Acta Biologica et Medica Germanica: Band 17, Heft 4 1966 [Reprint 2021 ed.]
 9783112536100, 9783112536094

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\ l l \ II lllllll.ll \ ETMEDICA GERMANICA HERAUSGEBER:

R. B A U M A N N ,

H. D U T Z , A. G R A F F I ,

L.-H. K E T T L E R ,

H.GUMMEL,

F. J U N G ,

S. M. R A P O P O R T

UNTER MITARBEIT

VON:

W. B E I E R , H. D R I S C H E L , H. F R U N D E R , M. G E R S C H , E. G O E T Z E , H . H A N S O N , F. H A U S C H I L D , G . H O L L E , F. M A C H , H. M A T T H I ES, G. M O H N I K E f , O. P R O K O P , K. S C H U B E R T , F. S C H W A R Z , G. S T E R B A , A. W O L L E N B E R G E R SCHRIFTLEITUNG:

W. S C H E L E R , H. B I E L K A

AKADEMIE-VERLAG

• BERLIN

• B A N D 17 • H E F T 4

• S E I T E 375-559 • 1966

AUFNAHMEBEDINGUNGEN 1. Es werden nur Arbeiten angenommen, die nicht an anderer Stelle mit demselben Inhalt veröffentlicht oder zur Veröffentlichung angeboten werden. Der Autor verpflichtet sich nach Annahme, die Arbeit an keiner anderen Stelle zu veröffentlichen. 2. Die Arbeit muß wissenschaftlich wertvoll sein. Bestätigungen bekannter Tatsachen, Versuche und Beobachtungen ohne positives Ergebnis werden, wenn überhaupt, nur in kürzester Form aufgenommen. Nicht aufgenommen werden Arbeiten referierenden Charakters, Polemiken und rein spekulative Arbeiten, falls sie nicht ganz wesentliche neue Gesichtspunkte enthalten. 3. Kurzmitteilungen für experimentelle Ergebnisse werden bei der Drucklegung zeitlich bevorzugt. Für ihren Inhalt ist ausschließlich der Autor verantwortlich. 4. Die Arbeiten müssen kurz und klar geschrieben und gegliedert sein. Problematik (Einleitung), Methodik, Befunde und Diskussion, evtl. Schlußfolgerungen sollen deutlich in Erscheinung treten. Der Arbeit soll ein Kurzreferat der wesentlichsten Ergebnisse vorausgestellt werden. Neben einer anderssprachigen erscheint auf jeden Fall eine deutsche Zusammenfassung. Die Arbeiten werden in folgenden Sprachen angenommen: Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch. 5. Die Arbeiten werden im Sofortumbruch gesetzt; größere Korrekturen in Form von Streichungen bzw. Zusätzen sind daher in der Umbruchkorrektur nicht mehr möglich. 6. Genaue Hinweise zur Manuskriptgestaltung sind von der Redaktion der Zeitschrift anzufordern und sind unbedingt einzuhalten. 7. Manuskripte sind an die Herausgeber zu senden oder direkt an die Redaktion der Acta biologica et medica germanica, IIIS Berlin-Buch, Lindenberger Weg 70. 8. Von jeder Originalarbeit werden kostenlos 80 Sonderdrucke geliefert. Darüber hinaus können bis zu 100 Sonderdrucke gegen Berechnung bezogen werden. Die Herausgeber

ACTA BIOLOGICA ET MEDICA GERMANICA Herausgeber : R. B a u m a n n • H. D u t z • A. G r a f f i • H . G u m m e l • F. J u n g • L . - H . K e t t l e r S. M. R a p o p o r t B a n d 17 1 966 Heft 4

Acta biol. med. german., Band 17, Seite 375 — 382 (1966) Aus dem Institut für Physiologische und Biologische Chemie der Humboldt-Universität zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. Dr. S.

RAPOPORT)

Wechselwirkungen zwischen Glukose- und Aminosäurestoffwechsel in embryonalen Rattenamnionzellen Der Einfluß von Glukose auf die C0 2 -Blldung aus Alanin und Glyzin R . IHLE, M . SCHULTZE u n d S.

ROSENTHAL

(Eingegangen am 10. 5. 1966) Zusammenfassung 1. Aminosäuren stellen einen beträchtlichen Anteil des endogenen Atmungssubstrates der embryonalen Amnionzelle dar. 2. Glukose steigert die 14 CO a -Bildung aus l- 14 C-Glyzin, vermindert jedoch die Veratmung von 1- 14 C-Alanin. 3. Hohe Phosphatkonzentrationen hemmen die 14 C0 2 -Bildung aus U-Glukose um etwa 45%. 4. Zwischen Aminosäure- und Glukosestoffwechsel sind bei der embryonalen Amnionzelle die gleichen Wechselwirkungen zu finden, wie sie bei der unreifen roten Blutzelle beobachtet wurden. Einleitung

Die Frage nach der Natur des endogenen Substrates der Atmung war Gegenstand einer Reihe von Untersuchungen an Retikulozyten und AszitesTumorzellen [1]—[6]. In unreifen roten Blutzellen, den Retikulozyten, wird ein beträchtlicher Anteil des endogenen Atmungssubstrates von Aminosäuren gestellt. Ihr Anteil an der Gesamt-C0 2 -Bildung ist sehr stark vom Reifegrad der Zellen abhängig [7]—[9]Die C0 2 -Bildung aus Aminosäuren unter endogenen Bedingungen fällt proportional zur Atmung ab. Der relative Anteil der einzelnen Aminosäuren an der C0 2 -Produktion ist jedoch während der Reifung unterschiedlich. Glukosezusatz vermindert bei Retikulozyten die Atmungsgröße nur unwesentlich. Bei Aszites-Tumorzellen ist dagegen ein ausgeprägter C R A B T R E E Effekt nachweisbar [2]. 26

Acta biol. med. german., B d . 17, Heft 4

376

R . I H L E , M . SCHULTZE, S . ROSENTHAL

Auch in Gegenwart von Glukose werden Aminosäuren aus dem endogenen Substrat in Zellen eines bestimmten Reifegrades dekarboxyliert. Jedoch verändert die Glukose den Anteil der einzelnen Aminosäuren an der C0 2 Bildung [2], [5], [10]. Die Verwertung der Glukose erfolgt vorwiegend über den oxydativen Pentose-Phosphatweg [11], [12]. Untersuchungen an embryonalen Amnionzellen sollten zeigen, ob bei diesen kernhaltigen, unreifen Zellen ähnliche StoffWechselregulationen vorliegen, wie bei den Retikulozyten. Material und Methoden D a menschliches Amniongewebe post p a r t u m absterbendes Gewebe darstellt, wurde R a t t e n a m n i o n als Versuchsmaterial gewählt. 1.

Versuchsmaterial

D a s Alter des Amniongewebes betrug 18,5 ± 1.5 Tage bei einer Tragzeit von 21 Tagen. Die weiblichen R a t t e n wurden dekapitiert, die Bauchhöhle eröffnet, der Uterus in seiner Gesamtheit entnommen und sofort auf Eis gelegt. Entsprechend der Anzahl der Feten wurde der Uterus in Segmente zerteilt, unter weiterer Schonung der Fruchtblase die Uteruswand gegenüber der Plazenta längs aufgeschnitten, nach unten geklappt und zusammen mit der Plazenta durch einen Schnitt von der E i h a u t gelöst. Die E i h a u t wurde in eisgekühlter physiologischer NaCl-Lösung abgespült. D a die Eihäute bei R a t t e n sehr zart sind, konnte das Amnion nicht von dem d a r u n t e r liegenden Chorion isoliert werden. Die Plazenta ließ sich jedoch stets mit Sicherheit entfernen. F ü r einen Versuch wurden immer nur E i h ä u t e des gleichen Muttertieres verwendet. Das Trockengewicht einer E i h a u t betrug in Mittel 9,5 mg. Die Materialgewinnung dauerte bis zum Versuchsbeginn 15 min. Die gesamte Aufarbeitung erfolgte bei 0 — 4 °C. 2. Verwendete Lösungen a) T R A - P u f f e r 1 : 0,175 M, 0,3 osmolar, pH 7,4 (Glaselektrode), Endkonzentration = 7,3 • 10" 3 m; b) P h o s p h a t p u f f e r : 0,107 M , 0,3 osmolar, pH 7,4, Endkonzentration = 4,5 • 10 _ 3 M; c) NaCl-Lösung: 0,9%, pH 7,4; d) Glukoselösung: 0,3 M, Endkonzentration = 1,2 • 10~3 M. 3. Radioaktive

Lösungen

a) U-Glukose: spezifische Aktivität = 1 JJ.C/0,05 ml; b) 1- 14 C-Alanin (Indikatormenge); c) 1 - 14 C-Glyzin (Indikatormenge); eingesetzte Impulse: l- 14 C-Alanin = 143 500 l / m i n ; l- 14 C-Glyzin = 100000 I/min. Manometrische

Messungen

Die Messung des 0 2 -Verbrauches und die Absorption des gebildeten 1 4 C0 2 erfolgte im WARBURG-Apparat. Der H a u p t r a u m des WARBURG-Gefäßes enthielt jeweils eine Ei1

T R A = Triäthanolamin

Glukose- und Aminosäurestoffwechsel

377

haut, 1 ml TRA- bzw. Phosphatpufferlösung, 1 ml 0,9%ige NaCl-Lösung und je nach Versuchsbedingungen inaktive Glukose, U-Glukose bzw. markierte Aminosäuren. Im Einsatz befanden sich 0,2 ml 5%ige KOH zur Absorption des gebildeten C0 2 . Der Gasraum war mit Luft gefüllt; die Versuchstemperatur betrug 38 °C. 5. Fällung des C02 Nach Entnahme der K O H wurde mit 0,2 ml NH 4 C1 1,25 M abgestumpft und 1,5 ml 0,1 n Na 2 CO s -Lösung als Träger hinzugegeben. Sodann wurde nach Erhitzen mit 0,5 ml 1,0 m BaCl 2 -Lösung gefällt. Nachdem der Niederschlag etwa 16 Std. gestanden hatte, wurde er abfiltriert und mit Hilfe einer Infrarotlampe auf dem Filtrierpapier getrocknet. Dann wurde auf ein Polystyrolmeßschälchen von bekanntem Gewicht Azeton gegeben und das Filtrierpapier mit dem darauf befindlichen Niederschlag fest anzentrifugiert. Schließlich wurden die Meßschälchen in einem Exsikkator bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. 6.

Messungen

Zur Messung der Radioaktivität wurde das Strahlungsmeßgerät F H 49 der Firma Frieseke und Höpfner verwendet. Die Probe befand sich in möglichst geringem Abstand vor dem Glimmerfenster des Glockenzählrohres. Das radioaktive Karbonat wurde bei endlicher Schichtdicke gemessen. Die Umrechnung auf „unendlich dünne Schichtdicke" unter Berücksichtigung der Selbstabsorption erfolgte nach G u s s e w [13]. Ergebnisse

Die Atmungswerte sind in Tabelle 1 zusammengefaßt. Diese Ansätze enthalten noch jeweils 0,2 ml menschliches Heparinplasma, das eine Std. bei 56 °C inaktiviert wurde. Um übersichtliche Versuchsbedingungen zu schaffen, wurde in späteren Versuchen auf die Zugabe von Plasma verzichtet, da dieses Glukose und Aminosäuren enthält. Die Atmungswerte schwankten sehr stark. Das bezog sich nicht nur auf die Eihäute verschiedener Muttertiere, sondern fand sich auch bei solchen desselben Muttertieres. Dabei konnte keinerlei Abhängigkeit vom zugesetzten Substrat festgestellt werden. Die durchschnittliche Atmungsgröße betrug bei der ersten Versuchsserie 10,5 j«l 0 2 /mg Trockengewicht und Stunde (errechnet durch Verdoppelung des 30-min-Wertes). Im Verlauf der Atmung trat innerhalb der 1. Std. eine Atmungshemmung auf. Eine proportionale Zunahme des O a -Verbrauches war meist nur in den ersten 40 min zu verzeichnen. Daraus resultiert ein größerer Q 0i , wenn der 30-min-Wert verdoppelt wird. Die Atmungshemmung beträgt innerhalb der 30. bis 60. min durchschnittlich 14%. Bei Verwendung von Phosphatpufferlösung ist die Glukoseveratmung um 45% geringer als bei Verwendung von TRA-Puffer (Tab. 2). In Tabelle 3 sind die Ergebnisse einer Versuchsreihe zusammengefaßt, in der die C0 2 -Bildung aus Alanin bzw. Glyzin mit und ohne Glukosezusatz geprüft wurde. 26«

378

R . IHLE, M . SCHULTZE, S .

ROSENTHAL

Tabelle 1 Sauerstoffverbrauch von Ratteneihäuten in Abhängigkeit von verschiedenen Substraten Ansatz

Atmung [>10 2 Std. - 1 • mg Trockengew.- 1 ] 30 min • 2

Mittelwert

60 min

TRA-Puffer NaCl Serum

6,8 10,2 10,0

9,0

6,0 7,9 9,3

TRA-Puffer NaCl Serum Glukose

8,3 12,0 10,8 10,2

10,3

7,0 9,8 9,0 9,2

TRA-Puffer NaCl Serum Alanin

7,7 8,1

TRA-Puffer NaCl Serum Alanin Glukose

10,4

9,4 15,3

TRA-Puffer NaCl Serum Glyzin

15,6 13,0 8,0 7,7

TRA-Puffer NaCl Serum Glyzin Glukose

12,9 13,6 8,8

Mittelwerte

8,7

7,0 8,0

Atmungshemmung QA Oa)

[%]

7,7

1,3

14

8,4

1,9

18

8,1

0,6

7

1,7

14

9,8

1,3

12

9.7

1,8

16

9,1

1,5

14

Mittelwert

9,2

12,4

11,1

11,5

10,8

8,0 13,4

13,3 11,7 7,4 6,8 10,2 11,2 7,6

10,7

9,6 10,5

Die C0 2 -Bildung aus Glyzin beträgt die 4fache Menge der C0 2 -Bildung aus Alanin. Glukosezusatz senkt die Alanin Verwertung, während bei Glyzin und Glukose ein additiver Effekt in Bezug auf die C0 2 -Bildung zu beobachten ist. Diskussion

Die Amnionzellen zeigen eine endogene Atmung, wie wir sie auch beim Retikulozyten finden. Jedoch verringert sich die Atmung bei den Amnionzellen nach 30—40 min zunehmend, während sie bei Retikulozyten mehrere

Glukose- und Aminosäurestoffwechsel

379

Tabelle 2 Einfluß hoher Phosphatkonzentrationen auf die Atmung und CO a -Bildung aus Glukose in Ratteneihäuten iI Ansatz

Atmung [fd 0 8 Std. - 1 • mg Trockengew." 1 ]

30 min • 2 TRA-Puffer NaCl

6,5 7,1

TRA-Puffer NaCl Glukose U-Glukose

6,5

Phosphatpuffer NaCl Glukose U-Glukose

2,8

3,7 3,6

J

Mittelwert

Impulse • mg Trockengew. 1 * m i n - 1

Mittelwert

Hemmung

[%]

i

|

i

6,8

i

88 4,7

3,7

82

53 40

11«

0

45

Tabelle 3 Der Einfluß der Glukose auf die CO a -Bildung aus Alanin und Glyzin in Ratteneihäuten Ansatz

Atmung | > 1 0 , Std." 1 • mg Trockengew." 1 ]

30 min • 2 TRA-Puffer NaCl 1-14C-Alanin TRA-Puffer NaCl l- 14 C-Alanin Glukose

2,5

Mittelwert

3,2

3,9 5,0 3,6

4,3

Impulse • mg Trockengew. -1 . m i n - 1

258 260 180 191

TRA-Puffer NaCl l- l4 C-Glyzin

3,7 4,0

3,9

790 810

TRA-Puffer NaCl l-14C-Glyzin Glukose

3,3 4,6

4,0

1000 940

Mittelwert

Relation

[%]

|

259

} ,«

100

72

|

800

443

|

970

534

Stunden fast unvermindert anhält [14]. Auch bei permanenten Kulturzellen von Amniongewebe konnte diese Atmungshemmung beobachtet werden [15]- Als Ursache für die verminderte Atmung kämen in Betracht: \. Erschöpfung des endogenen Substrates; 2. Verschiebung des Verhältnisses von reduzierten zu oxydierten Koenzymen in Richtung einer Erhöhung des reduzierten Anteils;

380

R . IHLE, M . SCHULTZE, S. ROSENTHAL

3. Hemmung durch angehäufte Zwischenprodukte; 4. Wirkung eines spezifischen Hemmstoffes. RAPOPORT und Mitarbeiter [16] — [18] fanden einen Hemmstoff im Überstand von Retikulozytenhämolysat, der direkt auf die eisenhaltigen Flavinenzyme wirkt und sowohl die Sukzinatdehydrogenase als auch die Zytochromreduktase hemmt. ALTENBRUNN und RAPOPORT [19] fanden außerdem im Hämolysat von Kaninchenretikulozyten einen Faktor von Eiweißnatur, der die Zytochromoxydase von Retikulozyten und Herzenzympräparaten inaktiviert. Die Untersuchung der 14 C0 2 -Bildung aus l-14C-Glyzin und 1-14C-Alanin macht sehr wahrscheinlich, daß auch bei Amnionzellen die Aminosäuren das Hauptsubstrat der endogenen Atmung darstellen (Tab. 2). Vergleicht man die 14C02-Bildung aus beiden Aminosäuren, so ergibt sich, daß Glyzin etwa die 4fache C02-Menge liefert wie Alanin, also einen weitaus größeren Anteil an der endogenen C0 2 -Bildung bei Amnionzellen hat. Diese Beziehungen ergeben sich unter folgenden vereinfachenden Annahmen: 1. Die Glyzinkonzentration der Zelle entspricht annähernd der Alaninkonzentration; 2. beide Aminosäuren zeigen während der Inkubation gleichsinnige Konzentrationsveränderungen [20]; 3. die aktiven Aminosäuren werden im gleichen Umfange von der Zelle aufgenommen. Auch bei den Retikulozyten wird weit mehr Glyzin als Alanin dekarboxyliert. Zusatz von Glukose verändert die Atmungshöhe nicht. Einen deutlichen Eingriff ins Stoffwechselgeschehen spiegeln jedoch die 14 C0 2 -Werte wieder, die aus 1-14C-Alanin und l-14C-Glyzin erhalten wurden. Wie aus Tabelle 3 hervorgeht, ist die 14C02-Bildung aus 1-14C-Alanin in Anwesenheit von Glukose verringert, die aus l-14C-Glyzin jedoch erhöht. Beide Effekte wurden beim Retikulozyten zuerst gefunden und dort näher untersucht [4], [6], Als Wirkungsort der verringerten C0 2 -Bildung aus Alanin bei Anwesenheit von Glukose wird angenommen, daß aus Glukose Pyruvat [21] gebildet wird, wodurch eine Hemmung der Desaminierung des Alanins resultiert. Es wäre auch eine Regulation auf der Ebene der Koenzyme NADP/NADPH 2 denkbar. Bei einer hohen Durchsatzrate im oxydativen Pentose-PhosphatWeg würde ein Teil des NADP durch die beiden NADP-abhängigen Reaktionen gebunden werden. Dadurch könnte eine Konkurrenz um das NADP zwischen diesen und der NADP-abhängigen Isozitratdehydrogenasereaktion des Substratzyklus eintreten [22]. Andere Aminosäuren zeigen gleiche Resultate. Die Steigerung der 14C02-Bildung aus l-14C-Glyzin durch Glukosezusatz konnte bisher nicht geklärt werden.

Glukose- und Aminosäurestoffwechsel

381

An Retikulozyten konnte gezeigt werden, daß der oxydative Pentose-Phosphat-Weg ca. 3/4 der C02-Bildung aus Glukose ausmacht. Literaturdaten [23] und eigene Versuche deuten darauf hin, daß hohe Phosphatkonzentrationen einen hemmenden Einfluß auf die Glukose-6-phosphat-DehydrogenaseAktivität und damit auf die Durchsatzrate im oxydativen Pentose-PhosphatWeg haben. Diese Beziehungen sind bei Verwendung von U-Glukose nur dann nachweisbar, wenn der oxydative Pentose-Phosphat-Weg einen größeren Anteil an der C02-Bildung aus Glukose hat. Der Beweis durch verschieden markierte Glukose steht noch aus. Die Untersuchungsergebnisse bei den Amnionzellen zeigen, daß die Beziehungen zwischen Glukose und Aminosäuren, die beim Retikulozyten gefunden wurden, keinen Spezialfall darstellen, sondern auch bei normalem embryonalen Gewebe gefunden werden. Es scheint sich hier um charakteristische Merkmale junger (unreifer) Zellen zu handeln. Literatur [II "

RAPOPORT, S.,

H.

G. SCHWEIGER

U. H .

BRANDT:

Naturwissenschaften

44,

636

(1957). G . U . S . R A P O P O R T unter Mitarbeit von E . S C H Ö L Z E L : HoppeSeyler's Z. physiol. Chem. 306, 33 (1956). S C H W E I G E R , H . G . U . S . R A P O P O R T unter Mitarbeit von E . S C H Ö L Z E L : HoppeSeyler's Z. physiol. Chem. 313, 97 (1958). B R A N D T , H . U . S . R A P O P O R T : Acta biol. med. german. 2 , 2 9 0 ( 1 9 5 9 ) . U R B A H N , H . , I . B I E R B A U M U. S. R A P O P O R T : Folia haematol. [Leipzig] 7 8 , 3 0 4

[2] SCHWEIGER, H . [3] [4] [5]

(1962).

Diplomarbeit Math.-nat. Fak. Humboldt-Universität Berlin 1 9 6 O . M.: Arbeitstagung: Regulation im Kohlehydratstoffwechsel Berlin,

[6] BIERBAUM, I . : [7]

SCHULTZE,

Mai 1963. M.: Diplomarbeit Math.-nat. Fak. Humboldt-Universität Berlin 1964. [ 9 ] R A P O P O R T , S . , M . S C H U L T Z E U. A . L A C H : I V . Erythrozytensymposium Berlin 1 9 6 4 . [ 1 0 ] R A P O P O R T , S . , M . S C H U L T Z E U . R . F E N G E R : (unveröffentlicht). [ 1 1 ] S C H E U C H , D., H . U R B A H N U. S . R A P O P O R T : Folia haematol. [Leipzig] 7 8 , 1 9 1 (i960). [ 1 2 ] S C H U L T Z E , M . U . S . R A P O P O R T : Acta biol. med. german. 1 3 , 3 1 0 ( 1 9 6 4 ) . [ 1 3 ] G U S S E W , N . G . : Leitfaden für Radioaktivität u. Strahlenschutz. Verlag Technik, Berlin 1957. [14] W A R B U R G , O., F. K U B O W I T Z U. F. C H R I S T I A N : Biochem. Z. 2 4 2 , 1 7 0 (1931). [ 1 5 ] R O S E N T H A L , S . , H . F I C H T N E R , S . Q U E S C H L I N G U. G. K R U G : Verhandig. d. Gesellsch. [8]

MÜLLER,

d. E x p . Med. d. D D R

[16]

RAPOPORT,

[17]

RAPOPORT,

167 (1955).

S. U. W. S. u.

[18] WAGENKNECHT,

(1957).

(1966).

CH. NIERADT:

C. U. S.

[19] ALTENBRUNN, H .

med. german.

2, 25

GERISCHER-MOTHES

J . U.

2, 599

S.

: Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem.

302,

Hoppe-Seyler's Z . physiol. Chem. 3 0 2 , 1 7 9 , ( 1 9 5 5 ) . Hoppe-Seyler's Z . physiol. Chem. 3 0 8 , 1 2 7

RAPOPORT:

S.

RAPOPORT

unter Mitarbeit von

CH. H A H N :

Acta biol.

(1959).

[20]

B U C H M A N N , R . U.

[21]

R A P O P O R T S . U. L . A B A B E I :

Acta biol. med. german. 1 3 , 819 (1964). Naturwissenschaften 4 8 , 6 4 6 ( 1 9 6 1 ) . [22] R A P O P O R T S . u. M. S C H U L T Z E : Acta biol. med. german. 1 3 , 847 (1964). [23] H O L L M A N N , S.: Nichtglykolytische Stoffwechselwege der Glucose. Thieme Verlag, Stuttgart 1961. RAPOPORT:

R. Ihle, M. Schultze, S. Rosenthal

382 Summary

R. Ihle, M. Schultze and S. Rosenthal: Interactions between glucose and amino acid metabolism in embryonic amnionic cells of rats. The influence of glucose on the C0 2 formation from alanine and glycine 1. Amino acids constitute a considerable proportion of the endogenous respiration substrate of the embryonic amnionic cell. 2. Glucose increases the formation of U C0 2 from 1-l4C-glycine, while lowering the oxidative degradation of l- 14 C-alanine. 3. High phosphate concentration inhibited the formation of 14 C0 2 from U-glucose by a value of 45 per cent. 4. The interactions between amino acid and glucose metabolism in embryonic amnionic cells are those observed in the immature red blood cell. PeaioMe P . Hjie, M . lllyjibiie h C. P o 3 e H T a j i b : B3aHMOfleftcTBHH M e m a y r j H 0 K 0 3 H M M H aMHHOKHCJIOTHMM MeTaSoJ1H3M0M B 3M6pHOHaJIbHHX aMHHOTHHeCHHX KJieTKax upbicbi. BjiHHHiie rjii0K03H Ha 06pa30BaHHe C 0 2 H 3 ajiamiHa h rJinuHHa

1. Amhhokhcjiotw npejicTaBJiHioT co6oii 3iiaHHTejibHyio MacTb aHaoreHHoro ahxaTejibHoro cy6cTpaTa 3M6pH0HajibH0ii aMHHOTHHecKoft kjictkh. 2 . rjii0K03a noBHinaeT 06pa30BaHHe 1 4 CO A H3 I- 1 4 C-rjiHiuiHa, ho yMeHbiuaeT okhcjiHTejibHoe pacmenjieHHe I- 1 4 C-aHaJiHHa. 3 . BbicoKHe KOHLieHTpaiiHH (fpoc(J>aTa HHrn6MpyioT 06pa30BaHne 1 4 C 0 2 H3 U-iyiioK03bi npHMepHo Ha 4 5 npoijeHTOB. 4. B 3M6pHOHaJlbHOtt aMHHOTHHeCKOii KJieTKe Ha6jlK)JiaK)TCH Te w e B3aHMOfleftCTBHH MeHffly aMHHOKHCJIOTHbIM H rjII0K03HbIM MeTaSOJ7H3MOM, KaK H B He3pejlOH KpacHott KpOBHHOH K J i e T K e .

Acta biol. med. german.. Band 17, Seite 3 8 3 - 394 (1966) Aus dem Physiologisch-chemischen Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig (Komm. Direktor: Prof. Dr. W. R O T Z S C H )

Schwellung und Lyse von Mitochondrien durch Acylcarnitine R . DARGEL, E . STRACK u n d I . LORENZ

(Eingegangen am 23- 6. 1966)

Zusammenfassung Es wird die Schwellung von Mitochondrien unter dem Einfluß verschiedener Acylcarnitine beschrieben. Palmitoylcarnitin führt zur Schwellung von Herz- und Lebermitochondrien der Ratte, wobei die Isomeren des Palmitoylcarnitins gleich wirksam sind. Palmitoylcarnitin ist stärker schwellungsinduzierend als die freien Fettsäuren. Durch Mg++, EDTA und ATP kann die durch Palmitoylcarnitin ausgelöste Schwellung vermindert werden. 2,4-DNP vergrößert die Wirkung des Palmitoylcarnitins. Palmitoylcarnitin-Konzentrationen um 10 - 5 M verhindernden Verlust von Nukleotiden aus den Mitochondrien und reduzieren die nach Inkubation im Überstand gemessene ATPase-Aktivität. Mit steigenden Konzentrationen an Palmitoylcarnitin sowie Oleyl- und Lauroylcarnitin kommt es zum Verlust von Eiweißen und Nukleotiden aus den Mitochondrien. Gleichzeitig sinkt der Mitokritwert ab. Die Isomeren des Carnitins und des Acetylcarnitins sind ohne Einfluß auf die Schwellung von Mitochondrien.

Mitochondrien schwellen leicht sowohl in vivo als auch in vitro. Der Schwellungsprozeß läßt sich durch zahlreiche Stoffe anregen, die sich in der Art ihrer Wirkung erheblich voneinander unterscheiden [1]. L E H N I N G E R und Mitarbeiter [ 1 ] , [2] untersuchten eingehend die spontane, sowie die durch Ca + + , Thyroxin und Phlorrhizin induzierte Schwellung, deren gemeinsame Ursache die enzymatische Freisetzung von Fettsäuren aus Lipoiden der Mitochondrien ist. Die durch zugesetzte langkettige, insbesondere ungesättigte Fettsäuren bewirkte Schwellung wäre somit ein Nachahmen der spontan auftretenden Schwellung. Da auch andere oberflächenaktive Stoffe [3] die Mitochondrien schwellen lassen, war zu erwarten, daß langkettige Acylcarnitine Schwellungen auslösen. Acylcarnitine und Fettsäuren verhalten sich jedoch nicht gleich, was auch aus Untersuchungen über ihren Einfluß auf die NADH 2 -Oxydation von Mitochondrienpartikeln Verwendete Abkürzungen: D N P = 2,4-Dinitrophenol; P„ = anorganisches Phosphat; die razemischen Acylcarnitine sind mit CP (Palmitoylcarnitin), COl (Oleylcarnitin), CL (Lauroylcarnitin) und CC (Caproylcarnitin) bezeichnet; ( —)-CP = ( —)-Palmitoylcarnitin.

384

R . DARGEL, E . STRACK, I. LORENZ

[4] und die ATPasen [5], [6] hervorging. In der vorliegenden Arbeit haben wir Besonderheiten im Verhalten der Mitochondrien gegenüber langkettigen Acylcarnitinen und den freien Fettsäuren auf den Schwellungsvorgang studiert. Methodik D i e M i t o c h o n d r i e n w u r d e n v o n 160 —220 g schweren, weiblichen B D - I I I - R a t t e n gew o n n e n . Die L e b e r m i t o c h o n d r i e n w u r d e n n a c h S C H N E I D E R [7] p r ä p a r i e r t , e i n m a l g e w a s c h e n u n d d a n n in 0,25 M S a c c h a r o s e m i t 0,005 M E D T A r e s u s p e n d i e r t . Die H e r z s a r k o s o m e n p r ä p a r i e r t e n w i r n a c h C L E L A N D u n d S L A T E R [8]. Sie w u r d e n e i n m a l g e w a s c h e n u n d in 0,25 M Saccharose r e s u s p e n d i e r t . Die Schwellung d e r M i t o c h o n d r i e n w u r d e in 1 cm K ü v e t t e n bei 520 n m m i t d e m ZeißS p e k t r a l p h o t o m e t e r V S U 1 bei 22 °C gemessen, sofern keine a n d e r e n T e m p e r a t u r e n a n g e g e b e n sind. D a s M e d i u m f ü r alle I n k u b a t i o n s v e r s u c h e setzte sich wie folgt zus a m m e n : 0,135 M KCl u n d 0,02M Tris-HCl, pH. 7,5- Die b e s o n d e r e n Zusätze sind jeweils angegeben. D e r M i t o k r i t w e r t w u r d e a n a l o g einer Z y t o k r i t b e s t i m m u n g e r m i t t e l t [9]: Die Mitoc h o n d r i e n s u s p e n s i o n w u r d e m i t t e l s B l u t z u c k e r p i p e t t e in beiderseits offene Glask a p i l l a r e n ü b e r t r a g e n , d a s eine E n d e des R ö h r c h e n s zugeschmolzen, o h n e d a b e i die Mitochondriensuspension zu e r w ä r m e n u n d die Glaskapillare in einem S c h u t z r ö h r c h e n 10 m i n bei 0° u n d 13000 U / m i n z e n t r i f u g i e r t . Die S e d i m e n t a t i o n s h ö h e d e r Mitochond r i e n w u r d e a n Millimeterpapier bei d u r c h s c h e i n e n d e m L i c h t gemessen. D a kein s w i n g - o u t - R o t o r zur V e r f ü g u n g s t a n d , w u r d e die m i t t l e r e H ö h e des s c h r ä g sediment i e r t e n Mitochondrienniederschlages aus d e m oberen u n d u n t e r e n R a n d w e r t e r r e c h n e t . Die A T P a s e - A k t i v i t ä t b e s t i m m t e n wir a m a n o r g a n i s c h e n P h o s p h a t , d a s w ä h r e n d d e r Inkubation freigesetzt wurde. D a s Inkubationsmedium bestand nach Angaben von T A N A K A u n d A B O O D [10] sowie M Y E R S u n d S L A T E R [ 1 1 ] in m M E n d k o n z e n t r a t i o n e n : K C l 75, Tris-HCl 50, E D T A 0,5, Saccharose 25, MgCl 2 2,5, A T P 2; pH 7,5. G e s a m t v o l u m e n 3 ml. Die I n k u b a t i o n s d a u e r b e t r u g 20 m i n bei 37°. D a n a c h w u r d e m i t 1 N HC10 4 e n t e i w e i ß t u n d im Ü b e r s t a n d d a s a n o r g a n i s c h e P h o s p h a t n a c h W E I L - M A L H E R B E u n d G R E E N [12] b e s t i m m t . Bis zur v o l l s t ä n d i g e n E x t r a k t i o n des a n o r g a n i s c h e n P h o s p h a t e s w u r d e n die P r o b e n bei 2 °C a u f g e a r b e i t e t . D a s M i t o c h o n d r i e n p r o t e i n w u r d e m i t t e l s Mikro-KJELDAHL, d e r E i w e i ß g e h a l t in den U b e r s t ä n d e n n a c h d e r I n k u b a t i o n m i t C P n a c h L O W R Y u n d M i t a r b e i t e r n [13] e r f a ß t . C a r n i t i n u n d seine A c y l d e r i v a t e w a r e n reinste P r ä p a r a t e , die n a c h eigenem V e r f a h r e n h e r g e s t e l l t w u r d e n [14]. ( —)- u n d ( + )-Carnitin w u r d e n als freie B e t a i n e a n g e w e n d e t , die Acylcarnitinchloride v o r h e r m i t K O H neutralisiert. Die übrigen S u b s t a n z e n w a r e n handelsübliche Präparate.

Ergebnisse

Der Einfluß verschiedener Konzentrationen der optischen Isomeren von CP auf Rattenherzsarkosomen ist in Abbildung 1 dargestellt. 4,6 • 10"6M CP bzw. (—)-CP vergrößern nicht die spontane Schwellung. Erst bei Konzentrationen über 10"5 M CP bzw. (—)-CP schwellen die Mitochondrien deutlich verstärkt. (—)-CP und sein (+)-Isomeres sind gleich wirksam. Die Wirkung auf die Schwellung ist nicht nur von der jeweiligen absoluten CPKonzentration abhängig, sondern auch von der im Inkubationsansatz vorhandenen Mitochondrienproteinmenge, die CP bindet und wirkungslos macht. Bei entsprechend geringer Proteinkonzentration zu Beginn der

Acylcarnitin-Wirkung auf Mitochondrien

[min]

385

^

Abb. 1. Einfluß von CP und ( —)-CP auf die Schwellung von Rattenherzsarkosomen. Die Konzentrationen für CP bzw. ( —)-CP betrugen in fiM: I = 4,6; II = 13,8; III = 23,4. • • • = CP; • o A = ( - ) - C P . K = Kontrolle

Inkubation können also auch CP-Konzentrationen unter 10"B M zur Schwellung führen. Lebermitochondrien schwellen ebenfalls unter dem Einfluß kleinster CP-Mengen (Abb. 2). Berücksichtigt man die spontane Schwellung, dann ergibt sich bei gleicher Anfangsextinktion ein höherer Wirkungsgrad des Carnitinderivates für Lebermitochondrien als für Herzsarkosomen. Die gleiche Abbildung zeigt, daß Alterung der Mitochondrien (2 Std. bei 20 °C) das Ausmaß der Schwellung reduziert. a-Ketoglutarat hemmt die durch CP induzierte Schwellung ebenfalls. In Abbildung 3 ist die Wirkung von CP mit der von Palmitinsäure und Ölsäure verglichen. CP ist wesentlich wirksamer als freie Palmitinsäure und auch noch stärker schwellungsinduzierend als Ölsäure. Insbesondere fällt bei einem Vergleich die unterschiedliche Kinetik der Schwellung auf: beim CP setzt der Schwellungsprozeß rasch ein, bei den freien Fettsäuren ist er verzögert. Die durch CP ausgelöste Schwellung läßt sich durch Zusatz von Mg++, EDTA und ATP zum Inkubationsansatz verringern (Tab. 1). MgCl2 allein ist wenig wirksam, 10 mM hemmen die Schwellung um 16%. Zusammen mit 2 mM EDTA wird sie um 38% gehemmt, und der weitere Zusatz von ATP (2 mM) verringert sie bis auf ~ 50%. DNP, das bei frischen Mitochondrien keine Schwellung verursacht, vergrößert die Wirkung von CP, wenn die Konzentrationen des Acylcarnitins keine maximale Schwellung hervorrufen (Abb. 4, Kurven I bis IV). Der Einfluß von DNP wird erst

386

R . DARGEL, E . STRACK, I . LORENZ

Abb. 2. Schwellung von frischen und gealterten Lebermitochondrien unter dem Einfluß von CP. I = Kontrolle ohne CP; II = 23 ftM CP + 20 mM a-Ketoglutarat-; I I I und IV = 2 3 CP; V und VI = 46 fM. CP; = frische Mitochondrien; = gealterte Mitochondrien (2 Std. bei 20 °C)

Tabelle 1 Einfluß vonMg + + , EDTA und ATP auf dieCP-bedingte Schwellung von Rattenlebermitochondrien. CP-Zusatz = 0,06 mM; EDTA und ATP je 2 mM. Alle Werte sind bezogen auf die Änderung der optischen Dichte bei 520 nm, die durch 0,06 mM CP in 15 min verursacht wurde ( = 100%) MgCl2-Konzentration [mM] 1

5

10

100 93

95 77

94 61

84 62

105

67

50

53

-

EDTA EDTA + ATP

Acylcarnitin-Wirkung auf Mitochondrien

^87

Abb. 3. Schwellung von Lebermitochondrien unter dem Einfluß von freien Fettsäuren und CP. Die Fettsäuren und CP wurden in Alkohol gelöst und in einem kleinen Volumen dem Inkubationsmedium nach den Mitochondrien zugesetzt. Konzentration jeweils 10~4 M. H F- = Kontrolle; O O = Palmitinsäure; A A = Ölsäure; A A = CP

[min]

Abb. 4. Schwellung von Lebermitochondrien unter dem Einfluß von CP und D N P sowie CP und Sukzinat. Die Anfangsextinktion betrug f ü r die Versuche 0,55(a) Einfluß von D N P auf die CP-induzierte Schwellung (Kurven I bis IV); I = Kontrolle; I I = 0,5 mM D N P ; I I I = 12 /o COl bereits bei 10~5M zur kräftigen Ui Schwellung.

h

0,10

0,05

Abb. 5- Temperaturabhängigkeit der durch CP-bedingten Schwellung von Lebermitochondrien. CP-Zusätze: a = ohne, b = 14 (M, c = 46/iM. • = 10°; • = 20°; UJß = 30°

M y/A

Tabelle 2 Schwellung von Mitochondrien unter dem Einfluß von Carnitin und verschiedenen Acylcarnitinen. Angaben in AE • 10 s /l5tnin, gemessen bei 520 nm. Die Kontrollen ohne Carnitin bzw. Acylcarnitin ergaben ein AE = 0,015/15 min bei einer Anfangsextinktion von 0,55 ^

-

Konzentration [M]

Verbindung ( — )-Carnitin ( + )-Carnitin (—) - Acetylcarnitin ( + ) -Acetylcarnitin rac-Caproylcarnitin rac-Lauroylcarnitin rac-Oleylcarnitin

— _

5 • 10" 6

10"5

10" 4

10" 3

10" 2

5- 10" 2

_

14 15 10 13 12 82 426

16 20 10 10 14 449 492

15 12 20 14 100

18 21 21 15



















7

6 55



— — —

Acylcarnitin-Wirkung auf Mitochondrien

389

In Tabelle 3 sind die Werte der Mitokritbestimmung dargestellt. Hiermit stellten wir fest, inwieweit der Invertseifencharakter vonCP zu einer Destruktion der Mitochondrienmembran führt. Zwischen 10~3 und 10~2 M CP liegt die Grenzkonzentration, bei der infolge Lyse der Mitochondrien nur noch wenige intakte Partikel sedimentieren. Tabelle 3 B e s t i m m u n g des Mitokritwertes nach Inkubation mit CP. 52 mg Mitochondrienprotein/ml; Inkubationszeit 15 min bei 20 °C. Angaben in Prozent der g e s a m t e n Flüssigkeitssäule in den Mitokritkapillaren ( 3P-Konzei ltration [IV1]

Mitokrit

Sj

11,1

±0,6 4

n

10" 4

10- 3

10" 2

10,8 ±0,3 3

±0,1 3

11,6

0,8 ±0,1 4

Mit sinkendem Mitokritwert wird aus den Mitochondrien vermehrt Eiweiß herausgelöst. In Tabelle 4 ist der Proteingehalt des Überstandes bei steigender Konzentration an Acylcarnitinen nach Inkubation angegeben. 5 • 10~ 5 M CP führen zu einer verstärkten Freisetzung von Proteinen. Bei 5 • 10" 4 M CP beträgt der Anteil des Eiweißes im Überstand etwa 60% des im Inkubationsansatz vorhandenen Mitochondrienproteins. In den Inkubationsversuchen mit COl bzw. CL beginnt sich die Menge des im Überstand gefundenen Eiweißes bei Konzentrationen über 10~5 M bzw. 10~4 M zu vergrößern. Tabelle 4 E i n f l u ß v o n Acylcarnitinen auf den Verlust v o n mitochondrialem Eiweiß. G e s a m t v o l u m e n 2 ml. Acylcarnitine wie angegeben. N a c h 15 min Inkubation bei 20 °C wurden die Mitochondrien bei 16000 U / m i n (30 m i n und 0°) sedimentiert, der Überstand dekantiert und in einem aliquoten Teil der Proteingehalt nach L O W R Y und Mitarbeitern [13] b e s t i m m t DL-Lauroylcarnitin Konzentration

5 • 10-« 10"5 5 • 10" 6 10" 4 5 • 10" 4 10" 3

fig Protein/ Überstand

[%]

168

100



172

176 153 213 484



102 105 91 126 288

DL-Palmitoylcarnitin fig Protein/ Überstand 169 163 164 189 290 462 —

DL-Oleylcarnitin

[%]

fig Protein/ Überstand

[%]

100 96 96,5 111 171 272

197 194 201 221 244 534

100 98 102 112 124 271



-



390

R . DARGEL, E . STRACK, I . LORENZ

In Abbildung 6 ist der Verlust an Nukleotiden aus den Mitochondrien nach Inkubation mit CP dargestellt. Die Inkubation mit Konzentrationen um 10"® M CP verringert gegenüber den Kontrollen den Verlust von Substanzen, die bei 260 nm Licht absorbieren. Ab 3 bis 5 • 1 0 - 5 M C P

Abb. 6. Verlust von Nukleotiden aus Mitochondrien nach Inkubation mit CP. Mitochondrienmenge von 200 mg Frischleber. Nach Inkubation von 15 min bei 20° wurden die Mitochondrien sofort bei 0° und 20000 g (20 min) abzentrifugiert, der Überstand abgegossen und der Rückstand mit 2 ml 0,5 N HC104 versetzt. Nach erneuter Zentrifugation wurde der Überstand bei 260 nm gegen 0,5 N HC104 gemessen. Alle Werte beziehen sich auf die Kontrolle ohne CP = 1 0 0 % . I = frische Mitochondrien; I I = Mitochondrien bei 0° für 24 Std. gealtert Tabelle 5 ATPase-Aktivität im Überstand nach Inkubation der Mitochondrien mit verschiedenen CPKonzentrationen. Gesamtvolumen 8 ml. Inkubationsdauer 15 min bei 20 °C. Die Mitochondrien wurden danach bei 16000 U/min (30 min und 0°) abzentrifugiert und im Überstand die ATPase-Aktivität (siehe Methodik) bestimmt. Die Angaben beziehen sich auf die Phosphatfreisetzung in 2 ml des Uberstandes CP-Konzentration

!

ATPase-Aktivität

[M]

HgP a /l5min

10" 6 5 • 10" 6 10" 5 5 • 1CT5 10" 1 5 • 10" 4

2,59 1,84 1,96 1,25 1,94 3,54 11,10

|

[%] 100 71 76 48 75 137 430

— die Grenzkonzentration hängt ab von der im Inkubationsansatz vorhandenen Mitochondrienmenge — strömen die Nukleotide vermehrt aus. Alterung der Mitochondrien reduziert die abdichtende Wirkung des CP. Ähnlich verhält sich die ATPase-Aktivität im Uberstand nach Inkubation mit verschiedenen Konzentrationen von CP (Tab. 5). Bei 1 0 " 5 MCP ist sie ausgeprägt gesenkt, steigt dann wieder an, um bei 10~ 4 M den Wert der Kontrollen zu überschreiten. Bei 5 • 1 0 _ 4 M erreicht sie das 4,3fache der Aktivität der Kontrollen.

Acylcarnitin-Wirkung auf Mitochondrien

391

Diskussion

Sowohl CP als auch CL und COl führen zu einer Schwellung der Mitochondrien von Leber und Herz. Höhere Konzentrationen der Acylcarnitine zerstören die Membranen, was in den Mitokritwerten zum Ausdruck kommt. Im Vergleich zur freien Palmitin- und Ölsäure ist CP wirksamer. Unter CP setzen auch die Schwellungsvorgänge wesentlich rascher ein. Die starke, schwellungsinduzierende Wirkung von CP führen wir auf dessen Invertseifencharakter zurück. WITTER und MINK [3] konnten zeigen, daß sowohl kationische als auch anionische Detergentien Mitochondrien zum Schwellen bringen, während nicht-ionische Lösungsvermittler wie die Tweene, Antaron F-C-34 und Antarox Gl 00 das Mitochondrienvolumen nicht beeinflussen, und daß gleichzeitige Zugabe äquimolarer Mengen kationischer und anionischer Detergentien keine Schwellung mehr verursacht. CP dagegen führt zur Schwellung, obwohl im Molekül gleiche Mengen an positiven und negativen Ladungen eine neutrale Reaktion erzeugen. Durch die bessere Wasserlöslichkeit des CP gegenüber den freien Fettsäuren und durch seinen hydrophilen und lipophilen Charakter dringt es schnell in die Mitochondrienmembran ein. Diese Eigenschaft soll auch bei der Funktion des CP als Fettsäurecarrier wichtig sein [15], [16]. Die gering herabgesetzte Wirksamkeit von CP bei gealterten Mitochondrien führen wir auf Strukturveränderungen innerhalb der Membran während des Alterungsvorganges zurück. Es mag hier aber auch eine verstärkte Bindung von CP an Eiweiß die aktive Konzentration vermindert haben. Da sich (—)-CP und sein (+)Isomeres in diesen „high amplitude" Schwellungsversuchen als gleich wirksam erwiesen, während wir bei Untersuchungen über die CP-bedingte Schrumpfung der Mitochondrien nur das (—)-Isomere wirksam fanden [17], spricht dieses Verhalten bei der Schwellung für einen physikalischen, unspezifischen Effekt. Unter den geradzahligen, gesättigten, freien Fettsäuren ist die Myristinsäure im Hinblick auf die Schwellung von Mitochondrien die wirkungsvollste; Laurinsäure ist etwas schwächer, Palmitinsäure wesentlich weniger wirksam [18]. Ein ähnliches Verhältnis ihrer Wirksamkeit fanden FALCONE und MAO [19] bei der Hemmung des mitochondrialen 32 P a -ATP-Austausches. Bei den Acylcarnitinen erwies sich jedoch das CP wesentlich oberflächenaktiver als das CL. Ähnlich wirkstark fanden wir diese Carnitinderivate bei der Hemmung der mitochondrialen NADH 2 -Oxydation [4]. EDTA, Mg ++ und ATP vermögen die Wirkung des CP abzuschwächen. Ob es sich hierbei lediglich um die Bindung freigesetzten Kalziums handelt, war bisher nicht zu entscheiden. Nach RAAFLAUB [20] kann ATP wie die Komplexone Chelate bilden, so daß es zu einer geringeren Schwellung der Mitochondrien kommt. Ebenso könnte es auch Energie für die Aufrechterhaltung der Membranstruktur liefern. RICHARDSON und Mitarbeiter [21] wiesen nach, daß ATP an „strukturelle" Proteine von Herz- und Lebermitochondrien gebunden wird. Diese Proteine sollen für die Integrität der Mito27

Acta bioL med. german., Bd. 17, Heft 4

392

R . DARGEL, E . STRACK, I. LORENZ

chondrienstruktur verantwortlich sein, auch wenn die Phospholipide weitgehend aus den Mitochondrien entfernt sind [22]. Die Unabhängigkeit der durch CP-bedingten Schwellung von der Temperatur weist die beobachteten Vorgänge als physikalische, nicht aber als biochemische aus. Die Schwellungswerte bei den höheren Temperaturen liegen sogar niedriger als die bei 0° erhaltenen. Dies läßt sich aus einer geringen Umkehr des Schwellungsvorganges bei 20 und 30 °C erklären. Eine solche, nach etwa 5 min auftretende Schrumpfung der Mitochondrien bei CP-Konzentrationen um 10"5 M haben wir bereits früher mitgeteilt [23]. Im Zusammenhang mit der Kontraktion der Mitochondrien, die wir bei light-scattering-Untersuchungen [17] in Gegenwart kleinster CP-Konzentrationen gefunden haben, steht wohl auch unsere Beobachtung, daß Konzentrationen um 10" 5 M CP den Verlust von Nukleotiden und die ATPaseAktivität im Überstand des Inkubationsmediums vermindern. Zu vermuten wäre, daß CP auf Grund seiner Löslichkeit in die Mitochondrienmembran eingebaut wird, bis zu hohe Konzentrationen die Bindung durch Mitochondrienproteine überschreiten und nunmehr die sich frei entfaltende oberflächenaktive Wirkung zur Schwellung führt. CP könnte hier eine ähnliche Rolle wie das Phosphatidylinositol spielen, das bei gealterten Mitochondrien als notwendiger Kofaktor der durch ATP hervorgerufenen Kontraktion wirkt [24]. Von CP ist bekannt, daß es den Einbau von Fettsäuren in mitochondriale Phosphatide stimuliert [25], wodurch es indirekt die Kontraktionsfähigkeit der Mitochondrien beeinflussen würde. Die Wirkung von D N P auf Schwellungsvorgänge ist mehrfach untersucht worden [26], [27], [28] .wobei von der Anwesenheit eines Substrates und der Konzentration des D N P die Schwellung gehemmt oder beschleunigt werden kann. Bei mittleren CP-Konzentrationen in Abwesenheit eines Substrates steigert 5 • 10~4 M D N P die Schwellung. Entweder sind energiereiche Verbindungen an der Erhaltung der Membranstruktur beteiligt, deren Fortfall zu einer stärkeren Schwellung führt, oder D N P ändert direkt die Membranstruktur. Die Möglichkeit der direkten Beeinflussung der Membran ist jedoch wahrscheinlicher, da nach Untersuchungen von Azzi und AZZONE [ 2 6 ] der Schwellungsprozeß energieabhängig ist. Die Bindung von Phenolen, so auch von D N P an Mitochondrienproteine konnte durch WEINBACH und GARBUS [29] nachgewiesen werden, wodurch Konformationsänderungen von Enzymeiweißen auslösbar sind. Literatur [1]

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P . i l a p r e j i b , E . I I l T p a K H H . JIopeHii: HaöyxaHne H yÖMBamie MHTOXOHHpHÖ, BbI3BaHHOe aUHJIKapHHTHHaMH HaSjuoaaeTCH Hafiyxairae MHTOXOHHPHÖ non BJIHHHHCM pa3Hbix aumiKapHiiTiiHOB. IlajibMHTHjiKapHHTHH npHBOflHT K HaGyxaHiiio cepaeHHbix H neneHOHHHX MHTO27*

394

R. Dargel, E. Strack, I. Lorenz

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A c t a biol. m e d . g e r m a n . , B a n d 17, Seite 395 — 403 (1966) A u s d e m I n s t i t u t f ü r P h y s i o l o g i e d e r Medizinischen A k a d e m i e M a g d e b u r g (Direktor: Prof. Dr. W. K A L K H O F F )

Der Einfluß der Neurohormone auf die Nerventätigkeit der Ratte H . SCHWARZBERG u n d H .

UNGER

( E i n g e g a n g e n a m 3. 3. 1966)

Zusammenfassung Nach Wasserentzug von 7 — 9 Tagen beobachtet m a n bei R a t t e n charakteristische Ä n d e r u n g e n d e s V e r h a l t e n s . D i e T i e r e w e r d e n g e g e n E n d e d e r D u r s t p e r i o d e reizb a r u n d bissig. A m u n d u r c h t r e n n t e n N . l a r y n g i c u s u n d N . u l n a r i s w i r d b e i n a r k o t i s i e r t e n bzw. c u r a r i s i e r t e n D u r s t t i e r e n eine e r h e b l i c h e S t e i g e r u n g d e r I m p u l s f o l g e verzeichnet, während der N. vagus nicht von der Normalaktivität abweicht. I n j i z i e r t m a n n o r m a l g e h a l t e n e n R a t t e n ( W a s s e r a u f n a h m e a d l i b i t u m ) 0,5 m l H y p o s t i n in d e r K o n z e n t r a t i o n 1 : 1 0 0 (0,015 I E ) , l ä ß t sich die gleiche N e r v e n a k t i v i t ä t s s t e i g e r u n g w i e b e i D u r s t t i e r e n f e s t s t e l l e n . B e i m w a c h e n T i e r l e i t e t die I n j e k t i o n v o n H y p o s t i n (0,5 m l 1:100) Ä n d e r u n g e n d e s V e r h a l t e n s ein, d a s d e m v o n Dursttieren gleicht. A l s U r s a c h e f ü r die V e r ä n d e r u n g e n d e s V e r h a l t e n s u n d d e r N e r v e n a k t i v i t ä t w i r d die W i r k u n g des Neurohormons Vasopressin wahrscheinlich gemacht, dessen Angriffspunkte und Wirkungsweise diskutiert werden. Eine Beeinflussung der Atemfrequenz durch Injektion der unverdünnten Wirks t o f f e ( H y p o s t i n , O x y s t i n ) k o n n t e als F o l g e e i n e r £ H - V e r s c h i e b u n g d u r c h d a s Lösungsmittel Essigsäure abgesichert werden.

Im englischen Schrifttum versteht man unter Neurohormonen vorzugsweise Überträgerstoffe. Wir sind der Meinung, daß diese Bezeichnung nur auf Sekretionsprodukte von Nervenzellen mit Hormoncharakter angewendet werden sollte. Die bisher genau charakterisierten Stoffe diese* Art bei den Säugetieren sind Vasopressin und Oxytocin. Während ein Einfluß von Neurohormonen auf die Nerventätigkeit der Insekten bekannt ist (GERSCH und RICHTER [ 1 ] ; U N G E R und KALKOFF [ 4 ] ; UNGER [5]) existieren bei den Säugetieren nach unserem Wissen bisher keine Untersuchungen in dieser Richtung. Das erscheint um so bedauerlicher, da sowohl klinische als auch tierexperimentelle Beobachtungen auf die Möglichkeit einer neurohormonalen Beeinflussung der Nervenaktivität hinweisen. Man weiß beispielsweise, daß durstende Kleinkinder erhöhte Krampfbereitschaft zeigen und Dursttiere leicht reizbar sind. Es erhob sich deshalb die Frage, ob der auch normalerweise, in extremer Form zwar seltener auftretende Durstzustand, — ein rein biologischer Reizzu-

396

H . SCHWARZBERG, H .

UNGER

stand — geeignet ist, Aufschluß über die Möglichkeit einer Beteiligung von Neurohormonen an der zu beobachtenden erhöhten Nervenaktivität und Krampfbereitschaft zu geben. Die angeführten Effekte sind vermutlich mit Änderungen der motorischen Aktivität verbunden. Andererseits schien uns ein Zusammenhang zwischen der Vielzahl der verschiedenen Dursteffekte mit der Wirkung des Vasopressins naheliegend. Diesem Problem sollte in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Methodik Als Versuchstiere dienten männliche Ratten mit einem Durchschnittsgewicht von 130 g bei maximalen Abweichungen von + 3 0 g. Narkotisiert wurde mit Urethan (1 ml 25%iges Urethan pro 0,1 kg Körpergewicht i. m.). Zur Überprüfung des Einflusses der Narkose auf die Impulsfolge der zur Ableitung verwendeten Nerven, N. vagus, N. laryngicus und N. ulnaris, wurden 40 Tiere curarisiert (Tricuran) und über eine Atempumpe beatmet. Der Abgriff der Nervenimpulse erfolgte von den undurchtrennten Nerven: Beide Gitter der Eingangsstufe des Differentialverstärkers (Fa. Pietz/Leipzig) über Platinelektroden ( 0 0,3 mm) mit dem Nerven verbunden, Masseabgriff am Tierkörper, Verstärkung 2 • 10® bzw. 7 • 10 8 fach, Frequenzlinearität zwischen 80 — 4000 Hz. Wir verzichteten bewußt auf Ableitungen von Einzelfasern und Nervenfilamenten, weil sie aus mancherlei Gründen für die Bearbeitung unserer Probleme weniger geeignet erschienen und außerdem eine extreme Anfälligkeit gegenüber Austrocknungserscheinungen zeigen, auf die sie mit Spontanaktivität reagieren. Um aber trotzdem oberflächlichen Austrocknungen an den intakten Nerven vorzubeugen, wurden sie nur zur Ableitung auf die Elektroden aufgelegt und in der Zwischenzeit in Gewebsspalten eingebettet und mit Warmblutringer beträufelt. Vom Schirm des Oszillographen wurden die Aktionspotentiale mittels einer Spezialkamera auf Schirmbildfilm (Fluorapid) fotografiert. Die Registriergeschwindigkeit betrug 7 cm/sec. Bei den Ableitungen vom N. ulnaris konnte durch Verschieben der Elektroden das E K G zur Markierung der Herzschlagfolge eingestreut werden. Ergebnisse

i.

Durstversuche

Die 100 Ratten dieser Versuchsreihe bekamen n u r Standardtrockenfutter. Da die Tiere im Durstzustand sehr aggressiv werden und sich gegenseitig anfallen, wurden sie einzeln gehalten. Die 65 Kontrolltiere erhielten ebenfalls Standardtrockenfutter und Wasser ad libitum.

Im Verlaufe des 7—9tägigen Wasserentzuges beobachteten wir eine charakteristische Verhaltensänderung. Die Tiere wurden reizbar und bissig. Sie reagierten auf geringste Berührungsreize mit blitzschnellen Bewegungen. Ein vorgehaltener Holzstab wurde mit Bissen attackiert. Bei unter Normalbedingungen gehaltenen Tieren haben wir ein solches Verhalten niemals beobachtet. Nach 8—9 Tagen Wasserentzug verzeichnet man einen Gewichtsverlust von ca. 30%. Das Fell der Tiere war struppig, Schnauzen und Pfoten blutunterlaufen.

Neurohormone und Nerventätigkeit

397

Die Impulsaktivität der zur Ableitung herangezogenen Nerven ist bei allen Dursttieren im Vergleich zu den Kontrolltieren erheblich gesteigert. Besonders deutlich zeigt sich das am N. laryngicus (Abb. 1). Der N. vagus verhält sich offensichtlich indifferent, während der N. ulnaris eine nur mäßige Aktivitätszunahme zu erkennen gibt. Es erscheinen viele, relativ kleine Spikes, die aus dem Rauschpegel herausragen, wie es bei Normaltieren niemals beobachtet wurde (Abb. 2).

A b b . 1. A k t i v i t ä t des N. laryngicus bei K o n t r o l l - und Dursttieren, a) K o n t r o l l t i e r ; b) Dursttier (8 T a g e ) ; c) K o n t r o l l t i e r ; d) D u r s t t i e r (9 Tage). V e r s t ä r k u n g 2 • 10®, Zeitmarkierung 1/50 sec, A m p l i t u d e n m a ß s t a b 50 fiV

A b b . 2. A k t i v i t ä t des N. ulnaris bei Kontroll- und Dursttieren, a) K o n t r o l l t i e r ; b) Dursttier (8 T a g e ) . V e r s t ä r k u n g 2 • 10®, Zeitmarkierung 1/50 sec, A m p l i t u d e n m a ß s t a b 50 fiX

398

H . SCHWARZBERG, H .

UNGER

Unter Tricuranbehandlung zeigen Durstratten am N. ulnaris ebenfalls eine Aktivitätssteigerung. Die Aktivität des N. laryngicus kann bei einer derartigen Vorbehandlung nicht bewertet werden, weil sich seine Impulsfolge durch Einstellen von Atemfrequenz und Hubhöhe bei der künstlichen Beatmung beeinflussen läßt. Die mit Hilfe des eingestreuten EKGs ermittelten Herzfrequenzen unterscheiden sich nicht von denen der Kontrolltiere. 2. Versuche mit

Hypostin

Dieses Präparat (VEB Arzneimittelwerk Dresden) ist ein Hypophysenhinterlappenextrakt (3 IE/ml), das in essigsaurer Lösung neben Vasopressin auch Oxytocin enthält. E s wurde unverdünnt und in verschiedenen Konzentrationen mit Warmblut-RiNGERLösung (1:10, 1 :25, 1:100) insgesamt 40 Ratten in Mengen von 0,5 ml in die Schwanzvene injiziert. In bestimmten Zeitabständen nach der Injektion wurden dann wieder Nervenaktivität und Herzfrequenz der Tiere registriert.

Die Neurogramme belegen, daß Hypostin am Normaltier eine Steigerung der Nervenaktivität auslöst. Das ist besonders deutlich sichtbar am N. laryngicus. Auffälligste Aktivitätssteigerungen lassen sich bei einer Verdünnung von 1:100 erkennen. Von 10 Versuchen zeigten 8 ein positives Ergebnis. Gleiche Effekte treten bei Anwendung von unverdünntem Hypostin auf, jedoch fallen die Versuche hierbei öfter negativ aus. Unabhängig von den verwendeten Wirkstoffkonzentrationen ist in den meisten Fällen 60 min nach der Injektion die Ausgangsaktivität wieder erreicht (Abb. 3). Oft sinkt sie dann aber noch unter den Ausgangszustand ab. Am N. vagus zeigen sich keine Aktivitätsänderungen. Eine Änderung der N. ulnaris-Aktivität ist bei einer Verdünnung von 1:100 nicht zu bemerken. Nur unverdünntes Hypostin bzw. Verdünnungen von 1:10 oder 1:25 führen an diesen Nerven zu Aktivitätssteigerungen. Wird wachen, mit Curare behandelten Tieren 0,25 ml unverdünntes Hypostin injiziert, so zeigt sich eine Aktivitätszunahme am N. ulnaris. Die Ableitungen vom N. laryngicus können bei derartiger Vorbehandlung aus den bereits angegebenen Gründen nicht bewertet werden. Aus der Vagusaktivität kann auf die Atemfrequenz und die Dauer eines Atemzuges geschlossen werden. Bei Gabe von unverdünnten Wirkstoffen (Hypostin, Oxystin) war regelmäßig unmittelbar nach der Injektion eine Steigerung der Atemfrequenz und eine Verkürzung der Atemzugdauer zu beobachten. Durch entsprechende Kontrollversuche konnte nachgewiesen werden, daß dieser Effekt durch das Lösungsmittel Essigsäure (/>H 3) hervorgerufen wird. 3.

Oxystinversuche

Oxystin (Arzneimittelwerk Dresden) ist ebenfalls ein Wirkstoffgemisch (3 IE/ml), das aber vorzugsweise Oxytocin enthält. Das Präparat wurde unverdünnt oder mit Warmblut-RiNGER-Lösung 1:100 verdünnt 15 Ratten i.v. injiziert.

Neurohormone und Nerventätigkeit

Abb. 3. Aktivität des N. laryngicus der Ratte vor und nach Hypostin-Injektion. a) Normalzustand; b) 10 min nach der Injektion von 0,5 ml Hypostin 1:100; c) 15 min nach der Injektion; d) 30 min nach der Injektion; e) 60 min nach der Injektion. Verstärkung 2 • 106, Zeitmarkierung 1/50 sec, Amplitudenmaßstab 50 fiV

Von 10 Tieren, die mit i : 100 verdünntem Oxystin behandelt worden waren, zeigten 6 eine erhöhte N. laryngicus-Aktivität. Unverdünntes Oxystin führte bei 4 von 5 Ratten ebenfalls zu einer Steigerung der Nervenaktivität; bei 2 Tieren konnten sogar starke Krämpfe beobachtet werden. Diese Effekte spiegelten sich synchron in der Aktivität des N. ulnaris. Während der Krampfzustände zeigt auch der N. vagus eine Aktivitätssteigerung. Die Art und der Verlauf der Aktivitätszunahme am N. laryngicus sind mit den in Abbildung 3 dargestellten Vorgängen vergleichbar. Wurde eine starke Aktivitätssteigerung der Nerven ausgelöst — gleichgültig, ob es durch Hypostin oder Oxystin geschah — so stieg die Herzfrequenz von 170 auf 250/min. War die Erhöhung der Nervenimpulsfolge gering oder gar nicht vorhanden, unterblieb auch die Herzfrequenzsteigerung.

4. Kontrollversuche

mit Warmblut-RmGEH-Lösung

bzw.

Essigsäure

Die Präparate Hypostin und Oxystin liegen in essigsaurer Lösung vor (0,25 %ig; pH 3). Da den Dursttieren eine relativ große Flüssigkeitsmenge injiziert wurde, war zu befürchten, daß die erzielten Effekte bei unverdünnt angewendetem Hypostin oder Oxystin lediglich durch />H-Veränderungen im Blut und im Organismus hervorgerufen sein könnten. Deshalb injizierten wir 4 Ratten 0,5 ml 0,2 5% ige Essigsäure, pH 3. Weiteren 15 Ratten wurde für Kontrollzwecke 0,5 ml Warmblut-RiNGER-Lösung verabreicht.

400

H . SCHWARZBERG, H . UNGER

Warmblut-RINGER-Lösung in der angewendeten Menge führte nicht zu bemerkenswerten Veränderungen der Nervenaktivität. Herzfrequenz, Atemfrequenz und Dauer der Atemzüge blieben, von unbedeutenden Abweichungen abgesehen, nahezu unverändert. In den Kontroll versuchen mit Essigsäure beobachteten wir eine die Injektion um 20 min überdauernde geringfügige Zunahme der Impulsaktivität des N. laryngicus, die aber im Vergleich zu den durch Hypostin oder Oxystin hervorgerufenen Aktivitätssteigerungen völlig unbedeutend erscheint. Dagegen stieg die Atemfrequenz, offensichtlich ^>H-abhängig, unter Verkürzung der einzelnen Atemzüge von 45/min auf 60/min an. 5.

Verhaltensversuche

Normalgehaltenen wachen Tieren wurde 0,5 ml Hypostin oder Oxystin unverdünnt und in der Konzentration 1:100 bzw. zur Kontrolle WarmblutRINGER-Lösung i. v. injiziert, um festzustellen, ob allein durch die Injektion der Wirkstoff- oder Kontrollösungen ähnliche oder gleiche Verhaltensformen erzwungen werden können wie bei Dursttieren. Nach der Injektion wurden die Tiere über einen Zeitraum von mehreren Stunden beobachtet und ihr Verhalten mit dem von unbehandelten Ratten verglichen. Zu diesen Versuchen wurden 30 Ratten benutzt. Ohne die Aussagekraft der Verhaltensexperimente zu überschätzen, geben sie bemerkenswerte Hinweise, die man nicht außer acht lassen sollte. Tatsächlich scheinen sich in der Mehrzahl der Fälle durch Injektion von H y p o s t i n 1:100 Verhaltensänderungen erzielen zu lassen, die denen der Dursttiere im Prinzip ähneln. Ein Tier wurde nach der Injektion sogar außerordentlich bissig. Mehrere Tiere reagierten etwa 15 min nach der Injektion über einen Zeitraum von 1 —2 Std. viel empfindlicher auf Berührungsreize als simultan beobachtete Kontrolltiere (Leerversuche) oder Kontrolltiere mit Warmblutringerinjektion. Bemerkenswert erscheint uns besonders, daß die Tiere, denen Hypostin injiziert worden war, stets mehr tranken als die Kontrolltiere. Diese Tatsache läßt sich wohl nur so erklären, daß durch die Erhöhung des Hormontiters infolge der i. v.-Zufuhr von Hypostin ein Durstzustand vorgetäuscht wird. Injiziert man dagegen Oxystin in der Verdünnung 1:100, werden ähnliche Änderungen des Verhaltens stets vermißt, da das wirksame Prinzip offenbar schon von vornherein in der unverdünnten Lösung in geringerer Konzentration vorzuliegen scheint. H y p o s t i n u n v e r d ü n n t angewendet führt nicht zu positiven Ergebnissen. Unmittelbar nach der Injektion legen sich die Ratten nieder. Sie sind zunächst noch sehr unruhig und wechseln oft ihre Lage. Die Atemfrequenz steigt rasch von 40—50/min auf ca. 250/min an; die Augen sind dabei halb geschlossen. Die Reaktionsbereitschaft auf Berührung und akustische Reize ist stark herabgesetzt. Etwa 60 min nach der Injektion beginnt sich die Ansprechbarkeit allmählich zu normalisieren.

Neurohormone und Nerventätigkeit

401

Unverdünntes Oxystin beeinflußt die Atemfrequenz der Versuchstiere nur ganz unwesentlich. Die Tiere lassen außerdem die Unruhe nach dem Hinlegen vermissen. Sie erscheinen von Anfang an apathisch, und ihre Reaktionen auf Berührung und akustische Reize sind bei halbgeschlossenen Augen sehr stark gedämpft. Kontrolltiere, denen 0,5 ml 0,25 %ige Essigsäure (/>H 3) injiziert wurde, zeigen die gleichen Effekte, wie die mit unverdünntem Oxystin behandelten Ratten. Diskussion

Die Ergebnisse unserer Versuche haben gezeigt, daß Durstzustände Veränderungen der Nervenaktivität und des Verhaltens auslösen. Charakteristisch für Durstzustände ist eine Erhöhung der Vasopressinkonzentration im Blut. Deshalb halten wir die Annahme für berechtigt, daß Vasopressin für die in unseren Durstexperimenten gefundenen Auswirkungen bestimmend sein könnte. Diese Vermutung wird gestützt durch unsere Befunde nach einmaliger Injektion von Hypostin in Normaltiere. Es resultiert eine in Abhängigkeit von der Wirkungsdauer des injizierten Wirkstoffes zeitlich begrenzte Aktivitätszunahme, die abgesehen von der kurzen Einwirkungszeit des Wirkstoffes den Aktivitätssteigerungen bei Dursttieren gleicht. Wahrscheinlich wird dem Organismus durch die Hypostininjektion und die damit auftretende Erhöhung der Vasopressinkonzentration im Blut ein Durstzustand vorgetäuscht. Dies spiegelt sich sowohl im Verhalten als auch in der gesteigerten Nervenaktivität der Tiere wider. Da es sich beim Hypostin um einen Hypophysenhinterlappenextrakt handelt, überwiegt in der Wirkung die antidiuretische Komponente. Die von uns in der Hauptsache verwendete Konzentration Hypostin 1:100 (0,015 IE/0,5 ml) spricht ebenfalls dafür, daß das Vasopressin als wirksamer Anteil im Vordergrund steht; denn die antidiuretische Komponente des Gemisches spricht bekanntlich in viel geringeren Konzentrationen an als die oxytocische oder gar die vasopressorische. Nicht zuletzt können wir als Stütze für unsere Annahme auch die Ergebnisse der Verhaltensversuche anführen. Nur nach Injektionen von Hypostin (1:100) fanden wir Verhaltensweisen, wie sie bei Dursttieren auftreten. Und gerade diese Tiere tranken mehr als die anders vorbehandelten. Weder Normaltiere, noch Ratten, denen RiNGER-Lösung, Essigsäure und Oxystin injiziert worden war, wiesen solche Verhaltensformen auf, wie sie sich im Durstzustand oder nach Hypostingabe (1:100) zeigten. Zur Erklärung und Festigung unserer Annahme können wir aber auch noch auf Fakten aus dem Bereich der Insektenphysiologie verweisen. Das bei diesen Tieren als nervenaktivitätssteigernd gefundene Prinzip, das Neurohormon D (UNGER [3]; GERSCH und RICHTER [1]; UNGER und KALKOFF [4]; UNGER [5]) ist seinem Wesen nach mit Vasopressin verwandt, während das Neurohormon C in seiner Wirkung dem Oxytocin (Oxystin) gleicht. Ausgehend von den zuletzt genannten Ergebnissen, sowie den Beobachtungen

402

H . SCHWARZBERG, H .

UNGER

von REDMANN [2], der die Wirkung des Oxytocins (Oxystin) auf das Membranpotential einzelner Zellen des in situ schlagenden Froschventrikels untersuchte und dabei eine depolarisierende Wirkung nachweisen konnte, kann m a n nun mehr oder minder gut begründete Vorstellungen über den Angriffspunkt der genannten Substanzen äußern. Alles spricht dafür, daß die wirksame Komponente an nervösen Strukturen angreift, das Membranpotential verändert und auf diese Weise Aktivitätssteigerungen in verschiedenen Bereichen des Nervensystems auslöst und im Durstzustand langfristig unterhält. Weitere Schlußfolgerungen über die Lokalisation dieses Angriffs gleiten in Spekulationen ab. Die entscheidende Frage, ob das Vasopressin allein für die nachgewiesenen Verhältnisse verantwortlich ist, läßt sich erst dann sicher beantworten, wenn es gelingt, mit reinen Substanzen unsere Ergebnisse zu bestätigen. Literatur [1]

G E R S C H , M. U.. K. R I C H T E R : Auslösung von Nervenimpulsen durch ein Neurohormon bei Periplaneta americana. Zool. J b . Abt. allg. Zool. Physiol, d. Tiere 70, 301 (1963). [2] R E D M A N N , K . : Beeinflussung des Membranpotentials der Herzmuskelfaser durch Wirkstoffe. Tagung d. Arbeitsgemeinschaft d. Physiologen in der-DDR (im Druck). [3] U N G E R , H.: Untersuchungen zur neurohormonalen Steuerung der Herztätigkeit bei Schaben. Biol. Zbl. 76, 204 (1957). [ 4 ] U N G E R , H . U. W . K A L K O F F : Ableitung und experimentelle Veränderungen von Nervenimpulsen an der Schabe Periplaneta americana L. Acta biol. med. german.

[5]

13. 532 (1964).

H.: Der Einfluß körpereigener Wirkstoffe auf die Nervenaktivität von Periplaneta americana. Zool. J b . Abt. allg. Zool. Physiol, d. Tiere 71, 727 (1965). UNGER,

Für gewissenhafte technische Assistenz danken wir Frl.

H . PAPAJEWSKI

Anschrift der Verfasser: Dipl.-Biol. H. S C H W A R Z B E R G und Doz. Dr. habil. H. U N G E R , Institut für Physiologie der Medizinischen Akademie 301 Magdeburg, Leipziger Straße 44 Summary H. S C H W A R Z B E R G and H. U N G E R : The effect of neurohormones on the nervous activity of rats Rats kept in water famine for 7 to 9 days displayed characteristic changes of their behaviour. Towards the end of the thirst period the animals become touchy and snappish. A considerably increased pulse sequence was recorded at the dissected N. laryngicus and N. ulnaris of narcotized or curarized thirsting animals, whereas that of N. vagus did not vary from normal activity. If normally kept animals (water intake ad libitum) are injected with 0.5 ml of hypostine at a concentration of 1:100 (0.015 IU), then the same increase in nervous activity results as in thirsting animals. In awake animals hypostine injection (0.5 ml 1:100) evokes behavioural changes similar to those of thirsting animals. The changes in behaviour and nervous activity are most probably related with the action of vasopressin, the mechanism of which is discussed. The influence of undiluted hypostine and oxystine on the respiratory activity is shown to be a consequence of a displacement of pH by acetic acid.

403

Neurohormone und Nerventätigkeit PeaioMC

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Acta biol. med. german., Band 17, Seite 404—415 (1966) Aus dem Institut für Veterinär-Physiologie der Humboldt-Universität zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. L . L Y H S )

Zur Frage der „initialen Hyperglykämie" nach Insulin CH. GRAUL

(Eingegangen am 18. 3· 1966) Zusammenfassung In Versuchen an je 5 oder 6 Tieren wurde der zeitliche Verlauf der Blutzuckerspiegeländerungen nach i.v. und i.p. Injektion von Alt-Insulin an normal ernährten sowie 24 Std. gehungerten 150 — 180 und 350—450 g schweren männlichen Albinoratten bis zu 1 Std. nach der Injektion untersucht (1, 5, 15, 30 und 60 min). An nicht gehungerten Tieren konnte nach i.v. Injektion von Alt-Insulin bereits nach 1 min ein starker Blutzuckeranstieg festgestellt werden, dessen Maximum gewöhn-

aus. Der hyperglykämische Effekt konnte bei intravenöser Gabe gelösten, glukagonfreien Insulins in gleicher Dosis und Konzentration im wesentlichen reproduziert werden. Durch starke Inaktivierung des Insulins mit Zystein gelang es, die Hyperglykämie zu verhindern. Intraportale Insulingabe bewirkte sofortige ausgeprägte Hypoglykämie, nach derem tiefsten Punkt (5 min nach Injektion) allerdings noch eine geringfügige hyperglykämisierende Tendenz zum Ausdruck kam. Somit wird angenommen, daß der hyperglykämische Effekt eine regulatorische Antwortreaktion des Organismus auf das injizierte Insulin ist und nicht auf Glukagonspuren im verwendeten Insulin zurückgeführt werden kann. Da die Hyperglykämie durch Dihydroergotamin nicht verhindert werden konnte, während der hyperglykämischen Phase darüber hinaus auch keine Herzfrequenzänderung auftrat, wird angenommen, daß Adrenalin für diese Wirkung nicht verantwortlich sein kann. Bei gehungerten Tieren konnte auch nach i.v. Insulininjektion der gleichen Dosen kein hyperglykämischer Effekt festgestellt werden. Daraus wird entnommen, daß die Glykogenreserve der Leber für die Verwirklichung der beobachteten initialen Hyperglykämie wesentlich ist. Diese Ergebnisse, besonders Latenz, Größe und Verlauf des Effektes, lassen an Glukagon als Vermittler der initialen Hyperglykämie nach Insulininjektion denken. Die Entscheidung dieser Frage erfordert weitere Untersuchung.

Bei der Untersuchung des zeitlichen Verhaltens der Blutzuckerspiegeländerung nach Insulininjektion kann in den ersten Minuten nach der Injektion bei i. v. Verabreichung ein starker, kurzzeitiger hyperglykämischer Effekt beobachtet werden. Erstmalig wurden derartige Phänomene in den zwanziger Jahren beim Arbeiten mit wenig gereinigten Roh-Insulinen bemerkt ( K I M B A L L und M U R L I N [ 1 ] , B Ü R G E R und K R A M E R [2] u. a.). Der Effekt wurde von B Ü R G E R initiale Hyperglykämie genannt;

Initiale Hyperglykämie nach Insulin

405

er wurde später auf das in den entsprechenden Insulinpräparaten festgestellte Glukagon zurückgeführt, D E D U V E und H E R S [3] fanden initiale Hyperglykämien auch bei dem neuerem Lilly-Insulin, nicht jedoch bei Novo-Insulin. Die Frage der initialen Hyperglykämie t r a t schließlich etwas in den Hintergrund. Auch in der neueren Literatur sind die Angaben über den zeitlichen Blutzuckerverlauf nach i.v. Injektion nicht sehr zahlreich. Anfänglicher Blutzuckeranstieg wurde noch seltener beobachtet (z. B. von D A V I S und B R O O K S [ 4 ] ) , einmal, weil frühe Zeitpunkte meist nicht berücksichtigt wurden und andererseits, weil der jeweiligen Fragestellung entsprechend mit gehungerten Tieren gearbeitet wurde. Neuere Arbeiten lassen auch nicht ausschließen, daß unter Insulineinfluß ein hyperglykämisierender Faktor, wahrscheinlich Glukagon, aktiv sezerniert wird (FoÄ et al. [5]). Das könnte möglicherweise auch die von A L V A R E Z - B U Y L L A et al. [6] beobachteten arteriellen Blutzuckerspiegelanstiege erklären. Das Problem der Glukagonsekretion ist heute noch nicht geklärt. N A T S C H E F F und D O B R E V A [ 7 ] wie auch B Ü R G E R [ 1 4 ] sehen die Ursache für die Glukagonausschüttung in der Zuckeraufnahme. Möglicherweise wird die von der Magenschleimhaut aus reflektorisch auslösbare Hyperglykämie ( M I T J U S O V und K E L A R O V A [8]) auch über Glukagon vermittelt. FoÄ und Mitarbeiter [5] sowie auch M O H N I K E [9] machen dagegen die nach Insulin eintretende Blutzuckerspiegelsenkung für die Glukagonsekretion verantwortlich.

In der vorliegenden Arbeit wurde der zeitliche Verlauf der Blutzuckerspiegeländerungen nach i. v. verabreichtem handelsüblichen Alt-Insulin und glukagonfreiem Insulin an gehungerten und normal ernährten männlichen Albinoratten unter besonderer Berücksichtigung der Frühveränderungen untersucht. Methodik Es wurden zwei Gewichtsgruppen männlicher Albinoratten in Serienversuchen zu je 5 bzw. 6 Tieren gleichzeitig zur Untersuchung des zeitlichen Verlaufs der Blutzuckeränderungen nach i.v. bzw. i.p. verabreichtem Insulin verwendet. Es handelte sich um Tiere von 150 — 170 g sowie um 350 — 450 g schwere Tiere. Die Zeitkurven wurden durch mehrmalige Blutentnahme aus der V. jugularis an jedem Einzeltier ermittelt. Neben dem Ausgangswert wurden Proben 1, 5, 15, 30 und 60 min nach Insulininjektion entnommen. Die Blutglukosebestimmung erfolgte nach N E L S O N und S O M O G Y in der Modifikation nach F R A N K und K I R B E R G E R [ 1 0 ] . Jeder Einzelwert wurde durch Doppelbestimmung ermittelt. Es wurde Alt-Insulin des V E B Berlin-Chemie und kristallines, glukagonfreies Insulin der englischen Firma Ferak in unterschiedlicher Dosierung verwendet. Das kristalline Insulin kam in gleicher Konzentration wie das Alt-Insulin (40 IE/ml) zur Anwendung. E s wurde in mit HCl angesäuertem destilliertem Wasser gelöst und anschließend mit NaOH neutralisiert. Die Kontrolltiere erhielten gleiche Mengen physiologischer Kochsalzlösung injiziert. Die i.v. Injektion erfolgte in die Schwanzvene, in einigen Fällen in die Pfortader. Die Eröffnung der Bauchhöhle zur Freilegung der Pfortader wurde unter Lokalanästhesie (Jenacain) vorgenommen. Zur Blutentnahme wurden die Ratten in Rückenlage fixiert. Der Einfluß dieser Manipulation und der mehrmaligen Blutentnahme von einem Tier auf den Ausgangswert des Blutzuckers wurden durch Vergleich mit sofort nach Dekapitieren entnommenen Blutproben ermittelt. Die Werte der lebenden Tiere liegen durchschnittlich um ca. 8 — 10 mg% höher als die nach Tötung ermittelten. Die Reaktion auf Insulin und der zeitliche Verlauf sind jedoch in beiden Fällen im Prinzip einheitlich.

406

CH. GRAUL

Die Tiere wurden vor den Versuchen mit einer Standardkost ernährt. Den „Hungertieren" wurde 24 Std. vor dem Versuch die Nahrung entzogen. Zur Blockung möglicher adrenergischer Effekte wurde ein Dihydroergotaminpräparat (Dihytamin) vom V E B Arzneimittelwerk Dresden verwendet (DHE). Wir verabreichten pro Tier (150 — 200 g Körpergewicht) 0,5 mg und 1 mg D H E in 0,5 bzw. 1 ml Lösung i.m. 30 min vor der Insulininjektion. In diesen Versuchen wurde zur Bestimmung der Veränderungen der Herzfrequenz das E K G abgeleitet, außerdem zur Kontrolle an unfixierten sowie an durch Thiogenal leicht narkotisierten Tieren (Zustand leichter Benommenheit). Die Insulininaktivierung erfolgte mit Zysteinhydrochlorid sowie mit Na 2 C0 3 . Ergebnisse I. Normal

ernährte (nicht gehungerte)

Tiere

Die zeitlichen Veränderungen des Blutzuckerspiegels nach den entsprechenden Behandlungen sind in Form von Mittelwertskurven in der Abbildung 1 dargestellt. Die Mittelwerte wurden aus den Einzelwerten der jeweils innerhalb einer Versuchsserie gleichzeitig behandelten Tiere berechnet. Auf eine Berechnung der Streuung wurde verzichtet, da die Variationsbreite sehr gering ist. Sie betrug bei den Kontrolltieren bis maximal 5 mg% und änderte sich im Verlaufe der Versuchsperiode wenig. Auch nach Insulinbehandlungwar sie kaum größer und nahm nur gegen Ende der Versuchsperiode (30- und 60-minWerte) in der hypoglykämischen Phase etwas zu. An verschiedenen Tagen unterschieden sich die Ausgangswerte oft stärker, was jedoch nichts am prinzipiellen Verlauf der Kurven änderte.

AW

i—i

15

1

15

1-

30

[min] —

Abb 1. Darstellung der Zeitveränderungen des Blutzuckerspiegels normal ernährter Tiere nach i.v. Injektion von Insulin- bzw. physiologischer Kochsalzlösung. AW = Ausgangswert, f = Zeitpunkt der Injektion, BZ = Blutzucker, x x Kontrolltiere (physiol. Kochsalzlösung) ; o O Versuchstiere (0,5 I E Alt-Insulin); • • Versuchstiere (1 I E Alt-Insulin); x x Versuchstiere (1 I E glukagonfreies Insulin)

Initiale Hyperglykämie nach Insulin

407

In unseren Versuchen bewirkte eine Dosis von 0,5 I E Insulin einen geringen hyperglykämischen Effekt, dessen Maximalwert nach 1 min erreicht war. 5 min später war bereits eine Tendenz zur Blutzuckersenkung feststellbar. 1 I E Alt-Insulin bewirkte einen steilen Anstieg des Blutzuckerspiegels, dessen Maximum meist nach t min, manchmal nach 5 min erreicht war. In allen Fällen befand sich der 15-min-Wert bereits im abfallenden Schenkel der Kurve im Bereich des Ausgangswertes. Nach 30 min lagen die Werte stets beträchtlich unterhalb der Ausgangswerte und erreichten nach 60 min ca. 30 m g % (zwischen 25—40 mg%). Wie aus der Abbildung 1 zu ersehen ist, konnte mit der gleichen Dosis glukagonfreien Insulins der typische Kurven verlauf wiederholt werden. Bei ad libitum gefütterten R a t t e n war die hyperglykämische Tendenz stärker ausgeprägt u n d dauerte länger an, als bei beschränkter Nahrungszufuhr. II. Gehungerte Tiere Die Abbildung 2 zeigt die Zeitkurven der Blutzuckeränderungen wie in I. behandelter, aber gehungerter Tiere. Bereits 1 min nach der Injektion ist eine deutliche hypoglykämische Reaktion zu erkennen, die sich bis zu 1 Std. in etwa exponentiellem Verlauf vertieft. Der nach Injektion von 0,5 I E Insulin festgestellte Wert liegt mit 45 m g % beträchtlich u n d signifikant niedriger als der entsprechende Wert bei Verabreichung von 1 I E Insulin (59 bzw. 64 mg%). I m weiteren Verlauf lassen die beiden verwendeten Dosen kaum einen Unterschied erkennen, wie das auch in früheren Versuchen an Hungertieren bei i. p. Injektion gefunden wurde. Erst zu späteren Zeitpunkten stellen sich Unterschiede bezüglich der Dauer der Hypoglykämie und Normalisierung des Blutzuckerspiegels ein, die hier nicht weiter untersucht wurden. Im Gegensatz zu I konnten hier häufig Krämpfe u n d Anzeichen eintretenden Komas bereits 30 min nach der Injektion beobachtet werden.

Abb. 2. Darstellung der Zeitveränderungen des Blutzuckerspiegels 24 Std. gehungerter Tiere nach i.v. Injektion von Insulin bzw. physiologischer Kochsalzlösung (Zeichenerklärung siehe Abb. 1) 2S

Acta biol. med. gerinan., Bd. 17, Heit 4

408 III.

CH. GRAUL

Intraperitoneale

Insulinverabreichung

bei normal ernährten Tieren

Zum Vergleich wurden in weiteren Versuchen die Blutzuckerzeitkurven nach 0,5, 1 und 2 I E i. p. verabreichten Insulins bestimmt (Abb. J,). In keinem der untersuchten Fälle konnte eine initiale Hyperglykämie beobachtet werden.

Abb. 3- Darstellung der Zeitveränderungen des Blutzuckerspiegels normal ernährter Tiere nach intraperitonealer Injektion von Insulin. x x Versuchstiere (0,5 I E Alt-Insulin); ® — • — • »Versuchstiere (1,0 I E Alt-Insulin); • • Versuchstiere (2,0 I E Alt-Insulin) AW 1 5

75 30 [min]—

Im Gegensatz zu 0,5 und 2 I E konnte 1 min p. I. mit 1 I E Insulin kein deutlicher Blutzuckerabfall festgestellt werden. Er trat erst später (der nächste Meßwert lag bei 5 min p. I.) in Erscheinung. IV. Die initiale Hyperglykämie nach Dihydroergotamin und in leichter Thiogenalnarkose

(DHE)

Um einen Hinweis darüber zu erhalten, ob der hyperglykämische Faktor Adrenalin sein könnte, wurde den Tieren in weiteren Versuchen 30 min vor der Insulininjektion i. m. DHE verabreicht. Wie aus der Abbildung 4 ersichtlich, stieg der Blutzuckerspiegel auch in diesem Falle nach der Injektion von Insulin an. Es fällt jedoch auf, daß der Blutzuckerabfall im Anschluß an die Hyperglykämie verzögert vor sich ging und nicht so tiefe Werte erreichte wie in Versuchen ohne DHE-Injektion. Die Wirkung des DHE auf den Blutzuckerspiegel wurde unter sonst gleichen Bedingungen in Kontrollversuchen ermittelt (Abb. 4). Es konnte keine blutzuckersteigernde oder -senkende Tendenz gefunden werden. Zusätzlich wurde an allen Tieren vor der Injektion der betreffenden Substanzen sowie zu allen Zeitpunkten der Blutentnahme das EKG abgeleitet und die Herzfrequenz ermittelt. Die Herzfrequenz zeigte im gesamten Beobachtungszeitraum eine geringe Tendenz zur Abnahme. Während der initialen Hyperglykämie war keine Frequenzbeschleunigung festzustellen.

Initiale Hyperglykämie nach Insulin

409

Am wachen, nicht fixierten Tier waren die Ableitungen erschwert. Die Werte lagen im gleichen Bereich wie am fixierten Tier. In leichter Thiogenalnarkose (Zustand der Benommenheit, Stellreflexe erhalten) waren die Frequenzen etwas erniedrigt und zeigten nach Insulininjektion ebenfalls eine Tendenz zur Abnahme. Auch in leichter Thiogenalnarkose blieb die „initiale Hyperglykämie" erhalten. Aus all dem geht hervor, daß die Hyperglykämie nicht durch Adrenalin hervorgerufen wird.

Abb. 4. Darstellung des Blutzuckerverlaufes bei Insulininjektion nach Verabreichung von Dihydroergotamin (DHE) und in leichter Thiogenalnarkose. x x Kontrolltiere (0,5mgDHE, i.m.); x x Insulin (1 I E ) n a c h D H E (0,5mg, i.m.); • • Insulin (1 IE) nach D H E (1,0 mg i.m.); x x Insulin (1 IE) in leichter Thiogenalnarkose

V. Verlauf des Blutzuckerspiegels nach Inaktivierung durch Zystein bzw. Erhitzen mit Na2C03

des Insulins

Wie von BÜRGER [ 1 1 ] empfohlen, wurde das Insulin zur Trennung vom Glukagon mit 1 /200 N Na a CO s -Lösung erhitzt. Unter diesen Bedingungen konnte nach Injektion des so behandelten, neutralisierten Insulins nur noch ein hypoglykämischer Effekt beobachtet werden. Es ist anzunehmen, daß unter diesen Bedingungen nur partielle Insulininaktivierung erreicht wurde. Dadurch könnte die nicht sehr starke Hypoglykämie erklärt werden, denn bei niedrigeren Insulindosen als 1 I E (teilweise schon bei 0,5 I E bzw. bei 0,25 IE) wurden von uns nur Hypoglykämien gefunden. Von BÜRGER [ 1 1 ] , LENS und NEUTOLINGS [12], MOHNIKE [ 1 3 ] u. a. wurde Zystein zur Insulininaktivierung verwendet. In unseren Versuchen bewirkte nur die sehr hohe Zysteinkonzentration von 0,5 mg pro 1 I E Insulin völlige Insulininaktivierung (Abb. 5). Hier allerdings rief die Zystein-Kontrollösung selbst einen geringfügigen, trägen Blutzuckeranstieg hervor, der mit der 28*

410

CH. GRAUL

initialen Hypoglykämie nicht zu verwechseln ist. Durch Behandlung des Insulins mit geringeren Zysteinkonzentrationen (einfacher bzw. doppelter molarer Überschuß) konnte jeweils nur ein schwächerer hyperglykämischer Effekt erreicht werden. 120

100-

o> £ N

CD

00-

60-

40-

AW1

5

15

30

[min] —

Abb. 5- Darstellung des Blutzuckerverlaufes nach Injektion durch Zystein inaktivierten Insulins, x — • — •' x Insulin (1 I E i.v.); — x durch Zystein inaktiviertes Insulin; • • Zystein (Kontrolle)

VI.

Blutzuckerspiegelveränderungen in die Pfortader

75

60

30

[min]—1

Abb. 6. Darstellung des Blutzuckerverlaufes nach intraportaler Insulininjektion. x - x Insulin intraportal (1 I E ) ; • • physiologische Kochsalzlösung intraportal

bei Injektion

des

Insulins

B Ü R G E R und K R A M E R [2] konnten mit unreinen, glukagonhaltigen Insulinpräparaten bei Injektion in die Pfortader besonders drastische initiale Hyperglykämien erzielen. Zur Injektion in die Pfortader eröffneten wir die Bauchhöhle unter lokaler Jenacainanaesthesie (1 cm 3 1 %ige Lösung). Der Eingriff hatte während der Versuchsperiode keinen Einfluß auf den Glykämieverlauf, wie die Ergebnisse entsprechend behandelter Kontrolltiere, denen physiologische Kochsalzlösung injiziert wurde, ausweisen. Insulininjektion in die Pfortader rief eine sofortige starke Hypoglykämie hervor, in deren Verlauf allerdings 5 min nach der Injektion eine geringfügige hyperglykämische Erhebung auffällt (Abb. 6).

Initiale Hyperglykämie nach Insulin

411

Diskussion

Der in den ersten Minuten nach Insulininjektion an nicht gehungerten Tieren auftretende hyperglykämische Effekt findet sich sowohl bei Verwendung von Alt-Insulin (Berlin-Chemie) als auch kristallinem Insulin der Fa. Ferak. Von der Voraussetzung ausgehend, daß dieses Insulin glukagonfrei ist, muß angenommen werden, daß es sich hier um eine regulatorische Reaktion des Organismus auf das injizierte Insulin handelt, die sich nicht durch einen abgesunkenen Blutzuckerspiegel, sondern durch das Insulin selbst auslösen läßt. Soweit uns bekannt ist, liegen in der neueren Literatur relativ wenig Angaben über das Verhalten des Blutzuckerspiegels sofort nach i. v. Injektion von Insulin an nicht gehungerten Tieren vor. ALVAREZ-BUYLLA und Mitarbeiter [6] berichten in anderem Zusammenhang über einen arteriellen Blutzuckeranstieg 2 min nach Verabreichung von 10,5 IE/kg Insulin, wenn dieses in die A. coeliaca injiziert wurde. Zum gleichen Zeitpunkt war unter den angegebenen Bedingungen der Blutzuckerspiegel im venösen Gebiet bereits abgesunken. Die Tiere waren narkotisiert. Angaben, ob es sich um gehungerte Tiere handelte, fehlten. DAVIS und BROOKS [4] stellten an 18 Std. gehungerten Hunden nach i. v. Injektion von 1,5 IE/kg Insulin (im Zeitraum von der 3-—12. min) mit der Methode der kontinuierlichen Blutzuckerbestimmung eine Hyperglykämie fest, die sie auf mögliche Glukagonbeimischung im handelsüblichen Insulin zurückführten, ohne der Frage weitere Beachtung zu schenken. Ähnliche Beobachtungen aus Untersuchungen verschiedener Autoren aus den 20er Jahren wurden später durch das in den verwendeten Rohinsulinen gefundene Glukagon erklärt. BÜRGER [14] hat diese initiale Hyperglykämie später mit verschiedenen reinen Insulinen nicht finden können. DE DUVE und HERS [3] fanden sie nur mit dem dänischen Novo-Insulin nicht. MOHNIKE [13] beobachtete allerdings bei s. c. Insulinverabreichung sehr kleiner Dosen am Menschen (Diabetiker) anfängliche Hyperglykämien in Abhängigkeit von der Ausgangshöhe und -richtung des Blutzuckerspiegels und anderen Bedingungen auch bei Verwendung von Novo-Insulin. Am Kaninchen trat initiale Hyperglykämie nur bei Verabreichung sehr hoher Dosen auf. Die unter unseren Bedingungen beobachtete initiale Insulinhyperglykämie trat nur bei relativ hoher Dosierung und nur bei intravenöser Verabfolgung an nicht gehungerten Tieren auf. Die Diskrepanz zwischen unseren Versuchen mit glukagonfreiem, kristallinem Insulin und denen von BÜRGER kann noch nicht erklärt werden. Neben der Frage der Dosierung spielt eventuell auch die Tierart (Fleischfresser, Nager) eine Rolle. In Form und Ausmaß ähneln die hyperglykämischen Effekte stark den von BÜRGER am Hund nach Insulin beobachteten und auch den von ADAMSKA-LISIECKA [15] an Ratten nach Glukagongabe gefundenen GlykämieVerläufen. Der Verlauf der Hyperglykämie läßt also an Glukagon als Ursache denken, zumal kurze Wirkungslatenz und schneller Abbau des Glukagons für seine Wirkung

412

CH. GRAUL

typisch sein sollen. Die Versuche mit D H E ergeben, daß der hyperglykämische Faktor nicht Adrenalin sein kann. Neben der Bestätigung der Fa. Ferak, daß das Insulin glukagonfrei sei, ergaben auch die Inaktivierungsversuche mit Zystein und Alkali, daß die Hyperglykämie nicht durch Glukagonspuren im Präparat hervorgerufen worden sein kann. Durch mit Alkali erhitztem oder mit Zystein behandeltem Insulin konnte stets nur eine geringere initiale Hyperglykämie oder eine Hypoglykämie erreicht werden. Daß nicht jegliche Reaktion entfiel, muß wahrscheinlich einer unvollständigen Inaktivierung zugeschrieben werden. Die nach starker Zysteineinwirkung (0,5 mg pro 1 I E Insulin) verbleibende hypoglykämische Reaktion war jedoch außerordentlich gering. Auch die Ergebnisse bei intraportaler Insulininjektion stützen diese Aussage. Wäre Glukagon im Insulin enthalten, hätte, ähnlich den Ergebnissen von BÜRGER, bei intraportaler Verabreichung eine stärkere Hyperglykämie auftreten müssen, als bei Injektion in die Schwanzvene. Nach MADISON und Mitarbeitern [16] werden bei Injektion in die Pfortader in der Leber ca. 52% des verabreichten Insulins sofort gebunden, nur der Rest erreicht den exterohepatischen Kreislauf. In guter Übereinstimmung damit trat in unseren Versuchen nur Hypoglykämie auf. Aus all dem ergibt sich die Vermutung, daß es sich bei der von uns beobachteten Hyperglykämie um regulatorisch, in Antwort auf die massive Insulineinwirkung ausgeschüttetes Glukagon handeln könnte. Der direkte Beweis dafür steht noch aus. Das Fehlen einer direkt hyperglykämischen Reaktion bei i. p. Verabreichung gleicher Insulindosen weist darauf hin, daß zur Auslösung des Effektes bestimmte Insulinkonzentrationen wirksam werden müssen, wie sie bei gleicher Dosierung offenbar nur nach i. v. Verabreichung vorhanden sind. Geringere Dosen als 1 I E bzw. 0,5 I E bewirkten unter unseren Bedingungen auch bei i. v. Verabreichung stets nur Hypoglykämie. Die Analyse der Insulininaktivierungsversuche stützt diese Annahme. In ähnlicher Weise könnten auch die Resultate nach intraportaler Injektion gedeutet werden. Aus dem Fehlen eines Blutzuckeranstieges nach i. p. Injektion kann jedoch nicht geschlossen werden, daß ein solcher blutzuckersteigernder Faktor hier nicht freigesetzt wird, da der gemessene Blutzuckerspiegel der summarische Ausdruck zweier gegensätzlich wirkender Mechanismen sein kann. Der geringere Blutzuckerabfall bei i. p. Verabreichung von 1 I E im Gegensatz zu 0,5 I E nach 1 min könnte evtl. darauf hindeuten. Über den Mechanismus einer möglichen Glukagonausschüttung unter Insulineinfluß kann noch nichts Näheres ausgesagt werden. FoÄ und Mitarbeiter [5] berichten über das Auftreten einer Hyperglykämie hervorrufenden Substanz in der Pankreasvene, wenn der Versuchshund insulinbehandelt und hypoglykämisch war. Es wurde so gezeigt, daß Glukagon bzw. ein anderer hyperglykämisierender Faktor in regulatorischer Weise aus dem Gebiet der Pankreasvene freigesetzt wird, wenn der Blutzuckerspiegel fällt. Diese Ansicht wird auch durch MOHNIKE [9] vertreten. In unseren

Initiale Hyperglykämie nach Insulin

413

Versuchen kann diese Deutung nicht ganz zur Erklärung der hyperglykämischen Wirkung des Insulins herangezogen werden, da der im venösen Blut gefundene Blutzuckeranstieg sofort nach Injektion einsetzte und eine vorherige Blutzuckersenkung nicht zu beobachten war. Das Problem der Glukagonsekretion ist im allgemeinen noch wenig klar (LEIBSON [17]). Einige Autoren lassen die Möglichkeit der gleichzeitigen reflektorischen Insulin- und Glukagonausschüttung nach Nahrungsaufnahme (Zucker) zu. Durch die Arbeit von NATSCHEFF und DOBREVA [7] konnte dies auch experimentell sehr wahrscheinlich gemacht werden. Die in diesen Versuchen reflektorisch auftretende Hyperglykämie war auf Glykogenolyse in der Leber zurückzuführen und nicht von Blutdruckanstieg begleitet, so daß Adrenalin als Ursache ausschied. Die Autoren nehmen gleichzeitig, über Chemorezeptoren des Intestinalsystems bei Zuckeraufnahme vermittelte Insulin- und Glukagonsekretion an. Ähnliche Ergebnisse erzielten auch MITJUSOV u n d KELAROVA [8].

Ist die Ursache der von uns beobachteten Hyperglykämie das Insulin selbst, so ergibt sich die Frage nach seinem Angriffspunkt. Einige Beobachtungen lassen vermuten, daß das ZNS an der hyperglykämischen Reaktion beteiligt ist (Fortfall des Blutzuckeranstieges auf Insulin in tiefer Thiogenalnarkose). Die diesbezüglichen Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Auch BAUMANN und Mitarbeiter (HECHT et al. [18]) nehmen eine blutzuckerregulatorisch wirksame Reizung des ZNS durch Insulin an. Es bleibt außerdem offen, ob diese direkt oder reflektorisch zustande kommt. Daß sich zumindest im Intestinal- und Pfortadersystem glukose- und insulinempfindliche Chemorezeptoren befinden (DOBROMYSLOVA [19]), die reflektorische Blutzuckerveränderungen auslösen könnten, wurde von mehreren Untersuchern angegeben (SPERANSKAJA [20], LEITES et al. [21]). Als Glukosequelle für den hyperglykämischen Effekt steht das Leberglykogen außer Zweifel. Der fehlende Blutzuckeranstieg nach Injektion gleicher Insulindosen bei gehungerten Tieren ist genügender Beweis dafür. Der im Vergleich zu 1 I E bei Verabreichung von nur 0,5 I E Insulin 1 min nach der Injektion um 15 mg% niedrigere Wert macht allerdings eine im Falle der höheren Dosis noch wirkende blutzuckersteigernde Tendenz denkbar. Da das Glykogen der Leber nach 24 Std. Nahrungsentzug zwar auf eine geringe Menge abgesunken ist, aber nicht völlig fehlt, darüber hinaus eine leichter mobilisierbare freie und gebundene Form unterschieden wird, ist eine blutzuckersteigernde Tendenz auch unter diesen Bedingungen nicht völlig ausgeschlossen. Wir danken F r a u M.

WOTSCHAK

für die technische Mitarbeit.

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: On t h e question of an initial hyperglycemia a f t e r insulin

I n experiments on albino r a t s weighing 150 to 180 a n d 350 t o 450 g. was investigated t h e variation of t h e blood sugar level a f t e r intravenous and intraperitoneal injection of insulin on normally fed animals a n d animals h a v i n g s t a r v e d for 24 hours, a t I, 5, 15> 30 a n d 60 min. T h e non-hungering animals showed a strong increase of blood sugar already 1 min a f t e r intravenous injection, t h e m a x i m u m of which occurred usually a t 5 min. W i t h 1 IU, t h e m a x i m u m increase was some 30 t o 40 m g % , a n d with 0.5 I U of insulin it was h a r d l y 10 m g % . T h e m a g n i t u d e a n d continuance of t h e effect varied depending on food supply. T h e effect failed t o occur w h e n injecting t h e same doses intraperitoneally. I t was essentially reproducible with t h e same dose a n d concentration of dissolved, glucagon-free insulin given intravenously. T h e hyperglycemia could be prevented b y inactivation of t h e insulin with cysteine. I n t r a p o r t a l administration of insulin immediately evoked a m a r k e d hypoglycemia, a minor hyperglycemizing tendency, however, being observed a f t e r its lowest point (5 min a f t e r injection). The hyperglycemic effect is assumed to be a regulatory response of t h e organism to t h e injected insulin and not t h e consequence of traces of glucagon in t h e insulin employed. Since t h e hyperglycemia could not be prevented b y dihydroergotamine a n d no change of t h e cardiac frequency occurred during t h e hyperglycemic phase, it is supposed t h a t adrenaline c a n n o t be responsible for this action. No hyperglycemic effect could be observed in hungering animals, even when giving t h e insulin intravenously in t h e same dosage. I t is concluded t h e r e f r o m t h a t t h e glycogen reserve of t h e liver is essential in causing t h e observed initial hyperglycemia. T h e results, especially t h e latency, m a g n i t u d e a n d course of t h e effect p e r m i t t h e assumption t h a t glucagon mediates t h e initial hyperglycemia a f t e r insulin injection. T h e solution to this question d e m a n d s f u r t h e r investigation.

Initiale H v p e r g l y k ä m i e nach Insulin

415

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Acta biol. med. german., Band 17, Seite 451—463 (1966) Aus dem Institut für kortiko-viszerale Pathologie und Therapie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin-Bucli (Direktor : Prof. Dr. med. R . B A U M A N N )

Untersuchungen zur Pathogenese und Therapie einer experimentellen Hypertonie bei Ratten I. Blutdruck, Wasserhaushalt, Elektrolytausscheidung H . HILSE u n d E.

SCHEER

(Eingegangen am 13. 6. 1966)

Zusammenfassung Durch lockere Umhüllung einer Niere mit einer Kapsel aus Zelluloseazetat und 2 Wochen später folgende Exstirpation der anderen gesunden Niere kann bei Ratten eine reproduzierbare experimentelle Hypertonie erzeugt werden. Der Blutdruck, der bei gesunden normotonen Tieren etwa 115/85 ± 1 0 mm Hg beträgt, erreicht 3 Wochen nach Nephrektomie Werte, die über der von uns mit 160/110 mm Hg festgelegten Hypertoniegrenze liegen. Diese Blutdruckerhöhung bleibt über mehrere Monate erhalten. Bis zur 6. bis 9. Woche nach Nephrektomie steigen die Wasseraufnahme und die Urinausscheidung an, die Natrium-, Kalium- und Stickstoff-Konzentrationen des Urins und die absolut ausgeschiedene Stickstoffmenge im Urin vermindern sich. Dann bleiben die Werte konstant. In unseren Versuchen an Ratten hatte eine von beiden Operationen allein, gleichgültig, ob unilaterale Nephrektomie oder Anlegen der Nierenkapsel, keinen Einfluß auf den Blutdruck, den Wasserumsatz, die Elektrolyt- und Stickstoffausscheidung und das Gewicht. Das verwendete Hypertoniemodell unterscheidet sich von demjenigen, das G O L D B L A T T und seine Schule anwenden. Die Hypertonie entwickelt sich relativ langsam und die nichtgekapselte Niere muß entfernt werden, um überhaupt einen Hochdruck zu erhalten. Für die Auslösung und Erhaltung der untersuchten experimentellen Hypertonie sind wahrscheinlich zwei verschiedene Mechanismen verantwortlich. Auf Grund vorliegender Ergebnisse halten wir die von uns benutzte experimentelle Hypertonieform für besonders geeignet, weitere Untersuchungen der Frühphase durchzuführen.

Die Pathogenese der essentiellen Hypertonie ist bis heute noch weitgehend ungeklärt. Eine kausale Therapie ist deshalb mit Schwierigkeiten verbunden. Man behandelt in der Hauptsache immer noch die Symptome und ist bemüht, durch Senkung des pathologischen Blutdruckes auch die subjektiven und objektiven Begleiterscheinungen zu mindern.

452

H . HILSE, E .

SCHEER

Am Tier wurden schon viele und unterschiedliche Verfahren angewendet, um eine experimentelle Hypertonie zu erzeugen. Das gelingt auch in den meisten Fällen und auf den verschiedensten Wegen. Man h a t auch immer wieder versucht, Parallelen zwischen experimenteller und arterieller Hypertonie zu ziehen. Hauptkriterien letzterer sind konstante Erhöhung des diastolischen und systolischen Blutdrucks und Gefäßveränderungen, die bis zum völligen Lumenverschluß führen können. Diese Erscheinungen finden sich auch in mehr oder weniger starker Form in den späten Stadien fast aller experimenteller Hypertonieformen. Betrachtet man also die ausgebildete Erkrankung beim Menschen und im Tierexperiment, dann ist ein Vergleich in gewissen Grenzen durchaus möglich und gerechtfertigt. Doch führt diese Gleichsetzung nicht sehr viel weiter; die Frage nach der Krankheitsursache bleibt nach wie vor offen. Wenn man sich P A G E [ 1 ] anschließt, der eine Vielfalt von Faktoren für die Pathogenese der essentiellen Hypertonie verantwortlich macht und in neurogene, endokrine, kardiovaskuläre und renale unterteilt, von denen jeder im Anfang eine dominierende Rolle spielen kann, die aber doch immer im Zusammenhang gesehen werden müssen, dann ist es klar, daß kein einziges der vielen Hypertoniemodelle dem Syndrom der arteriellen Hypertonie äquivalent sein kann. Klarheit über die Pathogenese dieser Erkrankung läßt sich theoretisch nur gewinnen, wenn man die Frühstadien aller experimentellen Hypertoniemodelle genau untersucht und die Ergebnisse zusammenfaßt. Es werden dann, genauso wie in späteren Stadien, bestimmte Gemeinsamkeiten auftreten, die evtl. auf den Menschen übertragbar wären. Hinzu kommt, daß man im Tierexperiment schon in frühen Stadien, die dem Arzt leider häufig noch vorenthalten sind, Befunde erheben kann.

Wir haben uns, um die Verhältnisse bei der Genese des Hypertonus zu erfassen, einer Form des experimentellen Hochdrucks zugewendet, bei der es verhältnismäßig lange dauert, bis sich eine konstante Hypertonie entwikkelt. Wir betrachten das für unsere Fragestellung als besonderen Vorteil und stehen damit im Widerspruch zu GROSS [2], der es als Nachteil vieler Versuchsanordnungen wertet, wenn die Zeit bis zur Manifestation des Hochdrucks relativ lang ist. Wir untersuchten im Verlauf der Hypertonieentwicklung den systolischen und diastolischen Blutdruck, Wasseraufnahme und Diurese, Ausscheidung von Natrium, Kalium und Stickstoff im Urin und das Tiergewicht. Um das verwendete Hypertoniemodell von anderen Methoden abzugrenzen, wurde auch die Reihenfolge der beiden Operationen (Anlegen einer Nierenkapsel und kontralaterale Nephrektomie) und die Zeit zwischen ihnen variiert. Wir hoffen, damit einen Beitrag zur weiteren Klärung des Hypertonieproblems geben zu können. Methodik Tierhaltung Wir verwendeten männliche Albinoratten des institutseigenen Inzuchtstammes, die bei Versuchsbeginn 4 — 5 Monate alt waren und ein Durchschnittsgewicht von 245 g hatten. Die Tiere wurden einzeln in Diuresekäfigen bei einer konstanten Raumtemperatur von 25 °C gehalten. Die Flüssigkeitszufuhr bestand in klarem Wasser ad libitum. Täglich von 7 — 8°° Uhr und von 13 — 14°° Uhr erhielten die Tiere in einem Normalkäfig 10 g eines Standardfutters, jedoch kein Wasser.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I.

453

Hypertonieerzeugung Wir benutzten die von M E I E R und Z B I N D E N [3] angegebene Methode zur Erzielung eines renalen Hochdrucks in der Modifikation nach R A S K O V A [4], Die Körperhöhle der Tiere wird unter Äthernarkose vom Rücken her eröffnet und die rechte Niere herausgehoben. Nach Durchtrennen der kranialen und kaudalen Ligamente bei unbedingter Schonung der Nebenniere wird das Nierenhäutchen entfernt und die Niere in eine Zelluloseazetatkapsel gebettet, die zwei Ringe des gleichen Materials zusammenhalten. Dabei muß die Ringgröße so gewählt werden, daß die Kapsel die Niere zwar allseitig dicht umschließt, sie jedoch nicht komprimiert. Nun kommt die eingekapselte Niere in die Körperhöhle zurück, Muskel- und Hautschnitt werden vernäht. Dieser Eingriff wird im folgenden als ,,1. Operation" bezeichnet. 14 Tage später erfolgt die Exstirpation der linken normalen Niere, als ,,2. Operation" bezeichnet. Die Operationen wurden unter Penicillinschutz, 20000 I.E. Jenacillin A i.m., vorgenommen. Blutdruckmessung Wir begannen mit den Blutdruckmessungen, nachdem sich die Tiere etwa 14 Tage an den Diuresekäfig und die Fütterungszeiten gewöhnt hatten. Sie erfolgten unblutig nach der Methode von F R I E B E L und V R E D E N [5] mit Hilfe des Kondensatormikrophons nach B R E C H T und B O U C K E [6] am Schwanz nicht narkotisierter Tiere täglich zwischen 9 30 und 11.30 Uhr. 15 bis 30 min vor der Messung werden die Tiere durch einen Heizstrahler erwärmt, um die Vasokonstriktion der Schwanzgefäße aufzuheben und eine optimale Durchblutung zu sichern. Die Wärmestrahlung ist so bemessen, daß keine größeren Veränderungen des arteriellen Blutdruckes eintreten. Zur Blutdruckmessung sitzen die Ratten in einem Kästchen, das den Schwanz freiläßt. Die Schwanzwurzel wird von einer Ringmanschette umschlossen, die mit einem Manometer verbunden ist. Der Schwanz liegt auf dem Mikrophon, leicht durch eine Schraube angedrückt. Die Impulse der Schwanzarterie werden vom Mikrophon aufgenommen, zu einem Filtergerät mit der Bezeichnung ,,Infraton"-KE 2, System B O U C K E - B R E C H T geleitet, in einem 2-Kanal-Elektrokardiographen (Typ 2 N E K - l ) verstärkt und im Elektrokardioskop (EKS-1) als Pulskurve sichtbar. Mit Hilfe des Manometers läßt sich der systolische Wert also direkt ablesen. Den diastolischen Druck errechneten wir nach den Angaben von

BREUNINGER

Chemische Methoden Der Natrium- und Kalium-Gehalt des Urins wurde flammenfotometrisch nach MANN [ 8 ] , der Gesamt-Stickstoffgehalt des Urins nach der Mikromethode von [9] festgestellt. Allgemeines

[7],

HERRBURCK

Auf den folgenden Kurven sind wöchentliche Mittelwerte angegeben. Sie setzen sich für den systolischen Druck, die Wasseraufnahme und die Urinausscheidung aus täglichen Messungen an 12 Ratten, die jeweils zu einer Gruppe zusammengefaßt sind, zusammen. Stickstoff, Natrium und Kalium wurden aus 24-Std.-Sammelurin der gesamten Rattengruppe bestimmt. Von jedem Tier wurden wöchentlich einmal der diastolische Druck errechnet und das Gewicht festgestellt. Die Fehlergrenzen sind als mittlere quadratische Abweichung angegeben. Für die absoluten Ausscheidungen von Stickstoff, Kalium und Natrium erhielten wir die Fehlergrenzen nach dem Gesetz der Fehler-Fortpflanzung, da als Meßwerte nur Konzentrationsangaben in 100 ml Urin vorlagen.

454

H . HILSE, E .

SCHEER

Ergebnisse

Blutdruck

Wie die Abbildung 1 zeigt, liegt der Ausgangsblutdruck normaler Ratten bei etwa 115/85 mm Hg. Die leichte Senkung des systolischen Druckes nach Anlegen der Kapsel ist fast stets reproduzierbar. Sofort nach Nephrektomie beginnt der Blutdruck zu steigen. In der 3. Woche danach sind die von uns mit 160/110 mm Hg geforderten Hypertoniegrenzen überschritten. Der Hypertonus bleibt weiterhin konstant mit Werten um I8O/I3O mm Hg, die Streuung der Systole sinkt nie unter 160 mm Hg. 200 180 Ol

160

* 140 | 120 100 eo

Abb. 1. Systolischer und diastolischer Blutdruck. Nephrektomie 2 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel. = Streuung H U B E R [10], B E I N und Mitarbeiter [ 1 1 ] , P A S Q U A L I N O und Mitarbeiter [12] stellten bei Verwendung der GoLDBLATT-Methode [13] fest, daß R a t t e n auch ohne kontralaterale Nephrektomie einen bleibenden Hypertonus bekamen. N I T S C H K O F F und S C H Ö N F E L D E R [14], die einen Glasring um die Kaninchenniere legen, fanden keinen Unterschied zwischen Tieren mit und ohne Nephrektomie.

Wir untersuchten parallel zwei Rattengruppen, eine nur mit Kapsel, die andere mit einseitiger Nephrektomie. 12 Wochen später wurden die fehlenden Operationen nachgeholt. Wie aus den Abbildungen 2 und 3 hervorgeht, bleibt eine Steigerung des Blutdrucks auf hypertonische Werte nach nur einer Operation aus. Erst die nachgeholten Operationen provozieren einen Hochdruck. Wenn vor dem Anlegen der Nierenkapsel nephrektomiert wird, bleibt er allerdings wesentlich niedriger. Wasser aufnähme und

Urinausscheidung

In den Abbildungen 4, 5 und 6 sind die Werte für Wasser und Urin aufgetragen. Den Verlauf bei nicht veränderter Anwendung der Hypertonie-

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I.

Wochen nach

455

Nephrektomie

Abb. 2. Systolischer und diastolischer Blutdruck. Nephrektomie 12 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel

200-

Wochen nach

Nephrektomie

Abb. 3. Systolischer und diastolischer Blutdruck. Anlegen der Nierenkapsel 12 Wochen nach Nephrektomie

Methode zeigt Abbildung 4. Zwischen den beiden Operationen treten regulatorische Schwankungen auf. Nach der Nephrektomie steigt die Urinausscheidung sofort an, während die Wasseraufnahme erst noch einmal eingeschränkt wird. Die Zunahme der ausgeschiedenen und aufgenommenen Flüssigkeitsmengen dauert bis zur 8. bis 9. Woche nach Nephrektomie an. Dann bleiben die Werte mehr oder weniger konstant. Sie sind für Wasser mindestens zweimal, für Urin viermal so hoch wie die Ausgangswerte. Nach nur einer Operation (Abb. 5 u. 6) treten keine wesentlichen Veränderungen ein. Erst nach dem zweiten Eingriff beginnen beide Werte wieder zu steigen. Bei unveränderter Reihenfolge der Operationen erhält man Ergebnisse, die mit denen der Original-Methode (Abb. 4) vergleichbar sind. Wird vor dem Anlegen der Kapsel nephrektomiert, steigt der Wasserumsatz nur geringfügig. 31 Acta biol. med. german., Bd. 17, Heft 4

456

H. H i l s e , E. Schekr

Abb. 4. Wasseraufnahme und Urinausscheidung. Nephrektomie 2 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel

Abb. 5. Wasseraufnahme und Urinausscheidung. Nephrektomie 12 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I.

Ü* / 2 4 §\*Nephrektomie

6

12.6

457

H der Nierenkapsel

«Sil

Wochen nach Nephrektomie

Abb. 6. Wasseraufnahme und Urinausscheidung. Anlegen der Nierenkapsel 12 Wochen nach Nephrektomie

Stickstoff,

Natrium,

Kalium

Die Konzentrationskurven der im Urin ausgeschiedenen Elektrolyte und des Gesamt-Stickstoffes (Abb. 7) zeigen zwischen den Operationen wieder regulatorische Veränderungen. Nach Nephrektomie fällt der ausgleichende Anstieg weg, die Konzentrationen werden niedriger, bei Kalium und Natrium bis zur 6. bis 7. Woche nach der zweiten Operation, beim Stickstoff bis zur 8. Woche, dann bleibt das Niveau erhalten. Stellt man die ausgeschiedene Urinmenge mit in Rechnung, erhält man die absoluten Ausscheidungen. Sie schwanken zwischen den Operationen ebenso wie die Konzentrationen. Nach der Nephrektomie treten Unterschiede auf. Natrium wird in gleicher Höhe wie beim Normaltier ausgeschieden. Kalium wird von der 8. Woche nach Nephrektomie ab vermehrt abgegeben, die Stickstoffmenge sinkt. Es treten allerdings keine signifikanten Unterschiede zur Norm ein. Die Abbildungen 8 und 9 geben die Verhältnisse bei den Tiergruppen mit veränderten Operationsbedingungen an. Außer Schwankungen treten in den Konzentrationen nach nur einer Operation keine Änderungen auf. Deutliche Erniedrigungen zeigen sich erst, wenn Nephrektomie bzw. Einkapselung nachgeholt werden. Nephrektomiert man vor dem Anlegen der Kapsel, sind sie allerdings nicht signifikant. Die täglichen absoluten Ausscheidungen verschieben sich bis auf Kalium nicht. Dieses wird analog den Verhältnissen bei normaler Operationsfolge nach den zweiten Operationen vermehrt im Urin abgegeben. 31*

458

H. Hilse, E. Scheer

mg ¡100 ml 1000

1 2 4 Wochen nach

-i—i' i—i—i—i—i—i—i—r6 8 10 12 14 Nephrektomie

Abb. 7. Konzentrationen von N, Na+, K+ im Urin. Nephrektomie 2 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel mgllOOml 1000

Wochen nach

Nephrektomie

Abb. 8. Konzentrationen von N, Na+, K+ im Urin. Nephrektomie 12 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I.

459

Abb. 9. Konzentrationen von N, Na+, K + im Urin. Anlegen der Nierenkapsel zwölf Wochen nach Nephrektomie Gewichte

Nach einer Operation, gleichgültig ob Nephrektomie oder Anlegen der Nierenkapsel, verringert sich das Gewicht der Ratten innerhalb einer Woche um 10 bis 15 g. Nach weiteren 8 Tagen erfolgt die Rückkehr zum Ausgangsgewicht. Werden die fehlenden Operationen nachgeholt, sinkt das Gewicht, unabhängig von der Reihenfolge der Operationen und dem Zeitraum zwischen ihnen, innerhalb von 3 bis 4 Wochen auf ein Minimum. Der Ausgleich benötigt den gleichen Zeitraum. Von diesen operationsbedingten Schwankungen abgesehen, hat das Gewicht steigende Tendenz. Am meisten nehmen allerdings die Tiere zu, bei denen das Anlegen der Nierenkapsel erst 12 Wochen nach unilateraler Nephrektomie erfolgt. Die physiologische Schädigung ist in diesem Fall offensichtlich am geringsten, allerdings werden auch kaum hypertonische Blutdruckwerte erreicht (Abb. 3). Diskussion

Aus den Ergebnissen wird ersichtlich, daß bei dem verwendeten Hypertoniemodell die Reihenfolge der Operationen wesentlich ist. Es ist günstiger, zuerst die Kapsel anzulegen und dann zu nephrektomieren. Eine Zeit von 14 Tagen zwischen beiden Operationen ist dann ausreichend, um eine geeignete Hypertonie zu erzeugen. Exstirpiert man nach der Einkapselung einer Niere die kontralaterale nicht, dann erfolgt keine Blutdruckerhöhung.

460

H . HILSE, E .

SCHEER

Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu denen derjenigen Autoren, die zur Erzeugung einer Hypertonie die Methode nach GOLDBLATT et al. [ 1 3 ] oder eine ihrer vielen Abwandlungen benutzen. Der Grund für diesen Unterschied ist in der Art der Kapsel zu suchen. Sie darf nur als Fremdkörperreiz wirken. Sie muß so locker um die Niere gelegt werden, daß sie dieses Organ in keiner Weise zusammenpreßt. Da wir das Nierenhäutchen entfernen, genügt dieser Reiz, das Bindegewebe zu verstärktem Wachstum anzuregen. Ein kleiner Teil der Niere wuchert nun zwar aus der für den Nierenstiel vorgesehenen Kapselöffnung heraus, doch der weitaus größere wird durch die Kapsel an weiterer Ausbreitung gehindert. Da das Wachstum anhält, Platz aber nicht mehr vorhanden ist, komprimiert sich das Nierengewebe und der Blutdruck steigt, noch ehe sich Anzeichen einer Ischämie bemerkbar machen. Die langsame und kontinuierliche Entwicklung des Leitsymptoms, es dauert nach Anlegen der Kapsel 5 Wochen, ehe hypertone Blutdruckwerte erreicht sind, ist nach unserer Auffassung der große Vorteil des benutzten Hypertoniemodells. In diesem Zeitraum weichen nämlich noch andere Faktoren von der Norm ab, und diese Veränderungen sind wichtig, wenn man das Frühstadium der sich entwickelnden Hypertoniekrankheit erfassen und therapeutisch beeinflussen will. Wir haben in dieser Arbeit neben dem Blutdruck auch die Wasseraufnahme und Diurese, Natrium-, Kalium- und Stickstoff-Konzentrationen im Urin untersucht und festgestellt, daß sie sich parallel, zum Teil sogar stärker und schneller verändern als der Blutdruck. Die nach dem Anlegen der Nierenkapsel auftretenden Senkungen und Erhöhungen sind als operationsbedingte Schwankungen anzusehen, die wieder zum Ausgangswert tendieren. Das wird in den Versuchen besonders deutlich, bei denen nach Einkapselung einer Niere die andere nicht exstirpiert wurde. Nephrektomiert man unilateral 14 Tage nach Anlegen der Kapsel, sind die folgenden Veränderungen irreversibel. Schon eine Woche nach Nephrektomie hat sich die Urinausscheidung fast verdoppelt und die Urinkonzentrationen von Natrium, Kalium und Stickstoff sind stark gesunken. Am Blutdruck ist zu diesem Zeitpunkt nur eine systolische Erhöhung festzustellen. Die Steigerung der Wasseraufnahme setzt erst eine Woche später parallel zur Zunahme des diastolischen Druckes ein. Im weiteren Verlauf der Hypertonie verschiebt sich das Verhältnis zwischen Blutdruck und den anderen angeführten Kriterien. 3 Wochen nach Nephrektomie hat dieser ein bestimmtes Maximum erreicht, das bis zum Tod der Tiere beibehalten wird. Die Zunahme der aufgenommenen und ausgeschiedenen Flüssigkeitsmengen hält dagegen bis zur 8. bis 9. Woche nachNephrektomie an, wobei sich erstere gegenüber dem Ausgangswert verdoppelt, die Urinmenge sogar vervierfacht. Die Konzentrationen der untersuchten Stoffe im Urin sinken ebenfalls weiter bis zur 6. bis 8. Woche nach Nephrektomie. Dann bleiben auch diese

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I.

461

Werte konstant. Es macht sich also ein Einschnitt zwischen 6. und 9. Woche nach Nephrektomie bemerkbar, der am Blutdruck nicht festzustellen ist. Er könnte für eine Veränderung der pathophysiologischen Vorgänge im Tier sprechen und auf den Beginn einer zweiten Hypertoniephase hinweisen. Wir werden diesem Problem in weiteren Untersuchungen nachgehen. Es bleibt ebenfalls noch die Frage offen, welche Rolle die gesunde Niere im Verhältnis zur Kapselniere spielt, und warum sich kein Hochdruck entwikkelt, wenn sie nicht entfernt wird. Sie hat offensichtlich eine kompensierende, gegenregulatörische Wirkung, übt eine gewisse Bremsfunktion aus. Es ist hier nicht der Platz, über den vieldiskutierten Renin-HypertensinMechanismus zu sprechen. Das wird in einer der nächsten Veröffentlichungen geschehen. Man könnte jedoch als Arbeitshypothese annehmen, daß für die Entstehung des Hochdruckes Veränderungen der Produktion oder Wirksamkeit eines antihypertensiven Nierenfaktors verantwortlich sind, von dem schon B R U N N E R [ 1 5 ] und T O B I A N [ 1 6 ] gesprochen haben, zumal sich die Befunde mehren, die die primäre und alleinige Rolle des Renin-Hypertensin-Systems für die Pathogenese der Hypertonie verneinen (SCHWARTZ u. Mitarbeiter [17]; GROSS u. Mitarbeiter [18]; MASSON und Mitarbeiter [19]; SOKABE [ 2 0 ] ) .

Wir haben in den vorliegenden Untersuchungen besonderen Wert auf die Frühphase der Hypertonie gelegt und deshalb mit Absicht ein Modell gewählt und beschrieben, bei dem diese relativ lang und gut zu erfassen ist. Wir konnten den Verlauf der Hypertonie an etwa 250 Ratten immer wieder reproduzieren und glauben, daß die verwendete Methode zur Erzeugung einer experimentellen Hypertonie besonders geeignet ist, histologische, physiologische und therapeutische Untersuchungen durchzuführen. Frau G E R D A H A S S E L B R I N K , die durch ihre gewissenhafte technische Mitarbeit viel zum Erfolg der Experimente beigetragen hat, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Literatur .H.: Die Mosaiktheorie der Hypertonie. In: Essentielle Hypertonie, ein internationales Symposium. Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg i960, S. 1. GROSS, F . : Experimentelle Methoden zur Beurteilung blutdrucksenkender Pharmaka. Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Pathol. Pharmakol. 232, 161

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SCHEER

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Summary H . H I L S E and E. S C H E E R : Studies on the pathogenesis and therapy of experimental hypertension in rats. I. Blood pressure, water balance, electrolyte excretion

A reproducible experimental hypertension in rats can be evoked by slight enclosing one kidney into a capsule of cellulose acetate and by extirpating the other healthy one 2 weeks later. The blood pressure in healthy normotonic animals amounts to 115/85 ± 10 mm Hg, 3 weeks following nephrectomy it exceeds our hypertonic limits of 160/110 mm Hg. This increased blood pressure is constant for several months. The water consumption and excretion of urine increased till the 6TH to 9TH week following nephrectomy; the sodium, potassium and nitrogen concentration in urine and the absolutely excreted amount of nitrogen in urine are reduced. After this the levels remain constant. In our experiments on rats, neither unilateral nephrectomy nor application of the capsule as a separate operation, exerted any influence on blood pressure, water turnover, electrolyte and nitrogen excretion and weight. The hypertension model employed in these studies differs from t h a t of G O L D B L A T T and his school. Hypertension develops relatively slowly and the non-capsuled kidney must be removed to obtain any high pressure at all. Two different mechanisms are probably responsible for the formation and maintenance of the experimental hypertension. Our results show, t h a t the employed form of experimental hypertension may be particularly suited for further investigations of the early phase.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I.

463

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A c t a biol. m e d . g e r m a n . , B a n d 17, Seite 464—477 (1966) A u s d e m I n s t i t u t f ü r kortiko-viszerale P a t h o l o g i e u n d T h e r a p i e d e r D e u t s c h e n A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n zu Berlin, B e r l i n - B u c h (Direktor: Prof. D r . m e d . R . BAUMANN)

Untersuchungen zur Pathogenese und Therapie einer experimentellen Hypertonie bei Ratten II. Gefäße in Nieren und Mesenterium, relatives Herzgewicht H.

HILSE

(Eingegangen a m 13. 5. 1966)

Zusammenfassung E s w u r d e n d a s r e l a t i v e H e r z g e w i c h t u n d die V e r ä n d e r u n g e n des Verhältnisses v o n W a n d : L u m e n kleiner A r t e r i e n u n d Arteriolen m i t D u r c h m e s s e r n v o n 0,01 — 0,1 m m in Niere u n d M e s e n t e r i u m v o n R a t t e n bei d e r E n t w i c k l u n g einer e x p e r i m e n t e l l e n H y p e r t o n i e (Anlegen einer N i e r e n k a p s e l u n d k o n t r a l a t e r a l e N e p h r e k t o m i e ) u n t e r sucht. Die W e r t e g e s u n d e r n o r m o t o n e r K o n t r o l l r a t t e n b e t r a g e n i m D u r c h s c h n i t t f ü r die Niere 1:1,92, f ü r d a s M e s e n t e r i u m 1:2,16. D a s r e l a t i v e H e r z g e w i c h t w u r d e m i t 0,27% e r m i t t e l t . E i n e W o c h e n a c h N e p h r e k t o m i e ist d a s W a n d - L u m e n - V e r h ä l t n i s i m M e s e n t e r i u m auf ein M i n i m u m v o n 1:1,36 gesunken. D e r E x t r e m w e r t in d e r Kapselniere, 1:1,17, w i r d eine W o c h e s p ä t e r erreicht. D e r B l u t d r u c k steigt e r s t in d e r 3 . - 4 . W o c h e n a c h N e p h r e k t o m i e auf H o c h d r u c k w e r t e ü b e r 160/110 m m H g . D e r H y p e r t o n u s ist also die F o l g e d e r G e f ä ß v e r ä n d e r u n g e n . W i r d eine N i e r e e n t f e r n t , o h n e die a n d e r e einzukapseln, b e t r ä g t 18 W o c h e n s p ä t e r d a s V e r h ä l t n i s i m M e s e n t e r i u m 1:1,85» in d e r v e r b l i e b e n e n Niere h a t sich n i c h t s geändert. K a p s e l t m a n eine Niere ein, ohne die k o n t r a l a t e r a l e zu e n t f e r n e n , d a n n b e t r a g e n 18 W o c h e n s p ä t e r die W e r t e i m M e s e n t e r i u m 1:1,76, in der K a p s e l n i e r e 1:1,58. Die u n b e r ü h r t e Niere zeigt keine V e r ä n d e r u n g . I n beiden F ä l l e n ist d e r B l u t d r u c k völlig n o r m a l geblieben. Die E i n k a p s e l u n g einer Niere o h n e k o n t r a l a t e r a l e N e p h r e k t o m i e r e i c h t also n i c h t aus, eine so s t a r k e G e f ä ß v e r e n g u n g h e r v o r z u r u f e n , d a ß d e r B l u t d r u c k d a d u r c h b e e i n f l u ß t wird. D a s r e l a t i v e H e r z g e w i c h t e r h ö h t sich f a s t parallel z u m B l u t d r u c k a n s t i e g . 12—15 W o c h e n n a c h N e p h r e k t o m i e b e t r a g e n die W a n d - L u m e n - V e r h ä l t n i s s e bei h y p e r t o n e n R a t t e n ( B l u t d r u c k ü b e r 160/110 m m Hg) i m M e s e n t e r i u m 1:1,37, in d e r Kapselniere 1:1,41. E s sind keine wesentlichen V e r ä n d e r u n g e n m e h r eing e t r e t e n . N e k r o s e n w u r d e n nicht b e o b a c h t e t . Die U n t e r s u c h u n g e n ergeben also, d a ß die G e f ä ß e des M e s e n t e r i u m s schneller u n d s t ä r k e r als die d e r Kapselniere reagieren u n d d a ß d e r B l u t d r u c k die Folge, nicht die U r s a c h e d e r G e f ä ß v e r ä n d e r n n g e n ist.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. II.

465

Es ist seit langem bekannt und wurde von IMBRIGLIA [ 1 ] i960 noch einmal bestätigt, daß diffuse Arteriolenschäden mit der Hypertonie vergesellschaftet sind. Es ist auch nicht neu, daß sich das Herz bei chronischen Blutdruckerhöhungen verändert. G R E E N E und S A P I R S T E I N [2] benutzten das relative Herzgewicht sogar als Kriterium für die experimentelle Hypertonie der Ratte. M O R L O C K [ 3 ] konnte am Menschen nicht entscheiden, ob die Hypertrophie der Gefäßwände primäre Ursache oder Folge des erhöhten Blutdruckes ist. S C H R O E D E R und N E U M A N N [4] untersuchten Ratten und fanden, daß Nierengefäßschäden mit der arteriellen Hypertension vergesellschaftet und von ihr abhängig sind. C H I L D [ 5 ] wußte keinen Grund für den Beginn des Blutdruckanstieges bei hypertonen Hunden. E r nahm aber an, daß die Ateriolenschädigung die Ursache für die Aufrechterhaltung des Hypertonus sei. I M B R I G L I A [ 1 ] sah die Gefäßveränderungen bei experimenteller Hypertonie als direkte mechanische Folge des hohen Druckes auf die Arterienwände an. G A R D N E R [ 6 ] bestätigt diese Theorie noch einmal speziell für die Ratte. Z O L L I N G E R [ 7 ] läßt es offen, ob die Blutdruckhöhe nekrotische Gefäßschäden beeinflußt. E r fand auch Ratten mit starken Schäden, die keine Blutdruckerhöhung zeigten. M A S S O N und Mitarbeiter [8] erzeugten bei R a t t e n mit Hilfe einer Seidenfadenschlinge um die Niere eine Hypertonie, die mit Gefäßschäden einherging. Gaben sie Hydralazin und verhinderten dadurch den Blutdruckanstieg, dann reduzierten sich die Gefäßschäden beträchtlich. H A L P E R T und G R O L L M A N [ 9 ] fanden bei dem gleichen Hypertoniemodell an Ratten nach einer Hochdruckdauer von 1—8 Monaten eine Herzhypertrophie und leichte Nierenschäden. Große und kleine Arterien anderer Organe blieben unbeeinflußt. C H U R G [10], der die Rattenniere in Seide einhüllte, fand Gefäßschäden zuerst im Mesenterium. Auch Z O L L I N G E R [ 7 ] sah die stärksten Schäden bei experimenteller renaler Hypertonie der R a t t e (Kapsel oder Arterienklammer) am Mesenterium, dann folgten Pankreas, Niere, Magen, Darm usw. Die von M O R L O C K [ 3 ] aufgeworfene Frage ist also bis heute experimentell noch nicht sicher entschieden. Zum anderen gibt es Widersprüche bezüglich der Gefäßschäden bzw. -Veränderungen in verschiedenen Organen.

Wir untersuchten an einem Hypertoniemodell bei der Ratte ( H I L S E und S C H E E R [11]) das Verhältnis von Wand:Lumen in Arteriolen und kleinen Arterien von Niere und Mesenterium und das relative Herzgewicht im Verlaufe der Hypertonie, um die noch offenen Fragen einer Klärung näherzubringen. Methodik Wir benutzten die in einem früheren Beitrag ( H I L S E und S C H E E R [ 1 1 ] ) näher beschriebene Methode zur Erzeugung einer experimentellen Hypertonie an Ratten. Dabei wird eine Niere in eine Zelluloseazetatkapsel gebettet, die zwei Ringe des gleichen Materials zusammenhalten. 2 Wochen nach dieser „1. Operation" wird die kontralaterale Niere entfernt (,,2. Operation"). Der Blutdruck wird täglich unblutig am Schwanz nicht narkotisierter Tiere gemessen. Histologische Untersuchungen führten wir an kleinen Arterien und Arteriolen von Niere und Mesenterium mit Durchmessern von 0,01 bis 0,1 mm durch. Es wurde das Größenverhältnis von W a n d : L u m e n ( K E R N O H A N und Mitarbeiter [12]) ermittelt. Wir betäubten die Tiere durch Nackenschlag und ließen sie aus den durchtrennten Karotiden ausbluten. Die Organe wurden nach H E I D E N H A I N (,,Susa") [13] fixiert und die

466

H . HILSE

Paraffinschnitte mit Resorzinfuchsin-Kernechtrot gefärbt. Die Herzen wogen wir in ausgeblutetem Zustand und nach Entfernung der Herzohren sofort nach Tötung der Tiere. Auf den Abbildungen sind wöchentliche Mittelwerte angegeben. Wir nahmen die Untersuchungen jeweils an den Organen von 2 Ratten vor. In jeder Niere wurden im Durchschnitt 20, im Mesenterium 10 Einzelwerte festgestellt und gemittelt. Die Blutdruckwerte setzen sich aus täglichen Messungen von mindestens 12 Ratten zusammen.

Ergebnisse

Bei normotonen gesunden Ratten beträgt das Wand: Lumen-Verhältnis kleiner Arterien und Arteriolen in der Niere im Durchschnitt 1:1,92, im Mesenterium i :2,16 (Werte von 7 Tieren). Das relative Herzgewicht verändert sich mit dem Körpergewicht nicht. Es liegt bei normotonen gesunden Ratten mit Gewichten zwischen 205 g und 335 g im Mittel bei 0,274 ± 0,009%. Auf Abbildung 1 sind die Werte für eine Rattenserie im Verlaufe der Hypertonieentwicklung dargestellt. Die Ausgangswerte bei diesen Ratten liegen für die Nieren bei 1:1,85 und für das Mesenterium bei 1 : 2 , i i . Nach der 1. Operation beginnen die Gefäße der Kapselniere sich zu verengen. Nach der 2. Operation vermindert sich das Wand: Lumen-Verhältnis Gew.-'/,

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5 Wochen nach Nephrektomie

Abb. 1. Relative Herzgewichte, Gefäßveränderungen und Blutdruck. Nephrektomie 2 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel

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verstärkt weiter, bis es, noch ehe der Blutdruck auf seinen Höchstwert gestiegen ist, ein Minimum von 1:1,17 erreicht. Im weiteren Verlauf der Hypertonie treten geringfügige Schwankungen auf. 5 Wochen nach Nephrektomie beträgt das Verhältnis in der Kapselniere 1:1,40. Messungen zwischen der 12. und 15. Woche nach der 2. Operation ergaben einen Durchschnittswert von 1:1,41 (12 Tiere). Die Gefäße der Normalnieren reagieren gegensinnig. Ihr Wand-LumenVerhältnis vergrößert sich nach der 1. Operation bis auf 1:1,92. Nach der Nephrektomie verstärken sich die Gefäßverengungen der im Tier verbliebenen Kapselniere. Die Gefäße des Mesenteriums antworten stärker und geradliniger auf die erste Operation. An ihnen wird ein Einfluß der Nephrektomie nicht sichtbar. Sie verengen sich von einem Ausgangswert von 1:2,11 bis auf einen Minimalwert von 1:1,36, der eine Woche früher als der niedrigste Wert der Gefäße in der Kapselniere erreicht und dann beibehalten wird. 12—15 Wochen nach Nephrektomie beträgt das Wand-Lumen-Verhältnis im Durchschnitt 1:1,37 (12 Tiere). Das relative Herzgewicht erhöht sich mit dem Steigen des Blutdruckes. Wenn auch der Ausgangswert bei den hier untersuchten Ratten sehr niedrig liegt, wird die Steigerung über die Norm (0,27%) nach der 2. Operation doch sehr deutlich. Die Zunahme der Herzgröße (Abb. 2 zeigt das Herz einer normotonen, Abb. 3 das einer hypertonen Ratte 15 Wochen nach Nephrektomie bei gleicher Vergrößerung) beruht hauptsächlich auf der Hypertrophie der Muskelfasern. Die Abbildungen 4 und 5, die stärker vergrößerte Ausschnitte aus den Abbildungen 2 und 3 darstellen, bringen das sehr deutlich zum Aus-

Abb. 2. Herzquerschnitt, normotone R a t t e

Abb. 3. Herzquerschnitt, hypertone Ratte, 15 Wochen nach Nephrektomie

468

H.

HILSE

Abb. 4. Herzmuskelfasern, normotone Ratte

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Abb. 5- Herzmuskelfasern, hypertone Ratte, 15 Wochen nach Nephrektomie

druck. Das entspricht den Verhältnissen, die SAPHIR [14] für den Menschen angibt, wenn ein langdauernder arterieller Hochdruck, gleich welcher Ursache, vorliegt. Kapselt man eine Niere ein, ohne die andere zu exstirpieren, dann sind 18 Wochen danach (Abb. 6) die Gefäßlumina in Kapselniere und Mesenterium etwas kleiner geworden. In der normalen Niere hat sich nichts geändert.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. II.

469

Wand: Lumen Arterien von 0,01-0,1 mm 0 Mesenterium nur 10peration Nieren Normalniere • Mesenterium; Kapseiniere

2

Operationen .Mesenterium 'Kapsetniere

Systole sff^Operationen Diastole

1 2

4

6

8

'Nephrektomie

kAnlegen der Nieren |kapsei

10 Wochen nach Nephrektomie

Abb. 6. Gefäßveränderungen und Blutdruck 18 Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel; 10 Wochen nach Nephrektomie (12 Wochen nach Kapsel nephrektomiert) Wand-Lumen 2A 2p 1.6

Arterien von 0,01 -0,1 mm 4 • Mesenterium nur •Nieren Normalniere• Mesenterium"

10peration 2 Operationen :Kapselniere Mesenterium

1,2 mmHg 20Ò-

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Abb. 9. Nierengefäß, Kapselniere, 1 W o c h e n a c h Kapsel; W a n d : L u m e n = 1:1,71

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. II.

471

Für die Mikroaufnahmen sind mit Absicht Gefäße gewählt worden, die besonders extreme Veränderungen zeigen. Die Durchschnittswerte aller untersuchten Gefäße wurden schon angeführt.

Abb. 10. Nierengefäß, Kapselniere, 4 Wochen nach Nephrektomie; W a n d : Lumen = 1:1,27

Abb. 11. Nierengefäß, Kapselniere, 15 Wochen nach Nephrektomie; W a n d : Lumen = 1 : 1 , 0 2 32

Acta biol. med. german., Bd. 17, Heft 4

472

H . HILSE

Abb. 12. Gefäß aus Mesenterium, Normaltier; Wand: Lumen = 1:2,40

Abb. 13. Gefäß aus Mesenterium; 1 Woche nach Nierenkapsel; Wand: Lumen = 1:1,74 Diskussion

Auf Grund der dargelegten Ergebnisse kann die von vielen Autoren gegebene Antwort auf das von M O R L O C K [3] aufgeworfene Problem nicht unterstrichen werden. Zumindest bei dem verwendeten Hypertoniemodell sind die Gefäßveränderungen nicht die direkte mechanische Folge des hohen Druckes auf die Gefäßwände. Es bietet sich vielmehr die umgekehrte Reihenfolge an,

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I I .

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Abb. 14. Gefäß aus Mesenterium, 4 Wochen nach Nephrektomie; W a n d : Lumen = 1:1,30

Abb. 15. Gefäß aus Mesenterium, 15 Wochen nach Nephrektomie; W a n d : Lumen = fast völliger Lumenverschluß

denn die stärksten Gefäßverengungen liegen zeitlich vor dem maximalen Blutdruckanstieg. Die Gefäße im Mesenterium erreichen ihr geringstes Wand-Lumen-Verhältnis schon eine Woche nach Nephrektomie, wenn der Blutdruck noch unter 140/100 mm Hg liegt. Auch die Arteriolen in der Kapselniere haben den kleinsten Durchmesser, eine Woche später, noch ehe der Blutdruck Hypertoniewerte erreicht. Zu

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H.

HILSE

diesem Zeitpunkt, 2 Wochen nach Nephrektomie, beträgt er 160/100 mm Hg, liegt also für die Diastole noch 10 mm unter der von uns festgelegten Hypertoniegrenze. Durchschnittliche Hypertonie werte erreichen die Ratten erst 3—4 Wochen nach der 2. Operation mit Werten über 160/110 mm Hg, die dann über Monate beibehalten werden. Die sehr frühe Verengung der Gefäße im Mesenterium weist besonders deutlich darauf hin, daß nicht der hohe Blutdruck dafür verantwortlich sein kann. Die Ursachen für die Veränderungen der untersuchten Gefäße müssen in den Nieren liegen. Wenn nur eine der beiden zur Erzielung einer Hypertonie notwendigen Operationen durchgeführt wird, dann verändert sich der Blutdruck überhaupt nicht. Kapseln wir eine Niere ein, ohne die andere zu entfernen, dann verengen sich die Gefäße der Kapselniere und des Mesenteriums, die Arterien der unberührten Niere verändern sich nicht. Wird nur eine Niere nephrektomiert, reagiert das Mesenterium gleichsinnig, die verbliebene Niere zeigt keine Gefäßverengung. Warum der Blutdruck nun trotz dieser Gefäßreaktionen seine Ausgangshöhe beibehält und nicht auch ansteigt, wie es nach 2 Operationen der Fall ist, läßt sich schwer entscheiden. Es hat den Anschein, als ob die im Tier verbliebene gesunde Niere hierbei die entscheidende Rolle spielt. Offensichtlich genügt der durch die Kapsel gesetzte Reiz allein nicht, die für die Kontrolle des Blutdruckes verantwortlichen Faktoren pathologisch zu verändern, obwohl die Gefäße mit einer leichten Verengung reagieren. Deren Auswirkungen müssen durch die gesunde Niere neutralisiert werden oder sie sind noch zu schwach, um den Blutdruck zu beeinflussen. Wenn man bei der in der 1. Veröffentlichung dieser Reihe (HILSE und SCHEER [11]) aufgestellten Arbeitshypothese bleibt, könnte letzteres wahrscheinlich sein. Durch unilaterale Nephrektomie oder durch Einkapselung einer Niere wird die Produktion eines antihypertensiven Faktors in der verbliebenen normalen Niere (bei einseitiger Nephrektomie) oder in der Kapselniere nur in anscheinend geringem Maße gestört. Für das Gesamttier bedeutet das zwar eine Verminderung, ohne daß es aber zu intensiven Folgen kommt. Es werden lediglich die Gefäße etwas empfindlicher auf das weiterhin in normaler Menge im Blut zirkulierende Hypertensin und reagieren mit einer leichten Verengung, die jedoch noch nicht ausreicht, um den Blutdruck zu erhöhen. Erst nach beiden Operationen, wenn das Tier also nur noch eine eingekapselte Niere besitzt, wird die Bildung des noch Undefinierten antihypertensiven Faktors in dieser Kapselniere so stark eingeschränkt, daß die Gefäße auf Hypertensin sehr stark ansprechen, sich maximal verengen, und nun auch Einfluß auf den Blutdruck gewinnen, der hypertone Werte erreicht. Bei längerer Dauer der Hypertonie übernehmen wahrscheinlich nervale Faktoren die Steuerung der Gefäßweite, sie bleibt reflektorisch auf ihrer von der Norm abweichenden Größe und hält den Blutdruck auf Hypertoniewerten aufrecht. Hier stimmen wir mit CHILD [5] überein. Das relative Herzgewicht zeigt die auch von anderen Autoren beobachtete Steigerung bei Hypertonie. Es ist allerdings bemerkenswert, daß die Herzvergrößerung

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. II.

475

fast parallel mit der Erhöhung des Blutdruckes verläuft und nicht erst als Folge eines schon lange bestehenden Hypertonus auftritt. Wir haben bei den von uns untersuchten Gefäßen hypertoner Ratten in der Hauptsache nur eine Hypertrophie der Media feststellen können. Es ist weder zu wesentlichen Blutaustritten gekommen, noch ist der tubuläre Apparat bis auf leichte Vakuolisierung des Plasmas pathologisch verändert. Die von anderen Autoren beobachteten stärkeren histologischen Veränderungen müssen als Folge der plötzlichen unphysiologischen Drosselung der Blutzufuhr zu den Nieren angesehen werden. GOLDBLATT [ 1 5 ] selbst zeigte, daß sich bei heftiger Konstriktion der Nierenarterie von Hunden terminale Niereninsuffizienz, Gefäßnekrosen und Blutungen in das Gewebe einstellen. K O L E T Z K Y [16] sah wenige Tage nach Ligatur der renalen Aortenäste nekrotische Gefäßschäden bei der Ratte. ZOLLINGER [ 7 ] macht es abhängig von Dauer und Stärke der Hypertonie, ob nach Klammer oder Kapsel Nekrosen oder nur Mediahypertrophien auftreten. Wir können weder der Dauer noch der Stärke der Hypertonie die Bedeutung zuerkennen, die ZOLLINGER ihnen beimißt. Wir sind vielmehr der Meinung, daß die Art der Gefäßveränderungen schon in der Stärke der Klammerung bzw. dem Durchmesser der Nierenkapsel begründet sind. Die Ergebnisse von CHAPADEIRO [ 1 7 ] , [ 1 8 ] stützen diese Auffassung. Er fand bei hypertonen Hunden, die 2—9 Tage nach Klammerung der Nierenarterien starben, akute Mediaentartungen und -nekrosen der Nierenarteriolen. Tiere, die länger lebten, zeigten lediglich eine Hypertrophie der Media und teilweise der Adventitia. Die Blutdruckhöhen beider Gruppen unterschieden sich nicht. Auch Ratten, deren Hochdruck durch Überdosierung von Desoxykortikosteron hervorgerufen worden war, ließen außer einer Mediahypertrophie keine weiteren Schäden erkennen, selbst 180 Tage nach Auslösung der Hypertonie. Das entspricht aber genau den Verhältnissen bei unserem Modell. Literatur [1]

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Summary H . H I L S E : Studies on the pathogenesis and therapy of experimental hypertension in rats. II. Vessels in kidney and mesentery, relative heart weight During the development of an experimental hypertension (applying a capsule around one kidney and contralateral nephrectomy), the relative heart weight and the changes of the wall-lumen ratio of small arteries and arterioles with diameters from 0.01 to 0.1 mm in the kidney and mesentery of rats were investigated. The ratios of healthy normotonic control rats averaged 1:1.92 for the kidney and 1:2.16 for the mesentery. The relative heart weight was 0.27 per cent. One week after nephrectomy the wall-lumen ratio in the mesentery decreased to a minimum of 1:1.36. The extreme decrease of 1:1,17 in the capsuled kidney is reached one week later. The blood pressure rises to levels exceeding 160/110 mm H g earliest in the 3rd to 4th week following nephrectomy. The hypertonus is thus the consequence of vascular changes. If one kidney is removed without enclosing the other, 18 weeks later the mesenteric ratio is 1:1.85, t h a t of the remaining kidney being unchanged. If one kidney is capsuled without removing the contralateral one, the mesenteric ratio becomes 1:1.76 and t h a t of the capsuled kidney 1:1.58 after 18 weeks. The untouched kidney is left without change. In both cases the blood pressure remained absolutely normal. Enclosure of one kidney without contralateral nephrectomy is not sufficient to make the vasoconstriction strong enough to influence blood pressure. The relative heart weight increases almost parallel with the rise of blood pressure. 12 to 15 weeks following nephrectomy the wall-lumen ratios of hypertonic rats (blood pressure exceeding 160/110 m m Hg) are 1:1.37 in the mesentery and 1:1.41 in the capsuled kidney. Further changes were not observed. Necroses did not occur. These results show, t h a t the mesenteric vessels respond more rapidly and more intensively t h a n those of the capsuled kidney and t h a t blood pressure is the consequence and not the cause of the vascular changes.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. II.

477

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Acta biol. med. german., B a n d 17, Seite 478 — 487 (1966) Aus d e m I n s t i t u t f ü r kortiko-viszerale Pathologie und Therapie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin-Buch (Direktor: Prof. Dr. med. R . B A U M A N N )

Untersuchungen zur Pathogenese und Therapie einer experimentellen Hypertonie bei Ratten III. Die Sensibilität des Blutdrucks hypertoner Ratten auf Nierenextrakt normotoner Ratten als Kriterium für das Frühstadium der Hypertonie-Entwicklung H . HILSE u n d E .

SCHEER

(Eingegangen a m 31. 5. 1966)

Zusammenfassung Bei R a t t e n wird während der Hypertonieentwicklung in der 4., 5. u n d 6. Woche nach Setzen des hypertonieauslösenden Reizes erhöhte Sensibilität ihres Blutdrucks auf pressorisch wirksamen Nierenextrakt normotoner R a t t e n nachgewiesen. D e r Gehalt a n pressorisch wirksamer Substanz in den Nieren w ä h r e n d dieser Zeit ist entweder erniedrigt oder normal gegenüber Kontrollen. Der gesteigerten Sensibilität des Blutdrucks während der F r ü h p h a s e der H y p e r tonieentwicklung folgt in der Phase der voll ausgebildeten experimentellen H y p e r tonie (Blutdruckwerte über 180 m m H g systolisch u n d über 110 m m H g diastolisch) u n v e r ä n d e r t e Sensibilität des Blutdrucks gegenüber Kontrollen. Die B e d e u t u n g der gesteigerten Sensibilität des Blutdrucks in der F r ü h p h a s e der experimentellen Hypertonie wird im Zusammenhang m i t einer möglichen prophylaktischen medikamentösen Beeinflussung derselben diskutiert.

In früheren Untersuchungen (HILSE und S C H E E R [ 1 ] ) wurde der Versuch unternommen, Entwicklung und Verlauf einer experimentellen Hypertonie medikamentös zu beeinflussen. Das Sympathikolytikum Guanethidin war nicht in der Lage, die Entwicklung des experimentellen Hochdrucks oder auch nur eines seiner Kriterien zu beeinflussen. Selbst 3 bis 5 Wochen nach Nephrektomie, wenn der Blutdruck bereits Werte um 180 mm Hg systolisch und über 110 mm Hg diastolisch erreicht hat, bleibt Guanethidin ohne hypotensive Wirkung. Das Sympathikolytikum wird erst hypotensiv wirksam, wenn das Leitsymptom der Erkrankung, der erhöhte Blutdruck, bereits über mehrere Wochen voll ausgeprägt besteht. Der Beginn einer hypotensiven Wirkung des Sympathikolytikums ist wahrscheinlich gleichzeitig der Beginn der zweiten Phase der experimentellen Hypertonie. Der Erhaltungsmechanismus ist gekennzeichnet durch die Aufrechterhaltung des Widerstandes in peripheren Arteriolen, der letztlich für das Leit-

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I I I .

479

symptom, den erhöhten diastolischen Blutdruck, verantwortlich ist. Dieser nervale Mechanismus wird über das sympathische System vermittelt. Für unsere eingangs erwähnte Fragestellung einer prophylaktischen medikamentösen Beeinflussung der Entwicklung der experimentellen Hypertonie wird es notwendig, das Frühstadium eingehender zu charakterisieren. In vorausgegangenen Untersuchungen ( H I L S E und S C H E E R [2]) haben wir ein Modell beschrieben, welches vom Setzen des hypertonieauslösenden Reizes bis zum Beginn des Erhaltungsmechanismus der Hypertonie 8 Wochen in Anspruch nimmt. Dieses Modell ist besonders geeignet für die Beobachtung der Veränderungen im Frühstadium. Bisher haben wir gesehen, daß Wasseraufnahme und Urinausscheidung, Natrium-, Kaliumund Stickstoffkonzentrationen des Urins und absolut ausgeschiedene Stickstoffmenge im Urin Schwankungen bis zum Erreichen des Erhaltungsmechanismus unterliegen, danach bleiben sie konstant. H I L S E [3] konnte ferner zeigen, daß während des Frühstadiums der Hypertonieentwicklung sich zuerst das W a n d : Lumen-Verhältnis der Mesenterialgefäße, danach das der Nierengefäße verändert und erst noch später eine Erhöhung des Blutdrucks eintritt. Das relative Herzgewicht steigt parallel zum Blutdruck. Für die Veränderungen im Frühstadium der Hypertonie-Entwicklung wird der ReninHypertensin-Mechanismus als bedeutungsvoll angesehen. Seit T I G E R S T E D T und B E R G M A N N [4] hypertensive Wirkungen von Nierenextrakt feststellten und diesen Wirkstoff als Renin bezeichneten, sind viele Untersuchungen unternommen worden, die Bedeutung des Renin-Hypertensin-Mechanismus für die Entwicklung der experimentellen Hypertonie zu klären. Es wurde versucht, quantitative Veränderungen der Freisetzung oder des Gehalts an pressorischem Wirkstoff bei verschiedenen Hypertonieformen biologisch zu bestimmen. P R I N Z M E T A L und F R I E D M A N [5] beschrieben, daß der E x t r a k t einer geklammerten Niere den Blutdruck stärker erhöht als der E x t r a k t gesunder Nieren. G R O S S und S U L S E R [6] beobachteten bei Ratten mit Hochdruck durch Kortexon und Kochsalz eine Verminderung der pressorischen Substanzen in den Nieren. In jüngster Zeit haben S O K A B E et al. [7], [8] ebenfalls eine Senkung des pressorischen Wirkstoffs während der Entwicklung der Oxykortikosteron-Acetat-Hypertonie bei Ratten und eine Verminderung der Renin-Freisetzung aus dem Nieren-Venenblut, des Renin-Gehalts der Niere und der Angiotensinbildung bei spontan hypertensiven Ratten gegenüber Kontrollen festgestellt. Es lassen sich jedoch aus allen Ergebnissen der quantitativen Veränderungen des pressorischen Wirkstoffes aus dem Nierenextrakt keine klaren Rückschlüsse auf die Bedeutung des Renin-Hypertensin-Mechanismus bei der Entwicklung der experimentellen Hypertonie ziehen.

Dieses Frühstadium oder auch die erste Phase bei der Entwicklung der Hypertonie zu charakterisieren, dienen die folgenden Untersuchungen. Methodik Im ersten Teil der Untersuchung wird die Intensität der pressorischen Wirkstoffe aus Nierenextrakt von Ratten in verschiedenen Stadien der Entwicklung und bei ausgebildeter Hypertonie untersucht. Für diesen Teil der Untersuchungen wird die Versuchsanordnung nach G R O S S und S U L S E R [6] benutzt. Als Testtiere werden normotone Ratten benutzt, die 24 Std. vor dem Blutdruckversuch doppelseitig nephrektomiert sind. Die Testtiere erhalten 1 Std. vor Beginn des Versuches eine Urethannarkose, 1,4 g/kg, i. p. Dann wird eine Vena femoralis freipräpariert und eine Kanüle eingebunden.

480

H. Hilse, E. Scheer

Vor dem Einsetzen der Glaskanüle in eine Arteria carotis werden 250 Einheiten Heparin i. v. appliziert. Die Blutdruckregistrierung erfolgt über ein Quecksilbermanometer mit einem Tintenschreiber. Vor dem Anschließen der R a t t e an das Registriersystem werden 80 mm Hg Druck auf dasselbe vorgegeben. Als Sperrflüssigkeit dient physiologische Kochsalzlösung, die 5000 Einheiten Heparin pro 100 ml enthält. Die Eichung wird mit dem Blutdruckmeßapparat nach Riva-Rocci vorgenommen. Wenn sich der Blutdruck stabilisiert hat, erhält die Testratte 2 • 500 ng Adrenalin in 0,1 ml physiologischer NaCl-Lösung im Abstand von 10 min, um die Reaktionsfähigkeit des Tieres zu prüfen. Diesen Ratten wird E x t r a k t aus der Kapselniere bzw. der verbliebenen intakten Niere hypertoner Ratten injiziert. Im zweiten Teil der Untersuchung wird die Empfindlichkeit des Blutdrucks von R a t t e n in verschiedenen Stadien der Entwicklung und bei ausgebildeter Hypertonie auf pressorische Substanzen aus dem Nierenextrakt normotoner Ratten untersucht. Als Testtiere dienen die hypertonen Ratten selbst, die am Vortage nicht nephrektomiert sind. Die weitere Vorbereitung des Versuchs erfolgt wie oben angegeben. Zur Extraktherstellung werden Nieren normotoner Ratten aufgearbeitet. Herstellung des Nierenexlraktes: Nieren frisch getöteter und ausgebluteter Ratten werden exstirpiert, von anhaftendem Fett befreit, im Mörser mit etwas ausgeglühtem Seesand verrieben und mit 2 ml physiologischer Kochsalzlösung pro Gramm Niere aufgeschwemmt. Das Gemisch wird 10 min bei 3000 U/min zentrifugiert, die dekantierte Flüssigkeit nochmals 20 min bei 6000 U/min. 0,2 ml dieses Extraktes werden zur Testung benutzt. Ergebnisse

An 5 doppelt nephrektomierten normotonen Ratten wird die Blutdruckreaktion auf Nierenextrakt normotoner Ratten getestet. Nach Injektion von 0,2 ml Nierenextrakt i.v. beginnt der Blutdruckanstieg nach einer kleinen Latenz von 5 bis lOsec und erreicht erst nach 40 min die Norm (Abb. 1).

Abb. 1. Blutdruckreaktion einer doppelt nephrektomierten R a t t e auf 0,2 ml Nierenextrakt i. v.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. III.

481

Wiederholte Gaben von Nierenextrakt am gleichen Versuchstier verlieren an Wirkungsintensität. Damit sind die verschiedenen Charakteristika [6] für den pressorischen Wirkstoff aus der Niere reproduziert. Die Wirkung von Nierenextrakt hypertonischer Ratten auf den Blutdruck doppelt nephrektomierter normotoner Ratten wird an Gruppen von je 3 Ratten untersucht. Gemessen am absoluten Blutdruckanstieg in mm Hg gibt es keine Unterschiede im Gehalt an pressorischen Substanzen während der Entwicklung der experimentellen Hypertonie (Abb. 2). Erst in der 10. und 17. Woche nach Nephrektomie hat der pressorische Wirkstoff in der verbliebenen Kapselniere an Aktivität verloren. Wenn man in die Auswertung die Dauer des Blutdruckanstiegs einbezieht, werden Differenzen in der blutdrucksteigernden Aktivität des Nierenextraktes von Ratten während der Entwicklung der Hypertonie und bei ausgebildeter Hypertonie sichtbar (Abb. 3)- Zwei Wochen nach Anlegen der Nierenkapsel ist die pressorische Wirkung sowohl der Kapselniere (KN) als auch der verbliebenen intakten nicht gekapselten Niere (NN) gesunken. In der 3 • Woche nach unilateraler Nephroktomie steigt die Intensität des pressorischen Wirkstoffs in der Kapselniere noch einmal etwas über die Norm. In der 7., 10. und 17. Woche, wenn die Blutdruckwerte die Hypertoniegrenzen überschritten haben, ist die Intensität des pressorischen Wirkstoffs in der Kapselniere stark gesenkt. Bei beidseitig nephrektomierten normotonen Ratten wird die Blutdruckreaktion auf unterschiedliche Mengen Nierenextrakt geprüft. Abbildung 4 zeigt fallende pressorische Aktivität mit Senkung der Konzentration pressorischen j— Nierenextrakts bei gleichbleibender Injektionsmenge. " p| Die Sensibilität des Blutdrucks nicht nephSOr-. rektomierter, einfach und doppelt nephrek. j-. tomierter Ratten auf Nierenextrakt normo^_ toner Ratten wird an je 16 Tieren getestet, i Die Blutdruckreaktion, ausgedrückt in ^ mm Hg multipliziert mit der Dauer des X 30n n Anstiegs in Minuten, beträgt bei Ratten | 20-

10-

Abb. 2. Steigerung des Blutdrucks in mm Hg normotoner doppelt nephrektomierter Ratten nach je 0,2 ml Nierenextrakt i. v. von Normaltieren (N), nichtgekapselter Niere (NN) und der Kapselniere (KN)

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7

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482

H. HILSE, E .

SCHEER

Abb. 3. Blutdruckanstieg ausgedrückt in mm Hg multipliziert mit der Dauer des Anstiegs in min. nach je 0,2 ml Nierenextrakt i. v. von Normaltieren (N), nichtgekapselter Niere (NN) und der Kapselniere (KN)

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mit intakten Nieren 150, bei einseitig nephrektomierten Ratten 500, bei N ,/V/V KN doppelseitig nephrektomierten Rat—«i (oO ic I ten 2150 (Abb. 5). § & § 8Bei je 2 bis 5 Tieren wird die Sensibi«vi £ lität des Blutdrucks von Ratten in den verschiedenen Stadien der Hypertonieentwicklung auf die jeweils gleiche Menge Nierenextrakt gesunder normotoner Tiere geprüft. In der 1 .Woche nach Anlegen der Nierenkapsel reagiert die Ratte auf Nierenextrakt gesunder Nieren wie ein einseitig nephrektomiertes Kontrolltier. 3

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l I l X 2 4 8 16 Abb. 4. Reaktion des Blutdrucks doppelseitig nephrektomierter Ratten auf 0,2 ml Nierenextrakt i. v. normotoner Ratten (N) und auf 1/2, 1/1, 1/8, 1/ie der Dosis

Abb. 5. Sensibilität des Blutdrucks nicht nephrektomierter (N), einseitig nephrektomierter ( I X ) und doppelseitig nephrektomierter (2 X ) Ratten auf 0,2 ml Nierenextrakt i. v. normotoner Ratten

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. III.

483

2 Wochen nach Anlage der Nierenkapsel reagiert der Blutdruck dieser Tiere auf Nierenextrakt normotoner Ratten entsprechend nicht nephrektomierten Kontrolltieren. In der 1. Woche nach Entfernung einer Niere bleibt die Sensibilität die gleiche wie bei nicht nephrektomierten Kontrolltieren. In der 2. Woche nach Nephrektomie ist die Sensibilität des Blutdrucks der Ratten auf normotonen Nierenextrakt um die Hälfte gestiegen gegenüber einfach nephrektomierten Kontrolltieren. In der 3. Woche steigt die Sensibilität weiter und erreicht ihr Maximum mit 15 70 mm Hg • t [min] gegenüber 500 bei Kontrollen. In der 4. Woche nach Nephrektomie ist die Sensibilität noch erhöht, der Wert beträgt 1015 mm Hg • t [min]. Ab 7. Woche nach Nierenkapsel bzw. 5. Woche nach Nephrektomie entspricht die Sensibilität des Blutdrucks der hypertonen Ratten der Blutdruckreaktion einfach nephrektomierter normotoner Kontrollen. Kontrollen in der 21., 29. und 30. Woche nach Nephrektomie zeigen bei gleichbleibendem Hochdruck keine weitere Änderung der Sensibilität des Blutdrucks auf Nierenextrakt normotoner Ratten (Abb. 6). Wand: Lumen

Abb. 6. Die Sensibilität des Blutdrucks von Ratten im Verlauf der Hypertonieentwicklung auf jeweils 0,2 ml Nierenextrakt normotoner Ratten i. v. Die ausgezogene Linie zeigt die entsprechende Entwicklung des systolischen Blutdrucks

484

H . HILSE, E .

SCHEER

Diskussion

Unsere Ergebnisse zeigen übereinstimmend mit GROSS und SULSER [6] und MASSON [9] Linearität der Blutdruckreaktionen normotoner Ratten auf steigende Mengen pressorisch wirksamen Nierenextrakts von ebenfalls normotonen Ratten. Das heißt, es ist erlaubt, aus unterschiedlichen Blutdruckreaktionen auf gleichbleibende Mengen Nierenextrakt quantitative Schlüsse zu ziehen über Änderungen des Reningehalts der Niere. Seit PRINZMETAL und FRIEDMAN [ 5 ] verstärkte pressorische Intensität in der geklammerten Niere beobachteten, wird für die Frühphase der Hypertonieentwicklung vermehrter Reningehalt der Niere verantwortlich gemacht. In unseren Untersuchungen ist die Menge pressorisch wirksamer Substanz schon in der 2. Woche nach Anlegen einer Nierenkapsel sowohl in der Kapselniere als auch in der Normalniere gegenüber Kontrollen vermindert. In der 3. Woche nach unilateraler Nephrektomie ist die pressorische Intensität der verbliebenen Kapselniere der Norm angeglichen, obwohl die Blutdruckwerte zu diesem Zeitpunkt stark ansteigen. Ein erhöhter Reningehalt der Niere als Ursache für die sich entwickelnde Blutdrucksteigerung läßt sich bei unserer Form der experimentellen Hypertonie ausschließen. Eine Senkung des Gehalts an pressorischer Substanz im Extrakt der Niere weisen auch GROSS und SULSER [6] bei der Kortexon- und Kochsalzhypertonie, SOKABE et al. [7] bei der Oxykortikosteron-Azetat-Hypertonie und bei der spontanen Hypertonie [8] nach. In den weiteren Untersuchungen haben wir die Sensibilität des Blutdrucks in den verschiedenen Stadien der Hypertonieentwicklung auf gleichbleibende Menge pressorischer Substanz aus Nieren normotoner Ratten untersucht. In der 4., 5. und 6. Woche nach Setzen des hypertonieauslösenden Reizes ist die Sensibilität des Blutdrucks auf 0,2 ml Nierenextrakt normotoner Ratten signifikant erhöht. Die erhöhte Sensibilität des Blutdrucks fällt also in die Zeit der stärksten Veränderung des Verhältnisses von Wand: Lumen der kleinen Mesenterial- und Nierengefäße [3] und in die Zeit des sich entwickelnden Bluthochdrucks [2]. Von der 7. Woche an, wenn Blutdruck, Gefäßweite und Elektrolyte keinen weiteren Veränderungen mehr unterliegen und der Erhaltungsmechanismus der experimentellen Hypertonie in Funktion tritt, kehrt auch die Sensibilität des Blutdrucks auf pressorische Wirkstoffe aus der Niere zur Norm zurück. Die gesteigerte Sensibilität des Blutdrucks auf pressorische Substanzen aus der Niere ist ein weiteres Kriterium für die Kennzeichnung der Entwicklungsphase der experimentellen Hypertonie. Die Änderung der Sensibilität des Blutdrucks normotoner Tiere auf pressorische Substanzen kann in Abhängigkeit von der Menge an Nierengewebe herbeigeführt werden. Wie aus den in Abb. 5 zusammengefaßten Ergebnissen hervorgeht, kommt es bei intakten Nieren des normotonen Testtieres zu starkem Verlust der pressorischen Intensität des Nierenextrakts. Die Blutdruckreaktion auf gleiche Menge pressorischer Substanz steigt mit einseitiger Nephrektomie

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. III.

485

und erreicht ihren Höhepunkt nach beidseitiger Nephrektomie der normotonen Testtiere. Der Verlust der pressorischen Wirkung des Nierenextrakts bei gleichzeitiger Vermehrung an Nierensubstanz beim Testtier könnte möglicherweise mit dem Vorhandensein eines antihypertensiven Faktors in den Nieren erklärt werden. GROLLMAN et al. [10] haben der Bedeutung dieses antihypertensiven Faktors, seit sie ihn 1940 entdeckten, vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Ob dieser antihypertensive Faktor eine Rolle bei der Steigerung der Sensibilität des Blutdrucks auf pressorische Substanz aus der Niere normotoner Ratten spielt, bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten. Die Sensibilität des Blutdrucks normotoner, beispielsweise einseitig nephrektomierter Testtiere ist konstant, sie kann zur Standardisierung des Nierenextrakts dienen. In unseren Experimenten handelt es sich um eine Variation der Sensibilität des Blutdrucks einseitig nephrektomierter Ratten, die sich in der Entwicklung der Hypertonie befinden. Es scheint daher wert, vorerst auf die pressorische Substanz im Nierenextrakt einzugehen. TIGERSTEDT und BERGMANN [4] nannten diese pressorische Substanz Renin, ein proteolytisches Enzym, dessen Bildungsort in der Niere noch nicht genau feststeht. Renin spaltet Angiotensinogen und setzt Angiotensin I, ein Dekapeptid, frei. Im Plasma wird das Dekapeptid enzymatisch umgewandelt in das Oktapeptid, Angiotensin II, welches für die von uns beobachtete blutdrucksteigernde Wirkung des Nierenextrakts letztlich verantwortlich ist. Das Ausgangsmaterial Renin ist zwar zum Zeitpunkt der verstärkten Sensibilität quantitativ vermindert bzw. der Norm angeglichen (siehe Abb. 2), es ist jedoch möglich und es gibt dafür einige Hinweise in der Literatur, daß in dieser Phase schon kleine Dosen Angiotensin II die Reaktionen auf verschiedene Drogen und Reflexe steigern, (MCCUBBIN und PAGE [ 1 1 ] ) . Die Ursache der gesteigerten Reaktionen wird von BICKERTON und B U C K L E Y [12] in einer zentralen Wirkungskomponente des Angiotensin II gesehen. WOOD [ 1 3 ] fand gesteigerte Blutdruckreaktion auf Angiotensin zu Beginn der Hypertonie beim Menschen und führte das Phänomen auf einen geschwächten Angiotensin-Abbau zurück. GASKELL et al. [14] bestätigten bei hypertensiven Ratten, daß Anstieg und Dauer der Blutdruckreaktion auf Angiotensin stark die Norm überschritten. BLAQUIER et al. [ 1 5 ] erhielten keine Unterschiede im Gehalt an Angiotensinase in den Nieren normaler und hypertensiver Ratten. Dieser scheinbare Widerspruch findet seine Erklärung in unseren Experimenten. Wir sehen aus unseren Ergebnissen, daß es sich nicht um eine Steigerung der Sensibilität bei Hypertonie allgemein handelt, sondern daß allein die Frühphase der Entwicklung der experimentellen Hypertonie einer vermehrten Sensibilität des Blutdrucks auf pressorische Substanzen aus der Niere unterliegt. Deshalb stimmen unsere Ergebnisse überein mit den Ergebnissen von WOOD

486

H . HILSE, E .

SCHEER

[13], der im Frühstadium Untersuchungen anstellte, und mit den Ergebnissen von GASKELL et al. [ 1 4 ] , die 4 Wochen nach dem Setzen des hypertonieauslösenden Reizes Untersuchungen anstellten. Zu dieser Zeit messen auch wir eine Blutdruckreaktion von mm Hg • t [min] = 800 gegenüber den Kontrollreaktionen einseitig nephrektomierter Ratten von mm Hg • t [min] = 500. Unsere Ergebnisse stehen aber auch nicht im Widerspruch zu BLAQUIER et al. [15]; denn von der 7. Woche an, bei voll ausgebildeter Hypertonie entspricht auch bei uns die Sensibilität des Blutdrucks wieder der normotensiver einseitig nephrektomierter Ratten. Es bleibt also die Möglichkeit, Angiotensin für die gesteigerte Sensibilität in der Frühphase der Entwicklung einer Hypertonie indirekt verantwortlich zu machen. Mit der Kenntnis der gesteigerten Sensibilität des Blutdrucks in der Frühphase und der zentralen Komponente des Angiotensin als einer möglichen Ursache, bieten sich neue Aspekte für die eingangs gestellte Frage nach der medikamentösen Beeinflussung der experimentellen Hypertonieentwicklung. Wir werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen in einer gesonderten Arbeit vorlegen. Die Autoren danken Frl. R . führung der Experimente. Literatur [1] H I L S E , [2] H I L S E ,

H. H.

KULKE

herzlich f ü r ihre wertvolle Hilfe bei der Durch-

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BLAQUIER,

JR.

u. S. W.

HOOBLER:

Proc. Soc. exp.

Summary H . H I L S E and E. S C H E E R : Studies on the pathogenesis and therapy of experimental hypertension in rats. III. The sensibility of the blood pressure of hypertonic rats on kidney extract from normotonic rats as criterion for an early state of hypertension development An increased sensibility of the blood pressure on renal pressor material of normotonic rats is shown during the development of hypertension. Increased sensibility occurs in the 4th, 5th and 6th week after putting the hypertension releasing stimulus.

Pathogenese und Therapie experimenteller Hypertonie. I I I .

487

The content of pressor material in the kidneys during this time is either lowered or normal compared with controls. The increased sensibility of the blood pressure during the early phase of development of hypertension is followed by an unchanged sensibility compared with controls in the phase of fully developed experimental hypertension (blood pressure about 180 mm Hg systolic and 110 mm Hg diastolic). The importance of increased blood pressure sensibility in the early phase of experimental hypertension is discussed in connection with a possible prophylactical drugs influence. PeawMe

r.

T H J i b c e H E . I l l e e p : M c c j i e n o B a H H H o n a T o r e H e 3 e H T e p a m i H ancnepHMeHTaJibHoii rmiepTOHHH y Kpuc. I I I . HyBCTBHTejibHOCTb KpoBHHoro naBjieHHH rimepTOHHHecKHx Kpuc K rronemiOMy ancTpaKTy HopMOTOHHiecKHX K p u c K a n K p H T e p H t t HJIH p a H H e i i c T a « H H p a 3 B H T H H

rnnepTOHHH

B o BpeMH pa3BHTHH rHnepTOHHH y KPHC, Hepe3 4 , 5 H 6 Heaejib n o c j i e

BH3tiBaiomero BHTeJIbHOCTb

rmiepTOHHK) KpoBHHoro

HaBJieHHH

Kpbic, jjettcTByioiueMy KaK ConepmaHHe

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KpoBHHoro

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BO

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p a 3 B H T H H r H n e p T O H H H n e p e X O J I H T B n O C T O H H H y i O BO B p e M H n O J I H O C T b l O 3KcnepHMeHTaJibHoft

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180

(j)a3bl

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MM P T . C T .

B

CHCTOJie H B b i r n e 1 1 0 MM P T . C T . B n w a c T O J i e ) , B c p a B H e H i i n c K O H T p O J i e M .

3HaieHHe

NOBBIMEHHOTT LYBCTBHTEJIBHOCTH

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KpoBHHoro

j i a K T H H e c K o r o M e n H K a M e H T 0 3 H 0 r 0 BJIHHHHH H a H e e .

33

Acta biol. med. german., Bd. 17, Heft 4

HABJIEHHH

B

paHHeii $ a 3 e

o 6 c y > K n a e T C H B CBH3H C BO3M0)KH0CTBIO

npo1

10- 6 10- 5 10- 5 10" 4 10" 4 10" 4 10~4 10" 4 10- 4 10" 4 10- 4

icr34 io-

wird sowohl durch SKF 525-A als auch durch die Sydnone stärker gehemmt als die Hydroxylierung des Hexobarbital und die O-Demethylierung des Kodein unter Verwendung äquimolarer Dosen (0,056 mMol/kg i.p.) des Hemmers. Obgleich es sich in allen Fällen um eine Substratoxydation durch mikrosomale Hydroxylasen handelt, ist die Hemmung durch die Sydnone auch qualitativ unterschiedlich. So vermindert das N(p-totyl)-C-(isopropyl)-sydnon zwar

100

SKF525-A

N(m-tolyl') Sydnon

Ntp-tolyh) Sydnon

N.C-(Diphenyt) Sydnon

N-(p-totyl)-Clisopropyl)Sydnon

g/mg N]

(9)

552

Kurzmitteilungen

Aorta. Die Wirkung von Citral auf die Atherosklerose der Aorta war dosisabhängig: 10 mg /Tier/Tag blieben ohne Einfluß, 100 mg bzw. 200 mg Citral/Tier/Tag dagegen führten zu einer statistisch signifikanten Erhöhung des Cholesteringehaltes der Aorta auf 250 + 58 fig/mg N, ( P = 0,05). Der entsprechende Wert betrug bei der Kontrollgruppe 189 + 88 fig Cholesterin/mg N. Diskussion

Für den Befund einer dosisabhängigen Verstärkung der atherosklerotischen Veränderungen an der Aorta durch Citral treten zwei Deutungsmöglichkeiten in den Vordergrund : 1. Es handelt sich um eine direkte toxische Gefäßschädigung ; 2. die Wirkung beruht auf einer kompetitiven Verdrängung des für den Gefäßwandstoffwechseis erforderlichen Vitamins A durch Citral. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist zur Zeit noch nicht möglich. Die oben zitierten Beobachtungen über den Antagonismus zwischen Citral und Vitamin A legen jedoch die zweite Variante sehr nahe, sodaß die stärkere Ausprägung der experimentellen Atherosklerose unter Citral als Folge einer A-Hypovitaminose der Gefäßwand aufzufassen wäre. Literatur [1]

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Acta biol. med. german., Band 17, Seite 553 — 556 (1966) Biochemical Division, Instituto

OSWALDO CRUZ,

Rio de Janeiro, Brasil

Importance of Plasmalogens in Human Semen H E L I O N POVOA J R .

(Received: 10. 6. 1966) Summary Human semen is not very rich in acetalphospholipids as in other mammals (bull and ram), but there is a positive correlation between sperm count and plasmalogen content of semen. Azoospermic and oligospermic individuals have a much lower content.

Plasmalogens (or acetal phosphatides) have been discovered by F E U L G E N and V O I T [ 1 ] as a result of reaction with fuchsin-sulphurous acid reagent. Function of these phospholipids in organism is not known, but, in some cases, an interesting role has been attributed to them. After some authors, they would serve as an inactive precursor of lysolecithin which stimulates tension of cardiac muscle [2]. VOGT suggested that plasmalogenic acid is a main component from the interstitial tissue of muscle. Plasmalogen is the precursor of this very unstable acid [3]. One of the characteristics of the semen is the high content of acetalphosphatides [4]. Bull semen has a content of 30—90 mg/100 ml [5], from which 2/3 originate from the spermatozoa and 1 /3 from the seminal plasma. Ram semen is also very rich in this substance [6] (1,2 g/100 ml). Due to the lack of data in literature referring to plasmalogen values in human semen, we found of interest to determine this substance in semens of normal, oligospermic and azoospermic men. Material and Methods 31 men were used throughout this study. Material was collected by masturbation after a sexual abstinence of 5 days. Several tests were realized after 30 minutes for establishing criterions of normality (spermatozoa number, volume of ejaculate, percentual count of abnormal and immotile forms, vitality after 12 and 24 hours, at 4 °C and 37 °C). Men were classified into 3 groups: 7 normospermic (spermatozoa number above 52 millions/ml), 18 oligospermic (between 0,5 and 52 millions/ml) and 6 azoospermic. Methods of determination of plasmalogens consist of extraction of phospholipids from tissues and, after evaporation, reaction of the residue with acetic and ScHiFF-reagent [ 7 ] (technic of F E U L G E N and G R U N B E R G [ 8 ] ) . Results are expressed in mg% plasmal. 37«

Kurzmitteilungen

554 Results

Results are presented in Tables 2, 3 and 4. Analyzing them, we can observe that values of plasmalogen in human semen are much lower than those of bull and ram [5], [6]. Values are comparable with those of human blood serum [9]. Table 1 Plasmalogens in Normospermie Semens Initial Motility

Plasmai

[millions/ml]

Volume of ejaculate [ml]

[%]

[mg%]

52 54 61 62 68 79 82

4,0 3,1 3,0 3,0 3,5 2,0 2,5

90 70 90 70 70 80 80

1,72 3,48 2,31 1,17 1,01 3,19 2,33

Sperm count

1 2 3 4 5 6 7

Arithmetic mean Standard deviation

2,17 0,94

Table 2 Plasmalogens in Oligospermie Semens Initial Motility

Plasmai

[millions/ml]

Volume of ejaculate [ml]

[%]

[mg%]

0,5 0,5 0,8 0,9 1,2 2,3 3,2 3,9 4 6 10 10,5 11 13 14 14 22 45

2,0 3,0 0,8 3,0 4,7 1,8 1,5 3,0 1,8 3,0 4,0 2,6 1,9 3,8 3,0 3,7 4,1 2,5

0 90 50 50 60 50 60

3,36 2,85 1,39 0,96 0,46 1,34 0,84 0,79 3,04 2,40 1,39 1,52 1,76 1,26 1,44 1,33 1,72 1,68

Sperm count

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18



50 40 50 70 50 40 70 70 70 50

Arithmetic mean Standard deviation

1,42 0,88

Kurzmitteilungen

555

By analysisof the data of table 4, an interesting fact is observed: values of plasmalogen in Oligospermie and azoospermic men are very low; in azoospermic men, difference (related to normal values) is statistically significant (t = 4,0; p < 0,02). A positive correlation was also found between sperm count and plasmal concentration (r = + 0.44; p < 0.05). Table 3 Plasmologens in Azoospermic Semens Volume of ejaculate [ml] 1 2 3 4 5 6

1,0

2,5 3,0 4,4 6,8 9,6

Arithmetic mean Standard deviation

Plasmal [mg%] 1,34 0,42 0,08 1,26 1,53 1,05 0,94 0,57

Table 4 Statistical significance of Results

Plasmal decrease (Oligospermie) Plasmal decrease (azoospermic) Correlation: sperm count/plasmal

r

t

P

+ 0,44

1,8 4,0 2,29

Hoii rimeprjiiiKeMHH" nocjie HHcyjiwua X . T p a y a : O CTiiMyniipyiomeM BJIIIHIIIIII i m c y j i m i a n a ycji0BH0-pejieKT0pHyi0 AeHTejibHOCTb B . P y M J i e p M r . B p i o i u e p : O noBLiuiemm H3HliecKOtt CIIOCOÖHOCTII npiiMeiieuueM coaeii THAM F . OpMHin, r . K a M n ^ i H JI. H e i i e a b : IIsMeiiemw KaniiajiapHoro K P O B O T O K A B 6pbiH