Zur Problematik privater Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten: Zulässigkeit und Schranken privater Straftataufklärung durch den Verletzten, seinen Rechtsanwalt und durch Detektive zum Zwecke der Strafverfolgung [1 ed.] 9783428482320, 9783428082322


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German Pages 114 Year 1994

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Zur Problematik privater Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten: Zulässigkeit und Schranken privater Straftataufklärung durch den Verletzten, seinen Rechtsanwalt und durch Detektive zum Zwecke der Strafverfolgung [1 ed.]
 9783428482320, 9783428082322

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VOLKER KREY

Zur Problematik privater Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten

Schriften zum Strafrecht Heft 102

Zur Problematik privater Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten Zulässigkeit und Schranken privater Straftataufklärung durch den Verletzten, seinen Rechtsanwalt und durch Detektive zum Zwecke der Strafverfolgung

Von Prof. Dr. Volker Krey o. Professor für Strafrecht an der Universität Trier Richter am Oberlandesgericht Koblenz

unter Mitarbeit von Stefan Jaeger, Joachim Weber, Werner Winnen Wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität TVier

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Krey, Volker: Zur Problematik privater Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten : Zulässigkeit und Schranken privater Straftataufklärung durch den Verletzten, seinen Rechtsanwalt und durch Detektive zum Zwecke der Strafverfolgung / von Volker Krey. Unter Mitarb. von Stefan Jaeger ... - Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Schriften zum Strafrecht ; H. 102) ISBN 3-428-08232-X NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-08232-X

Meiner Mutter Frau Lisel Krey in Dankbarkeit zugeeignet

Vorwort Private Ermittlungen durch den Verletzten einer Straftat zum Zwecke der Strafverfolgung sind in der Rechtswirklichkeit ein verbreitetes Phänomen, wobei es hier mit dem Hinweis auf Versicherungen, die dem Verdacht auf Versicherungsbetrug nachgehen, oder auf Unternehmen, die wegen des Verdachts der Industriespionage bzw. der Betriebssabotage recherchieren, sein Bewenden haben mag. In solche privaten "strafprozessualen" Ermittlungen des Verletzten werden dabei neben Angehörigen betriebsinterner Sicherheitsdienste auch Rechtsanwälte als Verletztenbeistand (§ 406 f StPO) und namentlich Detektive eingeschaltet. Die Problematik von Zulässigkeit und Schranken derartiger privater Straftataufklärung nun führt in der Strafprozeßwissenschaft ein "Schattendasein", während sich im Zivilrecht im allgemeinen und im Arbeitsrecht im besonderen eine Reihe von einschlägigen Äußerungen hierzu findet. Aufgabe der vorliegenden kleinen Schrift ist es in erster Linie, die prinzipielle Zulässigkeit solcher Privatermittlungen des Verletzten im allgemeinen zu untersuchen. In zweiter Linie sollen, freilich nur kursorisch, ihre rechtlichen Schranken im besonderen erörtert werden. Unsere Studie ist aus einem Gutachten hervorgegangen, das Verfasser für die Mainzer Rechtsanwälte Hoffmann und Knierim erstellt hat; ihnen sei auch an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit gedankt. Für ihre freundliche Unterstützung möchte ich auch an dieser Stelle meinen wiss. Hilfskräften Frau C. Lorbacher und Frau A. Schulz-Heise, zudem Herrn S. Hering, schließlich meiner Sekretärin Frau I. Böttger danken. Besonderen Dank schulde ich meinen Mitarbeitern, Herren Ref. S. Jaeger, Ass. J. Weber und Ref. W. Winnen.

Trier, im September 1994

Volker Krey

Inhaltsverzeichnis Einleitung §1

Anlaß der vorliegenden Untersuchung

17

§2

Problemstellung

19

§3

Gegenstand und Schwerpunkt der Studie

20

§4

Überblick über den Gang der Untersuchung

21

§5

Komplexität der Problematik

22

- Notwendigkeit der fachübergreifenden Berücksichtigung zahlreicher einschlägiger Rechtsgebiete (Strafverfahrensrecht, Strafrecht, Verfassungsrecht, Arbeitsrecht, Bürgerliches Recht, Datenschutzrecht etc.) -

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen des Verletzten unter Einbeziehung von Mitarbeitern, Rechtsanwälten und Detektiven im allgemeinen 23

§6

Zum prinzipiellen Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" 23 - Das Menschenbild des Grundgesetzes als Grundlage hierfür -

§7

Grundsätzliche Zulässigkeit privater Sträftataufklärung durch den Verletzten und seine Mitarbeiter zum Zwecke der Strafverfolgung sowie zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ersatzansprüche und zur Verhinderung weiterer Schäden 26

10

Inhaltsverzeichnis

I. Recherchen zur Realisierung von Schadensersatzansprüchen ("zivilrechtliche Ermittlungen") 26 II. Private Recherchen durch den Verletzten zum Zwecke der Strafverfolgung ("strafrechtliche Ermittlungen") 27 1. Zur strafprozessualen Rechtsstellung des Verletzten im allgemeinen 27 2. Zum prinzipiellen Recht des Verletzten auf private Aufklärung der gegen ihn begangenen Straftat im besonderen 29 3. Vereinbarkeit der Annahme dieses Rechts mit Wesen und Struktur des Strafverfahrensrechts 30 4. Privatermittlungen durch den Verletzten einer Straftat zum Zwecke der Strafverfolgung: Eine sinnvolle Entlastung der Strafverfolgungsorgane angesichts der beschränkten Ressourcen und der Überlastung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit 35 5. Ergebnis III. Recherchen zur Gefahrenabwehr Schädigungen etc.) §8

38 (Verhinderung weiterer 39

Zur Zulässigkeit solcher privater Ermittlungen durch Rechtsanwälte als Verletztenbeistand (Verletztenanwalt, § 406 f StPO) 39 I. Zur Stellung des Rechtsanwalts aufgrund der BRAO im allgemeinen 39 II. Die Stellung des RA als Verletztenbeistand gemäß § 406 f StPO: Grundlage strafprozessualer Ermittlungen für den Verletzten 40

§9

Legalität der Einschaltung von Detektiven in derartige Recherchen durch den Verletzten und/oder den Verletztenanwalt 43 I. Zur Rechtsstellung von Privatdetektiven im allgemeinen

43

II. Generelle Schranken für Detektive bei privaten Recherchen aufgrund von Standesregeln (Berufsordnungen)? 44

Inhaltsverzeichnis

III. Legalität und Legitimität privater Ermittlungen von Detektiven zur Aufklärung von Straftaten im Auftrag des Verletzten und/oder des Verletztenanwalts 45 1. Verfassungskonformität solcher Recherchen

45

2. Systemgerechtigkeit solcher Privatermittlungen durch Detektive nach den einfachgesetzlichen Wertungen der einschlägigen Rechtsnormen 46 3. Legitimität der Detektivtätigkeit für den Verletzten

46

§ 10 Bedeutung der solchen privaten Ermittlungen zuwiderlaufenden Interessen ("Gegeninteressen"): Keine Begründung prinzipieller Unzulässigkeit, sondern lediglich Begrenzung solcher Recherchen 48 I. Private Gegeninteressen II. Staatliche Gegeninteressen

48 49

III. Bedeutung dieser Gegeninteressen als Grundlage fur die Begrenzung privater Ermittlungen zum Zwecke der Strafverfolgung 49 §11

Resümee

50

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken privater Ermittlungen durch den Verletzten, seine Betriebsangehörigen und Detektive 51

Abschnitt 1: Offene Ermittlungen

51

§ 12 Interne Recherchen im eigenen Betrieb

51

I. Durch den Verletzten und seine Betriebsangehörigen (Werkschutz, betriebsinterner Sicherheitsdienst) 51 1. Befragung von Betriebsangehörigen (Arbeitnehmer) als Zeugen oder Verdächtigte 51 2. Sonstige offene Recherchen II. Besonderheiten beim Einsatz von Detektiven?

56 62

12

Inhaltsverzeichnis

§ 13 Ermittlungen in der Sphäre von Betriebsangehörigen, aber außerhalb des Betriebes 63 I. Durch den Verletzten und seine Betriebsangehörigen

63

1. Befragung von Angehörigen, Nachbarn, Freunden etc. eines verdächtigten Arbeitnehmers als Zeugen 63 2. Arbeitsrechtliche Schranken

64

II. Besonderheiten beim Einsatz von Detektiven? - Schwerpunkt: Bundesdatenschutzgesetz -

65

1. Keine Begrenzung strafprozessualer Ermittlungsbefugnisse von Polizei, StA und Strafgericht durch das BDSG 66 2. Keine Begrenzung strafprozessualer Ermittlungsbefugnisse durch den Beschuldigten und seinen Verteidiger (§ 137 StPO) bzw. den Verletzten und seinen Verletztenanwalt (§ 406 fStPO) durch das BDSG

67

3. Private Straftataufklärung durch Detektiv und BDSG

69

III. Der Detektiv als Anwaltsgehilfe i.S. des § 53 a StPO

71

§ 14 Externe Recherchen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe etc.) 72 I. Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts verdächtigter eigener oder ehemaliger Betriebsangehöriger durch solche Ermittlungen? 72 II. Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch derartige externe Recherchen 73

Abschnitt 2: Verdeckte Ermittlungen ohne Einsatz Mittel

§ 15 Zur prinzipiellen mittlungen

Zulässigkeit

solcher

technischer

verdeckten

74

Er74

- Unter Berücksichtigimg der Legalität polizeilicher nichtoffener Recherchen durch Verdeckte Ermittler und V-Personen § 16 Verdeckte Recherchen im eigenen Betrieb

77

Inhaltsverzeichnis

I. Befragung von Verdächtigten und Zeugen durch Detektive oder Betriebsangehörige (Sicherheitsdienst etc.), die ihre Identität nicht offenbaren 77 II. Observation von Verdächtigten

77

III. Einsatz von Detektiven als heimliche "Lauschzeugen" § 17 Verdeckte Ermittlungen in der Sphäre angehörigen, aber außerhalb des Betriebes

79

von Betriebs79

I. Ausforschen von Verdächtigten und/oder Zeugen durch Detektive, die für längere Zeit nach Art eines VE bzw. einer VP verdeckt ermitteln 80 II. Einsatz von "Charme" thode"

(Becircen) als "Ermittlungsme81

III. Geldzahlungen zur Schaffung von Aussagebereitschaft

81

§ 18 Externe verdeckte Recherchen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe etc.) 82

Abschnitt 3: Verdeckte Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel ("Telefonüberwachung", "Lauschangriff" etc.) 84

§ 19 Zur grundsätzlichen Ermittlungen

Unzulässigkeit

solcher

verdeckten 84

- Unter Berücksichtigung der Rechtslage bei nichtoffenen Recherchen durch technische Mittel -

polizeilichen

I. Heimliche Telefonüberwachung II.

86

" Lauschangriff"

87

III. Videoüberwachung IV. Heimliche Tonaufnahmen (außerhalb überwachung und Lauschangriff)

88 von

Telefon-

§ 20 Recherchen im eigenen Betrieb - Problem des heimlichen Mithörens von Telefongesprächen durch Zweithörer etc. -

88 91

14

Inhaltsverzeichnis

§ 21 Sonstige Ermittlungen in der Sphäre von Betriebsangehörigen, aber außerhalb des Betriebes Externe Recherchen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe) 93 §22

Resümee

93

Dritter Teil: Schranken privater Ermittlungen durch den Verletztenanwalt aufgrund seiner Stellung als Organ der Rechtspflege 95

§ 23 Bei offenen Ermittlungen des Verletztenanwalts selbst I. Verbot, die Aussagebereitschaft Geldzahlungen herbeizuführen

von

Zeugen

96 durch 96

II. Sonstige Schranken für Ermittlungen durch den Rechtsanwalt selbst 97 § 24

Schranken verdeckter Recherchen ohne Einsatz technischer Mittel durch den Verletztenanwalt 97 - Verbot aktiver Täuschungen -

§ 25 Verdeckte Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel

98

Vierter Teil: Verwertungsprobleme bei Beweismitteln, die unter Verstoß gegen Gesetze erlangt wurden 99

§ 26 Begründet bei materiell rechtmäßig erlangten Beweisergebnissen im Rahmen betriebsinterner Recherchen ein Verstoß gegen Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats ein Verwertungsverbot? 101 § 27 Zur Verwertbarkeitsproblematik bei Ermittlungsergebnissen von Detektiven, die unter Verletzung des Erfordernisses zur Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung erlangt wurden 101

Inhaltsverzeichnis

§ 28 Verwertbarkeitsprobleme bei Beweisen, die ein Anwalt unter Einsatz standeswidriger Täuschung gewonnen hat 102 § 29 Verwertbarkeit von mitteln

sonst rechtswidrig erlangten Beweis103

Fünfter Teil: Zusammenfassung in Thesen

104

Schrifttumsverzeichnis

107

Abkürzungsverzeichnis

112

Einleitung § 1 Anlaß der vorliegenden Untersuchung Seit 1993 beschäftigt der Fall Lopez die Öffentlichkeit: Lopez, seit Mai 1992 General Motors (GM) Vice President und für den weltweiten Einkauf zuständiger Manager, verschaffte sich zusammen mit einer kleinen Gruppe seiner Mitarbeiter in der Zeit von Ende 1992 bis März 1993 Informationen über geheime und sensible Daten der GM Corporation, Detroit, und der Adam Opel AG, Rüsselsheim. Dabei ging es um die geplante Fabrik der Zukunft "Plant X", um das geheime Kleinwagenprojekt "O-Car" und um die streng geheime "EPOS"-Liste in Rüsselsheim, die alle Teile enthält, die von Zulieferern bezogen werden, und zwar europaweit i, schließlich um die Konstruktionsunterlagen und Kostenstrukturen von Opel-Modellen. Schon vorher, seit November 1992, hatte es Kontakte zwischen Lopez und dem heutigen VW-Chef Piech gegeben. Nach weiteren Kontakten mit Piech bzw. mit Mitgliedern des VW-Aufsichtsrates erhielt Lopez im Januar 1993 einen Blanko-Mustervertrag für eine Mitarbeit im VW-Vorstand. Am 16. März 1993 wurde Lopez Mitglied des VW-Vorstandes. Unmittelbar danach, zwischen dem 16. und 22. März 1993, verließ die erwähnte Gruppe von Lopez-Mitarbeitern ihre Arbeitsplätze bei GM bzw. Opel und wechselte zur Volkswagen AG, Wolfsburg, dem bedeutendsten Wettbewerber von Opel. In der Folge versuchten Lopez und andere Personen, weitere Manager von Opel/GM zum Wechsel nach Wolfsburg zu bewegen, indes erfolglos. Weitere Abwerbungsversuche wurden durch das LG Frankfurt/Main mittels Einstweiliger Verfügung gegen VW und Lopez untersagt. Die Adam Opel AG und die GM Corporation legen Lopez und Angehörigen jener Mitarbeitergruppe ("Lopez-Gruppe") den "vermutlich größten Fall von Industriespionage in der Wirtschaftsgeschichte" zur Last. Beide Unternehmen verdächtigen sie, systematisch die eingangs angesprochenen geheimen und sensiblen Daten von Opel/GM gesammelt zu haben, und zwar im Hin1

EPOS gibt Auskunft über Lieferantennamen, Teilebezeichnung sowie genaue Preise (!) pro Stück und umfaßt mehr als 3000 Seiten mit rund 100000 Einzelpositionen - Daten, die für jeden anderen Automobilhersteller von außerordentlichem Wert wären. 2 Krey

18

Einleitung

blick auf einen erwogenen Wechsel von Lopez und Angehörigen seiner Gruppe zum Konkurrenzunternehmen VW, Wolfsburg. Diese Daten sollen Lopez und Mitglieder seiner Gruppe bei dem Wechsel zu VW in Form von Akten, Kopien, Disketten, Computerauszügen, Zeichnungen etc. mitgenommen haben. Dieser Verdacht war so schwerwiegend und die schon bei den ersten internen Recherchen in den Unternehmen GM und Opel aufgetauchten Verdachtsmomente 2 sowie andere Indizien waren so offensichtlich und gravierend, daß sich die Presse des "Fall Lopez" annahm:

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete am 24. Mai 1993 in der Titelstory über den Wechsel von Lopez zu VW und den Verdacht der Industriespionage. Die Lopez-Mannschaft habe allem Anschein nach "kistenweise " Material ihrer ehemaligen Arbeitgeber GM/Opel nach Wolfsburg "mitgehen lassen ". Nach Strafanzeigen (Strafanträgen) von GM/Opel gegen Angehörige der Lopez-Gruppe leitete die Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen Lopez und fünf weitere Mitglieder dieser Gruppe Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Geheimnisverrats, § 17 UWG, und des Verdachts der Untreue, § 266 StGB, ein. In einer Presseerklärung der Staatsanwaltschaft vom 2. Juli 1993 stellte diese fest, die Ermittlungen seien entscheidend vorangekommen. Zudem ermittelt gegen Lopez und andere eine beim Federal District Court of Michigan eingerichtete Grand Jury, außerdem das FBI der USA. Die Firmen Adam Opel AG und General Motors Corporation haben im Frühjahr 1993 Rechtsanwälte mit internen Recherchen gegen Lopez und Angehörige seiner Gruppe beauftragt. Seit Juni 1993 ermitteln im Auftrag dieser Anwälte für GM/Opel Detektive der deutschen Detektivfirma PSS: Sie haben u.a. den Auftrag, Betriebsangehörige der Adam Opel AG als Zeugen zu befragen, verdächtige Personen zu observieren und mit Beschuldigten und Zeugen aus dem Bereich der Volkswagen AG Kontakt aufzunehmen. Über diese privaten Ermittlungen einschließlich der Einschaltung von Detektiven haben die Opel-Anwälte die Staatsanwaltschaft umfänglich informiert. Die DetektivTätigkeit ist auch bei der Staatsanwaltschaft aktenkundig gemacht und den Verteidigern der Beschuldigten durch Akteneinsicht bekannt geworden. Viele Monate später, ab Mai 1994, beginnt nun eine Kampagne von Anwälten der Beschuldigten, von VW, von Politikern und Journalisten gegen 2 Aus den Büros von Lopez und Angehörigen seiner Gruppe waren geheime Geschäftsunterlagen von GM/Opel verschwunden; noch nach dem Weggang von Lopez zu VW fertigte ein Mitglied seiner Gruppe kurz vor seinem eigenen Wechsel nach Wolfsburg bei Opel in Rüsselsheim Kopien von Entwicklungspapieren vom "O-Car" an; und vieles andere mehr.

§ 2 Problemstellung

19

Opel, mit der jener Einsatz von Detektiven attackiert wird 3. Dabei wird ein Kriminalbeamter des Landeskriminalamts Mainz als "wirtschaftlicher" Inhaber der Detektei PSS "enttarnt" mit der Folge, daß er wegen Verstoßes gegen die einschlägigen Nebentätigkeitsvorschriften für Beamte den Dienst quittiert. Durch jene Kampagne soll wohl der Eindruck erweckt werden, es gebe keinen Fall Lopez, sondern eher einen Fall Opel, und zwar wegen "suspekter" privater Ermittlungen mittels Einschaltung "dubios" agierender Detektive. Diese Feststellung nun führt zu dem Thema unserer Untersuchung, nämlich den Rechtsproblemen privater Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten.

§ 2 Problemstellung Private Ermittlungen des durch eine Straftat Verletzten, sei es zum Zweck der Strafverfolgung, sei es zusätzlich zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ersatzansprüche und/oder zur Verhinderung weiterer Schäden, werfen zahlreiche Rechtsfragen auf: Zum einen geht es um die prinzipielle Zulässigkeit privater Ermittlungen des Verletzten unter Einbeziehung von Mitarbeitern, Rechtsanwälten und Detektiven in einem Staat, der die Verbrechensverfolgung nach dem Offizialprinzip geregelt hat, also als Staatsaufgabe sieht. Zum anderen sind die rechtlichen Schranken privater Ermittlungen durch den Verletzten, seine Betriebsangehörigen, beauftragte Rechtsanwälte und Detektive im Detail zu problematisieren. Schließlich geht es um Verwertbarkeitsfragen, nämlich darum, ob Beweisergebnisse, die durch private Ermittlungen des Verletzten, des Verletztenanwalts oder beauftragter Detektive rechtswidrig erlangt wurden, im Strafprozeß verwertbar sind.

3 Siehe für alle: ARD-Tagesthemen vom 14. Mai 1994, 22.10 Uhr ("Lopez-Affäre / Der Krieg der Detektive"); Presseerklärung der Verteidiger der Beschuldigten vom 17. Mai 1994 (Presseerklärung der VW AG vom 17.5.1994); Äußerungen des Niedersächsischen Ministerpräsidenten G. Schröder, Aufsichtsratsmitglied bei VW (VWD-Magazin vom 18.5.1994). 2«

20

Einleitung

§ 3 Gegenstand und Schwerpunkt der Studie Gegenstand der vorliegenden Studie ist also zunächst die Zulässigkeit solcher Privatermittlungen des Verletzten im allgemeinen. Dabei ist zu differenzieren zwischen erstens privaten Recherchen des Verletzten und seiner Betriebsangehörigen, zweitens solchen Ermittlungen durch Rechtsanwälte als Verletztenbeistand und drittens derartigen Untersuchungen durch vom Verletzten bzw. von seinem Anwalt beauftragten Detektiven. Gegenstand unserer Abhandlung ist weiterhin die Problematik der rechtlichen Schranken privater Ermittlungen durch den Verletzten, seine Betriebsangehörigen, Detektive und Rechtsanwälte im besonderen. Hier ist namentlich zu differenzieren zwischen erstens offenen Ermittlungen, zweitens verdeckten Recherchen (speziell durch Detektive) ohne Einsatz technischer Mittel, drittens verdeckten Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel wie "Telefonüberwachung", "Lauschangriff" etc. Schließlich befaßt sich die vorliegende Studie noch mit Verwertbarkeitsproblemen bei Beweismitteln, die rechtswidrig erlangt wurden.

Dabei ist der Fall Lopez bzw. der Fall Opel (Vorwurf dubioser DetektivErmittlungen) nur der Anlaß zu unserer Untersuchung, nicht dagegen ihr Gegenstand. Denn uns geht es nicht primär um eine Rechtmäßigkeitskontrolle in jenem konkreten Fall, sondern um einen allgemeinen Beitrag zur Klärung des bislang wenig vertieften, aber gleichwohl viel diskutierten und außerordentlich praxisrelevanten Themas: "Zulässigkeit und Schranken privater Ermittlungen durch das Straftatopfer". Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung wird dabei erstens die Frage nach der prinzipiellen Legalität solcher privater Recherchen sein, zweitens insbesondere das Problem der Schranken solcher Ermittlungen im Detail. Dagegen wird die Verwertbarkeitsproblematik nur am Rande angesprochen. Zum einen nämlich ist uns aus rechtsstaatlicher Sicht die Frage wichtiger, wo die Schranken privater Ermittlungen des Verletzten liegen, als das Problem, ob und wieweit trotz illegaler Beweiserlangung eine Verwertbarkeit im Strafprozeß möglich bleibt. Zum anderen wird sich ein Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege stets gut zu überlegen haben, wieweit es opportun ist, rechtswidrig erlangte Beweismittel zu präsentieren, mögen sie auch trotz dieser Illegalität verwertbar bleiben.

§ 4 Gang der Untersuchung

21

§ 4 Überblick über den Gang der Untersuchung Nach der Einleitung beginnt die Studie mit dem Ersten Teil, der die Zulässigkeit von Privatermittlungen des Verletzten im allgemeinen zum Gegenstand hat. Hier werden zunächst verfassungsrechtliche Erwägungen zum prinzipiellen Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" angestellt (§ 6). Sodann wird die prinzipielle Zulässigkeit privater Straftataufklärung durch den Verletzten und seine Mitarbeiter dargetan (§ 7). Weiterhin werden Besonderheiten bei der Einschaltung von Verletztenanwälten (§ 8) und von Detektiven (§ 9) erörtert. Schließlich wird die Bedeutung von "Gegeninteressen" angesprochen (§ 10). Im folgenden Zweiten Teil geht es um die rechtlichen Schranken privater Ermittlungen durch den Verletzten, seine Betriebsangehörigen und Detektive im einzelnen. Dabei wird insbesondere differenziert zwischen offenen Ermittlungen (Abschnitt 1, §§ 12-14), verdeckten Recherchen ohne Verwendung technischer Mittel (Abschnitt 2, §§ 15-18) und verdeckten Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel wie "Telefonüberwachung" und "Lauschangriff" (Abschnitt 3, §§ 19-22). Es folgt der Dritte Teil, in dem die Frage nach etwaigen Schranken privater Ermittlungen durch den Verletztenanwalt aufgrund seiner Stellung als Organ der Rechtspflege angesprochen wird (§§ 23-25). Hier steht das aus der Wahrheitspflicht des Rechtsanwalts resultierende Verbot aktiver Täuschungen im Mittelpunkt (§ 24). Im abschließenden Vierten Teil geht es um Verwertungsprobleme bei Beweismitteln, die unter Verstoß gegen Gesetze erlangt wurden. Dabei werden außer der Verwertbarkeit von rechtswidrig erlangten Beweismitteln im allgemeinen (§ 29) einige Spezialprobleme angesprochen, und zwar vorab, weil hier eine Unverwertbarkeit evident ausscheidet. Bei diesen Sonderproblemen handelt es sich um "Verstöße gegen Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrates" bei betriebsinternen Recherchen des Arbeitgebers (§ 26), um die Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten zur Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung durch Polizeibeamte als Detektive 4 (§ 27), schließlich um Verstöße des Verletztenanwalts gegen das Täuschungsverbot im Rahmen seiner Ermittlungen (§ 28). Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen (Fünfter Teil).

4

Siehe oben, § 1 (im Text nach Anm. 3).

22

Einleitung

§ 5 Komplexität der Problematik - Notwendigkeit der fachübergreifenden Berücksichtigung zahlreicher einschlägiger Rechtsgebiete (Strafverfahrensrecht, Strafrecht, Verfassungsrecht, Arbeitsrecht, Bürgerliches Recht, Datenschutzrecht etc.) Unsere Thematik hat eine Fülle rechtlich kontroverser, zum Teil auch brisanter Themen zum Gegenstand, wobei die Erörterung der einschlägigen Rechtsfragen durch die Notwendigkeit der fachübergreifenden Berücksichtigung zahlreicher einschlägiger Rechtsgebiete erschwert wird. Dabei handelt es sich nicht nur darum, eine Vielzahl von Fragen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten, wie - Verfassungsrecht, - Strafverfahrensrecht, - materielles Strafrecht, - Bürgerliches Recht (insbesondere Allgemeines Persönlichkeitsrecht), - Arbeitsrecht (namentlich individuelles), - Datenschutzrecht zu beantworten. Vielmehr sind darüber hinaus die Interdependenzen zwischen jenen Rechtsgebieten zu bedenken. Demgemäß läßt sich ohne jede Übertreibung sagen, daß der Versuch einer Klärung unserer Problematik im Hinblick auf ihr Gewicht und ihren Umfang Gegenstand einer umfangreichen Monographie, vielleicht sogar einer Habilitationsschrift sein müßte. Demgegenüber kann es in unserer kleinen Studie nicht um den Versuch einer solchen Klärung gehen; vielmehr ist ihr Anspruch bescheidener: Sie versucht zum einen, die Probleme privater Ermittlungen des Verletzten unter Einschaltung von Rechtsanwälten und Detektiven hinreichend zu verdeutlichen, den Meinungsstand zumindest kursorisch wiederzugeben und einen sachgerechten, jedenfalls aber plausiblen eigenen Standpunkt zu skizzieren, der den beteiligten widerstreitenden Interessen möglichst gerecht wird.

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen des Verletzten unter Einbeziehung von Mitarbeitern, Rechtsanwälten und Detektiven im allgemeinen § 6 Zum prinzipiellen Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz1' - Das Menschenbild des Grundgesetzes als Grundlage hierfür Das BVerfG (2. Senat) hat in seinem bekannten Beschluß vom 8. Oktober 1974 5 - Fall des Zeugenanwaltes - zutreffend festgestellt: Zu den wesentlichen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit zähle das Recht auf ein faires Verfahren. Dabei beinhalte dieses Recht die Gewährleistung für den einzelnen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten selbständig wahrzunehmen (Verfassungsgebot der "verfahrensmäßigen

Selbständigkeit"

des Bürgers).

Diese Feststellung des Gerichts kann sich auf das Menschenbild des Grundgesetzes stützen, wie es sich in der Garantie der Menschenwürde (Art. 1 GG) und in den Grund- und Menschenrechten unserer Verfassung widerspiegelt, namentlich auch im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I mit Art. 1 I GG) 6. Jene Befugnis des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" ist auch ein liberaler Eckpfeiler in einem freiheitlich verfaßten Gemeinwesen gegen die Versuchungen sozialistischer Utopien, dem Menschen durch den Staat zur Realisierung seiner Ansprüche und zu seinem "Glück" zu verhelfen. Ausdruck jenes von Verfassungs wegen gewährleisteten Rechts des einzelnen auf verfahrensmäßige Selbständigkeit sind beispielsweise: Die den Zivilprozeß beherrschenden Verfahrensprinzipien tionsmaxime" und "Verhandlungsmaxime". 5

BVerfG E 38, 105, 111 ff.

6

Dazu unten, in § 12, I 2 a dieser Studie.

"Disposi-

24

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

Die umfassenden Notwehr-, Nothilfe-, Notstands- und Selbsthilfebefugnisse des Bürgers, die absolutistischen Staaten typischerweise suspekt sind Die Institution der freien Advokatur 8, die, wie § 1 mit § 3 BRAO verdeutlicht, die Funktion hat, dem Bürger bei der selbständigen Verfolgung seiner Rechte zu unterstützen, und die demgemäß zu recht als eine der "wesentlichen Voraussetzungen rechtsstaatlichen Verfahrensrechts" bezeichnet wird 9. Jenes prinzipielle Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" nun bedeutet bei Straftatverletzten richtiger Ansicht nach dreierlei: Erstens liegt es in der Hand des Verletzten, etwaige zivilrechtliche Schadensersatzansprüche zu verfolgen und gegebenenfalls zur Durchsetzung dieser Ansprüche umfassende Ermittlungen durchzuführen, sei es selbst, sei es durch Betriebsangehörige (z.B. Werkschutz), sei es durch Einschaltung von Rechtsanwälten, sei es durch Detektive. Prinzipielle Zweifel hieran würden tiefgreifende Unkenntnis der Struktur des Zivilprozesses (Dispositionsmaxime, namentlich aber Verhandlungsmaxime mit Beweislastregeln) verraten, zudem von einem Menschenbild zeugen, das eher obrigkeitsstaatlich als freiheitlichrechtsstaatlich anmutet. Die Bejahung dieser prinzipiellen Befugnis des Bürgers als Verletzter einer Straftat, private Ermittlungen zwecks Durchsetzung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, besagt selbstredend nicht, daß jene Befugnis schrankenlos ist, worauf zurückzukommen sein wird 10. Jener Ermittlungsbefiignis des Verletzten zum Zweck der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen ("zivilrechtliche Ermittlungen") läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß in der Rechtswirklichkeit vielfach die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen Verbrechen oder Vergehen zurückgestellt wird, bis im Strafverfahren die strafrechtliche Verantwortlichkeit geklärt ist, und daß der Richter im Zivilprozeß gegebenenfalls gemäß § 149 ZPO die Verhandlung bis zur Entscheidung im Strafprozeß aussetzen kann. Zum einen nämlich würde eine solche Aussetzung vielfach dem Beschleunigungsgebot widersprechen, zum anderen oftmals auch sachwidrig sein; letzteres z.B. dann, wenn die zivilrechtliche Fahrlässigkeit (§ 276

7 Die Einschränkungen des Notwehr- und Nothilferechtes im Preußischen ALR von 1794 (dazu Krey, JZ 1979, 702, 706) sind sicher auch als Ausdruck des "mißtrauisch auf alle private Selbsthilfe blickenden absolutistischen Staatsdenkens zu deuten (Krey aaO). 8

Vgl. für alle BVerfG E 63, 266, 282 f m.w.N.; Krey, StPO 1, Rdnr. 531.

9

BVerfG E 34, 293, 302 f; Krey aaO.

10

Siehe namentlich Zweiter und Dritter Teil.

§ 6 Prinzipielles Recht des einzelnen

25

BGB) evident gegeben ist, an der strafrechtlichen Fahrlässigkeit aber wegen des Erfordernisses individueller Fahrlässigkeit als Schuldelement H Zweifel bestehen. Zweitens resultiert aus dem dargelegten Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" die grundsätzliche Befugnis des durch ein Verbrechen oder Vergehen Verletzten, sein strafrechtliches Genugtuungsinteresse, dem die Bestrafung des Täters dient, durch eigene Ermittlungen über Tat und Täter zu verfolgen, gegebenenfalls unter Einschaltung von Rechtsanwälten oder Detektiven. Jenes strafrechtliche Genugtuungsinteresse des Verletzten ist dabei entweder ein eigener Strafzweck oder zumindest im Strafzweck "Vergeltung" (§ 46 I S.l StGB) sowie - in zweiter Linie - im Strafzweck der positiven Generalprävention (Stärkung der Rechtstreue der Bevölkerung) verankert; mit anderen Worten: Sinn und Zweck der Strafe ist u.a. auch die Befriedigung des Genugtuungsinteresses des Verletzten 12. Auf jene private strafrechtliche Ermittlungsbefugnis des Verletzten und auf weitere Argumente pro und contra für ihre Annahme wird zurückzukommen sein. Schon an dieser Stelle sei allerdings betont: Das unseren Strafprozeß beherrschende Offizialprinzip steht dem hier vertretenen Standpunkt nicht entgegen Auch hier ist wieder daran zu erinnern, daß die Bejahung der prinzipiellen Legalität solcher privaten Recherchen keineswegs besagt, daß diese Ermittlungsbefugnis des Verletzten sowie von ihm eingeschalteter Rechtsanwälte und Detektive schrankenlos ist n. Drittens rechtfertigt auch der Zweck der Verhinderung weiterer Schädigungen (Gefahrenabwehr) durch den Straftäter (Wiederholungsgefahr) bzw. durch die Art der Straftat (Folgeschäden etc.) eine Berechtigung des Verletzten zu privaten Recherchen mit dem Ziel genauer Aufklärung von Art, Umfang und Schadensfolgen einer Straftat und namentlich zur Ermittlung des Täters sowie etwaiger Straftatbeteiligter, Hehler oder Begünstigungstäter. Darüberhinaus kann selbstredend auch ohne Vorliegen eines bereits begangenen Verbrechens oder Vergehens die konkrete Gefahr der Begehung von Straftaten gegen 11

Vgl. m.w.N. Krey, BT 1, Rdnr. 121 mit Anm. 232

12 Auf die Funktion der Strafe als gerechter Schuldausgleich (Vergeltungstheorie) stützt u.a. Hellmer (AcP Bd. 155, 1956, 529 ff) das strafrechtliche Genugtuungsinteresse des Verletzten. Auf die normstabilisierende Aufgabe des Strafrechts (positive Generalprävention) stellen insoweit u.a. ab: Eb. Schmidt MStR Bd. 1,9 ff u. Bruns, Strafzumessungsrecht, S. 208. Rieß (Gutachten, C 50 Rdnr. 66) schließlich rekurriert vor allem auf die Spezialprävention. - Siehe ergänzend unten, § 7, II 1. 13

Siehe unten, § 7, II 3 a.

14

Siehe hierzu Anm. 10.

26

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

einen Bürger diesem die Befugnis zu Privatermittlungen zwecks Gefahrenabwehr verleihen. Auf das Recht zu privaten Ermittlungen zur Gefahrenabwehr und auf weitere Argumente für und gegen eine solche Befugnis wird die Studie zurückkommen. Bereits an dieser Stelle sei indes betont, daß der Umstand, daß die Gefahrenabwehr eine genuine Staatsaufgabe ist (präventivpolizeiliche Tätigkeit), die prinzipielle Zulässigkeit derartiger privater Ermittlungen nicht ausschließt.

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit privater Straftataufklärung durch den Verletzten und seine Mitarbeiter zum Zwecke der Strafverfolgung sowie zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ersatzansprüche und zur Verhinderung weiterer Schäden I. Recherchen zur Realisierung von Schadensersatzansprüchen ("zivilrechtliche Ermittlungen") 1. Wie bereits erwähnt (§ 6), resultiert die prinzipielle Befugnis solcher "zivilrechtlichen Ermittlungen" zum einen aus dem von Verfassungs wegen anzuerkennenden Recht des Individuums zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz", zum anderen aus der Struktur unseres Zivilprozesses. 2. Solche privaten Recherchen von Straftatopfern können allerdings im Einzelfall strafprozessualen Ermittlungen von Polizei und/oder Staatsanwaltschaft (§§ 160, 161, 163 StPO), also hoheitlicher Tätigkeit, "in die Quere kommen". Indes lassen sich aus dieser Feststellung keinerlei Einwände gegen die prinzipielle Legalität und Legitimität privater Recherchen des Verletzten einer Straftat zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen herleiten: Erstens trifft den Verletzten bekanntlich keine Verpflichtung, Strafanzeige zu erstatten, was bedeutet, daß er befugt ist zu versuchen, seine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche ohne jede Einschaltung der Strafverfolgungsorgane (Polizei, Staatsanwaltschaft, Strafgerichte) durchzusetzen. Dabei wird vielfach auch im Wege eines Deals zwischen den beteiligten Bürgern abgesprochen, welche Ersatzleistungen der Straftäter zu erbringen hat und daß der Verletzte auf Strafanzeige bzw. Strafantrag verzichtet.

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit

27

Im übrigen gibt es neben den Offizialdelikten - bei denen der Verletzte es zwar nicht rechtlich, aber oftmals faktisch in der Hand hat, die Strafverfolgung zu verhindern, und zwar durch Nichtanzeige der Straftat noch zahlreiche Antragsdelikte 15, bei denen das Straftatopfer sogar die Rechtsmacht besitzt, die staatliche Strafverfolgung auszuschließen, nämlich dadurch, daß er keinen Strafantrag stellt oder einen bereits gestellten Antrag zurücknimmt (§ 77 d I S. 3 StGB). Zweitens darf der Gläubiger von Schadensersatzforderungen, seien es solche aus Vertrag, seien es solche aus Delikt (z.B. § 823 I BGB) nicht deswegen schlechter gestellt werden, weil die zum Ersatz verpflichtende Tat sogar ein Verbrechen oder ein Vergehen ist, was besagt: Wenn der einzelne berechtigt ist, umfängliche eigene Ermittlungen anzustellen, um Schadensersatzansprüche aus Vertrag oder Delikt zu realisieren, kann diese Befugnis nicht deswegen eingeschränkt werden, weil die Vertragsverletzung bzw. das Delikt zugleich eine Straftat darstellt. 3. Private "Gegeninteressen", namentlich das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, der durch Recherchen des Verletzten Betroffenen sind nicht etwa geeignet, die prinzipielle Zulässigkeit solcher Ermittlungen in Frage zu stellen; vielmehr bilden sie lediglich die Grundlage für Schranken jener Befugnis, worauf zurückzukommen sein wird 16.

Π. Private Recherchen durch den Verletzten zum Zwecke der Strafverfolgung ("strafrechtliche Ermittlungen") 1. Zur strafprozessualen

Rechtsstellung des Verletzten im allgemeinen

Bis vor kurzem war das Strafverfahrensrecht im wesentlichen vom Spannungsverhältnis "Erforschung der Wahrheit" versus "Schutz der Rechte des Beschuldigten" geprägt. Demgemäß galt als eine der Hauptaufgaben, wenn nicht gar als die zentrale Funktion eines rechtsstaatlichen Strafprozesses die Gewährleistung dieses Schutzes einschließlich der Garantie umfassender Ver15 Beispiele: §§ 123, 182, 185 ff mit § 194 StGB (weitere Beispiele bei Krey, StPO 2, Rdnr. 133; dort auch in Rdnr. 135 zu den sog. "eingeschränkten Antragsdelikten", z.B. §§ 232, 248 StGB, bei denen die StA den fehlenden Strafantrag des Verletzten dadurch ersetzen kann, daß sie "das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" bejaht. 16

§ 10, I, zudem Zweiter Teil.

28

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

teidigerbefugnisse 17. Zu kurz kamen dabei die Interessen des Straftatopfers und der Zeugenschutz. Seit der Anerkennung des Verbrechensopfers als eines Verfahrensbeteiligten mit eigenen strafjprozessualen Rechten durch das Opferschutzgesetz von 1986 trat zu jenen strafprozessualen Aufgaben Wahrheitsfindung und Garantie der Beschuldigtenrechte eine wichtige weitere hinzu, nämlich der Schutz der berechtigten Interessen des Verletzten 18. Demgemäß ist der Verletzte heute im Strafprozeß nicht nur als Beweismittel (Zeuge und/oder Augenscheinsobjekt) bedeutsam; vielmehr fungiert er auch als selbständiger Verfahrensbeteiligter mit eigenen Verfahrensrechten. Hier sei in erster Linie auf die Regelung in §§ 406 d bis 406 h StPO verwiesen, die insbesondere Informationsrechte des Verletzten, die Rechtsstellung seines Rechtsanwalts als Verletztenbeistand und Akteneinsichtsrechte normiert, ergänzend auf Bestimmungen wie §§ 374 ff StPO (Privatklagedelikte), §§ 172 ff StPO (Klageerzwingungsverfahren), §§ 395 ff StPO (Nebenklage), schließlich auf die Antragsdelikte 19 sowie die "eingeschränkten Antragsdelikte" 20. Insgesamt läßt sich resümieren, daß der Verletzte inzwischen eine zentrale Bedeutung im Strafprozeß erlangt hat, soweit es um Straftaten gegen den einzelnen geht. Das ist auch sachgerecht. Die scharfe Kritik etwa von Schünemann hieran ist in ihrer entlarvenden Einseitigkeit der beste Beweis dafür, daß es an der Zeit war, neben dem Täter (Beschuldigter) auch dem Verletzten mit seinen berechtigten Interessen gerecht zu werden. Wenn Schünemann 21 meint, das strafrechtliche "Genugtuungsinteresse des Verletzten" habe in einem modernen Resozialisierungsstrafrecht keine Daseinsberechtigung, weder im StGB noch in der StPO, vielmehr "feiere mit dem Opferschutzgesetz das Vergeltungsstrafrecht in der Person eines mit offensiven Verfahrensrechten ausgestatteten Opfers fröhliche Urständ", was den reaktionären Charakter der Reform deutlich mache, so beruht diese Bewertung auf einen verengtem Blickfeld: Das Strafrecht dient primär dem Schutz der Bürger vor Verletzung ihrer Rechtsgüter; und schon deswegen kann man das Straftatopfer als eigenen Verfahrensbeteiligten nicht einfach aus dem Strafverfahrensrecht ausklammern. Wer ernstlich 17

Zum Vorstehenden siehe bereits Krey, Zeugenschutz, S. 239.

18

Siehe u.a. Krey, StPO 2, Rdnr. 136 ff m.w.N.; Rieß/Hilger,

19

Siehe Anm. 15, zudem im Text § 7, II 3 a.

20

aaO.

21 NStZ 1986, 193 ff (196, 197); hierzu kritisch bereits Krey, Anm. 27, 28.

NStZ 1987, 145, 153 ff.

StPO 2 Rdnr. 138 mit

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit

29

meint, die strafrechtliche und strafprozessuale Reaktion des Staates etwa auf einen versuchten Mord, eine Vergewaltigung oder eine schwere Körperverletzung gehe allein Täter (Beschuldigter) und Staat etwas an, und nicht auch den Verletzten, sei es auch nur in zweiter Linie, wird dem dargelegten (§ 6) Menschenbild des Grundgesetzes nicht gerecht. 2. Zum prinzipiellen Recht des Verletzten auf private Aufklärung der gegen ihn begangenen Straftat im besonderen Da der Verletzte seit Mitte der achtziger Jahre (Opferschutzgesetz) voll in den Blickpunkt des kriminalpolitischen und rechtswissenschaftlichen Interesses geraten ist, nimmt es etwas wunder, daß sich zu seiner Befugnis, eigene Ermittlungen zum Zweck der Strafverfolgung vorzunehmen, im strafprozessualen Schrifttum wenig findet. Auch zu den privaten Ermittlungsbefugnissen des Verletztenanwalts (§ 406 f StPO) fur seinen Mandanten ist die Strafprozeßlehre im wesentlichen unergiebig. Selbst die Einschaltung von Detektiven in solche Ermittlungen, sei es im Auftrag des Verletzten, sei es im Auftrag des Verletztenanwalts, wird hier kaum problematisiert. Doch finden sich immerhin zu letzterem vereinzelt Entscheidungen von Strafgerichten 22. Anders sieht es dagegen für Beschuldigte bzw. Verteidiger aus: Hier gibt es zahlreiche literarische Äußerungen zu dem Recht, Privatermittlungen zwecks Entlastung des Beschuldigten vorzunehmen, und zwar bis hin zu der These: Zu den typischen Aufgaben eines guten Strafverteidigers zähle es, eigene Ermittlungen durchzuführen, gegebenenfalls unter Einschaltung von Detektiven 23. Außerhalb des strafprozessualen Schrifttums dagegen gibt es zahlreiche rechtswissenschaftliche Äußerungen zur Problematik privater Ermittlungen durch Straftatopfer, und zwar namentlich im Arbeitsrecht, zudem im sonstigen zivilrechtlichen Schrifttum zum Allgemeinen Persönlichkeitsrecht: Hier werden im Individualarbeitsrecht die Befugnisse und Schranken des Arbeitgebers zur privaten Aufklärung betriebsinterner Straftaten diskutiert, im kollektiven Arbeitsrecht die Problematik einer Mitbestimmimg des Betriebsrates bei derartigen Recherchen 24. Bei der Erörterung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (APR) finden sich zahlreiche Äußerungen zu den Schranken privater Ermittlungen von 22 RG St 59, 291, 298 (betrifft Straftataufklärang durch Detektive im Auftrag des Verletzten). 23

Dazu näher unten, § 8 und § 9.

24

Siehe hierzu unten, Zweiter Teil, § 12, 12 b.

30

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

Verletzten wegen "Gegeninteressen" des von den Ermittlungen Betroffenen, die vom Schutzbereich des APR umfaßt werden 25. Ungeachtet der festgestellten Vernachlässigung der Befugnis des Verletzten zur eigenen Straftataufklärung zum Zweck der Strafverfolgung in der Strafprozeßwissenschaft läßt sich jedoch feststellen: Das prinzipielle Recht des Straftatopfers Grundsatz fast allgemein anerkannt sein. 3. Vereinbarkeit

zu solchen Recherchen dürfte im

der Annahme dieses Rechts mit Wesen und Struktur des Strafverfahrensrechts

a) Das strafprozessuale Ermittlungsverfahren wird bekanntlich von der Offizialmaxime beherrscht, die besagt: Der Staat verfolgt Straftaten von Amts wegen ("ex officio"); Einleitung und Durchführung des Strafverfahrens liegen in der Hand der staatlichen Strafverfahrensorgane 26. Demgemäß scheint die Offizialmaxime der Annahme einer grundsätzlichen Befugnis des Verletzten zur eigenen Straftataufklärung entgegenzustehen; indes der Schein trügt: Zum einen nämlich ist das Offizialprinzip durch eine wichtige Ausnahme, nämlich das Privatklageverfahren (§§ 374 ff) eingeschränkt, wobei der Kreis der Privatklagedelikte durchaus weit gezogen ist und keineswegs nur Bagatelldelikte erfaßt 27. Weiterhin bedeuten die Antragsdelikte 28 eine erhebliche Beschränkung der Offizialmaxime, zumal auch ihr Kreis nicht eng gezogen ist und zum Teil sogar durchaus schwerwiegende Straftaten wie § 237 StGB (Entführung gegen den Willen der Entführten) einbezieht. Schließlich beinhalten auch die sog. "eingeschränkten Antragsdelikte" (z.B. §§ 223, 230 mit 232 StGB, §§ 242, 246 mit 248 StGB) 29 eine, wenn auch schwächere, Relativierung des Offizialprinzips: Bei ihnen kann zwar die 25

26

Dazu unten, Zweiter Teil. Eingehend dazu und m.w.N. Krey, StPO 2, Rdnr. 120 - 154.

27 Beispielsweise sind § 223 a StGB (gefährliche Körperverletzung) und § 17 UWG ("Industriespionage") keine Bagatellvergehen. 28

Siehe bereits Anm. 15 und Anm. 19.

29

aaO.

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit

31

Staatsanwaltschaft ausnahmsweise auch ohne Strafantrag des Verletzten von Amts wegen die Strafverfolgung betreiben, freilich nur dann, wenn sie das "besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" bejaht. In der Regel wird die ohnehin völlig überlastete Staatsanwaltschaft bei fehlendem Strafantrag jenes Interesse wohl verneinen 30. Berücksichtigt man die Vielzahl der Straftaten, die eingeschränkte Antragsdelikte sind, so haben wir in diesem Rechtsinstitut eine nicht unerhebliche Einschränkung der Offizialmaxime verkörpert. Im übrigen kommt zu jenen rechtlichen Ausnahmen und Einschränkungen des Offizialprinzips noch eine ganz entscheidende faktische Relativierung seiner Bedeutung hinzu, die wir bereits angesprochen hatten (§ 7, I, 2), und die besagt: Durch sein Anzeigeverhalten hat es der Verletzte weitgehend selbst in der Hand, ob eine Straftat verfolgt wird oder nicht. Berücksichtigt man dabei, daß die große Masse der Straftaten den Strafverfolgungsorganen allein durch Strafanzeigen der Bürger bekannt wird 31, so wird das Gewicht jener rechtstatsächlichen Beschränkung der Offizialmaxime deutlich. Aus diesen Gründen ist die rechtliche, namentlich aber die faktische Reichweite dieses Verfahrensprinzips entschieden geringer, als es die übliche und auch eingangs (§ 7, II, 3, a) verwandte These, die Offizialmaxime beherrsche das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, vermuten läßt. Vielmehr kann man ohne Übertreibung sagen: Teilweise aus Rechtsgründen, überwiegend aber durch ihr Anzeigeverhalten, entscheiden in der Rechtswirklichkeit im wesentlichen die Verletzten selbst, ob ein Strafverfahren eingeleitet wird. Zum anderen schließen sich Offizialmaxime einerseits und die prinzipielle Befugnis des Verletzten zu eigenen Recherchen zwecks Strafverfolgung andererseits keineswegs gegenseitig aus: Jenes strafprozessuale Verfahrensprinzip besagt ja nur, daß der Staat Straftaten von Amts wegen verfolgt, begründet aber kein grundsätzliches strafprozessuales Ermittlungsmonopol nach Art des staatlichen Gewaltmonopols 32. Vielmehr kann der Verletzte eigene Recherchen zur Straftataufklärung in folgenden Konstellationen durchführen: Erstens, wenn die Strafverfolgungsorgane noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben; zweitens auch dann, wenn die Strafverfolgungsorgane solche Ermittlungen ablehnen; 30 Eine Ausnahme von dieser Regel bilden allerdings (mit regionalen Unterschieden) die im Straßenverkehr begangenen Körperverletzungsdelikte gemäß §§223, 230 StGB. 31

Zahlen hierzu bei Eisenberg, Kriminologie, § 26/8.

32 Zu diesem konstituierenden Verfassungsprinzip siehe mit weiteren Nachweisen Krey, Zum Gewaltbegriff im Strafrecht, Bd. 1, Rdnr. 18 ff.

32

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

drittens schließlich selbst dann, wenn Polizei und/oder Staatsanwaltschaft schon eigene Ermittlungen aufgenommen haben. Ersteres liegt auf der Hand; dasselbe gilt für die zweite Konstellation. Allenfalls bei der dritten (Parallelermittlungen) könnte man Zweifel haben, die indes nicht durchgreifen. Auch insoweit gibt es nämlich keinen prinzipiellen Vorrang staatlicher Ermittlungen vor privaten Recherchen des Verletzten zur Verbrechensaufklärung. Das ergibt sich einmal daraus, daß der Verletzte bei seinen Ermittlungen keine Befugnis zur Vornahme strafprozessualer Zwangsmaßnahmen besitzt 33, wie sie in der Gestalt strafprozessualer Grundrechtseingriffe (Untersuchungshaft; körperliche Untersuchung; Beschlagnahme; Telefonüberwachung etc.) von den Strafverfolgungsorganen nach Maßgabe der StPO angeordnet und vollzogen werden können. Mit anderen Worten: Die Anerkennung jener prinzipiellen privaten Ermittlungsbefugnis des Verletzten tangiert mithin das staatliche Gewaltmonopol von vornherein nicht. Demgemäß drängt sich die Annahme eines staatlichen strafprozessualen Ermittlungsmonopols in Anlehnung an das staatliche Gewaltmonopol keineswegs auf. Zum anderen kollidiert jene Befugnis des Verletzten auch deswegen nicht in unerträglicher Weise mit den staatlichen Ermittlungen zur Straftataufklärung, weil - was noch zu zeigen sein wird 34 in engen Grenzen ein Verbot der Behinderung von obrigkeitlichen Ermittlungsmaßnahmen anzuerkennen ist, wie es in § 164 StPO zum Ausdruck kommt 35. Solange dieses Verbot bei Privatermittlungen respektiert wird, besteht auch kein Anlaß, unter dem Aspekt der Störung hoheitlicher Tätigkeit Privatermittlungen als suspekt zu bewerten. b) Die prinzipielle Legalität privater Recherchen des Verletzten steht auch in Einklang mit der Stellung der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens 36 und ihrem Anklagemonopol 37. Jene Stellung betrifft das 33 Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich fur die vorläufige Festnahme gemäß § 127 I S. 1 StPO gegenüber "auf frischer Tat Betroffenen". - Zu Inhalt und Schranken dieser privaten Festnahmebefugnis s. Krey, StPO 2, Rdnr. 369381 34

Siehe unten, § 10 II.

35

Vgl. Anm. 34; dazu auch BGH NJW 1989, 1924, 1925.

36

Eingehend dazu Krey, StPO 1, Rdnr. 392 ff, 397 ff, 492 ff, 496 ff.

37

Krey, StPO 2, Rdnr. 155 ff, 164.

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit

33

Verhältnis der StA zur Polizei, zudem das zum Strafgericht, dagegen nicht unmittelbar die Position des Verletzten als Bürgers, der sein strafrechtliches Genugtuungsinteresse mit eigenen Ermitlungen verfolgt. Und das Anklagemonopol der StA ist durch das dem Verletzten eingeräumte Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff StPO) zu seinen Gunsten durchbrochen 38; gerade das Klageerzwingungsverfahren nun hat vielfach allenfalls bei Durchführung eigener Ermittlungen des Verletzten und/oder seines Verteidigers Erfolg. c) Daß die prinzipielle Befugnis des Verletzten zu eigenen strafprozessualen Ermittlungen nicht nur verfassungskonform ist, und zwar in Hinblick auf das von Verfassungs wegen anerkannte Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz", sondern darüberhinaus auch einfachgesetzlich nach Wesen und Struktur des Strafprozesses als systemkonform bewertet werden muß, ergibt sich weiterhin aus den folgenden Gesichtspunkten: Erstens entspricht jene Ermittlungsbefugnis der dargelegten Bedeutung des Verletzten als Verfahrensbeteiligter mit eigenen Rechten. Zweitens sind die Durchsetzung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche des Verletzten einerseits und die Verfolgung seines strafrechtlichen Genugtuungsinteresses andererseits rechtlich und faktisch in erheblichem Umfang miteinander verzahnt: Zur Verdeutlichung dieser rechtlichen Verzahnung muß hier der materiellrechtliche Hinweis auf § 823 II BGB i.V.m. Strafgesetzen als Schutznormen sowie der prozeßrechtliche Hinweis auf die Vorschriften der StPO über das Adhäsionsverfahren (§§ 403 - 406 c StPO) genügen. Zur Erläuterung jener faktischen Wechselbeziehung von Strafverfahren und Zivilprozeß sei daran erinnert 39, daß zivilrechtliche Schadensersatzansprüche vielfach erst nach Klärung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit durchgeführt bzw. abgeschlossen werden. Wenn nun, wie dargelegt, sich die prinzipielle Befugnis des Verletzten zu umfassenden eigenen Recherchen zwecks Realisierung von Schadensersatzansprüchen ("zivilrechtliche Ermittlungen") von selbst versteht, so läßt sich wegen jener rechtlichen und faktischen Verzahnung der Durchsetzung zivilrechtlicher Ersatzansprüche des Straftatopfers und der Verfolgung seines strafrechtlichen Genugtuungsinteresses auch die prinzipielle "strafrechtliche Ermittlungsbefugnis" des Verletzten nicht ernstlich bezweifeln.

38

Eingehend dazu Krey aaO, Rdnr. 166 bis 196.

39

Siehe oben, § 6, Erstens, im Text vor Anm. 11.

3 Krey

34

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

Drittens steht diese Befugnis auch nicht im Widerspruch zur vielzitierten Natur des Strafverfahrensrechts als "angewandtes Verfassungsrecht" 40. Diese Formel ist zwar insoweit irreführend, als sie verschleiern könnte, in welchem erheblichen Umfang das Strafverfahrensrecht schon in der Kaiserzeit und der Weimarer Republik rechtsstaatlich geprägt war. Sie ist aber insoweit verdienstvoll, als sie den Blick darauf lenkt, wie sehr gerade das so sensible Strafprozeßrecht von den Grundrechten, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip u.a. rechtsstaatlichen Maximen geprägt wird. Weniger prätentiös als jene Formel, aber im Anliegen genauso deutlich erscheint die Formulierung vom Verfassungsgebot eines rechtsstaatlichen verfahrens 41.

Straf-

- Klarstellend sei hier betont, daß Rechtsprechung und Lehre insoweit vielfach vom rechtsstaatlichen Prinzip des "fair trial" als oberstem Grundsatz des Strafprozeßrechts sprechen; richtiger Ansicht nach kommt diesem Prinzip freilich nur deklaratorische Bedeutung zu, da es letztlich nicht mehr besagt als das "allgemeine Verfassungsgebot eines rechtsstaatlichen Strafprozesses" 42. Dieses Verfassungsgebot beinhaltet im Kern die Aussage: Die Wahrheit darf nicht um jeden Preis erforscht werden 43, was insbesondere auch im § 136 a StPO zum Ausdruck kommt. Vielmehr hat die Wahrheitsfindung auf einem "justizförmigen Wege" nach rechtsstaatlichen Maßstäben zu erfolgen, wobei namentlich die Unschuldsvermutung, die Grundrechte des Beschuldigten und anderer Personen (wie Zeugen), der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz etc. zu berücksichtigen sind. Diese rechtsstaatlichen Errungenschaften im Bereich strafrechtlicher Ermittlungen durch Staatsorgane könnten, so werden manche furchten, durch eine umfängliche Befugnis des Verletzten zu eigenen Recherchen ausgehöhlt werden. Solche Bedenken sind zwar ernst zu nehmen, aber im Ergebnis unbegründet: Richtig ist allerdings, daß die rechtsstaatlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts, die der Straftataufklärung durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht Schranken ziehen, als solche weder unmittelbar noch analog für private Ermittlungen von Verletzten, ihren Rechtsanwälten als Verletztenbeistand und/oder Detektiven gelten, worauf zurückzukommen sein wird. Dieser

40

Sax , S. 909, 966; BGH St 19, 325, 330.

41

Dazu m.w.N: Krey, StPO 1, Rdnr. 414-416; ders. StPO 2, Rdnr. 254, 255.

42

Siehe Anm. 41.

43

Siehe für alle BGH St 14, 358, 365.

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit

35

Befund bedeutet freilich nicht, daß die von privaten Ermittlungen des Verletzten Betroffenen ohne Schutz wären; im Gegenteil: Solche Ermittlungen finden ihre Schranken zum einen in Strafgesetzen wie § 123 StGB (Hausfriedensbruch), §240 StGB (Nötigung), §201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes), zum anderen im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, schließlich noch speziell bei betriebsinternen Recherchen in individualarbeitsrechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Respektierung der Privatsphäre der Arbeitnehmer. Diese Schranken werden Gegenstand des Zweiten Teils dieser Studie sein.

4. Privatermittlungen durch den Verletzten einer Straftat zum Zwecke der Strafverfolgung:

Eine sinnvolle Entlastung der Strafverfolgungsorgane angesichts der beschränkten Ressourcen und der Überlastung von Polizei, Staatsanwaltscha und Strafgerichtsbarkeit Abschließend sei noch auf einen Gesichtspunkt hingewiesen, der aus meiner Sicht immer bedeutsamer wird: Eine Entlastung von Hoheitsträgern, sei es im Rahmen der Gefahrenabwehr, sei es im Bereich strafprozessualer Ermittlungen, durch eigene, private Vorkehrungen und Recherchen der Bürger (Verletzter bei Untersuchungen zum Zweck der Strafverfolgung, Gefährdeter bei Maßnahmen der Eigensicherung) wird immer notwendiger. Dies namentlich unter zwei Gesichtspunkten, nämlich erstens ganz einfach deswegen, weil die zuständigen Staatsorgane in beiden Bereichen (Gefahrenabwehr und Strafverfolgung) ohnehin überlastet sind, also private Maßnahmen und Recherchen schon aus faktischen Gründen in gewissem Umfang unverzichtbar sind, zweitens auch im Hinblick auf die Topoi Sachnähe, Sachkompetenz und Eigenverantwortlichkeit des betroffenen Bürgers. a) Zu ersterem: Schon wenige Stichworte genügen, um zu verdeutlichen, daß die Polizei bereits im Bereich der Gefahrenabwehr, soweit sie mangels Kompetenz anderer Behörden wie Ordnungsämter, Bauaufsicht, Lebensmittelüberwachung etc. oder trotz solcher Kompetenz unter dem Aspekt der Gefahr im Verzuge (Eilkompetenz) zuständig ist, angesichts ihrer beschränkten Ressourcen völlig überfordert erscheint; diese Stichworte sind

3*

36

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

- Gefahrenabwehr in und namentlich außerhalb von Fußballstadien gegenüber gewalttätigen Gruppierungen wie Hooligans etc; - Gefahrenabwehr bei Demonstrationen, bei denen mit Vandalismus, Plünderungen etc. zu rechnen ist; - Schutz von Ausländern und deren Wohnstätten gegen fremdenfeindliche Übergriffe; - Verkehrsüberwachung und Sicherung von Unfallstellen; - Personenschutz bei gefährdeten Politikern, Wirtschaftsführern, Zeugen etc. und Objektschutz bei gefährdeten Gebäuden und Anlagen; - Streifendienst zum Schutz der Bevölkerung vor Straftaten. Jene Überforderung wird schon allein dadurch deutlich, daß die aus der Sicht der Bürger wohl wichtigste Maßnahme polizeilicher Gefahrenabwehr, nämlich der "Streifendienst ", absolut zu kurz kommt. Daß darüber hinaus die Polizei, sowie in gleicher Weise Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit bei der Staatsaufgabe Strafverfolgung völlig überlastet sind, ist bekannt; auch insoweit mag es mit einigen Stichworten zur Erläuterung sein Bewenden haben, wobei es um die folgenden geht - Aufklärung von Massendelikten im Bagatellbereich (Ladendiebstahl, Schwarzfahren, usw.); - Verkehrsstraftaten; - Strafverfolgung von Verbrechen und Vergehen im Zusammenhang mit Ausschreitungen bei Demonstrationen, bei Fußballspielen; - Straftaten von Ausländern (deren Aufklärung schon wegen der Sprachbarrieren, zudem wegen des hier üblichen Schweigens oder Leugnens der Beschuldigten erheblich mehr zeitlichen Aufwand erfordert 44); - Aufklärung von fremdenfeindlichen Verbrechen und Vergehen; - Bewältigung von Großverfahren aus dem Bereich von Terrorismus, NSVerbrechen, Wirtschafts- und Umweltstrafrecht; - Bekämpfung der gleich einer Krebsgeschwulst wuchernden Organisierten Kriminalität. All dies und vieles mehr müssen Polizei und StA als Ermittlungsbehörden bewältigen, 44 in der Regel dauern derartige Verfahren erheblich länger als das Doppelte des sonst üblichen.

§ 7 Grundsätzliche Zulässigkeit

37

und zwar ohne hinreichende materielle und personelle Ausstattung und unter dem berechtigten Eindruck ständiger Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn 45. Im Hinblick auf jene Überforderung der Polizei sowohl bei der Gefahrenabwehr wie auch bei der Strafverfolgung und die entsprechende Überlastung von StA und Strafjustiz bei ihren strafprozessualen Ermittlungen wird deutlich, daß auf die ergänzende und unterstützende Tätigkeit Privater durch eigene Maßnahmen und Recherchen gar nicht verzichtet werden kann.

Bei der Gefahrenabwehr wird dies etwa durch die Stichworte "Ordnungsdienst" in Fußballstadien, private Schutzdienste (Wach- und Schließgesellschaft, sog. "black-sheriffs" in Ladenpassagen, U-Bahnen etc.), namentlich auch Werkschutz, betriebsinterner Sicherheitsdienst und ähnliches in Großbetrieben deutlich. Diese Beispiele, insbesondere aber letzteres, belegen eine Erkenntnis, die von Gegner privater Sicherheitsvorkehrungen durchweg verschwiegen oder aber verkannt wird - wobei beispielsweise der "black-sherifT als Reizwort herhalten muß - , und die besagt: Innere Sicherheit ist nur in arbeitsteiligem Zusammenwirken zwischen den zuständigen staatlichen Stellen einerseits sowie gesellschaftlichen Organisationen und dem Individuum andererseits zu erreichen. Private Maßnahmen und Recherchen sind hier prinzipiell legal und zur Entlastung der staatlichen Stellen auch legitim. Hierbei geht Verf. selbstredend davon aus, daß sich Private bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr im Rahmen der Gesetze halten und namentlich das staatliche Gewaltmonopol beachten, d.h. zu physischer Gewalt nur bei Notwehr, Nothilfe, Notstand, sonstigen Selbsthilferechten bzw. bei Ausübung des Festnahmerechts (§ 127 I S.l StPO) greifen. Was die Strafverfolgung angeht, läßt sich ebenfalls die unverzichtbare ergänzende und unterstützende Tätigkeit durch Private (hier: Verletzte), ihre Mitarbeiter, Rechtsanwälte als Verletztenbeistand und Detektive verdeutlichen; dies durch Stichworte wie - Detektive, die in Auftrag von Versicherungen dem Verdacht auf Versicherungsbetrug nachgehen; - Strafverfolgung durch Werkschutz, innerbetriebliche Sicherheitsdienste etc. wegen innerbetrieblicher Delikte wie Diebstahl, Betrug (z.B. durch unredliches Krankschreibenlassen), Sachbeschädigung, Sabotagehandlungen ;

45

Dazu Krey, StPO 2, Rdnr. 331 mit Anm. 116.

38

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

- Aufklärung von Industriespionage (§ 17 UWG) durch Detektive und/oder innerbetriebliche Sicherheitsdienste; - Ladendetektive bei der Verfolgung von Ladendiebstählen durch Kunden (oder Angestellte). b) Die zahlreichen angeführten Beispiele erweisen, daß im Grundsatz private Maßnahmen und Recherchen zur Gefahrenabwehr, aber auch strafprozessuale Ermittlungen des Verletzten, nicht nur in erheblichem Umfang unverzichtbar sind, sondern vielfach auch als sachgerecht und legitim erscheinen, und zwar unter den Gesichtspunkten der Sachnähe, Sachkompetenz und Eigenverantwortlichkeit des betroffenen Bürgers. c) Gleichwohl bestehen noch aus einem Gesichtspunkt Bedenken gegen die prinzipielle Zulässigkeit privater Maßnahmen und Recherchen zum Schutz vor und zur Aufklärung von Straftaten wie Einsatz privater Sicherheitsdienste und Beauftragung von Detektiven; es ist dies der rechtspolitische Aspekt sozialer Ungleichheit. Im Grundsatz wird man nämlich offen einräumen müssen, daß die prinzipielle Befugnis zu solchen privaten Maßnahmen in erster Linie nicht von den sozial Schwachen, sondern von Unternehmen bzw. von Wohlhabenden wahrgenommen werden wird. Es ist also mit dem Einwand des Privilegs für "Reiche" zu rechnen. Dem ist freilich entgegenzuhalten: Zum einen handelt es sich um kein Bedenken, daß die rechtliche Zulässigkeit jener Befugnis betrifft, sondern allenfalls die rechtspolitische Frage ihrer Legitimität. Zum anderen sind auch in zahllosen anderen Bereichen, auch in solchen, die in den Rahmen der Staatsaufgaben fallen, erhebliche soziale Gefalle festzustellen, was bedauerlich ist, in einem freiheitlichem Rechtsstaat indes in der Natur der Sache liegt. Schließlich - und das ist entscheidend - führt die umfassende, effektive Wahrnehmung des Rechts des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" durch Unternehmen, "Wohlhabende" u.a. zu einer erheblichen Entlastung der zuständigen Staatsorgane, die dadurch mehr Ressourcen zum Schutz sozial Schwacher erhalten. 5. Ergebnis Eine prinzipielle, durchaus umfassende Befugnis des Verletzten zu privaten Ermittlungen zum Zweck der Strafverfolgung entspricht dem Menschenbild des Grundgesetzes und ist zudem auch einfachgesetzlich nach Wesen und Struktur des Strafprozesses systemkonform: Das Offizialprinzip sowie die Stellung der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens und ihr Anklagemonopol stehen jener Befugnis nicht entgegen. Die Bedeutung des Verletzten als Verfahrensbeteiligter mit eigenen Rechten sowie die Verzah-

§ 8 Ermittlungen durch Rechtsanwälte

39

nung der Durchsetzung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche des Verletzten mit der Verfolgung seines strafrechtlichen Genugtuungsinteresses sprechen ebenfalls für seine private strafprozessuale Ermittlungsbefugnis. Diese ist auch mit dem Verfassungsgebot eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens vereinbar. Schließlich bedeuten Privatermittlungen des Verletzten einer Straftat zu deren Aufklärung im Grundsatz auch eine sinnvolle, sachgerechte Entlastung der Strafverfolgungsorgane. Mit diesem Ergebnis freilich ist noch nichts über die Schranken jener Befugnis im Detail gesagt, die Gegenstand späterer Passagen dieser Studie sein werden.

ΙΠ. Recherchen zur Gefahrenabwehr (Verhinderung weiterer Schädigungen etc.) Aus unseren Überlegungen zum prinzipiellen Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz" (§ 6) sowie aus den vorstehenden Ausführungen zur Notwendigkeit und grundsätzlichen Sachgerechtigkeit privater Maßnahmen und Ermittlungen zur Gefahrenabwehr angesichts begrenzter Ressourcen der Polizei (§ 7, II, 4) ergibt sich als Resümee: Unternehmen und Bürger habefi die prinzipielle Befugnis zu privaten Recherchen zwecks Gefahrenabwehr (namentlich durch Straftatverhinderung). Demgemäß besitzt der Verletzte seine privaten Ermittlungsbefugnisse auch zur Verhinderung weiterer Schäden. Mit dieser Feststellung ist selbstredend noch nicht gesagt, wo die Schranken derartiger privater Recherchen im einzelnen verlaufen.

§ 8 Zur Zulässigkeit solcher privater Ermittlungen durch Rechtsanwälte als Verletztenbeistand (Verletztenanwalt, § 406 f StPO) I. Stellung des Rechtsanwalts aufgrund der BRAO im allgemeinen Gemäß § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege; gemäß § 3 I BRAO ist er der "berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten". Demgemäß besitzt der Rechtsanwalt (RA) gewissermaßen eine Doppelstellung: Einerseits ist er als "Berater und Vertreter" des Mandanten an sich zur

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Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

einseitigen Wahrnehmung von dessen Interessen berechtigt und verpflichtet. Andererseits tritt er als "Organ der Rechtspflege" an die Seite der Gerichte und der Staatsanwaltschaft 46, woraus namentlich die sog. Wahrheitspflicht des RA resultiert, auf die wir an späterer Stelle (Dritter Teil) eingehen werden. Beide Seiten der Anwaltsfunktion nun lassen sich dafür geltend machen, daß dem RA bei seiner Tätigkeit für seinen Mandanten im Prinzip die Befugnis zu privaten Ermittlungen zwecks Aufklärung des Sachverhalts zusteht. Das ist auch allgemein anerkannt. Demgemäß ist es im Grundsatz legal und in vielen Konstellationen auch eine verbreitete Praxis, daß der RA Detektive mit derartigen privaten Ermittlungen im Auftrag des Mandanten betraut, so etwa in Ehesachen, bei Finanz- und Kredituntersuchungen, zum Schutz gegen Konkurrenzübergriffe und unlautere Wettbewerbspraktiken, bei Personenstandsüberprüfungen etc. 47. Strittig ist lediglich, wo die Schranken dieses Rechts zu privaten Recherchen für den Mandanten zu ziehen sind, was Gegenstand des Zweiten und Dritten Teils dieser Studie sein wird.

Π. Die Stellung des RA als Verletztenbeistand gemäß § 406 f StPO: Grundlage strafprozessualer Ermittlungen für den Verletzten 1. Wie bereits erwähnt (§7, II, 2), ist das strafprozessuale Schrifttum zum Verletzten und zum Verletztenanwalt, was die Befugnis zur privaten Straftataufklärung angeht, wenig ergiebig. Das verwundert, wenn man an die zahlreichen literarischen Äußerungen zum Recht des Verteidigers, Privatermittlungen zur Entlastung des Beschuldigten durchzuführen, denkt 48.

46 So die Begründung des Regierungsentwurfs einer BRAO, BT-Drucksache 1957,11/120, Bemerkung zu § 1, S. 4. 47

Statistische Daten bei Jungfer,

Strafverteidiger 1989, 495, 496

48 Siehe für alle: Beulke, Der Verteidiger im Strafverfahren, S. 43, 44; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, Rdnr. 255 ff; Hassemer in: Beck'sches Formularbuch, S. 1 ff; Jungfer, Strafverteidiger 1981, 100; den. Strafverteidiger 1989, 495, 498; Krekeler, wistra 1983, 43, 48; Richter, S. 1823; OLG Frankfurt Strafverteidiger 1981, 28 ff.

§ 8 Ermittlungen durch Rechtsanwälte

41

Zwar hat der BGH in seinem Beschluß vom 8. August 1979 postuliert: "Dem Verteidiger obliegt es nicht, sein eigenes Ermittlungsverfahren zu führen" 49. Ungeachtet dieser problematischen Formulierung ist aber in der Lehre fast allgemein anerkannt, daß eine eigene Ermittlungstätigkeit des Strafverteidigers im Grundsatz erlaubt und zur ordnungsgemäßen Verteidigung in vielen Fällen sogar geboten sein kann und daß sich dabei in vielen Fällen die Beauftragung von Detektiven mit der Sachverhaltsaufklärung anbietet 50. Demgemäß postuliert der Arbeitskreis Strafjprozeßreform in seinem Gesetzesentwurf über "Die Verteidigung" in § 10 kurz und bündig 51: "Der Verteidiger ist berechtigt, eigene Ermittlungen anzustellen". Zur Begründung wird darauf verwiesen 5 2 , der Verteidiger sei ohne ein solches Recht oftmals nicht in der Lage, die Interessen des Beschuldigten wirksam zu vertreten; denn die Erfahrung lehre, daß die amtlichen Ermittlungen in vielen Fällen unzureichend und einseitig seien, und zwar zum Nachteil des Beschuldigten. Dabei ist jener Regelungsvorschlag in § 10 nur als Klarstellung gemeint; und in der Tat würde einer solchen Normierung auch nur ein deklaratorischer Charakter ohne konstitutive Bedeutung zukommen. Denn zu Recht geht die h.M. 53 davon aus, der Strafverteidiger habe eine umfassende Befugnis zu eigenen Ermittlungen zwecks Entlastung des Beschuldigten. Diese Befugnis folgt nämlich zum einen aus seiner Funktion als Beistand des Beschuldigten (§ 137 I StPO), d.h. als einseitiger Interessenvertreter des Beschuldigten zu dessen Entlastung und als sein Fürsprecher 54. Darüberhinaus kann man jenes Recht des Anwalts als Strafverteidiger zur privaten Straftataufklärung meines Erachtens auch auf seine Stellung als Organ der Rechtspflege stützen: Zu Recht nämlich gehen Rechtsprechimg und h.L. davon aus, daß der Rechtsanwalt auch in seiner Funktion als Strafvertei49

Zitiert nach Jungfer, Strafverteidiger 1981, 100, 105 (Nr. 8).

50

Danckert, Beck'sches Formularbuch, S. 73 f; Jungfer, Strafverteidiger 1989, 495 ff.

51

Arbeitskreis Strafjprozeßreform, Seite 7, 95 (Begründung).

52

aaO, S. 95.

53

Siehe Anm. 48

54 Zu dieser Stellung siehe m.w.N.: Kleinknecht/Meyer-Goßner, Rdnr. 1 vor § 137; Krey, StPO 1, Rdnr. 535. Daß aus der Beistandsfunktion jene Ermittlungsbefugnis des Verteidigers resultiert, ist h.M.; so für alle: Jungfer, Strafverteidiger 1989, 498; Richter aaO.

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Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

diger diese Stellung behält 55. Als Organ der Rechtspflege nun wird der Verteidiger grundsätzlich gleichberechtigt mit der Staatsanwaltschaft im Strafprozeß tätig; er fungiert als Teilhaber, nicht als Gegner einer funktionsfähigen Strafrechtspflege, wobei ihm die Rolle eines "Gegenpols zu Richter und Staatsanwaltschaft" zukommt, der die Rechte des Beschuldigten wahrt und auf strenge Justizförmigkeit des Verfahrens achtet 56. Diese Rolle als Teilhaber einer funktionsfähigen Strafrechtspflege, "grundsätzlich gleichberechtigt mit der Staatsanwaltschaft", ergibt ohne weiteres eine zusätzliche Legitimation für eigene Ermittlungen des Strafverteidigers 57. 2. Wenn nun der Rechtsanwalt als Strafverteidiger sowohl im Hinblick auf seine Stellung als Beistand als auch aufgrund seiner Funktion als Organ der Rechtspflege eine umfassende Befugnis zu eigenen Recherchen besitzt, kann für den Rechtsanwalt als Verletztenanwalt gemäß § 406 f StPO nichts anderes gelten. Der Verletztenanwalt ist ja zum einen Beistand seines Mandanten (§ 406 f I StPO); zum anderen fungiert er als Organ der Rechtspflege, was schon aus §§1,3 BRAO folgt. Bereits aus dieser Doppelfunktion resultiert die prinzipielle Befugnis zu eigenen Ermittlungen für die Verfolgung der Tat, durch die sein Mandant verletzt wurde. 3. Im übrigen stehen dem Verletztenanwalt als Beistand seines Mandanten im Grundsatz nicht weniger Ermittlungsbefugnisse zu als dem Verletzten selbst, so daß unsere eingehenden Darlegungen zur prinzipiellen Legalität privater Recherchen des Straftatopfers (§ 7) entsprechend auch für solche Ermittlungen durch seinen Rechtsanwalt einschlägig sind. 4. Ob und gegebenenfalls wieweit das Recht des Verletztenanwalts zur eigenen Straftataufklärung wegen seines Status als Organ der Rechtspflege in Einzelpunkten begrenzter ist als die entsprechende Befugnis des Verletzten selbst - und zwar namentlich unter dem Gesichtspunkt des aus der Wahrheitspflicht des Rechtsanwalts resultierenden Täuschungsverbots bei Privatrecherchen - , kann hier noch dahinstehen; jene Frage wird an späterer Stelle (Dritter Teil) angesprochen. 55 BGH St 9, 20, 22; 15, 326; BVerfG E 53, 207, 214; Augstein, NStZ 1981, 52 ff; Beulke, Der Verteidiger im Strafverfahren, S. 50 ff, 79 f, 163 ff, 183 ff, 215; Kühne, Rdnr. 79, 82; weitere Nachweise pro und contra bei Krey aaO, Rdnr. 536, 537 Anm. 13, 19. 56

Siehe m.w.N. Krey, StPO 1, Rdnr. 536.

57 Auch Jungfer (Strafverteidiger 1981, 100, 101) stützt das eigene Ermittlungsrecht des Verteidigers u.a. auf die Funktion als Organ der Rechtspflege.

§ 9 Einschaltung von Detektiven

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§ 9 Legalität der Einschaltung von Detektiven in derartige Recherchen durch den Verletzten und/oder den Verletztenanwalt I. Zur Rechtsstellung von Privatdetektiven im allgemeinen Bekanntlich fehlt es an einer näheren gesetzlichen Spezialregelung des Detektivberufs, die detailliert Berufszugangserfordernisse, die Rechtsstellung des Detektivs, seine Befugnisse und Pflichten etc. umschreibt 58. Vielmehr greifen mangels einer solchen Spezialnormierung die allgemeinen Vorschriften der Gewerbeordnung (GewO) ein: Danach genügt für die Ausübung des Berufs eines Detektivs allein die Anzeige gemäß § 14 GewO; es handelt sich also nicht um ein erlaubnispflichtiges Gewerbe, und es werden auch keine Auflagen erteilt 59. Lediglich in § 38 S. 1 Nr. 4 GewO findet sich eine vereinzelte Sonderregelung für Detekteien, die eine Ermächtigung an die Landesregierungen enthält, durch Rechtsverordnung Überwachungsvorschriften zu erlassen; dies allerdings nur bezüglich der Regelungsmaterien - Bücherführung; - Auskunftspflichten gegenüber den Überwachungsbehörden; - behördliche Nachschau. Teilweise eröffnen derartige Landesrechtsverordnungen auch die Möglichkeit, daß Detekteien Decknamen für Gewährspersonen führen können 60. Daß Detektive private Ermittlungen durchführen, sei es zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, sei es zur Aufklärung von Straftaten, sei es zur Gefahrenabwehr (z.B. zwecks Verhinderung der Begehung geplanter Straftaten), ist bekannt und entspricht ihrem Berufsbild. Die Befugnis zu solchen privaten Recherchen im Auftrag von Unternehmen oder von Bürgern ist auch allgemein anerkannt 61.

58 Jungfer, Strafverteidiger 1989, 496, 497 ff; Wirsching, 477 ff (Punkt 8); siehe auch die Stellungnahme des Landesbeauftragten für Datenschutz der Freien Hansestadt Bremen (abgedruckt in Jungfer, aaO, 497). 59 2.1.2. 60

Jungfer,

Strafverteidiger 1989, 496 f; Neumann, 2. Teil, 2. Abschnitt II; Wirsching,

Jungfer aaO, 497; Landmann-Rohmer, § 38, Rdnr. 20.

61 Jungfer aaO, 496 ff; ders. Strafverteidiger 1981, 101; Neumann, 3. Teil, 1. Abschnitt (m.w.N.). S. auch BGH NJW 1989, 1924, 1925; besonders wichtig jüngst: BGH, Urt. v. 27.1.1994 (Zivilsenat), JZ 1994, 915 mit zustimmender Anm. Helle.

44

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

Kontrovers beurteilt wird allerdings die Legitimität solcher Ermittlungen: Manchem ist die Tätigkeit von Detektiven suspekt. Im Detail strittig sind außerdem die rechtlichen Schranken privater Ermittlungen durch Detekteien. Beides berührt aber nicht ihre prinzipielle Legalität.

Π. Generelle Schranken für Detektive bei privaten Recherchen aufgrund von Standesregeln (Berufsordnungen)? Eine Berufsordnung der Detektive mit normativer Verbindlichkeit durch Gesetz oder Rechtsverordnung (bzw. autonome Satzung) existiert nicht. Es findet sich lediglich eine "interne" Berufsordnung, die durch die beiden führenden Verbände - Bundesverband Deutscher Detektive (BDD) und Bund Internationaler Detektive (BID) erstellt wurde 62, der aber jede Rechtsverbindlichkeit im Sinne der Außenwirkung fehlt. Immerhin stellen die in jener Berufsordnung enthaltenen "Standesregeln" aber eine Art Anhaltspunkt für das Selbstverständnis legal und seriös arbeitender Detekteien dar. In dieser internen Berufsordnung 63 sind in soweit einige Vorschriften enthalten, die Erwähnung verdienen und daher im folgenden wiedergegeben werden sollen: §4 Der Detektiv ist Vertrauensträger. Er ist in Auftragssachen zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, soweit Vorschriften des herrschenden Strafrechts dem nicht entgegenstehen. Das gleiche gilt im Verhältnis zu vertraulichen Informationsquellen, Gewährsleuten und Auskunftspersonen.... In Prozeß- oder Auftragssachen, bei denen spätere prozessuale Weiterungen zu erwarten steht, darf nur solchen Informationsquellen und Auskunftspersonen Vertraulichkeit zugesichert werden, auf die als Zeuge oder Beweismittel verzichtet werden kann, ohne die Interessen des Auftraggebers zu gefährden. - Siehe aber auch The es, S. 271: Die Rechtsprechung hat sich bisher auf der Ebene des Individualarbeitsrechts nicht mit den persönlichkeitsrechtlichen Voraussetzungen des Einsatzes von Detektiven befaßt. 62

Jungfer Strafverteidiger 1989, 497.

63

Detektiv-Kurier, Mai 1993, Nr. 2.93, S. 11 ff.

§ 9 Einschaltung von Detektiven

45

§5 In Berufsausübung und sonstigem Auftreten ist auch der Anschein amtlicher oder behördlicher Funktion im wohlverstandenen eigenen Interesse zu vermeiden.

§6 Bei Befragung von Zeugen ist auch der Anschein einer unzulässigen Beeinflussung des Zeugen zu vermeiden. § 41

Der Detektiv ist seinem Auftraggeber gegenüber zu unbedingter Wahrheit verpflichtet. Dem Schutzinteresse vertraulicher Informationsquellen ist jedoch Rechnung zu tragen (siehe § 4 Abs. 2 und 3). § 42 Jeder Bericht ist vom Inhalt her mit größter Sachlichkeit und Objektivität abzufassen, so daß er jederzeit richterlicher Nachprüfung standhält und die enthaltenen Tatsachenfeststellungen im Prozeßfall beeidet werden können Auf diese "Standesrichtlinien" wird diese Studie im Rahmen der Erörterungen der Schranken privater Ermittlungen im einzelnen (Zweiter Teil) zurückkommen.

ΙΠ. Legalität und Legitimität privater Ermittlungen von Detektiven zur Aufklärung von Straftaten im Auftrag des Verletzten und/oder des Verletztenanwalts 1. Verfassungskonformität

solcher Recherchen

Die Tätigkeit der Detektive als Gehilfen von Verletzten und deren Anwälten steht zum einen unter dem Schutz des Art. 12 GG, was keiner weiteren Ausführungen bedarf. Zu dieser grundrechtlichen Fundierung ihrer Ermittlungen durch jene verfassungsrechtliche Spezialnorm kommt zum anderen eine weitere, materiell weit wichtigere Basis für die "verfassungsrechtliche Legalität" der Detektivtätigkeit für den Verletzten hinzu; gemeint ist der folgende Gesichtspunkt: Die prinzipielle Verfassungskonformität privater Recherchen des Verletzten und seines Rechtsanwalts zur Verbrechensaufklärung hat die

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Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

vorliegende Untersuchung eingehend dargetan 64. An dieser Verfassungskonformität partizipiert der vom Verletzten und/oder dem Verletztenanwalt zur Durchführung oder Unterstützung solcher Recherchen eingeschaltete Detektiv in vollem Umfang.

2. Systemgerechtigkeit solcher Privatermittlungen durch Detektive nach de einfachgesetzlichen Wertungen der einschlägigen Rechtsnormen Wie bereits erwähnt, werden in § 38 S. 1 Nr. 4 GewO Detekteien ausdrücklich genannt und zum Gegenstand einer Verordnungsermächtigung an die Landesregierungen gemacht, wobei jene Nennung und der Inhalt dieser Ermächtigung deutlich machen, daß der Gesetzgeber die Tätigkeit von Detekteien als im Grundsatz legal und legitim ansieht. Im übrigen partizipiert die private Straftataufklärung durch Detektive für den Verletzten und/oder seinen Rechtsanwalt an der bereits eingehend begründeten einfachgesetzlichen Systemverträglichkeit 65 solcher Ermittlungen des Verletzten bzw. seines Anwalts. 3. Legitimität der Detektivtätigkeit

für den Verletzten

Unsere Ausführungen zur grundsätzlichen Zulässigkeit privater Straftataufklärung durch den Verletzten hatten ergeben (§ 7 II 4):

Privatermittlungen durch den Verletzten einer Straftat zum Zwecke de Strafverfolgung bedeuten angesichts der beschränkten Ressourcen und d Überlastung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit ein sinnvolle Entlastung der Strafverfolgungsorgane. Solche Privatermittlungen nun erfolgen in ganz erheblichem Umfang im Wege der Einschaltung von Detekteien, und zwar namentlich durch Versicherungen bei der Aufklärung von Versicherungsbetrügereien, durch Unternehmen bei der Ermittlung von Industriespionage etc. Wenn also, wie oben angesprochen, manchen die Tätigkeit von Detekteien suspekt erscheinen mag (wobei z.B. der "Detektiv Maus" viel zitiert wird), so erscheint diese Bewertung im Prinzip als gänzlich verfehlt, es sei denn, daß man einzelne Fälle von dubiosen oder gar evident illegalen Tätigkeiten durch Detektive unzulässigerweise verabsolutiert. "Schwarze Schafe" gibt es im übrigen auch bei der Polizei, bei Rechtsanwälten, gelegentlich auch in der Justiz 64

in § 6.

65

Siehe oben, § 7 II, namentlich 3.

§ 9 Einschaltung von Detektiven

47

- was keineswegs heißen soll, daß Staat und Berufsverbände sich nicht intensiver darum bemühen sollten, daß der Detektivberuf kein "Tummelplatz für verantwortungslose Gesellen" 66 wird - . Die Notwendigkeit solcher Bemühungen zeigt nicht nur auf nationaler Ebene die erwähnte Schaffung einer internen Berufsordnung fìir Detektive. Darüber hinaus hat europaweit das European Legislation committee der Internationalen Kommission der Detektivverbände (KD) den Versuch gestartet, Standesregeln für den Detektivberuf in Europa aufzustellen. Als Diskussionsgrundlage hierfür sollen die "Codes of Ethics" dienen 67? die unter anderem festlegen: "Der Detektiv unterliegt folgenden Verpflichtungen: 1. ... niemals einer Handlungsweise schuldig zu werden, die Schande auf den Beruf des Privatdetektivs bringen könnte, 2. alle Ermittlungen innerhalb der Grenzen der Legalität, Moral und Standesehre auszuführen, 3. das berechtigte Interesse des Klienten zu wahren und sicherzustellen, daß rechtmäßige und ehrenhafte Gründe für den Detektivauftrag vorliegen, 4. die Privatsphäre der Klienten und ihr rechtmäßiges Vertrauen zu wahren / ihre Miteilungen vertraulich zu wahren, 5. ..." Selbstredend geht Verf. bei der vorstehenden Bewertung von Legalität und Legitimität privater Recherchen durch Detektive davon aus, daß diese ganz im Geiste der erwähnten deutschen "Berufsordnung für Detektive" und der "Codes of Ethics" im Rahmen der Gesetze erfolgen, wobei auf diesen Rahmen zurückzukommen sein wird (Zweiter Teil), u.a. auch auf die Frage der Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes.

66 Kocks, Standesregeln - Die Berufsordnung für Detektive in Deutschland, DetektivKurier aaO, Seite 1. 67

Abgedruckt im Detektiv-Kurier Mai 1993, Nr. 2.93, S. 5.

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Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

§ 10 Bedeutung der solchen privaten Ermittlungen zuwiderlaufenden Interessen ("Gegeninteressen"): Keine Begründung prinzipieller Unzulässigkeit, sondern lediglich Begrenzung solcher Recherchen I. Private Gegeninteressen Der durch private Recherchen des Verletzten oder seiner Mitarbeiter (Mitglieder des Werkschutzes, betriebsinterner Sicherheitsdienste etc.), des Verletztenanwalts oder beauftragter Detektive Betroffene, namentlich der mutmaßliche Täter (Tatbeteiligte), wird durch solche Ermittlungen vielfach in seinen Rechten tangiert. Derartige Rechte bilden gegenüber der prinzipiellen Ennittlungsbefugnis des Verletzten "Gegeninteressen die je nach den Umständen des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit einzelner privater Untersuchungshandlungen führen können. Als solche Gegeninteressen kommen namentlich in Betracht: - Das Recht auf persönliche Freiheit (§ 239 StGB), das bei Festnahmen tangiert wird; - die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung (§ 240 StGB), verletzt etwa bei Nötigung mit Gewalt zu einer Aussage; - das Hausrecht (§ 123 StGB), beeinträchtigt z.B. bei eigenmächtigen Hausdurchsuchungen; - Recht am eigenen Wort (§ 201 StGB), verletzt "Telefonüberwachung" bzw. bei privatem "Lauschangriff";

bei

privater

- Schutz der Ehre (§§ 185 ff StGB), tangiert etwa bei "Übler Nachrede" (§ 186 StGB) im Rahmen von Ermittlungen am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft des mutmaßlichen Täters; - sonstige Beeinträchtigungen des Schutzbereichs des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Bei der Bewertung derartiger Gegeninteressen des Betroffenen ist im übrigen von der den Strafprozeß beherrschenden Unschuldsvermutung 68 auszugehen. Diese gilt zwar unmittelbar nur bei hoheitlichen Ermittlungshandlungen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichten. Doch strahlt sie gemäß der Rechtsprechung des BVerfG zur verfassungskonformen Konkretisierung zivilrechtlicher Generalklauseln 68

Krey, StPO I, Rdnr. 127, 128, 130 m.w.N.

§ 10 Bedeutung der Gegeninteressen

49

- wobei hier insbesondere neben dem bekannten Lüth-Urteil 69 noch die Bürgschafts-Entscheidung des Gerichts vom 19. Oktober 1993 70 angeführt sei auch auf die bei der Prüfung, ob und wieweit das Allgemeine Persönlichkeitsrecht oder sonstige Rechte des mutmaßlichen Täters privaten Ermittlungsinteressen des Verletzten entgegenstehen, erforderliche Güter- und Interessenabwägung aus.

Π. Staatliche Gegeninteressen Hier ist namentlich der Schutz staatlicher Ermittlungen vor Störungen durch private Recherchen zu nennen, der jedenfalls nach Maßgabe des § 164 StPO anzuerkennen ist. Doch sei mit der gebotenen Deutlichkeit betont: Der Umstand, daß z.B. vor einer polizeilichen Zeugenvernehmung oder nach ihr private Befragungen des Zeugen durch den Verletzten, seinen Rechtsanwalt oder einen beauftragten Detektiv durchgeführt werden, bedeutet als solcher keinerlei Behinderung oder Störung von obrigkeitlichen Ermittlungsmaßnahmen 71. Ganz allgemein gesagt stellen private Recherchen als solche im Rechtssinne keine Behinderung oder Störung von staatlichen Untersuchungshandlungen zur Verbrechensaufklärung dar, mögen letztere nun bereits abgeschlossen sein, noch bevorstehen oder schon begonnen haben 72.

ΙΠ. Bedeutung dieser Gegeninteressen als Grundlage für die Begrenzung privater Ermittlungen zum Zwecke der Strafverfolgung Wie bereits wiederholt erwähnt, können derartige Gegeninteressen die prinzipielle Zulässigkeit solcher Ermittlungen nicht in Frage stellen; sie fungieren aber als Basis für ihre Begrenzung, die Gegenstand des Zweiten Teils sein wird.

69

BVerfGE

7, 198, 204 ff.

70

DB 1993, 2580 = BB 1994, 16 = JZ 1994, 408 = NJW 1994, 36.

71 So der Sache nach die h.M.; vgl. für alle: Danckert, Beck'sches Formularbuch, S. 73 f; Jungfer, Strafverteidiger 1989, 495 ff. Siehe auch BGH NJW 1989, 1924, 1925. 72 4 Krey

Ebenso der Sache nach Danckert und Jungfer aaO.

50

Erster Teil: Zulässigkeit von Privatermittlungen

§ 11 Resümee I. Der Verletzte besitzt eine prinzipielle, durchaus umfassende Befugnis zu privaten Ermittlungen zum Zweck der Strafverfolgung. Sie basiert auf dem von Verfassungs wegen anzuerkennenden Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz"; sie ist außerdem auch einfachgesetzlich nach Wesen und Struktur des Strafverfahrensrechts systemkonform. II. Zu diesen Ermittlungen darf der Verletzte Rechtsanwälte und Detektive heranziehen. Auch sie haben in diesem Fall jene prinzipielle Befugnis zu privaten Recherchen. III. Im übrigen bedeuten Privatermittlungen des Verletzten, des Verletztenanwalts oder beauftragter Detektive zur Straftataufklärung angesichts der beschränkten Ressourcen und der Überlastung der Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafgerichtsbarkeit grundsätzlich eine sinnvolle und sachgerechte Entlastung der Strafverfolgungsorgane.

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken privater Ermittlungen durch den Verletzten, seine Betriebsangehörigen und Detektive

So ausdifferenziert nach der Art solcher Recherchen die folgenden Darlegungen auch sein mögen - gleichwohl können sie weder jede einschlägige Detailfrage behandeln noch jede angesprochene Einzelproblematik vertieft erörtern. Vielmehr kann es im Rahmen unserer kurzen Studie nur darum gehen, nach den umfänglicheren Ausführungen zur prinzipiellen Legalität und Legitimität privater Straftatermittlungen im folgenden noch herauszuarbeiten, welche Schranken im einzelnen bei solchen Recherchen in Betracht kommen. Dabei sollen die wichtigsten dieser Schranken, wenn auch zum Teil nur kursorisch, zumindest verdeutlicht werden, wobei Verf. sich darum bemühen wird, praxisrelevante Beispielsfälle anzubieten und einen möglichst plausiblen eigenen Standpunkt zu skizzieren.

Abschnitt 1: Offene Ermittlungen § 12 Interne Recherchen im Betrieb I. Durch den Verletzten und seine Betriebsangehörigen (Werkschutz, betriebsinterner Sicherheitsdienst) 1. Befragung von Betriebsangehörigen (Arbeitnehmer) Zeugen oder Verdächtigte

als

Bekanntlich zählen zu den arbeitsrechtlichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers die aus seiner Treuepflicht abzuleitenden Verpflichtungen zur Wahrung der Arbeitgeberinteressen 73. Hieraus resultieren richtiger Ansicht nach die folgenden Pflichten: 73

4*

Siehe für alle Putzo in: Palandt, § 611 Rdnr. 39 ff.

52

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

a) Zum einen hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber jedenfalls dann, wenn dessen Recherchen nicht offensichtlich ohne berechtigten Anlaß erfolgen, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen, sofern sie der Aufklärung betriebsinterner Straftaten dienen können 74. Dies gilt nicht nur dann, wenn der befragte Arbeitnehmer nach den Umständen als Zeuge, sei es auch nur als Zeuge vom Hörensagen, in Betracht kommt 75, sondern auch dann, wenn es sich beim Befragten um einen als Täter oder Teilnehmer Verdächtigten handelt. Allerdings gibt es Schranken der Verpflichtung zur Antwort, und zwar unter den Gesichtspunkten der Unzumutbarkeit und des überwiegenden Interesses des Arbeitnehmers, wobei in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Lehre im wesentlichen nur der letztere Aspekt genannt wird 76. Dabei ist freilich mit Nachdruck hervorzuheben, daß die strafprozessualen Vorschriften über das Recht des Beschuldigten, die Aussage zur Sache zu verweigern (§§1361 S. 2, 163 a III S. 2, IV S. 2 StPO), über das Zeugnisverweigerungsrecht von Angehörigen (§§ 52, 161 a I S. 2, 163 a V StPO) sowie das Auskunftsverweigerungsrecht für Zeugen bei der Gefahr der Selbstbelastung (§§ 55, 161 a I S. 2, 163 a V StPO) weder unmittelbar noch analog bei privaten Recherchen gelten, da diese Normen sich allein an Strafverfolgungsorgane wenden. Wenn sich nun ein Arbeitnehmer gleichwohl weigert, dem Arbeitgeber, der ihn wegen des Verdachts einer betriebsschädigenden Straftat als Zeugen oder Verdächtigen befragt ("vernimmt"), Antwort zu geben, sei es - aus Angst, sich selbst zu belasten, - wegen mangelnder Bereitschaft, gegen Angehörige nachteilig auszusagen, oder - aus sonstigen Gründen, z.B. aus mißverstandener Solidarität mit verdächtigten Kollegen, stellen sich die folgenden Fragen: Darf der Arbeitgeber auf eine derartige Weigerung, an der Aufklärung betriebsinterner Straftaten mitzuwirken, mit 74 Etwas zurückhaltender BAG NJW 1970, 1861: Eine Pflicht zur Offenbarung von gegen den Arbeitgeber gerichteten schädigenden Handlungen eines Arbeitskollegen bestehe jedenfalls dann, wenn sich die schädigende Handlung in dem Aufgabenbereich abspiele, mit dem der betreffende Arbeitnehmer betraut ist. 75 So z.B. der Sachverhalt in der Entscheidung des BAG aaO. Die Belastung eines Kollegen ist hiernach dem Befragten auch prinzipiell zumutbar (wegen überwiegender Interessen des Arbeitgebers). 76 Zur sorgfältigen Interessenabwägung als ausschlaggebendes Kriterium für die Zulässigkeit eines Auskunftsbegehrens des Arbeitgebers etwa LAG Hamm BB 1969, 797, 798. Vgl. ferner Teichmann in: Soergel, § 242 Rdnr. 195, 198 m.w.N.

§ 12 Offene betriebsinterne Recherchen

53

der Drohung einer fristlosen oder fristgemäßen Kündigung reagieren? Oder würde das eine arbeitsrechtswidrige, vielleicht sogar gemäß § 240 StGB strafbare Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellen? Wäre bei beharrlicher " Aussageverweigerung " des Arbeitnehmers trotz einer solchen Kündigungsdrohung deren Realisierung arbeitsrechtlich legal, sei es gemäß § 626 I BGB, sei es gemäß § 1 KSchG? Die Antwort auf diese Fragen kann nur differenzierend ausfallen, wobei ich zu folgendem Standpunkt neige: Maßgeblich ist eine umfassende Abwägung der beteiligten Interessen des Arbeitgebers einerseits und des seine Mitwirkung an der Straftataufklärung verweigernden Arbeitnehmers andererseits 77, bei der insbesondere die folgenden Gesichtspunkte entscheidungserheblich sind, nämlich - Art und Gewicht der fraglichen betriebsschädigenden Straftat; - Schadensumfang (einschließlich der Gefahr weiterer Schäden bei mangelnder rechtzeitiger Aufklärung); - Position und Funktion des Arbeitnehmers im Betrieb; - Stärke des gegen ihn bestehenden Verdachts (bei Befragung als Verdächtigter); - Intensität des Tatverdachts und des Verdachts, daß der Befragte etwas über die fragliche Tat weiß (bei der Befragung als Zeuge); - Gefährdung des befragten Arbeitnehmers im Falle wahrheitsgemäßer Belastung von Kollegen (bei der Zeugenvernehmung, wenn Anhaltspunkte für massive Versuche der Einschüchterung des Zeugen bestehen); - Gewicht und Bedeutung der erwarteten Auskunft des befragten Arbeitnehmers für die Aufklärung der Straftat (bei der Befragung als Zeuge). Diese Maßstäbe sollen durch die beiden folgenden Fälle verdeutlicht werden: Falli

Der Arbeitnehmer (AN) steht im Verdacht, Betriebssabotage durch Beschädigung teurer Fertigungsmaschinen begangen zu haben. Dabei ist der Verdachtsgrad nach den Umständen erheblich. Bei seiner Befragung als Verdächtigter durch den betriebsinternen Sicherheitsdienst im Auftrag des Arbeitgebers (AG) erklärt AN, er sage nichts. Bei dieser Weigerung bleibt er auch trotz Androhung fristloser Kündigung durch den AG. Demgemäß erfolgt eine formell ordnungsgemäße fristlose Kündigung gemäß § 626 I BGB (§ 102 I BetrVG).

77

Siehe Anm. 76.

54

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Hier könnte die Kündigung nach § 626 I BGB unter dem Aspekt der sog. Verdachtskündigung rechtmäßig sein 78. Eine solche Kündigung kann im Einzelfall zulässig sein, wenn der Arbeitnehmer unter dem dringenden Verdacht steht, eine schwerwiegende, betriebsschädigende Straftat (bzw. sonstige Pflichtwidrigkeit) begangen zu haben 79. Entscheidend ist, ob aufgrund dieses Verdachts dem Kündigenden i.S. des § 626 I BGB "unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann". Auch wenn der Gesichtspunkt der Verdachtskündigung im Einzelfall nicht durchgreifen sollte, bleibt in Fällen wie dem vorliegenden die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung unter dem Aspekt der schwerwiegenden Verletzung der arbeitsrechtlichen Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Aufklärung betriebsinterner Straftaten: Die fragliche Straftat war nach Art und Gewicht erheblich betriebsschädigend. Nach den Umständen bestanden massive Anhaltspunkte dafür, der Arbeitnehmer könne entscheidend zur Straftataufklärung beitragen. Kann man ihm nicht wegen der Tat selbst (wegen des erheblichen Tatverdachts) kündigen, so bleibt noch immer der Aspekt der arbeitsvertragswidrigen Verweigerung der Mitwirkung an der Aufklärung schwerwiegender Verbrechen bzw. Vergehen gegen erhebliche Betriebsinteressen. Auf jeden Fall - sei es unter dem Aspekt des Verbrechens Verdachts, sei es unter dem jener Kooperationsverweigerung

-

ist es vorliegend dem Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles und unter umfassender Abwägung der beteiligten Interessen nicht mehr zuzumuten, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen (§ 626 I BGB). Wegen der Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung war erst recht deren Androhung legal. - Ergänzend sei noch auf folgendes hingewiesen: Wenn im Einzelfall an den strengeren Voraussetzungen des § 626 I BGB für eine fristlose Kündigung Zweifel bestehen, kann immer noch eine fristgemäße Kündigung i.S. des § 1 KSchG sozial gerechtfertigt, mithin rechtswirksam sein. -

78 Zur Verdachtskündigung im einzelnen Hueck/v. 260 ff. 79

Hueck/v.

Hoyningen-Huene,

Hoyningen-Huene aaO, Rdnr. 260 m.w.N.

§ 1 KSchG Rdnr.

§ 12 Offene betriebsinterne Recherchen

55

Fall 2

Das Unternehmen XY-AG ist durch einen Fall schwerwiegender Industriespionage (§ 17 UWG) geschädigt, die ein Mitglied der Forschungs- und Entwicklungsabteilung begangen haben muß. Der Arbeitnehmer Dr. Ζ aus dieser Abteilung gehört zu dem engen Personenkreis, der nach den Umständen näheres über Tat und Täter wissen müßte, ohne selbst als Täter oder Beteiligter verdächtigt zu werden. Daher wird er im Auftrag der Unternehmensleitung von Angehörigen des werksinternen Sicherheitsdienstes als Zeuge befragt. Ζ weigert sich aber, sein Wissen über Tat und Täter zu offenbaren, weil er keine Kollegen "verpfeifen" möchte. Auch als ihm wegen seiner Weigerung, an der Aufklärung der betriebsschädigenden Straftat mitzuwirken, mit fristloser Kündigung gedroht wird, bleibt er bei seinem Schweigen, obwohl er weiß, welche weitere Schäden dem Unternehmen drohen, wenn jene Industriespionage nicht bald aufgedeckt wird. Daraufhin erfolgt eine ordnungsgemäße fristlose Kündigung gemäß § 626 I BGB ( § 102 Π BetrVG). Hier liegt gemäß der gebotenen Interessenabwägung ganz evident ein Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 I BGB vor, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit wegen schwerer und betriebsschädigender Verweigerung der Mitwirkung an der Aufklärung einer erheblichen Straftat gegen Betriebsinteressen. b) Zum hier angesprochenen Problemkreis gibt es eigentlich erstaunlich wenig Gerichtsentscheidungen un4 Äußerungen im Schrifttum 80. Das mag darauf beruhen, daß vielfach, wenn nicht sogar in der Regel, bei schweren betriebsinternen Straftaten über die Aufklärungsmethoden und die interne Sanktionierung Stillschweigen gewahrt wird. c) Die Stichworte "Werkschutz7"betriebsinterner Sicherheitsdienst" machen noch eine Klarstellung notwendig, die angesichts gelegentlichem "Übereifer" sinvoll erscheint: Selbstredend haben die Angehörigen solcher Sicherheitsdienste keinerlei Zwangsbefugnisse nach der Art strafprozessualer Zwangsmaßnahmen wie - körperliche Untersuchungen, - Durchsuchung der Person, - Beschlagnahme von Privatpost, - "Lauschangriff". Vielmehr sind ihnen derlei Zwangsbefugnisse im allgemeinen und die Anwendung physischer Gewalt im besonderen nur in Ausnahmefallen erlaubt, nämlich dann, wenn Rechtfertigungsgründe als Jedermannsrecht wie Not80

Siehe aber BAG E 6, 82, und BAG NJW 1970, 1861.

56

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

wehr, Nothilfe, Notstand, sonstige Selbsthilfebefugnisse nach BGB bzw. das Festnahmerecht nach § 127 I S.l StPO eingreifen. Auch ist es ihnen verwehrt, Aussagen mittels Gewalt oder mittels rechtswidriger Drohungen mit einem empfindlichen Übel abzunötigen, was bereits aus § 240 StGB folgt. Unzulässig sind namentlich Drohungen mit einer nach den Umständen unter dem Aspekt der Bagatelle evident unwirksamen fristlosen Kündigung. Beispiel: Den eines Diebstahls an einem Bleistift verdächtigten Arbeitnehmer darf man grundsätzlich nicht mit der Drohung fristloser Kündigung zu einem "Geständnis" nötigen. Bei einem solchen Bagatelldiebstahl dürfen Arbeitgeber und/oder Mitarbeiter grundsätzlich auch nicht Kollegen des Verdächtigten durch Drohung mit einer Kündigung gemäß § 626 I BGB dazu zwingen, den Täter (Kollegen) zu belasten. 2. Sonstige offene Recherchen a) Hier ist zunächst an Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchungen des Schreibtisches, anderer Büromöbel bzw. des Spindes oder der Kleidung bzw. der Aktentasche des verdächtigten Arbeitnehmers zu denken. Erfolgen solche Eingriffe in die Privatsphäre (in Extremfällen möglicherweise sogar in die Intimsphäre) mit Einverständnis des Arbeitnehmers, so sind sie bei freiem, nicht abgenötigtem Einverständnis selbstredend legal. Es fragt sich, ob und wieweit derartige Durchsuchungen durch den Arbeitgeber oder seine Mitarbeiter auch gegen den Willen des Arbeitnehmers rechtmäßig sein können. Die Antwort darauf ergibt sich aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht des Arbeitgebers, das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu respektieren 81. Dieses durch die Judikatur des BGH entwickelte und vom BVerfG akzeptierte 82, auf Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG gestützte Recht ist einerseits ein Grundrecht als Abwehrrecht gegenüber dem Staat, beansprucht aber andererseits als "sonstiges Recht" i.S. des § 823 I BGB auch im Verhältnis der Bürger untereinander Geltung.

81 Vgl. Zöllner/Loritz* m.w.N. aus der Literatur. 82

§ 16 I 2; ferner Kreutz in: GK-BetrVG, § 75 BetrVG Rdnr. 67

BGH Ζ 13, 334; 24, 72; 26, 349; 35, 363 und öfter; BVerfG E 34, 269 (Soraya-Urteil).

§ 12 Offene betriebsinterne Recherchen

57

Es wird vielfach als "einheitliches, umfassendes subjektives Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit" umschriebenes, von anderen als "Quellrecht für einzelne konkrete Gestaltungen" 84. Besser als durch diese vagen, inhaltsarmen Definitionsversuche ist eine Verdeutlichung des Normbereichs des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (APR) durch die Aufzählung von einzelnen Schutzbereichen des APR möglich; gemeint sind vor allem die folgenden: - Das Recht am eigenen Wort; - das Recht am eigenen Bild; - Schutz des einzelnen vor Entstellung des Persönlichkeitsbildes durch unwahre Behauptungen; - allgemeiner Ehrschutz vor beleidigenden Werturteilen oder (nicht erweislich wahren) ehrenrührigen Tatsachenbehauptungen; - Schutz von Intim- und Privatsphäre (soweit nicht schon eine speziellere Fallgruppe wie das Recht am eigenen Wort einschlägig ist). In idealtypisierender Vereinfachung nun liegt die Besonderheit des APR als "sonstiges Recht" i.S. des § 823 I BGB nach h.M. namentlich darin, daß bei den in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgezählten anderen absoluten Rechten wie Leben, Leib, Freiheit die tatbestandsmäßige Beeinträchtigung die Rechtswidrigkeit des Delikts indiziert 85, während eine solche Unrechtsindikation beim APR grundsätzlich nicht oder nur abgeschwächt gilt 86 : im Grundsatz soll bei Beeinträchtigungen des APR die Rechtswidrigkeit nicht schon vorliegen, wenn kein Erlaubnissatz eingreift; vielmehr müsse bei solchen Beeinträchtigungen die Widerrechtlichkeit positiv hergeleitet werden, und zwar aufgrund einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen 87. Weiterhin erfordert das Verständnis von Wesen und Normbereich des APR noch einen Hinweis auf die herrschende Sphärentheorie, die bekanntlich besagt: 83

BGH Ζ 13, 334, 338.

84 BGH Ζ 24, 72, 78. - Zu den speziellen Ausprägungen des APR im Privatrecht siehe etwa Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte. 85 Medicus, § 136 II 1 a, § 141 I. Mit dieser Formel ist gemeint: Eine solche tatbestandsmäßige Beeinträchtigung ist widerrechtlich, wenn kein Rechtfertigungsgrund vorliegt. 86

BGH Ζ 24, 72, 80; Ehmann, Anhang zu § 12, Rdnr. 54 ff (55).

87

BGH aaO; Ehmann aaO, Rdnr. 54 ff (55, 58), 66.

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Es gebe einen "schlechthin unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung"; bei ihm sei jede Verletzung rechtswidrig, mithin keiner rechtfertigenden Interessenabwägung zugänglich 88. Als Beispiel hierfür wird etwa das heimliche Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes mit technischen Mitteln ("Lauschangriff"), soweit es sich um das "Liebesgeflüster" eines Pärchens oder um ein Gespräch unter Ehepartnern über "Intimitäten" handelt, genannt 89. Bei sonstigen Eingriffen in die Privatsphäre, die nicht jenen "unantastbaren Kernbereich" betreffen, sei kein absoluter Schutz gegeben, sondern Raum für den Ausschluß der Rechtswidrigkeit im Wege der umfassenden Interessenabwägung 90. Als im Schrifttum kontrovers diskutiertes Beispiel dafür sei hier im Anschluß an die Rechtsprechung von BVerfG und BGH die Verwertbarkeit von tagebuchartigen Aufzeichnungen von Angeklagten in Fällen schwerster Kriminalität genannt 91. Jene Sphärentheorie scheint mir allerdings mehr auf dem Papier als in der Rechtswirklichkeit zu dominieren. Zum einen nämlich hat das BVerfG jenen "unantastbaren Kernbereich" in seiner Tagebuch-Entscheidung von 1989 92 praktisch "auf Null reduziert". So betont beispielsweise Ehmann zu recht, hiermit sei bewiesen, daß es den "letztlich unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit" gar nicht gebe 93. Zum anderen hat z.B. der BGH in Strafsachen in beiden Tagebuchentscheidungen nicht auf die Unterscheidung unantastbarer Kernbereich/sonstige Privatsphäre abgestellt, sondern schlechthin darauf, ob die Interessen des betroffenen einzelnen an seiner Privatsphäre im konkreten Fall hinter überwiegenden Strafverfolgungsinteressen des Staates zurücktreten müßten 94. Demgemäß wird man mit Ehmann sagen können, 88 BVerfG E 27, 1, 6; 34, 238, 245 (Tonbandentscheidung); 80, 367, 373 (Tagebuch-Entscheidung); zustimmend u.a.: Geis, JZ 1991, 112 ff, 117; Stürmer, Jura 1994, 393, 395. Ablehnend u.a. Amelung, NJW 1990, 1753 ff. 89

Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 295, 333, 334.

90

BVerfG E 34, 32 ff; BVerfG E 80, 367, 373, 375 f.

91 BVerfG E 80, 367 ff; BGH St 19, 325, 332, 333; BGH St 34, 397, 401; dazu u.a.: Amelung und Geis aaO.

92 E 80, 367. 93

Ehmann, Anhang zu § 12, Rdnr. 27, 293.

94 BGH St 19, 325, 332, 333 (wo ein Überwiegen der Strafverfolgungsinteressen - Anklage wegen Meineids - verneint wurde); BGH St 34, 397, 401 (wo die Verwertbarkeit des Tagebuchs wegen der Strafverfolgungsinteressen - Mordanklage - zugelassen wurde).

§ 12 Offene betriebsintee Recherchen

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die Lehre vom "unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit" einerseits und von den um sie herum gelagerten "Schutzhüllen" der sonstigen Privatsphäre andererseits sei hilfreich nur für die "letztlich banale, aber doch praktisch brauchbare Erkenntnis", daß die Anforderung an die Rechtfertigung eines Eingriffs in den persönlichen Bereich desto höher seien, je tiefgreifender der Eingriff sei 95. Folglich ist der Orientierung an der Sphärentheorie der ehrlichere Standpunkt vorzuziehen, der besagt: Bei Eingriffen in das APR können (überwiegende) Interessen wie das Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit, wenn es um Beeinträchtigungen durch Strafverfolgungsorgane geht, oder das strafrechtliche Genugtuungsinteresse des Verletzten i.V.m. seinem Interesse auf Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Täter (gegebenenfalls zusätzlich mit Gefahrenabwehrinteressen z.B. bei Wiederholungsgefahr), soweit es sich um Eingriffe durch private Ermittlungen handelt, rechtfertigende Wirkung entfalten. Dies mit der Maßgabe, daß die Anforderungen an eine solche Rechtfertigung durch das Gewicht jener Ermittlungsinteressen umso höher sind, je schwerer der Eingriff in das APR wiegt. Soweit freilich ein derartiger Eingriff zugleich Strafgesetze verletzt (z.B. im Falle des "Lauschangriffs" § 201 II StGB), ist grundsätzlich statt jener mehr oder weniger diffusen allgemeinen Interessenabwägung das Vorliegen eines speziellen Erlaubnissatzes wie Notwehr, Notstand etc. zu verlangen. Was die vorstehenden Ausführungen zum APR für offene Ermittlungsmaßnahmen wie eigenmächtige Durchsuchungshandlungen zur Folge haben, sei nun durch den folgenden Fall verdeutlicht: Fall 3

Der Arbeitnehmer (AN) steht in dringendem Verdacht, strafbare Industriespionage (§ 17 UWG) und Untreue (§ 266 StGB) zum Nachteil seines Arbeitgebers (AG) begangen zu haben; die fragliche Tat ist nach Umfang und Schaden schwerwiegend. Als sich dem AG der Eindruck aufdrängt, AN wolle belastendes Material, dazu dem Unternehmen gehörende Unterlagen heimlich aus seinem Büro (Schreibtisch) entfernen, schickt er Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zu AN ins Büro und fordert ihn auf zu dulden, daß Schreibtisch und Büroschrank durchsucht werden. AN protestiert lebhaft, verzichtet aber angesichts der Überzahl der Sicherheits-Bediensteten auf Gegenwehr. Wie bereits erwähnt, stehen dem Arbeitgeber, seinem Werkschutz, seinem Sicherheitsdienst und anderen seiner Betriebsangehörigen bei privater 95 Ehmann aaO, Rdnr. 26 (im Anschluß an Hubmann).

60

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Straftataufklärung keinerlei Zwangsbefugnisse nach Art der strafprozessualen Grundrechtseingriffe zu 96. Demgemäß fehlt es ihnen an Beschlagnahme- und Durchsuchungsrechten nach Art der für hoheitliche Straftatermittlungen geltenden §§ 94 ff, 102 ff StPO. Folglich sind solche Durchsuchungsmaßnahmen des Arbeitgebers als Verletzten mangels Einwilligung des verdächtigten Arbeitnehmers 97 grundsätzlich widerrechtlich. Nur in Ausnahmefällen können derlei Durchsuchungen und gegebenenfalls Beschlagnahmen aufgrund des Eingreifens von Rechtfertigungsgründen als Jedermannsrechte erlaubt sein, wobei vornehmlich die folgenden Erlaubnissätze in Frage kommen: - Notwehr und Nothilfe, wenn der verdächtigte Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gehörige Sachen wie Akten, Zeichnungen, Modelle, Werkstücke, Disketten etc. aus seinem (Arbeitnehmer) Büro, Labor oder sonst von seinem Arbeitsplatz entfernen will, z.B. um sie Konkurrenzunternehmen anbieten zu können; - Festnahme gemäß § 127 I S. 1 StPO, wenn der Verdächtigte z.B. in seiner Kleidung geheime, sensible Unterlagen des Arbeitgebers verbirgt, um mit ihnen das Betriebsgelände zu verlassen, und sich nicht freiwillig durchsuchen lassen will; - Selbsthilfe als Maßnahme der vorläufigen Sicherung gemäß §§ 229 mit 230 BGB. Doch ist hier stets Vorsicht geboten; denn das Irrtumsrisiko (Gefahr, daß der Verdächtigte unschuldig ist) tragen der Arbeitgeber und die in seinem Auftrag ermittelnden Betriebsangehörigen: Ist der Verdächtigte in Wirklichkeit unschuldig, kommen Notwehr, Notstand, Selbsthilferechte wie §§ 229 mit 230 BGB und richtiger Ansicht nach auch § 127 I S. 1 StPO 98 als Rechtfertigungsgründe für "Zwangsmaßnahmen" gegen den Arbeitnehmer von vornherein nicht in Betracht. Wegen dieses Irrtumsrisikos sei daran erinnert, daß der Arbeitgeber bei entsprechendem Verdachtsgrad die Polizei einschalten kann. Für sie besteht ja bekanntlich kein vergleichbares Irrtumsrisiko. Denn die Vorschriften der StPO, die Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgericht zu strafprozessualen 96

Oben, § 12,11 c.

97 Zur Klarstellung: Selbstredend bedeutete die Duldung des Arbeitnehmers hier keine Einwilligung; denn sie geschah unter Protest und nur wegen der Einsicht in die mutmaßliche Erfolglosigkeit (und mögliche Gefährlichkeit) von Gegenwehr. 98 Dazu, daß § 127 I S. 1 StPO als Festnahmerecht des Bürgers nur bei einer wirklich begangenen rechtswidrigen Tat des Festgenommenen anwendbar ist, siehe eingehend und m.w.N. pro und contra Krey, StPO 2, Rdnr. 369-373.

§ 12 Offene betriebsinterne Recherchen

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Grundrechtseingriffen wie Beschlagnahme, Durchsuchung, Festnahme etc. ermächtigen, knüpfen bekanntlich nicht etwa an die Schuld des Betroffenen an, sondern an einen (mehr oder weniger erheblichen) Tatverdacht. Ob in Fall 3 Notwehr, Nothilfe, Selbsthilferechte (§§229, 230 BGB) und/oder das Festnahmerecht (§ 127 I S. 1 StPO) eingreifen, läßt sich dem Sachverhalt nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Ist der Verdächtigte allerdings tatsächlich schuldig, so kommen jene Erlaubnissätze in Konstellationen wie Fall 3 ernstlich in Betracht. b) Als sonstige offene Ermittlungsmaßnahme sei noch die zur Verhütung und zur Aufklärung von Straftaten eingesetzte Überwachung von Arbeitsplätzen mit Videokameras angeführt, wobei solche Fälle gemeint sind, bei denen diese Überwachung mit Kenntnis der Arbeitnehmer erfolgt. Sind diese einhellig hiermit einverstanden - und hat auch der Betriebsrat zugestimmt, § 87 I Nr. 6 BetrVG 99 . , so ist die Maßnahme offensichtlich legal. Bei fehlendem Einverständnis betroffener Arbeitnehmer liegt ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) vor, und zwar speziell in dessen Schutzbereich "Recht am eigenen Bild". Dieses Recht ist in §§ 22-24 und anderen Vorschriften des Kunsturhebergesetzes (KUG) als Spezialregelungen gegenüber dem APR geschützt. § 22 KUG erfaßt aber ausdrücklich nur die Verbreitung und Veröffentlichung von Fotoaufhahmen, schützt also nicht vor der Herstellung der Aufnahme selbst. Dieser Schutz erfolgt nach wohl überwiegender Auffassung durch das APR 100; andere stellen auf eine Analogie zu §§ 22, 23 KUG ab ιοί. Zu Recht ist mit Ehmann davon auszugehen: Es sei letztlich gleichgültig, welchem von beiden Wegen der Vorzug gebühre; denn §§ 22, 23 KUG seien im Grunde lediglich deklaratorische Ausprägungen des APR, so daß in beiden Fällen die Legalität der eigenmächtigen Herstellung von Foto-, Film- und Videoaufhahmen auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen zu beurteilen sei 102.

99 Dazu Giaubitz m.w.N. 100

in: Hess/Schlochauer/Glaubitz, §87, Rdnr. 309, Spiegelstrich 11

OLG Hamm NJW-RR 1988, 425; Schäfer in: Staudinger, § 823 Rdnr. 213.

101

Dahingestellt bei Ehmann, Anhang zu § 12, Rdnr. 329 ff.

102

Ehmann aaO.

62

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Das ist auch der Standpunkt des BAG in seinem Videoüberwachungs-Urteil von 1987 103. Sofern diese Interessenabwägung dabei keine Wahrnehmung (überwiegender) berechtigter Arbeitgeberinteressen ergibt, was von den Umständen des Einzelfalles abhängt, ändert sich an der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in das APR nichts dadurch, daß der Betriebsrat zugestimmt hat. Seine Zustimmung entfaltet nämlich bei materiell widerrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen des Arbeitgebers keine Legalisierungswirkung 104. Diese Feststellung ist schon deswegen bedeutsam, weil solche Überwachungsmaßnahmen unverhältnismäßig sein dürften, sofern es nicht um schwerwiegende betriebsinterne Straftaten bzw. um eine gefährlicher Häufung von nicht unerheblichen Taten geht, deren Aufklärung (und/oder Verhinderung) auf andere Weise nicht mit hinreichender Sicherheit möglich wäre.

Π. Besonderheiten beim Einsatz von Detektiven? Die Beauftragimg von Detektiven zur Vornahme von strafprozessualen Ermittlungen bei betriebsinternen Straftaten bietet sich in erster Linie bei außerhalb des Betriebes erfolgenden Recherchen an, mag es sich dabei um verdeckte oder offene Ermittlungen handeln, in zweiter Linie bei verdeckten Ermittlungen im Betrieb. Dagegen dürfte der Einsatz von Detektiven bei offenen Recherchen im Betrieb des Verletzten eher atypisch sein. Demgemäß sollen etwaige rechtliche Besonderheiten privater Ermittlungen für den Verletzten durch Detektive an dieser Stelle noch zurückgestellt werden.

103

DB 1988, 403.

104

Vgl. (Haubitz in: Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 87 BetrVG Rdnr. 322.

§1

ene ete

Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

63

§ 13 Ermittlungen in der Sphäre von Betriebsangehörigen, aber außerhalb des Betriebes I. Durch den Verletzten und seine Betriebsangehörigen 1. Befragung von Angehörigen, Nachbarn, Freunden etc . eines verdächtigten Arbeitnehmers als Zeugen Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, daß den Verletzten und seine Mitarbeiter bei solchen privaten "Zeugenbefragungen " keinerlei Belehrungspflicht nach Art der §§ 52, 161 a I S.2, 163 a V StPO (Angehörige) sowie der §§ 55, 161 a I S.2, 163 a V StPO (Zeugen, bei denen die Gefahr der Selbstbelastung deutlich ist) trifft. In aller Regel sind derartige private Recherchen im Umfeld des Verdächtigen, mögen sie für ihn auch unangenehm sein, absolut legal. Namentlich bedeutet die bloße Tatsache solcher Ermittlungen grundsätzlich noch keinen Eingriff in den Schutzbereich des APR des Verdächtigten. Hierfür spricht die folgende Überlegung: Nach herrschender und zutreffender Ansicht stellen solche Recherchen durch die Strafverfolgungsbehörden Polizei und StA keinen Eingriff in Grundrechte des Beschuldigten dar 105; vielmehr werden derlei Ermittlungen mangels Eingriffsqualität bereits durch die Aufgabengeneralklauseln der §§ 160, 161, 163 StPO gedeckt 106. Meines Erachtens nun sollte man sich im Bürgerlichen Recht und im Arbeitsrecht bei der Beurteilung der Frage, ob bei privaten Ermittlungen zur Straftataufklärung in den Schutzbereich des APR des Verdächtigten eingegriffen wurde, im Grundsatz an der entsprechenden Beurteilung des Strafverfahrensrechts orientieren. Aber selbst wenn man eine Beeinträchtigung des APR des Verdächtigten durch jene Recherchen bejahen wollte, würde diese grundsätzlich unter dem

105 Hierzu m.w.N.: Krey, StPO 1, Rdnr. 484; ders. VE-Gutachten, Rdnr. 102 ff, 106 (mit eingehender Ablehnung der fernliegenden "Lehre vom Totalvorbehalt" "Informationseingriff" -); Krey /Haubrìch, JR 1992, 309, 315. -Siehe auch Ehmann, AcP 1988, 302 m.w.N., 378 These 20: Nicht jede Datenerhebung (auch mit anderen Mitteln als durch Angaben des Betroffenen selbst) oder jede sonstige Verarbeitung oder Verwendung von personenbezogenen Daten sei schon ein Grundrechtseingriff (in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung). Etwas anderes habe auch das BVerfG in seinem Volkszählungsurteil (E 65, 1 ff) nicht entschieden. 106

Krey/Haubrich

aaO m.w.N.

64

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Aspekt (überwiegender) berechtigter Interessen des Verletzten rechtmäßig sein, d.h. keine Verletzung des APR beinhalten. Nur in ganz besonderen Ausnahmefallen beharrlicher, nach Dauer, Umfang und Intensität erheblicher Ermittlungen in Nachbarschaft, Bekanntenkreis, etc. des verdächtigten Arbeitnehmers kann die Annahme eines Eingriffs in sein APR angezeigt sein, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Rufschädigung. Aber auch dann muß der Eingriff nicht unbedingt eine rechtswidrige Verletzung des APR bedeuten, sondern kann ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt (überwiegender) berechtigter Interessen des ermittelnden Verletzten legal sein. Zur Untermauerung der vorstehenden Feststellungen sei an eine Einsicht erinnert, die freilich diejenigen erstaunen mag, die sich zu einseitig auf die "Modethemen" Datenschutz und "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" 107 eingelassen haben; jene Einsicht lautet: Jeder Private habe nach wie vor grundsätzlich das Recht, auch solche Daten zu gewinnen und zu verarbeiten, die sich auf eine andere Person bezögen, sofern nicht ausnahmsweise vorrangige Interessen des jeweils Betroffenen entgegenständen 108. 2. Arbeitsrechtliche

Schranken

Soweit im Einzelfall ausnahmsweise durch solche Recherchen des Arbeitgebers als Straftatopfer im privaten Umfeld des verdächtigen Arbeitnehmers doch eine rechtswidrige Beeinträchtigung von dessen APR vorliegen sollte, bedeutet dieser Rechtsverstoß zugleich eine Verletzung der oben erwähnten 109 arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.

107 Grundlegend, aber problematisch, BVerfG hang zu § 12, Rdnr. 9 und öfter; ders. AcP 1988, 380 These 28. P. Krause, JuS 1984, 268 ff; Krey, Informationseingriff, S. 41 - 49, 56 f, 80; Schenke, 108

Gallwas, NJW 1992, 2785, 2788.

109

§ 12,11 mit Anm. 73.

E 65, 1 ff; dazu kritisch u.a. Ehmann, An259 ff, 298 ff, 320, 338 ff, 378 These 18, VE-Gutachten, Rdnr. 106 ff, 114 ff; Rogali , JZ 1989, 653, 658.

§1

ene ete

Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

65

Π. Besonderheiten beim Einsatz von Detektiven? - Schwerpunkt: Bundesdatenschutzgesetz 1. Im Hinblick auf den gelegentlichen "Übereifer" von Detektiven bei ihren Untersuchungen sei daran erinnert, daß ihnen bekanntlich keinerlei Zwangsbefugnisse nach Art der strafprozessualen Grundrechtseingriffe zukommen und daß sie keinerlei Recht zum Einsatz physischen Zwangs haben, sofern kein Erlaubnissatz als Jedermannsrecht wie Notwehr, Notstand, Recht zur vorläufigen Festnahme gemäß § 127 I S.l StPO eingreift. Demgemäß haben Reichsgericht (RG) und BGH zutreffend betont, Privatdetektive seien zwar zu privaten Ermittlungshandlungen zwecks Aufklärung von Straftaten befugt; sie müßten sich dabei aber mangels polizeilicher oder staatsanwaltlicher Funktionen und Rechte auf solche Recherchen beschränken, zu denen jedermann befugt sei no. Ergänzend hebt das RG hervor, der Detektiv habe nur das Recht zu solchen Untersuchungen, die auch der Verletzte vornehmen und einem anderen übertragen dürfe m , was unsere eingangs H2 hervorgehobene These unterstreicht, der Detektiv partizipiere bei seiner Befugnis zu Privatermittlungen für den Verletzten an dessen prinzipiellem Recht zur privaten Straftataufklärung. 2. Es fragt sich, ob der Detektiv bei privaten strafjprozessualen Recherchen im Auftrag des Verletzten oder des Verletztenanwalts zusätzlichen materiellen Schranken aufgrund des Bundesdatenschutzgesetzes (Nr. 245 im Sartorius) unterliegt, die seine Ermittlungsbefugnisse (Datenerhebung) beschränken. Hierzu kann nur sehr kursorisch Stellung genommen werden, zumal Verf. kein Spezialist im Datenschutzrecht ist, was aber aus den folgenden Gründen keinen Nachteil für die Erstellung unserer Studie bedeutet. Bei näheren Überlegungen zum Verhältnis zwischen dem Strafverfahrensrecht einerseits und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) andererseits zeigt sich nämlich, daß letzteres für strafprozessuale Ermittlungen (Datenerhebungen) keine einschränkende Bedeutung hat:

110

RG St 59, 291, 298; BGH NJW 1989, 1924, 1925.

Hl

RG aaO.

112

§9,111,1,2

5 Krey

66

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

L Keine Begrenzung strafprozessualer Ermittlungsbefugnisse StA und Strafgericht durch das BDSG

von Polizei,

Der Schutz der personenbezogenen Daten des Beschuldigten und anderer Betroffener (z.B. Zeugen) sowie ganz allgemein ihr Grundrechtsschutz gegenüber Untersuchungshandlungen der Strafverfolgungsorgane ergibt sich abschließend aus der StPO (i.V.m. dem GG). Sie hat verfassungskonform, unter Abwägung der beteiligten Interessen, namentlich auch unter Berücksichtigung der Grundrechte, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie anderer Verfassungsprinzipien, festgelegt, wieweit der Bürger die Ermittlung seiner personenbezogenen Daten zwecks Verbrechensaufklärung zu dulden hat. Demgemäß kann es nicht Aufgabe des BDSG sein, über die rechtsstaatlichen Schranken der StPO hinaus für staatliche Ermittlungen zur Verbrechensaufklärung zusätzliche materielle Grenzen zu ziehen. Mit anderen Worten: Dem BDSG kommt für die Strafverfolgungsorgane bei ihren Ermittlungshandlungen keine begrenzende Funktion zu. Das ist auch angesichts des abschließenden Charakters der StPO und ihrer rechtsstaatlichen Struktur sachgerecht; unser Strafprozeßrecht benötigt nicht das BDSG, um seiner Normierung über die Legalität strafprozessualer Ermittlungen die entsprechenden "rechtsstaatlichen Weihen" zu verleihen. Sollten Datenschützer und andere den Geltungsanspruch des BDSG abweichend verstehen, so müßte dieses Gesetz im Hinblick auf die StPO als lex specialis und auf den Gesichtspunkt der Systemverträglichkeit - hier: den Aspekt der Wahrung des Verfassungsgebots einer effektiven Strafrechtspflege 113 als ein Verfassungshöchstwert 114 durchgehend so interpretiert werden, daß es ausgeschlossen ist, unter Berufung auf das BDSG strafjprozeßrechtlich legalen Ermittlungsmaßnahmen zusätzliche Schranken zu ziehen.

113 BVerfG E 19, 342, 347; 20, 45, 49; 20, 144, 147; 32, 373, 381; 33, 367, 383; 34, 238, 248; 38, 105, 115f; 38, 312, 321; 57, 250, 284; dazu näher und m.w.N.: Krey, StPO 1, Rdnr. 35 ff; ders. StPO 2, Rdnr. 261 bis 263; ders. VE-Gutachten, Rdnr. 153, 154, 398, 399, 413, 415, 504 und öfter. - Sachlich zu Unrecht und unnötig polemisch spricht Roxin (§ 1/7 im Anschluß an Hassemer) vom "gegenreformatorischen" Topos der "Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege ". 114

Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 153.

§ 13 Offene externe Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

67

Der hier vertretene Standpunkt ist auch mit zentralen Normen des BDSG vereinbar, und zwar namentlich mit der Subsidiaritätsvorschrift in § 1 IV BDSG 115. Diese Vorschrift bestimmt nämlich: "Soweit andere Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten, einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, gehen sie den Vorschriften dieses Gesetzes vor." Diese Subsidiaritätsklausel, die im Hinblick auf das durchaus brisante Problem einer etwaigen Geltung des BDSG für das Verarbeiten (Speichern, Übermitteln, Löschen etc., § 3 V S. 1 BDSG) personenbezogener Daten zu strafprozessualen Zwecken wirklich klarer hätte formuliert werden können, besagt trotz jener mangelnden Präzision eines mit hinreichender Deutlichkeit:

Jedenfalls die strafprozessualen Vorschriften über das Erheben lBeschaffen, § 3IV BDSG) personenbezogener Daten im Rahmen der Verbrechensaufklärung sind leges speciales gegenüber dem BDSG und haben gemäß § 1IV BDSG Vorrang vor diesem Gesetz 116. Ob und wieweit für das Speichern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten, die durch Ermittlungen der Strafverfolgungsorgane erhoben wurden, dem BDSG gegenüber der StPO Relevanz zukommt, soll in dieser Studie dahinstehen, weil ihr eigentliches Thema die Datenerhebung durch strafprozessuale Ermittlungen ist, dagegen nicht die Datenverarbeitung, und weil zum anderen jene Problematik eine eigene Studie erfordern würde. Doch sei der eigene Standpunkt hierzu immerhin genannt; er besagt: Auch die Datenverarbeitung zum Zwecke der Strafverfolgung richtet sich in dem Sinne nach der StPO, daß diese entweder als abschließende Regelung zu verstehen ist oder zumindest insoweit Vorrang vor dem BDSG besitzt, daß letzteres der Strafverfolgung über die StPO-Regelungen hinaus keine zusätzlichen Hemmnisse in den Weg legen darf.

2. Keine Begrenzung strafprozessualer Ermittlungsbefugnisse durch den Beschuldigten und seinen Verteidiger (§ 137 StPO) bzw. den Verletzten un seinen Verletztenanwalt (§ 406f StPO) durch das BDSG Auch die Durchführung von privaten Ermittlungen zur Straftataufklärung durch diese Verfahrensbeteiligten ist eine genuin strafprozessuale Materie, deren Legalität aus dem bereits dargelegten Zusammenspiel von GG und StPO 115

Allgemein zu dieser Bestimmung Ordemann/Schomerus,

§ 1 Anm. 7.

116 Siehe auch Ordemann/Schomerus, § 14 Anm. 3.8: Für die Behörden der Polizei und der StA "gelten die fachspezifischen Rechtsvorschriften der StPO". 5*

68

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

folgt 117. Diese verfassungskonforme und auch einfachgesetzlich nach Wesen und Struktur des Strafprozesses systemgerechte Befugnis zu solchen privaten Ermittlungen bedarf keiner Einschränkungen durch das BDSG; vielmehr stellt die StPO auch insoweit eine abschließende Regelung dar. Der hier vertretene Standpunkt läßt sich auch aus dem BDSG selbst ableiten: Erstens ergibt er sich aus der bereits angesprochenen Subsidiaritätsklausel des § 1 IV BDSG. Weiterhin verbietet die Generalklausel des § 4 BDSG nur die Verarbeitung personenbezogener Daten und deren Nutzung, dagegen nicht die Datenerhebung. Schließlich erfaßt der Abschnitt des BDSG über den Umgang nicht-öffentlicher Stellen mit personenbezogenen Daten (§§ 27 ff BDSG) ebenfalls nicht die Datenerhebung, sondern gemäß § 28 BDSG nur das Speichern, Verändern oder Übermitteln (§ 3 V Nr. 1 bis 3 BDSG) sowie die Nutzung (§ 3 VI BDSG). Mithin stellen Müller/Wächter Π8 zutreffend fest: "Datenerhebung und Datenspeicherung (Erfassung bzw. Aufnehmen) fallen zeitlich auseinander; nur die Speicherung, nicht die Erhebung fällt in der privaten Datenverarbeitung in den Geltungsbereich des BDSG". Als Ergebnis läßt sich also festhalten: Das BDSG hat nicht die Funktion, privaten Straftatermittlungen durch Beschuldigten/Verteidiger bzw. Verletzten/Verletztenanwalt Schranken zu ziehen. Auch hier kann wieder dahinstehen, ob und gegebenfalls wieweit das BDSG bei der Datenverarbeitung (Speichern, Verändern, Übermitteln) bzw. bei der anschließenden Datennutzung jenen privaten Recherchen zur Straftataufklärung über die StPO hinausgehende Schranken zieht. Uns geht es ja allein um die Erhebung personenbezogener Daten. Doch sei eines immerhin klargestellt: Die Vorschriften des BDSG über die "Datenverarbeitung nichtöffentlicher Stellen" (§§ 27 ff BDSG) erfassen weder den Beschuldigten noch den Verletzten einer Straftat als solchen bei ihren privaten strafprozessualen Untersuchungen Weiterhin fallen in den Anwendungsbereich jener Vorschriften m.E. auch nicht Rechtsanwälte in ihrer Funktion als Verteidiger bzw. Verletztenanwalt. Denn die gesetzliche Voraussetzung für eine Anwendbarkeit jener Vorschriften wäre eine "geschäftsmäßige oder für berufliche oder gewerbliche Zwecke" erfolgende Arbeit mit diesen Daten (§§ 27 ff BDSG). Und § 28 BDSG als zentrale Vorschrift über Datenspeicherung, -Übermittlung, -nutzung durch 117

Oben, §6, §7 11, §8.

118

Seite 121.

119

Ordemann/Schomerus,

§ 1 Anm. 5.2 und § 27 Anm. 2.

§1

ene ete

Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

69

nicht-öffentliche Stellen erfordert entsprechend eine Tätigkeit als "Mittel zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke". Diese Formel nun wird Wesen und Funktion der Tätigkeit von Verteidiger oder Verletztenanwalt als Organ der Rechtspflege nicht gerecht. 3. Private Straftataufklärung

durch Detektive und BDSG

Unsere Untersuchung hatte bereits dargelegt, daß strafprozessuale Ermittlungen durch Detektive im Auftrag des Beschuldigten/Verteidigers bzw. des Verletzten/Verletztenanwalts an der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Legalität solcher Recherchen durch diese Verfahrensbeteiligten partizipieren 120. Demgemäß handelt es sich bei derartigen Untersuchungen durch Detektive ebenfalls um eine genuin strafprozessuale Materie. Schon deswegen kann es nicht Aufgabe des BDSG sein, Detektiven, die im Auftrag jener Verfahrensbeteiligten strafprozessuale Ermittlungen durchführen, zusätzliche Schranken aufzuerlegen; mit anderen Worten: Das BDSG schränkt die strafprozessuale Datenerhebung durch Detektive im Auftrag des Beschuldigten/Verteidigers und des Verletzten/Verletztenanwalts nicht ein. Dieses Ergebnis entspricht im übrigen auch der Systematik des BDSG selbst; insoweit sei an unsere Ausführungen zu der entsprechenden Rechtslage bei diesen Verfahrensbeteiligten erinnert (2.). Allerdings bedarf noch eine Besonderheit der Detektivtätigkeit gegenüber Ermittlungen des Beschuldigten/Verletzten und des Verteidigers/Verletztenanwalts der Hervorhebung: Beschuldigte und Verletzte agieren bei ihren strafprozessualen Ermittlungen als Private, so daß für sie das BDSG von vornherein nicht gilt 121; der Detektiv dagegen recherchiert nicht als Privatmann, sondern i.S. der §§ 27 ff BDSG als Geschäftsmann (kommerziell) 122. Und anders als Rechtsanwälte, die für den Beschuldigten als Verteidiger bzw. für den Verletzten als Verletztenbeistand tätig werden, fungiert der Detektiv auch nicht als Organ der Rechtspflege, mag er auch, was noch zu zeigen sein wird (unter Punkt J), als Anwaltsgehilfe in Frage kommen.

120

Dazu oben, § 9, III.

121

Ordemann/Schomerus,

§ 1 Anm. 5.2 und § 27 Anm. 2.

122 Bergmann/Möhrle/Herb, §29 Rdnr. 9; Mallmann Ordemann/Schomerus, § 27 Anm. 2.2 und § 28 Anm. 1.1.

in Simitis, §29 Rdnr. 13;

70

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Mangels Tätigkeit als Privater (wie Beschuldigter und Verletzter) und mangels Funktion als Organ der Rechtspflege (wie der Rechtsanwalt) fällt der Detektiv daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich der §§ 27 ff BDSG. Wie bereits erwähnt, normieren diese Bestimmungen allerdings nur Schranken für die Datenverarbeitung und anschließende Datennutzung (§ 28 BDSG), dagegen nicht für die Erhebung personenbezogener Daten durch strafprozessuale Ermittlungen. Freilich findet sich in § 28 I S. 2 und in § 29 I S. 2 BDSG die in ihrem Normbereich und Inhalt höchst unklare Formulierung: "Die Daten müssen nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise erhoben werden." Diese Formulierung bezieht sich nach systematischer Stellung und Funktion auf die in §§28, 29 BDSG geregelte Speicherung, Übermittlung und Nutzung für eigene Zwecke (§ 28 BDSG) bzw. auf die Datenspeicherung zum Zweck der Übermittlung (§ 29 BDSG), so daß es eigentlich richtig in § 28 I S. 2 (auf den § 29 I S. 2 verweist) hätte heißen müssen: "Die Daten müssen nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise erhoben worden sein" 123.

Für die eigentliche Datenerhebung hat § 28 I S. 2 BDSG demgemäß allenfalls die Funktion einer Klarstellung, allerdings einer praktisch inhaltsleeren; denn sie besagt nicht mehr als das: Die Erhebung personenbezogener Daten (zur geschäftsmäßigen Verarbeitung) darf nicht gegen das APR verstoßen oder sonst aufgrund anderer Gesetze als des BDSG rechtswidrig sein 124.

Ergebnis: Das BDSG zieht der Erhebung personenbezogener Daten durch Detektive bei strafprozessualen Ermittlungen im Auftrag von Beschuldigten bzw. Verletzten und/oder ihrer Rechtsanwälte keine konstitutiven Schranken Ob und wieweit die Datenverarbeitung (Speicherung etc.) durch Detektive im Rahmen solcher Straftataufklärung vom BDSG (§§ 27 ff BDSG) erfaßt wird, ist eine andere Frage, die hier nicht geklärt werden kann, aber auch nicht Gegenstand dieser Untersuchung ist.

123 Dazu u.a.: Ehmann, Anhang zu § 12, Rdnr. 418: "Rechtswidrig erhobene Daten dürfen grundsätzlich nicht gespeichert werden ...". Ebenso auch Ordemann/Schomerus, § 28 Anm. 4.1. 124

Sachlich übereinstimmend z.B. Ehmann aaO.

§1

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Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

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m . Der Detektiv als Anwaltsgehilfe i.S. des § 53 a StPO Bekanntlich trifft Detektive keine berufliche Schweigepflicht gemäß § 203 StGB und haben sie kein Aussageverweigerungsrecht als Berufsgeheimnisträger aus § 53 StPO. Indes könnten Detektive im Rahmen privater strafprozessualer Ermittlungen, soweit sie im Auftrag eines Verteidigers oder Verletztenanwalts handeln, als anwaltliche Gehilfen im Sinne des § 203 III StGB sowie des § 53 a StPO fungieren und in dieser Eigenschaft schweigepflichtig und aussageverweigerungsberechtigt sein. Nach einer verbreiteten Auffassung werden Detektive jedoch nicht zu den Gehilfen des Rechtsanwalts i.S. dieser Bestimmungen gezählt, wobei zur Begründung überwiegend auf die Eigenschaft von Detektiven als selbständiger Gewerbetreibender abgestellt wird 125. Demgegenüber meinen andere, Detektive könnten trotz dieser Eigenschaft unter § 53 a StPO und § 203 StGB fallen 126. Dieser Auffassung ist jedenfalls unter der Voraussetzung zu folgen, daß der Verteidiger bzw. Verletztenanwalt dem Detektiv einen hinreichend bestimmten Ermittlungsauftrag gibt und ihn im Grundsatz leitet und überwacht. Hierfür sprechen die folgenden Erwägungen: Unter jenen Voraussetzungen erlaubt schon der Wortlaut von § 53 a StPO und von § 203 III StGB die Behandlung des Detektivs als Berufshelfer. Weiterhin spricht der Gesichtspunkt effektiven Detektiveinsatzes im Interesse des Beschuldigten bzw. Verletzten für die Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf den vom Rechtsanwalt beauftragten Detektiv. Anderenfalls nämlich bestünden Bedenken aus § 203 I Nr. 3 StGB dagegen, daß der Detektiv durch den Rechtsanwalt alle erforderlichen Informationen erhält und namentlich die beim Anwalt vorhandenen Akten durcharbeiten darf. Schließlich erfordert auch der Aspekt des Schutzes des vom Rechtsanwalt vertretenen Mandanten (Beschuldigter oder Verletzter), daß der Detektiv unter den oben genannten Voraussetzungen eine Schweigepflicht und ein Aussageverweigerungsrecht hat. Anderenfalls wäre die Beauftragung des Detektivs zu Recherchen durch den Rechtsanwalt vielfach gar nicht zu verantworten, weil der Detektiv bei seinen Ermittlungen ja auch auf den Beschuldigten bzw. Verletzten belastendes Material stoßen könnte, ohne ein Zeugnisverweigerungsrecht zu haben und ohne schweigepflichtig zu sein. Ein solches Ergebnis würde aber bedeu125 So für § 53 a StPO: Dahs in: LR, § 53 a Rdnr. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Rdnr. 2; Pelchen in: KK, § 53 a Rdnr. 3.

§ 53 a

126 So u.a.: LG Frankfurt NJW 1959, 589, 590; Danckert, Beck'sches Formularbuch, S. 73 f; Jähnke in: LK, § 203 Rdnr. 107; eingehend Jungfer, Strafverteidiger 1989, 495, 504 f; Paulus in: KMR § 203 Rdnr. 4.

72

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

ten, daß die Einschaltung von Detektiven, die in vielen Fällen allein Privatermittlungen des Verteidigers bzw. des Verletztenanwalts erfolg versprechend macht, mit unübersehbaren Gefahren für die Mandanteninteressen verbunden wäre. Damit aber würde das eingangs umfassend dargelegte Recht des Verletzten zur privaten Straftataufklärung unter Einschaltung von Rechtsanwälten und Detektiven partiell leerlaufen. Angesichts unseres Ergebnisses, Detektive könnten als Berufshelfer von Rechtsanwälten i.S. von § 53 a StPO und § 203 III StGB fungieren, empfiehlt es sich bei privaten Recherchen von Verletzten dringend, den Detektiv nicht selbst zu beauftragen, sondern diese Beauftragung mit den oben genannten Maßgaben durch den Rechtsanwalt als Verletztenbeistand vornehmen zu lassen.

§ 14 Externe Recherchen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe etc.) I. Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts verdächtigter eigener oder ehemaliger Betriebsangehöriger durch solche Ermittlungen? Namentlich bei Industriespionage (§ 17 UWG) und bei Betriebssabotage durch eigene Betriebsangehörige zugunsten von Wettbewerbern sind vielfach nicht nur betriebsinterne Ermittlungen zur Straftataufklärung angezeigt, sondern daneben auch Recherchen im "begünstigten Unternehmen" notwendig. Dies leuchtet insbesondere in solchen Fällen ein, in denen der verdächtigte ehemalige Betriebsangehörige zum "begünstigten " Konkurrenzunternehmen übergewechselt ist. Im Grundsatz nun bedeuten derlei Ermittlungen bei Angehörigen fremder Betriebe und innerhalb fremder Betriebe als solche noch keinen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des verdächtigten eigenen oder ehemaligen Betriebsangehörigen. Insoweit sei wiederum auf die bereits oben (§13, I 1) angesprochene Orientierung am verfassungsrechtlichen Begriff des Grundrechtseingriffs im Falle entsprechender Recherchen durch Strafverfolgungsorgane verwiesen: Grundsätzlich ist bei derartigen polizeilichen Ermittlungen am alten und am neuen Arbeitsplatz, bei Befragung ehemaliger und neuer Arbeitskollegen, Vorgesetzter etc. kein Grundrechtseingriff anzunehmen, sondern die polizeiliche Aufgabengeneralklausel des § 163 StPO ausreichend

§ 14 Offene Recherchen gegenüber Dritten

73

- die bekanntlich keine Eingriffsermächtigung bedeutet 127 - . In gleicher Weise liegt, wie ich meine, bei vergleichbaren privaten Recherchen grundsätzlich kein Eingriff in das APR vor. Aber auch wenn man insoweit anderer Ansicht sein sollte, würde es jedenfalls in der Regel an einer rechtswidrigen Verletzung des APR des Verdächtigten fehlen, und zwar unter dem entscheidenden Wertungsgesichtspunkt der (überwiegenden) berechtigten Ermittlungsinteressen des Straftatopfers. Voraussetzung für eine solche Legalität privater Ermittlungen in anderen Unternehmen, gegenüber Angehörigen fremder Betriebe ist freilich der schwerwiegende Verdacht eines erheblichen Delikts zum Nachteil des ermittelnden Verletzten sowie ein verständiger Anlaß für die Annahme, jene Recherchen könnten zur Straftataufklärung beitragen.

Π. Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch derartige externe Recherchen Bekanntlich hat die Rechtsprechung von RG und BGH dieses Institut als sonstiges Recht i.S. des § 823 I BGB entwickelt 128. Erforderlich für die Annahme eines Eingriffs in jenes Recht ist aber stets eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs als solchen; der Eingriff muß also betriebsbezogen sein 129. Daran fehlt es grundsätzlich bei privaten strafprozessualen Ermittlungen des Verletzten einer Straftat gegenüber Angehörigen fremder Betriebe (im Bereich anderer Unternehmen), mögen sich solche Recherchen im Einzelfall auch mittelbar als rufschädigend für das betroffene fremde Unternehmen auswirken. Im übrigen kommt gegebenenfalls als spezielle Schutznorm § 824 BGB in Betracht.

127

h.M.; siehe für alle: Krey, VE-Gutachten Rdnr. 101, 108-110 m.w.N. pro u. contra.

128

Dazu u.a.: Ehmann, AcP 1988, 250 f; Thomas in: Palandt, § 823 Rdnr. 19 ff.

129

Thomas aaO, Rdnr. 21 m.w.N.

74

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Abschnitt 2: Verdeckte Ermittlungen ohne Einsatz technischer Mittel § 15 Zur prinzipiellen Zulässigkeit solcher verdeckten Ermittlungen - unter Berücksichtigung der Legalität polizeilicher nichtoffener Recherchen durch Verdeckte Ermittler und V-Personen BVerfG, BGH und BVerwG haben in ständiger Judikatur anerkannt: Die Bekämpfung Organisierter Kriminalität (OK) und sonstiger schwerer Straftaten erfordere und erlaube verdeckte Ermittlungen durch den Einsatz von Informanten, V-Personen (VP), Verdeckten Ermittlern (VE) und sonstigen nichtoffen operierenden Beamten 130. Dieser Standpunkt ist evident zutreffend 131. Ein "Informant" ist dabei "eine Person, die im Einzelfall bereit ist, gegen Zusicherung der Vertraulichkeit der Strafverfolgungsbehörde Informationen zu geben" 132. V-Person (VP) ist "eine Person, die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit ist, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, und deren Identität grundsätzlich geheimgehalten wird". 133 Verdeckte Ermittler (VE) sind nach der Legaldefinition des § 110 a Π StPO "Beamte des Polizeidienstes, die unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermitteln". Sonstige nichtoffen ermittelnde Strafverfolgungsbeamte (gelegentlich als NOP bezeichnet, teilweise auch als "Gelegenheits-VE") sind Polizisten bzw. Zollfahnder, die verdeckt operieren, ohne gemäß §§ 110 a ff StPO VE zu sein. Als Beispiele seien die

130 BVerfG E 57, 250, 284 f; BVerfG NStZ 1991, 445 f; BGH St (GS) 32, 115, 120 f; BGH St 33, 83, 90 f; BGH NStZ 1991, 194; BGH NStZ 1992, 488; BGH St 39, 335, 346 f; BGH, Urteil v. 21.7.1994 (1 StR 83/94 - Fall Sedlmayr) 131 Dazu m.w.N.: Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 13 ff, 20 ff, 24 ff, 99 ff, 127 ff, 147 ff; ders. Rechtsprobleme ... qualifizierter Scheinaufkäufer, S. 17 ff, 21 ff, 29 ff, 57 ff, 60 f. 132 Gemeinsame Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren der Länder über die Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) und Verdeckten Ermittlern im Rahmen der Strafverfolgung von 1986, Punkt I 2; abgedruckt bei Kleinknecht/Meyer-Goßner, Anhang A 14, Anlage D. 133

Gemeinsame Richtlinien aaO.

§15 Prinzipielle Zulässigkeit verdeckter Ermittlungen

75

u.a. in der Zollfahndung eingesetzten "Scheinaufkäufer" bzw. "qualifizierten Scheinaufkäufer" genannt 134. Der strafprozessuale Einsatz von VE, sonstigen nichtoffen operierenden Polizeibeamten und VP ist dabei zum einen mit dem GG, zum anderen mit den einfachgesetzlichen Regelungen der StPO vereinbar: Erstens gibt es kein Verfassungsprinzip der Offenheit von strafprozessualen Ermittlungen, so daß verdeckte Untersuchungshandlungen zur Straftataufklärung grundsätzlich nichts Illegales an sich haben 135. Zweitens verstoßen derlei verdeckte Ermittlungen nicht gegen § 136 a StPO (Täuschungsverbot) 136; denn diese Vorschrift (i.V.m. §§ 161 a I S. 2, 163 a V StPO) erfaßt nur Vernehmungen durch Strafverfolgungsorgane, wobei zum Begriff der Vernehmung gehört, daß der Vernehmende dem Vernommenen in seiner amtlichen Funktion als Polizeibeamter, Staatsanwalt oder Richter gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihm Auskunft verlangt 137, woran es bei VE und VP fehlt. Drittens widersprechen jene verdeckten Ermittlungen auch nicht dem rechtsstaatlichen Prinzip "nemo tenetur se ipsum accusare" (niemand darf gezwungen werden, sich selbst anzuklagen) 138: Wer das Bedürfnis verspürt, eigene Straftaten zu offenbaren, mag sich an Angehörige (§ 52 StPO), an Geistliche (§ 53 I Nr. 1 StPO) oder an Berufsgeheimnisträger mit Schweigepflicht und Zeugnisverweigerungsrecht wie Ärzte, Rechtsanwälte, Verteidiger wenden (§ 203 StGB, § 53 StPO). Ansonsten aber verdient keinen Schutz, wer sich bei einem anderen "verplappert", mag er dabei auch im Irrtum über dessen Identität sein. Die vorstehenden Überlegungen zur Legalität verdeckter Ermittlungen im Strafprozeß sind deswegen so relativ breit ausgefallen, weil sie im Grundsatz 134 Zu den Rechtsproblemen des Einsatzes von nichtoffen operierenden Strafverfolgungsbeamten ohne VE-Status siehe eingehend Krey, Rechtsprobleme aaO. 135 siehe dazu jüngst eingehend und überzeugend: BGH St 39, 335 ff (Fall des Mithörens von Telefongesprächen durch dafür von Post/Telekom zugelassene Anlagen wie Zweithörer); BGH, Urteil v. 21.7.1994 (oben Anm. 130 - Fall Sedlmayr). Siehe weiter Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 60, 150 ff; ders. Rechtsprobleme ... qualifizierter Scheinaufkäufer, S. 21 ff, 24 ff (zur Rspr. des EGMR: S. 25 f). 136 Hierzu jüngst eingehend: BGH St 39, 335, 346 ff; BGH, Sedlmayr-Urteil (Anm. 130). Siehe auch Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 160 ff m.w.N.; ders. Rechtsprobleme ... qualifizierter Scheinaufkäufer, S. 22 f. 137

BGH, Sedlmayr-Urteil aaO.

138 So für alle BGH, Sedlmayr-Urteil aaO; eingehend und m.w.N. Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 168-170; ders. Rechtsprobleme aaO, S. 23 f.

76

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

zumindest in gleicher Weise, wenn nicht sogar in noch stärkerem Maße dafür sprechen, daß auch privaten verdeckten Ermittlungen etwa durch Detektive Verfassungskonformität und einfachgesetzliche Systemgerechtigkeit nach sen und Struktur des Strafprozesses zukommt. Namentlich bietet sich insoweit nämlich die Parallele des nichtoffen operierenden Detektivs zur VP an: Beide sind als Private tätig, auch wenn die VP im Auftrag der Polizei agiert 139. Für beide gilt bei ihren Recherchen das Täuschungsverbot des § 136 a StPO weder unmittelbar noch analog 140. Für beide ist § 52 (i. V.m. § 252 StPO) weder unmittelbar noch analog einschlägig. Das hat der BGH jüngst in seinem Sedlmayr-Urteil v. 21. Juli 1994 (1 StR 83/94) für die VP entschieden, in dem es feststellte: "Setzt die Polizei zur Aufklärung eines Mordes einen V-Mann im Umfeld des Angeklagten ein, so ist die Zeugenaussage des V-Mannes über Äußerungen von Angehörigen des Angeklagten auch dann verwertbar, wenn diese in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen". Diese Feststellung gilt erst recht beim verdeckten privaten Ermittlungseinsatz von Detektiven, die Angehörige des Verdächtigten ausforschen. Beide, VP wie Detektive, haben keinerlei hoheitliche Befugnisse, und beide sind für eine effektive Straftatermittlung unverzichtbar - die VP für die staatliche Strafverfolgung, der Detektiv für private Ermittlungen des Verletzten -. Auch für solche privaten Untersuchungen gilt nämlich in weitem Umfang: Ohne den Einsatz verdeckter Ermittlungen sind organisiert begangene oder sonst schwerwiegende Straftaten vielfach nicht aufklärbar, was beispielsweise bei Versicherungsbetrügereien, bei schweren Fällen von Industriespionage oder Betriebssabotage einleuchtet. - Was hier zur Legalität verdeckter Ermittlungen für den Verletzten durch Detektive ausgeführt wurde, gilt selbstredend in gleicher Weise für etwaige verdeckte Recherchen durch Angehörige eines betriebsinternen Sicherheitsdienstes etwa in Großunternehmen. -

139

BGH, Sedlmayr-Urteil aaO.

140 Für die VP siehe oben im Text; für den Detektiv vgl. für alle Beulke, Lehrbuch, Rdnr. 131.

§ 16 Verdeckte Recherchen im eigenen Betrieb

77

§ 16 Verdeckte Recherchen im eigenen Betrieb I. Befragung von Verdächtigten und Zeugen durch Detektive oder Betriebsangehörige (Sicherheitsdienst etc.), die ihre Identität nicht offenbaren Wie ausgeführt (§ 15) sind solche verdeckten Ermittlungen vielfach notwendig, im übrigen auch ohne weiteres legal. Das liegt bei bloßem Verschweigen der Identität des "Vernehmenden" auf der Hand - wobei zusätzlich darauf verwiesen sei, daß selbst § 136 a StPO von vornherein nur aktive Täuschungen erfaßt, dagegen nicht kriminalistische List !41 - . Im Ergebnis nichts anderes gilt aber auch bei aktiver Vorspiegelung einer falschen Identität, weil § 136 a StPO nur Vernehmungen durch Strafverfolgungsorgane betrifft, bei denen der Vernehmende dem Vernommenen in amtlicher Funktion gegenübertritt 142, bei VP und (sonstigen) Privatpersonen also von vornherein weder unmittelbar noch analog Geltung beansprucht. Doch sei zur Vermeidung von Mißverständen hervorgehoben, daß Detektive und andere Privatpersonen bei verdeckten Ermittlungen selbstredend nicht vorspiegeln dürfen, in amtlicher Eigenschaft zu agieren (§ 132 StGB) 143. - Auf Spezialfragen beim Ausforschen von Verdächtigten und/oder Zeugen durch Detektive, die ßr längere Zeit nach Art eines VE bzw. einer VP nichtoffen ermitteln,

auf Rechtsprobleme des Einsatzes von Geld und gegebenenfalls auch von "Charme " (Becircen) wird die Darstellung in den anschließenden §§17 und 18 zurückkommen. -

Π. Observation von Verdächtigten Das wohl wichtigste Instrument im Rahmen der ohne Einsatz technischer Mittel erfolgenden verdeckten Recherchen für den Verletzten durch Detektive - gegebenenfalls durch Betriebsangehörige des Verletzten -

141 Siehe zuletzt das überzeugend begründete Urteil BGH St 39, 335, 348 f; vgl. weiter Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 119, 162, 163. 142

Siehe oben, § 15 mit Anm. 136, 137.

143

Siehe bereits oben, § 9, II, § 5 der Berufsordnung für Detektive.

78

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

dürfte die Observation sein. Gemeint ist die unauffällige, über einen nicht ganz unerheblichen Zeitraum erfolgende Beobachtung von Personen, Objekten oder Vorgängen. Eine solche betriebsinterne Observation des Verdächtigten könnte in sein APR eingreifen und damit zugleich seine Rechte als Arbeitnehmer beeinträchtigen. Indes sollte man sich auch hier entsprechend an den Wertungen des Strafverfahrensrechts (in Verbindung mit der Grundrechtsdogmatik) orientieren. Diese ergeben nämlich richtiger Ansicht nach, daß Observationen als strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen 144 nicht etwa schon per se Grundrechtseingriffe darstellen, die einer gesetzlichen Spezialermächtigung bedürften; vielmehr handelt es sich bei ihnen in der Regel um Ermittlungsmaßnahmen ohne Eingriffsqualität, die gemäß den Aufgabengeneralklauseln §§ 160, 161, 163 StPO legal sind und von der Praxis auch ohne weiteres auf diese Vorschriften gestützt werden. Allenfalls bei einer langanhaltenden Observation wird man einen Grundrechtseingriff (in Art. 2 I i.V.m. Art. 11 GG) annehmen können 145. Bei der hier vertretenen - analogen - Orientierung an jenen strafprozessualen Kriterien dürfte auch bei der Beurteilung privater Recherchen durch Detektive das Ermittlungsinstrument Observation des Verdächtigten grundsätzlich keinen Eingriff in sein APR bedeuten, es sei denn, es handele sich um eine langanhaltende Beobachtung. Wer anderer Ansicht ist, kommt bereits bei kürzeren Observationen zur Notwendigkeit, ihre Legalität am Maßstab einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen zu beurteilen. Demgegenüber wäre nach dem hier vertretenen Standpunkt erst bei langanhaltenden Observationen eine solche Güter- und Interessenabwägung erforderlich, nämlich um feststellen zu können, ob der bei ihnen vorliegende Eingriff in das APR (ausnahmsweise) unter dem Gesichtspunkt (überwiegender) berechtigter Interessen des Verletzten erlaubt war. Für die Interessenabwägung wäre dabei insbesondere zu beachten: Je schwerwiegender die Observation nach Art und Dauer ist, desto gravierender müssen die berechtigten Ermittlungsinteressen des Verletzten sein, wobei das Gewicht der fraglichen Straftat, der Grad des gegenüber dem Betroffenen be144 Zu ihnen m.w.N.: Deutsch, S. 7; Kortgen, Rdnr. 88-99, 573-660; Krey, StPO 1, Rdnr. 481 ff; ders. VE-Gutachten, Rdnr. 271-275; Rogali , NStZ 1992, 45 ff; siehe auch BGH, NStZ 1993, 44 f. 145 Zum vorstehenden siehe Krey aaO m.w.N. pro und contra. Ebenso u.a.: Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 163 Rdnr. 34, 34 a; Rieß in: LR, § 163, Rdnr. 50, 51. - Siehe auch Ehmann (oben, Anm. 105). -

§ 17 Externe verdeckte Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

79

stehenden Verdachts und die Notwendigkeit gerade auch der Observation zur Straftataufklärung eine zentrale Rolle spielen.

ΙΠ. Einsatz von Detektiven als heimliche "Lauschzeugen" Hierzu hat der BGH (Zivilsenat) in seinem Urt. v. 27. Januar 1994, JZ 1994, 915 mit zustimmender Anm. von Helle entschieden: Der heimliche Einsatz sog. "Lauschzeugen" im Rahmen privater Recherchen (hier: zivilrechtliche) sei selbst dann nicht prinzipiell als Verletzung des APR des Betroffenen zu behandeln, wenn das belauschte Gespräch vertraulich sei. Vielmehr komme es stets auf eine Interessen- und Güterabwägung nach den Umständen des Einzelfalles an. Dazu sei für unsere Thematik privater Straftataufklärung durch den Verletzten nur soviel gesagt: Grundsätzlich bedeutet ein heimliches Belauschenlassen von Gesprächen des Verletzten mit dem Verdächtigten keinen Eingriff in dessen APR; insoweit gelten unsere Ausführungen zum heimlichen Mithören von Telefongesprächen durch Zweithörer (unten, § 20) hier erst recht, wobei auch Helle auf diese Parallele hinweist. Allenfalls bei zugesicherter Vertraulichkeit kann etwas anderes gelten; erst dann kommt grundsätzlich ein Eingriff in das APR in Betracht und bedarf es zur Rechtfertigung des Lauschens eines (überwiegenden) berechtigten Interesses des Verletzten.

§ 17 Verdeckte Ermittlungen in der Sphäre von Betriebsangehörigen, aber außerhalb des Betriebes Im folgenden sollen nur noch einzelne Spezialprobleme des verdeckten Ausforschens von Verdächtigten und Zeugen angesprochen werden, da die prinzipielle Legalität des Ermitteins durch Detektive, die ihre Identität verschweigen oder gar aktiv eine unzutreffende Identität vorspiegeln, bereits erörtert wurde (§§ 15, 16), und weil auch die Observation schon Gegenstand unserer Überlegung war. Jene Spezialprobleme sollen dabei durch den folgenden Fall verdeutlicht werden:

80

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Fall 4

Gegen Α, Β und C besteht der dringende Verdacht der Industriespionage und Untreue zum Nachteil ihres früheren Arbeitgebers X; alle drei sind zum Konkurrenzunternehmen Ζ übergewechselt, das von der Industriespionage profitiert haben soll. Da offene Ermittlungen durch den betriebsinternen Sicherheitsdienst von X sowie durch Detektive jenen Verdacht zwar bestärkt haben, die Beweislage aber noch immer nicht erdrückend ist, werden auf Α, Β und C sowie auf mutmaßliche Beteiligte (Angehörige des Unternehmens Z) nichtoffen ermittelnde Detektive angesetzt. a) Detektiv Dl "heftet sich an die Fersen" des A und zwar unter einer fremden Identität, erschleicht in wochenlangen Kontakten langsam sein Vertrauen und erfährt von ihm wichtige belastende Details über Tat und Täter. b) Der attraktiven Detektivin D2, die ebenfalls ihre Identität nicht offenbart, gelingt es, eine nähere persönliche, schließlich sogar intime Beziehung zu Β aufzubauen, in deren Verlauf D2 wichtige Informationen zur Straftataufklärung erhält. c) Detektiv D3 schafft es, die "Mauer des Schweigens" in dem Personenkreis aus dem Umfeld von Α, Β und C bzw. ihren mutmaßlichen Beteiligten, den D3 verdächtigt, etwas über Tat und Täter zu wissen, zu durchbrechen: Es gelingt ihm bei einzel-

nen Mitgliedern jenes Personenkreises, die Aussagebereitschaft durch Geldzahlungen herbeizuführen.

I. Ausforschen von Verdächtigten und/oder Zeugen durch Detektive, die für längere Zeit nach Art eines VE bzw. einer VP verdeckt ermitteln Fall 4 in der Alternative a) zeigt, daß ein solches nichtoffenes Agieren von Detektiven jedenfalls bei schwerwiegenden Straftaten, bei denen auch ein erheblicher Verdacht gegenüber dem von solchen verdeckten Ermittlungen Betroffenen besteht und offene Untersuchungsmethoden allein nicht hinreichend erfolgversprechend sind, grundsätzlich legal und legitim ist. Dabei kann dahinstehen, ob ein derart massives Ausforschen unter Erschleichen des Vertrauens - nach Art des Ermitteins durch VE und VP einen Eingriff in das APR des Betroffenen bedeutet, der in Fällen wie dem vorliegenden durch (überwiegende) berechtigte Interessen des Straftatopfers gerechtfertigt erscheint, oder ob es bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich des APR fehlt, wobei ich zu letzterem Standpunkt neige. Denn die Wahl der Freunde und Bekannten gehört zum allgemeinen Lebensrisiko.

§ 17 Externe verdeckte Ermittlungen gegen Betriebsangehörige

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- Ergänzend sei daran erinnert, daß der Detektiv, wie bereits hervorgehoben (§ 15, nach Anm. 140), bei seinen verdeckten Ermittlungen auch Angehörige Verdächtigter "ausforschen" darf. -

Π. Einsatz von "Charme" (Becircen) als "Ermittlungsmethode" Wie auch immer die moralische Bewertung der "Ermittlungsmethoden" der D2 in Fall 4, Alternative b) ausfallen mag - rechtlich ist ihr effektives Engagement nicht zu mißbilligen. Im übrigen sind Fälle des "Becircens" von Verdächtigten auch beim Einsatz von VP bekannt, wobei es hier mit dem Hinweis auf den berühmt-berüchtigten VMann "Klaus" sein Bewenden haben mag, der in der deutschen Terroristenszene tätig war. Intimitäten als " Plauderdroge " sind mithin nichts Illegales und bedeuten namentlich keinen Eingriff in das APR des getäuschten Partners.

ΙΠ. Geldzahlungen zur Schaffung von Aussagebereitschaft Bekanntlich ist die Bereitschaft, gegenüber Strafverfolgungsorganen als Belastungszeuge aufzutreten, bei vielen gering. Auch gegenüber Detektiven ist eine solche Aussagebereitschaft häufig nicht spontan vorhanden. Man denke etwa an Arbeitskollegen des Verdächtigten, Hotelportiers, Gastwirte, Kellner u.a., die Straftaten gesehen oder sonst Informationen über Tat und Täter erlangt haben, die aber aus Abneigung gegen Polizei und/oder Detektive ("Schnüffler H), aus Angst vor Unanehmlichkeiten etc. auch auf gezielte Fragen mit unwilligem Schweigen reagieren. Ebenso bekannt ist, daß die Aussagebereitschaft in vielen solcher Fälle durch Geld geweckt werden kann, wenn diese "Bezahlung" diskret erfolgt. V-Personen und Detektiven, selbstredend auch Angehörigen betriebsinterner Sicherheitsdienste nun steht die Befugnis zu, im Rahmen ihrer Straftatermittlungen gegebenenfalls Geld anzubieten, um eine sonst nicht vorhandene Aussagebereitschaft zu erkaufen. Demgemäß hat D3 in Fall 4, Alternative c) legal gehandelt. Indes ist zur Vermeidung von Mißverständnissen noch eine Klarstellung geboten: Bei derartigen Geldzahlungen durch Detektive und andere Personen darf es auf gar keinen Fall darum gehen, den Wahrheitsgehalt der Aussage zu beeinflussen. Darüber hinaus sollte stets auch schon der Anschein einer solchen Beeinflussung vermieden werden, weil bereits der Eindruck beim Zeu6 Krey

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

gen, der Inhalt seiner Aussage solle erkauft werden, eine Gefahrdung der Wahrheitsfindung bedeuten kann. Soweit aber beim Einsatz von Geld dem Anbietenden und dem Annehmenden klar ist, daß es allein um die Weckung der Aussagebereitschaft geht - und nicht um das Erkaufen einer unwahren Aussage - , ist der Einsatz von Geld bei privaten Straftatermittlungen legal. Im übrigen wird bekanntlich auch bei staatlicher Straftataufklärung oft durch ausgelobte Belohnungen die Aussagebereitschaft von Zeugen geweckt oder gesteigert, was ebenfalls rechtmäßig ist, im übrigen Gewohnheitsrecht darstellt.

§ 18 Externe verdeckte Recherchen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe etc.) I. Unsere Ausführungen zu verdeckten Ermittlungen im eigenen Betrieb sowie außerhalb des Betriebs in der Sphäre von Betriebsangehörigen (§§ 1517) gelten bei externen Recherchen gegenüber Dritten entsprechend. Im übrigen sind gerade hier verdeckte Ermittlungen vielfach zur Straftataufklärung in Fällen von Industriespionage bzw. von Betriebssabotage zugunsten von Konkurrenzunternehmen unverzichtbar. Derartige Ermittlungen wie Aushorchen durch nichtoffen operierende Detektive oder Observation stellen entsprechend unseren Ausführungen in § 14, II auch grundsätzlich keinen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, weil es an einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Gewerbetriebs als solchen, also an einem betriebsbezogenen Eingriff fehlt. II. Im folgenden soll noch ein Sonderproblem angesprochen werden, das sich schon bei Recherchen in der Privatsphäre des verdächtigten Betriebsangehörigen stellt, aber gerade auch bei externen Ermittlungen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe) relevant wird: Gemeint ist das Problem der Legalität des Betretens fremder Betriebe bzw. fremder Wohnungen durch Detektive, die unter einer falschen Identität auftreten. Solche Ermittlungsmethoden, die nach den Umständen des Einzelfalles durchaus erfolgversprechend sein können, sind jedenfalls dann widerrechtlich, wenn ein solches "Einschieichen" in fremde Geschäftsräume oder Wohnungen Hausfriedensbruch darstellt.

§ 18 Externe verdeckte Recherchen gegenüber Dritten

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Hierzu geht die h.M. 146 davon aus, das Betreten fremder Wohnungen oder Geschäftsräume mit dem Einverständnis des Berechtigten sei auch dann kein Hausfriedensbruch, wenn dieses Einverständnis durch Täuschung erschlichen sei. § 123 StGB setze nämlich in der Alternative des "Eindringens" ein Betreten gegen den Willen des Berechtigten voraus; mithin schließe sein Einverständnis bereits den Tatbestand des Hausfriedensbruchs aus, wobei ein solches Einverständnis seine tatbestandsausschließende Wirkung auch dann entfalte, wenn es durch Täuschung erlangt worden sei. Dieser Standpunkt ist sachgerecht und auch strafrechtsdogmatisch schlüssig, was Verf. bereits an früherer Stelle eingehend und mit weiteren Nachweisen ausgeführt hat 147; darauf sei hier verwiesen. Demgemäß ist die Spezialregelung der StPO für das Betreten von Wohnungen mit Einverständnis des Berechtigten durch VE unter ihrer Legende (§ 110 c S. 1,2 StPO) aus strafrechtlicher Sicht rein deklaratorischer Natur 148; der Aspekt der Täuschung des Berechtigten mittels Verwendung der Legende (falsche Identität) durch den VE berührt den Tatbestandausschluß jenes Einverständnisses ja nicht. Folglich gilt auch für VP und für (sonstige) privat ermittelnde Personen wie Detektive: Wenn sie unter falscher Identität oder unter Verbergen ihrer Identität mit Einverständnis des Berechtigten Wohnungen oder Geschäftsräume betreten, begehen sie keinen Hausfriedensbruch und handeln legal. Aus § 110 c S. 1 StPO läßt sich auch kein Umkehrschluß ableiten, der diesen Standpunkt ganz oder teilweise entgegenstände, da - wie bereits erwähnt - diese Vorschrift nur deklaratorische Wirkung hat. Ob von dem hier vertretenen Standpunkt eine Ausnahme für den Fall zu machen ist, daß der VE, die VP oder der Detektiv wahrheitswidrig eine Zutrittsbefugnis vorspiegelt - was § 110 c S. 2 StPO dem VE verbietet - , kann hier nicht geklärt werden. Doch sprechen gute Gründe für die Bejahung dieser Frage, weil in diesem Fall kaum noch Raum für die Annahme eines 146 Amelung, Die Einwilligung, Seite 103 f mit Anm. 92 a.E.; Dreher/Tröndle, § 123, Rdnr. 10; Krey, BT 1, Rdnr. 437; ders. VE-Gutachten, Rdnr. 226 ff; ders. Rechtsprobleme ... qualifizierter Scheinaufkäufer, Seite 53 ff; Lenckner in: Schönke/Schröder § 123, Rdnr. 22; a.A. BayOLG NJW 1972, 2275 mit ablehnender Anm. Otto, NJW 1973, 668; Rudolphi in: SKStGB, § 123 Rdnr. 18.

6*

147

Namentlich VE-Gutachten aaO.

148

Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 226ff, 231; ders. Rechtsprobleme aaO, S. 54 f

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Einverständnisses des Berechtigten ist. Das gilt jedenfalls für die Vorspiegelung einer hoheitlichen Zutrittsbefugnis. Wo es an einem Einverständnis des Hausrechtsinhabers fehlt, liegt beim Betreten von Wohnungen und Geschäftsräumen durch VP und Detektive Hausfriedensbruch vor, so daß ein solches eigenmächtiges Verhalten zwecks Straftataufklärung illegal ist. Wer sich also im Rahmen privater Ermittlungen hinter dem Rücken des Berechtigten in fremde Wohnungen einschleicht oder etwa durch Vortäuschen einer Erlaubnis des Berechtigten Betriebsräume in einem Unternehmen betritt, die nicht öffentlich zugänglich sind, handelt widerrechtlich.

Abschnitt 3: Verdeckte Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel ("Telefonüberwachung", "Lauschangriff" etc.) § 19 Zur grundsätzlichen Unzulässigkeit solcher verdeckten Ermittlungen - Unter Berücksichtigung der Rechtslage bei polizeilichen nichtoffenen Recherchen durch technische Mittel Verdeckte Ermittlungen durch Strafverfolgungsorgane unter Einsatz technischer Mittel wie Videoüberwachung, Telefonüberwachung, Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes ("Lauschangriff") sind Eingriffe in Grundrechte der Betroffenen, und zwar - das Recht am eigenen Bild als Spezialausprägung des in Art. 2 I i.V.m. Art. 11 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei der Videoüberwachung; - das Recht am eigenen Wort als weiterer Spezialfall des APR beim "Lauschangriff" bzw. das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung beim "Lauschangriff" auf in Art. 13 GG geschützte Räumlichkeiten 149; - das Grundrecht aus Art. 10 GG (Fernmeldegeheimnis) bei der Telefonüberwachung.

149 Dazu m.w.N. Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 317, 318. Nach herrschender und zutreffender Ansicht geht dann Art. 13 GG als lex specialis dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vor; BVerfG E 51, 97, 107; Krey aaO m.w.N.

§ 19 Unzulässigkeit verdeckter Ermittlungen bei Einsatz technischer Mittel

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Diese Grundrechtseingriffe bedürfen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (öffentlichrechtlicher Vorbehalt des Gesetzes) und sind bei Fehlen einer solchen illegal. Dabei bietet die StPO für derartige strafprozessuale verdeckte Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel die folgenden Eingriffsermächtigungen an: - § 100 c I Nr. 1 a StPO für Videoüberwachung; - § 100 c I Nr. 2 StPO für den "Lauschangriff\ wobei diese Vorschrift bekanntlich nicht für Privatwohnungen gilt (und wohl auch nicht für Geschäftsräume, die nicht öffentlich zugänglich sind) 150; - §§ 100 a, 100 b StPO fur die Telefonüberwachung. Beim Einsatz technischer Mittel im Rahmen privater verdeckter Ermittlungen durch Detektive bzw. Angehörige betrieblicher Sicherheitsdienste gilt in entsprechender Weise: Videoüberwachung, "Lauschangriff" und Telefonüberwachung sind Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) des Betroffenen, und zwar in die folgenden speziellen Schutzbereiche des APR: - Recht am eigenen Bild bei Videoüberwachung, was unsere Studie bereits angesprochen hatte 151; - Recht am eigenen Wort beim Lauschangriff bzw. die Unantastbarkeit des räumlichen Privatbereichs beim "Lauschangriff" auf Wohnungen; - Recht am eigenen Wort und Schutz der Privatsphäre im allgemeinen bei der Telefonüberwachung. Weiterhin stellt bereits die heimliche Tonbandaufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes als solche - auch wenn es an dem Einsatz von Abhörgeräten ("Lauschangriff') oder an einer Telefonüberwachung fehlt eine Beeinträchtigung des Rechts am eigenen Wort dar, was auch in der Strafdrohung des § 201 I Nr. 1 StGB zum Ausdruck kommt. Solche Eingriffe in das APR im Rahmen privater Straftataufklärung sind grundsätzlich als rechtswidrige Verletzung dieses Rechts zu bewerten: Zwar bedeuten Beeinträchtigungen des APR im allgemeinen noch nicht notwendig, daß ein rechtswidriger Eingriff in dieses Recht vorliegt, sofern kein Erlaubnissatz wie Notwehr, Notstand etc. eingreift. Vielmehr ist eine

150 Siehe eingehend und mit weiteren Nachweisen Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 348 ff, 354 ff, 372 ff, 383 ff. Ebenso u.a. Hilger, NStZ 1992, 457, 462 mit Anm. 95. 151

Oben, § 12,1 2, b mit Anm. 99 ff.

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

solche rechtswidrige Verletzung positiv im Wege der umfassenden Abwägung der beteiligen Interessen zu begründen 152. Diese Besonderheit beim APR entfällt aber jedenfalls dann, wenn seine Beeinträchtigung zugleich den Tatbestand eines Verbrechens oder Vergehens erfüllt; denn ein straftatbestandsmäßiges Verhalten ist rechtswidrig, sofern kein Erlaubnissatz eingreift, was im Strafrecht und im Zivilrecht gilt. Daraus resultiert für die dargelegten Methoden privater verdeckter Recherchen unter Einsatz technischer Mittel im einzelnen:

I. Heimliche Telefonüberwachung a) Die Telefonüberwachung durch Abhören und Aufzeichnen (auf Tonträger, namentlich Tonbänder) erfüllt grundsätzlich den Straftatbestand des § 201 I Nr. 1 StGB (Tonaufnahme) und des § 201 II Nr. 1 StGB (Abhören). Erfaßt wird nämlich in beiden Vorschriften auch das telefonisch gesprochene Wort 153. Für solche straftatbestandsmäßigen Handlungen gibt es bei privaten strafprozessualen Ermittlungen des Verletzten (bzw. für ihn durch Rechtsanwälte und Detektive) generell keinen Rechtfertigungsgrund. b) Auch § 34 StGB (Notstand) vermag solche privaten Ermittlungsmethoden zur Straftataufklärung selbst bei schweren Straftaten nicht zu rechtfertigen. Dabei kann dahinstehen, wieweit das strafrechtliche Genugtuungsinteresse und das seiner Realisierung dienende private Beweisführungsinteresse des Verletzten in den Schutzbereich des § 34 StGB fallt. Weiterhin kann offenbleiben, ob es nicht stets oder jedenfalls in aller Regel an dem Merkmal fehlen wird, daß die Gefahr für jenes Interesse "nicht anders abwendbar" ist. Denn bei wertender Betrachtung wird man §§ 100 a, 100 b StPO als abschließende Regelung für strafiprozessuale Ermittlungen schlechthin, auch gegenüber privaten Untersuchungen des Verletzten ansehen müssen: Bei der Telefonüberwachung handelt es sich nämlich um eine schwerwiegende Ermittlungsmaßnahme, die einen erheblichen Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen bedeutet. Demgemäß sind die Voraussetzungen für den Einsatz dieser strafprozessualen Ermittlungsmethode streng, da eine Katalogtat gefor-

152

Dazu oben, § 12,12, a mit Anm. 85 - 87.

153

Lenckner in: Schönke-Schröder, § 201 Rdnr. 5 (m.w.N.).

§ 19 Unzulässigkeit verdeckter Ermittlungen bei Einsatz technischer Mittel

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dert wird, eine enge Subsidiaritätsklausel normiert i s t 1 5 4 und ein Richtervorbehalt besteht (§ 100 b I StPO). Angesichts dessen wird man sagen können, daß derartig massive verdeckte Ermittlungsmethoden unter Einsatz technischer Mittel wie Telefonüberwachung (§§ 100 a, 100 b StPO) - und "Lauschangriff"

(§ 100 c I Nr. 2 StPO) -

Privaten von vornherein nicht zustehen können. Wenn auch die Vorschriften der StPO für private Ermittlungen zur Straftataufklärung grundsätzlich nicht einschlägig sind, so können sie doch bei besonders schwerwiegenden Untersuchungshandlungen eine Sperrwirkung in dem Sinne entfalten, daß zur ihrer Vornahme allein Strafverfolgungsorgane legitimiert sein können. c) Ausnahmsweise kann die heimliche Telefonüberwachung durch Abhören ohne Aufzeichnung auf Tonbänder zulässig sein, nämlich dann, wenn sie mittels einer der üblichen, von der Post dafür zugelassenen Einrichtungen wie Zweithörer, Lautsprecher, Nebenstellenanlage erfolgt; das wird im folgenden § 20 dieser Studie darzulegen sein.

Π. "LauschangrifF Das heimliche Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes durch "Wanzen", Richtmikrophone etc. erfüllt ebenfalls den Tatbestand des § 201 I Nr. 1 StGB (Aufzeichnen auf einen Tonträger) und des § 201 II Nr. 1 StGB (Abhören mit einem Abhörgerät). Solche Ermittlungsmethoden sind dem Verletzten bei seinen privaten Ermittlungen zur Straftataufklärung verwehrt, da kein Rechtfertigungsgrund wie Notwehr etc. hierfür ersichtlich ist. Im übrigen hat unsere Studie oben (1 b) ausgeführt, warum Privaten eine Telefonüberwachung nach Art der in §§ 100 a, 100 b StPO umschriebenen Ermittlungsmethode schlechthin verboten ist; dasselbe gilt für "Lauschangriffe" nach Art der in § 100 c I Nr. 2 StPO geregelten Untersuchungsmaßnahme, da diese, wie die Verweisung in dieser Vorschrift auf

154 § 100 a s. 1 (a.E.) StPO: "... und wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre".

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

§ 100 a StPO zeigt und wie auch im Richtervorbehalt (§ 100 d I StPO) zum Ausdruck kommt, ähnlich schwerwiegend ist. - Zum heimlichen Belauschenlassen von Gesprächen durch Detektive (als "Lauschzeugen") ohne Einsatz technischer Mittel siehe oben, § 16 ΙΠ. -

ΙΠ. Videoüberwachung Sie erfüllt keinen Straftatbestand, stellt aber, wie bereits erwähnt, einen Eingriff in das APR des Betroffenen dar (Recht am eigenen Bild). Die verdeckte Videoüberwachung zur Straftataufklärung bedeutet dabei grundsätzlich eine schwerwiegende Beeinträchtigung des APR, da über die bloße Abbildung wie bei einem Foto hinaus über einen längeren Zeitraum eine Art "Bewegungsbild" der betroffenen Person erstellt wird. Demgemäß dürfte bei der gebotenen umfassenden Abwägung zwischen den Interessen des Betroffenen einerseits und den Ermittlungsinteressen des Verletzten andererseits feststehen: In der Regel wird es bei der geheimen Videoüberwachung von als Täter oder Beteiligte verdächtigten Arbeitnehmern bzw. anderer Personen durch den verletzten Arbeitgeber an dem für die Verneinung einer rechtswidrigen Verletzung des APR erforderlichen (überwiegenden) berechtigten Interesse des Arbeitgebers fehlen. Auch das BAG hat in seinem Urteil zur betriebsinternen Videoüberwachung in casu eine solche verdeckte Ermittlungsmaßnahme als rechtswidrig behandelt 155.

IV. Heimliche Tonaufnahmen (außerhalb von Telefonüberwachung und Lauschangriff) Diese verdeckte Ermittlungsmethode erfreut sich in der Praxis privater Straftataufklärung unter Einsatz technischer Mittel offenbar besonderer Beliebtheit. Zu ihr finden sich nämlich zahlreiche Gerichtsentscheidungen (zudem eine Flut von rechtswissenschaftlichen Stellungnahmen) aus den un-

155 BAG DB 1988, 403. Zu dieser Entscheidung siehe bereits oben, § 12, 1 2 b, Anm. 103.

§ 19 Unzulässigkeit verdeckter Ermittlungen bei Einsatz technischer Mittel

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terschiedlichsten Rechtsgebieten, die im einzelnen anzuführen nicht Aufgabe dieser Studie sein kann 156. a) Heimliche Tonaufhahmen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes nun erfüllen den Straftatbestand des § 2011 Nr. 1 StGB, so daß die Rechtslage auf den ersten Blick klar zu sein scheint: Da straftatbestandsmäßige Verletzungen des APR (Recht am eigenen Wort) widerrechtlich sind, wenn kein Erlaubnissatz wie Notwehr oder Notstand eingreift, bedeuten derartige Tonaufhahmen in der Regel eine rechtswidrige Beeinträchtigung des APR; denn nur in besonderen Ausnahmesituationen wird ein Rechtfertigungsgrund vorliegen. Notwehr nämlich scheidet als Legitimation für solche Tonaufhahmen als strafprozessuale Ermittlungsmaßnahme Privater grundsätzlich aus, und zwar mangels gegenwärtigen Angriffs. Notstand (§ 34 StGB) ist demnach die eigentliche sedes materie, also die nach ihrem Normbereich einzig in Frage kommende Erlaubnisnorm 157. Hier fragt sich zunächst, wieweit das strafrechtliche Genugtuungsinteresse und das seiner Realisierung dienende private Beweisführungsinteresse des Verletzten in den Schutzbereich des § 34 StGB fallen. Bejaht man diese Frage - was angesichts der dargelegten Verfassungskonformität und einfachgesetzlichen Systemgerechtigkeit des Rechts des Verletzten auf Durchführung eigener strafprozessualer Ermittlungen sachgerecht erscheint - , so stellt sich die eigentlich brisante Problematik der Erforderlichkeit: Die Gefahr für jene Interessen des Verletzten darf nicht anders als durch die heimliche Tonaufnahme abwendbar sein, was oftmals nicht begründbar ist. Liegt jene Erforderlichkeit nach den Umständen des Einzelfalles (ausnahmsweise) vor, so müssen die vom Verletzten wahrgenommenen Interessen die des Betroffenen überwiegen, und dies zusätzlich wesentlich. Fehlt es an einer dieser engen Voraussetzungen des § 34 StGB, so ist eine rechtswidrige Verletzung des APR anzunehmen. b) Diese auf den ersten Blick klare rechtliche Beurteilungsgrundlage nun ist in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend kompliziert worden, und zwar mit erheblichem rechtsdogmatischem Aufwand, aber mit wenig Gewinn für 156 Vgl. für alle: BGH Ζ 27, 284; BGH NJW 1982, 277; KG NJW 1956, 26; OLG Stuttgart NJW 1977, 1546; KG JR 1981, 254 mit Anm. Tenckhoff; Ehmann, Anhang zu § 12, Rdnr. 318 ff m.w.N.; Lenckner in: Schönke/Schröder, § 201 Rdnr. 31 a, 32; grundlegend noch immer Suppert. 157

So besonders deutlich etwa: Lenckner aaO, Rdnr. 32 m.w.N.; Tenckhoff aaO.

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

die Rechtssicherheit: Anstatt sich auf die Frage des rechtfertigenden Notstandes zu konzentrieren, der immerhin erstens nach seinem Normbereich einschlägig und zweitens auch gesetzlich geregelt ist (§ 34 StGB), hat man auf eine Reihe von juristischen Argumentationsgesichtspunkten zurückgegriffen, deren Fundierung im Gesetz zweifelhaft und deren Verhältnis zu § 34 StGB zumindest unklar ist. Es handelt sich hierbei um die folgenden rechtlichen Konstruktionen: - Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB als allgemeiner Rechtsgedanke) 158; - notwehrähnliche Lage 159; - überwiegendes Interesse 160. Zu allem Überfluß ist bei dem wohl am häufigsten herangezogenen Gesichtspunkt der notwehrähnlichen Lage noch unklar - ob hier § 32 StGB analog einschlägig ist (Mindermeinung) 161; - ob § 34 StGB gilt 162; - ob die Formel von der umfassenden Güter- und Interessenabwägung maßgeblich ist 163. Demgegenüber ist an der eingangs (a) dargelegten, normativ gebotenen und mehr Rechtsklarheit bewirkenden Konzeption festzuhalten, § 34 StGB sei maßgeblich; dabei bedarf es nicht des Rückgriffs auf die teils inhaltsarme, teils irreführende Figur der "notwehrähnlichen Lage" 164. c) Unser Ergebnis lautet also: Verdeckte Ermittlungen mittels Tonaufnahmen zur Straftataufklärung sind dem Verletzten grundsätzlich verboten, weil 158

KG NJW 1956, 26, 27; hiergegen u.a. Lenckner aaO.

159

So etwa BGH NJW 1982, 277; kritisch etwa Lenckner aaO.

160

KG JR 1981, 254 mit kritischer Anm. Tenckhoff\

ablehnend auch Lenckner aaO.

161 So Suppert, S. 356 ff, 371 ff (zustimmend Krey, ZStW 1978, 186); anders die h.M., so u.a. Lenckner aaO. 162 Dafür mit Nachdruck Tenckhoff aaO. Im Strafrecht ist es h.M., daß für die "notwehrähnliche Lage" nicht § 32 StGB analog gilt, sondern die Notstandsregeln maßgeblich sind; so für alle: Lenckner in: Schönke/Schröder, §201 Rdnr. 31 a, 32; Roxin, NStZ 1993, 335; Spendei in: LK (11. Aufl.), § 32 Rdnr. 132 m.w.N.; Träger in: LK, § 201 Rdnr. 24 ff, 28; siehe auch BGH NStZ 1993, 333, 334. 163 So offenbar BGH NJW 1982, 277 f (mit unklaren Ausführungen zum Verhältnis der "notwehrähnlichen Lage" zu § 34 StGB). 164

Insoweit gibt Verf. seinen in ZStW aaO vertretenen abweichende Standpunkt auf.

§ 20 Recherchen im eigenen Betrieb

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solche Untersuchungshandlungen den Straftatbestand des § 201 I Nr. 1 StGB erfüllen und regelmäßig weder durch Notwehr noch durch Notstand gemäß § 34 StGB gerechtfertigt sind. Dies Ergebnis ist durchaus tolerabel, weil heimliche Tonaufhahmen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes zur Beweissicherung meist gar nicht notwendig sind: Der Verletzte kann nämlich bei mündlicher Kommunikation zwecks Beweissicherung Teilnehmer hinzuziehen, die gegebenenfalls später als Zeugen fungieren können. Und bei Telefongesprächen hat der Verletzte das Recht, auch heimlich andere Personen mithören zu lassen, und zwar mittels einer der üblichen, von der Post dafür zugelassenen Einrichtungen wie Zweithörer, Lautsprecher und Nebenstellenanlagen; das sei im folgenden § 20 dargetan. - Zur Möglichkeit, Detektive ohne Einsatz technischer Mittel heimlich mithören zu lassen ("Lauschzeuge ") siehe oben, § 16 ΠΙ. -

§ 20 Recherchen im eigenen Betrieb - Problem des heimlichen Mithörens von Telefongesprächen durch Zweithörer etc. Als Spezialproblem bei verdeckten Recherchen zur Straftataufklärung durch Einsatz technischer Mittel im eigenen Betrieb bedarf hier im wesentlichen nur der Fall des heimlichen, eigenmächtigen Mithörens von Telefongesprächen des Verdächtigten durch die oben genannten postalisch zugelassenen Mithörgeräte der Erwähnung. Hierzu hat der BGH jüngst in seinem umfassend und überzeugend begründeten Urteil v. 8. Oktober 1993 entschieden 165.· Wer mit Einverständnis eines der an einem Telefongespräch Beteiligten dieses ohne Wissen des anderen Teilnehmers mithöre, handele erlaubt, sofern er sich dazu einer der üblichen und von der Post zugelassenen Mithöreinrichtungen bediene. Dabei nennt das Gericht "als Zweithörer dienende Hörmuscheln", "Lautsprecher/Verstärker, die in den Telefonapparat integriert sind", sowie "Nebenstellenanlagen" 166.

165 BGH St 39, 335 ff (2. Senat); so schon OLG Hamm NStZ 1988, 515; Krey, StPO 2, Rdnr. 472; andere Ansicht die bisher h.L. (Nachweise bei BGH aaO, 338); dieser BGH-Entscheidung folgen u.a.: BGH, Urteil vom 21.7.1994 - IStR 83/94 - (1. Senat, Fall Sedlmayr); Welp, NStZ 1994, 294 f. 166 BGH St 39, 335, 340, 343, 344; im übrigen erwähnt der BGH noch den wegen der Unbequemlichkeit seltenen Fall des Mithörens am selben Hörer.

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Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Ein solches heimliches Mithören durch technische Geräte sei selbst dann legal, wenn es durch die Polizei von einem in der Polizeibehörde befindlichen Telefongerät aus erfolge. Zur Begründung hebt das Gericht namentlich hervor:

Es fehle an einem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 10 GG. Das Fernmeldegeheimnis gelte nämlich nicht zwischen den Kommunikationspartnern; vielmehr stehe es jedem Fernsprechteilnehmer frei, Dritten auch ohne Wissen des Gesprächspartners das Mithören des Telefongesprächs zu gestatten, sei es, daß der Dritte an demselben Telefonhörer lausche, sei es, daß die erwähnten üblichen und durch die Post zugelassenen Mithörgeräte benutzt würden. Jeder Fernsprechteilnehmer wisse oder müsse wissen, daß private und behördliche Telefonanschlüsse mit derlei legalen Mithörgeräten ausgestattet sein könnten, die gegebenenfalls auch benutzt würden. Bei einem solchen, mit Art. 10 GG vereinbaren, Mithören durch Strafverfolgungsorgane seien auch nicht §§ 100 a, 100 b StPO tangiert, da sie nur Eingriffe in jenes Grundrecht erfaßten. Auch seien §§ 136 a, 161 a I S. 2, 163 a V StPO (Täuschung) nicht verletzt, da es an einer Vernehmung fehle, zudem an einer aktiven Täuschung 167. Schließlich - und das sind die für private Ermittlungen durch den Verletzten, den Verletztenanwalt oder Detektive entscheidenden Aussagen sei auch kein Verstoß gegen die Strajvorschrift

liege auch kein Eingriff

des § 201 II Nr. 1 StGB gegeben und

in das APR des Betroffenen

vor 168:

Der Begriff des "Abhörgeräts" i.S. des § 201 Π Nr. 1 StGB erfasse nämlich nicht jene üblichen und von der Post zugelassenen Mithöreinrichtungen 169. im übrigen liege auch sonst kein Verstoß gegen das APR des Betroffenen vor 170. Denn jeder Telefonbenutzer könne und müsse mit der Existenz und dem Einsatz solcher legalen Mithörgeräte rechnen. Auch der Aspekt der Täuschung als solcher begründe keine Beeinträchtigung des APR. Schließlich sei der betroffene Partner des Telefongesprächs nur dann schutzwürdig, wenn er ausdrücklich um Vertraulichkeit gebeten habe; allenfalls dann komme eine Verletzung des APR in Frage.

167

BGH aaO, 338 ff, 346 ff.

168

BGH aaO, 343 ff.

169 BGH aaO, S. 343 m.w.N. pro und contra; so schon BGH NJW 1982, 1397; abweichend, aber fernliegend LAG Berlin JZ 1982, 258. 170 BGH aaO m.w.N. pro u. contra; siehe zu dieser Problematik auch Ehmann, Anhang zu § 12 Rdnr. 324 m.w.N.

§ 22 Resümee

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Die Behandlung betriebsinterner verdeckter Recherchen durch Einsatz technischer Mittel sei abgeschlossen durch einige wenige Worte zur Frage der Notwendigkeit einer Zustimmung des Betriebsrats: Bei Überwachungsmaßnahmen wie die oben (§ 12, I, 2, b mit Anm. 98, 103) angesprochene verdeckte Überwachung von Arbeitsplätzen mit Videokameras ist § 87 I Nr. 6 BetrVG einschlägig. Dagegen besteht meines Erachtens kein Zustimmungserfordernis, wenn im konkreten Einzelfall zur Straftataufklärung verdeckte Ermittlungen gegen den verdächtigten Arbeitnehmer unter Einsatz technischer Mittel erfolgen, wenn es sich also evident um einen Einzelfall handelt, nicht um eine allgemeine Regelung "zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer" i?i. Im übrigen sei daran erinnert, daß bei materiell widerrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen die Zustimmung des Betriebsrates keine Legalisierungswirkung entfaltet (oben, § 12,1, 2, b mit Anm. 103).

§ 21 Sonstige Ermittlungen in der Sphäre von Betriebsangehörigen, aber außerhalb des Betriebes Externe Recherchen gegenüber Dritten (andere Unternehmen, Angehörige fremder Betriebe) Insoweit gelten unsere vorstehenden Ausführungen zur Legalität bzw. Illegalität nichtoffener privater Ermittlungen durch den Verletzten (seinen Anwalt oder Detektive) unter Einsatz technischer Mittel (§§ 19 und 20) in gleicher Weise.

§22 Resümee Private Ermittlungen von Straftaten, sei es durch den Verletzten, seinen Verletztenanwalt oder Detektive, sei es durch den Beschuldigten, seinen Verteidiger oder Detektive, unterscheiden sich namentlich in einem wichtigen Punkt von strafprozessualen Untersuchungen durch Strafverfolgungsorgane:

171 Das BAG hat bisher eine generelle Festlegung vermieden (BAG DB 1981, 946), aber für § 87 I Nr. 3 BetrVG anerkannt, daß dieser Tatbestand nur bei Vorliegen einer kollektiven Maßnahme erfüllt sei (BAG BB 1991, 2156 = ΝΖΑ 1992, 70).

94

Zweiter Teil: Rechtliche Schranken

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel ist bei privaten Recherchen teils prinzipiell - Telefonüberwachung nach Art der §§ 100 a, 100 b StPO, "Lauschangriff" nach Art des § 100 c I Nr. 2 StPO - , teils in der Regel - Videoüberwachung, heimliche Tonaufhahme ohne Vorliegen von Abhörmaßnahmen - , ausgeschlossen und nur ausnahmsweise zulässig. Im Detail warten hier allerdings noch eine Reihe von Rechtsfragen auf eine Antwort, wobei es ein Anliegen von Verf. war, zu umfänglicheren und vertieften Detailstudien anzuregen.

Dritter Teil: Schranken privater Ermittlungen durch den Verletztenanwalt aufgrund seiner Stellung als Organ der Rechtspflege

Prinzipiell stehen die Verletztenbefugnisse zu eigenen Ermittlungen zum Zweck der Strafverfolgung in vollem Umfang auch dem Rechtsanwalt zu: Dies folgt bereits aus seiner Tätigkeit als Beistand des Verletzten. Soweit sich bestimmte Ermittlungsbefugnisse des Verletzten bei betriebsinternen Recherchen aus dessen Rechtsstellung als Arbeitgeber und als Inhaber des Hausrechts ergeben - z.B. Durchsuchung von Laborräumen, Werkshallen, Befragung von Arbeitnehmern als Verdächtigte oder Zeugen etc. - , kann der Verletztenanwalt sich in der Regel auf eine ausdrückliche oder stillschweigende Ermächtigung seines Mandanten berufen; in Zweifelsfällen muß er eine solche Ermächtigung einholen. Der Verletztenanwalt ist nun aber nicht nur Beistand seines Mandanten, sondern fungiert zugleich als Organ der Rechtspflege und tritt in dieser Eigenschaft an die Seite der Gerichte und der Staatsanwaltschaft. Diese Position nun könnte seine strafjprozessualen Ermittlungsbefugnisse für den Verletzten partiell einschränken. Denn wie im folgenden zu zeigen sein wird, gibt es einige Verhaltensweisen im Rahmen privater Straftataufklärung, die zwar für sich genommen völlig legal sind, die aber speziell der Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege möglicherweise selbst nicht vornehmen darf. - Zur Verdeutlichung: Auch der Ermittlungsrichter darf nicht alle legalen strafjprozessualen Ermittlungsmaßnahmen selbst durchführen; denn einige widersprechen dem Richterbild unserer Verfassung und seiner Funktion nach der StPO, was z.B. für die Tätigkeit als V-Person gilt. -

96

Dritter Teil: Schranken anwaltlicher Ermittlungen

§ 23 Bei offenen Ermittlungen des Verletztenanwalts selbst I. Verbot, die Aussagebereitschaft von Zeugen durch Geldzahlungen herbeizuführen Wie oben ausgeführt, gibt es für den Verletzten selbst und für Detektive ein solches Verbot nicht, sofern bei solchem Erkaufen der Aussagebereitschaft auch schon der Anschein der Einflußnahme auf den Wahrheitsgehalt der Aussage vermieden wird 172. Eine solche Ermittlungsmethode erschiene indes beim Rechtsanwalt aufgrund seiner Stellung als Organ der Rechtspflege fragwürdig und dürfte auch standeswidrig sein. § 6 der Standesrichtlinien für Rechtsanwälte (RichtlRA), der die Zeugenbefragung betrifft, besagt hierzu in Abs. 5: "Auf jeden Fall ist schon der Anschein einer unzulässigen Beeinflussung zu vermeiden." Zwar findet sich diese Vorschrift inhaltsgleich auch in der Berufsordnung für Detektive, und zwar in deren § 6, den die Darstellung bereits zitiert hat 173. Freilich sind insoweit an den Detektiv als rein einseitigen Interessenvertreter des Verletzten einerseits und an den Rechtsanwalt, der als Beistand und Organ der Rechtspflege agiert, andererseits unterschiedlich strenge Anforderungen zu stellen. Der Anwalt, der Aussagen erkauft, auch wenn es nur um die Bereitschaft zur Aussage geht und nicht um deren Inhalt, gefährdet das Ansehen der Advokatur als einer wesentlichen Säule der Rechtspflege. Auch der Richter selbst dürfte keine Aussagenbereitschaft durch Geld erkaufen, während die Polizei Belohnungen für sachdienliche Hinweise ausloben darf. Jene Standesrichtlinien nun sind zwar nicht mehr als ein Indiz für ein Anwaltverhalten, das dem Status als Organ der Rechtspflege gerecht wird. Diese Eigenschaft freilich haben sie auch nach der bekannten Entscheidung des BVerfG vom 14. Juli 1987 174 behalten, bei der es um die Frage der Bedeutung der RichtlRA als "normative Regelung der anwaltlichen Berufspflichten" oder als "rechtserhebliches Hilfmittel zur Konkretisierung der Generalklausel des § 43 BRAO" ging 175. 172

Siehe oben, § 17, Fall 4, Alternative c mit § 17, III.

173

Oben, § 9 II.

174

BVerfG E 76, 171 = JZ 1988, 242 = NJW 1988, 191.

175

BVerfG aaO (jene Frage wird dabei für die Zukunft im Grundsatz verneint).

§ 24 Schranken verdeckter Recherchen

97

Π. Sonstige Schranken für Ermittlungen durch den Rechtsanwalt selbst Dem Bild des Rechtsanwalts als Organ der Rechtpflege dürfte im übrigen auch der oben angesprochene Einsatz von Intimitäten als "Plauderdroge" widersprechen. Ob man hier freilich schon ein widerrechtliches Anwaltsverhalten annehmen sollte, oder ob es sich nur um eine Frage des guten Stils handelt, ist ein "weites Feld".

§ 24 Schranken verdeckter Recherchen ohne Einsatz technischer Mittel durch den Verletztenanwalt - Verbot aktiver Täuschung Meines Erachtens trifft den selbst recherchierenden Rechtsanwalt zwar keine Rechtspflicht, bei Kontakten mit potentiellen Zeugen oder bei Erkundung des Umfeldes des Verdächtigten jeweils seine Identität als Rechtsanwalt im allgemeinen und als Verletztenbeistand im besonderen zu offenbaren. Doch ist es ihm bei den privaten Ermittlungen, die er selbst durchführt, verboten, aktive Täuschungshandlungen zu begehen, was aus seiner Wahrheitspflicht 176 resultiert. Diese ergibt sich aus seiner Stellung als Organ der Rechtspflege: Aufgrund dieser Stellung ist der Rechtsanwalt nämlich zum Dienste am Recht verpflichtet, womit sich eine Befugnis zum Lügen nicht verträgt 177. Weiterhin läßt sich jene Wahrheitspflicht auf § 43 BRAO stützen. In etwas verklausulierter Weise klingt dieses Gebot der Wahrheitspflicht auch in § 43 a BRAO in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte ... an 178, der in Abs. 3 bestimmt: "Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder ... herabsetzende Äußerungen handelt...

176 Feuerich, § 43 Rdnr. 122; Jungfer, AnwBl 1989, 469, 470; Kleine-Cosack, Rdnr. 50, 51; siehe auch Hassemer in: Beck'sches Formularbuch, S. 12 ff, 20, 21, 23, 26. 177

aaO.

178

v. 2.9.1994, BGBl. 1,2278.

7 Krey

§ 43

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Dritter Teil: Schranken anwaltlicher Ermittlungen

Jene Wahrheitspflicht trifft bekanntlich sogar den Verteidiger, und dies trotz seiner Entlastungs- und Fürsorgepflicht; auch er handelt pflichtwidrig, wenn er lügt 179. Dann aber ist erst recht der Verletztenanwalt als Organ der Rechtspflege der Wahrheit verpflichtet. Diese Wahrheitspflicht nun bedeutet für die Durchführung eigener Ermittlungen des Verletztenanwalts im einzelnen: Erstens darf er nicht durch Vorspiegelung falscher Tatsachen Zeugen in ihrem Aussageverhalten beeinflussen. Beispielsweise darf der Verletztenanwalt einem Verdächtigten nicht vorlügen, seine Mittäter und Gehilfen hätten bereits gestanden, so daß die Beweislage gegen ihn erdrückend sei; nur ein Geständnis könne seine Lage noch verbessern. Zweitens ist es meines Erachtens dem Rechtsanwalt bei seinen privaten Recherchen verwehrt, selbst nach Art einer VP bzw. eines verdeckt operierenden Detektivs unter einer falschen Identität (Legende) zu ermitteln.

§ 25 Verdeckte Ermittlungen unter Einsatz technischer Mittel Die Bedenken, die wir an früherer Stelle (§ 19) gegen private verdeckte Recherchen unter Einsatz technischer Mittel geäußert haben, gelten für den Rechtsanwalt als Verletztenanwalt selbst eher in noch stärkerem Maße als für den Verletzten und für ihn agierende Detektive. Das folgt aus der Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege im allgemeinen und seiner Wahrheitspflicht im besonderen, und zwar wegen des in jenen verdeckten Ermittlungen steckenden Täuschungselementes.

179 BVerfG E 38, 105, 119; BGH St 29, 99, 107; Beulke, Der Verteidiger, Seite 149 f; Dahs, Rdnr. 39, 44; Kühne, Rdnr. 90; Krey, StPO 1, Rdnr. 661, 662 (m.w.N.); Pfeiffer, DRiZ 1984, 341, 342 ff; Roxin, § 19 / 9-11; a.A. etwa Ostendorf, NJW 1978, 1345, 1349.

Vierter Teil: Verwertungsprobleme bei Beweismitteln, die unter Verstoß gegen Gesetze erlangt wurden

Bekanntlich hat einerseits nicht jeder Gesetzesverstoß bei der Beweiserhebung durch Strafverfolgungsorgane ein Beweisverwertungsverbot zur Folge. Umgekehrt läßt sich andererseits auch nicht sagen, daß sich aus solchen Gesetzesverstößen grundsätzlich kein Beweisverwertungsverbot ergibt, es sei denn, die StPO normiere ausnahmsweise ausdrücklich ein solches Verbot - wie es in § 136 a ΠΙ StPO geschehen ist - . Vielmehr ist nach herrschender Meinung bei der Frage, wann Rechtsfehler bei der Beweiserhebung durch Polizei, StA oder Strafgericht zur Unverwertbarkeit des Beweismittels führen, eine differenzierende Antwort geboten, bei der auf Sinn und Zweck der verletzten Rechtsnorm und ähnliches mehr abgestellt wird 180. Dabei ist im einzelnen vieles strittig. Anders sieht es demgegenüber bei der Problematik aus, ob und wieweit Gesetzesverstöße bei privaten Ermittlungen ein Verwertungsverbot im Strafprozeß zur Folge haben können. Hier ist der folgende Standpunkt weitgehend anerkannt: Derartige Gesetzesverstöße durch Private berühren die Verwertbarkeit der Beweisergebnisse grundsätzlich nicht; namentlich gilt noch nicht einmal § 136 a StPO mit seinem Verwertungsverbot gemäß Abs. 3 unmittelbar oder analog 181. 180 siehe für alle: BGH St 38, 214, 219 f m.w.N.; Amelung, Informationsbeherrschungsrechte, S. 9 ff, 14 ff, 30-61; Gössel, GA 1991, 483 ff; Roxin, § 2 4 / 1 3 ff m.w.N.; abw. Kühne, Rdnr. 532. 181 So für alle: Amelung aaO, S. 62 ff, 64, 68 m.w.N.; Beulke, Lehrbuch, Rdnr. 131; Boujong in: KK § 136 a Rdnr. 3; H. Müller in: KMR, § 136 a Rdnr. 25; Rogali in: SK-StPO, § 136 a Rdnr. 10 ff. Davon geht der Sache nach auch BGH Urteil vom 21.7.1994 (1 StR 83/94 - Fall Sedlmayr) aus; denn dort wird der Einsatz von VP zwecks Ausforschung von Angehörigen des Beschuldigten für zulässig erklärt, ohne das § 136 a StPO (Täuschung) auch nur 7*

100

Vierter Teil: Verwertungsprobleme bei Beweismitteln

Zur Vermeidung ganz unbilliger und insbesondere rechtsstaatlich unerträglicher Ergebnisse postuliert die h.M. allerdings: In Fällen "extremer Menschenrechts Widrigkeit" führe ausnahmsweise auch der Einsatz verbotener Mittel bei der Beweisbeschaffung durch eigenmächtig handelnde Private zu einem Verwertungsverbot 182. Als Beispiele werden meist qualvolles Martern, langfristige Freiheitsberaubung etc. genannt. Der herrschenden Meinung ist zu folgen; dies freilich mit der Maßgabe, daß die Ausnahmeßr Fälle "extremer Menschenrechtswidrigkeit" ergänzt und erweitert werden sollte durch Ausnahmen für sonstige durch Private zur Erlangung von Beweismitteln begangene Verbrechen und Vergehen, sofern diese nach Art, Umfang und Gewicht als außerordentlich schwerwiegend erscheinen. Hierbei dürfte freilich auch die Schwere der zu ermittelnden Straftat eine Rolle spielen. Beispiele:

Zur Aufklärung eines Mordanschlags bleiben privat erlangte sachliche Beweismittel auch dann verwertbar, wenn sie dem Verdächtigten unter Anwendung der Drohung mit dem Einsatz einer Gaspistole weggenommen worden sind oder er sie nach einer kräftigen Ohrfeige "freiwillig" herausgegeben hat. Dagegen dürften derlei "Zwangsmittel", wenn sie von Privaten etwa zur Aufklärung eines Einbruchs eingesetzt werden, zur Unverwertbarkeit fuhren. Zur Klarstellung sei noch ein strittiger Punkt angesprochen, nämlich das Problem der Fernwirkung : Besteht ein Beweisverwertungsverbot, so stellt sich die Anschlußfrage, ob auch die dadurch bloß mittelbar erlangten Beweismittel nicht verwertet werden dürfen. Beispiel:

Aufgrund von brutalen Schlägen gesteht der Beschuldigte die Tat und fuhrt die Vernehmenden zur Leiche, wo weitere ihn belastende Beweismittel (Blutspuren, Textilfasern etc.) gefunden werden. Solche mittelbar erlangten Beweismittel ("Frucht des vergifteten Baumes", "fruit of the poisonous tree") sind nach der Rechtsprechung und der wohl erwähnt würde. Abweichend u.a.: Joerden, JuS 1993, 927, 928; Kühne in:AK-StPO, § 136 a Rdnr. 13 (freilich wohl nicht für das Täuschungsverbot). 182 Dazu für alle: Boujong aaO; Eisenberg, Rdnr. 131; Kleinknecht/Meyer-Goßner Paulus in: KMR § 244, Rdnr. 535; Roxin, § 24/43; weitergehend offenbar Rogali aaO.

aaO;

§ 27 Verstoß gegen Nebentätigkeitsregelungen

101

h.L. grundsätzlich verwertbar, und zwar selbst bei Verstößen gegen § 136 a StPO durch Strafverfolgungsbeamte 183. Dem ist schon für staatliche Ermittlungsmaßnahmen im Grundsatz zu folgen, namentlich aber bei privat erlangten Beweismitteln. Nach diesen Maßstäben können die folgenden Einzelfragen (§§ 26 ff dieser Studie) kurz und bündig beantwortet werden:

§ 26 Begründet bei materiell rechtmäßig erlangten Beweisergebnissen im Rahmen betriebsinterner Recherchen ein Verstoß gegen Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsrats ein Verwertungsverbot? Hier ist evident, daß ein Beweisverwertungsverbot nach den oben dargelegten Bewertungskriterien nicht in Frage kommt. Ergänzend sei hervorgehoben, daß dieses Ergebnis auch aus den folgenden Gründen offensichtlich sachgerecht ist: Denn erstens sind keine Grundrechte des Verdächtigten (Beschuldigten) tangiert, namentlich ist sein APR nicht betroffen. Und zweitens berührt die fehlende Mitwirkung des Betriebsrats in keiner Weise den Wahrheitsgehalt (inhaltlichen Beweiswert) der erlangten Informationen.

§ 27 Zur Verwertbarkeitsproblematik bei Ermittlungsergebnissen von Detektiven, die unter Verletzung des Erfordernisses zur Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung erlangt wurden Ein derartiger Formverstoß als solcher hat selbstredend kein Verwertungsverbot zur Folge, da keine "nach Art, Umfang und Gewicht außerordentlich schwerwiegende Gesetzesverletzung" vorliegt. Im übrigen kann man auch hier ergänzend darauf abstellen, daß weder das APR oder sonstige Rechte des Verdächtigten (Beschuldigten) noch der

183 BGH St 34, 362, 364; 37, 48, 52; Boujong in: KK, § 136 a Rdnr. 42; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Einleitung Rdnr. 57 u. § 136 a Rdnr. 31; a.A. etwa: Joerden, Jus 1993, 927, 931; Kühne, AK-StPO, § 136 a Rdnr. 83; Roxin, § 24/42 m.w.N.; BGH St 29, 244, 249 ff (zum G Nr. 10).

102

Vierter Teil: Verwertungsprobleme bei Beweismitteln

Wahrheitsgehalt (inhaltlicher Beweiswert) der ermittelten Beweisergebnisse tangiert sind. -Allenfalls dann könnten möglicherweise Verwertbarkeitsprobleme entstehen, wenn der Verletzte oder sein Rechtsanwalt einen Detektiv wegen dessen Eigenschaft als Polizeibeamter mit privaten Recherchen zur Straftataufklärung beauftragt und dieser dabei zu Ermittlungsmethoden greift, die das Strafverfahrensrecht der Polizei verbietet (Umgehungsgesichtspunkt). Doch dann liegt ja gerade nicht nur ein Verstoß gegen Nebentätigkeitsbestimmungen vor.

§ 28 Verwertbarkeitsprobleme bei Beweisen, die ein Anwalt unter Einsatz standeswidriger Täuschung gewonnen hat Auch hier ist wegen Fehlens eines nach "Art, Umfang und Gewicht außerordentlich schwerwiegenden Gesetzesverstoßes" kein Verwertungsverbot anzunehmen. Dies Ergebnis widerspricht auch nicht § 136 a StPO, weil diese Vorschrift, wie bereits erwähnt 184, für Private weder unmittelbar noch analog anwendbar ist; dies gilt auch für Rechtsanwälte 185. Schließlich ist unser Befund auch verfassungskonform und beinhaltet namentlich keinen Verstoß gegen Art. 1 GG: Zwar wird § 136 a StPO üblicherweise als "strafprozessuale Konkretisierung der Unantastbarkeit der Menschenwürde" bezeichnet 186. Das ist im Grundsatz zutreffend, gilt aber nicht für die Täuschungsmodalität dieser Vorschrift 187; sie verletzt nämlich die Menschenwürde des Beschuldigten nicht.

184

siehe oben im Text, § 15 mit Anm. 136, 137; vor § 26 mit Anm. 181; und öfter.

185

BGH St 14, 189, 192 (m.w.N.) = JR 1961, 70 mit Anm. Eb. Schmidt.

186 387.

Hanack in: LR, § 136 a Rdnr. 2; Rogali in: SK-StPO, § 136 a Rdnr. 3; BGH St 1,

187 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 136 a Rdnr. 12; Krey, VE-Gutachten, Rdnr. 162; ders., Rechtsprobleme ... qualifizierter Scheinaufkäufer, S. 22, 23; Otto, GA 1970, 290.

§ 29 Sonstige rechtswidrig erlangte Beweismittel

103

§ 29 Verwertbarkeit von sonst rechtswidrig erlangten Beweismitteln Sie sind verwertbar, sofern der Rechtsanwalt bei seinen Ermittlungen keine "extreme Menschenrechtswidrigkeit" oder eine andere "nach Art, Umfang und Gewicht außerordentlich schwerwiegende Straftat" begangen hat. Demgemäß besitzt die Frage des Verwertungsverbots von sonst im Rahmen anwaltlicher Ermittlungen zur Straftataufklärung rechtswidrig erlangter Beweismittel sicherlich keine nennenswerte Praxisrelevanz.

Fünfter Teil: Zusammenfassung in Thesen 1. Aus dem Menschenbild unserer Verfassung resultiert das grundsätzliche Recht des einzelnen zur "aktiven Teilnahme an dem ihm zukommenden Rechtsschutz". Demgemäß ist die Annahme einer prinzipiellen Befugnis des Verletzten zu privaten Ermittlungen zum Zwecke der Strafverfolgung verfassungskonform. 2. Diese Annahme ist auch einfachgesetzlich nach Wesen und Struktur des Strafprozesses systemgerecht: Das Offizialprinzip sowie die Stellung der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens und ihr Anklagemonopol stehen jener Befugnis nicht entgegen. Die Bedeutung des Verletzten als Verfahrensbeteiligter mit eigenen Rechten spricht ebenfalls für seine private strafprozessuale Ermittlungsbefugnis zur Verfolgung seines strafrechtlichen Genugtuungsinteresses. Jene Ermittlungsbefugnis ist auch mit dem Verfassungsgebot eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens vereinbar. 3. Privatermittlungen des Verletzten einer Straftat bedeuten im Grundsatz zudem eine sinnvolle, sachgerechte Entlastung der Strafverfolgungsorgane. 4. Die Befugnis des Rechtsanwalts als Verletztenanwalt (§ 406 f StPO) zu privaten strafprozessualen Ermittlungen folgt zum einen aus seiner Stellung als Beistand, zum anderen aus seiner Funktion als Organ der Rechtspflege. 5. Die Legalität privater Ermittlungen von Detektiven zur Aufklärung von Straftaten im Auftrag des Verletzten und/oder des Verletztenanwalts resultiert bereits aus Art. 12 GG i. V.m. der Gewerbeordnung. Insbesondere aber partizipiert der Detektiv an der Verfassungskonformität und einfachgesetzlichen Systemgerechtigkeit privater Ermittlungen des Verletzten und/oder seines Rechtsanwalts. 6. "Gegeninteressen", d.h. privaten Ermittlungen zuwiderlaufende Interessen, tangieren die prinzipielle Zulässigkeit solcher Recherchen nicht, sondern haben lediglich Schranken für sie zur Folge. 7. Bei offenen Ermittlungen des Verletzten im eigenen Betrieb durch Befragung von Betriebsangehörigen (Arbeitnehmern) als Zeugen oder Ver-

Thesen

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dächtigte besteht für diese eine grundsätzliche Verpflichtung, "Rede und Antwort zu stehen", sofern der Befragte in der Lage ist, zur Aufklärung betriebsinterner Straftaten beizutragen. Dabei kann eine umfassende Abwägung der beteiligten Interessen nach den Umständen des Einzelfalles ergeben, daß die Kooperationsverweigerung des befragten Arbeitnehmers, d.h. seine fehlende Bereitschaft zur Mitwirkung an der Straftataufklärung, die fristlose Kündigung erlaubt. 8. Sonstige offene Ermittlungsmaßnahmen wie die Durchsuchimg von Schreibtischen, Schränken, Spinden, Kleidung des verdächtigten Arbeitnehmers gegen dessen Willen sind grundsätzlich unerlaubt; ihnen stehen teils schon Strafgesetze entgegen, zumindest aber das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) des Betroffenen. Nur ausnahmsweise können Rechtfertigungsgründe als Jedermannsrechte wie Notwehr, Notstand (§ 34 StGB), Festnahmerecht aus § 127 I S. 1 StPO Zwangsmaßnahmen gegen Verdächtigte durch den Verletzten erlauben. 9. Offene Ermittlungen in der Sphäre von Betriebsangehörigen, aber außerhalb des eigenen Betriebes durch den Verletzten mittels Befragung von Angehörigen, Nachbarn, Freunden etc. eines verdächtigten Arbeitnehmers stellen i.d.R. noch keinen Eingriff in den Schutzbereich des APR des Verdächtigten dar. Nur in besonderen Ausnahmefällen beharrlicher, nach Dauer, Umfang und Intensität erheblicher Ermittlungen kann insoweit die Annahme eines Eingriffs in das APR angezeigt sein (Rufschädigung). Aber auch dann kann es ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt (überwiegender) berechtigter Interessen des ermittelnden Verletzten an einer rechtswidrigen Verletzung des APR fehlen. 10. Die strafprozessualen Ermittlungsbefugnisse des Verletzten, seines Rechtsanwalts als Verletztenbeistand und beauftragter Detektive werden durch das Bundesdatenschutzgesetz nicht beschränkt; dieses zieht der Erhebung personenbezogener Daten bei derartigen strafprozessualen Ermittlungen keine konstitutiven Schranken. 11. Detektive, die der Verletztenanwalt mit privaten Ermittlungen zur Straftataufklärung beauftragt, können als "Anwaltsgehilfen" unter § 53 a StPO, § 203 StGB fallen. 12. Offene Recherchen gegenüber Dritten (Angehörige fremder Betriebe, fremde Unternehmen) bedeuten als solche noch keinen Eingriff in das APR oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. 13. Verdeckte Ermittlungen des Verletzten ohne Einsatz technischer Mittel, namentlich nichtoffene Recherchen durch Befragung von Verdächtigten und Zeugen durch Detektive oder Angehörige des betriebsinternen Sicherheitsdienstes, die ihre Identität verbergen, sind grundsätzlich legal.

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Fünfter Teil: Zusammenfassung

Ebenfalls legal ist im Grundsatz die Observation des Verdächtigten, z.B. durch Detektive: Nur eine langanhaltende Observation bedeutet einen Eingriff in das APR des Betroffenen; aber auch bei ihr kann es unter dem Gesichtspunkt (überwiegender) berechtigter Ermittlungsinteressen des Verletzten an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des APR fehlen. 14. Der Einsatz von Detektiven als heimliche "Lauschzeugen" (ohne Einsatz technischer Mittel) ist im Grundsatz legal. Bei zugesicherter Vertraulichkeit wird allerdings ein Eingriff in das APR des Betroffenen in Frage kommen; doch kann er je nach den Umständen durch (überwiegende) berechtigte Interessen des Verletzten erlaubt sein. 15. Das Ausforschen von Verdächtigten und/oder Zeugen durch Detektive, die für längere Zeit nach Art eines Verdeckten Ermittlers bzw. einer V-Person nichtoffen ermitteln, ist grundsätzlich legal. 16. Geldzahlungen durch den Verletzten, seine Mitarbeiter oder Detektive an Zeugen zur Schaffung von Aussagebereitschaft sind rechtmäßig, sofern auch schon der Anschein einer Beeinflussung des Wahrheitsgehalts der Aussage vermieden wird. 17. Detektive dürfen bei privaten Ermittlungen unter falscher Identität Wohnungen und Geschäftsräume mit Einverständnis des Betroffenen betreten, sofern sie dabei keine (öffentlichrechtliche) Zutrittsbefugnis vorspiegeln. 18. Verdeckte Ermittlungen des Verletzten, seines Anwalts oder beauftragter Detektive durch Einsatz technischer Mittel wie "Telefonüberwachung" nach Art der §§ 100 a, 100 b StPO oder "Lauschangriff" nach Art des § 100 c I Nr. 2 StPO sind grundsätzlich illegal. Ebenfalls grundsätzlich unerlaubt sind heimliche Tonbandaufnahmen, sofern nicht § 34 StGB eingreift, was aber allenfalls in Fällen schwerwiegender, nicht anders abwendbarer Beweisnot unter wesentlichem Überwiegen der Interessen des Verletzten in Frage kommt. Auch die verdeckte Videoüberwachung stellt i.d.R. eine Verletzung des APR der Betroffenen dar. 19. Das heimliche Mithören von Telefongesprächen durch Zweithörer oder andere postalisch zugelassene Mithörgeräte als Ermittlungsmaßnahme des Verletzten ist rechtmäßig. 20. Aus seiner Rechtsstellung als Organ der Rechtspflege folgen für den Rechtsanwalt als Verletztenbeistand gewisse Schranken seiner privaten Ermittlungsbefugnisse, wobei namentlich seine Wahrheitspflicht hervorgehoben sei, aus der ein "Lügeverbot" resultiert. 21. Gesetzesverstöße bei privaten Ermittlungen durch Verletzte, Verletztenanwalt und beauftragte Detektive haben grundsätzlich kein Verwertungsverbot zur Folge.

Schrifttimsverzeichnis Alternativ Kommentar zur StPO, Bd 2, Teilbd. 1, 1992 (zitiert: AK-StPO). Amelung, Die Einwilligung in die Beeinträchtigung eines Grundrechtsguts, 1981. Amelung, Die zweite Tagebuchentscheidung des BVerfG, NJW 1990, 1753. Amelung, Informationsbeherrschungsrechte im Strafprozeß. Dogmatische Grundlagen individualrechtlicher Beweisverbote, 1990. Arbeitskreis

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Beulke, Der Verteidiger im Strafverfahren, 1980. Beulke, Strafprozeßrecht, 1994 (zitiert: Lehrbuch). Bruns, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl. 1974. Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 5. Aufl. 1983. Dahs, Taschenbuch des Strafverteidigers, 4. Aufl. 1990. Danckert, Der Verteidiger im Ermittlungsverfahren, in: Beck'sches Formularbuch für Strafverteidiger, S. 72. Deutsch, Die heimliche Erhebung von Informationen und deren Aufbewahrung durch die Polizei, 1992. Dörr!Schmidt, Dreher/Tröndle,

Neues Bundesdatenschutzgesetz (Handkommentar), 2. Aufl. 1992. Strafgesetzbuch, 46. Aufl. 1993.

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108

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zum BetrVG (zitiert:

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Jungfer, Strafverteidiger und Detektiv, Strafverteidiger 1989, 495. Karlsruher

Kommentar (KK) zur Strafprozeßordnung, 3. Aufl. 1993.

Schrifttumsverzeichnis

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y

Krekeler,

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Krey, Probleme des Zeugenschutzes im Strafverfahrensrecht, Gedächtnisschrift 1990, S. 239 (zitiert: Zeugenschutz).

in: Meyer-

Krey, Rechtsprobleme des Einsatzes qualifizierter Scheinaufkäufer Strafverfahrensrecht, 1994 (Schriftenreihe des ZKA, Bd. 1)

im

Krey, Rechtsprobleme des strafprozessualen Einsatzes Verdeckter Ermittler, 1993 (zitiert: VE-Gutachten). Krey, Strafrecht Besonderer Teil (BT), Bd. 1, 9. Aufl. 1994. Krey, Strafverfahrensrecht, Bd. 1, 1988, Bd. 2, 1990 (zitiert:

StPO 1, StPO 2).

Krey, Zum Gewaltbegriff im Strafrecht, Teil 1, in: BKA (Hrsg.), Was ist Gewalt?, Bd. 1, 1986 (zitiert: Gewaltbegriff) Krey, Zur Einschränkung des Notwehrrechts bei der Verteidigung von Sachgütern, JZ 1979, 702. Krey/Haubrich, JR 1992, 309.

Zeugenschutz, Rasterfahndung, Lauschangriff, Verdeckte Ermittler,

Kühne, Strafprozeßlehre, 4. Aufl. 1993. Lackner, Strafgesetzbuch, 20. Aufl. 1993. Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Bd. 1 (Loseblatt-Kommentar). Larenz/Canaris, 1994.

Lehrbuch des Schuldrechts , Bd. Π/2 (Besonderer Teil), 13. Aufl.

Leipziger Kommentar (LK) zum StGB, 10. Aufl. seit 1978; 11. Aufl. seit 1992 (sofern nicht ausdrücklich die 11. Aufl. zitiert wird, ist auf die 10. Bezug genommen). Löwe/Rosenberg, Die Strafprozeßordnung, 24. Aufl. seit 1988 (zitiert: LR). Medicus, Schuldrecht Besonderer Teil Π, 6. Aufl. 1993.

110

Schrifttumsverzeichnis

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Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 1992.

Neumann, Die Zusammenarbeit der Kriminalpolizei mit Auskunfteien und Detekteien, 1980. Ordemann-Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 5. Aufl. 1992. Ostendorf, Strafvereitelung durch Strafverteidigung, NJW 1978, 1345. Otto, Anm. zum Beschluß des OLG München v. 10.3.1972 (NJW 1972, 2275), in: NJW 1973, 668. Otto, Grenzen und Tragweite der Beweisverwertungsverbote im Strafverfahrensrecht, GA 1970, 289. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 52. Aufl. 1993 (zitiert: Palandt-Bearb.). Pfeiffer,

Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln, DRiZ 1994, 341.

Richter, Grenzen anwaltlicher Interessenvertretung im Ermittlungsverfahren, NJW 1981, 1820. Rieß, Die Rechtsstellung des Verletzten im Strafverfahren. Gutachten C für den 55. DJT 1984. In: Verhandlungen für den 55. DJT, Bd. I, C 9 ff. Rieß/Hilger,

Das neue Strafverfahrensrecht, NStZ 1987, 145.

Rogali, Anm. zum Urteil des BGH v. 14.5.1991, NStZ 1992, 45. Rogali, Informationseingriff und Gesetzesvorbehalt im Strafprozeß, 1992 Roxin, Anm. zum Urteil des BGH v. 3.2.1993, NStZ 1993, 335. Roxin, Strafverfahrensrecht, 23. Aufl. 1993. Sax, Grundsätze der Strafrechtspflege, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte m. Bd., 2. Halbbd., 1959, S. 909. Schenke, 40 Jahre Grundgesetz, JZ 1989, 653. Schmidt, Eb., Anm. zum Urteil des BGH v. 1.4.1960, in: JR 1961, 70. Schmidt, Eb., Strafzweck und Strafzumessung in einem künftigen Strafgesetzbuch, in: Materialien zur Strafrechtsreform (MStR), Bd. 1, S. 9 ff, 1954. Schönke/Schröder,

Strafgesetzbuch, 24. Aufl. 1991.

Schünemann, Zur Stellung des Opfers im System der Strafrechtspflege, NStZ 1986, 193, 439.

Schrifttumsverzeichnis

Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, 1992 (Loseblatt-Kommentar).

Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 4. Aufl.

Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 12. Aufl. 1990. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 823-832), 12. Aufl. 1986. Störmer, Verfassungsrechtliche Verwertungsverbote im Strafprozeß, Jura 1994, 393. Suppert, Studien zur Notwehr und zur "notwehrähnlichen Lage", 1973. Systematischer Kommentar zur StPO, Loseblatt-Kommentar (zitiert: Systematischer Kommentar zum StGB, Loseblatt-Kommentar (zitiert: Tenckhoff,

SKStPO) SK-StGB)

Anm. zum Urteil des KG v. 20.9.1979, JR 1981, 255

Thees, Das Arbeitnehmer-Persönlichkeitsrecht als Leitidee des Arbeitsrechts, Diss, jur., Trier 1994 (in Druck). Welp, Anm. zum Urteil des BGH v. 8.10.1993, NStZ 1994, 294. Wirsching, 1986.

Den Schnüfflern auf der Spur - die geheimnisvolle Branche der Detektive,

Zöllner ILoritz, Arbeitsrecht, 4. Auf. 1992.

Abkürzungsverzeichnis a.Α.

andere Ansicht

aaO

am angegebenen Ort

abl.

ablehnend

abw.

abweichend

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

AK-StPO

Alternativ Kommentar zur StPO

Anm.

Anmerkung

AnwBl.

Anwaltsblatt

Aufl.

Auflage

BB

Betriebs-Berater

Bd.

Band

Bearb.

Bearbeiter

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BRAO

Bundesrechtsanwaltsordnung

BT-Drucksache

Bundestagsdrucksache

DB

Der Betrieb

ders.

derselbe

Diss. jur.

Juristische Dissertation

DJT

Deutscher Juristentag

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

GA

Goltdammers Archiv für Strafrecht

GK-BetrVG

Gemeinschaftskommentar fassungsgesetz

zum Betriebsver-

Abkürzungsverzeichnis

113

Halbbd.

Halbband

h.A.

herrschende Ansicht

h.L.

herrschende Lehre

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

KK

Karlsruher Kommentar zur Straiprozeßordnung

KMR

Müller/Sax/Paulus, Loseblattkommentar zur Straiprozeßordnung

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

MStR

Materialien zur Strafrechtsreform

LR

Löwe/Rosenberg, Die Straiprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

n.F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht

Rdnr.

Randnummer

Rspr.

Rechtsprechung

S. SK-StGB

Seite Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch

u.a.

unter anderem

vgl.

vergleiche

wistra ZStW

Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft