesehenen Zuteilung erfüllt wären. „Es ist aber für die deutsche Verwaltung einfach unmöglich, alle Orte unter 3000 Einwohnern von der Versorgung mit Hausbrand auszuschließen, insbesondere da auch viele Orte in Gegenden liegen, die keinen Waldbesitz haben". Zu beachten sei auch, daß durch die mangelnde Zuteilung von Hausbrand in den vergangenen Jahren der Vorrat an Brennholz nicht ausreiche, um diesen Gemeinden einen genügenden Ersatz zu schaffen. Abhilfe könne nur durch Beseitigung der Mängel in der Zuteilung und Anfuhr geschaffen werden.

61

Auf der Sitzung des Arbeitsausschusses aus Vertretern des VWG und der franz. Zone am 10. 2. 1949(Prot. in: Ζ 13/214, Bd. 2, H. 4) wurde Übereinstimmung darüber erzielt, daß das im VWG geltende KohleZuteilungsverfahren in der gleichen Form auch für die drei Länder der franz. Zone eingeführt werden sollte. Für das zweite Quartal 1949 wurde eine Übergangsregelung vereinbart.

62

VO Nr. 198 vom 19. 1. 1949, Journal Officiel 1949, S. 1891.

63

Am 16. 10. 1947 hatte Gen. Noiret, Vertreter des franz. Oberbefehlshabers im alliierten Kontrollrat, eine Liste vorgelegt, der zufolge 170 Fabriken in der franz. Zone demontiert werden sollten. Diese Liste war auf den revidierten Industrieniveauplan der Bizone gleichen Datums bezogen.

64

Zur gekürzten Reparationsliste, die der industrielle Untersuchungsausschuß unter Vorsitz von George M. Humphrey am 12. 1. 1949 dem Administrator für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Paul Hoffman, vorgelegt hatte, siehe Harmssen, Demontagen, S. 14 ff.; Europa-Archiv 1949, S. 2114. Der Ausschuß empfahl, 167 von insgesamt 381 Werken, die überprüft worden waren, in Deutschland zu belassen. Noch vor der Veröffentlichung des Humphrey-Berichts hatte die franz. Regierung beschlossen, die Ausrüstung in vierzig anderen Werken oder Teilwerken in der franz. Zone, die zu den 381 zu überprüfenden Werken zählten, zu belassen.

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werden, sobald die amerikanische Regierung ihren Standpunkt zu diesem Bericht bekanntgegeben habe und die drei Regierungen von USA, Großbritannien und Frankreich ihre Beschlüsse gefaßt hätten 65 . Die Entscheidung werde den deutschen Stellen alsbald bekanntgegeben werden. Voraussichtlich würden noch Streichungen aus der Oktoberliste aufgrund des Sachverständigenberichts erfolgen. 11. Beamtengesetzgebung Gen. Koenig erklärt sich bereit, mit den Regierungschefs oder den Innenministern zu einer Besprechung der bizonalen Beamtengesetzgebung zusammenzutreten", welche aufgrund von Richtlinien des Zweimächtekontrollamts 67 , die von der bisherigen deutschen Regelung stark abweichen, erfolgen soll. Prinzipiell sei er bereit, mäßigend auf seine Kollegen, mit welchen er über diese Frage morgen inoffiziell zu sprechen beabsichtige, einzuwirken 68 . Er wolle versuchen, in Erfahrung zu bringen, wann die Behandlung der Frage akut werde und rechtzeitig mit den Regierungen der französischen Zone Rücksprache nehmen, um gemeinsame Richtlinien für ihr Verhalten festzulegen.

65

Wortlaut des Washingtoner Abkommens über verbotene und beschränkte Industrien vom 8. 4. 1949 mit Anlagen sowie Erklärung des amerik. Außenministeriums vom 13.4. 1949 hierzu in: Harmssen, Demontagen, S. 168 ff.

66

Über eine diesbezügliche Besprechung konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden. Ebenso wie im WR des VWG wurde von den Landtagen der Länder der franz. Zone Entwürfe eines Beamtengesetzes beraten (Landtag Württemberg-Hohenzollern 1947/1949, Beilage 244).

67

BICO hatte dem bizonalen Gesetzgeber die Vorstellungen der brit. und amerik. MilReg. in einem Memorandum vom 2. 12. 1948 (Z 13/257, Bd. 1) erläutert (vgl. Dok.Nr. 13, TOP 9). Der Bericht von Clay an Draper vom 15. 1. 1949(ClayPapers,Bd.II,Dok.Nr.633)überdieKonferenzder drei MilGouv. vom gleichen Tag enthält keinen Hinweis auf eine Intervention durch Koenig.

68

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44. Direktorialsitzung

Nr. 5 44. Direktorialsitzung in Frankfurt 20. Januar 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 6-10. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 21. 1. 1949' TO mit Nachtrag: Ebenda, Bl. 1-3 Anwesend2: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Niklas, Stellv.Dir. Scheuble, Dir. Schuberth (VR) ORegR. Thiel (zeitw.) (VELF); Stellv.Dir. Kriege, MinR. v. Schmiedeberg (zeitw.), MinR. v. Spindler (zeitw.) (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDir. Schalfejew (VfW) MinDirig. Lentz (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (Stat. Amt); MinDir. a . D . Harmening (Büro für Währungsfragen) MinDir. Krautwig, MinDir. Knappstein (zeitw.), MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich (zeitw.), Schulte3 (zeitw.) (DirK.)

[1. Besetzung der Zentralstelle für das Flüchtlingswesen] Vor Eintritt in die Tagesordnung teilt ODir. Pünder mit, daß Schreiber telegraphisch seine Zustimmung zur Übernahme der Leitung der Zentralstelle für das Flüchtlingswesen im Vereinigten Wirtschaftsgebiet vorbehaltlich eines noch eingehenden Briefes zum Ausdruck gebracht hat4. [2. Ehemalige Mitglieder der NSDAP in der Verwaltung des VWG] Außerhalb der Tagesordnung wird über den Artikel des Telegraf „Verwaltungsrat weicht aus" beraten5. MinDirig. Lentz berichtet, daß nicht 80%, sondern 25% der Beamten und Angestellten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes vom 1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau in: Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 13-17.

2

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 18.

3

Schulte war stellvertretender Pressechef der DirK.

4

Schreiber telegrafierte am 20. 1. 1949 an Pünder (Z13/298): „Grundsätzlich einverstanden, Brieffolgt". In dem nachfolgenden Schreiben vom gleichen Tag (ebenda) erklärte Schreiber, daß er das Angebot annehme. Allerdings müßten noch einige Vorfragen geklärt werden. Zu diesem Zweck besprach er sich am 26. 1. 1949 mit Pünder (vgl. Telegramm von Schreiber an Pünder vom 25. 1. 1949, ebenda). Unbeschadet der Entscheidung des VR entspann sich eine parteipolitische Kontroverse um die Besetzung des Postens, in dessen Verlauf Adenauer die Kandidatur des Hamburger Rechtsanwaltes Kather unterstützte (vgl. Vermerk von Pünder vom 4. 2. 1949, ebenda). Pünder setzte sich jedoch durch und bestätigte Schreiber am 15. 2. 1949 (ebenda) telegrafisch dessen endgültige Berufung, nachdem BICO mit Schreiben vom 4. 2. 1949 (ebenda) keine Bedenken gegen die Einrichtung einer Flüchtlingsdienststelle im Rahmen der von Pünder mit Schreiben vom 25. 1. 1949 (ebenda) beschriebenen Kompetenzen erhoben hatte. Zuvor hatte der VR noch einmal auf seiner außerordentl. Direktorialsitzung vom 14. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 11, TOP 3) die Ernennung von Schreiber zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Mitteilung von Pünder an die Landesregierungen und an BICO über die Ernennung Schreibers erfolgte schließlich am 23. 2. 1949 bzw. am 3. 3. 1949 (ebenda). - Siehe auch Nachl. Pünder/249 und 250. Zur Errichtung der Zentralstelle siehe Dok.Nr. 11, TOP 3.

5

Der Telegraf behauptete in seiner Ausgabe vom 19. 1. 1949 (Frankfurter Ausgabe, Nr. 14 D), daß vier Fünftel der Frankfurter Angestellten ehemalige Nazis und Stabsoffiziere gewesen seien. Dabei stützte sich der Artikel auf einen Bericht der Bielefelder „Sozialistischen Rundschau", die als Mitteilungsblatt der SPD bezeichnet wurde. In dem Eigenbericht hieß es sodann, daß von den 8600 bizonalen Angestellten und Beamten fast 7000 der NSDAP angehört hätten. Dieser Umstand sei besonders deshalb bedenklich, weil die Beamten und Dauerangestellten in die neue Bundesverwaltung übernommen werden sollten.

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4 4 . Direktorialsitzung

2 0 . 1. 1 9 4 9

Nr. 5

Befreiungsgesetz der US-Zone 6 betroffen sind7. Hiervon sind durchaus nicht alle Personen Parteigenossen, da auch Mitglieder der Gliederungen der N S D A P oder leitende Ministerialbeamte des Dritten Reiches, die nicht Parteigenossen waren, als Betroffene im Sinne des Befreiungsgesetzes gelten können 8 . Der Personalstand der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ist am Jahresende um 2000 Personen geringer als am 1. 10. 1948 gewesen. Die Verwaltungen werden genaue Angaben über die Zahl der Betroffenen und Parteimitglieder am Samstag, dem 22. 1. [1949], vormittags 9 Uhr, dem Personalamt zur Verfügung stellen'. [3. Stellungnahme zu Art. 143 des Entwurfs für ein Grundgesetz der Bundesrepublik] Außerhalb der Tagesordnung wird anschließend über Art. 143c des Bonner Entwurfes zum Grundgesetz beraten 10 . Seitens der Verwaltungen wird auf die bedenklichen Folgen hingewiesen, die die Möglichkeit einer Entlassung oder Zurruhesetzung aller Beamten und Dauerangestellten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes mit sich bringt11; bereits jetzt können Versuche einer Abwanderung in die Wirtschaft und die Verkehrsverwaltungen festgestellt werden. E s wird beschlossen, hierüber ein Gutachten durch die in gleicher Angelegenheit schon früher tätig gewesene Kommis-

6

Das Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus war vom LR der US-Zone am 5. 3. 1946 (vgl. Akten zur Vorgeschichte 1, Dok.Nr. 14 II) verabschiedet worden (LRGS, S. 95).

7

Zur Durchführung der Entnazifizierungsbestimmungen nach dem Befreiungsgesetz siehe Fürstenau, Entnazifizierung, S. 70 ff., sowie Niethammer, Entnazifizierung, S. 335 ff.

8

Auf der Frankfurter Pressekonferenz vom 21. 1. 1949 (Prot, in: Ζ17/5, H. 3) gab MinDir. Knappstein den bizonalen Personalbestand an Beamten, Angestellten und Arbeitern mit 3885 zum 31. 12. 1948 gegenüber 4133 zum 30. 9. 1948 an. Zur Zahl der vom Befreiungsgesetz Betroffenen machte Knappstein keine konkreten Zahlenangaben, sondern bezifferte sie unter Berücksichtigung aller Belastungsgruppen abweichend von den Ausführungen von Lentz mit 35%. Von dem Personenkreis, der die oberste Spitze der Verwaltung des VWG bilde, seien nur zwei von 87 Personen betroffen, und hier handele es sich ausschließlich um eine Formalbelastung, die durch frühere Angehörigkeit zu Reichsministerien entstanden sei. Insgesamt verwahrte sich Knappstein gegen die Polemik des Zeitungsartikels, die aus dem Versuch resultiere, mit unqualifizierten Mitteln die Übernahme bizonaler Beamter in die Bundesverwaltung zu verhindern.

9

Am 28. 1. 1949 nannte Pünder vor der Frankfurter Pressekonferenz (Prot, ebenda) die ermittelten Zahlen unter Einschluß der Mitläufer und Entlasteten. Danach waren insgesamt 940 Personen (510 Beamte, 386 Angestellte und 44 Arbeiter) betroffen. Hiervon waren 46 Stabsoffiziere und 43 Wehrmachtsbeamte. Der Waffen-SS hatte keiner angehört. Pünder stellte abschließend fest, daß nur 24% aller Beamten und Angestellten Mitglieder der NSDAP waren und sämtliche höhere Beamte und Angestellte, die unter das Befreiungsgesetz gefallen waren, einer besonderen Prüfung durch einen Ausschuß des WR unterzogen worden seien. - Siehe insbesondere die Übersicht des Personalamtes über die politische Zusammensetzung der Verwaltungsangehörigen des VWG vom 30. 4. 1949 in: Ζ 11/389. Siehe auch Ambrosius, Funktionswandel, S. 194f.

10

Im Anschluß an die Beratungen vom 5. 1. 1949 (vgl. Dok.Nr. 1 A , T O P 9 ) hatte PünderdemPräs. desParl. Rates, Adenauer, die Bedenken des VR übermittelt.

11

Mit Schreiben vom 19. 1. 1949 (Z 13/323) an Pünder hatte Frohne darauf aufmerksam gemacht, daß die vom HptA. des Pari. Rates in zweiter Lesung beschlossene Neufassung des Art. 143 c-2 des GG-Entwurfs, wonach die Dienstverhältnisse der Beamten aller zentralen Behörden des VWG, auch von auf Lebenszeit angestellten Beamten, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des GG widerrufen werden konnten, alle bizonalen Verwaltungen unter ein in der bisherigen deutschen Rechtssetzung noch nie verwirklichtes Ausnahmerecht setze. Frohne kritisierte, daß das Gutachten des VR, das Pünder am 10. 1. 1949 übermittelt hatte (vgl. Dok.Nr. 1 A, Anm. 32), vom HptA. nicht richtig gewürdigt worden sei. Mit dem Ziel der Streichung des beanstandeten Artikels sollte sowohl Pünder bei Adenauer als auch StS. Strauß bei der CDU/CSU-Fraktion des Pari. Rates vorstellig werden.

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sion des Verwaltungsrates erstellen zu lassen und hierüber eine Beratung am 22. 1. [1949] im Personalamt anzusetzen 12 . Der bei dieser Gelegenheit auszuarbeitende Gegenentwurf ist an den Präsidenten des Parlamentarischen Rates zu leiten, an den sich ODir. Pünder bereits vorher wenden wird13. [4.] Gesetz über eine landwirtschaftliche Betriebszählung 1949 In seinem Vortrag14 weist Stellv.Dir. Niklas darauf hin, daß Kosten in Höhe von [DM] 3,2 Millionen entstehen, davon [DM] 2,2 Millionen im Jahre 1949. D i e Etatisierung erfolgt im Haushalt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 15 , die diese Beträge zum größten Teil an die Länder als die die Zählung durchführenden Stellen weitergibt. D e m Gesetz wird zugestimmt und seine Zuleitung an den Länderrat beschlossen 16 .

12

Die Zusammensetzung der Kommission konnte nicht ermittelt werden. Am 21.1.1949 (vgl. Vermerk von v. Gülich vom 22.1.1949 in: Ζ13/323) verabschiedete sie zwei Stellungnahmen zu den Art. 143c-2 und 143d des GG-Entwurfs. Beschlossen wurde, die Streichung der Art. 143c-2, Abs. 2 und 143d zu beantragen.

13

Die durch die Kommission erarbeitete Stellungnahme des VR übermittelte Pünder mit Schreiben vom 24. 1. 1949 (ebenda) an Adenauer zur Weiterleitung an die Abg. des Pari. Rates. In einem persönlichen Schreiben vom 21. 1. 1949 an Adenauer (ebenda) hatte Pünder bereits zuvor auf die „unübersehbaren Gefahren" hingewiesen, die der „unglückliche und rechtsverneinende Beschluß" des Pari. Rates in sich berge. Am 3. 2. 1949 (ebenda) bestätigte Adenauer, daß die beiden Eingaben des VR dem Organisationsausschuß des Pari. Rates zugleitet worden seien. In einem weiteren Schreiben vom 28. 4. 1949 an Pünder (ebenda) teilte Adenauer mit, daß sich weder der zuständige Fachausschuß (vgl. Ζ S/145 und 146) noch der interfraktionelle Fünfer- bzw. Siebenerausschuß habe entschließen können, der Eingabe des VR zu entsprechen. Adenauer stellte anheim, die befürchteten nachteiligen Wirkungen genauer zu substantiieren. Mit Schreiben vom 6 . 5 . 1949 an Adenauer (ebenda) stellte Pünder fest, daß gleichwohl in den interfraktionellen Besprechungen die bisherige Entwurfsfassung verändert worden sei. Den Bedenken des VR sei dadurch Rechnung getragen, so daß weitere Schritte nicht mehr notwendig seien. Endgültige Fassung: Art. 132 GG.

14

Mit Schreiben vom 8. 1. 1949 an Pünder hatte die VELF (Z 61/50, Bl. 143) den Entwurf eines Gesetzesmit Begründung (Z13/87, Bd. 14, Bl. 21-22) vorgelegt. Der Entwurf nahm Bezug auf ein Schreiben der Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 2. 8. 1948 (ebenda, Bl. 23), wonach die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen die brit. und amerik. Zone zur Teilnahme an einer globalen Landwirtschaftszählung aufgefordert hatte. Darüber hinaus wurde von BICO die Auffassung vertreten, daß eine neue landwirtschaftliche Betriebszählung in Deutschland dringend notwendig sei, da die vorliegenden Angaben überholt seien. In diesem Sinne wurde in der Begründung zum Gesetzentwurf ausgeführt, daß der Zweck der Betriebszählung in der Feststellung der Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe begründet liege, insbesondere unter Berücksichtigung der Größenklassen, um Unterlagen über den Stand und die Entwicklungstendenzen der Landwirtschaft zu erhalten. Diese Kenntnisse seien für die Landwirtschaftsverwaltung, für den Berufsstand, für die Wissenschaft und für die allgemeine Agrarpolitik unentbehrlich.

15

In dem Schreiben an Pünder vom 8. 1. 1949 (vgl. Anm. 14) wies die VELF darauf hin, daß der Vorschlag des Stat. Amtes, die Kosten auf den bizonalen Etat zu übernehmen, vom Hauptreferat für Finanzen im LR und von der VfF für zweckmäßig erklärt worden sei.

16

Siehe Schreiben der DirK. an den Vors. des LR vom 24. 1. 1949 in: Ζ 6 1/50, Bl. 142. Über die Abänderungsvorschläge des LR beriet der VR am 16. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 14, TOP 12).

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[5.] Gesetz über die Gleichstellung der in das zivile Arbeitsverhältnis überführten ehemaligen Kriegsgefangenen Nach Vortrag17 von Stellv. Dir. Scheuble stimmt der Verwaltungsrat dem Gesetzentwurf zu und beschließt seine Zuleitung an den Länderrat zur Stellungnahme.18. [6. Gesetz über die Bestimmung eines Zeitpunktes für das Erlöschen ruhender Arbeitsverhältnisse"] Nach Vortrag von Stellv. Dir. Scheuble wird dem Gesetz20 zugestimmt mit der Maßgabe, daß § 2 wie folgt zu fassen ist: „Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft". Bei dieser Gelegenheit beschließt der Verwaltungsrat, daß die Bestimmung über das Inkrafttreten von Gesetzen im allgemeinen wie vorstehend zu fassen ist. Der Verwaltungsrat beschließt Zuleitung der Vorlage an den Länderrat zur Stellungnahme21. [7.] Gesetz zur Besteuerung besonderen Aufwandes22 Nach Vortrag von Dir. Hartmann beschließt der Verwaltungsrat [zwei Änderungen]. Mit dieser Maßgabe wird dem Entwurf zugestimmt und seine gleichzeitige Zuleitung

17

Der Gesetzentwurf (mit Begründung in: Ζ13/87, Bd. 14, Bl. 24-25) sollte jenen deutschen Kriegsgefangenen, die in den verschiedenen Gewahrsamsstaaten aus der Kriegsgefangenschaft vorzeitig entlassen worden waren, wenn sie einen befristeten zivilen Arbeitsvertrag unterschrieben hatten, aber erst nach Ablauf des Vertrages in die Heimat entlassen wurden, die gleichen Schutzbestimmungen auf dem Gebiet der Wiederbeschäftigung am alten Arbeitsplatz gewähren wie allen übrigen Kriegsgefangenen. Keine Anwendung sollte das Gesetz auf solche Kreigsgefangenen finden, welche ihre Verträge freiwillig über die vorgesehene Mindestdauer hinaus verlängern würden. In der Begründung wurde überdies daraufhingewiesen, daß der L R in Stuttgart am 28. 9. 1948 ein entsprechendes Gesetz beschlossen hatte, dessen Zustimmung die amerik. MilReg. zurückgestellt habe, so daß Raum für eine einheitliche Regelung in VWG bleibe.

18

Zu dem am 24. 1. 1949 übermittelten Entwurf nahm der L R am 18. 2. 1949 (Z 4/152, Bl. 97-98) Stellung. Grundsätzlich Bedenken erhob er nicht. Er schlug jedoch einige Änderungen vor, über die der V R am 2. 3. 1949 (vgl. Dok.Nr. 18, TOP 4) beriet.

19

Gemäß § 5 (2) der VO über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses bei Räumung oder Freimachung von gefährdeten Gebieten vom 9. 4. 1940 ( R G B l . 1940 I, S. 624) ruhten in Analogie zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der zum Wehrdienst einberufenen Arbeitnehmer die Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen von Arbeitnehmern der privaten Wirtschaft, die von einer behördlich angeordneten Räumung oder Freimachung von durch Kriegsgeschehnisse gefährdeten Gebieten betroffen waren.

20

Der Gesetzentwurf (mit Begründung in: Ζ13/87, Bd. 14, Bl. 26-28) sah vor, den Zeitpunkt des Erlöschens der ruhenden Arbeitsverhältnisse auf den 31. 12. 1948 festzusetzen. Dieser Termin erschien mehr als drei Jahre nach Kriegsende angemessen. Für Kriegsgefangene und solche Arbeitnehmer, die gegen ihren Willen noch in einer anderen Zone zurückgehalten wurden, sollten die Ansprüche nicht vor Ablauf von drei Monaten nach ihrer Rückkehr erlöschen.

21

Über die Einwendungen des L R beriet der V R am 23. 2. 1949, siehe Dok.Nr. 15, TOP 5.

22

Siehe Vermerk von v. Arnim vom 21. 1. 1949 (Z 22/382, Bl. 23), der Bedenken wegen der weitgehenden Übertragung legislativer Befugnisse an die Exekutive erhob. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf (Z 13/87, Bd. 14, Bl. 29-35) wurde ausgeführt, daß breite Schichten des deutschen Volkes infolge der Kriegsauswirkungen völlig verarmt und zu einer Lebensführung gezwungen seien, „die ihnen oft nicht gestattet, auch nur den lebensnotwendigen Bedarf zudecken". Andererseits gebe es Kreise, „die mit ihren Mitteln einen Aufwand treiben, der über die Bedürfnisse einer einfachen Lebensführung weit hinausgeht".

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an Länderrat und Wirtschaftsrat23 beschlossen. Die Zuständigkeit des Wirtschaftsrates zum Erlaß des Gesetzes soll unverzüglich bei der Militärregierung durch Einreichung eines entsprechenden Schreibens des Oberdirektors erbeten werden24. [8.] Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlichtechnischer Angelegenheiten [Zurückgestellt25] [9.] Haushalts- und Stellenplan der Verwaltung für Wirtschaft für 1949 Auf Antrag von Dir. Hartmann wird beschlossen, eine Regelung der Angelegenheit26

Dieser erhöhte Aufwand sollte durch eine besondere Steuer zur Umsatzsteuer abgeschöpft werden. Besteuert werden sollten Luxusgüter und Leistungen in Luxusgaststätten. Den Katalog betroffener Güter (Vorschläge in: Ζ 13/134 und 135) sollte der WR erarbeiten. Auf der Konferenz über wirtschafts- und steuerpolitische Maßnahmen vom 4. 1. 1949 (vgl. Dok.Nr. 1B, Anm. 11) hatte Dir. Hartmann betont, daß die Gesetzesvorlage einer verstärkten Kaufkraftabschöpfung diene. Allgemein werde Wert auf ein Zurückdrängen des Konsums gelegt. Gegen diese Konzeption hatte Erhard bei gleicher Gelegenheit Bedenken angemeldet. Die Kapitalbildung sei nicht primär und mit verkrampften Konstruktionen zu fordern. Vielmehr müsse man sich bewußt werden, „daß in unserer Situation nur durch eine Steigerung der Konsumgüterproduktion und eine entsprechende Hebung des Verbrauchs eine Stabilisierung dieses Sektors und damit die Voraussetzung für eine Spartätigkeit erreicht werden kann. Erst im Hinblick auf den gesellschaftlichen Verbrauch sind Anhaltspunkte und Maßstäbe für eine sinnvolle Kapitalverwendung zu gewinnen". 23

Mit Schreiben an Köhler und Brauer vom 25. 1. 1949 (Z 13/128, Bd. 6, H. 4) regte Pünder einen gemeinsamen Antrag an BICO zur Erweiterung der Zuständigkeit des WR an. Während Köhler mit Schreiben vom 27. 1. 1949 hinhaltend antwortete, erklärte sich der LR am 2. 2. 1949 einverstanden (ebenda). Daraufhin übermittelte Pünder am 3. 2. 1949 beiden Gremien (ebenda) den Gesetzentwurf (vgl. WR-Drucks. Nr. 945).

24

Ein diesbezüglicher Antrag scheint nicht gestellt worden zu sein. Anläßlich der Monatsbesprechung vom 15. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 13, TOP 3) gab Gen. Robertson zu erkennen, daß die MilReg. zum gesamten Komplex bizonaler Steuerpolitik einheitlich Stellung nehmen wollte. Allerdings entzündete sich auch im Zusammenhang mit diesem Gesetzesvorhaben eine breit angelegte Debatte in den bizonalen Gremien über die gesetzgeberische Zuständigkeit des WR, in die auch BICO durch ein Memorandum vom 11.2. 1949 (Z 13/21) eingriff. Dessen ungeachtet beriet der WR am 15. 2. 1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1391-1400) in erster Lesung über die Gesetzesvorlage und überwies sie an die Ausschüsse für Finanzen und Wirtschaft. In den Ausschußberatungen konnte keine Einigung über den Katalog der zu besteuernden Luxusgüter sowie über die Initiative für dessen Aufstellung erzielt werden. Darüber hinaus blieb der konzeptionelle Gegensatz zwischen VfF und VfW über die Zweckmäßigkeit der Steuer sowie über die Möglichkeit einer Produktionslenkung auf dem Steuerwege bestehen. Der WiA. des WR vertagte am 16. 3. 1949 (Prot, in: Ζ 3/79) eine Entscheidung. Der FinA. Schloß sich dem am 22. 3. 1949 (Prot, in: Ζ 3/85) an, wobei er etwaige Maßnahmen auf den Bereich der Luxusgaststätten beschränken wollte. Hiernach wurde das Gesetzesvorhaben nicht weiter behandelt.

25

In der Frage, welcher Verwaltung - der VfA oder der VfW - die Zuständigkeit für Nachbarschutz und technische Gewerbeaufsicht übertragen werden sollte, war keine Einigung zwischen beiden Verwaltungen erzielt worden. Nunmehr sollte der VR entscheiden (siehe Vermerk von Krautwig in: Ζ13/87, Bd. 14, Bl. 36-39)

26

Anläßlich von Vorbesprechungen zwischen der VfF und der VfW über den Haushalt der VfW für das Jahr 1948 waren Meinungsverschiedenheiten über den Personalhaushalt entstanden. Die VfW war von den Stellenzahlen und Dotierungen für 1943 ausgegangen, hatte jedoch im Zuge von Personalkürzungen, welche ein Gutachten der vom WR eingesetzten Prüfungskommission aufgetragen hatte, Beschränkungen des Personalbestandes hingenommen. Über die als Kompromißlösung zugestandene Zahl von 935 Planstellen hinaus stellte die VfW unter Hinweis auf vermehrte Aufgaben nunmehr Nachforderungen, welche die VfF als verspätet angemeldet zurückwies. Der VR sollte auf Antrag der VfW (siehe Schreiben an den VR vom 27. 12. 1948 in: Ζ 12/87, Bd. 14, Bl. 40-42) den Streit beilegen.

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in einer Chefbesprechung zwischen den Direktoren der Verwaltungen für Wirtschaft und Finanzen zu versuchen27. Nur auf nochmaligen Antrag kommt der Punkt abermals auf die Tagesordnung28. [10.] Erste Anordnung nach § 79 des Ersten Lastenausgleichsgesetzes [Zurückgestellt29] [11.] Leitung des Hauptausgleichsamts in Homburg Unter Vorbehalt der Zustimmung der Regierungen der französischen Zone und der Verkündung des Gesetzes wird auf Vorschlag des Direktors der Verwaltung für Finanzen der bereits früher in Aussicht genommenen Ernennung30 von Oberpräsident a. D. Lukaschek zum Leiter des Hauptausgleichsamtes zugestimmt31. [...] [12.] Rahmengesetz fiber die Gewerbefreiheit32 Dir. Frohne trägt die Wünsche der Verwaltung für Verkehr wegen des Gewerbelockerungsgesetzes vor33. Der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft stellt klar, daß er an den Vorbereitungen kaum beteiligt gewesen sei und erkennt die grundsätzliche 27

Hierüber konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden.

28

Wahrscheinlich wurden die Meinungsverschiedenheiten nicht ausgeräumt, wobei sich die VfF mit ihren Kürzungsvorstellungen durchsetzte. Gegenüber 1948 weist der Haushaltsplan der VfW für 1949 Kürzungen um 40 Kräfte aus (Haushaltsplan der Verwaltung des VWG für das Rechnungsjahr 1949, Einzelplan VI, S. 2). Die VfW hielt demgegenüber an ihren „ernsten Zweifeln", fest, „ob sie mit diesem verringerten Stande ihre Aufgaben noch zufriedenstellend bewältigen kann" (ebenda).

29

Durch die erste Anordnung nach § 79 des Ersten Lastenausgleichsgesetzes (Entwurf mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 14, Bl. 51—53) sollten jene Flüchtlinge, die nach dem Tag der Währungsreform in das Währungsgebiet des VWG gelangt waren oder noch gelangen sollten, mit jenen gleichgestellt werden, die zum angegebenen Termin dort bereits ihren Wohnsitz hatten. Wegen des schwebenden Genehmigungsverfahrens (vgl. Dok.Nr. 3, TOP 4) war eine Beschlußfassung unzweckmäßig, obwohl der WR am Vortag eine erste Durchführungsverordnung (vgl. Dok.Nr. 3, Anm. 30) verabschiedet hatte.

30

Vgl. Dok.Nr. 1 A, TOP 11.

31

Unter Bezugnahme auf das vom WR verabschiedete Erste Lastenausgleichsgesetz, das in § 52 die Errichtung eines Hauptausgleichsamtes vorsah (zum Genehmigungsverfahren durch die MilReg. siehe Dok.Nr. 3, TOP 4), hatte Pünder mit Schreiben vom 11.1. 1949 (Z 13/140) den MinPräs. der franz. Zone den Vorschlag unterbreitet, den Vizepräsidenten des Deutschen Obergerichts für das VWG, Hans Lukaschek, ehemals OPräs. der Provinz Schlesien, zum Präsidenten des Hauptausgleichsamtes zu ernennen. Gemäß § 52 (2) des ersten Lastenausgleichsgesetzes war der Präs. auf Vorschlag des Direktors der VfF durch den VR im Einvernehmen mit den Regierungen der Länder der franz. Zone zu ernennen. Ungeachtet der ausstehenden Genehmigung des Gesetzes sollte die Personalentscheidung frühzeitig fallen, damit das Hauptausgleichsamt seine Arbeit sogleich nach der Genehmigung des Gesetzes aufnehmen könne. Mit Schreiben vom 31. 1. 1949 (ebenda) stimmte Altmeier zugleich im Namen von Müller und Wohleb der Berufung Lukascheks zu, äußerte dabei jedoch den Wunsch, daß die franz. Zone bei der Besetzung der leitenden Stellen des Hauptausgleichsamtes angemessen beteiligt werde. Vgl. hierzu die Ausführungen von Koenig in: Dok.Nr. 19, TOP 4.

32

Der Behandlung dieses Problems war die Ablehnung des WR-Gesetzes über die Zulassung von Gewerbebetrieben durch die MilReg. am 17. 9. 1948 (Z13/181, Bd. 2, Η. 1) vorausgegangen. Auf die Dringlichkeit der gesetzgeberischen Maßnahme als Bestandteil der Währungsreformgesetzgebung hatten die VfW mit Schreiben vom 27. 9. 1948 und Pünder vom 1. 10. 1948 (ebenda) an BICO hingewiesen. Als Ausdruck der von allen deutschen Stellen gewünschten Verwirklichung des Prinzips der Gewerbefreiheit hatten die Abg.

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Berechtigung des Verlangens nach einer Einschaltung der Verwaltung für Verkehr an34. [13.] Behandlung der Festkonten* Nach Vortrag von MinDir. a. D. Harmening und eingehender Aussprache über die banktechnischen Schwierigkeiten (etwa 50 Millionen Konten) und die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer teilweisen Freigabe der Festkonten bzw. ihrer restlichen Umwandlung in Wiederaufbauanleihen 36 , wobei besonders auf die Notwendigkeit einer Liquidität der Banken hingewiesen wird, beschließt der Verwaltungsrat, ein Schreiben an die Alliierte Bank[en]kommission zu richten, in dem seine Einstellung zu dem von der Bank deutscher Länder vorgeschlagenen Entwurf einer Durchführungsverordnung zum Festkontengesetz (Verwendung von Anlagekonten) 37 niedergelegt Dahrendorf, Köhler, Kriedemann und Schlack einen Initiativantrag im WR zum Entwurf eines Rahmengesetzes eingebracht (WR-Drucks. Nr. 902). Nachdem Gen. Clay anläßlich einer Besprechung mit Köhler, Erhard und Dörr am 17. 12. 1948 (siehe Vermerk von Sahm für Pünder vom 20." 12. 1948 in: Ζ13/181, Bd. 2, Η. 1) eine nachgiebigere Haltung eingenommen hatte, wurden im Zuge der intensivierten Beratungen auf deutscher Seite weitere Gesetzentwürfe erarbeitet (Z 13/181, Bd. 2, H. 3). Ein vom 30. 12. 1948 datierter Entwurf war Gegenstand einer ausführlichen Besprechung zwischen Clay und Lochner sowie Köhler, Erhard und Dörr am 15. 1. 1949 in Frankfurt (Prot, in: Ζ 3 Anh./2, Bl. 53-55). Dabei beschränkte Clay sich auf allgemeine Bemerkungen, da ihm das Ausmaß und der Umfang des Gewerberechts nicht bekannt war. Obgleich er betonte, „daß im Grundsatz die Entscheidung der Militärregierung nicht während der Ausarbeitung eines Gesetzes präjudiziell werden könne", legte die amerikanische Dekartellisierungsabteilung am 19. 1. 1949 einen Gegenentwurf (Z13/181, Bd. 2, H. 3) vor. Zur Vorgeschichte siehe Ζ 4/36, 37 und 39 sowie Hartwich, Sozialstaatspostulat, S. 88 ff. 33

In den Beratungen mit Clay hatte sich bestätigt, daß die MilReg. den Bestrebungen der VfV, auf dem Verkehrssektor gewisse Gewerbebeschränkungen beizubehalten, wohlwollend gegenüberstand. Dir. Frohne veranlaßte daher, um die Nichtanwendung der Gesetzesbestimmung auf den Verkehr zu unterstreichen (siehe Vermerk von v. Gülich vom 19. 1. 1949, ebenda), die Erörterung im VR.

34

Mit Schreiben an Pünder vom 3. 1. 1949 (ebenda) hatte sich Frohne über die Nicht-Beteiligung seiner Verwaltung an der Gesetzesberatung beschwert. Bislang seien nur WR, LR und VfW eingeschaltet worden. Daraufhin hatte er am 19. 1. 1949 vor dem Ausschuß für Verkehrswesen des WR seine Vorstellungen erläutert (siehe Gegenüberstellung der verschiedenen Gesetzesvorschläge in: Ζ13/87, Bd. 14, Bl. 56-59). Von einer mangelnden Beteiligung des VfV kann kaum die Rede sein. Allerdings ging die maßgebliche Initiative weitgehend von Köhler aus (siehe Vermerk von Sahm vom 20. 12. 1948, Anm. 32). Zur Weiterbehandlung des Gesetzentwurfs siehe Dok.Nr. 8, TOP 3.

35

Im Zuge der Währungsreform war durch das Dritte Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens vom 20. 6. 1948 (MilReg. Gesetz Nr. 63 in: Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 25, S. 862) nach der Umwandlung der Altgeldguthaben im Verhältnis 10 : 1 lediglich die Hälfte frei verfügbar geworden, während die andere Hälfte einem gesperrten Konto (Festkonto) gutgeschrieben wurde. Durch das Vierte Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens vom 4. 10. 1948 (MilReg. Gesetz Nr. 65, in: Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 27, S. 1025) waren 70% der Guthaben auf Festkonten gestrichen und 20% auf das Freikonto übertragen worden. Die restlichen 10% waren für die Anlage in mittel- oder langfristigen Wertpapieren (Anlagekonten) nach Maßgabe von VO der Alliierten Bankkommission bestimmt. Zur Durchführung dieses Schrittes hatte die BdL einen vom 22. 12. 1948 datierten Entwurf einer VO mit Begründung (Z 13/87, Bd. 14, Bl. 43-48) vorgelegt.

36

Da es sich bei der Verwendung der Guthaben um eine zusätzliche Geldschöpfung handelte, sah der Entwurf vor, die Freigabe davon abhängig zu machen, daß mindestens die Hälfte des Erwerbspreises für Wertpapiere aus freien Mitteln für Investitionszwecke aufgebracht und diese grundsätzlich in Neuemissionen angelegt werden, die von der BdL als hierfür geeignet anerkannt wurden. Zur Konsolidierung der Währung sollte die Verfügung über die erworbenen Wertpapiere für die Dauer eines Jahres gesperrt bleiben. Sogenannte Winzigkonten (Guthaben unter 2 DM) sollten ab 1. 1. 1949 frei verfügbar werden, um den Banken die Weiterführung der Konten zu ersparen. Durch die abschließende Freigabe noch verbleibender Anlagekonten zum 1. 1. 1954 sollte die Währungsreform abgeschlossen werden.

37

Vgl. Anm. 35.

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wird. Der Verwaltungsrat kommt überein, daß die Direktoren der Verwaltungen für Wirtschaft und für Finanzen diese Stellungnahme abgeben werden38. [14. Leipziger Messe] Außerhalb der Tagesordnung wird auf Antrag des Direktors der Verwaltung für Verkehr nochmals39 über die Leipziger Messe beraten" und beschlossen, daß der Vorsitzer des Verwaltungsrates ein Schreiben an Bipartite Control Office richten soll, in welchem die Erlaubnis der Militärregierung zu einer Beschickung der Leipziger Messe durch Kaufleute des Vereinigten Wirtschaftsgebietes erbeten wird41. Der Entwurf ist mit der Verwaltung für Wirtschaft abzustimmen42. [15.] Personalfragen [Ernennung von Beamten und Zustimmung zu Dienstverträgen] 38

3

'

In dem Schreiben von Erhard und Hartmann an die Alliierte Bankenkommission vom 20.1.1949(Z13/146dort auch ausführlich zu den Beratungen im Verlauf des Jahres 1948) wurde die vom Entwurf der BdL in einigen Punkten abweichende Stellungnahme des VR übermittelt und abschließend betont, daß die BdL die Frage bejaht, „ob die Kreditinstitute im Rahmen ihrer Liquidität in der Lage sein werden, die vorgesehenen Beträge zur Verfügung zu stellen". Durch die Dritte Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 65 der MilReg. vom 5. 5. 1949 (Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 28, S. 1130) wurde die Freigabe der Festkonten im Sinne des Entwurfs der BdL verfügt. Zu den Beratungen im Zusammenhang mit der Leipziger Herbstmesse 1948 siehe Ζ 13/220.

40

Mit Schreiben vom 17. 12. 1948 (Z13/223) an die VfW hatte das Leipziger Messeamt namens der Aussteller und Einkäufer aus den westlichen Besatzungszonen die VfW ersucht, sich bei den Besatzungsmächten dafür einzusetzen, daß eine ungehinderte Beschickung und ein reibungsloser Besuch westdeutscher Aussteller und Einkäufer der Leipziger Frühjahrsmesse vom 6.-13. 3. 1949 ermöglicht werde. Messegüter sollten mit einem Warenbegleitschein den Zonenübergang ungehindert passieren dürfen, der amtliche Messeausweis sollte als vollgültiger Ausweis für den Zonenübergang gelten und fünfzig Sondeizüge sollten zur Beförderung eingesetzt werden. Ein gleichgerichtetes Ersuchen richtete die Vertrauensstelle des Leipziger Messeamtes in NRW mit Schreiben vom 2. 2. 1949 (HStA Düsseldorf NW 179-93) an die StK. des MinPräs. von NRW. Zunächst war beabsichtigt, das Problem mit den MilGouv. zu besprechen, da Fragen von Blockade und Gegenblockade berührt waren. Auf der Vorbesprechung vom 10. 1. 1949 mit den BlCO-Chairmen wurde der TOP jedoch von den deutschen Vertretern zurückgezogen (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 204).

41

In dem Schreiben Pünders an BICO vom 3. 2. 1949 (Z 13/223) wurde zunächst betont, daß die Leipziger Messe der westdeutschen Wirtschaft Kontakte zu den südosteuropäischen Staaten ermögliche. Die Bereitstellung der Sonderzüge sei finanziell durchaus lukrativ. Darüber hinaus sei die Unterstützung der Leipziger Messe in dem erbetenen Umfang auch eine politische Entscheidung für die Einheit Deutschlands. „Sie würde zweifellos auch von der Bevölkerung der Ostzone als eine Ermutigung angesehen werden". Mit Rücksicht auf die außen- und innenpolitischen Wirkungen wäre es wünschenswert, die Beschickung und den Besuch der Messe zu erleichtern. BICO entschied mit Memorandum vom 18. 2. 1949 (ebenda), daß alle geltenden Verkehrseinschränkungen fortbestünden und zusätzliche Transportmöglichkeiten nicht zugelassen würden. Keine Bedenken wurden jedoch gegen den Besuch einzelner Deutscher vorgebracht, wenn sie aufgrund eigener Vorkehrungen reisten. Allerdings seien für sie Interzonenpässe auf normalem Wege auszustellen. Ferner wurde der Messebesuch nicht als eine wichtige, „die Ausgabe von Treibstoffen rechtfertigende Reise anerkannt". Eine persönliche Einladung der Deutschen Wirtschaftskommission vom 10. 2. 1949 an Pünder lehnte dieser mit Schreiben vom 17. 2. 1949 (ebenda) ab. Mit Rücksicht auf die „unterschiedliche Einstellung zu den Maßnahmen der Besatzungsmächte in Berlin" glaubte er, von einer Teilnahme an der Messe absehen zu müssen. Damit folgte Pünder der Auffassung von Sahm (vgl. Vermerk für Pünder vom 7. 2. 1949, ebenda), der davon abgeraten hatte, daß das VWG einen Vertreter „zu einer ausgesprochenen Propagandaunternehmung der SED entsendet. Damit würde nicht die brüderliche Zusammengehörigkeit aller Deutschen zum Ausdruck gebracht, sondern es würde von Seiten des Westens als eine Sabotage des Kampfes um Berlin und gegen den Kommunismus angesehen werden müssen".

42

Dem Schreiben Pünders an BICO lag weitgehend der Vermerk der VfW vom 6. 1. 1949 (Z13/2, Bd. 3, Bl. 118) zugrunde, der ursprünglich für die Besprechung mit den MilGouv. dienen sollte.

127

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46. Direktorialsitzung

Nr. 6 45. Direktorialsitzung in Frankfurt 26. Januar 1949 ΒΑ Ζ 12/87, Bd. 15, Bl. 131-134. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom28.1.1949' TO: Ebenda, Bl. 129 Anwesend9: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Kaufmann, Stellv.Dir. Scheuble, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth (VR) MinDir. Podeyn, MinDir. Tietmann, MinDirig. Bretschneider (zeitw.) (VELF); Stellv.Dir. Kriege, MinDirig. Hartmann, MinR. v. Schmiedeberg, ORegR. Kleberger, ORegR. Just (zeitw.) (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); MinDir. Schalfejew (zeitw.), Min. a.D. Külz (VfW) MinDirig. Lentz (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (Stat. Amt); MinDir. a.D. Harmening (Büro für Währungsfragen). MinDir. Krautwig, MinDir. a.D. Schniewind (zeitw.), MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich, Schulte (DirK.)

[1.] Verordnung Aber die Errichtung von Fachstellen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft Nach Vortrag von Stellv.Dir. Kaufmann wird beschlossen, daß die Vorlage die Form eines Gesetzes erhalten soll3. Auf Antrag des Direktors der Verwaltung für Finanzen

1 2 3

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau vom 27.1.1949 in: Z13/87, Bd. 15, Bl. 137-141. Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 142. Nachdem Bico die Zustimmung zum WR-Gesetz - Verordnung über die Errichtung fachlicher Wirtschaftsstellen - wegen möglicher Auswirkungen auf das Außenhandelsverfahren mit Schreiben vom 1.12.1948 (WR-Drucks. Nr. 745) zurückgestellt hatte, hatte Erhard durch Erlaß der VfW vom 6.12.1948 (Z13/181, Bd. 1, H. 4) die Bildung von Fachstellen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft als Übergangsmaßnahme bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung verfügt. Diesen Schritt begründete die VfW in einem Schreiben an Pünder vom 8.12.1948 (ebenda) vor allem damit, daß in Erwartung des bizonalen Gesetzes Kündigungen des Personals ausgesprochen seien. Die kurzfristige Weiterbeschäftigung und Fortführung der auf die Wirtschaftsstellen zu übertragenden Aufgaben habe sich als zwingende Notwendigkeit erwiesen. Dabei habe man davon ausgehen können, daß sich die Wirtschaft in Anlehnung an die ausstehende Regelung zur freiwilligen Finanzierung der Fachstellen als nachgeordnete Dienststellen der VfW bereit erkläre. In Kontinuität zu den bislang bei den einzelnen Fachreferenten der VfW angesiedelten Fachausschüssen wurden nun durch Bekanntmachung der VfW vom 6.1.1949 16 Fachstellen (Öffentl. Anzeiger 1949, Nr. 3, S. 1) errichtet. Den Leitern der Fachstellen, denen die Bearbeitung von Einfuhrangelegenheiten, insbesondere die Feststellung der jeweils günstigen Einkaufsmöglichkeiten sowie die Zuteilung der bewirtschafteten Waren (vgl. Erste VO zum Bewirtschaftungsnotgesetz vom 1.7.1948, WiGBl. 1948, S. 64) oblag, wurden Fach-Einfuhrausschüsse aus Vertretern der beteiligten Wirtschaftsstufen jedes Fach- und Aufgabengebietes sowie der Gewerkschaften beigeordnet (vgl. Vogel, Westdeutschland II, S. 209 ff.). Es gelang nicht, die Gewerkschaften an den Vertretungen der Wirtschaft bei den Fachstellen paritätisch zu beteiligen. Das Vorgehen der VfW löste heftige Reaktionen aus. Sowohl der Ausschuß für Wirtschaft des LR (siehe Prot. der 11. Sitzung vom 15.1.1949 in: Ζ 4/571, Bl. 4) als auch die SPD-Fraktion des WR (siehe Antrag vom 18.1.1949, WR-Drucks. Nr. 905) bezweifelten die Rechtsgültigkeit des Erlasses und brachten grundsätzliche sachliche Bedenken gegen die Errichtung der Fachstellen vor. (Siehe Aktenvermerk über die Sitzung des Unterausschusses Kompetenzabgrenzung VfW-Länder, der vom WiA. des LR eingesetzt worden war vom 14.1.1949 in: Bayer. HStA München MA 130 495 sowie Schreiben des Bayer. StMin. für Wirtschaft, Hanns Seidel, an Erhard vom 10.1.1949, in welchem dieser den Einfluß der privaten Wirtschaftsverbände auf die Geschäftsgebahrung der neuen Fachstellen als überaus groß monierte, ebenda, MA 130 496). Die von der SPD-Fraktion geforderte Aufhebung des Erlasses lehnte die VfW ab, schlug jedoch vor, unter textlicher Neufassung verschiedener Bestimmungen der MilReg. eine neue VO zur Genehmigung vorzulegen. Demgemäß bereitete sie einen vom 22.1.1949 datierten Entwurf mit Begründung (Z13/87, Bd. 15, Bl. 148-155) vor.

128

4 6 . Direktorialsitzung

2 6 . 1. 1 9 4 9

Nr. 6

wird das Wort „Abgabeordnung" in § 8 Absatz 2 durch einen anderen Ausdruck ersetzt werden4. Der Verwaltungsrat stimmt der Vorlage grundsätzlich zu, beschließt jedoch, daß zum Zwecke ihrer endgültigen Überarbeitung eine Ressortbesprechung stattfinden soll5. Sofern dort Einigung über den Entwurf erzielt wird, ist die gleichzeitige Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat zu veranlassen6. [2.] Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlichtechnischer Angelegenheiten [Zurückgestellt7] [3.]Personalfragen [Ernennung eines Beamten der VfF] [4.] Haushaltsplan der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949 Nach einleitendem Vortrag von MinDirig. Hartmann findet eine Aussprache über die Finanzierung wissenschaftlicher Institute statt. Es wird festgestellt, daß der Lösungsversuch der Hamburger Konferenz der Kultus- und Finanzbehörden der Länder wenig erfolgversprechend erscheint. Bis zum 1. März 1949 sollen endgültige Vorschläge über die Finanzierung der Max-Planck-Gesellschaft durch die Länder gemacht werden8.

4

Entwurf vom 22.1.1949 (vgl. Anm. 3); später ersetzt durch den Begriff „Gebühren- und Umlagenordnung" (§ 7), da es sich um die Finanzbeiträge der beteiligten Wirtschaftskreise zur Deckung der den Fachstellen übertragenen Aufgaben handelte.

5

Als Ergebnis der Besprechung übersandte Kaufmann mit Schreiben vom 1.2.1949 an Pünder (Z. 13/181, Bd. 1, H. 4) den überarbeiteten Gesetzentwurf vom 1.2.1949. Textliche Änderungswünsche des ebenfalls eingeschalteten Rechtsamtes waren berücksichtigt worden. Zur Arbeitsweise der Fachstellen siehe Stellungnahmen der VfW an die Commerce and Industry Group von BICO vom 10.1. und 29.1.1949, welche mit Schreiben vom 3.1.1949 (Z 13/196) angefordert waren.

6

Siehe Schreiben von Pünder an Köhler und Brauer vom 4.2.1949 (ebenda). Nach der Verabschiedung des Fachstellengesetzes durch den W R am 4.3.1949 und der Zustimmung des L R am 18.3.1949 sowie der Genehmigung durch BICO vom 4.5.1949 trat es am 6.5.1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 73).

7

Vgl. Dok.Nr. 5, TOP 8.

8

Die von der KultusMin. und FinMin. der Länder eingesetzte Kommission für die Finanzierung der wissenschaftl. Forschungsinstitute war am 14.1.1949 in Hamburg übereingekommen (siehe Aktenvermerk des HptRef. für Finanzen des L R , Fischer-Menshausen, vom 17.1.1949 in: Ζ 4/555, Bl. 48-51), die verwaltungsmäßige und haushaltstechnische Betreuung der Forschungseinrichtung als Aufgabe des Landes zu übernehmen, in dem die Einrichtung ihren Sitz hat. Im Falle der Institute der Max-Planck-Gesellschaft sollte jedes Land Zuschußbeiträge an das im Land befindliche Institut zahlen. Erwogen wurde hierfür eine einheitliche etattechnische Behandlung der Zuschußsumme im Sinne einer Gemeinschaftsaufgabe aller Länder in der Rechtsform eines Staatsvertrages. Dieses geplante Finanzierungsverfahren sollte mit Beginn des Rechnungsjahres 1949 wirksam werden. Mit dieser Konzeption hatten sich auch die Hochschulreferenten der Kultusministerien der Länder anläßlich einer Besprechung mit Vertretern des Rechnungshofes für diebrit. Zone, der FinMin. von Bayern und NRW, des L R und der DirK. am 14.1.1949 (siehe Vermerk von v. Gülich vom 18.1.1949 in: Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 111-113) einverstanden erklärt. Durch Fragebögen sollte ein Überblick über regionale, überregionale und zentrale Forschungsinstitute ermittelt werden, um dann endgültig zwischen allen beteiligten Stellen die regionale bzw. überregionale Bedeutung der Institute festzulegen. Zugleich wurde erwogen, der Verwaltung des V W G bzw. dem Bund die Zuständigkeit insbesondere für Zweckforschungsinstitute zuzugestehen. Die VfW hatte unterdessen am 31.12.1948 (Z13/342) einen Vorschlag zur Etatisierung der Forschungsinstitute im Haushalt des V W G vorgelegt und mit Vermerk vom 15.12.1948 (ebenda) die Zuständigkeit des V R für Forschung gegenüber den Hoheitsaufgaben der Länder abgegrenzt. Siehe auch Β 126/10799.

129

Nr. 6

26. 1. 1949

46. Direktorialsitzung

Falls die Länderfinanzierung nicht zuwege kommt, soll das Vereinigte Wirtschaftsgebiet die Etatisierung übernehmen®. Der Verwaltungsrat beschließt, daß hierüber demnächst eine gesonderte Beratung stattfinden wird, zu welcher der Oberdirektor einlädt10. [Der VR bespricht die Einzelpläne zum 11 Haushalt der VfW, VfPuF, VELF 12 , VfV, des Statistischen Amtes und der Vertretung Berlin13. Die Klärung ausstehender Haushaltsfragen wird den beteiligten Verwaltungen übewiesen. Der Vorlage der VfF des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes 1949 wird grundsätzlich zugestimmt, doch wird die Zuleitung an LR und WR wegen der erforderlichen Konsultationen zurückgestellt14.] [5. Notlage der Lokomotiv-Industrie] Außerhalb der Tagesordnung berichtet Stellv. Dir. Kaufmann über die Notlage der Lokomotiv-Industrie15. Nach Aussprache beschließt der Verwaltungsrat: „Der Direktor der Verwaltung für Verkehr wird gebeten, die Reichsbahn anzuweisen, zunächst für die Monate Januar bis einschließlich März 1949 das Auslaufprogramm für 1949 (Kompromißprogramm 550 Schad-Loks bei den vier Lokomotivfabriken der

9

Tatsächlich einigten sich die KultusMin. und FinMin. am 24.3.1949 auf einer Konferenz in Königstein auf einen Entwurf für ein Staatsabkommen mit Durchführbestimmungen (Z 4/556, Bl. 80-84), über den die MinPräs. am 5.8.1949 in Wiesbaden berieten (vgl. Dok.Nr. 73, TOP 9).

10

Hierüber konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden.

11

Der Dir. der VfF hatte mit Schreiben vom 25.1.1949 den beteiligten Verwaltungen den ersten Entwurf eines Haushaltplanes für das Rechnungsjahr 1949 übersandt, nachdem vom 10.-12.1.1949 Vorbesprechungen jedes Einzelplanes mit den beteiligten Verwaltungen sowie je einem Vertreter der Länder der amerik. und brit. Zone bei der VfF stattgefunden hatte (siehe Bericht von ORegR. Wagenhöfer aus dem Bayer. StMin. der Finanzen vom 22.3.1949 in: Β126/10794). Dort auch Ausführungen zu den Einzelplänen des Haushalts.

12

Zu den haushaltspolitischen Vorstellungen der VELF siehe Aktenvermerk vom 25.1.1949 in: Ζ 61/50, Bl. 125-128.

13

Die Außenstelle Berlin war der DirK. angegliedert (vgl. Vogel, Westdeutschland I, S. 101 f.). Zur Vereinigung der beiden Außenstellen von VELF und VfW siehe Dok.Nr. 63, TOP 15.

14

Offen blieb vor allem die Regelung der Ausgleichsforderungen seitens der Verwaltung des VWG gegenüber der Deutschen Post und der Deutschen Reichsbahn, wie sie bereits im Feststellungsgesetz für den Haushaltsplan des Rechnungsjahres 1948 vom 30.9.1948 (WiGBl. 1948, S. 105) festgelegt war. Der Antrag des VR eines Gesetzentwurfes über die Feststellung des Haushaltplanes mit dem Gesamtplan als Anlage wurde dem WR am 31.1.1949 (WR-Drucks. Nr. 931) zugestellt. Aufzeichnungen über die vorangegangenen klärenden Unterredungen konnten nicht ermittelt werden.

15

Die kritische Lage war dadurch entstanden, daß die Reichsbahn mangels vorhandener Kredite und wegen der großen Zahl bereits durchgeführter Reparaturen die Aufträge an die Privatindustrie zurückziehen wollte. Dieser drohte der Verlust von Arbeitsplätzen und die Beeinträchtigung von Exportmöglichkeiten. Der VR hatte in Anbetracht dessen am 16.11.1948 (siehe Prot, in: Ζ 13/87, Bd. 10) die Verlagerung von Reparaturen von den Werkstätten der Reichsbahn zu den Lokomotivfabriken beschlossen. Über die Aufteilung von 550 zu reparierenden Loks in einem Auslaufprogramm zwischen den Werken war anläßlich einer Besprechung am 13.12.1948 (Prot, in: Ζ13/168, Bd. 2, H. 3) zwischen Vertretern der VfA, VfV und VfW sowie der HptVerw. Eisenbahn ein Kompromiß erzielt worden. Allerdings blieb die Kreditfrage ungeklärt (vgl. Vermerk von v. Elmenau vom 5.1.1949, ebenda). Aus einem weiteren Vermerk vom 26.1.1949 (Z 13/87, Bd. 15, Bl. 159) geht hervor, daß die Reichsbahn die Beträge nicht zu übernehmen bereit war. Zugleich wurde der Verdacht ausgesprochen, daß die Reichsbahn die Notlage der Lok- und Waggonindustrie als „Prellbock" benutzte, um sich Finanzhilfen zu sichern (siehe Darstellung der Vereinigung Deutscher Lokomotivfabriken zur kritischen Lage der deutschen Lokomotivindustrie vom 25.1.1949 in: Ζ 13/168, Bd. 2, H. 3). Die Fortsetzung von Reparaturen wurde zunächst durch einen Überbrückungskredit der Hess. Landesreg. in Höhe von DM 3,5 Mio ermöglicht (Erklärung von D. Wersche als Vertreter der Reichsbahn vor der Frankfurter Pressekonferenz vom 4.2.1949 in: Ζ17/5, Η. 3).

130

4 6 . Direktorialsitzung

2 6 . 1. 1 9 4 9

Nr. 6

Bizone 16 ) wie in Aussicht genommen, weiterzuführen, in der Weise, daß ein Monatsbetrag von 4 Millionen DM für dieses Reparaturprogramm Verwendung findet. Der Viererausschuß für Fragen der Reichsbahnfinanzen17 wird gebeten, die Finanzierung dieser je 4 Millionen DM für Januar bis März mit der Bank deutscher Länder zu klären bzw. zu veranlassen und auch der Finanzierung des Kompromißprogramms für den Rest des Jahres 1949 seine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden18". [6. Leitung von Handelsvertragsverhandlungen] Außerhalb der Tagesordnung stimmt der Verwaltungsrat dem Vorschlag des Handelspolitischen Ausschusses zu, für die bevorstehenden Handelsvertragsverhandlungen folgende Delegationsführer zu benennen19: 1. für Dänemark 20 : ORegR. Stalmann ( V E L F ) 2. für Iran21: Kaumann (VfW) 3. United Kingdom22: MinDir. Bergemann (VfV) [7. Gesetzgebungskompetenz des Wirtschaftsrates] Außerhalb der Tagesordnung beschließt der Verwaltungsrat, daß Herr ODir. Pünder einen Antrag an Bipartite Control Office auf Zuständigkeit des Wirtschaftsrates zum Erlaß eines Wertpapierbereinigungsgesetzes23 stellen möge, während die entspre-

16

Maschinenfabrik Esslingen, Lokomotivenbau Krupp (Essen), Henschel (Kassel) und Krauss-Maffei (München).

17

Bei der BdL war auf Veranlassung von B I C O (siehe Memorandum vom 23.12.1948 zur Reichsbahnfinanzierung in: Ζ 13/166, Bd. 2, H. 3) ein Ausschuß gebildet worden, dem Vertreter der VfF, VfV und VfW angehörten. Am 6.5.1949 legte er einen umfassenden Bericht (ebenda) zum Investitionsprogramm der Reichsbahn und den Finanzierungsmöglichkeiten vor.

18

Zur weiteren Behandlung dieser Frage siehe Dok.Nr. 9, TOP 3.

19

Der V R hatte am 3.11.1948 beschlossen (vgl. Prot, in: Ζ 13/87, Bd. 9), eine interministerielle Kommission zur Vorbereitung von Handelsvertragsverhandlungen entsprechend dem früheren Handelspolitischen Ausschuß (ΗΡΑ) unter Federführung der VfW und Beteiligung von Vertretern der V E L F , VfV, VfF, der BdL und des Beraters für den Marshallplan zu errichten. Der Äusschuß tagte erstmals am 18.1.1949 (Prot, in: Ζ14/23, siehe auch Ζ13/225) und schlug dabei die genannten Delegationsführer vor. Die Verhandlungen führten für die drei Zonen der Generaldirektor der J E I A , John Logan, im Namen der drei MilGouv. der amerik., brit. und franz. Zone. Die deutschen Vertreter wurden als Sachverständige hinzugezogen.

20

Während der Verhandlungen vom 26.1. - 5.2.1949 wurde eine Erweiterung der Warenliste zum bereits bestehenden Handelsvertrag vom 21.8.1948 und die Ausdehnung der zwischen dem VWG und Dänemark bestehenden Handels- und Zahlungsabkommen auf die franz. Zone beschlossen (Z. 13/237, Bd. 1, H. 2).

21

Das Handelsabkommen zwischen dem Iran und den drei westlichen Besatzungszonen trat nach Verhandlungen vom 21.2. - 25.5.1949 am 22.6.1949 (Wortlaut in: Ζ 13/237, Bd. 2, H. 2) in Kraft.

22

Die Verhandlungen vom 1.-8.3. 1949 in London mit einer Delegation des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland fanden mit der Unterzeichnung eines gemeinsamen Prot. (Wortlaut in: Ζ 13/237, Bd. 1, H.2) ihren Abschluß. Die bestehenden Handelsbeziehungen aufgrund des gültigen Abkommens vom 12.5.1948 wurden dadurch erweitert.

23

Nachdem die Vorarbeiten der VfF an dem Gesetzentwurf soweit fortgeschritten waren (siehe Β 126/ 12188-89), daß mit der baldigen Vorlage zu rechnen war (siehe Hartmann an Pünder vom 12.2.1949 in: Ζ 13/128, Bd. 13, H . l ) und damit die im BICO-Memorandum vom 11. 2. 1949 (Z 13/13, Bl. 187-188) geforderte Konkretisierung der Kompetenzerweiterung durch Einreichung des Gesetzentwurfs oder Vorlage eines ausführlichen Berichts möglich war, stellte Pünder mit Schreiben an BICO vom 16.2.1949(Z 13/128, Bd. 13, Η. 1) den Antrag, die Zuständigkeit des WR für die Regelung dieses Sachgebietes zu erweitern. BICO erteilte am 13.5.1949 die Ermächtigung (vgl. Dok.Nr. 31, TOP 5).

131

Nr. 6

26. 1. 1949

46. Direktorialsitzung

chende Beantragung bei BICO wegen des Gesetzes über den Kapitalverkehr vom Präsidenten des Wirtschaftsrates ausgehen soll24. [8. Protokollberichtigung] f. .

24

Der Entwurf eines Gesetzes über den Kapitalverkehr (vgl. Dok.Nr. 12, TOP 4), über den der VR am 8.12.1948 (Prot, in: Ζ13/87, Bd. 12) beraten hatte, war dem WR mit Schreiben der DirK. vom 10.12.1948 zugegangen (Z 13/128, Bd. 5). Der WR verabschiedete das Gesetz am 18.2.1949 in zweiter und dritter Lesung (WR-Wörtl. Ber., S. 1442 ff.)und beschloß zugleich, die Zuständigkeit für den Erlaß des Gesetzes durch den Präs. des WR zu beantragen (ebenda, S. 1446). BICO lehnte dies jedoch mit Memorandum vom 25.3.1949 (Z13/13, Bl. 153-155) unter Hinweis auf ein weiteres Memorandum vom 17.2.1949 (ebenda, Bl. 184-186) ab. Das Gesetz enthalte unumschränkte Vollmachten für die ausführenden Beamten. Dies sei in einem demokratischen System nicht angebracht. Darüberhinaus sei der Inhalt des Gesetzes im Hinblick auf seine Zweckbestimmung nicht zufriedenstellend. Im Anschluß an die Ablehnung des ersten Gesetzentwurfes befaßte der VR sich erneut damit (vgl. Dok.Nr. 37, TOP 5).

25

Vgl. Dok.Nr. 2, Anm. 15.

132

MilGouv. mit MinPräs. der Bizone

31.1.1949

Nr. 7

Nr. 7 Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone in Frankfurt1 31. Januar 1949 BA Ζ 4/530, BI. 71-81. Von Troeger gez., handschr. korrigierte Ausf. des Prot, vom 31.1.19492 Anwesend.·3 Gen. Clay, Botsch. Murphy (amerik. MilReg.); Gen. Robertson, Botsch. Strang (brit. MilReg.) MinPräs. Ehard (Bayern); SenPräs. Kaisen (Bremen); Bgm. Brauer (Hamburg); MinPräs. Stock (Hessen); MinPräs. Arnold (Nordrhein-Westfalen); MinPräs. Kopf (Niedersachsen); MinPräs. Lüdemann (SchleswigHolstein); MinPräs. Maier (Württemberg-Baden); GS Troeger (LR)

[Beginn: 16.30 Uhr] 1. Bekämpfung des Schmuggels Clay: Wir haben mit Ihnen einen Punkt zu besprechen, indem wir Sie um Ihre Unterstützung bei der Verbesserung der Grenzkontrolle bitten möchten. Diese Frage ist hier schon einmal besprochen worden 4 . Alle Länder könnten dazu beitragen, um möglichst an der Quelle festzustellen, was in den illegalen Handel fließt und woher die Waren kommen. Wir möchten Sie besonders ersuchen, beschleunigt entsprechende Maßnahmen auf diesem Gebiet in der Bizone herbeizuführen 5 . Es wird uns gesagt, daß es bisher nicht möglich gewesen wäre, leitende Beamte zu finden wegen der Ungewißheit der beamtenrechtlichen Verhältnisse in der Bizone. Ich bin davon überzeugt, daß es sich hier um Dollarwerte handelt, die in die Millionen gehen, indem deutsche Waren unter dem DM-Wert eingekauft oder gegen Luxuswaren umgetauscht werden. Über die Schwierigkeiten solcher Maßnahmen ohne eine zentrale Regierung bin ich mir durchaus im klaren. Trotzdem handelt es sich vielleicht um das wichtigste Problem, welches als Hindernis bei der Erholung der deutschen Wirtschaftsverhältnisse im Wege steht6. 1 2 3

4 5

6

Die Besprechung fand im IG Farbenhaus, im Büro von Gen. Clay statt. Von Troeger mit handschr. Vermerk „Aktenexemplar" und einem Verteilerschlüssel versehen. Troeger, dessen Anwesenheit sich aus der Protokollführung ergibt, führt die vier Vertreter der MilReg. sowie alle MinPräs. der Bizone als „unter anderen" anwesend auf. Siehe Besprechung der MilGouv. mit den MinPräs. vom 29.11.1948 in: Ζ 4/523, Bl. 232. Mit Memorandum an den VR vom 12.1.1949 hatte BICO (Z 13/13, Bl. 219-221) den bizonalen Stellen empfohlen, den Zollgrenzschutz zu verstärken und zu diesem Zweck die Organisation unter bizonaler Verantwortung und Leitung zu vereinheitlichen. Mit der Errichtung einer Zolleitstelle bei der VfF, deren Aufgabe darin bestehen sollte, „hinsichtlich Zollabfertigung, Grenzkontrolle und Zollfahndung eine einheitliche und zweckentsprechende Durchführung der Zoll- und Devisenbestimmungen in der Doppelzone zu gewährleisten", sollten die Zuständigkeiten von Grenzschutz und Zolldienst vereinheitlicht werden. Mit Memorandum vom 26.1.1949 (ebenda, Bl. 207-209) wies BICO auf die besondere Dringlichkeit dieser Angelegenheit hin und empfahl, im Vorgriff auf die Genehmigung des WR-Gesetzes über Zölle und Verbrauchssteuern die Errichtung der Zolleitstelle vorab gesetzlich zu regeln (vgl. Dok.Nr. 9, TOP7). Auf zwei Pressekonferenzen hatte sich Gen. Clay am 14. und 26.1.1949 bereits in der Öffentlichkeit zu diesem Thema geäußert, über die Aufdeckung und Ergreifung eines Schmugglerrings berichtet und auf den großen wirtschaftlichen Schaden für die gesamte Wirtschahsentwicklung hingewiesen (vgl. Die Neue Zeitung vom 18.1. und 29.1.1949). DerFinA. des LR schätzte auf seiner 21. Sitzung vom 3.2.1949 (Prot, in: Ζ 4/555, Bl. 91) den Wert der illegalen Exporte nach dem Westen auf jährlich $200 Mio (siehe auch Eulitz, Zollgrenzdienst, S. 273).

133

Nr. 7

31.1.1949

M i l G o u v . mit MinPräs. der B i z o n e

Robertson: In der britischen Zone sind die Verhältnisse etwas anders gelegen, weil wir die Grenzen selbst kontrollieren7. Wir haben daher unsererseits die Einrichtung einer bizonalen Institution vorgeschlagen. Sie könnten uns viel helfen, wenn Sie Ihren Einfluß beim Wirtschaftsrat geltend machen 8 . Brauer: Der Bedeutung dieses Problems sind wir uns voll bewußt. E s handelt sich nicht nur um die illegale Einfuhr, sondern auch um die illegale Ausfuhr. Im Augenblick können wir leider keine praktischen Vorschläge zu der Frage machen, wir werden uns aber morgen darüber unterhalten'. Mit unserem guten Willen in dieser Angelegenheit können Sie rechnen; es liegt ja in unserem eigenen Interesse. Maier: Bevor die Trizone errichtet ist, dürfte es sehr schwierig sein, etwas Durchgreifendes zu machen. Uns fehlt praktisch die Kontrolle auf der Linie von Mainz über Tübingen nach Lindau. Einen gewissen Schutz hatten wir früher durch die schweizerischen Zollbeamten. An der Rheingrenze ist durch deutsche Einwirkung nichts zu erzielen10. Daher könnte uns nur der vollkommene Abschluß gegenüber der französischen Zone helfen. Das jedoch wäre ein Rückschritt. Clay: Ich glaube, daß durch eine wirksame Überwachung und durch eine polizeiliche Kontrolle der auf dem Markt angebotenen Güter schon viel gewonnen wäre. Es muß doch festzustellen sein, woher die Waren kommen und wer sie auf dem Schwarzen Markt11 verteilt. Hierfür sollten die Polizeikräfte der Länder mobilisiert werden. Das Problem in der französischen Zone kennen wir und wollen es mit den Franzosen

7

Der Dienst an der brit./sowjet. Zonengrenze unterstand bis zum Oktober 1949 der Leitung des brit. „Frontier Control Service" (siehe Ζ 30/4, Bd. 1). Die Bewachung der Zonengrenze gegenüber der sowjet. Besatzungszone wurde von deutscher Polizei durchgeführt. Der Zollgrenzschutz war zur Bewachung der Auslandsgrenzen eingesetzt. Er unterstand als zonale Institution der Chefinspektion des Zollgrenzschutzes Britische Zone in Cuxhaven. Die Aufsicht über Zölle und Verbrauchssteuern oblag den für die Abfertigung des Warenverkehrs zuständigen deutschen Zollämtern, die von brit. Export Control Officers beaufsichtigt wurden. Die Paßkontrolle lag bei einer weiteren selbständigen deutschen Organisation, der ebenfalls eine brit. Parallelstelle in Bünde vorgeschaltet war. Demgegenüber wurden die Grenzen der amerik. Zone ausschließlich von deutschen Kräften bewacht. An der Überwachung war Personal der Zollverwaltung Grenzaufsichtsdienst genannt - und der Landesgrenzpolizei beteiligt. Die den Innenministerien der Länder unterstehende Landesgrenzpolizei, denen die letzte Verantwortung sowohl gegenüber den Auslandsgrenzen als auch der Zonengrenze zur sowjet. Besatzungszone oblag, führte auch die Paßkontrollen durch. Die zollmäßige Abfertigung des Güter- und Personenverkehrs lag ausschließlich in den Händen der deutschen Zollverwaltung. Die amerik. Militärpolizei pflegte sich lediglich bei besonderen Anlässen in die Grenzbewachung einzuschalten (siehe Schreiben der VfF an B I C O vom 28.8.1948 und Pünder an B I C O vom 9.8.1948 in: Β 126/15; siehe auch Eulitz, Zollgrenzdienst, S. 240 ff.).

8

Durch umgehende Verabschiedung des vom V R am 9.2.1949 beschlossenen Gesetzes über die Errichtung eines Zollgrenzschutzes im V W G (siehe Dok.Nr. 9, T O P 7).

5

Der L R vertrat auf seiner 20. nichtöffentl. Sitzung vom 1.2.1949 (Prot, in: Ζ 4/159, Bl. 160) die Auffassung, „daß vor Ergreifung weiterer Maßnahmen die Durchführung des Vorschlages des Zweimächtekontrollamtes und seine Auswirkung abzuwarten sind".

10

Entlang der Rheingrenze und der Grenze zu Frankreich und zum Saargebiet wurde kein Grenzaufsichtsdienst ausgeübt. Erst zu Beginn des Jahres 1949 gab die franz. MilReg. zu erkennen (vgl. Eulitz, Zollgrenzdienst, S. 256), daß in absehbarer Zeit mit der Übernahme der Grenzaufsicht durch deutsche Zollbeamte gerechnet werden könne. Derweil blieben die zonalen Grenzen, die keine Warengrenzen darstellten, weitgehend unkontrolliert. Der Schmuggel erfolgte allerdings auch über die bewachte Grenze zu Belgien (ebenda, S. 273).

11

Zu den Quellen, aus denen die Güter für den Schwarzen Markt stammten, siehe Schreiben der Gemeinsamen Steuer- und Zollabteilung der FinMin. der Länder Niedersachsen, NRW und SchleswigHolstein und des Finanzsenators der Hansestadt Hamburg an die VfF vom 1.12.1948 in: Bayer. HStA München MA 130 459.

134

M i l G o u v . mit MinPräs. d e r Bizone

31. 1. 1949

Nr. 7

besprechen12. Nach Einrichtung einer bizonalen Zollfahndung könnte das wirksam geschehen. Solange freilich jemand im Glashaus sitzt, kann er nicht gut mit Steinen werfen. Diese Situation gilt auch für mich. Maier: Wir haben gewiß unsere großen Erfahrungen über die direkte Warenkontrolle und über die indirekte Kontrolle durch die Bücher. Die wirksamste Überwachung lag früher in der Schweiz. Heute ist es so, daß wertvolle Güter von kleinem Umfang und geringem Gewicht geschmuggelt werden. Diese werden nicht mit Lastkraftwagen oder mit der Eisenbahn transportiert. Ich weiß genau, daß eine große Menge von Präzisionsinstrumenten und wertvollen Apparaten über die Grenze nach Belgien und der Schweiz geht. Wir haben aber keine Möglichkeit einzuschreiten. Clay: Dann richten Sie doch wieder die früheren Kontrollen ein, die sich bei Ihnen bewährt haben. Kopf: Mit polizeilichen Mitteln können wir diese Aufgabe nicht erfüllen". Das gilt z.B. für uns in Niedersachsen wegen der Grenze nach dem Osten. Dafür haben wir viele Polizeikräfte eingesetzt und ihren eigenen polizeilichen Aufgaben entzogen. Wir müssen selbst die Kosten aufbringen, obgleich es sich um eine bizonale Angelegenheit handelt. Deshalb bin ich der Auffassung, daß wir eine einheitliche bizonale oder trizonale Organisation für die Grenzkontrolle unter einheitlichem Kommando brauchen. Clay: Mein Kollege Robertson hat schon vor längerer Zeit auf die Wichtigkeit dieser Frage hingewiesen14. Seit vier Monaten ist jedoch deswegen nichts geschehen. Ich bin der Auffassung, daß die Verluste für die deutsche Volkswirtschaft größer sind als die Kosten für eine wirksame Kontrolle. Brauer: Wir werden die Frage unter uns besprechen. Ich möchte aber meinerseits erwähnen, daß wir in Hamburg monatlich eine riesige Menge von Waren beschlagnahmen, die einen großen Wert haben15 und daß ich mich immer wieder frage, wie der Handel das Risiko solcher Beschlagnahmen tragen kann. Clay: Ich weiß nur zu sagen, daß der Schmuggel weitergeht und daß dagegen etwas geschehen muß16.

12

Der Bericht von Clay über die Besprechung mit Robertson und Koenig vom 1.2.1949 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 647) enthält lediglich Ausführungen über die franz. Weigerung, den OEEC-Plan der franz. Zone dem der Bizone anzugleichen. Zu den möglichen Überlegungen auf amerik. Seite, die Franzosen zu effektiveren Kontrollen zu bewegen, siehe Dok.Nr. 9, Anm. 31.

13

Die bandenmäßige Organisation des Schmuggels an den Grenzen veranlaßte die VfF, mit Schreiben vom 25.2.1949 (B 126/25) bei BICO die Bewaffnung der Zollfahndungsbeamten zu beantragen.

11

Siehe Besprechung der MilGouv. mit bizonalen Vertretern vom 16.8.1948 in: Ζ 4/523, Bl. 290.

15

Allein für den Zeitraum vom 21.4.-18.5.1949 schätzte die bizonale Zolleitstelle den Wert der beschlagnahmten Waren auf DM 474 332 (Z 30/2).

16

Die Bekämpfung des Schmuggels blieb auch in der Folgezeit überwiegend Angelegenheit der Länder. So forderte die MilReg. von Württemberg-Baden am 17.2.1949 den MinPräs. des Landes auf (HStA Stuttgart EA 1/3-249), die zur endgültigen und restlosen Beseitigung des Schmuggelunwesens in WürttembergBaden erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Hierbei wurde die Unterstützung der MilReg. zugesagt. Mit Schreiben vom 21.3.1949 an die MilReg. (ebenda) erstattete der MinPräs. hierzu Bericht. Zunächst führt er die Hauptkanäle des Schmuggels auf. Als solche nannte er die „entblößte deutsch-französische Zollgrenze", die großzügige Erteilung von Einfuhrlizenzen für Liebesgaben durch die JEIA an karitative Verbände und DP-Lager sowie die Abgabe unverzollter und unversteuerter Erzeugnisse aus Versorgungslagern der franz. MilReg. an deutsche Händler. Hiergegen habe die Landesreg. eine Reihe von Maßnahmen veranlaßt. Zu Wasser und zu Lande seien verschärfte Kontrollen durchgeführt worden. Auch die Verteilung von Liebesgaben und Geschenksendungen sei besser überwacht worden. Die Begrenzung

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2. Besatzungsstatut

Brauer: Ich wollte mir die Frage erlauben, wann wir von Ihnen Näheres über den Inhalt des Besatzungsstatuts hören können, nachdem Sie uns versprochen haben, uns darüber auf dem laufenden zu halten17. Clay: Das Besatzungsstatut wird zur Zeit auf dem Regierungsniveau behandelt, nachdem wir Militärgouverneure unter uns eine Einigung nicht erzielen konnten18. Ohne mich festzulegen, möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, daß über die Differenzpunkte in der nächsten Woche entschieden wird, daß alsdann die Ratifikation durch die Regierungen vorgenommen wird, so daß das Besatzungsstatut an uns vielleicht in drei Wochen zurückkommt19. Brauer: Wir sind zu der Frage gekommen, weil wir durch Pressenachrichten beunruhigt worden sind, wonach es hieß, daß einige deutsche Herren schon über den Inhalt des Besatzungsstatuts unterrichtet worden sind20. Clay: Wenn das der Fall sein sollte, dann kann es sich nur um eine allgemeine und höchst inoffizielle Unterrichtung gehandelt haben. Lüdemann: Mir erscheint es wichtig, die Frage zu erörtern, ob nicht wenigstens ein Teil des Besatzungsstatuts bekanntgegeben werden könnte, und zwar insoweit, als der Inhalt feststeht. Auf diese Weise könnte das deutsche Volk allmählich mit dem Besatzungsstatut bekanntgemacht werden. Robertson: Das halte ich nicht für eine gute Idee. Das Besatzungsstatut sollte als Ganzes bekanntgegeben werden, zumal es sich nicht mehr um eine lange Verzögerung handeln kann. Clay: Wir bedauern ebenso wie Sie, daß wir das Besatzungsstatut noch nicht bekanntgeben können, doch müssen wir uns mit dieser Tatsache abfinden. Lüdemann: Wenn ich den Vorschlag einer teilweisen Bekanntgabe gemacht habe, so war ich dabei von dem Gedanken geleitet, daß es richtig wäre, einen Schock bei der deutschen Bevölkerung durch die Gesamtbekanntgabe zu vermeiden.

der zollfreien Menge und die Beschriftung der Sendungen sollten einen Weiterverkauf auf kommerzieller Grundlage unterbinden. Dies war im Fall der DP-Lager nicht möglich, weil dort deutsche Zollbeamte keinen Zutritt hatten. Eine langfristige Verbesserung der Lage wurde durch die Schaffung eines einheitlich organisierten Zollgrenzschutzes und die Bildung der Zolleitstelle zum 1.4.1949 erwartet (vgl. Anm. 5). 17

Auch der Präs. des Pari. Rats, Konrad Adenauer, hatte in einem Interview mit der Neuen Zeitung (Ausgabe vom 20.1.1949) kritisiert, daß die verfassungsgebende Versammlung entgegen der Erklärung in Dokument 3 der Frankfurter Dokumente vom 1.7.1948 (siehe Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4) nicht über den Stand der Beratungen zum Besatzungsstatut auf dem laufenden gehalten werde.

18

Vgl. Bericht Clay an Draper vom 12.12.1948 in: Clay Papers, Bd.II, Dok.Nr. 606. Zu dem von den MilGouv. verhandelten Entwurf vom Dez. 1948 mit einer Analyse von Pollock vom 2.1.1949 siehe Nachl. Pollock/106.

19

Im Lichte der Kritik, die Clay sowohl gegenüber der reaktualisierten britischen Forderung, die Kontrolle des deutschen Außenhandels und der Devisenbewirtschaftung mit der Sicherstellung der Besatzungskosten (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 642) zu begründen, als auch hinsichtlich mangelnder Unterrichtung überden Fortgang der Beratungen in London vorbrachte (ebenda, Dok.Nr. 636), muß diese Prognose als unbegründet angesehen werden, zumal das State Department gleichzeitig den Gedanken entwickelte, die evidenten Divergenzen mit den Briten und Franzosen auf der Ebene der Außenminister ausräumen zu wollen. Zum Verlauf der Londoner Beratungen siehe Foreign Relations 1949/III, S. 1 ff.

20

Am 28.1.1949 hatte die Frankf. Rdsch .unter Berufung auf Erklärungen seitens der alliierten Verbindungsstäbe in Bonn berichtet, daß in den nächsten zehn Tagen mit der Verkündung des Besatzungsstatuts zu rechnen sei, dessen endgültige Fassung in London bereits vorliege.

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Clay: Über diese Frage können wir uns unterhalten, wenn der Inhalt des Besatzungsstatuts offiziell festgesetzt ist21. 3. Wahlgesetz Brauer: In den Londoner Dokumenten ist nichts darüber gesagt, wer das Wahlgesetz für das Bundesparlament festzustellen hat22. Clay: Ich stehe unter dem Eindruck, daß bei uns die Ansicht besteht, daß zunächst die Grundprinzipien für das Wahlverfahren in Bonn festzustellen sind. Lüdemann: Also nur die Grundprinzipien? Clay: Ich weiß nicht genau, was der Parlamentarische Rat in Bonn beschließen wird23, doch könnte es sein, daß er es den Ländern überläßt, das Wahlgesetz selbst auszuarbeiten. Jedenfalls ist meine Meinung, daß wir in dieser Frage nicht weiterkommen, bevor wir nicht wissen, was das Grundgesetz darüber sagt. Es würde doch durchaus möglich sein, daß jedes Land nach Grundprinzipien das Wahlgesetz selbst erläßt. Brauer: Das wäre schlechthin möglich. In das Grundgesetz könnten doch höchstens allgemeine Prinzipien aufgenommen werden. Es wäre ja nicht möglich, die Bestimmungen über die Durchführung der Wahl im einzelnen, über die Wahlkreiseinteilung usw. in dem Grundgesetz zu treffen. Für mich ist es undenkbar, daß die Wahl zum Parlament nach elf verschiedenen Gesetzen durchgeführt werden könnte. Clay: Das ist nach meiner Auffassung durchaus nicht undenkbar. Für die Wahlen in meinem Staat gibt es kein einheitliches Wahlgesetz für die 48 Staaten. Es ist doch durchaus denkbar, daß das Grundgesetz eine Bestimmung dafür trifft, wieviel Abgeordnete auf jedes Land entfallen und daß danach die Wahlen durch Landesgesetz geregelt werden. Kopf: Das ist theoretisch durchaus möglich. Brauer: Ich würde ein deutsches Parlament für schwach halten, wenn es nicht nach einem einheitlichen Gesetz gewählt würde. Clay: Vielleicht legt das Grundgesetz die Wahl so fest, wie Sie es meinen. Doch das weiß ich noch nicht. Lüdemann: Dann bleibt immer noch die Frage, wer das einheitliche Wahlgesetz macht und erläßt. Robertson: Auf diese Frage ist solange eine Antwort nicht möglich, bis das Grundgesetz nicht festgestellt ist24. 21

22

Die MilGouv. erörterten dennoch auf ihrer Besprechung vom 16.2.1949 (vgl. Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 666) das Ersuchen der MinPräs. und unterstützen es gegenüber ihren Regierungen. Vgl. das Schlußkommunique der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz über Deutschland vom 7.6.1948 (Der Pari. Rat I, Bd. I, Dok.Nr. 1) und das erste der drei Frankfurter Dokumente (ebenda, Dok.Nr. 4), in welchem die Aufgaben der Verfassunggebenden Versammlung beschrieben wurden.

23

Tatsächlich beschäftigte sich der Ausschuß für Wahlrechtsfragen des Pari. Rats nicht nur mit den im GG (Art. 38) zu verankernden Prinzipien (Prot, der Ausschußsitzungen in: Ζ 5/81-86), sondern arbeitete, wobei die MinPräs. am 24.3.1949 (vgl. Dok.Nr. 22, TOP 2) diese Kompetenzübertragung grundsätzlich zu billigen bereit schienen, ein Wahlgesetz aus, das der Pari. Rat am 10.5.1949 (Pari. Rat.Sten. Ber.,S. 269) in dritter Lesung verabschiedete.

24

Der aktuelle, vom HptA. des Pari. Rats am 20.1.1949 in zweiter Lesung verabschiedete GG-Entwurf(Pari. Rat-Drucks. Nr. 548) legte in Art. 45 lediglich die Wahlrechtsgrundsätze, das aktive und passive Wahlrecht und die Möglichkeit einer Sperrklausel fest, verwies im übrigen aber auf ein zu erlassendes Bundeswahlgesetz. Soweit die verschiedenen Vorentwürfe auch Aussagen über das Wahlsystem enthalten hatten, waren diese gestrichen worden.

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Kaisen: Ich meine, daß über diese Frage schon eine Vorentscheidung getroffen wurde in dem Sinne, daß der Parlamentarische Rat Gesetze nicht erlassen kann mit Ausnahme des Grundgesetzes. Wir sind der Meinung, daß eine deutsche Stelle bestimmt werden muß, welche die Wahlen durchführt. Robertson: Unter den alliierten Regierungen hat keine Einigung darüber bestanden, daß es eine zentral gewählte Versammlung in der Trizone geben soll25. Es bestand deshalb auch keine Einigung darüber, wie sie gewählt werden sollte. Mein Kollege Clay hat schon gesagt, daß wir zunächst abwarten müssen, was der Parlamentarische Rat in Bonn entscheidet und daß wir uns dann über diese Frage unterhalten können. Stock: Ich darf danach die Ansicht der Herren Militärgouverneure dahin feststellen, daß zunächst das Grundgesetz festgestellt werden muß. Wenn das der Fall ist, dann wird zu entscheiden sein, wer mit der Durchführung der Wahlen beauftragt wird. Ich meine, daß es nur die Ministerpräsidenten sein können. Arnold: Wenn der Parlamentarische Rat ein Wahlgesetz ausarbeiten würde, dann würde er damit gegen die Anweisungen in dem Dokument 1 verstoßen. Clay: Soweit können wir uns heute nicht festlegen. Es bestand durchaus die Möglichkeit, daß jedes Land im Parlament gleich vertreten sein würde; es war durchaus nicht sicher, daß die Zusammensetzung proportional der Zusammensetzung der Wählerstimmung in der Bevölkerung erfolgen soll. Jedenfalls war darüber eine Einigung bei den alliierten Mächten nicht vorhanden. Lüdemann: Dann bleibt immer noch die Frage, wer denn das neue Bundesparlament beruft. Der Parlamentarische Rat hat keine Gesetzbefugnis und kann selbst die Wahlen nicht anordnen26. Clay: Ich kann nur wiederholen, daß wir zunächst die Feststellung des Grundgesetzes abwarten müssen. Brauer: Bei der Stellung der Frage nach dem Wahlgesetz hat uns nur der Wunsch geleitet, daß nicht zu lange Zeit verloren geht, bis das Wahlgesetz festgesetzt und erlassen wird. Clay: Ich kann Ihnen meinerseits versichern, daß es in dieser Beziehung keine Schwierigkeiten geben wird. Sie wissen offenbar, was das Grundgesetz über die Wahlmodalitäten sagen wird. Wir sind darüber inoffiziell auch unterrichtet, können aber offiziell davon keine Kenntnis nehmen, solange uns das Grundgesetz nicht abgeschlossen vorgelegt wird27. Lüdemann: Ich befürchte, daß damit ein Verlust von vier Wochen entstehen wird. Clay: Das glaube ich nicht. Wenn ich Ministerpräsident wäre, dann würde ich mir einen Entwurf zum Wahlgesetz ausarbeiten und in die Schublade legen. Kaisen: Soll das Wahlgesetz durch Referendum oder durch Militärgesetz festgestellt werden28?

23

Zur franz. Weigerung, direkten Wahlen zum Bundestag zuzustimmen, Telegr. des amtierenden USAußenministers Lovett an die US-Botschaft in London und die Antwort von Botschafter Douglas vom 28.5.1948 in: Foreign Relations 1948/11, S. 297 f.

26

Das GG enthielt keine Bestimmungen hierüber. Aufgrund von § 25 des von ihnen beschlossenen Wahlgesetzes beriefen die MinPräs. am 25.8.1949 (siehe Dok.Nr. 78, TOP 3) den BT zum 7.9.1949 ein.

27

Zu den Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 45 in der Fassung vom 20.1.1949 siehe Anm. 23.

28

Die Ratifizierung des GG war im ersten der drei Frankfurter Dokumente (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4) durch Referendum in jedem beteiligten Land vorgesehen.

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Kopf: Wir brauchten doch die Autorisierung durch die Militärregierung. Clay: Ich glaube, daß hier zwei Fragen zu unterscheiden sind: erstens die Ratifizierung des Grundgesetzes durch Länderreferendum oder durch die Landtage und zweitens der Wahlmodus für die Wahl der beiden Häuser. Wenn das Grundgesetz vorsieht, daß die Wahl zum Bundesparlament auf Grund eines einheitlichen Gesetzes durchzuführen ist®, dann allerdings ist ein Wahlgesetz nötig. Nehmen wir das einmal an, dann müßten wir die dafür nötigen Schritte unternehmen. Da wir in solchen Angelegenheiten Ihren Rat stets nachgesucht haben, möchte ich glauben, daß es auch in diesem Falle der Fall sein wird. Heute können wir darüber noch nichts sagen. Ich wiederhole meinen Vorschlag, daß Sie schon jetzt den Entwurf eines Wahlgesetzes ausarbeiten und unter die staubigen Akten stecken, bis Sie dann die Ermächtigung erhalten, das Wahlgesetz zu erlassen, was noch am selben Tage geschehen könnte30. 4. FlüchtlingsaosschuB

Brauer: Wir haben aus der Presse die Nachricht entnommen, daß ein Flüchtlingsausschuß bei den Militärregierungen errichtet worden ist31. Damit steht für uns im Zusammenhang die Frage nach der Genehmigung des Lastenausgleichsgesetzes32. Herr Ministerpräsident Lüdemann wollte darüber etwas sagen. Lüdemann: Aus einer Pressenachricht33 habe ich entnommen, daß der dänische Minister Rasmussen geäußert hat, es sollten 300 000 Flüchtlinge aus der britischen Zone in andere Gebiete verlegt werden, wobei aber nicht die gesamte Zahl auf das Land Schleswig-Holstein entfiele. Neuerdings haben wir aus der Presse erfahren, daß die Militärregierungen eine Dreierkommission gebildet haben, um über die Flüchtlingsfrage zu verhandeln34. Daraus könnte geschlossen werden, daß der französische Militärgouverneur bereit ist, Flüchtlinge in der französischen Zone aufzunehmen. Das wäre von großer Bedeutung nicht nur für den Flüchtlingsausgleich an sich, sondern auch für den Lastenausgleich. Wir hatten bei dem Lastenausgleichsgesetz auf erhebliche Einnahmen in der französischen Zone gehofft, die den anderen Zonen zukommen würden, weil die französische Zone keine Flüchtlinge hat. Jetzt hören wir, daß der französische Militärgouverneur sich sträubt, das Lastenausgleichsgesetz in Wirksamkeit zu setzen35. Er hätte dazu keine Veranlassung, weil die französische Zone keine Flüchtlinge hat. Wir sind deutscherseits an einer gleichmäßigen Gesetzgebung auf diesem wichtigen Gebiete interessiert.

29

Da weder der aktuelle Entwurf vom 20.1.1949 in Art. 45 (1) noch das am 8.5.1949 vom Pari. Rat verabschiedete GG in Art. 38 (3) das Wahlsystem festlegte, wurde bestimmt, daß nähere Regelungen einem Bundeswahlgesetz bzw. Bundesgesetz vorbehalten blieben.

30

Zur Ermächtigung der MinPräs. siehe Dok.Nr. 42, TOP 2.

31

In ihrer Ausgabe vom 29.1.1949 berichtete die Frankf. Rdsch., daß die drei MilReg. zur Prüfung des Problems der Neuverteilung der Flüchtlinge eine Arbeitsgruppe eingesetzt hätten. Diese habe die Aufgabe, den MilGouv. einen Bericht über die verschiedenen Aspekte des deutschen Flüchtlingsproblems in den westlichen Gebieten Deutschlands vorzulegen.

32

Zur Genehmigung des vom WR am 15.12.1948 verabschiedeten Ersten Lastenausgleichsgesetz siehe Dok.Nr. 3, TOP 4.

33

Konnte nicht ermittelt werden.

34

Vgl. Anm. 30.

35

Vgl. die Erklärung von Gen. Koenig auf der Besprechung mit den Regierungschefs der franz. Zone vom 14.2.1949 in: Dok.Nr. 12, TOP 11.

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Robertson: Es ist bekannt, daß eine Unterhaltung des dänischen Ministers Rasmussen mit meiner Regierung stattgefunden hat. Die dänische Regierung ist der Auffassung, daß in Schleswig-Holstein zu viele Flüchtlinge sind36. Diese Auffassung stimmt mit der Ihrigen, Herr Lüdemann, überein37. Es ist richtig, daß eine Dreierkommission von den Militärregierungen errichtet worden ist, um über die Flüchtlingsfrage zu verhandeln. Das Komitee besteht aus den drei Militärgouverneuren. Da es sich um höfliche Herren handelt, lehnen sie es selten ab, sich an solchen Instanzen zu beteiligen. Ich kann Ihnen auch sagen, daß der französische Militärgouverneur im Prinzip bereit ist, Flüchtlinge in die französische Zone zu übernehmen. Wer allerdings die französische Sprache kennt, weiß, was mit den Worten „en principe" gesagt ist. Was die Zahl von 300 000 Flüchtlingen angeht, so kommt sie aus einer ganz anderen Quelle. Ich glaube, daß sie von der Organisation in der französischen Zone38 erwähnt worden ist und nur auf lange Sicht Geltung haben soll. Es kann aber keine Rede davon sein, daß sich die französische Militärregierung bereiterklärt hat, eine solche Zahl aufzunehmen. Es handelt sich lediglich um eine Diskussionsbasis. Die Ziffer spielt eine gewisse Rolle im Zusammenhang mit dem europäischen Wiederaufbauprogramm (Long Term-Program), das bis 1952 gilt. Clay: Ich bin der Auffassung, daß ohne eine zentrale Regierung dieses Problem nicht gelöst werden kann. Meine Auffassung war allerdings, daß Herr Lüdemann die Flüchtlinge zunächst behalten wollte, damit er bei der Behandlung dieser Frage im Parlament ein um so größeres Gewicht haben würde. Robertson: Sie haben übrigens unrecht, wenn Sie annehmen, daß der französische Militärgouverneur die Frage der Flüchtlingsverteilung mit dem Gesetz über den Lastenausgleich in Verbindung bringt; in den Unterredungen mit mir hat er dies jedenfalls nicht getan 3 '. Clay: Ich möchte noch bemerken, daß sich das Problem von Tag zu Tag durch den Zuzug von Flüchtlingen aus dem Osten ändert. Die Herren Kopf und Ehard werden mir das bestätigen. Ehard: In Bayern strömen in die Landkreise an der Grenze im Monat durchschnittlich 300-400 Personen ein. Maier: Diese Flüchtlinge bleiben aber nicht in Bayern; wir in Württemberg-Baden verzeichnen einen monatlichen Zuwachs von 3 500 Personen. Robertson: Ich habe in der englischen Zone schon vor längerer Zeit den Vorschlag gemacht, Flüchtlingslager einzurichten, um dort die Flüchtlinge je nach ihrer Arbeitsfähigkeit auszuwählen und den Arbeitsstätten zuzuführen. Es gibt unter den Flüchtlingen einen kleinen Prozentsatz zersetzender Elemente und Krimineller. In der amerikanischen Zone haben die Länder eine gesetzliche Vollmacht, den Abschub von

36

Vgl. hierzu die Ausführungen von Gen. Robertson anläßlich der Besprechung mit den MinPräs. der Bizone vom 29.10.1948 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 258).

37

Zum Schreiben von Lüdemann an Pünder vom 18.10.1948 über die Flüchtlingslage in Schleswig-Holstein siehe Dok.Nr. 1 A, Anm. 11. Mit Schreiben gleichen Datums an Wohleb (StA Freiburg A 2/8413) hatte Lüdemann darum gebeten, „alle geeigneten Schritte bei Ihrer Militärregierung zu unternehmen, damit sie die Grenzen der französisch besetzten Zone für einen allgemeinen Bevölkerungsausgleich zur angemessenen Entlastung Schleswig-Holsteins eröffnet".

38

Der Bezug ist unklar. Eine gemeinsame Flüchtlingsverwaltung existierte in den Ländern der franz. Zone nicht (siehe Middelmann, Flüchtlingsverwaltung, S. 289).

39

Vgl. Dok.Nr. 12, TOP 11.

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Flüchtlingen durchzuführen 40 . Ich bin der Meinung, daß auch in der britischen Zone eine solche Ermächtigung gegeben werden müßte. Clay: Wir haben die Länder in der amerikanischen Zone zum Abschub der Flüchtlinge ermächtigt, und zwar aller Flüchtlinge. Bayern und Hessen haben jedoch davon, von Ausnahmefällen abgesehen, keinen Gebrauch gemacht. Diese Verhältnisse sind auf lange Sicht nicht haltbar. Die Flüchtlinge können nicht aufgenommen werden, ohne daß es zu einer Zuspitzung in dieser Frage kommt. Lüdemann: Ich begrüße die hier vorgeschlagene Regelung auf Zonenbasis, weil die einzelnen Länder in dieser Frage nichts ausrichten können. Clay: Ohne eine eigene zentrale Regierung werden Sie zu keiner wirklichen Lösung kommen. Lüdemann: Ich hatte noch die Frage, ob der von Ihnen eingesetzte Dreierausschuß auch mit deutschen Stellen zusammenarbeiten soll. Robertson: Ja. Lüdemann: General Robertson sagte, daß ein französischer Widerstand wegen der Flüchtlinge bei der Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes nicht zu verzeichnen ist. Robertson: Ich habe erklärt, daß General Koenig mir gegenüber in dieser Beziehung nichts gesagt hat. Lüdemann: Dann muß ich noch einmal die Frage stellen, wann mit der Genehmigung des Lastenausgleichs zu rechnen ist. Robertson: Darauf können wir jetzt keine Antwort geben. Der Lastenausgleich nach dem vorgelegten Gesetz bedeutet nur einen Ausgleich zwischen den einzelnen Personen, nicht aber für die Länder. Sie haben uns, als wir vor längerer Zeit diese Frage besprochen haben, erklärt, daß Sie in der Lage wären, einen Ausgleich zwischen den Ländern durch ein entsprechendes Gesetz herbeizuführen 41 . Deswegen ist jedoch nichts geschehen. Maier: Es trifft nicht zu, daß ein Ausgleich zwischen den Ländern stattfindet. Wir wissen heute schon, daß die Länder Hamburg, Bremen, auch Württemberg-Baden und Nordrhein-Westfalen bei dem Lastenausgleichsgesetz Zahlungen an die anderen Länder zu leisten haben. Brauer: Das Problem ist eng verbunden mit den Besatzungskosten42.

40

Vgl. Akten zur Vorgeschichte 1, Dok.Nr. 25, TOP 97.

41

Anläßlich der Beratungen über die Währungsreform war die Notwendigkeit eines Ausgleichs des öffentlichen Haushalts wiederholt als Voraussetzung für eine dauerhafte Stabilisierung der Währung bezeichnet worden. Daran wurde die Forderung nach Begrenzung der Besatzungskosten „nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit der besetzten Gebiete unter Berücksichtigung des mit Sicherheit zu erwartenden Anschwellens der sozialen Lasten" geknüpft (Prot, der Konferenz der MinPräs. vom 28.5.1948 in: Ζ 4/523, Bl. 340). Eine verbindliche Zusage zur Vorlage eines entsprechenden Gesetzes konnte nicht ermittelt werden. Von einem anderen konzeptionellen Ansatz ging indes die Lastenausgleichsgesetzgebung aus, die als integraler Bestandteil der Währungsreform angesehen wurde. Zur Lösung dieses „inneren deutschen Lastenausgleichs" sahen sich die deutschen Vertreter aufgerufen (vgl. Erklärung über den Lastenausgleich vom 22.6.1948, ebenda, Bl. 324-325). Zu den Grundsätzen für einen bizonalen Finanzausgleich siehe Hartmann an Pünder vom 22.6.1948 in: Ζ 13/140.

42

Auf der Besprechung der MilGouv. mit den MinPräs. der Bizone vom 30.9.1948 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 276) hatte Brauer darauf hingewiesen, „daß alle Bemühungen zum Ausgleich der Haushaltspläne vergeblich wären, wenn nicht die Besatzungskosten wesentlich gemindert würden".

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Kopf: Ich möchte feststellen, daß das Lastenausgleichsgesetz und der Finanzausgleich der Länder untereinander nichts miteinander zu tun haben. Wir haben durch freiwillige Übereinkunft unter den Ländern versucht, eine Art Finanzausgleich herbeizuführen. Der Versuch ist gescheitert43. Die Länder zahlen lediglich Kassenkredite zur Unterstützung anderer Länder; das hat aber mit einem Finanzausgleich nichts zu tun. Ohne eine zentrale Regierung werden wir auch nicht zu einem Finanzausgleich kommen. Clay: Einen vollkommenen Finanzausgleich hat es noch niemals gegeben. Maier: Die Länder zahlen erhebliche Beträge als Unterstützung nach SchleswigHolstein. Lüdemann Das sind aber nur Kassenkredite. Maier: Kassenkredit ist hier eine Redensart. Stock: Die Flüchtlingskosten werden nach dem Lastenausgleichsgesetz zentral gezahlt und den Ländern als Anteil erstattet. Darin liegt der Ausgleich zwischen den Ländern. Clay: Ich glaube, daß die Zahlungen an Schleswig-Holstein nicht die einzigen Kassenkredite sind, die es eigentlich nicht sind. 5. Grenzveränderangen

Kopf: Bei der letzten Besprechung hatten Sie sich bereit erklärt, uns wegen der Verhandlungen wegen der Grenzveränderungen auf dem laufenden zu halten44. Ich wollte fragen, ob wir darüber etwas erfahren können. Clay: Ich fürchte nein, weil die Angelegenheit auf Regierungsbasis behandelt wird. Die Prozedur ist noch nicht ausgearbeitet. Die vorgesehenen Grenzänderungen fallen aber unter die Kategorie „geringfügige Grenzberichtigung" oder besser wörtlich gesagt „Berichtigung von Grenzunebenheiten". Die Befürchtungen, die in der Presse darüber laut geworden sind45, sind durchaus unberechtigt. Es wird natürlich gewisse Änderungen geben. Ich möchte glauben, daß auch Sie diese Änderungen als geringfügig ansehen werden. Kopf: Ist es nicht möglich, daß die Ministerpräsidenten über diese Grenzänderungen zunächst unterrichtet werden? Robertson: Diesen Vorschlag würden wir bereit sein, an unsere Regierungen weiterzuleiten. Lüdemann: Ist an die Beibehaltung des Prinzips gedacht, daß keine Grenzänderung ohne Befragen der betroffenen Bevölkerung durchgeführt wird?

43

Gleichwohl wurden die Bemühungen wieder aufgenommen (Rundschreiben des LR an die FinMin. der Länder vom 18.2.1949 in: Ζ 4/555, Bl. 121). Es sollte weiterhin ein Verfahren ermittelt werden, das der unterschiedlichen Steuerkraft und dem unterschiedlichen Finanzbedarf der einzelnen Länder angemessen Rechnung trage. Der FinA. des LR einigte sich schließlich nach eingehender Beratung auf seiner 25. Sitzimg vom 25.3.1949 (Prot, in: Ζ 4/556, Bl. 32-36) auf einen Ausgleichsplan, der jedoch vom LR nicht verabschiedet wurde (vgl. Dok.Nr. 30, TOP 3).

44

Zuletzt war diese Frage auf der gemeinsamen Besprechung vom 29.10.1948 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 258) erörtert worden, wobei Clay und Robertson die Prinzipien der beabsichtigten Grenzberichtigungen erläutert hatten.

45

Ein Sprecher des Foreign Office hatte einer Meldung „Der Welt" vom 15.1.1949 zufolge davor gewarnt, „die in einer Kartenskizze einer Wochenzeitung" veröffentlichte Grenzlinie als authentisch hinzunehmen. Tatsächlich wurden die Beratungen in London auf Drei-Mächte-Ebene mehrere Male verschoben (vgl. Dok.Nr. 10 B, Anm. 32 und 41).

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Kopf: Ich wollte fragen, ob es nicht möglich ist, daß vielleicht auch kleine Grenzberichtigungen zugunsten der deutschen Seite vorgenommen werden können. Dadurch würde die Situation außerordentlich erleichtert werden. Clay: Ich glaube nicht, daß dies möglich ist. Wir wollen aber unsere Regierungsstellen bitten, Sie zuerst zu informieren. Wir würden dann in der Lage sein, Ihre Kommentare zu den geplanten Grenzänderungen entgegenzunehmen 46 . Sie müssen sich nur darüber im klaren sein, daß wir nicht ermächtigt sind, Ihre Stellungnahme entgegenzunehmen oder darüber zu verhandeln. Kopf: Diese Erklärung begrüßen wir dankbar. 6. Berlin Lüdemann: Die Sorge um Berlin ist für uns nach wie vor von großer Bedeutung. Wir wollen nicht ermüden, Berlin nach unseren Kräften zu unterstützen, und wir hoffen, daß die Luftbrücke so wirksam als möglich ausgestaltet wird. Eine besondere Sorge macht uns dabei die ungeklärte Frage der Währung 47 . Clay: Die Luftbrücke hat im Monat Januar durchschnittlich am Tage 5 600 to nach Berlin befördert. Ich erinnere daran, daß wir früher einen täglichen Transport von 4000 to als das Minimum angesehen haben 48 . Natürlich ist es nicht möglich, über die Luftbrücke das Wirtschaftsleben in Berlin voll in Gang zu halten. Ich glaube jedoch, daß die durchschnittliche Leistung im Monat Januar als dem schlechtesten Monat nach den Witterungsverhältnissen sehr vielversprechend ist für die Leistungen in den Sommermonaten 49 . Ein normales Wirtschaftsleben werden wir in Berlin mit Hilfe der Luftbrücke nicht sicherstellen können. Robertson: Augenblicklich ist die Lage in Berlin wegen der Währung wenig zufriedenstellend; das wissen wir durchaus und wir sind ständig mit dieser Frage beschäftigt 50 . Die Lage bringt gerade für die Lohnempfänger viele Härten mit sich51. Wir sind für die deutschen Ratschläge durchaus empfänglich. Eine Schwierigkeit besteht jedoch darin,

46

Vgl. die Beratungen auf der Konferenz der MinPräs. in Hamburg vom 11./12.2.1949 (Dok.Nr. 10 B, TOP 3).

47

Bis zur Einführung der Westmark als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel durch die drei MilGouv. am 20.3.1949 (Clay, Entscheidung, S. 428) hatte auch die DM (Ost) als Parallelwährung Gültigkeit in den Westsektoren besessen.

48

Siehe Clay, Entscheidung, S. 421; Zur Versorgungslage Berlins siehe Ζ 13/252 und 253.

49

Im Frühjahr 1949 gelang es Briten und Amerikanern (siehe Clay, Entscheidung, S. 426), täglich durchschnittlich 8000 to Güter nach Berlin zu fliegen.

50

Wegen des franz. und brit. Widerstandes gegen das amerik. Bestreben, die Westmark als einziges legales Zahlungsmittel in Westberlin einzuführen (Clay, Entscheidung, S. 429), war zeitweilig vom amerik. Delegierten bei den Verhandlungen über die Berliner Währung in Genf die einseitige Einführung der Westmark im amerik. Sektor Berlins erwogen worden. Am 15.1.1949 wandte sich Clay jedoch gegen derartige einseitige Schritte (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 634), weil es den Franzosen den willkommenen AnlaB bieten könnte, sich aus Berlin zurückzuziehen.

51

Kein Arbeitnehmer war berechtigt, mehr als 25% seines Lohnes oder Gehaltes in der höher bewerteten Westmark zu verlangen. Während der Umlauf an Westmark gering gehalten wurde und alle nicht lebensnotwendigen Güter und Leistungen (bewirtschaftete Lebensmittel, Mieten, Post-, Gas- und Stromgebühren sowie Steuern) in Ostmark entrichtet werden konnten, stieg der in Wechselstuben angebotene Wechselkurs bis zum Januar 1949 auf rund 3,50 DM-Ost für eine DM-West (Urban, Wechselstuben, S. 135 ff.).

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daß alle finanziellen Maßnahmen ohne vorherige Bekanntgabe durchgeführt werden müssen. Auf Ihre Frage, ob die Länder uns helfen können, möchte ich mich an Niedersachsen, Schleswig-Holstein und an Hamburg wenden. Es handelt sich um die Errichtung neuer Flugplätze 52 . Damit ist jeweils die Notwendigkeit verbunden, für das Personal Unterkünfte zu schaffen. Meine Behörden sind angewiesen, das im Einvernehmen mit den deutschen Behörden zu tun. Dabei bitte ich um Ihre Unterstützung. Sie wissen, daß wir erwägen, wenigstens einen, vielleicht auch mehrere Flugplätze zu errichten. Herr Kopf weiß sicherlich von dem Flugplatz bei Lüneburg. Clay: Das gleiche Problem der Unterbringung von Personal besteht auch in der amerikanischen Zone, wenn auch nicht wegen der Errichtung neuer Flugplätze. Ich habe die Absicht, anschließend an diese Konferenz darüber mit den Herren Stock und Ehard besonders zu sprechen 53 . 7. Ruhrstatut Arnold: Ich wollte mir die Frage erlauben, wann mit der praktischen Einsetzung der Ruhrbehörde zu rechnen ist. Clay: Das können wir Ihnen selbst nicht sagen. Das Problem wird bei den Regierungen behandelt. Wir werden Ihnen Bescheid sagen, sobald wir selbst unterrichtet sind54. 8. Kriegsgefangene Kaisen: Die deutsche Bevölkerung hat den Notenwechsel mit der russischen Regierung über die Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen dankbar begrüßtS5. Viele Deutsche sind voller Spannung, ob weitere Schritte unternommen werden, damit die Kriegsgefangenen tatsächlich bald zurückkommen. Ich bitte deshalb um eine Mittei-

52

Dadurch sollten die Flugzeiten nach Berlin verringert werden. Im Zusammenhang mit der angestrebten Vereinfachung und Vereinheitlichung des Transportverfahrens monierte Erhard auf der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 10.2.1949 (Prot, in: Ζ 4/523 Bl. 178), daß von Flughäfen in der brit. Zone nur für den brit. Sektor bestimmte Güter über die Luftbrücke transportiert würden. Das gleiche gelte für die Güter in den amerik. Sektor. Erhard regte an, die Versorgungsflüge unabhängig von der in Berlin durchzuführenden Verteilung der Waren zu organisieren. Ein Vertreter der alliierten Transportgruppe erklärte das Verfahren damit, „daß Genehmigungen für die Transporte in den einzelnen Zonen für die Sektoren eingeholt werden müssen". Nach Vorlage der Genehmigung würden die Güter jedoch ohne Rücksicht auf den Bestimmungssektor transportiert.

53

Hierüber konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden. Gleichzeitig beriet im Anschluß an die Besprechung Gen. Robertson mit den MinPräs. der brit. Zone (vgl. Frankf. Rdsch. vom 1.2.1949).

54

Siehe hierzu die ausführlichen Beratungen der MinPräs. auf der Konferenz in Hamburg am ll./12.2.1949in: Dok.Nr. 10 B, TOP 4. Zum Notenwechsel zwischen den Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs sowie der Sowjetunion vom 3.1.1949 und 24.1.1949 siehe Keesing's Archiv 1949, S. 1761 und 1790; Pressekommentare hierzu in: Ζ 35/338, Bl. 57-63. Die Westmächte beschuldigten die Sowjetunion, die auf der Moskauer Außenministerkonferenz am 23.4.1947 abgeschlossene Vereinbarung, welche die Rückführung aller deutscher Kriegsgefangener bis zum 31.12.1948 (Foreign Relations 1947/11, S. 382) vorsah, nicht eingehalten zu haben. Im sowjetischen Gewahrsam befänden sich noch 443 165 deutsche Kriegsgefangene. Die sowjetische Regierung entgegnete, daß die Repatriierung nach einem Plan des Alliierten Kontrollrats erfolgen sollte, welcher jedoch nicht zustande gekommen sei. Dennoch sei die „überwältigende Mehrheit" der deutschen Kriegsgefangenen repatriiert worden. Die restlichen Rückführungen würden im Laufe des Jahres 1949 abgeschlossen werden.

55

144

M i l G o u v . mit MinPräs. d e r Bizone

31.1.1949

Nr. 7

lung darüber, ob den Militärregierungen Näheres bekannt ist und ob etwa russische Äußerungen wegen einer schnelleren Rückführung der Kriegsgefangenen vorliegen. Clay: Wenn ich das Ergebnis des Notenaustausches zusammenfasse, so bedeutet es nichts, was eine Ermunterung rechtfertigen könnte. Ich habe das Gefühl, daß die Sowjetregierung in diesem Punkte durchaus verwundbar ist und möchte glauben, daß die deutsche Presse darüber viel zu wenig sagt, insbesondere zu wenig über die Leiden der Bevölkerung durch die verspätete Rückführung der Kriegsgefangenen. Angriffe gegen die russische Politik können nichts nutzen, aber eine Schilderung der Leidender deutschen Bevölkerung könnte wirksam sein. Robertson: In den letzten 24 oder 48 Studen ist eine russische Erklärung bekannt geworden, wonach die gegen sie vorgebrachten Anschuldigungen nicht gerechtfertigt seien. Die Kriegsgefangenen würden im Laufe dieses Jahres zurückgeführt werden 56 . Ich möchte noch einen anderen Gesichtspunkt hier anführen: Die Rückführung von Kriegsgefangenen in oder durch die britische Zone hat seit einiger Zeit praktisch aufgehört, ausgenommen sind die Kriegsgefangenen aus Jugoslawien. Vor kurzem sind jedoch kleinere Gruppen sehr interessanter Leute aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt. Sie hatten wichtiges Material in ihren Schuhsohlen und in ihren Kleidern versteckt, das wir ihnen abnehmen mußten. Es wäre gut, das Verhalten dieser Leute mit Aufmerksamkeit zu verfolgen". 9. Preisbewegung Clay: Wir erhalten jetzt fortlaufend Berichte, daß die Preise fallen und die Tendenz einer inflationistischen Entwicklung zum Stehen gebracht worden ist. Stimmen Sie mit diesen Auffassungen überein? Brauer: In gewissen Artikeln sind die Preise gefallen. Das gilt insbesondere für Luxuswaren, Möbel, auch für Textilien und Schuhe. Die exorbitanten Preise waren eben nicht zu halten. Am stärksten sind die Preise auf dem Schwarzen Markt gefallen5®. Maier: Ich habe die Beobachtung gemacht, daß die staatlichen Stellen und insbesondere die statistischen Ämter den Rückgang der Preise bagatellisieren. Anders verhalten sich die Kaufleute, die eine weitere Baissebewegung erwarten und daher in ihren Dispositionen sehr vorsichtig sind. Die Geschäftswelt der Produktionssphäre urteilt im allgemeinen pessimistischer als wir Beamten es tun. Arnold: Eine gute Steuerreform5® könnte die Herabsetzung der Preise wesentlich beschleunigen. Sie würde auch die moralische Verpflichtung zur richtigen Steuerzahlung stärken.

56

Vgl. Anm. 55.

57

Es konnte nicht ermittelt werden, welcher Personenkreis hier angesprochen ist.

58

Erhard (Wohlstand für alle, S. 31 ff.) nennt als Ursache für die zum Jahreswechsel 1948/49 einsetzende Beruhigung des Preisklimas neben einer Reihe von Gesetzesmaßnahmen, die Verbesserung der Rohstoffversorgung, den raschen Produktionsanstieg nach der Währungsreform und die relative Mäßigung der gewerkschaftlichen Lohnpolitik. Zum Ausmaß des sinkenden Preisniveaus siehe auch die Berichte in der Frankf. Rdsch. vom 19. und 20.1.1949.

59

Der VR hatte am 5.1.1949 (siehe Dok.Nr. 1 B, Anm. 10) beschlossen, dem WR die überarbeitete Fassung eines Entwurfs eines „Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern" zuzuleiten. Der WR verabschiedete das Gesetz am 18.2.1949 in zweiter und dritter Lesung (WR-Wörtl. Ber., S. 1453 ff.). 145

Nr. 7

31.1.1949

MilGouv. mit MinPräs. der Bizone

Robertson: Wenn man diesem Argument folgt, dann kommt man am Ende zur völligen Beseitigung der Steuer. Clay: Wir warten deswegen auf die Entscheidungen des Wirtschaftsrates. Arnold: Der kommt leider nur sehr langsam vorwärts. Clay: Gerade deshalb haben wir Sie bei unserer letzten Besprechung gefragt, ob nicht der Länderrat von sich aus mit einem Initiativgesetz Abhilfe schaffen könnte™. Arnold: Damit würden wir nur den Erfolg erzielen, daß unsere Vorlage totgestimmt wird.

60

Im Prot, der Besprechung vom 29.11.1948 (Z 4/523, Bl. 229-236) nicht überliefert. Anläßlich der Monatsbesprechung bizonaler Vertreter mit den MilGouv. im Beisein der MinPräs. Arnold, Kopf und Lüdemann vom 15.12.1948 hatte Pünder darum gebeten, den Punkt von der TO abzusetzen (Prot, ebenda, Bl. 212).

146

46. Direktorialsitzung

2. 2. 1 9 4 9

Nr. 8

Nr. 8 46. Direktorialsitzung in Frankfurt 2. Februar 1949

ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 47-50. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 4.2.1949" Inserat: Ebenda, Bl. 66-67 2 TO: Ebenda, Bl. 45-46; Nachtrag außerhalb der TO: Ebenda, Bl. 59 Anwesend1: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Stellv. Dir. Kriege, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) Stellv.Dir. Niklas, MinDir. Podeyn (zeitw.), MinDir. Staab (zeitw.), Emmel (VELF); Kremer (V£A); Stellv.Dir. Zaubitzer, MinDirig. Schuster (zeitw.) (VfPuF); MinDir. Schiller, MinR. Wessels (zeitw.), v. Gerlach, Hüttebräucker (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDir. Raemisch, MinDir. Josten (zeitw.) (VfW) MinDirig. Lentz (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim, MinR. Joel (zeitw.) (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (Stat. Amt); MinDir. a . D . Harmening (Büro für Währungsfragen) MinDir. Krautwig, MinDir. a.D. Schniewind, Gesandter a.D. Eisenlohr, MinR. v. Elmenau (zeitw.), MinR. v. Gülich, Schulte (DirK.) Abs' (zeitw.) (KfW)

Einleitend stellt Herr ODir. Pünder den Gesandten a.D. Eisenlohr vor, der künftig bei der ERP-Dienststelle in der Direktorialkanzlei tätig sein wird5.

1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau in: Ζ13/87, Bd. 15, Bl. 51-64. Mit handschr. Vermerk vom 3.2.1949 auf dem ersten Blatt erklärt sich Krautwig mit dem Prot, einverstanden, wies den Protokollanten jedoch an, die Ausführungen zu T O P 1 sowie die am Schluß der Sitzung außerhalb der T O vorgebrachten Punkte (TOP 9-11) nicht in das offizielle Prot, aufzunehmen, sondern als Anlage dem internen Protokollexemplar beizufügen.

2

Mit dem Hinweis, daß die nachfolgenden Punkte der Aussprache im Protokollentwurf der MilReg. zur Kenntnis gebracht werden sollten, wurden die in Anm. 1 bezeichneten Teile aus dem Entwurf ausgesondert und in einer Anlage zum Prot, festgehalten. Diese wurde auch den Verwaltungen zugänglich gemacht (vgl. Ζ 6 1/50, Bl. 49-50). Die Bestandteile der Anlage wurden dem tatsächlichen Sitzungsverlauf folgend inseriert.

3

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 75.

4

Hermann J. Abs nahm als Gast teil.

5

Die amerik. MilReg. erhob Bedenken gegen Eisenlohr (siehe Vermerk von Pünder vom 5.5.1949 in: Nachl. Pünder/254, Bl. 23-25) wegen dessen Tätigkeit im Auswärtigen Dienst während des Dritten Reiches. Die SPD argwöhnte indes (siehe Sozialdemokratischer Pressedienst vom 25.2.1949, ebenda, Bl. 32-36), daß die Berufung von Eisenlohr neben der von v. Maltzan ein weiterer Schritt auf dem Wege zur Errichtung eines Außenministeriums darstellen würde, wobei die Regelung internationaler Beziehungen in die Hände von Leuten gelegt würde, „welche nach den Interessen der Großindustrie zu sehen gelernt haben oder von den Traditionen der Neuraths und Ribbentrops geformt sind". Mit der Dominanz eines „reaktionär großindustriellen Beamtenkörpers" versuche die bizonale Verwaltung, vor Bildung der westdeutschen Regierung vollendete Tatsachen zu schaffen. Eisenlohr wandte sich in einer Stellungnahme vom 10.5.1949 (ebenda, Bl. 3-8) gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Pünder verbürgte sich in einem Schreiben an die amerik. MilReg. vom 23.5.1949 (ebenda, Bl. 1) für die Integrität des Gesandten.

147

Anlage

Nr. 8 Anlage

2. 2. 1949

46. Direktorialsitzung

[1.] Neue Berechnung der GARIOA-Importe' zu Weltmarktpreisen

MinDir. Podeyn berichtet über die möglichen Auswirkungen, die die in dem Militärregierungsschreiben vom 20.1.1949 angeordneten Maßnahmen haben können7. Nach eingehender Aussprache beschließt der Verwaltungsrat daß der Preisrat sich in seiner morgigen Tagung mit dem Gegenstand befassen soll; hierbei soll der Preisrat sich durch einen Sachverständigenausschuß, bestehend aus den Herren Hanau, Brand, Baade, Teichmann und Wörmann ergänzen8. Ein Statement für die Vorbesprechung mit den BICOChairmen am 10.2.1949 soll ausgearbeitet werden9; bis zur Besprechung mit den Herren Militärgouverneuren am 15.2.1949 sollen eingehende Unterlagen über die Auswirkung der Militärregierungsanordnung vom 20.1.1949 vorbereitet werden10. Ergebnisprot.

[2.] Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlichtechnischer Angelegenheiten" Nach eingehendem Vortrag von Kremer (Verwaltung für Arbeit) beschließt der Verwaltungsrat die Absetzung von der Tagesordnung, da die Direktoren der Verwaltungen für Wirtschaft und für Arbeit die Zuständigkeitsabgrenzung in aller Kürze im gegenseitigen Benehmen regeln werden 12 . [3.] Rahmengesetz fiber die Gewerbefreiheit Das Rechtsamt übergibt dritten Entwurf vom 1.2.1949, welcher mit den Verwaltungen

6

Government Aid and Relief in Occupied Areas - unmittelbar nach Kriegsende angelaufenes brit. und amerik. Hilfsprogramm, durch das Nahrungsmittel, Saatgut, Düngemittel, Medikamente und Treibstoff in die besetzten Zonen geliefert wurden. Der Entwurf zur Protokollanlage (Z 13/87, Bd. 15, Bl. 63) enthält Ausführungen von Podeyn zum Memorandum von BICO vom 20.1.1949 (vgl. Dok.Nr. 3, Anm. 42). Danach stellt Podeyn fest, daß die von BICO vorgesehene erste Etappe der Umstellung einen Mehraufwand von zunächst DM 200 Mio erfordern würde, „während ab 1. Mai Mehrkosten für Getreide und Saatgut (ohne Düngemittel) in Höhe von etwa 690 Millionen anfallen, so daß auf dem Ernährungssektor Mehrkosten von 900 Millionen DM im Jahr entstehen würden". Weiter heißt es in diesem Entwurf: „Mit Ausnahme von Schmalz, Zucker und Trockenmilch sind zur Zeit die Preise der landwirtschaftlichen deutschen Produkte unterhalb der der Weltmarktpreise. Beim Brot würde sich nach einer Berechnung von ORegR. Louis, Verwaltung für Wirtschaft, die Anordnung der Militärregierung ab 1. Mai in einer Brotpreiserhöhung von 17 Pfennig pro Pfund auswirken. Der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft hält eine Abrechnung zu Weltmarktpreisen erst dann für möglich, wenn sich die Weltmarktpreise stabilisiert haben und von ihrem jetzigen erhöhten Niveau abgegangen sind". Als Grundlage der Berechnungen diente eine statistische Übersicht der VELF vom 31.1.1949 (Z 6 1/51, Bl. 170-175) über Einfuhrpreise und Einfuhrmengen.

7

Siehe auch die ausführliche Stellungnahme von Fritz Baade zur Anordnung der MilReg. vom 20.1.1949 (Z 13/87, Bd. 15, Bl. 76-79), in welcher er betonte, daß absolute Einmütigkeit auf deutscher Seite notwendig sei. Kein Wirtschaftsstand dürfe sich dazu verführen lassen, irgendwelche Sonderinteressen zu verfolgen.

8

Zu den Beratungen des Preisrats siehe Dok.Nr. 9, TOP 1. Auf der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 10.2.1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 172-182) wurde die Frage zwar eingehend erörtert, das angekündigte Statement wurde jedoch erst auf der Monatsbesprechung mit den MilGouv. am 15.2.1949 (vgl. Dok.Nr. 13, Anm.5) vorgelegt.

9

10 11 12

Siehe Dok.Nr. 13, TOP 1. Vgl. Dok.Nr. 5, TOP 8 und Dok.Nr. 6, TOP 2. Zur abschließenden Regelung der Zuständigkeit siehe Dok.Nr. 21, TOP 7.

148

46. Direktorialsitzung

2. 2. 1949

Nr. 8

für Wirtschaft und für Verkehr abgestimmt ist13. Die Frage der Geltung des Gesetzes auch für die Nordzone bzw. ausschließlich für die Südzone wird erörtert". Es wird beschlossen, das Schreiben des Vorsitzers des Verwaltungsrates an den Präsidenten des Wirtschaftsrates, das am 28.1.1949 [abgegangen] ist15, durch ein weiteres Schreiben zu ergänzen, welches den nunmehr vom Verwaltungsrat beschlossenen Entwurf in dritter Fassung vom 1.2.1949 als Auffassung des Verwaltungsrates überreicht. Im Begleitschreiben, welches das Rechtsamt dem Vorsitzer des Verwaltungsrates vorschlagen wird16, ist auf die Möglichkeit einer Ergänzung der Vorlage dahingehend hinzuweisen, daß die Inkraftsetzung für die Britische Zone abweichend vom Inkrafttreten in der US-Zone geregelt wird17. [...] [4.] Personalfragen [Ernennung von Beamten]

13

Zu den beiden bereits vorliegenden Entwürfen siehe Dok.Nr. 5, Anm. 32. Nachdem Pünder am 28.1.1949 (Z13/87, Bd. 15, Bl. 84-85) Köhler die Stellungnahme des Rechtsamtes zum Gesetzentwurf vom 19.1.1949 (ebenda, Bl. 86-93) sowie den zweiten Entwurf des Rechtsamtes vom 25.1.1949 eines Gesetzes über Grundsätze für die Gewerbezulassung (ebenda, Bl. 94-95) übermittelt hatte, beriet der VR nun über den dritten Entwuf des Rechtsamtes vom 1.2.1949 (Z 13/181, Bd. 2, H. 3).

14

Mit Schreiben vom 27.1.1949 (ebenda) an Köhler hatte die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des VWG darauf hingewiesen, daß in den Ländern der brit. Zone durch unterschiedlich ausgerichtete Gesetze eine Regelung vorhanden war, der gegenüber das beabsichtigte Rahmengesetz vom Standpunkt der Betroffenen eine Verschlechterung darstelle. Als Ausweg aus der Schwierigkeit wurde der Vorschlag unterbreitet, das Rahmengesetz in der amerik. Zone mit der Verkündung (bzw. Tag nach der Verkündung, vgl. Dok.Nr. 5, TOP 6) in Kraft treten zu lassen, während der Zeitpunkt des Inkrafttretensin der brit. Zone vom Präs. des WR oder vom Vors. des VR bestimmt werden sollte. In der Direktorialsitzung wurde auch erwogen (siehe Rechtsamt an Pünder vom 5.2.1949, ebenda), den Zeitpunkt des Inkrafttretens in der brit. Zone von einem BeschluB des VR abhängig zu machen. Das Rechtsamt erhob hiergegen rechtliche Bedenken, da mit der Entscheidung der Exekutive bei vom Gesetzgeber beschlossenen Normen der Grundsatz der Gewaltenteilung berührt werde. Die MilReg. würde, wie ein Vertreter der Legal Group von BICO unverbindlich bekräftigt habe, einer derartigen gesetzlichen Delegation auf die Verwaltung nicht zustimmen. Überdies sei die unterschiedliche Inkraftsetzung eines Gesetzes in der Staatspraxis äußerst ungewöhnlich.

15

Vgl. Anm. 13.

16

Der Entwurf des Rechtsamtes vom 5.2.1949 (Z13/181, Bd. 2, H. 3) enthielt neben den Ausführungen über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes (vgl. Anm. 14) eine Übersicht über die Änderung gegenüber dem zweiten Entwurf (ebenda).

17

In seinem Schreiben an Köhler vom 7.2.1949 (ebenda) führte Pünder u. a. die drei Möglichkeiten für das Inkrafttreten des Gesetzes in der brit. Zone auf, betonte jedoch zugleich, daß im VR Bedenken gegen eine solche zonal abweichende Regelung zum Ausdruck gekommen seien. Weiter bemerkte Pünder: „Die durch das Gesetz beabsichtigte, einheitliche Regelung des Gewerbezulassungswesens für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet würde jedenfalls für eine Übergangszeit nicht erreicht. Auch würde bewirkt werden, daß ein wirtschaftliches Gefälle von der britischen in die US-Zone entstünde, da der große Befähigungsnachweis im Handwerk und die Bedürfnisprüfung im Emährungsgewerbe in der Nordzone aufrecht erhalten werden". Angesichts der großen Schwierigkeiten beschloß der WiA. des WR am 2./3.3.1949 (Prot, in: Ζ 3/79), die Vorlage nicht weiter zu beraten. In einem Schreiben an Pünder vom 23.9.1949stellte die VfW fest (Z13/181, Bd. 2, H.3), daß es Aufgabe der Bundesregierung sei, die Frage der Gewerbefreiheit endgültig und für alle drei westlichen Zonen einheitlich zu regeln.

149

Ergebnispwi.

Nr. 8

2. 2. 1949

4 6 . Direktorialsitzung

Ergebnisprot. [5.] Treibstoffsteuergesetz MinDir. Kriege weist in seinem Vortrag darauf hin, daß die vorgeschlagene Steuer im Jahr 132 Millionen D M erbringen soll18. Auf Antrag des Direktors der VELF 1 ' wird beschlossen, daß der Dieselkraftstoff für landwirtschaftliche Betriebszwecke von der Steuererhöhung ausgenommen werden soll. Nach eingehender Aussprache wird ein Ausschuß eingesetzt, der unter Federführung der Verwaltung für Finanzen aus Vertretern der Verwaltungen für Wirtschaft, Finanzen, Verkehr und Post- und Fernmeldewesen besteht und die Vorlage unter Berücksichtigung der in der Aussprache vorgebrachten Punkte durcharbeiten und die Begründung entsprechend ändern soll20. Die Verwaltung für Wirtschaft wird Unterlagen über den bei der Fachstelle für Mineralöle in Hamburg21 geführten Fonds beibringen, welcher aus Beträgen der Zollausgleichsabgabe stammt, die aufgrund der bisher zollfreien Einfuhr von Treibstoff (GARIOA) geleistet werden; die Höhe dieses Fonds und die Verfügungsberechtigung hierüber bedürfen einer genauen Untersuchung22. Der Entwurf wird sodann dem Verwaltungsrat nochmals vorgelegt werden23. [6.] Erste Anordnung nach § 79 des Ersten Lastenausgleichsgesetz Dem von der Verwaltung für Finanzen vorgelegten Entwurf24 wird zugestimmt und seine Weiterleitung an den Länderrat beschlossen25. [7.] Finanzierung der Forschungsinstitute Es herrscht Einmütigkeit darüber, daß die Forschungsinstitute unbedingt mit den notwendigen Geldmitteln versehen werden müssen26. Die von der Verwaltung für

18

In dem Gesetzentwurf (Z13/87, Bd. 15,Bl. 101-102)wareineBesteuerungvonFahrbenzinmit0,10DMje Liter und von 0,079 DM je Kilogramm für Dieselkraftstoff vorgesehen. In der Begründung (ebenda, Bl. 103-108) wurde darauf hingewiesen, daß in mehreren Ländern der Bizone eine solche Steuer erwogen werde und die Besatzungsmächte einschließlich der franz. MilReg. die Einführung einer Benzinsteuer dringend empfohlen habe. Nach alliierten Vorstellungen würde dadurch der Verkehr und die „Benzinverschwendung" eingedämmt und Privatfahrten zu Vergnügungs- und Luxuszwecken zurückgedrängt werden, während der Geschäftsverkehr möglichst ungehindert verlaufen sollte .Eine derartige Zielsetzung verfolgte der Entwurf jedoch nicht. Er beschränkte sich vielmehr darauf, neue Mittel insbesondere für die Versorgung Berlins zu erschließen.

19

Siehe hierzu Vermerk der VELF vom 2.2.1949 in: Ζ 6 1/50, Bl. 69.

20

Aufzeichnungen über die Beratungen des Ausschusses konnten nicht ermittelt werden. Strittig war indes die Festlegung der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche und Fischereibetriebe sowie die Frage, ob das Gesetz außer Kraft treten sollte, sobald wieder Zölle auf eingeführte Fertigerzeugnisse erhoben würden.

21

Zur am 1.1.1949 errichteten Fachstelle siehe Vogel, Westdeutschland II, S. 214 ff.

22

Vgl. hierzu Dok.Nr. 44, TOP 18.

23

Zum Fortgang vgl. Dok.Nr. 18, TOP 11.

24

Durch die erste Anordnung nach § 79 des Lastenausgleichsgesetzes (Entwurf mit Begründung in: Ζ13/87, Bd. 15, Bl. 109-110), für das die Genehmigung ausstand, sollte die Soforthilfe auch jenen Flüchtlingen gewährt werden, die erst nach dem Tag der Währungsreform in den Bereich der vier Besatzungszonen und der Stadt Berlin gelangt waren oder gelangen sollten.

25

Sie erfolgte mit Schreiben der DirK. vom 14.2.1949 in: Ζ 13/128, Bd. 6, H. 5.

26

Vgl. die Vorberatungen insbesondere zur Finanzierung der Max-Planck-Gesellschaft in: Dok.Nr. 6,TOP4.

150

46. Direktorialsitzung

2. 2. 1 9 4 9

Nr. 8

Finanzen versandten Listen über die vorhandenen Forschungsinstitute im Vereinigten Wirtschaftsgebiet sollen zunächst von den Verwaltungen beantwortet und die Angelegenheit alsdann evtl. im Rahmen der Beratungen über den Ergänzungshaushalt nochmals behandelt werden27. [8.] Mitteilung des Vorsitzers des Verwaltungsrates über Fragen des Sozialen Wohnungsbaues ODir. Pünder berichtet über die mit den Herren Wiederaufbauministern der Länder gehabten Besprechungen28 und hält eine Einschaltung der Verwaltung für Wirtschaft für notwendig.

27

Damit verfolgte die Verwaltung des V W G weiterhin die Absicht, die Finanzierung wissenschaftlicher Forschungsinstitute durch den bizonalen Haushalt zu übernehmen, weil die Form des Staatsvertrages zwischen den acht Ländern der Bizone und deren Willensträgern, den Länderparlamenten, als zu schwerfällig angesehen wurde. Zudem erschien die Bewilligung außerplanmäßiger oder überplanmäßiger Mittel zu umständlich (siehe Β 126/10 799). Bevor konkrete Haushaltsvorschläge unterbreitet werden könnten, müßte ermittelt werden, welche Institute vollständig in den bizonalen Etat übernommen werden und welche Forschungseinrichtungen Zuschüsse erhalten sollten (siehe Aktenvermerk der V E L F vom 1.2.1949 in: Ζ 6 1/50, Bl. 79).

28

Die Besprechung mit den Wiederaufbauministern in Königstein am 28.1.1949 (Kurzprot. in: Nachl. Pünder/ 708), auf der Fragen der Kohle- und Eisenzuteilung im Vordergrund gestanden hatten, war für Pünder Anlaß gewesen, auf die im Jahre 1949 voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mittel für den Wohnungsbau hinzuweisen. Martini hatte präzisiert, daß es sich um Gelder aus den Erlösen für Lebensmittelimporte ( G A R I O A ) , Einfuhren im Rahmen des Marshallplanes und aus verschiedenen deutschen Quellen handele. Im Longterm-Plan des Marshallplanes seien allein DM 7 Mrd für den Wohnungsbau vorgesehen. „Die ganzen Gelder sollen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau in die deutsche Wirtschaft hineingepumpt werden". Bereits am 26.1.1949 hatte Pünder im Anschluß an eine vertrauliche Direktorenbesprechung vom 12.1.1949 seine Vorstellungen insbesondere zum Sozialen Wohnungsbau in einem ausführlichen Exposi (Z13/87, Bd. 15, Bl. 114-124) niedergelegt. Darin betonte er, daß der VR davon ausgehe, daß den Länderregierungen durch das Instrument der Kreditanstalt für Wiederaufbau eine starke zentrale Hilfsmöglichkeit an die Hand gegeben werde. Der lange Zeit verfolgte Plan einer Kompetenzerweiterung für die bizonalen Institutionen (vgl. Schreiben Pünder an Köhler vom 27.8.1948 über die Bildung eines Verwaltungsamtes für Wiederaufbau in: Nachl. Pünder/708) war aufgegeben worden. Nach der Zeit reinen Planens müsse im Frühjahr 1949 unbedingt mit dem Bauen begonnen werden. Während die Versorgung der Bevölkerung in bezug auf Ernährung, Bekleidung und Heizung sich günstig entwickele, sei die Wohnungslage völlig unzureichend. Es fehlten wenigstens 3 Mio Wohnungen. Pünder erörterte dann das spezielle Problem des Sozialen Wohnungsbaus für diejenigen Bevölkerungskreise, die neben der laufenden Mietzahlung keine zusätzlichen Mittel beisteuern könnten. Zwar sei die Selbsthilfe der Bauinteressenten als zusätzliche Kraft von grundlegender Bedeutung, doch müsse darüber hinaus auf organische Weise in den Ablauf im Bereich von Arbeitskräften, Baustoffen und Finanzierungen eingegriffen werden. Es gelte nicht nur, größere Arbeitslosigkeit zu vermeiden, auch sei es ein Zeichen „fehlenden staatlichen Lenkungsvermögens" angesichts der riesigen Trümmerfelder, wenn Arbeitskräfte „freigestellt" würden. Die Vermehrung der Zahl der Bauarbeiter durch Umsetzung und Umschulung sei dringend geboten. Durch erhöhte Belieferungen der Bauindustrie mit Rohstoffen, Vereinfachung der Baumethoden und Normierung sowie gezielte Maßnahmen zur Senkung des Bauindex könnten wesentliche Impulse ausgelöst werden. Die MilGouv. hätten zugesagt, Mittel aus den deutschen Gegenwerten der Lebensmittelimport und der ERP-Lieferungen zur Verfügung zu stellen. Mit der Freigabe sei in Kürze zu rechnen. Abschließend betonte Pünder, daß sich alle beteiligten Stellen an der Erarbeitung eines wirkungsvollen Bauprogramms zur Lösung des vordringlichen Problems beteiligen sollten. Pünder bemühte sich weiter um die Verwirklichung eines Bauprogramms und traf zu diesem Zweck am 3.3.1949 mit Vertretern aller Ressorts zusammen (Prot., ebenda). Dabei wurden Möglichkeiten zur Überwindung der eine zügige Bautätigkeit hemmenden Faktoren erörtert. Als solche galten der hohe Baukostenindex, der Mangel an Kapital und die unrentablen Baukosten.

151

Ergebnisprot.

Nr. 8 Ergebnisprot.

2. 2. 1949

46. Direktorialsitzung

[9. Besprechungspunkte mit den Militärgouverneuren29] [···] [10. Bürgschaft für die Rhein-Main-Donau-AG] [Zurückgestellt]

Anlage

[11. Behandlung der C o u n t e r p a r t - F u n d s ] Außerhalb der Tagesordnung berichten die Herren Schniewind und Abs über die rechtliche und tatsächliche Behandlung der Conterpart-Funds und über ihre diesbezügliche Vorsprache bei BICO30. Der Verwaltungsrat nimmt den Bericht mit Interesse zur Kenntnis. In der anschließenden Aussprache wird besonders die Frage erörtert, ob die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes die Verfügung über diesen Fond in Anspruch nehmen solle, womit sie sich als Eigentümer bekennen und eine Rückerstattungsverpflichtung 31 mittelbar anerkennen würde. Der Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau wird hierüber demnächst beraten, worauf weitere Vorschläge an den Vorsitzer des Verwaltungsrates vorbehalten bleiben.

[12. Besprechungen zum Ruhrstatut und Haushaltsrede des Oberdirektors] Außerhalb der Tagesordnung wird die Besprechung der Direktoren mit MinPräs. Arnold und den ihn begleitenden Herren über Fragen des Ruhrstatuts auf den 22. Februar d.Js. und die mit Herrn RAnw. Etzel vorgesehene Besprechung auf den 17.3.1949 festgelegt 32 .

29 30

Siehe Dok.Nr. 13. Am 18.11.1948 (Z13/301) hatte Pünder an BICO im Anschluß an die Genehmigung des Gesetzes über die Errichtung der Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 5.11.1948 (WiGBl. 1948, S. 123) den Antrag gerichtet, der KfW zunächst einen Betrag von DM 100 Mio aus dem GARIOA-Konto bei der BdL zur Verfügung zu stellen, damit das Institut die ersten dringenden Fälle der mittel-und langfristigen Investitionskreditgewährung bearbeiten könne. Das hierzu ausgearbeitete Kreditprogramm wies einen Bedarf von DM 8,3 Mrdfür die Zeit vom 1.1.1949 bis zum 30.6.1950 auf. Dabei war deutlich, daß auf Dauer der Kreditbedarf nicht ohne Hinzuziehung der DM-Erlöse aus den ERP-Einfuhren möglich sein würde (siehe Vermerk Martini vom 3.1.1949 in: Ζ 13/301). Anläßlich der Beratungen mit den Finance Advisors von BICO über dieses „Sofortprogramm" (vgl. Pohle, Wiederaufbau, S. 53 f.) waren auch grundsätzliche Überlegungen angestellt worden. Hieran anknüpfend wies die Kreditanstalt in einem Schreiben an die Allied Banking Commission vom 4.2.1949 (Z 13/303) darauf hin, daß die Frage, „ob und inwieweit die Kreditanstalt für Wiederaufbau Emittentin von Schuldverschreibungen für diejenigen Mittel sein soll, die ihr aus GARIOA-Mitteln zufließen werden", einer sorgfältigen Prüfung und Abstimmung mit den beteiligten Behörden und Institutionen bedarf. In einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag (ebenda) nahm die KfW Stellung zu den vorgesehenen Modalitäten der Kredithergabe, insbesondere zu der Frage, ob die Kreditbeträge „ohne Haftung der Kreditanstalt für Wiederaufbau bei ihr durchlaufen und nur die Verwaltung des Kredits in ihren Händen sich befindet". Die Kredite sollten nach Auffassung der Bank unter eigener Haftung im Einzelfall durch Beschluß des eigenen Verwaltungsrats gewährt werden.

31

Zur Übernahme der Vor- und Nachkriegsschulden durch die Bundesregierung im Londoner Schuldenabkommen vom 27.2.1953 siehe Kreikamp, Deutsches Vermögen, S. 54 ff.

32

Aufzeichnungen über diese Besprechungen konnten nicht ermittelt werden.

152

46. Direktorialsitzung

2. 2. 1949

Nr. 8

ODir. Pünder beabsichtigt, vor dem Wirtschaftsrat anläßlich der Behandlung des Haushalts 1949 grundlegende Ausführungen zu der Politik des Verwaltungsrates zu machen 33 . Die Verwaltungen werden gebeten, hierfür Material zur Verfügung, zu stellen34.

[13. Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates] Im vertraulichen Teil der Direktorialsitzung wurde beschlossen, den ursprünglichen Entwurf der Verwaltung für Finanzen betr. die Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates35 dem Wirtschaftsrat zuzuleiten 36 , da der neue Entwurf 37 wesentlich hinter den in Bayern und Hessen getroffenen Regelungen zurückbleibt 38 . Die Verwaltung für Finanzen wird beauftragt, den ersten Gesetzentwurf auf die in Bayern geltenden entsprechenden Bestimmungen abzustimmen 39 .

33 34 35

36 31

38

39

Haushaltsrede von Pünder vom 24.3.1949, WR-Wörtl. Ber., S. 1524 ff. Beitrag der VfV vom 4.3.1949 in: Nachl. Pünder/711 und der VfA in: Ζ 13/352, Bd. 3. Der VR hatte der VfF den ursprünglichen Entwurf zur Umarbeitung überwiesen (vgl. Dok.Nr. 1 B, TOP 3). Die Zuleitung wurde zunächst zurückgestellt. Entwurf der Neufassung der VfF vom 24.1.1949 in: Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 125-128. Hierin war den vom LR erhobenen Bedenken (vgl. Dok.Nr. 1 B, Anm. 15) gegen die ursprünglich vorgesehene Gewährung von lebenslänglichem Ruhegehalt Rechnung getragen worden. Die Begründung zu diesem Entwurf reichte die VfF mit Schreiben vom 3.2.1949 (Z 13/256, Bd. 1, H.l) nach. Von der Regelung im bayer. Gesetz Nr. 52 vom 5.9.1946 (Bayer. GVOB1.1946, S. 369) und im hessischen Gesetz über die Regelung der Ministerbezüge vom 29.1.1949 (GVOB1. Hessen 1949, S. 9) zur Zahlung von Übergangsgeld und unter bestimmten Voraussetzungen zur Gewährung eines lebenslänglichen Ruhegehaltes war im Entwurf der VfF unter Hinweis auf die besondere Lage des VWG abgesehen worden. Insbesondere sollte die Ruherente von grundsätzlich 20% der Dienstbezüge nur im Falle von Gesundheitsschädigungen, die während der Amtsführung erlitten worden waren, gezahlt werden. Zur Weiterbehandlung dieser Frage siehe Dok.Nr. 24, TOP 9. 153

Anlage

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Nr. 9 47. Direktorialsitzung in Frankfurt 9. Februar 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 5-8. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 10.2.19491 TO: Ebenda, Bl. 1 Anwesend2: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen (zeitw.), Dir. Storch, Stellv.Dir. Zaubitzer (VR) MinDir. Staab, Abt.Leiter Jerratsch (zeitw.) (VELF); MinR. Kramer (zeitw.), Cremer (zeitw.) (VfF); PostR. Dietzmann (zeitw.) (VfPuF); MinDir. Schiller, MinDir. Schiller, MinR. Conrad (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, Miksch (zeitw.), MinDirig. Keiser (zeitw.), RAnw. Risse (zeitw.) (VfW) MinDir. Oppler (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (Stat.Amt); MinDir. a.D. Harmening (zeitw.) (Büro für Währungsfragen) MinDir. Krautwig, MinR. v. Elmenau, MinR. v. GUlich, Sahm (zeitw.), Schulte (DirK.) Präs. Vocke (zeitw.), Vizepräs. Könnecker (zeitw.) (BdL); GenDir. Busch (zeitw.) (Reichsbahn)3

[1.] Zahlung der Importe in Weltmarktpreisen Nach Vortrag von MinDir. Krautwig, Miksch und MinDirig. Keiser findet eine eingehende Aussprache 4 über den Fragenkreis statt. Der Stand der Untersuchungen der vom Preisrat eingesetzten Kommissionen für Agrar- und Finanzfragen wird

1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau vom 10.2.1949 und von Krautwig am 10.2.1949 abgez., in: Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 11-14.

2

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 15. Vocke, Könnecker und Busch waren als Gäste anwesend. In einem von Pünder abgez. Vermerk vom 26.1.1949 (Nachl. Pünder/257, Bl. 42) hatte von Elmenau es als unverantwortlich bezeichnet, „aus einer Verteuerung der Brotgetreideimporte Mittel für den industriellen Wiederaufbau zu gewinnen". Mit einer erheblichen Erhöhung der Brotpreise würde die Lohn- und Preisschraube in Bewegung gesetzt, und das gesamte Lohnniveau käme ins Wanken. Dies müsse eine Reallohnsenkung zur Folge haben. „Daß eine solche nicht tragbar wäre und die Produktivität der westdeutschen Wirtschaft gefährden würde, liegt auf der Hand". Zwar sei bekannt, daß binnen zwei bis drei Jahren die Lebensfähigkeit Westdeutschlands mit Hilfe der ERP-Gelder wiederhergestellt und die Importe zu vollem Weltmarktpreis gezahlt werden müßten, doch könnten bis zu diesem Zeitpunkt die Getreidepreise auf dem Weltmarkt in ähnlicher Weise gefallen sein, wie dies geraume Zeit nach dem Ersten Weltkrieg der Fall gewesen sei. „Die jetzigen Preise sind ausgesprochen überhöht und es sollte nicht von uns verlangt werden, daß wir diese Weltknappheitspreise zu Lasten der innerdeutschen Produktivität bezahlen, ohne daß denen, die uns das Getreide liefern, der mindeste Gegenwert dafür zugute kommt". Von Elmenau sprach abschließend die Erwartung aus, daß die vorgetragenen Argumente bei der MilReg. Verständnis finden werden und noch Raum zu einer Überprüfung der Anweisung vom 20.1.1949 verbleibe. In einer weiteren Stellungnahme vom 3.2.1949 (ebenda, Bl. 22) ging Krautwig davon aus, daß die deutsche Wirtschaft auf Dauer zwar die Einfuhren zu den regulären Preisen zahlen müsse, dies jedoch im augenblicklichen Zeitpunkt noch nicht leisten könne. Die Aufbringung der erforderlichen zusätzlichen Mittel durch Abwälzung auf den Verbraucher durch Preiserhöhungen sei nicht vertretbar, zumal dies auch ein verändertes Preisgefüge zur Folge haben werde. „Die bisher erfolgreichen Bemühungen, eine unter Berücksichtigung des verlorenen Krieges angemessene Relation zwischen Preisen und Löhnen zu erhalten, wären damit vergeblich gewesen". Die Überlegung, die Wirtschaft zur Aufbringung der Mittel heranzuziehen , sei so lange müßig, wie die Ausfuhren in so erheblichem Maße hinter den Einfuhren zurückblieben und sich die Industrie im Aufbau befände. Die Belastung des Steuerzahlers sei bereits so groß, „daß die Notwendigkeit der Kapitalbildung Steuererhöhungen jeglicher Art gerade bei den direkten Steuern verbietet". Schließlich dürfe nicht übersehen werden, daß die Währungsreform einen umfassenden Abfluß

3 4

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vorgetragen5 und klargestellt, daß bis zum 1.7.1949 Aufwendungen von 140 Millionen DM - unter Berücksichtigung aller Ersparnismöglichkeiten - anfallen werden6. Es wird grundsätzlich beschlossen, die Übernahme des eingelagerten, noch nicht abgerechneten Getreides im derzeitigen Wert von etwa 170 Millionen DM zu veranlassen7, wobei die Bank deutscher Länder einen Kassenkredit zur Verfügung stellen wird8. Die Frage der Deckung der Verzinsung dieses Kassenkredits bleibt vorerst ungelöst; auch muß die Begrenzung des Kassenkreditvolumens bei der Bank deutscher Länder auf 300 Millionen DM beachtet werden9. Es wird beschlossen, daß die Dir. Schlange-Schöningen und Hartmann auf der Besprechung am 10.2.1949 bei den BICO-Chairmen die Lage entwickeln werden10.

an Barmitteln in der deutschen Wirtschaft bewirkt habe, so daß nun neue Mittel nicht zugeführt werden könnten. Krautwig trat für ein Verschieben des Termins auf den 1.7.1949 ein, zu welchem die geforderten Maßnahmen in Kraft treten sollten. Bis dahin könnten konstruktive Vorschläge ausgearbeitet und „Störungen in der Erfassung bzw. Ablieferung der landwirtschaftlichen Eigenerzeugnisse" vermieden werden. Mit der Forderung nach Terminverschiebung verband sich die Hoffnung, daß die seit dem 25.1.1949 in Washington tagende Konferenz, die ein neues internationales Weizenabkommen abschließen sollte (siehe Zusatz zu dem Εχροβέ von F. Baade vom 30.1.1949, ebenda, Bl. 18), neue, niedrigereHöchstund Mindestpreise für Weizen festsetzen werde, wodurch eine erhebliche Minderung der deutscherseits aufzubringenden Beträge eintreten würde. Zur Debatte um Subventionierung oder Preiserhöhung siehe auch Rohrbach, Im Schatten des Hungers, S. 254 ff. 5

Der Preisrat hatte am 7.2.1949 (Prot, in: Ζ13/192) die Bildung von zwei Kommissionen beschlossen, „von denen die eine unter Berücksichtigung aller agrarpolitisch wichtigen Aspekte sämtliche Möglichkeiten zur Verringerung der erforderlichen Subventionssumme durch Preisausgleiche feststellen und prüfen soll, während die andere Kommission die finanztechnische Seite des Problems erhellen und Vorschläge für die Aufbringung des restlichen Subventionsbetrages ausarbeiten soll". Das Ergebnis der Beratungen wurde in zwei Vermerken vom gleichen Tag niedergelegt (Z 13/87, Bd. 15, Bl. 2-4).

6

Die agrar- und preispolitische Kommission (vgl. Anm. 5) hatte ermittelt, daß für die Übergangszeit vom 1.3.-30.4.1949 DM 30 Mio und für den Zeitraum vom 1.5.-30.6.1949 DM 135 Mio erforderlich seien. Dieser Bruttobelastung stand eine Entlastung aus Importware, deren Auslandspreis niedriger als der Inlandspreis war, von rund DM 20 Mio gegenüber, so daß sich eine Nettobelastung für die Zeit vom 1.3.-30.6.1949 von DM 145 Mio ergab. Durch Einsparung bei den Futtermitteln und den Fischeinfuhren sowie durch die Reduzierung der Importspannen und der sonstigen Warenverkehrskosten konnte der Finanzbedarf zur Aufrechterhaltung des bisherigen agrarischen Preisniveaus auf maximal DM 120 Mio gesenkt werden.

7

Die agrar- und preispolitische Kommission (vgl. Anm. 5) hatte berechnet, daß ein Differenzbetrag von DM 70 Mio anfallen würde, wenn die auf Lager befindlichen 600 000 to Weizen und 100 000 to Roggen zu den alten Preisen abgerechnet würden. Die finanzpolitische Kommission (vgl. Anm.5) hatte vorgeschlagen, den Betrag von DM 145 Mio auf den öffentlichen Haushalt unter der Voraussetzung zu übernehmen, daß die dem Haushalt dadurch entzogenen Mittel dem Investitionsbedarf der Wirtschaft dienstbar gemacht werden würden. Zum baldigen Erwerbder bizonalen Reserven sollten Kassenkredite bei der BdL in Anspruch genommen werden. Von einer zusätzlichen Besteuerung aus diesem Anlaß sollte abgesehen werden. Falls die Ausgaben nicht durch den Haushalt des VWG gedeckt werden könnten, sollten die Länder in Anspruch genommen werden. Der Vertreter der BdL in der Kommission hatte sich eine Stellungnahme hierzu vorbehalten.

8

9

Gemäß Art. III, Nr. 14b des Gesetzes Nr. 60 der amerik. MilReg. über die Errichtung der BdL vom 1.3.1948 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. I, S. 10) war diese befugt, der bizonalen Verwaltungkurzfristige Vorschüsse auf bestimmte künftige Einnahmen bis zu maximal RM 300 Mio zu gewähren.

10

Bei dieser Gelegenheit entspann sich zwischen Schlange-Schöningen und Adcock folgender Dialog (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 176-177): „Schlange-Schöningen: Unter keinen Umständen darf bis zum 1.7.1949 eine Brotpreiserhöhung eintreten. Unter keinen Umständen darf bis zum 1.7.1949 eine Erschütterung der Agrarpreise eintreten, nachdem es gerade gelungen ist, die Schwierigkeiten wegen der Ablieferung zu überwinden. Ich mache mir jetzt neue

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Dir. Hartmann wird sodann die Finanzierungsmöglichkeiten in der gemeinsamen Sitzung der Finanzminister und des Finanz-Ausschusses des Wirtschaftsrates erörtern" und gegebenenfalls bis zum 15.2.1949 Finanzierungsvorschläge ausarbeiten12. [2.] Steigerung der industriellen Produktion durch Einführung der Sieben-Tage-Woche Dir. Storch führt aus, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich mit großer Entschiedenheit gegen die Einführung der Sieben-Tage-Woche gewandt haben und daß mit der Möglichkeit von Streikbewegungen im Falle der Einführung gerechnet werden

Sorgen wegen der Ablieferung, weil eine Preiserhöhung möglich erscheint. Von meiner Seite geschieht alles, um den Bauern klarzumachen, daß die Preise bis zum 1.7.1949 stabil bleiben. Aus diesem Grunde war es für mich eine Enttäuschung, daß es nicht gelungen ist, die Erschütterung wegen der Preise bis zum 1.7.1949 hinauszuschieben. Im Verwaltungsrat und an anderen Stellen besteht Einigkeit darüber, daß wir die Preisdifferenz auf anderem Wege als durch eine Verteuerung des Brotes aufbringen müssen, damit die Agrarpreise stabil bleiben. Es handelt sich um eine Summe von etwa 14S Mio DM für die Zeit bis zum 1.7.1949. Zwei besondere Ausschüsse sind bei der Arbeit, um die Auswirkungen und Maßnahmen im einzelnen zu berechnen. Es wird der Versuch gemacht, soweit als möglich Einsparungen vorzunehmen, und es wird weiter der Versuch gemacht, in vielen Einzelfällen Geld zusammenzukratzen, um den Etat möglichst wenig zu belasten. Was wir damit erreichen, ist verhältnismäßig wenig. Ich hoffe, daß unser Plan bis zum 15.2.1949 ausgearbeitet sein wird und daß ich ihn dann vortragen kann. Adcock: Die Militärgouvemeure haben vorausgesehen, daß ihre Anweisung eine zusätzliche Steuerbelastung zur Folge haben wird. Darin liegt ja der Hauptzweck der Maßnahme, wobei Sie die Vorteile genießen sollen, die sich aus der Ansammlung von DM-Beträgen ergeben, welche für Investitionszwecke Verwendung finden sollen. Ein lichter Strahl kommt durch die dunklen Wolken, indem die internationale Weizenkonferenz sich voraussichtlich auf einen Preis von zwei Dollar für das bushel Weizen einigen wird. Der VELF und den Bauern ist gewiß bekannt, daß der Weizenpreis eine fallende Tendenz hat. Das haben Sie wohl bei Ihren Berechnungen über den Subventionsbedarf schon berücksichtigt? Es ist auch nicht das erste Mal, daß Subventionen für die Bauern aufgebracht werden müssen. Sie haben jedoch den Vorteil, daß die USA nicht versuchen, die Geldbeträge für sich zurückzubehalten; sie stellen sie Ihnen für Investitionen zur Verfügung. Schlange-Schöningen: Gerade weil Preisrückgänge zu erwarten sind, deshalb bin ich so sehr für die Verlegung des Termins auf den 1.7.1949 eingetreten. Wir haben bei uns jetzt einen Inlandspreis von 260 DM für die Tonne Weizen bei einem Importpreis von 340 DM. Wenn der Weltmarktpreis auf 300 DM pro Tonne Weizen zurückginge, dann wäre für uns die Lage sehr viel leichter." Auf der gemeinsamen Sitzung der FinA. von LR und WR am 10.2.1949 in Frankfurt (siehe Prot, der 22. Sitzung des FinA. des LR in: Ζ 4/555, Bl. 125-127) wurden die ersten fünf TOP gemeinsam erörtert, nicht jedoch die nachfolgenden über Grenzkontrolle und Zahlungen in DM für Einfuhren. Die Ausführungen von Hartmann zu diesem TOP erfolgten nicht im Beisein von Mitgliedern des WR. Bei seinen Erläuterungen stützte sich Hartmann auf das Beratungsergebnis der finanzpolitischen Kommission des Preisrats (vgl. Anm. 5). Er betonte, daß der Differenzbetrag von DM 145 Mio vermutlich von den Ländern aufgebracht werden müsse, soweit der bizonale Haushalt keine Reserven in dieser Höhe enthalte. Der FinA. machte die Übernahme davon abhängig, „daß die der Außenhandelskasse zufließenden Mittel unverzüglich über die Kreditanstalt für Wiederaufbau den vordringlichen Investitionsbedürfnissen der Wirtschaft dienstbar gemacht werden". Für die Zeit ab 1.7.1949 könne angesichts der sinkenden Weltmarktpreise mit einer Reduzierung des Subventionsbedarfs gerechnet werden. Weitere Einsparungen könnten erzielt werden, wenn der deutsche Einfuhrplan unter rationalen Gesichtspunkten überprüft und wenn die ohnehin fälligen Korrekturen des inneren Preisgefüges im Ernährungsbereich vorgenommen sein werden". Mit diesen Fragen würden sich die eingesetzten Kommissionen weiter beschäftigen. Die Frage der Grenzkontrolle und des Zolldienstes in der Bizone erläuterte Hartmann im Anschluß an die gemeinsame Sitzung nochmals den Vertretern der FinMin. (siehe Schreiben des Bevollmächtigten Bayerns für das VWG, Wegmann, an die Bayer. StK. vom 11.2.1949 in: Bayer. HStA München MA 130 622). Ob auch die Frage der Einfuhren erneut beraten wurde, konnte nicht ermittelt werden. Zu den Vorschlägen der bizonalen Vertreter auf der Besprechung mit den MilGouv. siehe Dok.Nr. 13, TOP 1.

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müsse". Nach Aussprache wird beschlossen, daß die Verwaltungen für Wirtschaft und Arbeit nochmals Untersuchungen darüber anstellen sollen, inwieweit eine Produktionssteigerung durch Sonntagsarbeit oder Sonntagsteilarbeit erwartet werden kann. Die Denkschrift wird dem Oberdirektor zugeleitet und von ihm allenfalls an Bipartite Control Office weitergegeben werden14. [3. Notlage der Lokomotiv-Industrie] Außerhalb der Tagesordnung findet eine eingehende Aussprache über die Lage der Lokomotiv- und Waggonindustrie statt. Der Direktor der Verwaltung für Verkehr

13

Zur Steigerung der industriellen Produktion durch optimale Ausnutzung von Energie und Maschinen hatte BICO am 26.1.1949 (Z13/200) an Pünder das Ersuchen gerichtet, in den eisenschaffenden und verarbeitenden Industrien der Bizone eine siebentägige Arbeitswoche einzuführen. Durch Wochenendarbeit könnte ein Gleichgewicht zwischen Rohstahl- und Fertigstahlerzeugung erreicht werden. Die Gründe für die Ablehnung dieser Maßnahme durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber hatte Storch am 4.2.1949 vor der Frankfurter Pressekonferenz (Z 17/5, H. 3) erläutert. Nachdem die BICO-Chairmen bereits am 10.1.1949 mit den bizonalen Vertretern (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 208-209) die Frage erörtert hatten, griffen sie diese am 10.2.1949 (Prot., ebenda, Bl. 178-180) erneut auf. Dabei führte Storch über seine Gespräche mit Vertretern der Gewerkschaften aus: „Die Betriebsleiter haben fast einstimmig erklärt, daß eine wesentliche Erhöhung der Produktion durch eine Siebentagewoche fast unmöglich erscheint. Die Werke sind so überaltert, daß dauernd Reparaturen vorgenommen werden müssen. Dazu ist eine Ruhepause notwendig. So ergibt sich, daß in allen Werken Sonntags mit etwa 1/3der Belegschaft gearbeitet wird zur Überprüfung und Reparatur der Anlagen. Wollte man dieses System aufgeben, so würde dennoch die Notwendigkeit bestehen, einen Tag in der Woche die Betriebe stillzulegen, damit nicht durch eintretende Schwierigkeiten längere Stillegungen notwendig werden". Weiter erklärte Storch: „Bei den Verhandlungen mit den Vertretern der Besatzungsbehörden ist mir entgegengehalten worden, daß durch die Siebentagewoche eine bessere Ausnutzung von Kohle und Gas möglich gemacht würde. Die Leitungen der Betriebe sind der Auffassung, daß dies kaum möglich ist, weil die Werke fast ausnahmslos Eigenerzeugung haben. Besonders große Schwierigkeiten würden entstehen, die zusätzlichen Arbeitskräfte unterzubringen. Es fehlen auch Facharbeiter; wollte man sie von woanders zusammenholen, dann fehlte es an Wohnräumen. Der Abtransport der Arbeiter, die zum Teil über eine Stunde Bahnfahrt von der Wohnung zum Arbeitsplatz haben, ist an Wochentagen geregelt, nicht aber an Sonntagen, daher müßte mit der Siebentagewoche eine entsprechende Veränderung in Betrieben von Eisenbahn und Straßenbahn Hand in Hand gehen. Die 18 Werke, die in Frage kommen, haben mir ihre Stellungnahme schriftlich übermittelt. Ich lasse darüber eine Denkschrift anfertigen und werde sie überreichen. Ich habe außerdem mit der Industriegewerkschaft Metall verhandelt. Bei der eminenten Mehrleistung, die seit der Währungsreform in der Metallindustrie erreicht worden ist, hält es die Gewerkschaft für unverantwortlich, wenn man den guten Willen der Arbeiter durch die Einführung der Siebentagewoche untergraben würde. Die Moral der Jugend ist so schlecht, daß die Kinder wenigstens sonntags durch die Väter betreut werden müssen. Der Sonntag ist der einzige Tag, an dem die Familien vollzählig zusammen sind. Bei Einführung der Siebentagewoche würden die Väter nur alle sieben Wochen einmal mit der Familie zusammen sein können. Die Arbeiterschaft hat auch einen Anspruch darauf, daß sie an den kulturellen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen teilnehmen kann, die in Deutschland nur sonntags stattfinden. Natürlich werden wir alles tun, um die größtmöglichste Produktion auch so zu erreichen". Erhard bemerkte ergänzend: „Die Frage eines Mehreinsatzes von Arbeitskräften wird ernsthaft geprüft. Die ,Gute Hoffnungshütte', die mit 9000 Mann arbeitet, könnte sonntags zusätzlich nur 400 Mann beschäftigen. Ein Mehreinsatz von Arbeitskräften würde nicht zu einer Produktionssteigerung führen".

14

Am 17.2.1949 forderte auch BICO einen Bericht und Vorschläge des VR an (Z13/200). Diese wurden mit Schreiben Pünders an BICO vom 25.2.1949, welchem die Aufzeichnung der Direktoren der VfW und der VfA als Anlage beigefügt war (ebenda), übermittelt. Unter Würdigung der örtlichen und betrieblichen Umstände, der technischen, wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkte kamen die Dir. der Verwaltungen und der ODir. zu dem Ergebnis, daß die angeregte Maßnahme keine Erhöhung der industriellen Produktion erwarten ließ. Für den Fall, daß BICO sich nicht dieser Auffassung anschließen sollte, wurden weitere Beratungen in einem Ausschuß empfohlen, der jedoch nicht eingerichtet wurde (vgl. Stellungnahme des Bayer. StMin. für Arbeit und soziale Fürsorge an die Bayer. StK. vom 8.3.1949, ebenda). 157

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schildert die schwierige Lage beider Industrien15. Die Frage einer Verminderung der Belegschaft der Reparaturwerkstätten der Reichsbahn wird erwogen, sowohl im Hinblick auf die Zunahme des Werkstättenpersonals als auch im Hinblick auf die drohenden Entlassungen bei der privaten Lokomotiv- und Waggonindustrie. Es wird beschlossen, daß unter Leitung des Direktors der Verwaltung für Arbeit Verhandlungen mit der Reichsbahn-Gewerkschaft und der Metallarbeiter-Gewerkschaft stattfinden sollen, mit dem Ziele einer zweckmäßigen Steuerung der allenfalls vorzunehmenden Personalverminderungen. Auch die Verbände der Lokomotiv- und Waggonindustrie sowie gegebenenfalls der Gewerkschaftsrat der Vereinten Zonen sind beizuziehen16. [4.] Dritte Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen Dir. Hartmann schlägt die Zurückziehung der Vorlage vor, da die Regelung dem Wirtschaftsrat überlassen werden soll17. Es wird entsprechend Ziffer 1 des Vorschlages im Schreiben des Personalamtes vom 10.1.1949 verfahren und beschlossen, die Weiterbehandlung der Dritten Sparverordnung zurückzustellen18.

15

Siehe Dok.Nr. 6, Anm. 15.

16

Über das Ergebnis der Besprechung, die am 4.3.1949 stattfand, berichteten Frohne in einem Schreiben an Pünder vom 11.3.1949 (Z13/168, Bd. 2, H. 3) und Storch an Schlange-Schöningen vom gleichen Tag (Z 61/ 68, Bl. 3). Danach verwies die Reichsbahnverwaltung darauf, daß sie die Aufträge an die Privatindustrie deshalb habe drosseln müssen, weil ihr die Kredite fehlten. Die Vertreter der Lokomotiv- und Waggonindustrie erklärten, daß sie den größten Teil ihrer Belegschaft entlassen müßten, wenn nicht zumindest das Auslaufprogramm (vgl. Dok.Nr. 6, Anm. 15) und ein Neuprogramm von 12 000 Waggons durchgeführt werde. Abschließend wurde vereinbart, daß Reichsbahn- und Industrievertreter den Umfang an Aufträgen ermitteln sollten, welcher erforderlich sein werde, um Entlassungen in beiden Industrien zu verhindern. Frohne berichtete weiter: „Sie sollen gleichzeitig den Finanzplan aufstellen und Angaben machen, welche Summen von der Reichsbahn und den Unternehmern aufgebracht werden können. Der ungedeckte Rest soll dann dem Verwaltungsrat genannt werden, damit dieser in Verbindung mit der Bank der deutschen Länder versuchen soll, in irgendeiner Form eine Kreditschaffung für diesen Zweck zu ermöglichen". Auf diese Weise wurde das spezifische Problem zunehmend in das allgemeine der Reichsbahnfinanzierung übergeleitet und fortan vom Viererausschuß für die Lage der Reichsbahnfinanzen behandelt. Der Plan, die Waggon- und Lokomotivindustrie durch einen Kredit der Länder in Höhe von DM 150 Mio zu fördern (siehe Vermerk von v. Elmenau vom 4.5.1949 in: Ζ 13/168, Bd. 2 H. 3), wurde nicht verwirklicht (vgl. Prot, der 31. Sitzung des FinA. des LR vom 24./25.6.1949 in: Ζ 4/557, Bl. 189-190). In einem Auskunftsersuchen der Fraktion FDP/DP des WR vom 3.5.1949 (WR-Drucks. Nr. 1161) wurde vielmehr festgestellt, daß den Fabriken seit Ende März 1949 keine Instandsetzungsaufträge mehr zugegangen seien. Wenngleich Dir. Frohne am 5.5.1949 vor dem WR (WR-Wörtl. Ber., S. 1618 ff.) die Reparatur von 400 Lokomotiven in Aussicht stellte, so betonte er zugleich, daß die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze nur durch ein Neubauprogramm erfolgen könne.

17

Gleichlautend mit dem vom VR am 5.1.1949 (vgl. Dok.Nr. 1 A, TOP 8) verabschiedeten Entwurf eines Versorgungsgesetzes sah der Entwurf der Sparverordnung (Z 13/87, Bd. 15, Bl. 21-25) Senkungen der Ruhegehaltssätze und prozentuale Kürzungen der Pensionen vor. Als Folge der Zurückstellung wurde eine beschleunigte Behandlung des Versorgungsgesetzes durch den WR erwartet, obwohl dadurch die Höhe der möglichen Ersparnisse verringert werden würde.

18

In einem Schreiben an Pünder vom 10.1.1949 (ebenda, Bl. 17-20) hatte Oppler an Besprechungen mit Vertretern des VfF, VfPuF und VfV vom 7. und 8.1.1949 anknüpfend vier Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, unter denen die gänzliche Zurückstellung der VO die erste bildete. Siehe auch Vermerk von v. Gülich vom 10.2.1949 in: Ζ 13/261. Zum Fortgang vgl. Dok.Nr. 21, TOP 5.

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[5.] Anwendung der Reichsgrundsätze Aber Einstellung, Anstellung und Beförderung der Beamten Der Verwaltungsrat stimmt der Anwendung der Reichsgrundsätze über Einstellung, Anstellung und Beförderung der Beamten vom 14.10.1936" [in der vom Arbeitsausschuß der Verwaltungen beschlossenen Fassung20 zu 21.] [,..22] [6. Bürgschaft für die Rhein-Main-Donau-AG] Dem Entwurf eines Gesetzes über die Übernahme einer Bürgschaft durch die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes für eine Anleihe zum Zwecke des Ausbaues der Rhein-Main-Donau-Wasserstraße wird zugestimmt23 und die Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat beschlossen24. [7. Zollverwaltung und Zolleitstelle] Außerhalb der Tagesordnung berichtet Dir. Hartmann über Fragen der Zollverwaltung und Zolleitstelle und bringt Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Zollgrenzschutzes im Vereinigten Wirtschaftsgebiet ein25. Er weist darauf hin, daß die Militärregierung die Einrichtung eines Zollgrenzschutzes im Vereinigten Wirtschaftsgebiet fordert26 und schlägt Präsident Seilnick von der Gemeinsamen Steuer- und Zollstelle der britischen Zone, Hamburg, zum Leiter der Zolleitstelle vor27. Falls der

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RGBl. 1936 I, S. 893. Wortlaut der Bestimmungen, die in Anlehnung an die Reichsgrundsätze angewendet werden sollten, in: Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 27-29. Siehe auch Entwurf der VfV vom 19.10.1948 (ebenda, Bl. 26) über Grundsätze für die Eingruppierung und Stellenbewertung. In der Vorlage „auf die Beamten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zu", berichtigt gemäß Dok.Nr. 15, TOP 12. Zurückgestellt wurden die TOP: „Erklärung Schleswig-Holsteins zum Notstandsgebiet, Errichtung einer Druckerei der Verwaltung des VWG, Beschlagnahme des Deutschen Reisebüros in Berlin durch die Russen und zusätzliche Hausbrandversorgung für Eisenbahner". Durch den Gesetzentwurf (Z 13/87, Bd. 15, Bl. 33-36) sollte der Dir. der VfF ermächtigt werden, für den Ausbau der Main-Donau-Wasserstraße sowie von vier Staustufen am Main und einer Staustufe am Lech, wobei die angeschlossenen Kraftwerke 107 Mio kWh Strom jährlich liefern sollten, zu Lasten der Verwaltung des VWG gemeinsam mit dem Land Bayern eine gesamtschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrag von DM 25 Mio zu übernehmen.

24

Siehe Schreiben der DirK. vom 10.2.1949 in: Ζ 13/128, Bd. 1. Der LR ließ die Einspruchsfrist zu dem vom WR am 4.3.1949 verabschiedeten Gesetz verstreichen. Die MilReg. billigte es am 15.4.1949, so daß es am 20.4.1949 in Kraft trat (WiGBI. 1949, S. 67).

25

Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Zollgrenzschutzes im VWG mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 40-41. Auf seiner außerordentl. Direktorialsitzung vom 14.2.1949 (vgl. Dok.Nr. 11, TOP 2) beschloß der VR, diesen zurückzuziehen und stattdessen den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Zolleitstelle dem WR und dem LR zuzuleiten.

26

Vgl. BICO-Memoranden vom 12.1. und 26.1.1949 (Z13/13, Bl. 219-221 und 207-209) sowie Ausführungen der MilGouv. anläßlich der Besprechung mit den MinPräs. vom 31.1.1949 in: Dok.Nr. 7, TOP 1. Mit Schreiben vom 15.2.1949 an Seilnick übertrug Pünder diesem die Aufgabe, umgehend die Zolleitstelle einzurichten (Z 13/136). Zuvor hatte Hartmann mit Schreiben an Pünder vom 14.2.1949 (ebenda) erklärt, daß Sellnick bereit sei, das Amt zu übernehmen. Zur gemeinsamen Steuer- und Zollstelle siehe Eulitz, Zollgrenzdienst, S. 253. Sie stellte ihre Tätigkeit mit der Errichtung der Zolleitstelle ein. Sie übte bislang wichtige Zoll- und Grenzkontrollfunktionen aus (vgl. Ζ 31/144).

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Zollgrenzschutz der Zolleitstelle nachgeordnet wird28, wird ein Apparat von 12 000 Personen errichtet werden müssen. Hierbei werden zwei Abteilungen (US-Zone und brit. Zone) erstellt werden. Die Befugnisse der Zolleitstelle werden sich auch auf die Verwaltung der Verbrauchssteuern erstrecken". Der Verwaltungsrat stimmt der Vorlage zu und beschließt ihre Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat30. Hiermit soll jedoch bis zum 11.2.1949 gewartet werden, da vorher die Finanzminister und der Finanzausschuß des Wirtschaftsrates vom Direktor der Verwaltung für Finanzen über die Vorlage ins Bild gesetzt werden sollen31.

28

Der vom WR am 19.11.1948 verabschiedete Gesetzentwurf über Zölle und Verbrauchssteuern (WRDrucks. Nr. 697) sah zur Gewährleistung einer einheitlichen und sachgemäßen Durchführung der Zoll- und Devisenbestimmung bei der Zollabfertigung, der Grenzüberwachung und der Zollfahndung in § 5 die Errichtung einer Zolleitstelle bei der VfF vor. Hierzu hatten die Zollsachverständigen der FinMin. am 24.11.1948 (Prot, in: Ζ 28/19) Ausführungsbestimmungen (ebenda) beschlossen. Die MilReg. hatten mit den BICO-Memoranden vom 12.1. und 26.1.1949 (vgl. Anm. 26) die Empfehlung ausgesprochen, die Zolleitstelle in Vorwegnahme der Genehmigung des Gesetzes über Zölle und Verbrauchssteuern ab 1.4.1949 für die Verwaltung des Zollgrenzschutzes und des Zolldienstes im VWG für zuständig zu erklären. Hierzu war der vorliegende und später zurückgezogene Gesetzentwurf gedacht.

29

Dem schwebenden Gesetz über Zölle und Verbrauchssteuern folgend (vgl. Anm. 28).

30

Die Zusendung unterblieb (vgl. Anm. 25), nachdem die FinMin. der Länder Bedenken erhoben hatten (vgl. Anm. 31).

31

Zum Verlauf der gemeinsamen Sitzung vom 10.2.1949, siehe Anm. 11. Dem FinA. des LR teilte die VfF mit, daß BICO die Forderung vertrete, die Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern unverzüglich zu vereinheitlichen und in den Geschäftsbereich des VWG zu überführen. Der vom VR verabschiedete Gesetzentwurf beschränke sich zunächst auf die organisatorische und haushaltsmäßige Übernahme der Zollverwaltung. Der FinA. hielt es indes nicht für angängig, „in der hier vorgesehenen Form der bevorstehenden staatsorganisatorischen Neuordnung Westdeutschlands vorzugreifen und den sachlichen Zusammenhang zwischen allgemeiner Steuerverwaltung und Zollverwaltung zu trennen". Der Ausschuß vertrat hierzu die Auffassung, „daß der Zollgrenzschutz als Auftragsverwaltung geführt werden soll, die Länderfinanzministerien insoweit dem sachlichen und organisatiorischen Weisungsrecht der Verwaltung für Finanzen (Zolleitstelle) unterstellt, die Kosten im Haushalt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes etatisiert und von den Ländern aus den ihnen verbleibenden Zolleinnahmen gedeckt werden sollen". In der nachfolgenden Unterredung trug Hartmann den Vertretern der FinMin. der Länder vor (vgl. Bericht von Wegmann, Anm. 11), Gen. Adcock habe den zuständigen Herren des VR erklärt, die MilReg. werde unter allen Umständen auf der Übertragung der Zollverwaltung auf die Bizone bestehen. „Eine andere hohe Persönlichkeit der Militärregierung habe geäußert, im Falle des Widerstandes der Länderfinanzminister werde man über sie hinweggehen". Wegman erläuterte dann weiter: „Das Hauptmotiv der amerik. Militärregierung sei, durch Bildung eines einheitlichen bizonalen Zollgrenzschutzes ein Druckmittel gegenüber der französischen Militärregierung in die Hand zu bekommen, um diese zu zwingen, auch ihrerseits wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung des Ein- und Ausfuhrschmuggels zu ergreifen". Die brit. MilReg. strebe vor allem danach, die Kosten für die Verstärkung der Grenzkontrolle gegenüber der sowjetischen Zone nicht nur den Ländern der brit. Zone aufzubürden. StS. Müller vom Bayer. StMin. der Finanzen wandte sich in dieser Unterredung „mit scharfen Worten" gegen die Vorwegnahme grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Entscheidungen vor der Verabschiedung des Bonner Grundgesetzes. Bayern würde keinesfalls zustimmen, seine Zollverwaltung der bizonalen Verwaltung zu unterstellen und erst einem direkten Befehl der MilReg. weichen. „Er wies auf die schweren sachlichen Nachteile einer Trennung der seit jeher auf das engste aufeinander eingespielten Zoll- und Steuerverwaltung hin und legte dar, daß eine Verbesserung des Grenzschutzes durch die von der Militärregierung verlangte Zentralisierung in keiner Weise zu erwarten sei". Bayern sei jedoch zur Bekämpfung des Schmuggels bereit, seine Grenzpolizei in die Zollverwaltung einzugliedern und ferner der Errichtung einer bizonalen Zolleitstelle zuzustimmen, „welche das Anweisungsrecht gegenüber dem [als] Teil der Landeszollverwaltung verbleibenden Zollgrenzschutz erhalten könne, um die Koordinierung der Grenzkontrollmaßnahmen zu gewährleisten". Zu dem vom nordrhein-westfälischen FinMin. Weitz daraufhin unterbreiteten Lösungsvorschlag siehe Dok.Nr. 13, TOP 4.

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Ministerpräsidentenkonferenz in H a m b u r g

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Nr. 1 0 A

Nr. 10 Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg 11./12. Februar 1949 BA Ζ 12/77, Bl. 148-233. Ungez. und undat. Prot. 1 ; Kurzprot.: Ebenda, Bl. 251-2612 TO: Ebenda, Bl. 252 Anwesend: StPräs. Wohleb, BotschR. v. Brentano (Baden); MinPräs. Ehard, MinDir. Schwend (Bayern); OBgm. Reuter (Berlin); SenPräs. Kaisen, StR. Haas, Bevollm. Mittendorff (Bremen); Bgm. Brauer [Vorsitz], Sen. Schmedemann, Dir. Lüth, Bevollm. Hansen, SenSynd. Sieveking, SenSynd. Drexelius, RegR. Kern, Presseref. Milner, OMedR. Rediger (Hamburg); MinPräs. Stock, StMin. Stein, StS. Brill (Hessen); MinPräs. Kopf, StS. Lauffer, MinR. Danckwerts (Niedersachsen); MinPräs. Arnold, Min. Spiecker, MinDirig. Katzenberger (Nordrhein-Westfalen); MinPräs. Altmeier, StS. Haberer (Rheinland-Pfalz); MinPräs. Lüdemann, JustMin. Katz, Landesdir. Suchan, Landesdir. Müthling (Schleswig-Holstein); WiMin. Veit, MinR. Klaiber (Württemberg-Baden); IMin. Renner, MinR. Eschenburg (Württemberg-Hohenzollern); MinR. Schmid (VfW) Landrat z. D. Bergner, LegR. a. D. Leisewitz, LegR. a. D. Werz, Olnsp. Rakette, Stenograph Habedank (Büro d. MinPräs.)

Α

Öffentliche Eröffnungssitzung vom 1 1 . 2 . 1 9 4 9 im Bürgerschaftssaal

[Beginn: 12.03 Uhr] MinPräs. Stock begrüßt die Anwesenden und erklärt die Konferenz für eröffnet.] Wichtige politische Beratungen und Entscheidungen verpflichten zur gemeinsamen Aussprache. Die Länderchefs haben es nötig, verschiedene wichtige Dinge, den Aufbau Deutschlands, miteinander zu beraten. Es war immer unser Bestreben, das ganze Deutschland zusammenzuschmieden. Auch dieses Mal wird dieser Punkt Inhalt unserer Beratungen sein. Es ist unser aller alter Wunsch, daß dieses Ziel erreicht wird: Wir werden es nie aus den Augen lassen! Heute begrüßen wir erneut und besonders herzlich Berlin, die Hauptstadt Deutschlands. Wir grüßen Berlin, das die Möglichkeit hat, mit uns die Zukunft Deutschlands zu beraten und den Grundstein zu schmieden. [Er begründet die Wahl Hamburgs als Deutschlands Tor zur Welt zum Konferenzort und überträgt den Vorsitz traditionsgemäß an Brauer.] Bgm. Brauer [begrüßt die Konferenzteilnehmer im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg4. Besondere Willkommensgrüße richtet er an die Vertreter

1

2

3

4

Mit handschr. Korrekturen mehrerer Hände und verschiedenfarbigen Unterstreichungen. Prot, wohl von Habedank. Der Entwurf des Kurzprot. (ebenda, Bl. 239-250) ist mit Datum vom 16. 2. 1949 von Landrat z. D. Bergner gez. und mit eigenen handschr. Korrekturen versehen. Die daraufhin gefertigte und im Umdruck vervielf. Ausf. wurde als Drucksache Nr. 119 mit 4 Anlagen des Büros d. MinPräs. in Umlauf gebracht. Anwesenheitsliste aufgrund des im Umdruck vervielf. Kurzprot. (ebenda, Bl. 251). Eine nach den einzelnen Sitzungen aufgegliederte Anwesenheitsliste wurde nicht geführt (vgl. Anm. 6). Der Rede von Brauer lag eine vorformulierte und im Umdruck vervielf. Fassung zugrunde, in welche vom Stenographen einzelne, vom Redner hinzugefügte Passagen eingesetzt wurden. Die Ergänzungen sind sowohl hand- wie maschinenschriftlicher Art. Der so redigierte Redetext wurde als Anlage 3 zu Drucks. Nr. 119 des Büros d. MinPräs. verteilt (Z 12/15, Bl. 27-34). Diese Fassung wird nachfolgend abgedruckt. Ein Redeentwurf war von Dir. Kästner unter spezifischer Ausrichtung auf die Probleme Hamburgs ausgearbeitet worden (StA Hamburg SenK. II, 000. 21-23, Bd. 1, Nr. 26). Diese Fassung wurde wohl weitgehend verworfen. 161

Nr. 1 0 A Prot.

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Berlins5.] Berlin gehört zu uns, wie auch immer die politischen Verhältnisse sich in der Zukunft entwickeln werden. In der Person des Oberbürgermeisters Reuter begrüßen wir die tapfere Bevölkerung der Hauptstadt, die durch ihre aufrechte Haltung und durch ihr unbeirrbares Bekenntnis für die Freiheit und die Menschenrechte so viel dazu beigetragen hat, die Ehre des deutschen Namens wiederherzustellen. Aber der Kampf um Berlin geht nicht nur Deutschland und Europa an. Wo immer ein Herz in Liebe zur Freiheit schlägt, schlägt es auch für Berlin und die Ziele, für die unsere tapferen Berliner einstehen. Wir wollen bei dieser Gelegenheit mit Dankbarkeit der Männer gedenken, ohne deren aufopfernde Leistungen der Widerstand der Berliner Bevölkerung in diesem Winter nicht möglich gewesen wäre. Ich denke hierbei an die Mannschaften der Luftbrücke, die Berlin nicht nur materiell, sondern auch moralisch mit Westdeutschland und der übrigen Welt verbindet. Ich denke mit Ehrfurcht an die Menschenopfer, die bei der Aufrechterhaltung der Luftverbindung mit Berlin gebracht worden sind. 34 Flieger haben ihr junges Leben hingegeben. Den Angehörigen dieser braven Männer wendet . sich in ihrem Schmerze unsere tiefste Anteilnahme zu. [Zu Ehren der Opfer erheben sich die Anwesenden von ihren Sitzen.] Unsere heutige Konferenz ist die erste gemeinsame Konferenz der Ministerpräsidenten im Jahre 1949. Wir alle sind uns des Gewichtes bewußt, das dieses Jahr für die ganze Welt und auch für uns besitzen wird. Es ist für Hamburg auf der Dreizonenbasis die erste Konferenz dieser Art. Nicht ohne Bedauern vergegenwärtigen wir uns, daß es leider keine Konferenz aller deutschen Länder ist. Wir haben einen derartigen Versuch seinerzeit in München unternommen 6 . Er ist gescheitert an der grauenvollen Entwicklung, die der Ostzone nach dem Naziregime ein System gebracht hat, das sich in nichts von dem Terror und der Unterdrückung unterscheidet, die in ganz Deutschland unter Hitler triumphierte. Dort in der Ostzone hat Hitler auch heute noch gesiegt. Nur die Vorzeichen sind verändert. Das Monopol einer Partei, die schrankenlose Herrschaft der Polizei mit ihren Konzentrationslägern, die rücksichtslose Ausplünderung des Landes, sie geben ein Bild von dem Leiden einer versklavten Bevölkerung, für die jede demokratische Entwicklung blockiert ist. [. . .] Der Tag wird kommen, an dem sich auch unsere deutschen Brüder im Osten in Freiheit mit uns zu einem neuen Bund aller deutschen Länder zusammenfinden werden. So ist alles, was hier im Westen geschieht, eine Vorbereitung für die Wiedererrichtung eines deutschen Gesamtstaates, der möglich sein wird, sobald die gleichen demokratischen Freiheiten für alle deutschen Länder gesichert sind. Wenn nicht alle Zeichen trügen, wird zumindest der Westen Deutschlands im Jahre 1949 wieder als Staat in den Kreis der europäischen Völker und damit in die große Völkerfamilie zurückkehren. Der politische Verlauf des letzten halben Jahres hat allen Zweiflern mit Deutlichkeit gezeigt, daß die Zeit gekommen ist, nun durch die Wahl einer eigenen Volksvertretung und durch die Bildung einer vom Vertrauen dieser Volksvertretung getragenen Regierung unsere Sache in die eigene Hand zu nehmen. Es wird höchste Zeit!

5

6

Der Vertreter Berlins, OBgm. Reuter, traf erst im Laufe des Abends in Hamburg ein (vgl. Ausführungen von Brauer zu Beginn der Vormittagssitzung am 12. 2. 1949). Siehe Akten zur Vorgeschichte 2, Dok.Nr. 32.

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Ich hoffe sehr, daß das Besatzungsstatut uns einen erheblichen Schritt weiterbringt 1 . Niemals können wir den Standpunkt anerkennen, daß „unconditionell surrender" einer Wehrmacht ein ganzes Volk rechtlos macht. Die Grundsätze des Völkerrechts und der Menschlichkeit können nie aufgegeben werden. Aber wir brauchen, und nicht nur wir, sondern auch die Besatzungsmächte, klare Rechtsverhältnisse, wollen wir die gemeinsamen wirtschaftlichen und politischen Ziele erreichen. Dieses Besatzungsstatut wird noch gewisse Beschränkungen unserer Souveränität aufrechterhalten. Man wird hier jedoch sehr klar zu unterscheiden haben, um welche Wesensbestandteile staatlicher Souveränität es sich handeln wird. Wir wissen: Deutschlands Weg in eine glückliche Zukunft führt nicht zurück zur Macht- und Katastrophenpolitik, weder zu einem neuen Feudalismus oder Militarismus, noch auch zu einer neuen Herrschaft des Monopolkapitalismus. Niemand in Deutschland, der nicht den Verstand verloren hat, kann noch an nationalsozialistische und nationalistische Revanche denken. So werden wir keiner Kontrolle, die diesen Gefahren begegnen soll, widersprechen, aber nur solche Kontrolle ist auch mit der Wiederherstellung unserer demokratischen Freiheiten zu vereinbaren. [. . .] Vorerst muß ich über die größte deutsche Not sprechen. Es ist die unserer kriegsgefangenen Brüder, die noch vier Jahre nach der Kapitulation in Kriegsgefangenschaft schmachten. Ende 1948 sollten unsere Kriegsgefangenen ihren Familien zurückgegeben sein. Hunderttausende werden auch noch heute zurückgehalten und dadurch die Gesetze der Menschlichkeit mißachtet. Wir wissen, welches Unglück Hitler und sein Regime über die Welt gebracht haben. Aber niemals rechtfertigt sich dadurch die Unmenschlichkeit dieser Maßnahmen. "Two wrongs don't make one right". Wir fordern unsere Kriegsgefangenen zurück! Wir werden nicht aufhören, das Gewissen der Welt gegen diese Barbarei aufzurufen, bis wir unsere Kriegsgefangenen wiederhaben! Bgm. Brauer beschreibt die Genesis der Atlantik-Charta und zitiert aus ihrem Inhalt". Mit diesem Dokument zur Überwindung von Faschismus und Nationalismus sei ein dauerhafter und gerechter Frieden in der Welt in Freiheit angestrebt worden.] Im Marshallplan, doch auch in den Londoner Protokollen ist der Geist der AtlantikCharta wieder spürbar geworden. Als im April vorigen Jahres der Marshallplan veröffentlicht wurde, hat der Hamburger Senat hierzu eine Erklärung abgegeben, die er durch öffentlichen Anschlag der Bevölkerung zur Kenntnis brachte. [Brauer verliest den Wortlaut der Bekanntmachung.] Dank der Marshallhilfe konnte die Ernährung erheblich verbessert werden. Nach der Währungsreform ist auch die deutsche Wirtschaft wieder in Gang gekommen. Ja, der deutsche Export bereitet manchen Menschen heute schon Kopfschmerzen. Mit Freude wollen wir verbuchen, daß die Proteste von egoistischen Interessentengruppen, die keine Konkurrenz wünschen, die Unterstützung offizieller Stellen nicht gefunden haben. Hierfür danken wir besonders der britischen Labour-Regierung, die mit ihrer Haltung zum Ausdruck bringt, daß kein verantwortlicher Staatsmann sich zum Sprecher von Methoden machen lassen kann, die Hitler in seinem Autarkiewahnsinn

7

Vgl. Dok.Nr. 7, TOP 2.

8

Siehe gemeinsame Erklärung von Roosevelt und Churchill vom 14. 8. 1941 in: Keesing's Archiv 15 (1945), S. 10 f.

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Prot.

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durchgeführt hat. Sollen wir unsererseits als Käufer fremder Güter auftreten können, sollen wir die uns zuteil werdenden Hilfeleistungen - ich hoffe, recht bald - zahlen können, um nicht mehr auf Kosten fremder Steuerzahler zu leben, so brauchen wir einen gesteigerten Export, den immer wieder anzuregen auch die offizielle Politik der westlichen Besatzungsmächte gewesen ist. Wenn ich von einer besseren Ernährung gesprochen habe, so möchte ich doch keinen Zweifel daran lassen, daß die heutigen Rationen für die breite Masse der werktätigen Bevölkerung noch keineswegs ausreichen. In den nächsten Monaten sollten die Rationen, vor allem auch die eiweißhaltigen Nahrungsmittel, endlich auf jene 2500 Kalorien gebracht werden 9 , die zum Beispiel auch in England noch in der schlimmsten Zeit erfreulicherweise gehalten werden konnten. So viel an der Verbesserung der Lage unserer Bevölkerung aber auch auf das Konto der amerikanischen Hilfe und der Währungsreform kommt, so wollen wir doch die eigene Leistung unseres Volkes nicht übersehen. Daß sich unsere Bevölkerung während des Hexentanzes der Inflation behauptete, daß sie im Anschluß an die Währungsreform entschlossen an die Arbeit ging, das hat uns alle mit Genugtuung und Zuversicht erfüllt. Hört die Demontage auf, wird die Last der überhöhten Besatzungskosten und anderer Beschränkungen von uns genommen, dann werden wir uns vielleicht in einer Situation sehen, die der französische Sozialist Bracke in einem ähnlichen Fall wie folgt gekennzeichnet hat: „Jetzt ist die Zeit der großen Schwierigkeiten gekommen, auf die wir uns so lange gefreut haben." Mit einem Volke aber, das solche Kraft der Selbstbehauptung gezeigt hat, dürfen wir uns zutrauen, auch mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden. Wir haben mit Ungeduld darauf gewartet, daß die Arbeiten des Parlamentarischen Rates in Bonn zu einem Abschluß gebracht werden. Wir haben schon sehr viel Zeit verloren, und es scheint mir ein Fehler gewesen zu sein, daß manche Kreise in Bonn das Ideal des Perfektionismus zu verwirklichen suchten, denn sie zögerten im Interesse einer Ausfeilung von Details die großen Entscheidungen hinaus. Deshalb begrüße ich auf das wärmste, daß nun doch offenbar eine Verständigungsformel gefunden ist, durch die wir zu einer Klärung und zu einem Abschluß gelangen können. Eines allerdings sollten wir heute bereits klar herausstellen: Besatzungsstatut und Bonner Grundgesetz sind zweierlei. Es ist falsch zu meinen, die eigentliche deutsche Verfassung werde das von uns erwartete Besatzungsstatut sein. Das Besatzungsstatut kann nur ein Provisorium sein, das lediglich für die Zeit seiner Gültigkeit unsere verfassungsmäßigen Rechte einschränkt. Unsere Verfassung hingegen sollte, da wir eine demokratische Ordnung für unser eigenes politisches Dasein schaffen wollen, von allen Möglichkeiten Gebrauch machen, die zu den Voraussetzungen einer echten Demokratie gehören. Denn diese Neuordnung unseres politischen Lebens soll, so rasch es die Entwicklung zuläßt, auch das Besatzungsstatut wieder entbehrlich machen. Über unserer heute beginnenden Konferenz liegen schwere Schatten: Der Schatten der immer noch nicht beendigten Demontage; die Schwierigkeiten, die sich aus dem Ruhrstatut ergeben, das wir aus einer einseitigen Regelung in eine mehrseitige verwandelt sehen und in eine europäische Konstruktion hineinbauen möchten.

9

Siehe Ζ 13/111.

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Außerdem arbeiten wir unter dem Schatten der uns angekündigten Grenzveränderungen. Alle diese Fragen werden ein ernster Gegenstand unserer Beratungen sein. Es ist nicht meine Absicht, hier eingehender von den besonderen Hamburger Sorgen und Nöten zu sprechen. Aber einige Hinweise darf ich mir gestatten. So zum Beispiel den Hinweis auf die Höhe unserer Besatzungskosten. Von der Währungsreform am 21. Juni [1948] bis zum Jahresende mußten wir in Hamburg allein 171,4 Millionen DM zahlen. Diese Zahlungen erreichten im Dezember die Rekordhöhe von 37,4 Millionen DM. Damit wurde der tägliche Aufwand von einer Million, wie wir ihn schon in anderen Monaten erlebt hatten, im Dezember um 7,4 Millionen überschritten. Entscheidend für Hamburg wie auch für Bremen - und das ist ein über unsere Landesgrenzen hinaus wirkendes Problem - ist jedoch die Frage der Schiffahrt und des eigenen Schiffbaus. Hamburgs wirtschaftliches Leben steht und fällt mit seiner Schiffahrt, deren Freiheit, wie ich vorher zitiert habe, eines der in der Atlantik-Charta proklamierten Elementarrechte aller Völker ist. Deutschland, nicht die Hansestädte Bremen und Hamburg allein, brauchen diese Schiffahrt; denn Seefahrt in jeder normalen Wirtschaft und in jeder normalen internationalen Zusammenarbeit tut not: Ich appelliere hier an die internationale Solidarität der Seeleute und der Arbeiter aller Länder! 28 000 deutsche Seeleute warten in Hamburg darauf, wieder ihrem alten Beruf nachgehen zu können. Heute stehen Schiffskapitäne, die Seen und Meere befahren haben, als Schaffner in unseren Straßenbahnen. Wir hätten an Bord von Handelsschiffen eine bessere Verwendung für sie und auch [für] das Decks- und Maschinenpersonal. Ich verbinde diesen allgemeinen Appell mit einem persönlichen Appell an diese bedeutenden Männer in Amerika, William Green, den Führer der amerikanischen Federation of Labour, und Philipp Morgan, den Chef der CIO. Sie, die in den verflossenen Jahren so oft für Deutschland das Wort genommen haben, sollten uns in dieser entscheidenden Frage zu Hilfe kommen. Eine Hamburger Zeitung hat mich während der Vorbereitungen dieser Konferenz gefragt: „Welches ist die größte Sorge, die Sie bewegt?" Diese größte Sorge, meine Damen und Herren, ist die Sorge um unsere Jugend. Die deutsche Jugend sieht sich hineingestellt in eine zerstörte Welt. Dürfen wir unsere Jugend der Hoffnungslosigkeit und dem Nihilismus verfallen lassen? Nein! Wir müssen unserer Jugend neue menschenwürdige Ziele setzen und ihr neue Ideale geben. Wir müssen zu einer neuen Gestaltung unseres sozialen Organismus, unseres gesellschaftlichen Lebens nicht nur im eigenen Volk, sondern über alle Grenzen hinweg gelangen zu einer sinnvollen und neuen vernünftigen gesamtpolitischen Konzeption. In die große konstruktive Zusammenarbeit, die uns vorschwebt, gehört bereits der Marshallplan. Was der Vergangenheit als eine Utopie erschien, ist durch die Not, die der Zweite Weltkrieg überall hervorgerufen hat, zu einer unbedingten Notwendigkeit geworden: Die Zusammenfassung Europas! Wir glauben, daß wir der Jugend anderer Völker und auch der deutschen Jugend zeigen und beweisen müssen, daß keine neuen Grenzen aufgerichtet oder unter Schmerzen neu gezogen, sondern daß die alten Grenzen überwunden und unsichtbar gemacht werden sollten. Das ist möglich, wenn wir auch praktisch den Weg zu einer großen europäischen Einheit beschreiten. Ich begrüße deshalb auf das wärmste, daß Frankreich, diese große Nation, durch seine berufenen Staatsmänner hier bereits eine vorbildliche Initiative an den Tag legt und mit allem Nachdruck und Überzeugungskraft von diesen neuen hohen Menschheitszielen spricht. Es setzt damit die Linie fort, 165

Prot.

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die von Victor Hugo und Jean Jaurds vorgezeichnet worden ist. Jaures, der sein Leben für seine Ideale hingegeben hat, sagte, indem er für das vereinigte Europa sprach: „Die Neuorganisation kann nicht an das alte Bündnissystem eines Metternich anknüpfen, auch nicht an das weltherrschaftliche Prinzip einer Nation, der sich alle anderen unterzuordnen haben. Das wäre der fürchterlichste Cäsarismus und die grausamste Unterdrückung". „Die freie Föderation autonomer Nationen hat den Unternehmungen der Gewalt zu entsagen und muß sich einer Rechtsordnung unterwerfen. Durch eine solche Rechtsordnung werde das Vaterland nicht beseitigt, sondern veredelt. Ein jedes Land werde auf die Höhe der Menschheit gehoben, ohne daß seine Unabhängigkeit, seine Ursprünglichkeit, seine Freiheit und sein Genius im geringsten beeinträchtigt werden". Die Ideen des ermordeten Jean Jaures sind identisch mit den Ideen des Friedensprojektes von Immanuel Kant, des weisen Europäers aus Königsberg, dessen Name und dessen Wirkungsstätte wir aus unserem Gedächtnis nicht auslöschen wollen, sondern im Sinne des von ihm angestrebten ewigen Friedens neu beleben wollen. Diese Linie setzte in diesen Tagen ein angesehener französischer Politiker, der frühere Wirtschaftsminister Professor Andre Philip, in einer Rede, die er in der Hamburger Universität gehalten hat, fort. Er entwarf ein überzeugendes System der praktischen Zusammenarbeit Europas auf den wirtschaftlich entscheidenden Gebieten der Kohle-, der Stahl- und der Energieerzeugung. Wir stehen also inmitten einer neuen starken politischen Bewegung, die alle Völker erfaßt hat. Lassen wir uns nicht beirren durch Einzelmaßnahmen und Übergangserscheinungen dieser Entwicklung, auch nicht durch einzelne Rückschläge. Halten wir uns frei von reinen Stimmungsreaktionen und bewahren wir uns die Klarheit des Blicks für die großen Zusammenhänge, in denen sich die Entwicklung der Welt befindet und in die Deutschland als ein gleichberechtigter Faktor in Zukunft einbezogen werden sollte und einbezogen werden muß. Geben wir auch der Jugend diese neue Hoffnung und vergegenwärtigen wir uns, daß es mit der Verkündung großer Ideen allein sein Bewenden nicht haben kann. Wir müssen zur Verwirklichung dieser neuen Ideen kommen. Alle unsere Bemühungen jedoch können nur dann Erfolg haben, wenn sie sich in einer Atmosphäre des Vertrauens vollziehen. Man kann aber kein rückhaltloses Vertrauen fordern, wenn man selbst im Mißtrauen erstickt. Man muß diese Tugend zunächst auch bei sich selber üben, die man von anderen erwartet. Sonst finden wir weder im politischen Leben unseres eigenen Volkes, noch im Zusammenwirken mit den anderen Nationen die guten Lösungen, die wir brauchen, um aus dumpfer Enge wieder in eine freiere Luft zurückzukehren. Auf dem Wege zu diesen Lösungen begrüßen wir die Bildung eines Europäischen Rates und einer Vertretung der freien europäischen Völker, an der teilzunehmen wir durch die Schaffung einer eigenen echten und gesunden demokratischen Ordnung in Deutschland alle die Aufgabe und die Verpflichtung haben. In diesem Geist lassen Sie uns heute Nachmittag an unsere Arbeit gehen, die ein Beitrag sein soll, der Not zu steuern und dem Frieden zu dienen. Unverrückbar steht vor uns das Ziel: Wohlfahrt für Alle, Friede und Freiheit!

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Β Nichtöffentliche Plenarsitzung vom 11./12. 2 . 1 9 4 9 im Bürgermeistersaal [Beginn: 11. 2. 1949, 15.00 Uhr] [1. Begrüßung] Bgm. Brauer heißt die Herren willkommen und dankt für ihr Erscheinen. Die vorläufige Tagesordnung wird ohne Diskussion angenommen 10 . [. . .] [2. Rückkehr der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion] SenPräs. Kaisen [knüpft an den Appell Brauers aus der Eröffnungssitzung an und beschreibt die Entwicklung der Kriegsgefangenenfrage seit Kriegsende.] Ausgehend von dem Ersuchen Bremens vom 26. 10. 1945 an den konstituierten Länderrat, Material zusammenzustellen und bei den Amerikanern für das Los der Kriegsgefangenen einzutreten11, schildert er die Stellungnahme des Länderrates vom 26. 1. 194712 und die Mitteilung der Amerikaner, daß der Antrag genehmigt sei, soweit es sich um Kriegsgefangene in der Obhut der Vereinigten Staaten handelt. Die Entlassung wurde zugesagt bis spätestens zum Juli 194713. Der Länderrat hat am 20. 3. 1947 erneut die amerikanische Militärregierung um Feststillung gebeten, zu welcher Zeit und mit welcher Zahl mit der Entlassung der Kriegsgefangenen aus Rußland zu rechnen ist14. Die Stellungnahme der Gouverneure 15 vom August war, daß dies Angelegenheit der Großmächte und nicht der alliierten Kontrollbehörden sei16. Die Chefs der deutschen Länderregierung sind in München nochmals an die Großmächte herangetreten, um in Anbetracht des Bürgerrechts und aus Fragen der Menschlichkeit in dieser Frage zu intervenieren17. Daraufhin erfolgte die Mitteilung vom 17. 9. 1947 an den Länderrat,

10

Lediglich die Reihenfolge der TOPs wurde geändert.

11

Vgl. Akten zur Vorgeschichte 1, Dok.Nr. 17 B . Danach behandelte der L R der US-Zone den Antrag auf Freilassung sämtlicher Kriegsgefangener bei allen Gewahrsamsmächten erstmals am 2. 4. 1946.

12

Gemeint ist wahrscheinlich der Beschluß des L R der US-Zone vom 3. 12. 1946 (Akten zur Vorgeschichte 1, Dok.Nr. 45 B , TOP 3), die amerik. MilReg. zu bitten, „die alliierten Mächte, in deren Gewahrsam sich deutsche Kriegsgefangene befinden, zu ersuchen, die deutschen Kriegsgefangenen möglichst bald in ihre Heimat zu entlassen".

13

Die Stellungnahme des R G C O zum Beschluß vom 3. 12. 1946 (vgl. Anm. 12) datiert vom 16. 1. 1947 (Z 1/ 215, Bl. 3-4).

14

Aufseiner 26. Tagung vom 6. 3. 1947 hatte das Direktorium des L R beschlossen (Prot, in: Ζ1/155, Bl. 33), die amerik. MilReg. um Stellungnahme darüber zu bitten, „mit welcher Zahl von zur Entlassung kommenden weiblichen Kriegsgefangenen aus Rußland zu rechnen ist". Ein entsprechender Antrag des Flüchtlingsausschusses vom 28. 2. 1947 für männliche Kriegsgefangene (ebenda, Bl. 6) war auf der 27. Tagung vom 20. 3. 1947 (ebenda, Bl. 3) zurückgestellt worden.

15

Handschr. eingefügt „der Gouverneure" - gemeint ist wohl das R G C O (vgl. Anm. 16).

16

Mit Schreiben vom 10. 4. 1947 (Z 1/205, Bl. 107) hatte das R G C O zum Antrag des Direktoriums vom 6. 3. 1947 Stellung genommen und dabei betont, daß die Frage der Freilassung von Kriegsgefangenen „nach wie vor Angelegenheit der in Frage stehenden Gewahrsamsmächte" sei. Die Frage falle in den Aufgabenbereich der alliierten Kontrollbehörde. Die MilReg. sei sich durchaus der vielfältigen Probleme bewußt.

17

Siehe Akten zur Vorgeschichte 2, Dok.Nr. 32 A , TOP 2.

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Nr. 10B

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M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n k o n f e r e n z in H a m b u r g

daß alle Kriegsgefangenen bis Ende 1948 entlassen und zurückgeführt werden sollten18. Das war das Echo auf München. Erneut trat das Direktorium des Länderrats am 29. 1. 1948 mit der Bitte an die amerikanische Militärregierung heran, durch die Vereinigten Staaten und den Kontrollrat darauf hinzuwirken, daß die Rücksendung der Kriegsgefangenen vorgenommen und daß Angaben über Todesfälle gemacht werden sollten". Die Mitteilung des RGCO vom 31. 8. 1948 an den Länderrat besagt, daß 630 000 Kriegsgefangene aus Rußland zur Entlassung kämen20. Der Antrag des Länderrates vom-6. 2. 1948 ging darauf hinaus, die Entlassungen der Kriegsgefangenen zu verstärken21, da sonst der auf der Moskauer Konferenz zugesagte Termin nicht eingehalten werden könnte22. Die große Zahl der Kriegsgefangenen käme sonst nicht zurück. Die Landesparlamente haben sich mit der Frage befaßt, die Rücksendung der Kriegsgefangenen zu erreichen oder aber deren Los zu erleichtern. Diese Appelle haben wieder eine bestimmte Wirkung gehabt, und zwar ist am 9. 3. 1948 von der RGCO mitgeteilt worden, daß erwogen werde, den Alliierten nahezulegen, solche Maßnahmen durchführen zu lassen23. Es bestand am 7. 10. 1948 die ernste Befürchtung, daß bei diesem Tempo bis zum 31. 12. 1948 die Heimführung der Kriegsgefangenen nicht gewährleistet ist. [. . .] Eine neue Entschließung vom Direktorium des Länderrates enthielt die Empfehlung24, ein gemeinsames Schreiben an General Clay in der Kriegsgefangenenfrage zu richten, das am 9. 8. 1948 von Seiten der Ministerpräsidenten abgeschickt und wobei wiederum auf die Schwierigkeit der Einhaltung des Termines hingewiesen wurde25. Die westlichen Alliierten haben daraufhin nun eine gemeinsame Note an die Sowjetregierung gerichtet mit dem

18

Z 1/205, Bl. 82.

19

Ein entsprechender Antrag des Ausschusses für Kriegsgefangenenfragen vom 16. 1. 1948 (Z1/160, Bl. 180) wurde vom Direktorium des LR der US-Zone auf seiner 53. Tagungvom29. 1. 1948 (Prot, ebenda, Bl. 157) angenommen. Der LR stimmte ihm auf seiner 29. Tagung vom 3. 2. 1948 zu (vgl. Anm. 21).

20

Eine Mitteilung dieses Inhalts konnte nicht ermittelt werden. Das R G C O war bereits am 1. 7. 1948 aufgelöst worden (Härtel, Länderrat, S. 95). Am 19. 10. 1948 hatte O M G U S indes dem Koordinierungsbüro der Länder eine Mitteilung über die Entlassung der Kriegsgefangenen aus Polen, Jugoslawien und der Tschechoslowakei gemacht (Z 1/80, Bl. 81).

21

Der Antrag der LR der US-Zone vom 3. 2. 1948 (Z 1/211, Bl. 248-249) enthielt das Ersuchen an den amerik. Vertreter im Alliierten Kontrollrat, alle alliierten Mächte zu ersuchen, Angaben über die Rücksendung der deutschen Kriegsgefangenen sowie über die in der Kriegsgefangenschaft verstorbenen Personen zu machen.

22

Aufgrund der auf der Moskauer Außenministerkonferenz am 23. 4. 1947 abgeschlossenen Vereinbarung sollte die Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen bis zum 31. 12. 1948 abgeschlossen sein (Foreign Relations 1947/11, S. 382).

23

Mit Schreiben vom 9. 3. 1948 antwortete das R G C O auf den Antrag vom 3. 2. 1948 (vgl. Anm. 21). Darin wurde erneut festgestellt (Z 1/80, Bl. 409), daß Verhandlungen in diesen Angelegenheiten nicht in den Arbeitsbereich der MilReg. fallen; auf Regierungsebene würde das Problem allerdings erwogen.

24

Zuvor hatte der Ausschuß für Kriegsgefangenenfragen am 8. 11. 1948 beschlossen (Härtel, Länderrat, S. 156), den MinPräs. vorzuschlagen, in dieser Angelegenheit bei Gen. Clay vorstellig zu werden. Am 9. 11. 1948 stimmte das Direktorium dieser Anregung zu (Prot, in: Ζ 1/164, Bl. 88).

25

Das von Ehard, Kaisen, Maier und Stock unterzeichnete Schreiben an Clay, in dem die amerik. Regierung gebeten wird, das ungewisse Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen auf der am 8. 12. 1948 beginnenden Plenarsitzung der Vereinten Nationen zur Sprache zu bringen, datiert vom 19. 11. 1948 (Z1/80, Bl. 61-63).

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M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n k o n f e r e n z in H a m b u r g

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Hinweis, daß die russischen Kriegsgefangenen nicht zum bestimmten Termin entlassen worden seien26. Bei der letzten Konferenz mit General Clay in Frankfurt wurde wieder auf dieses Thema hingewiesen. Er hat erwidert, daß sich in dieser Frage die deutschen Stellen rühren müßten, da das Kriegsgefangenenproblem öffentlich behandelt werden sollte vom Standpunkt der Menschlichkeit aus usw. Es sollten lediglich keine Angriffe gegen eine Besatzungsmacht erfolgen 27 . Durch diese Maßnahmen wollte General Clay einen großen moralischen Druck hinter seine Bemühungen bekommen. Dies zu'organisieren ist unsere Aufgabe, die wir jetzt in Angriff nehnjen müssen. Wir müssen jetzt an alle deutschen Stellen und darüber hinaus an alle Organisationen der Welt, die den Anspruch erheben, Menschenrechte zu vertreten, herantreten, müssen ihnen das Material, was wir zusammentragen, unterbreiten, um aus den Leiden der Kriegsgefangenen und deren hiesigen Angehörigen dieses Problem sprechen zu lassen, damit wir die Welt aufrütteln, endlich diese Frage zu bereinigen. Nach russischen Wehrmachtberichten sollten 2i4 Millionen Kriegsgefangene damals interniert worden sein. Nach heutigen russischen Angaben sollen es noch 300 000 sein. Die Ziffern der Vermißten sind demgegenüber unerhört hoch. Die Forderung, hier Klarheit zu schaffen, tritt immer mehr zutage28. Ein eben eingegangenes Schreiben enthalte die Nachricht, daß noch über 1000 ehemalige deutsche Kriegsgefangene in Jugoslawien völlige Ungewißheit herrsche 29 . Es sei wesentlich, diese Frage bei der Beratung der Angelegenheit mitzubehandeln. SenPräs. Kaisen [schlägt die Einsetzung eines dreiköpfigen Ausschusses vor, der eine entsprechende Entschließung ausarbeiten soll. Durch Zuruf werden dann jedoch Kaisen, Spiecker, Haas und Haberer benannt 30 .] [3. Westdeutsche Grenzfragen] MinPräs. Altmeier [berichtet, daß im Anschluß an die Empfehlungen der Konferenz der sechs Mächte vom 7. 6. 1948 in London, Vorschläge über „bestimmte geringfügige

24

Note der Regierungen der drei westlichen Besatzungsmächte an die Regierung der Sowjetunion vom 6. 1. 1949 in: Die Neue Zeitung vom 6. 1. 1949; siehe auch das Memorandum des DBfF vom April 1949 „Das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion" in: Ζ 35/489.

27

Vgl. Dok.Nr. 7, T O P 8.

28

Nach einer Verlautbarung des Ausschusses für Kriegsgefangenenfragen des Länderrats der US-Zone vom 5. 1. 1949, die sich auf Erhebungen in den Ländern Bayern, Bremen, Hessen und Württemberg-Baden stützte, war der Verbleib von 1,5 Millionen Vermißten im Ostraum ungeklärt. Die Zahl der in der Sowjetunion befindlichen Kriegsgefangenen sei nicht exakt zu ermitteln. Nach den vorliegenden Unterlagen wurde die Zahl der am 31. 12. 1948 in sowjetischem Gewahrsam befindlichen deutschen Kriegsgefangenen mit mindestens 350 000 angegeben (vgl. die umfangreiche und detaillierte Analyse des D B f F vom April 1949 in: Ζ 35/489).

29

Nachdem am 23. 1. 1949 der letzte offizielle Kriegsgefangenentransport gemäß dem Plan der jugoslawischen Regierung vom 5. 11. 1948 in Deutschland eingetroffen und in 24 Transporten insgesamt 36 330 Kriegsgefangene in die Heimat zurückgekehrt waren, erklärte die jugoslawische Regierung, daß die Rückführung der Kriegsgefangenen abgeschlossen und somit das Moskauer Abkommen vom April 1947 erfüllt sei. Sie behalte lediglich etwa 1300 deutsche und österreichische Kriegsgefangene zurück, die Kriegsverbrechen beschuldigt oder als Zeugen benötigt würden (Z 35/487 und 488).

30

Zu der von diesem Ausschuß ausgearbeiteten Entschließung siehe Dok.Nr. 10 C.

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Berichtigungen der Grenzen Westdeutschlands zu unterbreiten"31, ein Sechserausschuß vor zwei Wochen in einer Verlautbarung festgestellt habe, daß die vorgelegten Vorschläge als begründet anzusehen seien32.] Diese Nachricht war im Westen Deutschlands alarmierend, insbesondere weil es sich keineswegs um Berichtigungen oder Begradigungen handelte, sondern zum großen Teil und vor allem hinsichtlich der luxemburgischen Ansprüche33 um ausgesprochene Annexionsabsichten. Der Landtag von Rheinland-Pfalz hat die Regierung beauftragt, die Konferenz der Ministerpräsidenten mit diesen Fragen zu beschäftigen34, weil man im Lande Rheinland-Pfalz auf dem Standpunkt steht, daß eine solche Frage nicht Angelegenheit des einzelnen Landes sein kann, sondern daß es eine Frage des gesamtdeutschen Volkes darstellt. [. . .] Die heutigen Grenzen Deutschlands und Luxemburgs sind durch die Natur vorgeschrieben. Sie decken sich mit dem Lauf der Mosel, der Somme und der Ur. Insofern kann von einer Berichtigung oder Begradigung nicht gesprochen werden, sondern jede Veränderung würde im Gegenteil die Grenzen unnatürlich erscheinen lassen. Nach einem Memorandum vom 27. 11. 194635 sollten insgesamt 544 qkm aus den Grenzkreisen Prüm, Bitburg und Saarburg gefordert werden. Diese Fläche wäre etwas mehr als Ys der heutigen Größe Luxemburgs. Die Bevölkerung des betroffenen Gebietes umfaßt 31 188 Personen. Das wiederum sind mehr als 10% der heutigen luxemburgischen Bevölkerung.

31

Schlußkommuniqu6 vom 7. 6. 1948 zur Londoner Deutschlandkonferenz (Foreign Relations 1948/11, S. 315) "IV. Provisional Territorial Arrangements The delegations have agreed to submit for the consideration of their governments for dealing with certain minor provisional territorial adjustments in connection with the western frontiers of Germany".

32

In ihrer Ausgabe vom 13. 1. 1949 berichtete die Neue Zeitung, indem sie sich auf einen Bericht der Nachrichtenagentur DENA/Reuter stützte, daß der Sechsmächteausschuß seine Empfehlungen zur Berichtigung der deutschen Westgrenze den Regierungen der U S A , Großbritanniens, Frankreichs und der Benelux-Staaten überreicht habe. „Zuverlässigen Kreisen" zufolge hatte sich der Ausschuß nur mit einer Anzahl geringfügiger Grenzforderungen Belgiens und Luxemburgs beschäftigt, während Holland seine Ansprüche anläßlich der Friedensvertragsverhandlungen mit Deutschland zur Sprache bringen wollte .Dies deutete an, daß die holländischen Forderungen weiter gesteckt waren, als die Aufgabe des Ausschusses definiert war. Demgegenüber hieß es, daß die Empfehlungen von der britischen Regierung und den Regierungen der Benelux-Staaten gebilligt worden seien, während die Haltung der französischen und amerikanischen Regierung noch nicht bekannt sei. Die spätere Vertagung weiterer Gespräche sowie die Nichterwähnung der Vereinigten Staaten als sechste Macht, die den Grenzberichtigungen zugestimmt habe (Europa-Archiv 1949, S. 1882), weist daraufhin, daß hier ein wesentlicher Widerstand gegen zu weitgehende Grenzkorrekturen anzusiedeln war, hatte sich doch Außenminister Byrnes am 6. 9. 1946 in Stuttgart prononciert gegen Grenzveränderungen im Westen ausgesprochen (Europa-Archiv 1946, S. 261 ff.). Siehe hierzu auch Schreiben des D B f F an das StMin. Württemberg-Baden vom 29. 1. 1949in: HStA Stuttgart E A 1/16-528.

33

Zu den luxemburgischen Gebietsansprüchen, die in einem Memorandum vom 27. 11. 1946 in New York den Vertretern der vier Großmächte unterbreitet worden waren, siehe Ζ 35/505, Bl. 57-58 und 502, Bl. 126-132. Die deutsche Stellungnahme hierzu geht aus einem Memorandum hervor, welches das D B f F für Pünder erarbeitet hatte und das zur Weiterleitung an B I C O bestimmt war (siehe Eberhard an Pünder vom 11. 8. 1948 mit Anlagen in: Ζ 35/185, Bl. 71-73).

34

Diesen Beschluß hatte der Landtag des Landes Rheinland-Pfalz im Anschluß an eine Erklärung von Altmeier am 18. 1. 1949 gefaßt (Landtag Rheinland-Pfalz, Sten. Ber., 1. Wahlp., 47. Sitzung, S. 1196 ff.). In zwei gleichlautenden Schreiben an Stock und Brauer vom 20. bzw. 21. 1. 1949 (StA Hamburg SenK. II, 000.21-13, Bd. 1, Nr. 14 und Nr. 6) hatte Altmeier angekündigt, daß er beabsichtige, die Grenzfrage auf der Konferenz zu erörtern. Seinen Schreiben fügte er eine Abschrift seiner Rede vom 18. 1. 1949 sowie den Entwurf einer Resolution bei.

35

Vgl. Anm. 33.

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Ministerpräsidentenkonferenz in H a m b u r g

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Luxemburg soll zwar inzwischen einen Teil der Forderungen fallen gelassen haben36. Amtliche Mitteilungen darüber liegen jedoch nicht vor. Es läßt sich vielmehr klar erkennen, daß die Ansprüche Luxemburgs, die mit Wiedergutmachung begründet werden, ausgerichtet sind auf die Inbesitznahme der Bahnlinie Trier - Diedenhofen Metz - Paris. Es handelt sich im weiteren um das Gebiet der Kreise Ur - Bitburg Prüm, um hier ein großes Kraftstromwerk 37 zu errichten. Aus Verlautbarungen Luxemburger Persönlichkeiten steht fest, daß es sich hierbei um einen Lieblingsgedanken eines luxemburgischen Ministers handelt, der dabei unterstützt wird von Forderungen und Absichten amerikanischer kapitalistischer Kreise. [. . .] Bei der Gelegenheit muß ausdrücklich festgestellt werden, daß die Bevölkerung der betreffenden Kreise urdeutsch ist und von Luxemburg nichts wissen will. Es handelt sich auch um keine Minderheit oder Mehrheit, sondern um urdeutsche Bevölkerung38. Ebenso will die luxemburgische Bevölkerung von solchen Plänen nichts wissen, da sie sich sagt, daß sie durch „Preußen" nicht verwässert werden will. Die größte Sorge der Grenzbevölkerung ist die, daß bei etwaigen Gebietsabtretungen sogar die Bevölkerung evakuiert39 werden würde. Es steht darüber hinaus fest, daß Frankreich an der Verwirklichung solcher Pläne nicht interessiert ist. Dies haben die maßgebenden französischen Stellen klar zum Ausdruck gebracht. [. . .] Bei unserem Treffen der vier Herren in Bonn40 waren wir der Auffassung, daß unbedingt sofort ein Schritt der Konferenz der Ministerpräsidenten notwendig wäre, wenn die Beschlüsse des Sechserausschusses noch irgendwie beeinflußt werden sollten. Die Sitzung des Ausschusses hat inzwischen nicht stattgefunden, sondern ist vertagt worden41. Aus diesem Grunde würde ich, soweit es sich um Luxemburg handelt, die dringende Erwartung aussprechen, daß die heutige Konferenz ausgeht von der Formulierung in den Londoner Empfehlungen, bei der es sich zeigt42, daß im Falle Luxemburg nicht von Berichtigungen und nicht von Begradigungen gesprochen 36

Laut dpd-Meldung vom 11. 2. 1949 hatte sich der Sozialist und Vizepräsident der Luxemburgischen Abgeordnetenkammer, Hubert Clement, auf mehreren Kundgebungen seiner Partei in luxemburgischen Grenzorten gegen die Annexion deutscher Gebiete ausgesprochen und auf einer Kreiskonferenz der SPD Trier-Land behauptet, daß die Mehrheit der Luxemburgischen Abgeordnetenkammer und der Bevölkerung des Großherzogtums die gleiche Ansicht vertrete (vgl. DBfF, Material zu der angekündigten Änderung der deutschen Westgrenze, zur Frage einer Volksabstimmung und zur Frage des Optionsrechts vom 21. 2. 1949 in: Ζ 35/186, Bl. 61-62).

37

An der Ur-Talsperre.

38

In ihrem Memorandum vom 27. 11. 1946 hatte die luxemburgische Regierung die Auffassung vertreten, daß die geforderten Gebietsteile nur etwa ein Fünftel des durch den Wiener Vertrag von 1815 Luxemburg genommenen und Preußen zugesprochenen Territoriums bildeten. Von Annexion könne daher nicht gesprochen werden. Im Gegenteil sei dies als Wiedervereinigung anzusehen, zumal alle betroffenen Einwohner, etwa 20-30 000, luxemburgisch sprächen und den politischen und wirtschaftlichen Anschluß an Luxemburg wünschten.

39

Handschr. ersetzt aus: herausgejagt.

40

Am 4. 2. 1949 waren Arnold, Altmeier, Kopf und Stock mit Adenauer und Vertretern des Pari. Rats in Bonn zusammengetroffen, um über den Stand der Beratungen zum G G und zum Wahlgesetz zu beraten. Der Bericht für Stock (StA Hamburg SenK. II, 000.21-13, Bd. 1, Nr. 13) enthält jedoch keine Ausführungen zur Frage der Westgrenzen.

41

In einem Schreiben an die SenK. Hamburg vom 29. 1. 1949 (ebenda, Nr. 15 a) Schloß das D B f F aus der Tatsache, daß sich der Ausschuß am 24. 1. 1949 vertagt hatte: „Offensichtlich sind sich die Westmächte über die vorzunehmenden Änderungen der deutschen Westgrenze selbst noch nicht einig". Die Vertagung war auf amerikanische Initiative erfolgt (Europa-Archiv 1949, S. 1930).

42

Handschr. verbessert aus: „der Londoner Empfehlung, bei denen herausgestellt wurde".

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werden kann, sondern von klar erkannten Annexionsabsichten zur Verwirklichung wirtschaftlicher Ziele und daß das mit dem anerkannten Völkerrecht im Widerspruch stünde. MinPräs. Altmeier [verliest folgende in Bonn43 vorformulierte Erklärung:] Die Auferlegung von Grenzveränderungen, die durch einseitige Verfügung der interessierten Mächte erfolgt, und die nicht durch den frei geäußerten Willen der betroffenen Bevölkerungsteile gutgeheißen wird, steht im Widerspruch zu dem feierlich proklamierten Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die Ministerpräsidenten können auf keinen Fall anerkennen, daß Wiedergutmachungen durch Gebietsannexionen, gleich welchem Umfangs, erfolgen. Sie sind vielmehr der Auffassung, daß Schwierigkeiten wirtschaftlicher und verkehrstechnischer Art, wie sie sich aus der derzeitigen Grenzziehung an einzelnen Stellen ergeben, jederzeit durch freie Vereinbarung der beteiligten Regierungen behoben werden können. [...] MinPräs. Arnold kann als zweiter Referent zum Thema der westdeutschen Grenzfragen im wesentlichen das gleich ausführen, dieses Mal die Forderungen Belgiens und Hollands betreffend". Es handelt sich auch hier um wirtschaftliche und geografische Annexionen der beiden Länder, bei denen sich aber nun der Gedanke mehr und mehr durchsetzt, daß man von solchen Grenzberichtigungen abkommen will45. Diese Tatsache dürfte auf eine holländische Anregung zurückzuführen sein. Nach Meinung des Referenten scheint die Lage der Dinge so zu sein, daß das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. MinPräs. Arnold schlägt vor, daß die Konferenz sich mit diesen Fragen hauptsächlich in bezug auf die wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Dinge befassen soll, daß die Angelegenheit aber nur4* auf dem Wege gegenseitiger Verträge gelöst werden kann. Damit würde man auch der Stimmung Hollands, Belgiens und auch Luxemburgs gerecht. Mit der Formulierung der Entschließung ist der Redner einverstanden mit dem Hinweis, daß unmittelbare Verhandlungen über die Militärregierungen47 mit den

43

Vgl. Anm. 40. Am Textrand befindet sich an dieser Stelle ein Fragezeichen und der handschr. Vermerk ,,B[itte] klären".

44

Die belgische Regierung hatte ihre Forderungen in einem Memorandum vom 14. 11. 1946, vorgebracht (franz. Wortlaut in: Ζ 35/505, Bl. 10-11, deutsche Übersetzung in: Z35/501,38-46, deutsche Stellungnahme in: Ζ 35/185, Bl. 82-83). Die Ansprüche der niederländischen Regierung sind in drei Memoranden vom 5.11.1946,14.1. und 25.1.1947 enthalten (franz. Wortlaut in: Ζ 35/505, Bl. 69-89, deutsche Übersetzung in: Ζ 35/503, Bl. 44-151, deutsche Stellungnahme in: Ζ 35/185, Bl. 76-81).

45

Während die belgischen Gebietsforderungen gering waren und noch am ehesten als verkehrstechnische Korrekturen angesehen werden konnten, strebten die Niederlande weitreichendere Territorialgewinne an, die in starkem Maße - wie im Falle der Öl-Vorkommen im Emsland - ökonomisch motiviert waren. Die Regierungen Großbritanniens und der USA verhinderten jedoch umfangreiche Gebietsabtretungen, indem sie auf Einhaltung der Londoner Empfehlungen bestanden. Auch der massive deutsche Widerstand, wobei sich über die deutschen Ländergrenzen hinweg der sogenannte „Bentheimer Grenzlandausschuß" (siehe HStA Düsseldorf N W 53-543 und 544) hervortat, hat zu dieser Entwicklung beigetragen. Letztlich konnten allerdings umfangreiche Grenzveränderungen vor allem gegenüber Holland nicht verhindert werden (vgl. Ζ 35/188 und 189; Menzel, Deutsche Westgrenze; Menzel, Rechtsgutachten).

46

Handschr. korrigiert aus: „am günstigsten".

47

Handschr. inseriert: „über die Militärregierungen".

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beteiligten Regierungen angebahnt werden sollten, da die Länder nicht direkt im Wege der vertraglichen Regelung Vereinbarungen treffen können48. MinPräs. Kopf fügt ergänzend hinzu, daß wiederholt Gelegenheit gegeben war, bei Besprechungen mit den Herren Clay und Robertson die Frage der Grenzberichtigungen anzuschneiden. Bei der letzten Zusammenkunft ist von beiden zugesagt worden, daß eine Veröffentlichung der in Aussicht genommenen Grenzberichtigungen nicht erfolgen solle, ohne daß die Ministerpräsidentenkonferenz vorher genaue Kenntnis der beabsichtigten Veränderungen 4 ' erhält und ohne daß uns die Möglichkeit gegeben würde, dazu Stellung zu nehmen50. MinPräs. Kopf ist aber der Meinung, doch zu dieser Frage grundlegend Stellung zu nehmen, da auch Niedersachsen in den Fällen Bentheim, Emden und Borkum betroffen ist51. Dem Entwurf des MinPräs. Arnold52 stimmt der Redner inhaltlich zu. Die Überweisung an eine Kommission, die die endgültige Formulierung einer Entschließung finden soll, hält er jedoch für angebracht. Als nächster Redner zu diesem Thema bringt MinPräs. Lüdemann zum Ausdruck, daß er die Gefahr von Gebietsabtretungen für Schleswig-Holstein im Augenblick als gebannt ansehe. Zur Zeit handele es sich nur um Plänkeleien wegen Minderheitsproblemen auf beiden Seiten53. Die vorgetragenen Anschauungen wurden von ihm

48

Zunächst hatte Arnold in einem Fernschreiben an Brauer vom 4. 2. 1949 (StA Hamburg SenK. II, 000.21-13, Bd. 6, Nr. 23) die Auffassung vertreten, daß es im Hinblick auf die für den 8. 2. 1949 zu erwartende Veröffentlichung der Beschlüsse des Sechsmächteausschusses unmöglich sei, eine Entschließung bis zur Konferenz der MinPräs. zurückzustellen. Es müsse vielmehr sofort eine Erklärung der MinPräs. der Westzonen veröffentlicht werden. Einen Textvorschlag für eine solche Erklärung fügte Arnold bei. Darin heißt es u. a.: „Eine Auferlegung von Grenzveränderungen, die durch einseitige Verfügung der interessierten Mächte erfolgt und die nicht durch den [. . .] frei geäußerten Willen der betroffenen Bevölkerungsteile gutgeheißen wird, steht im Widerspruch zu dem feierlich proklamierten Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die Ministerpräsidenten sind der Auffassung, daß die Abstellung berechtigter Beschwerden wirtschaftlicher und verkehrstechnischer Natur durch eine freie Vereinbarung mit den beteiligten Regierungen jederzeit möglich ist. Auf keinen Fall können sie anerkennen, daß Wiedergutmachung durch Gebiets-Annexionen erfolgen". Mit Fernschreiben vom 5 . 2 . 1949 (ebenda, Nr. 25) zog Arnold diesen Vorschlag jedoch zurück. Es könne damit gerechnet werden, daß die Öffentlichkeit unterrichtet werde.

49

Handschr. korrigiert aus: „Planungen".

50

Vgl. Dok.Nr. 7, T O P 5.

51

Vgl. Menzel, Deutsche Westgrenze, S. 2503.

52

Vgl. Anm. 48.

53

Auf Gebietsabtretungen hatte die dänische Regierung in ihrem Memorandum vom 5. 2. 1947(Z35/505,B1. 33-39; Ζ 35/501, Bl. 127-159) zwar verzichtet, jedoch einen weitgehenden Schutz der Rechte nichtdeutscher Bevölkerungsteile, insbesondere des dänischen, in Südschleswig gefordert und dabei die verwaltungsmäßige Trennung von Schleswig und Holstein sowie die Aussiedlung der Flüchtlinge aus diesem Gebiet, um „die rechtmäßigen Interessen der einheimischen Bevölkerung zu sichern", in den Vordergrund gestellt. Da aber die britische Regierung einer Erklärung Außenminister Bevins folgend eine verwaltungsmäßige Trennung Südschleswigs von Holstein weder für ratsam noch für annehmbar erachtete und der dänischen Regierung eine entsprechende Mitteilung übersandt hatte (vgl. Frankf. Rdsch. vom 4. 2. 1949), konnte nur noch ein Minderheitenschutz zur Diskussion stehen, wie er in der Zwischenkriegszeit durch den Abschluß von beiderseitigen Staatsverträgen bestanden hatte. Die Kieler Regierung wünschte, hieran das Problem der deutschen Minderheit in Nordschleswig anzubinden und strebte daher direkte Verhandlungen mit der dänischen Regierung an, die diese jedoch anläßlich einer Konferenz zwischen dänischen Politikern und Vertretern der britischen Regierung im Oktober 1948 in London unter Hinweis auf die fehlenden Souveränitätsrechte der Landesregierung ablehnte. Vereinbart wurde jedoch die Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen der dänischen Minderheit und der Kieler Regierung. In seiner Neujahrsrede vom 4. 1. 1949 bekräftigte der dänische Ministerpräsident Hedtoft diese Haltung (vgl. DBfF, Die Forderungen der dänischen Minderheit in Südschleswig vom 28. 1. 1949 in: Ζ 35/187, Bl. 142-152).

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Prot.

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11./12. 2. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg

unterstützt. Der Redner legt jedoch besonderen Wert darauf, die Forderung zu erheben, daß, falls Veränderungen stattfinden, diese nur auf der Basis der Gegenseitigkeit durchgeführt werden könnten, ganz .gleich, wie groß sie sind. Die Frage der gegenseitigen Verständigung müsse unter allen Umständen in den Vordergrund treten. StPräs. Wohleb schildert den Fall Kehl, in welchem von verschiedenen französischen Politikern, zuletzt von Außenminister Schuman, in einem Interview betont wurde, daß keine Annexionen beabsichtigt seien. Dadurch sei das Land Baden zur Zeit außer Sorge, lediglich der Hafen von Kehl stelle noch eine Schwierigkeit darS4. Gerade wegen dieser prekären Frage legt auch StPräs. Wohleb Wert auf die Entstehung der geplanten Entschließung. WiMin. Veit gibt zu bedenken, ob nicht zweckmäßigerweise der Friedensvertrag auf diese Fragen ausgerichtet werden solle, da jetzt doch nur trizonale Abmachungen getroffen werden könnten, die in der Ostzone als Argument und als etwaiges Recht dienen könnten, Gebietsabtretungen wesentlich größeren Umfanges abzuleiten. MinPräs. Arnold hält eine Zurückstellung der Angelegenheit bis zum Friedensvertrag nach Lage der Situation in Belgien, Holland, Luxemburg und auch im Hinblick auf die englische Haltung55 nicht für angebracht. Er ist vielmehr der Meinung, uns auf den Standpunkt zu stellen, daß Grenzberichtigungen überhaupt nicht nötig seien, sofern keine wirtschaftlichen oder verkehrstechnischen Notwendigkeiten dazu zwingen, die im Wege der vertraglichen Abmachungen bereinigt werden könnten. [Zur Beratung der Entschließung wird eine fünfköpfige Kommission benannt, der v. Brentano, Danckwerts, Spiecker, Altmeier und Suchan angehören.] SenPräs. Kaisen [bezeichnet die Ausführungen Veits als den Kern der Dinge treffend.] Genausowenig wie die jetzigen deutschen Stellen, hätten die Alliierten - nach Meinung des Redners - das Recht, solche Fragen jetzt zu lösen, die an sich dem Friedensvertrag vorbehalten bleiben müßten. Vielmehr müsse von deutscher Seite aufgrund der verfassungsmäßigen Wahl ein Bevollmächtigter die Vertretung Deutschlands bei den Friedensverhandlungen übernehmen. Wir müßten immerhin darauf hinweisen, daß es gegen das Völkerrecht ist, jetzt in diesem Stadium solche Maßnahmen zu treffen. Wir seien nicht berechtigt, eine Entscheidung über alle diese Dinge jetzt zu treffen. MinPräs. Kopf gibt zu bedenken, daß man doch zwischen Grenzberichtigungen, also reinen Fragen der Zweckmäßigkeit und Gebietsabtretungen unterscheiden müsse. 54

Am 1. 2. 1949 hatte StPräs. Wohleb vor Pressevertretern in Freiburg erklärt, der franz. Botschafter und politische Berater von Gen. Koenig, Fran^ois-Poncet, habe ihm versichert, daß Kehl eine deutsche Stadt bleibe (Z 35/218, Bl. 57). Schwierigkeiten bereitete allerdings die franz. Forderung nach Bestätigung der Hoheitsrechte für die Hafenanlage von Kehl, die mit der Behauptung begründet wurde, daß dieser mit dem Hafen von Straßburg eine wirtschaftliche Einheit bilde. Deutscherseits wurden die verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Interessen Südbadens und Südwürttembergs gegenübergestellt (Z 35/185, Bl. 87-88). Indes waren die franz. Forderungen nicht in den Empfehlungen des Sechserausschusses enthalten, so daß Clay und Schuman am 20. 3. 1949 in Paris übereinkamen, dieses Problem zu einem späteren Zeitpunkt aufzugreifen (vgl. Telegr. Caffery an Secretary of State vom 22. 3. 1949 in: Foreign Relations 1949/III, S. 118). Anläßlich der Washingtoner Konferenz der Außenminister wurde der Status des Kehler Hafens dahingehend definiert, daß bis zur Gründung der Bundesrepublik und dem Abschluß bilateraler Verhandlungen die bestehende französische Hoheit erhalten bleiben, während die Stadt Kehl allmählich der deutschen Verwaltung wieder unterstellt werden sollte (Abkommen G der Washingtoner Beschlüsse, ebenda, S. 184).

55

Vgl. Anm. 53.

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Grenzberichtigungen gehören seiner Ansicht nach überhaupt nicht in einen Friedensvertrag hinein, und gerade im Westen sollte man eine solche Frage nicht mehr hochkommen lassen. Man sollte vielmehr schon vor einem Friedensvertrag solche Grenzberichtigungen vornehmen, bei denen die Grenze jetzt durch ein Haus oder über Straßenkreuzungen usw. führt. Dabei denkt MinPräs. Kopf vor allem daran, daß dann auch unsere Wünsche, auch wenn sie im Verhältnis 1 : 10 stehen, irgendwie Berücksichtigung finden müßten. In einem Punkt allerdings habe Min. Veit recht, wenn er sagt, zuständig dafür sei eine kommende Bundesregierung. Solange aber eine solche noch nicht vorhanden ist, müßten diese Dinge von anderer Stelle gefördert werden. Man müsse in solchen Fragen zu gegenseitigen Unterhaltungen kommen. Die dafür zuständigen Stellen seien aber nur diejenigen Länder, die von den betreffenden Grenzberichtigungen betroffen werden. Gerade dieser Punkt sollte auch sehr deutlich in der zu fassenden Resolution zum Ausdruck gebracht werden. Bgm. Brauer steht auf dem Standpunkt, daß für große territoriale Veränderungen von deutscher Seite kein Verhandlungsorgan vorhanden ist, daß aber auf der anderen Seite auch nach Meinung der beiden Militärgouverneure geringere Begradigungen aus Zweckmäßigkeitsgründen bereinigt werden müßten. Wir würden unsere Position aber nicht dadurch stärken, wenn wir jetzt warten würden, bis der Friedensvertrag oder eine autorisierte deutsche Stelle vorhanden ist. Es brauche sich bei solchen Grenzberichtigungsfällen nicht nur um für uns nachteilige, sondern auch um vorteilhafte Veränderungen handeln. Wir müßten unbedingt versuchen, mit den in Frage kommenden Ländern in ein Gespräch zu kommen, um zu erfahren, was die anderen Länder eigentlich wollen. Größere Veränderungen jedoch können wir nicht verantworten, wie Grenzberichtigungen überhaupt nur durch gemeinsame Verhandlungen und durch gegenseitiges Übereinkommen getroffen werden können. Im übrigen solle man aber diese Dinge der Kommission überlassen. MinPräs. Lüdemann stimmte schon aus dem Grunde den Ausführungen des Vorredners zu, um die Gefahr, daß etwas ohne unsere Mitwirkung geschieht, auszuschalten. Er hält jedoch Verhandlungen nur über die Besatzungsmächte für möglich. Bgm. Brauer bringt hierzu zur Kenntnis, daß die beiden Militärgouverneure sich bereit erklärt haben, sich in diese Frage einzuschalten, es sei immerhin zweckmäßig, uns überhaupt einzuschalten56. Der Vorsitzende [Bgm. Brauer] bittet die Mitglieder der Kommission, in der Entschließung zum Ausdruck zu bringen, daß wir die Militärgouverneure um Gehör und Intervenierung bitten möchten57. MinPräs. Lüdemann [. . .] IMin. Renner teilt die Probleme in politische und staatsrechtliche ein. Politisch teile er die hier vorgetragenen Auffassungen, daß man sich einschalten solle. Staatsrechtlich habe man dem Wesen nach zwischen Berichtigungen größeren und kleineren Umfanges zu unterscheiden, die jedoch immer mit der Abtretung deutschen Bodens verbunden seien. In den Länderverfassungen, Gemeindeordnungen usw. unterscheide man dies bereits zu einem großen Teil. Es heißt in verschiedenen Verfassungen, daß zu größeren Berichtigungen oder Abtretungen ein Gesetz erforderlich sei. Kleinere

56

Siehe die Zusicherung von Clay (Dok.Nr. 7, TOP 5), die Regierungen in London und Washington bittenzu wollen, die MinPräs. vorab in Kenntnis zu setzen.

57

Wortlaut der Entschließung: TOP 12.

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Berichtigungen hingegen seien möglich durch Vereinbarungen der Gemeinden und Verbände usw.58. Es wäre also im Einzelfalle zu prüfen, inwieweit die Länderverfassungen das Recht einräumen, Abtretungen vorzunehmen. Staatsrechtlich ist keine der Regierungen ermächtigt, Abtretungen deutschen Bodens gutzuheißen. D i e Meinung MinPräs. Lüdemanns sei also richtig, die Gouverneure hier um Vermittlung zu bitten. Das jedoch hindere uns nicht, uns einzuschalten und auf die bestehende Schwierigkeiten aufmerksam zu machen. Nach dieser Debatte wird die Weiterberatung des Tagesordnungspunktes der Kommission übergeben. [4. Ruhrstatut®] MinPräs. Arnold [betont, daß das Ruhrproblem eine gesamtdeutsche Angelegenheit sei. Vor allem müsse man geschlossen an die Öffentlichkeit treten, weil dies den westlichen Alliierten imponiere. A n dieser Stelle sollten vor allem der Schlußsatz des Ruhrstatuts und des Kommuniqu6s behandelt werden 60 .] D i e sechs Regierungen wollen durch die vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen verhindern, daß die Hilfsquellen der Ruhr jetzt wieder zu Aggressionsfällen verwendet werden. Die Errichtung der Ruhrbehörde könne eine Erneuerung auf dem Gebiete der internationalen Wirtschaftspolitik bedeuten 61 . Sie habe nicht nur die Aufgabe, die Ruhr wieder in den freien Wettbewerb der europäischen Industrien und auf dem Markt einzuschalten, sondern sie habe auch eine konstruktive Aufgabe zu erfüllen bei der Förderung der allgemeinen Wirtschaftssteuerung und bei der Wiederherstellung des internationalen Vertrauens. MinPräs. Arnold 62 [zitiert eine vom D B f F herausgegebene Schrift, welche in die Details des Ruhrstatuts einführe 63 . Eine Denkschrift des Landes NRW, die deutsche

58

Vgl. Art. 84 (2) und Art. 2 (2) der Verfassung für Württemberg-Hohenzollern vom 20. 5. 1947 in: RegBl. Württemberg-Hohenzollern 1947, S. 1.

59

Die Behandlung dieses T O P ging zurück auf eine Initiative von Arnold (Schreiben an Stock vom 7. 12. 1948 in: Ζ 12/74, Bl. 112-113), die von Lüdemann unterstützt worden war (Schreiben an Arnold vom 14. 12. 1948, ebenda, Bl. 111). A m 12. 1. 1949 hatte Arnold sein Anliegen auch Brauer vorgetragen, der sich einverstanden erklärte (StA Hamburg SenK. II, 000.21-13, Bd. 1, Nr. 5).

60

Es handelt sich um den abschließenden Punkt 18 des Kommuniqu6s zu dem Entwurf eines Abkommens über die Errichtung einer Internationalen Ruhrbehörde vom 28. 12. 1948, in welchem es heißt (EuropaArchiv 1949, S. 2198): „In der Vergangenheit sind die Hilfsquellen der Ruhr zu Angriffszwecken verwendet worden. Nach dem Entschluß der sechs Regierungen soll durch die oben erwähnten Sicherheitsmaßnahmen jede Wiederkehr einer solchen Lage verhindert werden". In der Einleitung zum Entwurf des Ruhrstatuts lautet die entsprechende Passage (ebenda, S. 2199): „Da die internationale Sicherheit und die allgemeine wirtschaftliche Gesundung erfordern, daß die Hilfsquellen der Ruhr zukünftig nicht für Angriffszwecke verwendet werden, sondern im Interesse des Friedens". Der Entwurf des Ruhrstatuts wurde auf der Außenministerkonferenz vom 6. - 8. 4. 1949 in Washington genehmigt (Foreign Relations 1949/III, S. 177).

61

Handschr. korrigiert aus: „Die Errichtung der Ruhrbehörde sei eine Erneuerung".

62

Im Prot, gestrichen sind die beiden Sätze Arnolds: „Ein weiterer etwas entwaffnend wirkender Satz als der vorhergehende ist noch in dem Statut enthalten, nämlich der, daß die Ruhrbehörde als weiterer Beitrag angesehen wird für eine enge wirtschaftliche Gemeinschaft zwischen den Ländern Europas. Nach logischer Denkweise heißt das wohl, daß auch die Gefahr bestehen könnte, daß die Ruhrbehörde unverzüglich ans Werk gehen könnte, tief einschneidende Maßnahmen zu treffen".

63

DBfF, Das Abkommen über eine Internationale Ruhrbehörde vom 28. 12. 1948, Eine Kommentierte Analyse, Stuttgart 1949 (Z 35/578, Bl. 35-87).

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Gegenvorschläge enthalte, sei in Vorbereitung 64 . Hierin zeige sich, wie weit sich die Alliierten inzwischen vom Morgenthau-Plan entfernt hätten.] Er stimme mit den Herren darin überein, daß es 1945 oder 1946 ausgeschlossen gewesen sei, ein Ruhrstatut zu bekommen, das trotz seiner Schwere immer noch annehmbar gewesen wäre. Der Zeitpunkt wird vom Referenten als wenig erfreulich herausgestellt65. Es könnte sein, daß im Rahmen einer westeuropäischen Verteidigungsorganisation66, die sich jetzt langsam vorbereitet, eine Regelung getroffen würde, die das Ruhrstatut für die Deckung des Friedensbedarfs Westeuropas durch die Produktion der Ruhr vorsieht, wodurch die Westmächte ihre Produktion ganz auf Kriegsproduktion konzentrieren könnten67. Auf das Bedenkliche einer solchen Situation weist MinPräs. Arnold ganz besonders hin. Der bekannte Frankfurter Prof. Krüger hat kürzlich in einer Eingabe daraufhingewiesen68, daß nach der neuesten völkerrechtlichen Entwicklung jede Produktion als Kriegsproduktion angesehen werden kann und daß daher jede Produktionsstätte Angriffsobjekt für Bomben, Ferngeschosse usw. sein kann. Wenn das zutrifft, so ergibt sich daraus, daß die Ruhr auch als Friedensprodukte herstellende Industrie eine Ausweitung der Rüstung der westdeutschen Länder darstellt und daß es sich damit in der Gefahr befindet, durch das Ruhrstatut Angriffsziel zu werden. Die Leidtragenden sind dabei wir selbst. Daher ist das Ruhrgebiet also wieder in höchster Gefahr. Es ist also notwendig, daß Deutschland insgesamt und insbesondere dem Ruhrgebiet von dem Gedanken der Sicherheit aus Rechnung getragen wird. Der Redner weist darauf hin, daß er nun einem Sachverständigenausschuß aus Gewerkschaftsvertretern den Auftrag gegeben habe, zunächst zu untersuchen, in welcher Weise eine Europäisierung der Schwerindustrie rechtlich formuliert werden kann. Der Ausschuß beschäftigt sich bereits eingehend mit diesem Problem, und es bestehe die Aussicht, daß ein guter Vorschlag ausgearbeitet werden kann69. Die Frage ist heute lediglich, wie diese Dinge durch die Konferenz behandelt werden sollen.

61

Das Abkommen über die Errichtung einer Internationalen Ruhrbehörde mit dem Wortlaut der dazugehörigen amtlichen Verlautbarungen. Englischer und französischer Text mit deutscher Übersetzung. Hrsg. v. der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen unter Mitwirkung des Deutschen Büros für Friedensfragen in Stuttgart. Düsseldorf 1949 (Z 12/74, Bl. 5-26).

63

Im Prot, gestrichen ist der Nachsatz: „weil er von einiger politischer Bedeutung ist".

66

Zu den Beratungen über den Nordatlantikvertrag, der am 4. 4. 1949 in Washington unterzeichnet wurde, siehe Deuerlein, Deutsche Geschichte, S. 156 ff.

67

Zum Problem einer deutschen Wiederaufrüstung siehe Richardson, Deutschland und die NATO, S. 22 f.

68

Herbert Krüger, Das Ruhrstatut, 1949.

69

Am 5. 1. 1949 war ein Sachverständigenausschuß für das Ruhrstatut in Düsseldorf eingerichtet worden, dem Gewerkschaftsvertreter des Bergbaus, der Eisen- und Stahlindustrie sowie Mitglieder der Landesregierung von NRW angehörten (Prot, der Besprechung in: HStA Düsseldorf NW 53-113, Bl. 55-65). Der Ausschuß habe die Aufgabe, die Landesregierung über die sich aus dem Statut ergebenden wirtschaftlichen und organisatorischen Entwicklungen zu unterrichten und zu beraten. Zur personellen Besetzung des Ausschusses siehe Vermerk der LandesK. vom 25. 1. 1949 in: HStA Düsseldorf NW 53-115, Bl. 15-16. Im Prot, wurde der nachfolgende Satz gestrichen: „Das hohe Haus werde letztlich um eingehende und praktische Vorschläge gebeten".

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Prot.

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Prot. Anlage

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Ministerpräsidentenkonferenz in H a m b u r g

MinPräs. Arnold [legt einen Entschließungsentwurf vor70.] Die Ministerpräsidenten bestätigen erneut, daß das R u h r p r o b l e m eine gesamtdeutsche Frage ist. In W ü r d i g u n g d i e s e r T a t s a c h e haben sie den Ministerpräsidenten von NordrheinWestfalen beauftragt, bis zur Einsetzung einer deutschen Bundesregierung treuhänderisch die Federführung in den mit d e m Ruhrstatut z u s a m m e n h ä n g e n d e n Fragen zu übernehmen. Sie sind der Auffassung, daß die durch das Ruhrstatut geschaffene Lage nur eine Übergangsregelung darstellen kann, die von einer gesamteuropäischen R e g e l u n g abgelöst w e r d e n muß. Sie treten der Auffassung bei, die der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen in dieser Hinsicht in seiner Landtagsrede v o m 11. Januar 1949 dargelegt hat".

Prot.

Anlage

Abschließend wird vom Referenten betont, daß man sich in England und in Frankreich mit den Problemen auseinandergesetzt habe und daß es erfreulich sei, nun entgegen der ursprünglichen leidenschaftlichen Ablehnung in Frankreich feststellen zu können, daß eine wirtschaftliche Neuorientierung in Frankreich beginne, durch die in der Tat eine wirtschaftliche Neuordnung Platz greifen könnte. Die Gespräche darüber seien im Gange. Es wäre gut, dieser Bewegung neue Anregungen zu geben. Für die Frage der damit im Zusammenhang stehenden Sicherheit wird von MinPräs. Arnold folgende Entschließung vorgeschlagen72: Das deutsche Volk erkennt den von der französischen R e g i e r u n g geltend g e m a c h t e n Anspruch auf Sicherheit an und ist bereit, ihn zu erfüllen, soweit dies in seiner M a c h t steht. In einer europäischen Union kann es jedoch keine einseitigen

Sicherheitsansprüche

geben. Der deutsche Sicherheitsanspruch ist daher gleichfalls eine legitime Forderung, die im Völkerrecht ihre B e g r ü n d u n g findet. Mit der faktischen A b e r k e n n u n g des Rechtes auf Selbstverteidigung durch die S i e g e r m ä c h t e muß aber Deutschland die Sicherheit zuerkannt werden, auf die es nach den Grundsätzen des Völkerrechtes einen unabdingbaren Anspruch hat. Prot.

Der Hinweis, daß etliche Kilometer vom Ruhrgebiet entfernt eine große Armee stehe, beendet die Ausführungen des Redners. SenPräs. Kaisen bringt zum Ausdruck, daß angesichts des völlig entwaffneten Deutschlands die militärische Erörterung dieser Frage etwas absurd klinge. Doch die

70

Arnold hatte den Entwurf den MinPräs. mit Schreiben vom 4. 2. 1949 zugeleitet (Z12/84, Bl. 137-138). Der Wortlaut wurde nicht im Prot, eingesetzt, sondern nachträglich aus der Liste der Entschließungen als Bl. 175 eingeheftet. Siehe auch den Entwurf einer Stellungnahme bayer. Provenienz vom 3. 1. 1949 in: Bayer. HStA München MA-Aktenabgabe 1976, Bd. 47, Az 11071, aus Bia 14.

71

Rede von Arnold in: Landtag Nordrhein-Westfalen, Sten. Ber. 1. Wahlp., 71. Sitzung vom 11. 1. 1949, S. 1355 ff.; vgl. auch die Neujahrsansprache von Arnold im Rundfunk in: Ζ 35/391, Bl. 1. Auch der HptA. des Pari. Rats hatte das Ruhrstatut erörtert (Pari. Rat. Verhandlungen des HptA, 31. Sitzung vom 7. 1. 1949, S. 373 ff.). Hierüber berichtete Leisewitz (Außenstelle des Büros d. MinPräs. in Bad Godesberg) mit Schreiben vom 7. 1. 1949 (Z 12/74, Bl. 62-67). Dabei hatte Adenauer zur Legitimation des Pari. Rats festgestellt, daß es Pflicht des Pari. Rats sei, den Einfluß des Ruhrstatuts auf das GG zu ermitteln, beschränke es doch die Vollmachten einer zukünftigen westdeutschen Regierung. Allerdings verzichte der Pari. Rat auf eine gemeinsame Stellungnahme, die den Fraktionen überlassen blieb. Dadurch sollte dem möglichen Vorwurf der MilReg. vorgebeugt werden, der Pari. Rat habe seine Kompetenz überschritten.

72

Der Wortlaut ist ebenfalls der Liste der Entschließungen entnommen und im Prot, als Bl. 177 nachgeheftet.

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Existenz des deutschen Volkes, seine Produktion und die Frage der eigenen Ernährung sei die eigentliche Frage für Deutschland, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen werden müsse. Die Frage müsse geprüft werden, ob damit Beschwernisse in der Ausgestaltung unserer Produktion zusammenhängen, denn politisch dazu Stellung zu nehmen, ist Frage der Bundesregierung. Für uns sei wichtig zu erfahren, wieweit wir davon berührt werden, Kohlen zu bekommen. Wir brauchten bestimmte Arten von Kohlen, deren Lieferungen für uns sichergestellt werden müßten. Ebenso werde natürlich die übrige Produktion und der Export und Import davon beeinflußt. Diese Fragen zu klären, habe er sich allerdings vergeblich bemüht, denn das Statut sei ein Labyrinth von Paragraphen. Der Redner schlägt vor, einer zu bildenden Kommission den Auftrag zu erteilen, Feststellungen zu treffen, wieweit sich das Statut hemmend auf die Produktion auswirkt. MinPräs. Arnold [erwidert,] daß noch nicht feststehe, wer Auskunft darüber geben könne. Es sei jedoch Vorsorge getroffen worden, sofort einzugreifen, um aufgrund internationaler Abmachungen Ergänzungen zu treffen. Außerdem sei man bereits praktisch an der Arbeit, um aus den Werken heraus sofort konkrete Vorschläge zu machen über die Kohle-, Eisen- und Stahlproduktion und dies in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaffen, den Bergarbeiterverbänden usw. Falls also die Behörde in Kraft gesetzt wird, sei es selbstverständlich, daß vom Land Nordrhein-Westfalen aus die entsprechenden Herren sofort unterrichtet werden über den Stand der Situation73. Es sind also von deutscher Seite aus alle nur erdenklichen Maßnahmen getroffen worden. Bgm. Brauer [regt wegen der alle deutsche Stellen tangierenden Bedeutung der Angelegenheit die Bildung eines Ausschusses aus Vertretern aller Länder an, wobei NRW genaue Informationen über den jeweiligen Stand der Vorgänge vermitteln soll.] MinPräs. Lüdemann betont, daß die deutschen Stellen daran interessiert sind, die Produktion so zu erhöhen, daß auch in den entfernter gelegenen Teilen Westdeutschlands der erforderliche Aufbau vollzogen werden könne. Das Land Schleswig-Holstein sei beispielsweise daran interessiert, für ein bestimmtes Ofenwerk die richtige Kohle zu bekommen, die nur in dem Werk verarbeitet werden kann. Eine wesentliche Rolle spielen dabei nach wie vor die Lieferungsverpflichtungen an die Nachbarländer. Daraus erhöhe sich auch die Notwendigkeit der Einfuhr englischer Kohle, die wir früher in bestimmten Gegenden und für bestimmte Werke schon gebraucht hätten. Den Vorschlag des Vorsitzenden [Bgm. Brauer] halte er daher für beachtlich. Lediglich die Größe des Ausschusses sei unzweckmäßig, da das Gremium zu groß und daher nicht sonderlich arbeitsfähig sei. [Nach kurzer Debatte über den Einwand Lüdemanns wird eine aus Vertretern aller westdeutschen Länder zusammengesetzte Kommission gebildet, die unter Vorsitz von Spiecker die vorgelegten Resolutionsentwürfe beraten soll74.]

" 74

Zur Einrichtung der Behörde siehe Β 102/3821. Berichte der deutschen Delegierten in: Β 102/3820. Im Kurzprot. ist vermerkt, daß die Kommission sich mit der Formulierung der „einschlägigen Konferenzbeschlüsse" befassen soll, während das Prot, keinen Hinweis dafür bietet, daß der Vorschlag von Kopf, „die Entschließung zur Ausarbeitung einer Gesamtentschließung" einer solch großen, einheitlichen Kommission zu überweisen, angenommen wurde.

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Prot.

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Prot.

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[5.] Stellungnahme zur Errichtung eines alliierten militärischen Sicherheitsamtes in Deutschland7' Zu diesem Punkt erhält der Referent, MinR. Schmid von der VfW, das Wort. Er führt u . a . aus, daß im Kampf um die Erhaltung der deutschen industriellen Kapazität eine sehr bedeutsame Änderung der Haltung der Alliierten festzustellen sei. Nach der früheren Meinung über in Deutschland überflüssige Industriekapazitäten und der sich daraus zwangsläufig ergebenden Notwendigkeit von Demontagen 76 sei man jetzt durch das Expose der Ministerpräsidenten an die Regierungen von Amerika, England und Frankreich77 der Meinung, die Verminderung 78 der deutschen industriellen Kapazität sei mit Sicherheitsmomenten zu begründen. Nach der Bekanntgabe des Ruhrstatuts sei nun das alliierte Sicherheitsamt eingerichtet worden, dessen Aufgabe es ist, die deutsche Industrie zu überwachen und dafür zu sorgen, daß die im Industrieplan79 vorgesehenen Beschränkungen der deutschen industriellen Kapazität auf dem Gebiet der verbotenen und beschränkten Industrien eingehalten und eine Wiederaufrüstung Deutschlands verhindert wird. Mit ODir. Pünder sei nun die Frage der Gründung eines deutschen Sicherheitsamtes besprochen worden 80 , der aber als Vorsitzender des Verwaltungsrates lediglich die Bizone vertreten kann. Daß die Sicherheitsfrage neben den wirtschaftlichen Gründen auch einen sehr starken politischen 81 Hintergrund hat, steht außer Zweifel. Ein amtlicher Vorschlag Pünders zu dieser Frage würde deshalb über die in den Proklamationen 5 und 7 festgelegten Zuständigkeiten des Verwaltungsrates hinausgehen 82 . D i e V f W habe aber in erster Linie das Interesse, mit wirtschaftli-

75

Militärisches Sicherheitsamt für die Westzonen Deutschlands, Errichtung durch die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Frankreich, bekanntgegeben am 17.1.1949 in Berlin: Europa-Archiv 1949, S. 2163 ff. Uber Aufgaben und Zielsetzung sowie die Organisation des Militärischen Sicherheitsamtes siehe Analyse des D B f F vom 28. 1. 1949 in: Ζ 35/394, Bl. 1-6.

76

Für das V W G galt nach wie vor der revidierte Industrieniveauplan und die Demontageliste vom 26. 8. 1947 (vgl. Harmssen, Reparationen, S. 95 ff.; Abelshauser, Wirtschaft, S. 99 f.).

77

Gemeint ist wohl die Denkschrift, welche die elf Ministerpräsidenten mit Schreiben vom 1. 10. 1948 an die Regierungschefs Großbritanniens und Frankreichs sowie an den Präsidenten der Vereinigten Staaten übermittelt hatten. Die damit eingeschlagene taktische Wendung, wie sie der Dir. der VfW, einer Entschließung der Reparationsreferenten der Wirtschaftsministerien vom 13. 8. 1948 folgend, in seinem Schreiben an die MinPräs. vom 23. 8. 1948 (Z12/81. Bl. 35-39) umriß, bestand darin, die Unvereinbarkeit der umfangreichen Demontagen mit den Zielen des Marshallplans und gleichzeitig die Bereitschaft zu Reparationslieferungen zu unterstreichen, jedoch bei der Auswahl der zu demontierenden Maschinen und Anlagen wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Deutlicher formulierte es Hartmann (DBfF, Frankfurt) in einem Schreiben an MinR. v. Elmenau vom 11. 1. 1949 (Z 35/316, Bl. 64-65), in welchem er sich der Auffassung Schmids anschloß, daß man sich nicht auf eine rein negative Haltung beschränken dürfe, „vielmehr das für das Demontageverlangen angegebene Motiv, insbesondere also das Sicherheitsbedürfnis und das Wiedergutmachungsverlangen, bejahen und nur die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit des gewählten Mittels der Demontage bestreiten sollte".

78

Handschr. gestrichen: „die Notwendigkeit der Verminderung".

79

Vgl. Anm. 76.

80

Vgl. Dok.Nr. 2, T O P 1.

81

Handschr. eingefügt.

82

Durch Proklamation Nr. 5 vom 10. 6. 1947 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. E , S. 1) war der WR begründet worden. Für die Verwaltung des V W G war nun die Proklamation Nr. 7/VO Nr. 126 vom 9. 2. 1948 (ebenda, Ausg. I, S. 1) gültig. Pünder äußerte sich gleichwohl vor der Presse über das Sicherheitsamt (vgl. Frankf. Rdsch. vom 21. 1. 1949).

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chen Argumenten die Beschränkungen des Industrieplanes zu bekämpfen. Die Sicherheitsfrage müsse jedoch dabei einer genauen Prüfung unterzogen werden. Es könne dabei immerhin eine Erleichterung auf verschiedenen Gebieten erreicht werden, wenn auf deutscher Seite die Bereitwilligkeit besteht, Industrien zu kontrollieren und dadurch nach und nach die Wiederzulassung bisher verbotener Industrien zu erreichen. Beispiele des Redners streifen den verbotenen Schiffsbau und den Schwermaschinenbau sowie den auch darunter fallenden Werkzeugmaschinenbau. Durch die Einsetzung einer deutschen Kontrollstelle soll erreicht werden, daß solche Maschinen für Rüstungszwecke nicht gebaut werden. Selbstverständlich wäre diese Einrichtung auch von außerordentlicher politischer Tragweite. Da die Bundesregierung noch nicht besteht, wären nur die Herren Ministerpräsidenten in der Lage, zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Da außerdem gerade in Washington Verhandlungen über die verbotenen deutschen Industrien schweben, erscheint es nicht ratsam, bis zur Bildung einer deutschen Regierung zu warten. Die Abgabe einer verbindlichen deutschen Stellungnahme wäre daher schon jetzt erwünscht. Dadurch könnte auch erreicht werden, daß der Unterbau einer solchen Einrichtung dann im wesentlichen ein deutscher ist, der damit manche Schwierigkeiten aus dem Wege räumen könnte. Ein Vorbild solch einer Kontrollstelle bildet die bereits bestehende Kontrollstelle Walzlager83, die die Wiederingangsetzung der deutschen Kugellagerfabriken erreicht hat. Fünf Menschen kontrollieren dabei die gesamte Kugellagerindustrie, ein System, das sich durchaus bewährt hat. Ähnlich könnten die jetzt noch verbotenen Industrien (Aluminium, Beryllium, Vanadium, Magnesium, synth. Ammoniak, synth. Gummi, synth. Öle und Treibstoffe nach Fischer-Tropsch, der Schiffs- und Schwermaschinenbau) wieder in Gang gesetzt und kontrolliert werden84. Damit würde lediglich eine Kontrollstelle geschaffen, die vielleicht beim Büro der Ministerpräsidenten oder mit der Bearbeitung des Ruhrstatuts beim Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen vorläufig eingerichtet werden könnte. Eine sinngemäße Eingliederung der Gewerkschaften wäre dabei empfehlenswert. Eine Zentralstelle dieser Art könnte dann gleichzeitig wichtige, alle Zonen betreffenden Fragen, wie ζ. B. die der deutschen Auslandsvermögen, Fragen des Beutegutes, Fragen der Bewertung der Reparationsgüter usw., behandeln. Es bestünde dann die Möglichkeit, einer zentralen alliierten Stelle eine zentrale deutsche Stelle gegenüberzustellen, um bei Verhandlungen rechtzeitig eingreifen zu können85.

83

Siehe Vogel, Westdeutschland II, S. 193 ff.

84

Vgl. Memorandum der VfW vom 12. 1. 1949 in: Dok.Nr. 2, Anm. 4.

85

Diese Ausführungen beruhen auf einem von der VfW vorgelegten „Vorschlag für die Kontrolle der .Verbotenen Industrien'" vom 27. 1. 1949 (Z 12/84, Bl. 136), den Schmid mit Schreiben an Arnold vom gleichen Datum (HStA Düsseldorf NW 53-638) übersandt hatte. Danach sollte die Kontrolle auf einfache Weise durch die Zentralstelle über die Kontrollstellen bei den Reparationsabteilungen der Länder anhand der monatlichen Produktions- und Verkaufsmeldungen der Industrie erfolgen. Die Industrien sollten ihrerseits ihren Bedarf vierteljährlich bzw. beim Schiffsbau jährlich im voraus melden, so daß der Fluß der Rohstoffe und Fertigerzeugnisse genau kontrollierbar wurde. Ferner waren der Zentralstelle und den Kontrollstellen der Länder das Recht zuzugestehen, eingehende Einzelkontrollen der Firmen durch Besichtigung und Überwachung der Buchführung durchzuführen. Dem Schreiben von Schmid an Arnold war auch der Entwurf eines Aufbauschemas für eine deutsche Kontrollbehörde beigefügt.

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Aus88 den In letzter Zeit abgegebenen Erklärungen maßgeblicher alliierter Staatsmänner geht hervor, daß bei den bevorstehenden Entscheidungen über die Frage der Verbote und Beschränkungen für die deutsche Industrie die Frage der Sicherheit eine ausschlaggebende Bedeutung hat. In einem Augenblick, wo diese für die politische und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands entscheidenden Fragen vor ihrer Regelung stehen, fühlen sich die Regierungschefs der unter amerikanischer, britischer und französischer Besetzung stehenden deutschen Gebiete verpflichtet, in der Weltöffentlichkeit nochmals mit allem Nachdruck zu erklären, daß die deutschen Wünsche auf Aufhebung der Industriebeschränkungen und Milderung der Demontagen nur durch wirtschaftliche Gesichtspunkte bestimmt sind und in keiner Weise dazu Anlaß geben sollen, die Sicherheitsinteressen der westlichen Nachbarn Deutschlands zu beeinträchtigen.

Um sicherzustellen, daß ein Verzicht auf Demontagen und Beschränkungen der deutschen Industrie zu keiner Minderung der berechtigten Sicherheitsinteressen der alliierten Nationen führt, erklären die Regierungschefs der unter amerikanischer, britischer und französischer Besetzung stehenden Gebiete ihre Bereitschaft, alle für die Wiederaufrüstung etwa in Frage kommenden Industriezweige ihrerseits einer strengen Kontrolle zu unterwerfen. Diese Kontrolle soll sicherstellen, daß das Alliierte Militärische Sicherheitsamt zu jeder Zeit einen vollen Überblick über Bedarf, Erzeugung und Verwendung der entsprechenden Industrie-Produkte haben kann. Zu diesem Zweck ist eine entsprechende deutsche Stelle zu schaffen, die alle Fragen der Industriekontrolle bearbeiten und dem Alliierten Sicherheitsamt die Erfüllung seiner Aufgabe erleichtern soll. Aus diesen Erwägungen sind die Regierungschefs der unter amerikanischer, britischer und französischer Besetzung stehenden Gebiete bereit, die entsprechenden Maßnahmen unverzüglich einzuleiten. Sie beauftragen daher einen ständigen Ausschuß der Ministerpräsidentenkonferenz (alternativ: das Land NordrheinWestfalen), alle mit der Durchführung der Industriekontrollen und der Errichtung einer entsprechenden deutschen Dienststelle in Verbindung stehenden Fragen vorzubereiten und zu diesem Zweck mit dem Alliierten Sicherheitsamt Verbindung aufzunehmen. Die Regierungschefs der unter amerikanischer, britischer und französischer Besetzung stehenden Gebiete richten an die Herren Militärgouverneure die Bitte, bei ihren Regierungen darauf hinzuwirken, daß nunmehr, nachdem durch die Verkündung des Ruhrstatuts,

86

Dem als Bl. 184 an dieser Stelle eingefügten Entschließungsentwurf der VfW vom 27. 1. 1949 war mit gleichem Datum ein Memorandum beigefügt, in welchem auf die Widerstände seitens Englands und Frankreichs gegen eine Lockerung der der deutschen Industrie auferlegten Beschränkungen und gegen die Milderung der Demontagen Bezug genommen wurde. Man sah darin einerseits den Erfolg der deutschen Argumentation, daß die behaupteten Überschußkapazitäten gar nicht vorhanden seien. Andererseits bestünde die Gefahr, daß sich hinter den nun in den Vordergrund gestellten Sicherheitserwägungen insbesondere auf britischer Seite zum Teil lediglich wirtschaftliche Konkurrenzinteressen verbergen könnten. In maßgeblichen brit. und vor allem franz. Kreisen herrsche die „ehrliche Sorge", daß ein Verzicht auf Industriebeschränkungen und Demontagen das deutsche Wirtschaftspotential zu sehr stärken könnte und damit später ein politischer Unsicherheitsfaktor geschaffen werde. Die VfW betonte, daß der Kampf gegen die alliierten Maßnahmen ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen erfolge. Man sei deutscherseits - und dies sollten die MinPräs. erklären - gern bereit, „den alliierten Sicherheitswünschen dadurch zu entsprechen, daß wir selbst strenge Kontrollen der unter Umständen für Rüstungszwecke in Frage kommenden Industriezweige zur Verhinderung jeglicher Aufrüstung einrichten". (Z 12/84, Bl. 135-136) Zum Aspekt der Konkurrenzausschaltung hatte indes Gen. Robertson vor der Presse erklärt, daß die britische MilReg., wenn auch hierüber viel in den englischen Zeitungen zu lesen sei, sich niemals von derartigen Überlegungen habe leiten lassen (vgl. Frankf. Rdsch. vom 3. 2. 1949).

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die Errichtung des Militärischen Sicherheitsamtes und die Einleitung entsprechender

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deutscher Kontrollmaßnahmen eine wirksame Garantie für die Berücksichtigung aller Sicherheitsinteressen gegeben ist, die Entscheidungen über Beschränkungen der deutschen Industrie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen und die Verbote und Beschränkungen aufgehoben werden, die mit einer wirksamen Beteiligung Westdeutschlands am Europäischen Wiederaufbauprogramm unvereinbar sind.

Bgm. Brauer erkennt diese Frage als außerordentlich wichtig, da sonst die Gefahr der Spionage besonders groß sei, insbesondere in Bezug auf die Niederhaltung der deutschen Industrie unter dem Stichwort der Sicherheit. Ein Anstehenlassen bis zur Bildung einer deutschen Regierung und bis zur Schaffung einer besonderen Instanz dafür bedeute das Versäumen des Anschlusses. Gerade die von dem Referenten vorgetragenen Erfolge der Wälzlagerkommission seien alarmierend und man müsse auch hier bestrebt sein, die Dinge beschleunigt zu Ende zu bringen. Es sei allerdings sehr schwer, heute schon eine Entscheidung über diese Frage zu treffen. Es dürfte angebracht erscheinen, erst die Wirtschaftsminister um ihre Stellungnahme zu bitten. MinPräs. Stock teilt die Auffassung des Vorsitzenden, zumal in einer solchen Kommission die politische Meinung über diese Dinge ausgetauscht werden könne. Wir sollten als Deutsche überhaupt jede Möglichkeit wahrnehmen, uns einzuschalten, wo es nur angebracht erscheint. [. . .] SenPräs. Kaisen [widerspricht einigen Formulierungen in der vorgeschlagenen Entschließung, „weil sie unnötigerweise eine negative Wirkung in der deutschen Öffentlichkeit hervorrufen könne. Die Frage der Sicherheit jedoch sei für die Alliierten von ausschlaggebender Bedeutung, wie wir natürlich umgekehrt an unsere Existenz denken müssen". Er schlägt eine Redigierung des Textes vor.] Min. Spiecker [gibt zu bedenken, daß dies ein weittragendes Angebot sei. Man sollte behutsam vorgehen und zweckmäßigerweise noch warten, bis man mehr über das Sicherheitsamt wisse.] MinPräs. Kopf [teilt diese Auffassung. Es sei nicht ratsam, von deutscher Seite „eine Art Vorkontrolle einzuführen".] IMin. Renner [befürchtet, die MilReg. könnten den Verdacht hegen, daß die deutsche Seite versuchen wolle, die Kontrollen zu erschweren.] MinPräs. Stock [bestätigt, daß die Alliierten vermuten könnten, die Deutschen wollten Schlimmeres verhüten. Die Deutschen sollten sich nicht unwürdig zu Kontrolldiensten anbieten. „Die Entschließung könne man nach Meinung des Redners nicht in der vorgesehenen Form fassen, wie man die ganze Angelegenheit heute überhaupt noch nicht entscheiden könne". Hierzu seien weitere Vorbereitungen und eine vorsichtige Fühlungsnahme mit den MilGouv. erforderlich.] Bgm. Brauer [schlägt vor, die Wirtschaftsminister um Stellungnahme zu bitten. Gegen den eventuellen Mißbrauch der Kontrollen müsse man sich durch geeignete Maßnahmen schützen.] IMin. Renner [bekräftigt, daß die Kontakte zu den MilGouv. von den MinPräs. selbst geknüpft werden müssen.] MinPräs. Ehard [tritt dem Vorschlag von Brauer bei.] Es müsse aber von vornherein ausgeschlossen sein, ein deutsches Sicherheitsamt zu schaffen, das doch nur als Hilfsmittel alliierter Gedanken dienen könne. Vor allem wisse man noch nicht, was das Besatzungsstatut bringe. Die Alliierten werden sich ohnehin die Kontrolle nicht aus der Hand nehmen lassen. Demgegenüber müsse man auf lange Sicht den Versuch der 183

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deutschen Mitwirkung auch hier anstreben. Man solle jedoch nicht von uns aus ein eigenes Sicherheitsamt als Hilfsmittel für die andere Seite zur Verfügung stellen, wenn man noch gar nicht wisse, welche Persönlichkeiten in dieses Amt kämen. Man müsse damit rechnen, daß nicht nur bequeme und brauchbare Personen dort vertreten sein werden. Mit einer Unmenge von Denunziationen und Schwierigkeiten müsse man auf jeden Fall rechnen. [. . .] WiMin. Veit: [. . .] SenPräs. Kaisen gibt noch zu bedenken, eine Entschließung dahingehend zu fassen, von Seiten der Ministerpräsidenten das Land Nordrhein-Westfalen zu beauftragen, alle die Sicherheitskontrolle betreffenden Fragen vorzuberaten und der Ministerpräsidentenkonferenz Bericht zu erstatten. Das Land seinerseits habe es in der Hand, mit den Wirtschaftsministern der Länder zusammenzukommen und die Dinge zu besprechen. [. . .] MinPräs. Altmeier [schneidet die Kostenfrage sowohl für die Errichtung der Ruhrbehörde als auch für die Einrichtung des Militärischen Sicherheitsamtes an.] Bgm. Brauer betont, daß das Ruhrstatut eine Angelegenheit Nordrhein-Westfalens sei, in der das Land auch federführend bleiben müsse. Man solle eine Vorberatung aller dieser Fragen durch die Wirtschaftsminister abwarten und die Vorschläge dieser Institution auf sich zukommen lassen. [. . .] Man käme aber, wollte man heute einen solchen Antrag annehmen, in Schwierigkeiten in Bezug auf die öffentliche Meinung. Eine Entscheidung nach Beratung durch die Wirtschaftsminister sei nach wie vor angebracht. SenPräs. Kaisen [plädiert für eine Behandlung der Frage im Kreise der MinPräs.] MinPräs. Arnold [hat demgegenüber keine Bedenken gegen eine Beratung durch die WiMin. Eine Entschließung solle noch nicht gefaßt werden, da der Problemkomplex noch nicht hinreichend erörtert worden sei.] MinPräs. Stock: [. . .] Ihm scheint der Weg einer Besprechung mit den Generalen durchaus annehmbar87. Es müssen aber auch seiner Ansicht nach beamtete Personen sein, die die Verhandlungen führen und keine Vereinigungen. Man solle die Diskussion dahingehend ausklingen lassen, die Wirtschaftsminister mit der Bearbeitung zu beauftragen, wobei WiMin. Veit die Meinung der heutigen Tagung vertreten könne. MinR. Schmid solle vor dem Gremium der Wirtschaftsminister seine Ausführungen wiederholen. Wesentlich wäre aber eine recht schnelle Stellungnahme der Ministerpräsidentenkonferenz zu dieser Frage. IMin. Renner hält den von MinPräs. Altmeier angeschnittenen Punkt der Kostenübernahme für wesentlich und ist um eine klare Stellungnahme der Konferenz zu dieser Frage bemüht, da sonst die Länder der französischen Zone die Gelder für diese Einrichtungen allein tragen müßten. Gerade die französische Zone aber sei die ärmste und ihm liege vor allem daran, daß die Ministerpräsidenten der anderen Zonen den Standpunkt der französischen Zone als berechtigt anerkennen sollen. Eine sofortige

87

Mit Schreiben vom 27. 1. 1949 (HStA Düsseldorf N W 53-638) hatte Schmid MinPräs. Arnold über die bisherigen Schritte der Verwaltung des V W G (vgl. Dok.Nr. 2, T O P 1) in Kenntnis gesetzt. Das Ansinnen, die Angelegenheit mit den MilGouv. Clay und Robertson zu besprechen, sei von der Gegenseite jedoch abgelehnt worden. Schmid brachte deutlich zum Ausdruck, daß eine Erklärung der MinPräs., die im Gegensatz zu Pünder für alle drei westlichen Zonen sprechen konnten, dazu dienen sollte, Einfluß auf die Verhandlungen in Washington zu nehmen.

184

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Überweisung der Anteile der anderen Länder an das Land Nordrhein-Westfalen halte er für angebracht. MinPräs. Ehard glaubt nicht, daß es möglich ist, sich heute über die Finanzierungsfrage zu unterhalten oder gar Beschluß zu fassen bzw. Weisung zu geben, da noch gar nicht bekannt sei, welchen Umfang diese Dinge annehmen könnten. Er hält es vielmehr für richtig, wenn sich die Wirtschaftsminister mit den Finanzministern in Verbindung setzten, um diese Frage vorzuprüfen. Selbstverständlich können die Kosten nicht allein von einer Zone getragen werden. Die Finanzminister aber müssen sich auf alle Fälle damit befassen. Eine Zwischenfrage des MinPräs. Kopf wegen Behandlung der Entschließung durch die Ministerpräsidenten wird vom Vorsitzenden [Bgm. Brauer] dahingehend beantwortet, daß der Antrag des SenPräs. Kaisen zurückgezogen sei und daß die Konferenz mit der Überweisung der Gesamtfrage an die Wirtschaftsminister einverstanden sei88. [. . .] [6. Flüchtlingsfragen und die Übernahme der Suchkartei des dänischen Roten Kreuzes] MinPräs. Kopf führt in seinem Referat aus, daß die Königlich Dänische Regierung trotz großer Schwierigkeiten und ungeachtet der finanziellen Belastungen, die dem dänischen Staat durch das Zurückbleiben von 200 000 Deutschen in Dänemark erwachsen sind, großzügigerweise eine Flüchtlingskartei aufstellen ließ. Diese Einrichtung habe sich als Fahndungsdienst zur Auffindung deutscher Flüchtlinge sehr bewährt; sie habe innerhalb der letzten zwei Jahre in fast 4000 aussichtslosen Fällen geholfen, deutsche Kinder ihren Eltern zurückzugeben. Diese Kartei habe internationalen Charakter und nun müsse im Rahmen der Überführung der Flüchtlinge nach

88

Mit Schreiben an Arnold vom 15. 2. 1949 (Z 12/84, Bl. 130-131) regte das Büro d. MinPräs. an, WiMin. Nölting als Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses des LR damit zu betrauen, „die Angelegenheit bei der nächsten Tagung der Wirtschaftsminister unter Zuziehung der Fachminister der französischen Zone zu beraten". Auf der 12. Sitzung des Ausschusses am 23. 2. 1949 (siehe Bericht von Werz vom 24. 2. 1949 in: Ζ 12/84, Bl. 128) kamen die Ressortvertreter überein, daß eine deutsche Einschaltung in die Vorgänge wünschenswert sei. Es wurde angeregt, den Länderchefs vorzuschlagen, einen der MinPräs. mit der weiteren Bearbeitung dieser Frage auch gegenüber den MilGouv. zu beauftragen. Allgemein bestand die Tendenz, das Land NRW mit der Federführung zu beauftragen. Demgegenüber plädierte Schmid für eine Angliederung der deutschen Kontrollstelle an das Büro d. MinPräs. Vereinbarungsgemäß wurden diese Äußerungen nicht in das Prot, über die Ausschußsitzung (Z 4/163, Bl. 172-180) aufgenommen. Als weitere Alternative wurde die Angliederung der Beratungsstelle an die VfW oder an die Reparationsabteilungen der WiMin. der Länder erwogen (Leisewitz an das Büro d. MinPräs. vom 1. 3. 1949 in: Ζ 12/84, Bl. 122). Auf seiner Sitzung vom 2. 3. 1949 machte sich der LR die Auffassung seines WiA. zu eigen und stimmte folgendem Vorschlag zu (Troeger an das Büro d. MinPräs. vom 5. 3. 1949, ebenda, Bl. 118-119): „Die Wirtschaftsminister der Länder fordern die betroffenen Wirtschaftskreise vertraulich auf, ihnen über etwaige Kontrollen oder Erhebungen des Sicherheitsamtes oder seiner Dienststellen jeweils sofort zu berichten. Diese Mitteilungen werden bei den Reparationsabteilungen der Wirtschaftsministerien als den mit diesen Fragen vertrauten Abteilungen der Verwaltung für Wirtschaft weitergeleitet. Die Verwaltung für Wirtschaft soll nach Prüfung des eingegangenen Materials die gegenüber den Besatzungsmächten zu klärenden Fragen vorbereiten". Zugleich wurde beschlossen, Sen. Harmssen zu beauftragen, im Einvernehmen mit der VfW über geeignete Schritte gegenüber den MilGouv. zu befinden. NachderBekanntgabe des Washingtoner Abkommens rückte die Frage der Vereinheitlichung des Lizenzierungsverfahrens stärker in den Vordergrund. In seinem Schreiben an die MilGouv. vom 10. 5. 1949 (vgl. Dok.Nr. 36, Anm. 21) bekräftigte Pünder indes die deutsche Bereitschaft, bei den Kontrollen mit den Alliierten Behörden zusammenzuarbeiten.

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Prot.

Nr. 1 0 B

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Deutschland auch die Frage der Übernahme dieser Suchkartei geklärt werden. Die Kartei eignet sich besonders für Fahndungsarbeiten in den Oststaaten. Das Dänische Rote Kreuz und die Dänische Organisation der internationalen Arbeitsgemeinschaft der Friedensfreunde hat sich in diesem Zusammenhange besondere Verdienste erworben und der Karteiarbeit ihre Unterstützung verliehen. Die Kartei ist daher mit ihrem Bestand an internationalen Beziehungen und Verbindungen unersetzlich. Da sich inzwischen herausgestellt hat, daß die Flüchtlingskartei ihre Arbeit auf dänischem Boden nicht fortsetzen kann, ist eine Lösung in Aussicht genommen, die der Kartei mit ihren Erfahrungen, internationalen Beziehungen und Verbindungen eine Fortführung ihrer Arbeit auf deutschem Boden gestattet. Die Königlich Dänische Regierung ist bereit, die Kartei den deutschen Stellen zu übergeben und mit dazu beizutragen, den internationalen Charakter der Kartei zu wahren. Das Dänische Rote Kreuz und die Dänischen Friedensfreunde werden ihre bisherige Arbeit auf deutschem Boden unter der Bedingung fortführen, daß die entstehenden Kosten von den deutschen Ländern getragen werden. Es ist daher beabsichtigt, die Kartei mit ihrem sachlichen und persönlichen Bestand von der Königlich Dänischen Regierung zu übernehmen und sie bis auf weiteres fortzuführen 89 . Der zukünftige Standort der Kartei liegt bisher noch nicht fest. Das Land Niedersachsen ist dabei bisher als Träger in Erscheinung getreten unter der Voraussetzung allerdings, daß die entstehenden Kosten von den Ländern der Trizone anteilig getragen werden. An jährlichen Kosten werden voraussichtlich DM 50-70 000 entstehen. Es handelt sich im wesentlichen um Aufwendungen für das 25köpfige deutsche Karteipersonal, das schon in Dänemark in gleicher Funktion tätig war und nach Deutschland übernommen wird. Niedersachsen wird seine Aufgabe als erledigt ansehen, wenn die zukünftigen Bundesorgane sich zur Übernahme bereit erklären. Die Frage, wie lange die Kartei voraussichtlich noch arbeiten muß, ist kaum mit Sicherheit zu beantworten. Vom Referenten wird die Fassung nachstehenden Beschlusses vorgeschlagen90: Die von der Dänischen Regierung eingerichtete Flüchtlingskartei wird bis auf weiteres vom Lande Niedersachsen übernommen und mit unverändertem Aufgabengebiet weiterbetrieben. Die Kosten werden von den Ländern des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes anteilig übernommen. Die endgültige Regelung über die Höhe der Umlage und die technische Abwicklung der Zahlungen bleibt späterer Regelung vorbehalten. Bgm. Brauer [regt eine Verschmelzung der Kartei mit den Suchkarteien in München und Hamburg sowie mit der Dokumentenzentrale der Marineverwaltung an91.]

89

Die Übernahme der Flüchtlingskartei war anläßlich eines Besuches des Nds. Ministers für Flüchtlingsangelegenheiten beim dänischen Innenminister im November 1948 vereinbart worden (vgl. Nieders. StK. an das Büro d. MinPräs. vom 15. 1. 1949 in: Ζ 12/83, Bl. 234). Mit Schreiben vom 26. 1. 1949 (ebenda, Bl. 233) bekräftigte die StK., daß die dänische Regierung sich nicht in der Lage sehe, die Flüchtlingskartei in Dänemark zu belassen. Sie sei jedoch bereit, „die Suchkartei den berufenen deutschen Stellen unversehrt zu übergeben und nach Kräften dazu beizutragen, den internationalen Charakter der Kartei aufrecht zu erhalten" (siehe auch undat. Abschrift eines Schreibens an das dänische Rote Kreuz, ebenda, Bl. 231).

90

Entwurf eines Beschlusses mit Begründung ebenda, Bl. 230.

91

Überblick über die verschiedenen, dem Deutschen Roten Kreuz unterstehenden Suchdienste in: Finanzund betriebswirtschaftliches Gutachten über den derzeitigen Stand der in den westlichen Zonen betriebenen Suchdienstarbeit von Enke und Conert vom 19. 4. 1949, ebenda, Bl. 171-211. Zum Suchdienst siehe auch Β 150/236-239.

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Ministerpräsidentenkonferenz in H a m b u r g

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Nr. 10 Β

MinPräs. Kopf ist zu einer Vereinigung mit den anderen drei Suchstellen bereit, erhebt aber gewisse Bedenken gegen die Verkoppelung dieser Aufgaben, die den eigentlichen Charakter der dänischen Kartei nicht mehr gewährleisten würden. Damit würde man sich der Hilfe der internationalen Organisationen begeben. Außerdem würde die Kartei dadurch ihren bekannten internationalen Charakter verlieren. MinPräs. Ehard [teilt diese Auffassung, befürwortet jedoch eine Zusammenlegung der drei anderen Suchkarteien.] Bgm. Brauer [zieht seinen Widerspruch zurück.]

Prot.

[Beschluß:] Die Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg beschließt die Übernahme der dänischen Suchkartei und den Verbleib derselben im Lande Niedersachsen, bis der Bund die Einrichtung übernimmt. Die Länder sind zur Übernahme der anteiligen Kosten nach dem üblichen Schlüssel bereit. Die Frage der Vereinigung der Suchkarteien Hamburgs, Münchens und der MarineDokumenten-Zentrale soll durch einen besonderen Ausschuß geprüft werden, dem MinR. Danckwerts für Niedersachsen, MinDir. Schwend für Bayern, SenSynd. Sieveking für Hamburg angehören' 2 . [7. Verschiedenes] [Die Tagesordnungspunkte Haushalt des Büros der Ministerpräsidenten, Auslieferung

Kurzprot

Deutscher an die Oststaaten sowie illegale Grenzgänger werden anschließend in geheimer Sitzung im kleineren Kreis der Ministerpräsidenten beraten. Dabei werden folgende Beschlüsse gefaßt93: 1. Die Frage der Auslieferung Deutscher an die Oststaaten wird den Generälen vorgetragen. 2. Die Frage der Behandlung illegaler Grenzgänger aus der Ostzone ist ebenfalls mit den Generälen zu besprechen. 3. Der vorgelegte Haushaltsplan des Büros der Ministerpräsidenten für die Zeit vom 1.1. 1949 bis 30. 6.1949 wird genehmigt.]

Anlage

[Schluß: 11.2. 1949, 17.40 Uhr]

Prot.

[Fortsetzung: 12.2.1949, 19.30 Uhr] Bgm. Bauer begrüßt besonders herzlich den im Laufe des gestrigen Abends eingetroffenen OBgm. Reuter. [Er gibt einen Überblick über die weitere TO.]

92

Aus einem Schreiben von Bergner an die SenK. Hamburg vom 14. 4. 1949 (Z 12/83, Bl. 212) geht hervor, daß der eingesetzte Koordinierungsausschuß bis zum genannten Datum immer noch nicht tätig geworden war. Die Angelegenheit scheint daraufhin nicht forciert worden zu sein. Indes bemühte sich der LR der USZone intensiv um eine Neugestaltung der Suchdienstarbeit (Z 1/166, Bl. 8-71).

53

Die Beschlußfassung ergibt sich aus dem Kurzprot., der Wortlaut des Beschlusses aus der Anlage 1 hierzu. Das Prot, vermerkt zwar, daß der T O P „Organisationsverwaltung in der Trizone" von der T O abgesetzt wurde, doch wurde er am folgenden Tag unter Punkt 7 behandelt.

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Nr. 1 0 B

Prot.

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[8. Stand der Beratungen im Parlamentarischen Rat] JustMin. Katz [berichtet, „daß die dritte Lesung im Hauptausschuß jetzt beendet 94 und damit die Hauptarbeit getan ist". Die zweite Lesung im Plenum sei für den 2 2 . 2 . 1 9 4 9 vorgesehen'5, so daß die Verabschiedung des GG im nächsten Monat erfolgen könnte96. In den drei wichtigsten Punkten, die bislang strittig gewesen waren, sei zwischen den Parteien eine Einigung erzielt worden97. Katz beschreibt die vorgesehene Regelung der Kompetenzen für den Bundesrat einschließlich der Aufgaben des Vermittlungsausschusses. Er umreißt die Verteilung der Steuern im Bereich des Finanzwesens sowie die Klärung der kulturellen Fragen. Strittig sei noch die Frage des Inkraftbleibens des Reichskonkordats98. ] Noch nicht entschieden sind die Fragen des Wahlgesetzes für die erste Wahl, welches vom Wahlausschuß99 zwar vorbereitet, aber vom Hauptausschuß noch nicht behandelt worden ist100. Der Ausschußbericht101 liegt den Herren vor. Es ist der Konferenz ebenso bekannt, daß danach 400 Sitze geschaffen werden sollen durch Bildung von 200 Wahlkreisen, in denen die relative Mehrheit entscheiden soll, während die restlichen 200 Sitze durch Umlegung des vollen Proporzes auf die Listen verteilt werden sollen. Ebenso ist nicht entschieden die Frage der Ratifizierung des Grundgesetzes102. Man will aber einen diesbezüglichen Passus als Vorschlag in das Grundgesetz aufnehmen103.

94

Siehe Pari. Rat, Verhandlungen des H p t A . , 51. Sitzung vom 10. 2. 1949, S. 673 ff.

95

A m 2 4 . 2. 1949 beriet das Plenum des Pari. Rats auf seiner 8. Sitzung über den Entwurf eines Wahlgesetzes (Pari. Rat, Sten. Ber., S. 125 ff.). Die zweite Lesung des G G fand auf der 9. Plenarsitzung a m 6 . 5. 1949 (ebenda, S. 170 ff.) statt.

%

In einem Schreiben an MinPräs. Maier vom 14. 2. 1949 (HStA Stuttgart E A 1/3-544) bemerkte MinR. Klaiber hierzu, Adenauer habe mitgeteilt, er werde den GG-Entwurf den MilGouv. zuleiten, „um etwaigen Beanstandungen der alliierten Seite vor der endgültigen Verabschiedung der vorläufigen Verfassung Rechnung tragen zu können". Es bestehe der Eindruck, daß die Briten das G G in der jetzigen Fassung billigen würden, während die Amerikaner Vorbehalte hätten. „Von französischer Seite erwartet man verschiedene Einsprüche, die sich vor allem auf die Bundesfinanzverwaltung, die Einbeziehung Berlins als 12. Land, die Vorzugsgesetzgebung des Bundes auf dem Gebiet der öffentlichen Wohlfahrt beziehen dürften".

97

Die Einigung war im wesentlichen im sogenannten Fünfer-Ausschuß zustande gekommen (vgl. Niclauß, Demokratiegründung, S. 133). Am 28. 1. 1949 hatte Menzel, Ollenhauer und Heine über den Inhalt der Einigung in diesem Ausschuß (Vorlagen vom 25. - 27. 1. 1949 in: FESt/ASD Nachl. Menzel Nr. 2) berichtet. Adenauer und Lehr hätten hierzu ihre Zustimmung erkennen lassen. Der interfraktionelle Ausschuß werde sich dem wohl anschließen (ebenda). Über die Einigung in der interfraktionellen Sitzung vom 3. 2. 1949 berichtete Menzel gegenüber Ollenhauer und Heine am 5. 2. 1949 (FESt/ASD Nachl. Schumacher J 101). Dabei habe die CDU/CSU-Fraktion erklärt, daß sie noch eine Reihe von Wünschen hätte, ohne jedoch den erreichten Kompromiß in Frage stellen zu wollen. Pfeiffer habe namens seiner Fraktion erklärt, daß einige Abg. bei der Abstimmung über die Artikel der Bundesfinanzverwaltung dagegen stimmen würden, „daß aber die gesamte Fraktion geschlossen in der Schlußabstimmung für das Grundgesetz stimmen werde. Auf meine spätere Gegenfrage erklärte Adenauer unter Zustimmung von Pfeiffer, daß damit auch die Zustimmung der Bayerischen Staatsregierung gesichert sei".

98

Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. 7. 1933 (RGBl. 1933 II, S. 679); Vgl. Art. 123 (2) G G .

99

Siehe Ζ 5/81-86.

100

Die erste Lesung fand anläßlich der 52. Sitzung am 22. 2. 1949 statt (Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., S. 687 ff.).

101

Pari. Rat-Drucks. Nr. 577.

102

Zur Debatte stand die Alternative von Referendum oder Ratifizierung durch die Landtage (vgl. Anm. 109).

103

Siehe Art. 144 (1) G G .

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Nr. 10Β

Weiterhin ist die Frage des Sitzes der Bundeshauptstadt noch nicht entschieden104. Ebenso nicht die Frage der Bundesflagge105, über die nur etwas über die Farben in den bisherigen Entwürfen enthalten ist. Schließlich ist noch die Frage der Abschaffung der Todesstrafe offen106. Alle diese Fragen sollen im Laufe der nächsten Wochen im Plenum geklärt werden. Die Genehmigung des Grundgesetzes durch die Besatzungsmächte sei schließlich noch nicht entschieden101, und es wird sich erst in den nächsten Tagen und Wochen herausstellen, ob auf diesem Gebiet noch weitere Verhandlungen notwendig sind. MinPräs. Stock erstattet Bericht über die Konferenz der Ministerpräsidenten mit Mitgliedern des Parlamentarischen Rates in Bonn, die am 4. 2. 1949 stattgefunden hat108. Auf den Inhalt der Besprechungen einzugehen, hält der Referent nicht für notwendig, da man sich in der heutigen Konferenz nur auf eine Reihe von Fragen zu beschränken brauche, deren Beleuchtung hier allerdings angebracht erscheint. Zunächst sei die Frage zu klären, wer die Verabschiedung der Verfassung den Militärgouverneuren gegenüber vertreten solle10'. Nach Meinung MinPräs. Stock's seien die Ministerpräsidenten von den Gouverneuren mit der Schaffung des Grundgesetzes beauftragt worden110. Der Auftrag wurde an den Parlamentarischen Rat weitergegeben111 mit der Empfehlung, das fertige Werk den Ministerpräsidenten vorzulegen. Inzwischen ist mitgeteilt worden, daß das Gesetz über die Errichtung eines Parlamentarischen Rates von allen Landtagen angenommen wurde. Es ist der Wunsch des Parlamentarischen Rates, das Grundgesetz den Gouverneuren direkt zu überreichen112. Persönlich ist der Referent der Meinung, man solle aus dieser Frage keinen 104

Siehe TOP 9.

105

Siehe Art. 22 GG.

106

Siehe Art. 102 GG.

107

Vgl. die nachfolgenden Ausführungen von Stock.

108

Auf dieser Besprechung (Aufzeichnung in: StA Hamburg SenK. II, 000.21-13, Bd. 1, Nr. 13), an der Arnold, Altmeier, Kopf und Stock auf Seiten der MinPräs. sowie Adenauer, Schäfer und die Mitglieder des erweiterten Fünferausschusses auf Seiten des Pari. Rats teilgenommen hatten, war den Regierungschefs ein Überblick über den Beratungsstand im Pari. Rat vermittelt worden. Zugleich hatte Adenauer dabei angekündigt, daß das GG den Bundessitz festlegen werde. Auch war nach Meinung der Abg. des Pari. Rats dieser für den Erlaß eines Wahlgesetzes zuständig, einer Auffassung, der Stock widersprach.

109

Hierzu war auf der Besprechung vom 4. 2. 1949 (vgl. Anm. 108) festgestellt worden, daß die MinPräs. für die Ratifizierung durch die Landtage eintraten, während im Pari. Rat die Ansichten noch geteilt waren.

110

Siehe Dokument Nr. I der Frankfurter Dokumente vom 1. 7. 1948 in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4.

111

Siehe Modell und Begründung eines Gesetzes über den Pari. Rat vom 27. 7. 1948, ebenda, Dok.Nr. 15.

112

Auf der Besprechung vom 4. 2. 1949 (vgl. Anm. 108) waren die Abg. des Pari. Rats geschlossen dafür eingetreten, das GG den MilGouv. direkt zu überreichen. Dabei hatte der Abg. Menzel darauf hingewiesen, „wichtig sei es, wie die Alliierten ihre Verwaltung und Kontrolle aufbauen wollten. Komme eine Kollegialbehörde oder bleiben die Zonenregierungen bestehen?" Hierüber führten Menzel und Adenauer am 16. 2. 1949 eine ausführliche Unterredung mit Gen. Robertson in Schloß Röttgen bei Köln (Schreiben Menzel an OUenhauer vom 17. 2. 1949 in: FESt/ASD Nachl. Schumacher J 101). Dabei vertrat Robertson die persönliche Auffassung, daß sich die MilGouv. wohl auf ein Vetorecht beschränken würden, dessen Ausübung an eine bestimmte Frist gebunden sei. „Dieses Vetorecht kann nur durch Mehrheitsentscheidung der Gouverneure und nicht für jede einzelne Zone von dem Zonenbefehlshaber ausgeübt werden". Ebenfalls am 16. 2. 1949 übergaben die MilGouv. das GG ihren politischen Beratern zur Prüfung. Dabei sollte von dem gesamten Inhalt und nicht von einem Artikel ausgegangen werden. Menzel sah dadurch die Gefahr ausgeräumt, „daß die Alliierten das Gesetz genehmigen würden mit der Auflage, daß dieser oder jener Artikel anders zu fassen wäre oder unmittelbar durch die Alliierten selbst eine andere Fassung bekäme".

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Kompetenzstreit ableiten, was nach außenhin ein schlechtes Bild abgeben würde. Man solle es vielmehr bei dieser Meinung des [Parlamentarischen] Rates belassen. Inzwischen sei von seiten der Gouverneure die Frage aufgetaucht, sich zwischen die Beratungen des Hauptausschusses und des Plenums einzuschalten und letzte Wünsche mitzuteilen. Man hoffe, daß dadurch keine Verzögerung eintrete. Noch weniger erwarte man dadurch irgendwelche Komplikationen113. Gewiß werde man mit Einsprüchen in Finanzfragen, Wohlfahrtsfragen und in Fragen der Wahl selbst zu rechnen haben. Bei der Sozialversicherung dürfte dabei wohl die Meinung vorherrschend sein, daß sie einheitlich behandelt werden soll. Die andere Frage ist die des Wahlgesetzes114. Der Parlamentarische Rat vertrete die Auffassung, die zwar nicht direkt zum Ausdruck gekommen ist, daß er nicht bloß das Wahlgesetz ausarbeiten solle, sondern dies auch durchzuführen, einen Wahlleiter zu bestellen, der dem Präsidium des Parlamentarischen Rates untersteht, der offenbar in Permanenz tagen wolle, bis die Wahlen zum Parlament durchgeführt sind. MinPräs. Stock betont, daß ein ausdrücklicher Auftrag dazu nicht vorliege, es sei denn, daß er von hier aus noch gegeben werde. Die Meinung des Referenten ist, daß man vorher die Auffassung vertrat, die Arbeiten des [Parlamentarischen] Rates durch ihn selbst den Militärgouverneuren überreichen zu lassen. In Verfolg dessen solle man jetzt abwarten, wer den Auftrag erhält, ein Wahlgesetz zu schaffen115. Eine weitere Frage sei die der Ratifizierung des Grundgesetzes. Es sei hier zu klären, welchen Weg man einschlagen solle. Lange Ausführungen seien nicht erforderlich, da die Auffassungen darüber bekannt sind. Hier besteht die Auffassung, daß die Ratifizierung durch die Landtage erfolgen solle. Es sei nicht zu erwarten, daß die Gouverneure in dießer Beziehung Widerstand leisten würden. Heute sei lediglich wichtig, die Haltung der Ministerpräsidenten zu klären. Im Parlamentarischen Rat selbst sind die Meinungen über diese Frage geteilt. Die Meinung Präs. Adenauers, wie die eines großen Teils der CDU, ist für eine Ratifizierung durch die Landtage" 6 , während sich wieder andere Kreise für eine Volksabstimmung ausgesprochen haben, darunter auch Abg. Heuss

113

Zu den Beratungen der MinPräs. über das alliierte Memorandum vom 2 . 3 . 1949 siehe Dok.Nr. 22, T O P 1.

114

In einem Schreiben vom 3. 12. 1948 an Ehard hatte Adenauer moniert (Bayer. HStA München MA 130 028), daß der Pari. Rat anscheinend bislang vom Büro d. MinPräs. nicht „von allen ihn und seine Arbeit betreffenden Erklärungen der Militärgouverneure in Kenntnis gesetzt worden" sei. Insbesondere sei ihm nicht mitgeteilt worden, „daß er zur Verabschiedung des Wahlgesetzes und zur Festsetzung der Wahltermine zuständig ist". Auf der Besprechung vom 4. 2. 1949 (vgl. Anm. 108) hatte Stock bestätigt, daß der Erlaß eines Wahlgesetzes Aufgabe des Pari. Rats sei. Er glaube nicht, daß dieser von den MinPräs. auf der Konferenz in Koblenz vertretene Standpunkt (vgl. Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 6) geändert werde. Nachfolgend wurden im Prot, zwei Sätze gestrichen: „Der Parlamentarische Rat hat durch Brief der Ministerpräsidenten bei Übertragung der Arbeiten mitgeteilt, daß der Rat ein Wahlgesetz ausarbeiten möge. Darin liege ein direkter Auftrag der Ministerpräsidenten an den Parlamentarischen Rat, der sich tatsächlich auch mit der Ausarbeitung des Wahlgesetzes beschäftige".

115

Im Prot, wurde an dieser Stelle folgende Passage gestrichen: „Festzustellen sei in diesem Zusammenhang, daß seiner Zeit ein Auftrag Gen. Clays an die Ministerpräsidenten ergangen ist, ein Wahlgesetz zu schaffen, Wahlleiter zu bestellen und die Wahlen selbst durchzuführen. Eine Unterhaltung darüber sei deshalb hier angebracht."

116

Auf der Besprechung vom 4. 2. 1949 (vgl. Anm. 108) hatten sich die Vertreter der SPD für die Ratifizierung durch die Landtage ausgesprochen. Allein einige Abg. der C D U und der F D P waren hier anderer Ansicht. Die MinPräs. hatten bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, „daß sie die Generäle bereits im vorigen Sommer gebeten hätten, sich bei ihren Regierungen für Ratifizierung des Grundgesetzes durch die Landtage einzusetzen".

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von der LDP. Persönlich steht MinPräs. Stock auf dem Standpunkt, daß im Falle einer Abstimmung über das Grundgesetz Volksabstimmungen nicht das Resultat haben werden, das im Interesse der Demokratie wünschenswert wäre. Es käme hinzu, daß die Ratifizierung durch die Landtage Zeitgewinn bringe. Wesentlich aber wäre, diese Frage rechtzeitig zu klären, falls die Ratifizierung durch die Landtage vorgenommen werden soll. [. . .] MinPräs. Kopf stellt zur Geschäftsordnung den Antrag, jeden der fünf hier vorgetragenen Punkte einzeln zu besprechen. Der Vorschlag findet das Einverständnis der Konferenzteilnehmer. Ergänzend zu diesem Vorschlag gibt SenPräs. Kaisen zu bedenken, zunächst erst einmal festzustellen, wen die Militärregierung ermächtigt, diese Fragen zu entscheiden. Man müsse auf deutscher Seite sich erst verständigen, um dann von den Generälen die Vollmacht zu dieser Entscheidung zu bekommen. Bgm. Brauer ist geneigt, dem von MinPräs. Kopf vorgeschlagenen Weg zu folgen, um dann am Ende die Frage der Verbindung zum Parlamentarischen Rat zu klären. Zunächst sei jedoch wichtig, eine Klärung über die Bedenken der Militärregierung herbeizuführen und deren eventuelle Berücksichtigung zwischen 2. und 3. Lesung und der inzwischen stattgefundenen Lesung des Hauptausschusses zu erwägen. Er halte es vom deutschen Standpunkt aus für bedenklich, eine These zu akzeptieren, die so aussieht, als würde man zu allen Dingen die Zustimmung der Militärregierung erstreben. Diese Schritte könnten zu einer großen Verschleppung der Bonner Verhandlungen führen. Er weist darauf hin, daß es ohnehin nicht vermieden werden könne, daß die Militärregierung Einsprüche geltend mache, die dann immer noch anerkannt oder verworfen werden könnten. Dies sei um so wahrscheinlicher, da eine völlige Zustimmung der drei Besatzungsmächte zu allen Bestimmungen sowieso nicht erreicht werden könne. Die Konzessionen gegenüber den Militärregierungen müssen in deutschen Verfassungsangelegenheiten auch einmal eine Grenze finden. Man dürfe auf keinen Fall soweit gehen, zu sagen: Einigung mit der Militärregierung um jeden Preis. JustMin. Katz bestätigt, daß die Meinungen der Fraktionen darüber sehr auseinandergingen. Man müsse erwägen, daß durch das zwischenzeitliche Bekanntwerden der Meinungen der Alliierten neue Beratungen befürchtet werden müßten .Diese Frage sei aber noch nicht geklärt, sondern werde am Montag im interfraktionellen Ausschuß besprochen" 7 . Vor allem aber müsse man die Einsprüche der Alliierten erst einmal näher kennenlernen. Die wichtigsten der zu erwartenden Einsprüche dürften aber die gegen die Bundesfinanzverwaltung und die gegen den deutschen Standpunkt bezüglich Berlins sein. Das Verfahren über die Frage Berlin (daß die Abgeordneten Berlins, solange sie noch nicht als Vertreter des 12. Staates teilnehmen können, im Bundestag und Senat gleichberechtigt sein sollen) ist noch nicht entschieden. Die drei Militärgouverneure beabsichtigen, den interfraktionellen Ausschuß für Ende nächster Woche nach Frankfurt einzuladen und ein inoffizielles Gespräch über diese Punkte zu führen 1 ". Erst nach Durchführung dieses Gesprächs und wenn man die Erklärungen 117

Siehe Prot, der Sitzung des interfraktionellen Ausschusses vom 3./4. 3. 1949, auf der über das alliierte Memorandum vom 2. 3. 1949 beraten wurde, in: St BKAH/150. Vorhergehende Sitzungen sind hier nicht überliefert.

118

Zum alliierten Memorandum vom 2 . 3 . 1949, das den Vertretern des Pari. Rats auf einer Besprechung mit den MilGouv. am gleichen Tag in Frankfurt übergeben wurde, siehe Dok.Nr. 22, T O P 1.

191

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kennt, könne man weiterarbeiten. Von den Engländern seien allgemein keine großen Einsprüche zu erwarten, während sich die Amerikaner alles offen gehalten haben und die Franzosen Widerspruch in vielen Teilen erheben. Allgemein könne man erst nach Einigung der drei Mächte über diese Dinge klar sehen und darüber Entscheidungen treffen, ob diese Punkte so bedeutsam sind, daß man sie vorher abstimmt, oder ob man besser die Gesamtbeanstandungen erwarte. Es müsse jedenfalls alles getan werden, um das Verfahren in Bonn zu beschleunigen. OBgm. Reuter weist darauf hin, daß das jetzt eingeschlagene Verfahren von den Generälen ausgegangen ist und daß diese wiederum zur Zeit an ihre vorläufigen Instruktionen gebunden sind. Aus Besatzungsstatutskreisen in London könne man deutlich spüren, daß gewisse Bedenken in Unterhaltungen gegenüber Deutschen geltend gemacht werden. Grundsätzlich könne man aber auch sagen, daß die Engländer keine weittragenden Bedenken haben, sondern daß dies vielmehr die Franzosen seien. OBgm. Reuter hält es für ausgeschlossen, daß die Generäle im heutigen Stadium schon im Stande sind, endgültig zu sagen, was ihre Regierungen in diesen Dingen für Auffassungen v vertreten. Über verschiedene Punkte müsse zwangsläufig eine Besprechung der drei westalliierten Außenminister stattfinden120. Es müsse von deutscher Seite aber klar verstanden werden, daß wir uns nicht unbedingt auf jede Weisung der Generäle festzulegen haben, sondern wir müssen uns auf die Ebene einer formellen Aussprache zurückziehen. Der Redner hält es nicht für ausgeschlossen, die französischen Einwendungen zu überwinden, wenn es auch außerordentlich schwierig sein dürfte zu erfahren, was die drei Generäle vom interfraktionellen Ausschuß wollen. Man wird bei dieser Aussprache immerhin von beiden Seiten aus unausgesprochene Schattierungen der Auffassungen vorfinden. Erst nach Kenntnis der Dinge wird man sehr sorgfältig die endgültige Taktik zu überlegen haben. MinPräs. Ehard hält zwar eine Einigung über die Haltung der Ministerpräsidenten für erforderlich, ist dafür auf der anderen Seite aber überzeugt, daß es völlig ausgeschlossen ist, vom Kreis der Ministerpräsidenten aus dem Parlamentarischen Rat oder irgend jemandem eine feste Meinungsäußerung zu geben. D e r Standpunkt zur Sache sei dabei gleichgültig. Es sei aber ausgeschlossen, entweder nach der positiven oder negativen Seite von hier aus etwas zu sagen, in diesem oder in einem späteren Stadium mit den Generälen zu verhandeln. Die Konferenz der Ministerpräsidenten würde wahrscheinlich, da sie bisher nicht gefragt wurde, eine starke Zurückweisung erfahren. MinPräs. Kopf [. . .] Bgm. Brauer schließt dann die Debatte ohne Entscheidung ab und erhält zugleich das Einverständnis der Konferenz zu der Feststellung, daß der Parlamentarische Rat sein Werk selbst der Militärregierung übergeben solle. Eine besondere Beschlußfassung darüber ist nicht erforderlich und eine besondere Erklärung darüber soll nicht abgegeben werden. Falls MinPräs. Stock als Geschäftsführer gefragt wird, kann er von

Handschr. korrigiert aus: „Standpunkte". 120

Zu den Beratungen der drei westlichen Außenminister vom 6.-8. 4. 1949 in Washington siehe Foreign Relations 1949/111, S. 156 ff. Am 5. 4. 1949 übermittelten die Außenminister dem Pari. Rat eine Erklärung, in der sie diesen zur Weiterarbeit ermunterten (ebenda, S. 236 f.). A m 8. 4. 1949unterzeichneten sie eine Stellungnahme zu den strittigen Punkten im G G (ebenda, S. 186), die jedoch erst am 22. 4. 1949 bekanntgegeben wurde. Zu der sich daraus ergebenden parteipolitischen Kontroverse über Festigkeit oder Nachgiebigkeit gegenüber den alliierten Forderungen siehe Niclauß, Demokratiegründung, S. 137; Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 169 f.; Grabbe, Grundgesetzentwurf, S. 393 ff.

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sich aus zum Ausdruck bringen, daß die Konferenz der Ministerpräsidenten keine Bedenken habe. MinPräs. Stock bittet um Klärung der Frage der Wahlexekutive, die in Bonn insofern auftritt, als der Parlamentarische Rat über seine legislative Arbeit hinausgeht, indem er bestrebt ist, Wahlleiter, Wahlausschuß und Regierungskommission zu werden. Beim Auftauchen dieser Frage solle man von vornherein betonen, daß diese Dinge nicht zur Aufgabe des Präsidiums des Parlamentarischen Rates gehören. OBgm. Reuter erklärt, daß diese Frage bis zu einem gewissen Grade mit der Form des Wahlgesetzes zusammenhänge. Er empfiehlt, darüber in unmittelbare Besprechungen mit dem Parlamentarischen Rat einzutreten, damit auf keinen Fall Unklarheiten über diese wesentliche Frage entstehen können. Außerdem bestehen in Bonn darüber noch keine ausgesprochenen Meinungen, sondern nur unausgesprochene Tendenzen. MinPräs. Ehard weist daraufhin, daß die Vollmacht des Parlamentarischen Rates in dem Augenblick zu Ende sei, in dem die Verfassung beschlossen werde. Die Generäle hätten kürzlich noch den Standpunkt eingenommen, wer das Wahlgesetz fertigstellen soll, sei noch nicht bekannt121. Sie haben zwar noch keine Vollmacht gegeben, haben aber erklärt, sie seien bereit, nach Kenntnis des Inhalts des Grundgesetzes einen Auftrag zur Ausarbeitung des Wahlgesetzes so schnell wie möglich zu erteilen. Man könne aber erwarten, daß auch der Parlamentarische Rat dann noch die Aufgabe der Wahlgesetzausarbeitung übertragen bekäme. Er hält es jedoch für ausgeschlossen, daß sich der Parlamentarische Rat gewissermaßen verewigt und daß er neben der Legislative auch die Exekutive übernimmt. Dafür fehle vor allem jede Vollmacht und man müsse sich von seiten der Länderregierungen dagegen wehren. Immerhin müsse man sich über die zu treffenden Vorbereitungen über das Wahlgesetz unterhalten, um richtige Maßnahmen über den raschen Ablauf der Dinge treffen zu können. SenPräs. Kaisen unterstützt die zuletzt vorgetragene Anschauung, gibt aber zu bedenken, daß man eine Klärung darüber herbeiführen müsse, daß alle drei Zonen ein Wahlgebiet bilden und ein einheitliches Wahlgesetz erhalten. MinPräs. Ehard hingegen ist der Meinung, daß man das genausowenig tun könne, als sich in den Inhalt der Verfahrensberatungen einzumischen, da auch das eine Verfassungsbestimmung werden könne. Da Bonn Vollmachten habe, könne man sich von seiten der Ministerpräsidenten erst nach endgültiger Festlegung einmischen. Man könne jetzt nicht beschließen, die Dinge so oder so zu beeinflussen. Bgm. Brauer erinnert an die Stellungnahme der Ministerpräsidenten in den Koblenzer Beschlüssen122 und empfiehlt den Ministerpräsidenten, durch die Landtage Vertreter in den Parlamentarischen Rat zu wählen, die die Aufgabe haben, ein Grundgesetz für die einheitliche Verwaltung der Besatzungsgebiete der Westmächte auszuarbeiten. Die Meinung [von] MinPräs. Ehard ist nach wie vor die, daß die Ministerpräsidenten nicht befugt seien, sich in die Beratungen des Parlamentarischen Rates einzumischen. Der [Parlamentarische] Rat sei absolut souverän und befugt, die Dinge so oder so vorzuschreiben. Daraus aber ergäben sich erst die Konsequenzen für die Ministerpräsi-

121

Vgl. Dok.Nr. 7, T O P 3.

122

Stellungnahme der Ministerpräsidentenkonferenz vom 8.-10. 7. 1948 in Koblenz (Rittersturz) zu Dokument I der Frankfurter Dokumente. Unter Punkt 3b empfahlen die MinPräs. den Landtagen der drei Zonen eine Vertretung (den Parlamentarischen Rat) zu wählen, der die Aufgabe hatte, „ein Wahlgesetz für eine auf allgemeinen und direkten Wahlen beruhende Volksvertretung zu erlassen" (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 7).

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denten. Zweckmäßig sei allerdings, ein Wahlgesetz fertig in der Schublade zu haben. Die Konferenz hätte die Aufgabe, von den Generälen die Vollmacht zu erwirken, daß das Wahlgesetz Gesetzeskraft erlangt. JustMin. Katz bekräftigt, daß der Parlamentarische Rat befugt ist, das Wahlgesetz zu erlassen, da er eine solche Bestimmung in die Verfassung einbeziehen könne. Er sei befugt, solche Bestimmungen vorzuschreiben und könne daher eine Form wählen, nach der er berechtigt werde, die Durchführung der ersten Wahl selbst zu übernehmen. Diese ganzen Fragen würden aber für nicht bedeutsam gehalten. MinPräs. Stock drängt auf Klärung dieser Frage, da er irgendwie Vollmacht bekommen müsse, die Auffassung der Ministerpräsidenten über diese Punkte in Bonn vorzutragen. MinPräs. Ehard warnt dringend davor, einen Entwurf des Wahlgesetzes dem Parlamentarischen Rat zuzuleiten. Wohl sei auf der anderen Seite erforderlich, daß die Ministerpräsidenten über das Wahlgesetz auf dem laufenden gehalten werden, damit etwaige Vorbereitungen bereits heute getroffen werden können. Mehr zu tun sei aber ausgeschlossen. Bgm. Brauer weist auf die zweijährigen Bemühungen des Vorsitzenden des Wirtschaftsrates hin, zu seinen legislativen Vollmachten exekutive Funktionen hinzuzuziehen. Das müsse man hier von vornherein und unter allen Umständen vermeiden. Der Parlamentarische Rat habe sich kein Wahlbüro zu halten mit einem Büro mit Personal usw. Hier müsse die Arbeit des [Parlamentarischen] Rates unbedingt zu Ende kommen. JustMin. Katz betont, daß die Gefahr nicht bestehe und daß in der Beziehung keinerlei Schwierigkeiten zu erwarten seien. OBgm. Reuter bestätigt diese Auffassung, empfiehlt darüber hinaus aber dem Büro der Ministerpräsidenten, mit dem Büro des Parlamentarischen Rates rechtzeitig die Frage der Verteilung der letzten 20 fraglichen Sitze zu klären123. MinPräs. Altmeier und IMin. Renner vertreten nachdrücklich die Auffassung, daß die Durchführung der Wahlen nur durch die Länder zu erfolgen habe. Die Verteilung der Mandate der Bundesliste solle von einer zentralen Stelle aus vorgenommen werden. Bgm. Brauer: Über die Trennung der Gewalten besteht im Kreise der Ministerpräsidenten nur eine Meinung. Soweit es sich bei der Arbeit des Parlamentarischen Rates um das Verfassungsgesetz handelt, soll von seiten der Ministerpräsidentenkonferenz keine Einwirkung auf die Bonner Arbeit versucht werden. Grundlegende Bedenken gegen die Ausarbeitung eines Wahlgesetzes durch den Parlamentarischen Rat werden nicht ausdrücklich vertreten, wie aus der Frage der Übergabe des fertigen Werkes an die Besatzungsmächte seitens der Ministerpräsidentenkonferenz keine Prestigefrage gemacht wird. Bgm. Brauer stellt die Frage der Ratifizierung des Grundgesetzes zur Diskussion, worauf MinPräs. Ehard das Wort nimmt und darauf hinweist, daß nach Dokument I die Ratifizierung durch eine Volksabstimmung stattzufinden habe124. Die Form der Abstimmung wisse man zwar heute noch nicht. Die Generäle hätten jedoch dazu gesagt, ihre Regierungen könnten dazu noch keine Stellung nehmen, da der Parlamen123

Zur Debatte stand die Zahl der Berliner Mandate, ob für die Westsektoren lediglich zehn Mandate oder für Groß-Berlin insgesamt 20 Mandate vorgesehen werden sollten (vgl. die Beratungen auf der 53. Sitzung des HptA. vom 23. 2. 1949 in: Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., S. 719 ff.).

124

Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4.

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tarische Rat selbst eine Volksabstimmung vorgesehen habe125. Dies sei auch der ursprüngliche Plan der Militärregierungen126. Die Frage der Einhaltung der Grenzen des Dokuments I sei sehr umstritten, da bei Abstimmungen durch die Landtage die Verfassungen einzelner Länder dazu zwingen würden, Volksabstimmungen durchzuführen. JustMin. Katz weist darauf hin, daß im § 148 e des Grundgesetzes die Volksabstimmung ausdrücklich vorgesehen sei127. In interfraktionellen Besprechungen solle jetzt in Bonn die Frage geklärt werden, ob ein Referendum oder eine Ratifizierung durch die Landtage vorgesehen werden soll. Präs. Adenauer und die SPD seien für eine Ratifizierung durch die Landtage, während die CDU und die Demokratische Partei sich sehr energisch für das Referendum einsetzen128. Bgm. Brauer vertritt den Standpunkt, man sollte heute gar nicht den Versuch machen, sich für das eine oder andere zu entscheiden, sondern man solle abwarten, welche Lösungen die großen Parteien oder der Parlamentarische Rat als Ganzes vorsehe. Erst dann seien diese Dinge für die Konferenz diskutabel. MinPräs. Kopf verweist auf die bereits getroffene Entscheidung, durch einen Brief der Ministerpräsidenten an die Militärgouverneure das Referendum abzuändern mit einer schriftlichen Begründung, die durch einen persönlichen Besuch bei den Gouverneuren noch weiter mündlich verstärkt werden sollte129. Es würde also bei einer solchen Abweichung von den Koblenzer Beschlüssen eines neuen Beschlusses bedürfen. Bgm. Brauer schlägt vor, die Dinge zunächst offen zu lassen. MinPräs. Arnold ist mit der Zurückstellung einverstanden, worauf der Vorsitzende ausdrücklich feststellt, daß es bei dem alten Koblenzer Beschluß bleibt. Dadurch bleibe es selbstverständlich unbenommen, nach einem Beschluß des Parlamentarischen Rates eine neue Stellung zu beziehen. [9. Bundessitz]

MinPräs. Stock [betont die Dringlichkeit des Problems.] SenPräs. Kaisen [weist darauf hin, „daß man sich bereits für Frankfurt entschieden habe"130.] JustMin. Katz bringt zur Kenntnis, daß die Meinungen Bonn und Frankfurt in Bonn vertreten werden, daß aber daneben noch die Anträge Kassels und Stuttgarts laufen131.

125

Vgl. Dok.Nr. 7, T O P 3.

126

Der nachfolgende Satz „Man müsse also in dieser Frage die Entscheidung der anderen Nationen abwarten" wurde im Prot, handschr. gestrichen.

127

Der HptA. hatte anläßlich der dritten Lesung des G G hierüber nicht abgestimmt und die Entscheidung über die Form der Ratifizierung dem Plenum übertragen (Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., 51. Sitzungvom 10. 2. 1949, S. 682).

128

Vgl. Anm. 116.

129

Anläßlich der Genehmigung des G G sprachen sich die MilGouv. für die Ratifizierung durch die Landtage aus (vgl. Dok.Nr. 34). Besondere Schritte seitens der MinPräs. wurden hierzu nicht unternommen.

130

In seinem Schreiben an Adenauer vom 3. 9. 1948 (Z12/85, Bl. 286-287) hatte Stock bezugnehmend auf die Konferenz der MinPräs. vom 31. 8. 1948 (vgl. Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 24, S. 403) es als naheliegend bezeichnet, da die bizonale Verwaltung bereits in Frankfurt untergebracht worden sei, auch denBundestag in Frankfurt anzusiedeln. Die MinPräs. hatten allerdings eine Entscheidung hierüber vertagt.

131

Zu den Bewerbungen der vier Städte siehe Bericht der vom Pari. Rat eingesetzten Kommission vom 28. 4. 1949 (Z 12/81, Bl. 84-118).

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Die Kommission132 ist inzwischen unterwegs, sich alle vier Städte anzusehen und in der kommenden Woche sei eine Entscheidung zu erwarten. Persönlich ist JustMin. Katz für Frankfurt, weil er die Ansicht vertritt, daß die bereits für diese Stadt aufgewandten Millionen nicht rückgängig gemacht werden könnten133. Die Meinungen in Bonn seien jedoch geteilt und selbst im Unterausschuß sei ein Beschluß noch nicht gefaßt entgegen irreführenden Pressemeldungen. Sehr starke Kräfte seien am Werk, Bonn zum vorläufigen Sitz zu erklären. Persönlich begrüße der Redner die Fassung eines Beschlusses in diesem Kreis, der sich für Frankfurt ausspricht. Die Meinung der Ministerpräsidenten dürfte in Bonner Kreisen ein bestimmtes Gewicht haben. Bgm. Brauer bringt zur Kenntnis, daß sich nun auch Helmstedt um den Sitz der Bundesregierung beworben habe. (Heiterkeit) MinPräs. Arnold vertritt die Meinung, diese Frage nicht zum Streitfall werden zu lassen; man solle vielmehr der Kommission selbst die Entscheidung vorbehalten und die endgültige Meinung in Bonn abwarten. Diese Ansicht wird von OBgm. Reuter unterstützt. Falls jedoch die Meinung vorhanden sein sollte, in die Materie einzusteigen, sei er bereit, dann eine Lanze für etwas anderes zu brechen. Bgm. Brauer faßt die Meinungen dahingehend zusammen, die Angelegenheit heute nicht zu entscheiden, sondern auch dies dem Parlamentarischen Rat zu überlassen. Die Diskussion lebt jedoch erneut auf, als durch WiMin. Veit die Frage der in Frankfurt investierten Mittel wiederum vorgetragen wird, wohingegen MinPräs. Kopf der Ansicht ist, daß man, da die Fragen des Wahlgesetzes und des Referendums dem Parlamentarischen Rat überlassen wurden, auch diese Frage nicht hier entscheiden könne, da man in diesem Kreis nicht dazu berufen sei. Man könne wohl Empfehlungen geben, die aber in Bonn nicht gut aufgenommen werden könnten. SenPräs. Kaisen bestätigt diese Meinung134, da es gerade wegen der in Frankfurt investierten sehr großen Mittel gar keiner Frage bedarf, daß Frankfurt Sitz der vorläufigen Bundeshauptstadt werden müsse, denn die Steuerzahler würden sich energisch gegen eine Neuinvestierung größerer Mittel wenden. Ein wesentlicher Punkt sei darüber hinaus der Standpunkt der Militärregierung135 und die durch einen Umzug der Militärregierung entstehenden ungeheuren Kosten, die aus einem solchen Anlaß nicht zu verantworten wären. MinPräs. Ehard hat kein persönliches Interesse an dieser Frage und betont lediglich, daß viel für Frankfurt spreche. Man solle sich aber heute nicht intensiv mit dieser Frage beschäftigen. Mittel seien aber im übrigen auch von anderen Städten schon investiert. Die Entscheidung solle man jedoch grundsätzlich dem Parlamentarischen Rat überlassen. Bgm. Brauer vertritt die Meinung, daß auch in Bonner Kreisen bekannt sein dürfte, welche großen Mittel in Frankfurt investiert wurden.

132

Zur Tätigkeit der Kommission siehe Ζ 5/10. Auf der Besprechung vom 4. 2. 1949 (vgl. Anm. 108) hatte Adenauer ausgeführt, daß die Kommission bereits zwei Sitzungen abgehalten habe. Es wäre beabsichtigt, im G G den Sitz des Bundes festzulegen. Im übrigen sei eine Festlegung noch von keiner Seite erfolgt.

133

Siehe hierzu ausführlich Dok.Nr. 38.

134

Im Prot, wurde die nachfolgende Bemerkung von Kaisen „für die vorhergehenden Fälle, nicht aber für den gerade zur Debatte stehenden" handschr. gestrichen.

135

Siehe hierzu Dok.Nr. 56, T O P 4.

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Einige grundsätzliche Ausführungen MinPräs. Stocks behandeln die gegenüber andern Städten größeren Möglichkeiten in Frankfurt. Die Meinung OBgm. Reuters kommt jedoch nicht mehr zum Vortrag, da die Debatte über die Frage Bundeshauptstadt abgeschlossen werden soll, da die Konferenz der Ministerpräsidenten darüber keine Entscheidung treffen könne. Die Konferenz ist sich in dieser Frage einig. Beschluß: Die Konferenz der Ministerpräsidenten beschließt mit 7 : 5 Stimmen' 34 , die Entscheidung über die Frage des Sitzes der vorläufigen Bundeshauptstadt allein dem Parlamentarischen Rat zu überlassen. Weitere Beratungen darüber erscheinen erst nach der Bonner Beschlußfassung angebracht. [10.] Besatzungsstatut MinPräs. Stock referiert über die in Bonn aufgeworfenen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Besatzungsstatut aufgetreten sind. Es sei vor allem fraglich, ob der Parlamentarische Rat seine Endabstimmung im Plenum über das Bundesgesetz durchführen kann, ehe das Besatzungsstatut vorliegt. Es handele sich dabei um taktische und Zweckmäßigkeitsfragen. In Bonn wurde angeregt, daß die Ministerpräsidenten bei ihren Besprechungen bei den Generälen im Hinblick auf deren Versprechen gegenüber den Ministerpräsidenten bezüglich des Besatzungsstatuts die Bitte vortragen, schnellstens in den Besitz des Statuts zu kommen 137 . Bekanntlich sei bei Dokument I und III gesagt worden138, daß die deutschen Stellen laufend orientiert würden und bis zum Schluß der Beratungen in Bonn auch über den Inhalt des Besatzungsstatutes Kenntnis erhielten. MinPräs. Kopf vertritt die Anschauung, daß in den erwähnten Dokumenten keine solche Festlegung enthalten ist, daß wohl die Generäle eine solche Versprechung gegeben hätten139. Die Meinungen gehen auch in Bonn darüber auseinander, wo ein Teil warten zu müssen glaubt, bis das Besatzungsstatut vorliegt, ein anderer aber die Endabstimmung ohne Kenntnis des Statuts durchführen will. Der Redner vertritt persönlich den Standpunkt, daß man die Generäle aus ihren Verpflichtungen nicht entlassen solle. Es wäre aber auch hier verkehrt, dem Parlamentarischen Rat irgendwelche Empfehlungen zukommen zu lassen. MinPräs. Ehard gibt seiner Überzeugung Ausdruck, daß das Besatzungsstatut einen schweren Schock auf die Bevölkerung und einen nachhaltigen Eindruck auf die Bonner Beratungen ausüben wird. Man wisse aus Pressemeldungen, daß die Alliierten sich selbst noch nicht über diese Fragen einigen könnten 140 , ganz klar sei jedoch, daß es sich um ein absolutes Diktat handele. Daher habe es auch keinen Zweck, auf die ursprünglichen Versprechungen zurückzugreifen zu versuchen. Ähnliche Versuche seien bereits durch die Ministerpräsidenten unternommen worden, wobei von Seiten

136

Handschr. korrigiert aus: 7 : 4 Stimmen.

137

Siehe Dok.Nr. 7, T O P 2.

138

Vgl. Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4.

139

Siehe Stellungnahme von Gen. Clay vom 20. 7. 1948 zu der deutschen Antwort zum Dokument Nr. III in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 10, S. 169.

140

Siehe Allgemeine Zeitung vom 6. 12. 1948. Zum Inhalt des Besatzungsstatuts siehe Vermerk der SenK. Bremen vom 11. 1. 1949 in: StA Bremen 3 - R . l . n . Nr. 11 (16). 197

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der Generäle gesagt wurde, daß das Besatzungsstatut bekanntgegeben werden solle141. Ob man jedoch in Bonn auf das Erscheinen des Statuts warte oder nicht, sei eine reine Angelegenheit des dortigen [Parlamentarischen] Rates. In dem Zusammenhang gibt SenPräs. Kaisen Kenntnis von der telefonischen Mitteilung Adenauers, in der er darum bittet, das Besatzungsstatut erst in die Hände des Parlamentarischen Rates gelangen zu lassen, bevor es die Presse bekommt, um nicht erst eine falsche Wirkung in der deutschen öffentlichen Meinung vor einer Stellungnahme deutscher Regierungskreise aufkommen zu lassen. Der Wunsch wird durch den Vortragenden unterstützt. Man solle darüber hinaus erst den Inhalt des Statuts zur Kenntnis nehmen, das Ganze in Ruhe überdenken, bevor man eine Stellungnahme dazu abgibt142, widrigenfalls man sich selbst Fesseln anlegen und Schwierigkeiten bereiten könne, die von vornherein vermeidbar wären. In diesem Zusammenhang verliest der Redner noch einmal den Wortlaut der Münchener Resolution: [. . .143] Bgm. Brauer schlägt die Beratung der Adenauerschen fernmündlichen Mitteilung im engsten Kreise der Ministerpräsidenten vor, da die Angelegenheit zu diffizil sei, um sie in einem größeren Kreise zu behandeln144. Der Vorsitzende faßt in nachfolgendem Beschluß die Erledigung der Bonner Berichte zusammen: Beschluß: Die Hamburger Ministerpräsidentenkonferenz hält es im Augenblick nicht für gegeben, zum Grundgesetz eine Meinung zum Ausdruck zu bringen, des weiteren sollen dem Parlamentarischen Rat bezüglich des Wahlgesetzes keinerlei Empfehlungen gegeben werden. Die Frage des Sitzes der Bundesregierung wird vertagt. Die Beratungen über das zu erwartende Besatzungsstatut und die damit im Zusammenhang stehende fernmündliche Mitteilung des Präsidenten des Parlamentarischen Rats sollen im engeren Kreise der Ministerpräsidenten fortgesetzt werden. Auf die Entscheidung, ob in Bonn das Erscheinen des Besatzungsstatuts abgewartet oder die Verfassung endgültig verabschiedet werden soll, nimmt die Ministerpräsidentenkonferenz keinen Einfluß. Die Ministerpräsidenten nehmen ebenfalls keinen Einfluß auf die durch den Parlamentarischen Rat selbst vorgesehene Übergabe des Verfassungswerkes an die Militärgvuverneure.

141

Siehe Dok.Nr. 7, T O P 2.

142

Über das am 10. 4. 1949 den deutschen Stellen übermittelte Besatzungsstatut berieten die MinPräs. am 12. 4. 1949 ausführlich und übergaben abschließend der Presse eine Stellungnahme (Dok.Nr. 26).

143

Die Entschließung der MinPräs. zum Besatzungsrecht anläßlich der Konferenz in München vom 6.-8. 6. 1947 (Akten zur Vorgeschichte 2, Dok.Nr. 32 B, T O P 4 h) wurde nicht protokolliert. Sie sollte von Rakette (handschr. Zusatz im Prot.) eingefügt werden.

144

Das Prot, enthält keinen Hinweis darauf, daß die Sitzung für eine interne Beratung der Regierungschefs unterbrochen wurde. Mit Schreiben an Adenauer vom 14. 2. 1949 (Z 12/70, Bl. 160) nahm Stock indes zu der von Blankenborn telefonisch übermittelten Nachricht Stellung, „wonach das Besatzungsstatut in Kürze zu erwarten [sei] und bereits einen Tag nach der Zustellung an die deutschen Adressaten veröffentlicht werden soll". Hierüber sei eingehend gesprochen worden. Die Anregung von Adenauer, „daß eine gemeinsame Kommission aus Vertretern des Parlamentarischen Rates und der Ministerpräsidenten zu dem Inhalt des Besatzungsstatutes Stellung nehmen soll, wurde wärmstens begrüßt". In dieser Kommission sollten sämtliche MinPräs. vertreten sein. Auf diese Weise werde verhindert, „daß, wie beim Ruhrstatut, die deutschen Stellen beider Veröffentlichung vollkommen überrascht sind und erst nach Tagen eine eigene Stellungnahme bekanntgeben können".

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[11. Organisation der G e s u n d h e i t s v e r w a l t u n g in der T r i z o n e ]

Prot.

Sen. Schmedemann [betont die Notwendigkeit einer übergeordneten Gesundheitsverwaltung.] OMedR. Rediger [hebt hervor, daß im Gesundheitswesen die Grenzen eines Landes übergreifende sowie internationale Aufgaben durch eine überzonale Dienststelle bearbeitet werden müßten.] Durch das Fehlen einer solchen höchsten deutschen Stelle haben sich seit 1945 erschwerende Zustände in Deutschland ergeben, da die Länder eigene Bestimmungen beispielsweise über die Ausbildung von Medizinern, über Fragen der Nahrungsmittelindustrie usw. erlassen haben. So sei es in Studentenkreisen üblich, daß angehende Ärzte, Zahnärzte, Apotheker usw. sich die angenehmsten der in den Ländern verschiedenen Studienbedingungen heraussuchten, was zu einer völlig auseinanderfallenden Entwicklung zu führen drohe. Es gäbe zwar in den Ländern selbst Gesundheitsverwaltungen, die jedoch kein überzonal koordiniertes Gremium hätten. Die Versuche, eine gewisse Einheitlichkeit zu wahren, hätten bisher keinen Erfolg gehabt. Dem Auslande gegenüber seien aber die Einrichtungen der Länder keine rechten Verhandlungspartner und angebahnte Verhandlungen werden durch Vereinigungen und andere Gremien, nicht aber unter staatlicher Verantwortung geführt. In dem Zusammenhang stehe auch der gefahrdrohende Auseinanderfall der Gesundheitspolizei. Vor allem hier müsse die Legislative und die Exekutive auseinandergehalten werden. Auf weitere Einzelheiten brauche in Anbetracht der elementaren Bedeutung dieser Dinge nicht eingegangen zu werden. Man ist bei Arbeitsgemeinschaften der für das Gesundheitswesen verantwortlichen Ministerien der Trizone übereingekommen, bei der kommenden Neugründung auch eine Zentrale für das Gesundheitswesen zu schaffen, die allerdings nicht in die Exekutive eingreifen soll. Zu diesem Zweck wird die Ministerpräsidentenkonferenz gebeten, dem Präsidenten des Parlamentarischen Rates in Bonn folgende Anregung zur Abänderung des Art. 36, P[unkt] 18 und 19 zu übergeben145: „Der Bund hat den Vorrang bei der Gesetzgebung über . . . 18. grundsätzlich bedeutsame Maßnahmen zur Ordnung des Gesundheitswesens, insbesondere über die Bekämpfung gemeingefährlicher und übertragbarer Krankheiten bei Menschen und Tieren, die Ausbildung der in den Heil- und Heilhilfsberufen tätigen Personen, die Zulassung zu diesen Berufen und den Verkehr mit Arzneien, Heil- und Betäubungsmitteln und Giften sowie 19. über den Schutz vor Gesundheitsschädigungen durch Lebens- und Genußmitteln sowie Bedarfsgegenstände mit Futtermitteln, mit land- und forstwirtschaftlichen Saat-

145

Auf Veranlassung der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen hatte sich am 26. 1. 1949 in Bad Pyrmont die Arbeitsgemeinschaft der für das Gesundheitswesen verantwortlichen Minister der drei Zonen konstituiert und den vorliegenden als einen von zwei Entschlüssen gefaßt. Er wurde daraufhin den Länderratsbevollmächtigten der Bizone auf deren Treffen vom 27. 1. 1949 mit der Bitte vorgelegt, beide Beschlüsse den Ministerpräsidenten auf deren nächster Konferenz vorzulegen. (Siehe Schreiben des Justitiars des LR, Lehmann, an den Bevollm. Bayerns, die Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses des LR, sowie an das Büro d. MinPräs. vom 20. 1. 1949 mit Wortlaut der Beschlüsse als Anlage in: Ζ 4/129 a, Bl. 10-15).

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und Pflanzgut und den Schutz der Bäume und Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge"146. MinPräs. Kopf [. . .] bringt unmißverständlich seine Meinung zum Ausdruck, daß solche Einschaltung bisher nicht vorgenommen wurde und daß auch jetzt davon abgesehen werden möge. SenPräs. Kaisen [unterstützt die Auffassung des Referenten.] MinPräs. Kopf und Ehard [erkennen zwar die Notwendigkeit der Berücksichtigung in der Verfassung an, wenden sich aber gegen eine Einschaltung der Ministerpräsidenten.] IMin. Renner [bezeichnet die vorgeschlagene Fassung des Artikels 36 als erhebliche Verbesserung und befürwortet die Einschaltung.] MinPräs. Ehard weist auf die durch eine Annahme dieser Vorschläge durch die Ministerpräsidentenkonferenz gemachte Gefahr der Einschaltung in wesentliche Bonner Aufgaben hin, die in diesem Falle sogar die Vorranggesetzgebung des Bundes betreffen. Darüber hinaus solle durch den Antrag eine Zentrale geschaffen werden im künftigen Bund, um das Gesundheitswesen - das als wichtiger Faktor durchaus anerkannt werde - einheitlich zu steuern. Es erscheint dem Vortragenden sogar als notwendig, daß man auf dem Gebiete zu einer Übereinstimmung mit anderen Ländern komme. Heute aber darüber einen Beschluß zu fassen auf Anregung einer besonderen Gruppe, und eine bestimmte Formulierung und Erweiterung der Verfassung vorzusehen, hält er für vollkommen unmöglich. Im übrigen verweist er auf den Standpunkt des MinPräs. Kopf, den er voll und ganz unterstützt. Korrekturen der Bonner Arbeiten könnten unmöglich von hier aus vorgeschlagen werden. Die Frage des Vorsitzenden, Bgm. Brauer, ob die Ministerpräsidenten in diesem Fall die Initiative ergreifen und die Wünsche der Gesundheitsminister an den Parlamentarischen Rat weitergeben wollen, wird von verschiedener Seite dergestalt beantwortet, daß die Ministerpräsidenten keinen Antrag oder keine Empfehlung nach Bonn richten, sondern daß man sie erst im Länderrat behandeln solle, wohingegen IMin. Renner als Verfechter der Annahme den Vorschlag machte, das Büro der Ministerpräsidenten zu ermächtigen, ohne Stellungnahme der Ministerpräsidentenkonferenz diese Dinge weiterzureichen. [Es kristallisiert sich die mehrheitliche Auffassung heraus, keinen Antrag bzw. keine Empfehlung an den Pari. Rat zu richten. Daraufhin zieht IMin. Renner seinen Vorschlag zurück, bittet jedoch um Erledigung im Länderrat in Stuttgart147.] 146

Durch Art. 74 GG wurden die genannten Aufgaben schließlich Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Dabei blieb der beantragte Zusatz der „grundsätzlich bedeutsamen" Maßnahmen unberücksichtigt.

147

Die Beauftragung des Länderrats in Stuttgart ergibt sich aus dem Kurzprot. Im Prot, findet sich lediglich eine handschr. Ergänzung, welche sich auf die Auffassung von Graf Wedel und des Büros d. MinPräs. stützt. In einem Schreiben an das Büro d. MinPräs. vom 31. 3. 1949 (Z 12/86, Bl. 57) hatte Kern von der SenK. des Senats der Hansestadt Hamburg dies als ein Mißverständnis bezeichnet. Es könne nur der LR in Frankfurt gemeint sein, „da der Länderrat Stuttgart nur für die Länder des amerikanischen Besatzungsgebiets zuständig ist". Diese Auffassung vertrat auch der IMin. von NRW (siehe Vermerk der StK. vom 29. 4. 1949 in: HStA Düsseldorf NW 53-639, Bl. 53). Landrat Bergner bestätigte jedoch die im Kurzprot. vertretene Interpretation des Verhandlungsverlaufs. IMin. Renner habe dies noch in Hamburg gegenüber LegR. Werz bestätigt. Der LR in Frankfurt habe zudem erklärt, daß er gemäß Proklamation Nr. 7 weder für Fragen des Gesundheitswesens zuständig sei noch mit Koordinierungsaufgaben betraut werden könne. Von Anfang an sei diese Aufgabe vielmehr dem LR der US-Zone zugefallen (Bergner an SenK. Hamburg vom 8. 4. 1949, ebenda, Bl. 49). Die Arbeitsgemeinschaft der für das Gesundheitswesen verantwortlichen

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Beschluß:

Anlage

Die Ministerpräsidentenkonferenz nimmt Kenntnis von der Haltung der Arbeitsgemeinschaft für das Gesundheitswesen gegenüber der Stellungnahme der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Frage der Schaffung einer Zentrale für die einheitliche Behandlung des Gesundheitswesens wird an den Länderrat in Stuttgart zur weiteren Bearbeitung überwiesen 148 . Beschluß:

Prot.

Die Frage der Betätigung deutscher Versicherungsgesellschaften im Ausland (Entschließung zum Kontrollratsgesetz Nr. 47) wird ohne Diskussion in voller Übereinstimmung an den Wirtschaftsausschuß des Länderrats in Frankfurt unter Zuziehung der Vertreter der französischen Besatzungszone verwiesen14®. Entschließung: Die Regierungschefs der unter amerikanischer, britischer und französischer Besetzung stehenden deutschen Gebiete haben davon Kenntnis genommen, daß mit den zuständigen Militärregierungsstellen zur Zeit vorbereitende Besprechungen wegen einer Aufhebung bzw. Milderung des Kontrollratsgesetzes Nr. 47'50 stattfinden, das der

148

Minister strebte indes eine bizonale Regelung an. Letztlich konnten die Interpretationsdivergenzen nicht ausgeräumt werden. Die Arbeitsgemeinschaft beschloß auf ihrer zweiten Konferenz vom 5 . 5 . 1949 in Bad Kissingen, von der Errichtung einer einheitlichen Zentrale abzusehen und das Land mit der Angelegenheit zu betrauen, in dessen Bereich die nächste Konferenz der MinPräs. falle, obwohl das Direktorium des LR der US-Zone auf seiner 79. Tagung am 10. 3. 1949 beschlossen hatte (Z 1/165, Bl. 210), die zentrale Geschäftsführung übernehmen zu wollen, „wenn dies von der trizonalen Konferenz gewünscht wird".'Da aber die Arbeitsgemeinschaft anderer Auffassung war, erfolgte keine Beauftragung durch die Länderregierungen. Mit dem Beschluß von Bad Kissingen (Z 12/86, Bl. 32) sahen die verantwortlichen Minister die Vertretung ihrer Interessen bis zur Bildung der Bundesregierung gegenüber den bizonalen Behörden sowie die einheitliche Behandlung innerhalb der Länder der drei Zonen gewährleistet. Die Fassung dieses Beschlusses spiegelt die genannten Interpretationsdivergenzen wieder (vgl. Anm. 147). Der Wortlaut des Prot. „Die Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg verweist den Antrag der Gesundheitsminister auf Abänderung des Artikels Nr. 36 der Verfassung im vollen Wortlaut an den Länderrat zur weiteren Beratung" wurde (von Werz?) handschr. im Sinne des Kurzprot. und der als Anlage 1 beigefügten Entschließungsliste ersetzt. Sachlich wurde damit ein anderer Bezug- zum zweiten Beschluß der Arbeitsgemeinschaft - hergestellt, welcher im Prot, nicht erwähnt ist. Das Kurzprot. vermerkt ihn jedoch. Hierin war die Aufmerksamkeit auf den Versuch der VELF gelenkt worden, Überwachung und Gesetzgebung auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene an sich zu ziehen. Diese zu unterbinden und diese Aufgabe der Gesundheitsverwaltung zu belassen, war das alleinige Anliegen der Arbeitsgemeinschaft (siehe Schmedemann an die VELF vom 10. 12. 1948 in: Hess. StK. 1 a 08, Hamburg II, Bl. 133-135). Es bedurfte mithin keiner Zentralstelle, hatte doch die Arbeitsgemeinschaft diese Funktion weitgehend selbst übernommen. Sofern um die Unterstützung der MinPräs. für die Tätigkeit der beiden Geschäftsführer in Frankfurt nachgesucht wurde, erachte man dieses Anliegen nach der Verwirrung über den in Hamburg gefaßten Beschluß für hinfällig (Z12/86, Bl. 30). Die nachfolgende Entschließung wurde dem Prot, als Bl. 216 beigefügt.

149

Der Wirtschaftsausschuß des LR beschloß am 23. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 4/571, Bl. 50), nachdem das Büro d. MinPräs. mit Schreiben vom 17. 2. 1949 MinPräs. Arnold um eine entsprechende Initiative seines Wirtschaftsministers ersucht hatte (ebenda, Bl. 114), unter Zustimmung der Vertreter der franz. Zone der Konferenz der MinPräs. die Annahme der von der VfW ausgearbeiteten Entschließung im gleichen Wortlaut zu empfehlen. Bevor hierüber ein weiterer Beschluß gefaßt werden konnte, erörterten die MinPräs. das Problem am 15. 3. 1949 mit den MilGouv. der Bizone (vgl. Dok.Nr. 20, TOP 1). Dieser Vorstoß war erfolgreich. Durch Gesetz Nr. 16 der MilReg. vom 2. 4. 1949 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 16) wurde deutschen Versicherungsgesellschaften die Rückkehr in das internationale Geschäft ermöglicht.

150

Gesetz Nr. 47 vom 10. 3. 1947 in: Amtsbl. Kontrollrat, Nr. 14, S. 263.

201

Nr. 1 0 B

Prot,

11./12. 2. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg

d e u t s c h e n V e r s i c h e r u n g e i n e ihr w e s e n s f r e m d e A u t a r k i e a u f e r l e g t . D i e M i n i s t e r p r ä s i dentenkonferenz hält es s o w o h l i m Interesse der Förderung des deutschen A u ß e n h a n d e l s als [ a u c h ] i m H i n b l i c k a u f d i e W i c h t i g k e i t i n t e r n a t i o n a l e r R ü c k v e r s i c h e r u n g s b e z i e h u n g e n für e i n e g e s u n d e V e r s i c h e r u n g s w i r t s c h a f t für w ü n s c h e n s w e r t , d a ß d i e d e u t s c h e V e r s i c h e r u n g s w i r t s c h a f t v o n d e r A u s n a h m e b e h a n d l u n g , d e r sie d u r c h d a s K o n t r o l l r a t s g e s e t z N r . 4 7 u n t e r w o r f e n ist, b e f r e i t u n d e s ihr g e s t a t t e t w i r d , V e r s i c h e r u n g e n , d i e mit E i n - u n d A u s f u h r g e s c h ä f t e n z u s a m m e n h ä n g e n , m i t G ü l t i g k e i t a u c h für d a s A u s l a n d a b z u s c h l i e ß e n u n d sich a u c h a m i n t e r n a t i o n a l e n R ü c k v e r s i c h e r u n g s v e r kehr wieder zu beteiligen. [12. Verabschiedung der Entschließungen] SenPräs.

Kaisen

[trägt d i e v o n d e r K o m m i s s i o n v o r b e r e i t e t e R e s o l u t i o n zur K r i e g s g e -

fangenenfrage 1 5 1 v o r , d i e d i e Z u s t i m m u n g d e r L ä n d e r c h e f s f i n d e t : ] Anlage

Die im Juni 1947 in M ü n c h e n tagenden Ministerpräsidenten haben in einer Entschließung an den Kontrollrat appelliert, daß er auf die M i l d e r u n g d e s S c h i c k s a l s der Kriegsgefangenen hinwirken möge. Diese Entschließung wurde in d e m Vertrauen darauf gefaßt, daß die an der M o s k a u e r Konferenz beteiligten M ä c h t e die a m 15. 4 . 1 9 4 7 getroffene Vereinbarung ihrer Außenminister auf R ü c k f ü h r u n g aller deutschen K r i e g s g e f a n g e n e n bis z u m 3 1 . 1 2 . 1 9 4 8 erfüllen würden' 5 2 . Die heute in H a m b u r g versammelten Ministerpräsidenten s p r e c h e n den R e g i e r u n g e n derjenigen Mächte, die allen in ihren H ä n d e n befindlichen K r i e g s g e f a n g e n e n die Freiheit geschenkt haben, den D a n k des deutschen V o l k e s aus. In tiefem Ernst weisen sie jedoch darauf hin, daß n o c h eine große Zahl deutscher Kriegsgefangener in Verletzung der v o n dem sowjetischen Außenminister unterzeichneten Vereinbarung weiterhin in Kriegsgefangenschaft gehalten werden. D a s gleiche S c h i c k s a l teilen deutsche Kriegsgefangene in einigen anderen Ländern. Dieses mit den elementaren Grundsätzen der Menschlichkeit im W i d e r s p r u c h stehende Verhalten verlängert die unerträgliche Not der K r i e g s g e f a n g e n e n u n d trifft ihre Familien und mit ihnen d a s g a n z e deutsche Volk u m s o härter, als wiederholte deutsche Bitten um Mitteilung von namentlichen Listen aller n o c h in Kriegsgefangenschaft gehaltenen Deuts c h e n unerfüllt geblieben sind. In einer Stunde, in der die Völker der Welt v o n der S e h n s u c h t nach einem in der A c h t u n g der Menschenrechte ruhenden Frieden erfüllt sind, appellieren die Ministerpräsidenten an d a s G e w i s s e n der Welt, einem fundamentalen M e n s c h e n r e c h t A c h t u n g zu verschaffen, damit die durch körperliche u n d seelische Leiden mit dem Untergang bedrohten Kriegsgefangenen in ihre Heimat endlich zurückkehren können.

Prot.

N a c h k u r z e r D e b a t t e ü b e r d a s V e r f a h r e n d e s V o r t r a g e s d e r R e s o l u t i o n in d e r u m 1 6 . 0 0 U h r s t a t t f i n d e n d e n ö f f e n t l i c h e n Schlußsitzung 1 5 3 w i r d e i n Ü b e r e i n k o m m e n g e t r o f f e n , w o n a c h der besseren Wirkung w e g e n die V o r s i t z e n d e n der K o m m i s s i o n Bericht über die Arbeit derselben g e b e n und dabei die Entschließungen verlesen sollen.

151

152 153

Die nachfolgend abgedruckte Entschließung wurde im Prot, als Bl. 218 nachgeheftet. Im Prot, wird auf diese Anlage verwiesen. Vgl. Dok.Nr. 10 B, TOP 2. Siehe Dok.Nr. 10 C.

202

M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n k o n f e r e n z in H a m b u r g

1 1 . / 1 2 . 2. 1 9 4 9

Nr. 1 0 Β

Der Bericht des Unterausschusses über die Grenzfragen 154 wird durch MinPräs. Altmeier gegeben, der den nachstehenden Entwurf einer Resolution über die Grenzberichtigungen verliest. Nach kurzer Diskussion werden in der Resolution die im Entwurf 55 gestrichenen Teile geändert, die dann die volle Zustimmung der Ministerpräsidenten findet. Zu den Besprechungen des Sechsmächteausschusses über Veränderungen der deutsehen Westgrenze erklären die in Hamburg versammelten Ministerpräsidenten der Länder der drei westlichen Besatzungszonen: Einseitig verfügte Grenzänderungen, gleichgültig welcher Ausdehnung sie sind, stehen in Widerspruch zu dem wiederholt und vor allem in der Atlantik-Charta feierlich proklamierten Selbstbestimmungsrecht der Völker. Auch Wiedergutmachungsansprüche von Nachbarstaaten können Gebietsannexionen nicht rechtfertigen156. Etwaige wirtschaftliche oder verkehrstechnische Grenzprobleme sollten157 durch Vereinbarungen zwischen den Beteiligten gelöst werden.

Prot.

Anlage

Die von MinPräs. Arnold verlesene Resolution zum Ruhrstatut erhält nach kleinen und geringfügigen redaktionellen Änderungen nachstehende Fassung158, die ohne Bedenken angenommen wird:

Prot,

Zum Ruhrstatut hat die Konferenz der Ministerpräsidenten und Bürgermeister der Gebiete unter amerikanischer, britischer und französischer Besatzung folgende Entschließung gefaßt: Die Ministerpräsidenten erklären erneut, daß das Ruhrproblem eine gesamtdeutsche Frage ist. Sie beauftragen den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, bis auf weiteres die mit dem Ruhrstatut zusammenhängenden Fragen zu bearbeiten und die deutschen Interessen namens der Ministerpräsidenten zu vertreten. Sie sind einig in der Auffassung, daß die durch das Ruhrstatut geschaffene Lage nur eine Übergangsregelung sein kann und in eine umfassende europäische Regelung umgewandelt werden muß.

Anlage

Allergrößte Bedenken werden allerdings laut gegen die zu fassende Resolution über Sicherheitsfragen159. MinPräs. Arnold ist der Meinung, der Ausschuß habe anscheinend geglaubt, unter allen Umständen eine Entschließung formulieren zu müssen160. [MinPräs. Arnold] vertritt jedoch die Meinung, man solle im Augenblick besser diese prekären Dinge auf sich zukommen lassen. MinPräs. Kopf [teilt diese Auffassung.] [Eine Kommission, bestehend aus MinR. Danckwerts, Dir. Lüth und Min.

Prot.

154

Vgl. Dok.Nr. 10 B, TOP 3.

155

Entwurf: Ζ 12/77, Bl. 219. Unter Berücksichtigung der beschlossenen Änderungen wird der Wortlaut nachfolgend abgedruckt. Im Prot, wird auf die Anlage b (Bl. 219) verwiesen.

156

Wortlaut im Entwurf: „Auch Wiedergutmachungsansprüche von Nachbarstaaten, die keineswegs bestritten werden sollen, können Gebietsannexionen nicht rechtfertigen".

157

Handschr. korrigiert aus: „können".

158

Zum Entwurf von Arnold siehe Anm. 70. Die nachfolgend abgedruckte überarbeitete Fassung wurde dem Prot, als Anlage c (Bl. 221) beigefügt.

159

Siehe Anm. 86.

160

Handschr. korrigiert aus: „der Ausschuß habe sich anscheinend beauftragt gesehen, unter allen Umständen eine Entschließung zu formulieren".

203

Nr. 10B

Prot.

11./12. 2. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg

Spiecker wird beauftragt, zur B e k a n n t g a b e der drei Entschließungen in der öffentlichen Schlußsitzung ein K o m m u n i q u ö auszuarbeiten 1 6 1 .]

Anlage

Die in Hamburg versammelten Ministerpräsidenten derjenigen deutschen Länder, deren Regierungen in freier Wahl zustande gekommen sind, möchten ihre Tagung nicht beschließen, ohne auf einige Probleme hinzuweisen, die das deutsche Volk in seiner gegenwärtigen Lage auf das tiefste berühren. Die Ministerpräsidenten sind sich bewußt, daß die Stellungnahme zu diesen Problemen Sache einer deutschen Bundesregierung wäre. Da eine Bundesregierung jedoch noch nicht besteht, halten siesich für verpflichtet, den Besorgnissen des deutschen Volkes Ausdruck zu verleihen. Das deutsche Volk lebt im Vorfelde eines kalten Krieges und kann sich deshalb an Vorgängen nicht desinteressieren, die das deutsche Geschick für lange Zeit bestimmen werden. Die Antworten auf diese Schicksalsfragen können nur in einer ständigen, geistigen, leidenschaftslosen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit gefunden werden. Die Einordnung Deutschlands in ein neues Europa schließt ein dauerndes diskriminierendes Sonderrecht aus. Die Deutschen werden in Zukunft zwar noch keine große Nation sein, sie leisten aber feierliche und endgültige Absage an alle machtpolitischen Experimente. Die Wünsche des deutschen Volkes gehen dahin, nach den allgemeinen Völkerrechtsnormen behandelt zu werden, die auf alle in Betracht kommenden Fälle Anwendung finden können.

Prot.

D i e D e b a t t e über die Frage einer Entschließung zur Frage der Sicherheit lebt erneut auf, und MinPräs. Lüdemann schlägt vor, eine kurze R e s o l u t i o n zu fassen im Interesse des Friedens im R a h m e n einer europäischen Organisation, o h n e Polemik und o h n e Übertreibung und ganz positiv. D i e M e i n u n g e n darüber g e h e n jedoch sehr weit auseinander und man hält es am Schluß der D e b a t t e nicht für gut, eine Entschließung mit d e m Wort „Sicherheit" in b e z u g auf eine bestimmt zu erwartende saure sowjetische Reaktion zu fassen. D i e Frage der Fassung einer Resolution über diese D i n g e wird letzten E n d e s zurückgestellt zugunsten eines allgemeinen Bekenntnisses zur Europäischen U n i o n in d e n Ansprachen der öffentlichen Schlußsitzung 162 . [. . .] [Schluß: 12. 2. 1949, 12.40 U h r ]

161

Die Kommission formulierte nicht nur die nachfolgend abgedruckte allgemeine Entschließung, sondern unterzog auch die zuvor gefaßten Beschlüsse zum Ruhrstatut, zu den Grenzveränderungen sowie zum Besatzungsstatut und schließlich auch zur Sicherheitsfrage einer textlichen Überarbeitung. Diese Zusammenstellung der Entschließungen wurde dem Kurzprot. als Anlage 2 beigefügt (vgl. Anm. 2).

162

Schließlich wurde noch folgende Entschließung in die Zusammenstellung (vgl. Anm. 161) aufgenommen: „Das deutsche Volk erkennt den von der französischen Regierung geltend gemachten Anspruch auf Sicherheit an und ist bereit, ihn zu erfüllen, soweit dies in seiner Macht steht. In einer europäischen Union kann es jedoch keine einseitigen Sicherheitsansprüche geben. Der deutsche Sicherheitsanspruch ist daher gleichfalls eine legitime Forderung, die im Völkerrecht ihre Begründung findet. Mit der faktischen Aberkennung des Rechtes auf Selbstverteidigung durch die Siegermächte muß aber Deutschland die Sicherheit zuerkannt werden, auf die es nach den Grundsätzen des Völkerrechts einen unabdingbaren Anspruch hat".

204

Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg

C

11./12. 2. 1949

Nr. IOC

Öffentliche Schlußsitzung vom 12. 2 . 1 9 4 9

[Beginn: 16.00 Uhr] Bgm. Brauer [eröffnet die öffentliche Sitzung und erteilt SenPräs. Kaisen das Wort.] SenPräs. Kaisen [berichtet über die bisherigen Schritte der MinPräs. in der Frage der Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen und über die Reaktionen der westlichen Alliierten163. Er verliest sodann die Entschließung der MinPräs. zur Kriegsgefangenenfrage 1 ".] SenPräs. Kaisen: Herr Präsident, ich habe in knappester Form über eine Frage zu Ihnen gesprochen, die unsere Bevölkerung auf das innerlichste bewegt. Der Herr Vorsitzende hat schon in seiner Eröffnungsansprache auf den unerträglichen Umstand hingewiesen163, daß heute noch Hunderttausende junger Menschen nun schon bald vier, fünf und mehr, fast zehn Jahre, die beste Zeit ihres Lebens, im trostlosen Einerlei der Gefangenschaft verbringen müssen. Ich kann daher auch diesen Hinweis nur unterstützen. Ich glaube, in Ihrem Namen und im Namen unserer gesamten Bevölkerung zu handeln, wenn ich an die Welt und hier besonders an die Mächte, die es angeht, nochmals den dringenden Appell richte: Gebt die Kriegsgefangenen frei! Gebt sie frei um der Menschenrechte willen! (Vereinzeltes Bravo und Beifall) [Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stellt Bgm. Brauer fest, daß die Entschließung von allen zwölf Ländern angenommen wird. Er erteilt MinPräs. Arnold das Wort.] MinPräs. Arnold: [. . .] Aufgrund der Bestimmungen des Ruhrstatuts könnte in der Tat eine überaus gefahrvolle Entwicklung für die deutsche Wirtschaft und damit für das wirtschaftliche Leben des deutschen Volkes herbeigeführt werden. Es kann aber auch mittels des Ruhrstatuts eine Entwicklung eingeleitet werden, die ganz Europa in wirtschaftlicher Hinsicht befriedigen könnte. Dieses letzte Ziel wird dann erreicht werden, wenn die Möglichkeit besteht, daß der Charakter der Einseitigkeit vom Ruhrstatut weggenommen wird und wenn alle wirtschaftlichen Energien nicht nur anerkannt, sondern auch im übrigen Europa auf einer neuen europäischen Basis geordnet und aktiviert werden. Es kommt also bei der praktischen Durchführung des Ruhrstatuts entscheidend und maßgeblich auf den Geist und auf die Praxis an, in welcher das Ruhrstatut verwirklicht werden soll. Übersehen wir in dieser Stunde aber auch einen weiteren Gedanken nicht: Die Ruhrbehörde, falls sie in Kraft gesetzt werden soll, kann ja ihre eigentliche Funktion erst dann aufnehmen, nachdem Kohle, Eisen, Stahl gefördert bzw. verhüttet worden sind. Das aber wird nur möglich sein, wenn der Fleiß, die Fähigkeit und das Können der Werkleute sich vereint mit der inneren Bereitwilligkeit für diesen Gedanken, und diese Bereitwilligkeit wird erst dann gegeben sein, wenn [sie] nicht unter dem Druck einer Einseitigkeit, sondern im Dienste eines neu geordneten Europas arbeiten können. Auch aus diesem Grunde erkennen wir, wie notwendig es ist, diese Erweiterung des Ruhrstatuts auf alle wirtschaftlichen Energien Europas auszudehnen und aus diesen Erwägungen hat sich die Konferenz der Ministerpräsidenten und wegen der besonde163 164 165

Vgl. Dok.Nr. 10 B, TOP 2. Siehe Dok.Nr. 10 B, Anm. 151. Siehe Dok.Nr. 10 A.

205

Nr. IOC Prot,

11./12. 2. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg

ren Wichtigkeit des Ruhrstatuts in einer besonderen Elfer-Kommission in sehr eingehender und sehr ernster und verantwortungsbewußter Weise beschäftigt und hat beschlossen, Ihnen folgende Resolution vorzutragen: [Arnold verliest die Resolution zum Ruhrstatut166 und dankt abschließend für den Auftrag, der dem Land NordrheinWestfalen erteilt wurde. Auf deutscher Seite würden alle Kräfte eingesetzt werden, „um das Ziel dieser Resolution zu erreichen".] Bgm. Brauer [stellt fest, daß die Entschließung von allen anwesenden Regierungen angenommen worden ist. Zum Problem der Grenzveränderungen erteilt er MinPräs. Altmeier das Wort.] MinPräs. Altmeier: Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den Londoner Empfehlungen ist zum Ausdruck gebracht, daß die Delegation[nen] übereingekommen [sind], ihren Regierungen Vorschläge über bestimmte geringfügige Berichtigungen der Westgrenze Deutschlands zu unterbreiten. Wie aus Pressemeldungen während der letzten Woche bekannt wurde, hat der aufgrund dieser Londoner Empfehlungen eingesetzte Sechsmächteausschuß das Ergebnis seiner Prüfungen in einem Bericht zusammengefaßt, der die Vornahme von Grenzveränderungen an der deutschen Westgrenze als wohlbegründet bezeichnet, und es war weiterhin eine endgültige Beschlußfassung in kürzester Zeit angekündigt worden167. Es ist begreiflich, daß diese Meldungen in die Bevölkerungskreise der betroffenen Grenzgebiete größte Beunruhigung getragen hat und daß sich die Ministerpräsidenten der in Frage kommenden deutschen Länder veranlaßt sahen, die diesmalige Konferenz der elf Länderchefs mit dieser Frage zu beschäftigen. Meine Damen und Herren! Es ist ein anerkannter Grundsatz des allgemeinen Völkerrechts, daß Abtretungen von Gebietsteilen eines Staates nicht ohne Mitwirkung der berufenen demokratischen Regierungen erfolgen können, so daß auch das deutsche Volk einen naturgemäßen Anspruch darauf hat, gemäß diesem Grundsatz behandelt zu werden. Dazu kommt, daß wir doch nicht zuletzt dank der von den Staatsmännern der drei Westmächte ergriffenen Initiative im Begriff sind, die politischen und wirtschaftlichen Organisationen Europas in Angriff zu nehmen. In diesem augenblicklich erfreulichen Stadium einer allgemein für notwendig gehaltenen engen europäischen Zusammenarbeit würden territoriale Grenzveränderungen - und seien sie noch so klein - als ein Rückfall in jenes enge nationalstaatliche Denken erscheinen müssen, das nach den furchtbaren Erfahrungen der beiden letzten Weltkriege doch endgültig überwunden sein müßte. Derartige Gebietsansprüche waren - das hat doch die Vergangenheit gelehrt - stets nur die Quelle immer neuer Streitigkeiten und haben dem Gedanken der Verständigung und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern schwersten Schaden zugefügt. Die Konferenz der Ministerpräsidenten ist der Ansicht, daß es heute andere Möglichkeiten gibt, um den berechtigten Interessen unserer westlichen Nachbarn Rechnung zu tragen. Wo es sich ζ. B. um wirtschaftspolitische oder um verkehrstechnische Probleme handelt, könnte die gemeinsame Inangriffnahme und Durchführung solcher friedlichen Aufgaben geradezu ein Musterbeispiel europäischer wirtschaftlicher Zusammenarbeit werden und wesentlich dazu beitragen,

166 167

Siehe Dok.Nr. 10 B, Anm. 158. Vgl. Dok.Nr. 10 B, TOP 3.

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Ministerpräsidentenkonferenz in H a m b u r g

11./12. 2. 1949

Nr. IOC

eine Atmosphäre des Vertrauens zwischen unseren Nachbarvölkern zu fördern, mit denen wir gemeinsame Aufgaben des Friedens zu erfüllen bereit sind. Von solchen Gedanken war die Konferenz der Ministerpräsidenten getragen und als das Ergebnis ihrer Beratungen gestatte ich mir, die nachfolgenden Entschlüsse vorzutragen: [Altmeier verliest die Resolution über die Grenzberichtigungen168.] Meine Damen und Herren! Wir vertrauen auf den gesunden Sinn unserer westlichen Nachbarvölker. Wir hoffen auf ihr Verständnis für unsere Lage und ihre Mitwirkung bei der Lösung aller Fragen, die das friedliche Zusammenwirken der Völker Europas nicht neuen Belastungen aussetzt, sondern in einer ehrlichen und gutnachbarlichen verständnisvollen Zusammenarbeit das Deutschland der Zukunft erblicken. (Beifall) Bgm. Brauer: Ich frage an, ob hierzu das Wort verlangt wird. Das ist nicht der Fall. Dann darf ich mitteilen, daß auch diese Entschließung einmütig die Annahme aller Länderregierungen gefunden hat. Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Tagesordnung, die für diese öffentliche Sitzung vorgesehen war. Nunmehr nimmt das Wort Herr Ministerpräsident Ehard. MinPräs. Ehard'69: Sehr verehrter Herr Bürgermeister Brauer, meine Damen und Herren! Allzu rasch sind die Stunden dahingeeilt, in denen wir uns auf die freundliche Einladung des Herrn Bürgermeisters Brauer in Hamburgs Mauern zu einer gemeinsamen Beratung der Regierungschefs der westlichen Besatzungszonen versammelt hatten. Wenn sich in dieser Abschiedsstunde gerade der bayerische Ministerpräsident zum Dolmetsch des Dankes an seinen Gastgeber macht, so mögen Sie darin ein Symbol sehen, das nach dem Willen von uns allen, die hier hergekommen sind, diese Tagung durchleuchten sollte. Ich meine die tiefe und unzertrennliche Verbundenheit zwischen dem Süden und dem Norden unseres deutschen Vaterlandes. (Bravo) In der politischen Empfindungswelt des süddeutschen Menschen, die sein Bild von Deutschland bestimmt, schwingt immer ein Stück Romantik mit, das sich ungern durch einen ausschließlich rationellen Staatsgedanken verdrängen läßt. Diese Romantik hat manche stille Liebe auf dem Gewissen, die man gerade bei uns Bayern nicht vermutet. Aber heute an dieser Stelle im hohen Saale von Hamburgs Volksvertretung möchte ich es offen gestehen, daß Hamburg zu dieser stillen Liebe gehört. Ich möchte aber keine Eifersucht aufkommen lassen und niemandem einen geringeren Anspruch an solcher Herzensbekundung zumessen. Das würde den wahren Sachverhalt verdunkeln, denn diese Stadt, die mehr ist als eine Stadt, gehört ganz Deutschland. Ihr Schicksal undihre Zukunft ist ein Stück des Schicksals und der Zukunft Deutschlands. Die Begegnung, in der wir uns in diesen zwei Tagen mit dieser Stadt trafen, hat uns neuerdings zutiefst zum Bewußtsein gebracht, wie tief dieses Deutschland getroffen wurde und welch titanische Aufgabe es ist, den Weg aus der Zerstörung zum Aufbau zu finden. In seiner herzerfrischenden Art hat Herr Bürgermeister Brauer in seiner Tischrede, die er gestern Abend gehalten hat, ein Bekenntnis des Glaubens zur unermüdlichen Lebenskraft dieser Stadt abgelegt. Jeder von uns hat etwas von der pulsierenden Kraft eines neuen aufbrechenden Lebens hier gespürt. In einer Zeit, die Gefahr läuft, von

168 169

Siehe Dok.Nr. 10 B, Anm. 155. Der Wortlaut der Rede von Ehard wurde als Anlage 4 dem Kurzprot. (vgl. Anm. 2) beigefügt.

207

Prot.

Nr. IOC Prot.

11./12. 2. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg

Pessimismus überwältigt zu werden, tut ein gesunder berechtigter Optimismus not. So bedeutet für uns das Erlebnis Hamburg eine Herzensaufrichtung und eine Stärkung des Glaubens. Es geht vorwärts und es wird vorwärts gehen, wenn wir den Glauben an uns selbst nicht verlieren. Es wäre vermessen, leugnen zu wollen, daß seit dem Tage, wo die Ministerpräsidenten zur ersten Konferenz in München sich trafen, keine Fortschritte erzielt worden seien. Man sollte nicht nur immer an das denken, was noch zu geschehen hat, sondern man sollte wirklich hie und da auch einmal eine Atempause machen und sich daran erinnern, was war und wie es war. Die Geschichte der Ministerpräsidentenkonferenzen von der Münchener Tagung im Sommer 1947 bis zu dieser Hamburger Konferenz im Februar 1949 enthält wohl manche Rückschläge und Enttäuschungen, aber die allgemeine Tendenz ist doch auf den Fortschritt gestellt. Meine Damen und Herren! Über den Kamin in dem Saal, in dem wir unsere Beratungen führten, steht der Spruch: „Wer den Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für alle Zeit". Es ist schwer festzustellen, wer und wo die Besten einer Zeit sind, und ich glaube, es ist in unserem Zeitalter ganz besonders schwer. Ich möchte daher diese Sentenz etwas abändern und sagen: „Wer dem Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für alle Zeit". Was ist wohl das Beste unserer Zeit, dem wir genug tun sollen? Ich glaube, daß ich mich auch hier mit Ihrem Herrn Bürgermeister Brauer verbinden kann. Das Beste, was wir noch haben, ist der Glaube an die lebendigen Kräfte unseres deutschen Volkstums. Diesen Glauben wollen wir verbinden mit der Liebe zu unserem Volk. Diese Liebe soll keine engherzige, eigensüchtige sein, sondern sie soll durchbrechen über unser Volk hinaus, auch in andere Völker hinein, mit denen wir in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Allen denen, die ihre Arbeit im großen und im kleinen darauf abstellen, daß sich die Liebe im Kampf gegen den Haß einen triumphierenden Weg bahnt, sei gesagt, daß sie ihrer Zeit genug getan haben. Wie sollen wir die Welt des Hasses, die gegen uns anstürmt und alles zu zerschmettern trachtet, was uns lieb und wert und heilig ist, anders bezwingen, als daß wir die Macht der Liebe in allen erstarken lassen. Mit Protesten kann das Teuflische, das sich vor unseren Augen abspielt, und das der kultivierten Menschheit in der letzten Zeit durch einen besonderen krassen Fall vor die entsetzten Augen gestellt wurde, nicht gebannt werden. Dieser Bedrohung aus der Welt des Hasses kann nur dadurch begegnet werden, daß wir uns in der Kraft höherer menschlicher Gesetze zusammenfinden. Wollen wir als Deutsche, die in diese Zeit hineingestellt sind, dem Besten unserer Zeit genug tun, dann haben wir die Pflicht, die Kräfte der inneren Einigkeit und des inneren Zusammenhaltens auf das Sorgfältigste zu pflegen. Man denke daran, daß diese innere Einigung wichtiger ist, als die bloße äußere organisatorische Einheit. Eine solche überspitzte Einheit kann sogar zum Feind der inneren Einigkeit werden. Mögen alle diejenigen, die sich dieser Entscheidung widmen, um die Neuordnung Deutschlands zu begründen, sich dieser Wahrheit bewußt sein. Die Deutschen sind nicht leicht unter einen Hut zu bringen. Es hat deutsche Staatsmänner gegeben, die es trotzdem fertiggebracht haben. Es würde kein Übermaß an staatsmännischem Ingenium notwendig sein, es auch heute fertigzubringen. Wenn die Stunde hierfür versäumt wird, dann wird man sagen müssen, daß denen, die dazu berufen waren, die Erleuchtung gefehlt hat. Damit wäre aber auch eine Stunde für Deutschland vertan. Meine Damen und Herren! In dem Glauben und in der Erwartung, daß diese Stunde nicht vertan sein wird, danken wir dem Gastgeber, dem Senat und der Bürgerschaft der 208

Ministerpräsidentenkonferenz in H a m b u r g

1 1 . / 1 2 . 2. 1 9 4 9

Nr. IOC

Freien und Hansestadt Hamburg, daß wir diese Tage hier verbringen durften, die uns alle Aufmunterung und Erfrischung für unsere Arbeit gegeben haben. (Bravo und Beifall) Bgm. Brauer [schließt als Vorsitzender die Sitzung] Ende: 16.40 Uhr™

170

Die Konferenz wurde mit einer Pressekonferenz am 13. 2. 1949 abgeschlossen (siehe Hamburger Abendblatt vom 14. 2. 1949). In den Kommentaren zum Ergebnis der Konferenz wurde insbesondere auf die „absolut loyale Haltung der Ministerpräsidenten gegenüber dem Parlamentarischen Rat in Bonn und dessen Zuständigkeit" (ebenda) sowie auf die Tatsache verwiesen, „daß in den entscheidenden Fragen unserer Gegenwart gesamtdeutsches Denken über der Parteien Zwist endlich doch zu obsiegen scheint" (Hamburger Allgemeine vom 14. 2. 1949). Gewürdigt wurde auch, daß „auf dem Wege zur Wiederherstellung der inneren deutschen Einheit und zugleich in der Gestaltung der deutschen Beziehungen zum Ausland einen sichtbaren Schritt nach vorwärts" (ebenda) getan worden war. Demgegenüber kritisierte der Spiegel (vom 19. 2. 1949) nicht nur den Stil, sondern auch das Ergebnis der Konferenz. Die vorgelegten Entschließungen hätten nichts Neues gebracht. Vor allem wurde bemängelt, daß die MinPräs. nicht über das Ergebnis der Reise von OBgm. Reuter nach London und Paris, die im Zeichen grundlegender außenpolitischer Beratungen mit den Außenministern Bevin und Schumann gestanden hatte, beraten hatte.

209

Prot.

Nr. 11

14.2.1949

A u ß e r o r d e n t l . Direktorialsitzung

Nr. 11 Außerordentliche Direktorialsitzung in Frankfurt 14. Februar 1949 BA Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 149^151. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 15. 2. 19491 TO2: Ebenda, Bl. 148 Anwesend: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen,Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) Stellv.Dir. Kriege (VfF): Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF): MinDir. Schiller (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDirig. Keiser (zeitw.), ORegR. Louis (zeitw.), Miksch (zeitw.), RAnw. Risse (zeitw.) (VfW) StS. Strauß (Rechtsamt) MinDir. Krautwig, MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich (DirK.)

[1.] Neuberechnung der Importpreise Dir. Hartmann legt dar, daß die Finanzminister über den Fragenkreis in der vergangenen Woche beraten haben 3 mit folgendem Ergebnis: 1. Die bis zum 1. 7. 1949 erforderlichen ca. 140 Millionen [DM] sind aus Mitteln der öffentlichen Hand zu decken. 2. Die Finanzminister sehen keine Möglichkeit, die nach dem 1. 7. 1949 anfallenden Beträge von monatlich etwa 55 Millionen [DM] auf die Dauer aus Haushaltsmitteln zu decken. Technisch schlägt Dir. Hartmann vor, die Ausgabe bis 1. 7. 1949 in den Haushalt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes einzustellen und auf der Einnahmenseite eine Beitragsleistung der Länder vorzusehen, denen die Mittelaufbringung im einzelnen überlassen werden muß. Dir. Hartmann gibt weiter eine Anregung von Präs. Haaser 4 bekannt, wonach die zusätzlichen Kosten durch eine Anleihe aufgebracht werden sollen, die aus G A R I O A Mitteln der Bank deutscher Länder gewährt wird; ferner verweist Präs. Haaser auf die Möglichkeit einer Gewinnabschöpfung bei den Importeuren, die etwa 200 Millionen [DM] erbringen würde. Es wird beschlossen, ein Statement für die Vorbesprechung mit Länderrat und Wirtschaftsrat zu erstellen 5 . [2.] Zolleitstelle und Zollgrenzschutz Nach Vortrag von Dir. Hartmann wird dem von ihm eingebrachten Gesetz über die

1

Ungez. Entwurf mit handschr. Korrekturen und Ergänzungen vom 15. 2. 1949 mit dem Vermerk „Einverstanden" von Krautwig vom 16. 2. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 152-153.

2

Auf der Einladung zu dieser Sitzung hatte als einziger TOP die Finanzierung der zusätzlichen Kosten der GARIOA-Einfuhren gestanden. Als weiterer Beratungspunkt wurde angegeben: Bericht des Dir. der VfF über die Besprechung mit der Länderfinanzministern am 10. 2. 1949.

3

Gemeinsame Sitzung der FinA. von LR und WR am 10. 2. 1949 in Frankfurt, vgl. Dok.Nr. 9, Anm. 11.

4

F. Haaser war Präsident des am 30. 9. 1948 aufgelösten Rechnungshofes für die brit. Zone gewesen (vgl. Vogel, Westdeutschland I, S. 105).

5

Dieses Problem wurde auch auf der Besprechung mit den MilGouv. am 15. 2. 1949 (Dok.Nr. 13, TOP 1) behandelt.

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Außerordentl. Direktorialsitzung

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Nr. 11

Errichtung einer Zolleitstelle zugestimmt und die gleichzeitige Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat beschlossen 6 . Das in der letzten Direktorialsitzung verabschiedete Gesetz über die Errichtung eines Zollgrenzschutzes im Vereinigten Wirtschaftsgebiet wird zurückgezogen7. [3.] Zentralstelle fiir das Flfichtlingswesen' Der Verwaltungsrat nimmt zustimmend von der Ernennung Ottomar Schreibers zum Leiter der Zentralstelle für das Flüchtlingswesen Kenntnis9. [4.] Personalfragen [Ernennung von Beamten und Festlegung von Bezügen]

6

7 8

9

Entwurf mit Begründung in: Ζ13/87, Bd. 16, Bl. 158-159. In einem Statement zu diesem Beschluß heißt es (ebenda, Bl. 156): „Der heute dem Wirtschaftsrat zugeleitete Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Zolleitstelle schafft die Voraussetzungen für eine Überleitung der Zollverwaltung und des Zollgrenzschutzes in die Zuständigkeit der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. Um der dem Bund obliegenden letzten Entscheidung in dieser Frage nicht vorzugreifen, sollen die unaufschiebbaren Aufgaben der Zollverwaltung und des Zollgrenzschutzes der einheitlichen Leitung und Kontrolle durch die bizonale Finanzverwaltung unterstellt werden. Der Zollgrenzschutz soll eine Einrichtung der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes werden, deren Aufgaben für die britische Zone von der Verwaltung für Finanzen unmittelbar, für die US-Zone zunächst durch die Länder im Wege der sogenannten Auftragsverwaltung ausgeführt werden". Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 13, TOP 4. Vgl. Dok.Nr. 9, TOP 7. AufeinerBesprechungmitdenBevollm. der Länder am 9. 12. 1948 hatte Pünder über die Errichtung einer Zentralstelle für Flüchtlingsfragen verhandelt. Dabei war folgender Beschluß gefaßt worden (Z 13/297), den Middelmann (Flüchtlingsverwaltung, S. 292) den MinPräs. zuschreibt: „1. Eine deutsche Zentralstelle für Flüchtlingsfragen ist ohne Verzug zu errichten. 2. Die Errichtung dieser Zentralstelle kann nicht bis zur Bildung einer Deutschen Bundesregierung zurückgestellt werden. 3. Diese Zentralstelle ist dem Oberdirektor unmittelbar zu unterstellen. [. . .] 4. Ihr sind zunächst folgende Aufgaben gestellt: a) Die Schaffung einer für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet verbindlichen Definition des Flüchtlingsbegriffs, b) Vorbereitung und Förderung des personellen Ausgleichs der Flüchtlinge und der Rückführung der Evakuierten in den Westzonen, c) Förderung der Familienzusammenführung". Den Antrag, der Verwaltung des VWG die Zuständigkeit zur Koordinierung der Flüchtlingsfragen zu übertragen, hatte Pünder am 23. 12. 1948 an BICO gerichtet. Darin führte er u. a. aus (Z 13/297): „Der Verwaltungsrat und die Länderregierungen stimmen darin überein, daß grundlegende Fragen der Verwaltungsorganisation nicht mehr vor Inkrafttreten der jetzt vom Parlamentarischen Rat in Bonn erörterten Verfassung beschlossen werden sollten. Das Flüchtlingsproblem ist jedoch von so ungewöhnlicher Dringlichkeit und seine Lösung ist für einzelne Länder des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in solchem Maße eine Lebensfrage, daß gewisse Maßnahmen [. . .] unverzüglich eingeleitet werden sollten". Dieser Antrag, den Pünder im Anschluß an eine Besprechung bei BICO vom 24. 1. 1949 am 25. 1. 1949 ergänzt hatte, war von BICO mit Schreiben vom 4. 2. 1949 (Z 13/11, Bd. 1) gebilligt worden, so daß die Zentralstelle mit dem nachfolgenden Beschluß des VR unverzüglich errichtet werden konnte. Siehe auch Middelmann, Flüchtlingsverwaltung, S. 292. Der VR hatte bereits am 20. 1. 1949 (vgl. Dok.Nr. 5, TOP 1) der Berufung von Schreiber seine Zustimmung erteilt. Wegen des bedingten Einverständnisses von Schreiber und der sich entwickelnden politischen Debatten wurde ein nochmaliger, formeller Beschluß des VR erforderlich. Am 15. 2. 1949 bestätigte Pünder mit Telegramm an Schreiber (Z 13/298) die Ernennung.

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G e n . K o e n i g mit Regierungschefs der franz. Z o n e

Nr. 12 Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone in Baden-Baden 14. Februar 1949 StA Sigmaringen Wü 2/9. Von Renner und Donndorf im Entwurf gez., undat. Prot. 1 Anwesend: Gen. Koenig, Gen. Schmittlein2 u. a. (franz. MilReg.) StPräs. Wohleb (Baden); MinPräs. Altmeier, StS. Steinlein (Rheinland-Pfalz); IMin. Renner, ORegR. Donndorf (Württemberg-Hohenzollem)

1. Kinderhilfe Gen. Koenig führt aus, auf seine Bitte werde die U N I C E P ihre Tätigkeit der Kinderhilfe in der französischen Zone aufnehmen. Der Vertreter dieses Wohltätigkeitswerks sei der Generaldelegierte des Roten Kreuzes in Deutschland, Mayer 4 . [Es seien bereits umfangreiche Einfuhren an Hilfsgütern erfolgt 5 . Die deutschen Stellen sollten einen entsprechenden Beitrag leisten.] Im Namen der drei Regierungschefs bringt IMin. Renner nach der Beratungspause den Dank der französischen Zone für die vorgesehene Kinderhilfe zum Ausdruck. Die anwesenden Herren würden bei ihren Kabinetten und den Landtagen dafür eintreten, daß auch deutscherseits Beträge für die Kinderhilfe aufgebracht würden, die die Transport-, Verteilungs- und Organisationskosten deckten. Der Anregung zur Bildung eines Komitees in Baden-Baden werde gerne entsprochen 6 . Vorschläge für die Vertretung der Länder würden schnellstens mitgeteilt werden. Als Verteilungsschlüssel für die Spenden usw. würde generell 50 (Rheinland-Pfalz): 25 (Baden): 25 (Württemberg-Hohenzollern) vorgeschlagen. Gen. Koenig dankt für diese Erklärungen, die er für brauchbare Richtlinien halte. 2. Post, Telegraph, Telephon Gen. Koenig teilt mit, er habe sich entschlossen, entsprechend dem Vorgehen auf dem Wirtschaftssektor 7 das gesamte Post-, sowie das Telegraphen- und Telephonwesen in deutsche Hände zu übergeben. Es empfehle sich, die vor einigen Monaten französi-

1

Maschinenschr. als „Vertraulich" bezeichnet, für „H. Staatspräsident" ausgezeichnet und von Müller abgezeichnet.

2

Raymond Schmittlein, Generaldirektor des Amtes für kulturelle Angelegenheiten beim franz. Oberkommando in Baden-Baden.

3

Weltkinderhilfswerk der Vereinten Nationen (United Nations International Children's Emergency Fund).

4

Ε. W. Meyer war Leiter der UNICEF-Mission in Deutschland mit Sitz in Berlin.

5

Zur Verteilung von Lebertran und Vitaminkapseln siehe Β 116/436; ferner Β 150/611.

6

Diesbezügliche organisatorische Maßnahmen konnten nicht nachgewiesen werden.

7

Vgl. Dok.Nr. 4, TOP 1.

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Gen. Koenig mit Regierungschefs der franz. Z o n e

14. 2. 1 9 4 9

Nr. 12

scherseits gegebene Anregung zur Bildung eines Postrats nunmehr zu verwirklichen 8 . E r bitte um umgehende Vorschläge der Länder für dieses Gremium, in dem jedes Land angemessen vertreten sein solle. E r empfehle die baldige Behandlung dieser Frage, da nach und nach weitere Kompetenzen in deutsche Hände zurückgegeben werden sollten. 3. Meteorologisches Zentralamt [·•·]

4. Beteiligung der französischen Zone an dem KontrollausschuB f&r Emissionen Gen. Koenig weist darauf hin, daß in der Bizone zur Zeit über die Bildung eines Kontrollausschusses für Emissionen verhandelt werde. Ein entsprechender Gesetzentwurf liege den bizonalen Stellen bereits vor'. Danach solle jede Ausgabe von Aktien, Obligationen oder sonstigen Schuldverschreibungen über 200 000 oder 500 000 DM (der Betrag stehe noch nicht fest) 10 genehmigungspflichtig sein. Jeder Antrag müsse außer dem Zweck der Ausgabe Einzelheiten über die beabsichtigte Verwendung der Mittel, die technische Durchführung der Anleihe, sowie über die Finanzlage des Antragstellers unter Beifügung der letzten Bilanz, enthalten". Die Einführung dieser Kontrolle habe den Zweck, den Kapitalmarkt gesund zu erhalten. In dem Ausschuß sollten außer Vertretern der bizonalen Finanz- und Wirtschaftsverwaltung sowie der Bank deutscher Länder auch die Länder der Bizone als solche vertreten sein. 12 . Die Interalliierte Bankenkommission habe bei ihm angefragt, ob sich die französische

8

Siehe hierzu Entwurf eines Statuts des Oberen Deutschen Rates der Deutschen Post der franz. Besatzungszone. In dem Anschreiben hierzu an Altmeier vom 27. 1. 1949 (LHA Koblenz 860/1953) hatte der Stellv. MilGouv. von Rheinland-Pfalz, Brozen-Faverau, betont, daß die Länder die vollkommene Selbständigkeit in haushaltsrechtlicher Hinsicht und in Personalfragen behalten sollten. Unter Federführung des Landes Rheinland-Pfalz sollte der vorgelegte Entwurf erörtert werden, damit das Statut umgehend von der MilReg. in Kraft gesetzt werden könnte. Koenig vollzog die Kompetenzübertragung, ohne daß eine Einigung über das Statut erzielt worden war (Schreiben Brozen-Faverau an Altmeier vom 17. 2. 1949, ebenda). Zum Deutschen Postzentralamt in der franz. Zone siehe Gerwig, Post in der franz. Besatzungszone, S. 15 ff.

9

In dem vom VR am 8. 12. 1948 verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes über den Kapitalverkehr war vorgesehen, die erstmalige Begebung von Aktien, Zwischen- und Genußscheinen sowie von Teilschuldverschreibungen von der Genehmigung eines „Ausschusses für Kapitalverkehr" abhängig zu machen, dem je ein Vertreter der VfF, VfW, BdL und zwei Vertreter der Länder, welche vom LR zu bestellen waren, angehören sollten (Gesetzentwurf der VfF vom 30. 11. 1948 in: Ζ 13/128, Bd. 5). In der überarbeiteten Fassung vom 10. 2. 1949 (ebenda) war diese Zusammensetzung des Ausschusses um die Mitgliedschaft eines Vertreters der KfW erweitert worden. Zu den Beratungen im FinA. von WR und LR siehe Ζ 3/85 und Ζ 4/555. In der Entwurfsfassung vom 13.5. 1949 (Z13/128, Bd. 5) war schließlich auch ein Vertreter der franz. Zone berücksichtigt. Zur Beratung der Gesetzesvorlage siehe Dok.Nr. 38, TOP 5.

10

Die Mindestgrenze für die Genehmigungspflicht lag im ersten Entwurf bei DM 200 000 und wurde schließlich in der endgültigen Gesetzesfassung auf DM 1 Mio erhöht (WiGBl. 1949, S. 305).

11

Diese Verfahrensvorschriften waren in § 4 ( 1 ) und (2) des Gesetzentwurfes vom 30. 11. 1948 (vgl. Anm. 9) enthalten, wurden aber in der verabschiedeten Fassung fallengelassen.

12

Vgl. Anm. 9.

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Nr. 12

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Gen. Koenig mit Regierungschefs der franz. Zone

Zone an diesem Ausschuß beteiligen wolle. Aus diesem Grunde bitte er um die Stellungnahme der Regierungschefs zu dieser Frage. Die Militärregierung selbst habe an sich nichts gegen eine Beteiligung der französischen Zone einzuwenden, obwohl man nicht außer Acht lassen dürfe, daß im ganzen gesehen die Länder der französischen Zone in den letzten Jahrzehnten eher Kapitalspender als Kapitalempfänger gewesen seien. Am Mittwoch, den 16. 2. [1949], werde die Interalliierte Bankenkommission erneut zusammentreten13. Er sehe ein, daß eine sofortige bindende Erklärung nicht gegeben werden könne. Es handle sich vielmehr um die prinzipielle Einstellung der Regierungen zu der Beteiligung an einer solchen Kommission für die Kontrolle der lang- und mittelfristigen Kreditgewährung. Die Militärregierung gedenke auf alle Fälle auf der Gleichheit der Vertreterzahl jedes Landes der französischen Zone mit den Vertretern der bizonalen Länder zu bestehen, und zwar sollten die Ländervertreter durch die Finanz- oder Wirtschaftsministerien jedes Landes, nicht aber durch den Länderrat oder Wirtschaftsrat benannt werden. Außerdem werde er dafür Sorge tragen, daß auch bei der Bennung der übrigen Mitglieder des Ausschusses die französische Zone nicht benachteiligt werde". StPräs. Wohleb nimmt im Namen der drei Regierungschefs zu den Ausführungen von Gen. Koenig Stellung. Eine Beteiligung der französischen Zone an dem Ausschuß, mit denselben Rechten wie die Bizone, werde vorbehaltlich der Stellungnahme der Kabinette bzw. der Finanzminister für wünschenswert erachtet15. 5. Verwaltungsakademie Speyer Gen. Koenig teilt mit, daß er die Frage der Staatlichen Verwaltungsakademie Speyer16 mit MinPräs. Altmeier anschließend an die Konferenz noch persönlich zu besprechen wünsche17. Gewisse Fragen sollten aber auch in Gegenwart der Vertreter der beiden anderen Länder behandelt werden.

13

Hierüber konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden. Bereits auf seiner 23. Sitzung vom 25. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 4/555, Bl. 199) stellte der FinA. des LR fest, daß die Länder der franz. Zone ein Kapitalverkehrsgesetz auf trizonaler Basis befürworteten. Technisch hielt er, da das Gesetzgebungsverfahren bereits weit fortgeschritten erschien, eine entsprechende Ausweitung des Gesetzes für undurchführbar. Er vertrat jedoch grundsätzlich die Auffasung, „daß Emissionskontrolle und Kapitallenkung im Währungsgebiet einheitlich gehandhabt werden sollten". Die Koordinierung der Emissionskontrolle sollte derweil durch Parallelgesetze erzielt werden. Auf der selben Sitzung äußerten die anwesenden Vertreter der franz. Zone Bedenken, ob das bizonale Gesetz die Billigung der MilReg. finden werde. Es sei denkbar, „daß die Militärregierung ihrerseits ein Gesetz erläßt, das sich nicht auf die Emissionskontrolle beschränkt, sondern weitergehende Handhaben für eine umfassendere Investitionskapitallenkung normiert". Am 5. 5. 1949 erklärte sich der FinA. des LR auf seiner 27. Sitzung (Prot, in: Ζ 4/556, Bl. 230) doch damit einverstanden, daß das franz. Besatzungsgebiet in die gesetzliche Regelung einbezogen wurde.

14

Der franz. Zone wurde jedoch nur ein Vertreter in dem Ausschuß für Kapitalverkehr zugestanden (vgl. Anm. 9). Vgl. Anm. 9. Staatliche Akademie für Verwaltungswissenschaften in Speyer.

15 16 17

Einem Schreiben von Altmeier an de Boislambert vom 7. 3. 1949 (LHA Koblenz 860/1011) zufolge erörterten sie im Anschluß an die gemeinsame Besprechung die Frage der Ernennung der in Speyer tätigen Professoren zu Beamten des Landes Rheinland-Pfalz. Die franz. MilReg. verlangte den unverzüglichen Vollzug der Ernennung unter Berufung auf Verfügung Nr. 194 der franz. MilReg. vom 17. 1. 1947 (Journal Officiel 1947, S. 538). Altmeier berief sich jedoch darauf, daß die Akademie als gemeinsame Einrichtung aller drei Länder der franz. Zone errichtet worden sei. Siehe hierzu ausführlich LHA Koblenz 860/29.

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G e n . K o e n i g mit Regierungschefs der franz. Z o n e

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In sehr ausführlichen Darlegungen weist Gen. Koenig auf die Vorzüge der Staatlichen Verwaltungsakademie Speyer hin, deren ausgezeichnete Resultate die Errichtung ähnlicher Institute in der britischen (Wilhelmshaven) und der amerikanischen (Frankfurt) Zone veranlaßt hätten 18 . Nichtsdestoweniger sei die Ernennung der Lehrkräfte an der Speyerer Akademie durch Rheinland-Pfalz bis jetzt noch nicht erfolgt. Dies sei der Punkt, welchen er anschließend mit MinPräs. Altmeier noch behandeln wolle19. Leider habe die Animosität gegen die Schule in den Ländern der Zone sogar dazu geführt, daß man einen Druck darauf ausübe, die Schule nicht zu besuchen 20 . Der Besuch der Akademie habe auch teilweise für die Schüler Nachteile mit sich gebracht, die nicht berechtigt seien und die hinzunehmen er auch nicht gewillt sei. Er bitte dringend, in dieser Hinsicht eine Änderung in der Haltung der Regierungen eintreten zu lassen. Übergangsbestimmungen für diejenigen Beamten, welche Speyer nicht besucht hätten, seien im Jahre 1948 durch die Verordnung Nr. 194 von ihm erlassen worden 21 . Leider habe er feststellen müssen, daß die Bestimmungen dieser Verordnung nicht eingehalten würden. Er mache darauf aufmerksam, daß alle mit der Verordnung Nr. 194 nicht im Einklang stehenden Maßnahmen der Länder als null und nichtig betrachtet würden, und es sei selbstverständlich, daß in Zukunft alle Referendare nach Speyer geschickt werden müßten. Er würde nichts dagegen einzuwenden haben, daß in Baden und in Württemberg-Hohenzollern auch Verwaltungsakademien eingerichtet würden, wenn diese Lösung nicht von vornherein aus Mangel an geeigneten Lehrkräften ausscheiden müßte. MinPräs. Altmeier nimmt zu den Ausführungen von Gen. Koenig nach der Beratungspause eingehend Stellung und legt die Gründe dar, weshalb die Verwaltungsakademie Speyer bei den Regierungen der drei Länder in ihrer jetzigen Form auf Ablehnung stoße. Er sagt die Ausarbeitung einer Denkschrift zu, welche Gen. Koenig übergeben werden solle22. Gen. Koenig erklärt anschließend, die Ausführungen von MinPräs. Altmeier seien zwar interessant, hätten ihn aber nicht zu überzeugen vermocht. 6. Erweiterung der deutschen Befugnisse bei der Verteilung der Rohstoffe Gen. Koenig teilt mit, dieser Punkt sei von Rheinland-Pfalz für die Tagesordnung vorgeschlagen worden. In Durchführung seiner Erklärungen vom 14. 1. [1949] über

19

Gemeint sind vermutlich die Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshaven und das Institut zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten e. V. in Frankfurt.

"

Vgl. Anm. 17.

20

In einem Schreiben an Altmeier vom 24. 3. 1949 (LHA Koblenz 860/1953) monierte Brozen-Faverau, daß nur zehn an Stelle von vierzig möglichen Schülern der Verwaltungsakademie ihre Ernennung zum Referendar erhalten hätten. In seiner Entgegnung vom 29. 4. 1949 (LHA Koblenz 860/1011) wies Altmeier darauf hin, daß vor allem Baden und Württemberg-Hohenzollern keine Bewerber entsandt hätten. Gegenüber de Boislambert hatte Altmeier bereits am 7. 3. 1949 (ebenda) betont, daß für Rheinland-Pfalz die Zahl der ausgebildeten Beamtenanwärter höher als die Zahl der zur Verfügung stehenden Stellen sei. Übersicht über die Zahl der Studierenden an der Akademie während der ersten Ausbildungslehrgänge: LHA Koblenz 860/29. Siehe auch Β 144/964.

21

Vgl. Anm. 17.

22

Diese konnte nicht ermittelt werden.

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die Ausweitung der deutschen Befugnisse auf dem Wirtschaftssektor23 hätte am 2. 2. [1949] eine Besprechung mit den Wirtschaftsministern stattgefunden, wobei u. a. um die umgehende Benennung deutscher Sachverständiger (experts) gebeten worden sei24. Er empfehle diese Frage der besonderen Aufmerksamkeit der Regierungschefs, da die Übertragung der Kompetenzen an die deutschen Stellen praktisch von der Benennung dieser Sachverständigen abhänge25. 7. Steuererhebung und Einführung neuer Steuern

Gen. Koenig bringt seine Zufriedenheit mit der Entwicklung des Steueraufkommens der französischen Zone in den letzten Monaten zum Ausdruck26. Im Januar hätte das Gesamtaufkommen 135 Mio DM betragen27. Die Einführung neuer Steuern sei infolgedessen keine zwingende Notwendigkeit mehr. Bei der in allen jetzt zur Verabschiedung gelangenden Gesetzen erkennbaren Tendenz einer Erhöhung der Leistungen sei es aber doch vielleicht ratsam, die Möglichkeit der Einführung gewisser neuer Steuern weiter zu untersuchen (Benzin-, Zeitungs-, Automobilsteuer28). In der Bizone werde zur Zeit die Einführung einer Tee- , einer Luxus- und einer Benzinsteuer erwogen29. Die Steuerbelastung einschließlich Körperschaftssteuer (aber ohne Gemeindesteuern)

23

Siehe Dok.Nr. 4, TOP 1.

24

Dem Bericht von v. Süßkind-Schwendi an Pünder vom 7. 2. 1949 zufolge (Z 13/214, Bd. 2, Η 4) fand die Besprechung zwischen Vertretern der Wirtschaftsverwaltung der franz. MilReg. in Baden-Baden, den Leiter der Wirtschaftsverwaltungen der MilReg. in den drei Ländern und den deutschen WiMin. der franz. Zone am 3. 2. 1949 statt. Dabei wurde den deutschen Vertretern erklärt, daß die franz. MilReg. bereit sei, „so schnell als es die technischen Gegebenheiten zuließen, auf alle Bewirtschaftungsmaßnahmen zu verzichten und die deutschen Regierungsstellen mit der vollen Verantwortung für die Wirtschaftsgestaltung zu belasten". Wie Sahm in einem Vermerk an Pünder vom gleichen Tag auf diese Besprechung bezugnehmend ausführte (ebenda), erklärte sich die franz. MilReg. gleichzeitig mit der sofortigen Aufnahme der erforderlichen Verhandlungen mit der Verwaltung des VWG einverstanden. In einem Schreiben an die VfW vom 19. 1. 1949 (ebenda) bemerkte v. Elmenau, daß diese Verhandlungen von Regierungsvertretern der franz. Zone geführt werden sollten. Die Expertenliste, die BICO Pünder am 15. 12. 1948 übersandt hatte, war damit überholt (vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 6).

25

Bereitsamll. 2. 1949 war die erste Vereinbarung zwischen der Verwaltung des VWG und den Ländern der franz. Zone über die Eisen- und Stahlbewirtschaftung abgeschlossen worden (Z 13/214, Bd. 2, H. 4). Hierüber hatten die Fachreferenten der WiMin. verhandelt.

26

Noch im Dezember 1948 hatte die franz. MilReg. den drei Ländern der franz. Zone ein umfangreiches Steuerprogramm vorgelegt, zu dem die FinMin. mit Schreiben an die Finanzabteilung der franz. MilReg. Baden-Baden vom 20. 1. 1949 Stellung genommen hatte (StA Speyer L 5/7). Siehe auch Prot, über die Besprechung der Steuersachverständigen der Länder der franz. Zone vom 11./12. 2. 1949 in Speyer (ebenda).

27

Vgl. Bericht des Hohen Kommissars der Französischen Republik über die wirtschaftliche Entwicklung der französischen Zone im Laufe des 2. Vierteljahres 1949. Danach betrug das Steueraufkommen im Januar 1949 DM 162 Mio, fiel jedoch im nächsten Monat auf DM 107 Mio. Im März betrug es nur DM 99 Mio und erreichte im April wieder DM 133 Mio. Gegenüber dem Jahresdurchschnitt im Haushaltsjahr 1948/49 von DM 92 Mio wurde für die beiden durchschnittlichen Monate Mai und Juni 1949 Einnahmen von jeweils DM 106 Mio errechnet.

28

Für das Land Rheinland-Pfalz siehe Landesverordnung zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 15. 2. 1949 (GVOB1. Rheinland-Pfalz 1949, S. 75) sowie die VO zur Änderung des Vermögens- und Erbschaftssteuergesetzes vom gleichen Datum (ebenda, S. 72 und 73).

29

Vgl. Dok.Nr. 5, TOP 7, Dok.Nr. 8, TOP 5 und Dok.Nr. 13, Anm. 34 und 35.

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Gen. Koenig mit Regierungschefs der franz. Zone

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betrage für die Zeit von Juli bis November 1948 nach ihm vorliegenden alliierten Statistiken in der amerikanischen Zone 8 5 - D M pro Kopf in der britischen Zone 9 5 - D M pro Kopf in der französischen Zone 70.- D M pro Kopf. Er sei sich zwar der Relativität aller Statistiken wohl bewußt, glaube aber doch sagen zu können, daß die Steuerbelastung in der französischen Zone geringer sei, als in den beiden anderen Zonen. Die Bildung der Trizone werde übrigens auf alle Fälle eine Erhöhung der Steuerlast für die französischen Zone bedeuten. IMin. Renner weist demgegenüber darauf hin, daß das höhere Steueraufkommen der beiden anderen Zonen in erster Linie auf die Tatsache zurückzuführen sei, daß dort das Aufkommen aus Körperschaftssteuern 30 höher als in der französischen Zone liege. Seiner Ansicht nach könne aus den vorgenannten Zahlen nicht der Schluß gezogen werden, daß die Steuerbelastung in der französischen Zone weniger hoch sei als in der Bizone. Gen. Koenig nimmt diese Stellungnahme zur Kenntnis und äußert, daß die Ansicht von IMin. Renner nicht von der Hand zu weisen sei. 8. Kostenlose Ausbildung an den Lehreroberschulen Gen. Koenig führt aus, eine unterschiedliche Behandlung der Schüler in der Kostenfrage der Ausbildung 31 werde französischerseits als undemokratisch angesehen. Die allgemeine Entwicklung auf der Welt tendiere nach dem Freistudium. Er glaube kaum, daß auf Grund der deutscherseits vorgebrachten Argumente eine Änderung der französischen Stellungnahme zu erreichen sei. Es sei übrigens eine Erfahrungstatsache, daß diejenigen Schüler, denen die Kosten ihrer Ausbildung ganz oder teilweise erlassen würden, dadurch gegenüber den anderen Schülern psychologisch gehemmt würden. Die anschließend von MinPräs. Altmeier vorgebrachten Vorschläge über eine Staffelung der Internatskosten (bei freiem Unterricht und freien Lehrmitteln 32 ), um nicht durch die völlige Kostenlosigkeit eine Verschlechterung im Niveau der Kandidaten hervorzurufen, finden bei Gen. Koenig und Gen. Schmittlein keinen Anklang.

30 31

32

Durch die Körperschaftssteuer wird der tatsächliche Gewinn von Kapitalgesellschaften besteuert. Mit Schreiben vom 25. 1. 1949 an de Boislambert (LHA Koblenz 860/1011) hatte Altmeier um Aufhebung der Anordnung der MilReg. gebeten, derzufolge die Schüler der pädagogischen Akademien in Internaten kostenlos untergebracht und verpflegt werden mußten. Während Altmeier die Kostenfreiheit des Unterrichts bejahte, hielt er darüber hinausgehende Verpflichtungen aus finanziellen Gründen nicht für vertretbar. Zu diesem Anliegen hatte zunächst der Stellv.MilGouv. von Rheinland-Pfalz, Brozen-Faverau, mit Schreiben vom 11. 2. 1949 an das FinMin. Stellung genommen (LHA Koblenz 860/1953). Altmeier erläuterte de Boislambert am 14. 5. 1949 (LHA Koblenz 860/1012) seine Vorstellungen: „1. Die volle Schulgeldfreiheit bleibt in dem bisherigen Umfang bestehen, 2. Grundsätzlich wird für Unterkunft und Verpflegung in den Internaten eine monatliche Vergütung von 45,00 DM festgesetzt, 3. für 20% der Studenten und Schüler wird eine völlige Befreiung von dieser Zahlung festgesetzt, 4. für weitere 10% werden halbe Freistellen mit einer monatlichen Vergütung von 22,50 DM geschaffen". Mit Schreiben vom 20. 5. 1949 an de Boislambert (LHA Koblenz 860/1011) vertrat Altmeier zudem die Auffassung, daß eine teilweise Kostenpflicht für Unterkunft und Verpflegung durchaus nach demokratischen Grundsätzen verantwortet werden könne.

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G e n . K o e n i g mit Regierungschefs d e r franz. Z o n e

IMin. Renner weist noch auf die voraussichtliche Ablehnung durch die Landtage der Mittel für die völlig kostenlose Ausbildung aller Schüler hin. Gen. Koenig bittet abschließend, sich zu bemühen, im gegenseitigen Einvernehmen eine „volksnahe" Lösung dieses Problems, bei dem es sich in erster Linie um eine Gewissensfrage handle, zu finden. 9. Mitwirkung der französischen Zone bei der Gesetzgebung der Bizone

Gen. Koenig weist darauf hin, daß es zwei Wege gäbe, durch die allen Ansichten der Regierungen der französischen Zone bei den bizonalen Stellen Geltung verschafft werden könne und zwar sei dies einerseits der Weg über die regionale Militärregierung und über Gen. Koenig an die alliierten bizonalen Stellen in Frankfurt, der andere Weg führe über die deutsche und französische Verbindungsstelle in Frankfurt zu den dortigen deutschen und alliierten bizonalen Stellen33. Er halte diese gegebenen Möglichkeiten für die Übergangszeit bis zur Bildung der Trizone für ausreichend. 10. Lage des deutschen Rundfunks nach den Beschlüssen der Kopenhagener Wellenkonferenz"

Zu diesem Punkt bemerkt Gen. Koenig folgendes: Obwohl bei dem Vorschlag von Württemberg-Hohenzollern für die Tagesordnung die Fragestellung in der Form von ausgesuchter Höflichkeit gewesen sei35, habe er die darin zum Ausdruck kommende verständliche Verbitterung wohl empfunden. Es sei wahr, daß Deutschland bei der Kopenhagener Wellenkonferenz nicht vertreten gewesen sei. Dies sei aber bei der Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer nicht zu ändern gewesen. Die neue Zuteilung von Wellenlängen an die vier Besatzungszonen bedinge eine tiefgreifende Umformung der Gesamtstruktur des deutschen Rundfunks. Die französische Zone habe zwei nicht sehr gute Wellenlängen erhalten. Durch eine Vereinbarung über die Sendezeiten könnte vielleicht mit den anderen Zonen eine tragbare Lösung gefunden werden. Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen halte er im gegenwärtigen Zeitpunkt für aussichtslos. Man müsse sich deutscherseits damit abfinden, daß diese Benachteiligung auch eine Folge des verlorenen Krieges sei, die im Laufe der Jahre zweifellos gemildert werden könne. Es sei nicht abzuleugnen, daß man sich auf Kosten Deutschlands in dieser Frage gegenseitige Zugeständnisse gemacht

33

Zur Verbindungsstelle der drei Länder der franz. Zone bei der Verwaltung der VWG in Frankfurt siehe Vogel, Westdeutschland I, S. 84. Zur Verbindungsstelle der WiMin. der franz. Zone bei der VfW siehe Vogel, Westdeutschland II, S. 93 f. Die franz. MilReg. unterhielt beim Zweimächtekontrollamt in Frankfurt einen Verbindungsstab, der von de Varreux geleitet wurde.

34

Auf der internationalen Wellenkonferenz, die vom25. 6.-15. 9. 1948 in Kopenhagen stattgefunden hatte, waren nach den Bestimmungen des internationalen Fernmeldevertrages von 1947 in Atlantic City (USA) nur solche Delegierte stimmberechtigt, die eine Vollmacht ihrer Regierung oder des Außenministers vorweisen konnten Deutsche Vertreter der vier Besatzungszonen hätten einer Vollmacht des Alliierten Kontrollrats bedurft, der jedoch nicht mehr voll aktionsfähig war. So wurden die deutschen Interessen auf der Konferenz faktisch nicht vertreten. Die von der Konferenz vorgenommene Neuverteilung der Rundfunkwellen (Kopenhagener Wellenplan) war für keine der Rundfunkanstalten in den westlichen Besatzungszonen befriedigend. Der Plan, der am 15. 3. 1950 in Kraft treten sollte, sah für Deutschland neun statt bisher achtzehn Frequenzen vor (Keesing's Archiv 1948, S. 1631; Schütte, Nachkriegsrundfunk, S. 217 ff.).

35

Die Vorlage konnte nicht ermittelt werden. Stellungnahmen und Denkschriften zu den Folgen der Konferenzbeschlüsse in: StA Sigmaringen Wü 2/655.

218

G e n . K o e n i g mit Regierungschefs der franz. Z o n e

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N r . 12

habe. Trotzdem sei keiner der Teilnehmer an der Konferenz mit den erzielten Ergebnissen zufrieden. E r sei bereit, eine ausführliche Denkschrift über diese Frage befürwortend an seine Regierung weiterzuleiten. Diese symbolische Geste werde vielleicht für die Zukunft nicht unwichtig sein, für die allernächste Zeit allerdings verspreche er sich davon keinen praktischen Erfolg. 11. Lastenausgleichsgesetz Gen. Koenig unterstreicht erneut, es handle sich beim Lastenausgleich um eine rein deutsche Angelegenheit mit Ausnahme der Heranziehung von Vermögenswerten, welche Ausländern gehören, worüber er sich mit seinen Kollegen noch verständigen werde. Man scheine aber in Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern bei Übernahme des bizonalen Gesetzes 36 übersehen zu haben, daß die Trizone noch nicht gebildet sei. Baden dagegen hätte in dem dortigen Gesetz ein eigenes Landesausgleichsamt vorgesehen 37 . Eine verwaltungsmäßige Bindung der französischen Zone an die Bizone sei für die französische Militärregierung im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht tragbar 38 . Die französische Zone habe im übrigen weniger Flüchtlinge als die Bizone, der Lastenausgleich bedeute daher eine zusätzliche Belastung der Zone. Der Ausgleich des Überschusses könnte evtl. über die Bank deutscher Länder abgewickelt werden, nicht aber über ein trizonales Ausgleichsamt. Abschließend erklärte Gen. Koenig: Ich will Ihnen meine Gedanken ganz offen sagen: Ich wäre geneigt, das bizonale Lastenausgleichsgesetz anzunehmen, wenn meine Kollegen in der Bizone sich ihrerseits dazu bereit erklärten, den Lastenausgleich für die Besatzungskosten durchzuführen 3 '. In diesem Fall würde meiner Ansicht nach die französische Zone gut abschneiden. Ich habe diesen Standpunkt in den zwei letzten monatlichen Sitzungen meinen

36

Mit Schreiben an die S t K . vom 7. 11. 1948 hatte der FinMin. des Landes Rheinland-Pfalz ( L H A Koblenz 860/972) den Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich von Kriegs-und Kriegsfolgeschäden übersandt, der mit dem bizonalen Lastenausgleichsgesetz identisch war. Der Landtag war mit seinem Beschluß vom 17. 12. 1948 dieser Vorlage gefolgt. Altmeier hatte der MilReg. das Gesetz am 31. 12. 1948 (ebenda) zur Genehmigung vorgelegt. Zur Beteiligung von Vertretern der franz. Zone am Gesetz siehe Prot, einer gemeinsamen Besprechung mit Vertretern aller drei MilReg. und dem Dir. der V f F vom 27. 8. 1948 ( S t A Speyer L 5/7) sowie der Konferenz der FinMin. der Länder der franz. Z o n e vom 9. 12. 1948 (ebenda).

37

V o n dieser Ausnahme abgesehen war auch das badische Gesetz an die Bestimmungen des bizonalen Gesetzes stark angelehnt. Vgl. Beratungen im Badischen Landtag am 22. 2. 1949 anläßlich der ersten und zweiten Gesetzeslesung in: Verhandlungen des Badischen Landtags, 1. Wahlp., 2. Sitzungsp.,7. Sitzung, S. 17 ff.

38

Altmeier hatte indes auch im Namen von Müller und Wohleb mit Schreiben an Pünder vom 31. 1. 1 9 4 9 ( Z 13/140) der Berufung von Lukaschek zum Präs. des Hauptausgleichsamtes (vgl. Dok.Nr. 5, T O P 11) zugestimmt, dabei jedoch betont, „daß die franz. Zone Wert darauflegt, bei der Besetzung der leitenden Stellen des Hauptausgleichsamtes angemessen beteiligt zu werden".

39

In konzeptioneller Zinsicht gehörte der Bereich des Ausgleichs der Besatzungskosten zum Komplex des Länderfinanzausgleiches (vgl. Dok.Nr. 7, A n m . 40). Allerdings hatten die Vertreter der FinMin. derfranz. Zone anläßlich der Besprechung mit dem Dir. für Finanzen der franz. MilReg. in Baden-Baden, Mazodier, am 8 . 1 2 . 1 9 4 8 (Prot, in: S t A Speyer L 5/7) betont, „daß es sich beim Lastenausgleich nur um einen Teileines größeren Finanzausgleichsprogramms unter den Ländern der drei Westzonen handle". Der umfassende Finanzausgleich liege im finanziellen Interesse der Länder der franz. Zone.

219

Nr. 12

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Gen. Koenig mit Regierungschefs der franz. Zone

amerikanischen und britischen Kollegen gegenüber vertreten 40 , und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir helfen könnten, meinen Standpunkt durchzusetzen. Ich habe den Eindruck, daß der Wunsch, das Lastenausgleichsgesetz noch vor Bildung der Trizone in Kraft zu setzen, so stark ist, daß der Ausgleich der Besatzungskosten dadurch ebenfalls schon vorher möglich sein dürfte. Ich glaube, dies wäre in Ihrem Interesse sehr wichtig. Ich möchte Ihnen noch mitteilen, daß sich die britische und amerikanische Militärregierung über den Lastenausgleich nicht einig sind. Zu Anfang herrschte zwar Übereinstimmung und meine Kollegen legten damals großen Wert darauf, daß sich die französische Zone dem Gesetz sofort anschließe. Inzwischen haben sich aber in einigen Fragen gegensätzliche Auffassungen herausgestellt, welche die Genehmigung des Gesetzes bisher verzögert haben. Ich warte nun vorläufig ab, bis mir meine Kollegen den Text bekanntgeben, auf den sie sich geeinigt haben 41 . 12. Zusammenschluß der südwestdeutschen Länder Gen. Koenig führt hierzu aus: Bei der letzten Zusammenkunft haben wir zusammen eine neue Formulierung für die Fragestellung bei der Abstimmung gefunden und waren uns darüber einig, daß damit eine tragbare Lösung gefunden worden war42. Es wäre übertrieben zu behaupten, daß die amerikanische Militärregierung von der vorgeschlagenen Lösung begeistert ist, ich werde mich aber auf alle Fälle für diese Lösung einsetzen. Die Neugliederung des südwestdeutschen Raumes hängt auf französischer und amerikanischer Seite mit der Frage der Besatzungskontrolle in Württemberg und Baden zusammen. Ich habe aber den Eindruck, daß die nächsten zwei oder drei Wochen die Entscheidung in dieser Frage auf alliierter Seite bringen werden 43 . Auch die Frage des Besatzungsstatuts wird bis dahin geklärt sein und wir können endlich auf die diesbezüglichen Fragen des Parlamentarischen Rats eine Antwort erteilen. Ich glaube, daß die Entscheidung über die Neugliederung Württembergs und Badens fallen wird, sobald die Franzosen und Amerikaner endgültig wissen, wie sich

40

41

42 43

Siehe Bericht von Clay über die Konferenz der drei MilGouv. vom 15. 1. 1949 in: Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 633. Zur Anweisung von Armeeminister Royall an Clay vom 18. 12. 1948, die Genehmigung des Lastenausgleichsgesetzes zurückzustellen, siehe Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 612. Am 8. 2. 1949 hatte Clay dem Armeeministerium (ebenda, Dok.Nr. 655) berichtet, daß Gen. Robertson bereit sei, das Gesetz gemäß den amerik. Änderungsvorstellungen (vgl. Dok.Nr. 30, TOP 2) zu billigen. Demgegenüber zeigte sich Gen. Koenig bei der Zustimmung zu diesem ebenso wie zu anderen bizonalen Gesetzen unnachgiebig. Dies veranlaßte Clay zu der Feststellung in seinem Schreiben an Draper vom 23. 1. 1949 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 638): "It looks as if French Military Government has finally succeeded in that apparently anatomical impossibility of making the tail wag the dog. It has discovered that by protest it can stop the adoption of Bizonal economic legislation, appealing if necessary to additional delay for an intergovernmental conference". Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 19, TOP 4. Siehe Dok.Nr. 4, TOP 7. Gegen den franz. Versuch, den Tausch von Südwürttemberg gegen Nordbaden auf Regierungsebene durchzusetzen (Foreign Relations 1949/III, S. 28), hatte Clay sich mit Schreiben an das Armeeministerium vom 6. 2. 1949 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 650) kategorisch gesperrt. Er Schloß seine Ausführungen hierzu mit der Feststellung: "Sometimes I wonder who conquered Germany, who pays the bill, and why?"

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G e n . K o e n i g mit Regierungschefs d e r franz. Z o n e

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N r . 12

die Besatzungskontrolle im südwestdeutschen Raum gestaltet. Der späteste Termin für die Volksabstimmung über den Zusammenschluß, der nicht überschritten werden darf, ist die Bestätigung des Grundgesetzes durch die Militärbefehlshaber 44 . Soviel ich weiß, sollen die Bonner Arbeiten erst nach der Bekanntgabe des Besatzungsstatuts abgeschlossen werden und es ist möglich, daß das Grundgesetz vor seiner endgültigen Genehmigung durch die Militärbefehlshaber ein- oder zweimal an den Parlamentarischen Rat zurückgegeben werden muß45. Wir sind also wegen der Abstimmung in Südwestdeutschland nicht in Zeitdruck. Ich glaube aber, wie gesagt, daß schon in den nächsten zwei bis drei Wochen wesentliche Fortschritte erzielt werden. [. . .] 13. Demontage MinPräs. Altmeier weist darauf hin, daß der Regierung von Rheinland-Pfalz die sofortige Demontage verschiedener Betriebe, die allerdings in der Oktoberliste 46 enthalten seien, mitgeteilt worden sei, obwohl man bisher hätte annehmen können, daß diese Werke erhalten bleiben würden; insbesondere handle es sich hierbei um die I. G. Farben-Industrie 47 . Er bitte dringend, den Regierungen wenigstens das Gesamtausmaß der tatsächlich zur Durchführung gelangenden Demontagen zur Kenntnis zu bringen, um dadurch ernste politische Schwierigkeiten zu vermeiden. Hierzu bemerkt Gen. Koenig: Ich habe Ihnen das letzte Mal mitteilen können, daß die Oktoberliste nicht erweitert werden wird und daß auch keine neue Demontageliste mehr kommen wird48. Zur Zeit wird in Washington über die von der HumphreyKommission aufgestellte Liste 4 ' über die zu erhaltenden Betriebe verhandelt 50 . Eine endgültige Entscheidung hierüber ist noch nicht gefallen. Die Humphrey-Kommission hat aber inzwischen eine Anzahl der in ihrer Liste enthaltenen Betriebe für die Demontage freigegeben und dies wurde Ihnen sofort bekanntgegeben. Wenn ich Ihrem Wunsch entspräche, Ihnen alle für die Demontage evtl. in Betracht kommenden Werke zu bezeichnen, müßte ich so vorgehen wie in der britischen Zone, wo alle Betriebe der Oktoberliste demontiert werden, selbst diejenigen, die schließlich doch der deutschen Industrie erhalten bleiben werden".

44

Vgl. hierzu die Ausführungen von Stock auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg vom 11./ 12. 2. 1949 (Dok.Nr. 10 B, TOP 10).

45

Zur Stellungnahme der Mil Reg. zum Entwurf des GG vom 2. 3. 1949 siehe Dok.Nr. 22, TOP 1.

46

Siehe Dok.Nr. 4, Anm. 63.

47

Mit Schreiben vom 7. 2. 1949 (LHA Koblenz 860/1953) hatte der GS der MilReg. von Rheinland-Pfalz, Pierre Landron, MinPräs. Altmeier den Befehl zur Demontage von fünfzehn Fabriken übermittelt. Betroffen waren fast ausschließlich die I. G. Farben-Nachfolgegesellschaft der BASF in Ludwigshafen und Oppau. Siehe auch die Reden Altmeiers zur Demontagefrage vor dem Landtag von Rheinland-Pfalz am 17. 2.1949 und 6. 7. 1949 in: Graß/Heyen, Altmeier, S. 215ff. und S. 224ff.

48

Siehe Dok.Nr. 4, TOP 10.

49

Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 64.

50

Die vom Janaur bis zum April 1949 in London geführten Vorgespräche von Vertretern der drei westlichen Besatzungsmächte führten schließlich zum Washingtoner Abkommen über verbotene und beschränkte Industrien vom 8. 4. 1949 (Foreign Relations 1949/III, S. 1 ff.).

51

Zur Durchführung des Demontageprogramms siehe Harmssen, Demontage, S. 29.

221

Nr. 12

14. 2. 1949

Gen. Koenig mit Reglerungschefs der franz. Zone

Ich bedauere, Ihnen noch keinen besseren Bescheid geben zu können, glaube aber in Ihrem Interesse zu handeln, trotz der dadurch für Sie entstehenden politischen Belastung. Ich schätze, daß eine endgültige Entscheidung bis spätestens April 1949 erfolgt sein wird. Inzwischen bin ich gezwungen, Ihnen die tatsächlich zur Demontage kommenden Betriebe nach und nach bekanntzugeben. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch erwähnen, daß die Frage der verbotenen und beschränkten Industrien mit der von der Humphrey-Kommission aufgestellten Liste verknüpft ist und darin der Grund für die Verzögerung in der Entscheidung liegt52. [14. Termin für die nächste Besprechung]

[. . .]»

52

Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 28 A, TOP 5.

53

Siehe Dok.Nr. 19.

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MilGouv. mit bizonalen Vertretern

15. 2. 1949

Nr. 13

Nr. 13 Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern in Frankfurt 15. Februar 1949 BA Ζ 4/212, Bl. 185-193. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 15. 2. 19491 TO: Ebenda, Bl. 194 Anwesend2: Gen. Clay, Gen. Adcock, Gen. Hays, Linde 3 (amerik. MilReg.); Gen. Robertson, Gen. MacReady, Fliess4, O'Neil 5 (brit. MilReg.) Präs. Köhler, Vizepräs. Dahrendorf, Abg. Blücher, Abg. Holzapfel, Abg. Kriedemann, Abg. Stricker (WR) Bevollm. Hansen, GS Troeger (LR) ODir. Pünder, Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) u. a.

1. Zahlung von D-Mark für Einfuhren von Kategorie „A" Importen Pünder führte aus, daß er nur die Absicht habe, die Überlegung bekanntzugeben, die den Verwaltungsrat wegen der Angleichung der Preise bei Lebensmitteln an die Weltmarktpreise bewegen 6 . Er würde auch nur Ausführungen machen über die Maßnahmen, die bis zum 30. 6. 1949 getroffen werden sollen7. Für die Zeit vom 1. 7. [1949] ab wäre die Lage noch zu ungewiß, auch wegen der Weltmarktpreise und der finanziellen Entwicklung in Deutschland. Der Verwaltungsrat hat den Preisrat mit der Prüfung der Angelegenheit beauftragt; dieser hat Unterausschüsse unter Hinzuziehung von Vertretern der Gewerkschaften und von Sachverständigen eingesetzt 8 . Die beabsichtigten Maßnahmen gehen von zwei Voraussetzungen aus:

1

Mit Stempel „Vertraulich" und handschr. Vermerk „Aktenexemplar" versehen. Parellelüberlieferung: 1. Aufzeichnung von VerwDir. Dörr (WR) vom 2.3.1949 in: Ζ 4/212, Bl. 195-196; 2. Prot, von v. Gülich vom 15. 2. 1949, von Pünder am 17. 2. 1949 abgez., in: Ζ 13/2, Bd. 4, Bl. 196-198.

2

Vgl. Dok.Nr. 3, Anm. 2.

3

E. Linde, US-Secretary bei BICO.

4

W. Fliess, Leiter der „Government Affairs Branch" bei BICO.

5

C.D.W. O' Neill, Politischer Berater bei der brit. MilReg.

6

Pünder bezog sich hierbei auf das BICO-Memorandum vom 20.1.1949 (vgl. Dok. Nr. 3, Anm. 42); zu den Beratungen des VR siehe Dok.Nr. 9, TOP 1.

7

Mithin bis zum Ende des laufenden Erntejahres.

8

Zu den Empfehlungen der vom Preisrat eingesetzten agrar- und preispolitischen sowie finanzpolitischen Kommission siehe Dok.Nr. 9, Anm. 5. Indem sich Pünder die dort erarbeiteten Analysen und Vorschläge für sein vorbereitetes Statement vom 15. 2. 1949 (Z 13/2, Bd. 4, Bl. 205) zu eigen machte, wurde auf den zuvor verfaßten Entwurf eines Statements (ebenda, Bl. 223-225) verzichtet. Dort war der erforderliche Subventionsbetrag mit insgesamt DM 845 Mio angegeben und zugleich auf die Gefahren hingewiesen worden, „die sich aus der Plötzlichkeit des Übergangs und aus der Wahl des Zeitpunktes ergeben". In Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten, die die Anwendung des einheitlichen Umrechnungssatzes in wirtschaftlicher, sozialer und finanzieller Hinsicht haben würden, sollten hiernach die MilReg. gebeten werden, den Termin des Inkrafttretens der geforderten Maßnahmen hinauszuschieben und auf eine Übergangsregelung zu verzichten (siehe hierzu die Stellungnahme von Krautwig in: Dok.Nr. 9, Anm. 4 sowie die Vorlage von Jerratsch für Schlange-Schöningen vom 10.2.1949in:Z6I/51,Bl. 177). ImAnschluß an eine Unterredung mit Gen. MacReady am 8. 2. 1949 scheint Pünder (siehe seinen Vermerk vom 9. 2.

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M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

a) alle bereits importierten Waren werden nach dem alten Verfahren abgerechnet', b) die Waren, die in der Bizone teurer sind als die Weltmarktpreise, werden zu den Weltmarktpreisen abgerechnet. Wenn diese Voraussetzungen angenommen werden, dann ergibt sich für die Zeit bis zum 30. 6. 1949 ein Geldbedarf von 145 Mio. D M , nämlich je 15 Mio D M für die Monate März und April und je 55 Mio D M für die Monate Mai und Juni. Der Verwaltungsrat ist bei seiner Stellungnahme von zwei grundsätzlichen Bedingungen ausgegangen: a) die deutschen Inlandpreise für Agrarprodukte dürfen nicht erhöht werden, b) der Brotpreis darf nicht gesteigert werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, daß die erforderlichen Mittel aus dem öffentlichen Haushalt aufgebracht werden; deswegen werden zur Zeit erfolgversprechende Verhandlungen mit den Finanzministern der Länder geführt 10 . Das Ergebnis steht im Augenblick noch nicht genau fest. Wenn es gewünscht wird, kann jedoch Direktor Hartmann nähere Angaben machen. Für den Fall, daß die Länder aus laufenden Mitteln nicht termingemäß zahlen können, hat sich die Bank deutscher Länder bereit erklärt, im März und April je 15 Mio D M Kredit zu gewähren 11 ; man wäre sich darüber einig, daß dieser Betrag dann blockiert werden müßte und nicht zu Investitionszwecken zur Verfügung stünde. Über diese Maßnahmen bestünde grundsätzlich volle Übereinstimmung mit den leitenden Personen des Wirtschaftsrats und des Länderrats. Clay: Auch für General Robertson kann ich der Freude darüber Ausdruck geben, daß Sie sich dafür entschieden haben, die erhöhten Einfuhrpreise nicht auf die Verbraucher abzuwälzen, insbesondere auch nicht den Brotpreis zu erhöhen. Irgendwann müssen die Importpreise den Inlandspreisen angepaßt werden. Das kann aber angesichts der schwierigen Lage, in der wir uns befinden, nur langsam und vorsichtig geschehen. Die einzige Bedingung, die wir an die von Ihnen zu treffenden Maßnahmen zu stellen haben ist, daß der D-Mark-Gegenwert für die Importe auch wirklich in voller H ö h e hereinkommt 12 . Dabei sollen Sie auch den Vorteil genießen, der sich daraus ergibt, daß die Weltmarktpreise zum Teil unter den deutschen Preisen liegen.

1949 in: Nachl. Pünder/257, Bl. 10) gestützt auf die Empfehlungen der Kommissionen des Preisrats, sich zu einer konstruktiven Haltung entschlossen zu haben. Gen. MacReady hatte gegenüber Pünder zwar Verständnis für die Schwierigkeiten bekundet, zugleich jedoch bemerkt, daß es zwecklos sei, die grundsätzliche Frage sowie über Termine mit den MilGouv. diskutieren zu wollen. „Über alle übrigen Punkte ließe sich aber eingehend reden". Das vorgesehene Vorfinanzierungsverfahren künftiger Steuereinnahmen durch die BdL billigte Gen. MacReady uneingeschränkt. Es sei so gut wie ausgeschlossen, „noch eine hinreichende Steuerquelle flüssig zu machen". '

In einem Vermerk für Schlange-Schöningen vom 10.2.1949 (Z 61/51, Bl. 176) hatte MinDir. Staab (VELF) darauf aufmerksam gemacht, daß in der Bizone Weizen, Roggen und Mais in erheblichen Mengen als „bizonale Reserve" lagerten. Diese Waren seien teilweise bezahlt, teilweise - allein 850 000 to Getreide aufgrund besonderer Vereinbarungen mit der BdL gestundet. Die agrar- und preispolitische Kommission ging indes bei einem Lagerbestand von 700 000 to Getreide von einem Differenzbetrag von DM 70 Mio aus, wenn dieser Vorrat zu den alten Preisen abgerechnet werden würde (vgl. Dok.Nr. 9, Anm. 7).

10

Zu der Unterredung zwischen Hartmann und den FinMin. der Länder vom 10. 2. 1949 siehe Dok.Nr. 9, Anm. 11. Siehe hierzu auch die Ausführungen von Hartmann auf der außerordentl. Direktorialsitzung vom 14. 2. 1949 (Dok.Nr. 11, TOP 1).

11

Vgl. Dok.Nr. 9, TOP 1.

12

Vgl. die Ausführungen von Clay und Brownjohn über den Zweck der Maßnahmen zur Kapitalbildung in: Dok.Nr. 3, TOP 6.

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MilGouv. mit bizonalen Vertretern

15. 2. 1949

Nr. 13

Zu der Frage über die Preisgestaltung bei den Reserven aus importierten Lebensrnitteln können wir noch nicht Stellung nehmen. In den nächsten paar Monaten werden wir aber jedenfalls nicht fordern, daß Sie die zusätzlichen Kosten aufbringen. Der Grund dafür ist, daß früher oder später eine realistische Steuerpolitik mit Rücksicht auf die Summen eingeführt werden muß, die für langfristige Investitionszwecke gebraucht werden. Nach Ihrem Vorschlage werden Sie wahrscheinlich einen Gegenwert von 100 Mio DM aufbringen. Ich habe mich heute darüber vergewissert, daß allein von der Reichsbahn ein Betrag von 200 Mio D M angefordert wird13. Außerdem werden grandiose Pläne bei der Wiederaufbaubank behandelt, die in die Hunderte von Millionen gehen14. Ich muß dazu bemerken, daß sich Schwierigkeiten ergeben müssen, wenn Beträge aufgebracht werden, über die Sie schon längst verfügt haben 15 . Ich wiederhole, daß wir wegen der vorhandenen Reserven aus Importen wahrscheinlich eine zusätzliche Besteuerung nicht verlangen werden. Ich muß allerdings den Vorbehalt machen, daß wir zu einer späteren Zeit noch einmal auf diese Frage zurückkommen. Auch dann kann es ich nur darum handeln, daß auf diese Weise zusätzliche Mittel für Wiederaufbauzwecke verfügbar werden. 2. Erhöhung dei Exportpreise für Kohle Erhard: Es besteht bei dem Verwaltungsrat der Wunsch, daß für die aus Deutschland exportierten Kohlen in Zukunft der volle Weltmarktpreis gezahlt werden soll16. Gerade jetzt, wo wir die Last für die Weltmarktpreise der Importe auf die Haushaltspläne übernehmen müssen, erscheint es gerechtfertigt, daß wir auch die vollen Kosten für den Export erhalten. Ich halte es für möglich und sogar für wahrscheinlich, daß manche ausländischen Bezieher deutscher Kohle nicht mehr geneigt sein werden, deutsche Kohle aufzunehmen, wenn sie dafür den vollen Weltmarktpreis zahlen müssen. Auf diese Weise würde eine Entlastung bei der innerdeutschen Kohlenversorgung Platz greifen17. Ich rechne für das Jahr 1949/50 mit rd. 20 Millionen to Exportkohle. Der Preis

13

Bereits mit Memorandum vom 23. 12. 1948 (Z 13/166, Bd. 2, H. 2) hatte BICO die Ausgabe einer Reichsbahnanleihe in Höhe von DM 200 Mio erwogen. Das gesamte Kreditvolumen von insgesamt DM 800 Mio sollte auch durch die Entnahme von DM 200 Mio aus dem ERP-Gegenwertfond abgedeckt werden. Am 14.1.1949 hatten Robertson und Clay an den Administrator für wirtschaftl. Zusammenarbeit (ebenda) den Antrag gestellt, die inländischen DM-Zahlungen für eingeführte Ausrüstungen bis zur der genannten Höhe vorläufig aufzuschieben, „bis zusätzliche Quellen langfristigen Anlagekapitals für die Verwaltung erschlossen werden". Am 2. 2.1949 erteilte BICO Pünder die Anweisung, vom bereits seit Dezember 1948 tagenden Reichsbahn-Finanzausschuß (vgl. Dok.Nr. 2, Anm. 33) einen Schuldentilgungs- und einen Ausgabenplan erarbeiten zu lassen. Der Ausschuß ermittelte zunächst jedoch noch den gesamten Investitions- und Kreditbedarf der Reichsbahn (siehe Schreiben von Keiser an Martini vom 15. 12. 1949 sowie Pünder an BICO vom 29. 3. 1949 in: Ζ 13/166, Bd. 2, H. 2).

14

Zum Sofortprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau siehe Pohl, Wiederaufbau, S. 53 f. Mit Memorandum vom 15. 2. 1949 (Z 13/11, Bd. 1) an den Verwaltungsrat der KfW räumte BICO einem Sonderprogramm zur Erweiterung von Kraftwerken in Höhe von DM 613,45 Mio (DM 220 Mio davon im Jahre 1949) Priorität ein und betraute die Kreditanstalt mit der Durchführung der Finanzierung.

13

Vgl. die Ausführungen von Clay in: Dok.Nr. 3, TOP 6.

16

Siehe Beschluß des VR vom 12. 1. 1949 in: Dok.Nr. 2, TOP 13.

17

In dem vorbereiteten Statement der VfW vom 5. 2. 1949 (Z 13/2, Bd. 4, Bl. 221) wurde zusätzlich argumentiert, daß hierdurch freiwerdende Kohlenmengen für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft dringend benötigt würden.

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ist augenblicklich 15 Dollar pro to, das ist durchschnittlich 2-3 Dollar weniger als der Weltmarktpreis. Würden wir den Weltmarktpreis erhalten, dann ergäbe sich ein Betrag von 40 Mio Dollar oder 130 Mio D M jährlich 18 . Die deutschen Haushalte werden gerade jetzt durch die Finanzierung der Importe nach Kategorie Α stark belastet. Wir haben deshalb große Schwierigkeiten, aus Haushaltsmitteln die Beträge für Subventionen und Investitionen beim Kohlenbergbau" zu decken. Der Mehrerlös aus dem Kohlenexport bei der Zahlung des vollen Weltmarktpreises würde daher den Wiederaufbau der Kohlenwirtschaft wesentlich fördern. Clay: Es handelt sich hier um eine Frage mit weitverzweigten Folgerungen. Fachleute behaupten, daß der europäische Kohlenpreis an sich zu hoch liegt und daß der Marshallplan eine größere Chance hätte, wenn der Kohlenpreis geringer wäre. Ich kann deshalb im Augenblick auf diese Frage keine Antwort geben, weil sie unter den Regierungen behandelt wird20. Vertraulich kann ich Ihnen allerdings mitteilen: Wenn eine Erhöhung des Preises für deutsche Exportkohle nicht zugelassen wird, dann wird die Bizone zusätzliche Mittel aus dem Marshall-Fonds erhalten. Für welche Lösung man sich entschieden hat, kann ich Ihnen vielleicht bei unserer nächsten Zusammenkunft mitteilen21. 3. Bizonale Steuerpolitik Pünder: Dieser Punkt ist nicht von uns, sondern von den Herren Militärgouverneuren auf die Tagesordnung gesetzt worden. Wir haben dazu unsererseits nichts vorzutragen. Robertson: Uns sind Informationen darüber zugegangen, daß von Ihnen verschiedene Schreiben auf dem Gebiet der Steuerpolitik vorbereitet werden, z . B . eine Senkung der Einkommensteuer, eine Steueramnestie, Maßnahmen zur Förderung des Sparens; es soll eine Luxussteuer, eine Benzinsteuer, eine Teesteuer geplant sein. Auf der anderen Seite wird von der Ermäßigung der Zuckersteuer und von der Aufhebung der Vermögensteuer gesprochen. Wenn wir die Frage heute hier zur Erörterung stellen, so deswegen, weil wir vorbeugen wollen, daß wir etwa bei der Genehmigung der Steuervorlagen zu einer negativen Entscheidung kommen müssen. Wir würden wenig geneigt sein, Einzelmaßnahmen zuzustimmen, wenn wir nicht ein großes Bild sehen. Einzelne Maßnahmen erscheinen uns sehr vernünftig, andere Maßnahmen sind

18

In dem Statement der VfW (vgl. Anm. 17) wurde der Mehrerlös mit $ 20 Mio oder DM 66 Mio angegeben. Vgl. auch Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 10. 2. 1949 in: Ζ 4/523, Bl. 177.

"

Siehe hierzu ausführlich Dok.Nr. 1 A, TOP 3.

20

Clay scheint davon ausgegangen zu sein, daß diese Frage in den Komplex der Ansprüche gegen Deutschland hineinreichte, welcher durch die Vereinbarung der drei Mächte vom 8.4.1949 in Washington (Foreign Relations 1949/III, S. 183 f.) geregelt wurde. Eine ausdrückliche Erwähnung fand die Angelegenheit jedoch nicht. Siehe auch die Kritik von Clay an der Politik Washingtoner Ministerien, die sich in wachsendem Maße in die Alltagsentscheidungen einzumischen (to deal in details) (Clay Papers, Bd. II, Dok. Nr. 612) begannen. Einer Meldung der Neuen Zeitung vom 18.1.1949 zufolge hatte Clay erklärt, daß infolge der niedrigen Exportpreise für deutsche Kohle der deutschen Wirtschaft ein Betrag von jährlich DM 50 Mio verloren gehe. Er habe den Regierungen vorgeschlagen, den Exportpreis für deutsche Kohle auf einen Stand zu erhöhen, der den Ausfuhrpreisen anderer europäischer Staaten entspreche. Mit Schreiben vom 18. 3.1949 (Z13/11, Bd. 1) lehnte BICO das Gesetz über eine Abgabe auf die Ausfuhr von Kohle ab. Die Absicht, eine Abgabe vom Kohlenbergbau zu erheben, um die Betriebsverluste der unrentablen Bergwerke zu decken, könne nicht gebilligt werden. Der Subventionsbedarf von DM 34 Mio müsse noch beschafft werden. Hierzu sollten unverzüglich Vorschläge vorgelegt werden.

21

Siehe Dok.Nr. 36, TOP 3.

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vielleicht an sich auch ganz vernünftig, doch ist nicht klar, zu welchem Ergebnis sie am Ende führen werden. Deshalb möchten wir etwas über Ihre Pläne hören. Hartmann: Der Finanzausschuß des Wirtschaftsrats hat wegen der Steuervorlagen morgen und übermorgen Sitzung22. Ich hoffe, daß die Vorlagen am Sonnabend in 2. und 3. Lesung angenommen werden23. Da ich nicht weiß, zu Welchen Entscheidungen der Wirtschaftsrat kommt, vermag ich nur ein Bild über den augenblicklichen Stand der Beratungen zu geben. Eine Reihe von Abänderungen erscheint mir durchaus möglich24. Das Ziel der Vorlagen ist: die Erhöhung der Produktivität der deutschen Volkswirtschaft, die Förderung der Kapitalbildung und die Einschränkung des überflüssigen Verbrauchs. Ursprünglich war eine Senkung des Tarifs der Einkommensteuer vorgesehen25. Dieser Vorschlag wird nicht mehr aufrechterhalten. Statt dessen ist eine Reihe von Erleichterungen bei der Einkommensteuer geplant, die der Bildung von Betriebskapital durch erhöhte Abschreibungen und Ersatzbeschaffungen in zerstörten und beschädigten Betrieben und der Bildung von Geldkapital durch die Förderung des Geldsparens dienen26. Die Besteuerung der Personengesellschaften soll der Besteuerung der Kapitalgesellschaften angeglichen werden27. Dabei muß jedoch der ersparte Steuerbetrag im Betrieb verbleiben, d. h. er darf nicht zum Konsum des Unternehmens verwandt werden, außerdem muß ein Teil davon der Wiederaufbaubank zufließen. Bei der Lohnsteuer soll die Mehrarbeit und Sonntagsarbeit besonders gefördert werden28. Die Aufhebung der Vermögensteuer ist eine Zeitlang überlegt worden, weil das Vermögen als Steuerquelle für den Lastenausgleich dienen muß. Jetzt scheint es so, daß die Vermögensteuer bestehen bleibt29.

22

Prot, der Sitzung vom 16./17. 2. 1949 in: Ζ 3/85.

23

Der WR verabschiedete das Zweite Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern am 18. 2.1949 in zweiter und dritter Lesung (WR-Wörtl. Ber., S. 1453 ff.).

24

Abänderungsanträge: WR-Drucks. Nr. 980, 995-997.

25

Siehe ursprüngliche Gesetzesfassung mit veränderten Einkommensteuertabellen in: Ζ 13/134.

26

Siehe Dok.Nr. 1 B, Anm. 10. Der Verzicht auf die vorgesehene Tarifsenkung war vom FinA. des WR am 12. 1. 1949 (Prot, in: Ζ 3/85) damit begründet worden, daß dies wegen möglicher Mindereinnahmen nicht die Zustimmung der MilReg. finden werde. In einem Vermerk vom 14. 2. 1949 (Z 13/134) nannte von Gülich aufgrund des aktuellen Beratungsstandes im FinA. des WR: Erleichterungen für nichtentnommenen Gewinn bei Gewerbetreibenden, entsprechende Erleichterungen für Rücklagen zur Kapitalbildung, Vergünstigungen durch erhöhte Abschreibungen auf landwirtschaftliche Gebäude und bewegliche Anlagegegenstände sowie weitere Vergünstigungen für Neuinvestierungen (u. a. im Wohnungsbau).

27

Vgl. Abschnitt I, § 3-5 in der Fassung vom 17. 1.1949 (WR-Drucks. Nr. 892).

28

Nach übereinstimmender Auffassung des FinA. des WR (siehe Prot, der Sitzung vom 3.2.1949 in: Ζ 3/85) sollten die tariflichen Entgelte für Überstunden völlig steuerfrei bleiben. Die VfF sprach sich jedoch dagegen aus, „darüber hinaus auch noch vertragliche Überstundenentgelte für steuerfrei zu erklären, weil dies zu Umgehungen führen könne". In der vom FinA. am 17. 2. 1949 verabschiedeten Fassung (WRDrucks. Nr. 974), der sich der WR anschloß, wurde daher bestimmt: „Sind gesetzlich oder in Tarifverträgen für Dienste, die über die Dauer der gesetzlichen oder tarifmäßigen Arbeitszeit hinaus geleistet werden (Mehrarbeit) besondere Entlohnungen vorgesehen, so wird der Grundlohn mit 5 v. H. versteuert; die Zuschläge sind steuerfrei."

29

Der Vorschlag, die Erhebung der Vermögenssteuer um ein Jahr auszusetzen, war von der Mehrheit des FinA. des WR erst im Laufe der Beratungen am 5. 1. 1949 (Prot, in: Ζ 3/85) in das Gesetz eingebracht worden. Hiergegen hatte sich der Abg. Seuffert namens der SPD-Fraktion auf der Sitzung vom 3.2. 1949 (Prot, ebenda) gewandt. Es solle nicht der Eindruck entstehen, als wolle man die Vermögenssteuer völlig fallen lassen.

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MilGouv. mit bizonalen Vertretern

Die Steueramnestie30 soll die Finanzämter freimachen für die wichtige Arbeit, d. h. für die Einziehung der Steuern aus der Zeit nach der Währungsreform. Die Steuern aus der Reichsmarkzeit sind ja im Verhältnis 10:1 abgewertet. Sie sollen nicht gänzlich erlassen werden, vielmehr ist beabsichtigt, daß diejenigen, die Steuern hinterzogen haben, eine Amnestieanleihe zeichnen, deren Gegenwert der Wiederaufbaubank zufließt31. Dabei haben sie einen Zuschlag von etwa 35% zu zahlen, der an die Finanzkassen geht. Es bestand die Absicht, die Zinsen der Anleihe von der Einkommensteuer zu befreien, damit das Zinsniveau niedrig gehalten wird; andernfalls würden besonders die Kosten für den Wohnungsbau sehr steigen, was Mietsteigerungen und schließlich Lohnsteigerungen zur Folge hätte. Die Frage der Steuerbefreiung ist jedoch noch offen; möglicherweise wird nur die Befreiung von der Vermögensteuer beschlossen werden32. Das ist deswegen von Bedeutung, weil die Anleihe nicht nur für die Steuerhinterzieher aufgelegt wird, sondern für den öffentlichen Markt überhaupt. Die Steuerhinterzieher sollen für fünf Jahre keine Zinsen erhalten: doch muß ich auch hier sagen, daß die Einzelheiten des Entwurfs noch völlig offen sind. Der letzte Abschnitt des Steueränderungsgesetzes befaßt sich mit einer Verschärfung der Strafen bei Steuervergehen33. Zusammenfassend ist zu sagen, daß nicht die Ermäßigung der Steuerlast als ganzes geplant wird; vielmehr erwarten wir in kurzer Zeit dasselbe oder sogar ein höheres Aufkommen an Steuern als bisher. Die Konsumeinschränkung und die Abschöpfung der Kaufkraft sollen durch einen Gesetzentwurf über eine Aufwandsteuer 34 erzwungen werden, der heute in 1. Lesung im Wirtschaftsrat beraten worden ist35. Vorgesehen ist ferner ein Gesetz über die Erhöhung der Treibstoffsteuer, weil wir auch hier zu Einsparungen kommen müssen36. Die Teesteuer war bereits früher von Wirtschaftsrat und Länderrat verabschiedet37. Der Wirtschaftsrat hat heute einige kleinere Änderungen beschlossen, die von BICO gefordert waren38. 30

Siehe Abschnitt 2 des Gesetzentwurfs in der Fassung vom 17. 2. 1949, wodurch die Straffreiheit durch Selbstanzeige erlangt werden konnte. In der ursprünglichen Fassung der VfF (Z13/128, Bd. 9) war zugleich auch eine Befreiung von Steuernachzahlungen vorgesehen.

31

Im Entwurf der VfF war in Abschnitt 3 vorgesehen, daß diejenigen Steuerpflichtigen, die von der Amnestie Gebrauch machen wollten, eine Wiederaufbauanleihe in Höhe von mindestens 200% der durch die Amnestie verkürzten Steuern zu zeichnen hatten. Dieser Abschnitt wurde nach den Beratungen des FinA. des WR fallengelassen (siehe WR-Drucks. Nr. 974).

32

Siehe hierzu die Aussprache im FinA. des WR vom 17. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 3/85).

33

Vgl. Abschnitt 4 des Entwurfs der VfF (Z13/128,Bd. 9) sowie Abschnitt 3 des Vorschlags des FinA. (WRDrucks, Nr. 974).

34

Vgl. Dok.Nr. 5, TOP 7.

35

Vgl. WR-Wörtl. Ber., S. 1391 ff.

36

Der Gesetzentwurf war vom VR vorberaten, jedoch noch nicht verabschiedet worden (vgl. Dok.Nr. 8, TOP 5).

31

Dem vom VR beantragten Gesetzentwurf (siehe Umlaufbeschluß vom 26. 11. 1948 in: Ζ 13/128, Bd. 10) hatten der WR am 17. 12. 1948 und der LR am 23. 12. 1948 zugestimmt.

38

Am 5. 1. 1949 hatte BICO das Teesteuergesetz grundsätzlich genehmigt, jedoch die Übertragung von Steuerfestsetzungsbefugnissen an den Dir. der VfF beanstandet und um Abänderung gebeten. Der WR strich daraufhin diese Befugnis aus dem Gesetz (WR-Wörtl. Ber., S. 1408 f). Der LR stimmte dieser Änderung am 2. 3.1949 zu (siehe Mitteilung des LR vom 3.3.1949 in: Ζ13/128, Bd. 10), und mitschreiben vom 4.3.1949 (ebenda) erklärte BICO, daß die beschlossene Änderung der festgelegten Bedingung für die Genehmigung entspreche. Das Teesteuergesetz trat daraufhin als WR-Gesetz Nr. 82 am 10.3.1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 19).

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Eine Herabsetzung der Zuckersteuer durch Gesetz ist nicht beabsichtigt 35 . Allerdings muß der Preis der Zuckerrüben gegenüber dem Erzeuger erhöht werden als Anreiz zur Produktionssteigerung. Die Preiserhöhung soll aber den Verbraucher nicht treffen, sondern durch Subventionen der Länder aufgefangen werden. Darüber müssen die Länderparlamente entscheiden 40 . Robertson: Ich danke Ihnen für das klare Exposö41, das Sie uns gegeben haben. Wir freuen uns, daß die von Ihnen beabsichtigten Maßnahmen unter einheitlichen Gesichtspunkten stehen. Es wird uns nur dann möglich sein, zu Ihren Maßnahmen Stellung zu nehmen, wenn wir sie alle gleichzeitig erhalten, so daß wir sie als ganzes beurteilen können. 4. Zollverwaltung Hartmann: Der Wirtschaftsrat hatte das Gesetz über Zölle und Verbrauchssteuern verabschiedet und darin die Errichtung einer Zolleitstelle mit beschränkten Befugnissen bei der Verwaltung für Finanzen vorgesehen 42 , weil BICO mit mehreren Schreiben43 dringend Maßnahmen zur Bekämpfung des Schmuggels forderte. Wir pflichten der Auffassung, die diesen Schreiben zugrunde liegt, durchaus bei. Da die Chefinspektion für den Zollgrenzschutz in der britischen Zone aufgelöst werden muß, entstand die Frage, ob ihre Zuständigkeit auf die Länder verteilt werden oder auf die Bizone übernommen werden soll. Der Verwaltungsrat hat sich für die zentrale Regelung entschieden und dem Wirtschaftsrat ein Gesetz über Zollverwaltung vorgelegt 44 , das heute in 1. Lesung beraten worden ist45. Ich hoffe, daß die Verabschiedung des Gesetzes bis zum Sonnabend erfolgen wird46. Der Zollgrenzschutz wird dann eine bizonale Einrichtung sein. Für die britische Zone müssen die Aufgaben des Chefinspekteurs in Cuxhaven übernommen werden, einschließlich des gesamten Personals; ob auch die unmittelbare Übernahme des Zollgrenzschutzes der Länder der amerikanischen Zone durchgeführt werden soll, wird zur Zeit noch überprüft. Die Schwierigkeit 39

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes (WR-Drucks. Nr. 784), den der VR am 3.11.1948 (Prot, in: Ζ13/87, Bd. 9) beraten hatte, war sowohl im WR anläßlich der ersten Lesung (WRWörtl. Ber., S. 1220 ff.) als auch im FinA. des LR (Prot, der 20. Sitzung vom 21.1.1949 in: Ζ 4/555, Bl. 18) auf Bedenken gestoßen.

40

Nachdem der FinA. des LR die betriebswirtschaftliche Lage der Zuckerriibenindustrie hatte prüfenlassen, kam er auf seiner 22. Sitzung vom 10. 2. 1949 (Prot, ebenda, Bl. 126) zu dem Ergebnis, daß die Kostensituation einen Steuernachlaß von mehr als DM 6 je D Z erforderlich mache. Um den Rübenbauern einen Grundpreis von DM 5 je D Z zu sichern, sollte ein Förderbetrag von DM 10 je D Z in der Form der Rückvergütung, also unter Aufrechterhaltung des bestehenden Steuersatzes gewährt werden. Für eine Übergangszeit sollte der Steuerbetrag von DM 10 je D Z niedergeschlagen werden. Zwecks Vereinheitlichung des steuertechnischen Verfahrens sollte die VfF den FinMin. der Länder sachdienliche Empfehlungen übermitteln.

41

Vgl. auch die Ausführungen von Hartmann anläßlich der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 10. 2.1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 173-174). Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 25, TOP 14.

42

Das Gesetz über Zölle und Verbrauchssteuern war vom WR am 19. 11. 1948 (vgl. Dok.Nr. 9, Anm. 28) verabschiedet worden.

43

Zu den BICO-Memoranden vom 12. 1. und 26. 1. 1949 siehe Dok.Nr. 7, Anm. 5.

44

Siehe Dok.Nr. 11, TOP 2.

45

WR-Wörtl. Ber., S. 1404 ff.

46

Nachdem sich der Ausschuß für Finanz- und Steuerwesen federführend mit dem Gesetzentwurf beschäftigt hatte (Prot, der Sitzungen vom 16./17.2. und2.3.1949 in: Ζ 4/459), verabschiedete ihn der WRam4.3.1949 in zweiter und dritter Lesung (WR-Wörtl. Ber., S. 1494 ff.).

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M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

besteht darin, daß in der amerikanischen Zone nicht die Finanzminister, sondern die Innenminister für die Leitung des Zollgrenzschutzes zuständig sind47. Man könnte in der amerikanischen Zone den Grenzschutz bei den Ländern belassen, bis die Frage der Zuständigkeit endgültig geklärt ist48. Clay macht einen Zwischenruf: Sie bereiten danach ein Gesetz [vor], wonach Sie den Zollgrenzschutz für die britische Zone übernehmen wollen, nicht aber für die amerikanische Zone? Hartmann: Die Leitung des Zollgrenzschutzes würde für beide Zonen bei meiner Verwaltung liegen. Nur würde der Zollgrenzschutz in den Ländern der amerikanischen Zone eine Aufgabe der Länder bleiben und lediglich der Kontrolle meiner Verwaltung unterworfen sein, weil dort nicht die Finanzminister, sondern die Innenminister zuständig sind. Clay: Sie wollen also den Zollgrenzschutz in der amerikanischen Zone den Innenministern nicht wegnehmen und anders verfahren als in der britischen Zone? Hartmann: Für die Zukunft erstreben wir natürlich die gleiche Rechtslage in beiden Zonen; wir sind jedoch jetzt nicht in der Lage, eine endgültige Regelung in diesem Sinne zu treffen45. Clay: Es ist also für Sie leichter, der Militärregierung eine Zuständigkeit wegzunehmen als den deutschen Ländern? Hartmann: Eine andere Frage ist die der Erhebung der Zölle. Die Zollverwaltung ist in Deutschland schon immer verbunden mit der Erhebung und Verwaltung der Verbrauchssteuern, wie Biersteuer, Tabaksteuer usw. Das Gesetz sieht vor, daß die Verwaltung für Finanzen für die einheitliche Erhebung der Zölle und Verbrauchssteuern in der Bizone zu sorgen hat50. Die Zolleitstelle soll für das gesamte Gebiet die Kontrolle vornehmen und Anweisungen erteilen können. Damit ist u. E. garantiert, daß die Verwaltung für Finanzen das zentrale Weisungs- und Kontrollrecht hat. Der Verwaltungsrat hat noch vor Beschlußfassung und Inkrafttreten des Gesetzes über die

47

Zur Organisation der Zollverwaltung in der amerik. Zone siehe Dok.Nr. 7, Anm. 7.

48

In dem vorbereiteten Statement der Verwaltung des VWG zu diesem TOP (Z 13/2, Bd. 4, Bl. 212) wurde betont, daß dem Bund in der ihm obliegenden letzten Entscheidung nicht vorgegriffen werden sollte. Daher wurde erwogen, den Zollgrenzschutz für die amerik. Zone durch die Länder im Wege der Auftragsverwaltung ausführen zu lassen. Mit dieser organisatorischen Konstruktion wurde den Einwänden Bayerns gegen die Übertragung seiner Zollverwaltung auf die Bizone begegnet. Auf der Besprechung von Dir. Hartmann mit den FinMin. der Länder vom 10.2.1949 (vgl. Dok.Nr. 9, Anm. 31) hatte FinMin. Weitz von NRW den Vorschlag unterbreitet, „den Ansichten der Militärregierung zu entsprechen, ohne eine Übertragung der Zollverwaltung im ganzen, einschließlich der Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern, vorzunehmen, indem den Ländern der Zollgrenzschutz in Auftragsverwaltung übertragen werde und die bizonale Zolleitstelle das Anweisungsrecht an den Zollgrenzschutz erhalte". Übereinstimmend waren die Besprechungsteilnehmer zu dem Lösungsansatz gelangt, „ die einheitliche Zusammenfassung des Zollgrenzschutzes in der brit. Zone beizubehalten und die einzurichtende bizonale Zolleitstelle mit einem Anweisungsrecht gegenüber dem zentralgeführten Zollgrenzschutz der brit. Zone und dem der jeweiligen Landeszollverwaltung eingegliedert bleibenden Zollgrenzschutz in der amerik. Zone auszustatten". Demgegenüber hatte Gen. Adcock in Übereinstimmung mit Gen. MacReady auf der Vorbesprechungvom 10. 2.1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 175) unterstrichen, „daß nur eine zentrale Zollverwaltung die Gewähr für einen wirksamen Zollgrenzschutz und für die wirksame Zollerhebung bietet". Die MilGouv. beabsichtigten, „alle Einwendungen der Länderseite gegen diesen Vorschlag zu überstimmen".

49

Ursache hierfür war der Widerstand der FinMin. der Länder (vgl. Dok.Nr. 9, Anm. 31).

50

Siehe § 2 des vom VR am 14. 2. 1949 in außerordentl. Direktorialsitzung gebilligten Gesetzentwurfes über die Errichtung einer Zolleitstelle (Dok.Nr. 11, TOP 2).

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Zollverwaltung gestern den Leiter der Zolleitstelle ernannt, und zwar Herrn Seilnick aus Hamburg51, damit schon jetzt alle Vorbereitungen getroffen werden, um die einheitliche Kontrolle und Leitung in der Zollverwaltung spätestens bis zum 1.4.1949 wirksam zu machen. Robertson: Wir freuen uns über die große Aufmerksamkeit, die Sie dieser Frage widmen, einer Frage, die uns schon lange sehr viel Kopfzerbrechen gemacht hat. Ich wiederhole, was ich hier schon mehrfach gesagt habe, daß sofort Durchschlagendes geschehen muß52. Wir haben erst heute Näheres von Ihnen erfahren, so daß wir dazu noch nicht Stellung nehmen können. Ich möchte jedoch nochmals betonen, daß uns an einem wirklich wirkungsvollen Plan für die Bekämpfung des Schmuggels sehr viel gelegen ist53. Die Frage von General Clay, wie Sie den Wagen in der britischen Zone selbst steuern und sich vom Wagen in der amerikanischen Zone steuern lassen wollen, mußte gestellt werden. Ich verstehe nicht ganz, weshalb Sie den Zollgrenzschutz vereinheitlichen und die Zollverwaltung nicht vereinheitlichen wollen. § 7 Ihres Gesetzentwurfs sieht doch vor, daß das Personal austauschbar sein soll. Wir hoffen, daß Sie uns noch eine wirkungsvolle durchschlagende Gesetzesvorlage zur Genehmigung vorlegen werden. Ich bin schon seit geraumer Zeit der Auffassung, daß der Zollgrenzschutz in der britischen Zone eine erhebliche Verstärkung braucht. Hoffentlich haben Sie bei dem Voranschlag der Haushaltsmittel darauf gebührend Rücksicht genommen. Nach meiner Auffassung sind wenigstens 5000 Mann zusätzlich erforderlich54. Was die Frage einer übereinstimmenden Regelung der Zollangelegenheiten in den drei Zonen angeht, so kann ich Ihnen mitteilen, daß die Militärgouverneure einen Dreimächteausschuß eingesetzt haben, der das Problem eingehend geprüft und den Militärregierungen Empfehlungen vorgelegt hat. Er hat sich insbesondere mit der Frage der Inspektion für jede Zone, mit der Frage der Verkäufe durch Besatzungsdienststellen, mit der Frage der Importe von Besatzungsdienststellen usw. befaßt. Die drei Gouverneure werden den Bericht morgen miteinander besprechen und Sie über das Ergebnis ihrer Beratungen bald unterrichten55. Clay: Wir haben zu der Angelegenheit nur eine Frage zu stellen: Was soll zur Zuständigkeit der bizonalen Verwaltung gehören und was nicht? Wenn Sie einmal bestimmte Kompetenzen von uns erhalten haben, dann bedeutet das doch, daß Sie davon für das ganze bizonale Gebiet einheitlich Gebrauch machen sollen. Ich würde eine verschiedene Anwendung der Kompetenz in der Praxis der britischen und der amerikanischen Zone bedauern56. Diese meine Bemerkung gilt für alle Gebiete, auf denen der Bizone Kompetenzen zustehen.

51

Siehe Dok.Nr. 9, TOP 7.

52

Vgl. die Ausführungen von Gen. Robertson auf der Besprechung mit bizonalen Vertretern vom 16. 8.1948 in: Ζ 4/523, Bl. 290.

53

Vgl.Dok.Nr. 7, TOP 1.

54

In dem Memorandum vom 12. 1.1949 (Z 13/13, Bl. 219-221) war BICO davon ausgegangen, daß der Zollgrenzschutz in der brit. Zone von 5900 auf 10 900 Mann erhöht werden müsse. Dadurch würden die Kosten von DM 30 Mio auf DM 50-55 Mio steigen.

55

Der Bericht von Clay über die Besprechung vom 16.2. 1949 (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 666) enthält hierüber keine Ausführungen. Auch konnten weitere Überlieferungen nicht ermittelt werden. Eine Unterrichtung der bizonalen Stellen unterblieb.

56

Zur fortwährenden alliierten Kritik siehe Dok.Nr. 36, TOP 7.

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5. Gesetz über Abschlagszahlungen bei der Einkommensteuer Köhler: Der Länderrat hat die Bitte, daß das Gesetz bald genehmigt werden möge 51 , weil die Länder bei ihrer Etatgestaltung darauf angewiesen sind. Clay: Das Gesetz ist genehmigt 58 . 6. Notopfer Berlin Köhler: Das Gesetz über Notopfer Berlin ist am 3 1 . 1 2 . 1 9 4 8 abgelaufen. Ich bitte um Auskunft, wann mit der Genehmigung gerechnet werden kann59. Clay: Ist bereits genehmigt 60 . 7. Lastenausgleich Köhler: Wir haben noch keine Genehmigung für das Erste Lastenausgleichsgesetz erhalten, das bringt uns in ständig wachsende Verlegenheit. Clay: Ich bedauere, Ihnen sagen zu müssen, daß, ebenso wie bei dem Patentgesetz, Besprechungen auf Regierungsbasis stattfinden. Wir haben unsererseits die Regierungen gebeten, die Verhandlungen in jeder Weise zu beschleunigen und hoffen auf eine baldige Antwort 61 . 8. Sozialversicherungsanpassungsgesetz Köhler: Auch dieses Gesetz ist noch nicht genehmigt 62 . Clay: Das Gesetz ist bisher noch nicht an uns herangekommen. Wie wir eben hören, werden von BICO zusätzliche Unterlagen gefordert, um die dadurch entstehenden Ausgaben zu prüfen63.

57

Der WR hatte das Gesetz zur Erhebung von Abschlagszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftssteuern am 19. 1. 1949 verabschiedet. Der LR hatte am 1. 2. 1949 zugestimmt.

58

Schreiben von BICO an den Präs. des WR und den Vors. des LR vom 15.2. 1949 in: Ζ 13/11, Bd. 1. Das Gesetz trat am 18. 2. 1949 (WiGBl. 1949, S. 15) in Kraft.

59

Das Gesetz zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" vom 8. 11. 1948 (WiGBl. 1948, S. 118) sah Erhebungszeiträume vom November 1948 bis zum Februar 1949 vor. Diese sollten durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin", welches der WR am 19. 1. 1949 verabschiedet und dem der LR am 1.2.1949 zugestimmt hatte, bis zum März/April 1949 verlängert werden. Die Beförderung von Postsendungen (mit Ausnahme von Drucksachen) war mit einem Zuschlag von zwei Pfennigen belegt worden. Ferner wurde Arbeitnehmern, Einkommensteuerpflichtigen und Körperschaften eine je nach Einkommen bzw. Verdienst gestaffelte Abgabe abverlangt.

60

Siehe Genehmigungsschreiben von BICO an den Präs. des WR und den Vors. des LR vom 15.2.1949 in: Ζ 13/11, Bd. 1. Daraufhin trat das Gesetz am 18. 2. 1949 (WiGBl. 1949, S. 15) in Kraft.

61

Vgl. die Erklärungen von Clay, Dok.Nr. 3, TOP 4.

62

Der WR hatte das Gesetz über die Anpassung von Leistungen der Sozialversicherung an das veränderte Lohn- und Preisgefüge und über ihre finanzielle Sicherstellung (Sozialversicherungsanpassungsgesetz), durch das die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden sollte, am 17. 12. 1948 verabschiedet. Der LR hattte am 3. 1.1949 auf seiner 12. öffentl. Sitzung (Prot, in: Ζ 4/154, Bl. 152-153) eine Reihe von Änderungen beschlossen (vgl. Schreiben des LR an den Präs. des WR vom 3. 1. 1949 - WR-Drucks. Nr. 864). Diesen hatte der WR am 7. 1. 1949 teilweise zugestimmt, teilweise hatte er sie abgelehnt (WR-Wörtl. Ber., S. 1330-1334). Die so beschlossene Neufassung hatte der LR am 20.1.1949 gebilligt (siehe Schreiben des LR an den Präs. des WR vom 20.1. 1949 in: Ζ 4/150).

63

Mit Memorandum vom 4. 3. 1949 (Z 13/13, Bl. 172-173) teilte BICO mit, daß die MilGouv. eine Stellungnahme abgelehnt hätten, weil viele der Gesetzesbestimmungen ein „versicherungsmathematisches

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9. Beamtengesetz Clay: Ich habe Ihnen meinersseits noch eine Mitteilung zu machen. Wir haben außerordentlich lange gewartet auf eine Erledigung der für uns überaus bedeutsamen Materie des Beamtenrechts64. Nunmehr haben wir heute vormittag ein Beamtengesetz der Militärregierungen unterschrieben, das am 15. 3. 1949 in Kraft tritt65. Der Gesetzestext wird augenblicklich ins Deutsche übersetzt. Wir haben bei dem Gesetz, soweit es irgend möglich war, auf den Entwurf des Beamtengesetzes Rücksicht genommen, wie es im Ausschuß des Wirtschaftsrats beraten worden ist66. Unsere Geduld bei dieser Frage ist sehr lange Zeit in Anspruch genommen worden. Köhler: Das Beamtengesetz steht auf der Tagesordnung des Wirtschaftsrats für den kommenden Freitag67. Clay: Bei der parlamentarischen Beratung und Behandlung des Gesetzentwurfs auf dem üblichen Wege wären noch viele Monate vergangen, bevor es hätte in Kraft treten können. Nach unserer Auffassung soll es jedoch möglichst früh in Kraft treten. Sie können versichert sein, daß wir die Entscheidung nicht leichten Herzens getroffen haben und daß sie uns kein Vergnügen bereitet hat. Wir haben ja monatelang auf die Erledigung der Frage gewartet. Nunmehr erschien es uns unmöglich, ein Gesetz von Ihnen zu erlangen, das noch in Wirksamkeit tritt, solange der Wirtschaftsrat arbeitet68.

Studium erfordern, um die richtige Auswertung ihrer Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft zu gestatten". Erhöhte Ausgaben für die Bizone seien zu vermeiden. Daher sollte die Verwaltung des VWG klarstellen, welcher Art die vorgesehenen Ausgaben seien und wie sie sich auf die Gesamtfinanzlage auswirken würde. Zur weiteren Behandlung siehe Dok.Nr. 25, TOP 9. 64

Im Verlauf der Monatsbesprechungen mit den bizonalen Vertretern im Jahre 1948 hatten Clay und Robertson wiederholt auf die Dringlichkeit einer gesetzlichen Regelung und auf die Einhaltung bestimmter Bearbeitungsfristen hingewiesen. Zuletzt hatte Robertson am 15. 12.1948 vor weiteren Verzögerungen durch Ausschußberatungen gewarnt und deutlich anklingen lassen, daß die Geduld der MilGouv. nicht unbegrenzt sei (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 216-217). Dem bizonalen Gesetzgeber hatte BICO mit Memorandum vom 2.12. 1948 (Z 13/257, Bd. 1) die Vorstellungen der MilReg. hinsichtlich der Grundsätze für Auswahl, allgemeine Dienstverhältnisse, Pflichten, politische Tätigkeit und Verwaltung übermittelt. Mit Schreiben des Leiters der Zivildienstabteilung von BICO, Ellsworth Wolfsperger, vom 5.1.1949 wurde den bizonalen Stellen der amerik. Entwurf eines Militärregierungsgesetzes vom 4. 1. 1949 (ebenda) übergeben, der von dem später erlassenen Gesetz erheblich abweicht. Ein gemeinsamer brit./amerik. Entwurf vom 3.2.1949 (Z 11/211) näherte sich in Aufbau und Umfang bereits dem später erlassenen Gesetz. Sein Inkrafttreten war für den 1. 3. 1949 vorgesehen.

65

MilReg. Gesetz Nr. 15 vom 15. 3. 1949, Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 2.

66

Zu den Beratungen des vom WR am 14.12.1948 eingesetzten Ausschusses für Beamtenrecht siehe Ζ 3/84. Dieser war bei seinen Beratungen von dem Entwurf eines Personalgesetzes (WR-Drucks. Nr. 681) ausgegangen, den der WR am 9. 11. 1948 in erster Lesung verabschiedet hatte (WR-Wörtl. Ber., S. 1078-79). Inzwischen lag jedoch eine vom Beamtenrechtsausschuß erarbeitete Neufassung (WR-Drucks. Nr. 948) vor. Auf der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 10. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 180-181) hatte Köhler betont, daß der Ausschuß damit seine Beratungen abgeschlossen habe und das Gesetz umgehend verabschiedet werden könne. Die BICO-Chairmen hatten diese Mitteilung ohne Kommentar zur Kenntnis genommen.

67

Die Debatte hierüber wurde nach der Mitteilung der MilGouv. fallengelassen. Dorn berichtet (Inspektionsreisen, S. 137), Gen. Adcock habe von Köhler keine Zusicherung erhalten können, „daß bzw. wann dieses Gesetz verabschiedet würde".

68

Zum Erlaß des Beamtengesetzes siehe Gimbel, Amerik. Besatzungspolitik, S. 308 f. Zu den deutschen Revisionsbemühungen siehe Dok.Nr. 16.

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Nr. 14

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48. Direktorialsitzung

Nr. 14 48. Direktorialsitzung in Frankfurt 16. Februar 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 107-111. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 17. 2.1949 1 TO: Ebenda, Bl. 105-106 Anwesend2: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) MinDir. Podeyn, ORegR. Meseck (zeitw.), RegR. Steuer (zeitw.) (VELF); MinDir. Herschel (zeitw.) (VfA); MinDirig. Wolff (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller(VfV); Stellv.Dir. Kaufmann,MinDir. Schalfejew (VfW) MinDir. Oppler (zeitw.), MinDirig. Lentz (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (Stat. Amt); MinDir. a. D. Harmening (Büro für Währungsfragen); Präs. Schreiber (Amt für Fragen der Heimatvertriebenen) MinDir. Krautwig, MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich, Schulte (DirK.)

Vor Eintritt in die Tagesordnung führt ODir. Pünder den Leiter der Zentralstelle für das Flüchtlingswesen im Vereinigten Wirtschaftsgebiet Schreiber im Verwaltungsrat ein und begrüßt ihn mit herzlichen Wünschen für seine künftige Arbeit3. 1. Beamtengesetz

Außerhalb der Tagesordnung berichtet MinDir. Oppler über die Sachlage auf dem Gebiet des Beamtengesetzes, soweit sie bekannt ist4. Der Verwaltungsrat nimmt den Bericht zur Kenntnis. 2. Personalfragen

[Ernennung von Beamten und Zustimmung zum Dienstvertragsabschluß] 3. Entwurf eines Gesetzes fiber die Flurbereinigung*

Nach Bericht von MinDir. Podeyn und Vortrag der Einwendungen des Rechtsamtes durch MinR. v. Arnim6 findet eine eingehende Aussprache über die Frage der 1 2 3 4

5

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau vom 17. 2. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 112-115. Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 116. Zur Berufung von Schreiber siehe Dok.Nr. 5, TOP 1. Die neue Lage ergab sich vor allem daraus, daß die MilGouv. am Vortage mitgeteilt hatten (vgl. Dok.Nr. 13, TOP 9), daß sie das Beamtengesetz als Gesetz der MilReg. erlassen würden. Der Gesetzentwurf (Wortlaut mit Begründung in: Ζ13/101, Bd. 1, Η. 1) war dem VR bereits mitschreiben von Schlange-Schöningen an Pünder vom 13. 9. 1948 (ebenda) zugeleitet worden. Da der Leiter des Rechtsamtes mit Schreiben an die DirK. vom 4. 10. 1948 (ebenda) sowohl grundsätzliche als auch gesetzestechnische Bedenken erhoben hatte, denen die VELF mit Schreiben vom 20.11.1948 entgegengetreten war (Z 61/51, Bl. 114-117), war die Beratung des Entwurfs zurückgestellt worden. Mit Schreiben vom 21. 1.1949 an Pünder (ebenda, Bl. 108) hatte Schlange-Schöningen gebeten, beschleunigt in die Beratung einzutreten. Die Durchführung der Flurbereinigung sei für weite Gebiete Westdeutschlands die Vorbereitung für einen verstärkten Maschineneinsatz in der Landwirtschaft. „Die für die Volksernährung günstige Folge einer erhöhten Produktion und einer Verminderung des Betriebsaufwandes hat ein Ausmaß, das an Bedeutung die anderen Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft weit übersteigt". Auch würde ein einheitliches Gesetz von allen Fachverwaltungen der Länder mit Ausnahme Bayerns bejaht. Die mühsam gewonnene Einheit auf diesem wichtigen Rechtsgebiet sollte nicht gefährdet werden.

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Zuständigkeit der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zur gesetzlichen Regelung der Flurbereinigung statt7. Da die Zuständigkeitsfrage nicht eindeutig bejaht werden kann, beschließt der Verwaltungsrat, einen Antrag beim Zweimächtekontrollamt zu stellen, die gesetzgebenden Organe des Vereinigten Wirtschaftsgebietes als zuständig zum Erlaß eines Gesetzes über die Flurbereinigung zu erklären8. Die VELF und das Rechtsamt werden Entwurf eines entsprechenden Schreibens dem Oberdirektor zuleiten'. Da Umfang und Kasuistik des vorliegenden Entwurfes im Verlauf der Aussprache beanstandet werden, beschließt der Verwaltungsrat, die Vorlage durch 6

Einem Vermerk von Steuer vom 17. 2. 1949 (ebenda, Bl. 105-106) über die Beratungen zu diesem TOP zufolge, wiederholte von Arnim nach einleitenden Worten von Podeyn die Einwendungen des Rechtsamtes, die dieses zuletzt in einem Schreiben an die DirK. vom 14.2.1949 (Z13/87, Bd. 16, Bl. 118) vorgetragen hatte. Danach war die Zuständigkeit der Verwaltung der VWG aufgrund von Proklamation Nr. 7/VO Nr. 126 ebenso wie die Zweckmäßigkeit eines Einheitsgesetzes umstritten, weil bei Zustimmung fast aller Länder der gleiche Gesetzestext als Landesgesetz durchgesetzt werden könne. Verfassungsrechtlich bedenklich seien - so die Auffassung des Rechtsamtes - auch die bis in alle Einzelheiten gehenden Verfahrensvorschriften, wobei den Ländern die Durchführung der Rurbereinigung überlassen bleibe und das Gesetz selbst nichts darüber aussage, „wann und unter welchen Voraussetzungen eine Rurbereinigung durchgeführt werden muß oder wenigstens soll". Lediglich über das hierbei anzuwendende Verfahren würden genaueste Vorschriften gemacht. „Es würde allen Grundsätzen des bisherigen deutschen Verfassungsrechts widersprechen, wenn [. . .] ein Gesetzgeber, dem die Befugnis zur Gesetzgebung für das materielle Recht mangelt, auf einem Sachgebiet den Behördenaufbau, das Verwaltungsverfahren und das Verwaltungsgerichtsverfahren regelt". Abschließend wurde in dem Schreiben vom 14. 2. 1949 darauf aufmerksam gemacht, daß ein Antrag des Abg. Strauß im Pari.Rat, die Rurbereinigung in den Katalog der Vorranggesetzgebung aufzunehmen, abgelehnt worden sei. Daher habe ein Gesetz des WR keine Aussicht auf Weitergeltung.

7

Im Verlauf dieser Aussprache (siehe Vermerk von Steuer, Anm. 6) wies Steuer die Bedenken des Rechtsamts in allen Punkten zurück. Wenn der WR Gesetze über die Erzeugung von Lebensmitteln erlassen könne (Proklamation Nr. 7/VO Nr. 126, Art. III [2]), so seien Maßnahmen einer mittelbaren Förderung nicht ausdrücklich ausgeschlossen. „Die Förderungsmaßnahmen bezwecke die von derMilReg. selbst betriebene und geforderte Steigerung der eigenen Erzeugung im Rahmen der vom Marshallplan beabsichtigten Leistungserhöhung der westeuropäischen Länder". Die letzte Entscheidung müsse im übrigen der MilReg. überlassen werden. Sowohl der Vorschlag eines Einheitsgesetzes als auch die Aufnahme der Verfahrensvorschriften entspreche den Wünschen und Forderungen der Länderfachverwaltungen. Der Beschluß des Pari.Rates sei überdies für den künftigen Bundesgesetzgeber nicht bindend. Pünder machte geltend, daß das Gesetz kaum noch vom Wirtschaftsrat durchberaten werden könne, und fragte, ob in der kurzen Zeit bereits Auswirkungen erhofft werden könnten. Steuer entgegnete hierauf, daß die in einigen Ländern entstandene Rechtsunsicherheit ein sofortiges Handeln erfordere. In Anbetracht des Wertes und des Nutzens aus der praktischen Erfahrung seiner Verwaltung sprach sich Frohne für eine sofortige Beratung des Gesetzes aus, während Hartmann an den Zuständigkeitsbedenken festhielt.

8

Die Beantragung gesetzgeberischer Zuständigkeit nach vorheriger Prüfung durch das Rechtsamt war aufgrund des BICO-Memorandums vom 11. 2. 1949 (Z 13/13, Bl. 187-189) verbindlich geworden. Die Genehmigung von Gesetzen, die bei der Verabschiedung außerhalb der Zuständigkeit des WR lagen, konnte hiernach nicht mehr erreicht werden.

'

Den von der VELF und dem Rechtsamt gemeinsam ausgearbeiteten Entwurf übersandte SchlangeSchöningen Pünder mit Schreiben vom 23. 2.1949 (Z13/101, Bd. 1, Η. 1). Zwar wurde die Absendung des Schreibens unter dem Eindruck des BICO-Memorandums vom 11. 2. 1949 (vgl. Anm. 8) zunächst zurückgestellt (siehe v. Elmenauan Steuer vom 5. 3. 1949 in: Ζ13/101, Bd. 1, Η. 1), nach Rücksprache des Rechtsamtes bei der Legal Group von BICO stellte Pünder mit Schreiben vom 11.3.1949 (ebenda) seinen Antrag dennoch. Dabei hob er insbesondere auf die Notwendigkeit einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für das VWG zur Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse und Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion ab. Die Erzeugungssteigerung sei allerdings bei der Rurbereinigung „nur Zweck und Folge, nicht aber Gegenstand der gesetzlichen Regelung". BICO genehmigte die Kompetenzerweiterung mit Schreiben vom 5. 5. 1949 (ebenda), da es sich „um Angelegenheiten von grundlegender Bedeutung handelt, die mehr als ein Land angehen". Hierauf beriet der VRam 18.5.1949 (vgl. Dok.Nr.37, TOP 10) erneut über den Gesetzentwurf.

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eine Kommission aus Vertretern der Verwaltungen unter Zuziehung des Länderrates nochmals durchberaten zu lassen, um zu versuchen, eine kürzere Fassung der Vorlage, welche nach Möglichkeit auch den Länderwünschen entsprechen soll, auszuarbeiten10. Hierbei sollen auch die Wünsche der Verwaltung für Wirtschaft wegen Fragen des Bergbaus und die Vorschläge der Verwaltung für Verkehr Berücksichtigung finden11. 4. Entwurf eines Gesetzes über die Wählbarkeit zum Betriebsrat11

Nach Vortrag von Dir. Storch wird betont, daß es sich um die Abänderung eines Kontrollratsgesetzes handelt" und deshalb die Zuständigkeit des Wirtschaftsrates nicht völlig feststeht. Der Verwaltungsrat beschließt, an Bipartite Control Office einen Antrag zu richten, welcher die Zuständigkeit der gesetzgebenden Organe des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zum Erlaß des vorgeschlagenen Gesetzes erbittet14. Gleichzeitig soll die Vorlage, welcher der Verwaltungsrat zustimmt, an Länderrat und Wirtschaftsrat geleitet werden15. 5. Zollfreiheit für Importe der Kategorie A-, ERP- und andere Einfuhren

[Zurückgestellt16] 10

In der Zeit vom 9.4. bis zum 11.5.1949 hielt die Kommission des VR zur Beratung des Flurbereinigungsgesetzentwurfes insgesamt drei Sitzungen ab (Prot, in: Ζ 13/101, Bd. 1, Η. 1). Die Vertreter der Länderfachverwaltungen bestätigten dabei in einer Entschließung vom 11. 5. 1949 (ebenda), daß ein einheitliches Verfahrensrecht „unentbehrliche Grundlage für eine wirksame Förderung der Flurbereinigung darstellt und die Eigenart des Flurbereinigungsverfahrens die Anwendung allgemeiner Verwaltungsgesetze ausschließt".

11

Der Dir. der VfV spezifizierte seine Einwände in Form von Ergänzungen mit Schreiben an die DirK. sowie an die übrigen Verwaltungen vom 16. 2.1949 (ebenda). Welcher Art die Wünsche der VfW waren, konnte nicht ermittelt werden.

12

Gesetzentwurf mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 119. Durch Art. 2 (2) des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 vom 10. 4. 1946 (Amtsbl. Kontrollrat, Nr. 6, S. 133) war bestimmt worden, daß „Funktionäre der früheren Deutschen Arbeitsfront oder ehemalige Mitglieder der NSDAP" nicht Mitglieder eines Betriebsrates sein konnten. In dem Bestreben „jede politische Beschränkung der Wählbarkeit aufzuheben" und für die Mitgliedschaft im Betriebsrat die gleichen politischen Voraussetzungen wie für die Wählbarkeit zu politischen Körperschaften zu schaffen, sollten sämtliche Betriebsmitglieder wählbar werden, welche die bürgerlichen Ehrenrechte besaßen und nicht wegen Unterstützung des NS-Regimes Beschränkungen hinsichtlich ihrer Wählbarkeit für die politischen Körperschaften unterworfen waren. Die vom Rechtsamt vorgeschlagene Fassung der Präambel - „Mit Zustimmung der Militärregierung hat der Wirtschaftsrat das folgende Gesetz beschlossen" - hielt Scheuble in einem Schreiben an Pünder vom 28. 1. 1949 (Z 13/92, Bd. 1, Η. 1) für nicht zweckmäßig, „da dies eine unnötige Betonung des Einflusses der Militärregierung auf die deutsche Gesetzgebung darstellen würde". Scheuble betonte, daß Rechtsamt und Personalamt im übrigen keine Einwände erhoben hätten.

13

14

Unter Hinweis auf „das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und rechtlicher Gleichbehandlung", welche eine Änderung der durch die politische Entwicklung überholten Vorschriften der Entnazifizierungsgesetzgebung gebiete, beantragte Pünder mit Schreiben an BICO vom 22.12.1949 (ebenda) die Zuständigkeitserweiterung. BICO stimmte mit Schreiben an Pünder vom 5. 5.1949 zwar einer generellen Erweiterung nicht zu, teilte jedoch mit, daß die MilReg. „gesetzgeberische Maßnahmen in dieser Angelegenheit berücksichtigen" werde. Der VR beriet daraufhin am 18. 5. 1949 (vgl. Dok.Nr. 37, TOP 3) erneut über das Gesetzesvorhaben.

13

Pünder legte mit Schreiben an den Präs. des WR und den Vors. des LR vom 17.2.1949 (Z13/92, Bd. 1,H. 1) den Gesetzentwurf „zur Beschlußfassung" vor. Unter Bezugnahme auf das BICO-Memorandum vom 11.2. 1949 (vgl. Anm. 8), wonach die Behandlung von Vorlagen durch WR und LR vor der Klärung der Zuständigkeitsfrage erfolgen sollte, bat Pünder mit Schreiben vom 23. 2. 1949 (Z 13/92, Bd. 1, H. l),vor weiteren Schritten die Entscheidung vom BICO abzuwarten.

16

Siehe Dok.Nr. 15, TOP 8.

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6. Wirtschaftliche Notlage der Deutschen Hochseefischerei" Nach Vortrag von MinDir. Podeyn und ORegR. Meseck wird festgestellt, daß bei Abwälzung der erhöhten Importpreise für die Fischeinfuhr sich Preissteigerungen von 7 Pfennig pro Kilo ab 1. März und von 10 Pfennig pro Kilo ab 1. Mai ergeben würden, welche dem Verbraucher nicht zumutbar sind18. Meseck betont, daß aus Handelsspannen höchstens 2 Pfennig herausgeholt werden können. Nach eingehender Erörterung der Notlage der Hochseefischerei beschließt der Verwaltungsrat, die Frage zunächst dem Preisrat zu überweisen". Ein Bericht an den Wirtschaftsrat auf dessen Entschließung vom 28. September 1948 soll durch die VELF schnellstens vorbereitet werden20. 7. Erklärung Schleswig-Holsteins zum Notstandsgebiet21 Nach Aussprache stellt sich der Verwaltungsrat auf den Standpunkt, daß es in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage psychologisch und politisch nicht vertretbar wäre, 17

Zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Hochseefischerei siehe Berichte der VELF vom 2. 11. 1948 mit graphischen Darstellungen als Anlage und vom 17.1.1949 in: Ζ 61/51, Bl. 133-143, ferner ein Exposi zur Rentabilitätsuntersuchung der deutschen Hochseefischerei des Wirtschaftsprüfers Gerwin Prasse vom 15. 11.1948 ebenda, Bl. 144. Diese Vorlagen hatte die VELF der DirK. mit Schreiben vom 9.2.1949 (Z13/101, Bd. 1, H. 3) zugeleitet. Mit Schreiben vom 8.2.1949 (ebenda) an Pünder übermittelte SenPräs. Kaisen eine Denkschrift der Regierungen der vier Küstenländer über die außerordentliche Notlage der deutschen Hochseefischerei. Die dort geforderten Hilfsmaßnahmen umfaßten eine Erhöhung der Fischpreise zugunsten des Produzenten, die Herabsetzung der Kohlenpreise für Bunkerkohle, die Aufhebung der Frachterhöhungen für die Bunkerkohle der Hochseefischerei durch Eisenbahnen und Binnenschiffahrt, Aktionen bei den MilReg. zur Beseitigung der Größenbeschränkungen für den Fischdampferneubau sowie Maßnahmen zur Finanzierung des Fischdampferneubaus. Der Verband der deutschen Hochseefischerei hatte mit Fernschreiben an Pünder vom 11. 2. 1949 (ebenda) diese Forderungen bekräftigt.

18

Mit Schreiben an die VELF vom 9. 2.1949 hatte Krautwig darauf aufmerksam gemacht (ebenda), daß die Anordnung von BICO (Memorandum vom 20.1.1949 in: Ζ13/13, Bl. 210-213), die Lebensmitteleinfuhren demnächst zu vollen Weltmarktpreisen im Inland anzurechnen, die Lage kompliziere. Nach ersten vorläufigen Untersuchungen würden sich die Fischimporte um etwa DM 5 Mio verteuern, was eine Erhöhung der Preise um rund 3 Pfennige pro Pfund bei den Einfuhren bedeute.

"

Dieser beschäftigte sich auf seiner 10. Sitzung vom 22. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 13/192) mit dem gesamten Problemkomplex.

20

In dieser Entschließung (WR-Drucks. Nr. 586) hatte der WR den VR ersucht, unverzüglich einen Bericht über die wirtschaftliche Notlage der Hochseefischerei und Vorschläge zu deren Behebung vorzulegen. Die VELF übersandte dem WR diesen Bericht mit Schreiben vom 19. 3. 1949 (WR-Drucks. Nr. 1066).

21

In Fortsetzung seines Schreibens vom 18. 10.1948 (vgl. Dok.Nr. 1 A, Anm. 11) hatte MinPräs. Lüdemann am 29.1.1949 an Pünder (Z13/87, Bd. 15, Bl. 30-31) den Antrag gerichtet, „das Land Schleswig-Holstein zum Notstandsgebiet zu erklären". Dabei hatte Lüdemann Bezug auf Notstandsmaßnahmen der Jahre 1931/32 genommen (vgl. Stoltenberg, Schleswigholsteinisches Landvolk, S. 166 ff.), durch die schon damals ein echter Notstand anerkannt worden sei. Die Kriegs- und Nachkriegsentwicklung habe diesen Notstand in einem Ausmaß verschärft, „daß ihm mit Mitteln des Landes nicht mehr begegnet werden kann". Als Ursache führte Lüdemann die ungleiche Verteilung der Flüchtlinge, die für die industrielle Entwicklung ungünstige periphere Lage des Landes und den Kapitalmangel an. Dadurch sei die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich angestiegen und die wirtschaftliche Gesundung beeinträchtigt worden. Die prekäre Finanzlage setze das Land außer Stande, den Wiederaufbau, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Umstellung der Wirtschaftsstruktur aus öffentlichen Mitteln wirksam zu unterstützen und die ernsten Folgen des verhängnisvollen Zusammentreffens der verschiedenen nachteiligen Faktoren für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung aufzuhalten. Die bisherigen Hilfeleistungen reichten nicht aus, „um der Bevölkerung und der Wirtschaft Schleswig-Holsteins auch nur annähernd gleiche Lebens- und Arbeitsbedingungen wie in den übrigen Ländern des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zu gewährleisten". Daher sei es dringend erwünscht, daß alle bizonalen Verwaltungen und Länderregierungen von Pünder auf die Not „des Nordens" hingewiesen „und zu weitgehender und umfassender Unterstützung angehalten werden".

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ein Land zum Notstandsgebiet zu erklären, nachdem die Gesamtlage sich im Vergleich zum Vorjahre erheblich gebessert hat, zumal mit einer solchen Erklärung den Schwierigkeiten des Landes nicht wirksam abgeholfen würde. Zugleich beschließt der Verwaltungsrat, der schwierigen Lage Schleswig-Holsteins in jeder Weise Rechnung zu tragen und die Verwaltungen zu bitten, alle Maßnahmen zur Lösung der Flüchtlings-, Grenzlands- und Arbeitslosenfragen in Schleswig-Holstein zu unterstützen22. 8. Errichtung einer Druckerei der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes23 Stellv. Dir. Zaubitzer stellt dar, daß die Staatsdruckerei Berlin von der Post laufend sehr erhebliche Aufträge, besonders in Briefmarken erhält24. Dir. Schuberth betont, daß 40% der Lieferaufträge in fernmeldetechnischen Anlagen nach Berlin gehen.

22

In seinem Antwortschreiben an Lüdemann vom 18. 1949 (Z 13/318) betonte Pünder, daß auch der VR für die volle Ausschöpfung aller Hilfsmöglichkeiten eintrete. Dabei bedürfe es eines Zusammenwirkens aller Kräfte - auch der Länder und der Kreditinstitute. Der VR stelle gern seine guten Dienste zur Verfügung, um das erforderliche Zusammenwirken aller berufenen Stellen sicherzustellen. Zu dem Antrag, SchleswigHolstein auch formell zum Notstandsgebiet zu erklären, bemerkte Pünder, daß hierzu die rechtlichen Voraussetzungen fehlten, da in keinem der bestehenden Gesetze der Begriff des Notstandsgebietes verankert und entsprechende Schritte mit einer solchen Erklärung verbunden seien. Diese habe daher lediglich deklamatorische Bedeutung. Der VR trete daher dafür ein, ohne formelle Erklärung praktische Hilfe zu leisten. Hierzu war vor allem die Bereitstellung von Mitteln für den Deichbau (vgl. Dok.Nr. 18, TOP 2) zu zählen. Darüber hinaus wurden die Arbeiten an einem umfassenden Notstandsprogramm intensiviert (siehe Prot, einer Referentenbesprechung in der DirK. vom 26. 4. 1949 in: Ζ 13/318).

23

Während die Verwaltungen des VWG die Wiedererrichtung einer zentralen Druckerei nach dem „praktischen Ausfall der Staatsdruckerei Berlin" planten (siehe Prot, einer Besprechung bei der HptVerw. für das Post- und Fernmeldewesen des VWG vom 27. 11. 1948 in: Ζ 13/91), um Kosten beim Druck der vielfältigen Druckerzeugnisse zu sparen, hatte OBgm. Reuter mit Schreiben an Pünder vom 28. 1. 1949 (ebenda) darauf aufmerksam gemacht, daß die Staatsdruckerei Berlin wohl der leistungsfähigste Betrieb in Deutschland für den Druck von Postwertzeichen und Banknoten sei. Bemühungen der Staatsdruckerei, die unter den gegebenen Umständen als Eigenbetrieb der Berliner Abteilung für Post- und Fernmeldewesen arbeitete, um Zuweisung von Aufträgen seien auf den Einwand gestoßen, daß der Druck in Berlin ein „Risiko" bedeute. Reuter wandte sich nachdrücklich gegen diese Argumentation und führte grundsätzlich aus: „Es hat keinen Sinn zu versichern, daß man Berlin unterstützen will, und gleichzeitig von den großen Dienstleistungen, die Berlin ohne Neuinvestierungen jeder Zeit zur Verfügung stellen kann, keinen Gebrauch zu machen. Es hat keinen Sinn, anstelle der bestehenden leistungsfähigen und eingearbeiteten Reichsdruckerei, im Vereinigten Wirtschaftsgebiet eine eigene neue Druckerei einzurichten. Der Erfolg einer solchen Politik kann nur sein, daß man das Wirtschaftsleben Berlins systematisch aushöhlt und daß man es Berlin unmöglich macht, seine ihm nun einmal gestellte Aufgabe, für die künftige Wiederherstellung der Einheit Deutschlands zu wirken, mit Erfolg zu Ende zu führen". Reuter bat darum, Pünder möge sich dafür einsetzen, „daß in solchen Fällen die übergeordneten gesamtnationalen Gesichtspunkte als ausschlaggebend angesehen werden".

24

Mit Schreiben an Pünder vom 22. 2. 1949 (ebenda) legte Schuberth eine Übersicht über die erteilten Aufträge vor, welche sich im wesentlichen auf den Druck von Sondermarken beschränkten. In dem Begleitschreiben betonte Schuberth, daß der gesamte Bedarf an Postwertzeichen und an Postformblättern von der Staatsdruckerei wegen des mangelnden Lufttransportraumes und der witterungsbedingten Beeinträchtigung einer reibungslosen und fristgebundenen Versorgung nicht gedeckt werden könne. Die Postverwaltung werde bemüht bleiben, „durch weitere Druckaufträge zur Erhaltung der Lebensfähigkeit der Staatsdruckerei Berlin beizutragen". Unter dem Zwang der gegebenen Verhältnisse für den großen Bedarf der Post und der übrigen Verwaltungen müsse die Errichtung einer Staatsdruckerei für das VWG betrieben werden, freilich als Übergangsmaßnahme mit dem Ziel der späteren Zusammenlegung mit der Staatsdruckerei Berlin. Pünder übermittelte Reuter diese Stellungnahme mit Schreiben vom 21. 3. 1949 (ebenda). Zur Vereinigung der beiden Druckereien siehe Vermerk von MinR. v. Schmiedeberg (VfF)vom 3. 11. 1949 in: Β 126/10 654.

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Der Verwaltungsrat beschließt, die Verwaltung für Post- und Fernmeldewesen zu bitten, die Vorbereitung für Errichtung einer Druckerei zur Herstellung von Postwertzeichen und Steuerzeichen sowie von Drucksachen bestimmter Art aufzunehmen, deren Maschinen später gegebenenfalls an die Staatsdruckerei Berlin abgegeben werden können, falls diese einmal die gesamten Druckaufträge zu übernehmen in der Lage ist25. Die Verwaltung für Post- und Fernmeldewesen wird hierbei die Federführung übernehmen, jedoch mit dem Rechtsamt des V W G Verbindung halten und im gegenseitigen Einvernehmen feststellen, ob der Druck des „Öffentlichen Anzeigers", welchen derzeit das Rechtsamt vornimmt, durch die von der Post zu errichtende Druckerei übernommen werden kann26. D i e Frage, ob der „Öffentliche Anzeiger" und die Amts- und Mitteilungsblätter der Verwaltungen künftig von der von der Post zu errichtenden Druckerei gedruckt werden, bleibt offen 27 . 9. Beschlagnahme des Deutschen Reisebüros in Berlin durch die Sowjet. Militärregierung3* Mangels einer Vorlage findet eine Beratung dieses Punktes nicht statt. 10. Zusätzliche Hausbrandversorgung für Eisenbahner Nach Vortrag von Dir. Frohne erhebt Dir. Erhard Bedenken gegen eine zusätzliche Hausbrandzuteilung an Eisenbahner im Hinblick auf die außerordentliche Kohlenknappheit der Industrie29. Der Verwaltungsrat beschließt, daß die Frage von den 25

Zur Frage der Errichtung einer Druckerei für das VWG siehe Stellungnehmen der VfA vom 15.2.1949und des Stat.Amtes vom 2. 2. 1949 (Z 13/91).

26

Das Rechtsamt hatte mit Schreiben an die DirK. vom 24. 1. 1949 (ebenda) „als Herausgeber des größten Organs der Verwaltungen" - des Öffentlichen Anzeigers - die Federführung beansprucht.

27

Im Prot, war zunächst als Beschluß festgehalten worden: „Der Verwaltungsrat beschließt, die Verwaltung für Post- und Fernmeldewesen zu bitten, eine kleine Druckerei für Drucklegung besonders der Amts- und Mitteilungsblätter der Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, des Öffentlichen Anzeigers und des Gesetz- und Verordnungsblattes einzurichten; ihre Maschinen sollen später an die Staatsdruckerei Berlin abgegeben werden können, falls diese einmal die gesamten Druckaufträge zu übernehmen in der Lage ist. Die Federführung wird bei der Verwaltung für Post- und Fernmeldewesen liegen" (vgl. Dok.Nr. 15, TOP 12). Mit Schreiben vom 22.2.1949 (Z13/91) an die DirK. hatte das Rechtsamt die Protokollberichtigung erwirkt und die Darstellung des Verlaufs der Beratungen richtiggestellt. Der Vertreter des Rechtsamtes habe in der Sitzung darauf hingewiesen, „daß die bisherigen Vorbereitungen des Rechtsamtes auf die Errichtung einer Druckerei für den öffentlichen Anzeiger' und sonstige Veröffentlichungen der Verwaltungen abzielten und daß für diesen Zweck eine verhältnismäßig kleine Zeitungsdruckerei genügen würde, die aus den Mitteln des .Öffentlichen Anzeigers' hätte finanziert werden können". Die Vorstellungen der Postverwaltung seien aber Uber den Rahmen der Absicht des Rechtsamtes weit hinausgegangen. Daher sei im weiteren Verlauf zu prüfen, „ob der Druck des ,Öffentlichen Anzeigers' und der sonstigen Veröffentlichungsblätter von der von der Post zu errichtenden Druckerei übernommen werden kann".

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Im Januar 1949 hatte die Deutsche Wirtschaftskommission für die Sowjet. Besatzungszone versucht, „die rechtmäßige zentrale Leitung des Deutschen Reisebüros" in der Nürnberger Straße im Bezirk Schöneberg mit SED-Funktionären zu besetzen. Die West-Berliner Reisebüros schlossen sich daraufhin mit den deutschen Reisebüros in den westlichen Besatzungszonen zusammen (Berlin 1948-1951, S. 243).

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In einem Schreiben an Pünder vom 6. 2.1949 (Z13/87, Bd. 16, Bl. 139-140) hatte Frohne Forderungen der Reichsbahn und der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands unterstützt, wie im Vorjahr die Eisenbahner durch zusätzliche Brennstoffzuteilungen zu unterstützen. Verheiratete sollten zwei Zentner und Ledige einen Zentner Kohle für die sechs Wintermonate monatlich erhalten, wodurch ein Bedarf von rund 98 000 to Kohle entstand. Hiergegen hatte die VfW unter Bezug auf einen Beschluß des Exekutivrats (siehe Schreiben an BICO vom 13. 10. 1947, ebenda, Bl. 141), nach dem die Sonderstellung der Reichsbahnbediensteten nur unter besonderen, eng begrenzten Bedingungen möglich war, Widerspruch eingelegt. Nach Ansicht der VfW war die allgemeine Kohlenversorgung der Bizone so angespannt, „daß

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Verwaltungen für Wirtschaft und für Verkehr im gegenseitigen Benehmen geregelt werden soll. 11. Einführung der Sommerzeit

Außerhalb der Tagesordnung schlägt der Direktor der Verwaltung für Verkehr die Einführung der Sommerzeit im Vereinigten Wirtschaftsgebiet vor30. Der Verwaltungsrat tritt dem Vorschlag bei, doch werden Bedenken wegen der Zuständigkeit der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zur Anordnung dieser Maßnahme vorgebracht31. Auch muß gesichert sein, daß die französische Zone sich der Einführung der Sommerzeit anschließt. Der Verwaltungsrat beschließt, aus diesen Gründen beim Zweimächtekontrollamt anzuregen, die Sommerzeit nach Abstimmung mit der französischen Zone durch Militärregierungsanordnung einzuführen. Ein entsprechendes Schreiben ist vom Oberdirektor an Bipartite Control Office zu richten32. 12. Gesetz über die landwirtschaftliche Betriebszählung

Außerhalb der Tagesordnung werden die Abänderungsvorschläge des Länderrates zum Gesetz über die landwirtsschaftliche Betriebszählung im Vereinigten Wirtschaftsgebiet erörtert33, und es wird beschlossen, [§ 6 der Vorlage zu streichen und den Wortlaut von § 2 zu ändern34]. Mit dieser Maßgabe wird die sofortige Zuleitung des Entwurfes an den Präsidenten des Wirtschaftsrates beschlossen, damit die 1. Lesung noch in der Tagung des Wirtschaftsrates vom 18./19. 2. [1949] stattfinden kann35. alle Reserven aus einer evtl .Mehrförderung bereits weitestgehend ausgeschöpft sind" (siehe Schreiben von Frohne vom 6. 2. 1949). 30

In den Jahren 1945-1948 war die Sommerzeit unter Vorverlegung des Tagesablaufs um eine Stunde in Deutschland durch Anordnung der MilReg. eingeführt worden (siehe Schreiben der Transport Group, Rail Branch, von BICO vom 13.1. 1948 in: Ζ13/168, Bd. 3). Nach Auffassung der VfV sollte ein Beschluß des VR gefaßt werden, wonach im Jahre 1949 die Sommerzeit nicht (!) eingeführt werden sollte (siehe Vermerk von Lehmann vom 15. 2. 1949, ebenda). In einem Schreiben an Pünder vom 15.2. 1949 (ebenda) hatte die VfV darauf hingewiesen, daß sämtliche Nachbarländer Deutschlands auf die Einführung der Sommerzeit verzichtet hätten. Im internationalen Eisenbahnverkehr durch Deutschland würden sich durch die Einführung der Sommerzeit Schwierigkeiten für die Fahrplangestaltung ergeben. Dem standen die Einsparungen an Energie gegenüber. Überdies begrüßte der VR (siehe Pünder an BICO vom 22. 2.1949, ebenda) einen früheren Beginn und eine frühere Beendigung der beruflichen Tätigkeit in den Sommermonaten aus gesundheitlichen und sozialen Gründen.

31

Strittig war die Frage, ob nicht die Länderregierungen zuständig seien, die Einführung der Sommerzeit anzuordnen.

32

Pünder richtete dieses Ersuchen mit Schreiben vom 22. 2.1949 (Z13/168, Bd. 3) an BICO. Am 30.3.1949 entschied BICO (ebenda), daß die Sommerzeit in den „Western Zones of Germany" mit Wirkung vom 20. 4. 1949,2 Uhr, eingeführt werde. Laut Schreiben vom 2. 5.1949 (ebenda) sollte sie bis zum 25. 9. 1949,2 Uhr, in Kraft bleiben.

33

Gegen den vom VR am 20. 1. 1949 (vgl. Dok.Nr. 5, TOP 4) verabschiedeten Gesetzentwurf hatte der Geschäftsführende Ausschuß des LR auf seiner 76. Sitzung vom 16.2.1949 (Prot, in: Z4/564, Bl. 140) keine grundsätzlichen Bedenken erhoben, jedoch beschlossen, die von den Ländern vorgetragenen Abänderungswünsche an den VR weiterzuleiten (vgl. Vermerk von v. Elmenau vom 16. 2.1949 in: Ζ13/87, Bd. 16, Bl. 144).

34

Vgl. Wortlaut des Entwurfs der VELF vom 5. 1.1949 (ebenda, Bl. 153) sowie Antrag des VR an den WR vom 16. 2. 1949 (WR-Drucks. Nr. 968).

35

Siehe WR-Wörtl. Ber., S. 1418 f. Die zweite und dritte Lesung folgte am 4. 3. 1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1499 f.). Der LR stimmte dem Gesetzentwurf am 17.3.1949 zu, und BICO genehmigte das Gesetz am 30.3. 1949, so daß es am 2. 4. 1949 in Kraft trat (WiGBl. 1949, S. 54).

240

49. Direktorialsitzung

23. 2. 1949

Nr. 15

Nr. 15 49. Direktorialsitzung in Frankfurt 23. Februar 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 57-61. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 24. 2.1949 1 TO: Ebenda, Bl. 56 Anwesend2: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard (zeitw.), Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) Stellv.Dir. Niklas (zeitw.), MinDir. Podeyn, MinR. Kley (zeitw.), ORegR. Meseck (zeitw.) (VELF); Stellv.Dir. Kriege (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDir. Schalfejew, MinDir. Raemisch (zeitw.), MinR. Imhof, Fischerhof (VFW). MinDirig. Lentz (zeitw.) (Personalamt); MinR. Joel (Rechtsamt); MinDir. a. D. Harmening, MinR. Schmölder (zeitw.) (Büro für Währungsfragen) MinDir. Krautwig, MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinR. v. Elmenau, Schulte (DirK.)

[1. Wirtschaftliche Notlage der Deutschen Hochseefischerei] Vor Eintritt in die Tagesordnung berichtet MinDir. Krautwig über die geplanten Maßnahmen zur Behebung der Notlage der deutschen Hochseefischerei. Um die Hochseefischerei wieder auf eine gesunde Grundlage zu stellen, ist ein Mehrerlös von 4 Pfennig pro Pfund Frischfisch erforderlich, der den Reedern zugute kommen muß3. Hiervon sollen 2 Pfennig durch Kürzung der Handelsspannen gewonnen werden, während 2 Pfennig nur durch Erhöhung der Konsumentenpreise abgedeckt werden können. Die VELF wird gebeten, mit dem Gewerkschaftsrat und den Verbänden des Handels dieserhalb Fühlung zu nehmen 4 . Auch soll darüber verhandelt werden, daß künftig die 17% des Mehrpreises für die Fänge, welche laut Tarifvertrag zunächst an die Schiffsbesatzungen gehen, diesen auf die Dauer nicht zugewendet werden, sondern den Reedern zur Wiedererlangung der Rentabilität zufließen 5 . Die vom Verwaltungs1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau vom 24. 2. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 62-65. - Das Prot, erwähnt nicht die Einsetzungeines Beamtenrechtsausschusses des VR, der am folgenden Tag erstmals zusammentrat (vgl. Dok.Nr. 18, TOP 13).

2

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 66.

3

Die Notwendigkeit, zur Deckung des Defizits bei der deutschen Hochseefischerei eine Preiserhöhung von DM 0,08 pro kg Anlandungsgewicht durchzuführen, hatte MinDir. Podeyn am 22.2.1949 vor dem Preisrat erläutert (Prot, in: Ζ13/192). Die durch die neue Einfuhrpreisregelung eintretende Erhöhung der Preise für importierte Fische hatte ORegR. Meseck zuvor bereits auf der 48. Direktorialsitzung (vgl. Dok.Nr. 14, TOP 6) spezifiziert. Die vorgeschlagene Preisregelung war zudem als Höchstpreisregelung gedacht.

4

Hierüber berichtete Schlange-Schöningen mit Schreiben an Pünder vom 9. 3. 1949 (Z 13/101, Bd. 1, H. 3). Von Seiten der Gewerkschaften seien keine „erheblichen Einwendungen wegen der Preiserhöhung für den Endverbraucher zu erwarten", da eine umgehende Abwendung der Notlage bejaht werde. Die Organisationen des Fischhandels und der Fischindustrie hätten allerdings Bedenken und Einwände gegen die vorgesehene Kürzung der Handelsspannen erhoben. Es wurde jedoch festgestellt, daß zum gegebenen Zeitpunkt keine andere Lösung angeboten werden könne (vgl. die Eingaben mehrerer Interessenverbände, ebenda).

5

Nachdem Schlange-Schöningen mit Schreiben vom 9.3.1949 (vgl. Anm. 4) auf Zurückstellung dieser Frage gedrungen hatte, stellte er in einem Schreiben an Pünder vom 19.5.1949 (Z13/101, Bd. 1, H. 3) fest, daß die verfügte Preiserhöhung und die gleichzeitig vorgenommene Kürzung der Handelsspannen keine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gebracht habe. Die festgesetzten Höchstpreise seien in den voraufgegangenen Wochen nicht erreicht worden. Als neuer Ausweg wurde eine Senkung der Betriebskosten, insbesondere der Bunkerkohlenpreise, angesehen (vgl. Dok.Nr. 60, TOP 3). Die Frage der Entlohnung der Besatzungen wurde nicht weiter erörtert.

241

N r . 15

23. 2. 1949

49. Direktorialsitzung

rat beschlossene Regelung soll ab 1. 3.1949 einsetzen und sich zunächst bis zum 1.7. 1949 erstrecken. [2.] Bericht über Stand, Aussichten und etwaige neue Pläne hinsichtlich der Fleischversorgung im [VWG]4 Dir. Schlange-Schöningen berichtet, daß er gegen eine Freigabe der Schafe aus der Bewirtschaftung ab 1. 7. 1949 keine Einwendungen erhebt, einer Freigabe der Schweine zu diesem Zeitpunkt mit Rücksicht auf die Futtermittel- und Kartoffellage jedoch nicht zustimmen kann7. Gegebenenfalls kann bei günstiger Entwicklung der Verhältnisse eine Freigabe zum 1. 10. 1949 ins Auge gefaßt werden8. Hierüber kann erst entschieden werden, wenn die Kartoffelernte und die Einfuhrverhältnisse für die 2. Hälfte des Jahres 1949 übersehen werden können 9 . Der Verwaltungsrat nimmt zustimmend Kenntnis10. [3.] Energienotgesetz MinDir. Schalfejew berichtet über die Beratung des Entwurfes im Wirtschaftsausschuß des Länderrates11. Der Verwaltungsrat schließt sich den Änderungswünschen des 6

Auf Beschluß des WR vom 1.10.1948 (WR-Wörtl. Ber., S. 1041 ff.) hatte der Ausschuß für ELF des WR den Auftrag erhalten, Vorschläge über eine Lockerung der Zwangswirtschaft auf dem Ernährungssektor auszuarbeiten. Dieser hatte einen Unterausschuß bestellt, der in der Zeit vom 6. 1.-25. 1. 1949 ein Sofortprogramm für 1949/50 erarbeitete (siehe Prot, der Sitzung vom 25. 1. 1949 und Wortlaut der Vorschläge in: Ζ 4/454). Dort war u. a. Freigabe der Schafs- und Schweinepreise unter Beibehaltung des Marktzwanges bis spätestens 1.7.1949 sowie die Aufhebung der Bewirtschaftung für Schweine und Schafe und deren Schlachterzeugnisse bis zum selben Termin angeregt worden. Nachdem der Ausschuß für ELF des WR sich ausführlich mit dem Programm beschäftigt hatte, beschloß er am 22. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 3/78, Bl. 112) ein hinsichtlich der Fristen modifiziertes Sofortprogramm (Wortlaut: ebenda, Bl. 114), durch das die Freigabe der Schweinepreise auf den 1. 10. 1949 verschoben wurde.

7

Siehe hierzu undat. Memorandum von Schlange-Schöningen „Zur Aufhebung der Bewirtschaftung von Schweinen" (Z13/87, Bd. 16, Bl. 75-76) sowie Stellungnahme des zuständigen Referats der VELF vom 15. 2. 1949 (Z 6 1/51, Bl. 78-81).

8

Vgl. Vorschlag des Ausschusses für ELF vom 22. 2. 1949 (Anm. 6).

9

Mit Schreiben an die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 12.2.1949 (Z13/87, Bd. 16, Bl. 73-74) hatte Schlange-Schöningen die geplanten Lockerungsmaßnahmen erläutert, zugleich jedoch Bedenken angemeldet. Die bereits eingeleitete Steigerung der Schweineproduktion dürfe die Getreideund Kartoffelversorgung der Bevölkerung nicht gefährden. Daher sollte die MilReg. bindend zusagen, daß eine hinreichende Menge an Futtermitteln importiert werde. BICO hatte jedoch mit Schreiben vom 18. 2. 1949 (ebenda, Bl. 77) die Bestätigung versagt und im Hinblick auf die kritische Fleischversorgungslage in der Bizone festgestellt, „daß die Versorgung mit eingeführten Futtermitteln mit der Anlieferung von Schweinefleisch zur rationierten Verteilung gekoppelt bleibt". Der Vorschlag einer Aufhebung der Schweinefleischrationierung und der Preiskontrolle sei verfrüht. Vorrangig sei der Mindestbedarf an Fleisch für den „Normalverbraucher" sicherzustellen. Zur weiteren Behandlung der Preisfreigabe für Schweine siehe Dok.Nr. 24, TOP 10 und für Schafe siehe Dok.Nr. 29, TOP 14.

10

An der „lapidaren Erklärung" von Schlange-Schöningen gegenüber der CDU-Fraktion der WR, daß eine Freigabe „augenblicklich noch nicht" in Betracht komme, hatte Pünder in einem Schreiben an SchlangeSchöningen vom 18.2.1949 (Z 61/51, Bl. 74) Kritik geübt und auf das Drängen weiter Kreise- insbesondere des nordrhein-westfälischen Ernährungsministers Heinrich Lübke - hingewiesen. Die Einfuhr der zusätzlich benötigten ausländischen Futtermittel könne gewiß bei den Amerikanern sichergestellt werden.

11

Unter Berufung auf das am 31. 3.1949 auslaufende Zentrallastverteilungsgesetz vom 21.11.1947 (WiGBl. 1948,S. 1), das durch Gesetz vom 22.10.1948(WiGBl. 1948,S. Hl)verlängertwordenwar,hattedieVfW dem VR mit Schreiben vom 16. 2. 1949 den mit dem zuständigen Referenten des Rechtsamtes abgestimmten Entwurf eines Energienotgesetzes mit Begründung (Z 4/571, Bl. 78-83) übersandt. Der WiA. des LR hatte hierüber auf seiner 12. Sitzung vom 23.2.1949 (Prot., ebenda, Bl. 53) beraten und einige Änderungen vorgeschlagen.

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49. Direktorialsitzung

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Wirtschaftsausschusses des Länderrates im wesentlichen an und stimmt dem Entwurf mit dem Vorbehalt zu, daß die Textierung zwischen Verwaltung für Wirtschaft und Rechtsamt noch abgestimmt wird12. [. . .] [4.] Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der tierischen Erzeugung (Tierzuchtgesetz)" Nach Vortrag von Stellv. Dir. Niklas bringt der Vertreter des Rechtsamtes Abänderungsvorschläge vor, welche im Benehmen mit der VELF vor der endgültigen Textierung geklärt werden sollen". Mit dieser Maßgabe stimmt der Verwaltungsrat dem Entwurf zu. [5. Gesetz über die Bestimmung eines Zeitpunktes für das Erlöschen ruhender Arbeitsverhältnisse"] Nach Beratung der Einwendungen des Länderrates16 wird beschlossen: In § 1 Satz 1 wird das Datum „31. März 1949" ersetzt durch „30. Juni 1949"17. Mit dieser Maßgabe wird dem Entwurf zugestimmt und seine sofortige Zuleitung an den Wirtschaftsrat beschlossen18. [6.] Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Lohnstops Nach Vortrag von Dir. Storch stimmt der Verwaltungsrat dem Entwurf' zu und beschließt seine gleichzeitige Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat20. 12

Den auf diese Weise überarbeiteten Entwurf mit Begründung vom 23. 2. 1949 (Z 13/181, Bd. 3, H. 2) übersandte Pünder mit Schreiben vom 25. 2. 1949 dem Präs. des WR und dem Vors. des LR (ebenda). Gegen das vom WR am 24. 3.1949 verabschiedete Gesetz legte der LR mit Schreiben an Köhler vom 1. 4. 1949 (Z 4/151) Einspruch ein. Diesem ließ der LR vom 1.4. 1949 einen Initiativantrag (Z 4/152, Bl. 24-40) folgen. Das dadurch modifizierte Gesetzesvorhaben, das die Anwendungsmöglichkeiten einer wirtschaftlich notwendigen Verteilung von Elektrizität und Gas erweitern sollte, wurde vom WR am 3. 5. 1949 verabschiedet. Der LR stimmte am 5. 5.1949 zu, und die MilReg. genehmigte das Gesetz am 2. 6.1949. Es trat am 10. 6. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 87).

13

Mit Schreiben an Pünder vom 5. 2. 1949 (Z 13/101, Bd. 3, H. 3, Bl. 61) hatte Schlange-Schöningen den Entwurf eines Tierzuchtgesetzes mit Begründung vom 26. 1. 1949 (ebenda, Bl. 62-64) übersandt.

14

Nach erfolgter Abstimmung mit dem Rechtsamt und Berücksichtigung der Einwände legte SchlangeSchöningen mit Schreiben an Pünder vom 3.3. 1949 (ebenda, Bl. 59) einen überarbeiteten Entwurf vom 2. 3.1949 (ebenda, Bl. 65) vor, den Pünder dem Vors. des LR am 8. 3. und dem Präs. des WR am 26. 3.1949 (ebenda, Bl. 53 und 56) zuleitete. Der WR verabschiedete das Gesetz am 23. 5. 1949, der LR stimmte ihm am 14.6.1949 zu, und die MilReg. genehmigte es am 6.7.1949. Am 7.7.1949 trat es in Kraft (WiGBl. 1949, S. 181).

15

Zur Beschlußfassung im VR siehe Dok.Nr. 5, TOP 6.

16

Siehe Schreiben des LR an den VR vom 10. 2.1949 mit Stellungnahme der Länder als Anlage in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 88-89.

17

Dadurch wurde der Zeitpunkt des Erlöschens nicht rückwirkend festgesetzt.

18

Siehe Schreiben von Pünder an Köhler vom 24.2.1949 in: Ζ13/92, Bd. 1, Η. 1. Nachdem der WR das Gesetz am 24. 3.1949 verabschiedet und der LR am 31. 3. 1949 zugestimmt hatten, genehmigte die MilReg. es am 13. 4. 1949. Er trat daraufhin am 20. 4. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 64).

19

Durch das Gesetz (Entwurf mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 90) sollte die Übergangsfrist für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern zum Schutz gegen einen unbegründeten Lohnabbau (vgl. Gesetz zur Aufhebung des Lohnstops vom 3. 11. 1948, WiGBl. 1948, S. 117) vom 31. 3. 1949 auf den 30. 9.1949 ausgedehnt werden.

20

Nach Verabschiedung durch den WR am 24. 3. 1949 und Zustimmung durch den LR am 31. 3. 1949 sowie Genehmigung durch die MilReg. am 13. 4. 1949 trat das Gesetz am 20. 4. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 63).

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4 9 . Direktorialsitzung

[7. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes21]

Nach Vortrag von MinDir. a. D. Harmening erfolgt eingehende Aussprache. Der Verwaltungsrat äußert Bedenken [gegen einzelne Bestimmungen der Vorlage], Der Direktor der Verwaltung für Finanzen wird gebeten, den Entwurf mit dem Finanzausschuß des Länderrates zu besprechen, wobei auf die grundsätzlichen Bedenken des Verwaltungsrates hingewiesen werden soll22. Sodann wird eine nochmalige Erörterung im Verwaltungsrat stattfinden, wobei auf die Anwesenheit des Leiters des Amtes für Fragen der Heimat vertriebenen, Schreiber, besonderer Wert gelegt wird23. [8. Zollfreiheit für Kategorie A-, ERP- und andere Einfuhren24]

Nach Vortrag von MinR. Imhoff stimmt der Verwaltungsrat den Vorschlägen der Verwaltung für Wirtschaft zu25 und bittet den Vorsitzer des Verwaltungsrates, BICO sogleich entsprechend zu antworten26. [9.] Personalfragen

[Führen eines Titels] [10. Ausschuß für Fragen des Ruhrstatuts]

Außerhalb der Tagesordnung wird die Bildung eines Ausschusses für Fragen des Ruhrstatuts durch MinPräs. Arnold erörtert27. Der Verwaltungsrat beschließt, daß die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in diesen Ausschuß drei Vertreter zu

21

Zu den vorangegangenen Beratungen im VR siehe Dok.Nr. 2, TOP 5.

22

Vgl. Prot, der 23. Sitzung vom 25. 2.1949 in: Ζ 4/555, Bl. 200, sowie Stellungnahme des LR vom 5.3.1949, ebenda, Bl. 227-278. Die BdL begegnete den Bedenken des VR, indem sie am 4. 3.1949 eine Neufassung von § 6 des VO-Entwurfs vorlegte (ebenda, Bl. 280).

23

Zur weiteren Beratung im VR siehe Dok.Nr. 18, TOP 5.

24

BICO hatte in einem Memorandum vom 29. 12. 1948 (Z 13/121) die bizonalen Stellen aufgefordert, die Zollfreiheit bei der Einfuhr von Gütern des täglichen Bedarfs, die im Rahmen von GARIOA oder ERP einer besonderen Finanzierung unterlagen, abzuschaffen und durch eine Liste von zollfreien Waren zu ersetzen. Dadurch sollte nicht die Art der Bezahlung, sondern die Art der Ware die Zollfreiheit bestimmen. Die Verwaltung des VWG sollte BICO eine entsprechende Liste vorlegen.

25

In seiner Stellungnahme an Pünder vom 9. 2. 1949 (irrtümliche Datierung: 19. 2. 1949) hatte Erhard (ebenda) das Ersuchen von BICO als eine „Möglichkeit zur Beseitigung verwaltungsmäßiger Mißhelligkeiten" bezeichnet, zugleich jedoch erhebliche Bedenken handels- und zollpolitischer Art gegen die Aufstellung einer Liste vorgebracht. Er riet, dem Vorschlag der MilReg. einen konstruktiven Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Danach sollte die Zollfreiheit weiterhin an die Art der Finanzierung geknüpft sein, welche nach einem neuen Einfuhrverfahren aus den Begleitpapieren ersichtlich sein werde. Einwände und Gegenvorschlag waren in dem Entwurf eines Antwortschreibens für Pünder an BICO als Anlage enthalten.

26

Pünder stützte sich in seinem Schreiben an BICO vom 25.2.1949 (ebenda) auf die Vorlage von Erhard (vgl. Anm. 25). BICO bestand mit Schreiben vom 6.5.1949 (ebenda) jedoch darauf, daß die gewünschten Listen erstellt würden. Zum Gesetz über vorübergehende Gewährung von Zollbegünstigungen siehe Dok.Nr. 37, TOP 6.

27

Vgl. die Ausführungen von MinPräs. Arnold in: Dok.Nr. 10 B, TOP 4.

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49. Direktorialsitzung

23. 2. 1949

Nr. 15

entsenden ersuchen solle 28 , als welche die MinDir. Schalfejew und Raemisch sowie ein noch vom Direktor der Verwaltung für Arbeit vorzuschlagender Vertreter benannt werden. Der Vorsitzer des Verwaltungsrates wird gebeten, diesbezüglich an MinPräs. Arnold zu schreiben 29 , wofür die Verwaltung für Wirtschaft einen Entwurf übersenden wird. [11. Metallarbeiterstreik in Bayern] Außerhalb der Tagesordnung berichtet der Direktor der Verwaltung für Arbeit über den Metallarbeiterstreik in Bayern 30 und kündigt die Vorlage eines Schlichtungsgesetzes an31, wobei er die Verpflichtungen betont, die das Tarifvertragsgesetz den Arbeitgebern und Arbeitnehmern auferlegt 3 ". Der Verwaltungsrat nimmt von dem Bericht Kenntnis 32 . [12. Protokollberichtigungen]

28

Dem Ausschuß gehörten an: H. Böckler, H. Dinkelbach, H. Kost, M.C. Müller, W. Roelen, A. Schmidt, M. Sogemeier, L. Westrick sowie IMin. Menzel, WiMin. Nölting, ArbMin. Halbfell und Min. Spiecker (siehe Erklärung der LandesK. Düsseldorf vom 25.1.1949 in: HStA Düsseldorf NW 53-115, Bl. 15-16). In einem Vermerk der DirK. für Pünder vom 22.2.1949 (Z13/87, Bd. 16, Bl. 71) wurde die Kritik von MinDir. Schalfejew widergegeben, daß in den Ausschuß mit M.C. Müller von der Fachgruppe Eisen und Stahl nur ein Vertreter der Verwaltung des VWG berufen worden sei.

29

Mit Schreiben an Arnold vom 2. 3. 1949 (Z 4/334) benannte Pünder ferner den Stellv.Dir. der VfA, Scheuble. Eine Reaktion Arnolds konnte nicht ermittelt werden.

30

In dem Vermerk der DirK. vom 22. 2. 1949 (vgl. Anm. 28) teilte von Elmenau nach telefon. Rücksprache mit Storch und Erhard mit, daß sich der Streik auf 14 000 Mann erstrecke. Es handele sich an sich umeinen „wilden" Streik, „dem aber eine gewisse politische Bedeutung zukomme". Mit der Forderung, die Stundenlöhne um DM 0,20 zu erhöhen, war nur einTeil der 180 000 bayer. Metallarbeiter in den Ausstand getreten. Die Arbeitgeber hatten hierauf mit Kündigung binnen 14 Tagen reagiert. Die Gewerkschaften unterstützten den Streik durch die Zahlung von Streikgeldern (vgl. Frankf. Rdsch. vom 17. 2. 1949). Die wirtschaftspolitische Bedeutung des Konflikts lag darin, daß dem labilen Lohn- und Preisgefüge schwerwiegende Erschütterungen drohten. Auch in der Presse wurde anerkannt (vgl. Frankf. Rdsch. vom 2.3.1949), daß die Löhne den Preissteigerungen in den ersten Monaten nach der Währungsreform nicht gefolgt seien. Vgl. die Berichte von OMGUS Bayern in: NA RG 260, OMGUS AG 1949, box 6, folder 9.

31

Im Schlichtungsrecht galt bislang das Kontrollratsgesetz Nr. 35 vom 20.8.1946 (Amtsbl. Kontrollrat, Nr. 10, S. 174). Um eine den deutschen Verhältnissen angepaßte gesetzliche Grundlage zu schaffen, hatte die VfA der DirK. am 9.12.1948 einen Gesetzentwurf in der Fassung vom 1.12.1948 vorgelegt (Z13/92, Bd. 3, H.l). Zu Zeiten der bizonalen Verwaltung wurde hierüber nicht entschieden. Zum Fortgang siehe Β149/1018 und 1019.

31a

Gemäß § 5 (1) des erst am 9. 4. 1949 in Kraft tretenden Tarifvertragsgesetzes (WiGBl. 1949, S. 55) konnte der Dir. der VfA einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern bestehenden Ausschuß auf Antrag einer Tarifvertragspartei für verbindlich erklären.

32

Der Konflikt wurde dadurch beigelegt, daß der gültige Tarifvertrag bis zum 31. 5. 1949 verlängert, die geforderte Teuerungszulage in Höhe von DM 0,07-0,09 von den Arbeitgebern angenommen und das Urlaubsabkommen verlängert wurde (siehe Frankf. Rdsch. vom 26. 2. 1949).

33

Vgl. Dok.Nr. 9 Anm. 21 und Dok.Nr. 14, Anm. 27.

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Nr. 16

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Vertreter der MilReg - bizonale Stellen

Nr. 16 Besprechung zwischen Vertretern der Militärregierungen und bizonaler Stellen in Frankfurt 23. Februar 1949 BA Ζ 3 Anh./2, Bl. 61-63. Ungez. und undat. Ausf. eines Protokollvermerks 1 Anwesend: Dayton 2 , Wolfsperger 3 (amerik. MilReg.); Fliess, Wade 4 (brit. MilReg.) Präs. Köhler, VerwDir. Dörr (WR) MinR. Lehmann (LR) ODir. Pünder, Dir Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schuberth, MinDir. Krautwig (VR)

Beamtengesetz Auf die Frage von Präs. Köhler teilten Dayton und Fliess als Ihre persönliche Meinung mit, daß die Herren Militärgouverneure voraussichtlich gewisse Abänderungen des erlassenen Gesetzes 5 in Betracht zu ziehen geneigt sein würden, wenn das im Interesse seiner praktischen Anwendbarkeit gelegen sei. Es dürfe sich nicht um bloße [Korrekturen von] Schönheitsfehlern handeln. Wenn die Deutschen unter diesen Gesichtspunkten und im Hinblick auf diese Möglichkeit eine Überprüfung des Gesetzes veranstalten würden, so sollte das nicht nach außen hin allzu bekannt werden, weil das einen schlechten Eindruck bei den Militärgouverneuren hervorrufen könnte 6 . 1

Die Abschrift des Vermerks, der vermutlich von Dörr gefertigt wurde, trägt den Hinweis „Vertraulich" sowie den Stempel „Abschrift". Parallelüberlieferung: Aktenvermerk von Krautwig vom 23. 2.1949 in: Ζ 13/260.

2

Kenneth Dayton, Berater für Regierungsangelegenheiten bei der Civil Administration Division von OMGUS.

3

Ellworth C. Wolfsperger, US-Abteilungsleiter für öffentlichen Dienst und Verwaltungsgerichtsbarkeit bei BICO. Dorn (Inspektionsreise, S. 167) bezeichnet ihn als den Vater des Beamtengesetzes. Er sei sich zweifellos des „revolutionären Charakters" seines Beamtengesetzes bewußt gewesen. Er habe zuversichtlich gehofft, „daß es von den Ländern nachgeahmt werde, die in Kürze vergleichbare Landesgesetze machen müssen". Gimbel (Amerik. Besatzungspolitik, S. 309) ordnet wohl von daher auch den Hauptwiderstand auf deutscher Seite den Länderregierungen zu. Für den Bereich der amerik. Zone siehe hierzu: Monthly Report, amerik. MilReg. Nr. 44 (Febr. 1949), S. 14 f.

4

V.A.T. Wade, brit. Vertreter in der Manpower Group von BICO.

5

Der Ankündigung der MilGouv. vom 15. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 13, TOP 9) folgend war den bizonalen Stellen der deutsche und englische Wortlaut des Beamtengesetzes (Mil.Reg. Gesetz Nr. 15 in: Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 2) vom 18.2.1949 mit Schreiben von BICO vom 21.2.1949 (Z13/257, Bd. 2) zugegangen. Das Gesetz sollte am 15. 3. 1949 in Kraft treten. Die deutsche Reaktion auf den Erlaß des Gesetzes war heftig und umfaßte alle politischen Kreise. Die CDU/CSU-Fraktion des WR kritisierte in einer Erklärung vom 17. 2. 1949 (abgedruckt bei Pünder, Interregnum, S. 232 f.) die Eigenmächtigkeit der MilReg. Die SPD-Fraktion monierte indes (siehe Frankf. Rdsch. vom 18. 2.1949), daß die Beratungen im WR verzögert worden seien. Wie sehr die bizonalen Stellen sich bevormundet fühlten, geht aus einer Bemerkung von Knappstein gegenüber Dorn (Inspektionsreise, S. 135) hervor, daß die Wirkung der verschiedenartigen alliierten Eingriffe entmutigend sei. Auf diese Weise „mache man aus der deutschen Regierung ein Marionettentheater". Auch „Die Welt" sprach in ihrem Kommentar vom 17. 2. 1949 von einem Prestigeverlust des WR, den dieser durch eigenes Versäumnis erlitten habe. Nach den vorliegenden Informationen bringe das Gesetz aber keine Revolution, sondern nur das Abschneiden dichtgeflochtener Zöpfe.

6

In dem Aktenvermerk von Krautwig (vgl. Anm. 1) wird ebenso auf den privaten Charakter der Unterredung verwiesen. Weder Dayton noch Fliess erklärten sich demnach in der Lage, die Auffassung der

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Vertreter der M i l R e g - bizonale Stellen

23. 2. 1949

Nr. 16

Präs. Köhler wird den Beamtenrechtsausschuß des Wirtschaftsrates7 und Ο Dir. Pünder wird den Verwaltungsrat 8 in diesem Sinne, jedoch ohne Bezugnahme auf das gegenwärtige Gespräch, unterrichten. Ο Dir. Pünder wies darauf hin, daß im Vergleich zu dem ursprünglichen deutschen Entwurf nunmehr überall an die Stelle des Verwaltungsrates das Personalamt, und zwar mindestens in 15 Fällen, getreten sei. E r wies auf die eigenartige Konstruktion hin, die sich aus den §§ 66 und 77 ergibt, wonach ein ihm unterstellter Beamter seine und des Verwaltungsrats Entscheidungen letztinstanzlich zu revidieren ermächtigt sei10. VerwDir. Dörr machte ergänzend darauf aufmerksam, daß in ähnlich gelagerten Fällen Entscheidungen des Präsidiums des Parlaments, also einer Stelle der Legislative, der Nachprüfung durch das Personalamt, einer Stelle der Exekutive, unterworfen sei". Dir. Schuberth erklärte, daß § 42 Abs. 3 nicht deutscher demokratischer Auffassung entspreche12. Dienststrafmaßnahmen müßten von einem Disziplinargericht verhängt oder nachgeprüft werden. Bei einer Verwaltung mit breitem Unterbau, wie der seinen, sei zudem die Erledigung aller Disziplinarfälle durch die oberste Dienstbehörde undurchführbar13. MilReg. zum Ausdruck zu bringen. Die Frage nach Anregungen für eine Abänderung des Gesetzes von deutscher Seite hätten Fliess und Dayton mit der Einschränkung bejaht, „daß diese Abänderungsvorschläge nicht die Grundsätze der Militärregierungen betreffen dürften. Im übrigen erklärten beide Herren, daß deutsche Abänderungsvorschläge wohlwollend aufgenommen werden würden". Gen. Adcock berichtete Dorn (Inspektionsreise, S. 167) am 13. 4. 1949, daß das Gesetz nicht endgültig sei. Die deutschen Gegenvorschläge würden auf Entscheidung Clays geprüft. 7

Das Prot, der Sitzung des Beamtenrechtsausschusses des W R vom 9 . / 1 0 . 3 . 1 9 4 9 ( Z 3/84 sowie WR-Drucks. Nr. 1047) enthält keine diesbezüglichen Ausführungen von Köhler. D e r Ausschuß beschloß allerdings eine Reihe von Anregungen zum Gesetz Nr. 15, die sich „im Rahmen der Grundsätze des Gesetzes Nr. 15" bewegten.

8

Vgl. Dok.Nr. 18, T O P 13.

'

Siehe den vom W R am 9. 11. 1948 in erster Lesung verabschiedeten Entwurf eines Personalgesetzes ( W R Drucks. Nr. 681), der jedoch in den Beratungen des Beamtenrechtsausschusses des W R im Verlauf der Monate Januar und Februar (Prot, in: Ζ 3/84) eine Reihe von Änderungen erfahren hatte (Neufassung: WR-Drucks. Nr. 948).

10

G e m ä ß § 40 des MilReg. Gesetzes Nr. 15 konnten von der zuständigen Obersten Dienstbehörde gegen einen B e a m t e n , wenn seine Leistungen hinter dem von ihm zu fordernden M a ß zurückblieben, eine Reihe beförderungshemmender Maßnahmen verhängt werden. Im Wiederholungsfall konnte er gemäß § 66 (1) entlassen werden. Diese Entlassung wurde von der Obersten Dienstbehörde, bzw. vom Präsidenten des W R gemäß § 66 (2) verfügt. Gegen alle Maßnahmen war Beschwerde an das Personalamt gemäß § 4 0 ( 2 ) und 66 (3) zulässig. In § 77 wurde bestimmt, daß der Leiter des Personalamtes oder sein Beauftragter über die Beschwerde entschied. Sie waren befugt, „die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Beschwerdeführer in etwa aberkannte R e c h t e wieder einzusetzen". In § 40 (1) und 68 (1) des deutschen Entwurfs waren die gleichen beförderungshemmenden Maßnahmen bis hin zur Entlassung vorgesehen. Die entsprechende Verfügung sollte ebenfalls von der Obersten Dienstbehörde ausgestellt werden. Beschwerde hiergegen war jedoch beim Beschwerdesenat des Disziplinarhofes zulässig. Darüber hinaus stand gemäß § 77 die Klage vor ordentlichen Gerichten offen.

11

Vgl. A n m . 10.

12

Danach oblag die Anordnung und Durchführung von Dienststrafmaßnahmen jeder Obersten Dienstbehörde für die ihr unterstellten Beamten. Hiergegen stand dem Beamten Beschwerde beim Personalamt zu.

13

In dem vom V R am 2. 3. 1949 beschlossenen Änderungsvorschlag (vgl. Dok.Nr. 18, T O P 13) wurde die Verlagerung des Beschwerdeentscheids vom Personalamt an das Disziplinargericht mit der Gleichstellung zu den Arbeitern begründet, denen im Arbeitsgericht eine richterliche Instanz zur Verfügung stehe. Die Beschwerde an das Personalamt sei mit dem Prinzip der Gewaltentrennung unvereinbar. D a bereits

247

Nr. 16

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Vertreter der MilReg - bizonale Stellen

Wolfsperger wies auf § 7 hin, wonach eine Delegation auf nachgeordnete Behörden möglich ist14. Auf die deutscherseits erhobene Einwendung erklärten Dayton und Fliess, daß grundsätzliche Bedenken gegen die Statutierung der disziplinargerichtlichen Nachprüfung nicht bestünden. Immerhin behalte die Behördenspitze die Verantwortung für die Entfernung untüchtigen Personals. Der Beschwerdezug an das Personalamt sei aus der Überlegung eingeführt worden, daß eine unabhängige unparteiische Stelle letztlich darüber zu entscheiden hat13. Bisher habe im bizonalen Verwaltungsaufbau keine passende Stelle hierfür bestanden, jedenfalls sei der Disziplinarhof nicht für die Behandlung gegenwärtiger und zukünftiger Fälle eingerichtet gewesen16. Der Wirtschaftsrat müsse sowieso noch ergänzende Gesetze erlassen. Präs. Köhler und Fliess sprachen von der Möglichkeit, durch ergänzende Gesetzgebung gewisse Entscheidungsbefugnisse, die nach dem Gesetz zunächst dem Personalamt übertragen sind17, der Disziplinargerichtsbarkeit zu geben. Wolfsperger hob hervor, daß Beschwerdemöglichkeiten sehr verschiedener Art in dem Gesetz vorgesehen seien, die wohl in ihrer Mehrzahl innerhalb der Zuständigkeit des Personalamts verbleiben würden, insbesondere soweit sie nicht finanzielle Fragen einbegreifen würden. Präs, Köhler kam anschließend auf § 82 zu sprechen und gab seinem Erstaunen über die hier ohne Einschränkungen ausgesprochene Ermächtigung an eine nachgeordnete Verwaltungsstelle Ausdruck18. Dayton entgegnete, daß in dem alten Wirtschaftsratsgesetz über das Personalamt und in dem über die Rechtsstellung der Bediensteten eine ähnliche Ermächtigung schon enthalten gewesen sein.

14

Dienststrafkammern zur Durchführung schwebender Dienststrafverfahren gegen Verwaltungsangehörige des VWG durch WR-Gesetz vom 5. 7. 1948 (WiGBl. 1948, S. 67) errichtet worden seien, sollte die Entscheidung Disziplinargerichten als unabhängige, richterliche Beschwerdeinstanz übertragen werden. § 7 des MilReg. Gesetzes Nr. 15 bestimmte, daß die Leiter der Obersten Dienstbehörden ihre Verwaltung in ihrem Dienstbereich gegenüber den Verwaltungsangehörigen vertraten. Sie konnten ihre Zuständigkeit ganz oder teilweise auf die Leiter nachgeordneter Behörden übertragen.

15

Anläßlich einer Unterredung mit dem Bundesvorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes, Hans Schäfer, am 23724. 2. 1949 in Frankfurt (Prot, in: Ζ 4/200) gab Wolfsperger seinem Erstaunen über die deutsche Skepsis hinsichtlich der „autoritären Stellung" des Personalamts Ausdruck. Er hob hervor, daß es „quer über alle Verwaltungszweige gestellt" sein „und wie ein Schiedsgericht mit richterähnlicher Funktion gleichmäßige Anwendung aller Personalgesetze in allen Verwaltungszweigen sichern" solle. Es unterstehe unmittelbar der Regierungsspitze (MinPräs., bzw. ODir.), wodurch die parlamentarische Kontrolle gewährleistet sei. Der Beamte solle in seinen Rechten durch eine objektive unparteiische Stelle - das Personalamt - geschützt sein. Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit an das Personalamt erklärte Wolfsperger, daß die Entwicklung dahin gehen könnte, daß der Leiter des Personalamtes seine Entscheidungsbefugnis in den Beschwerdefällen auf eine richterliche Instanz delegiert. Gegen eine Errichtung von Disziplinargerichten beständen keine Bedenken.

16

Das WR-Gesetz über die Einrichtung von Dienststrafkammern vom 5. 7. 1948 (WiGBl. 1948, S 67) betraf lediglich schwebende Dienststrafverfahren. Im übrigen sollte das Dienststrafverfahren gesetzlich geregelt werden. Zum Verhältnis des Gesetzes über das Personalamt der Verwaltung des VWG vom 23. 6. 1948 (WiBGl. 1948, S. 57) zum MilReg. Gesetz Nr. 15 siehe Rechtsgutachten des Personalamtes vom 8. 3.1949 in: Ζ11/

17

211. 18

Bestimmungen zur Durchführung des Gesetzes konnte das Personalamt hiernach mit Zustimmung des VR erlassen.

248

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Fliess stellte klar, daß hier die Ermächtigung dem Verwaltungsrat gegeben war, der die Ausführungsverordnung auf Vorschlag des Personalamts erlassen hatte". Dayton erblickte keinen wesentlichen Unterschied zwischen der damaligen und der jetzt getroffenen Regelung. MinR. Lehmann wandte ein, daß § 82 nicht genügend substantiiert sei, während die Militärregierung doch in der letzten Zeit wiederholt und wohl mit Recht unsubstantiierte Ermächtigungsklauseln in den Gesetzen des Wirtschaftsrates beanstandet habe2". Dir. Schuberth machte in diesem Zusammenhang auf § 13 aufmerksam21. Dayton entgegnete, daß das Gesetz der Militärregierung ausführlich genug sei und zahlreiche Richtlinien enthalte, die auch für den Inhalt der Durchführungsbestimmungen verbindlich seien, während in den beanstandeten Gesetzen des Wirtschaftsrates häufig gar kein Rahmen erkennbar sei, innerhalb dessen die Durchführungsbestimmungen sich zu halten hätten. MinR. Lehmann stellte die Frage, welche Bestimmungen nunmehr auf das Personal des Länderrates Anwendung zu finden hätten. Es wurde darauf hingewiesen, daß das Personal des Länderrates auch in den früheren Gesetzen und sogar in der Proklamation Nr. 7/Verordnung Nr. 126 ausdrücklich ausgenommen gewesen sei, ohne daß allerdings ein Grund für diese Sonderstellung erkannt werden könne22. Dayton meinte, durch eine Resolution des Länderrates könne das Gesetz auch auf dessen Verwaltungsangehörige für anwendbar erklärt werden23. Präs. Köhler sprach von der Überraschung, die § 20 hervorgerufen habe24.

" 20

21

22

Vgl. § 8 des Gesetzes über das Personalamt vom 23. 6. 1948 (WiBGl. 1948, S. 57). Durch Memorandum vom 17. 2. 1949 (Z 13/13, Bl. 184-185) hatte BICO betont, daß die MilReg. entschlossen sei, Beamten beim Erlaß von Verwaltungs- und Durchführungsbestimmungen zur Anwendung von WR-Gesetzen enge Grenzen zu setzen. Die von einem Beamten aufgrund der ihm übertragenen Befugnis getroffenen Maßnahmen müßten der Genehmigung der Legislative unterliegen. Dieser bestimmte, daß freie Stellen und Prüfungen öffentlich bekannt gegeben werden mußten. Nur mit Zustimmung des Personalamtes konnte für bestimmte Gruppen hiervon abgesehen werden. Zur Durchführungsbestimmung Nr. 4 vom 17. 6. 1947 siehe Dok.Nr. 50, TOP 33. Nach Art. III (1) der Proklamation Nr. 7/VO Nr. 126 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. I, S. 1) oblag dem WR die Regelung des Personalwesens des öffentlichen Dienstes bei der Verwaltung des VWG mit Ausnahme des Personals des LR.

23

Auf seiner 26. nichtöfftl. Sitzung vom 4. 8. 1949 (Prot, in: Ζ 4/160, Bl. 23) beschloß der LR, „aus grundsätzlichen Erwägungen von einer Anwendung des Militärregierungsgesetzes Nr. 15 auf die Verwaltungsangehörigen im Sekretariat des Länderrats abzusehen". Siehe hierzu Schreiben des Justitiars des LR an die Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses vom 20. 7.1949 (ebenda, Bl. 32-33) sowie Entwurf des Personalamtes für einen diesbezüglichen Beschluß (Z 11/211). Siehe auch Ζ 4/201.

24

§ 19 des MilReg. Gesetzes Nr. 15 sah vor, daß für dauernde Aufgaben, die eine volle Arbeitskraft beanspruchten, von den Obersten Dienstbehörden im Benehmen mit dem Personalamt Dauerstellen zu schaffen seien. Die hierfür einzustellenden Personen sollten nach § 20 Beamte auf Lebenszeit werden, sofern sie durch die erforderlichen Prüfungen ihre Befähigung während einer Probezeit von nicht mehr als einem Jahr nachgewiesen hatten, in welcher sie Beamte auf Probe waren. Da die Institution des Angestellten im Gesetz nach § 2 nicht vorgesehen war, konnte Personal nur als Beamte auf Kündigung (§ 21) für eine zeitlich beschränkte Tätigkeit eingestellt werden (vgl. Aktenvermerk des LR vom 24.2.1949in: Ζ 4/200). Dadurch stellte sich das grundlegende Problem der Schaffung bzw. Abgrenzung von Dauer- und Zeitstellen, da Angestellte nicht automatisch mit dem Inkrafttreten des Gesetzes Beamte wurden. Vielmehr mußte bis zum 15. 5. 1949 bestimmt werden, bei welchen Stellen es sich um eine dauernde Aufgabe handelte und eine volle Arbeitskraft erforderten (vgl. Rundschreiben Nr. 1 des Personalamtes zur Anwendung des Gesetzes Nr. 15 der MilReg. vom 14. 3. 1949 in: Ζ 11/212). Darüber hinaus war eine Abgrenzung der Stellen von Beamten und Arbeitern erforderlich. Zu den Durchführungsbestimmungen Nr. 3 und 6 vom 1. 6. bzw. 6. 7. 1949 siehe Dok.Nr. 44, TOP 11 und Dok.Nr. 60, TOP 12.

249

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Dir. Schuberth teilte mit, daß innerhalb seiner Verwaltung voraussichtlich 50 000 weibliche Angestellte betroffen würden, von denen aber bisher jährlich etwa 10 000 den Platz gewechselt hätten. Dayton und Fliess erklärten, daß es diesen Beschäftigten ja auch in Zukunft freistehe, ihre Stellung aufzugeben25; die Versorgungsfrage sei in dem Pensionsgesetz des Wirtschaftsrates zu entscheiden, von dessen Gestaltung überhaupt sehr viel abhänge26. Dir. Schuberth hob noch hervor, daß es zum Ausbildungsgang des Beamten gehöre, von Zeit zu Zeit die Tätigkeit zu wechseln im Interesse einer späteren vielseitigen Verwendbarkeit. Wolfsperger erwiderte, daß die Verwaltungen die Möglichkeit hätten, eine bestimmte Anzahl von Stellen als Nicht-Dauerstellen sondern Vorbereitungsstellen zu bestimmen. Dayton meinte, daß § 79 b und § 21 hierfür hinreichend Vorsorge treffen27. Präs. Köhler erwähnte die Bestrebungen des Parlamentarischen Rates in Bonn, die Kündigung von bizonalem Personal nach Errichtung der deutschen Regierung vorzubehalten28. Dayton erwiderte, daß die in Bonn entworfenen Bestimmungen noch nicht die Genehmigung der Militärregierung hätten29.

25

Anläßlich der Unterredung mit Hans Schäfer vom 23.124. 2.1949 (vgl. Anm. 15) erklärte Wolfsperger: „Es sei die Ansicht der Militärregierung, daß alle öffentlichen Bediensteten rechtlich gleich behandelt werden müßten unter den gleichen Rechtsbedingungen ohne Bevorzugung. Die übliche Dreiteilung, Beamter, Angestellter, Arbeiter könne nicht beibehalten werden. Die Angleichung könne jedoch nicht über Nacht erfolgen, sondern in einer ruhigen Entwicklung. In dem Personalgesetz sei ein erster Anfang gemacht auf dem Wege zu diesem Ziel der Angleichung hin, und es seien zunächst die Beamten und Angestellten in einer Gruppe zusammengefaßt". Weiter führte Wolfsperger aus: „Die Trennungslinie zwischen einer Daueraufgabe und einer zeitlich beschränkten Aufgabe sei von den deutschen Verwaltungen nach bestem Wissen und Gewissen in den Ausföhrungsbestimmungen zu ziehen. Es sei denkbar, daß ganze Verwaltungen in ihren Aufgaben zeitlich beschränkt seien. Für die zeitlich beschränkten Aufgaben sei der Beamte auf Kündigung gedacht. Es dürfe aber nicht dazu kommen, daß alle bisherigen Angestellten zu Beamten auf Kündigung gemacht werden".

26

Vgl. die Beratungen zum Gesetz über Maßnahmen auf besoldungsrechtlichem und versorgungsrechtlichem Gebiet in: Dok.Nr. 50, TOP 23. Nach § 79 (b) des MilReg. Gesetzes Nr. 15 konnten Beamte auf Widerruf auf die Dauer von maximal einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes als Beamte auf Probe weiterbeschäftigt werden. Zu § 21 siehe Anm. 24. Zur vorgesehenen Kündigung der bestehenden Dienstverhältnisse von Beamten und Angestellten gemäß Art. 143 c 2 des GG-Entwurfs innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des GG siehe Dok.Nr. 5, TOP 3. Der LR (vgl. Aktenvermerk vom 24. 2. 1949, Anm. 24) ging davon aus, daß im Falle der Genehmigung des GG durch die MilReg. die Bestimmungen des GG Vorrang vor denen des MilReg. Gesetzes haben würden.

27

28

29

Unerwähnt blieb in der Besprechung ein weiterer, wesentlicher Punkt der Kritik der deutschen Seite: Durch § 26 des Gesetzes war das passive Wahlrecht von Beamten in der Weise eingeschränkt, daß er vor der Aufstellung als Kandidat zur Wahl einer gesetzgebenden Körperschaft sein Amt niederlegen mußte. § 57 (a) des deutschen Entwurfes (vgl. Anm. 9) hatte demgegenüber vorgesehen, daß ein Beamter für den Fall seiner Wahl für die Dauer seiner Zugehörigkeit zu dieser Körperschaft in den Wartestand versetzt werden sollte. Außerdem hatte der Beamte sich gemäß § 27 des Gesetzes innerhalb seines Amtes jeder parteipolitischen Betätigung zu enthalten.

250

M i l G o u v . mit MinPräs. der Bizone

1. 3. 1949

N r . 17

Nr. 17 Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone in Frankfurt 1. März 19491 BA Ζ 4/530, Bl. 86-95. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 1. 3. 19492 Anwesend: Gen. Clay, Botsch. Murphy (amerik. MilReg.); Gen. Robertson, Steel3 (brit. MilReg.) MinPräs. Ehard (Bayern); SenPräs. Kaisen (Bremen); Bgm. Brauer (Hamburg); FinMin. Hilpert 4 (Hessen); MinPräs. Arnold (Nordrhein-Westfalen); MinPräs. Kopf (Niedersachsen); MinPräs. Lüdemann (SchleswigHolstein); MinPräs. Maier (Württemberg-Baden); GS Troeger (LR)

Beginn: 14.30 Uhr 1. Rückgabe von Fischdampfem Brauer: Wir kennen die Ansprüche, die von Holland wegen der Rückgabe von Fischdampfem gestellt werden 5 . Die letzte Nachricht, die ich erhalten habe, besagt, daß holländische Streitkräfte nach Hamburg gekommen sind, um die Dampfer abzuholen 6 . Diese Dampfer sind in der Besatzungszeit in Holland gebaut worden. Der deutsche Standpunkt, der auch von der V E L F geteilt wird, ist, daß es sich um deutsches Material und um deutsche Geschäftsaufträge handelt 7 . Wir sind daher der Auffassung, daß der holländische Anspruch 8 rechtlich nicht zu begründen ist. 1

Die Besprechung fand im I. G. Farbengebäude statt. Ihr ging eine Vorbesprechung der MinPräs. im Sitzungssaal des LR voraus, über die Aufzeichnungen nicht ermittelt werden konnten.

2

Mit Vermerk „Vertraulich", handschr. Korrekturen und Verteilerschlüssel von Troeger am 3. 3. 1949 versehen.

3

Christopher E. Steel, politischer Berater bei der brit. MilReg.

4

FinMin. Hilpert vertrat MinPräs. Stock. Im übrigen werden als Anwesende neben den alliierten Vertretern alle Ministerpräsidenten mit Ausnahme von Stock aufgeführt. Die Anwesenheit Troegers ergibt sich aus der Protokollführung.

5

Der holländische Restitutionsanspruch basierte auf alliierten Vereinbarungen, die durch Anweisungen der MilReg. spezifiziert worden waren (vgl. OMGUS Property Division an die Restitution Branches der MilReg. der Länder vom 28. 7. 1948 in: Β 102/3776). Danach waren solche Güter an die Herkunftsländer zurückzugeben, bei denen ein Zwangsverkauf erfolgt war (vgl. Ζ 35/390). Nach der Besprechung bizonaler Vertreter mit den MilGouv. vom 14. 5. 1948 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 342-343) und der Ablehnung des holländischen Anspruchs auf die fünf Fischdampfer durch die brit. Restitutionsabteilung am 24. 6. 1948 schien die Frage sowohl in genereller Hinsicht als auch im konkreten Fall beigelegt. Am 26. 10. 1948 kündigte die Restitutionsabteilung jedoch an, daß die holländischen Ansprüche überprüft und die Rückgabe der Schiffe vorgeschlagen werden würde. Mit Eingaben an BICO vom 8. 12. und 13. 12. 1948 sowie an Clay und Robertson vom 14.12.1948 (Z 4/21) griff Pünder die Restitutionsfrage daraufhin erneut auf. Die MilGouv. (siehe Clay an Pünder vom 4. 1. 1949 und Brownjohn an Pünder vom 12. 1. 1949, ebenda) lehnten jedoch eine Erörterung des allgemeinen Problems wie der getroffenen Einzelentscheidung ab. In einer Presseverlautbarung vom 25. 2.1949 (vgl. Frankf. Rdsch. vom 26.2.1949) verkündete die brit. MilReg., daß der Anspruch Hollands auf die fünf Fischdampfer zu Recht bestehe. Siehe auch Β 102/3774 und 3775.

6

Vgl. Die Welt vom 26. 2. 1949.

7

Die deutsche Argumentation stützte sich darauf, daß die Schiffe zu 90% aus deutschem Material gebaut und Teile der Schiffe in Deutschland fertiggestellt worden waren. Darüber hinaus könne der Nachweis regulärer, auf freiwilliger Basis zustande gekommener Geschäftsverträge erbracht werden (vgl. Tagesnachrichten der VfW vom 28. 2. 1949).

8

Auf holländischer Seite führte man an, daß die Schiffe unmittelbar nach ihrer Fertigstellung von der Deutschen Kriegsmarine requiriert worden seien.

251

N r . 17

1. 3. 1949

M i l G o u v . mit M i n P r ä s . d e r B i z o n e

Robertson: Bei der Behandlung dieser Angelegenheit bin ich an genaue Vorschriften gebunden. Der Fall der fünf Fischdampfer', um die es sich jetzt handelt, ist sehr sorgfältig geprüft worden. Das Ergebnis ist, daß diese Dampfer unter den Restitutionsanspruch fallen. Der Fall war uns schon von Oberdirektor Pünder vorgelegt worden, wir haben ihn sorgfältig geprüft10. Es bleibt danach nichts anders übrig, als die Abholung der fünf Fischdampfer zuzulassen. Meine Auffassung ist, daß mit Rücksicht auf die Auswirkungen für den Fischfang die Dampfer von deutscher Seite gechartert werden sollten. Diesen Vorschlag habe ich schon vor längerer Zeit gemacht. Wenn von deutscher Seite entsprechende Schritte unternommen werden, dann werden diese von meinen Beamten unterstützt werden. Ich möchte auch annehmen, daß sich die holländischen Behörden in dieser Frage zugänglich erweisen. Wegen der weiteren Dampfer" ist die Frage noch offen. Ich persönlich bin sehr stark geneigt, auch diese Frage sorgfältig zu prüfen, wegen der großen Bedeutung, die sie für die deutsche Wirtschaft hat. Für die in Rede stehenden fünf Fischdampfer ist es jetzt zu spät, etwas zu unternehmen12. Brauer: Ich bin der Auffassung, daß die Charterung der Dampfer unter allen Umständen versucht werden soll. Clay: Die Restitution ist eine einseitige Maßnahme. Zweifellos wirkt sich die Übergabe der fünf Dampfer an Holland zu Lasten [der] USA aus13. Deshalb habe ich um

9

Es handelte sich um die Fischdampfer „Thetis", „Fock & Hubert", „Vorwärts", „Coldewey" und „Nordsee", die zwischen 520 und 558 BRT aufwiesen.

10

Am 13. 12. 1948 (vgl. Anm. 5) hatte Pünder u. a. auf die gravierenden Folgen einer Auslieferung hingewiesen. Das Fangaufkommen der ohnehin schon zu kleinen deutschen Fischdampferflotte würde wesentlich geschwächt. Außerdem bestünde die Gefahr, daß im Falle der Revision der ursprünglichen Entscheidung weitere 15 deutsche, während des Krieges in Holland gebaute Dampfer ausgeliefert werden müßten. „Nach einem Abgang dieser 20 Schiffe würde nur noch ein völlig überalterter Schiffsbestand in Deutschland zurückbleiben, wodurch die deutsche Hochseefischerei zur Bedeutungslosigkeit verurteilt wäre. Hierdurch würden erhebliche Devisenbeträge erforderlich werden, um die Eiweißversorgung der deutschen Bevölkerung sicherzustellen" (Z 4/21). Besonders relevant waren die Schiffe wegen ihrer Größe und modernen Ausrüstung. Da zwei der Dampfer ohnhin als Tonnenleger eingesetzt waren, bestand deutscherseits die Sorge um Weiterungen und des erneuten Ausbruchs einer umfassenden Restitutionswelle. Längerfristig war eine Verbesserung der Versorgungslage nur vom Bau neuer Fischdampfer mit größerer Tonnage zu erwarten, die bessere Fangergebnisse außerhalb der Nordsee erzielen konnten (vgl. die Ausführungen von Pünder auf der 34. VV vom 4. 3. 1949 auf ein Auskunftsersuchen der Abg. Dahrendorf, Voß, Meyer und Genossen, WR-Wörtl. Ber., S. 1490 ff.).

11

In ihrer Meldung vom 26. 2. 1949 gab Die Welt eine Gesamtzahl von 21 Fischdampfern an.

12

Robertson beantwortete damit sowohl den Brief als auch ein Telegramm Pünders vom 26. 2. 1949, in welchem er um Überprüfung der Freigabeverfügung und um „Abstoppen der Abschleppung" für die vermutlich bereits auf dem Weg nach Hamburg befindlichen holländischen Schlepper gebeten hatte (Z 4/ 21).

13

Für die notwendigen Importe in die Westzonen hatten die USA in erster Linie die erforderlichen Devisen bereitzustellen. Allerdings zeigte sich Clay gewillt, diese ökonomische Abhängigkeit Großbritanniens und Frankreichs politisch zu nutzen. Am 21. 2. 1949 stellte er gegenüber Voorhees im Hinblick auf das Besatzungsstatut klar (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 669): "The Governments of the United Kingdom and France recognize that so long as the Government of the United States is called upon to make the major contribution towards the cost of the essential imports of western Germany, that Government shall be entitled to a larger measure of authority with respect to the operations of the Joint Export Import Agency and other agencies dealing with foreign trade and exchange and with respect to German legislative and administrative actions which directly affect foreign trade and exchange".

252

M i l G o u v . mit MinPräs. d e r Bizone

1.3.1949

Nr. 17

Instruktionen von Seiten meiner Regierung gebeten. Ich habe sie aber noch nicht erhalten14. Brauer: Die Charterung der Dampfer wäre sehr wichtig, weil unsere Ernährungsbasis schmal ist und wir keinen Ersatz für diese Dampfer haben. Clay: Es handelt sich um eine Devisenfrage. Meiner Auffassung nach ist es nicht rationell, Devisen für die Charterung von Fischdampfern aufzuwenden". Es wäre besser, entweder Fische einzuführen oder mit dem Geld neue Dampfer zu bauen. Brauer: Der Neubau von Fischdampfern stößt bei den Reedern auf keine große Gegenliebe, weil durch die Beschränkung der Tonnage auf 350 to eine Wirtschaftlichkeit im Betriebe nicht zu erreichen ist16. Clay: Ich hoffe, Ihnen wegen dieser Frage bald eine Antwort geben zu können. In der Zwischenzeit ist es wohl so weit, daß die in Amerika gekauften Fischdampfer von deutschen Mannschaften abgeholt werden können'7. 2. Außenhandel Kaisen: Wir sind den Militärgouverneuren sehr dankbar dafür, daß sie durch die Erleichterung der Ausfuhrbestimmungen die selbständige Tätigkeit der deutschen Kaufleute im Auslande ermöglicht haben18. Jetzt ist allerdings eine Bestimmung der JEIA herausgekommen, wonach der Export nach den Nichtteilnehmerstaaten des Marshallplanes unter besondere Kontrolle gestellt ist". Das gilt auch für den Export nach den südamerikanischen Staaten. Bei der großen Rolle, die der Handel mit Südamerika spielt, hat diese Regelung eine gewisse Unruhe erregt. Ich möchte daher die Frage stellen, ob die Regelung nur für kurze Zeit befristet ist oder für dauernd gelten soll. Clay: Die Frage trifft uns unvorbereitet. Wir werden Ihnen die Antwort das nächste Mal geben20.

14

Weder die Anfrage Clays noch eine Gegenäußerung aus Washington zu dieser Frage konnten ermittelt werden.

15

Wie die Frankf. Rdsch. am 3. 3. 1949 meldete, sollten zwei der fünf Schiffe nach der Registrierung in Holland nach Hamburg zurückkehren und ihre Arbeit als Tonnenleger für die Markierung der Schiffahrtswege in den unsicheren Minengebieten der Nordsee wiederaufnehmen. Die Übernahme durch deutsche Stellen sollte auf Charterbasis erfolgen. Indes wies der Haushalt der VfV (Z 13/131, Bd. 4) in Kap. Ε14, Titel 21 einen Betrag von 850 000 DM auf, der entweder zum Neubau oder für die Charterung eines Ersatzes für den Tonnenleger „Nordsee", verwendet werden sollte.

16

Das Problem der Neubauten von Fischdampfern hatte die MilGouv. und die Vertreter der Bizone bereits am 15. 9.1948 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 283-284) beschäftigt. In der Vorlage der VELF vom 9. 9. 1948 (Z 13/ 107) zu dieser Besprechung war insbesondere auf die höhere Wirtschaftlichkeit von Schiffen zwischen 500 und 600 BRT gegenüber den von den Alliierten zugelassenen Dampfern hingewiesen worden. Siehe hierzu auch Ζ 13/202.

17

In Aussicht genommen war der Ankauf von insgesamt 21 Fischereifahrzeugen durch das War Department für die Bizone (siehe Vermerk der Abtlg. III, Α der VELF vom 5. 5. 1949 in: Ζ 13/101, Bd. 1, H. 3). Allerdings bestanden auf deutscher Seite Bedenken wegen der mangelnden Eignung der Schiffe. Vor allem sollte einer Überalterung der Fangflotte vorgebeugt werden (siehe Schreiben der VELF an BICO vom 5.5. 1949, ebenda).

18

Siehe 1. Neufassung der JEIA-Anweisung Nr. 1 vom 1. 12. 1948 (Z 13/233).

"

Siehe 1. Neufassung der JEIA-Anweisung Nr. 1, Abänderung „A" vom 8. 2. 1949 (ebenda). Die deutsche Kritik bekräftigte Kaufmann in einem Schreiben an die JEIA vom 2. 3. 1949 (ebenda). Siehe auch Β 102/ 4952.

20

Siehe Dok.Nr. 23, TOP 7.

253

Nr. 17

1. 3. 1 9 4 9

M i l G o u v . mit MinPräs. der B i z o n e

3. Grenzberichtigung Kopf: Ich wollte fragen, ob die Herren Militärgouverneure heute in der Lage und bereit sind, uns etwas über den Stand der Verhandlungen wegen der Grenzberichtigungen zu sagen21. Clay: Ich bin noch nicht ermächtigt, Ihnen Auskunft zu geben, was von unseren Regierungen geplant ist. Ich habe aber darum gebeten, mich zu der Auskunft zu ermächtigen, ohne bisher eine Antwort zu erhalten 22 . Unsere Regierungen haben sich jetzt wegen dieser Frage zu einer Konferenz in Paris zusammengefunden, deren Ergebnis noch nicht vorliegt23. 4. Lastenausgleich Brauer: Ich wollte mir die Frage erlauben, wann mit der Genehmigung des Lastenausgleichs zu rechnen ist. Robertson: In dieser Frage bestehen große Schwierigkeiten. Wir kennen durchaus das deutsche Bedürfnis, den Lastenausgleich endlich zu veröffentlichen. Die Diskussion zwischen unseren Regierungen ist nur noch nicht beendet. General Clay und ich haben unsere Regierungen gebeten, die Frage möglichst schnell zum Abschluß zu bringen24. Brauer: Die Angelegenheit ist deswegen für uns so dringlich, weil eine große Anzahl von Flüchtlingen darauf wartet, endlich Hilfe zu erhalten. 5. Patentgesetz Clay: Bei der Genehmigung des Patentgesetzes liegt dieselbe Sachlage vor25. 6. [Deutsche Kulturinstitute in Italien] Ehard: In Italien befinden sich vier deutsche wissenschaftliche Institute (drei in Rom, eines in Florenz), die zum Teil schon sehr alt sind26. Die Gründung geht zurück auf die Jahre 1829, 1888 und 1897. Der italienische Staat hat diese Institute im Jahre 1945 beschlagnahmt. Ein italienisches Institut führt die Treuhänderschaft 27 . Es ist mir berichtet worden, daß die definitive Entscheidung über die Behandlung dieser Institute nur mit Zustimmung von USA, Großbritannien und anderen Staaten getroffen werden

21

Vgl. Dok.Nr. 7, TOP 5.

22

Das Ersuchen konnte nicht ermittelt werden.

23

Zum Abschluß seiner Beratungen vom 22. 2.-22. 3.1949 in Paris veröffentlichte der alliierte Ausschuß für die deutsche Westgrenze am 26. 3. 1949 in London ein Kommuniqui und ein Protokoll, welches die Grenzveränderungen festlegte (Wortlaut in: Ruhm von Oppen:Documents on Germany, S. 368 ff; Foreign Relations 1949/III, S. 436 ff.).

24

Vgl. Dok.Nr. 23, TOP 2.

25

Vgl. Dok.Nr. 23, TOP 3.

26

Es waren dies das Archäologische Institut (Rom), das Historische Institut (Vatikan), das Kunsthistorische Institut „Bibliotheca Hertziana" (Rom) und das Kunsthistorische Institut (Florenz) (vgl. Aufzeichnung der Bayer. StK. vom 1. 3. 1949 in: Ζ 35/164, Bl. 41^13).

27

Die Institute waren im Oktober 1945 im Auftrag der Allied Commission in Italy durch den italienischen Staat sequestriert und im Februar 1946 der Treuhänderschaft der „International Union of the Institutes of Archeology, History and Art History" unterstellt worden. D e m Treuhandschaftsrat gehörten die Präsidenten der verschiedenen nationalen archäologischen Institute Roms an.

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kann28, und daß im Dezember vorigen Jahres ein Vorschlag von dem italienischen Treuhänderinstitut vorgelegt worden ist, die vier deutschen Institute an den italienischen Staat zu übereignen29. Es ist uns nicht bekannt, ob die erforderliche Zustimmung dazu erteilt wurde. Wir bitten, die endgültige Entscheidung über diese Angelegenheit zurückzustellen bis zum Friedensvertrag und bitten ferner, diesen unseren Standpunkt zu unterstützen. Robertson: Die Angelegenheit war mir bisher nicht bekannt, sonst hätte ich mich darauf besser vorbereitet. Sie hängt mit der Behandlung deutschen Eigentums im Auslande zusammen. Die Frage wird auf Regierungsbasis behandelt und entschieden. Ich selbst bin dafür nicht zuständig. Dieser Fall ist mir durch Mr. Birley30 auf Grund eines Vorschlages deutscher wissenschaftlicher Institute vor längerer Zeit vorgelegt worden. Ich habe meiner Regierung einen ähnlichen Vorschlag gemacht, wie sie ihn jetzt vorgetragen haben. Clay: Meine Regierung hat dem Vorschlag des italienischen Treuhänderinstituts nicht zugestimmt. Ich stehe Ihrem Antrage grundsätzlich günstig gegenüber. Das bedeutet jedoch noch keine endgültige Entscheidung3'. [7.] Auslieferung von Deutschen Ehard: Im Namen der Ministerpräsidenten und aufgrund der Verhandlungen in Hamburg habe ich den Wunsch vorzutragen, daß Auslieferungsersuchen solcher Staaten nicht stattgegeben werden möge, bei denen die rechtlich staatlichen Garantien nicht gesichert sind32. Clay: Ich meine, daß in letzter Zeit überhaupt keine Auslieferungen mehr vorgekommen sind. Ehard: Das ist mir bekannt. Trotzdem wollte ich noch einmal den deutschen Standpunkt vortragen. Darüber hinaus haben wir den Wunsch, daß in allen Fragen der Auslieferung deutsche Organe vorher gehört werden sollen. Clay: Für die amerikanische Zone ist das bereits seit längerer Zeit bestimmt33. Hier 28

Anläßlich der Übertragung war seitens der alliierten Kommission ausdrücklich auf den provisorischen Charakter hingewiesen worden. Einer Übereignung mußten die MilGouv. in Deutschland zustimmen.

29

Nach Informationen der D B f F , auf dessen Anregung die Besprechung dieses Punktes zurückging (Eberhard an alle elf Länderchefs vom 7 . 2 . 1 9 4 9 in: Ζ 35/164, Bl. 65-66), hatten die italienischen Vertreter im Treuhänderrat am 15. 12. 1948 den Vorschlag der Übereignung an den italienischen Staat unterbreitet, nachdem die U N E S C O eine Finanzierung der Institute von lediglich $ 5000 - jährlich zugesagt hatte. Zukünftig sollten die Institute aus den Zinsbeträgen finanziert werden, die aus einem Teil des Liquidationserlöses deutscher Vermögenswerte in Italien in Höhe von einer Mrd Lire anfallen sollten.

30

R. Birley, Educational Advisor bei der brit. MilReg.

31

RegDir. v. Herwarth von der Bayer. StK. interpretierte in einem Schreiben an die Badische StK. vom 17.3. 1949 (Z 35/164, Bl. 38) die Äußerung Clays in dem Sinne, daß eine Genehmigung nicht erteilt werde. Es werde bis zum Abschluß eines Friedensvertrages bei der treuhänderischen Verwaltung der Institute bleiben. Daher erübrige sich zur Zeit nach Ansicht der Bayer. StK. eine Demarche bei der italienischen Regierung über die MilGouv. Empfehlenswert sei dagegen, auch den franz. MilGouv. in Kenntnis zu setzen.

32

Siehe D o k . N r . 108, T O P 7. Ausgelöst wurde die Debatte durch eine unterschiedliche Verfahrensweise in den einzelnen Z o n e n , durch eine Reihe von bevorstehenden Auslieferungen sowie durch Berichte, daß ausgelieferte Deutsche in polnischen Gefängnissen mißhandelt worden seien (vgl. Schreiben des Leiters der Rechtsauskunftsstelle im Lager Fallingbostel an das Büro d. MinPräs. vom 18. 5. 1949 in: Ζ 12/82, Bl. 355-359).

33

Vgl. V O Nr. 28 in: Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. J, S. 54.

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wird jedes Gesuch auf Auslieferung von Deutschen zunächst an das zuständige Justizministerium überwiesen. Ausnahmen gelten nur dann, wenn es sich um Auslieferungsanträge handelt, die schon vor Inkrafttreten dieser Bestimmung an uns gestellt worden sind. Robertson: Für die britische Zone ist eine gleiche Bestimmung noch nicht erlassen. Dafür ist aber vorgeschrieben, daß alle Auslieferungsanträge dem britischen Auslieferungsgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden. Die Auslieferung von Kollaborateuren und Verrätern wird in Kürze ganz eingestellt werden. Im übrigen werden in Zukunft nur solche Personen zur Auslieferung in Frage kommen, welche nach deutschem Recht sich eines Verbrechens des Mordes schuldig gemacht haben. Ich bin aber gern bereit, zu erwägen, auch für die britische Zone eine Bestimmung zu erlassen, daß zuvor die Stellungnahme einer deutschen Behörde einzuholen ist. Haben Sie besondere Beschwerdefälle, weshalb Sie den Fall hier vortragen? Kopf: Ich habe zwei Fälle, die ich aber augenblicklich nicht nennen kann34. [8.] Besatzungsstatut Brauer: Wir bitten, uns über den Stand des Besatzungsstatuts zu unterrichten. Clay: Eine solche Auskunft möchten wir unsererseits auch gern haben. Ich glaube sagen zu können, daß das Besatzungsstatut im großen und ganzen fertig ist35. Noch nicht fertig ist die Regelung der damit verbundenen Fragen der Verschmelzung oder Zusammenarbeit der drei Militärregierungen 36 . Ich hoffe, daß diese Fragen in drei Wochen gelöst sein werden. Diese Hoffnung habe ich allerdings schon mehrere Male ausgesprochen. Deshalb kann ich nur betonen, daß es eine Hoffnung ist37. Lüdemann: Da nur noch Fragen strittig sind, welche die Besatzungsmächte untereinander angehen, wollte ich fragen, ob es dann nicht besser wäre, mit der Fertigstellung des Grundgesetzes nicht länger zu warten. Clay und Robertson: Das liegt ausschließlich bei Ihnen. Brauer: Auf deutscher Seite besteht allerdings der Eindruck, daß das Besatzungsstatut und das Grundgesetz eng zusammengehören 38 . 34

Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die Auslieferungsanträge gegen Wilhelm Frick und Robert Schauer an Polen. Frick war von 1939 bis zum Kriegsende Bürgermeister in Zawiarze (Polen) gewesen. Schauer, Landwirt in Wekarg (Westpreußen), war die Erschießung einer Polin vorgeworfen worden (Z 12/ 62).

35

Vgl. die Ausführungen der MilGouv. vom 31. 1. 1949, Dok.Nr. 7, TOP 2. Während der Gespräche auf Botschafterebene in London war inzwischen ein weiterer Entwurf erarbeitet worden, der jedoch weder aus amerik. noch aus franz. Sicht als befriedigend angesehen wurde (vgl. Foreign Relations 1949/III, S. 47 ff.).

36

37

In der Frage der Fusion drängte vor allem Clay darauf, zukünftig Mehrheitsbeschlüsse seitens der drei Westalliierten herbeizuführen. Auch wollten die USA ihre bisherige Vormachtstellung in der bizonalen Verwaltung, die sie mit ihren überragenden Finanzaufwendungen legitimierten, in Form eines vetoartigen Kontrollrechts auf den Gebieten von Außenhandels- und Devisenpolitik gewahrt sehen (vgl. Clay: Entscheidung, S. 467 f.; Teleconference: Voorhees, Clay, Murphy, Litchfield vom 20. 2. 1949 in: Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 668).

38

In einem Fernschr. vom 3. 12. 1948 (Z 12/71, Bl. 90) hatte Werz MinPräs. Ehard berichtet, daß nach Mitteilung von amerik. Seite das Besatzungsstatut erst nach Beendigung der Arbeiten am GG bekanntgegeben werden sollte. Im Anschluß an die Unterredung mit den MilGouv. vom 16.12.1948 hatte Adenauer vor dem HptA. des Pari.Rats bekanntgegeben, daß die Alliierten das Besatzungsstatut vor der Verabschiedung des GG veröffentlichen wollten (Parl.Rat, Verhandlungen des HptA. 28. Sitzung vom 18.12.1948, S 333). - Siehe auch Prot, des Ausschusses für das Besatzungsstatut des Parl.Rats in: Ζ 5/22 und 23.

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Clay: Wir haben den Parlamentarischen Rat bereits wissen lassen, daß er mit dem Abschluß der Beratungen über das Grundgesetz nach unserer Auffassung nicht zu warten braucht. Brauer: Das ist für uns unerhört wichtig. Kaisen: Ich möchte jedoch noch die Frage stellen, wer etwaige Korrekturen an dem Grundgesetz mit Rücksicht auf den Inhalt des Besatzungsstatuts vorzunehmen hätte. Wenn allerdings keine großen Widersprüche zwischen beiden bestehen, dann sollte das Grundgesetz so schnell als möglich zu Ende gebracht werden. Clay: Wir haben versucht, dem Parlamentarischen Rat deutlich zu machen, in welchem Stadium der Entwicklung sich das Besatzungsstatut befindet. Die Entscheidung darüber, wie sich der Parlamentarische Rat verhält, liegt ausschließlich in deutscher Hand. Nur in einer Frage könnte allerdings eine Schwierigkeit entstehen, dann nämlich, wenn die deutsche Abstimmung über das Grundgesetz erfolgte, bevor das Besatzungsstatut bekanntgegeben ist. Lüdemann: Wäre das möglich? Clay: Ich erwähne diese Frage deswegen, weil ein Abkommen zwischen den Regierungen besteht, daß die Bekanntgabe des Besatzungsstatuts vor der Abstimmung über das Grundgesetz erfolgt, damit die Deutschen das Besatzungsstatut bei der Abstimmung kennen. Ich kann mir zwar vorstellen, daß das Besatzungsstatut nicht fertig sein wird, wenn Sie jetzt den Abstimmungstermin für das Grundgesetz festsetzen. Ganz persönlich möchte ich hinzufügen, daß es sogar für unsere Bestrebungen förderlich wäre, das Grundgesetz zu beschließen und den Abstimmungstermin darüber festzusetzen, so daß die Verhandlungen über das Besatzungsstatut zu einem Abschluß gebracht werden müssen39. Robertson: Ich meinerseits möchte noch hinzufügen, daß nach meiner Auffassung im Besatzungsstatut nichts enthalten ist, was eine Änderung des Grundgesetzes erfordert. Kaisen: Das zu hören ist für uns sehr wichtig. Maier: Ich habe in letzter Zeit verschiedene Nachrichten darüber erhalten, daß das Schicksal des Südweststaates von dem Inhalt und Zustandekommen des Besatzungsstatuts abhängig ist40. Ich wäre für eine Auskunft in dieser Frage dankbar. Clay: Ihre Auffassung ist grundsätzlich richtig41. Nachdem jedoch General Robertson 39

Angesichts der Divergenzen über das G G , wie sie anläßlich der Besprechung der MilGouv. vom 16.2.1949, aufgetaucht waren, vertrat Clay die Auffassung, daß es nicht wünschenswert sei, das Besatzungsstatut vor der Einigung über das G G zu verkünden, weil es die amerik. Verhandlungsposition gewiß primär gegenüber den Franzosen „erneut" schwächen würde (Clay an Voorhees vom 17. 2. 1949 in: Clay Papers, Bd. II, D o k . N r . 666). A u s taktischen G r ü n d e n , um einige der scharf gefaßten Bestimmungen abzumildern, sprach er sich ferner gegen eine zu enge zeitliche Bindung aus. Mit dem gesamten Katalog an Beschränkungen und Verboten sowie an Grenzveränderungen sah er das gesamte Konzept eines westdeutschen Staates gefährdet. Es zeichne sich ab, daß die neue Regierung mit geringeren Kompetenzen als die bizonale Verwaltung ausgestattet werde. Gegenüber Voorhees und Dorr erklärte Clay am 17. 3. 1949 (ebenda, D o k . N r . 688): "While I recognize the necessity for these actions, they will make it difficult to obtain German enthusiasm for a western government encouraged constitution which promises democracy at the same time the western powers say we do not trust you to make this government democratic so we are modifying your boundaries and prohibiting and restriciting your industrial capacities". Das Ziel seiner Berichte nach Washington bestand darin, dort hinreichenden politischen Druck zu mobilisieren, um die als Obstruktion empfundene französische Politik Deutschland gegenüber zu überwinden.

40

Vgl. die Ausführungen von G e n . Koenig, D o k . N r . 4, T O P 7 und D o k . N r . 12, T O P 12.

41

Das Gespräch der Außenminister Schuman und Acheson vom 1.4.1949 bestätigt, daß die Einigung über das Besatzungsstatut mit der Frage der trizonalen Fusion und somit auch mit dem Problem der Ländergrenzen verknüpft war (vgl. Foreign Relations 1949/HI, S. 158 ff ).

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großzügigerweise sich an dieser Frage für desinteressiert erklärt hat, ist die Entscheidung über den Südweststaat eine Angelegenheit, die nur noch zwei Mächte angeht. Ich sehe leider keine großen Anzeichen für eine Einigung darüber. Maier: Herr Außenminister Schuman hat den Vertretern von Südbaden und SüdWürttemberg auseinandergesetzt, daß die Abstimmung über die Errichtung des Südweststaates noch vor der Abstimmung über das Bonner Grundgesetz erfolgen würde, weil die Angelegenheit im Besatzungsstatut geregelt werden würde42. Clay: Das ist mir nicht bekannt. Ich kann Ihnen nur sagen, daß die Stellungnahme meiner Regierung wegen einer Volksabstimmung in Württemberg und Baden günstig ist im Sinne der Bildung des Südweststaates. Wenn die Vereinigung der Länder vollzogen wird, dann sind wir bereit, die Einrichtung eines Besatzungsregimes anzunehmen, sowohl mit drei wie mit zwei oder auch mit einer Besatzungsmacht. Wenn die Vereinigung der drei Länder durch Volksabstimmung nicht zustande kommt, dann sind wir damit einverstanden, daß ein Land Württemberg und ein Land Baden gebildet wird. Wir sind auch in diesem Falle bereit, ein Besatzungsregime mit drei oder mit zwei oder mit einer Besatzungsmacht einzusetzen43. Wir haben gar kein Interesse daran, die Gebiete im Wege des Kuhhandels auszutauschen. Maier: Durch diese Ausführungen bin ich neugierig geworden. Ich bitte mir deshalb zu gestatten, daß ich noch eine Frage stelle. Ich verstehe, was ein Besatzungsregime mit drei oder zwei Mächten bedeutet. Was heißt aber eine einzonale Lösung? Clay: Das ist doch wohl nicht schwer zu erraten. Ich möchte mich so ausdrücken, daß ich Ihnen sage, daß Sie mich lange Zeit nicht los werden. [9.] Treuhandverwaltung Eisen und Stahl Kopf: Der Vorsitzende des Verwaltungsrats hat wegen der Treuhandverwaltung für die Eisen- und Stahlindustrie zwölf Herren vorgeschlagen44. Wir sind an dieser Frage sehr interessiert und möchten daher wissen, wie die Angelegenheit steht.

42

Siehe hierzu ausführlich Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 144 ff.; in einem Schreiben an Maier vom24. 2. 1949 (HStA Stuttgart EA 1/3-548) berichtete Klaiber über ein tags zuvor geführtes Gespräch mit H. Simons, dem amerik. Verbindungsoffizier zum Pari.Rat. Danach war seitens der Alliierten noch keine Einigung erzielt worden, weder über die Frage der Volksabstimmung noch über die gemeinsame Besatzungskontrolle. Klaiber berichtete weiter: „Die amerikanische Seite setze sich nach wie vor für die Zusammenfassung der drei südwestdeutschen Länder zu einem Bundesstaat ein, während die Franzosen bekanntlich Baden und Württemberg trennen wollten und auch an eine Änderung der Besatzungszonen dächten. Seitens der amerikanischen Militärregierung wolle man aus den bekannten Gründen keinesfalls aus Nordbaden weggehen. Gen. Clay habe dem Gen. Koenig auf eine solche Anregung hin einmal geantwortet, ob man nicht auch einmal die Frage einer amerikanischen Besetzung Südbadens diskutieren wolle. Tatsächlich habe man seitens der Alliierten seit Wochen nicht mehr über die Frage ,Südweststaat' diskutiert. Verhandlungen hätten lediglich in der Angelegenheit der Stadt Kehl stattgefunden. Er glaube daher nicht an die Andeutung des Gen. Koenig, eine Entscheidung darüber werde eventuell noch vor Errichtung einer westdeutschen Bundesregierung erfolgen. Dabei bleibe allerdings die Frage immer noch offen, ob nicht über Württemberg und Baden eines Tages auf höherer politischer Ebene zwischen den Regierungen der Alliierten ein Kompromiß zustande kommen werde, wenn dies die politische Situation erfordere". Die vorgesehenen Bestimmungen im GG über die Neugliederung der Länder durch Bundesgesetz stießen auf franz. Widerspruch, weil dadurch der Einfluß des Bundes auf die Ländergrenzfrage außerordentlich gestärkt wurde.

43

Dieser Lösungsvorschlag ist identisch mit den vom State Department dem US-Präsidenten am 31. 3.1949 als Memorandum überreichten Vorstellungen zur amerik. Deutschlandpolitik (Foreign Relations 1949/III, S. 142 ff.).

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Clay: Ich habe den Eindruck, daß wir vier Gremien zu viel um Vorschläge gebeten haben45. Kopf: Wäre es dann nicht möglich, daß nur eine Stelle darum befragt würde? Clay: Ich befürchte, Ihnen auf diesen Vorschlag mit einem Nein antworten zu müssen. Die Vorschläge der fünf Stellen liegen vor. Wir müssen daraus eine Auswahl treffen". Ich gebe Ihnen zu, daß es besser gewesen wäre, nur eine Stelle zu fragen. Sie sehen, daß wir immer noch dazu lernen, je länger wir in unserer Arbeit fortfahren. [10.] Wohnungsbau

Robertson: Wenn Sie, meine Herren, nichts mehr zur Sprache zu bringen haben, so möchte ich meinerseits eine Frage zur Erörterung stellen. Ich habe in letzter Zeit eine Reihe von Großstädten in der britischen Zone besucht und dabei mit großer Freude den Fortschritt wegen der Enttrümmerung und der Reparatur von Wohnungen festgestellt. Ein großer Teil der Arbeit betrifft jedoch nicht die Erstellung von Wohnungen; es werden Geschäftslokale, Läden, Kinos und dergleichen errichtet. Das ist eine schlechte Entwicklung angesichts der großen Zahl von Wohnungsuchenden. Es ist mir bekannt, daß als Grund für den geringen Bau von Wohnungen angeführt wird, daß der Wohnungsbau unrentabel wäre4'. Diese Frage müßte von den Landesregierungen gründlich geprüft werden48. Sie müssen entweder zu einer Neuregelung der Mieten kommen oder zur Gewährung von Zuschüssen für den Wohnungsbau oder zum Bau besonders billiger Wohnungen49. Lüdemann: Es fehlt uns sehr das Geld zum Wohnungsbau, das Geld, das die Geschäftsleute haben, die Schaufenster und Läden ausbauen. Maier: Ein gewisses Bedürfnis für den Ausbau von Läden muß anerkannt werden. Der Wohnungsbau ist jedoch im wesentlichen eine Geldfrage. In Württemberg-Baden haben die Einwohner meist selbst gebaut. Da sie jedoch ihre Mittel durch die Währungsreform im allgemeinen verloren haben, können sie sich diese Mittel, die sie früher bereitstellten, nicht selbst beschaffen. Deshalb hat der Landtag in Württemberg-Baden beschlossen, für Zwecke des Wohnungsbaues 60 Mio DM zur Verfügung zu stellen. Das hat die Bedeutung, daß insgesamt Wohnungen für 200-240 Mio DM errichtet werden. Freilich wird dadurch die Wohnungsnot im allgemeinen nicht

44

In seinem Schreiben an BICO vom 14. 1. 1949 hatte Pünder zu den genannten zwölf Mitgliedern für die „Deutsche Treuhandgesellschaft für die Eisen- und Stahl-Industrie" unter Bezugnahme auf eine Unterredung mit den Gen. MacReady und Adcock vom 22.12.1948 einer alliierten Anregung folgend fünf weitere Persönlichkeiten vorgeschlagen, welche neben den Interessen der Kleinaktionäre, der Gewerkschaften und der Einzelbetriebe die der Länderregierungen vertreten sollten (Z13/200). Diese Anregung blieb jedoch in der späteren Entscheidung unberücksichtigt.

45

In ihrem Memorandum vom 29. 11. 1948 (Z 4/520) hatte BICO angekündigt, daß es auch Vertreter der Eisen- und Stahlindustrie, der Gewerkschaftsverbände sowie bestimmter Berufsorganisationen, so der Organisation der Wirtschafts- und Betriebsprüfer, um Vorschläge bitten werde.

46

BICO berief mit Schreiben vom 4. 8. 1949 elf Stahltreuhänder (vgl. Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie, S. 111; Schmidt, Verhinderte Neuordnung, S. 195). Zur Errichtung der Stahltreuhändervereinigung siehe Vogel, Westdeutschland II, S. 248.

47

Die niedrigen Mieten deckten keineswegs die hohen Baukosten.

48

Die Zuständigkeit für den Wohnungsbau lag überwiegend bei den Wiederaufbauministern der Länder.

49

Vgl. die Ausführungen von Pünder zum Thema sozialer Wohnungsbau auf der Direktorialsitzung vom 2.2. 1949, Dok.Nr. 8, T O P 8. Die notwendigen Mittel konnten auf dem Kapitalmarkt nicht aufgebracht werden, so daß besondere Finanzierungsquellen (ζ. B. GARIOA-Gegenwertmittel) erforderlich waren.

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gemindert, weil wir in einem Jahre allein einen Zuwachs von 112 000 Menschen zu verzeichnen haben, worunter 80 000 Flüchtlinge sind50. Clay: Ihr Plan ist sehr begrüßenswert, er gibt aber nicht die entscheidende Antwort auf unsere Frage. Wenn es möglich ist, eine Anzahl von großen Wohnungen und Luxushäusern zu bauen, dann muß es auch einen Weg geben, kleine Wohnungen und kleine Häuser zu bauen. Wie Sie wissen, bin ich kein Sozialist und erst recht nicht ein Kommunist, wenn ich aber als Deutscher sehen würde, daß Leute in Bunkern wohnen, während auf der anderen Seite solch teure Wohnungen und Häuser errichtet werden, dann würde ich auch politisch radikal werden. Ich sehe nicht, daß für die kleinen Leute etwas geschieht. Brauer: Wer nach Hamburg kommt, ist zunächst beeindruckt von den vielen Geschäftslokalen und Schaufenstern in dem Stadtteil um den Bahnhof, der glücklicherweise nicht zerstört ist. Trotzdem muß ich sagen, daß der Wohnungsbau in Hamburg vorangeht. Wir errichten in diesem Jahre 12 000 Wohnungen, und zwar in der Hauptsache unter Benutzung der restlichen Baumassen, gerade um Ersparnisse wegen der Anlagen von Gas, Wasser und Strom zu machen. 12 000 Wohnungen sind so viel, als wir früher in bester Zeit jährlich gebaut haben. Wenn wir die Frage vom Standpunkt der Rentabilität anfassen würden, dann könnte allerdings überhaupt nicht gebaut werden. Clay: Ich muß aber wiederum betonen, daß alle diese Schwierigkeiten offenbar für den Luxusbau keine Geltung haben. Brauer: Die Schwierigkeit besteht darin, daß wir mit den für die Neubauten an sich erforderlichen Mieten nicht rechnen können und daß wir zur Zeit auch nicht die alten Mieten erhöhen können. Wollten wir das tun, dann würde das eine Lohnbewegung auslösen, die wir zur Zeit politisch nicht wollen. Nach 1918 haben wir vor derselben Frage gestanden. Damals wurden die Renten aus den alten Häusern erfaßt und zur Finanzierung des Baues neuer Wohnungen benutzt. Clay: Es ist mir berichtet worden, daß in Nordrhein-Westfalen ein Verfahren für Zementbauweise erfunden worden ist, wonach die Baukosten so gesenkt werden, daß der Wohnungsbau noch rentabel ist. Sie sollten sich mit diesen und ähnlichen Bauverfahren befassen. Wenn ich mir die Verhältnisse in Frankfurt betrachte, dann kann ich nur feststellen, daß in den besseren Wohnvierteln sich eine beträchtliche Bautätigkeit entwickelt hat, während in den Arbeitervierteln nicht gebaut wird. Brauer: In Hamburg ist das nicht der Fall. Ich würde mich freuen, wenn ich den Herren die Bautätigkeit in Hamburg einmal zeigen könnte, damit Sie sich selbst an Ort und Stelle einmal überzeugen. Robertson: Ich bin am 11. 3. [1949] in Hamburg und werde mir l'A Std. Zeit nehmen, um mit Ihnen durch Hamburg zu fahren. Hilpert: Der Finanzausschuß des Länderrats hat einen Arbeitsstab eingesetzt, der ausschließlich die Frage der Neubaufinanzierung prüft51. Ich hoffe, bis Ende März darüber einen geschlossenen Vorschlag machen zu können. 50

Zum Programm der Staatsreg. zur Behebung der Wohnungsnot für das Jahr 1949, das auf der 108. Sitzung des Landtages vom 10. 2. 1949 vorgelegt worden war, siehe Staatsanzeiger für Württemberg-Baden 1949, Nr. 9, S. 1 ff.

51

Der Arbeitsstab Wohnungsbau war anläßlich der gemeinsamen Sitzung der Finanz- und Innenminister aller Länder mit Vertretern der gemeindlichen Spitzenverbände am 4. 2. 1949 in Königstein ins Leben gerufen

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Clay: Bei dieser Gelegenheit möchte ich gegenüber Herrn Dr. Hilpert noch auf ein lokales Problem zu sprechen kommen. Ich bin sowohl Einwohner in Berlin wie auch in Frankfurt. Berlin hat keine Mittel, in Frankfurt als Mittelpunkt der Bizone und als Bewerber um den Regierungssitz werden große Mittel aufgewandt52. Unter diesen Umständen bin ich entsetzt über den Schmutz und die Trümmer in Frankfurt. Ich meine, die Stadt sollte sich schämen gegenüber Berlin. Brauer: Ich möchte noch folgendes hinzufügen: ^ Wer in Hamburg eine Wohnung bauen will, erhält dazu die erforderliche Genehmigung nur dann, wenn er gleicherweise Wohnraum für die Allgemeinheit bereitstellt. Der Bau von großen Wohnungen bringt uns also auch andere Wohnungen ein. Kopf: Das alles scheint mir nur eine Teillösung zu sein. Wir müssen entweder zu billigen Baustoffen und Bauweisen kommen oder Geld zur Verbilligung des Bauens aus öffentlichen Mitteln aufwenden. Clay: Nehmen Sie doch staatliche Anleihen zu billigen Zinsen auf, um den Wohnungsbau zu finanzieren53. Kopf: Dadurch werden wir nach meiner Überzeugung keine Mittel aufbringen. Clay: Dann sollten Sie diejenigen besteuern, die in der Lage sind, Luxusbauten auszuführen. Kopf: Der Ertrag solcher Steuern würde nicht genügen54. Clay: Er würde aber immerhin eine Hilfe bringen. Hilpert: Eine Erhöhung der Mieten um 10% würde einen Betrag von 400 Mio DM jährlich ausmachen. Dieser könnte für den Wohnungsbau Verwendung finden. Nach meiner Kenntnis sind in den besten Zeiten in der Bizone nur 320 Mio [DM] verbaut worden. Ich glaube nicht, daß es augenblicklich möglich wäre, diesen Betrag zu überschreiten. Es ist aber augenblicklich auch nicht möglich, eine Mieterhöhung durchzuführen. Clay: Die Lösung der Frage ist gewiß sehr schwierig. Sie müssen sich aber auf jeden Fall daran machen, sonst werden die sozialen Spannungen sehr wachsen. Wir wollen Ihnen hier keine festen Vorschläge machen, sondern Ihnen nur die Anregung geben, sich mit der Frage zu befassen. worden (Prot, in: Ζ 4/129, Bl. 32-36). Er tagte erstmals am 3. und 21.3.1949 und beschäftigte sich vor allem mit der Bereitstellung von Mitteln für die Erforschung moderner Baumethoden (Z4/173, Bl. 203-205). Siehe auch HStA Wiesbaden 506/175 und 176. 52

Zum Wohnungsbauproblem in Frankfurt und zur Finanzierung des bizonalen Bauprogramms siehe das Rundschreiben von FinMin. Hilpert an die FinMin. der Bizone vom 19. 1. 1949, das ihnen auf der 20. Sitzung des FinA. des LR am 21. 1. 1949 überreicht wurde ( Z 4/555, Bl. 17 und 52-54).

53

Zu Beginn des Jahres hatte das Land Niedersachsen seinen Gemeinden die Erhebung einer Wohnungsabgabe gestattet. Zu einer generellen Besteuerung für Wohnungsbauzwecke konnten sich die FinMin. der Länder anläßlich ihrer gemeinsamen Aussprache mit den IMin. und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände am 4 . 2 . 1 9 4 9 in Königstein nicht entschließen. Sie betonten vielmehr, „daß zur Förderung der Preissenkungstendenzen im Augenblick größte Zurückhaltung in der Nachfrage nach Baustoffen geboten ist, das gilt insbesondere für die öffentliche H a n d " (Kurzbericht über die Aussprache in: Ζ 4/129, Bl. 28).

54

Im Zweiten Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern des W R , welches der FinA. des LR auf seiner 22. Sitzung am 10. 2. 1949 erstmals behandelt hatte, war die steuerbegünstigte Ausgabe einer Wiederaufbauanleihe (§ 11-13) vorgesehen (Z 4/555, Bl. 157-158). Eine besondere Förderung sollte der Bergarbeiterwohnungsbau erhalten. Nachdem die D K B L im Jahre 1948 einen Kredit von D M 40 Mio gewährt hatte, sollten ab 1.1.1949 monatlich D M 16 Mio aufgebracht werden, wovon die D K B L D M 4 Mio übernahm und ein Anteil von D M 12 Mio auf die Länder entfiel (vgl. Pünder an B I C O vom 29.11.1948 in: Ζ 4/554, Bl. 296; Prot, der 18. Sitzung des FinA. des LR vom 13. 12. 1948, ebenda, Bl. 186).

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[11.] Flüchtlingswesen Robertson: Ich habe den Bericht über die Verhandlungen und die Entschließung in Hamburg gelesen. Darin wird die Ausweisung asozialer Elemente gefordert 55 . Für die britische Zone habe ich mir die Entscheidung in diesem Falle selbst vorbehalten. Schwieriger als die Entscheidung ist freilich die Durchführung solcher Maßnahmen. Es kommt hinzu, daß es auch sehr schwierig ist, eine Definition der asozialen Elemente zu finden. Die Übertragung dieser Aufgabe an deutsche Stellen kann durchaus erwogen werden. Ich bitte mir entsprechende Vorschläge vorzulegen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Münsterlager zu sprechen kommen. Es liegt der Antrag vor, es den deutschen Stellen zu übergeben. Dazu kann ich jetzt keine Antwort geben, weil wir in Niedersachsen große Unterbringungsschwierigkeiten haben. Es ist jetzt absolut notwendig, die Mannschaften für die Luftbrücke unterzubringen. Daher ist es durchaus möglich, daß wir für diesen Zweck das Münsterlager zurückbehalten werden. Was die Rücksendung von Personen in die Ostzone angeht, so können wir Zwang nur bis an die Grenze ausüben, wir haben jedoch keine Möglichkeit, die sowjetischen Dienststellen zur Aufnahme der Personen zu zwingen. Der Versuch, größere Massen von Personen zurückzuschicken, würde politische und soziale Schwierigkeiten bringen, die für alle Beteiligten sehr unsympathisch wären. Clay: Diese Problematik besteht für die amerikanische Zone nicht. Hier sind die Deutschen seit einem Jahr allein zuständig56. Maier: Wir stehen grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß wir die Flüchtlinge nicht in die Ostzone zurückschicken sollen. Wir haben von der uns gegebenen Befugnis nur in ganz ganz seltenen Fällen Gebrauch gemacht 57 . Clay: Wir würden wahrscheinlich strenger vorgehen. Maier: Als die Württemb[erg-Badische] Regierung kürzlich sich entschloß, 67 Jugend-

55

Vgl. die nachfolgenden Ausführungen von MinPräs. Arnold.

56

Zur Behandlung der illegalen Grenzgänger in Hessen siehe Erlaß des Hess. IMin. an die RegPräs. in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden vom 8. 1. 1949 in: HStA Wiesbaden 506/78.

57

Nach den für die brit. Zone geltenden sog. Braunschweiger Richtlinien vom 6.2.1948 (Z12/12, Bl. 145) war zwar geregelt, welcher Personenkreis aufzunehmen und unterzubringen war, doch fehlten Bestimmungen über die Behandlungsweise von abgewiesenen Personen, die eine Rückkehr in die Sowjet. Zone ablehnten. Auch ein zwangsweiser Rücktransport scheiterte an fehlenden rechtlichen Handhaben. In einem Bericht des SozMin., des IMin. und des Min. für Wiederaufbau des Landes NRW vom Januar 1949 heißt es hierzu: „Die Folge davon ist, daß ein großer Teil dieser Personen in den Ländern vagabundiert und dadurch in zunehmendem Maße die öffentliche Sicherheit gefährdet. Viele dieser Personen, die an sich noch sozial intakt sind, geraten auf diese Weise in die Gefahr, asozial oder kriminell zu werden". Zur Lösung des Problems wurde ein breiter Katalog von Maßnahmen vorgeschlagen (ebenda, Bl. 140-144). NRW war nach einer Verfügung der MilReg. vom 23. 12. 1947 verpflichtet, alle illegalen Grenzgänger zu übernehmen, welche die Zonengrenze im Bereich des Landes Schleswig-Holstein überschritten hatten; es strebte nicht nur eine Revision dieser Verfügung an (MinPräs. Arnold an Gen. Bishop vom 30. 4.1949 in: HStA Düsseldorf NW 179-704), sondern regte auch an, diesen Personenkreis im Rahmen der Aufnahmeverpflichtung der Länder der franz. Zone besonders zu berücksichtigen. Die brit. MilReg. zog eine Aufhebung der Verfügung in Erwägung (Gen. Bishop an MinPräs. Arnold vom 15. 6. 1949 in: HStA Düsseldorf NW 53-400 II, Bl. 122-123), wenn es gelingen sollte, zwischen den Ländern eine dem Arbeitsmarkt gerecht werdende Lösung zu erzielen. Dies wurde dann weitgehend durch die Vereinbarung von Uelzen vom 21.7.1949 erreicht (vgl. Dok.Nr. 73, TOP 3). Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 35, TOP 11.

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liehe nach der Ostzone zurückzuschicken, wurde sie deswegen in der „Neuen Zeitung" angegriffen; es wurde diese Maßnahme als ein politischer Skandal bezeichnet58. Clay: Wenn wir Ihnen Vollmachten geben, dann schließen wir nicht aus, daß wir Kritik üben, wenn Sie von den Vollmachten Gebrauch machen. Arnold: Die Frage der Flüchtlinge ist auf der Konferenz der Ministerpräsidenten in Hamburg nicht behandelt worden. Es kann daher auch eine Entschließung der Ministerpräsidenten zu dieser Frage nicht vorliegen. Wahrscheinlich handelt es sich um die Flüchtlingskonferenz in Hamburg, mit der wir nichts zu tun haben59. Clay: Ich gebe zu, daß ich mich geirrt habe. Hilpert: Die Verhältnisse in Hessen sind noch dadurch besonders schwierig, daß in der Verfassung das Asylrecht verankert ist.

58

Die Kritik der Neuen Zeitung in ihrer Ausgabe vom 25.1.1949hattesichvorallemdaranentzündet,daßdie Ausweisung auf Veranlassung des KPD-Mitglieds und Staatsbeauftragten für das Flüchtlingswesen in Württemberg-Baden, Bettinger, erfolgt war.

59

Gemeint ist eine Konferenz über deutsche Flüchtlingsfragen, die vom 22.-25. 2. 1949 unter Leitung der Flüchtlingsabteilung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Hamburg stattgefunden hatte. Siehe Z35/325, Bl. 42.

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Nr. 18

50. Direktorialsitzung

2. 3. 1949

Nr. 18 50. Direktorialsitzung in Frankfurt 2. März 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 1-5. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 4. 3.1949 1 TO: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 245-246 Anwesend2: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Frohne, Stellv.Dir. Kaufmann, Stellv.Dir. Kriege, Stellv.Dir. Niklas, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) Abt. Leiter Jerratsch (zeitw.) (VELF); MinR. Senftieben (zeitw.) (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); MinDir. Schalfejew (VfW) MinDir. Oppler, MinDirig. Lentz (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDir. a.D. Harmening, MinR. Schmölder (Büro für Währungsfragen); Präs. Schreiber (Amt für Fragen der Heimatvertriebenen) MinDir. a.D. Schniewind, MinR. v. Elmenau, Klewitz, Schulte (DirK.)

[1. Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin"] Vor Eintritt in die Tagesordnung bringt Stellv.Dir. Kriege den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" ein3. Stellv.Dir. Zaubitzer wendet ein, daß Drucksachen und Geschäftspapiere von der Abgabe in Höhe von zwei Pfennig befreit werden sollen. D a die Einbeziehung dieser Postsendungen nicht im Gesetz, sondern in den Durchführungsbestimmungen enthalten ist4, müßte ihre Herausnahme bei Abänderung der Durchführungsbestimmungen berücksichtigt werden. Der Verwaltungsrat stimmt der Vorlage zu und beschließt gleichzeitige Zuleitung an Länderrat und Wirtschaftsrat 5 . Wegen der Ausnahme der Drucksachen und Geschäftspapiere soll bei Beratung der Durchführungsbestimmungen in den Ausschüssen die Entscheidung getroffen werden 6 . [2.] Bereitstellung von 10 Millionen DM für Zwecke des Deichbaus und der Wasserwirtschaft in Schleswig-Holstein aus Haushaltsmitteln der Verwaltung des VWG7 Stellv.Dir. Kriege betont, daß der schleswig-holsteinische Finanzminister Schenk sich mit der Einstellung von zunächst nur 5 Millionen [DM] in den Haushalt des Vereinigten

1

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau, in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 8-11.

2

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 12.

3

Entwurf der VfF mit Begründung vom 24. 2. 1949, ebenda, Bl. 31-42. Das ursprüngliche Gesetz zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" vom 8.11.1948(WiGBl. 1948, S. 118) sollte hierdurch über den 30. 4. 1949 hinaus (vgl. Dok.Nr. 13, TOP 6) verlängert werden. Siehe hierzu auch Β 126/11 660.

4

Siehe VO zur Durchführung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" vom 8.11.1948, WiGBl. 1948, S. 121. Pünder übersandte dem WR und dem LR den Gesetzentwurf mit Schreiben vom 3.3.1949 (Z13/181, Bd. 2, H. 5), ohne auf die ungeklärte Frage hinzuweisen.

5

6

Der Ausschuß für Finanz- und Steuerwesen des WR beschloß auf seiner Sitzung vom 22.3.1949 (Prot, in: Ζ 3/85), „es bei der bisherigen Abgabe auf Postsendungen in der bisherigen Höhe und dem bisherigen Umfang zu belassen". Der WR verabschiedete das Gesetz am 24.3.1949, der LR stimmte ihm am 31.3.1949 zu, und die MilReg. genehmigten es am 12. 4. 1949. Es trat am 11. 4. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 56).

7

Vgl. Dok.Nr. 1 A, TOP 4.

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50. Direktorialsitzung

2.3.1949

Nr. 18

Wirtschaftsgebietes 1949/50 einverstanden erklärt hätte 8 . Sollte im Laufe des ersten Etathalbjahres dieser Betrag zur Gänze verbaut worden sein, kann eine Einstellung der weiteren 5 Millionen [DM] in den Nachtragshaushalt später vorgenommen werden. Der Direktor der Verwaltung für Post- und Fernmeldewesen wird gebeten, den Kassenkredit für Schleswig-Holstein in Höhe von 8 Millionen [DM], der am 3 1 . 3 . 1 9 4 9 fällig wäre, zu verlängern. Es wird beschlossen, daß neben den 4,1 Millionen [DM], welche schon im Haushaltsplan 1949/50 für wasserwirtschaftliche Zwecke vorgesehen sind, nochmals 5 Millionen [DM] in den Haushaltsplan eingesetzt werden sollen'. [3. Ausscheiden von Stellv.Dir. Kaufmann] Außerhalb der Tagesordnung beglückwünscht ODir. Pünder Stellv.Dir. Kaufmann zur Ernennung zum Württemberg-Badischen Finanzminister und gibt dem allgemeinen Bedauern des Verwaltungsrates über den bevorstehenden Weggang Kaufmanns Ausdruck. Kaufmann dankt den Mitgliedern des Verwaltungsrates und gibt der Hoffnung auf eine gute Zusammenarbeit mit den Verwaltungen des VWG in seiner Eigenschaft als Mitglied des Länderrats Ausdruck. [4.] Gesetz über die Gleichstellung der in das zivile Arbeitsverhältnis überführten ehemaligen Kriegsgefangenen10 [Den Einwendungen des LR" folgend beschließt der V R einige textile Änderungen sowie die sofortige Überweisung des Entwurfs an den WR 12 .] [5. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes13] Nach Ausführungen von Präs. Schreiber" wird beschlossen, den Zentralbankrat zu bitten, die Beschlußfassung über den Entwurf 5 zurückzustellen, bis der Verwaltungs-

8

In einem Fernschreiben an Hartmann vom 3. 3.1949 (siehe Schreiben des Bevollm. Suchan an v. Elmenau vom 4. 3. 1949 in: Ζ 13/318) bezeichnete der schleswig-holsteinische Landesminister Schenck dies als ein Mißverständnis. Er habe die Versicherung, die Bizone könne nicht mehr als DM 5 Mio für 1949 zur Verfügung stellen, lediglich zur Kenntnis genommen. „Das sollte selbstverständlich nicht ein Verzicht auf die weiter geforderten 5 Millionen DM bedeuten, ohne die der dringendste Teil des Wasserwirtschaftsprogramms unter keinen Umständen durchgeführt werden könnte". Die Landesreg. bezifferte unterdessen den Betrag, der für dringendste Sofortmaßnahmen benötigt wurde (siehe Schreiben von Suchan an v. Elmenau vom 1. 3.1949, ebenda) auf DM 11,6 Mio, was eine Steigerung um 3,6 Mio gegenüber dem Ansatz des Vorjahres (vgl. Dok.Nr. 1 A, Anm. 11) bedeutete.

9

Siehe Haushalt der VELF für das Rechnungsjahr 1949 (Z 13/131, Bd. 4), Kap. 1, Titel 33. Vgl. Dok.Nr. 5, TOP 5. Siehe Schreiben des LR an Pünder vom 18. 2. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 20. Nachdem der WR am 24./25. 3.1949 (WR-Wörtl. Ber.,S. 1543) das Gesetz in erster Lesung verabschiedet hatte, beriet sein Ausschuß für Arbeit hierüber. Er kam zu dem Ergebnis (WR-Drucks. Nr. 1251), daß wegen der begrenzten gesetzgeberischen Zuständigkeit des WR eine Überweisung an den zukünftigen Bundesgesetzgeber angeraten sei. Stattdessen verabschiedete der WR am 23. 5.1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1676f.) eine Entschließung, durch welche der VR aufgefordert wurde, entsprechende Regelungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung durch zwischenstaatliche Vereinbarungen herbeizuführen.

10 11 12

13

Vgl. Dok.Nr. 2, TOP 5 und Dok.Nr. 15, TOP 7.

14

Vgl. dessen Ausführungen vor dem Flüchtlingsausschuß des WR am 22. 3.1949 (Prot, in: Ζ 3/84 sowie Ζ 4/ 556, Bl. 108-109). Entwurf in der Fassung vom 9. 2. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 21-29.

15

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N r . 18

2. 3 . 1 9 4 9

50. Direktorialsitzung

rat in spätestens zwei Wochen nochmals dazu Stellung nehmen konnte' 6 . Eine Besprechung zwischen dem Büro für Währungsfragen i[n] Abwicklung], der Verwaltung für Finanzen und dem Leiter des Amtes für Fragen der Heimatvertriebenen wird am 8. 3. [1949] stattfinden. [6. Abwicklung des Büros für Währungsfragen] Außerhalb der Tagesordnung wird über die Abwicklung des Büros für Währungsfragen beraten und beschlossen, daß die Verwaltung für Finanzen die Abwicklung zu übernehmen hat17. Der erforderliche Abwicklungsbetrag von höchstens 10 000 D M im Monat für etwa Vi Jahr soll in den Haushalt der Verwaltung für Finanzen eingestellt werden. [7.] Besprechungspunkte mit den BICO-Chairmen und Herren Militärgouverneuren am 10. bzw. 15. 3.19491»

[. . .] [8.] Entwurf eines Schreibens des Vorsitzers des Verwaltungsrates an die Finanzberater der Militärregierung wegen Kreditanstalt für Wiederaufbau19 Nach Vortrag von MinDir. a.D. Schniewind beschließt der Verwaltungsrat, den Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu ermächtigen, für den Verwaltungsrat des V W G mit der Militärregierung in Kreditangelegenheiten zu verhandeln. Der Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau soll sich jedoch der grundsätzlichen Zustimmung des Verwaltungsrates des V W G vorher versichern und letzteren durch Übersendung von Abdrucken jederzeit informieren. Der Vorsitzer des Verwaltungsrates wird den Finanzberatern der Militärregierung eine entsprechende Mitteilung machen und die Kreditanstalt für Wiederaufbau um Bestätigung des agreement bitten20.

16

Vgl. Dok.Nr. 21, TOP 4.

17

Siehe Ζ 13/144.

18

Siehe Dok.Nr. 20.

19

Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 30.

20

Mit Schreiben vom 11.2.1949 (Z13/303) hatte BICO bekräftigt, daß die KfW ermächtigt war, der Finance Group von BICO Berichte und Auskünfte, „die von diesem als für die Ausübung seiner Überwachung erforderlich werden", direkt zu unterbreiten. Der Katalog der angeforderten Berichte war in der Anlage zu diesem Schreiben aufgeführt worden. Zur grundlegenden Frage der gesetzlichen Aufsicht der MilReg. über die Kreditanstalt nahm das Rechtsamt mit Schreiben an Pünder vom 4.3.1949 (ebenda) Stellung. Es kam zu dem Ergebnis, daß das unmittelbare Aufsichtsrecht dem VR überlassen worden sei und die MilReg. sich mit der Oberaufsicht begnügt habe. Der unmittelbare Verkehr der MilReg. mit der Bank unter Umgehung des VR bei Beschränkung auf die Oberaufsicht sollte daher regelmäßig ausgeschlossen werden. In seinem Schreiben an die Finanzberater der MilReg. vom 3. 3. 1949 (ebenda) bestätigte Pünder jedoch, „daß die Kreditanstalt für Wiederaufbau bei ihren Vorlagen über Kreditangelegenheiten an die Militärregierung im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes handelt". Auf Beschluß des Verwaltungsrats der Kreditanstalt vom 31.3.1949 teilte Schniewind mit Schreiben an Pünder vom 7. 4. 1949 daraufhin mit, daß dem VR von den Vorlagen der Kreditanstalt an die MilReg. vorher Kenntnis gegeben werde. Die Direktion der Kreditanstalt interpretierte mit Schreiben vom 8. 4. 1949 an Pünder (ebenda) diese Zusage dahingehend, daß es sich hierbei nicht um den normalen Schriftverkehr handele. „Wir verstehen Ihre Äußerung vielmehr dahin, daß wir gehalten sind, Ihnen grundsätzliche Fragen unserer Kreditplanung und Kreditpolitik vorzutragen, bevor wir uns der Militärregierung gegenüber bindend festlegen". Pünder bestätigte diese Auffassung mit Schreiben vom 14. 7. 1949 (ebenda).

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50. Direktorialsitzung

2. 3 . 1 9 4 9

Nr. 18

[9.] Personalfragen [Ernennung und Versetzen von Beamten] [10. Einladungen zu den Sitzungen des H p t A . des W R ] [· · ·] [11. Treibstoffsteuergesetz 21 ] [. . .] [12. Wertpapierbereinigungsgesetz] A u ß e r h a l b d e r T a g e s o r d n u n g trägt Stellv. Dir. Kriege v o r , d a ß d a s W e r t p a p i e r b e r e i n i g u n g s g e s e t z sich v o r d e r F e r t i g s t e l l u n g befindet 2 2 . E s wird b e r a t e n , o b d i e M i l i t ä r r e g i e rung o d e r d e r W i r t s c h a f t s r a t d a s G e s e t z e r l a s s e n soll. D i e F r a g e w i r d z u r ü c k g e s t e l l t u n d z u g e s t i m m t , d a ß e i n A u s s c h u ß a u s 16 P e r s o n e n ( s e c h s A b g e o r d n e t e d e s Wirtschaftsrates, vier Mitglieder des Länderrates, ein Vertreter der Stadt Berlin und vier oder fünf Vertreter der französischen Z o n e ) zu einer Vorberatung z u s a m m e n t r e t e n soll 23 . D a n n wird d i e V o r l a g e d e m V e r w a l t u n g s r a t z u g e l e i t e t w e r d e n . [13.] Bericht über Abänderungsvorschläge zum Gesetz Nr. 15 der Militärregierung - Beamtengesetz D e r V e r w a l t u n g s r a t b e s c h l i e ß t , d i e M i l i t ä r r e g i e r u n g u m G e n e h m i g u n g d e r als A n l a g e 1 b e i g e f ü g t e n A b ä n d e r u n g s v o r s c h l ä g e 2 4 z u b i t t e n , w e l c h e u n v e r z ü g l i c h d e r Militärreg i e r u n g v o r z u l e g e n sind 2 5 . G l e i c h z e i t i g s i n d d e r P r ä s i d e n t d e s W i r t s c h a f t s r a t e s u n d d e r Vorsitzende des Beamtenrechtsausschusses26 zu verständigen.

21

22

23

24

Der mit Schreiben der VfF vom 26. 2. 1949 (Z13/165, Bd. 3, H. 2) vorgelegte überarbeitete Gesetzentwurf entsprach der Auffassung des vom VR eingesetzten Ausschusses (vgl. Dok.Nr. 8, TOP 5). Bereits im Laufe des Jahres 1948 waren mehrere Gesetzentwürfe (siehe Fassung vom 12.11.1948 in: Β126/ 12 188) mit Vertretern der Kreditwirtschaft und der Industrie erörtert worden (vgl. Stellungnahme des Rechtsausschusses Industrieller Verbände an die VfF vom 3. 3. 1949 in: Ζ 13/128, Bd. 13, Η. 1). In Vorbereitung befand sich die Fassung vom 15. 3. 1949 (mit Erläuterungen in: Β 126/12 188). Diese fand am 17. 3. 1949 in Bad Homburg statt (Protokollvermerk mit Liste der Ausschußmitglieder, ebenda). In dieser Besprechung wurde beschlossen, den Entwurf in einem Sonderausschuß, der personell mit dem zum 17. 3. 1949 zusammengerufenen weitgehend identisch sein sollte, weiter zu behandeln. Als Ergebnis dieser Beratungen wurde der Gesetzentwurf in der Fassung vom 23. 5. 1949 erarbeitet, über den der VR am 1. 6. 1949 erstmals beriet (vgl. Dok.Nr. 44, TOP 17). Der Katalog der nicht zum Abdruck gelangenden Abänderungsvorschläge (Z 13/260) war vom Beamtenrechtsausschuß des VR auf seiner Sitzung vom 24. 2.1949 erarbeitet worden (Prot, in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 13-16).

25

Seinem Schreiben an BICO vom 3. 3. 1949 (Z 4/200), in welchem sich Pünder auf die Unterredung mit Dayton und Fliess vom 23. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 16) bezog, fügte Pünder eine Aufstellung der Änderungsvorschläge hinzu, die weitgehend auf dem Arbeitsergebnis des Ausschusses beruhte. Zusätzlich wurden die einzelnen Vorschläge begründet. - Mit Schreiben vom 27. 4.1949 (Z13/260) ging BICO auf die Änderungswünsche ein. Die Erste Änderung zum Gesetz Nr. 15 trat schließlich am 20. 5. 1949 in Kraft (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. N, S. 3).

26

Gemeint ist der Vors. des Beamtenrechtsausschusses des WR, der SPD-Abg. Arndt. Dieser Ausschuß beriet am 4. 3. 1949 (Prot, in: Ζ 3/84) über Änderungsmöglichkeiten zum MilReg. Gesetz Nr. 15.

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Nr. 19

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G e n . K o e n i g mit Regierungschefs der franz. Z o n e

Nr. 19 Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone in Baden-Baden1 11. März 1949 StA Sigmaringen Wü 2/9. Von Müller und Donndorf gez., undat. Protokollentwurf 2 Anwesend: Gen. Koenig, Gouv. Widmer, Gouv. Ρέηε 3 , Gouv. Brozen-Faverau 4 , GenDir. Meyer 5 , le Vert 6 , de Varreux 7 (franz. MilReg.) StPräs. Wohleb (Baden); MinPräs. Altmeier, StS. Haberer (Rheinland-Pfalz); StPräs. Müller, ORegR. Donndorf (Württemberg-Hohenzollern)

[Beginn: 15.00 Uhr] [1. Ausführungen zur politischen Lage]

[Gen. Koenig:] Sie wissen, daß die drei Militärbefehlshaber unter dem Vorsitz von General Robertson vor einigen Tagen eine Abordnung des Parlamentarischen Rats unter Führung von Dr. Adenauer empfangen haben, wobei in deutscher Sprache eine Note verlesen wurde, die gewisse Einwände der Militärbefehlshaber zu dem Bonner Grundgesetz in seiner augenblicklichen Fassung enthält8. Diese, einer föderalistischen Gesinnung entspringenden Einwände, haben den Parlamentarischen Rat vermutlich aufhorchen lassen. Einige Mitglieder der Abordnung und vielleicht auch sonst einige maßgebende deutsche Persönlichkeiten mögen der Ansicht sein, daß die übergebene Note ein ausschließliches Machwerk der Franzosen ist. Dem ist aber nicht so. Ich glaube, kein Geheimnis zu verraten, wenn ich Ihnen sage, daß der englische Militärbefehlshaber das Grundgesetz in der vorliegenden Form akzeptiert hätte, während den Amerikanern und Franzosen gewisse Artikel zu Beanstandungen Anlaß gaben9. 1

Die Besprechung fand in der Villa Maria Halden, dem Sitz des franz. Oberkommandierenden in Deutschland statt.

2

Mit handschr. Vermerk „96. Sitzg. d. StMin. Zi. 1" versehen und als „Aktenvermerk" bezeichnet.

3

Ρέηε, MilGouv. von Baden.

4

Brozen-Faverau, Stellv. MilGouv. von Rheinland-Pfalz.

5

Simon Meyer, GenDir. beim franz. Oberkommando in Baden-Baden. le Vert, Leiter der Division des Transports et Poste, T£lggraphie, Tdliphonie beim franz. Oberkommando in Baden-Baden.

6

7

de Varreux, Leiter des Verbindungsstabes der franz. MilReg. beim Zweimächtekontrollamt in Frankfurt.

8

Siehe Prot, der Konferenz der drei MilGouv. mit Vertretern des Pari. Rats vom 2. 3. 1949 in Frankfurt (Z 12/9, Bl. 261-265). Bei dieser Gelegenheit wurde den deutschen Vertretern die Stellungnahme der MilGouv. zum GG-Entwurf überreicht (Denkschrift vom 2. 3. 1949 in: Ζ 12/78, Bl. 106-110). Dieser Entwurf war vom HptA. des Pari. Rats am 10. 2. 1949 in dritter Lesung verabschiedet worden (Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., 51. Sitzung, S. 673 ff.).

9

Auf alliierter Seite hatten zunächst die politischen Berater zu dem Verfassungsentwurf Stellung genommen (Murphy an Acheson vom 25. 2. 1949 in: Foreign Relations 1949/III, S, 207 ff.). Auf einer Konferenz vom 1.-2. 3. 1949 hatten sodann die MilGouv. versucht, eine gemeinsame Position zu finden (Memorandum von Riddleberger an Murphy über den Verlauf der Konferenz vom 3. 3. 1949, ebenda, S. 212 ff.). Der Bericht von Riddleberger vermittelt den Eindruck, daß Koenig die einzelnen Bestimmungen des GGEntwurfs am schärfsten attackierte, während Robertson kaum in die Debatte eingriff, tendenziell jedoch den vorliegenden Entwurf unterstützte. Clay bemühte sich derweil - überwiegend erfolgreich - zu vermitteln, und tragbare Kompromißvorschläge durchzusetzen. Siehe auch Grabbe, Grundgesetzentwurf, S. 397.

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G e n . K o e n i g mit Regierungschefs der franz. Z o n e

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N r . 19

Meine Stellungnahme als Franzose ist Ihnen bekannt. Ich bin, was die zukünftige Verfassung Deutschlands betrifft, sehr föderalistisch. Nicht etwa, um den im Mittelalter bestehenden Zustand wiederherzustellen, sondern um die Neugestaltung Europas möglichst schnell zu verwirklichen. Europa kommt nur zustande, wenn Deutschland ein echter Bundesstaat wird. Daß mein amerikanischer Kollege sich ebenfalls sehr föderalistisch gezeigt hat, löste einige Überraschung aus, weil man geglaubt hatte, daß die Amerikaner und insbesondere General Clay in bezug auf die Gestaltung Deutschlands Zentralisten seien. Diese Tendenz besteht aber nur für die augenblicklichen wirtschaftlichen Verhältnisse, während bei einem die Zukunft maßgeblich bestimmenden Dokument, wie dem Bonner Grundgesetz, es sich gezeigt hat, daß die Amerikaner Föderalisten sind. Sie gehen darin vielleicht nicht so weit wie wir, aber sie sind doch ausgesprochene Föderalisten' 0 . Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang eine bezeichnende Anekdote erzählen: Ein Mitglied der Delegation fragte General Clay, ob er glaube, daß ein einheitliches Parlament aus Abgeordneten gebildet werden könne, welche aufgrund von neun oder elf verschiedenen Wahlgesetzen gewählt worden seien. Darauf hat ihm General Clay eine Reihe nicht angenehmer Antworten gegeben mit der Bemerkung, das amerikanische Parlament bestünde aus Abgeordneten von 48 Staaten, die auf Grund verschiedener Wahlgesetze gewählt seien und dieses Parlament sei sehr arbeitsfähig". Die Note der Militärbefehlshaber an den Parlamentarischen Rat ist als Kompromiß zustande gekommen, nachdem zwei der Befehlshaber eine föderalistische Gestaltung Deutschlands befürwortet hatten. Die Franzosen hätten den Ländern gerne größere Kompetenzen übertragen, die Engländer geringere, die Amerikaner vielleicht 75% dessen, was die Franzosen haben wollten und so hat man sich schließlich auf 55-60% der französischen Vorschläge geeinigt. Anschließend haben wir unsere Einwände der Abordnung des Parlamentarischen Rats unterbreitet. Es handelt sich dabei so wenig um ein Diktat, wie die Frankfurter Dokumente ein solches gewesen sind. Die Note stellt vielmehr unser äußerstes Angebot dar. Wenn der Parlamentarische Rat das Grundgesetz im Sinne der Note abändert, werden wir unsere Zustimmung geben, und ich kann Ihnen sagen, daß wir uns praktisch gegenseitig hierzu verpflichtet haben. Lehnt der Parlamentarische Rat dagegen eine Berücksichtigung der Einwände ab, wozu er berechtigt ist, werden wir wahrscheinlich unsere Zustimmung zu dem Grundgesetz nicht geben, da gewisse Bestimmungen desselben mit den Londoner Empfehlungen 12 nicht vereinbar sind. Die Lage ist ungefähr dieselbe wie am 1. 7. 1948. Damals haben wir Sie nicht gezwungen, sondern Ihnen Zeit zur Überlegung gelassen; jetzt müssen wir auch das Ergebnis unserer Intervention abwarten. Was sagen nun aber die Länder zu unserer Note13? Die drei Militärbefehlshaber haben 10

Diese grundlegende Fragestellung tauchte insbesondere bei der Beratung der Bestimmungen zur Finanzverfassung auf. Dem Memorandum von Riddleberger folgend (vgl. Anm. 9) vermittelte Clay erneut zwischen den Positionen von Koenig und Robertson. "By skillful and persuasive argument, and with frequent reference to our own tax system" habe Clay schließlich Koenig überzeugt, daß Bundessteuern auch vom Bund verwaltet werden sollten.

11

Vgl. die Antwort von Clay auf eine ähnliche Frage von Brauer in: Dok.Nr. 7, TOP 3. Auf der Besprechung vom 2. 3. 1949 (vgl. Anm. 8) hatte Clay so dem Abg. Schmid geantwortet.

12

Siehe Schlußkommuniqui der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz vom 7 . 6 . 1948 in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 1. Grundlegend war vor allem Dokument Nr. I der Frankfurter Dokumente vom 1. 7. 1948, ebenda, Dok.Nr. 4.

15

Siehe hierzu ausführlich Dok.Nr. 22.

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G e n . K o e n i g mit R e g i e r u n g s c h e f s der franz. Z o n e

ihre Verbindungsoffiziere und ihre besten Sachverständigen in Wirtschafts- und Finanzfragen nach Bonn geschickt, um dort zu verhandeln14. Wenn die Länder ihrerseits eine bessere Lösung als die von uns vorgeschlagene finden, sind wir gerne bereit, sie anzunehmen. Sie haben jetzt die Möglichkeit, in Bonn Ihren Einfluß geltend zu machen, unter der Voraussetzung, daß Ihre Vorschläge nicht zentralistischer sind als unsere Note15. In unserem Memorandum kommt zum Ausdruck, daß das Wahlgesetz nicht in das Grundgesetz eingebaut werden darf 6 . Diese These entspricht der amerikanischen Auffassung. Wir haben Dr. Adenauer gesagt, daß andererseits die Zahl der Abgeordneten für jedes Land im Grundgesetz festgelegt werden muß. Es steht dem Parlamentarischen Rat frei, den Ländern für die Wahlen ein Modellgesetz zu unterbreiten, damit keine zu großen Unterschiede in den einzelnen Wahlgesetzen auftreten. Das Wahlgesetz muß aber von jedem Land selbst erlassen werden. Es schien uns, als ob diese Mitteilung die Abordnung des Parlamentarischen Rats am meisten in Aufregung versetzt habe, obwohl es sich hier meiner Ansicht nach, abgesehen von der vorerwähnten Bemerkung von General Clay", um eine Bestimmung handelt, die in einem föderalistischen Staate üblich ist. Nach Übergabe unserer Note schien es uns erst, als ob eine Änderung des Grundgesetzes in der gewünschten Weise auf keine großen Schwierigkeiten stoßen würde. Inzwischen haben wir aber den Eindruck gewonnen, daß dies doch nicht so leicht ist. Der Parlamentarische Rat muß nun seine Entscheidung treffen, so wie wir die Verantwortung dafür übernommen haben, unsere Warnung auszusprechen. Ich glaube, Sie sollten in der Zwischenzeit Ihren Einfluß auf Ihre Abgeordneten beim Parlamentarischen Rat in der Ihnen richtig erscheinenden Richtung geltend machen. Ich wiederhole dabei, daß wenig Aussicht auf Annahme des Grundgesetzes besteht, wenn es nicht in der angegebenen Weise verbessert wird. In diesem Fall würde vielleicht ein weiterer Versuch mit einem anderen Gremium gemacht werden. Jedenfalls aber wären wir gezwungen, mit unseren Regierungen Verbindung aufzunehmen, damit diese über die Rückwirkung der Ablehnung der Verfassung auf die Londoner Empfehlungen beraten könnten. Ich persönlich würde meiner Regierung empfehlen, nochmals einen Versuch mit einem neuen Gremium zu machen. Über das Besatzungsstatut wird, wie Sie wissen, noch in London beraten18. In fast allen Punkten konnte Übereinstimmung erzielt werden und wenn dies auch in Bezug auf die Ausübung der Besatzungskontrolle der Fall wäre, würde das Besatzungsstatut schon unterschrieben sein. Es entspricht dem Ihnen am 1. 7. 1948 von mir verlesenen

14

Prot, der Sitzungen der alliierten Verbindungsoffiziere mit Vertretern des Pari. Rats vom 8. 3., 10. 3. und 18. 3. 1949 in: St B K A H 150.

15

Handschr. korrigiert aus: „Natürlich können Ihre Vorschläge nicht über die Note hinaus in zentralistischer Richtung gehen".

16

Vgl. Anm. 8.

17

Vgl. Anm. 11.

18

Zum Stand der Beratungen in London über das Besatzungsstatut siehe Telegramm von Außenminister Acheson an die US-Botschaft in London vom 11. 3. 1949 in: Foreign Relations 1949/III, S. 50 f. Aus amerik. Sicht galt es, jene franz. Bestrebungen zu unterbinden, die darauf gerichtet waren, das Besatzungsstatut möglichst weit zu fassen, um dadurch die Kompetenzen der zukünftigen Bundesregierung einzuengen.

270

Gen. Koenig mit Regierungschefs der franz. Zone

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Dokument III", und ich bin bereit, Ihnen dem Sinne nach schriftlich den Inhalt des Besatzungsstatuts zu Ihrer persönlichen Orientierung schon jetzt zu übergeben20. General Robertson hat bei der kürzlichen Unterredung 21 Dr. Adenauer gegenüber im Namen der drei Militärbefehlshaber geäußert, er könne den Text des Besatzungsstatuts nicht übergeben, da es noch nicht die Billigung unserer Regierungen gefunden habe, daß aber in demselben nichts enthalten sei, was mit der Verfassung in ihrer jetzigen Form und mit unseren Einwänden im Gegensatz stehe. Es ist übrigens im Besatzungsstatut ein Schiedsgericht vorgesehen22, obwohl dies in den Londoner Empfehlungen nicht festgelegt ist. Das ganze Besatzungsstatut hängt in weitem Maße von der Kontrollfrage ab und hierbei wünscht, solange eine Kontrolle ausgeübt wird, meine Regierung genau so mitzureden, wie die beiden anderen Besatzungsmächte. Die französischen Vorschläge für eine Drei-Mächte-Kontrolle sind sehr vernünftig23. Leider - und damit verrate ich kein Geheimnis, denn es wurde bereits im Rundfunk darüber gesprochen - sind die von den USA gemachten Gegenvorschläge für die französische Regierung nicht annehmbar. Dadurch wird eine Verzögerung eintreten. Wenn ich zutreffend unterrichtet bin, will andererseits die SPD die Endabstimmung über das Grundgesetz hinausgeschoben wissen, bis der Text des Besatzungsstatuts bekannt ist". Dies bedeutet auch eine gewisse Verlangsamung. Was die Neugliederung im südwestdeutschen Raum anbetrifft, so werden sich die Militärbefehlshaber mit dieser Frage sehr intensiv zu befassen haben. Ich weiß noch nicht, welches die endgültigen Richtlinien meiner Regierung sein werden, aber wenn sich nichts Wesentliches mehr ändert, sind wir damit einverstanden, daß an die Bevölkerung von Württemberg und Baden die Frage gestellt wird, ob sie sich zu einem Land zusammenschließen will, wobei eindeutig zum Ausdruck kommen muß, daß die alten Länder Baden und Württemberg wiederhergestellt werden, wenn der Gesamtzusammenschluß nicht zustandekommt 25 . Aber auch hier ist es die Kontrollfrage, über welche noch verhandelt wird. Was Kehl anbetrifft, so wissen Sie, daß die Stadt Ihnen mit Bestimmtheit zurückgegeben wird. Man wird sich bemühen, in dieser Frage, die für Baden eine gewisse Bedeutung hat, gemeinsam eine Lösung zu finden26. Die Bemühungen des Parlamentarischen Rats, Berlin zu Hilfe zu kommen, finden unser volles Verständnis. Wir können 19

Siehe Der Pari. R a t , Bd. I, D o k . N r . 4.

20

Mitteilung der MilReg. Tübingen vom 22. 3. 1949: Besatzungsstatut (derzeitiger Stand) sowie Bemerkungen des Instituts für Besatzungsfragen in: Β 120/vorl. Nr. 366.

21

Vom 2. 3. 1949, vgl. A n m . 8.

22

Die Einsetzung eines Schiedsgerichts unter deutscher Beteiligung blieb im Verlauf der Verhandlungen in London umstritten (Foreign Relations 1949/III, S. 13 ff.). Entsprechende Bestimmungen, die noch im Statutentwurf vom 2. 4. 1949 enthalten waren (ebenda, S. 71) wurden in der endgültigen Fassung vom 8. 4. 1949 (ebenda, S. 179 ff.) fallengelassen.

23

Zur franz. Haltung siehe Prot, einer Besprechung zwischen Schuman und Clay am 20. 3. 1949 in Paris, ebenda, S. 115 ff.

24

Vgl. die Beratungen der MinPräs. in: D o k . N r . 10 B, T O P 10.

25

Siehe D o k . N r . 4, T O P 7.

26

Zur allmählichen Rückgabe der Verwaltung von Kehl in deutsche Hände siehe die Übereinkunft der drei Außenminister vom 8. 4. 1949 in: Foreign Relations 1949/III, S. 184. A b k o m m e n über die Organisation einer gemeinsamen französisch-badischen Verwaltung des Hafens von Kehl in: StA Freiburg A 2/9848 und 9849.

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aber Berlin im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als zwölftes Land zulassen. Berlin stellt zur Zeit kein Ganzes dar, sondern ist in zwei Teile zerrissen, von denen einer von den Russen besetzt ist. Somit besteht für ganz Berlin nicht die Möglichkeit, in die Bonner Organisation einzutreten. Wir sind aber bereit, eine Geste zu machen und zuzulassen, daß eine gewisse Anzahl von Vertretern Berlins, vielleicht drei oder vier, die nicht gewählt, sondern bestimmt werden, den Beratungen des künftigen Parlaments beiwohnt27. [. . .] Nach der Beratungspause dankt MinPräs. Altmeier im Namen der drei Regierungschefs für die ausführlichen Darlegungen von Gen. Koenig. Die Note der Militärbefehlshaber an den Parlamentarischen Rat sei nicht in allen Punkten klar verständlich. Es müsse, wenn irgend möglich, vermieden werden, daß man nach vielen Monaten der Arbeit wieder von vorne anfangen müsse oder vor dem Nichts stehe. Eine Einschaltung der Ministerpräsidenten in die Bonner Beratungen werde zweifellos erfolgen2®. Es sei aber ausgeschlossen, daß eine Regelung erreicht werden könne, welche über die Einwände der Militärbefehlshaber hinausgehe. Von großer Wichtigkeit wäre es noch, über den Abstimmungsmodus etwas zu erfahren. Gen. Koenig: Wir haben dem Führer der Abordnung des Parlamentarischen Rats mitgeteilt, daß, wenn das Grundgesetz eine Volksabstimmung nach Ländern vorsieht, dies ohne weiteres von den Militärbefehlshabern gutgeheißen würde, weil es den Londoner Empfehlungen entspricht. Soll dagegen über das Grundgesetz in den Landtagen abgestimmt werden, so sind wir gezwungen, hierüber erst unsere Regierungen zu befragen. Diese müssen sich darüber einigen, ob sie zu einer entsprechenden Abänderung der Londoner Empfehlungen ihr Einverständnis geben wollen30. Ich glaube, die allgemeine Tendenz geht dahin, eine Volksabstimmung durchzuführen, was nicht nur in Frankreich, sondern auch besonders in den USA Beifall finden würde. Großbritannien wird dagegen wohl jede Lösung akzeptieren, die der Parlamentarische Rat vorschlägt. Im übrigen teile ich voll die Ansicht meiner drei Regierungschefs, daß alles daran gesetzt werden muß, um zu einer Einigung zu kommen. Der Parlamentarische Rat muß aber verstehen, daß es sehr schwer sein würde den Kompromiß, den unsere Einwände darstellen, nochmals abzuändern. Eine föderalistischere Lösung als die von uns vorgeschlagene würde allerdings mit Wohlwollen geprüft werden. Der Wortlaut der Artikel 121,122 und 123 ist nicht sehr klar und bedarf zweifellos der Verbesserung31. Aus diesem Grunde finden auch zur Zeit über diese Artikel Verhandlungen zwischen den von uns beauftragten Sachverständigen und dem Parlamentarischen Rat statt32.

27

Zu den Vorbehalten der Alliierten zum Status von Berlin siehe Dok.Nr. 34.

28

Siehe Anm. 8.

2

Siehe Dok.Nr. 22.

'

30

Mit Schreiben an Kaisen vom 12. 5. 1949, das anläßlich der Genehmigung des GG durch die MilGouv. überreicht wurde (vgl. Dok.Nr. 34, Anm. 16) billigten diese die Ratifizierung durch die Landtage. Auf der Besprechung vom 2. 3. 1949 (vgl. Anm. 8) hatte Robertson die Zustimmung des brit. und amerik. MilGouv. bereits erkennen lassen.

31

Die Art. 122 und 123 des vorliegenden GG-Entwurfs betrafen die durch das alliierte Memorandum vom 2. 3. 1949 beanstandeten Bestimmungen über die Bundessteuern.

32

Vgl. Anm. 14.

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Der Artikel 25 gefällt mir so wenig wie Ihnen 33 . Der Sinn des diesbezüglichen Absatzes unseres Memorandums ist aber leicht verständlich. Es kann nämlich anschließend an die Abstimmung über das Grundgesetz 34 keine Änderung der Ländergrenzen mehr erfolgen bis zum Abschluß des Friedens Vertrags. Ich glaube, die Mitglieder des Parlamentarischen Rats sollten sich darüber im klaren sein, daß es sich bei unseren Einwänden um eine sehr ernste Warnung handelt und daß diese nicht allein auf die französische Haltung zurückzuführen ist, sondern daß sich der Parlamentarische Rat einem Kollegium von drei Militärbefehlshabern gegenübersieht, die eine Manifestation gegen ihr Memorandum nicht hinnehmen könnten. Darf ich noch nach Ihrer Meinung über die Abstimmung über das Grundgesetz fragen 35 ? MinPräs. Altmeier spricht sich für die Abstimmung im Landtag aus und zwar seien hierfür rein praktische Erwägungen maßgebend. Eine Volksabstimmung würde zwei kurz aufeinanderfolgende Wahlfeldzüge bedeuten, eine Ausgabe, für die keine Partei die nötigen Geldmittel hätte. Eine Volksabstimmung leiste außerdem einer kommunistischen Agitation gegen die Verfassung Vorschub und würde vermutlich auch von nationalistischen Elementen zu einer Hetze gegen die Besatzungsmacht ausgenützt werden. Die Wahlbeteiligung würde zweifellos gering sein. Die gesamte CDU/CSU sei der Ansicht, daß die Annahme der Verfassung durch die Landtage erfolgen solle36. StPräs. Wohleb schließt sich dieser Argumentation an. StPräs. Müller vertritt dagegen die Ansicht, daß bei der großen Bedeutung der Verfassung das demokratischste Mittel, nämlich die Volksabstimmung, angewandt werden müsse. Sie sei auch deshalb nötig, damit niemand in den drei Westzonen und auch in der russischen Besatzungszone behaupten könne, die Verfassung entspreche nicht dem Willen der Mehrheit des Volkes. Gen. Koenig dankt für diese Ausführungen und bemerkt, daß er die Auffassung von StPräs. Müller teile. 2. Erleichterungen beim Zuzug von Flüchtlingen Gen. Koenig führt aus, er könne sich nicht länger dem Wunsch seiner Kollegen verschließen, die französische Zone möge auch eine Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen. Er beabsichtige, hierzu seine Einwilligung unter der Bedingung zu geben37, daß dadurch keine neuen Lasten, welche die französische Zone nicht tragen könne,

33

Der Art. 25 (vgl. Art. 29 GG) betraf die Neuregelung der Ländergrenzen, für die letztlich ein Bundesgesetz erforderlich wurde. Durch entsprechende Verfahrensfristen schien eine umgehende Neugliederung des südwestdeutschen Raumes nicht möglich. Hiergegen erhoben die Alliierten in ihrem Memorandum vom 2. 3. 1949 (vgl. Anm. 8) Bedenken.

34

Handschr. eingefügt: „an die Abstimmung über das Grundgesetz". Handschr. korrigiert aus: „Darf ich noch fragen, ob Sie die Abstimmung über das Grundgesetz in den Landtagen oder durch Volksbefragung vorziehen?"

35

36 37

Vgl. Dok.Nr. 10 B, Anm. 109 und 116. Nachdem Koenig die MilGouv. der brit. und amerik. Zone von seinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt hatte, unterrichtete BICO die bizonalen Stellen mit Memorandum vom 14. 4. 1949 (Z 13/13, Bl. 109-110) über den beabsichtigten Flüchtlingsausgleich. Bereits am 12. 4. 1949 fand eine Besprechung der deutschen Stellen zur Durchführung des Austausches statt (vgl. Dok.Nr. 28 A, TOP 8). Am 8. 10. 1948 hatte MinPräs. Lüdemann StPräs. Wohleb ersucht (StA Freiburg A 2/8413), die Möglichkeiten für eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Schleswig-Holstein zu prüfen.

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entstünden. Zwei Kategorien von Flüchtlingen sollten Zuzugsgenehmigung in die Zone erhalten a) Flüchtlinge, welche sich mit ihren Familien wiedervereinigen möchten und dabei eine Wohnmöglichkeit in der Zone nachweisen können, b) Flüchtlinge, welche ein Arbeitsangebot nachweisen können. Auf Grund einer gemeinsamen Vorprüfung mit den deutschen Behörden sei festgestellt worden, daß augenblicklich in der Zone 15-20 000 Fälle der Kategorie a) in Bearbeitung seien. Für die Kategorie b) sei auf Grund der von den Arbeitsämtern gelieferten Zahlen Arbeitsmöglichkeiten in Baden für 6 000 Flüchtlinge, in Württemberg-Hohenzollern für 8 000 Flüchtlinge, in Rheinland-Pfalz für 15 000 Flüchtlinge gegeben. Bei Hinzurechnung der Familien dieser Arbeitskräfte würde in die französische Zone ohne größere Störungen ein beträchtliches Flüchtlingskontingent einströmen können. Für Personen der beiden vorgenannten Kategorien könnten in Zukunft die Zuzugsformalitäten gelockert werden und zwar in der Weise, daß französische Dienststellen überhaupt nicht mehr in Erscheinung treten, sondern die Erledigung der Anträge ausschließliche Angelegenheit der deutschen Landesbehörden wird38. Gen. Koenig bittet um die Stellungnahme der Regierungschefs zu diesen Vorschlägen nach der Beratungspause, wobei er nicht verhehle, daß ihm ein zusagender Bescheid angenehm wäre. MinPräs Altmeier bringt nach der Beratungspause im Namen der drei Regierungschefs das prinzipielle Einverständnis zu den Vorschlägen von Gen. Koenig vorbehaltlich einer Überprüfung der genannten Zahlen in den einzelnen Ländern zum Ausdruck39. 3. Erhöhung der Einfuhrkredite von Getreide und Düngemitteln Gen. Koenig weist darauf hin, im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz und WürttembergHohenzollern ziehe Baden zur Subvention der Einfuhr von Getreide und Düngemittel bis 30. 6. [1949] eine entsprechende Preiserhöhung für Brot vor40, da diese Preiserhö39

Mit Schreiben an Altmeier vom 22. 6. 1949 (LHA Koblenz 860/84) bestätigte de Boislambert, daß die Erteilung von Zuzugsgenehmigungen für deutsche Flüchtlinge fortan in den Händen der deutschen Behörden liege.

39

In der Folgezeit erhoben die Länderregierungen jedoch zunehmend Bedenken. So beschloß der Ministerrat des Landes Rheinland-Pfalz am 19. 5. 1949 (ebenda), „auf seinem bisherigen Standpunkt zu verharren und keinem Sonderausgleich zuzustimmen". Die besonderen Verhältnisse in der franz. Zone machten es völlig unmöglich, das Flüchtlingsproblem isoliert herauszugreifen. „Ein Sonderausgleich für Flüchtlinge würde die franz. Zone mit erhöhten Lasten bedenken, während ζ. B. die erhöhte Belastung der franz. Zone gegenüber der Bizone bei den Besatzungskosten und bei den viel größeren Kriegsschäden zu unseren Lasten allein verbleiben würden. Nur ein Generalfinanzausgleich aller Kriegsfolgelasten trägt den besonderen Verhältnissen der franz. Zone Rechnung und kann von uns angestrebt werden. Die vorgeschlagenen Rahmenvereinbarungen über die Umsiedlung von 29 000 Arbeitskräften mit ihren Familien in die Länder der franz. Zone könne aus diesen Gründen nicht akzeptiert werden". Die von den Ländern der Bizone angebotene Übernahme der Transportkosten und die einmalige Zahlung eines Pauschalbetrages pro Flüchtling stelle keinen Ausgleich dar. Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 28 A, TOP 8.

40

Wegen der Festlegung des DM-Kurses auf 30 US-Cents für Einfuhren aus dem Ausland stand die franz. Zone ebenso wie die Bizone (vgl. Dok.Nr. 3, TOP 6) vor der Alternative, die höheren Preise für Lebensmittel und Düngemittel entweder durch Preiserhöhungen oder durch Subventionen aufzufangen. In

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hung unbedeutend sein würde und die Weltmarktpreise ohnehin eine fallende Tendenz zeigten. Nach den Berechnungen der französischen Dienststellen kämen als Subvention für die französische Zone incl. des französischen Sektors von Berlin vom 1 . 3 . 30. 6. 1949 13 750 000 D M in Frage, wovon auf Baden ungefähr ein Viertel entfallen würde41. Gen. Koenig betont, es handle sich hier um eine rein deutsche Angelegenheit, doch sei er der Meinung, obwohl er prinzipiell kein Freund von·Subventionen sei, da sie die Haushalte belasteten, daß aus psychologischen Gründen die Handhabung in der französischen Zone sich von der bizonalen Lösung42 nicht wesentlich unterscheiden sollte. Er habe sich im übrigen die Voranschläge der drei Länder für das Haushaltsjahr 1949 angesehen und festgestellt, daß teilweise sehr beträchtliche Defizite vorgesehen seien, was nicht zulässig sei43. Selbst wenn er sich über diese Tatsache persönlich hinwegsetze, so habe doch sein amerikanischer Kollege ganz besonderes Interesse an diesen Fragen, weil er auf dem berechtigten Standpunkt stehe, daß diese Defizite von dem amerikanischen Steuerzahler finanziert würden. Aus diesen Erwägungen heraus sei er mit dem badischen Vorschlag, keine Subventionen zu gewähren, sondern andere Mittel zur Bezahlung der Lebensmitteleinfuhren zu finden, ganz einverstanden, doch dürften die diesbezüglichen Vorschläge, wie gesagt, nicht wesentlich von der bizonalen Regelung abweichen. StPräs. Wohleb nimmt zu den Ausführungen von Gen. Koenig Stellung. Baden lehne eine Subventionierung aus Gründen der Preiswahrheit ab. Der Brotpreis in Baden liege unter dem bizonalen Brotpreis und eine Angleichung an die Preise in Württemberg-Baden dürfte keine Schwierigkeiten verursachen. Eine Subvention für Düngemittel sei nicht aktuell, in der Bizone würde hierfür auch keine Subvention gegeben, sondern anstattdessen der Preis für Thomasmehl erhöht 44 . Eine zusätzliche Belastung der Haushalte halte er nicht für tragbar. 4. Lastenausgleich Zu den in den Landtagen der drei Länder behandelten Lastenausgleichsgesetzen 45 bemerkt Gen. Koenig, er habe prinzipiell Bedenken dagegen, daß die tatsächlichen Gewalten in Händen bizonaler Stellen lägen46. Die Verabschiedung der Lastenauseinem Vermerk vom 2. 3. 1949 für die Besprechung mit Gen. Koenig trat das badische FinMin. (StA Freiburg A 2/8951) dafür ein, im Interesse der Preiswahrheit und Preisklarheit die höheren Einfuhrpreise in höheren Inlandsverkaufspreisen zum Ausdruck zu bringen. Für das Land Baden hätte eine Subventionierung eine zusätzliche Haushaltsbelastung für den Zeitraum März bis Juni 1949 von monatlich DM 1-2 Mio zur Folge gehabt, ohne daß dem ohnehin defizitären Haushalt - der Fehlbetrag wurde für den Zeitraum Juni 1948 bis März 1949 auf rund DM 53 Mio geschätzt - entsprechende Steuereinnahmen zur Verfügung gestanden hätten. In Anbetracht dieser Lage erschien die Inlandspreiserhöhung als der einzige Ausweg, zumal die zusätzliche Belastung für den einzelnen als verhältnismäßig gering angesehen wurde. 41

Baden veranschlagte für den Zeitraum von vier Monaten eine Belastung von DM 4-8 Mio (vgl. Anm. 40).

42

Zur Entscheidungsbildung in der Bizone siehe Dok.Nr. 9, Anm. 4.

43

Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 25.

44

Siehe Dok.Nr. 55 A, TOP 8.

45

Auch der Badische Landtag hatte am 22. 2. 1949 ein Lastenausgleichsgesetz als letztes der Länder der franz. Zone in zweiter und dritter Lesung angenommen (Verhandl. des Badischen Landtags, 1. Wahlp., 2. Sitzungsp., 6. Sitzung, S. 39).

46

Siehe die Ausführungen von Koenig in: Dok.Nr. 12, TOP 11.

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gleichsgesetze nach dem Muster des bizonalen Gesetzes bedeute für die französische Zone eine erheblich stärkere Belastung als für die Bizone. Er würde die Einrichtung von Ausgleichsämtern in den einzelnen Ländern der vorgesehenen zentralistischen Lösung vorziehen und rege diesbezügliche Verhandlungen der zuständigen deutschen Stellen mit GenDir. Simon Meyer an. Jedenfalls glaube er nicht, daß er sich mit einer Mehrbelastung der französischen Zone einverstanden erklären könne, wenn nicht gleichzeitig mit der Bizone ein Lastenausgleich der Besatzungskosten erfolge, wie er dies schon bei früheren Gelegenheiten erwähnt habe47. StPräs. Müller bringt zum Ausdruck, daß er eine Besprechung der deutschen und französischen Stellen über das Lastenausgleichsgesetz für zweckmäßig halte und den Ausgleich der Besatzungskosten mit der Bizone begrüßen würde48. Er weise andererseits auf die Schwierigkeiten und Gefahren hin, welche aus einer von der Bizone abweichenden Gesetzgebung in einer Materie entstehen würden, die von der künftigen Bundesregierung einheitlich behandelt werden müßte. Die französische Zone lege aber Wert darauf, daß ihre Interessen auf folgende Weise gewahrt würden: a) Es müsse eine paritätische Besetzung des Hauptausgleichsamtes mit Beamten der französischen Zone stattfinden. b) Die Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz dürften nur im Einverständnis mit den Regierungen der drei Länder erlassen werden. c) Die Verteilung der aufkommenden Mittel müßten weitgehend den Länderbehörden überlassen bleiben. Zu b) und c) hätten die bizonalen Stellen bereits ihr Einverständnis erklärt, über a) seien Besprechungen im Gange49. Eine baldige Entscheidung über das Lastenausgleichsgesetz wäre sehr zu wünschen, da die Geschädigten durch die Verzögerung ungeduldig würden. Gen. Koenig bemerkt hierzu, es werde zur Zeit über diese Frage im Drei-MächteAusschuß verhandelt. Ursprünglich habe er annehmen können, daß seine Kollegen schnell zu einer einheitlichen Stellungnahme zu dem bizonalen Gesetz kommen würden. Bisher habe50 aber noch keine Einigung erzielt werden können, so daß er vorläufig nicht wisse, welches die Vorschläge seien, zu denen er sein Einverständnis geben solle. Die drei von StPräs. Müller erwähnten Punkte seien notiert und würden von seinem Vertreter in Frankfurt bei den Verhandlungen berücksichtigt werden. Er werde die Dringlichkeit des Lastenausgleichsgesetzes vom 16. 3. [1949] seinen Kollegen gegenüber betonen und hoffe, daß endlich eine Einigung zustandekomme 51 . Andererseits

47

Siehe Dok.Nr. 12, TOP 11.

48

Zu den Bemühungen um einen trizonalen Länderfinanzausgleich unter Einschluß der Besatzungskosten siehe Dok.Nr. 30, TOP 3.

49

Zur Ernennung der Mitglieder des Kontrollausschusses und des Beirats beim Hauptamt für Soforthilfe siehe Dok.Nr. 44, TOP 5 und Dok.Nr. 55 A, TOP 1.

50

Handschr. korrigiert aus: „In den bisherigen Verhandlungen, die jetzt schon drei Monate dauerten, hätte".

51

Als Ergebnis der Beratungen auf alliierter Seite, über die im einzelnen keine Aufzeichnungen ermittelt werden konnten, wie auch die Konferenz der drei MilGouv. vom 16. 3. 1949 nicht dokumentiert ist, wurden den MinPräs. der Bizone am 29. 4. 1949 (vgl. Dok.Nr. 30, TOP 2) die alliierten Änderungswünsche verkündet. Die franz. Zone Schloß sich diesen Änderungen an (vgl. Prot, der Besprechung der FinMin. der

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empfehle er den Regierungschefs der französischen Zone, inzwischen zu den drei vorerwähnten Bemerkungen das Einverständnis ihrer Kollegen der Bizone einzuholen. 5. Mangel an Geldmittel und Krediten Gen. Koenig sagt zu, er werde dem Wunsch Badens52 entsprechen und dem französischen Beauftragten bei der Bank deutscher Länder Anweisung geben, darauf hinzuwirken, daß die Länder der französischen Zone bei der Gewährung von Krediten besonders berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang tauche eine andere Frage auf: In Württemberg-Hohenzollern sei vom Landtag ein Gesetz über die Soforthilfe zugunsten demontierter Betriebe verabschiedet worden53. Er halte dieses Gesetz für verfrüht, da es sich dabei um eine Teillösung des Gesamtproblems der Kriegsschäden handle. In der Bizone werde den demontierten Betrieben durch einen Maschinenaustausch geholfen. Allerdings werde er seinen Einspruch gegen dieses Gesetz auf die Dauer nicht aufrechterhalten, wenn dasselbe keine zusätzliche Belastung des Landes bedeute, doch halte er, wie gesagt, eine derartige Teillösung nicht für angebracht und weise ganz allgemein darauf hin, daß es auf die Bank deutscher Länder keinen günstigen Eindruck mache, wenn die Länder in gewissen Finanzfragen sehr großzügig vorgingen. Die Schwierigkeiten der Länder, ihre Haushalte vorschriftsmäßig abzugleichen 54 , seien der Bank deutscher Länder genau bekannt und müßten sich auf die Gewährung zusätzlicher Kredite nachteilig auswirken. [. . .] StPräs. Wohleb bittet um nochmalige wohlwollende Prüfung des Gesetzes [und betont, daß es in erster Linie eine Maßnahme zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit darstelle.] Gen. Koenig sagt eine baldige Antwort zu, welche zweifellos zufriedenstellend ausfallen werde.

franz. Zone vom 7. 5. 1949 in: StA Speyer L 5/7). Nach der Genehmigung durch die franz. MilReg. (siehe de Boislambert an Altmeier vom 17. 8. 1949 in: LHA Koblenz 860/1953) trat das Gesetz am 6. 9. 1949 in Rheinland-Pfalz in Kraft (GVOB1. Rheinland-Pfalz 1949, S. 457). 52

Das badische FinMin. hatte hierzu in einem Vermerk vom 2. 3. 1949 (vgl. Anm. 40) bemerkt: „Eine der bedauerlichsten Folgen der Wähningsumstellung ist die große Geld- und Kreditnot, die eine befriedigende wirtschaftliche Entfaltung außerordentlich erschwert, ja unmöglich macht. Die zahlreichen Geld- und Kredit-Suchende zeigen zwar auch volles Verständnis dafür, daß die Wahrung der Währungsstabilität zur Zurückhaltung in der Gewährung von Krediten zwingt, aber die bestehende Kreditrestriktion ist überspitzt und bringt zahlreiche Unternehmen in größte finanzielle Schwierigkeiten, so daß sie nicht ihre normalen Geldverpflichtungen erfüllen, erst recht aber nicht die so notwendigen Geschäftserweiterungen usw. riskieren können. Die Bank der deutschen Länder muß, obwohl sie Hüterin der Währung ist, von der Militärregierung zu größerem Kreditentgegenkommen verpflichtet werden, sonst wird zwar die Währungsstabilität aufrecht erhalten, aber die Wirtschaft geht zugrunde. Zu berücksichtigen ist, daß den Unternehmungen für eine Eigenfinanzierung wegen der immer noch geringen Gewinnmöglichkeiten bei den hohen Steuern Grenzen gesteckt sind und daß eine befriedigende Geschäftsführung ohne Inanspruchnahme von fremden Mitteln unmöglich ist. Es wäre schon eine gewisse Erleichterung, wenn die Militärregierung ihr Veto gegen das vom Badischen Landtag beschlossene Gesetz wegen Übernahme der Staatsbürgschaft für Kredite umgehend aufheben würde".

53

Gesetz über eine Soforthilfe zugunsten demontierter Betriebe vom 25. 2. 1949 in: RegBl. WürttembergHohenzollern 1949, S. 133. Hierdurch wurde das FinMin. ermächtigt, zugunsten der betroffenen Unternehmen Bürgschaften bis zu DM 5 Mio zu übernehmen. Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 25.

54

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6. Übertragung neuer Befugnisse auf dem Wirtschaftssektor an die deutsche Verwaltung

[Gen. Koenig:] Meine Erklärung vom 14. 1. 1949 zu dieser Frage55 war mehr als ein Versprechen. Sie war eine ausdrückliche Zusage. Bei einer gemeinsamen Sitzung der deutschen Fachminister mit meinen Dienststellen stellte es sich heraus, daß die Übertragung der Befugnisse kein einfaches Problem darstellt, sondern daß wichtige Vorarbeiten geleistet werden müssen. Die drei Wirtschaftsminister der Zone wurden gebeten, meinen Dienststellen eine Antwort auf gewisse Fragen zugehen zu lassen56. Dies ist aber bis heute noch nicht geschehen. In diesem Zusammenhang möchte ich folgende allgemeine Ausführungen machen: Wir haben Ihnen Befugnisse zurückgegeben, damit Ihr Land diese Befugnisse in Händen halte und nicht damit es sie an bizonale Stellen weitergibt, solange die Trizone noch nicht gebildet ist. Für Kohle und Eisen liegen ζ. B. gewisse Vereinbarungen mit den Militärbefehlshabern der Bizone vor, bei deren Zustandekommen ich in langwierigen und schwierigen Verhandlungen die Interessen meiner Zone gewahrt habe57. Ist die Trizone einmal hergestellt, kann ich diese Interessen noch besser wahren als augenblicklich. Wenn Sie aber in der gegenwärtigen Übergangszeit bedingungslos in das bizonale System eintreten, bin ich überzeugt, daß Sie übervorteilt werden. Die bizonalen Stellen machen Ihnen große Versprechungen. Ich glaube aber, daß der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach. Wenn ich über diese Angelegenheit mit Ihnen spreche, so geschieht es nicht, um etwas mehr Macht in Händen zubehalten, sondern weil ich überzeugt bin, daß Sie bei einem vollen Anschluß an die bizonale Regelung jeder Art der Verteidigung Ihrer Interessen beraubt würden, was auf dem politischen Schachbrett schwere Folgen nach sich ziehen könnte. Ich bitte Sie, Ihrerseits dazu beizutragen, daß die Überführung der Befugnisse in deutsche Hände beschleunigt zu einem guten Ende geführt werde. Ich selbst habe Anweisung gegeben, daß meine Zusage vom 14. 1. 1949 so schnell als möglich verwirklicht werde. Ich bitte Sie aber, sich nicht von den Sirenenklängen der Bizone

55

Siehe Dok.Nr. 4, TOP 1.

56

Siehe Bericht von v. Süßkind-Schwendi über die Besprechung vom 3. 2. 1949 in Baden-Baden mit Schreiben an Pünder vom 7. 2. 1949 in: Ζ 13/214, Bd. 2, H. 4, in dem jedoch keine näheren Angaben gemacht werden. Aus dem Schreiben des WiMin. von Württemberg-Hohenzollern an die MilReg. in Tübingen vom 9. 3. 1949 (ebenda) geht hervor, daß die Vertreter der MilReg. sich damit einverstanden erklärten, daß die Referenten der WiMin. unmittelbar mit der VfW Verbindung aufnahmen. Daraufhin waren erste Vereinbarungen über die gemeinsame Verteilung von Kohle und Eisen zustande gekommen. Mit gleichem Schreiben unterbreitete WiMin. Wildermuth bezugnehmend auf ein Übereinkommen der drei WiMin. der franz. MilReg. folgende Vorschläge: „1. Die für die deutschen Stellen vorgesehenen Vollmachten sollen umgehend auf die deutschen Regierungen übergehen. 2. Die Angleichung der Bewirtschaftung und der Preispolitik an die der Bizone ist auf allen Gebieten durchzuführen. Die Länderregierungen werden hierzu entsprechende Einzelvorschläge ausarbeiten und der Militärregeirung zuleiten. 3. Auf den Gebieten von Kohle und Eisen soll die trizonale Verteilung schon vom 2. Quartal 1949 ab erfolgen. 4. Für die übrigen Fachgebiete soll der wirtschaftliche Anschluß an die Bizone vorbereitet und ebenfalls möglichst bald durchgeführt werden". Diesen Vorschlag an die franz. MilReg. brachte Pünder mit Schreiben vom 26. 3. 1949 (ebenda) BICO zur Kenntnis. Zu den Verhandlungen über die Angleichung der Kohlezuteilung von franz. Zone und Bizone siehe Β 102/5074.

57

Vgl. Willis, French in Germany, S. 143 f.

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verführen zu lassen. Ist einmal die Trizone zustandegekommen, so werden wir eine andere Sprache sprechen können, und ich bin der erste, der wünscht, daß die Trizone unter günstigen Bedingungen zustandekommt. 7. Kohleversorgung

StPräs. Wohleb weist auf die Schwierigkeiten in der Versorgung mit Brennmaterial hin und betont die Notwendigkeit einer Änderung im nächsten Winter. Das wichtigste Anliegen auf diesem Gebiet sei aber die nochmalige Überprüfung der Anordnung der französischen Militärregierung über eine 20%ige Einschränkung der Reisezugleistungen bei den Südwestdeutschen Eisenbahnen58. Eine derartige Maßnahme wäre für die französische Zone ein schwerer Schlag und für die Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen völlig untragbar. Die Regierungschefs bäten Gen. Koenig sehr eindringlich, sich dafür einzusetzen, daß diese Einschränkung - es handle sich dabei um eine Einsparung von 20 000 to Kohle - unterbleibe. Gen. Koenig führt hierzu aus, daß er die Kohlenfrage am Vormittag sehr ausführlich mit seinen Dienststellen besprochen und Anweisung gegeben habe, daß die Befugnisse auf diesem Gebiet an die deutschen Stellen übergeben würden". Er werde darüber wachen, daß seine Anweisungen genau befolgt würden. Die Einzelfrage der Kohleneinsparung bei den Südwestdeutschen Eisenbahnen werde er sehr genau prüfen lassen; die pessimistische Darstellung von StPräs. Wohleb überrasche ihn allerdings, doch gebe er zu, daß seine Besprechung am Vormittag mit den französischen Dienststellen sehr „heiß" verlaufen sei60.

58

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Den Südwestdeutschen Eisenbahnen war für den Zeitraum 1. 7. 1948-31. 3. 1949 pro Quartal eine gleichbleibende Kohlenmenge von 347 000 to zugewiesen worden. Obwohl diese Zuteilung nicht erfüllt worden war, hatte die seit der Währungsreform eingetretene Produktionssteigerung zu einer erheblichen Verkehrssteigerung und damit zu einer Leistungssteigerung der Eisenbahnen geführt. Für das zweite Quartal 1949 sollte nunmehr die neue Kohlenzuteilung auf trizonaler Basis erfolgen, doch waren die Verhandlungen mit der VfW hierüber gescheitert, so daß die Eisenbahnverwaltung auf die bisherigen, niedrigeren Kohlenzuteilungen angewiesen blieb. Diese wurden zu 85% durch Lieferungen der Saargruben gedeckt, deren Kohle von geringerer Qualität als die der Ruhrgruben und überdies nahezu 10% teurer war. Ferner hatten die Saargruben seit dem 1. 11. 1948 das Sollkontingent nicht mehr erfüllt, so daß bis zum 13. 3. 1949 eine Fehlmenge von 43 000 to zu verzeichnen war. Diese Tatsache „und die weitere Minderung der Anforderungen" der Südwestdeutschen Eisenbahnen für das zweite Quartal 1949 veranlaßte das Detachement d'occupation des chemins de fer fran^ais in Speyer, mit Wirkung vom 14. 3. 1949 eine 20%ige Einschränkung des Reisezugverkehrs zu verlangen. Die Auswirkungen dieser Anordnung schienen einen Rückschritt auf dem Verkehrssektor auf den Stand vom Frühjahr 1946 zu bedeuten (Schreiben des Badischen FinMin. an StPräs. Wohleb vom 1. 4. 1949 in: StA Freiburg A 2/8951). Zu den Auswirkungen auf den Zugbetrieb siehe 10. Bericht des Generaldirektors der Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen über die Finanzlage und den Stand des Unternehmens vom 28. 4. 1949 in: Ζ 29/197. Zum Verbrauch und zur Produktion von Kohle in der franz. Zone siehe Willis, French in Germany, S. 134 ff. Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 10. Ab „doch er gebe zu" handschr. hinzugefügt. Aufzeichnungen über die von Koenig erwähnte Besprechung konnten nicht ermittelt werden. Der Verbindungsstelle der WiMin. der franz. Zone in Frankfurt war indes am 24. 2. 1949 mitgeteilt worden (Rundschreiben der Verbindungsstelle an die StK. und die WiMin. der drei Länder vom 1. 3. 1949 in: StA Freiburg A 2/9097), daß die Kohlezuteilung von franz. Seite im 2. Quartal genauso wie im 1. Quartal 1949 gehandhabt werde.

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8. Zölle für Einfuhren Gen. Koenig teilt mit, nach der Verschmelzung JEIA-OFICOMEX 6 1 sei die einheitliche Regelung der Zollfrage in den drei Westzonen ins Auge gefaßt worden. Bei einer Besprechung der Wirtschaftsminister am 18. 11. 1948 sei die einheitliche Erhebung der Zölle mit Wirkung vom 1 . 1 . 1949 zugunsten der deutschen Verwaltung vorgesehen worden 62 . Am 9. 12. 1948 sei deutscherseits ein 13er-Ausschuß für die Zollfrage gebildet worden 63 . Die Zuständigkeit dieses Ausschusses sei aber von den drei Militärbefehlshabern nicht anerkannt worden. Dagegen sei am 25. 2. [1949] ein besonderer Unterausschuß für die Angleichung der Zolltarife unter Berücksichtigung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse in den drei Westzonen und der Handelsabkommen mit dem Auslande zusammengetreten. Eine Einigung über die Zollfrage sei bis jetzt unter den drei Besatzungsmächten noch nicht erzielt. Es sei entschieden worden, daß bis zum Inkrafttreten der neuen Zolltarife der Status quo beibehalten werden solle. Demnach würden in der französischen Zone die Zölle, von einigen unwesentlichen Ausnahmen abgesehen, nicht erhoben 64 . Er habe aber gehört, daß eine Einigung des Ausschusses unmittelbar bevorstehe und bitte nur noch kurze Zeit um Geduld. Er werde die Angelegenheit nach Möglichkeit beschleunigen. Die ganze Zollangelegenheit in der Bizone sei übrigens wenig durchsichtig. Die Einkünfte aus Zöllen betrügen knapp 150 Mio DM, von denen man nicht einmal wisse, wer sie eigentlich bezahlt, während die Einnahmen sich eigentlich auf Milliarden D M belaufen müßten 65 . StPräs. Müller dankt für diese Erklärung und bittet um eine möglichst rasche Entscheidung, da die Länder auf jede Mehreinnahme angewiesen seien66. 9. Einheitliche Lebensmittelkarten und Schulspeisung Gen. Koenig teilt mit, die französische Militärregierung habe ihr Einverständnis erteilt, daß ab 1. 5. 1949 einheitliche Lebensmittelkarten in den drei Westzonen ausgegeben werden 67 . MinPräs. Altmeier spricht in diesem Zusammenhang an Gen. Koenig die Bitte aus, durch Verhandlungen mit dem Zweimächtekontrollamt es zu ermöglichen, daß die

61

Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 9.

62

Bericht über die Konferenz der WiMin. der franz. Zone vom 19. 11. 1948 in Neuenweier in: StA Sigmaringen Wü 140/1029.

63

Zur Bildung eines Sachverständigenausschusses für Außenhandelsfragen siehe Schreiben der MilReg. Rheinland-Pfalz an Altmeier vom 11. 12. 1948 in: LHA Koblenz 860/89.

64

Aus einer Übersicht der VfF vom 3. 5. 1949 über die Einnahmen der Länder des VWG und der franz. Zone aus Steuern, Zöllen und sonstigen Abgaben in der Zeit vom 21.6. 1948 bis Ende März 1949 geht hervor (Z 13/137), daß die Länder der franz. Zone Zolleinnahmen in Höhe von DM 4,8 Mio verbuchen konnten.

65

In der Übersicht der VfF vom 3 . 5 . 1949 (vgl. Anm. 64) werden die Zolleinnahmen im VWG auf DM 93,5 Mio beziffert.

66

Die Ausführungen von StPräs. Müller wurden handschr. ergänzt aus: „StPräs. Müller dankt für diese Ausführungen".

67

Siehe Prot, einer Besprechung zwischen Vertretern der VELF und Landwirtschaftsministerien der Länder der franz. Zone am 4. 2. 1949inFrankfurt(in:Z13/lll).Am22. 4. 1949 berieten die Landwirtschaftsminister der franz. Zone in Baden-Baden hierüber (Prot, in: LHA Koblenz 940/691).

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Schulspeisung in der französischen Zone nicht erst am 1. 5. 1949, sondern, angesichts der bevorstehenden völligen Angleichung der Lebensmittelrationen 68 , wie in der Bizone mit sofortiger Wirkung aufgenommen werde 69 . Gen. Koenig beauftragt Herrn de Varreux, diese Frage umgehend zu behandeln. Außerdem werde er sich persönlich für die sofortige Einführung der Schulspeisung einsetzen, nachdem sie in der Bizone schon durchgeführt werde 70 . 10. Deutsches Bfiro in Paris für den Marshallplan Gen. Koenig gibt bekannt, daß seitens der Militärregierung gegen die Errichtung einer ständigen deutschen Vertretung für die französische Zone zur Unterstützung der Marshallplan-Arbeiten keine prinzipiellen Bedenken bestünden. Es handle sich vielmehr um die praktische Frage, wie man die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt bekomme. Er werde aber die für die Durchführung des Transfers erforderlichen

68

Die Landwirtschaftsminister der franz. Zone waren am 10. 2. 1949 übereingekommen, die Rationen aller Verbrauchskategorien ab 1. 5. 1949 denen der Bizone anzugleichen. Zu den ungelösten Problemen nahm die VELF in einem Schreiben an Pünder vom 28. 3. 1949 (Z 13/113) Stellung: „Ein allgemeiner Versorgungsausgleich wird jedoch noch nicht durchgeführt. Es dürfen zur Zeit nur diejenigen rationierten Nahrungsgüter in die französische Zone geliefert werden, für die eine schriftliche Genehmigung des Bipartite Control Office, Food, Agriculture and Forestry Group, vorliegt. Bisher wurde diese Genehmigung auf Grund der allmonatlich der Militärregierung einzureichenden trizonalen Versorgungspläne nur für Fisch und Trockenfrüchte erteilt. Fett wurde ausnahmsweise mit Genehmigung der Militärregierung für den Monat Februar in Höhe von 1569 to leihweise zur Verfügung gestellt. Die anhaltenden Schwierigkeiten in der Auslastung der Rationen in der französischen Zone (die Fettrationen konnten in den meisten Ländern in der französischen Zone seit Dezember 1948 nicht mehr ausgelastet werden, ab Ende März steht kein Zucker mehr in der französischen Zone zur Verfügung. In absehbarer Zeit wird die französische Zone auch in der Fleischration nicht mehr Schritt halten können) zeigen jedoch eindeutig, daß neben der Angleichung der Rationen ein allgemeiner Versorgungsausgleich durchgeführt werden muß. Die Durchführung eines allgemeinen Versorgungsausgleichs hat jedoch zur Voraussetzung, daß 1. Importe nicht wie bisher für die Bizone und die französische Zone getrennt laufen, sondern daß diese in den allgemeinen Versorgungsausgleich einbezogen werden und von einer Stelle auf die Länder der drei Westzonen nach dem vorhandenen Zuschußbedarf verteilt werden; 2. die Länder der französischen Zone sich dem in der Bizone geübten Verfahren einschließlich Importverfahren anschließen, da ohne diese Einheitlichkeit die Gleichmäßigkeit der Versorgung nicht sichergestellt werden kann". Zur Festsetzung der Rationen siehe Ζ 13/111.

69

Mit Memorandum an Pünder vom 24. 2. 1949 (Z 13/113) hatte BICO mitgeteilt, daß die MilReg. beabsichtige, das Schulspeisungsprogramm, welches für die Länder des VWG am 1. 3. 1949 wirksam werden sollte, den Ländern der franz. Zone anzubieten, „sobald das trizonale Gebiet hinsichtlich der Lebensmittelverteilung zu einer Einheit zusammengeschlossen ist". Am28. 2. 1949 hatte Pünder in seinem Antwortschreiben an BICO (ebenda) die Einbeziehung der Länder der franz. Zone in das Programm ebenfalls zum 1. 3. 1949 als Beitrag zur Förderung des erstrebten wirtschaftlichen Zusammenschlusses befürwortet. Seinem Schreiben waren Erklärungen von Altmeier, Müller und Wohleb vom 5. 1. 1949 (ebenda) beigefügt, in denen diese sich bereit erklärten, daß ihre Länder bei kostenloser Bereitstellung der Lebensmittel die internen Kosten der Durchführung übernehmen würden. BICO versagte jedoch mit Schreiben vom 16. 3. 1949 (ebenda) einem sofortigen Anschluß seine Genehmigung, da die geforderte Verschmelzung der Zonen noch nicht erzielt worden sei.

70

In einem Schreiben an Pünder vom 20. 5. 1949 (Z 13/214, Bd. 2, H. 4) dankte Müller für dessen Unterstützung bei der „vor wenigen Tagen" im Lande Württemberg-Hohenzollern angelaufenen Schulspeisung. Zur Durchführung der Schulspeisung siehe Rechtsgutachten des Instituts für Besatzungsfragen über die Abrechnung der durchgeführten Schulspeisung vom 15 . 3. 1952 in: Β 120/vorl. Nr. 232.

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Schritte unternehmen, sobald deutscherseits die entsprechenden Beträge in DM bewilligt seien". 11. Verfall von Marshallplan-Krediten StPräs. Müller gibt der Sorge und Beunruhigung der deutschen Stellen Ausdruck im Hinblick auf das Verfallen der unausgenützten Marshallplan-Kredite am 31. 3. 1949n. Gen. Koenig weist daraufhin, daß sich zur Zeit in Washington eine Delegation der Militärregierung befinde mit dem Ziele, die Marshallplan-Kredite nach Möglichkeit noch auszuschöpfen73. Die Militärregierung habe schon vor 114-2 Monaten bemerkt, daß sich das Tempo bei der Ausnützung der Kredite verlangsamt habe74. Die Sachlage stelle sich wie folgt dar: Von einem Kredit von ca. 100 Mio Dollar seien 60% zur Ausnützung freigegeben worden. In Wirklichkeit erhalte man Ware für 35% und hiervon seien 27-28% Lebensmittel, hauptsächlich Getreide, so daß für alle anderen Erzeugnisse lediglich 7-8% übrig blieben. Die von der Delegation in Washington erreichten Ergebnisse schienen gut zu sein, weil man amerikanische Einkaufsmethoden anwende und amerikanische Agenten eingeschaltet habe, was vielleicht 1-1/4% mehr koste, wohl aber in Kauf genommen werden müsse. Die Ausnützungszahlen der Bizone lägen übrigens niederiger als die der französischen Zone. In der Bizone könnten nur mit Mühe und Not 25% der versprochenen Kredite ausgeschöpft werden75.

11

Im Anschluß an eine Besprechung mit GenDir. Simon Meyer vom 9. 3. 1949 unterrichtete der Leiter der deutschen Geschäftsstelle des Europäischen Wiederaufbauprogramms für die franz. Besatzungszone, Karl Albrecht, StPräs. Müller mit Schreiben vom 10. 3. 1949 (StA Freiburg A 2/8951) über die wichtigsten Besprechungspunkte. Hinsichtlich der Errichtung eines deutschen Marshallplan-Büros in Paris erwarte Gen. Koenig eine Initiative von deutscher Seite, auf die er wohl positiv reagieren werde. Allerdings seien noch Kreditschwierigkeiten zu überwinden. „Die Angelegenheit kann erst dann deutscherseits als positiv geklärt angesehen werden, wenn uns bei einer Pariser Bank ein Akkreditiv über den im Etat vorgesehenen Betrag von 3 Millionen frs. (ca. 40 000 DM) eröffnet wird". Die erforderlichen Mittel wurden von den Ländern anteilmäßig aufgebracht (zur Kostenabrechnung siehe Ζ19/25). Das Büro nahm noch im März 1949 seine Tätigkeit auf. Siehe auch Vogel, Westdeutschland II, S. 295 ff.

72

Hierzu hatte Albrecht in seinem Schreiben an Müller vom 10. 3. 1949 (vgl. Anm. 71) bemerkt, daß am 31. 3. 1949 infolge des verzögerten Einkaufs Marshallplan-Kredite in beachtlichem Umfange verfallen würden. Die ERP-Kredite für die franz. Zone beliefen sich für die ersten fünfzehn Monate (ab 1. 7. 1948) auf insgesamt DM 115 Mio. Ein erster Teilbetrag in Höhe von DM 50 Mio war vor dem 1. 2. 1949 verfügbar. Allerdings war für die Bereitstellung von Mitteln die Vorlage eines Finanzplanes erforderlich (franz. Oberkommando in Baden-Baden an die MilReg. der Länder vom 19. 10. 1948 in: LHA Koblenz 860/89). Generell seien die Deutschen, so wurde betont, für die Aufstellung der Pläne verantwortlich. Die MilReg. prüfe lediglich, „ob sie mit den bestehenden Ein- und Ausfuhrplänen in Einklang stehen", (vgl. hierzu Vogel, Westdeutschland II, S. 276).

73

Dem Schreiben von Albrecht an Müller vom 10. 3. 1949 (vgl. Anm. 71) zufolge hatte Oberst M. Halff, Leiter des Service de Statistique, Documentation et du Plan Marshall bei der MilReg. in Baden-Baden, über beschleunigte Einkäufe in Washington verhandelt.

74

Zur Kreditentwicklung des Marshallplanes in der franz. Zone siehe vergleichende Übersicht des Verwaltungsattach£s Royet, Leiter des Außenhandelsamtes der MilReg. Rheinland-Pfalz, mit Schreiben an StS. Steinlein, Ministerium für Wirtschaft und Verkehr, vom 30. 6. 1949 in: LHA Koblenz 860/90.

75

Die BdL machte in einem Schreiben an den Berater für den Marshallplan beim VR vom 14. 3. 1949 (Z14/ 14b) auf die Gefahr des Verfalls von Geldern für den Bereich des VWG aufmerksam und nannte als mögliche Ursachen hierfür in erster Linie technische Schwierigkeiten. Auf einer Besprechung unter Vorsitz

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Insgesamt könne man damit rechnen, daß ungefähr 60% der Kredite ausgenützt würden. Die Kontrakte blieben übrigens auch über den Verfalltermin hinaus gültig, wenn sie einmal unter Beachtung aller Formalitäten abgeschlossen seien. Die Schwierigkeiten kämen daher, daß das Warenangebot auf der Welt doch nicht so groß sei, wie man sich immer vorstelle. Es finde ein richtiger Kampf um die Ware statt, bei dem, nebenbei bemerkt, Frankreich und die französische Zone, was den Marshallplan anbetrifft, mit am besten abschnitten. Entsprechendes Zahlenmaterial werde den deutschen Stellen noch zugeleitet76. StPräs. Müller bringt den Dank der Länder für die Bemühungen der Militärregierung in dieser Angelegenheit zum Ausdruck. Eine Beteiligung deutscher Einkäufer an den Einkaufsdelegationen würde sehr begrüßt werden. Gen. Koenig dankt für diese Anregung, die er seinen Kollegen und der MarshallplanOrganisation umgehend unterbreiten werde. Er selbst sei gerne bereit, deutsche Einkäufer an den Einkaufsdelegationen zu beteiligen, falls dies im Bereich der Möglichkeit liege77.

von Erhard mit Vertretern der BdL und der VfW (Vermerk des Referats Marshallplan bei der BdL vom 16. 5. 1949, ebenda) wurde mitgeteilt, daß von den durch die ECA bis zum 30. 6. 1949 genehmigten Einfuhren in Höhe von rund $ 455,7 Mio lediglich $ 243 Mio geliefert worden seien. Für Einfuhren in Höhe von $ 84,8 Mio seien Kontrakte abgeschlossen, und für weitere $ 62,8 Mio sei bereits die Genehmigung ausgesprochen worden. Über den Rest von 65,1 Mio müsse noch verfügt werden. In einem Vermerk des Beraters für den Marshallplan vom 30. 8. 1949 (ebenda) wird hierzu abschließend festgestellt, daß in der Bizone bislang keine ERP-Gelder verfallen seien. Zum Stand der Einfuhren siehe auch Ζ 14/15. 76

Eine diesbezügliche Mitteilung konnte nicht ermittelt werden. Vgl. jedoch das Generalmemorandum des deutschen Koordinierungsausschusses für die Marshallplanarbeiten in der franz. Zone über den Wiederaufbauplan der franz. Besatzungszone Deutschlands vom Mai 1949 in: Ζ 19/9.

77

Zur Neuregelung des Importverfahrens von Lebensmitteln in der franz. Zone unter stärkerer deutscher Beteiligung siehe Schreiben der Verbindungsstelle des Landes Baden an StPräs. Wohleb und die Minister des Innern, der Wirtschaft und Arbeit sowie der Landwirtschaft und Ernährung vom 23. 2. 1949 sowie Aktenvermerk des badischen Ministeriums der Wirtschaft und Arbeit vom 5. 3. 1949 in: Ζ 19/43. Am 1. 4. 1949 gab die JEIA die Neuregelung mit Wirkung vom 11. 4. 1949 alseine interimistische Verfahrensregelung für die franz. Zone bekannt (Z 19/32), der die vollständige Angleichung zum 15. 7. 1949 folgte (vgl. Dok.Nr. 28 A, TOP 2).

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Nr. 20 Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern in Frankfurt 15. März 1949 BA Ζ 4/212, Bl. 174-178. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 15. 3. 19491 TO: Ebenda, Bl. 182 Anwesend2: Gen. Clay, Gen. Adcock, Riddleberger 3 (amerik. MilReg.); Gen. Robertson, Gen. MacReady (brit. MilReg.) Präs. Köhler, Abg. Holzapfel, Abg. Kriedemann, Abg. Oellers, Abg. Stricker (WR) Bevollm. Hansen, GS Troeger (LR) Dir. Erhard, Dir. Frohne, Stellv.Dir. Kriege, Stellv.Dir. Niklas, Dir. Storch, Stellv.Dir. Zaubitzer (VR) MinDir. Krautwig, MinR. Sahm, Schulte (DirK.) MinDir. Schalfejew, MinDirig. Keiser (VfW)

[Beginn: 16.30 Uhr] 1. Auslandsbetätigung der deutschen Versicherungen Kriege: Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 47 ist den Deutschen das Auslandsgeschäft verboten 4 . Wir wollen heute darum bitten, daß dieses Verbot an zwei Stellen aufgelockert wird, nämlich wegen der Transportversicherung und wegen der Rückversicherung. Was die Transportversicherung angeht, so ist zu sagen, daß dem deutschen Außenhandel durch die letzten Maßnahmen größere Freiheiten eingeräumt worden sind s . Mit dem Außenhandel hängt aber das Geschäft der Transportversicherung eng zusammen. Bisher konnten die deutschen Exporteure nur fob 6 abschließen, jetzt ist auch der Export cif möglich. Davon können die deutschen Exporteure jedoch nur Gebrauch machen, wenn zugleich ausländische Versicherungsunternehmungen eingeschaltet werden. Wir halten die Wiedereinschaltung der deutschen Transportversicherung im Auslandsgeschäft für notwendig. Dann würde der Gewinn aus dem deutschen Trans-

1

Mit Stempel „Vertraulich" gekennzeichnet und handschr. Vermerk „Aktenexemplar" sowie Verteilerschlüssel von Troeger vom 16. 3. 1949 versehen. Parallelüberlieferung: 1. Prot, von Sahm vom 15. 3. 1949 in: Ζ 13/2, Bd. 4, Bl. 151-152. 2. Prot, von Köhler vom 15. 3. 1949 in: Ζ 3 Anh./2, Bl. 70-72.

2

Mit Schreiben an BICO vom 11. 3. 1949 (Z 13/2, Bd. 4, Bl. 148) hatte Pünder sich entschuldigt, da er als Mitglied des Landtages von NRW an der Eröffnung des neuen Parlamentsgebäudes in Düsseldorf teilnehmen müsse. - Anwesenheitsliste ergänzt aufgrund der Parallelüberlieferungen.

3

James W. Riddleberger, Vertreter von Robert Murphy, welcher im Februar 1949 Director of the Office of German and Austrian Affairs im State Department geworden war. Bis zur Ablösung Clays durch den USHochkommissar John J. McCloy war Riddleberger amtierender politischer Berater bei OMGUS.

4

Gesetz Nr. 47 vom 10. 3. 1947 über die Einstellung der deutschen Versicherungstätigkeit im Ausland, Amtsbl. Kontrollrat, Nr. 14, S. 263.

3

Vgl. Dok.Nr. 17, TOP 2.

6

fob = free on board - Preis einschließlich der Verschiffungskosten.

7

cif = cost, insurance, freight - im Güterpreis bis zum Bestimmungsort alle Unkosten eingeschlossen.

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MilGouv. mit bizonalen Vertretern

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portgeschäft deutschen Unternehmungen zufließen; es träte auch eine wesentliche Ersparnis an Devisen ein 8 . Bei der Rückversicherung liegt es so, daß der Sinn der Rückversicherung in der weitmöglichsten Verteilung großer Risiken liegt. Normalerweise würden die Risiken auf viele Länder verteilt. Zur Zeit können die deutschen Rückversicherer die Risiken nicht auf ausländische Unternehmungen mitverlagern. Deutschland ist jedoch nicht mehr groß genug, um das Risiko für große Schäden allein zu übernehmen. Das zeigt ζ. B. der Schaden bei dem Explosionsunglück in Ludwigshafen 9 . In solchen Fällen besteht die Gefahr, daß die deutschen Versicherungsunternehmungen insolvent werden. Deshalb haben wir die Bitte, daß die deutschen Rückversicherer das Risiko auch mit auf ausländische Versicherungsunternehmungen verteilen dürfen 10 . General MacReady hat mich bei der Besprechung" gefragt, welcher Aufwand von Devisen entstehen würde. Wenn nur die großen Spitzen durch ausländische Rückendeckung versichert werden, dann schätzen wir die Gesamtsumme der Prämien auf 8 Mio D M jährlich. Das bedeutet jedoch nicht, daß dieser Betrag ins Ausland transferiert werden muß. Vielmehr ist es im internationalen Rückversicherungsgeschäft üblich, daß die beiderseitigen Verpflichtungen im Kontokorrentverkehr aufgerechnet werden, so daß nur der Saldo transferiert zu werden braucht. Diesen beziffern wir nach unseren Berechnungen auf 250 000 D M jährlich. Es liegt natürlich nahe, daß die ausländischen Rückversicherungsunternehmungen nicht gern bereit sein werden, nur die gefahrvollen deutschen Spitzen zu versichern; ein gemischtes Versicherungsgeschäft, das auch geringere Risiken enthält, ist durchaus wünschenswert. In diesem Falle würden Prämien in H ö h e von 40 Mio D M jährlich zu zahlen sein, was einen Saldo in H ö h e von 1-1,2 Mio D M jährlich zum Transfer zur Folge hätte. Natürlich wird sich das Rückversicherungsgeschäft nur nach und nach neu entwickeln. Für die Anlaufzeit rechnen wir mit nicht mehr als 500 000 D M jährlichem Saldo. Alle diese Ausführungen und Zahlen gelten nur für das einseitige Rückversicherungsgeschäft, wobei ausländische Unternehmungen deutsche Risiken übernehmen. Wenn den deutschen Versicherungsgesellschaften gestattet wird, auch ihrerseits Rückversicherungen aus dem Auslande zu übernehmen, dann dürfte sich voraussichtlich für die Prämienzahlungen ein Saldoausgleich ergeben. Nach den Erfahrungen der Vorkriegszeit sind jährlich etwa 300 000 D M zu Lasten Deutschlands transferiert oder zugunsten Deutschlands gezahlt worden. Clay: Was die Transportversicherung angeht, so kann ich Ihnen mitteilen, daß die drei Militärgouverneure im Prinzip darüber einig sind, die Transportversicherung zuzulassen. Ein entsprechendes Gesetz wird zur Zeit ausgearbeitet und in Kürze verkündet werden 12 . 8

Vgl. das von der VfF vorbereitete Statement zu diesem TOP in: Ζ 13/2, Bd. 4, Bl. 153.

9

Siehe Dok.Nr. 28 A, Anm. 25.

10

11 12

Siehe auch Schreiben von Hartmann an BICO über die Notlage der deutschen Transportversicherung und Rückversicherung vom 1. 2. 1949 in: Ζ 13/147 sowie Entwurf der VfW einer Eingabe an BICO vom 16. 2. 1949, ebenda. Siehe Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 10. 3. 1949, Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 145. Durch Gesetz Nr. 16 der MilReg. vom 2. 4. 1949 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 16), das für alle drei Westzonen gültig war, wurde es deutschen Versicherungsgesellschften wieder gestattet, Versicherungen in jeder Währung abzuschließen.

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M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

Wegen der Rückversicherung kann ich heute noch keine Antwort geben. General Robertson und ich wollen diesen Antrag gern berücksichtigen und mit General Koenig besprechen 13 . Ich hoffe, daß wir Ihnen darüber in einer der nächsten Zusammenkünfte Bescheid geben können 14 . 2. Export-Devisen-Bonus „B" für Berlin Erhard: Der Devisen-Bonus „B"15 ist mit Wirkung vom 15. August 1948 für die Bizone weggefallen 16 , wofür die wesentliche Verbesserung der Lebensverhältnisse maßgebend war". An diesem Tage lagerte in Berlin Exportware im Werte von 800 000 Dollar, die nicht abtransportiert werden konnte 18 . Die Berliner Industrie und die Arbeiterschaft empfinden es als eine Härte, daß sie aus einem Grunde, den sie nicht verschuldet haben, nicht in den Genuß der Vorteile des Devisen-Bonus „B" kommen. Das gilt um so mehr, als sich die Versorgungslage in der Bizone wesentlich verbessert hat, was für die Verhältnisse in Berlin nicht zutrifft. Unsere Bitte, den Devisen-Bonus „B" für diese Warenmenge nachträglich zu bewilligen, soll nicht zur Folge haben, daß die Luftbrücke zusätzlich belastet wird. Wir könnten uns durchaus damit einverstanden erklären, wenn zunächst nur der Gegenwert in Höhe von 40 000 Dollar aus dem Devisen-Bonus „B" zur Verfügung gestellt wird". Der Transport der Güter könnte später bei sich bietender Gelegenheit durchgeführt werden. Robertson: Dazu möchte ich bemerken, daß von uns jede Bitte, die Berlin betrifft, mit größter Sympathie geprüft wird. Die Angelegenheit ist schon einmal im Dezember vorigen Jahres bei der J E I A behandelt und entschieden worden 20 . Die Entscheidung der JEIA lag durchaus im Rahmen unserer Anweisungen und erschien uns unter den damaligen Verhältnissen durchaus vernünftig. General Clay und ich sind jedoch bereit, Ihrem Antrage zu entsprechen. Die J E I A wird von uns die notwendigen Anweisungen erhalten, nachdem die maßgebenden Zahlen noch einmal nachgeprüft worden sind. Wir nehmen an, daß es möglich sein wird, die Waren nach Berlin zu bringen, so daß von Ihrem Vorschlag, den Betrag als eine Art Kredit aufzusparen, nicht Gebrauch gemacht zu werden braucht 21 . 13

Hierüber konnten Gesprächsaufzeichnungen nicht ermittelt werden.

14

Mit Schreiben an Pünder vom 27. 4. 1949 (Z 13/148) erteilte BICO den deutschen Versicherungsgesellschaften die Ermächtigung, Rückversicherungen im Ausland einzugehen. Diese Vollmacht wurde in der Ersten Änderung zum Gesetz Nr. 16 der MilReg. vom 10. 6. 1949 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. N, S. 5) näher definiert.

15

Durch JEIA-Anweisung Nr. 6, Ergänzung 1, vom 17. 2. 1948 (Z 4/241) war ein Programm ins Leben gerufen worden, durch das in Exportbetrieben (einschließlich Unter- und Materiallieferanten) tätige Personen zur Einfuhr von Waren ein Bonus in Höhe von 5% des Netto-Devisenerlöses gewährt wurde. In Höhe der ausgestellten Gutscheine verteilte das Büro für Export-Devisen-Bonus-B-Einfuhren in Frankfurt eingeführte Lebensmittel. Zur Entstehungsgeschichte siehe Ζ 4/84. Siehe BICO an den VR vom 20. 8. 1948 in: Ζ 13/231.

16 17

Zur Versorgungslage Berlins siehe Ζ 13/253.

18

Wegen der Blockade Berlins.

"

5% des Devisenerlöses (vgl. Anm. 15).

20

Einen entsprechenden Antrag der VfW hatte die JEIA am 20. 12. 1948 abschlägig beschieden (vgl. Statement der VfW zu diesem TOP vom 1. 3. 1949 in: Ζ 13/2, Bd. 4, Bl. 157).

21

Mit der Ergänzung 3 zur JEIA-Anweisung Nr. 6 vom 2. 2. 1949 (Z13/232) hatte die JEIA klargestellt, daß Gutscheine nur bis einschließlich 28. 2. 1949 ausgestellt werden würden. Sie verfielen, wenn sie nicht bis zum 1. 4. 1949 mit Einfuhranträgen beim Büro in Frankfurt (vgl. An. 15) eingereicht sein sollten. Die Anweisung der MilReg. an die JEIA konnte nicht ermittelt werden.

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3. Bau von zwei Fischdampfernn Erhard: Uns liegt von der Deutschen Werft in Hamburg ein Antrag vor, daß der Bau von zwei Fischdampfern zu 400 to zusätzlich genehmigt werden möge23. Insgesamt haben wir die Genehmigung erhalten, 100 Fischdampfer zu bauen, und zwar 34 zu 400 to und 66 zu 350 to24. Alle Dampfer zu 400 to befinden sich im Bau und stehen vor der Fertigstellung. Für die Dampfer zu 350 to haben sich keine Abnehmer oder Auftraggeber gefunden, weil Dampfer dieser Größe unwirtschaftlich sind. Die Deutsche Werft hat drei Dampfer zu 400 to bereits gebaut, und sie hat noch Material für zwei weitere Dampfer zu 400 to zur Verfügung. Wenn der Bau dieser zwei Dampfer genehmigt würde, dann könnten 800 Arbeiter weiterbeschäftigt werden, die sonst keine Arbeit hätten. Die Finanzierung dieser beiden Dampfer ist gesichert. Wir würden auch damit einverstanden sein, wenn diese zwei Dampfer zu 400 to ausgewechselt würden mit Dampfern zu 350 to aus der Gesamtgenehmigung. Der Verwaltungsrat ist bereit, den Antrag der Deutschen Werft sich zu eigen zu machen. Ich bitte daher zusätzlich den Bau von zwei Fischdampfern auf 400 to zu genehmigen. Robertson: Diese Angelegenheit ist nicht ganz ohne Schwierigkeiten. General Clay und ich würden uns freuen, wenn die Arbeiter bei der Deutschen Werft weiterbeschäftigt werden könnten. Legen Sie einen entsprechenden Antrag vor, wir werden ihn mit sehr großem Wohlwollen behandeln. Erhard: Dann scheint es mir besser zu sein, daß ein Antrag von der Verwaltung [für Wirtschaft] eingereicht wird25. Robertson: Das dürfte richtig sein. 4. Lastenausgleich Köhler: Der Wirtschaftsrat, der Länderrat und der Verwaltungsrat sind in großer Sorge wegen des Lastenausgleichs, der immer noch nicht genehmigt worden ist26. Ich habe daher die Bitte, uns mitzuteilen, wann wir mit der Entscheidung rechnen dürfen. Robertson: Die Angelegenheit liegt noch bei unseren Regierungen. Ich kann Ihnen jedoch sagen, daß ich kürzlich darüber mit General Clay eine Aussprache hatte 27 . Dabei ist ein neuer Gedanke entwickelt worden, von dem wir eine brauchbare Lösung 22

Das Problem der Fischdampfemeubauten war von den MilGouv. und den Vertretern der Bizone bereits am 15. 9. 1948 erörtert worden. Die MinPräs. hatten esam 1. 3. 1949 aufgegriffen (vgl. Dok. Nr. 17, Anm. 16).

23

Siehe Vermerk der Abtlg. IV Α der VfW vom 16. 3. 1949 in: Ζ 13/202. In dem fernschriftl. Antrag der Deutschen Werft an die VELF vom 26. 2. 1949 (B 116/540) wird auf die Gefährdung von 600-800 Arbeitsplätze verwiesen. Für den Bau der beiden Fischdampfer, die über das gebilligte Bauprogramm von 34 Fischdampfern von 400 BRT hinausgingen (vgl. VELF an BICO vom 25. 1. 1949, ebenda), stehe Material in weitem Umfang zur Verfügung.

24

Die Abgrenzungen der deutschen Fischereiflotte waren durch Direktive Nr. 44 des Kontrollrats vom 4. 11. 1946 (Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 16, S. 403) festgelegt worden. Siehe auch Β 116/540.

25

Die VfW stellte den Antrag an BICO mit Schreiben vom 22. 3. 1949 (Z13/202). BICO genehmigte ihn am 20. 4. 1949. In einem Schreiben an die DirK. vom 25. 4. 1949 (ebenda) bezeichnete die VELF den Antrag der Deutschen Werft als voraussichtlich hinfällig, da die Washingtoner Verhandlungen der Außenminister der USA, Großbritanniens und Frankreichs zu einer Erweiterung der Mindesttonnagegrenze führen würden. Das Verfahren mündete daher in ein Sofortprogramm zur Wiederherstellung der deutschen Fischereiflotte (siehe Β 116/540).

26

Vgl. Dok.Nr. 13, TOP 7.

21

Gemeint ist wahrscheinlich die Unterredung vom 8. 2. 1949 (Clay Papers, Bd. II,Dok.Nr. 655). Sieheauch Dok.Nr. 23, TOP 2.

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M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

erhoffen. Es ist noch nicht endgültig sicher, daß die Lösung gefunden ist, ich hoffe jedoch, daß Sie bald Bescheid erhalten werden. Wenn Sie mit der Errichtung des Behördenapparats für die Durchführung des Lastenausgleichs nunmehr beginnen, so ist uns das durchaus recht. Köhler dankte für die Ausführungen von Gen. Robertson und teilte mit, daß nunmehr unverzüglich der Behördenapparat für den Lastenausgleich eingerichtet würde28, nachdem doch offenbar mit einer baldigen Genehmigung des Lastenausgleichs zu rechnen sei2'. Robertson stimmte den Ausführungen zu mit dem Bemerken, daß solche Maßnahmen jetzt gerechtfertigt wären.

28 29

Der WR beschloß daraufhin auf seiner 35. W vom 24./25. 3. 1949 das Gesetz über die Errichtung eines Hauptausgleichsamtes (WR-Wörtl. Ber., S. 1540). Siehe hierzu Ζ 13/140. Zu den alliierten Einschränkungen und Änderungswünschen siehe Dok.Nr. 30, TOP 2.

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51. Direktorialsitzung

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Nr. 2 1

Nr. 21 51. Direktorialsitzung in Frankfurt 16. März 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 163-167. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 17. 3. 19491 TO: Ebenda, Bl. 176 Anwesend2: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Stellv.Dir. Kriege, Dir. Storch, Stellv.Dir. Zaubitzer (VR) MinDir. Podeyn (VELF); MinR. Kremer (zeitw.) (V£A); MinDirig. Wolff, Präs. Schambach (zeitw.) (VfF); MinR. Wetzler (zeitw.) (VfV); Stellv.Dir. Kaufmann, MinDir. Schalfejew, Hinsch (VfW) MinDir. Oppler (zeitw.), MinDirig. Lentz (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt); MinDir. a. D. Harmening (Büro für Währungsfragen); Präs. Schreiber (Amt für Fragen der Heimatvertriebenen) MinDir. Krautwig, MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich, Schulte (DirK.)

Einleitend gedenkt ODir. Pünder des einjährigen Bestehens des Verwaltungsrates und gibt der Hoffnung auf gute Zusammenarbeit im zweiten Jahr seiner Tätigkeit Ausdruck. [1. Finanzierung der Forschungsinstitute] Vor Eintritt in die Tagesordnung wird die Frage der Etatisierung der wissenschaftlichen Forschung bei der Verwaltung des V W G kurz besprochen 3 , jedoch auf Antrag der Verwaltung für Finanzen beschlossen, den Fragenkreis zurückzustellen, bis am 24. 3. 1949 der Länderrat dazu Stellung nehmen konnte 4 . [2.] Treibstoffsteuergesetz Nach Vortrag von Stellv.Dir Kriege stimmt der Verwaltungsrat der Vorlage [unter Streichung von § 7 trotz Bedenken der VELF und unter Neufassung der § § 6 und 11 zu5]. Die Begründung wird geändert werden, womit die Verwaltung für Finanzen beauftragt wird6. Der Eilbedürftigkeit halber findet gleichzeitige Zuleitung an Wirtschaftsrat und Länderrat statt7.

1

Entwurf von V. Elmenau vom 17. 3. 1949 in: Ζ13/87, Bd. 17, Bl. 168-172. Parallelüberlieferung: Schreiben des Bevollm. Bayerns für das VWG, v. Dziembowski, an die Bayer. StK. vom 21. 3. 1949 in: Bayer. HStA München MA 130 450.

2

Anwesenheitsliste mit Unterschriften: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 175.

3

Vgl. Dok.Nr. 8, TOP 7.

4

Am25. 3. 1949 verabschiedete der FinA, des LR in Königstein den Entwurf eines Staatsvertrages (Z 4/556, Bl. 80-84), aufgrund dessen die Länder die Förderung der wissenschaftlichen Forschung übernehmen wollten. Zur weiteren Beratung des „Königsteiner Abkommens" siehe Dok.Nr. 73, TOP 9.

5

Im vorliegenden Entwurf der VfF vom 26. 2. 1949 (Z13/87, Bd. 17, Bl. 117-189) sollten landwirtschaftliche Betriebe sowie Betriebe der Schiffahrt und Fischerei von der Treibstoffsteuer freigestellt bleiben. Auf Beschluß des VR wurde diese Bestimmung gestrichen. - Neufassung der §§ 6 (Möglichkeit der Steuererstattung) und 11 vom 14. 3. 1949 in: Ζ13/165, Bd. 3, Η. 2. - Zu den Bedenken des VELF siehe Dok.Nr. 8,TOP 5 sowie Vermerk der Abt. II Β der VELF für Schlange-Schöningen vom 16. 3. 1949 in: Ζ 6 1/51, Bl. 10.

6

Die VfF übersandte Pünder die Neufassung des Gesetzes mit überarbeiteter Begründung am 18. 3. 1949 (ebenda).

7

Die DirK. leitete dem LR und dem WR den Gesetzentwurf am 19. 3. 1949 (ebenda) zu.

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[3.] Anordnungen zur Änderung der Preise für Gas und elektrischen Strom Nach Vortrag von MinDir. Schalfejew meldet die Verwaltung für Verkehr Bedenken gegen die Vorlage 8 an, deren Zurückstellung [. . .] hierauf beschlossen wird. [4. Verordnung über Geldinstitute außerhalb des Währungsgebietes9] Der Verwaltungsrat stimmt der Vorlage mit den neuerlichen vorgelegten Änderungen von § 3 zu und beschließt, durch das Büro für Währungsfragen der Bank deutscher Länder sein Einverständnis mit der Fassung mitzuteilen 10 . Hierbei ist zu betonen, daß der Länderrat sich noch nicht geäußert hat. Der Präsident des Wirtschaftsrates ist zu verständigen 11 . [5.] Beschlüsse des Wirtschaftsrates vom 4. 3.1949 über Ruhegehaltsbezüge der heimatvertriebenen Beamten, der Elüchtlingsbeamten und der Beamten ohne Dienstherr12 MinDir. Oppler betont, daß die Verwaltung des V W G für die Regelung der Pensionen von Länder- und Gemeindebeamten nicht zuständig sei und auch die Länder nicht verpflichten könne, diese Ruhegehaltsempfänger den einheimischen Pensionisten gleichzustellen 13 . Zur Angleichung der Bezüge der Flüchtlingspensionäre von Bahn 8

9

Entwurf zweier Anordnungen mit Begründung sowie Anlage zur Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 190-195. Hierdurch sollten zur wirtschaftlichen Gesundung der Versorgungsbetriebe die Strom- und Gaspreise „an das sich immer mehr stabilisierende Preisniveau" angeglichen werden, wodurch die verschiedenen Abnehmergruppen unterschiedlich stark betroffen würden. Siehe hierzu auch Ζ 8/1417. Vgl. Dok.Nr. 18, TOP 5.

10

Siehe Schreiben von Pünder an die BdL vom 18. 3. 1949 mit der Neufassung des § 3 als Anlage in: Ζ 4/556, Bl. 106-107. Grundlage des Beschlusses bildete nicht der Entwurf in der Fassung vom 23. 12. 1948 (mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 16, Bl. 196-210), sondern der Entwurf der Währungsabteilung der BdL vom 16. 2. 1949 (Z 4/555, Bl. 283-304). Die Neufassung von § 3 hatte zuvor der Sonderausschuß Bankenaufsicht des LR auf seiner 9. Sitzung vom 10. 3. 1949 (Prot, in: Ζ 4/172) abgelehnt. Dem Schreiben von v. Dziembowski (vgl. Anm. 1) zufolge war durch die Neufassung „ein gesamtwirtschaftliches Bedürfnis für Fortführung oder Wiederaufnahme der bankgeschäftlichen Tätigkeit oder ein öffentliches Interesse an der Abwicklung der Verbindlichkeiten nicht mehr allgemein Voraussetzung für die Anerkennung als verlagertes Geldinstitut, sondern diese Gesichtspunkte sind nur noch von Belang für die Frage, ob in Ausnahmefällen vom Nachweis ausreichender Vermögenswerte abgesehen werden kann".

11

Siehe Schreiben von Pünder an Köhler vom 18. 3. 1949 in: Ζ 4/556, Bl. 106.-Als35. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz trat die VO am 1. 10. 1949 in Kraft (VOB1. brit. Zone 1949, S. 471).

12

Der WR hatte auf seiner 34. VV vom 4. 3. 1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1505 ff.) folgende Beschlüsse gefaßt: Beschluß Nr. 34/7: „Die Ruhegehaltsbezüge der Flüchtlingsbeamten werden den Bezügen der übrigen Ruhestandsbeamten angeglichen. Die dazu erforderlichen Mittel werden auf folgende Weise beschafft: Die gesetzlichen Bestimmungen über die Versorgung der Beamten werden in der Weise geändert, daßeine Zahlung von Ruhegehaltsbezügen frühestens mit dem 27. Lebensjahr beginnt und der Höchstsatz mit 60 Jahren erreicht wird. Der Anfangssatz des Ruhegehalts beträgt 25 v. H., der Höchstsatz 66 v. H. des Gehaltes, das beim Eintritt in den Ruhestand gezahlt wird. Die Steigerung des Ruhegehaltes beträgt in den ersten acht Jahren 2 v. H. und in den folgenden 25 Jahren 1 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge". Beschluß Nr. 34/8: „Der Verwaltungsrat wird ersucht, zu prüfen, auf welche Weise die Pensionen der Beamten, deren Dienstherr in Fortfall gekommen ist, den Pensionen der in den Westzonen gelegenen Dienstherren angepaßt werden können". Beschluß Nr. 34/9: „Die Ruhegehaltsbezüge der heimatvertriebenen Beamten und der Hinterbliebenen sollen den Bezügen der übrigen Ruhestandsbeamten angeglichen werden. Dies gilt auch für Beamte solcher öffentlichrechtlicher Körperschaften, die nicht Gebietskörperschaften sind".

13

In einem an Pünder und die übrigen Verwaltungen gerichteten Schreiben vom 14. 3. 1949 (Z13/87, Bd. 17, Bl. 211-215) hatte Oppler die drei Beschlüsse dahingehend interpretiert, daß sie sich nur auf die Ruhestandsbeamten des VWG, also nur auf diejenigen der Reichsbahn und der Deutschen Post beziehen könnten, so daß die Beschlüsse Nr. 34/8 und 34/9 keine Anwendung fänden.

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und Post14 sind etwa 29 Millionen DM erforderlich. Die Annahme des Entwurfes Nr. I15 hat zur Folge, daß etwa ein Reichsbahnpräsident a. D. seine volle Pension von 1000 oder 1200 DM erhält und der neben ihm wohnende Regierungspräsident a. D. weiter auf die Länderzuweisung von etwa 200 DM beschränkt bleibt. MinDirig. Wolff betont, daß die Länder eine Angleichung der Flüchtlingspensionen an die Bezüge der einheimischen Ruhegehaltsempfänger für indiskutabel ansehen". Der Verwaltungsrat stimmt dem Entwurf Nr. 1 einer Dritten Verordnung zur Sicherung der Währung und öffentlichen Finanzen17 zu. Der vom Personalamt vorgeschlagene Beschluß über die Angleichung der Versorgung der verdrängten Beamten und ihrer Hinterbliebenen an die Bezüge der sonstigen Versorgungsempfänger18 wird zurückgestellt, bis die Länderfinanzminister sich über die Art der Angleichung geäußert haben (hundertprozentige Angleichung oder hessische Lösung)15. Doch es besteht Übereinstimmung, daß Bahn und Post im Wege einer Verwaltungsanordnung die durch den Entwurf Nr. 1 gemachte Ersparnis zur Angleichung der Pensionen verwenden. Es wird dabei zum Ausdruck gebracht, daß es sich um eine Verpflichtung der Allgemeinheit handelt und nur im Augenblick aus Gründen der Finanzlage der Bizone auf die Bezüge der übrigen Ruhegehaltsempfänger zurückge14

Gemeint sind die erforderlichen Mittel im Bereich von Bahn und Post zur Angleichung der Verdrängtenversorgung an die der einheimischen Pensionäre.

15

Zur Durchführung der Beschlüsse des WR hatte das Personalamt am 14. 3. 1949 (vgl. Anm. 13) zwei Entwürfe einer Dritten Verordnung zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen (Z 13/87, Bd. 17, Bl. 216-221) vorgelegt. Der erste Entwurf beruhte darauf, daß die Ruhegehaltsskala mit 25% (anstelle von bislang 35%) beginnen und mit 75% (wie bisher) enden sollte. Der zweite Entwurf folgte dem Beschluß des WR und setzte den Anfangssatz bei 25% und den Höchstsatz bei 66% fest. Auf diese Weise ergaben sich unterschiedliche Einsparungen von DM 44,8 Mio (= 7-8%) bzw. DM 114 Mio (= 18-20%). Oppler bemerkte hierzu, daß die im zweiten Entwurf vorgesehene erhebliche Senkung der Pensionen für die Angleichung nicht erforderlich sei.

16

Auch der Vorschlag, die Versorgungsbezüge bis zu DM 100 voll und die darüber hinausgehenden Beträge zu 2Δ zu gewähren, jedoch nicht über einen Höchstsatz von DM 400 für Pensionäre und von DM 250 für Witwen hinaus, war von den Finanzreferenten der Länder am 11. 3. 1949 (siehe Schreiben Opplers vom 14. 3. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 212 sowie Prot, der Besprechung in: Ζ 11/281) abgelehnt worden. -Anläßlich der 26. Sitzung des FinA. des LR am 8. 4. 1949 (Prot, in: Ζ 4/556, Bl. 166) bekräftigten die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern, daß vor Inkrafttreten eines allgemeinen Finanzausgleiches keine Möglichkeit bestehe, die Mehrausgaben für die Verbesserung der Flüchtlingspensionen haushaltsmäßig zu decken.

17

Zu den Vorarbeiten an dieser VO siehe Ζ 11/571.

18

Der Entwurf des Personalamtes hatte folgenden Wortlaut (Z 13/87, Bd. 17, Bl. 222): „1. Die Versorgungsbezüge der verdrängten Beamten und ihrer Hinterbliebenen sind in Ausführung des Beschlusses des Wirtschaftsrates vom 4. 3. 1949 Nr. 34/7 im Bereich der Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, insbesondere bei der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post mit Wirkung vom 1. 4. 1949 den Bezügen der sonstigen Versorgungsempfänger in vollem Umfange anzugleichen. 2. Der Verwaltungsrat erläßt die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen Bestimmungen". Zur Stellungnahme des Rechtsamtes vom 11. 3. 1949 siehe Ζ 11/572. Hierüber verhandelte MinDirig. Wolff vom Personalamt mit Vertretern der Länder. Auf der Sitzung der Stellv.Dir. am 4. 4. 1949 (Prot, ebenda) berichtete er, daß lediglich Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen, letzteres unter gewissen Einschränkungen, für eine hundertprozentige Angleichung eingetreten seien. Die übrigen Länder mit Ausnahme Bayerns, welches Beträge über DM 100 nur zur Hälfte zahlen wollte, hätten sich - so auch Hessen - für eine ^-Angleichung ausgesprochen, wobei Württemberg-Baden und Hamburg hierbei ebenfalls Einschränkungen vorgebracht hätten. - Zu dem in Hessen angewandten Kürzungsverfahren, wonach die Abstriche prozentual mit der Höhe der Rente stiegen, siehe Vierte VO über Maßnahmen zur Sicherung der Währung und öffentlichen Finanzen vom 25. 3. 1949 in: GVOB1. Hessen 1949, S. 26.

19

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griffen werden muß. Der Verwaltungsrat beschließt, daß der Oberdirektor die Beschlüsse Nr. 34/7, 8, 9 vom 4. 3. 1949 des Wirtschaftsrates auf dem Schriftwege beantwortet20. [6. Passives Wahlrecht der Beamten] Außerhalb der Tagesordnung werden die sich aus dem neuen Beamtengesetz ergebenden Fragen der Unvereinbarkeit eines politischen Amtes mit einer Beamtenstellung besprochen21. Die drei großen Fraktionen des Wirtschaftsrates haben sich dafür ausgesprochen, daß die Mitgliedschaft in lokalen Körperschaften (Gemeinderat, Kreistag usw.) nicht als unvereinbar mit der Beamteneigenschaft angesehen werden soll22. Der Verwaltungsrat tritt dieser Auffassung bei und beschließt: 1. Diejenigen Beamten der Verwaltungen des VWG, die Mitglieder des Wirtschaftsrates oder der Länderparlamente sind, haben dieses Mandat sofort niederzulegen, oder ihr Dienstverhältnis zu den Verwaltungen des VWG zu lösen. 2. Die Beamten der Verwaltungen des VWG, die Mitglieder von Gemeinde- oder Kreisvertretungen, oder Landrat, Bürgermeister bzw. Gemeindevorsteher sind, warten Ausführungsbestimmungen zu dem Militärregierungsgesetz Nr. 15 ab. Der Verwaltungsrat beschließt ferner, daß die vom Personalamt versandten Richtlinien zum Beamtengesetz23 zurückgezogen und auf der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates zur Beratung gestellt werden24. [7.] Zuständigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlichtechnischer Angelegenheiten Nach Aussprache stimmt der Verwaltungsrat zu, daß die 1935 festgelegte Regelung25 über die Abgrenzung der Zuständigkeit auf dem Gebiete des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlich-technischer Angelegenheiten von der Verwaltung

20

Siehe Schreiben von Pünder an Köhler vom 17. 3. 1949, dem er den Entwurf der VO beifügte (WR-Drucks. Nr. 1067). Der VR beriet hierüber am 30. 3. 1949 (vgl. Dok.Nr. 24, TOP 5) erneut. Ungeachtet dessen wurde die VO am 16. 3. 1949 verkündet und trat am 30. 3. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 24).

21

Zum Verbot der politischen Betätigung der Beamten siehe § 26 des MilReg. Gesetzes Nr. 15 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 2). Die Aufhebung dieser Vorschriften war in dem Änderungskatalog enthalten, den der VR am 2. 3. 1949 (vgl. Dok.Nr. 18, TOP 13) beschlossen hatte.

22

In einer von den drei Fraktionen gezeichneten Erklärung der Pressestelle des WR vom 16. 3. 1949 (Z13/ 258, Bl. 261) wird auf die laufenden Verhandlungen mit der MilReg. Bezug genommen und von der „begründeten Aussicht" gesprochen, „daß die weitere Betätigung der Beamten in lokalen Körperschaften, Kreistagen und Gemeindevertretungen auch in Zukunft möglich sein wird". Siehe Rundschreiben Nr. 1 des Personalamtes zur Anwendung des Gesetzes Nr. 15 der Militärregierung vom 14. 3. 1949 (Z 11/212), welches in Abschn. I Ausführungen zur Einschränkung der politischen Tätigkeit von Beamten enthielt. Zu den Bedenken gegen dieses Rundschreiben siehe Vermerk von Rosenthal-Pelldram (Personalamt) über eine Unterredung in der DirK. vom 15. 3. 1949 (ebenda).

23

24

Pünder teilte dem Personalamt den Beschluß des VR mit Schreiben vom 17. 3. 1949 (Z13/258, Bl. 257) mit. Daraufhin wurden die Richtlinien Nr. 1 des Personalamtes der Verwaltung des VWG zur Anwendung des Gesetzes Nr. 15 der MilReg. vom 30. 3. 1949 (ebenda) erarbeitet, über die der VR am gleichen Tag beriet (vgl. Dok.Nr. 24, TOP 17).

25

Erlaß über die Abgrenzung der Zuständigkeit auf dem Gebiete des Arbeitsschutzes, der Gewerbeaufsicht und wirtschaftlich-technischer Angelegenheiten vom 2. 5. 1935, RGBl. 1935 I, S. 581.

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des VWG übernommen wird26, wobei die Verwaltung für Wirtschaft an die Stelle des Reichs- und Preußischen Wirtschaftsministers, die Verwaltung für Arbeit an die Stelle des Reichs- und Preußischen Arbeitsministers tritt. Der Verwaltungsrat stimmt hierzu dem Vorbehalt der Verwaltung für Wirtschaft zu, daß die gesetzlich festgelegten Zuständigkeiten der Bergbehörden nicht berührt werden. [Der Direktor der Verwaltung für Arbeit des Vereinigten Wirtschaftsgebietes erklärt, mit Rücksicht auf die zu erwartende Bildung der westdeutschen Bundesregierung auf die weitere Verfolgung der Wünsche der Verwaltung für Arbeit auf diesem Gebiet zu verzichten, womit der Entscheidung künftiger Bundesinstanzen keinesfalls vorgegriffen sein soll27.] [8.] Eingliederung des Amtes für die Erfassung der Kriegsopfer in die Zentralverwaltung für innere Angelegenheiten der westdeutschen Regierung Der Verwaltungsrat beschließt, bei der Verwaltung für Arbeit ein Verbindungsreferat zum Amt für die Erfassung der Kriegsopfer, Berlin-Charlottenburg, einzurichten28. Die Vorschläge zu b) im Schreiben des Personalamtes vom 25. 1. [1949]29 werden abgelehnt. Über die Eingliederung des Amtes für die Erfassung der Kriegsopfer in die Verwaltungsorganisation der künftigen westdeutschen Regierung soll eine Entscheidung jetzt nicht getroffen werden. [9.] Einrichtung eines Wirtschaftspolitischen Ausschusses zur Beratung der Verwaltung des VWG Dir. Erhard begründet seine Ablehnung der Einrichtung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses zur Beratung der Verwaltung des VWG30. Der Verwaltungsrat beschließt

26

2

'

28

Im Anschluß an den Beschluß des VR vom 2. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 8, TOP 2) hatten Storch und Kaufmann hierüber beraten, über die Frage der Zuständigkeit auf dem Gebiet der technischen Gewerbeaufsicht jedoch keine Einigung erzielen können (siehe Schreiben Kaufmann an Pünder vom 26. 2. 1949 in: Ζ13/87, Bd. 17, Bl. 223). In einem undat. Vermerk skizzierte Krautwig (ebenda, Bl. 227-230) die Lage und empfahl dem VR, die Zuständigkeit mangels Einvernehmen zwischen den beiden Verwaltungen zu regeln. Hierfür beständen drei Möglichkeiten: „1. Die Regelung des Erlasses vom 2. 5. 1935 wird für entsprechend anwendbar erklärt. 2. Der Verwaltung für Arbeit wird die alleinige Zuständigkeit für die genannten Gebiete übertragen. 3. Der Verwaltungsrat beschließt eine anderweitige Aufteilung der Zuständigkeit". Siehe hierzu auch Stellungnahme der Abt. IV der VELF vom 28. 12. 1948, Ζ 6 1/51, Bl. 25. Ergänzt aufgrund Protokollberichtigung vom 4. 5. 1949, Dok.Nr. 31, TOP. 11. Da das Amt für die Erfassung der Kriegsopfer vor allem Material zur Durchführung der Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenversorgung sammelte, schlug v. Gülich mit Schreiben an die Verwaltungen vom 7. 3. 1949 (Z 61/51, Bl. 28) vor, das Verbindungsreferat auch im Hinblick auf die Zuständigkeit einer zukünftigen Bundesinstanz bei der VfA zu errichten. - Siehe auch Schreiben der DirK. an die VfA vom 4. 3. 1949, Ζ 13/97.

25

In dem Schreiben (Z 61/51, Bl. 29-31), das auch auf die Entstehungsgeschichte und die Aufgaben des Amtes eingeht, wird dem VR an zweiter Stelle vorgeschlagen, er möge sich damit einverstanden erklären, daß die Berliner Dienststelle die eingeleiteten Verhandlungen mit dem Bayer. StMin. des Innern über die Errichtung einer Zweigstelle in München fortführt, „daß das Amt ferner die Verhandlungen mit 17 ausländischen Missionen und der IRO (International Refugee Organisation) über die Übernahme der Bearbeitung der Todesfälle in Konzentrationslagern und ähnlichen Anstalten durch eine Vereinbarung abschließe".

30

Die Anregung, „zur Vorbereitung wirtschaftspolitsicher Maßnahmen eine unabhängige Stelle zu schaffen, welche geplante Einzelmaßnahmen mit der wirtschaftlichen Gesamtsituation abzustimmen" habe, war vom

293

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51. Direktorialsitzung

nach Aussprache, die Herren Bevollm. Hansen, Min. Spiecker, GS Troeger, Präs. Köhler, Vizepräs. Dahrendorf und die Vorsitzenden der drei großen Fraktionen des Wirtschaftsrates zu einer Aussprache im Rahmen eines Abendessens im Anschluß an eine der nächsten Direktorialsitzungen zu bitten, um die Bedenken der Verwaltungen des VWG gegen die Einrichtung eines Wirtschaftspolitischen Ausschusses zu erläutern31. [10.] Benennung eines Vertreters des VWG zur Teilnahme an der Eröffnung einer ERP· Ausstellung in London

Der Verwaltungsrat beschließt, Herrn MinDir. Schniewind um die Teilnahme an der Eröffnung der ERP-Ausstellung in London zu bitten32. [11. Verbindungsstelle zur JEIA]

Außerhalb der Tagesordnung stimmt der Verwaltungsrat zu, daß die Verbindungsstelle der Verwaltung des VWG zur JEIA bei der Direktorialkanzlei etatisiert wird. Mit der Ernennung von Paul Krebs zum Leiter dieser Stelle ist der Verwaltungsrat einverstanden33.

LR ausgegangen (siehe Vermerk der DirK. vom 10. 3. 1949 in: Ζ13/197). Diese Stelle sollte als Organ des VWG Gutachten über gesetzgeberische Maßnahmen „etwa zur Herstellung eines befriedigenden und dauerhaften Verhältnisses der Löhne zu den Preisen des Massenbedarfs" vorlegen und mit unabhängigen Wirtschafts- und Finanzexperten besetzt sein. Über Aufgaben und personelle Zusammensetzung des Ausschusses hatte Pünder in zwei Unterredungen mit Vertretern von WR und LR am 16. und 17. 2. 1949 (Vermerke vom 17. und 18. 2. 1949, ebenda) Übereinstimmung erzielt. Kaufmann hatte Pünder am 26. 2. 1949 (ebenda) die Bedenken der VfW vorgetragen und betont, daß in der Gestalt des Wissenschaftlichen Beirats bei der VfW bereits ein unabhängiges Gremium mit nahezu gleicher Funktion bestehe. Dieser habe sich wiederholt zu aktuellen Problemen der Wirtschaftspolitik geäußert und habe dabei auch die Bereiche der Agrar-, Finanz- und Kreditpolitik in seine Erwägung einbezogen. Kaufmann fuhr fort: „Wenn auch der Bereich der Wirtschaftspolitik über den Zuständigkeitsbezirk meiner Verwaltung in ihrer heutigen Begrenzung hinausgreift, so erscheint es mir doch unerläßlich, daß die zentralen und grundsätzlichen Fragen der Wirtschaftspolitik maßgeblich oder federführend von der Verwaltung für Wirtschaft bzw. dem kommenden Wirtschaftsministerium behandelt werden. Nur auf diese Weise ist die unerläßliche Einheitlichkeit der Wirtschaftspolitik zu gewährleisten". Ihm sei durchaus daran gelegen, unabhängigen und sachverständigen Rat nutzbar zu machen. Es erscheine ihm aber unzweckmäßig, ein neues Sachverständigengremium, „zumal recht problematischer Zusammensetzung", zu schaffen. 31

Die Besprechung wurde für den 30. 3. 1949 in Aussicht genommen. Protokollvermerke hierüber liegen nicht vor. In Ζ 13/197 findet sich lediglich der abschließende Vermerk von v. Elmenau, daß die Angelegenheit durch den Zeitablauf überholt sei und zu den Akten gelegt werden könne.

32

Ab21. 3. 1949 fand in London eine Ausstellung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über Grundlagen und Ziele des Marshallplanes statt. Zu ihrer Eröffnung sollten alle Teilnehmerländer einen Vertreter entsenden. Auch die Bizone sollte vertreten sein (siehe Vermerk der DirK. vom 11.3. 1949 in: Ζ13/87, Bd. 17, Bl. 232).

33

Mit Schreiben an Erhard vom 23. 1. 1949 (Z 13/232) hatte der GenDir. der JEIA, Logan, die Einrichtung der Verbindungsstelle angeregt. Die Aufgabe der Stelle definierte Pünder in einem Schreiben an die Mitglieder der HptA. des WR vom 6. 4. 1949 (ebenda). Sie sollte die JEIA bei den Verhandlungen über Handels- und Zahlungsabkommen beraten, sich aktiv an solchen Verhandlungen beteiligen und insbesondere bei der Abstimmung der Arbeit der JEIA mit den zuständigen deutschen Behörden tätig mithelfen. Siehe auch Β 102/2973.

294

51. Direktorialsitzung

16.3.1949

Nr. 21

[12. Gesetz fiber die Vermögenssteiierveraiüagung] Außerhalb der Tagesordnung stimmt der Verwaltungsrat auf Vorschlag der Verwaltung für Finanzen dem Entwurf eines Gesetzes über die Vermögenssteuerveranlagung34 für die Zeit ab 1. 1. 1949 zu und beschließt der Eilbedürftigkeit halber die sofortige gleichzeitige Zuleitung an Wirtschaftsrat und Länderrat33.

34

Entwurf mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 233-243. Durch das Gesetzesvorhaben sollte eine neue Grundlage für die Vermögenssteuerveranlagung für den Zeitraum 1949-1951, die Erhebung von Vorauszahlungen bis zur Veranlagung und für die Bewertung des Betriebsvermögens sowie des sonstigen Vermögens geschaffen werden. Für die Neuermittlung des Vermögens stellte der Gesetzesentwurf einige wichtige Grundsätze auf. In der Begründung zur Gesetzesvorlage heiBt es hierzu: „Für den Grundbesitz und die Gewerbeberechtigung bleiben die zuletzt festgestellten und fortgeschriebenen Einheitswerte maßgebend. Neu ermittelt werden müssen die Einheitswerte des Betriebsvermögens und die Werte des sonstigen Vermögens. Als Stichtage für die Feststellung des Vermögens ist [. . .] wegen des Zusammenhangs mit dem Lastenausgleich und DM-Eröffnungsbilanz der 21. 6. 1948 vorgesehen".

35

Dem WR und dem LR wurde der Gesetzentwurf von der DirK. am 18. 3. 1949 (Z13/128, Bd. 12) zugestellt. Der WR verabschiedete das Gesetz am 3. 5. 1949, der LR stimmte ihm am 18. 5. 1949 zu und die MilReg. genehmigte es am 2. 6. 1949. Es trat daraufhin am 3. 6. 1949 in Kraft. (WiGBl. 1949, S. 83)

295

Nr. 22

2 4 . 3. 1 9 4 9

M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n k o n f e r e n z in K ö n i g s t e i n

Nr. 22 Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein 24. März 19491 BA Ζ 12/78, Bl. 49-91 und 34-47. Ungez. und undat. Wortprot. mit handschr. Korrekturen 2 Inserate: Kurzprot., ebenda, Bl. 15-20 3 TO: Ebenda, Bl. 92 Anwesend4: IMin. Schühly 5 , BotschR. v. Brentano (Baden); MinPräs. Ehard, Dir. Schwend (Bayern); StadtvVorst. Suhr 6 (Berlin); SenPräs. Kaisen, Bevollm. Mittendorff; StR. Haas (Bremen); Bgm. Brauer, Bevollm. Hansen (Hamburg); MinPräs. Stock [Vorsitz], StMin. Zinn, StS. Brill, Presseref. Goldschmidt (Hessen); MinPräs. Kopf, StS. Lauffer, MinR. Danckwerts (Niedersachsen); MinPräs. Arnold, Min. Spiecker, MinDir. Katzenberger (Nordrhein-Westfalen); MinPräs. Altmeier, KultusMin. Süsterhenn, IMin. Steffan (Rheinland-Pfalz); MinPräs. Lüdemann, JustMin. Katz, Bevollm. Pohle (Schleswig-Holstein); Stellv.MinPräs. Beyerle 7 , IMin. Ulrich, MinR. Klaiber (Württemberg-Baden); StPräs. Müller, ORegR. Donndorf (Württemberg-HohenzoUem) StMin. Pfeiffer, IMin. Menzel, Abg. Heuss, Abg. Diederichs, Abg. Becker (Pari. Rat) Landrat z. D. Bergner, LegR. a. D . Werz, Olnsp. Rakette, Stenograph Habedank (Büro d. MinPräs.)

[Beginn der Sitzung: 10.00 Uhr] Kurzprot.

[1. Stellungnahme z u m M e m o r a n d u m der M i l G o u v . z u m Entwurf d e s G r u n d g e s e t z e s ' ]

MinPräs. Stock eröffnet die Sitzung; erstellt fest, daß sämtliche Länder und auch die Stadt Berlin vertreten sind und begrüßt die zur Konferenz geladenen Abgeordneten des Parlamentarischen Rates.

1

In einem Telegramm an das Büro d. MinPräs. vom 11. 3. 1949 (Z12/78, Bl. 187) hatte SenPräs. Kaisen auch im Namen seiner Kollegen Kopf, Lüdemann und Reuter um die Einberufung einer außerordentlichen Konferenz der MinPräs. gebeten, welche eine Stellungnahme der MinPräs. zum Schreiben der MilGouv. an den Pari. Rat vom 2. 3. 1949 (ebenda, Bl. 106-110) abgeben sollte. Daraufhin wurde die Konferenz zunächst für den 17. 3. 1949 einberufen, wegen Terminschwierigkeiten mehrerer Regierungschefs jedoch auf den 24. 3. 1949 verschoben. Bereits für den 23. 3. 1949 hatte MinPräs. Stock die Regierungschefs Brauer, Kopf, Lüdemann undReuter zu einer Vorbesprechung nach Königstein eingeladen (Fernschr. vom 22. 3. 1949, ebenda, Bl. 150).

2

Das Wortprot. wurde wohl von dem in der Anwesenheitsliste aufgeführten Stenographen Habedank gefertigt. Die Aufzeichnungen über die Nachmittagssitzung (Bl. 34-47) wurden im Aktenband vorgeheftet. Hier findet sich auf Bl. 34 oben der handschr. Vermerk von Werz vom 26. 3. 1949: „Auszugsweise Niederschrift; wegen wiederholter anderweitiger Inanspruchnahme nicht vollständig" sowie die Verfügung „ZdA 616".

3

Dem Kurzprot. liegen handschr. Aufzeichnungen von Rakette zugrunde (ebenda, Bl. 48-58), die als Vorlage für einen maschinenschr. Entwurf dienten, den Werz und Bergner am 29. 3. 1949 und Stock am 6. 4. 1949 abzeichneten (ebenda, Bl. 25-30). Die korrigierte Fassung wurde von Stock gez. und von Rakette beglaubigt sowie um die Liste der Entschließungen als Anlage erweitert. Als Drucksache Nr. 155 wurde diese Protokollfassung (ebenda, Bl. 15-22) den Länderregierungen durch das Büro d. MinPräs. zugestellt. Zur Beratung des T O P 2 siehe auch Lange, Innenpolitik, S. 378ff.

4

Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 138-140.

5

StPräs. Wohleb war wegen einer Landtagssitzung verhindert und ließ sich durch seinen IMin. vertreten (vgl. Telegramm von Wohleb an das Büro d. MinPräs. vom 22. 3. 1949, ebenda, Bl. 149).

6

In Vertretung von OBgm. Reuter.

1

Min. Beyerle vertrat den erkrankten MinPräs. Maier.

296

M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n k o n f e r e n z in K ö n i g s t e i n

2 4 . 3. 1 9 4 9

Nr. 22

Hierauf wird die Tagesordnung im internen Kreis der MinPräs. besprochen 9 . Nach ihrer

Kunprot.

Festlegung entsprechend der vorläufigen Tagesordnung wird die Sitzung fortgesetzt.

Menzel [weist zunächst darauf hin, daß er seine Ausführungen auf vier Punkte beschränken möchte, auf die Frage der Ländergrenzen, des Wahlrechts, der Gesetzgebung und Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie auf die Frage der Finanzen. Zur Entwicklung der Verfassungsberatungen im Pari. Rat führt er aus, daß angesichts der etwas festgefahrenen Beratungen zu Beginn des Jahres ein Fünferausschuß eingesetzt worden sei, der im Februar einen Kompromiß erarbeitet habe10. Dieser Kompromiß, der vom HptA. des Pari. Rats in dritter Lesung gebilligt worden sei", sehe hinsichtlich der aufgeworfenen vier Fragen folgendes vor:] Bei den Ländergrenzen haben wir eine Zweiteilung vorgenommen, d . h . , wir haben in Anlehnung an den früheren Artikel 18 der Weimarer Verfassung für die etwaige Veränderung von Ländergrenzen sehr stark das Element des Volksbegehrens und des Volksentscheids eingebaut. Wir haben aber geglaubt, für eine kurze Übergangszeit, und zwar für die Übergangszeit von einem Jahr nach dem ersten Zusammentreten des künftigen Volkstages12, die Abänderung von Ländergrenzen technisch zu erleichtern, aus der Idee heraus, daß ein Teil zumindest der jetzigen Ländergrenzen ihre Zufälligkeiten Tatsachen verdanken, auf die wir Deutsche keinen Einfluß hatten, Zufälligkeiten oder Regelungen, die in dem Inhalt der Yalta-Konferenz begründet waren, oder die darin begründet waren, aus welchen Zufälligkeiten heraus die Okkupationsarmeen Halt machen mußten oder wollten. Aber auch bei dieser Übergangsfrist von einem Jahr haben wir grundsätzlich einen Volksentscheid bei der Abänderung der Ländergrenzen für erforderlich gehalten und eingebaut13. Bei der Frage der Kompetenzverteilung der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern sind wir in starker Anlehnung an den Aufbau der Weimarer Verfassung, wenn ich von der ausschließlichen Gesetzgebung einmal absehe, zu einem sehr umfangreichen Katalog der sogenannten Vorranggesetzgebung, wie wir sie damals noch nannten, Am 2.3.1949 hatten die drei MilGouv. den Vertretern des Pari. Rats eine Denkschrift zum G G überreicht (Z 12/78, Bl. 106-110; abgedr. in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, S. 106 ff.). Gleichzeitig war den deutschen Vertretern eine Stellungnahme zum Wahlgesetz (Z 12/12, Bl. 168) übergeben worden. Diese lautete wie folgt: „Wir sind zu der Schlußfolgerung gekommen, daß das vom Parlamentarischen Rat entworfene Wahlgesetz dem Grundgesetz nicht angeschlossen werden kann und die Bestimmungen des Artikels 145 deshalb nicht zur Anwendung kommen können. Wir sind jedoch der Auffassung, daß der Parlamentarische Rat die Anzahl der Volkstags-Abgeordneten und die Verteilung dieser Abgeordneten auf jedes Land bestimmen sollte. Wir schlagen vor, den Ministerpräsidenten zu sagen, daß sie geeignete Schritte unternehmen sollen, um die erforderliche Gesetzgebung in jedem Landtag vorzubereiten, und daß sie berechtigt sind, den Wahlgesetzentwurf, wie er vom Parlamentarischen Rat fertiggestellt wurde, als Grundlage für die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage zu verwenden, die den Landtagen der einzelnen Länder zur Verabschiedung vorzulegen ist". 9

Auf Antrag von MinPräs. Ehard, der an der Vorbesprechung nicht teilgenommen hatte (vgl. Anm. 1). wurde die Sitzung von 10.30 bis 11.00 Uhr unterbrochen, um die Tagesordnung im internen Kreis zu besprechen. Hierüber liegen keine Aufzeichnungen vor.

10

Siehe Niclauß, Demokratiegründung, S. 133 ff., sowie Dok.Nr. 10 B, Anm. 97.

11

Siehe Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., 51. Sitzung vom 10. 2. 1949, S. 673 ff. Die so beschlossene Fassung (Pari. Rat, Drucks. Nr. 624) war den MilReg. zur Stellungnahme vorgelegt worden.

12

Anläßlich der 3. Lesung des GG-Entwurfs im HptA. war die Bezeichnung „Bundestag" in „Volkstag" geändert worden (Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., 48. Sitzung vom 9. 2. 1949, S. 628 f.).

13

Siehe 48. Sitzung des HptA. vom 9. 2. 1949, ebenda, S. 622 ff.; vgl. auch die Ausführungen von Gen. Koenig zu Art. 25 des GG-Entwurfs in: Dok.Nr. 19, Anm. 33.

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wortprot.

Nr. 22 wortprot.

24. 3. 1949

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gekommen, d. h. zu einer Gesetzgebung, die zwar vielmehr den Ländern zusteht, bei der aber der Bund, wenn er glaubt, daß die erforderlichen Voraussetzungen gegeben seien, die Gesetzgebungsbefugnis an sich heranziehen kann". Bei den Finanzen haben wir ja zu teilen die Frage der Gesetzgebungshoheit, die Frage der Verteilung der Steuerquellen und die Frage der Finanzverwaltung. In dem Kompromiß haben wir bei der Frage der Gesetzgebungshoheit auf dem Gebiet der Steuern ein sehr starkes Übergewicht des Bundes festgelegt. Bei der Steuerquellenverteilung haben wir dann [. . .] schon in Vorwegnahme eines vernünftigen Finanzausgleichs versucht, die Steuermassen und ihre Quellen fast gleichmäßig aufzuteilen zwischen Bund und Ländern. Bei der Finanzverwaltung sind wir davon ausgegangen, daß die Bundessteuern, insbesondere auch die Monopole und die Zölle, durch die Bundesfinanzverwaltungen, die der Gesetzgebung der Länder unterstehenden Steuern durch eine Länderfinanzverwaltung eingezogen werden sollen, und daß die gemeinsamen Steuern des Bundes, vor allem die Umsatz-, Einkommens- und Körperschaftssteuern, die aufzuteilen sein werden zwischen Bund und Ländern, ebenfalls durch eine Bundesfinanzverwaltung eingezogen und verwaltet werden15. Nicht Gegenstand des Kompromisses war die vierte Frage, die des Wahlrechts, weil wir das Wahlrecht in einem besonderen Gesetz verabschiedet haben und nicht zum Bestandteil des Grundgesetzes machten16. Aufgrund dieser Beschlüsse hat dann auf Wunsch der Gouverneure am 2. 3. 1949 eine Sitzung in Frankfurt/Main mit den drei Militärgouverneuren der Westzone stattgefunden 17 . Wir sind in diese Konferenz mit dem einstimmig gefaßten Beschluß gegangen, daß wir nur den Inhalt des Kompromisses gemeinsam nach außen gegenüber den Gouverneuren vertreten und die internen Differenzierungen außer acht lassen wollten. Wir waren uns bei Abschluß der Kompromißarbeiten auch einig, daß, falls durch die Militärgouverneure jetzt oder in Zukunft eine Änderung wichtiger Bestimmungen eintreten sollte, die den Inhalt des Kompromisses an einer oder an mehreren Stellen hinfällig werden lassen würde, dann sich alle Beteiligten einig waren, den gesamten Kompromiß hinfällig werden zu lassen, wir also nur zu einem Gesamtkompromiß stehen, daß es aber nicht möglich sei, einen Teil herauszunehmen. Die Gouverneure haben dann das Ihnen vorliegende Dokument vom 2. 3. [1949]18 überreicht. [Kaisen]: Haben dann die Beteiligten am Kompromiß wieder völlig freie Hand? [Menzel]: Völlig freie Hand. Also die Herren [haben] dann das vorliegende Dokument vom 2. 3. [1949] überreicht. Es fehlt hier eine Reihe von Punkten, die ich aber hier nicht näher berühren möchte, die auch vielleicht die Herren Länderchefs nicht so sehr interessieren. Ich möchte mich auch da auf die vier Fragen beschränken. 14

Siehe 49. Sitzung des HptA. vom 9. 2. 1949, ebenda, S. 645 ff.

15

Siehe 50. Sitzung des HptA. vom 10. 2. 1949, ebenda, S. 663 ff. sowie die stichwortartige Übersicht des Sekretariats des Pari. Rats vom 26. 3. 1949 über Steuergesetzgebung und Finanzausgleich im GG-Entwurf (Z 5/140). Vgl. auch Dok.Nr. 19, TOP 1.

16

Nachdem der Ausschuß für Wahlrechtsfragen des Pari. Rats auf seiner 23. Sitzung vom 4. 2. 1949 den von der Redaktionskommission ausgearbeiteten Entwurf abschließend beraten hatte (Prot, in: Ζ 5/86) und der HptA. auf seiner 53. Sitzung vom 23. 2. 1949 ihn modifiziert hatte (Pari. Rat-Drucks. Nr. 624), wurde der Wahlgesetzentwurf vom Plenum des Pari. Ratsam 24. 2. 1949 verabschiedet (Debatte und Abstimmung in: Pari. Rat, Sten. Ber. des Plenums, 8. Sitzung, S. 125 ff.).

17

Prot, in: Ζ 12/9, Bl. 261-265.

18

Siehe Anm. 9.

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24. 3. 1949

Nr. 22

Bei den Ländergrenzen haben uns die Gouverneure neben dem, was sie hier gesagt haben, ergänzende Ausführungen gemacht und betont, daß jetzt die einzige Möglichkeit bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes und seiner Genehmigung durch die Militärregierungen gegeben sei, die Ländergrenzen innerhalb Deutschlands zu ändern, weil, wenn erst einmal das Grundgesetz genehmigt sei, Abänderungen der Ländergrenzen einer einstimmigen Zustimmung der drei Militärgouverneure bedürfen, während sie sich sonst - das ist aus anderen Bemerkungen zu schließen - wahrscheinlich nur auf ein Veto beschränken würden oder auf einen Mehrheitsbeschluß bei der Zustimmung, so daß also zwei Stimmen von drei Besatzungsmächten genügen würden". Sie haben uns gesagt, daß sie dem Parlamentarischen Rat anheimstellen, die Herren Länderchefs über diese Meinung noch einmal zu unterrichten, wobei wir selbstverständlich davon ausgegangen sind, daß die Gouverneure Sie, meine Herren Ministerpräsidenten, unmittelbar informiert haben20. Bei der Frage der Gesetzgebungsverteilung haben die Militärgouverneure durch die Ihnen ja bekanntgegebene Formulierung praktisch die Vorranggesetzgebung des Bundes in eine Vorranggesetzgebung der Länder umwandeln wollen21. An dem Katalog selbst haben sie, abgesehen von Kleinigkeiten, die wir, glaube ich, nicht zu erörtern brauchen, nichts geändert. Bei den Finanzen schließlich haben sie beanstandet, daß die Bundesfinanzverwaltung mit der Einziehung der gemeinsamen Steuern betraut werden soll. Sie sind einverstanden, daß die dem Bund allein zufließenden Abgabesteuern durch eine Bundesfinanzverwaltung eingezogen werden und sie sind selbstverständlich einverstanden, was wir schon beschlossen hatten, daß die den Ländern durch Gesetzgebung zustehenden Steuern durch die Länder eingezogen werden. Sie haben aber beim dritten Teil der Steuern, nämlich bei der Aufteilung zwischen Bund und Ländern Bedenken, daß das eine Bundesfinanzverwaltung machen soll. Sie sind auch hier der Auffassung, daß das, wenn irgend möglich, die Länder machen müssen. Bei der Einkommensteuer sind sie damit einverstanden, daß der auf den Bund entfallende Anteil durch die Bundesfinanzverwaltung, der auf die Länder entfallende Anteil - ich bitte, das nicht zu verwechseln mit der Einkommenssteuergesetzgebung der Länder, sondern mit einer prozentualen Einkommensteuer - durch die Länder eingezogen werden müsse. Sie haben ferner Bedenken geäußert gegen den im Kompromiß vorgesehenen Finanzausgleich. Sie stehen auch auf dem Standpunkt, daß der Bund keine Gelder kassieren dürfe und daß durch seinen Etat keine Gelder laufen sollten, die wieder im Wege eines Finanzausgleichs den Ländern überwiesen werden müßten, weil sie fürchten, daß damit der Bund eine zu starke politische Position gegenüber den Ländern bekäme. Sie wehren sich gegen einen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, und im Zusammenhang damit werden sie sich auch gegen einen Finanzausgleich innerhalb der Länder selbst wehren, sondern sie fordern in dem Memoire, daß die den Ländern 19

Vgl. Anm. 17.

20

Entsprechende Korrespondenzen konnten nicht ermittelt werden. Seit der Konferenz der MinPräs. mit den MilGouv. vom 1. 3. 1949 (vgl. Dok.Nr. 17) hatte keine weitere Besprechung stattgefunden.

21

In ihrem Memorandum hatten die MilGouv. (vgl. Anm. 9) darauf hingewiesen, daß die in Art. 36 des GGEntwurfs niedergelegten Zuständigkeiten der Bundesregierung nicht genügend klar definiert seien, „um die Stellung der Länder in einem föderativen System hinreichend zu sichern". Sie hatten die Neufassung diesbezüglicher Bestimmungen vorgeschlagen, die davon ausgingen, daß die Länder das Recht der Gesetzgebung auf einer Reihe von im einzelnen benannten Gebieten behalten sollten.

299

wonprot.

Nr. 2 2

Wortprot.

24. 3. 1 9 4 9

Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein

zufließenden Steuern [. . .] den Ländern so zugeteilt werden, wie sie in den Ländern anfallen22. Sie möchten also keinen Ausgleich zwischen den Ländern haben. Die Besprechungen in Frankfurt/M. endeten damit, daß die Herren Gouverneure sich bereit erklärten, Vertreter höheren Dienstgrades, wie sie sich ausdrückten, nach Bonn zu schicken, vor allem Finanzexperten, um die Durchführung dieser Anregungen zu besprechen. Diese Sitzung hat stattgefunden 23 . Die Gouverneure haben zwar keine politischen Sachberater höheren Dienstgrades gesandt, sie hatten lediglich für die Finanzfragen Finanzexperten geschickt, und ich muß sagen, daß die Unterhaltung mit den Finanzexperten völlig ergebnislos war und daß die Verhandlungen sehr unglücklich geführt wurden, und zwar so unglücklich, daß sich die Vertreter der übrigen Besatzungsmächte etwas entschuldigten. Warum ich das anführe, ist, daß wir alle unabhängig von den politischen Parteien den Eindruck hatten, daß keiner der Vertreter der Finanzexperten der Besatzungsmächte begriffen hatte, wie es früher aussah, und wie es jetzt aussieht und welche Notwendigkeiten heute vorhanden sind, daß man sich auch von der Gefahr des Finanzausgleichs völlig falsche Vorstellungen machte. Immerhin führten die Verhandlungen des zu einem Siebenerausschuß erweiterten Fünferausschusses auf dem Gebiet der Finanzen dazu, daß als erster der Vertreter der französischen Besatzungsmacht die Notwendigkeit eines Finanzausgleichs einsah, und zwar deshalb einsah, weil wir den Herren gesagt hatten, daß bei Wegfall jedes Finanzausgleichs die wirtschaftlich und steuerlich schwachen Länder wahrscheinlich einen viel zu starken Druck ausüben würden, Aufgaben aus den Ländern dem Bund zu übertragen, daß der dann äußerlich dadurch vielleicht zu stark werden würde. [. . .] Wir haben aufgrund der Verhandlungen und aufgrund dieses Memorandums vom 2. 3. 1949 die Dinge noch einmal eingehend durchgesprochen und versucht, soweit irgend möglich, den alliierten Wünschen entgegenzukommen 24 . Aber immer sind wir von dem Prinzip ausgegangen, daß Abänderungen des Kompromisses nur möglich sind, wenn sie einstimmig gefaßt werden. Die Basis sollte immer dieser damals im Februar beschlossene Kompromiß bleiben. Nun haben diese Verhandlungen des Siebenerausschusses zu einer erneuten Vorlage des Parlamentarischen Rates25 und zu einer weiteren an die Verbindungsoffiziere geführt26. Das war am letzten Freitag. Morgen nachmittag werden wir wahrscheinlich eine Antwort zu erwarten haben27. Ich möchte den Herren kurz den Inhalt unserer Gegenvorschläge mitteilen. [Ehard]: Das ist der letzte Vorschlag? [Menzel]: Ja, der letzte, der vorigen Freitag überreicht wurde. Bei der Frage der Zuständigkeitsverteilung der Gesetzgebung hat man an dem Grundsatz der Vorrang22

Die MilGouv. hatten daher Neufassungen der Art. 122 a, 122 b und 123 vorgeschlagen.

23

Prot, der Besprechungen zwischen Vertretern des Pari. Rats, bei dem der interfraktionelle Fünferausschuß zu einem Siebenerausschuß erweitert worden war, und den alliierten Verbindungsoffizieren vom 8. 3., 9. 3., 10. 3. und 18. 3. 1949 in: St BKAH/150. Zu den strittigen Verfassungspunkten waren dabei von deutscher Seite zwei Kompromißvorschläge vom 19. 3. und 18. 3. 1949 (Z12/78, Bl. 124-129) unterbreitet worden.

24

Vgl. Vorschlag des interfraktionellen Siebenerausschusses vom 18. 3. 1949 (Anm. 23).

25

Siehe Ζ 12/78, Bl. 121-123.

26

Vgl. Anm. 24.

27

Wortlaut der von Sauvagnargues auf der Sitzung vom 25. 3. 1949 verlesenen alliierten Stellungnahme zu den jüngsten deutschen Vorschlägen in: Ζ 12/12, Bl. 159 (vgl. Anm. 32).

300

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2 4 . 3. 1 9 4 9

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gesetzgebung festgehalten. Wir haben aber in Anlehnung an die Weimarer Verfassung das Wort „Vorrang" gestrichen und es ersetzt durch das Wort „konkurrierende" Gesetzgebung. Ich glaube, das ist auch ein Begriff, der besser und richtiger die wirkliche Rechtslage trifft. Wir haben ferner wiederhergestellt etwas, was wir schon in der 1. Lesung des Hauptausschusses beschlossen hatten, wir hatten nämlich in der 1. Lesung des Hauptausschusses vor den Katalog so eine Art Länderbundwesen hingestellt und gesagt, was verstehen wir unter ausschließlicher und unter Vorranggesetzgebung und wie werden diese Grundsätze voneinander getrennt? Wir hatten das gestrichen, weil wir glaubten, daß das mehr in ein Lehrbuch gehört als in eine Verfassung. Wir haben es aber auf Wunsch der Alliierten wieder aufgenommen und uns bemüht, hier einige Formulierungen zu übernehmen, die nicht von den Alliierten stammten, sondern die uns die Vertreter Bayerns zur Anregung gaben. Sie finden also in § 95a und b folgendes und ich darf mir erlauben, einen dieser Artikel kurz zu verlesen 28 : „Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht". Also die Kompetenz-Kompetenz liegt bei den Ländern. „Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung". Dann sagen wir als ausschließliche Gesetzgebung folgendes 29 : „Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden". Dann bei der konkurrierenden Gesetzgebung hatten wir in einem Absatz 2 (früher) aufgeführt, daß die konkurrierende Gesetzgebung durch den Bund folgendes voraussetze: Der Bund soll auf diesem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung nur regeln, was einheitlich geregelt werden muß. Diesen Satz haben wir aufgegliedert in Anlehnung an das Memorandum der Alliierten vom 2. 3. 1949 zu dem Artikel, wie er damals noch hieß, 3630. [Menzel verliest die vorgeschlagene Neufassung zur konkurrierenden Gesetzgebung 3 ', welche sich eng an die Formulierungen aus dem alliierten Memorandum anlehne.] Die Alliierten werden wahrscheinlich morgen dazu ihr Einverständnis erklären 32 . An dem Katalog haben sich wahrscheinlich einige Kleinigkeiten geändert, die aber nicht besonders vorgetragen zu werden brauchen. Bei den Finanzen hat sich der Siebener28

Hierbei handelt es sich um die Neufassung gegenüber dem Entwurf aus der 3. Lesung des HptA. Im endgültigen GG-Text ist dies der Art. 70. Vgl. die Gegenüberstellung in der Drucks. Nr. 151 des Büro d. MinPräs. in: Ζ 12/78, Bl. 111-116.

29

Neufassung als Art. 95 b, der im Entwurf des HptA. nicht enthalten war und als Art. 71 in das G G aufgenommen ist.

30

Vgl. Anm. 21.

31

Die Neufassung fand Eingang in Art. 95 c des Vorschlages vom 18. 3. 1949(vgl. Anm. 23) und wurde später nahezu unverändert als Art. 72 in das G G übernommen.

32

Die alliierte Stellungnahme zum Vorschlag des Siebenerausschusses fiel allerdings negativ aus. Für den abberufenen französischen Verbindungsoffizier Lalois verlas Sauvagnargues am 25. 3. 1949 eine Erklärung, in der dieser ohne nähere Begründung die deutschen Vorschläge als nicht im Einklang mit der Mitteilung vom 2. 3. 1949 erklärte (Wortlaut in: Ζ 12/12, Bl. 159). Befremden löste dabei auf deutscher Seite die Art aus, in welcher die Mitteilung erfolgte, da Sauvagnargues eine Sachbesprechung dadurch abschnitt, „daß er die Mitglieder des Ausschusses aufforderte, sich zu zwangloser gemeinsamer Unterhaltung in einen anderen Raum zu begeben". Anschließend bemühten sich Vertreter aller drei Verbindungsstäbe zu versichern, daß diese Schärfe nicht gewollt gewesen sei. LegR. Werz, der in einem Bericht der Außenstelle Godesberg (vgl. Drucks. Nr. 156 des Büros d. MinPräs. in: Ζ 12/12, Bl. 157-158) den Ablauf der Besprechung schilderte, begründete dies damit, daß Sauvagnargues „den im allgemeinen zwischen den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates und den Verbindungsoffizieren üblichen Ton noch nicht kannte".

301

wonprot.

Nr. 22 Wortprot.

24. 3. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein

ausschuß auf den Standpunkt gestellt, daß er glaubt, an seinen bisherigen und wesentlichen Grundsätzen festhalten zu müssen33. Meine Herren, nach den auch Ihnen vorliegenden Drucksachen des Parlamentarischen Rates34 bitte ich zu beachten, daß wir ja weitgehend beim Aufbau unserer Entscheidung davon ausgegangen sind, welche Lasten der Bund künftig übernehmen wird. Neben den Kosten seiner eigenen Verwaltung selbstverständlich wird er die gesamten Besatzungskosten tragen. Er wird ferner alle äußeren und inneren Kriegsfolgslasten tragen und schließlich wird er selbstverständlich Zuschüsse übernehmen, die an die Sozialversicherungsträger und die Träger der Arbeitslosenunterstützung zuzuschießen sind. Zu der Übernahme dieser ungeheueren Lasten gehört natürlich auch zu einem wesentlichen Teil die Übernahme der Quellen, aus denen die Gelder fließen sollen, d. h. vor allem die Zölle und die Finanzmonopole. Darüber bestand auch im Fünferausschuß und in Bonn interfraktionell Uneinigkeit. Wir haben aber nun auch geglaubt, bei der Gesetzgebung der Steuerfragen im Interesse der Rechts-, aber auch der Wirtschaftseinheit die gesetzgebende Kompetenz des Bundes etwas umfangreicher zu gestalten. Wir haben daher in dem neugefaßten Artikel 121, in einer alten Drucksache 122a, nunmehr folgendes gesagt35: „Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über Zölle und Finanzmonopole". Darüber hat es kaum einen Streit gegeben. Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung nunmehr über die Verbrauchs- und Verkehrssteuer, über die Steuer von Einkommen, Vermögen, Erbschaft und Schenkungen und über die Realsteuern mit Ausnahme natürlich die Festlegung der Sätze. Ausgenommen aus der konkurrierenden Gesetzgebung sind lediglich die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, insbesondere ζ. B. Grunderwerbssteuer, Feuerschutzsteuer usw.36. Wenn wir hier also im vollen Einverständnis aller Beteiligten eine starke Zuständigkeit des Bundes bei der Gesetzgebung niedergelegt haben, haben wir versucht, in dem nachfolgenden Artikel 122b der alten, 122 der neuen Verfassung, die Aufteilung der Steuerquellen etwas günstiger für die Länder nicht nur zu formulieren, sondern auch zu gestalten. Wir haben daher gesagt, daß von den Steuern, die der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes unterliegen, die ich eben verlesen habe, den Ländern folgende Steuern zufließen sollen: Die Biersteuer, die Rennwettensteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Vermögenssteuer mit Ausnahme einer einmaligen Abgabe zugunsten des Lastenausgleichs. Die Erbschaftssteuer und die Realsteuer werden weitergegeben an die Gemeinden. Und ferner ein Teil der Umsatz-, Einkommen· und Körperschaftssteuer, die demgemäß dem Bund zufließen. Wir haben zwar hier ein ziffernmäßig kleines, aber an Bedeutung sehr wichtiges Steuerpaket, das aufgeteilt wird zwischen Bund und Ländern, nämlich Umsatz-, Einkommen- und Körperschaftssteuern. Die Aufteilung, nach welchem Prozentsatz Bund und Länder beteiligt werden, wird durch ein Bundesgesetz getroffen werden, das 33

Adenauer richtete daher am 2. 4. 1949 ein Schreiben an die MilGouv. (St BKAH/150), mit dem er um Klarstellungen zum alliierten Memorandum vom 2. 3. 1949 nachsuchte. Er wollte vor allem erfahren, ob die MilGouv. das GG nicht genehmigen würden, wenn das Finanzwesen nicht entsprechend den alliierten Forderungen geregelt werden sollte.

34

Die Vorschläge des Siebenerausschusses wurden als Anträge der Fraktionen für die 55. Sitzung des HptA. am 6. 4. 1949 vorbereitet (Pari. Rat-Drucks. Nr. 686, 687 und 690). Vgl. auch Anm. 100. Vgl. Art. 105 GG.

35 36

Im Art. 105 GG fehlt die vorgesehene Spezifizierung der Steuerarten. Die dem Bund zustehenden Steuern nennt der Art. 106 (1) und die der Länder Art. 106 (2).

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der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Wir haben in diesen Artikel nun noch folgendes hineingenommen: die Alliierten haben, wie ich schon erwähnte, vor allem der französische Vertreter, eingesehen, und wir haben das an krassen Beispielen klargemacht, daß es unmöglich sei, die Länder nur durch die einzelnen Ländersteuern zu tragen. Wir haben also zum Schutz von steuerschwachen und leistungsschwachen Ländern einen Ausgleich innerhalb der Länder, also keinen Ausgleich zwischen Bund und Land, sondern einen Ausgleich zwischen Bund und Ländern vorgesehen. [Lüdemann]: Zwischen den Ländern? Nicht innerhalb? [Menzel]: Ja. Zwischen Bund und Ländern. Dazu Einkommen- und Körperschaftssteuern und der Ausgleich innerhalb der Länder, zwischen den Ländern, denen aufgrund der künftigen oder jetzigen Gesetze die Ausgleiche zufließen werden, um die Leistungsfähigkeit auch der steuerschwachen Länder zu ermöglichen. Die Verrechnung der Anteile wird auf einer durch den Bundesstaat zu schaffenden Grundlage erfolgen müssen. Wir haben ferner gesagt, um hier den Alliierten zu demonstrieren, wie wir ihnen entgegenkommen, die Steuern und Anteile, die hiernach den Ländern zufließen, sind nicht Einnahmen des Bundes, sondern werden unmittelbar an die Länder laufend abgeführt 37 . Sie würden also auch nicht wie früher beim Finanzausgleich des Reiches oder wie beim zonalen Ausgleich der britischen Zone, durch den Bundeshaushalt als Einnahmen oder Ausgaben gehen, sondern würden unmittelbar nach ihrer Berechnung durch eine Verrechnungsstelle des Bundesfinanzministeriums seitens des Oberfinanzpräsidiums der Länder unmittelbar an die Landeskassen abgeführt werden. Wir haben dann noch einen Absatz aufgenommen, daß die endgültige Aufteilung der Bundesfinanzfragen möglichst bis zum Jahre 1952 erfolgen soll, d. h. hier haben wir die Möglichkeit gegeben, durchzusetzen, daß wir künftig überhaupt einmal alle Steuern aufteilen38. Es wird abzuwarten sein, was die Alliierten uns morgen auf diesem Gebiet mitteilen". Differenzen bestehen nur noch in der Frage, wer diese gemeinsamen Steuern verwalten soll, Bund oder Länder. Meine Herren! Als letztes darf ich zur Frage des Wahlrechtes kommen. [. . .] Bei der Debatte in Frankfurt am Main war es vor allem General Clay, der darauf Wert legte, daß die Länder selbst ein Wahlrecht beschließen sollen40. Auf unseren Hinweis, daß dann die Gefahr bestünde, daß elf verschiedene Wahlgesetze erlassen werden, und dann wahrscheinlich jeder Abgeordnete oder wir dann im künftigen Volkstag elf verschiedene Gruppen von Abgeordneten haben, die jede mit einer anderen Legitimation käme, meinte er, ja, in den Vereinigten Staaten würde auch auf Grund von 48 Ländergesetzen gewählt, worauf wir gleich erwidern konnten, daß 47 dieser Gesetze völlig gleichlautend sind und nur ein Staat, Nebraska, das Verhältniswahlrecht habe, also abweicht. Die Gouverneure haben uns aber gleich erklärt - der Sprecher war General Robertson - , daß sie keine Bedenken hätten, obwohl sie als Gouverneure nicht damit einverstanden wären, sie aber keine Bedenken hätten, daß die Länderchefs beschlössen, das vom Parlamentarischen Rat angenommene Wahlgesetz als Modell ihren Ländern zu empfehlen, wobei natürlich, wie er meinte, die Länderchefs

37

Neu als Art. 122 (4); Neuformulierung im GG.

38

Neuer Art. 125 (5); Neuformulierung im GG.

39

Die alliierten Verbindungsoffiziere äußerten sich nicht zu diesem Punkt (vgl. das im Anschluß an die Unterredung vom Siebenerausschuß veröffentlichte Pressekommuniqui in: Ζ 12/12, Bl. 160).

40

Siehe Prot, der Besprechung vom 2. 3. 1949 in: Ζ12/9, Bl. 261-265. Wortlaut des alliierten Memorandums zum Wahlgesetz vom 2. 3. 1949: Anm. 9.

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Wortprot.

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überlegen müßten, ob sie für diese Modellgesetze eine Mehrheit in den Landtagen bekämen41. [. . .] Meine Herren, es ist uns natürlich ganz klar, daß wir aufgrund der drei Dokumente 42 der Konferenz keine Legitimation hatten, das Wahlrecht zu beschließen. Wir haben uns auch in manchen anderen Fragen etwas utopisiert. Daraus haben wir nie ein Hehl gemacht. Andererseits war jetzt - auch neulich - daran darf ich erinnern - die Mehrheit für eine Erledigung durch den Parlamentarischen Rat oder alle Herren der Länderchefskonferenz hielten es für richtig43, daß der Parlamentarische Rat sich damit zu befassen hatte, weil ja nur so die Möglichkeit einer einheitlichen Gesetzgebung in den drei Westzonen gegeben war, da ja die Institution der Ministerpräsidentenkonferenz keine verfassungsmäßige Institution ist, die also auch keine Gesetze erlassen kann. So müßte sie nun ihre einzelnen Landtage damit betrauen. Wir fürchten vor allem, daß dadurch ein erheblicher Zeitverlust eintreten würde, weil ja wahrscheinlich die einzelnen Landtage verschieden schnell arbeiten. General Robertson hat auf meinen Hinweis, ob denn den Ländern eine Frist gesetzt würde, erklärt, daß sie das tun würden44. Wenn also die Länder nicht in einer bestimmten Frist, meinetwegen sechs Wochen, die inzwischen bald ablaufen, die Arbeiten erledigen, würden sie dann neue Vorschläge des Parlamentarischen Rates erbitten. Soweit die Meinung der Gouverneure. Aus diesen Gründen hat sich der Siebenerausschuß auch, ohne einen formellen Beschluß zu fassen, auf den Standpunkt gestellt, daß bei allen Bedenken - ich glaube, restlos zufrieden ist vielleicht keiner - mit dem Wahlgesetz wenigstens ein Weg beschritten war. Es war auch da wenigstens der Versuch zusammenzukommen, daß ganz gleich, wie man sich zu dem ersten Wahlrecht stellt, man doch die Herren Länderchefs bitten solle, zu versuchen, die Einheitlichkeit dadurch zu wahren, daß man entweder nach wie vor die Frage dem Parlamentarischen Rat überläßt oder das beschlossene Wahlgesetz als Modellgesetz nimmt45. Stock [dankt dem Referenten.] Kopf: Ich hätte gern von Herrn Minister Menzel gehört, ob nicht die Möglichkeit bestanden hätte, das Wahlsystem mit in diese Verfassung einzuarbeiten? Stock: Das haben wir abgelehnt. Menzel: Wenn man sich auf ein Gebiet utopisiert, könnte man theoretisch gesehen auch die Form, die wir wollten, nicht in die Verfassung einarbeiten. Man kann die Verfassung nicht mit zu viel Einzelheiten belasten, zumal wir jetzt schon festgestellt haben, daß die Zahl der Übergangsbestimmungen wahrscheinlich größer ist als die der einzelnen Gesetze. Sie sind vor allem komplizierter und länger. Wir gingen damals davon aus, ein Wahlgesetz zu schaffen, und sind nicht auf diese Idee gekommen. Und, 41

Vgl. hierzu auch Dok.Nr. 7, T O P 3 und Dok.Nr. 19, T O P 1.

42

Gemeint sind die drei Frankfurter Dokumente vom 1. 7. 1949 in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4.

43

Vgl. den von den MinPräs. am 11./12. 2. 1949 in Hamburg gefaßten Beschluß (Dok.Nr. 10 B, T O P 10),zur Frage des Wahlgesetzes keinerlei Empfehlung abzugeben.

44

Vgl. Anm. 40.

45

Hierzu bemerkte der brit. Verbindungsoffizier Chaput de Saintonge in einer Unterredung mit Werz am folgenden Tag in Bonn (Bericht von Werz vom 26. 3. 1949 in: Ζ 12/12, Bl. 158), daß Gen. Clay die Verabschiedung des Wahlgesetzes durch die Landtage fordere. „General Clay stehe auf dem Standpunkt, daß in einem Bundesgesetz nur die Prinzipien des Wahlrechts zu regeln seien. Die Einzelheiten des Wahlvorganges aber müßten der Landesgesetzgebung überlassen bleiben". Zu den Hintergründen der alliierten Vorstellungen siehe Lange, Wahlgesetz, S. 304 f.

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Herr Ministerpräsident, es wäre theoretisch so (ich spreche jetzt lediglich für meine Person): Wir könnten lediglich eine Übergangsbestimmung aufnehmen, die Zahl der Mandate und ihrer Verteilung auf die Länder betreffend, und wir könnten auch aufnehmen das Wahlprinzip. Aber wenn man das tut, ist eigentlich alles andere politisch hinfällig, vor allem die formale Durchführung einer Wahl. Stock: Wünscht noch jemand das Wort? Lüdemann: Zu dem Memorandum der Herren Generäle beschäftige ich mich auch in der Ziffer 9 mit den Artikeln 25 und 26 des Grundgesetzentwurfes 46 . Herr Menzel ist vorhin auch darauf eingegangen. Die Herren Generäle haben hier sehr bestimmte Erklärungen abgegeben. Die Ministerpräsidenten werden sich nachher sehr ernst die Frage vorlegen müssen, was hier zu tun ist. Es ist natürlich für die Funktion des neuen Staates von ganz großer Bedeutung, denn es weiß ja niemand, wann ein Friedensvertrag zustande kommt und ob der heutige Zustand der Länderzahl und Ländergrenzen vielleicht noch 20 - 30 Jahre bestehen bleiben soll oder nicht. Ich hätte deshalb ganz gern einmal gehört - man wird es überlegen müssen - , ob es hier eine Möglichkeit gibt, mit den Gouverneuren zu einem Kompromiß zu kommen? Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich in ihrer ersten Konferenz in Koblenz auf einen damals von mir formulierten Antrag auf den Standpunkt gestellt, daß die Länderreform eine Angelegenheit der neuen parlamentarischen Körperschaft des Bundes sein müßte47. Die Frage ist, ob man darauf jetzt zurückkommt und die Gouverneure dafür gewinnen kann, was m. E. zur Voraussetzung haben müßte, daß man ihnen eine Gewißheit geben könnte, daß dies in sehr kurzer Zeit geschehen könnte. Ich hätte deshalb gern gehört, ob Herr Menzel uns etwas sagen kann, was er glaubt, in welchem kürzesten Zeitraum dies evtl. noch zu fixieren sein würde, damit man dort zu einer Lösung der Reform kommen könnte, so daß die Herren Generäle zurücktreten würden von dieser kategorischen Erklärung, daß alles bis zum Friedensschluß so bleiben muß. Stock: Meine Herren, die beiden Herren haben als Anfragen Positionen herausgegriffen, die ich gebeten hatte, in einem besonderen Tagesordnungspunkt zu behandeln: 1. das Wahlgesetz, 2. die Ländergrenzen. Nachdem die Dinge so liegen, glaube ich, wir nehmen jetzt gleich die Referate entgegen und verbinden die Diskussion gemeinschaftlich. [. . .] [2. Wahlgesetz]

Becker: [. . .] Ich darf zunächst über die Zuständigkeit des Parlamentarischen Rates zur Schaffung eines Wahlgesetzes sprechen. Die eben gehörte Anfrage, ob das Wahlsystem in der Verfassung selbst niedergelegt werden sollte oder warum es nicht geschehen sei, führt schon in die Frage der Zuständigkeit hinein, denn wir wissen ja aus den vielen Länderverfassungen, daß dort das System niedergelegt ist. Man könnte also aus diesem Grunde heraus ohne weiteres schon die Kompetenz des Parlamentarischen Rates zur Schaffung eines Wahlgesetzes folgern. 46

Zu Art. 25 und 26 des GG-Entwurf (Pari. Rat, Drucks. Nr. 679) hatten die MilGouv. in ihrem Memorandum vom 2. 3. 1949 (vgl. Anm. 9) ihre Auffassung bekräftigt, die sie anläßlich der Konferenz mit den MinPräs. am 20. 7. 1948 in Frankfurt (Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 10) zur deutschen Antwort auf das zweite der Frankfurter Dokumente eingenommen hatten. Sie unterstrichen damit, daß Veränderungen der Ländergrenzen vor der Verabschiedung des GG erfolgen oder aber bis zur Unterzeichnung des Friedensvertrages mit Deutschland zurückgestellt werden müßten.

47

Siehe Konferenz vom 8.-10. 7. 1948 in Koblenz in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 6.

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wonprot.

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Wortprot.

Wir haben es in die Verfassung nicht hineingetan, sondern wir haben uns begnügt, das Wahlalter in den Gründsätzen der unmittelbaren Wahl festzulegen. Wir haben alles andere herausgelassen, einmal deshalb, weil wir ja auf dem Standpunkt stehen oder wenigstens annehmen, daß es sich nur um ein Provisorium hinsichtlich der Verfassung handelt, und weil wir auf dem Standpunkt stehen, daß das Geschaffene grundsätzlich nur für die Wahl zum ersten Volkstag gelten soll48. Unsere Kompetenz haben wir auch ferner daraus herleiten zu können geglaubt, daß schließlich, wenn die Verfassung dasteht, in irgendeiner Form die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, daß diese Verfassung nun in ihr praktisches Leben eintreten kann. Dazu aber gehört natürlich zunächst das Wahlrecht zu dem Volkstag, ebenfalls aber auch eine gewisse Bestimmung für die Wahl des Bundespräsidenten. In dem vorliegenden Entwurf finden sie nämlich beides49.

Kurzprot.

[Abg. Becker] berichtet über die Arbeiten des Ausschusses50 und stellt fest, daß, trotzdem sich die Arbeit des Ausschusses in aller Öffentlichkeit abspielte, weder von seiten der Besatzungsmächte noch aus der deutschen Bevölkerung irgendein Zweifel an der Kompetenz des Parlamentarischen Rates zur Schaffung eines Wahlgesetzes aufgetaucht sei. Er schildert die Grundzüge des vom Parlamentarischen Rat beschlossenen Wahlgesetzes 51 .

Wortprot.

Diederichs: Meine Herren! Wenn ich Einzelheiten dieses Wahlgesetzes hier behandeln soll, so will ich mich natürlich nicht in alle Kleinigkeiten verlieren, sondern möchte nur das unterstreichen, was uns Veranlassung gibt, an Sie die Bitte zu richten, sich doch, wenn Sie irgend können, dahingehend zu einigen, daß dieses Wahlgesetz [. . . ] wirklich die Grundlage der 1. Wahl zum Bundestag wird. Wenn der Herr Kollege Becker schon angedeutet hat, daß es sich bei diesem Wahlrecht, was zwar ebensowenig ideal ist, wie überhaupt irgendein Wahlrecht ideal ist, hier um einen Kompromiß handelt, auf den wir schließlich gekommen sind, nachdem wir alles Negative ausgeschaltet haben, so möchte ich das deshalb nochmals unterstreichen, weil hier ernsthafte Bemühungen gemacht worden sind, besonders auch die draußen immer sehr laut in der Propaganda und in der Presse vertretenen Wünsche der deutschen Wählergesellschaften 52 wenigstens so weit zu berücksichtigen, als wir glaubten, daß hierin eben gewisse Dinge, wie das Herausstellen der Persönlichkeit, doch irgendwie eine Berücksichtigung finden könnte. Leider ist in der Argumentation bei dieser Propaganda immer ein großer Fehler gemacht worden, nämlich der,

48

Prot, der Beratungen des Wahlrechtsausschusses des Pari. Rats in: Ζ 5/81-86.

49

Siehe Art. 45 und 75 des GG-Entwurfs vom 10. 2. 1949, Pari. Rat, Drucks. Nr. 679.

50

Vgl. Anm. 48.

51

Der vom Wahlrechtsausschuß am 4. 2. 1949 verabschiedete Entwurf eines Wahlgesetzes war vom HptA. des Pari. Rats am 22. und 23. 2. 1949 (Pari. Rat, Verhandlungen des H p t A . , 52. und 53. Sitzung, S. 687 ff.) beraten und am 24. 2. 1949 in leicht modifizierter Form vom Plenum des Pari. Rats gegen die Stimmen der CDU/CSU und der KPD gebilligt worden (Pari. Rat, Sten. Ber. des Plenums, 8. Sitzung, S. 125 ff.). Wahlgesetz in der Fassung vom 24. 2. 1949 in: Ζ 12/55, Bl. 254-272. Bei seinen Erläuterungen legte Becker besonderen Wert auf die Feststellung, daß die Entscheidung zum Wahlsystem als Kompromiß zwischen der reinen Form von Mehrheits- und Verhältniswahlrecht zustande gekommen war.

52

Zu den Verlautbarungen der Deutschen Wählergemeinschaft zugunsten der Personen- und Mehrheitswahl siehe Ζ 12/55, Bl. 330-346. Zur Rolle von Doli Sternberger und der Deutschen Wählergesellschaft siehe auch Lange, Innenpolitik, S. 307 ff.

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daß man immer im ganzen Volke gegen die Verhältniswahl polemisierte53, von der überhaupt keine Rede mehr ist, denn das alte Verhältniswahlrecht ist ja gar nicht beschlossen, sondern abgelehnt worden. Auch der erste Vorschlag, der von vornherein gemacht wurde, der zwar auch mit größten Wahlkreisen rechnet und innerhalb der größten Wahlkreise mit Mehrstimmenwahlrecht, sollte jedem Wähler die Möglichkeit geben, aus nicht geschlossenen und aus offenen Vorschlägen zu wählen. Wir wollten von vornherein den Wähler nicht vor die Frage stellen, hier irgendeine fix und fertige, unabänderliche Reihenfolge von Abgeordneten zu wählen, auf deren einzelne Aufstellung sie keinen Einfluß hatten. Es wurde dann, wie gesagt, seitens derer, die das allgemeine Mehrheitswahlrecht wünschten, immer der Wunsch laut, kleine Wahlkreise, Einmann-Wahlkreise, zu bilden, um in diesen Einmann-Wahlkreisen eben eine Person zu wählen. Dem sind wir durch dieses Wahlrecht, das wir geschaffen haben, weitestgehend entgegengekommen. Nun aber kamen Gesichtspunkte, die unserer ganz besonderen politischen Situation Rechnung tragen mußten: 1. der Wunsch, ein Wahlrecht zu schaffen für diese einmalige Situation, nichts Bindendes auf irgendwelche lange Zeit, keine Festlegung auf unabsehbare Zeit. Deshalb auch die Ablehnung, es unmittelbar im Grundgesetz zu verankern, sondern eher eine Grundlage zu schaffen, daß möglichst alle Kreise des Volkes an dem Neuaufbau unseres deutschen Landes aktiv mitarbeiten könnten. Wir haben große Faktoren in Deutschland, die bei der reinen Mehrheitswahl bei unserer augenblicklichen Situation restlose Unterstützung finden dürfte. Es ist sehr bedeutend für die Flüchtlinge und Vertriebenen, die hier als Personen sehr wei ig Resonanz haben, infolgedessen auch wenig Aussicht gewählt zu werden, selbst wenn sich alle Flüchtlinge hinter sie stellen, wenigstens in den meisten Fällen und abgesehen von Schleswig-Holstein, wo sie mehr als 100% Aussicht haben, gewählt zu werden. In Bonn haben wir ja die Gleichberechtigung der Frau beschlossen54. Wir sind der Überzeugung, daß bei Einmann-Wahlkreisen die Chancen für die Frauen, in entsprechender Zahl in die Parlamente gewählt zu werden, verhältnismäßig gering sein dürften. Wir werden deshalb der Auffassung, der einen Seite möglichst entgegenkommen zu sollen, auf der anderen Seite, nachdem an sich eine Mehrheit für ein modifiziertes Verhältniswahlrecht in Bonn vorhanden war, nun auch der anderen Seite mit dem Verhältnisausgleich der restlichen 200 Mandate entgegenzukommen. Es werden nun von den Freunden des reinen Mehrheitswahlrechts große Angriffe gegen die Einmann-Wahlkreise geführt, da dabei viele Mandate einer reinen Mehrheitswahl

53

In einem Fernschreiben vom 24. 2. 1949 (ebenda, Bl. 253) an Stock hatte Lüdemann diesen über ein Telegramm an Kurt Schumacher in Kenntnis gesetzt. Darin hatte Lüdemann ausgeführt: „Es geht nicht um Gerechtigkeit für den einzelnen, sondern um die Lebenskraft des Ganzen. Verhältniswahl vermindert stets Klarheit der Fronten, Schärfe des Kampfes. Verhältniswahl ermutigt die Kleinen, zermürbt die großen Parteien, begünstigt die Zersplitterung, führt notgedrungen zu unechten Koalitionen und verfrühten Kompromissen. Verhältniswahl ist der kürzeste Weg zur Diktatur. Eine Wiederholung der schwächlichen Weimarer Demokratie durch falsches Wahlsystem muß unter allen Umständen verhütet werden. Voraussetzung für kraftvolle Demokratie ist Entscheidung durch klare Mehrheiten. Kompromiß ist nur möglich durch Koppelung mit Verhältnisrechnung aus nicht verbrauchten Stimmen ohne Großsammlung charakterloser Splitterstimmen. Laßt nicht die Sturheit unbelehrbarer Proporzfanatiker über Deutschlands Schicksal entscheiden. Wenn Wahlrecht einzige politische Frage ist, die keine Anpassung und keinen offiziellen Kompromiß verträgt, dann gebt der Bonner Fraktion wenigstens soviel Abstimmungsfreiheit wie die Proporzfanatiker jedem Esel zugestehen wollen".

54

Siehe Art. 3 (2) GG.

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Wonproi.

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verlorengehen. Das ist klar. Jede kleinste Modifikation entkleidet es seines Charakters als reines Mehrheitswahlrecht. [Diederichs beschreibt die Funktionsweise und die Vorteile des beschlossenen Mischwahlsystems. Er bittet die MinPräs., sich dafür einzusetzen, daß für die Wahl des ersten Bundestages das vorliegende Wahlrecht Anwendung finden möge.] Stock: [dankt den beiden Abgeordneten.] [3. Ländergrenzen]

Werz: Herr Minister Menzel hat bereits die ganze Ländergrenzenfrage, wie sie am 2. 3. 1949 stand, erwähnt, und ich darf mich deshalb darauf beschränken, kurz die gegenwärtige Lage in Erinnerung zu rufen. Am 1. 10. 1948 hat die Konferenz der Ministerpräsidenten auf dem Jagdschloß Niederwald einen Beschluß gefaßt über die Vorschläge, die in der Ländergrenzenfrage zu machen sind und hat sich dabei bezüglich einer großräumigen Planung auf die Regelung der südwestdeutschen Fragen beschränkt55. Dieser Vorschlag ist den Militärgouverneuren fristgerecht übergeben worden. Eine offizielle Erklärung ist bis jetzt nicht eingegangen. Inoffiziell haben wohl die Amerikaner ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, daß die Ministerpräsidenten nicht noch weitere Vorschläge gemacht und sich auf dieses eine Problem beschränkt haben. Mittlerweile ist auch hinsichtlich dieser Frage eine Komplizierung dadurch eingetreten, daß nach verschiedenen öffentlichen Äußerungen, die doch offiziellen Charakter trugen, zum Teil eine französische Haltung erkenntlich wurde, die diesem südwestdeutschen Zusammenschluß entgegengestanden hätte. Es wurde gesagt, daß Frankreich darauf bestünde, eine Wiederherstellung des früheren Württemberg-Baden und des früheren Baden zu fordern und daß Frankreich auch auf einer Umlagerung der Besatzungszonen bestehen würde dergestalt, daß WürttembergHohenzollern von den Franzosen geräumt und dadurch Nordbaden besetzt würde, evtl. mit einer Enklave der Amerikaner in Heidelberg; eine Lage, die natürlich zu einem evtl. Volksentscheid eine ganz wesentliche Änderung mit sich gebracht hätte56. Es ist hier jedoch vorgestern ein Dementi der französischen Militärregierung in BadenBaden herausgegeben worden, in dem gesagt wird, daß die deutsche Presse in letzter Zeit verschiedentlich in falscher Form von französischen Absichten und Plänen gesprochen hätte57. Es wird gesagt, daß Frankreich durchaus bereit wäre, dem demokratischen Willen der betreffenden Bevölkerungsteile freie Hand zu lassen, da Frankreich einen Zusammenschluß ebenso billigen würde, wie eine Wiederherstellung der beiden Länder. Es wird weiterhin ausdrücklich betont, daß von Frankreich aus keinerlei Ansprüche auf eine Umlagerung gestellt worden seien58. Ich darf vielleicht abschließend noch eine amerikanische Meinungsäußerung hier erwähnen: Ein amerikanischer Verbindungsoffizier erklärte vorgestern 5 ', daß es doch im Sinne der Förderung dieser Angelegenheit liegen würde, wenn die Ministerpräsi55

Entschließung der MinPräs. zur Länderneugliederung in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 28. -Vorausgegangen waren ausführliche Beratungen des Ausschusses der MinPräs. zur Überprüfung der Ländergrenzen sowie Konsultationen mit den alliierten Verbindungsoffizieren (Prot, in: Ζ 12/66 und 67).

56

Vgl. Dok.Nr. 4, TOP 7 und Dok.Nr. 12, TOP 12, sowie den Bericht von Clay an Draper über die Konferenz der drei MilGouv. vom 15. 1. 1949 in: Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 633.

57

Vgl. Frankf. Rdsch. vom 21. 3. 1949.

58

Siehe Konstanzer, Baden-Württemberg, S. 149.

59

Hierüber liegen Aufzeichnungen nicht vor.

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denten nochmals kurz in einer Erklärung ihren damaligen Vorschlag betonen würden, Wonprot. möglichst ohne alternative Formulierungen, wenn auch dieser Vorschlag nicht einstimmig zustande kommen würde. Diese eine solche Erklärung würde den französischen Widerstand [. . .] brechen helfen, mit dem die Amerikaner eben zu kämpfen hätten. [. . .] Kopf: Eine Frage, Herr Stock: Wenn ich mich recht erinnere, war uns seinerzeit ein Termin gesetzt worden, bis zu dem wir Abänderungsvorschläge einbringen sollten60. Aus dem Brief der Generäle und aus den Äußerungen der Verbindungsoffiziere scheint mir hervorzugehen, daß man auch heute noch, falls sich die Ministerpräsidenten dazu entschließen würden, Ländergrenzenänderungsvorschläge entgegennehmen würde61. Stimmt das? Stock: Absolut. Meine Herren, es stimmt absolut. Das steht in dem Memorandum. [· · •] Menzel: Meine Herren! Zur Klarstellung noch folgendes: Ich habe hier lediglich zu berichten über die Arbeit des Fünferausschusses und vor allem über die Beschlüsse des Siebenerausschusses. Die Beschlüsse des Siebenerausschusses62 sind noch nicht durch die Fraktionen gegangen und auch noch nicht durch den Hauptausschuß oder das Plenum des Parlamentarischen Rates. Erst morgen werden wir vermutlich eine Antwort der Verbindungsstäbe in Bonn zu diesen neuen Vorschlägen bekommen, die ich vorgetragen habe. Wir stehen also heute noch nicht vor einer endgültigen Situation, weil erst Fraktionen und Hauptausschuß ihre Entscheidungen zu treffen haben. Müller: [. . .] Hat der Siebenerausschuß diese Beschlüsse einstimmig gefaßt? Menzel: Ja. Wir haben von vornherein, als wir mit den Arbeiten des Siebenerausschusses begannen, erklärt, daß wir von dem Kompromiß des Fünferausschusses nur dann abgehen, wenn Einstimmigkeit besteht. (Auf eine kurze Zwischenfrage MinPräs. Lüdemanns) Ich sagte vorhin schon andeutungsweise, daß in Artikel 35 alter, 25 neuer Fassung erklärt wird63, daß bei Gebietsteilen, die bei der Neubildung der Länder nach dem 8. 5. 1945 ohne Volksabstimmung ihre Ländergrenzen geändert haben, daß bei denen binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Grundgesetzes durch Volksbegehren eine bestimmte Änderung der über die Landeszugehörigkeit getroffenen Entscheidung gefordert werden kann. Zwischen Inkrafttreten des Grundgesetzes und Zusammentreten des Volkstages wird ja wahrscheinlich mindestens % Jahr liegen, weil ja erst die Wahl kommt. Das bedeutet, daß der Volkstag, der ein solches Volksbegehren gesetzlich legalisieren müßte, praktisch [ein] 3Λ Jahr Zeit hat. Bei der Fülle der Aufgaben bin ich persönlich der Auffassung, daß der Volkstag trotzdem in dieser Zeit ein solches Gesetz verabschieden kann. [. . .] Wenn Sie, meine Herren Länderchefs, eine solche Anregung übernehmen würden und 60

Zur Verlängerung der Frist bis zum 15. 10. 1948 siehe Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 19. Vgl. auchDok.Nr. 4, Anm. 52.

61

Auf die Anfrage von Müller (Schreiben an das Büro d. MinPräs. vom 17. 3. 1949 in: Ζ 12/78, Bl. 162), ob über die am 1. 10. 1948 auf Niederwald beschlossenen Vorschläge zur Neuordnung des südwestdeutschen Raumes weitere Pläne für eine Abgrenzung anderer deutscher Länder den MilGouv. unterbreitet werden sollten, hatte Landrat Bergner im Auftrage von MinPräs. Stock (Schreiben vom 21. 3. 1949, ebenda, Bl. 154) geantwortet, daß in Königstein lediglich noch einmal der Hinweis gemacht werden solle, „daß zurZeit noch weitere Vorschläge zur Neuregelung der Ländergrenzen an die Generäle abgegeben werden können".

62

Prot, der Sitzung vom 3./4. 3. 1949 in: St BKAH/150.

63

Die nachfolgend erläuterten Bestimmungen des Art. 25 der Entwurfsfassung wurden später nahezu unverändert in Art. 29 (2) und (3) GG übernommen.

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Wortprot. vielleicht sagen, die Frist ist zu kurz und wir bitten die Gouverneure, doch diese Androhung, daß es nur einstimmig genehmigt werden kann, nur auf den späteren Fall Anwendung finden zu lassen, so könnte ich mir durchaus denken (ich spreche jetzt für meine Person), daß wir in Bonn eine solche Modifizierung versuchen würden, wenn Sie es bei den Gouverneuren durchsetzten. Lüdemann: Das ist ja nicht die entscheidende Frage. Der andere Artikel ist entscheidend64. [4. Allgemeine Aussprache] Heuss: Zur Wahlrechtsfrage möchte ich noch einiges sagen: Der Appell an die Länderchefs, dieses Modell von Bonn zu akzeptieren 0 , scheint mir eine politische Frage zu sein, nämlich, ob wir diese Chance des Auseinanderfallens akzeptieren oder ob wir sie geschlossen ablehnen. Ob nun das Modell einfach akzeptiert wird, scheint mir eine politisch notwendige und eigentlich nicht zu diskutierende Frage, wobei die einzelnen Gruppen in den einzelnen Ländern nun also wahltechnische Berechnungen 66 zurückstellen müßten um des Gesamtpolitischen willens. Aber, wenn nun die Autonomie der Länder wirklich gesetzlich notwendig wird, wenn also das, was in dem Memorandum enthalten ist, den einzelnen Ländern die Aufgabe erteilt wird, die Wahlrechte zu machen 67 , gibt es eine Situation zu dem Bonner Entwurf technischer Natur insofern, als der Bonner Entwurf nach den Motiven des Wahlrechts die verhältnismäßig gleich großen Körper als Wahlbasis vorsieht. Man wollte mehr Wirkung erzielen, wenn etwa Länder wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen als Wahlbasis genommen würden. Aber es steckt der Vorschlag drin, daß etwa dem Südwesten entsprechende wahltechnische oder wahlorganisatorische Fragen vorweggenommen würden, daß also hier ein Wahlverband entsteht, der über die Ländergrenzen der autonomen Gesetzgebungskörper hinausgeht. Ähnliches Recht erschien im Vorschlag von Hessen, sich mit Rheinland-Pfalz zu verbinden 68 [. . .]. Der Sinn ist ja der, nun eben verhältnismäßig gleichmäßige Körper zu schaffen. Fällt die Möglichkeit, ich meine, daß das Bonner Gesetz und die Bonner Autorität wegfallen würde, so müßte für das, was den Herren Ministerpräsidenten für die spätere Unterhaltung anheimgegeben werden müßte, eine gewisse Klarheit geschaffen werden, ob und in welcher Form dieses im Bonner Gesetz vorgesehene Verbandswesen nun durch zwischenstaatliche Beschlüsse oder durch Beschlüsse in den einzelnen Landtagen gefördert und aufgenommen werden könnte. Es müßte nach der Seite

64

Gemeint ist wohl die Verschiebung des Termins für die Veränderung der Ländergrenzen. Sollte die Abstimmung hierüber ursprünglich vor der Ratifizierung des GG erfolgen, so wurde die Frist nun erheblich verschoben. Die MilGouv. (vgl. Anm. 46) ließen darüber hinaus erkennen, daß diese Verschiebung eine Zurückstellung bis zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages zur Folge haben würde.

65

Siehe die Ausführungen von Diederichs zu TOP 2.

66

Zur Ermittlung der Auswirkungen des Wahlrechts auf das Wahlergebnis hatte die CDU/CSU einen „Arithmetiker-Ausschuß" eingesetzt, der am 11. 3. 1949 in Königswinter getagt hatte (St BKAH/130). Siehe auch Lange, Wahlgesetz, S. 307.

67

Vgl. Anm. 9.

68

§ 8 (2) des Wahlgesetzentwurfs vom 24. 2. 1949 (Z 12/55, Bl. 258) sah vor, daß die Länder Bremen und Hamburg sowie Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern je einen Wahlverband bilden sollten. Ein dritter war für Hessen und Rheinland-Pfalz vorgesehen. Für diese Verbände waren jeweils gemeinsam die Mandatszahlen der Verbandsliste in § 8 (4) festgelegt worden. Zum Wahlsystem hatte sich Heuss auch in Zeitungsartikeln geäußert (vgl. Nachl. Heuss/48).

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Vorsorge getroffen werden. Der Sinn ist ja der, daß nun also immer, vorausgesetzt, daß das alte Wahlrecht gilt, vermieden wird, nicht durch zu kleine Bezirke und bestimmte Grundlagen in den einzelnen Ländern Bevölkerungsteile überhaupt nicht zu der Möglichkeit kommen, ihre Kraft in die Schale zu werfen. Ich möchte auf die Fragestellung des Wahlverbandes als eine Sonderaufgabe bei der Autorisierung der Gesetzgebung der einzelnen Länder hingewiesen haben. Müller: Die Entscheidung würde zweifellos bedeuten, wenn in Bonn beim Parlamentarischen Rat dem dort beschlossenen Wahlgesetz die große Mehrheit zugestimmt hätte. Nun ist es aber so, daß eine große Partei nicht zugestimmt hat69. Glauben die Herren vom Parlamentarischen Rat, daß etwa durch eine Erhöhung der Zahl der auf die Wahlkreise entfallenden Abgeordneten unter gleichzeitiger Verminderung der Zahl der auf die Listen entfallenden eine Einigkeit erzielt werden könnte, daß man etwa die Zahl der auf die Wahlkreise entfallenden auf 300 erhöht und die auf die Liste entfallenden auf 100 ermäßigt? Die gleichen Schwierigkeiten, die der Parlamentarische Rat gehabt hat, bestehen für die Ministerpräsidenten der Länder, die ihre Vorschläge ja in den Landtagen durchsetzen müßten. Pfeiffer: Ich kenne die Stimmung in den Kreisen der Parteien, welche gegen das Wahlgesetz gestimmt haben70, und weiß, daß es nicht nur der eine Punkt war, der zum „nein" geführt hat. Es gehören dazu noch einige andere Punkte, nämlich Landeslisten mit der Möglichkeit der Verbindung von Landeslisten und bei den Bundeslisten die Möglichkeit der Verbindung von Bundeslisten71. Ein weiterer Punkt war dann noch der, daß bei der Umschreibung der Wahlfähigkeit auch die Gegensätze auseinandergeplatzt sind wegen der Ergebnisse des Entnazifizierungsverfahrens. Aber ob über diese Punkte nun eine Verständigung erzielt wurde, müßten ja die Vertreter der Parteien wissen, welche die Mehrheit gebildet haben für das Wahlgesetz. Aber ich glaube, es ist in der Richtung der Punkte, die ich genannt habe, von der Seite der Gegner dieses Wahlgesetzes eine Verständigung möglich. Müllern: [. . .] Nach dem Wahlgesetzentwurf, der angenommen ist, ist eine Mitwirkung der Länder auch notwendig und vorgesehen, ζ. B. bei der Bildung der Wahlkreise innerhalb der Länder; ferner in großem Maßstab Verhältnisübertragung auf die jetzt geltenden Landesbestimmungen, also auf die Art der Listen, Wahlscheine usw., also rein technische Äußerlichkeiten. Würde man ausgehen von den Gesetzen, die bereits beschlossen sind73, müßte in Bonn zunächst das Gesetz wieder geändert werden, insofern, als vom Bund her festgelegt wurde: a) die Zahl der Mandate der Wahlkreise auf jedes Land, b) evtl. bei Listen, wieviel Listen in jedem Land zu wählen wären. Ferner müßte die Frage des Wahltages, die Frage der Wahlprüfung, vielleicht in irgendeinem Punkte einheitlich geregelt werden. Wir würden also wieder zu einem Umbau des Gesetzes schreiten müssen. Ich bitte, ferner noch folgende Frage zu 65

Gemeint ist die Fraktion der CDU/CSU, vgl. Anm. 51.

70

Siehe Anm. 69.

71

Vgl. Lange, Wahlgesetz, S. 303. Neben der Aufstellung von Landes- oder Verbandslisten (vgl. Anm. 68) sah der Entwurf in § 11 die Bildung einer Bundesliste für jede Partei vor. Letztere sollte Mandate für nicht verbrauchte Reststimmen erbringen, die nach dem Zuteilungsverfahren für die Landeslisten unberücksichtigt geblieben waren.

72

In der Vorlage „Becker" handschr. korrigiert in „Müller".

73

Vermutlich wird hier Bezug genommen auf die Wahlgesetze der Länder (vgl. Anm. 76 und 77).

311

Wonprot.

N r . 22

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Wortproi. erörtern: In einzelnen Verfassungen der Länder ist das Wahlsystem innerhalb der Verfassung festgelegt74. Ich möchte anregen, daß sich diese Festlegung nur auf das Landtagswahlrecht beziehen soll. Ich kenne den Text der Bestimmungen im einzelnen nicht. Es kann aber die staatsrechtliche Frage auftauchen, ob diese Festlegung in der Landesverfassung nicht, vielleicht eine Landesgesetzgebung über das Wahlrecht, unter Umständen einer Bundeswahl hinderlich sein könnte? Dann die letzte Frage: Wie steht der Parlamentarische Rat zur Frage seiner Zuständigkeit? Wie stehen insbesondere die Gruppen, die im Plenum gegen das Wahlgesetz gestimmt haben, dazu? Ich glaube annehmen zu sollen, daß man auch dort der Auffassung ist, daß auch, wenn man gegen das Gesetz gestimmt hat, man die Kompetenz des Bundes nicht bestreiten will und demgemäß wohl auch an dem Gesetz, wie es einmal beschlossen ist, doch festhalten möchte und eine Änderung, wie sie von den Gouverneuren angeregt ist, vielleicht nicht gutheißen würde? [. . .] Stock: Herr Menzel, darf ich Sie vielleicht bitten, uns Auskunft zu geben, wie der Parlamentarische Rat die Ratifizierung des Bundesgesetzes vorsieht? Im übrigen darf ich Sie bitten, auf die Fragestellung des Herrn Staatspräsidenten Müller75 zu antworten. Menzel: Herr Ministerpräsident, Ihre Fragen erschöpfen das Problem nicht ganz. Es ist vielleicht gar nicht so entscheidend, ob wir die Abgeordneten zu 50% aus den Wahlkreisen und zu 50% aus Listen wählen, oder ob das Verhältnis 60 zu 40 wäre. Noch wichtiger scheint mir, wie man diese Kandidaten aus der Liste wählen läßt, d. h., ob es durchzuführen sein wird, wie es jetzt im Wahlvorschlag heißt, durch ein reines Verhältniswahlrecht und daß man ihnen zunächst die Mandate anrechnet, die sie in den einzelnen Kreisen erobert haben, oder ob man der Liste nur zugrundelegt die Stimmen, die in den einzelnen Wahlkreisen nicht verbraucht worden sind. Ich erinnere an das Wahlsystem von Schleswig-Holstein76, das zum Teil, etwas abgeändert, jetzt Hamburg übernommen hat77. Da liegt wahrscheinlich eine viel größere Differenz zwischen den streitenden Parteien als in der Frage 50 zu 50 oder 60 zu 40. Das ist die entscheidende Frage. Ich kann aber weder für den Parlamentarischen Rat noch für die von mir vertretene Fraktion eine Erklärung abgeben, ob etwaige Änderungen in der Quotenaufteilung möglich sind78. Zu der weiteren Frage des Herrn Vorsitzenden über die Ratifizierung bin ich natürlich auch nicht in der Lage, eine Erklärung des Parlamentarischen Rates abzugeben, weil, wenn ich mich nicht täusche, in dem Entwurf die Frage offengelassen wurde. Katz: Abstimmung im Plenum steht drin79. [Menzel] · Wir haben in einigen Ausschußsitzungen des Parlamentarischen Rates diese Dinge schon besprochen. Es waren verschiedene Meinungen, die aber nicht parteipoli-

74

Art. 14 (1) der Verfassung des Freistaates Bayern vom 2. 12. 1946 (Bayer. GVOB1. 1946, S. 333) spricht von einem verbesserten Verhältniswahlrecht für die Wahl der Abg. zum Landtag. Jeder Kreis sollte als Wahlkreis gelten. Andere Verfassungen (ζ. B. Hessen und Rheinland-Pfalz) legen für das Wahlsystem „die Grundsätze" der Verhältniswahl fest.

75

Vgl. Anm. 72.

76

Siehe Wahlgesetz für den Landtag von Schleswig-Holstein vom 31.1.1947 in: GVOB1. für SchleswigHolstein 1947, S. 95.

77

Siehe Gesetz über die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft vom 18. 8. 1949 in: Hamburgisches GVOB1. 1949, S. 169.

78

Zur Änderung der Quoten durch die MinPräs. siehe Dok.Nr. 49 B.

79

Das Ratifizierungsverfahren sollte mithin vom Plenum des Pari. Rats festgelegt werden.

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Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein

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tisch gebunden waren. Wir hatten bei verschiedenen Parteien festgestellt, daß einige Vertreter für die Ratifizierung und einige für das andere System waren80, so daß ich zu keiner Erklärung berechtigt bin. Diederichs: Meine Herren! Es ist hier von Herrn Pfeiffer angedeutet worden, daß er glaubt, eine Aussicht zu sehen, daß doch in Bonn vielleicht ein Wahlverfahren herausgeknobelt werden könnte, dem evtl. auch die CDU ihre Zustimmung geben könnte. Ich möchte dazu das eine vorweg sagen: Wir meinen, kaum irgend eine Veranlassung zu haben, uns weiter mit Wahlrechtfragen zu befassen, wenn wir nicht vorher seitens der Alliierten die Sicherheit haben, daß sie ein dann zustandekommendes Wahlrecht auch sanktionieren, d. h., daß sie die Zuständigkeit Bonns anerkennen. Denn nunmehr nach sechs Monaten, nachdem jetzt die Zuständigkeit strittig geworden ist, nunmehr die Arbeiten wieder aufzunehmen, um zu einer anderen Lösung zu kommen, ohne zu wissen, ob man nicht nachher wieder für unzuständig erklärt wird, um es dann doch den einzelnen Ländern zur Erledigung zu geben, ich glaube, das ist ein Verfahren, das man nicht anwenden könnte. Es müßte dem also zumindest die von Erfolg gekrönten Bemühungen der Länderchefs vorangehen, daß man Bonn diese Kompetenz gibt, d . h . , daß Sie sagen, wir sind an sich der Ansicht, daß man ein solches Gesetz zentral in Bonn schaffen müßte. Wir bitten also, die Zuständigkeit Bonns anzuerkennen. Dann wäre die Frage vielleicht zu erörtern, ob man nochmal hineinsteigen und den Versuch machen sollte, das Gesetz so zu gestalten, daß sich die größere Mehrheit des Volkes hinter dieses Wahlgesetz stellen könnte. Ulrich: In der Verfassung Württemberg-Badens ist vorgesehen, daß der Landtag und die Kreistage und die Gemeinderäte auf dem Wege der Verhältniswahl zu wählen sind81. Diese Bestimmung beschränkt sich aber ausdrücklich auf die Wahl des Landtags, der Kreistage und der Gemeinderäte. Es dürfte also unbestritten sein, daß bei der Gestaltung des Gesetzes für die Wahl des Volkstages der Landtag nicht an diese Bestimmung gebunden wäre. Nun ist in dem Wahlgesetzentwurf, der ausgearbeitet ist, die Verteilung der Mandate auf die einzelnen Länder in § 8 vorgesehen®. Ich weiß nicht, auf welche Volkszählung sich der Parlamentarische Rat bei der Aufteilung der Mandate stützt. Aber ich habe den Eindruck, daß hier eine Volkszählung zugrunde gelegt worden ist, die überholt ist, die seinerzeit erfolgte, ehe der Flüchtlingszustrom einsetzte. Wenn das der Fall sein sollte, so wäre diese Mandatsverteilung eine Bestrafung der Länder, die diese Flüchtlinge aufnehmen mußten und eine Begünstigung der Länder, die keine Flüchtlinge aufgenommen haben. Also hier müßte eine Nachprüfung erfolgen83. Ich halte die Aufteilung des Bundesgebietes in 200 Wahlkreise für richtig. Auch die Wahl von 200 Abgeordneten auf dem Weg relativer Mehrheit begrüße ich. Dagegen, so bin ich der Meinung, sollten wir die vorgesehenen Landes- und Bundeslisten84 fallen lassen und auch die restlichen 200 Sitze nach den Grundsätzen der Verhältniswahl auf Kreiskandidaten verteilen. Also es sind 200 Abgeordnete durch relative Mehrheit

10 81

82 83 84

Zur Meinungsbildung im Pari. Rat siehe Dok.Nr. 10 B. Art. 52 und 98 der Verfassung für Württemberg-Baden vom 28. 11. 1946 in: RegBl. Württemberg-Baden 1946, S. 277. § 8 (3) des Entwurfs vom 24. 2. 1949 (Z 12/55, Bl. 258). Siehe Anm. 89. Vgl. Anm. 72. 313

Wortpwt.

Nr. 2 2 Wortprot.

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gewählt und die anderen Mandate werden auf die einzelnen Parteien nach der Höhe ihrer erreichten Gesamtstimmenzahl verteilt. Wir haben in Württemberg-Baden eine Berechnung angestellt85, und zwar auf der Grundlage der Landtagswahl vom 24. 11. 194684. Wir hatten damals vier Parteien, CDU, SPD, Freie Demokratische Partei und KPD. Eine Berechnung nach dem heutigen Verfahren ergibt, daß, wenn Bonn 30 Abgeordnete zu verteilen hat87, dann zwölf Abgeordnete auf die CDU/CSU, neun auf die SPD, sechs auf die Demokraten und drei auf die KPD entfallen würden. Nun haben wir einen Entwurf ausgearbeitet, das Land Württemberg-Baden in 17 Wahlkreise einzuteilen, die zwischen 150 000 und 272 000 Einwohnern schwanken. 17 Abgeordnete werden durch relative Mehrheit gewählt, und zwar ergibt die Berechnung, die wir angestellt haben, daß die CDU in zehn Wahlkreisen die relative Mehrheit erlangt hat. Die Mandate hat sie und dann hat sie noch zwei Sitze zu beanspruchen in der Unteraufteilung, nicht auf eine Landesliste, sondern diese beiden Mandate erhalten die Stimmenträger der höchsten Ziffer in den Kreisen, in denen die Partei nicht die relative Mehrheit erlangt hat. Die Frage ist sehr einfach. Bei der SPD ergibt sich, daß sie in sieben Kreisen die relative Mehrheit erzielte. Sie erhält ebenfalls zwei Mandate in der Unteraufteilung, die DVP erhält ihre sämtlichen sechs Mandate in der Unteraufteilung, ebenso die KPD. Das hat den Vorzug, daß wir überhaupt keine Listen mehr haben. Es scheint mir nämlich fraglich zu sein, ob die Listen in diesem Falle nach dem Bonner Entwurf überhaupt mit der Verfassung in Einklang stehen. In der Verfassung steht, daß die Abgeordneten unmittelbar zu wählen sind. Die auf Landes- und Bundesliste gewählten Abgeordneten sind zweifellos nicht unmittelbar, sondern mittelbar gewählt. Wenn die Kandidaten aus den Landes- und Bundeslisten nicht gleichzeitig Kandidaten in Kreisen waren, dann ist auf diese Kandidaten keine einzige Stimme abgegeben worden, denn diese Listen stehen ja nicht zur Abstimmung. Abgestimmt wird nur [zugunsten der] Kreiskandiaten und daher bin ich der Meinung, daß sämtliche Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl auf die Kreiskandidaten verteilt werden sollten. Es würden also die Landeslisten wegfallen und die Wahl würde zur reinen Persönlichkeitswahl, aber nach der Mandatsverteilung nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Würde ein Abgeordneter durch Tod ausscheiden, der mit relativer Mehrheit gewählt ist, so wäre eine Ersatzwahl vorzunehmen. Das hätte den Vorzug, daß die evtl. veränderte Stimmung in der Bevölkerung erkundet werden könnte. Wenn ein Abgeordneter ausscheidet, der in der Unteraufteilung sein Mandat erhalten hat, so könnte man das vakant werdende Mandat dem Träger der gleichen Partei der nächst höheren Stimmenzahl im anderen Wahlkreis zukommen lassen. Auf diese Weise haben wir die reine Persönlichkeitswahl, aber die Mandatsverteilung nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Um eine allzugroße Zersplitterung zu verhindern, könnte man eine Bestimmung in das Wahlgesetz hineinnehmen, die wir heute schon im Württemberg-

85

Die Berechnung konnte nicht ermittelt werden.

86

Bei den Wahlen hatte die CDU 38,4% der Stimmen und 39 Mandate erzielt. Die SPD erreichte 31,9% und 32 Mandate. Bei der DVP betrug der Anteil 19,5% und 19 Mandate. Die KPD war mit 10,2% und 10 Mandaten vertreten.

87

Im vorliegenden Wahlgesetzentwurf war die Bildung von 15 Wahlkreisen in Württemberg-Baden vorgesehen. Aus der Verbandsliste mit Baden und Württemberg-Hohenzollern von bis zu 25 Abg. standen dem Land weitere Mandate zu.

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Badischen Wahlgesetz88 haben, daß Wählergruppen, die nicht 5% der abgegebenen Stimmen erhalten haben, bei der Unteraufteilung der Mandate unberücksichtigt bleiben. Erhält dagegen eine solche Gruppe durch relative Mehrheit ein Mandat, so wird sie auch bei der Unteraufteilung berücksichtigt. Stock: Wünscht noch jemand das Wort? Becker: Ich möchte noch mitteilen, daß wir uns bemüht haben, die amtlichen Bevölkerungszahlen zu erhalten. Alle Landesregierungen haben uns dankenswerter Weise die Mitteilungen gemacht. Sie beziehen sich alle, wenn ich mich recht erinnere, auf Ende Oktober 1946. Ulrich: Zu dem Zeitpunkt waren die Flüchtlinge noch nicht da. [Becker]: Es sind aber die amtlichen Zahlen, die wir erbeten haben. Ulrich: Es liegen genaue Zahlen vor aufgrund ganz neuer Zusammenstellungen 89 ! Stock: [. . .] Kopf: [. . .] Ist in dem Grundgesetz jetzt eine Bestimmung aufgenommen darüber, wie das Grundgesetz ratifiziert werden soll? Stock: Die Frage ist gerade eben beantwortet worden90. Herr Kollege Kopf war wohl nicht hier anwesend. Menzel: Ist dem Plenum überlassen! Kopf: Ist eine Entscheidung gefallen im Parlamentarischen Rat, ob die Abschlußverhandlungen, unabhängig vom Vorliegen des Besatzungsstatuts, erfolgen sollen oder nicht91? Menzel: Nein, keine Entscheidung! Stock: [. . .] Beyerle: [. . .] Es ist doch so, daß das Wahlgesetz im Parlamentarischen Rat auch schon in drei Lesungen verabschiedet ist92. Also dort ist die Gesetzgebung an sich beendet, so daß Verfahrensanregungen, wie sie heute gegeben worden sind, nicht mehr zum Zuge kommen. Becker: Die letzte Frage kann ich gleich beantworten. Es ist natürlich möglich, im Wege einer Novelle eine Änderung herbeizuführen. Ich hätte noch eine Bitte: Es wird vielleicht wichtig und richtig sein, uns mitzuteilen, in welchem Land die Annahme des Bundesgesetzes gleichzeitig eine Abänderung der Verfassung des betreffenden Landes darstellt, damit wir wissen, vom Lande her gesehen, welche Voraussetzungen notwendig werden für die Annahme 93 .

88

Siehe Wahlgesetz für die Wahl des Landtages am 24. 11. 1946 vom 16. 10. 1946 in: RegBl. WürttembergBaden 1946, S. 241. Hierdurch wurde der § 43 der Wahlordnung für die Verfassungsgebende Landesversammlung vom 6. 6. 1946 bestätigt (ebenda, S. 175).

89

In Kenntnis dieser Sachlage richtete das Büro d. MinPräs. am 30. 3. 1949 an die Länderreg. das Ersuchen (Z 12/78, BI. 12), dem Pari. Rat alsbald die fortgeschriebenen Bevölkerungsziffern der einzelnen Länder mitzuteilen, „damit eine richtige Bemessung der Mandatszahl vorgenommen werden kann". Für den Bereich der Bizone legte das Stat.Amt des VWG eine Übersicht über den Bevölkerungsstand am 31. 12. 1948 vor (ebenda, Bl. 7). Die Länder Rheinland-Pfalz und Baden übermittelten ihre Ziffern mit Schreiben an das Büro d. MinPräs. vom 12. bzw. 13. 4. 1949 (ebenda, Bl. 8-9). Angaben des Landes Württemberg-Hohenzollern hegen nicht vor.

90

Siehe Anm. 79.

91

Vgl. Dok.Nr. 7, T O P 2.

92

Vgl. Anm. 16.

93

Eine Änderung von Verfassungen war wohl nicht erforderlich.

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wortprot.

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Wortprot. Stock [schließt die Sitzung und bittet die Mitglieder des Pari. Rats, auch für die Nachmittagssitzung der MinPräs. zur Verfügung zu stehen.] Schluß der Sitzung: 12.45 Uhr [Beginn der Nachmittagssitzung: 14.30 Uhr] [5. Beratung zu den Entschließungen] Vor Beginn der Verhandlungen wurde Einverständnis darüber festgestellt, daß außer den Ministerpräsidenten auch ihre Mitarbeiter an der Sitzung teilnehmen94. Bgm. Brauet"5 und MinPräs. EharcP6 verlesen Entwürfe für eine Entschließung zum Grundgesetz. 94

95

96

Dem Kurzprot. zufolge blieben auch die als Gäste geladenen Vertreter des Pari. Rats anwesend. Vgl. auch die abschließende Bitte von Stock auf der Vormittagssitzung. Das Prot, der Nachmittagssitzung ist unvollständig (vgl. Anm. 2), doch sind die Unterbrechungen in der Protokollführung nicht kenntlich gemacht. Der Entschließungsantrag von Brauer hatte folgenden Wortlaut (Bayer. HStA München MA 1975, vorl. Nr. 85): „I. Die Ministerpräsidenten betonen erneut die Notwendigkeit, in Westdeutschland schnell zu einer neuen staatlichen Lösung zu kommen, die eine demokratische Lebensform sicherstellt und die zugleich durch die Schaffung zentraler Instanzen die Voraussetzung für die Verwirklichung des Marshall-Planes erfüllt. Der Verfassungsentwurf des Parlamentarischen Rates, wie er in der 3. Lesung des HptA. angenommen worden ist, schafft eine gesunde Grundlage für die Zukunft des deutschen Volkes und für seine wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen des geeinigten Europas. Erneut machen die Ministerpräsidenten darauf aufmerksam, daß die sich bereits über Monate hinziehenden Verhandlungen in Bonn zu einem schnellen Abschluß gebracht werden müssen. Der schwebende Zustand hat schon verhängnisvolle Folgen gebracht. II. Der in Bonn formulierte Entwurf hat die Billigung fast aller im Parlamentarischen Rat vertretenen Parteien und damit eine breite Basis im deutschen Volk gefunden. Es kann dem deutschen Volk nicht verweigert werden, sich die demokratischen Formen, die es für sich selbst als notwendig erachtet, selbst zu geben. Es handelt sich hier um ein selbstverständliches Recht. Nur wenn das deutsche Volk innerlich diese Formen bejaht, kann sich demokratisches Leben entwickeln. Darüber hinaus ist die gewaltige Aufgabe, eine durch Diktatur und Krieg zerstörte Wirtschaft wieder aufzubauen, nur zu lösen, wenn nicht politische Hemmungen geschaffen werden. Die Ministerpräsidenten sehen in der mit großer Einmütigkeit von den deutschen Parteien gefundenen Formulierung ein erfreuliches Ergebnis von geschichtlicher Bedeutung. Sie appellieren an die Regierungen der Besatzungsmächte, sich nicht mit Einzelheiten dieser Formulierung zu befassen und damit die für sie einmütig gefundene Lösung zu verhindern. Der Entwicklung der deutschen Demokratie und dem dringenden notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung würde damit nicht gedient sein. III. Zu der in dem Memorandum der Militärgouverneure enthaltenen Stellungnahme in der Frage der Ländergrenzen betonen die Ministerpräsidenten, daß sie für die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern eine Lösung gefunden haben und sie glauben, daß eine über diesen Vorschlag hinausgehende Regelung nicht erfolgen sollte. IV. Die Ministerpräsidenten erkennen an, daß das Wahlgesetz nicht zu den Aufgaben des Parlamentarischen Rates gehört, glauben aber, das vom Parlamentarischen Rat geschaffene Modellgesetz ihren Ländern zur Annahme empfehlen zu sollen. Um das genehmigte Grundgesetz schnell wirksam werden zu lassen und um in den Ländern die Wahlgesetze verabschieden zu können, halten die Ministerpräsidenten die Genehmigung des Grundgesetzes durch Volksabstimmung nicht für den richtigen Weg, sondern sind vielmehr der Meinung, daß die Parlamentarier der Länder diese Aufgabe übernehmen sollten. V. Endlich weisen die Ministerpräsidenten daraufhin, daß ihnen zugesagt worden ist, das Besatzungsstatut solle ihnen alsbald bekannt gegeben werden; sie verweisen auch auf die Zusage, daß es vor der Ratifizierung des Grundgesetzes dem deutschen Volk mitgeteilt werden soll". Der Entschließungsentwurf von Ehard lautete wie folgt (Z12/78, Bl. 97): „Die in Königstein versammelten elf Ministerpräsidenten haben sich mit der Lage befaßt, in die die Arbeiten des Parlamentarischen Rates

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Brauer: [. . .] Aktivität der Ministerpräsidenten ist notwendig, vor allem gegenüber den ständigen Einmischungen der verschiedenen Alliierten, die sich dabei nicht einmal untereinander einig sind. Die deutsche Stellung ist stärker als wir denken. Nicht nur in Deutschland besteht Interesse an deutscher Staatswerdung; die Amerikaner sind daran interessiert, daß die in Deutschland angelegten Gelder nutzbringend verwandt werden. Wenn wir sagen, daß wir unseren Beitrag wirtschaftlich nur leisten können, wenn wir ein staatliches Leben haben, so wird man darauf Rücksicht nehmen müssen. Man muß sich frei machen von allen Bedingungen und sollte deshalb nicht eine völlig negierende Haltung einnehmen und lediglich zu einem Appell zur Einigkeit kommen. Wir müssen als Ministerpräsidenten einen positiven Beitrag leisten und sollten nicht alles von den Alliierten hinnehmen. Amerika wird es - auch wenn die Auffassung der Generäle deutscherseits nicht übernommen wird - nicht zulassen, daß das Unternehmen in Bonn in Brüche geht. Ehard: Wir können nicht außer Acht lassen, daß Deutschland den Krieg verloren hat und daß die Besatzungsmächte sich im Lande befinden. Die Verfassung ist von deren Genehmigung abhängig. Wir würden durch eine solche Erklärung (gemeint ist der Entwurf Brauer97) die Grundlinie verlassen, die wir bisher gehalten haben, nämlich die Nichteinmischung in die Arbeiten des Parlamentarischen Rates. Wir müssen uns darauf beschränken zu sagen: Wir sehen mit Besorgnis, daß die Dinge in Bonn nicht vorangegangen sind. Es ist unser dringender Wunsch, zu einem Ergebnis zu kommen. Kaisen: Bonn kann etwaige Ablehnung der Militärgouverneure in Kauf nehmen. Die Ministerpräsidenten sind die letzte Instanz und die letzte deutsche Stelle. Wir müssen in irgendeiner Form wieder versuchen, den Faden wieder zu knüpfen. Es ist deshalb notwendig, daß die Dinge heute reiflich überlegt werden. Dabei ist zu bedenken, daß noch keine 2. Lesung des Grundgesetzes im Plenum stattgefunden hat. Es fragt sich, ob man heute schon auf den Inhalt des Entwurfs eingehen kann. Nach den Nachrichten aus Bayern scheint man dort zu glauben, die Regierung sei die beste, welche am schwächsten sei98. Ich habe das Gefühl, daß die Bayern noch über das hinaus gehen seit der Übergabe der Denkschrift der drei Militärgouverneure geraten sind. Mit Besorgnis verfolgen sie eine Entwicklung, die zu einem Scheitern der Aufgabe des Parlamentarischen Rates führen könnte, wenn es nicht gelingt, in Bälde die notwendige Einigung innerhalb des Parlamentarischen Rates herzustellen und gleichzeitig den erforderlichen Ausgleich mit den Wünschen der Alliierten herbeizuführen. Die Ministerpräsidenten haben im Sommer des vergangenen Jahres aus den Händen der Alliierten den Auftrag zur Bildung des Parlamentarischen Rates entgegengenommen. Sie unterzogen sich dieser Aufgabe, weil sie einmütig der Auffassung waren, daß im Interesse Deutschlands die gebotene Chance unbedingt genützt werden müsse, eine demokratische und föderalistische Grundlage für eine gemeinsame Regierung und angemessene Zentralgewalt der in einen Bundesstaat zu vereinigenden elf Länder zu schaffen. Die Ministerpräsidenten halten unbedingt daran fest, daß die Erreichung dieses Zieles eine deutsche Notwendigkeit ist. Ein Scheitern der dem Parlamentarischen Rat übertragenen Aufgabe würde einen in seinen Folgen unübersehbaren Rückschlag bedeuten. Die Hoffnung, in naher Zeit aus dem durch die totale Kapitulation hervorgegangenen Besatzungsstand in einen Stand größerer Freiheit und Selbständigkeit vorwärts zu schreiten, würde zunichte werden. Eingedenk ihrer Verantwortung für die einleitenden Maßnahmen zur Schaffung eines Grundgesetzes fühlen sich die Ministerpräsidenten verpflichtet, eindringlich auf diese Folgen hinzuweisen und gleichzeitig die Erwartung auszusprechen, daß der Parlamentarische Rat unter nüchterner Würdigung der gegebenen Sachlage die Voraussetzungen für die von verschiedenen Faktoren abhängige Genehmigung und Verwirklichung des Grundgesetzes schafft". 97

Siehe Anm. 95.

98

Die Außenstelle Godesberg des Büros d. MinPräs. hatte am 21. 3. 1949 berichtet (Z 12/78, Bl. 118-120), Ehard habe für die CDU festgestellt, „daß die Auflagen der Alliierten den bayerischen Ansichten nicht

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wollen", was die Alliierten vorsehen. Dann ist es besser, wir erweitern den Wirtschaftsrat auf die Trizone und lassen das Übrige. Arnold: Ich bin durchaus damit einverstanden, daß wir eindeutig erklären, daß höchste Beschleunigung und baldiges Zusammentreten einer Bundesregierung notwendig ist. Damit geben wir einen Impuls für Bonn und eine Gegenwirkung gegen die Aktion der Militärgouverneure. Der jetzt gemachte Vorschlag für ein Wahlgesetz bedeutet nicht die Lösung, die wir brauchen, um zu stabilen politischen Verhältnissen zu kommen. Wenn wir uns für das Wahlgesetz entscheiden sollen, dann muß zuvor eine echte Verständigung zwischen CDU und SPD erzielt werden. Müller: Wir sind uns einig darüber, daß eine Ablehnung der Bonner Verfassung vermieden werden muß. Sollen wir uns ohne Einschränkung hinter die derzeitigen Vorschläge des Parlamentarischen Rates stellen? Ich würde das nicht für richtig halten. Wir wissen nicht, ob der Parlamentarische Rat die von dem Siebenerausschuß gemachten Vorschläge100 wirklich annehmen wird. Heute sollte sich die Ministerpräsidentenkonferenz noch nicht festlegen auf die bisher gemachten Vorschläge. Vielleicht werden noch andere gemacht, um die Situation zu retten. Was Bürgermeister Brauer über das große Interesse der Alliierten an dem Zustandekommen des westdeutschen Staates gesagt hat, ist nicht unbedingt zu unterstützen. Vielleicht war dieses Interesse vor drei Monaten so groß, heute jedoch ist die Lage anders. Die Amerikaner haben die Erfahrung gemacht, daß sie mit den Frankfurter Stellen vielleicht leichter arbeiten können als mit einer künftigen Bundesregierung. Wir müssen uns im wesentlichen auf das beschränken, was Ministerpräsident Ehard vorgeschlagen hat. Dabei würde ich eine Ergänzung dahingehend vorschlagen, daß wir einen Appell an die Alliierten richten, den Einigungsbestrebungen des Parlamentarischen Rates größte Aufmerksamkeit zu schenken. Stock: Nach Lage der Dinge können wir hier einen Beschluß nicht fassen. Wenn der Parlamentarische Rat [das GG] im Plenum beschlossen hätte, dann könnten auch wir eine Willenserklärung abgeben. Nach dem Dokument I101 wurde uns nur die Möglichkeit gegeben, den Parlamentarischen Rat ins Leben zu rufen. Pfeiffer: Die Vorschläge der Siebenerkommission102 sind noch nicht in die Fraktionen gekommen. Bisher fanden nur unverbindliche Zwischenbesprechungen statt. Menzel: Die zusätzlichen Änderungen des Entwurfs bedürfen immer noch der Genehmigung der Fraktionen, soweit sie nicht schon in der 3. Lesung [desHauptausschusses] enthalten sind103. Die neuen Formulierungen kommen den Wünschen der Länder noch mehr entgegen, sie würden also wohl auch von den Fraktionen akzeptiert werden.

vollauf Genüge leisteten". Die Bayernpartei bekräftigte indes ihre ablehnende Haltung zum GG „unabhängig von den Empfehlungen der Gouverneure, die eine Korrektur der überzentralistischen Tendenzen des Grundgesetzentwurfes darstelle". 99

Handschr. korrigiert aus: „daß die Bayern noch unter das gehen wollen".

100

Siehe hierzu die Gegenüberstellung des Büros d. MinPräs. vom 23. 3. 1949 (Z 12/78, Bl. 111-116) sowie Anlage I zum Bericht der Außenstelle Godesberg vom 21. 3. 1949 zur Tätigkeit des Pari. Rats in der Zeit vom 14. 3. - 19. 3. 1949 (ebenda, Bl. 118-123). Prot, der Sitzung des Siebenerausschusses vom 17. 3. 1949, auf der die Vorschläge vom 18. 3. 1949 erarbeitet wurden, in: St BKAH/150.

101

Frankfurter Dokumente vom 1. 7. 1948 in: Der Pari. Rat, Bd. I, Dok.Nr. 4.

102

Handschr. korrigiert aus: „Die Dinge".

103

Vgl. Anm. 11.

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Stock: Welches sind die Differenzpunkte? Menzel: 1. Vorranggesetzgebung Bund oder Länder? 2. Wer soll die gemeinsamen Steuern verwalten? Hierzu habe ich unverbindlich gehört, daß unser Vorschlag zu Ziffer 2. nicht angenommen wird. Strittig ist also die Verwaltung der gemeinsamen Steuern10*. Ehard: Eine Änderung des Wahlgesetzes könnte nur durch Vorschlag der Ministerpräsidenten an die Gouverneure erfolgen. Dies wäre jedoch nur möglich, wenn die Ministerpräsidenten in dieser Frage einig wären. Es ist jedoch ausgeschlossen, daß man sich im gegenwärtigen Zeitpunkt hierüber einigen kann. Es müßte erst ein Wahlgesetz in Erscheinung treten, das unseren Wünschen entspräche. Kopf: Wir waren in Koblenz einmütig der Meinung, daß der Parlamentarische Rat das Wahlgesetz erlassen sollte105. Beyerle: Wir müßten klären, wie viele Abgeordnete das einzelne Land entsenden soll. Man muß den Militärgouverneuren beibringen, daß etwas von einer über den Ländern liegenden Ebene aus geschehen muß, um ein einheitliches Wahlsystem zu erzielen. Katz: Man hätte das ganze Wahlrecht in die Verfassung aufnehmen können. Der Parlamentarische Rat hat aber nur ein einmaliges Wahlgesetz geschrieben. Wenn das größere - ein „ewiges" Wahlrecht - zur Zuständigkeit des Parlamentarischen Rates gehört, dann müßte auch das geringere möglich sein. Ehard: Natürlich kann das Wahlrecht theoretisch in die Verfassung hineingenommen werden. Politisch würde dadurch die Verfassung so belastet, daß sie vielleicht allein deshalb nicht zustande käme. Der Ausgangspunkt ist das Memorandum; in ihm steht, daß der Parlamentarische Rat das Wahlgesetz mit Gesetzeskraft nicht erlassen kann. Sollen die Ministerpräsidenten von sich aus an die Alliierten herantreten und sich um eine Vollmacht für den Parlamentarischen Rat bemühen? Dafür wird hier eine Einstimmigkeit nicht zu erzielen sein. Es müßte erst ein Wahlgesetz geschaffen werden, auf welches man sich einigen könnte. Dann wäre es vielleicht möglich, an die Alliierten heranzutreten. Es ist auch ausgeschlossen, daß die Ministerpräsidenten das jetzige Wahlgesetz übernehmen und als Modellgesetz den Landtagen empfehlen. Lüdemann: Es wird bedauerlicherweise dabei bleiben müssen, daß die Länder die Wahlgesetze erlassen. Entscheidend ist dabei nicht die Form, nach welcher das Gesetz zustande kommt, sondern die Sorge, zu einem einheitlichen Wahlmodus zu kommen. Man müßte feststellen, welches die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien sind und aufweiche gemeinsame Form man sich einigen könnte. Ich richte diese Frage an Bayern, an den Staatspräsidenten Müller und an den Ministerpräsidenten Altmeier. Süsterhenn: Die CDU ist für ein relatives Mehrheitswahlrecht106; andere wünschen ein

104

Nachdem die Vorschläge des Siebenerausschusses vom 18. 3. 1949 von den MilReg. am 25. 3. 1949 abgelehnt worden waren (vgl. Anm. 32), erreichten die Beratungen ein kritisches Stadium, das erst durch die Bekanntgabe des alliierten Memorandums am 22. 4. 1949 überwunden wurde (vgl. Niclauß, Demokratiegründung, S. 137; Morsey, Konrad Adenauer, S. 43 ff.). Hiervon war auch die Unterstützung des erarbeiteten Kompromisses durch die Fraktionen betroffen.

105

Siehe Konferenz der MinPräs. in Koblenz (Rittersturz) vom 8.-10. 7. 1948 in: Der Pari. Rat., Bd. I, Dok.Nr. 6, S. 91.

106

In einem Schreiben an Altmeier vom 22. 3. 1949 (St BKAH/162) hatte Adenauer bekräftigt, daß es Ziel der C D U sei, ein Mehrheitswahlrecht zu schaffen, da nur dieses stabile Verhältnisse garantiere. Zur Tagung der CDU-Landesvorsitzenden am 19. 3. 1949 in Königswinter siehe Lange, Wahlgesetz, S. 307 f.

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Woriprot. modifiziertes Verhältniswahlrecht107. Für diese gegensätzlichen Auffassungen müßte eine Lösung gefunden werden. Menzel: Sind die Landtage überhaupt rechtlich in der Lage, ein Wahlgesetz für ein Bundesparlament zu erlassen? Für die britische Zone ist diese Frage klar entschieden durch die Aufzählung der Materien, mit denen sich die Landtage befassen müssen. In dieser Aufzählung ist naturnotwendig, denn damals dachte man nicht an eine Wahl für ein Bundesparlament, die Frage eines Bundeswahlgesetzes nicht aufgeführt. Die Landtage in der britischen Zone müßten also erst bei der britischen Militärregierung die Ermächtigung beantragen, daß die Verordnung 57 vom Herbst 1946108 geändert wird. In der britischen Zone ist es also vorerst nicht möglich, ein Bundeswahlgesetz durch [die] Landtag[e] zu verabschieden. Das Erwirken einer besonderen Ermächtigung würde sehr lange dauern109. Vor Juni wäre keine erste Lesung in den Landtagen möglich. Lüdemann: Könnten nicht die Ministerpräsidenten den Parlamentarischen Rat auffordern, ein Wahlgesetz zu machen? Man könnte dabei eine Frist von 14 Tagen in Aussicht nehmen. Falls bis dahin kein geeignetes Gesetz zustande kommt, würden die Ministerpräsidenten selber ein solches Gesetz schaffen. Ein anderer Weg wäre, den Parlamentarischen Rat zu zwingen, eine breitere Basis für seine Beschlußfassung zu suchen. Stock: Die CDU ist gegen das Wahlgesetz. Bei der Beschlußfassung war die Majorität nicht groß110. Die Ministerpräsidentenkonferenz muß heute eine Entscheidung fällen, sonst sehe ich für die kommende Republik großes Unheil voraus. Ehard: Ich möchte hier betonen, daß ich keine Rücksicht auf die Bayernpartei nehme. Was ich sage, sage ich deshalb, weil ich es für richtig halte. Ich bin innerlich davon überzeugt, daß die föderalistische Struktur die richtige ist111. Nicht deshalb, weil die Alliierten eine Meinung vertreten, die sich mit der unseren deckt. Unser Standpunkt 107

Der SPD-Parteivorstand hatte bereits am 28. 5. 1948(FESt/ASDNachl.MenzelNr.5)beschlossen,einder SPD günstiges Wahlrecht je nach geltenden politischen Machtverhältnissen durchsetzen zu wollen. Parteien, die im gesamten Wahlgebiet weniger als 5% der Stimmen erhielten, sollten beim Stimmenausgleich unberücksichtigt bleiben. In einem Schreiben an Brill vom 21. 10. 1947 hatte Menzel weiter erklärt (ebenda, Nr. 4), daß nach Ansicht von Ollenhauer ein Einbruch in die bürgerliche Front - der CDU/CSU müßten 500 000 Wähler abgerungen werden, damit die SPD die stärkste Partei werde - nur unter Anwendung des Mehrheitswahlrechts, „wenn auch eines modifizierten", möglich sei. Ursache sei die „mangelnde Erkenntnisfähigkeit" breiter Massen. Vgl. auch H. Brill, Für das Verhältniswahlrecht, Das Sozialistische Jahrhundert 1 (1947), S. 65-67.

los v o Nr. 57 über die Befugnisse der Länder in der brit. Zone vom 1. 12. 1946 in: Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 15, S. 344. 105 Da das Wahlgesetz schließlich am 15. 6. 1949 (vgl. Dok.Nr. 49 B) von den MinPräs. verkündet wurde, erübrigte sich eine Erweiterung der Befugnisse der Länder. 110

Das Plenum des Pari. Rats hatte das Wahlgesetz am 24. 2. 1949 mit 27 : 22 Stimmen in dritter Lesung angenommen (Pari. Rat, Sten. Ber. des Plenums, S. 167).

111

Seine föderaüstischen Vorstellungen für den Aufbau der Bundesrepublik hatte Ehard besonders deutlich in einem Schreiben an Thomas Dehler vom 4.1.1949 erläutert (Bayer. HStA München MA 1975, vorl. Nr. 22). Darin kritisierte er zunächst die seines Erachtens nicht ausreichende Zuständigkeit des Bundesrats. Mitwirkung und Gewicht der Länder bei der Gesetzgebung und der „Bundesverwaltung" entspreche nicht den Erfordernissen eines „echten Bundesstaates". Die gleiche Feststellung sei aus der vereinbarten Finanzregelung, der Kompetenz-Kompetenz und der Vorrang-Gesetzgebung zu ziehen. Ehard verteidigte sich gegen den Vorwurf des Partikularismus und distanzierte sich von franz. Vorstellungen von einemlosen und ohnmächtigen Bund. Allerdings müßten in einem Bund die Länder das Primäre sein, auf die der Bund sich aufbaue. Dies bedeute keine Gefährdung der Einheit. Abschließend bemerkte Ehard: „Will man nur

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geht viel weiter als der der Alliierten. Ich bin für meine Person immer an die äußerste Grenze dessen gegangen, was für eine Einigung notwendig war. Ich halte es für falsch, daß an einer Stelle ein Hebel eingerichtet wird, mit dem Mißbrauch getrieben werden kann. Das Spiel der Kräfte muß zu einem gesunden Ausgleich kommen. Es darf nicht ein Zustand geschaffen werden, der eine latente Spannung mit sich bringt wie in der Weimarer Verfassung. Daß aber unser bayerischer Standpunkt das Zustandekommen der Dinge in Bonn verhindert hätte, kann nicht behauptet werden. Ich bemühe mich auch in Bayern darum, daß eine Lösung gefunden wird. Zur Frage des Wahlrechts habe ich mich in diesem Kreis noch nicht geäußert. Ich weiß überhaupt nicht, welchen Standpunkt die Bayernpartei in dieser Sache einnimmt, und es spielt auch für mich keine Rolle. Es scheint mir nicht richtig, dem Parlamentarischen Rat Fristen zu setzen und Direktiven zu geben. Wir könnten aber den hier anwesenden Abgeordneten des Parlamentarischen Rates sagen, ob sich der Parlamentarische Rat nicht nochmals zusammensetzen und um eine Einigung bemühen könnte. Das Mustergesetz müßte so sein, daß es Aussicht hat, in den verschiedenen Ländern angenommen zu werden; es ginge schneller, wenn sich der Parlamentarische Rat nochmals mit dem Wahlgesetz befaßte, als wenn nun die Ministerpräsidenten in die Materie eintreten. Suhr: Ich schließe mich den Ausführungen Ehards an. Die Einheitlichkeit des Wahlgesetzes erscheint mir aber unbedingt erforderlich zu sein, da der Mann aus dem Volke die Verfassung weitgehend nach dem Wahlgesetz beurteilt. Brauer: Die Auffassung Ehards ist eine Torpedierung des erzielten politischen Kompromisses. Wir dürfen uns nicht um die Differenzen herumreden. Der Kollege Ehard ist in diesem Punkt auch von der CDU verlassen und steht allein. Müller: Ich stimme Suhr zu. Das Wahlrecht ist sehr wichtig. Entweder sollten wir heute eine Entschließung fassen und dem Parlamentarischen Rat sagen: Wenn Ihr ein Wahlgesetz schafft, das die Zustimmung der beiden großen Parteien hat, sind wir bereit, bei den Militärgouverneuren zu beantragen, daß sie die Zuständigkeit des Parlamentarischen Rates anerkennen oder dieses Wahlgesetz als Modellgesetz den Landtagen zu empfehlen. Wir könnten aber auch weiter gehen und versuchen, hier in unserem Kreis wenigstens die Grundzüge eines Kompromisses anzudeuten. So könnte man etwa den Vorschlag machen, daß 75% der Abgeordneten nach dem relativen Mehrheitswahlrecht und 25% mittels Listenwahl gewählt werden. Eine solche Empfehlung würde dem Parlamentarischen Rat die Arbeit erheblich erleichtern. Ehard: Ich bin mit dem ersten Vorschlag einverstanden nicht aber damit, daß Detailvorschläge gemacht werden. Meinerseits denke ich nicht daran, einen Kompromiß zu torpedieren. Ein Kompromiß besteht ja auch gar nicht, da die Vorschläge durch die Militärgouverneure abgelehnt wurden. Die Frage, wo eine gemeinsame Linie gefunden werden kann, ist je nach Stellungnahme verschieden zu beantworten. Lüdemann: Ich schließe mich den Bedenken Ehards zu dem Vorschlag Müller an. Ich habe versucht, eine Unterlage für eine Beschlußfassung auszuarbeiten: 1. Die Ministerpräsidenten der elf Länder der Westzonen halten es für zweckmäßig, für das ganze Bundesgebiet ein einheitliches Wahlrecht für den Volkstag zu schaffen.

einen dezentralisierten Einheitsstaat, in dem die Länder nichts anderes sind als mehr oder weniger gehobene Selbstverwaltungs-Provinzen, ohne staatliches Eigenleben, ohne originäres staatliches Recht, so soll man das offen bekennen, ohne sich in das Kleid eines gemäßigten Föderalisten zu hüllen".

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2. Sie richten daher an den Parlamentarischen Rat die Bitte, aufgrund erneuter Beratungen ein Wahlgesetz zu verabschieden, das mit mindestens Zweidrittelmehrheit beschlossen und der Zustimmung der großen Mehrheit des Volkes gewiß ist. 3. Den Herren Militärgouverneuren unterbreiten die Ministerpräsidenten schließlich die Bitte, den Parlamentarischen Rat zum Erlaß eines solchen Wahlgesetzes zu ermächtigen112. Katz: Von den acht Punkten des Memorandums haben wir sechs angenommen. Bezüglich der Vorranggesetzgebung haben wir gewisse Dinge geändert. Hinsichtlich der Finanzgesetzgebung haben wir nur kleine Änderungen gemacht und unseren Standpunkt im wesentlichen aufrecht erhalten. Im Ganzen aber ist der Kompromiß zwischen den Parteien erhalten geblieben. Die Prämisse Ehards stimmt also nicht. Ehard: Wir werden doch nicht sagen, der jetzige Zustand muß bleiben. Was aber, wenn die Alliierten dann Nein sagen; wir verbrauchen dabei unsere Autorität. Stock: Wir müssen zu einem Ergebnis kommen. Wir müssen uns verständigen. Ich schlage vor, daß je eine Kommission eine Entschließung zum Memorandum und zum Wahlgesetz formuliert. Pfeiffer: Dr. Menzel und ich haben uns besprochen: Wir sind beide der Meinung, daß wir unsere Fraktionen und die Bevollmächtigten im Siebenerausschuß von der heutigen Aussprache verständigen wollen. Ich sehe kein Hindernis, ein Einverständnis zwischen den Fraktionen anzustreben. Auf der heute besprochenen Linie müßten sich die Verständigungsbestrebungen bewegen. Brauer: Die Aufgabe, die Sie der ersten Kommission stellen, ist die Quadratur des Zirkels. Bezüglich des Wahlrechts wird es möglich sein, zu einer Lösung zu kommen. Der Gegensatz aber ist da: Wollen wir den gefundenen Kompromiß unterstützen oder wollen wir es nicht? Kaisen: Eine Klärung des Punktes 1 sollte auf der Basis des Vorschlages Ehards113 erfolgen. Brauer: Senatspräsident Kaisen will um jeden Preis ein Grundgesetz, auch auf dem Boden alles dessen, was die Alliierten verlangen. Ich aber halte es vor allem für notwendig, die politische Einigung der Deutschen gegenüber den Alliierten zu verteidigen114. Ehard: Es hat keinen Zweck, mit einem Kompromiß zu arbeiten115, wenn wir uns nicht vorher darüber einigen, was geschehen soll. Wollen wir erklären, wir stehen hinter dem Kompromiß? Der andere Weg wäre der, den ich vorgeschlagen habe und den Senatspräsident Kaisen billigt. Müller: Dr. Menzel sprach heute vormittag über die Hinfälligkeit des Kompromisses, wenn der eine oder andere Punkt fallen gelassen wird116. Wir dürfen uns nicht durch Festlegung auf Formulierungen, die auch im Parlamentarischen Rat noch nicht 112

Neben diesem Entschließungsentwurf, der in leicht modifizierter Form verabschiedet wurde und als Anlage abgedruckt wird, hatte Lüdemann eine weitere Fassung vorgelegt (Z12/78, Bl. 96), die lediglich in Punkt 1 von der hier vorgetragenen abwich. Dieser lautete: „Die Ministerpräsidenten haben keine Legitimation, Wahlgesetze für das neue Bundesparlament zu erlassen. Sie halten es außerdem für nicht erträglich, in den einzelnen Ländern verschiedene Wahlgesetze für das Bundesparlament zu haben".

113

Siehe Anm. 96.

114

Vgl. den Entschließungsantrag von Brauer, Anm. 95.

115

Handschr. korrigiert aus: „einen Kompromiß einzusetzen".

116

Vgl. TOP 1.

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feststehen, unserer Einwirkungsmöglichkeit begeben. Es ist möglich, daß nach der morgigen Note der Alliierten eine Lösung gefunden wird, die zur Annahme kommt" 7 . Das Grundgesetz muß auf jeden Fall zustande kommen. Ich würde deshalb eine Entschließung vorschlagen, die folgende Punkte berücksichtigt: 1. Alles muß getan werden, um das Grundgesetz zustande zu bringen; 2. es muß möglichst rasch geschehen; 3. wir richten deshalb einen Appell an den Parlamentarischen Rat und auch an die Alliierten, ihre Stellungnahme so zu gestalten, daß eine Einigung der Deutschen im Parlamentarischen Rat zur Auswirkung kommen kann. Arnold: Eine Synthese zwischen Auffassung Brauer und Ehard ist möglich. Der von dem Kollegen Lüdemann vorgeschlagene Punkt 2 könnte ebenfalls aufgenommen werden" 8 . In einem Punkt 3 wäre darauf hinzuweisen1", daß aus politischen und wirtschaftlichen Gründen Beschleunigung notwendig ist. Hierauf wurden zwei Redaktionsausschüsse gebildet. [Über die Entschließung zum Grundgesetz beraten Arnold, Brauer, Ehard, Kaisen und Müller. Den Ausschuß zum Wahlgesetz bilden Katz, Ulrich, Spiecker und Süsterhenn.] Stock: Nach dem Memorandum der Gouverneure sind Vorschläge für eine Änderung der Ländergrenzen auch heute noch möglich. Pfeiffer: Das Memorandum ist an den Parlamentarischen Rat gerichtet. Daß die Ministerpräsidenten noch neue Vorschläge einreichen könnten, kann man eigentlich nur zwischen den Zeilen lesen. Es ist ein etwas eigentümlicher Weg, auf diese Weise über den Parlamentarischen Rat etwa an die Ministerpräsidenten heranzutreten, und kein sehr würdiger Weg. Ich teile die Bedenken des Herrn Ministerpräsidenten Stock, daß die Frist von einem Jahr ab Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Vornahme von Änderungen der Ländergrenzen nicht ausreichend ist. Es wäre anzustreben, daß trotz des Memorandums die im Grundgesetzentwurf vorgesehenen Bestimmungen der Artikel 25 und 26™ doch gebilligt werden und daß die Frist verlängert wird. Es ist praktisch unmöglich, zur Ländergrenzenfrage kurzfristig Stellung zu nehmen. Ebenso halte ich es nicht für möglich, daß die Ministerpräsidentenkonferenz die Frage erneut aufrollt. Ein neuer Ländergrenzenausschuß könnte der Ministerpräsidentenkonferenz keine neuen Vorschläge machen. Altmeier: Es ist richtig, daß das Memorandum sich an den Parlamentarischen Rat richtet. Für uns ist es das wichtigste, alles zu vermeiden, was das Zustandekommendes Grundgesetzes hinauszögern könnte. Wir in der französischen Zone befinden uns in einem unerträglichen Schwebezustand. Es muß in erster Linie der Bund geschaffen und es darf nicht durch ein Aufrollen der Ländergrenzenfrage die Gefahr einer Verzögerung heraufbeschworen werden. Für die Ministerpräsidentenkonferenz besteht keine Veranlassung, die Frage nochmals aufzurollen. Die diesbezügliche Formulierung Bürgermeister Brauers121 entspricht meiner Auffassung. Lüdemann: Die kleinen Länder sollten in Deutschland keine Daseinsberechtigung haben. Unser erstes Anliegen müßte sein, aus den elf Ländern der drei Zonen etwa ein

117

Zur Ablehnung der deutschen Vorschläge siehe Anm. 32.

118

Gemeint ist der Vorschlag von Lüdemann zum Wahlgesetz (vgl. Anm. 112).

119

Eine dritte Entschließung sollte die Stellungnahme der MinPräs. zur Frage der Ländergrenzen enthalten.

120

Vgl. Anm. 63.

121

Vgl. Anm. 95.

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halbes Dutzend zu machen, Länder, die in sich irgendwie ausgeglichen und imstande sind, sich selbst einigermaßen zu erhalten. Minister Pfeiffer hat Recht, wenn er sagt, daß die Frage etwas schief an uns herangetragen wurde, aber das braucht uns nicht zu stören. Durch die Äußerung der Generäle werden wir erneut vor die Frage gestellt, ob der heutige Zustand noch 10 oder 20 Jahre weiter gelten soll. Ich komme zu dem Ergebnis, daß es unsere Pflicht ist, zu untersuchen, was geschehen kann, um möglichst rasch aus dem jetzigen Zustand herauszukommen. Dazu gibt es verschiedene Wege. Wir sollten versuchen, diese Frage durch den neuen Volkstag behandeln zu lassen, nicht aber so, daß wir die zur Verfügung gestellte Zeit verlängern. Wir sollten im Gegenteil beschließen, daß eine möglichste Beschleunigung einzutreten hat und daß die Bestimmungen vereinfacht werden. Die jetzigen Artikel 25 und 26 bedeuten eine Verhinderung der Neuordnung der Ländergrenzen. Die Gouverneure werden sie außer Kraft setzen und dann wird nichts geschehen. Ist nicht folgender Weg möglich? Der neue Volkstag erhält den verpflichtenden Auftrag, unmittelbar nach seiner Konstituierung einen Ausschuß zur Behandlung der Ländergrenzenfragen einzusetzen. Dieser soll innerhalb von sechs Monaten einen Vorschlag ausarbeiten, der nach Anhörung des Bundestages und der Länderregierungen vom Volkstag entschieden wird (innerhalb eines Jahres). Um diese Vorarbeit zu ermöglichen, würden die Ministerpräsidenten eine Sachverständigenkommission ähnlich wie die von Herrenchiemsee einsetzen. Wir müßten an die Militärgouverneure die Bitte richten, Abstand zu nehmen von ihrer Drohung, daß das, was nicht jetzt geschieht, erst nach dem Friedensschluß geschehen kann. Prüfen Sie diesen Vorschlag mit einer konstruktiven Idee. Beyerle: Etwas anderes als das bisher vorgeschlagene kann zur Zeit nicht empfohlen werden. Kopf: Selbst, wenn die Ministerpräsidenten angesprochen würden, könnten wir nicht zu einem anderen als dem bisher gemachten Vorschlag kommen. Eine zukünftige weitere Regelung müßte einem Bundesgesetz überlassen bleiben. Dies sollten wir aber noch einmal klären. Pfeiffer: Ich glaube nicht, daß dem künftigen Bundestag eine Auflage nach dem Vorschlag des Ministerpräsidenten Lüdemann gemacht werden kann. Als die Artikel 25 und 26 besprochen wurden, sah man die Frage des südwestdeutschen Staates als erledigt an. Die Ministerpräsidenten sind nicht angesprochen, also sollten sie nicht erneut Stellung nehmen. Stock: Die Meinung ist stark hervorgetreten, daß die Ländergrenzenfrage später vom Bundestag geregelt werden sollte. Was können wir heute tun? Sollen wir dem Parlamentarischen Rat die Wege ebnen oder nichts weiter unternehmen? Ich halte den Vorschlag des Ministerpräsidenten Lüdemann für produktiv, aber wir werden hierzu keine Einstimmigkeit erzielen. Jeder Schritt, den wir auf diesem Gebiet tun, ist ein Schlag ins Wasser. Eine andere Frage ist, was von den Ländern selbst in dieser Frage unternommen wird. Anschließend werden von MinPräs. Kopf22, StPräs. Müller und IMin. Ulrich123 entworfene Formulierungen besprochen. m

Kopf zog seinen Entwurf zurück (Z12/78, Bl. 100). Dieser lautete . „Die Ministerpräsidenten weisen darauf hin, daß die Vorschläge, die sie für die Änderung der Ländergrenzen von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern innerhalb der gesetzten Frist gemacht haben, bislang noch nicht zu Entschei-

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MinPräs. Stock verliest die vom zweiten Redaktionsausschuß mittlerweile formulierte Wortprot. Entschließung zum Bundeswahlrecht124. Pfeiffer: Als Anregung möchte ich vorschlagen, daß die Ministerpräsidenten ein Organisationskomitee gründen, das in Verbindung mit dem Parlamentarischen Rat Vorkehrungen für die kommenden Bundesorgane trifft. Stock: Ich möchte diesen Antrag erweitern dahingehend, daß wir heute auch eine Entschließung über den Bundessitz fassen. Brauer: Wir können über diese Frage heute nicht befinden. Wir kämpfen noch um das Grundgesetz und seine Anerkennung durch die Militärgouverneure. Die Bekanntgabe, daß wir uns schon für einen bestimmten Platz entschieden haben, würde bei der Schaffung des Grundgesetzes nur Schwierigkeiten verursachen. Für mich besteht kein Zweifel darüber, wohin der Bundessitz kommen muß, nach den vielen Mitteln, die in Frankfurt verwandt wurden. Ich glaube aber nicht, daß wir heute hierüber entscheiden können. Kaisen: Bezüglich der Ratifizierung schlage ich vor, daß dem Parlamentarischen Rat mitgeteilt wird, die Ministerpräsidenten würden die Ratifizierung durch die Landtage vornehmen. MinPräs. Stock und MinPräs. Ehard sind dagegen, daß in dieser Angelegenheit etwas unternommen wird. Abgeordnete des Parlamentarischen Rates sind anwesend und können die Auffassung der Ministerpräsidenten (Ratifizierung durch die Landtage) dem Parlamentarischen Rat mitteilen. Nach einigen redaktionellen Änderungen123 werden die Entschließungsentwürfe der beiden Redaktionskommissionen einstimmig gebilligt. I. Grundgesetz: Die Ministerpräsidenten haben von den Berichten über die Arbeiten des Parlamentarischen Rates Kenntnis genommen. Sie betonen erneut die Notwendigkeit, vorerst in den drei westlichen Besatzungszonen zu einer staatlichen Ordnung zu kommen, die eine demokratische und föderalistische Grundlage für eine gemeinsame Regierung und eine angemessene Zentralgewalt der in einen Bundesstaat zu vereinigenden Länder schafft. Die Ministerpräsidenten weisen darauf hin, daß die sich bereits über Monate hinziehenden Verhandlungen in Bonn zu einem schnellen Abschluß gebracht werden müssen. Der Schwebezustand birgt ernste12* Gefahren für den Wiederaufbau in sich und gefährdet die Verwirklichung des Marshallplanes.

123 124

125

12i

düngen der Besatzungsmächte geführt haben und daß ihre Erledigung zur Beschleunigung des Grundgesetzes dringlich ist". Die Vorlagen von Müller und Ulrich konnten nicht ermittelt werden. Dieser Entwurf lautete (Z 12/78, Bl. 132): „1. Die Ministerpräsidenten der elf Länder der Westzonen halten es für zweckmäßig, für das ganze Bundesgebiet ein einheitliches Wahlrecht für den Volkstag zu schaffen. 2. Sie richten daher an den Parlamentarischen Rat die Bitte, aufgrund erneuter Beratungen ein Wahlgesetz zu verabschieden, das mit mindestens Zweidrittel-Mehrheit beschlossen und der Zustimmung der großen Mehrheit des Volkes gewiß ist. 3. Den Herren Militärgouverneuren unterbreiten die Ministerpräsidenten schließlich die Bitte, den Parlamentarischen Rat zum Erlaß eines solchen Wahlgesetzes zu ermächtigen". In der Entschließung zum GG (ebenda, Bl. 133) wurden die einzelnen Bestandteile umgestellt und einige stilistische Änderungen vorgenommen. Handschr. korrigiert aus: „verhängnisvolle".

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Der Parlamentarische Rat hat mit großer Mehrheit die Grundlage einer Einigung geschaffen. Die bestehenden Differenzpunkte scheinen nicht dergestalt zu sein, daß nicht ein schneller und befriedigender Abschluß erreicht werden könnte. II. Bundeswahlrecht: 1. Die Ministerpräsidenten halten es für zweckmäßig, für das ganze Bundesgebiet ein einheitliches Wahlrecht für den Volkstag zu schaffen. 2. Sie richten daher an den Parlamentarischen Rat die Bitte, aufgrund erneuter Beratungen ein Wahlgesetz zu verabschieden, das, mit mindestens % Mehrheit beschlossen, der Zustimmung der großen Mehrheit des Volkes gewiß ist. 3. Den Militärgouverneuren unterbreiten die Ministerpräsidenten die Bitte, ein so vom Parlamentarischen Rat beschlossenes Wahlgesetz zu genehmigen 127 . [Zur Frage der Ländergrenzen] wird eine von MinPräs. Lüdemann und IMin. Ulrich ausgearbeiteter Vorschlag besprochen128. Es ergeben sich Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Ziffer 1 und 2 des Vorschlages.

127

Die Resolution zum Wahlgesetz übersandte Stock den MilGouv. am 28. 3. 1949 (Z12/9, Bl. 225). Darin gab er der Überzeugung der MinPräs. Ausdruck, daß das vom Pari. Rat beschlossene Wahlgesetz eine geeignete Grundlage bilde, als Modellgesetz von den elf Landtagen der Länder gebilligt zu werden. Hierzu antworteten die MilGouv. in einem gemeinsamen Schreiben vom 14. 4. 1949 (ebenda, Bl. 221-222): „Die Militärgouverneure sind bereit, die von den Ministerpräsidenten ausgedrückten Ansichten über die Notwendigkeit eines einheitlichen Wahlsystems für alle Länder zu berücksichtigen, und haben demgemäß beschlossen, dem Parlamentarischen Rat in dieser Sache gewisse Kompetenzen zu gewähren. Diese Kompetenzen werden auf die Festlegung der Anzahl der Abgeordneten, die Verteilung der Sitze unter die Länder und die Bestimmung des Wahlsystems beschränkt sein. Es versteht sich, daß die Wahlmaschinerie innerhalb der Zuständigkeit eines jeden Landes verbleibt und daß jedes System, welches die Verwertung übrigbleibender Stimmen vorsieht, in jedem Land auf eine in diesem Land aufgestellte Kandidatenliste beschränkt bleiben soll". Dem Pari. Rat übersandte Stock die Beschlüsse mit Schreiben an Adenauer vom 30. 3. 1949 (Z12/126, Bl. 12). Dabei ging er insbesondere auf die Beratungen zum Wahlgesetz ein, welche die Notwendigkeit eines einheitlichen Wahlrechts für das Bundesgebiet ergeben habe, „denn nur auf dieser Grundlage könne erreicht werden, daß der Volkstag ein zutreffendes Bild der politischen Kräfteverteilung biete". Stock führte weiter aus: „Aus der Aussprache in Königstein ergab sich ferner, daß nach Auffassung der Ministerpräsidenten das Wahlgesetz in seiner jetzigen Fassung und im Hinblick auf die knappe Mehrheit, die es fand, keine Aussicht hat, von den elf Landtagen der Länder in den Westzonen angenommen zu werden. Aus dieser Erkenntnis entschlossen sie sich, den Parlamentarischen Rat zu bitten, aufgrund erneuter Beratungen ein Wahlgesetz zu verabschieden, das sich mindestens auf eine Zweidrittel-Mehrheit stützt, und so der Zustimmung der großen Mehrheit des deutschen Volkes gewiß ist. Außerdem haben die Ministerpräsidenten die drei Oberbefehlshaber gebeten, ein vom Parlamentarischen Rat geschaffenes Wahlgesetz zu genehmigen". Bereits am 25. 3. 1949 übersandte Altmeier Adenauer eine Kopie der verabschiedeten Entschließungen (St BKAH/162). Dabei betonte er, daß eine materielle Stellungnahme zum Wahlrecht nicht erfolgt sei, „weil sonst naturgemäß die Ministerpräsidentenkonferenz nicht zu einem einheitlichen Ergebnis gelangt wäre". Praktisch werde jedoch das vom Pari. Rat mit Mehrheit beschlossene Wahlgesetz von den MinPräs. kritisiert. „Da diese Kritik einmütig erfolgt ist, bedeutet diese Resolution eine Rechtfertigung der Haltung der CDU-Fraktion in Bonn in der Wahlrechtsfrage". Es sei nunmehr zu erwarten, daß die SPD zu einem wesentlichen Entgegenkommen in Richtung auf ein Mehrheitswahlrecht bereit sein werde, da eine Zweidrittel-Mehrheit für das Wahlgesetz eine Einigung der beiden großen Fraktionen im Pari. Rat voraussetze. Altmeier berichtete ferner, daß Menzel versucht habe, „mindestens" durch „möglichst" in der Entschließung zu ersetzen, was jedoch von Seiten der MinPräs. der C D U und CSU „kategorisch" abgelehnt worden sei. Auch bei den MinPräs. der SPD habe sich Menzel nicht durchzusetzen vermocht.

128

Der gemeinsame Vorschlag lautete ( Z 12/78, Bl. 134): „1. Die Ministerpräsidenten bitten die Militärgouverneure, dem neuen Bundesparlament ein Jahr Zeit zu lassen, um im vereinfachten Verfahren eine Reform der Ländergrenzen durchzuführen.

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Über Ziffer 1 wird abgestimmt. Es ergeben sich zwei Ja-Stimmen und fünf NeinStimmen, im übrigen Stimmenthaltungen. Bei der Abstimmung über Ziffer 2 werden zwei Ja-Stimmen abgegeben. Damit kommen die beiden ersten Ziffern des Vorschlages im Wegfall; die Ziffer 3 wird nach redaktioneller Änderung einstimmig angenommen als dritte Resolution der Ministerpräsidentenkonferenz.

Wonprot.

An die Militärgouverneure richten die Ministerpräsidenten die dringende Bitte, dem bereits

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am 1 1 . 1 0 . 1 9 4 8 übergebenen Antrag betr. Volksabstimmung über die Änderung der Grenzen der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zuzustimmen 129 .

[6. Verschiedenes]

Wortprot.

[SfPräs. Müller schlägt vor,] daß auch ein Vertreter der französischen Zone in den Ausschuß aufgenommen wird, welcher sich mit der Zusammenlegung der Suchkarteien befaßt. Die drei Länder der französischen Zone werden gemeinsam einen Vertreter benennen130. MinPräs. Stock regt die Festlegung des Tagungsortes für die nächste Ministerpräsidentenkonferenz an und gibt bekannt, daß StPräs. Wohleb gebeten hat, als Tagungsort Konstanz zu wählen. Die Konferenz erklärt sich grundsätzlich bereit, einmal nach Baden zu gehen, läßt aber StPräs. Wohleb Freiheit in der Bestimmung des Tagungsortes131.

2. Um diese Arbeit zu erleichtern und zu beschleunigen, beschließen die Ministerpräsidenten, sofort eine Studienkommission zu berufen, die dem Arbeitsausschuß des Volkstages begründete Vorschläge unterbreiten soll. 3. An die Militärgouverneure richten die Ministerpräsidenten die dringende Bitte, dem bereits am 11. 10. 1948 übergebenen Antrag betr. Volksabstimmung über die Vereinigung der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zuzustimmen". 129

Den drei MilGouv. übermittelte Stock diese Entschließung am 28. 3. 1949 (Z12/9, Bl. 231). EinemBericht der Außenstelle des Büros d. MinPräs. vom 1. 4. 1949 zufolge (Z12/12, Bl. 138) besprachen die MilGouv. die Frage der Ländergrenzen am 31. 3. 1949. Nach einer vertraulichen Mitteilung von alliierter Seite hätten sich erhebliche Meinungsverschiedenheiten ergeben. Koenig habe trotz des Widerspruchs von Clay und Robertson, die eine weitere Verzögerung der trizonalen Fusion befürchteten (vgl. Clay an Voorhees vom 29. 3. 1949 in: Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 698), auf Behandlung der Angelegenheit durch die Außenminister in Washington bestanden. Nach Auffassung des alliierten Gewährsmannes sei unter diesen Umständen nicht mit einer Zustimmung zum Vorschlag für eine südwestdeutsche Neuregelung zu rechnen. In der Erklärung der drei Außenminister vom 8. 4. 1949 (Foreign Relations 1949/III, S. 184) wurde demgemäß der Status quo in Württemberg und Baden bestätigt, eine Volksabstimmung ausgesetzt und bis nach der Bildung der Bundesregierung zurückgestellt. Hierauf bezugnehmend antwortete Clay am 14. 4. 1949 (Z 12/9, Bl. 217-219): „Seit Eingang Ihres Schreibens sind die Außenminister unserer Länder übereingekommen, daß es, um eine mögliche Verzögerung in der Ratifizierung der vorläufigen Verfassung zu vermeiden, im Augenblick unklug sein würde, Ihrem Vorschlag für eine Neuregelung der Ländergrenzen zuzustimmen. Ich werde indessen gebeten, Ihnen mitzuteilen, daß die Empfehlungen der Ministerpräsidenten von neuem in Erwägung gezogen werden, sobald Ihre neue Bundesregierung gebildet worden ist".

130

Vgl. den Beschluß der MinPräs. anläßlich der Konferenz in Hamburg vom 11./12. 2. 1949in: Dok.Nr. 10B, TOP 6. Als Folge der dort aufgetretenen Interpretationsschwierigkeiten wurde der geplante Ausschuß zur Koordinierung der Bearbeitung der Flüchtlingskarteien zunächst nicht tätig. Der LR der US-Zone schlug mit Schreiben an das Büro d. MinPräs. vom 19. 4. 1949 (Z12/83, Bl. 170) vor, den Ausschuß mit den Herren Danckwerts, Schwend und Sieveking zu besetzen. Für die amerik. Zone sollten ihm ferner Frau RegR. Bitter (Bayer. StK.) und für die franz. Zone RegDir. Zimmerle (IMin. Württemberg-Hohenzollern) angehören.

131

Die beiden letzten Sätze wurden von Rakette handschr. ergänzt.

327

Nr. 22 Wortprot.

24. 3. 1949

Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein

[Schluß der Sitzung: 19.30 Uhr] Anschließend an die Nachmittagssitzung fand eine Pressekonferenz statt, bei welcher den Pressevertretern der Text der drei Resolutionen zugängig gemacht und durch Herrn MinPräs. Stock und Min. Zinn erläutert wurde132.

132

Dabei erklärte Zinn u. a., die MinPräs. seiender Auffassung gewesen, „daß der Parlamentarische Rat eine Gesamtgrundlage geschaffen habe und die vom Siebenerausschuß unterbreiteten Gegenvorschläge dem Standpunkt der Gouverneure weitestgehend entgegenkämen. Die noch bestehenden Differenzen würden als so geringfügig angesehen, daß es den Gouverneuren nicht schwerfallen dürfte, den Vorschlägen des Siebenerausschusses zu entsprechen". Auf die Diskrepanz zwischen dieser Erklärung und dem letzten Satz der Entschließung zum GG angesprochen gab Ehard gegenüber einem Vertreter des Christlich-Demokratischen-Pressedienstes folgende Stellungnahme ab (Bayer. HStA München MA 1975, vorl. Nr. 85): „Eine solche einseitige Interpretation widerspricht meiner Auffassung sowie den Voraussetzungen, unter denen ich der Entschließung überhaupt zugestimmt habe. Diese meine Auffassung wird von einer Anzahl weiterer Kollegen geteilt". Der Korrespondent des Pressedienstes fügte dem hinzu, daß Ehard keine „Mahnung" an die Adresse der MilGouv. richten wolle. Zu den Presseberichten siehe Frankf. Rdsch. vom 25. 3. 1949.

328

MilGouv. mit MinPräs. der Bizone

30. 3. 1949

Nr. 23

Nr. 23 Konferenz der Militärgouverneure mit den Ministerpräsidenten der Bizone in Frankfurt 30. März 1949 BA Ζ 4/530, Bl. 100-105. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 31. 3. 19491 Anwesend2: Gen. Clay, Riddleberger (amerik. MilReg.); Gen. Robertson, Steel (brit MilReg.) MinPräs. Ehard (Bayern); SenPräs. Kaisen (Bremen); Bgm. Brauer (Hamburg); MinPräs. Stock (Hessen); MinPräs. Arnold (Nordrhein-Westfalen); MinPräs. Kopf (Niedersachsen); MinPräs. Lüdemann (SchleswigHolstein); WiMin. Veit (Württemberg-Baden); GS Troeger (LR)

[Beginn: 16.30 Uhr] 1. Schiffsbau, Demontage Brauer: Wir haben in zwei Angelegenheiten, nämlich 1. über die Zulassung zum deutschen Schiffsbau3, 2. über die Beschränkung der Demontage Nachrichten aus der Presse" erhalten. Da uns die Fragen außerordentlich interessieren, wollte ich zugleich im Namen meiner Kollegen bitten, ob Sie den Schleier etwas mehr lüften und ob wir von Ihnen etwas mehr erfahren können. 1

2

3

4

Als „Vertraulich" bezeichnet und durch Troeger mit Datum vom 1. 4. 1949 abgez. handschr. Verteilerschlüssel sowie Vermerk „Aktenexemplar" versehen. Als Anwesende auf deutscher Seite nennt Troeger summarisch alle MinPräs. mit Ausnahme von Maier, der durch Veit vertreten wurde. Die Anwesenheit Troegers ergibt sich aus der Protokollführung. Anläßlich der Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg hatten die Länderchefs der Bizone ein von Sieveking vorbereitetes Schreiben an Clay und Robertson mit Datum vom 11. 2. 1949 unterzeichnet, welches Stock am 14. 2. 1949 weitergeleitet hatte. Darin wurde um die Wiederzulassung Deutschlands zur Handelsschiffahrt gebeten und u. a. ausgeführt (Z 12/84, Bl. 82): "The economic revival of Germany calls for a level of industry equal to 110% of 1936. In that year Germany had a seaborne import and export of 46 million tons and a merchant fleet of approximately 4 million GRT. This fleet carried about 55% of Germany's total seaborne traffic. It is an acknowledged fact that no industrialized nation depending upon supply from abroad of raw materials and food as well as upon export of its finished goods can balance its budget without an adequate merchant fleet. It is, therefore, our considered opinion that we should call your attention to this fact and suggest that Germany be allowed an adequate share of shipping commensurate with her economic requirements. The Potsdam agreement abolished German shipping and also prevents its reconstruction. When this scheme was conceived Germany was to become an agrarian nation. Since this idea has been dropped, it is a logical consequence that the policy regarding German shipping be revised. We being responsible for the development of Western Germany, delegated by our people and authorized by the Military Governments, feel it not longer possible to further delay action to meet this very urgent economic necessity. All European nations have in fact reconstructed their merchant fleets to pre-war size. Japan already has 1 500 000 GRT of shipping including some hundred thousands of modern construction built in Japanese yards since the war, and she is constantly increasing her fleet to meet the demand of her seaborne traffic. We feel it impossible to convince the population of Germany that they shall be the only nation excluded from the high seas". Am 21. 2. 1949 ließen Clay und Robertson den Eingang des Schreibens bestätigen, doch sahen sie sich nicht in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben, da die Angelegenheit gegenwärtig zwischen ihnen und ihren Regierungen beraten werde (ebenda, Bl. 79). In ihrer Ausgabe vom 30. 3. 1949 berichtete die Frankf. Rdsch. unter Berufung auf eine UP-Meldung, daß sich die Vertreter der Westmächte in London, US-Botschafter Lewis Douglas, der französische Botschafter

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Nr. 23

30. 3. 1949

MilGouv. mit MinPräs. der Bizone

Robertson: Ich beziehe in diesen Fragen meine Informationen ebenfalls aus der Presse. Clay: Endgültige Entscheidungen sind noch nicht getroffen, sie sind erst nach Beendigung der Konferenz der Außenminister in Washington zu erwarten5. Brauer: Diese Antworten überraschen mich nicht. Ich fühlte mich nur wegen der Bedeutung dieser Fragen verpflichtet, mich um Auskunft an Sie zu wenden. [2. Lastenausgleich]

Brauer: Mit Rücksicht auf die große Bedeutung, die das Lastenausgleichsgesetz für uns hat, stelle ich im Namen aller Ministerpräsidenten die Frage, wann wir wohl mit der Genehmigung des Gesetzes rechnen können. Robertson: General Clay und ich kennen durchaus Ihre Sorge in dieser Angelegenheit6. Wir haben uns vor etwa zwei Wochen darüber unterhalten und sind zu einem neuen Vorschlag gekommen, von dem man eine Lösung der Frage erwarten kann7. Unsere Hoffnung war, daß wir Ihnen schon heute eine endgültige Antwort würden geben können, leider ist das aber nicht der Fall. Immerhin fühlen wir uns berechtigt, in dieser Frage optimistisch zu sein. 3. Patentgesetz

Brauer: Ich darf daran gleich die Frage nach der Genehmigung des Patentgesetzes anschließen. Clay: Die Erledigung wird durch eine Besatzungsmacht aufgehalten. Diese wünscht die Besprechung der Angelegenheit auf Regierungsniveau8. Die Entscheidung darBebe Massigli und der Leiter der Deutschlandabteilung im Foreign Office Sir Ivone Kirkpatrick in der Demontagefrage geeinigt hätten, 150 deutsche Industriewerke von insgesamt 167 von der Demontageliste zu streichen. Einem Bericht des diplomatischen Reuter-Korrespondenten zufolge hatte man sich auch einverstanden erklärt, dem deutschen Schiffsbau keine Beschränkungen hinsichtlich des Umfangs aufzuerlegen. 5

Die Konferenz der Außenminister Großbritanniens, Frankreichs und der Vereinigten Staaten fand vom 6. - 8. 4. 1949 in Washington statt (siehe Foreign Relations 1949/III, S. 1 ff.).

6

Vgl. Dok.Nr. 17, TOP 4. Das letzte Gespräch der beiden Generäle, das zu diesem Thema überliefert ist, datiert vom 8. 2. 1949. Clay berichtete hierüber am gleichen Tag dem Armeeministerium (Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 655): "[Gen. Sir Brian] Robertson is willing to accept our proposals on equalization law which include suspension of action on UN property as now defined in military government Law 63 provided we either change definition of UN property to that agreed [by] Paris Conference or advise Germans we will furnish definition of UN property at subsequent date. I do not like to approve a law subject to subsequent definition. On the other hand, the suggested exemption of UN property under the broad Paris definition from a tax to equalize burden of currency reform is very different from exempting it for a tax to equalize war burdens. I doubt the advisability of so broad a suspension of the measure. It is difficult for me, in fact, to justify the exemption or suspension of this tax in [the case of] Opel, which is a German corporation, although its stock is one hundred percent owned by General Motors. It certainly gives Opel a preferred status. It seems to me we need a clear definition of UN property on the one hand and what we consider to be discriminatory on the other hand. I am reluctant to disapprove the equalization measure in view of its popularity in Germany but I see no course otherwise at present. Would appreciate your views soonest".

7

8

Gegen das am 17. 12. 1948 vom WR verabschiedete Gesetz über die Errichtung eines Patentamtes im VWG, dem der LR am 23. 12. 1948 zugestimmt hatte, war von der franz. MilReg. Protest eingelegt worden. Augenscheinlich setzten die Franzosen auf eine Fortführung der Pariser Konferenz vom 25. 10. bis

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M i l G o u v . mit MinPräs. der B i z o n e

3 0 . 3. 1 9 4 9

Nr. 2 3

über, ob das geschehen wird, ist noch nicht getroffen. Daher ist es möglich, daß die Erledigung einen Aufschub von zwei oder drei Wochen oder auch einen Aufschub von vielen Wochen erleidet. 4. Reparationsfragen Clay: Zu der Frage der Reparationen können wir Ihnen heute etwas mehr sagen als bisher, freilich nur im Sinne der allgemeinen Tendenz der Verhandlungen'. Was ich Ihnen jetzt sage, muß jedoch zwischen uns streng vertraulich bleiben. Eine beträchtliche Anzahl derjenigen Anlagen, die ursprünglich für die Demontage vorgesehen waren, wird in Deutschland verbleiben. Die Beschränkungen für die deutsche Produktion werden keinen ernsten Charakter haben mit Ausnahme der Beschränkung in der Eisen- und Stahlerzeugung, die Ihnen ja bekannt ist. Im einzelnen werden gewisse Beschränkungen für die Herstellung synthetischer Stoffe bestehen bleiben, die Ihnen nicht angenehm sein werden, obgleich sie für den Augenblick keine große Bedeutung haben. Was den Bau von Schiffen angeht, so ist eine erhebliche Lockerung der augenblicklichen Bestimmungen zu erwarten, obgleich die Lockerung nicht soweit gehen wird, wie Sie es vielleicht wünschen10. Kaisen: Welche Schiffe sind dabei gemeint? Doch wohl Frachter? Wie steht es mit den Geschwindigkeiten? Diese Fragen sind von uns deswegen von großer Bedeutung, damit wir uns in Hamburg und Bremen darauf einstellen können, die für den Bau der Schiffe notwendigen finanziellen Verpflichtungen zu übernehmen. Clay: Genaue Einzelheiten zu sagen ist heute noch nicht möglich. Ich kann jedoch sagen, daß wahrscheinlich Frachtdampfer von beträchtlicher Größe, aber von nicht beträchtlicher Geschwindigkeit zum Bau zugelassen werden11. Brauer: Wie steht es aber mit der Größe der Fischdampfer? Robertson: Auch diese Frage wird bald geklärt werden. Clay: Dabei kann ich Ihnen mitteilen, daß wir heute die Genehmigung für fünf

zum 10. 11. 1948, die sich mit dem Schutz ausländischer Interessen in Deutschland beschäftigt hatte. Während Clay betonte, daß ohne entsprechende Sicherungen Patente und Verfahrenstechniken zurückgehalten würden und so den Wiederaufbau beeinträchtigen (vgl. Clay, Entscheidung, S. 253), klammerte sich die franz. Regierung nach wie vor an die eigene Nutzbarmachung der deutschen Patente - eine Politik, welche die Amerikaner bei Kriegsende selbst eingeleitet, aber infolge veränderter Zielsetzungen fallengelassen hatten. Allerdings fanden die Franzosen in ihrer Bekämpfung einer zu „milden" Reparationspolitik und der fortgesetzten Industriebeschränkungen die Unterstützung der Briten, die den Wettbewerb mit der heimischen Industrie gemildert sehen wollten. Clay hielt es daher, wobei er bemerkte, daß die Franzosen eine äußerst effektive Politik bei der bizonalen Gesetzgebung betrieben, die weit über das hinausgehe, was wegen der vereinbarten Mehrheitsbeschlüsse in der Trizone möglich sei, für notwendig, auf die brit. Regierung einen entsprechenden Druck auszuüben. In seinem Schreiben an G e n . Draper vom 23. 1. 1949 (Clay Papers, B d . I I , Dok.Nr. 638) fügte er hinzu: "I feel definitely that the postponement of the patent law will be at the expense of the United States. Moreover, its disapproval will provide ideal fuel for Communist propaganda to show the intent of the western Allies to exploit and keep possession of Germany's patent and trade processes". Zum Fortgang siehe D o k . N r . 27 Β , T O P 7. 9

Diese wurden zunächst in London geführt (Foreign Relations 1949/III, S. 547 ff.).

10

Siehe hierzu den Wortlaut des A b k o m m e n s der drei Mächte über verbotene und beschränkte Industrien vom 13 . 4. 1949 in: Europa-Archiv 1949, S. 2165 ff.

11

In ihrer Ausgabe vom 30. 3. 1949 hatte die Frankf. Rdsch. gemeldet, daß die Westalliierten über die Größe und Geschwindigkeit von Tankern noch keine Einigung erzielt hätten. Allgemein sollte jedoch für Frachtschiffe die G r ö ß e auf 7000 Tonnen und die Geschwindigkeit auf 12 Knoten pro Stunde begrenzt werden.

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größere Fischdampfer ausgesprochen haben; die Genehmigung für einen weiteren Dampfer, die ebenfalls beantragt war, haben wir uns vorbehalten. Es handelt sich um Dampfer von 600 to12. Auch für den Bau von Fahrzeugen für die Küstenschiffahrt sind große Erleichterungen zu erwarten. 5. Fischbewirtschaftung Kaisen: Die VELF hat sich an BICO mit Schreiben vom 17. 3. [1949] gewandt und um die Lockerung der Vorschriften für die Bewirtschaftung von Fischen gebeten 13 . Ich nehme an, daß das Schreiben bereits eingegangen ist. D i e Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist in bestimmten Gebieten so unterschiedlich, daß einige Gebiete mit den zugewiesenen Fischkontingenten nicht auskommen, während andere Gebiete die Fischkontingente nicht abnehmen. Daher befürchtet man größere Verluste durch den Verderb von Fischen, die nicht abgenommen werden. Der deutsche Vorschlag ist nun nicht, die Bewirtschaftung ganz aufzuheben, vielmehr sollen den Ländern Kontingente an Fischen zugeteilt werden, die sie dann selbständig über den Handel an die Bevölkerung verteilen. D i e Fischkarte soll allerdings fortfallen. Ich persönlich halte diese Lösung nicht für weitgehend genug 14 , bitte aber darum, daß dem Antrage der VELF stattgegeben wird. Robertson: Diese Frage wird von unseren Sachverständigen zur Zeit studiert. Die Vorlage ist bis zu uns noch nicht durchgedrungen. Immerhin freuen wir uns, von Ihnen unmittelbar Ihre Ansicht dazu zu hören; eine Stellungnahme ist heute allerdings noch nicht möglich15. ''

Soweit ersichtlich genehmigte BICO mit Schreiben vom 20. 4. 1949 (B 116/540) lediglich den beantragten Bau zweier Fischdampfer von 400 BRT (vgl. Dok.Nr. 20, TOP 3). Der Bau größerer Schiffe von 650 BRT wurde erst nach Inkrafttreten des Abkommens vom 13. 4. 1949 (vgl. Anm. 10) möglich.

13

Der Antrag der VELF an die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 17. 3. 1949 (Z 13/107) ist in den Grundzügen in den nachfolgenden Ausführungen wiedergegeben. Brauer hatte das Problem bei einem Besuch Pünders in Hamburg aufgeworfen und war dabei für eine vollständige Aufhebung der Fischbewirtschaftung eingetreten. Als Begründung nennt Pünder in einem Vermerk vom 9. 3. 1949 (ebenda): „Die Aufrechterhaltung der Preisordnung auf dem Gebiet der Fischbewirtschaftung hat zu unnatürlichen Produktions- und Verteilungsverhältnissen geführt. Die Preisfreigabe würde insbesondere auch ermöglichen, daß standortbedingte Schwierigkeiten durch ein gesundes Preisgefälle ausgeglichen werden". Nach Rücksprache mit den Landwirtschaftsministern der Länder vertrat die VELF, wie Pünder in einem Schreiben an Brauer vom 4. 4. 1949 (ebenda) ausführte, die Auffassung, „daß eine völlige Aufhebung der Fischbewirtschaftung die Gefahr eines Marktzusammenbruches in sich schlösse". Der an staatliche Lenkungsmaßnahmen gewöhnte Handel könne sich nicht so schnell umstellen. Insbesondere sei aber ein Preisverfall zu befürchten, der die Abnahme der angelandeten Fischmengen gefährden und nicht notwendig dem Endverbraucher zugute kommen würde. Schließlich würde eine völlige Aufhebung der Fischbewirtschaftung nicht die Zustimmung der MilReg. finden, weil „hunderttausende von Tonnen Fisch derzeit noch importiert werden, und zwar zum Teil im Rahmen der GARIOA-Einfuhren, für die bekanntlich eine Bezahlung in Devisen nicht erfolgt". Wesentlich sei, „daß die Endverbraucherrationierung bei den Seefischen entfällt, eine Fischkarte nicht mehr ausgegeben wird und nur marktwirtschaftliche Lenkungsmaßnahmen aufrechterhalten bleiben".

14

15

NachdemdieBICO-VorsitzendendendeutschenAntragaufihrer96. Sitzungam5. 4. 1949beratenhatten, teilte die Food, Agriculture and Forestry Group der VELF am 8. 4. 1949 (ebenda) mit, daß man bereit sei, die Bewirtschaftungsbestimmungen aufzuheben. Am 15. 4. 1949 genehmigte BICO die Änderung der Fischbewirtschaftung, machte jedoch darauf aufmerksam, daß weitere Schritte gesetzliche Regelungen des WR erforderlich machten. Der WR stimmte der Aufhebung der Fischrationierung am 4. 5. 1949 auf der 36. W (WR-Beschluß Nr. 36/3) zu, nachdem Pünder mit Schreiben an Köhler vom 3. 5. 1949 einen Antrag von Schlange-Schöningen vom 30. 4. 1949 (ebenda) weitergeleitet hatte.

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Nr. 23

6. Auslandsreisen Arnold: E s haben sich für die Minister der Länder immer wieder Schwierigkeiten ergeben, wenn notwendige Auslandsreisen zur Wahrnehmung kultureller und politischer Aufgaben durchgeführt werden sollten. Die größten Schwierigkeiten entstehen dadurch, daß keine Devisen für solche Reisen zur Verfügung gestellt werden. Dadurch sind häufig Reisen nicht durchgeführt worden. Wir bitten sehr darum, daß den Ländern für die Durchführung solcher Auslandsreisen Devisen zur Verfügung gestellt werden. Brauer: Die Summe der Devisen, die für diese Zwecke benötigt wird, dürfte insgesamt sehr gering sein. Clay: Wir nehmen Ihren Antrag nicht ungünstig auf und werden uns mit der Entscheidung dieser Frage sehr schnell befassen16. 7. [Außenhandel] Robertson: Aus unserer letzten Besprechung haben wir Ihnen noch zwei Fragen zu beantworten. E s handelt sich zunächst um die Frage der Wiedereinführung der Kontrolle des Exports nach gewissen Ländern 17 . Diese J E I A - A n o r d n u n g " und die Kontrolle ist keineswegs als Selbstzweck zu betrachten, vielmehr müssen wir für die Bizone als Mitglieder der O E E C die übernommenen Verpflichtungen erfüllen. Aus welchen Gründen die Kontrollbestimmungen notwendig sind, können Sie aus den Ausführungen des Außenministers meines Landes vor dem Parlament am 23. 3. 1949 entnehmen 19 . E s hat nämlich mein Land gleiche Maßnahmen getroffen. Dieselbe Frage, die Sie an uns gerichtet haben, ist auch an Mr. Bevin gestellt worden. Seine Antwort darauf trifft auch für die hiesigen Verhältnisse zu20. Clay: Ich darf dazu ergänzend bemerken, daß gleiche Kontrollbestimmungen jetzt auch in den U S A eingeführt sind. [. . .]

Die Preisfreigabe leitete die V E L F mit Schreiben an Pünder vom 29. 7. 1949 ein, aufgrund dessen Krautwig in Vertretung von Pünder am 5. 6. 1949 (ebenda) einen Antrag an B I C O richtete. Als Begründung führte er u. a. an, „daß die Preise und Absatzverhältnisse bei den Betrieben der Seefischerei und auf dem Fischmarkt im Laufe der letzten Monate sich durchaus unbefriedigt entwickelt haben. Trotz der erheblichen Preiseinbrüche, die bei den höheren Anlandungen teilweise eingetreten sind, hat sich eine Auswirkung zu Gunsten der Verbraucher wegen des jetzt bestehenden Höchstpreissystems und den damit verbundenen festen Handelsspannen im allgemeinen nicht ergeben". Am 18. 8. 1949 (ebenda) billigte B I C O auch die Preisfreigabe. 16

Bereits am 25. 3. 1949 hatte Krautwig einen Antrag an B I C O um vermehrte Devisenzuteilung für Auslandsdienstreisen gerichtet. Pünder erneuerte diesen am 10. 6. 1949 ( H S t A Stuttgart E A 1/3-192).

17

Siehe Dok.Nr. 17, T O P 2.

18

1. Neufassung der JEIA-Anweisung Nr. 1, Abänderung „ A " vom 8. 2. 1949 in: Ζ 13/233.

19

Darin hatte Bevin die Exportkontrollen im Ost-West-Handel mit strategischen Erfordernissen begründet. Weiter hatte er ausgeführt (Parliamentary Debates, Fifth Series, B d . 463, House of Commons, Sp. 489): "I do not want to break off East-West trade. I would, however, withhold anything which might be used to promote war against us. T h e Western Powers are never going to be aggressive. They hold to the spirit ofthe United Nations when it was established. But if one cannot get people to agree on disarmament and other vital matters, one must take the only course open and agree with those with whom one can agree".

20

Durch Abänderung „ C " zur 1. Neufassung der JEIA-Anweisung Nr. 1 vom 7. 4. 1949 (Z13/233) wurde die Genehmigungspflicht für alle Länder der westlichen Hemisphere aufgehoben. Zum Einfuhrverfahren siehe auch Β 102/4952.

333

Nr. 2 3

3 0 . 3. 1 9 4 9

M i l G o u v . mit MinPräs. d e r B i z o n e

8. [Auslieferung von Deutschen]

Robertson: Sie hatten bei unserer letzten Besprechung21 an mich den Wunsch gestellt, daß deutsche Gerichte zur Mitwirkung eingeschaltet werden sollen bei der Erledigung von Ersuchen um Auslieferung von Deutschen ans Ausland. Ich hatte schon gesagt, daß wir in Zukunft Auslieferungen nur noch im Falle von Mord vornehmen werden. Inzwischen habe ich eine Anweisung erteilt, daß in Zukunft auch bei solchen Auslieferungsersuchen zuvor deutsche Rechtsinstanzen eingeschaltet werden; es handelt sich allerdings nur um die Anhörung, nicht jedoch um die Entscheidung22. 9. Deutsche Kulturinstitute in Italien

Robertson: Ministerpräsident Ehard hatte in der letzten Besprechung nach den deutschen Kulturinstituten in Italien gefragt23. Zu der Antwort, die ich Ihnen damals gab, ist heute nicht viel hinzuzufügen. Die Institute gelten als deutsche Auslandsguthaben, sie sollen aber nicht so behandelt werden. Die Verhandlungen wegen Aufrechterhaltung der Institute als Ganze schweben noch; eine Entscheidung ist noch nicht getroffen. 10. Arbeitslosigkeit

Clay: Bereitet Ihnen, meine Herren, die Arbeitslosigkeit in Deutschland große Sorgen? Ehard: Es fehlt uns inbesondere an langfristigen Krediten für den Wohnungsbau24. Daher ist eine Linderung der Arbeitslosigkeit nicht zu erwarten. Lüdemann: In Schleswig-Holstein ist jeder dritte Bauarbeiter erwerbslos; jeder sechste Arbeitslose in Schleswig-Holstein ist ein Bauarbeiter. Wir haben kein Material für den Wohnungsbau und warten unsererseits darauf, daß wir Hilfe durch die Wiederaufbaubank erhalten. Clay: Warum fängt die Wiederaufbaubank nicht endlich mit der Arbeit an? Sie ist sechs Monate alt und hat acht Angestellte. Von ihrer Arbeit haben wir noch nichts gemerkt25? Brauer: Wir haben sehr große Schwierigkeiten bei der Kapitalbildung, weil immer noch große Abzüge bei den Sparkassen vorgenommen werden26. Kaisen: Zu einer Kapitalbildung können wir so lange nicht kommen, als das Sparen nicht steuerlich begünstigt ist. Es fehlt noch die Genehmigung zu den neuen Steuervorschriften27. Wenn wir nicht das wenige Kapital, das in Deutschland gebildet wird, für den Wohnungsbau oder für solche Zwecke verwenden, für die es am dringendsten 21

Vgl. Dok.Nr. 17, TOP 7.

22

Aus den Durchführungsbestimmungen über die Ausweisung und Abschiebung von Deutschen vom 21. 3. 1949 (Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 28, S. 1133) geht dieser Tatbestand jedoch nicht hervor.

23

Vgl. Dok.Nr. 17, TOP 6.

24

Vgl. Dok.Nr. 17, TOP 10. Siehe auch das Expos6 von Pünder zum sozialen Wohnungsbau vom 26. 1. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 15, Bl. 114-124 (vgl. Dok.Nr. 8, Anm. 28).

25

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau war durch Gesetz des WR vom 5 . 1 1 . 1948 errichtet worden (WiGBl. 1948, S. 123). Offiziell hatte sie am 2. 1. 1949 ihre Tätigkeit aufgenommen (Pohle, Wiederaufbau, S. 53).

26

Siehe hierzu die Ausführungen von Ehard in: Dok.Nr. 27 A.

27

Das Zweite Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern wurde von der MilReg. am 19. 4. 1949 genehmigt und trat am 20. 4. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 69).

334

MilGouv. mit MinPräs. der Bizone

30. 3. 1949

Nr. 23

benötigt wird, dann werden wir aus den Schwierigkeiten nicht herauskommen. Können uns denn nicht die Militärregierungen dabei helfen? Clay: Früher hätten wir das gewiß machen können. Jetzt liegt jedoch die Zuständigkeit für solche Maßnahmen bei der Bizone; diese Tatsache können wir nicht wieder beseitigen. Deshalb warten wir auf die Arbeit der Wiederaufbaubank. Wir sind beunruhigt, daß der Verwaltungsrat noch nicht getagt hat28. Robertson: Es ist vielleicht schade, daß es überhaupt Counterpart Funds gibt. Die Deutschen tun ihrerseits nichts zur Kapitalbildung und verlassen sich offenbar ganz darauf, daß ihnen von uns Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dabei müssen Sie sich doch im klaren sein, daß auch diese Counterpart Funds bald aufhören werden. Clay: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß ja die blockierten Konten verfügbar sind, doch fehlt es bis heute an den erforderlichen Durchführungsbestimmungen, damit diese Konten nutzbar gemacht werden können. Ich appelliere an Sie, meine Herren, daß Sie uns in dieser Angelegenheit unterstützen. Die Bank deutscher Länder, die Wiederaufbaubank und die Bizone haben durchaus die notwendige Handhabe, um den Anlauf einer deutschen Kapitalbildung zu bewerkstelligen. General Robertson und ich sind über die Untätigkeit der deutschen Stellen so beunruhigt, daß wir in nächster Zeit eine Besprechung über diese Fragen herbeiführen werden29. Wir würden es begrüßen, wenn ein Vertreter aus Ihrem Kreise daran teilnehmen würde. Kaisen: In diesem Zusammenhang muß ich feststellen, daß die Bank deutscher Länder, obgleich sie diesen Namen hat und von den Ländern getragen wird, mit den Ländern nicht zusammenarbeitet. Wir haben hier durchaus widersprechende Bestimmungen, die aufgehoben werden müssen. Es geht nicht an, daß die Länder für diese Fragen verantwortlich gemacht werden oder die Folgen zu tragen haben, obgleich sie auf die Maßnahmen der Bank deutscher Länder keinen Einfluß nehmen können. Ich komme bei diesen Fragen immer wieder zu dem Ergebnis, daß möglichst bald eine deutsche Regierung gebildet werden muß, damit die Aufgaben gelöst werden können. Robertson: Dieser Auffassung stimmen General Clay und ich sicherlich zu.

28

Zur Tätigkeit der KfW siehe Pohle, Wiederaufbau, S. 53 ff. Danach hatte der Verwaltungsrat Ende März bereits getagt.

29

Siehe Dok.Nr. 27 A.

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N r . 24

30. 3. 1949

52. Direktorialsitzung

Nr. 24 52. Direktorialsitzung in Frankfurt 30. März 19491 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 1-7. Vervielf. Ausf. des von v. Hlmenau gez. Ergebnisprot. vom 31. 3. 19492 TO: Ebenda, Bl. 54-55 Anwesend3: ODir. Pünder [Vorsitz], Dir. Erhard (zeitw.), Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Niklas, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) MinDir. Staab (zeitw.) (VELF); Klabunde (zeitw.) (V£A); Stellv.Dir. Kriege, MinDirig. Wolff (VfF); Stellv.Dir. Zaubitzer (VfPuF); MinDir. Schiller (VfV); Stellv.Dir. Schalfejew (zeitw.), ORegR. Bormann (zeitw.) (VfW) MinDir. Oppler (zeitw.), MinDirig. Lentz (zeitw.) (Personalamt); MinR. v. Arnim, Haertel (zeitw.) (Rechtsamt); MinDirig. Fürst (zeitw.) (Stat. Amt); Präs. Schreiber (Amt für Fragen der Heimatvertriebenen) MinDir. Krautwig, MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinDirig. Martini (zeitw.), MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich (zeitw.), Schulte (DirK.)

[1. Besprechung mit den Militärgouverneuren] [Bekanntgabe des Besprechungstermins 4 ] [2.] Gesetz über die Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Dentisten und Krankenkassen Nach Vortrag von Dir. Storch wird der Vorlage" [mit den vom Rechtsamt angeregten Abänderungen 6 zugestimmt.] Es wird Zuleitung an den Länderrat beschlossen 7 , wobei jedoch darauf hinzuweisen ist, daß die Vorlage in der Wirtschaftsratsitzung der letzten Aprilwoche in 1. Lesung behandelt werden soll8.

1

Eine für den 23. 3. 1949 vorgesehene Direktorialsitzung (TO: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 160) fiel aus.

2

Entwurf mit handschr. Korrekturen von v. Elmenau, ebenda, Bl. 10-15. Parallelüberlieferung: Schreiben des Bevollm. Bayerns für das VWG, Seelos, an die Bayer. StK. vom 5 . 4 . 1949 in: Bayer. HStA München MA 130450.

3

Anwesenheitsliste mit Unterschriften: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 59.

4

Siehe Dok.Nr. 23.

5

Mit Begründung in: Ζ 13/92, Bd. 1, Η. 1. Durch das Gesetz sollten die Rechtsgrundlagen für ein einheitliches Kassenarztrecht im VWG geschaffen werden. Die Beziehungen der Zahnärzte und Dentisten sollten in gleicher Weise wie die der Ärzte geregelt werden, um den Grundsatz der Selbstverwaltung der Beteiligten wiederherzustellen. Mit Schreiben an die DirK. vom 10. 3. 1949 (ebenda) hatte Storch darauf hingewiesen, daß der Wortlaut auf einer Besprechung mit Vertretern der Verwaltungen des VWG, des Sekretariats des LR, der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden sowie der Spitzenorganisationen der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten und Krankenkassen am 17. 2. 1949 abgestimmt worden war.

6

Siehe Schreiben des Rechtsamtes an die VfA vom 18. 3. 1949, ebenda.

7

Siehe Schreiben der DirK. an den Vors. des LR vom 31. 3. 1949 (ebenda), in welchem um Gegenäußerung des LR bis spätestens zum 19. 4. 1949 gebeten wurde. Zum Fortgang siehe Dok.Nr. 32, TOP 2.

8

Tatsächlich beriet der WR über die Vorlage erstmalig auf seiner 38. W vom 23. 6. 1949(WR-Wörtl.Ber., S. 1801 f.). Auch hielt der WR im Monat April keine VV ab.

336

52. Direktorialsitzung

30. 3. 1949

Nr. 24

[3.] Erstes Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes Nach Vortrag von Haertel stimmt der Verwaltungsrat der Vorlage 9 zu, wobei den Änderungswünschen der Verwaltung für Verkehr zu § 1, Ziff. 1 entsprochen wird10. Die Kurzbezeichnung: „Erstes Überleitungsgesetz" soll wegen der Möglichkeit von Verwechslungen in Wegfall kommen". Der Verwaltungsrat beschließt, den Entwurf dem Länderrat zur Stellungnahme zuzuleiten, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die Vorlage in der Wirtschaftsratsitzung der letzten Aprilwoche in 1. Lesung behandelt werden soll12. [4.] Neugestaltung der politischen Überprüfung MinDir. Oppler berichtet über die Notwendigkeit, neue Richtlinien für die politische Überprüfung aufzustellen". Es wird festgestellt, daß die vom Wirtschaftsrat im

9

Vorlage mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 16-51. Durch das Gesetz sollten die Vorschriften des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts neu geordnet und die Voraussetzungen für das Prüfungsverfahren des künftigen Patentamtes geschaffen werden. - Zur Errichtung eines bizonalen Patentamtes siehe Dok.Nr. 27 B, TOP 7.

10

Im Entwurf war vorgesehen, die Bestimmungen des Patentgesetzes vom 5. 5. 1936 (RGBl. 1936 II, S. 117), durch die dem Staat und staatlichen Verkehrsanstalten der Erwerb eines Vorbenutzungsrechtes erleichtert wurde, zu streichen. Hiergegen hatte sich die VfV gewandt (siehe Schreiben des Rechtsamtes an Pünder vom 23. 3. 1949 in: Ζ 13/277, Bd. 2, H. 3). Als „Überleitungsgesetz" wurde allgemein das Gesetz über den vorläufigen Aufbau der Wirtschaftsverwaltung des VWG vom 9. 8. 1947 (WiGBl. 1947, S. 1) und als „Zweites Überleitungsgesetz" das Zweite Gesetz über den vorläufigen Aufbau der Verwaltung des VWG vom 26. 5. 1948 (WiGBl. 1948, S. 9) angesehen.

11

12

In dem Übersendungsschreiben an den Vors. des LR vom 31. 3. 1949 (Z13/277, Bd. 2, H. 3) wies die DirK. darauf hin, daß bei der Stellungnahme des LR Eile geboten sei. Im übrigen sei der Gesetzentwurf den zuständigen Länderressorts bereits weitgehend bekannt. Am 13. 4. 1949 erklärte sich der LR gegenüber der DirK. (ebenda) damit einverstanden, daß der Entwurf dem WR zugeleitet werde. Etwaige Änderungsvorschläge behielt sich der LR vor. Dem WR wurde daraufhin der Gesetzentwurf von der DirK. am 19. 4. 1949 (ebenda) zugeleitet. Im Laufe der Beratungen im Rechts- und Patentrechtsausschuß des WR (siehe Prot, in: Ζ 3/88a und 89) wurde das Gesetzesvorhaben in zwei Teile aufgeteilt: in ein Patentgesetz (Erstes Gesetz) und ein Patentanwaltsgesetz (Zweites Gesetz). Beide wurden vom WR am 24. 5. 1949 verabschiedet. Der LR stimmte ihnen am 14. 6. 1949 zu. Das Zweite Gesetz wurde von BICO am 1. 7. 1949 genehmigt und trat am 2. 7. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 179). Das Erste Gesetz genehmigte BICO am 7. 7. 1949 (WR-Drucks. Nr. 1442) unter Vorbehalt. Nach Auffassung des Rechtsamtes (siehe Schreiben an Pünder vom 8. 7. 1949 in: Ζ13/277, Bd. 2, H. 3) zwang dies zu keiner Änderung desGesetzes durch den WR im Wege einer nochmaligen Beschlußfassung. Das Gesetz trat somit am 8. 7. 1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 175).

13

Gegen die Praxis der von den Politischen Prüfungsausschüssen beim WR und beim Personalamt durch die Richtlinien des WR vom 4. 9. 1947 (WR-Drucks. Nr. 66) ausgeübten politischen Überprüfung bei der Einstellung von Bediensteten des VWG hatte Kaufmann mit Schreiben an Pünder vom 16. 1. 1949 (Z 13/ 264, Bd. 2, H. 3) starke rechtliche Bedenken erhoben. Die Prüfungsausschüsse seien mehr und mehr dazu übergegangen, „sich nicht auf die politische Prüfung zu beschränken, sondern auch die Notwendigkeit der beantragten Einstellungen und die fachliche Eignung der Einzustellenden zu untersuchen. Liegt im einzelnen keine oder nur gering zu wertende politische Belastung vor, so drückt sich bei abweichender Auffassung über die fachliche Eignung die Stellungnahme der politischen Prüfungsausschüsse in wohlwollender Empfehlung zur Überprüfung der fachlichen Voraussetzungen aus und führt dann unausbleiblich, sofern die Genehmigung zur Einstellung zunächst nicht erteilt wird, zu unhaltbaren Zuständen für eine verantwortliche und fristgerechte Erledigung der meiner Verwaltung übertragenen Aufgaben". Kaufmann

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Nr. 2 4

30. 3. 1949

5 2 . Direktorialsitzung

September 1947 beschlossenen Grundsätze für die politische Überprüfung 14 durch das Gesetz Nr. 15 der Militärregierungen nicht aufgehoben worden sind15. Die vom Personalamt vorgeschlagenen Richtlinien für den Entwurf einer Durchführungsbestimmung zu § 14 des Gesetzes Nr. 15 der Militärregierungen 16 hinsichtlich der politischen Überprüfung der Beamten sollen von einer Kommission aus Vertretern der Verwaltungen am 4. 4. [1949], 15 Uhr, unter Federführung des Personalamtes beraten und sodann dem Verwaltungsrat nochmals vorgelegt werden 17 . Dem Vorschlag von MinDir. Krautwig, wonach die in der britischen Zone in Kategorie V 18 eingereihten Personen auch für die Verwaltung des V W G als hinreichend überprüft gelten und von den künftigen Überprüfungsausschüssen nicht mehr behandelt werden sollen, wird zugestimmt. [5.] Bericht über die Verhandlungen mit den Ländern über die Angleichung der Versorgung der verdrängten Pensionäre an die der einheimischen Pensionäre" MinDirig. Wolff trägt vor, daß Bayern sich grundsätzlich gegen eine Regelung der Flüchtlingspensionen auf bizonaler Ebene ausgesprochen hat und dem Antrag auf Zuständigkeitserweiterung mit dem Ziele einer bizonalen Regelung dieser Materie kritisierte auch, daß der HptA. des WR ohne Beteiligung der Betroffenen und der einstellenden Verwaltung bei Berufungsverfahren entscheide. Kritik an den Entscheidungen hatte auch Schuberth in einem Schreiben an Pünder vom 1. 12. 1948 (ebenda) geübt, weil mit der Ablehnung eines Bewerbers eine „Dritte Denazifizierung" entstanden sei, „die allmählich die Form einer Klassenjustiz" annehme. Im übrigen widerspreche eine Entlassung offenbar den Absichten der MilReg., „die ja schon vor geraumer Zeit das Verbot der Beschäftigung sogar von Minderbelasteten in höherwertigen Stellen aufgehoben" habe. In diesem Zusammenhang bemängelte Schuberth auch die Form des Verfahrens. Zur Überprüfungspraxis und zu den möglichen Änderungen siehe Gutachten von MinR. Karl Wilde „Die politische Prüfung der Verwaltungsangehörigen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes" in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 91-119. - Über Zahl und Zusammensetzung der Ausschüsse wurden auch infolge des MilReg. Gesetzes Nr. 15 mehrere Vorschläge ausgearbeitet (siehe Vermerk der DirK. vom 23. 3. 1949, ebenda, Bl. 81-82). 14

Vgl. Anm. 13.

15

Obwohl das MilReg. Gesetz Nr. 15 keine Bestimmungen über die politischen Überprüfungsausschüsse enthielt, vertrat Oppler die Auffassung (siehe Vermerk von v. Elmenauvom 15. 3. 1949 in: Ζ13/87, Bd. 17, Bl. 83), daß im Zuge der vom Personalamt gemäß § 14 durchzuführenden Eignungsprüfung auch darüber zu befinden sei, „ob der einzustellende Beamte die erforderlichen moralischen und politischen Voraussetzungen im Sinne einer Demokratie erfüllt. Gesichtspunkte und Verfahren der politischen Überprüfung müßten jedoch überprüft und auf eine neue Grundlage gestellt werden". Der HptA. des WR Schloß sich der Auffassung an, das Verfahren zu ändern.

16

In dem vorliegenden Richtlinienentwurf vom 23. 3. 1949 (Z 13/264, Bd. 2, H. 3), der Gegenstand einer Besprechung auf Referentenebene im Personalamt am 22. 3. 1949 (Prot, in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 67-68) gewesen war, wurde davon ausgegangen, daß persönliche Eignung im Sinne des § 14 des Gesetzes voraussetze, daß der anzustellende oder zu befördernde Beamte politisch unbelastet sei. Das mithin generell beizubehaltende Verfahren sollte vereinfacht werden, indem klarliegende Fälle vom Personalamt in eigener Verantwortung entschieden und Zweifelsfälle in erster Instanz von einem Ausschuß beim Personalamt verhandelt werden sollten. Als Berufungsinstanz sollte ein Ausschuß beim WR fungieren. Das rechtliche Gehör des Bewerbers sollte gesichert werden. Demgegenüber hatten sich die Vertreter der VfPuF und der VfV auf der Besprechung vom 22. 3. 1949 gegen die Fortsetzung der politischen Überprüfung ausgesprochen.

17

Vgl. Dok.Nr. 25, T O P 4.

18

In die Kategorie V der Entnazifizierungsbestimmungen der brit. Zone fielen Personen, die aufgrund einer Prüfung ihres Falles als unbelastet erklärt oder entlastet worden waren. Diese war identisch mit der Gruppe „entlastet" in der amerik. Zone.

19

Vgl. Dok.Nr. 21, TOP 5.

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52. Direktorialsitzung

30. 3. 1949

Nr. 24

widerspricht. Einer vollen Angleichung der Flüchtlingspensionen an die Bezüge der einheimischen Ruhegehaltsempfänger widersetzen sich Bayern, Württemberg-Baden und H a m b u r g . In den Fragen des Höchstbetrages, des Stichtages f ü r den Zuzug der Flüchtlingspensionäre und derjenigen Ruhegehaltsempfänger, die Gebietskörperschaften angehörten, wurde eine Einigung zwischen den Ländern ebenfalls nicht erzielt 20 . Es wird beschlossen, daß Vertreter aller Verwaltungen des V W G einen Vorschlag ausarbeiten sollen, der sowohl f ü r das V W G als auch f ü r die L ä n d e r Gültigkeit besitzen soll. Besprechung hierüber findet gleichfalls am 4. 4. [1949], 15 U h r , im Personalamt statt 21 . Die Verwaltung für Finanzen spricht sich f ü r eine Regelung aus, wonach die Ruhegehaltsbezüge bis zu 100 D M voll gewährt werden sollen, der darüber hinausgehende Betrag zu 2A, ohne d a ß eine Höchstgrenze A n w e n dung findet 22 . Das Ergebnis der Sitzung vom 4. 4. [1949] wird in der nächsten Direktorialsitzung beraten werden 23 . [6. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Raumforschung24] Nach Vortrag von MinDirig. Fürst beschließt der Verwaltungsrat, d a ß die A k a d e m i e für Raumforschung und Landesplanung d e m Statistischen A m t des V W G angegliedert werden soll25. H e r r Fürst wird gebeten, mit Prof. Brüning zu verhandeln und Vorschläge über die A r t der Angliederung zu machen, die dem Verwaltungsrat sodann zur Genehmigung vorzulegen sind 26 . [7.] Tätigkeit des Aligemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) im internationalen Straßenverkehr Nach Vortrag von MinDir. Schiller beschließt der Verwaltungsrat: D e r Allgemeine Deutsche Automobil-Club e. V . , Sitz München, wird ermächtigt, gegenüber der Zollverwaltung die Bürgschaft f ü r die Zollgefälle zugunsten der ausländischen Kraftfahrzeuge zu ü b e r n e h m e n , die ihm von den in der Alliance Internationale de Tourisme zusammengeschlossenen ausländischen Automobilclubs empfohlen werden 27 . 20

Wolff faßte damit das Ergebnis der Besprechung mit den Vertretern der FinMin. der Länder vom 25. 3. 1949zusammen. Auf der Sitzung der Stellv. Dir. vom4. 4. 1949 (Prot, in: Ζ11/572) berichtete Wolff ausführlich hierüber. Damit wurde das angestrebte Ziel einer einheitlichen Regelung in der Angleichungsfrage für die Bizone nicht erreicht (vgl. Entwurf eines Schreibens von Oppler an Pünder und die übrigen Verwaltungen vom 5. 4. 1949, ebenda).

21

Über das Ergebnis der Besprechung und den dabei erarbeiteten Vorschlägen berichtete Oppler auf der Direktorialsitzung vom 6. 4. 1949. Siehe Dok.Nr. 25, TOP 8.

22

Vgl. Schreiben der VfF an das Personalamt vom 19. 3. 1949 in: Ζ 11/281. Siehe Dok.Nr. 25, TOP 8. Berichtigt aus: „Akademie für Raumforschung und Landesplanung" gemäß Dok.Nr. 25, TOP 15. Die Angliederung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Raumforschung (früher: Akademie für Raumforschung und Landesplanung) in Hannover an das Statistische Amt war vom WR am 27. 9. 1948 (WRBeschluß Nr. 22/6, WR-Drucks. Nr. 584) angeregt worden. Mit Schreiben an Pünder vom 6. 9. 1948 (Z 13/ 87, Bd. 17, Bl. 123) hatte der Direktor der Akademie, Kurt Brüning, die Übernahme beantragt. Das Vorhaben wurde sowohl von der VELF als auch von den meisten Landesbehörden befürwortet (Stellungnahmen: ebenda, Bl. 127-134). Zuvor hatte der VR am 13.10.1948 hierüber beraten (Prot, in: Ζ13/87, Bd. 8, Bl. 22).

23 24 25

24

Siehe Dok.Nr. 33, TOP 6.

27

Siehe hierzu Schreiben der VfV an Pünder vom 10. 3. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 136. Darin wird die Möglichkeit, bei Verlassen des deutschen Gebietes im Personen- und Warenverkehr der Zollverwaltung des fremden Landes die Zollbürgschaftserklärung dieses fremden Landes vorzulegen, als Voraussetzung

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N r . 24

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52. Direktorialsitzung

Auf Antrag der Verwaltung für Finanzen wird hierbei jedoch vorbehalten, daß vor Bekanntgabe des Beschlusses und weiterer Veranlassung abgewartet werden soll, ob die Antwort auf die an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen gerichtete Anfrage wegen Erfüllung der Voraussetzungen für die Zollbürgschaft durch den A D A C befriedigend ausfällt28.

[8.] PersonaJfragen [Der VR trifft eine Reihe personalpolitischer Entscheidungen.] Der Verwaltungsrat stimmt der Weiterbeschäftigung des Präsidenten der Deutschen Reichsbahn, Busch, bis zum Ablauf des 31. 10. 194929 aufgrund des § 2 der 1. Verordnung zur Durchführung des Übergangsgesetzes vom 9. 9. 194830 zu und bittet Herrn MinDir. Schiller, Herrn Busch die Glückwünsche des Verwaltungsrates zu seinem 65. Geburtstage zu übermitteln.

[9.] Gesetz über die Versorgung der Mitglieder des Verwaltungsrates und ihrer Hinterbliebenen Nach Vortrag von Stellv. Dir. Kriege bittet der Verwaltungsrat die Verwaltung für Finanzen, das Gesetz im Sinne ihres Vorschlages vom 2 1 . 3 . [1949]31 unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Aussprache neu zu fassen. Der neue Text ist dem Oberdirektor zuzustellen, welcher die gleichzeitige Zuleitung an Wirtschaftsirat und Länderrat vornehmen wird32.

für die Wiederaufnahme des deutschen internationalen Verkehrs bezeichnet. Verfahrenstechnisch wurde durch die Hinterlegung einer Bürgschaft die Zahlung eines Einfuhrzolls zum Ausgleich des Zollgefälles für vorübergehend eingeführte Kraftfahrzeuge hinfällig. Erforderlichenfalls wurde die Bürgschaft wirksam, wenn das Fahrzeug auf Dauer eingeführt wurde. 28

Nach Mitteilung der VfV an die DirK. vom 18. 5. 1949 (Z 13/177) war die Antwort befriedigend ausgefallen. Daraufhin bat die VfV das Bayer. StMin. für Finanzen, den ADAC zur Abgabe der erforderlichen Zollbürgschaftserklärung zu veranlassen, die dieser am 14. 7. 1949 (ebenda) ausstellte. Mit Schreiben vom 1. 6. 1949 (ebenda) richtete die DirK. einen Genehmigungsantrag an BICO, dem am 19. 7. 1949 (ebenda) zugestimmt wurde.

29

Siehe Antrag des Dir. der VfV vom 25. 3. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 159.

30

WiGBl. 1948, S. 97. Danach konnte der VR den Eintritt eines Beamten in den Ruhestand nur befristet hinausschieben.

31

Am21. 3. 1949 hatte der Dir. der VfF erneut einen Gesetzentwurf vorgelegt, der an den Grundsätzen des Bayer. Gesetzes Nr. 52 (Bayer. GVOB1.1946, S. 369) orientiert war (Wortlaut mit Begründung in: Ζ13/87, Bd. 17, Bl. 140-148). Bereits am 9. 3. 1949 hatte Hartmann auf der Grundlage des Beschlusses des VR vom 2. 2. 1949 (vgl. Dok.Nr. 8, TOP 13) dem VR einen überarbeiteten Entwurf mit Begründung (Z 61/52, Bl. 111-119) zugeleitet.

32

Danach sollte eine weitere Anpassung an die vom Bayer. StMin. für Finanzen erlassene Zweite VO zur Sicherung der Währung und öffentl. Finanzen vom 9. 3. 1949 (Bayer. GVOB1. 1949, S. 61) jedoch mit der Abweichung erfolgen, daß einem ausgeschiedenen Mitglied des VR bereits nach Vollendung des 50. LebensjahreseinRuhegehaltzugewährensei(sieheHartmannanPündervom21. 4. 1949in: Z13/256,Bd. 1, Η. 1). Mit dieser Maßgabe legte die VfF einen weiteren Gesetzentwurf vor (ebenda), den Pünder am 25. 4. 1949 dem Präs. des WR und dem Vors. des LR weiterleitete (ebenda). Durch Beschluß des VR vom 15. 6. 1949 (vgl. Dok.Nr. 50, TOP 23) wurde der Entwurf zurückgezogen.

340

52. Direktorialsitzung

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Nr. 24

[10. Preisfreigabe für Schweine und Schweinefleisch] Außerhalb der Tagesordnung trägt Stellv. Dir. Niklas vor, daß der Kartoffelüberschuß 33 eine sofortige Preisfreigabe für Schweine und Schweinefleisch 34 ermöglicht und erfordert. Im Falle der Preisfreigabe wird vorgeschlagen, die Fleischration auf 800 gr zu erhöhen 35 . Hiervon sollen 400 gr in Rindfleisch zu bisherigen Preisen ausgegeben werden, der Rest wahlweise als Rindfleisch oder Wurst zu den bisherigen Preisen oder als Schweinefleisch zu freien Preisen. D i e Rationierung des Schweinefleisches soll nicht aufgehoben werden. Wahlweise kann die vierfache Menge des Rindfleisches in Pferdefleisch bezogen werden. D i e Fettration wird ab 1. 5. [1949] höchstwahrscheinlich 875 gr betragen können. Der Direktor der Verwaltung für Arbeit widerspricht der Freigabe der Preise für Schweinefleisch wegen der zu befürchtenden Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten besonders der Arbeiterschaft. Auf Antrag des Direktors der Verwaltung für Finanzen wird beschlossen, daß sich der Preisrat unverzüglich eingehend mit dem Fragenkreis befassen 36 und dem Verwaltungsrat Vorschläge in seiner nächsten Sitzung vom 6. 4. [1949] unterbreiten soll37. Der Verwaltungsrat ermächtigt Stellv.Dir. Niklas, mit der Militärregierung in Verhandlungen über den Fragenkreis einzutreten 38 und auch beim Ernährungsausschuß des Wirtschaftsrates 39 , die Freigabe der Schweine- und Schaffleischpreise zu erörtern. [11. Zuckerpreisfrage] Außerhalb der Tagesordnung beantragt der Direktor der Verwaltung für Finanzen, der Preisrat möge die Zuckerpreisfrage erörtern*. Wenn nicht eine Erhöhung des Zuckerpreises um etwa 6 Pfennig oder eine Senkung der Zuckersteuer - der die

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w

Auf der Sitzung des Preisrates vom 1. 4. 1949 (Prot, in: Ζ 13/192) gab MinDir. Staab an, „daß der Kartoffelbestand von 6,5 Mio to etwa um VA Mio to größer ist als angenommen". Dabei handelte es sich in erster Linie um Futterkartoffeln. Die Initiative zur Freigabe der Schweinepreise hatte der Ausschuß für ELF des WR auf seiner Sitzung vom 21./22. 2. 1949 (Prot, in: Ζ 3/78, Bl. 111-113) ergriffen und als Sofortprogramm beschlossen, mit der Freigabe der Preise für Schweine und Schafe zugleich die Bewirtschaftung aufzuheben. - Siehe hierzu Memorandum von Schlange-Schöningen „Zur Aufhebung der Bewirtschaftung von Schweinen" in: Ζ 13/ 105. Zur Höhe der Rationen vgl. Rohrbach, Im Schatten des Hungers, S. 261 f. Die Erhöhung der Fleischrationen auf 800 gr. bedeutete eine Verdoppelung der bisherigen Zuteilung (vgl. Vermerk der Abtlg. III Α der VELF zur Versorgungslage auf dem Vieh- und Fleischsektor vom 18. 2. 1949 in: Ζ 13/105). Dies geschah am 1. 4. 1949 (vgl. Anm. 33). Vgl. Dok.Nr. 25, TOP 3. Mit Schreiben vom 18. 2. 1949 (Z 13/105) hatte BICO den Antrag der VELF vom 12. 2. 1949 (ebenda) abgelehnt, die Bewirtschaftung und die Preiskontrolle von Schweinefleisch aufzuheben. Vielmehr sollten Maßnahmen ergriffen werden, die Rationen zu erhöhen. - Aufzeichnungen über weitere Kontakte mit BICO konnten nicht ermittelt werden. Dieser faßte nach Vortrag von Dir. Schlange-Schöningen auf seiner Sitzung vom 5./6. 4. 1949 (Prot, in: Z3/ 78, Bl. 99-101) den Beschluß, den VR zu bitten, „die Preisbildung für Schweine und Schweinefleisch mit sofortiger Wirkung unter Beibehaltung der Rationierung und Bewirtschaftung aufzuheben, um den gegenwärtigen Überschuß an Kartoffeln wirtschaftlich zu verwerten und einen möglichst starken Kartoffelanbau 1949 zu sichern". Zur Freigabe der Schafpreise erklärte Schlange-Schöningen, daß dem im Anschluß an die Freigabe der Schweinepreise nichts im Wege stehe. Siehe auch Β 102/8072. Der Preisrat beschäftigte sich am 31. 8. 1949 (Prot, in: Ζ 13/192) mit dieser Frage. 341

Nr. 24

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52. Direktorialsitzung

Finanzminister derzeit noch widersprechen - durchgesetzt werden kann41, wird die Zuckerproduktion mit 60 Millionen D M aus dem bizonalen Haushalt subventioniert werden müssen, wofür Mittel nicht zur Verfügung stehen. [12.] Entwurf einer Anordnung über den Ausgleich von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastung des Hausbesitzes Nach Vortrag von Dir. Erhard stimmt der Verwaltungsrat dem Erlaß der Anordnung über den Ausgleich von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastung des Hausbesitzes zu42. Der Verwaltungsrat vertritt die Auffassung, daß eine Erhöhung der Lebenshaltungskosten damit nicht eintritt und eine Befassung des Wirtschaftsrates mit dem Gegenstand nicht stattfinden muß43. [. . .] [13. Leitsätze für die Ausrichtung von Gesetzgebung und Verwaltung auf die Ziele des Marshallplans] Außerhalb der Tagesordnung stimmt der Verwaltungsrat nach Vortrag von MinDirig. Martini den Leitsätzen für die Ausrichtung von Gesetzgebung und Verwaltung auf die Ziele des Marshallplans zu44 und beschließt, den Entwurf dem Präsidenten des Wirtschaftsrates mit der Bitte um Beschlußfassung durch das Plenum zuzuleiten 45 .

41

Die erhöhten Erzeugerpreise im Zuckerrübenanbau sollten nach den Wünschen der FinMin. der Länder aus politischen Gründen nicht durch höhere Konsumentenpreise, sondern durch eine schrittweise Reduzierung der Steuersätze aufgefangen werden (siehe Prot, der Sitzung des FinA. des LR vom 25. 2. 1949 in: Ζ 4/555, Bl. 198 sowie nachfolgender Genehmigungsantrag des LR an die Finance Group von BICO vom 16. 3. 1949 in: Ζ 13/128, Bd. 15, Η. 1). Die Erhöhung des Zuckerpreises trotz der politischen Bedenken wurde erwogen, weil die MilReg. die Steuersenkung abzulehnen schien (siehe Schreiben der DirK. an die VELF und die VfW vom 19. 4. 1949, ebenda). Tatsächlich lehnte BICO am selben Tag (ebenda) eine Senkung der Zuckersteuer ab und kritisierte dabei vor allem das vorgeschlagene Verfahren des Verwaltungsweges durch die Länderregierungen. Der VR beriet daraufhin am 27. 4. 1949 (vgl. Dok.Nr. 24, TOP 8) erneut über dieses Problem.

42

Durch die Anordnung (Entwurf der VfW in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 120-122) sollten Vermieter und Verpächter berechtigt werden, höhere Grundsteuern und Ausgaben für Kanalreinigung, Müllabfuhr und Straßenreinigung auf die Mieter oder Pächter umzulegen. Zur Ertragslage der Althausbesitzer siehe Vermerk der DirK. vom 25. 3. 1949 in: Ζ 13/192.

43

Nachdem der Preisrat auf seiner Sitzung vom 5. 5. 1949 (Prot, ebenda) eine Überarbeitung des Fragenkomplexes beschlossen hatte, wurden weitere Entwürfe (Z13/193) auf den Sitzungen vom 20. 6. und 5. 9. 1949 beraten. Die Anordnung PR Nr. 72/49 wurde daraufhin am 6. 9. 1949 (Öffentl. Anzeiger, Nr. 87, S. 4) verkündet.

44

Wortlaut der vom ERP-Arbeitskreis ausgearbeiteten Richtlinien in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 151-153. Diese waren als Ausführungen im Sinne des mit BICO-Memorandum vom 10. 2. 1949 (Z 13/13, Bl. 190-193) angeforderten Vorschlages zur Durchführung des ERP-Programme anzusehen. In den Richtlinien wurden die Steigerung der Produktivität, die Erhöhung der Lebenshaltung der Bevölkerung zur Steigerung der Arbeitsfähigkeit, die Festigung der Währung sowie die Steigerung der Exporte vor allem in den Dollarraum als Ziele angegeben.

45

Siehe Pünder an Köhler vom 31. 3. 1949 in: Ζ13/45. Nachdem der ERP-Ausschuß des WR in interfraktioneller Sitzung am 3. 5. und 12. 5. 1949 (Prot, in: Ζ14/8) über die Leitsätze beraten hatte, verabschiedete er einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD (WR-Drucks. Nr. 1183), den der Abg. Kriedemann vorgelegt hatte. Im Plenum des WR wurde darüber jedoch kein Beschluß gefaßt. Siehe auch den Bericht von Klaiber an das StMin. in Stuttgart vom 3. 5. 1949 in: HStA Stuttgart EA 1/3-540.

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52. Direktorialsitzung

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Nr. 24

[14. Gesetz fiber eine Abgabe anf die Ausfuhr von Kohlen] Dir. Hartmann berichtet über den Sachstand 46 und erwähnt den Vorschlag Westricks von der DKBL 47 , die nötigen Beträge durch Aufrechnung gegenüber dem Darlehen aufzubringen, welches der Zonenhaushalt der britischen Zone für die Kohlensubventionierung vor der Kohlenpreiserhöhung den Zechen bzw. der D K B L zur Verfügung gestellt hat. Rechtsnachfolger der Zonenorganisationen der britischen Zone sind die Länder dieser Zone; das Darlehen würde unter Berücksichtigung der Umstellung 10 : 1 größenordnungsmäßig zur Deckung des erforderlichen Betrages von 34 Millionen [DM] durchaus ausreichen 48 . Der Verwaltungsrat nimmt Kenntnis und ist der Auffassung, daß eine Initiative im Sinne der Erhebung einer speziellen Abgabe zur Aufbringung der 34 Millionen [DM] von ihm nicht ergriffen werden soll, bis eine weitere haushalts- und kassenmäßige Klärung eingetreten ist49. [15. Deutscher Sachverständiger beim Tourism-Committee bei der OEEC] Außerhalb der Tagesordnung stimmt der Verwaltungsrat auf Antrag des Direktors der Verwaltung für Verkehr zu, daß der Leiter des Hapag-Lloyd-Reisebüros Hamburg, Dir. Kipfmüller 50 als deutscher Sachverständiger für die erste Sitzung des TourismCommittee bei der O E E C , Paris5', entsandt wird. Die Frage der Zuständigkeit für Fremdenverkehrsangelegenheiten bei der Verwaltung für Wirtschaft oder Verwaltung für Verkehr soll von dieser Entscheidung nicht berührt werden 52 . [16. Notlage der Lokomotiv- und Waggon-Industrie] [Zurückgestellt]

46

Mit Schreiben vom 18. 3. 1949 hatte B I C O die Genehmigung des Gesetzes über eine Abgabe auf die Einfuhr von Kohlen (vgl. D o k . N r . 13, T O P 2) abgelehnt ( Z 13/11, Bd. 1). Die zur Subventionierung der unrentablen Bergwerke erforderlichen D M 34 Mio müßten anderweitig beschafft werden. Hierzu wurden Vorschläge erbeten.

47

Aufzeichnungen hierüber konnten nicht ermittelt werden.

48

Anläßlich der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen vom 8. 4. 1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 132) erklärte Kriege hierzu: „Dr. Westrick von der Deutschen Kohlenbergbauleitung hat einen neuen Gedanken über die Aufbringung der 34 Millionen D M vorgetragen. Das Zonenhaushaltsamt in der britischen Z o n e hat seinerzeit den Bergwerken Darlehen gegeben, die bisher nicht zurückgezahlt worden sind. Gläubiger sind jetzt die Länder in der britischen Zone. D r . Westrick hat den Gedanken geäußert, ob es möglich wäre, Forderungen aus den damaligen Zahlungen mit dem Zuschußbedarf über ca. 34 Millionen D M zu verrechnen. O b die Möglichkeit hierzu besteht, wird zur Zeit zwischen der Verwaltung für Finanzen, der Deutschen Kohlenbergbauleitung und den Finanzministern der Länder in der britischen Z o n e erörtert". Gen. MacReady räumte dieser Methode jedoch keine Erfolgsaussichten ein.

49

Bereits mit Schreiben vom 4. 4. 1949 (Z 13/11, Bd. 2) engte B I C O die Möglichkeiten dadurch ein, daß es den Nachtragshaushalt 1948 nur unter der Maßgabe genehmigte, daß die D M 34 Mio entweder als Nachtrag zum Haushalt oder durch andere geeignete Maßnahmen bereitgestellt würden. Die erste Zahlung der Subventionen an die Gruben sollte binnen 30 Tagen erfolgen. Z u m Fortgang vgl. Dok.Nr. 33, T O P 4.

50

Zu den personellen Alternativen siehe Vermerk der DirK. in: Ζ 13/87, Bd. 17, Bl. 149.

51

Zur Tätigkeit des Tourism Committee siehe Ζ 14/125.

52

Vgl. Dok.Nr. 55 A , T O P 3.

343

Nr. 2 4

30.3.1949

5 2 . Direktorialsitzung

[17.] Richtlinien des Personalamtes zum Militärregierungsgesetz Nr. 15 Nachdem der Verwaltungsrat beschlossen hat53, die Herren Dir. Schuberth, MinDir. Oppler und MinR. v. Gülich um eine Überarbeitung zu bitten, wird den Richtlinien in der von der Kommission beschlossenen Form 54 zugestimmt und ihre Zuleitung an alle Verwaltungen beschlossen.

53

Vgl. Dok.Nr. 21, TOP 6.

54

Überarbeitete Richtlinien in der Fassung vom 30. 3. 1949 in: Ζ 11/212 sowie Ζ 13/258, Bl. 149-154. Am 31. 3. 1949 (ebenda, Bl. 247-248) setzte die DirK. BICO über die gesamten Vorarbeiten zur Durchführung des Gesetzes Nr. 15 und damit über den Inhalt der Richtlinien in Kenntnis. Diese umfaßten danach die Einschränkung der politischen Tätigkeit der Beamten, die Neuanstellung und Beförderung von Beamten, die einstweilen für die Besoldung und Versorgung geltenden Grundsätze, Bestimmungen über die Altersgrenze sowie Übergangsregelungen für Angestellte und Beamte auf Widerruf.

344

53. Direktorialsitzung

6. 4. 1949

Nr. 25

Nr. 25 53. Direktorialsitzung in Frankfurt 6. April 1949 ΒΑ Ζ 13/87, Bd. 18, Bl. 79-83. Vervielf. Ausf. des von v. Elmenau gez. Ergebnisprot. vom 8. 4. 19491 TO: Ebenda, Bl. 94-95 AnweseruP: ODir. Piinder [Vorsitz], Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR) Stellv.Dir. Niklas (zeitw.) (VELF); Stellv.Dir. Scheuble, Klabunde (zeitw.) (VfA); Stellv.Dir. Kriege, MinDirig. Wolff (VfF); MinDir. SchiUer (VfV); SteUv.Dir. Schalfejew (VfW) MinDir. Oppler (Personalamt); MinR. v. Arnim (Rechtsamt) MinDir. Krautwig, MinDir. a. D. Schniewind (zeitw.), MinDirig. Martini, MinR. v. Elmenau, MinR. v. Gülich, Schulte (DirK.) Präs. Köhler (zeitw.)3 (WR); Präs. Bernard (zeitw.)4 (BdL)

[1. Kapitalbildung] Vor Eintritt in die Tagesordnung wird über das BICO-Schreiben [. . . ] v o m 5 . 4. 1949 betreffend Sicherstellung zusätzlicher Mittel für Kapitalneubildung beraten 5 . MinDirig. Martini berichtet 6 über die einzelnen Fragen (Lenkung der Sparkassen- und Versicherungsgelder, Ausgabe einer steuerbegünstigten Wiederaufbauanleihe und Heranziehung von Mitteln der öffentlichen Haushalte für den Wiederaufbau), die im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 5. 4. [1949] behandelt werden müssen und die bereits mit den einzelnen Verwaltungen vorbesprochen worden sind. Zwecks Vorbereitung der Erörterung dieses Punktes bei den Herren Militärgouverneuren findet am Samstag, dem9. 4. [1949], um 9 Uhr morgens eine Vorbesprechung der Stellv.Dir. der beteiligten Verwaltungen und der Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Direktorialkanzlei statt7. [2. Besprechung mit den Militärgouverneuren] [Es wurden neun Punkte vereinbart 8 .] 1 2 3 4 5

Entwurf mit handschr. Korrektur von v. Elmenau in: Ζ 13/87, Bd. 18, Bl. 71-77. Anwesenheitsliste mit Unterschriften ebenda, Bl. 89. Als Gast zu TOP 3. Als Gast zu TOP 1. Hierin wurde betont (Z 13/11, Bd. 2), daß im Rahmen des langfristigen Europäischen Wiederaufbauprogramms der vordringliche Investitionsbedarf im VWG im Jahre 1949 auf DM 5 Mrd geschätzt werde, was eine monatliche Ausgabe von DM 400-500 Mio bedeute. Die Spartätigkeit der Bevölkerung werde wahrscheinlich zu gering ausfallen, um den lang- und mittelfristigen Kreditbedarf zu decken. Zur Schaffung eines ausreichenden Instrumentariums, um die Lücke zwischen benötigten und zu erwartenden Beträgen zu schließen, lud BICO eine Reihe deutscher Vertreter zu einer Besprechung zum 13. 4. 1949 ein (vgl. Dok.Nr. 27 A).

6

Im Entwurf heißt es an dieser Stelle (vgl. Anm. 1): „Herr Dr. Martini betont, daß es sich sowohl darum handelt, die bei den öffentlichen Kassen liegenden Gelder der Wirtschaft zuzuführen, wo sie produktiv werden können, als auch der Rationalisierung der Länderverwaltungen näherzutreten, deren übergroßer Apparat Mittel bindet".

7

Aufzeichnungen hierüber konnten nicht ermittelt werden. Vgl. Dok.Nr. 27 B.

8

345

Nr. 25

6. 4. 1949

53. Direktorialsitzung

[3.] Freigabe der Preise für Schweinefleisch Präs. Köhler weist darauf hin, daß eine nur vom Verwaltungsrat beschlossene Preisfreigabe® zu politischen Schwierigkeiten führen kann und hält eine Befassung des Wirtschaftsrates mit dem Gegenstand für erforderlich. Der Verwaltungsrat beschließt, die Zustimmung des Wirtschaftsrates gemäß § 1 des Preisgesetzes10 zur Aufhebung der Preisbindung für Schweine und Schweinefleisch einzuholen. Ferner wird beschlossen, beim Wirtschaftsrat den Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Leitsatzgesetzes einzubringen, welches die Anlage zum Leitsatzgesetz I und II, 2 abändert". Der Entwurf dieses Gesetzes soll von den Stellv.Dir. in ihrer Besprechung am Samstag, dem 9. 4. [1949], um 9 Uhr erörtert werden12. Da die Kartoffelabsatzkrise auch durch die Verwendung der Kartoffeln zur Schweinemast voraussichtlich nicht völlig behoben werden kann, beschließt der Verwaltungsrat, die Kartoffeln, soweit nicht zur Ernährung und Verfütterung benötigt, der Alkoholherstellung zuzuführen13. [4.] Neugestaltung der politischen Überprüfung MinDir. Oppler übergibt die vom Personalamt ausgearbeiteten Vorschläge14. Nach Aussprache beschließt der Verwaltungsrat, daß vor dem künftigen politischen Über-

9

Vgl. Dok.Nr. 24, TOP 10.

10

Übergangsgesetz über Preisbildung und Preisüberwachung vom 10. 4. 1948 (WiGBl. 1948, S. 27), verlängert durch Gesetz vom 3. 2. 1949 (WiGBl. 1949, S. 14).

11

Mit Schreiben vom 7. 3. 1949 an BICO (Z 6 1/53, Bl. 120) hatte Pünder unter Berufung auf das Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes über Leitsätze vom 3. 2. 1949 (WiGBl. 1949, S. 13) die Auffassung vertreten, daß die Genehmigungspflicht für Anordnungen der vollziehenden Behörden durch den WR entfallen sei. Auch sei die vorherige Genehmigung durch BICO gegenstandslos geworden. Mit Memorandum vom 31. 3. 1949 (Z13/13, Bl. 135-138) widersprach BICO jedoch dieser Interpretation. Im Falle einer Freigabe von Hauptnahrungsmitteln und Rohstoffen aus der Bewirtschaftung und Preisbindung behielt sich BICO die Genehmigung vor. Der VR beantragte daher beim WR eine entsprechende Gesetzesänderung (WR-Drucks. Nr. 1119), durch welche den Verwaltungen gegenüber dem WR bei der Durchführung von Maßnahmen größere Freiheiten eingeräumt werden sollten. Unbeschadet dessen legte der VR dem WR den Entwurf einer Anordnung zur Freigabe der Schweinepreise mit Begründung vom 11. 4. 1949 (Z 61/151, Bl. 7-9) zur Zustimmung vor. Auf Beschluß des VR vom 27. 4. 1949 (Dok.Nr. 29, TOP 14) und durch Initiativantrag der CDU/CSU-Fraktion vom 3. 5. 1949 (WR-Drucks. Nr. 1157) sollten die Bestimmungen auf die Schafpreise ausgedehnt werden. Der WR beschloß indes auf seiner 36. VV am 4. 5. 1949 (WRWörtl. Ber., S. 1617) die Freigabe der Schweine- und Schafpreise per Gesetz (Wortlaut in: Ζ13/101, Bd. 3, H. 3). BICO lehnte das jedoch mit Schreiben vom 2. 6. 1949 (ebenda) ab und begründete dies mit den beträchtlichen amerik. und brit. Zuwendungen zum Unterhalt des deutschen Volkes.

12

Hierüber konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden.

13

Siehe hierzu auch das Schreiben der VELF an die Food, Agriculture and Forestry Group von BICO vom 6. 4. 1949 (Z 61/53, Bl. 125-126), in welchem unter Bezug auf den Überfluß an Kartoffeln der Beschluß des Ausschusses für ELF des WR vom 5./6. 4. 1949 (Z 3/78, Bl. 100) übermittelt wurde, den VR zu ersuchen, die Preisbildung für Schweine und Schweinefleisch mit sofortiger Wirkung unter Beibehaltung der Rationierung und Bewirtschaftung aufzuheben.

14

Diese waren auf der Sitzung der Verwaltungen des VWG vom 4. 4. 1949 beraten worden. Einem Vermerk der VELF vom 6. 4. 1949 (Z 6 1/53, Bl. 95) zufolge stimmten die Teilnehmer der Besprechung darin überein, daß der Kreis der zu Überprüfenden möglichst zu beschränken und das Verfahren zu vereinfachen sei. „Es bestand im wesentlichen Übereinstimmung, daß, falls seitens des Personalamtes keine Bedenken geäußert, oder solche nach Fühlungnahme mit dem zuständigen Direktor ausgeräumt würden, nichts weiteres zu veranlassen sei". Lediglich im Falle des Fortbestehens von Bedenken sollte ein differenziertes Prüfungsverfahren stattfinden.

346

53. Direktorialsitzung

6. 4. 1949

Nr. 25

prüfungsausschuß des Wirtschaftsrates nur Beamte im Range eines Ministerialrates und darüber und nur dann behandelt werden sollen, wenn sie in dem ordnungsgemäßen Entnazifizierungsverfahren der für sie zuständigen Landesbehörde nicht in Gruppe V eingestuft, d. h. entlastet worden sind15. D i e Vorschläge des Personalamtes werden unter Berücksichtigung des vorstehenden Beschlusses im Kreise der Stellv. Dir. am Samstag, dem 9. 4. [1949], um 9 Uhr beraten16 und sodann dem Präsidenten des Wirtschaftsrates17 zur Zuleitung an den Hauptausschuß übermittelt werden. [5. Stellenausschreibung gemäß Militärregierungsgesetz Nr. 15] Außerhalb der Tagesordnung wird die Frage der Ausschreibung nach § 13, Abs. 1 und

15

Im einzelnen faßte der VR folgenden Beschluß (Z 13/87, Bd. 18, Bl. 97-98): „I Zur Durchführung des § 14 des Gesetzes Nr. IS der Militärregierungen soll bei dem Wirtschaftsrat beantragt werden, unter Aufhebung seines Beschlusses Nr. 4/3 vom 4. 9. 1947 betr. Richtlinien über die Einstellung von Bediensteten beim Zweizonen-Wirtschaftsrat - Drucksache Nr. 66 - die Frage der politischen Überprüfung der Beamten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes neu zu regeln. Nach §§3 Abs. 1 und 14 Gesetz Nr. 15 setzt die Verwendung als Beamter in der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes voraus, daß der Verwaltungsangehörige sich durch sein gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennt und sich persönlich als geeignet für das vorgesehene Amt erweist. Die Feststellung, ob in politischer Beziehung Bedenken gegen die persönliche Eignung eines zur Anstellung oder zur Beförderung vorgeschlagenen Bewerbers im Sinne des § 14 bestehen, fällt dem Personalamt zu, das nach §§ 10 Abs. 2 Satz 1,11 Abs. 2 Satz 2 und 12 Abs. 1 Satz 1 die Beachtung der fürdie Anstellung oder die Beförderung geltenden Vorschriften bestätigt. Insbesondere darf der Beamte keine politische Belastung aufweisen, welche die Ausübung der für ihn in Aussicht genommenen Amtsätigkeit in einer für die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes nicht tragbaren Weise beeinträchtigen würde. Unter diesem Gesichtspunkt ist die politische Vergangenheit des Beamten von Bedeutung, da sie im Einzelfall auch bei einwandfreiem politischen Verhalten nach 1945 das Vertrauen des Volkes in seine Amtsführung erschüttern könnte. II Ergeben sich bei der Prüfung durch das Personalamt Bedenken gegen die persönliche Eignung des anzustellenden oder zu befördernden Beamten, so soll der Leiter des Personalamtes diese Bedenken mit dem Leiter der beteiligten Obersten Dienstbehörde erörtern. Kommt es zu keinem Einvernehmen, so soll der Leiter des Personalamtes den Vorgang nach Ermittlung aller für eine einwandfreie und gerechte Entscheidung erheblichen Tatsachen unter Darlegung seines Standpunktes dem von dem Wirtschaftsrat bestellten Politischen Prüfungsausschuß vorlegen und vortragen. Gegen die Entscheidung des Politischen Prüfungsausschusses ist die Berufung an den Hauptausschuß des Wirtschaftsrates zulässig. Die Berufung ist binnen zwei Wochen nach Verkündung der Entscheidung einzulegen und binnen zweier weiterer Wochen zu begründen. III Bevor eine von dem Vorschlag der beteiligten Obersten Dienstbehörde abweichende Entscheidung getroffen wird, ist der Beamte zu hören. Er hat das Recht, die Akten einzusehen und Zeugen zu benennen. Die im Prüfungsverfahren ergehende Entscheidung ist schriftlich zu begründen. IV Die Entscheidung im politischen Priifungsverfahren lautet auf: a) Zustimmung, b) Zustimmung unter Auflagen, c) Versagung der Zustimmung. Als Auflagen kommen insbesondere in Frage: Die Beschäftigung nur auf Probe oder auf Kündigung, die NichtVerwendung in Personalsachen, in Pressesachen, als Disziplinarbeamter oder in leitender Stellung."

16

Hierüber konnten Aufzeichnungen nicht ermittelt werden.

17

Siehe Schreiben der DirK. an die Verwaltungen des VWG vom 28. 4. 1949 (Z13/258, Bl. 16-21), dem der Entwurf eines Beschlusses des WR als Anlage beigefügt war.

347

N r . 25

6. 4. 1949

53. Direktorialsitzung

3 des Militärregierungsgesetzes Nr. 1518 für die Stellvertreter der Direktoren beraten". Der Verwaltungsrat beschließt: Die Stellvertreter der Direktoren sind als Ausnahmen gemäß § 13 Abs. 2 des Militärregierungsgesetzes Nr. 1520 anzusehen, bei denen eine Stellenausschreibung nicht zu erfolgen hat21. [6.] Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich22 [Zurückgestellt] [7. Errichtung eines vorläufigen Hauptausgleichsamtes] Außerhalb der Tagesordnung beschließt der Verwaltungsrat auf Antrag des Direktors der Verwaltung für Finanzen die Errichtung eines vorläufigen Hauptausgleichsamtes 23 wie folgt: „In Ausführung des Beschlusses des Wirtschaftsrates vom 24. 3. 194924, dem der Länderrat am 31. 3. 194925 beigetreten ist, wird zur Vorbereitung der Durchführung des Lastenausgleichs und der Verwaltung des Ausgleichsfonds für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet ein Vorläufiges Hauptausgleichsamt errichtet. Das Vorläufige Hauptausgleichsamt untersteht dem Direktor der Verwaltung für Finanzen. Das Vorläufige Hauptausgleichsamt hat seinen Sitz einstweilen in Bad Homburg 26 ". [8. Angleichung der Versorgung der verdrängten Pensionäre an die der einheimischen Pensionäre] MinDir. Oppler berichtet über das Ergebnis der Kommissionsberatungen 27 , wonach die Flüchtlinge unter den Ruhegehaltsempfängern von Bahn, Post und Wasserstraßen den einheimischen Ruhegehaltsempfängern völlig gleichgestellt werden sollen. Der Direktor der Verwaltung für Finanzen äußert Bedenken gegen diese Lösung und schlägt vor, an Flüchtlinge die Ruhegehaltsbezüge bis zu 100,00 D M voll auszuzahlen, darüber liegende Beträge zu 2Λ. Mit Rücksicht auf die Abwesenheit des Leiters des 18

Gemäß § 13 (1) des MilReg. Gesetzes Nr. 15 (Amtsbl. amerik. MilReg., Ausg. M, S. 2) mußten freieStellen und Prüfungen öffentlich bekanntgegeben werden. Das Personalamt hatte nach § 13 (3) im Benehmen mit den Obersten Dienstbehörden die näheren Bestimmungen zu treffen.

19

Aus dem Entwurf (vgl. Anm. 1) wurde der Satz gestrichen: „Der Leiter des Personalamtes spricht sich für die Ausschreibung auch der Stellen der Stellv. Dir. aus". - Vgl. hierzu Vermerk von v. Elmenau vom 20. 5. 1949 in: Ζ 13/87, Bd. 18, Bl. 78.

20

Danach konnte für bestimmte Gruppen ausnahmsweise von der Bekanntmachung abgesehen werden.

21

Mit Schreiben vom 6. 5. 1949 erhob BICO gegen den Beschluß Bedenken. Der VR beriet hierüber am 11. 5. 1949 (vgl. Dok.Nr. 33, TOP 9).

22

Entwurf mit Begründung in: Ζ 13/87, Bd. 18, Bl. 102-118.

23

Vgl. die Erklärung der MilGouv. (Dok.Nr. 20, TOP 4), daß mit der Errichtung des Behördenapparats für die Durchführung des Lastenausgleichs ungeachtet der noch ausstehenden Genehmigung des Gesetzes begonnen werden könne.

24

WR-Wörtl. Ber., S. 1540; WR-Drucks. Nr. 1085.

25

Siehe Prot, der 22. nichtöffentl. Sitzung des LR vom 30./31. 3. 1949 in: Ζ 4/159, Bl. 57.

26

Zur personellen Besetzung siehe Dok.Nr. 5, TOP 11.

27

Vgl. Prot, der Besprechung der Stellv.Dir. vom 4. 4. 1949 in: Ζ11/572. Dabei war eine volle Angleichung der Verdrängten-Versorgung für die Bahn und die Post mit Wirkung vom 1.4. 1949 vereinbart worden. Ein entsprechender Beschluß wurde dem VR im Entwurf vorgelegt.

348

53. Direktorialsitzung

6. 4. 1949

Nr. 25

Amtes für Fragen der Heimatvertriebenen und die bevorstehende Tagung der Finanzminister am 8. 4. [1949]28 wird Beschlußfassung bis zur nächsten Direktorialsitzung zurückgestellt29. [9.] BeschluB des Wirtschaftsrates vom 24. 3. 1949 betreffend Weiterbehandlung des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes3< Der Direktor der Verwaltung für Arbeit berichtet über seine Arbeit, die Militärregierungen zu bitten, dem Gesetz in unveränderter Fassung" ihre Zustimmung zu erteilen. Die Finanzminister der Länder haben ihre Einstellung zu der Vorlage wesentlich geändert32. Die Verwaltung für Arbeit wird die von der Militärregierung gewünschte Spezifizierung der finanziellen Auswirkung des Gesetzes in einer Denkschrift niederlegen, die sämtlichen Mitgliedern des Verwaltungsrates zugehen wird". [10.] Finanzierung der Lokomotiv- und Waggon-Industrie Im Auftrag des Direktors der Verwaltung für Arbeit berichtet Herr Klabunde über den Sachstand34. Eine Überbrückung für die nächsten zwei bis drei Monate ist dringend erforderlich, bis die größeren in Aussicht gestellten Reichsbahnkredite von etwa 185 bzw. 240 Millionen DM erwartet werden können35. Es wird beschlossen, die Sitzung der Länderfinanzminister am 8. 4. [1949]36 abzuwarten und zu versuchen, von dieser Seite 28

Die 26. Sitzung des FinA. des LR vom 8. 4. 1949 (Prot, in: Ζ 4/556, Bl. 166) brachte nicht die erwartete Klärung, da die FinMin. das Inkrafttreten des Länderfinanzausgleiches nach wie vor als Vorbedingung ansahen. Auch gingen sie davon aus, daß der V R der Lösung des V f F zuneige.

29

Vgl. D o k . N r . 29, T O P 9.

30

Siehe WR-Drucks. Nr. 1068 und 1073, mit denen der Dir. der V f A um Auskunft über den Stand der Gesetzesarbeit gebeten wurde. Diese erteilte er am 24. 3. 1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1520 ff.). Er konnte jedoch noch nicht auf die von B I C O mit Schreiben vom 4. 3. 1949 geforderten versicherungsstatistischen Materialien verweisen.

31

Zur Genesis des Gesetzentwurfes siehe D o k . N r . 13, T O P 8.

32

Storch ging wohl davon aus, daß auf einer Besprechung bei der V f A mit Vertretern der ArbMin. und FinMin. der Länder am 5.16. 4. 1949 Übereinstimmung über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes erzielt worden war (siehe Vorlage der V f A zur Abschätzung der Ausgaben und Einnahmen in: Ζ 4/556, Bl. 176). Dieser Auffassung widersprach der Vors. des FinA. des LR in einem Schreiben an Pünder vom 9. 4. 1949 (Z13/92, Bd. 3, H . 3). Dabei berief er sich auf eine Sachdarstellung von RegR. Kröner aus dem Hess. FinMin. v o m 9 . 4. 1 9 4 9 ( e b e n d a ) . - S i e h e a u c h B e s c h l u ß d e s S o z i a l p o l i t i s c h e n B e i r a t s d e r V E L F v o m 15. 12. 1948 in: Ζ 6 1/53, Bl. 144-145.

33

Die V f A überreichte dieses umfangreiche Memorandum über die finanziellen Auswirkungen des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes mit Schreiben an Pünder vom 9. 4. 1949 (ebenda). Anläßlich der Besprechung mit den MilGouv. vom 13. 4. 1949 (vgl. D o k . N r . 27 B, T O P 6) drang Storch auf eine baldige Genehmigung.

34

Vgl. D o k . N r . 9, A n m . 16.

35

Zur Finanzlage der Reichsbahn siehe Vermerk von Klewitz vom 6. 4. 1949 im Anschluß an die 7. Sitzung des Unterausschusses Reichsbahn des Ausschusses für Verkehrswesen des W R vom 6. 4. 1949 (Z13/166, Bd. 2, H. 2). Z u r Beseitigung der Kriegsschäden wurde ein Kredit in H ö h e von D M 200 Mio als unausweichlich angesehen. Klewitz bemerkte abschließend: „Woher die Reichsbahn allerdings diesen Kredit nehmen soll, weiß sie bis heute noch nicht". Unterdessen kündigte Pünder mit Schreiben vom 29. 3. 1949 (ebenda) als Antwort auf das B I C O - M e m o r a n d u m vom 2. 2. 1949 (ebenda) die Ausarbeitung eines Planes „über die Ausgaben aus dem vorgesehenen Kredit" sowie eines Schuldentilgungsplanes an. Danach sollte der Kredit aus Mitteln des E R P Counterpart Funds fließen.

36

Prot, der 26. Sitzung des FinA. des LR vom 8 . 4 . 1949 in: Ζ 4/556, Bl. 167. Bei dieser Gelegenheit berichtete der Vizepräs, der BdL, Könnecker, ausführlich über „Finanzprobleme der Reichsbahn und ihre Bedeutung für die Wirtschaft, Beschäftigung und Finanzen der Länder" (ebenda, Bl. 178-180).

349

N r . 25

6. 4. 1949

53. Direktorialsitzung

Beträge, besonders für die Lokomotiv-Industrie, zu erhalten, wobei es sich um eine Summe von etwa 12 bis 15 Millionen DM handelt37. [11.] Neuordnung der DekarteUisierung unter Beteiligung deutscher Stellen38 Der von der Verwaltung für Wirtschaft vorgeschlagene Entwurf eines Schreibens an BICO wird gebilligt3'. Der Entwurf wird dem Vorsitzer des Verwaltungsrates zur Weiterleitung an die Militärregierung zugehen40. Der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft wird an den Präsidenten des Wirtschaftsrates herantreten, um sicherzustellen, daß die Neuordnung der Dekartellisierung unter Federführung des Verwaltungsrates geschieht41. Der Entwurf eines Gesetzes über Kartelle und Monopole wird von

37

Eine diesbezügliche Beschlußfassung erfolgte nicht. Das Problem sollte von den FinMin. mit dem zuständigen Unterausschuß des WR weiterberaten werden.

38

Zur Vorgeschichte der deutschen Beteiligung an der Dekartellisierung siehe Dok.Nr. 1 A, TOP 6. Da die vorgesehene zentrale Dekartellisierungsstelle die fachliche Aufsicht über die Deutschen Dekartellisierungsstellen in den Ländern haben sollte, wurden zuvor die Länder konsultiert. Auf der Besprechung mit den Leitern der Länderstellen am 18. 3. 1949 (Prot, in: Ζ 13/184) sollte eine Einigung über den Aufgabenbereich der Zentralstelle erzielt werden. Da Col. Bronson von der Decartelization Commission von BICO gegenüber deutschen Vertretern angedeutet hatte, daß der Erlaß einer Direktive bevorstehe, wurde die Absendung eines Antwortschreibens auf das BICO-Memorandum vom 4. 8. 1948, wie sie bereits auf der Direktorialsitzung vom 5. 1. 1949 in Aussicht genommen worden war (vgl. Dok.Nr. 1 A, TOP 6) zurückgestellt. Mit Memorandum vom 29. 3. 1949 (Z13/185) kündigte BICO Schritte zur Übertragung der Verantwortung auf den WR für jenen Teil des Konzernentflechtungsprogramms an, welcher das Geschäftsgebahren betreffe. Die Verantwortung für Entflechtungsmaßnahmen sollte bei der MilReg. verbleiben. In Ausfüllung seiner Kompetenz sollte der WR einen Gesetzentwurf vorbereiten, der „einengende Geschäftspraktiken, die den internationalen und Inlandshandel berühren, wie Behinderung des Wettbewerbs, Begrenzung des Zutritts zu Märkten oder die Förderung der Schaffung von Monopolen verbietet, und [der] insbesondere Kartell und kartellähnliche Tätigkeiten und Zusammenschlüsse mit dem Zwecke der Handelsbeschränkung für unrechtmäßig erklärt und ausschließt". Die Überwachung des Geschäftsgebarens erfordere eine zentrale Überwachung. Um einen Kern für die Bildung einer Konzernentflechtungsorganisation innerhalb der bizonalen Verwaltung und gegebenenfalls im Rahmen der Verwaltung eines westdeutschen Staatsgebildes zu schaffen, wurden der Präs. des WR und der Vors. des LR ersucht, ein deutsches Büro zu schaffen, welches zunächst als eine Unterabteilung der Bipartite Decartelization Commission errichtet werden sollte (vgl. Vermerk von Schalfejew für die Direktorialsitzung vom5. 4. 1949 in: Β 102/17041).

39

Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um den Entwurf, den Erhard mit Schreiben an Pünder vom 29. 1. 1949 übersandt hatte (Z 13/185) und dessen Weiterleitung wegen der Konsultationen mit den Ländern zurückgestellt worden war (vgl. Pünder an Erhard vom 7. 2. 1949, ebenda).

40

EinneuerEntwurfscheinterstimZusammenhangmitdemAntwortschreibenPündersvoml5. 8. 1949auf das BICO-Memorandum (ebenda) vorgelegt worden zu sein. Zu der Verzögerung trug auch der Wunsch von Col. Bronson bei, die Angelegenheit zuvor mit Pünder, Köhler, Schalfejew und Schniewind durchzusprechen (siehe Vermerk von Sahm für Pünder vom 26. 4. 1949, ebenda). Am 20. 4. 1949 traf sich Col. Bronson zu einem Vorgespräch mit RAnw. Risse und Ref. Günther (Prot, in: Β 102/17041). Am 27. 5. 1949 vermerkte Sahm (Z13/185), daß das Gespräch unter Teilnahme von Erhard stattgefunden habe. Dabei schien jedoch die personelle Besetzung der Leitung der Deutschen Dekartellisierungsabteilung mit RAnw. Remmert im Vordergrund gestanden zu haben. Beschleunigend auf die deutsche Antwort wirkte sich indes die Nachfrage der BICO-Chairmen auf der Vorbesprechung vom 9. 6. 1949aus(Prot. in: Z4/523, Bl. 74).

41

Mit Schreiben an Erhard vom 7. 4. 1949 (Z 13/185) bat Köhler um Vorlage eines Gesetzentwurfes gegen Handelsmißbräuche. Am 22. 4. 1949 ersuchte er Pünder (ebenda), über die Maßnahmen zur Einrichtung der deutschen Stelle und der Berufung eines Leiters durch den VR „gelegentlich" in Kenntnis gesetzt zu werden.

350

53. Direktorialsitzung

6. 4 . 1 9 4 9

Nr. 2 5

der Verwaltung für Wirtschaft baldmöglichst dem Verwaltungsrat zur Beschlußfassung zugeleitet werden 42 . [12.] Errichtung eines Wirtschaftspolitischen Ausschusses zur Beratung der Verwaltung des VWG [Zurückgestellt 43 ] [13.] Personalfragen [Vertretung im Personalausschuß] [14. Zweites Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern44] Außerhalb der Tagesordnung befaßt sich der Verwaltungsrat auf Anregung des Direktors der Verwaltung für Finanzen mit dem BICO-Schreiben [. . .] betreffend Ablehnung des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern45. Es wird zum Ausdruck gebracht, daß als einziges Steuervorhaben, welches für den Haushalt der Verwaltung des V W G von Bedeutung ist, das Treibstoffsteuergesetz noch ansteht44, das wohl die Zustimmung von Wirtschaftsrat und Länderrat finden wird. Das Gesetz zur Besteuerung besonderen Aufwandes 47 würde den Länderfinanzen zugute kommen. Weitere Steuervorhaben stehen kurzfristig nicht an. MinDir. Krautwig gibt bekannt, daß der Hauptausschuß beschlossen hat, das Schreiben [. . .] zur Stellungnahme und Bearbeitung an den Vorsitzer des Verwaltungsrates abzutreten 48 . Die Verwaltung für Finanzen wird den Entwurf eines Antwortschreibens veranlassen 49 . [15. Protokollberichtigung51']

[. . .] 42

Zum Entwurf eines Gesetzes gegen wettbewerbsbeschränkende Wirtschaftsmaßnahmen siehe Hüttenberger, Karteilgesetzgebung, S. 291 ff. Zu den verschiedenen Referentenentwürfen siehe Β 102/17080 ff.

43

Vgl. Dok.Nr. 21, Anm. 31.

44

Zum vom WR am 18. 2. 1949 verabschiedeten Zweiten Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern, zu dem der LR am 2. 3. 1949 Abänderungsvorschläge eingebracht hatte, die der WR am 4. 3. 1949 teilweise angenommen und teilweise abgelehnt hatte, siehe Dok.Nr. 13, TOP 3. Siehe auch Β 102/4075.

45

Mit Schreiben vom 1. 4. 1949 (Z 13/128, Bd. 9) bekräftigte BICO die Forderung nach einem umfassenden Steuerprogramm. Angesichts der wirtschaftlichen Probleme der Bizone sei es nicht bereit, „eine Vielzahl von einzelnen Gesetzen auf diesem Gebiet" (piecemeal legislation) zu behandeln. Aus dem fraglichen Gesetz gehe nicht hervor, ob es sich hierbei um das Gesamtprogramm einer Steuerreform handele. Wenn der Präs. des WR und der Vors. des LR der MilReg. mitteilten, daß das Gesetz in diesem Sinne zu verstehen sei, werde es in der vorgelegten Form in Erwägung gezogen werden. Anderenfalls müsse die Vorlage weiterer Gesetze abgewartet werden.

44

Vgl. Dok.Nr. 21, TOP 2.

47

Das Gesetzesvorhaben war zu diesem Zeitpunkt praktisch bereits gescheitert (vgl. Dok.Nr. 5, TOP 7).

« Prot, der Sitzung des HptA. des WR vom 5. 4. 1949 in: BT PA 2/735. Danach sollte der FinA. des WR die Angelegenheit weiter beraten. Die V f F sollte die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen. 49

Mit Schreiben der DirK. an die VfF vom 11. 4. 1949 (Z 13/128, Bd. 9) wurde unter Bezug auf den Beschluß des FinA. des WR vom 8 . 4 . 1949 (Prot, in: Ζ 3/85), der seine Stellungnahme in einem Schreiben an Köhler vom gleichen Tag (ebenda) niederlegte, von einer schriftlichen Stellungnahme abgesehen. Die Frage sollte auf der Besprechung mit den MilGouv. am 13. 4. 1949 (vgl. Dok.Nr. 27 Β, T O P 2 ) mündlich erörtert werden.

50

Vgl. Dok.Nr. 24, TOP 6.

351

Nr. 26

12. 4. 1949

Besprechung der MinPräs. in Bonn

Nr. 26 Ministerpräsidentenbesprechung in Bonn 12. April 19491 BA Ζ 12/12, Bl. 100-103. Von Stock gez., undat. und von Bergner beglaub. Kurzprot. 2 Inserate aus: Ζ 12/70, Bl. 8-10. Ungez. und undat. Wortprot. Anwesend.3: StPräs. Wohleb (Baden); MinPräs. Ehard, StMin. Pfeiffer, Dir. Schwend (Bayern); StadtvVorst. Suhr (Berlin); SenPräs. Kaisen [Vorsitz] (Bremen); Bgm. Brauer (Hamburg); MinPräs. Stock, ORegR. Schmidt (Hessen); MinPräs. Kopf, MinR. Danckwerts (Niedersachsen); MinPräs. Altmeier, IMin Steffan, JustMin. Süsterhenn (Rheinland-Pfalz); JustMin. Katz, FinMin. Schenk (Schleswig-Holstein); IMin. Renner (Württemberg-Hohenzollern); Landrat z.D. Bergner, LegR. a.D. Werz, Olnsp. Rakette (Büro d. MinPräs.).

Kurzprot.

[Beginn: 10.00 U h r ] [Besatzlingsstatut]

[Als derzeitiger Vorsitzender des Länderrats übernimmt SenPräs. Kaisen die Leitung der Beratungen.] MinPräs. Ehard stellt fest, daß der Gang der Entwicklung bezüglich des Besatzungsstatuts4 anders verlaufen wäre als ursprünglich beabsichtigt5. Die größte Zurückhaltung seitens der Ministerpräsidenten sei zu empfehlen und ferner zu prüfen, ob überhaupt Veranlassung zu einer Äußerung vorliege. StMin. Pfeiffer weist darauf hin, daß das Besatzungsstatut zwar als ein Entwurf gelte, jedoch sei die Verhandlungsbasis gering. Praktisch könne wohl nichts geändert werden. Vielleicht empfehle es sich, auf die fehlenden Bestimmungen über ein Schiedsgericht6 und die Regelung der Besatzungskosten hinzuweisen. SenPräs. Kaisen stellt fest, daß die Ministerpräsidenten nicht die Absicht haben, Anträge oder Vorschläge zum Besatzungsstatut zu stellen. Es könnte höchstens um Aufklärung über Unklarheiten gebeten werden 7 . Wortprot.

Brauer: Es heißt, die psychologische Wirkung des Besatzungsstatuts sei in der Öffentlichkeit schlecht. Ich kann das nicht sagen. Man muß wissen, wie die Situation von 1945,46,47, 48 war. Können die Deutschen Wünsche haben und was können sie wünschen? Es ist klar,

1

Wegen des Fehlens von Vertretern der Länder Nordrhein-Westfalen und Württemberg-Baden, obwohl MinPräs. Arnold an der nachfolgenden Besprechung mit dem Präsidium des Pari. Rats und den Mitgliedern des Ausschusses für das Besatzungsstatut des Pari. Rats teilnahm (vgl. Anm. 11), kam keine vollständige Konferenzrunde zustande.

2

Im Entwurf (Z12/70, Bl. 12-16) von Stock handschr. gez. Als Drucks, des Büros d. MinPräs. Nr. 171 vom 14.4.1949 im Umdr. vervielf. und verteilt.

3

Anwesenheitsliste: Ζ 12/70, Bl. 11. Den Wortlaut des Besatzungsstatuts hatten die drei MilGouv. dem Pari. Rat übermittelt (Pari. Rat-Drucks. Nr. 693 a-c). Die überreichte, inoffizielle deutsche Übersetzung wurde später vom DBfF überarbeitet (Europa-Archiv 1949, S. 2074 ff.).

4

5

6 7

Entgegen zeitweiligen Überlegungen (vgl. Dok.Nr. 10 B, TOP 10) wurde das Besatzungsstatut, dem ursprünglichen Zeitplan folgend, doch vor dem Abschluß der Grundgesetzberatungen verkündet. Vgl. auch Dok.Nr. 17, Anm. 39. Siehe Dok.Nr. 19, Anm. 22. Eine Erläuterung des Wortlautes und,der Einzelbestimmungen des Entwurfs zum Besatzungsstatut fertigte von Merkatz (Z 5/141), wiss. Mitarbeiter des Pari. Rates.

352

Besprechung der MinPräs. in Bonn

12. 4. 1949

Nr. 26

daß wir Souveränität haben wollen, das ist ein Entwrcklungsprozeß. Was wird aber der Stunde gerecht? Ich habe das Gefühl, daß es sich so entwickelt, wie es sich bei uns in Hamburg entwickelt hat. Dort beschränkt sich der Gouverneur auf die Rolle, Kontrolle zu üben, nicht mehr; keine Eingriffe. Vorprellende untergeordnete Instanzen wurden zurückgepfiffen. Hier im Statut" ist festgelegt, daß Legislative und Exekutive eine Sache der Deutschen ist. Es ist ein unerhörtes Plus, man kann das nicht scharf genug feststellen, die Summe von Beschränkungen ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist doch ganz klar, daß eine Besatzungsarmee [um] die eigene Sicherheit besorgt ist. Wenn man diese Dinge überlegt, so nimmt das viel aus dem Besatzungsstatut heraus. Schwierig ist es, wie die Außenpolitik gehandhabt werden sollte. Es heißt aber nicht im Statut „Führung", sondern immer nur „Kontrolle". Klar ist, daß wir keine äußere Souveränität haben. Aber man kann nach 12 bis 15 Monaten weiter vorstoßen. Ich kann nur sagen, daß das Besatzungsstatut auf die Alliierten panikartig gewirkt hat. In den Hotels, wo Alliierte verkehrten, herrschte größte Aufregung. Entscheidende Beeinflussung auf die Besatzungskosten werden die Vereinigten Staaten ausüben. Sie bezahlen ja. Ich sage, es ist ein Schritt nach vorwärts, eine Besserung des bestehenden Zustandes und läßt hoffen, daß wir in 18 Monaten weitergehen werden. Das beste am Statut ist gerade, daß es kurz ist.

wonprot.

SenPräs. Kaisen vertritt die A u f f a s s u n g , e s solle d e m Parlamentarischen R a t überlass e n b l e i b e n , etwaige A n t r ä g e z u m Besatzungsstatut zu stellen o d e r Erklärungen dazu abzugeben. IMin. Renner m e i n t , d a ß sich die Ministerpräsidenten d o c h z u m Besatzungsstatut äußern m ü ß t e n .

Kurzprot.

MinPräs. Ehard spricht sich für die A b g a b e e i n e r Erklärung durch die Ministerpräsid e n t e n aus. D i e s e Erklärung solle inhaltlich möglichst mit der d e s Parlamentarischen R a t e s ü b e r e i n s t i m m e n . E i n e g e m e i n s a m e Erklärung j e d o c h k ö n n e er nicht e m p f e h l e n . JustMin. Katz regt an, z w e i V o r b e h a l t e zu m a c h e n und zwar in B e z u g auf die Schiedsgerichtsklausel u n d die B e s a t z u n g s k o s t e n . Bgm. Brauer ist der A u f f a s s u n g , g e r a d e das F e h l e n der Schiedsgerichtsklausel lasse d e n Übergangscharakter d e s Besatzungsstatuts z u m A u s d r u c k k o m m e n . Ehard: Keine Einzelvorbehalte. Es handelt sich um schwimmende Begriffe. „Kontrolle" setzt an sich voraus, deutsche Mitwirkung. Machen wir aber Einzelvorbehalte, so betonen wir, daß der Rest unsere Zustimmung findet. Es hat sich gezeigt, daß die Amerikaner, wenn man sie mit einer Frage anging, zunächst verneinten. In der Praxis jedoch fand sich zumeist ein Entgegenkommen.

Wortprot.

MinPräs. Kopf spricht sich für e i n e kurze Erklärung aus, in der die H o f f n u n g ausgesprochen wird, daß das Besatzungsstatut in d e m G e i s t e , mit d e m es verfaßt wurde, auch a n g e w a n d t wird. MinPräs. Stock stimmt gleichfalls für e i n e kurze, prägnante Erklärung. Er berichtet über seine politischen E i n d r ü c k e in der S c h w e i z nach d e m B e k a n n t w e r d e n d e s Besatzungsstatuts dort.

Kurzprot.

8

Handschr. eingefügt „im Statut".

353

Nr. 26

12. 4. 1949

Besprechung der MinPräs. in Bonn

Kurzprot. IMin. Renner hebt hervor, daß das Besatzungsstatut nicht als ein juristisches, sondern politisches Dokument zu betrachten sei. Erkennbar wäre schon jetzt, daß das Besatzungsstatut für die französische Zone einen großen Fortschritt bedeute. Wortprot.

Brauer: Ich hatte eine Unterredung mit Kennan9. Er sagte mir: Welche Sicherheit für eine Milliarde - daß sie nicht verschwendet wird? Wenn wir nach Venezuela und China Geld geben, wollen wir wissen, was mit dem Geld geschieht. Der Parlamentarische Rat mag vorstoßen. Es ist gut, wenn dahinter eine zweite Instanz steht und die Türe nicht zugeschlagen ist. Eine knappe Formulierung ist wichtig.

Kurzprot.

SenPräs. Kaisen schließt sich dieser Meinung an. Mit der Formulierung der Erklärung werden MinDir. Schwend und MinR. Danckwerts beauftragt. Der von diesen Herren vorgelegte Entwurf findet nach einigen Abänderungen in folgender Fassung seine einstimmige Annahme und soll der Presse10 übergeben werden10": „Die in Bonn versammelten Ministerpräsidenten haben folgende Entschließung zum Besatzungsstatut gefaßt: Die Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen haben von dem Wortlaut des in Aussicht genommenen Besatzungsstatuts Kenntnis genommen. Sie erblicken in diesem Dokument einen wesentlichen Fortschritt auf dem Wege zur Wiedererlangung der Souveränitiät des deutschen Volkes. Gewichtige deutsche Wünsche bleiben allerdings noch unerfüllt, und der Wert des Dokuments wird erst durch die Art seiner praktischen Durchführung bestimmt werden. Es wird jedoch begrüßt, daß vor allem Einleitung und Schluß des Dokuments eine Haltung der Besatzungsmächte zu erkennen geben, die eine gleichberechtigte Einordnung Deutschlands in die europäische Völkerfamilie erhoffen läßt". Anschließend begaben sich die Ministerpräsidenten zu einer gemeinsamen Beratung mit dem Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates in den Plenarsitzungssaal11.

9

10

102 11

George F. Kennan, Direktor des „Policy Planning Staff" im State Department, hatte im März 1949 die amerik. Zone bereist und war dabei auch mit deutschen Politikern zusammengetroffen. Siehe hierzu sein Memorandum vom 9.3.1949 in: Foreign Relations 1949/III, S. 102 ff. sowie Kennan, Memoirs, S. 429 ff. Vgl. Frankf. Rdsch. vom 13.4.1949. In dem Bericht wurde ein unmittelbarer Zusammenhang zu der ausstehenden Einigung über die von den Besatzungsmächten bemängelten Verfassungsartikel (vgl. Dok.Nr. 22, TOP 1) hergestellt. Entwurf der Entschließung in: StA Bremen R. 1. n. Nr. 5 [1], Um 9.30 Uhr hatte der Besatzungsstatut-Ausschuß des Pari. Rats seine Beratungen begonnen. Um 11.00 Uhr Schloß sich eine Besprechung mit dem Präsidium des Pari. Rats und den MinPräs. der drei westlichen Besatzungszonen an (Kurzprot. in: Ζ 12/70, Bl. 17-25). Der Ausschuß erarbeitete einen Fragenkatalog (ebenda, Bl. 76-77), welcher den MilGouv. auf einer Besprechung vom 14.4.1949 vorgelegt wurde (Prot, ebenda, Bl. 3S-75). Der Pari. Rat verzichtete darauf, ein eigenes Kommuniqui bekannt zu geben. Er übernahm vielmehr das der MinPräs. Siehe auch 56. Sitzung des HptA. des Pari. Rats vom 13.4.1949, Pari. Rat, Verhandlungen des HptA., S. 739 ff.

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M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

13.4.1949

Nr. 27 A

Nr. 27 Besprechung der Militärgouverneure mit bizonalen Vertretern in Frankfurt 13. April 1949 Α

Sonderbesprechung

BA Ζ 4/212, Bl. 161-170. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 14.4.19491 Anwesend?: Gen. Clay, Gen. Adcock, Riddleberger (amerik. MilReg.);Gen. Robertson, Gen. MacReady,Sir Cecil Weir 3 , Steel (brit. MilReg.) Präs. Köhler, Vizepräs. Dahrendorf (WR) SenPräs. Kaisen, FinMin. Hilpert, GS Troeger (LR) ODir. Pünder, Dir. Erhard, Dir. Hartmann, Stellv.Dir. Niklas, MinDir. a.D. Schniewind, MinDirig. Martini (VR). Präs. Abs. (KfW) 4 ; Präs. Bernard 5 , Präs. Vocke 6 (BdL)

[Beginn: 14.30 Uhr] [Fragen der Kapitalbeschaffung] Robertson: Wir haben uns heute ausreichend Zeit genommen, um über eine Frage zu diskutieren, die Sie, meine Herren, selbst lösen müssen. Allerdings haben wir ein sehr erhebliches Interesse daran, außerdem halten wir uns für verpflichtet zu verfolgen, daß die Bizone in dieser Frage ihre Verpflichtungen in bezug auf die Durchführung des Marshallplanes erfüllt7. Über die Notwendigkeit, langfristiges Kapital zu beschaffen, besteht kein Zweifel. Wohin man im Lande hört, überall vernimmt man den Ruf nach Kredit; das gilt für die Kohlenindustrie, für die Verbesserung der Energieversorgung und natürlich besonders 1

2

Mit Stempel „Vertraulich", handschr. Vermerk „Aktenexemplar" und Verteilerschlüssel versehen. Parallelüberlieferung: Kurzbericht von Troeger vom 21.4.1949 in: Ζ 4/212, Bl. 158-160 sowie undat. Prot, von Martini in: Ζ 13/132. Mit Schreiben vom 5.4. und7.4.1949 (Z13/11, Bd. 2) hatte BICO namens der MilGouv. zu der Besprechung eingeladen und dabei den Teilnehmerkreis auf deutscher Seite genau festgelegt.

3

Sir Cecil Weir, Leiter der Wirtschaftsabteilung der brit. MilReg. und Wirtschaftsberater des brit. MilGouv.

4

Hermann J. Abs, Vorstand der KfW und Stellv. Vors. des Verwaltungsrates.

5

Karl Bernard, Vorstandsmitglied der Frankfurter Hypothekenbank und Vorsitzender des Zentralbankrats der BdL.

6

Wilhelm Vocke, Präsident des Direktoriums der BdL und Stellv. Vors. des Zentralbankrats.

7

Mit Schreiben an Pünder vom 18.3.1949 (Z13/11, Bd. 1) hatte BICO kritisiert, „daß in zunehmendem Maße Kapitalanlegungen erfolgen, die wenig oder gar nicht zur Erreichung der Ziele des bizonalen ERP-Planes beitragen". BICO verwies auf den ERP-Long-Term-Plan (Z13/209 und Ζ 8/1943), der die Gesundung der Wirtschaft bis zum Jahre 19S3 sicherstellen sollte. Investitionen außerhalb dieses Programms zehrten nicht nur die spärlichen Mittel auf, sondern erhöhten auch die Kosten der erforderlichen Kapitalausweitung. Zur entsprechenden Lenkung der Mittel wurde vorgeschlagen, die staatliche Geldpolitik durch eine „Auswahlkontrolle" (selective control) für langfristiges Anlagekapital zu ergänzen. Mit Schreiben vom 5.4.1949 (vgl. Anm. 2 sowie Dok.Nr. 25, TOP 1) hatten die MilGouv. zu der Besprechung eingeladen, um über Maßnahmen zur Ausfüllung der Lücke zwischen Investitionsbedarf und voraussichtlichem Kreditaufkommen zu sprechen.

355

Nr. 27 A

13. 4. 1949

M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

für den Wohnungsbau. Das offenbare Zeugnis der steigenden Ziffer der Arbeitslosen® läßt die Frage der Kreditbeschaffung noch besonders ernst erscheinen; es muß deswegen sofort etwas geschehen. Auf die Frage, woher das Geld kommen soll, gibt es verschiedene Antworten: Einmal könnte man es durch den Druck von Banknoten beschaffen. Dadurch würde jedoch nur vorübergehend eine Erleichterung gewonnen, weil zugleich der Wert des umlaufenden Geldes vermindert würde. Nur für eine Interimsperiode kann man gefahrlos mehr Noten ausgeben, nämlich dann, wenn man sicher ist, sie wieder aufnehmen zu können. An zweiter Stelle sind die Counterpart Funds zu nennen. Dazu muß ich jedoch zwei Bemerkungen machen: Die Summe der Kredite aus diesen Funds ist beschränkt und beträgt nach unserer Berechnung keinesfalls mehr als zwei Mrd DM für den Zeitraum, über den wir jetzt verhandeln 9 ; ich sage dies, obgleich Sie mit 2,5 Mrd DM in Ihrer Aufstellung10 rechnen. Außerdem ist zu beachten, daß der Vertreter der ECA für einen erheblichen Teil der CPF" die Verantwortung trägt. Er ist sehr neugierig und will einen vernünftigen Generalplan für die Verwendung der Mittel haben, um sicherzustellen, daß auch die betroffenen Staaten das ihrige zur Finanzierung des Aufbaues beitragen. ECA wird keine Mittel aus den CPF freigeben, wenn nicht auch inländische Kapitalquellen fließen. Das gilt nicht nur für die deutschen Verhältnisse, sondern auch für die anderen Teilnehmerstaaten am ERP, auch für mein eigenes Heimatland. Ein Teil der Mittel aus dem CPF stehen General Clay und mir unmittelbar zur Verfügung; aber auch für diese Mittel muß sichergestellt werden, daß ihre Verwendung in einen umfassenden Plan für Investitionen hineinpaßt. Nach Paris ist als Investitionsbedarf ein Betrag von sieben Mrd DM gemeldet worden12. Es mag sein, daß der Betrag hoch ist im Verhältnis zu den Möglichkeiten der Materialund Kapitalbereitstellung. Vielleicht kommen wir am Ende dieser Unterredung zu dem Ergebnis, daß es praktischer ist, nur mit 5,5 oder sechs Mrd DM zu operieren13. Wenn ich die Zahlen richtig übersehe, dann besteht noch eine Lücke in Höhe von mindestens einer Mrd DM14. Das Kapital dafür muß dort hergenommen werden, wo

8

9 10

Waren im Gebiet der drei westlichen Zonen im Juni 1948 451 000 Arbeitslose registriert, so hatte sich die Zahl im Januar 1949 auf 963 000 mehr als verdoppelt und im Februar die Millionengrenze überschritten (Benz, Wirtschaftspolitik, S. 88). In einem Schreiben an BICO vom 10.9.1949 (Nachl. Pünder/265, Bl. 82-84) wies Pünder darauf hin, daß die Zahl von 1,25 Mio Arbeitslosen im VWG auch im Lichte der Tatsache betrachtet werden müsse, daß in der Bizone nicht weniger als acht Millionen Menschen mehr lebten als im Jahre 1936. Mindestens die Hälfte dieses Bevölkerungszuwachses habe im VWG um Arbeit nachgesucht. Zugleich betonte Pünder, daß ungeachtet des Anstiegs der Arbeitslosenzahlen die Beschäftigtenzahl in der gleichen Zeit (April 1948 bis August 1949) von 11 931 900 auf 12 119 000 gestiegen sei. Siehe auch Vermerk von Martini vom 5.5.1949 über eine Besprechung mit dem Stellv.Dir. der VfA in: Nachl. Pünder/256, Bl. 34-35. Gemeint ist der Zeitraum vom 1.4.1949 bis zum 31.3.1950. Vgl. Anm. 15.

11

Counterpart Funds.

12

Dieser Finanzbedarf (siehe Investitions- und Finanzierungsplan für das VWG 1949/50 in: Nachl. Pünder/ 256, Bl. 75-88) sollte zu DM 1,2 Mrd durch Selbstfinanzierung und DM 5,8 Mrd durch Fremdfinanzierung (gegenüber der BICO-Schätzung von DM 5 Mrd) aufgebracht werden (Vermerk von Martini vom9.4.1949, ebenda, Bl. 55).

13

Aus dem Prot, von Martini (vgl. Anm. 1) geht hervor, daß Robertson davon ausging, daß nur DM 5,5 bis 6 Mrd an Kapital erhältlich sein werden.

14

Die Differenz ergibt sich aus dem veranschlagten Bedarf von DM 7 Mrd und dem voraussichtlichen Aufkommen von DM 5,5 bis 6 Mrd.

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M i l G o u v . mit bizonalen V e r t r e t e r n

13.4.1949

N r . 27 A

Kapital brach liegt oder zu weniger wichtigen Zwecken verwendet wird. Um dieses Kapital zu erfassen, gibt es verschiedene Methoden; eine davon ist die Besteuerung. Wir wissen sehr wohl, daß Sie einwenden werden, daß Deutschland schon eine sehr hohe Steuerlast hat. Ich glaube jedoch, daß bei weiser und sorgfältiger Steuerpolitik an die brachliegenden Gelder heranzukommen ist. Andere Methoden, um dieses Geld an sich zu ziehen, sind Maßnahmen der Sparpolitik und der Investitionspolitik. Doch deswegen erwarten wir Ausführungen von Ihrer Seite insbesondere darüber, wie Sie sich die Werbung für die Spartätigkeit vorstellen. Von großer Bedeutung wird die Tätigkeit der Wiederaufbaubank als Investitionsbank sein. Sie ist nach unserer und wohl auch nach Ihrer Auffassung der Eckstein für den Plan zum Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft. Deshalb hat sie nicht nur Ihre, sondern auch unsere volle Unterstützung. Es sollte alles nur Mögliche geschehen, um die Bank attraktiv zu machen. Köhler dankt für die Einladung zu dieser Besprechung und verweist auf die zahlenmäßige Übersicht über die Beschaffung von sieben Mrd DM Kapital im Haushaltsjahr 1949/50, die den Militärgouverneuren noch vor der Sitzung überreicht worden ist. Er bezeichnet diese Aufstellung ausdrücklich als eine nur vorläufige15. Erhard: Der Verwaltungsrat, die Wiederaufbaubank und die Bank deutscher Länder haben zur Frage des Aufkommens an Kapital eingehend Stellung genommen und sind zu den Zahlen gekommen, die in der Übersicht aufgeführt sind. Wir halten es für eine selbstverständliche Verpflichtung, die Ziele des Marshallplanes zu unterstützen, wie sie im Long-Term-Programm zum Ausdruck kommen16. Die Schätzungen für den 15

Im Prot, wird an dieser Stelle auf die nachfolgend abgedruckte Übersicht vom 13.4.1949 (Z 4/212, Bl. 171) verwiesen. Sie beruhte auf dem Vermerk von Martini vom 9.4.1949 (vgl. Anm. 12). „Die folgenden Ziffern für das Haushaltsjahr 1949/50 stellen das Ergebnis der deutschen Schätzungen über die KapitalqueUen dar, die für die Finanzierung der Long-Term Investierungen verfügbar sind, a) Private Quellen Spareinlagen DM 450.000.000,Private Versicherung DM 250.000.000,Sozialfonds (Arbeitslosenstock) DM 300.000.000Emission von Aktien und Obligationen DM 200.000.000,Langfristige Kredite von Banken DM 150.000.000,Private Darlehen DM 50.000.000,Gesamt b)

Öffentliche Quellen Investierungen ausschließlich Hausbau Gesetz betreffend die Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2.9.1948 Zuschüsse zum Hausbau Überschuß der Länderhaushalte Lastenausgleich Gesamt

c) d)

Selbstfinanzierung Counterpart Funds cirka

DM 1.400.000.000-

DM

450.000.000,-

DM DM DM DM

250.000.000,250.000.000,700.000.000,300.000.000-

DM

1.950.000.000,-

DM DM

1.200.000.000,2.500.000.000-

DM

7.000.000.000,-"

Anläßlich der Besprechung zwischen Vertretern des LR, WR, der Verwaltung des VWG, der BdL, der Industrie- und Handelskammern und der Gewerkschaften vom 4.1.1949 in Königstein (Prot, in: Ζ13/63, BI.

357

Nr. 2 7 A

13.4.1949

M i l G o u v . mit bizonalen Vertretern

Investitionsbedarf beruhen auf einer Kapitalbildung in Höhe von sieben Mrd D M . Wir glauben, daß bei Anwendung der richtigen Mittel diese Kapitalsumme zu erreichen ist. Als Grundsatz dafür stellen wir uns vor, daß die Kapitalbildung nach Möglichkeit auf freiwilliger und organischer Grundlage vor sich geht. Jedwede Art des Zwangssparens wäre verhängnisvoll, nachdem sich der Sparwille seit Beginn des Jahres schon deutlich zeigt. Das Ergebnis des Sparens als Konsumverzicht darf nicht dem Zufall überlassen bleiben, sondern muß durch steuerliche Anreize gefördert werden. Allerdings soll nur derjenige Steuerbegünstigungen haben, der die gesparte Summe nachweisbar zur Finanzierung der geplanten Investitionen zur Verfügung stellt und nicht etwa konsumtiven Zwecken zuführt". Nicht empfehlenswert erscheint uns eine Kaptialbildung auf dem Wege über die staatliche Preispolitik oder Steuerpolitik 18 . Das Eigentum des Steuerzahlers soll nicht stärker beschränkt werden, als dies für Zwecke des Fiskus unmittelbar und unbedingt erforderlich ist. Man belastet den Steuerzahler sonst, ohne ihn in den Genuß seines Konsumverzichts zu setzen. Deshalb ist der Weg zur organischen Kapitalbildung der einzige geeignete und auch erfolgreiche Weg. Wenn auch das Zweite Steueränderungsgesetz (Gesetz Nr. 95)19 sich nicht mit der deutschen Vorstellung über eine zweckmäßige Steuerregelung deckt, so schafft es doch Anreiz, um die Spartätigkeit hinreichend zu fördern. Dabei ist die Sorge für die Finanzierung der notwendigen Investitionen berücksichtigt; die Wirtschaft wird zur Rationalisierung und zugleich zur Sparsamkeit angehalten, während das jetzige System der Besteuerung zur Verschwendung verführt. Zugleich würde das Gesetz Nr. 95 einen Zwang zur Sparsamkeit in der öffentlichen Verwaltung ausüben20. Eine Einschaltung der Bank deutscher Länder in den Prozeß der Kapitalbildung scheint uns nicht der richtige Weg zu sein, auch nicht auf dem Wege, daß zukünftige Steuereinnahmen verpfändet und dafür Wechsel ausgegeben werden, die zur Kreditschöpfung dienen. Das halten wir für falsch. Wenn echte Überschüsse aus den Steuereinnahmen vorhanden sind, dann können sie unmittelbar für Investitionszwecke Verwendung finden; der Weg über Wechselfinanzierung ist dann nicht erforderlich. 40) hatte Erhard erklärt: „Ich glaube, daß es falsch ist, diesen Long-Term-Plan als etwas Starres und Endgültiges aufzufassen, sondern daß es auch auf Grund meiner Besprechung mit führenden amerikanischen Herren richtiger sei, ihn im Sinne einer lockeren Bindung zu begreifen. Es ist deshalb vielleicht sinnvoller, hier von einem Programm zu sprechen, das nur tendenziell verwirklicht werden soll. Man sollte sich also hüten, die Zahlen des Long-Term-Planes zu exakt und zu heilig zu nehmen. Ich stehe persönlich auf dem Standpunkt, daß wir unsere Anstrengungen und unsere wirtschaftlichen Energien grundsätzlich und tendenziell der Steigerung des Konsums zuwenden sollen, denn erst aus diesem Erfolg gewinnen wir auch preispolitisch die Möglichkeit, zu stabilen Verhältnissen zu gelangen. Erst auf dieser Ebene ist auch der richtige Ansatzpunkt für eine sinnvolle Kapitalbildung zu gewinnen". 17

Auf der Besprechung vom 4.1.1949 (vgl. Anm. 16) hatte Erhard hierzu bemerkt: „Ich glaube, man sollte bei der steuerlichen Betrachtung auch immer davon ausgehen, nicht primär die Kapitalbildung zu fördern, und mit verkrampften Konstruktionen dieses Ziel erreichen [zu] wollen, sondern sich bewußt werden, daß in unserer Situation nur durch Steigerung der Konsumgüterproduktion und eine entsprechende Hebung des Verbrauchs eine Stabilisierung dieses Sektors und damit die Voraussetzung für eine Spartätigkeit erreicht werden kann. Erst im Hinblick auf den gesellschaftlichen Verbrauch sind Anhaltspunkte und Maßstäbe für eine sinnvolle Kapitalverwendung zu gewinnen".

18

Vgl. hierzu den Bericht von Hartmann über die Auffassung der MilReg., Dok.Nr. 1 B , Anm. 11.

19

Vgl. Dok.Nr. 13, TOP 3.

20

Zu den voraussichtlichen Auswirkungen des Steueränderungsgesetzes siehe Begründung zum Zweiten Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern mit Anlage 1 (Angabe von Zahlenbeispielen) in: Ζ13/128, Bd. 9.

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M i l G o u v . mit bizonalen Vertretern

13.4.1949

Nr. 2 7 A

Wenn das Zwecksparen in gehöriger Form gefördert wird und wir die Genehmigung zu dem Gesetz Nr. 95 erhalten, dann glauben wir, daß wir zu einer ausreichenden Kapitalbildung kommen werden. Die auf diese Weise gewonnenen Kapitalmittel würden über die Wiederaufbaubank den Investitionen zufließen; damit ist die Gewähr gegeben, daß die Zielsetzung des ERP durch eine großzügige Finanzpolitik gesichert wird. Ich muß noch besonders darauf hinweisen, daß die Produktionsgüterindustrie bisher aus den Überschüssen der Konsumwirtschaft finanziert worden ist. Das war gewiß aus verschiedenen Gründen heraus für die erste Zeit nach der Währungsreform ein Vorteil, wenn es auch im Grunde ein ungesunder Vorgang war. Nachdem diese Störung beseitigt und die Überliquidität in der Wirtschaft überwunden ist, erscheint die Bildung von Kapital als das dringendste Problem für die Produktionsgüterindustrie. Aus einer Beschränkung des Konsums sind weitere Störungen nicht zu erwarten; die Bank deutscher Länder ist beweglich genug, um hier allen Anforderungen zu entsprechen. Die Weiterbeschäftigung im Sektor der Produktionsgüter ist aber ohne Beschaffung von Kapital nicht möglich. Die wirtschaftlichen und sozialen Spannungen kommen ausschließlich aus diesem Sektor. Es muß uns gelingen, in kurzer Zeit dafür Kapital bereitzustellen. Eine Interimslösung für den Augenblick wäre dabei viel nützlicher als eine Ideallösung, die erst in drei Monaten wirksam würde. Ich bitte daher nochmals, das Zweite Steueränderungsgesetz ehestens zu genehmigen21. Wir befinden uns in Deutschland in einer Lage, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die Wirtschaft psychologisch außerordentlich reagiert. Deshalb bin ich der Auffassung, daß die Verabschiedung des Zweiten Steueränderungsgesetzes einen großen Anreiz zum Sparen und zur Durchführung von Investitionen auslösen wird. Darauf kommt es an. Alle anderen Maßnahmen über verschiedene Wechselformen oder andere Zwangskonstruktionen könnten nur zu dem Gegenteil dessen führen, was von uns gewollt wird. Der Hebelpunkt für die Wirtschaft ist in der Steuerregelung zu erblicken. Robertson: Wir treffen uns heute noch einmal zu einer Zusammenkunft und werden dann über das Gesetz Nr. 95 sprechen22. Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann 21

Hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Folgen der Ablehnung des Steueränderungsgesetzes hatte Erhard auf der Vorbesprechung mit den BlCO-Chairmen vom 8.4.1949 (Prot, in: Ζ 4/523, Bl. 128) ausgeführt: „Die deutsche Kapitalgüterindustrie hat Beschäftigung gefunden aus den überschüssigen Geldern. Dieser Prozeß ist erfolgreich abgeschlossen. Jetzt macht sich der Kapitalmangel in der deutschen Wirtschaft sehr bemerkbar. Abgesehen von der Erfüllung des Long-Term-Plans erhebt sich für mich eine aktuelle Betrachtung: die Aufrechterhaltung der Beschäftigung in der Produktionsgüterindustrie. Für diesen Zweck muß unter allen Umständen Geld bewilligt oder die Kapitalbildung angeregt werden. Die Eigenkapitalbildung der Unternehmungen ist nicht mehr gewährleistet. Die Steuervorlage war immerhin ein wirksames Mittel, um auf der privaten Ebene die Sparbildung anzuregen und auf der Seite der Unternehmungen die Kapitalbildung zu fördern. Die Wirtschaft braucht keine kurzfristigen Gelder, sondern es besteht Nachfrage nach mittel- und langfristigem Kapital. Die Bank deutscher Länder kann dem nicht nachkommen. Von diesem wirtschaftlichen und sozialen Standpunkt aus ist ein Steuergesetz, das vielleicht nur einen ersten Schritt bedeuten soll, aber sofort wirksam wird, wesentlicher als ein vollendetes Steuergesetz. Sofortige und dringende Hilfe ist unbedingt geboten, um das Entstehen einer ernsteren Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Was heute geschieht, ist bestimmt keine Inflation. Wir haben auch keine Sorge um die Aufrechterhaltung der Beschäftigung im Gesamtbereich der Verbrauchsgüterwirtschaft. Unsere einzige Sorge ist die Beschäftigung im Kapitalgüterbereich. Da bleibt nur der Weg der organischen Kapitalbildung, wozu das vorgeschlagene Steuergesetz dienen soll. Ich bitte, etwaige Bedenken hinsichtlich der Vollkommenheit des Steuergesetzes oder der noch nicht ausreichenden Grundlage einer organischen Steuerreform zurückzustellen und die Vorlage zu billigen. Von dieser Seite kann eine echte Deflation angestoßen werden".

22

Vgl. Dok.Nr. 27 B, TOP 2.

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gründen Sie Ihre Zahlen der Selbstfinanzierung in Höhe von 1,2 Mrd DM23 auf die Auswirkungen dieses Steuergesetzes. Wie wollen Sie aber die anderen Summen für das Investitionsprogramm zur Verfügung stellen, z.B. die 300 Mio DM aus Mitteln der Sozialversicherung? Was verstehen Sie dabei unter dem Lastenausgleich, der in Ihrer Aufstellung zweimal erwähnt ist? Wir wollen hier keine Einzelheiten erörtern und interessieren uns vielmehr nur dafür, wie Sie überhaupt glauben, an diese Kapitalbeträge heranzukommen. Pünder: Direktor Hartmann hat die Zahlen, die wir Ihnen gegeben haben, sehr genau errechnet und wird auch in der Lage sein, genauere Unterlagen dazu beizubringen24. Clay: Die Verhandlung hat bisher als konkreten Faktor lediglich die psychologisch günstigen Auswirkungen ergeben, die Sie von dem Zweiten Steueränderungsgesetz erwarten. Die Folgen dieses Gesetzes wären einerseits mehr Geld für Investitionen, aber andererseits weniger Geld für den Bedarf der Länder. Sie können doch das benötigte Kapital nicht allein aus der psychologischen Situation eines Steuergesetzes erwarten. Da müssen doch noch andere Mittel ergriffen werden. Es gibt solche Maßnahmen von Seiten der Regierung, die zur Bereitstellung von Kapital führen, und von denen hier noch nicht die Rede gewesen ist. Alle Kredite, die bisher im Zusammenhang mit dem Investitionsprogramm angefordert worden sind, beziehen sich ausschließlich auf die Counterpart Funds. Ich habe schon bei einer früheren Gelegenheit gesagt, daß es vielleicht für die deutsche Situation das Schlimmste ist, daß diese Counterpart Funds überhaupt bestehen. Im ganzen letzten Jahre habe ich von Ihrer Seite keinen einzigen Vorschlag wegen der Finanzierung von Investitionen gehört, der nicht auf die Counterpart Funds zurückging. Ich behaupte von meiner Seite nicht, daß ich geeignete Vorschläge für die Kapitalbildung machen kann; es handelt sich ja auch um eine Angelegenheit, die in Ihre Verantwortung fällt. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß die verschiedenen öffentlichen Finanzinstitute und die Wiederaufbaubank und die Bank deutscher Länder und andere Unternehmen, bei denen Kapital anfällt, zusammengefaßt und in das große Investitionsprogramm eingespannt werden müssen. Diese sollten sich zusammensetzen - wohl unter Leitung der Wiederaufbaubank - und sich darüber verständigen, wie das Kapital aufgebracht und sichergestellt werden kann. Es ist möglich, daß die Länder 700 Mio DM zahlen können25. Ich möchte aber näher wissen, wie dies geschehen soll, und möchte daher konkrete Zahlen von jedem einzelnen Land haben26, dann entsteht die weitere Frage, ob die Länder die Investitionen unmittelbar finanzieren sollen oder ob sie mit ihren Mitteln Schuldverschreibun-

23 24

25

26

Vgl. Anm. 15. Siehe detaillierte Stellungnahme „Inländische Quellen zur Finanzierung des Kapital-Investitions-Planes" in: Ζ 13/132. In seinem Vermerk vom 9.4.1949 (vgl. Anm. 12) wies Martini darauf hin, daß die Steuereinnahmen der Länder sich jährlich auf DM 12 bis 14 Mrd beliefen. Hiervon sollten die Länder die angegebenen Mittel von DM 1,95 Mrd zur Verfügung stellen. Martini knüpfte hieran die Überlegung der Ersparnis von Verwaltungsausgaben und einer rationelleren Gestaltung der gesamten westdeutschen Verwaltung. Voraussetzung hierfür sei „eine stärkere Beschränkung der Militärverwaltung auf die große Linie, da sonst der Apparat der deutschen Verwaltung nicht verringert werden kann". Pünder übermittelte diese Aufstellung BICO am 30.5.1949 (Nachl. Pünder/256, Bl. 26).

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gen der Wiederaufbaubank27 erwerben oder ob vielleicht eine Kombination dieser beiden Möglichkeiten der Finanzierung Anwendung findet. Ich glaube, daß ζ. B. durch die Bereitstellung von 25% der Wohnbaukosten in den öffentlichen Haushalten28 die fehlenden 75% Kapital angelockt würden. Übrigens muß geprüft werden, ob nicht die Bank deutscher Länder die Schuldverschreibungen der Wiederaufbaubank als Mindestreserven anerkennen soll. Das wollte ich jedenfalls zur Debatte gestellt haben. Ein weiteres Problem wäre, ob sich die zentralen Instanzen mit den Ländern und Banken nicht zusammensetzen sollten, um festzustellen, was von jedem der Kapitalgeber tatsächlich zu erwarten ist. Sie müssen berücksichtigen, daß der deutschen Regierung versprochen worden ist, daß sie einen Vertrag über die Marshall-Hilfe mit USA abschließen kann. Danach soll Deutschland auch ebenbürtig bei der Organisation in Paris beteiligt sein und die eigenen Vorschläge zum ERP vertreten. Wir hoffen, daß diese Entwicklung in wenigen Monaten Wirklichkeit wird und nicht erst auf lange Sicht gilt. Wenn allerdings bis dahin von Ihnen keine Maßnahmen ergriffen werden und gewisse Erfolge erzielt worden sind, dann vermindert sich für Sie und die deutsche Regierung die Chance auf auswärtige Hilfe. Zeit zum Debattieren ist nicht mehr gegeben, es müssen praktische Maßnahmen ergriffen werden. Hartmann: Die 300 Mio DM werden aus dem Arbeitslosenstock zur Verfügung gestellt werden können, sie müssen jedoch so angelegt werden, daß im Notfall darauf zurückgegriffen werden kann29. Die 250 Mio DM aus dem Lastenausgleich beruhen auf dem Gesetz vom 2.9.1948 30 , wonach die Grundstückseigentümer die vollen Annuitäten für Hypotheken und Grundschulden weiterzahlen und davon 90% den Ländern für Zwecke des Wohnungs-

27

Über die Möglichkeiten, private Ersparnisse über die Aussichten der Steuerreform hinaus für die Deckung des Finanzbedarfs heranzuziehen, führte Martini (vgl. Anm. 12) aus, daß hierfür ein besonderer Anreiz gegeben werden müsse. „Infolgedessen sollte der Gedanke der steuerbegünstigten Wiederaufbau-Anleihe der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgegriffen werden, allerdings in einer Form, die die sonstige Kapitalbelebung nicht beeinträchtigt. Das könnte vielleicht in der Form geschehen, daß für den Erwerb der Wiederaufbauanleihe zusätzliche Freigrenzen und besonders starke steuerliche Anreize gewährt werden". - Zur Geschichte der Wiederaufbauanleihe siehe Pohle, Wiederaufbau, S. 65 ff. Der Verwaltungsrat der KfW beschloB auf seiner Sitzung vom 6.5.1949 die Auflegung einer steuerbegünstigten 3% Anleihe im Betrag von DM 300 Mio und einer normalen 5,5% Anleihe ohne Begrenzung des Emissionsbetrages (vgl. auch Dok.Nr. 33, TOP 1).

28

Die von den Ländern vorgesehenen Zuschüsse aus Haushaltsmitteln zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus - DM 200 Mio im Land NRW und DM 60 Mio im Land Württemberg-Baden - (vgl. Ressortbesprechung unter Vorsitz von Pünder vom 3.3.1949, Prot, in: Nachl. Pünder/708) waren in der Übersicht (vgl. Anm. 15) mit DM 450 Mio berücksichtigt worden. - Die von Pünder mit Schreiben anBICO vom 30.5.1949 (vgl. Anm. 26) übermittelten detaillierten Angaben ließen den Betrag auf DM 437 Mio schrumpfen.

29

In der Stellungnahme über die inländischen Finanzierungsquellen (vgl. Anm. 24) heißt es hierzu: „Die Arbeitslosenversicherung hat seit der Währungsreform in der Bizone einen Bestand von 400 Mio DM ansammeln können, allerdings unter zunächst besonders günstigen Umständen und einschließlich umgestellter Altgeldguthaben. Wenn es gelingt, die Arbeitslosigkeit in Zukunft in engen Grenzen zu halten, werden sich wieder beträchtliche Überschüsse ansammeln, die für allgemeine Investitionen zur Verfügung gestellt werden können".

30

Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2.9.1948, WiGBl. 1948, S. 87.

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baues zufließen31. Diese Mittel stehen bis zum endgültigen Lastenausgleich zur Verfügung. Die weiteren 300 Mio DM aus dem Lastenausgleich sind der Betrag, der auf jeden Fall für Investitionen übrig bleibt32. Die übrigen 1,4 Mrd DM stammen aus allen öffentlichen Haushalten, sowohl Bizone wie Länder und Kommunen 33 . Das ist ein sehr beachtlicher Betrag, der mit Sicherheit für langfristige Investitionen bereitgestellt werden kann. Clay: Wie glauben Sie, daß Sie konkret an diese Mittel herankommen und darüber für die Investitionen verfügen können, die in dem Plan mit sieben Mrd DM enthalten sind? Hartmann: Die Mittel in den Länderhaushalten sind für bestimmte Zwecke festgelegt. Die Länder unterliegen nicht der Kontrolle der Bizone, sondern der eigenen Gesetzgebung. Clay: Das heißt also, daß über diese Mittel bereits verfügt ist? Hartmann: Das ist richtig, doch unterliegen die Etats der Länder ebenfalls der Kontrolle der Militärregierungen. Clay: Es handelt sich wohl in der Hauptsache um die Finanzierung des Wohnungsbaues? Hartmann: Nicht nur Wohnungsbau, sondern auch Straßenbau, Brückenbauten, Verkehrseinrichtungen. Clay: Werden mit diesen Mitteln etwa die Kosten der laufenden Unterhaltungen gedeckt? Hartmann: Nein, bei den von mir genannten Beträgen handelt es sich nur um einmalige Ausgaben für Investitionen und nicht um die laufende Unterhaltung. Robertson: Aber selbst wenn diese Mittel von den Ländern für einmalige Investitionen bereitgestellt werden, dann fallen sie doch nicht in das Investitionsprogramm von sieben Mrd DM. Hartmann: Doch, denn es handelt sich in allen Fällen um notwendige Investitionen. Das führt uns zu der Frage der Kapitallenkung. Wie Professor Erhard bereits ausgeführt hat, befürworten wir nicht Zwangsmaßnahmen. Wir wollen aber andererseits auch nicht der Kapitalverwendung einfach freie Bahn lassen, sondern wollen sie in die richtige Richtung bringen34. 31

Siehe VO zur Durchführung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 7.9.1948, WiGBl. 1948, S. 88. Gemäß § 3 sollten die Länder die Mittel zur Förderung des Wohnungsbaus, insbesondere zur Beseitigung von Kriegsschäden oder zur Zwischenfinanzierung anderer Bauvorhaben verwenden.

32

Vor allem die im Gesetzentwurf vorgesehene und später in das Soforthilfegesetz (WiGBl. 1949, S. 205) übernommene Aufbauhilfe (§ 44) sollte Investitionszwecken zugeführt werden. - Das Aufkommen aus dem Lastenausgleichsgesetz wurde von der VfF in ihrer Ausarbeitung vom 8.4.1949 (Nachl. Pünder/256, Bl. 71) mit DM 3 Mrd angegeben.

33

Vgl. Anm. 25.

34

Im Hinblick auf die Möglichkeiten, die Sparkassen zur Aufbringung des Investitionskapitals heranzuziehen, bemerkte Martini in seinem Vermerk vom 9.4.1949 (vgl. Anm. 12): „Gegen einen direkten Anlagezwang für Sparkassen - etwa in Wertpapieren der Kreditanstalt für Wiederaufbau oder in den Obligationen der Energiegesellschaften - bestehen gewisse Bedenken. Die Sparkassen müssen ebenso wie die anderen Kreditinstitute infolge der Währungsreform sehr vorsichtig disponieren. Ein Anlagezwang könnte zu einer starken Beeinträchtigung der Liquidität der Sparkassen und möglicherweise zu Zusammenbrüchen führen. Die Sparkassen können nur dann Wertpapiere übernehmen, wenn sie diese im Bedarfsfalle ohne Kursverlust jederzeit wieder veräußern können. Diese Voraussetzung ist bei der heutigen Lage des Kapitalmarkts nicht mehr gegeben.

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Mit den großen Versicherungsgesellschaften ist bereits ein Abkommen getroffen worden, wonach 250 Mio DM für Zwecke des Long-Term-Programms Verwendung finden35. Für die Sparkassen sind Anlagerichtlinien in Aussicht genommen. Meine Verwaltung bereitet ein Gesetz vor für die Steuerbegünstigung einer Anleihe der Wiederaufbaubank. Diese Vorlage halten wir für so wichtig, daß sich der Verwaltungsrat bereits in seiner nächsten Sitzung mit dem Gesetzentwurf befassen wird36. Robertson: Ich sehe aus Ihrer Aufstellung37, daß 450 Mio DM aus Sparguthaben erwartet werden. Welche Pläne haben Sie zur Förderung des Sparens? In meiner Heimat ist augenblicklich eine Sparschlacht im Gange mit einer großen Werbung für das Sparen, das als patriotisch gilt. Ausschüsse bearbeiten die Bevölkerung, um sie zum Sparen zu bringen. Haben Sie z.B. einen Plan, einen solchen Sparausschuß einzusetzen? Vielleicht kann man daran denken, daß kleine Schuldverschreibungen zur Förderung des Sparens vertrieben werden. Erhard: Seit Januar hat durch den Umbruch in der Preisbewegung sich die Spartätigkeit überraschend gut entwickelt. Es ist anzunehmen, daß sich das Sparen auch in nächster Zeit mindestens auf dieser Linie halten wird. Deshalb bin ich der Auffassung, daß der Ansatz von 450 Mio DM sehr vorsichtig gemacht ist und unter Umständen erhöht werden kann38. Wegen einer Propaganda zum Sparen liegen die Verhältnisse in Deutschland anders als in anderen Ländern. In den vergangenen zwölf Jahren sind alle Vokabeln abgenutzt worden, so daß jetzt eine Sparwerbung eher Widerreiz als Anreiz schaffen würde. Die Selbstfinanzierung in Höhe von 1,2 Mrd DM ist errechnet aus vorsichtigen Schätzungen der Rendite und der Abschreibungen in der Industrie. Clay: Der Betrag, den Sie aus den Counterpart Funds erwarten, ist größer als jeder andere Posten in Ihrer Rechnung. Wenn Sie glauben, etwa fünf Mrd DM aufbringen zu können, so muß ich darauf hinweisen, daß wir bereits 400 Mio DM bereitgestellt haben39. Wäre es unter diesen Umständen nicht durchaus recht von uns gehandelt, wenn wir Ihnen zunächst keine weiteren Kapitalmittel zur Verfügung stellen würden, bis Sie nicht zuvor im Verhältnis 5 : 2 eigenes Kapital aufgebracht haben? Erhard: Da ist doch aber zu berücksichtigen, daß in Deutschland laufend Investitio-

Außerdem spricht gegen einen Anlagezuang. daß damit die Kreditmöglichkeiten der Sparkassen für die mittleren und kleinen Betriebe im Lande entscheidend gekürzt würden. Da die Vielzahl dieser Betriebe für das Gelingen des Wiederaufbaus von größter Bedeutung ist, kann sich ein Anlagezwang für Sparkassen unter Umständen wirtschaftlich ungünstig auswirken. Deshalb scheint es zweckmäßiger, generelle Richtlinien für die Sparkassen zu erlassen, nach denen sie ihre Mittel für Anlagen verwenden sollen, die sich im Rahmen der Wiederaufbaupläne halten. Gewisse Anlagen (Kredite an Gaststätten, unnötige Bauten usw.) wären zu untersagen; dagegen wären ihnen Kredite für wirtschaftlich wichtige Wiederaufbauzwecke zu empfehlen". 35

In seinem Schreiben an BICO vom 30.5.1949 (Nachl. Pünder/256, Bl. 24) betonte Pünder, daß mit den Versicherungsgesellschaften „Vereinbarungen" getroffen worden seien, „die sicherstellen, daß ihre Kapitalien nur in volkswirtschaftlich wichtigen Vorhaben angelegt werden". Mit den Sparkassen seien entsprechende Verhandlungen im Gange. Eine schriftliche Vereinbarung konnte nicht ermittelt werden.

36

Vgl. Dok.Nr. 33, TOP 1.

37

Vgl. Anm. 15.

38

In der Stellungnahme über die inländischen Finanzierungsquellen (vgl. Anm. 24) waren hieraus DM 700 Mio angesetzt.

39

Mit diesen Mitteln war in erster Linie das Sofortprogramm der KfW finanziert worden, siehe Pohle, Wiederaufbau, S. 53 ff.

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nen durchgeführt und finanziert werden, zum Teil aus Mitteln der Selbstfinanzierung oder auch aus Mitteln der Versicherungsgesellschaften und der Sparkassen40. Ich gebe zu, daß eine straffere Zusammenfassung der Kapitalbildung und eine bessere Kontrolle auf deutscher Seite notwendig ist. Das ist aber eine sehr stark politische Frage, über die der Wirtschaftsrat und der Länderrat zu entscheiden hätten. Weil die Mittel des Kapitalmarktes bisher sehr stark zersplittert waren, könnte der Eindruck entstehen, daß auf deutscher Seite noch nichts geschehen wäre; praktisch aber lebt die Produktionsgüterindustrie von diesen Investitionen. Robertson: General Clay und ich wissen natürlich, daß in der deutschen Volkswirtschaft ständig Investitionen vorgenommen werden, aber wie Sie, Herr Professor Erhard, eben selbst gesagt haben, sind die Investitionen sehr zersplittert; sie stehen nicht unter Kontrolle. Da nun die Wiederaufbaubank der Eckstein unseres Gebäudes ist, möchte ich meinen, daß wir die Garantie für eine zweckentsprechende Verwendung von Kapitalien haben, wenn sie über die Wiederaufbaubank geleitet werden. Wenn Sie fragen, wo die Mittel der Wiederaufbaubank bisher hergekommen sind, dann kann ich wohl sagen: restlos aus den Counterpart Funds41. Wir wären glücklich, wenn wir von Ihnen hören könnten, daß auch andere Mittel fließen. Erhard: Ich glaube, daß die technischen Mittel für die Lenkung der Kapitalien geschaffen werden können. Es sind aber jetzt erst die Ziele des Marshallplanes in bezug auf die Investierungen sichtbar geworden; nun kommt es darauf an, den Einsatz von Material und die Kapitalverwendung damit in Übereinstimmung zu bringen. In dieser Richtung kann jedoch nur bei einer anderen Steuerpolitik Gutes erwartet werden. Köhler: Eine einheitliche Methode der Kontrolle für alle anfallenden Kapitalien ist nicht möglich. Inwieweit zur Kontrolle der Kapitalverwendung gesetzliche Maßnahmen erforderlich sind, könnte ja bald von den zuständigen Stellen geprüft werden. Schniewind: In die Ihnen überreichte Aufstellung42 hat sich ein Irrtum eingeschlichen, den wir zu verantworten haben und der den Einduck erwecken kann, daß die sieben Mrd DM über die Wiederaufbaubank geleitet werden sollen. Von der unter lit. a) der Aufstellung genannten Kapitalien (Spareinlagen, private Versicherung, Sozialfonds, Emission von Aktien und Obligationen, langfristige Kredite von Banken, private Darlehen) würden ohne besondere Maßnahmen nur die 300 Mio DM aus dem Arbeitslosenstock zur Verfügung der Wiederaufbaubank gestellt werden können. Für die anderen Kapitalquellen bedürfte man allerdings der Form der Anleihe, wenn die Mittel der Wiederaufbaubank zugeführt werden sollen; eine solche Anleihe müßte mit großen steuerlichen Vorteilen verbunden sein. Die Kaptialbeträge unter lit. b) der Aufstellung (Investierungen ausschließlich Hausbau, Gesetz betr. die Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich, Zuschüsse zum Hausbau, Überschuß der Länderhaushalte, Lastenausgleich) könnten über eine

40

Als Anlage zu seinem Schreiben an BICO vom 30.5.1949 (Nachl. Pünder/256, Bl. 28-31) legte Pünder eine Übersicht über das Investitionsvolumen im VWG in der Zeit vom 1.7.1948 bis zum 31.3.1949 und seine Finanzierung vor, aus der hervorging, daß der Umfang der deutschen Investitionsleistungen in diesen neun Monaten sich auf DM 6 Mrd belief. In seinem Begleitschreiben (ebenda, Bl. 23) wies Pünder daraufhin, daß der überwiegende Teil der Investitionen zweifellos dem Wirtschaftsausbau und der Ausweitung der Produktion zugute gekommen sei.

41

Vgl. Anm. 39.

42

Vgl. Anm. 15.

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neue Stelle der Bizone gelenkt werden. Wir werden darüber in Kürze vollbefriedigende Vorschläge machen. Bei dieser Gelegenheit darf ich die Aufmerksamkeit der Herren Militärgouverneure auf das Gesetz über den Kapitalverkehr 43 lenken, dessen ausgesprochener Zweck die Sicherung der Finanzierung der Investitionen im Sinne des Marshallplanes ist. Robertson: General Clay und ich haben nicht angenommen, daß die sieben Mrd DM unter die Kontrolle der Wiederaufbaubank kommen sollen. Vocke: Zwei Punkte müssen berücksichtigt werden, wenn über Kapitalbildung gesprochen wird: a) Wir brauchen das Vertrauen in die Währung. Die Leute haben begonnen, wieder zu sparen, als die Preise nicht weiterstiegen. Sollten die Preise wieder steigen, dann würden diese Leute ihre Mittel aus den Banken und Sparkassen zurückziehen. Wir sind aus der Gefahrenzone der Inflation noch keineswegs heraus44. Da unsere Währung keine Deckung hat, ist ihre sorgfältige Manipulierung nach dem Umlaufbedarf die Hauptsache. Die Bank deutscher Länder hat deshalb die Bitte, daß sie nicht zu Methoden der Kreditschöpfung gezwungen wird, die nach dem Urteil inländischer und ausländischer Sachverständiger als bedenklich anzusehen sind. b)Zur Förderung der Kapitalbildung gehört der Verzicht auf eine Politik des künstlich niedrigen Kapitalzinses, sonst ist das Maximum an Kapitalbildung nicht zu erreichen45. Hilpert: Die vorgelegten Pläne sind das Ergebnis gemeinsamer Arbeit, an der auch der Länderrat beteiligt war46. Den Beträgen, die aus den Haushalten der Länder erwartet werden, liegt eine genaue Aufgliederung47 zugrunde; diese Zahlen halte ich daher für durchaus realisierbar. Der Optimismus liegt nach meiner Meinung in den 300 Mio DM aus dem Lastenausgleich. Die Aufgabe, vor der wir stehen, ist doch, wie wir zu einer vernünftigen Koordinierung kommen können, um Fehlleitungen von Kapital zu vermeiden; diese Koordinierung muß als gegenseitiges Kontrollsystem die bizonale Verwaltung und die Länderverwaltung umfassen. Die Annahme, daß der Betrag von 1,2 Mrd DM aus Selbstfinanzierung eine Antizipierung der Steuerermäßigungen nach dem Gesetz Nr. 95 darstellt, ist nicht richtig; die Zahl ergibt sich vielmehr aus den steuerlich zulässigen Abschreibungen. Wenn das zweite Steueränderungsgesetz genehmigt wird, wird der steuerliche Ausfall nur etwa 20% betragen. Abs: In dankbarer Anerkennung, aber auch mit dem Ausdruck des Bedauerns muß

43

Vgl. Dok.Nr. 6, Anm. 24.

44

Erhard (Wohlstand für alle, S. 45) kennzeichnet diese Phase als Bemühen, nicht von dem schmalen Pfad zwischen Deflation und Inflation abzuweichen.

45

Erhard (ebenda) beschreibt die ergriffenen kreditpolitischen Maßnahmen wie folgt: „Ende März 19491öste die BdL die harte Kreditschraube mit der seinerzeitigen Festlegung der Kredite auf den Stand von Ende Oktober 1948. Ab 1.6.1949 wurden die Mindestreservesätze von 15 auf 12% bzw. von 10 auf 9% ermäßigt. Am 27.5.1949 und am 14.7.1949 folgte die Senkung des Diskontsatzes um je 'Δ% , d.h. von 5 auf 4%. Im Spätsommer 1949 wurde den Geldinstituten eine außergewöhnliche Refinanzierungshilfe für langfristige Produktions- und Investitionskredite in Höhe von 300 Mill. DM gewährt. Am 1.9.1949 wurde dann noch einmal eine Senkung der Mindestreservehaltung sowie der Sätze für Termin- und Sichteinlagen vorgenommen".

46

Siehe insbesondere die Beratungen im FinA. des LR vom 8.4.1949 (Prot, der 26. Sitzung in: Ζ 4/556, Bl. 168-169).

47

Diese konnte nicht ermittelt werden.

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ich zugeben, daß bisher der Bank deutscher Länder ausschließlich die Counterpart Funds zur Verfügung gestanden haben. Es ist jedoch bekannt, daß unser Arbeitsschema48 die Übernahme von Obligationen ζ. B. für die 20 Elektrizitätswerke vorsieht, deren Bau oder Erweiterung wir finanzieren49, allerdings werden die Beträge, die so übernommen werden können, sehr klein sein. Der Erfolg der Emissionen hängt ja nicht von unserer Anstalt ab; es handelt sich um Emissionen der Werke50. Wir sind der Auffassung, daß die erste Emission der Wiederaufbaubank ein voller Erfolg sein muß. Bisher ist es allerdings so, daß die meisten Kreise der Wirtschaft und auch die Sparer zu wenig von uns wissen. Es kommt hinzu, daß wir nur einen äußerst dünnen Kapitalmarkt haben, dessen Pflege die Hand eines Gärtners notwendig macht. Man darf nicht vergessen, daß zur Zeit jeder Sparer Obligationen aus der RM-Zeit mit einer effektiven Verzinsung von 9 - 9 Vi% erwerben kann51. Daher soll unsere Emission in eine steuerliche Begünstigung eingelagert werden. Wie bereits erwähnt, ist ein Abkommen mit den Versicherungsgesellschaften getroffen, daß sie Industrieobligationen nur im Einvernehmen mit der Wiederaufbaubank erwerben und auch wegen der Kredithergabe sich an die Richtlinien der Wiederaufbaubank halten52. Schließlich muß ich noch darauf hinweisen, daß Einzelfinanzierungen nur bei solchen Objekten vorgenommen werden dürfen, deren Endfinanzierung sichergestellt ist53; es muß vermieden werden, daß mehr Objekte in Angriff genommen werden, als am Ende finanziert werden können. Daher wäre es sehr wichtig, daß die Wiederaufbaubank Übernahmegarantien erhielte. Robertson: Mit den sehr interessanten Ausführungen von Herrn Abs stimmen wir im wesentlichen überein. Der erste Versuch der Wiederaufbaubank, an den Kapitalmarkt heranzutreten, muß ein voller Erfolg werden. Das geht nicht allein mit Zeitungsannoncen. Vielmehr ist erforderlich, daß die einflußreichen Kreise der Wirtschaft von der Güte der Wiederaufbaubank überzeugt werden. Das wird eine harte Arbeit erfordern. Die Wiederaufbaubank ist der Eckpfeiler unseres ganzen Gebäudes, deshalb darf die erste Emission nicht schief gehen.

48

Gemeint ist wohl das Sofortprogramm der KfW (vgl. Pohle, Wiederaufbau, S. 53 ff.).

49

Im Zuge des Sofortprogramms hatte die KfW für den Ausbau der Energiewirtschaft eine Kredithilfe von DM 170 Mio vorgesehen (Pohle, Wiederaufbau, S. 53). Mit Memorandum vom 15.2.1949 (Z 13/11, Bd. 1) räumte BICO jenen Projekten eine besondere Priorität ein, bei denen sich kurzfristig eine wesentliche Steigerung der Kapazität ergeben werde. Die damit zu fördernden zwanzig Elektrizitätswerke waren in der Anlage namentlich aufgeführt. Die für das Kalenderjahr 1949 erforderlichen Mittel in Höhe von D M 2 2 0 Mio sollten umgehend, nötigenfalls aus den Counterpart Fund, bereitgestellt werden. Die KfW entwickelte für die Durchleitung dieses Betrages ein besonderes Schema, „nach dem die kreditnehmenden Energiegesellschaften durch ihre Bankenkonsortien 6'/2prozentige Obligationen am Kapitalmarkt zur Zeichnung auflegen sollten". Nicht unterzubringende Emissionen übernahm die Kreditanstalt bis zu einer späteren Placierung ins Depot selbst „und gewährte hiergegen den Gesellschaften einen Buchkredit zum Satz von 6 für die Dauer bis zu zehn Jahren. Die Grundidee dieses Schemas resultierte aus der Überlegung, neben den Mitteln der Counterpart Funds auch den innerdeutschen Kapitalmarkt trotz seiner außerordentlich geringen Aufnahmefähigkeit soweit wie möglich heranzuziehen" (Pohle, Wiederaufbau, S. 54).

50

Siehe Anlage zum Schreiben von BICO an den Verwaltungsrat der KfW vom 1.3.1949 in: Ζ 13/11, Bd. 1.

51

Demgegenüber betrug der Diskontsatz der BdL bis zum 27.5.1949 5% und danach bis zum 14.7.19494,5%. Hiernach wurde er sogar auf 4% gesenkt (Erhard, Wohlstand für alle, S. 72).

52

Vgl. Anm. 35.

53

A m 9.3.1949 (Z 13/11, Bd. 1) hatte BICO genaue Anweisungen über die erforderliche Form und nähere Angaben bei der Einrichtung von Anträgen auf Freigabe von ERP Counterpart Funds erlassen.

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Damit sind wir am Ende unserer heutigen Besprechung. General Clay und ich wissen diese Unterhaltung sehr zu würdigen. Wir waren neugierig und kritisch zugleich. Insbesondere wollten wir wissen, ob die angegebenen Zahlen wirklich Geld bedeuten. Wie Sie die Regelung treffen, ist Ihre Angelegenheit. Wir freuen uns zu hören, daß Sie der Auffassung sind, daß die Aufgabe gelöst werden kann. Ich habe schon zum Ausdruck gebracht, daß Eile geboten ist. Wir sind unsererseits gern bereit, zu helfen, das bedeutet also, die Counterpart Funds zur Verfügung zu stellen. Mehr als zwei Mrd DM werden aber nicht zur Verfügung sein. Sie werden unser Geld zu sehen bekommen, sobald wir Ihr Geld sehen54. Ich glaube, daß damit Herrn Abs ein gutes Stück entgegengekommen ist. Wenn er im einzelnen noch spezielle Vorschläge für die Finanzierung von Investitionen unterbreiten will, so wollen wir sie gern in Erwägung ziehen55.

54

In seinem Schreiben an BICO vom 30.5.1949 (Nachl. Pünder/256, Bl. 23-31) ging Pünder davon aus, daß die von den MilGouv. geforderten Finanzierungsleistungen im genannten Verhältnis von 5 : 2 nicht nur erbracht, sondern weit überschritten worden seien. Auch für die Zukunft habe der VR alle sonstigen Maßnahmen ergriffen, um die Finanzierung der Investitionen aus deutschen Quellen zu erleichtem. Die Bedingungen für die Bereitstellung weiterer Mittel aus den Counterpart Funds seien somit erfüllt, so daß eine bindende Zusage an die KfW erbeten wurde. - Anläßlich der Besprechung vom 14.6.1949 (vgl. Dok.Nr. 48, TOP 1) wurde dieses Thema erneut behandelt.

55

Pohle (Wiederaufbau, S. 53) weist daraufhin, daß die Frage der Kredithilfe Gegenstand ständiger Kontakte zwischen dem Vorstand der KfW und den Finance Advisors von BICO bzw. dem Joint Secretariat war.

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Monatliche B e s p r e c h u n g

BA Ζ 4/212, Bl. 138-144. Von Troeger gez. Ausf. des Prot, vom 14.4.19491 TO: Ebenda, Bl. 145 Anwesend: Gen. Clay, Gen. Adcock (amerik. MilReg.); Gen. Robertson, Gen. MacReady (brit. MilReg.) Präs. Köhler, Vizepräs. Dahrendorf, Abg. Horn, Abg. Kriedemann, Abg. Wellhausen 2 (WR) SenPräs. Kaisen, MinPräs. Kopf, MinPräs. Lüdemann, FinMin. Hilpert, GS Troeger (LR) ODir. Pünder, Dir. Erhard, Dir. Frohne, Dir. Hartmann, Dir. Schlange-Schöningen, Dir. Schuberth, Dir. Storch (VR).

1. Freigabe der Bewirtschaftung von Schuhen und Textilien Erhard: Wir haben den Antrag gestellt, die Bewirtschaftung für Schuhe und Textilien aufzuheben'. D i e Beibehaltung der Bewirtschaftung bringt mehr Störungen mit sich als ihre Aufhebung. Ich habe dies in einem ausführlichen Schreiben begründet, das den Herren Militärgouverneuren vorgelegt ist4. In zunehmendem Maße zeichnet sich die Preissenkung ab, die wir nicht stören dürfen. Die Rohstoffversorgung ist gesichert. Heute kann jede durch Kaufkraft gedeckte Nachfrage befriedigt werden. Unsere Wirtschaftspolitik will den Druck auf die Preise bestehen lassen, um zu einer besseren Befriedigung der Nachfrage zu kommen 5 . D i e augenblickliche Bewirtschaftung hemmt 1

Mit Stempel „Vertraulich", von Troeger mit handschr. Vermerk „Zur Sammlung" und Verteilerschlüssel versehen. Parallelüberlieferung: Prot, von Sahm vom 14.4.1949 in: Ζ 13/2, Bd. 4, Bl. 2-6 sowie ungez. und undat. Prot, (handschr. Vermerk: „Von Wirtschaftsrat") in: Ζ 4/212, Bl. 155-157.

2

Korrigiert aus: Wollhausen.

3

Die VfW hatte diesbezügliche Anträge an BICO bereits mit Schreiben vom 24.2., 16.3. und 22.3.1949 (Z13/ 214, Bd. 1, H. 2) gestellt. Hierzu hatte BICO mit Memorandum vom 31.3.1949 (ebenda) die Ansicht vertreten, daß die Versorgung Deutschlands mit diesen Verbrauchsgütern noch nicht ausreichend genug sei, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. „Die Kaufkraft des Publikums ist gegenwärtig zu gering, um ihm zu ermöglichen, die zur Verfügung stehenden Gütermengen zu den jetzt angebotenen Preisen aufzunehmen". Zu diesen Ausführungen hatten Erhard mit Schreiben an BICO vom 4.4.1949 und Pünder mit Schreiben an BICO vom 5.4.1949 Stellung genommen (ebenda) und den Antrag auf Freigabe erneuert.

4

Schreiben vom 4.4.1949 (vgl. Anm. 3).

5

Hierzu hatte Erhard (vgl. Anm. 3) ausgeführt: „Es trifft sicher zu, daß das Angebot an Verbrauchsgütern den deutschen Bedarf im Sinne seiner Bedürfnisse nicht deckt, wohl aber findet jede durch Kaufkraft gedeckte Nachfrage im Markte heute volle Befriedigung. Die noch unzureichende Kaufkraft des deutschen Volkes ist Ausdruck der geringen Produktivität der Volkswirtschaft als Folge einer 15jährigen Mißwirtschaft, der Zerstörungen des Krieges und anderer ungünstiger Faktoren. Diese Armut kann nur durch bessere Leistung und vermehrte Arbeit überwunden werden; durch die Aufrechterhaltung der Punktbewirtschaftung ist dieses Problem nicht zu lösen. In bezug auf die Produktionssteigerung aber hat sich gerade die größere Freizügigkeit der Marktwirtschaft bewährt. Das neue freie Einfuhrverfahren ermöglicht es im übrigen jedem Textilfabrikanten und -händler, die für die Versorgung geeignetsten Materialien zu importieren, wobei ich darauf hinweisen möchte, daß wir bei der Aufstellung der Artikelgruppen, die im Rahmen dieses Verfahrens überhaupt importiert werden können, darauf Wert legen, daß sich diese im Rahmen der Bedarfsgüter bewegen, die von den breiten Schichten der Bevölkerung am dringendsten benötigt werden. Gerade unter diesem Gesichtspunkt sind die Importe von Rohbaumwolle und Rohwolle aus dem freien Einfuhrverfahren herausgenommen worden, um uns die Möglichkeit zu geben, diejenigen Sorten einzuführen, die bei uns zur Herstellung der Konsumgüter in erster Linie benötigt werden und um auch die Qualitäten zur Verfügung zu haben, die für den Export fertiger Textilien erforderlich sind. Die Marktwirtschaft erhält nicht mehr die Fiktion einer ausreichenden Versorgung aufrecht, sondern läßt in unverfälschter Weise die wirkliche Versorgungslage der Bevölkerung zutage treten. Durch das Gleichge-

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nur die Produktion. Die Freigabe bedeutet eine wesentliche Verbesserung der ganzen ökonomischen Lage. Wir haben den Zustand zu verzeichnen, daß Jedermann-Schuhe6 nicht mehr zu den vorgesehenen Preisen abgesetzt werden können, obgleich sie früher preissenkend gewirkt haben7. Bis zu 80% der Produktion soll als Stapelware auf den

wicht von Güterangebot und kaufkräftiger Nachfrage kann aber selbst bei Knappheit die Marktwirtschaft auf die Mittel der staatlichen Bewirtschaftung und der staatlichen Preisbindung verzichten. Die von der Verwaltung für Wirtschaft verfolgte Wirtschaftspolitik strebt - wie die Entwicklung zeigt mit Erfolg - über weitere Preissenkungen und auch Lohnerhöhungen eine Verbesserung der Lebenshaltung der großen Masse unseres Volkes und damit auch eine gleichmäßigere Verteilung des Volkseinkommens an. Die allgemeine Knappheit und A r m u t drückt sich nicht in dem Wirtschaftssystem, sondern in der Lebenshaltung aus, und ich bin deshalb der Meinung, daß die befürchteten Rückwirkungen auf die finanziellen Unterstützungen für Westdeutschland bei richtiger Würdigung der Verhältnisse nicht zu erwarten sein werden". Erhard bemerkte weiter: „Die staatlich gebundenen Preise für Jedermann-Schuhe werden im Markte bereits unterboten. Es ist für die gesamte deutsche Wirtschaft charakteristisch, daß überall dort, wo staatliche Preise fixiert wurden, heute eine Verteuerung der Lebenshaltung festzustellen ist, während die freien Preise durchweg im Absinken begriffen sind. Eine Preisbindung für Jedermann-Waren würde heute diese sozial wohltätige Wirkung nur hemmen. Das System der Marktwirtschaft ist, wie die Entwicklung zeigt, kein solches, das eine ausgedehnte Produktion teurer Waren fördert. Die Marktwirtschaft stellt vielmehr ganz organisch sicher, daß diejenigen Waren produziert werden, die gemäß der Kaufkraftstruktur der Bevölkerung und den Verbraucherwünschen nachgefragt werden. D e r Luxuskonsum und die Luxusproduktion sind außerordentlich stark zurückgegangen und drohen in manchen Sektoren völlig zum Erliegen zu kommen, während sich die Erzeugung auch ohne Zwang und Kontrollen immer mehr auf Stapelware konzentriert. Sollte die rückläufige Preisbewegung, die einen außerordentlichen Umfang angenommen und damit die Kaufkraft jedes einzelnen erheblich gesteigert hat, einen umgekehrten Weg gehen, so ist die Verwaltung durchaus in der Lage, durch Festsetzung von Preisen und Handelsspannen einer solchen etwaigen Preiserhöhungstendenz im vornherein entgegenzutreten. Ich bin mir bewußt, daß mein Programm der sozialen Marktwirtschaft nur zu halten ist, wenn die Preisentwicklung auf dem Niveau bleibt, das sie zur Zeit erreicht hat bzw. dieses noch unterschreitet. Es wird deshalb mein Bestreben sein, dieser Frage meine ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Das staatliche Bewirtschaftungssystem ist zusammengebrochen, weil es sich in seiner Auswirkung als unwirtschaftlich und unsozial erwiesen hat und weil es mit der in Deutschland eingetretenen Überspitzung der menschlichen Natur zuwiderlief. Es ist meine Überzeugung, daß keine behördliche Macht in der Lage ist, die deutsche Wirtschaft mit den Mitteln der Bewirtschaftung und der Preisbindung zu einer Gesundung zu bringen. Die Durchführung der Bewirtschaftungsmaßnahmen selbst liegt nicht bei der Verwaltung für Wirtschaft, sondern bei den Landwirtschaftsverwaltungen, und es ist charakteristisch genug, daß auch in den Ländern, in denen Wirtschaftsminister dogmatisch auf dem Boden der Planwirtschaft stehen, dieses Prinzip nicht zu retten war. Die Aufhebung der Bewirtschaftung in Westdeutschland entspricht im übrigen einem parlamentarisch-demokratischen Votum des Wirtschaftsrates, und ich bin gesetzlich gehalten, die Wirtschaftspolitik nach diesen Grundsätzen auszurichten". 6

Bei dem im Oktober 1948 verkündeten Jedermann-Programm handelt es sich um ein Produktionsprogramm preiswerter Erzeugnisse hoher Qualität. Es war beschränkt auf solche Waren (Textilien, Schuhe und Haushaltswaren), deren Produktion von Rohstoffen abhing. Diese sollten gezielt verteilt werden, um so eine rasche und billige Produktion zu sichern (vgl. Pünder, Interregnum, S. 309 f.).

7

Auf der Vorbesprechung mit den BICO-Chairmen hatte Gen. MacReady hierzu angefragt (Prot, in: Ζ 4/ 523, Bl. 126-127), ob der V R nunmehr weniger Wert auf das Jedermann-Programm lege. Hierauf antworteten Erhard und Pünder: „Erhard: Das Jedermann-Programm wird bei der jetzigen Wirtschaftslage dasselbe Ziel wie bisher haben, wird aber mit anderen Methoden arbeiten. Es empfiehlt sich nicht mehr, Preisbildungen für das JedermannProgramm durchzuführen, weil jede Preisbildung als Sog nach oben wirkt. A u ß e r d e m hat sich gezeigt, daß der deutsche Verbraucher müde ist, sich in seinem Verbrauch uniformieren und schablonieren zu lassen. Jedermann-Schuhe sind am schlechtesten absetzbar von dem ganzen Sortiment. Pünder: Wir haben von vornherein auf den wesentlichen Unterschied zwischen dem Jedermann-Programm und dem englischen Utility-System hingewiesen. Das Jedermann-Prgramm war nicht das Ziel, sondern nur ein Mittel unserer Politik. Dieses Mittel bestand darin, daß wir durch das Jedermann-Programm eine

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Markt kommen mit Höchstgrenzen für die Preise und mit einer Minimalgrenze für die qualitative Ausstattung8. Die vorgeschlagene Freigabe wird von allen Wirtschaftsministern der Länder ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit gebilligt®. Robertson: Wir haben Ihr Schreiben genau studiert. Die beiden Vorsitzenden des Zweimächtekontrollamtes haben Ihnen mit Schreiben vom 31.3.1949 unsere Ansicht übermittelt10. Wir wollen allerdings keine Obstruktion treiben, nachdem wir wissen, daß Sie sehr darauf aus sind, den Schritt zur Freigabe zu machen. Wenn wir unsere ablehnende Stellungnahme zurücknehmen, dann kann dies nur unter einer Bedingung geschehen, weil dieser Schritt von einer großen sozialen Bedeutung ist. Wir wollen, daß die Folgen der Freigabe in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Wenn der Wirtschaftsrat Ihren Entschluß billigt, dann werden Sie von unserer Seite keine Opposition erleben11. Erhard: Ich bin davon überzeugt, daß der Wirtschaftsrat unserem Antrag beitritt12. Robertson: Ich bin davon überzeugt, daß der Wirtschaftsrat zustimmt, auch wenn Sie diese Überzeugung nicht hätten. Köhler: Soll auch der Länderrat deswegen befragt werden? Robertson: Ein Beschluß des Wirtschaftsrates genügt uns. Wir wollen die rechtliche Seite der Frage nicht erst zur Diskussion stellen. 2. Zweites Steueränderungsgesetz Robertson: Diese Frage ist schon bei der vorangegangenen Besprechung behandelt worden13. Wir wissen, daß Sie das Steueränderungsgesetz als ein fortschrittliches Mittel für die Kapitalbildung auf dem Wege über die Steuerpolitik betrachten, und daß Sie anderenfalls eine größere Arbeitslosigkeit befürchten. Wir wissen auch, daß bereits größere Rückgänge in der Beschäftigung der Produktionsmittelindustrie eingetreten sind.

Initialzündung geben wollten. Es war von vornherein erhofft, daß das ledermann-Programm sich so bald wie möglich überflüssig machen sollte. Dieser Punkt ist nach unserer Meinung bei Textilien und Schuhen erreicht". Gen. MacReady meldete jedoch Bedenken an und bemerkte: „Wenn ein Jedermann-Programm gelingen soll, so müssen die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, damit die Hersteller der Produkte die notwendigen Zuteilungen erhalten. Die Preise müssen dem Programm angepaßt werden und die Qualitäten den in Aussicht genommenen Käufern. Was diese beiden letzten Punkte angeht, so scheint es, daß diese Feststellungen noch nicht getroffen worden sind". 8

9 10 11

Erhard ging davon aus, daß die Produktion von monatlich zwei Mio Paar Schuhen nach dem JedermannProgramm und die Aufteilung der Textilien in 80% für Gebrauchsqualitäten und 20% für den Export erhalten bleiben sollte (vgl. Schreiben an BICO vom 4.4.1949, Anm. 3). Dem Export werde in der VfW größte Beachtung geschenkt. Ihm werde „jede im Rahmen der freien Marktwirtschaft mögliche Unterstützung zuteil". Vgl. Prot, der 12. Sitzung des WiA. des LR vom 23.2.1949 in: Ζ 4/571, Bl. 48. Vgl. Anm. 3 Mit Memorandum vom 20.4.1949 (Z13/214, Bd. 1, H. 2) bekräftigte BICO die Auffassung der MilGouv., daß die Aufhebung der Bewirtschaftung an dem Tage wirksam werden sollte, an dem der WR einen entsprechenden Beschluß fasse. Bereits am 19.4.1949 hatte die DirK. einen Antrag des VR mit Begründung, der von der VfW am gleichen Tage vorgelegt worden war (ebenda), dem WR zugestellt. Der VR billigte dieses Vorgehen am 27.4.1949 (vgl. Dok.Nr. 29, TOP 12).

12

Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion nahm der WR auf seiner 36. W vom 3./4.5.1949 (WR-Wörtl. Ber., S. 1633) den Antrag des VR an. Damit wurde die Freigabe wirksam.

13

Vgl. Dok.Nr. 27 A.

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Köhler: Der Finanzausschuß des Wirtschaftsrats hat zu dem Schreiben des Zweimächtekontrollamts vom 1.4.1949, das die vorläufige Stellungnahme zu dem Steueränderungsgesetz brachte 14 , in einem Beschluß Stellung genommen, den ich den Herren Militärgouverneuren zugeleitet habe15. Ich darf bemerken, daß auch die Minderheit sich mit diesem Beschluß einverstanden erklärt hat. Im Namen des Wirtschaftsrats trage ich deshalb die Bitte vor, zu dem Zweiten Steueränderungsgesetz umgehend Stellung zu nehmen. Clay: Ihr Schreiben ist uns erst vor zwei Minuten zugestellt worden. Nachdem jetzt klargestellt ist, daß die Vorschläge zu Steueränderungen für das Jahr 1949 abgeschlossen sind, können wir Ihnen unsere Entscheidung für die nächsten zwei Tage in Aussicht stellen16. 3. Lastenausgleich Köhler: Durch die Presse ist in diesen Tagen die Nachricht gegangen, daß mit einer baldigen Genehmigung des Lastenausgleichsgesetz zu rechnen ist". Ich darf mir die Frage erlauben, ob diese Pressenachricht zutrifft. Robertson: Die Presse greift häufig den tatsächlichen Verhältnissen voraus. Das gilt auch für diesen Fall. Ich kann nur wiederholen, was ich schon früher gesagt habe, daß wir auf eine baldige Entscheidung hoffen 18 . [. . .] 4. Ziviler Luftverkehr Frohne: Aus gewissen Erfahrungen der letzten Zeit sehen wir uns veranlaßt, nochmals die Frage der Beteiligung deutscher Stellen bei der Bearbeitung von Fragen des zivilen Luftverkehrs vorzubringen. Es sind in letzter Zeit Konzessionen an ausländische Gesellschaften für den zivilen Luftverkehr erteilt worden, und es ist geplant, weitere Konzessionen auszugeben. Diese Maßnahmen sind von großer Bedeutung für unsere Verkehrseinrichtungen und müssen insbesondere die Tarife für den Güterverkehr mit Lastwagen und für die Eisenbahn beeinflussen. Es ist uns sehr daran gelegen, daß hier eine Koordinierung Platz greift. Wir wissen weiter, daß das Zweimächteamt für den Luftverkehr Verträge über die Flugplätze abschließen will. Mehrere Städte sind an die Verwaltung für Verkehr herangetreten und haben um Kredite für den Ausbau der Flughäfen gebeten. Die Verwaltung für Verkehr ist gehalten, bei solchen Maßnahmen auch die Wirtschaftlichkeit der anderen Verkehrsträger zu beachten. Aus diesen Gründen heraus bittet der Verwaltungsrat um die Ermächtigung, in Fragen 14

Vgl. Dok.Nr. 25, Anm. 45.

15

Die Stellungnahme des Ausschusses, die dieser am 8.4.1949 (Prot, in: Z3/85) verabschiedet hatte, war enthalten in einem Schreiben der Abg. Blücher, Pferdmenges, Ketels, Seuffert und Krämer an Köhler gleichen Datums (ebenda). Darin wurde betont, daß das Gesetz den Abschluß der Einkommensteuergesetzgebung für das Jahr 1949 bilde. Die von diesem Gesetz angestrebte stärkere Förderung der Kapitalbildung werde aber ernstlich gefährdet, wenn es nicht unverzüglich in Kraft gesetzt werde. Im übrigen könne die angestrebte „große Steuerreform" in der Amtszeit des WR nicht mehr verwirklicht werden.

16

Am 19.4.1949 (Z13/11, Bd. 2) genehmigte BICO das Gesetz. Es trat am 20.4.1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 69).

17

Die Frankf. Rdsch. hatte am 12.4.1949 berichtet, daß mit der alliierten Stellungnahme in Kürze gerechnet werden könne.

18

Vgl. Dok.Nr. 20, TOP 4.

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des Luftverkehrs unmittelbar mit dem Zweimächteamt für den zivilen Luftverkehr verhandeln zu dürfen; er bittet ferner darum, daß die Herren Militärgouverneure dieses Zweimächteamt anweisen, den Verwaltungsrat bei allen wichtigen Maßnahmen auf dem Gebiete des zivilen Luftverkehrs zu beteiligen". Robertson: Es ist Ihnen bekannt, daß die zivile Luftfahrt nach den Bestimmungen des Besatzungsstatuts einer der vorbehaltenen Gegenstände ist20. Wir sind unsererseits dabei an feste Anweisungen gebunden. Offenbar wollen Sie aber mit Ihrem Antrage nur erreichen, daß Sie bei solchen Maßnahmen angehört werden. Damit können wir uns im Rahmen unserer Zuständigkeit wohl befassen. Wir werden Ihnen unsere Entscheidung bei unserem nächsten Zusammensein bekannt geben21. 5. Kohleneinfuhr

Erhard: Auf unseren Antrag, daß wir für die exportierte Kohle den vollen Weltmarktpreis erhalten, ist uns in Aussicht gestellt worden, daß wir gegebenenfalls einen Ausgleich aus Mitteln des Marshallplanes erhalten22. Wir haben inzwischen eine Sonderzuweisung in Höhe von 15 Mio Dollar erhalten. Ich darf dafür meinen Dank aussprechen. Nunmehr haben wir die Bitte, daß uns die Genehmigung erteilt wird, 750 000 bis 1 Mio to Kohle zu importieren23. Die Notwendigkeit ist durch die Situation bei der Kohlenversorgung im zweiten und dritten Quartal 1949 gegeben. Nach dem Moskauer Abkommen 24 haben wir jetzt den höchsten Abgabesatz für Exportkohle erreicht. Wir führen im zweiten Quartal 1949 700 000 to Kohle mehr aus und können selbst nur weniger Kohle verwenden als im ersten Quartal. Wenn wir bisher größere Schwierigkeiten vermieden haben, so war das nur möglich, weil wir auf jede Reservebildung bei der Eisenbahn und den Elektritzitäts- und

19

Vgl. hierzu das vom Dir. der VfV vorbereitete Statement vom 4.4.1949 (Z13/2, Bd. 4, Bl. 44), in welchem bemerkt wurde, daß ein ähnlicher Antrag vom 18.10.1948 (Z 13/178) von BICO am 22.12.1948 (ebenda) abgelehnt worden war.

20

Vgl. Ziff. 2a Besatzungsstatut. Eine entsprechende Mitteilung unterblieb. Vgl. die Erklärung von Clay, Dok.Nr. 13, TOP 2. Zu diesem Zweck beantragte die VfW mit ihrem Statement vom 7.4.1949 (Z 13/2, Bd. 4, Bl. 74-77), eine Nettoeinfuhr von Kohle in das VWG im Werte von $ 15 Mio zu genehmigen. Diese Einfuhr von etwa 900 000 to Kohle müßte im Laufe des zweiten Quartals beginnen und etwa bis Oktober 1949 laufen. In der Begründung des Antrages wurde darauf verwiesen, daß die VfW bereits mit Schreiben an BICO vom 11.1.1949 (Z 13/198, Bd. 1, H. 4) auf die schwierige Versorgungslage aufmerksam gemacht hatte. BICO hatte darauf jedoch am 24.2.1949 (ebenda) geantwortet, daß nach Auffassung der MilReg. kein zwingender Grund für die Einfuhr von Kohle bestehe. Die Schätzungen für das zweite Quartal seien günstiger als ursprünglich angenommen. Die deutschen Bemühungen sollten darauf gerichtet sein, „die Produktivität mit dem Ziel der Erhöhung der Gesamtmenge an festen Brennstoffen zu steigern".

21 22 23

24

Anläßlich der Moskauer Außenministerkonferenz vom 10.3.-24.4.1947 war zwischen den Vertretern Frankreichs, Großbritanniens und der USA am 21.4.1947 ein Abkommen über die deutsche Kohlenproduktion unterzeichnet worden, das Frankreich eine beträchtliche Erhöhung seiner Kohleeinfuhren aus der Bizone erlaubte. Bei einer Tagesproduktion von 280 000 to wurde der Exportanteil auf 21% festgelegt, wobei Frankreich bevorzugt zur Aufnahme berechtigt war. Der Exportanteil sollte im Verhältnis zur Produktion bis auf 25% steigen, sobald die Produktion 370 000 to erreichte. Im April 1949 betrug die Steinkohlenförderung täglich durchschnittlich 328 000 to (siehe Bericht der DKBL vom 4.5.1949 in: Ζ13/ 198, Bd. 1, H. 4). Der Sprung von 320 000 auf 330 000 to Tagesproduktion hatte einen disproportionalen Mehrexport zur Folge.

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Gaswerken 25 verzichteten und weil wir obendrein das Kontingent für Hausbrand um 600 000 to im ersten Quartal gekürzt haben. Es kommt hinzu, daß die Kohlenläger monatlich um 200 bis 300 000 to abgebaut werden, so daß die Gesamtvorräte jetzt nur noch für etwa 2lA Wochen reichen. Die Produktion könnte wesentlich gesteigert werden, wenn wir mehr Kohle zur Verfügung hätten. Eine Erhöhung der Kohlenförderung ist aber in nächster Zeit nicht zu erwarten, schon weil die Zeit des Urlaubs beginnt. Darüber hinaus aber sind wir verpflichtet, die Vorratshaltung zu verbessern und größere Mengen für den Hausbrand bereit zu stellen. In diesem Zusammenhang darf ich nur zwei Zahlen nennen: Die Kohlenförderung ist seit der Währungsreform um 15%26 gestiegen, die Gesamtproduktion aber um 70%. Daraus ergibt sich die schwierige Lage der Kohlenversorgung. Clay: Ich glaube, daß Sie das Problem allzusehr vereinfacht haben. Tatsache ist doch, daß allgemein in Europa Kohlenknappheit besteht. Aus dieser Tatsache ergibt sich die Auflage für den deutschen Kohlenexport. Wenn jetzt auf dem Weltmarkt Kohle frei zum Verkauf angeboten wird, dann ist es zunächst wichtig festzustellen, wofür die Kohle Verwendung finden soll. Ich glaube, daß es zwei Stellen gibt, die sich mit der Frage befassen sollten, nämlich die europäische Kohlenorganisation 27 und die Organisation für Durchführung des Marshallplans 28 . Wir werden unsere Vertreter in diesen Organisationen ersuchen, die Frage zu behandeln 29 . Erhard: Ich kann nur sagen, daß ich aus G e n f 0 die Mitteilung erhalten habe, daß ein Überschuß von etwa 2 Mio to Kohle besteht. Die Richtigkeit dieser Mitteilung vermag ich nicht nachzuprüfen. Clay: Wenn sich die Lage auf dem Kohlenmarkt so geändert haben sollte, dann kommt natürlich eine Überprüfung der internationalen Abkommen über die Kohlenverteilung in Betracht". General Robertson und ich können an diesem Abkommen 3 2 nichts ändern. 6. Soaalversicheningsanpassungsgesetz Storch: Die Verwaltung für Arbeit hat eine ausführliche Denkschrift vorgelegt und darin alle versicherungsmathematischen Zahlen zu dem Sozialversicherungsanpas-

25 26 27

28 29

30 31

32

„und Gas-" handschr. ergänzt. Handschr. korrigiert aus: 50%. Gemeint ist wohl der Kohlenausschuß der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen in Genf - Coal Comittee der E.C.E. (Economic Commission for Europe). OEEC in Paris. Am 31.5.1949 (Z 13/198, Bd. 1, H. 4) teilte die VfW der DirK. mit, daß BICO den Antrag über die Economic Advisors in Berlin an die Stellen in Paris und Genf weitergeleitet habe. Vgl. Anm. 27 Nachdem die VfW mit Schreiben an die Commerce and Industry Group von BICO vom 25.7.1949 (Z13/198, Bd. 1, H. 4) an den Antrag erinnert und dabei neues Zahlenmaterial vorgelegt hatte, welches auch dem Kohlenausschuß der OEEC in Form eines revidierten Kohleprogramms der Bizone für 1949/50 (Z14/65) zugeleitet worden war, übermittelte BICO am 15.8.1949 (Z 13/198, Bd. 1, H. 4) die Entscheidung des Kohlenausschusses der OEEC. Vom Versorgungsstandpunkt aus betrachtet sollte es für die Bizone möglich sein, 1949/50 bis zu zwei Mio to Kohle einzuführen, ohne daß Nachteile für den Bedarf der anderenLänder entständen. Daher könnten Verhandlungen über die Einfuhr entsprechender Mengen mit dem Vereinigten Königreich und Polen gemäß den Bestimmungen von Handelsabkommen eingeleitet werden. Gemeint ist das Moskauer Abkommen (vgl. Anm. 24).

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sungsgesetz zusammengestellt33. Diese Denkschrift ist den Herren Militärgouverneuren zugestellt worden34. Im Namen von hunderttausenden von Rentenempfängern bitte ich darum, daß wir recht bald Ihre Entscheidung zu dieser Gesetzesvorlage erhalten35. Robertson: Ich möchte zunächst die Befürchtung zerstreuen, daß die Militärgouverneure den Fragen der Sozialversicherung feindlich gegenüberstehen. Ich kann Ihnen versichern, daß wir im Gegenteil zu dieser Frage sehr günstig stehen. Es kommt uns nur darauf an sicherzustellen, daß auch die Geldmittel zur Verfügung stehen werden, die nach den Bestimmungen des Gesetzes gebraucht werden. Ich habe das Gesetz und seine Bestimmungen im einzelnen nicht genau im Kopfe, glaube mich aber zu erinnern, daß der Zweck darin liegt, einige Anomalien und Ungerechtigkeiten in der Sozialversicherung zu beseitigen und weiter ein neues System der Sozialversicherung einzuführen. Wenn es sich nur darum handelte, die Anomalien und Ungerechtigkeiten abzustellen, dann bestünden keine Schwierigkeiten. Wenn jedoch weitergehende Vorschläge gemacht werden, dann ist es nicht möglich, dazu schnell Stellung zu nehmen. Vielleicht kommen wir am ehesten zu einer Lösung, wenn Sie die dringenden Fragen des Gesetzes in einem besonderen Gesetz behandeln und uns dieses Gesetz vorlegen, damit wir uns damit sofort befassen. Sollte das nicht möglich sein, dann müssen wir allerdings sehr vorsichtig vorgehen, und das wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Storch: Eine Neuregelung der Sozialversicherung ist durch das Sozialversicherungsanpassungsgesetz nicht versucht worden. Es handelt sich um drei Fragen: a) Erhöhung der Renten b) Einführung der Witwenrente c) Anerkennung der Invalidität schon bei 5 0 % der Erwerbsunfähigkeit, was in der Angestelltenversicherung bereits seit 1912 gilt36.

33

Z 13/92, B d . 3, H. 3.

34

Mit Schreiben der D i r K . vom 12.4.1949, ebenda.

35

Vgl. Dok.Nr. 25, T O P 9.

36

Anläßlich der Vorbesprechung mit den B I C O - C h a i r m e n vom 8.4.1949 (Prot, in: Z4/523, Bl. 129-130) hatte Storch den Problemkomplex wie folgt erläutert; „Gesetzlich ist die Rentenversicherung auf der Basis der Kapitaldeckung aufgebaut. Die Folge davon war, daß die zur Zeit laufenden Renten aus dem früher entstandenen Kapitalstock zu bezahlen waren. Die hierfür angesammelten zwölf Milliarden Reichsmark bestehen nicht mehr, und wir bezahlen heute die alten Renten aus den zur Zeit eingehenden Beträgen. Wir sind zur Zeit auch nicht in der Lage, eine völlige Neuordnung der Rentenversicherung auf der Basis der Kapitaldeckung wieder vorzunehmen; dies muß einer späteren deutschen Gesetzgebung überlassen bleiben. Das Sozialversicherungsanpassungsgesetz geht deshalb auch auf diese Fragen, die versicherungsmathematische Untersuchungen notwendig machen, gar nicht ein. Durch das Sozialversicherungsanpassungsgesetz sollen nur die Renten um 1 5 , - D M monatlich erhöht werden und die notwendige Deckung geschaffen werden. Die Zahlen hierfür sind den Militärregierungen schon längst zugeleitet worden. Uns scheint es, daß gewisse Bestimmungen, die eine Neuordnung in die Versicherung hineinbringen, den größeren Anstoß erregt haben. E s handelt sich hier hauptsächlich um § 2 und § 3. In § 2 wird gesagt, daß zukünftig ein Arbeiter bei derselben Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit eine Rente bekommt, wie es seither bei den Angestellten rechtens ist. Wir vermuten, daß man bei den Militärregierungen befürchtet, daß dadurch das Sozialrentnertum ausgedehnt wird. Das kann aber gar nicht in Frage kommen. Wir wollen im Gegenteil, daß diejenigen Menschen, die zu 5 0 % und mehr erwerbsunfähig sind, ein Einkommen erhalten, das ihnen die Lebenshaltung ermöglicht. Wir haben früher in unseren Tarifverträgen die Bestimmung gehabt, wonach die Mindestlöhne 8 0 % des Durchschnittslohns sein mußten. Wir haben in der Zukunft eine so große Zahl von erwerbsbeschränkten Menschen, daß über die Tarifverträge eine solche Bestimmung gar nicht möglich sein wird. Wir wollen deshalb erreichen, daß jemand, der 5 0 % erwerbsunfä-

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Robertson: Wir werden das Problem nach diesen Ausführungen sehr sorgfältig studieren37. 7. Patentamt Pünder: Ich möchte erneut den Wunsch auf baldige Genehmigung des Gesetzes über die Errichtung des Patentamtes vortragen38. Die Vorarbeiten für die Errichtung des Patentamtes kosten uns schon jetzt sehr viel Geld; das gilt auch für den Bayerischen Staat39. Es ist daher für uns die Frage, ob wir diese Vorbereitungen weiter fortsetzen sollten. Clay: Ich wünschte, wir könnten Ihnen eine endgültige Antwort geben. Unglücklicherweise müssen noch Entscheidungen eingeholt werden, die über unsere Kompetenzen hinausgehen40. Der einfachste Weg wäre, daß Sie recht bald zu einer deutschen Regierung kämen. Pünder: Dürfen wir denn nun mit den Vorbereitungen für die Einrichtung des Patentamtes fortfahren? Das zu wissen, ist für uns von großer Bedeutung. Clay: Ja, wenn Sie uns darüber nicht befragen. 8. Flüchtlingsaustausch Lüdemann: „Die Welt"41 und „Die Neue Zeitung"42 brachten vor kurzem die Nachricht, daß 300 000 Flüchtlinge in die französische Zone überführt werden sollen. Die

hig ist, in seiner Lohnhöhe so gestellt wird, daß er auf dem Arbeitsmarkt unterkommen kann. Deshalb geben wir dem Mann durch die allgemeine Umlage eine Rente, damit er durch Lohn und Rente seine Lebensgrundlage findet. Eine zweite Frage ist die Frage der Witwenrente. Zur Zeit muß die Witwe eines Arbeiters sich selbst ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie kann Rente nur bekommen, wenn sie selbst zu zwei Dritteln erwerbsunfähig ist. Bei den Militärregierungen wird vielfach die Meinung vertreten, wir wollten für alle Kriegerwitwen die Rentenversicherung. Das ist aber gar nicht der Fall. Durch das Sozialversicherungsanpassungsgesetz wird nur festgelegt, daß diejenigen Witwen eine Rente bekommen, die nach dem Inkrafttreten der höheren Beiträge Witwen werden. Eine weitere Belastung der öffentlichen Haushalte oder der Wirtschaft tritt durch diese Regelung kaum ein. Die eingesetzten Beiträge waren übrigens schon in dem Entwurf eines entsprechenden Kontrollratsgesetzes vorgesehen. In der französischen Zone liegen die Beiträge höher als die von uns geforderten". 37

Vorbehaltlich einiger textlicher Änderungen genehmigte die MilReg. das Gesetz am 16.5.1949. D e r W R entsprach diesen Änderungen durch Beschluß vom 23.5.1949. D e r LR stimmte am 14.6.1949 zu, und B I C O teilte am 23.6.1949 mit (Z13/92, Bd. 3, H . 3), daß die Bedingungen für die Genehmigung erfüllt seien. Das Gesetz trat am 17.6.1949 in Kraft (WiGBl. 1949, S. 99).

38

Das Gesetz war vom W R bereits am 17.12.1948 verabschiedet worden. Der LR hatte ihm am 23.12.1948 zugestimmt.

39

Das Patentamt für die Bizone sollte seinen Sitz in München nehmen. Für den Ausbau des Amtes hatte die bizonale Verwaltung bereits D M 350 000 verausgabt. Weitere Gelder in Höhe von rund D M 3 Mio seitens der bizonalen Verwaltung und D M 2,5 Mio durch die Bayer. StReg. würden in den folgenden Monaten auszugeben sein, wenn keine Verzögerungen im A u f b a u eintreten sollten. Außerdem wurden Personaleinstellungen größeren Umfangs für erforderlich erachtet (siehe vorbereitetes Statement vom 8.4.1949 in: Ζ 13/2, Bd. 4, Bl. 80).

40

Da das Gesetz von trizonaler Bedeutung war, hatten Clay und Robertson Koenig an der Entscheidung beteiligt (siehe Clay an D r a p e r vom 15.1. und 23.1.1949 in: Clay Papers, Bd. II, D o k . N r . 633 und 638). Hiemach lag die Entscheidung bei den jeweiligen Regierungen. Vgl. D o k . N r . 23, T O P 3.

41

Ausg. vom 12.3.1949.

42

Ausg. vom 15.3.1949.

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Nr. 2 7 B

13. 4. 1949

M i l G o u v . mit bizonalen Vertretern

deutschen Verwaltungen haben darüber noch keine Mitteilung erhalten. Können die Herren Militärgouverneure diese Nachricht bestätigen? Robertson: General Koenig hat in einer Verhandlung mit uns in zwei Punkten zugestimmt43. Es handelt sich bei der Vereinbarung um folgendes: a) Bedingungslos ist vereinbart, daß Flüchtlinge in die französische Zone aufgenommen werden, die sich entweder mit ihren Familien vereinigen oder die ein definitives Arbeitsverhältnis in der französischen Zone haben; die Zahl dieser Personen wird auf mehr als 100 000 geschätzt. b) Es sollen insgesamt 300 000 Personen einschließlich der zu a) genannten in die französische Zone aufgenommen werden. Hierbei ist jedoch zur Bedingung gemacht, daß die öffentlichen Lasten, die mit der Aufnahme dieser.Personen in die französische Zone entstehen, anderweitig finanziert werden, weil die französische Zone diese Lasten nicht tragen kann; es handelt sich nicht nur um die Transportkosten, sondern auch um die ständigen Lasten, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden sind, und die Ihnen, Herr Lüdemann, aus Ihrer Praxis bekannt sind; ich denke z.B. an die Einrichtung von Schulen und Unterkünften usw. Es ist ferner vereinbart, daß sich Beamte der bizonalen Verwaltung und der französischen Zone über die Verteilung dieser Kosten verständigen sollen; dabei ist nicht nur an die Kosten gedacht, die in der französischen Zone durch die Aufnahme der Flüchtlinge entstehen, sondern auch an eine günstigere Verteilung der Kosten für Flüchtlinge in den Ländern der Bizone44. Clay: Es ist mir das Gerücht zu Ohren gekommen, daß das Land Bayern allein bereit wäre, 280 000 Flüchtlinge an die französische Zone abzugeben. Lüdemann: Bayern hat nicht soviel Flüchtlinge, als daß es zur Abgabe von Flüchtlingen an erster Stelle berechtigt sein könnte45. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sollen die Flüchtlingskosten durch ein bizonales Gesetz gerechter auf die Länder verteilt werden. Würde ein solches Gesetz genehmigt werden? Robertson: Darauf möchte ich zugleich im Namen von General Clay erwidern, daß wir bereit sind, die Genehmigung eines solchen Gesetzes in Erwägung zu ziehen, d.h. allerdings, daß alles darauf ankommt, wie das Gesetz aussieht. Lüdemann: General Koenig sollte sich bereit erklären, nicht nur 300 000 Flüchtlinge, sondern mindestens 1 Mio Flüchtlinge zunächst einmal in die französische Zone aufzunehmen, sonst kommen wir nicht zu der notwendigen Entlastung, besonders in Schleswig-Holstein. Clay: Es handelt sich hier ebenso wie beim Patentamt darum, daß Sie so schnell als möglich eine deutsche Regierung schaffen; dann können Sie diese Angelegenheit allein regeln; wir wären dann nicht mehr zuständig. Köhler: Darf ich diese Mitteilungen nach Bonn an den Parlamentarischen Rat weitergeben? Clay: Sie sind für eine öffentliche Bekanntgabe nicht geeignet. Es bestehen aber keine Bedenken, darüber dem Parlamentarischen Rat Mitteilung zu machen. Robertson: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die Zustimmung von General Koenig46 zwei Folgerungen hat: 43

Vgl. Dok.Nr. 19, TOP 2.

44

Damit war das Problem eines Finanzausgleiches der Länder umrissen. Vgl. Dok.Nr. 30, TOP 3.

45

Zu den Bemühungen um einen trizonalen Flüchtlingsausgleich siehe Dok.Nr. 73, TOP 4.

46

Handschr. korrigiert aus: „Clay".

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M i l G o u v . mit bizonalen Vertretern

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Nr. 2 7 B

a) Es ist die Überführung von Flüchtlingen in die französische Zone möglich. b) Es ist ein Ausgleich der finanziellen Lasten aus dem Flüchtlingsproblem möglich. Ich schlage Ihnen vor, daß Sie in dieser Frage nun ans Werk gehen und keine weiteren Komplikationen hineinbringen. Die bessere Taktik scheint mir zu sein, erst einmal die Umsiedlung von 300 000 Flüchtlingen durchzuführen 47 . Wenn Sie andere Fragen damit verbinden, etwa die Besatzungskosten und ähnliches, dann werden Sie mit der Aufgabe nicht fertig. Wenn Sie sich aber auf die von mir gekennzeichneten beiden Fragen beschränken, dann wird es leicht möglich sein, sich mit unseren Finanzsachverständigen über die Verteilung der Flüchtlingskosten zu einigen48. Lüdemann: Wenn ich das richtig verstanden habe, dann müssen wir also zunächst das Gesetz über den Ausgleich der Flüchtlingslasten machen und können erst dann die Umsiedlung der Flüchtlinge vornehmen. Robertson stimmte zu. 9. Bau von Fischdampfem Köhler: Wir haben in der letzten Besprechung darum gebeten, daß der Deutschen Werft in Hamburg die Genehmigung zum Bau von zwei Fischdampfern mit je 400 to gegeben wird 4 '. Ich wollte fragen, ob diese Angelegenheit bereits entschieden ist. Clay: Die Genehmigung ist gestern ausgesprochen worden 50 .

47

Mit Memorandum vom 14.4.1949 (Z13/336) forderte BICO die bizonalen Stellen auf, mit den entsprechenden Stellen der franz. Zone Uber die Durchführung der Umsiedlung und des Finanzausgleichs zu beraten. Hierüber sollte bis zum 1.5.1949 berichtet werden. Am 27.4.1949 fand eine Unterredung zwischen Vertretern aller Länder der drei Zonen, der VfF und des Amtes für Fragen der Heimatvertriebenen statt (Prot.-Vermerk, ebenda). Pfinder berichtete BICO am 29.4.1949 (ebenda). Dabei ging er ausführlich auf die aufgetretenen Meinungsgegensätze ein. Auf der Besprechung mit den MilGouv. vom 16.5.1949 (vgl. Dok.Nr. 36, TOP 1) wurde die Frage erneut behandelt.

48

Tatsächlich strebten die Länder eine Regelung des gesamten Problemkomplexes an (vgl. Dok.Nr. 30, TOP 3).

49

Vgl. Dok.Nr. 20, TOP 3.

50

Vgl. BICO an Pünder vom 20.4.1949 in: Ζ 13/202.

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Nr. 28 A

22. 4. 1949

G e n . K o e n i g mit Regierungschefs der franz. Z o n e

Nr. 28 Besprechung zwischen General Koenig und den Regierungschefs der französischen Zone in Baden-Baden1 22. April 1949 Α

Monatliche Besprechung

StA Freiburg A 2/8951. Von Müller und Donndorf im Entwurf gez., undat. Prot. 2 Anwesend.3: Gen. Koenig (franz. MilReg.); StPräs. Wohleb (Baden); MinPräs. Altmeier (Rheinland-Pfalz); StPräs. Müller, ORegR. Donndorf (Württemberg-Hohenzollern)

[Beginn: 15.00 Uhr] [·•·] 1. Kreditpolitik

[Koenig führt aus:] a) Kurzfristige Kredite: Nach der Währungsreform wurde in den drei Westzonen eine strenge Kreditrestriktionspolitik eingeführt, um dadurch die befürchteten Preissteigerungen möglichst einzudämmen. Der Zinsfuß wurde auf 5% gehalten4. Alle beteiligten Kreise, insbesondere auch die Interalliierte Bankenkommission und die Bank deutscher Länder sind jetzt der Ansicht, daß keine weiteren Preissteigerungen zu erwarten sind. Infolgedessen können unter Beibehaltung des gegenwärtigen Zinsfußes5 die Beschränkungen für kurzfristige Kredite gelockert werden. Eine Kontrolle über die Kredithöhe soll jedoch beibehalten werden6. Die Folgen der Erleichterung in der Kreditgewährung werden insbesondere in der französischen Zone, wo die Kreditgebung noch stärker eingeschränkt war als in der Bizone, sehr fühlbar sein. In besonderem Ausmaß werden die Importfirmen aus den neuen Bestimmungen Nutzen ziehen, da seit Oktober 1948 die Finanzierung der Einfuhren von OFICOMEX auf die Banken übergegangen ist7. b) Mittel- und langfristige Kredite: In erster Linie kann ich Ihnen die erfreuliche 1

Die Besprechung fand in der Villa Maria Halden statt.

2

Handschr. für „H. Staatspräs. Wohleb" verfügt.

3

Anwesenheitsliste rekonstruiert aufgrund der Wortbeiträge.

4

Dies war der von der BdL festgesetzte Diskontsatz, zu dem bis Ende 1948 für alle drei Westzonen kurzfristige Kredite in Höhe von DM 4,7 Mrd vergeben worden waren (Erhard, Wohlstand für alle, S. 45).

5

Tatsächlich senkte die BdL am 27.5.1949 und am 14.7.1949 den Diskontsatz um jeweils lA% auf 4% (ebenda). Durch Beschluß des Zentralbankrats der BdL vom 22.3.1949 war die grundsätzliche Beschränkung des Kreditvolumens der Geldinstitute - die sogenannte Kreditkontingentierung - aufgehoben worden. Der Zentralbankrat erwartete dabei, „daß sich die Geldinstitute aufgrund der inzwischen gemachten Erfahrungen von selbst diejenige Zurückhaltung in der Gewährung kurzfristiger Kredite auferlegen würden, die im Interesse der Währung und einer gesunden Bankpolitik geboten ist" (Monatsberichte der BdL, April 1949, S. 1). Als Folge der Verschmelzung der OFICOMEX mit der JEIA wurden die Zahlungen für Außenhandelsgeschäfte über Außenhandelsbanken durchgeführt, die in den Ländern der franz. Zone am 11.4.1949 ihre Tätigkeit aufgenommen hatten (vgl. Vermerk der Beauftragten für den Außenhandel der drei Länder der franz. Zone vom 4.5.1949 in: Ζ 19/32).

6

7

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Mitteilung machen, daß aus den Reichsmarkfestkonten ein weiteres Prozent freigegeben werden wird8. Der hierdurch für Investitionen verfügbar werdende Betrag beläuft sich für die französische Zone auf ca. 60 Mio DM, für die Bizone auf ungefähr 500 Mio DM. Diese Maßnahme geht auf französische Initiative zurück. Ich möchte Ihnen nicht verhehlen, daß es mir nur mit Mühe gelungen ist, die Bedenken meiner Kollegen auszuräumen. Es wird sich empfehlen, daß diese dank der französischen Bemühungen zur Verfügung stehenden Kredite nach Interessentengruppen richtig aufgeteilt werden. Nächste Woche wird wieder eine Sitzung der Interalliierten Bankenkommission stattfinden, wo die grundsätzlichen Entscheidungen in dieser Frage getroffen werden sollen. Die zweite gute Nachricht, die ich Ihnen geben kann, betrifft die 1. Rate der Marshallplankredite, für deren Verteilung folgende Vorschläge vorliegen: 40 Mio DM für Eisenbahnen 15 Mio D M für Gas und Elektrizität 2 Mio D M für den Ausbau des Hafens von Ludwigshafen 9 . Über die Verwendung der 2. Rate wird zur Zeit unterhandelt 10 . Ich kann Ihnen noch eine dritte gute Nachricht bezüglich Kreditmöglichkeiten geben. In letzter Zeit ist ein starkes Ansteigen der Spareinlagen festgestellt worden. Sie bilden in der französischen Zone wieder 33% der gesamten Bankguthaben (gegenüber 17% der Bankguthaben in der Bizone)11. Unter diesen Umständen wird die FINAG 12 Obligationen mit mittlerer Laufzeit ausgeben können und damit ihre Finanzierungsmöglichkeiten wesentlich erweitern. Diese Kreditgebung ist völlig unabhängig von den Funktionen der FINAG in Bezug auf das ERP. Selbstverständlich muß die Nutzbarmachung der Spareinlagen für Kreditzwecke der französischen Zone zugutekommen. Ich erwähne dies, weil die Bizone zur Zeit sehr kapitalhungrig ist und man deshalb etwas aufpassen muß. Ich bitte die Regierungen der Länder, die Bemühungen der Militärregierung bezüglich der Kreditgewährung tatkräftig zu unterstützen. 2. Außenhandel der französischen Zone Durch das Fusionsabkommen vom 18.10.1948 ist für den Außenhandel der französischen Zone das JEIA-Verfahren sowohl für die Ein- wie für die Ausfuhr vorgesehen 13 . 1 9 10

11 12

13

Zum Parallelvorgang für den Bereich des VWG siehe Dok.Nr. 5, TOP 13. Vgl. Pohle, Wiederaufbau, S. 76. Zu den Einzelanträgen für die Freigabe der II. Tranche 1949/50 aus ERP-Counterpart Funds siehe Ζ19/18. Aufzeichnungen über Besprechungen im September/Oktober 1949 in: Ζ19/12. Siehe auch Schreiben von de Boislambert an Altmeier vom 11.5.1949 (LHA Koblenz 860/1073), in dem der Anteil für das Land Rheinland-Pfalz mit 35 Mio, keineswegs mit mehr als DM 50 Mio angegeben wurde. Der Verteilungsvorschlag des Landes von DM 64,75 Mio wurde als zu hoch angesehen. Schätzungen des voraussichtlich verfügbaren Kapitals für Investitionszwecke im Jahre 1949/50 (ebenda) beliefen sich auf DM 421 Mio für die franz. Zone und DM 4230 Mio für die Bizone. Vgl. Monatsberichte der BdL, Mai 1949, S. 5 f. Die Finanzierungsaktiengesellschaft (FINAG) war im August 1948 zur Befriedigung des Kreditbedarfs, der auf dem normalen Kreditwege nicht beschafft werden konnte, von den drei Ländern der franz. Zone mit Sitz in Speyer gegründet worden. Jedes Land brachte dabei DM 20 Mio an Gründungskapital auf, wobei es jedoch verpflichtet war, 25% des Kapitals in private Hand abzugeben. Aufgabe des Instituts war die Gewährung von Krediten jeder Art. Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 9.

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Die praktische Durchführung dieses Abkommens stößt jedoch aus drei Gründen auf erhebliche Schwierigkeiten: a) Die Angleichung an die Arbeitsweise der J E I A ist durch die Tatsache sehr erschwert, daß die Methoden der J E I A dauernd gewechselt haben. b ) Ein dem JEIA-Verfahren analoges Verfahren mußte in der französischen Zone vor der Angleichung eingeführt werden. Dies konnte inzwischen geschehen14. c) Auf dem deutschen Sektor mußten vor dem praktischen Inkrafttreten des Abkommens Einrichtungen geschaffen werden, die denen der Bizone entsprechen. Diese Vorarbeiten sind noch nicht vollständig beendet. Der Stand ist heute folgender: Seit dem 1.4.1949 wird der Export nach dem gleichen Verfahren wie in der Bizone abgewickelt15. Ich möchte hierzu noch bemerken, daß seit der Fusion der Export um ca. 50% zurückgegangen ist. Der Grund hierfür dürfte in der Tatsache zu suchen sein, daß 30% aller Exporte der französischen Zone, wie es scheint, über bizonale Firmen laufen. Falls dieses zutrifft, wäre es dringend ratsam, daß die französische Zone eine energische Aktion unternimmt, um den Export über eigene Firmen abzuwickeln, damit sie entsprechend an den Deviseneinkünften beteiligt ist. Das Importverfahren unterscheidet sich immer noch von dem der Bizone. Daran sind zweifellos in erster Linie die bizonalen Stellen schuld; insofern ist jedoch ein Fortschritt erzielt worden, als seit dem 11.4.1949 die Abwicklung der Importe vom Augenblick der Unterzeichnung des Kaufkontrakts an sich genau wie in der Bizone abwickelt. Bisher hat die OFICOMEX gleichzeitig die Rolle des Bankiers gegenüber den deutschen Importeuren gespielt. Dies hat sich jetzt geändert und die Einkäufe müssen durch die Firmen selbst mit Hilfe ihrer Banken durchgeführt werden. Das Abkommen vom 11.4.1949 sieht vor, daß der Importeur bei Abschluß des Kaufvertrags mindestens 50% in bar zu hinterlegen hat und zwar vor der offiziellen Unterzeichnung des Kaufvertrags16. Diese Bestimmung ist außerordentlich hart und die französische Militärregierung unterhandelt zur Zeit mit der J E I A , um eine Milderung zu erreichen17. Eine günstige Entwicklung des Außenhandels hängt meiner Meinung insbesonders von zwei Dingen ab: a) Die Garantie müßte von 50% auf 25% ermäßigt und in Form einer Bankgarantie geleistet werden. 14

Die J E I A hatte am 1.4.1949 (Z19/32) bestätigt, daß mit Beginn der Tätigkeit der Außenhandelsbanken in der franz. Zone am 11.4.1949 (vgl. Anm. 7) folgendes Importverfahren für die franz. Zone Anwendung finden sollte: „Einfuhren werden durch die JEIA-Zweigsteilen oder an ihrer Stelle von einem deutschen Importeur unter dem gegenwärtigen Verfahren der franz. Zone verhandelt. Alle solche Käufe werden für einen bestimmten deutschen Käufer getätigt. Ehe der Einfuhrvertrag von der JEIA-Zweigstelle für die franz. Zone unterzeichnet wird, soll der deutsche Konsignations-Empfänger für eine Hinterlegung von mindestens 50% der Deutschmark-Kosten des Importbetrages bei seiner Außenhandelsbank Sorge tragen". Zur technischen Abwicklung siehe Merkblatt des Beauftragten für den Außenhandel der drei Länder der franz. Zone vom 4.5.1949, ebenda. Darin wurde betont, daß auch dieses Verfahren keineswegs die volle Angleichung an die Bizone bringe, sondern als interimistische Lösung voraussichtlich bis zum 30.6.1949 gelte.

15

Das Ausfuhrverfahren war durch JEIA-Anweisung Nr. 1,1. Neufassung, Ergänzung Α vom 8.2.1949 (Z13/ 232) geregelt.

16

Vgl. Anm. 14.

17

Siehe hierzu die Aufzeichnung des Beauftragten für den Außenhandel Haas über eine Besprechung mit Generaldirektor Simon Meyer vom 4.4.1949 in: Ζ 19/32.

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b) Der deutsche Importeur müßte in die Lage versetzt sein, selbst den Kaufvertrag zu unterzeichnen. Diese Möglichkeiten werden zur Zeit geprüft. Es empfiehlt sich für Ihre Finanz- und Wirtschaftssachverständigen, in Fühlungnahme mit meinen Dienststellen zu bleiben, um über die Entwicklung der Verhandlungen auf dem laufenden zu sein18. 3. Übertragung von Vollmachten auf dem Wirtschaftssektor Ich möchte heute nur kurz auf diese Angelegenheit zurückkommen. Seit unseren letzten ausführlichen Verhandlungen, die, wie Sie sich vielleicht erinnern, etwas scharf gewesen sind", habe ich mich sehr eingehend mit dieser Frage beschäftigt und ich kann Ihnen sagen, daß die Mitarbeit Ihrer Vertreter es ermöglicht hat, die Übertragung der Vollmachten nunmehr vorzunehmen. Gestern hat eine Sitzung mit den drei Wirtschaftsministem der Zone stattgefunden. Ich nehme an, daß Sie von diesen einen ausführlichen Bericht bekommen werden20. 4. Frankfurter VerbindungssteDe [Gen. Koenig regt eine personelle Verstärkung der Verbindungsstelle2' an.] 5. Demontage Gen. Koenig führt aus: Ich hoffe, daß diese Frage heute zum letzten Mal hier besprochen werden muß. Von den 167 Werken, welche die Humphrey-Kommission für die Belassung vorgeschlagen hatte22, sind auf Grund des Abkommens der Außenminister in Washington23 159 den Deutschen zurückgegeben worden. Von den endgültig zu demontierenden acht Industriebetrieben befinden sich drei in der französischen Zone und zwar sind dies drei Betriebe der I.G. Farben, Ludwigshafen, das Stickstoff-, das Chlor- und das Buna-Werk24. In dem Washingtoner Abkommen ist außerdem bestimmt worden, daß amerikanische, französische und englische Sachverständige " 19 20

21

22 23

24

Zur Sachlage nach der am 15.7.1949 erfolgten vollständigen Angleichung des Einfuhrverfahrens siehe JEIA-Anweisung Nr. 29, Berichtigung „A" (ebenda). Vgl. Dok.Nr. 19, TOP 6. Für den 21.4.1949 ist ein Konferenzbericht nicht überliefert. Auf der Konferenz der WiMin. der franz. Zone vom 1.4.1949 in Badenweiler (StA Sigmaringen Wü 140/1029) wurde diese Frage nicht erörtert. Zur Verbindungsstelle der drei Länder der franz. Zone bei der Verwaltung des VWG in Frankfurt siehe Vogel, Westdeutschland I, S. 84. Vgl. Dok.Nr. 4, Anm. 64. Wortlaut des Washingtoner Abkommens über verbotene und beschränkte Industrien vom 8.4.1949 in: Harmssen, Demontagen, S. 168 ff. Siehe auch Β 102/3855. Am gleichen Tag bestätigte de Boislambert in einem Schreiben an Altmeier (LHA Koblenz 860/90), daß nunmehr endgültig die Liste der zu demontierenden Fabriken erstellt worden sei. Sie werde später keinerlei Veränderung erfahren. „Auch wird keine weitere Zusatzliste mehr herausgegeben". Die Einzelheiten gingen aus zwei beigefügten Listen hervor, wobei die erste die Objekte enthielt, die seit 1947 als Reparationsleistung vorgesehen und durch das Washingtoner Abkommen bestätigt worden waren. Hierbei handelte es sich um 39 Anlagen, die entweder bereits abtransportiert waren oder deren Demontage noch vorgenommen werden mußte. Die zweite Liste führte die Fabriken auf, die von der Liste aus dem Jahre 1947 endgültig gestrichen worden waren und in Deutschland verbleiben sollten. Genaue Angaben über die betroffenen Anlagen der BASF enthielt ein Schreiben der Abteilung Riparations-Restitutions (A. Ariotti) an Altmeier vom 26.4.1949 (ebenda). Danach waren von Demontagen Anlagen der Buna-, Chlor- und Ammoniakproduktion betroffen.

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zusammen den Begriff der beschränkten und verbotenen Industrien klar festlegen. Es ist möglich, daß aufgrund dieser Arbeiten noch ein Werk der französischen Zone außer den drei vorgenannten Werken zur Demontage kommt. Ich möchte bei dieser Gelegenheit bemerken, daß die französische Militärregierung und auch die französische Regierung sich mit dem Problem der I.G. Farben, Ludwigshafen, besonders eingehend befaßt haben und in Anbetracht der Explosionskatastrophe in Oppau25 das Zugeständnis gewisser Erleichterungen erreicht hat. So ist nicht nur beschlossen worden, von der Reparationsliste sechs Werke ganz zu streichen, sondern es sind auch noch Erleichterungen für einen Austausch in den drei Werken, welche unter die Vereinbarungen von Washington fallen, zugestanden worden. Bei dem Stickstoff- und dem Chlorwerk sind diese Erleichterungen besonders groß26. Die endgültige Lage stellt sich wie folgt dar: Von 243 Betrieben der französischen Zone, welche in der Oktoberliste aufgeführt sind, bleiben 125 Betriebe ganz oder teilweise für die Demontage vorgesehen. 109 Werke werden dagegeg endgültig aus der Demontageliste herausgenommen 27 . Von 87 Mio DM (Wert 1938) bleiben 36 Mio DM (Wert 1938), daher 40% der deutschen Industrie in der französischen Zone erhalten. Die alliierten Regierungen haben sich zu diesem Zugeständnis bereitgefunden, um damit zum Wiederaufbau der gesamten europäischen Wirtschaft unter Einbeziehung Deutschlands beizutragen. Das endgültige Programm für die Durchführung der Demontagen ist Ihnen dieser Tage übergeben worden28. Ich möchte Sie sehr nachdrücklich bitten, für eine schnelle Durchführung der Demontagen besorgt zu sein. Es liegt im allgemeinen Interesse, diese Aktion möglichst schnell zu Ende zu führen; dies wurde auch in Washington sehr nachdrücklich verlangt. Von alliierter Seite sind in der Demontagefrage wirklich fühlbare Opfer gebracht worden. Ich möchte noch bemerken, daß durch die Maßnahmen, die zur Erleichterung der Demontagen beschlossen worden sind, auch empfindliche Fälle wie die der I.G. Farben-Werke, ohne nachhaltigen Einfluß auf das Gleichgewicht der betroffenen Firmen oder auf deren Belegschaft durchgeführt werden können. Aus den Demontagen können also keine wirtschaftlichen oder sozialen Schwierigkeiten erwachsen29^. . .] Nach der Beratungspause bringt StPräs. Wohleb den Wunsch zum Ausdruck, den Demontage-Kommissionen der Zuteilungsländer je einen französischen Sachverständigen beizugeben. Die Durchführung der Demontagen werde ganz verschieden gehandhabt, und die Überwachung durch einen sozusagen neutralen französischen

25

Bei einem Explosionsunglück bei der Badischen Anilin- und Sodafabrik am 28.7.1948 in Ludwigshafen waren 15% der Anlagen zerstört worden, die bereits wieder 89% ihrer Vorkriegskapazität erreicht hatten. Dem Unglück waren 125 Tote und 391 Schwerverletzte zum Opfer gefallen (Rhein-Zeitung vom 31.7.1948).

26

Entgegen den Empfehlungen der Humphrey-Kommission waren die Chlor- und Bunaanlage in Ludwigshafen und die Ammoniakanlage in Oppau zur Herstellung von synthetischem Stickstoff für die Düngung in der Landwirtschaft nicht von der Demontageliste gestrichen worden (Vgl. Harmssen, Demontage, S. 55).

27

Vgl. Anlage C zum Washingtoner Abkommen vom 19.4.1949, ebenda, S. 173. Vgl. Anm. 24. Für den Bereich der Chemieindustrie waren die Demontageerleichterungen vergleichsweise gering, war sie doch andererseits in starkem Maße von Verbotsbestimmungen betroffen, welche eine erhebliche Kapazitätsminderung zur Folge hatten (Harmssen, Demontage, S. 55).

28 29

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Sachverständigen erscheine dringend geboten. In manchen Fabriken seien selbst die Lichtschalter und Türklinken von den Übernahmekommissionen für die Demontage bezeichnet worden. Gen. Koenig sagt zu, er werde veranlassen, daß jeder Kommission ein französischer Sachverständiger aus dem Service des Reparations beigegeben werde. Er billige es keinesfalls, daß das Inventar ganz ausgeplündert werde. 6. Rundfunkrat Gen. Koenig bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, daß der Rundfunkrat noch immer nicht zu arbeiten begonnen habe 30 . Er bittet die Ministerpräsidenten dringend, dafür zu sorgen, daß die Vertreter der verschiedenen Organisationen beschleunigt benannt werden 31 . Die Wahl des Intendanten und die Ausarbeitung der Statuten seien vordringlich. Bei allen übrigen deutschen Sendestationen, ausgenommen allein Stuttgart, sei ein Rundfunkrat bereits gebildet. Die Regierungschefs sagen zu, dieser Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit zu schenken. 7. Trizonale Verschmelzung der Gewerkschaften Hierzu führt Gen. Koenig aus: Die Militärregierung hat den Gewerkschaften die Teilnahme an den vorbereitenden Besprechungen zur Bildung eines föderativen, trizonalen Gewerkschaftsbundes gestattet 32 . Die Vertreter der Gewerkschaften haben ausdrücklich zugesagt, daß sie bei diesen Verhandlungen die Unabhängigkeit der Ländergewerkschaften, insbesondere in finanzieller Hinsicht, wahren werden. Dadurch sollte den Gewerkschaften die Erfüllung ihrer sozialen Aufgaben am besten erleichtert werden, denn ein wesentlicher Teil der Gewerkschaftsfragen muß meiner Ansicht nach tatsächlich innerhalb der einzelnen Länder behandelt werden. Es würde auch den Länderregierungen sehr erschwert, sich in gewissen Fragen an die Gewerkschaften zu wenden, wenn diese nicht nach Ländern organisiert sind33. Dadurch könnte die Autorität der Regierungen Abbruch erleiden, und es würde eine Zentralinstanz entstehen, die sich leicht dazu verleiten lassen könnte, ihre Macht zu mißbrauchen. Die Zusammenkünfte, die in letzter Zeit stattgefunden haben, zeigen leider, daß unsere Gewerkschaften die Bedeutung dieser Empfehlungen nicht verstanden haben. Ich möchte hierfür drei Beispiele anführen:

30

Vgl. Dok.Nr. 4, TOP 9. Die konstituierende Sitzung des Rundfunkrates fand am 2.6.1949 statt.

31

Dem Rundfunkrat gehörten gemäß Art. 14 der VO Nr. 187 der franz. MilReg. vom 30.10.1948 (Journal Officiel 1948, S. 1756) 49 Mitglieder 18 verschiedener Institutionen an. Elf Mitglieder entsandten die drei Landesregierungen (vgl. Schütte, Nachkriegsrundfunk, S. 230).

32

Zur bisherigen Haltung der franz. MilReg., Zusammenschlüsse nur auf Länderebene zuzulassen, siehe Bericht von Clay an Draper vom 23.1.1949 in: Clay Papers, Bd. II, Dok.Nr. 638. Zur deutschen Gewerkschaftsbewegung nach Kriegsende siehe Pirker, Die blinde Macht.

33

Zur Entwicklung der Landesgewerkschaften in Rheinland-Pfalz, Baden und Südwürttemberg-Hohenzollern siehe Zehn Jahre neue deutsche Gewerkschaftsbewegung, S. 136 ff. Die franz. MilReg. hatte zuletzt anläßlich der Zonenkonferenz der Landesverbände der franz. Zone vom 16.11.1948 in Ludwigshafen, auf der die Vereinigung der Gewerkschaftsbünde der drei Zonen beschlossen worden war, die Auffassung vertreten, daß eine Verschmelzung vor der Verabschiedung des GG nicht wünschenswert sei.

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a) Die in Kornwestheim am 9.4.1949 gebildete Gewerkschaft „Leder" sieht keinerlei Autonomie der Länder vor34. b) Die in Bad Salzuflen am 9.4.1949 gebildete Gewerkschaft „Textil" läßt den Begriff des Landes völlig verschwinden und ersetzt ihn durch den Begriff des „Bezirks", der sich über verschiedene Länder erstreckt35. c) Der Kongreß der Einheitsgewerkschaft hat am 9.4.1949 in Trier außer der Verteilung der Gewerkschaftsbeiträge nichts beschlossen und hat in seiner zukünftigen Organisation auch keine besonderen Rechte der Länder vorgesehen36. Ähnliche Vorkommnisse konnten bei der Gewerkschaftstagung der öffentlichen Verwaltung in Stuttgart im Januar dieses Jahres beobachtet werden37. Ich halte diese Anzeichen für sehr beunruhigend. Sie werden wohl erwidern, daß Sie sich mit diesen Fragen bis jetzt noch kaum befaßt haben. Ich glaube aber, daß Sie dies jetzt sehr eingehend tun sollten und bitte Sie, den Gewerkschaften Ihrer Länder zu verstehen zu geben, wo ihr ureigenstes Interesse liegt. Ich strebe eine föderalistische Gestaltung Deutschlands an und könnte meine Genehmigung nicht für Lösungen geben, die diesem Prinzip zuwiderlaufen. Nach der Beratungspause nimmt StPräs. Müller zu den Ausführungen von Gen. Koenig wie folgt Stellung: Die drei Regierungschefs sind sich darüber einig, daß Ihre Ausführungen über den trizonalen Zusammenschluß der Gewerkschaften sehr bedeutsam sind. Vielleicht darf ich die Anregung geben, daß vor allen Dingen der Eindruck vermieden werden muß, als werde hier von Regierungsseite in die Befugnisse der Gewerkschaften eingegriffen. Selbstverständlich werden wir mit den Gewerkschaftsführern sprechen. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß der trizonale Zusammenschluß der Gewerkschaften uns zweifellos in ganz kurzer Zeit dieselben Lohnkämpfe wie in der Bizone38 bringen würde und jeder Lohnstreit der Bizone auch in der französischen Zone mit ausgetragen würde, auch wenn er hier nicht akut ist. Wir sind der Meinung, daß bei den gegenwärtigen Verhältnissen die Genehmigung eines trizonalen Zusammenschlusses der Gewerkschaften schwerwiegende Nachteile mit sich brächte39.

34

Der erste Gewerkschaftstag der Gewerkschaften der Schuh- und Lederindustrie hatte vom 1.-3.4.1949 in Kornwestheim stattgefunden. Teilnehmer waren die Industriegewerkschaften der Länder der franz. Zone, von Bayern, Württemberg-Baden und Hessen. Die Delegierten der Industriegewerkschaft Textil, Bekleidung, Leder in der brit. Zone hatten nur als Gäste teilgenommen. Zum 1.1.1950 sollte auf Beschluß des Gewerkschaftstages die Vereinigung zu einer Gewerkschaft für die Bundesrepublik erfolgen (ebenda, S. 197).

35

Auf dem Vereinigungskongreß vom 7. - 9.4. 1949 in Bad Salzuflen war die Gründung der Gewerkschaft Textil-Bekleidung für die Westzonen Deutschlands beschlossen worden (ebenda, S. 185).

36

Ein derartiger Kongreß in Trier kann nicht nachgewiesen werden.

37

Der Vereinigungsverbandstag der Gewerkschaften Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr der brit. und amerik. Zone vom 28. - 30.1.1949 hatte sich für einen trizonalen Zusammenschluß ausgesprochen (ebenda, S. 175), obwohl die franz. MilReg. eingewandt hatte, daß eine solche Fusion „zentralistische Bestrebungen" begünstigen würde, die die Arbeit des Pari. Rats beeinträchtigen könnten (Die Neue Zeitung vom 29.1.1949).

38

Vgl. Dok.Nr. 15, TOP 11.

39

Der Zusammenschluß der Landes- und Industriegewerkschaften zum Deutschen Gewerkschaftsbund für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wurde auf dem Gründungskongreß vom 12. - 14.10.1949 in München vollzogen (Protokoll des Gründungskongresses des DGB).

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[8. Augenblickliche Lage des Flüchtlingsproblems] Gen. Koenig führt aus: Meine bisherige Haltung in der Frage der Ausgewiesenen ist Ihnen bekannt". Ebenso die Bestrebungen meiner beiden Kollegen, eine gleichmäßigere Verteilung der Ausgewiesenen in den drei Westzonen zu erreichen. Nachdem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in der französischen Zone in letzter Zeit wesentlich gebessert haben, kann ich mich einem Entgegenkommen in dieser Frage nicht mehr völlig entziehen. Auf das sehr heftige Drängen von General Clay und General Robertson habe ich mich daher mit der Übernahme einer ersten Rate von 120-130 000 Ausgewiesenen, die eine Unterkunft oder einen Arbeitsplatz in der französischen Zone nachweisen müssen, einverstanden erklärt 41 . Außerdem mußte ich einer Prüfung des gesamten Ausgewiesenenproblems durch eine alliierte Kommission in Berlin zustimmen. Die Ergebnisse der Arbeit dieses Ausschusses, der sehr gut gearbeitet hat, wurden den drei Militärbefehlshabern am 31.3.1949 in Frankfurt überreicht 42 und daraufhin folgende Beschlüsse gefaßt: a ) Die Übersiedlung von 300 000 Ausgewiesenen in die französische Zone soll ins Auge gefaßt werden. In dieser Zahl sind die 120 - 1 3 0 000, deren Umsiedlung bereits im Anlaufen ist, mit Inbegriffen. Im Zusammenhang damit werden die zuständigen deutschen Stellen beauftragt, durch den Wirtschaftsrat für die Bizone einerseits und eine entsprechende Organisation der französischen Zone andererseits die aus der Anwesenheit der Ausgewiesenen in den einzelnen Ländern entstehenden finanziellen Rückwirkungen untersuchen zu lassen. Aufgrund der Besprechungen zwischen dem Wirtschaftsrat und der entsprechenden Stelle der französischen Zone sollen unter Berücksichtigung der finanziellen Lage der einzelnen Länder Vorschläge für Maßnahmen ausgearbeitet werden, die die finanzielle Belastung einigermaßen ausgleichen sollen. Ich bemerke, daß ich ausdrücklich auf den Zusatz „unter Berücksichtigung der finanziellen Lage der einzelnen Länder" bestanden habe. Dadurch werden Ihnen manche Dinge ermöglicht. b) Ein zweiter Beschluß bestätigt die von mir eingegangene Verpflichtung, insgesamt 300 000 Ausgewiesene in die französische Zone zu übernehmen. Es bleibt jedoch ausdrücklich vereinbart, daß der Nachweis einer Unterkunft oder einer Arbeitsstelle in der Zone für die bereits akzeptierten 120 - 1 3 0 000 Ausgewiesenen beibehalten wird. Praktisch gesehen ist das Abkommen abhängig von der Lösung des Finanzproblems, und diese muß von den zuständigen deutschen Stellen gefunden werden. Es scheint mir, daß die bizonalen Stellen über die finanzielle Seite des Abkommens nicht in Kenntnis gesetzt worden sind, so daß bei der Besprechung der Flüchtlingskommissare am 12.4.1949 in Frankfurt diese Frage nicht besprochen werden konnte 43 . Die

40

Vgl. Dok.Nr. 19, TOP 2. Der Begriff „Ausgewiesene" wird hier synonym mit „Flüchtlinge und Vertriebene" verwandt.

41

In der Besprechung vom 11.3.1949 (Dok.Nr. 19, TOP 2) war die Gesamtzahl der aufzunehmenden Flüchtlinge nicht genannt worden. Die zugesagte Zahl von 29 000 Arbeitskräften bedeutete eine geschätzte Personenzahl von 100-120 000 Flüchtlingen.

42

Zum Flüchtlingsausschuß der MilReg. siehe Dok.Nr. 7, TOP 4. Das Beratungsergebnis konnte nicht ermittelt werden.

43

Auf der Sitzung der Flüchtlingsverwaltungen der drei Westzonen unter Leitung Das kann aber nur erreicht werden, wenn die Gebiete, die die Länder ohne weiteres selbst erledigen können, aus dem Katalog ausscheiden".] [Mosthaf leitet zu den umstrittenen Gebieten über und führt zum Banken-, Börsenund Kreditwesen aus:] Eine Wirtschaftspolitik läßt sich aber überhaupt nur machen, wenn man die Lenkung des Kreditwesens auch als eine Art Bewirtschaftung ansieht. Wenn auch alles andere abgebaut sein kann, werden wir gezwungen sein, das Geld und die Kredite auf längere Zeit hin zu lenken und diese Dinge nicht vollkommen der freien Entwicklung zu überlassen. Herr Dr. Klein hat schon einen zwingenden Grund hierfür genannt, nämlich den, daß die Hergabe der Mittel aus den Gegen[wert]fonds des Marshallplans, der Gelder, die bei uns im Lande bleiben sollen und in die Wirtschaft als Darlehen hineingegeben werden sollen, nur dann gegeben werden, wenn die entsprechenden deutschen Mittel sichergestellt und eingesetzt werden25. Es muß also von oben herunter dafür gesorgt werden, daß entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es wird wahrscheinlich auch eine gesetzliche Bestimmung geschaffen werden müssen, ob man die Reserven der Post und Eisenbahn, insbesondere aber der Versicherungsgesellschaften privater und öffentlich rechtlicher Art, mit in Anspruch nimmt. Die Verwendung unter Einsatz dieser Mittel wird das Hauptinstrument der Wirtschaftslenkung werden. Deswegen läßt sich Wirtschafts- und Kapitallenkung nicht trennen. Sie hängen wiederum eng zusammen mit dem Devisenwesen und der Devisenbewirtschaftung, mit dem Ein- und Ausfuhrwesen, mit den Plänen der Investitionen, insbesondere in der Industrie. So spricht eigentlich alles dafür, daß dieses Gebiet wieder zur Wirtschaftsverwaltung kommt, wo es auch früher war. Ich gehe auch davon aus, daß, 24

Das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bankund Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ist gemäß Art. 74 (11) GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung.

25

Diese Auffassung hatte Gen. Robertson zuletzt gegenüber den MinPräs. der Bizone am 30. 6. 1949 (Dok.Nr. 56, TOP 2) bestätigt.

709

Prot.

Nr. 57 Β Prot,

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sobald die Bewirtschaftung abgebaut ist, in den Ländern auch eine wesentliche Reform durchgeführt werden kann, wobei sehr zu überlegen wäre, ob nicht Wirtschaft, Arbeit und Ernährung unter ein Ministerium kommen könnten. Ob wir uns später in all diesen Dingen so weit entfernen können, daß wir auch im Bund eine ähnliche Vereinfachung machen können, bedarf einer späteren Erörterung. [. . .] [Ringelmann legt eine überarbeitete Ausarbeitung über die Zuständigkeiten des Finanzministeriums vor26. Hierin sei für dieses die Federführung des Banken- und Börsenwesens vorgesehen 27 .] [Mosthaf stellt fest, daß Einigkeit besteht, kein Außenhandelsministerium zu errichten. Das Wirtschaftsministerium müsse allerdings so ausgestattet werden, daß es Handelsvertragsverhandlungen führen könne.] [Haas weist darauf hin, daß seinem Vorschlag zufolge die ERP-Angelegenheiten dem Außenamt zufallen28.] [Mosthaf tritt für die Ressortierung dieser Angelegenheiten beim Wirtschaftsministerium ein. Zum Problem von Raumplanung und Wohnungswesen führt er aus, daß letzteres eigentlich dem Innen- oder Arbeitsministerium zugewiesen werden sollte29. Nun hänge aber die Konjunkturlenkung mit dem Wohnungsbau und die Folge davon mit dem Kreditwesen sehr eng zusammen. Eine einsetzende Krise könne am leichtesten dadurch aufgefangen werden, daß man im geeigneten Augenblick die erforderlichen Kredite für den Wohnungsbau zur Verfügung stellt. Daher sei der Wohnungsbau bis zu einem gewissen Grade der Schlüssel für eine gesunde Wirtschaftslenkung und gehöre somit zur Wirtschaftsverwaltung.] [Der Ausschuß behandelt weiter die Frage der Lehrlingsausbildung, der Gewerbeaufsicht und der Lebensmittelindustrie in Abgrenzung zu den Kompetenzen anderer Ressorts.] [Nischalke regt an, eine weitere Klärung durch eine Aussprache der Referenten Klein und Mosthaf herbeizuführen30.] 26

In dem Vorschlag von Ringelmann für die Regelung der Zuständigkeit und die Gliederung des Bundesministeriums der Finanzen wurde das Ergebnis der bisherigen Ausschußberatungen (vgl. Dok.Nr. 54 A, TOP2) zusammengefaßt (Z12/109, Bl. 87-98). Für die allgemeine Regelung der Rechtsverhältnisse der öffentlich Bediensteten wurde die Kompetenzaufteilung zwischen Innen- und Finanzministerium festgehalten. Hinsichtlich der Schaffung eines Bundespersonalamtes sei eine Einigung nicht erzielt worden. Für nichtbeamtete Kräfte sei ein Tarifwerk zu schaffen, für das der FinMin. zuständig sei. Weiterhin bekräftigt der Bericht die Auffassung des Ausschusses, eine einheitliche Pensionsregelungs- und Zusatzversorgungsbehörde einzurichten. Hingegen wird die Bildung einer Bundesbehörde für Hochbauangelegenheiten und einer zentralen Beschaffungsstelle nicht empfohlen. Sodann wird das Prinzip der Einheitskassen zur Vereinfachung der Kassengeschäfte und die Ablehnung einer Bundesvermögensverwaltung begründet. Aufgrund dieser Vorentscheidungen ergäben sich für das Ministerium vier Zuständigkeitsgruppen. Abschließend wird darauf hingewiesen, daß die Eröterung über die nachgeordneten Behörden der Bundesfinanzverwaltung zurückgestellt und eine Abgrenzung gegenüber den Zuständigkeiten des FinA. für erforderlich erachtet worden sei. Die Anlage 1 des Berichtes faßt die vorgesehene Zuständigkeitsregelung für das Bundesfinanzministerium zusammen, und in Anlage 2 wird ein Geschäftsverteilungsplan vorgelegt, der auf einem Personalbedarf von 50 Beamten und Angestellten des höheren Dienstes und einem Gesamtbedarf von höchstens 250 Kräften beruht.

27

Als Referat der Abteilung II Währungs- usw., Vermögens- und Schuldenwesen.

28

Vgl. Dok.Nr. 54 C, TOP 3. Vgl. Dok.Nr. 57 B, TOP 8. In ihrem gemeinsamen Vorschlag zum Referat Bundeswirtschaftsministerium führten Klein und Mosthaf zum vorgeschlagenen Ministerium für zwischenstaatliche Angelegenheiten mit den Aufgabengebieten Außenhandelswirtschaft und Durchführung des Marshallplans u. a. aus (Z 12/101, Bl. 128-130):

29 30

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Nr. 57 Β

[Ringelmann möchte die Behandlung von Handelsschiffahrtsverträgen dem Außenamt zuweisen, während bei internationalen Verträgen selbstverständlich das Justizministerium einzuschalten sei. „Wenn in Finanz- und Geldfragen der Wirtschaftsminister einen völlig selbständigen Vorschlag machen würde, dann könnte dies u . U . die Finanzen in eine heillose Situation bringen. Diese Dinge müssen als eine gemeinschaftliche Aufgabe betrachtet werden".] [Der Ausschuß berät sodann über die Einsetzung von Bundesaufsichtsämtern über das Banken- und Kreditwesen sowie über die Versicherungswirtschaft 31 . Μosthaf und Klein widersprechen dabei der Auffassung von Ringelmann, das Finanzministerium einzuschalten.]

Prot.

[Mittagspause] [Fortsetzung der Sitzung: 14.15 Uhr] [3. Rechnungshof] [Oeftering referiert über die Organisation des künftigen Bundesrechnungshofes 32 .] Gegenstand des Referats ist der vorgelegte Organlsationsplan des bizonalen Rechnungshofs33. Dort künftige Kompetenzabgrenzung zwischen Bundes- und Länderrechnungshöfen noch nicht berücksichtigt. Nach Artikel 114 Absatz 2 Grundgesetz 34 Abgrenzung wohl

„Wenn unterstellt werden kann, daß die Bundesregierung eines Tages die Möglichkeit haben wird, ein Außenministerium zu errichten, wird zweckmäßig sein, jetzt in einem anders zu benennenden Ministerium oder einer vom Bundeskanzler ressortierenden Abteilung die Zelle eines Außenministeriums zu schaffen. Es scheint aber nicht ratsam zu sein, mit Rücksicht auf diese Erwägungen die Bearbeitung der Außenhandelswirtschaft und der Durchführung des Marshallplans von ihrem eigentlichen, rein wirtschaftlichen Arbeitsgebiet abzuzweigen. Außenhandelswirtschaft und Marshallplan sind zur Zeit die wichtigsten Teile der Wirtschaftspolitik überhaupt. Ihre Wichtigkeit wird im Laufe der nächsten Jahre noch gesteigert werden. Kein Wirtschaftsminister kann Wirtschaftspolitik treiben ohne maßgeblichen Einfluß auf Außenhandel und Marshallplan. Weil die Wirtschaft eine Einheit ist, die auch nur einheitlich gelenkt werden kann, sollten Außenhandelswirtschaft und Marshallplan bei dem Bundeswirtschaftsministerium verbleiben. Der berechtigte Wunsch, eine Zelle für ein späteres Außenministerium zu schaffen, kann so erfüllt werden, daß dem Bundeskanzler unter der Leitung eines Staatssekretärs eine Abteilung .BesatzungsStatut' unmittelbar unterstellt wird. Diese Abteilung wird in nächster Zeit die Verhandlungen mit den Besatzungsmächten, insbesondere mit den Hohen Kommissaren zu führen haben. Diesem Arbeitsgebiet kann später, sobald das Außenministerium geschaffen werden kann, die Bearbeitung der Beziehungen zu anderen Ländern hinzugefügt werden. Bei dem Aufbau der Organisation des Bundeswirtschaftsministeriums wird also davon ausgegangen, daß Außenhandelswirtschaft und Marshallplan, die eng zusammengehören, zum Arbeitsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums gehören. Dieses würde dann zweckmäßig neben der üblichen ZeniraZ-abteilung (innere Verwaltung) sechs Hauptabteilungen bilden". 31

Zur Errichtung von Bundesaufsichtsämtern vgl. Anm. 22.

32

Die Ausführungen von Oeftering wurden in einer stichwortartigen Inhaltsangabe durch den OrgA · «n 1. 7. 1949 zusammengefaßt (Z 12/94, Bl. 99-100). Anstelle des ausführlicheren Prot.-Texte:, » .d diese nachfolgend abgedruckt.

33

Organisationsplan und Verteilung der Stellen des Rechnungshofes mit E r l ä u t e ^ · , 6 en zum Organisationsplan des Rechnungshofes im VWG für das Rechnungsjahr 1949 in: Ζ 12/94. Bl : Γ-128. Gemäß Art. 114 (2) GG prüft der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Er hat außer der Bundesregierung unmittelbar dem Bundestag und dem Bundesrat jährlich zu berichten. Die näheren Befugnisse sollen durch Bundesgesetz geregelt werden.

34

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Anlage

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auf der Linie, daß Bundesrechnungshof die gesamte Bundesverwaltung, Länderrechnungshöfe die gesamte Länderverwaltung prüfen. Vorgelegter Organisationsplan Im allgemeinen als Rahmenplan für späteren Bundes[rechnungshof] geeignet, vorbehaltlich der folgenden Punkte: Überprüfung aufgrund der bei Errichtung des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz gemachten Erfahrungen läßt auf folgendes hinweisen: a) Verhältnis von höheren und mittleren Beamten Beim Rechnungshof Rheinland-Pfalz, der auch die gesamte Selbstverwaltung überörtlich prüft, sind vorhanden 38 Prüfungsbeamte und fünf höhere Beamte (ohne Präsident). Demzufolge Verhältnis von höheren zu mittleren Beamten rund 1:8. Belm bizonalen Rechnungshof lautet das entsprechende Verhältnis 22:60 ist gleich rund 1:3,6. Eine stärkere Verlagerung der Verantwortung auf die Prüfungsbeamten und die Verringerung der Zahl der höheren Beamten erscheint empfehlenswert (Hebung der VerantwOrtungsfreude der Prüfungsbeamten, auf denen erfahrungsgemäß die Hauptlast der Prüfungsarbeit ruht, Hebung des Ansehens der Prüfungsgebietslelter, Möglichkeit strengster Auswahl In Bezug auf die letzteren). b) Verwaltungsabteilung Größenordnungsmäßig verhalten sich Rechnungshof von Rheinland-Pfalz zum bizonalen Rechnungshof wie 55:145 (Zahl der Gesamtbeschäftigten). Das ergibt ein Verhältnis von rund 1:2,6. Die Besetzung der Verwaltungsabteilung weist demgegenüber ein Verhältnis von 1:3,6 auf, weil in Rheinland-Pfalz In ihr nur 12, beim bizonalen Rechnungshof 44 Beschäftigte vorgesehen sind. Hierin könnten gewisse Ersparnismöglichkeiten liegen. c) Prüfungsgebiete35 Im allgemeinen ohne Bemerkung, Anknüpfung an bewußte Organisationsprinzipien des ehemaligen Rechnungshofes des Deutschen Reiches. Beamte des höheren Dienstes als Hilfskräfte des Prüfungsgebietsleiters sollten womöglich vermieden werden (siehe zu a). d) Gutachtenabteilung36 Gutachtenerstattung, Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen, „Rollkommandos" für die Tätigkeit der Rechnungshöfe von größter Bedeutung (gegenwartsnahe Arbeit, Prophylaxe anstelle von Therapie). Trotzdem Bildung eigener Gutachtenabteilung vielleicht zweifelhaft, weil gefährlich für Initiative und Verantwortungsfreude in den normalen Prüfungsgebieten, außerdem Überschneidungen und Doppelarbeit wohl kaum zu vermeiden. Einbau der Gutachtenabteilung in die normalen Prüfungsgebiete sollte erwogen werden37.

35

Während der bizonale Rechnungshof über zwei Prüfungsabteilungen mit insgesamt acht Prüfungsgebieten verfügte, waren laut Vorschlag des Rechnungshofes für den künftigen Bundesrechnungshof (vgl. Anm. 33) drei Abteilungen mit 17 Prüfungsgebieten vorgesehen, was vor allem auf inhaltliche Ausweitungen zurückzuführen war.

36

Das Aufgabengebiet der Gutachtenabteilung blieb im Vorschlag des Rechnungshofes gegenüber der bestehenden Organisation im VWG unverändert.

37

Diese Anregung wurde in der Stellungnahme des Unterausschusses (vgl. Dok.Nr. 57 A, Anm. 8) nicht aufgegriffen.

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Nr. 5 7 Β

e) Einzelfragen Notwendigkeit der Stellung eines besonderen Vizepräsidenten kann zweifelhaft sein. Dienstältester Direktor könnte vielleicht Vertretung des Präsidenten übernehmen. [...] Einrichtung einer besonderen Amtskasse, entsprechend dem allgemeinen Organisationsschema, dann wohl entbehrlich, wenn arbeitsfähige Bundeskasse am Sitz des Bundestrechnungshofes] vorhanden [...]. [In der anschließenden Aussprache legt Ringelmann Wert auf die Feststellung, daß der Personalbestand des Rechnungshofes im VWG als überbesetzt anzusehen sei38. Für seine Arbeit müsse der Bundesrechnungshof ungehinderten Zutritt zu den Plenar- und Ausschußsitzungen des Parlaments und sogar des Kabinetts erhalten.] [Oeftering unterstreicht abschließend, daß der Rechnungshof keinem Ministerium unterstellt sein dürfte; er stehe rangmäßig neben dem Ministerium.]

Anlage

Prot.

[4. Personalamt] [Oppler referiert über die Aufgaben des Personalamtes des VWG 3 '.] [Oppler verweist unter Ziffer 1 auf die umfassende Zuständigkeitsregelung des Personalamtes des VWG für Gesetzgebungs- und Verwaltungsfragen im Bereich des Personalwesens40, wodurch alle früher zwischen verschiedenen Ministerien aufgeteilte Aufgaben vereinigt worden seien. Die frühere Organisation habe zu einer mannigfaltigen Gestaltung des Rechts im einzelnen, zu Schwierigkeiten der Übersicht und zu unvermeidbarer Doppelarbeit geführt. Unter Ziffer 2 behandelt Oppler die kontinuierlichen Bemühungen seit dem Zusammenbruch, die Zuständigkeit für das Beamtenrecht an einer Stelle zusammenzufassen. Die Vorteile dieser Gestaltung für das Personalwesen, nämlich geschäftliche Vereinfachung, Einheitlichkeit bei allen Verwaltungen, weitgehende Unabhängigkeit gegenüber vorwiegend finanziellen Erwägungen der Finanzverwaltung und gegenüber unberechtigten Parteieinflüssen, seien anerkannt. Die vielfältigen, dem Personalamt durch Gesetze des WR zugewiesenen Aufgaben werden unter Ziffer 3 aufgeführt41, wobei auch auf das Gesetz Nr. 15 der MilReg. verwiesen wird42, durch welches das Aufgabengebiet des Personalamtes noch weiter ausgestaltet worden sei. Unter Ziffer 4 geht Oppler auf die Stellung des Personalamtes als eines von Weisungen unabhängigen Amtes ein. Das Gesetz Nr. 15 habe wesentlich dazu beigetragen, „einer ungesunden Überpolitisierung des öffentlichen Dienstes entgegenzuwirken". Dies decke 38

Er betrug insgesamt 145 Beamte, Angestellte und Arbeiter.

w

Im Prot, wird auf die nachfolgend abgedruckte Anlage „Stellung und Aufgaben des Personalamtes der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes" vom 30.6.1949 (Z12/103, Bl. 122-136) verwiesen. Dem Bericht von Oppler sind eine statistische Übersicht über die Zahl der Verwaltungsangehörigen im VWG und ein Auszug aus dem vorläufigen Geschäftsverteilungsplan des Personalamtes der Verwaltung des VWG beigefügt.

40

Das Personalamt war durch Gesetz vom 23. 6. 1948 (WiGBl. 1948, S. 57) gegründet worden.

41

Hierzu zählten u. a. Anstellung, Vor- und Ausbildung, Dienstpflichten und Folgen ihrer Verletzung, Beschwerden in Personalangelegenheiten, Beförderung, Versetzung, Beendigung des Dienstverhältnisses, Wartestand, Ruhestand, Urlaub, Fürsorge, Besoldung, Vergütung und Einstufung gemäß Gesetz vom 23. 6.1948 sowie weitere Bestimmungen aus dem Übergangsgesetz über die Rechtsstellung der Verwaltungsangehörigen der Verwaltung des VWG vom 23. 6. 1948 (WiGBl. 1948, S. 54).

42

Vgl. Amtsbl. brit. MilReg., Nr. 28, S. 1152.

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Anlage

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Anlage

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sich mit früheren Bestrebungen, dem „Parteibuchwesen in der Ämter- und Stellenbesetzung" zu begegnen. Nunmehr werde verstärkt das Leistungsprinzip als Auswahlkriterium ausschlaggebend.] Diese, wie fast jede Reform, von der internationalen Rechtsentwicklung beeinflußte Regelung, die den Bedürfnissen eines sauberen Berufsbeamtentums dient, läßt den letzthin mehrfach erörterten Gedanken einer Eingliederung der für das Personalwesen maßgebenden Stelle in ein künftiges Innenministerium 43 nicht als Fortschritt erscheinen. Wiederholt ist nach dem Zusammenbruch darauf hingewiesen worden, daß es auch für den künftigen deutschen Verwaltungsaufbau kein einfaches Zurück zu der Zeit vor 1933 geben darf, und daß neue Organisationsformen entwickelt werden müssen. [ . . . ] 5. In gleicher Weise muß einer Einschränkung des Aufgabengebietes des Personalamtes 44 aus den bereits angedeuteten Gründen widerraten werden. Insbesondere erscheint die Einbeziehung von Besoldung und Versorgung in den Aufgabenbereich des Personalamtes sachgemäß. [ . . . ] Auch muß der Aufbau der Besoldungsordnung - insbesondere die Gestaltung der verschiedenen Besoldungsgruppen nach Maßgabe der Tätigkeitsmerk^ male und das Maß des Aufsteigens in den Grundgehältern - und die Berechnung des Besoldungsdienstalters unter Einbeziehung von Vordienstzeiten sowie die Regelung der Beamten- und Hinterbliebenenversorgung vor allem vom Blickpunkt der personellen Betreuung betrachtet werden. Dazu ist es unbedingt erforderlich, daß die für das Personalwesen zuständige Stelle die Federführung auf diesen Gebieten hat. Die finanziellen Erfordernisse bestimmen nur den Rahmen, in dem sich die zu treffende Regelung zu halten hat; insoweit genügt die Vorschrift, daß das Finanzressort in allen Angelegenheiten von finanzieller Bedeutung von vornherein zu beteiligen sei. [Abschließend empfiehlt Oppler unter Ziffer 6 die Angliederung des Personalamtes an die künftige Bundeskanzlei 45 .]

Prot.

[Ringelmann spricht sich nicht grundsätzlich gegen ein Bundespersonalamt aus, möchte es jedoch auf die Durchführung von Rechtsverordnungen beschränken. Er kritisiert insbesondere, daß ein Referat für allgemeines Arbeitsrecht, Arbeitsvertragsrecht und Tarifvertragsrecht vorgesehen sei46. Hier stehe er auf dem Standpunkt, „daß eine Verkümmerung der Zuständigkeiten des Gesetzgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes und des Arbeitsvertragsrechtes schlechthin ausgeschlossen sein muß

43

Vgl. den Beschluß des OrgA. vom 23. 6. 1949 in: Dok.Nr. 54 A , TOP 2.

44

Vgl. die nachfolgenden Ausführungen von Ringelmann.

45

In einem Nachtrag vom 6. 7.1949 zu seinen Ausführungen (Z12/103, Bl. 137-141) bemerkt Oppler hierzu: „Da in dem Organisationsausschuß darauf hingewiesen worden ist, daß nach den leitenden Gedanken des Grundgesetzes das Amt des Bundeskanzlers von allen organisatorischen Bindungen möglichst frei gehalten werden soll, muß ich die Frage der Einordnung des Personalamts offen lassen, zumal da es sich möglicherweise um eine erst nach den Wahlen zum Bundestag zu treffende politische Entscheidung handelt, der nicht vorgegriffen werden soll. Die Frage, ob das Personalamt des Bundes in eine organisatorische Verbindung zum Bundeskanzler oder seinem Stellvertreter oder dem Innenminister gebracht wird, ist letztlich nicht von entscheidender Bedeutung. Wesentlich bleibt [. . .] die Erhaltung der selbständigen und unabhängigen Stellung des Personalamtes. Nur ein an sachliche Weisungen nicht gebundenes Amt, dessen Unabhängigkeit in etwa der des Rechnungshofes entspricht, kann die sachgemäße Führung der dem Personalamt gesetzlich übertragenen Geschäfte gewährleisten". - Hier findet sich auch eine Gliederung, die die Struktur des Amtes im VWG übernimmt, und eine Übersicht über den Personalbedarf der zu errichtenden Obersten Bundesbehörden (Personalamt, Dienststrafhof, Dienststrafkammern und Pensionsregelungsbehörde).

46

Referate innerhalb der Abteilung IV.

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und daß es nicht angeht, daß man die Arbeitgeberrechte, die beim Abschluß von Kollektiwerträgen ausgeübt werden, in die Hand des Bundespersonalamtes legt und damit den für die Bundesangestellten und Bundesarbeiter verantwortlichen Minister von der Verantwortlichkeit für den Abschluß von Amts- und insbesondere von Lohnund Tarifverträgen entbindet". In der Ausführung von Oppler, das Finanzministerium sei in Angelegenheiten von finanzieller Bedeutung zu beteiligen, sieht er einen Hohn auf die politische und finanzielle Verantwortung des Finanzministers. Er sei nicht nur zu beteiligen, er habe vielmehr in diesen Fragen zu entscheiden, denn er sei verantwortlich für den Haushalt und für einen etwaigen Bankrott des Bundes, der auf diesem Wege herbeigeführt werden könne.] [Der Ausschuß wendet sich in der weiteren Diskussion der Frage zu, ob durch Personalvorschläge des Personalamtes nicht die Verantwortlichkeit und Selbständigkeit des jeweiligen Ministers unzulässig beschnitten werde. Zur weiteren Klärung der aufgeworfenen Fragen wird ein Unterausschuß, dem Ringelmann, Mücke und Joachimi angehören, eingesetzt 47 .] [5. Statistisches Amt] [Fürst trägt vor48, daß sich die Organisation des Statistischen Amtes im VWG bewährt habe49. Die Unterstellung unter den Oberdirektor böte den Vorteil, daß es allen Verwaltungen gleichmäßig und gleichzeitig diene und eine objektive Statistik erarbeiten könne. Auch seien dadurch die Informationsmöglichkeiten erleichtert. Die im G G vorgesehene Gesetzgebungsbefugnis für die Bundesstatistik 50 werde mehr Einheitlichkeit erbringen, was auch im Interesse der Länder liege, da so die statistischen Angaben von Land zu Land vergleichbar würden. Fürst schlägt vor, das Statistische Bundesamt als Oberste Behörde mit ungefähr den gleichen Aufgaben und Kompetenzabgrenzungen wie für das Statistische Amt des VWG sowohl im Verhältnis zu den Verwaltungen wie auch zu den Ländern einzurichten und eine Unterstellung unter ein Fachressort zu vermeiden. Die Frage der Unterstellung, nachdem die Errichtung als Oberste Bundesbehörde keine Zustimmung gefunden hatte, beschäftigt den Ausschuß in der anschließenden Aussprache. Einheitlich vertritt er die Auffassung, daß Spezialstatistiken in den einzelnen Ressorts unterbleiben müssen. Während die Majorität eine Unterstellung unter das Innenministerium 51 befürwortete, wünscht eine Minderheit eine Unterstel-

47 48

Bericht des Unterausschusses in: Dok.Nr. 62 A, Anm. 54. Den Ausführungen von Fürst lag eine Denkschrift des Statistischen Amts des VWG vom 15. 6. 1949 (Z 12/ 111, Bl. 216-222) über die Stellung des Statistischen Amtes in der Bundesverwaltung zugrunde.

49

Zur Entstehungsgeschichte und zum Aufgabengebiet des Statistischen Amtes siehe Pünder, Interregnum. S. 166 ff.

50

Art. 73 (11) GG besagt, daß die Statistik für Bundeszwecke Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes ist. In der Denkschrift des Statistischen Amtes vom 15. 6. 1959 (vgl. Anm. 48) wird der Begriff „Bundeszweck" dahingehend interpretiert, daß damit die Zuständigkeit für die Statistik ausdrücklich von der Zuständigkeit für das jeweilige Sachgebiet (Finanzen, Wirtschaft, Ernährung, usw.) getrennt ist. Durch diese Ausklammerung werde der methodischen Eigenart und dem vielseitigen Verwendungszweck der Statistik durch einen weiten, von der sachlichen Seite grundlegend unabhängigen Zuständigkeitsbereich des Bundes Rechnung getragen.

51

Vgl. Dok.Nr. 54 B, TOP 1.

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Prot.

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lung unter das Wirtschaftsministerium52. Klaiber, Klein und Joachimi werden gebeten, das Ergebnis der Erörterungen zu skizzieren53.] [6. Bewerbungen für die Bundesverwaltung] Es wird vorgebracht, daß eine übermäßig große Zahl von Bewerbungen für die Bundesverwaltung eingingen, und die Frage wird aufgeworfen, ob man diese Bewerbungen wieder zurückschicken oder sie an einer Stelle sammeln soll. Man kam zu dem Ergebnis, daß Personalangelegenheiten nicht zur Zuständigkeit des OrgA. gehören. Es wird beschlossen, Herrn MinPräs. Stock über die Angelegenheit Bericht zu erstatten54. Das Büro der Ministerpräsidenten schickt diese Bewerbungen mit einem entsprechenden Begleitschreiben zurück. Was die Länder mit diesen Bewerbungen tun, bleibt ihnen überlassen. Es soll in dem Bericht des Ausschusses aufgenommen werden, daß sich der Ausschuß mit diesen Bewerbungen beschäftigt hat. [7. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten] [Suchan referiert55:]

Anlage

[Ausgehend von den einschlägigen Artikeln des GG5* werden die wesentlichen Zuständigkeiten des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgeführt. Diesen Katalog korreliert Suchan sodann mit dem gegebenen Geschäftsverteilungsplan der VELF 57 und kommt zu dem Ergebnis, daß die Aufgaben von dem künftigen Bundesministerium zu übernehmen sind. Zu den in der Abteilung V zu bearbeitenden Angelegenheiten des Außenhandels führt er aus:] Die Angelegenheiten des Außenhandels müssen im engsten Zusammenhang mit den übrigen Aufgaben der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten behandelt werden; Ein- und Ausfuhren und ihre Lenkung wirken auf die inländische Erzeugung und 52 53

54 55

Vgl. Anm. 22. Eine Stellungnahme des Unterausschusses konnte nicht ermittelt werden. Wahrscheinlich ging sie in die Erörterung über die Organisation des WiMin. ein. Das Stat. Amt des VWG legte allerdings am 4. 7.1949 einen Vorschlag für die Errichtung eines Stat. Amtes in der Bundesverwaltung vor (Z12/111, Bl. 209-215), der an die Diskussion im OrgA. anknüpfte. Hierin wurde nochmals auf die Form der statistischen Bundesbehörde, ihre Aufgaben, Befugnisse und Rechtsgrundlage sowie auf die Frage des Einbaus in die Bundesverwaltung eingegangen. Sollte dabei die Unterstellung unter ein Fachressort unabweislich sein, so würde diese nur in Fragen der Dienstaufsicht und des Haushalts stattfinden können. Aufgabenbereich und Befugnisse des Amtes erforderten, abgesehen von der selbstverständlichen Anordnungsbefugnis der Ministerien für Statistiken, die völlige sachliche Unabhängigkeit des Amtes von allen fachlichen Weisungen in methodischen und technischen Fragen sowie die völlige fachliche Freiheit des Amtes zur Ausübung seiner Koordinierungsbefugnisse zum möglichst rationellen und zweckmäßigen Aufbau der gesamten amtlichen Statistik. Schließlich wurde ein Vorschlag zur Gliederung und eine Schätzung über den Personalbedarf vorgelegt. Vgl. Dok.Nr. 73, TOP 22. An dieser Stelle wird im Prot, auf die bereits auf der voraufgegangenen Arbeitstagung verteilte Ausarbeitung „Der Geschäftsverteilungsplan der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes im Hinblick auf die Zuständigkeiten eines künftigen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nach dem Grundgesetz" vom 23. 6. 1949 (Z 12/109, Bl. 40-41) verwiesen.

56

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung sind einschlägig Art. 74 (17) und (18) sowie im Bereich der Rahmenvorschriften des Bundes Art. 75 (3) und (4) GG. 57 . Vgl. das Schaubild in: Ζ 12/109, Bl. 57.

716

7. bis 11. Sitzung des Organisationsausschusses

30. 6. - 4. 7. 1949

Nr. 5 7 B

auf die Ordnung des inneren Marktes zurück. An der Zuständigkeit des Ministers für

Anlage

Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf diesem Gebiet würde sich auch nichts ändern, wenn ein Außenhandelsmlnisterium errichtet würde. Dieses Ministerium würde an die Stelle der handelspolitischen Abteilung des früheren Auswärtigen Amtes treten und auf dem Gebiete des Abschlusses von Handelsverträgen zuständig sein, wie es früher das Auswärtige Amt war. Neben der handelspolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes haben von jeher die handelspolitischen Abteilungen der Fachministerien bestanden; in ihnen wurden die fachlichen Fragen des Außenhandels bearbeitet. Darüber hinaus waren die Angehörigen der handelspolitischen Abteilungen der früheren Ministerien Mitglieder der Handelsvertragsdelegatlonen; in zunehmendem Maße stellten sie auch Vorsitzende der Delegationen, da das Auswärtige Amt personalmäßig nicht in der Lage war, alle Vorsitzenden zu benennen. Aus all diesen Gründen werden Außenhandelsabteilungen der Fachministerien immer notwendig sein, gleichgültig, ob ein Außenhandelsministerium geschaffen wird oder nicht. [ . . . ] [Fuchs erläutert d e n V o r s c h l a g d e s R e c h n u n g s h o f e s , d e r a n d i e b e s t e h e n d e O r g a n i s a tion der bizonalen Verwaltung anknüpfend die Z u s a m m e n l e g u n g und Ausgliederung einiger A b t e i l u n g e n empfiehlt58.] [Die Diskussion wird w e g e n der b e v o r s t e h e n d e n Referate v o n Erhard und Storch zurückgestellt.] [Abendpause]

(Fortsetzung zu T O P 2 . Wirtschaftsministerium] [Der A u s s c h u ß erörtert die Frage, o b die Bankenaufsicht z u m Wirtschafts- o d e r z u m F i n a n z m i n i s t e r i u m g e h ö r t . D i e w e i t e r e D e b a t t e w i r d bis z u m R e f e r a t v o n E r h a r d vertagt.] [8. Wohnungswesen u n d R a u m p l a n u n g ] [Klein b e r i c h t e t , d a ß d i e G e w e r k s c h a f t e n W e r t d a r a u f legten 5 9 , d i e s e s G e b i e t d e m Wirtschaftsministerium zu überlassen, weil die ganze Wirtschaftsankurbelung im wesentlichen durch den Baumarkt g e s c h e h e n w ü r d e . ] 58

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Vorschlag des Rechnungshofes im VWG für einen Organisationsplan des künftigen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 21. 6. 1949, ebenda, Bl. 35-39. Hierin werden die Aufgaben des Bundesministeriums, die sich im wesentlichen mit denen der VELF decken, dargelegt. Eine Verkleinerung des Ministeriums könne durch Zusammenlegung der bisherigen Abteilungen II und IV zu einer Abteilung für Agrarpolitik und landwirtschaftl. Erzeugung sowie durch Ausgliederung der bislang von der Zentrale wahrgenommenen Bewirtschaftungsaufgaben (in der VELF auf mehrere Referate verteilt) sowie von Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Statistik (Abtlg. VI), des Acker- und Pflanzenbaues und des Pflanzenschutzes erzielt werden. So könne ein aus fünf Abteilungen bestehendes Bundesministerium - gegenüber sieben bei der VELF - mit einer Reihe von Oberbehörden und nachgeordneten Stellen gebildet werden. Fuchs verwies auch auf den Vorschlag des Abg. Seibold (ebenda, Bl. 33-34), der sich den Ausführungen des Rechnungshofes mit der Ausnahme anschloB, daß ein eigenes Bundesemährungsamt für die innere Lenkungswirtschaft, die Vorratswirtschaft und die Durchführung der Bewirtschaftungen geschaffen werde. Klein bezog sich hierbei auf ein Gespräch mit dem Leiter des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts des DGB, Erich Potthoff. 717

Prot,

Nr. 5 7 B Prot.

30.6.-4.7.1949

7. bis 11. Sitzung des Organisationsausschusses

Mosthaf bezeichnet Wirtschafts- und Kapitallenkung besonders unter den neuen Verhältnissen als eng mit der Wohnungsbauwirtschaft zusammenhängend. Die Dinge hätten so eng mit der Wirtschaft zu tun, daß sie unbedingt im Wirtschaftsministerium zusammengelegt werden könnten. Ringelmann stellt die Frage nach der Zuständigkeit dieser Dinge im Bund60. In den Ländern seien die Wirtschaftsministerien kompetent für die Bauwirtschaft. Er könne sich daher nicht recht vorstellen, welche Arbeitsgebiete dem Bundesministerium verblieben. Das Wohnungsbauwesen sei nach den früheren Gegebenheiten nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse geführt worden, was auch heute wieder der Fall sei. Mosthaf erklärt, das Wohnungswesen stehe im Grundgesetz drinnen. Solche gemeinsamen Fragen wie das Bau- und Bodenwesen könnten von den einzelnen Ländern gar nicht geregelt werden. Sie würden selbstverständlich in der Bundesebene wieder anfallen. Er stellt dann klar, daß es im Gegensatz nicht Wohnungsbauwesen, sondern Wohnungswesen heiße, was sich [auf] die Gesetzgebung über das Wohnungswesen, wie das Mietwesen und derartige Dinge beziehe, die [in] Reichszuständigkeit [gewesen] seien. Wohnungsbauwesen hänge mit der Bauweise zusammen, die heute eine ungeheure Rolle spiele, und die nicht jedes Land von sich aus bearbeiten könne, sondern die an einer Stelle zusammengefaßt werden müsse, ganz abgesehen von der wichtigen Frage der Finanzierung. Klaiber führt aus, der Bund müsse im Bauwesen die Rolle des Führers spielen, entweder durch öffentlich rechtliche Mittel oder sonstige. Daher werde eine rationelle Bauweise angewendet werden müssen, wozu es einer gewissen Bearbeitung bedürfe. Es handele sich in der Hauptsache um Überprüfung des zweckmäßigsten Kapitaleinsatzes und nicht eine Bevormundung der Länder in der Ausübung der Baupolizei. Deshalb gehöre das Bauwesen in das Bundeswirtschaftsministerium. Sieveking hält es ebenfalls für zweierlei Dinge, ob man Normen für die Verwendung der Baustoffe und Vorschriften für die Art des Wiederaufbaues erlasse oder Vorschriften für die Regelung der Mieten und dergl. [. . .] Klein bezeichnet die Sache ebenfalls als reine Verwaltungsaufgabe. Wer mit öffentlichen Mitteln bauen wolle, müsse sich gefallen lassen, daß ihm Richtlinien mit auf den Weg gegeben würden. [. . .] Ringelmann [. . .] Das Wirtschaftsministerium wäre wegen der rationellen Bauweise zu beteiligen. Es müßte auf jeden Fall auch wieder ein Normenausschuß" gebildet werden. Durch die Einschaltung einer neuen Behörde werde das Verfahren verlängert, bis das Geld an die Leute komme, mit einer solchen Einschaltung erreiche man nur das Gegenteil. Hermans hält die ganze Diskussion für abwegig. Bisher sei nur über rein technische und wirtschaftliche Fragen gesprochen worden. Die Behörden sollten sich zweckmäßig aus der Technik heraushalten. Im Vordergrund stehe in der heutigen Zeit das soziale Empfinden und da frage es sich, ob man überhaupt eine Baukompetenz in dieser 60

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Das Bodenrecht, das Wohnungswesen sowie das Siedlungs- und Heimstättenwesen ist gemäß Art. 74 (18) GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Die Einsetzung eines Normenausschusses für die Normierung gewerblicher und industrieller Produkte war sowohl im Vorschlag von Klein als auch in dem des Rechnungshofes (vgl. Anm. 8) vorgesehen.

7. bis ί 1. Sitzung des Organisationsausschusses

30.6.-4.7.1949

Nr. 57 Β

Richtung brauche. Das Schwergewicht sieht er wegen der vordringlichen Unterbringung der Flüchtlinge und Ausgebombten auf der sozialen Seite. Deshalb müsse man es auch dahin nehmen, nämlich zum Sozialressort. Er befürchtet das Aufblähen einer neuen Behörde, wenn man ihr eine technische Kompetenz gebe. [Nachdem Ringelmann auf die Unterscheidung von sozialem und sonstigem Wohnungsbau hingewiesen und sich gegen eine Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums ausgesprochen hat, um die Angelegenheit den Ländern zu belassen, wiederholt Suchan seinen Vorschlag, ein Flüchtlingsministerium zu gründen62. Da sich keine einheitliche Meinung über die Zuordnung erzielen läßt, wird die Frage zurückgestellt.] [Fortsetzung zu TOP 2. Wirtschaftsrainisterium]

Klein erklärt, es sei bei dem Vorschlag zu belassen: Die Gewerbeaufsicht zum Wirtschaftsministerium0, die Arbeiterschutzbestimmungen zum Arbeitsministerium64. [Fortsetzung TOP 7. Ministerium für Landwirtschaft und Forsten]

[In der Frage, ob das Wirtschaftsministerium wie bisher im Zuge seiner Federführung für die Preisgestaltung auch die Kompetenz für die Festsetzung der landwirtschaftlichen Preise erhalten solle, bildet sich keine einheitliche Meinung.] [Schluß der Sitzung: 21.15 Uhr]

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Zugleich legte Suchan einen Vorschlag für die Gliederung eines Bundesministeriums für Aufbau und Flüchtlingswesen vor (Z 12/111, Bl. 257). Darin waren fünf Abteilungen - Allgemeine Angelegenheiten, Raumordnung, Baufragen, Wohnungsfragen und Flüchtlingswesen - vorgesehen. Auf allen vier Sachgebieten hatte der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz. Ein Bundesministerium sollte darüber hinaus wichtige koordinierende Funktionen erfüllen. Ein solches Ministerium sei auch deshalb einzurichten, weil die genannten Zuständigkeiten in keinem anderen Ressort sinnvoll untergebracht werden könnten. Angeraten sei ferner die Bildung einer Abteilung für Siedlung und Heimstättenwesen sowie die Unterstellung des Hauptausgleichsamtes.

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Als Referat der Abteilung IIb.